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Full text of "Volkswirthschafts-lexikon der Schweiz. (Urproduktion, handel, industrie, verkehr, etc.)"

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Volkswirthsc 
der  Schweiz 


Alfred  Furrer 


IHartjarti  Collrgr  Hibrarj) 


THE  GIFT  OK 

WILLIAM  BAYARD  CUTTINCi,  Jr. 

(CUM  o(  1900J 
OF  NEW  YOKK 

FOR  BOOKS  ON  SWITZERLANÜ 


VoMMafls-LexikoD 

der  Schweiz. 

(Urproduktion,  Handel,  Indostrie,  Verkehr  etc.) 


•  HeransgegebeD  und  redigirt 

▼on 

unter  Mitwiiknnf 

VW  Faohkundigen  in  und  aumr  4»  BandMVirwalluiig. 


A.  lle  RedUe  (fewahrt, 

m.  Band  (Y.  Halbband). 

■  iirnfiiiaayoo'i»^'»'^' 
Bern. 

Verlag  von  Sehmid,  Frenoke  &  Co.  (Tom.  J.  Dftlp'aolw  Bnohhandlniig). 

1891. 


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1 . 


Apr.  1"  ,  ■.'  ''/■ö. 
of 

1-1  i*w  iork 


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Sehifllfer.  Die  Bohprodnktenktrle  v<m  Weber  &  l^mi  (.Verlag  von  J.  Warster 

&  Co.  in  Zürich)  verzeichnet  ca.  zwei  Dutiend  Ortechafteh  mit  Schieferbrüchen, 
nSmlith :  14  im  Kt.  Wallis  i  BoTcmier.  Cliati^lanl,  Col!ong*w,  Donnaz,  I«?frt, 
Mörel,  ^Nendaz,  Or«ieres,  Outre-Khüiie,  Salius,  Salvan,  Saviese,  Senibiancher  und 
Vernajaz);  5  im  Et.  Graubttnden  (Fellars,  Schleuis,  Seewie,  SiU  und  Tinzen); 
i  im  Kt.  GUriia  (Engi  und  Matt);  1  im  Kt.  Bern  (Fmtigen) ;  1  in  Ob- 
walden  (Im  Schild);  1  im  Kt.  Uri  (Attinghansen). 

Auch  bei  PßfTfvs  im  Kt.  St.  Gallen  findet  sich  Sehiefer  in  ziemlich  mächtigen 
Schichten.  Bei  Elm  im  Kt.  Glaiu»  war  vur  dem  Bergsturz  die  Schiefprg^winnnng 
bedeutend.  Auü^r  Betrieb  ist  femer  der  frühere  Schieferbruch  bei  .Miilileneu  im 
Kt  Bern  imd  derjenige  bei  Thun,  wo  Tor  einigeD  Desennien  anf  fieohnmig  der 
Bemer  B^emsg  SchiefBr  von  großer  Feinheit  und  Hirte  unteriidiioh  gebrochen 
wurde.  In  Mühlenen  («m  Faße  des  Miesen)  standen  nm  1830  gegen  100  Sobiefer- 
brecher  in  Arbeit. 

Die  gesammte  Scbieferprodoktion  wurde  auf  6000  Tonnen  im  Werth 

▼on  Fr.  500,000  geschätzt  (Locher,  Katalog  der  Baumaterialien  an  der  Landee- 
anaatellimg  1883). 

Der  Walliser  S<ihiefer  ist  hauptsächlich  zu  Dachbedockun«:en,  der  Schiefer 
der  übrigen  Kantone  zu  Tafeln,  Stiften,  Möbeln  etc.  pppi|»nt  t  oder  verwendet. 

Schon  im  16.  Jahrhundert  verschickten  Glnnu-r  Kaulleuttj  hchreibtaleln  und 
Giitlel  vou  Schiefer  in»  Aui^iand.  Seitdem  blieb  immer  eiu  gewisser  Export 
(1888  Fr.  37,514,  Einfobr  F^.  11,075;  ferner  Schiefer  fHr  Tiache,  Wand- 
bekleidnngen  etc.  für  Fr.  iy:),()Hr),  Einfuhr  Fr.  23,993;  Dachschiefer  für 
Fr.  19,240,  Einfuhr  Fr.  164,862).  Nach  und  narh  mehrte  sich  aber  auch  in 
der  Schweiz  die  AbsatzErtdeg^enheit.  Ca.  2(>  Firmen  in  1»  Kantonen  liegen  zur 
2<eit  dem  Gewerbe  der  Schieferaue  beutung  und  -Verarbeitung  ob.  1880  waren 
77  T&felmaeher,  wovon  22  Kt.  Bern  (Fmtigen,  Thnn  etc.),  26  Kagaz  and 
PfllTere,  19  Kt.  Glaroa,  10  Kt,  Wallis.  Unter  dem  Fabrikgeeeta  stehen  2  Firmen 
m  RagaX'Pfitffen  nnd  1  in  Thnn. 

Einfuhr  Ausfuhr 

«  ^  1  Q 

Dachschiefer  jiOiTldarobwhn.  14370    16513    19086  5111 

Schiefer  in  Platten    .    .    .     „  ,  l.'.T  H'A      6719  20842 

Schiefertafeln  n.  Sehieferstifte     „  „  l.'M        368      1257  984 

Svhieferkolile.  Kohle  aus  der  Quatemärzeit,  verwandt  mit  der  ältereu 
Brannkohle  der  Tertilbrformation.  Die  Ansbente  beider  Sorten  war  in  der  Ost- 
aobweis  ehedem  xiemlioh  betrttehtiiidit  bat  aber  in  nenerer  Zeit  sehr  abgenommen« 
theils  wegen  Erschöpfung  der  Gruben,  tbeils  mangels  Rentabilität.  Die  Gesammt- 
produktion  von  Schifferkohlen  betrug  im  Jahre  1870  18,068  t,  im  Jahre  Ihmi 
nur  noch  ca.  2000  t.  Hauptfmulurt  war  Uznach  im  Kt.  St.  Gallen,  wo  jetzt  noch 
(18Ö9)  zwei  Gruben  ä  2—5  Fuß  Suhichtenlängu  im  Betriebe  stehen  nnd  eine 
^fbrliohe  Ansbente  Tön  1750 1  liefern.  Außerdem  sind  in  der  Bohprodnktenkarte 
von  Weber  &  Broei  als  Fundorte  verzeiehnet:  DUrnten  und  Unterwetzikon  im 
Kt.  Zürich,  K^ebtmbaoh  nnd  Mtffschwyi  im  Kt.  St.  Gallen,  Wangen  im  Kt.  Schwys 
(überall  Tiefbau). 

Wamr,  Volknrirtl»cb«fto>Lezlkoit  der  ScbweiB.  1 


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Schifffahrt 


—    2  — 


SchiflEahrt 


Sühifffahrt.  a.  Segel  t»c  h  i  f  ff  :i  )i  r  t.  Durch  dit«  Hiufiilirung  der  Dnrnpf- 
mofichiiie  int  wolil  da  und  dort  der  fruhcru  Hauptart  de»  Wa88erveikelir>;,  der 
SegttlsehiflTabrt,  nicht  aber  dem  Tericehr  wa  Schiff  und  WtMer  überhaupt  Eintrag 
gethaa  worden.  Im  Gegenthcil :  der  Dampf  hat  a»oh  die  Flathen  belebt  und  anf 
den  größern  Seen  die  Personenbeförderung  um  ein  Bedeutendes  gesteigert. 

J^ie  Flößerei  hingegen  mag  erheblich  einf^ebUßt  haben,  denn  beim  Holz- 
traiisport  ist,  wie  bei  jedem  andern  Tranaporty  oft  die  iiaschheit  der  Betorderuog 
wiohtiger  als  die  billige  Fracht. 

Ueber.  deo  ümfiaing  dar  FlBßerei  dem  Lexikon  niohle  ürkandlichei 

und  StatiiitiHcbeti  vor,  während  Uber  die  frühere  Segel ^chiiTfahrt  und  den  Beginn 
dor  DampfachitlTahrt  einläßliche  Mittheilungen  in  der  „Statistik  der  Schweiz "  von 
Max  Wiriii  (Verlag  von  Orell  Foßü  Sc  Vn.,  Zdrich,  ISTl)  enthalten  sind. 

Vor  der  Einführung  der  Damptuclii  Ii  fuhrt  kreuateu  dcu  Budcusee  (JO 
Segelflohiffe,  worunter  ca.  15  grüße  Fabneuge  bis  an  900  q  Tragfähigkeit.  Ein 
Tbeil  der  Schiffe  veitiah  den  Dienat  auf  dem  Rhein  von  Konstanz  bis  SchatFhauHen. 

Auf  dem  Ziir«  hersec  fuhren  ca.\M)0  Segelschitfe,  davon  35,  welche  der 
lV-i3rtlirhf»n  (ilber  die  Kantone  Zürich,  St.  (rallen,  Schwyz  und  Glarus  verbreiteten) 
Linth-Sciiiiitahrtrigtiiiellticbaft,  mit  Sitz  in  Zürich,  aufgelöst  lb5U,  gehörten  und 
wöchentlich  mehrere  Male  die  Strecke  Zftrich-Wallenstadt  zorilcklegtcn.  Die 
Übrigen  Schiffe  waren  theile  dae  Eigeathnm  kleiner  Sohiffergesellachaften  der 
gittßern  Uferorte,  theile  eintelner  Privaten.  Wohl  die  mieten  Schiffe  yersahen 
Botendienste. 

Den  Vierwaldstättersee  belebten  eine  Menge  Ruderboote.  Ihre  Zahl 
war  auf  ca.  140  getiohätzt.  Die  (i  grüßten  trogen  Lasten  bie  m  $00  q,  die  8 
mittelgroßen  Loeten  von  dO — ZhO  q ;  etwa  90  kleinere  Ruderboote  vermittelten 
den  Kleinverkehr  und  ea.  40  Weidlinge  waren  zum  Vergnügen  und  pereVnliohen 
Gebrauche  gehalten.  Auch  ein  .  Pu.stsehiiV',  dessen  Hcsatxung  ans  drei  Mann 
bestand,  kiirsirte  zwi.seheii  Luzerii,  Brnnn#'n  und  Fhuden. 

DcD  Tlmner-  und  den  Brienzersec  bchmUckten  ca.  15  , Böcke"  für 
den  Laetentranaport,  30 — Sd  kleinere  Uadersehiffe  für  die  Beförderung  von 
Beinenden  und  je  1  Poatsehiff,  das  täglich  eine  Fahrt  anefithrte. 

Der  Zugersee  hatte  H  groG'  I.a-t^hitfe.  8  Transport  oder  Marktschiffe 
und  etwa  25  kleinere  l'ersonenscbuie  zu  tragen. 

Auf  dem  N euü n burger-,  dem  Bieler-  und  dem  Murtensee  vereahen 
12 — 15  Segeleobiffe  den  Dienst  der  Waarenbefi>rderong. 

Der  Genfersee  war  reich  an  schweren  Barken.  Ihre  Zahl  eoll^swischen 
HO  und  100  varitrt  haben.  Tragkraft  400— 90n  i 

Durch  (iie  I tiunf.fiMMje  mirde  dem  SegeUchitf  der  früher  schon  unbedeutende 
i^er^oneutrannpurt  nuL.h  vullend^  geraubt.  Dafür  stellte  sich  für  viele  Jahre  eine 
weiientliohe  Zunahme  des  Gütertrausportea  ein.  Seit  aber  die  Dampfiiehifflfahrt 
ihren  Höhepunkt  erreicht  hat,  ist  auch  die  Güterbeförderung  durch  die  Segel- 
hchilfe  wieder  geringfiSgiger  geworden.  Ks  erhellt  dien  danins,  daß  i\\<-  Zahl 
der  Segelnehirte  auf  dem  Bodensee  von  6'»  aut  ÜU  — 4U,  anf  lern  Zürcht-i.-rt;  von 
ca.  200  auf  70  gestunken  ist.  Letztere  haben  eine  Gesawmttragkraft  vun  2500  t. 

Wie  oSmlich  Herr  J.  Bir-Sehweiser«  Priaident  des  Bodensee-Segekohiff- 
verbandea,  dem  Lexikon  schreibt,  unlerhSlt  dieser  Verband  auf  d«n  Bodensee 
gegenwärtig  (Uitte  18H'J)  22  Segelschiffe;  außerdem  sind  noch  8  sulche,  deren 
Besitzer  nicht  zntn  Verhau  1  gehöreu,  und  mehrere  kleinere  SegelschilTe  von  ge- 
ringerer Bedeutung.    Die  Verbaudasohiüe  haben  eine  Tragkraft  von  2b — ÖO  t 


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^ktaifirabrt 


—    3  — 


(darcLsciunttlicii  49  t);  Bie  giad  zusammen  am  Fr.  48,500  versichert  und  ihre 
Anschaffungdiostcn  betragäu  je  Fr.  5000 — 7000.  Sie  sind  ganz  aas  Eicheohols 
folwut,  tngw  «inen  Maat  tod  30 — 24  m  Hohe  und  Baa-Begel  von  atarkw  Lein» 
\v  tili  nnd  großer  Qnadratdäche.  Keine  HUl&segel.  Der  Verband  bat  den  Zweck, 
(i'-n  Mitgliedprii  bei  ScliadenflUIen  Unteratatsimg  so  bieten  nod  einheitliche  Tarife 
zur  Geltung  ssii  bringen 

b.  Dam  pfii.cbifffahrt.  Dieselbe  uabm  ihren  Anfang  in  der  ersten  Uälfte 
4er  30er  Jahre. 

Zwar  wurde  eehon  1817  in  Konateius,  auf  Anregung  des  Fabrikbeeittere 
üacaire,  ein  hSlxeme»  Dampf boot  für  den  fiodensee  konstruirt ;  es  kam  aber  nie 

snr  Verwendung,  weil  die  aus)  Kngland  bezogene  Mancbine  den  Dienst  versagte. 

Krjites  schw'izeri.Hches  Dam]»fbuot  war  der  „Wilholm  Teil",  18'>:^  für  den 
Oenfersee  gebaut.  Die  Maschine  hatte  nur  12  Pferdekräfte.  Ein  Jahr  später 
folgte  für  den  nXmlichen  See  der  „Winkelried*  mit  30  Pf. 

Ebenfalla  1824  begann  die  Damplsdiifflrahrt  anf  dem  Bodensee^  doch  nieht 
von  schweizcriHcher,  sondern  von  dentaoher  Seite.  £e  wnr  eilieraeitd  eine  Gei^ell- 
Hchaft  von  Friedrichabafen,  welch«'  ein  Dampf  boot  nn«?  Tannenholz  (..Wilhelm") 
mit  einer  Ma^jcbine  von  20  Pf.,  und  anderseits  Freiherr  von  Cutta  in  Stuttgart, 
welcher  ein  tannenes  Boot  ä  18  Pf.  herstellen  ließ.  Dieses  letztere  Boot  befuhr 
«Heh  den  Wiein  bis  Sohaffhanaen. 

1826  kam  der  Ntnienburgersee  an  die  Seihe,  1834  der  Zürchcrsee,  1835 
der  Thunersee,  1837  (Ur  Vierwaldstätter^'ec  und  der  ANallensLi-,  1839  der 
Brienzers^e,  18.^2  der  Zngersee,  lbö6  der  Lagauersee,  18^8  der  Hallwylersee, 
J889  der  Joux-Öee. 

Bia  1850  vermehrte  sieh  die  Zahl  der  Dampf  boote  bloß  anf  ca.  25»  bii 
1860  aber  auf  ca.  65,  bis  1870  auf  ca.  75,  bis  1889  anf  109,  ohne  die  Boote 
anf  dem  Langensee. 

Hievon  sind  ch    HO  das  Kigenthum  sphweizeriKcher  Gesellschaften. 

Ueber  den  ÖchiÜfahrtsbetrieb  auf  dem  Bodeneee  und  dem  Ziircbersee  gab 
die  Direktion  der  Schweis.  Nordostbahn  dem  Lexikon  sub  29.  Juli  1889  folgenden 
Berieht : 

Bodensee: 

«Die  6  Dampf  boote  der  NordoKtbahn  auf  dem  Boden^ice  haben  MaechinCiD 
von  zn<«amnien  A'lh  Ff.  und  eine  Tragl<raft  von  180  t  oder  2'.)hO  Personen. 

l>ie  Noniüsth  .lin  besitzt  nuf  dem  Boden.se.e  gomeiuschaftlich  mit  Bayeru  »  ine 
groüe  Iru/tikt-Dunipffuh/c,  weiche  2  ilaschineu  mit  je  100  Pf.  und  eine  Trag- 
fiUiigkeit  von'  mindestens  300  t  besitzt.  Dieselbe  verkehrt  anssohtießlich  swisdien 
Lindau  und  Romanshom. 

An  S'-hieppbfloicn  besitzt  die  Nordostbahn:  2  eiserne  Trajektkähne  mit  je 
180t  Tragkraft;  4  eiserne  Sehleppkähne  mit  zusammen  :'70t  Tragkraftj  gemein- 
schaftlich mit  Bayern  1  eisernen  Schleppkahn  von  löo  t  Tragkraft. 

Außer  der  Kordostbsliii  besitmn  aaf  dem  Bodensee  ^Üssa^ef boote :  Die 
badisehan  Stsatsbahnen  8  Baddampfer;  die  wttrttembergiseben  Staatsbahnen  8  Rad- 
dampfer, darunter  1  Salom^ehitT  im  Bau;  die  bayerincben  Staatsbahnen  6  Had- 
dampfer :  die  österreichischen  StaatHbuhnen  4  Raddampfer ,  nebst  2  kleinen 
fik^branbendampfern  für  Gütertransporte  und  Manipulationen  im  Hafen." 

Zürcher see: 

,Die  Zahl  der  im  Besitze  der  Nordostbahn  befindlichen  Dampf  boote  auf 
dem  Ziirchersee  ist  12,  nämlich  1  Salondampfer,  7  Personen-Baddampfer,  1  Kad- 


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Schifllakri 


—    4  — 


Schififahrt 


dampfer  für  den  Waareu verkehr,  2  PerBonen^Sohraubendampfer,  1  Trajekt-Dampf- 
fthre  (Schranbendainpfer). 

Die  Ma^binen  diemr  ritromtlieben  Schiffe  reprSmntiren  547  H.  nnd  «Kmint- 
liohe  Boote  haben  zusarameD  1400  t  Tragkraft  und  5500  PersoneD  Tragkraft. 

Die  Trajekt-Dampffähre  verkehrt  nur  zwischen  Wollishofen  und  Uetikon 
und  vioe-versa,  und  zwar  zur  Bewältigung  des  öüterverkehrs  der  chemischen 
Fabrik  von  Gebrüder  Schnorf  in  Uetikon,  welohe  Firma  indeß  nooh  einen  eigenen 
kleinen  Sduranbendampfer  imd  Bemoiqnoiir  ttir  den  Verkehr  looo  Seeetotiooea 
und  Zürich,  so-wio  nach  Rapperawyl  luco  und  traniit  im  Besitze  bat. 

An  Schlepp hodtoi  besitzt  die  Nordostbalm  auf  dem  ZUrcheraee :  7  eiserne 
und  20  hölzerne  Schlepp-  und  Kohlenachifie  mit  einer  Gedammttragkraft  von 
700  t.- 

Am  2.  Kot.  1887  konstitnirte  sieb,  mit  Site  in  Lachen,  Kt.  Sohwys, 
eine  (xesellidiaft  für  die  DampfschiiTfahrt  auf  dem  obern  Zürchersee.  Ihre  Fahrten 
begannen  am  17.  Mai  1888.  Die  Gesellschaft  besitzt  den  Sohraubendampfer 
^Olu^rsee".  Tragkraft  20  t,  Ma;>chinenkraft  lö  L.  p.  Einnahmen  aas  dem  Personen- 
trausport  im  Jahre  1888  Fr.  ll,4()i. 

Vier waldstättersee  und  Zugersee: 
Die  DampAobiffgeBdleohafl  dee  YierwaldstKtteiwe'e  hat  yor  «nigea  Jabreii 
ancli  den  Bebär&brtBbetrieb  anf  dem  Zogeraee  ttbemommeo.   Sie  arbeitet  mit 

einem  Aktienkapital  von  3  Millionen  Franken.  Das  Schiffspersonal  bestebt  ana 
119  Mann  auf  dem  Yierwaldetättersee  und  ans  8  Mann  auf  dem  Zngersee. 
Außerdem  sind  noch  ca.  80  Mauu  uU  Brücken wärter,  Güter besläter,  VVerfte- 
arbeiter  und  Taglöhner  beschäftigt.  Das  Betriebspersonal  und  die  Werftearbeiter 
lind  gegen  ünfölle  vernobert. 

Ueber  den  Schiffsbestand  gibt  folgende  Statistik  Aasknnft: 
a.  Vierwaldtiättcr^^ee. 


Käme  cl«s  SeUffM 

de«  Brin>ji< 

Indixirte  Liiage 
Prerdukrftft«  m 

breit« 
ni 

Inveutarwertb 
81.  D«cemb«r  189^ 

1   Stadt  Luzem  . 

1886/87 

700 

60,00 

7,50 

1^. 

319,501.  50 

2.  Germania 

1872 

530 

59,40 

6,39 

« 

216,235.  80 

o.  Itulia 

530 

59,40 

6,39 

n 

216,235.  80 

4.  Schweis  .    .  . 

1870 

480 

60,45 

5,91 

M 

207,263.  60 

6.  Victoria  . 

480 

00,45 

5,91 

II 

207,263.  60 

6.  Helvetia 

335 

51,00 

5,40 

m 

132,088.  65 

7.  Gotthard 

1887/P8 

350 

46,00 

5,80 

n 

181.300.  ~ 

8.  Waldstätter 

187d 

290 

43,40 
48,00 

4,80 

T 

110,146.  90 

9.  Wilhelm  Teil  . 

1864 

965 

4,98 

II 

99,840.  70 

10.  Stadt  Baml 

1859 

315 

45,00 

4,80 

« 

93,673. 65 

11.  Stadt  Hailand  . 

215 

45,00 

4,80 

II 

?2,r>7'}.  65 

12.  Rigi  .... 

1848 

155 

37,80 

4,20 

n 

62,899.  75 

13.  Schwan  .    .  . 

18G3 

60 

22,50 

3,00 

21,875.  40 

Fr. 

l'96U,UOO.  — 

b.  Zugersee. 

14.  Helvetia     *  . 

1876 

290 

43,00 

6,00  1 

Fr. 

46,402.  32 

15.  Stadt  Zng  .  . 

1864 

155 

39,00 

4,75  1 

Die  Schiff«  Nr.  1 

— 5  und 

7  sind  Salon-,  »>,  8, 

10  und 

11 

Halb.salon-,  9, 

12  und  i:^  trHU-rdinliche  Eindeckboote. 

Die  Schiffe 

Nr.  1  — 

3,  ' 

6,  9—11  und 

13  -15  sind  von  l,M  her  Wyß  &  Co.,  Nr.  4,  ö,  7  und  8  von  Gebrüder  Sulaer, 
Nr.  12  vüu  Ditclibura  &  Mare  erbaut. 


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SchifEUirt 


—   6  — 


ScbüXBOkit 


Die  Geaellscbafl  besitzt  ferner  1  eisernes  Schleppschiff  mit  150  t  Tragkraft, 
ferner  1 1  hülzcrne  Sohle ppachitVe  mit  je  10 — 70  t  Tragkruft,  nebst  einer  Anzahl 
gröi^erer  und  kleinerer  Eaderacliiffe.  In  der  Bilanz  figurirt  das  geflammte  Schlepp* 
mmteiial  mit  Fr.  19,150. 

Grenferaee: 

Dieser  See  weist  die  größte  Zahl  von  Dampfbooten  (18)  auf,  indessen  aittd 

die  Maschinen  weit  kleiner  als  diejenigen  der  Boote  auf  dem  Viorwaldstättersee. 
Man  vergleiche  diesbezüglich  in  der  vorigen  and  in  der  folgenden  Statistik  die 
Kolonne  «Indizirte  Pferdekräfte''. 
Dunpfiwhiffe  de»  Genftnee*«: 


Dstuiu 

Indisirte 

L&Dg« 

m 

Bttlto 

Uoot^Blino  ,    .  . 

1675 

120 

64,00 

7,20 
6,71 

Fr. 

170,000 

Winkelried  .    .  . 

1970 

140 

60,00 

» 

111,000 

110 

55.00 

6,40 

2 -'2,000 

1  lu 

55,00 

5,80 

m 

lf,7.000 

Helv^ti©  .... 

.  1840/72 

100 

50,00 

6,40 

9 

71,U00 

.  ltibl/76 

90 

55,00 

5,64 

9 

88,000 

.  1856/74 

80 

50,50 

5,34 

m 

58,000 

.  1857/77 

55 

4G,00 

4,88 

a 

62,000 

60 

42,70 

5,00 

m 

100,000 

Jura  

1878 

55 

40,00 

5,00 

p 

85,1)00 

55 

40,00 

5,00 

• 

88,000 

OnilUtame  Teil  .  . 

.  1852/76 

35 

38,50 

4,30 

• 

35,000 

ViUe  de  Oeoeye  . 

.  1856/86 

55 

40,90 

4,57 

• 

98,480 

1875 

30 

36,00 

4,57 

» 

47,000 

Mmiette  .... 

1875 

30 

36,00 

4,57 

• 

45,000 

Viüe  de  Vevey  . 

1876 

25 

30,00 

4,40 

* 

24,000 

Tille  d'Evian    .  . 

1874 

20 

24,00 

4,15 

1» 

10,000 

20 

24,00 

4,15 

10.000 

Fr.  1*491,430 

FOr  den  ganzen  See  besteht  nnr  eine  DuttpfBohiHTahrtsgesellsohaft,  die  Com» 
pagnie  ginörale  de  nayigation  snr  le  lac  Leman,  mit  Site  in  Laanniie. 

Thunersee: 

6  Dampf  boote,  wovon  1  (nHelvetia")  erst  seit  April  1889.  Lunge  der  5 
ältesten  (über  die  „Helvetia*  erhielt  das  Lexikon  keine  Anekunft)  36,6—54,9  m; 
Breite  4,27^6,10  m;  FL  32—60. 

Brienzersee: 

4  Darapfboote,  a9,»l— 51,8  m  lang,  4,10— m  bnit,  :U1 -70  Pf. 

Die  Vereinigte  DAnipfschititiilirtsi.ft>sell8chalt  l'iir  den  Thuner-  und  Brienzersee 
bat  einen  Unterstützungsfoud  zu  buuiiten  der  Schitfsmaunschaft,  welcher  Ende 
1888  Fr.  85,356  betrog. 

Lngaoersee: 

Die  Soeietli  Davigasione  e  fcrroTie  pel  lago  di  Lugano  besitst  die  5  Personen- 
dampfer 

„Lugano"  a  200  Pf.  zum  liivt-ntarwerth  von  Fr.  87,112, 
„MUauo-      „  150   „      ,  ,  „  77,010, 

.Gereno»      ,  100  .     ,  «  .     ,  40,754, 

.Hdretia''    „    80  ,     ,  .  ,     .  40,754, 

,Gea«nNH>*  ,  150  „     „  ,  „     .  110,000, 


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SehiffEüirt 


—   6  — 


Schiinkhrt 


ferner  den  Schlepper  ^Lampo"  a  35  Pf.  und  2  Lantbarken  von  je  60  t  Trag- 
kraft. Im  Jahre  1S88  wurden  I97,(il8  Personen  und  900  t  Gütfr  b.fJ.niect. 
Der  Reingewinn  beziitert  sich  auf  Fr.  60 — 80,000  per  Jahr,  wird  aber  ab^orblrt 
dnroh  diu  Defisit  der  Bahften  Porlezza-Menaggio  ond  Pontetroaa-Luino. 

Keuenburger-  und  MurtenHee: 
Die  jetzige  Geeelleebaft  gründete  üoh  im  Jabve  1870;  allein  die  Daupf- 
echiff&brt  begann  sdhon  im  Jabre  1826.  Gegenwärtig  4  Dampf  boote  k  40  bia 

50  Pf.  nnd  eine  Bemntuiung  von  40  Personen.  Im  Jabre  1888  wurden  be- 
f<»rdert  87,177  ReiKonilf  uikI  ca.  50,000  t  (liKer.  Einnahmen  und  Ausgaben 
halten  Rieh  die  Waage.  Kein  Unt«;r8tUtzungMtuud.  Inveutarwerth  der  Schitfe 
Fr.  -442,267.    (Laut  Bericht  des  GeKelluchaftsvorstandes.) 

Bieleraee: 

Zwei  Gesellsohalten  theilen  sich  in  den  Scbiiffahrtabetrieb.  Die  ältere  der- 
selben, gegründet  1877,  bat  ihren  Sita  in  Biel.  Sie  bentat  das  Doppelachranben« 

boot  „Schwalbe",  welches  Raum  für  80  Personen  hat.  33  Pf.  Länge  20  m, 
Breite  3,20  m.  Das  Boot  wird  zu  Vorgnilgiinp^fnhrtfn,  aiuh  für  8(jl(he  nach 
dem  Neuenbnrger-  und  dem  Mnrtf»ns  hau|itsai.hlich  al»cr  nach  der  St.  l't-ters- 
insel,  benutzt.  Bi«  i8H6  dieute  <lic  „Öchwaibe*  auch,  um  für  den  Aarberg- 
lliigneck-  nnd  den  Heienried-Bttren-E[ana]  Steine  aus  den  Brttohen  7on  Alferm^ 
and  Tüscherz  zu  bcHirdern. 

Die  jüngere  Gesellschaft,  „L' Union  d'Erlach-Neuenstadt",  gegründet  1885, 
hat  ihren  Sitz  in  Krlarh.  Sie  vorfiigt  über  2  Schraubenhootp :  1)  .T.'T'nion" 
mit  24  Pf„  14  m  Länge,  3,20  m  Breite,  uhne  KajUte,  Kaum  fUr  40  i'erbynenj 
2)  „J.-J.  Bomaeatt*  mit  36  Ff.»  1  Kajüte,  22  m  Länge,  S'/a  m  Breite,  Banm 
flir  80  Personen. 

Bedienungspersonal  auf  beiden  Schiffen  ?>  —4  Mann.  Zweck  der  Boote  ist,^ 
den  refrflmäßiprn  Po-t-,  Personcu-  und  Güterverk'-hr  zwi.sr'hün  Nenenstadt  und 
Krlael),  sowie  Luätlahrten  (ebenfalls  hauptsächlich  nach  der  St.  Petert»iD«el)  sa 
vermitteln. 

Anßer  den  B  Dampf  booten  finden  anf  dem  Bielersee  oa.  10  grSfiere  Rnder- 

nnd  Segelbarketi  von  200 — 500  t  Tragkraft  xam  Transport  von  Steinen  etc., 
30  FischerVo  >te  und  etwa  40  LiixiiKboote  Verwendung.  (Naeh  gefl.  Mittheilangen 
des  Herrn  Grüring-Dutoit  in  Biel.) 

Vor  der  Erütlnung  der  Eit»enbabnlinie  Biei-Neucubtadt  wurde  der  Bielereee 
von  8 — 11  Dampf  booten  be&hren. 

Lae  de  Jonx: 

Zum  Zwecke  der  Personenhefördemng  auf  dem  Joox  See  bildete  eich  im 
Dezember  1888  eine  Soci^tt'  (k  navigation  Pur  le  lac  de  Joux.  Sie  erwarb  den 
S(  liraiibendampfer  „Caprico",  welcher  Raum  fllr  so  Personen  hat  Sein  Dienst 
begaua  am  19.  Juni  1889.  Innerhalb  27a  Monaten  betcirderte  da«  Boot  mehr 
als  10,000  Personen.  Es  nimmt  weder  Waaren  noch  Vieh  auf.  Ein  weiteres, 
nieht  «aotorisirtce*,  altea  Dampf  boot  hält  anf  dem  Jouz-See  ein  in  Vallorbe» 
domizilirtr  r  Handelsmann.  (Naeh  gefi.  IfittbeilnDgen  des  Herrn  Notar  John  Capt 
in  Sentier.) 

Ha  1 1  wy  1  e  rsee : 

Die  Dampitichiffgesellschaft  des  HaUwylersce  «  konstituirte  sich  im  Jahre 
1888.  Sie  hat  ihr  DomixU  in  Veieteraebwauden.  Das  einzige  SdktfT  der  Gesell- 
schaft,  .Otto*,  begann  seine  Fahrten  am  15.  Juli  1888.  £e  hat  oa.  3  t  Trag- 
krall nnd  4  Pf.  Zn  Fahrten  an  Sonn-  nnd  Feiertagen  wurde  ea  im  H.  Halbjahr 


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SchiO&hrt 


—    7  — 


Scbirmfabrikation 


1888  von  2'.\\\0  Pewonen  benützt.  Weder  Vieh-  noch  GiiteitranBport.  Segelschiffe 
kuntiren  auf  dem  Hallwylersee  nicht.    (Bericht  des  (jreeeUiiuhaftßsekretariates.) 


Folgeude  vergleichende  Statistik  pro  1888  gewährt  ein  Bild 
von  der  Freqnens  der  gröftern  Gewisser  dnroh  die  sohwei«. 
ScbifffahrtsoDternehmnngeii: 


Warth  dar 

lluipflMHiila 

naapflmo«« 

Fr.  1*311,000 

118,616 

Fr.  272.800 

239,000 

9G,ö97 

« 

26,000 

Zürchersee  13 

„  r2yO,n(>(> 

790,000 

* 

1,000 

Vierwaldstättersee            ,  13 

.    r 960,000 

?5äU,139 

194,000 

285,000 

196,156 

94,000 

,  219,000 

105,826 

72,000 

46,000 

57,939 

? 

Neaenbarger-  n.  Hartensee  4 

.  442,0:)O 

87,177 

Genfersee  1*^ 

,   1'49 1,000 

783,428 

1  :.,s  otH') 

373,000 

197,618 

-  ) 

Es  ergibt  sich  aas  dieser  Statistik,  dai>  die  Schifffahrtsunteruehmung  des 
VierwaldstätterHee's  den  grO&ten  Personenverkehr  hat.  In  der  Zahl  der  Reisenden 
des  Oenfersee^B  fehlt  allwdings  die  Zahl  der  Abonnenten;  allein  dieselbe  wiegt 

kaum  den  Unterschied  auf.  Der  Vierwaldsta'ttfrs*  e  weist  auch  den  größten  Güter- 
verkehr anf,  nämlich  (ohne  Vieh  und  Gepäck)  im  Jahro  1888  40-_>,7:!;i  t,  der 
Bodeti«ee  (allerdiugs  Nordostbahn  allein)  208,095  t,  der  Uliöiu  53,Oi»<i  t.  der 
Zürchersee  ca.  50,000  t,  der  Neuenburger-  und  Murtensee  50,000  t,  der  Lugancr- 
see  900  t. 

Die  Dampfsdiififahrt  anf  dem  Langensee  ist  aussohließlich  italienische 
Untemehniang. 

W  a  1 1  e  n  8  c  e  : 

Auf  diesem  wurde  die  Dam]  fsehilffahrt  erHtFitet  im  . Li  lue  t'^':>7;  «;ie  erloHch 
aber  sehnfi  im  Jahre  1659  infolge  der  EröHnung  der  Eisenb.ilin  W  erisen- Sargans. 
Zwei  Üaiiiplbuüte  genügten.  „Delphin**,  das  kleinere,  vom  Zürobersee  herüber- 
genommen, Torsank  in  einer  atttmusolien  Desembemaoht  des  Jahres  1651  nnd 
riß  17  Personen  mit  sich  io  den  Abgrund;  das  größere  führte  snerst  den  Kamen 
„Minerva",  später,  nacli  einer  irroßen  Reparatur,  „Spltigen".  Nachfolger  des 
.Delphin"  war  der  . Linthescher".  Henti;  verkehren  auf  dem  Wallensee  nur  noch 
wenige  Lastbarken,  weiche  Baumaterialien  trausportiren.  Nicht  selten  vergehen 
halbe  oder  ganze  Htmate,  ohne  dafi  n^n  im  Hafen  von  WallensUtdt  oder  Weesen 
ein  befraehtetes  SegelachUT  sieht.  (Gefl.  Mittheilnng  der  Grmeinderatbakandei 
Wallenstadt) 

Gesetzgebung  nnd  Verträge. 
Die  cidg.  Gesetzgebung^  betr.  die  SohiflTahrt  ist  auf  S  ;"!.')!  im  I.  Bd.  an» 
geliitiit.  Die  Kaiitoue  haben  Gesetze  oder  V'eiurdnungen  übtr  tlie  ,Schilifahrt«- 
polizei.  Zu  erwähnen  ist  noch,  daß  mit  den  Übrigen  Bodensee- Uferstaaten,  mit 
Baden  betr.  die  Sehülbhrt  nnd  Flößerei  anf  dem  Rhein  von  Neuhansen  bis  Basel 
nnd  mit  Frankreioh  betr.  die  Sohififahrt  anf  dem  Genfersee  Vertrlge  bestehen. 

Schinttfiabrikfttioil.    Die  Soh.  wird  in  allen  Kantonen,  doch  in  keinem 

in  großem  Maßstäbe,  betrieben.    Eine  gewisM  Bedeutung  hat  sie  erst  seit  den 

50eT  Jahren  erlangt.  Laut  Volkszcihlunfr  vom  1.  Der..  1880  beschäftigten  sich 
damals  398  männliche  und  163  weibliche  Fersonen,  zusammen  561,  mit  der 


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Schirm  rabrikation 


—    8  — 


Schmalspurbahnen 


Schirmmaoherei.  Die  JahresprodoktioD  wurde  1883  auf  400,000  Stttok  BegeH' 
tehirme  im  Worth  von  2  MiU.  SV.  gesohltit,  der  Bedarf  auf  500,000  Stitak. 

(B.  Plnfippi-Stierlin  in  Basel,  Bericht  über  die  LandesausstdhlQg  in  Ziirioh.}  Bei 
unserer  Schirmfubrikation  handelt  es  sich  haupttiächlich  nur  um  die  Züsammen- 
setznng  von  allerlei  Bentaudtheilen.  die  größtentheils  vou  Paria  bezogen  wtM-deu, 
wie  Stöcke,  Griffe,  Gestelle,  Guraituren  etc.  (ümtuhr  1868  fdr  Fr.  537,075, 
Awfiihr  nur  Fr.  2333).  Baumwollene  und  eeideiie  Stoffe  warn  üebmBOg  HeHart 
zum  Theil  das  Inland.  Maa  nimmt  an,  daß  200 — 300  Nlthmeaeltinea  bm  der 
Soh.  engagirt  sind. 

Was  die  Einßthr  betrifft,  so  wird  in  der  Weatschweiz  mehr  fertiges  aus- 
ländisches Fabrikat,  namentlich  seidene  ächirme,  als  in  der  Ost-  und  Central- 
•ohwma  verwendet.  Sonnenat^rme  werden  wegen  dem  blafigen  Weohael  der 
Miode  allgemein  von  aoewärte,  besondece  von  Frankreleh,  benogeo.  Die  Auagabe 
an  das  Ausland  fUr  Regen-  und  Sotmeu.schirme  betrug  im  Jahre  1888  Fr.  443,600 
oder  netto  Fr.  409,040,  weil  Fr.  34,560  An>ffabr. 

Dem  P^abrikge^etz  sind  unterstellt :  R.  Bauniauü,  ächirmfabrikaut  in  St.  Gallen, 
und  J.  8tiini£i,  8chiruistucktabrikant  in  Morgen. 

SchhM>keneem«nt,  Schlaelrenmeh],  Sohlaekeneteine,  Sehlaekenwolle  nebe 
«Hochofensohlaoke" . 

Schleifsteine.  Fumlorte  sind :  Iberg,  TrarhseU'n  und  Hinter- Wäggithal  im 
£t.  Schwyz;  Font  und  Cheircs  im  Kt.  Freiburg;  Bauried  im  Kt.  St.  fJallen, 

Schlosserei.  Zahl  der  Schlo.'SRer  und  KiHcnmöbelarbeiter  Ende  l.sriri  ri405. 

Sc^hmalspurhahBen.    Es  bestanden  in  der  Schweiz  am  80.  Juni  1889 


folgende :  Sponraito  BknUete  Luv* 

tSchmalsp.  Bahnen  niil  Lokomotivbeineö :  ™  " 

Appenieller  Bahn   1,00  25,441 

Birsigthalbahn   1,00  12,572 

BrüTiigbahn  (theilweiM  Zahnradbahn)    .    .    .  1,00  58,000* 

Frauenfeld- Wyl   1,00  17,040 

Geneve-Veyrier  ,   1,00  .'1,4 öO 

Genfer  Sohmakpurbahnen   1,00  1;>,!3U5* 

Laneanne-Eoballena   1,00  14,368 

Pilatusbahn  (Zahnradbahn)   0,80  4,228* 

Higi  Schoidegg-Bahii   1,00  6,747 

Traujelan-Tavaiiutj«   1,00  M,."309 

Waldenbnrger  Bahn   0,75  ia,750 

SdmiatsiK  Drahtseilbi^nen : 

Beatenbergbahn   1,00  1,610* 

Biel-Magglingen   1,00  1,633 

Biirgenstockbahn  (elektrisch  betrieben)  .    .    .  1,00  831 

i>rahtseilbahu  in  Lugano   1,00  248 

Gießbaohbahn   1,00  331 

Gatdohbahn  in  Laxem   1,00  146 

Marziiibahn  in  Bern    .   0,75  105 

Tciritet-GlioH   1,00  599 

Zürichbiugbahn   1,00  175* 

i>ihmalsjj.  Tramwai^s: 

Vevey-Chitlon  (elekiriacher  Betrieb)     .    .    .  1,00  10,347 

Total  im  Betrieb  198,933 


4» 


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Sclraialq>ttrbaliiieii  —    9    ~  Schuhfiibrikation 

Im  Bau  begriffen  waren  zu  der  nämlichen  2eit: 

.  ......  Spurweite       Baulieli«  Laug« 

Bahnen  ßr  Lokomotwbetrieb :  m  m 

Bemer  Oberland  bahnen   1,00  24,400 

Brenets-Locle   1,10  4,265 

Capolago-MontB  Generoeo  (Zahnradbahn)    .    .  1,00  9,200 

Eoballene-Bercher   1,00  9«480 

Genfer  SclimaUpiirbahiien   1,00  20,300 

Lantlquart-Davos   1,00  43,200 

Poiit-^-Clmux-du-Foüdi*   1,00  14,175 

St.  Gallen-Uais  (theilweiäC  Zahnrailbahu)    .    .  1,00  14,OU0 

Tup-Zermatt   1,00  34,750 

DrtiM$9iibahntn : 

Eclnsp-Phn  (Xenenb'irg)   1,00  370 

Lauterbninnen  Griitscbalp   1,00  1,3G0 

Paradiso-äan  Salvatore   1,00  1,535 

EUktrisehe  Baku: 

GiUteeliAlp-Mtlnren  .    .    .    ,   0,75  8,880 

Total  im  Bau  180,915 
Die  mit  *  bezeichneten  LSngen  der  im  Betriebe  «tehenden  und  alle  JAogaa 

der  im  Bau  befindlichen  Linien  sind  approximativ. 

Schneiderei.  Diesem  Erw^erbszweig  lagen  am  1.  Dez.  1880  34,878  Per- 
sonen (22,906  weibliche,  11,972  männliche)  =  2,6  7«  ft^ier  ii^rwerbethätigen 
ob.    4257  =  12,2  Ausländer. 

Behninergewerbe.  BttaaellM  wurde  rar  Zeit  der  1880er  Volknählong  von 
19,387  Personen  auegettbt  —  1,5  «^Uer  ErwerbethXtigea.  Unter  dem  Fabrik- 
gesetz  stehen  (Ende  1888)  54  Etabl.  mit  810  Arb.  in  12  Kautonen. 

Sehriftgiesserei.  Dieselbe  beschäftigte  zur  Zeit  iler  Volkszählung  vom 
1.  Dez.  1880  120  Pers.  in  den  Kantonen  Bafielstadt  (4  7),  Blth  ^30),  Zürich  (22), 
Schwyz  (16),  St.  Gallen  (4),  Tessin  (1)..  Die  Etublisüemente  gießen  mindestens 
eben  so  gut  und  danerhaft,  wie  jedes  ansländisebe  Etablieaement,  besitsen  aber 
nicht  darohgängig  dieselbe  reiohe  Auswahl  von  Schriftstempeln.  Die  ganz  gat 
eingerichteten  GicßertMen  werden  von  den  inländischen  Buchdruckern  gerne  be- 
rücksichtigt ;  auch  sind  sie  eiLportiähig.  Qrölite  Konkurrenz  aus  Deutschland  und 
Frankreich. 

SehnbfilbrikatioB.  Die  &brikmKßige  Sob.  wurde  in  der  Scbweis  im  Jshre 
1850,  also  sur  Zeit,  wo  die  sog.  BottinMi  mit  eiostisohen  EinsXtsen  in  Uoda 

kamen,  fast  gleichzeitig  durch  Frana  Bally  in  Schönenwerd  und  Job.  Hofmann 
in  Winterthur  eingeführt.  Die  Einfuhrung  der  Nähmaschinen  pah  der  Fabrikation 
einen  kräftigen  Aufschwung;  die  Obertlieile  konnteu  datluroh  viel  rascher  und 
doch  solid  erstellt  werden.  1856  kam  dazu  die  Sohlenschraubmaschiue  von  Le- 
mereier  in  Paris,  die  noch  jetst  mv  Erstellung  starker  Waare  fttr  HXnner  vielfaoh 
in  Gebrauob  ist.  Von  1868  —  1870  gelangten  die  amerikania<dien  Soblennlh- 
maschinen  nebst  den  verschiedensten  Hiilfsmaschiiien  zur  Verwendnriir.  voran 
durch  ilie  Firma  (j.  F.  Bally,  die  ihre  Kinrinhtung'^^n  den  }Uii>'nkauiselieii  und 
englischen  nachzubilden  bestrebt  war  uud  dadurch  aihuälig  das  bedeuteudbte 
Etablissement  auf  dem  Kontinent  wurde.  Auch  die  andern  Schweiz.  Fabrikun 
haben  sich  mSgliebat  konknrremfihig  eingerichtet 

Im  Jahre  1860  war  auch  eine  Fabrik  in  Ölten  (Kunz  &  Demenga)  und 
eine  xweite  in  Winterthur  entstanden,  später  kleinere  Fabriken  in  Oiten,  Ober- 

\ 

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Scbtihftd>rfkattofi 


—    10  — 


Schubfobrikalioa 


at^wyl  (St.  G-allen),  Amriswfil  nnd  Wigoldingen  (Thargan),  Veltheim  (Aargau), 
BrUttitiellen  (Zürich),  Langenthal  (Bern),  Lausanne  eto.  Fa^t  in  Hämmtlichen 
QrtBchaften  swisohen  Aarau  und  Ölten,  aaf  beiden  Aarafern,  wird  heate  Sch. 
betri«ben. 

Die  günstigsten  Jahre  waiv  ii  diejenigen  von  1871 — 1874,  zum  großen  Theil 
iiifoI^Tf  'h-s  Umstandes,  du(j  ilif  d-Mit.sclif ii  und  franzönischen  Konkurrenten  durch 
den  Krieg  an  (ier  Au^'lieutiuig  des  inläiiilischen  Marktes  gebindert  waren. 

Die  Fabriken  für  den  inliindiHchen  Bedarf  pruduziren  theils  ganz  fertige 
Sommer-  oder  Winteraehnhet  theils  nur  die  Obertheile  (Schäfte),  theila  Pilzaebob« 
mit  Holzsohlen,  Sooqoes  und  Stibota  (Holsschuhe).  Diexdben  haben  mit  der  Kon- 
kurrenz deutscher,  franziiaihcher  und  österreichiHcher  Fabrikate,  weiche  durch  ihre 
ßilli;.^keit  bchteohen,  schwer  zn  kämpfen.  Der  größte  Theil  der  nöthigen  Roh- 
stoiit-  und  Halbfabrikate  muLi  vom  Au.slaude  bezogen  werden :  Yacbe  Inw^, 
Croupou8,  Ziegenleder,  Schafleder,  Cberreau  eto.  aua  fingland  and  Frankreich» 
matte«  niid  laokirtee,  satbirte»  und  obagrintrtea  Kalbleder,  Bock*  und  Rofileder, 
Schmalleder,  Verdeckhäute  etc.  ane  Deutschland.  Wic)i.«kalbleder  ibt  der  einzige 
Artikel,  welchen  die  ^chnhfaKrikrft  pxm  im  Inlande  beschaffen  können.  Der 
Gesammtbedarf  au  Luder  für  •Schuhwaaren  wird  auf  den  Betrag  von  'i'i'/s  Mil- 
lionen Franken  geschätzt,  wuvuu  ca.  '/s  auf  die  Fabriken  entfallen  wjH.  ^J*  dieses 
Fabrikbedarfa  liefert  das  Aneland.  Gttnetiger  »teilt  sich  das  yerhlltniß  allerding» 
hmsicbtlioh  dcH  Lederbedarfs  fttr  die  handwerkKniäßige  Produktion,  weldie  fiir 
schwereres,  gröberes  Material  Verwendung  und  daher  )-!i)'\/o  desselben,  worunter 
fmt  Hämmtliche'*  Sohürder,  im  In  lande  zur  Verfti^un^^  hat.  Die  Stoffe  für  Ober- 
theile: Serge  de  Bcrry,  Tuche,  Filzstotfe  etc,,  deren  Bedarf  jährlich  den  Betrag 
oa.  eioer  Million  Franken  erreicht,  liefert  fa«t  aämmtlich  das  Ausland;  ebenso 
für  oa.  eine  IkDllion  Franken  GammtlSulen  für  die  Rlastiqnefabrikation.  Elastiqnes, 
Futter  und  Struppen,  ebenfalls  ca.  eine  Million  Franken  betragend,  stellt  das 
Inland  zur  B^'reitschaft. 

Der  Export  der  sehweiz.  Schuhfabriken  ist  trotz  den  ungUnhtigcn  Verhält- 
oiä^n  ein  sehr  bedeutender. 

Zmn  Zwecke  einer  8ehStsnng  des  jShrlichen  Geeammtkoneams  von  Schaben 
in  der  Schweiz  dürfte  es  keinenwegs  übertrieben  sein,  per  Einwohner  dnreh- 
.--eliniltlicli  zwei  Paar  Schuhe  a  Fr.  S  ''Mitte  zwisebeu  dfiii  Preis  von  einem  Paar 
Kerrenbottinen  und  eiiu  ni  i'uiir  mittei^ioljer  Kinder.'-eliuhe )  anzunehmen.  Die 
effektive  Bevölkerung  betrügt  nahezu  6  Miiiionen,  die  Jahresauülage  derselben 
fttr  Schubwerk  wird  demnach  nahesn  50  Millionen  Franken  betragen.  Davon 
zahlt  sie  laut  Waarenverkehrsstati^tik  von  1885  —  1888  jährlich  dnrobsohnitttich 
Fr,  7'776,000  an  s  Ausland;  verbleiben  für  da«  Inland  ca.  42  Millionen  Franken, 
in  welche  «rh  nach  der  Vrdk'^znlilung  vom  1.  Dez.  18H0  29,H.')5,  jetzt  wohl 
30,UUU  erwerbende  Personen  der  Schuhmacherei  theilcn.  Rechnet  man  durch- 
schnittlich */*  als  Arbeitslohn  oder  Fabrikationsgewino,  so  ergibt  sich,  unter 
Uinzarechnung  von  5  HUlionen  Franken  (1885 — 1688  jährlich  dorchsohnittlidi 
Fr.  6*050,000)  Export  per  erwerbende  Person  und  per  Jahr  ein  Durchschnitts- 
einkotnmen  von  ca.  Fi-.  'A)fy  Erhöht  wird  danselhe  we«entlieh  durch  die  Reparaturen. 

Dem  mIiwciz.  Fubrikgesetz  find  u'tcrstellt:  22  Si^hii/i fabriken  mit  2300 
Arbeitern,  wovon  0  re«p.  I2ü0  allein  im  Kt.  Solothurn  ^  die  übrigen  in  den 
filantonen  Aargan  (6h  Zttrich  (5),  in  Lausanne,  Wigoldingen,  Stein  a.  Bh., 
Langenthal,  Liental.  8  Schuhschäftefabriken  mit  ca.  60  Arbeitern,  wovon  2 
im  Kanton  Aargau.  .3  im  Kanton  St.  Gallen,  je  1  in  Amrisweil,  Bern  nnd 
Brttttisellen,   1  a*;huhformeafabrik  mit  12  Arbeitern  in  Baselstadt. 


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Schuhtabnkation 


—     Ii  — 


Schule 


Na«h  ^khlaser^i  Adraßbnoh  von  1885  gibt  oi  mindestens  7100  Sohnk* 
machermeiater  nnd  1170  SiibuhlMiidlaDgen. 

6ehttliwioll809  ftüHer  größtentheilH  von  Frankreich  und  Deutechland  be- 
zogen, wird  seit  längerer  Zeit  in  wachsendem  Maße  nnd  in  guter  Qualität  von 
inläudiscbeu  Fabriken  geliefert.  Eine  einzige  Fabrik  (in  Oberhofen,  Thurgau) 
beiichäftigt  über  100  Periionen  in  und  aui^er  dem  Hauge. 

.  Sehaldlietreilioiig  und  Kooknrs.    Encheint  vielleicht  in  Supplement. 

Bohllle*  (Mitgetheilt  vom  ArohiTbnrean  der  sehweuc.  permanenten  flefaaU 
auaetellnng  in  Zttrieh.) 

I  Qnellen. 

Die  Bestrebungen,  Kich  über  dm  («chweizerische  8chulwe««en  ein  einheitliche« 
und  aoaraieliendea  Bild  au  verBchaffen,  »ind  verUUtnifimlßig  jungen  Datnmn.  Den 
ersten  Yeisnch  m  einer  nmfassenden  OrientiniDg  machte  1798  der  helvetische 
Minister  Stapfer,  indem  er  Hämmtlicheu  Sehnig  der  helvetischen  Republik  ein 

Fragenschenm  znsnnrlte.  Das  Antwortmatfrial  ging  nur  allinälip,  abi  r  fast  vo!l>titn(lig 
ein  und  ist  uuu  in  einer  atattlichen  Kt-ihe  von  Foliobäuden  im  lielvc tinebeu  .Archiv 
in  Bern  aufgehoben.  Aber  nur  theilweiüe  ist  es  biu  jetzt  verwerthet.  Zellwegcr 
in  seiner  Darstellang  des  Kantons  Appeniell  (Trogen  1867)  war  meines  Wissens 
der  Erste,  der  Tür  »einen  Kanton  Auszüge  duraue  gemacht  bat;  ungefähr  gleich- 
zeitig hat  iforf  in  Htinfm  erhttu  Band  «Zur  Bi(»gi  apliie  Pestalozzi's"  (IH*;t<) 
Bruchstücke  für  den  Kanton  Zürich  zur  allgemfincn  Ki-nntniß  gebracht;  »später 
Kummer  in  seiner  Ge«>vbicbte  des  Schulwesens  des  Kantons  Bern  für  diesen  (ItiTB), 
Broei  in  seinem  Beitrag  snr  Oeecbichto  der  Volkssohnle  des  Kantons  Solothnrn 
(1880).  Systematisch  bearbeitet  ist  das  Material  fdr  die  Urkantona  durch  Jos. 
Durrer,  „Die  Schulen  in  den  Urkantonen  der  Sehweiz  im  Jahre  1799",  Schweiz. 
Zeitschrift  für  Btatintik,  1879.  Eine  die  ganie  Schweiz  amfassende  Bearbeitung 
fehlt  zur  Stunde  noch. 

Die  Seh  weis.  Gesellsobaft  für  Kraiehung,  die  1808 — 13  nnter  den  Auspizien 
Pestalonl^s  tagte,  na<^lier  die  Schweiz,  gemeinnfltzige  Gesellschaft,  deren  Qrtindang 
ebenfalls  noch  in  die  Mediatiooszeit  ^^1810)  fällt,  haben  »ich  redlich  bemllltt,  die 
Keontniß  des  Schulwesens  der  verschiedenen  Landehtlieilt»  7.n  vermitteln. 

nicichzeitig  zogen  sy«tenjatische  Veröffentlichnngen  iiut  dem  Geidctr  (b*r 
Vaterlandbkunde  auub  die  Luirisse  der  kantonalen  Scliuluiganisationen  an's  laicht 
der  Oeffentliehkeit;  zaerst  die  helvetischen  Almanaoke  1802  —  32,  die  jevreilen 
einzelne  Kantone  zum  Gegenstand  ibr^r  Darstellung  machten;  dann  seit  den 
30er  Jahren  die  durch  eine  Reihe  von  Jahren  zur  VerJjtlentlichuug  gelangten 
Bände  des  , historisch-geographisch  stntintii^cht  n  Gcmähles  ?]e,r  Sehweiz",  die  es 
indessen  ebenfalls  nicht  zu  einem  vollständigen  (jesanimt bilde  brachten. 

Koch  sdilimnier  ging  es  dem  efatm  Versnch,  speziell  nnd  «ngehend  dio 
^nrichtungen  der  kantonalen  SehnlverbÜltniBse  darzustellen ;  ich  meine  das 
lieferungswerk  von  Grnnholzer  und  Mann,  «Das  Erziehnngswesen  der  Schweiz", 
Zürich  1854,  das  nach  Publikatirin  weniger  Heftr-  einging. 

Die  Erriilitung  eines  eidgeui).s>is<'hen  statistiHcht;u  liureuus,  die  (irüiiduug 
der  Schweiz,  statistischen  GeselbchHlr  und  ihres  Organ»  (Ztiti>chrift  für  schwei- 
aeriaohe  Statistik),  sowie  das  Bedttrfbiß,  für  die  Weltanssteltungen  nach  die 
Schulverhält niat^e  unseres  Vaterlandes  vorzuführen,  führten  zu  einem  erneuerten 
Anlauf,  der  schon  in  den  60er  Jahren  begann  und  in  den  70er  Jahren  feste 
Gestalt  annahm. 

in  einheitlicher  Weise  wurden  in  der  Zeitschrift  für  schweizerische  Statistik 
▼on  1865  an  Monograpiuen  Uber  die  einzelnen  Kantone  veröflTentlioht. 


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Schule 


—    12  — 


Scbnk 


Der  damalige  Direktor  des  statistischen  Bureaas,  Max  Wirth,  Ter(5ffentlicht6 
eine  Allg'emeine  Bisclireibung  und  Statistik  der  Schweiz,  dereii  dritter  Band 
{Zürich  1875)  da«  Unterrichtawesen  b«baudelte^  au»  der  Feder  vun  M.  Biermann 
ytäx  die  Besflbrdboog  des  PrimarMbnlweMiiB,  Th.  Hag  «od  H.  Bendel  refisnrtea 
Uber  das  Mittelschulweaen,  J.  J.  SoUegel  Uber  die  Lehrerbildungsanstalten.  Natttr- 
]i(  h  ist  dit'ses  Mftteml  jetzt,  so  werthvoll  die  Pabiikation  dainals  war,  Uat  gÜM* 
lieh  veraltet. 

Für  die  Weltausatellung  in  Wien  1873  ließ  da»  Schweiz.  Departement  dea 
Innern  dnrob  Prof.  Henn.  Kinkdin  in  Basel  eine  groß  angelegte  Statietik  dee 
Unterrtehteweeena  der  Schweis  in  Jakre  1871  ansarbeiten,  die  S3  Blinde  Maoa- 

akript  umfaßte.  Yerttlfentlicht  wurden  aber  nur  drei  Bände :  I.  Die  Gesetzgebung 
iiiier  fkg  Primär- und  Sekuiidartiebulwesen,  1873;  U.  Statistik  der  PrimaraohnleD, 
1ö7ü;  V.  Die  Lehrerbilduugbantitalten  (Schlegel). 

Au  diese  Veröffentlichung  reihte  sich  1873  die  Arbeit  von  J.  Wellauer  und 
J.  Httltar,  „Die  eohweiz.  ArmeneniehangaanatalteD*  (mit  Nachtrag  1678)  an. 

Inzwischen  war  die  Bundesverfassung  revidirt  worden,  und  an  däe  neae 
Militärfirgiiiiiyution  reihtpn  sich  die  Rekrntonpriifungen  an,  deren  Ergebnisse,  je- 
weilen  vum  eidg  statistischen  Bnrt'ciu  verötVcntlicht,  eine  vergleiuhendu  üebersicht 
der  Uuterrichtserfulge  ermöglichten ;  es  entstanden  die  Schweiz,  permanenten  Schul- 
anaetellungen,  Ten  welchen  wenigsteoa  die  älteste,  die  in  Z^ttrioh,  weit  1878  eich 
die  Beschäftigung  mit  der  Schweiz.  Sohnlknnde  bewußt  zum  Ziele  setate.  Die 
Entwicklung  drängte  rasch  auf  eine  umfatisende  Anhandnahme  dieser  Aufgabe 
unter  Mitwirkung  den  Bundes  hin,  und  dm  Departement  des  Innern  ließ  es  seiner- 
zeit« nicht  daran  fehlen,  derselben  Vorschub  zu  leisten.  Als  erster  Fühler  erschien 
anter  aeinen  Aaspiiiea  in  der  ^itacbrift  ^r  Statistik  1880  von  C.  Grub  eine 
»Berichterstattnng  Uber  das  sohweia.  Unterricktsweseo  anf  Grundlage  der  im 
Jahre  1878  erschienenen  ofBaiellen  Jahresberichte". 

Bereits  anch  war  Weiteres  und  Bleibendos  im  Wurfe.  Unten»  3.  Juni  1880 
beantragte  der  Bundesrath  die  Krrichtiuig  einer  Adjunktenstelle  im  eidg.  statistischen 
Bureau,  speziell  zu  dem  Zwecke,  „die  zur  Vollzieiiung  des  Art.  27  der  Bundes- 
yerfiusuDg  nöthigen  Erhebungen  ttber  das  Sobnlweeen  der  Kantone  zu  maohen 
und  für  die  regelmäßige  und  fortlaufende  Sammlung,  Zusammenstellung,  Ver* 
arbeitung  und  VerJtffeiitlirliiiug  tlc-r  Krgrbul.Hse  zu  sorgen*.  Das  Keferendum  vom 
2H.  Nüveuilu-r  18»2,  in  welchem  die  lürriohtnng  der  Stelle  eines  ..Schulsekretärs" 
mit  großem  Mehr  verworfen  wurde,  gab  nicht  nur  der  scbulpolitischen  Entwicklung 
eine  andere  Wendung,  sondern  mußte  auch  die  offiaietle  Initiative  an  neutraler  Er- 
forsohung  der  SdialverklUtniaBe  fUr  die  utfohsten  Jabre  aum  Stillatand  Terartheilen. 

Oittcklioherweise  war  damala  eine  ander«-  Arbeit  bereits  in  Aktion  und  konnte 
unberührt  von  diesem  ümsebwung  durchgeführt  werden :  die  Tür  die  Landes- 
ausstellung iu  Zürich  IbbS  in  Aussicht  genommene  Uuierricbl«>istati»tik  für  1881. 
Die  Leitung  derselben  wurde  Herrn  Erziehuugssekretär  Grob  Ubertragen,  und  auf 
das  Datum  der  Eröffnung  der  Ansatellung,  1.  Ihi  1883,  lagen  die  Resultate 
derselben  im  Drucke  vor:  sieben  Bände,  von  den  n  der  letzte,  die  Uobersicbt 
über  die  Schweiz.  Hohnlgesetzgebung  enthaltend,  als  Handbiudi  dm  Schweiz,  ünter- 
riebtswesens  gelten  dart.  lo  Fortsetzung  dieses  Werkan  hat  dann  Herr  Grob  unter 
Mithülfe  des  Departements  1886  eine  „Sammlung  der  1883 — 85  erschienenen 
neuen  Gesetse  und  Verordnungen",  1887  eine  eolche  derjenigen  des  Jahres  1886 
erscheinen  lassen,  und  infolge  der  Verhandlung  der  Bundesvert^anitnlung  im  Sommer 
1888  ist  dann  die  zweite  Fortsetzung  zu  einem  Jahrbudi  de«  Unterriehtswesena 
in  der  Schweis  für  1887  erweitert  worden. 


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Schule 


—    18  — 


Schule 


Neben  diesen  offiziellen  and  halbuifiziellen  Veröfleutlichangen  sind  eine  Reibe 
privater  PabUkationeii  schnlgeaehichtlichea  Inbaltes  erfolgt.  Von  den  Loknl- 
getdiioliifln,  die  mebr  oder  weniger  eingehend  anoh  da«  Sehnlwesen  der  von  ihnen 

behandelten  Gemeinden  in  seiner  Entwicklang  vorführen,  absehend,  nennen  wir: 
Müller,  J.^  Der  Aargau,  seine  politische,  Rechts-  und  Sittfng^cschichte.  2  Bde. 
1870.  Archinard,  Gh.,  Histoire  de  Tinstruction  publique  daut»  le  canton  de  Vaud. 
1870.  PcUtpicrrc,  A.,  Un  demi-siöoie  de  Thiitoire  economique  de  Neachätel 
(1791^1848).  1871.  Kuvmtr,  Dr.  J.,  Geaoliichte  dee  Sehnlwesena  im  Kanton 
Bern.  187».  Häberlin-Sehaltegger,  Geeohicbte  des  Kantons  Thurgau  17D8 — 184'J. 
1872.  Der  Kimton  Thnrgan  in  seiner  Gesammtentwickliiug  1k4!> — GO.  1876. 
Ernst,  Dr.  l'.,  (Toschichte  des  zürcherischen  Schulwesens  bi>  geirc»  Ende  des 
16.  Jahrhuudertd.  Wiuterthur  1879.  Kygir^  J..  Ueächichte  de«  FriuiarschulweseiiB 
im  Kanton  Bern,  mit  besonderer  Berückeichtigung  der  letiten  S3  Jahre.  Bern 
1879.  Iber,  G.,  Geschichte  des  glarnerischen  Schulwesens.  IBt^S.  Humiker,  0., 
Geschichte  der  hichweiz.  Vulksschule.  3  Bde.  Zweite  Aufigabe.  1887.  Derselbe^ 
Bilder  zur  neueren  Geschichte  der  Schweiz.  Volksschule.  I88y. 

Der  reichen  Zahl  der  Monographien  höherer  Bildungtianstalten  wird  am  ent- 
ipreehendm  Orte  gedacht  werden. 

Die  Bilder  aar  neueren  Geeohiohte  der  «chweis.  Volknohnle  enthalten  eine 
Zusammenstellung  des  gedruckten  sohnlgeeohidltlichen  Quell enTnaterin!>«  (S.  200 
bis  1?!  5),  soweit  dasselbe  zur  Zeit  der  Heraoagabe  jener  Pablikation  dem  Schreiber 
dieser  Zeilen  bekannt  war. 

Leider  besteht  zur  Zeit  weder  eine  wissenschaftliche  Bearbeitung  der  Schul- 
geaohiehte  der  ▼erBohiedenen  Landeetheile  nnd  Unterriditsgebtete  in  aaereiohendem 
Maße,  so  schätzenswerthe  Monographien  auch  in  einaeinen  vorliegen  mögen,  noch 
viel  weniger  eine  wissenschaftlich  ilmehgearbeitete  schweiz.  Sehulgeschichte.  Auch 
hier  liegen  nur  Bausteine  vor.  Wir  niilssen  uns  daher  beschränken,  Hie  geschicht- 
liche Entwicklang  in  kurzem,  vielfach  lückenhaftem  Umriß  zur  Durstellung  zu 
bringen  nnd  doroh  Einseibilder  ihr  Aneohanliehkeit  an  verleihen,  aoweit  dies 
nothwendig  nnd  bei  dem  knapp  angemeeienen  Baom  mSgUch  iat. 

Ii.  Geschichtliche  Entwicklung  des  schweiz.  SchnlweHcnp. 

^'i.  Mittelalter.  Die  Schweiz  wei^t  die  iiämlicheQ  Anfänge  des  Schulwei>ent» 
auf  wie  das  westliche  Europa  Uberhaupt :  Kloster-,  Dom-  und  Parochialschulen 
als  Idrehtiehe  Stiftungen;  in  den  spftteren  Jahrhunderten  AnfKnge  weltlieher 
Schulen  in  den  Städten.  Vor  Allem  hat  in  Bexag  anf  Rettung  und  Pflege  ge- 
lehrten Wissens  nach  den  Stürmen  der  Völkerwandernng  der  Orden  des  luil. 
Benedikt  hohe  Verdienste;  spätere  Orden,  von  den  ( 'lugiiiazensern  an,  verfolgten 
mehr  aszetische  Gesichtspunkte  und  kommen  daher  für  die  allgemeine  Kultur« 
entwkklnng  weniger  in  Betraeht.  In  der  Earolingerzeit  ist  es  die  Sohnle  des 
Klostera  anf  der  Reichenau,  von  der  uns  Walafried  Strabo  (f  849)  ein  lebendiges 
und  interessantes  Bild  hinterlassen  hat;  im  10.  und  11.  Jahrb.  leuchtete  das 
Kloster  St.  Gullen  als  ein  Mittelpunkt  gt  h^hrter  Bildung  filr  das  ganz?*  Rfidliche 
Deutschland,  im  hnrguudischen  Helvetien  ist  8t-Maurice  (476  gegründet)  uralter 
Sitz  mönchischer  Bildung;  neben  ihm  blühten  im  7.  Jahrb.  Jtomainmutiers  in 
der  Waadt,  St-Urtanne  nnd  Montier^G-randTal  im  bernischen  Jnra  empor.  Im 
alemanischen  Helvetien  sind  neben  St.  Gallen  und  Beichenau  als  Stiftung  dea 
8.  Jahrh.  Rheinau  und  die  Prdpstei  Beromllnöter,  als  solche  des  10.  Jahrh.  Ein- 
siedeln,  des  Iii.  Jahrh.  Engelherg  zu  nennen,  in  Rliiilien  l)iaeati8  (7.  Jahrh 
St.  Luzi  in  Chur  (7.  Jahrh.),  Münster  (8.  Juhrh  ).    Auch  die  Domstift«  Genf, 


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Schule 


—     14  — 


Suhule 


Lausanne,  Konstanz,  Cbur  haben  zeitweilig  mit  Ernst  and  Erfolg  die  Bildung 
^er  Oeistlichen  gepflegt. 

Auf  die  Bliifo  der  geiHtlichen  Bildnng,  wtb  sie  noch  in  die  Zeit  der  Kreuz- 
7A\gp  lioreinwirkte,  folgte  bei  den  Wirren  zwis;cheu  Kaiser  uiul  Paj)4  und  den 
Fehden  der  Kleinen  wie  der  GrroGr'n  rascher  N'ert'iiU  1L>!'^  crklüreii  bei  Unter- 
zeichnung einer  Urkunde  die  Kouvuntualem  von  Ht.  (jallen,  daß  «le  des  ScbreibenB 
nnkandig  seien,  and  1335  eoteohttldigte  doh  die  Propstei  beim  groÜ&en  Mttnater 
in  Zttridb,  sie  e»  Mch  um  Anzeige  einer  LentprieBterwahl  an  den  Bischof  tod 
Konetane  handelte,  für  das  Fehlen  der  Naraensuntersohriften  in  ähnlicher  Weise. 
Die  Lateinnohnle  an  dem  Stifte  besorgte  hier  wie  anderswo  nicht  mehr  der 
SoholasticuH  unter  den  Chorherren,  sondern  ein  vom  Ötitt  besoldeter  Lehrer. 

Solche  Lutcinschulen  gab  ee  in  vielen  Städten,  theile  vom  Qate  der  Stifter 
und  Eirohen,  theile  von  der  weltliclien  Obdgkett  nnterhalten  |  neben  ihnen  anch 
Schulen  in  der  Muttersprache,  SchreibsoholeD,  wenn  wandernde  Lehrmeiati;r  wAi 
einfanden.  Lehrschüd.-  soltlu  r  wandernder  Lehrer  sind  uns  aus  dem  Anfang  des 
Ki.  .Irthrh.  in  Ba^el  uii<l  tJ'  iit  <  rh;iltiii.  Her  Zürcher  Kalender  von  15ü8  stellt 
CN  als  Brauch  hin,  dai^  man  die  Kinder  vum  ü. — 12.  Jahre,  ehe  sie  sich  der 
Bemfiilehre  zuwenden,  sobreiben  und  lesen  lebre.  Aber  aafier  den  Manern  der 
StÜdte  und  Stifter  lag  jedes  Bildungewesen  braeh. 

Mit  der  zweiten  Hälfte  des  [:>.  Jahrb.  hatte  der  Humanismus  auch  bei  uns 
Einzug  gehalten,  und  ihm  zur  Seite  er?>ffnete  die  Btiehdruckerkunst  neue  Bnhn^n 
der  Verbreitung  des  Wistiena.  Durch  die  1  iOU  begründete  buhe  Schule  und  seine 
gelehrten  Buohdrudier  (Fioben,  Araerba^  u.  s.  w.)  ragte  Baad  al»  Lenebte  der 
Wtaseneebaft  Allen  voran;  selber  naeb  gewerbreidien  und  geistig  strebsamen 
Städten  wie  Zürich  ist  die  Bncbdruckerci  erst  volle  drei  Jahrzehnte  später  ein- 
gewandert, während  -cifs  (ir-nf  sicli  rasch  nach  ]?a.st  l  in  Besitz  der  neuen 
Kunst  genetzt  hat  und  Beruuiünstcr  iunge  Zeit  den  alh  rding!»  nicht  richtigen  Ad- 
spruch  erhoben  konnte,  daß  das  erste  gedruckte  Buch  in  der  Schweiz  1470  Vpn 
dort  ausgegangen  sei. 

B  J)  <  K:  insscisrhaß  dir  XTTTdrt'  ,  1-13— 17fH.  Wenige  Jahre  narh- 
dcm  mit  Kidvlnnig  von  Appenzell  iler  Ki'  is  der  regieren<len  Ort»*  d'-n  Umfang 
gewonnen,  den  er  bis  zum  Sturz  iler  alten  Eiiigenosscnhchaft  unveräudetl  bei- 
behalten, kündigen  sieh  von  Zttrieb  ans  die  Bestrebungen  für  die  kircbliebe 
Reformation  an;  die  fiidgenoHsenscbaft  parteite  sich  in  zwei  sohroff  geschiedene 
Uagi  r.  deren  Gegensatz  und  Konkurrenz  die  weitere  Kultureutwicklung  wesentlich 
bedingte.  Auch  bezüglich  der  Schul*  tritt  das  kirchlich-religiöse  Interesfc  wieder 
weit  mehr  be*itiramend  in  den  Vordergrund,  als  dies  in  den  letzten  Jahrhunderten 
des  Mittelalters  der  Fall  gewesen.  Für  ihre  religiösen  Zwecke  eraobien  den  Befor- 
matoren  die  Pflege  und  Hebung  dea  Sebnlweaens  als  nothwendig;  am  ao  mehr 
ftthiten  sie  sich  berufen,  ihre  Autorität  dafür  einzuHctzcn,  als  die  Beformatioii 
wie  nlli-  ^nlw;i^z^ln^■en  zn-Tst  eine  destruktive  Tendenz  hervorkehren  mußte,  in- 
dem mit  der  Anthebung  von  Pfründen  und  Klöstern  ein  Hauptantrieb  iür  die 
Zuwendung  zum  geistlichen  Stand  wegfiel  und  der  materiellen  Zeitrichtung 
Vonohub  geleistet  werde.  Eben  darum  war  das  Augenmerk  der  Reformatoren 
zunächst  auf  die  Erhaltung  und  Verjüngung  der  Gelehrteneebalen  und  eine  wissen- 
schaftliche Biblung  der  Geistlichen  gerichtet,  während  das  Bedtlrfniß  der  Volks- 
liildiing  sich  auf  die  Allsrfraeinmachung  eines  elementaren  Kclif^'iunhunterriclites 
und  der  dafür  noth wendigen  Fertigkeiten  (Schreiben  und  Lesenj  konzeutrirte. 
Ueberhaupt  ward  das  Sobnlweaeii  naeb  seinem  Werthe  fttr  die  Kirche  gemeaaen, 


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jkhole 


—    Id  — 


Schule 


in  kirchlichen  Dienst  geiiommen  und  unter  kirchliche  re«p.  kirohen»taatlicbe  Vor- 
jnmidaohaft  gei>t«llt. 

Db  Ton  der  Befoimation  nevgegrttndeten  oder  regenerirten  htflieren  ^liiik« 

(das  Lectorium  Zwingli's  am  Großmiiiister  ZUrich,  die  von  Calvin  1559  in  Genf 
fTperiiiulete  Akademie)  sind  zunärlist  durchans  th*  oluirischi-  Lrliranstalten  ;  «loch 
wunlen  s(;hon  1541  an  der  zürcheriHcheu  Akailcraie  ein  uaturwis.sen'^chattlicher 
Lehitjtuhl  gescbaHen  und  an  der  genferiächen  von  Anfang  an  H  Stunden  wöchent- 
lich für  Mathematik  und  Tln  sik  verwendet,  seltweilig  auch  eine  medisininhe 
Profeasiir  eingefügt.  Das  Verdiennt  der  ReformatioDaBeit  besteht  hier  im  Weseot- 
liehen  in  Herbeiziehung  tüchtiger  Lehrkräfte,  in  einem  orguniHchen  Aufbau  de« 
Oelehrtenschulwpsenp  von  der  Lateinstdnile  bis  zur  Akademie  und  in  Zugänglich- 
matbuug  de«  höheren  titudiuins  auch  für  die  ärmeren  Schichten.  Die  freie  Auf- 
fiiaaung  Zwingli'a,  der  die  kteinieche  Bildung  im  Anschluß  an  die  frflheren  Elorter- 
etiftnageo  auch  der  Laodachaft  onmittelbtt  sugSnglioh  maohen  wollte  (Kappel, 
fiüti,  Stein),  ward  schon  in  der  Mitte  des  Jahrbandwt«  der  Zeit^^trömung  zum 
Opfer  gebracht;  die  höhere  Bildniif,'  gd]t  von  nun  an  ali^  eine  ^Cuzuräe  dfr 
Stätten**,  und  der  engherziger  werdende  Sinn  fiilntc  im  Laufi'  der  Zeit  dazu, 
4iie  mehr  oder  weniger  auch  zu  einem  Monopol  der  Studtbürgei  zu  machen;  von 
einer  eolchen  Anaaehließliebkeit  waren  die  katholiachen  Lande  durdi  den  freien 
Eintritt  in  den  geii^tlicheD  Stand  und  die  meinten  Stifter  einigermaßen  gehi  hiit/.t. 
Die  Errichtung  der  Jesuitenschuien  führte  eine  wohltbätige  Konkurrenz  zwisclit  ii 
kiithoHncheuj  und  proteptantinchem  höheren  Sfbnlwfsen  herbei.  Wenn  die  Schweiz 
mit  ihren  gelehrten  Schulen  iu  den  folgenden  Jahrhunderten  eine  nicht  unehren- 
hafte Stellung  einnimmt,  ja  eine  Beibe  Männer  von  europliachem  Ruf  heran- 
gebildet hat,  so  ist  das  weniger  das  Verdienet  ihrer  Organisation,  die  der 
VerkiiÖcherung  anlifinitiel,  sondern  es  war  dieser  letztern  dnreh  tüchtige  Persön- 
lichkeiten unter  J><  hi  L'rn  und  Srluil.  rn  und  die  freie  Luft  eines-  vej)iil)]ikan)si  hen 
OemeiuweböUM  abgerungen,  in  wie  hohem  Maße  aber  diese  let/,teru  Faktoren 
wirknam  waren,  das  beseugt  die  große  Stellung,  die  Zürich  um  die  Mitte  des 
18.  Jahrb.  unter  Bodmer  und  Breitinger  in  dem  geistigen  Leben  jener  Zeit  ein« 
nahm,  wie  denn  auch  Ewald  von  Kleist  1752  an  Gleim  nach  Deutschland  anrUok- 
1n;richtete  :  „Htatt  daß  man  in  dem  grol.nMi  B.'rlin  kaum  H  —  4  Leute  vim  Genie 
und  Geschmack  autritft,  Undet  man  in  dem  kleinen  Zürich  mehr  ak  20  ^0 
dertielben.'' 

WShrend  die  Reformatoren  sieh  der  lateinischen  Schule  und  der  hSheren 
Bildung  thatkr&ftig  annahmen,  wissen  die  Akten  fast  nichts  von  einer  gleichzeitigen 

Förderung  der  eigentlichen,  auf  der  Muttersprache  anfbauenden  V^olk-«biMiings- 
anstalten  zu  bericliten.  Und  dorli  treten  kurz  nachher  gerade  auf  dicHcm  iitd  iete. 
wie  in  andern  Ländern  auch,  liiu  negensreichen  Folgen  der  Anregungen,  welche 
von  der  Reformation  ausgaigcu,  hervor.  „Der  GlaubensgegonMatz  schuf  Leben 
and  das  Bedttrfhiß,  die  heranwachsende  Jugend  in  den  Lehren  der  wahren  Religion 
sn  befastigen.  Zur  Predigt  geselHen  sii  Ii  n  gelinäßig  Kinderlehre  und  Jugend- 
gottesdienst. Die  Verpfliclitun^  znni  lii'>n(  he  desselben  dehnte  »ich  bis  zum  1^. 
nud  20.  Jahre,  ja  bis  zur  \' erlicirathuug  an»!,  J)ic  Bibel  WHrd  Hausbuch,  ein 
»ehr  bedeutender  Schatz  von  Psalmen,  Si>rüchen,  biblischen  Erzählungen  Gemein- 
gut. Naeh  dem  Gmndsatne  der  Reformation,  der  die  ))rie<iterliche  Vermittlung 
zwiBchen  dem  Menschen  und  der  Gottheit  aufhob,  mußte  Jeder  sich  reihst  Rechen« 
Schaft  von  der  Wahrheit,  d.  h.  Schriftgemäßheit  »eines  Glaubens  geln  n  kinmen  ; 
und  um  ho  kräftiger  gritf  diese  Forderun «r  ein,  als  der  beständige  Streit  zwischen 
protestantischer  und  kathoU»cher  Theologie  und  zwischen  der  kirchlichen  Lehre 


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Schule 


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Schule 


und  den  immer  und  immer  wieder  auftauchenden  Glaubensabweichungen  Geiat- 
licbkeit  und  Volk  in  Atbem  hielten.  So  wuchs  dae  Bedttrfniß  »tetig,  allilberali 
die  Wertigkeiten  des  Leaens  und  Schreiben«  ZQ  verbreiten*    Die  Bedentoiig  der 

Reformation  für  die  Volksschule  besteht  nicht  darin,  daß  aie  den  Unterricht  in 
Methode,  Lehrplan  u,  s.  w.  verbessert,  snmli^n  daß  sie  'Im  über  die  stätütschen 
Mauetyi  hinausgetragen,  auch  ßr  die  iMudbevfdkeruttg  ailyemein  gemadU  hat." 

Wie  eelir  die  Geistliobkeit  aus  diesen  Gedohtapankten  die  Sorge  fUr  den 
Jngendunterrielit  «la  intogrixenden  Bestandtheil  ihrer  Ffliohtes,  ftlr  den  man 
,w<^ilc-i  Mühe  noch  Kosten  sparen  soll",  ansah,  beweist  das  ßntachten  der  zUrche* 
rischen  Synode  an  die  bernischc  Geistlichkeit  1562.  Der  Vorsprung,  den  das 
Volksschulwesen  in  dt  m  unmittelbaren  und  mittelbaren  Gebiet  d(M-  protestantischen 
Orte  gewann,  rief  nun  aber  auch  auf  Seiten  des  Katbuiizismuti  analogen  An- 
strengungen nnd  Yorsätsen;  so  bestimmten  auf  Grundlage  der  tridentUusehen 
Beschlüsse  die  bischöflich  konstansisehen  Sjnodaldekrete  vom  Jahre  1567:  „In 
allen  Pfarreien,  besonders  den  stark  bevölkerten,  sollen  Jugendlehrer  sein.  In 
kleineren  Orten  aber  und  solchen,  die  bisher  keine  Lehrer  hatten  nnd  wo  die 
Mittel  für  einen  solchen  fehlen,  soll  einer  der  dortigen  Geistlichen  gegen  £nt- 
s^digung  dasu  Terpfliehtet  sein.  Wo  aber  kmne  KaplSue  und,  haben  die  F&rrer 
dafür  an  sorgen,  daß  an  diesen  Kirchen  Personen  ab  Sigristen  angestellt  werden, 
die  Im  Stande  sind,  die  Jugend  \m  Latein-  nnd  Deutschlesen,  sowie  im  Kirchen- 
gesange  nnd  iiu  deutschen  Katechismus  zu  unterrichten.  Die  Pfarrer  wf>r'1*-n  eich 
mit  den  Ortsbehörden  oder  der  Gemeinde  vei ständi^pn,  daß  diese  JSignstcn  die 
Stelle  als  Schulmeister  gegen  Entschädignng  aus  dem  Kirchenvermügen  oder  gegen 
Beitrüge  EInnelner  versehen  oder  daß  man  ihnen  die  Sehreiberstelle  mitttbertrag». 
Die  Pfarrer  sollen  die  Schulen  monatlich,  der  Dekan  wenigstens  halbjährlich 
besuchen ;  der  Synode  ist  iiier  den  Zustand  derselben  jewrilrn  ansfiihrlirher  Be- 
richt zu  erstatten.  So  entstand  wenigstens  in  den  demokii  tischen  Kautuneu  der 
Urschweiz  ein  verhuiiuiümüLiig  rasch  sich  entwickelndes  Volksschulwesen.  Weniger 
günstig  standen  die  Dinge  in  den  Landschaften  der  katholischen  8tidtekantone ; 
soweit  unsere  Kenntniß  reicht,  war  nur  die  BegiemBg  von  Solothom  weithendg 
genug,  auch  dem  Schulwesen  auf  dem  Lande  ihre  Fttrsorge  luzuwenden  nnd 
tttchtigen  Scbitltnrisrern  finanzielle  Unterstützung  zuzusprechen;  im  Gebiete  von 
JFreiburg,  Luzeru  u.  s.  w.,  noch  niehr  aber  in  denjenigen  der  gemeinen  Herr- 
schaften, in  welchen  nicht  ZUrioh  und  Bern  das  entscheidende  Wort  führten,  lag 
das  Landsehnlwesen  noch  völlig  brach  und  hlieh  im  Wesentlichen  auch  hraeh> 
liegend  bis  zum  Untergang  der  alten  Eidgenossenschaft. 

Daß  in  den  rpe;i'^'*<?Tiden  St?idten  die  Volksschule  allmälig  ane}i  Gegenstand 
der  ötfentlichen  Fiirsürt"'  wurde  uud  wie  hier  die  Zustände  sich  gestalteten,  mag 
am  Beispiel  Ziirichä  gezeigt  werden,  dessen  Kath  gegen  die  Mitte  des  16.  Jabrh. 
anfing,  sich  der  deutschen  Scholen  anzunehmen.  1566  sog  derselbe  die  dentschen 
Knabeuricbulen  in  ein  einziges,  zu  diesem  Zwecke  eingerichtetes  Haus  (St.  Peter 
am  Neumarkt)  zu!!>ammen.  Die  vom  Rathe  bestimmte  Kommission  richtete  darin 
drei  Übereinanderliegende  Sohnlstuben,  sowie  eine  Wohnung  filr  den  Schulmeister 
ein.  Die  Sohulstuben  repräsent Lrten  zugleich  die  Sohulstufen.  »Inn  der  untersten 
Stuben  lerne  man  das  A-B-C  iSaen.  Dazu  werden  kleine  tSffelin  getmokt,  item 
nammenbttehljr,  daruß  die  ersten  Buchstaben,  silben  nnd  stimmen,  auch  nammen 
M  läsen  und  ze  lernen  sind.  —  Inn  der  mittlem  stuben  lernt  man  sein  yben  und 
die  gründ  nß  der  h  GschrifTt;  es  söllendt  nanilich  neben  läsen  getnickter  bücher 
nnd  gschribner  brielleu  schürie  geistliche  und  nützliche  sprich,  übcr.schrititeji,  aniang 
und  beschluß  allerlcyg  sendtbrietfen  fürgeschriben  werden.  —  Inn  der  dritten 


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Schule 


17  — 


Sehlde 


nnd  obristen  etuben  soll  der  Sohnlmeiater  ein  grUBe  Arithmeticnm  haben,  n&  der 
er  <V\(^,  es  begeren,  leprt^r«  söUe;  nach  vorBchrifft  sollend  sy  leimen  rechnnng 
uüätellfu,  eine  rechte  Uberüchriift  machea,  den  anfaog  und  niigaiig  mam  biietts 
uäaetzeU}  zyt,  jar  und  kalender  vorBtao."  Oberstes  cmd  gemeinsames  Lehrfach 
war  d»btt  die  Beligion,  gowoU  in  Form  obligatoriadieii  gemeinaamen  Kirchen- 
besuche,  als  besondern  TTuterrichts  am  Donnemtag  nnd  Samstag  Yormittag.  Lehr> 
buch  dcmntersten  Kla-sse  :  kleiner  Katechiemns;  der  mittlem:  größerer  Kattchinnins 
BulUuger'» ;  der  obersten :  Bibel.  Die  oberste  KIai>so  hatte  Duiuit  rstags  auch 
Psalmensingen ;  die  uutere  Klasse  hörte  zu.  «Andere  biicber  mögen  auch  in  der 
dentsolien  Schal  gelB««ti  werden,  als  ttttaehe  predigen  vom  tod  nnd  aterben,  vom 
bericht  der  kranken  n.  s.  w.*  ThB  Eäntrittsalter  wurde,  wie  firtther,  im  Maximam 
auf  das  fünfte  Jahr  festgesetxt.  Die  Zahl  der  täglichen  Unterrichtsstunden  betrug 
im  Sommer  sechs,  im  Winter  fbnf;  der  Schulbesuch  im  Winter  war  stärker  als 
im  Sommer.  Die  Aufsicht  führten  fUnf  Sohulherren,  nämlich  zwei  von  den  Ge- 
lebrten  nnd  drei  yon  den  Bäthen,  welche  wenigstens  alle  FronfiuAen  ((Quartale) 
die  Sohnle  einmal  betnobra  mnfiten.  1a  Anwewnkeit  der  Terordneten  Sidinlherren 
sollten  jährlich  zwei  Prüfungen  abgelialten  werden,  an  die  sieh  eine 'Zensur  Uber 
Schuler  und  Schnlmeister,'  «^owie  eine  Auntheihing;  von  Preisen  an  die  besten 
Schüler  anschloli.  Gleichzeitig  trat  eine  Veriiuderimg  der  BesoMunffsverhiiltnisse 
ein  im  Sinne  besserer  Ausgleichung  zwischen  den  Lehrern  und  gruüerer  Be- 
tiieiligung  seifens  des  Staates.  Bisher  hatte  der  Staat  gegeben  6  Hütt  Kernen 
{]k  oa.  1  fl.  =  20  Fr.  heutigen  Werthes);  nunmehr  gab  er  10  Mlltt  Kernen, 
dazu  freie  Wohnung  für  den  obersten  Lehrer  und  10  fl.  an  den  Haut-zins  der 
beiden  untern  Lehrer;  weiter  flössen  aus  der  Meisen  Stiftung  5  fl.  Ziilnff  filr 
jeden  Lehrer.  Dafür  wurd»  das  Schulgeld  herabgesetzt,  in  der  unterbtcn  Klasse 
(Lesen)  von  l'/s  itnf  V«*  üi  der  mittlem  (Schreiben)  yon  2  fl.  eben&Us  anf 
7t,  in  der  obenten  Klasse  von  4  fl.  anf  3  fl.  Infolge  Ton  Besohwerdeo,  daß 
durch  diese  Herabeetsnng  einzelne  Lehrer  trotz  der  Besoldungserhöhung  ungttnstiger 
als  bisher  zu  stehen  kommen,  fiigte  der  Ruth  für  jr  Ipt!  der  untern  Lehrer  noch 
3  Eimer  Wein  bei,  für  den  obersten  Lehrer  aber  noch  eine  ho  bedeutende  Pcrsonal- 
zuUige,  daß  dieser  sich  nun  auf  etwa  220  Ü.  (3500  Fr.)  zu  stehen  kam.  Dam 
erhielten  die  Lehrer  das  Beoht,  PiiTatstnndea  neben  der  Sehnle  an  ertheilen, 
einige  Einnahmen  vom  Lehrmittelverkauf  und  zeitweise  auch  etwelche  Entschädigung 
fUr  nicht  eingegangeneB  Schulgeld.  —  Die  lilädchcnsehuleu  —  Zwingli  dachte  von 
der  theoretischen  Bildung  <les  weibJichen  Geschlechtes  gering  —  blieben  auch 
jetzt  zurück  j  die  Stadt  begnügte  sich  mit  einem  bloßen  Beitrag  an  die  Besoldung 
der  Lehrfranen;  die  dents^ua  BeKnien  wiesen  denn  andli  1683  neben  410  Knaben 
nur  49  KIdolien  an£  Dementspreohend  ließ  der  Bath  die  Freibeit  zur  Errichtung 
privater  Mädchenschulen  bestehen,  während  er  dieselbe  fUr  Knabenschulen  möglichst 
einschränkte.  (Nach  Ernst,  „GenchichtH  H^^s  zürcherischen  Schulwesens",  S,  165  tf.) 

Auf  solchem  und  ähnlichem  Grunde  ist  in  den  zwei  folgenden  Jahrhunderten 
in  den  städtischen  Volksschulen  rahig  weiter  geschulmeistert  worden;  eingreifende 
Nenernngon  fanden  nicht  statt.  Je  nachdem  tttditige  MXoner  nnd  ein  etwas 
Snaelnsttt  Luftzug,  wie  zu  Anfang  des  18.  Jahrb.,  ihren  Einfluß  fühlbar  maebteo, 
gewann  auch  das  Volksschulwesen,  nm  bald  nachher  wieder  in  den  gewöhnlichen 
Mechanismus  zurückzusinken. 

Yon  der  Beaktion,  die  der  dreißigjährige  Krieg  mit  seineu  Verwüstungen 
Uber  die  mittelenroptisehe  Knltor  braebte,  ist  unser  Yaterland  yersehont  geblieben. 
Dagegen  hatten  für  das  Landscbulwesen  die  sozialen  Wirren  des  Bauernkrieges 
theilweisen  RfUdcseblag  aar  Folge ;  so  beschloß  noch  im  Jahre  1653  die  B^erong 

Vanw,  TotfenrtrttoAallt-LazIlMm  der  8^««ls.  3 


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Schule 


18  ' 


Scbule 


Ton  Solothurn,  die  bis  iahin  manches  für  daa  Schulwesen  auf  dem  Lant^e  gethan : 
„Int  den  BcUiern  anheinigestellt,  Schulmeister  zu  haben,  aber  MGnllHerren  werden 
uit  mehr  dazu  contribuiren. "  Auch  in  den  protentantischen  Städteltantonen  sind 
die  Lftudachulordiiungeii  aus  der  ersten  HSlfte  des  lö.  Jabrh.  unwesentlich  ver- 
Snderte  Kopien  der  Yerordiinngen  aus  dem  17.  Jahrh.  Die  Erfolge  der  Pietisten 
auf  dem  Gebiete  der  Schule  haben  bei  uns  nicht  sowohl  eine  Reform,  als  viel- 
fa^'he  Anregung  de.s  Pflic  htgefiihls  ftlr  die  Pflege  der  Schule  und  methodische 
Neuerungeu  gehracbt,  die  iiideß  nicht  aUzasehr  in  die  Tietr  drangen,  wie  denn 
I'eutaluzzi  durch  das  „Sokratisircu  einiger  Lehrer"  keineswegs  sich  „tauschen"  ließ. 

Unter  diesen  VerhSltnisaen  war  es  wenigstens  fttr  die  nächste  Folgeieit  kaum 
ein  Gewinn,  daß  auf  der  Landsdiaft  die  Geistlichen  mehr  und  mehr  Ton  der 
Schulbaltuug  sich  zurückgezogen  und  diese  weltlichen  Händen  überlassen  hatten; 
an  Ansehen  vor  dem  Volke  gewann  die  Schule  dadurch  nicht  und  dem  Wohl- 
wollen der  leitenden  Kreise  wurde  sie  ferner  gerückt.  Aber  als  Grundlage  für 
die  Blättere  Entwicklung  war  di^  Yerinderang  von  Meheter  Wichtigkeit.  Lehr* 
stand  und  yolkssobnle  wurden  dadurch  Gegenstände  eines  selhstständigen  Interessee, 
und  die  geistige  Bewegung  der  Aufklärung,  die  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrh. 
ihr  Gepräge  aufdrückte,  säumte  nicht,  sich  der  Fr.itrcif  dr-r  Volksbildung  mit  einer 
Begeisterung  und  Nachbaltigkeit  anzunehun  n,  die  gauz  undenkbar  wäre,  weuji  sie 
die  Volksschule  noch  lediglich  als  Appendix  der  geistlichen  Funktionen  vorge- 
funden hatte. 

In  der  That  7.'  igen  die  letzten  Jahrzehnte  des  vorigen  Jahrhundert«  das 
rege  Streben,  dem  Volkv-^ehulwesen  eine  durchgreifende  Reform  zu  Theil  werden 
zu  lassen ;  wir  gewahren  aller  Orten  Ansätze  zu  einem  dur*  h  eigene  Kraft  be- 
wirkten Aufschwung.  Die  Reform  des  zürcberisohen  Landschuiwesens  1774  ist 
weniger  durch  ihre  unmittelharen  Yerbessernngen  als  dnroh  den  EiÜNT  und  die 
Einsicht  bemerkenswerth,  mit  welchen  Geistliehe  und  Staatsmänner  sieh,  am 
Bessere  zu  schatten,  in  das  Studium  der  vorhandenen  Zustände  und  der  Mittel, 
denselben  aut/uhelfen,  v-rtieften.  Die  lielveti>c1i.'  Gesellschaft  bot  den  Bestrebungen 
für  bessere  Bildung  Spreclisaal  und  moralische  Unterstützung;  das  Seminar  Ualdeu- 
stein-Morschlius  zeigte  noch  vor  der  Entstehung  des  Philanthropius  in  Dessau  das 
Muster  naturgemSßcnr  Erziehung  aanSehst  fUr  die  höheren  Stände.  Wie  lebhaftea 
Interesse  Pestalozzi  für  seine  Erziehungsversuche  auf  dem  Neuhofe  bei  den  bcrni- 
sohen  LaJid^figten  auf  Seliloß  Wildcnslein  vorfanil,  i'-t  ])ekannt  genug;  in  den 
Klöstern  Kreuzlingen  und  St  Urban  wurde  die  Kinfiihrung  der  Felbiger'.-ehen 
Methode,  die  Ausarbeitung  von  Lehrmitteln,  die  derselben  entsprachen,  und  die 
Einweihung  strebsamer  Lefarkrilfte  in  dieselbe  durch  Bildongskerse  betrieben.  Aber 
im  VolksBChulwcsen  sah  und  beklagte  man  mehr  die  Mangelhaftigkeit  des  Yor- 
handenen,  als  daß  mau  sich  im  Stande  fühlte,  derselben  allseitig  abzuhelfen.  Im 
Allgemeinen  war  das  Schulwesen  selbst  in  den  Landschaften  der  vorgeschrittensten 
Kautone  zu  £nde  des  Ib.  Jahrh.  noch  auf  niedrigerer  Stufe  als  in  manchen 
deutschen  Fllntenthttmem  damaliger  Zeit;  die  Landschulen  im  Garnen  auf  den 
Winter  beschränkt«  mit  einigen  wSchentliohen  Hatbtagen  im  Sommer;  die  Lehrer, 
selbet  oft  kaum  im  Besitz  der  dürftigsten  Elementarkenntnisse,  vom'  Pfarrer  ab- 
hängig, kärglich  besoldet  und  in  der  Kaji{>tHnehe  auf  das  S<  hulireld  angewiesen, 
das  sie  fast  illMrall  Hf]h<\  ein/.ukas^ir(■n  luttten,  grieUhiL't,  durch  ein  Handwerk 
oder  kirchliche  üedieuhlung  den  nülhigeu  LebensunterhuU  zu  ergänzen,  die  Wahl 
mehr  durch  äußere  Grttnde  (OrtsangehKrigkeit,  üntorsttttanngsbedttrftigkeit,  Besits 
einer  ordentlichen,  zum  Schulhalten  ausreichenden  und  günstig  gelegenen  Stube) 
als  durch  Fähigkeit  oder  Kenntnisse  bestimmt;  an  wenigen  Orten  besondere 


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Schul« 


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Schule 


Scbulhäuser;  die  Schuktuben  oft  gleichzeitig  dem  Haudwerksl^etrieb  tinl  dem 
Anfentbali  der  Familie  dienend  —  da  und  dort  wechselte  aiuh  Srliule  und 
<iamit  diü  Piiiuht  der  Verkü^tigung  dei»  Lehrem  in  wöchentliuher  ^bLebre"  von 
Hof  wa  Hof;  wirkltehe  Dnrehlfthrang  einea  allgomemea  Sohnlbesticlu  Bohon  znfolgo 
der  imzulSuglichen  Lokalitäten  ein  Ding  der  Unmöglichkeit ;  von  methodiaoher 
Krfassting  dvs  Lehrptoffs,  Durclifübrung  des  Klaseenunterricbts,  halbwegs  geeigneter 
Bestuhlung  und  pasRcndeii  Lehrmitteln  kaum  die  Anfänge  —  so  zeif^t  nicb  uns 
daa  Bild  dea  schweizerischen  LandsobulweBens  in  den  Antworten,  die  dem  Minister 
Stapfer  auf  sein  Fragenachema  vom  Jahre  1796  eingingen,  nnd  in  kleineren 
Städten  waren  die  YerhältolBee  oft  keitieswegs  heNer. 

Der  Grund  zu  aolchem  Mißverliiilttuß  iwiflcben  Wollen  und  Können  lag  in 
der  Anffafsnng  der  Stellung  ilts  Schulwesens  zum  St;iat.  Noch  das;  18.  Jahrb. 
hat  bei  uns  wie  andersswo  d<.ii  Stiiat  weaentiich  al«  eine  Organisation  der  äußeren 
Ordnung  aufgefaßt;  die  kulturellen  Aufgaben,  wie  die  Erziehung,  hatte  derselbe 
Dioht  selbst  an  Hand  an  nehmen,  sondern  nntor  Wahrnng  seiner  Oberanfsicht  der 
Kirche  anvertraut.  Der  Staatshaushalt  war  in  keiner  Weise  fllr  Unterhalt  und 
Förderung  derselben  eingerichtet;  das  Bewußtsein,  d;iß  er  auch  hioftir  finanziell 
einzustehen  habe,  fehlte  allppTnein,  und  wie  sehr  der  Satz  des  Wiener  Hi)fi1ekrets 
vom  13.  Oktober  1770,  dal»  „das  Schulwesen  ein  i'oliticttm  sei"",  neu  war,  dafür 
haben  wir  gerade  in  der  Schweis  sprechende  Bewdse.  Statt  daß  man  sich  aOnter- 
staodoa  hätte"»  für  Schnlaweoke  «mm  serarinm  pnblicnm  snne  Znflneht  lu  nehmen*, 
was  sich  „kein  gutdeukender  Blirger  jemals  in  den  Sinn  kommen  lassen  wird,  so 
lanj^e  er  noch  andere  Mittel  weiß,  seinen  nothleidenden  Brüdern  Hülfe  zu  ver- 
schalien",  —  \\'orte  des  Antistes  Ulrich  von  Zürich  in  einer  Denkschrift  zur 
Hebung  dea  Landschulwesens  177G,  —  suchte  man  das  iNötbigste  durch  Au- 
regnng  freiwilliger  laebeespenden  an  erhalten,  erhielt  es  auch,  9hcr  tiUeb  natttr 
lieh  weit  entfernt,  eine  durchgreifende  Verbesserong  der  Zustände  zu  erzielen. 
Ueber  diesen  Versnelum  mit  unziireicbendi  ii  Mitteln,  wenn  auch  voll  guten  Willens, 
brach  die  LToße  Umwälzung  liere.m,  wxdche  die  alte  Eidgeuossenschaft  in  'rriiinint  r 
wari  uud  an  ihrer  Stelle  den  helvetischen  Eiuheitsstaat,  die  U^publiijue  helvetu]Ud 
nne  et  indi^ble,  aufrichtete. 

C.  Die  Zeit  der  Helveiik,  1708—1S()3.  Die  französische  Revolution  hatte 
auch  für  die  Auffassung  des  Verhältnisses  der  Schule  zum  Staat  eine  Umwälzung 
gebracht.  Es  lag  das  schon  als  natürliche  Konsequenz  in  ihrer  gegen  die  Kirche 
gewendeten  Riohtnng,  daß  allenthalben  da,  wo  ihre  Ideen  Wand  -  schlugen,  sie 
die  Hand  auch  auf  das  Gebiet  der  Ersiebnng  legte.  Haan  kam  ein  Zweites.  Sie 
empfand  sdum  in  ihrer  Wiege  das  BedQvfiiiß,  den  mensehheitlichen  Grundsätzen 
der  Anfklärungszeit,  der  sie  ihren  Ursprung  verdankte,  Ausdruck  zu  verleihen 
und  den  bisherij^en  historisrb  gewordenen  sozialen  Eiriricliiungen  gegenüber  ab- 
gerundete systematische  Verfdi<.auugtju  aufzuhlelleu.  Eh  wäre  eine  Verläugnung 
der  idealsten  Strebungen,  die  sie  trugen,  gewesen,  hätte  sie  nicht  anch  in  den- 
selben die  Pflicht  der  Aufklärung  uud  damit  der  Sorge  für  die  Erziehung  an- 
erkannt. So  ist  au'h  für  die  Scliweiz,  die  171>S  iiueh  französischem  Muster  in 
einen  Einheitsstaat  umgeschatlen  wurde,  gleichzeitig  als  etwas  Neues  eine  solche 
YertasBung  in  Kraft  getreten  und  in  derselben  von  Seite  des  Staates  die  Auf- 
klXmng«*  Ottd  finiehnngspflioht  in  Anspruch  genommen  worden.  Die  erste  Formn- 
limng  in  der  Ton  Ochs  der  franaBsisehen  IKraktorial7erfar>8ung  nachgebildeten 
Konstitution  von  1798  lautet  zwar  noch  sehr  theoretisch  und  abstrakt:  „Art.  4. 
Die  zwei  Grundlagen  des  tfffentliohen  Wohles  sind  die  Sicherheit  und  die  Auf- 


Schale 


—    80  — 


Schule 


klärang.  Die  Autkläining  ist  dem  Woblstande  vorznriehen."  Zugleich  etellte  die 
Konstitution  die  Ernennung  eines  Ministers  der  Künste  und  Wissenschaften  in 
Anaiioht;  und  wie  sehr  nementlioh  das  Wirken  dieees  UinieterB  die  etaatliobe 
Püiebt  mt  dem  Gebiete  der  Erziehung  dem  öffentlidien  Bewvfilaein  eingegraben 
hat,  davon  legt  Zeiigniß  ab,  daß  auch  alle  anderen  der  Tim'h  wechselnden  Ver- 
fasaiingsformulirungen  dieser  Periode  des  Einheitsstaates  der  Erziehung  gedenken. 

Mitten  in  den  schwierigsten  Yerhältnissen,  da  die  Schweiz  der  Kriegsschau- 
pkts  der  fremden  Heere  war,  im  Gefolg  der  letstexn  Koth  und  Elend  doroh  das 
Land  sog,  die  Farteiklmpfe  jede  bleibende  Ordnung  nnmdglidi  machten,  aollten 
nnn  die  Grundlagen  eines  einheitlichen  schweizerischen  Schulwesens  geschaffen 
werden.  D&h  Direktorium  ernannte  im  Mai  zum  Minister  der  Künste  und  Wissen- 
schaften Ph.  Alhr.  Stapfer  von  Brn^g  (1760 — 184U),  und  als  dieser  im  Herbst 
1800  als  Bevollmächtigter  der  Kegierung  nach  Paris  abging,  zu  seinem  Nach- 
folger llelclnor  Hohr  yon  Lnaem,  der  StapDer*8  Werk  in  gMehem  Sinne  fort* 
aetate.  t,Man  muß  der  Welt  beweisen,  daß  ans  unserer  Eevolution  für  wahre 
Menschenveredlnng  ein  Gewinn  erwachse,"  daa  war  Stapfw's  leitender  Gesiehta- 
ponkt. 

Schon  am  18.  November  1798  unterbreitete  das  Direktorium  mit  warmer 
EmpiehlDttg  den  gesetzgebenden  fiSthen  einen  Ton  Stapfer  ausgearbeiteten  «Qe- 
setiesvorschlug  betr.  die  untern  Bürgerschulen",  der  die  Organisatioo  eines  ttber 
das  ganze  Land  hin  gleichiuäßig  eingerichteten  Elementar^ohuhvesens  sich  zum 
Ziele  setzte,  auf  weiche  dann  die  eigentlichen  Bürgerschulen  und  iibrr  ilmen  die 
reorganisirten  Geiehrtenschalen  aufbauen  sollten  j  als  Abschluß  und  iu-önung  des 
Ganaen  war  eine  nationale  Cmtralaebnle  gedacht.  Der  Entwurf  wurde  im  Ftfkhr 
jähre  1799  in  Beratbung  genommen,  an  dne  KommissioD  gewiesen  und  blieb 
unerledigt.  Nichtsdestoweniger  legte  Stapfer  Hand  an's  Werk ;  er  hatte  sicn  Tom 
Direktorium  bevollmächtigen  lassen,  wenigstens  die  dringendstfn  Maßregeln  in 
Ausfuhrung  zu  bringen;  so  wurden  depn  die  Wahlen  der  kantonalen  Erziehtings- 
räthe  uud  der  Schulinspektoren  getrotfen,  und  Stapfer  gab  mit  Erlaubniß  des 
Direktoriun»  InstruktioDen  für  dieselben  heraus,  «ffie  und  ein  aohOnee  Denkmal 
nicht  bloß  seiner  Begeisterung  und  pädagogischen  Einsicht,  sondern  anch  seinea 
durchgehenden  Str»  ! die  öffentliche  Meinung  für  die  Schulreform  ohne  Unter- 
schied der  Parteien  durch  grttßtm()gliehe  Offenheit  des  Vorgchcnfs,  durch  wohl- 
wollendes Eingehen  auf  jede  dem  intereHbe  lür  die  Sache  entsprungene  Anregung 
au  gewinnen,  und  seiebnen  sieh  geradesn  aus  durch  Vermeidung  allen  bnreao- 
kmtiaeben  Beigescbmaokes.*  Die  Instruktionen  nehmen  aneb  auf  Dinge  Besog^ 
welche  erst  die  Gegenwart  in  ihrer  Wichtigkeit  an  sohJltmB  gelernt  bat»  so  auf 
Kontrolirung  der  hygieinischen  Verhältnisse. 

Um  eich  ein  klares  Bild  von  den  Zuständen  und  Bedürfnissen  der  Schulen 
Helvetiens  zu  verschaffen,  entwarf  er  Anfangs  1792  ein  Fragenschema,  das  s&mmt- 
liehen  Sebullebrem  der  Sehweia  augeaandt  wurde;  die  Antworten  liefen  bis  1800 
fast  Tollstfindig  ein  und  bilden  flir  die  Kenntniß  des  Schulwesens  jener  Zeit  ein 
ganz  nnf:(  hi'tzlian  s  Quellenmaterial.  Bekannt  sind  die  niehrlaehen  Vertsuehe  Stapfer's, 
Lehrerbild ungj^kui-se  in's  Leben  zu  lufen,  und  die  Lntf rstützung,  die  er  zu  diesem 
Zweck  seinem  bisherigen  Sekretär  Fischer  auf  Schloß  Burgdorf  angedeihen  ließ, 
bekannt  aneh  die  I^rderung,  die  Pestaload  und  seinen  Unternehmungen  durch 
Stapfer's  beharrliebe  Fttrspraebe  seitens  der  helvetischen  Regierang  zu  Thcil  wurde. 
„Eh  gehört  zu  den  schfmsten  Zügen  der  helvetischen  Regierung,  daß  sie,  die  oft 
nicht  wußte,  woher  das  Geld  für  die  nothwendigen  Bedürfnisse  gewinnen,  diesem. 
Mann  mit  einem  geradezu  unverwüstlichen  Vertrauen  sur  Seite  stand.    Für  daa 


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Setaale 


—  21 


Schule 


WaimDhan«)  in  Stans  wurde  finanziell  durohaas  ati8reichen<l  gesorgt;  die  helvetische 
Begiening  i^etzte  i;'e-^talu2£i  für  soiae  Versuche  an  der  Elementarsühale  in  Barg- 
4orf  eine  kleine  Besoldung  aoa,  and  ebeo  dieser  dankte  er  es,  daß  er  im  Schlosse 
fHir  seine  EmehmigBlMfltvebaiigeii  festen  Sits  fend;  sie  nntersttttad;  ihn  daselbst  fttr 
HenabUdaDg  von  Lehrerzöglingen  mit  einer  fllr  ihre  Verhältnisse  namhaften 
Summe,  und  me  ist  es,  die  von  1800  an  und  noch  in  den  letzten  Monaten  ihreti 
BeHtandes  durch  Geldvorsuhüsse  ihm  die  Herausgabe  Heiner  Lehrbücher  möglich 
macht.  So  hat  sie  bei  Featalozzi's  Werk  gewisser  maüeu  i^athenstelle  vertreten, 
und  was  frei  von  den  Seblacken  der  potttisoben  Wirren  der  belyetischen  Periode, 
ächter  Kern  idealen  Strebdns  in  ihr  war,  das  ist  Uber  ihrem  Grabe  durch  Pestalozzi 
für  die  Nachwelt  gerettet  und  mm  Gewinn  des  Vaterlandes  wie  der  Mensohbeit 
Ipe  worden." 

Aber  aach  die  helvetische  Regierang  selbst  hat  wenigstens  bestimmte  Grund- 
steine  gelegt,  anf  welsben  die  Zukunft  weiterbanen  mochte.  Da«  sind  die  Beeobltteee 
▼om  4./6.  Desember  1800,  mittelst  deren  jede  KnmiipaUütt  inr  Anweisung  nnd 

Beheizung  eines  Sobnlsimmen,  sar  Bezahlung  einer  Minimal-Lehrerbeaoldung  von 
Fr.  HO  und  jeder  Hansvater  verpSiehtet  wurde,  seine  Kinder  sowie  allfimigo 
Kodtkinder  den  Winter  Uber  zur  Schale  zu  senden. 

2).  Mediatiomgeit,  180S—18in,  Die  Saat,  welehe  die  belvetisebe  Einheits- 

rogieruDg  auäge8äet,  begann  in  dem  ruhigen  Jahisdbnt,  das  der  Grablegung  der 
Helvetik  am  10.  März  1803  folgte,  allmälig  zu  keimen.  Obgh^ich  oder  gerade 
weil  die  Einheitsform  zerbrochen  war,  machten  sich  nun  die  Miinner,  welche 
Stapter  üeert'olge  geleistet,  in  den  Kantonen  um  so  eifriger  an's  Werk,  das 
Sdwlwesen  sn  beben.  Die  mebten  der  Kantone  erUeß»  Sobolordnnngen  nnd 
Sehalgesetse,  die  gemdniam  das  Charakteristisehe  hatten,  daß  de  an  ibrer  Spitze, 
wenn  auch  in  verschiedener  Pormulirang,  den  Gedanken  ausdrückten,  daß  die 
Sorge  für  die  Erziehung  der  Jugend  ^unentbehrlich  und  einer  der  höchsten  Zwecke 
des  Staates",  „eine  heilige  Pflicht  der  Obrigkeit"  sei.  Man  war  somit  in  keiner 
Weise  gewillt,  auf  die  Neutralität  des  Staates  lo  Schuldiagen,  wie  sie  bis  1798 
l^berrsebt,  svrlleksakommen.  Wobl  sind  die  Mittel,  die  der  Staat  damals  fllr 
das  Schulwesen  glaubte  aufwenden  an  dttrfni,  sehr  sparsam  bemessen ;  um  so 
eifriger  legte  sich  die  Bt'_"i' ternng  der  Privaten  in's  Werk.  Eine  große  Reihe 
von  Instituten  erstanden  zu  Stadt  und  l^and,  um  wenigstens  dem  Sohne  den  v^r- 
mögiicben  Bürgers  nnd  Landmanns  eine  bessere  Bildung  zu  ermöglichen.  Pestalo;^!  s 
Ersiehnngsnntemebmen  in  Iferten  stieg  za  bOohstem  Flor  und  warde  Wallfobrtaort 
für  EinbeimiBohe  und  Fremde;  anf  Hofwyl  schuf  Fellenherg  jenes  System  von 
Anstalten,  mit  dem  er  die  soziale  Krisis  durch  bessere  Erziehung  a!Ier  Stände 
zu  beschwören  gedachte,  nnd  in  Freiburg  führte  P.  Girard  durch  den  Zauber 
seiner  Persönlichkeit  and  die  Klarheit  seiner  Methode  die  städtischen  Schalen  zu 
einer  Htthe,  die  mit  dem  Ruhme  von  Iferten  wetteiferte.  Aus  eigenem  Antrieb, 
mit  großw  ffingabe  nnd  geringer  finanrieller  StaatsbUlfe  erriditeten  Landpfiumr 
Lebrerbildungskurse,  die  in  beschränkten  Verhältnissen  höchst  erfreuliche  Leistnngen 
aufwiegen.  Auch  die  höhere  Bildaug  nahm  durch  Gründung  jugendfrischer  Kantons- 
schalen (Aarau,  Chur)  an  diesetn  patriotischen  Aufschwung  Theil.  Und  endlich 
trat  auf  Pestalozzi's  Anregung  und  unter  seinen  Auspixieu  die  „Schweizerische 
Oesellsehaft  fttr  Enoebung*  1808  in  Lenzbnrg  zusammen,  um  alle  diese  ▼ereinaelt 
wirkenden  Kräfte  in  dauernder  Berührung  zu  halten,  und  als  ihre  Mitglieder  181,3 
von  der  fünften  Jahresversammlung  heimkehrten,  geschah  es  in  früher  HoiTnung 
eines  ementen  Emporblühens  der  Gesellschaft  and  durohaus  ohne  die  Ahnung, 


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Schule 


22  — 


Schul» 


daß  die  Weltereignisse  dieses  und  des  folgenden  Julirea  Dicht  nur  der  Gei!»ell»chafty 
sondern  aiioii  der  .Begensreiehen*  Uediatiomieit  selber  ein  jKhes  Ende  bermtea 
werden* 

E.  ReHtturatkmsjseiit  1813 — 1830.  Der  Sturs  Kapoleon'e  fUhrte  sn  einer 
NengestaltuDg  der  politischen  VerhSltnisAe  der  SobweiX}  die  nnr  langsam  allge- 
meine  Zuftimmung  fand.  Die  Souveränität  der  Kantone  wurde  nahezu  unbeKchrlinkt 

wieder  hergestellt;  eine  Entschädiirtmg  lug  darin,  daß  dicKPtn  maflitlosrn  Staaten- 
bunde nun  auch  Wallis,  Neuenbürg  und  Genf  bleibend  eingefügt  wurden.  Nach 
air  den  Aostxengungen  nnd  Beniinthiguugca  der  napoleonischen  Zeit  Überwog  in 
den  nficbsten  Jaliren  das  rOokhaltloee  BedUrfniß  nach  Rohe;  sie  prägen  den 
Charakter  konservatix (  n  Htillstandcs  und  gelegentlichen  Rücksehrittes  ohne  Oppo- 
sition der  örtentliclicn  Meinung  in  fast  iiusnalimsloser  IJeiiihcit  aus.  Aber  die 
Bestrebungen  für  Hebung  de??  Schulwesens  wan  n  in  (irr  Meiiiationszeit  zu  tief 
gewurzelt,  als  daß  die  bisherige  Eniwiclilung  hiititi  rüokgaugig  gemacht  werden 
kdnnen;  nnr  darin  erfolgte  in  einaelnen  Kantonen  ein  unzweifelhafter  Rttekschritt, 
daß  die  staatliche  einheitliehe  Besorgung  der  Schule  beseitigt  und  die  Pflege  der 
letzteren  den  Konfessionen  zurückgegeben  wurde  (Thurgau,  St,  Gallen);  zu<i< m 
riefen  die  Kungerjnhre  1816  und  1817- ganz  andere  Interessen  als  die  idealen 
in  den  Vordergrund. 

Hit  dem  Jahre  1619  und  dem  in  demeelben  gefeierten  Reformationrfest 
loderte  sich  die  Ssene«  nnd  die  Begeistemng  für  die  Erhebung  der  Griechen 
vollendete  das  Wiedererstarken  eines  freisinnigen  Geistes  in  einem  großen  Theile 
der  Eidgenossenschaft.  Noch  lebten  und  wirkten  in  den  meibtcn  Kantonen  für 
das  Schulwesen  die  Veteranen  aus  der  Zeit  der  Helvetik  nnd  ilediaticn  ;  die 
1810  gegründete  Schweiz,  gemeinnützige  Gesellschaft  ward  nun  der  Sprechsaal 
flir  die  Fttrdemng  der  freien  £ntwickUing  anf  dem  Gebiet  des  Ersiehnngsweeens ; 
mit  grSßter  Lebltafti^rk*  It  und  reichlichem  Widerhall  in  der  öir-iitlichen  Meinung 
wurde  namentlich  die  Frage  besserer  Lehrerbildung  be>iprochen;  in  der  Verbreitung 
des  wechselsciti^^^^en  Unterrichts  hottte  man,  unter  Vortritt  l*.  Guarrl  ti,  die  aus- 
reichende Lösung  der  Aul^abe  gefunden  zu  haben,  um  mit  riparsauieu  Mitteln 
audi  armen  Landschaften  und  Kantonen  die  Darchfilbruug  allgemeiner  SchuU 
bildnng  ku  siohem.  In  einzelnen  Kantonen  gelangten  die  Bestrebungen  zur  Beform 
des  Schulwesens  zu  gesetzlichem  Ausdruck ;  1829  nahm  Nidwaiden,  in  der  ersten 
Hälfte  des  Jahres  18ÜÜ  Luzern  ein  neue»  Schulgesetz  an.  ZUri(h  hatte  bereits 
jahrelang  die  lievision  seines  Krziehungswesens  mit  Umsicht  vorbereitet  und  in 
den  Hauptfragen  zum  vorläufigen  Abschluß  gebracht,  als  die  Julirevolution  in 
Frankreich  1830  eine  TölHg  neue  Situation  schuf. 

F.  litijeut  I  iUion,  1830 — 1618.  Die  cigenthiunliche  Brechung,  welche  die 
revolatlonSre  Bewegung  des  Jahres  1830  in  ihrem  Ursprungslande  dadurch  erhielt» 

daß  ee  dem  gebildeten  BUrgerstiinde  gelang,  der  Bewegung  Halt  -/.n  gebieten  und 
den  neuen  Verhältnissen  seinen  Stempel  anfzudriu  kcu.  wiederholte  sirli  auch  in 
der  Schwei t:  ;  die  H*  vn!nti.m  wnrde  dndnrr  Ii  /ur  Ki  tVfrin.  An  Stelle  der  bi>brrigen 
mehr  oder  weniger  patriarchalischen  Staatsorgauisation  trat  die  bewutite  Aus- 
bildung des  Bechtaetaates.  FUr  die  Schule  wurde  dies  nach  swei  Seiten  hin 
wirksam.  Einmal,  indem  der  Staat  das  anssehließliohe  Recht  auf  die  Gestaltung 
der  Schule,  damit  aber  auch  die  tinbeschränkte  Pflicht,  für  die  Schule  «U  sorgen, 
inAiiKprinh  nahm;  dudureli,  daß  die  Stenerkraft  des  Vi >lkes  nunmehr  unmittelbar 
und  ausgiebig  für  die  Schulbedürfni->L'  zugezogen  wurde,  ergnb  --ich  die  Möglich- 
keit, ganz  auders  als  bisher  durc  hg  reitende  Keformeu  zu  bewerkht'dligen,  nnd  das 


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Schal« 


—    2»  — 


ächuie 


Auäkuofteuiitcel  der  20er  Jahre,  durch  wechi^elseitigen  Unterricht  das  Ziel  all- 
gemeiner Yolksbildong  sti  erreiohen,  verschwindet  dieser  neuen  Situation  gegen* 
ttber  als  flberwnndener  Standpankt.  Andmeita  ItthTen  die  BeatrabtiDgeD  saoh 
DnrchfUhrung  der  Rechtsgleichheit  Uber  die  bislierigen  Dnteruchiede  von  Stadt* 
und  Landschulen,  Bürger-,  Ni<'tlerju:eliisspneTi  und  Armensi^hulcn  hinnas ;  an  der 
«Stelle  der  Schranken  zwiHcheu  Gelehrten-  und  Volksschule  macht  sich  da«  Be- 
dUrfuil^  einer  organischen  Verbindung  der  Bildungsanstalteu  aller  Stufen  geltend. 
Auf  diesen  Crrandlagen  haben  die  30er  Jahre  unsere  moderne  Miiheitiiehe  Tolke* 
aehnle  and  den  Organismns  eines  von  der  Primaraehnle  bis  zur  Hüchsebnle  in> 
einandergreifenden  Bildungswesene  geschaffen.  Die«e  ganze  Entwicklung  geht  aber 
vor  sich  auf  icm  Boden  ih'<  kuntonalen  Lebens;  noch  erweisen  sich  die  Hinder- 
nisse zu  groß,  den  Bundetivcrlrag  von  1815  durch  eine  Verfaüsung  mit  grtil^erer 
Zentralisation  zu  ersetzen;  und  es  bt  in  der  nämlichen  Bichtang  bemiehnend, 
daß  selbst  in  dem  ab  zn  weit  gehend  verworfenen  Projekt  einer  Bnndesnrknnde 
(1832 — 1834)  des  Schul  w(  seii.s  mit  keinem  Worte  irc  «lacht  wird  und  daß  die 
Bew('<riin^,  die  darauf  zielte,  den  imti<»nalpn  Sinn  durch  Errichtung  rin^r  oid- 
gt^ni>.->-isch«  n  Horhschnle  zn  beleben,  schließlich  nur  zu  Schöpfunpm  kuiiKniaien 
(Jbaraktcr.s  führte  ^Hochschule  Zürich  183H,  Bern  lö34);  partielle  Reaktionen, 
langjährige  Wirren,  ja  selbst  ein  Bürgerkrieg  maßten  erst  tiberwanden  werden, 
ehe  nur  die  Möglichkeit  sich  darbot,  ans  dem  Staatenbund  einen  Bundesstaat  za 
gestalten  und  diesen  zum  regnlirenden  Aa^angspunkt  für  eine  einheitliche  Kultar* 
entwicklung  zu  machen. 

Hatten  die  Kantousverfassungen  der  Kestaurationsperiode  vom  Schulwesen 
gründlich  geschwiegen  and  dieses  Gebiet  der  Organisation  daroh  die  Verwaltangs* 
behörden  ttberlassen,  so  tritt  nnn  mit  Anfang  der  30er  Jahre  hier,  entsprechend 
dem  soeben  Dargelegten,  ein  ümschwang  ein.  Von  den  zwölf  in  den  Jahren  1831 
und  1832  aiifge>ti'llttMi  Verfassnn2:«*n  bnbcn  nenn  die  staatliche  Ptiicht,  fUr  die 
Volkserziehung  zu  «urgen,  ausdrücklich  hervorgehoben. 

Selbstverständlich  besitzt  jeder  Kanton  für  die  Gestaltung  des  Schulwesens 
in  dw  Kegenerationsperiode  seine  eigene  Geschichte.  In  der  einen  gelangen  die 
politischen  Wogen  rasch  zur  Glättung  and  es  wird  durch  Iiis  Zussammengehen 
aller  Wohlgepinnten  möglich,  ein  planvolles,  in  all' n  Theilen  li  bpuskräftiges 
Schulwesen  zu  schaffen:  in  andern  hindern  die  Part- i Verhältnisse  auf  Jahre  hinaus 
ein  solches  Zusammengehen,  und  unter  der  Kivalität  der  leitenden  Personen  kann 
die  nenn  Sehale  nur  sehr  laogsam  erstarken ;  in  dritten  bleiben  die  idealen  Fest* 
setznngen  des  ersten  Anlaufes  lange  Zeit  nar  anf  dem  Papier  and  nar  gans  all- 
mSlig  treten  die  Spuren  hervor,  daß  doch  eine  wirklidie  Aussaat  Ntattgefnnden ; 
anderswo  wirkt  die  Opposition  gegen  *\>ni  fi-ist  der  nenen  Zrit  nur  mit  ver- 
stärkter Gewalt  jeglichem  Fortschritt  entgegen.  Leber  die  kantonalen  Grenzen 
hinaus  bedeutsam  und  maßgebend  ist  einzig  die  Organisation  des  eiircherischen 
Schnlwesens  geworden. 

Die  Schweiz  besaß  im  Wirken  Pestalossi^s,  Fellenberg'.K  uu<\  P.  Girard's 
eine  bedeuten'le,  auf  eiirenem  H.nl.-n  erwachsene  pädagogische  Vergangenheit, 
üm  so  mehr  ist  man  übt  rra.scht,  zu  sehi  u,  daß  da.s  zürcheristdie  Schulwesen  der 
äOer  Jahre,  und  unter  seinem  EinlluHse  auch  theilweise  das  der  andern  Kantone, 
nioht  auf  den  Grundlagen  derselben  aafbaut.  Im  Gegensatz  sn  einer  Kandidatur 
anai  dem  Kreise  der  P^talozzianer  wurde  der  Wttrttemberger  Thomas  Scherr, 
der  wenige  Jahre  vorher  als  Iiirektor  der  Blindenanstalt  nach  Zürich  gekommen 
war,  Leiter  der  zürcherischen  Lehrerbilduiiyr  nn  dem  neu  errichteten  Seminar  in 
KUßnach  und  für  das  ganze  zürcherische  Volksschulwesen  die  Ton  uud  Kichtung 


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Sdiule 


—    24  — 


Schule 


angebend«  PenSnliolikeH.  Niobt  an  Girard,  an  Scbmr  wendeten  eidi  aadi  Icatiio- 

lische  Kantone  um  sein  Gutachten  Uber  die  einzuschlagende  Babn,  wEhrend  im 
Kanton  B'>ru  Fellenberg,  dessen  Anstalten  auf  Hofwyl  damals  in  höchster  Blütbe 
stHn  lcn,  Inroh  seine  Streitigkeiten  mit  den  Mitgliedern  der  berimohen  Regierung 
allen  KmiiuÜ  auf  die  GrcHtaltung  dtju  berDischen  Schulwesens  verlor.  Wohl  ge- 
langten die  FeUenbergiadieii  Aneobaanngen  ttber  Yolkeerriehong  doroh  ednen 
Hitarbeiter  Webrli,  der  1834  ao  die  Direktion  des  thurgauischen  Lehreneminan 
in  Kreuzliiigen  berufen  worden  war,  zu  praktischer  Geltung  und  segensreicher 
Entfaltung  für  die  thurgauische  Volkuschuie;  aber  es  gelang  Scherr  nach  zwanzig 
Jahren,  in  seiner  Stellung  als  Präsident  des  thurgauischen  Erziehnogarathefi  auch 
dieeen  Antipoden  sa  beseitigen  ^1853).  Die  fraosOfllecbe  Schweis  w«Ut  kein  Bei- 
spiel eine*  aadi  nur  annäbwnd  eo  miehtig  Uber  die  kantooalen  Greoaen  binane 
wifloMiden  EinfloeHee  anf,  wie  ibn  die  Soberfeebe  Sobnle  fttr  die  devtiohe  Sebweia 
gewonnen  hat. 

Und  in  der  That  war  die  Scberr'sche  Volksschule  für  ibre  Zeit  und  in  ihrer 
Art  eine  volleudetu  Leistung.  Die  Klarheit  und  Einfachheit  ihrer  Orgauiäation, 
die  üwte  Begrmizung  ihres  Frograinms  anf  die  geistige  Bildnogf  die  treffliobe 
methodiaobe  DarchfUhrung,  namentlicb  anf  der  Elemenlarntufe,  die  umsicbtige 
Ausrüstung  mit  einer  lüekenloaen,  sorgföltig  abgestuften  Reihe  an  Zahl  und  Um- 
fang ttbersichtlicher  Lehrmittel,  —  dazu  die  energische  Geltendmachung  voller 
Unabhängigkeit  der  Schule  von  der  Geistlichkeit,  die  Sorge  für  die  Eeohte,  eine 
geachtete  bUrgerliobe  Stellung  and  die  vaterieUen  Litersesen  des  Lehratandee  and 
die  Pflege  des  korporativm  Solidadtittegeftthb,  ia  Allem  aogleieh  Besobritakang 
der  Zielpunkte  auf  das  Mögliche  und  Durchführbare,  —  das  sind  die  Hauptziige, 
welche  die  Schöpfung  Scherr's  charakteriairen.  Die  Zeit  hat  AbSndernngen,  Er- 
gänzungen, Verbesserungen  aufgebracht;  die  Dauer  der  Schulzeit  ist  vermehrt, 
die  Lebrmetboden  sind  vervollkommnet,  neue  Unterricbtszweige  eingeführt  worden ; 
aber  die  GrandlagMi  des  Sebolweeene  sind  die  iribuUeben  gebliebea,  and  wenn 
heutantege  andere  Auffassungen  der  Aafgabe  und  der  Methode  der  Schule  sich 
geltend  m  irti'-n.  Frr>bclHcliulen  aufblühen,  die  Bestrebungen  fllr  den  Handfertigkeits- 
unterricht uud  Schulnpiele  Einlaß  begehren,  der  Konzentration  den  Lehrstoti'es 
gerufen  wird  und  damit  die  Grandlagen  des  Scherr'schcn  linnm  in  Frage  gestellt 
werden,  so  stehen  wir  eben  doob  noeh  inmitten  eines  anau^getrugenen  Kampfes. 

G.  Von  1818  bis  eur  Gegenwart.  Die  Bundesverfassung  von  1848  Uberließ, 
vom  Bediirfniß  getragen,  die  Zentralisation  anf  das  Nothwendigste  zu  bescbrSnkcn, 
die  Ordnung  des  Schulwesens  auch  fernerhin  den  Kantonen,  ohne  ein  Oberaufsichts- 
reobt  ia  Ansprach  «a  ndmien,  und  besehribikte  nch  darauf,  in  Artikel  22  die 
einbeitUehe  Landeekraft  fttr  Begrfindnag  einer  üniTersitKt  und  einer  polytedinisoben 
Schule  in  Anspruch  zu  nehmen.  Bekanntlich  wnrde  beiden  beattglicheii  Berathungen 
in  den  Jahren  1852 — 1854:  seliließlicli  aui?  dem  ^nnd"  ein  „oder"  und  dieses 
zu  GuuHten  der  zweiten  Alternative  entschieden  (Gründung  der  polytechnischen 
Schule  in  Züriuh).  Die  Kantone  ihrerseits  schritten  in  der  Entwicklung  ihres 
Schul  Wesens  nach  Maßgabe  ibrer  politisoben  und  Kultnrentwicklung  vorwSrts; 
auch  die  bisher  zurückgebliebenen  unter  denselben  ließen  es  an  Anstrengungen 
und  Opfern  nicht  fehlen,  da»  Versäumte  naehznholen,  und  ert<et/ten  ihre  theil- 
weise  noch  aus  der  Mcdiationszeit  herrührenden  Srhulf>rdfinngen  durch  neue  gesetz- 
geberische Erlasse  im  Geiste  der  Jetztzeit.  So  war  denn,  als  zu  Anfang  der  70er 
Jabre  der  Buf  nacb  Vermebrnng  der  Geatralgewalt  dareh  eine  Bundeerevision 
Kraft  gewann,  der  Boden  gana  andere  ale  1848  dsfttr  geebnet,  daß  auch  beattglieb 


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Schule 


25  — 


Scbttle 


des  Volksschulwesens  allgemeino  Normen  vom  Bunde  aas  aufgestellt  werden  konotea. 
Der  Schulartikel  27  der  nach  einem  veninglUckteD  Versuch  (1Ö72)  am  l^.  April 
1874  in  der  Tolk—batimmuDg  zur  Annahme  gelugten  revidirten  BiüideeverfrHiing 
lastet: 

.Der  Bund  ist  befugt,  außer  der  bestehenden  pnlvlechnischen  Schule  eine  Univer- 
atii  and  andere  höhere  UnterrichLiaastalten  zu  errichten  oder  solche  Anstalten  zu 
tmtenrtfltzen. 

.Die  Kantone  sorgen  für  genügenden  Priraanmterriclit,  welcher  ausschließlich  unter 
staatlicher  Leitung  stehen  solL  Oerselbe  ist  obligatorisch  und  in  den  öffentUchen  Schulen 

.Die  (öffentlichen  Si-hulen  sollen  von  den  Angfehörigen  aller  l?ekenntnisae  ebne 
Beeinträchtigung  ihrer  Glaubens-  und  Gewissensfreiheit  besucht  werden  köimen. 

«Gegen  Kantone,  welche  diesen  Verpfliditungen  nicht  nachkommwi ,  wird  der 
Bund  die  aOUdgen  Verfagungen  treffen. * 

Die  Fassung  dieses  Artikels  ließ  manniijfaolie  Drntnng  zu;  inabesondere  war 
in  demfielben  nicht  klar  ausgesprochen,  oh  die  Eidgenossenschaft  die  Ptlicht  oder 
auch  nur  das  Recht  habe,  die  Beziehungen,  die  ihr  die  Verfassung  zum  Volks- 
ecbnlweeen  gibt,  dureh  ein  Qesetx  in  ordnen.  In  Jahre  1882  Miteehied  di» 
Bundesvereamnilung.  ein  solche«  Gesetz  in  Vorbereitung  zn  nehmen,  und  beschloß 
zu  dicHem  Zwer  ke  die  Errichtung  der  Stelle  eines  ständigen  KrzieluingHsekretÄrs ; 
dieselbe  wurde  aber  in  der  Volksabstimmung  mit  einer  Zweidrittelmehrheit  ver- 
worfen. So  sah  eich  der  Bund  veranlaßt,  seinen  Einfluß  und  seine  MithUlie  im 
BnielittngBweaen  naoh  wie  tot  anf  Gebiete  an  beadurlokeiii  die  nicht  wgentlieh 
eine  AnafUhrung  des  Schulartikele  der  BnndeaverfaMong  and«  Er  anterattttat  anf 
Grund  dcB  Artikels  2  (Befördemng  der  allgemeinen  Wohllklirt)  seit  1876  die 
bestehenden  f^chulaussttlhivfpn  und  hat  seit  1884  in  größerem  Maßstab  durch 
Subventionen  und  Kontroie  i^ich  de»  (gewerblichen  und  landwirthschafllichen 
Bildongsweseos  angenommen.  Auf  Grund  der  Schweiz.  Militärorganieatton  hat  er 
1876  Bekmtenprüfimgen  «ingericbtot  ond  Reglemente  Uber  den  Tumunierrieki 
der  männlichen  Jugend  nnd  Heranbildung  von  Turnlehrern  erlassen.  Auf  Grand 
des  Artikels  sind  die  31ed>S'imfprüfii)itferi  durch  den  Bund  einheitlich  geregelt 
worden  (l877/8(.));  auf  (Irund  des  Artikel»  34  ist  durch  das  Fabrikgesetz  v<:»m 
Jahre  187  7  jede  Beschäftigung  junger  Leute  bis  zum  vollendeten  14.  Altersjahr 
im  Fabrikdienst  für  den  Bereich  der  Eidgenossensobafl  ▼«rboten  und  zugleich 
bestimmt  worden,  daß  Tür  junge  Leute  vom  14. — 16.  Altersjahr  der  nötbige 
Schul-  und  Religionsunterricht  in  der  elfstUndigen  Normalarbeitszeit  einbegriffen 
sein  soll.  In  den  letzten  Jahren  hat  der  Bund  endlich  begonnen,  sich  auch  bei 
Veröffentlichungen,  die  zur  Orientirung  Uber  das  scbweiz.  Schulwesen  dienen, 
an  betheiligen. 

Die  Organiaation  des  f^naen  IBttelsehnlwesais,  des  hSberen  Scbnlweaens, 
abgesehen  von  der  eidg.  potyteohniflchen  Schule  und  den  Medizinalpriifungen,  der 

Primarschule  innerhalb  der  Bestimmungen  des  Artikels  27  der  Bundesverfassung 
iet  Sache  der  Kantone.  Seit  1880  hüben  dieselben  nun  ausnahmälos  bestimmte, 
wenn  auch  keineswegs  übereinstimmende  Grundsatze  Uber  das  Schulwesen  ihren 
YcrÜMswigcn  einverleibt. 

IIJL  Gegenwärtige  Verhältniasc. 

1.  Die  Volksschule,    a.  Zweck  und  Vmfang.    In  der  Bestimmung  des 

Zweeke«  der  Volksschule  macht  sich  bei  Jen  kantonalen  Schul  besetzen  eine  zwei- 
üache  Strömung  geltend :  die  Erzieh ungsaufgabe  in  ihrer  Gesammtheit  schlechthin 


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Schul« 


—    2«  — 


Schule 


ancli  rtltj  Aufgftlic  der  Sclinlß  zu  fassen,  oder  aber  die  Schale  nur  als  einen  Theii- 
fuktor  »iMiziell  zur  Duichführuiig  der  Unterricht*2wecke  hinzo8tellen. 

Der  erstere  Weg  ward  darch  Schert  betreteu.  »Die  Volkeschule"  —  heißt 
es  im  Zürcher  Schnlgeiets  von  1832,  wohl  mit  Anklanf  an  ein«  Definitioii 
Felbiger*s  ■ —  „soll  die  Kinder  aller  VolksklAflieii  nach  tibereinstimmenden  Gnind- 
sStzen  711  giistit(  ihätijreti,  bürgerlich  branchbareo  und  aittlich  religif^sen  (in 
Schcrr  s  Entwurf:  tittÜLh  guten)  Merhclirn  bilden."  Theils  im  Anschluß  an  diesem 
Fassung,  theila  in  freier  VV'eiue  gebuu  ülmliche  sittliche  ZweckbeBtimmuugeii  die 
Gesetze  von  Baselland  (1835),  Zag  (1850),  Granhttnden  (1853).  Bern  (1856), 
Aargau  (18G5),  Walli«  (1878),  InnmliodL-n  (hs?-)),  Schwy«  (1877/78),  Nid- 
walden  (1871)),  Schaffliausen  (1879).  Wie  anders  klingt  e.<,  wenn  Obwalden 
(I87ti)  einfach  sagt:  ,Jrde  EinwobruTgenieinde  bat  die  Pflicht,  fl;ifür  zu  sorgen, 
daß  eH  allen  üchuipfliektigen  Kindern  ihre»  Kreises  möglich  geiuacht  werde,  durch 
den  Besuch  einer  Primanchnle  die  für  das  gewöhnliche  Leben  nSthigen  EMint- 
nisse  au  erlangen" ;  Lusern  (1879):  .Die  Primär«  nnd  Fortbildungsschnlen  haben 
den  Zweck,  in  Verbindung  mit  dem  Blternhause  der  Jugend  die  für  dm  Leben 
im  Ällgf)npin«'n  erforderliche  Ausbildung  zu  llbermittelu"  ;  Basclstadt  (IHPOi: 
„Die  Pi iinaiM'liiile  hat  die  Aufgabe,  die  Sdiültr  mit  deu  Eleuieularkenntni**en 
vertraut  zu  ujucheii".  Die  übrigen  Kautoue  hüben  gar  keine  Zweckbestimmung 
der  Volksschule  in  ihre  Gesetae  aufgenommen,  gesellen  sich  also  mittelbar  dieser 
sweiten  Gruppe  hei. 

Die  Dauer  der  Schulpflichtigkeit  i^t  in  keiner  Welse  einheitlich  bestimmt; 
iltTi  Kern  derselben  bildet  die  Stufe  des  mittleren  Jugendaltert?  /wisilit  ii  ibm 
■''irü  k^elegten  0.  nnd  IT)  Altorsjahr  mit  sech«  bis  nenn  Jahr»'skur>eii.  In  deu 
ivatttuiien  Freiburg,  Aarguu,  Tessin,  Wallis  und  Genf  sind  auch  die  Kitunkinder- 
sehttlen  in  den  gesetsliohen  Organismus  der  Volksschule  einbezogen,  indeß  allent- 
halben alB  fakultative  Anstalten,  außer  in  Genf,  wo  die  Oberstufe  der  Kleinkinder- 
schule die  Stelle  der  ersten  obligatori^ichen  Elementarklasse  vertritt.  Nach  oben 
linden  sirh  allerorten  Aus^ätzf.  dureh  frriwillig»^  oder  ubligatoriKche  Fortbildungd- 
Bchnlen  und  Wiederholungskurbe  für  hitelluugapliichtige  die  Schale  auch  auf  da«» 
reifere  Jugendalter  atusudehnen. 

Die  tS^uk  des  mittleren  Jugendalters  aeigt  in  ihrer  Organisation: 

a.  Eine  elementare  Stnfe»  die  Primarschule  im  engeren  Sinne  des  Wortes,  di« 
als  otdigatorisohe  AUtagmchnle  und  in  der  Bogel  als  Genajshrsebule  ein- 
gerichtet ist. 

6.  Eine  obere  Schulstufe  für  alle  Diejenigen,  die  nicht  unmittelbar  an  höhere 
Sehnb'n  Ubergcbrn.  In  der  lu  g' 1  scheidet  sich  dif  ^t«  ob.  rc  Stufe  in  zwei 
Atste ;  1)  eiiie  gehobene  Volksschule,  deren  Besuch  freiwillig  i!?l  und  weiche 
mehrere  Ganzjahr-AUtagsschulklassen  umfaßt  (Sekundär-,  Real-,  Bezirks- 
sehnlen);  2)  die  einfache  Fortsetzung  der  Volksschule,  an  wenigen  Orten 
als  Alltags>cluile,  au  dt-n  inei^^ten  als  Ergänsungs-  oder  obligatorische  Fort- 
biMnngKNchule  organihirt.  In  einigen  Kantonen  bestehen  fllr  diese  Stufe 
ki  iticrl.i  o!*!igatnyi^che  Einrichtungen  mehr. 

Die  Schulptiicht  beginnt  mit  gcunn  oder  annähernd  /.urückgelegtera  6.  Alters- 
jahr in  Zürich,  Bern,  Glaru»«,  Zug,  liunelstadt,  Busellund,  Schall'hauäen,  beiden 
Appensell,  St.  Gallen,  Thurgau,  Tessin,  Genf;  in  allen  Übrigen  Kantonen  mit 
lurtickgelegtem  7.  Altersjahi".  Der  Eintritt  erfolgt  in  der  liberwiegenden  Mehr- 
zahl der  Kantone  im  Frühling;  in  Appenzell  l.-Kh.  und  Genf  im  Angu>-t,  in  üri, 
GraabUnden,  Tessin  und  Wallis,  in  welchen  Kantonen  meist  ausecbließlich  Winter- 


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Schule 


—    27  — 


Schule 


und  Alltfl^s(;hiiIon  sind,  im  Herbet;  ebenso  in  Loiem  für  Scholen  mit  seche 
g«nzcu  Jahreskurseii. 

Die  ÄlUatjsHchtde  ist  auf  6 — 9  Schuljahre  vertheilt,  und  zwar: 
wai      6  Jfthre:  Zttrioh.Uri,  Obwnlden,  Nidwttlden,  Zug,  Beeelland,  Appen- 
zell I.-Bh.; 
,   6 — 7      „  Lnzem; 
^    6 — 8  Schaff  hausen } 

B   6 — 9      n  Thurgau} 

«        7      »      Sohwyz,  Glarua,  Appenzell  A.-Bh.,  St.  Gallen,  Genf; 
•  7—8     «  Solothnrn; 

„        ^      «     Baaebtadt,  Aargau,  Teamn,  WaHis; 

„  8 — 9  «  Freiburg,  Graubiitiden  : 
„  9  «  Bern,  VVaadt,  Neuenburg. 
Bei  Zählung  der  Alltagi«ächul-//a%'MAre  ergibt  t-ich  fulgcndu  Ecihenfolge: 
6  tJri;  8  Teidn,  Wallis;  8— 9  Granbttnden;  10— 12Lozeim;  12  Zttrioh,  Bern 
(18  X  ''-s-  32-  40  Schulwochen,  Mittel  1881:  34,4^  Obwalden»  Nidwaiden» 
Zii«^,  Hil^(•lland;  14  Neuenburg  (18  X  '/*  •  Ganzjalu  -  und  Temporärschule  von 
5  Monaten 5  Durchschnitt  der  Schulwochen  is^l:  '5tj,».*),  Hchwyz,  Glams,  Appen- 
zell A.-Kh.,  Genf;  14  — la  Thurgau}  14—10  JSolothurn,  Scbatthausen ;  l(i  Basel- 
atadt,  Aargau;  16—18  IVeibmrg;  18  Waadt. 

Die  Kantone  Appenaell  I.>B]i.  nnd  St.  Gallen  laasen  «ich  an  keinem  be* 
stimmten  Orte  dieser  Skala  unterbringen;  Appenzell  I.-Rh.  hat  in  den  ver- 
schiedenen Gemeinden  bei  (>  Si  hnljahrcn  12,  36,  2(5  Schulwocben,  wän-  alnf»  mit 
6 — 12,  St.  Gallen  bei  7  Schuljahren  llalli-,  Dreiviertels*  «ud  Ganzjubrächulen, 
wäre  ahjo  mit  7 — 14  Halbjahren  einzutragen. 

Reobnet  man  nnn  aber  weiterhinein,  waa  dnreh  genauere  Bestimmnng  des 
Schulwochend urchschnitts,  der  wöchentlichen  Stundenzahl  nnd  iluioh  die  w>  it<-ru 
obligntorisc  ln  II  H(  liiilver[  flirhtungen  der  Jugend  an  Schnlung8Zt>it  dargeboten  wird, 
iiTid  vollzit  lit  die  Yergleichung  nach  obligatorischen  Schulwocheitt  30  ergibt  sich 
für  die  Kantone  folgender  Durchschnitt: 

I.  Gruppe:  1.  Appenzell  I.-Rh.  (178),  2.  Wallis  (202),  8.  Üri  (20G),  4.  Grau- 
banden (208),  5.  Lttzern  (211); 
n.      ,       6.  Nidwalden  (247),  7.  Aj.p.Mizell  A.-Rh.  (261),  8.  Obwalden 

(25'«),  9.  Tessin  (2G0).  10.  Zug  (2(;G); 
m.       n       11.  Solothurn  (281),    12.  Schwyz  ^2'J3),    13.  Zürich  (302), 

14.  St.  Gallen  (30t>),  15.  Bern  (31o),  H>.  Bahelland  (312); 
IV.      «      17.  Schaffhausen  (322),  18.  Thurgau  (32o),  19.  Neuenbürg  (332), 
20.  Glarua  (335),  21.  FnilMHi:  (339); 
y.      ,      22.23.  Baselstadt,  Genf  (352),  24.  Aargau  (360),  2d.  Waadt 
(377). 

Wir  mUsiien  indei^  ausdrücklich  darauf  aufmerksam  mut  litn,  daii  auch  dic^e 
Groppirung  einen  sehr  relativen  Werth  besitzt  und  ron  manniglachen  lokalen  oder 
persönlichen  Ausnahmebei^tlmmungen  durchbrochen  wird,  die  für  die  einzelnen 
Scholen  oder  fllr  bedeutende  Schülergrupprn  ganz  beträchtliche  Modifikationen  der 
SebulpflichtigkeitHdaner  zur  FoIl;»^  baheii.  aber  in  ihrer  iillgcmoincn  Fassung  jeder 
Berechnung  ihrer  Wirkung  auf  den  kantonalen  Durohschuitt  hieb  entziehen.  Wer 
eich  Uber  die  Ti-agweite  solcher  AusnahmebestimmungcD  oricotiren  will,  den  ver- 
weisen wir  auf  die  Schulgesetze  von  Bern,  Waadt*  Neuenbürg..  bezttgUeh  ihrer 
Hannigfkitigkrit  vor  Allem  auf  die  in  Art.  16,  19,  41,  42  niedergelegten  Be- 
atimmungen  dea  Frimarachnigesetzes  von  Freibarg  vom  17.  Mai  1884. 

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Schule 


—    20  — 


Schule 


Wenn  wir  im  Yorsteheaden  auch  die  nicht  obligatoriaohen  niedern  Mittel- 
«eholeii  (SekmiduMihiilQii)  in  den  dm&ug  der  YolkaeohDl»  ^boogra  und  aie  als 
^obeoe  Yolkwchiileii  beieiohnet  hftbeo,  ao  haben  wir  dat  nodh  mt  einigen 

Worten  zu  begründen.  Wir  wissen  ganz  wohl,  daß  diese  Schalen  in  der  Hegel 
die  Doppelaufgubc  haben,  eine  abschließende  bessere  Allgcmcinbildnng  zu  bieten 
und  als  Uiittrbau  für  die  liöhem  Lehranstalten  bzw.  nls  decentrulisirende  Parallel- 
iittitilute  iür  die  untero  Klassen  der  KantuntMchule  zu  dieneu;  nach  der  letzt- 
genannten Seite  hin  gehen  aie  Uber  den  Begriff  der  YeHtediale  bimuie,  aind  ebm 
„niedere  Mittelschulen''.  Wenn  man  aber  in's  Auge  faßt,  wie  hieb  die  Zahl  der 
Schüler  stellt,  denen  sie  abKcbließende  Bildung  geben,  zu  der  Zahl  derjenigen, 
denen  sie  als  Mittelschulen  dienen,  kann  m  doch  wohl  kaum  zweiielhaft  sein, 
daß  sie  bei  der  Volkiuchulbildung  nicht  außer  Acht  gelassen  werden  dürfen;  wie 
nunbill  ihre  Ansfareitnng  sn  d^  BemHat  der  RekrafeenprUfongm  beitrügt,  das 
ist  in  den  Bemerkongen  dea  eidg.  statiatiadien  Bnraans  ni  den  Ergebniasen  im 
Herbst  1888  einleuchtend  dargethan  worden.  Gegenüber  dem  Einwand  aber,  dafi, 
wenn  wir  diese  Schnleu  nach  Seite  der  von  ihnen  vermittelten  allgemeint^n  Bildung 
in  die  Vulk^^bcbule  einbeziehen,  keine  bestimmte  Grenze  mehr  zu  zicheu  sei  und 
daß  es  richtiger  wäre,  sieb  für  die  Abgrensnng  an  die  Linie  zu  halten,  welche 
die  Anatalten  nneh  Art.  37  der  Bondeaverftttsung  unter  oder  außer  Kontrele  dea 
Bundes  stellt,  haben  wir  einfach  zu  sagen,  daß  wir  uns  sehr  gerne  an  diese 
Grenze  haltt"Ti  würden,  wenn  wir  allenthalben  sehen  könnten,  wo  sie  bindurcb- 
iHuft.  Die  gemeinsamen  Oberschulen  des  Kantons  Bern,  die  Ecoles  regioQales  des 
Kantons  Krciburg,  die  Fortbildungsschulen  deu  Kanton»  Aargau,  die  Mittelschulen 
Ton  Appenzell  A.-Rh.  und  die  Sekandaraohnton  dea  Eantona  Wandt  aind  genaa 
eolehe  MiaebHngc  der  Primär-  nnd'Seknndarschnle,  wie  die  Sekundärschulen  der 
Übrigen  Kantone  Mischlinge  von  gehobenen  Yolksschnlen  und  Mittelschulen.  Dort 
aber  wäre  die  Scheiduttg  noch  viel  schwieriger  zu  vollziehen,  da  sie  lokaler  Art 
aind,  —  die  Oberbtulc  bestimmter  Ortsschulen  hat  je  für  alle  Schüler  derselben 
aololien  gemisohten  Charakter,  —  als  hier,  wo  einfach  der  peraSnUche  Bedarf  dea 
Schillers  entaoheidet,  aal  w^he  Ziele  hin  er  die  Schule  an  besnehen  gedenkt. 

b.  Eintheiinny  der  Volksschule.  Die  Abgrenzung  der  Schulstufen,  sowie  die 
Benennung  der  Abtiieilangen  ist  nach  den  Antonen  Teraehleden;  ebenso  dw 
Termin«  anf  weloben  hin  die  gehobene  YoUcBaohnle  und  die  höhern  Bildnngs- 
auHtalten  von  der  einfachen  Volksschule  abzweigen.    Doch  laaaen  aioh  für  die  « 

Gliederung  im  Ganzen  drei  verschiedene  Typen  unterscheiden : 

1)  Möglichst  weitgebende  Festhaltung  einer  nlJQnncinen  Yolkssebule,  6 — 7 
Jaiircükurse,  mit  Auschluß  der  gehobenen  Volksschule  und  der  iiöhern  Lehr- 
anstalten an  das  6.  oder  7>  Sohuljahr:  Zürüät,  Lnzern,  (Tri,  Bohwyz,  Ob- 
walden,  Midwalden,  Glams.  Zog,  Freibnrg,  Solothnrn«  BaaeUand,  beide 

Appenzell,  St,  Gallen,  Graubttnden,  Thurgau,  Wallis,  Neuenburg,  Genf. 

2)  Einheith'i-Iic  (Jcstaltung  der  gfsammten  Primar-AUtagsschule  mit  möglichst 
weitgehentier  Erstreckung  derselben,  aber  mit  früher  Abzweigung  der  ge- 
hobenen Yolksschule  oder  hühern  Lehranstalten:  Bern,  Schall kauseu,  Aar- 
gan, Tessin,  Wandt. 

3)  Gabelung  in  einfache  und  gehobene  Yolkasohttle  tu  der  MiUe  der  Alltags- 
schulp/lkhl :  ßanelstadt. 

Di<-  Primarschulstuff  weist  durchweg  das  Klasst-nlchrersystcm  auf. 
Entweder  werden  alle  schnlpf^ichtigcu  Kinder  untt-r  Einem  Ltdirer  vereinigt 
(Gcsammtschule),  oder  der  Unterricht  wird  stutenweise  von  verschiedenen  Lehrern 


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Schule 


—    29  — 


Schule 


ertheilt  (Sacceasivschule),  oder  es  werden  die  Kinder  einer  Gemeinde  naoli  Wolmott 
und  Geadüeoht  getreuit  iiiit»m«]itet  (PttralleladioleM);  MtOrlidi  tritt  in  grOfiern 
Ortschaften  aiuÄ  Panllaluimiig  bei  Uebenteignog  eiiiM  Sohttlvmazimnm«  per 

Abtheilnng  ein. 

Die  njeiffti-n  Kantone  haben  eiue  gesetzliche  Bestimmung  bezüglich  der 
Maximaizahi  von  iSchUlern,  bei  deren  Ueberschreituug  Theilung  der  Schule  auf 
der  FrimannfanlBtaf»  eiiitntt:  190:  Bate11aiid|  100  reep.  80:  Zttriob;  80  Solo- 
thum,  St.  Gallen,  Aiigftit,  Tbttigan;  80  bei  getheilten,  70  bei  imgctbeilten 
Schulen:  Bern,  Luzern,  Schwyz;  70;  Freiburg;  70  bei  Ganztag-,  50  bei  Halb- 
tagschulen ;  Glams ;  70  unter  1  Lehrer ;  Uri ;  70  bei  mehreren,  (50  bei  1  Lehrer : 
Schaffhauaen ;  6U  unter  1  Lehrer :  Zug,  Teasin,  Waadt,  Nidwaiden 60 :  Wallis 
(bei  ftber  50  Sobttlem  Abtrennung  der  Mädchen)  j  62  bei  der  Elementusohale» 
4ö  bei  der  MandavBohide:  Basebtadt;  50:  Neeenbnrg,  Genf. 

Einielne  Kantone  bestimmen  «neli  fUr  die  gehobene  Yolksachule  ein  Schuler- 
maximum per  Abtheilung  oder  Lehrer,  so  Zttrieh  50  (proTieoneoh.  bei  3ö),  Lniem 
45,  Baselstadt  45,  Bern  HO. 

Bei  KlatiBentrenuung  zeigt  ein  Theil  der  KMitune,  betionderb  iu  der  katho- 
Ueeben  Sobweis,  eowie  OrtBobeflen  grofiatldtiBolieB  CfaarakterB  Hinneigung  sor 
Trennung  nach  Gesehlechtem.  Die  gemischten  Schulen  betrugen  lö8l  zwischen 
zwei  Drittthcilcn  und  der  Hälfte  sännntlicher  Primaibehulen  in  Appeuzell  L-Rh. 
(<•,(),(•,  "/Ol,  Nif!wn!'k'n  (Ül  »,  Uri  (ö7,l  »,  Neuenbürg  (56,1  "/o),  Freiburg 
(54, 1  >),  Öcbwyz  (50,9  7o);  weniger  als  die  Hälfte:  Teasin  (43  ^o),  Zug 
(3«,6  °/o),  Genf  (36,6  7o),  Wallis  (35,3  Vo),  Obwalden  (28,9  7o),  Baeetatadt 
(9(4  wibrend  alle  oder  annihemd  alle  Primarsoholen  gemiaobt  waren  in 
GIaru8(1007o),  Thnrgau  (lOOVo),  Appenseil  A.-Bh.  (99  «/o),  BaaellMid  (98,4  ». 

Auf  der  Stufe  der  gehobenen  Volksschule  mischen  sich  Klassen-  und  Fach- 
lehrersystem. Die  iÜDoeigang  zur  Theilung  nach  Fächern  manifestirt  sich  theils 
in  den  Forderungen  der  FähigkeitsprUfung  fUr  Sekundarlehrer  (Zürich,  Bern), 
dieile  in  der  Beetünmung,  daß  an  eoleben  Sobalen  mindeatena  je  swei  oder  drei 
Lehrer  zu  wirken  haben  (Freiborg,  Solothnrn,  BaeeUand,  Aa^n). 

c.  UtUcrriihisgeöiei.  Die  Fächer  der  Primarschule  inkl.  Ergänzuugsschuie 
eind  durebweg: 

1)  Muttersprache,  eveot.  mit  besondrer  Herrorhebtuig  dee  Aneehaannpnnter- 
richtSf  bcw.  der  Denk-  und  SpreebUbungen. 

2)  Rechnen  und  Geometrie;  letztere  fehlt  in  Uri,  Schwyz,  Obwalden,  Nid- 
walden,  Appenzell  A.-Rh.,  NeuenburL'  für  Mftdcben  in  Wallis;  ist  fakultativ 
für  die  Schulen  in  Freiburg  und  le^^iin. 

3)  Realien: 

Geediichte  nnd  Geographie;  beide  anf  die  Sebweis  begrenst  in  Uri, 
Sehwys,  Obwalden,  Nidwaiden,  Zug,  Solothnm,  beiden  Appenzell,  Gran- 

hUnden,  Tefisin,  Genf,  im  Minimallehrplan  von  Bfm  und  Freiburg:  ntir 
Geschichte  auf  die  Schweiz  beschränkt  in  Luzern,  Glarus,  Baselland,  Wallis 
uud  Neuenburg. 

ÜTatnrknnde;  fehlt  in  Luzern,  Uzi,  Obwalden,  Nidwaiden,  AppeaxeU 
A.  Rh.,  Wellie,  Nenenbarg;  ist  fokoltatiT  Ittr  die  Sefanlen  in  Freibnrg  nnd 

Tenbin. 

4)  KunHtfjif'hnr  : 

Kaiiigruphie. 

Gesang;  £ücaltativ  fir  die  fifohiilai  in  üri. 


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Sehlde 


—    30  — 


Schule 


Zeiohnen;  &kalteti¥  fttr  die  Sohnleii  in  üri,  Frdibiuig  und  Tesno  (hur 
in  besondern  Zeichenecbnlen  gepflegt);  fefall  in  Obwalden,  Nidwaiden,  Appen- 

mU  A.-Rh.,  Wallis 

Weibliche  Arbeiten;  fakultativ  in  Uri 
6)  Tarnen;  nur  für  £naben  in  Uri,  Scbwyz,  Nidwalden,  Freiburg,  Appen- 
lell  A.-fih ,  TeBein ;  fakaltatir  för  Mädchen  in  Bern  nnd  Lnxera.  Appen- 
nell  I.-Bh.  und  Graubtluden  haben  keine  Betttiininuugen  in  ihren  kantonalen 
Verordnungen.  Dagegen  ist  der  Turnuutcniclit  für  Knaben  vom  10.  Alters- 
jiilire  an  durch  die  eidgeuössiaokeo  VororduuDgeo  für  die  ganze  Schweiz 
gelorUert. 

6)  Beligion;  ist  laut  Bnndeever&wnng  in  der  gtuuen  Eidgenossensehalt  fokal-, 
aatiyesFaeh;  steht  außerhalb  des  Kahmens  des  Schulorganiamas  in  Waadt, 

Neuenburg  und  Genf,  wird  ebenso  als  Sache  der  Geistlichen  und  der  Kirche 
betrachtet  in  Luzern,  Uri,  Obwalden,  Nidwalden,  katholisch  Freibnrg;,  da- 
gegen neben  dum  konfessionellen  Keligionsutiterricht  in  der  äcbule  kon- 
feasionalos  behandelt  in  Solothnm  und  Appenzell  I  -Rh. 

Zu  diesem  allgemeinen  Sohema  tret«  nnn  noch  ala  Spezialföcher  genannt 
hinan: 

Buchhaltung  in  Bern  (NoruoaUehrplan),  Schwyz,  Obwalden,  Nidwalden, 
Glariis  (Repetirschule),  Solothnrn,  GrHubiimlt'n,  Aargan,  Thnrgau,  Wallis j 
fakultativ  für  die  Schulen  in  Fieiburg  und  Tessiu. 

Gesundhcittilehre  in  Solothurn  und  in  den  Mädchenarbeitsschulen  Neuen- 
bnrgs 

Ycrfassungsknnde  in  Freiburg,  Wandt,  Wallis,  Neuenburg  uikI  Gttif. 

Obstbaunizucht  in  Obwaldm :  (Elemente  der  Landökonomie  in  Neuen- 
barg;  Landwirthschaftslchrp  iti  Cli  iif. 

Hauüwirtbschaitalehru  tür  iMädchen  in  Freiburg,  Solothurn,  St.  Gallen, 
Waadt,  Nenenburg  und  Genf. 

Handarbeit  für  Knaben  in  Waadt  (?),  Neuenbürg  nnd  Genf. 

Fremdsprache  in  GraubUudeu  (für  Romanen  da.s  Deutsche),  ßaselstadt 
(Frarizösi-ch),  Genf  (nctitseh) ;  fakultativ  in  Bern  (erweiterte  Oberdohale), 
Luüerii,  A.irgau  (Fürtljilduiif^,s.srhn1e),  Neucnbtirjr. 

In  den  Kantonen  Bei*n,  Freiburg  und  Tesäiu  besteht  ein  Doppelkura  von 
FXohem,  wie  er  von  jeder  Schule  durchgeführt  werden  mnß  und  wie  er  erweiternd 
von  ausgebildeten  Schulen  er^nxt  werden  kann. 

Die  gehobene  Volksschule  hat  ihr  Cbarakteristikum  gegenüber  der 
einfachen  in  der  obligatorischen  Einfiihning  einer  Fremdspradie.  Die  Sicher  der 
gehobenen  Volksschule  sind: 

Mutterspraciie ;  eine  oder  zwei  Fremdsprachen ;  Arithmetik  (meist  in  Ver- 
bindung mit  RiichfUhrnng) ;  Geometrio  (nur  in  Teswin  nn  l  Wallis,  fUr  Mädchen 
fakultativ  in  Luzcrn);  Geographie  und  Geschichte  (in  einigen  Kantonen  auch  auf 
dieser  Stufe  fast  ausschließlich  auf  die  Schweiz  beschränkt),  mit  Ueberleitung  zur 
Verfaasnngskunde ;  Gesang;  Zeichnen  (in  Wallis  nur  fttr  Knaben);  Kalligraphie 
(in  Tessin  nur  für  Knal  t  n'  ;  Turnen  (infolge  der  eidg.  Verordnungi n  fiir  Knaben 
vom  10  —15.  Altersjahre  obUgatorisoh,  in  Aargau  obligatorisch  Waifenttbnngen 
verbunden);  Religion  (s.  o.). 

Als  obligatorische  Fächer  treten  weiter  hinzu;  Für  Knaheu:  Hundarbeit  in 
Genf;  fttr  Hidchen:  WMbliebe  Arbeiten  in  Lasern,  Schwyz,  Zug,  Solothnm,  Basel- 
stadt, Sehaifhausen,  St.  Gallen,  Granbttnden,  Aargan,  Tessin,  Waadt,  Wallis, 


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Schule 


—    31  — 


Schule 


Nenenbavg,  Genf;  Haoühaltuogskunde  iu  Luzeru,  Schwyz,  Tessin,  Waadt,  Keoen- 
bmg;  Garteakande  in  Tessin;  PAdago^k  in  Neuenbürg;  Haadialtnnge-  und  Er* 

uekuDgskunde  iu  Genf. 

Alu  fakultiitivc  FhcIkm-  für  rtoldie  Schnit  n  tiguriri.'ii :  Weitere  (alte  und  neue) 
Fremdsprachen ;  lerntr :  we  ibliche  Arbeiten  etc.  (Zürich) ;  Waffenübungen  (Bern, 
Waadt  und  Neuenbürg;;  Elemente  der  Physik,  Chemie  und  de»  Freihandzeichnens 
(Freibnrg);  Handeldftcher  (Bnaebtadt  nnd  Genf);  Instramentalmndk  (Aargau); 
Jjtndwirth^chaft«-  und  Ge^undheitslebre  für  Knaben  (Wallis). 

In  der  Regel  haben  die  gehobenen  Volksschulen  die  Doppclaufgabe,  eine 
abpchlirßeiule  bcHsere  Allgemeinbildung  zu  bieten  und  nh  Unterbau  für  die  höhern 
Lehranstalten,  bzw.  ab  decentraUiiireude  Parallelinstitute  tür  die  untern  Klasaen 
der  Kantonsaobnlen  sn  dienen ;  in  einseln«!  Kantonen  richtet  sich  daher  der  Lebr- 
plan  derdelben  geradesn  nach  demjenigen  dar  letiton. 

In  einigen  Kautonen  wird  die  sehulmäßige  Pflege  des  Gesanges  Uber  die 
Zeit  der  regulären  Scbnlj'flirhttrrkeit  ausgedehnt  und  fiir  die  spätem  Schuljahre 
einer  hesondern  Singsrliule  /.upewiesfu  (Ziiricli,  Haselland,  ThnruMii). 

In  den  Kautuiieu  Freiburg,  Aurguu,  XcK.iin,  VV'allitt  und  Gent  sind  auch  die 
Kleinkindersehnlen  in  den  geaetalieben  Organismna  der  Schale  inbegriffen, 
indessen  allenthalben  fakultativ  belaeaen,  außer  in  Genf,  wo  die  Oberstufe  der 
Kleinkinderschule  die  Stelle  der  ersten  obligatorischen  £lementarklas.4e  einnimmt. 

In  Wallis  schließen  sich  an  die  Volkssehule  Baumschulen  (Pfpinieres 
d'arbrea)  an^  welche  unter  der  Obhut  des  Lehrers  stehen  und  von  den  behülern 
beaorgt  werden. 

Weibliche  Arbeitsaohalen.  Dieselben  sind  entweder  als  Fadi  der 
weiblichen  Arbeiten  dem  Volksschulorganismus  eingeordnet  oder  stehen  als  in 
besoiidern  Gesetzen  und  KegUnientcn  behandelte  Anstalten  denselben  anpepliedcrt. 
Wir  zeigen  in  nachfolgender  Uebersicht  der  Kantone,  >>h  ninl  wie  weit  dieselben 
obligatorisch  oder  fakultativ  gestaltet,  fiir  welche  Schuljahre  sie  bestimmt  und 
mit  wie  viel  wlJohentliohen  Stunden  sie  bedacht  sind: 

Zürich.  Obligatorisch  im  4. — 6.  Schaljahr,  je  nach  Beschluß  der  Gmunnden 
schon  vom  'A.  Schuljahr  an  irestattet;  6  wöchentliche  Stunden;  fakultativ  lUr 
Ergänzungs-  und  tiekundarj^chiilerinnt  ti. 

Bern.  Obligatorisches  Öchuifach  der  Primarschule;  Winter  3 — 4,  Sommer 
4—6  Stunden* 

iMßtm.  Obligatorisoh  ftr  Ffimaradittlerinnen  im  8.  —  7.  Sdiuljahr  (3  Wochen 

standen)  und  fiir  aus  der  Primarschule  entlassene  SchtllevilUien  bi>  zum  erfüllten 
IG.  Altersjahr  f'/.»  Tag  per  Woche);  fakultativ  im  Sommer  der  drei   letzt«  n 
(VN  iuier-)  Schulkurse.    Für  Miidchensekuudarschulen  obligatorisch,  für  gemischte 
Seknndarschulen  fakultativ,  ohne  nähere  Bestimmungen. 
Uri.  Zar  Einführung  den  Sohnlgemeinden  empfohlen. 

Schwji/-.  Obligatorisch  für  I'rinuirschUleriimen  des  2.-6.  Sdiuljahres  (4 
Stunden)  und  für  Sekundarfsehülerinnen  Stmnlen). 

Obwaidcn.  OWi<^atorisch  für  Prionir>clnilrriniu  u ;  nähere  Bestimmungen  f'hb'n. 

Nidtcaläen.  Obligatorisch  für  das  3. — «i.  Schuljahr  der  Primarsohuie  {^2 
Standen). 

Glaru»,  Obligatorisch  fttr  PrimarschUIerinnen  im  4. — 7.  Schuljahr,  Bepetir- 
schulerinnoo  8. — 9.  Schuljahr;  fakultativ  fttr  Brimarsohttlerinnen  des  3.  Schul- 
jahres  (3—6  Stunden). 

Zuf/.  Obligatorisch  für  Primarscbüiennuen  im  1. — Ü.  Schuljahr,  sowie  für 
SaknndarachUlerinuen  (letztere  3 — 5  Stunden). 


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Schule 


—   a2  — 


Freiburg.  Obligatorisob  für  Frimunaobttleriimen  im  7.^15.  (oder  16.)  Alten- 
jabr  (8  Stunden). 

Solothurn.  Obligatorisch  ftir  Prinmrsilililerinnen  im  2. — 4.  (4  Stunden)  nnd 
6. — ^.  Sf^hnljahr  (6  Standen),  sowie  für  Bezirksachtllerinnen. 

BüHilstafit.    Obligatorififih  für  Primarschülerinneii  (1.  und  2.  Schnljfihr  4, 

3.  und  4.  Schuljahr  5  ätunden),  SekundarschUleriunen  (I.  und  2.  äciiuijukr  5, 
8.  und  4.  Sdinljelnr  6  Stunden)  nnd  Schttlerinnen  der  TSohtereehnle  (1. — 4.  KIbm» 

4,  6.  nnd  6.  Klasse  3  Stunden). 

Basel (aud.  Obligatorisch  für  Primarschülerinnen  im  3.-  6.  Schnljohr,  fakul- 
tativ für  JiepetirBchülerinnen  im  7.  und  8.  Schuljahr  (4  Stunden). 

Schaffhausen.  ObligatoriBch  &1t  ElementarscbUlerinnen  vom  6. — 9.  Schuljahr 
nnd  Itir  Reabdittlerninen  (4<~6  Stunden). 

Appenteü  A.-Bh.  Obligntoriflob  Ulr  FriaunolittlerinneQ  im  4. — 7.  Scbnl^Jir 
nnd  fttr  UebungsgchUlerinnen  im  8.  und  9.  Schuljahr  (3  Stunden). 

Appfnecll  [.-Rh.  Die  £rii  ht  ing  von  Arbeitsschulen  fttr  AUtogsscbUlerinnen 
hängt  ab  von  der  Zahl  der  Anmeldungen  (Minimam  12);  Besuch  für  die  Auf- 
gonommenen  obligatorisch  (3 — 6  Stunden). 

8t.  Mim.  Obligatoriioli  für  AUtagseohllleriiuieii  im  4. — 7.  und  Ar  Er 
gänzungsschlllerinneii  in  8.  nnd  9.  Behnljalir,  sowie  Ittr  BealMhttlerinnen  (3 
Stunden). 

(jraubänäen.  Obligatorisch  für  Frimarschülerinneu  im  4. — 8.  Schuljahr 
(3  Stunden)  und  für  Fortbildung8(Sekundar-)schUlerinnen. 

Aargau.  Obligatorieeh  fttr  Gemeindesohttleriiuien  im  8. — 8.  Sohnljahr  (Sommer 
3,  Winter  8  Stunden),  für  FortbUdnngaflchlllerinnett,  l.*~8.  Slaeee,  nnd  Beurke- 
eobUlerinnen,  1. — 4.  Klasse. 

Thurt/au.  ObUgatoriech  fttr  PrimaischiÜerinnen  vom  9. — 16.  Altersjahr 
(6  Stunden). 

Te»«?h.  ObligatonMli  fttr  beide  Abtbeilungen  der  Primarschule  (4  Stunden). 
Waadi.  Obligatorisch  für  Primai^  nnd  SekundanohUlerinnen  (letstere  1.  und 

S*  Klaose  4 — 5  Stnnden). 

Wallis.    Obligatorisch  fUr  PrimarstLülerinriPn  (1  Stunden). 

Neuenburf/.  Obligatorisch  ftlr  Primart*chülerint]eii  (1.  und  2.  Schuljahr  2, 
3.  und  4.  Schuljahr  2 — 4,  5.  und  ü.  Schuljahr  4  Stunden)  und  tür  Sekuudar- 
Behttlerinnen  im  1.— 3.  Schuljahr  (3  Stunden). 

Ge»f.  Obligatorisch  fttr  Primarschülerinnen  (1.  und  2.  Schuljahr  6,  3.  bia 
6.  Schuljahr  4  Stmulfii),  Krgänzungsschülerinnt.i!  (1.  Schuljahr  3,  2.  Schuljahr 
4  Stunden)  und  SekundarsohUleriDnen  auf  dem  Lande  im  1.  uud  2.  Schuljahr 
(6  Stundend 

Fortbildnngesebulen.  Die  Abgrenzung  der  Fortbildungsschule  gegen 
die  Er^bimnga-  und  Primarechule  ist  niobt  eine  einheitlieh  normirte,  wie  denn 

der  Käme  Fortbildungsschule  nicht  bloß  fdr  eigentliche  ErgänsungeachuU-n  obli- 
gaturischen  Charakters  (Obwaldeu),  sundem  sogar  für  Erweiterungen  der  Ober- 
stufe der  rrimar-Alltagsschule  (^Aargau)  gebraucht  wird.  Aiiderwits  betitehen  für 
Schulen  mit  Fortbildungsscbnlcbarakter  noch  eine  ganze  Reihe  verschiedenartiger 
Benennungen:  GewerbMohule,  Zeiohenechnle,  Handwerkereohule,  Sonntagaadittley 
AbendHohule,  Wiederholungsknrae,  Facheehnlen,  L  I  rwerkstätten,  Ecoles  comple- 
mentaircö,  Ecoles  profes«ionne]!es,  Cours  du  i-oiv,  Ecoles  de  ri'petifion  n.  s.  w. 
Wir  ver»ti  heii  nun  unter  den  Fortbildunp«hchulen,  von  denen  wir  hier  sprechen 
wollen,  soMte  .Sohuitn,  m  welchen  junge  Leute  des  einen  oder  andern  Gcschledtls 
mieA  VoUendnny  der  allgemeine  SehulpfiniU  in  beslinmkn  mMmÜichein  oder 


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Schule 


—    33  — 


Schule 


täglichen  Stunden  neben  der  B'rufsthätüjknt  Unterricht  empfan(jm,  sei  es  zur 
Erhallunff  oder  Vermehrung  der  allgemeinen  m/dun</,  sei  es  etir  Geicinnun;/ 
cler  für  die  Ausübum/  drs  Berufes  nothwendif/en  besondern  Kenntnisse  und 
Fertif /keilen. 

Thatsächlich  weisen  die  schweiz.  Fortbildungsschulen  dreierlei  Typen  auf : 

a.  Schulen  zu  beruflicher,  gewerblicher  und  landwirthHchaftlicher  Weiter- 
bildung. Diene  sind  ihrer  Natur  nach  freiwillige;  ihr  konsequenter  AuHbau  i«t 
die  an  die  Berufsbedürfnisse  angepaßte  und  mit  der  praktischen  Berufsbildung  in 
engsten  Zusaniraenhang  gebrachte  Spezialschule  oder  Lehrwerkstätte. 

b.  Schulen  zur  Ergänzung  der  allgemeinen  Bildung  auf  dem  Boden  der 
Altersstufe  zwischen  dem  14.  und  20.  Altersjahr;  ihr  konsequenter  Ausbau  geht 
nach  Seiten  des  Obligatoriums. 

c.  Schulen  zum  Ersatz  mangelhafter  I-icistungen  resp.  Nachwirkungen  des 
regulären  Schulorganismus  für  Gewinnung  eines  bestimmten  Bildungsminimums 
beim  Eintritt  in's  bürgerliche  Leben  (Kekrutenprlifungen).  Diese  müssen,  wenn 
sie  ihren  Zweck  erfüllen  sollen,  von  vornherein  auf  Zwang  begründet  sein. 

Die  Ueberdicbt  Über  das  Fortbildungsschulwesen  der  Kantone  ergibt  folgende 


1)  Kein  Kanton  entbehrt  gänzlich  aller  Fortbildungsschuleinrichtungen. 

2)  Ohne  gesetzliche  oder  von  der  Verwaltungsbehörde  auf  Grundlage  des 
Gesetzes  normirte  Fortbildungsschulen  ist  nur  Appenzell  I  -Rh. 

3)  Ausschließlich  freiwillige  Fortbildungsschulen  weisen  auf:  Zürich,  Bern, 
GlaruH,  Baselstadt  (Stadtgebiet),  Graubünden,  Genf,  Appenzell  A.-Rh.,  St,  Gallen, 
Aargau;  in  den  drei  letzten  Kantonen  vielfach  mit  Obligatorium  innerhalb  der 
Einzelgemeinden . 

4)  In  einigen  Kantonen  ist  das  Obligatorium  nur  bedingt  eingeführt,  und 
zwar  in  Schaffhausen  für  Alle,  die  nicht  acht  volle  Schuljahre  durchgemacht,  in 
Luzern  für  Alle,  die  nicht,  abgesehen  von  der  Primarschule,  während  wenigstens 
eines  Jahres  eine  Sekundär-  oder  höhere  Schule  besucht  haben.  In  Schwyz,  Frei- 
burg, Tessin,  Neuenburg  ist  die  Verpflichtung  zu  einem  obligatorischen  Kurs  von 
einer  Vorprüfung  abhängig  gemacht. 

5)  Die  obligatorischen  Fortbildungsschulen  der  Kantone  üri,  SchwjT,  Ob- 
walden,  Nidwaiden,  Zug,  Freiburg,  Appenzell  I.  Kh.,  Tessin  und  Wallis  sind 
Wiederholungskurse  für  die  waffenfähig  werdende  Mannschaft,  in  den  beiden 
letztern  Kantonen  allerdings  mit  der  Idee  einer  allgemeinen  Wiederhokingsschule 
kombinirt,  während  Luzern  neben  seiner  obligatorischen  Fortbildungsschule  noch 
in  einer  Anzahl  von  Gemeinden  besondere  obligatorische  Wiederholungskurse  für 
ungenügend  vorbereitete  Stellungspflichtige  eingerichtet  hat.  Bern  besitzt  letztere 
Einrichtung  ebenfalls,  jedoch  nur  als  fakultativ. 

6)  Obligatorische  Fortbildungsschulen  in  mehr  oder  weniger  organischer 
Weiterführung  des  Unterrichtsstoffes  der  frühern  Schulstufen  besitzen  die  Kantone 
Solothuru,  Baselland,  Thurgau,  Waadt,  Neuenburg. 

7)  Das  Fortbildungsschulwesen  ist  auch  für  das  weibliche  Geschlecht  formell 
oder  thatsächlich  organisirt  in  den  Kantonen  Zürich,  Beni,  Luzern,  Solothurn, 
Baselstadt,  Appenzell  A.-Rh.,  St.  Galleu,  Aargau,  Thurgau,  Neuenburg  und  Genf; 
in  den  übrigen  Kantonen  dagegen  sind  die  Fortbildungsschulen,  von  wenigen  Aus- 
nahmen abgesehen,  auf  das  männliche  Geschlecht  beschränkt. 

Der  gewerbliche  Fortbildungsschiilunterricht  steht  unter  Subvention  und 
Kuntrole  des  Bundes.  Das  Schuljahr  l»HS  weint  für  die  Schweiz  an  subveu- 
tiouirten  Anstalten  auf: 

Furrer,  Vollwwirttuchnfu-Lexikon  der  Schweis.  8 


Resultate : 


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_  II 


Schale 


—    34  — 


Schule 


1  technische  Centralanstalt   Te<  hnik'im  zn  Winterthur) 

3  Lehrwerkstätten:  für  Uolsarbeiter  in  Ztlrich,  1^  Sohreiner  und  Sohah- 

machcr  in  Bern  ^. 

2  Webscliuleu  t^Ziiiicb  und  Wattwil);  2  Kurhflecbterächulen  (Wiutei  Laar  • 
und  Freibarg');  8  Uhrmaobenohnlen  in  Biel,  Stimmer,  Prnntrat,  Solothnrn, 
Neuenbürg,  Locle,  Chanx-de-Fouds,  Grenf;  Z  SchnitzIerKchulen  (Brienz,  Brienz- 
wyler  und  Mriiingen);  9  Kunstschulen  und  ktin^tgewerbliche  Anstalten  in  ZUriGh, 
Winterthur,  Bi-rn,  Bi.  l,  Luxem,  Bawl,  St.  Ciallen,  Chaux-de-Fonds,  Genf  \ 

ü  Frauenarbeit«M3buleD  (Bern,  Basel,  Chur). 

61  Gewerheecbulen  mit  Zeiehaen  und  theoretischem  ünterrieht,  welche  dch 
folgendermaßen  aaf  die  Kantone  Texiheilen :  Zttrieh  11*,  Bern  10,  Uri  2  ^ 
Schwyz  2,  GlaniB  6,  Freiburg  2*,  Solothurn  3,  Baselntadt  1,  Ba»elland  3,  Schaff- 
ban^en  1,  Appmir.ell  A.-R)i   !  '  St.  Gallen  1,  Granbttnden  1      Aar^u  9,  Thur- 

gau  4  '\  Waadt  1,  Neuciibnrg  1,  Genf  2. 

27  Zeichenschulen :   Bern  2       Obwalden  3       Nidwaldea  3,  Zug  1 
St.  Gallen  3,  Teesin  1$,  Keoenborg  1. 

Dag  Ver^eiehniß  deckt  sieh  indessen,  hdbst  wt-nn  man  die  acitherige  Modi- 
fikation mit  in  Rechninig  zieht,  nicht  vüllig  mit  dem  wirklichen  Bestand,  indem 
es  in  diesen  Kategorien  auch  Aiistaltcu  p^ibt,  welche  nicht  unter  Bnndessubvention 
und  Kontrob  stoben  (Fraueuarbeitsschale  Ztihch,  UhrmacberHchule  Fleurier).  Alle 
diese  Schalen  nehmen  ZSglinge  der  TerBchiedenaten  VorbildangHstufen  auf;  nur 
das  Technikom  verlangt  als  Bedingung  für  den  Eintritt  Answeia  Uber  vollständige 
ScknndurHchulbildung. 

1*)  Dt-m  gewerblichen  Forfbihlmig.minterricht  parallel,  aber  weniger  verbreitet 
und  durchgebildet,  geht  landwirtbschaftlicher  Fortbildungsnnterricht.  Die  in  der 
»Schweis  bwtehenden  und  vom  Bunde  ebenfalls  subventionirten  Fachschulen  sind 
die  landwirthschaftlichen  Schulen  im  Striokhof  (Zttrieh),  auf  der  Bfitti  (Bern),  in 
Cernier  (Neuenburg)  und  die  laodwirthschaftUehen  Wintenohvlen  in  Snrsee  (Latem), 

Brugg  (Aargau)  nvA  in  LaiisHiine. 

1' ri  V  11 1  s  (■  Ii  II  1  n.  Neben  den  .stuntlii  heii  Hnhnlpn  bestehen  sowohl  mit  der 
Primär-  als  der  «Sckiindarschuiutuie  fat>t  allerwarts  private  Scbulanatalten,  und  es 
ist  das  Recht  zur  Erthellong  von  Privatanterridit  und  Erriditung  von  Privat- 
schulen  durchweg  in  der  Sehulgeeetzgebung  der  Kantone,  unter  Wahrung  des 
Aofsichtsrechte«  der  Ntaatlicheu  Behörden,  gewährleistet  und  regulirt,  außer  in 
Solothurn,  dessen  Gesetse  keine  dießbezttgliohen  Bestimmungen  enthalten. 

IL  Mittlere  und  höhere  Schulen.  Wie  schon  bemerkt,  bilden  die 
Sekundärschulen  in  vielen  Kantonen  Parallelnn''trt1teTi  zu  dei'  eet 'rn  Abtheilungen 
der  Miltelseliulen  und  werden  daher  oft  auch  als  „niedere  ^iittf-lschnlen"  rangirl. 
Die  höhern  Mittelschulen,  welche  die  jungen  Leute  bis  Uber  da»  15.  AlterKjahr 
hinaus  in  sich  vereinigen  (ausgebildete  ^kandarachulen,  Prugymnasien,  Gymnasien, 
Kantonsschttlen,  höhere  Töchterschulen,  Lyceen  u.  s.  w  )  führen  entweder  bis  zum 
Anschluß  an  das  akud-  iiu-<ehe  Sttidium  oder  schließen  schon  früher  ab.  Neben 
und  Uber  diesen  stehen  die  Berufsschulen  (Lehrerbildung,  Lehrwerkstätten,  £uQst> 

'  Sriili.  I  rnt-t  iii.kMi:  Westsobweiz.  Technikum  in  Biel.  —  •  Seit  18H9  tritt  hinzu: 
Beruf"-rlitilc  für  Met.ili.iil.rilt-r  ;ini  fJcwerhemuseuni  Wiiitfithur.  —  '  Seillier  eingegangen. 

—  *  hUtl  tierselben  tigunrl  lui  ueuesku  Vcrzeichrnü  tiuc  Lcnle  des  UiiUeurs  de  pierre. 

—  Seit  1889:  Fachschule  liQr  Lingerie  nnti  Dumenschueiiierei  in  Zürich  und  <  i>uis  il>> 
modela^e,  «le  vannerie,  de  eartnnnajre  de  l'^cole  nuiuiale  in  Lausanne.  —  *  l.S9():  12. 

—  *  IbytJ:  Nur  noch  1.  —  *  lb9Ü:  L  —  »  1890:  Appenzell  l.-Rh.  1.  —     1890:  ±  — 
I8SK):  5.  —  »  1890:  3.  —  »•  1890:  S.  —  "  1890:  Preiburg  S. 


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Schule 


—    35  — 


Scimle 


gtmh»-t  ThienurBMi«,  Adcerbau-,  Uhmtacber-,  Sehnitiler*,  Web-,  Fransiurbeit»- 
soliiikD),  und  den  Oberbau  des  Unterrichtswesens  bilden  die  Hocbechiilen,  wiMen» 
echafkUdien  Fakultäten  and  Fachscbalen.  In  di(^.«er  letztern  Abtheilung  wei8t  die 
Schwei«  auf:  Das  eidg.  Folytt'<  hnikum  in  Zürii  h  (t::egrün(let  1n.'>4^;  fünf  kanto- 
nale Hochschulen  (ZUrich  183;i,  Bern  1834,  Basel  14()0,  Genf  1^73,  Freihurg 
zwei  Akademien  (Lausanne,  Neuenburg);  zwei  Heohtflechuleu  ^Freiburg, 
Sitten);  swd  theologiedie  kathoUsolie  Lehranstalten  (LiucerD,  Solothnrs)  and  fttnf 
kathulische  Fkiesterseminarien  (Luxem,  St.  Georgen  bei  St.  Gallen»  St.  Lnn  bei 
Chor,  Lugano,  Sitti^nV 

Wir  geben  das  V'rrzi  ichuiü  der  höheru  .Mitttlschulen,  Hochfchulen  und  Berufs- 
»chulen  unten  {snh  Vli)  mit  der  Uebe»icht  der  kantonalen  Organisation  der  Yolks- 
«ebole  gemeinsebafkUoh.  Auf  das  NSbere  der  ▼ensobiedenartigen  Geetaltangen  dseeer 
Schulen  hier  einzutreften,  wttrde  sn  weit  fUbren. 

IIL  Sohnltfkonomie.  Kantonale  Sobnlfonde  beetehw  in  üri,  Obwalden, 
ISidwalden,  Zug,  Solothnrn,  Baselland,  AppenzeU  L*Bb.,  Granbttnden,  Tburgau. 

GemeindrM(  hulfoiids  siiul  in  weitaus  den  meisteD  Kantonen  gesetzHt^h  obligatorisch 
oder  allgemein  eingeführt.  Die  St4iti>-tik  de?  Herrn  C.  Grob  tiber  dus  ünterriehts- 
wesen  der  Schweiz  im  Jahre  1HH1  ^'ibt  folgende  Tabelle  Uber  das  l:'rimarschul- 
ymnögen  in  den  Kantonen  (VI.  ll.'>): 


Zürioh 

Bern  . 

Lnaem 

Uri  . 

Schwya 

Obwalden 

Nidwaiden 

Glarus 

Zug 

Freibnrg  . 

Snlothurn 
BaseUtadt 
Baselland  , 


SofaalTeinög<'ii  in  Kr. 

Total  } 

woluiar 

G3 
41 
23 
17 
35 
29 

64 
48 
52 

64 
(15 
49 


20' 103,508 
21 '3 17,203 
3  061,084 
407,903 
1*795,175 
444,7  U 
383,524 
2'19t),173 
1'097,493 
6*530,715 
6'165,910 
4*231,835 
2' 900,235 


Sebaffhanscn  . 
Appenzell  A.-Kh 
Appenzell  l.-Eh 
St.  Gallen 
Graobttnden  . 
Aargau 
Thurgatt 
Tussiu . 
Wandt 
WallU 
Neuenbarg 
Genf  .  . 


Sebolvsrmflgeii  in  Kr. 

aof  I  Ein- 
wohn«r 

76 

66 

20 

62 

52 


2' 9  25, 159 
3'4}9,9r)l 
250,t»b4 

13*043,726 
4*901,221 

iri38,884 
8'49 1,043 
1'223,356 
9'654,600 
1*687,765 
6'575,556 
4'856,920 


56 
85 
9 
40 
19 
63 
48 


Schweiz  137'ö34,697  48 
In  folgenden  Kantonen  int  die  ökonijiniscbe  Sorge  für  die  Schulen  in  der 
Hauptsache  den  (Temeinden  Überbunden,  un'er  Zusicherung  von  Stant«beiträgeu : 
Uri,  Schwyz,  Obwalden,  Nidwaiden,  Glarus,  Zug,  Freiburg,  Appenzell  A.-Kh., 
St  Gallen,  Giranbttnden,  Tessin,  Waadt,  Wellie.  Faet  gans  ist  sie  ttbeniominen 
▼on  Baselstadt  i  die  übrigen  Kantone  etellen  ein  gemischtes  System  auf. 

Naeh  dem  Jahrbueb  von  Grob  für  1887  trog  im  Jahre  1886  der  Kanton  bei: 

K  antun  n(tm>  Snde 


mehr  als  7«  der  Kosten  in  Luzern  . 

Baaelstadt 


swieehen  V*  ^  V* 


Genf 
in  ZViioh  . 
Bern 

Uri  .  . 

Nidwalden 

Freibnrg 


279,733  :  166,350 
746,820 :  3,102 
580,420 :  190,000 
r  196,060  :  2'900,H56 
1'250,050  :  2'885,869 
11,799:  42,000 
10,464 :  33,300 
181,948  :  350,000 


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Schute 


—    36  — 


Schul« 


Kanton 

Solutburn  . 

L'i)7,481  : 

400,000 

SchafThausen  .  . 

154,063  ; 

400,000 

AppenieU  I.>Bh.  . 

24,180 : 

30,288 

Chraubflndmi   .  . 

124,401  : 

234,630 

Aargaa     .    ,  . 

442.(1 19  : 

1 '354,4  7  7 

Thiirprau  . 

I8f),;5t;3  : 

628,308 

TesHin  .... 

163,000  : 

315,000 

Waadt .... 

991,423 : 

r4O6,O0O(naCi»IJcgei 

Ifeuenburi;     .  . 

S47  J62 : 

650,000 

weDiger  als  V«      Schwys    .    «  . 

5,857  : 

125,000 

Oswalden  . 

11,560  : 

50,700 

Glarus  .... 

68,003  : 

293,673 

Zug  .... 

17,850  : 

87,141 

Baaelland  .    .  . 

25,506  : 

219,130 

Appeniell  A.-Rh. 

23,098  : 

287,935 

St.  Gallen ,    .  . 

133,039  : 

1742,564 

Wallis  .... 

10,806  : 

250,000 

Der  Durchschnitt  fiir  die  KidgODossensciiaft  stellt  sich  uugefähr  auf 
die  Kantone  gegen     GemeindelMten  (6*432,465: 14*846,3 13).  Von  der  «weiten 
Gruppe  stehen  tlber  diesem  Mittel  (al^o  ^/i — -'/t  Staatslaet) :  Zflridi,  Bern,  Solo- 
tbnm,  Appenzell  I.-Kh.,  GraubUnden,  Te.*^sin. 

Von  den  Gesammtanslagfen  filr  das  üutcrrichtswesen  entüelen  nach  der  näm- 
lichen Quelle  im  Jahre  1856  auf  einen  Einwohner: 

unter  Fr.  5  .    .    .    .  in  üri  Fr.  2.  50 

Bdkwys  2. 80 

Wallis  „  no 

Nidwaiden ....  ,  3.  70 
Appenzell  I.-Rh.  .  .  .4.  20 
Baselland  ....      „    4.  40 

Obwaldeii  4.  50 

Tessin  „    4.  50 

Lnzi;rn  «    4.  60 

Freibtirg  ....  ^  4.  80 
Graubundeu    ...      ^    4.  80 

«wischen  Fr.  5  und  10  in  Zug  «    5.  40 

Appensell  A.-Bh.  .  ,  6. 20 
Aargaa     ....      ^    ^  '^'^ 

Thurgau  9.  10 

Solothuru  ....      „     9.  10 

Bern  9.  60 

twiscben  Ft.  10  und  15  in  Waadt  ,  10.  30 

St.  Galten  ....     ,  10.  40 

Glarus  H>  Tm 

Neuenbürg      ...  „10, 

Genf  13.  40 

zwischen  Fr.  15  und  20  in  Zttrich  15.  30 

Schaff  bansen  ...      «  16.  10 
.    .    .  in  Basektadt  21.  70 


Uber  Fr.  20 


Duroheohnitt  für  die  Eidgenoeaeniehaft    Fr.  9.  — 


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Schule 


—    37  — 


Schule 


Der  Unterricht  auf  der  Primarschulntufe  der  ötTentlichen  Schule  ist  laut 
BundeaverfaHsung  unentgeltlich.  Einige  Kantone  haben  den  GnindsatE  der  Un- 
entgeltlichkeit weiter  ausgedehnt :  Zürich  auf  die  Sekundärschule,  Solothum  auf 
die  Benrksschule,  Ba^elstadt  auf  sämmtliche  mittlem  Schulen. 

In  neuerer  Zeit  hat  der  Staat  auch  begonnen,  behufs  Erleichterung  der 
Schulgenossen,  reap.  Verminderung  der  Kosten,  die  individuellen  Lehrmittel  im 
Selbstverlag  erucheinen  zu  lassen  (ZUrich,  Luzern,  Appenzell  A.-Rh.).  Unentgelt- 
liche Verabfolgung  der  Lehrmittel  und  Schulmaterialien  haben  auf  der  Primar- 
«chulstufe  Glarus,  Solothurn,  Waadt,  Neuenburg  und  Genf,  für  die  untern  und 
mttiltrn  Schulen  Baf^elstadt  eingeführt.  In  ähnlicher  Weise  sind  auch  manche 
Einzelgemeinden,  namentlich  im  Kanton  Zürich,  bezüglich  der  Primär-  und  theil- 
weise  der  Sekundärschule  vorgegangen. 

Herr  C.  Grob  bringt  in  seinem  Jahrbuch  «les  Untemchtswesens  in  der  Schweiz 
(1887)  bezüglich  der  AuHgabun  für  das  Volksschulwesen  im  Jahre  1886  folgende 


Ausgaben  für  die  Primarschulen         Ausgaben  f.  d.  Sekundärschulen 


K*iituuo 

Gfinciiiileii 

Total 

Kantone 

Gemeinden 

Tutal 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Ft. 

Fr. 

Fr. 

Zürich  .  . 

901,3W 

2'4»i8,866 

3*370,226 

294,700 

431,990 

72<;,690 

Bern     .  . 

950,150 

2,199,678 

3' 149,828 

299,000 

686,191 

985,191 

Luzem  .  . 

2ä9,7i3 

148,000 

377.72:{ 

50,(J4KJ 

18,350 

68,350 

Uri   .    .  . 

10.779 

40,(MK> 

50,779 

I.IKX) 

2,000 

3,000 

ScLwyz  .  . 

i,7i2 

100,000 

102.742 

3,145 

25.(X)0 

28,145 

Ühwalden  , 

1,900 

50,000 

51,900 

9,660 

700 

10,360 

Nidwaiden . 

10.464 

32,500 

42,964 

800 

800 

Glarus  .  . 

53,093 

241,847 

294,940 

15,000 

51,82f, 

6<i.826 

Zug  .    .  . 

11,450 

67,426 

78,876 

6,400 

19,715 

26,115 

Freiburg  . 

10<..548 

300,000 

406,548 

25,400 

50.(XI() 

75,400 

Sololhuru  . 

148,789 

380,0(X) 

528,789 

58,692 

20,000 

78,692 

BaseLstadt  . 

461,978 

3.102 

465,080 

284.842 

284,842 

Baselland  . 

12,643 

214,855 

227,498 

12,863 

4,275 

17.138 

Schairiiausen 

93,890 

3r)4MX)0 

4t3,890 

60,173 

50,tK)0 

110,173 

Appenzell  A. 

■Rh. 

21,598 

234.;l8l 

255,979 

1,500 

53,554 

55,0,54 

Appenzell  I. 

-Rh. 

21,720 

30,288 

52,008 

2,4<HJ 

2.400 

Sl.  Gallen  . 

111,0.39 

1 '542,564 

1'6.5:{,603 

22,000 

200,000 

222.(M>0 

Graubünden 

124,401 

234,«K«J 

3.59,031 

Aargau  .  . 

321,708 

830,877 

r  152,585 

120,941 

323,600 

444,541 

Thurgau 

140,395 

549.112 

689,507 

44.968 

79,196 

124,164 

Tessin   .  . 

113,0(K) 

305,(XK) 

418,000 

4<M»00 

10,000 

50,(K>0 

Waadt  .  . 

379,509 

r400,()00 

l'779,r)09 

11.914 

6,0<R) 

17,914 

Wallis  .  . 

10.H06 

2r)0.oOO 

2r)<»,80<; 

Neuenbürg 

195,462 

500,(J00 

695.462 

52.300 

150,000 

202,300 

Geuf.    .  . 

419,674 

140,000 

559,674 

16<J,746 

50,0<JO 

210,746 

Schweiz 

4'854,821 

12'613,126 

17' 167,947 

1*577,614 

2'233,197 

3'810,841 

IV.  Schulaufsicht.  Zur  Beaufsichtigung  der  Schulen  bestehen  in  allen 
Kantonen  auf  bestimmte  Amtsdauer  gewählte  Behörden  verschiedeuartiger  Titu- 
latur, aber  nach  einem  durchgehenden  natürlichen  Schema :  eine  kantonale  Ober- 
behörde, lokale  Behörden,  ilittelbehörden.  In  Appenzell  I.-Rh.  und  Zug  i.^t  die 
Inspektion,  d.  h.  die  Funktion  der  Mittelbehörden,  in  die  Hand  der  Mitglieder  der 
kantonalen  Oberbehörde  gelegt.  Die  Verhältnirtse  von  Btu'elstadt  sind  durch  den 
städtischen  Charakter  dieses  Gemeinwesens  bestimmt  (Inspektionen  der  einzelnen 
städtischen  Schulstufen,  gesonderte  Inspektion  der  drei  Lau<lgemeindeu). 

Die  Lokalaufsicht  fllr  da.s  Primär-  und  Sokundarschulwesen  wird  durchweg 
durch  ein  Kollegium  besorgt,  dessen  3Iitgliederzahl  variirt.  Dieses  Kollegium  ist 
mit  Ausnahme  von  Genf  nicht  die  politische  Behörde  als  solche,  sondern  hat 


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SdLiile 


38  — 


Schul« 


dieser  f^egenUber  eine  größere  oder  geringere  Selbstständigkeit,  indem  es  entweder 
als  Schulkoiumititiiou  de»  Gemeinderathes  den  Detail  seiner  Funktionen  unabhängig 
besorgt,  meist  aber,  durcb  direkte  Vulkswahl  als  geKonderte  Bebürdc  ernannt 
^bulpfleg«,  Sdnüratli),  dem  GrAmeinderath  im  Weaentliishen  ebenbttrtig  kooidiiiirt 
sar  säte  steht. 

Die  Mittelbehörde  wird  in  Zürich  durch  Volkswahl  (unter  Zuzng  von  Ver- 
tretern der  Lehrerschaft),  in  den  andern  Kantonen  durch  dir»  Oherhehiiide.  gewühlt 
ODd  entweder  in  erster  Linie  als  VerwaltuugskoUegium  aufgefaßt  oder  durch  eia 
Inspektorat  gebildet;  beides  neben  einander  haben  Aargan  and  Solothnm.  Da» 
System  der  TerwaltuogakoUflgien  (Bezirksschnlpflege,  Bezirkeachnlrath)  ist  nur 
noch  in  Zttrich  und  St.  Gallen  in  Kraft.  In  den  fibrigen  Kantonen  herrscht  fach- 
miLiun.'*clies  resp.  autoritatives  Inspektoratssyptem,  sei  ef«,  daß  ein  einlieitliclier 
kautuuukr  Schulinspektor  aufgestellt,  sei  es,  daiS  eine  Mehrheit  von  Htvirks^chiil- 
inspektoren  gewählt  wird,  denen  meistens  gemeinschaftliche  Berathang  reglements* 
mifiig  aar  Pflieht  gemacht  wird.  Für  die  verschiedenen  Stufea  werden  in  ent- 
wickelteren Schulorgnnisationen  gesonderte  Inspektorate  bestellt. 

Die  weitestgehende  Mannigfsltigkeit  weisen  die  Verhältnisse  der  lentralen 

Oberbehlirde  ant": 

a.  In  Graubünden,  wie  in  einzelnen  kleinern  demokratischen  ivantuneu  (Lri, 
Obwalden,  Zug),  ist  die  oberste  Elmehnngabehttrde  TOn  der  ▼ollnelienden  Staats- 
gewalt abgelöht  und  ihr  gegenüber,  abgesehen  von  der  Pflicht  jKhrlicher  Bericht- 
erstattung, im  Wi  st  ntlichen  selbstständig. 

b.  In  din  übrigen  Kantonen  ist  ilie  Erziehungsaufsicht  zum  mindesten  da- 
durch dem  politischen  Organismus  eiugefUgt,  daß  der  Vorsitz  der  ülrxiehungs- 
behiOrde  (üinlehangBrath)  einem  Begierungsmitglied  Übertragen  ist.  Dahn  macht 
doh  «ine  doppelte  Biohtimg  geltend: 

1)  Das  Schwergewicht  der  Entscheidung  liegt  in  einem  dem  GraiehniigB- 
dt'jtartement  sfitudig  beigegebenen  Erziehungsrath  und  die  politische  Be- 
hörde bat  mehr  mir  formelle  Kontrole  (Zilrich,  Luzern,  Sehwyz,  Nidwaiden, 
Freiburg,  Soluthurn,  Basclstadt,  Schatibauscu,  beide  Appenzell,  St.  Grallen, 
Aargau,  T«ttin,  Wallis,  Neaenburg,  Genf). 

2)  Das  Schwergewicht  der  Entscheidung  Tu  gt  in  der  polittechen  VoUziehanga- 
behörde  und  die  Stellung  des  mit  dem  ErziehuTig*;wesen  betrauten  Regierungs- 
mitgliedes ist  in  Folge  davon  eine  persönlich  dirigirende  (Bern,  Glarus, 
Baselland,  Thurgau,  Waadt). 

In  einwlnen  Kantonen  iat  der  Versammlang  der  Lehrerschaft  oder  ihrer 
Tertreter  ^Zürich,  Bern,  Neaenbnrg,  Genf),  oder  der  Schulinspektoren  (^hwya 
u.  a.),  oder  der  SemiDarlehrersehaft  (Solothnm)  gesetilidier  Einfloß  auf  die  aen- 
trale  Leitung  des  Schulwesens  zugesichert 

In  den  Kantonen  Bern,  Freit)iiig  und  Waadt  treten  auch  auf  den  untem 
Stufen  der  Kontrole  die  politischen  Behörden  besonders  beattglich  der  Disziplin 
als  Organe  der  Schnlaafricht  ein. 

V.  Sc  h  u  1  b  y  g  i  e  n  t*.  Zur  Itegiilirung  dt-r  schuihygienischen  Ycrbh'linisse 
(Schnlbanshau,  Sübulmobiliar,  «anitarisehe  Kontrole  u.  w.^  haben  eine  liLcilie 
von  Kantonen  (^sowie  größere  Gemeinwesen)  gesetzliche  und  regiementarische  Bc- 
etimmangen  erlassen,  so  die  Kantone  Zttricb,  Schwyz,  Kidwaiden,  Glaros,  Freibnrg, 
Baselatadt,  Schaffhansm,  Appenaell  A.-Bh.,  Aargan,  Tessio,  Waadt,  Wallis.  Stadt 
Zürich  u.  a.);  doch  fehlt  auf  diesem  Gebiete,  abgesehen  yon  Baaelstadt,  eine 
dnrohgreifende  prinzipielle  Lösung. 


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Sehlde 


—   39  — 


Sehlde 


Seit  der  Publikation  der  ^üebersioht.  der  Bchulhygipnisfhpn  Gesetzes-  und 
Verurdiiiiiigöbeutimmungpii  in  der  »Schweiz"  (Schweiz.  Z<'itsclirift  für  Statistik, 
li*84)  bind  namentlich  tul^eude  neue  Verurdnungen  zu  berückHichtigeit :  Schtoyz : 
NormalTonehrifteii  fttr  ScfaiilhaiiBbaiiton,  12.  Desember  18S8.  Zug:  Verordniuig 
betretfend  Schutzpockenimpfung  in  den  Primarschulen,  22.  April  1887.  Frttimrff: 
Reglement  general  des  ^olea  primaires,  9.  Juli  1886.  Si.  Gallen:  Nomiulien  znm 
Baa  von  Volksschulhän'^crn,  von  Th.  Göhl,  Kantonfibaumcister,  St.  Galleu  1888. 
Genf:  Reglement  conceruant  Tinspectiou  sanitaire  de«  ^cole»,  24.  Dezember  188H. 

VI.  Lehrerpersonal.  Die  Lelirjiatcute  werden  von  den  Kantdoen  er- 
theilt.  Die  Ertheiluog  t>olcher  Lehrpateuiu  wird  durchweg  an  die  nothigen  sitt- 
Ueheii  BeqiiinteD  und  ein  Altmminimtim  gebunden ;  sodem  geht  ihr  die  Abeolvinmg 
einer  atutliehen  PrUfnng  Toraiu,  von  der  indeeien  in  einigen  Kantonen  bei  ge- 
nügenden Zeugnissen  abgesehen  werden  kann. 

Die  Lehrer  an  Sekundärschulen  haben  eine  besondere  weitergehende  PrUfung 
zu  bestehen.  In  neuerer  Zeit  wird  auch  die  Patentertheilung  für  den  Unterricht 
in  weiblichen  Arbeiteeohnlen  an  vorhergehenden  Besnch  eines  fiildnngBknrBeB, 
bair.  an  den  Ausweu  Uber  bestimmte  Vorkenntniase  geknttplÜ. 

Fast  durchweg  findet  auch  das  weibliche  Geschlecht  Anetellnng  auf  der 
Primarsclivilsttife.  ist  aber  hfiuti::  liczii^licb  dt  r  Bt  solihuig  g^eriTtjC^cr  gestellt.  Für 
die  gehubene  Volksüchule  werden  Lehreriuoeo  in  der  Regel  nur  ab  J^'achlehrerinnen 
verwentiet. 

Keine  oder  fast  keine  weibliohen  FrimarlelurkrSfte  hatten  nach  der  Statistik 
von  Herrn  Grob  1081  die  Eantone: 

Olarus  0,0  Vo  Lehrerinnen 


Baaelland  0^  . 

AppoiwU  A.-IU1.  .   .  1,0  p 

ttber wiegend  mftnnliehe  Lehrkräfte: 

Scbatriiansen  .  .  8,4  >  weibl.  Lehrkräfte 

Zürich  ....  S.i  . 
Graubunden  .  .  12,^  , 
Aargaa.  .  .  .  13,5  , 
Luzern  .  .  .  .  13,8  , 
Baselstadt  .  .  .  28,6  , 
AppenielL  L>IUl  .  893  •  • 

ttberwiegend  weibliche  Lehrkräfte 


Thurgau  S,7  7«  Lehrerinnen 

St.  UiiUea  .....  3,4  ,  , 
Solothum  4,5  •  • 


Waadt 

Bern 
Freiburg 
WalUs 
Zug  . 
Uri  . 


37,6 
38,0 
39,7 
45,4 
4D,2 
ÖO.O 


/o  weibl.  Lehrkrifte 


Schwyz  . 
üenf.  . 
Tcflsin  . 


.  55,0^0  weibl.  Lebrkr&fte 
.  56,3  ,     ,  « 
.  59,5  ,  , 


.Neii'-iilnirfr 
Nidwalden 
Obwalden  . 


65,3 
73,7 


0  weibl.  Lehrkräfte 


Die  Ge£(ammt-£idgenosseii8obaft  wies  im  Bnrehsohnitt  30,2  weiblicher 

I<ehrkräfte  auf. 

Die  gewöhuiiche  Lehrerbiidnng  wird  diircb  IjehrerseminarieTi  vermittelt 5  doch 
ist  in  einigen  Kantonen  auch  die  pätiaguginche,  V  urbildung  der  allgemeinen  Mittel- 
Bohnle  zugewiesen  (Neuenbürg,  Genf)  oder  wenigstens  als  pSdagogische  Abllieilung 
aogebSngt  (Solothurn,  GraobUnden).  Für  die  Sekuudanchulstafe  wird  in  Zürich 
nnd  Bern  ein  mehrjähriger  Hochschulbcsuch  verlangt. 

Der  definitiven  Anstelltiiig  als  Lehrer  geht  in  einigen  Kartonen  eine  Probezeit 
(Biennium,  provisorisches  Patent)  voran.  Die  Wahl  erfolgt  durch  die  Einwohner- 
schaft des  Scbulkreifies  oder  durch  einen  von  ihr  gewählten  Anasdinß  resp«  die 
Ekdinlpflege.  Die  Wahlen  gelten  entweder  auf  eine  bestimmte  Zahl  von  Jahren 
odM^  dann  auf  Lebensdauer.  In  katholinohen  Eantoiu  n  Ist  mehrfach  mit  kirc1i> 
liehen  Aemtern  auch  Verpflichtung  zum  Schuldienst  verbunden. 


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Schule 


—    40  — 


Schule 


Der  Lehrer  wird  in  der  Regel  tu  einer  bestimmten  wöchentlichen  Stunden* 
zahl  verpflichtet,  in  einigen  Kantonen  auch  zum  Besuch  von  Wiederholnngskursen, 
sowie  cur  Betheüigung  an  Alters-,  Wittwen-  und  Wai8enka«i$en,  die  vom  Staate 
dann  aueh  ■eineninti  durch  Beiträge  geäufhet  werden;  femer  ur  Abhaltung  von 
FortbilduDgasdialen,  sor  Beeorgung  der  Schnllokalitäteii.  StSrende  Nebenbesehifki- 
gungen  8iric1  dem  Lehrer  durchweg  untersagt  In  der  Befreiung  von  Wacht-  und 
Frohndienaten  genießt  der  Lehrer  in  vielen  Kantonen,  im  Wallis  auch  durch  Be- 
freiung aeines  Einkonimenö  vou  der  Stenerpflicht,  eine  bevorrechtete  Stellung. 

Die  Lehrerbebuliiuiigeu  sind  au  den  SukuudarBchulen  höher  als  an  den 
PrimarBchttlen  und  werden  auf  die  verschiedenste  Art  bemeBaen.  Einige  Eaotone 
(Uri,  Schwyz,  Nidwalden,  beide  Appensell)  beaitten  kein  attatJidi  fealigesetBte» 
Besohl  II  ngsniinimum. 

Die  mittlere  (rrfiammtbesolduog  des  Primarlebrcrpersonals  betrug  läSl  nach 
der  Statistik  des  Uerru  Grob: 

Unter  Fr.  1000  in  deftEuitoBen:  Wallis  887,  Nidwalden  448,  Uri  4dl, 
Tesain  673,  Obwalden  597,  Granbttnden  669,  Sohwyi  758,  Zug  778,  Appen- 
seil  I.-Rh.  882,  Freiburg  897. 

Zwischen  Fr.  1000  und  moo  in  den  Kantonen:  Aargnu  1207,  Bern  1249» 
Luzern  1279,  Solothurn  1283,  Kuuenburg  1356,  Bahellaud  1446. 

Zwischen  Fr.  1500  und  2000  in  den  Kantonen:  Waadt  1514,  Thurgau 
1652,  St.  Gallen  1554,  Glarus  1610,  Sehaffhausen  1628,  Genf  1647,  Appen- 
mU  A.-Rh.  1821. 

U  ber  Pr.  2000  in  den  Kantonen    Zürich  2192,  Basebtadt  2778  (exkl. 

^jeknlldar^clliIl(•n). 

Leiutr-Fcnsions-f  Alters-,  Wittwen-  und  Waisenkassen.  In  den  einzelneu 
Kantonen  bestehen  hiefttr  folgende  Institute  und  Zniichemngen : 

Z&rich:  Wittwen»  und  Waisenstiftnng  Ittr  Volkssehullehrer.  Statut  vom 
24.  Dez.  1883.  —  Wittwen-  und  Waisenstiftuug  für  die  reformirte  Geistlichkeit 
und  die  Lehrersphaft  Apv  höhem  UntorrichtsanHtalten.    5.  Dez.  1885. 

Bern :  YerorduuDg  über  die  Leibgedinge  der  Primarlehrer  und  -Lehrerinnen. 
3.  Juli  1872.  —  Bernische  Lehrerkaaee,  gegr.  1818. 

Lueeru:  Lehrer-,  Wittwen-  und  Waisen^Untentatsangskasse,  gegr.  1835. 

Si^wjfM:  Lehrw- Alten-,  Wittwen-  und  Waisenkasse.  Statuten  vom  29.  Hai 
1883. 

(ilarus:  Lehrer- Altera-,  ^^'itt^ven-  und  W  ai^ienkasse.    Statuten  von  1876. 
Zug:  Lehrer-Ünteratutisungsvereiu.    l'J.  Auv.  1884. 
Freiburg:  Alterskaese  der  Lehrer  (staatlich).  Gesets  Tom  15.  Jan.  1881. 
Soiothurn:  Altera-,  Wittwen-  und  Waieenkaase  (Bothstütong).  Gesets  vom 

3.  Febr.  1872. 

Bmdstadi:  Gettetz  betrett'end  Pensionirnng  von  .Staatsbeamten  und  Staat«- 
aagestellten.  22.  Okt.  1888.  —  Lehrer- Wittwen-  und  Waisenkaase.  (jregr.  1838. 

Baseila**d:  Wittwen-,  Waisen-  und  Alterdaiae  und  StttrhefaUkaese.  Statuten 
und  fieglemeBt  yom  9.  Jan.  1861. 

Sehi^hausen .  Lehrer-Wittwen-  und  Waisenkasse  (nicht  obligatorisi  Ii). 
Äppemell  A.-Uh.:  Lehrer-Pensionakaisso.    Statiiti  n  vom  3.  März  1884. 
Appenzell  I.-iik.:  Alters-,  Wittwen-  und  Wamenkasse.  Statuten  vom  17.  Jan. 
1887. 

St.  Gaiten:  Untersttttinngskasse  fttr  Volksschnllehrer.  Statuten  yom  35.  Okt. 
1686. 

Graubüud»n:  Httlfekasse  für  Volksschnllehrer.  Statuten  yon  1876. 


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Schule 


—    41  — 


Sdiule 


Aorgau:  LehierpeiiuoMvarein«  gegr.  1824. 

Thurgau :  Wittwen-  und  WoiseiiBtiftung  für  die  VolkaMdmUahreraoliift.  GeMts 
vom  5.  Der.  1861;  Verordnung  vom  23.  Di-z.  1862. 

Wandt:  Loi  mv  les  jiensiunh  de  retraite.    1.  Juni  1871. 

Neuenbürg:  Fonds  scolaire  de  pr^voyance.  Beglement  vom  20.  Okt.  1871. 

Genf:  Odflae  de  prcvoyaQce  dos  foDotioimairw  de  remeignemeDt  primaire, 
gegr.  1839. 

Näheres  über  diese  Institute  nnd  die  auf  Pensionirung  bezüglichen  Ge>>etzes- 
bi'Htimmungen  gibt  der  Aufsatz  von  Scbuldirektor  Kiok  in  Lozem  im  Ilichweiz. 
Schularchiv,  Jahrg.  IS.st'.,  Nr.  II  und  12. 

Lehrerkvnferemen.  Die  Lehrerschatt  ibt  iu  den  meiaten  KaotoDeo  entweder 
officiell  oder  offixiSe  organidjrt,  eei  ee  su  gegenseitiger  Belehrnng,  mA  ee  mit  dem 
Beobte  der  Begntaehtong,  eei  ee  endlieh  eiieb  mit  geeetilioli  nermirter  Betheiligang 
am  «taatlichen  Schalorganismus. 

Keine  geeetsliehen  Beetimmungeo  bestehen  täi  das  Lebrerkonferenzweeen  in 
Glarus. 

I.  Obligatorisobe  Konforensen  nun  Zwecke  der  Fortbildung  ofaiM  Begot- 
eehtnngireeht :  Uri,  Sohwys,  Obwalden,  Nidwalden,  Freibarg,  BaaellaDd,  Appen- 
zell I.-ßh.,  Granbttnden,  Tessin,  Waadt,  Wallis.  II.  Mit  Begutachtungsrecht : 
Zürich,  Bern,  Luzern,  Zug,  Solothurn,  Baselntadt,  Sohafifbausen,  Appenzell  A  Rh., 
St.  Gallen,  Aargau,  Thurgau,  Nenenburg,  tJonf(?).  III.  Mit  Atttheii  an  der  \N  ahl 
Staallik^lier  Behörden:  Zliri(;h,  Neuenbürg,  Gent. 

InUr kantonale  Ldirerrercinigmujen :  Schweiz.  Lehrerverein,  gegr.  1849. 
Christlioher  Lebrerverein,  g>  gr.  1863.  Soci^t^  des  ioetituteara  de  la  Saisse  ro- 
mande,  gegr.  1864.  Katholisoher  Ersiehungsverein  in  der  Sebweix,  gegr.  1875. 
Schweiz.  Armenerzieherverein,  gegr.  1848.  Schweiz.  Turnlehrer  verein,  gegr.  1>^.')8. 
Schweiz.  GymnaBiallehrervereiu,  gegr.  1860.  Schweiz.  Verein  zur  Förderung  dea 
Zeichenunterrichts,  gegr.  1874.  Schweiz.  Kindergartenverein,  gegr.  1881.  Schweiz. 
Terein  von  Lehrern  an  gewerbUehen  Fortbildnnge*  nnd  Fachsoholen,  gegr.  1886. 

Tabelle  über  die  Zahl  der  Lehrer  und  Lehrerinnen  an  Primarschulen. 
(Aus  Grob'e  Statistik,  Bd.  VI,  S.  109.) 


Kantone 

Lehrer 

Lehrerinnen 

Total 

Lflirper~ijn.ll 

'  ISSl 

i«n 

1871 

itiii 

Verniehmo^ 

Zttrioh .  . 

577 

565 

53 

8 

630 

573 

57 

Bern  . 

1168 

109  H 

733 

504 

1901 

1602 

299 

Luzern 

263 

249 

42 

15 

305 

264 

41 

Uri .    .  . 

86 

37 

26 

9 

62 

46 

6 

Scbwya  . 

64 

67 

66 

44 

120 

101 

19 

Obwalden  . 

10 

9 

28 

26 

38 

36 

3 

Nidwalden 

10 

16 

26 

17 

36 

33 

3 

Glarus . 

86 

65 

86 

65 

21 

Zug     .  . 

32 

41 

31 

22 

63 

63 

Freibnrg  . 

242 

248 

169 

89 

401 

337 

64 

Solothom  . 

211 

187 

10 

6 

221 

193 

28 

Baselstadt . 

57 

48 

22 

10 

79 

58 

21 

Havelland  . 

131 

III 

1 

132 

III 

21 

Schati  hausen 

109 

115 

10 

2 

1 19 

117 

2 

Appenzell  A.< 

'Bh. 

101 

86 

1 

102 

86 

16 

Appennil 

Bb. 

17 

18 

7 

4 

24 

22 

3 

Schnl« 


42  ^ 


Schule 


St.  Gallen.    .  . 

452 

406 

16 

13 

468 

419 

49 

GraabiVnden  .  . 

396 

388 

55 

54 

451 

442 

9 

Aargau 

479 

505 

76 

3;5 

554 

538 

16 

Tburgao  . 

2ü3 

240 

7 

2 

260 

242 

18 

Tmmii  .... 

194 

209 

286 

266 

479 

475 

4 

Waadt.    .    ,  . 

498 

539 

300 

205 

798 

744 

64 

Wiillis.     .     .  . 

257 

281 

214 

169 

471 

450 

21 

Neiifuburg 

131 

146 

247 

172 

37« 

318 

60 

Genf  .... 

86 

86 

III 

54 

l«J7 

140 

57 

Schweix 

5Ö40 

6750 

2525 

1724 

8365 

7474 

891 

Tabelle  über  das  Lehrpertonal  on 

SehmdarsehiOent  1881, 

(Aua  Grob*a  StaÜsUk,  Bd.  VI.  S.  118.) 

Kantone 

Total 

T.elirer 

Lehrerinnen     jiw,  Mktatm 

ord. 

ord. 

Fr. 

281 

179 

85 

17 

— 

475,065 

M  vi  W 

1  79 

10 

78 

— 

443,685 

0  f 

27 

7 

2 

1 

52,200 

ITri 

1 

t 

2 

1»700 

ocu  \v  \  /*      •     «  ■ 

19 

12 

5 

2 

18, 1 90 

Oh w;i Idi'ii  .  . 

4 

1 

2 

1 

1,500 

^'idwaliieu 

Glanis  .... 

le 

16 

1 

39,200 

Zug  .... 

24 

10 

8 

6 

10,650 

Freiburg  .    ,  . 

36 

10 

4 

44,320 

Solotliurn  .    .  . 

47 

3S 

4 

1 

4 

89,280 

Baselütadt ,    .  , 

75 

45 

1 

7 

15 

7 

201,035 

Baselland  . 

26 

22 

2 

2 

38,554 

Sdiaffbaosen  .  . 

39 

31 

8 

77,249 

Appeniell  A.-fih* 

20 

15 

3 

2 

44,000 

Ap]iPnzell  L-Bh, 

2 

1 

1 

2,750 

St.  üulleü  .     .  . 

105 

70 

12 

1 

14 

17-J,t;70 

GraubUndeu  . 

31 

20 

;i 

1 

7 

2.j,910 

Aargau 

169 

137 

25 

7 

234,006 

Thurgan  .    .  . 

64 

31 

30 

3 

70,030 

Testsitt  .... 

65 

26 

27 

1 

11 

36,940 

Waadt.    .    ,  . 

7 

5 

1 1.900 

Wallis.    .    .  . 

5 

3 

2 

4,900 

Kenenburg    .  . 

64 

49 

16 

169,212 

Genf  .... 

48 

27 

21 

104,640 

Schweiz 

1448 

958 

244 

14 

200 

52  2*370,180 

Vii.  Uebersicbt  des  Vulk88<  Ii  ul  wesens,  de»  böbern  äcbalweaene 

und  der-  \\ e  r n f » s e h u I e u. 

(ALkürzungeu :  sU  =  slaallich;  iuud.  —  muuizipal;  pr.  =  privat;  gem.  —  Kemischto 
Schulen ;  tu.  SS  für  das  männliche,  w. »  IQr  das  weibUche  Geschleeht ;  a.  Htttdacbulen 
ohne,  b.  —  MittelscbuJen  mit  Anachlttft  an  daa  akademische  Stadium.) 

A.  KanUme. 

Zttriob.  SdiMntnU:  Anf  1.  Hai  snrttckgelegtee  6.  Altenjabr. 


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mmm^ 


Schule  _    43    _  Schale 

Einftt'he  Volksschule:  Priraarsrhule  mit  6  Alltagsschuljahren,  44  Schul- 
wochen. Ergänzuogsschule :  3  Schuljahre,  44  Scliul\v.>chen,  wörln-ntlidi  H  Stmulen 
an  9  Vormittagen.  Sinjc^chnle:  Vom  An*«tritt  aii>»  der  Primarschule  an  4  Jahre, 
1  Stuude  wöcheotlich.    Freiwillig  Furtbiltiuuj;H»chuIen. 

Gehobene  Vothssckule :  Seknndanohnlet  im  Ansohlaß  en  des  6.  Alltagflsohul- 
jahr,  3  (auKnahmeweiso  4)  Schuljahre. 

Mittelschulen  :  b.  Kantonwchulc  (GymnaHium  und  luduHtrieschule)  io  Zürich 
(st.);  höhere  Töchterschule  in  Zürich  (nmn  V  höhere  Schulen  ((jrymnaBium  und 
Industrieschnle,  höhere  Tüchterschuie)  in  VVmterthur  (uiun.). 

Bm^mAhIm:  Lehreraemhiar  m  Kttfianch  (»t ,  gem.);  Lebrerinnetiseminar 
in  Zllridi  (mon.);  Teohnikam  in  Winterthnr  mit  knnatgewerblioher  Abtheilniig 
(lt.,  iD.)t  knn.sttj^cwd  bliche  Abtheilang  am  GewerbemoHeum  Züribh  (mmi.,  geni.) ; 
Lehrwerkstätte  i'iir  liulzarbciter  am  Gewcrbemiisfum  Zilrirh  (mun.,  m.);  Lehr- 
werkstätte für  Metallarbeiter  am  tiewerbemuseum  \\  intertbur  (mno.,  m.);  land- 
wirthHchaftliche  b'chule  im  Strickhof-Oberstraß  (t»t.,  m.) ;  Thierai-znei&chule  in  Zürich 
(at.,  m.) ;  Lekreneminar  IJntentraß  (pr.) ;  Praueuarbeitwchale  Booe-Jegher,  Zttrioh 
(pr.);  Fachschule  für  Damenaokneiderei  and  Lingerie,  Zttrioh  (pr.);  Seidenweb« 
aehule  in  "Wipkingcn  'pr.). 

Hochschule  in  Zürich. 

Bern.    Schuleintritt :  Auf  .Tl.  März  zurückgelegtes  6.  .\lttrsjahv. 

Einfache  Volksschule:  I'rimarschule  mit  9  AUtagsschuljabreu ,  32  —  40 
Schulwochen.  Freiwillige  FortbildungMschulen.  Freiwillige  Wiederholungäkur^ 
fttr  StellnugKpflichtige. 

Gehobene  Volksschule  mtd  MUi^eehulen:  Gemünaame  Prunar-Obeieckalen 
(mit  obligatorischem  Franziitfisch);  Sekundärschulen  (Bea1^(  hllKfIl  im  l  Prugymna>iien) 
mit  Eintritt  naoh  znriickgelegtem  10.  Alt^Tsjabr  und  4  .Iahrt  skui-*.en  Zu  ib  n 
Mittelschulen  zählen  wir:  a.  Knaben-sekundarschule  der  Stadt  Bern,  St.  Immer; 
Progymnafiien  Thun,  Biel,  Neueuötadt,  UeUberg;  Mädcheusekuudaruchule  der  Stadt 
BerOf  Thon,  Bargdorf,  Biel,  St.  Immer;  gemiechte  Hekandareehulen  Interlaken, 
Wimmia,  Langenthal,  Herzugenbuchsee«  Laogoatt  (eämmtlich  man.);  Neue  Mädchen» 
schule  Bern  (pr.).  b.  Kantonssclmlr  Pruntnit  mit  Literar-  und  Kf  alabthtilung, 
st.);  städtisches  Gymnapiinn  Hern  (Projryiuna.simii,  Handels.Hchuie,  Kealschule, 
Literarschule,  mun.);  Lerberschule  Bern  (Liierar-  und  Kealabtheilung,  pr.). 

Berufitschuten :  Lehreeaeminarien  in  Hofwyl  ond  Prnntrut  (st.);  Lehrerinnen- 
seminarien  in  Deimberg  und  Hindelbank  (sl.);  Seminar  der  MädchenHekundarfchule 
dtr  Stadt  Bern  (mun.) ;  landwirthKchaftliche  Schule  auf  der  Rütti  bei  Bern  (ht.) ; 
Thierarzneischnle  in  Bern  (mit  Ansohlnß  an  die  Hoch>rhnle,  8t.);  Kunstschule  in 
Bern  (st.,  gem.);  kunstgewerbliche  Zeichenschule  m  Biel  (mun.,  gem.);  west- 
aehirnieriaeliea  Tedmikom  in  Biel  (mnn.);  Uhrmacherachulen  in  St  Inuiier  und 
Pmntrat  (man.);  SohnitilerBehnlen  in  Brienx,  Brienzwyler,  Moringen  (man.); 
Ldirwerkatätle  fllr  Schreiner  luxl  S  -huhmachcr  in  Bern  (mun.).  Priv aix  hulen: 
Lehrerseminar  niif  Mtiristalden  bei  Bern;  Seminar  der  neuen  Mädchenechule  Bern; 
Frauenarbfits.scliule  Bern. 

Ilucfisr/iu/e  \n  Bern. 

L 11  z  c  r  II.  Schuieiniritt :  Auf  Beginn  des  SchulkniNes  zurückgelegtes  7,  Altere- 
jähr ;  nach  zurückgelegtem  Ü.  Altersjahr  Eintritt  zulu»Kig. 

Einfaehe  Volksschule:  Primarachale  in  7  Jahrgängen:  Elaese  I  Sommer- 
knie,  18  Woeheo;  Kkase  II— IV  Gannjahrkane,  40  Wochen;  Klasse  V— VII 
WiDterknise,  22  Wochen;  oder  6  Gansjahrkuiae  mit  Schnlbegina  im  Herbet. 


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Schule 


—    44  — 


Schnitt 


Obligatorische  Fortbildungsschule  für  Knaben  bis  zum  vollendeten  16.  Jahr,  40 
Halbtage  oder  20  G^anztage  per  Jahr;  MLiJchenf<«rthildung88chulen  sind  gestattet. 

Gehobene  Volkaschule :  Sekundärschule,  2  Jahre,  mit  Anschluß  an  die 
FlitnaiMbiile,  doeh  m>,  daß  aiuA  SohQler,  die  die  letste  ElaaM  nicht  absolnrt 
haben,  nach  Vbrprttfung  eintrat«!  können. 

Mittelschulen:  a.  Progymnasium  Münster;  Mittelschulen  in  Sursee  und 
Willisau  (st.,  m.).  b.  Höhere  Lehranstalt  Lucern  (Healechule,  Gymnasinm,  Lyoenm 
u.  8.  w.»  St.,  m.). 

Berufitaehulm :  LehrerBOminar  Hitskiroh  (at.);  Kunstgewerbeeohale  Lozem 
(et.,  m.);  luidwurthaohaftilohe  Wintenohnle  Sunee  (st.).  Theologiadie  Lehranetalt 

mit  der  höhern  Lehranstalt  Luzern  verbunden.   Priesterscniiiiar  in  Luzern  (pr.). 

Uri.   S'huleinlnti :  Auf  folgeuit---  Nfujalir  zurückgelegtes  7.  Altersjahr. 

Einfa  he  Volh^schffie :  i'rimar.Hcluil«  mit  G  Jahreskur^-on.  mindestens  30 
Wochen  zu  mindestens  18  Stunden.  Kepetitionskurs  bis  zum  zurückgelegten 
15.  Altersjahr,  mindeetens  3  Stnndim  wBehentlieh.  Obligatoriieher  Wiederbolangi- 
kan  vor  den  Bekrntenprüfnngen,  40  Stunden. 

Geltobene  Volksschule:  Sekundärschule,  1 — 3  Jahre. 

Mittelschule  :  a.  Kantons^chiile  Altorf  (mit  Gymnasial-  und  Reafahtheilnng,  st.). 
Schwyz.    Schuleiniritt :  Im  laufenden  btlrgerlichen  Jahr  zurückgelegtes 
7.  Altensjahr. 

Einfaehe  Vcßtssehute:  PrimarMbule  mit  7  Jahreeknnen,  42  Sdiulwoehen. 

Freiwillige  Fortbildungsschulen.    Obligatorisohw  Wiederholungekun  vor  den 

Eekrutenpitiftingen,  30 — 60  Stunden 

GcMuOenti  Vulk^^rhide :  Sekundärschule,  2—3  Jahre. 

MiUelsdiulen :  b.  Kullegiuui  Mariahilf  bei  Schwyz  (Realschule,  Gymnasium, 
philoMphieeher  Kurs);  Gymnaaium  Einriedeln  (mit  Lyceum)}  beide  pr. 

Berufsschulen:  I^ehrerseminar  Rickeiihacli  (st.);  LehreiinnettBeminar  Ingen- 
bohl  (["".);  Friiut  narbeitsschule  Ingenbohl  i jt  V 

Obwalden.    Schuletntritt:  Auf  1.  Apnl  /.iirUrkgcIcgt«s  7.  Altcrsjahr. 

Einfache  Volksschule:  Primarschule  mit  t»  Jahreskursen,  42  Schulwucheu. 
ObligatoriBohe  Fortbildungsschule,  2  Jahre,  120  Stunden  jShrlioh.  Freiwillige  Fort- 
biidnagiochulen.  ObligatoriEcher  Wiederholungekurs  vor  den  Rekrutenprflfnngen, 
40  Stunden. 

(rfhohene  Volksschule  und  M'!irf<':hi(hn  :  &.  Kantonsschule  in  Samen  (Gym- 
nasial- und  iiealabtheilung,  st.);  Gymnasium  Engelberg  (pr.). 

Nidwalde n.  Schuleintriti:  Auf  Beginn  des  Schulkurses  zurückgelegtes 
7.  Altersjahr  (nach  zurOokgelegtom  6'/«  Bewilligung  snm  Eintritt  möglich). 

Kinfarhe  Volksst  hule :  Primarschule  mit  6  Jahreskursen,  42  Schulwochen. 
Obligatorische  Wiederli  h  r  ,'skurtie  llir  Knaben,  2  Jahre,  90  Stunden  jährlich. 
Obligatorischer  W  iederhuiuugskurs  vor  den  Rekrutenprüfungeu»  60  Stunden.  Frei- 
willige Zeichenschulen. 

Gehobene  Volksichule:  Sekundär«  oder  Fortbildungsschulen« 

MitteUehtUe:  a.  Lehranstalt  der  Eapasiner  in  Stau  (Beel*  und  l^atein- 
klapsen,  pr.). 

Glarus.    Schulcinititt :  Auf  I.Mai  zurtirkfrelpgtrs  (i.  .Altf^rsjahr. 

Einfache  Volksschule :  Primarschule  mit  7  Jahreskursen,  45  Schulwochen. 
Bepetirwdiule,  2  Jahre,  wöoheotlioh  1  Gans-  oder  2  Halbtage.  Freiwillige  Foft- 
bildungMdiuleo. 

Cehobew  Volkssektik:  Seknndarsohalent  mit  Aneohluß  an  den  6.  Eure  der 
Primarschule, 


.  j  I.     by  GoQi^Io^ 


Schule 


—    45  — 


Schul« 


MUMschuh:  ft.  Mimdand»il0  Gltfiia  (moD.). 

Zug.   Sl^uiehUrili  :  Im  bürgerlichen  Jahr  zurückgelegtes  6.  Altersjahr. 

Einfache  Volks si'/tKlt' :  Prima rsdiule  mit  H  .TaLreskursen,  4l*  SdiulwocheD. 
ßepetirschule,  3  Jahre,  mit  8  Moimten  jahrlidifr  lud  Stunden  wöcht-ntliolier 
Schulzeit.  Freiwillige  Fortbüdongsschulen.  Obligatorisciier  \\  lederholaagskur«  vor 
den  Bekratenprüftengen. 

Gehobene  Volksschule:  Seknndanohnle,  8  Jehre. 

Mittelschule :  b.  Städtisches  Gymnasinm  and  kartonale  Indnstriesohnle  in  Zug. 
Berufsschulen:  Freies  Lehreneminar  Zug  (pr.);  LehrerinaeiueiDiDai  Men- 
singen  (pr.). 

Frei  bürg.  Schideintritt:  Im  lautenden  bürgerlichen  Jahr  zurückgelegte» 
7.  Altergjahr. 

SinßKhe  Volkisehule:  Alltagndiale  fttr  Knaben  mit  9,  fUr  Hldehen  mit 

8  JahrcHkursen,  40 — 42  Solnihvoehen.  Freiwillige  FortlnIdangBSchalen .  Wieder- 
holungsschule ii,  uMitratorisch  tür  alle  nicht  der  HlIiuIq  entlassene  Kekrutirungs- 
pflirhtigo;  Wiiit»  rkurse  mit  :\  —  4  wöchentlichen  ätundea  und  20  Stunden  un- 
mittelbar vor  der  iu^kruteuprUtung. 

Gehobene  Vi^ksaehukn:  SeknndarMhnle  naeh  aarttckgelegtem  13.  Altersjahr, 
wenigstens  2  Schnljahre.  EnrisBohalen  oder  icole«  rigionalw  (erweiterte  Primar- 

Obersehult-n). 

M'llt  lo  liiiloi  :  a.  Höhere  T«chterf«rhnle  der  Stadt  Freihurg.  h.  College 
St-Michel  in  Freiburg  (mit  section  industrielle,  iitteraire  frangai^e,  iilteraire  alle- 
maode  et  o«uKin»|[Qet  st.). 

Berufeeehulen :  Lehrerseminar  in  HaDterive  (et.);  Eoole  des  tailleurs  de 
pterre  (pr.l. 

Ihchschule  in  Freiburg. 

Solothurn.    SehuleinirÜt :  In  der  ersten  Eftlfte  des  Sohu^jahree  sorttok- 

gelegtes  7.  AltorNjalir. 

Einfache  Volksschule:  i'nmarschule  mit  H  Jahreskursen,  38 — 4U  richul- 
woehen;  fUr  das  5. — 8.  Schuljahr  im  Wiatw  30,  im  Sommer  bloß  13  Stunden 
wöchentlich.  Freiwillige  Fortbildangsscholen.  Obligatorische  Fortbildungsschule 
für  Jünglinge  bis  zum  vollendeten  18.  Altersjahr,  November  bis  nnd  mit  lUtrz, 
4  Stunden  wöcheritlioh. 

Gehobene  Volksschule :  Bezirksschuien  mit  Anschluß  an  die  Phmar»cbuieu, 
wenigstenH  2  Jahfeekurse. 

Mittehehulen :  a.  Besirkesehale  Olten  (st.,  m.).  b.  Eantonssohnle  in  Solothurn 
(Gewerbeselmle,  pädagogische  Abtheilung,  Gymnasium). 

Benifs^rliii/in  :  Pädagogische  Abtheihmg  der  Kantonsschule  (st.);  Uhrmarber- 
schule  tSulothiirn  (mun.);  theologische  Lehranstalt  in  Solothurn  (mit  der  KaDtom»- 
schule  verbunden,  ,st.)  und  juristischer  Kurs  (ebenso). 

Baselstadt.    SchuleinlriU :  Auf  I.Mai  zurückgelegte»  6.  Alt«rsjahr. 

Einfaehe  Vi^sehulo:  Elemmtarsohule  mit  4  Jahreskuzsen,  44  Sebidwodien. 
Seknndarschnle  mit  4  Jahreeknrsen,  44  Sohnlwochen.  Freiwillige,  in  den  Land- 
gemeinden obligatorische  Fortbildungsschulen. 

Gehobene  Vo/l  'ischulen  und  Mdtelsehuten :  b.  Gymnasium}  Bealachnle  und 
T^hterschule  iu  Ba.sel  (st.). 

Berufsschulen:  Allgemeine  Gewerbebcbule  Basel  (.st.);  Frauenarbeitseohule 
Basel  (pr.). 

Uochtchule  in  Basel. 


Schale 


—    46  — 


Schule 


Bftsellaüil.    Schulet itt riti  :  Vor  1.  Mai  zurückgelegtes  6.  AlterBjalir. 

Emfadie  Volkischule  :  AlltagHschule  mit  ü  Jahre^kursen,  ca.  45  Schulwochen, 
BepetiTBohul«,  6  Stunden  wSebentlich,  ftlr  relormirte  Kinder  bis  trat  Eoufirmation, 
für  katholische  bi«  mam  zurückgelegten  15.  Altonjahr;  re^p.  Ualbtagsschule,  2 
Jahreskur^e,  18  wöchentliche  Stunden.  Obligatorische  FortbildungKschulen  für 
JUnglinge  im  17.  und  18.  AUerajahr,  November  bis  und  mit  Februar,  wenigsten» 
4  Stunden  wöchentlich. 

Q^obeht  Volkischule:  Benrkaaobnle,  3  Jahre.  MSdoheneekundarschiilen. 

Schaff  hau  Ben.  SchuleinUriti:  Auf  1.  Hai  sarttokgelegtea  6.  Altonjahr. 

Einfache  Volhsschttle :  ElemcntHrschnlei  42  Wochen,  mit  8  ganzen  oder 
G  ganzen  und  3  theilweisen  Schuljahren;  in  ersterm  Fall  beträgt  die  wöchent- 
liche Stundenzahl  für  das  6. — 8.  Schuljahr  28 — 33.  in  letzterm  lür  das  ♦>.  Jahr 
im  Sommer  24,  im  Winter  30,  im  7.  und  8.  Schuljahr  im  Sommer  G,  im  Winter 
28—33,  fttr  das  9.  Schuljahr  wlhrend  des  Winten  IS.  Freiwillige  Fortbildunga- 
8chulen.  Obligaiuri-che  Furtbildungsschulen  für  alle  Schüler,  die  nicht  volle 
8  JahreekurHc  durchgemacht  haben,  im  Winterhalbjahr,  Kovember  bis  und  mit 
Februar,  4  Stunden  wöchentlich. 

Gehobene  Volksschule :  KeaUchulon  im  Anschluß  an  den  5.  re»p.  6.  Kurs 
der  Elementoreohale,  2-3  Jahre. 

Mittel ivhule :  b.  Gymnasiom  in  Sobaffbaosen  (mit  hnmaBistieeber  und  reali- 

atiecher  Abth.-ilung,  st.). 

A  p  ]M'  n  /.  e  1 1  A.  -  K  h.  SchuieininU  :  Au!  30.  April  zurückgelegtee 
ü.  AlterHjahi  . 

Jf^nfaehe  Volkusrhule:  AlltogMchule  mit  7  Jabreeknraen,  48  Schnlwoeben. 

UebniigHschule,  2  JahrcKkurse,  0 6 '/a  wöchentliobe  Stunden.  Freiwillige,  mehr- 
fach von  den  Gemeindon  obligatoriBcb  erkUrto  FortbildungaMholen  fttr  jUnglinge 

und  Töchter. 

Gehobene  Volkischule  und  Miiielschulen  :  a.  Mittelschulen  (erweiterte  Primar- 
aebnlen,  gem.);  Keahicbnien  (gem.  und  w.)  vom  anrikUge legten  12.  Altonjahr  an, 
3 — 4  Jahre,   b  KautonttHchule  in  Trogen  mit  Progymnasiiim  (et.). 

Appenseil  I. -Ah.  SekuteitttriU :  Im  1.  Schuljahr  surttcksnlegendes 
7.  Altersjahr. 

Einfache  Volkischule:  Alltag)täohule  mit  0  Jabretikursen,  42,  36  und  26 
Sebalwodi«:!  in  des  vercMthiedeBeii  GMudnden.  Wiederbolungüschule,  2  Jahre, 
1  halben  Tag  wOohentlicb.   Wiederholangskune  vor  de»  Rekrutenprttfuugen. 

Gehobene  V'olksschule  und  MUtelsehufe :  Realacbnle  (1  Jahr)  und  Pro> 
gymnasinm  (2  Jahre)  in  Appcnxell. 

St.  Gallen.  Schulemtrilt :  Auf  Beginn  des  SchuikurseH  zurUckgclegteb 
6.  Altenjahr. 

Einfache  Veikischule:  AlltagMtdittte  (Jahree-  und  Halbjahr-  resp.  Dreiviertel- 
jahrschulen) mit  7  Jahreskurtien ;  in  Hnlbjahrschulen  »ind  die  Kinder  im  andern 

Halbjahr  verpflichtet,  dir  Hepetirschiile  7.n  V-^KUchcn.  Erpiin7.nng^fchti!e,  2  .lahres- 
kurse  mit  u  wöchentlichen  Stunden.  X'reiwillige  Fortbildongsüchulen  (in  einzelnen 
Gemeinden  obligatorisch  erklärt). 

Gehobene  Votkusehute:  Reahichnle.  an  den  6.  Jehreikun  der  AlltagaMhnl» 
aniohließend,  wenigHten»  2  Jahre. 

Midi  l-chuh  n  :  a.  Mäi]clieiifiel<vindnr>!rhiile  in  St.  (tnllen  (mun.).  b.  Kantone* 
schule  in  St.  Gallen  (tiyniuaMal-,  teehaißche  und  merkantile  KlaHscn) 

Berufsschulen:  Lehrersem itmr  in  Rorschach  (st.);  Rcallehramts-Kandidaten- 
kun  ao  der  Kantonasehule  St.  Gallen  (^^t.) ;  Zeiehensobnle  am  Gewerbemueeum 


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Sclmle 


—    47  — 


Schule 


St.  Gallen  ;  Websohnl«  WtttwU  (pr.) ;  Prieetereeminar  St  G«org«n  bei 
StOalleo  (pr.)- 

Graubiind  en.    SchuleintriU :  Im  Laufe  des  bärgerliolieo  Jahres  sortlck* 

zollendes  7.  Alteräjahr. 

Einfache  Volksschule:  Jafaresschulen  (Sommenoholen)  nod  WintenohnleD, 
letztere  mit  34  Sehnliroohefi,  bis  snm  «rfttllten  15.  Alterajahr.  Wo  keine  Jahres» 

edhttlen  bestehen,  sind  Kepetirschnlen  empfohlen.  Freiwillige  Fortbildangsschuleu. 

Gehobeue  Von:<schide :  Realschule  vom  13.  Alterf^jahr  an,  weniir^t^ns  *J  Jahre, 
MdU'hchult)!  :  a.  Proseminar  und  FortbildiingBiicbule  in  Kuvercdu  (mun., 

gem.)}  Kollegium  in  St.  Anna  bei  Koveredo  (pr.,  m.):  Progymnasium  in  Dibentiii 

^r.,  m.);  IViderioiannm  in  Davos  (pr.^  m.).    b.  Kantonssohnle  in  Chor  (Qym» 

nasiam,  Realschule,  Seminar). 

Btr af ^schulen :  Lehrerseminar,   mit   Avv  Kaiitunssdnilfs  in  Chnr  verbumli'U 

(st.l;  Lf^l'rpr-t'tniiiar  in  Schiers  (pr.);  Frauen arbeitbechule  in  Chor  (mua.).  Priester- 

t>emi;.ur  St.  l.nzi  \\\  Chur  (pr.). 

Aargau.    Schtdeintritt :  Auf  I.Mai  zurückgelegtes  7.  AUeittjahr. 

Einfache  Volksschule:  Primarsehnle  mit  8  Jahreaknnen,  43  Sehnlwoohen. 
Minimum  der  wUchentlicben  Schulstunden  in  den  beiden  obt-rsttMt  SchulkJasaen 
Sommer  14,  Winter  26.  Fortbildnngsschuleu  neben  den  ;J  oder  2  (ixler  «<tatt 
der  2)  obersten  Priraarscbulklassen,  mit  3  resp.  2  Jabreskurscn  (Sommer  23  -25, 
Winter  26 — 27  ätunden).  Bürgerliche,  von  den  Gemeinden  obligatorisch  zu  er- 
kUrende  FortbUdungsschnleo.  Gewerbliche  FortbildangMcboleD. 

Qehobene  Volk-ischule :  Bczirksschule  vom  11.  Altefsjahr  in,  4  Jahre. 

Mutelschule:  b.  KantonsMhale  in  Aaran  (Frogymnasinm*  Gynnasiom,  Ge- 
werbeschule). 

Berufsschulen:  Lehrerseminar  in  Wettingen  (st.);  Lehrerinuenseminar  ui 
Aaran  (st.);  laodwirtiieebattUche  Winterschnle  in  Brugg  (st.). 

Thnrgan.    SchuleitUritt :  Auf  I.April  zurückgelegtes  6.  Altersjahr. 
fache  Volkssehule:  Alltagssohnle  mit  6  Jahreskureen,  40-— 43  Schnl- 

Wochen.  Gesangschule,  10.  —  1 5.  Altersjahr,  wöchentlich  1  Stande.  £rgänzung8- 
schule  für  Knaben  mit  .3,  für  Mädchen  mit  2  Sommerkursen  und  je  4  wöili^-iit- 
lichen  Stunden;  im  Winter  der  RrgSnzungssch'iljabre  Alltagsschule  für  Knaben 
und  Mädchen.  Obligatorische  Furtbildungsschule  für  Jünglinge,  3  Wiuterkurse, 
bis  nach  sorflckgelegtem  18.  Altersjahr,  yom  KoTembw  bis  Ende  Febmar  wenigstens 
4  wöchentliche  Stumleii     Freiwillige  Fortbildungsschulen. 

Gehobene  V<>lLs<chiile :  Sekundarscbuk-  mit  Anschluß  an  dss  6.  Alitsgssohnl- 
Jahr,  gesetzlicli  3,  faktisch  bisweilen  4  Jahresknrfp. 

Mitielschult  :  b.  Kuntonsschule  in  Frauent«'Ul  (Industrie-  und  Gymnasial- 
abiheilung). 

Berufsschule:  LehiMneminar  in  Kreoslingen  (st.). 

Tees  in.  SchuleintriU:  Anf  1.  Oktober  inrttckgelegtes  6.  Altarsjahr, 

Einfache  VolJcischule :  rrimarsf  linlt;  mit  8  Jahreskursen,  regulär  9 — 10 
Monate,  Miniranm  6  Monate.  Kcpetirschult-  für  Jiiiiglini^c  von  14 — 18  Jahren, 
bei  ungenügender  Vorprüfung  auch  für  die  angebenden  Kekruten  (19.  Alterajahr) 
obligatorisch,  wo  möglich  nicht  weniger  als  2  Monate  per  Jahr.  Freiwillige 
Zeicbenschalen. 

Gehobene  Volksschule :  Höhere  Schulen  (Scuole  eleraentari  maggiori),  Kreis- 
schulen, nach  den  G<  sdilechtern  getrennt,  mit  Aufnahme  awischen  10.  und 
16.  Altersjahr,  3  Jahreskurse. 


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I 


Schule  ^    4ü    ^  Schale 

Mittelschulen  (dLmintlicbe  st.):  a.  Technische  Schulen  (mit  litenurkoher  Ab- 
theiluug)  in  Locarao,  Bellinzona  «nd  Mendrisio.  b.  Gymnattvin,  Lyoenni  nnd 
technische  Schule  in  Lugano. 

Berufsschulen  :  Lehrerseminar  und  Lehrerinnenseminar  in  Locarno  (st.). 
PrieitenemiiMur  in  Lugano  (pr.). 

Waadt.  SehttleinMtt:  Im  laufenden  bBrgerliehen  Jahr  «nrttckgelegtes 
7.  Alterejahr. 

Einfache  Volksschule:  Primarschule  mit  9  Jahreukursen,  44  Schulwochen. 
Freiwilliir»'  AbomUchulen  vnni  14.  Alter.-^jahr  an  (neben  Her  obligatorisch'  u  Schul- 
pflicht), übligatürihcht;  \S  it^dorhuluugssehulen  vom  1.  Dezember  bis  1,  März,  zwei- 
mal wöchentlich,  für  Jünglinge  vom  15. — 19.  Altersjahr. 

Gehoben«  Volkssekttle:  Ecolee  eeeondairee  (Gemeiodesdiiilen  mit  erweitertem 
Lehrplan  neben  der  Oberabtheilnng  der  FdmaFBohulen)  vom  13.  Alterqabr  an, 
2  Jahre. 

Miticischnien :  a.  College.-*  coimnunaux  t-t  eiiole.s  t-iii>L'rieures  des  jeuiics  fillea 
vom  9.  resp.  12.  Altcrnjahr  auj  College  cantonal  in  Lautianne  (»t.}.  b.  Ecole 
indnetrielle  oantonale  in  Laoeanne  (st.) ;  höhere  Tüchteradiale  mit  Gymnaaium  in 
Lausanne  (mun.). 

Bcrxßs'  fiiili'n :  Lehrer-  nnd  Lehrerinnenseminar  in  Iianeanne  (et.);  land« 
wirtbschailliclie  W'interschul©  in  LauHanne  {ftX 

Academie  in  Lausanne  (in  Umwandlung  zur  Hochschule  begriffen,  umfaßt 
gegenwärtig  Gymnaelnm,  Faonlt^  des  lettre«,  des  «oienoes,  techniqn^  de  droit, 
de  theologie). 

Wallis.   I^uteiniriä:  7.  Alter^ahr  (ohne  nflhere  Beatiramnng). 

Einfaihe  Vo/kafchnfe :  rriraarschule  mit  8  Schuljahren  von  wenigsteDn  sechs- 
monatlicher  Dauer.  Obligatori>Lhe  Wiederholungsschule  fiir  Kraben  vom  Kiiriick- 
gelegten  lä.  20.  Altersjahr,  4  Monate,  6 — 8  Stunden  wöchentlich.  Obligatorischer 
Wiederiiolungtikun  vor  den  Bekrotenprüfangeu,  wenigstens  16  Stunden. 

Ch^tobtne  VölkS8<^itle :  Sekandareohnle  (Knaben  Tom  13.,  Mldohen  Yom 
12.  Jahr  an),  2  Jahre. 

Mütelschulen :  n.  f'oll»*g<'<j  claswiqnf"--  in  Hrieg  nnd  St-Maurioe  (st.)j  htfhers 
Töchterschule  in  8itten  (mun.).    b.  Culltge-Lycee  in  Sitten. 

Berufsschulen:  Deutsches  nnd  franz.  Lehrerseminar  in  Sitten;  Lehrerinnen- 
seminarien  in  litten  (frans.)  nnd  Brieg  (dentsoh);  Gonrs  de  droit  in  Sitten  (st.); 
Priesterseminar  in  Sitten  (pr). 

Neuen  bürg.  Schuleintrid:  Im  Verlaufe  des  Schuljahres  zurückgelegtes 
7.  Altersjahr  (mit  vorangehendem,  regutir  wenigstens  einjihrigem  Besneh  der 

ecole  enfantine) 

Enifarhi'  Volksschule:  Primarschule  mit  Ö  Jahreskurseu,  44 — 4Ö  Schul- 
woehen.  Obligatorische  ErgXnsangssohnlen,  3  Winterknrse  Tor  den  Bekmten« 
Prüfungen  k  4  Monate  mit  je  4  wSohentliohen  Standen. 

Gehobene  Volk->ivhnle  und  Mittelschule  :  a,  Ecoles  classiques  inferieures ; 
höhere  Töchterschule  in  Neuenbürg  (rniin.);  Sekundär-  nrwl  Tn  in^triesehnlen,  'J  und 
mehr  Jaiireskurse,  vom  13.  Altersjahr  an.  b.  Kantotmku  Üymuasinm  (littöraire, 
adentifiqae  et  pedagogitjue)  in  Neuenbürg. 

Berufuehuien :  FMdagogische  Sektion  des  Gymnasiums  ond  der  fa6hem 
Tdchterschule  in  Neuenburg;  ührmacherschulen  in  Iioole,  Chaox-de-Fonds,  Neucn- 
bnri,'  nnd  Fleurier  (mun.);  Ecule  d'art  ««t  de  gravnre  in  ('hnnx  de-Forids  (mun.); 
landwirthschaitliche  Schule  in  Cernier  (st.);  Lehrersemmar  in  Peseux  (pr.). 


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Schule 


—    49  — 


Scliule 


Hochschule:  Acad^mie  in  Neuenbürg  (Fuculte  des  lettre»,  des  sciences,  de 
th6ologie.  de  droit). 

Genf.  Schuleintritl:  Auf  Beginn  des  Schalkurses  zurückgelegtes  6.,  jcsp. 
exkl.  Kleiukinderschule  7.  Altersjahr. 

Einfache  Volksschule :  Primarschnle  mit  6  Jahreskursen,  42  —  46  Sohul- 
"wochen.  Ecole  compl^mentaire,  2  Jahre,  obligatorisch,  20 — 45  Schulwochen  k 
10 — 18  Wochenstunden. 

Gehobene  Volks-  und  Berufsschulen:  Ecole«  professionnelles,  zunächst  1  in 
der  Hauptstadt,  2  Jahreskurse  ä  42 — 40  Wochen,  zur  Vorbereitung  auf  die 
technische  Sektion  des  College  und  auf  die  Bauschule.  Goars  facultatifs  für  beide 
Greschlechter  in  der  Hauptstadt,  2  Winterkurse  (st.).  Ecules  secondaires  rurales, 
2 — 3  Jahre,  40 — 42  Schulwochen  a  10 — 18  Stunden;  die  Somnierkurse  oder 
das  3.  Schuljahr  sind  fakultativ;  der  1.  on<l  2.  Winterkurs  dienen  als  obligato* 
risohe  Ergänzungsschule  (st.).  Pädagogische  Sektion  dea  College  und  «ler  höhern 
Töchterschule  in  Genf  (st.).  Uhrmncherschule  in  Genf  (mun.).  Ecole  des  arts 
industriels,  Genf  (st.).    Acadetnie  professionnelle,  Genf  (mun.). 

Mitttlschulen:  b.  College  de  Geneve  (untere  Abtheilung,  obere  Abtheilung 
oder  Gymnasium  mit  sections  classique,  reale,  p^dagogique,  technique)  und  (a) 
Section  du  College  de  Geneve  ä  Carouge.  b.  Ecole  secondaire  et  superieure  des 
jeunes  tilles  (untere  Abtheilung,  obere  Abtheilung  mit  sections  litteraire  et  peda- 
gogique)  und  (a)  Section  ä  Carouge. 

Hochs'^hulen :  Universität  Genf.    Ecole  dentaire  in  Genf. 

Ii.  Eidtfenossenschaft. 

Eidffenössische  piilytechnische  Schule  in  Zürich.  Die  Anstalt  zerfällt  in 
folgende  Kachschulen:  1)  Hochbauschule,  7  Semester;  2)  Ingenieurschule,  7  Se- 
mester; 3)  Mechauihch-technische  Schule,  6  Semester;  4)  Chemisch-technische 
Schule,  für  die  techni.iche  Richtung  6,  für  die  pharmazeutische  4  Semester; 

6)  Land-  und  forstwissenschaftliche  Schule,  5  Semester;  6)  Abtheilung  für  Bildung 
von  Fachlehrern,  in  mathematischer  Richtung  4,  in  naturwissenschaftlicher  3  Jahre; 

7)  Allgemeine  philosophische  und  staatswirthschaftliche  Abtheilung  (Freifächer). 

Der  Eintritt  der  Studirenden  ist  abhängig  vom  zurückgelegten  18.  Alters- 
jahr, ferner  von  einem  3Iaturitätszeugniß  derjenigen  schweizerischen  Mittelschulen, 
die  mit  dem  eidg.  Schulrath  bezügliche  Verträge  abgeschlossen  haben,  oder  einer 
Aufnahmeprüfung.    (Vgl.  übrigens  die  Spezialabhandlung  , Polytechnikum"). 

VIII.  Monographien  Schweiz.  Mittel-  und  Hochschulen. 

Zürich:  Wi/ß,  G.  von.  Die  Hochschule  Zürich  in  den  Jahren  1833—83.  Fest- 
schrift. 1883.  —  Zur  Geschichte  der  zürcherischen  Kantonsschule  1833 — 83. 
Festschrift.  1883.  —  Grob,  C,  Das  Lehrerseminar  des  Kts.  Zürich  1832—82. 
Festschrift.  1882.  —  Xehender,  F.,  Geschichtliche  Darstellung  des  öffentlichen 
Unterrichts  für  Mädchen  in  der  Stadt  Zürich  1774—1883.  1883.  —  Ernst, 
Dr.  U.,  Geschichte  der  Mädchenschule  Winterthur  (Sonntagspost  des  «Land- 
boten-). 1883. 

Bern:  Bühler,  L.,  Geschichte  des  oberuargauischcn  Sekundarschulwesens,  inbe- 
griffen die  höhern  Schulen  Burgdorfs.  1874.  —  I/fuer,  A.,  Schulgeschichte 
von  Burgdorf.  1875.  —  Müller,  Dr.  Ed.,  Die  Hochschule  Bern  in  den  Jahren 
1834 — 84.  Festschrift.  1884.  —  Fctsi hcrin,  VV.,  Geschichte  der  Kunlous- 
schnle  Bern  (Schlußbericht  derselben).  1880.  —  Liis  hcr,  A.,  Sclilußbericlit 
der  Realschule  der  Stadt  Bern.  1880.  —  Mariiy,  E.,  Geschichte  tles  Lehrer- 

Karrar,  Volkswlrth*cb*n«-Lesikon  dar  Schweis.  ^ 


Schule 


—    50  — 


Schale 


Seminars  in  MUnchenbuchsee  1833 — Ö3.  Feftschrift.  1ÖÖ3.  —  Vautieijf,  L., 
Histoire  da  coUige  de  Porrentniy  1589—1665.  Prantrot  1866.  —  Br0»ikMx, 
G.,  Kotke  bUtoriqoe  smr  l'tode  normaJe  des  rtguit»  do  Jura  benoiB  1887 — 87. . 

PruDtrut  1887.  —  Griuter,  K.,  Da»  LebreriuiieiMeuitiar  in  Hindelbaok  1838 

bis  1888.    Fosfschrift.    Burgdorf  1888. 
Luzcrn:  Estermunu,  M.,  Die  iStiftsschule  von  Beromünfiter.  Luz&rn  1876. 
Sohwyz:  Geaehichtliches  über  die  Schule  von  Eiosiedebi  (Frogramm  der  £r- 

siehiiDgnustalt  Eineiedeln  1854/55). 
Zng:  Keiser,  H.  A.,  GeAcbichte  der  zugerischen  fDlDtonsschule,  zur  Erinnerung 

an  den  25jlÜif3gen  Bestand  der  Anstalt  (Beilage  cum  Jahresberiolit  denelban). 

1866. 

Solothurn:  Fiala,  F.,  Gescbichtlicltei^  über  die  Schule  von  Soluthura  (Pro- 
gramm der  Kantonaaebule  Solothurn  1875,  1876,  1879 — 81). 

Basel:  Hagenbach,  K.  R.,  Die  Stiftung  der  Basier  Hochaehule  1460.  Basel 
1826.  —  Die  theologische  Schule  Basels  und  ihre  Lehrer  1460-1849  Basel 
1860.  —  Fwr-Aßr,  W.,  Geschichte  der  Universität  Basel  von  ihrer  Gründung 
1460  bis  zur  Üeformation  1529.  Basel  1860.  —  Micacher^  F.,  Die  medizi- 
oisehe  Faknltit  in  Basel  und  ihr  Anlsohwung  anter  Plnttw  and  Bnibin.  1860. 
—  Burckhardt- Biedermann,  Th.,  Gesebichte  des  Gymnasiama  an  Basel  (aar 
Feier  seines  200jährigen  Bestandes).  1889. 

St- Gallen:  yfpi/cr,  V.  G.,  Geschichte  der  Schule  Yon  St.  GhUlen  im  Mittelalter 
(Jahrbuch  für  Schweiz.  Cxeschichte,  X,  1885). 

Granbttnden:  BaumfforiMr,  0.  P.,  Gesehkbte  der  j^ehnngsanatalt  Seibiera 
1887^87.  Featflchrift.  1887. 

Aargau:  Jlattchenstein,  R.,  Ein  Blick  auf  die  Schicksale  der  aargauischen 
Kantonsschule  (Programm  der  Kantonsschule).  1835.  —  Bäbler,  Dr.  J.  J., 
Die  Schale  zu  Brugg  im  16.  Jahrh.  (Neues  Schweiz.  Museum,  IV,  1864). 

Tbargan:  Walder,  E.,  Gesdücbte  der  thurgauisohen  Kantoosacliule  1853 — 83. 
Franenfeld  1888.  —  Rtbiamen^  J.  U.,  Das  Lehrersemioar  sa  KrensUngen 
1833—8,3.    Festschrift.    Fraoenfeld  1883. 

TcHHin:  Df-lla  htoria  del  Collegio  dei  Gesniti  in  Bellinaona  (BoUetino  storioo 
deila  Svizzera  itaiiana,  IX,  1887). 


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Scbuie  —     51    —  Schule 


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Schule 


—    52  — 


Schule 


X»  Sobnlergebnisse. 

Der  einiige  Malktab,  die  Ergeb&iMe  der  SobulbildaDg  festsnstelUn  und  ca 
TWgleidmiy  wird  durch  die  eidg.  Bekrvtenprttfungen  dargeboten.  Dieselben  wurden 
sav  eraten  Ual  1875  mit  der  auf  1876  waffenfähig  werdenden  MannRchaft  vor- 
genommen. Das  erste  Regulativ  datirt  vom  13.  April  1875;  soithor  ist  da^Hflbe 
unterm  15.  Juli  lb79  revidirt  worden.  Die  Verbesserungen,  welche  die  l'raxis 
nach  sich  führte,  beziehen  sich  hauptsächlich  auf  die  Ausdehnung  der  Prüfung 
auf  DiejenigeB,  die  bShere  ffildungsanetalten  beencht  haben.  Ureprflnglieb  konnte 
dbpensirt  wrrdi  ii,  wer  nur  ein  Jahr,  leit  1879  wer  zwei  Jahre  eine  höhere 
Schule  besucht  hatte;  peit  1^82  wnrden  nur  noch  Benitzer  eines  Lehrpatentea 
oder  eines  MHtTiritMt*!zeiignisn«'8  di8pen(»irt,  1K88  auch  die^e  Dispense  beseitigt. 

Die  iiekrutenprüfungen  werden  gleichzeitig  mit  der  sanitären  Uutersucbung 
vorgenommen.  Sie  umfassen  Lesen,  Aufsatz^  Rechnen  (mündlich  und  schriftlich)^ 
Yaterlandakande.  1  iet  die  beste,  5  die  schlechteste  Note;  die  Abetefong  der 
Noten  in  den  Forderungen  für  die  einaelnen  Fächer  ist  der  jiilirlichen  Bericht- 
erstattung des  eidg.  Htatistischen  Bureaus  vorgedrnckt.  Wer  in  raebr  als  einem 
Faelu^  die  Note  5  hat,  ist  während  der  ttekrutejueit  zum  Besuche  der  Fachschule 
verpÜichtet. 

Wir  lassen  zunächst  die  Uebersicht  der  Ergebnisse  für  die  Kekrutirung  der 
swSlf  Jahre  1875 — 1866  folgen,  wihrend  welcher  den  Kantonen  eine  bestimmte 

Rangordnung  ausgerechnet  wurde.  Bei  der  Diflereuz  für  das  Jahr  1882  zwischen 
der  in  den  SfTentlichen  Blättern  ersrhipn^nen  tind  der  ofTiziellen  AuHrechnunjc:  haben 
wir  uns,  im  Gegensatz  zu  frliliern  Piibiikiitiuneii,  un  die  oftiKielten  Zahlen  frehalteti. 
Für  die  Ergebnisse  von  1875  falleu  i'rül'uug  und  Kekrutirung  in's  gleiche  Juhr 
ansammen ;  bei  den  folgenden  Jahrgängen  ist  stets  das  Jahr  der  Bekrutirung  ein- 
gesetst,  wihrend  die  FrUfnng  in*s  Yorjahr  fllllt. 

1875  1876  1877  1878  1879  1880  1881  1889  1883  1884  1885  1886 


Zttrich  .  . 

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33 

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19 

21 

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19 

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Obwnldcn  . 

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Nidwaiden 

24 

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Glums  . 

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6 

Zug     .  . 

14 

12 

8 

8 

7 

13 

12 

iO 

9 

7 

15 

15 

Preibnrg  . 

20 

16 

21 

23 

84 

31 

20 

28 

24 

33 

21 

18 

Solothurn  . 

9 

7 

7 

7 

12 

15 

10 

•  6 

12 

6 

9 

9 

Baselstadt  . 

1 

2 

1 

1 

.3 

1 

1 

1 

2 

1 

1 

1 

Ba^^i'Hand  , 

10 

13 

16 

10 

11 

16 

16 

19 

IH 

M 

I  -J 

13 

8chut  Ihausen 

6 

6 

ti 

4 

•> 

m 

5 

2 

i) 

5 

5 

4 

Appenadl  A.< 

Rh! 

11 

14 

13 

20 

23 

14 

17 

15 

11 

8 

8 

10 

Appenaell  I.- 

Rh. 

25 

34 

38 

35 

35 

25 

25 

23 

33 

34 

33 

33 

St.  Gallen 

8 

11 

9 

16 

18 

9 

15 

14 

15 

16 

13 

14 

Granbünden 

13 

15 

17 

13 

16 

7 

11 

9 

13 

15 

16 

11 

Aargau 

16 

9 

14 

17 

10 

8 

6 

13 

14 

11 

14 

12 

Thurgaa  . 

3 

1 

3 

5 

8 

4 

3 

4 

8 

3 

3 

3 

Tessitt  .  . 

18 

20 

19 

11 

19 

20 

7 

17 

16 

30 

23 

34 

Wawlt 

5 

4 

5 

6 

5 

11 

8 

12 

8 

18 

6 

8 

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Schule 


-    63  - 


Schule 


1875  I87(>  1S77  IHTS  1879  IKKri  \sSl  18S:2  18S3  ISSi  1885  1886 
Wallis.    ...    23    2o  24    2a    23    22    25    23    23    24  23 

Neaenbiirg  .  .  7  10  18  14  11  IS  9  11  7  10  10  5 
Genf  ....232313351832 

Smnmirt  man  die  BangstoUen  in  der  üelMnriobtataboUe  dieser  swVlf  Jahre, 
«o  erhält  man  naohfolgeode  EAngordnoQg,  die  ab  Dnrofaaehnitt  lieh  der  Wirk- 
lichkeit am  be>:ten  annähern  dürfte: 

Erste  Gruppe:  1.  Baäelst&dt  (16),  2.  Geof  (28)»  3.  Thurgatt  (42),  4.  Zarich 
(A8)y  5.  Schatfhauätiu  (55). 

Zweiie  Gruppe:  6.  Waadt  (91),  7.  Solothvm  (111\  8.  Nenenbnrg  (119), 
8.  Zug  (130),  10.  Obwalden  (135),  11.  Aargau  (144),  12.  Glarus  (155)» 
13.  Graubiinden  (156),  14.  St  Gallen  (168),  16.  AppenieU  A.-Rh.  (163), 
16.  BaseUaud  (171). 

DriUe  Gruppe:  17.  Luzern  (192),  18.  Bern  (209),  19.  Tesain  (213), 
30.  lüdwalden  (229),  21.  Sohwyz  (236),  32.  Freiburg  (254). 

Vierie  Gruppe:  23.  üri  (278)»  24.  WalliB  (283)»  26.  Appenseli  L-Bh.  (285). 

Seit  der  Rekrutirung  für  1887  wurde»  angeeichts  der  großen  Veraofaiedenheit 
innerhalb  der  einzelnen  Kantone,  nur  noch  die  Stellung  der  Bezirke  in's  Auge 
g^efaßt,  die  bisherige  Rangberechnung  der  Kantone  gänzlich  fallen  gelassen  und» 
da  es  vor  Allem  zn  wissen  galt,  welchen  Umfang  die  Verbreitung  einer  gC' 
nUffeHden  Sehuibilduiig  habe  und  wie  deh  die  einselneo  Landestheile  in  dieeer 
Besiehung  reihen,  die  Bangstnfe  mAt  mehr  neoh  der  Geaammtnhl  der  erthnhen 
Idolen,  sondern  in  umgekehrtem  Yerhältniß  sn  der  Prozentzahl  der  NidkimUser^ 
d.  h.  derjeni^n  Rekruten  bemessen,  die  in  mehr  als  KiTi^ni  Fache  gans  geringe 
oder  gänzlich  werihloBe  Leistungen  (Noten  4  und  5)  aulwei^en. 

Indem  wir  das  letztere  Prinzip  ebenfalb  adoptiren,  wenden  wir  ea  aur  Yer- 
gleiehnng  der  Kantone  Ittr  die  drei  letaten  Jahrgänge  an. 

Im  Durchschnitt  zählte  die  Sohweiz  auf  100  Bekrntmi  ftlr  1887  19»  fttr 
1888  und  1889  gleichmäßig  17  Nichtwisser. 

Ueber  und  auf  diesem  Mittel  standen  folgende  Kantone: 
Für  1887:  1.  Baselsladt  (4  "/o),  2.  Schatfhausen  (8),  3.  Thurgau  (9),  4.  Genf 
(11),  5.-7.  Zürich,  Obwalden,  Baselland  (14),  8.  Solothurn  (15),  9.  Neuen- 
burg (16),  10. 11.  Glamt,  Aargau  (17)»  12.— 14.  Hidwalden»  Zug,  Waadt 

(18),  15.  Appenzell  A.-Rh.  (19). 
Für  1888:  1.  Basclstadt  (3%),  2.  Schaffhausen  (8),  3.  4.  Thurgau,  Genf  ('.)), 

5.  €}.  Znjr,  Wamlt  (l<»).  7.  Solntliurn  (n\  8.  — 11.  Zfirich,  Glarn»,  Appeuzell 

A.-Rh.,  Neuenburg  (12),  12.  Aargau  (13},  13.  St.  Galleu  (14),  14.  15.  Nid- 

waldeo»  BaeeDand  (16),  16.  Obwalden  (17). 
F»r  1889:  1.  Bas.  lstadt  (3  »/o),  2.  Thurgau  (4),  3.  Schaffhausen  (7),  4.  Nid- 

waldeu  (9),   ;').  Genf  (lO),       Bamdland  (11),  7.  — 10.  Z'lrich,  Glarus,  Solo- 

thnrn,  Neuenburg  (12),  11.  12.  Appenzell  A.-Rh.,  St.  Gallen  (13),  13.  Wandt 

(14),  14.  II).  Obwalden,  Zug  (15),  16.  Aargau  (17). 
Unter  dem  Mittel: 

Fttr  1887 :  16.  Gniubttnden  (22  Vo),  17.  8t.  Gallen  (24),  18.  Bern  (25),  19.  Luxem 

(27),  20.  Freibnrg  (28),  21.  Uri  (31),  22.  Sehwys  (32),  23.  Teaian  (88), 

21.  Wallis  (39),  25.  Appenzell  I.-Rh.  (52). 
Flir  IH^H:  17.  Fnnbur^  Uy7o),  18.  Graubuiiden  (20),  \  \\.  Bern  (22),  L^i».  Luzern 
(26),  21.  Tessin  (27),  22.  Schwyz  (28),  23.  Appenzell  J.-Bh.  (30),  24.  Wallis 
(36),  25.  üri  (41). 


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Schule 


—    54  — 


Sehnte  der  Mutter 


Für  1889:  17.  Bern  (19  7o),  18.  GraobUnden  (22),  19.  Schwyz  (23),  20.21. 
Luzern,  Freiburg  (24),  22.  Tewin  (30),  23.  24.  üri,  Appenseil  l.-Rh.  (36), 
26.  WalHs  (37). 

Sehntibauteiifoiids»  ei  dg.  AnläßUoh  dee  Hoohwaaaere  von  1868,  von 
welohem  die  Kantone  TeeHO,  Wallia,  ChrattbUaden^  Uri  und  St  Grellen  tebroffen 

Warden,  fand  in  der  ganzen  Schweiz  eine  Liebeegabenaammlang  statt.  Von  Ertrags 
derselben  wurde  1  Million  Franken  n\s  Scbutzbaotenfonds  au8ge«chiedeo,  mit  der 
Beetinunung.  dal»  au»  demselben  ziinächst  den  obgeuanuten  Kantonen  gewisse 
Sniniiion  m  vonibfolgen  aeien,  wenn  die  dnroh  dae  HoohwHMer  nöthig  gewordenen 
VtrbMiiuigQa  Ende  1877  ihre  Anafllfarwig  gefonden.  Zur  Zeit  (Ende  1889)  TOr« 
bleibeD  in  diaHem  .speziellen"  Schutzbautenfouda  noch  ca.  Fr  l.^r),000;  ein  zweiter, 
fiofr.  .allgemeiner'*  Schutzbautenford,  im  Jahre  1871  mit  Fr.  100,0* >•)  angelegt 
und  seitdem  gciiulüct,  hat  zur  Zeit  die  Höhe  von  ca.  Fr.  250,000  erreicht. 

Schutz  der  Erlinduiigeu  s.  die  Kapitel  Erfindungsschutz,  Patentschutz. 

Schutz  der  Muster  and  Modelle.  Der  auf  tieite  567,  II.  Band,  am 
flehinne  des  Artikels  «^tentechats*  enrXbiite  Gesetieeentwnrf  betoeffend  den 
Behnts  der  gewerbliehen  Mnater  nnd  Modelle  hat  am  Sil.  Dm.  1888  GeeetaeK* 
geütalt  angenommen  und  trat  am  1.  Jnni  1889  in  Eraft.  Dieses  Bundesgeaetn 

lautet  folifCüdtTmHl'yn  : 

i.  Aligcmetne  JicatwuiiUuyen.  Art.  1.  Die  eichweizeriscbe  Eidgenossenschaft  ge- 
währt den  Urhebern  neuer  ^eu  erblicher  Muster  und  Modelle  oder  deren  Rechtsnaeh* 
folgern  die  in  vorliegendem  Gesetze  bezeichneten  Reclile, 

AsL  '2.  Küa.^lleriBche  Werke,  welche  geeignet  siud,  durch  das  Huadesgesetz  vom 
23.  April  188.'J  betreffend  das  I  rht  berrecht  an  Werken  der  Literatur  und  Kunst  ge> 
schützt  zu  werden,  und  gewerbliche  Erfindungen,  welche  unter  das  Bundesgeselz  vom 
39.  Juni  1888  über  Erfindungspatente  fallen,  werden  nicht  als  gewerbliche  Muster  und 
Modelle  betrachtet. 

ArL  3.  Ohne  die  Erlaubniß  des  Inhabers  darf  Niemand  ein  inemäß  Artikel  9  des 
vorliegenden  Gesetzes  binterlegtos  gewerbliches  Muster  oder  Modell  zum  Zwecke  der 

Verbreitung  und  Verwerllnmg  henut/en. 

Art.  4.  Das  dem  Hinterleger  durch  dieses  Gesetz  gewährte  Hecht  ist  durch  Erb- 
felge flbertrag^bar.  Auch  kann  es  Gegenstand  einer  gftnälehen  oder  theilweisen  Abtretung, 

beziehungsuii'^e  VerpHlndiinf?  bili!  n,  'i<*r  (Mx/pn^tand  einer  M/.enz,  die  einen  Dritten 
zur  Benutzung  von  Mustern  oder  Modellen  ermächtigt.  —  Uebertragungen  dieses  Rechtes 
unii  Lizenzertheiiungen  «ind  Dritten  gegenOber  nur  wirtsam,  wenn  sie  nach  Artikel  IS 
diesem  G<'^otzL.<  cinregistrirt  sind. 

Art.  ö.  Die  Dauer  des  durch  vorliegendes  Gesetz  gewählten  ausschließlichen  Be- 
nutzungsrechtes umfaßt,  je  nach  Wahl  des  Hinterlegers,  2,  5,  10  oder  15  Jahre,  vom 
Datum  iltT  IIinterle(runpr  an  ^rerecliuef.  Vv.r  die  beiden  er-^k-n  Jahre  ist  nur  eine 
HinUrle^'uiigbgubülir  zu  ttilrichteii nach  .\i>iiiui  dfr=ell»eu  wird  die  periodisch  zu- 
nehmende Gebühr  ttir  jedes  etnselne  den  Schutz  fernerhin  beanspruchende  Muster  oder 
Modell  erhoben.  Die  Gebühren  werden  vom  Bun«lesrathe  bestimmt.  —  Dieselben  sind 
zum  Voraus  mit  dem  ersten  Tage  der  betreflenden  Periode  zu  entrichten ;  der  Hinter- 
leger kann  solche  auch  lür  mehrere  Perioden  vorausbezahlen. 

Art.  G.  Der  aus  der  Hinterlegung  sich  eigehenden  Rechte  geht  verlustig:  i)  der 
Hinterleger,  welcher  die  in  Art.  5  erwähnten  OebQhren  nicht  innerhalb  zwei  Monaten 
Ton  der  FälliL'-kfi!  liinwet,'  enfiirhtet  liai.  —  Das  eid|.'<MiM-i<ische  Amt  für  gewerbliches 
Eigenthuui  wird,  immerhin  ohne  Verbindlichkeit  für  dasseü*e,  den  Hinterleger  unver- 
zQglich  vom  Verfkll  der  GebQhr  verstflndigen ;  9)  derjenige,  wdcher  das  Master  oder 
Modell  im  Iidaiid  iiirbt  in  angemessenem  riufaii^-'c  zur  Ausruhrunj.'  brin^'t.  wrdirend  im 
Ausland  fabrizirte  .i\xtikel  desselben  Musters  oder  Modelles  importirt  werden.  Hievon 
sind  ausgenommen  die  im  Veredlungsrerkehr  in  die  Schwmz  emgefOhrten  Erzeugnisse. 
—  Die  Klage  auf  Verfall  wegen  unjrenflgender  Ausbeutung  kann  von  Jedermann,  welcher 
hiefür  ein  rt  <  htüelie'^  Interesse  nachweist,  bei  dem  für  die  Nachahmungsklage  zuständigen 
Gericht  (Art.        angehoben  wi  idi  ii. 

All.  7.  Eiiu'  bewerkstelligte  HuUtrlt-ung  ist  als  nichtig  zu  erklären:  1)  wenn  die 
hinterlegten  Muster  oder  Modelle  nicht  neu  sind;  2)  wenn  sie  vor  der  Hinterlegung  in 


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Schatz  der  Muster 


—  55 


Schutz  der  Muster 


gewerblicher  Weise  bekannt  geworden  sind;  3)  wenn  der  HiIlterle^'eIl<le  weder  der  ür- 
hel)er  der  hinterle^'teil  Muster  und  Modelle,  noch  dessen  Rechlsnachl'ott^'er  ist;  4)  wenn 
im  Kalle  der  Hinterlegung  unter  versiegeltem  Umsclüa^  (ArL  10)  der  Uinterlegende  einer 
falschen  Deklaration  überwiesen  wird. 

Die  Niehtigkeitäklage  steht  Jedermann  zu,  der  dafür  ein  rechtliches  Interesse  nach* 
wetstf  und  ist  bei  dem  für  die  Nachahmungsklage  zuständigen  Gericht  (Art.  3&)  anzu- 
heben. 

Art.  8.  Wer  nicht  in  der  Schweiz  wohnt,  kann  ein  Muster  oder  Modell  nur  dann 
rerhtsgflltij,'  hinterlegen,  wenn  er  in  'ler  S<hweiz  einen  Vertreter  liestellt  hat.  Der 
Letztere  ist  zur  Vertretung  in  dem  nacli  Maügahe  dieses  Gesetzes  slalUindentlen  Ver- 
fahren, sowie  in  den  den  Muster-  und  Modellschntl  betrefTenden  Reehtastreitigkeiten 
befugt.  —  Für  die  in  solchen  Rechtsstreitigkeiten  gegen  den  Hinterleger  anzustellenden 
Kla^'en  ist  das  (tericht  zuständig,  in  dessen  Bezirk  der  Vertreter  seinen  Wohnsitz  hat; 
in  Ermanglung  dnes  solchen  du  Gericht,  m  denen  Bexvk  das  eidgenössische  Amt 
seinen  Sitz  hat. 

II.  Von  der  Hintrrlegung  mtd  Eintragung.  Art.  9.  Wer  sich  das  avisschließliche 
Recht  der  Benutzung  seiner  gewerblichen  Muster  oder  Modelle  sichern  will,  hat  liiefür 
beim  eidj.'*'ri(Wsi-<  ti<'n  Amte  für  gewerbliches  Eigenthum  ein  nacli  Formular  in  einer 
der  drei  Landessprachen  abgefuütes  Gesuch  einzureichen.  Diesem  Gesuch  sind  l)eizu- 
fßgen:  1)  Ein  Exemplar  Ton  jedem  Muster  oder  Moiiell,  entweder  in  der  Form  des  ge- 
werblichen Erzeugni^ises,  wofür  es  bestimmt  ist,  oder  in  deijenigen  einer  Zeichnung, 
Photographie,  oder  in  einer  sonstigen  genügenden  DarsteUungsweise ;  2)  der  Betrag  der 
Gel>ülir  (.\rt.  öi.  -  Der  Bundesrat!«  kaim  nnlhigenfalls  nocii  amlere  Stellen  bezeichnen, 
bei  welchen  in  gleicher  Weise,  wie  beim  eidgenössischen  Amt  für  gewerbliches  Eigen- 
thnm,  CSesnphe  eingereicht  und  Muster  mtd  Modelle  hinterlegt  werden  kOnnen. 

Art.  10.  Die  Musler  oder  Modelle  können  ufTen  n<lcr  unter  %-crsiejrelteni  Umschlag 
einzeln  oder  in  Paketen  hinterlegt  werden.  Die  Pakete  dürien  nicht  mehr  als  &0  Muster 
oder  Modelle  enthalten,  auch  nicht  Aber  10  Kilogramm  wiegen. 

Art.  11.  Jedes  Hinlerlegungsgesuch,  in  welraem  die  durch  die  Artikel  2,  9  und  10 
Yorgeschriebenen  Bedingungen  nicht  erfüllt  sind,  oder  dessen  Gegenstand  anstoßiger 
Natnr  ist,  ist  vom  eitlgenAssischen  Amte  ftlr  gewerbliches  Eigenthum  zurückzuweisen; 
trep-en  eine  solche  Verfügung  kann  innf  r!i;dh  der  NotfafHst  TOn  vier  Wochen  an  die 
vorgesetzte  Verwaltungsbehörde  rekurrirl  werden. 

Art.  VI.  Die  regelrecht  hinterlegten  Muster  und  .Mcnlelle  werden  ohne  vorgftngige 
Prüfnn«^'  der  Hechte  fle-^  Hinferlc^'er«.  oder  <ler  Richtigkeit  seiner  .\n;.'alien,  regi-lrirt.  - 
Dem  Hinterleger  wird  ein  Hinlerlegungscerlitikat  zugestellt,  welches  ihm  als  l  rkunde  di»  iit. 

Art.  13.  Dfis  eidgenössische  Amt  für  gewerbliches  Eigenthum  führt  ein  !<•  ^:i<tfr, 
welches  folgende  .Vngnben  enthalten  soll:  den  Gegenstand  der  Hinterlegung,  die  Art  der 
Hinterlegung  (offen  oder  unter  versiegeltem  Umschlag),  Namen  und  Wohnort  des  Hinter- 
legers und  seiner  Bevollmächtigten,  das  Datum  des  Gesuchs  und  des  Hinferlegungs- 
certifikates,  den  Betrag  und  die  Entrichtung  der  Gebühren,  sowie  alle  Aenderungen, 
welche  sich  auf  die  Existenz,  den  Besitz  und  den  Genuß  des  Musters  oder  ModeHes  be> 
zii-lien.  -  Reclitskiririt;_M>  Urtheile  fShw  VerfU)  und  Nichtigkeit  sind  auf  Begehren  der 
obsiegenden  Partei  einzutragen. 

Art.  14.  Die  Bezeichnung  der  hinterlegten  Muster  und  Modelle,  die  Art  der  Hinter- 
legunp,  \anien  und  Wnhnnrt  dir  Hititerleger  und  ihrer  f?cv. illiii."icliti;.'tfii.  Dalmn  und 
Nununer  der  Hinterlegungen  werden  sofort  nach  der  Einregibtrirung  vom  eidgenössischen 
Amte  TerBffentlieht.  —  Das  Amt  verOffimtlicht  in  gleicher  Weise  Verfall  und  Nichtigkeit 
von  Mustern  und  Modellen  <nul  jede  aof  den  Beäts  und  den  Genuft  eines  Musters  oder 
.Modells  bezügliche  .Aenderung. 

Art.  15.  Jedermaim  kann  von  den  offen  hinterlegten  Mustern  und  Mo4lellen  Ein- 
sicht nehmen.  -  Die  ve^•Jie^'eIfen  rni^chläge,  welche  die  geheim  hinterlegten  Muster 
und  Modelle  enthalten,  werden  zwei  Jahre  nach  dem  r)atum  der  Hinterlegung  geölfnet, 
worauf  ihr  Inhalt  dem  Publikum  ebenfalls  zugänglii  Ii  i-t  \  mi  Ahlauf  dieser  Zeit- 
dauer dürfen  jene  Umschläge  nur  infolge  eines  Gesuchs  des  Hinterlegers,  oder  einer 
gerichtlichen  Verfügung,  geöffnet  werden. 

Art.  16.  Jedermann  kann  auf  dem  eidgenössischen  Amte  nulndliche  oder  schriftliche 
Auskunft  aber  den  Inhalt  des  Registers  der  Muster  und  Modelle  erhalten.  —  Der  Bundes- 
ratb  wird  für  diese  Mittfaeilungen  einen  mäßigen  GebQhrentarif  feststellen. 

Art.  17.  Die  Master  un<l  Modelle  bleiben  nach  Ablauf  der  Schutzfrist  noch  drei 
Jahre  lang  deponirt  und  können  nachher  von  den  Hinterl^ern  zurückgenommen  werden. 
Nach  Ablauf  des  Tiwten  Jahres  woden  die  Muster  und  Moddle,  welche  nicht  surflek- 


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Schutz  der  Muster 


—    56  — 


Schutz  der  Musler 


rerlangt  worden  sind,  an  OSfenttiefae  Sammlungen  verabfolgt  oder  so  Gunsten  d«e  eid- 
genössischen Amtes  versteigert. 

III,  Von  der  Nachahmung.  Art.  18.  Gemäß  den  nachstehenden  Bestinunui^pen 
kann  auf  dem  Wege  des  Zivil-  oder  Strafproze.s.ses  belangt  werden:  1)  wer  ein  hinter- 
legtes  Musler  dder  Modell  wissentlich  nachniarht  oder  ein  solches  in  iincrl.iul)U'r  Weise 
nachahmt;  2)  wer  Gegenstände,  von  denen  er  wußte  oder  annehmen  mußte,  daß  sie 
nachgemacht  oder  unerlaubter  Weise  nadigeahmt  seien,  Terkanft,  feilhBlt,  in  Verkehr 
bringt  oder  auf  s(  Iiwcizeri^clif^  Geldet  oinTrihrt ;  3)  wer  bei  diesen  Handhintren  wissentlich 
mitgewirkt,  oder  deren  Ausführung  begünstigt  oder  erleichtert  hat ;  4)  wer  sich  weigert, 
die  Herkunft  Ton  in  seinem  Besitx  beflndliehen  nacfageahmten  Gegenständen  anzugeben. 

.\rt.  10.  T'nter  die  Bestimmungen  dos  vnrsteluMKlen  Artikel-  fallen  nicht  :  1)  die 
freie  Bcnulzuug  einzelner  Motive  eines  Müllers  oder  MoUt^U^  mv  Herstellung  eines  neuen 
Musters  oder  Moddta;  S)  die  Aenderung  der  Bindungen  oder  det  Farbenstellungen  bn 
Geweben,  ausgenonnuen  liei  Fabrikaten  der  Jacquard  Weberei. 

Art.  20.  Wer  euic  der  in  Artikel  18  erwähnten  Handlungen  vorisälzlich  begeht, 
wird  zum  Schadenersatz  verurtheilt  und  überdies  mit  einer  (jeldbuße  im  Betrage  von 
Fr.  30  IVis  Fr.  2fX)0.  mier  mit  Gefan^'iiin  von  drei  Tagen  bis  zu  einem  Jahr,  oder  mit 
Ueldbuüe  und  GcluugniJj  iiuierhalb  der  angegebenen  Begrenzung  bestrall.  —  Gegen 
Rflckfailige  können  diese  Straten  bis  auf  das  Doppelte  erhöbt  werden.  —  Bloß  fahr» 
lä.s-sige  Uebertrelung  wird  nicht  bestraft;  die  ZivUentsch&digung  bleibt  indessen  in  den 
in  Artikel  18,  SIfer  1  erwftbnten  Fällen  vorbehalten. 

Art.  521.  Die  Zivilkhi^je  stelil  .leiienu;inn  zu,  welcher  ein  rechtliches  Interesse  daran 
nachweist.  —  Die  Bestrafung  erfolgt  nur  auf  Antrag  des  Verletzten,  nach  der  Straf- 
prozeßordnung desjenigen  Kantons,  m  welchem  die  Ringe  angestrengt  wird.  Diese  kann 
entweder  am  Domizil  des  Angeschuldigten,  oder  an  dem  (Jrl.%  wi>  d;t>  Verdrehen  be- 
gangen worden  ist,  erhoben  werden.  In  keinem  Falle  dürfen  für  da^  gleiche  Vergehen 
mehrere  strafrechtliche  Verfolgungen  eintreten.  —  Wenn  seit  der  letzten  Uebertretung 
mehr  als  zwei  Jahre  verflossen  -ind,  so  tritt  Verjrdinmi.'  iler  Kt;l^.'e  ein. 

Art.  23.  Die  Gerichte  haben  auf  Grund  erfolgter  Zivil-  oder  Strat klage  die  als 
nrithig  erachteten  vorsorglichen  Verfügungen  za  treffen.  Namentlich  können  sie  nach 
Vorwci-uii^,'  des  Hinterligungsalte-ftes  eine  genaue  Beschreilntnp  des  angeblie!i  mich- 
gtabudeii  iiu>ters  oder  Modells,  der  aussckiießlich  zur  Nachahmung  dienent'eu  Werk- 
zeuge und  Geräthe,  sowie  der  Erzeugnisse,  auf  welchen  da.s  angefochtene  Muster  oder 
McxTell  angebracht  ist,  und  nöfhigcnfalls  auch  die  T?es(  hlagiiahme  dieser  Gegenstände 
vurueluuen  lassen.  —  Wenn  Grund  vorhanden  i.st,  eine  Beschlagnahme  vorzunehmen, 
so  kann  das  Gericht  dem  Kläger  eine  Kaution  auferlegen,  welche  er  vor  der  Beschlag» 
nähme  zu  hinterlegen  bat. 

Art.  23.  Das  Gericht  kann  auf  Rechnung  und  Iiis  zum  Belauf«;  der  dem  verletzten 
Tlieile  zugesprochenen  Ent^<cliädigungen  und  der  Bußen  die  Konliskalion  der  mit  Be- 
schlag bel^^ten  Gegenstände  verfügen.  —  £9  soll,  selbst  im  Falle  emer  Freisprechung, 
wenn  nAthig,  die  Vernichtung  der  ansschTießlieh  zur  Nachahmung  bestiromtMi  Werkseuge 
und  Ci  r.itlie  anordnen.  —  kann  auf  Kohlen  de^  Venirtlieilten  die  Veröffentlichung 
des  Erkeunltütises  in  emer  oder  mehreren  Zeitungen  anortlucu. 

Art.  34.  Wer  rechtswidrigerweise  seine  Gesefaliflspapiere,  Anzeigen  oder  Erzeugnisse 
mit  eiiiri'  nezciclmunp  vi-i-ielit.  welrl\e  zum  l^lruilten  verleiten  soll,  daß  ein  Mtt-t'-r  oder 
em  Modell  auf  Grund  des  vorliegenden  Gesetzes  hinterlegt  worden  sei,  wird  von  .Vrates 
w^n  oder  auf  Klage  hin  mit  Geldbuße  von  90  bis  600  Franken  oder  mit  Geflngniß 
von  drei  T:rp-en  hh  /u  drei  Monaten,  oder  mit  Geldbuße  und  Gefrintrnif.;  inneilmlb  der 
angegebenen  Begrenzung  bestrall.  Gegen  BücklTdlige  kann  diese  Struic  Iiis  auf  das 
Doppelte  erhöht  werden. 

Art.  2r>.  Die  Kantone  haben  zur  Behandlung  der  zivilrechtlichen  Streitigkeiten 
wegen  Xacbaliniurit'  hiuterlegter  .Muster  und  Modelle  eine  Gericlilsstclle  zu  bezeichnen, 
welche  den  Prozeß  als  einzige  kantonale  Instanz  entscheidet.  —  Die  Berufung  an  das 
Bundesgericht  ist  ohne  Ilücksichl  auf  den  Wertlibotrag  der  Streitsache  zulässig. 

Art.  2(j.  Der  Ertrag  der  Bußen  Hießt  iu  die  Kantonskasöc.  Bei  Ausfüllung  einer 
Geldstrafe  hat  der  Richter  fiir  den  Fall  der  Nichteinbringlicbkeit  derselben  ebne  ent- 
sprechende  Gefängnißslrafe  fe^^tzu^i  l;;eii 

IV.  Vcrttchiedcnes  und  SchlulibiUimmungen.  Art.  27.  Die  Angehörigen  der  Länder, 
welche  mit  der  Schwei/  eine  bezügliche  Konventinn  abgeschlossen  haben,  kflnnen  ihre 
pew.  rldicli-  ii  Mu-ter  und  M(»delle  innerlialb  einer  Frist  vf>n  vier  Monaten  vom  Datum 
iiirer  Hinterlegung  ni  einem  der  genannten  Länder  und  unter  Vorbehalt  der  Rechte 
Dritter  in  der  Schweiz  deponimi,  ohne  daß  durch  inzwischen  eingetretene  Thatsachen, 


Schutz  der  Muster 


—    57  — 


Schwyz 


wie  durch  eine  andere  Hinterlegung  oder  eine  Veröffentlichung,  die  Gültigkeit  der  durch 
sie  bewerkstell igten  Hinterlegung  beeinträchtigt  werden  könnte.  —  Dsts  gleiche  Hecht 
wird  denjenigen  Schweizerbürgem  gewährt,  welche  in  erster  Linie  ihre  Muster  und 
Modelle  in  einem  der  in»  vorigen  Absätze  bezeichneten  Lftnder  hinterlegt  haben. 

Art.  28.  Jedem  Urheber  eines  in  einer  nationalen  oder  internationalen  Au.sstellung 
in  der  Schweiz  ausgestellten  Musters  oder  Modelles  wird,  nach  ErfQllung  der  vota 
Bundesrathe  zu  be.stiimiu-iideti  Kurruiilitüteii,  ein  ."Schutz  v<ui  sechs  Monaten,  vom  Tage 
der  Zulassung  des  Erzeugnisses  zur  Ausstellung,  gewährt.  Während  der  Dauer  ilieser 
letzteren  sollen  etwaige  Hinterlegungen  oder  VeröfTentlichungen  den  besagten  Urheber 
nicht  verhindern,  innerhalb  der  genannten  Frist  die  zur  Erlangung  des  definitiven 
.Schutzes  erforderliche  rechUgilltige  Hinterlegung  zu  bewirken.  —  Wenn  eine  internationale 
Ausstellung  in  einem  Lande  statttindet.  das  mit  der  Schweiz  eine  bezügliche  Konvention 
abgeschlossen  hat,  so  wird  der  zeitweilige  Schulz,  welchen  das  fremde  Land  den  an 
der  betreffenden  Aus.stellung  betinillichen  gewerblichen  Mustern  otler  Modellen  gewährt, 
auf  die  Schweiz  ausgedehnt.  Dieser  .Schulz  darf  eine  Dauer  von  sechs  Monaten.  v<un 
Tage  der  Zuhissung  des  ErzeugnLs.ses  zur  .Ausstellung,  nicht  übersteigen  und  bat  die 
Dämlichen  Wirkungen,  wie  die  in  vorstelien«lem  Ab.satze  beschriebenen. 

Art.  29.  Die  Beslinunungen  des  vorliegemlen  Gesetzes  finden  einstweilen  auf  die 
Baumwolldruckerei  keine  Anwendung.  —  Ein  ßundesbesclüuü  wird  den  Zeitpunkt  be- 
stimmen, in  welchem  die  Vorschriften  dieses  Gesetzes  Anwendung  auf  die  in  Frage 
stehende  Indastrie  zu  linden  haben. 

Art.  30.  Der  Bundesrath  ist  beauftragt,  die  zur  Ausführung  dieses  Ge.setzes  er- 
forderlichen Reglemenle  und  Verordnungen  zu  erlassen. 

Art.  31.  Durch  dieses  Gesetz  werden  alle  demselben  widersprechen<len  He.stiinnnmgen 
kantr)naler  Gesetze  aufgehoben.  —  Muster  und  .Modelle,  die  in  dem  Zeitpunkt,  in 
welchem  dieses  Gesetz  in  Kraft  Iritl,  vermöge  der  kantonalen  Gesetze  noch  .S-butz  ge- 
nielien,  verbleiben  gleichwohl  in  den  betreflenden  Kantonen  h'\>  zum  Ablauf  rler  ge- 
setzlichen Schutzdauer  geschützt. 

Art.  32.  Der  BundesraÜi  winl  beauftragt,  auf  Grundlage  der  Bestimmungen  des 
Bunde<«gesetzeä  vom  17.  Juni  1874,  betreffend  die  Volksabstinunung  über  Bundesgesetze 
und  Bundesbeschlüsse,  die  Bekanntmachung  dieses  Gesetzes  zu  veranstalten  und  den 
Beginn  der  Wirksamkeil  desselben  festzasetzen. 

Eine  VollziehungH Verordnung  zu  dieiieiu  Gesetz  ist  vom  Bundesrath 

am  24.  Mai  18H9  erlasuen  wurden. 

Schweden  «.  Norwegen. 

Schwefel.  Fundorte  waren  ehedem  Montbovon  und  Bäderhorn.  Siehe  auch 
-Pyrit-. 

SchwefelsKurefabrikatlon.  Von  1820  —  1850  entstanden  Schwefelsäure 
fabriken  in  Uetikon,  Horgen,  Wädensweil,  Winterthur,  Käpfnacli  und  Aarau  \ 
die  Rendite  wurde  aber  durch  die  damals  noch  hohen  Transportspesen  ver- 
schlungen und  der  Fabrikationszweig  hielt  sich  bloß  im  Etablissement  von  Gebr. 
Schnorf  in  üetikon.  Einfuhr  1888:  37,284  q  ä  Fr.  30  =  Fr.  335,556.  Ausfuhr 
für  Fr.  19,000. 

Schweinehaltung  s.  p.  318  im  II.  Bd. 

Schwelzerhosen.  Eine  im  Kauton  Wallis  vereinzelt  vorkommende  blaue 
Traubensorte. 

Schwyz,  Kau  ton.  Areal  908,5  km'*  =  2,2  °/o  des  gesammten  Flächen- 
inhalte«  der  Schweiz. 
Bevölkerung : 

im  Jahre  1837  40,0 50  Einwohner  =  1,86  °/o  der  Schweiz.  Bevölkg. 

am  18./23.  März  1850  44,168         „         =  1,84  „     ,  . 

r,    10,  Dezember  18G0  45,039         „         =  1,79  ,      .  „ 

„      1.        ,        1870  47,705         ,         =  1,79  „     .  . 

,      1.        .        1880  51,235         ,         =  1,80  ,     „  . 

,      1.        .       1888  50,378         „         =  1,72  „     ,  , 


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Schwys 


—    5Ö  — 


Erwerbsthätige  Personen : 

1860  :    24,539  =  64,5  7o  d.  BevOlkg.  oder  2,2  7o  aUeffEmrbsth.  d.  Sebweix 

1870 :    21,171  =  44,4  „  ,       .        •  1,8  , 

1880 :    2d,871  =  46,6  ,  •       .        •  1.8  . 

1888  :  •) 

Die  Zahl  der  erwerbstbttUgen  Penomm  ¥MilieUt  sLoh  folgendormaüeD  Aof 
die  üaupterwerbflgruppen : 


« 


pradokdon 

VonrftltoDg, 

VariMhr 

XHnat- 

1860: 

absolat 

14769 

6863 

1434 

306 

728 

429? 

G0,2 

28,0 

5,8 

1,2 

3,0 

1,8 

1870  : 

ftbsolat 

10724 

7777 

1194 

448 

658 

370? 

C0,7 

86.7 

5.7 

«,1 

3.1 

1,7 

1880: 

absolut 

103-25 

8962 

1580 

1844 

742 

418 

> 

43,3 

37,6 

6,6 

7.7 

a.1 

1,7 

1888: 

Die  biieTor  pro  1860  and  1870  gegelxuen  Totalzahlen  der  erw«rb8thStigen 
Personen  könnf-n  nicht  als  gant  zuverlässig  hingLstcllt  werdrn,  wtil  die  mit 
persönlichen  Dienstleistungen  beschHftigten  Personen  nicht  genau  ermittelt  Hind. 
Ä.ach  abgesehen  bievon  ist  die  Zahl  24,529  (pro  1860)  geeignet,  Zweiiel  zu 
erregen,  indem  M  nowahrBolieuilic^  ist,  dafi  10  und  20  Jahre  später,  unter 
entwickelteren  wirthechaftlichen  yerhältniaaen,  weniger  Personen  erwerbsthätig 
gewesen  seien.  Ohne  Zweifel  herrschte  18(10  bei  der  Zählung  zu  große  ün« 
aieherheit  in  Bezug  auf  die  Begritfe  „Beruf'  und  „firwerbsthätigkeit" . 

Trotz  aller  Ungenauigkeit  geht  gleichwohl  aus  dem  Zahlenbild  unumstößlich 
hervor,  daß  Itubt$iri9t  Handel  nnd  Verkehr  der  nUgemanen  Bewegung  in  der 
Sohweii  gdTolgt  «ind. 

Hantfei,  Industrie  und  Kleingewerbe. 

Folgende  Grupi^ii  ung  nmfaßt  diejenigen  anter  dieee  Babrik  dihlenden  Berufte 
arten,  welchen  zur  Zeit  der  eidg.  Yolkwihlnng  von  1880  '/>  und  mehr  aller 
erwerbathitigen  Penonen  des  Kantone  oblagen : 


Srw«ibMw«le 

Zahl 
der  Krwrrbi- 

lCr\if  rl'Uthati^oii 

"  1.  df>r  n^mUchen 
Iti-rutxkatrgorie 

thfttigen 

des  Kant'jus 

d.  gsnE«n  hchwci» 

2404 

10,1 

3,8 

903 

3,8 

2,1 

Handel,  eigentlicher  .... 

831 

3,5 

1,5 

Hutel-  und  Wirthflehaftiigewerbe 

671 

2,8 

2,2 

Schneiderei  

548 

2,3 

1,6 

Schreinerei  und  Glaserei  .    .  . 

468 

2,1 

2,3 

482 

2,0 

1.6 

WeißnKherei  

364 

1,5 

.1.3 

Wäscherei  nnd  Glätter  ei  .    .  . 

296 

1.2 

2,0 

Zimniennannsbandwerk     .  . 

240 

1,0 

1,3 

233 

1,0 

8,6 

LeinoQ'^  und  Halbleinenifidustrie . 

217 

0,9 

2.0 

177 

0,7 

1.5 

')  Dies«  Zeile  mag  später,  wann  die  Hesuilate  von  188S  bekannt  .sein  werden, 
von  den  Beatcem  des  Lexikons  handsehriftlicb  ansgefOUt  werden. 


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I 

Sdiwyi 


—   Ö9  — 


Scbwjs 


Mfturerei  und  Gypserei  .... 

164 

0,7 

156 

0,6 

5.1 

149 

0,« 

Stroh-  und  Koßhaarfabrikation  .  . 

148 

0,6 

l^fetzgcroi  und  Wanteroi  .... 

145 

0,6 

117 

0,5 

8,7 

Fabriken. 

Dem  Schweiz.  Pabrikgesetz  waren  im  I.  Semester  l      i  40  Etublissemente 
mit  2068  Arbeitern  unterstellt.   Mechaniscbe  Belriebskralt  der  erutera  = 
FfbrdekrXfto.  Kur  10  Eubl.  und  ohne  Motoren. 

1043  A.  and  13  Etabl.  gehören  der  BaamwoUindustrie  an; 
569   »    a    10     ,  «      dem  Vervielfältigungagewerbe  an; 

260   ,     ,      3      ,  ,      der  SeidenioduHtrie  an ; 

196   .    •    14     H  ,      den  Übrigen  lodufitrien  an. 

Eb  dnd  nämlieh: 

4  BttunwoUioebereien  mit  564  A.«  wovon  1  mit  263  A.  in  Sohabelbaob,  1  nat 

184  A.  in  Lachen,  1  mit  119  A.  in  Feuslslerg,  1  mit  8  A.  in  Schwyz. 
6  Baumwollspinnereien  mit  436  A.,  wovon  l  mit  115  A.  in  Wangen,  l  mit 

Ö7  A.  in  Schwyz,  L  mit  66  A.  in  Einsiedeln,  1  mit  64  A.  in  Nuolen,  1  mit 

62  A.  In  Gtlgcnen,  1  mit  42  A.  in  Freieobaoh. 
8  ^iekertitn  mit  43  A.,  wovon  2  mit  83  A.  in  Laohen,  1  mit  10  A.  in 

Tnggen. 

10  FtnVl.  für  Buchdruck,  Buchbinderei^  Lithoffraphie  und  Kupferdruckereif 
r  iuäge.Namuit  569  A.  beschäftigend,  wovon  8  Etabl.  mit  506  A.  in  £inaiedebi^ 

je  1  Bjuchbinderei  in  Euthal  nnd  Groi^. 

1  Ftoretspinnerti  mit  137  A.  in  Gerann,  1  8eidMutinder€i  mit  63  A.  in 
PfiifTikon,  1  Seidenweberei  mit  60  A.  in  Wolleran 

2  Glashütten  mit  50  A.  in  Kilßnacht.  1  Blti  -herci,  Fiirberei  und  Appretur 
mit  42  A.  in  Wolleruu.  1  Ccmentfabrik  mit  21  A.  in  In^enholil.  2  Zünd- 
holefabriken  mit  2ü  A.  in  Lachen  und  Ingenbohl.  1  Zici/elei  uiit  12  A.  in 
Sohwys.  1  Seifenfabrik  mit  7  A.  in  EUfinaobt.  1  Säffe  und  Sehaehtelfabrik 
mit  6  A.  in  Ingenbohl.  1  Hammer-  und  Walzwerk  mit  6  A.  in  Hteinen. 
1  Mühle  mit  5  A.  in  Gergau.  1  Fabrik  chemiecher  Produkte  mit  4  A.  in 
Ingenbohl.    1  Schreinerei  mit  4  A.  in  Arth. 

IndustriegeMfhichtliches. 
(Mitgethoilt  von  Herrn  Darrer,  Adjunkt  den  eid^.  btatibtischen  Bureau.) 

Von  den  älte«tea  AulächlUssen  Uber  die  ErwerbMthätigkeit  der  Bewohner  dea 
alten  Landes  'Schwjs  bietet  an«  deren  schon  anfiangs  dea  12.  Jahrhunderts  be- 
gonnene nnd  dnroh  mehr  als  200  Jabre  bartniekig  fortgoeetate  Strdt  mit  dem 
Kloater  Einuiedeln  um  die  Weiden  in  den  Tbälern  der  Sihl  und  der  Alp.  (Die 
ansftihrlichften  Nacbrirlitcn  darüber  enthält  in  einer  sehr  poKchätzten  Arbeit  des 
P.  Odilo  Kinghulz  der  ^(Teschichtsfreund",  4H.  }'27.)  Vit!hzn('ht  nnd  Aipen- 
wirthschaft  in  grülkrem  Uuilaiige  Hcheiueu  neben  den  treten  Bauern  auch 
die  KiSeter  Einriedeln,  Stmna  nnd  Hnotathal  betrieben  sn  haben.  Danebmi  wird 
Vilich  auch  für  den  Kanton  Schwyz  behanptot,  daß  im  frtthem  Mittelalter  dem 
Getreidebau  im  Vergleich  zu  Wiesenbau  uud  Viehzucht  eine  fjriUjere  Bedeutung 
zugekommen  sei  als  später.  P.  Gall  Morel  ( „Gesehitditstreund "  lo.  JOH)  erwiihnt 
einer  Sage,  nach  welcher  in  alter  Zeit  am  Abhänge  deH  Haken  ob  Schwyz  »o 
▼iel  Korn  gepflanit  wurde,  daß  daeaelbe  an  den  Markt  von  Lniem  Terfllbri 


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Schwyz 


—    60  - 


Schwyz 


werden  konnte,  und  G.  Meyer  von  Knonaa  («Der  Kanton  Schwyz")  führt  die 
ähnliohe  tJeberli^oning  an,  daß  in  frtthern  Zeiten  der  Konipraii  Mf  dem  Mnrkte 
in  Zng  jeweilen  ent  gefallen  tei,  wenn  das  Korn  aiu  den  Sohindlenbäeben,  einer 
Oegend  am  Rigi  oh  Goldau,  hergeführt  wurde.  Dernelbe  verweist  daneben  auf 
die  vielen  Güternamen  um  Art  heram,  welche  mit  -acker  zusammengesetzt  und 
gewiß  nur  dadurch  zu  erklären  sind,  daß  früher  hier  Ackerbau  betrieben  wurde ; 
in  Kttfinaek  und  Steinen  eoU  die  gleiche  Eracheinni^  nieht  idtaier  sein. 

IMe  Vwaeichniaee  von  Grondsiaeen  im  Kanton  Sdiwyi,  welehe  «ich  in  mnem 
Einsiedler  Urbar  au>?  der  ersten  HSlfte  des  13.  Jahrhunderts  und  im  babsbmrg- 
<5sterreichischen  Urbar  ans  dem  Anfange  des  14.  Jahrhunderts  finden,  mfJchten 
vielleicht  annehmen  lassen,  jene  größere  Ausdehnung  des  Ackerbaues  sei  mehr  in 
den  jetzigen  Bezirken  Ifardi  und  Höfe,  als  im  innern  Lande  Schwyz,  hier  allen- 
faUs  abgesehmi  Von  Art,  Torgekommen;  aber  ron  geaohiehtBkandiger  Seite  wird 
versichert,  der  Getreidebau  itei  aadi  in  Schwyz,  Ingenbohl,  Steinen  ein  ausge- 
dehnttr  geweeen,  namentlidk  aber  ~  nnd  hier  bis  in  die  neaeete  Zeit  ~  in 
KUßnach. 

Daß  dann  der  Getreidebau  des  Kautuus  Schwyz  bereits  im  Anfange  des 
16.  Jahrhondert»  unter  dae  Bedttrfnifi  des  eigenen  Landes  gefallen  war,  darf 
daraus  geschlus^en  werden^  daß  1502  die  Regierang  beschloß.  Jedem,  welcher 
Neuaufbrllcbe  mache,  solle  von  Obrigkeit'^  v:r[^>tn  die  »  rste  Aussiiat  gt'Lr"?>eTi  werden. 
Daß  große  Streeken  der  Allmr-nden  in  der  Thuluieilerun'^  der  PÜtinzung  von  Ge- 
müsen und  andern  Garteutrucbten  zu  dienen  hatten,  ist  bis  auf  den  Anfang  des 

16.  Jahrhnnderta  surttek  naehwdsbar.    Daneben  liinden  bis  nm  .die  Kitte  dee 

17.  Jahrhunderts  in  den  Hochthiilorn  des  BezirkcH  Schwy«  (Bothcnthurm,  Alp- 
tbal,  Mncjtatlml.  llierg'  Waldrodungen  in  grußem  Maßstabe  statt.  In  Iberg  und 
Alptbal  wurden  eigentliche  Urwälder  in  Weideland  umgeschütFen.  (Dabei  ent- 
standen viele  Sägereien  und  eine  bedeutende  Holzausfuhr.  So  versorgte  Schwys 
n.  B.  aiM  den  Waldnngai  Ton  Iberg  eeit  dem  finde  des  16.  JahrhnndertB  yer* 
tragtieb  wUhreod  mehr  als  einem  Jahrimodert  die  Stadt  Zürich  mit  Brennhols.) 

Ueber  die  spätem  SchiokRale  und  Entwicklungen  der  schwyzerischen  Land- 
wirthschaft  liegen  wenige  Angaben  vor.  Der  schon  angeführte  Meyer  von  Knonau 
theilt  mit,  daß  seit  dem  Anfange  des  laufenden  Jahrhunderts,  zum  Theil  seit  den 
Hothjahren  1816  und  1817,  in  mehreren  Gegenden  des  Kantons  wieder  grSfiere 
Aiudebnnng  des  Ackerbanee  eingetreten  sei.  Ein  neuer  Rückgang  des  letstem, 
sich  allenthalben  vollxiehend  nnd  vermehrtem  Wiesenbau  mit  Milokwirtbaohaft 
Platz  niaehend,  wird  ans  nnserm  letzten  Jahrzehnt  beriehtet. 

All  der  Lugaten  ob  FfUitikon  einen  Weinberg  angelegt  zu  haben,  rühmte 
sich  der  von  1173 — 1192  das  Kloster  Einaiedeln  regierende  Abt  Werner  II., 
und  es  findet  daneben  bie  in  das  16.  nnd  17.  Jabrbnndert  der  Weinbau  Er- 
wähnung in  Kttßnaeh,  Art,  Brunnen,  Steinen,  in  Freienbaoli,  Alteodorf,  Wangen 
n,  8.  w. 

Einer  aus;2:edehnten  Pferd  ezn  cht  mit  Aii.sfnhr  hauptsächlich  rrnch  Italien 
Uieuten  seiiou  frühe  große  und  weitbekuunte  Pferdemärkte  iu  Steiiieu,  iu  i:^m- 
siedeln  und  seit  1806  aueh  in  -Schwyz.  Große  AusAihr  von  Bind  vi  eb  naob 
dem  Tessin  und  nach  Italien,  auf  die  Märkte  von  Bellenx,  Giubiasooi  Gomo,  Vareee 
fand  nachweisbar  schon  im  15.  Jahrhundert  statt. 

* 

AU  einer  der  ältesten  Erwerbszweige  der  Bevölkerung  des  Kantons  Scbwyz 
kann  neben  der  Landwirtheehaft  die  Ausbeutung  der  Steinbrttohe  in  BiUdi 
SU  Wollerau  betrachtet  werden,  welobe  schon  in  Ende  des  15.  Jahrhunderts  eine 


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Scbwyx 


61  — 


Schwyz 


bedeutende  Auedehnting  gehabt  haben  soll  und  ihren  hauptsfichlichsten  Abeatz  wohl 
nach  Zürich  finden  mochte.  Letztere  Stadt  erwarb  sich  im  Jahre  15U1  einen 
dieser  Steinbrüche  zu  eigener  Verfügung.  SteiDbrüche  bestanden  auch  am  antern 
Bneliberg  in  dvt  Haroh;  das  Laod  Stdiwyi  kaufte  rieh  im  Jah»  1577  ciaen 
solchen  in  Merlischachen  bei  Ettßnach  und  eröffnete  I60ti  «  inen  andern  am  Kiemen 
daselbtat.  MaruiürbrUche  wardeti  im  IH.  Jahrlmndert  in  Trachslau  bei  Kinniedeln 
und  in  PerÜden  bei  Schwyz  ausgebeutet,  lb'2'2  wurden  von  der  Regierung  Wetz- 
steinbrUche  im  Wäggithal  und  in  Einsiedeln  zur  Auttbeutung  verpachteti  und  es 
wird  beridhtet,  dafi  die  letitere  anoh  in  deo  folgenden  Jabrhnnderten  mehr  eder 
weniger  immer  stattgefunden  habe.  1766  suchten  zwei  Bi:r<:  r  v  >r  der  Lands- 
gemeinde  um  die  BewilligTinp;  nach,  am  Hußberg  oberhalb  Steinerberg  naeh 
Steinkohlen  graben  zu  dürfen.  Sic  erhielten  ein  Privileg  auf  10  Jahre,  lioch 
ist  über  deu  Erfolg  nichts  bekannt  und  Spuren  der  Unternehmung  haben  Hu;h 
keine  erhnlteD.  Itf36  wurde  In  Wangen  eine  Schiefbrkohlengrabe  exOffliet  nnd 
deren  Ausbeutung  begonnen;  der  Erfolg  der  letztern  wurde  noch  um  1860  ala 
ein  guter  bezeichnet,  erhielt  sieh  jeduch  nicht  über  die  7üer  Jahre  hinans.  In 
Einsiedelu  fand  den  J^.  November  1747  der  erste  probeweise  Torfstich  statt; 
das  Kloster  hatte  sich  zu  diesem  Zwecke  einen  Torfgräber  aus  Stäfa  (Zürich) 
kommen  lassen.  Ueber  weitere  Veranebe  wird  in  den  Jahren  1749  nnd  1750 
geeproehen,  nnd  ee  eeheint,  daß  dieselben  befriedigend  nnsflelen.  Ein  fremder 
«Mineralist'  hatte  1706  die  Landägemeinde  mit  dem  Plane  eines  Salzbergwerkes 
unterhalten,  d  x  h  gelangte  die  hohe  Behörde  erst  im  Jahre  1719  dasn«  die  Un- 
ausfuhrbarkeit  eines  solchen  l^lanes  einzusehen. 

Im  £ieenbacb  binter  dem  Sobyen  in  Iberg  anf  B  isenera  an  grebeni  wurde 
1597  einer  Gesdilaohaft  bewilUgt.  Aue  Verfllgnngen  des  Batbes  gebt  herror.  daß 
das  Unternehmen  wirklich  in  Betrieb  gesetst  wnrde,  doch  scheint  der  letztere 
nicht  lange  gedauert  zu  haben.  "Nichts  weiteres  bekannt  ist  UbrT  die  Schiirf- 
bewilliguugeo,  welche  1602  Uauptmanu  lieiur.  Maderano  aus  Uri  vom  Käthe  in 
Schwyz  und  1632  ein  £ilrger  Einsiedeins  vom  dortigen  Abte  erhielten.  1610 
ward  mnw  Gesellaobaft  «in  Bei^pwerk  ttbertragen,  das  nicht  niber  bezeiobnet 
wird,  aber  wohl  dasjenige  in  Lowerz  sein  mag  Eine  Wiedereröffnung  des  letztem 
—  Eisenbergwerk  und  Eisenschmelze  —  fand  1724  durch  die  zwei  ßaslerbtirger 
Job.  Linder  und  Hann  Bernhard  Burkhard  statt,  die  gleichzeitig  auch  „Bergherren 
zu  Uri"  genannt  wurden.  Dan  Untepuehmen  scheint  nicht  hinreichend  gelohnt  zu 
haben.  Sehon  1737  folgten  Schwierigkeiteo  wegen  rOokstftndigeu  Zablnngen ;  daa 
Geschäft  wurde  von  dem  erstgenannten  Theilhaber  einzig  Übernommen  und  ging 
bald  darauf  ein;  eine  neue  Erötlnung  dessellien  war  einmal  um  ISGO  [danirt. 
Von  der  einen  der  drei  H  a  ni  ni e  rso  h  ni  i  e  d  e  n  ,  welche  1858  in  Steinen  im 
Betriebe  standen,  wurde  damaU  angegeben,  daß  dieselbe  seit  mehr  als  200  Jahren 
bestehe.  Auf  Staatskosten  erbaut  wurde  im  Jahre  1596  «ne  Ziegelbrennerei 
inibaeh  and  etwas  später  eine  solche  in  Art;  wihrend  die  letattere  in  Gemeinde- 
und  später  in  Privatbesitz  überging,  stand  jene,  auch  wenn  verpachtet,  im 
Betriebe  stets  nnter  obrigkeitlicher  Aufsicht.  So  durfte  z.  H.  ohne  Erlaubniß 
des  Bathes  kein  Ziegel  außer  Landes  verkauft  werden,  oder  später  erst,  wenn 
nock  10,000  im  Yorratb  blieben.  In  der  Nibe  dieenr  Ziegelei  wurde  im  Jahre 
1839  in  &brikmißiger  Anlage  nodi  eine  zweite  erstellt.  Es  iet  uns  nicht  be* 
kanut,  welohes  Alter  damit  gemeint  sein  soll,  wenn  die  Erbauung  der  einen 
ZiegelhUtte  in  KUßnach  sagi  nhaft  den  „Zigeunern"*  zugeschrieben  wird. 

Die  Hage  erzühlt,  daß  schon  in  alten  Zeiten  ^zwischen  den  Bächen"  in 
Hothenthurm  eine  Glashütte  bestanden  habe,  aber  wegen  Holimangel  wieder 


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Schwyz 


«mgegangen  lei.  Eine  aoloh«  wurde  in  Iberg  wenigstem  von  1664 — 1667  be* 

trieben ;  an  der  Spitze  des  Unternehmens  stand  Landammann  W.  D.  Beding.  Auf 
Wiederholung  (Ich  Betriebes  im  Jahre  1739  lassen  Eintragungen  in  ilen  Tauf- 
büchern von  Iberer  schließen.  Xom  Landrathe  wurde  1757  zwei  Bürgern  aus 
dem  Scbwarzwaldo  die  Bewilligung  ertbeilt,  in  Aipthal  Wald  und  Land  zu  er» 
werbeo,  um  dmi  dbie  OlaabUtte  ^nsnriehteD.  Wenige  Jahre  «pttter  finden  lieh 
Sehwyier  als  Eigenthttmer  de§  Unternehmens  erwiüint,  welehes  einige  Zeit  mit 
Ökonomisoher  £inbuße  betrieben  worden  sein  soll.  Die  gegenwärtig  in  erheblicher 
Ausdehnung  im  Betriebe  stehende  Glasfabrik  in  Kößnnch  datirt  ihr  Entstehen 
erst  mit  dem  Jahre  JlböO.  Nirgends  erwähnt  tinden  wir  die  Entstehungrizeit 
jener  Papierfabrik  in  BSeh,  in  deren  Gnuton  die  Obr^^t  im  Jahre  1780 
verardneto,  daß  Lumpen  nnd  Hndlen  des  Landee  Sohwy«  nicht  mehr  nach  aue- 
wärts  verkauft,  sondern  aussohließlich  in  die  genannte  Papierfabrik  geliefert  wwden 
sollen.  Später  nach  Wollerau  verlegt,  wurde  dieselbe  in  den  dOer  Jahren  in  eine 
Haumwollenspiuuerei  utugebant. 

Wohlbehannter  Sita  einer  betrichtlieben  Setdcnindnetrie  war  nooh  Ter 

20  Jahi-en  der  Flecken  Gersau.  Deren  erster  Anfang  wird  mit  dem  Jahre  1730 
datirt,  um  welche  Zeit  S»'i<i''nspinnerei  nnd  Karterei  auch  im  übrigen  Kauton 
Schwyz  ihren  Eingang  kielteu.  In  Gersau  hewilligte  im  g<:nanuten  Jahre  die 
Landsgemeinde  dem  Altlandschreiber  Kigert,  auf  der  Bachstatt  nahe  am  See 
ein  Httttlein  an  banaif  um  darin  Seide  an  föolen  and  im  Mflhlibiohli  zu  waaeheu. 
Mau  erzählt,  das  Fäulen  der  Seide,  welches  später  solche  Bedeutung  erhielt,  sei 
in  Gersau  durch  Zufall  erfunden  worden.  Früher  wuri]  -  ilic  Seide  nicht  gp- 
fault,  sondern  roh  gekämmt  und  der  Abfall  davon,  sowie  der  St  ff,  welcher  sich 
nicht  kümmen  UeU,  weggeworfen.  Zufällig  habe  man  an  sülchciu  als  unbrauchbar 
weggeworfenen  Stoffe  bemerkt,  da6  er  naoh  längerem  Liegen  im  Wasser  weich 
nnd  faserig  geworden  sei  und  dich  verarbeiten  lasse.  Damit  war  die  Erfindung 
^macht.  Iq  d»n  ersten  Zeiten  wurde  in  Gerdau  und  der  Umgegend  die  zum 
Kämmein  und  S|)inneri  bestimmte  Seide  durch  Vermittlung  von  Ferggern  aus 
Schwyz,  auch  au»  iiivpi>örswil,  bezogen,  bis  in  den  176uer  Jahren  die  Fergger 
nUmKlig  an  selbetändigen  Fabrikanten  sieh  entwiekelton,  welche  den  Rohstoff  auf 
eigene  Rechnung  ans  Mailand,  Bergamo,  Turin,  Lugano  u.  s.  w.  bezogen,  in  Gersan 
und  den  umliegenden  Gemeinden  kämmein  und  spinnen  ließen  und  dann  als  Garn 
namentlich  nach  Basel  verkauften.  En  wird  gerühmt,  daß  die  junge  Industrie  in 
diesen  ersten  Stadien  ihrer  selbständigen  i^iUtwicklung  sich  wohlwollender  Uuter- 
attttanng  dnroh  das  Kloster  £inaiedeln  nnd  dessen  Propst  in  Bellens  sn  erlrenen 
gehabt  habe.  (Da  dachte  nm  dieselbe  Zeit  der  Abt  des  nahen  Klosters  £ngel- 
berg  anders,  weloher,  um  dem  letztern  ein  Monopol  der  bezüglichen  Geschäfts« 
yermittlnng  zu  siehern,  den  13.  März  1703  für  dns  dortige  Thai,  sein  SouveWinitäts- 

gebiet,  folgendes  „Maudut  wegen  der  Seide"  erließ:   „  Also  thut  unner 

Hochw.  Gnädige  Herr  allen  und  jeden  gebiethen  und  befehlen,  daß  keiner  sich 
erfreche,  fremde  Seide  in  das  Thal  an  Inringen  und  an  verarbdten  und  dae  Alles 
bei  Straf  der  Confiscation  nnd  festzusetzender  Büß."  20  Jahre  spiiter  wurde 
dann  diepes  Verhiiltniß  zwischen  dem  Kloster  und  'fr  Thalgemrindc  durch  einen 
Vertrag  ^^TtTe^'-dt.)  -  Die  Einführnng  mechanisrhrr  »Spiiinrreien,  durch  welche  da« 
Soideii8piuuen  von  Haud  verdrängt  und  dessen  Furtdauer  in  der  bisherigen  Form 
als  Hausindttstrie  unml^lieh  wurde,  führte  dann  im  Jahre  18:^3  awei  Genauer 
Firmen  aar  Yereinignng,  ebenfalls  eine  mechantsehe  Spinnerei,  nnd  zwar  in 
Brunnen,  an  erriditen;  eine  andere  Gersaner  Firma  betrieb  seit  dem  Jahre  11^32 


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Schwyz 


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Schwyx 


eio  ähoUches  Unteroefamen  in  Worblaofen  bei  Bern  und  verlegte  dMsdtM  iin 
Jahre  1839  aaeh  dem  Gertao  nahe  Uegenden  Baoohe.  In  Genau  edbet  aber 
erriohteten  die  Beuitzer  jener  bei  Brnnnen  (logenbobl)  bestebetulen  Fabrik  eiuu 
ebe;!soli^he  im  Jabre  1847  und  spitter  »'ine  zweite  im  Jahre  iH.'iT  Hie  Zahl 
tler  JSpuidelii  beider  Fabriken  betrug  im  Jahre  1858  411f),  diejenige  der  m  und 
außer  der  Jcuurik  ^Kämmelu)  beüchäftigteu  Arbeitet-  wurde  z\k  gleicher  Zeit  auf 
1600 — 1700  angegeben  (bei  der  Bnocheer  Fbbrik  anf  etwae  ttber  300;  die 
Pabrik  in  Brunnen  war  iDCwiaoben  in  andere  Hände  übergegangen  und  der 
Banmwollenindu.strie  dienstbar  geworden).  Wir  Winsen,  daß  solcher  Entwicklung, 
welche  noch  etwas  iib&r  ein  Jahrzehnt  anhielt,  alsdann  ein  eohneller  Niedergang 
folgte. 

ESina  vediaDiMsh»  SeidenweberM  in  beeohrSoktem  ümfimge  war  mit  der  1856 
itt  Wangen  gebauten  Baumwollenfabrik  verbunden.  Größere  Betheiligung  nU  in 
Grersau  (es  ist  dies  nach  dem  Obigen  begreiflich)  fand  in  den  übrigen  Theilen 
des  Kantons  Schwyz  aeit  den  40er  Jahren  des  laufenden  Jahrhunderts  die  Uaus- 
induethe  der  Seidenweberei.  Die  Zahl  der  im  ganzen  Kanton  im  Betriebe  stehenden 
Handwabatakl«  wurde  im  Jahr«  1651  auf  »ttbar  1000",  im  Jahr»  1858  auf 
1468  und  im  Jabra  1883  die  Zahl  der  Weber  and  Winder  aafaiOO  angegebeu. 
Im  Jahre  1858  bareohnete  man  den  bei  vollem  Betriebe  zu  erzielenden  Jahres- 
verdienst  im  Ganzen  auf  mehr  als  300,00(J  und  im  Jahre  1882  den  wirklichen 

Verdienst  aof  mehr  als  900,000  Franken  (.Hechenschaftsbericht''  von  1882). 

*  • 
« 

Zu  batrKohtiieber  AasdebDung  gelangte  im  Kanten  Scbwys  die  BanmwoU' 
fabrikation.  (Im  vorigen  Jahrhundert  «oll  das  bJLnsliohe  Baumwollapinnen  eine 

so  verbreitete  und  beliebte  Beschäftigung  gewesen  sein,  daß  dabin  die  Bewirth- 
sohaftUDg  de«  Bodens  vernachlässigt  wurde  )  Eine  meühaniüche  BaumwuUnpinnerei 
wurde  1821  an  der  Alp  in  Einsiedeln  und  182:.^ — 1823  je  eine  solche  in  Nuolen 
und  BKdi  «rriobtet.  Anfimg»  der  30er  Jabre  mtetand  die  Baumwollepinnern  nnd 
Weberei  in  Siebnen,  1856  eine  Spinnerei  in  Wangen,  und  im  selben  Jahre  wurde 
durch  P.  Theodüsin<  in  der  ehemaligen  Seidenfabrik  b»'i  Brunnen  eine  BaumwoU* 
Weberei  eingerichtet.  Um  1858  wurde  eine  zweite  Spinnerei  in  Kinsicdeln  und 
eine  Spinnerei  und  Weberei  in  Ibach  bei  Sciiw^z  erütluet;  ungefähr  um  dieselbe 
Zeit  je  eine  S]ünnMai  in  Wolieran  nnd  Yordertbal,  sowie  eine  Webern  in 
Lachen.  Im  Jabre  1858  berechnete  man  für  die  damals  im  Betriebe  stehenden 
oder  doch  nächstens  zur  Eröffnung  gelangenden  Spinnereien  die  Zahl  der  Spindeln 
anf  40 — 45,000,  die  Zahl  der  zu  beschäftigendeu  Arbeiter  auf  nahezu  500,  die 
Zahl  der  mechanischen  Webstuhle  in  den  Webereien  üuf  ungefähr  OOO,  deren 
Arbeiter  anf  nngefilbr  360.  Bäne  neueste  Srbehung  zählte  im  Gänsen  63,171 
Spindeln  in  Spinnereien,  550  Spindeln  in  einer  Zwimer^  nnd  920  Webetttble. 

Ale  ErgiUianng  der  Notizen  ttber  die  Textilindustrie  den  Kantons  Schwyz 
ist  noch  anznftihren,  daß  auch  der  Bestand  einer  Tuchfabrik  und  -Färberei  im 
Kloster  Einsiedeln  erwähnt  wird,  deren  Anfang  spätestens  in  den  ersten  D^nnien 
des  vorigen  Jahrhunderts  stattgefunden  habeu  muß;  ibr  Ende  sei  in  den  1840er 
Jahren  daroh  die  allgemeine  Konknrrens  berbeigefOhrt  worden.  (1724  nnd  wieder 
1728  hatte  sich  auch  der  Rath  in  Schwyz  mit  dem  Plane  >  iner  WoUtuohfabrik 
beschäftigt  und  dabei  in  Aussicht  genoTumen,  die  Arbeit  im  iUoster  Einsiedeln 
nnd  bei  den  Jiapuzinern  in  Bremgarten  erlernen  zu  lassen.) 

* 

Bekannt  int  Einaiedeln  ala  Sitz  einer  ausgedehnten  nnd  regsamen  ThRtigkeit 
auf  dem  Gebiete  der  graphischen  Gewerbe  nnd  Kttnste,  vornebmlioh 


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Schwys 


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Sehwyx 


(Ifis  Buchdruckes.  Die  erste  Druckerpresse  stand  im  Kloster;  sie  wurde  dort  lßß4 
eingerichtet  und  erhielt  sich  bis  1798.  WcTiip'p  Jahre  vur  letzterem  Datum  aber 
war  durch  Privathände  auch  im  Flicken  eine  Buchdruckerei  eingerichtet  worden, 
weteiie  neb  später  in  nm  Firmen  trennte,  n  denen  bald  nooh  weitere  hinsn- 
traten;  1835  zfthlte  man  fünf  Drockereien  mit  sieben  Pressen,  mit  deren  einer 
auch  eine  Lithographie  verbunden  war.  1879  wurde  üher  die  eine,  allerdings 
die  weitaus  größte,  der  damals  bestehenden  vier  Buchdruckerhrmen  angegeben, 
daß  sie  die  Buohdruokerei  mit  14  Druckmaschinen  nebst  Handpreasen  etc.,  eine 
BoohibindenretlBstXtte  mit  40  Dampf«  vnd  Handpressen,  die  Knpferdriukerei  mit 

7  Dampfpressen,  die  Litbograplue  nnd  Chromographie  mit  Iß  Dampfeehnellpressen, 

8  Handprt  II  und  6  Satinirmaschinen,  iIuiRben  nodi  eine  Galvanopiastie,  Stereo« 
typie,  Xylot,'rai>hie,  Zinkographie,  Dmckphotographie,  Koloriranstalt  und  Spitzen- 
bilderfabrikation  betreibe.  Die  Erzeugnisse  des  Einsiedler  Buchdruckes  bestehen 
bekanutlich  zum  weitaus  größten  Theil  ans  Gkbet-  nnd  Brbattungsbilchern,  welche 
tbeils  durcb  direkten  Veikanf  an  die  sablreiohen  Wallfahrer  (j&hrtieh  im  Dnroh- 
schnitte  bei  150,000),  tbeils  durch  ausgebreiteten  Handel  in  alle  katholischen 
Länder  KnmiMis  nnd  nach  Amerika  ihren  Absatz  finden.  Der  Handel  mit  Ein- 
siedler-Cbrouikeu  und  dem  sog.  bliigclweihebild  von  1464  wird  schon  im  15.  Jahr- 
hundert erwähnt  („Gcschichtsi'reund"  43.  158).  Daneben  beschäftigte  in  Einsiedeln 
von  je  ber  die  Herotellang  anderer  sog.  Wallfahrteartike]  eine  betrSobtliebe  An- 
sabl  von  Händen  (Wachs! äldnerei,  Herstellung  von  Rosenkränzen,  Kru/,ifixen, 
Statuen,  Med. tili -n  etc.).  Im  17.  und  18.  Jahrhundert  wurde  diese  Fabrikation 
hauptsächlich  vuui  Kloster  betrieben  und  dabei  im  Be.iundetn  die  Herstellttog  der 
kleineu  thönerncn  Marienstatuetten  als  Monopol  gehaudhabt. 

Hauptsächliche  Q u e 1 1  e n  die«*es  Artikels  waren:  A.  Kberle:  Referat  an  die 
Schweiz,  gemeinnutzige  Gesellschaft  iibi  r  die  Industrie  in  den  Urkantonen  (IHi^H); 
Gerold  Meyer  von  Knonati  :  Der  Kanton  Scliwyz  (1.^35),  und  M.  Jhttli»!/ : 
Schwyzerische  Chronik  (1860).  Einzelne  Berichtigungen  und  eine  Reihe  werth- 
ToUer  Ergänzungen  —  meistens  ans  bbher  niobt  gedruckten  Arohivalien  geeobSpft 
—  habe  ieh  der  GeföUigkeit  der  Herren  Kanzleidirektor  Kälin  in  Sohwji  nnd 
Stiftsarrhivar  P.  Wh  Ringhoig  in  Einsiedeln  >a  verdanken. 

Urproduktion. 

Es  widmeten  sich  im  Jahre  1880  der  Landwirtbschaft  10,031  Personen, 
dem  Bergbau  145,  der  Foretwirthsebaft  108,  der  fiseherei  36,  der  Jagd  ö. 

Land  wirthsobaft. 

Nach  crf'fl.  Mittheilungen  des  Herrn  Regierungsrath  Sehwnnder  ist  der 
Acker  hau  unbedeutend.  In  kleinerem  Maße  werden  Mais«  Korn,  Weizen  und 
Hafer  gepflanzt. 

Die  Kultur  der  Katioffet  ist  semlicb  betrliohtlieb  in  der  Gegend  von  Ein- 

siedeln,  Iberg  und  Rothenthurmi  weil  dort  geeigneter  Boden  vorbanden  ist. 

Der  Fii((('rl»tH  bat  r.nr  einzif^en  Grundlage  die  Natnrwiesen,  auf  welchen 
alle  ini"ii;li«hen  natürlichen  Grasarten  vorkommen.    Kein  KuiiNffiitt<r. 

Htarker  Obstbau  in  den  Bezirken  Schwyz,  Küßnacht,  Höte  und  March. 
Etwas  Weinbau  in  den  Besirken  H5fe  und  March. 

Haupizweig  der  Landwirthschaft  int  in  allen  Kantonstheilen  die  Vieheiitht. 
Ca.  48  "/o  aller  Hausbaltangen  besitzen  Vieh.   (Vpl.  den  Artiki  l    V  iehzucht".) 

Ks  beisteht  ein  kantonaler  landwirthschaftlicher  Verein  mit  vier  Sektionen. 
Mctirere  Käsereigeoosseuschafteii. 


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Schwyz 


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XMe  Leistungen  des  SfaeUes  fBr  die  Landwirthiehaft  liesteben  in  der  Aae- 
hioga'be  von  ca.  Fr.  10,000  jährlich  nur  Prftmining  von  Yiehbesitsem,  in  der 
Subventioiiirung  des  AiikaulVs  von  Hengsten  (15 — 30  ®/o),  in  der  Subvcntionirung 
von  Inndwirthscbiiltlichen  Lehrkarsen  und  Vorträgen  (bi8  40  " o).  Auch  trägt 
der  Staat  '/^  ^^t^  Konten,  welche  das  Einüammeln  und  Vertilgen  der  ükLaikäfer 
veroiwolit 

Bergbau. 

Die  Robproduktenkarte  von  Weber  &  BroM  (Verlag  von  J.  Warster  &  Co. 
in  Zürich)  verzeichnet  folgende  Fondorte  Yon  inrthsohaftlicb  Terwendbaren  Roh- 
mate i  lallen  des  Erdreichs : 

Für  Schief tirkohU :  Wangen.  Für  Torf:  Einsiedeln,  Fen*isberg,  Kußuaobt, 
PfUffikon,  BeiobMiburg,  Eotbentburm,  Steinbach,  Tenfelabrugg,  Vorder-  und 
Hinter-Wäggithal,  WUlenell.  Für  Sehlrnfsieiw :  Iberg,  Tracbselen,  Hioter- 
Wäggitbal.  Für  ftuerfexie  Erden :  Einsiedeln.  Für  ^^'//'>  IlHjrg,  Schwyz, 
Hinter- Wäggithal,  Gersau  Vorder- Wäggithal.  Für  hi/dnudische  Kalke  und 
Cement:  Gersau,  Iberg,  Schwyz,  Staden,  Waagen,  MorKchach.  Für  Töpfer-  und 
Ziegelthon:  Egg,  Einsiedeln,  Küiiuacbt,  Ladien,  Kothentburmj  Sattel,  Schwyz, 
Seewen.  F9r  gramUsehe  Gesteine:  Brunnen,  Gersan,  Morsobaoh.  Für  Kalk- 
steine: Brunnen,  Gtrsau,  Schwyz.  Jfamor:  Uorschach,  Seewen,  Trachslan. 
Für  Sandsteine:  Bäoli,  Biticihriick,  Kinaiedeln,  KUßnaoht,  Nnolen,  Fiftffikon, 
Scbindellegi,  Tuggen,  Wollerau.   J<'ür  Eismere :  Seewen. 

Verkehr. 

Eisenbahnen*. 

Auf  dem  Gebiete  des  Kantons  arbeiten  7  Bahnunternehnrangen.  Die  LSnge 
dca  Bahnnetzes  im  Kanton  beträgt  84,G^>^  ni.    23  Stationen. 

Die  Bahn  länge  vertbeüt  sich  auf  die  einzelnen  Unternehmungen  and  nach 
den  Konzessionen  wie  folgt: 

Aatgauiaehe  Südbahn:  Eotwession  Tom  80.  Nov.  1872  Ittr  die  Strecke 
von  IromrnBPn  bis  zur  Kantonsgrenze  gegen  Rothkrenz,  2435  m, 

Gottfi ardbahn :  Knnzession  vdui  30.  Juni  1869  fUr  die  Strecke  Immensee' 
Kantonsgrenze  bei  Sisikon,  26,063  m. 

NartUtsibahn:  KoniBiaion  vom  7.  Nov.  1871  fUr  die  SEor  Linie  Zllrich- 
Glams  geböreude  Streike  von  der  Kanton^preone  bei  Biehtersweil  bis  snr  SLantoW' 
grense  bei  Reichenbnrg,  23,169  m. 

I{ftpperf!weil-Pfäffikon  :  BundeHkonzession  vom  25.  Juni  1874  för  die  Strecke 
von  Pfätiikon  bis  aur  KantuiiMgrenze  bei  Kapperswyl,  2971  m. 

Wädenmeü'MMkddn:  EoBaesmon  vom  22.  Juni  1870  tta  die  Btreoke 
von  Einaiedeln  bis  snr  Kantonsgrenae  bei  Samstagem,  10,939  n. 

Ärth-Higi-Bahn :  Knnzessiou  vom  23.  Juni  1870  ftlr  die  Linien  Arth- 
Rigiknhn  (11,557  m)  und  Staffelhöhe-Rigikuim  (1903  m  an  Vitsnaner  Bigi-Bahn 
verpachtet;;  zusammen  13,460  m. 

Miffi'Scheideg(/-Ba/m :  Konzession  vom  29.  Nov.  1872  fUr  die  Strecke  von 
der  Eantonsgrenze  bei  Bigi^Fiiat  bis  Bigi'Sobeidegg,  5661  m. 

Straßen 

8.  den  Artikel  «Strafien*. 

Sebynstrasm«  cum  graubtlndneriscben  Straßennetz  gehörend,  wurde  gcbant 
in  den  Jahren  1868  und  1869.  Ihre  Länge  beträgt  13,5  km,  die  Fahrbabnbreite 
4,2  m.  Die  Straße  führt  von  Thosis  durch  den  Sohyn  nach  Tiefeokaaten,  ver> 

Tanw,  VollHwirlhMli»1U>I*Milkoii  der  Schwulm.  5 

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Schyii^iraße 


—    t»6  — 


Seethalhahn 


bindet  daher  die  SplUgeu-  und  BernhardiDstraße  mit  der  Julierstraße,  bzw.  das 
Hinterrheinthal  mit  dem  Albnlatbal  und  Oberhalbitein.  An  die  BaokosteD  von 

Fr.  547,700  leistete  der  Bund  einen  Beitrag  von  Fr.  107,300.  Bundfsbeaehlaß 

vom  2»>.  Juli  IHHI  (A,  S.  m.  Vir,  p.  70). 

Seereelit-  IHe  Sclnveiz  partizipirt  an  der  internationalen  Oebereinknnft  vom 

16.  April  185t)  betrelieud  das  europäitiohe  Seerecbt  iu  Kriegszeiten  (A  8.  VI, 

p.  348),   Anßer  der  Schweis  siod  Vertragflstaiiten :  Frankreieb,  Großbritannien, 

Ilalien,  Ot  ^^terreich- Ungarn,  Preußen,  Rußland  und  die  Türkei.  Die  Beetimmungen 

der  Uebereinkonft  lauten : 

i}  Die  Kaperei  ist  und  bleibt  abgescbadl.  ä)  Die  neutrale  Flagge  «cfaQtzt  die  feind* 
lidie  Ladung!:,  mit  Ansnahme  der  Kriegscontrebande.  3)  Die  neutrale  Ladung,  mit  Aus> 

nähme  der  Kriptrscontrebaniie,  kann  unter  feindlirlier  Fla^e  nicht  als  Prii^e  erklärt 
werden.  4j  Biokädeu  müsseu.  um  verbindlich  zu  sein,  wirklich  bestehen,  d.  h.  durch 
genügende  Erftfte  ausgeführt  werden,  um  das  Betreten  der  feindlichen  KQsten  wirksam 
XU  verhindern. 

üeber  diese  Uebereinkunft  Snß*»rte  sir-b  der  BuuUesrath,  al«  er  dieselbe  der 
BundesversnmTiiInng  vorlegte,  u.  A.  folgendermalien  (Bbl.  IH.*)*!,  II,  p.  3Ö7/61): 

«Das  Gesauitntziel  dieser  Grund!>älze  geht  dahin,  den  Handel  zur  See  auch  fär 
Kriegsaaiten  ni  «rmOglichen,  was  der  Natur  der  Sache  nach  vorzugsweise  den  neutralen 
Staaten  zu  got  kommt. 

.Die  Schweiz  erscheint  nun  bei  disjier  Era^je  insofern  nicht  bethefU^'l,  als  sie  keine 
Marine  und  keine  eigene  Seeschi fTfalirt  besitzt.  Dapej»en  betreibt  sie  einen  starken  über- 
seeischen Handel  und  ihre  Waaren  durchkreuzen  die  Meere  auf  den  Schiffen  der  ver- 
schiedensten Nationen.  Von  diesem  Standpunkt  ans  hat  sie  an  dem  neuen  internationalen 
Sei  lt  rlit  allerdinps  ein  wesentliches  Interesse;  denn  je  sicheirr  uinl  iin-i  -lniU'i  Schifl- 
fahrt  und  Handel  zu  Kiiegszeiteu  betrieben  werden  können,  des»to  weniger  uuchtlieilig 
wirkt  die  Kriegsfnhmng  dritter  Maaten  auf  sie  zurfiek. 

,nie  Fol-ren  des  Nictitlititrittes  zur  Ucbereinlctinff  müßten  für  <li«'  Schwei/  ilaiin 
bes^lehen,  dali  sie  .sich  in  künftigen  fij-iegstailea  auf  die  Grundsätze  <tersell)en  mit  liecht 
nicht  berufen  könnte.  Der  schweizerische  Handel  dOrftc  genAtbigt  werden,  seine  Waaren 
untf-r  df  tu  \:ini»Mi  i'\nfs  anderen,  ilen  Schutz  des  neuen  Seere<  htes  trenießemlen  Staates 
zu  ucklarnen,  wobei  er  n.cht  nur  in  die  unangeuelmie  Lage  ^erielhe,  vuu  dem  guten 
Willen  dieses  Staates  abhängig  zu  sein,  sondern  voraussichtlich  auch  die  Nationalitftt 
seiner  Waaren  zu  verläuiriien. 

,Verptlichttiin:en  oiiei  irgend  welchen  Bosclirrinkun|.'t-ii  tu  Beziehung  auf  ihre  inter- 
nationale Stellung  unterwirft  sieb  die  Schweiz  durch  den  Beitritt  nicht,  da  sie  nicht  zu 
den  seefahrenden  Staaten  gebort  und  die  Uebereinkunft  der  Nalur  der  Sache  zufolge 
nur  die  Handlunirswcise  dieser  letzteren  Staaten  iu  Kriegszeiten  berührt.  Für  die  Schweiz 
resuitiren  demnadi  aus  dem  Beitritt  nnr  Vortheile  und  kerne  Nachtheile. " 

Scctlnilbiihn,  a  a  rgan  isch  - 1  uze  r  n  i  sch  e.     l)ie.<»e  Bahn  ist  das  ünter- 

nelsmeii  eitier  engiif*ehen  Aktienj^esnllsrhaft.  Der  8itz  der  Babnverwaltnug  befindet 

hieb  in  Huchdorf.  Der  Betrieb  wnnie  wie  tVdjjt  eröilnet:  Am  3,  September  188^ 

die  Strecke  EmmenbrUcke-Beinwyl  (27,072  m);  am  15.  Oktober  1863  die  Strecke 

Bein wyl' Lenzbarg  (16,069  m)  nnd  am  23.  Januar  1887  die  Zweiglinie  Beinwyi- 

ReiniK  b-Menziken  (30(51  m).  Die  Seethalbahn  hatte  Ende  1887  eine  Länge  yon 

4ö,;JU2  in. 

Jsiichsler  Riickkaut'steruiiii  tur  «len  Bund:  1,  Mai  r.'OÜ. 

Bauliche  Verhältuisüc  (Ende  1887):  Bauliche  Länge  mit  einem  IIauptgülei>*e 
43,909  m,  mit  zwei  Hauptgeleiscn  1293  m.  Auf  1000  m  Bahn  entfallen  durdb- 
>ili:  ini;(li  1118  m  Geleise.  Von  der  ganzen  Bahn  liejren  iil27m  auf  Diimmen, 
5 1^0  m  in  Kinscbnittcn,  .'{I^,.^.'»^  m  auf  ört'entlicher  Landstraße  und  11  iii  nnf 
Hnirken.  Von  der  BrtriebsUinge  liegen  2702  ui  in  der  Horizontalen,  42,ti<>.')  ni 
in  fcitciguugcn  oder  (jcfällen  bis  zu  37  ^'/oo,  31,011  m  in  der  Geraden  und 
11,296  m  in  Kurven  bis  sn  160  m  Minimalradias.  Mittlere  Steigung  der  ganzen 
Bahn  12,30  ^/oo;  mittlerer  KrUmmnuguhalbmesaer  flir  die  ganze  Bahn  1342  m. 


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Soethalbahn 


—    ti7  — 


Seide 


Stattoneii  19,  wovon  die  wichtigsten :  Lensbarg,  Beinwyl,  Hoohdorf»  Emmen- 
brücke,  Menaken. 

BollmstorUl  Ende  IHHB :  6  Lokomotiven  von  doFobschiiittUoh  20B  Herde- 
krfifteu,  2.')  PerM»nen wagen  mit  817  Sitsptttien  nnd  61  Lastwagen  mit  510  t 

Tragkraft. 

Betriebapersonal  im  Jahre  1888  :  7-1  Mann. 

D«<»>t4wt»         Ber&rdrrto        R«inertT«g  Kam  «ad  DMdwadm 

lahr  IMand«  üuu>r  der  Baba 


Tonueii  Fr,  Fr. 

43,622  2,73ü  —  — 

1884  168,918  16,986  332  — 

1885  ,   170,6^1  18,040  4,786        4,000  =»  0,11  >  Kapttola 

1886  174,249  20,908  2.i,959  12,073  0,40  ,  .  , 
1H87  217,457  24,792  32,409  36,227  =  0,97  ,  ,  . 
1888        210,533  33,173  47,r,?<4  51,190  =  1,41  ,  , 

Kapitalbeetanti  Kii.l.;  isss  Fr.  ;rti2U,0U0,  wovon  Fr.  2  'J7:),<)0()  Aktien 
und  bi\  645,0u0  Uy^jothekaranleilien  a  4  7s  V^*  ^^«i  Babnaalagt^a  üguriren  mit 
Fr,  3*041,987  im  Baukonto,  das  Bollmaterial  mit  Ft.  630,598,  daa  Mobiliar  und 
die  GerStbsobaften  mit  Fr.  41,338. 

(Die  Zahlen  pro  18 88  sind  dem  OtaohXftaberiobt  der  Bahn,  die  Übrigen 
Zahlen  der  aehweiz.  Eisenbabnatatiatak  entnommen.) 

Seide,  Seidenindubtrie. 

Benutzte  Literatur. 

Jahresberichte  der  Kaufmänaiscben  tieselkcbafl  Zürich  (1875—88),  der  Basier  Handels 
knmmer  (1876—88)  und  des  Schweiz.  Handels-  und  Industrievereins  (1880—88). 

Jahrt  sfibersidit'  II  iK  r  J^eidetitrorknung.sanslalten  in  Zürich  und  U;isel. 

Zentralkataiug  und  Fachberichte  über  die  LandesauasleUungeD  in  Zürich  (1883)  und  Bern 
(1857);  Fachbericbte  über  die  Weltausetellungen  in  London  (1851  nnd  186S),  Paria 
1867  IGesaniintI .  li.  Iit  v.>i>  Di  BoUej]  und  1878),  Wien  1873.  Beriebt  von  Baumann* 
Zfurer  Qiier  die  beideuiudustriu. 

<seschichte  der  zflreberischen  Seidenindustrie,  vom  Schlüsse  des  XIII.  Jahrhunderts  an 
hi-  in  tteuerc  Zeit,  hu  Auflrat'e  der  Aaf-i<'htskonin»ission  der  Seidenwebschale 
bearbeiU  t  v..ii  Adolf  Dürkli-Mejer.  Zürich,  Dmch  von  Orell  FillSli  &  üo.,  1884. 

Handel  uiiil  Iti<lii-Iiie  der  Stadt  BaseL  Zunftwesen  und  Wirlbscbaflsge-^chiclite  bis  zum 
Endo  des  XVII.  JahrhundfHs,  den  Anliiven  dargestellt  von  Tr;it5vfttf  Geering, 
Dr.  pliil.   B;isel  188<>.  Druck  un«l  Verlag  von  Felix  Schneider  (Adolf  (itering). 

Die  Kntwickluttg^der  Seidenbandfabrikation  in  Basel,  von  A.  Kflclüin-Geigy  (im  Basler 
Jahrbuch  1885). 

Bericht  an  das  englische  Parlament  ilber  den  Handel,  die  Fabriken  und  Gewerbe  der 
Schweiz,  von  Dr.  Jolm  Howriiig.  Nach  der  ofliziellen  Auf*t:abe  ans  dem  Englischen 
abersein  von  Dr.  H  e,   Züriclx,  bei  Orell  Filüli  \-  Co..  !S;{7. 

ffistorisch-geograpbisch-statistische  Gemülde  der  Schweiz.  1.  Hand,  I,  TbeU:  Der  Kanton 
Zürich.  Von  Gerold  Meyer  von  Knonuu.  Zweite,  ganz  unigearbeitete  und  stark  vw- 
mehrte  Auflage.  8t.  Gallen  und  bem,  bei  Huber  &  Co.,  1844. 

Oesctaichte  der  Hnndebchaft  von  Stadt  und  Landschaft  ZArich.  von  Rathsherr  Schüfiz.  1763. 

Statistik  tl'  s  -i  lnv^i^.  W.<ur<  ir.  i  : li'-brs  von  1851  —  ^1.  7  i- iniinengestelU  auf  GruiMlI.iu'e 
der  ZolitabeUcD  im  Schweiz.  Haudelsdepartentent.  Bern,  äläuipüiaehe  Buchdi  uckerci, 
1887. 

L'art  de  In  SriV.  Par  M.  Natalis  Rondot.  Deuxiime  Edition.  Tomes  I  et  U:  Lea  soiea. 

Paris,  1885  et  1887. 

Statitik  des  Waarenverkelirs  der  Schweiz  mit  dem  Auslände  im  Jahre  1886.  Heraus» 

gcp-phen  vom  Schweiz.  ZolKlepartf  rnent.    ISS.y — SS. 
Notizen  ülier  die  Öeideazucht  bn  Kanton  Tfessin,  von  Herrn  F.  üerz,  Lauloualer  Forsi- 
Inspektor,  Bellinaotia. 


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Seide 


—    Ob  — 


Seide 


Allgemetne«. 

Die  Seideninduatrie  steht  unter  den  Hchweiz.  Industriezweigen  hinsichtlich 
FiodnktioMwerth  und  Arbeitenah!  im  sweiten  Rang.  Die  erate  Stelle  nimmt  die 

Banmwollindastrie,  die  dritte  diti  Uhrenfabrikation  ein.  üeber  das  Ineinander- 
greifen der  Baumwoll-  und  der  Seidenindnstrie  vgl.  man  den  Artikel  „Buiinnvoll- 
indußtrie".  Beide  nehmen  sich  gegenseitig  theil weise  ihre  Fabrikate  ah  «nd  sind 
großeatheils  auch  örtlich  vermengt,  namentlich  im  Kt.  Zürich,  dem  eigentlichen 
indnatrietleii  Herd  der  germaniedien  Schweis. 

Die  Tielarmige  Seideninduetrie  sergliedert  aieh  hanptsficfalieh  in  die  Gewinnung 
und  Zubereitung  des  Kohstotlee,  in  die  Stoffweberei  und  in  die  Bandweberei.  Das 
Zentrum  der  iStotfweberei  ist  Zürich,  dasjenige  der  Bandweberei  Basel. 

Hinsichtlich  des  Rohstoffes  ist  iVn-  Seidenraupenzucht  nnd  die  Gre^'eproduktion» 
die  Organzine-  und  Trainciizwirticrfi,  die  Floretspinncrei  und,  als  nicht  selbst- 
bttimiiger  ZsreJg,  die  Näh-,  Stick-  und  l'osamentirteeideiitahrikation  zu  untt^rscheiden. 

Cocons,  (jrege  und  Organzine  pruduzirt  heute  nur  der  Kt.  Tesain  in  nennens- 
werdiem  Umfange. 

Trame  wird  han]»tslcli1idi  im  Kt.  Zttriob  geswimt  (in  Aiuebmicgung  an  die 

Stoffweberei),  wogegen  die  Floretapinnerei,  entsprecht  ml  ilirem  engeren  Kontakt 
mit  drr  Bandweberei,  f^ich  in  Basel  und  dessen  üniiii  i  lonzentrirl.  Die  N.ili- 
seidtnfiibrikation  gehört  liEiuptaäohlirh  dem  Kt  Zürich  an.  Ein  versprengter  Pu8tea 
ist  die  Bnuteltuch Weberei  in  «!eii  Bimmwollkantonftn  St.  Gallen  und  Api)enzeli. 

Eine  Uebersicht  der  Arbeiter^ahl  dieser  verecbiedenen  Brauchen  bietet  uo- 
gefiibr  folgendes  Bild: 


SeidetiwOnnerzucbt  und  Grögeproduklion  .  .  ca.  2,000  Arbeiter 
Seidenzwinicrei  und  Nähsei<lenfabrikation  .    .     ,     S.OOO  , 

Floretsipimicrei   .     ,     5,iKX)  , 

SlofTweberei  und  HQUIundttstrien  •  32,000  , 

Band  Weberei  ,  12,000 


ca.  59,000  Arbeiter 

Vgl.  ferner  S.  62/64  des  II.  Bds. 


Dem  Fabrikgesetz  waren  Anfangs  1869  27,000  Arbeiter  in  227  Etablisse- 
menten  unterstellt,  nämlich: 

1)  Arbeiter: 


Stoff- 
webcrei 

B*nd> 

ha  Kt. 

WlBdwvi 

fM>ri. 
kation 

Vifberal 

AppraluT 

Totia 

Zürich  .  . 

.  776 

Ul 

2197 

(ir>08 

1206 

290 

U417 

Bern    .  . 

.  773 

127 

258 

303 

1460 

Liizem .  . 

466 

54 

54 

37 

601 

Uri  .   .  . 

33 

32 

Schwyz 

.  137 

63 

59 

359 

Nidw,iliii-ri 

63 

8') 

71 

Solutliuru  . 

lao 

21S 

176 

534 

Btti^elstadt 

'.  lQ3t 

45 

469 

349 

4267 

967 

154 

7183 

Baselland  . 

.  1497 

7 

90 

57 

734 

3385 

St.  Gallen  . 

« 

73 

48 

408 

538 

Aargau 

* 

119 

568 

261 

iKi 

1431 

Thurgau  . 

66 

37U 

13ü 

586 

Tessin  .  . 

!  1981 

99 

1380 

Glarua  .  . 

.  AnsrOst 

ung  von  Nahseide: 

8 

6056 

144 

1490 

3500 

7948 

6093 

3173 

444 

37855 

*>  Ztttlmi.  IM«  aMgm  Zettleniab  tSoA  ia  d«r  StoBwLwl  la.b«gifffni. 


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7 


Seide  —    69    —  ^i^e 

2)  Etablissemente : 


im  Kt. 

Spiiuxerai 

Wiudorei  Zwlrneroi 

w«D«irn 

fktai- 

Appretur 

Total 

Zürich  .  . 

6 

— 

9 

iO 

61 

— 

14 

109 

Bern    .  . 

% 

— 

ä 

1 

1 

— 

— 

7 

Luzern .  . 

3 

— 

1 

1 

1 

— 

— 

— 

6 

Uri  .    .  . 

1 

— 

1 

Sciiwyz 

1 

— 

1 

— 

1 

— 

— 

— 

3 

Nidwaldea 

1 

i') 

Sololhum  . 

1 

— 

1 

4 

4 

1 

2 

4 

Jw 

V 

O 

An 

Pm-1Iuu(1  . 

8 

1 

1 

6 

13 

Gallen . 

% 

1 

3 

6 

Aatfuu 

3 

11 

8 

6 

13 

Thurgau  . 

1 

3 

6 

Tessiu  .  . 

4 

6 

Glarus .  . 

.  Aiurflstnog  von  NUndd«: 

1 

S5 

3 

13 

41 

66 

31 

13 

14 

117 

8  e  i  (i  e  n  a  u  c  h  t. 

Die  Seidenzocht  wird  zar  Zeit  nur  noch  im  £t.  Tefisin  in  uriieblichem  Um- 
fange betrieben,  wo  der  Haalbeerbaam  noch  700  m  U.  M.  gedeiht ;  auch  in  einigen 
Thäleon  GnabttndtniB  (Ubox,  Calanca  und  Brega^kthal)  hal  aie  sich  noch  einiger- 
ina(^a  zu  erhallen  vermucht.  Es  werden  gelbe,  weiße  und  grttne  Cooona  jiroduzirt. 
Heber  die  Tessmer  Seidenzucht  schreibt  Herr  FontinepAtor  und  Landwirthaohafta- 
«ekretär  F.  Merz  in  Bellinzona  dum  Lexikon : 

«Die  Seidenzucht  hat  fUr  den  Kt.  Tessiu  und  namentlich  fULr  den  sUdlichcn 
Theil  deaselben  eine  große  Bedeatnng,  ttbentteg  doeh  An&oge  der  70er  Jabre 
der  Ertrag  der  Seidenzucht  eine  Million  Franken  per  Jahr. 

„Nachdem  die  Sfidenraupe  und  dir  Same  des  Maulbeerbaumes  (morus  alba) 
hchon  im  ü.  Jahrb  von  China  nach  Ko  lütaiitiiiupel  und  von  da  nach  GriecheT»- 
laad  gebrucUt  wordcu,  trat  man  die  Süidtsuzucht  vor  6 — 700  Jahren  auch  lu 
Italien  und  in  der  italienischen  Schweiz. 

^Die  hSchste  Entwicklungsstnfe  erreichte  die  teaaDiäche  Seidenaneht  in  den 
Jahnn  1870 — 71,  wo  die  Coconsprt'ise  di<'  llölu-  von  Fr.  (1  per  kg  erreichten, 
in  wenigen  Jahren  war  der  Kanton  mit  Maulbeerbäumen  übersäet  und  fa^t  iu 
jedem  Hautte  wurde  die  niitziiche  Seidenraupe  gezüchtet.  Im  Jahre  lb72  kultivirte 
der  Sottooeneri  (Lugano  und  HeDdrisio)  153*000  kg  Goooiw  im  Werthe  yon 
Fr.  950,000;  der  Geeammtertrag  nach  einer  damab  anfgenommeaen  Statistik 
betrog  im  Kt.  Tessin  187,473  kg  Cocons  in.  Werthe  von  Fr.  1' 144,864. 

„Diesen  hohen  Preisen  folgte  jedoch  bald  eine  UeberprodnktioD  und  mit 
derselben  eine  schwere  Krisis  fUr  die  tesaiuische  Seidenzucht,  so  dali  dieselbe  in 
einigen  Gegenden  gana  verlassen  und,  nameotlioh  im  nSfdliohen  l%eil  des  Kantons, 
die  Axt  an  die  WnTsel  des  Maulbeerbanmes  gelegt  wurde. 

«Seit  dem  Jahre  1887  scheint  die  Seidenzucht  wiederum  aufblühen  zn 
wollen,  indem  die  Preine,  welche  in  den  letzten  Jahren  bis  auf  Fr  2.  50  per 
kg  gesunken  waren,  im  Jahre  1888  auf  Fr.  3.  .30  und  im  Jahre  1881*  gar  aut 
Fr.  4  im  Durchschnitt  gestiegen  sind.  Kach  einer  1888  aufgenommenen  Statistik 
wurden  im  Kt.  Tesstn  117,010  kg  Oocods  im  Werthe  von  Er.  386,211  prodmcirt, 
wovon  Fr.  3:U>,G(30  auf  deu  Sottooeneri  entfallen.  Im  Jahre  1889  erreichte  der 
Et  tn*[^  <!cr  Seideosncbt  wenigstens  Ys  Million  Franken. 

>>  ZMOitnL  IM«  abitgMi  Zatitoraim  itad  ia  im  Stcffw^tMirel  iabegriiltai. 

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Seide  —    70    —  Seid» 

„Aiifaugs  der  7 Oer  Jahre  worden  aus  Japan  jährlich  ca.  20^000  Cartous 
Seidcnraopeneier  eingefllbit,  au  welchen  g^n  500,000  kg  Cocons  in  einom 
Werthe  von  l'/a — 2  Mülionen  Franken  prodnsirt  werden  konnten. 

„Die  Seiilenzttchter  rechnen  im  Allgemeinen,  daß  1  ünjie  (30g)  Eier,  welch» 
mit  Fr.  12  — 10  bezahlt  werden,  2r) — ib  kg  Cocons  produziren  und  daß  es  zu 
1  kg  gesponnener  Seide  12 — 15  kg  japanesische  oder  11 — 12  kg  einbeintibche 
gelbe  Cooons  brenoht. 

«Um  aioh  dn«  Tmtellung  in  machen  vom  Qnantnm  Blfttter,  dae  die  fianpcn 
wfthrend  den  fttnf  Woeben  bie  anr  £inpuppnDg  verzebreu,  sei  erwSfant,  daß  für 
je  1  Unze  Eier  oder  flir  je  30  kg  Coeone  oder  für  je  2  kg  gesponnene  Seide 
800  — 1CX)Ü  kg  Blätter  noth wendig  Bind. 

mDm  größte  Binderniß,  das  nun  einer  raschen  Entwicklung  der  Scidenzuoht 
im  Et,  Teaiiin  entgegensteht,  ist  der  Mangel  an  Uanlbeerbünmen,  da  diese  in  deo 
letzten  Jahren  virlfiich  zerstört  wurden.  Um  WUX  baMuiiiglithst  das  erforderliche 
Material  zu  besitzen  flu  die  daherige  Bepflanzung  der  Aecker  und  Wiesnn,  bat 
die  tesöinische  Kegicning  J'Hanz^chnlen  angrlfgt,  in  welnhpn  diese  Biüiiiu'  mitge- 
zogen, veredelt  und  duun  zu  biUigeui  l'rei«e  an  die  Stsideuzüchter  abgegeben  werden." 

Im  Graubllnden  kam  früher  anob  das  Pnsehlar  in  Betraobt  nnd  Ver- 
suche wurden  selbet  nm  Chur  herum  und  im  üomleschg  gemacht.  Es  gibt  Uber- 
baapt  wenig  Kantone,  in  denen  die  Seidenkultur  nicht  verbucht  worden  wäre. 
Am  ausgedehntesten  scheint  dieß,  von  Tessin  abgesehen,  in  Genf  und  Wallis  der 
Fall  gewesen  zu  sein.  In  einem  eidg.  Bericht  an  die  Iranzösische  Gesandtschaft 
in  Bern,  v<hu  Jabre  1866,  wird  gesagt,  daß  im  Et.  6enf  25  ZUohter,  mdst 
franaSeischer  Nationalitüt,  sowie  ziemlich  ausgedehnte  Uaulbeerbaumpflauzongen 
seien  .  Der  Maulbeerbaum  gedeiht  übi  rall,  wo  der  Weinstock  und  der  Nußbaum 
gedeiht,"  heißt  ph  daselbst.  Dieser  Krwerbpzwoig  -ri  indessen  in  Abnahme  be- 
grittenj  vielen  ZUchtern  biete  er  kein  genügendes  iuukommcu  mehr;  einzelne 
Pflanzungen  seien  in  Wdnbergc  umgewandelt  worden  nnd  fttr  die  ZVehter,  welche 
fortfahren,  sei  es  immer  schwieriger,  die  nSthigen  Blätter  au  bekommen.  Samen 
und  Cocons  au8  diesem  Kianton  würden  übrigr-n^^  im  Auslände  sehr  geschätzt. 

Im  Wallis  züchtete  man  laut  dem  glcii  bt  ii  liericht  zur  selbtni  Zeit  in  Sitten 
und  Monthey.  Der  ganze  tiefere  Theil  de<i  üaotuns  eigue  sich  dafür;  die  Krank- 
heit habe  keine  großen  Verheerungen  angerichtet,  wohl  aber  hätten  die  Seiden- 
baner  mangels  Absats  fdr  den  gesogenen  Samen  Last  nnd  Math  yerloren,  nnd 
diesen  zu  beben,  werde  nichts  gethan. 

Im  Kt.  Waadt  jirobirten  eine  lieihe  von  Ortschaften  aiu  Gonft  rsee  die  Seiden- 
zucht,  ebenso  Payerne  und  das  Gpbirt  der  Orbe;  einen  größtiivii  Maßstab  iialiinen 
diese  Bestrebungen  nirgendu  au.  Nieiutiud  widmete  sich  denselben  im  ganzen  L  m- 
&nge  seiner  Beaitxongen  nnd  seiner  Kraft;  Filanden  gab  es  keine;  die  Cocona 
worden  nach  Prankreich  oder  nach  ZUrich  geschickt.  Man  züchtete  hauptsScblich 
^pctits  milanaiM",  später  au<  b  japanische  und  weiße  Hace.  Mit  der  SamRnzucht,. 
die  haupt.säcblii  h  botrieben  wurde,  erzielten  Einzelne,  nach  dem  schon  zitirten 
Bericht,  immcthin  einen  schönen  Gewinn. 

Ancb  in  nördlicheren  Eantonen  wurde  mit  der  Anlage  Ton  kleinen  Manl- 
beergSrten  manche  große  Hotfnung  geptianzt.  Nftheres  Uber  ältere  und  neuere 
Versuche  ist  namentlich  aus  dem  Kt.  Zürich  bekannt.  Daß  im  Mittelalter  in 
Zürich  Seidenwürmer  gehalten  worden  seien,  vermutbiu  Einige  aus  mehreren 
Erkenntnissen  des  Ricbtebrieles.  ^)  In  der  aweiten  üaifte  des  lU.  Jahrh.  räumte 


*)  Heyer  von  Koonau. 


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.Seiile 


71  — 


Seide 


der  Rath  in  Zttricli  dem  locarauoiieD  Fltfehtling  Zanino  eina  dem  Spitkl  gebärende 

Wiese  im  Selnau  uneiitgeltUoh  MT  Pflanzung  von  Maulbeerbäumen  eiu,  ebenso 
eine  Lokalität  im  Oilt  iil»aih  zum  Abhaspeiu  der  r(jron<^  und  zum  Zwirnen  der 
Heide.  Die  neue  l'tlan/.uii;;  im  S«  liiau  nchit-n,  wie  BUrkli  erzahlt,  Anfanirs  m 
wohl  zu  gedeihen,  daß  sich  di«  in  Zürich  vcrburgerten  Freiherr&u  von  LUn  auf 
^  Giiesenberg  im  Thnrgau  su  einem  ähnlichen  Ver»ucb  emontern  Eefien.  AIb  Zanino 

später  eigenmächtig  mdirere  bedeutende  Grundstücke  in  Wiedikon  »pekulatiove» 
weise  ankaufte,  verlangte  der  Rath  die  Yerttetzung  der  Maulbeerbäume  aus  der 
SehiHUwieHe  m  jene  GrundhtUcke  und  scheint  dntluicli  Veran!u8,ming  zum  völligen 
Ruin  alier  Unternehmungen  des  rührigen  Locarneseu  gegeben  zu  haben.  Später 
bemühte  aicb  ein  ZUrcber,  Namens  Haab,  um  den  Seidenban.  Er  Ue6  in  «änem 
Landgnte  sn  Herrliberg  etliche  Hundert  weiße  IfanlbeerUtume  pflanzen,  warde 
aber,  al»  rolit-  Ltute  die  jungen  Bäume  umhieben,  von  ferneren  Vcnaohen  ab- 
geschreckt. Bald  hernach  gaben  sich  mehrere  ZUn  her.  di^-  im  Bej-itxe  vtu  GiUern 
im  Ilard  (Außer»ibl}  und  zu  Laud^wein  (bei  Hüngg)  waren,  viele  Muhe  mit  der 
Zucht  der  Maulbeerbäume,  welchen  aber  der  kalte  Winter  von  1740  großen 
Schaden  brachte.  *) 

Im  Jahre  1737  legte  das  Kaufmännische  Direktorium  eine  neue  I'lt.iuzung 
im  Selnan  an  und  dicj^e  wurde  im  Jahre  1752  von  Hann  .fuknli  l'.^tulozzi 
(Pestalutz)  zum  Steiniiuck  ül)örnoraraen.  Bin  1780  zog  dieser  Imlustrii  llc  unatis- 
gesctzt  jedes  Jahr  5Sti<Jcuwürmer,  die  er  grolicntheils  zur  Gewinnung  vun  Samen 
verwendete.  Aus  1  Loth  (15  g)  Samen,  den  er  sum  Britten  aaslegte,  gewann  er 
als  Ertrag  seiner  Ernte  00 — ll4,  in  besonders  gUnstigen  Jahrgängen  selbst 
14"  Luth,  fUr  welche  er  in  Italien  guten  und  leichten  Absatz  fand.  Die  Italiener 

r  schienen  diesem  Samen,  als  aus  einer  nördlichen  Gegend  stammend  und  daher 

mehr  Widerstundtikralt  besitzend,  den  Vorzug  vor  demjenigen  des  eigeneu  Landes 
geschenkt  zu  haben.  Weil  aber  das  Geschäft  der  Samenproduktion  große  Sorgfalt 
erforderte  und  nicht  selten  mißlang,  ließ  Pestalnts  von  1781  an  seine  Cooons 
abhaspeln.  Die  Gewinnung  von  Seide  wurde  nacli  »ei'iem  Tode  (1787)  von  seinem 
Hohne  fort  betrieben,  mit  Uuterbruch  weniger  .lahn  hiis  1804.  In  günstigen  Jahren 
gelang  os,  wie  in  Italien,  aus  10  Pfund  Cocons  1  Pfund  Seide  zu  erhalten,  (im 
Et  Teesin  erhält  man  heute  durobiohnittUch  Ton  100  kg  frisch  ana  den  Ofen 
kon^nenden  Cocons  8  kg  rohe  Seide  und  50  kg  Abfälle,  von  100  kg  trockenen 
GbeooB  26  kg  rohe  Seide  und  45  kg  Abfälle.  Die  restirenden  OtoonshUlsen  mit 
dem  todten  Wiirm  werden  meisten.«  gemahlen  oder  sonst  zerkleinert  und  nh 
Dünger  verwcudt^t.)  Das  Maximum  der  jührlicheu  Ausbeute  der  reotHlut^isclien 
Zucht  betrug  15  Pfund  Seide;  es  war  also,  wenn  auch  als  Verbuch  einer  der 
henMrkenswerthesten,  ein  hOohst  uubedentendes  Unternehmen. 

•  180<i  —  -0  wurde  die  Seidenkuitin  von  einer  Gesellschaft  in  Wädensweil, 
ermtintert  durch  den  Ortspfarrer  Hriicli,  betrieben.  Auch  in  den  30er  Jahren 
\vur<le)i  in  mehreren  Landesgegenden  8eidcnwürmer  gehalten,  wuzii  den  Ant^toß 
der  Fabniiunt  Heinrich  Studer  in  Wipkiogen  gab.  Dieser  war  im  Besitze  einer 

r  großen  Zahl  Ton  Maulbeerbäumen,  zog  viele  Tausend  Wttrmer  auf  und  gewann 

beliließlieh  um  20  Pfund  gute  Seide  per  Jahr.  *)   Die  Baupenzueht  bestand  im 
Kt.  Zürich  auch  kurze  Zeit  vor  der  Abfassung  des  erwähnten  eidg.  H*  rlohtes  an 
die  tranzör^ische  Botschaft  (ISHT»)  noch,  nnd  zwar  in  den  Bezirken  Ztirich,  Meilen 
und  Alfoltern.  Die  Maulbeerbäume  wurden  infolge  der  Kaupenkrankheit  beseitigt;* 
vom  KHa»  des  Kantone  wird  behauptet,  daß  ee  sonst  fast  überall  günstig  wäre. 

^)  Meyer  von  Knonau. 


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Seide 


\    -    72  - 


Seide 


41 


«Der  Maulbeerbaum  widenteht  dem  Froete  besser  als  der  WeioBtook  und  gedeiht 
überall  wo  dieser.  Einen  bedeutenden  Vortlicil  besitzt  anaere  Seidenzncbt  SU- 
dem  darin,  daß  die  Temperatur  während  der  Entwicklungsperiode  der  Raupen 
eher  niedrig  als  hoch  ist  und  ohne  Nachtheil  für  die  letzteren  atif  den  nüthigen 
Grad  erhöht  werden  kann,  wogegen  in  den  wärmereu  Läudern  die  große  Eitze 
Erankheiieii  enseugt,  welcbe  ecbwer  ao  bekämpfen  aind."  ^ 

Großea  Intwease  wurde  der  Wttrmerzttoht  auch  im  Aargail  von  Praktikern 
and  Theoretikern  entgegengebracht.  Im  aargauischen  Rechenschaftäbcricht  vom 
Jahre  1840  wird  namentlich  der  Bemühungen  des  Bf  /irksurzte«  Welti  von  Zurzach 
Erwähnung  gethau;  es  sei  ihm  von  der  Regierung  aU  Anerkennung  und  Auf- 
manterung  eine  kleine  Gnitiftkation  anerkannt  worden.  An  der  Landetuiuätitellung 
in  Bern  im  Jahre  1857  stellten  neben  fünf  Tewinern  vnd  swei  Walliaern  auch 
awei  Ittdnatrielle  aus  dem  Aargau  Cocons  und  Rohseide  ans.  „On  y  trouve  de 
nombrfUst*fl  phnitations  de  muricrs  et  de«  ciiltivatenrn  qni  s'occnpent  de  rc-dncation 
de«  verh  H  boie  avec  les  connai8»aiice8  et  rexperieuce  ueceMhüirt'a, "  heilit  t  s  endlich 
in  dem  mehrfach  erwähnten  eidg.  Bericht.  Ebenda  wird  die  Zahl  der  Maulbeer- 
Utome  im  Kt.  Si  Gallen  (am  obem  Sueinthal,  am  Seegeatade  nnd  am  Wallen- 
Htättersee)  auf  25,000  geeohfttit  nnd  Uber  den  Kt.  Baselland  berichtet,  daß 
daselbst  11,000  Maullx^erpflnnzen  auH  dem  sUdlioheo  Il^raaknnch  importirt  und 
zum  Theil  mit  Krtolg  i^epilfi^t  wurdi.'ii  seiei\. 

In  der  Stadt  Basel  hatte  der  berühmte  Prut'esüor  Felix  Platter  (153Ü  — 1614) 

eine  Seidensuebt;  man  yermnthet,  er  habe  sie  auf  seinen  Reisen  im  slldliohen 
Frankreich  kennen  gelernt.  In  seinen  noch  erhaltenen  Rechnnngen  ans  den  Jahren 

1558  — 1»>12  stellt  dw  Notiz,  er  habe  gelöst  ans  Soiden  von  wilrmen  anno  15"J5 
geöchätzt  auf  'JU  f7'  (Fr.  200.  70)  und  St  idenwilrmsamen  verkauft  um  2  10  ^  • 
(Fr.  ti).  Auch  im  Kt.  Bern  widerstand  man  dem  Reize  solcher  Verbuche  nicht. 
Im  Jahresbericht  pro  1867  der  Sektion  Wangen-Henogenbacbsee  der  Bemiachen 
Yereins  fttr  Handel  nnd  Industrie  wird  bemerkt«  daß  die  Seideniaeht  mit  dem 
MaulbeerKpinncr  aufgegeben  worden  Kci,  dagegen  aber  die  Yersnohe  mit  dem 
£ichen8pinuer  (.laiua-Mai)  fortgesetzt  werden. 

Alle  dieue  vielen  Bemühungen,  deren  übrigens  da  und  dort  ganz  im  Kleinen  t 
auch  zur  Stande  noch  angestellt  werden,  zeigen  dentlich  genug,  daß  Cisalpinien 
fttr  eine  wirthsohaftlich  erfolgreiohe  Seidenaadbt  nicht  geeignet  ist.  Wir  beben 
einstweilen  an  der  Biene  ein  ln»ekt,  das  intelligente  Bemühungen  in  unserem 
Klima  hi'sspr  lohnt  als  der  spinnende  Immigrant  muh  dem  himmlisrht  ii  lieioh. 

Einfuhr  und  Ausfuhr  von  Sfnlencocom.  Hierüber  gibt  die  üchweiz.  Zoll- 
•tatistik  lär  die  Zeit  vor  1878  keiue  genaue  Anskanft,  indem  sie  Coconä  uud 
Seidenabflille  snsammeDwttrfelte.  Seit  1878  ▼ariirte  die  Einfuhr  awiscben  1989  q 
netto  im  Jahre  1888  und  5442  q  brutto  im  Jahre  1882;  die  Ausfuhr  zwischen 
501  q  nett»  im  Jahre  18Hh  und  42oi  q  brutto  im  Jahre  1881.  Haupteinfuhr 
und  HauptauHiuUr  vuu  nud  nach  Italien. 

Gregeprodnkt.ion.  ^ 

Dit:  in  d(  r  Schweiz  pruduzirten  Cocons  werden  grüßteotheils  im  Kt.  Tet^in 
lilirt  ^  ab^'ehH8pelt  I.  Im  Jahr<-  1888  bestanden  dort  drei  größere  Filauden.  eine 
in  Lugano,  eine  in  Mendrisio  und  eine  in  Melano.  Alle  drei  betrfib'^n  nuch  die 
Zwirnerei.  Sie  besitzen  zusammen  6Ö6  Bassine«  (BleohbchliKseiu  zum  Aulweicbeu 
der  Coeons  in  heißem  Wasser)  nnd  filiren  außer  sdiweisariseheii  andfai  italienische 
Cocons.  Die  Gespinnste  bewegen  sich  in  den  Nummern  9/10  bis  12/14  (4&0  m  * 
FadeniMnge  =  9ilObisl3kl4  deniera;  20,000  deniers  :r=  1  kg).  Die 


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Seide 


—    73  — 


Seide 


Gesammtproduktion  von  Griige  aita  eokweiserudMO  und  italienischen  Cocons  beläuft 

bicb  auf  30,000—40,000  kg  per  Jnhr,  während  der  Bedarf  an  Gir-ge  für  die 
Schweiz.  Tramenzwirnerei  allein  diiM  iJrei-  bis  Vierfache  (130,000  kg)  und  die 
Grcgeproduktion  der  ganzen  Welt  da«  500-  bis  700lacbe  (18— 20 '000,000  kg) 
beträgt.  Die  Grtge,  weldie  die  Sehweis  außer  der  teaeiiiiMheii  itbr  ihre  TraneD', 

I  Mäh-  und  Cordonnetfabrikation,  sowitt  zur  Kohweberei  braucht,  ist  größtentheils 

chioesiBche  und  japanetiiHche,  die  Keit  langer  Zeit  größtentheilH  direkt  aus  den 
Produktionsländem  bezogen  wird,  wogegen  sie  früher  von  den  Zwischfimiiiikten 
London  und  Lyon  b^hatit  werden  mußte.  Von  europäischer  kommt  la  erheb- 
lidiem  Maße  nur  die  italienincfae  in  Betradit ;  genaaeren  An&ohlnß  hierttber  gehen 
die  nac^hutehenden  ZoBammenstellangen  ttber  die  Konditionirung  und  die  Einfuhr. 
Die  Verwendung  von  chinesiHcher  und  japanettiHcher  Seide  in  großem  Maßstabe 
datirt  übrigeuH  erwt  vom  Ende  der  50pr  Jahre,  wie  auch  die  Tramenzwirnerei 
in  der  Schweiz  »ich  hauptttächlich  in  diesen  Jahren  zu  entwickeln  begann.  Aus 
den  30er  Jahren  dieaee  Jahrfanndertv  berichtet  Dr.  Bowring,  daß  für  die  Tramen- 
und  Nähaeidenlkbrikation  etwas  Bohfeide  ans  Indien  heaogen  werde,  wenig  au» 
Ghioa^  viel  aus  Brusc^a,  auch  etwas  aus  Frankreich  und  Spanien,  dem  Tirol  und 
dem  Kircnenstaat.  Aus  dem  Jahre  1717  liegen  nach  Bürkli  Andcutunjjen  über 
Bezüge  von  Tirolerseide  (von  Kovcredo)  vor,  von  welcher  indessen  zu  vermuthen 
ist,  daß  ide  in  der  Schweiz  schon  lauge  vorher  sur  Verwendung  kam.  Am  neieten 
wurde  in  den  früheren  Jahrhunderten  Mailttnder-  und  Berganiaakeneide,  welober 
die  Tirolerseide  nachstand,  geschätzt  und  verbraucht. 

Im  Jahre  170t)  galt  nach  Bilrldi  rohe  italieni-*  he  H-  ide  15  Guldi  n  20  Krenzt-r 
per  6  i*iund  {k  36  Loth)  und  20  Loth  Zürcher  Gewicht,  gleii'h  4  (jul«ien  \k  Fr.  ÜO) 

*  lU  Kreuzer  per  Pfund  oder  Fr.  29 — 30  heutigen  Gcldwerthes  per  kg. 

Von  der  italienischen  Grege,  die  man  Ittr  Tramen  benntste,  hieß  es  im 
Anfttiig  des  jetzigen  Jahrhunderts,  d.  h.  zur  Blüthezeit  der  Schweiz.  Tramen- 
zwimerei,  gemeiniglich,  si«-  sei  tliciu-r,  sobald  der  Preis  \\er  I^fmul  in  z\v<'i  Zalilen 
angcgeb€n  werden  mußte,  also  10  Ü.  (Fr.  45,  somit  ungefähr  der  heutige  Preis) 
oder  uiehr  betrug. 

In  der  Ztfroher  Lohnordnimg  von  1673  ist  auoh  von  holUndisoher  Seide  für 

die  Florfabrikation  die  Bede;  vermnthlich  haudolte  es  bich  um  japanesiaohe  Seide, 
indem  die  Holländer  zuerst  von  allen  Nationen  mit  Japan  verkehrten  und  lange 
Zeit  den  Alleinhandel  mit  diesem  Lande  besaßen . 

Am-  aud  Ausfahr  von  Grege.  Vor  iHÜb  bildete  Grege  keine  besondere 
Position  der  sohweis.  Waarenverkehrestatistik.  Nadi  den  seitherigen  Aufkeioh- 
nuDgeo  varürte  die  Einfuhr  swisehen  4:292  q  im  Jahre  1885  und  6470  q  im 
Jahre  188«,  die  Ausfuhr  zwischen  l.i73  q  im  Jahre  18H6  und  1629  q  im  Jahre 
1888.  Dtv  Einfuhrwerth  per  100  kg  wird  anir''<r-bfn  auf  Fr.  5)50  -4500.  der 
Amfahrwertk  auf  Fr.  3322 — 4038.  Haupteiutuhr  aus  Frankreich,  Hauptausfuhr 
naoh  Deutsdilattd. 

Seiden  Bwirner  ei. 

'  1)  Organaine.    Die  Fabrikation  von  Ketten    oder  Drganzineseide  int  in 

der  Schweiz  nie  zn  großer  Bedeutung  gelun^^'t.  Die  litx  huil'ung  der  crfordprliehen 
italieuischeu  Grege  bester  Qualität  war  von  jeher  mit  Schwierigkeiten  verbunden 
und  namentlich  auch  durch  Ausfuhrzölle  seitens  Italiens  cra-chwerl  (zur  Zeit  [1889]  _ 
Fr.  38.  50  per  100  kg).  Die  Hauptmaane  der  Organzine  für  die  sehweis.  Weberei 
ist  stets  vom  Auslände  bezogen  worden,  und  zwar  zum  grOßten  Thcil  aus  Italien. 
In  'inr  Schweiz  befassen  sieh  namentlich  die  schon  ^^er.tnnten  drei  Filanden  in 
Lugano  (9148  Spindeln),  Meudriaio  (13,000  Spindelu)  und  Melaiio  (Zwirnerei  in 


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Seide  —     74    —  Seid» 


Capolago,  11,000  äpiDÜtiin}  mit  der  Organsinezwiinerei,  iiidttiu  bie  liietiir  buwoUl 

ihre  sellMt  prodnarlo  als  Baoh  itaUeniaohe  Qihg»  yenrenden.  JJüb  sebwen.  G«-  . 

«UDmtproduktion  von  Organzine  betrug  im  Jabfe  1687  nach  den  ErroittlangeD 

des  Vereins  »chweiz.  Si-idt- nzwirner  57,300  kg,  anno  1H85  64,634  kg.  In  Zürich 

und  Basel  wurden  hingegen  im  Jitliri-  1,'<s?s  rund  (j:iO,0(.)0  kg  Organzine  getrocknet. 

in  allen  europäischen  Anstalteu  zuäuujmcu  4  600,000  kg,  gleich  ca.  siebeumul  das  ^ 

sehweis.  Quantom.  f 

2)  Tranie  WeeeBtlioh  anders  als  mit  der  Zwirnerei  von  Organzine  verhält 
es  sich  mit  derjenigen  von  Eiutragseide  oder  Tianie.  Die  inländische  Produktion 
davon  kommt  dem  Bedarf  der  Schweiz.  Stoff-  und  Bandweberei  viel  nSher.  wobei 
aber  eigenthiimlicberweise  trotzdem  da«  Verhäitniß  obwaltet,  daß  ein  großer  Theii  ' 
der  inländieehen  Trame  ausgeführt  and  riele  fremde  Trame  Mngeftthrt  wird,  wae^ 
atsk  aam  Hieil  dadnrch  erffllrt,  daß  die  größteo  SeideDwaarenfabrikanten  eigeoe 
Zwirnereien  in  Italien  haben.  Die  Gesammtproduktion  der  Schweiz  betrug  im 
Jahre  1887  nach  den  Krmittlungen  des  Vereinn  Schweiz,  Scidenzwirner  25 1  ,*2h3  kg. 
Getrocknet  wurden  hingegen  im  gleichen  Jahre  in  ZUrich  3Hl,bt26  kg,  in  Ba^ei 
134  »589  kg,  zusammen  516,451  kg,  aleo  ^wae  mehr  als  das  Doppelte  der  eigenen 
Produktion. 

Die  moderne  scliweis.  Tramemwirnerei  is  großem  Maßstäbe  datirt  vom 

AuKgHng  der  50,'r  Jahre,  um  welche  Zeit  große  QuimlitSten  chinesischer  und  j 
jupau6«ii<üher  Grege  verwendet  zu  werden  begannen,  weil  in  Europa  die  Koh- 
hcideuproduktion  anter  einer  heiligen  Seidenraupenseuche  litt.   Auf  diesen  neuen 
Bofasteff,  der  sur  Terarbeitnag  ganx  anderer  Fabrikationsmethoden  als  der  bis 
dahin  für  italienische  nnd  firanzösisohe  Snde  gebräuchlichen  bedurfte,  warf  man 
sich  im  Kt    Zürich  mit  ranchem  Erfolg:   namentlieli  wandten  sich  der  Tramcn-  ^ 
Zwirnerei  auch  die  Nähseiden-  und  t'urdonnetfabnkanten  zu.    Das  neue  l'abrikat  . 
zeichnete  »ich  vor  dem  italienischen  und  französischen  bald  durch  benuaders  sorg- 
fiUtige  Arbeit  aas  nnd  machte  demselbea  bedeutende  Kenkanrena.    Der  neue 
Fabrikationszweig  dehnte  sich  deßhulb  bald  anch  in  anderen  Kiintonen  aus,  ao- 
niirnentliclj   im  Aargati,   in  St.  Gallen,   Luzern,  Solothurn  und  Basel,   und  man 
nimmt  an,  daß  er  um  das  Jahr  1872  oder  1H73  die  hwhste  Blütho  erreicht 
hatte,  ohschon  sich  die  Produktion  seither  noch  bti<rk  vermehrte. 

Im  Kt.  Zttrioh  wurden  im  Jahre  1872  (nach  den  Aufoahmen  der  Kanf» 
mlnnieohen  Gresellschaft)  120,453  leg,  im  Jahre  1883  190,746  kg,  im  Jahre  1885 
133.569  kg  Trame  fabrizirt.  Für  die  ganze  Schweiz  ermittelte  der  Verein  seliweiz. 
Scidenzwirner  im  Jalire  \HH'^  eine  Produktion  von  250.504  kg  Organzine  und 
Trame  zusammeu,  im  Jahre  1885  227,658  kg  Trame,  im  Jahre  1887  251,283  kg^ 
Trame,  woTon  ea.  die  HSlfls  im  Inland  konsamirt  worden  sdn  dürfte.  Das  innore 
Gedeihen  der  Indastrie  begann  von  1872/73  an  hauptsBoblich  infolge  großer 
Unbeständigkeit  und  anhaltenden  Sinkens  der  GregcpreLse  za  wanken.  Der  Roh- 
stoff ejif wertliete  sich  incisteTi>  während  der  Verarbeitting  nnd  dementsprechend 
das  Fabrikat.  Die  Trnmenzwirnerei  kounte  sich,  wie  der  Jabi-cöLericht  der  Kauf- 
männischen Gesellsohcft  Zürich  Uber  das  Jahr  1875  sagt,  gegen  die  ausländische  ^ 
Konknrrena  nur  dadareh  aaf  dem  Kampfplati  erhalten,  daß  sie  sieh  denlenigen 
Sorten  des  ostasiatischen  Rohstoffes  zuwandte,  welche  leicht  windbar  sind,  und 
daß  sie  ferner  dir  geringeren,  billigeren  Sorten  verwendete,  nm  ans  denselben 
durch  sorgfältigste  \  erarheitnng  ein  relativ  besseres  Fabrikat  zu  erzielen,  als  es 
die  ausländischen  Kunkurreiiteu  aus  bessereu  und  theurereu  Sorten  herzustellen 
▼ermoohten.  «Infolge  denen  ist  der  inllndische  Tramenswirner  haaptsMohlieh  auf 
die  leieht  windbarra,  aber  aohwierig  zu  putienden  geringeren  Maybash'Gr^en, 


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Seide 


—    7ö  — 


Seide 


ferner  anf  die  gröberen  Chinagregen  (Taysaam)  und  als  Spezialität  auf  die,  infolge 

ihrer  unbequemen  Ha^pelweite  iii  Italien  und  Frankreich  nicht  begehrten,  gelben 

Cbinagregen  augewieoen.*    Neben  der  Entwerthung  des  Kohstoffes  trugen  aach 

die  FortHchritte  der  quantitativen  Leistuugefahigkeit  der  Fabriken  und  ebenso  die 

Vervollkommnungen  der  Stückfärberei,  welche  daa  Färben  de»  Webgarueu  und 

I  daher  großentheil»  auch  das  Zwirnen  de««elben  tiberili^Ksig  macht,  zur  Herab- 

drilckutig  der  Zwiriiprcise  bei ;  auch  die  Kntwicklung  der  Zwirnerei  in  d<'n  V«t. 

Staaten  übte  ihren  Einfluß  aus,  und  zu  die8en  allgemeinen  Faktoren,  die  mehr 

oder  weniger  auch  im  AuHlande  wirkten,  geKellte  sich  im  Jahre  1877  in  der 

Schweiz  noch  »|n'ziell  da»  Verbot  der  Kinderarbeit  in  den  Fabriken.    Wie  dieser 

Akt  von  den  Seidenzwirncrn  autgcfaüt  wurde,  zeigt  folgender  Protest  im  Berichte 

der  Kaufmännischen  Gesellschtifl  Zürich  Uber  diw  Jahr  1<S7H: 

«Die  Umgestaltung  roher  Seide  in  gezwirnte/  heißt  e»  daselbst,  «ist  an  und  für 
sich  keine  anstrengen«ie  Arbeit,  erfordert  aber  leicht«'  und  gewandte  Münde.  UebersiU 
und  in  allen  lindern,  die  sich  damit  befassen,  wie  in  Ititlien,  Frankreich,  England  und 
der  S<"hweiz,  werden  »iafOr  fast  aussthlieliiich  weibliche  und  vorzugsweise  jflngere  weib- 
liche Kräfte  in  Anspruch  genommen ;  der  Kinfluü  dieser  Arbeit  auf  dieselben  ist  selbst 
bei  den  jetzigen  —  allerdings  etwas  zu  weilen  Spielraum  lassenden  —  gesetzlichen  Be- 
stimmungen durchaus  kein  ungünstiger.  Eine  Erfahrung  von  mehr  als  drei  Dezennien 
gibt  uns  hiefür  V(»llständige  Gewähr;  im  tiegenllieil  haben  wir  schon  Hunderte  von 
Fällen  gesehen,  in  welchen  jugendliche  Arbeiter  im  Alter  von  12  10  Jahren  sich  in 
Zeit  von  2—3  Jahren  ein  ordentliches  .Spargeld  erwarben,  das  ihnen  ermöglichte,  einen 
anderen,  ihnen  wünschbar  st-lieinetidcii  I^bensberuf  zu  erlernen,  und  nicht  weniger 
zahlreiche  ¥iÜ\e,  in  welchen  ebenso  für  die  herangewucliseueu  Mädchen  dius  Fundament 
für  einen  späteren  glücklichen  Haussland  gelegt  wurde;  einerseits  durch  die  gleichen 
Ersparnisse,  andererseibj  aber  auch  durch  Uewnhnung  der  Leute  an  denauigkeit.  Ordnung 
und  regelmäßige  ThStigkeit,  neben  welchen  eine  Mitwirkung  an  den  bfluslichen  Arbeilen 
'  gar  wohl  bestehen  kann.  Werfen  wir  vollends  den  Hlick  auf  die  zwei  großen  Anstalten 

des  Herrn  Caspar  Appenzeller  in  Wangen  und  Tagelschwangen,  welche  tnehr  oder  minder 
verwahrloste  Kinder  im  Alter  von  12  Jahren  aufnehmen,  um  sie  nach  i  Jahren,  mit 
Fertigkeiten  imd  Kenntnissen  vergehen,  welche  ihnen  ein  ehrbares  Forlkommen  im  Leben 
sichern,  wieder  zu  entlassen,  so  werden  wir  uns  erstaunt  fragen  müssen,  welchen  Heruf 
die  Gesetzgebung  haben  kann,  in  diese  Verhältnisse  vernicbtenil  einzugreifen,  und  wie 
sie  die  Lücken,  die  für  Tausende  von  Personen  in  ihrem  l/cbenserwerb  entstehen  werden, 
auszufüllen  gedenkt." 

Daß  dieser  Eingrilf  auch  heute,  nach  mehr  als  zehnjährigem  Bestand  dea 

Gesetzes,  noch  nicht  verwunden  ist,  zeigt  folgender  FaasuM  im  Berichte  derselben 

GeselUcbaft  pro  ItiHb: 

.Der  Zollkrieg  zwischen  Frankreich  und  Italien  veranlaßle  einige  Seidenzwirner, 
es  mit  italienischen  un«l  feinen  China-,  auch  (lanlonseiden,  zu  versuchen;  dm-h  sind  die 
Resultate  kaum  gut  au.sgefallen,  indem  bei  uns  der  höheren  Lßhne  und  des  drückenden 
Fabrikgesetzes  wegen  gegen  die  billigen  italienischen  Pa(;onpreise  nicht  aufzukommen  ist.* 

Ueber  den  heutigen  Umfang  der  Schweiz  Tramenzwirnerei  gibt  die  unten- 
stehende üebersicht  der  Ermittlungen  des  Vereins  schweiz.  SeideuMpinner  näherea 
Aufschluß.  Die  Hauptabnehmer  der  schweiz.  Trame  sind  Deutschland,  Oesterreich, 
Frankreich,  Pitigland  nnd  Rußland 

Die  ersten  Versuche  zur  Einflihrnng  dieses  Zweiges  der  St  idenindustrie  in 
^  der  Schweiz  fallen  mit  denjenigen  des  locannschen  FlllchtlingH  Zanino  zur  Ein- 

bürgerung der  Seidenzucht  ')  zusammen,  sind  also  heute  ca  iU)t)  Jahre  alt.  Mit 
voller  Sachkenntniß  nnternommen,  scheiterte  dieses  erste  Unternehmen  nur  au 
dem  ökonomischen  Ruin,  den  die  Regierung  dem  spekulativen  liocamer  bereitet 
ZQ  haben  scheint.  Um  15U4  wurde  dann  Zanino's  SeidenmUhle  am  Oetenbach 
von  den  Grebrüdern  Werdmilller  um  17ÜÜ  üulden  gekauft  und  wieder  in  Be- 

Siehe  oben  im  Abschnitt  Seidenzucht. 


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—  76 


Seide 


wegiwg  gesetzt.  Von  da  Boiheuit  die  Tramenzwirnerei  beträchtliche  AuBdehuung 
«rlangt  zu  haben.  Die  damaligen  Seidanritder  waren  ttbrii^ne  auch  fttr  Organzine, 
Näh-  und  Cordonneteeide  eingerichtet.  AI«  Beweis  dafür,  daß  man  damala  mit 
dem  TrameDzwirnen  reich  werden  konnte,  führt  Bürkli  den  Bürgermeister  Ritt- 
meieter  Andreas  Meyer  im  Strohhof,  Erbauer  des  Gute«  Bocken  ob  Hor^^en,  an, 
der  um  ItioU  von  den  verburgerten  Schlotsaermeistem  verklagt  worden  war,  weil 
er  den  EieenbeMhlag  für  seine  SeidenrSder  aafierbalb  der  Stadt  inaoben  ließ.  Die 
£ilialtnng  der  Tramen&brikation  lag  dem  Bathe  aehr  am  Hjaraeii,  wie  tau  mehr» 
fachen  Verboten  hervorgeht^  Seidenräder  nach  auswärts  zu  liefemi  Trame  fttr 
Luzeru  zu  fabriziren  oder  auswärt«  als  Seideniniillfr  Kondition  zu  nehmen  (dessen 
hatte  sich  ein  Johanne«  Hauser  von  Albisheden  unterfangen  und  er  wurde  dafür 
in  Acht  erklärt). 

Im  17.  Jahrb.  wurde  aar  ein  kleiner  Theil  der  prodaiirtea  Tramenaeide 
.  von  den  Zuroher  Sammetwebern  und  einige  TaiTetfabrikanteii  verbranobt.  Der 

Hanptabsatz  war  in  Tonrs  nnd  T^yon. 

im  lä.  Jahrb.  trat  aber  als  Absatzgebiet  Dentschland  an  die  Stelle  Fi-ank- 
reichs.  Die  Vertreibung  der  Protestantea  aus  Frankreich  hatte  den  Anstoß  zu 
großer  Entfaltang  der  Sddenweberei  in  den  Rheinlanden  gegeben,  und  da  Frank* 
reich  dem  bcbweiz.  Handel  durch  seine  Zollgesetzgebung,  wie  großentheils  anoh 
lumtc  noch,  viele  Hindernisse  !)cr(-itete,  war  der  Absatz,  iler  si'b  in  Kllieifeld, 
Cret'eld,  Barmen  etc.  ötl'uete,  von  duppeU>^in  Werth.  Man  pllegte  auf  der  Fraiik- 
iurter  Meissti  vum  Kbeingau  und  vuu  Zunch  her  sich  persönlich  zu  tx^etleu  und 
bedentende  GesobSfte  abioacbließen.  Dieser  Veikebr  wurde  andi  wKhrend  den 
na}N>leoniaohen  Kiiegqahren  fortgesetat.  Daniel  Bodmer,  f  1837,  beenchte  die 
Frankfurter  Messe  {renan  100  Mal  ;  am  Ifing^sten  that  es  die  Firma  Conrad 
Muralt  &  Sohn,  nämlich  bis  1864.  Auch  die  Zurzacber  Messe  wurde  von  Zürich 
aus  im  lö.  Jüiirii.  mit  Trame  beschickt,  und  zwar  mit  gefärbter  für  die  zahl- 
reichen Poeamenter  nnd  kleineren  Mann&ktttristen  in  Sttddeutsobland  und  füv  die 
Basler  Bandindustrie.  Von  1830  an  eetate  sieb  Basel  fllr  seinen  Bedarf  mit 
Zürich  direkt  in  Verbindaiig.  Früher  verwendete  es  voraugsweise  neapolitanische 
Tnuue. 

In  der  Blüthezeit  der  alten  Tramenicwirnerei,  gegen  Ende  des  vorigen  Jahr- 
hondcrts,  glaubte  der  saroberisöbe  Seidenbenr  am  Pfimd  Trame  einen  balben  TlMler 
oder  ca.  3  Franken  verdienen  au  mUsaen,  nm  von  einem  b^rindigenden  Geschäfts- 
gänge sprechen  zu  können.  *)  Heute,  in  der  Zeit  der  Krisi.H  und  der  großen  llni- 
sütze,  wird  es  wohl  beim  dritten  Tlicile  dieseH  Prolit'j  ^ein  Bewenden  haben.  Im 
ersten  Viertel  diese«  Jahrhunderts  zahite  man  nach  einer  möglichst  genauen 
Statistik  noch  75  Seidenräder,  außer  denjeuigeu  der  großen  Eschcr'snhcu  Crepe- 
gamiwirnerei  am  jtihlkanal.  Von  diesen  75  arbeiteten  2  für  CrSpetmme,  die 
ttbrigen  (mit  13,540  Spindeln)  liefeiten  jUhrlicb  35— 3t;,000  zweifache  Trame, 
meistens  rnis  gewöhnlicher  Tiroler-  oder  aus  sekundärer  itali-  niseber  (iii  gi'  Auf 
jede  Muhle  kam  ein  Seidenmüller  zum  Anknüpt'eu  der  Fäfleri  uu>i  l  iu  „liadmeitli" 
abi  Motor.  Um  1830  waren  nach  Meyer  von  Kuouau  im  Kt.  Zürich  1400  Fer- 
sonen  mit  der  Tramenlbbrikation  beschäftigt,  wovon  ca.  1200  mit  Winden,  als 
HauptverdieUft  neben  der  Landarbt  it.  Nicht  mehr  so  günstig  stand  der  Industrie- 
zweig um  die  Mitte  des  Jahrhunderts,  denn  nach  einem  bei  Bürkli  abgedruckten 
Bericht  sollen  damals  nur  noch  ;}0— 33  Zwirmüder  gelaufen  und  jährlich  nur 

')  Siehe  bei  Bürkli  fS.  128)  eine  Prei~li-to  «irr  I'^ttM i'-i  ln  n  Fiiin.i  \tn  \f'UPri!n>f  f'Hr 
die  Leipziger  Messe,  vom  3ü.  März  lülä;  ebenda  (S.  lulj  eine  Uebersicht  der  Orgaiiiine- 
nnd  Tramenprdse  in  ZQrich  von  1801— 18S3. 


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Seide 


—    77  — 


Seide 


noch  etwa  20,000  kg  Trame  prodozirt  worden  min.  Der  Bericht  klagt  Uber 
sohwere  Konktirrens  mit  dem  Aiwlaiide,  das  Toincommenere  Wtoan  liefere;  hin« 
•iohtlich  der  Rohstoffbe^lge  vir«!  hiinerkt,  <ltiß  man  wegen  dem  italieni8chen 
AnsfiiVirzoll  für  Gn  ge  fast  ani^fichließlich  levantinißche  Grt  go  bezi«  lu*.  ')  So  fjing 
es  mit  der  alten  TrameiizniniHrei  bergab,  bis  sie  auf  den  retti  iiden  Ballen  des 
neuen  KohBtotfes,  den  Cliina  und  Japan  in  den  letzten  5Uer  Jahren  in  ver- 
•diweiideriichem  Mafie  sn  spenden  begannen,  za  einer  neaen  hoben  Stnfe  der 
Leistnngef&bigkeit  emporsutmgeD  Tennoobte. 

Einfuhr  und  Ausftihr  von  Orffangine  und  TVom«.   ZoUamtliohe  Angeben 
bierttber  fehlen  für  die  Zelt  vor  1885.    Für  letzteres  Jahr  wird  die  Einfuhr 
angegeben  auf  11,6S0  q  ä  Fr.  5ino,  für  IHsr.  auf  1-2,633  q  a  Fr.  ÖHOO,  für 
1887  auf  12,027  f]  "i  Kr.  5f>nO,  für  auf  I3,83f;q  a  Fr.  4900.  Die  ^*<s- 

fnhr  betrug  im  Juiue  1885  4U17  ä  Fr.  532."»,  im  Jahre  188G  6017  q  ä 
Fr.  5279,  im  Jabre  1887  5674  q  a  Fr.  5187,  im  Jahre  1888  6551  q  k  Fr.  4855. 
Hanpteinfahr  aae  Italien,  Haaptaasfabr  naeh  Deutschland. 

Einfuhr  und  Ausfuhr  von  Rohseide  überhatqd  (Grcge,  Trame  und  Organzine): 


Einfuhr 

AuMfkihr 

EiBfebrObmelian 

1851  54  j^rlicfa  durehflchnittlich 

brutto 

8880 

1707 

7173  q 

18.55  59 

ins29 

2148 

8681  , 

• 

llUlU 

3917 

8002  , 

1805  69 

11737 

4673 

7064  , 

1870.  70  unbekannt 

1877/80  jährlich  durchschnittlich 

17539 

6384 

11155  , 

1881/84  , 

21866 

8376 

13490  , 

1885/88 

netto 

1852i 

7iti6 

11256  . 

Stidsnfrocknuny  in  der  SehumBi 

fm  Jahrxebnt  in  der  AnnUlt  Zürich  BmoI  Total 

1850/59  jabriich  durcbschnitUicb  250.152  98.718  348,870  kg 

1S60'69      .               .  814.981  114,957  4S9,S38  . 

1^7   79       ,               ,  539.8»  241.082  780,904  , 

l.NMfSS       ,                .  810,509  35i,'.»!J9  i'l65,r)08  , 

Die  'irncknungsauätalt  Zürich  besteht  seit  1847,  diejenige  in  Basel  seit  1.  üktuber 
1849.  Letztere  war  bis  zum  lt.  Februar  1873  eine  Filiale  des  ZQniber  GeschäftesL 

Verhehr  in  20  europnfschen  TrocknunymmUülen.^) 
(Aus  den  JahresObenicbten  der  Setdentrocknungsaustalt  in  Basel  reprodnzirt.) 


3^ 

Organzine 

TtaaM 

CM«« 

»▼ent 

Schwati 

kg 

kg 

•<» 

1883 

4'576,670 

r773.359 

4089,494 

168,170 

11630325 

9,3 

1884 

i'gt6,860 

2'478,846 

4'0:?n.i>57 

181,578 

10'937,B41 

9,6 

1885 

4'3;J5,760 

2'29 1,789 

4'3Hb,3Ji> 

183,192 

11'197,080 

9,2 

1886 

4'6.>M76 

2\540.506 

4*910.010 

22:{,690 

12'329,.382 

10,2 

1887 

4'I(I8.311 

2"nr>7,597 

ir  194. 426 

20,9 

1888 

4o98,262 

2''ji;i,.>.57 

5'463.3.j  . 

135,534 

12,2 

3)  N ä  h  se i 'l  e  n  f  K  b  r  i  k  ft  t  io  n.  Diese  Branch(!  der  modernen  S-MilonzwirnfTci 
ist  Ton  dem  Elsäßer  Heitz,  der  Anfangs  der  30er  Jahre  mit  Sammetbandmuäteru 

'1  Dr.  Bowrinp  bemorkt  in  Ft^infin  Berichte  ;ms  dom  Eiiilc  der  30er  Jahro,  daß 
man  den  Kobstoff  zur  Tranien-  und  Nähseidenfabrikation  hauptsächlich  aus  Brussa  be- 
xiehe;  etwas  komme  aus  Indien  und  China,  Frankreich,  ISpanien,  Tirol  und  aus  dem 
Kirchen«t.Tat. 

•)  Ancona,  Auheuas,  Avignon,  Basel,  Bergamo,  Como,  Crefeld,  Ellierfeld,  St-Elienne, 
FlMWKt,  LecoOf  London.  Lyon,  Mailand,  Paris,  Priras,  Turin,  Udine,  Wien.  ZSrich. 


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Seide 


—    7«  — 


Seide 


4i\t  BfAnm  berebto  und  tieli  in  Sttfk  am  ZürioliMe  verheiratbete»  gegründet 
worden.  ^)  Auf  einer  Hradswirnntaeebine  für  Banmwollfiiden  machte  er  dMellwt 

Versuche  mit  Seide,  fubt  izirte  Nähcordotinets,  and  da  sein  Fabrikat  p^atmi  Absats 
fariil,  wur.ieri  zinuicbüt  drei  größere  MascliitiPti  an^eschatrt,  welrhe  durch  etneii 
Treiber  mitteUt  eines  Schwungrades  in  Bewegung  gesetzt  wurden.  Nach  diettetu 
AnfaDg  zur  Großindustrie  bildete  sich  die  Firma  Wittwe  Weber  &  Ueitz  in 
Stäf»  (^später  Heits*Weber);  ein  tttrcbeariecher  SeidenbKndler  gab  den  ntfthigen 
Kredit  für  den  Rohstoff;  durch  Geschäftsreisen,  die  er  machte,  fand  Heitz  den 
gesuchten  Absatz  im  InlaTide,  Später  wiirdcii  KeistMidc  nach  Deutsehland,  Schl-  sirn, 
Holland,  Belgien  uiul  Diineniark  geschickt  und  bald  erstand  «  in  Fabrikelablist,«- 
luent  mit  neuen  und  verbet<«erteu  Maschinen  und  mit  iJuuipi  betrieb,  lu  ]Sach- 
ahmung  dieeee  lukrativen  GeMhÜftes  gründeten  ach  bald  die  Firmen  GebrQdcr 
Metz  in  Freiburg  i.  B.,  die  Zwiruerei  Neamfinater,  Tlrllmpy  in  Glanis,  Gnggen- 
btthl  in  Wanisrllen,  Dür^tch-r  in  NV.'tzikon  etr. 

Ein  inneres  Kränkeln  ntit  dem  Bf^^Mi  Ti  (]•  r  70er  Jahn-  hat  xheae  Branche 
mit  derjenigen  der  Trameuzwirutrei  gemein  und  ca  liegen  dieser  Erscheinung  auch 
die  gleichen  Uraaohen  zu  Gründe.  Wae  sar  Erklärung  derselbe  von  der  Trame 
gesagt  wurde,  gilt  im  Weaentliohen  auch  fQr  die  Nähseide  und  ihre  Verwandten, 
die  Stickseide,  Fransen-,  Posamentirseide  etc.  Den  KohstotJ'  dieser  Zwirnpiodnkte 
bilden  die  groben  chinwischen  rirrj^osorten,  vr\c  Woosie.  Chinnnin,  Kopun,  Kalling 
verte,  Shautung  etc.  Der  Zwirn  wird  thcils  roh,  theib  getarbt  iu  den  Handel 
gehracht.    Für  gibt  BoUey  10  Etabliwemente  f<lr  Nähseide  an,  wovon  7 

im  Et.  Zürich,  1  in  Glarua,  1  in  Oberentfelden  (Aargan)  und  1  in  Kriens 
(Lnaern). 

Jm  Jahre  1H71  bi-trug  die  Produktion  im  Kt.  Zürich  nach  ilen  Rrmittlungcn 
der  Kttufnianui-schen  Gc.'^ellschalt  42,0^!.')  kg  Näh>ieide,  hingegen  '.)9,'J12  kg. 

Hach  den  Erhebungen  dea  Vereins  Schweiz.  Seidenzwirner  betrug  die  Fabrikation 
in  der  Schweis  im  Jahre  Ibäö,  ungefähr  tthereinatimmend,  102,875  kg  im  nn* 
geföhren  Werthe  von  l'  -i  — 5  Millionen  Franken.  Speziell  au  Nähseide,  Cor- 
donuets  etc.  wnrdt-n  im  Jahre  lt<H3  nach  der  gleichen  Quelle  G'^, l^'j  kg,  im 
Jahre  IXH?  hingegen  iMi,'.»li*.)  kg  fahrizirt.  Die  Fabrikation  von  Stiekseide  war 
14,(5ia  kg,  18ö7:  17,0:^8  kg.  Dieser  letztere  Artikel  wird  zeitweisie  in 
großen  Posten  von  der  oetschweiseriachen  Stickerei  verwendet,  wogegen  die  Nfth- 
seide  ihren  Hauptabsatz  iu  Deutschlaud,  Oe^terreieh  und  Frankreich  findet.  Der 
Absatz  muh  Deut*chland,  der  scho)i  durch  die  Konk 'irren?,  di-r  sti Mmt^ehen 
Zwirnereien  {schwierig  war,  wurde  im  Jahre  ]t>7H  ilurcli  (Iii'  Kinluhnnii;  eines 
deutschen  Einfuhrzolles  von  1  Mark  per  kg  eingedämmt  luiJ  im  J aliru  iS8.">  durch 
die  Erhöhung  dieeee  ZoUes  auf  2  Hark  beinahe  vollatäurlig  gesperrt.  Etwelche 
Erleiehteriing  gewährt  der  .^chweiz.-deutsehe  HatideUvertrag  VOm  11.  Nov.  I8l$y, 
indem  er  den  Zoll  auf  1,'jO  Mark  tixiiie. 

Einfuhr  tiiid  Ausfuhr  von  Nähseide.  Stirksfi<io,  (\»r'hjnnet  und  Posamentir- 
seide. Für  die  Zeit  vor  sind  gänzlich  unzureicheiule  Angaben  vorhanden, 
ebenso  haben  die  Angaben  seit  1885  mehr  oder  weniger  prablematidoben  Werth, 
indem  seit  1886  weder  die  gebleichte,  noch  die  geillrbte,  noch  die  Floret-lläh- 
«eide  inbegritfen  ist.  Nach  Außerachtlassung  dieser  Kategorien  verzeichnet  die 
Statistik  pro  188(;/ös  eine  jährliehe  Eiiduhr  von  1  —  11  q  ä  Fr.  4000— 4b00 
und  eine  jährliche  Ausfuhr  von  24ü — 'A'SÜ  q  a.  Fr.         — 4i>3ü. 


'j  Wir  n«pioduziren  im  VVcsentlu  ticn  den  Bericht  von  Friedrich  Bodnier  üher  die 
Seidcnzwirneret  an  der  Ijaudesausatelhing  in  ZQrich,  1883. 


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—    79  — 


Seide 


Stnti^:lik  der  Schweis.  SridenetVirmrel. 
(Ermiltlungeu  dei  Vereinfl  Schweis.  Seidenzwinier.) 

1883  1885  1887') 

2wirn«reien                                                                45  39  35 

Arbehor:  Fal)rikeu                                                      i.sr.O  5,r,-2fi  5,766 

,       Uau^iadustrie                                               2.021  2,236  S,289 

Total                                                         6,880  7,756  8,054 

Löhne  und  Salarien  IV.a'maGl  2709,310  2*621.490 

Spindela  fQr  Nibaekk:  vorhanden  St.     23.8<iü  24,118  23,180 

,        •       Ende  des  Jahres  m  Betrieb    ,      19>»6  31,444  21,536 

,  •  Tnune  und  Orgaosine :  vorbanden .  .  ,  37,200  71,732*)  62,062 
«       .       ,       ,          ,        Ende  d.  Jahres 

in  Betrieb                                                 31,593  63,898*)  48,904 

,       Total:  vnihiinden  ,       6I.nlf)  95,S!50  75,i!i2 

,         ,     lu  Bcirieb                                        r)(i,r,7y  6i,;iiii  70,440 

PftMiuktioii:  Oiganzine  I  i>-<,  ^u.  64,634  57,300 

,         Tranie  \  ^"-«^  2-27, 658  25I.-2S:] 

,         Nähseide,  Gordonnels  etc  ,       68,109  89,865  96,!j2ü 

Trama  vaga  (Sticfcseide)  ,      14.821  i:t,olO  17.038 

Total  Produktion    ,     333>434  3^5,167  422.550 

SB  ca.  95  Hillionen  Franken. 

Für  deu  Kt.  Züricli  speziell  hat  die  KautuiaimiBche  Gesellschaft  folgende 
Erhelnuigen  gemacht: 

1871  —  3501        —  -  llO.tSOkg  4S,085kg 

1872  18  4000  -  —  120.453  ,  52,819  , 
1881  22  5131  126  Fr.  r674,3^G  154,196  ,  73,301  . 
1883  19  4810  118  ,  1*934,605  190.746  ,  93.490  , 
1885  16  4}:!n  79  ,  rr.39, 120  133,569  ,  99,912  , 
1889  20  2197  unter  dem  F;ibnkt.'e!»elz. 

Floretsejd«^ 

i>aä  WcKeutlichste  hierüber  i»t  bertil.s  im  I.  Band  (Seite  fUD/öO)  dieiieH 
Werkes  mitgethnlt  worden.  Ergftasend  sei  hier  noch  Folgendes  angeführt:  £s 
ist  nach  Biirkli  als  Hehr  wahrscbeinUch  anciinehmen,  duß  in  Zürich  sohon  im 
1-1.  .Lilirh.  Strazzen  (Hasjpelabfällo)  cjasponnen  wurden.  IHe  Vorbedinguufren  für 
diese  Kuii.stt<  rtigkeit  lagen  in  der  nachweis1irh«>n  K\.ivt(  nz  der  Seidenweberei  und 
deä  KreuipeiiiH  uud  Spinnens  von  Wolle,  du»  damals  in  Zürich  lebhaft  betrieben 
wnrde.  Dor  «Biebtebriei"  der  Borger  von  Zflrich  (Handschrift  von  1304)  spricht 
ausdrücklich  von  Seide  „am  Werpfen",  d.  h.  von  gezettelter  Seide,  bestätigt  also 
die  Existenz  der  Seidon weberei.  In  einer  Urkunde  von  133*5  wird  ferner  jeder 
Verkanf  de«  Seidcnartikels  im  Zwi^chf'!i/n<^tririi!e.  <1.  h.  von  .gewundener "  Seide 
auf  Spulen  uud  Spindelu  uud  von  „gesponnener-  Seide  verboteu.  Aus  diesen 
Ansdridcen  darf  ndt  BUricli  gesehlossen  werden,  daß  der  Abfall,  der  sich  beim 
Abhaspeln  der  Seidenstrangen  auf  Spulen  ergab,  irerarbeitet,  d.  h.  versponnen 
Word'Mi  sei.  wozu  man  die  Vorbegriffe  und  die  Kunstfertigkt-it,  wie  bereit»  er» 
wähnt,  Kchon  durcli  ilie  \\'üll''iispit»tierei  besuß.  Auch  in  Frankreich  und  Italien 
wurde  im  13.  Jahrh.  da.s  Verspinnen  von  Seidenubfällen  betrieben. ''jf  Gegen  ülude 
des  14.  Jahrh.  zog  das  Seidenhandwerk  von  Zürich  weg ;  kaum  daß  sieh  in  der 
XiiegBieit  noch  die  nothwendigere  Verarbeitung  von  Leinen  und  Wolle  einiger- 
maßen tu  halten  Yermochte.    Zum  sweiten  Male  hielt  die  Seidenindustrie  und 

■i  NAob  d«r  «eaurdMrtoeh«!!  P»tolkitatiitlk  bcttanden  Anfoog«  1W9  «IaSmIcim  41  Zwinwei«a  mit 

Si>00  Arhüit'TU. 

^)  MuUtiaMslich  xn  hocli. 


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Seide 


—    80  — 


Seide 


damit  auch  die  Floretepimierei  ihren  Einaag  in  Zflrieh  mit  den  glanlkensftttehtigen 

Locarnern.  Dem  Spinnetotf,  dießmal  in  „Coflonflabtallen",  iiii  ht  in  Strazze  bestehend* 
fdlirten  diese  gewerbethätip»;!)  Flüchtling*»  nm  clt;m  Hcrzugthum  Mailand  ein.  Im 
Jahre  1587  kommen  auch  Spuren  von  Kuh^toti  bezii^cn  ans  Spanien  vor,  mit 
welchem  Lande  die  Schweizer  schon  lange  durch  dm  St.  Galler  Leinwand  und 
den  Zürcher  Barchent  in  Verhindnng  standen. 

Man  unterschied  bereits  Sihappe/fe^piiiiiste  (Galeti),  d.  h.  solche  aus  durch« 
bohrten  Cocons  und  auß  SeidenabfälltMi,  <\u'  durch  Rösten  (Fäulen),  gleich  dem 
Flachs,  zum  S|nnnen  präparirt  wnrdi  ii,  ^)  und  Funttmeffespinnsti'  (Fili»(di,  d.  h. 
Gespinnste  au»  gekochten  Abfallen  [tranzöaittche  Methode]).  Den  ersten  tabrik- 
mäßigen  Betrieb  eeheiiien  die  schon  im  Abschnitt  «Zwirnerei'*  genannt«!  GebrHder 
WerdmiiUer  in  Zttrieh  (am  15H7)  gehabt  zu  haben;  nie  hatten  sich  Giacomc  Dhqc 
von  Locarao  associrt.  Zum  Farben  und  Lustriren  des  Floretgespinnstes  mußten 
sie  fremde  (französische i  Arbeiter  kommen  lassen,  wozu  «ie  ein<»  Bittschrift  an 
den  Kath  richteten  j  zum  Theil  wurde  die  Fioretseidc  auch  roh  in  Lyon  verkauft. 
Den  internationalen  Vorrang  und  die  allgemeine  Beliebtheit,  welche  die  Sehweiser- 
flohappe  namenttioh  im  18.  und  noch  im  Anfang  des  gegenwKrtigen  Jahrhunderte 
genoß,  verdankt  sie  nach  dem  Urtheil  Sachvertitändiger  der  vorzug» weisen  An- 
wendnnp^  dor  Höstmethode  gegenüber  der  französisobon  des  Abkorhens.  Erstere 
war  den  Italienern  eigen;  ein  Theil  der  Abfälle,  welche  die  Zürcher  von  ihnen 
bezogen,  waren  schon  gerOtitet,  und  speziell  diese  gerüsteten  Abfülle  nannte  man 
Chappet  *)  wShrend  die  nicht  gerosteten  AMftUe  gleicher  Art  Sirusi  hießen.  Üeher 
das  Ki58teti,  Kämmen  und  Ver^pinn^  n  der  Abfälle  wurden  in  einer  Verordnung 
des  Zürcher  Käthes,  vom  Kl.  August  1717,  minutiöse  Bestimmunpen  aufp'stfllt. 

Vor  der  pyinführnng  der  mechanischen  Spinnerei  beHchaltigten  das  Fäulen, 
üämbeln  und  die  llandgespicnste  für  Rechnung  der  städtischen  Kaufleute  Tausende 
Yon  Personen  am  Zttriohsee,  in  den  iletlichen  Berggegenden  des  Kantons,  im  be- 
nachbarten Toggenburg,  in  Glaruii  und  bis  nach  Amden  hinauf  oh  dem  Wallenaee^ 
dann  bt'snnilcrs  nitr!i  im  Freiamt. 

Von  Ziirirh  am  gelangte  die  Floret«pinnerei  auch  nach  Basel,  wo  sie  in 
neuerer  Zeit  zu  größerer  Ausdehnung  als  dort  gelangte. 

In  den  30er  Jahren  dieses  Jahrhunderts  wnrde  die  Handspianerei  alloälig 
dnroh  die  meehaniKche  verdrSngt.  Im  Eichthal  bei  Homhreohtikon  (Kt.  Znrioh) 
wurde  zuornt  mit  Maschinen  gesponnen. 

Die  Prodnktions  und  Verbrauchsstatistik  der  Floretseidenspinnerei  s+tcht 
leider  auf  sehr  Kohwacben  Füßeu,  da  sie  nicht,  wie  diejenige  anderer  Industrie» 
aweige,  methodisch  betriehen  wird.  So  weiß  man  nicht  einmal,  wie  viele  tob 
den  im  Fabrikr^gister  eingetragenen  25  Spinnereien  Floretseide  herstellen.  1883 
sollen  es  deren  16  mit  1H(),000  thätigen  Spimbdn  gewesen  sein  (Escher-KUndig, 
Faohberieht  Uber  dir  T-funlcsfuisHti  lIvtTip  von  1M8H).   Im  Jahre  hattp,  laut 

Jahresbericht  der  Basier  Handelskammer,  Baf«ei  einen  Bedarf  von  1)50,1)00  kg  Floret- 
Seide,  wovon  755,000  in  der  Schweis,  195,000  im  Anslande  hergestellt  wurden. 

Im  Kt.  Ztlrieh  betrug,  gemSß  Erhebungen  der  KaufmUnniaehon  Chaelleohaft, 
im  Jahre  1885  die  Produktion  128,836  kg,  die  Zahl  der  Spinnereien  5,  die  Zahl 
der  Arbeiter  895,  der  Angestellten  25,  die  Ldhne  und  Salarien  Fr.  547,371. 


■)  Am  tO.  April  161fi  verfOgte  der  Rath,  daß  das  RAslen  wegen  dem  damit  ver* 

bnndeocu  üMcn  Geruch  nur  aulierhalh  d.  r  Sfa.Ü  Ii.  frieben  werden  dürfe. 

*)  Seil  ca.  5W  Jabren  wird  die  Benennung  „Chappe*  oder  .Schappe"  für  alle  ge- 
rotteten SeidenabfUle,  sowie  fQr  die  Gespinnste  daraus,  also  auch  fttr  die  Floretseide, 
febrauehL 


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I 


Seide 


—    81  — 


Seide 


Sullteu  die  Angaben,  welche  Rondoi  fUr  da»  Jahr  11^60  macht,  —  8  Floret* 
'  Bpinnemen  in  der  gunen  Se1iw«lx,  j!6,000  Spindeln,  Produktion  350,000  bis 

800,0(X)  kg,  —  richtig  sein,  so  wäre  immerhin  ein  bedeutende«  Wach^thum  der 
mechanischen  Floretseidenspinnorei  innerhalb  der  letzten  30  Julirc  kon>;tatirt. 
Dieser  Fortschritt  wird  übrigens  auch  ilnrch  dif  Thataache  bekt^t,  ilaÜ  sich  seit 
1851  die  Amfuhr  von  verarbeiteter  (haujitMiichlich  gesponnener  und  gezwirnter) 
Floretseide  von  1000 — 2000  q  aof  mehr  denn  1 1,000  q  gehoben  hat.  Die  Gf«- 
webe  aptelen  dabei  eine  sehr  unbedeutende  Rolle,  denn  pro  1(485/88  betrug  ihre 
Anefobr  nnr  8—36  q  4  Fr.  4664—6946  j&hrliofa. 


Die  sehweiz.  tieideui^toüiabrikation  ist  im  Kt.  ZUrich  und  in  den  angrenzenden 
Kentonen  konxentrirt,  wKhrend  ihre  Sehweeter,  die  Bandweberw,  in  Basel  und 

den  benachbarten  Kantonen  arg'^iedelt  ist.  Neben  Lyon  Und  St- Ktienae  in  Frank- 
reich einerseits,  Crefeld,  Elberfeld  und  Barmen  audererseits  ist  ZUrich  der  größte 
Produzent  von  Seidenstoffen.  Jedes  der  drei  Länder  hat  nf»b('n  f^pmrinsamrn  Artikeln 
aller  Art  seine  Spezialität:  Frankreich  die  schweren,  kunstvollen  Jac^uardstutie, 
mit  «elohen  es  an  der  Spitse  aller  Seide  fabriairenden  Länder  steht;  die  Se^mi» 
die  leiehten,  glatten  Stoffe  und  Benteltuch ;  Deutschland  die  Sammetgewebe.  Neben 
diesen  drei  Hauptproduzenten  koniroeo  in  hervorragendem  Maße  nur  nurh  Eng- 
laud,  Oesterreich,  Italien  und  die  Ver.  Staaten  von  Nordamerika  in  Betracht. 

Der  jährliche  Prodnktionawerth  der  schweiz.  Seideustotfweberei  wird  hpute 
auf  75 — 80  Millionen  Franken  ▼mranschlagt.  Die  Zahl  der  dabei  beschäftigten 
Personen  ist  3*i,000. 

Hanptartikel  der  Schweiz.  Seidenstoffweberei  sind  heute  die  ganz-  und  ha]b> 
seidenen  sog.  Irettenffewehe,  als  l^atin,  Sergf«,  Stirah,  Cachenez  etc.  Dann  folgen 
im  zweiten  Hange  die  8.  Z.  vorwiegenden  glatten  Taffetgewebc,  als  Marceline, 
Lubtrine,  Faille,  Foult  de  soie.  Gros  de  Naples  etc.  In  Zunahme  begriffen  ist 
die  Erstellung  Yon  Jaoquardartikeln.  Ferner  hat  vor  einigen  Jahren  die  Sammet- 
und  Pelncheweberei,  welclic  liandwerkBniaßiir  schon  in  früheren  Jahrhunderten 
V0rüh(M"j^<'li*  niI  in  der  Schwei/,  betrieben  wunl»-,  wirder  Fuß  gefaßt. 

JJer  figfiitliche  Vrsprntut  der  Schweiz.  8i.i'!*-n\vt.'Hprei  i«f  In  Dunkel  gt-]iiillr. 
Sicher  ist,^  daß  vor  500 — 600  Jahren  (im  13.  Jahrb.)  in  der  Stadt  Zürich  Flor- 
sdileier  und  Kopfttteher  aus  rober,  d.  b.  ungeswimter  und  nngefltrbter  Seide 
gewebt  und  bis  nach  Polen  nnd  Ungarn,  Lothringen  etc.  vciKiliirkt  wurden. 
Weniger  verbürgt  ist  die  Sage,  daß  (iic  St  idenwi  ln  rci  zu  jener  Zeit  auch  schon 
in  Basel  betrieben  worden  sei.  ')  Wenn  man  aber  annimmt,  daß  dieses  Gewerbe 
uacb  der  Zerstörung  Mailands  (1162)  durch  Flüchtlinge  nach  Locarno  und  in 
die  nSrdliehe  Sehweis  veriiflanst  worden  sein  ktfnnte,  so  gewinnt  auch  die  An- 
nahme eines  so  frflhen  Seidengewerbs  in  Basel  Wahrscheinlichkeit.  Der  Rohstoff 
wurde  ans  Italien  nach  Zürich  gebracht.  Gewoben  wurde  von  weiblicher  Hand, 
unter  der  Leittmg  von  Weberraeisterinnen,  die  eine  Art  von  HandwerksiDnung 
bildeten  und  weibliche  Gesellen  bet^chültigteu.  Man  erklärt  sich  daraus  auch  den 
Umstand,  daß  bei  der  £iol!lhrung  der  Bmn'Bohen  Verfassung  (1336)  das  Seiden- 
bandwerk  nicht  in  die  Zttnfte  eingereiht  worden  ist.  Dasselbe  blühte  das  14.  Jahrb. 
bil^aroh,'  erlahmte  dann  inter  dem  Einfluß  der  Kriege  mit  Oesterreich  und  yerfiel 
dem  völlij^en  Untergang,  vor  welchem  e«  die  Wegzugsverbote  des  Käthes  von 
ZUrich  (1400)  nicht  zu  bewahren  vermochten;  kaum  daß  aich  in  jeuen  Zeiten 


Seidenst  off  Weberei. 


')  Vgl.  den  Artikel  .Baselstadt",  Seite  144  im  I.  Band. 


Fmrmb  ▼olluwlrlliHlMfti-Lastk««  4«r  Schur»!!, 


6 


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Seivle 


—    82  — 


Seide 


dw  allgmociiien  Waffenhandwerln  in  ^trioh  nnd  andenwo  äiet  aaentbehriioha« 
Leinwand-  und  WoUengewerb  kümmerlich  aufrecht  eriiielt. 

Ihrt^  Wiedergeburt  feierte  in  Zürich  die  Seidenweberei  nacli  150  Jahrrn 
mit  iiülie  der  gewerbskundigen  Locamer,  die  ihres  Grlaubens  wegen  ira  Jahre 
1Ö54  ihre  Heimat  verlassen  maßten.  Der  Hauptartikel  war  wiederum  Mor; 
daneben  wurden  Hemmet  nnd  Futtertaffet  leiohteeter  Qualität  gemaelit.  Letzterer 
Artikel  war  der  Yorlänfer  der  sog.  glatten  »Zttreherartikel'*,  die  vom  B^^e 
des  laufenden  Jahrhunderts  an  bis  vor  kurzer  Zeit  das  Hauptkontingent  der 
zürcherischen  Seideumanufaktur  bildeten.  Große  Ven'oUkoramnung  und  Mannig- 
faltigkeit verdankt  die  Tatt'etweberei  den  eingewaiHleilen  Hugenotten  (16Ö5)t 
von  weldrai  neben  maaob*  anderen  neaen  Industriesweigen  naroentlicli  auah  die 
Btmmpfweberei  und  die  Btoffdroekerei  eingefttlirt  worden  ist. 

Für  die  Sammetweberei  wurde  von  dem  Locamer  Appiano  eine  Werk- 
statt mit  sechs  Webstühlen  eingerichtet,  in  welcher  zwUlt  Personen  Arbeit  fandeu. 
iJie  uüthige  Seide  färbtt)  er  selbüt;  .seiu  Fabrikat  ging  hauptsächlich  nach  Lyon, 
lu  den  fo^nden  Jahrhunderten  tigurirten  viele  Sduimotweber  unter  den  Blirgerii 
Zttriohs;  sie  lohetnea  aber  ihr  Oesi^hlft  mehr  haad  werke-  ale  labrikmSfiig  betrieben 
zu  haben ;  jeder  von  ihnen  beedliftigte  einige  Arbeiter,  die  nach  den  vorhandenen 
Aufzeichnuugen  gut  bezahlt  werden  mußten.  Die  Elle  Sammet  galt  im  17.  !:i}ir]'. 
2*/3 — -^V*  Gf"''^""-  ^  wurde  viel  davon  auf  die  Znrzaeher  Mesüe  gebraelit.  Im 
1^.  Jahrh.  wur  glatter  Sammet  in  grelleu  Farbüu  uamentlich  für  Müimerrüoke 
beliebt. 

Die  Hanptartikel  der  Seidenweberei  waren  bis  gegen  das  Ende  des  letzten 
JahrhunderlH  Flur  und  Kri-pp  (Cn'pun).  Wie  der  Flor,  wurde  der  Crepou  roh 
gewoben  und  dann  am  Stücke  schwarz  gefärbt,  bedurfte  aber  keines  Appret«, 
sondern  wurde  naß  gewalzt.  Der  Zettel  desselben  bestand  aus  ferner  Grege ;  im 
£intrag  wecheelten  swei  SchttBse  reehts  gedrehter  grober  Beide  mit  awei  SobüMen 
linke  gedrefator  ab.  Beim  Eititauohen  in  die  heiße  Farbflössigkeit  krämpelten  aieh 
die  Eintragfädeu  in  entgegengesetzter  Richtung,  woraus  das  charakteristische  krause 
BiM  auf  dem  Stoffe  entstand.  In  Suddeutschland,  Tirol  und  Nidwalden  bildete 
dieser  Stoff  einen  Theil  der  weiblichen  Nationaltracht. 

Um  1678/79  gab  ee  16  Firmen,  welche  Flor  fabrizirten.  Li  dieaer  Blttthe- 
seit  der  Florfobrikation,  für  welehe  eich  ZUrioh  dae  Monopol  bis  in'e  19.  JehrL 
hinein  bewahrte,  wurden  daselbst  Jährlich  mindestens  200 — 300  Ballen  Seide  zu 
Flor  verarbeitet.  Die  Zahl  der  WcbötUble  ftir  diesen  Artikel  mag  1000 — 1500 
gewesen  nein.  In  das  Jahr  UM)  fällt  die  Emiührung  dt»  äog.  Bologneser  Flors, 
mit  Hülfe  von  Arbeiteiu  aus  Bologua.  Dieter  Flor  wurde,  im  Gegensatz  zum 
alten  Verfahren,  mtekatusch  gekriinelt  Dae  neue  Zürcher  Produkt  liberflOgelte 
nach  und  nach  dae  bolognesischo  an  Billigkeit  bei  gleicher  Ottte.  Im  Anfang 
dieses  Jahrhundert«  entstand  ihm  alter  eine  große  Konkurrenz  durch  Lyon.  ') 
Anno  1824  gab  en  nur  noch  drei  Klorfabriken  in  Ziirieh,  dif  znsanimen  ea.  'M)0 
Stühle  beschäftigten,  in  der  E8cher  sehen  Fabrik  vertiel  mau  um  1^40  darauf, 
den  Artikel  auch  Ihrbig  su  eretellen«  nnd  braehte  ee  daduroh  wieder  su  einem 
Umsatz  von  ca.  Fr.  100,000  im  Jahr.  Zur  Zeit  liefert  A.  Bürkli-Meyer,  deeeen 
G^hicht«  der  zürcherischen  Seidenindustrie  wir  diese  Notizen  huui)t.<iäehrK  h  ent- 
nehmen, ab  Nachfolger  der  Escher'schen  Firma  nnd  letster  Fioriabrikant  Zuriche 
den  Artikel  noch  in  redu^irtem  Maßstabe. 

')  Das  Gelieimniß  der  Fabrikatinn  soll  den  Zflrchern  von  den  Lyonern  abgelauscht 
worden  sein,  als  diese  nach  der  Eiiinuhme  und  Verwüstung  Lyons  durch  die  Revolutione* 
armee  (1793J  in  großer  Zahl  in  die  Schweiz  fleflflehtet  waren. 


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—    03  — 


Seid« 


EiiMn  Beaea  Zweig  trieb  die  Florweberei  in  den  20er  Jahren  dieses  Jabr- 
bnnderta  in  Gaslalt  dos  moderoeD 

Benteltncbs.  ')  Ein  Angestellter  von  Heinrich  Bodmer  zor  Arch  (Dnfour), 
OrUnder  »1er  luutigen  Firma  Dnfour  &  Co.  in  Thal,  führte  die  Fabrikation  auf 
Onind  eines  aus  Holland  erhaltenen  unvollkommenen  Musters  ein.  Die  inrnia 
Bodiuer  bediente  Hieb  biefür  dor  iü  den  Kellern  arbeitenden  Appenzeller  Weber, 
4^  yon  der  Mowselineveberw  her  ea  eobwere  Ltden  nnd  enge  Blftttor  gewlHmt 
waren.  Die  Lokale  zur  Benteltaohfiibrikation  müssen  kühl  und  den  Einflüssen 
■der  äußereu  Luft  möglichst  entzogen  sein;  ein  Versuch,  der  im  Jahre  1850  von 
-einem  Basier  Industriellen  gema'  bt  wurde,  die  Weberei  uberirdisch  lu  betreiben, 
soll  zum  Tbeil  an  den  WitternugdemÜilssen  geiücheitert  sein,  wobei  man  tdob  die 
Feudieit  dea  Gkwehea  und  den  Umstand  vergegenwSrtigen  mnfi,  daß  im  frinatea 
Siebe  50  Kettenftden  per  Centimeter  gehen.  Durch  die  Errichtung  der  modenea 
JCnnstmUhlen  vermehrte  sich  der  Bedarf  an  Beuteltuch  wesentlich. 

Von  den  eingewanderten  Looamern  und  ihren  Nachfolgern  wurde  auch 

Damast  gewoben.  Die  Zürcher  Seiden  webschule  besitzt  Damaatmuster 
adkveiaerischen  Ursprungs  ans  den  Jahren  1&80^1630,  wekhe  aof  Tonllglioh« 
-toftkaifiJi*  Ferli^nt  schliefien  lassen  nnd  andi  gesehmaflikToUe  Dessins  leprSsea' 
tiren.  Der  Grund  iHt  meistens  roth,  seltener  grttn  oder  yiolett,  und  die  Muster, 
■die  meisten»  aas  styliHirten  großen  ^Blumen  bestehen,  sind  mit  gebleichtem  groben 
Leinen-  oder  Baumwollgarn  eingewobea.  Von  Dam^tgeweben  ist  auch  in  der 
Zürohetr  Fabrikordnong  von  1717  die  Kede. 

Hanptobnehmer  der  sehwmx.  SeidenstoSb  war  bis  an  den  Zeiten  des  dreifiig' 
jlthrigen  Krieges  (1618 — 1648)  Deutschland;  dann  im  17.  Jahrb..  trotz  vielen 
ZoUerschwernngen,  Frankreich.  Im  18.  Jahrb.  trat  an  dessen  Stelle  wiedcrnm 
Deutschland.  In  den  30er  Jahren  des  lfd.  Jahrhundert«  begann  sich  das  weite 
nordamerikanische  Absatzgebiet  zu  öffnen.  In  den  60er  Jahren  bahnten  die 
l&ndelaveitrSge  neue  Benehongen  mit  Frankreioh  an  nnd  »hoben  dieses  Land 
trotl  seiner  eigenen  Industrie  wieder  zum  ersten  Abnehmer  Schweiz.  Seidenstoffe. 
Das  vordem  gäiizlicti  verbchlossene  England  trat  als  zweitgrößter  Abnehmer  auf ; 
«chon  im  ersten  ,Tahre  nach  Inkrafttreten  des  Vertrages  entwickelte  sich  ein 
üxport  dorthin,  üer  aui  15  Milliouen  Franken  geschätzt  wurde.  Heute  ist  das 
Absslafglhaitniß  nngelMir  folgeadee  (WaarenTerkehrastotistik  von  1836/88): 
Frankreich  34  fiagiand  28  Ver.  Staaten  15  Deutaohland  10  «/o, 
•ttbrige  Welt  Ifi  7o. 

Die  inneren  und  äußeren  Verhältnisse  der  zürcherischen  Seidenweberei,  wie 
eis  Vfia  Mitte  dieses  Jahrhunderts  bis  in  die  70er  JaJtfe  bestanden,  werden  von 
Herrn  Sdiwaneabadi*Zenner  in  seinen  Faohberidit  ttber  die  Laadeeaaartelluig 
von  1888  folgeadermafien  gesditldert: 

,Die  fjOer  und  6(>er  Julire  dürfen  als  die  patriarchalische  Periode  un.serer  zürche- 
rischen Seidenindustrie  beaeichnet  werden.  £a  ^ah  damals  kaum  ein  beneideuswertheres 
Jietier,  als  dasjenige  eines  Seidenfobrikanten  war:  Jahr  aus,  Jahr  ein  dieselben  paar 
Artikel,  Taffetas  noir.  Gros  de  Naples,  Marceline,  Florence,  lauter  leicliJe  T  ilTt  igcwebe, 
för  deren  Erstellung  Zürich  damals  einen  Weltruf  und  sozusagen  das  Monopol  hatte  und 
in  welchen  die  Nadafrage  in  der  Regel  stärker  war  als  das  Angebot.  Daneben  etwas 
Salin  de  Chine  filr  Futlerzwecke.  etwas  Lustrino.?  apiirt^d'-es ;  damit  \<\  die  Reihe  der 
Artikel,  welche  bei  uns  in  nennenswerthen  Quantitäten  erstellt  wurden,  ersciioplt.  Die 
Fabrik  arbeitete  theils  auf  fixe  Bestellungen,  theils  in  Konsignation  nach  New- York, 
Rußland  und  dem  (Ment.  Verluste  waren  die  seltene  Ausnahme,  hübsche,  theUweise 


*)  Siehe  Näheres  unter  .Beuteltuch",  Seile  im  l.  Bd.  Der  Flor  wurde  schun 
frflher  als  Mfillerbeutd  Terwendet,  resp.  spariell  ftlr  diesen  Zweck  fabrizirt. 


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84 


Seid» 


gl!ln2*-n<ie  l'rotite  inamentiich  aul  Satio  de  Chine}  die  Hepel.  Es  gab  daiiiuls  nur  euro- 
päisch« Sr  i.len  and  solche  nur  in  zwei  bis  drei  Titres.  luil  welchen  die  Kombinationen 
fnr  F.rstclIuiivT  sfimmtlirhrr  Arlikol  ■^'■enincht  wunlcii.  l'iniiii!i»lbar  nach  der  Ernte  ptlepfon 
die  i'abi  ikiiiiteii  ihre  liuLi>luir-Eu^M;;t^^iin'ii1s  für  eiuL-u  sthoueu  Theil  ihrer  Jahresproduktion 
einzugelicii.  und  von  da  an  war  ihre  Arbeil  eine  fu-st  rein  meclKini-rhe:  Beaufsichtigung 
des  Zetlelris,  Wiiidt-ns,  ^YL'bens.  Kür  den  Verk.uif  und  lüe  Aufuiihnie  der  Bestellungen 
ließ  man  die  IJencti  Konunissionäre  lu  Zürich,  Moskau,  New-York  i^urt;en,  die  Verkaufe- 
rechnungen und  Rimessen  liefen  in  getiöripir  Zeit  ein,  das  Frofitchen  wurde  auf  jeder 
einzelneu  Kisle  au^erechnet,  und  so  ging's  weiter  Jahr  aus,  Jatir  ein,  datf  es  eine  wahre 
Lust  war.  Von  Aendening  der  Mode  keine  Spur. 

,Im  .Tahrt'  1^6l  schien  es  einen  Augenblick,  als  ob  der  Aii-brucli  des  nordaraeri- 
kani»;heu  Bürgerkri^^eä  eine  Breche  in  diese  universelie  Gemütblichkeit  scbieilen  walite ; 
aber  der  Schlag  wurde  abgewendet  dnrch  die  im  Jahre  1900  Tollstftndig  zum  Durchbrach 
;,'tkornmene  Kreihandelnpiditik  Englands,  weldic  un^.rt'n  Fil  i ikultn  den  hörhst  be- 
deutenden en^liäclieQ  Markt  erscUIoU.  Daiier  ungetrübte  Forldauer  der  Frosperität  unserer 
Fabrik  trotz  vermindertem  Absatx  in  Nordamerika.  Die  Verhftltnisee  wandten  sich  noch 
mehr  zu  un<f'rrn  r;nn>ton,  .1I5  im  .Irihre  1S64  Fniiikrcicli,  dem  Ret«ydcle  En;:!ands  folgend, 
ebenfalls  Zolllreiiieit  uul  iiiiporlirlen  .Seidenstofien  dekretirte.  Ais  dann  iia  Mai  IHri'i  d»  r 
amerikanische  Bürgerkrieg  endlich  sein  Ende  erreichte  und  ab  gleichzeitig  oder  un> 
mittelbar  nachher  der  in's  Stocken  gerathene  Absatz  von  Seidf nwnaren  in  dm  T'nions- 
staaten  sieh  stark  vermehrte,  dii  schien  es  allerdings,  als  ob  tl^s  tausendjälinge  Reich 
fQr  unsere  SeidenstoflTabn kanten  heranbrechen  wollte,  und  in  der  That  darf  die  Periode 
von  IHfjr»  1SS2  Ii!,  eine  ta~t  ununterl»rochene  Kette  günstiger  Konjunkturen  für  unsere 
Branche  bezeicliud  werden.  Wenn  trotzdem  viele  Fabrikanten  nicht  oder  nur  wenig 
vorwärts  i-^ek  lanien  sein  mögen,  so  muß  die  Ursache  eben  in  anderen  Faktoren  als  in 
den  Konjunkturen  gesucht  worden. 

»Schon  Anfangs  der  6()er  Jahre  grestaltete  sich  die  Fabrikation  durch  mittlerweile 
hinzugetretene  neue  Verhällni?>e  etwas  komplizirter.  Einmal  hielt  billigere  cbinesiscbe 
Seide  iliren  £inzug  und  sodauu  wurde  ein  Veriohren  entdeckt,  um  Holiseide  während 
des  Prozesses  des  SdiwarsArbens  zu  beschweren,  Anfangs  bescheiden  mit  15  anno 
1865  schon  mit  50     nnd  seitdem  noch  weit  hfthwr.* 

Der  Berichterstatter  wirft  den  Schweiz.  Fabriknntcn  vor,  diese  nett  anf'- 
taiuhenden  Mnnietite  zu  weniir  beaclitet,  sich  mit  der  Verwrndung  des  neuen 
liohötutir»  und  di  r  raschen  Aneignung?  de»  neuen  Fax'bverfahreiis  zu  weuig  befaßt 
zu  haben.    Dielj  habe  »ich  iu  den  TUcr  Jahren  zu  rächen  begonnen.  . 

.Das  Jahr  1871 '79.'  fUhrt  derselbe  fort,  .war  wohl  das  günstigste,  welches  die 
ziln  liei  i  rlie  Si  iilciiiiiilu-tric  je  erlebt  bat;  ihre  Icieblen  TafTetgcwebe  in  farbig  und 
schwarz,  uameuUidi  aber  in  sciiwarz,  erfreuten  sich  überall  de:»  be^iten  Ai>satzes.  Es 
bildet  den  Kulminationspunkt  unserer  Prosperitit.  Schon  im  Jahre  187:2  machte  sich 

dagegen  ein  Umschwung  /n  iin-r-rem  Xaflitfteile  fnlilhar.  AnnTika  und  Ijerdaiid  verließen 
nach  und  nach  die  glänzenden  (lout-cuilj  Taffetgewebe  und  wandten  sich  scliwereren, 
matteren  (mi-<'uil)  Faillegeivebm  in  farbig  und  sehwarz  zu.  FQr  diese  waren  unsere 
leichten  Stühle  durchaus  ungcf  i -r  .  *  wer  vm)  der  neuen  Konjunktur  prritiliron  wollte, 
der  muiilti  seine  Stühle,  Gescluire,  Blatter,  kurz  seinen  ganzen  Webewerkzeug  um- 
gestalten.* 

Die  Aniiitttsung  dieser  und  einer  Reihe  anderer  KoRjnnktnren«  die  der  Ver- 

fas-ser  der  Reihe  nacli  in  Erinnerung  ruft,  z.  B.  der  halbseidenen  Turquoises  fllr 
Hutgurnituren  und  Kravatten  (1874  — 187»^',  der  F'ailletiiies  p87i;  -1^7S), 
Satins  (seit  1877),  Moire  fran^aiso  (1881 — l.'-^>^2)  etc.,  sei  jrweticn  entweder 
gar  nicht  oder  zu  spat  erfolgt.  Der  Berichtersiatlcr  tadelt  auUerdem  das  S^>tem 
übertriebener  Konsignationen  nach  Nordamerika,  den  sa  grofien  Verlaß  der  Fabrio 
kanten  auf  die  Kommissionäre,  anstatt  häutigerer  persönlicher  Reisen  etc.  Unver- 
kennbar bat  sich  seither  Vieles  in  diesen  Verhältnissen  verändert  und  verbessert» 


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—    87  — 


Seide 


Einfuhr  nud  Ausfuhr  von  Seide unio ff rn  nlhr  Art  (sri-lfnc,  halliseidcne, 
floretBeidene).  Die  Statistik  reicht  nur  bis  zum  Jahre  1H7U  zurück^  weil  vorher 
die  Seideobändtii-  mit  iluu  80ig.  Seideiutoffei)  vermengt  wareu. 


Menge 

Menge 

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q 

q  q 

Ib7ü 

brutto 

8.455 

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"iS'J    brutlu    Ii  915 

1871  '. 

.  1,138 

• 

9^2 17 

1884  , 

.    1,347       ,  14,417 

187ä  . 

956 

9,5+5 

1885  . 

854    netto  13.087 

10/  <3  . 

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•  Ott 

11,549 

1886  . 

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1874  . 

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16,284 

1887  . 

866       ,  13,797 

1875  . 

.  1,009 

• 

15,362 

1888  . 

858       .  14.6i»8 

1876  . 

951 

■ 

13,591 

1877  . 

im 

10,332 

Werth 

1878  . 

915 

• 

10,809 

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1879  . 

.  1,033 

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10.241 

1885  . 

.    6*884,000  70*862.000 

1880  . 

801 

• 

10,697 

1886  . 

.    7  088,000  75*303,000 

1881  . 

933 

• 

11,253 

1887  . 

.    6'589,0U0  78*6:28,000 

1882  . 

.  1,115 

a 

12,216 

1888  . 

.    6XH5.000  8r0W),0Ü0 

B  ,i  ii  d  w  c  b  c  r  c  i. 

Dieser  Zweig  der  Schweiz.  Seideniudustrie  ernährt  ua.  12 — 15,000  Peraonen 
und  prodosirt  jShrlieh  Waaren  im  Werthe  von  36-~40  MillioiieB  Fraakeii.  Die 
ZdU  der  Webstühle  mag  6000  betragen.  Im  Jahre  1880  zählte  man  in  Basel- 
»tadt  1023,  in  Baselland  4909,  in  den  Ktn.  Aargau,  Bt-rn  uii.l  Sulotlinrn  377, 
somit  insgesammt  6301)  Stühle.  Nach  der  Indnstriekarte  von  Hermann  Schlntter 
beschäftigte  die  Bandweberei  nebst  HliitKarbeiten  am  1883  in  Basehitadt  5872, 
in  BaseU&nd  4973,  im  Aargaa  778,  im  Thnrfcan  185,  im  Kt.  Bern  331,  im 
Solothnroiseben  383,  d.i.  Tot«!  12,521  Arbeiter. 

Eine  Vergleichung  mit  der  Fabrikstatistik  auf  Seite  68  ergibt,  daß  die 
Barrl  Weberei  zur  TTh'lfte  Fabiikindustrie,  zor  Hälfte  Hausindustrie  i>t.  Sie  firo- 
duzirt,  aualog  der  Svidenatoffweberei,  bttuptaäcblioh  den  leichturtn  und  billigen 
Qenre,  namentlioh  ans  reiner  Seide  nnd  firämwoUe  gemieoht.  Die  Biischang  von 
Seide  und  Ghappe  iet  seit  IKngerer  Zdt  an  Guneteo  der  BanmvoUe  in  Abnahme 
begritfen. 

Der  Ab>iatz  im  Inland  ist  verhältnißmHßig  unbcdintetid.  Im  Ausland  kon- 
kurriren  die  öchweizerisclien  Bänder  hauptHächlich  mit  denjenigen  von  St-Ktieune, 
Barmen  und  Cuventry,  sowie  mit  den  Erzeugnissen  der  Ver.  Staaten.  %  ^Il^r 
anagefttbrten  Binder  nimmt  England  auf;  der  nKebetbedentende  Abnehmer  ist 
Nordamerika,  trotz  des  Zolles  von  50  V  Werth.  Der  Abiata  iu  deti  vier 

grüßen  Nachbarstauton  etc.  wird  dnreh  holie  Zölle  nnf  ein  Minimum  behchriinkt, 
wobei  indp*;spn  zu  bemerken  ist,  duL)  von  sehweiz.  Finnen  im  Großhetzopthnra 
Baden  und  im  Elsaß  zuui  Vbeil  schon  in  den  ersten  Jahren  des  deutscheu  Zull- 
vereina  Zweigetablinemente  gegründet  worden  sind,  die  den  dentseben  Markt,  im 
Wettbewerb  mit  den  ileutschen  Falu  iken  am  Niederrli<'iii.  mlf  Bändern  versehen. 
Vor  den  t^Oer  Jahren,  d.  h.  vor  dem  Bürgerkrieg  nnd  den  hohen  Zöllen,  nahmen 
die  Ver.  Staaten  die  erste  Stelle  unter  den  Abnehmern  ein. 

Die  Einführung  der  Bandweberei  in  der  Schweiz  ist,  wie  diejenige  der 
meisten  ttbrigen  Zweige  der  Seidenindvatrie,  auf  die  Einwanderung  der  ver- 
triebenen  Looamer  (1554)  aurUeksuftthren.  Einige  dieser  Imigranten  versuchten 
in  Zürich,  Bänder  au  weben,  geriethen  aber  dadurch  mit  den  vermeintlichen 
Interessen  der  dortij^n  Posnmenter  in  Kollision  und  wandten  .-^ich  nach  Basel, 
wo  sie  sich  zur  Betreibung  ihrer  Industrie  bleibend  niederließen ;  ob  andere 


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■-■7^1-^'- 


Seide  —    8A    —  Seide 

Louurner  vor  diesen  zum  gleichen  Zwecke  direkt  nach  Basel  gegangen  waren, 
ist  nicht  bekannt.  Ungefähr  in  den  GUer  Jatnvn  des  17.  Jahrh.  kamen  in  Basel 
verbesserte  Webstühle,  sog.  Kunststiihlc,  auf.  über  deren  Urspninf»  sehr  aus- 
einandergehende Vermutbuugen  bestehen.  Bis  dahin  waren  die  Bänder  von  den 
Bordenwirkern  oder  Poeaiiietiteni  auf  kleiuob  StilUeD  (Soblmelii)  verfertigt  worden, 
iadem  die  SobüTohra  von  Hand  geworfen  wurden.  Anf  dem  nenen  Stahl  wurden 
sie  mechanieoh  bewegt,  mehrere  Bänder  konnten  nebeneinander  gewoben  werden, 
80  daß  din  Po.sampnt^;r  in  ihrer  alten  Fabrikationswei"<e  nicht  mehr  Schritt  damit 
zu  halten  vermochten  und  von  der  iiegierung  das  VerUit  der  neuen  Stuhle  ver- 
langten. Solche  exiatirten  in  Basel  nachweislich  im  Jahre  1660.  Es  gab  um 
jene  Zeit  anch  Sttthle  dieser  Art  in  Sohaffhansen,  Fenert^alen  nnd  Chor,  apit«r 
auch  in  Aarau;  in  Genf  wurde  die  Etablirung  der  Bandstühle  von  Anfang  an 
flhppwie«en.  In  Ziiiich  berieth  im  Jahre  IGT)!)  eine  Kommi>»sion  des  DirektoriiimM 
lani^c  Zeit  über  die  Zulassung  der  neuen  groüen  Stühle  und  fand,  dirse  seien  bis 
jetzt  von  keinem  Nutzen  gewesen,  die  VVaare  sei  noch  von  schlechter  Qualität. 
Im  Jahre  1726  war  man  noeh  zu  keinem  Entacheide  gelangt,  denn  die  Frage 
wurde  in  diesem  Jahre  neuerdings  einer  Kommiwion  vorgelegt.  In  der  Zwischen- 
zeit (KIS'J)  hatte  Joseph  Orell  mit  dvv  Ei  lauhniß  des  Abtes  von  Einsiedeln  eine 
Bandfabrik  in  Wciniriircii,  unter  ZuliiiliV-iialum'  eines  französischen  Emigranten,  zu  , 
errichten  versucht;  vom  Käthe  in  Zürich  wurde  aber  die  Aufhebung  des  ünter- 
nehmene  verfOgt  und  dem  hengtan  PrKlaten  bedeutet,  daß  man  die  Errichtung 
von  Fabriken  anf  dem  Lande  niemals  dulden  werde.  ')  Die  letzten  Versuche  der 
Bandweberei  in  Zürich  datiren  von  17^5;  die  Konkurrenz  mit  Ba-sel  war  aber 
bereits  zn  schwer  i^ewordcn.  fn  letzterer  Stadt  ging  die  Bändehuühle  au-  dem 
Kampl  mit  dem  I'usamenterhaudvverk  schließlich  siegreich  hervor  und  wurde  im 
Jahre  1681  endgültig  in  ihre  Rechte  eingeaetat. 

Die  seitherige  Entwicklung  geht  hervor  ans  folgender  Statistik  der  Stühle: 

Jahr  1670       ÜhO  Sttthle  in  der  Studt  BH.sel. 

.     1764      I2i2d  •      in  Basel  und  Umgehung  nach  amtlicher  Schätzung. 

Im  «Gemälde  der  Schweiz'  werden  für  das 
gl.  Jahr  1635  St.  angegeben,  welche  auf  der 
Landschaft  fttr  Basler  Fabrikanten  besohXfligt 
gewe.sen  sein  sollen. 

r     17»9      2268^2321    ,       l«9a  St.  gehijrten  den  städtischen  Fabrikanten, 

'M2  den  Arbeitern,  1 16  Fremden.  („Gemälde 
der  Schweiz"  und  Bowring.) 

•    1800  ca.  3000 

.    1836  3600 — 4000   ,     Arbeiter  12—16,000,  Ausfuhr  lO'TOO.OOO. 

^Bowring). 

„     1857  ca.  6500  «      Ca.  80  CJeschätte  in  Kusel,  10  in  den  übrigen 

Kantonen.   ^Jt  aller  Stühle  auf  dem  Lande. 

6 — 600  mechanische.  (Landesansstellnngs- 

bcricht  Bern,  l^.'»?.) 
„    1867      8700 — 9000    ,      Arbeiter   2G  — 27,001».    (BoUey,  Ausatellnng 

Pari«,  lb«»7.) 

,     1870      763 1  „      (LandeHauübtelluugsbericht  Zürich,  Ib^iü.) 


*)  Orell  ging  1694  vor  Verdruß  nach  Berlin  nnd  fOhrte  dort  unter  dem  besond^'en 
Schulze  dem  Cliurfärsten  die  Kreppmanufaktur  ein. 


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Seide 


—  — 


Seide 


Jahr  1880    6309  Stuhle    Baaelland  4909,  Baaelvtftdt  1033,  Aargau,  Bern,  Solo- 

thura  377.  (LandemustttllangsberichtZltrieh,  ]  883.) 
,    1883      9       ,      Arbeiter    Iti  —  18,000.  (Landcttusatellongsberioht 

Zürich,  1883.) 

In  die  20er  Jahre  dieses  Jahrhunderts  fallen  als  förderliche  Momente  die 
gänzliche  Aufhebung  des  Zunftzwanges  (1823)  und  die  Einführung  der  Jacquard- 
Stühle  (1826).  Im  Jahre  1849  begaun  der  mechanische  Betrieb.  An  der  üelbst- 
ständigen  Verbesäemng  der  Sttthle  bis  in  die  Nenaeit  hat  Basel  einen  hervor- 
ragenden  Antheil.  Dieselben  sind  von  jeher  stets  von  Sebreinern  and  Ueohanikern 
in  Basel  seihet  konstmirt  worden. 

Gesammt-Einfuhr  und  -ÄM^hr  vfm  Seidenbändem  aUer  Art: 


Mmge 

» 

Menge 

Änttabt 

Slnflvbt  AmMa" 

« 

4 

1870  .  . 

.  369 

brutto 

13,s()ä 

1883  . 

.   .   461    brutto  'i'.im 

1871   .  . 

.  495 

18,1'JO 

1884  . 

.    .    4<)1       ,  -22/267 

1872  .  . 

.  468 

» 

i'5,710 

1885  . 

.    .415    netto  10.8-25 

1873  .  . 

.  455 

17,(;25 

1H8«  . 

.    .   471       ,  14.042 

1874  .  . 

.  925 

• 

1887  . 

.    .    46U       »  14.4iä 

1875  .  . 

.  633 

16.293 

1888  . 

.   .  583      ,  l^ßtM 

1S7Ü  .  . 

.  734 

» 

16,58(1 

1877  .  . 

.  475 

* 

16,815 

Werth 

1878  .  . 

.  341 

I7,i80 

Fr.  Ft. 

1879  .  . 

.  ±ii 

18.038 

1885  . 

.    274-2,000  28T)Ü6,000 

1880  .  . 

. 

II 

21,737 

1886  . 

.   3013,000  I23'130.000 

1881  .  . 

.  m 

II 

19.(i54 

1887  . 

.   r801,000  3r748,000 

1882  .  . 

.  3^ 

• 

24,389 

I8ä8  . 

.   3*835.000  37'989.<]00 

Die  Statistik  reicht  nur  hh  zum  Jahre  1870  zurück,  weil  vorher  die  Seiden« 
bän>!(  r  keine  besondere  Pusition  der  Zolltabellen  bildeten,  sondern  mit  den  sog. 
»5eideu8torten  vermengt  waren. 

Organe  der  allgemeinen  Interesncnvertretung 

Di«  interesbcn  der  Seideniiidiistri*»  W'^rden  in  Basfl  von  Ai-r  H  tn'lelskanimer, 
in  Zürich  von  der  Kauf'mkuui^viien  Gef^eilbchai'i  uud  HptnAl  vuu  der  1854  ge- 
gründeten „Seidenindußtriegeselisehaft  de«  Kts.  Zürich"  wahrgenommen. 

Seiden  webse hui e. 

Die  ernte  eigentliche  Seidrnwebschule  bestand  von  1856 — 1863  als  Privat- 
lustitut  iu  Horgen }  sie  wurde  gegründet  und  geleitet  von  J.  J.  Staub,  der  »ich 
als  Fabrikant  und  Kanfmann  schon  durch  verschiedene  Erfind  uugeu  und  Yer- 
besserangen  venlient  gemacht  hatte.  Theorie  und  Praxis  worden  in  seinem  In- 
i«titute  iu  dreijährigen  Kursen  gründlich  gelehrt.  IHG.*)  ging  da.s.selbe  aus  Mangel 
an  Zöglingen  ein,  indem  «ich  wiilirend  der  GesohäftHkrihis,  welche  der  amt*rika- 
nisohe  Bürgerkrieg  verari>achtc,  wenig  junge  l.«eute  der  Seideninduätnu  zuwandten. 

Bs  daneite  17  Jahre,  bis  eine  neue  Sohub  entrtand.  Die  Initiative  daxn 
ergriff  die  obenerwähnte  Seidttiindustriegesellschaft.  Die  Schote  wurde  aus  Privat-, 
Gemeinde-  und  Staatsmitteln  im  „Letten"  in  Zürich  eingerichtet  und  am  14.  NO' 
vember  188  1  mit  2  Lehrern  und  '21  Schülf  rn  i  r?urnf  t  -,  18M)  wirkten  an  der- 
selben 4  ständige  Lehrer;  die  Schuleraahl  betrug  33.  An  der  iSjiitze  steht  als 
technischer  Leiter  ein  Direktor,  Uber  ihm  eine  von  der  Seidenindusti  icgeHclhichaft 
gewählte  Kommission.  Der  ganse  Kurs  umfaßt  awei  Jahre.  Unbemittelte  junge 
Leute  von  Talent  erhalten  aus  einem  Fond,  der  xur  Zeit  ca.  Fr.  25,000  beträgt, 


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Seide 


—  90 


Sekund&rbahnea 


Stipendien.  Abgehende  Sdilller  htben  bis  jetat  ah  Weber  und  Weberaeieter 
etets  ohne  Schwierigkeit  Anstelhng  erhalten.  Für  Bureaa-  und  Febrikangestellte 

oder  Arbeiter,  die  ihre  theoretisch t  n  und  technischen  Kenntnisse  vervoUstärKÜfren 
möchten,  Mich  aber  nicht  als  eigentHche  Schüler  aufnehmen  lassen  können,  werden 
Separatkur^u  iu  paasenden  Stunden  abgehalten  und  Vorträge  veranataitet.  Die  in 
der  Sehale  fabrisirlen  Stoffe  ttbemimmt  seit  der  Grttndnng  ein  sttreheriabhee 
Detailgeschäft  jeweilen  zum  Kostenpreitj.  Großen  Nutzen  stiftet  die  Schule  außer 
der  Ht-ranbildung  ein©<  wohlgebchulten  Fahrikpersonals  durch  ihre  Versuche  mit 
neuen  Artikeln;  die  Einfuhrung  der  Sammetweberei  z.  B.  wurde  vuu  ihr  wesent- 
lich erleichtert.  Bedeutende  Erfolge  hat  sie  auch  schon  durch  ihre  jährlichen 
PrdaaniBohreibongen  für  Erfindnag  eder  Yerbeaeerung  von  Uuehinen  nnd  Appa- 
raten enielt. 

Seifenfabrikation.  Die  S.  soll  erst  im  Anfang  dieses  Jahrhanderta  von 
einigen  ost'^chwfi/erischen  Kerzenfabrikanten  begonnen  worden  sein,  indem  sie 
eiuen  Thcil  des  hus  der  Keraenfabrikation  resultirenden  Talgs  zu  weißer  nnd 
marmorirter  Talgseif«  yenieden  ließen.  Yorher  deckte  die  Sohvek  ihr  Bedllrftii& 
Tornebmiieb  in  Hasseille,  aneh  in  Italien.  £ine  an  Ende  der  30er  Jahre  ent- 
standene Kerzenfabrik  begann  mit  der  Herste! Iiitig  von  OleYnseife;  dann  kamen 
in  den  Jahren  1840 — iHtJo  m-'hr.  iv  kleinere  nn'l  größere  KtabÜHHemente,  welche 
die  Seifentabrikatiun  uiufius-sonder  betrieben,  lieure  (1889)  gehen  aus  ca.  60  Ge- 
schälten, von  welchen  9  mit  ca.  150  Arbeitern  dorn  eidg.  Fabrikgesetz  unterstellt 
sind  (Kantone  Zttriebf  Aargau,  Baaelatadt,  Sohwys,  St.  GalleD),  die  versehiedensten 
Qualitäten  Seife  hervor,  insbesondere  auch  Toilettenseifo.  Sachkenner  schätzen  die 
Jahresproduktion  auf  mindesten^  60,000  »j  im  Werthe  von  4  Mill.  Fr.  Da  die 
Einfuhr  jährlich  durchschnittlifh  27,000  q  (l?5'^ä/88  j  beträgt,  so  muß  auf  einen 
iiesammtverbrauch  von  87,000  q  Seife  im  Werth  von  ca.  9  Mill.  Fr.  geschlossen 
werden.  Bei  t$7,000  q  im  Gaioen  trifft  es  anf  den  Kopf  der  BevSlkerung  oa.  d  kg. 
Es  kann  alw  mit  der  Reinlichkeit  der  Bevölkerung  nicht  allzu  schlimm  bestellt 
sein,  selbst  wenn  man  die  zu  gewerblichen  Zwecken  verwendete  Seite  (ca.  lOtOOO  q 
allein  in  der  Seidenfiirtierei"^  in  Abzug  hrir  irt. 

Für  die  Ausfuhr  wird  ebenfaii»  gearbeitet,  doch  Ubertraf  sie  nie  das  Uu<^utum 
von  2563  q  (1871).  Von  18«o  bis  und  mit  lH84i  bewegte  sie  sieh  awiiohen 
«{89  und  1126  q.  reep.  Fr.  öB,000  and  113,000  per  Jahr.  Hinderlich  für  den 
Export  ist,  dali  die  meisten  Rohstoffe  für  die  Seitenfabrikation,  als  Olivenöl, 
Rüböl,  Falmöl,  Coeosf»!,  Oleinsäure.  Talg,  Hnr?,,  Soda,  Pottn^äche  etc.  aus  dem 
Ausland  bezogen  werden  mtlssen.  Das  Hauptgeschäft  der  Sciteubranche  (in  Zürich) 
entrichtet  lediglich  fdr  die  Verzollung  solcher  Rohmaterialien  Fr.  15—20,000 
per  Jahr. 

Soitorei.  Seile,  Packstricke,  Schuiii« ,  Bindfaden  etc.  werden  noch  von  einer 
Menge  von  Hiindwerk^seilern  gemacht.  Zur  Z«-it  dvr  eidg.  Volkszählung  von 
1880  beschäftigten  hieb  1172  PerM^nen  mit  diesem  Erwerbszwcig.  Die  meeha- 
uischo  Bindfadenfabrik  SchaÖhauseu  in  Flurlingen  (Kt.  ZUrichj  ist  die  einzige, 
welche  jene  Waaren  in  grofiem  Maßstäbe  fobrikmäiöig  herstellt.  Dieselbe  wnrde 
im  Jahre  1873  mit  einem  Aktienkapital  von  l  Mill.  Fr.  gegründet,  ver- 
nrbeitft  jährüeh  cn.  .')()()0  q  Fho  hs.  Hanf,  Werg  etc.  (nngefübr  die  Hälfte  der 
Hinfuhr  dir-.t  r  Materialien).  Sie  exportirt  auch  nach  den  viMsf-hiedeti^tcn  Ländern. 
Eauptkonkurrenten  sind  Deutschland,  Frankreich  und  itulieu,  »peziell  die  Lom- 
bardei mit  ihren  billigen  Hanf«  nnd  Werggarnen. 

Sektind&rhahnen«  Die  S>  nnterscheiden  sich  yon  den  Hanpthiihn<  n  [mment- 
lieh  durch  vereinfachten,  sparsameren  Betriebsdienst,  oft  aooh  durch  einfachere 


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SeknndirbaluieD 


—    91  — 


SUbairuraa 


AnuMmtg  der  Sahn.  Ein«  offlnelle  EintheUnnf  der  tofaw«is.  EUaenbahinn  in 
Haoptbahneii  lud  SekasdirlisliiieD  beAteht  niolit.  weßhalb  der  Umfang  dieser 
anch  nicht  genau  angegeben  werden  kann;  doch  darf  man  auf  Grund  der  Be- 
trieb8verbältniü»>e  die  Länge  der  Schweiz.  S.  wohl  zu  ca.  GOO  km  oder  20  ^/o 
der  Gresammtlänge  aller  Schweiz.  Bahnen  annehmen.  (Vgl.  «Schmalspar bahnen".) 

Selfketon.  Die  erste  Selfaetor^Sf^iuiHnehiiie  in  der  Sohweis  wurde  von 
J.  J.  Ki' ti  1  >^  Cu.  in  Wintertluir-Tüß  im  Jahn-  1854  gebaut. 

Senfi'abrikation.  Ca.  16  Geeohifte,  die  den  ipröüem  Theil  des  »ohweiM- 
^risohen  Bedarfes  decken. 

Sengereien.  8  Etabl.  mit  cu.  100  Arb.  in  den  Ktn.  8t.  (jallen,  Appenzell 
tmd  ThurgftQ. 

Senaerei  s.  „Mildiwirthsohaft-'. 

Sortsniifabrik  unter  ih-m  Fiibriki^esetz :  J.  Leresche  in  Ballaignes,  Waadt. 

Serbien.  In  der  Schweiz.  \\'nareu%'erkeh' w-^rntistik  fignrirt  Serbien  ufitt  r  Ii n 
Donauländern.  Diecke  bezieben  ans  der  Schweiz  baupt»tivblich  bedruckte  Buumvvoil- 
gewebe.  —  In  vertfsgliolien  BetieliiingeQ  atebt  die  Sobweis  mit  Serbien  dnroh: 
1)  Die  internationale  Genfer  Konvention  vom  24.  März  1876  betreffend  die  im 
Kriege  verwundeten  Militärs;  2)  die  Handelsübereinknnft  vom  29.  Mai/ 10.  Jnni 
1880;  '.i)  die  internationale  Uebereinkunft  vom  20.  Miirz  1883  zwm  Schutze  des 
gewerblichen  Eigenthuuis;  4)  den  internationalen  PhyUoxeravertrag  vom  10.  Ok- 
tober ld84;  5)  den  Weltpoetvereinavertrag  von  1878/1 Ö85. 

Serge.  Beieiebnung  einer  nebrere  Unterarten  nnfaeseaden  Gattung  mebr- 
trettiger  Ganz-  oder  Halbseideng^webe.   Zürcherischer  Exportartikel. 

Serpentin.  Edler,  zu  Denkmlilern  brauchbarer  S.  wird  am  Gotthard,  Urner 
Seite,  gebrochen.  Ebenfalls  zu  Ge Werbezwecken  verwendbarer  S.  äudet  sich  bei 
Gnttannen,  Kt.  Bern,  und  im  Kt.  Tessin. 

Servanier.  So  wird  in  einigen  Gegenden  dee  Kts.  Bern  der  aebwane 
Bnrgander  (Weinstoek)  genannt. 

Siebmachcr.    Zahl  derselben  nm  1.  Dez.  lH8n 

SilbiT  wurde  ehedem,  wie  auch  Gold,  da  und  dort  in  den  Alpen  gefunden 
und  ausgebeutet.  Seit  Langem  sind  diese  Adern,  die  sich  nicht  iür  moderne  Aus- 
beutung eignen,  verlassen  und  neae  sind  keine  ereehloBsen,  ho  daß  der  ffilberbedarf 
von  nietallreicheren  Ländern  bezogen  werden  muß.  Die  Bleiminen  in  LOtiehen 
(Wallum  rnthilrrn  mir  HO  -40     Silber  auf  100  kg  Rohmaterial, 

Silbrr^\  nariMi  werden  zum  weitaun  größten  Theil  von  Ftaukreich  und 
Deutschland  ^i'turziieim)  bezogen,  numentlich  was  t^iiberncH  Geschirr,  silberne 
übrketten  ete.  betrifFt.  In  Genf  wird  nur  die  Gotdbijonterie  betrieben,  wobei 
Silber  nur  aeeeeaoriscb,  ab  Variation,  snr  Yerwendnog  gelangt.  In  einzelnen 
Kantonen,  wo  sich  noch  ländliche  Trachten  und  damit  silberner  Schmuck  erhalten 
habt-n.  spielt  die  Verfertigung  von  silbernen  Gttllerketten,  Fingerringen,  Haar- 
nadeln u.  dgl.  noch  eine  gewisse  JbU)lle,  mo  namentlich  in  Bern,  Luzern  und  de» 
imiMRi  Kantonen.  Frttber  war  die  Anfertigung  solcher  Sobrnnelnaebt^n  jedenfaU» 
aebr  bedeutend. 

Wiebtigkeit  hat  selbstveretttndlich  die  Fabrikation  silbemer  Uhrenschale» , 
im  Jnra,  im  Zn^samnienhang  mit  der  ührenfabrikation.  Ein  gewisser  Verdienet 
fließt  den  Goldachmieden  von  Zeit  zu  Zeit  zu  durch  die  Erstellung  der  vielen 
ailbemen  Becher  für  Schützen-,  Säuger-  und  andere  Feste  und  (ttr  die  ver- 
Bohiedenen  AnllUee  der  vielen  Tereine,  die  in  der  Sobweis  sahlreieber  sind  ale 
irgendwo.  Ein  guter  Theil  dieser  Berber  pfiegt  aber  von  den  Qoldeohmiedea 
eelbet  in  Dentnehland  bestellt  sn  werden. 


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—    92  — 


Simplonbftha 


Als  Silbdiwaarenfiibrik  irt  dem  Fabrikgeaets  unteratellt  die  Firma  J.  Jesler 

in  SchaiThaosen. 

SimmenthalRr  fteschirr.  Eigenartiges  Töpferpfsefiirr,  dus  im  17.  und 
18.  Jahrhundert  im  Berner  Simmenthai  und  in  den  Seiteutbäiern,  am  meisten 
iu  Bettelried  bei  Zweiüimmeo,  auch  iu  Därätetten  und  Wimmis,  mit  einer  ge- 
wbwen  Kunstfertigkeit  angefertigt  wurde,  dessen  Fabrikation  non  aber  nieht  mehr 
bedeutend  i^t 

Simplonbahn.  Die  erstf  Kunzession  fijr  eine  Simplunbahn  ibt  um  4.  D< - 
zeuiber  löbi  dem  Herrn  riiTn  -Marie-Jusepb-Ailrien  de  la  Valette  in  Paris,  und^ 
zwar  vom  Großen  Bath  des  Kantuns  Wallis  lür  eine  Eisenbahn  vuu  8ilteu  \m 
an  die  schweiaeriseh-Mrdbiscbe  Grenze,  ertheilt  worden,  mit  der  Befiigniß,  die- 
selbe nur  bis  Brieg  fortzuführen.  DeuisL'lbeu  Bewerber  war  schon  am  22.  Januar 
1«53  die  Bewilligung  ertheilt,  vom  Hafen  von  Bouveret  (am  Genfer  See)  bis 
nach  Sitten  eine  Eisenbahn  zu  bauen  und  zu  betreil  pf).  Eh  sind  iudeusen  auf 
diese  Konzessionen  hin  nur  die  Strecken  Bouveret  Jkiurtiguy  ^am  14.  Juli  ISöU) 
and  Martign/'Sitten  (am  10.  Mai  1860)  in  Betrieb  gelangt;  der  ttbrige  Tbdl 
derselben  blieb  fllr  einmal  unansgentttzt,  weil  dem  Konzessionär  die  Mittel  zum 
Weit<jrbau  fehlten.  Unter  diesen  Umständen  sah  der  Große  Rath  des  Kantons 
WalÜH  sich  veranlaßt,  an  Stelle  der  bisherigen  Konzestiionen  diejenige  vom  6.  Fe- 
bruar 186()  (riiichtenhelt)  zu  setzen,  in  welcher  die  PHicbten  des  Konzefisionära 
strenger  gefaßt  and  die  Yenteigernng  der  Anlagen  in  Annieht  gestellt  wurden, 
sofern  die  noch  rllokstlndigra  Bauten  nicht  innert  der  bednngeiien  Frist  zur 
Ausführung  kommen  sollten.  Gleichartig  griiiid>  tit  der  Konzessioasinhaber  eine 
neue  G'->'l!-('luifi,  die  Nouvelh  Compaffttie  äi'  lu  lif/ne  ifltit/ie,  tmter  d^ren 
Hülfe  das  Theilätück  Sitten-Siorre  gebaut  und  am  15.  Oktober  istih  in  Btirieb 
gegeben  wurde.  Da  aber  auch  die  neue  Gesellschaft  nicht  genügende  ünanzielle 
Mittel  hatte,  so  ist  ihr  im  Jahre  1873  die  Konaesabn  entzogen  nnd  die  Ver> 
stei<r  -niiig  der  fiahs  im  Jahre  1874  verfügt  worden.  Der  Erwerber  hatte  sidk 
den  Bedingungen  zu  unterziehen,  welche  in  d>ri  wieflerum  neuen  Konzessions- 
l»e«^ümmuDgen  (vom  24.  September  1M7M)  sirli  tan  lt  u.  Der  Kaufftpreis  für  die 
nun  80  Kilometer  lange  Linie  samntt  dem  BeinebHmatcrial,  wofür  im  Ganzen 
Fr.  24*084,*i34  verwendet  worden  waren,  betrag  Fr.  10,000.  Die  neuen  Er* 
werlicr  konstituirtcn  sich  als  Simplonbalni<i':>dh'  h<ifi ;  sie  brncbten  ein  Aktien- 
kapital  von  vier  uui  ein  Ob!i;,Mf i^jmnkapital  von  drei  Millionen  Franken  auf, 
Würaus  die  noch  restirende  Stierk«'  Sierre-Hrieg  erstellt  wi-rdt  n  konnte ;  das 
letzte  Tlieilstiick  derselben,  Loueche-Brieg,  wurde  am  1.  Juli  187js  eröffnet.  In 
Folge  Vertrags  ging  endlich  das  ganze  Diitemehmen  am  1.  Juli  1881  an  die 
Gesellsehaft  der  sohweizerisohen  Westbahnen  über,  weldie  gleichzeitig  ihre  Firma 
in  Compa'jnic  des  <Ji>  mitis  de  fcr  de  la  Suisse  oc<  identale  tt  du  Simplon 
änderte  und  nun  mit  neuen  Kräften  mit  di  r  immer  noch  rilckütändigcn  Aufgabe 
der  Vollendung  der  Bahn.  d.  h.  der  Durchbrechung  des  Simplon  und  Führung 
der  Lmi^  mittelst  eines  Tonneis  bis  zur  seh  weiserisoh  •italienischen  Gnnze  bei 
Isola,  sieh  befaßte. 

Die  einlUßlichf-n  Studien  Uber  dieses  Bauwerk  haben  einen  gewissen  Ab- 
jicbluß  gefunden  durch  d -ri  Hr-richt  einer  Expertenkommission,  welche  die  von 
dem  Oberiiigenieur  der  Gesellsehalt  gemachten  Studien  und  Vurschläge  zu  prüfen 
hatte  und  sich,  in  Uebereinstimmnng  mit  den  letztern,  für  die  Erstellung  eines 
16,070  m  langen  Tnnnels  (mit  Scheitelhöhe  von  835  m  tt.  M.)  zwischen  Brieg 
und  Isola  aussprach.  Die  Kosten  dieses  Tunnels  sammt  den  Zulahrtsranipen  auf 
Schweizer  Gebiet  sind,  Doppelgeleise  angenommen,  auf  Fr.  62,319,600  veran* 


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Simplonbaiiu 


—    93  — 


Soziale  Frage 


schlugt,  lücht  gtifbchiiet  Gäl<ibe8üliaÜ'uDg8ko8ten  untl  Bauziime  wahrend  der  Tor- 
Mnielitlidi  8—10  Jaltre  langm  BanzMt. 

Da  auf  der  italienwcheu  Seit«  die  Eisenbahnen  nur  bi«  Domo  d'Owola, 
24  Kilometer  von  der  italieiiis(  h  schweizerischen  Grenze,  gebaut  sind,  so  ist  die 
Voraussetzung  der  Ban-Ausftihrung  nicht  bloß  die  Beschaffung  Hps  Bankapitals 
fUr  den  äimplondurchbrucb,  sondern  eben  ao  sehr  die  Zusicherung  der  italienischen 
Rogiemng,  ihre  Linie  bie  nur  Landesgrense  m  verUngern. 

(Jeher  diesen  Funkt,  sowie  darttber,  ob  und  in  welchem  Umfang  Italien  aa 
die  Baukosten  de»  TuDaels  beitragen  solle,  Bohweben  die  Verhandlangen  nodi 
(April  189üV 

So  lange  die  vSini[>l(>ueiiienbahn  hUben  und  drüben  am  Fuße  des  Borge» 
(Brieg)  oder  am  Eingänge  zum  D£fil£  (Domo  d^Owola)  Halt  macht,  bat  sie  fUr 
Italien  ao  gut  wie  für  die  Sehweia  nnr  lokale  Bedentang  and  wird  anoh  der 
ISrtrag  niebt  den  bisher  verwendeten  Kosten  entsprechen.  Die  Bedingung  der 
Fmchtbarmarhung  dieser  ist  die  Verbindtm-^  der  bciderfieitigen  Strecken  durch 
den  Tunnel,  womit,  abgesehen  vom  Nachbarverkehr,  auch  für  einen  ansehnlichen 
internationalen  Verkehr  die  abeolut  kürzeste  Houte  geschaffen  wäre,  welche  da- 
neben noeh  den  VOTtheil  haben  wird,  daß  sie  yermSge  der  anßerordentlieh  gttnetigen 
SteigangererbKltniaBe  billigt  Tiixeu  zu  bieten  und  damit  Kreise  anzuziehen  ver- 
mag, welche  sonst  nach  dem  Gaaets  dar  Entfernungen  anderen  Alpentlbergäugen 
sich  zuwenden  iniißtt  n. 

Simplonstrusäe  (Alpenstralie).  Der  Simplon  ist  der  eist«  der  »chwciz. 
Bergpässe,  welcher  in  eine  Knnetotrafie  omgewandelt  worüe,  and  diese  ist  aneh 
in  ihrer  Anlage  die  schönste  und  kostbarste  ullcr  sdiweix.  Alpenstraßen.  Ans« 
gefllhrt  wnrde  dieselbe  auf  Bttchl  Xapolcün's  1,  in  den  .Tahren  18U0 — 180.'». 
Die  I^iinge  beträgt  vnn  Gliz  bei  Hrieg  i^Kt.  Wallis)  Uber  den  Simplon  (l'aßhühe 
2010  m  u.  M.)  bis  Domo-d  Ossola  ^Italien)  6^)  km^  12,1  km  liegen  aut  dem  Gebiet 
von  Wallis.  Breite  7,3 — 8,4  m.  Die  Erstellnngekosten  betrugen  Fr.  7*686,000, 
wovon  Fr.  4' 106,600  auf  Keohnnng  Frankreichs  und  Fr.  ;V471),40O  auf  Rechnung 
der  cisalpinischen  Republik  gesetzt  wurden.  Der  Kt.  Wallis  betheiligte  sich  dabei 
nicht  mit  Geld,  jedoch  mit  Frohndiensten.  (Vgl.  Bavicr:  «ätraiien  der  Schweiz", 
Zürich,  Grell  FllÜii  &  Co.) 

Soiafkbfikatloii.  Dieselbe  bestdit  in  der  Sehweis  nur  als  AahUngsd  der 
Sinrenfabrikation.  In  einer  «elbstständigen  Indnstrie  kann  sie  sieh  wegen  Kohlen- 
armnth  des  Landes  nicht  entwiclnln. 

Solothiirn  erscheint  iiu  Supplement. 

Soolbäder  s.  Kurorte. 

Soziale  Frage,  Sozial  reform.  Gibt  es  denn  in  der  Schwem  andi  eine 
aosiale  fVage,  daß  das  YolkswirthaobaftS'Lezikon  genSthigt  wäre,  anf  Thema 
diMMT  Art  Bedacht  zu  nehmen  ?  Die  Frage  ist  bejaht  oder  verneint,  je  nachdem 
man  zugibt  oder  bestreitet,  dal.'  dif  Gegensätze  Reichthuni  und  Armnth,  Mnssen- 
produktion  und  Arbeitsiusigkeit,  Güterüh -rHuß  aut  der  euien  Helte  und  Güter- 
mangel auf  der  andern  Seite  bestehen  oder  nicht  bestehen.  Ein  Streit  hierüber 
ist  nnmSglichi  die  GegensHtae  sind  da,  wenn  aneh  nicht  so  schreiend  wie  in 
Irland,  BniUand,  Belgien,  Italien,  Amerika  etc.,  so  doch  i  n  ehr  als  genügendem 
Maße,  um  za  einer  Aenderung  der  Dinge,  an  üner  energischen  Aktion  herans» 
zufordern. 

Leider  fehlt  es  in  der  Schweiz  an  der  wichtigsten  aller  Statistik,  der  rfozial- 
•tatistik,  und  es  kann  daher  nieht  siffermäßig  naehgewiesen  werden,  wie  viele 
besitslose  Bürger  dieselbe  beherbergt,  wie  Viele  ungenligend  genihrt  nnd  gekleidet, 


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Soible  Frage 


—  94 


Studak  Frag» 


in  FBam>,  liift*  nnd  liolitarnioii  Wohnvogon  antergebraoht  nnd,  wie  Viele  ohne 

Berufserlernuiig  anfwaohselta  oder  eine  ihreu  Anluven  gänzlich  widersprechende 

Ausbildung  erhalten,  wie  vinle  Msuiuhinet)  dem  Jllenschon  das  Recht  auf  Erwerbung 
der  KxiHteiizmittei  verkümmern,  wie  viele  Fremde  den  Landeakindern  vorgexogen 
werden  u.  h.  w. 

Eine  d««rCige  Statistik  wflrde  nne  Alle  mit  Knteetaen  erflllleO)  das  lebten 
einen  Jedeu,  der  tiehen  will,  die  Vorkommnisse  in  seiner  nücbsten  Umgebnng. 

Ob  Ihr  in  Städten  Umsoliau  haltet  oder  in  Dörfern,  ob  Ihr  bei  den  Bauern  ein- 
kehrt oder  bei  t'en  ij'abrikai  beitern  -  überall  »töi^t  ibr  auf  Zustände,  die  unter 
der  Wurde  eiue»  gesitteten,  zumal  eines  republikanischen,  demokratischen  Staat«- 
veiene  tind.  Da  bt  keine  Arbeit,  dort  kein  Brod,  da  dient  ein  fauler  Strohsaek 
nie  Naohtlager,  dort  hausen  Eltern,  Kinder  und  Fremde  in  einem  einzigen,  dunst- 
erfüliteu  Gelaß,  da  mißhandelt  eine  lieblose  Mutter,  ein  roher  Vater  sein  Kind 
zum  Gotterbarm,  dort  saugt  ein  Weib  ihren  Sprößling  mit  der  vSohnapsflawche, 
hier  systematische  i^ucbt  zum  Beitels,  dort  unmeniichliche  Anstrengung  der  Arbeits- 
kxifke  am  «inen  Lohn,  der  rieb  nur  dadnroh  vom  Almoeeo  nntersobeidet,  daß  er 
nieht  dnieh  JSitten  in  Wort  nnd  Bliok  erfleht  wordt»  ist. 

Wer  aber  all*  diea  nicht  mit  eigenen  Augen  sehen  sollte,  der  lese  die  Presse, 
die  Berichte  von  Verwaltungen,  Behörden  und  Vereinen.  Er  wird  aus  den  un- 
zäbligeu  Aufrufen  um  müde  Guben  für  Bedürftige  und  Verwahrloste,  für  Kinder 
und  Greise,  aus  den  Berichten  Uber  Armenhäaser  und  Gefängnisse,  Uber  f  ehden 
swisdien  Arbeitam  und  Arbeitgebern,  Uber  Yersobnldang  von  Grand  und  Boden, 
Uber  Niedergang  der  Wehrkraft,  Uber  unausrottbare  Prostitution,  ttber  kapitali- 
stischen Wucher  u.  s.  f.  i  rlc*  nnen,  daß  es  in  der  That  aiu  li  in  der  Sehweiz  eine 
soziale  Frage  gibt,  d.  h.  eiue  Fratie,  welche  lautet,  wie  die  gebellhcbaftlichen  Ver- 
hältnisse zu  ändern  seien,  damit  allgemeine  Wohlfahrt  entstehe  und  dauernd  bleibe. 

iiiei«  Frage  ist  sogar  eine  brennende,  äne  von  Tag  an  Tag  an  SehSrfe 
gewinnende.  -Sie  ziebt  Stunde  nm  Stunde  mehr  Geister  in  ihren  Bann.  Aber  die 
Vorschläge  zur  LöHung  der  Frage  weichen  sehr  von  einan<ler  ab  und  die  Reformer 
trennen  sich  in  verfcchiedene  Lager.  Neben  sehr  weil  ausholeuden  Plänen,  nach 
welchen  aUe  jetzigen  wirtbschaltiichen  Verhältnisse  von  Grund  aus  geändert,  ja 
sozusagen  anf  den  Kopf  gestellt  wttrden,  gibt  es  solehe.  welehe  nur  Stttek  um 
Btttok,  Sehritt  unt  Si^hritt  refomdren  wollen;  neben  internationalen  Lösungen 
werden  rein  nationale  angestrebt;  neben  staatlicher  Intervention  wird  rein  privat« 
Aktir>n  gepredigt,  neben  gleichzeitiger  poiitisoher  Reform  vollständige  Außeraoht- 
iassung  solcher  u.  s.  w. 

Diese  Mannigfaltigkeit  der  VoreeUXge  beruht  nioht  zum  kleinsten  Theil  anf 
der  Tersehiedenheit  der  Anlfsssni^en  Ton  den  ürsaohan  des  Uebels. 

„Wie  sollte  eine  80  anqgedeluite  Krankheit,  als  welche  die  Notblage  einer 
großen  Volksmassc  sich  darstellt,  eine  einzige  Ursache  haben  kennen ?•*  argumentirt 
der  Eine.  „Und  warum  denn  nicht,  wenigstens  eine  Haup^ursache,  wenn  die^e 
so  schwer  auf  eine  ganze  VoLksklaase  drilckt,  daß  indirekt  die  ttbrigen  Klassen 
in  Mitleidensohaft  gezogen  werden?*  replidrt  ein  Anderer. 

Wer  will  nun  diese  Differenz  entscheiden?  Gewiß  wäre  es  am  besten  einer 
mit  Intelligenz,  Saehverstaiidniß  und  Unparteilichkeit  durchgeführten  Sozialstatistik 
möglich ;  indessen  ist  eine  Holehe  nieht  vorhanden  nnd  es  tritt  an  ihre  Steile  die 
individuelle  ApprcciatiuD,  die  je  nach  den  Erfahrungen,  dem  Wirkungskreis,  der 
Phantasie  nnd  Denkkrall  des  ürtbdleaden  so  oder  anders  ansftUt. 

So  ist  es  denn  in  den  Augen  des  Einen  die  Gewerbefreiheit,  die  AnhäuAing 
des  Kaiitals  in  wenigen  Binden,  welche  alles  Unglttok  versobalden;  ein  Anderar 


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Soziale  Frage 


—    95  — 


Soziale  Fr&^e 


«adit  di«  Sobald  im  pvivaleii  GnmdbeAts»  ein  Dritter  fai  der  fiUeeheD  Eniehmig 
dw  Jagend,  ein  Vierter  im  Hangel  un  BeligioritKt  nad  werkthitager  Nficbsten- 
liebe,  ein  Fflnfter  im  Leichuinn,  im  Mangel  an  Sptnankeit,  in  bemflioher  Un- 

tOchtigkeit^  in  ungenügender  beruflicher  Or^nisation  n.  8.  f. 

Auf  welcher  Seite  die  eine  oder  andere  Ansicht  vorherrsche,  geht  zum  Theil 
nna  den  Vorsohlägen  hervor,  welche  sur  Beseitigung  der  soiialen  Gebrechen  ge- 
maobt  werden.  Dae  Lexikon  branoht  daher  nur  dieee  Yoieoblige  eelbet  apreohen 
na  laeaen;  t»  thot  dien,  indem  ee  aie,  Howeit  ihm  bekannt,  dem  Hanptinbatte 
naeb  sneammeniaßfc. 

Wie  andcrwärt«,  gibt  es  auch  Inn  uns  in  der  Schweiz  suwohl  syntematisch 
orgutabirte  8ozialreformeri8che  Parieiett,  wie  auch  vereinselte,  aut  t^;gene  Faut>t 
bandehnde  oder  lehrende  SosiaMormer  nnd  Sosialtbeoretiker. 

Die  Ersteren  haben  ihre  f()rmlichen  Programme,  die  außer  den  auf  eigenem 
Boden  gewachsenen  Ideen  auch  fremde,  d.  h.  ausländische  oder  von  Belbst-stündigen 
schwinzeriHchen  Sozia Ireformern  herrührende  in  sich  schlielien.  Die  Ehre  der  Vater 
schalt  der  einzelnen  Programmpunkte  gebUhrt  also  bald  Diesem,  bald  Jenem,  und 
ee  bilt  aebwer,  die  Vatwaehaft  llberall  naebmw^een. 

Bepnneo  wir  mit  dem  Programm,  dae  den  Wtlnaciien  der  grSßten,  an  Uit- 
gÜedenahl  stärksten  eozialreformerisoben  Partei  Anadmek  gibt,  dem  Programm 
des  schweizerischen  GrUtli verein 8.  Es  lantet,  nach  gefl.  Mittbeilnng 
des  Herrn  Redaktor  Vogelsatiger  (Januar  1890): 

Obligatorischer  und  uneotgelUicher  Volkaschulunterricht  (Primär-  und  Sekundär- 
aehule) ;  Unentgelttictakett  der  Lehrmittel  auf  beiden  Stufen ;  unenlgdtlidier  Unterricht 

auch  an  den  höheren  Scliulen  und  Stipendien  Tür  fTilii;,'»-  riibemitfelt«.  Arbeitergesetz- 
gebung mit  einem  den  Uesellschaflshedürlnissen  entsprechenden  Normalarbeilslag  (£r> 
weiterong  und  Vertiefong  des  Fabrikg^tzes,  Zehnstundenarbeitstag);  internationale 
Regelung  des  Arbcitersrhutzc^ :  Hart[)niiht  für  alle  Fabrik-  und  gewerblitlien  Arbeiter; 
obligatori.sche  Kraukeu-.  L'utall-,  üivalidiläts-  und  Altersversicherung.  Uneittgeltliche 
Kraiiken|)t1ege  und  Uebernalnne  der  Beerdigungskosten  durch  Staat  und  Gemeinden. 
Staatliche  Statistik  Qber  die  Lage  der  arbeitenden  Kl,i-~'en  iHid  di»-  H«"lrt>v<TscbiiUliinp. 
Feststellung  der  Arbcilslohiie  aul  die  Hübe  einer  augiinessfuen  Existenz  inil  Berück- 
sichtigung der  örtlichen  Verhältnisse.  Durchführung  des  Grundsatzes,  daß  das  gleiche 
uautum  Arbeit,  ob  von  Männern  oder  Frauen  geleistet,  gleich  bezahlt  werde.  Staatliche 
egdung  des  Arbeitsnachweises.  Oetfentliche  Slellenvermittlungsbureaux  mit  billigen 
Taxen.  Ubligatorische  Berufsverbände.  Unentgeltliche  Rechtspflege.  Gewerbliche  Schieds- 
gerichte (Frudbonunes).  Steuerreform  im  Sinne  konaequenter  Durchführung  der  Progree» 
non  und  InTentarisation ;  progressive  EiiMdiaftssteuem.  Verstaatlichung  der  Versidiemng, 
der  Eisenbahnen  und  des  Bankwesens  (zunäi  iist  Bundesbank  mit  Banknoteninunopol). 
Talwk-,  Zündholz-  und  Gelreidemonopol.  Staatliche  Gesundheits»  und  Lebensmittei- 
kcmtn^;  eanitariscbe  Kontrole  der  Wohnungen,  der  Fabrik-,  Werkstatt-  und  Haue- 
tndustrie.  Studium  der  Bodenbeaittrefbrm. 

So  reichhaltig  diene«  Programm  ist  und  so  wenig  Anspruchslosigkeit  da»- 
selbe  verriith,  so  wäre  dennoch  der  Bewei«  schwer  zu  erbringen,  daß  demselben 
von  irgend  einer  Seite  uachdrilcklioh  Upposition  gemacht  werde.  Nicht  daß  es 
dem  ChrtltUverein  an  Gegnevediaft  feidte,  aber  dieü»  richtet  tk^  fielmebr  gegen 
die  jeweilige  Haltung  dee  Yenune  in  poHiisdae»  {"kagen,  ale  gegm  seine  Tendenzen 
auf  wirthsohaftlicbem  Gebiet.  Auf  letzterem  Boden  gewinnt  der  Verein  vielmehr 
zu«eliends  an  Bandesgenossenschaft.  l>ie  wenigen,  aber  dafür  um  so  rührigeren 
läoziaipolitiker,  deren  Ideen  der  GrUtli  verein  sich  zu  eigen  machte,  haben  aoc-h 
in  anderen  Lagern  zahlreiche  Gresinnungbgenossen  geworben  nnd  dem  VeretXndniß 
fltr  die  Sozialreform  Tbore  geOffiiet,  welche  noeb  vor  wenigen  Jahren  in  recht 
rootigen  Angeln  lagen. 


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Soiiale  Frage 


—    96  — 


Soxial«  Frage 


Die  in  nnmeriaeher  Hiiuielit  sweitstKrlute  fiozialreformerUiehe  ')  Partei  ist 
die  social  de  mokratigche  Partei.  Aus  Arbeiterkreiseri  herausgewachsen, 
«Ii '  mir  zum  kleinsten  Thei]  dem  GrUtliverein  angrliöi  en,  geistig  inspirirt  und 
geleitut  von  Männern,  welche  außerhalb  de«  LolinarbeiterBtaudc.H  stehen,  igt  gie 
erst  im  Jahre  1888  entstanden  ^)  und  zählt  zur  Zeit  (Januar  18'Jü}  noch  nicht 
viele  SektioneD,  gleiehwohl  aber  eine  betriditliche  Zahl  von  lOtgliederii. 

Ihr  Programm,  Tom  31.  Oktober  XHSS  datin,  hat  folgenden  Wortlaat: 

1)  In  politischer  Beziehung :  u.  Ausbau  der  Demokratie,  rein  lieniokratisehe  Staals* 
form ;  6.  Ausbau  des  Einheilsstaates,  Bo.seilipuni;  des  kantonalen  Partikularismus ;  e.  Un- 
«ntgeltlicbe,  dem  Stande  der  modernen  VVissenschafl  entsprechende  Volksbildung  und 
Votksaufklärung  im  weitesten  Mafie,  Verweisung  aller  kirchlidien  Bestrebungen  in  das 
Privatleben  der  Bürger. 

Jfi  vrirthfichaßlicher  Begiehwtg:  a.  Suceessive  VerstflatlichunK  von  Handel.  Vef- 
kebr.s\vt  -i'ii.  ImUij-trir.  L.indwirlhschafl  und  (iewerbe  iMniiojin]*-  und  Staabi-[Gemeinde|- 
Betriebe^,  unter  Befolgung  des  Grundüatzeä,  daß  der  KrlraK  nach  Abzug  der  Betriebs» 
kosten  und  eines  die  Steuern  ersetzenden  Betrages  für  dfreoüiche  Zwecke  (Schule, 
Rechtswp'^on.  Verwall uti^'.  Prif^'C  der  Kraiikrn.  Aftrn.  Invaliden,  Miinar  etc.)  allen  Mil- 
wirkenden  in  mögliciist  gleichem  Mai^e  zukommen  <oll.  HiefOr  zunächst:  Einsetzung  einer 
st&ndigen  ,Koromii<sion  rOr  wirih^haftlicbe  Gesetzgebung*,  welche  alle  einschlagenden 
Fragen  zu  prüfen,  die  besten  Mittf!  ttnd  We^'c  zur  Vn^filhrung  der  einzelnen  V.rstaal- 
lichungen  zu  .nucben  und  der  Bundesversammlmig  In-zugliche  Vorlagen  zu  machen  hat. 
Die  Mitglieder  dieser  Kommission  sind  vom  Volke  zu  wählen;  sie  werden  vom  Bunde 
besoldet  und  -tiil.  ii  ihre  jrnnze  Thätigkeil  ausschließlich  ihrer  Aufgabe  widTiieu.  h.  Das 
Hecht  aller  Burj-'i  r  aut  Ailieil  ist  in  die  Verfassung  anfzunebmen  und  iluii  von  den 
Behörden  in  der  Weise  Nacliachtung  zu  verscbafl'en,  d  iii  I»  liem  auf  sein  Verlangen  eint' 
möglichst  seinen  Kriiflen  entsprecbende.  ausreichenri  gelohnte  Beschäftigung  im  Dienste 
des  Staates,  der  Gemeinde  oder  williger  Privater  zugewiesen  wird. 

Diese«  , grundsätzliche"  Programm  wird  nun  noch  ergänzt  durch  diu>  ^Arbcitii- 
programm"  pro  1890.   £s  lautet: 

1)  Knergische  Propaganda  für  die  Partei  und  ihre  grunds,1fzlichen  Ziele.  2)  Obli- 
gatorisches Referenclum  und  Initiative.  Wahl  d<  -  llun.Ie-rathes  durch  da.-'  Volk.  Ver- 
mehrung der  (iaranlieen  der  persönlichen  iii  clile  und  Kredieilen  der  Bürger  durch  die 
Verfassung.  31  Eiidieitliehes  Strafrecht.  l\  Abschaffung  der  politischen  Polizei.  5)  Ein- 
führung »1er  prop(»rlionaleti  Vertretung,  ö)  Utdigalorisclier,  unentgeltlicher  und  konfessinn'-- 
loscr  Volksschulunterriclit  bis  zum  zurnckgelegten  15.  Lehensjahre,  mit  PnlerstOtzuui^ 
fflr  Mnhemittelle.  Kinführung  obligatorischer  Fortbildungsschulen,  l'neulgeltlii-hkeit  der 
l^hrmittei.  Stipendien  und  Freipl&ize  für  fähige  ünbeniittelte,  welche  mittlere  und 
höhere  Lehranf^talten  besuchen  wollen.  Erlaß  eines  Bimdesgesetze?  nach  Artikel  f7  der 
Bundesverfassung.  7|  llnterstiltzung  aller  gesetzgeberischen  Arfieilen  fOr  .\rbeilerschutz 
und  Arl>eilerfüräorge,  tvowic  aller  Bestrebungen  auf  dem  Boden  der  heutigen  Gesellscbafls- 
ordnnng,  welche  dem  Volke  in  Ökonomischer  Beziehung  Erleichterung  scIiafTen,  immerhin 
unt'-r  steter  Betonuiiu'-  d.  -  Charakters  derselben  al<-  \ m  l'Udi'^'er  ur)d  vnrühergehender 
Milderungsmatiregelu  der  heutigen,  in  ihren  Grundlu^jeu  unhaltbar  gewordenen  Zustände ; 
so  z.  B.  ein  eidgenOsKisches  Uewerbegeseti,  allgemeine  obligatorische  Kranken-  und  Un- 
fallversicherung, Steuerreform,  unentgeltliche  Krankenpflege  u.  s.  w.,  Lohnminunum  bei 

'i  Aiistatt  dieses  Prädikates  uimmt  die  Führerschart  der  Partei  die  Bezeichnung 
'/r.iWeruluiionär  in  frie«lliclieni  Sinne"  für  sich  in  An-ivm-  ii.  Pie  hält  sich  an  die 
Iji  liidtioneii  Lasalle's.  nach  welchen  »Uefonu*  nur  die  Kntwickiung  eines  besilcheudun 
Prinzips.  .Bevoluiion"  dagegen  die  Substitution  eines  neuen  Prinzips,  gleichviet  ob  mit 
oder  ohne  Gewalt,  wäre. 

Das  Lexikon,  weniger  wissenschaftlich  «lisponirl,  h.llt  es  nnt  der  hindiüulititn  Auf- 
fassung, daß  , Revolution*  ein  plötzliches  oder  Wenigstens  sich  sehr  rasch  abspielendes 
EreigniU  sei,  »Heforui"  dagegen  eine  Aenderurig  ruhigen  Charakters.  DaU  übrigens  auch 
die  PilhrerschafI  eine  sfdehe  ruhige  Aenderung  will,  beweist  folgender  Satz  in  ihrem 
,  Aulruf  an  alle  sozialistisch  gesinnten  Schweizer* :  ,Was  wir  wollen,  ist  ja  nur  die  Aus- 
bildung v<m  bereiUi  Vorhaudenem." 

*)  Durch  Besehlufi  eio»  Delegirtenversammlung  des  «Schweizerisctien  Arbeiter- 
lagea*. 


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Somle  Fnfe 


—    Ö7  — 


Sonale  Frage 


OfTenUicheD  Arbeiten,  Achtstiintlenarheit  fauch  für  Frauen).  Regelung  der  Gelangni£i- 
arbeit  etc.  8)  Eiscnbahnrückkaul,  Huukiiuleu-  uud  Uankmonopol,  slaaUiclier  üelreide- 
handel,  ZündhAlzchenmonopoi.  unter  Verwendung  der  Erträgnisse  zur  Eatlastuiig  iUi4 
Hebung  der  lieiiürtligen  Srhicbten  des  Volkes  in  Stadt  und  Lnnfl. 

Schält  man  nun  aus  dienen  Programmen  de)i  Kern  der  Sache  heraus,  so 
ergibt  sich  als  solcher:  Aiif/emcfm  Vtrstautitchung  Her  ErwerbswirlhsdMfi. 

Zar  BopOnduDg  dieser  weitgehenden,  von  keiner  anderen  sozialreformato- 
Kichtnng  getheilten  Forderung  erklKrt  die  sosdaldeuiokrAtiscbe  Partei: 

Die  houli^;u  (iescllsrli.ifts-  uiul  W'irtli-L-h.ilt.-ortlnun;.'  t'piiin^'-t  du-  rnl  i  •■iln.-it  «Irr 
grolkm  Ma^so  des  Volkes  uud  deren  Verblcibeu  in  ungenügeodeo,  keine  volle  Lebeus- 
entifidtlunp  ^'e^ttenden  Verhlltniswn.  ' 

Da»  liouto  lierrsciieii<i*'  System  di-r  Loliniulioit  ist  die  (Jrniniurs.irhf  i]ry  [.'iifrcilK-it  '     •  t 

nnd  der  ungenügenden  Leben^^iugv  der  Volksiuassä«  und  kann  nur  durch  die  bmlüliruug  | 
der  freien  gesenschafUtehen  Arbeit  aller  BQrger  beseitigt  werden. 

Dit.s  heute  lufrrsclu'iuk!  System  iUt  Lolinarlicil  lüLit  riicjtMiii-'iMi,  wtK  lie  dun  li  ihic 
Arbeit  liaupl.sachlich  alle  W'erlhe  »chaücu,  deuuoch  nur  den  kieiu^U;ji   llitil  diu-ici- 
Werthe  zuknnunen  und  macht  zudem,  daß  jeder  Fortschritt  der  ProduktionsfShigkeit 
durch  Erlindun^'ou,  Vorlif-^sei uti^.'  i1<t  M,i>cliin'j(i  u.  ^.  w  ,  stdt  ilt m  iirlielti-ii'icn  Vulko  j 
XUlU  Se^'en  zu  ^'ereiulic-n,  zur  Verringeiunt^        l'<>l'f""  luhI.  zun.icli.-t  a(-iiii,'sti  ii-,  ;LUtti  * 
meiner  Vi'i ininiUruntr  lU-r  Arbeitsgelegenheit  fuhrt,  mittun  ilmi  zum  t  itluil  wini.  |i 

Dit'  vorhainkMioii  ArlH'itsuiittfl   l.i">nufu  sfiiwn   licutc  lan^jo  niclit  voll  aus;-'»-uü1/t  ; 
werden,  .-sondern  «la>  l'riv.iliuti'res-t>  (Jcr  Uc^itzci'  .Jt'r>t'ltn  ii  vi  rl;iii^'t  >ti>t3iuil.  bald  luebr  J 

«nd  bald  woni;,'LT.  oini'  kiinstlirhL'  HemmuoK  der  ( iüh  i (-ivA-uuiuDvr.  u iUirend  doch  noch  1 

die  pviilM'  Mii-s^e  lies  Vnlke-^  Katlx'tjrongen  aller  Art  cidulütu  muü.  i 

Dio  FroduktinnsITiliiizkeit  i.-t  atier  in  einor  Wei^e  ire^liegen  und  steigt  noch  irnmor  1 

«lerart,  duLi  (jiHor  genut;  tnid  liltcrj^crm;-'  tar  einen  iill^'eniemen  Wotd-t.iml  cryeui^'t  werden  I 
könnten,  sobald  das  Interesse  Aller  und  nicht  mehr  das  Interesse  Kiozelner  die  liiiter- 

eneuguiig  und  Gflterrennittlung  beherrschen  und  nach  einheitlichem  Plane  ordnen  wQrde,  |j 

auch  die  vorliaudeiien  Arhcitsmittel  der  tü'sumnitlieU  zur  Vei  t'n;:mi^'^  -tändeu.  i 

Der  sich  stets  verschortende  wirthbchatUichc  Kampl  Aller  gegen  Alle,  bei  dem  Jeder  | 
MDlttlügt  ist,  in  immer  stArkerem  Maße  auf  seinen  persAnlichen  Vorlheil  zu  sehen  und 

(lieJ*en)  !?eine  beste  Kraft  zu  widmen,  enlsiuicht  den  lieul i;.'en  rm ir;di-elivn  H'';-'ril{en  nicht  1 
lyiehr  und  erscheint  als  da<  "^T'H.'.le  Ilinderrnü  ueilerer  sitdii  lier  V.ulw  icklimg  dr  r  .\h  nscijlieit. 

U&berÜÜDtiigf  zu  bemürkeu,  daß  da»  ütsforoiprogramm  dui  Suzialdüniukratcn,  | 
^weii  «e  die  atlgemeine  Verstaatlichung  der  Erwerbe wirtbM^aft  betrifft,  in  den 
~  ;1ttlfigeii^Sjreiaen  der  Bevtllkernng  anf  Zweifel  stoßt,  welche  theils  seine  innere 

-  jplereobtigan^',  theils  seine  Zweckmiißigkeit  und  I >m rchftthrbarkelt  in  Frago  ziehen.  '\ 
'\^^^^a  iHt  zimäoK  ■  ';<j  große  Ztihl  der  .s«dh^t>t,indi^en  üntenu  hmer  in  Industrie,  | 
J*'i;^flaijdel  und  Vtükciir,  der  he!ljst8tiin<ii^'t'n  Luniwirthe,  widuht;  keine.swegb  in  eine  ; 

.^dienende  Stellung  zum  Staate  versetzt  zu  werden  wüuücIiuü:  da  i«t  ferner  die  ' 
t  ^^'^  Zahl -Derer,  welobe  dem  Staate  die  FKbigkeit  abeprechen,  mit  Vortheil  auf  - 
.9-  -^^■^^Jj^^jJ^iftf'ltte  zu  koukurrireu ;  da  sind  die  Philu-itphen  und  Oekonomen,  welche  "  | 

"viüh' einer  Zentralisation  und  ohriijkeitlichen  Schematisirung  aller  Arbeit  eine  Ver  | 
flachung  der  Talente,   eine   bedeutende  Hchwiiehtmg'  der  Thatkr.itt   der   ]iiei-^t»n  | 
Individuen  befürcUleuj  du  wird  die  Frage  aufgcwurleu,  ub  dur  Staat  iiuiuer  g.  -  i 
nügend  Miiiende  Axbeit  aufxntreiben,  ob  er  wirklich  immerfort  eeine  Bttrger  vor 
Mangel  zu  HchiltiM  vermöge:  dort  herrscht  endlich  auch  die  Forcbt,  daß  kein 
Mii'lii-   .I'T   EinkommcnKvertlieihing   uud   der   ( ieschaftsleitung   ^'vfimden  werden 
Jeirin'e,  \v.  !rhf»r  nir-ht  eine  Quelle  lieatündigt.'U  Uid'riedens  und  ijermaneuter  litirgcr- 
auktt  Ware.  Summa  summarum  ditbcr  ücdcuktja ;  Die  VcröUatlicbuui'  aller  Er-- 
rerbijwirtniniilil'' bedeutet  I>egra<lation  der  Kation,  bedeutet  die  Annnth  Aller, 
gedeutet  daa  gerade  Ge^entheil  von  allgemeiner  Wohlfahrt. 

Indem  das  Lexikon  dieses  Facit  aus  den  ihm  l)ckaun{cn  anti^oziiildeniokra- 
tischen  Anschauungen  zieht,  glaabt  es,  der  sozialdemokrattscheu  Partei  einige  ^ 
Belege  schuldig  zu  oein. 

Fairer,  VolkiwIttbicbafts-LcxDttia  Uff  Äcb»«!*.  7 


Soziale  Frage 


—  — 


Soziale  Frage 


Der  «obweiMrisdio  Sosialtheoretiker  Frofioesor  SeerUan  mbreibt  in  ieinoii 
1889  bei  F.  Payot  in  Lausanne  erHcbienenen  „Etade«  sociales"  u.  A. : 

fStilc  1?,).  ,nie  kollektivistische  Ge?;ellschafl  würde  keine  der  Versprechungen 
haitea,  welciie  in  ihrem  Aanieu  gemacht  werden.  Zunächst  wurde  sie  nicht  Jeden  vor 
Mangel  .scliQtzen  (d*abord  eile  ne  donnerait  pas  du  pain  et  de  la  viande  ä  tout  le 
monde),  seihst  wenn  man  annehmen  wollte,  daß  trotz  der  t,'ro߀n  EntlastuTi,_'  l^  r  Eltern 
ihren  Kindern  gegenüher  die  Ik  völkerung  sich  nicht  slärlier  als  jetzt  venneiiren  würde.* 

(Seite  78).  .Würde  wenigstens  die  UkgUgjliehe  Besdiftftigang  ihren  regelmäßigen 
Gang  nehmen  V  Wir  hezweifeln  es." 

(Seite  79).  .Da  der  Arbeitende  nichts  mehr  ersparen  k:önnte,  das  einen  ernslliaflen 
Werth  für  ihn  hätte,  würde  er  natürlich  seine  Anstrengung«!  nach  annem  Appetit 
bemessen,  d.  h.  er  würde  sich  möglichst  schonen.* 

(Seite  80).  „Was  tms  haupteftchKeh  bedroht  erscheint,  ist  die  intellektnelle  An- 
strengung, das  Talent,  die  Einndiin^',  die  individuelle  Initiative,  olnie  welche  os  keinen 
Forlschritl  gibt.  Wer  wird  noch  auf  KomhinationeD,  Vereinfacbungeu,  neue  Erzeugnisse 
bedacht  sein,  wenn  er  seine  Erfindungen  nicht  für  eigene  Rechnung  ausnätxen,  sie  nicht 
einmal  in  seinem  eigenen  Heim,  In  meiner  eigenen  Werkstatt  crprolien  kann,  wenn  er. 
um  irgend  eine  Belohnung,  eine  Anertcennung  zu  erhalten,  die  Prüfung  und  Genehmigung 
der  Regierungakommission  abwarten  muß.  Entgegen  allen  anderen  Betheuerungen  wftre 
der  Kollektivismus  entschieden  das  Todesurflieil  rier  Krfindung,  der  Sarg  des  gewerblichen 
Genies.  Arbeitshaus  mit  Wächtern,  Internat,  Kloster,  Kaserne  -  nennt  wie  Ihr  wollt 
diesen  Aufenthalt,  wo  alle  Bürger  Beamte  wären,  wo  alle  Gedankenarbeit  dem  Bureau- 
ärhlendri.m  überlassen  bliebe.  Und  wohlgemerkt:  Der  KoUrklivismu--  beabsichtigt  nicht, 
mit  seiner  Installation  zuzuwarten,  bis  er  sich  über  die  gütize  Men-chlieit  aur^eiu eilet 
habe,  sondern  liie  Nation,  welche  ihn  zuerst  annimmt,  soll  ihre  Erzeugnisse  mit  den- 
jenigen anderer  Zonen  austauschen,  soll  die  Konkurrenz  mit  dem  Auslande  aushalten. 
Ein  solches  Vorhaben  scheint  uns  absolut  sinnlos  zu  sein.  Ohne  die  Kapitalien  der 
Privaten  und  die  Ersparnisse  der  Individuen,  ohne  die  Konkurrenz  im  Innern  und  die 
Möglichkeit  für  Jeden,  seine  CrÜndungen  zum  eigenen  Nutzen  zu  verwenden,  aehen  wir 
absolut  nicht  ein,  wi«  (selbst  bei  unbeschrankter  Anwendung  Ton  Zwangsmitteln)  die 
für  eine  forb<(iuill liehe  «Ic^i'H-cliiift  ni^tlii;;i*  inlelli'kluelle  und  merlianisohe  Arbeit  ge- 
leistet Wörde.  Wer  nicht  zuuinmitt  nimmt  ab,  und  wer  abnimmt,  verschwindet.  Die 
koUeküvisttticbe  Gesellschafl  kannte  den  Bedflrl^issen  ihrer  Glieder  nicht  genn^'en.  Die 
Gliicldicit.  welciie  >ie  herheiffdircn  würde.  \\;ire  nicht  die  Gleiihheit  im  1  i-lierfluO. 
sondern  die  Gleichheit  in  der  Huugersuoth.  Vor  dem  Hungertode  nähme  der  Kollekti- 
vismus Zuflucht  zur  Zwangsarbeit,  sofern  diese  Oberhaupt  nicht  schon  vom  ersten  Tage 
an  notliu eiuÜK  wäre.  Von  welcher  Seite  man  sich  auch  die  Sache  ansehen  möge:  diese 
Urdnurj^'  tier  Dinge  brächte  die  Tyrannei,  den  vollständigsten  RcRicrungsdespotismus." 

Prolesöor  HiUy  in  Bern  urtheilt  folgendermaßen  (Politisches  Jahrbuch  der 

Schweis.  Eidgenoasensohaft,  Jahrgang  1881),  Seite  665): 

,ln  Bezug  auf  «len  Sozialismus  ist  die  wesentliche  Einsicht,  die  sich  vor  allen 
Dingen  in  einem  Staate  wie  dem  unscrigen,  der  Urbcrtreihumjm  nicht  verträgt.  Hahn 
brechen  muL,  die,  daß  es  sich  niemals  im  Ernste  um  eine  völlige  L'mkehrung  des  jetzigen 
Staats-  und  Hecbt^wesens  handeln  kann.  Alle  Beschwerden,  welche  der  Sozialisnms  gegen 
die  jetzige  Staats-  und  Hechtsurduuug  erhebt,  sind  richtig  in  einem  gewissen  Mafi,  und 
es  ist  denselben  nicht  dadurch  zu  entgehen,  daß  man  entweder  ihre  Berechtigung  leugnet 
oder  achselzuckend  erklärt,  es  sei  nun  einmal  nicht  ander.-  in  dieser  unvollkoinincnen 
Welt  Ebenso  sind  die  Vorschläge,  die  der  äozialiamus  zur  Abhülfe  uutstellt,  richtig  in 
einem  gewissen  Haß,  nie  und  nimmermehr  aber  in  ihrer  Gesammtheli,  und  jeder  syste- 
utatische  Versuch  würde  sieh  ai-ITihrbar  herausstellen  niid  hei  uns  in  Bäli].-  zu 

einer  gruyarügen  Reaktion  führen.  Dieses  richtige  Maß  der  Beschwerden  und  dasjenige 
der  möglichen  und  durchführbaren  Verbesserungen  ist  also  zu  linden,  und  je  mehr  man 
dahci  von  jeder  ,\v i^-'-n-chaftliclK-n"  Sy-f.  rri  itik  ali-ic!i1  und  dir' Suche  mit  dem  gewöhn- 
heben  ^'i-unileii  .Nk>ii>chen verstand  au;.'rt  ir(,  desto  Im-^i-i  wud  c>  gehen." 

Die  BoäntbeiiUrefoi'mrr  endlich  uehujcn  iu  iolgendeu  Worteu  Stellung  gegen 
die  Sozialdemokratie. 

„Die  Verstaatlichung  der  sänuntlichen  Produktionsmittel  resp,  der  Produktion  selbst 
>vürde  die  individuelle  Freiheit  vernichten,  die  uiiermeii^Uchen  Krätlc  der  freieu  ludivi- 
dnalität  im  Schaffensdrang  und  Unternehmungsgeist  hemmen,  den  onnUiigen  und  trägen 
Wirthschafter  auf  Kosten  des  fleißigen  und  tflchtigen  prflmiren;  die  Omnipotenz  des 


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Soziale  Frage 


—  ya  — 


Soziale  Krage 


Soliatetaates  wttrde  nichts  anderes  bedeoten  ab  die  ROeUcelir  zu  mittelalteritdter  Un- 

-finüheit  und  Zwang/ 

Die  Bodonbesitzreformer!  Ja,  bilden  denn  auch  sie  einen  Faktor, 
^len  man  ernst  zu  nehmen  braucht?    Alleriiiugü,  werther  Leeer,  so  daß,  wer  eu 

lujute  noch  nicht  glaubten  uiug,  in  wcuiguu  JaUrcu  uudcrcu  Siimei»  bciu  wird. 
Die  Bodenbeeitsreformer  haben  sich  im  Sommer  des  Jahres  1889  au  einer 

«elbatatlndigen  eoziuln.'formeriscbeti  i'ai-toi  kon.stitniit.  Str  suchen  die  LL'hrcn  eines 
Henry  Geor-je,  eiut-s  J)r.  Stannii  imd  eiiu'.s  Midiarl  Fliii.v  hnin  auf  <!ie  K'hwt.-izt:- 
iis»ohen  Verhältnisse  übtTzatraguii.  W  w  —  -iis  zt-igen  uns  die  im  Fchruar  1S'.H> 
vom  Verüiui-praiiideutcu  UculUhit^ir  iSohar  iu  iinbni  zuaummuiigc^iiilliou  »Gruudl^iit^e 
und  PoHtnhite'' .   Sie  lauten  : 

J.  Die  so:iiilf  Fra<ie  vom  Stundputiktr  dir  Jloth  nhrsilrr<foi)>i.  Der  uii  vei  irn  lir- 
iMure  Krähoden,  die  Quelle  aller  wirthschafUidien  Uüter,  i-t.  Lieht  und  Luit,  den 
Jdienden  Generationen  Tom  Schfipfer  als  erste  I^istenzbe  titi^'iui;^'  ^'<-scbenkt«  und  kein 
Mensch  lial  das  Heolit,  Inenibcr  ais  uubc-oLr.iiikU's  rnviitt  i^'i-nihutu  zu  vtriiitjt  ij.  In 
<ier  Jahrhunderte  laugen  Verkeunuug  und  L'nlerdnickuug  dieser  lundaaieaUüen  Walirheit 
liegen  die  Hauptnrsachen  der  wirthscbafUicben  Krisnn  und  der  sozialen  Mifistünde  der 
,  Gegenvviirt.  l'ie  UelieriTiliriunj  vnn  Gruinl  und  liixlt  ii  .ai-  dtm  l'ri\.ithe>itz  in  den  Bt^itz 
■der  Volk.-^^'emcmschalL  i.sl  daliur  die  witk»ani^tv  soziale  |{eioini,  durcii  widi  he  <ia>  l*iol>leui 
ider  sozialen  Frage  der  l^''i«ung  am  näßhslen  ^•'tührt  wird. 

Begrthtduny.  u.  Die  licuti},'»;  -ozialc  I'"iat.'('  i>t  tiii  ( !i.L't  ii>alz  zu  trnlieicn  Zoitm 
nicht  mehr  eine  Fraye  de^  Man^:ei>.  sondcru  euu"  -nk  he  <\c>  I  '  hn  ;lns.-,t  s ;  die  Ci^arlie 
der  sozialen  Miljstandi!  ilot-'t  niriit  in  d<  r  Arl  und  W.-i-«'  der  CuMluktinn.  sutKicrn  m  der 
Verlheihing  der  Güter,  lii-nlf  und  yan>  lu  hnu  n  di  n  H  tu[)1tii<  il  des  ArliLit-prnilnktes 
vorweg  und  der  Ariieit  lded)l  verli;L!tnil.'>inal.;ij:  ein  zu  kleiuci  Arillu  il  am  Ati'eit-|iiijWukl. 
Die  Schmiilerun^'  dos  Loluis  liuK  Ii  Kente  und  Ziiis  ist  ürsaclie  nmi  \\  irkuti^'  i  Ajl- 
it&ufilDg  wtrlhsehafl lieber  Güter  aller  Art  in  den  Magazinen  Ud>I  dain-nge  Veiiiuuderung 
<ler  Arbeitst'elei,'enbeit  einen«eits.  di  r  I  nverknufliehkeit  jener  (lulerv ijrrSthe  an  die  ge- 
drückte  lind   nirlit   kaul  krallit-'e  Mas-e  ile-  V-dkes  amlep  rsed-,    !  '(  lii.  rpri>ilukt;i>n,  Ver- 

Jaiiodeniog  der  Jiauß&liigkeil  und  der  ArheiUgelegeuheit,  allgemeine  Handelskrisen,  zu- 
nehmende Verschnldnng  des  bäuerlichen  Grundbesitzes  und  Vermehrung  des  städtischen 

ProletariaLs.  Konzentration  des  Kajutals  und  alle  damit  zn-aiiiiii<'nliaii-^'endeii  -nzjalen 
Jüäayiodd  sind  aliea  Symptome  einer  kraukheil  des  GeselkchaiLäkürpers,  und  ihre  Lr- 
Mehe  Hegt  in  den  arbeitsfreien,  nicht  konsumirten  Einkommen :  Rente  und  Zins. 

b.  Der  Ziliü,  d.  ii.  das  Tribulreelit  des  Kapitale  aul'  tii''  Aibeil  i|e>  lau »'elneri  und 
<ler  Völker,  ttrscheint  als  die  ^uuaciuilhegende  Liäachc  der  uuriciitigcu  Güter verlheiluug, 
Jonofem  d^eer  Zina  nicht  Iconsumirt,  sondern  zu  Anhäufung  neuer  Kapitalien  verwendet 

wird.  Der  progressiven  .Anhaufun«;  ^Tnßer  Kajiitalien  dnrcii  Ziii>  un.l  Zinseszins  stidien 
^'j^enübcr:  Niehtverwendharkeit  (ier  Ariieilspr' idukte,  \ eiUimd>'run^'  der  iUbeil^eleguu- 
£nt,  Kontrahirun^  neuer  Si-hulden  von  Seile  drs  Itauem,  um  di«  alten  ZU  Terziosen 
^Uii  um  dem  Kapilalzuvvaetis  des  Heirhen  Vei  \vi  nduu|^'  zu  enun^dirhen. 


C.  üie  andere  Form   des  arlieilsti eien  Eiriknniinen-  i->l  diu  Heule,   'I.  Ii.  d>-rieui;,'i' 


'iTheil  vom  Erlrai^  der  natürluiten  Froduktionsinktiuen  iGrund,  Boden,  Minen.  W  ihStn- 
krälte.  Jagd-  und  Fistbreeblet,  welche  der  Gruüdeigenthümer  —  in  liiiglaud  di  r  Gicii.,- 
grundbesilzer.  in  tler  Seliweiz  di«:  Hanken  und  der  HypothekarRlSunifrer  —  kratl  >ciues 
Eigenthum!*redites  vom  Hebauer  jalirlieli  erliebt.  Die  Itciiti'  wirkt  iti  ^■^lei eher  Weise  wie 
~  is;  der  nidit  koubuiuirle  Theil  derselln  ii  vermehrt  die  großen  Kapitalien,  ver-. 
t  dagegen  die  Kaufkraft,  die  Arbeils^'*  l  -jenheit  and  den  Wohlsland  des  Volkes. 
Indem  der  Privatgrundbesilzer  die  pr^diikl i ven  Natur-  iirnl  Lebrinkrafle  u-urpii  l.  L'.'U  ituil 
er  eine  ungeheure  Macht  über  dtejemgeii  Menseheu,  die  geuciLhigt  6iDd,  äicii  mii  ihm 
über  Arbeib^elegoiiiMi  zn  velstftndigen. 

(/,  I i'rrundrenle  fordert  nielit  idnii  vom  Hel»aüer  (!c^  otVcttuii  Landes  einen  jalii  - 
lichen  Tribut,  Sündern  eben  so  gut  vum  Bewohner  und  Arbeiter  der  ölädle  rn^^e-uiidc 
Hietbkaseroen,  Wohnun^otb,  hohe  Hiethzinse,  Baustellenwucher  in  den  Städten  h.'t)>HU 
ihre  Ursiacbc  in  der  iiuheu  Hente  von  slädli-idiern  H.inu'ninv]  :  -u  hm^'i;,  als  dir-rlbi'  in 
die  Privaltascbe  fließt,  ist  sie  eine  BesleiieMin.L;  des  Stadtebeuuhm.r^  zu  (oiii-'eli  ueid^'er 

Privatpersonen. 

l*ie  Rente  i$t  die  Ursaehe  und  die  naiurliehe  .Siützi'  di-.-  Zm-e-.  Da-  K  ipiial 
kactu  nur  so  lange  einen  Zins  beaiispruclieü,  uJa  ea  sieb  ui  Furui  vun  ilj^oUiokoj-aniayeu 
nicht  nur  seinen  unverigdoliehan  Bestand,  sondern  auch  den  durch  die  Natur-  und 


Soziiiie  Frage 


—    100  — 


Soziale  Frag» 


Lebenskräfte  bewirkten  Zuwuchs  Hchem  kann.  (Aus  100  Hflten  werden  in  einem  Jahr 
nicht  l(th  iinders  bei  Bäumen.  TliiiMcii.  Weizenkörnern,  Wiesen-  und  Ackerfrüchten  etc.) 
EoiUiehea  wir  das  uozerslörbaie,  selbst  Früchte  erzeugeade  Erdreich  und  die  ^aturkräfle 
dem  PriTRtkapitai,  so  muß  damit  ftuch  der  rdne  Kapitalzins  dafainfaUen.  Die  Ueber« 
t'ührung  von  Grund  und  nodt  n  in  den  Hesitz  der  V.ilksi.'emein.schart  maclit  der  Zins- 
lierr»chafl  eia  Eade,  bebt  die  scbädigeuden  Wirkungen  des  Kapitals,  die  sieb  selbst 
vermehrende  Kraft  desselben  auf,  ohne  sdne  wohithfttige,  di*  Produktion  I5rdcmde 
KraH  711  mindern.  So  wird  das  Kapital  atim  Segen  der  menschlichen  Arlieit  wirken. 
(Flürscbeim.) 

f.  Die  Rente  ist  In  stetigem  Waehsthum  be^ffen ;  denn  in  ihr  kristallisirt  «eh 

der  gesammte  Fort«'-Iirill  ilcr  Kullur.  Die  GüIit  der  iiidusfrielleii  Produktion  werden 
durch  den  Fortschritt  der  Technik  iuuaer  billiger;  der  ud vermehrbare  Erdbuden  dagegen 
miifi  mit  der  Zunahme  der  BeT((lkerQng,  des  Verkefars,  der  Tedinik,  der  Industrie  und 

do<  riaiidrds.  mit  d*'r  Steip'niiig  der  ErtragsflUligkeit  u.  8.  w.  immer  gesuchter  werden 

und  im  Werthe  stetig  zunehmen. 

Diese  Erscheinung  ist  augenOUig  in  den  Städten ;  aber  auch  auf  dem  Irenen 

L«ande  w,'!rti~1  (Ho  Hento  st.  tip,  frnfz  zeitwoili^ji-n  Hück^jangs  der  Gütr-rprcise.  I>t  nun 
Grund  und  Boden  im  Privatbesitz,  so  täill  der  durch  die  ^''^suininte  KuiturHrin  ii  aller 
Menschen  erzeugte  ForUchritt  und  der  Zuwachs  der  Benle  dem  Privatgrumiliesitzer  zu 
und  führt  mit  rasrlifii  R<  liriften  zur  An^cheidiinp  der  Meuchen  fii  Heirli  und  Arm. 
Di^  Unfrertchligkeit  kaua  nur  gehohen  werden  durch  Uebergang  von  Gruad  und  Hoden 
in  den  Besitz  der  Volkspemeins<  haft.  (H.  George.) 

g.  Die  Abgabe  des  Kenlenzuwacbses  an  das  Gemeinwesen  —  das  zunächst  liegende 
Postulat  der  Hodeubesitzieformer  -  hätte  namentlich  in  den  Städten  eine  außerordent- 
liche Tragweite.  Die  daherigen  Einnahmen  würden  nach  und  nach  alle  übrigen  Steuern 
übertlüssig  machen  und  das  Qemeinwesen  aniierdem  in  den  Stand  setxen,  allen  an  das- 
i<elbe  herantretenden  Au^iraben  der  Vofkswohtfiihrt  zu  genügen. 

h.  Die  volle  Wirkung  der  Tiodenli-  -ilzieriirin  wird  erst  eintreten,  wenn  aller  Grund 
und  Boden  der  Volksgemeinschaft  gehörL  Wenn  die  gesammte  Grundrente  des  Landes 
in  die  Gemeinde»  und  Staatskasse  fließt,  wenn  Gnind  und  Hoden  nicht  mehr  der  Privat- 
spekul  itiMii  überlassen  werden,  das  Privalkapit  il  ^ein^•r  IitMitii.'en  unzcr~!nrl);u en  Ra-Ms 
der  iientenaolage  beraubt  ist  und  iturch  den  Wegfall  des  Zinses  seine  sich  selbst  ver- 
mehrende Kraft  verloren  hat; 

dann  hc>ifzen  Si!iat  und  Gemeinde  alle  jene  immcn-m  Mittel,  wel.dio  lioule  als 
Rente  und  Hypdtlu  karzinse  zum  größten  Tlieil  zur  \  ergrftßerung  der  t'nvatkapitaliea 
dienen,  und  damit  k;inn  der  Staat,  olme  ^euie  liurt,'rr  ndt  allerlei  Steuern  direkter  und 
indirekter  Art  ZU  drücken»  seine  hohe  Mission  als  Wohlfahrtsstaat  in  leichtester  Weis» 
t-[  irdlen ; 

dann  erwirbt  der  Arbeiter  einen  größeren  Antheil  am  Arbeitsprodukt,  damit  wächst 
die  Konsumtäliigkeit  des  Volkes;  die  sog.  üeberpnMiuktion  fällt  von  selbst  dahin  und 
die  Arbeitsgelegenheit  nimmt  derart  zu,  daG  jeder  arbeitswillige  und  arbeiLsfahige  Wirth- 
sebafter  eine  auskömmliche  Beschätligiing  findet; 

dann  wird  auch  flas  Kapital  genOthigt  sein,  die  Arbeit  aufzusuchen;  es  wird  «ich 
gegen  eine  bloße  GefahrprSmie,  oder  wo  volle  Sicherheit  gewährleistet  ist,  sogar  un- 
entgelllii  Ii  dem  Unternehmer  zur  Verfügung  stellen. 

So  wird  die  Verstaatlichung  von  Grund  und  Boden  einen  Zustand  der  allgemeinen 
Volkswohlfahrt  einleiten  und  unserem  Volke  zu  der  polUlsehen  FVeiheit,  die  es  sidi  in 
Jahrhunderte  langem  Kampf  errungen,  auch  die  {ökonomische  Freiheit  bringen. 

I.  Die  Bollen besilzreform  ist  nicht  nur  für  städtische  Arbeiterverhällnisse  von 
höchster  Ued»'utung.  sondern  sie  ist  eine  dringende  Xothwetidigkeit  auch  für  die  bäuer- 
liche Bevölkerung;  iienii  der  beulige  Zustand  der  liaucrn  wird  iminer  schlimmer  und 
unhaltbarer.  Die  Verschuldung  wäclist  von  Jahr  zu  Jahr,  die  grol&e  Mehrzahl  der  Land- 
wirthe  ist  (Iberschuldet  und  daher  nur  noch  Seheineigenthflmer,  Pfiehter  mit  eisernem 
Pachtzins;  der  An  fall  der  Grundrente  gegenüber  li^  ui  Hypnthekarzins  kann  nur  duirh 
Absparen  vom  Munde,  durch  Hausindustrie  und  ^ebeuverdieust  gedeckt  werden.  Die 
Steigerung  des  Landwerthes  durch  Verkehrserleichterungen,  Ameliorationen,  Zolle,  Staats» 
hülfe  U.S.W,  bewirkt  '•r('alirun;j-:.-*etii!l!.'  nur  einr-  Steigerung:  d.-t  Ver-fdiuldutiL.' :  Tür  di^- 
landwirthschaftlicbe  Arbeit  wird  der  Antheil  am  Krtrag  derselben  immer  kleiner.  U.iiier 
die  massenhafte  Auswanderung,  der  Zug  nach  den  Stfldten  und  Industriezentren  und 
die  dortige  Vermeliruiig  des  Proletariats.  Durch  Verslaatlichunj;  mn  nrmul  und  Boden 
wurden  die  Si;hulden  abgelöst,  die  Beute  in  gerechter,  dem  naturliclien  Ertrag  des 
Bodens  entsprechender  Weise  normirt,  bei  Mißernten  u.  s.  w.  erroAßigt;  das  eigene 


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* 


Soziale  Frage  —     101     —  Soziale  Frage 

Kapital»  das  heata  dar  Orundbasitaar  zur  Ausgleichmig  der  Differenz  zwnehen  Ankaufe- 

Werth  und  HypolhekarschuM  verwenilen  muß  und  meistens  unfrucMitli.ir  ist,  wir<l  fn  i, 
kann  zu  Betriebskapital  vurweadel  uad  dadurch  die  Ertragstäbigkeit  des  Bodens  be- 
deutend gesteigert  werden.  Den  arbeitswilHgan  and  sorirflJtigen  StaatspSchter  verjagen 
keine  Gläubiger  von  Haus  und  Hof;  Mißernte  und  Hajjplschlag  bringen  ihn  niclit  mehr 
an  den  Bettelstab;  Tod  und  Erbtheiiung  luhreu  aictiL  atebr  zur  Verarmung  und  lieber- 
schuldung  des  Grundbesitzers;  aliea  das  und  der  vennehrte  Ertrag  landwirthschafUldier 
Arbeit  machen  <lfn  Iraner  wieder  zum  frt-ion  Mann:  der  massenhafte  Zug  nach  der 
äladt  hurt  aut ;  die  \'enuinderuug  der  Konkurrenz  tu  der  industriellen  Arbeit  wirkt  auf 
•die  Lohne  gOnstig  und  gegen  das  Anwaelisan  des  stidtiachen  Ptoietariata  mnd  die  Qnellen 
verstopft. 

II.  Die  Durchführung  (kr  ßudenbeaitzreform.  1)  Die  iCommunalisiruag  resp.  Ver- 
staatlichung von  Grund  und  Boden  und  alle  hieraus  resultiranden  wirthschanlicben  und 
sozialen  l'iiiKeslaltungen  lassen  sich  auf  friediichem  Wejre  erreichen;  keine  Aufhebung 
<ies  EigenÜiums,  kein  Kommunismus,  kein  Krieg  gegen  da--*  Kapital  (nur  ^'e^-i  u  den  Zins), 
keine  Staatsproduktion,  keine  Aufhebung  der  freien  Individualität,  utterhaupt  keine 
Acnderung  des  jetzigen  wirth>'chal11ielien  Sy-lcms.  dalier  auch  wedi>r  T'^  v  ilution  noch 
Umsturz.  Die  wirthschaftlichen  und  siUlicben  l^rinzipien  bleiben  nicht  nur  unangefochlen, 
sondern  kommen  erst  recht  zur  vollen  Geltung,  eI>enso  die  flma  Konknrmiz ;  die  Boden- 
iMätzreform  verlangt  nur  ein  einziges  Staat^imonopol,  da<:jenige  auf  Grund  und  Boden, 
nnd  das  kann  sich  das  schweizerisihe  Volk  erkämpfen  mit  dem  Stimmzeddel  in  der 
Hand ;  durcli  ein  neues  Gesetz,  da-  den  liei  uns  durch  das  römische  Recht  einge- 
.actuuoggelten  Frivatgrundbesitz  aufbebt  und,  an^bließend  an  das  alte  germanische 
Redit,  die  Hntter  Erde  wieder  der  Votksgemeinsebaft  zurückgibt 

2)  Die  Konunnnalisirung  resp.  Verstaatlichung  von  Grund  und  Boden  kann,  wie 
alle  friedlichen  sozialen  Refi»rmen,  nur  schrittweise  und  im  Anschluß  an  die  bestehenden 
Verhältnisse  und  Rechtsbegrille  erreicht  werden ;  di«  successiven  Schritte  der  iiauzen 
Reform  sind  daher:  a.  Eine  über  die  ganze  Schweiz  ausgedehnte  Enqui^te  über  die  Ver- 
■schuldung  des  Grundliesitzes»  sowie  über  das  Verbältniß  der  Grundrente  zum  Hypothekar 
^ins;  Ermittelnng  der  Zahl  der  fiberschuldeten  Bauern ;  staatliche  Intervention  zu  Gunsten 
derselben;  (Kompromiß  zwi-i  lien  GlTiubij^er  und  Schuldner;  ver'ratrlirhe  Redu' tion  des 
2instaßes,  NachhiU,  Ankauf  durch  den  Staat  u.  s.  w.) ;  bäuerliche  ICreditgenossenscbaflen 
(Qr  Anlage-  und  Betriebskapitalien,  h.  Einheitliche  Reform  der  Hypothekargef^etze ;  Ver- 
.StaatUchung  des  KrediU?  aufGruud  und  Boden  mid  Au->cIj1uG  de<  Priv  itkapitals  vnn  der 
Anlage  auf  Liegenscballen.  c  Ankauf  der  noch  freien  Baustelleo  durch  die  städtischen 
Gemeinwesen,  d,  StaatUdia  Einsrhfttzung  der  Grundrente  zu  Stadt  und  Land,  als  Basis 
für  den  Rentenzuwachs  und  dessen  Hcsteuening;  Besteuerung  de-  -iruUiseiien  Grund- 
besitzes, einschließlich  Park-  und  Garteuaulagen.  e.  Eidgenössische  Expropriation  der 
Wasserkräfte  und  Mineralschätze,  f.  Gesetz  über  die  Abgabe  des  Rentenzuwachses  an 
den  Staat,  g.  Aufnahtne  des  Postulates  in  die  Staatsverfassungen :  Staat  und  Gemeinden 
dürfen  Grund  und  liudtn  ervverlien,  aber  keinen  mehr  an  Private  verkaufen.  /*.  Expro- 
priationsrecht auf  Grund  der  iiei  i  iischäi/ung ;  Vorkaufsrecht  des  Staates  und  der  Ge- 
meinde auf  Grund  und  Buden  bei  Hatidrm.leninK  und  Erbtheiiung.  >'.  Gesetzliche 
Regubrung  der  Verpachtung  von  Grund  und  Buden  durch  den  Staat  an  die  Privaten, 
«inschliefitich  der  Verwendung  desselben  ab  Baustelle. 

Daß  diese  in  der  Sehweu  so  unerwartet  aufgetretenen  Bodenbesitsreform» 

tendenzen  noch  nicht  in  Fleisch  und  Blut  des  Volkes  fibergegangen  sind,  ist  sehr 
begreiflich.  Vorderhand  bei^gnen  sie  mehr  einem  ungläubigen  KopfschUtteln  als 
begeisterter  Zustimmung.  Sympathische  Auwandlungen  werden  zurückgehalteu 
4ureh  allerlei  Erwägungen  und  Zweifel.  ^Privatbesitz  ist  Fortschritt",  „Eigen- 
thnm  Aller  ist  Niemandes  Eigentbum«  ist  Armutli  Aller*  deklamirt  der  Eine  und : 
,  Privatbesitz  au  Grund  und  Boden  Wt  nicht  ungerechter  als  der  Privatbesitz  an 
beweglicliem  Kapital"  der  Andere.  Ein  Dritter  fürchtet  den  äußersten  Widerstand 
Von  Stiite  der  Bauersame. 

Viele  könnten  sich  nur  zu  einer  Vergemeinschattlichurg  des  slädtiachen 
Bodens,  der  nicht  beiurbeitet  wird,  yerstehen.  Ben  bäuerlichen  Boden  dagegen 
würden  sie  im  Privatbeeits  belnssen  und  nur  das  Beleibungarecfat  dem  Staate 
Ubertngen.  H«imweseii|  die  infolge  dieses  Beleihnngsreebtee  dem  Staate  suflftllen 


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Soziale  frage 


—    102  — 


Soziale  Frage 


tollten,  wttrden  lio  illerdings  nieht  wieto  Tflrkaiitoi,  sonddro  lediglMli  ver-^ 
pnohten. 

Auch  die  Durchführbarkeit  der  Reform  auf  friedlichem  Wege  wird  be- 
zweifelt. Professor  Hilty  f^tellt  sie  auf  gleiche  Linie  mit  der  friedliclien  Durch- 
ftthrbarkeit  des  von  eincin  Käub&r  beabsichtigten  Kaubeü,  »ofem  der  Räaber 
wenigstens,  bevor  er  daa  Opfer  angreift,  den  Ruf  aCruld  oderBlat!"  aiusustoßea 
die  Gute  habe.  Umgekehrl  iet  ProfMor  S&eretan  ein  warmer  Beflbrwwter  der 
Bodenverslaatlichung,  unter  der  Bedingung,  dal^  eine  gerechte  Expropriatioo  etatt- 
finde.    Doch  traut  er  dem  Staate  die  nötbige  finanzielle  Kraft  nicht  zu. 

AIö  vierte  nnd  jüngste  ^ozialpnlitische  Partei  muß  die  Freie  Gesell- 
schaft schweizerincher  Soziologen  erwähnt  werden.  Uiehelbe  iht  aus 
der  am  22.  Januar  1890  in  Zttnch  stattgehabten  Del^irteDTeraammlung  der 
katholischen  Männer-  und  Arbeiterv  r  ine  hervorgegangen^  indem  bei  diesem 
Anlaß  die  von  Kanonikus  Lon-tz  in  Winterthur  beantragten  Statuten  genehmigt 
wurden.   Dieselben  lauten  in  der  Hauptsache: 

1)  Der  Verein  hat  zum  Zweck  das  praktische  Studium  der  sozialen  Frage  im  Sinne 
und  Geiste  der  kHihoUachen  Kirche  und  mit  besonderer  Berfleksiditigtttig  der  sehwefaES» 
tischen  Verhältnisse. 

3)  Zur  ErretebunfT  dieses  Zwedces  wird  sich  der  Verein  folgender  Vittd  bedienen  r 

a.  Grüiiilunj;  und  Aeiifiiunt;  einer  Bibliotliek,  welche  die  wicliti^rcren  Publikationen 

auf  dem  Gebiete  der  sozialen  Frafje  umfaßt  und  den  Mitgliedern  uaentgeltUcli 

zur  Verfügung  stehen  soll. 
h.  Systetiiati-tlie  Tlieilun^'  der  sozialen  Frage  in  einzelne  Gebiete  und  Zuwei^un^ 

der  letzteren  au  einzelne  Mitglieder  oder  £ommi.ssic>nen  zum  Studium  derselbeu 

und  zu  entsprechenden  Referaten  tn  den  Versammlungen. 
e.  Freie  Konferenzen  im  Laufe  des  Jahres  zur  wi-^-en-chafHirhen  Besprechung  sozialer 

Gegenstände  und  Entgegennahme  von  Referaten  und  Vorträgen. 

d.  JSbrUche  Generalversanimlung  der  Vereiiismitglieder,  wenn  möglich  im  Anschluß- 
an  eine  grAtlere  (leiu  rnlversamnilung  der  katholischen  M&nner- und  Arbeitervereine. 

e.  Aussrhrpiben  Voti  rreislrageu. 

Iii  Mit^di*>d  der  Gesellschaft  ist  jeder  gebildete  Katholik,  der  durch  Anmeldung  beim 
Vorstände  seine  l'ebereiustimmung  mit  der  Idee  des  Vereins  ausspricht  und  einen  Jahres- 
beitrag von  5  Franken  entrichtet. 

0)  Die  Generalversammlung  umfaßt  jedesmal  zwei  Thdle,  einen  gesehfilUidien  und 
einen  wi>«enschaftüchen. 

Zum  wissenschaftlichen  Theil  gehört:  die  R«<preehnng  sozialer  Gegenstände,  die- 
Abhaltung  von  Vorträgen  über  sozi:Ue  Fra^'t n,  die  Fc-l-t-t^ung  des  sozialen  G<  iil»  tes, 
auf  welches  der  Verein  zunäclust  seine  Aufmerksamkeit  richten  soll  etc.,  sowie  die  Auf- 
stellung und  Ausschreibung  alimiig«'  Preisfragen. 

7)  Die  Mitglieder  d<  r  freien  VeriMni^nuii:  wiTdcn  -iili  iin^-elrijen  sein  l.i-seii, 
nach  TbuuUchkeit  die  Zwecke  der  katholischen  Hämier-  und  Arbeitervereine  der  Schweiz 
zu  fBrdem,  besonders  durch  Uebemahme  von  Vortragen  Ober  sonale  Gegenstände  in 
dercti  VcrsammlunL'en. 

h)  Die  freie  Vereinigung  schweizerischer  Soziologen  wird  sich  bestreben,  mit  ähn- 
lichen Vereinen  des  Auslandes  in  Verbindung  zu  treten  behofs  gegenseitiger  Mittheilung 
wichtiger  He.schlns.se.  allfälliger  ruhlikuti  nion  n.  dir!. 

Zu  spat  hat  da»  Lexikon  Kenntniß  erhalten  von  der  Existenz  einer  Soci6te 
cbr^tienne  suisse  d'dconomie  sociale,  welche  in  Geuf  von  Protestanten  streng- 
gläubiger Riditong  gegründet  worden  sein  soll. 

Von  den  organiairlMi  Gruppen  tibergehend  zu  den  uuurganiairteD,  isolirt  nnd 
selb^tHtäudig  vorgehenden  So/.ialpoHtikern,  ist  wohl  diejenige  Richtung  am  stärksten 
vertreten,  welche  da»  Hauptmittel  znr  Lösnng  der  sozialen  Frage  ir»  der  Ver- 
sicherung erblickt.  Zwei  Lager  la-nsen  sich  hier  unterscheiden:  DiejeDigeo^ 
welche  die  allgemeine,  fast  allen  Weebaelillllen  des  Lebens  begegnende  Ver- 
dcbernog  postniiren,  und  Diejenigen,  welche  nur  einer  partiellen  Yersiehemng^ 
aaneigeo.  Die  Überwiegende  Hehrheit  dürfte  eich  auf  letatever  Seite  befinden. 


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Soziale  Frage  —     103     —  Soziale  Fiage 


Der  allf/emeinen  Versicherung  redete  wohl  zuerst  der  verstorbene  Professor 
Walther  Mnneimjer  das  Wort,  indem  er  in  einem  vor  20  Jahren  zu  Bern  ge- 
haltenen Vortrag  empfahl,  das  Erbrecht  ho  zu  refurmiren,  daß  ein  Theil  aller 
Vermögen  einer  eidgenössischen  Stiftung  zufallen  müsse,  welche  entweder  zur 
Versicherung  Aller  gegen  Hiilfslasigkeit  jeder  Art  oder  zur  bestmöglichen  Er- 
ziehung der  Jugend  zu  verwenden  wäre.  ') 

Der  schöne  Gedanke  wurde  nicht  mit  dem  Leichnam  decsen,  der  ihn  geboren, 
eingesargt.  Er  lebt  fort  und  fand  beredten  Ausdruck  bei  bedeutsamen  Gelegen- 
heiten. 

Am  ld86er  Zentralfest  des  Griitlivereins  zu  Grenchen  nagt«  Nationalrath 
Curli : 

»Die  Ver<icherun(f!!technik  insbeson<lt're  lelirl  uns  Schatze  heben.  Oder  ist  es  elwa 
ein  verwej,'enes  Wort,  —  ich  glaube  nicht!  —  wenn  ich  sage,  daß  sich  freilich  <iie 
Armuth  ausrotten  lietie.  wollten  wir  es  nur  ernstlich  zu  versuchen  wagen  V  Wir  kötmen 
uns  gegen  die  Mißerfolge  des  Eigenthums-  und  Ernteverlustes,  der  Krankheit,  der  In- 
validität, des  Alters  und  des  Toiles  versichern.  Im  Großen  organisirt,  würde  die  gegen- 
seitige Versicherimg  zahllose  Existenzen  retten,  unendlichen  Kuniiiier  mildern  und  durch 
die  Verbannung  der  drückendsten  Lebenssorgen  auch  allen  geistigen  Kräften,  welche  in 
der  Gesellschaft  thätig  sind,  eine  größere  Spannkraft  geben.* 

Oberst  Frey  hinwiederum  rief  an  der  St.  Jakobsfeier  vom  2G.  August  1889 

dem  Volke  zu  : 

.Für  un.<er  Land  erblicke  ich  das  Ziel,  auf  welchc>s  alle  Kräfte  zu  richten  sind,  in 
der  gegenseitigen  obligatorischen  Versicherung.  In  ihr  liegt  die  S<tlidarität  des  Volkes 
begründet.  Durch  diesen  Gedanken  muß  diis  große  Wort :  Einer  für  Alle  und  Alle  für 
Einen  zum  Siege  geführt  werden.  Die  Unfall-.  Kranken-  und  Altersversicherung  wird 
unserem  Volke  eine  mächtige  Schutzwehr  gegen  die  Wechselfallc  des  Lebens  schafTen ; 
ebenso  die  obligatorische  Feuer-  und  Hagelversiclierung.  Die  allgemeine  obligatorische 
Lebensversicherung  aber  (vor  mehr  als  einem  Jahrzehnt  schon  von  mir  betont)  ist  der 
Schlußstein  des  Ganzen.  Mit  ihr  wird  die  Besitzlosigkeit  aus  unserem  Volke  verschwinden, 
durch  sie  wird  unser  Volk  ein  Volk  von  Besitzenden  werden.* 

Im  nämlichen  Sinne  sprach  an  der  1889er  Jahresversammlung  der  Schweiz, 
gemeinnützigen  Gesellschaft  Nationalrath  Locher.,  indem  er  dem  Recht  auf  Arbeit, 
das  von  anderer  Seite  in  den  Vordergrund  gestellt  worden,  die  Versicherung  ent- 
gegenhielt. 

Und  welch'  wuchtige  Lanze  bricht  nicht  Nationalrath  Forrer  fiir  die  Ver- 
sicherung, wenn  er  sagt  : 

, Unser  Proletariat  wächst  in  erschreckendem  Maße.  Das  Kapital  sammelt  sich  zu 
unerhörten  Summen.  Hs  besitzt  die  natürliche  Tendenz,  sich  immer  mehr  Kräfte,  die 
menschliche  Arbeit,  ja  den  Staat  selbst  dienstbar  zu  machen.  Es  verfolgt  diese  Tendenz 
mit  grauenhaftem  Erfolg.  Dieser  Erfolg  ist  gleichbedeutend  mit  dem  Elend  der  Massen. 
Sache  des  Staates  und  seiner  Einrichtungen  ist  es,  dem  Kapital  den  Erfolg  streitig  zu 
machen  und  dessen  Einfluß  auf  »las  gebührende  Maß  zurückzuführen.  Niemand  als  der 
Staat  besitzt  hiezu  die  nfithige  Macht.  Welches  ist  jenes  gebührende  MaßV  Wo  liegt  die 
Mitte?  Kein  Mensch  soll  hungern,  keiner  der  nöthigen  Kleidung  entbehren,  keiner  einer 
anständigen  Wohnung  entrathen  müssen.  Dies  ist  der  Inbegrifl  des  Nothbedarfs.  Dieser 
Nothbedarf  soll  jedem  Menschen  garantirt  sein.  Vor  diesem  Nothbedarf  mvß  das  Kapital 
Hall  machen.  Da  es  nicht  u  ill,  wird  es  dazu  gezwungen.  Und  diesen  Zwang  auszuüben, 
dazu  ist  der  Staat  da.  Alle  amleren  Potenzen  sind  außer  Stande,  es  mit  Erfolg  zu  tliun ; 
sie  können  nur  und  sollen  mithelfen:  Die  Lehrer,  die  Geistlichen;  .Alle,  so  ps  wohl 
meinen ;  Alle,  so  humaner  Gesinnung  sind ;  .\lle,  so  dem  Sittenge.setz  huldigen.  Ein 
Theil  dieser  Staat><'aufgabe  ist  die  Versicherung  der  Unselbstständiyen,  und  zwar  in 
erster  Linie  der  dem  Risiko  am  meisten  austreselzten  Unselbstständiiren,  der  Arbeiter, 

*)  ,OefTentliche  Vorträge*,  II.  Band,  II.  Heft.  Basel,  Schwoighauser'sche  Budi- 
handlung. 

Denkschrift  über  die  Einführung  einer  schweizerischen  I  nfallversichcrung,  ver- 
faßt auf  An.suchen  des  eidg.  Industrie-  und  Landwirth-schaftsdeparlemenLs. 


Soziale  Frage 


—    104  — 


Soziale  Frage 


pesren  die  ünfallschfiilpn.  Wir  j-MiMnlircn  dern  Knlppel  'Ipr  Arbeit  und  den  fus-l  stofs 
mittellos  Hinterla-ssetieti  des  urelödlekii  Arbeiters  dea  Nothbedarf.  Wir  realmren  diese 
Garantie  auf  die  einzig  wirksame  Weise :  Wir  leisten  den  Nothbedarf  selbst  und  holen 
die  erionlerlicben  Mittel  zwangsweise  da,  wo  sie  gesdiuldet  werden.  Und  dieser  Wir  ist 
der  Staat." 

Noch  ad  sitirt  der  im  wirtbscliaftHohea  Organismiis  d«*  Schweiz  so  wichtige 
Vorort  des  Schweiz.  Handels*  und  Industrievereins  (PrBsident  Kationalrath  Cnimer« 

Frey),  der  in  seinem  an  das  eidg.  Industrie-  und  Landwirthschaftsdepartement 
gerichtt'ton  Gutachten  Uber  die  obligatorische  Unfall-  und  Krankenveraicherung 
erklärt,  daß  er  in  der  Versicherung  nicht  bloß  eine  Schutzgesetzgebang  zu  (iunsten 
der  Arbeiter  erblicke,  sondern  eine  allmfilige  Sichemtellung  dea  nSlhigen  Lebens* 
nnterhaltes  eines  Jeden  gegen  die  äußeren  WeohselftUe  des  Daseins. 

Wer  die  allgemeine  Versicherung  will,  will  selbstveratlndlich  auch  diejenigen 
Staatsmonopole,  welche  dem  Staate  die  zur  Versicherung  erforderliclien  Mittel 
zuführen,  und  es  sind  daher  einige  der  üben  genanoten  Männer  eiirige  Apu-ntel, 
wenn  nicht  die  Urheber  der  im  GrUtlivereiniiprogramm  erw&hnten  Monopolprojekte. 

Die  partielle  Yersieheningt  wie  obligatorisehe  Kranken-,  Unfall-,  Feoer», 
Hegelveiaicherang,  liegt  der  BegrilVssphäre  der  Mehrzahl  der  SchweizerbUrger 
nfiher  und  es  gibt  wohl  Wenige,  welebe  nicht  in  der  einen  oder  anderen  Hinsicht 
voll  und  ganz  zustimmen.  Durch  praktische  V(jr.schläge  betretend  die  obligatorische 
Lebensversicherung  haben  sich  uuseres  Wissens  der  ZiUuher  Staatsschreiber  Hiti/Ji 
nnd  der  Neuenbarger  Staatorath  Cemae,  welche  beide  einschlägige  GesetcentwUrfe 
für  ihren  Heimetkanton  aasarbeiteten,  verdient  gemacht ;  der  obligatorischen 
Krankeiivi-isichernng  suchten  schon  vor  Jahren  Dr.  GiHtishcim  in  Basel  nnd 
Sekuudarlehrer  Itsrhncr  in  Neumllnstcr  die  Wege  zu  bahnen,  und  in  vier  Kan- 
tonen zugleich  haben  im  Jahre  lüüü  dieübezUgUohe  Gesetzentwürfe  die  Behörden 
beNohSftigt:  in  Aargau,  Baselstadt,  Genf  nnd  St.  Gallen. 

Was  die  Versicherung  den  £inen,  ist  die  Bernfsgenossenschaft  den 
Anderen,  insbesondere  Denjenigen,  welche  von  einer  solchen  Organisation  eine 
Betheiligung  der  Arbeiter  an  den  Gesohäftsgewinnen  erwarten.  Hoher  Beachtung 
Werth  ist  gewiß  das  Urthcil  eines  Mannes,  der  als  Industrieller,  Kaufmann  und 
Arbeiterfrewid  eine  hervorragende  Stellung  einnahm  —  des  verstorbenen  KoU' 
mann.  Wie  schade,  daß  die  Feder  der  Hand  entfallen  ist,  welche  den  „ Sommer- 
nach tstr  an  m"  ')  schrieb.  In  dieser  Schrift  entwickelte  Eottroann  das  Bild  einer 
in  Point  r  Tder  schlommemdcn  Gesellschaft  da^ gesaamien  echtoeieerischen  Uhren' 
induslne,  welche 

znnflcbst  nur  Handels$r«9»1ldebaft  i5t,  zum  Zwecke,  den  Absatz  und  das  Zusammen* 

.«pio!  der  Fabrikationsorjjant-  /u  vcnnlKtln.  Sic  i-f  auf  .\kli.'n  jregrfiiidel.  irift  nur 
mit  .solchen  Fabrikaulen  in  Verkehr,  welche  sich  gewis.se  Vorscbrirteu  gefallen  lassen, 
als :  Nur  gute,  bestimmten  AnforderuniKen  entsprechende  Waare  zu  liefern ;  keine  Lehr 
liiijre  finzu.stellen  ohne  die  Znstimimiti'^'  der  (fcsellscliafl  ;  keine  Frauen  in  den  Faltriken 
zu  ver\v»Miden ;  die  Hausväter  so  zu  bezahlen,  dali  sie  geiifiKend  fVir  die  Familie  ver- 
dienen; die  Arheilszoif  auf  10,  eventuell  weniger  Stunden  zu  reduziren;  die  Arbeiter 
und  ni'-il.  rf  ri  A ii^-c-ti  Ilten  am  iitnvinn  zu  betheni^'in  (2ö  o);  »-inheifli«  lir  \i lu-ifslrthne 
zu  adopliren ;  die  l'.iUrik  zu  einem  im  Voraus  ven'hib.trleu  Preise  nach  3ü  Jabren  von 
der  Gcitelischafl  erwerben  zu  lassen. 

Dapt'gon  soll  die  (iesfllschaft  ifino  Konkurrenzlabriken  erstellen,  die  Heingewinn- 
antheile  der  Arbeiter  ziun  Bau  von  ^je-iunden  Arbeiterwuhnungeu,  zur  DoÜruug  von 
Kranken-,  Alters-,  Unlaliversieberungs-  und  Invatiditätskaflsen,  Spetseanstallen.  Klein* 
kindersrbulen,  BilduiiK'svcreinen  etc.  verwcndeu. 

So  beKiMisti^'t,  w»  rdt-n  die  Arbeiter  jene  Fabrikanten  verlassen,  welche  nicht  zur 
(•e.<-ellsrhatt  halten  woll<  n.  resp.  die  Fabrikanten  werden,  um  ihrer  eigenen  Existenz 
willen,  der  (;<'.sellsrli;i('l  l»eilri-lfn. 

'J  äolothum,  Zepiel'sche  Buchdruckerei,  lb88. 


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Soziale  Fra^'e 


106  — 


Soziale  Frage 


Die  GesellscbafI  nimmt  Ton  Anftinp  an  nnr  solche  Waare  entgegen,  welche  ihren 
strengen  Regeln  entspricht.  Ditsc  Waan-  wird  mit  einer  Fabrikmarke  vi-rsehen  und  mil 
entsprechender  Heldanie  auf  den  Weltmarkt  gebracht.  Die  UesellschaA  verkauft  nur 
gegen  Baanahlting  und  nur  an  Groftbftndler.  Einen  Theil  des  Refaifrewhines  verwendet 
sie  zur  Fördfruni^  der  eigenen  und  zur  Bekämpfung  der  frrnidcii  riirt  nindustrie.  Sie 
eröffnet  neue  Absatzgebiete  und  spricht  ein  gewichtiges  Wort  bei  Handetovertrags- 
absehlflaaen.  Der  Preis  der  F^rikate  wird  je  nach  der  Lege  des  Weltmarktee  von  Ver- 
tretern  dpr  (lescllschaft  und  der  Fabrikanten  bestimmt. 

Die  Gesellschaft  kann  stets  reichliche  Dividenden  zahlen  uitd  die  Aktien  steigen 
beständig  im  Kurs.  Die  anfänglich  erheblidien  Reklamekosten  verringern  sich  nach  und 
naoli.  Das  ^rutc  Fabrikat,  tln«  vorerst  gegen  die  hiiligere  minder\vert}ii(.'o  Wnaro  rinon 
schwereu  Stand  luit,  wird  schließlich  einzig'  den  riatz  behaupten.  iö.ÜÜi)— 3ü,iX>ü  Uhren 
werdw  täglich  auf  den  Markt  geheu,  aiistatl  20.(XM).  wie  gegenwärtig.  Die  FabrikationS' 
firmen,  welche  für  die  Gesellschall  arbeiten,  haben  kein  Risiko  mehr  und  erlangen 
dennoch  bessere  Preise.  Durch  die  Ruhe  und  Sicherheit,  mit  welcher  sie  arbciltu  können, 
wird  der  Reingewinnantheil  des  Arbeiters  reichlich  zurOckbezahlt.  Treten  sie  nach 
dO  Jahren  das  Geschäft  an  die  Gesellschan  ab,  so  können  sie  dafür  Aktien  zum  Pari- 
kurs annehmen.  Die  Löhne  der  Arbeiter  steigen  um  30  "/o.  Konsurndepot.s,  von  der  Ge- 
sellschaft eingerichtet,  geben  die  Loh<'ii<riiini  l  *'tc.  zum  Selbstkostenprei.s  an  die  Arbeiter 
ab.  Diese  wissen,  daß  sie  in  gesunden  und  kranken  Tagen  geborgen  smd,  und  strengen 
sich  deßhalb  an,  so  brav,  treu  und  solid  zu  bleiben,  daft  sie  ihre  Posten  Dicht  Terlierm. 
Der  Arbeit or.'folin,  der  .^ich  in  der  Schule  gut  gemacht  hat,  Icann  anent(pdtli<^  die  böhemi 
techni.schen  An.stalU'n  dt-r  I ic-rlUi  liaO  be*:iii  lu-n. 

Soweit  Kottmann,  dem  es  leider  nicht  vergönnt  war,  seinen  genialen  (ie- 
danken,  fttr  welchen  ihm  ttber  das  Grab  hinaus  der  Dank  des  Sohweiservolkm 
folgte  SU  verwirklichen.  Ohne  es  auttQaprechen,  hat  er  es  sich  wohl  gesagt  nnd 
hat  er  wohl  tjehutft,  daß  die  übrigen  großen  Industrien  der  Schweiz  dem  Bei- 
spiele der  Uhrenindustrie  folgen  würden  und  daß  alsdann  die  soziale  Frage  auf 
ein  Hinitnam  reduzirt  wäre. 

Ein  gates  Omen  flir  die  Sacke  ist  es  gewiß,  daß  gleiokiMtig  nnd  npabhängig 
vmn  Praktiker,  der  seine  Ideen  ans  dem  lebenswarmen  Bot»  der  £Mahmng  artbSpfte, 
auch  der  weniger  günstig  situirte  Theoretiker,  der  nur  wenige  Anhaltspunkte  zur 
Verfügung  hat,  faat  lediglioh  kraft  seiner  Gedankenarbeit  beinahe  «u  dem  näm- 
lichen Ziele  gelangt. 

SecrUau^  den  wir  im  Laufe  dieses  Artikels  bereits  kennen  lernten,  erblickt 
das  Hanptmittel  aitr  LBming  der  aoaialen  Frage  ebenfialU  in  derjenigen  Berufs- 
genoesenschaft,  welche  die  Unternehmergewinn e  zwi8chen  den  Arbeitgebern  und 
den  Arbeitern  theilt.  Ein  Haiipttheil  seiner  „Etüden  sociales''  ist  diesem  Gegen- 
stande gewidmet.  Ihm  ist  bekannt,  daß  eine  größere  Zahl  von  Geschälten  in 
IVankreioh  und  in  der  Schweiz  (00—80)  den  Arbeitern  einen  Theil  des  Jahres- 
gttwinnea  sokommen  lassen  und  damit  aosgeidehnete  Er&hrungen  machen.  Dieses 
System  verallgemeinert,  mUßte  die  unausbleibliche  Folge  der  soziale  Friede,  die 
Harmonie  der  Interessen  zwischen  Kapita!  und  Arlteit  sein.  Doch  lasaen  wir  ihn 
selbst  sprechen  nnd  scheuen  wir  dahei  die  etwas  lunfständliche  Au.sführlichkeit 
nicht,  denn  dud  Lexikon  möchte  gerne  diejenigen  Gedanken  zum  Gemeingut  des 
Volkes  machen,  welebe  ihm  mehr  als  nnr  yorttbergehende  Bedentnng  an  haben 
sdieinen. 

Wenn  man,  >ehriMhl  Serrttan  u.  .\.,  <\i-n  Soziali-um-  hiii-lillt  als  da-^  Ilr-Irelifn. 
die  Verhältnisse  zu  egalitiiren,  so  verurtbeile  uud  bekämpfe  ich  ibu ;  ist  er  im  (jcgeutbeil 
das  Bestreben,  jedem  menschlichen  Wesen,  welches  sich  dem  Gebot  der  Arbeit  unter^ 
wirft,  die  Mittel  zu  seiner  Entwicklung  itn-l  zu  einem  aii-;rindi^."  ii  Gemiti  di-s  Daseins 
zu  sichern,  so  bin  ich  Soziali.st  und  der  Meinung,  dali  Jeilermiinn  es  sein  sulite. 

Die  Betheiligang:  der  Arbeiter  am  Gewinne  ihrer  Prinzipale  sclieint  roir  ein  Nittel 
zu  sein,  um  zu  jonrtn  I\o>üllat  zu  ;:»■!, uiLTn.  In  ihrem  tu". •h-^t'^if f^nen  Intere.sH'  >(dlleu 
die  Unternehmer  dieses  Mittel  eiiUubren.  Vnx  das  Mibeiub.ire  Upler,  da.s  »ie  sich  aut- 
erlegsn,  finden  sie  Tollen  Ersatz  in  der  Okonomtsdieren,  nach  QualitAt  nnd  Quantität 


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Soziale  Frage 


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Suziale  Frage 


hfifaMren  Leistung  der  Arbeiter.  Indem  jeder  Arbeiter  sein  bestes  Wissen  und  Kötmen 
aufbietet,  um  tl:ts  Geschäft  vorwärts  zu  bringen,  ist  unmftplich,  daß  die  Frinzipale 
nicht  davon  jirolitiren.  Gerade  aus  diesem  Grunde  milililll  dit.-  Gewinnbetheiligung  jcaeni 
Sozialisten,  welcher  Alles  gleich  machen  möchte.  Er  sieht  darin  ein  HindemiU  seiner 
Pläne,  während  alle  Umstände,  alle  Mai^regeln,  welche  den  Antaf,'oni?mus  zwischen  der 
.Vritcit  und  dem  Kapital  verschärfen,  Wasser  auf  seine  Münle  sind,  lu  Zeiten  von  Wirren 
würden  die  Prinzipale,  welche  ihr  Benefiz  mit  ihren  Arbeitern  theilen,  diese  auf  ihrer 
Seite  haben;  aber  was  noch  unendJicb  metir  wertb  w&re:  Die  Gewinnbetbeiligung  würde 
die  Enittehunff  von  Wirren  verhüten. 

Hei  mir  fini|,'ermiiL'>en  nermenswerlher  Verlireitim^,'  des  Prinzips  würden  die  Ver- 
suche, soziale  Fehden  bcraufzubeächwören,  scheitern,  lange  bevor  die  Mehrzahl  der 
Arbeiter  fdr  die  Fehde  urewonnen  in^re.  Es  ist  kaum  schwer  zn  befrreifen,  daß,  wenn 
eine  Insurrektion  keine  Anssiclit  auF  Erfolg  hat,  sie  nicht  unternommen  wird,  imd  daß, 
um  Erfolg  zu  haben,  sie  die  ganze  Arbeitersobafl  aktiv  oder  passiv  auf  ihrer  Seite  haben 
mafi,  während  sie  absolut  machtlos  ist,  sofern  eine  irgendwie  nennenswerthe  Fraktion 
der  Arbeiter.«rliaf1  zu  den  Verlheidigem  der  Ordnuni^  hält.  Si.  wurden  als-o  die  Tnler- 
oehmer,  welche  iiiren  Arbeitern  ein  Intcresjje  am  («esriuitt  einräumen  wolUeu,  .sijwuhl 
Gefahren  von  sich  und  ihren  liuiern  abwenden,  als  aueh  die  öiienilirhe  Sicherheit 
stützen.  Jedes  Haus,  welches  diesen  Weg  betritt,  erwirbt  das  Recht  auf  die  Dankbarkeit 
der  ganzen  Gesellüchatt  und  verbessert  zugleich  .seine  eigene  Position.  Unabluin-ri^  von 
der  sozialen  Gefahr,  welche  sie  beschwört,  besteht  der  Hauptvortheil,  den  die  Gewinn» 
bctheiligung  dem  Prinzipal  bietet,  in  dem  Eifer,  den  sie  dem  Personal  einllößt,  und  in 
der  IJelierwachung,  welche  der  Eine  über  den  .\ndern  ausübt,  wenn  dieser  durch  Nach- 
lässigkeit den  Nutzen  der  Andern  schmälert.  Es  ist  übrigens  zweifellos,  daß  die  auf 
diesem  Prinzip  fulienden  Geschäfte  bald  die  Elite  der  Arbeiterscball  an  sich  ziehen 
worden,  ohne  daß  sie  ihr  höhere  als  die  in  jedem  Gewerbe  durchschnittlichen  Löhne 
zu  bieten  hi'dfen.  Auch  wären  sie  wfit  b»<-cr  nl^  die  übrigen  (^-i-liäfle  in  der  Lage, 
den  Forderungen  um  Loimcrböhmigen,  welche  schon  so  vielen  Unternehmungeo  den 
Hals  gebrodien  haben,  2U  widerstehen.  Tfldtlich  den  Arbeitseinstellungen  und  dm  In- 
MTTckliduen,  beseitigt  die  Gewiiinbetheili^:uni/  den  Interessenkampf  und  setzt  an  dift 
.Stelle  des  Antagonismus  die  Uebereinstiramung  der  Interessen. 

,  Entgegen  wiederholten  Bitten  hat  sich  Krupp  immer  geweigert,*  schreibt  die 
fiibhothrque  uviremrlle,  „seinen  Aiheitern  einen  Theil  seiner  Gewinne  abzutreten,  denn 
es  wai'  liiiu  nicht  unbekannt,  ilaU  last  alle  Versuche  dieser  Art  an  den  unauf liurlicbea 
Einreden  (Gonteslations),  welche  .sie  hervorriefen,  scheiterten.* 

Irfi  ;:Iauhe,  daß  in  diesem  Sal/i'  das  Vcrhällniß  des  MiL'.ünpen?  zum  Krfol;.'!'  weit 
übertrieben  U:h  denke  mit  dei  Firma  Billuu  ii;  Cic.  in  Gcul,  '>  dal.)  die  .Mehrzahl 

der  gescheiterten  Versuche  in  rückhaltender  und  unvollständiger  Weise  gemach!  wurden, 
so,  ;ds  ob  man  den»  .\rbeiter  viel  geben  wolle,  während  man  ihm  in  Wirklichkeit  wenig 
gab.  Ich  denke  wie  die  eben  genannte,  in  Sachen  kompetente  Firma,  daß,  wenn  etwits 
die  Partizipationsversucbe  zu  Fall  bringen  kann,  es  die  engherzige,  knauserige  Berechnung, 
das  Unentsdiiedenc  ist.  Fest  steht,  daü  dic\ienigen  Häuser,  welche  die  Gewinnbetheiligung 
mit  Ausdauer  handhabten,  auch  reOssirlen.  Von  den  60—80  einigermaßen  bedeutenden 
(leschrinen.  Welche  auf  dem  Prinzip  der  Gewiiudtelheiligung  der  Arbeiter  organisirl  sind, 
hat  bis  zum  Moment  des  Abschlusses  unserer  Statistik  keines  Schiffbruch  gelitten. 

Man  ist  somit  durch  die  Erfahrung  berechtigt,  in  der  Gewinnbetheiligung  eine 
Garantie  de-  Erfol;.'t's  ^'cschSftlicIier  T'idi  rneliniungen  zu  erblicken. 

Allein  die  Einwendung  ist  sofort  bereit,  welche  sagt :  Die  Arbeiter,  welche  an  den 
&ianziellen  Resultaten  eines  (Jeschäftes  interessirt  sind,  werden  dieses  auch  kontroliren 
wollen.  Sie  werden  sich  vergewissern  wnllcn  durch  EitT-ichtnahnie  der  Bücher,  ob  und 
wie  die  Zusagen  gehalten  wenlen.  l  att  mebr  tiociil  ."^ott  rn  <ie  sich  überzeugen,  daü 
die  Gewinne  gleich  Null  oder  unter  ihren  Erwartungen  sind,  werden  sie  die  Ursache 
schlechter  (JescbäfL^führung  zuscbiciben  unr!  ilneii  Antheil  an  der  GeschtilLsführung  ver- 
langen. Alles  wird  recht  sein,  su  lauge  Alles  ^ul  geht,  aber  ein  bis  zwei  ungünstige 
Bilanzen  —  und  die  Zwietracht  wird  ausbrechen. 

Ich  glaube  nicht,  daß  diese  ^^chwarzsoherei  durch  die  Erfahrung  bestätigt  und 
durch  die  Vernunft  zu  begnmdon  sei.  Em  Arbeiter,  welcher  den  üblichen  Lohn  seines 
Gewerbes  erhrdt,  der  jeden  Tag  verabschiedet  werden  kann,  der  Oberdieß  weiß,  daß 
ihm  eine  eventuelle  Gewinnbetheiligung  aus  freiem  Antriebe,  gratis  und  unter  der  ans- 
drflcklicben  Bedingung,  daß  er  sich  jeder  unbefugten  Einmischiing  enthalte,  versprodien 
ist,  wird  nieht  so  leicht  eine  Position  preisgeben,  welche  immer  noch  jeder  andere, 

')  Vcleh*  llu«  ArMMr  tehOB  Mit  vMea  Jahna  um.  Osictailltftwiaa  batluOist  I>.  Verf. 


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Soziale  Franse 


—    107  — 


Soziale  Frag& 


die  er  finden  könnte,  vorzuziehen  ist.  Derjenigre,  der  Unruhe  stiften  möchte,  wird  nicht 
gehört  werden.  Der  Arbeiter  weiß  eben  so  grut  wie  je<ler  andere  Hürtjor,  daß  man  das 
gegebene  Wort  baiten  muß.  So  lange  die  Uewinnbetfaeiligaog  die  Ausnahme  ist,  werden 
Ansprache  der  oben  enrlhnten  Art  nldit  aufkommen. 

Andererseils  hält  es  schwer,  zu  verhfiten,  daß  der  den  Arbeitern  zufallende  Antheil 
nicht  ineluuuit  und  so  die  ganze  Bilanz  des  Gescbättes  verratiien  werde.  Jede  Fabrik 
hat  ihre  besondere  Technik,  von  welcher  sowohl  die  Eigenschaft  als  die  Herstellungs- 
kosten ilfrr  Kr7.cuj:ni'^><-  ;thliant:en.  AtiT  <iie  lit.-lK-liiitiulUiiiv' 'ii*"^<'r  lf<'r-t<'lluni.'-k(j-lfii  l<'^'cu 
die  Geschälte  groües  Uewtciit,  und  diel»  düiHt'  «  in  lliuUi^riaU  »ein,  um  ikiu  l'riu<up  dtv 
GewinabetbeilignDg  der  Arbeiter  mm  a]lgem*'inen  Durchbrach  zu  verhelfen ;  aber  ffir 
sehr  viele  L'iiterneliiiiiiiiK<'n  liestfbt  dic-fr  lliinlcriHi^r.-^'rutnl  iiir|i(.  Vrrplli<fitini^', 
ihre  Hiliinzen  zu  publi/ircii,  himiurt  .lio  Aktit  ii^/t -rlls.  tiiillcii  luchf,  ihr  *i«'l>it-l  iinna-c 
mehr  auf  Kosten  der  P>inz(.'luiiteiiivliii!nii{;f!i  ;((HZiiiitl:iieti  :  c-  imili  .il-o  Vi>rtlu'ilr  i^ebcn, 
durch  Welch»!  «Ii»'  Nnohthcile  der  ruMizitiit  wieder  HU-i:iv'lifheri  \v<  rdrii.  I)ui  Si  liuit-rig- 
keit  ist  uiclil  uuühcrwindiich  und  v<-rtli"K-hlij.'t  sirli  vi>(i  solhst.  je  iridir  die  Indii-Iric  ihre 
Bans  dmrcii  <!if  Assoi  iMtimi  der  K.ipit.dini  v«'rt>r<'itert. 

Der  s.heiiibar  riihli|/e  Kinw.ind  oudiich,  dai»  tkr  Arbeiter  uii^Ut  zur  Gewinn- 
betheilij^uii^;  berediU^M  sei,  wenn  <  i  nicht  auch  die  Vf-rltistf»  thetl*^n  helfe,  ^^rheini  mir 
auf  einer  Verwirruii;.'-  der  HeprilTe  y.n  IxTulieii.  Die  ArUeiter  krinneii  tVir  Verlviste.  welelie 
eine  Verminderung  Küpil4ili»  »«lud,  aus  dem  einiuchen  Grunde  nicitl  eintreten,  weil 
rfe  kein  Kapital  haben.  Sie  werden  empfindlich  prenupr  betrolTeo  vom  Wegfall  der  Divi- 
dende, von  der  Hodnktion  der  L'>hne,  von  dei  ArU«  it>l<)^i^:keit,  AUer  :in  dem  Verlust 
direkt  theüneluneu  könnten  sie  nur  iu  der  Mi^jen schalt  von  Miteigenthüinera,  eme  Stellung, 
m  vidier  das  R^me  der  Gewinnbetheili^un;.'^  sie  wohl  führen  kann,  die  ihnen  aber  von 
4en  Prinzipalen  nicht  mir  niclit-  dir  nieiils  .an  purer  (JroGnintli  eiii^-'erannil  werden  wird. 

Die  UewiuubeLheiligung  ist  für  den  Arbeiter  eiue  Wuhlthut  ohne  HiatLrlhüriheu 
nad  besser  als  ein  erhöhter  Lohn.  Die  hohen  Löhne  werden  ofX  vorweg  in  schädlichen 
rxder  weni^'jjtcns  iibertinssls.'en  .Au-u'-il'en  verl-r-tueht  ;  .1er  jahi  lii-he  (JewiiHMntlieil  du- 
Ki^en  ist  eine  KiniialiMie.  wvlehe  uurili;.'  tiracheiul,  uu^'clent  zu  werdet),  und  welche  der 
pTOzipal  in  der  Hejfcl  -reihst  jduznt.  u^cm&ß  den  Statutet^  de-  ( i*>-eli,ttle>. 

Ich  entnehme  einem  hriete,  weh  lier  vun  einem  Arheiter  ih.-s  H;iu-es  HiUou  it  ( Ii«', 
aa  Pfol'essor  Buhrncrt  in  /.lirich.  dei  die>e  ilulmie  clH'nfail-^  uiitei -uehte,  ^re-rhrieluMi 
wurde,  l'olj^'ende  Stellen  : 

,Der  Eintlnß  der  ^«>wilulhetheili^'ang  wirkt  in  mebilachur  Weise  au!  die  ukono- 
mische  Lu^o  des  Arbeiters  ein:  Zun.irlist  zwinjrt  «ie  ihn  zu  Krpparni--^m.  die  ihm  »Iber 
ungünstige  teilen  hinweghelfen.  Jede  i:r~iKLriii(')  reizt  ihn  neuen  Kr -parni— en.  llr 
bcschncidtst  um  so  mehr  sf  ine  Ausgaben,  verbessert  so  seine  Position  und  sieht  der 
ZtJktmfl  zm'er'ichtnchÄr  ent^etfen;  denn  eine  der  prößten  Ungewißheiten  des  Arbeiter« 
ist  unstreitig  «eine  Zukunll:  was  wird  au-'  itim  wenien.  wenn  ei-  nielit  luelir  arjteilen 
klHViV  üid  yewinnbetbeüigung  antwortet  iliui  aiegreicb,  deua  dank  der>ielben  sammelt 
.dlri^lioii  ftb'  die  Zukunft  ein  erzwungenes  Kapital,  vermehrt  durch  das  vom  Lohn  Er- 

'^P^i^bs.    Also  —  ZWunt^'sWL'ise  Verliesserun^'  liei   l,a^:e  de>  .A  r! lei !er-. 

^J^.'-,,ln  moraüscber  Uiiuticht  spielt  die  (iewmnbeihedi^^uti;,'^  leieh  eine  ^'r'il.iere  HMlle. 
I^IÄt  nnr  riditot  rie  den  Arbeiter  innerlieh  auf,  sondern  au;^  einem  .*>alarirten.  .hu.s  einer 
Art  Maschine  macht  .sie  ihn  zum  A-^sm-ie  >eiries  rriiizipaN.  Kr  sai^t  inelit  nn  In  :  ,leli 
genug  f(ir  das,  was  man  nur  /.aUU',  suudei  ti ;  J--  ineUr  ich  ari'eife.  d'-l"  mohi' 
le  ich,  denn  ich  nehme  Tiieil  atn  Gewinne  des  de-eli  iftes'. 

,Noch  mehr!  liuleiu  die  <jewinnliidljeilij,'nii;j  ilie  hUei  r-senxilidan'at  /.\\Hrlirii 
'Arbeitern  und  Arheitgehern  herstellt,  ver-diwindef  der  Aula^'uni-um-.  K^l^dieli  winl 
nicht  mehr  gestreikt,  es  t^'ild  keine  Feindseligkeit  mtdir  zwischen  lieidm  Kasein.  Dis 
f^cll  't^fdhl  des  Arbeiters  erhr.ht  sieti ;  er  will  sich  seiner  neuen  Verhallmsse  würdig 
iüi^tu  und  bessert  sein  Betra^ren.  l>er  verh.-n  itbcte  Arbeiter  k:inn  -i.  h  ^cin  Hf>im  jre- 
tnOtblicber  gestallen;  zieht  ihn  mein-  daljin  und  ueui;^'i'i-  mV  \\  irl li~liau-.  Ihe  Iii  wiiui- 
betheiltgung  ist  somit  ein  vortreliiiches  Miitt,l,  uin  die  Arbeiterklasse  zu  hebeu,  ja  sie 
ist  in  meinen  Augen  der  einzit^-^c  We<r  zur  I/ö^ng  der  sozialen  FVage. 

, Aul  'In:  Frage,  ob  es  melit  möj;lii-h  -ei.  die  uiiinlii  lien  f!<v-ull  ute  bi'i  der  Stiü  k- 
arbeit  zu  erreichen,  antwoite  ich  mit  ^ein;  denn  der  Zwang  zur  Erspurtiiu  tebli,  uud 
wohl  die  größere  Zahl  der  Slöckarbeiter  einen  guten  Lohn  erwirbt,  verstehen  doch 
wenigsten,  Geld  zu  erübrifrcn. 
.Was  &cbließlicfa>  aopti  die  üraiilikalioneu  betnili,  .^i  ;.'lai;l"  i<b,  dau  dic-s-lLcn,. 
weQ  ein  Institut  der  Wf^At  in  der  Hand  des  Prinzipals,  EitVi  -utht  unter  den  Arbeitern 
'Tw.-'ken  wQrrleii.  indem  sich  jeiler  liintan^-'c-otzt  w;Uiiite.  (»ie  Folge  davon  wRre  ver- 
mehrte Unzufrv  deitiieit  und  VerächHiumtu  uug  der  SitudLun." 


Soziale  Frag« 


—  lUÖ 


Soziale  Fra^ 


Die  letzten  B«n»rkiii^n  des  Arbeiten  auf  die  Fragen,  die  ihm  Yon  Professor 

Böhmert  gestellt  worden  sind,  um  über  die  Pallialivmilfel  dos  Salariats  in's  Klare  zu 
kommen,  lubren  mich  zur  Prüfung  der  in  Deutschland  verordneten  Arznei,  welche  auch 
^ie  Schweiz  zu  verschreiben  sich  anschickt:  die  obligatorisehe,  vom  Staate  aufgezwungene 

und  orpanisirte  Versicherung.  Allein  dieser  Gegenstand  ist  keiner  von  denjenigen,  die 
man  nur  so  nebenbei  erledigt.  Sagen  wir  daher  bloß,  daß  die  GewinnltetheiiiguDg,  frei- 
williges Werk  der  Unternehmer,  die  Emanzipation  des  Ariieilers  durch  die  Vorsicht 
(prdvoyance)  bedeutet,  während  die  obli{?atnri>Llip  Versilberung,  wenigstens  (iitjoni};e 
gegen  die  unvermeidlichen  Uebel  wie  das  Alter,  dazu  lührt,  den  Arbeiter  der  Vorsicht 
zu  entheben;  denn  dio  Veruntwortung  für  sein  eigenes  Schicksal  wird  von  ihm  ge- 
nommen, waf:  ihn  mehr  und  mehr  der  Masehine  unterordnet.  Das  due  System  heißt 
Befreiuug,  da.s  audere  lieiCt  Kuechtschafl. 

In  Summa:  Die  Betheiligung  der  Arbeiter  an  den  Gewinnen  der  Prinzipale  nützt 
beiden  Klassen  und  schützt,  sobald  sie  in  einer  ii^endwie  erheblichen  Zahl  von  Etablisae« 
menten  eingeführt  i.st,  die  Zivilisation  gegen  die  größte  sie  bedrohende  Oeftihr  —  den 
sozialen  Krieg. 

Wie  soll  nun  die  Gewinnbetheiligung  eingerichtet  sein?  Der  Chef  der  Firm« 
BillonAGie.  will,  daß  das  Recht  der  ParUzipation  ohne  Weiteres  mit  der  Zugehdrigkeit 

2uni  Hau^-e  verflocbten  und  nicht  or-t  von  s|ieziellcn  Entscheiden  !i  Prinzipals  abhängig 
sei,  weil  letzteres  zu  WiUkürlicbkeiton  führen  könnte.  Die  Uewiutibetbeiliguug  bedarl 
einer  OrganintioD,  welche  die  vollkommenste  Solidaritftt  zwischen  Kapital  und  Arbeil 

bettnlndel.  Jede  Herahsetzung  iler  Lohne  nniß  aus^'esrhlos'sen  sein.  Die«e  müssen  ohne 
alle  und  jede  Rücksicht  auf  die  (.iewinnchaucen  festgesetzt  werden  und  idien  L'n^iit  hen 
unterliegen,  die-  eine  Aenderung  bedingen  können.  Der  Gewinnanilieil  n\ni!>  t'reigpbi^' 
(largcmenl)  liemessen  werden  und  nicht  l)loß  auf  eine  Höhe,  welche  denselben  illusorisch 
maciien  würde.  Die  £rsparnili  eiuva  Theils  des  Gewinnes  ist  obligatorisch.  Vermittelt 
dieser  Ersparniß  sind  die  Partizipanteu  so  viel  als  mo^rlich  zur  Miteigenthümerschafl  an 
den  (ieschäft-saktiven  7uzn1ns«cn :  jedes  Privütgesehäfl  kann  in  einer  Weise  eingerichtet 
werden,  welch««  jene,-,  erlaubt.  EnilUch  =nid  die  (Jewinnquoten  des  Kapitals,  der  leitenden 
Intelligenz  und  der  Arbeiterschaft  je  nach  der  Wichtigkeit  zu  bemessen,  welche  jedem 
dieser  drei  Faktoren  im  geschäftlichen  Mechanismus  des  Unternehmens  zukommt.  Die 
Oewinnquote  der  Arbeiterfchafl  soll  nach  der  Höhe  der  Löhne  unter  die  Arbeiter  ver» 
tlieilt  werden. 

Das  Yerh&ltniß  jener  drei  Faktoren  zu  einander  ist  natürlich  je  nach  dem  Unter- 
nehmen bald  so,  bald  anders.  Leclaire,  ein  G^ude  Anstreicher  in  Paris,  vertheilte  'A 
seiner  Reintrewinnc  und  starb  als  MillionTir;  d.ts  Haus  IJillon  &  Isaac  in  Genf  vintheilt 
50  7««  die  Compagnie  göuirale  d'assurances  nur  5  °io,  uud  doch  war  das  £i|;ebiiift  fVat 
die  Angestelltni  dieser  drü  Untemehmnngen  beinahe  das  gleiche,  nftmlicb  jfthrlieh  18 
bis  907«  der  LOhne. 

W^ir  übergehen  einige  Seiten  des  Secretan^aolien  Kuelus  und  eilen  zum 
8chluß-tein  seines  ganzen  Gebäude»*.  l)ie  Berufsgenossenschaft  ist  nach  ihm  nii  ht 
lix  uud  fertig,  so  lange  der  Arbeiter  nicht  emanzipirt  ist,  d.  h.  so  langp  er  nicht 
8itz  und  Stimme  im  Hathe  des  Geschäftes  hat.  Dazu  wird  ihn  aber  die  zweite 
Etappe  dee  Gewinnbetheiligongsgystems  bringen,  welche  sweite  EtapiK-  darin  be- 
steht, daß  die  Gewinnbetheilignog  nicht  mehr  die  Ausnahme,  sondern  die  Regel 
bildet.  Eiumal  so  weit  und  immer  vorausgesetzt,  daß  die  Gewinnantheile  der 
Ai  heiter  im  Geschäfte  kapifalisirt  werden,  wird  der  Arbeiter  eine  Vfrtn'tting  in 
<ler  Gest  häftHleitung  erlaugeu  uud  dadurch  zu  der  Würde  eines  Unternehmers 
«utporsttigtQ.  „Wo  bleiben  dann  noch  die  Konflikte»  die  beute  die  Welt  beim* 
ruhigen  und  die  GeseUschafl  mit  sammt  allen  firmngenschaflen  der  Zivilisatton 
ans  den  Angeln  zu  heben  drohen?" 

Auf  den  nämlichen  Hoffnungen  beruht  gewiß  auch  die  vom  neuenburgischen 
Staatsrath  Cornau  nm  17.  Juni  1889  im  Schweiz.  Stüoderath  gestellte  und  ▼on 
dieser  Kammer  angenommene  Motion  folgenden  Inhalts: 

Der  Bundesrath  wird  eingeladen,  die  Frage  der  obligatorischen  Berufsgenossen- 
^cbaften  iu  ihrer  Gc.<^uiumlhcit  und  insbesondere  in  der  Richtung  zu  prüfen,  ob  nicht 
in  das  ^dg.  Fabrikgesetz  als  Kapitel  III  a,  Art.  16  a,  eine  Zusatzbestimmung  folgenden 


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Soziale  Fragte 


KU) 


Soziiile  Frage 


Inhalts  aufzunehmen  sei:  ,Die  Kantone  sind  ermächtigl,  für  die  Bediirfnisse  gewisser 
Industrien  obligatorische  Berufs  verbände  zu  schaffen.* 

Herr  Cornaz  denkt  sic  h,  daß  alle  Personen,  welche  einen  und  denselben  zur 
Vergenossenschaftlichung  geeigneten  Beruf  betreiben,  sich  gruppiren  und  sich  ein- 
heitlichen Beistimmungen  unterziehen  könnten  und  Kullteu.  Kr  wUuticht,  daß  es 
in  jeder  Arbeitsbranche  einen  Verband  der  Arbeitgeber  und  einen  Verband  der 
Arbeitnehmer  gebe,  daß  die  Beziehungen  zwischen  beiden  Verbänden  vertraglich 
geregelt  werden,  daß  als  gemeinsame  Aufgaben  anerkannt  würden :  Die  Aufstellung 
von  Minimallohntarifen  und  von  Preistarifen,  die  Kegulirung  der  Arbeitsweise  und 
der  Lohnzahlung,  die  Kegulirung  des  Lehrlingswesens,  die  Anordnung  von  Maß- 
nahmen gegen  den  Kreditmißhrauch,  gegen  die  Konkurse  uml  betrügerischen 
Abmachungen,  die  Organisation  des  Handels  und  der  Auskunttsertheilungen,  diu 
Entwicklung  der  Industrie  und  der  Ausfuhr,  die  Anordnung  von  Maßnahmen,  um 
der  nationalen  Industrie  wichtige  Erfindungen  und  V^ervoUkommnungen  an  Maschinen 
und  Werkzeugen  zu  erhalten,  die  Festsetzung  von  Strafen,  die  Beilegung  von 
Difl'erenzen  und  die  Sanktioniruug  von  Beschlüssen  durch  eine  Oberkommibsion. 

Doch  nicht  nur  Herr  Cornaz,  sondern  auch  die  Spitzen  des  deutschschweizo- 
rischen  Gewerbestandes  versprechen  sich  von  Berufsgenossenschafteu  solcher  Art 
sehr  viel ;  von  letzterer  Seite  wird  sogar  gewünscht,  daß  die  Anregung  des  Hen  ii 
Cornaz  nicht  bloß  auf  kantonalem  Boden  und  bei  gewissen  Industrien,  sondern 
auf  eidgenössischem  Boden  und  für  alle  Geiycrbe  ohne  Ausnahme  reali>irt  werde. 
Der  Beweis  hiefUr  liegt  in  folgender  Resolution,  welche  die  Delegirtenvcrsammlung 
des  Schweiz,  Gewerbe  Vereins  1889  in  Zürich  gefußt  hat: 

.Die  Angehörigen  des  (iewerbestandes  sind  in  Henifsireno-v-jen-si-hafTon  der  Arbeit- 
geber und  der  Arbeiter  einzulheilen,  welche  unter  Aufsicht  des  Staates  die  nöthigen 
Bestimmungen  betreffend  ihre  Organisation  aufstellen  un«l  über  genieinsjime  Interessen- 
tragen gemeins<"hafllich  beralhen.  Von  der  Wiedereinführung  unzeitgemüßer  Znnftfoniien 
ist  abzu.sehen.  Den  Berufsgenossenschaflen  sind  korporative  Rechte  (Vertretung  der  ge- 
meinsamen Intere-s^en  vor  Gericht,  Einführung  von  <iewerbegerichten  und  Einigungs- 
ämtern, Bestimmungen  betreffend  die  Dauer  der  Lelirzeif,  Normalzahl  der  Lehrlinge 
u.  s.  w.J  einzuräumen.  Vereinbarungen,  welchen  die  Mehrheit  der  Arbeitgeher  wie  der 
Arbeiter  einer  Genossenschaft  zustimmt,  .sind  für  die  Fachgenossen  im  betreffenden 
Genossenschaflsbezirke  verbindlich  und  genielSen  des  gesetzlichen  Schutzes.* 

Eh  wäre  befremdend,  wenn  man  nicht  auch  auf  Seite  der  Kirche  Vor- 
schläge zur  Lösung  der  sozialen  Frage  fände,  denn  wer  kommt,  neben  dem  Armen- 
pfleger und  dem  Arzt,  mehr  in  Berührung  mit  dem  irdischen  Elend,  als  der  vom 
hohen  Ernst  seines  Berufes  durchdrungene  Geistliche?  Es  mag  unter  den  An- 
gehörigen dieses  Standes  ungemein  viel  Uber  die  soziale  Frage  nachgedacht  und 
68  mögen  im  Stillen  hunderte  von  Lösungen  zurechtgelegt  werden  —  in  öffent- 
liche oder  wenigstens  druckschrifi liehe  Aeußerungen  werden  sie  nur  in  spärlichem 
Maße  umgesetzt.  Der  dmstanil  aber,  daß  die  Geistlichen  sich  neben  den  regel- 
mäßigen Pflichten  ihres  Berufes  vorzugsweise  gemeinnützigen  Unternehmungen 
zuwenden,  weist  wohl  darauf  hin,  daß  sie  zur  Mehrzahl  gerade  in  der  Gemein- 
nützigkeit, im  Gemeinsinn  den  Balsam  erblicken,  der  die  Schäden  des  gesell- 
schaftlichen Körpers  auszumerzen  vermöchte.  Daß  das  Lexikon  mit  dieser  Au.sicht 
nicht  allzusehr  irrt,  beweist  das  Buch  von  Pfarrer  C.  W.  Kambli  in  St.  Gallen, 
betitelt:  ,Dio  sozialen  Parteien  und  unsere  Stellung  zu  denselben*  (St.  Gallen, 
Hnber  &  Cie.,  1887).    Daselbst  schreibt  Herr  Kambli  (Seite  4(14): 

,Der  freisinnige  Protestantismus  schafTi  die  beste  lirun<ilage  für  Lösung  «ler  sozialen 
Frage,  indem  er  einerseits  uns  die  Persönlidikeit  hochhallen  lehrt  und  ilamil  der  Freiheil 
Bahn  briclit,  andererseits  den  Gemeinsinn  weckt,  das  Bewulälsein  der  Konsolidariläl 
stärkt  und  damit  der  Bnlderliohkeit  und  Gleichheit  den  rechten  Hixlen  f)ereitet.  Der 
Genieinsinn  ist  noch  unendlicher  Steigerung  fUhig,  aber  die  Menschen  müssen  dazu  er- 


Soiiale  Frage 


—    110  — 


Soziale  Frage 


sogen  werdeo.  Getneinsinn  raildert  die  Härlen  auch  unvollkommener,  ja  fehlerhafter 

sozialer  Ordnungen,  mIiuo  Gcrnpinsinn  aber  bliebe  auch  dh-  vollkommenste  und  riditigrsl 
ausgtdaclite  soziale  UrUiimij?  ciu  Leib  ohne  Geist.  Mit  der  ülLen  Selbstsucht  im  Herzen 
und  im  Handeln  läßt  sich  kein  äozialistischea  System  Tcrwirkliohen,  das  den  aufs  H<icliste 
«ntwickelten  Gemeinsinn,  das  strengste  PDichtgoRlhl  und  das  ticf?te  RtnvußLsein  der  gegen- 
seitigen Verantworthcbkeit  voraussetzt.  Diese  Gesinnuugeu  zu  püegen,  ist  die  höchste 
soziale  Aufgabe  der  ehrisükheii  Kirche  and  der  beete  eociale  Dienst,  den  sie  der  Mensch- 
heit leisten  liann. 

«Die  nftehstlieRende  Auf^be  ist  nun  (Qr  den  Christen  offenbar  die,  an  der  Armen- 
pflege sich  zu  belhi  ili^'cn.  d.  h.  also  möglichst  viele  einzelne  Opfer  ihrer  PHnde  oder  der 
hestehenden  sozialen  Ordnungen  zu  retten.  Wir  denken  von  dieser  Aulkabe  wahrlidi 
nicht  gering,  führt  sie  doch  am  besten  in's  Yersllndnitt  der  grofien  soziuen  Frage  ein 

und  lehrt  iiielit  MoC  lieileude,  >onderii  der  Xoth  Vorbeugende  Mittel  kennen  und  an- 
wenden. Treue,  hingebende  Krankenpflege  ist  wohl  für  die  meisten  Pfarrer  das  Keste, 
was  f>'\e  zur  Lösung  der  srnzialen  Frage  thun  Unnen ;  alle  nationalökonomlschen  Stadien 
können  diese  Thätigkeil  nicht  ersetzen,  noch  von  der  Pflicht  dazu  entbinden.  Aber  wie 
<iie  Aiinenpllege  die  rechte  Vorschule  für  ein  gesegnetes  Wirken  ist,  so  wird  ein  gründ- 
liches Studium  der  Vollowirthschaft')  audi  hinwiederum  bei  der  Annenpflege  die  rechten 
Grundsätze,  Mittel  und  Wege  uns  finden  lassen,  um  dieselbe  für  LOsung  der  sozialen 
Frage  wirksam  zu  machen." 

Keine  pcmtiyen  YoTSoblKge,  iber  dooh  Meinangen,  die  poritiTen  VorsohUigcui 
fast  gleichkommen,  stehen  ans  von  Seite  des  ftrxtliohen  Standes  cur  Ter- 

fiigaug.  Dr.  Sotiderqfger  in  St.  Gallen  spricht  gewift  denjenigen  seiner  Kollegen, 
welche  wenijrer  im  ^Geld  machen",  als  vif'lraehr  im  , gesund  tnanlu  ii'*  die  wahre 
Bestimmung  ihre»  Berufes  erblicken*,  aus  dem  Herzen,  wenn  er  sagt''): 

,Wir  gestatten  dem  Kneipwtrthe  und  manchen  kleineren  Sandern,  die  Affentliche 
Ordnung',  da.-  Fainilienleben  und  den  N.ilionahvohlstand  k.ild  zn  schlaffen,  nnd  zwingen 
dann  Gemeinden  und  Staat  zu  unendlichen  Qplcrn  für  Korruklionsauiitalten  des  Ijcibes 
unil  der  Seele.  Wir  beschranken  aus  guten  GrOnden  die  Arbeitszeit  und  die  Arbeit,  aber 
eine  Wirthshausheschrankung  ist  für  uns  so  undenkbar,  als  wären  wir  Alle  ?chon  alko- 
holisch erbhch  belastet.  Wir  zwingen  den  M»^n^i  ben  zur  Schule,  gewähieii  aber  allen 
in  entgt-gt-ngesctzter  Uichluug  wirkenden  Mäi  hten  vollen  Spielraum.  Die  persönli<;be 
Freiheit  ( in.  s  ^chleebten  Vaters  ist  uns  heilig,  «lie  Freiheil  tnid  das  Schick.sal  seiner 
Faiinlie  aber  gleichgültig,  bis  sie  physi.seh  und  moralisch  zu  Grunde  gerichtet  ist.  Die 
.Hchrankenlose  Gewerbefreiheit  erst^heint  —  auf  beiden  Hemisph.lren  —  als  das  unbe- 
.slrittenste  Dogma  des  Jahrhiui<lerts:  ,WeDn  nur  das  Dogma  aufrecht  steht,  ob  auch  der 
Mensch  dabei  zu  Grunde  jy'ehl!' 

„Der  Staat  muLi,  wenn  er  bestehen  und  blühen  soll,  die  Freiheit  und  das  Wohl- 
ergehen der  Familien  sorgfältig  pflegen ;  muß  sich,  wie  um  die  Schule,  so  auch  um  die 
Wohnung,  die  EmSbrung  und  die  ganze  soziale  Lebenshaltung  der  Familien  ernstlich 
lieküniniern ;  das  brutale  Hecht  des  Individuums  iiiui.  durch  die  Menschenrechte  der 
Familie  eingeschränkt,  die  Hygiene  muU  zur  Unterstützung  der  Schule,  der  Hechts])llege 
und  der  Verwaltung  herangezogen  werden.  Wir  mQhen  uns  ab,  die  Folgen  der  physischen 
unrl  tniirali>chen  Vei  narhlässigung  durch  Wiihltliätipkeil-an-t,ilt«'ii  und  durch  Gefängnisse, 
selbst  durch  den  Henker,  zu  korrigiren,  sehen  alter  müssig  und  gedankenlos,  feige  und 
egoistisch  auf  unseren  Tagesrortheil  bedacht,  dnfoch  zu,  wie  die  Ursachen  entstehen 
und  wirken;  geschiebt  nns  Unrcclir.  wenn  die  Fol'^'eü  uii-  zermalrneTi? 

pDic  Parole  unseres  bürgerlichen  Lebens  sei :  Weniger  spekulatives  Haubtbier ! 
Hehr  Mensch,  gfltiger  Mensdi;  nach  Moses:  Ebenbild  Gottes!* 

Wer  möchte  »ich  vermessen,  von  diesen  W^ orten  des  hervorragenden  Mediziners 

zu  saget  I :  Sie  sind  geistreich,  aber  nicht  wahr!?  So  aber  Eiu' i  wäre,  der  hinter 

das  eine  oder  andere  Hild  »loch  noch  ein  Kragezeichen  setzen  möehtp,   so  wird 

er  sich  ducli  bicher  nickluiltioi.  zu  den  Worten  Mnnzhujere^  bekouutu-^j; 

'}  Herr  Kambli  versteht  darunter  hauptsächlich  die  Erforschung  der  wirklichen 
Verhältnisse. 

'-)  Kröffnungsrede  der  XXVIII.  Versauitnlnng  des  ärztlichen  Xentralvereins,  abge- 
druckt im  aKorrespondeuzblatt  für  Schweizer  Aerzte,  Nr.  12,  lbä4. 

")  Vortrag  über  das  Erbrecht,  Heft  11,  Band  II  der  Scbweighauser^sdieo  Sammlung 
öffentlicher  Vorträge,  Basel  1873. 


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Soziale  Frage 


—    III  — 


Soziale  Frage 


Da  und  dort  mühen  äich  edle  Meuscbeafreuude  Jalire  lang  ab,  um  iu  Heltungs- 
Anstalten  ein  paar  Dutzend  ▼«nrahrlosle  Kind«r  Tor  dtm  ailtUebea  Tode  zu  retten.  Und 
in  derselben  Zeit  werden  in  wenigen  Tagen  Tausende  von  Menschen  zu  Krüppeln  ge* 
sehoflsen  und  viel  Tausenden  von  Kindern  die  ernährende  und  erziehende  Hand  in  die 
Erde  gescharrt 

Ferner : 

Wir  entlassen  unsere  Jugend  frühzeitig  aus  der  Schule:  dann  aber,  wann  die  eot- 
sdiddende  Frage  Ober  die  Wahl  des  Lebensbemfes  und  die  Zeit  der  Auebildang  für 

denselben  beginnt,  kflmmcrn  wir  uns  nur  ni><li  Iierzlidi  wenij;  um  unsere  Jungen  und 
überlassen  zu  viel  der  FamiUe,  die  in  Tausenden  von  Fällen  der  Aufgabe  nicht  ge- 
wachsen ist. 

Wer  to  apriobt,  maß  Sozialreformer  sein,  und  dM  ist  Hnnnnger  in  der 

TJiat.    Sein  soziales  GlaubensbekenntniP)  lautet  : 

Wenn  wir  ds»  Uebei  der  heutigen  Gesellschaft  bei  der  Wurzel  angreifen  wollen, 
so  mufi  es  dnreh  Bitdung  und  BtMithung  des  einzelnen  Hensdien  gesehehen.  Die  vor> 

trefTlichsten  Gesetze  und  sozialen  Reformen  sind  für  ein  geistig  und  sittlich  verkuninK'rtes 
Volk,  was  Gold  und  Silber  für  £inen,  der  in  der  Wüste  verdurstet.  «Laßt  uns  besser 
werden,  gleidi  wlrd*s  hesMr  sein  !* 

Und  non  das  Mittel  zoni  Zweek?  Es  besteht  in  nichts  Geringweu  als  in 
der  Dsientralisation  des  Kapitals  durch  eine  solche  Reform  des 
Erbrechtes,  daß  ein  Theil  der  Vcnnni^cn  cinfr  stantlifhen  Stiftuup  von  all- 
gemein hninaneui  Charakter  sufklleu  mUüte,  und  zwar  vorzugsweise  einem  Yolki- 
erzteUuuysfond. 

,Was  die  unermeftliehen  GOter  der  Kirchen  und  Klöster  einst  für  das  Mittdalter 

beJouteton,*  -ugt  Munzinger,  »das  sollte  dieser  Erziehungs-Erbfond  für  unsere  Zeit  sein, 
und  gerade  darin,  daü  derselbe  durch  das  Erbrecht  gebildet  und  gespeist  werden  soll, 
liegt,  wie  mir  seheint,  ein  ganz  sehdner  und  richtiger  Gedanke.   Der  Unterschied  der 

Menschen  in  Ki'üten  und  Aida^rcn  bewirkt  nntuniothwendig  eine  Uii^;leicldicil  in  dem 
Besitze  äulieier  Güter,  und  diese  Ungleichheit  hat  au  und  für  sich  nicht  etwa  die 
Neigung,  sieh  auszugleichen,  sondern  im  Gegentheil,  da,  wo  sich  einmal  materielle 
Güter  um  einen  Mittelpunkt  angesammelt  hal)i  ii,  ^frf-int  noch  mehr  herzu  und  lapert 
sicli  um  diesen  Kern  an  mit  einer  mathematis<:lieu  Gesetzmäßigkeit,  die  dem  An?«chietieu 
der  Kristalle  gleicht.  Nun  wird  durch  das  Bedürfniß  einer  geregellen  K  u  tpflunzung  des 
Eigenthums  nothwendig  auch  das  Erbrecht  gefordert,  ni--  Kilirecht  der  Familie  und 
das  Testament  sind  die  Vorbedingungen  einer  gcsLe%'t;rleu  tnärndudlen  ThäliKkeit  uml 
Willenskraft,  und  diese  hinwiederum  sind  es,  die  den  ForLschritt  des  Mensclientre-rlili  rlites 
bedingen.  Allein  von  diesen  durch  die  individuelle  Thätigkeit  geschalTenen  Werthen  soll 
immer  wieder  eiü  guter  Theil  als  Samenkörner  (Iber  die  ganze  Menschheit  ausgestreut 
werden.  Geschieht  dieß,  so  wird  dann  allüberall  auch  auf  Stellen,  die  jetzt  nackt  und 
Ade  sind,  wieder  neues  Leben  emporwachsen  und  blühen  und  dann  auch  wieder  dem 
Ganzen  zu  Nutzen  kommen,  gleich  wie  in  der  großen  Natur  ein  ewiger  Kreislauf  alles 
Seins  stiUttindet  und  sti-(s  alle  Einzelnen  erst  blühen  und  leben  und  dann  vergehen, 
aber  aus  ihrem  Vergeben  immer  wieder  neues  Leben  bervori^eht 

»Dasselbe  kann  nun  durch  jenes  Erbrecht  zu  Gunsten  eines  VoUcserziehnngsfonds 
geschehen.  Wenn  di-'  •j.\\\v  nüdun^'  üheiall  hiiidringt.  ;il-so  auch  in  diejenigen  Familien 
und  Kreise,  wo  die  Ariauth  herrscht,  so  geht  einerseits  von  menschlichen  Kräileu  und 
Ffthigkeiten  nichts  verlorai,  und  dieß  ist  zum  Besten  des  Ganzen.  Es  wird  aber  auch 
der  von  tier  Gercclitifrkeit  diktirte  Gedanke  der  Gleichheit  zu  einer  wenigstens  relnVivm 
Wahrheit  erhoben.  Es  bildet  sich  nüiidich  ein  ewiger  Kreislauf:  Was  vom  Individuum 
errungen  worden  ist,  kehrt  zu  einem  Theile  wieder  zum  Allgemeinen  zurück,  und  hier 
wü-kt  es  dann  wieder  befruchtend,  so  daß  wieder  Einzelne,  die  sonst  verltQmmert  wftren, 
gedeihen  und  emporwachsen." 

Mit  seiuer  Auaiuht  üLtui'  die  Schädlichkeit  ullzugrußer  Kapitalansammlungeu 
in  einer  Hand  resp.  einer  FamiUe  befindet  sich  Professor  Munzinger  in  guter  G-e- 
sellschaft.  Nationaliath  Forrer'»  markige  Worte  haben  wir  bereits  im  Passu.s  über 
die  Yarheheruug  angeführt  Professor  Hiit^  findet     es  müsse  durob  Xdeenwechsel 

>)  PoUtischcs  Jahrbuch  1889,  Seite  665. 


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Soziale  Krage 


—    112  — 


Soziale  Kratze 


dftitt  kommen,  daft  man  lUk  abenao  aobEme,  HUlionen  m  hinterlassen,  wie  man 
es  jetgt  ai»  eine  Ehre  betrachte :  denn  so  viel  k&nne  iiieht  ohne  jedes  moralische 
Unrecht  erworben  werdeo.  Und  von  NatiooalökoDomieprofesiior  JqI.  Wolf  'in  Zürich 
berichtet  die  «Neue  Zürcher  Zeitung"  vom  19.  Dezember  1H8'J,  er  sei  in  einem 
Vortrage  ober  die  Geschichte  der  Kolossalvermögen  zu  dem  Schlust$e  gelangt,  daß 
die  Besitsanhänfang  durch  reinen  Zo&ll  (wie  plötalidies  Steigen  atidluoher  Grand« 
wertbe)  einzasdiraiiken  sei  and  die  Duldung  von  £rw«rbearten  anfsubVren  habe, 
welche,  mit  allen  GrundsStaen  einer  hVheren  Moral  im  Widersproch  stehend,  za 
Koloesalvciniögcii  führen. 

Ohne  in  dieöctu  speziellen  Punkte  die  Ansichten  der  übrigen  National- 
ökonomieprofessoren in  der  Schweiz  zn  kennen,  glanben  wir  doch,  an  ihrer 
grundsStsliehen  Ueberebetimmnng  nicht  zweifeln  an  dürfen.  So  wenig  weit  sie 
ibr  sozialreforraeriscbes  Schwert  a'is  der  Sdieide  ziehen  —  mit  offenem  Auge 
sehen  sie  dennoch  die  Schäden  der  wirthschaftlicheu  Organisation  und  symiath;- 
siren  vorsichti«:  mit  den  Kpformbt.'t,tiebnngen,  weicht;  nicIi  durch  Vernunft  und 
Gerechtigkeit  legilimiren.  So  umiicher  Schwei^ur  mag  tsich  »«chou  auf  dem  Wunsche 
ertappt  haben,  einmal  einer  ungeschminkten,  frischen,  firöhlidben  Betrachtung  der 
•dl weiser isch -sozialen  Frage  aus  der  Feder  eines  in  der  Sebweii  wirkenden  Ver- 
treters der  ökonomischen  Wissenücbaft  zu  begegnen.  Nun  —  dieser  Genuß  läßt 
sich  ja  vielleicht  noch  erleben,  doch  wird  diese  Hortnung  bedentemi  abgeschwächt 
durch  die  Erwiigung,  daß  unser  Vaterland  nicht  ihr  Vaterland  ist. 

Staatssoaialiamna.  Wenn  einmal  ein  Oeschiehtssehreiber  des  modernen 
eozialTefonnatorisclien  Zeitalters,  in  deren  Kindheitsperiode  die  gegenwärtigen 
Generationen  athmen,  auftritt,  so  wird  er  die  kautoiuilen  Arcbivf  diui  hstöbern 
bis  zu  den  Tagen,  da  der  deutsche  Sehneider  Weitlin  hrrücht igten  Angedenkens 
seine  anarchistische  Leachte  in  Genf,  Vivis,  Zürich,  Neuenbürg,  Lausaune  auf- 
steckte (40er  Jahre).  Ibm  wird  es  yergSnnt  sein,  an  finden,  was  das  Lexikon 
aufausnohen  sieb  Zeitmangels  halber  Tonagen  muß:  alle  die  gesetzgeberisoben 
Erlasse  und  bebürdlichen  Akte,  welche  die  Hebung  der  unl^mittelten  und  un 
wissenden  Klassen  lie^weckten.  Gewiß  werden  die  Funde  einer  solchen  Sehatz- 
gräberei  in  numen^cher  Hinsicht  beträchtlich  sein,  und  doch  wie  unzulänglich  lu 
qualitativer  Hinsicht  haben  sich  bis  jetzt  alle  die  ScbtUse  erwiesen,  welebe  gegen 
die  Hydra  „SoaialgebreGben*  abgdl'enert  worden  sindl  Mit  der  Kunstfertigkeit 
der  Schützen  hielt  eben  die  verheerende  Produktivität  der  Hydra  mehr  ab  Schritt. 
Unzulänglieh  aber  nicht  unnütz!  Denn  die  große  Verbeffserung  det«  Schul- 
wehens, die  Arbeiterschutzgesetzgebung,  die  tlieilweise  Verbtaatiichung  des  Bank- 
geschäftes, die  staatliche  Förderung  verschiedener  Zweige  der  Volkswirthschaft 
haben  das  Loos  von  Tausenden  und  Tausenden  verbesaert.  Unbesobreiblich  dttster 
mußten  jetzt  die  VerbXItnisse  sein,  wenn  nicht  jene  staatlichen  Maßnahmen  in 
Bzene  gesetzt  worden  wären. 

Wir  verzichten  auf  einen  rrgehechteii  iiuudgang  durch  die  Sozialgesetzgebung 
der  Kantone  und  beschränken  uns  auf  diejenige  des  Bundes,  dessen  Staats- 
soziaJismns  endlich  recht  ordentlich  anfzuflackem  beginnt,  nachdem  er  etwa 
anderthalb  Jahrzehnte  lang  nach  verschiedenen  Seiten  hin  Funken  gesprüht  bat. 
Pie.M'  Funken  bestunden  bekanntlich  in  den  Gesetzen  betreffend  die  Hitft])nicht 
der  Eisenbulin-  und  Dampfschifffahrtsunteruehmungen  (1875),  betreffend  die  Arbrit 
tu  den  Fabriken  (^iö77),  betreffend  den  Geschäftsbetrieb  der  Auswauderiingts- 
agentttren  (1880,  1888),  betreffend  die  Haftpflicht  aus  Fabrikbetrieb  (1881  und 
1887),  betreffend  gebrannte  Wasser  (Alkobolmonopol,  1886),  betreffend  die  HUlfe- 
kaseen  der  EisenbafanangesteUten  (1889),  femer  die  BnndesbescblUsee  betreffend 


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Soziale  Frage 


—     113  — 


ikiziale  Frage 


die  gewerbliche  und  industrielle  Berufsbildung  (1884),  betrefleud  die  Fürderuug 
der  Landwirtluchaft  dnrch  den  Bund  (1884). 

Daß  aeit  1848  eine  größere  Zahl  anderer  wirthnchaftlicher  Gesetze  erlassen 
wurde,  welche  auch  deu  iiothleidenden  Klaatten  z\i  Gute  kommen,  darf  hier  nicht 
nnerwühnU  blinl)f  n,  aber  ein  sozialvi  f<i< m*  riscbes  Gepräge  tragen  eie  deßhalb  noch 
nicht  und  iulleii  al^o  hier  nicht  iu  Betracht. 

Dagegen  qualifidrt  aieh  als  bedeatendttr  aotialreformerisclier  Schritt  der  von 
Oherat  Emil  Frey  am  30.  April  1880  heryorgerofene  NationaJrathabeschlnß,  daß 
der  Schweiz.  Bnmlewrath  mit  deo  Beverungen  d- !  wichtigsten  InduKtrie?Jtaaten 
Verhandlungen  behufs  Anbalmung  einer  internationalen  Fabrikgesetzgebung  an- 
knüpfen möge.  Der  Bundegrath  leistete  diesem  Beschluß  Folge,  und  eben  hatte 
er  die  fremden  Regierungen  zur  Besohickang  einer  von  ihm  auf  den  Monat  Mai 
1890  Dach  Bern  anberaamteo  intornatiooaleii  Konferenz  eingeladen,  ala  die  prenßi» 
sehe  Regierung  mit  einer  ähnlichen  Einladung  no<  hfnlirte,  jedoch  den  Eonferenzort 
nach  Berlin  und  ili«^  Konferr-tiz^fit  auf  den  Monat  März  vi  ib  jrtc.  Im  Iiit«  r*'ss«> 
der  Sache  verzichtete  daraufhin  die  Schweiz.  Bundesregierung  auf  die  Btrruer 
Konferenz  und  ließ  sich  in  Berlin  durch  die  Herren  Landammann  Blumer  und 
DepartamentMiekretXr  Dr.  Kaufmann  vertraten. Die  Konferena  fiißte  lant  «Bund* 
Tum  3.  April  18ü<»  folgende  Blsi  hlUnsc  (der  Kouferenaberathung  war  rin  Pro- 
pra mm  7.n  Grunde  gelegt.  wpIoIi.-s  io  sechs  Absrlmitton  eint!  Reihe  von  Fragen 
enthielt j  die  Beschlilnse  haben  die  Form  von  Antworten  auf  jene  Fragen): 

/.  Betreffend  die  Regelung  der  Arbeit  in  Bertjtnrken. 

l)  ht  die  Beschärtigimg  unter  Tage  zu  verbieten :  a.  fär  Kinder  unter  einem 
bestimmten  Lebensalfer  V  6.  ulr  weibliche  Per.-^onen? 

Es  ist  wrm-rlifaswerth ;  a.  daß  die  untere  (Frenze  des  Alters,  in  welcbcni  die 
Kinder  zu  den  unterirdischen  Bergwerksarbeiten  zu^ielassen  werden  dürfen,  nach  Maß- 
gabe der  dnrch  die  Erfahrung  festgestellten  Möglichkeit  allmSlig  anf  das  Ende  des 
14.  lAl>c-n>jabres  verschoben  wird;  jedocb  wni<l<'  fnr  fli»  -ihllirlu  ii  I.ruidoi  diese  Grenze 
auf  12  Jahre  festzusetzen  sein;  6.  daß  die  iVrbeit  unter  der  Erde  den  Personen  weib* 
liehen  Geaehleebts  verboten  werde. 

21  IsJ  filr  Htrpwerkf.  in  denen  die  Arlidt  tnit  Iiesniiifon'H  Gefahren  fQr  die 
Gesundhell  verbunden  ist,  eine  Beschränkung  der  Sclii«"htdauer  vorzusehen  Y 

Es  ist  wOnschen-swerth  :  daß  in  den  Fallen,  wo  die  Bergwerkstechnik  niefat  aus« 
reichen  würde,  iim  alle  Gcfalirrn  für  die  Gesundheit,  welche  ?ifh  aus  den  ririlürlichen 
oder  zufälligen  Bedingungen  der  Ausbeulung  gewisser  Bergwerk*-  »Hier  gewisser  ächächle 
«geben,  zu  beseitigen,  die  Arbeitsdauer  eingeschränkt  werde;  iio  Sorge  für  die  Durch- 
führung  dioscs  B<  i:itlinngsergebn!«sp<  ;Hif  pesrtz;:eheri-;i  heni  oder  Ven\  ulttin^vegc  oder 
durch  Uebeieiukunlt  zwischen  den  ArbeUgebern  uml  Arbeilnebmern  oder  anderswie 
bleibt  jedem  Lande  tuu  h  den  Grundafltaen  und  der  Praxis  jedes  Volkes  überlassen. 

3)  Ist  es  im  allgemeinen  Interesse  möglich,  um  die  Regelmäßigkeit  der  Kohlen- 
förderung zu  sichern,  die  Arbeit  in  den  Kohlengruben  einer  internationalen  Regelung 
XU  unterstellen  V 

Es  ist  wünachenswertb :  a.  daß  die  Sicherheit  des  Arbeiters  und  die  Unschädlichkeit 
der  Arbeiten  fRr  die  Gesundheit  dureh  alle  Mittel  gewährleistet  werde,  Ober  welche  die 

Wisscii-'chiifl  verrüfj-[,  unil  daU  diesellirn  uiiU  r  Stant-^.uif-irlit  i^'c-stellt  werden  ;  /y.  daß  die 
mit  der  Leitung  des  Unlernehmens  betrauten  Ingenteure  ausschlictilich  Leute  seien,  deren 
Erfahrung  und  technische  BefAhigung  gebnhrend  erprobt  sind ;  e.  dafi  die  Beziehungen 
zwischen  den  Bergarbeitern  und  di/n  BelrioIi>in;reniL'iircii  möi?lirdi-l  urnnitlolhar  -oit-u, 
so  daß  sie  den  Charakter  des  gegenseitigen  Vertrauens  und  der  gegenseitigen  Achtung 
tragen;  d.  daß  die  in  Uebereinstiinmung  mit  den  Sitten  jedes  Landes  organtsirten 
Vorbeugungs-  und  Hnlfseinrichtungen,  welche  be-iimmt  sind,  dm  Hfrp'arli.  iter  und  seine 
Famihe  gegen  die  Folgen  der  ULraukheit,  der  Untalle,  der  vorzeitigen  InvaUdität,  des 
Altera  und  des  Todes  zu  sehfltzea,  und  welche  geeignet  sind,  das  Loos  des  Bergarbeiters 


')  Die  Aufträge,  welche  diese  zwei  Del^irteu  erhielten,  sind  dem  Lexikon  zur 
Zeit  der  DrwUegnng  dieses  Artikels  noch  nicht  bekannt. 

Fvrter.  Vollnwlrtlw«b»n»'Li4dlii>n  d«r  Scbwfii.  g 


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Soaale  Frage 


—    114  — 


Sociale  Frag» 


zu  hcs-<?rrn.  ?owie  ihn  an  seinen  Rcnif  zu  fi\s<i  ln.  intmer  weitpr  entwickelt  werden  ; 
e.  daß  man  sieb,  um  die  Kontinuität  der  Kublenuruduktion  zu  verbürgen,  beuiülie,  die 
Arbeitseinstellungen  zu  verhüten.  Die  Erfahrung  Deweist,  daß  das  beste  Präventivmittel 
(gegen  Streiks)  darin  besteht,  daß  die  Bciywerksuntemelnner  tmd  ilio  Arhtilcr  sich  frei- 
willig verpflicbteo,  in  allen  Fällen,  wo  ihre  Differenzen  nictil  durcli  unmittelbares  Ueber- 
einkommen  geschlichtet  werden  kflnnen,  die  &itseheidiing  eines  SehiedagMriehtee  an« 
zurufen. 

//.  Betreffend  Regelung  der  Sünntagnarbeit. 

1)  bt  die  Arbeit  an  Sonntagen  der  Regel  nach,  und  NothfBUe  vorbdialten,  zu  ver- 
bieten ? 

£s  ist  wünscheoswertti,  dafi  uni>ej$cbadet  der  in  jedem  Lande  eEforderlicben  Aus- 
nahmen und  des  nothwendigen  Aufschubs :  a.  «n  Ruhetag  in  jeder  Woche  den  ge- 

Frhüfzfen  Personen  (Kindern,  .iuponfHirhen  Arbeiter,  Frauen)  pcwährl  werde ;  h.  ein 
Ruhetag  allen  industriellen  Arbeitern  zukomme ;  c.  daß  der  Ruhetag  für  die  geschützten 
Arbeiter  auf  den  Sonntag  verlegt  werde  und  d.  der  Ruhetag  für  alle  induatrieilen  Arbeiter 

ebenfalls  auf  den  Sonntag  falle. 

2)  Welche  Auüuahmen  sind  im  Falle  dt;5  Erlasaes  eiueü  »ukheu  Verbulos  zu  ge- 
sUtten  ? 

Au«n;ihTnrn  ^irid  zidässig  :  rt.  mit  Rücksicht  auf  Betriebe,  welche  aus  lechiüsclicn 
Gründen  die  Koiiiinuität  der  PrudukLion  verlangen,  oder  weiche  dem  Publikum  notii- 
wendige  Erzeu^'nisse  liefrni,  deren  Herstellung  täglich  stattfinden  muß ;  6.  mit  Rflck* 
sieht  auf  Betriebe,  die  ihrer  Natur  nach  nur  zu  bestimmten  Jahreszeiten  funktiouiren 
können,  oder  die  von  der  unregelmäßigen  Wirkung  der  Nalurkrälte  abhängig  sind. 
Auch  im  Kalle  dieser  Ausnahiiion  -oll  jt  iicr  Arbeiter  jeden  zweiten  Sonntag  frei  haben. 

3)  Sind  diese  Ausnahmen  durcb  internationale  Abkommen»  dorcb  Gesetz  oder  im 
Verwaltungswege  zu  bestimmen  ? 

Zu  dem  Zwecke  der  Festsetzung  der  Au^nalnncn  nai  Ii  gleichartigen  Gesichts- 
punkten ist  es  wünschenswerth,  daß  ihre  feste  Regelung  durch  ein  Uebereiukommeu 
zwischen  den  Tersebiedenen  Re^erungen  hergestellt  wird. 

III.  Betreffend  die  Regelung  der  Kinderarbeit. 

1)  Sollen  Kinder  bis  zu  einem  gewissen  Lebensalter  von  der  industriellen  Arbeit 

ausgeschlossen  wenlt  uV 

Es  bt  wünschenswerth :  daü»  die  Kinder  beider  Geschlechter,  welche  ein  bestimmtes 
Alter  noch  nicht  «reicht  haben,  von  der  Arbeit  in  den  industriellen  Betrieben  aua- 
geschlossen werden. 

2)  Wie  ist  das  LeberiHaMer.  bis  zu  welchem  die  Aa-wchließung  slallünden  soU,  zu 
bestimmen  V 

Gleich  für  alle  Industriebezirke  oder  verschieden? 

Ks  ist  wünschenswerth  :  diiL.  diese  Altersgrenze  auf  1^  .hiliie  festgesetzt  werde, 
mit  Ausnahme  der  siniiii  Ixn  Länder,  für  welche  dieselbe  auf  10  Jahre  fallen  würde, 
daß  Hip<o  Altersgrenzen  tiii  alle  indtistrielle|i  Betriebe  dieselben  seien,  und  daß  in  dieser 
Bezieliuug  kuin  Unterschied  zulä^^sig  sei. 

3)  Welche  Besdn  iuikungen  der  Arbeitszeit  und  der  BeschfliUgungsart  sind  fQr  die 
zur  industriellen  Arbeit  zugelaufnen  Kinder  vorzusehen? 

Es  ist  wünschenswerth  :  daß  die  Kinder  vorher  den  Vorschriften  Ober  den  Ele- 
mentarunterricht genügt  haben;  daß  die  Kindn  unter  14  Jahren  wcd<  r  dir  X  u  lu  noch 
den  Sonntag  Ober  arbeiten  sollen;  dfi&  in  Wirklichkeit  die  Art>eit8zeil  nicht  6  Stunden 
ilbersebreite  und  durch  eine  Ruhepaui$e  von  mindestens  */t  Stunde  anterbrocban  werde ; 
ilaG  .lif.' KiihltT  Von  ui)|-'<--un>]fi  Uli'!  i/i-nilitlirlu/r  nc-i-hriftigung  au?t:e^i:lilo:~:son  oder  doch 
wenigstens  nur  unter  gewissen  ScbuLxbe<lnigungen  dazu  zupdassen  werden, 

IV.  Betreffend  die  'Rrg''luiifj  dft  Arh'it  jun'jfr  J.rnir. 

1 )  Soll  die  industrielle  Arbeit  jugendlicher  Personen,  welche  das  Kmdesaller  über- 
ediritten  haben,  Beschränkungen  unterworfen  werden? 

'!)  Bis  zu  welchem  Lebensalter  soll*  n  dir  Re-rhr.lnkungen  eintreten  ? 
K>s  ist  wünschenswerth  :  daß  die  ju^'i  ndli.  heu  .Arbeiter  beider  Geschlechter  zwischen 
14  und  1«)  Jahren  weder  die  .\ariit  ti<H  h  den  Sonntag  Obw  arbeiten. 
3)  Welche  Hescbrätiliioji  n  --ind  vorzuschreiben  V 

Es  ist  wünschenswertli :  daü  in  Wirklichkeil  die  Arbeitszeit  nicht  10  Stunden  täglich 
nberscbrtite  und  durch  Ruhepausen  von  insgesammt  mindestens  IV«  Stunden  unter- 
brochen werde. 


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Soziale  Frage 


—  Uö 


Somle  Frage 


4)  ^nd  flbr  dnielne  Indiutrienrsife  Abweidrang«»  Ton  den  eiradnen  Bestimmangeii 

vorzusehen  V 

Es  ist  wünscheDswertb :  daß  für  besüinmte  ludiulriezwei^  Audoabmen  zugeiassen 
werden,  dafi  fOr  die  ungesunden  und  geOfarlicbeQ  BeeehlTtiganffen  Beschrialcungett  wt- 
p^sehen  werden  und  daU  den  jungen  Leuten  zwiscben  IR  und  IS  Jahron  ein  bestimmter 
Schutz  betreflfend:  a.  Majümalarbeitstag,  b.  Nachtarbeit,  c.  Soaotagsarbeit  uod  d.  bei 
Verwendung  in  besonders  ui^esanden  und  gelUtriidien  BescUUUgWDgen  gewährt  werde. 

F.  Beirrend  dk  liegdung  der  Arbtü  wvSbUeker  Personen. 

1 )  Soll  die  Arbeil  verheirfttbeter  Frauen  bei  Tage  oder  bei  Nedit  eingesehrftnkt 

werden  ? 

t)  Soll  die  industrielle  Arbeit  aller  weihlichen  Personen  (Frauen  und  M&dcheu) 
^wt>-fii  Bf.-i-lirüiikutit;en  unterworfen  werden  V 

3)  Welche  Bedchxäukuugeu  empfehlen  sich  in  dem  Falle? 

4>)  Sind  für  einzdne  bidtistriezwetge  Abweichungen  von  den  allgerodnen  Bo- 
«timinunf:en  vorzusehen  und  für  welche V 

Es  ist  wQnschenä Werth :  a.  dal»  die  Mädchen  und  Frauen  über  16  Jahre  weder  die 
Nacht  noch  den  Sonntag  über  arbeilen ;  b.  daß  in  WirkUehfcdt  die  Arbeitaseit  1 1  Standen 
täglich  nicht  überschreilc  und  dun-h  RuhcpnuFon  von  zusammen  minde-ten-  1'  s  Stunden 
unterbrochen  werde;  c.  duU  Ausnabuieo  iVir  ^ewis^e  luduütiiezwtnge  zulässig  seien; 
d.  daß  fOr  besonders  ungesunde  und  geAbrliche  ßeschüftigungen  Einschränkungen  vor- 
l^hen  werden ;  e.  daß  Wodnierintien  nur  nadi  Verlanf  von  4  Wochen  seit  ihrer  Nieder- 
kunA  zur  Arbeit  zu^eias^sun  wcrd«  ii. 

VI.  betreffend  die  Amführuntf  der  vereinbarten  Bestimmungen. 

1)  Sollen  Bestimmungen  Aber  die  Ausführung  der  za  vereinbarenden  Vorschriften 
4ind  deren  r»'luT\v;icliiiti).'  ;,'t.-in)freii  werden? 

Im  Falle  die  Hetfierungeu  den  Arbeiten  der  Konferenz  Folge  gehen,  empfehlen  sich 
<lie  nachstehenden  Bestimmungen :  a.  Die  DurchfQbrung  der  in  jedem  Staate  mit  Bezog 

auf  die  Gegenstände  der  Kuiilerenzlionitliuiitr  K'^'f^fTenen  Mal^nahmr-n  -oll  rlurdi  eine  aus- 
reichende Zahl  besonders  geeigneter  und  von  der  Hegierung  des  betrefTendcn  Landes 
ernannter  FunktionSre  (Iberwacht  werden,  die  ron  den  Arbeitgd»em  vnd  den  Arbeit« 
nehmern  gleich  unabhängig  «ein  sollen ;  6.  die  von  den  verschiedenen  Staaten  ver- 
öfTentlichten  jülirlii  lien  Uerielite  dieser  Funktionäre  sollen  von  jfdeni  derselben  den 
anderen  Hegiei  ungen  luitgethrüt  werden;  c.  jeder  dieser  Staaten  mjII  periodisch  und/so 
weit  möglieh,  in  ähnlicher  Form  stati>-ii>tiie  Erhebungen  f1t)er  die  in  d.  n  Beriitliun^ren 
der  Konferenz  behandelten  Fragen  vornehmen;  d.  die  tiieilnehmenden  Staaten  sulivn 
nnlereiiHUidw  sowohl  diese  statistischen  Nachweisungen  als  auch  den  Text  aller  Be- 
stimmunjren  austauschen,  die,  auf  ^'e^ef/pebe^ischem  oder  Verwaltungswege  getroffen, 
sich  auf  Fragen  beziehen,  welche  in  der  Konferenz  behandelt  sind. 

2)  Sollen  wiederholte  Konferenzen  von  Vertretern  tler  hetheiligten  Regi^ngen 
«bgehalten  werden  und  welche  Aufgaben  sollen  ihnen  gestellt  werden  V 

Bs  ist  wünschenswert h  :  daß  die  Berathungen  der  theilnehmenden  Staaten  sich 
wiederholen  zum  Zwecke  der  gegenseitij.'eii  Miltheilung  von  Beobachtungen,  welche  hei 
der  Ausführung  der  Beschlösse  der  gegenwärtigen  Konferenz  gemacht  worden  sind,  und 
«un  zu  prQfen,  ob  AbAndmrungen  oder  Eigtnznngen  der  letzteren  wflnsehenswerth  sind. 

Das  Gute,  das  ans  dieser  Arbeiterecbotskonferens  hervorgehen  mag,  wird 
'VOrlllifig  den  sohweiseriBohen  Arbeiterstand  wenig  erleichtern,  und  »eine,  sowie 
die  Hoffnungen  des  ganzen  Volkes  sind  daher  zunächst  in  weit  höherem  Maße 
auf  eine  rein  nationale  Maßnahme  gerichtet,  die,  wenn  sie  flieh  verwirklieht, 
einen  wesentlichen  sozialreformerischen  Schritt  bedeutet.  Es  ist  die  projektirte 
obligatoriseh«  XTofiü]-  und  Kvwikenvefsieberung. 

Bei  keiner  anderen  Angelegenheit  vA  die  Stellnng  der  BnndesbehSrden  cum 
aog.  Staatssozialismus  heller  in's  Licht  gerückt  worden.  Man  vernahm  Voten  wie 

1;  ,Die  ganze  Frage  der  Arl"  iterfnr=orge  spitzl  sich  in  die  Frapf  mo^dichster  Aus- 
dehnung der  Arheilerversicberung  mit  oder  ohne  StaatshiUfe  zu,  und  zwar  auch  nach 
der  speziellen  Seite  der  Versicherung  gegen  Arbeüsloaglceil.*  (BLlein.) 


')  Botschatl  des  Üundcsrathes  an  die  Bundesversamnduug  hetrefl'end  ElinfQhrung 
des  Gesetzgebungsreehtes  (Iber  Unfall-  und  Knnkenversichming. 


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Soziale  FVage 


—     116  — 


Soziale  Frage 


2)  , Gründliche  Abhfllfe  bietet  nur  (ii*-  ;<llKeineinc  oliligatorisehe  Arbeiter^UnfalK 
UDd  -Krankenversicherung  mit  staatlicher  Beihülfe."  fFurrer.) 

3j  ^Miin  wird  holTcnllich  noch  dazu  kommeu,  dulj  jedem  iiionjichlichen  Wesea 
durch  den  Staat  des  l^hens  Nothwendigkeit  verahreicht  wird."  (Morel.) 

4)  tVie  Einmischung  dc<<  Staates  ia  die  soziale  Crace  bat  ihre  grofien  Gefahren. 
Sehftdiich  ist  jeder  Staatssoziali.'^muH,  der  die  individuelle  Verantwortlichkeit  abschwScht 
UDd  die  Bürger  gewöhnt,  Alles  vom  Staate  und  durch  den  Staat  zu  erwarten.'  (Droz.) 

5)  «Die  nationaiökoaomischen  Tbeoriea,  nach  welchen  die  Einmischung  des  Staates 
ia  soziale  Fragen  als  iVeiheitsin5rderisch  betraehtet  werden,  sind  veraltet  Die  roodemen 
Verhältniss«^  zwin^'cn  den  Staat,  das  zu  fhun.*  (Favon.) 

6)  ^Staat  und  Gesellschaft  haben  ein  allgemeia  anerkanntes  Interesse  an  der  Für- 
sorge für  die  Arbeiter.  Aufgabe  der  Oesttegebung  ist  eft,  eine  Regelung  herbeicuftkhren» 
welche  iniadi  >tcn>  alle  /xi/inarbeiter  pet;en  die  ökcnoirii-rlien  KoI;,'«'n  iler  sie  tretTenden 
Uulälle  m  möglichst  weitem  Umfange  itichcrslellt.''  (Eidg.  Industrie-  und  Laudwirtlischaftä* 
departement.) 

Darf  nun  aus  obigen  Toten  gesohlonen  werden,  daß  die  Bnodesbehörden 

Hark  sozialrefonneriDch  gesinnt  seien  ?  Keineswegs  mit  Bestimmtheit;  denn  vor- 
erst ijft  das  Hndrpsnltat  in  di-r  zur  Zeit  (Kndt'  1889)  noch  pendenten  Anj^elegen- 
heit  abzuwarten  und  zweitens  i^t  zu  berück8icbtigen,  daß  in  dieser  speziellen 
Frage  der  Unfall-  und  Krankenversicherung  die  Interessen  der  Arbeiter  und  der 
Arbdtgeber  sich  keineewege  wid^preohen, eo  dafi  ee  aelbst  deiyenigen  Landes- 
TKtero,  die  sehr  ängstlich  Uber  den  Interessen  der  Arbeitgeber  wachen,  leicht 
werden  mag,  ihr  Ja  und  Amen  in  die  Urne  zu  legen. 

Al'^o  muß,  um  den  Stärkpp:rad  dpr  >'n3{ialrefürm^ri>i  hen  Gesinnungen  der 
Bundes  beb  ürdeu  messen  ku  können,  eine  zuverläesigere  Stichprobe  abgewartet 
werden.  £s  wire  erfreulich,  wenn  die  Gelegenheit  sn  dieser  Bti^diprobe  steh  bald 
einstellen  wUrde,  damit  die  vielen  Augen,  welche  forschend  anf  die  Bnndesbehörden 
gerichtet  sind,  erkennen  könntr-n,  ud  das  Prinzip,  nach  welchem  seit  ISIH  fini» 
Parlament  komponirt  wird,  einer  wirksunii  n  Süzialreform  fT^rderüch  oder  hiiiJt'rluh 
ist,  ub  die  Wahlen  auch  fernerhin  vorwiegend  iiuch  politischen  und  konfessionellen, 
oder  aber  vorwiegend  nach  Bkonomisohen  Gesiohtspnnkten  so  treffen  seien. 

Wettere  bnndesbehördliche  Akte  in  aozialreformerisohem  Sinne  dnd  auoh :  die 
Zustimmung  zu  der  bereits  im  Abschnitt  Beruf-^ijeiiossens'hafteit  erwähnten  Motion 
Cornaz,  zn  dnr  ]\lotion  Joos  betreffmd  ZUndholzmonopol,  zu  der  Anregung  des 
Schweiz.  Gewerbevereimi  betretiend  Eriali  einer  scUweiz.  Gewerbeordnung  (AUes^ 
noch  pemlent). 

Vorschläge  des  Lexikons.  «Wenn  ee  einen  Weg  gibt,  den  soüalen 
ümsohwung  in  ruhigen  Bahnen  an  halten,  eine  allgemeine  Katsstrophe  an  ver- 
meiden, 80  ist  es  die  freieete  öffentliche  DiskuMsion  ttber  Grondlagen,  ffielpnnkte 

und  Organisation  der  nach  Gestaltung  ringenden  soaialen  fiewegung,"  rief  der 
edle  Satomon  Vöc:i  lin  dt^m  Zürcher  Kantonsrathe  zu,  als  ch  «ich  1881  darum 
handelte,  die  Abhaltung  eines  sozialistischen  Kongresses  anf  Zürcher  Boden  zu 
dulden  oder  zu  verbieten.  Diese  Worte  Dessen,  der  sich  auch  durch  seinen  (1887) 
in  der  BundesverMunmlnng  gestellten  Autrag,  das  fVibrikgesets  anf  das  Personal 
im  Kleingewerbe,  im  Wirthschaftsgewerbe  u.  s.  w  auszudehnen,  ein  bleibendea 
Amlenken  gesichert  hat,  dienen  anrh  dorn  T.fxikon  als  Leitstern.  Für  den  Herans- 
geber dieses  Buches  ist  die  «o?.iale  Fr.t<;e  liüuptsächlir-h  cini-  Fra^rn  der  Rrziclnings- 
reform.    Er  erblickt  dcLibalb  die  ///iMj)/ursacho  «ler  sozialen  Gebreclieu  in  der 

')  Üieti  bestätigt  un-  fnl^ronder  Ausi^pnu-h  des  Vorortes  d<'.s  Schweiz.  Handels-  und 
industrievereins :  ,l>ie  Krage,  ob  wir  eine  allgemeine  obligatori^-be  Arlieiter-Unfall- 
Versicherang  fflr  Arbeiter  und  Unternehmer  für  nftzlieh  und  ausfahrbar  halten,  bejahen 
wir  unbedenklich.* 


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Soziale  Fra^e 


—    117  — 


Soziale  Fra^e 


4urehaiis  luaiigelfaafleii  Aasbildung  der  mraaeUidieii  Kräfte  im  jugeodlieli«!!  Alter; 
Urmehen  Mtoeite»  Qradet  sind  nach  ibn:  die  Schldigang  der  wirihscheftUcheB 

KlaiMen  durch  das  Keiitnertliuiu,  das  TJeb«rmafi  der  Masch iaenarbeit  und  die  an- 
genügende Vertretung  der  Arbeiter-Interessen  in  den  Parlamenten. 

Gegen  diese  vier  Ctnindiibel  hat  die  Geseilaohafc  Stellung  za  nebmeo.  Aber 

wie?    Das  Lexikon  schlägt  vor: 

1)  In  Betreff  der  J ugtndereieUung :  Cxebt  jedem  Kinde  eine  Erziehung  und 
Ansbildiing,  wellte  dafiaelbe  in  den  Stand  aetst,  «iital  mit  guten  Oian^tereigen- 
acbaften,  tttchtigen  Kenntnisven  und  Fertigkeiten  in  die  Welt,  in  den  Arbeitamarkt 

binauflzatrcten  Bt  pinut  zunächst  mit  der  Sorge  für  sein  hörperlidus  Wohl- 
ergehen; stellt  daj-selbe  vom  ersten  Tage  seiner  Geburt  an  unter  die  Obhut  von 
Btaiitlichca  Organen,  welche  darüber  wachen,  daß  es  die  den  Regeln  der  Ge- 
sondheitalehre  entttprechende  Pflege,  Kabrang  u.  s.  w.  bekomme,  daß  es  nicht 
verkümmere,  wenn  die  Eltern  liebloa,  roh  and  nnwiBaend,  wenn  dar  Vater  ein 
Trunkenbold  oder  ein  Geizhals  ist.  Erblickt  in  den  Kindern  armer  Leute  nicbt 
überflüssige  Möbel,  sondern  künftige  Blir^'cr  Staaten,  die  dip?:em  ihron  Arm, 
ihren  Verstand,  ihr  Herr  weihen.  Haltet  sie  also  vollständig  auüer  dem  Bereiuh 
von  schädlichen  VerhältnLsaen  and  Einflüssen,  wenn  nöthig  durch  vorübergehende 
oder  dauernde  Trennnng  von  den  Eltern. 

Ferner:  Gebt  allen  Kindern  mit  normalen  Geistesanlagen,  armen  nnd  reichen, 
den  nlmlichen  Primär«  nnd  Sekuu'laniuten  icht  in  öfTentlichen  Schulen.  Vciscbont 
pit^  aber  mit  sog.  Ballast,  mit  Gedöchtnißkiain  aller  Art,  der  in  der  Aiif- 
uuhme  von  pruktischem,  acht  nützlichem  Wissen  beeinträchtigt.  Lehit  die  Kii.ilu  n 
der  Sekundarschulstufe,  sich  in  Handarbeiten  zu  üben,  damit  sie  bis  zum  S'^bluß 
d«r  obligatorischen  Schulaeit  erkennen,  ob  sie  Lust  nnd  FShigkoit  anm  Handwerk 
besitzen.  Ebenso  lußt  die  Mädchen  mehr  als  bisher  in  die  Handarbeiten  ihres 
Geschlechtes  einweihen,  üie  Sekundarschulstufe  alisnlvirt,  lehrt  jeihfi  Kind,  ob 
anu  uder  reich,  einen  Ltcrnf,  Laßt  Lehrer,  Vater  und  Kind  zu  einer  ireineni- 
Hamcn  Konferenz  zu.saramentreteu,  damit  die  Meinungen  über  die  Anlagen  und 
Neigungen  des  Kindes,  «owie  Uber  den  passenden  Beruf  gegenseitig  ausgetansoht 
werden.  Laßt  sohlieJSlich  den  Entscheid  Uber  den  Beruf  dem  Inhaber  der  väter- 
lichen Gewalt,  aber  —  irgend  ein  Beruf  muß  erlernt  werden;  es  darf  Niemund 
ohne  Bi'ritptt'rlernitnn  anfwaf^ffifn.  'i  DielJ  ist  sogar  durch  die  Gesetzgebung  vor- 
zuschreiben und  durcii  die  Behörden  zu  kontroliren.  Selbstverständlich  sind  fiir 
die  Kinder  nnbemittelter  Eltern  die  Koetra  der  Bemfserlemnng  vom  Staate  an 
bestreiten;  die  Lehre  maß,  wenn  es  sich  um  gewerbliche  Berufsarten  handelt, 
in  staatlichen  Lehrwerki^tStten  stattfinden  oder  bei  tjeprüflen  Heistern,  denen  es 
zudem  unmöglich  gemacht  werden  muß,  die  Lehrlinge  anszubeutt^n.  Die  Land- 
wirtbauhatt  muß  theils  bei  tüchtigen  Bauern,  theils  auf  staatlichen  landwirth- 
sobafUichoi  Sohnlen  «lernt  werden.  Die  Mftdehen,  arm  wie  reich,  haben  alle 
Stafen  gat  organisirter  Koch»  nnd  Haasbaltuagsschalen,  inkl.  Kldderanfertigang, 
dorchznmacben  und  müssen  mit  der  Hygiene  des  Körpers  und  der  Wohnungen 
vertraut  gemiiclit  werden.  Fiir  die  nog.  gelelirten  Bernfsurten  werden  die  jetzigen 
Verhältnisse  ebeulalls  so  zu  vervollkommnen  sein,  daß,  wer  nicht  entschiedene 
Befähigung  für  dieselben  zeigt,  nicht  zu  denselben  zugelassen  wird,  und  daß  für 
«Ile  fXhi(^n  anbegUterten  Jünglinge  nnd  HKdchen  die  Sladienkosten  dabinfallen. 

')  .Die  Berufsl^higkeit  in  ilie  IMUe  des  armen  Mannes  zu  tragen,  d;i3  ist  das 
Werk  der  Volksschule,"  »a^'L  sehi-  ricliUg  die  züicherische  Staatsreclmun^kommissiun 
im  Bericht  Ober  den  Toranschlag  von  1890. 


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Soziale  Frage 


—    118  — 


Sosiftle  Frag» 


IKflser  IKldongflgaiig  wird  für  die  wineoMhaftlioheii  Beratetoa  ca.  IG  Jabre^ 

fUr  die  übrigen  ca.  12  Jahre  absorbircn.  Bis  sie  auf  den  Arbeitsmarkt  biaana* 

treten,  werden  die  jnugen  Leute  lH  —  22  Jahre  alt  werden.  Dann  aber  int  Keine» 
mehr,  die  SchwachbiuoigeD  aiiHgenommen  (fllr  welche  selbstverständlich  auf  aodei  e 
Weise  geeorgt  werden  muß),  von  welcbem  befürchtet  werden  konnte,  daß  es 
■langeie  Bernlaerlemang  arb^telo»  werde.  Die  Geiellsdiafk,  der  Staate  beben  ibre- 

Pflicht  gegenüber  der  Jugend  eifilllt. 

Die  erste  Etappe  des  menschlichen  Leben«;  ist  zurückgelegt.  Es  beginnt  die 
zweite:  der  Kampf  um's  Dasein,  die  Periode  der  SelbsthUife.  Jetat  überlaßt  der 
Staat  einem  Jeden,  seinen  Weg  selbst  zu  finden,  seine  Kräfte  bcstroöglichtst  zu 
▼erwenden.  Der  Staat  ist  nnr  nocb  Besebtttaer  gegen  Ausbeutung  und  bVbere 
Gewalt.  Wie  leicht  wird  es  nun  dem  Staate  sein,  diese  Aufgabe  zu  erfüllen  t 
Ist  sich  doch  der  Arbeit'T'-trind  seiner  Kenntnisse  nml  seiner  Wiinli;  so  bi",vnßt, 
daß  er  unbiilige  Zumuthungcn,  ungeniigendc  f.öline,  Auribeutiing  iciIlt  Art,  ilintaji- 
isetzung  biuter  Aluscbiueu  und  Tbieic  von  »ich  am  abweist.  Der  Arl*eiter  wird  gottlob 
nicht  mebr  an  die  Sobolle  gebunden  eein ;  seine  Kenntnisse  geben  ihm  den  Hntb,. 
sein  Heil  eher  anderswo  zu  versuchen,  aLs  Unrecht  zu  dulden.  I'er  Arbeiterstand 
wird  altidann  eine  Maebt  sein,  mit  welelier  \  on  Seite  des  Geldkapitals  auf  dem 
Fuße  der  Gleichberechtigung  «nterbHiidelt  und  verkehrt  werden  muß. 

Dritte  Etappe :  Alter,  Ilülfslusigkeit  I  Hier  tritt  das  Recht  des  Armen  auf 
Untersttttznng  ein,  welches  Beoht  der  Staat  eben  so  gut  Terwirklieht,  als  seine 
Mittel  es  ihm  gestotten. 

Bereitet  man  dem  Menschen  einen  solchen  Lebenslauf,  so  ist  die  soziale 
Frage  sicherlich  reeht  ordentlich  gelöst,  und  «war  ohne  daß  der  individuellea 
Thatkraft  irgend  ein  Zügel  angelegt  wäre. 

Wie  sagt  doch  gleich  Fislaioszi,  den  viele  seiner  Zeitgenossen  als  einen 
BeyolntionSr  venohrieen: 

Die  Kräfte  und  Anlagen  der  Menschennalur  gehen  nur  durch  die  Kunst  einer  ge* 

nüpendrn  Enlfiiltnnfr  und  Au-|ii!duntr  in  FerUgkeilen  hinüber,  die  geeignet  sind,  dem 
Mcii-joheii  1(11  gesellaciiatHiclieu  Zustand  die  Fitlügkeit  ZU  verschaffen,  sie  auf  eine  Wei.-?c 
zu  gcbraui-ben  und  anzuwenden,  die  den  armen,  eigenthunfisIo.seri  Mann  im  Lande  dureli 
ihre  Folgen  al!<  ein  Ersatz  des  fOr  ihn  verloren  gej-rin-renen  Antheils  un  dem  freien 
Abtrag  der  Erde  dienen  und  von  ilim  .hdilr  annfesehen  \v»  r<len  kennen.  Der  Anspruch 
an  genu^ame  MiUel  zur  Entfaltung  und  Au.^lnlduiig  die.ser  Kräfte  ist  also  (in6<- 
streitbar  $nn  b»rgerh'ch-gefieUs(  haftliches  Recht.  Der  Kunstzusland  der  Zivilisation  hat 
ohne  die  Anerkennung  dieses  Rechtes  der  Armen  seliger  keine  rechtliche  und  keine 
mensehliche  Basis.  (M<nf,  Zur  Biographie  Pestalosä^  I,  178.) 

2)  In  Betreff  der  Schädigunff  der  wirthschafUiehe»  Klassen  durth  dar 

Rcnhirrthum :  Monopolisirt  das  ganae  Bankgeschäft  in  der  Hand  des  Staates. 
SduifTt  eini'  Rinnlesbank  mit  Filialen  nach  den  Erfordernis-scn  des  Verkehres. 
Al-i!aan  wird  ein  Theil  des  arbeitslosen  Gewinne^},  den  flie  Rentner  um!  Groß- 
kapitalisten einheiuisen,  dem  ganzen  Volke  zufallen.  Große  Kulturaufgaben  wird 
der  Staat  duroh  diese  Einkaufte  erfttllen  können.  Er  wird  einen  niedrigen  ^ns 
zahlen,  aoweit  der  internationale  Geldmarkt  es  gestattet,  und,  sofern  jenes  möglich 
wird,  einen  niedrigen  Zins  fordern.  Hat  einmal  der  Bund  diese  Verstaatlichung 
durchgeführt  und  mit  Erfn1<r  durchgeführt,  so  werden  andere  Staaten  seinem 
Beispiel  folgen.  Die  Staaten  haben  es  alsdann  in  der  Hand,  den  Zinsfuß  beliebig 
SU  reduairen;  ja  sie  werden  dasu  kommeu,  nicht  bloß  keinen  Zins  mehr  zu  be« 
sahlen,  sondern  sieh  ein  Aufbewabmngsgeld  aahl«n  sn  lassen.  Denn  aneh  unter 
dieser  Bedingung  wird  der  Rentner  lieber  sein  Geld  in  die  sichere  Verwahrung 
des  Staates  geben,  als  es  durch  Diebe  stehlen  lassen.    Einmal  so  weit,  welche 


Soziale  Frage 


—    119  — 


Soziale  Frage 


£Dtla8tttng  für  den  Bauernstand,  für  die  Debitoren  aller  iStande,  oder  aber,  wenn 
der  Stttat  deDDOoh  einen  ordentlichen  Zine  einnehmen  will,  weldi*  enormer  Ge- 
winn Ittr  den  FSskne,  für  die  Geeammtheit  des  Volkes!  Und  wahrlich,  große 
Gewinne  bat  er  nöthig.  wenn  er  die  Jngendendehttng  ao  leiten  will,  wie  ate 

vorhin  skizzirt  worden  int. 

Die  Privatdarleihen  auf  Grund  und  Boden,  ant  Immobilien,  Mobilieu  and 
Garantien  jeder  Art  werden  nntersagt  und  rechtlich  nicht  geachtttit  sein.  So  wird 
ilV  daa  Kapital,  welchea  eine  sichere  Anlage  sncht,  der  Staatsbank  mfließen. 

Baajenign»  wolciu  s  Wut  Hisiko  eoheot,  winl  sich  auch  fernerhin  an  induatriellen 

und  komrrifirzielleu  Uttternelinmufrt'n  betlu  ili/:;LTi 

Dif  WohnuiigsmietluMi  «inkon  auf  (U-ii  Ziiisfiiti  herab,  «Icn  <.\vy  Sfiiat  tlir  ilir 
von  ihm  auageliehenen  Gelder  fordert,  plus  angemessene  Abnutzangsenttycbiidiguug. 
So  wird  ee  im  Interesee  aller  WohnnngsbedUrftigen,  die  nicht  itelbat  HSuser- 
be»itzer  Himl,  und  Qra  der  Spekalation  auf  die  BeTttlkerang^^/uiKihme,  sowii-  dor 
miihflosfi)  Erwfrhutig  UTnuäßigt/r  Vci*ini?g('ri  zu  sfi  ueni.  l'c^*  tzlich  h''fohl«-u  wcrilen 
miiSM^n.  Di»^  \V(>hmin|Lr''f'nim-  wird  ülKuhaiipt  eiiu'  si  lir  rittioiicllr  Liistuig  timlcn.  ') 
Die  Bauüpekulatiou  wiiii  abiiehmcu,  weil  sie  hich  uicUt  iiit-hr  r«utirl.  AisNtatt 
Sletnmaesen  an  HKnsem  aufaathVraieu,  die  ihm  nur  einen  miil.'>i;LceM  Zin»  abtragen, 
winl  der  Ht-ntmu-  s<'in  Geld  lieber  ln-i  der  Staatsbank  uib;v  in  iiKiti^frirlkTi  n-^p. 
ktiufuiäiiiiischen  Uiitenitbmmigeii  unlegen.  FIr»rt  Jor  ['rivatbau  auf,  su  ninlj  die 
Gemeinde  lläui^er  crstfllm  und  .-^icli  dir  l'rioiitiir  (b'r  WulHiiiri;.'>iverini(.'thüii;j; 
vindlzireu.  DiU'au^  wird  si^h  für  bit;  uuub  die  N(»thwuiidigkt5il  crgcbtüi,  Kuutiule 
Uber  die  Privatwohnnugen  anszutiben,  theila  in  dem  Sinne,  daß  keine  solchen 
beKOgeo  w«  rdon,  wenn  passende  Gemeindewohnnngon  vakant  sind,  theila  in  dem 
Sinne,  dali  in  dou  Privat wolitiunt^m  keine  Utdi-  r!.  '  .;  Mit-theni  luid  krin(5 

Ucberschrt'itnn|T  des  gesetzlichen  Mi<  tl!ziii^<  s  statttm'1'\  L  iiTer  solrlieii  Verliiilt- 
niüsea  werden  die  uitiii»ti;u  der  rrivutgebünde,  weiche  zum  Zwtuke  dt,x  Vut  uiieihuiig 
gebrat  wurden,  freiwillig  nnd  billig  an  die  Gemeinden  verkauft  werden,  und  die 
Bodflnbentarefbrmfrage  ist  fHr  die  Stadtgebiete  befriedigend  gelöst. 

.3)  Tn  Iti'lrtff  dc^  rebt:rmafii>.  rnn  M<i  -rlinifiiarb^:  CJnterstüf  zt  die  Atfa-iter, 
80  viel  Ihr  könnt,  in  dem  Bestreben,  die  ilnsrduue  zti  einem  Kutbistan^sniittel  fin- 
den MeuBchen  zu  luuulim,  deuu  zur  Htuudc  dient  ein  groLirr  Thei!  der  Muöubinen 
. '  aar  Bdaatnng,  anstatt  zur  Entlastung.    Das  heurige  ungebührliche  Maß  von 
'Ibflokiimnarbeit  hat  nicht  nur  physische  nnd  geistige  Erschlaffung  der  dabei  be- 
-   ^hiUigteu  Arbeiter,  sondern  auch  die  l!raelib-<;nntr  von  taus»;i)d  und  ab-T  tausend 
TUCTiBfbHchcn  Hüuden,  die  stetige  \  eriiiehriing  des  rrob'tariaf>,  <\v>  bettler-  ui:  l 
-  Verbrtjcherkorp«  zur  Fulge.  Sind  einmal  etliche  ( ien'.  ratiuueri  niitev  di  iii  Hrzndiung»- 
ti^Btem  berangewHcli>en,    das   wir  soeben   gi  /eichiu.t ,   so   \\'erilen   sie  «plbst  der 

*)  In   ,Arbüiterverlia[tnis:5c  der  Schuci;/.'  (ifisiir  Scliuiid,   l>7:<i  -.-htcMil 

Professor  BCdiniert:  ,EeJ  wird  von  .\ieui<uiUeii!  nit-l:f  l»e^liillcu.  dai^  yciueiuuüUiyc  Maiiucr 
und  Unternehmer  die  SOStSte  Nolli  kaum  ^  ii  k-.iuier  bekfimipfen  können,  als  durch  die 
Sorge  für  {jule  Wolinimfren  der  nnkren  Ki  i-s.  ii." 

„Füllo  wie  der  von  Pfarrer  Aiidrcs  in  Mün<-ijenharhwp  erzflhlte  könnten  dann  kniim 
vorkommen : 

»In  einer  ans  vielen  Gliedern  beklebenden  FauüUe  starb  die  UauämuUer.  Auf> 
Mani^el  an  Raum  mnSte  der Hautfrater  neben  seiner  todten  Gattin  schlafen.  Alsendlich 

'>  I   ""irg  anlangte,   konnte   man  ihn  mit  iK-r  rlwiv,:  in  d.i'  Kiirlir  hiu  f  ;in  iI-mm 

kocnherde  plaziren.  AU  ich  Sonuta|;  Mitla^ä  Utu  lictreftende  Faniiiie  Liei^udite,  wurdt; 
das  bescheidene  Mitta^mahl  Aber  dem  Sarg  angerichtet." 

hl  ".  !■ '^er  Volkszähiunf'  kann  kouslatirt  wi-riien,  dal.,  der  (d>cii  lic-rhnel>^'iK'  F.dl 
viiü  aiicieren  noeh  weit  ^^H}rboteu  wud,  uud  Uuch  jjehauplt^u  aüb  Li^inciudeiülhe,  sie 
hdtteo  ein  ^tes  Herz  fljbK  die  Amen. 


Soziale  Fraise 


—    120  — 


Spanien 


KttMihmfliiArbeit  di«  rechten  Zügel  anzulegen  wiesen.   Bie  dahin  aber  mnß  anoh 

von  anderer  Seite  iu  diesem  Sinne  gewirkt  werden.  Radttkfion  dm  Arbeitetagee 
auf  ein  Maß  von  Stunden,  welches  die  Wiederbeschäftignng  nller  brauchbarer  er- 
waohtienen  Arheitslosen  möglich  maohen  würde,  ist  ein  sehr  berechtigte«  Postulat, 
aber  leider  nur  international  dnrobführbar.  Auf  diese  internationale  Haßregel  hin» 
aoarbeiten,  iat  Pflicht  jedee  rechtlich  denkeaden  Menschen«  anch  wenn  er,  wie  daa 
Lexikon,  in  so  schwer  kontrulirbare  internationale  Abmaohungen  großes  Mißtranen 
h>ctzt,  I)ie.-i  s  Miljtiiluini  ist  » s,  w^^lf  lu-8  uns  veranlaßt,  auf  eine  Maßregel  zu  sinnen, 
die  eiüblweilen,  bih  die  Aendtrun^  de«  Erziehnngs«ystems  (Inrchgrlührt  ist,  der 
Erzeugung  von  Arbeitslotiigkeit  iSohranken  zu  »etzeu  geeignet  wuie.  Eä  ibt  die  Ver- 
ataatliohnng  des  Binnenhandela  mit  allgemein  gebrXnchliohen  TextUartikeln,  wobei 
der  Staut  eB  sich  snr  Pflicht  machen  würde,  nur  Han  lgewebe,  Hand&brikato  an 
kaufen.  Die,  Folge  wäre,  daß  die  jetzt  für  das  Inland  arbeitenden  meclmiiisehen 
Webstühle,  die  Strickmaschinen  n.  s.  w.  durch  eine  viel  größere  Zahl  von  Uund- 
«tUhltitt  ersetzt  wurden  und  außerordentlich  viel  neue  Hände  Arbeit  und  Yerdieuat 
fänden.  Die  für  daa  Analand  arbeitcndeo  Maschinen  könnten  natürlich  fortbeotehen. 

4)  In  Betreff  der  ungeniU/endm  Vertretung  der  Arbeiter- Interessen  in  den 
Parlamenten :  Aendert  die  Wuhlsyöteme  in  der  Weise,  daß  die  .stimmberechtigten 
Bürger  eingetheilt  werden  in:  1)  Arbeitgeber;  2)  Arbeitnchnier ;  :!)  übrige  Stimm- 
berechtigte. Jeder  Stiuunberccbtigte  bei  frei,  »ich  in  die  eine  oder  andere  Kategorie 
einschreiben  in  laaaen.  Die  Zahl  der  Wahlkreiae  sei  bedeutend  redntirt»  Jede 
der  drei  Wählerkategorien  wähle  anf  je  so  und  so  viel  Stimmberechtigte  einen 
Abgeordneten  auü  der  eigenen  Kategorie,  doch  nach  Belieben  au»  dem  eigenen 
oder  Ulis  einem  anderen  Wahlkrciö.  So  wünlcn  vi»r!iu>sichtlich  viel  mehr  Berufs- 
kreide  und  iu^büftoodere  die  Arbeiter^cbatt  viel  bcüüer  zur  Vertretung  gelangen 
als  bisher.  Freilichi  so  lange  xn  befürchten  steht,  daß  die  Absicht  auf  allgemeine 
YerBtaatlichung  der  geeammten  Erwerbawirthschaft  bei  den  Arbeitern  diu  Ober» 
band  habe,  >u  hvi^^o  wird  »ich  die  hier  skinirte  Beform  nicht  empfehlen.  Erst 
muß  man  lie>tiinnit  wissen,  daß  die  große  Mehrzahl  der  Arbeiter  nur  da*;  Mög 
liehe,  VernUnltige  will,  und  dann  erst  hat  e^  einen  Sinn,  die  Axt  an  den  Baum 
dea  jetzigen  rarlamentariämus  zu  legen. 

» 

Von  diesen  vier  Üaoptreformen  abge^nehcn,  befürwortet  das  Lexikon  selbst- 
ver^tämllieh  auch  die  j^roßen  Cn-dankt-ii  der  Eibi'fehtHreform  im  Sinne  Munzinger's, 
der  Eiäenbahnverstaatlichung,  dun  Tabak-  und  ZUudholzmouopols,  der  staatlichen 
Versicherung  gegen  Naturschäden  etc. 

Ea  kann  dagegen  nicht  umhin,  Heiner  Verwundfurcng  darttber  Ausdrack  m 
geben,  daß  die  Welt  so  alt  und  so  gelehrt  wei  den  konnte,  ohne  au  der  Fähigkeit 
zu  gelangen,  Steuergesetzc  zu*-«  hatfin,  welche  dei;  kindergesegneten  Familienvater 
glinipf iif'her  behandeln,  al»  den  JiiiiirLres'eüen,  VN'abrIich,  so  lun-re  dieß  der  Gipfel 
der  Süzialreiorui  i«t»  bo  lange  sind  aueh  die  verlassenen,  verwabrlo»ten  Kinder 
Torhanden,  von  denen  Nt'iti/  ^agt,  daß  sie  ,alV  unser  Gerede  von  Republik  und 
Demokratie  eitel  Lttgen  strafen'  ! 

Spunicn.  l>er  Waarenverkehr  zwisclieu  der  Schweiz  und  Spanien  ist  nicht 
nnbedentt-nd.  1)em  Werthe  nach  variirte  er  in  den  Jalirtn  1 HJS;')  bis  und  mit 
l."^HÖ  zwischen  Fr.  lU"aüO,27ü  und  Fr.  Il"4l2,(jab  jährlich  0,7  7»  des 
ganzen  »ob weis.  Außenhandels.  Anf  die  Ausfuhr  entfielen  Fr.  7*764,735  bia 
Fr.  Ü'57»,j37  (1,1— 1»4  »»  «uf  die  Einfuhr  Fr.  l'52M76-.r6 16,087 
(0,2  -0,4  llaupt(/(/.s/«/j/artikel  sind:  Stickereien,  Uhren,  Gewebe,  Maschinen 

und  Kättc.  üaupt(;</#/i(/ii-artikei  sind  Wein,  äUdfrttchte  und  KorkbohE. 


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Spanien 


—     V2\  — 


Sparkassen 


Folgende  seit  1^48  abgescblo^tsene  Verträge  bestehen  zur  Zt^it  (Mitte  1889) 
zwischen  beiden  Stauten  in  Kraft : 

Die  internationale  Genfer  Konvention  von  1864  betreffend  die  im  Kriege 
verwundeten  Militärs  (A  »S.  VIII,  52U);  der  internationale  Ttlajiuphen vertrag 
von  1875  (A.  S.  u.  F.  II,  296);  der  yiederlaasttnt/svertraff  vom  14.  Nov. 
1879  (A.  S.  5,  97);  der  internationale  Metervertra//  von  187.')  (A.  S.  n.  F.  II, 
3);  der  We/iposiverlratf  von  1878  neb.st  Zusätzen  von  188ö  und  Spezial- 
verträgen  betreffend  die  PoststUcke  ohne  Werthangabe,  die  Briefe  mit  deklarirtem 
Werth,  die  Waarenmuster  (A.  S.  n.  F.  III,  V,  VI,  VII,  VIII,  IX);  der  Aus- 
liefe rttncfs  oertraf/  vom  :J1.  Aug.  1H83  (A.  8.  n.  F.  VII,  357);  der  Ifundels- 
veriraf/  vom  14,  Märs  1883,^  nebst  Verlängerung«  Uebereinkunft  vom  27.  Juni 
1887  (A.  S.  n.  F.  VII  undX);  die  iuteruationalen  Konventionen  von  1M83  und 
188G  betreffend  den  Schule  des  f/eicerblicheu,  literarischen  und  künat/crischen 
Eigenthums  (A.  S.  n.  F.  VII  u.  X). 

Spurkassen.  (Mitgetheilt  von  Herrn  Max  Lang,  Beamter  des  eidg.  sta- 
tistischeo  Bureau.)  8.  auch  Bankwesen  Bd.  I.  S.  119.  Die  ersten  statistischen 
Zusammenstellungen  des  schweizerischen  S])arkassenwescns  finden  sich  im  ersten, 
dritten,  vierten  und  ftinften  Bändchen  des  „Schweizerischen  Archiv  filr  National- 
ökonomie und  Statistik"  vom  Jahre  1827  u.  ff.,  herausgegeben  von  dem  Basler 
Nationalökonomieprofessor  Christoph  Bernoulli. 

Viel  zuverlässiger  und  ziemlich  vollständig  sind  die  Angaben  aus  dem 
Jahre  1835,  welche  der  Genfer  de  CandoUe  einer  seiner  Arbeiten  zu  Grunde 
legte.  Damals  existirten  in  der  Schweiz  100  Sparkassen  mit  65  Einnehmereien. 
C0,028  Einleger  hatten  darin  eine  Gesammtsumme  von  lö'/a  Millionen  Franken 
niedergelegt. 

Für  da-s  Jahr  1852  hatte  Pfarrer  Spi/ri  in  Altstätten  die  Angaben  von 
den  167  damals  bestehenden  Sparkassen  gesammelt.  Die  Einlegerzahl  war  auf 
181,172  und  ihr  Einlageguthaben  auf  Fr.  60*368,759  angestiegen.  Einzig  die 
Kantone  Wallis  und  Appenzell  I.  Rh.  hatten  noch  keine  Sparkassen. 

Im  Jahre  1864  erschien  der  sechste  Band  der  schweizerischen  Statistik, 
enthaltend  die  „  Ersparnißkassen  der  Schweiz*  in  den  Jahren  1H52,  1854,  IH5H 
und  1862,  im  Jahre  1875  sodann  der  21.  Band  mit  den  schweizerischen  Spar- 
kassenresultaten  für  die  Jahre  1867  und  1X72.  Das  statistische  Bureau  des 
eidg.  Departement«  des  Innern  besorgte  die  Herausgabe,  die  Bearbeitung  hatte 
der  obengenannte  Herr  Pfarrer  Spyri  übernommen. 

Ganz  vom  statistischen  Bureau  besorgt  wurde  die  neueste  Publikation  Uber 
das  schweizerische  Sparkassen wesen,  welche  als  74.  Band  der  schweizerischen 
Statistik  am  Anfang  des  Jahres  1889  erschien  Sie  enthält  die  Ergebnisse  für 
das  Jahr  1882  mit  einem  Nachtrag  von  Ergebnissen  aus  dem  Jahre  1886.  Eine  dazu 
gehörende  Einleitung  wird  später  noch  nachfolgen.  Diese  letzte  Publikation  hat 
nicht  nur  den  Charakter  einer  wiederkehrenden  Arbeit  behufs  periodischer  Ver- 
gleichungeu,  sie  ist  theilweise  auch  zugleich  die  Beantwortung  einer  im  Jahre 
1881  im  Nationalrath  gestellten  und  erheblich  erklärten  Motion,  dahiiilautend : 
„Der  Bundesrath  ist  eingeladen,  zu  prüfen  und  zu  berichten,  ob  und  wie  durch 
die  Postverwultung  die  Einlage}  von  Ersparnissen  gefiirdert  werden  könnte". 

Fast  zu  gleicher  Zeit  und  unabhängig  von  einander  entstanden  am  Ende 
,  dea  vorigen  Jahrhunderts  die  ersten  bekannten  Sparkassen  in  England,  Deutsch- 
land und  in  der  Schweiz.  Die  erste  schweizerische  Sparkasse  war  die 
im  Jahre  178Ö  vom  bernischen  Großen  Rath  gegniiidetc  und  ^icher  gej«tellte 
Dienatbotenkasae  der  Stadt  Bern.    Sechs  Jahre  nachher  wurde  als  zweiterste 


Sparkassen  —    122    —  Sparki 

sebwdaeriielM  SparioMM  die  «SnBkaiwe*'  in  Basel  ezVfiiet,  jedoch  1810  wieder 

liquidirt,  nachdem  die  viel  zweckmäßiger  eingerichtete  „Ersparnißkaflse*  (ge- 
grIlDilet  180','^  «^if«  überholt  hatte.  Das  gleiche  Schicksal  thciUe  tüe  seit  178Ü 
in  Genf  bestehende  „Privatkasne"*  und  die  1795  von  der  Genler  National- 
versammlung errichtete  Sparkasse-Pfand-  and  Leihauätalt.  Sie  beide  erlebten  den 
Schluß  dea  Jahrhanderta  nieht  mehr. 

Die  Berner  Dienstbotenkaase  allein  aeigto  uch  durch  Einfuhrung  verHohiedeaer 
zeitgemäßer  Aendernngen  lebensfähig;  bis  znm  .T.ihre  1849  bestund  sie  als  selbst- 
ständige Ka.sse  fort,  wnrde  dann  der  Vtrwultuiig  der  bernischen  HypotUekarkame 
unterstellt  und  ging  Kchiießlich  1878  ganz  in  derselben  auf. 

Die  Gesohlftagebabrang  dieser  Institute  war  von  derjenigen  der  heotigen 
Sparkassen  wesentlich  verschieden.  In  Bern  und  Basel  konnten  nur  zweimal  im 
Jahr  Hinzahlnngen  geleistet  und  Rückzahinngen  abtrcholt  werden.  Die  Einlagen- 
rainima  waren  sehr  bueh;  sie  betrugen  an  orbterem  Ort  20  Kronen  (Fr.  02.  r)0), 
an  ieUterem  50  Pfund  (Fr.  86),  in  Genf  60  Livres  (Fr.  140.  90),  t*päter 
6  Gulden.  £ine  große  Zahl  von  Vorschriften  ttber  Rtickiahlnogen,  Einlegergnt- 
baben  etc.  machten  den  Verkdir  an  einem  «ehwerf&lUgen  und  tragen  wenig  dasco 
htAy  das  Institut  größern  Kreisen  zugiti<r]ich  zu  machen. 

Es  darf  hier  noch  angeführt  werden,  daß  dit  Fa  br  i  k  spa  rk asse  n,  welche 
als  eine  Schöpfung  der  neuesten  Zeit  angesehen  werden,  bereits  schon  am  End? 
des  vorigen  Jahrhunderts  in  Basel  bestanden.  Im  Jahre  1798  wurde  eine  solche 
dort  aufgelöst  und  gegen  100,000  Baaler  Pfnnd  unter  die  Arbeiter  (Einleger) 
Tertbeilt. 

Eine  neue  Periode  im  schweizerischen  Sparka.«isenweeen  begann  mit  der  im 
Jahre  1805  nach  dem  Mu>ter  der  Hamburger  Sparkas.se  gegründeten  Zürcher 
Sparkasse;  «ie  ist  die  ältcs^te  Km^^f  d^r  Schweiz,  welche  als  .<eU)st4ändige  Anstalt 
ihre  Thätigkcit  bis  heute  ununterbrochen  fortsetzen  koiinte,  ihr  und  ihreu  Nach- 
folgern erst  gelang  es  durch  aweokmäßige  Einrichtungen,  den  Sinn  Air  mnstrag^e 
Spargeldanlagen  in  größern  Kreisen  der  Bevftlkerung  su  wecken. 

Von  den  im  Jahre  lä82  bestehenden  Sparkassen  wurden  gegründet: 
1  vor  ]  64  von  1850— 1859 

IG  von  IbVH      isiy  105    „    18(50— 1809 

33    ,    1820     1JS29  189    ,    1870— ]882 

46    „    1830—1839  2  unbestimmt. 

31    ,  1840-1849 

Das  »cbwdceriHche  Sparkassenwesen  konnte  sich  ohne  weseutlidie  gesetaliehe 
üinsohräQknngen  entwiek<>ln. 

Wir  können  in  den  kantonalen  Gesetzgebungen  drei  Richtungen 
unterscheiden,  nach  welchen  die^clben  in  dn,s  S[iarkassenweseTi  eingreifen : 

1)  Der  Kanton  ist  selbst  Gründer  und  Verwalter  von  Sparkassen  oder 
sparkassenihnllcbett  Instituten. 

2)  Er  leiht  der  gesammten  Geschfiftagebahmng  ^on  Sparkasseninstituten 
die  staatliche  Garantie,  oder  stellt  sie  behu&  Sioherstellung  drs  interessirten 
Publikumn  unter  spezielle  irrnft?.»  (Ietzt»;re«  in  zwei  Kantonen  :  Btt  n  durch  Ge- 
setz vom  31.  yi&rz  1847  Uber  gemeinnlltzige  Ge.seil»ehaften  und  Fi  eibutf/  durch 
Oesetz  vom  24.  November  1862  ttber  die  Sparkassen). 

3)  Er  l)eschränkt  sieb  auf  die  allgemeinen  Yoreebriften  ttber  juristische 
Personen,  anonyme  oder  Aktiengesellschalton,  Genosseneehaften  und  gemeinntttsige 
Gesellsohaftea. 


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SparkatMea 


Durch  die  Bnndeagetiützgebung  worden  dio  SparkaHuen  iu(K)t'eru  berührt, 
ab  sie  unter  dtt^*'Tiigoii  Titel  des  sebweiMniaeiien  Obligationenreohte  Tom  1.  Januar 
1883  fallen,  welche  von  der  Ertheilung  jarietiMber  Ptasdnlicbkeit  und  von  der 
BUduug,  der  Organisation  und  der  Auflösung  von  Korporatiimen  handeln.  Damit 
bat  die  vorher  weit  verbreitete  Uchnng  der  gogeiiannten  Stuatsgenehinigung  von 
Spar katiseosta tuten  kantonalertieits  fast  ganz  aufgehört,  nicht  zum  Schaden  der 
Siiobe,  denn  jene  Gmebmigung  erweukie,  ohne  eine  nennenewertbe  Gnnntie  ia 
neb  tu  Bcbltefien,  beim  Pnblikiim  ein  mebr  oder  wemijer  nnbereebtigtes  Sieher- 
beitigeftlbl. 


4  II 

Anzah  1 

der 

Spark» 

Bsea  in 

den  Jahren 

1853 

1862 

188i 

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Appensell  A.*Bb.  , 

17 

17 

17 

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22 

Appenzell  L*Bb*  * 

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St.  Galleu   .    .  . 

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23 

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1 

1 

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Genf  

1 

1 

1 

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Schweiz 

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230 

312 

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Sparkatfen 


—    124  — 


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Sparkassen 


—  125 


* 

Siiarkamea 


Einleger  oacli  Kantonen,  von  1852^1862. 


BlnlegW  indtn  J*htWI  Auf  100  Btow.  kernen  EinIPKcr 


1W> 

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i(»&a     1862  mit 

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43.007 

74,746 

93.838 

196,011 

17,9     98,0  39.9 

39,4 

Bern  .... 

3i,'.)S!) 

07,309 

102.367 

136,271 

7.6     14.2  20.2 

25,6 

iMum  .... 

»,124 

24,825 

33.985 

42,931 

6,1     19,0  25,7 
9,4      5,4  14.1 

31,8 

Uli  

363 

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9,968 

3,967 

16,7 

Schwyz  .... 

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1,0       3,4  9,9 

14,8 

Obwailden  .   .  . 

139 

617 

1,120 

2,159 

1,0       4,6  7,8 

14.1 

Nidwiüden .  .  . 

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2,057 

3,.5S9 

5,309 

8.3      18,1  30.7 

4V,3 

Glarus  .... 

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17.964 

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12.126 

19,124 

24,64(5 

6,9  17 

,5  25,(5 

30,6 

Baselsudl  .    .  . 

8,833 

11,788 

15,016 

19.7(54 

29,7     29,0  31,4 

30.4 

Basel  land  .    .  . 

2,.-)  13 

5.116 

9,9(56 

13.70  i 

5,2       9,9  18,4 

23,1 

SchafThausen .  . 

2,357 

4,132 

7,380 

9,959 

6.7      11.6  19.6 

26,0 

Appenzell  A.-Rb. 

5,543 

7,452 

9,613 

16.236 

12,7     15,4  19,7 

31,2 

Appiijzell  I.>IUl. 

253 

315 

845 

-       3,1  2,6 

6.6 

St  Gallen  .   .  . 

13,433 

30.451 

54.838 

74,292 

7,9     16,9  38,7 

35,3 

GraubOnden  .  . 

S,743 

O,«8o 

10,84a 

17,238 

3,1      7.1  11.8 

lo,1 

Aargau  .... 

9,967 

23.999 

51,283 

57.ir,5 

r.O     12,4  25,8 

28,8 

Thuri^au   .   .  . 

6,919 

13,017 

20,776 

30,187 

6,7     14.4  22,3 

30.3 

Tearin  .... 

3.01S 

9,105 

3.959 

7,771 

9,6      13  9.7 

5.9 

Waadt  .... 

9,045 

93,990 

33,506 

U,639 

4.5     10,8  14.6 

18.7 

Wallis  .... 

356 

V 

344 

—       0.1  ? 

0.3 

Neuenbürg    .  . 

9.281 

12,554 

19,264 

30,961 

13,1     14,4  19,8 

29,8 

<3enf  

12,748 

■22Am 

43,067 

14.7     15,i  21,1 

42,4 

Schweiz  ISl.üdö 

3ÖÖ.291 

542.162 

746,984 

7.6     14.1  20,3 

26.2 

Einleger  p.Spark. 

Uli 

1,545 

1.738 

1,534 

Spargeldeinle^er  i. 

J.  1882 

nach  der  Gr66e  der  Spargntbaben. 

bii 

Fr.  iOl 

Ihr.  lüül 

Fr.  'Itm 

aber 

Total 

Fr  100 

bl«  500 

t>ii  lOiM) 

tiit  WM) 

hl«  D0<» 

Fr.  ifMX» 

ZOri^  .... 

54,682 

40,307 

15.2;  {8 

j  .'.-Jl 

311 

125,011 

Bern        .   .  . 

41,315 

41,rM6 

1.^,043 

16,261 

i;:.WK) 

5,596 

136,271 

Luzern  .   .   .  . 

12,912 

13,745 

(i.l71 

4,942 

3,834 

1,327 

42,931 

Tri   .    .    ,   .  . 

r»4l 

1.375 

iV.VA 

467 

985 

3,967 

Schwyz .... 

1.921 

2.388 

1,166 

1,053 

756 

999 

7,583 

Obwdden  .  .  . 

9<d 

6«4 

936 

169 

84 

95 

9.159 

Nidwaiden .    .  . 

2,726 

1.26:^ 

782 

314 

184 

40 

5,309 

tilarus  .... 

7,65Ü 

5,279 

1,946 

1,875 

999 

215 

17,964 

Zug  

2,515 

9.013 

889 

830 

764 

469 

7,480 

Freiburp    .    .  . 

2.7()y 

2.732 

1,089 

717 

321 

82 

7,'-'.ft 

Solothurn  .    .  , 

8,897 

6,875 

3,973 

3,174 

1,789 

638 

24,<li6 

Ba-selstadl  .    .  . 

6,796 

7,006 

2,771 

1,S91 

1,237 

78 

19,779 

Ba?fllan(l  .    .  . 

.■),6<)3 

5,325 

1,600 

766 

320 

90 

13,704 

Schatl  luiu-stn  .  . 

3,577 

3,674 

1,093 

848 

549 

218 

9.959 

Appenzell  A.-Rb. 

8.3(58 

5..S66 

1,708 

737 

99 

6 

16,7S4 

Appenzell  I.-Rh. 

ti:t 

i'S8 

•*>i 

56 

27 

4 

8t5 

St.  (ialten  .    .  . 

17,'J7ö 

■j;{.7(K5 

12.5  n 

li,839 

6.734 

433 

74,230 

GraabOnden  .  . 

4,997 

7,.'>f)l 

i,047 

4(53 

122 

48 

17.2:{8 

Aargau  .... 

17,017 

19,818 

8.0«  1 

.5,581 

3,540 

1,560 

55,597 

Thurgau    .   .  . 

11,693 

11,022 

4,352 

2,278 

742 

100 

30,187 

Tessin  .   .   ,  . 

1,236 

3,0r)8 

1,596 

1,074 

W>>\ 

141 

7,771 

Waadt  .... 

U,6iU 

14,705 

6,128 

4,919 

3,794 

678 

44,850 

Wallis  .... 

198 

88 

98 

18 

11 

1 

344 

Neuenbürg    .  . 

12,G07 

8,3(53 

3.:.(>0 

3,330 

18 

30.961 

Genf  

20,789 

10.003 

hxm 

3.87« 

3.325 

36 

43,067 

Schweiz  26^.834 

^i>,7y9^ 

102,004 

80.337 

49,615 

12,698 

746,287 

In  Prozenten .  . 

33,0 

13,7 

10,8 

6,6 

1.7 

100 

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Sparkasseti 


126  — 


Garantie. 

Die  Sioherlicit,  welolie  die  Kaasen  Meten,  bernbt  niolit  alton  auf  den  Reserve- 
fonds, <:ondern  auf  (rArantiekapitalien  verscbiedennr  Art.  Ueber  diese  YerhIltniMe 

gtthen  die  82er  Angaben  folgende  Auskunft : 

Fr. 


Eiuleger 
Fr. 


Hr.  Fr. 

514'07R,128    28*676,d94  5,58    117*751,977  22,91    146*426,371  38,49 

<}ntliu>>cn  der  Ein« 

leger  uud  d«t 
ttbrigen  Qliabiger 

998  608,257    28  676,894  2,87    117751,977   11,79    146*428,371  14,66 

Dnrobachnittsgothaben  der  Einleger  in  den  Jahren 

1858^1882. 


1SS3 

184;2      1^7 'i 

Kmmm 

nn2  187» 

Franken 

ISSl 

Ellrich  .  .  . 

.  144 

171 

249 

389 

SchafTbau-sen  .  . 

245 

349 

451 

697 

Bern     .    .  . 

.  m 

439 

787 

10:{4 

Appenzell  A.-Rh. 

151 

189 

259 

Lu^t;rn  .   .  . 

.  5t5 

r»7() 

fiSK 

841 

Appenzell  L-Hb. 
St.  (lallen  .    .  . 

110 

192 

399 

Uri  .   .   .  . 

.  -.m 

;{'•: 

;ti."j 

1571 

436 

io.-> 

591 

7i7 

Scbwyz  .    .  . 

.  r.-J7 

<i'.(| 

1072 

üraubünden  .  . 

4C)2 

:;'.n 

410 

4i5 

übwalden  .  . 

. 

:m 

;j7i 

5:27 

Aargau  .... 

301 

•a:ü 

190 

808 

Nidwalden .  . 

.  135 

160 

178 

392 

Thurgan   .  .  . 
Tt»ssin  .... 

2H 

im 

363 

388 

Glarus  .   .  . 

.  «37 

156 

51-i 

373 

1028 

583 

884 

Zug  ...  . 

.  26.*) 

518 

797 

1123 

Waadl  .... 

643 

531 

551 

638 

Frei  bürg    ,  . 

.  407 

399 

503 

591 

Wallis  .... 

71 

±a 

Solothum  .  . 

.  28» 

354 

518 

814 

Neuenburg    .  . 

853 

777 

827 

653 

Baselstadt  .  . 
Baselland  .  . 

S90 

382 

458 

541 

Genf  .... 

419 

383 

566 

548 

.  196 

959 

»64 

393 

Sehwetz 

333 

371 

533 

689 

Gesammtguthaben 

der  Öpargeldei  II  leger, 

auf  den  Kopf  d 

er 

Bevö Ikerun 

g  vertheilt. 

K*Dtone 

1S»t 

1S61  1S74 

im) 

18C2  187t 
Frknkeu 

1882 

iirtricU  .  . 

.  21,8 

4h,  l 

15:5.3 

Schatl  hauM  ii  . 

16,3 

28,9 

88,3 

181,0 

Bern    .  . 

.  21.5 

«13.1 

l.V.i.-J 

Appens. A  Iii  1. 

193 

23,3 

37,3 

81,0 

TiUzern  .  . 

.  33,3 

lOS.t 

176,7 

267.9 

Appeiiz.  I.-Rb. 

2,3 

5,1 

■Jt',,2 

Uri  .    .  . 

.  7,H 

21,5 

128,9 

263,1 

St.  Gallen  .  . 

34,5 

68,2 

169.6 

Scbwyz  .  . 

.  5,1 

10,4 

68,4 

158.6 

Graubflnden  . 

12.3 

28.5 

48,5 

77,1 

Obwalden  . 

.  2.5 

15.3 

2H,8 

74,1 

Aarguu  ,    .  . 

15,0 

41,2 

126,5 

232.5 

Nidwaiden . 

.  11,2 

29,5 

51,7 

173,7 

Thurgau    .  . 

16.1 

38.2 

80,9 

117,5 

Glarus  .  . 

.  17.i 

iü.ii 

152.7 

-isi.i 

Tes.sin   .   .  . 

18.7 

15,8 

52,5 

Zug  .   .  . 

.  23,9 

121,2 

151,6 

462,9 
38,9 

Waadt  .   .  . 

29,2 

57,4 

79,6 

118,2 

Freibarg  . 

.  9,7 

16.0 

23.9 

WaUis  .   .  . 

0,3 

1.0 

Solotburn  . 

.  20,0 

r,_'.o 

132.7 

219,6 

Neuenburg  . 

111.8 

111,7 

163,7 

195.0 

Baselstadt . 
Baselland  . 

.  86.3 

109,8 

144,0 

164,3 

Genf.    .    .  . 

61,s 

59,3 

134.2 

253.0 

.  10,3 

«5,7 

«7.2 

91,0 

S<*bwei2 

■25,2 

52,6 

108,2 

180,5 

Geaammtguthaben  äänimtli«  h>  r  Spargeldeinleger  and  die 

ReBer  vefüu  d  s. 


£iiü«g«r« 
gnttebm 

1852  60*366,759 

1862  131'901,632 

1H72  288'836,442 

1882  514  078,123 


loi  TfltUllalM 

n  im 

100,0 

•J1S.5 
478,5 
851,ti 


ron4* 

2*744,257 

6'984,711 
11'37U,572 
28676,394 


VBrmefaiuug 
im  VerhAltaia» 
an  ISO 

100,0 

218,1 
414,3 
1044,9 


UM*rv«IbBdB  in 
*/>  dw  Bialtgw- 

4,65 
4,54 

3.94 
5,58 


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SparkasMU 


_    127  — 


SpemlbaoUel 


Die  aogegebenu  Bemvefonds  dienteo  niolit  «Ueis  mr  Deoknng  der  Spar- 
«inlofergatbabeii,  nndeni  m«  bildeten  anek  die  Baeerve  Ittr  die  Ubrigen  Paasiv* 
gewhftfte  der  Kaasen. 

Verzinsung. 

Im  Jahre  1882  wurden  40,85  **/o  der  Hpareinlagen  mit  4  ^/o  verzinst, 

27,79  /o  mit  4740/0,  7,79  »/o  mit  4V8  7o,  2,89  7o  mit  5  >.  Die  niedrigste 

Verzinsung  betrug  3  '/a  7o>       höchste  ö  7o.  Durchscbnittssine  fttr  die  Geaanunt- 

aumme  der  Spareinlagen  4,12  ^/o,  gegen  3,76  */»  ^  Jalire  1886. 

«  « 
* 

Fttr  das  Jahr  1886  wardeo  dem  eidg.  atatiftt  Barean  die  Beobnuugti- 

ergebnisse  von  357  Ka8sen  bekannt.  Darnaob  betrug  deren  Spargeld^Einlegonabl 
002,697,  mit  einem  Gesamratguthaben  von  Fr.  .'>93'724,82'.),  was,  für  die 
ffleicheu  Ka«8t'u  berechnet,  gegenüber  1882  eine  Vermehrung  116,531 
äpargeldereinlegern  und  von  Fr.  120'374,004  ihrer  Sparguthaben  bedeutet. 

Eine  Neaerong  aobeint  aiob  in  neneater  Zeit  im  aebweiieriaeben  Sparkaeaen- 
weaen  «inbiifgern  an  wollen,  weleha  ea  aneb  dem  kleiaaten  Hann  erm&gliehen 
aoll,  Spargeld  sinstragend  anzulegen;  es  iat  daa  System  der  Span» arA-cn,  welehea 
einige  Institute  nach  Art  der  englischen  Penny-Banks  eingeführt  haben. 

Speditionsge^chHft.  Zahl  der  Firmen  oa.  150  mit  ca.  900  Personen. 
HauptplJJtze  Basel,  (it  nl,  Züriuh,  St.  Gallen,  Romanshom,  Cbiaaso,  Luzern,  Chur. 

Spenglerei.  Ziemlich  bedeutendes  Gewerbe  (am  1.  Dez.  1880  3721  er- 
werbathätige  Penonen),  daa  aicb  mehr  nnd  mehr  vom  Analand  nnabhängig  macht, 
auch  in  feineren  Waaren.  Die  Spenglerwerkieiigfabrikation  arbeitet  aneh  fUx  daa 
Ausland. 

Spezerni-  und  Gewürzpflanzen  werden  in  der  Schweiz  zum  kleinen 
Theil  in  Garten,  an  einigen  Orten  aneh  im  (iroüen  angehant  (z,  B.  Wermnth- 
kraut  im  Traver»thal).  Vieles  wachst  wild  und  wird  auch  gesammelt,  während 
fttr  die  sog.  Drogueupflansen  alljibrliob  viel  Gald  in*8  Analand  gehl  Ea  gibt 
nameotlioh  in  den  Alpen  wildwaehaende  Gewttrapflanaen,  welche  ganz  besonders 
fein  und  aromatisch  sind.  In  größeren  Mengen  werden  gesammelt  Wermuthkraut, 
Gentiane,  Iva  etc.  für  die  im  Jura  nnd  in  dt-n  Alpen  eingebürgerte  Fabrikation 
von  Wermutb,  Absinth,   Enziunscbnaps,  Ivabitter,  Alpenkräuterniagcnbittcr  etc. 

Speaial bahnen.  In  der  Schweiz.  Kiaenbahnstatistik  werden  die  Eisenbahnen 
«ingetheilt  in  die  vier  Kategorien :  X  Kormalbahnen,  B.  Spezialbabnen,  C.  Draht» 
Seilbahnen  und  D.  Tramways.  Die  Spenalbabnen  hatten  £nde  1887  einen  Um- 
fang von  131,860  m  Baulänge  und  132,755  m  oder  rund  133  km  Betriebslünge. 

Zu  den  Spezialbalinfn  wenk'ti  fulgenle  üntornehuningen  gereebnet;  Appenzelier- 
bahn,  Arlh-Kigibahn,  Birtsigtliaibahn.  Frauenteid- Wyl,  (ieneve- Veyrier,  Lausauue- 
Eohalleuä,  Kigibahu,  lügi  Scheidegg  Bahn,  Korsohaoh-Heideu,  Tramelan-Tavannea, 
Uetlibergbahn  und  Waldenburgerbahn.  Femer  kann  man  auch  die  Drahtseil- 
bahnen und  die  Tramways  als  besoudere  Gattungen  von  Spezialbahnen  betrachten. 
INähere  Mittheilnngen  Uber  die  obgenannten  Bahnen  finden  aioh  unter  den  be> 
tretenden  Schlagwtjrtern. 

Spezittlhaiidel.  Großtheil  de»  »chwci/.ensohen  Außenhandels.  £r  umfaßt 
(nach  der  Definition  des  eidgenössischen  handelsetatiBtischen  Amtes): 

a.  Bei  der  EinAdir:  1)  Alle  beim  Eingang  sofort  venoUten,  sowie  alle  aoll- 
freien  Waaren  im  Handelsverkehr;  2)  alle  aus  eidgenössischen  Niedarlaga» 
hftitsem,  Freilagern  etc.  in  den  inneren  Konsum  Übergehenden  Waaren« 


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Spezialhandel 


—    128  — 


SplOgenbabn 


b.  Bei  der  Anafiihr:  Alle  azportirten  Waaren  einheimuclieii  Urepnings  und 
diejenigen  exportirton  Waaren  fremder  ProTenieDS,  welch«  den  sehweise* 

ris^'hfn  l'jüL'angs-'i^oll  entrichti  t  liaben. 

Der  Öpeziaiiiauiicl  betrug  in  den  Jahren  lb85/8ö  jährlich  1422  —  1508  Mil- 
lionen Franken  —  97 — 99  dee  gesammten  sohweiaeriMhen  Anßenbandele 
(Effektivbandel).  Vgl.  auch  das  Kapitel  „Waarenyerkehr**. 

Spirlrld'^pn  k    „Miisikdosen" . 

Spiülkurtüiifabrikation.  Unter  dem  Fabrikgesetz  je  1  Fabrik  in  Sohatf- 
bausen  und  Ha«lc  ^Bern).  Son^t  aehr  unbedeutend.  1880  nur  41  Arbeiter. 

Spielzeug  wird  in  großen  Heogen  in  die  Sehwets  eingeführt  (1888  für 
Ft.  1 '019,000  =  4076  q  k  Fr.  2S0):  Oidiniies,  grobes  Holi>  nnd  Bleiseng 
vornehmlich  au8  Deutscbland  (tpeiiell  Thüringen,  Kttrnberg  etc.),  feineres  aus 
Frankreich.  In  der  Schweiz  selbst  wird  wenig  fabrizirt  (Ausfuhr  1888  für 
Fr.  174,446  =  264  q  a  Fr.  65'.)).  An  Bemühungen  zwar  hat  es  nicht  gefehlt, 
der  Spielwaarenfabrikation  im  eigenen  Lande  größeren  Boden  m  verscbaften. 
Sohon  1813  wnrde  sie  anllßlieb  eines  Preiaaaaaßbreibena  des  Eanfmlnnisehen 
Direktorinm«  in  St.  Gallen  betretfend  Einftthrttng  neaex  Industrien  in  Vorschlag 
gfbrac'ht.  Seitdem  wiederholt  t.icli  dieß,  unter  Uinweisung  auf  unseren  Holz- 
reichthum,  bei  jeder  »chicklichen  Gelegenheit.  In  Bern  hat  die  (Tesellschaft  für 
Kleiuiudufitrie  mit  der  Gründung  einer  Spiel waarenschule  ein  bebt-  gute»  Beispiel 
gegeben.  Diese  Schule  wird  y»m  Kanton  Bern  nnd  Tom  Bunde  aobTentionirt. 

Spiralbohrerfabrikfttion.  2  Firmen  in  KUsnaeht  (ZUrieh)  nnter  dem 
Fabrik-  Miz   Ca    l  Dntzend  Arbeiter. 

Spitzen  „Stickerei". 

8pitzenklÖppelei.  Ehemals  im  Kanton  Neuenburg  bedeutend  (h.  p.  505 
in  Ii.  Bd.),  von  wo  aus  sie  siob  auch  dem  Kanton  Waadt  und  dem  bemtsoheu 
Jnra  mitgetheilt  zu  haben  scheint,  Ist  sie  Überall  daselbst  auf  einen  kleinen  Rest 

zusammenrjeschrnmi'ft.  Anläßlich  der  Volkszählung  von  1880  wurden  im  Kuutun 
Nenenbr-  '  nur  noch  Spitzenkbipplerinnen  ermittelt,  26  im  Kanton  Waadt, 
20  im  KatiiDu  Bern,  27  im  Thurgau  und  13  im  Rest  der  Schweiz. 

SplügettbAhn«  Wie  im  Westen  der  Schweiz  die  Eisenbahnen  am  Fnße 
dea  Simplon,  so  haben  sie  im  Osten  am  Eingang  zur  graubänJneriaeben  Gebirg8< 
weit,  in  Chur,  vorlänfig  ihren  Abschluß  gefunden.  Und  wie  dort  auf  der  Süd- 
seite der  Alpen  inzwischen  die  itulieniselh  n  Linien  bis  Domo  d'Ossola  vorgerückt 
find,  so  stehen  die^lben  dem  graubUndnerischen  Gebiet  gegenüber  bereits  iu 
GhiaTenna;  was  der  Simplon  auf  der  einen,  das  ist  der  SplUgen  anf  der  andern 
Seite,  das  Hinderniß,  dessen  Behebung  doreh  Bohrung  eines  Tanneis  und  Führung 
einer  SehienenTerbindung  die  Interessenten  an  den  beiderseitigen  Zu&hrtslinien 
neuestens  wieder  mit  allen  Kräften  anstreben.  Wie  in  der  Westsehweiz,  so  sind 
auch  iu  der  Ostschweiz  die  Bestrebungen  für  Erstellung  internationaler  Eisen- 
bahnen, wenigstens  offiziell,  älter,  ala  diejenigen  für  den  Durchbmch  des  Gott- 
hard; die  sentrale  Lage  dea  letstern,  wekbe  die  grtfßte  Interessengrappe  unter 
sich  ztt  vereinigen  im  Stande  war,  kam  demselben  in  günstigster  Weise  zu  statten. 
Zudem  witren  die  Anstrcn^mgen  fiir  einen  ost»chweizerischen  Alpeudurchbruch 
nicht  immer  aui  da«  gleiche  Ziel  gerichtet;  die  erste  Konzespion,  welehe  der 
Kanton  Graubünden  ertheilt  hat  \:'m  25.  Juli  1857),  war  diejenige  an  die 
DentMh-sohweiBerische  Kreditanstalt  in  St.  Gallen  für  eine  Eisenbahn  von  Chur 
aus  durch  den  Lukm'.inier  und  das  Tessin.  Erst  am  22.  Juni  1869  hat  die 
Gesellschaft  der  Ver.  Schweizerbahnen  die  Konzession  für  eine  Eisenbahn  bin 
sur  italienischen  Grense  auf  dem  Spiügen  erlialteu.  Indessen  ist  bei  der  Ungunst. 


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—    139  — 


Slaatsbahnai 


dar  Zeit  und  Yerh&ltnisse  anoh  diese  Konzession  nicht  zar  Aunführung  gelangt 
und  (Ifthingef allen.  Erst  in  nentr^r  Zeit  haben  unter  dem  Vortritt  der  Ver. 
Scliweizerbahneii  and  der  italienihclioii  tTeaelltichaft,  ■welche  das  Netz  dar  a<lria- 
tischeu  Bahnen  betreibt,  wieder  erubtlichc  Studien  und  Verhaudluiigen  begonnen, 
<^iiie  daß  indeaME  heute 'sohon  (April  1Ö90)  ein  beatiinintea  Ergebniß  ta  kon* 
atstaren  wäre. 

Für  die  Frage,  welclier  Verlcehr  einer  interuationalen  Verbindung  via  S'plHgen 
zufallen  wird,  sind  nicht  allein  die  Entfernungen  maßgebend,  sondern  eben  j-o  st;hr  . 
die  Intereat^n  der  AnBcbiuübahuen  und  die  daraus  folgende  Tarifpolitik.  Die 
Verkehnkreiae  der  Alpenflbergänge,  ohne  Splügen  und  Simplon,  greifen  aohon 
jetet  BO  aehr  in  einander  Uber,  daß  ein  Tarifkrieg  nur  dnroh  veitragliohe  Ab* 
machungen,  in  denen  die  Rechte  der  einzelnen  Geaellschaften  so  gut  als  möglich 
umschrieben  sind,  vermieden  wird.  Kommen  die  neuen  Verbindungen  zu  Stande, 
80  wird  schon  die  Thatsache  ihrer  Existenz  die  älteren  Eivalen  zwingen,  mit 
iknen  liok  am  vertragen.  JedenfkUa  wird  den  Beatrebaagea  um  £ntollung  der 
Splttgenbahn  aekon  deßvregen  alle  Beaehtnng  geaehenkt  werden  miiasen,  weil  im 
Vergleich  dieser  Ruute  zu  derjenigen  daidl  den  Gotthard  Zttrieh  nnd  Mailand 
neutrale  Punkte  sind,  d.  h.  ziemlich  ijpmn  dieselben  Entfernangen  (31(5  Kilo- 
meter) haben,  und  der  zwischenliegendo  Verkehr,  welcher  der  SplUgeiiroute  zu- 
fallen wird,  nicht  guriiig  geaolültst  werden  darf.  Die  Kosten  der  SplUgenbahn 
sind  anf  90  bia  160  Millionen  Franken  veranacUegt. 

Splügenstrasse  (Alpenstraßel.  Dieselbe  wurde  gleichzeitig  mit  der  Bern- 
hardinerstraße (ISIS — 1821)  angelegt.  Hie  fVibrt  vom  Dorfe  Spltigen  über  den 
gleichnamigen  Fat»  (Paßhöhe  2117  m  über  Meer)  dem  Liro  entlang  nach  Ciiia- 
venua.  Der  sehr  bedeutende  Wuaieuverkehr,  de.sseii  sich  der  Splügen  in  der  ersten 
HUfte  de«  Jahrbunderts  rahmen  konnte,  wurde  durch  die  aeitherige  Konkarrens 
der  Brenner-,  Mont-Cenis,  Guttlianl-  und  Arlbergbahn  anf  ein  Minimum  herab- 
gedrückt;  dagegen  ist  ihm  noch  ein  namhafter  Postverkehr  geblieben. 

Sprit  8.  den  Abschnitt  „  AlkoholmonoiK.l  -  im  Artikel  , Staatsmonopole . 

Stafttsbahnen.  Seit  die  Bern-Luzern-i^ahu,  welche  Eigenthum  des  Staates 
Bern  war,  in  den  Beaita  der  ftisionirten  Jara-Simplon^Bahn-GeseUBohafk  über- 
gegangen iat  (1.  Januar  1890),  gibt  es  in  der  Schweiz,  abgesehen  von  den  auf 
Schweizer  Gebiet  liegenden  Theilstrecken  ausländischer  Staatsbahnen  (s.  Seite  87 
im  I.  Band),  nur  noch  zwei  staatliche  ßahnnnternehmungen,  nämlich  die  Linie 
Jura  tieuckdidoii  als  oeuenburgischea  und  die  Linie  Genf-ÄnHemasiie  als  geofe- 
riiobea  StaatunonopoL 

Bekanntlidi  macht  aieih  non  adt  nnigen  Jahren  eine  atarke  StrSmung  geltend^ 
llmmtliche  Bahnen  in  staatlichen  Besitz,  und  zwar  des  Bundes,  zu  bringen.  Aller- 
neuester Ausilruok  (lieser  Tendenz  ist  der  am  19.  Mai  1890  unter  Vorbehalt  der 
Zustimmung  der  gesetzgebenden  Behörden  und  eventuell  des  Volkes  vom  Bundee» 
rath  bewerkstelligte  Kauf  von  30,000  Prioritätsaktien  der  Jura- Simplon- Bahn. 
£äne  andere  Grundlage  rar  Terstaatliehang  der  Bahnen  bt  in  den  Rttckkauli»- 
▼orbebalten  gegeben,  welche  zn  Gunsten  dea  Bundea  in  die  den  Eisenbahnonter- 
nehmnngen  ertheilten  Eonzessionen  aufgenommen  werden  mußten. 

Schon  das  alte  Eisenbahn genetz  vom  2S.  Juli  1*<52  enthielt  in  Art.  14  die 
Vorschrift,  daß  jeweiiea  im  einzelnen  Falle  tlieiis  die  Zeitfristen  festzusetzen  seien, 
nach  deren  Ablräf  dem.  Bunde  daa  Becht  snatehen  eolle,  die  betrefTende  Eisenbahn 
sammt  dem  Material,  den  Gebftnlichkmten  nnd  den  Vorräthen,  welche  dazu  ge- 
hören, gegen  Entschiidigung  an  sich  zu  ziehen,  theila  die  Bedingungen  featsuetellen, 
unter  welchen  <ler  Riickkanf  gtattfinden  könne. 

Fnrrer,  VoUuwirtbacbkftv-Lezikun  der  Schweix.  9 

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I 


Stutibftliii^ 


—    130  — 


Staatsbafanoa 


DemgemXfl  wnide  regelmifijj;  bei  Genehmigung  der  von  den  Kantonen  er- 

theiltcn  Konsewonen  durch  die  Bundesversammlung  auf  den  Ablauf  des  30.,  46.» 
HO  7.').  lind  99.  Jahres  (resp.  Ablanf  der  Konxesaion),  vom  1  Mai  1858  an 
t:  hnet  (blüü  för  die  vor  1^^53  ertlieilten  Konzessionen  laufen  die  Fristen  vom 
Zeitpunkte  der  Betriebseröfiiiung  und  für  einzelne  spätere  Konzesiiiuncn  die  eat- 
sjmcheod  abgeKnderten  Frislen  voin  Datum  der  Bnndeegenelunigung  an),  dem  ^ 
Baade  da»  Ettokkanftirecht  im  Sinne  der  vorerwähnten  gesetzlichen  Bestimmung 
vorbehalten,  unter  Festnet/nn^  einer  Ktlndignngsfrist  von  fHnf  Jahren  und  von 
Bedingungen  bezüglich  Ausmittlung  der  zu  leistenden  Kntschädigung,  welche  als 
eben  so  vortheilhaft  für  die  Aktionäre,  wie  ruinös  für  den  Bund  bezeichnet  werden 
rnttoaen  nnd  folgenden  Wortlaut  haben: 

,Kann  eine  Verständigung  über  die  zu  leistende  Entx  liäiiiirungssnmme  nidit  erzielt 
werden,  so  wird  die  letztere  durch  ein  Scbiedsgerielit  hesiimmt. 

»Dieses  Schiedsgericht  wird  so  zusamuicngcsctzl,  dal^  jeder  Theil  zwei  Schiedsrichter 
wählt  und  von  den  letzteren  ein  Obmann  bezeichnet  wird.  Können  sich  die  Scbiedi-irichter  > 
über  die  Person  des  Obmanns  nicht  vereinigen,  so  bildet  das  Bundesgericht  einen  Dreier- 
voj-scblai,',  aus  welchem  zuerst  der  Kläger  und  hernach  der  Beklagte  je  eiueu  der  Vor- 
geschlagenen zu  streichen  hat. 

.Filr  die  Ausmittlung  der  Entschädigung  ppltcn  folgende  Kestimniungen : 

a.  iu)  Falle  des  Röckkaules  im  iJÜ.,  45.  oder  60.  Jahre  ist  der  föfache  Werth  d^ 
durch.schnittlichen  Heinertrages  derjenigen  10  Jahre,  die  dein  Zeitpunkt,  in  w«  Ichem 
dvr  Rund  den  Rückkauf  erklärt,  unmittelbar  vnran<:c'hen,  im  Falle  <Ie>  Huckk.mfes 
im  75,  Jahre  der  22V«fitche  und  im  Falle  des  Hückkauies  im  9ü.  Jahre  der  äUlkche 
Werth  dieses  RMnartrages  zu  bezahlen,  immerhin  jedoch  in  der  Meinung,  daß  die 
EnLschädigungssumme  in  keinem  Falle  weniger  als  das  ur^^prüngliche  Anlagekapital 
betragen  darf.  Von  dem  Reinertrag,  welcher  bei  dieser  Berechnung  zu  Grunde  zu 
legen  ist,  sind  übrigens  Summen,  welclie  auf  Abschreibungsrechnung  getragen 

oder  einem  Reservefonds  einverleibt  wunicn.  in  Aliziv-r  zu  hrinfren.  ^ 

b.  Im  Falle  des  Rückkaufes  iut  Uö.  Jahre  i^l  diu  inuLiiinaüliche  Summe,  welche  die 
Erstellung  der  Batin  und  die  Hinrichtung  derselben  zum  Betriebe  in  dieeem  Zelt- 
punkt kohlen  uünle,  als  Entsrbädiunmnr  zu  bezahlen. 

e.  Die  Bahn  sammt  Zugehör  ist  jeweilen,  zu  weichem  Zeitpunkt  auch  der  Rückkauf 
erfhigen  mag,  in  Tollkommen  befriedigendem  Zustande  dem  Bunde  ahautretem. 
Sollte  dieser  Verpllichtung  kein  GenO?e  '^'cthtm  werden,  so  ist  ein  Terbftitniß* 
mäßiger  Betrag  von  der  hückkaufäsumme  iu  Abzug  zu  bringen.  ! 
«Streitigkeiten,  welche  hi^rOber  entstehe  mflehten,  sind  durch  das  obenerwUinte 
Schiedsgericht  auszutragen.* 

Vom  Jahre  18ß9  an  wurde  die  litt,  b  weggelassen  und  an  deren  Statt  in 
Ett.  a  für  den  Rückkauf  im  99.  Jahre  der  löfache  Werth  des  Durchschnitt«-  ^ 
reinerteagee  als  maßgebend  beieiehBet.  Kodli  apCter  fimd  de»  8fteni  die  Beetimmong 
Anfhahme,  daß  im  Falle  dee  Bttckkaufes  bei  Ablanf  der  Eommnon  nur  noch  der 
Betrag  der  muthmaßlichen  Erstelinngekoeten  im  Zeitpunkte  dea  Btlckkaufee  ala 
Ectschh'dignng  zu  bezahlen  sei 

Diü  auf  den  Rückkauf  bezügliche  Bestimmung  des  früheren  ist  unverändert 
in  das  neue  Eisenbaliiigtit^etz  vom  23.  Desember  1672  (A.  S.  a.  F.  XI,  S.  1  ff.) 
ttbergegangen,  mit  der  Enreiternng  bloß,  daß  eventuell  den  Eaatonen  das  Bllok- 
kaufsrecht  vorbehalten  werden  solle  für  den  Fall,  daß  der  Bund  davon  keinen  | 
Gebntueli  iiiHclieii  würde.  In  den  hierauf  vom  Runde,  in  df'ssen  Hand  durch  dag 
neue  (iesety.  die  Kihcubahuhoheit  ausschiieUliub  gelegt  ist,  ertheilten  iionzestilunen 
fand  nach  Maßgabe  der  sog.  Normalkonzcssion  (Thun-Konolfingcn,  vom  17.  Sep- 
tember 1878,  E.  A.  S.  I,  pag.  137  ff.)  wibrend  einer  ganzen  Reihe  von  Jahren 
nnTerSndert  eine  Ruckkaufsklausel  Aufnahme,  welche  sich  von  der  früheren  nicht 
wcpcTitlich  unterfielieidet  Und  speziell  für  den  Buud  keine  giin>tigrcren  Bedingungen 
enthält.    Diese  RUckkauijiibei$timmttngen  der  Normalkouzession  lauten  wie  folgt: 


^StaaUbaimen 


131  — 


Staatsbahoea 


,FQr  die  Geltendmachung  den  HQckkaufsrechtea  de»  Uutules  oder,  wenn  er  davon 
lieiiien  Gebrauch  machen  sollte,  des  belheiligten  Kantons  gelten  folgende  Beslimmungeo: 

a.  Der  Rilekkauf  kann  frühestens  auf  1.  Mai  1903  und  von  da  an  jederzeit  erfolgen. 
Vom  Eutsclilulj  lies  RQckkaufes  ist  der  GesellschaR  drei  Jahre  vordem  wirklichen 
Eintritte  desselben  Kenntniß  zu  geben. 

b.  Durch  den  Rückkauf  wird  der  Rückkilufer  Eigenthümer  der  Bahn  mit  ihrem 
Betriebsmaterial  und  allen  übrigen  ZugeliAren.  Immerhin  bleiben  die  Drittmanns* 
rechte  hinsicliÜich  des  rcri^^ioiis-  uinl  riilerstfil/uri^'-^liuid-  vm  iK-h  ilti  ii.  Zu  ueU  lioni 
Zeitpunkt  auch  der  Rückkauf  ertolgeu  mag,  ist  die  Bahn  samml  Zu^bör  in  voU* 
kommen  befriedigendem  Zustande  dem  Bünde  bzw.  dem  Eanton  abzutreten.  Sollte 

die.ser  Veriithclitutifr  kein  (leiiOi^e  ;;c1li;in  werden  urul  sullte  ancli  die  V-Twenduni? 
der  JbroeueruDgs-  und  heserveiondä  daiu  nicht  ausreichen,  ao  ist  ein  verUäiüuii« 
m&fiiger  Betrag  von  der  ROekkaofssumme  in  Abzug  zu  bringen. 

«,  Die  EntM'huhjiun^'  lur  lirn  Hiickkiail'  hetraj^t,  sntvni  Iclzlen  r  l>i>  1  M;ii  l'JlS 
rechiiikrullig  wird,  den  25lkcheu  Wertli  des  durchr^clmittiicheu  HemerU'ageii  der* 
jenigen  zehn  Jftbre,  die  dem  Zeitpunkt,  in  welchem  der  RQckkauf  der  Gesellschaft 

notifizirt  wird.  uiiruilU  lh.ir  \ (iratit:<-lit'ii ;  -  snfern  <ler  Rrickkiuif  zw i>ch»  ii  licna 
I.  Miii  r.ilS  und  1.  M;ii  l',>:;;{  ertot't,  den  i>'J /.titr  heu  Uerlii ,  —  weun  der  Rück- 
kauf zwischen  dein  1.  M  ii  V.i'SA  mu\  dem  Al'l.iuf  der  Konzession  sirii  vnli/.ielit, 
den  üOt'.icheu  Werlh  des  *.l>en  iie-chrit-lienen  lleini'rtr,i>;e-^,  —  iniiturhin  in  der 
^ciuuu^',  dati  die  Entschädit^uiigsauiuuie  in  k<  ine[ti  Fulli'  weni^'cr  als  die  uucb* 
^wieseiieii  rrstMiah^'en  Anlagekosteu  der  l>e-trli)-n<!tn  Kinrit  htiinKoii,  jedoch  Unter 
Abzu}?  de«  Betra^'es  dos  Kmout-run^'s-  und  Hf-crvft' lud-,  lietra^'cn  darf. 

Bei  Ermittlung;  dfc  Aal<i;.'i-ku>teH  und  d---  Hcitnji  tra;:es  dai  l  l<-di;:licli  dii'  ihn-cU 
diesen  Akt  konzedirte  IvseuliahnuiUrrnchnuini.',  tuiI  Aus.^i-hlul.1  aller  anderen  etwa 
damit  verbundenen  Geächält^zweigef  in  Betracbt  und  Berechnung  gezogen  werden. 
'd.  Der  Reinertrag  wird  jrobildet  aus  dem  gesammten  Ueberschuß  der  Retriebs- 
einuahtuen  i'il>er  die  Dctriclpsaus^'abeti,  zu  wclcli'  l'-1/.trr<'ti  auch  di«.'ji'ni^:en  SiuimieQ 
ztt  rechnen  sind,  weiche  auf  Ab$chreibuo|Fsredmuug  getragen  oder  eioeni  iieserve- 
fondfl  einverleibt  wurden. 
9.  Im  Kalle  des  lliickkaut'es  inr  /('il[tunkl  des  Aldaiites  der  Kon/.c^^i.ui  ist  nacii  der 
Wahl  des  UücJikitulerä  entweder  der  Betrag  der  eräLmaligeu  Aula^ekuäteu  für  den 
Bau  und  Betrieb  oder  eine  durch  bundesgericbtliche  Abschätzung  zu  bestimmende 
Summe  iih  Entsrliadit^un;.'  zu  bezahlen. 
f.  Stveiti'^^keiten.  «he  ül)cr  den  Kiii-kkaut  und  damit  /us.iiaiiu'nliaii^'endr  Era>:.'ti  ent- 
stehen müt-hten,  unterlic/en  der  Enlsclu-iduu^'  des  Hundc-^-ern  litc-.. 
„Hai  der  Kanton  den  lluckkawt  di  r  Halm  licaerksftdli;.'t.  <n  i>t  der  Hund  nuiits- 
destoweniger  belügt,  sein  ihihoriL/es  Hecht,  wie  es  hievor  d(.dinirt.  wurden,  ji-dfr/.eit  ausi- 
zuüben,  und  der  Kanton  lial  milt-r  den  i^didrhen  Hechten  und  iMhchleii  da-  Halm  dem 
Bunde  ahzutreten,  wie  letiiterer  dieii  von  der  konzeasionirten  Geselläcbaft  zu  fordern 
i>@recixti^t  ijcwtüieu  wäre." 

In  neaenr  Zeit  erst  wird  regelmKßig  die  Bestiamung  in  litt,  daß  die 
.fotsebidigungsaumme  in  keinem  Falle  weniger  als  die  nachgewiesenen  erstmaligen 

Anlagekostcn  der  bestehenden  Kirr-  l'^ungcn  hetrutjcii  dürfe,  wci^ijelassen  und  als 
•erster  RUckkaufstermin  l!)!.')  festi^eiset/f ,  unter  ents|>r(chcnder  11  inausnickung  di-r 
für  die  Yeräohiedene  Bereoiinuug  der  Eiitbchüdi^ung  nach  dem  Keinertrag  .mai^- 
.^Bb6iideii  Temioe  (auf  1930  statt  1918  und  1946  statt  1933).  Ferner  sind  in 
•«Hk^JCp^^        Ittr  einselne  Speiial-  und  Straßenbahnen  untergeordneter  Be* 
ueutung  von  der  Nomuükonsession  abweichende  Bestiaiinttiigen  Uber  den  Rttok- 
.  Jiip£  ^ptr.'dTen  worden. 

Im  Jahro  IBöÜ  waren  die  eidirenös,wisohi-n  Küthe,  berufen,  /um  ersten  Male 
._y.ber,  die  Frage  deb  konzesbioiiämäßigeu  Kückkaute«  der  mci«tcü  5>ekweizeritw;hen 
l$irttp|>|lJ>nnn '  eisen  Bnteohetd  sa  treffen,  da  in  dieeem  Jahre  die  Kündigung  mit 
.'^Rezug  auf  die  am  I.  Mai  l^irtH  zum  Rückkauf  lalli^tn  Linien  hätte  ertol^in 
^vUfisen.    Der  Puirlo-Tath  gelau^^fe  in  seiner  be/iif:;liclicn  HoTsdiaft  vom  (1.  Mar/ 
1^**^3  (B.-B.  i,  pug.  2<.i7  luu'h   einl;iliiich«-u  Uutuieuehuugea  zu  dem 

^iilüs^e,  daß  zur  Zdt  auf  deu  kuiiz<^iuui>geuiäßeu  EUckkaul  der  Bahnen  nicht 
■eingetreten  »hjä^' ohne  den  Bund  großen  finanziellen  Gefahren  preisen- 


—    132  — 


Sliiatiiiioiiopole 


geben,  und  beantragte  daher,  tob  dem  Beobto  des  KttekkanliM  der  aobweiseriicben 

Eisenbahnen  zur  SSeit  keinen  Gebreodi  zn  machen.  Im  Nationalrathe  stellte  zwar 
die  Mehrheit  der  znr  Vorhemthimg  nie'h'rgefctzten  Kommission  den  Antrag?:  'len 
Baudesratb  mit  der  Abkundnog  der  JxoQzet>^ioutiu  für  die  Zentralbaha  und  deren 
Gemeinschaftsbahnen  zu  beauftragen;  allein  die  Mehrheit  der  Bäthe  trat  der  Anschauung 
und  dem  Antrage  des  Bandesraihes  bei  nnd  eo  nntarblieb  ittr  einmal  der  RttcUouif. 

Seither  liat  es  sich  im  Jahre  1888  darum  gebändelt,  auf  dem  Wega  des 
Vertrages  von  der  Nordostbahn  ihr  gesammtes  Unternehmen  fllr  den  Bund  zu 
erwerben.  Das  bezügliche  Kaufsanerbieten  des  Enndesrathes  wollte  aber  von  den 
Aktionären  niuht  so  wie  es  lautet«,  sonderu  nur  unter  gewissen  Bedingungeu 
angenommen  werden  nnd  fiel  infolge  deasen  dabin. 

Staatsbeftinte  s.  im  Supplement  MBnndeebeamte*. 

Stimtsmonopolc   und  S  t  a  a  t  s  r  e  g  a  1  i  e  n.    (Mitgetheilt  von  Herrn. 
Dr.  A.  Huber,  Statistiker  des  eidg.  Departements  des  Auwwärtigen,) 
Monopole  und  Regalien  in  der  Schweiz. 

IKeselbea  aiiid  tlieik  eidgenöBsische,  theilfl  kantonale*  Die  ietatmrim  4nd 
meiztens  Rlter  alz  die  erzteren,  weil  die  fädgenoesenschaft  bis  zum  Jabre  1848- 
(von  der  kurzen  helvetischen  Periode  abgesehen)  die  Regelung  de«  Wirthschafts- 
lebens  vollständig  den  Kantonen  Uberließ.  Umgekehrt  überwiegen  nun  die  eid- 
genössischen Monopole  und  Regalien  dusch  ihre  Zahl,  denn  die  Umwandlung  der 
Eidgenoflzenzobaft  vom  Staatenbund  nim  Bondeiztaat  bat  nkdtt  nur  das  politische 
Sobwergevicbt,  eondem  aneb  die  Kraft  rar  LSsang  großer  wirtbzohaflKeber  und 
sozialer  Probleme  au;^  den  Kantonen  in  die  Kidgenosaenschaft  verlegt.  Daher  am^ 
der  Uebcrjrnnp:  von  ehi-malö  kantonalen  Regalien,  wie  Zf^lle,  Müuzcmj,  Post,  Pulver, 
au  den  Bund,  daher  auch  die  anstandslos«  Verleihung  des  Telegraphen-  und 
Telephonregalrechtes  an  die  Zentralgewalt,  die  Aufpflanzung  des  Alkoholmonopola 
anf  mdgenBfldaebem  nnd  niobt  auf  kantonalem  Boden. 

Eidgenössische  Monopole  nnd  Regalien. 

Wie  vorhin  ^esaj^t,  hat  der  Bund  mehrere  Monopole  von  df^n  Kmitonen 
übprnommen.  Mit  ihnen  hat  er  den  Anfang  gemacht  und  sich  die  biziig:lKht  ii 
Kompetenzen  durch  die  Verfassnug  von  an<;t'eignet.    Diu  Artikel  23,  33, 

36,  38  erklKren  die  ZSlle,  das  Poetweeen,  die  U Unzprägung,  die  Fabrikation  nnd 
den  Verkauf  des  Sobießpnlvers  als  Bundessache.  Daz  Telegraphenregal  folgte  erst 
im  Jahre  1851  als  gfinz  neue  öffentlicho  Einrichtung,  die  Telephonie  im  Jahre- 
1877,  das  Alkoholmouopol  1885/H7. 

Ueber  ailu  vorgenannten  Regalien  hnden  sich  in  diesem  Lexikon  au  den 
durch  daa  Alphabet  bedingten  Stellen  Spesialabbandlnngen,  ao  daß  ea  Zdt-  nnd 
Baumversohwendnng  wäre,  hier  näher  auf  dieselben  einzutreten.  Dagegen  iat  daa 
Alkoholmonopol  noch  an  keiner  anderen  Stelle  beeproeben  worden  nnd  ge* 
langt  deßhalb  hier  zur  DarsteMtin^. 

En  tsteb  ung  d  es  A  Ikoholgesetzes.  Nachdem  die  schon  im  Jahre  1878 
in  der  BundesTeraammlung  aus  fiakalizcben  Grttnden  angeregte  httbere  Bestonerung 
▼on  Tabak  nnd  Sprit  in  dem  ZoUgcsetse  vom  20.  Juni  1879  einen  Torlftufigen 
Abschluß  gefunden  hatte,  wurden  unterm  23.  Dez.  1881  bü  Gelegenbeit  der 
Barathmig  d<s  Bndjrtts  pro  1882  die  f'ostulate  ie^estellt  nnd  angenommen*}: 

1)  Der  Buu<l>'-i  illi  witd  euigtfladrii,  von  der  im  Uunde&ge^i I/.  vorn  20,  ,luiü 
Art.  '2,  erhaltenen  Kniuichtitfung  betr.  EThöhung  dea  Eingcmgezolh^  nuf  limtixtirt  in  eic. 
bald  tbunlicb'-!  in  ^x  i;. neter  Weise  Gebrauch  zu  machen.  (Geschehen  durch  Bundes- 
beschluIS  vom  12.  und  17.  .Mai  1S82.) 

^)  Botschaft  des  BuadesrutUes  an  die  Bundesversammlung  betr.  die  Alkohollrage,. 
vom  ISO.  Nov.  1884. 


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Staatsmonopole 


183  — 


Staatsmonopole 


2)  Der  Bundesrath  wird  eingeladmi.  zu  prüfen,  ob  nicht  auf  dem  Wege  der  Ver- 

ständiguni^'  mit  den  Kanton<:refipnint7fr!  Maßregeln  zu  ergreifen  siml,  um  d'-m  <ricÄ 
Mteigernden  übermäßigen  Genuß  von  Alkohol  zu  steuern,  und  darüber  Bericiit  und  Au- 
trftgtt  TOfndegen. 

läne  von  d«r  Schweiz.  gemeinnatngeD  Geselkohaft,  welche  uch  in  ihrer 
Jahresver-^nTTinilnng  von  l^?^!  ibenfalls  mit  dieser  Frag^c  befaßt  hnttc,  rv.  difsfm 

•  Zweck  eiiige.setzte  und  beauilragte  Kommission  faud  die  Uraache  der  xuneliiuendeu 
TrunkAucbt  in  der  Zunahme  der  Wirthschaften,  welche  wiederum  eine  Folge  davon 
-aei,  dafi  dnroli  die  bterpretatlon  des  Art.  81  der  Boiideaverfiusiuig  der  GmndntB 
■der  Nonnalialkl,  welcher  vor  1874  den  meieteii  kantonalen  Wirthsohaftegeeetion 
zu  Grunde  gelegen  habe,  beaeitigt  worden,  and  beantragte  daher  in  einer  Eingabe 
▼om  Mai  1882: 

Es  sei  entweder  durch  eine  authentische  Interpretatiun  des  ArL  31  der  Buudes- 
Ywfassung  oder,  wenn  nöthig,  durch  eine  Ergänzung  desselben  den  kantonalen  Behörden 
der  endgültige  Entscheid  Qbcr  die  Amübu$tff  de$  WwtlwAaßsgewerheB  wnd  dt$  Klein' 
handeln  mit  Branntwein  zuzugeätelien. 

Femer  wurden  anterm  30.  Joni  1882  zwei  Poetolate  angenommen,  welche 
-weniger  klar  den  einxnaoblagenden  Weg  andeuteten. 

Diese  Postulate  und  eine  Reihe  von  Petitionen  veranlaßten  den  Bundesrath 
zum  Studinra  der  Frage.  Ea  erschien  1SK4  im  Begleit  der  einnchlätrigen  Bot- 
schaften eine  umfangreiche,  vom  damaligen  Adjunkten  den  eidg.  statifätiMchen 
Bureau  und  jetzigen  i)irektor  der  Monopol  Verwaltung,  Herrn  Milliet,  verlaiite 
•offizielle  Schrift:  «Yergleiehende  Bamtelloiig  der  Oeeetae  und  Erfabmngen 
•einiger  u  i  l  in  lischer  Staftten";  die  Bundesversammlung  nahm  unterm  24*  Jam 
l8l$5  die  MotbvTi  ridic;  j^pwcrdene  Abiinderui)^'  der  Bundesverfassung  vor. 

•  Diese  Ahäudernni;  be.Ntaiid  in  der  Einsclutltinin;  (»iTiirrpr  neuer  Stellen  in  den 
Art.  31  der  Verfassung  unJ  in  der  Aufstellnug  von  zwei  ganz  neuen  Artikeln. 
Im  folgenden  Abdniok  der  betreffenden  Theile  der  Bondeirerfraning  ist  das  Nene 
-dnroh  8dailffs<^riß  kenadioh  genuwdit: 

Art.  .?/.  Die  Freiheit  des  Handels  und  der  ricweibe  i-~1  im  ganzen  rnif.in^.'e  der 
Eidgenossenschaft  gewährleistet.  Vorbehalten  sind:  a.  Das  Salz-  und  Pulverregal,  die 
^idgenOflsiflchen  Zölle,  die  RingangsgebOhreo  von  Wein  und  andern  gei.stigea  Getrftnken, 

•sowie  andere  vom  Bumle  au>drnr  klicli  anerkannt!»  Vei  biauchssleuern,  nach  Maßgab»-  des 
Art.  3'L  b.  Die  Fabnkatiun  und  der  Verkauf  gebrannter  Wasser,  nach  Maßgabe  des 
Art.  $9^.  e.  Das  Wirthnchaftawegen  und  der  Kleinhemdel  mit  geistigen  Getränken^ 
in  dfm  Sf'nnr,  daf»  di'  Kmifunf  auf  (Jim  M'iijr  (ift  Grsrfzi/ihuiKj  die  Ausühumj  d'^s 
Wirthschaftsgewerl/ts  und  dts  K h  nihutidtls  riiif  geistigen  Getranken  den  durch  dun 
•öffenilic-he  Wohl  geforderten  Besdimukungen  nnti  ruerfen  können,  d.  Sanitfitspolizeiliche 
Maßregeln  ge<ren  Epidemien  und  Vieh.seuchen.  e.  Vcrffigunpen  Hher  Ausübtm?  von  Handel 
und  Geweiben,  über  Besteueruug  des  Gewerbebetriebes  und  über  die  Benutzung  der 
•Straßen.  Diese  Verfügungen  dürfen  den  Grundsatz  der  Handeb-  und  Gewerbeft«ibeit 
selbst  nicht  beeinlrru  liligen. 

Art.  ä2.  Die  Kuulone  sind  befugt,  die  im  Art.  31,  Utt.  a,  erwähnten  Eingangs- 
l^flhren  Ton  Wein  und  anderen  geistigen  Getränken  unter  folgenden  Beschrfinkungcn 
zu  erheben:  o.  Hei  ilrm  Bezug  (!<  r-L'lben  soll  der  Tmnsit  in  keiner  Weise  belä'-flgt  und 
der  Verkehr  überbaupl  so  weuig  al.s  möglieh  geheinnil  und  mit  keinen  anderen  Gebübrcn 

•  belegt  werden,  b.  Werden  die  für  den  (iebrauch  eingeführten  Gegenstände  wieder  aus 
drnr  Kiiiitou  au-nelnlirt.  s(i  ^^irid  <lie  In'z.ililfcn  Einjjangsj^'i-Iiühren  ohne  weitere  Belästigung 
zurückzuerslaUen.  t.  Die  Lrztuguisse  scb\veucri.-scben  ürf*prungs  sind  mit  niedrigeren 
■QebOhrtn  zu  belegen  als  diejenigen  des  Auslandes,  ä.  SiagangsgebOhren  von  Wein  imd 
anderen  geistigen  Uetrftnken  .schweizerischen  Ursprungs  dürfen  da,  wo  sob  be  sebon 
bestehen,  nicht  erhöht  und  in  Kantonen,  welche  noch  keine  beziehen,  nicbi  eingeführt 
Werden,  e.  Die  Gesetze  und  Verordnungen  der  KantDne  über  den  Bezug  der  Kingang.«- 
ffebübren  sind  der  Bundesbebörde  vor  Vollziehung  derselben  zur  Gutheißung  vorzulegen, 
damit  die  Nicfatbcadituttg  Torstehender  Gmndsftize  verbindert  werden  kann.  —  Hit  Ab* 
lanf  des  Jahres  1880  sollen  alle  EingangagebQhren,  welche  dermalen  von  den  Kantonen 


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dtaatsmonoptrie 


—    184  — 


Staatsmoni^ole- 


erhoben  werden,  >:owie  ahnllfJie^  von  diueliiMi  Gemeiiideii  bcngene  QebOhren  obne- 

EntsfhädiKun^  dalimrallen. 

Art.  s-j^i».   Der  Bund  ist  bt  fugt,  «m  We^  der  Cfe»etMgebung  Vornchriften  viber 

die  Fabrikation  und  den  Verkauf  (jebranntcr  Wasser  eu  erlassen.  Jhi  dieser  Gesetz- 
gebung sollen  diejenigen  Erstugnissc,  tceldtc  cnttceder  amgtführt  icvräfn  oder  eitte 
den  Genuß  ausschiiefimde  Zubereitung  erfahren  haben,  keiner  Besteuerung  unterworfen 
werden,  hau  Brennen  von  Wein.  Ohst  und  d'ren  Ahfälhn.  von  Enziunu  urzeln,  Wach— 
holderbeeren  und  ähnlichen  Stulf'en  fällt  betreffend  die  Fabrikation  und  Besteuerung 
nicht  unter  die  Bundesgesetzgebung.  —  Nach  dem  Wt  ijfull  dtr  im  Art.  32  der  Bundes- 
verfeuaung  erwähnten  Eingangagebührtn  auf  geistigen  Getränken  kann  der  Handel 
mit  solchen,  foeleht  nicht  gebrannt  sind,  von  den  Kantonen  keinen  besonderen  Steuern 
unterw  orfen  icerdcn,  nueh  anderen  lU'si  hrankumjm  aU  denjenigen,  welche  zum  Schutze 
vor  gefälschten  oder  gesunäheits^chääitdien  Getränken  nothwendig  sind.  Jedoch  bleiben 
hidtei  in  Betreff  des  Betriebs  von  Wirthsdtaften  und  des  Kleinverhaufs  von  ^uanivfote»- 
Wtter  :u<>i  Litr  die  dun  Kantonen  nach  Art.  .'il  zusteht  ndf  n  Kompetenzen  vorbehalten, 
—  Ihe  aus  der  Besteuerung  des  Verkaufs  gebrannter  Wasser  erzielten  Jteineinnahmen 
vertie^ien  den  KanUmen,  tn  welcAen  sie  mm  Beeng  gelangen. '—  Die  SeineinneJmen 
des  Bundes  aus  d^r  inJündiseJun  F"'  r;'-  >'  ,  j  ,  7  <  (.1?  dem  »  ntsprechenden  ZoUzu.^chlag- 
auf  eingeführte  gebrannte  Was.'^er  werden  unter  äie  summtlicheu  Kantone  nach  Fer- 
häUniß  der  durch  die  jeu  t  dirje  letzte  eidgenössische  Volkszählung  ermittelten  fakU»^en 
Bevölkerung  rn-theilt.  Von  dm  daherigen  Einnahmen  hahni  die  Kantone  irniiijstens 
10  %i  zur  Bekämpfung  de.^  Alkoholismus  in  seinen  Ursachen  und  Wirkungen  zu  ter- 
wenden. 

Art.  6  der  TJeherganfi^hestimmunrien.  Wenn  rar  Ende  de.s.  Jahres  1890  ein  Bundes- 
gesetz im  Sinm  des  Art.  äii'""  lutycfuJiri  wird,  au  falh  n  schun  mit  dessen  Inkrafttreten 
die  von  den  Kantonen  und  Gemeinden  nach  Art.  32  bezogenen  Eingangsgebühren  auf 
geistigen  Getränken  dahin.  V  —  Wenn  in  diesem  Falle  die  auf  die  einseinen  Kantime 
und  Gemeinden  berechneten  Antheüe  an  der  eur  Vertheüung  kommenden  Summe  nicht 
hinreirhrn  u  iirden,  um  dir  dah ingefallenen  Gebühren  auf  gt  iMigen  Getriiiiki  n  nach 
dem  durchschnittlichen  Jährlichen  Nettoertrage  in  den  Jahren  18S0  bis  und  mit  1884 
SU  ersetsen,  so  wird  den  betroffenen  Kantonen  und  Gemeinden  bis  Ende  des  Jahres 
1890  der  daherige  Ausfall  aus  derjeniijt  n  Summe  gedeckt,  let  h  he  deti  übrigm  Ktmtanen 
nach  der  Volkssuhl  gukommen  würde,  und  erst  der  Best  auf  die  letzteren  nach  ihrer 
VolkssaM  vertiteHt.  —  Außerdem  ist  auf  dem  Wege  der  Bundesgesetzgebung  su  5«^ 
m'rken.  dnß  denjenigen  Kantonen  oder  Gemeinden,  für  nclehe  das  Inkrafttreten  dieses 
Beschlüssen  etne  iiskaltache  Einbuße  zur  Folge  haben  kann,  diese  Einbuße  nicht  auf 
einmal  in  ihrem  vollen  Umfange,  sondern  nur  allmdlig  bi$  tum  Jahre  1895  erwachse. 
Die  Ititzu  .  rfordfrli'hrn  Entschädigungssummen  .'<ind  vorweg  aui  den  im  Art*  32^^»^. 
Alima  4,  Oczetehntten  Beineinnahmen  zu  entnehmen. 

Ueber  diese  BensioD  der  Baiideeverfassung  fand  die  ytflkaabetimmiiiig  am. 
25.  Oktober  1885  «tatt.  230,250  Stimmende  erklärten  aieh  für,  157«463  gegen 
die  RevuioD,  nlmlieh: 


Im  KaatOB 

Fflr 

Gcgrn 

Im  Kantaa 

FOr 

43.260 

10.656 

Obwalden   .    .  . 

2,054 

4.55 

Appenzell  A.-Rb. .  . 

4,939 

5,024 

St.  Gullen    .    .  . 

.  21,390 

15,672 

App'»nrell  1,-Rh.  .  . 

76» 

1.143 

SchalThausen  .  . 

3,654 

2,739 

Bu.sellaQ(i    .   .    .  . 

5.144 

i,439 

4.3(56 

1,354 

Baüebtadt  .  .  .  . 

2,371 

Sulutbum   .   .  . 

2.734 

8,391 

Bern  

23,633 

37,r)f;ri 

Ti'^<in     .    .    .  . 

11,151 

1,577 

Freüjurg  

(i.530 

7, in  7 

«5,295 

Genf  

2.054 

8,008 

Uri  

1,796 

1.175 

Glarus   

1,194 

3,660 

Waadt    .    .    .  . 

26,967 

3,618 

(JrauliQniJcn    .    ,  . 

5,853 

8,139 

Wallis    .    .    .  . 

12,955 

668 

Luzem    .    .    ,    .  . 

11.141 

2.861 

31,219 

31,693 

Neuenbürg  .  .  .  . 

8,759 

3,4U 

2ug  

1,957 

442 

Nidwaiden  .  .  .  . 

t,381 

319 

230,250 

157.463 

')  Oemftaa  dem  ertU-n  Abiats  dieses  Art.  6  und  Buudesratbiil>e«clilut-<  v.  m  1',   .Tuli  l.rtr  d'n 

Bucccisirtfu  Vollziig  drr  einzelnen  TheUe  de»  Bundengrsetzei  Tom  23  l>ca.  3s>'  lA.  ^.  d.  I'  ,  1:1  X,      ■  n  fl., 
115  ff.),  «inrt  die  Ton  A^n  Kaistonrn  und  flfmf  irj^lfTi  narh  Art        der  Hundrs^  i  rf;i^-iiii^;  ht-ZfL'cu'  n  1 .  lu  k'iiu  k'r- 
gehOhren  muf  B«i«ti«f'ii  firtniukcn  mit  iIi  rn  1.  ^.  pt.  I^s.  ihihlnirerBlIrn.    I>iiiiiit  ?iinl  Art.  ■•■2  iwl  Art. 
litt,  o,  MW«it  si«  »ich  au/  Kingiuigagebahreii  ftu  Wein  uad  «ndu«  geiatige  GeUkiU.e  bejBiehen,  «nsver 
Kult  «Mctek 


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Staatsmonopole 


135  — 


Staatsmooupule 


£0  verwarfim  somit  die  KantoDo  AppenziU,  Ben,  Freibiirg,  Genf,  Olante, 

Graublinden,  Solotluirn.  Ditse  Vorweffenden  waren  von  verscliiüdenen  (rründen 
geleitet.  Bern  und  Sulotburn,  als  HaiiptquartitTe  der  Schnapsbvennerei,  muchteu 
ibre  Privatint*?resKen  niclit  preisgeben;  Gmif  fürchtete  einen  AumUiII  in  seinen 
FinaozuQ;  Appeuzeü  folgte  beiocai  beliebteu  „J^üz  ueu^"  uud  die  Ubrigeu  Kuotoue 
Stenden  anter  der  Forekt  vor  der  Vertheaenitig  des  GlXeohens  des  armen  Mannee. 

Wie  sich  ans  den  hievor  mitgetheilteo  Revisiottsparagrapben  eigibt,  war  der 
durch  sie  verfolgte  Zweck  ein  mehrfacher,  uanilicli ; 

a.  Ein  poliiisckcr,  weil  der  IJund  damit  kurzer  Hand  die  Absicht  kundgab, 
duß  er  für  Löbuug  dicker  allgeuieiueu  Frageu  lüeme  Uübeit^reuhte  im  weittiütou 
Umfange  geltend  machen  wolle; 

b.  ein  dikcinamiseher,  infolge  des  bedeatenden  Interesses,  das  die  Eidgenossen» 

Schaft  an   drr  Vw'-   Iniekung   der  letzten  kantonalen  Zollschranken  haben 
mußte,  um  die  freie  Zirkulation  all(>r  Waaren  im  Inneren  der  iSchwciz  zu 
ermögliüb&Q,  »owic  inlolge  der  Küüksiebtnahtnc;  auf  das  relu  utttiouttie  lo- 
teresse  bei  allfölliger  Negoziation  Ton  HaDdelsverträgeQ ; 
e.  ein  fiskalisehert  weil  durob  Auibebnng  der  internen  Eonsumgeb&hren  die 
Möglichkeit  gegebeu    war,    die  beattgliohen   Greiizzölle  inn^  gewisser 
Schranken  -/n  erhidien,  um  sich  cvent.  vermehrte  Kitiiiahnien  zu  verscIialJeii ; 
d.  ein  sozialpolitischer,  bzw.  h/fft'rntavlHif,  wegen  der  Bekümptuag  der  i^'olgen 
des  ttbcrmäiiigen  Alkobolgermüseg. 
AofUngUch  war  man  im  Zweifel  darüber,  ob  man  sich  bloß  aaf  eine  Eegle- 
mmünuig  des  Wirthi^cbaftsgcwerbeij  beschränken  oder  t)b  man  ttberhau|it  weiter- 
geben wolle.    Man  entschied  sich  zu  h;tztereni,  in  der  Krwiignng,  daß  die  Vor- 
Wüstungen,  welche  der  Alkoiiu!isn)Us  iu  gewissen  'J'heilen  der  Schweiz  aiirielilete. 
uicht  uur  vom  übermäßigen  Geuuß  des  Alkohol»,  öüudern  auch  von  der  sebkuhtüu 
QnalitSt  desselben  berrtthrten,  und  daß  diese  ihren  Grand  in  der  unvollständigen 
Aui^rürtung  einer  großen  Ansahl  Ton  kleineren  Brennereien,  sowie  in  der  Panlseherei 
des  Zwisclienhand(ds  liatte. 

In  diesen  koneitatirten  Thatsachen,  im  Zusammenhalt  mit  den  oben  angefühlten 
Zwecken,  ergaben  bieh  denn  auch  <Ue  nülbigeu  Direktiven  für  den  Bund  zur  Jie- 
Imdlung  und  LOsnng  der  Frage.  ') 
Die  Aufgabe  des  Bnudes  war : 

1)  Eine  Verminderung  <ies  Brauntweinkonsams  herbeizuführen; 

2)  eine  bessere  Qualitiit  dieses  (ictränkes  zn  sichern; 

die  Utibeiatünde  zu  b^eitigen,  welche  mit  dem  privateu  Breuuereibetrieb 
.  qihL  BranntweiuTerkanf  verbunden  waren; 
"'1^'^^  finanzielles  Besnitat  au  eraielen,  welches  gen'dgend  sei,  um  den  in 
0.       Art,  82*'*  der  Bundesvei  fassung  und  Art,  f.  ihrer  Ueb-rgungshestimmungen 
'      übernommenen  Veri)flichtungen  zur  Eniia&tung  der  nicht  gebrannten  Ge- 

tränke  gerecht  zu  worden. 
...  Aufgabe  sollte  aber  gelöst  werden  unter  müglichi^ler  Siclicrung  der 

^fin^jea^iiääi^  dee  Bundes,  femer  sollten  die  in  der  Brennerei  liegenden  land*  und 
.jfiduMtrie'wirät^baftfiohfln  Interessen  gewahrt  werden. 

V'y\  nun   die   neuen  Verfassuiigshcstimmnngfn  (Art.  ?>2""  und  Art.  u  der 
UebergangKheKtimmungen)   zur  Ausführung  zu   bringen,    legte  das  i  idgcniis-is«  he 
jartemcnt  desi  Inueru  alü  Ergebniß  seiuer  bezügüuhcu  Studien  drei  vurbcbiedeue 

dk  auf  Tersohiedenen  Wegen  das  vorgesetzte  Ziel  2u  er- 

das  Bondcsrathes  vom  8.  Oktober  1886. 


StaatsmoDopole 


136  — 


Staatsmonopole 


Entwurf  I  Heß  die  privatwirthaeliallliobe  TUttigkeit  im  Gänsen  ftei,  maelite 
aber  das  Brenntreigewerlt«  koniewionspflichtig.  Kur  ein  technisch  rationelltr  Bo» 

trieb,  iler  tRglirh  mindestens  zwei  Hektoütnr  .-lO  ''/o-hnltigen  Sprit  zn  erzeugen 
vermag,  wird  gestattet.  Nur  rektitizirter  8prit  darf  in  den  Verkehr  gebracht 
werden.  Pro  Hektoliter  absoluten  Alkohols  sollten  Fr.  bU  Steuer  erhoben  werden, 
wobd  dem  inlXiidiaelieii  Fabrikat  10  ^/o  Sokwnnd  in  AnreohnnDg  gebraoki  würden. 
Fttr  das  iiilSndiaolie  Fabrikat  benlüte  naob  dem  Entwurf  der  Brenner  die  Steuer, 
für  den  importirten  Sprit  der  Importeur  in  der  Form  eines  Zollzuscblages  zu  einem 
ZoU,  welcher  die  Konkurrenzf(ibi|;keit  den  heimischen  Fabrikanten  möglich  macht. 

Nach  Entwurf  II  können  unter  denselben  Voraussetaungen  Brennt  reien  ge- 
bildet und  betrieben  werden,  wie  nach  Entwurf  I.  Der  gesammte  Rohsprit  geht 
aber  in  die  Hand  des  Bundes  Uber,  der  ihn  snr  Beinigang  an  konieerionirte 
SektifikationBeiistaltea  abgibt.    Der  Bund  ist  bereditigt,  bei  drobender  TTeber- 

Produktion  Betriebsbeschränkungen  durch  bestimmte  Eontingentirung  anzuordnen. 
IHe  Brenner  find  gehalten,  gegen  einen  bestimmten  Normalankanfspreis  von 
Fr.  bü — 70  ihr  ganzes  Produkt  an  den  Bond  abzuliefern.  Dieser  ist  auch  der 
einzige  Importeur.  £r  gibt  seinen  Vorratb  an  einbeimieober  vnd  ausUbidiMiher 
Waare  gegen  einen  mm  Voraus  normirten,  den  Stenersosdilag  in  sich  entbaltenden 
Verkaufspreis  an  konzesMionirte  Reinigangianstalten  ab.  Die  letzteren  bringen  das 
Produkt  nach  stattgehabter  Raffination  in  den  Handel  zu  den  vom  Bnnde^rath 
genehmigten  THrifsätzeu  (Fr.  160 — 170  per  Hektoliter).  Dieser  Entwurf  kuusti- 
tuirt  also  das  Großhandelsmonopol.  Immerhin  sind  gegen  die  ungesunde  Bildung 
privater  Großbandelsmonopole  bestimmte  Kailtelen  Torgeeeben.  Kleinhandel  und 
Anssdiank  sind,  wie  in  Entwurf  I,  an  einige  gewerbepolizeiliche  Maßnahmen  der 
Eidgenossenschaft  und  an  die  fiskalischeii  Anfordeningen  der  Kantone  grbunden. 

Bfi  F,}!ftviirf  III  wird  die  ganze  private  Brennerei  beseitijjt  und  die  Brauut- 
weinbrenuerei  zum  Bundesmonopol  gemaclit.  Der  Bund  kann  danach  st'lbst  die 
Fabrikation  Uberiiehuieii  oder  sie  in  Pacht  geben.  £r  kann  sie  aber  auch  im 
Inlande  ganx  unterdrücken  und  den  Bedarf  durch  Import  decken.  In  jedem  Fall 
hat  er  Sorge  zn  tragen,  nur  entfuselten  Branntwein  zum  Konsutn  gelangen  au 
lassen.  Der  Großhandel  ist,  wie  bei  Entwurf  I.  tinter  Vorbehalt  gewiaser  Ein- 
und  Auflfuhrbedingungen  in  seiner  jetzigen  Form  unangetastet  gelassen.  Klein- 
handel und  Ausschank  &iud  uualog  i  und- Ii  geregelt.  Es  steuerte  dieser  Entwurf 
auf  eine  allmSlige  Beseitigung  der  inlKndisehen  F^duktion  bin  nnd  geht  von  der 
Yoranssetning  aus,  die  inländtsdie  Produktion  habe  keine  hohe  wirthschaftlidie 
oder  Überhaupt  keine  Berechtigung:  auf  Fortexistenz. 

Bei  Kntwurf  1  ist  dem  inlaudisehen  Produzenten  durch  die  Einiubi ziUie, 
bei  Elitwurf  II  durch  die  Abnabmeptiicht  des  Bundes  für  sein  (jewerbe 
Sobuta  gewKbrt.  Das  Departement  des  Innern  hatte  Projekt  II  in  Vorschlag  ge- 
bracht, der  Gesanrnt-Bundesrath  einigte  sich  aber  auf  das  amendirte  Projekt  X 
und  legte  der  Bundesversammlung  durch  Botschaft  vom  8.  Oktober  1?586  einen 
bp/H;;]iehen  Gefetzesentwnrf  v  ir  In  der  nationalräthlichen  Kommission  von  elf 
Mitgliedern  wurden  die  vorgelegten  Projekte  in  lebhafte  Behaudiung  genommen, 
und  sie  ging  am  Schlüsse  ihrer  Verhandlung  mit  keinem  der  vorgelegten  Projekte 
einig,  sondwn  stellte  ein  eigenes  Projekt  auf  Bssis  der  Projekte  Ui  und  II  auf. 
Die  Majorität  der  EummitjHion  fiirohtete,  daß  die  Anwendung  .sehr  huher  Einfuhr- 
zollanwitze  und  h  du  F.il  i  ikatsbesteueninj^  aueb  zu  großer  Defrande  Anlaß  geben 
und  daher  ein  zaUlreicheä  Aufsichtspersunal  nothwendig  machen  wüide. 

•)  Bnndesblatt  1886,  Bd.  IB,  S.  4SI  ff. 


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Staatsmonopole 


—    137  — 


Staatämonopole 


Im  F«ra«ren  Milien  ee  der  SominiBaon,  dafi  di«  hoben  Anforderungen  tta 
clie  einseinen  Brennereien  ein  faktisohee  Fabrikations-  bzw.  Verkaufsmonopol  kon- 

f^tituiren  wilflfii.  Sie  entschied  sich  daher  in  endgültiger  AhstimmiiTig  (^>^»'b(in 
gegen  drei  Stimmen)  auf  eine  KombiDation  von  Verkaufs-  und  jb^abrikatioDtimonopol 
und  suchte  im  Uebrigen  die  hauptsächlichsten  betheiligten  Interessentenkreise,  die 
Landwirthaoliafl  ond  die  Brennernen,  vod  swar  beModen  Meh  die  kleineren 
BrMuereien,  auf  der  einen  Seite,  Howie  die  Komnmenten  und  den  Fiskus  anf 
der  anderen  Seite,  in  gebührende  Beril(;ksiclitigung  zu  ziehen. ') 

Dieser  Kommiesionalvon^chlag  wurde  von  der  Bundesversammlung  im  Prinzip 
angenommen  und  zum  Gesetz  erhoben.  Es  passirte  am  15.  Mai  1887  die  V'olks- 
«betiaimiiiig,  wobei  eidi  367,12S  Stiminen  für  die  A&adiiiie  und  138,496  Stimmen 
fOx  die  Verwerfung  eigaben. 

Dae  Qeeeti  hat  folgenden  Wortlaut: 

Art,  1.  Das  Recht  zur  Hor«Jfllim^'  und  zur  Einfuhr  ^ohrannter  Wasser  aiT;  Sfoffen, 
deren  Brennen  der  Bundesgesetzgebuuj;  unlerälelU  »lehL  au^hließiich  dem  Bunde 
zu.  Der  Bund  ist  verpflichtet,  dafür  xu  sorgen,  daß  die  TQr  Verarbeitung  zu  Getröoken 
bestimmten  ^reftrannten  Wn<;«pr  ^enrij/rnd  (rpreinigt  seien.  Suueit  der  Bedarf  durch 
inländische  i'rndukUou  geiltckl  werden  soll,  rtberträgl  der  Hund  die  erforderlichen 
liefenui^'on  an  die  Privatthäti^rkeit  nach  Maßgabe  von  Art.  '2. 

Art.  2.  Annähernd  ein  Viertheil  de«*  Bedarfes  an  gebrannten  Wassern  wird  durch 
Lieferungsverträge  beschafft,  welche  der  Bund  mit  inländischen  Produzenten  abzu- 
srhlieUen  hat.  Die  Lieferungen  werden  vom  Bundesrat lio,  nach  F  eststellung  des  Pflichten- 
heßes,  in  Loosen  von  mindestens  löO  und  höcbsieus  lOÜO  Hektolitern  absoluten  Alkohols, 
fBr  Üebemahnie  ansfeschrieben  und  anf  Grund  der  Ar  die  einzelnen  Lno^e  eingelangten 
Angebote  an  Diejfnii-'fn  ver^ielnii,  welche  bei  zureichtiuhr  iJaraiitie  dif  günstigsten 
Bedinf  ungen  stellen.  Bei  der  Vergebung  ist  das  Brennen  einheiini^cbcr  Rohmaterialien 
und  der  Brenobetrieb  in  Form  landwirtbsehaftlicher  Genossenscbaflen  vorzugsweise  zu 
berücksichtigen.    Keine  Brennerei  erhätl  tiietir  als  ein  Loos  zugeschlagen. 

Art  3.  Die  Eintubr  von  Qualitätsspirituosen  wird  zu  den  vom  Bundesratb  auf* 
xusleUenden  Bedingungen  und  gegen  eine  feste  Honopolgebflhr  von  Fr.  80  per  Meter- 
zentner Bruttogewicht  nebet  Elngaogszoll,  ohne  ROcksieht  auf  den  Alkoholgehalt,  auch 
Privatpersonen  ijestattet. 

Art.  4.  Die  gebrannter»  Wasser  werden  vom  Bund  in  Mengen  von  mindestens 
150  Litern  gegen  Baarbezahlung  abgegeben;  <ier  Verkaufsiu<i-  wird  vom  Bundesrath 
zettweise  testgeselzt  und  iiu  Buude.sblatt  veröffentlicht.  Derselbe  soll  per  Hektoliter 
«bMjluten  Alkohols,  ohne  Gebinde,  nicht  weniger  al»  Fr.  190  und  nicht  mehr  ab  Fr.  160 
betragen. 

Art.  5.  Bei  der  Ausfuhr  von  Erzeugnissen,  zu  deren  Her-;tellung  steuerpflichtiger 
Alkohol  verwendet  wird,  ist  die  Menge  desselben  nach  dem  Verhältnisse,  in  welchem 
«r  bei  der  betreffenden  Fabrikation  Verwendung  findet,  zu  ermitteln,  und  es  ist  für  den 
«ntspredienden  Monopolgewinn  am  Ende  des  Reehnung«ijahres  HQekvergütung  zu  leisten. 
Diese  Rnckverpiltuni?  wird  vom  Bundesrath  nach  MaG:,'alK  des  durchschnittli.  Ik  ii  T'ul.  r- 
schiedes  zwischen  dum  Verkaufspreis  und  dem  Anschaffungspreis  der  eiugelührtcn  ge- 
brannten WasMO*  Ooeo  Magazin)  berechnet.  FQr  AusAihrmengen  unter  SO  Litern  wird 
die  Rückvergötung  iii<  hf  jrelr>i-ief. 

Art.  6.  Zur  Verwendung  fQr  teclmische  und  Haushallungs-Zwecke  werden  die 
hiezu  geeigneten,  in  der  Regel  den  wohlfeilsten  Vorräthen  zu  entnehmenden  gebrannten 
AVasser  aus  den  M  ii-'azirieii  .le-  Hunde-  in  Men^'en  von  15()  Litern  au  zum  Selh^tko-ten- 
preis,  bei  impurlaler  Waare  unter  Hmzureelinung  des  betrefVendeu  EuigangszoUeä, 
denaturirt  abgegeben.  Der  Bundesratb  wird  die  Bedingungen  ond  das  Verfahren  fest- 
stellen, denen  die  Denaturirung  unlerw«n  leii 

ArU  7.  Das  Hausiren  mit  ^'ebniiuiteu  Wassern  jeder  .Art,  sowie  der  Ausschank, 
von  solchen  und  der  Kleini  n  1  mit  denselben  in  Brennereien  und  sokiien  Geschäften, 
in  denen  der  besagte  Aus.-«  hau k  und  Kleinhandel  nicht  im  natilrliehen  Zusammenhang 
mit  dem  Verkauf  der  übrigen  Hiindelsarlikel  stehen  würde,  sind  vet boten.  Vorbehalten 
bleibt  der  Kleinhandel  mit  denatttrirtem  Sprit  and  der  Kleinhandel  aus  Brenn««iea 
nach  Art.  8,  Alinea  4. 

')  Beric  ht,  Protokoll.  Gesetzesentwurf  der  Kommission  des  Nationalralhes;  Bundes- 
blalt  1^86,  Bd.  III;  Beilage  zu  .Nr.  47  des  Bundesblaltes. 


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I 


Staatsroonopole  —    13b    —  Staatsmonopole 

Art.  H.  Der  Verkauf  von  ^'cbriiunteu  Wasser  i  I  i  Art  in  Qunnlit.ilen  v<in  rnirKle^ 
f?tons  40  Litern  ist  ein  freies  (u  «'*;rb<'  t^iroliliiinciel).  Der  Hainit'l  init  klciiiern  (Juiintitaten 
(Klcinlian<{eli  zertälll  in:  It  <it'ii  Aus-cliaiik  zum  (icnuU  aa  Ort  und  Stelle:  i>i  «len 
Kleifivcrkaof  ül»er  die  (ia<<«-.  Die  Hewilli^'un^-tu  zum  Ausschank  und  Kleinverkauf 
werden  von  den  kaiiloiiulen  Hehtuden  erthoill  und  siüd  an  eine  der  Cirolic  iin<i  dem 
Wortlif  lies  (  nisalzes  ettl>j)re<  !H'M<le  Verkanfssleiier  ZU  knfiiden.  welche  l>i<  zum  Krlaß 
i'ines  Huiides^resetzes  von  den  Kantonen  fest^'esetzt  wird.  Uretiiier  jedocb,  welche  ita 
Dämlichen  Jabre  höchstens  40  Liter  nicht  hundeasteuerpflichtigen  Branntwein  darstellen,  ^ 
dflrfen  ihr  Erzeuji^iß  in  Qaantititten  von  mindestens  5  Litern  frei  verkaufen.  Die  6e* 
fBfte  der  Scliaiik>ti-lli-ti  -ind  ei»  liptliiditi^r. 

Art.  ^.   Die  Kantone  äind  verpUichlet,  die  Auüiicht  über  den  Handel  mit  den  vom 
Bunde  abg^geljeneD  gebrannten  Wassern,  sowie  Ober  die  Fabrikation  und  den  Verkauf 
des  niehl  liimdesst.eiieiiilli'-ljtit-'eri  Rrauntwein-  zu  ü\>vu. 

Art.  Ii».  l)n-  Duiclitüluunj,'  den  ütiafcLzeü  in  seinen  ril>ri^en  Thcdcn  lie^'l  dem 
Bundesrathe  ob.  welcher  bieMr  die  nOthigen  Volli!ehun^?erordnunfen  erlassen  uod 
die  ertordf rlirtitin  Or;:.in<'  li<Zficlin<n  uird.  iKr  Huti<it'si atli  kann  die  Milwirkunj,'  der 
Kaotuue  iieausprucLcu,  in  weli  liein  Fallt-  <!ensell>tiu  lidclu-vwi.  setic  Kosten  zu  vt  r^Mileo 
sind.  Der  Bund  wird  die  zur  UurohtiilirunK  des  Gesetzes  eif'urderlicben  Sumnu'n  der 
.Mono|>oivri'waltun<.'  vur-<'iM*-L.en,  weUtie  diesulbea  ZQ  verziaaea^  beäehangsweise  in  an- 

fcrenif.-seiii'u  ZejLi aiinKMi  zu  amorti-iren  hat. 

Art.  H.  D«r  Hund  bezielil  von  allen  ein^'diUu ten  Spirituosen  die  betrelVfndtjrt 
Zulkadiiiliren  und  bat  die  kosten  d*-r  Mouopolverwaituiiv'  und  die  der  Zollverwaltung 
durrti  da^  Monopol  vemrTOchten  Mehrkosten  in  Anrcchnnni^  zu  brin;;en. 

Art.  Die  Hcineiiinahnien  der   Monopolvt,rw;iltuntr  werden,   vorbehaltli«  ii  der 

Vorschhttea  im  Artikel  6  der  üehergangahestimraungen  zur  MundesTerfanung,  unter  die 
s&mmtlichen  Kantone  nach  VertiSltniß  der  durch  di<  jeweilige  letzte  eidgenössische 
Volk-z.'ililiiii^'  ermittelten  t'aktisrhen  HeviilkeruDg  Terlheilt.  Der  RechDUDgsabscbluS 
hudet  jeweiieu  aul  den  3i.  Dezember  statt. 

Art;  18.   Die  Kantonsregieruogen  haben  Ober  die  Verwendung  der  zur  Bekftmpfnng 
ik>  Alki liiolisniu-j   nai  h   Al  l.  ^t-J'""  der  Hund»      rta»ii!iy   he^timtnti  ii   1<)  ■  >  ihrer  Km- 
uahiueu  jedetj  Jahr  au  den  liutides^ralL  Iktncht  tu  er^lalieu,  und  es  »lud  die  bezüglichen  4 
Berichte  der  Bundesversammhtng  gedruckt  vorzulegen. 

.\rl.  l  t.    W*  f  lim  Htstininiiiu^icn  diesis  Gesetzes  zuwiderliandelt,   indetn  er  un-  ^ 
betiigtcr  Weis*-  ^.'ehraiinl.'  W  ism  i  erzeugt,  oder  die  beiu^ler  WeisiC  erzeuj^te  Meniie  an 
solcher  Waare  nidit  voll-t  indi/  abliefert,  oder  «leb  eine  ungerecMfertikde  Hnckver- 

pitun;„'  Ziiwetiilet.  uiler  deii.itunrt  lu-zi'^'eiie  VTaare  zu  antU-rn  als  den  >^es!;lHelefi  /.wecken 
verwendet,  micr  aut  unreclitm.'iL.i^'e  \Vei-e  -ich  /ehranule  \Vas=cr  ver>cltain,  ist  mit 
einer  (leldlmi.ie  /.n  heje^'eti,  Welclie  das  FflTif-  Ins  Di eil.'ii;-daclie  der  <leni  Staate  unter- 
scij|a;_'eneti  Suiiiine  lielra^'t  Kann  die  letztere  nicht  errninell  werden.  <n  tritt  Geld» 
Itui.ie  von  Fr.  hi-  In.OOO  ein.  Befindet  sudi  der  Fejilltaie  im  Kuckf.ille.  «»der  bestehen 
orscbweri^iide  rm-tiinde,  so  kann  die  (leldltuLa;  verdupjielt  und  lUtcrdte-^  aut  Getinigniß 
bis  zu  »echs  Moualeu  erkannt  werdeu.  Der  Versuch  der  iii  diesem  Artikel  mit  Strafe 
hedrohlpn  Handhmfren  wird  der  Vollendung  f?le!rh  prehallen. 

Art.  I'>.  AuLier  den  im  vorii.'en  Artikel  trenaiinten  Fällen  wird  .jeile  Uebertretunff 
dieses  (iesetzes  oder  der  zur  Auätühruug  dei^ibeu  erlameueu  Verordnungen  mit  tield- 
bttfie  von  Pr.  90  bis  500  bestraft  Die  Buße  belrSgt  Fr.  öO  bis  1000,  wann  der  Fehl- 
bare  di(!  Vornalmie  der  andliclien  Kootrols  ZU  verhiudem  fssnchl  bat.  Vorbehalten 
bleibt  Artikel  47  de»  Buudeüätnifrecilts. 

Art  10.  Von  den  Bufien  und  Creldstrafen,  welche  auf  Grund  dieses  Ciesetxe»  be- 
zo^'en  werden,  kommt  ein  rhilltlieil  dem  .\nzeij^er.  ein  Dritttheil  dein  Kaiitnn  und  eni 
Dntttüeii  dei' Gemüiude  2u,  in  ueicliur  die  Wider hiindiun^  i»tattgei'uudeu  buU  Wu  kein 
Ariste iger  ist,  f9Ut  auch  der  .An/«  itrerantheil  in  die  Kantooskasse.  In  Fftllett,  wo  die- 
llelterlrelun;.'  durch  Beamte  ')der  B<'dieii>lcte  der  /ollverwaKuni^  ermittelt  Wird,  geschieht  ^ 
die  Vertiieilaug  uactt  AiU  ü7  de»  Zollgcj^cUeä  vom  ^7.  August  Ibol. 

Art  17.  Mit  Bezug  auf  das  Verfahren  bei  Uebertretungen  dieses  Gesetzes  oder 

der   /.nr   AustülirnniT   desselben   erhisscnen    Veii)iiirnue,.'en    trilt    d-i-^    Bimde-^ije-etz  voiIJ 

üAt.  ium  Ib^  beireliemU  da«  Verlahreu  bei  Lebertretungen  Ibikaliächer  und  polueibeber 
Gesetze. 

Art.  18.  Die  Ei;„'eiitli inner  der  bestehenden  Brennereien  werden  von  dem  Bunde 
für  den  Minderwerlli  eul4?ebädigt,  welchen  ihre  zur  Fabrikation  von  gebrannten  Wassern 
verwendeten  Gebäude  und  CinrichUiDgen  durch  die  Vollziehung  des  Art.  1  diese-  Ge- 
setzes erieiden.  Bei  der  Ausmessung  dieser  £ntschftdtgung  darf  der  bisher  durch  di« 


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Staatsmonopole 


—    139  — 


Siaaüfiinonopole 


Brenn««!  erzielte  CSewinn  nicht  in  Rechnnni^  gebracbt  werden.  Der  Anspmeh  auf 

Bntschfldigunji;  ist  auf  dipjenipon  Eigenthünicr  heschrlnkt,  deren  Brennereien  vor  dem 
tt.  Oktober  1885  errichtet  und  bis  zu  diesem  Zeitpunkte  betrieben  wurden  und  welche 
flberdies  auf  die  durch  Art  91^  der  Verfasong  gestattete  Fabrikation  verxidbiten.  Wa 

eine  gfitliche  VersflHiidI;.'ung  über  die  Höhe  der  Entsrli"idii.'iini,'  nirht  stattfinden  knnn, 
bat  die  Ausnüttlung  derselben  durch  Schätzungskomini^iuuen  zu  i>fe»cheheu.  Diese 
Schätzungskommiflsiooen  sollen  aus  je  drei  Mitgliedern  bestehen,  wovon  das  erste  dureh 
das  Bunde^pprirht,  das  zweite  durch  den  Bundft<r;i)li,  das  driltt-  dnn  h  die  Regierung 
desjenigen  Kuuluns  zu  erncimeu  ist,  in  de.<:sen  Gebiet  die  zu  eul.'it  luitligende  Brennerei 
sieh  befindet.  Gegen  den  Entscheid  der  Schätzungskomraissioti  kann  jeder  Bctheiligt& 
innerhalb  JiO  Tagen  nach  Zustellung  des  Ent'^cheides  beim  Bundesgericht  Beschwi-rde 
fahren.  Geschieht  dies  nicht,  so  i«it  der  EuLscIieid  der  Schätzungskommission  als  in 
Rechtskraft  erwachsen  anzusehen.  Das  von  dem  Bundesgericht  und  den  Schätzungs- 
kominissionen  einzuhaltende  Verfahren  wird  durch  eine  besondere,  von  dem  Bundes- 
gericht anf^stellende  Verordnung  geregelt,  für  welche  das  Gesetz  vom  1.  Mai  1850, 
betrefTend  die  Abtretung  von  I'nvatrechten,  als  Grundlage  zu  dienen  hat. 

Art.  19.  Der  Bund  hat  das  Recht,  die  bei  dem  Infcrantroten  des  Gesell.  <  im 
Lande  befindlichen,  über  '/«Hektoliter  betragenden  Voiralbf  monopolisirter  gebrannler 
Wasser  gegen  Entschädigung  an  sich  ZU  ziehen,  insoweit  die  Eigenthflmer  solcher  Vor- 
räfhe  es  nicht  vorziehen ,  dieselben  gegen  Entrichtung  der  betreffenden  Steuer  zu 
behalten.  Erklärt  der  Bund  die  Uebeniahme  di?r  Vorrütlie.  so  sind  die  Besitzer  zur 
Anmeldung  verpfh«  hlot.  Verheimlichung  der  Waare  hat  Konfiskation  derselben  und 
Bestrafung  nach  ArL  14  zur  Folge.  Oer  Uebernahmspreis  wird  durch  Kommissionen 
von  SachveratAndigen  festgestellt,  weiche  der  Bunde^^rath  zn  diesem  Zwecke  zu  bestellen 
hat.  Bfi  Fesl.sielluiig  der  nach  diesem  Artikel  zu  übernehmenden  Spirituosen  haben 
die  Kautone  gegen  eine  nach  der  Zahl  der  Äbgeber  und  der  Gesamintböbe  des  Ueber- 
Babmsprelses  Mmeeeene  VergQtung  dem  Bund  auf  Verlangen  ihre  Mitwirkung  za  leisten. 

Daa  Geeets  wnrde  mit  dem  27.  Mai  1887  ala  ToUstebbar  erkUit,  und  swar 

in  dem  Sinne,  „daß  dt  r  Bc-^ion  der  Wiiksarakeit  für  die  einzelnen  Theile  des 
Gesetaes  durch  .spätere  Schlußnuhmen  des  Kutidpsrathes  fc8tzxisetzen  sri.  ')  Die 
effektive  Invollzugaetzung  im  tiinne  dieses  Beschlusses  ließ  nicht  lauge  auf  sieb 
warten. 

Dnreh  YerVffentliobttngm  im  Bnndesblatt,  Anfangs  Jnni  1887,  worden  die- 
jenigen Gewt-rhetreibeuden,  welobe  in  ihren  Grewwben  denaturirten,  d.  b«  mm. 
Trinkgebrauch  untau;^li(;h  gemachten,  Alkohol  verwendctm,  ♦■ingchulcn,  fiir  even- 
tuellen späteren  Bezug  sich  beim  eidgenrwsischen  Fiiianz'lcpartt'inent  auzuniehloa 
und  dabei  zugleich  die  gewünschten  Dcuaturirungsmethodeu  auzugebeu,  um  e» 
dem  betrefTeoden  Departement  an  ermöglichen,  Art.  6  des  Geaetaes  reglementB' 
mäßig  auszufuhren.')  Am  29.  Juni  1887  wurde  der  Bundesrath  ermMditigt, 
für  die  Durclifiihi  ung  des  Alkoholgesetzes  eine  Anleihe  im  Maximalhotragc  von 
Fr.  10' ÜUU, 000  autzunehmen,  welche  Befugniß  durch  Bundesrathsbesoliliiü  vom 
16.  August  IböT  dem  Finanzdepartement  dolegirt  wurde.  ^)  Am  10.  Juli  18Ö7 
ondlicb  erklärte  der  Bnndesratb  das  „BundetgesHt  beireifend  gebrannte  Wamr" 
als  in  seinen  banptslchlichsten  Bestimmungen  in  Kraft  bestehend.*) 

Danach  wurde  am  20.  Juli  1887  begonnen,  alle  Brennapparate,  welche  bia 
dahin  monopolpflii htige  Rohstoffe  (Getreide  udiI  Kartoffeln)  gebrannt  hatten,  unter 
Siegel  zu  legen,  und  an  demselben  Tage  wurrlen  auch  die  fTrenzeii  i'Wr  die 
Öpnteinfuhr  geschlossen,  bzw.  den  Uuaiitätsspirituosen  eine  Kmtuhr  Monopol- 
gebtUir  TOB  Fr.  80  per  q  aufier  dem  Zoll  auferlegt.  Gfoidizeitig  wnrde  daa 

'i  Bundesblatt  1887.  Bd.  III,  S.  20. 

*)  Bundesblatt  1887,  Bd.  III,  S.  338:  Sehreiben  an  die  bemisebe  Regierung. 

')  Bundet^Matt  1887,  Bd.  lU.  S.  23.  ISI.  3iS,  50r,.  <;|2.  (>51.  tjS7,  718,  738,  758. 
*)  Bnadesblatt  1887,  Bd.  III,  S.  628;  Botschaft  S.  i78-480. 
*)  Bandesblalt  1887,  Bd.  in,  S.  813. 
•     •)  Bundesbktt  1887,  Bd.  DI,  S.  687. 


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Staatsmonopole 


—    140  — 


SUtatemonopole 


FinaosdofMiTteiiient  «nnäohtig^  daiinli  im  Betrieb  befindUehe  Breiiii«raeii,  welelie 

sieb  verpflichteten,  da«  ganze  Erzengniß  dem  Bande  abmliefera,  hin  zum  1.  Ok-> 
tober  1887  weiterarbeiten  zu  lawsen.  Der  kantons-  und  ^meituleweiso  Bezng 
von  Eingangsgebilhren  auf  geistigen  Geträuken  hörte  am  1.  September  18^7  auf. 
Unterm  2.  September  Übernahm  der  Bund  auch  das  Verkaufsmonopol  und  modi- 
forte  damit  einigennafiea  seine  Sddnßnahme  vom  16.  Jali. 

Bevor  wir  nun  auf  die  Beapreohung  des  materiellen  Inhaltes  des  Gesetzes 
übergehen,  ist  es  nöfliig,  nich  einen  Ueberblick  Uber  das  bezüglich  der  Getränke 
innegehaltene  tiükalt^'he  Regime,  sowie  über  den  Stand  der  Brennereien  und  den 
Verkauf  der  geiotigen  Getränke  iu  den  Kantunen  zu  machen. 

Was  die  Belastung  mit  Konstimtteneni  anbetrifft,  erhoben  16  Kantone  nnd 
Halbkantone  solche,  theilweise  unter  Anwendung  eines  Differentialtarifs  fUr  ans» 
ländische  Provenienzen.  Diene  mit  1.  September  1887  weggefallenen  kantonalen 
«nd  lokal.-n  Oliintrelder  natteii  einen  Betrag  von  Fr.  3'6OO,00<)  jährlich  abge- 
worfen, iu  Ib  Kantunen  und  Halbkantonen  waren  ferner  die  Wirthschafteu  und 
Sehsnkstellen'Patentgebttfaren  unterworfen. 

Die  Produktion  der  ca.  1400  Brennereien  irnrde  auf  etwa  50,000  hl  ver- 
anschlagt und  war  in  der  Hauptsache  da«  £rzeugniß  au«  Cerealien  und  Kartoffeln. 
Der  Gesammtkonsum  wurde  auf  150,000  hl,  die  Verminderung  des  Konsums  in- 
folge des  AlkoholmonopuU  auf  20  ^/o  berechnet,  so  daß  sich  der  Jährliche 
Eoosnm  aof  120,000  hl  gestellt  Uttte,  woTon  wuk  äem  Alkobolgesetz  '/«•  ^Im 
^0,000  hl,  dnroh  die  «inbeimisehe  Prodnktion  gedeckt  werden  sollte. 

Nach  diesen  einleitenden  BeaMdrangen,  die  ftr  das  Verständuiß  der  ganzen 
Frage  als  nothwendig  erschienen,  treten  wir  anf  den  materiellen  Inhalt  des  Ge- 
setzcs  ein,  indem  wir  im  Einzelnen  auch  die  im  dZusammenhung  damit  erlassenen 
Yerordnongen  und  Keglemente  in  den  Bahmen  der  Besprechung  einbeziehen. 

Haterieller  Inhalt  des  Alkobolgesetaes  nnd  der  bexttgliohen 
Verordnungen,  a.  Fabrikation.  Durch  Bundesrathsbeschlnß  vom  15.  Juli 
1887')  wurde  nun  das  Einfuhr-  und  Fabrikationsmonopol  als  auf  den  1."».  Juli 
in  Kraft  erklärt  und  die  W-rniegi  hing  der  Brennereien  unter  Beihülfo  der  Kaiitoua 
regierungen  bis  zum  JO.  Juli  bewerkstelligt,^)  nachdem  tür  die  Versiegelung  ein 
Kurs  der  kantonalen  Eichmnster  in  Bern  »tattgefunden  hatte.  Man  begann  mit 
der  Versiegelung  der  im  Betriebe  befindlichen  Brennereien,  die  noch  nicht  Uber 
-die  Fortsetzung  ihres  Betriebes  mit  dem  Alkoholauit  sich  in's  Einvernehmen 
gesetzt  hatten,  und  liörte  mit  den  nicht  im  Betriebe  betindlicben  auf,  fl5r  welche 
der  Versiegelungüitermiu  auf  den  'Jb.  Juli  hinausgeschoben  wurde.  Um  etwa  38 
im  Betriebe  befindliche  Brennereien  (l>  Spritfkbriken  und  29  KleinlNremiereieD) 
nicht  vur  dem  Ende  der  Kampagne,  30.  September,  aufhören  an  IsMen,  schloß 
die  Alkubidverwaltung  mit  der  Mehrzahl  von  ihnen  Lieforungsverträge  ab,  im 
Genammt betrage  von  cn.  7030  hl,  wovon  etwa  r»:»4()  hl  an  die  grolien,  fabrik- 
mäliigcn  Brennereihetriebc  zum  Preise  von  Fr.  65  per  Hektoliter  und  der  Best  zu 
Fr.  90  per  Hektoliter  an  die  kleineren  Brennermen  vergeben  wurden.  Die  Betriehe, 
welche  mit  der  Alkoholverwaltnn^  in  diesem  Sinne  paktirt  hatten,  wurden  daanuntem 
1.  Oktober  unter  Siegel  gelegt.  Während  dea  Monats  Oktober  blieb  jeder  Betrieb 
ruhen.  Diejenigen  Brennereien,  welche  nach  dem  1.  Oktober  n  <  b  weiterarbeiten 
wollten,  wurden  durch  Kreissch reiben  vom  15.  Juli     eingeladen,  ihre  Absicht 

')  Hundcsblatt  1887.  IM.  III.  S.  675. 

*)  Bundeslilall  1887,  Bd.  IU.  S.  679 — 681 :  Kreisschrei liuu  an  dic  Ivo^ulon-ret'ieruiiytn 
vom  l.'i.  Juli. 

'i  P.midesblalt  1887,  B.?  III.  S.  675,  67*):  BekaauUnachung  iietreffend  die  Durch- 
tühruii^  einiger  Theile  des  Alkoholraonopols. 


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Staaläluonopole 


—    141  — 


Staat9inonopoi& 


bis  cum  19.  JoU  kondsageben.  üntcm  9.  Septomber  wurde  dann  das  „Pfliohteo* 
heft  iMtreffend  die  Vergebnng  der  in  Art.  1  nnd  2  des  BandeBgesetiea  Uber  ge* 

brannte  Wasser  vorgeaeheDeii  Brennloae*  *)  pnblizirt.  Der  Termin  fUr  die  Ein- 
reichung  doj  bezüglichen  Eingaben,  der  nrsprünglich  tiuf  den  15.  Septem b»'r 
fäütgtH^etzt  worden  war,  wurde  infolge  dettben  aui  deu  15.  Oktober  verschoheu, 
und  nach  diesem  Zeitpunkte  schritt  die  Alkoholverwaltung  zur  VertheiluDg  der 
geaetimSlKg  lllr  die  innere  Prodaktioo  vorgesehenen  Quanten  Die  Alkobolverwaltong- 
hat  dann  188  AbechlUme  zum  Durchschnittspreise  von  Fr.  80  per  Hektoliter 
gemacht.  Das  Pflif  htcnh  ft  ^)  enthält  die  haupthächlichsten  auf  die  Fabrikation 
bezüglichen  Bestimmungen  und  ee  soll  deßhalb  näher  auf  dasselbe  eingetreten 
werdea. 

Als  monopolpfliehtig  erklXrt  ee  in  Art.  1  alle  Deetillate,  welehe  nieht  ans* 
sohließlich  aus  Trauben,  WeintreHtern  (Träbem),  Weinhefe  (Drusen),  Kern-  oder 
Steinobst,  Obstabfiillen,  Wachholderbeeren  oder  Enzianwtirzeln  hergestellt  sind. 
Durch  das  Fdichtenheft  vom  23.  Mai  1888  wurde,  da  sich  wegen  dieser  nicht 
gerade  sehr  präzisen  Fassung  dieses  ersten  Artikels  Schmuggel  und  Defraudation 
aller  Art  henierkbar  gemaoht  hatten,  folgende  Fawnng  festgestellt: 

«Ale  monopolpfliehtig  gelten  aUe  DeetUlatei  welehe  nieht  anesebllelUioh  ans 
einheimischen  Bohstotfen  hergestellt  aind :  Tranben,  Wein,  Weintrestern  ^Träbem}» 
Weinhefe  (Droeen),  Kern-,  Stein-  oder  Beerenobetii  ObetabiftUen  oder  £nnan<' 

WUrzehi)." 

Mit  anderen  Worten:  der  Bund  monopoUsirt  deu  Alkohol  ana  Getreide^ 

Buben,  Zucker  und  Kartoffeln. 

Nach  der  Aufzählung  der  persönlichen  und  rechtlichen  Anforderungen  für 
die  üebernahme  Ton  Brannloosen  (Art.  2 — 4)  werden  die  Torsehriften  anr  An- 
meldnng,  sowie  die  Anforderungen  an  den  Betrieb,  Eiureichang  eines  Planee  der 

Brennerei-Kinrichtungen,  Trennung  der  Brcnnereilukalitäten  von  den  übrigen 
Wirth><chaft.Hräumen,  ünterHteüung  der  Brennereien  mit  mehr  als  vier  Arbeitern 
unter  das  Fabrikge^etz,  Fe»tsteUung  der  Kampagne  auf  lö.  September  bis  15.  Mai 
anfgeführt.  Fttr  Brennereien,  welehe  Getreideprefihefe  erseugen,  kann  das  eid- 
genSsuMhe  Finansdepartement  die  Brennxeit  anf  das  ganze  Jahr  ansdehnen.  Die 
Brennereien  werden  nämlioh  unterschieden  in  Brennereien  mit  Winterbetrieb,  d.  h, 
Brennereien,  welche  nur  in  der  Zeit  vom  IB.  September  eines  Jahres  bis  zum 
15.  Mai  des  nächstfolgenden  Jahres  arbeiten,  und  Brennereien  mit  durohgehen- 
dwn  Jaltresbetrieb  (Preßhefefabriken),  d.  h.  Arennerei«i,  weldra  tob  1.  Jannar 
bis  Bl.  Dezember  in  Thitigkeit  sind.  Beehnang  nnd  Berieht  der  Alkoholrer- 
waltung  umfassen  aber  die  Kalenderjahr  und  so  ist  denn  ohne  Weiteres  verständ- 
lich, dni'j  b»'ide  mit  Bezug  anf  die  vom  Ii».  September  bis  1.').  Mai  arbeitenden 
Betriebe  jeweilcn  Bestandtheüe  zweier  verschiedener  Winterkampagnen  in  sich 
schließen  müssen. 

Bs  ist  jedem  Betrieb  nur  ein  Brennloos,  dae  im  Uinimnm  anf  150  hl,  im 
Uaximnni  eni  1000  hl  Prodnktion  im  Jahre  geht,  snsntheilen  (entopreehend  Art, 

2  des  Alkoholgesetzes).  Die  minimale  Alkoholstärke  für  einheimisehee  Eneugniß  wird 
auf  TO'^Tralles  festgesetzt.  Die  gleichzeitige  Verarbeitung  von  monopfdpflichtigen 
neben  nicht  monopolpflichtigeu  Materialien  durch  denselben  Betrieb  ibt  untersagt. 
Die  Kontrakte  werden  auf  3  bis  6  Jahre  fe»t  geschlosseu.  Landwirthschaftliche  Ge- 
noesenaohaften,  die  sieh  an  Brennereixwecken  bilden,  sollen  bei  der  Yergebong 

')  ßundesblatt  1887,  Bd.  IV,  S.  17  ff.,  erseUl  durch  lUm  Füichtenlieil  vom  23.  Mai  J 888. 
>)  Bnndesblatt  1888,  Bd.  B.  S.  673,  848»  973,  997. 


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Stttatsmonopole 


—  142 


SUatomonopote 


'Von  Brennlooaen  bevonngt  werden,  damit  die  Schlempe  (das  Nebenprodukt  der 
Brennerei)  leichtere  Verwendung  als  Viehfutter  findet.  Bei  der  Vergebung  ist 
das  Brennen  einheimischer  Rohmaterialien  vorzn(2:t;wei8e  zu  berücksichtigen. 

Wie  sich  nun  die  Heranziehung  der  inläuditicben  Produktion  auf  Grundlage 
des  oben  skixsirten  Pilichtenhefte«  gestaltete,  ergibt  sich  aos  nachfolgenden  Ueber- 
«lohten. 

Nach  der  Größe  und  nach  der  jnridiechen  Qualiükation  der  Loosinhaber 
▼ortheilen  sich  die  l.nosr  pro  l880/i*n  in  nachstehender  Weite: 


OwMManschaften 

Einielbreaner 

Total 

Llefemngspreise 

Lp 

OM  «es 

u 

'AB. 

Lisferungs- 
<f  «twi 
M 

An- 

Liafonuiip» 
U 

(^UAXktlUU 

U 

Im  Qaoxeu 

far  hl 

160 

—200 

2 

400 

85 

5810 

37 

6210 

616,160 

8S.  12 

201 

—400 

10 

3750 

3 

1135 

13 

4885 

379,565 

77.  70 

401 

—  7<  >0 

12 

7850 

1 

700 

13 

8550 

651,500 

76,  20 

701 

— lOUO 

H 

aoüo 

2 

2U00 

5 

50U0 

.SC.  1,7  50 

72.  35 

Znnmmen      27      15000     41      9645      6Ö     24645    1'908,975  77.40 

Jfeterzentuer  12952  9132  22084    perqä95<>  86.44 

Die  auf  Grund  de**  Pflirlitonhoftrs  vnm  23.  Mai  1888  Vf^re'iiiliarten  Liefernngs- 
kontrakt«  wurden  in  der  Kegt«!  atif  tJ,  mit  1888/89  beginnende  Brcnnkampanjnen 
abgeachluH^eu,  immerhin  mit  der  Bedingung,  noter  bestimmten,  im  PÜtchtenheft 
•oder  Vertrag  normirten  Voranssetzungen  die  Loose  achon  vor  Ablauf  der  VertrKge 
kttnden  oder  das  vertragliclic  pKKliiktionstjtiantam  rednsiren  za  können. 

Abgesehen  von  der  voben  beMprochenen  Kampagne  1888/89  hat  die  Alkohol- 
verwaltung dermaIcTi  (Mai  1890)  bereits  für  die  folgenden  LieferoQgsaeiten, 
Lieferungsmengen  und  Preise  Kontrakte  in  Händen: 


Kampagne. 

GenuHMen« 
aohaften* 

Eimel» 
bronner. 

TotaL 

LMrugsprelso. 

LieferunKs- 
quanta.  | 

Lieferuugs-  , 
quanta.  | 

Im  Ganzen. 

Per  Hekt 

1890/91 

i  Ib94/Ü3 
1893^94 
1  lS9t;95 
,  1895/96 
1896/97 

Hl.  absol. 
Alkohok. 
15.000 
14,650 
14,t>50 
14,650 
1,750 
1,000 
1,000 

Hl.  absol. 
Alkohols. 

8,645 
2,400 
2.400 
2,400 
1,000 

Hl.  ab'^ol. 
Alkohols. 

23.645 
1  17.050 
17,050 
17.060 
2,750 
1,000 
1,000 

Franken. 

l.a^6,150 
1,293,550 
1.293,550 
1,293,61» 
199,675 
73,750 
73,750 

Franken,  i 

77.  65  ! 

75.  87 
75.  87  , 
75.  87 

72.  (51 

73.  75 
73.  75 

1  Totel 

63,700 

16,845 

79,546 

6,ü(ia,ü75 

,  Durchsclinitt 
pr.  Xampai^ne 

8,957 

2,407 

11,364 

866,282 

76.  23  1 

Meterzentner 
1       k  95« 

7,683 

2,064 

9,747 

Per  Meter- 
zentner ä  95* 

88.  87 

Wie  dem  iMimb  sr«ithlichen  Bericht  über  *iiü  Gcschäftätührung  und  Rechnung 
der  Alkobolverwaltuug  pro  I8t<9  (vom  9.  Mai  1890)  zu  entnehmen  ist,  betrug 
der  Landeabedaif  an  monopolpflichtigen  Sprit,  Mo)  en  und  Hauvnis  godt  im  Jahre 
1889  96^39  hl.  nXmlich: 


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Staatsiuuuopolc 


—     143  — 


Slaabmonopole 


67,243  hl  Sprit  Trinkkonsam 

31,497   •  gttbmint«  Wanser  zu  technischen  und  Haughaltungszwecken  (24,929  hl. 

Import  durch  Private,  6568  hl.  Verkäufe  der  Alkokolverwmltimg), 

98,739  hl.  wovon  wieder  1,800  hl.  ins  Ausland  gingen. 

Kach  Art.  2  des  Alkoholgesetzes  >oll  annähernd  \'i  dieses  Bedarfs,  d.  h. 
«iae  Menge  von  ca.  'J4,*i35  hl.,  durch  Liefern ngsvcrträge  mit  inländisrhen  Pro- 
duzenten beticbutit  werden.  Das  pro  1889  thatsächlicb  ülieruoiuuiene  (c^uantuiu 
beträgt  indeweD  nnr  22,326  hl. 

Nach  der  Qualität  vertheUt  eich  die  inländiiehe  F^odnktioii,  wie  folgt: 

literproxeote.  »  Meterzentner.  Ueb«iiahnispre». 

k  96  Fr. 
Fe&neprit  .    .    .     2,602,484o         2,146,so  190,851.  50 

Rohepiritne  .  .  19,802^«t«  16,986,«t  1,531,809.  05 
Uoyen  goftt    .    .  7,foy«  6,6i  254.  35 

Mauvaiegoftt.    .         13,m7»  11,3*  4h4  25  

"22,326,3065  19,l'5(M2         r,72;'.,;V.»li.  15 

Ueber  das  von  den  Brennern  verwendete  Rohmaterial  geben  die  nachstehen- 
den Zahlen  etwelche  Auskunft.  Es  sind  nämhch  vom  16.  September  1888  bis 
15.  Mai  1889  in  den  Winterbetrieben  und  in  den  Jabreebetrieben  saeammen 
snm  Terbraoefa  gelangt: 

Meterzentner. 

Einheimiache  Äcpfel  1,052 

Kartotfeln  8,010 

Körnerfrüchte  12,907 

Aoeländiedier  Maie  47,102 

Dan   788 

Darrmalz,  Provenienz  nnbestimmt  1,2H9 

Koggen  und  Gerhte  zu  GrUmaalz,  Provenienz  unbestimmt  10,776 

b,  Einfuhr  (Gesetzes-Artikei  1  und  3).  Unterm  20.  Juli  1887,  wo  die 
Brennereien  unter  Siegel  gelegt  wurden,  wurde  femer  die  Einfuhr  gebrannter 
Waaeer,  mit  Anenahma  Ten  denatnrirter  Waare  und  Ton  QualitätaBpiritnoeen, 

Jedem  Privaten  verboten.  Dagegen  wurde  das  Finanzdepartement  ermächtigt,  gut- 
tindenden  Falls  in  die  nachweislich  vor  der  Publikation  des  bezilglicheii  Bundes- 
rathsbeschlusses  abgesehlossonen,  alter  noch  nicht  ctiektuirten  Lieferung« Verträge 
inländischer  Importeure  mit  aublundicicheo  Lieferauten  einzutreten  (sofern  abo  die 
Absehlftaee  beweismälMg  vor  dem  16.  Juli  atat^elhnden  hatten.  ^)  Trotz  der  bd 
dieser  Maßregel  beobachteten  Vorsicht  war  es  der  Spekulation  in  den  fUnf  Tagen 
vnr  ?5<^hliftßuiig  der  Grenze  möglich  gewesen,  noch  etwa  10,tt001il  in  die  Schweiz 
einzutiihren.  Diese  Menge,  suwie  die  infolge  des  drohenden  Monopols  noch  ver- 
stärkte Produktion  mußte  die  aufauglich  erwartete  Ergiebigkeit  des  Monopols  für 
den  An&ng  in  Frage  stellen.  In  didr  That  hat  daeaelbe  denn  aueh  fttr  den  An> 
fang  die  erwarteten  Resultate  nicht  ergeben,  eben  weil  der  Konsum  noeh  lange 
durch  die  monopolunhelastete  Waare  gedockt  werden  konnte. 

Die  Einfuhr  von  Qnalitätsspiritiiosen  (Arrac,  Rhum,  Cognac  etc.)  war 
gegen  eine  feste  Monopulgebühr  von  ttO  Fr.  jedem  Importeur  freigegeben.  Ein 
B.  B.  6.  vom  17.  Aug.  1887^)  bezeichnete  als  nidit  monopolpflichtige  Qua- 

')  Bekanntmadiuug  des  Bundesrathes  betreffend  die  Durchführung  einzelner  Theile 
des  AlkoholmonopoU  vom  16.  Juli  1887,  Bd.  UI.  S.  675,  679. 
^  Bnndesblatt  1887,  Bd.  Ol,  S.  817. 


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Staatgmonopold 


—    144  — 


Staatamoiiopole 


litätaspiritooaea  alle  reinen  Oestilkkto  ans  WetntraalMo,  Treatorn  (TrSbeni)^ 

Wemhefe  (Trusen),  Obst  (Steinobst  inkl.)  und  dessen  Abfällen,  Wachbolder- 
beeren  und  Enzianwnrzßln.  Solchen  Importeuren  (s.  Art.  III  des  ß.  B,  betr. 
den  eaccessiven  Vollzug  dts  Alk. -Ges.,  vom  15.  Juli  1887)  von  Qualitätsspiri- 
tttoeen,  welche  zur  Ueberaeuguug  dea  Zolldepartements  nachgewiesen  haben,  daß 
sie  rein  aaa  nicht  monopotpAichtigen  Stoffen  gebrannt  und  seit  dem  Brennen 
oliae  alkohoHscbo  ßeimiscbang  geblieben  sind,  erhalten  indessen  den  Betrag  der  'aa 
der  Grenze  geforderten  Monopolgebiihr  nnverkUrzt  zurück.  Die  Gdtt^ndmachung 
von  Rilckvergiitnngsbe^phren  hat  nnter  Beig:abe  der  Faktur' j  nach  amtlich 
beglaubigter  Buücbeiuiguug  der  Uebereiusüumung  derselben  uut  den  Geschäfts- 
bUohem  zu  geschelien. 

Aber  anch  diese  Maßnahmen  genttgten  nieht  gegen  die  sich  breit- 
machende Umgebung  der  Munopolgebiihr,  so  daß  auch  (B.  R.  B.  vom  11.  Xuv. 
1887^)  die  bezUg^liche  KückverL'^iitDng  auf  1.  Dez.  als  hinfällii?  erklärt  wmde 
und  unterm  5.  Dez.  schlug  der  Bundesrath  der  Bandesversaumiung  vor,  Art. 
33^  der  B«  V.  in  anfhentiiolier  Wdee  dahin  ca  intcgpretiren,  daft  tie  Tor- 
geeehene'  Mooopolgebtthrbefreinng  bloß  aof  die  einheimiaehen  Frodnkte  An- 
wendung finden  solle.'')  Diese  Anschauung  wurde  TOn  der  Bundesvenamm- 
luog  am  20.  Dez.  1887  durch  Bei^chluss  zu  der  ihrigen  gemacht.*) 

Durch  Art.  19  des  Ge«.  war  der  Bund  auch  ermächtigt  worden,  die 
beim  Inkrafttreten  des  Gesetzes  im  Lande  befindlichen  Yorräthe  über  '/^  ^  ^^'^ 
monopolieirter  Waare  gegen  EateehtUügnng  aa  die  Brenner,  Kanflente  und  Pri- 
vaten an  sich  zu  ziehen.  Der  Bnndesrath  verzichtete  aber  daranf,  von  dieser 
Ermächtigung  Gebrauch  zu  machen,  da  er  kein  Interesse  daran  haben  konnte, 
(iif  iiu  Lande  vorhandenen  Vorräthe  theiier  aiifkanfen  zu  mubst.'n,  wenn  er  sich  zu 
auiterordeiitlicb  billigeu  Preintiti  ^damals  33  'ys  Fr.  per  hl)  in  Deuteicblaud  damit 
vendien  konnte.  £r  geetattete  daher  den  Inhabern  der  Vorritthe,  dieselben  in 
freier  Weise  abzusetzen,  nicht  ohne  denselben  unterm  15.  Juli  die  Möglichkeit 
geboten  zu  lialu  n,  dem  Bundh  ihre  Vorräthe  zu  einem  von  ihm  fi.\irten  Preise  zu  über- 
lassen. Kufiirlich  entsprach  von  Seiten  der  Brenner  Niemand  dieser  Auiforde- 
roDg,  wohl  aber  die  Importeure,  denen  etwa  780U  hl  gegen  eine  Bonifikation 
▼on  Fr.  2.  50  per  hl  abgenommen  worden. 

So  atellen  sieh  denn  die  TerhSltniiae  beaUgUoh  der  Eünfohr  dermalen  (Mai 
1890)  folgendermaßen:^) 

Bei  der  Fi  n fuhr  werden  gebrannte  Wasser  jeder  Art  als  monopolpflichtig 
behandelt.  Diese  .Moiiopolpflicht  wird  in  der  Weise  zur  Geltung  gebracht,  daß 
der  Import  von  Ji^piritus  oder  Sprit  jeden  Grades  den  Privaten  gänzlich  unter- 
sagt ist  und  nur  an  die  Adresse  der  eidgenüesisohen  Alkoholverwaltung  statt- 
finden darf,  während  die  sogenannten  Qnalititaspiritnoeen,  d.  h.  alle  Trink- 
branntweine,  welche  sich  nicht  als  einfache  Mischungen  von  Spiritus  oder  Sprit 
mit  Waaser,  sondern  als  Produkte  eines  eigentlichen,  besonderen  f  abrikations- 

')  BetchlosB  vom  6.  Oclober  1887  betr.  die  Rackvergütung  der  MonopolgebQhr  für 
nicht  monopolflichtige  Quaiitätsspirituoscn.   BundesUatt  1887,  Bd.  Iii,  8.  134— 13& 

«)  Bundesblau  1887,  Bd.  IV,  S.  481. 

•)  liolücbaft  des  Bundesralhes  vom  5.  Dezember  1887.  Buodesblati  1887,  Bd.  IV, 
S.  697—699:  Bericht  der  Minderheit  der  stfmderathlichen  Koramissioo  vom  19.  Dezbr. 
1887 :  Bundeshlatl  1887.  B<1.  IV,  S.  934  44. 

*)  Geselzes-Saiiiiidung  n.  F..  Bd.  X,  S.  420—421. 

'I  I?<'richl  des  Bundesrathcs  an  die  Bundesversammlung  betreffend  die  Geschüfls- 
iiiiiruuif  und  die  Rechnung  der  AlkobolTerwallung  pro  1887  —  1888;  Bundesbiatt  1889, 
Bd.  Ul,  pag.  110  ff. 


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Staatsmonopole 


—    145  — 


Staatsmonopole 


pcroMMW  darstellen,  gegen  Entrichtung  einer  feeten«  für  alle  Alkohobtfirken 
gleioh  Unliendeii  Xonopolgebtihr  von  Fr.  80  p«r  q  B^ttogewieht  von  Jeder^ 
inaon  in  die  Schweis  ^geführt  werden  dürfen. 

Kine  Anstmhme  von  dieser  Hegel  bildet  der  xnr  Kategorie  der  Sprite  ge- 
hörende sogenannte  Alkohol  abHolutus:  derselbe  wird  Heines  speziellen  Charak- 
ters and  Heiner  beschränkten  Verwendung  wegen  vorlaulig  wie  die  UuaUtiiU«- 
eplxitnoeen  besteuert 

Eine  weitere  Änsnabme  besteht  für  die  nir  Denaturiruttg  bestimmten  Sprite. 
Di' !hen  durften  unter  Reobacbtnng  der  erlassenen  Vorschriften  Uber  die  Dena- 
turirung  bis  zum  :5.  Juni  1889  noch  von  Privatpersonen  importirt  werden.  Durch 
BondesrathflbeHchluß  vom  31.  Mai  18bd  warde  der  absolut  denaturirte  Alkohol 
vom  8.  Juni  gleieben  Jahres  an  in  das  X<niopol  einbezogen. 

Keben  Spiritus,  Sprit  und  ^nalitätsspirttnosen  worden  Eiaft  der  Handels- 
vertrRge  und  nach  den  aus  ausländischen  G(»etzen,  wie  aus  unserer  frtlhem 
Ohmgeldgesetzgebung  geschöpften  Analoj2:ien  anch  gewisse  Rohstoffe,  die  zur 
Bereitung  gebrannter  Wasser  dienen  (Weiutreber,  Trusen,  eingestampfte  Kir.-chen, 
Zwetschgen  oder  Pflaumen),  sowie  eine  Anzahl  von  Produkten,  die  mit  Alkohol 
hergestellt  sind  (pharmaaeatisohe  PrMparatei  PaifllmerieB,  koemetisehe  Ifitldt 
hoehgradige  Weine,  mit  Alkohol  znbereitete  Fraoht-nnd  Beerensäfte,  iMkb  nnd 
Firnisse  etc.)  der  Monopolpflieht  nnterstellt. 

Da  es  aber  unbillig  erschien,  diese  Stoffe  und  Produkt^»  insgesamnit  ohne 
ßtloksicht  anf  die  mögliube  Alkoholauübtiute,  bezw.  den  Aikuiiolgehalt  mit 
Vr,  60  per  q  Brnttogewidit  an  bestenem,  so  worden  da,  wo  es  die  Verhiltntsse 
reehtlertigtett,  reduairte  Monopolgebttbren  festgesetat    In  Folge  dessen  aahlen 

Monopol^'cbühr 


Wermnthwein  bis  anf  18,s*  

A.ndere  Weine  zwischen  15  n.  25^  Air  jeden  Jüehrgjrad  über  15  hinaus 

Ein  ^stampfte  Trauben  

Treöter  

Drusen  

längestampfte  Kirsohen  

Endaawnrieln,  frische  .  

,  trock'^ne  

Mit  Alkohol  znbereitete  Frucht-  und  Beerensäfte  

Pharmazeutische  Präparate  bis  auf  25  ^  

FnichtKthw  nnd  FnüthtStberessenaen  zur  Bisonitlabrikation  (frtther 

Fr.  10,  ab  15.  Uibi  1890  Fr.  30)  

Glycerinseifen   

Fimisfe  nnd  Lacke  

Khuni  und  Cognac  über  72**,  för  jeden  Mehrgrad  

Als  monopolfrei  gelten  bloß  diejenigen  Destillate,  welche  ausschliel^lich 
aas  folgenden  einbeimisohen  Rohstoffen  hergestellt  sbd:  T^ben,  Wein, 
Weintrastem  (Mbein),  Weinhefe  (Tmsen),  Kern-,  Stein*  oder  Beexwiobet,  Obst- 
ahlKlten,  Wachholderbeeren  oder  Enzian wnrseln. 

Wein  (Trnnbpn-  oder  Obstwein),  der  an«  importirten  Trauben,  Trocken- 
beeren oder  Obbt-ortün  in  dm'  Schweiz  hergestellt  wird  und  Trester,  die 
aus  importirten  Trockenbeereu  oder  Obstsorten  gewonnen  werden,  gelten  nicht 
als  dnbeimisehe  Bohstolfe*der  Brainerei;  dagegen  werden  Hefen  (Tmsen),  die 

fvrar,  TolknilrthMli»ll«>IiMilRm  d«r  Sekmii.  |0 


»r  q. 

brutto. 

Fr. 

»0. 

• 

80 

m 

70 

f 

50 

» 

« 

5. 

m 

1. 

50 

f> 

2. 

40. 

20. 

« 

80. 

1» 

16. 

«1 

3. 

50 

«. 

80 

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Staatsmonopole 


—    U6  — 


StaaUmow^k 


aibh  «Dt  importirten  T^ben-  «dar  Obatwdn  oder  ans  Tranbeii-  oder  Obst- 
wein von  importirten  Trauben,  Trockenbeeren  oder  Obstüorten  oder  endlich  ans 

Mi«rhnngen  von  solchen  Weinen  mit  inländischen  "Weinen  in  <!pr  Schweiz 
treibst  gebildet  haben,  vorläufig  den  nioht  monopolpflicbtigeu  oiuheimischen 
RohstoCfen  gleichgestellt. 

Deiwlbeo  GleiobateUoiig  sind  dnstweUen  unter  gewiaseD  Bedingungen  die- 
jentgeD  analfindischen  Trauben  vod  Traabentrester  theilhaftig,  welche  als  £r> 
Zeugnisse  von  in  der  Grenzzone  gplp'„'*'nen  Gnindstücken  nach  Maßgabe  dea  Zoll* 
gesetzefi  von  di?r  Entriclitung  des  KingangszoUes  befreit  sind. 

Das  Muchen  der  ab  monopolfirei  bezeichneten  Rohstoffe,  bei  der  Destilla- 
tion,  mit  nieht  denatariiten  monopolpflichtigen  oder  mit  monopolfreiea  ge* 
brannten  Wassern  und  das  yermengen  der  ans  derartigen  Bobatoffen  gewonnenen 
Spirituosen  mit  solchen  gebrannten  WaHnem  ist  gestattet;  dagegen  wird  das 
konihtnirte  Brennen  vün  monopolfreira  und  monopolpfliohtigen  üobatoffen  als 
moQopoiphicbtig  angesehen. 

e.  Kauf  nnd  Tarkauf  (Artikel  4  dea  Gesetaes).  Der  Verkauf  der 
Hbnopolwaara  ward«  erst  vom  1.  September  1887  an  vom  Bande  ttbemommen, 
weil  die  Alkobolverwaltang  erst  auf  dieaen  Zeitpunkt  in   den   Stand  gesetat 

wollen  wfir,  ihr»'  Di'jHjtf»  zn  org'ani*iren  und  reit  titüi  nöthigen  Vorräthen  ZU 
verseheu,  um  allen  Anlurderungen  der  Koneumenten  entsprochen  zu  können. 
Daneben  bestand  aber  der  für  einstweilen  nach  Art.  IV  des  VollzugBbeHchluäi»es 
yom  !&•  Jnli  1887  gewährleistele  freie  ffiuidel  noeh  fort,  aUerdings  nnter  der 
BedingQug,  daß  £e  dortaeitig  verkanften  Waarea  nicht  mehr  als  2  7oo  alkoho« 
lisohe  Verunreinigungen  enthalten  sollten,  üm  mit  Erfolg  gegen  die  Kinikurrenz 
der  Vorräthe  des  noch  frei  gelas-senen  Handels  konkurrireii  zu  können  und  um 
die  Spekulation  zu  verhindern,  allzu  bedeutende  Grewinue  auf  Küsten  des  Bundes 
an  realiriren,  setste  die  Alkobolverwaltang  die  Freiee  per  hL  anf  Fr.  120.  15  fUr 
lUnsprit,  Fr.  124.  45  fUr  Primasprit,  Fr.  130.  45  fttr  Weinsprit  Ibst,')  die  in- 
dessen mit  RttokHicht  auf  die  der  tliouer  arbeitenden  Inlandsproduktion  gewährten 
Yero-ilnstignngen  und  auf  den  nothwendigen  fiskalischen  Ertrag  des  Monopols 
duroh  Beschluß  vom  17.  Jan.  1888')  erhöht  wurden  auf  167,  bezw.  170, 
b«nr.  175  Fr.  per  q  und  95*^,  wobei  an  bemerken  ist,  daß  di«  Alkobolver- 
waltang die  Babnfraebt  vom  Lagerhana  bis  an  dw  vom  Beataller  vo^^esoitriebenen 
Best i nun  ungsstation  trägt. 

Die  Anzahl  der  Depots,  welche  anfangs  4  betrug,  worde  dnroh  bandes- 
räthliehe  Schlußnahme  vom  21.  Oktober  1887')  auf  11  erhöht. 

Von  den  7  in  Basel,  Buchä,  Zürich,  Aarau,  Ölten  und  Burgdorl  gemietheten 
LagerbXnsem  wurden  1889  dasjenige  der  Baaler  LagerbansgeseHsobaft  in  Klein- 
Basel  und  der  Lagergeselbchaft  in  Zürich  aufgehoben. 

Alle  beRtehenden  Depots  dienen  dem  Verkauf  von  Monopolwaarc.  Nach 
besonrlern  Mittheilungen  koU  die  Anzahl  der  Depots  verringert  werden  so  daß 
vielleicht  HchließUch  in  Komaushorn,  Basel,  Uelsberg,  Burgdorf,  Aarau,  Genf  und 
etwa  in  oder  bei  Lanaanne  Depota  beeteben  bleiben  dttrften.  Ym  dieaen  Depots 
wttrden  dii^enigen  von  Basel  nnd  Genf  wesentlich  nur  dem  lokalen  Bedarf e 
dienen,  diejenigen  von  Bomanahom,  Delabei:g,  Bargdorf  und  Aaran  hanptsMohlioh 


')  13unfiesralhsl.(><r  liluü  vom  2.  September  ISST  ;  llumlcsblatt  Hd.  III,  ü.  876  fr. 

*)  Bekaiiiilm;u  hunj{  betr.  Frachlverliiillnisse,  (ii-bimle,  1 'reLsnomirttng  Vom  21.  Jan. 
1888;  Bundesblatt  Bd.  I,  .S.  312—215  uiui  eine  bezügliche  Verordnung  vom  17.  Jan. 
1888;  Bundesblatl  1888,  Bd.  I,  S.  lüO— lUb. 

*)  Bandesblatt  1887,  Bd.  DI,  S.  136—188. 


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^taatsnionopole 


—    147  — 


Staatsmonopole 


•die  Oit-,  Wflit-  niid  Mittefaoliwdx  TOrsorgen  und  «idliah  dai  Dopot  in  oder  bei 
Lftmanne  dm  Verkdtr  «af  der  Simplonbaliii  und  der-  Strecke  LaaMnno'Geiif 
▼ermittela. 

d.  Ausfuhr.  (Art.  5  des  Gresetzes.)  Durch  den  cit.  Be^chlufi  TOni  16. 
Juli  war  festgestellt  worden  (Zirt'  V\  daß  über  dies*'  Materie  vor  dem 
1.  Januar  18t>ö  lagiferirt  werden  tiullte,  um  die  bezl.  Bestimmungen  auf  jenen 
2^tpnnkt  in  Kraft  treten  zu  lassen. 

Artikel  5  ist  in  das  Gesetz  aufgenommen  worden,  um  den  Abeatx  von  im 
Lande  kergeiitellten  beaieren  BranntweinBorten  naoh  dem  Analtnd  na  begünstigen. 

Die  Abeintbüibriknnten  kennen  also  naoh  wie  vor  ihr  Produkt  ungehindert 
nach  dem  Ausland  absetien;  dagegen  ist  durch  das  Monopol  eine  Verbreitung 

der  Ab.sinthpest  von  Westen  nach  Osten  gllioklich  vermieden  worden,  denn  das 
Monopol  hindert  jene  durch  die  Gebühr  von  80  Fr.,  aus  dem  Auslande  billigen 
Sprit  zu  beziehen  und  so  die  Steuer  zu  umgehen. 

Die  bei  jeder  Verbrauchnbestenerong  gewöhnlich  eingeführte  Bilckerstattnng 
im  Falle  der  Ansfnhr  nnd  der  damit  im  Zusammenhang  stehende  Anreis  flür 
•den  Geschäftsmann  aar  Umgehung  des  Geseties  maohte  nun  in  raseher  Folge 
«ine  Beihe  von  Erlassen  noth wendig: 

Reglement  vom  4.  Nov.  1P87,')  vom  17.  Jnn'iar  1HH8,')  vom  10.  Febr. 
ls^H_^)  vom  L>.  März  1888,*)  vom  14.  Sept.  ihb'i/)  die  theila  die  Zoll-  ttnd 
Traü.^|»>l  tiibt'ertigimg,  tbeils  die  bezügliche  Kontrole  bettcblagen. 

e.  Denaturirter,  zum  Trinken  unbrauchbarer  Alkohol.  (Art.  6  des 
GesetBee).  Durah  den  Vollziehungsbettohlnfl  vom  15.  Jnli  1887  war  der  Be^ 
gmn  der  Wirksamkmt  vm  Art.  6  auf  1  Januar  1^88  festgesetst  worden. 

Durch  B.  B.  B.  vom  2.  September  1887®)  wnrde  die  Einfuhr  von  denaturirtem 
Alkohol  jt-dermann  gestattet.  Die  Dennt  irirnno'.  ")  »ii«'  eine  ab.sobite  oder  rt'bitive 
sein  kann,  wird  anf  Verlangen  des  Wuarenführerri  oder  Deklaranten  vürgeuümmeu. 
Der  Eiutuhrzull  iu  die  Schweiz  beträgt  7  Fr.  per  q.  mehr  eine  Denatnrirungs* 
gebühr  von  0,50  Fr.  per  q;  letatere  darf  aber  Ar  eine  Wagenladung  5  Fr. 
nicht  Übersteigen.  Die  relative  Oenatorirung  kann  von  der  Zollverwaltung  den- 
jenigen Industriellen  gewiOirt  worden,  welche  dieselbe  in  ihren  InduKtrieu  nötbig 
haben.   Die  StoÜe  zur  Deuaturirung  werden  von  der  Zollverwaltnng  abgegeben. 

Das  geschilderte  System  war  bis  Ende  1888  in  Kraft.  Dasselbe  brachte  es 
mit  sich,  daß  die  Alkoholverwaltung  sich  sozusagen  nur  mit  den  einschlägigen 
Prinaipienfragen  an  befassen  hatte,  ^  Darohftthrung  der  getroffenen  Erlasse  nnd 
Verfilgoqgen  aber  den  ZoUbehtSrden  anhetmfiel. 

Der  Import  von  Denaturirungswaaro  seit  Einftthrung  des  Monopols  hatte 
sich  in  nicht  vorausgesehenen  Proportionen  rennehrt.  Es  wurden  anm  Denn* 
turiren  importirt: 


')  Bunde-blatl  1S87,  Bd.  IV,  S.  225-230. 
»)  Buüdesblatt  1888,  Bd.  l,  S.  108. 
*)  BnndesMaU  1888,  Bd.  I,  S.  398. 

*)  Bundesblatt  1888,  Bd.  1,  S.  474. 

»)  Bundosbktt  18S8,  Bd.  IV,  S.  109. 
«)  Bundesbhilt  1S<S7,  Bd.  lÜ.  S.  871. 

')  Die  Denatuirung  findet  im  Ailgemeinen  slull  durch  Beimiächuug  von  Stein- 
kohlentheerOl  und  «nes  Farbstoffes  ^w.  eine  Anilinfarbe). 


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StaatsmoQopoIe  —    148    —  Staatsmoaopolfr 


Vor 

Einführung  des 
Honopols 


jahre»dorchschnittlich  6Ub3 
Meterztiutiier. 


Meterzentner. 

188B  6,189 

1884  6,704 

1885  6,179 

1886  7,481 

1887  I.  Semester  4,873 
Kftoh  Einfllhningr  1887  n.  «       15,612  1  jahresdarchschiutttlich  25,201 

diiBellwii'   (  1888  32,190  j  Mdtermitiwr. 

Oer  weitaus  grVftte  th^Sl  dee  de&atarirten  Sprits  wird  in  Hanslialtaiigeiir 

und  iiidastriellen  Etablissements  sum  Brennen  Terwendet.  Für  diesen  tritt  die^ 
sogenannte  absolute  Denaturirung,  d.  Ii.  die  Veraetzung  init  einem  in  allen  Fällen 
gleioiien  Stotle  ein,  welcher  den  Trinkgenuß  der  Mischung  thuniiohst  ausschließt,, 
ohne  doch  dem  Brennzweck  Abbruch  zu  thun. 

Nur  für  einen  verbältuißmäßig  kleinen  Theil,  Ittr  denjenigen  nämlich,  der 
bestimmten  Fabrikationsiweeken,  der  Herstellung  von  Essig,  Laeken,  Fimlaeett» 
Polituren,  Farben  eto.  dient,  greift  die  relative  Denatnrimng,  d.  h.  die  Yer» 
Setzung  mit  einem  von  Fall  tu  Fall  nach  den  Bedürfnissen  der  betreffenden. 
Industrie  gewählten  Stoffe  (Essigsäare,  E&mpher,  Terpentinöl»  flolsgeist,  Anilin' 
blau  etc.)  Platz. 

Für  die  absolute  Beaaturirung  wurde  das  vor  Einführung  des  Muaopolü^ 
ttbliebe  Terlhliren  (BeisaU  7on  1  Liter  SteinkohlentheerSl  auf  100  Bmttokilo- 
Alkohol)  beibehalten.  Die  mm  yerstftrkten  Sobats  der  fiakalisohen  Interessen 

angeordnete  weitere  Beimiscbnng  von  ^)  (xramm  Anilinroth  auf  je  circa  SOO» 
Liter  Alkohol  wurde  auf  faVitnirbe  Beschwerden  des  Pnhliknms  über  die  mit 
dieser  Färbung  verbundenen  lukonveniensea  am  1.  August  lb88  wieder  auf- 
gehoben. 

Die  enorme  Znnahme  des  Imports  TOft  Denaturirungswaare,  die  sich  in  obigen 
2äffem  knndgibt,  litßt  indessen  stark  Terrnntben  und  Eriiahnmgen  beweisen  es,. 

daß  das  in  Anwendung  stebendt-  a1>su1ute  Denatiirirungsmittel  seinen  Zweck  nicht 
erfüllt,  daß  vielmehr  ein  namhafter  Theil  des  damit  l^inturirten  Sprits  entweder 
tale  quate  getrunken  oder  renaturirt  wird.  Durch  BiuideKrathisbeöchluß  vom  31. 
Mai  1889  ')  int  ia  Abänderung  und  Ausführung  eineä  B.  £.  B.  vom  31.  De- 
zember  1887*)  verfllgt  worden,  daß  mit  Beginn  des  3.  Juni  1889,  das  Beobt 
Sur  Einfuhr  gebrannter  Walser  zu  Zweeken  der  abfluten  Denntnrirang  ftus* 
schließlich  der  eidgen.  Alkuholverwaltang  nistehen  solle. 

Von  d(-m  erwähnten  ZcitpuTikt  an  kann  aus  dem  Lagpr  der  eidgen.  Alkohol- 
Verwaltung  in  DeUberg  von  jedennann  abHoIut  denaturirte  Waare  in  Menge  von 
130  kg  an  zum  Freise  von  einstweilen  Fr.  40  per  q  und  Ü3  ^  Tralle«^)  (Fr.  35,40- 
per  bl  «beoloten  Alkohols  10,000  Literproieot)  belogen  werden,  im  Jahre  1890 
ftn<di  ans  dem  Depot  Bomansbom. 

Um  den  Uebergang  ia  das  neue  Verhältniß  zu  erleichtern,  trat  die  Alkohol- 
verwaltung in  die  von  Privaten  nachweislich  vor  dem  1.  Juni  1889  abgesclilossenen 
und  noch  nicht  abgewickelten  Geschäfte  unter  gewissen  Bedingungen  ein.  Dem 
gemäß  hatte  dieselbe  folgende  Frivatkoutrakte  zu  übernehmen : 


*)  Bondesfalatt  1889,  Bd.  m,  S.  135-137. 

*)  Bundcsblalt  1888,  Bd.  I,  S.  4  und  5. 

')  Erhöht  auf  Fr.  50  (bezw.  Fr.  44.  SSO  c)  durch  Bundesrathsbeschlnss  vom  ^.  Aug. 
1889;  Uundesblatt  1889,  Bd.  ü,  S.  107t. 


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^    149  — 


Stoatsmonopola 


Alkohol.  Uebemahnupnis  loco  Schweizergrenze 

Htfkunflsort          Meterzentner  im  Gänsen.        per  Meterzentner. 

ä  94».  ft.  Fr. 

Prag     .    .    .    11,050.  00  813,887.  50           S8.  26 

Wien    .    .    .     t,600.  00  65,500.  —            26.  20 

Pilaen    .    .    .        200.  00  4.146.  —            20.  7.3 


Total    13,750.  00  »81,983.  50  27.  78 

Da  durch,  diese  Uebemahmen  der  Bedarf  an  HOgi^nanntem  Alkohol  —  Alkohol 
ist  der  kommerzielle  Ausdruck  für  den  bei  der  Kektitikation  von  Rohspiritua 
•oder  von  Xaimie  gofii  aioli  ergebenden  Ubjen  gofit  —  ani  längere  Zeit  gedeckt 
war,  wurden  im  Jahre  1899  keine  dir^len  Kinfe  ttber  Denntnrirnngvwaare 
«bgeeohlMsen. 

Wie  wir  dem  bandesräthlichen  GßschSftsbprifht  pro  1889  entnehmen,  wurde 
;gleichzeitig  mit  der  Einbeziehung  dieiiee  neueu  Getschäfts/weige»  in  das  Monopol 
■nnoh  das  frtlher  angewandte,  in  dem  Beisatz  von  1  Liter  Steinkohlentheeröi  auf 
100  Bruttokilo  Alkohol  beateheode  Verfkliren  wax  abaolnten  Besatoiirung  «nf« 

Dm  ffmKchet  nngewendete  Denatnriran<^mittel  beatend  ans: 

60  ^/o  Steinkoblentheerül, 
20  7q  Pyridinbasen, 
20  Vo  Alkohol. 

.  Zur  Baekung  dea  ttblen  Gemohs  der  Fyridinbaaen  worden  je  100  latem 

•der  Mischung  10  Liter  Rosmarin-  oder  Lavendelöl  beigeaetzt.  Der  auf  diese 
Weise  gewonnene  Ueimturiningsstoff  wurde  dem  zu  denaturirenden  Sprit  im 
Terhältniß  von  1  zu  100  beigemischt.  Später  wurde  der  Zusatz  auf  1,2 
•erhöht.  Die  obige  Stnaammenaetinng  dea  Denaturirungsmittela  ana  Theertfl, 
PTridin  nnd  Alkohol  wurde  anooesaive  veraohiedenen  Modifikationen  naterworfen. 
Den  nen  gewonnenen  Typen  wurde  jeweilen  so  viel  Rosmarin  oder  Lavendel 
•beigegeben,  als  zur  Verbesserung  des  O^ruchs^  erforderlich  schien.  Von  den  ao 
gemachten  Misobungen  erzeigte  folgende  den  hiichsten  Zusatz  an  Pyridin: 

40  7o  Theoröl, 

40  Vo  Pyridinbaaen, 

20  7o  Alkohol. 

Das  fiskalische  Interesse  ließ  ea  wUnschbar  erscheinen,  einen  dem  Dcna- 
"tarirungsmittel  bcizufllgendeu  Stufl  zu  tindcn,  dessen  Eijrenscbaften  den  Nachweiü 
einer  stattgehabten  iwenaturirung  selbst  dann  noch  ermöglichen,  nachdem  der 
reaatnrirte  Alkohol  zo  GetrHnken  Terarbeitet  worden  ist.  Ein  derartiger  Stoff 
darf  in  dem  im  Handelsverkehr  zirkulirenden  Alkohol  oidit  ohnehin  als  regel- 
mäßiger Begleiter  vorkommen,  und  sich  aus  dem  denatarirten  Alkohol  durch  die 
-Operationen,  welche  gewöhnlich  zur  Renaturirnng  vorgenommen  werden,  nicht 
entfernen  lassen;  auch  muß  sein  Vorhandensein  in  irgend  welcher  Mischung 
eelbat  in  kleinen  Dosen  noch  leieht  und  nnzweideatig  naohznweisen  sein. 

Daa  au  dieaem  Zwecke  in  Oeaterreiob-Uagam  beatttate  Phenolphtalein  erwiea 
aioh  bei  den  dieabeaUglioh  von  dem  Chemiker  der  Alkoholverwaltnng  angestellten 
Versuchen  als  ungeeignet.  Schließlieh  ,ü;eliing  es,  aus  der  langen  Reihe  geprüfter 
.Substanzen  zwei  herauszuündeu,  welche  voraussichtlich  allen  billif^en  Anforderuniren 
-entsprechen  werden,  lieber  die  endgültigen  Resultate  der  eia-^uhlägigeu  Experi- 
«aente  Terlantet  für  dnstweilen  nooh  nichts. 

Der  zum  Verkauf  zu  Hauslialtungs-  und  techniadiea  Zwecken  beatimmte 
Alkohol  wurde  im  Jahre  1889  beaohafft,  wie  folgt: 


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StaatsmoDopole  —    160  Staatsmonopole^ 

HeLerzentner 

1)  LieferuDg  ioläDcHächer  Brennereien  an  Moyen  goüt  (7,7074  hl.  zu 

im  Ganzen  Fr.  254.  35)   6.  81 

3)  Ergebnlß  der  BektifikatioD  y««  iBlKodiidMiii  Robspiritiu  und 

Maavais  goftt  (869  ,042«  bl.  h  Fr.  76.  69  per  hl.)     ....     768.  41. 

3)  Einkauf  von  ausländ ii^cbeTn   Sprit    und  Alkohol  (4576*91  q. 

ä  94<*  zTi  im  Ganzen  Fr.  137,618.  ;i9)   4,646.  76 

4;   Vuu  dcii  Abuebmern  zurück  erhaltene  Waare    ......       20.  88 

Zusammen  5,442.  86 
6)  Uebotrag  TOm  Moyen  goftt  wu  dem  Jahre  1887/88  (585  q. 

Ii  95*  m  im  GMien  Fr.  23,400)   603.  04 

Total  ~G704or  90 

deren  BeRchafTung^kosten  auf  den  Betrag  von  Fr.  293,644  oder  auf  Fr.  48.  39* 
per  Meterzentner  ariKtiegeu. 

Der  Abaatz  dcnatunrter  Waare  im  Jabre  1889  war  5807.  48  Meterzentner 
i  93*^  mit  einem  CksemmterlSs  tob  Ft.  261  «424.  61  oder  eineni  Dnrchsohnitt»- 
erlQt«  I)er  ([.  von  Fr.  45.  05. 

f.  Kleinbandel  und  AusBcbank  (vergleiche  die  Art.  7 — 9  deg  Ge- 
getzes).  l>i^>  Art.  7  —  9  sind  als  gpexiüsohe  Sioheningen  gegen  den  Ubermä^gen. 
Branntweiugenuß  zu  bezeichnen. 

Dieaelben  sind  anch  Tortiieilhaft  tat  die  Obel-  ood  Weinbauern.  Sie  «chaffen« 
diesen  noeb  beiMM  Beohte  ak  der  Alkoholartikel  der  7erfkgaang.  Denn  es  ist 
eigens  festgesetzt,  daß  die  Laadwirtiie  ein  ans  nicht  monopolpflichtigen  Rohstoffen 
produzirtes  jährliches  Maximum  von  40  1  Branntwein  ohne  jede  VerkaufygebUhr 
verkaufen  dürfen.  Eb  wurde  zwar  beigelügt  in  Quantitäten  von  mindestens 
5  1,  damit  aof  dem  Lande  nicht  faktisch  eigentliche  unpateutirte  Branntwein- 
eehenken  entstehen.  Im  üebrigen  ist  der  Anasohank  von  Qnantititea  unter  40  L 
an  besondere  kantonale  Bewilligungen,  Patente,  geknüpft.  Die  Kantone  sind, 
nach  Art.  9  verhalten,  den  Handel  mit  den  vom  Bunde  abgegebenen  gebrannten' 
Wassern,  sowie  Uber  den  Verkauf  und  die  Fabrikation  des  nicht  bundeasteuer- 
pflichtigeii  BruuQiweins  zu  wachen  und  die  bezüglichen  V^erordnungen  vom. 
1.  Januar  1888  an  in  Kraft  treten  m  lassen. 

Von  den  oben  genannten  konzessionirten  Verkäufern  ist  eine  kanitmale 
Yerkaufsklassen^tener  zu  erheben.  Die  auf  die  bebandelten  Materien  besttglichen- 
kantonalen  Ge.setze  und  Verordnungen  ^ind  ausnahmslos  erlassen. 

f/.  Expropriation  (Art.  Ib)  und  Entschädigungen.    Der  Schweiz. 
Gesetzgeber  ist  iah  klar  gewesen^  daß,  wenn  er  die  AoiMlbung  einer  gewissen 
Lidnatrie  antecMge»')  dfo  dadnrdi  benaohthMligten   Industriellen  in  billiger- 
Weise  schadlos  za  halten  seien.  Davon  handelt  nun  Art.  1 8  des  Gesetzes,  sowie 
die  bundesgeriohtlicbe  Verordnung  betr.  die  Aosfllbrung  dieees  Artikels  Tom 

*)  Der  Nationalrath  hat  am  21.  Juni  1888  eine  Motion  seines  Mitgliedes  Hoch- 

stras^er  in  njirhstehender  Fassunpr  angenommen :  , Der  Bundesrath  wird  ein^rpladcii  zu 
prüfen  und  ßerichl  m  erstatten  ob  nicht  das  in  Art.  8  des  Buiulesgesolzcs  vom  23. 
Dezember  1886  betr.  gebraniitt-  Wrisser  festgestellte  Minimum  von  40  L,  bei  welcher 
Prnductiiin  ein  Brenner  in  riuantitätcn  von  5  I.  verkaufen  darf  zu  erdrihon  >v\* .  Ült 
beziigUche  Bericht  das  Hundcsratlis  (Bundesblatl  188D,  Bd.  11,  S.  6U  ü)  vum  ^i.  Mai 
1889  trug  auf  Abweisung  an.    Die  Bundesversammlung  trat  dieser  Auflassung  bei. 

*)  Kreisscbreiben  des  Bundesraths  an  sämmüiche  eidg.  .Stände  betr.  den  Verkauf 
von  gebrannten  Wassern  vom  27.  September  1887.  Bundesblatt  1887,  Bd.  Iii,  S.  61—62. 

*)  GesctMasanunlttUK  n.  F.,  Bd.  X,  S.  66.  Bundesblatt  1887,  Bd.  m,  S.  678^ 


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StaatsmoQopole 


—    151  — 


Stuatsmonupole 


SO.  SaptonW  1887| ')  fttun  dar  B.  R.  B.batr.  die  Anmeldung  von  finteeldldigungs- 
UMprttoheii  Mr  Mioderwerth  yon  Brenmenien  vom  18.  Oktober  1887.  Der 
Art.  18  geht  von  der  VorauFeetzung  ans,  daß  die  Ausübung  eines  Gewerbes 
kein  Hecht  konstitnire,  und  daß  anoh  die  Brenner  von  diesem  Standpankt  aas 
kaum  einen  Entsohfidigungsan^pnioh  erheben  dürften. 

Die  großes  Spritfabriken,  welche  zum  Tbeil  "«b  BektifikatieiiMUialalteii 
iMantet  wwden,  sowie  die  etira  40  mittel{^fieii  Betriebe,  welche  anm  Brennen 
dte  iMlUHIlilftcn  ViertclH  des  Hchwi'izcriscbeii  Konsums  (ca.  2*), 000  hl)  heran- 
gezogen wer^i  II.  l  aben  ihre  Befriedigung  in  der  Thatsache  des  buiideHgemiiß 
kontrolirten  VVeiiorbctriebs  zu  finden.  Ks  bleiben  dann  fiber  noch  etwa  ')50 
Brennereien,  welchen  e«  nicht  möglich  geweseu  it't,  an  den  Licferungbkontiakten 
gn  partiii|»tren,  fÄr  die  AnsmittlnDg  von  EstsohMdigaiigen  ▼orbehalten. 

Die  Verordnung  des  B.  Ger.  vom  30.  September  l^Hl  st-tzte  einen  Monat 
vom  Zeitpunkt  der  Publikation  derselben  an  gerechnet  fest  für  die  Einreichung 
von  Ent-f 'rldigungsRnsprlichen,  verlängerte  aber  zugleich  den  Termin  noch  ein 
halbes  Janr  darüber  hiuauü,  nach  Ablauf  weicher  Friüt  kciue  Au^j^rilche  m^kr 
bflrteknolitigt  werden  soUteii. 

'  Be  irt  klar,  daß  in  einem  EntBobldigungsanspracli  konkladeoter  aooh  die 
Erklärung  de-  AinprecherH  InbegritTen  iat.  dftß  er  gemäß  Art,  18  AI.  3  des 
Gesetzes  auf  die  durch  Art.  32'''^  der  B.  Y.   gestattete  Fabrikation  venichte. 

Da»  i'flichtenheft  vom  23.  Mai  l^tib  betr.  die  Vergebung  der  in  Art.  i 
und  2  des  Gesetxea  vorgMehenea  Breonloose  setzt  außerdem  in  Art.  35  fest,  daß 
eBtiahidigle  ESgenthllmer  von  Brennereien  weder  Einsellooee  ttbemelanen  kennen, 
noch  in  BrennereigenoKsenschaften  eintreten  dürfen.  Fü  i  BrenDerTArt.  8<i  eil.),  weiche 
bis  dahin  über  1000  hl  abholuten  Alkoholn  iui  Jahre  erzeugten  und  web-lie  ein 
Breonloos  erhalten,  bleibt  die  Krago  einer  theil weisen  Knt.'iebädigung  eine  otlVne. 

Im  Ganzen  wurden  1370  Hnt.Hchädignngüforderungen  eingereicht,  wuvuu  bis» 
BMfe  1889  1171  doroh  Zahlung  erledigt,  36  durch  Ahschlnß  von  Ueherein- 
kiinften  zur  Brledigosg  vorbereitet,  163  zaxttdKgeiogen,  22  ahgewieeen  worden 
i^ld  und  2  noch  pendent  .sind. 

'öie  detinitiT  erledigten  1171  Fülle  beanspruchten  folgtinde  Summen ; 
■       •  An  Zahlungen  gegenüber  den  Fonleriuureu : 

Fr.  '  Kr. 

1887/88    2,B7;i,.-)ltL).  35  5,261,378.  58 

1889     l,()43,li71.  40  2,251,613.  23 

3,717,270.  75  7,512,U91.  öl 

ffievon  ab        62,175.  27*)  — 

Bleiben    3,655.095.  48  7,512^991.  81 

\)  Gesetzessammlung  n.  F..  Bd.  X.  S.  269  S. 
«)  Bundesblatt  1887,  Bd.  IT,  S.  117-190. 

*)  Bundesralhsbeschluss  belr.  .XnineLlung  von  Entschädigungsansprüchen  für  Min- 
derwerth von  Brennereien  vom  18.  October  1887.   Bundesblatt  1887,  Bd.  ill,  S.  117  IT. 
*)  Die  in  Abxag  gebrachten  Ft.  0147ß.  S7  sind  nachstehender  Weise  zusammeoResetzt : 

Fr.  Fr. 

Netlo-Erlös  aus  dem  Verkauf  von  Altmetali  18«7/«8    .   .    157,739.  35 

1889    ...    51378.  55 
Werth  des  Altmetallvorrathes   5,340.  — 

  21i,3ö7.  1*<J 

Weniger : 

Tcnraltunsskosten  1887/88   106,613.  33 

,  1889    45,569.  40 

 _154,181.  63 

68.175.97 


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Slaatsmonopole 


—    16«  — 


StaatBuionopol« 


Was  die  pendenten  und  die  duroh  Verträge  xur  Erledigung  vorbereiteten 
30  Fälle  betrifft,  so  werden  nach  ScbStzung  des  B.  R.  asor  Liquidation  der- 
selben nooli  ca.  Fr.  475,000  aufzuwenden  sein,  so  daß  die  G88ammtauf>lage  für 
Expropnatiuaen  vorau««iuhtlicli  Fr.  4,130,000  betragen  wird.  Dieselbe  bleibt 
•onaeh  wesentUoli  unter  den  Beträgen,  welohe  hü  BerftthuDg  dee  Konopol- 
geeetzes  angoaommen  waren. 

h.  Wegfall  der  kantonalen  und  lukaleu  Konsumgebilhren. 
Art.  6  der  Ueberganj^bestimraungen  der  rediv.  Verfa.SMung  von  187-i  «et«te 
fest,  daü  im  Falle  der  EiDfUbmng  eines  B.  G.  im  Sinne  des  Art.  32*'^"  vor  dem 
Jeihitt  1890  die  Ton  den  Eantoiieii  und  Gemeindee  gemäß  Art  82  der  B.  Y. 
bfldMgenen  Gebiluren  mit  dem  Inkcalltreteii  dǤ  beiBgUolieD  GeietM  dfthiDfallen 
sollen.  NaohSfferXI  des  YollziehniigebeBchliiiies  vom  15.  Juli  1887  hatte  dieser 
Gebiihrenbezag  vom  1.  September  l^?fi7  an  aafzuhören  und  die  interessirten 
Kantone  und  Gemeinden  sollten  daaacb  auf  dem  Fuße  des  Durchschnitts  ihrer 
Einnahmen  der  Jahre  1880 — 1884  entachildigt  werden  and  zwar  schon  vom 
1.  Beptemlier  1887  an;  die  AlkoholYenraltoiig  hatte  daher  ihr  Budget  mit  dner 
Summe  von  Fr.  3,581,008  zu  belasten. 

Die  en  li^Tilti^r''  Ablösung  der  Ohmgelder,  wie  »u'.  durch  Art.  12  di-«  Ge- 
setzes angeordnet  worden  ist,  hält  nicht  nur  die  Fiuaozen  der  Ohmgeldkantone, 
welche  sonst  im  Jahre  1890  durch  deren  Wegfall  ersuhüttert  worden  wären, 
•nfireoht,  sondern  sebafifl  anoh  fttr  die  Nioht>Ohmgeldkantone,  wetebe  bisher 
niebts  erhielten,  dieselben  Vortbole.  Dann  wird  dnrdi  die  Aufhebung  der 
Konsumgebilhren  in  den  Kantonen,  wo  die  gegohreiten  Getränke  hoch  verzollt 
werden  mußten,  die  Einfuhr  erleichtert  und  das  gute  Getrünk  billisrer  gemacht. 

Die  Beineinnahmea  dos  Bundes  aus  dem  Alkoholmonopol  wuideu  anter  die 
sdmnUiiidten  Xaatooe  onoh  Maßgabe  der  Bevlttkerungszahl  ▼erthdH.  £•  lasaeit 
•iqli  damit  entweder  neue  Enltnian^ben  iSien  oder  —  Stenererleiohtemngeii 
einführen.  10%  dieser  ISinmhuen  dnd  von  den  Kantonen  speziell  ftr  die  Be- 
kämpfung des  AlkoholismuR  zu  verwenden.  Verni'ithlich  wird  dies  geschehen 
durch  die  Anlage  von  Trinkerasylen,  von  BewahruuMtalten  für  Kinder  von  Ge- 
wohnheitstrinkern, donli  den  Ban  von  Geaellschaftshäusern,  die  Unterstütinng 
▼OD  Volkakttohen,  SnppeaKBstalten  und  Koehknfeen,  dareh  Milehknren,  Bad- 
a  II  stalten,  oder  durch  m^  prSveiktive  Maßnahmen  wie  Untentiltrang  der  Bildmiga* 
and  Erziehungsbestrebungen. 

Einstweilen  (1887  und  1888)  gr:m;.rt.  n  die  Reineinnahmeu  (Fr.  l,'.» 5 7, 841) 
des  Bundes  aus  dem  Alkobolmonopul  kaum  zur  Schadloshaltung  der  Ohmgeld- 
kantone  (Fr.  5,423,020).  Weil  non  aber  die  Probejahre  fttr  den  Bnnd  vorttber 
sind  und  die  künftigen  Reineinnahmen  grOßer  sein  werden,  durfte  der  Bund  da4 
Fehlende  (Fr.  1()5,179)  vorechießen,  um  die  OhmgiMkantone  in  den  vollen 
Besitz  ihn  r  (juthaben  gelangen  zu  lassen.  1881)  konnten  bereits  auch  an  die 
Nicht-Ohmgeldkantone  Beiträge  von  zosammen  884,565  Fr.  ausgerichtet  werden. 

Die  den  Ohmgeldkantonea  und  Okfaroigemeinden  pro  1889  ausgeriohtelen 
Ersatwammm  fttr  dahingefikllene  kantonale  nnd  kommunale  £iiigang^b<lbren 
ergeben  nadi  der  Abrecfaniing  pro  1889  fUr: 


Kanton  Bern 


Fi.  1,071,101.  83 


*  XU««».-«-. 

„  Obwalden 
M  Crlama 


Latum 

TTri  .  . 
Nidwaiden 


37:),f)L'l.  54 

62,7J1.  (»2 

13,678.  11 

19,859.  60 

45,897.  50 


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Staatsmonopole 


—    163  — 


Staatsmouo{>ole 


JCantmi  Zog  .  . 

,      Freibofg  . 
„  Solotbarn 
„  Baaelstadt 
«  Baaelland 
f,  GranbllndeD 
,      Aargatt  . 
,  Tessin 
^  Waadt 
,      Wallis  . 
Cremeiiid«  Qen£  . 
,  Oaroiige 


Fr.      17,710.  — 

356,151.  76 
^40,270.  43 
47.373.  40 
5l,4i*4.  52 
155,882.  99 
186,400.  85 
161,139.  10 
326,381.  40 
36,632.  96 
386,619.  02 
38,994.  61 


N«dita]ilaDg«ii  an  die  Eftntoae  üri 

Uri  pro  1888   

Tesrin  pro  1867     ...    Fr.  282.  07 
.    1888     ...      .    139.  10 


Total 

und  Teadn: 
.    Fr.  400.  — 


Fr.  3,680,880.  68 


421.  17 


821.  17 


BttoknUmig  der  Gemeindo  Genf  pro  1888 


Fr.  8,581,701.  70 

380.  98 


Znaammen  Fr.  3,681,320.  72 


488.  — 
3,58l.«0ti.  72 


Spezialent8chädi|piDgeii  an  frühere  OhingeldbezUger  .... 

ütssammt-Total  Fr. 

i.  Finanzielles.  Die  Betriebsrcchnnng  pro  1889  ergibt  an  Einnabmen 
Fr.  11,494,511;  an  Auagaben  Fr.  6,245,458,  an  EinnahmeUbersohuß  Franken 
5,249,068. 

Die  Einnehmen  eetsen  lidi  »mininen  am 

Fr.  9,942,901  für  den  Verkauf  von  Sprit  nnd  Spiritus  snm  Trinkkonenm 

and  zn  technischen  Zwecken  etc. 
„     575,438  für  MonopolgebUhren  anf  Qnalitätsspirituofen  eto. 
»     767,874  Werth  der  Lagervorrathe  Ende  1889. 
p      99,467  für  den  Verkauf  von  Holzgebinden. 
«     108,841  Ittr  KorBgewinne,  Akttrsinee  nnd  Anderee. 

HaDptnniga])epoateii  abd: 

Fr.  2,313,167  lllr  den  Ankauf  von  anslSndigchem  Sprit. 

,»  1,777,G51  m        »         «     inläntli'-f  hf'Tii  ^ 

w     148,829     „     ^        „         ^  Holzgebiiiden. 
n     165,032    .  die  Rückvergütung  von  Monopolgebühren. 
,     206,600    ,  TeranBiing  der  featen  Anleihe. 

Sohlnß.    Man  hat  «a  dem  Alkobolgeiietae  aum  Vorwurf  gemacht,  daß 

es  den  Zweck  der  sittlichen  Beeserong  de«  Volkes  mit  einer  rein  öakaliflohen 
JTaßregcl  vcrqnickt  habe.  Wenn  auch  diesem  Vorwurfe  im  Stadiiiin  der  t^esetz- 
geberischen  Thätigkeit  etwelche  H  rüchtigung  nicht  abgpvprochen  worden  kuimte, 
Bo  hat  doch  der  bist  anhiu  erreichte  Erfolg  jenen  Gegnern  nicht  Hecht  gegeben. 
Wi»  ea  niinüieb  icheint,  haben  aehon  die  eraten  swei  Jahre  der  Wirknunkeit 
dea  Alkoholmonopole  den  Konanm  der  gebrannten  Waaeer  nierklieh  anrttekgehen 


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Staatsiiioiiopole 


—    164  — 


StftatnDoiKipole 


husen.  Wenn  sndb  di«  CfarHiide  davon  kann  in  der  tiefen  Eueicht  der  bieherigen 
konsamirenden  Yolksklueen  sn  snohen  emd«  eo  mag  dodi  das  fektieohe  S^rfebnilfr 

befriedigen 

Der  Berieb i  de«  Bundesrathes  über  die  GeKchäftsfHhrung  und  Kechnang 
der  Alkoholverwaltuug  pro  1 887/88  läßt  »ich  dariibei  luigeudermaiien  vernehmen 
Wir  begnügen  nnt,  an  tagen,  daß  wir  an»  den  ttbereinstiimmenden  Beriobten, 
welche  nne  ans  vendiiedenen  Lande^genden  geworden  Hind,  nnd  aoe  den  Be- 
obachtungen, welche  tinsere  Verwaltung  selbst  zu  machen  iu  der  Lage  war,  die 
üelierzengiing  schöpfen  mußten,  es  habe  dr-r  Triiikkonsum  der  monopolisirten 
gebranuteu  WaHt»er  in  der  Xliat  tmit  EiutiihruQg  des  Monopols  eine  namhafte 
Ywminderang  er&hren. 

•Der  Jabreskoneum  der  nnnmebr  monopolisirten  Branntweine  wnrde  fttr  die 
Zeit  vor  Annahme  des  Monopolgentaee  anf  150,000  U  abeolnten  Alkobole  oder 
rund  12ö,(»Ü()  q  gCKchätzt. 

Der  Unißatz  der  Alkoholverw&ltung  pro  1887/88  dagegen  belänft  sich, 
wie  oben  angeführt,  auf  nur  78,750  q.  Dieser  Umsatz  bezieht  sich  hinsichtlich 
der  Qnaliataspiritnoeen  anf  die  Zeit  von  17'/»,  hineiebtlieh  des  Sprite  anf  die 
Zeit  von  16  Monaten,  betcigt  ako,  proportional  anf  ein  Ealenderjabr  redosiTt^ 
bloß  52,875  q. 

Wir  kHnnen  und  wollen  nicht  behaupten,  daß  der  Landeskoni<um  i:i'brannter 
Waftstr  un\  die  DilTerenz  zwischen  dieser  Zitier  und  derjenigen  von  I2ö,l>00  q^ 
anrttokgegaugen  eei. 

Kinerseita  bat  der  Ruckgang  des  Verbrauchs  monopoliairter  Branntweine 
durch  eine  Steigerung  der  Produktion  nnd  des  Verbrauchs  monopolfreier  Spiri- 
tuosen eine  nicht  näher  zu  bemeasende,  jedenfalls  aber  beträchtliche  Kompensation 
gefunden,  anderseits  erschwert  der  Grenzschmuggel,  wie  er  vor  und  nach  dem 
Monopol  naeh  innen  änd  naeb  anßen  tbätig  war,  die  Feststellnng  des  tinMkdi- 
lichen  LandeekfNisnnu,  endlioh  aber  ist  seit  Inkraftsetsnng  des  Monopole  ein 
außer  allem  Zweifel  bedeutender  Bruchtheil  des  denatnrirten  Sprits  in  gesell- 
widriger Weise  zur  Fabrikation  von  Trinkbranntwein  verwendet  worden 

Trotzdem  bleibt  die  Thatsache  einer  eingetretenen  starken  Yeruiiuderung 
des  Sehnapsverbrancbs  bestehen." 

Bei  diesem  Anlaß  soll  niobt  nnterlasaen  werden,  das  TTrtbei]  araaftthrsD» 
das  ein  bervorragender  deutscher  Kationalökonom  und  aufmerksamer  Beobsobtar 
unserer  Schweiz.  volkswirthRohaftliehen  Verh;iUiiiHse,  l'rof.  Conrad,  tlber  unsere 
legislatorische  Bethätigung  in  der  vorwUrügen  Frage  gefällt  hat.  ') 

«Wie  in  Schweden  hat  das  Streben,  dem  Alkoholismus  enl^iregenzuarbeiten,  die  An- 
.regung  zu  dem  ganzen  Vorgehen  gegeben,  und  die  Einmütbigkeit,  die  man  in  der 
„Bevölkerung,  der  Regierung  und  den  vorarbeitenden  Kommissionen  in  dieser  Hinsiebt 
«findet,  die  ruhige  Sachlichkeit,  die  überall  den  festen  Vorwitz  bekundet,  Parteiinter essen 
,\vie  alton  Vururtlieileii  ent^'f^rfiizulrflcti,  nuu'lit  t-inon  iiht-raus  wohlthuenden  F.indnick, 
„um  so  mehr,  wenn  man  dem  gegenüber  an  unsere  deutschen  Verhältotsse  denkL' 

II.  Kantonale  Monopole  und  Eagalien. 

Mit  Ausnahme  des  Salzes,  das  es  allen  Kantonen  ohne  Ausnahme  anpethan 
hat  (s.  Seite  6^7  u.  ff.  II.  Bd.\  sind  nur  noch  die  Kohle,  der  Schiefer,  der 
Alkohol  nnd  der  Eisenbahnbetrieb  Gegenstand  kantonaler  Begalien. 

Koblo.  Als  einsigeB  Koblenbergwerk  in  der  Sohweis,  das  regaliscb  von 
Staatswegen  abgebaut  wird,  ist  dasjenige  in  EKpfnaob,  Kanton  ZüruA,  an  nennen. 

')  Bundesblatt  1889,  Bd.  Hl,  S.  226. 

*)  Gomrad's  Jahrbflcber  fttr  Nationalökonomie  nnd  Statistik.  N.  F.  Bd.  Xn,  S.  975. 


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Staatsmonopole 


—    155  — 


StaalsnioDopole 


Schon  im  Jahre  1063  sollen  die  ersten  Spuren  von  Steinkohlen  da«elbBt 
«itdMikt  worden  Min,  wenigstem  wurde  dMnab  10  Penonen  bewilligt,  8  Tage 
lang  darnach  zu  ^'r  ibeo.  Im  Jelm  1708  wurde  von  einer  RathakommiHHion 
nach  stattgefundener  ünter«Tif}ning  Uber  das  Vorhandensein  von  iSteinkohlen 
berichtet.  Im  Jahre  1750  wurden  die  beiden  Gruben  su  Käplnauh  (benannt 
.Grube  des  Lande»  und  äaohsengrabe")  von  dem  fremden  Bergmann  Köhler 
nntenoeht.  1768  worden  die  Stnbeokneclita  auf  den  Zünften  ttod  OffentUohea 
Qeeellaohaften  durch  BathebeeoUaß  angehalten,  aw«  BBhrli  Steinkolilea  n  nehmen 
and  damit  die  Oefen  zu  heilen;  im  nlmlichen  Jahre  wurden  durch  eilien  gewisaen 
Herrn  v.  Valtravera  von  Biel,  einen  Cajtitfiin  Brown  und  einen  andern  Engländer 
Versuche  angestellt,  mittelst  Bohrens  dm  üuhlenlager  zu  erforschen  und  die 
Steinkohlen  mehr  zn  gebrauchen  und  zu  benutzen.  Auch  wurde  ein  Ealkofen 
eniehtet,  der  aber  bald  wieder  einging.  1784  erging  ein  Beadilnfl  dee  kleinen 
Rathen,  daß  in  Eäpfnach  ein  Steinkohlenbergwerk  an  erriohten  aei.  Nooh  ift 
dMnselben  Jahre  wurde  der  Anfang  damit  gemacht. 

Weiter*»  Versuche  erfolgten  1787  im  RietUhof  im  Aeagsterthal  ;  178!> 
wurde  in  Haut  ein  Stollen  erbaut,  um  jedoch  in»  folgenden  Jahre  wieder  ver- 
iatisen  zu  werden.  17d2  erblickte  eine  „Steinkohlen  -  Kommission*  von  9  Mit- 
gliedern daa  Udit  der  Welt  nnd  in  ihrem  Gelbige  kam  ein  fürmliehee  Proto- 
koll über  die  Bergbanantemehmungen  zn  Stande.  Sodann  wurden  auf  staatliche 
Veran la>>RU ug  hin  Spuren  von  Steinkohlen  entdeckt  bei  f'bertsweil,  Teufen, 
Buch,  Jiu  kereQ  (Tößthal),  Alten-Landenberg,  im  Suhwandel,  bei  Tenfeubaeh,  am 
Lipperschweudi-Gubel ,  bei  Lanzen,  im  MUhlentobel,  bei  Fägsohweil.  Im  Jahre 
1803  war  neuerdings  eine  Bcrgwerkekommiieion  tn  beetellen,  nnd  daa 
Jahr  1805  endlich  braohte  ein  Bergwarkageaati wdehea  alle  im  Schooß^ 
der  Erde  vorhandenen  nutzbaren  lilineralien  (Metalle,  brennbare  Mineralien  nnd 
Salze  [Steine,  Gips,  Thon,  Merg«!,  Torf  nicht  inbegriffen])  als  Eigenlhum  de» 
Staates  erklärte  und  deren  Ausbeutung  au  eine  ausdrückliche  Konzesi^iun  der  Re- 
gierung knUpfte.  Seit  Erlaasung  dieses  Gesetzes  hat  der  Staat  von  sich  ans  einzig- 
daa  Bergwerk  m  KB^^taeh  ala  regaliaoben  Betrieb  Ibrtgeaetsfe.  Eine  Beiha  von 
Privatversuchen  auf  Bergbau-Mineralien  fand  bia  ^um  Jahre  1830,  jedooh  ohoa 
irgend  welchen  Erfolg  htatt.  In  diesem  Jnhn-  wurde  der  pyrotechnischen  Gesell- 
schaft ein  Sehn  rfnch  ein  auf  den  ganzen  Kanton  ertheilt,  1831  trat  an  die 
Stelle  der  früheren  Bergwerkskommission  das  dem  Finanzruth  untergeordnete 
Bergwerksdepartement  von  4  Mit^edern,  daa  indeß  im  Jahre  1889  anf- 
gehoben  wnrde.  Der  bis  in  die  30er  Jahre  hinein  betriebene  Detailhandel 
des  Staaten  mit  Schiefer  kohlen  hörte  Ende  «lerselben  auf. 

Einzig  dsi*  Kohlenbergwerk  in  Eäpfnach  ist  seit  «lern  Jahre  1784  beständig 
im  Betrieb  gewesen.  Derselbe  nahm  bald  größere,  bald  kleinere  Dimensionen  an. 
Die  Ausbeute  mag  bis  zum  Jahre  1879  ca.  3,411,000  q  gewesen  weiu,  ein 
Ergebniß,  da»  dem  Kanton  Zttrioh  sehr  an  atatten  kam.  1888  betrug  die  Aus- 
beute 15,441  q  StOekkoblen,  1716  q  Kohienklein,  1326  q  Koblangriea,  finmer 
Mergel  u.  s.  w.,  alles  im  Werthe  von  Fr.  37,000,  Benefice  für  den  Staat 
Fr.  665.  Die  Käpfnacher kohle  .««teht  der  guten  avmliindischen  Kohle  in  mancher 
Beziehung  nach,  weil  sie  einen  großen  Aschengehalt  und  tciu  eingesprengten 
Bdkwefelkiee  seigt.  Das  war  der  Grund,  daß  sie  verdräng i  wurde.  An  die  Stell» 
der  abgedziagtan  Konmimenten  trat  nan  der  Staat,  der  Anfange  der  80er  Jahre 

')  Hemorabiiia  Tigurina  oder  Chronik  der  Denkwürdigkeiten  der  Stadt  und  Land- 
schaft Zürich  pag.  53,  265.  ZQrich  1841. 


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SlaaUnionopcrte 


—    166  — 


Staatomonopole 


dniolk  Minen  Selbstkonsam  ca.  32 — 35  7o  des  frflheren  Absatzes  aafnahm.  Mit 
dem  Bergwerk,  d.  h.  mit  der  Steinkolilt^nfördernng  im  Zusammenhang  besteht 
ein  Cemeotgcschäft  seit  dem  Jahre  1874.  Die  VeranlaBsang  zur  Einrichtung 
«ine»  aolchen  lag  in  der  Thataache,  daß  sich  im  Abbaufelde  ein  thoniger,  dolo- 
nitiadher  Ealkstoui  vor&nd,  weUshor  die  Eigaoicliaft  beutet,  iiaeh  d«ii  BremiMi, 
mit  Waaeer  aDgemaeht.  «owofal  in  der  Luft  als  nrter  Waaaer  sa  «liIrteB;  HiMi|it* 
absatzgebiet  des  produzirteu  Roman-Cemeuts  sind  die  Kantone  Zürioli  und  Glanu.*) 
Gewinn  für  d»>n  Staat  im  Jahre  188«  Fr.  'Jl,4H4.  Im  Jahre  1888  warfen  beim 
Kohlen berg wer kübetiieb  beschäftigt  17  üuhieahäuer,  2  Uement-  und  KaikHtein- 
Vneoher,  3  Förderer,  3  Kläaber,  Total  25  Arbeiter.  Bei  der  keramischen 
Fkodidctioii  (Kalk«  und  ComeotgeeidiSft}  bestand  das  Arbeiterpersonal  ans 
43  Hann,  wovon  10  Sefaiibr. 

Schiefer.  Der  Kanton  Glarae  beeitst  ein  Sohieferbergwerk  im  sogen. 
Land esplatt en bc rg  in  Engi. 

Wie  schon  aus  Protokollen  auü  der  Uittc  dos  ii>.  Jahrhunderts  zu  entuehmea 
ist,  hatte  der  Kanton  den  Plattenberg  stets  als  Begal  bebandelt,  indem  sich  die 
lAndesobrigkeit  jedenelt  das  Hoheits-  nnd  VerfUgungsrecht  wahrte,  ohne  indessen 
die  SchieferauHbeutung  regalisch  zu  betreiben.  Am  3.  Sept.  1833  nun  entschloß 
eich  der  Kath  auf  Drängen  eines  großen  Theils  der  Bevölkerung  von  Matt  und 
Engi,  den  Betheb  des  Battenbergs  auf  Kosten  des  Landu»  zu  bewerkstelligen. 
Seitdem  stehen  aXmmtliche  Anordnungen  nnd  Yerfttgungen  poliieilidiM>,  adi^Bi- 
strativer  und  teohnisdier  Natnr,  sowie  aneh  die  Tarifirung  der  Platten  nnd  der 
Fuhrlöhne  dem  Käthe  zu,  der  auch  die  Besäten  des  Bergwerks  ernennt  und  die 
Oberaufsicht  über  di^  Haushaltnogskommission  führen  läßt.  Die  unmittelbare 
Leitung  des  Bergwerks  ist  einem  Direktor,  einem  Verwalter  und  vier  l^latten- 
schaueru  zur  Kontrole  der  Platten waaren  Ubertragen. 

Ihurch  Beeehlttfi  der  Glamer  Landsgemeinde  von  1857  wurde  der  Betrieb 
des  kantonalen  Schieferbergwerks  hoheitlich  genehmigt  ,  dagegen  auch  Grund- 
besitzern die  freie  Verfügung  über  die  von  ihnen  auf  eigenem  Grund  und  Boden 
gebrochene  W'aare  gewährleistet,  wodurch  eine  Bresche  in  die  1833  gegründete 
Institution  gelegt  wurde. 

Doroh  Beschluß  des  Bathes  vom  13.  Jannar'l85S  wurde  das  Betriebs- 
kapital der  Plattenberganstalt  auf  60,000  Fr.  festgesetzt.  Die  Uebersohttsee 
über  diesen  Betrag  werden  als  Reservefond  ausgeschieden.  Aus  dem  Reserve- 
fond wurden  zu  Gunsten  df  r  Platte nbergarbeiter  Fr.  10,000  als  Kapitalgruud- 
atock  erhoben  zur  Bildung  eines  U uterstU tzungsf ondu.  Zur  Aeufnung 
dieses  Fonds  soUten  demselben  25  '^/o  des  jäbrlichMi  reinen  Yoraohlages  der 
Plattenberganstalt  für  so  lange  angewiesen  werden,  bis  er  den  Betrag  von 
Fr.  30,000  erreicht  habe.  Durch  ein  Reglement  vom  9.  Dezember  1874  wird 
des  Mähern  die  Verwciidinig  des  Unterstützungsfondes  bestimmt,  ersetet  wurde 
dasselbe  durch  einen  weitern  Erlaß  vom  21.  Juli  1880. 

Durch  Beschluß  von  Landammann  und  Rath  vom  21.  Juli  1880  wurde 
das  Betriebskapital  aof  d«r  bisherigen  HShe,  Fr.  50,000,  der  Beeervefond  auf 
Fr.  20,000,  der  UnterstUtsungsfond  für  die  Arbeiter  auf  Fr.  30,000  belsssen, 
dagegen  wurde  7ur  Erlialfuns'  dieses  letzten  Fonds  und  Erleichterung  seiner 
Autgabe  und  Zw  rrk^rstimuiung  ein  Keserveunterstützuiigsloud  angelegt  aus  jähr- 
lichen Beiträgen  von  Fr.  1000  aus  der  Kasse  der  Bergwcrksverwaltung  und 
beginnend  mit  dem  Jahre  1879. 

'j  Zürcher  Amisblatt  1880,  pag.  657  ü.  Expertenberichte  Ober  das  Bergwerk  in 
Klpfiiach. 


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Staaüimonupole  —     1Ö7    —  StaaUnionopoie 

Dm  Bedinnngi^crgebiiifi  des  Landesplattaobwgcs  ist  tin  verliltttiiißnlfiig 

bescheidenes.    In  der  djSlirigen  Amtobericbtsperiode  1881 — 1883  «»Mite  der» 
selbe  einen  Gewinn  von  Fr.  9000,  in  den  folgenden  3  Jahron  1884 — 1886 
Fr.  19,600,  1887  Fr.  6239  nnd  1888  Fr.  i'yOO. 

Der  Landetiplattenberg  ist  Air  den  Staat  nicht  bloß  eine,  wenn  auch  be- 
■oheidene  Eimiftbsuqnelle,  aondem  bietet  der  Thalachaft  (der  Seruft)  eine  »ohSn» 
Srwerbegelegenbelt  und  iat  eodtno  eine  bltlige  BesQgeqiielle  fflr  Sohiefear. 

AlkoboL   Ba$el8iad(  bat  den  KleioTerkaaf  Ton  gebrannten  WasBem, 

der  nach  §  8  des  Bundeegesetiea  von  Bewilligungen  der  kantonalen  Behörden 
abhängig  ist  un<l  einer  Steuer  unterliegt,  mr>nopoligirt.  Eine  regiemngwfttbliobe 
Verordnung»  vom  4.  April  1^88  sagt  (liirüht'r  n.  A. i 

Dem  kantonalen  Aikoholmonopol  mitf^rliegt : 

o.  der  Kleinverkauf  von  nicht  denaiurtrtem  Sprit  (Feinaprilj  in  yuantitäien 
unter  40  Liter; 

6.  der  Kleinverkauf  V"n  Trinkhranntirn'n  jeiirr  Qualität,  her{re=fpllt  auf  dem 
Wege  der  Mischung  Yon  Suril  mit  Wasser,  Essenzen,  Elxtrakten  oder  Gewürzen, 
in  Qnantit&ton  unter  40  Liter,  offen  oder  in  Flaschen. 

Dem  Monopol  unterliegt  nicht  der  Elonveilcanf  von  Onalitüteepiritnoeenf 

doch  kann  dieser  Verkauf  nur  in  geschlossenen,  versiegelten  oder  verkap<?elten, 
mit  der  Bezeichnung  des  Inhalts  verseheneu  Kia-^chen  geschehen}  and  unterliegt 
der  polizeilichen  Bewilligung  und  einer  Patentgebuhr 

§  3.  Fttr  den  Kleinverkanf  des  dem  Monopole  nnterliegenden  Alkobol» 
werden  im  Kantone  die  dem  Bedürfniß  entepreobende  ZabI  von  Verkanftetellen 
errichtet,  welche  möglichst  gleichmäßig  zu  vertheilen  sind,  aber  dift  Zahl  30 
nicht  Obersteigen  sollen.  Die  Verkauftistellen  werden  vom  Regiernngsratbe  anf 
Antrag  des  Finanzdepartementes  nach  ötfbutlicher  Auäsciireibung  vergeben. 

§  3.  Diesen  Verkanfsstellen  wird  der  Sprit  nach  Bedarf  vom  Finans- 
departemeate  in  den  von  der  eidg.  Alkoholverwaltnng  geliefarteii  Qualitäten  ab> 
gegeben  gevcen  Bezahlung  dee  von  der  eidg.  Verwaltung  bereobneten  Preises, 
mit  einem  durch  den  Regierun g>»r:tth  festzuKtellenden  Zuschlage.  ^)  Die  Verknufs- 
stellen  dürfen  von  keiner  anderen  Seite  als  vom  kantonalen  Finiinzdepartement 
Sprit  oder  Trinkbrauutwein  beziehen ;  auch  ist  ihnen  untersagt,  mit  Sprit  oder 
lÜnkbranntwein  anf  eigene  Beohnnng  Handel  an  treiben. 

§  4.  Die  Zubereitung  des  Sprits  zu  Zwecken  des  Konsums  ist  bis  auf 
weiteres  Siiehe  der  Verkaufsstellen  8ie  soll  eine  mttgUobat  gleichmftßige  sein  nnd 
unterliegt  der  Kontrole  des  Finanzdefmrteuieutcs. 

§  5.  Die  Verkaufepreise  sollen  für  alle  Verkaufsstellen  die  gleichen  sein 
ttnd  werden  vom  Finanadepartemente  ÜM^eetellt;  die  Yerglitnng  an  die  Yer- 
kanftstdlen  Ittr  Znbereitang  nnd  Verkatf  beeteht  in  dem  Uebersobnaie  dee  Er- 
löees  tiber  den  Ankaufspreis  und  den  Zuschlag. 

§  6.  Die  Verkanfsstellen  haben  fiir  die  richtige  ErfillUnig  der  von  ihnen 
tlbemummenen  VerpÜichtuugen  eine  Kcalkaution  vou  Fr.  500  bei  der  Staats- 
kaaae  sn  leisten;  im  übrigen  wird  das  VerliäUnlß  derselben  zu  der  öffentlichen 
Verwaltung  dnroh  ein  Ffliehtenheft  geordnet,  welobee  das  Finanidepartement  mit 
GenebmiguDg  dee  Begierungrathes  anfeteUt. 

')  Je  nach  der  Größe  und  dem  Werth  des  Umsatzes: 

a.  Für  den  Ausschank  an  Ort  und  Stelle  durch  Wirthe  und  Konditoren  Fr.  30—100; 

b.  FOr  den  Kleinverkauf  Aber  die  Gasse  Kr.  lOf)  h(M). 

*)  Derselbe  wurde  am  12.  Mai  188»  auf  12  Fr.  per  ItX)  kg  netto  und  95*  Tralles 
festgestellt. 


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Staatsmonopole 


—    158  — 


StMtowlrlliseluft 


Eisenbahnen.    Zwei  Eutone  hnbra  gewisse  Streoken  ihn»  Eiaenbahn- 

netzes  verstaatlicht.  Es  sind  diw  Genf  und  Neuenburr/.  Die  verstaatlichten 
Strecken  beißen:  „Gtmeve - Anoemasse'  und  „Jura  Neucbatelois*.  Das  Nähere 
über  letzterü  Strecke  ist  auf  Seite  102  im  II.  Band  zu  lesen.  Mit  1.  Januar 
1890  gingen  die  Bernischen  Staatsbahnen  (p.  '216  im  1.  £d.)  in  das  Privat- 
•Ogenthnm  der  fnoonirten  Westsebweis-  nnd  Jurababngeeellaehalt  Uber. 

Banknoten.  GemKß  Art.  39  der  Bnndesverfaasung  darf  der  Bund  keinerlei 
HoDopo!  fir  die  Ausgabe  von  Banknoten  aufstellen.  Als  nun  der  Kt,  ZUrich 
im  Jahr-  1^77  ein  Gesetz  erließ,  welches  da.s  Heeht  zur  Notenausgabe  der 
Kantonaibauk  reservirt  wissen  wollte,  wurde  dieses  Gesetz  als  bundesvertassungs- 
widrig  erklSrt  und  kam  nicht  snr  AnafBhmng.  Im  tt.  gallisohen  €i;raßea  Batfae 
imrde  s.  Z.  ein  Antrag  anf  Einführung  des  kantonalen  Notenmonopols  verwerfen» 

Spielkarten.  Das  gleiche  Schicksal  der  Unzulässigkeitserklärnng  wurde 
«ach  dem  h.  Zeit  (vor  1874)  Tom  Kanton  Teesin  gebandhabten  Monopol  des  Handels 
mit  Spielkarten  za  TheU. 

Niobt  onerwKbnt  seien  hier  ferner  die  ab  Zeiohen  der  Z«it  bedentsanen 
Bestrebungen  mr  Verslaatlidning  des  G-etre idebandele. 

Staatswirthschaft.  (Verfasser:  Herr  Dr.  Tr.  Geering,  Oief  der  soluvei». 
Handelsstatistik.)  Als  letzte  Reste  mittelalterlicher  ].Mkrxl>;n?ivrränetät  nnd  aus- 
geprägter germanisch-centrifugaler  Eigenart  ragen  die  2.)  Kantone  iler  heutigen 
Eidgenossenschaft  wie  Denkmäler  aus  einer  tremden  Welt  in  die  neue  Zeit  des 
Zneammensohlttsses  der  Nationalitftten  nnd  der  Qrofietaatenbildnng  herein.  Es 
sind  aber  keine  Rninen.  Viel  eher  mag  man  sie  jenen  alten  kirchliciten  Bau- 
wexken  vergleichen,  -welche  über  ravcnnatischer  oder  romanischer  Uranlage  nach- 
einander die  MHmmtlicheii  )>päteren  Kunstweisen  zur  Schau  tragen  uml  noeb  h«ute 
iin  Leben  der  Mitwelt  ihre  Stelle  mit  Ehren  behaupten.  Su  sind  an  unsern 
kleinen  Staatswesen  niobt  spnrlo«t  aber  ohne  an  dieeiforsttditigbewadite  Antonomie 
sn  tasten,  die  poliÜBoben  Stürme  dw  Jahrhunderte  vorftbergebranst. 

Primitive  Zustände  wie  die  altgermanischen  kennen  statt  der  heutigen  sach- 
lichen Staatslasten  nur  die  jiersönlicben  Le^^^tungen  der  allgemeinen  Ding-  und 
Wehrpflicht.  Mit  dem  Herabsinken  der  Aitfreien  in  den  Stand  der  Hörigkeit 
vom  8.  bis  mm  11.  iahrhnndert  verloren  jedoch  diese  persiiulichen  Leistungen 
ilire  Allgemeinheit.  Sie  blieben  anssobließliches  Reeht  der  Freien.  Die  sD" 
nehmende  Masse  der  Unfreien  leistete  dieser  herrschenden  Klasse  Ersatz  fUr  den 
gewährleisteten  Recht'^scliatz  in  der  Korm  jirivat  rechtlicher  Natural  lasten.  Frohnen, 
Grundzinse,  Zehnten  etc.  blieben  dann  auch  die  ntaatswirthschaftlichen  Grund- 
lagen der  hieraus  entwickelten  Territorialberrscbatten  des  späteren  Mittelalters 
und  der  neueren  Zeit,  nnd  die  eigenthllmliehe  Vemusehnug  privatreebtliober 
und  öffentliche!  Elemente,  die  Lösung  staatlicher  Aufgaben  mit  privatreohtliob 
begründeten  Mitteln  ist  fiir  viele  derselben  charakteristisch  Nur  .«spärliche  Reste 
der  alten  Geineinfreiheit  vermochten  sich  dieser  mächtigen  Kntwickhing  gegen- 
über zu  halten  und  bis  auf  unsere  Tage  zu  retten.  Das  sind  die  ionerschweizeri- 
eohen  Üandagemsinden,  deren  Budget  sieh  deshalb  anob  in  den  denkbar  kleinsten 
ZUr«ni  bewegt 

So  eioiaoh  war  die  Entwicklung  der  Steatswirtbsebaft  in  den  ISndliehen 
fiedrken. 

Eine  andere  reinere  Kurm  und  kräftigere  Entwicklung  nahm  der  Staats- 
gedanke  in  den  Städten.  Bei  dem  engen  Znsammenwohnen,  dem  regen  wirth- 
ecbaftlieh«!  und  politisohoi  Leben  ergaben  «ch  gans  von  Reibst  komplimrtere 
Beobt««  nnd  Gesellsehaftsiustftnde,  welohe  der  staatUeben  Be&ät^ng  neue  Gebiete 


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Staatswirthschaft 


159  — 


StaabwirOudiaft 


«rtfllnetes.  läitipfMlieBd  privatwirÜwdiafIliolMii  Arbeitotheilnog  wurden 
große  gememaame  Aufgaben,  weil  durch  eiiiheitHolie  Organe  oder  mit  vereintar 

Kraft  be«wer  zu  lösen,  dem  Kinzf^lnen  entzogen  und  der  Gesamiutlieit,  resp.  einer 
Behörde  übertragea.  Der  udentiiclie  Haushalt  der  inittelaltertichen  Städte  hat 
swar  nicht  in  der  Ausdehnung  ueiner  Leistangen,  um  so  mehr  aber  in  der  Art 
ihrer  LSrang  mamihe  Aefanliehkeit  mit  deo  Anfllngea  dea  modernen  Staatea. 
Die  Toranssetzungen  ftir  dieses  Vonoseilen  waren:  1)  Die  Kleinheit  des  Ge* 
biets  and  die  dadurch  «.'cgebene  Einheitliclikeit  und  Klarln-it  der  gemeinsamen 
Interesnen.  2)  Der  stei^reiule  Wohlstand,  der  die  Mittel  reiclilicli  darbut.  ^)  Der 
Tursprung,  den  die  geschättskundigen  Burger  in  jener  Zeit  des  Uebergangs  von 
der  Nataral«  so?  Geldwirtliaehaft  vor  den  Füraten,  Überhaupt  vor  dem  Lande 
TOrans  hatten,  bei  Realisirung  des  Kredits. 

Die  glänzende  Entfaltung  der  italienischen  Städterepubliken  ist  bekannt. 
Die  Handelscentren  nördlich  «l»  r  Alpen  gaben  ihnen  nnr  wenig  nach.  Uti  l  zwar 
i»t  bisher,  mangels  gleich  eiudriugeuder  Studien  an  andern  Orten,  das  klassische 
BMapiel  der  deutschen  Geschichtsforsohnng  eine  sobweizerisohe  Stadt,  Basel.  Um 
ihr  Territorium  an  erweitern  und  au  behauptes,  um  nameatUeh  die  hoheitliohen 
Rechte  der  Bischöfe  zu  gewinnen  (ca.  1357 — 1430),  war  ihr  kein  Opfer  zu  groß. 
Sie  scheute  auch  öffentliche  Schnhh^n  nicht.  Vom  Anfang  ihrer  überlieferten 
Buchführung  an  (I3t>l — 62)  ist,  durch  das  Schwanken  der  Ac^^jaben  bedingt, 
das  jährliche  Anleheu  für  die  sohwebeude  Scbuld  sowohl,  wie  die  Ausgabe  von 
Zina*  und  Leihreaten»  rein  auf  OflientUoheii  Kredit,  ohne  VerpfKadung  von  Otttem 
«der  Rechten,  eine  atändige  Finantoperation.  Das  Anwachsen  der  Schuld  — 
aeitweise  betrug  .sie  bin  zu  '/s  des  gesaromten  PrivatbeMitze.s  der  Kinwoliner.sehafl 
—  treht  Hand  in  Hand  mit  der  Ausdehuunix  der  staatlichen  HüUeitsreclite  und 
des  lerntorioms  und  erscheint  so  recht  als  die  jährliche  türaftprobe  des  ötie.nt- 
liehen  Kiedita  des  jungen  Staataweaena. 

Bei  dieser  erfolgreiehen  Staataaehnldenpolitik  kamen  der  Stadt  allerdbgt 
zwei  besondere  Umstände  zu  statten.  £rstens  die  zunehmende  Geldfeilheit, 
welche  fortwährend  günstige  Konversionen  gestattete.  Der  Zinsfuß  bewerte  sich 
umgekehrt  proportional  zum  Anwachsen  der  Schuld,  er  sank  1362  — 142.)  von 
7—10%  auf  ö,  ja  oft  4^0«  eine  Höhe,  auf  der  er  sieb  dann  annähernd  ge- 
halten bat  bis  an  don  Kapitalttberfluß  der  «bereeeiaehen  Compagnira  im  17. 
Jahrhundert  (27970). 

Ihren  mächtigsten  Impul«  erhielt  aber  die  Stnat-Kschuldenpolitlk  Basels  ans 
der  ermuthigenden  Rentabilität  ihrer  ersterworbriii  n  lloheitBrechte.  Dfr  Transit- 
soU,  den  ihr  Kaiser  Karl  IV.  1367  gegen  200ü  Ü.  verpfändete,  liui  gleich  im 
Aa&ag  öftere  jihrlieh  mehr  abgeworfen  ala  die  Pfaudaumme  betrug. 

Immerhin  lieferten  die  Zölle  nur  etwa  207»  ordentUehen  Staats^« 
kiinfte  Die  eigentlichen  Hauptquellen  der  Einnahmen  waren  die  indirekten 
Steuern  von  Mehl,  Wein  und  Salz,  welche  schon  1361 — 62  ca.  Hb**/o  der  ge- 
sammten  i^inoahmen  ausmachten,  seit  £r Werbung  der  Zölle  etwa  noch  7^"/o. 
Direkte  ftaneni  wurden  nur  im  Notii&tt,  d«  aUerdings  häufig  genug  eintrat, 
beechloaeea  und  awar  aowohl  Penonaleteuem  wie  VermOgenaeleuem,  letatere 
durch  Selbetein^^f  b ätz ung  und  mit  obrigkeitlichcui  Ankaufsrecht  zum  fatirten Werth. 
Die  übrisjen  ordentlichen  Einkünfte,  ca.  "/o  der  Gesaiunitelinialiineu,  waren 
GrundziiiHe  und  dgl.,  wie  sie  bei  den  läudliehen  (iebieten  vorherrschten  (s.  0.), 
in  der  städtischen  Wirthschaft  traten  sie  sehr  zurück. 

iPptDieBee  Vorwiegen  der  indirekten  Steuern  und  der  Zölle  iat  nun  Überhaupt 
jpSkteriatiaoh  fttr  die  mittetolterliohe  Staatswirthachaft.  Nieht  wirthaohallUche 


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Staatswirttudnft 


—    160  — 


StutnrjrthBcbaft 


oder  aOBslpolitiadie,  tondeni  lodiglioh  fishtUigche  und  atraertocliiiiielie  Bttokdoliteii 

wsren  im  Stenerwesen  des  Mittelalters  i  iP^r-bend.  Nioht  ratiunell  oder  gerecht, 
sondern  möglich>;t  leicht  und  erfolgreich  «uchte  man  zu  besteuern.  DHrans  prrrab 
sich  zunächst  die  Progression  nach  nuten,  —  am  «rreifbarsten  t^ben  in  der  That« 
aaoliA,  daß  die  einzigen  ordentlichen  *  Steuern  indirekt  von  ueu  unentbehrlichsten 
Lebmimittdn  «rhoben  wurden;  in  die  gleiche  Linie  gehSrt  die  Behatang  durch 
die  Einfuhrzölle,  welche  jedoflii  tum  llieil  weniger  unentbehrliche  GegenstSade 
betraf.  Aber  auch  bei  den  außerordentlichen  direlrton  VcrmBgenK-  nnd  Er- 
werbsstenern ging  im  mittelalterlichen  Ba»ei  die  Degression  von  6  und  mehr 
bis  '/>  "/o,  und  dieselbe  Erscheinung  verbirgt  sich  selbstverständlich  in  jeder 
KopÄtener.  Ein  Ezietensminimiini  oder  eine  Erleiditerang  des  nnfimdirten  Ein> 
kommen 8  kennt  m&n  nieht,  im  Gegenüieil,  die  Beeitiloeen  tragen  mit  l'/s 
ihres  Verdienstes  einen  guten  Theil  der  gesammten  Steuerlast.  Wie  jeder  mit 
seinem  eigenen  Leibe  den  ehrenvollen  Wacht-  und  Kriegsdienst  vers^ah.  m  «eilte 
auch  der  Aermste  in  der  Besteuerung  sein  Theii  zum  gemeinen  Besten  beitragen, 
und  wenn  er  ee  tkHi  tun  täglichen  Brod  abkargen  mußte.  Mt  proportionaler 
Beeteaemng  wnrde  swar  anno  1376  ein  Versnob  gemadit  («jeder  eoUe  geben 
nach  Bescheidenheit  und  nach  seinem  Gewerbe«  jede  Zanft  soll  ihto  Hitglieder 
edlMtsen**),  er  steht  aber  ganz  vereinzelt  da. 

Die  staatlichen  Ausgaben  und  Leistungen  hetrefl'end  ist  zunächst  darauf 
hinzuweisen,  daß  sowohl  im  persönlichen  Wacht-  und  Kriegsdienst  des  Einzelnen, 
wie  in  der  Selbstr^^iemng,  im  Tersammlnngs«  nnd  Wahkecht  der  Zttnfte  nnd 
des  Bathes  die  alte  Gemeinfreiheit  in  neuer  städtischer  Form  wieder  erwacht 
war.  Demgemäß  bestanden  zahlreiche  Ehrenämter.  Dieselben  vertheilten  sich 
auf  die  vurseliiedeuen  Zünfte,  denen  ein  grußer  Theii  der  l»eute  staatliehen  oder 
kommunalen  Aufgaben  überlassen  blieb,  während  das  Armen wesen  Sache  der 
ffirche  ond  im  Zusammenhang  mit  deren  System,  der  persönlichen  IDIdthatigkeit 
war.  Immerhin  nahmen  die  Gehälter  namentlich  der  Verkehfsbeamten  (Zoll-  nnd 
Kaufhaus)  bereits  10 — 15  7»  ordentlichen  Einnahmen  in  Anspruch,  und 
selbst  die  Rathsherren  bezogen  in  dem  demokratischen  Gemeinwesen  seit  1429 
ihre  Taggelder.  Die  wichtigsten  ordentlichen  Ausgaben  aber  sind,  dem  Charakter 
der  Zeit  entspreeheiMl,  die  Kosten  der  etindigen  Kriegsbereitschaft :  1)  Die  Aus- 
gaben  .an  dier  Stette  hnw",  d.  h.  die  Erhaltung  nnd  ywbessemng  der  Stadt- 
mauern, der  Kheinbrücke  u.  s.  f.  2)  Die  Löhnung  der  stehenden  Söldnertruppe. 
Jf'  lpr  dieser  P»st(  n  partioipirt  an  den  gesammten  ordentlichen  Aasgaben  mit 
mehr  üh  einem  Drittel. 

Unter  den  außerordentlichen  Ausgaben  stehen  in  erster  Keihe  die  bereits 
erwähnten  für  firwerbnng  der  Hoheitsredite  nnd  des  Territcrinms,  sodann  die- 
jenigen ftr  dwen  Erhaltung,  die  Kosten,  welche  ans  der  Bolidaiität  der  StSdte- 
bttnde  erwuchsen,  die  Tagleistungen  und  dgl. 

Von  besonderm  volkswirthsehat'tlichem  und  zollpolitipcheiu  Interesse  ist  das 
Eintreten  des  Staatskredits  für  das  gemeine  Wohl  in  Fehljuhren.  Die  Gefahr 
der  Hongersnoth,  welehe  heute  sosnsagen  nieht  mehr  besteht,  war  bis  vor  wenigen 
Jahrzehnten  eine  beständig  drohende.  IMe  SofaweifKlUgkeit  des  Verkehrs  erlaubte 
den  Transport  von  Korn  und  Wein  nur  auf  kurze  Distanzen  nnd  verthenerte 
dieselben  in  unerhörter  Weise.  Daher  bei  jeder  lokalen  Mißernte,  bei  jedem 
Fall  von  Kriegsnoth  eine  Preiskonjunktur  für  den  Getreidebau  der  benachbarten 
Landstriche.  Es  genügt,  in  dieser  Hinsicht  an  den  außerordentlichen  Aufschwung 
dw  sohweixwisehen  Landwirthsohaft  während  des  30jährigen  Krieges  sn  erinnern. 
Der  sohweiieriisehe  Bauemanfruhr  um  1650  ist  wirthsohafUioh  betrachtet  niehts 


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Staatswirthscbaft 


—    161  — 


SlaatswirUiücUail 


«ndeiw  «Ib  der  Btteictolilag  der  ersten  Friedenejfthre :  da  die  ebhweiserisehe  ISbeiie 
▼om  Kriege  so  gat  wie  unbertthrt  blieb,  bette  sieb  wXhreed  deseelben  der 

schweizerische  Land  a  irth  der  höchsten  Korn-  und  Viehpreisc  zu  erfreuen  gehabt. 
Die  nnnmehr  sinkenden  Preias  sind  im  tiefsten  Grunde  hIs  di»-  Ursache  jpner 
allgemeinen  Unzufriedeuheit  de^  Landvolks  anzusehen,  welche  die  Scituld  aii  der 
angenblioklichen  Noth  dem  herrschenden  Kegimente  zuschob,  während  daei»elt>e 
dodi  genau  ebeneo  nnaeheldig  denn  wer,  wie  die  Begiemegen  viieererTege  aa 
der  Konkurrenz  des  amerikanischen  nnd  osteuropäischen  Weiieiie  und  dem  da^ 
herigen  Darniederliegea  d«r  westeuropäischen  Landwirtheobaft. 

Der  Theuninffsnoth  im  eigenen  Lande  gnchte  man  zn  betrep^nen  durch  lioh© 
Ausfuhrzölle,  ja  Ausfuhrverbote  auf  Kurn,  Wein,  Vieh,  Salz  ete.  un<l  durch  die 
Anlage  staatlicher  Kornhäu-ner  und  Rathskeller.  Wo  dann  die  aufgenpeiciierten 
Ymiitlie  den  Ausfall  der  theuren  Jahre  nicht  deckten»  brach  der  Staat  der 
grSfiten  Noth  dadurch  die  Spitze  ab.  daß  er  mit  seinem  Kredit  in  die  Lücke 
trat  und  den  Bürgern  für  Brod  zu  niäßig-'ui  Preise  hcsorg^t  war.  Das  hiezn 
aufgenommene  Anlehen  wurde  in  den  nächsten  Jahren  durch  auüerordeutliche, 
meist  direkte  Steuern  getilgt.  So  wurde  die  akute  Noth,  welcher  viele  kleine 
Ibdetanian  bitten  erliegen  mttssen,  anf  mdirere  Jahre  Tertheilt  nnd  dadurch 
ertfigHeh  genaeht. 

Diese  Operation»  welche  in  der  wirthsohafüiohea  Verwaltung  und  Fttreerge 
des  Staates  im  alten  Aegypten  ganz  wie  im  Mittelalter  und  bis  nahe  an  unsere 
Tage  eine  so  hervonaLn^nde  Stelle  einnahm,  war  wie  bemerkt,  lediglich  «ine 
Folge  des  unentwickelten  Verkehrswesens  der  früheren  Zeiten.  Durch  den  enormen 
Au&hwiing,  welchen  fSaenbahnen  und  Dampischiffe  im  Gttterauetanach  der 
76Ik«r  bewirkt  haben»  ist»  Iftr  Europa  wenigstens,  die  Gefahr  der  Thenrung  im 
fttflwria  Sinne  beeeitigt,  oder  doch  ihr  Schrecken  weeentlich  gemildert. 

• 

Die  Territorial- und  Staatenbildung  des  16.  — 18.  Jahrhundert»,  welche  die 
städtischen  und  kleinstaatlichen  Schutzzollinseln  zu  größeren  wirthhchaft liehen 
und  politif-rhen  Einheiten  zusammenschloß,  ist  an  den  sehweizerischen  Städten 
und  Orten  fast  spurlos  vorübergegangen.  Erst  die  Bundesverfassung  von  lö-kb 
hat  die  KnaeaaSUe  beeeitigt  und  damit  daa  rtSrikete  Henmnifi  der  ^en  wirtii- 
sehafftlichea  Entwicklung  im  Innern  hinwegräumt.  Nach  der  Niederwerfong  der 
Bauernunmhen  der  Reformationsieit  und  besonders  seit  der  blutigen  Dämpfung 
der  Erhehung  der  165()er  Jahre  waren  das  IH.  his  18.  Jühi hundert  für  die 
schweizerischen  Orte  eiu<$  Zeit  furtt^ciireiteuder  Knechtung  des  Landvolks  durch 
die  Herren  in  der  Stadt  (wovon  eine  letzte  Folge  die  Trennung  der  Landschaft 
Baeel  1633).  Die  Staatswirthsohaft  wurde  geleitet  nach  den  Prinzipien  dee  aof< 
geklärten  Despotismus.  Der  Hendel»  die  aufblühenden  „Manufakturen"  (Industrien) 
und  größeren  Gewerbe  blieben  ausschließlich  in  den  Städten  konzentrirt  Wurde 
das  Landvolk  iu  der  Industrie  beschäftigt,  so  geschah  dies  doch  nur  in  ih  r  Ab- 
hängigkeit von  einem  in  der  Stadt  re^idirenden  Prinzipal»  in  dessen  Händen  sich 
der  gewonnene  Reiehthnm  eanunelte.  AUerdioge  wurden  seitens  der  arietokrati- 
eohen  Regierungen  eine  Anzahl  groAer  gemeinnütziger  Aufgaben  nicht  unwesentlich 
gefördert.  So  namentlich  in  den  protestantischen  Kantonen  der  Schulunterricht, 
das  öffentliche  Armen  -  und  Kirchenweeen ,  das  die  Reformatinii  auf  Staut  und 
Gemeinde  übertragen»  die  Errichtung  von  Spitälern  und  Wai^^enliauKern,  die  An- 
ftuge  dee  ZuchthaueweBens ;  auch  die  Straßenbanten  dee  vorigen  Jahrhunderte 
wiren  sn  erwühnen.   An  die  Stelle  der  früheren  Staatesohuldenpolitik  trat  eine 

Farmr,  TolkOTrlrthiebafti-Lfxikao  4«r  Seliwcit.  |1 

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Staatswirtbächaft 


—    162  — 


Stua  w  irthschat  t 


oaoh  den  Frinsipien  privater  Wirtbaduftliolikeit  leitete  Staatawirthtchaft  mit 
dem  Ziele  möglichst  intensiver  Sohatabildong,    Die  fransttfiiaehe  BeTolation  £uid 

in  der  Schweiz  gefüllte  Kassen  vor. 

Zu  den  früheren  Staatseinnahmen  und  dem  Ertrage  der  immer  weiter  aus- 
gedehnten Domänen  gesellte  tüch  im  17.  Jahrhundert  das  PoBtregal,  dessen  Ein- 
trfigliohkeit  Üllr  die  Slldte  mnd  die  handeltvribendeu  Kantone  aus  der  Abstufung 
der  EntBcMdignngagelder  des  Bundes  anno  1852  snr  Genüge  erhellt  (a,  noten, 
■owie  den  Art.  Post,  bes.  Bd.  II.  618).  Nur  der  Kanton  Appenzell  hegoSgte  aioh 
bis  zum  Jahre  1848  mit  dem  althergebraobten  mittelalterlichen  Botenweeen. 

#  * 
• 

Dies  waren  die  Zustände,  unter  welchen  die  aufgeklärte  Aristokratie  der 
größeren  Kantone  die  Schwelle  der  neuen  Zeit  betrat.  Die  Revolution,  für  die 
Schweiz  also  die  Helvetik,  hat  mit  dem  alten  ^liystem  gründiioli  aufzuräumen 
Twaneht.  Gleiohateilong  Aller,  EinfUhmug  allgemeiner  Stenern,  £rwerlM-  und 
VerkehreCraheit,  Ablösbarkeit  der  Gmndlastent  waren  die  Haiptforderungen. 
Dem  entsprechend  enthielt  die  V'erfassung  der  helvetischen  Bepnblik  folgende 
Artikel  betr.  die  Stuatswirthechaft,  in  denen  »ich  bereite  ein  loasialpelitisehea 
Steuerprogramiii  ausspricht. 

§  11.  Die  Steuern  müs<ien  zum  allgemeinen  Nutzen  angewandt  werden.  Die 
Auflai;en  müssen  mit  dem  Vermögen,  den  Einkünften  und  der  ESnnahme  des  Steuerharen 
im  Verhältiiil.  sli  Leu ;  jedoch  kann  (lit  -t's  Verh;iltniti  nicht  ^nm  '„'en;ni  sein.  FCine  all- 
mgioßc  G(  ii;iuij.'k(nt  wurde  Ursache  seiu,  JaLi  «lie  Aiillagen  tirücketid,  da<!  Einsammeln 
derselben  kostspielig  und  da«!  Ganze  dem  Glück  dtr  Nation  nachtheilig  würde. 

§  l±  Die  Besoldungen  der  oflenUichen  Beamten  sollen  mit  der  Arbeit  und  den 
Talenten  im  Verh.iltnili  stehen,  welche  ihre  Stelle  erfordert;  es  muß  darauf  Rücksicht 
genommen  werden,  inwieweit  es  gefährlich  ist,  solchen  Leuten  Stellen  anzu vertrauen, 
die  sich  leicht  bestechen  lassen  könnten;  «nch  muß  mau  hindern,  daß  sie  nicht  das 
ausschheßliclie  Eigenthum  der  Reichen  werden.  Die  Besoldungen  sollen  in  Früchten 
bestinunt  und  so  lange  ein  B<'.tiiit(-r  .iii  sciiu  r  Stelle  sein  wird,  nicht  vermindert  werden. 

§  13.  Kein  liegendes  Gut  kann  unveräuiierlich  erklärt  werden,  weder  für  eine 
Korporation  oder  fQr  eine  Gesellacbafl,  noch  für  eine  Familie.  Der  Gnind  und  Boden 
kann  mit  keiner  Last,  Zina  oder  Dienstbarkeit  besehwert  werdni,  wovon  man  sich  nicht 
loskaufen  könnte. 

Vermögen  und  Schulden  der  Kantone  wurden  nun  Staatsgut  und  Staats- 
sohnld  der  hdvetiaehen  Bepnblik.  Die  geiatliehen  Güter  wnrdok  ^tlariairt, 
die  Abschaffung  der  Feudallasten  und  die  volle  Handelsfreiheit  nnter  den  Kan- 
tonen proklamirt.  Sulz,  Pulver,  Bergbau  und  Po^t  wiirderi  zu  Regalien  erklärt, 

dpr  AtisMchank  i::^ei.stij^er  Getränke  mit  4  ®At  heleirt.  die  llandänderungsfrebnhr 
auf  2"/o  festgesetzt.  Die  Stempelbogen  wurden  obligatorisch.  Ei  lischaften  bezahlten 
nach  dem  Grade  der  Verwandtschaft  —  4,  Vergabungen  5  "/o.  Auch  diickte 
Vermögens-  nnd  Einkommenetenem  worden  nunmehr  eingeführt*  Sie  betrugen 
2  "/oo  der  zinsbaren  Kapitalien  und  des  lieg«;nden  Privatln  -itzes  nach  Abzug  der 
Schulden  und  1  **/oo  von  allen  Wohnhäusern.  Die  Kaufleiite  hatten  von  ihren 
Geschäften  '/< ,  Fabrikanten,  Spediteure,  Rankiers  etr  *2  *'/r>  ihreH  Gewinns  zu 
entrichten.  Endlich  bestand  ein  gunzert  System  von  Luxusäteuern  tür  das  iialteu 
von  Dienetboten,  Knteohen,  Pfierden  und  Hunden,  fUr  daa  Tragen  einer  goldenen 
Uhr,  n.  a.  f.  Man  sieht,  e»  waren  eine  ganze  Reihe  von  Forderungen  der 
neuesten  Zeit  in  ein  fertiges  Sy.stem  gebracht 

Kinnahmen  nnd  Ansgaben  der  helvetischen  Republik  winden  ,-ich  nach 
diesen  Bestimmungen  auf  etwa  14  Millionen  alte  Kiauken  belaufen  liaben.  Faktisch 
sind  dioM^lben  aber  nie  zur  vollen  Durehführung  gelangt.  Vielmehr  kam  sehr 
bald  und  immer  drohender  ein  richtiger  Staatsbankrott  in  Sieht:  viele  Beamte 


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'.Stutswirtludmft 


—    163  — 


Stutswirthsehaft 


blieben  sdtwMM  ohne  GeiiAlt  und  es  sammdte  sieh  «ne  immer  Mbweren  Sebalden^ 
ket.  Änfittr  den  direkten  Steuern  stieß  namentlich  die  AblÖ8ung  der  Grimdlaston 

auf  ungeahnte  HinderiiiHse,  das  bezügliche  Gesetz  mußte  wieder  zurlickgenotumen 
werden,  und  schließlich  stellte  Napoleon  durch  die  Mediutionsurkunde  vom  19. 
Icbruar  lbü3  die  kantunulcn  Stuatjiwirthschdtieu  wieder  her  unter  Kontingtju- 
tinmg  ihrer  Beiträge  zu  gemeineidgenösainehen  Zwecken  naeh  nnten  folgender 
Scala.  Die  Regelung  dee  Zollwesene  (§§  ö  und  OK  wonach  nur  die  äußeren  Grens» 
kantone  eigentliche  Zölle  behielten,  welche  jedoch  der  Genehmigung  der  Tag- 
eatz.ung  unterlagen,  während  die  innern  Kantone  nur  noeh  Weg-  und  Brücken- 
gelder bezogen  und  das  Strai>enwe»en  eidgenosmiacher  Kontrole  unterlag,  erhielt 
«ine  Interpretation,  wekhe  ihre  gnten  Wiricnngen  ginilidi  illnsoiiMli  aiadite. 
Faktifloh  blieben  <be  Binnen-  und  Tnuiaitzdlle  so  fortbeatehen  wie  vor  1798, 
(vgl.  neuordinga  HubeTf  D'.  A..*  Die  Entwicklnng  dea  £idg.  ZoUweaena  bia  1848. 
.Bern,  l.s'.»0). 

Neben  den  Zöllen  waren  die  Haupteinnahmen  der  Kantone  Salz,  Pulver, 
Post  u.  Stempel.  Der  3Illnzfuß  wurde  eioheitiich  geregelt  (auf  1  '/j  Livret»  touruuis 
=  127  %Q  Gramm  fein  Silber  per  Franken),  doch  blieb  die  Mttnsbobeit 
kantonal.  «Bnroh  aorgföltige  und  einfaobe  Verwaitnng,  doroh  mlfi^  Beaoldnng 
der  Beamten  suchten  sich  die  Kantone  Ton  den  Anstrengungen  der  letzten  Jahre 
JEU  erhüleu."*  Die  direkten  Steaern  wnribn,  je  nachdem  es  die  üiustände  er- 
laubten, beschrankt  oder  ganz  aufgehoben.  Die  Finanzen  der  Kidgenosseu-schaft 
als  solcher  beliefeu  Hich  auf  nicht  mehr  als  ca.  60  —  70,000  alte  Franken  jahr- 
lich iür  die  diplomatiaehen  Agenten  in  Wien,  Paria  nnd  Huland  (ea.  40,000 
Franken),  aowie  fiir  Kaoslei,  ArohiT  eto. 


Der  Btindesvertrfig  vom  7.  August  1815  enthält  ungefähr  die  n;imliehen 
Bestimmungen  Uber  StaatHwirthschaft,  wie  nie  unter  der  Mediation  gaiten.  Neu 
hinm  kam  jedoeh  mit  der  aarttckgegebenen  Selbatändigkeit  dee  Landea  ala  erste 
große  Aufgabe  der  Eidgenoaaemohaft:  das  Bnndesheer.   Das  ordentliebe  Budget 

des  Bundes  wuchs  dadurch  auf  das  Doppelte  bis  Dreifache  seines  biaberigMl 
Betrages.  Dazu  nahm  besonders  in  der  ersten  Zeit  die  Bildung  des  eidgenHsMi- 
sehen  Kriegsfonds  die  liiiäsigen  Mittel  stark  in  Anspruch.  Die  Höhe  desselben 
wurde  ursprunglich  auf  2,  1820  auf  4  Geldkontingent«,  1835  auf  4,277,000 
Franken  featgeaetst,  weldae  mit  Ananahme  von  Ii  Million  Fr.  ainatragend  angelegt 
wurden.  Die  regulären  Kinnabmen  der  Kldgrnossenachaft  beistanden  in  den  Eiu- 
gangsgebUhreo,  deren  Reinertrag  von  lL'7,r)7ii  Fr.  anno  1821  auf  173,188  Fr. 
anno  1831  und  auf  240,t)OU  Fr.  anno  IH41  stieg.  Auß*»rordent liehe  Ausgaben 
wurden  gedeckt  durch  di«  Geldkontingente  von  1803,  vermehrt  um  die  ßmträge 
•der  Kantone  Wallia,  Neuenburg  und  Genf  (a.  d.  Tabelle). 

Die  Geldaeala  aollte  gleich  dm  lUnnadiaftakontingenten  von  30  zu  20  Jahren 
leTidirt  werden  I8r>8  wurde  sie  dann  so  gerogelt,  daß  die  Kantone  je  naeh 
ihrem  W<jhlstan<l  pro  3Ianu  ihres  Kontingent*  eine  Steuer  von  5  (Urkautone  und 
Innerrhodeu)  bis  25  (Genf)  und  30  Fr.  (Ba.>*ei^tadt)  bezahlten.  Nach  der  Volks- 
zählung von  185U  wurden  die  Beitrage  mit  Ii»  Cts.  (Uri)  bis  1  Fr.  (Baselstadt) 
pro  Kopf  der  Be^Slkerung  bemessen,  aber  nie  mehr  wirklioh  erhoben.  Zur 
iUnatxution  dea  Woblatandea  und  der  Leistnngsföbigkeit  der  reradiiedenen  Kantone 
Jaasen  wir  aKmmtliche  Seelen  hier  folgen. 


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StaatBwnrfhselwIt 


164  — 


Staatswirtbschaft 


SldgenSsstBcbe  Geldseal»  für  die  Koattagente  der  KatttoBe. 


r  ~ 

1SU3/15 

1838 

1851  ! 

'  AbuU 

Gfld- 

Alte 

TT     II  II 

VoUcszahl 

ZKSflkontingenl 

1  proKopf 

Iri^ntinffAnt' 

1 

Franken 

Ungenti 

Alte 

18S0 

Alt«  Fr. 

,  Franken 

Al\9  Xtp. 

Zürich  .... 

77,löa 

231,576 

70 

•  fiI.I>-HP 

250,r.98 

50 

125.349  1 

Beru  .... 

407,913 

20/10 

IJM  \'Ui 

i^s.üUl 

50 

229.151 

Luzon    *  *  . 

titt.OlG 

124,521 

16 

117  ^Kil 

132,843 

40 

r>3,i37 

Uri  

1,184 

13,519 

5 

1  'IMl 
I  .>>«>U 

14,505 

10 

1,451 

Schwyz    .    .  . 

a,oi*2 

40,Ü5() 

5 

A  fUt\ 

44,168 

20 

8,834 

Obwalilen  | 

1  fNl7 

112,368 

5 

1  _  .>•> 

i;!.7'.>«» 

u 

1,932 

1  Nidwaldeo  j 

110,203 

& 

ii,a;i9 

u 

1.587  ^ 

Glan».  .  .  . 

2'.>,348 

10 

30,213 

25 

7,553 

1  Zup  .... 

2.4»7 

15,.322 

30 

Freiburg  .  .  . 

18,691 

91,145 

Ii 

99,891 

40 

39,956  : 

Solodrarn    .  . 

18,087 

63,196 

IS 

69,674 

40 

27,88» 

'  Bas«lstadt  | 

134,321 

3u 

14,«>OU 

29.698 

100 

29,698 

1  Baseliaud  j  '  ' 

Ul,103 

as,58t 

"  (■ 

10,270 

47,885 
35^ 

40 

19.154 

»  Schaflbauaen 

»,187 

1» 

9.780 

40 

14,120 

'  Äußer-Rboden  | 

141.080 

16 

l2.:wo 

is,m 

40 

17,448 

1  loner  Rhoden  J 

1  9,796 

» 

11,S7S 

14 

1,578 

St.  Gallen  . 

80,4ol 

158,853 

U 

47,6.'>& 

40 

Gniubünden .  . 

12,000 

84.nOf> 

12.675 

89,895 

20 

17,979 

5'2  21*2 

18-2  7:,-, 

20 

73.100 

199,852 

40 

99,926 

Tluirgaa  .  .  . 

15 

2.>'2;JO 

88,908 

40 

35.563 

Te'-Nin  .... 

18,099 

113,923 

Kl 

22,784» 

117,759 

30 

35.328 

«  1  *         1  ■ 

VVaadl     .    .  . 

183,.tH2 

20 

73.440 

IU'J.575 

50 

99,788 

1  Wallis  .    .||  . 

9,«00 

7f»,.-)90 

7', 

11.490 

81,559 

20 

16.312 

■  NctienburgJ--  . 

2fi,000 

58,616 

20 

23.440 

70,753 

65 

38.914 

lienl"    .    .1  ^  . 

15,000 

58,666 

2& 

29.825 

64.146 

70 

44,902  , 

Total 

640,107 

2,190,258 

'  707,740 

2,392,740 

Neue  Fninkien 

1,019,146 

Faktisch 

1,041,061 

An  die  militärische  Aufgabe  dos  Bundes  schloß  sich  die  trigoDometriäche 
LandeüYeimeaaiiiig  und  die  tupugiuphiache  Aofbahmc*,  die  Grundlagen  zu  den 
glSnaenden  kartographiadiea  Ldatnngen,  auf  weldie  die  Schweis  heate  mit  Beobt 
Btolc  ist. 

Neben  diesen  HauptleiHluiig:i'ii  der  ersten  Periode  eidgentteiBcher  Staat«- 
wirthschaft  wfireu  noi  h  die  Anfänge  der  VertMiilu  itlichnTii^  von  Maß  und  Gewicht 
zn  nennen  (s.  den  betr.  Art.\  Dagegen  blieb  howohl  die  Münzverwirniii^',  wie 
auch  die  ganze  Misere  der  Binnen-  und  Transitzölle  mit  ihrer  Zertiplitternog 
der  baodekpolitiachen  Ifitereaaen,  trots  der  ansMhUefiliohen  Befugniß  des  finndes 
zum  Abeohluß  von  üandelsverträgcn,  bis  aaf  weiteres  besteheilt  mit  wenigen 
rtthmlichen  .\usnahmen  (Ztlrich,  Nenenbarg)»  wo  freiwillig  »ttf  die  bez.  Intraden 
Vensicht  geleistet  wurde.  — 

Bei  der  Gcrinpfil^iErkeit  de.«  eidg.  Budgets  nimmt  die  Staats wirthsrbaft  der 
Kuntune  während  der  ersten  Hälfte  det»  Jahrhunderts  unser  Hauptinteresse  in 
Anspruch. 

Viel  von  dem,  was  die  Bevolation  im  Starm  gescbafibn,  fiel  bei  dmr  Wie- 
derkehr rubigerer  Zeiten  dabin.  Im  Kanton  Bern  and  anderwärts  wurden  di» 
direkten  Stenern  wieder  abgesebafft,  dagegen  Zehnten  nnd  JSodensinse  bis  anm 


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165  — 


StaaUwirUiäcbim 


Sturz  des  aristokratischen  Regiments  (1Ö31)  wieder  beigestellt.  Die  Steaern, 
«ekihe  ddi  die  dmbliNii  Kanton«  mr  TkAnng  d«r  Xfie^oaten  «nlbrlegt,  and 
,gai»  ebenso  die  vorttbergebenden  StMtiMbulden  infolge  der  Tbeurungsjahre 
1816  —  17,  htelieu  finanzgescbichtlich  genan  auf  dereelben  Stufe  wie  die  direkten 
Steuern  und  Schulden  des  15.  Jahrhunderte. 

Hauptsächlich  zwei  Momente  haben  dann  wiihrenJ  der  Re>*tÄuratiön8»eit 
als  Ferment  aaf  die  schließliclie  Neugestaltung  der  eurupäiHchen  Stallten  <»eit 
1848  hingewirkt:  das  Erwachen  de»  [>olitischen  Bewußtseins  und  den  wirth- 
«shaftlieheD  Neehdenkens.  Fttr  die  sebwwMriaehe  Staatswirtlnobelt  bt  apetiell 
•die  beginnende  Publizität  der  Staatsrechnungen  von  Bedeutung  geworden.  Allen 
voran  ging  darin  der  durch  die  Revolution  neu  kreirte  und  von  der  Bevormun- 
dung Berns  befreite  Kanton  Waadt.  Vornehmlich  aber  waren  es  zwei  junge 
Ifäuner,  welche  diese  Diskussion  anregten  und  eröffneten,  der  spätere  Bundesratb 
Fianaeim  in  seinen  mUmoben  statietiBoben  Sobriften,  nnd  der  benrorragendate 
unter  den  lltenn  tobweizeriadien  NationalSkonomen ,  der  Basler  Cbristopb 
'Bemoulli  in  seinem  „schweizerischen  Archiv  für  Statistik  und  Nationalökonomie" 
I — VI  ("Bas?!  1827 — löHu).  Ihnen  schlir^ßt  ''ich  unmittelbar  vor  ATibnieh  der 
neuen  Aera,  die  bezügliche  Literatur  für  die  rückwärts  liegende  Zeit  auf  s  würdigHte 
abschließend,  der  langjährige  Kauzler  der  alten  Tagsatzung  J.  U.  Hottinger  an 
(»der  Staatahanahalt  der  aobweiaeriscben  Bidgenoeaenaebaft  nnd  ihrer  eiaaelnen 
Bepttbliken",  Zttriob  1847). 

Was  diese  Männer  in  der  frischen  Begeisterung  neu  erwachender  Erkenntnifi 
zur  allgemeinen  Charakteristik  der  schweizerischen  Staat.Mwirthschaft  vor  und 
60  Jahren  heigetragen  Iniben,  gilt  großentheils  wörtlich  heute  noch.  Au  ihrer 
sichern  Hand  ist  es  nicht  schwer,  ein  völlig  zutreffendes  Bild  des  Finauzwcseua 
■der  acbweiaerieeben  Kaatoae  wSbrend  der  ersten  Hklfte  ^eaei  Jahrhunderts  an 
entwerfen.  Im  Ganzen  steht  dasselbe  noch  wesentlich  auf  dem  Standpunkt  der 
.früheren  Jahrhunderte.  Zu  den  indirekten  Steuern  des  Mittelalters  sind  ak  reguläre 
Einnahmen  nur  die  ErtrHge  de«;  in  den  letzten  Jabrbundorten  ge&nfnet^  Staats- 
guts, sowie  das  PustrcLTiil  hinzugekonimeii  (f.  o.). 

llottniger  schiitsit  auuo  lö4ti  das  ätaatbvermügen  der  Kautuue  in^gesauiuit 
auf  8U  — 120  Millionen,  den  Ertrag  desselben  auf  ca.  3  Millionen  alte  Franken, 
•den  Ertrag  des  Salsregali  auf  2^/*  Uillionen,  den  dea  Postregala  anf  1  Million, 
Handändemngs-  und  Erbsebaflsabgnhen  nahezu  ebenso  hoob,  den  Stempel,  welchen 
die  meisten  Kantone   von  der   Hplvetik   li«  r  beibehielten,   sowie   die  Gericht«?- 
gebühren  zu  Händen  des  Staats  ^ira  Gegensatz  zu  den  sehr  ansgedehntcn  Spnrtrlu 
der  Beamten)  auf  je  '/s  Million;  —  den  Ertrag  der  direkten  Steuern  auf  nur 
17«  Million  Fr.  inägcnammt,  Ohmgeld  nnd  Genfer  Aooise  auf  1*/»  Million, 
•die  Übrigen  Eonsamstenem  auf  180,000  Fr.  (Bern:  Tabak;  Glaros,  Zag,  Gran* 
bünden,  Tessin);  den  Ertrag  der  Zölle  endlich  auf  1 57  Million   Fr.,  (mit  dem 
eidg.  Grenzzüll    o^t  Million)  zusammen   auf  Is*   Million,  brutto  jedenfalls  2 
Millionen       8  Gatzen  pro  Kopf).  £r  kommt  damit  zu  dem  Schluß,  ,duU  die 
Abgaben  im  weitesten  Sinne  des  Wmies  in  der  Schweis  im  Yerbältniß  an  den 
meisten  Staaten  sei^  niedrig  lind*.  BemonlU  bereefanet  die  Einaabmen  pro  Kopf 
in  11  Kantonen,  womnter  alle  nroblbabenderen,  wie  folgt: 


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StaaUjwirthschaft 


—    166  — 


St  aatswirthsc  haft 


Znrich  1827  . 

Bern  1S25 

Luzern  1828 

„  ,  1816-25 
Basel  j^j- 

I>i«  SUdt  allein 

Solothurn  1828 
Schaffhausen  1829 
St.  GaUen  1829 
Aargau  1827 
Waadt  1825-26 
Genf  1825       .  . 
GraubOnden  1829 


:1 


Staatseinkünfte 

.    920,000  Fr.' 

.  2,10t,0(X>  , 
.  413,000 

.  420.000 

.  &22,O0O 
430,(100 

.  290.000 
130,00<3 
,  .{30,000 
850,(K)0 
1,080,(K>0 
.  470.000 
.  225.000 


Bevölkerungsziffer   Quote  pro  Kopf 


218,000 
3Ü0.(KX) 
116,000 

52,000 

18,000 

59.000 
31,000 
150,000 
150,000 
170,000 
52,000 
88.000 


4«  Fr. 

5e  , 

3«  , 

8  , 
10  » 
25  . 

5  , 

4>  . 

2.  . 

57  . 

6i  , 

9  . 
2»  . 


ohne 
mit 
ohne 
ohne 

mit 
mit 

ohne 

ohne 

ohne 

mit 

mit 

ohne 

ohne 


_2 

C3 

■5 

a 
ea 

a 


alte  Schweizerfranken 


Diese  11  Kantone     7,232,000  Fr.        1,446,000  5  Fr.  — 

Für  alle  22  Kantone  wurde  die  dnrchschnittliche  Belastang  auf  3 — 3'/tFr. 
pro  Kopf  geschätzt,  während  die  Ausgaben  pro  Kopf  in  andern  Staaten  um. 
1830  betrugen: 

in  Großbritannien    ...  45 

,  Frankreich  21 

,  den  Niederlanden    .    .  18 

,  Bayern  14 

,  Preußen  12 

„  Würtemberg    ....  10 

,  Baden  11 

,  Frankfurt  a/M.     ...  20 

.  Lnbeck  17  , 

Diese  Verglei<;hung  ist  selbst  verstand  lieh  mit  größter  Vorsicht  aufzunehmen, 
da  einerseits  der  Umfang  der  kommunalen  Leistungen  in  den  verschiedenen  Staaten^ 
sehr  abweicht,  namentlich  aber  die  Lasten  eines  großen  Staates  uothwendig  auch 
pro  Kopf  gr(ȧer  sind  als  die  eines  kleinen. 

Die» Verthei hing  der  Staatseinkünfte  auf  die  wichtigsten  Einnahmequellen 
beleuchtet  folgende  Prozenttafel  Bernuulli's : 

Zlkrich  Soloth.  Lnzt-ru  Basel  Bern  Ot-nf  Waadt  .St.Call.  Aargaa 
1837     1838       1838    1816  3»  183}    1N3&  1836/37     1829  1837 


■ 
« 

* 


[Kapitalzinse  etc  

•jDninänen  

I  Zehnten  und  Grundzinse  .    .  . 

(Gruntlsleuer  

lEinkiimniens-  u.  Veniiögenssteuer 

Erlwcli.ilt  

Handünderung   

Stempel  

Sulz   

Fleisch  

Ohmgcld  

Post   

Zölle  


9V»    7'/«  - 

9Vt  —  - 

21     16  - 

-  —  20 
15'/,  _  _ 


10 


19 


15  - 
9'/»  — 
30  V,  — 
—  13'/, 
-  \l\t 


6  - 


16 

6'A 
6V« 


8  - 
18\«  25 


27',,  23 

—  4' 


Ii 


10«/«  —  20 

—  —  6 

lO'/i  I5Vf  12V» 

6'/«  —  — 

10  12 
12  V«    3  6 


29 

23 
5'/, 


10 
15 


5 


7V«  23 


5Vj 
6 


4     17V4    7       8V»  13 


13 
6V« 
17'  I 


23 
19 

8'/« 


3 
15 

'tv 

4 

7'^ 
87  V» 


Total     83     83V«  76  V,  85"/4  »27«  86»  4  95  90 

Es  bestätigt  sich  »fomit,  daß  die  Staatswirthschaft  der  Kantone  wesentlich 
noch  gleich  wie  im  Mittelalter  aus  dem  Ertrag  der  indirekten  Steuern  oder  aber 
des  Staatsvermögens  alimentirt  wird.  Nur  in  relativ  wenigen  vorgerückteren 
Kantonen  sind  daneben  die  direkten  Steuern  von  etwelchem  Belang. 

Unter  den  Ausgaben  der  Kantone  nehmen  die  für  den  Straßenbau  mit 
2»  —  35  Millionen  Fr.  oder  '/^ — 7*  Jer  Gesammtausgabe  (ca.  14  Millionen  alte: 


,  II 


Staatswirthscbafl 


—    167  — 


ätoaUwirtU^chuft 


Fnuken)  den  bnüailoii  Baum  ei«.  Dm  ButattbMr,  64,000  Mwin  oder  'iVs  > 
der  BetOlkening,  beeneproeht»  It — 2i  Miltimieii  jährlieh,  Juetis  nnd  Polizei 
1«  —  1»  Millionen,  die  Schule  Is  —  U  Millionen,  fast  ebensoviel  die  Kirche, 
wobei  jptiocli  zu  beacf'.ten,  daß  di»-  meisten  Kantone,  ihre  kir('bUfht<!\  Bedürfnisse 
aus  Soparatfuiid»  uder  auü  dem  alten  Kirchengut  deckten.  Die  Be^olduugen  der 
fiegieruDg  and  Centralverwaltung  sind  in  den  einaelnen  Kantonen  nehr  ungleich 
ftbgeetnft,  in  Lmem  betregen  aie  V*t  ^  Aaigeu  ner  der  Gewmmtaite- 
gahen.  VoUmids  die  inneiBohveiMrieQheii  Demokretien  kennea  tlberha«iit  nur 
£hrenSmter. 

Beachtenswerth  sind  di»^  hohen  Po«»ten  flir  da«  Straßenwesen.  In  dieHem 
Pankte  nHhern  .sich  die  kiintonalen  Finanaen  hereit»  der  heuti^^en  StuutKwirth- 
«chaft.  Napoleon  tielbi»t  hatte  hier  dat«  Ei»  gebrochen,  indem  er  iui  Simplon  die 
erste  fehrhüe  Alpenstrefie  der  Sehweis  eretollte.  Ee  folgte  denn  nidi  BUndeo 
mit  seinem  Straßennetz  iitid  doreh  die  Interensen  des  Basler  Handels  gentUtSt, 
der  Gütthard,  welcher  die  Hudgets  aller  Kantone,  die  er  berührte,  in  Mitleiden- 
schaft zog.  Daher  die  zeitweiligen  ätaati»8chulden  der  Kantone  TesHin  (1H46 
noch  2  i  Millionen  Fr.  =  20  Fr.  pro  Kopf),  Uri  (Gotthardschuld :  1  s  Millionen 
Fnnken  =  80  Fr.  pro  Kopf,  1846  sv  Hllfte  getilgt),  Zttrieli  (1846  t  Sm  Hill. 
Franken  =  8  Fr.  pro  Kopf),  Glenis  (1846 :  230,000  FV.).  Schulden  anderer 
Art  hatte  eigentlich  nur  Baselstadt  inf<dge  der  Trennung  von  der  Landnchaft 
1833.  Alle»!  in  allem  hatte  Huinit  die  S<l.weiz  den  Staatskredit  nur  wenig,  der 
Bund  nnd  die  große  Mehrzahl  der  Kantone  nooh  gar  nicht  in  Anspruch  ge- 
nommen. 

Angesichte  der  großen  Opfer,  weloke  im  Strefirabau  dem  Verkdireweeen 
gebraebt  wnrden,  mafite  die  Ersohwerang  deieelben  durch  die  wirtbacheftlieh 

und  fiskalisch  gleich  nnvernttnftigen  Binnenzölle  doppelt  unstatthaft  erscheinen. 
Aehnlich  stand  es  mit  dem  rein  fiskalischen  Betrieb  de«  Postwewns  und  noeh  wpit 
schlimmer  mit  der  Milnzverwirrung.  In  diesen  Stücken  brachte  rawcher  «1«  man 
es  zu  hoffen  gewagt,  die  i)undesverfa.H««uug  von  1818  gründliche  Abhülfe.  Und 
heute,  naoh  40  Jiüiren,  erleben  wir  auch  dta  Wegfoll  dea  letiten  jener  wirth« 
•ohaftlich  nnm^glicben  AuewUehee  kantonaler  SonderintereMen ,  des  Ohngeldee* 

• 

Die  Mitte  des  Juhrhiiiiderts  wurde  für  die  sohweizeriufdi«  Staatswirthschaft 
zu  einem  bedeutsamtiu  Wendepunkt  zunaclist  durch  die  äußere  Thatsache  der 
politiBobeo  fiegrOndung  der  beutigen  EidgenoBseniehaffc,  Rodann  durch  die  allge* 
meine  Entwicklung  vom  Beohta-  snm  Eulturetaat  Von  einer  selbständigen 
eidgenüs»i^chen  Staatswirthscbaft  kann  eigentlich  er^t  von  dem  Augenblick  an 
gesprochen  werden,  wo  mit  einem  größeren  Kreise  von  Staatsnnfgaben  zugleich 
finanzielle  Hoheitsrechte  der  Kantone,  namentlich  die  Verkehr8recltte  Zoll,  Pust 
nnd  Mttnae  an  den  Bond  Übertragen  werden,  wenn  auch  vorläufig  noch  mit 
theilweieer  B^artitionspflicht  des  Ertrages  an  die  Eantmie  («.  n.).  Wie  sehr 
diese  drei  Gebiete  schon  aus  rein  wirthscbaftUchen  und  verkehr^techniHchen  Rück- 
sichten auf  Vereiiibeitliehung  liindriingten  inmitten  der  anltrochcnden  großentheils 
noch  unverstandenen  neuen  Aera  des  Verkehrswenen^f,  wurde  soeben  berührt  und 
geht  auch  aus  den  bezüglichen  Artikeln  dieses  Werkes  genügend  hervor.*) 

')  Son>>li'gc  Liti'ratUT  für  die  Periode  ts  ls^t><[iO .  Die  Budgets,  Staal.sroohnunffen 
und  Kechenschaflsberichte  des  Bundes  und  der  Kantone.  —  Zahlreiche  Abhandlungen 
und  Notizen  in  der  Zar.  f.  scbweis.  Statistik,  besonden  Jahrgänge  1865  -71,  1874—79, 


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SUalsvrirtlisdiaft 


—    168  — 


StaatswtrtbMliaft 


Von  weBentlioh  flsbaliwsiher,  somit  ätaat^wirthsohaftlicher  Bedeutung  für  daa 
Bund  wurde  eigentlich  nur  die  Zollhoheit.  Hierin  gleicht  Ja^  Eidg.  Finans- 
wesen  sowohl  dem  der  Vereinigten  Staaten,  als  auch  dem  den  Deutschen  Heiches, 
nur  daß  die  tiohweiz  bis  zu  der  Notbwehr  der  letzten  Jahre  das  Banner  des 
Freihandels  hochgehaltea  bat.  Das  Fostregal,  bislwr  «ine  der  eintrigUohaten 
Emnahne^ndlen  der  Kantone  nnd  rein  flskalisoh  aufgefaßt,  ^  betrog  doeli  noeb 
1846  das  Briefporto  von  Genf  naob  Zürich  infolge  der  beben  Taxen  durch  Bern 
un(i  Wandt  mehr  aln  das  von  Genf  nach  Algier  —  wurde  mit  der  Uebertragnng 
nn  (ku  Bund  auf  vulkswirthschaftlichen  Boden  gestellt:  e*>  war  nun  nicht  mehr 
sowohl  Einnahmequelle  als  vielmehr  Institut  zur  Forderung  des  Verkehrs.  Gans 
rein  trog  diesen  Cbarakter  toh  Anfiing  an  das  Httnsweeen  des  Bandes. 

Wenn  nun  eineraeita  dieae  veitbersige  wMhgdtafllH^e  Yerwallang  Ton 
Fest  und  Zoll  an  sich  t^ehon  dasn  angethan  war,  den  Verkehr  und  dadurch  die 
Bundesein  na  Innen  zu  lieben,  so  geschah  dieti  in  ungleich  höherem  Maße  durch 
die  ^^roßiirtige  Ausbildung  der  Verkehrsmittel  in  den  letzten  40  .TaViren.  Mit 
dem  Aufschwung  von  Handel  und  Industrie  verband  sich  eine  Zunatime  des 
Woblstiindea  and  der  Yolksiahl  in  den  sebweiseriscben  StKdten,  was  gleicb- 
bedeutend  ist  mit  Zunahme  der  Bedürfnisse  und  des  Konsums. 

Eine  so  Überraschende  Entfaltung  aller  derjenigen  Kräfte,  welche  geei<;i)et 
waren,  gerade  den  Ertrag  jener  beiden  Verkehrsrechte  so  raäehtig  7,n  stärken, 
wie  dies  inzwischen  geschehen  ist^  konnte  sich  auch  der  8charf»ichtig:itc  Politiker 
und  der  begeistertste  Anbinger  des  Einbeitsgedankeos  beim  Beginn  des  Bundes 
nicht  trlnmen  lassen.  Der  Bruttoertrag  der  Zölle  ist  von  4  Millionen  anno  1850 
anf  S7Vs  Millionen  anno  1889  gestiegen;  fUr  das  laufende  Jabr  1890  dürfte 
er  sich  Uber  30  Millionen  erheben  und  M'lhnt  netto  die*«  iSumme  annähernd 
erreichen  (Gewinnungskosten  zirka  2  Millionen).  Der  Reinertrag  von  l^ost  und 
Telegraph,  ehedem  nur  1  '/s  Millionen,  bewegt  sich  in  den  letzten  Jahren  zwischen 
S — 27s  Millionen  Fr.  (der  Bmttoertrag  ist  dem  dar  ZSlle  nngefübr  gleich). 

An  Stelle  der  bisherigen  Abl^ngigkeit  d^  Bandes  von  dem  guten  Willen 

resp.  den  Geldkontingenten  der  Kantone  trat  damit  mehr  und  mehr  das  Ilm* 
gekehrte  VerhSltniC :  die  Kantone  erhielten  einerseits  formell  (bis  1874)  einen 
fjnten  Theil  ihr«'r  bishe-igen  Hinnahmen,  die  Post-  nnd  ZollertriiVnisse,  von  der 
Bundesverwaltung  zugewiesen.  audei'»eits  erwarteleu  hie  nbcr  aueh  uut  Grund  des 
Art.  21  der  BnndesverÜMsang  ans  den  reieben  Mitteln  des  Bandes  BeitrSge  an 
den  verschiedensten  Zwecken. 

T)ie  Normalentschädigung  des  Bnndr.s  an  die  Kantone  für  das  Postwesen 
betrug  J?>.  1,48»),5G1.  d.  h.  den  durchticbnittlichen  Keinertrag  der  kantonalen 
Posten  während  der  3  Jahre  1844 — 46  (s.  I.  Bd.,  pag.  310  und  Ii.  Bd.,  pag. 
618).  Die  faktisch  atnsbesahlten  BetrSge  beben  während  dieser  gansen  Periode 
den  geaammten  Beinertrag  der  Sädg.  Poet  in  Ansprach  genommen.  Dagegen 

1S82— 84.  —  Sodann:  r.  Taur:  Der  Staatshaushalt  der  .schweif.  Eidg.  1849— .58.  Cliur 
18G().  Pßster:  Abriß  der  s^taatliclien  und  slalib^tiseheu  Verhälttiiss«?  der  Schweiz.  Ln/eni 
1861.  —  Berlepsch:  Sclttceizerkunäe.  Braunscbweig  18G1 — 65,  Kap.  X  :  Vogt,  Finanz- 
we$wn  (pro  1862,  auch  separat  mid  in*s  PranzOsbcfae  Obersetzt  M.  6.  Vogt:  Les  finances 
Av  ];i  Suis.se.  Strasbourg  1866).  —  Stößtl :  Die  Aus^'alien  des  scbweiz.  Buii-l^  s  und  der 
Kantuue  auuo  1864.  Bern  1865.  —  Max  Wirtit:  Statistik  der  Schweiz.  Zürich  1871—75. 
Bd.  U,  pag.  «51—66,^  (pro  1868).  —  Cohn:  Die  Finanzlsge  der  Schwefe.  Zflrieh  1877.— 
i/Mi/j^r;  Basel  s  Staa'-i'iiiMahiiirn  um!  Sleuerverllieilung  1878—87.  Hn-i  l  issfi.  E.-it  hir: 
Die  Fiaaoziage  der  Zürclieri-sclien  Gemeinden.  Zürich  1881>.  Nach  der  beendigung  dieses 
Artikels  ist  erschienen:  Schatu:  «Die  Steuern  der  Schwei«  in  ihrer  Entwicklung  seit 
Beginn  des  19.  Jahrhunderts*,  5  Binde.   Verlag  von  i.  6.  Cotta,  Stuttgart  1890. 


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ä  taatä  w  i  r  Ihäciiall 


—    169  — 


StaatswirÜiscbaft 


fiel  der  volle  Srtng  der  Telegraphen  ▼on  deren  Entetehen  an  der  Bnndee- 
kaeee  eu. 

Die  ZollentschädigiiDg  an  die  Kantoae  konnte  schon  deshalb  nicht  nach  dem 
hiflherigen  Ertrage  bemessen  werden,  weil  einige  Kantone,  so  Zürich  und  Nenen- 
barg,  einsichtig  ond  weitherzig  genug  gewetsten  warea,  von  hich  auü  ihre  Binnen- 
nOUb  sn  beeeitigen.  Be  eihielt  dahü'  jeder  Kanton  pro  Kopf  der  Bevi^lkemng 
<naoh  der  ZShlvog  von  1888)  58  Centiniee  jllirliohe  EnteohXdigang.  Da  wo  der 
hiaheirige  Beinertrag  größer  gewesen  war,  wurde  die  finlnobAdigung  bis  uuf 
dessen  Höhe  nachgebessert.  I>ie  nn-^lezahlten  Entschädigungen  sind  mitgetheilt 
Bd.  I,  pag.  32h.  AIh  jährliche  Jiurinalent.schädignng  für  Post  und  Zoll  von  lb4b 
hin  187-1  mögen  folgende  Ansätze  hier  ihre  Stölie  ünden: 


Zfll- 
«biliidisiiiir 

total. 

1 

1876. 

«iUrii/U     •     «  • 

.     232,130  4- 

8 

JWFII  •      ■      ■  • 

.  249,252 

5> 

57,956 

■  «  ,  f  VW 

llts 

• 

Uri  .... 

29,771 

77,143 

106  914 

5O7 

2,857 

£  •>,  f  0«' 

Oß  rLQO 

9 

%  Inara  Iii  An 

343 

7 

9o 

rd  1 1\  nrnl/l  An 

229 

v^vo  t 

U,  1  0  u 

53 

W 

Olame 

10,330 

17  186 

27  466 

Dt 

m 

3,286 

A  ^  1 M  Q  A 

7 

n 

Frctburg 

20,320 

68,598 

— 

88,918 

— 

3» 

• 

Solothurti 

10,491 

45,714 

— 

50,205 

r—r 

6 

Jiaselstadt  . 

.  119,005 

148,571 

267,036 

10 

Baeelland    .  . 

16,759 

64,857 

81.616 

12r 

« 

Sehaffhausen 

3,182 

65,714 

68,896 

15 

• 

Appenzell  A.-Rh. 

14,286 

23,986 

38,272 

97* 

« 

Appenzell  L-Rh. 

343 

5,720 

6,063 

ti 

II 

St.  Gallen   .  . 

89,085 

100,722 

255,807 

137 

» 

Oranbilnden 

33,549 

300,000 

333,549 

34« 

1» 

Aargan  .    .  . 

.  148,694 

152,857 

299,551 

13i« 

1» 

Thargaa     .  . 

2.5.  ir..') 

04,286 

877 

* 

Teaeio   .    ,  . 

14,909 

284,200 

299,109 

21« 

Waadt   .    .  . 

.  207,813 

220,187 

428,000 

10 

Wallis   .    .  . 

20,488 

105,902 

132,390 

IO2 

Nenenbnrg  .    .  , 

74,676 

34,225 

108,901 

5t7 

* 

Oenf  .... 

97,282 

43,458 

140,740 

8a 

LiotbsOUe  ..  . 

15,143 

15,143 

1,486,561  +  2,483,196 

3,919,757 

10 

7* 

Die  ywr  Hillionen  Franken,  welche  so  der  Bnnd  jährlich  an  die  Kantone 
Ablieferte,  nachten  von  deren  Geeammteinnahnien  in  jener  Zeit  22 — 10  %  ana, 

bei  einzelnen  allerdings  weit  mehr.  So  bezoL''  GraubUnden,  das  mit  unzähligen 
alten  Tnmsitlastcn  IlbiTsärt  war,  einen  guten  Drittel  seiner  Gps-.untntt'inkUnfte 
(1862:  315,000  Kranken  von  931,000  Franken,  dazu  noch  1.).t,<»0U  trunken 
«ttßerordentUohe  Sabventionsrate  für  Straßenbau)  ans  der  Bondeekaase,  Uri  hogar 
mehr  ala  die  HftUte. 

Die  Poet-  nnd  Zollenteehidigung  von  1848—74  bildet  nur  den  wichtigsten 


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Staatewirthsehaft  —    170    —  Staatswvtlncfaaft 

«nd  «Inen  regelnd&l&gQii  BandetMtng  mImb  «iaar  kngen  Beihe  von  Snbvtntioneii 

des  Bundes  an  die  Kantone.  DieaeK  BandesHubvention^wesen  wnnelte  um  so- 
tiefer,  als  in  den  ersten  Jahrzeliiiten  die  BtindesverwalttiTig  noch  gar  nicht  Ver- 
wendung h&tt^  tur  ihren  vollen  Reinertrag  an  Zöllen  etc.  Da  die  Zölle  Eskalitich 
gesprochen  nichts  anderes  sind  als  indirekte  Steuern,  welche  von  allen  Landes« 
tii^D,  namentlidi  aber  Ton  den  Chrenskantoiien  und  den  großen  Indoetrioientren 
derselben  getr<)geii  werden,  so  erecheint  oiohts  gerechtfertigter  als  ein  Znrtt<&- 
flicßen  Icr  Bundosgelder  ZU  Zwecken,  deren  Dringlichkeit  nach  einem  höheren 
gemeiiieidgeuösaiscbeu  Maßstabe  bemessen  wird.  Die-se  Subventionen  vertreten  in. 
der  Schweiz  die  nicht  unwichtige  Stelle  der  fürstlichen  Subventionen  in  monarchisch 
regierten  LKndenu  Wir  werden  nnten  den  dnrolt  die  TenoUedenlmt  der  Yer- 
£u8ung  bewirkten  Unterschied  schärfer  ta  markiren  haben. 

Von  den  älteren  Bundessabventionen  sind  hervorzuheben:  der  Erlaß  der 
KriegAkosten  an  die  äonderbnndskantone  anno  1852  mit  28  Millionen  Fr.,  und 
die  Unterstützung  der  von  Oesterreich  aus  der  Lumbardei  vertriebenen  Tessinur 
1658  -  56  mit  3:^0,000  Fr.  Wiohtiger  nie  diese  politieeheii  sbd  seit  1861  dio 
wirthsehaftlioben  SnbTentionen  an  Hufikorrektionen  nnd  «rtrategieehe*  Älpen- 
Btiaüen  geworden,  wofSr  auf  die  betreffenden  SpezialartÜEel  verwiesen  wird. 
Ansgeeililossen  von  der  Betheiligun^''  dt'^;  Bundes  hlifdien  nnr  Bank-  und  Bahn» 
wesen,  AktiengeKellschaften,  sowie  das  liebiet  der  reinen  Wohlthätigkeit.  Der 
Kreis  und  die  Höhe  der  Ansprüche  und  der  Leistungen  hat  sich  dann  nament* 
lieh  seit  dem  Hinfill  der  Zoll-  nnd  PoetentscbSdigang  anno  1874  enorm  erwMtert. 
Das  Budget  für  1890  sieht  an  Subventionen  etwa  5?  Millionen  Fr.  vor,  wOTOn^ 
2  Millinnfn  fiir  (''".-^-'i-si  vkorreklioneii  und  Uber  '/•.'  Million  für  Alpenstraßen, 
je  8  —  yUÜ,OUU  t'r.  tür  Hebung  der  Landwirthschaft  und  für  £rt'!>-tige  Zwecke 
verschiedener  Art  (Inneres),  halb  >io  viel  für  Gewerbe  und  Industrie,  u.  s.  f. 
Anoh  hiefilr  kann  anf  die  «peaiellen  Artikel  dieees  Werkee  ▼erwiesen  werden. 

Immerhin  sind  diese  Ansprtiche  noch  bescheiden  gegenttber  dem  mächtigen 
Anwachsen  der  Hon.stigen  Anforderungen  au  die  Bundeskasse,  namentlich  der 
Militärausgaben.  Wenn  die  Eidg.  Finanzen  geraume  Zeit  der  neueren  Finanzlage 
der  Vereinigten  Staaten  glichen  und  wenn  sie  bisher  trotz  der  verzwanzigfachten 
MititiLraasgabe  ohne  erhebliche  Aenderang  der  verfasHangsmäßigen  Kompetenzen' 
des  Bnndee  hinreiehten,  so  bembt  dies  vor  allem  aal  der.  oben  gekennzeichneten 
großartigen  Entfaltung  des  Verkehrswesens. 

Mit  dem  laufenden  Jahre  (1S!>0)  geht  nun  allerdings  die  Eidgenossensclmtt 
als  solche  einem  Defizit  entgegen  ').  Und  auch  die  Eidg.  Staatsschuld  (frühere 
Entwicklung  s.  Bd.  I,  pag.  315  und  321)  wurde  anno  1889  von  40  auf  60 
Millionen  Fr.  erhSht,  hanptsSohlich  nm  die  Nenbewaffhung  mit  dem  gehSrigen 
Naohdmok  durchführen  zu  können.  Aber  die  Schweiz  „hat  sich  schon  glüeklich 
aus  größeren  Verlegenheiten  gezogen,  ihf  Kredit  ist  intakt  und  ihre  HülfNmittel 
sind  groß,  so  daß  eiue  richtige  T,!>fnTig  mit  Zuversicht  erwartet  werden  kann".. 
(kochliu-Geigy  im  Bericht  der  Basier  IJaudelskanimer  188Ü,  pag.  47.).  — 

'<  In  FrjnnzmK'  v  n  S.  I,  3  folgen  hier  die  Brutto-Einnahmen  Uttd -Aosgaben  dos^ 
Bundes  seil  1885  in  lOtA»  Franken: 

Einnahmen.        Ausgaben.  Differenz. 

IS,S5  ,  iSoJS  ifwT»  —    2m  I 

1886  .  61o»T  58utT  -j-  3"so 

18S7  .  59j8r  &6mp  -|-  275» 

1888  .  59^«s  58jj»  —  1«»? 

1889  .  ü5»;a  ÜUm  + 
Budget  1890  .  7S»m  86mt  —  ISw 


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Staatswirtbscliaft 


171  — 


Staatswirtlischaft. 


Da  der  Bund  hU  1H74  den  .stt;iiri'nden  Keinertrai:  der  Post  ganz,  den  des 
Zoll»  wenigsteus  bi»  zur  Höhe  des  bisherigen  Normalertragiit  (2^8  Millionen  in 
toto)  an  die  Kantone  repartirte,  so  waren  die  Finaniafl  deräelben  vorttofig  nicht. 
gar  m  empflodliclL  alterirt.    Gleichzeitig  stellte  ihnen  aber  die  soziale  Ent» 

Wicklung  der  Zrit  n^ue  Aufgaben  namentlich  knltoroller  Natur,  zu  deren  Deckung^ 
51«''  :nit"  neue  Eiunahmequellt'i)  angewiesen  waren.  Für  die  Auswalil  derselben 
wurde  die  gewaltige  Entfaltung  der  wirthüchaftlichen  Kräfte,  das  Ait\vacb«ea 
des  lY.  Standes,  da«  Interesse  der  hervorragendsten  industriellen  Kantone  an 
hiUigeo  Prodtiktioiisbedingttngett  entscheidend:  der  nothwendige  Lebensunterhalt 
durlte  nicht  vertheooitt  somit  konnte  an  eine  tinaiiziell  wirksame  AuMdehnung' 
der  indirekten  Stenern  nicht  gedacht  werden.  Damit  wurde  aUo  das  seit  Jahr- 
hunderten geltende  indirekte  Steuersystem  l)ei  Seite  gedrängt.  An  dessen  Stelle 
ruckte  iu  den  ersten  Kaag  der  mudernen  Staatüeiunuhmen  die  alljiihrlich  wieder- 
kehrende ordeatUehe  direkte  Steuer,  hauptsSchlich  die  Einkommenstener,  wie  sie 
in  den  großen  IndustriezeotreB  Basel,  Zürieh ,  St.  Gallen «  Genf  etc.  »ehon  neit 
geraumer  Zeit  angehalint  war.  Der  Au^<hau  1  ^*  -.stenis  von  der  proportionalen 
Besteuerung  zu  immer  weiter  fort<^chre)teiider  i'rogrehsion  wurde  gleiehfallH  durch 
die  indu&triellu  und  soziale  Kla^eubildung  vurgezeiehnet.  Erleichtert  wurde 
den^be  doreh  die  BewegUohkeit  der  siaatswirthschaftlichen  Entwicklung  in 
nnaem  Ueinan  Staatengebilden  unter  dem  unwiderstehHohen  DrKngen  des  all- 
gemeinen Stimm  rechte. 

Wie  mehrfach  angedeutet,  ist  dieser  Kntwiekhmgsgang  keineswegs  ein  gleif  h- 
mäßiger  in  allen  Kantonen.  Glei(  h  i«t  nur  die  überall  zu  lrruiid(!  liegende  Strömung. 
Im  Uebrigen  gilt  gerade  infolge  der  Hast  der  Entwioklang  auf  den  vorgerückte- 
eten  Punkten,  nmtatis  mntandis,  was  Hottinger  schon  1846  beobachtete:  Bine- 
lajnige  Wellenlinie  zieht  sioh  YOn  ünterwalden  nach  Ba^el.^tadt  oder  Genf:  Dort 
nur  geringe  Einnahmen  aus  dem  Salzregal  und  einigen  Zin<en  uiiil  (nltiihren, 
nur  auf  besondern  Beschlnlj  hin  —  heute  noch  ganz  wir  in  den  Stiidtestaalen 
des  Mittelalters  —  wird  eine  direkte  Steuer  erhoben.  Demeutsprcchend  die 
Ausgaben  anf  das  bescheidenste  Maß  beschrilnkt.  Hier  direkte  Stenern,  nach 
aoflalpoliÜsolien  Gesiohfspunkteu  veranlagt,  mit  hochgeschrauhtcr  Progression  und 
,irrn  :rf /"^Tiliber  ein  ausgebildeter  Bt:aTiiten>tand,  außerordentlioh  starke  Budget» 
XUr  ölientliche  Bauten,  für  das  Schulwesen,  u.  s.  1". 

Dan  uuägeprügtei»te  Merkmal  moderner  Stuatäwirthbchüft  ibt  jedoch  auch  in 
dar  tiehnreis  das  Dffentliohe  Schulden wesen.  Was  hier  seit  Beginn  des  Jahr^ 
.hmidittB  am  Straßenbau  erprobt  worden  war,  das  sollte  jetzt,  seit  der  Ent- 
siehnng  der  Eisenbahnen,  seit  der  Entwicklung  des  Bankwesens,  überhaupt  des 
rn"i'1('m»^n  Kr'llt^.  prst  recht  zur  Geltung  gelatigrn.  Iininerhin  ttnterschi'iden 
Sich  die  »cbweizerisclien  Staatsschulden  von  deneu  audrer  LündiT  selir  wesiuitlieh  : 
.Durch  ihr  Milizä^>tem  ei-spart  die  Schweis  die  schwere  Last  eines  steheudun 
'flesär^  Jbaher  hat  eie  mit  Ausnahme  der  neuesten  Eidg.  2ö«  Millionen -Anleih» 
'.Ton  18^^  lÄttne  militarisehan,  s.indern  fast  nur  produktive  Si  holden  /nr  Anlage 
von  Bahne'i  nud  Gründung  von  Banken,  zum   V>\ui  v  -n  Straljen  und  Sehuleii  etc. 

"Ritir  uijgefähre  Idee  von  dem  Kntwi'-klungsgang ,  Hlleriliti«rs  nur  m  Iii'  ini 
iioheu,  uiöj^en  folgende  beiden  Uubersiehten  der  kanlunalon  iiudget-3  und  Vcr- 
!  'jb  ^  letaten  40  Jahren  geben.  Dieeelben  beruhen  grSßtentheils 
^tischen  Angaben  der  kantonalen  Finanzbehtfrden.  >  iiese  Quelle 
versagte,  worden  die  Staatsreelinungen  zugezogen  ;  ihieh  kurinte  tht  il^  \ve;i;en  der 
Lttckfn'haftigkeit  dieses  Materials,  theils  aus  Mneliliehen  Gründeii  nieht  iimner  ilus 
10.  JiiUi  eingehalten  werden.    So  iat  nameatliuh  piv  IbOO  ImI  uinigeu  Suudui- 


Slaatswirthschaft  —    172    —  Stttatawirthschaa 


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«tx^i?*             v<m«e<e«oenM  .äb«6 lO i^Jt^ «o 5^  x 
c«»«i                                      g       ^       an  Ä 

1  1  2 

:  1 
Staatseinnahmen  (in  lOOO  Franken) 

1 

»l^.  t--^  «  «.^             J«*        *•  2.ftJ:.ai.ö,o!tn<^<«l 

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X    i<^«o  H<    M  ö6  91  CO  ;^a»  i>  o»  CO    o    ei^p«    o  ^  «-> 
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'StaatswirthfldiAft 


—    174  — 


Staatswiiibscfaaft 


landlkaatafnen,  deren  Badget  and  Schnldenetat  darch  die  Laftt  der  Kriegskosten 
um  1850  in  hohem  Grade  alterirt  wurde,  das  letzte  Jahr  vor  Ausbrach  des 
Krieges  (1845/46)  zur  Vergleichiing  eingesetzt.  ( üeber  den  eidgenössischen 
^huldeoerlaß  Ibb'Ji  niche  oben.)  Aus  analogen  Gründen  wurde  in  einigen  andern 
Fftll«n  atstt  1860  dAs  Jahr  1861  oder  1A62  gewShlt.  Statt  1888  wurden, 
.aoweit  erreuhbar«  die  Ziffern  Ton  1889  bentiUt  (kornve  Schrift),  b«m  Bnnde 
daa  ordentliohe  Budget  und  die  Finanzlage  auf  1890, 

Wer  sieb  nun  je  mit  Fiiiiinzstatistik  befußt  hat.  weiß  wie  prekk'r  eine  Ver- 
gleiohuug  von  26  verschieden  aageiegteu  Staatüieuhuuuj^eii  nothwendig  sein  muß. 
In  der  That  würden  die  600  Ziffern  buchstäblich  jede  einzelne  für  sich  einige 
■Zeilen  oder  anoh  Seiten  der  ErlKuterang  erfordern.  Ea  kenn  daher  vor  ober- 
Jliohliohem  Gebrauoh  derselben  nioht  genug  gewarnt  werden.  Es  sei  nur  er- 
innert an  die  verschiedenKrtige  Deutung,  welche  der  Begriff  des  Staatsvermögens 
zuUißt.  Neben  dem  eigentlichen  Staat^vermögen  bestehen  uameutlicli  in  der  N<jril- 
und  Dntschweiz  durchweg  sehr  beträchtliche  Separatfonds.  Dieselben  betragen 
<anno  1890)  bei  Zliriah  30,411,000  Fr.,  bei  Glaraa  3,960,000  Fr.,  bei  Grau- 
bünden  1,197,000  fV.,  bei  St.  Gallen  8,419,000  Fr.,  bei  SohalfhaiifleD  10,678,000 
Franken,  bei  Bern  14,150,000  Franken  u.  s.  f. 

"FAm  rnnstergUltige  schweizerische  Finanzstatistik,  auf  Nettoeinnahnien  und 
Nettovermögen  bereinigt,  hat  das  Eidg.  atatist.  Bureau  pro  1876  geliefert  (e. Zsr.  f. 
^weiss.  Stat.  1879).  Ee  wttrde  au  weit  fUhren,  die  tabeltarMehna  Beenltat» 
derselben  hier  an  reprodnairen.  Es  brauoht  nur  hingedeutet  au  «rerden  anf  die 
Niedrigkeit  der  Militärausgabe,  auf  die  Höhe  des  Aufwandes  für  Schulen  und 
Bauten,  auf  die  Theilung  der  indirekten  Steuern  «wischen  Bund  (Zölle)  und 
Xantonen,  etc.  etc 

Infolge  des  Ausbaues  der  Verfa-nsung  von  1874  hat  nun  freilich  inzwischen 
Tielee  geHndert.  Der  Viertel  der  Geeammtauagabe,  den  anno  1876  das  UiUtitr« 
bodget  noch  nieht  erreiehtc,  ist  inzwischen  weit  ubcrHchritten,  pro  1890  dtirfto 
dasselbe  ausmachen.  Sodann  haben  namentlich  in  den  vi  rkt  hrsreichsten  und 
wohlhabendsten  Kantonen  die  Staat HHchulden  und  im  Zusammenhang  damit  die 
direkten  Steuern  gewaltige  Fortschritte  gemacht.  In  Zürich  machen  die  direkten 
iStenem  ^'^  gesammten  Einnahmen  aus,  in  Baselstadt  gteiehfaUs  mehr  als 
die  Hälfte.  Und  die  Verzinsung  der  Staatsschuld  nimmt  da,  wo  sie  nicht  wie 
bei  Bern  und  Zürich  durch  einen  entsprechend  hohen  Ertrag  des  produktiven 
Staatsvermögens  gedeckt  ist,  einen  unverhältnißmäßig  breiten  Kaum  im  jährlichen 
Budget  ein,  bei  Baselstadt  20  ^o,  bei  Genf  1888  sogar  22 '/a  "/o. 

Nur  die  Bundesfinanzen  aliroentiren  sich  (kat  ausschließlich  aus  des  indirekten 
Stenern.  Sie  geddihra  dabei  ▼ortrefflioh,  indem  rieh  duroh  die  vereinte  Wirkung 
des  steigenden  Verkehrs  und  der  seit  Ende  der  70er  Jahre  «ntotandenen  und 
gegenwärtig  hen  lu  l  len  kämpf-,  ja  schutzzöUnehschen  Strömung  zwanglos  immer 
größere  Erträge  ergeben. 

Bei  der  Vergleichung  der  Kantone  unter  sich  wäre  es  selbstverständlich 
unzulässig,  Überall  den  gleichen  Maßstab  anznlegen.  Ist  doch  gerade  die  An- 
passung des  Staatshaushalts  an  die  besondern  Verhältnisse  der  verschiedenen 
Lamlestheile  die  beste  Seite  aller  Kleinfitaatprei.  Was  sich  liaher  ein  Kanton  als 
Erningen«phaft  anrechnet,  ist  deshalb  für  andere  imrh  nirlit  immer  i^rstrebens- 
werth.  Sodann  sind  aber  auch  die  Zahlen  der  iiudgets  an  »ich  gar  nicht  durch- 
weg vergleichbar.  £s  sei  nur  daran  erinnert,  daß  Freiburg  in  seiner  Staats- 
rechnnng  sozusagen  keine  (1888:  8000  Fr«)  Ausgaben  für  die  Kirche  aufführt, 
während  der  Kt.  Waadt  bei  viel  bescheidenerem  staatBkirehliehem  Bedttrfniß 


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^Staatswirthschaft 


—    176  — 


SUuUwirÜisclialt 


Jährlioh  etwa  '/*  IGUioH  oder  Ii  ^/o  seiner  Geeftnmtaaaipibe  dafOr  verwendet 
md  das  Budget  von  Baeelland  mit  Tollen  '/*  ^  «Kirohen-  und  Schulgat" 
beschlägt.   Aehnliche  Differenzen  bestehen  vielerorte  im  Armen-,  im  Schul-  und 

im  Straßen wespfi.  NaTOcntüch  geräth  man  bei  V»T?leiehungen  Schritt  für  Schritt 
in  Kuoiiikt  mit  der  ungleichen  Bedeutung  der  kuinmunalen  gegenüber  den  Staat«- 
finanzen.  So  erklären  dich  die  hohen  Budgetaiffem  von  Baeelstadt  etwa  zn  einem 
Vierthoil  an»  der  vttlligm  YereinigoDg  des  etSdtiedMn  GeneindeliMiehilte  mit 
dem  des  Rtaatea  aeit  1675  >). 

Yielfitch  besteht  das  Oiaraktoxiatische  der  kantonalen  Budget«  gerade  in 
dem,  was  nicht  verbucht  wird,  und  es  giht  die  Hilhe  dvT  staatlichon  Subvention 
nichts  iinilercs  an  als  den  Grarl  der  BediängniÜ  eines  Lebeusgebietes  infolge 
mangelnder  privater  und  kommunaler  Förderung.  I>er  hochentwickelte  Gemein- 
einn,  die  krüftigo  FdvatinitiatiTe  eu  ee  ^meiner,  od  es  tob  YorBinoo,  Zünften  etc. 
■m  gemeinntttsigen  Zwenken  ist  ja  Überhaupt  das  erfrentiohate  Symptom  der 
-aehweizerischen  Autonomie,  und  diese  patriotinche  Opferfreudigkeit  steht  bekannt- 
lieh in  der  Regel  im  «ragekfhrten  Verhilltniß  zur  Gr?5ße  ihre«  Wirkungskreises ; 
für  Baselhtadt  nind  aniui  16><2  die  jähriichen  Lei«tungän  der  Vereine  auf  3«  Mill. 
Franken  berechnet  worden,  d.  h.  naliezu  ebenso  viel  wie  das  damalige  Budget 
des  Kantone. 

Ans  analogen  Grttnden  eraokeint  ee  mehr  als  gewagt,  unsere  Zahlen  mit 

denen  anderer  Länder  an  vergleichen,  nmeomdir  da  wie  bereits  bemerkt,  ein  ao 
kleines  Land  mit  weniger  Aufwand  gut  regiert  werden  kann  als  eine  Großmacht, 
ein  Binnenland  als  ein  Rees^taat,  in  militärischer  Hinsicht  ein  kleines  Kernland, 
dessen  Existenz  vier  grolkn  Isachbarn  unzählige  Keibereien  erspart,  an  dessen 
Erhaltung  dieaelben  somit  ein  vitale«  Interene  babeo.  —  Trotidem  kann  heute 
niokt  mehr  wie  vor  30  und  40  Jahren  behauptet  werden^  daß  die  Sehweis  mit 
geringeren  Htaatlichen  Lasten  auskomme  als  andere  Länder.  Den  zirka  lÖO 
Millionen  Franken,  um  welche  Einnahmen  und  Ausgaben  der  Schweiz  balanciren, 
und  den  zirka  3  15  Millionen  Frauken  Staatsfichulden  stehen  von  Ländern  mit 
annSbernd  gleicher  Kulturstufe  und  Größe  gegenüber  (Budget»  in  Millionen 

franken) : 

Ausgaben  Schulden 

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opf  AnCbeil         rp„..,  (1.  ipei.  d.mMii-  KopCAatball  _ 

am  Baioht-  —    otM  ^  4,  Beldu-  -  ^ 

bvdget  Mbald  Mliiild 

=    89  26  +  54s=  SO 

-    95  485    59  -|- 

=^   1175  542    535  -1-    69  122^ 

=  204  817    67  \-  110  =  177 

=s  433  1677  273  4-107  =  460 

84  271    49  -  — 

282  22535  —  —  — 


MOL  dettpM, 
Blaw.  IiMdM 


Elsafi-Lothringen  . 

Is 

58  - 

-  31 

Baden    ,    .    .  , 

1« 

63  " 

-  82 

Wtirtemberg    .  . 

2 

775  - 

40 

Sachsen  .... 

ds 

140  - 

-  Ü4 

Bayern  .... 

54 

325  - 

-  10« 

DSnemark  .    .  . 

2 

Holland.    .    .  . 

46 

Belgien  ,    .    .  . 

6 

In   der  Tbat 

hat 

die  Schwei?'  ihr 

322^  2180  ^ 

Lastf-n  Vioreits  eben 


hui'h  n^fspamit 


wie  andere  J^äuder,  immerhin  ist  sie  damit  noch  lange  nicht  an  der  Grenze  ihrer 
Leistungsfähigkeit  oder  ihres  Kredites  angelangt,  da  sie  nücbrit  ILdland  unbe- 


')  T'ehtT  lias  VorhältniC  d^  r  kommunalen  ('V:)  zu  den  aatlirlien  (■/•)  Leistungen 
im  Schul  weisen  s.  den  Artikel  6chuk  in  diesem  Werke  B<i.  ill,  pag.  3511.  —  Ebenso 
iOr'8  Straßenwegen  den  bes.  Artikel. 


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Staatswirthschaft 


176  — 


Steingut 


denklioh  ab  das  reiobste  nnd  leistnngslUiigato  der  genannton  Länder  beseidtnet 
werden  darf. 

Sollen  die  charakteribtischeii  Punkte  der  schweizerischen  Staat^gwirthschaft 
gegenüber  andern  Ländern  bezeieluiet  werden,  so  ist  in  erster  Linie  immer  noch 
die  relativ  geringe  Militärlast  hervorzuheben,  und  zwar  fällt  wirtbschattlich  die 
ksiM  DwDstseit  weit  mehr  m*s  Oewiebt,  ak  die  dadoreh  mitbediogte  relativ» 
Niedrigkeit  des  Militärbndgeli.  Immerbin  ist  dieee  letater»  von  großer  fiedeatnog» 
QBimentiich  auch  fUr  das  Wesen  der  schweizerii<chen  Staatsschulden  (s.  o.). 

Neben  dieser  Haoptersparniß  Tritt  dip  in  der  Staatsform  begründete,  das 
Fehlen  der  Aufgabe  für  daa  Staatsoberhaupt,  sehr  zurück,  nm  hu  mehr,  wenn 
ihre  wirtbecbaftliche  Tragweite  allseitig  in  Erwägung  gezogen  wird.  Ka  fehlt 
der  Olans  eine»  Hofes,  ee  fiBlilen  damit  jene  großartigen  konsentrirten  Uttel» 
welche  anderwärts  zur  Förderung  der  »chönen  EiinKte  und  der  Wissenechaften, 
für  königliehe  Akademien,  Museen,  Theater  flÜRsig  «ind,  und  ohne  welche  eine 
lebenskräftige  Entwicklung  hauptsäehlieli  der  bildenden  Künste  und  des  The- 
aters nicht  möglich  ist  —  abgesehen  von  der  Anregung,  welche  Hochbau, 
Kunstgewerbe,  Theater  eto.  der  individnellen  Banlast  nnd  dem  Knnatabn  geistig 
hervorragender  Fürsten  verdanken.  Nur  das  eidgenössische  Polyteduiikam  kann 
sich  mit  jenen  fürstlich  dotirten  Anstalten  messen.  Die  höhern  Gebiete  der 
Geisteskiiltur  finden  zwar  vielerortK  Pflege,  die^-elbe  ist  aber  den  beschränkten 
kantonalen  Mitteln  und  namentlich  der  reich  entwickelten  privaten  und  Vereins- 
thfttigkeit  anhcim  gegeben. 

Im  Ganzen  ist  daher  die  in  den  demokratisoben  Prinaipien  begründete 
Richtung  aufs  Praktische  vorherrschend.  Freilich  steht  rach  auf  volkswirth-  * 
schaftlicliem  Gebiete  der  rationellen,  [danmäßigen  Lösung  großer  Aufgaben  die 
kantuiialeZerdpUUerung  der  Mittel  und  der  Machtsphären  vielfach  hemmend  im  Wege. 
L'm  so  besser  eignet  sich  der  Boden  zum  Versuchsfeld  für  die  huuianitäreu  uod 
sonalpolitiflcben  Fortschritte,  welebe  die  Hauptaufgabe  unserer  Zeit  bilden.  Hier 
ißt  es  gerade  die  lokale  Soaderung,  die  relative  Finheitlichkeit  der  Interessen- 
kreise, ihr  geringer  Fmfang  und  die  entsprechend  geringe  Tragweite  von  Reform - 
ver^nchen,  welehe  uns  eine  große  Ela-xtizitat  verleihen  und  selbst  allfallige  Miß- 
gritie  keinen  allzu  grüßen  Schaden  stiften  lassen,  hin  kleiner  Schweizerkanton 
war  es,  der  sohou  anno  1848  im  Beginn  der  modernen  ümgestaltttqg  der  Pro- 
duktion, der  sich  ändernden  Sachlage  folgend,  den  Grand  legte  sn  der  heotigeii 
sozialpolitischen  Industriegesetzgebung.  Ks  ist  dies  nicht  nur  bezeichnend, 
sondern  auch  Weg  weisend.  In  der  i'flege  dieser  Richtung  liegt  offenbar  für  die 
nächste  Periode  der  Beruf  der  Schweiz  inmitten  der  Völker  (vgl.  „Steuern"). 

Stahlfedern.  Der  jährliche  Verbrauch  von  St.  ut  von  Lehrer  Bernhard 
Wyß  in  Solothnm  auf  130  Hillionen  Stilok,  die  Ausgabe  dafttr  auf  Fr.  1,300,000 
berechnet  worden.  Hr.  Wyß  schlug  \f<f<'S  auf  die  Schindler-Escber'sche  Preis- 
auswjhreibung  hin  die  Kintubrung  der  Stahlfedernfabrikation  vor.  Seitdem  ist 
diese  von  der  Firma  Flury  frt  res  in  Biel  eingeführt  worden. 

Stahlwalzwerk  uuter  dem  Fabrikgesetz:  Aug.  Mathey,  tils,  iu  Lea  Brenets. 

Stenrin  kommt  hanptsiohlich  ans  Belgien  und  Frankreich.  Schweiierisehe 
Produzenten  sind  die  Firmen  Berthold  Ziller  &  Cic.  in  Ba-*  1  und  J.  Streult  in 
Winterthnr.  In  LunKanne  und  Taruuge  war  früher  auch  etwelebe  Steariufabrikation^ 

Stecknadel fahrik  unter  dem  Fabrikgesetz:  Job.  Wirz  in  Eeinach. 

Steine  s.  Backsteine,  Bausteine,  Marmor,  Sandsteine  etc. 

Steingut«  Die  Fabrikatton  von  weißem  Steingut,  Fayence  eto.  hat  sieh 
seit  ungefilhr  20  Jahren  namentlich  in  der  Westschweis  entwidtelt.  Die  Roh< 


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Stoingat 


—    177  — 


Steuern 


materialieii  müssen  zum  großen  Theil  vom  AuHlande  bezugejj  wertien,  so  ver- 
sohiedene  Arten  Thon,  £aülin  Uuarz,  Feldspath  etc.,  deren  Tranöportkuäten  zum 
TheiL  melur  al»  d«r  Ankaniapre»  betragen. 

Steinkohlen.    Fandort  solcher  Kohlen  ist  Semsales  im  Kanton  Freibuvg. 

Nähprps  übtT  Ausbeute  etc.  konnte  das  Lt-xikon  trotz  Anfrage  hei  der  Gemeinde- 
behörde S.  nicht  in  Erfahrung  bringeu.  Vielfältige  Versuche  sind  geuiacbt  wor- 
den, in  der  Schweiz  Steinkohlenlager  zu  entdecken,  alle  mit  keinem  oder  zu 
geringem  Erfolg. 

StenAFB.  Herr  Max  Lancf,  Beamter  des  eidg.  stadstischen  Bureau , '  hat 
es  unternommen,  au»  den  Verwaltiingsberichten  der  Kantone  eine  Uebersicht  der 
Staatssteuern  in  der  Schweiz  herzustellen.  Die  mUhevolle ,  zeitraubende  Arbeit 
gelangt  in  der  nachfolgenden  ersten  Tabelle  zum  Ausdruck.  Der  Herausgeber 
de«  LexikoDs  hat  eeineneito  die  Reanniraiig  der  wichtigsten  BesÜimnnngen  der 
kantonalen  Stenergeaetigebangen  an  Hand  genommen  und  alle  kantonalen  BeldSrden 
um  einen  gef>chichtlichen  Abriß  ihr(s  Hteuerwesens  ersucht.  Von  mehreren  der- 
selben ist  dem  Gesnch  bereitwilligst  entsprochen  worden;  die  betreffenden  Arbeiten 
aber,  sowohl  wie  die  erwähnte  Kesumirung  müssen  fUr  da«  Supplement  zurück- 
gelegt werden,  da  das  Hauptwerk  mit  der  25.  Lieferung  abgeschlossen  werden 
mn6  und  der  Banra  nnr  nook  fttr  wenige  größere  Artikel  ansreioht. 

Wer  vor  dem  Erachnnen  des  Supplementes  das  ßedürfhiß  hat,  sich  Uber 
das  schweizerische  Steuerwesen  einlrißlichpr  r.n  orientiren,  dem  kann  das  im  .luni 
l.'^OO  prscbipnene  Werk  des  Würzburger  Professors  Dr.  Scha<ie,  „Die  Steuern 
der  Schweiz  in  ihrer  Entwicklung  seit  Beginn  des  19.  Jahrhunderts",  5  Bände, 
Yerlag  der  Cotta*«ehen  Bnohbandlung  in  Stuttgart,  bestens  empfohlen  werden. 
£b  behandelt  die  Materie  mit  einer  Gründlichkeit,  die  das  Lexikon  eicb  jetat 
und  Rjtäter  versagen  muß.  Eine  Rekapitulation  der  Kapitrliiberselniften  nnr  des 
ersten  Bandes  wird  dem  Xieser  dies  einen  ungefähren  Begriif  von  der  Kinläülich- 
keit  des  Werkes  geben. 

I.  Theil:  Die  Staatsstenern.  1.  Ahaehniü:  Die  Stenern  vor  der 
Helvetik;  die  helvetischen  Steaergesetze;  UeberbUek  der  Entwicklung  nach 
Atisgang  der  Helvetik;  die  Steuerbelaatu  i  ^  'er  Schweiz;  die  Steuern  und  die 
V(  lkKrechte.  2  Ahfirhiiilt :  Die  Struktur  der  direkten  Steuern  in  der  Schweiz; 
das  Vermögen  als  Maaßstab  der  Steuer;  die  Normen  als  SteuerpHicht ;  die  Er- 
mittlung der  Steuerkapitalien;  das  Steuerkapital  der  &)kweis.  3.  AbschuiU: 
Die  Wehretoner,  die  HansirBtenem ,  die  Banknotenstener,  die  ErbedMltB-  und 
Schenkungsstener,  die  Verkehrsabgaben.  /.  Afmknitt:  Das  Salzregal;  die  Ge- 
tränk'^}  '>  ^■•,er^npr,  die  Tabakbestenernng,  die  ZQIle,  die  Luxuaabgaben,  die  Jagd* 

und  F::^ciiereii»atente. 

IL  Theil:  Die  Gemeindesteuern.  Die  Gemeindesteuersysterae ;  dio 
Gemeindestenerlast  und  die  wichtigsten  sie  beeinflussenden  Faktoren;  das  Ge- 

meindcvermögen;  die  Anfgabenthcilung  zwischen  Staat  ond  Gemeinde  (Straßen, 
Schulen,  Armenwesen) ;  Gliederung  der  Steuern  in  sammtlirben  Kantonen  in  den 
Jahren  1856,  1866,  I87fi,  ins*;;  Besteuerung  des  tundirten  und  nnfnndirten 
Einkommens,  proportionale  und  progressive  Steuerskalen.  Steuerlast  einiger  Schwei- 
ler Städte  1888. 

Als  fernerer  Beweis,  welch'  wichtige,  bisher  von  keiner  anderen  Seite  in 
80  umfassender  Weise  gesammelte  Daten  das  Werk  des  Herrn  Schanz  enthält, 
mögen  die  Auszüge  dienen,  welche  wir  der  Tabelle  des  Herrn  Lang  folgen  lawen. 

Fomr,  Votka«lrtlM»b«fl««l<Mikon  d*r  Sehwrlm.  12 


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steuern 


—    178  — 


Steuern 


Steuerarten 


s 


9 


u 
CO 


aus  Ho:;ali(Mi 

horgwtM'k  

iMiliureiral  .  .  .  .  . 
F'ul  vt'Me(/;(l    .    .    .  . 

J'O'-l  

T<'lf;.''r;iph  .  .  ;  .  . 
TeiepiioD  

SttMK'nrclMihroii 

Bf'rirtpiiii,  Wahiiiiit/mi;.' 
W  .i--t'r  t  i'cljbZlUst  .  . 
J.i-d  


Fisclicrei  ,  .  .  .  - 
Jlaniiaini(Tun;.'-i.'rl)uljr. 
Erw  "■[•Usjiiitciiii/i'hriiir, 
Ueb ng o  s i « ■  u t- )•  ^'t' I > II }i I". 
Markt- u.  llaa-irpaleule 
SteiiipolsUiiK'f     .    .  . 

BOrsensteuer  .... 
Bftnknoten!»t©Tier .  .  . 

(iv  IUI«!  Verbruuclb)- 
auflagen 

>=aIzi<'Stal  

Zölle  ...... 

Alk.»!ioliiinnopol.    .  . 
Kuusiiitio^ebäbren  .  . 
iluudesteuer  .... 

Tabarkvprtanfstetter  . 

Sl-tlUt>!IIIIi;<ll 

(Diiektu  Sleueruj 

Hilitftrpflichtenatx  .  . 

AktivLüiver-  u.Kopfs1'u-r 
Fcuct  wi  hr^toucr  .  . 
Vermftgftnsteuer .  .  . 
EittkoiiiiiJt'iJ-iJ.I'irvK  rli>>l''Ufr 
Erb-?<-han  ii.S.  h'nkiiPi^MkiiK 
LuxussteUiT   .    .    .  . 

Total 

hcti  cn'iiilj  p.  Kopf  der 
Ikvölkoruii^'        .  . 

StaatäeiBDahmen  .  . 
0ift  Steuern  m  "J»  der 
StaatBunnabmen 


Fr. 


i>i,r»'.H. S.Iii 

2,  t  ■)',»,  I7G 


159,488 


150.320 


■2.'., S  {■(..(  }'■).■> 


Fr. 


Fr. 


i:j.l70 

m 

f.O,;:ilS 

138,778 


136.000 


5.9941  — 


3'.t.()ifi 

S/274 
i^r,,7i5 
(i.nai 

397,750 


60,000 


1,084,601 


3l3.%7:)  1,008,359 


31&.7S9 
99,542 


319,937 


3,4Ä),K7(i  :2.i7lt.Mi() 
1,27.'),S08  1  ,:i3;i'Ji.") 


')7,731,0S8 

19,7 


13,. 


i,%7.UU0  ll,iO1.00ÜSl,48U,00ü, 


79»t 


46,» 


83,» 


Fr. 

Fr. 

Fr.  . 

'J,',»7i 
1,014 

1     I  '  1 

t«9  III 

U>,  III 

— 

5,353 

4,571 
14,494 

4369 

36,000 

315,907 

34,988 

68,074 

294,913 
1,257 

6,057 

— 

51,801 

5»605 

16,634 

[  lbl,lö4 

987,404 

1  87,939 

394,105 

7,s 

1,700,000 

448,000 

383,000 

B8»i 

1  77.* 

Anmerkung:  In  obiger  Tabelle  koiimit  das  Steuerwesen  der  Kantoiu*  als 
Wirthschaftseinheit  zum  Ausdruck,  die  Steuer-  und  Abgabelasten  der  eiozelneu  Uemeinde« 
hausdiaHe  sind  durdiaus  unberflcksiehtigt ;  es  ist  somit  nicht  ges.igt.  dafi  in  den  Kan- 
tonen liei  w.  l,  Ikmi  eine  Abgabeaii  Dlehl  vertreten  bt  dieselbe  dort  nicht  bekannt  sei. 
So  ßUlt  z.  B.  die  Hundesteuer  in  Bern,  St.  Gallen,  Aargau  etc.  in  die  Gemeindekassea. 
In  Baselland  wiederum  wird  eine  Vermögens-  und  Einkommensteno'  von  den  Gremeinden 


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—    179  — 


Steoera 


Obwaldcn 

Nidwaiden 
1886 

Glarus 

1 

§  i 

;  i 
ä  1 

9 

1 

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Fr, 

4,B00 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

1  1  ]  1  1  1 

4«6 

Soo 

90 

S,073 

1,600 
— 

I3,0fir) 
6,064 
f78.S62 

n.nrto 
2,338 
70,136 

935 
786 
325,779 

30,858 

— 

33.049 

1,826 
8,851 

l,t31 

7,493 

17,224 

736« 

97,004 

— 

33,971 

173,381 

13,619 

9,35s 

14.581 

99,951 

4ft.000 

^,311 

9^7 

40.470 

90,717 

963,797 

108>976 

106|484 

135,916 

22,429 

24,946 

50,455 
6,4U3 

32,316 
5.136 

387.315 
18,419 

67,888 
14,974 

189,000 
16,000 

73.nr.r, 

6,620 

3,487 

9^17 
60,S91 

18,S60 
847,161 

10,818 
4,750 

68,649 
14.  670 

2,031 

47,608 

815,823 

33,345 

— 

170,913 

66,117 

33  940 

9:n.7lN 

I ,  f           J  i> 

542,736 

90,590 

— 

4,51S 

56^914 

89^ 

486,156 

1  177,911 

9.097,369 

501330 

4.90&918 

986,598 

3,« 

7,1 

14.4 

1  7,T 

17,0 

5.» 

56,« 

4,« 

145,000 

1&0,000 

774,000 

276,000 

1  3,171,000 

1,794.000 

5,968,000 

728,000 

a9,t 

69,« 

64^ 

1  63,t 

70,4 

39,t 

bezogen,  vom  Kanton  nur  zeitweise  zur  Erfüllung  aullerordenllicber  Aufgaben.  Die 
Erbsehafls-  und  Schenknngssteuer  besteht  in  GraabQnden  and  Nidwaiden  als  Gemeinde- 

Steuer,  in  Freiburg  ist  sie  in  der  Summe  der  Il.intirindpnrnp^pehfihren  mitenthalfon. 
Von  dem  Nettoertrag  des  Alkobolmonopors  fallen  Franken  3.170,109  als  £ntscbüdigung 
«n  die  Ohmgddkftntone. 


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steuern 


—    180  — 


Steuern 


lusen 

%  • 

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a 

TS 

Sleuerarten 

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Erwerbseinknnfte 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Ft. 

aus  Regalien 

Pulverregal  .... 

Steaorgebühren 

R^rirbiiii  Waldnutzuntr 

— 

— 

— 

7,436 





3,96& 

JarfH                                       -  - 

1  380 

{  1,322 

+,195 

lo,öoo 

23,557 

9  910 

J 
4 

2  564 

HandänderungsgebOhr. 

— 

— 

18,998 

Erwerbspatentgt  Inilir. 

— 

88,805 

— 

— 

00,918 

Bibrkl*  u.  Hausirpatente 

(?) 

9,044 

9» 

Sf'ni(iclsleuer    .   .  , 

— 

50,564 

36,070 

BörsensLeuer  .... 

— 

— 

— 

— 

Banknotensteuer    .  . 

ISvOOO 



— 

101,000 

20,000^ 

Cie-  und  Verbrauchs- 

ftiiff]«9ea 

23^46 

103,804 

167.000 

245,105- 

Zölle  

Allcotaolinonopol    .  . 

329,814. 

Kon-utii' 1^,'elinhren  .  . 

92,822 

147,338 

Hundesteuer  .... 

■ — ■ 

— 

— 

— 

Tabackverkaufsteuer  . 

— 

— 

— 

— 

— 

Schatznnfcn 

(Direkte  Steuern) 

Militärpfliclitersati  .  , 

lo,  l  1  ♦ 

S3,396 

8,775 

105,885 

47,379 

85,828 

Aktivliürger-  u.Kopf»U«fr 

18,578 

25,533 

Feuerwelirstt'uer    .  . 



— 

— 

— 

VermCgensteuer .    .  . 

Ginkomnicn-ii.Erurrlisilriitr 

/  u,i>v>y 

j  20i,753 

(  116,166 

772,955 
195.866 

475,581 
121,754 

{401,937 

Erbscban  iicbtnk«ig»tttiifr 

2Ü,5U5 

30,Ü8& 

Luxuasteuer  .... 

Total 

335,441 

960,41S 

197,154 

1,577,774 

1,018,318 

1,197,921 

BetrefflDiß  p.  Kopf  der 

BevOlkerunff  .   .  . 

8,* 

6,» 

10.7 

6.t 

StaatseiuoabmeQ  .  . 

1,185,000 

468,000 

152,000 

3,959,000 

l,7Jü,U0U 

2,725,000 

Die  Steuern  in  7*  der 

Staatseinnahmen .  . 

»,« 

56^ 

83,« 

53,1 

67.» 

44/» 

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Steueni 


—    181  — 


Steuer  a 


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I 


S 

« 
3 

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-c  c 

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=  c 

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Fr. 


6,531 

i.iin 

8«401 
18,736 

16,U00 


^7,990 


j  384,253  ^ 
73,576 1 


Fr. 


Fr. 


377 
10,458  i 

19,030 
30,457 


46,983 


23,890 
13,316 
585,412 
64,192 
15,815 

288,015 


190,000 


3,291 

6,030 

13,8iS 
122,976 
36,630 
13,589 
95,005 


44,661  314,507 

18,872  i  4,736 


365,400 


3  48,636 , 
34,509 
35,764 


188,269 


36,191 

6,160 


40,218 ;  38,268 


95,939 


447,462  2,448,626 
53,838  — 
47,414 1  501,946 


26,698 


1 291,699 


51,932 1  — 


Fr. 


Ft. 


Pr. 
4,630 


150,000 

6,225 
1,6«J9 
159,766 


43,200 


142,147 


345.225 
617,r)3l 

S81,712 

4,sio 


84.112 


8U,0ü2 


754,3:11 
260,454 


—     1  144,978 


794,848  1,225,936 


i.833,000 
43^ 


9,^ 
9,066,000 
50^ 


4,873,392 

19,4 

6,S30,000 
71.* 


843,072 
8,. 
1,246,000 
67.T 


1.74S,802 

2,846,000 
61,t 


62,881 
86.796 


[i,60s\r,')n 

923,000 
87,215 


4,050,935 

38,^ 
6,344^000 

76,0 


159,285 
54,948 

187,687 
♦U,t;96 
1,910.776 

388,175 

3()U,t'hG 
1,591,121 
37,510 
558,562 


3.760,702 


3,834,658 
231,055 
35,764 


1,339.010 
234.199 

3^.94^) 

[^20,760,481 

3,090,779 
_  U5,990 

39,512,037 

13,» 
77,611.000 

50.» 


Fr. 

4,630 
18,949 
155,905 
21,591,832 
2,459,176 
1,099,108 


159,285 
54,948 

187,687 
61,096 
1,910,776 

540.663 

300,ܻG 
1,591,121 

37,510 
708,»82 


3.760,702 

25.s4<j.0r,:. 
4,957,S41 
3,834,658 
231,055 
35,764 


2,G78,3iii< 
23  i.  199 
32,940 

20,760,  iNl 

3,090,779 
 145,990 

97,283.075 

33,» 
150,568,000 
64.« 


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Steuern 


—    182  — 


Steuera 


Steuerkayital  der  Kantone. 


WnkiiMiölkeraDg    terBÜgtHMttaer-      Ttni«^ii»icitr-  Gnrundirlet 
1888       b|iti]  1»  liff  UpiUl  BiflkoniBfi 


.  1887 

70  TRI 

Fr 
f  r. 

Fr, 

buu,uUü,uuü 

Kr 

*  t    ',     1   11   H   L    J  Uf  ti  \ 

i.  Genf.   .  . 

.  (V) 

10o,9do 

Do4,WX),ÜO() 

3.  Waadt  .  . 

.  1^87 

z4y,oo9 

5176 

i,zol,-Hf),yicJ 

15,lrZb,l9o 

4.  Scha£fbauseD 

.  1&8Ü 

37,798 

40OT 

4  KCl  r\'  >^  i 
10Z,()>(»,N"J!5 

7,462,747 
8S»S4o,40»' 

5.  Neuenbürg 

.  1886 

IÜ7,U35 

o715 

6.  Glarus  .  . 

.  1886 

do, ozo 

llU,/oü,oOÜ 

7.  Aargau  .  . 

8.  Freibnrg  . 

.  1886 

iyo,7üo 

34,372.835 

.  1886 

2787 

9.  Bern     .  . 

.  1886 

5oo,l9l 

aoio 

t   A  OO  f  Or\  J  TiA 

l,4a3,lo9,49a 

97,992,600- 

10.  Obwalden  . 

.  1886 

lO,\nf» 

aolAJ 

4U,WJU,tJUÜ 

11.  Appeni.  I.-Rb.  1887 

IZ.OQO 

32,02:5,100 

12.  Uri   .   .  , 

.  1884 

I7,dlo 

4z,ol9,zUU 

492,000- 

13.  Zug  .   .  . 

.  1886 

33,013 

S4o4f 

56,472,800 

3,479,800 

U.  Zürich  .  , 

.  mr, 

2zoo 

owO.zoO.iOO 

4  / ,  /  0&..1UO 

15.  Graubüudeu 

.  1886 

Ol  ROR 

9171 

(;oQ  101) 

16.  Nidwalften . 

.  188S 

2199 

97,029,913 

17.  Baselland  . 

.  1887 

1985 

122,886,971 

7.901,804 

18.  WaUis  .  . 

.  1887 

lü3i,35JÜ 

1832 

187,516,658 

')  - 

19.  Luxem  .  . 

.  1886 

135.396 

1807 

2*4,806,592 

116.906.015 

20.  Thurgau  . 

.  1885 

104,Slf) 

1804 

189,(»S3,772 

*)  94,896,000* 

21.  Appenz.A.-Kh.  188ü 

54,145 

1703 

92,205,700 
79,863,121 

22.  Schwvz  .  . 

.  1885 

50,3<j3 

1586 

23.  St.  Gallen  . 

.  1886 

22S.3IG 

1419 

323,982,000 

ca.  24,000,000 

S4.  Tessia  .  . 

.  1888 

li!y,l5ä 

1196 

152,263,820 

ca.  15,000,000 

S6b  Solotbnm  . 

.  (?) 

85,783 

m 

8;K6,946378 

(?) 

Bei  Äppenedl  JT.-JRA.  nnd  A.-Bh.  ist  daa  YermSgftneütenerkapital  gans,  nicht 

xn  Yt  und  */»  gerechnet,  wie  e»  in  br-i<!en  Kantonen  geschiebt;  aaoh  bei  Schaff- 
hnusvH  wurden  riebt  Ih  ^'/a  des  GrundwertheR ,  sondern  der  {^nze  Grundwertli 
ppriH-hnet;  bei  Wallis  dagegen  wnrde  der  Ansatz  von  -/a  bei  duu  Liegen.stbaftea 
belassen,  weil  der  Schuldenabzug  fehlt.  Da  die  Leihkapitalien  bcfionderü  iu  An- 
eats  gebraeht  aind,  ist  der  Wertb  derralben  znm  Tbeil  doppelt  gwedinet  (Niebt- 
abzog  heim  Schuldner,  Ansatz  beim  Gläubiger).  Die  Berechnung  zu  ^/s  bildet 
eine  Art  Kompensation  bi-linfs  Yergleichnng.  Für  G>')if  \<i\.  das  StentTkapifal 
api  rtixiniiitiv  bt'rinbiu't  und  zwaf  so,  diiß  tür  das  Mobiliarvermögen  ü6ö  Millionen 
JbVaiikeu  augeaummen  sind;  der  Werth  der  UDüberbauten  Liegenschaften  berechnet 
sieb  auf  Gnind  der  Steuer  anf  etwa  309  HUlionen  Fr.,  der  GebXnde  anf  434^ 
Millionen  Fr.,  das  sind  sosammen  633,s  Millionen  Fr.,  hievon  sind  aber  noob 
keine  t^chulden  abgezogen ;  rechnet  man  die  Hälfte  des  Werthes  hiefür so  er- 
g«-ben  sich  316  Millionen  Franken.    Das  Gesanimtvcrmöf^^en  368  -|  :=  6Ö4 

Millionen  Fr.   In  Basellanä  beträgt  das  steuerbare  Einkommen  ll,sa  Millionen, 
darin  uod  nidit  enthalten  Zinsen  von  Leibkapitalien,  wobl  aber  Zinsen  und 
Ertrag  von  eonstigein  YenaOgeo.    Sechnet  man  hiefllr  4  7«»  ^  ergibt  sich  als. 
weiterer  Abzugsposten  3,424,873  Fr  ,  um  das  unfondirtc  Flinkonnncn  zu  erhalten, 
in  Bem  sind  nach  dem  Stenergesets  die  Zinsen  von  JNichtpfandkapitaäen  der 

')  rias  zu  10  und  90  kapitalisirte  Einkommen  von  BesoldanBen  nnd  Renten  betragt. 
4,686,116  Franken. 

')  Beruht  auf  ungefAbrer  Berechnung  des  Kantonabudihalteri. 

')  Wahrscheinlich  ist  das  zu  viel;  da  bei  dem  Mobiliarvermöyon  nllc  Sdnilden  ali- 
gezogen  werden  dilrfen,  so  ist  schon  dieses  durch  einen  großen  Theil  der  Hjrpothek- 
scbuden  gekürzt 


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steuern 


—    1«3  — 


Steuern 


EinkonuMnuteiier  «i&TMrldbt,  in  olngw  ZwainDeMtellniig  aber  za  4  %  kapitalitirt 
dem  Vermögen  sngerechnet.  Die  AniXtse  für  Basebfadf  beraheo  auf  Berechnung; 

die  offizielle  Zahl  wttrde  (Vr  das  YermSgen  576  Millionen  Fr.  betragen.  Die 

Gri'ßf  für  (las  Einkommen  int  pewonnen  nach  Ahzn)?  einer  4  **/iiigen  Vermögens- 
reudite.  In  Freibvrff  besteht  dm  Einkummen  bioi»  aus  Besoldungen  und  auch 
hier  mit  Abzügen  für  die  Familie  von  — V*<'-  OOwaldcn  und  Appen- 
sdi  Ä,-Sh.  iet  das  Einkommen  nicht  angegeben;  im  erstem  Kanton  wird  das 
Einkommen  ufHziell  nicht  mitgetheilt;  aiuii  ist  dasselbe  vielfach  mit  im  Ver- 
mögen in  Anschlag  gebracht:  in  Appenzell  A.-l\h.  grschieiit  dien  fat^*^  (Inr-hwcfr. 

I  )as  Vcrni(>genspteuerkapital  weist  gruiäe  Unterschiede  aul;  von  ^  1  '.U)  t  r.  pro  Kupt 
in  Baselstadt  mit  seinen  III  Millionären,  sinkt  es  zuletzt  auf  119ti  br.  in  Tessin. 
Um  die  großen  Difflsrensen  sieh  m  erkttren*  muß  man  all*  das,  was  im  Vorstehen- 
den ausgeführt  worden,  nebst  vielem  Detail  (das  in  der  Einzeldarstellung  des 
Scbanz'schen  Werkes  eutlialtt  n  ist)  sich  vergegenwärtigen.  Nur  zum  kleineren  The  l 
möchte  der  Unterschiid  in  wirklichen  Wohlhabenheit^iititerpchipden  beruhen.  Sehr 
einfluüreich  ist  natürlich  die  größere  oder  geringere  Ausdehnung  der  Steuer- 
freiheiten. Es  bedeutet  s.  B.  schon  einen  großen  Ausfall»  wenn  die  Fahrhabe 
ganx  oder  snm  Thetl  steuerfrw  ist.  Wird  doch  der  Sehweizer  Viehstand  allein 
anf  350  Millionen  Fr.  gewertbet,  und  die  Hobiliarzwang^versichcninj^  in  Wandt 
ergibt  einen  Mobiliarwerth  von  l'Mx  Fr.  pro  K(i])f  (im  Ganzen  326  Mill.  Fr  ), 
und  in  Glarns  wurde  derselbe  (ohne  Viali)  neuerdings  auf  1280  Fr.  pro  Kopf 
(im  Ganzen  43,20  Hill.)  berechnet;  man  sieht,  wie  dieser  eine  Faktor  die  Zahl 
leicht  nm  Vs  oder  7«  erhöhen  kann.  Ebenso  kann  die  Steuerfreiheit  oder  Stener- 
pflieht  von  Ckmeinden  sehr  einflußreich  sein;  niolit  minder  die  mancherlei  Ab- 
zilge  und  Existenzminima,  die  zugelassen  sind.  In  Waadt  z.  B.  wilrd  •  das  Ein- 
kommen, wenn  nicht  für  jede  Person  4U0  Fr.  Existenzminimum  zu  rechnen 
wären,  von  16,43  Hill,  auf  114  Millionen  steigen,  in  Zürich  drückt  das  Steuer 
freie  iSxistensminimnm  das  unfundirte  Einkommen  7on  83,4  anf  47,«  Hillionen 
herunter.  In  Neuenburg  sinkt  das  Einkommen  infolge  der  AbzUge  von  zirka 
32  ^ill.  auf  22  Millionen.  Außer  der  Steuerpflicht  hängt  die  Höhe  der  Steuer- 
kapitalien hauptsächlich  davon  uh.  inwieweit  es  der  Steuertechnik  gelnrif^en  ist, 
die  Steuerkapitalien  wirklich  an  s  Licht  zu  bringen,  wie  also  Deklaration,  Kon- 
sole und  fänschätamg  fiinktioniren. 

Das  ganxe  VermOgensstenmdwpital  der  Schweiz,  ansgenommen  Solothnm, 
belauft  sich  auf  ungefthr  8,9<  Milliarden  Fr.,  w«"ni<;  mehr  als  der  Werth  der 
in   der  Schweiz  {»e^en  Bnmdschaden  ver^it•llerten  Gfhände  und  Mobilieu, 
der  laut  Bericht  des  eidg.  Versioberungsamtes  T^s  Milliarden  oder  pro  Kopf 
2600  Fr.  betrug. 

Für  eine  Beihe  von  Kantonen  ist  es  möglich,  das  fnndirte  und  das  nnfundirte 
Einkommen  su  vergleichen,  wenn  man  fttr  das  steuerbare  Vermögen  i^o  rechnet. 


twtüiim  lisUnni    lifinlirfei  Biik«MMi 


üri  .  .  .  . 
Bern  .  .  . 
Graubflnden  . 

Zu?  .    .    .  . 
SchaÜ  hausen 
Basdstadt 
Äargau     .  . 
BaseUand  .  . 


FT.  Fr. 
l,Tu  KttHonen      0,4»  Hillionen 


Fr. 

2,1  M  naUonen  2-2 


9t.  Gallen 


57,«s  «  27,»» 

8,«4  •  6,« 

%*t»  a  2,4» 

6,0«  a  7f'4 

U,y  ,  34,0 

21,»«  ,  -Mm 

4,1?  ,  7,» 

1S,M  .  34/1 


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steuern  184    ~  Steueni 


ÜMMi  itticrkaiw   UütM  Iwtrift 
Einkouea      iu  mfmfiri» 

Fr.  Fr.  Fr.  % 

N(uenl  urg>)    .  .   19,0  Millioiieii  'Mfi  HaiionftD      48,o  Millionen  67 

Waadt")  ....   51.24       ,  IIV         ,  l(}5.o         .  69 

Zftrich«)  ....  34,4       ,  83,44       ,  117,«        ,  70 

Tesnn  .    .    .    ,    .      G.i         ,  10,0  ,  21,1  ,  71 

Lu2eiti  9,76        ,  Uli,«  ,  lü^B.e»  ,  '.i'i 

Ea  ergibt  ttioh  keiue  feste  Relation  zwischen  fuudirtem  und  unfundirtem 
EtnkoBimmi.  Je  nadideiii  die  Sohddelinie  swiadien  beiden  Eiakoinneiiiejrten 
gesogen  ist  and  je  naohden  die  arlMitenden  nnd  indaatriellen  KUaeen  stark  oder 

weniger  stark  vertreten  sind,  imd  je  nachdem  die  Steuerbefreinngen  in  beiden 
Eate/rorien  eingreifen,  muß  die  i>ro/entuale  Vertlieilnng  sich  verschieden  etcllcn. 
Daneben  kommen  dnun  noch  bewundere  Gründe  in  Betracht.  8o  iät  in  Bern 
and  GraubUnden  der  Prozentsatz  dea  unfundirten  Einkommens  nur  33  und  44  '^/o 
des  genami  Einkommens,  weil  der  landwirthsdhafUidie  Erwerb  frw  ist;  in  Üri 
ist  TermntliHell  die  Handhabung  des  Gesetzes  so,  daß  er  thaMtdilioli  frei  ist. 
In  allen  übrigen  Kantonen  beträgt  das  unfundirto  Einkommen  niebr  als  das 
fundirte,  freilich  in  Abständen  von  52,8  **/n  bis  92  "/o.  Ks  liegt  darin  der 
sprechendäte  Beweis,  wie  wichtig  heute  der  pei*0ÖnUche  Erwerb  gegenüber  dem 
Vermögenaerwerb  geworden  ist  (selbst  in  einem  Lande,  wo  der  Mittelstand  sehr 
stark  vertreten  ist)  und  riohtig  die  Schweiz  durch  Hinsufttgung  der  Einkommen- 
steuer zur  Vermögenssteuer  gehandelt  hat.  Es  macht  fast  den  Eindruck ,  als 
ob  man  du,  wo  crroße  Existenzrainima  allgemein  stem-rtVüi  gelassen  werden,  die 
Einkommen  sorgfältiger  eruirte  (vgl.  Zürich,  Waadt,  Neuenbürg);  in  Luzern 
liegt  die  bedentende  HShe  in  der  sebarfen  meebaniseken  Erfassung  des  landwirtk- 
sehsltliolien  fSnkommws,  wogegen  Sehaffhansen  in  dieser  Hinsieht  sehr  müde 
verfährt.  Der  feine  ünternchied  zwischen  fundirtem  ttttd  unAindirtenk  £änkommen 
wird  durch  die  Praxis  Uberhaupt  wohl  etwas  verwischt. 

Berechnet  num  endlinh  den  Kopfbetrag  des  GleeammteinkommenSi  so  ergibt 
sich  auf  den  Kopf  in  rundem  Betrag : 

io  Luzem  .  .  930  Franken  in  Aargan  .  .  290  Franken 

Biiselstadt  .    790     ,  Baselland    .    iüO  , 

Waadt^j    .   670     ,  Zug    ...   300  , 

Neuenbürg*)  444     ,  Bern  ...   160  , 

Uri    .    .    .    :{8ü     ,  Tcssin  ...    160  , 

Scbaffhausen  iiöU     ,  Graubünden     löO  . 
ZOricb  .  .  350  » 

Einnahmen  des  Autde»  nnd  der  Kantone  nns  den  Staatsstenem. 

1856  1866         1870         18H6  1888 

Fr  Fr            Fr  Fr.  Fr. 

I.  iUlgemeine  direkte  Steuern    4,8U7,5U4  ö,i05,72i  14,90(1,770  18,184,217  20,7üO,48l 

U.  a.  Direkte  Spezial-  und  Er- 

gm/IUI^  steuern   .    .   .  629,456  1,163,166   1,904,848  2,375,593  2,682,906 
b.  BundesantheU  am  Militär- 

pfliehtersatz   965.764  1,834.808  l,389,«i0 

n.  a.  und  b.  zusammen      629,436  1,163,156  2,170,612  3,710,401  4,022,265 


•)  Das  wirklidie  steuerbare  Einkommen  ist  nicht  R9,  sondern  22,«4  Miliinnen  Fr., 

infolge  der  Abzüge  für  Familien.  •)  Da-  lu-il  iie  Kiiikoinnit  n  i-[  nicht  114,  sondern 
infolge  der  Abzüge  15,4t.  ^)  Das  steuerbare  Einkommeu  betrügt  infolge  des  Abzüge» 
47,T»  Millionen  Franken. 

*)  Die  Abzüge  beim  Einkimimen  für  Existenzminimum  ?iiid  eiiitjrre(  hnct.  Mit  Ab» 
zug  würden  z.  B.  für  Waadt  270,  für  ^'euenburg  350  Franken  herauskommen. 


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stemm 


—    185  — 


Steuern 


18S6  im  187G  1886  1888 

Pr.  Pr.  Pr.  Pr.  Fr. 

III.  EIrbschafls- II.  ScfaenkongB- 

steuer                              521,077  1,031,S08  2,246,043  3,054^  3.09U.77U 

IV.  Verkehnabgaben  .  .  .  1,739.394  3,353,563  3.453»378  3,943,091  4,633,480 
V   Luxussteuern                       119383  339,687  395,155  343,565  377,045 

YL  a.  Kautonale  Verbrauchs- 

Stenern                       8,063,617  9,543,636  13,390,398  9,363,029  13,588.965 

h.  Beim  Bund  verbliebene 

Netto  Zollcinniibineri  .     i,883,78r,  Ty,m,U^  15,831,är.;{  20.r>l  j;iSi  23,9n5J}69 

VI.  «.  ttuU  b.  zusammen    .    .    10,937. i(W  14,715,875  28,121,651  29,774,413  3«.544,3;i4 

Total   18,704^7  37.788.101  51,193,609  59,009,340  69,43334 

ProMütulw  Terhlltiilfls  «bl^wr  KftUvorioi  s«  etauider, 

1856  1866  1876  1886  1888 

I.  Allgemeine  direkte  Steuern  35,«  29,8  39,i  30,»  29,t 

Tl.  Dirt  kte  Spezi;il-  und  Ergänzungssteuem  ...  B,*  4.«  4,s  ü,»  5,7 

III.  £rb<(challs-  uud  Schenkungssteueru    ....  2,s  3,7  4,9  5,i  4.» 

IV.  Verkehnabgaben   9,s  8,i  6,9  6,7  6,t 

V.  Luxussteuern   0,«  0,»  0,«  0,«  0.» 

VI.  Kant  Yerbrauchästeuern  und  Zolle  des  Bundes  58,s  5.3.0  54,»  .50.4  52,: 

100     100     100     100  100 
steter  per  Kopf. 

185»;    ISGG    lS7n    188f.  18H8 

Fr.  Fr.  Fr.  Fr.  Fr. 

L  AUgemdne  direkte  Steuern   3,qi  3,ai  5.«>  6,40  7,«r 

n.  Direkte  Spezial-  und  Ergänzungssteuem    .    .    .  O.if,  0,««  Ost  l,so  1,»7 

Iii.  ErbscbafU-  und  Schenkungssteuern   0,i}  0,*i  0,»«  l,oi  l,o« 

IV.  Verkehrsabgaben   0,n  0,««  l,*t  1,»9  l,n 

V.  Luxussteuern   0,o6  Om  0  u  0,i«  0,is 

VI.  a.  Kantonale  Verbrauchssteuern   3,m  3,^«  4,»?  3,m  4,«» 

b.  Beim  Band  Terbliebene  ZftUe   1,m  8.m  5,ti  7,s»  8,it 

7^   11,1*   19,03   20,7.  m,» 

Zu  den  Einnähmen  am  den  StatUssiemm  pro  1856 — 86  bemerkt  Dr.  Sehens: 
«In  die  ante  Onip^  (Allgemeine  direkte  Steuern)  aind  VemSgeoB  ,  ]^kommens-, 
Grund-,  Gewerbesteuer  und  Personaltaxen  eingestellt;  in  die  eioe/le  (Spezial-  und 

Ergänzungsstenern)  Militiirpflicbtersatz,  Patente  der  Aktiengesellschaften.  Markt-, 
Hausir-,  Medizinal-,  kantonale  Buiiknuteneteuer,  Senealenpatente :  die  ilnttr  (  rvn\>]n- 
enthält  bloß  die  Erb»chaft^-  und  Schenkungsetenern ;  die  vierte  ^Vevkehttiabgabeu) 
nmÜBißt  HandBndeningsabgaben,  Einregistrirung,  Stempel,  Bttrsenetener;  die  fUnfte 
Kategorie  (Luxussteuern)  Hunde-,  Pferde-,  Wagen-  und  Bedientenateurrn ;  die 
sfrjtstr  endlich  (Verbrauchsauflag.  n)  7/>\h\  Olmigeld,  Wirthschaftspatente,  Tabak- 
ateuer.  Es  entspricht  der  ganzen  Entwicklung  und  dem  Wachj^en  der  Abgaben 
spesuell,  daß  der  Haushalt  der  meisten  Kantone  ganz  Uberwiegend  auf  Steuern 
flieh  gründet*.  —  Die  Zahlen  pro  1868  eind  vom  Bearbeiter  der  Haupttabelle, 
Hemi  Leng,  angefttgt.  Das  Maaß  der  Steigerung  1  welche  die  1888er  Zahlen 
gegenüber  den  früheren  Zahlen  aufweisen,  berechtigt  zu  der  Annahme,  daß  beide 
Herren  bei  ihren  Ermittlungen  nach  den  nHinliehen  Grnn'lsStz*»n  verfahren  sind. 
In  der  Summe  der  kantonalen  Verbrauchssteuern  ist  pro  18jSb  der  Alkoholertrag 
inbegriffen,  denn  er  wurde  vom  Bund  zu  Händen  der  Kantone  an  Stelle  dee 
früheren  Ohmgeldeii  erhoben. 


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Steuern 


Steuern 


Direkte  AenieliMleeteiieni  In  20  Kantonen  mmH  HHlUftirtonen. 


Kantone  t864 


Kr.  t'ii.il  I  r  ffnKogtVt. 

Baselstadt   174.661  511,371')  6,i» 

ZOrich   1,264,587  6,409,589«)  19,» 

Genf   (?)  9:ii>.:!<;'j  8,t> 

I4euenburg   (?)  1,597,310  (iSS7)  Ujn 

Waadt   S86.961  2,176.251  8.m 

.SU  Gallen   898,697  2,»r.r..!»78'H18S7)  12..  . 

AppeuzeU  A.-Rh   453,160  658,019   (1882,87)  l2,i» 

Bern   1,7M,863  4,&02.850  (1889)  8,to 

Freiburi;   184,683  600,000  '  5.oo 

Scbaffhausen   (?)  271,493   (1885)  7,m 

Glan»   74,117  181,656*)  (1885/87)  5^« 

Aätv.u   795.273  2,146.2i9«)  ll,io 

:<chwyz   131.864  444.220")  8,«« 

Luzern   991,934  1,391.512  10,m 

Zu-/   59.481  173,492  7,&o 

Ba=tiland   94.062  537,784")  (1887)  8,6o 

Nidwaiden   Vf)  608;«)») 

.»Jololliurn   56,643  555,417    (1885)  6,w 

Obwaldea   31,563  80,749   (1888)  5,w 

Uri   (?)  84,07»  t,«* 


8,092,546  36,211,218 
Die  indirekten  Abgaben  spielen  quantitativ  eine  Xußerst  geringe  Rolle  im 

Gemeindehaushftit :  in  einigen  Fällen  >^\nd  »ie  übrigens  mit  in  den  direkten 
Steuern  enthalten,  z.  B.  im  Kauton  Waadt.  Für  die  ganze  Schweiz  rotigeu  die 
direkten  Gemeindestenem  etwa  3  t  Millionen  Fr  aut^macheu  (Scluim). 

Yeri^lelchuuK  der  Steuerlast  in  2«;  sohwelzerlseiieu  Ortücbaftea  ^) 
in  der  Voraussetzung,  der  Steuerpflichtige  habe  drei  schulpllicbtige  Kinder,  3000 
Pranken  Jabreaerwerb  und  60,000  Fr.  Reinvermögen,  wovon  20,000  Fr.  an  Qt" 
bänden,  to.OoO  Fr.  an  Grundatttcken,  30,000  Fr.  «p  Gewerbeionds  nnd  anderem 
Kapital,    Allea  pro  1888. 


Ort:              »inkltlbaciidtit.  DinUeStntiiL  T«Ul  pftüfrO  *«^T«nMnns 

TV  1»V  Kr 

1.  La  Ii  lenburg  (Aargan) .   .   .     41»!  65       45.65  91.  30  6.33  818 

2.  HiK.  l                                     40.  —       118.  -  158.  -  37. 50  70,309 

3.  Lie>^tai                                   186.—         39.—  225.—  15.42  4,927 

4.  Solothurn                            225.10         —  225.10  19.50  8,305 

5.  Brugg  1.S2.60        45.65  228.25  24.20  1,583 

6.  Glarus  188.-*)     126.25  314.25  45.86  5,401 

7.  SchalVhausen                        221.62        94.80  316.42  26.  2.',  12.360 

8.  Aarau  i73.90        45.65  319.55  38.01  6,710 

9.  Biel  182.—      U1.30  323.30  16.83  15,407 


*)  Es  j^in  l  hier  487,79«  Fr.  .städtische  VermApetissteuer  und  23,575  Fr.  Steuern  der 
Landg^^nieinden  7.ii>iUnmenK**'''"'  li"*''-    *)  Inclusive  KIn  hcn-trupm. 

^)  Bloß  Schul-  und  Aruicnsteuern.  *)  Indusive  Kirchensteueru  und  Steuern  für 
ortebOrgerliehe  Zweeke.  *)  Bezirks-  und  Gemeindesteuern.  *)  Inelueive  Kirchen-  und 
S^iesialsteucrn. 

')  Entuonimen  dem  Rechenschaftsbericht  des  (xemeinderathes  von  Aarau  über  die 
(SemeindeTerwaltung  pro  1888.  *)  Armensteuer  und  Schulgeld  inbegriffen.  *)  Einrnhliefi- 
lieh  Schulf^eldcr  für  Primär-  und  Sekundärschulen ;  nicht  berücksichtigt  Nachsteuern  und 
Kircheusteuero,  ebenso  nicht  Ausstände  des  Rechnungsjahres,  wohl  aber  eingegangene 
RfickstAude  Tom  Vorjahr. 

Die  Zahlen  pro  1864  sind  Max  Wirth*8  Statistik  der  Sebweis  entnommen. 


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Steuern 


—    187  — 


Stickerei 


Ort: 

HirrkU  Üfafiini«»!. 

Itirrktf  Siuiiil. 

TtU 

ff»  ii>f{ 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

20>  Lmcm  

.   .  296.— 

40.— 

336.  - 

28. 3-2 

20.:!01 

162.- 

364. 10 

30 

6,849 

,  .  taf. — 

162.— 

384.- 

33.47 

45.944 

13.  Baden  

.  .  3nr..  20 

45.  65 

410.  85 

31.  (»7 

n.S15 

45.  65 

410.85 

36.  10 

J.457 

45.  65 

410.85 

34.  54 

4,450 

16.  Enge  bei  Zürich    .  . 

.    .  328.60 

197.30 

ri'J5,  90 

97.  - 

5.112 

17.  Biesbach  bei  Ziirich  . 

197.30 

545.  30 

47.  4-i 

18.  Unter^traft  bei  ZArich 

.   .   360.  ~ 

197.  30 

557.  30 

2H.  72 

4,177 

l!f7.  20 

r)69.  30 

93.  45 

27,631 

iJU.  Flunlern  bei  ZüricJi  . 

.    .    375, 50 

1"J7.:!Ü 

:>l±  .so 

47. 

3,578 

174.80 

573.  30 

45.  93 

28,037 

197.  30 

.581.  70 

35.71 

7,000 

23.  Wintcrlhur  .... 

.   .   420. — 

197.  30 

617.30 

57.  69 

15,811 

2i.  Auliersihl  bei  Zürich. 

.   .  480.— 

197.30 

677.  30 

12.  65 

19.757 

ib.  ObcrstmÜ  bei  Züricb. 

.   .  4»6.— 

197.30 

693.30 

18.40 

4,197 

26.  WiedikoD  bd  Zarich . 

.   .  496.— 

197.90 

693.30 

19.65 

4,658 

Stickerei.  Der  Unprang  dieaee  mlchtigsten  Zweiges  der  sohwdierisobei» 
BaumwoUiiidustrie  fuhrt  örtlich  in  die  Stadt  St.  Gallen,  seitlich  in  die  Hitt» 

dp.<?  vorigen  .Jahrhnndt  rtH  zuriick.  Durch  einen  Kinr^ewuTulerteTi,  Petor  BioTi,  war 
in  St.  iTiiUeii.  dem  Zentrum  der  alten  Leuiwatiilindu.'-tri'',  irn  dalire  172  1  dan 
Weben  von  halbleinenem  Barchent  begonnen  wurden;  Animgü  der  äüt?r  Jahre 
hatte  Bion*s  Naehfolger,  Peter  Gonsenbaob,  die  sog.  gemUggelte  Leinwand  auf- 
gebrackt,  Anfang»  der  40er  Jahre  war  man  aar  Fabrikation  der  ersten,  ganz. 
baumwollenen  Tücher,  17'>()  zur  ErKtellung  der  ersten  Mousseline-Stiieke  g»  langt. 
So  hatte  sich  nach  und  nach  der  Ueberj^aug  von  der  ausgetretenen  Lrinwaad- 
tabrikatioD  zur  neuen  Baumwoliweberei  augebahnt  und  war  bcbon  bedeutend 
Totipescbritten,  ala  im  Jahre  1753  das  Haas  Gonsenbaeh  snu  ersten  Ha!  ost- 
indiselie  Hona^eline  theils  im  Voralbezg,  theila  in  der  Stadt  selbst  bestieken  ließ. 
Damit  wurde  der  Grand  zu  einer  netien  Industrie  gelegt«  die  so  roi^ch  gedieh,, 
daß  sie  nach  wenigen  Jahrzehnten  zuHauimen  mit  dr-r  nenen  BanniwolUuch- 
und  Monsseline- Weberei  an  Stelle  der  schwindenden  Leinwaudlabrikation  fast  alle 
verfügbaren  Hände  der  Stadt  und  Umgebung  sowohl,  aU  auch  der  angrenzenden* 
Gebiete  des  V<Nralbergs  nnd  des  Sehwabenlandes  (wo  die  Arbeitsldhne  billiger 
waren  als  im  Stadtgebiet)  bet^chäftigte.  Die  unmittelbare  Veranlassung  zu  den 
ersten  Versuchen  der  Stickerei  wird  verschielen  erzählt;  für  die  glnnbwürdigste 
hSlt  Dr.  Hermann  Wartmann  ')  die  folgende  Darstellung,  welehe  er  di  tu  auf 
der  Stadtbibliothek  liegenden  Manuskript  einer  ^ Beschreibung  der  Stadt  St.  Gallen'' 
entnommen  und  die  den  Dr.  B.  Wartmann,  der  im  Jahre  1791  sehrieb,  snm 
Yetfuser  hat: 

,Annf>  1751  kamen  nach  Lyon  zwei  türkische  Frauenzimmer,  'lie  aui  iIit  Maschine 
(Trommel)  mit  der  Sticknadel  Blumen  auf  Seidenzeug  von  verscliiedeuea  Farbt;n,  wie 
auch  von  Silber-  und  Goldfaden  «stickten.  St.  gallische  Kaufleute,  die  in  Lyon  etablirt 
waren  (aueh  das  genannte  Haus  Gonzenbach  hatte  eine  Vertrelunt?  dicselbst)  und  den 
Handel  mit  Leinwand  und  Mou.sseline  trieben,  saben  die  türkische  Arbeit  und  kamen 
auf  den  Gedanken,  daß  die  gleiclie  Stickerei  auf  (.dattc  Mousseline  statthaben  könnte. 
Sie  ließen  ein  Frauenzimmer  diese  Arbeil  erlernen  und  sandten  es  darauf  nach  St.  QaUen, 
um  daselbst  andere  zu  unterrichten.  Die^e  verfertigten  dann  einige  Stfieke  MoiMsdine- 
für  ein  einzelnes  Handelshaus;  die  Waare  wurde  gebleicht,  gewalkel  und  appretirt  und 
nach  Lyon  gesandt,  woselb.«t  solche  begierigen  Abgang  fand.* 

Lange  Zeit  stickte  man  in  St.  Gallen  nur  auf  ostindische  Mousseline,  bis 
die  einhelmieehe  (appenaellisehe^  den  nOthigen  Grad  der  YenrolUiommnnng  er* 

*)  Industrie  und  Handel  des  Kantons  SU  Gallen.  1870. 


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Stickerei 


Stickerei 


rekjht  hatte,  mn  theilveiae  als  Bmti  d«r  mtereii  su  dienen.  ,Di«  Arbeiterinnen 
^er  Dlheren  Umgegend«*  eebreibt  Dr.  Wartmuin.  .erhielten  ihre  Bestelloogen 

nnmittelbar  von  den  Eanfleuten;  der  Verkehr  dagegen  mit  den  voralbergiuclien 
und  bald  auch  (bni  sfliwlibischen  Stickern  und  Stickerinnen,  die  immer  zahlreicher 
ia  st.  gailiache  Dienste  traten,  wurde  durch  sogenannte  „Ferj^ger"  (Fertiger)  ver- 
mittelt. Dieüe  holten  in  St.  Gallen  ihre  Aufträge,  uahmeu  die  mit  Mustern  be- 
-druekte  Honsseline  nnd  daa  anr  Aasftthrang  der  Master  erfordernde  Garn  in 
Empfang,  verthellteu  dann  die  Arbeit  unttr  ihre  Landsleute  und  brachten  die 
Stückf  niiob  ibrer  Vollendung  nach  C  illen  zurück,  um  bicr  zugleich  mit  neuen 
Auftrügen  auch  die  Bezahluni:  in  Kmptiuig  zu  nehmen.  Was  in  der  Stadt,  der 
fürstlichen  Landschaft,  dem  Appenzeiieriand  und  dem  Bheiothal  an  Weilktickereien 
«negearbeitet  wurde,  war  in  Becidiniig  aaf  Quantität  jedenlhlU  nnbedentend  im 
Yergleidhe  zn  dem,  was  dnreh  die  HSnde  der  Fergger  über  den  Bbein  nnd  den 
See  ging  und  ge-«ch\värzt  von  den  rauhen  Fingern  der  ländlichen  Künstler  und 
dem  Winterquaim  ibrcr  niedrigen  Hütten  nach  St.  Gallen  zarllrkkam,  'im  dann 
«rst  in  der  Walke,  auf  der  Bleiche  und  bei  den  Appreteuren  zur  Verwendung 
«uagerllatet  su  werden*  nnd  nun,  naeh  den  Worten  des  damals  noch  sehr  jugend< 
liehen  Ebda ^in  jener  blendenden  Weiße  wa  enoheinen,  wodnroh  dieser  Zeug 
«vsschließend  der  6chön8te  Gewänderpnta  wird,  io  welchem  das  Weib  dem  Aug« 
nnd  der  RinbiMungskraft  des  Mannes  so  überaus  reizend  er.-cbeint.  Da^.gcn 
waren  es  die  feinsten  Weiß^tickereien  vermuthlich  besonders  diejenigen  auf 
«stiudiächer  Housseline  nnd  die  Stickereien  mit  buuter  Seide,  mit  »Silber- 
nnd  Goldfaden,  die  mit  der  grtfßten  Sorgfalt  nnd  Beinliebkeit  behandelt  sein 
wollten  nnd  die  Wasch-  und  Walkarbeit  nicht  ertragen  mochten,  —  welche  in 
Appenzell  A.-Rh.  und  in  der  Stadt  nnter  den  Augen  der  Kaufler.te  riadi  deren 
selbst  jrfwiihlten  ndcr  nae)!  herstellten  Mustern  von  geschickteu  Arbeiterinnen 
«usgefiilirt  und  natlirlicb  aiuli  h(!sser  bezahlt  wurden". 

In  gleicher  Weise  vollzieht  sieb  im  We«eutlicheu  auch  beute  nocb  der 
Arbeitsverkehr  der  gesammten  st.  gallisohen  Stickerei,  nur  daß  die  Kettenstich* 

Stickerei,  um  die  es  Bich  früher  ausschließlich  bandelte,  nun,  von  der  Hasohinen- 
Stickerei  in  Plattstich  weit  übcriiolt,  in  bedauerlicher  Weise  znsammengeschrumpft 
ist  und  zugleich  vorwiegend  auf  der  Ketteiuitichmascbine  statt  von  Hand  betrieben 
wird. 

Außer  den  Stiekem  und  Stickerinnen,  die  täglich  86 — 60  Ereaaer  verdient 
haben  aollen,  beschäftigte  die  Stickerei,  wie  heute,  noch  aahlreiche  Hände  mit 

dem  sogenannten  Ausschneiden  (dem  Beseitigen  der  zwischen  den  einzelnen 
Blumen  etc.  auf  der  Rückseite  gespannten  Fäden),  wofür  der  tägliche  Verdienst 
30—  50  Kreuzer  betrug,  und  mit  liem  sogenannten  Yerweben  (dem  HaohbesHern 
•der  bei  dem  Bleidien  nnd  AnsrOsten  beschädigten  Stolleu). 

Nadi  Seihwaben  und  Tyrol  sollen  naeh  Ebel für  Baamwollspiuneu,  be- 
sonders aber  für  das  Besticken  der  Vonsieline,  vor  der  AranzOeisohen  Revolution 

von  St.  Gallen  nnd  Appenzell  jährlich  1  Million  Gulden  au  Arbeitslöhnen  be- 
zahlt worden  t^ein.  l>ie  Zahl  der  allein  (\\r  die  st,  gallische  Stickeiei  beHcbSftigten 
Personen  wird  in  einem  KatbsprutukoU  im  Jahrtj  1773  auf  GOiK)  angesetzt. 
£ioe  bedeutende  Ausdehnung  erfolgte  in  den  bOer  Jahren,  wo  eine  JUenge  neuer 
Ferggereien  in  Sehwaben  errichtet  wurden;  um  daa  Jahr  1790  arbeiteten  für 
den  Handel  St.  Gallens  noch  snverUssigen  Angaben  30 — 40,000  Stickerinnen 


^)  Schilderung  der  Gebirgsvdlker  der  Schwau.  Leipzig,  1798— 180S. 


Sückerei 


—    189  — 


Stickerei 


und  in  den  gtfiMtigeten  Jahren  wurden  bin  50«000  Sttteke  gestickte  Mottseeline 
aoflgefidirt. 

Die  französische  Revolntioti  tind  die  napoleoDiFche  Zeit  mit  ihren  wechsel- 
vollen Geächicken  und  Nachwirkungen  lähmten  den  Schwung  dieser  IiKltistrie. 
Mit  der  Kontineutalsptrre  und  der  Schließung  deü  französischen  Marktes  ent- 
stand an  Stelle  des  früheren  Wohlatanded  und  Ueberflusses  völlige  Verarmung 
nnd  Hnngersnoth.  Einige  Nahrung  gewährten  der  kttmnerlieh  fertiregetirenden 
Industrie  während  den  trübseligen  zwei  ersten  Jahrzehnten  dieses  Jahrhundeita 
die  ßUdeuroph'ischen  Markte  und  die  Levante  durcli  fortwährende  Bezii^^e  von 
gestickten  Koben,  Htil.s-  nnd  Ums-chlagtilciieri),  laufen  Schleiern  mit  gestickten 
Burdüreu,  weiU  und  bunt  gestickter  Mousseline  für  Turbane  etc.  Zur  eigent- 
lichen Bettung  ans  der  Neth  that  sidi  aber  am  Ende  dieeer  Drangperiode  Nord' 
omeriha  auf  Mit  dem  Bezug  weniger  Kisten  begann  dort  um  1820  die  Nachfrage 
nach  st.  galler  Artikeln,  wuchs  dann  von  Jnhr  zu  Jahr  und  brachte  im  Laufe 
des  dritten  Jahrzehnts  durch  einen  in's  Massenhafte  strebenden  Begehr  ein  un- 
geahntes neues  Leben  in  die  st.  gallisch-appenzellische  Stickerei.  Den  wichtigsten 
Artikel  bildeten  zunächst  die  sogenannten  Triangel,  dieiecinge,  in  den  Ecken 
gestickte  Monsseline-Halstttdber,  thdlweiae  auch  von  TbU,  welcher  Stoff  fttr 
dieeen  Artikel  zum  ersten  Mal  in  der  Stickerei  Verwendung  fand. 

Ein  kcknischer  Wendepunkt  ti-at  Hir  diese  Industrie  mit  den  SOer  Jahren 
ein.  Die  Stickerei  beruhte  bis  dahin  fast  ausschließlich  auf  der  Anwendung  des 
sogenannten  Kettensticbs.  SehnupftUoher  und  Manobetten,  Schtirzen,  Roben  nnd 
Shawls,  Weaten  nnd  Halsbinden,  ebenao  auch  StOckwaare,  wie  Hille-flenra, 
Bonquets,  Ramages  zum  Möbel-  und  Zimmerschmuck  etc.,  wurden  sSmmtlich  nach 
dieser  Methode,  zum  Theil  mit  f:;^roßer  Feinheit  und  Kunstfertigkeit  ausgefilhrt, 
Air  dieser  Artikel  liemächtigte  sich  vom  Ki)de  der  20er  Jahre  an  allnrilig  die 
sogenannte  Plattstichstickerei,  die  sich  aus  anfänglich  wenig  beachteten 
Yersnchen  einiger  Bttrgersfrauen  entwickelte  nnd  bald  eine  grolÜe  Ansdehnnng 
gewann.  Sie  wurde  u.  A.  l  ^sonders  durch  den  Umstand  begini-tigt,  daß  einer- 
seits infolge  Ausstei beiis  der  Handspinnerei,  welclie  weit  und  breit  Tausende  von 
Personen  beschäftigt  luttte,  sich  ihr  viele  gewandte  Arbeitshiij^df  zur  Verfügung 
stellten  nnd  daß  anderseits  die  Kettenstichstickerei  sich  unter  dem  Eintlusse  des 
massenhaften  Begehrs  von  Amerika  qualitiv  bedeutend  verschlechtert  und  daher  an 
Beliebtheit  eingebüßt  hatte.  In  dem  Grade  wie  dies  geschah,  vervollkommnet» 
sich  hingegen  die  Plattstichstickerei  und  bemächtigte  sich  nach  und  nach  der 
meisten  oben  genannten  Kleidungs--  und  Modeartikel  der  KettenNtichstiekeret.  Für 
diese  ältere  Technik  bürgerte  sich,  bezeichnend  genug,  bald  «lie  volksthUmliche 
Bezeichnung  Grobstiekerei  ein,  während  für  jene  die  Benennung  aU  Feinstickerei 
entstand,  nnter  welchen  Namen  in  der  Folge  jede  der  beiden  Branchen  ihre 
eigenen  getrennten  Wege  ging. 

Mit  der  Plattstichstickerei  wuchs  infolge  einer  Erfindung  vnn  Cniira  l  Alt- 
herr in  Speicher  ungefähr  gleichzeitig  die  scgeuannte  Plattstich(tv6rrc*  heran, 
welche  die  StUckwaaren  des  Kettenstichs,  Mille-iiears  und  Bouqucts  etc.,  imitirtu. 
Dank  der  Billigkeit  ihres  Fabrikates  begann  diese  neue  Technik  der  Kettenstich- 
stickerei auch  ihren  letzten  Hanptartikol  zu  entziehen.  DafUr  begann  sich  dieser 
das  Gebiet  der  Vorhangstükerei  fiir  Fenster-  und  Mn1)el.schmuck  zu  erschließen. 
Nene  Bet-chäftigung  an  Stelle  der  verlorenen  Artikel  hatte  sich  der  (irtdistiekerei 
zwar  schon  in  etwelchem  Maße  durch  die  vermehrte  Verwendung  von  Tüll, 
welcher  Stoff  sich  f&r  die  Feinstiekerei  nicht  eignet,  zu  Halstttohern  und  Schleiern, 
vid  ferner  dnrch  die  Fabrikation  bunter,  theilweise  reicher  Stickereien  fttr  den 


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StidLerei 


Stickerei 


Orient  geboten.  Einen  eigentlich  nenen  und  großartigen  Schwung  verlieh  ihr 
aber  erst  die  Hentellung  abgepaßter,  mannigfaltig,  zum  Theil  8ehr  reich  und 
geschmackvoll  g(  mustprtpv  und  geformter  F'enwtervorhiingc  auf  Tüll  und  ^fousseline. 
IMeser  neue  Zweig  dt-r  Ktttenetichfitickerei  hat  nun  wieder  neine  eigene  Gescliichte 
raaoben  Aufblühen»,  großer  VcrvoUkoinmiiuug  in  Zeichuung  und  Ausführung,  all- 
mSliger  Tendenz  zu  MafiBenproduktion  &uf  Kosten  QualitSt  und  endlicher 
fiedrfingniß.  Von  zirka  6  im  Jahre  1835  war  die  Zahl  der  bedeatenderen  Ri- 
-deauxfabri kanten  bis  1866  auf  35  gcbtiegpii 

In  diesen  Z('it[)uiikt,  in  welihcm  bereits  eine  gewiss«^  Yrmarhlässigiing  in 
den  Mtistern  einznreiljen  begann,  lallt  die  Erfindung  der  in  Furni  und  Prinzip 
der  Nähmaschine  pich  nalierndeo  KdUm(i>  haticknuischnie,  die  wohl  zur  Fabrikation 
in  grSfieren  Uaanen  und  au  billigeren  Preieen,  nicht  aber  zur  Verfdnerung 
des  Artikels  beitrag  Die  gestickten  Vorhinge  verloren  daher  ihr  Terrain  zu« 
fiebends  an  die  weit  weniger  noliden,  dafür  aber  auch  viel  billigeren,  dabei  hikhst 
•effektvollen  und  Hch"tii  {rcnnisterten.  gewebten  Noftinfjhamer- Vorhänge,  mit  welchen 
sie  zur  Htunde  noch  ira  Kampfe  liegen.  Einen  vorübergehenden  Wiederaufbchwung 
gab  zwar  der  Yorhangstickerei  in  diesem  Jahrzehnt  die  Brfindung  der  anßer- 
-ordenüieh  wirkangmllen  sogenannten  Spa^d^ekerti  (mit  neliartig  ge- 
Bpaniit<  II  Fädi-n  in  den  durchbrochenen  Stellen).  Anfangs  »ehr  solid  und  mit 
entsjM t u  hendera  Erfoli:  betrieben,  so  daß  sie  dazu  bestimmt  schien,  eine  dauernde 
Rolle  zw  spielen,  wurde  diese  neue  Technik  leider  in  kürzester  Zeit  bis  in's  Ab- 
surde verschluclitcrt  und  in  den  Augen  der  Konsumenten  faat  gewaltsam  dittkrcditirt. 
Zur  Zeit  hat  diese  Spachtelstickerei  indessen  durch  neue  Kombinationen  (Ver- 
bindung von  Tüll  und  Mousseline)  wied*  r  einigen  Aufschwang  erlangt  und  den 
Nottinghamer-SpitzenvorhSngen  einiges  Terrain  abgewonnen. 

•  « 

* 

Zu  einer  j?roßarti<jen  Indu.^tric  entfaltete  f^ich  die  Platts«!  ich-  oder  Fein- 
stickerei. Ihre  Produkte  bürgerten  sich  bald  besonders  in  Frank reicli  ein,  was 
indessen  nur  durch  einen  von  französischen  Unternehmern  wohl  organisirteij  Schmug- 
gel möglich  war,  denn  die  hohen  ZSlle  veronmöglichten  jeden  offenen  Verkehr.  Große 
Pariser  Häuser  ließen  durch  die  besten  Zeichner  Muster  anfertigen,  schickten 
von  Paris  und  Nanry  ans  die  mit  iliesen  Mustern  bedruckten  Stotfe  als  „.Stick- 
böden"  an  st.  galÜHchc  und  appenzell isehe  Stickereige.McbKfte  und  empfingen  dann 
«chließlich  das  fertige  Produkt.  Es  wt  einleuchtend,  daß  diese  Fa^onarbeit  im 
Dienste  Frankrdchs  nicht  nur  sehr  lohnend,  sondern  auch  sehr  bildend  war  und 
<las  Gedeihen  des  neuen  Industriezweiges  tlberhaupt  außerordentlich  begünstigte. 
Sein  AufblUhen  und  den  schließliehen  Uebergang  zur  Masohinenstickerei  schildert 
Dr.  Wartmann  in  den  Hauptzügen  wie  folj^t : 

,Die  tecboisviie  Fertigkeit  besonders  der  inuerrhodiscben  Arbeiterinnen  in  An- 
eignung der  verschiedenen  Stiche,  des  Hahlens  etc.  wurde  bald  erstaunlich,  und 

während  Frankreich  seine  Bestellungen  auf  MouclKiir>  hutti-tts,  ('.o\s,  Mattchettcs,  feine 
Entredeuz  und  Bandes  von  Juhr  zu  Jahr  vergrößerte,  fanden  die  gleichen,  immer  reicher 
Ausgestatteten  Artikel  Eingang  in  allen  übrigen  lindern  und  Plltzen  der  alten  und 
neuen  Welt,  so  visW.  der  Einfluß  ili  r  Pariser  Mode  reichte.  Man  wußte  die  Arbeiter 
nicht  mehr  aufzutreiben  und  j-'nuidele  eigene  Schnipn.  um  ihre  Zaid  mOgliclisl  rasch 
zu  vermehren.  Auf  Grund  der  neuen  Industrie  Icriifligte  sieb  auch  der  st.  gallisdl- 
appenzellische  Handel  nevier.lins?s.  Du«  fünfti«  nnd  -erliste  Jahrzehnt  ilelzleres  bis  zur 
Krise  von  ISä/j  unsere»  Jalirhunderls  werden  ai?>  eigentliche  Bblthezeil  und  als  Höhe- 
punkt der  feinen  Handstickerei  zu  betracliten  sein.  Durch  die  Mode  begünstigt  und 
olm»"  prn«Jli<{ie  Konkurrenz  L  iUen  ihre  viel  bewunderten  Produkte  allüberall  als  un- 
euibehrlicUer  Zubehör  der  leinen  Damenloilelte  (die  feinsten  gestickten  Mouchoirs  und 
CSols  wanderten  hftnflg  als  Briefemschluß  nach  Paris).  Die  reichsten  und  kostbarstaa 


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Stickerei 


—    191  — 


Sstk-kere 


Stickereien  auf  feiiieii  leichten  und  diditen  Geweben  (Monsseline,  Xanzouc,  Tofle  und 

Battbte)  zogen  Frankreich  uinl  Eiii.'l.iii'I  an  sich;  die  größten  Massfii  verlin^'ten  die 
Vereinigten  Staaten  von  Amerika.  Auc  li  die  tiluIiEiger  Jabre  iielk'n  sich  für  die  feine 
Handstickerei  noch  keineswet^  ungünstig  an;  besonders  kamen  damals  die  gestickten 
Krägen  in  Aurnnhino.  Dodi  bf/aDri  sied  <r]\on  »U-r  EinnuC  der  französi'-cli.  ii  Stickerei 
TOD  St.  Quentin  und  noch  mehr  der  auUerordentlicli  hillig  arheilenden  ücholtischen  und 
sächsischen  Stickerei  fShlbar  zu  machen,  die  bei  uns  zur  massenhaften  Anfertigung 
billiger  un  l  onlinSrer  Waare  und  «lamit  zur  Enlwerlliung  der  feinen  Artikel  führte,  in 
deren  Krsttllun^'  tlndi  ^jcrade  die  Ueherlegenheit  unserer  Stickerei  über  die  schottische 
nind  siii  h-i><-lH.-  Kriiikiirreuz  beruhte.  Zudem  zeigte  sich  die  Mode  der  Stickerei  weni^r 
günstig,  indem  sie  !;ich  wif><!»>r  melir  den  Spitzen  zuwandte.  Ein  allmäliger  Rückgang 
der  ;>t.  gallisch  -  appenzelli-i  iit  a  Stickerei  war  nicht  zu  verkennen,  und  mit  Hesorguiß 
4tahen  ihre  Unsichtigst* -ti  ViTlreter  der  weitern  Entwicklung  der  Din^'>-  iiit^'t  i.'en.  In 
dieser  pespannleii  Lage  traf  die  große  amerikarii-i  lio  Krimis  von  lS"i7  uiis^  rc  iniiorlirh 
schon  nicht  iiielir  recht  gesunde  feine  Handstickerei  uiul  warf  ihr  islolzf-  (n-bäude  unl 
einem  gewaltigen  Schlage  in  Tn'nnraer.  Aus  den  'I  :  i  n:  lern  dieses  linln-triezweigs  in 
seiner  bisherigen  Form  erhob  sich  aber  mit  Maclil  du  schon  lange  im  Stillen  trepflegte 
Erfindung  der  Maschinenstickerei  in  Plallstich,  uelciic  gerade  um  die  Mitte  der  50er 
Jahre  nach  vielfachen  Versuchen  denjenigen  Grad  der  Vollkommenheit  erreichte,  der 
4ie  nur  allgemeinen  £hiführung  des  mecbaniscben  und  fabrikmäßigen  Betriebs  befähigte 
und  damit  eine  rasche,  gnindlidie  Umwandlung  und  einen  neuen,  ganz  großartigen 
AuCschwuii;,'  der  uhcn  noch  unter  der  Ungunst  der  Zeit  und  Verhältnisse  h-idenden 
Feinsückerei  einleitet«.  Gewiß  ist  es  richtig,  daß  gerade  dieser  Aufschwung  der  Maäcbineu* 
«tickerei  es  der  zu  Bodra  liegenden  Handstickerei  in  Plattstieb  unmöglich  machte,  sieh 
wieder  zu  erliühn,  und  ihre  bleibende  Xl.  dt  rI a^je  \i.IIendete;  ebenen  i irtiti;,' alier  ist  es, 
daß  Solches  nicht  geschah,  ohne  für  das  Verlorene  mehr  ak  vollen  Ersatz  zu  gewähren.* 

Heate  mag  der  Produktionawerth  der  feinen  Handstiokeni  höchstens  7*  Mill. 
Franken  betragen.  Die  feine  Handstickerei  ist^  wie  das  Kanfmännieobe  Direk" 
lorinm  im  Beriebt  über  das  Jahr  1 887  schreibt,  kaum  mehr  als  eigener  Industrie- 
zweig  aufzuführen  ,Ihre  gtiten  F^rzen^nisse  sind  tw  theuer,  um  bei  jedem 
Wechsel  der  Mode  wieder  weggeworfen  lu  werden,  Sie  bleiben  daher  vernach- 
lässigt und  werden  wohl  in  absehbarer  Zeit  gänslich  vom  Markte  verschwinden; 
Stt  nnserm  lebhaften  Bedaaem,  denn  diese  dorob  Generationen  überlieferte  Kunst- 
fertigkeit wird  nioht  sobald  wieder  erweckt,  wenn  sie  einmal  begraben  ist,  und 
sie  war  sicherer  vor  Verschleppung  ani  andere  Crebiete  als  jede  Uandhabong 
noch  so  komplizirter  Maschinen." 

Die  tStickmaschine  wurde  schon  im  Jahre  1828  von  Josua  iieilmatin  in 
Ktibansen  erfanden.  Im  Jahre  1829  erwarb  ein  Herr  Frans  Hange  in  8t.  Gallen 
Tom  Erfinder  zwei  Maschinen,  wobi  i  ih  m  Letzteren  die  Verpflichtung  überbunden 
ward,  seine  Erfindung  in  der  Schweiz  und  20  Stunden  um  dieselbe  ohne  Er- 
laubniß  des  lierru  Alangt!  uiobt  weiter  zu  verkaufen.  Haid  hernach  wurde  die 
Maschine  Ueilmauu  s  aber  auch  nach  Saclu>en  verkauft,  wo  sich  sj  ater  die  Stickerei 
in  ShnKcber  Welse  wie  in  St.  Gallen,  wenn  anoh  in  weit  geriu^rerem  Umfang, 
entwickelte.  Die  ersten  Maschinen,  die  nach  St.  Gallen  kamen ,  erfuhren  die 
seltsamsten  Wandlungen  durch  Besitzwcchsel  und  technische  Umänderung.  Die 
Produkte  derselben  waren  im  Vergleich  zu  denj^ni^jen  der  hentig^en  Maschinen 
sehr  unvollkommeo,  so  daß  von  einem  geschäftlichen  Erfolg  lauge  nicht  die  Hede 
war.  Der  gensBBte  Herr  Mknge  xicbtete  «iie  kldne  Werksfltte  vax  Twnahme 
Ton  Verbesserangeii  ein  und  setste  sich  aodi  mit  der  meohsiniaoben  WerkstStte 
von  Weniger  &  Cie.  bei  8t.  Georgen  (heute  eine  Aktienge  ellsc  haft)  in  Verbindung. 
Diese  Firma  erhielt  von  ihm  unter  gewissen  Tledin^nnp^en  das  Keeht,  ireilmann'sche 
Stickmaschinen  ebenfalls  zu  beziehen  und  auch  für  Drittleute  auzulertigen.  Die 
Maschiuen  des  Herrn  Maoge  gelangten  im  Jahre  1839  an  dessen  Schwiegersohn, 
Herrn  Bardtolome  Itittmeyer  und  damit  an  dasjenige  GesehäftebauSf  welches  das 
Tnrdienst  hat,  die  Sttokmaschine  naeb  mehr  als  sehnjährigen  Yerandien  mit 


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Slickerai 


—    192  — 


StKkerei 


Beihtilfe  des  Mechanikers  Vogler  zuerst  auf  denjenigm  Grad  der  Leistungsfähig- 
keit gebracht  zu  haben,  welcher  erfordnrlieh  war,  wm  die  ProflnktH  i  iij^cntlich 
marktfähig  zu  mafhen.  Die  erste  Stickfabrik  wurde  vom  Haust?  Kitfmeyer 
Antung8  der  50er  Jahre  errichtet;  im  Jahre  185G  war  die  Zahl  der  Maschinen 
ümm  Hauses,  die  anillnglieh  nur  12  betrog,  berwU  lutf  100  angewaobeen.  Die 
darauf  fabrizirten  Stickereieu  begegneten  swar  iminer  noch  einer  großen  Zurück- 
lialtung  und  manchen  Vorurtheilen,  machten  aber  immerhin  Hllmalig  vit  le  Ge- 
schäftshäuser aufmerksam.  Zunächst  sah  sich  die  oben  angeführte  Manchincn- 
werkbtätte  St.  üeorgen  veranlalit,  ihre  alten  Modelle  wieder  hervorzuholen  und 
za.  yerbesaern.  Mit  den  y<m  ütr  geliefarteo  Masohinen  wnrde  nach  und  naok 
von  1852  an  der  Qmnd  an  Teiaohiedenen  Fabriken  in  der  Stadt  nnd  im  Toggen- 
burg gelegt,  die  sich  rasch  erweiterten,  während  das  Haus  Rittmeyer  seinen 
eigenen  Weg  verfolgte  und  in  den  60er  Jaliren  auch  das  Problem  des  Dampf- 
betriebet)  der  Stiokmaschine  löste,  aber  ak  Geheimniß  bewahrte. 

Das  erste  Gbbiet,  in  welchem  die  nenen  Stickereien  in  größerem  Maße  Fall 
an  fassen  vermochten,  waren  wieder  die  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika,, 
also  das^clbf^  Gebi(  <!as  auch  den  neuen  Produkten  der  KetteCHtichstickerei,  den 
Triangclu  <  tc.,  Anfangs  der  20er  Jahre  zuerst  Aufnahme  gewährtf  und  damit 
den  fifjiMit liehen  Wiederanfschwung  der  durch  die  Drangsale  der  zwei  ersten 
Jahrzehnte  gelähmten  und  darniedergclegenen  st.  gallitichen  Stickerei  -  Industrie 
überhaupt  bewirkt  hatte.  Im  Jahre  1853  erschien  nKmlich  sam  ersten  Male  der 
Hambarger  S.  Hamel  als  Einkäufer  eines  New- Yorker  Hanses  in  St.  Gallen  und 
wagte  e«*,  die  ersten  Masehineristiekereieii  tinter  dem  Namen  „Hamburghs'*  auf 
den  amerikaniHcheu  Markt  zu  bringen.  Der  eig<  iitl  iimliche  Name  wurde  gewählt» 
am  Konkurrenten  über  die  eigentliche  Bezugsquelle  des  neuen  Artikels  irre  zu 
führen.  Der  Absatz  mehrte  sich  yon  da  an  erheblich  und  damit  aoch  die  Zahl 
der  Fabrikanten  und  Masohinen.  Zu  dem  riesigen  Umfang,  welchen  sie  in  der 
Folge  erlangte,  wäre  aber  dennoch,  wie  Dr.  Wartmann  urthcilt,  die  Maschinen- 
stickerei mit  Plattstich  wahrticheinlich  nie  gelangt,  wenn  ihr  nicht  die  Erfindung 
der  Nähmaschine  Anfangs  der  tiOer  Jahre  zu  Gute  gekommen  wäre.  Diese 
erleichterte  nicht  bloß  im  Allgemeinen  die  mannigfaltige  Verwendung  von  gestickten 
Einsätsen  und  BcbStzen  aller  Art,  sondern  rief  auch  eine  gans  neue  Fabrikation 
von  feinem  Weißzeug  hervor,  welche  fUr  die  Entredeux  und  Bandes,  die  all- 
mälig  zum  Hauptfabrikat  wurden,  eine  mas?etiliafto  Xaehfratre  veraulaßfe.  Mit 
der  Einwirkung  der  NHliuia>ehiiitj  verbim  l  sir  Ii  die  Oelinuug  de.s  Imh  auhin  durch 
hohe  Zölle  verschlossenen  englischen  uiul  französischen  Markts  in  Folge  der 
HandelsvertrXge  vom  Jahre  18fiO,  um  der  neuen  Indnstrie  einen  neuen  mBchtigen 
Schwung  zu  verleihen. 

Die  Sticksllihle  hielten  naeli  und  nach  selbst  in  TTuttcn  atif  dem  Lande 
Einzug  —  nicht  ininu-r  zum  Vurtheil  der  ländlichen  Unternehmer,  die  selber 
meistens  nicht  viel  von  der  Sache  verstanden,  sondern  mehr  oder  weniger  auf 
die  Redlichkeit  nnd  Saehkenntniß  der  angestellten  Sticker  angewiesen  waren. 
Die  Stickerei  dehnte  sich  außer  der  Stadt  und  Umgegend  von  St.  Gallen  sehr 
ra^ch  auch  im  Toggenbnrg  nnd  Rheinthal,  im  Appenzellischen  und  in  den  Kan- 
tonen Thurirau  uml  Zürieh,  sowie  namenrüch  auch  im  benachbarten  önterreiehi- 
schen  Grenzgebiete  des  Voraibergs  aus.  Die  Gesammtzahl  der  Maschinen  in  der 
Schweis  stieg  von  10,237  im  Jahre  1876  auf  18,990  im  Jahre  1889. 

Außer  den  Bandes  nnd  Entredeux  (Einsitze),  welche  auch  heute  noch  die 
große  Masse  der  Stickerei&brikate  biMi  haben  im  Laufe  der  Jahre  eine  Reihe 
mehr  von  der  Mode  abhingender  Kebenartikel  eine  voräbergehende,  tbeilweise 


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Stickerei 


—    193  — 


Stickerei 


aber  dennnoch  sehr  bedeutende  Rolle  gespielt,  80  nanipntlich  gCKtickte  Roben, 
Ueberwürfe  ^All  over«),  Volantes,  CravatteOf  uainentlicb  die  su^en.  Lavnllieres, 
SehllriMi,  vd%  UeUUfitdeo  gesti^te  G«loiie,  Kinder-^XMtiimeri,  Moowtiohetioliei^Mi 
ete.  etc. 

Dit^se  Artikel  wurden  zam  Theil  farbig  auf  weißen  iiDd  fitrbigen  StotTen 
gestickt,  wobei  neben  der  Baumwolle  auch  Wolle  und  Seide  einen  bedeutenden 
Autheil  haben. 

Beeondere  Erwähnung  verdient  die  Tttll-  und  Spachtelatickerei  und  die  sog. 
Lnftetickerei.  Die  Tflllatiokerei ,  deren  Hanptartikd  rohe  nnd  farbige  Ueber- 
würfe zu  farbigen  Damen k leidern  (die  obengenannten  All  overe)  sind,  kam  um 
1880  in  Sm  lisen  auf  und  bildete  sich  dann  auch  in  8t.  Gallen  zn  großer  Be- 
deutung mit  Hiilft'  <!pr  von  dfr  Hpnhie  stickenden,  soni'eiKuintfn  HdiitVlimuhcbine 
au»,  ging  über  iti  Folge  aulialteiider  Ueberproduktiun  und  Uuauuitüver.schlechterung 
nach  wenigen  Jahren  fast  gKnalieh  ein.  Die  Lnftstickerei  entstand  am  1883; 
sie  beuteht  aus  8pitzenartiLr«-i'  Stickerei  auf  h-iditLMi  Seiden-^  WoU*  oder  ailob 
ganz  leichten  BaumwolUtotiV'n,  d  e  nach  di  iu  liesticken  weggeätzt  werden,  eo  daß 
nur  ein  netzartiges  Gespinnnt  übrig  bleibt,  da«  bei  sorgfältiger  Ausführung  sehr 
wirkungsvoll  ist.  Durch  allmälige  YerschlechteruDg  verlor  auch  dieser  hervor- 
ragende Nebenartikel,  der  an  die  T^hnik  der  Maitcbineoatiokerei  die  btfchsten 
Anfordemngen  stellt,  die  Gunst  des  kavÜMiden  Pablikama. 

Die  rasch  wechselnden  Modeartikel  sind  das  eigentlicb  bildende  und  er- 
zieherische Element,  in  welchem  sieh  P'rtiTidtinfr^geist  und  Geschmark  in  jeder 
Hinsicht  frei  betbätigen  können  und  die  Stickerei  vor  dem  tecbniseben  Verfall 
bewahren,  während  der  ständige  Haupt-  und  eigentliche  Maseenartikel  in  unver- 
mindertem Ibße  Absatx  findet  und  die  quantitative  Bodentang  des  Indnatrie- 
aweiges  der  Maschinen^itickerei  aufrecht  erhSlt. 

Einen  großen  AnthiMl  an  der  Erhaltnn;,'  dieser  Landes -Industrie  hat  seit 
einigen  Jahren  der  Stickereiverband  der  Ost^chweiz  und  des  Vorarlbergs. 
Anhaltende  Ueberproduktion  und  Uualitätsverschlechterung  hatten  in  der  ersten 
Hälfte  der  60er  Jahre  einerseits  den  Absatz  in  stets  sunehmendem  Maße  erschwert 
und  zur  Ansobwellung  großer  I^ager  der  Stapelartikel  geftihrt,  anderseits  auf 
die  Dauer  unerträgliche  Lohnverhältnis-;p  r^fHchaffcn.  Um  dieiiem  bedroliliclu  n 
Zustande  des  Industriezweiges  ein  Ende  zu  machen,  vproiniirten  sinh  im  Sf)miner 
des  Jahres  18^5  die  Eiozelsticker ,  Fabrikanten  und  Kautieute  zum  genannten 
Stiokoreiverband,  dem  sieh  nachher  aitch  ein  Sehwesterverhand  in  Sachsen  mit 
dem  gleichen  Ziele  zur  Seite  stellte. 

Es  wurde  eine  allgemein  verbindliche  Maximalarbeitszeit  und  ein  Minimai- 
Stichpreis  fe>^tf,'esetzt,  wozu  sich  später  noch  dio  Aufsteünng  eint-.s  Fachschieds- 
gerichtes und  eines  Mustersohutzreglemeuts ,  l  iner  Verkaufüstelle  für  lictuur- 
waaze  etc.  gesellte.  Dem  httohst  thatkräfitig  geleiteten  Verbände  traten  in  knraer 
Zeit  fitst  sXmmtliehe  Maschinenbesitaer  des  schweicerisdien  und  voralbergischen 
Indnatriegebietes  größtentheils  freiwillig,  theilweise  zwungen  bei,  indem  die 
orgnni«atorische  Grund bestimmung  des  Verbände-;  jedem  Mitirli'  d  nntcr.'-a;^!.  mit 
Arbeitern  und  Arbeitgebern,  die  dem  Verbände  nicht  angeliüreu,  iigtu*! welche 
Beziehungen  zu  unterhalten.  Diese  großiirtige  Vereinigung,  die  heute  13,369 
Hitglieder  zählt  nnd  21,702  Maschinen  umfaßt'),  bewirkte  schon  im  ersten  Jahre 
die  gewünschte  Verminderung  der  rruilnktinü  der  Massenartikel  und  bessere 
Preis-  and  Lobnverhältnisse.  Der  Verband  steht  beate  in  großem  Ansehen  and 

')  Außerhalb  des  Verbandes  stehen  Ende  1888  nur  SOS  MasehinenhesiUer  mit 

S6()  Maschinen. 

Furrer,  Volks  wir  UuchafU-Loxikon  d*r  SelmreU.  13 

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Stickerei 


—    iy4  — 


Icker  ei 


luit  bn  jolik  der  Indiutiie  der  Oitaaliweu  nnaohitibare  Dienste  geleistet.  jBr 
Übte  «nob  einen  moralischen  Eii^aß  auf  andere  Indnittriesweige  ans  nnd  er- 
muthigte  z.  B.  namentliob  an  der  Grilndang  der  F4d£ration  horlogice  in  der 

Westüchweiz. 

Aeltere  Ver<liet)8te  um  die  Stickerei  der  Oatticbweiz  hat  daij  Kauf- 
männische Direktorium  ia  St.  Gallen  durch  die  moralische  und  pekuniäre 
ünterottttsnng,  welehe  es  von  Anfang  an  Erfindungen  nnd  YerbeesernDgen  aller 
Art,  der  Erridltang  nnd  Krhaltuiif?  von  ZeichnungHschnlon,  Nachstickerschulen, 
MuhtersamminDgeii  etc.  lieh  und  durch  die  seltene  That kraft,  mit  welcher  ob  die 
Interessen  der  Stickerei  beim  Abschluß  vou  ll!indt-l.<verträ^en.  hm  internationalen 
Anständen,  bei  Gesetzesberatiiuugeu  etc.  vou  jeher  zur  Geltung  brachte. 

Das  Hauptabsatxgebiet  für  Stickereien,  namentliob  für  die  Hassen* 
artikel  derselben,  sind  immer  noob,  wie  von  Anfang  an,  die  Vereinigten  Staateo 
von  Nordamerika;  ihnen  zunächst  folgen  England  und,  beeondeze  für  {einera 
Waare  und  die  Modeartikel,  Frankreich. 

Als  ivuhätotfe  konunen  haupttiäohlich  Tüll  und  MouüseUne  fiir  die  Ketten- 
■tiebstiokerei,  Cambric,  Henseeline  and  Jaoonat  für  die  PlattBtiobiitlok«rat  in  Be- 
tracbt.  TttU  nnd  Oambriiß  wurden  Irtther  fast  ansecbließlidi  von  England  be- 
sogen ;  heute  werden  diese  Stoffe,  namentlich  Cambric,  zu  einem  namhaften  Theile 
von  itiUiiidiscltt'n  Webereien  geliefert.  Die  Ciimbricweberei  hat  sich  iiameütlich 
im  Kauton  Zürich  au  Stelle  der  verminderten  ErHtellung  von  BaumwoUzeugen 
anm  Bedrucken  entwickelt.  Die  verwendete  Mousseline  ist  fast  auuüchließlich 
einbeimiaebes  Fabrikat;  ebeneo  das  nStbige  baumwollene  Stickgarn,  sowie  die 
Stick^eide  und  die  seidenen  Grundstoffe. 

Die  Stickmaschinen  werden  faHt  i^ämmtlich  in  den  Kantonen  St.  GaHrn, 
Tburgan  und  Zürich  fabrizirt.  Es  werden  meistens  Plattstichmaschinen  vo -  -^-iiier 
Etage  verwendet;  die  ia  Saclueu  vorwiegendeu  Doppel maach inen  {2  uud  luühr 
Etagen)  haben  in  der  Schweis  wegen  ibrer  sobweren  Handbabung  wenig  Eingang 
gefunden.  Die  weeent liebsten  Verbessrrun^'en,  welche  im  Lanfe  der  Jahre  an 
der  Plattaticbstickniiischine  ungcbrüiht  worden  Hin],  waren  fschweizerische  Er- 
findungen, HO  namentlich  der  Bohra pprirat  nud  der  Featonapparat,  welchen  die 
Kasühiuenstickereien  die  eigenartige  Mannigfaltigkeit  der  Muster  und  vielseitige 
Yerwmdbarkfiit  verdanken.  Die  von  der  Spnble  «tickende  ,  Schiff limaaobine*  ist 
die  Erfindung  des  Meobanikei^  «Gröbli"  und  wurde  epeiiell  in  den  Werkstltten 
von  J.  J.  Rieter  &  Cie.  in  Winterthur,  Saurer  &  SHhne  in  Arbon  und  Muitini- 
Tanner  in  Frauenfeld  kouKtruirt  und  verbessert.  Das  Proldem  des  Dampfbetriebs 
der  Stickmaschine  ist,  wie  bereits  erwähnt,  schon  in  den  »jUcr  Jahren  von  der 
mehrÜELch  genannten  Firma  Rittmeier  in  St.  Gallen  gelöst,  bis  heute  aber  geheim 
gebalten  worden.  In  neuerer  Zeit  soll  der  Dampfbetrieb  in  selbetändiger  Weise 
auch  von  der  oben  erwShnten  Firma  Saurer  konstmirt  worden  eein,  doch  iat 
derselbt  uoch  nirgends  praktisch  ausgeführt. 

Die  Kettenstichmaschine  ist  nrrspriinglieh  die  Ertiudun^'  de*«  Franzosen 
Boissonnas,  wurde  aber  allmälig  nach  den  verüchiedensten,  ein-  und  mehrnadUgeu 
Systemen  modifisirt. 

Bedauerlich  ist  es,  daß  die  Maschinenwerkstätten,  durob  ihr  momentane* 
Selbötintere8.se  getrieben,  in  der  Schweiz  und  in  Sacli.sen  ihr  möglichstes  thun, 
um  die  Stickmaächine  auch  in  anderen  Landern  emzubürgenj.  Haben  auch  die 
bisherigen  Versuche,  die  Maschiuentstickerei  in  Frankreich,  in  England,  in  den 
Vereinigten  Staaten,  in  Bußland,  Italien  etc.  einaaftthren,  zu  keinen  grolien  nnd 
bleibenden  Erfolgen  geftthrt,  so  bildet  doch  der  Ibscbinenexport  eine  atXndige 


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Stickerei  —    195    —  Stickerei 


-Gefaiir,  welche  ia  dem  Orade  wächüt,  als  die  Maschine  vervollkommtiet  und  die 
nothwendige  Bedienung  danh  Menaeliftiihaiid  dabei  erleiditert  nnd  rediudrt  wird. 

StatistiBchee.  Die  Zahl  der  dnreli  die  Stiolcerei  beflchiftigten  PeTsoDea 

betrug  zur  Zeit  der  eidgenössischen  VolkuShlaiig  von  1880  36|698  (vgl.  den 
Artikel  ^Imliisn-it*').  Dan  Resultat  der  neueren  Volkszählnng  von  1868  ist  im 
Jiomeot  der  Drucklegung  dic«ps  Artiki  ls  noch  nicht  bekannt. 

Die  Zahl  der  Maschinen  iu  der  TlaUätichstickerei  betrug 


im  Kanton 

1882') 

1886 

1887 

1888 

1889 

.  9,168 

11,119 

11,998 

11.917 

11363 

.  2,293 

2,669 

2,671 

2,730 

2.781 

.  2,482 

3,506 

3.5ä! 

3,588 

3,658 

.  (?) 

790 

SOG 

854 

874 

-  (?) 

118 

119 

im 

92 

.  (V) 

.  (V) 

12« 

120 

IIU 

122 

Uebrige  Kantone  .  . 

71 

116 

134 

110 

.(U.033) 

18,405 

18,675 

18,751 

18,990 

Vorn  r!  barg    .    .  . 

3.566 

ä,646 

3,794 

2,809 

Bayern   

41 

31 

93 

33 

Württemberg    .  . 

* 

Sl 

95 

97 

95 

21,043 

21.377 

9U95 

91347 

Anafahr  von  Stickereien  in  den  Jahren  1885 — 1889. 

S^Mh  der  ichwoizpiisolicti  \Vaun'nv(>rkphr8«tuti>itik. 

1885         1886         1887         1888  1889 

ICettenstickstiekeraien  ...  Fr.  5,793.844  5,709,000  4,078.976  4,440,5»9  7.351,698 

BesaUartikel   ,76,647,471  79,187  000  80,827.756  76,011.041  Tf)  (;()-2.079 

Tüllstickereien   ^     731,976    1,511,000  664,359  716,3il  602,977 

Hodeartilcel  und  Roben  .   .  «  5,135,495  3,19D/)00  1^48,179  4,543,948  6,971,948 

Feine  Handstickereien      .    .   ,     218,391      959,000  186,2.37  3i  :5  ?<!ä2  343.291 

Leinensückereien,  iall.  .Spitieu  .  ,      16:^,073      114,800  163,158  18Ü.J79  265,172 

Seidenstickereien   ,   1,099,223*)   79.5,000  984,715  l,887,,5r»7  4,«27.244 

WoUe09ticker«ien,  iikL  Sfitan  .  ,      284,622      250.000  146,263  293,685  »)852,1.30 

Fr.  90.(X)4.<>28  91.i:^8.0rK)  SS,S9S,'.)43  88.423, -247  I>i,r).3'.) 
Die  '^roCiii  DirtVrenz  zwi^rhen  den  Wn-thsinninen  V'.n  lö89  und  den  frühem 
Jahren  aoil  nach  dem  Urtheil  äachverstäudiger  haupt«ächlich  darin  beruhen,  daß 
im  Jabre  1889  die  WerAddclarationen  (infolge  neuen  Tedkbren)  >ioht%  oder 
AonSherad  riobtig»  in  den  frttberen  Jabren  hingegen  sn  hoch  gemaobt  wurden. 

Aaafiibr  Ton  Stickereien  im  Jahre  1889. 

Nacli  il'  r  v<  iiwoizoriiscb«a  WiumaTwkaluaatatMIk. 

K.4tensticbstickereien  IV.  4.190,ir)S  912,155  180,777  2.0r,s,3o8  7,351.698 
BesatzarUkel   34,727,560   14,661,687    4,954,568   16,358,264  60,603,079 


Tai)9tiekereien  .  .  . 

M  1  iitikel  und  Roben 
Feine  Haudslickereien 
Leinmatidiereien  .  . 

Seidenstickereien  .  . 
Wollenstickereien  .  . 


59,569  999,969  76,517  174,656  609,977 

1,540,3.54  2,691.956  799.147  1.240,191  R,271.948 

34,687  13,896  196,942  97,766  343,291 

34,385  95,719  111.007  98,971  965,179 

511,436  2.412,375  1,23S.495  664,938  4,827.244 

30.212  432,637  19*i,4.3r.  192,846  .S.V2.130 


31.128,344    21,44-2.977    7,7.")3.978    20,791,240  M.110..'j39 


')  Mach  den  Annahmea  von  Konsul  Herrmann  Schlutter  zum  Zwecke  einer  schweize- 
riicben  Industriekarte  filr  d!e  sehwdraisdie  Landesausstellang  von  1883. 

Die  Zahlen  pro  l>v^()  S9  -in  l  len  JahresNorirliten  des  Zentrah  ci  li.mdes  der  Ort- 
äcbweiz  und  des  Vorarlbergs  entnommen.  Sie  gelten  Je  für  den  1.  Januar. 
^  Spitaen  mbegriffen.     Ohne  Spitxen. 


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Stickerei 


196  — 


Strafhausarbeit 


Atttfuhr  von  Stickereien  nach  den  Teiwinigten  Staaten  von  Nordamerika  in  deik 
Jahren  1864 — ^1889,  nach  der  amenkaniaohen  KonenlarHtatiHtik. 


Fl. 

Fr. 

Fr. 

1871 

10,2U3,787 
ll.4;)7,t74 

1881 

90,059,905 

1866 

3,936,138 

1879 

1889 

98,439,798 

1867 

iH7n 

10,85^;?^) 

18S3- 

31.2-i7,r.(il 

1868 

1874 

16,403,314 

18S4 

29,766,806 

1869 

3.896,701 

1875 

15,9t9.S19 

1885 

33,169.541 

1870 

6,961,403 

1876 

lt,5>io,roi 

1886 

35,024,181 

1877 

l(>,19.v»02 

1887 

32,908,184 

1878 

16.690,107 

1888 

30,428,a51 

1879 

is,92:ir,;!r, 

1889 

81,508,008 

1880 

22,549,195 

Slrafhttasarbeit.  (Mitgetheilt  von  Herrn  P.  Bei  eben  in  Zürich.)  Seit 
einer  Reihe  von  Jahren  wird  von  Seite  de»  Handwerkerstandes  lante  Klag» 
crhobcu  Uber  den  schädigenden  Einfluß  der  Stfafhauarbeit  auf  die  Exifttenz  und 

Konkurrenzfähigkeit  des  freien  Arbeiters. 

Thatsache  ist,  daß  auf  Handwerk  nnd  Gewerbe  ein  .sehwerer  J)niLk  laustet, 
als  naturgemäße  Folge  einer  gänzlich  veränderteu  Zieit-  und  (Teschmauksrichtung^ 
nnd  einer  durch  die  gewaltigen  Fortiebritte  der  Technik,  der  Yerkehrsmittel» 
sowie  die  Allgewalt  des  Kapitals  ▼6Uig  umgestalteten  Frodnktionsweifee.  Es  ist 
daher  VollstKndig  zu  Ix-^^reifon  und  rechtfertigt  stoh  als  ein  dem  Trieb  der  Selbst- 
erhtiltnni»  ZMznsehreilifiuiiT  Akt  der  i^othwehr,  wenn  ^gen  die  Bt ,  infrächti-rung- 
der  iVfii'ti  Arbeit  durch  dw  Konkurrenz  der  Zwaiiix-iubrit,  als  ciiicii  Kainpl  mit 
völlig  ungleichen  Waffen,  EinKpruche  erhoben  und  zum  Minderten  uut  Abhülld 
der  griSßten  Mißstände  gedrungen  wird. 

Nun  aber  stehen  sieh  hier  swei  bocbwichtige  Faktoren  gegenüber.  Auf 

der  einen  Seite  die  Pflicht  des  Staates  tind  die  wirthschaftlicbc  Nothwendigkeit, 

Gevvi-rbe  und  H.iriflwerk  in  siiiuT  Exi.striizlx-rerhtigun«»  zu  schntzf^n  und  vor 
weiterem  Niedergang  zu  hi  waliren,  auf  der  unclern  St-ib-  aher  das  unabweisbare 
Gebot,  die  mit  der  menschlichen  GeselUchaftaordnung  iu  Kollision  gcrathenen  und 
daher  ihrer  Freiheit  seitweise  heraabten  Individuen  mit  produktiver  Arbeit  au 
beschäftigen. 

Um  nun  einigermaßen  nach  beiden  Seiten  Gert « litigkeit  üben  und  eine 
Ver^;»h^l^Ii2'  der  sich  widerstrebenden  lTitereH«en  herlieiiiiliren  zu  können,  f^iveheiiit 
e^i  al»  nuthwendig,  daß  untersucht  wird,  inwiefern  die  Klagen  des  Handwerker* 
Standes  wirklich  begründet  sind,  worin  die  Schädigung  besteht  tind  welche  Qe- 
werbsxweige  namentlich  unter  dem  gerügten  Uebelstande  au  Inden  haben,  ander» 
seits  aber  aucbt  ob  wirklirli  die  Strafarbeit  der  Detinirten,  ohne  Verletzung  der 
Strafprinzipien,  in  einer  \\  ciüe  regulirt  werden  kann,  daß  sjp  anfhört,  die  Exi- 
utenzl'ähigkeit  de«  ehrlichen,  freien  Arbeitern  zu  beeinträchtigen.  Kh  ist  wohl 
anzunehmen,  daß  auch  hier  wie  so  oft  in  andern  Dingen  der  Autuiühuunghiiunkt 
in  die  Mitte  gel^  werden  mnß  in  dem  Sinne,  daß  snvBrderst  die  Konkarrena 
der  Strafhausarheit  gegenüber  derjenigen  des  freien  Handwerkers  in  das  wahre 
Licht  gewtellt  tind  nicht  nach  einzelnen  ZnrMÜigkeiten  und  Mißstimmungen  ge- 
würdigt wird,  anderseits  aber,  wo  wirkliche  Uebplsätiinde  sieh  zeigen,  die  Duti- 
nirtenarbeit  ho  regulirt  oder  umgestaltet  wird,  duij  »ie  ihren  schädigenden  Cha- 
rakter verliert. 

eradieint  als  unabweisHche  Ptlicht  der  StaatsbehSrdeii)  diese  Prttfnng  der 

Yerhnltnis^'^  v  r/tinfhnien  nnd  wonttthig  eine  Aeuderung  resp.  Aufhebung  der 
Mißstände  zu  veranlassen. 


:Strafbau8arbeit 


—    197  — 


Ölralhausarbeit 


Die  auf  die  vurliegeude  Frage  bezüglichen  Klagen  des  Handwerkerstandes  sind 
^wed»r  neu,  noeb  etwa  auf  mwer  kleiDes  Land  beschrftnkt,  im  Gegentheil,  sie 
■flind  längst  in  viel  höherem  Maße  in  unnorn  großen  Nachbarstaaten  in  allen  Ton- 
arten  zum  Ausdruck  gelangt  und,  wie  bei  uns,  Gegenstand  eingehender  Erbebungen, 
Prüflingen,  Erörterungen  gewesen.  So  hat  z.  B.,  gedrängt  durch  fortgoKetzte 
Klagen  der  Gewerbetreibenden,  bereits  im  Jahre  187Ö  der  deutsche  Handeistag 
«daFQh  eine  SpenelkommiaiioD  eine  EnqiiSte  vennBtaiten  Lüsen,  um  Uber  den  Ein* 
£nß  der  Gefilngoil»arbeit  auf  den  freien  Gewerbebetrieb  aiek  volle  Klarheit  in 
verschaffen.  Das  Ergebniß  dieser  Erhebungen  war  jedoch  kein  so  ganz  be- 
fripdiirendes,  wenn  auch  eine  vielfache  Begrllndr-thL'lt  der  Ehigcn  konstatirt  werden 
konnte  und  Beschlüsse  gefaßt  wurden,  die  auf  Beseitigung  gewisser  Lebeistände 
•abiielten,  im  Großen  und  Ganzen  aber  auf  andern  Voraussetzungen  und  Verhält- 
aiiseen  bemben,  ale  wie  ue  bei  une  vorkommen.  Weit  sohlimmer  etebt 
•ee  in  Oesterreich,  wo  der  Mißstand  geradezu  kraß  genannt  werdin  kann.  Die 
Gewerbetreibenden  erhöhen  im  Jahre  18s,')  einen  wahren  Nothruf  in  Wort  und 
Schrift,  in  Versammlungen  und  amtlichen  Eingaben  an  die  Staatsbeliörden.  Ein- 
gehende üntersuchu Ilgen  lieferten  ein  trauriges  Bild  von  Begriti's Verwirrungen 
und  Korramption,  von  einem  Eonkurrenskampfe  der  traurigsten  Art,  der  binter 
Mauer  und  Eiegel  gegen  die  freie  Arbeit  geführt  wurde  und  sieb  von  der  primi* 
tirsten  Handwerksarbeit  bis  tief  in  die  Sphäre  de^  feinen  Kunstgewerbes  hinein 
■erstreckte,  so  zwar,  daß  an  gewi*^en  Ansstellungen  wahre  Kunstwerke  hervor- 
ragenden Banges  ausgestellt  wurden  und  ihren  Inhabern  Bewunderung  und  Lob 
•elnbraobten  —  ohne  daß  v»n  ahnte,  wohet  ne  etaBunten. 

Solehe  Uebeletitnde  eind  natttrlieb  nar  in  einem  großen  Staateweaen  rnftgliob, 
-wo  ungeheure  Gentralgefängniaee  taueende  von  Detinirten  umschließen  «nd  Uber' 
dies  Verhältnisse  obwalten,  in  politischer,  sozialer  und  sittlicher  Beiiebung,  von 
•denen  der  freie  Schweizer  für  gewöhnlich  keine  Ahnung  hat. 

Was  in  Deutschland  und  Oesterreich  den  Nothruf  erweckte,  ist  der  fabrik- 
mäßige Betrieb  einzelner  Gewerbszweige,  sei  es  durch  die  Strafanstalten  selbst, 
ee  dnrdi  Verpaehtung  der  BKame  und  Einriobtnngen  und  d$r  ÄrheUakräfle 
^  gewimiBtiditige  üntenehmery  die  anf  dieee  Weise  in  den  Stand  geeetst  werden, 
•Mn  billiges  Produkt  in  Masse  anf  den  Markt  zu  werfen  nnd  den  Lobn  des  ehr- 
Jicben  freien  Arbeiters  auf  einen  Hnngerlohn  herabzudrticken. 

Wenn  nun  anch  von  alledem  bei  uns  nichts  zu  finden  ist,  m  liegt  es  nichts- 
destoweniger in  der  moralischen  Pflicht  und  wirthäcbaftlichen  Aufgabe  des  Staates 
und  aller  maßgehenden  Organe,  dem  üebel  anch  da  entgegensntreten,  wo  es  sich 
:im  Kleinen  findet.    Es  hat  daher  in  richtiger  Wttrdignag  dieser  Ansehaunng 
der  Schweiz.  Gewerbeverein  beschlossen,  durch  eine  womöglich  auf  die  gesammte 
^Schweiz  ausgedehnte  Erhöhung  den  Kinfluß  der  Gefängnißarbeit  auf  den  freien 
•Gewerbebetrieb  zu  erforschen  und  an  Uand  de»  gewonnenen  Materials  der  Frage 
näher  zu  treten,  wie  allfällige  Uebcktünde  dauernd  und  ohne  Beeinträchtigung 
•der  beiden  Faktoren  beseitigt  werden  kSonen, 

>7^*:  Der  „Schweis.  Yerein  für  Straf*  and  Geftngnißwesen*,  dem  eXmmtltche 

Schweiz.  Strafhausdirektoren  angehöien,  hat  berate  in  seiner  Jahresversammlung 
in  Freibnrg  im  September  IHR 7  die  iierechtigung  vieler  Beschwerden  des  Ge- 

werbestandcs  anerkannt  und  den  Willen  zu  möglichster  Beseitigung  fler  ITeb»«!- 
stände  kund  gegeben.     Die  iiesolutiouen,  weiehe  in  der  erwähnten  Versammlung 

-«uf  Grand  aiuffihrlieher  Bsiarate  kompetenter  Mi^lieder  geüsßt  wnzden,  sielen 
4ahia : 


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straf  hansftilwit 


—    198  — 


StrafhftttBarfaeit. 


pEs  soll  die  inilustriolle  Arbeit  in  Regie  oder  für  lUchnung  der  Besteller  unter' 
Leituini  staallicher  Ange.-<telller  ges<chehen.  Wenn  außortrewöhfili<  Iie  Uui<irinil<'  (lic  Ver- 
gebung an  einen  Unternehmer  nölhip  machen,  so  sind  die  VWiktührur  vua  der  liigie- 
rung  zu  bezeichnen.  Es  soll  ferner  die  Konkurrenz  der  Strafanstalt  mit  den  freien  Ge« 
werben  so  viel  aJs  mögtich  vermiedea  resp.  gemildert  werden,  indem  der  UersteUang- 
Ton  GegenMllnden,  welche  m  den  vom  Staate  unterhaltenen  Anstalten  Verwendung 
finden,  der  Vorzug  ;.-rlien  wird.  Die  Art  der  Arbeil  soll  ver^'Lieden  und  auf  eine 
große  Zalü  von  Märkten  vertbeüt,  der  Lobn  des  gefangenen  Aibeiters  annähernd  auf 
der  Rohe  desjenigen  des  flreien  Arbeiters  fehalten  werden.  Jede  Besch&ftigungsart  der 
Gefangenen  wird  urn  -^o  besser  sein,  je  mehr  die  Möglichkeit  bietet,  die  Aufgabe 
der  Stral'aostaiten  zu  erfüllen,  weiche  darin  besteht,  die  moralische  Umwandlung  der 
Strafgefangenen  herbeiztifDhren  und  deren  individttdler  GeschicUidilEeit  Rechnung  zu 
Ira^'^n.  daß  <s  den?(M!>en  nach  Veilinß\infr  der  Strafe  mO|^ich  wird,  selber  durch 
Arbeil  It  ii  lit  ihren  l'iilerhalt  zu  erwerben  etc.* 

Wenn  solchergestalt  von  Seite  der  Strafhau^organe  ein  Entgegenkommen- 
gezeigt worden,  «o  1»t  «•  Ahu  loliweii.  Geweitevttrdii  angezeigt  geaehienen,. 
auch  aoineiBeits  vom  Gewerbeataad  yanchlXge  aar  Ahatallnnf  der  garVgten  Uebel- 
•finde  an  verlangen  and  diea^hen  la  begutachten. 

Was  nun  die  Arbeit  der  Strafge&ngenen  hetrifit«  so  aerföllt  dieselbe  zu- 
nächst in  AbtheiluDgen :  in  Landtoirihschaß  (filr  das  eigene  BedUrfniß  der 
Anstalten),  in  Lohnarheit  (z.  B.  Teppichklopfen  n.  d^l.)  und  in  Gewerbebetrieb, 
aubgedtihut  auf  alle  möglichen  Bemfisarten.  Immerhin  wird  der  größte  Theil  dcr 
Detinirten  dem  Strafiiweoke  entspreehead  innerhalb  der  Anetaltimanem  beschäftigt, 
da  die  Landwirthschaft  dnrcbschnittUch  liidit  sehr  viele  Individuen  beachKftigeik 
kann  un«l  dif  Lohnarheit  weder  eine  ausgedehnte  noch  im  Allgcin<?incn  nutz- 
briugeude  ist.  Von  den  auf  1.  April  18H7  in  25  Schweiz.  Strafanstalten  vor- 
handen gewesenen  1721  Detiuirten  wurden  nur  471  im  Freien  besobtUtigt,  die 
ttbrigea  1350  sKnimtlidi  im  Inaera  der  Anstalten.  Weberei,  Tisehlorei,  Sefanaterei,. 
Schnttderei,  Sattlerei,  Wagner-,  Schmiede-  und  Soblosserarbeit,  Bachbinder-  und 
Cartonagearbeiten,  Strohfleohterei,  Kt^rbflnchten  und  Holz^ipalten,  sowie  bei  den 
weiblichen  Detinirtcn  die  Hansfjeschafte,  Waschfn,  HliittfU,  Nh'hen  und  Put7:en, 
bilden  überall  die  Uauptbeachättigiitig.  Naturgemui»  wird  in  allen  Anstalten  zunächst 
für  den  eigenen  Bedarf  gearbeitet,  allein  es  liegt  auf  der  Hand,  daß  Oberall  die- 
TotalitXt  der  vorhandenen  Arbeitskrifte  weit  Uber  die  tnm  ßgenbedarf  nöthige 
Arbeitsleistung  hinaosreicht  and  deßhalb  für  eine  ])Ienge  Hände,  die  nicht  nutz- 
bringend d.  h.  produktiv  beschäftigt  werden  kftnnen.  Arbeit  von  Außen  be«ichafit 
werden  muß.  Dies  könnte  auch  dann  nicht  vermieden  werden,  wenn  man  den 
Strafzweck  ganz  allein  im  Auge  behielte,  ohne  Rücksicht  darauf,  daß  sich  eine 
fltrafkostalt  so  wmt  mOglioh  aelbst  erhalten  sollte. 

Es  liegt  nnn  avf  der  &nd,  daß  a.  B.  in  der  Weberei,  Sdinsterei,  Tisohlerei 
und  namentlich  Bachbinderei  uteta  KrBlte  übrig  bleibeu,  die  iii«  lit  zum  eigenen 
Bedarf  mehr  verwendet  werden  können.  Da  bleibt  natihlieh  der  Verwaltung 
nichtH  anderes  Übrige,  al^s  itbcr  den  Eig**nbpdarf  hinaus  zu  produ/iren,  d.  h.  in 
Begie  arbeiten  zu  lassen  und  die  W^aare  zu  verkaufen  oder  Kunden  zu  suchen, 
die  auf  Bestellung  arbeiten  hissen.  Aaf  diese  Weise  tritt  dann  die  Strafurbeit 
auf  dem  Arbeitsmarkt  in  Konkurrenz  mit  der  freien  Arbeit;  wcgleitend  sind 
Preiswürdigkeit,  Solidität  und  £leganz  der  Waare.  Das  eigentliche  Kampfmittel 
ist  der  Prei«.  Nnn  nber  hat  die  Strafanstalt  einen  mächtigen  Vortheil.  Ihre 
Arbeit  darf  in  der  Kegel  den  Anspruch  auf  Solidität  erheben  und  zwar  sowohl 
hinsichtlieh  der  verwendeten  RokaatMialieii  als  anoh  der  Zaaammensetaang;  an 
den  Produkten  gewisser  Arbeitsawdge  fehlt  auch  die  Elegant  nicht  nnd  der 
hanptBiohlichste  Punkt  ist  die  Möglichkeit,  biUiger  an  arbeiten,  als  dieaea  der 


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—    199  — 


StrafhAUiwrbeit 


fnie  Handw«rk«r  TeniMg,  «it  dm  das  looile  Leben  ganz  andere  AmprUehe 
eieUt.  FttUbar  wird  diese  ätrafhausarbeits-Konknrrens  sameist  nur  iu  der  nSchsten 

TJmgebnn^  (hr  Anstalt  fStadt  und  Stadtbezirk)  und  ganz  besonders  in  denjenigen 
Füllen,  wo  gewiüMe  Arbeiten  auf  dem  SubmiHsiooswege  Ter^^beQ  werden  uod  die 
Aiiet^lt  »ich  glaubt  daran  betheiligen  zu  müssen. 

Empftndliek  wiikt  die  Koaknrreu  der  GefXognißarbeit  anoh  dort,  wo  es 
sieh  in  gewissem  Sinne  am  eine  MaKseniiroJuktion  handelt,  wie  z.  B.  bei  Car-  ► 
tonagearbeiten,  Papienlütf'n  Schulheitefabrikation  u.  dgl.  und  wo  eine  Menge 
geringe  Arbeitskriitte,  d.  h.  zahlreiche  Hände  Detinirter,  die  zu  wenig  Anderem 
tauglich  »iod,  noch  Verwendung  tinden  können.  Bei  größefn  Anstalten,  die  eine 
Henge  Ludividnen  umschließen^  welcbe  bei  den  spesiellen  IBbuidwerken  nieht 
nnteraabringen  und  deßhalb  ab  ttbeischttssige  Arbeitskräfte  zn  betraobten  sind, 
iat  es  unabweislich  noth wendig,  entweder  gewifwe  Artikel  in  Regie  auf  Vorratb 
zu  verfertigen  nnd  an  Private  oder  Gpschäftslfnte  abzusetzen,  oder  aber  derartige 
Aufträge  von  Kunden  aufzusuchen  und  augzutübren.  Beide»  ist  nur  dann  möglich, 
wenn  der  Preis  des  abzusetzenden  Frodnktes  oiut  der  Arbeitsbhn  fttr  die  aus- 
mfabrMide  Arbelt  Seitens  der  Anstalt  nicht  hSher  bemessen  wird,  als  dies  von 
Seite  des  freien  Arbeiters  oder  Produzenten  geschieht.  Im  Gegentbeil,  der  Wnnseb 
im  Strafhauüe  arbeiten  zu  lassen  oder  Arbeitserzeugnisse  ans  demselben  zn  be- 
xieheo,  stützt  sich  zumeist,  wenn  auch  nicht  ausschliefilich,  darauf,  daß  dort 
billiger  gearbeitet  werden  könne. 

IMes  ist  nnn  in  der  That  der  Fall,  da  die  Strafarbeit  nv>ht  Erwerbssweek, 
sondern  hauptsächlich  sittlicher  Zweck  ist  und  eine  Men^  Faktoren,  die  bei  der 
Preisberechnung  der  freien  Arbeit  in  Berechnung  fallen  müssen,  hier  keine  An- 
wendung Hnden.  Allerdings  sucht  jede  Strafanstalt  vom  staat.^ijkonomischen 
Standpunkte  aus  ihren  Erwerb  so  hoch  als  möglich  zu  steigern,  um  die  Zuschüsse 
dee  Staates  yerringem  zn  helfen,  aber  sie  mnß  nicht  nothwendig  den  Arbeits- 
werth  der  Detinirten  auf  die  gleiche  Höhe  bringen  mit  dem  ijbeitswerth  des 
freien  Arbeiters.  Handwerkers  oder  Gewerbetreibenden.  Die  b^tgeleiteten  An- 
stalten ergeben  für  die  WerkHtätten-  und  Zellenarbeit  nur  einen  mäßigen  Ver- 
dienst per  Individuum  und  per  Tag.  Während  z.  B.  die  beiden  Genfer  Anstalten 
per  Kopf  und  Tag  nur  5 — 10  Rp.  erzielen,  Waadt  56  Rp.  nnd  Freibnrgs 
KorrektioiiiaiistaU  40 — 60  Rp.,  iMriagt  es  die  Anstalt  in  Baselland  auf  70  Rp. 
bis  Fr.  1.  80,  Bern-Stadt  auf  80  Rp.,  Freiburg-Zuchthaus  auf  Pr.  1,  Liizern 
anf  Fr.  1  Tessiu  auf  Fr.  1,  Zürich  auf  Fr.  1.08—1.  10.  Aargan  anf  Fr.  1.09, 
Wallis  auf  Fr.  1.  20,  Thurgau  auf  Fr.  1.  20—1.  50.  ^t.  (^alhii  auf  Fr.  1.  .^3, 
SchafFhausen  auf  Fr.  1.  49,  Basel  auf  Fr.  1.  50,  Uri  auf  Fr.  1.  50,  is'euenliurg 
anf  IV.  1.  74  nnd  Sehwya  anf  Fr.  2.  60  durcbsebnittlich.  Die  bevSlkertsten 
Strafanstalten  erzielen  im  Dnrchsobnitt  kanm  Fr.  1  per  Kopf  nnd  Tag.  Daraus 
ergibt  sich  denn  auch  von  selbst,  daß  der  Verdienstantheil  eines  Detinirten,  also 
das,  was  ihm  auf  den  Tag  seiner  Freiwerdung  gt;wis-crniaüen  als  Ersparniß  aus- 
bezahlt werden  kann,  gewöhnlich  nur  gering  ist  und  beim  allerbesten  Arbeiter 
im  günstigsten  Falle  SO  Rp.  per  Tag  nicht  ttbefstefgen  wird. 

In  der  Schweis  ist  die  Beeintriditigttng  des  freien  Gewerbes  durch  die 
Geföngnißarbeit  nicht  im  entferntesten  so  fühlbar,  wie  in  den  Nachbarstaaten. 
Großer  fabrikmäßiger  Arbeitsbetrieb  findet  nirgends  statt  nnd  ein  Herunterdrücken 
der  Arbeitspreise  dnrch  billige  Kegieerzeugnisse  oder  Arbeitslöhnung  kann  im 
0roßen  nnd  Gamm  nudit  koostatfart  werden,  so  wenig  als  dw  yereinzelte,  ge- 
wissermaßen  nothgedmngene  Betheiligang  an  SSentlidien  Sabmiasionen  schwer 
«npfanden  werden  dtti^.    Daß  an  einaelnen  Orten  UebelstKnde  Torkommen 


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Strafhaimrbeit 


200  — 


Stnßen 


mögen,  kann  nicht  bestritten  werden.  Ucsomlcrs  b.nachtbeiligt  fühlt  ^]rh  ;uif 
einzelnen  Plätzen  in  der  Nähe  von  Strafaiistalteu  das  Scbreiiierhamiwtrk,  die 
Scbuhmacberei,  tbeilweise  aucb  die  Tucbwaaroiifabrikatiun  und  ganz  besonders 
die  Bnchbiad«rei  mit  Gonvertfl«  und  Dttteofabrilution.  .  Die  Klage  riobtet  rieh 
Hpeziell  gegen  den  Einzelverkauf  fertiger  Waare  an  Private,  gegen  allzuni^drige 
Preise  im  Y<  rhiiltniß  zur  Solidität  der  gelieferten  Arbeit,  die  oft  LedLiiteml  unter 
dem  Marktpreise  »tehon  und  bei  der  letztgenannten  Brauch»"  namentlich  auch 
gegen  die  vertragliche  Uebernahme  dauernder  Lieferungeu  zu  wahren  Schleuder- 
preiMD. 

Btranfnfilbrikation.    Je  ein  Geschäft  in  Bern  und  Bnripdorf. 

Strassen.  (Zum  größten  Theil  verfaßt  von  Herrn  Dr.  Traugott  Geering.) 
(Vgl.  den  Artikel  „Alpcnstraßon",  sowie  die  Artikel  über  die  einzelnen  Straßen, 
ak:  Albula,  Axen,  Bcruhar<lhi,  Beruiua,  BrUuig,  BuUe-Boltigeo,  Fiuela,  Furka, 
Landwaaaer,  Lakmaiiiery  Herligen  -  Neuhana,  OWalp,  Obere  Strafie  [Jiitier  und 
Haloja],  Ofenberg,  Bapperswyler'Seedainm,  St.  Bernhard,  St.  Gotdiard  ete.; 
Gewässerkorrektionen.) 

Kin  Rückblick  auf  die  Rntstehuni;  des  lieutigen  Straßenwesen«  hat  vor  Allem 
Klarheit  darüber  zu  »chatfcu,  daß  diu  großen  heutigen  Bahnlinien  ganz  ebenso 
wis  die  Hauptverkehrostraßen  früherer  Jahrhunderte  fast  durchweg  den  römischen 
Straßenanlagen  folgen.  Liegt  doch  allem  Transportwesen  das  gleiche  Bestreben 
zu  Gmnde,  die  kürzesten  und  leichtesten  Verbindungt^n  1lerzu^^tellen.  Hierin  ist 
aber  nie  wieder  so  viel  Uebiuig  und  Sicherheit  entwii  ki  It  worden,  wie  von  den 
Feldherren  and  Proviozialverwaltungen  d<-r  rÄmischen  Kai^erzeit. 

1)  Hömerstrui^u. 

Die  Haaptrerkehrflader  der  SchwetE  war  bis  sum  Bau  des  Gotthardtnanela 

die  Straße  vom  schwühi-^clKMi  Meer  nach  Südfrankreich.  Parallel  der  Richtung 
des  Gebirgs  zog  sie  «ich  von  Bregenz  und  Arboii  über  PTyn,  Winterthur,  Baden, 
Windisch,  Ölten  i^AarbrUcke,  Oensingen),  Solothurn,  Tribay  (bei  Büren),  Aarberg, 
Avenches,  Payeroe,  Entreroches,  Sarra  und  Xyon  nach  Gent,  üur  von  Windisch 
bis  Oensingen  und  vom  Payeme  bis  Kyon  war  dieae  Linie  nicht  zugleich  HilitSr* 
Straße.  Die  heutigen  Abweichnngen  des  Verkehrsetromee  verdank«!  die  Städte 
Ztlrich  und  Lausanne  erst  ihrer  kirchlichen  Bedeutung  im  Mittelalter.  Das  später 
gegründet»'  Bern  vermochte  nur  mit  Mühe  ireg-^'u  Knde  des  Mittelalters  einen 
Theil  des  .schweizLrischen  Verkehrs  von  der  Hauptstraße  abzulenken 

Die  Verbindung  der  großen  mittelschweuserischen  üoute  mit  dem  Rheine 
(Attgst,  Kerns,  Straßburg)  wurde  durch  die  Millt&rstrafien  Uber  den  Bölsberg 
und  über  den  obern  Ifauenfiti  iu  lu  ii^trstcUt.  F>ine  wichtige  Linie  ging  von  Windisch 
aarabwärtt«  naoli  «b  in  vcrki  hr^i <  ielien  Zurzaoh.  welchen  '-•■ine  Bedeutung  aK  Mark 
und  als  Rheiniibtjrguug  i  r>t  <lur<'h  die  Verkehrsverschiebung  der  Fi^enbahneu  in 
unst'rm  Jahrhundert  verluren  hat  j  von  da  Uber  Schieitheim  etc.  nach  Kottenbarg. 

Von  Psyerne  ftthrte  eine  Militärstraße  nach  Moudon,  Vevey  und  Uber  den 
großen  St.  Bernhard;  eine  andere  umgürtete  das  ganze  Nordtier  >b  s  T.eniau, 
wäbiriHl  1  ine  dritte  von  Lunsanni'  aus-,  dip  Handelsstraße  bei  Entrcroches  kreuzend, 
über  Orbe  und  N'nllorbes,  oder  Yverdou  und  äte-Croix  nach  Pontarlier,  Besan^on 
und  Langre«  fUhrtH. 

Von  den  Nebenwegen  der  Westsehweis  verdient  der  Simplon  sowie  das 
reichverzweigte  Straßennetz  der  Waadt  und  d>>^«  Seelandes  Erwähnong  (Avencbes). 
Von  Biel  führte  eine  Linie  durrh  die  Pierre-Pertuis  naeb  Delsbcrg  und  Pruntrut, 
um  bei  Delle  auf  die  groÜe  Ueerätraße  von  Kerns  (bei  Basel)  nach  Besan^on 
einzumünden. 


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Straßen 


—    201  — 


Slraßen 


In  d«r  Otttadhwtts  waren  die  linien  BadeB*Zllrich-Sargftii»-Chttr  und  Sargans-  ■ 

Bheineok  von  etweloher  Bedeutung.  Die  große  Heerstraße  dagegen  führte  rechts- 

Tlieiiiitich  vüu  Bregf-nz,  wo  sich  die  Linien  von  Salzburg  iinil  Ang-Hliiirg  trafen, 
nach  Chnr,  vun  wo  aus  bämmtliLhe  vier  Bündnerpäuse  nach  Italien  olleu  stuurien, 
ivie  denn  überhaupt  alle  heutigen  AlpenHtraßen  außer  dem  Gotthard  auf 

Beste  des  römischen  Unterbans  und  am  S^timer  beute  noch  «ichtbar :  «Die 
Fahrbahn  nntenoheidet  siob  von  der  heutigen  nur  dnrch  ihre  geringere  Breite 
(2y2 — m  ),  war  jedorh  im  Uebrigen  meist  solider  als  heute.  Sie  hatte  durch 
viegs  einen  wohlgepflasterten,  leichtgewölbten  Unterbau  auü  großen  Steinen,  welche 
mit  lagerichteten  Bandsteineu  eingefaßt  waren.  Alles  zusammen  bildete  einen  . 
fotten,  beinabe  nnMratBrbaren  Verband.  Anf  diesen  Unterban  wurde  eine  feine* 
meistens  mit  thonhaltigem  Sand  ald  Bindemittel  vermischte  Kiesschiebt  aufgetragen 
und  festgeHtainpft,  wie  dies  noch  heute  hei  den  makadamisirten  Straßen  der  Fall 
int.  Es  bildete  sieh  hiedurcli  eine  feste  und  glatte  Oberlifiches,  von  dpr  das  Wasser 
ablief  und  welche  daher  i«tetä  trocken  blieb.  Freilich  ist  im  Laufe  der  Jahrhunderte 
die  Kieedeeke  vereebwunden. 

«Die  Anlage  (da.s  Trace)  der  römischen  Straße  im  Gebirge  war  die,  welobe 
man  auch  heut(-  wieder  bei  Birg-traßen  immer  mehr  als  die  beste  und  zweck- 
mäüigt^te  erkennen  lernt.  Sie  wurde  selten  und  nur  in  Nothfallen  tief  in  den 
Abhang  eingeschnitten,  vielmehr  luögiichist  ma  demselben  herausgetragen.  Sie 
folgte  den  wun^iren  Lagen  der  Berge,  schmiegte  sieh  dabei  dem  Terrain  an  und 
vermied  grofie  ^nialtLberglnge.  Hiednreb  wurde  die  Unterhaltung  anfierordentlieh 
erleichtert.  Es  kamen  viel  weniger  Zerstörungen  durch  Abrutschung,  durch  Wild- 
bäche und  durch  Steinsehlaf»  vor,  als  dies  heute  zum  Theil  infol<re  der  Abholzunj^ 
der  Fall  i(it.  Die  Kehren  waren  namentlich  am  Septimer  sehr  bequem,  schön  und 
eolid  angelegt  Auch  war  für  die  Waseerableitung  neiet  gut  gesorgt,  woyon 
am  Bernharden  noch  Spuren  ▼orhanden  sind.  Ebenso  finden  sich  noch  «ahlreiehe 
Meilensteine  nnd  anob  Wegsäulen  aU  W^pireieer  bei  bohmn  Schnee. "  (Bavier, 
die  Straß<»n  der  Schweiz,  p.  ö — 7.) 

Das  beredteste  Zeugniß  für  die  vortreffliche  Organisation  des  Verkehrs  im 
römischen  Weltreich  ist  die  römische  Postkarte  mit  eingezeichneten  Distanzen, 
die  sog.  Peutinger^seht  TaftU  von  welcher  n.  A.  auch  die  Berner  Bibliothek  ein 
Exemplar  mit  der  Jahrzahl  \v.)?,  hewahrt.  Der  die  Schweis  betreffende  Tbeil 
derselben  ist  bei  Bavier  als  Tafel  II  reproduzirt. 

2}  Die  Straßen  des  Mittelalters 

Ueber  die  Zeit  der  Völkerwanderung  ging  mit  der  römischen  Frovinzial- 
wirthsehaft  bei  dem  Stoeken  jedes  Yerkehrs  ancb  die  regelrechte  Strafleabanknnst 
der  Römer  verloren.  Die  Straßen  des  Mittelalters  glichen  auch  in  der  Ebene 
vielfach  breiten  Saumpfaden,  welche  jedes  Jahr  neu  ausgetreten  und  ausgefahren 
werden  mußten.  Noch  mehr  gilt  dies  von  den  Alpenpässen.  Hier  war  in  der 
Schweiz  bis  in  unser  Jahrhundert  von  einem  Wagen  verkehr  überhaupt  nicht  die 
Rede.  Das  Sanmdiier  war  das  einzige  Vehikd.  Die  ttlteste  FahrstnUSe  Uber  die 
Alpen  ist  die  Ober  den  Hont  Genie,  erbaut  1758 ;  die  erste  in  der  Sdiwe»,  der 
Simplon  (1805  ff.),  verdankt  ihre  Bahnung  nicht  einmal  dem  Verkebrt>iiitertHHe, 
sondern  gleich  den  rttmieeben  Anlagen  der  milit&riaohen  Staatsraison  des  fransö- 
eiüchen  Diktators. 

Im  früheren  Mittelalter  waren  großer  St.  Bernhard  und  Septimer  die  b»* 
Uebtesten  AlpentthergKnge  überhaupt.  Etwa  seit  der  Wende  des  Jahrtausends 
tritt  neben  dem  leliteren  der  bequemere  Brenner  stärker  in  den  Yordergmnd, 


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Strafien 


— 


Int  endlicli  im  Laufe  <les  XIII.  Jahrhundert«  im  Gotthard  die  kürzeste  Liuie 
zwi?5cheTi  Mailand  und  dem  Rheine  erkannt  wird.  Die  Bemühungen  des  BiHchofn. 
von  Chur,  den  Verkehr  am  Septimer  fefätznhalten,  seine  Zolkrmüßigungcn  für 
Zürcher  und  Luzemer  Kaufleate  (127ti  und  V2dO)  mögen  uns  die  Zeit  der 
regeren  Bontttemig  des  Gotthud  bMeiohaen;  von  da  bu  smn  Ban  des  TanneU 
lind  es  genaa  600  Jahre.  Die  wirthschaflliche  Regaamkeit«  der  materielle  Auf- 
Schwung  in  den  WaldstXtten  gewinnt  an  Bedentung  als  Hintergrund  der  gleich- 
seitigen politischen  Vorgänge:  die  Eröffnung  eine«  neuen  nicht  römischen  Alpen- 
passes steht  in  der  Wirthschaftsgeschichte  ebenso  einzig  da,  wie  in  der  politischen 
der  glückliche  Erfolg  der  eidgenössischen  Freiheitskämpfe. 

Umgefthr  m  derselhen  Zeit  (1272  und  1291)  snehto  der  Bisoliof  von  Sitten 
den  oberitalieDischen  Verkehr  nach  den  Rhein  und  nach  Frankreich  über  den 
Simplou  zu  leiten  urv]  '-ielleicht  auf  diese  Weise  den  Verkehr,  den  der  Gutthard 
nothwendig  dem  St.  Bernhard  entzog,  seinen  LSndern  zu  erhalten.  Aber  ohne 
dauernden  Hrfolg.  Es  scheint,  al«  sei  der  Simplou,  da  er  nicht  südnördlicbe 
Biohtnng  hat,  rasch  toii  seinem  Zwillingebrader,  dem  Gotthard,  todt  gemacht 
irorden. 

Splüjren,  Maloja  und  Julier,  obgleich  alfe  Römerstraßen,  lagen  im  Mittel- 
alter brach.  Die  beiden  letztern  hat  erst  unser  Jahrhundert  wieder  zu  Ehren 
gezogen.  Dagegen  erfreut  sich  der  äplUgen  scbuu  seit  mehreren  Jahrhunderten 
der  eorssamsten  Pflege  seitens  der  Osterreidaisehen  Yerwaltasg.  Seine  Sperrung 
durch  die  Spanier  im  XVII.  Jahrhundert  kam  neben  dem  Gotthard  haaptsächlich 
dem  Bernhardiu  zu  gut,  der  zwar  schon  längst  bekannt  und  begangen,  aber  bisher 
durch  Septimer  und  SplUgen  in  den  Schatten  gestellt  war. 

Im  Ganzen  kann  der  Stptimer,  vom  XVII. — XIX.  Jahrhundert  der  Spliigen 
als  der  schwäbische,  der  große  Si.  Bernhard,  seit  dem  XIII.  Jahrhundert  der 
Chtthard  als  der  rheitUsehe  Paß  Oberitaliens  beieiehnet  werden,  wKhrend  der 
Verkehr  mit  Venedig  Uber  den  Brenner,  sum  Theil  auch  über  Besahen  und  Arl« 
berg  ging 

Die  spezitisch  eidgeuössifeche  AljTenRtraße  war  der  Gotthard.  Wie  er  mit 
der  Kidgeno-ssensebaft  zugleich  seinen  Ursprung  genommen,  so  erfreute  er  sich 
durch  alle  Jahrhunderte  hindurch  in  besonderm  Maße  der  Aufmerksamkeit  der 
Tagsatsung,  um^omchr,  da  die  Lande  jenseits^  die  ^ennetbirgischen  Vogteien", 

unter  gemeineidgenössischer  Verwaltung  standen  Tind  die  .\bgeürdüeten  Jahr  für 
Jahr  nicht  umhin  konnten,  auf  ihrem  Kitt  den  Weg  aus  eigenster  Anschauung 
kennen  zu  lernen. 

KBchst  dem  Ban  der  TeofelHbrtteke  und  der  CTmgttrtung  des  Silcbbergs 

durch  eine  hölzerne  Galerie  („stäubende  Brücke*)  sind  die  Meliorationen  üria 
und  der  Eidgeuosseukcbaft  bei  Dazio  grande  am  ^Platifer"  (Monte  Piottino)  und 
am  Trniser  Stalden  im  XVI.  Jahrhundert  hervorzuheben.  Üa«  Umer  Loch  wurde 
erst  im  Jahre  1707  durch  den  Kilchberg  gesprengt.  Und  erst  1Ö20 — 1830 
wurde  der  Gotthard  fhbrbar  gemacht 

Die  Tenfelsbrlloke  wird  uns  schon  im  XVI.  Jahrhundert  so  geschildert,  wie 
sie  wohl  die  Meisten  von  uns  noch  gesehen  haben:  «nicht  über  5  oder  B  Schuh 
breit,  ohne  Lünen  oder  Nebenwänd",  wns  ditmit  erklärt  wird,  daß  das  Landvolk 
alles  Bau-  und  Nutzholz,  „was  sie  in  der  Wildurseren  (Ander)natt)  nud  Hospital 
brauchen,  die  Schöllenen  hinauf  Uber  die  Brücke  schleifen  müssen'. 

Die  monehen  Trümmer  dieses  altehrwilrdigen  Zeugen  von  der  wirthsohaft- 
liehen  Entwicklung  de»  Landes,  und  was  mehr,  von  der  höchsten  3Iachtentfaltung 
der  £idgenossei}iohaft  im  XV.  und  XVI.  Jahrhundert,  verdienen  der  Nachwelt 


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Straßen 


2ü3 


Strafen 


erhalten  tu  bkiben.  Ueber  sie  laihm  floh  jen«  Sohaaren  ergub^en,  die  den  hentigeu 
Kanton  Teesin  der  Eidgenoaaenaehaft  enrarben  nod  in  sahlliMfen  Kämpfan  imd 

Gre&hreD  behauptet  haben. 

Im  flchweizeri§chen  Vorderland  war,  wie  bemerkt,  die  Ilauiitverkehnjader 
die  Bonte  vom  Bodenaee  zum  Crenfersee,  mit  ihren  nördlichen  Zugäugen :  von  Ulm 
bar  Uber  Zanada  nach  Brugg,  Uber  Sobaffbaosen  nach  Zürich;  vom  ELsaO  (der 
EomloMimar  der  Sobweiz)  und  von  Basel  ber,  eineneita  Uber  den  Bützberg  nach 
Zürich,  anderseits  Uber  den  oberen  Hauenatein.  Der  nnlere  Hauenstein,  der  die 
Hauptroute  bloß  kreuzt,  verdankt  sein  Emporkommen  erst  dem  <T  ttthard verkehr 
im  XIII.  Jahrhundert,  dem  er  ftussi'hlieülich  dient  lieber  die  Strecke  Zürich- 
Zug,  sowie  die  Sust  in  Zug  handelt  da»  Zuger  Neujahibblatt  18t56. 

Ein  wiebtigea  Sküek  mittelalterliehen  Straßenweaena  lind  die  Brücken- 
bau ten.  Noch  am  das  Jahr  1200  existirte  von  Konstanz  abwärts  bis  zum 
Meere  keine  L-iuzigo  RheinbrUcke.  Um  1225  bat  diiiin  der  Basier  JUschüf  Heinrich 
von  Thun  die  alte,  bis  in  die  letzten  Jahre  ein-'i^^p  Basier  Brücke  er.-<tellt  und 
damit  die  wirthsohaftliche  Bedeutung  Basels  Murkt,  als  Verkehrsgelenk  der 
linke-  nnd  rechtarbdniaoben  Wirtbschaft^gebiete  erat  recht  begründet  1300 — 131  & 
folgte  die  RheinbrUcke  von  Schaffbaaaen,  bald  darauf  (1347)  wird  die  von  Laufen-^ 
bürg  erwähnt.  Und  auch  die  1300  m  lange  ZUrichseebrUcke  bei  Kapperswyl 
wurde  bereits  1358  — 1360  dnrch  HerzAn^  Rudolf  IV.  von  Oesterreich  erbaut. 

Drängte  der  schlechte  Zustand  der  ätraüen  den  Verkehr  ohnehin  auf  wenige 
Oinptrouten  inaammen,  so  war  er  vor  Allem  aadi  die  ünaclte  der  atarfcen  Be> 
ntttsBDg  der  natttrlioben  Yerkdirawege,  der  Waaaeretraßen.  Nirgenda  e» 
sehr  wie  darin  dokumentirt  sich  die  Anapmoba-  und  Bedttrfnißlosigkeit  des  mittel- 
alt*'r)ir,hen  Verkehrs:  der  Rhein  vom  Bodensee,  die  Thür  von  Weinfeldrn,  die 
Limmat  vom  Waliensee,  die  Renft  von  Luzern,  die  Aare  von  Thun  an  waren 
im  Mittelalter  regelmäßige  Verkehrswege. 

Die  Sehwierigkeiten  des  Rbeinfalla  bei  Sobaffhaosen  und  der  Stromeehnellen 
TOB  Lnofenbarg  überwand  man  durch  Beförderung  der  SchitTslaMt  per  Wagen  bia 
zu  einem  unterhalb  g:ele>:eneti  I/adeplntz.  Die  leeren  ScbilTe  wurden  in  ähnlicher 
Weise  Jiber  Land  geschleift",  dur<b  den  Laufen  w(<bl  auch  durch  die  sog. 
„Laufeukneciite'*  (je  15  oder  mehr  auf  jedem  Ufer)  an  zwei  Tauen  thcils  im 
WiMeiTf  ÜNih  Uber  die  Klippen  emporgehoben,  durdi  die  gefthrliehe  Stell» 
hindnrchge.scilt. 

Die  Schiffe  hat  rnau  ^ich  lang  und  schmal,  dabei  sehr  fest  mid  beträchtlich 
größer  zu  denken,  als  die  hente  üblichen.  In  Lanfenburg  verkehrten  Glarner 
und  WaUenstadter  Schiffe  von  70'  Länge,  Tiefe  und  300—500  Zentner  Trag- 
knfl;  dfeBaakr  Sebiib  waren  bia  m  100'  lang  und  bia  V  tief,  ibre  Tragkraft 

bia  1000  Zentner  (00,000  kg)  nnd  sie  erforderten  fünf  bia  eeoha  Maua 
Bedienang. 

Die  Wasserwege  dienten  hauptsächlich  der  Thalfahrt,  während  man  aufwärts 
vorwiegend  ritt  resp.  säumte.  Der  Wagenverkehr  war  hierzuland  der  wenigen 
fahrbaren  Straßen  wegen  äußerst  bebchränkt,  diente  jedoDfaUs  nur  dem  Waareo- 
tnnaport.  Wagen  für  Penonenbefbrdemng  kannte  man  kaum.  Beiaen  und  Seiten 
iat  dasselbe  Wort,  und  au<  dem  atarken  Gebrauch  der  Pferde  erklärt  sich  die 
große  Red(  utnng  g^ewisser  Verkehregewerbe  im  Mittelalter,  wie  der  Boßteuaoher^ 
der  Haischmiede  u.  dgi. 

3)  Straßenweseu  der  ueuereu  Zeit. 

DnrdigrNfDiide  Aenderuugen  braehte  erst  jener  allgemeine  Anfbohwnng  dea 
Vorkebra  infolge  der  Entdeckungen,  welcher  —  yerbnnden  mit  doi  geistigen^ 


Strafien 


—    204  — 


Straften 


zum  Tbeil  «ozialen  ümwBkungen  doroh  Buchdruck  nnd  BafomtAtion  —  dffin 

XVI.  Jahrhundei^  so  große  Aehuliclikeit  mit  dem  XIX.  verleiht.  Der  eteigende 
Wohlstand  erweiterte  in  ungeahnter  Weise  den  Kreis  der  Bedürfnisse.  Es  ist 
4ie  Zeit  der  HeoaiRsanoe.  Die  Behaglichkeit,  an  die  man  sich  im  gemeinen  Leben 
gewShoti  forderte  mtn  ancb  auf  der  Reise.  Bei  Gesunden  ond  Kranken  wurden 
Baddcaren  und  Semmerfrisehen  ein  alljXhrlidiee,  als  selbetreretindliob  wieder^ 
kehrendes  BedttrihiO.  1555  sehreiht  der  OberetsKÜcr  Jörg  Wickram  sein  Boll- 
wag^nbüphlein,  d.  h.  es  existireu  nicht  nur  periodische  Fahrverbindungen,  die 
fcog.  Landkutttcben,  meist  von  Wirtben  nnd  Metzsrern  organisirt,  sondern  bereits 
auch  Rei.Helektilre  zum  Zeitvertreib.  Den  gesteigerten  Anfurdeningen  de«  V^erkchr» 
«ber  kamen  Dank  dem  Anftchmug  von  Handel  nnd  Wandel  in  gttnstiger  Weise 
Termelirte  Zolleinnahmen  der  einaelnen  Territorien  entgegen.  Man  yergleldie 
Attch  die  KtTtstehung  des  Postwesen«  im  Artikel  Post. 

Seit  dem  Ausgang  des  XV.  Jahrhunderte  wird  vovfiebmlicb  dem  Gotthard 
<lie  HorgtmmHte  PHege  zu  Theil  (siehe  oben).  Daran  ochUeUt  sich  im  Norden  die 
Fabrbarmaehuug  der  beiden  Hanenateine  (149H/I563),  im  Süden  die  Verbeaseron^- 
projekte  fttr  den  Monte  Ceneri  (1588,  1590,  1596),  der  aber  naoh  wie  vor 
«Is  ein  „gächer  und  böser  Berg"  gilt. 

Auch  im  BtraOenweNpn  der  scliweizeriftchen  Ebene  mvl  FortHcbritte  l»eraerkbar, 
die  sich  jedoch  vorerst  mehr  nur  in  einer  reichlicheren  Verzweigung  des  StraÜeu- 
netsce  knnd  thun,  wthrend  es  alleidings  mit  der  Qnalitiit  dieser  Straßen  noeh 
eehlimm  genug  bestellt  ist.  Die  Tagsataung  muß  sKnimtliche  Orte  wiederholt  (1569, 
1;'>71,  1583)  mahnen,  die  Wege  bes^ser  in  Stand  zu  halten,  Stauden  und  Aeste  aus 
<lcn  Strnt'ifn  zu  hauen  u.  8.  f.  Aber  (■cbon  der  ünifitand,  dviR  die-*  bemerkt  und 
gerügt  wird,  zeigt,  daß  im  Verkehrswesen  eine  neue  Zeit  mit  neuen  Bedürfnissen 
«DgebrochcD  ist. 

Dies  Inßert  ddi  u.  A.  auch  im  BrBokenbau.  1541  wird  die  Brücke  von 
Lanfenborg  anf  steinerne  Pfeiler  gesetzt  durch  einen  Werkmeister  ans  Brugg 

im  Aargau.  welcher  sfdrhe  „kilnstliebe  Brücken"  auch  über  dit-  Aare  pemaebt 
batte.  Als  hervorragendes  Werk  der  Brürkt  tibaukunst  galt  auch  der  mächtige 
bteiijerne  Bogen  (134'  Weite)  Uber  die  Hhone  bei  St.  Maurice.  ALj  erste  Ent- 
enmpfnngsarbeit  mag  der  Dttnnemkanal  erwibnt  werden.  Er  wurde  1537 
<laroh  die  BUrger  Ton  Ölten  ansgeftlhrt  und  es  wurde  dadurcb  yiel  nnfruohtbarea 
Land  verbessert. 

Dank  den  vermebrtt-n  und  verbesserten  Wegen  und  Tran?jportmitteln  wurde 
im  Personen-  wie  im  Güterverkehr  des  XVI.  Jahrhunderts  die  8chidsfracht  zumal 
auf  anaem  reißenden  sobweizeriscben  Str&men  durob  den  Landverkehr  mit  Wagen 
nnd  Pferden  verdrSngt.   Man  bentttit  die  Wasserstraße  nar  noeh,  wo  sie  der 

irehirge  w*  gi  rj  die  kürzeste  und  leiebteste,  oder  wo  sie  vollkommen  -vidier  und 
bequemer  ist.  als  dfr  I^andtransport,  uanientlich  auf  Seen.  So  wird  auf  dem 
Budensee  anno  l.'>79  jeden  Donnerstag  ein  Fracbtschitf  zwischen  Buchhorn  (Fried- 
richshafen) und  Konstanz  eingerichtet,  während  der  Hheio  unterhalb  Sohaffhauaen 
last  nnr  noeh  snm  HohcftSßen  bentttst  wurde  wie  hentautage.  1609  taueht  datin 
ein  Projekt  auf,  den  Rhein  vom  Bodensee  bis  Basel  zu  regulir»  n  durch  Sprengung 
der  F»>l-en  im  Kheitifall,  im  Lnnfen-  und  im  Höllenhak-  ii  Aber  ohne  Erfolg. 
Von  dem  Projekte  <les  sog.  Kntreroches-Knnals  ''l>i37)  zwischen  Neuenburger- 
uiid  Geufcrsec  wurde  nur  ein  kleines  Stück  (öOal  KUttter)  bei  Yverdon  aus* 
geführt. 

Der  stärkste  Verkehr  in  achweisarisehen  Landen  entwiekelte  sieb  vom  XTI. 
big  inm  XViU.  Jahrhundert  jeweils  auf  den  Zursaebermeasen.  Namentlieb  vom 


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9 


Stratieu  —    205    —  StralSea 

Vereriaiuurkt  wird  ücliuu  im  XVI.  Jahrliuudert  gt^tiihiut,  er  bei  „eiu  iierlicher 
und  in  der  EidgenoaBenscbafl  der  grOste  Jahrmarkt,  da  gar  niSchtig  viel  Volk» 
hinkommt  und  eine  stattliche  Summa  Waaren  ans  England,  Niederlande  Frankr« 
Lothringen.  Burgund,  Italien  und  gans  Deateehland  hingeführt  und  verhandelt 
werden". 

Der  dreibigjäbrige  Krieg,  so  sehr  er  in  i>eutscliland  allen  üaudel  und 
Wandel  l&hmte,  Termoehte  dem  eohweiaerieohen  Verkehr  nur  wenig  Jffintrag  tu 
thnn.  Grimmebhausen*«  SimpIioierimiiB  glaubt  sich,  wie  er  den  neutralen  Sohweizer- 

boden  betritt,  in  ferne  Zonen,  nach  Brasilien  oder  China  versetzt.  Denn  «da 
sähe  ich  die  Leute  in  dem  Frieden  handien  und  wandten,  die  Ställe  stunden 
voll  Viebe,  die  Baurn-Uöif  lietfen  voll  Huuer,  Gäns  und  Endteu,  die  StniL'en 
wurden  eidker  von  den  BSisenden  gebraucht,  die  Wirthshäuser  saßen  voll  Leote^ 
die  deh  lustig  machten ;  da  war  ganta  keine  Foroht  vor  dem  Feind,  kmne  Sorg 
yor  der  Plünderung  und  keine  Angst,  sein  Gut,  Leib  noch  Leben  tu  verlieren } 
ein  j<  ilt^r  lebte  .'sicher  unter  seinem  Weinütock  und  Ft  i^'t'iibamn,  und  zwar,  trj^pen 
andern  Teut.schen  Ländern  zu  rechnen,  in  luuter  W'ulluttt  uml  FtlmuI.  iilso  dal', 
ich  dieses  Land  vor  ein  irdisch  i'aradis  hielte,  wiewoln  es  vou  Art  rauch  gnug 
an  eeyn  aohiene*. 

Dagegen  riefen  die  politischen  Verhälti  i  -  Oberitaliena  au  Anfang  des 
XVII.  Jahrhunderts  wichtige  Verschiebungen  im  Alicnverkehr  hervor.  1603/4 
sperrte  Fttentes  durch  den  l?au  seiner  Fcstiintr  die  Bundner  Pässe  vollständig  ah. 
Die  nothwendige  Folge  war,  daß  sich  der  gesammte  Personen-  und  Güterverkehr 
dem  Gotthard  zuwandte,  was  die  Tagsatanng  durch  den  Bau  der  GravedonaetraOe 
vom  Gomeraee  naoh  BeUinzona  (1608)  noch  weeentlich  untersttttzte.  Als  nun 
die  Schwaben  znm  Ersatz  für  den  gesperrten  Septimer  und  S]  lügen  den  Bernhardin 
zu  ktiltiviren  begannen,  forderten  die  ftitif  inneren  Orte  lf>2.')  L*t'.  den  Strnüetjzwiing 
für  den  Gotthard.  Die  Tagsatzung  emptahi  ihnen  statt  de»'sen  Herabsetzung 
ihrer  internen  Zölle  und  enti^rechende  Erhöhung  des  Zolls  zu  BeUinzona  auf  vier 
gute  Batzen  von  jedem  eehwSbieehen  Sack,  der  Uber  den  Bemhardin  geht.  Dae 
spanisch-rhK tische  BUudniß  von  1039  gab  dann  den  Verkehr  Uber  die  Büudner- 
päshC  wieder  frei.  Weitere  Acnflernngen  fanden  im  XVTII.  JfilnlmndLrt  >tatf, 
indem  nieli  der  büudnerische  Verkehr  durch  künstliche  Zwangsmittel  Oestreichs 
vom  Septimer  ausschließlich  dem  SplUgen  zuwandte. 

Vom  Bpfttem  Mittelalter  bis  in  unser  Jahrhundert  gelangten  die  bttndnerieohen 
Fürleiti  (Geleits-),  Stull-  und  Sustenrechte  (Ladstellen)  in  den  Besitz  der  sog. 
Portensgemeinden,  welche  da^  anssehlii  Tdiche  Recht  de>  Transports  von  Waaren 
und  Reisenden  in  Anspruch  nahmen  und  dafür  den  StraC.tMmnterhilt  besorgten. 
Derartige  Porteusgemeinden  bestanden  am  Ende  des  XViii.  Jahrhunderts  noch 
14,  nSmlioh:  6  auf  der  untern  Straße  von  Cbur  bis  zur  Teesinergrenze,  4  auf 
der  ohem  Strafe  von  Oiar  bis  Bergeil,  2  Uber  den  Bemina,  vom  Engadin  nach 
Puschlav,  2  von  Chur  bis  Maienfeld.  Völlig  erloscheji  sind  ihre  Rechte  erst 
durch  den  Bundesbeschluß  von  iRfU,  nachdem  sie  gegenüber  der  Churer  Speditions- 
gesellschaft von  18 eine  bedeutende  Lockerung  erfahren  hatten. 

4)  Der  moderne  Straßenbau« 

Bei  allem  Bisherigen  haben  wir  noch  nicht  an  kunstgereohte,  makadamisirte 
Straßen  im  heutigen  Sinn  oder  auch  wie  ^ur  Riimerzeit  zu  dei  kt n  Der  moderne 
Straßenbau  der  Schweiz  beginnt  überhaupt  erht  im  Ittzt'n  Jahrhundert.  Allen 
voran  ging  Bern  (1740  tf ),  dessen  altes  Patri/.ierregimeut  seiner  ^Groümachts- 
politik"  in  den  prächtigen  Baumallccn  des  Stadtgebiets  wie  in  den  stolzen  Straßen- 
hauten  des  Kantons  dauernde  Denkmäler  gesetzt  hat.  In  erster  Linie  sei  erwähnt 


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SlraCeu 


—    206  — 


die  impoeacte  Anlage  des  Aarganentaldena  mit  33  m  Breite,  mäum  die  Stnßen 
nach  Thun,  Bnigdotf,  Solothurn,  Biel  (-BsmI),  Eirohberg^HeRogenbiteheee*HDrgen' 

tbftl  (-Zürich:  lO^-^lS  m  Breitu),  endlich  die  Wegebesserangw  iu  den  Unter' 
ihaneiilaiiden  :  Horgenthal -  Lensborg,  Sarthal •  Aarbttrg  und  Hoadon-Yverdon, 

Moudo u - Vt; ve y ,  Cull y-Oron . 

Das  Beispiel  Bern»«  fiind  in  mauelien  Kantonen  Nachahmung.  Aber  weitaas 
-ditt  meisten  heutigen  «Lftndstraßen*  Terdanhen  ihre  Entetehung  erst  unserm  Jahr- 
Imndert.  So  nüimtitlich  alle  Alpenstraßen.  Zwar  befuhr  den  Gotthard  schon 
anno  177")  ein  Kngländer.  Allein  vr  brau<-hte  dazu  78  >fnnii  Be<]ieming,  welche 
sein  Fuhrwerk  mchrmalB  aiweinandeniehmeu  und  tragen  nuiUten.  Das  Abenteuer 
beweist  somit  mehr  für  den  britiHcben  Thatendrang  aal  dem  G-ebiete  des  Berg- 
aporta, ala  ftr  die  Fabrbarkeit  des  Gotthard.  In  der  That  war  derselbe  gleich. 
<den  andern  «Reicfasstraßen*  über  die  Alpen  bis  zom  Anfang  dic^eH  Jahrhunderts 
nichts  weiter  aU  ein  Saumpfad,  der  ganz  wie  im  XIIT.  Jahrhundert  nur  mit 
B  Zentner  (150  kg)  Last  pro  Thier  begangen  wurde.  Dies  schließt  nicht  aus, 
daü  angebende  Spediteure  auä  Basel,  Luzem  oder  Mailand  bei  den  Patres  des 
Ootthardhospizes  eine  vortreffliche  Handelssdiole  darchmaohen  konnten  (siehe 
-Gethe,  «Dichtung  und  Wahrheit,"  Buch  19). 

Die  große  ümwXLcting  im  StralSenbaa  der  Alpen  verdankt  die  Schwei«, 
wie  Eingantrs  bemerkt,  erst  der  Frunzosenzeit.  Der  Simplon,  erbaut  1800  flP., 
ist  nicht  nur  die  erste,  soudern  auch  die  nchnnste  nnd  kostbarste  aller  schweize- 
rischen AlpenstraUen.  Ihr  sind  in  don  zwanziger  Jahren  die  Hauptrouten,  Gotthard, 
Beruhardin,  SpUigen  und  Julier  gefolgt,  während  die  übrigen  Linien  erst  in  den 
■aediaiger  Jahren  erstellt  wurden. 

Für  den  Ban  der  großen  l^dnerpSsse  war  die  Vereinigung  der  Erifft« 
-entscheidend,  welche  der  Churer  Speditorenstand  anno  1818  vornahm,  indem  er 
eich  als  Aktiengpsf'llschaft  kon»titnir*f'  Di«"  GdttLanlstralU'  verdankt  ilifc  Durch- 
führung hauptsächlich  der  Förderung  durch  Basier  Kapital,  wie  sie  denn  auch 
baupt«iichliih  dem  Verkehr  Italiens  mit  dem  Rheine  diente,  während  den  Bttndner* 
pKsaen  derjenige  mit  der  Ostschweix  und  mit  Sdiwaben  anfiel.  Den  sUrksten 
Waareuverkehr  weist  von  den  Ründnerpässen  nach  wie  vor  der  Splügen  auf 
(185G  :  271,000  Zentner),  während  Maloja  nnd  Julier  mehr  nur  bei  übermäßigem 
Waarenandrang  als  Supplement  lür  ihn  dienten.  Seit  dem  Bau  der  Mont  r.pnis- 
und  der  Breunerbabn,  vollends  seit  Erötihung  dos  Gutthavdtunnels,  schmolz  der 
Waarenverkehr  aller  dieser  Pisse  rasch  ansammen  nnd  es  trat  seither  der  Peraonen- 
transport  (Gotthard  1876:  an  die  70,000  Personen}  umsomehr  in  dtn  Vorder- 
grund, als  mit  den  erleichterten  Reisegelegenbeiten  der  Touristen-  und  Fremden- 
verkehr nngi  ahnte  Dimensionen  annahm.  Ihm  vor  Allem  danken  die  zum  Theil 
nur  in  westöütiicher  liiobtung  verlaufenden  sekundären  Linien  der  sechziger  Jahre 
ihr  Zustand^ommen.  Hitfolgende  üabernoht  mag  den  Gang  der  Entwicklang 
illuatriren : 


Bkopcrtod« 


LtagB 


Breite 


Bottkovlen 

Fr. 


Bettende 
L  jRbr«  1S76 


m 


Bimplon  .  . 

Bernhardin  . 
Splü^jeu  .  , 


1800-1806 

IS  18  is-vj 
1S18  ibIS 


9750,000 

733,000 


:«).20ö 

13,081 
19,191 
69,517 


•iOlO 
Ä)G7 
ill7 
2287 
1811 
21U 
»)4700 


103,0  5,0 
123,7  6,0-7,5 


r384,(X>0 
4*400,000 


(iottbard.  ,  .  .  1810—1830 
£tUlseiioch  .  .  .  18i0— I8ä& 


I)  OMterreichlieh-italleniMb. 


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Straßen 


—    207  — 


Bauperiode 

Lang« 

km 

BMfte 

m 

Fi 

i.  J«br»  1676 

m 

Albola  .... 

isoo  — 

1500 

40,6 

3.6 -4,Ä 

9,874 

2313 

4  Cef 

97,0 

4.« 

454,500 

6.900 

BprninH  .... 

1  V 1 0 

t  OAl. 

40,:? 

r,4 1.000 

5.265 

2:tt0 

18fi7 

77.4 

4,:i-0,0 

1  »iöO.UUO 

2,675 

2430 

Obenlp  .... 

I86:J- 

mi 

31,7 

4,8 

638,000 

11.866 

9063 

Axenstraße  .   .  . 

1860- 

18<)4 

11,1» 

6,0 

•)or).o<XD 

Ofenpaß  .... 

1871- 

1.S72 

40..S 

3,6-4,2 

4Ui!,;j(M) 

2148 

Lukinanier  .  .  . 

1871- 

1877 

r,i,3 

4,8-6.6 

1,985,000 

1917 

BrQnig  .... 

1858- 

186-2  73 

.')l.7 

r.,3 

y,")4,0i)0 

ii4,288 

1004 

Landwasser .    .  . 

1871" 

1873 

;;,6 

5ai,ooo 

Bulle-Boltigen  .  . 

IST-J 

1877 

32,5 

4,8-6,6 

1'4 17,000 

1606 

Merligen  -  Neuhaus 

18h;i- 

1884 

8,i 

4.8 

507,300 

Nirht  minder  reichÜch  hat  sich  im  Lanfe  des  Jahrhunderts,  deti  geringeren 
Scbwierigkeiteit  eiiUpreuheud,  der  Bau  guter  StraUen  im  Thal-  und  Uügellande 
«uflgedelmt.  Direkte  Anfragen  bei  den  kftBtonaleii  Behörden  haben  zu  folgenden 
Mittbeilungen  geführt  (wo  nach  dem  NUMD  des  Kantons  der  Buohatabe  B  steht, 
ist  die  Angabe  dem  W  erke  Bavior's  entnommen,  mangele  direkter  AnAnnft  von 
Seite  des  betretfenden  Kantons) : 

1}  Xiänge  der  kantonalen  Straßennetze,  ohne  Faß-  nnd  GUtenregOf 


im  .jähre  1889. 

Aargau :  Landstraßen  öuy  km,  Gemeiude-(0rt«verbindung8-)Str. 

746  km   1267,000  km 

AppenieU  A.-Rh. :  I.  Klasse  37,7»s  km,  II.  Kl.  52,o«s  km,  III.  Kl. 

66.490  km   176,170  9 

Appenzell  T.-Rli. :  Landstr.  15  km,  Gemeindestr.  29,6  km     *    .  44,eoo  « 

Baselland:  Hauptatr.  I2ü  km,  Verhindungsstr.  277  km    .    .     .  4()0,oüo  , 

Baselstadt:  Gepflasterte  14  km,  makadamisirte  110  km  .  .  124,ooo  « 
Bern :  Staatastr.  I.  Kl.  382  km,  II.  Kl.  746  km,  III.  Kl.  1036  km ; 

Gemeinde^tr.  ?   2066,000  « 

freibnrg :  Kantonsstr.  I.  KL  60,os6  km,  IL  Kl.  166,<44  km,  III.  KL 

203,79  7  km   433,42« 

Genf:  Kantonsstr.  I.  Kl.  34,s  km,  II.  KI.   20,i6  km,  IIL  Kl. 

66,00  km,  lY.  Kl.  82,t«  km;  Qemeindestr.  ?   20d,t»o  • 

Glaras:  Hauptstr.  80,8  km;   Gemeindestr.  mit  Staätssabvention 

21,3  km,  idem  ohne  Stuiitssubvention  ?   I02,ioo  « 

GTRubiinden  (B) :  Huuptstr.  I.  Kl.  576,j  km,  übrige  Kl.  230,&  km  606,700  « 
Lu2ern :  Kantonsstr.  272  kmj  Gemeindestr.  mit  stadtlich  besoldeten 

Straßenkneehteo  77  km,  idem  ohne  staatlich  besoldete  Stcatoi- 

koeohte  413  km   762,ooo  « 

Neuenburg:  Kantonsstr.  I.  Kl.  107,»  km,  IL  KL  119  km,  III.  KL 

156.8  km;  Gemeindestr.  ?   383,ioo  n 

I^idwalden:  I.  Kl.  27,8  km  (5,7  km  von  Obwalden  gebaut),  II.  Kl. 

44,0  km   72,700  „ 

Obwalden:  Staatastr.  I.  Kl.  82,»»  km,  II.  Kl.  ia,M7  km;  6e> 

meindestraßen  89,»7  km   141,o»7  „ 

St.  Gallen:  Staatsstr.  366  km,  Gpmeindp.str.  645  km  ....  10ll,ooo  , 

Schaff  hausen :  Landstr.  73, 31  km,  Viciimlstr.  112,io4km  .    .    .  185,ii«  „ 

Schwjz  (BJ  .  Hauptstr.  L  Kl.  147,:«  km,  übrige  Kl.  87,i  km    .  234,30o  r 

jSoloÄom:  Kaatonsstraften   661,i»i  „ 

Tessin ;  Kantonsstraßen  284,«S4  km,  Kreisstraßen  (Strade  droolari) 

468^  km   743,t7o  „ 


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SlraLHeu                                    —    20Ö    —     '  Slraßca 

Thurgau :  I.  Kl.  812,aH  kv,  ILKl.  359,081  km,  III.  Kl.  1287,0»  km  1958,»so  kia 

üri  (B}:  Hauptstr.  I.  El.  64,»  km.  Übrige  E!.  km  .  .  .  86,ioo  « 
Wnadt:  Euntuntistr.  (ab  1.  Januar  1890)  1957  km,  Stadt-  und 

Dorfotr.  124  km   2081,ooo  , 

Wallis  (Ii)  :  Hauptstr.  I.  Kl.  285,i  km,  übrige  Kl.  I73,i  km  .  4ö«,aoo  , 
Zürich :  (Oboe  die  Städte  ZUricb  und  Wintertbur)  I.  Kl.  621, »es  km, 

II.  El.  767,»n  km,  UI.  El.  ?   1889,raT  . 

Zng  (B) :  Haaptotr.  I.  El.  45  km,  ttbrige  KL  &8,t  km  .    .    .  103,9oo  • 


Total  15,806,4Mkm 

Eine  Yergleiohimf  der  Total-Kilometenahlen  unter  sioh  nnd  mit  Bavter*» 

StraÜenstatistik  von  1878  (p.  118/19)  ergibt,  daß  da»  schweizerische  Straßen- 
netz in  Wirklichkeit  vi^>l  liinirpr  sein  mv\\.  als  hie  vor  angefjeben.  Die  meisten 
Kantone  verzeichneten  nur  ihre  nug.  Haupt-,  Staat«-  oder  KautonsstraÜen,  ver- 
matblich,  weil  aioh  ikni  Eontrole  nur  anf  diese  erstreckt.  In  welch*  bedeutender 
Weiee  aber  das  StaatsstraOennets  durdi  die  Gemeinde*  und  GttterstraOen  erginzt 
wird,  seigen  einige  Ni«ti/.«  n  in  Bavier's  Werk.  Dort  i-t  z.  B.  von  Freibnrg 
{»PNatrt,  seien  aiil'er  dm  Ml  km  Hauptstral' '  ti  i'>hen  \'.VS)  noch  ca.  1517  km 
(jcmeinde-  und  GiitcretraLien  vvtii  4,2 — 4,8  m  Breite  vorhanden;  ebenKO  luunirt 
Genf  auUer  273  km  Huupt«traüen  (oben  nur  203!)  noch  ca.  lOO  km  Straßen 


von  3 — 6  m  Breite. 

2)  Breite  der  Strafleu.  "SJ«?" 

Aargatt   7,2  m 

AppenceU  A.-Rh.:  III.  Kl.  4,2^4,8,  II.  Kl.  4,8—6,  I.  El.  6—7,2  m  7,2  , 

Apy  enTpll  I..Rh.:  II.  El.  4,  L  Kl.  6— 6,6  m   0,6  , 

Bafetliand   7,5  » 

ßaselstadt:  Die  Uaupttstr.  mindestens  9  m   27,0  » 

Bern:  StaatHstr.  I  Kl.  7,2,  II.  El.  5,4,  III.  El,  4,8,  Gemeindeetr. 

IV.  Kl.  3,r>  m   7,2  , 

Fr<ilairg;  Die  alten  Sir.  6,  die  neuen  4,8 — 5  m   6,0  „ 

Üeni:  IV.  Kl.  G,  Iii.  Kl.       II.  Kl.  10,  I.  Kl.  12  m   12,0  , 

Glaruü   ♦».3  „ 

GratibUndeD  (B) :  I.  Kl.  4,2—6,  II.  El.  3—6  m   6,0 

Luaern:  Alte  Str.  unter  6—10,  neue  Str.  6  m   10,0  ,^ 

Neuenburg;  HI.  El.  4,8,  II.  El,  6,4,  I.  El.  7,2  m   7,2  „ 

Nidwaiden   6,6  , 

Obwalden:  II.  Kl.  4,5,  1.  Kl.  6,3,  üemeiudeKtr.  2,25 — 4ra     .    .    .  6,3  „ 
St.  Gallen :  Mimmalbreilen ;  StaatiMtr.  mit  großem  Verkehr  6,.%  mit  ge- 
ringem Verkehr  5,  HanptgemeindeHtr.  4,5,  untergeordnete  Gemeindestr. 
3,  Nebenstr,  3,  Hau(>tgUterHtr.  3,  Nebenglltoristr.  2,5  m,  Fußwege 

vcr8chieden,  mm\t  Breite  der  wichtigerisn  Str.  im  Minimum  .    .    .  6,5  » 

Sehart  hau^eü  :  Uau]»tätr   8,0  , 

Scbwyz  (ß/:  Kantonsstr.  4,8 — 8,4,  Bezirks-  u.  Gemeindestr.  3,6 — 7,5  m  8,4  „ 

Sololhnm   7,2  „ 

Te»ihiu  :  Normalbr.  der  Eaotonwtr.  7,  ansnahmsweiM  bi«  9,  Gemeiudeetr* 

.".     :>  ni    .                                                                                       .  9,0  » 

iln.r-au:  lü.  Ki.  3,6  —  4,2,  II.  Kl.  4,5—6,  1.  Kl.  5,4— 7,2  m   .    .  7,2  „ 

Vn  (Bj   6,0  , 

Waadt:  Haaptetr   7,2  „ 

Wallia  (B):  I.  El.  4,2—8,4,  II.  El.  3—5  m   8,4  „ 


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Straßen  _    209    —  Straßen 


hntto 

ZUi'ioh:  Miiümalbreite  für  1.  Kl.  5,4,  für  II.  Kl.  4,5,  für  Iii.  Kl.  3,6  m; 
das  Hasimom  der  Kronenbreite  betrSgt  bei  den  Str.  I.  Kl.  7,8,  der 

Gebietsbreite  10,2  m   7,8  m 

2ng  (B)  i  1.  Kl.  e— 6,6,  U.  Kl.  4,8^6,4  m   6»6  . 

MaximalsteigUDg  der  StraÜen. 

Aargau:  Neue  Str.  7,  alte  Str.  16  7o   16  7o 

AppeDiell  A.-Rh.:  L  Kl.  7,  H.  Kl.  9,  III.  Kl.  11  >   11  . 

Appennll  L-Rb. :  1.  Kl.  8,  IL  Kl.  4  */o   8  « 

Baselland:  Hauptatr.   6« 

BaseUtadt :  Hanptstr  6  , 

Bern:  Staatsbtr   12, 

Freibarg:  ELantonsstr.  7,5  "/o  in  der  Ebene,  iO  ^Jo  im  Gebirge  .    .    .  10  „ 

Qenf:  fianpUtr.  aoenahmsweiae  6,  aonat  nidit  Uber  Ö  V«   6  « 

Glarae  • .    .   10  , 

Grauliilndcn  , 

Luzeni ;  Kantongstr.  8,  Gi-nieiudestr.  10  **/o   10  „ 

Neuenburg:  üauptbtr.  in  der  Kegel  nicht  über  7,  ausnaluneweise  10  10  , 

Nidwaiden  '   5« 

Obwalden:  LEI.  9,  U.  EI.  13,  Gemeiodeetr.  15  >   15  , 

St.  Gallen:  Staatsstr.  7,  GremeindeMtr.  10    10  „ 

Schaff bauaen :  Fttr  lieu- Anlagen  6,  alte  beetebende  Hauptstr.  13  *Vo    •  13  , 

Schwyz   ? 

Solotbarn   10  . 

Teeein   14  » 

Thnigan:  I.  Kl.  7,  U.  Kl.  10    10 

TTt*i  , 

Waadt :  Thalstr.  7,  Bergbtr.  lo    10 

Wallis   V 

Ztlricb:  Gana  ansnabmeweiBe  Uber   6 

Zug  ;  .  .  .  ?  , 

StrassenbrUdlien. 

hU  MabUig«  fiMilnili 

Aargan   .  .  .  Landstrafienbrücken     88  173in.(Rbeinfelden).   .  9,»m.(Aaraa) 

Ortsvorbindun^'sstr. .  378 

Appenzell  A/Rh.  Grüiiei  e   64  100  ,  (Hundwylerlobei)    6,o  , 

Appenzell  I/Rb.  OiOfiere  m  ,  (?) 

Baselland.    .    .  71    41,«,  9,t  , 


n 


Boselätadt 
Bern   .  . 
Freiburg  . 
Genf  .  . 
Glarus .  . 
GraabOnden 
Luxem 
Neuenburg 
Nidwaiden 
Obwalden 
St.  Gallen 


17  250  .  (JohuBitcr  Rhtiabriek«)  H,«  , 

des  Staates  .  .  .  G70  224  ,  (kirch«iifeldkri(ke  Ben)  14,t  .  (SjdKlkr.  B<rii). 
Hauptstraßenbräcken  Ibti  £46  ,  (lili(thrick«  Ifniktfg) .  8,4  ,  (ü^w  4ir  <Uiii> 

Stadt  Qenf.  ...      6  190  ,  lü.o  , 

93    47  .  5,4  , 

(?)     (?)  (?) 

Kantonaatrafienbr.  .Uli  146,t,  (Seebr.  Liiiem)  .  lö,o  ,  (Seebr.  Lni.) 

Hanptfltnfienbrack.     28  54  ,  (liullmdttttiMBMbt)  7.«  ,  (P.itSimini) 

27   7a,s  6,0  . 

Lftndfltrafienb.Li.ll.KI.    27  51  .  (flb.  d.  Scbtiere)  .  6^  » 

St  i  >tH  tiaß(^nhrack.      79  174  ,  (kitkrk.  ShMkinH) .  8^1  .  (Sttterbr.St.) 
Gemeindestraßenb.  .  97 
H6k.  BbeinbrQrken.  13 


WwtrVf  Tolfeiwlrtli«obftfti-L«xlkoB  der  a«hir«is.  |4 

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Stratten 


—    210  — 


Zkht  Or Amm  tOag»  GrtoM  Unit* 


SehalThauMii 

55  114  « 

7^  , 

(?) 

äoiothum 

n\ . 
1U,J  • 

TcMID  ... 

.  SchAtmng  .... 

1-24  290  , 

(Aaoona)   .  .  .  7^  , 

TTjurgaa  .  . 

S6  133^. 

9a  . 

Lri  .... 

f?)  (?) 

(?) 

Waadt .   .  , 

(?)  (V) 

(?) 

Wallis  .    .  . 

CO  et) 

(V) 

ZQrich .    .  . 

Slraaeobrfick.L-aKL 

936  m  , 

(Rheinbr.  Plaaeh)  SO  . 

(V'  (V) 

:{39H  re^.  unter  Berflckflichtiguog  der  Kantone» 

welche  keine  Angaben  machten,  rund  4000. 


Baako«(t«n  ier  Stnisen« 


flaipUtran«! 

.Uii:r.d.NlMtfi 

.Udilitfl 

K  a  u  t  u  n  e 

h\t  hü 

ia  iiti 

Uli  •  h\s 

llkW-l^ 

Fr. 

Fr, 

Pr 

Fr 
r  r. 

Aargau  .... 

(L 

Kl.) 

8.665,100 

219.400 

460,300 

9,350,800 

Appenzell  A.'R1l 

(seit  1850» 

369,000 

8,716.000 

4,500,000 

A(ipen2«Il  l.-Rb. 

a 

Kl.) 

373.51X1 

iV) 

DiUeiiaiKi  ... 

-2,618,000 

2iä,7^i 

74,244 

Basebtadt .   .  . 

(I. 

Kl.) 

1,357.000 

856.000 

minim 

S.S13O0O 

B*-rn .    ,       .  . 

51,1<j8.'xk^) 

3,1"-»  "f'M 

riS.:nn,7(>f) 

Freiburg   .   .  . 

(I. 

Kl.) 

b,b.^l.000 

1,991,820 

431,000 

11,273,!S20 

Genf  

(I. 

KL) 

5,748000 

4.370,937 

(?) 

10,018,337 

fJIririH  .... 

l.l'r.fitf» 

(?) 

I,i75/K>0 

Graubiiudeu  .  . 

13,  <  .t.>,.'Ali> 

(?) 

(?) 

13,75:i.;u;<> 

Luxem  .... 

(I. 

Kl.) 

4,533.000 

74,153 

115.9K4 

4.723,1.37 

Neuenburg     .  . 

(I- 

Kl.) 

2,554,r)00 

l,ii3.o«i(; 

81,-2-2tl 

,3,74,S,792 

Mdwalden .   .  . 

9-2-2,  KX) 

Io«;,0(jo 

2<j,0(j(j 

1,054.400 

Obwalden  .   .  . 

2r..r»06 

92,990 

1.113.790 

St  (iailen  .    .  . 

(I. 

Kl.) 

r).7_'2,ooo 

.390,(X)0 

2.200,1100 

8.3I2.0f)0 

.S<;hafIhauseo  ,  . 

(1. 

Kl.) 

l,3ti7.30u 

2.5-2.000 

109,187 

1,788,487 

Schwyz  .... 

4,(hJr.,iMW> 

(Vi 

(V) 

i,o20,00() 

Solotburn  .    .  . 

(I. 
(I. 

Kl.) 

3,r)Sl.»J00  ca.  126,554 

ca.  126,000 

3.936.5.54 

Tes-siu  .... 

Kl.) 

10,025,700 

350,000 

350,000 
(?) 

10,72.5.700 

Thurgan   .   .  . 

(I- 

Kl.) 

.38  503 

0,045.r>03 

Uri  .   .   .   .  . 

2,757  ,<J00 

Cf) 

(?) 

2.757,000 

Waadt  .... 

60  210,rK)0 

3,335,515 

1,137.199 

64,982,71t 

Wallis  .... 

10,OS(t.".<HI 

m 

l(),t>sii.,'i(»0 

Zäricb  .... 

18,986,U00 
646,000 

693,841  0.1.100.000 

20,779,M1 

Zug  ..... 

(?) 

646,000 

2.")9,(i-25.M7 

Band,  Subrentionen  an  Alpen«  and  Militflrstrafien  4.-2(J<).(kj<j 


ToUl  263,8^,817 

Anmerkungen:  Aanfau.  Der  Staat  bctheiligt  sich  beim  Bau  vun  Land- 
straßen in  diT  Kf^p"!  'Inn  h  Fcbcrnahme  von  '/s  der  Kosten  :  dio  ülirig^en 
fallen  den  intereH8irten  Gemeinden  zur  Last^  von  den  Kosten  der  Ortuverbindungs- 
Btraßen  Uberuimmt  der  Staat  V**  Oemeinden  */&.  Die  Erstellung  von  Fuß« 
nnd  Faknregen  iat  gKoslieh  Sache  der  Gemeinden.  <—  App9n§M  A.^JRh.  §  4  dee 
Straßcngcsetze*-  vm  1881  ;  Der  Bau  von  Straßenlinien,  Mamutt  der  Entellnng  der 
nöthit^'en  Brlickenbauten,  liegt  den  Gemeinden  ob,  auf  il  reu  Gebiet  sie  zu  erstellen 
»ind  Apptmi'U  I.-Tth.  I>if  Baukosten  der  Land»<tralj.*n  wt-nlcii  pnn?:  vom  Sta.ite 
bestritten;    bei  der  Erstcilung  von  neuen  (jreujeiude>traljt;ü  partizijiirt  der  Staat 

mit  Vs  ^  BankMten. —  BaieUuHd,    Der  Staat  bestreitet       ^  Gemeinden 


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«trafien 


—    211  — 


SlraOen 


der  BankoHtpn.  —  Ba-iclsiadi.  Die  Ar1:iL^.-  von  Btraßen  ist  in  finanzieller 
Beziehung  ganz  Sache  des  Staates.  Den  Luudgüineindeu  liegt  nur  die  ErsteiiuDg 
TOD  Fddwegen  ob.  Stadt  und  Stut  Ba«el  nnd  in  Boing  ftof  das  StrafiMiwMea 
identiMh.  —  Bern.  In  die  Kosten  der  Staatsstraßen  L,  II  and  HI.  Klasse 
tbeilen  pich  Staat  und  Gemeinden  ungefähr  zu  gleichen  Uülften  (1877 — 1888 
der  Staat  Franken  1,208,600,  'Ii-  Gemeinden  l,2iiJ,300  Franken);  die  Leistungen 
der  Gemeinden  bestehen  meist^iid  ui  der  Uebernahme  der  Entschädigungen  an  Grund- 
besitzer. An  den  Kosten  fttr  die  Korrektion  bestehender  Staatsstraßen  partisipirt  der 
•Staat  mit  nrka  */<>  Gemeinden  mit  airka  '/« ;  an  die  Baakosten  Tun  Stiaßea 
IV.  Klasse  (Gemeindestraßen)  leistet  der  Staat  zirka  '/s,  die  Gemeinden  xirka 

Ltieern.  Bei  Anlage,  Erweiteruni;^  orler  Korrektion  einer  G.^mtinilestraßo 
Übernimmt  der  Staat  1)  die  Projektirungsarbeiten ;  i?)  die  Kiuihtbiiuten,  als  Butt 
der  Brücken  und  Dohlen  über  45  cm  Breite  und  Höhej  3)  die  Lieferung  der 
«tforderKolten  Strafienmarobsteine  und  Wegweiser;  4)  die  Leitung  nnd  Beanf- 
stobtigong  der  Arbeiten  durdi  vutu  Staat  bezahlte  Aufseher.  Die  HerbeischatTung  des 
sSmmtliohen  Materials  zu  den  Kunstbanten,  die  Zufuhr  und  das  Setzen  der  Strußen- 
marchsteine  und  der  Wegweiser,  sowie  alle  übrigen  Kosten  und  Leistunircn  fullwn 
den  betreffenden  Gemeinden  zu.  Nr.  1  und  4  Übernimmt  der  Staat,  obwohl  ge- 
-setslidi  bieau  Didit  verpfliehtet,  auf  ein  diesbezügliches  Qesn«tb  hin  amob  bei 
-^ffentlidien  Gttterstraßen.  Bei  sehr  bedeutenden  Bauten  oder  an  IJkonomisdi 
aehiraclw  Gemeinden  kann  der  Große  Rath  ausnahmsweise  Staatsbeiträge  be* 
willigen,  welche  jedoch  den  vierten  Theil  der  Kosten  ninht  flberstoigRn  dürfen. 
Für  Gemeindestraßen  mit  besonders  beschwerlichem  Unterhalt  kann  der  Kegierungs- 
rath  mit  Genehmigung  des  Großen  Rathes  einen  oder  zwei  Straßenkneohte  auf 
Becbnang  des  Staates  anstellsn. 

Neuenbürg.  Diu  Gemeinden  betheiligen  sich  am  Bau  neuer  Kantonsstrafiea 
mit  der  Staat  mit  "/♦•  —  Nidwahlrv .  Der  Staat  bezahlt  an  die  Erstellungs- 
kosten  der  Gemeindestrnßen  die  Hiilltt-.  St.  (rullen.  Der  Staat  unterstützt 
den  Gemeindestrußtiubau  u.  durch  uneutgeltlichü  Anfertigung  der  wichtigeren 
6trftßenprojekte ;  6.  dureb  flnanrielle  Beitrüge,  wenn  die  betheiligte  Gegend 
1  11  1  lie  Bauten  allzusehr  belastet  würde  oder  w<  nn  ein  allgemeine»  Bt  diSrfniß 
den  Bau  einer  Straße  wünsobbar  erscheinen  läßt.  Bisher  beliefcn  sieh  diese  Bei- 
träge auf  20 — 40%.  —  Schaff hanften.  Der  Bau  von  Straßen  1.  Klasse  ge- 
schieht ganz  auf  Rechnung  des  Staates,  derjenige  von  Straßen  XI.  Klaase  zu 
^pleichen  1%eilen  iwisoben  Staat  nnd  Gemeinden.  —  Soloihurn.  Die  Gemeinden 
partizipiren  an  den  Siraßeiinenbanten  mit  zirka  öO  7ot  i^od  umgekehrt  der  Staat 
am  Neubau  von  Gemeindestraßen  mit  50  ^/o.  —  Waadt.  Die  Gemeinden  zahlten 
*/io  an  die  Baukosten  der  Straßen  I.  Klasse  und  */to  an  die  Straßen  II.  Klasse. 
ITon  1890  an  ist  das  Verhältniß  für  alle  Straßen  "/t»  >i"(l  V'o-  Am  Bau  der 
^meindestraßen  betheiligt  sich  der  Staat  mit  ^/lo  der  präsumtiven  Kosten.  -~ 
'E&rich.  Der  Ban  der  Straßen  L  Klasse  ist  Sache  des  Staates,  angenommen  den 
'Transport  der  dazu  erforderlichen  Materialien  (Erdtransport  nicht  inbegritfen),  die 
Entfernung  des  Abmiimes,  den  Schneebnich,  die  Stellnng  von  HUlfsarbeitern  nnd  die 
Anbringung  von  Wegweisern  und  Schneezeichen,  welche  Lpistnngeu  den  politischen 
-Gemeinden  obliegen.  Der  Bau  der  Straßen  II.  und  III.  Klasse  ist  Sache  der» 
Jenigen  politisoben  Gemeinden,  duroh  deren  Bann  sie  sieh  aieben.  Fttr  die  Straßen 
II.  Klasse  übernimmt  jedoch  der  Staat  auf  seine  Kosten  die  ersten  technisoben 
Vorarbeiten  und  die  Bauaufsicht;  ferner  iilicrnimmt  er  */«  —  der  Baukosten. 
Außerordentliche  Anlagen  wie  Trottairs,  StraßenpEaster,  Abzugskanäle  etc.  lallen 
,giaa  den  betreffenden  Gemeinden  zur  Last. 


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Straßen 


—    212  — 


Ausgaben  fttr  den  lanfendeii  ünterhRlt  der  Straßen,  1888  oder  jährlich. 

(Landstr.  131,700;  OrtsverbinauQgastr.  130,m) 


Aargau  .... 
App«nzell  A.-Rh. 
Appenzell  L*Rh. . 

Ba.selland  .   .   .  66,483 

Baselstadt  .   .   .  106,000 

Bcra   660.000 

Freiburg    .  .  .  144,000 

Genf   175^ 


14H,;iOO  113,700 
130,000  ca.  30,000 
10.570 

44^78 
nnbed. 


(?) 
(W 
(?) 


65,434 

15,<J<J0 
H.073 

465,000 

47.500 


34.751 

±,000 
3,100 


Glarus 
Graabündeo 
Luxem  .  . 

Xf'uonburg . 
Nidwaiden  . 
Obwalden  . 

St.  Gallen  . 
Schall  hausen 
Schwyz  .  . 
Solothurn  . 
Te^in  .  . 
Thurgati 
Uri  ... 
Wtiaill  .  . 
W.illis  .  . 
Znrich  .  . 
Zug  .   .  . 

Anmerkttiigea.  Aargtut, 


77,691 
218,313 
1S4,700 


(?) 


352,300  (?) 
310.413  ca.  80,000 


Staat  '/s,  Gemeindon  */*• 

Den  Landgd.  liegt  nur  d.  Unterh.  d.  Feldwege  ob» 

Staat  samt  nidiO  an  die  Gemaindestraßen. 


Sehneelvnch  nicht  geredmet  * 

Nur  für  Kantonastr.,  th«  l  BHctti,  f  tlm  »lt.  {\l,m  Fr.V 
Die  Gemeinden  imtorlmlten  nur  <lic  Viciiialwece. 
Staat  zahlt  den  (.iemeinden  im  Maximum  50  70,^ 

270,000  Fr.  Staatsstr. :  195,000  Fr.  f.  Gemeiudeslr. 
D«r  l'al«rhilt  itt  Und-  sod  Vicio^ku^ivstD  ist  iitit  Sack«  in  Stiatdi. 

.Vur  für  K;inton«.-tr.,  Staat  '^  n,  Gemaindeil 

Kür  die  Staats-  uud  Kreisstraßen. 

Für  Str.  1.  u.  0.  Klane,  bkgrifa  Km.  jttri.  H^h^ 

FQr  Straßen  I.  u.  IL  Klasse. 

Für  Straßen  L  u.  IL  Klasse. 

Der  Unterheit  der  Landatrafien  wird  dorok 


den  Staat  besorgt«  ebenso  der  ünterhftlt  der  Brücken  nnd  ConÜBsen.  Die  GemeindeiK 

haben  dem  Staate  nur  die  Kosten  für  Fuhrl'-^tnn^en  (Kicsauffuhr  und  Schutt- 
abfulir)  rückzuvergliteu.  Der  Uiitcihiilt  der  ürtöverLiiidungHstraßen  mit  den 
Brücken  und  Coulissen  ist  Saclie  der  Gemeinden.  Der  Staat  betheiligt  sich  dabei 
nvt  ditieh  EroeDOung  nnd  Besoldung  des.  AttfaichtspersonaU  und  den  üatnrhalt 
des  WerkgeaehuTB.  — >  Appenzell  A.-Rh.  Der  Unterhalt  der  Straßen  aller  dr« 
Klassen,  sowie  der  betreifenden  Brücken,  ist  Sache  des  Staates.  —  Appenzell 
I.'Wi.  Der  Unterhalt  der  Landstraßen  ist  ausachlielilich  'Mchv.  des  Staates.  An 
den  Unterhalt  der  Gemeindestraßen  leistet  der  Staat  6  —  7  Rp.  per  lautenden 
Fuß  bei  Straßen  von  U— 16  Fn6  Br^te,  4— ö  £p.  bei  eohmäleren  Straßen.  — 
Basfltittdt.  Alle  Straßen,  Feldwege  in  den  Landgemeinden  nieht  inhegriffen, 
werden  vom  Staat  unterhalten.  —  Freiburg.  Die  (Jemeinden  partizipiren  am 
Unterhalt  der  Kantonsstraßen  und  der  Staat  mit  */&  am  Unterhalt  der  Gcmeinde- 
straikin.  Die  ansnnhmsweise  hplanteten  Gemeinden  erhalten  besondere  Subsidien. 
—  liuzern.  Die  Kantunüstrai^u  werden  durch  den  Staat  unterhalten.  Die 
Gemeinden,  daroh  deren  (Gebiet  die  Kantonsetraßen  führen  and  denen  dieselben 
eine  Gemeindestraße  ersetzen,  sind  jedoch  zu  einer  Beitr8|^eistang  verpflichtet, 
welche  dem  Unterhalt  einer  Gemeindest  ruße  von  gleicher  Länge  entspricht.  Die 
Gemeindestraßen  sind  durch  die  Gemeinden  allein  zu  unterhalten,  die  (UFentlichen 
GUterstraßen  durch  die  Gemeinden  uud  die  Anstöl^er  gemeinsam*  —  Neuenburg. 
Der  Staat  anterhXlt  alte  Eantountraflen,  die  Gemeiaden  ihre  Vioinalwege.  — 
Nidwaiden  besahlt  an  die  UnterhaltnngekoBten  der  Gemeinden  im  Maximum 
die  HXlfte.  —  St.  Gallen,  Die  Staat«.straßen  werden  vom  Staat  nnterhalfen. 
Da,  wo  Gemeinden  auf  dem  Straßenzuge  einer  Sttiatsstraße  ein  Gns^pnuda'ster 
erstellen,  leistet  der  Staat  der  Gemeinde  einen  Beitrag,  gleich  den  Kosten  dea 
Unterhaltes  einer  gleichen  Straßenstrecke  ohne  Pflaster.  Der  Unterhalt  der 
Gemeindeatraßen  in  der  ganzen  Ausdehnnng  dea  Gemeindegebietes  ist  Sache  der 


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Straßen 


'213  — 


Straßen 


^litifloben  Gemeinden.  In  demMlben  iet  inbepito  die  Oeffhong  bei  Anblafang 

Ton  Schnee.  Denjenigen  politischen  Gemeinden,  in  wekhen  die  Kosten  des  Unter- 
haltes der  Straßen  II.  Klasse  neben  den  anderen  Geroeindelasten  eine  anfsnahme- 
weise  Höhe  erreichen,  ohne  daÜ  ihn<>n  dnrrh  die  Erhebung  cinzflner  Straßen  «u 
StiiatMstraßen  eine  Erleichtert) ng  vert^chatit  wird,  leistet  der  Staat  an  die  Unter- 
hallakeeten  einen  nngemeeaenen  Beitrag.  (DieebenBt^die  jShrliehe  Anagabe  in  den 

ietiten  Jabren  10,000  Fr.  —  8eheiffkau8»n.  Der  Staat  nnterbXlt  Bovohl  die 
Land-  als  die  Yicinalstraßen.  —  Solothurn.   Am  Unterhalt  und  am  Ausban  der 

•Gemeindestraßen  betheiligt  sich  der  Staat  mit  */s,  di»^  Gemeinden  mit  '/s.  — 
Tcasin.  Seit  Ibbd  fallen  sämmtliohe  Stroßenunterbaitungäkosten  dem  Kanton  zur 
Last.  —  Thurgau.  Die  Geneindw  bebw  ihre  Straßen  (III.  Klaeee)  ganz  auf 

•Mgene  Koeten  so  tmterbalten.  —  WaaäL  Die  Geneindea  beCbeiligen  sieh  am 
Unterhalt  der  Kantonsstraßen  II.  Klaaae  mit  Zufuhr  von  Material.  Der  Unter- 
halt der  nicht  kla^sifizirten  Straßen  li^^et  L'anz  den  Gemeinden  ub.  —  Zürich. 
Der  Staat  hcHurgt  don  Unterhalt  der  Stniiieii  1.  Klasse  (den  Gemeinden  liegt  der 
i'uhrdienst  objj  die  Gemeinden  denjenigen  der  Straßen  II.  und  III.  Klasse,  doch 

bestreitet  der  Staat  die  Beeoldnng  der  Straßenwirter  anf  den  Straßen  II.  Klasse. 
An  Gemeinden,  deren  Straßen  IL  nnd  III.  Klasse  dnroh  Abfnlir  von  Holz  ane 
den  Stuatswaldiingen  oder  Ansbentnng  von  Staatsbergwerken  erheblioh  gesohSdigt 
werden,  zahlt  der  Staat  eine  angemessene  Entschädigung 

Die  Verwaltung  des  Straßenwe^ns  ist  in  allen  Kantonen  so  ziemlich 
Aach  dem  gleichen  System  geordnet,  indem  entweder  Baudepartemente  oder  die 
JtegiemDg  a]«  aoldie  ^e  AnlUobt  fttbren.  Fttr  die  direkte  Leitung  nnd  Beanf* 
.auditignng  des  Straßenwesene  sind  Oberingenieure,  Straßeninspektoren  und  das 

const  nöthige  technische  Personal  angestellt.  Die  Eidgenossenschaft  führt  laut 
Art.  37  der  Bundesverfassung  die  Oberaufsieht  im  Besondern  tiber  die  Jr'ost- 
■«traßen  und  Uber  die  internutinnalen  AlpenpSsse  (h.  Band  I,  Seite  34). 

Es  bedarf  keiner  weiteren  Ausführung,  daß  die  Bedt  utiiiig  manf  her  Straßen 
für  den  Verkehr  seit  dem  Ausbau  des  reich  verzweigten  Mchweiz.  Eisenbahnnetzes 
snriloktrittk  Namentliob  wird  der  Gütertransport  sosnsagen  gana  Ton  den  Eisen« 
babnen  aufgesogen.   Dagegen  ist  an  beaobten,  daß  die  mlohtige  Ansgestaltnng 

des  moUrnen  Transportwesens  den  Güteraustausch  onorm  gesteigert  hat,  so  daß 
der  Aiinfall  der  Straßen  am  großen  Güterverkehr  durch  den  Nahverkehr  mit 
den  Bahnstationen  vieltach  mehr  als  aufgewogen  wird.  Der  i'ersonentrauMpurt 
■aber  bat  sich  aus  denselben  Ursachen  weit  Uber  das  früher  gewohnte  Maß  aus- 
:gedebnt,  so  daß  die  Erstellnngs-  nnd  ünterbattnngskosten  selbst  der  großen 
Alpenstraßen,  etwa  mit  Ausnahme  zeitweise  des  Simplon,  des  Bernliardin  und 
des  Gotthard  seit  der  Vollendung  des  Tunnels,  durchau«  ni.lit  als  unwirthschaft- 
liche  Ansingen  anzusehen  sind.  Das  zeigt  sich  neuerdings  darin,  daß  man  sieb 
•ernstlich  mit  dem  Bau  einer  GrimselstraLie  beschäftigt. 

« 

'■"V'iVon  den  Wasserstraßen  handelt  der  Artikd  , Schifffahrt*. 

''''^  Literatur?  Seit  dem  monumental  angelegten  Hauptwerk  von  Ingenieur  Bavien 
„Die  Straßen  der  Schweiz"  (Zürich.  Orell  FiiÜli  \-  (Vuy.  1878)  werden  die  Forlschritte 
•der  Forscbnng  durch  folgende  Werke  bezeichnet:  für  die  Römerzeit:  i.  Näher,  „IHe 
^dmisduH  Mäitärstre^en  mnd  Handehufege  in  der  Sdtweiä  und  in  SüdteeitdmUeh' 

Inn!"  (2.  Aufl.  Straßburg.  Noiriei  ISSS»;  für  Mittelalter  und  X.  uzcit:  die  vnrlrefTlichen 
Abhandlungen  von  Oehlmann  im  ^Jalirbuch  für  SchtceizergtadUdde  1878  — 79"^  die 
sorgfältige  Untersuefaung  von  CamUh  Fewre,  «b«fMia  t88H,  zusammenfassend  und  weifer- 
fübren'i :  (rcering,  yllandd  und  Industrie  der  Stadt  Band"  (Basel,  Schneider  IS--»»), 
.baupt!<achhch  Kap.  III  und  VUl.  Als  populäre  Darstellung  verdient  C  Veyer^  „GtHchickte 
«ies  Betten*  m  der  8<lKwtis*  (Basel.  DeUoff  1886)  Erwähnung. 


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Straßenbahnen 


Strike» 


Stni8S6IllMthnen.  Unter  dieser  Benennung  Nind  solche  Ekenbahiu  n  zu  ver- 
fitehen,  deren  Gelei^io  auf  ötfentlichen  Shalien  liegen.  In  Eozng  auf  die  Bau-  und 
BütriebsvL'rhiiltniHse  ik-r  Stiäßenbahneu  zcrfallL-n  diese  zunaohbt  in  sug.  Tramway»» 
oder  atäiUiHobe  &>traß«ubHhnea  und  in  Straljeubuhnen,  welche  nach  Bau  und  Be> 
trieb  SU  den  Normal-  oder  Spesialbahnen  gerechnet  werden.  Naohstehend  folgt 
daa  Yerzeichniß  der  siAweiz.  Stmlknbahnen  mit  Angabe  der  vun  denselben  be- 
nutzten Straßenlänge  und  der  Eiutheüong  der  Linien  in  der  Eiaeqbahnatatiatatc 
nach  dem  Bestand  auf  Ende  1M87;  , 


BaUmuaUroehiiituig 

ätrMII(>D>AUg0 

F.iiitheiinng 

33584  m 

Normalbahn, 

Krieufl-Lmtem-Balin  .    .  . 

1998  , 

• 

Spenalbaihn. 

Birsigihalbabn  .    ,    .  • .  . 

2571  . 

Fraiieiifelil  Wyl     ,    ,    .  . 

14610  , 

* 

Geiieve-Veyrier  .... 

24.->(;  „ 

Lauaanne-Echallons 

1ÜJ<17  . 

Waldenborgerbalui     .    .  . 

lOOOG  « 

• 

Gknfsr  Tramways  .... 

9221  . 

Tramwaya. 

Tramway  in  Biel  .... 

4*? 72  . 

• 

Zürcher  Tramway     .    .  . 

Knio  , 

Gesammtlange 

9Ö57U  m 

Sfrickorei.  Dieser  IXausindustrierwei«!:  parexeellenre  b*'s;rliäftij.,'t  nfiln»/.ti  ilOOO 
Pernunen.  gibt  ziemlich  viele  Fabrikanten,  weiche  2u — 100  Persoueu  be- 
acl)äftigen.  Das  meiste  ht  Maschinenarbeit.  18t>7  wurde  die  er^te  Strickmaschine 
(auB  Amerika)  eingeftthrt,  dann  kam  eine  dentiolie.  Anfangs  der  70er  Jahre 
entstand  indeß  eine  Fabrik  iu  Scliafflmusen  (Firma  Angst  &  Schneider),  welche 
viel  leistungsfh'hiiTcre  Maschinen  luratellte  und  vorzüglich  damit  reussirte,  Ihr 
iblgte  eine  zweite  Fabrik  in  Cuiivct  (Neuenbürg).    Vgl.  „Wirkerei". 

Strikes.  (VerfB««fr:  Hr.  Werner  Krebs,  Sekretfir  des  Schweiz.  Gewerbe- 
vercins.)  Die  Bezeichnung  der  Arbeitseinhteliaugeii  ^tiauzösiüch  Gr^ve)  mit  dem- 
engliaoben  Worte  „Sirike'*  (s^  Schlag,  Streich)  hat  sieh  aach  in  der  deatschen. 
Sprache  HO  mein  eingebürgert,  daß  sich  eine  der  englischen  Ansvpraehe  ent- 
sprechende Schreibwei.sc  enipfii'hlt.  Trotz  dieser  eiiji^liselien  Wortabstammnng  dürfen 
wir  die  S^^reiks  nicht  als  ein  aus  Kn^^laud  resp.  Amerika  importirtes  tremHnrtige«? 
GuwHcbs  in  unserm  wirtbschal^liohen  Leben  bezeichnen.  Zugegeben  auch,  daß- 
nirgends  wie  in  dieeen  Ländern  die  Geschichte  der  Streiks  eine  so  große  und 
bedeutsame  Boll»  spielt,  so  lehren  doch  die  Chroniken  der  acbweixerüchen  und. 
dentsehen  StVdte  zur  Genüge,  daß  daselbst  sohon  int  MiUekUier  Khnliohe  £r- 
scheinangen  zu  Tage  traten. 

Fast  jede  gewerbsame  deutsche  Stadt  hatte  frühe  wchou  ihre  Uandwerkcr- 
unrubea,  Gesellenauszüge,  Aassperrungen,  Yerrufserklärungen  von  Meistern  u.  s.  w. 
Die  Menge  der  deßhalb  erlassenen  BMchagesetse  nnd  Besohlflsse  teugt  hinlänglich 
Jon  dem  Unifange  nnd  der  Tiefe  des  üebels.  Jene  Ktihe.'^törungen  hingen  en^e 
mit  dem  Zuufitoesen  zusammen,  nie  waren  damals  wie  heut(  (mik-  Knu  ht  der 
sozialen  ZeitverhnltnisHe;  sie  verschwanden  mit  der  Auflösung  der  Zünttr,  um 
unter  der  Herrschaft  der  Gewerbefreiheit,  unter  der  Herrschaft  der  groljindu- 
striellen  Gntwicklung  in  modemer  Form  wieder  anfrnleben. 

Schon  im  XII.  Jahrhundert  sind  Streitigkeiten  swisohen  Handwerksmeistern 
und  Gesellen  dnrch  die  Zunflgeriohte  entschieden  worden ;  schon  damals  bestHnden>. 
neben  den  ZUnften  der  Meister  geheime  €h)sellenverbSnde,  welohe  viele  Arbeits^ 


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Strikes 


—    215  — 


Strikcft 


einstelluDgen  bewerkstelligten  und  defibalb  durch  ZonftbesoblOdM,  CresetM  und 

.Polizeigewalt,  oft  fruchtlos,  aafgelüst  und  verboten  wurden. 

Laut  „ Volkfäwirthsphafts-Lexikon^  [I.  Eil.,  p.  IJOG)  liatte  Basel  im  Jnhre 
1471,  iilso  kurz  uuch  Kiiifiihniiijt,'  der  Hiirl\druckerkunf>t.  rinou  liwlidni'  kerstreik. 
Noch  Irliliere  Urkuudea  diet^er  lubtituuun  sind  im  Archiv  «lor  Stadt  Baden  zu 
finden : 

,1+21.  (loa  9.  Heuinonat.  Burgermeister  und  Rätbe  der  Stadt  Zilricli  thun  kund, 
daß  swiscbeo  den  ZunAmeistera.  Meiiftem,  Zünften  und  GeseUschatlen  der  Schuhaiacher 
einestheils  und  den  «Sehohkneehten*  oder  Gesellen  andemtheilit  in  den  Stftdten  Kon- 
stanz, T't  herIiiii.'oii,  Sohaffhausen,  Winterlhur,  Luzern,  Aar:iu,  BrtMii^^nrti'ii,  Builon,  Bni(.v, 
Kaiserstuhl  und  Loffenherg  (Laufenhurg)  Hißhellungen  wegen  augebUcher  Lasten,  die 
den  Gesellen  von  Seiten  der  Mevt«*  zngemuthet  wurden«  bestanden,  ele.  Die  Sdiuh- 
knochte  hieltfii  ilireri  ^Mayfii*  f'n-(IltMiV('r>aint!iInn^''i  in  Zürich  und  übertrugen,  im 
Eiüverbtäiidnitö  mit  den  Meistern,  den  gütlichen  Entscheid  dem  Ralli  der  Stadt  Zürich. 
Die.ser  vei^lich  dahin,  daß  kfinfti?  aller  Hader  vergessen  und  die  Gesellen  von  den 
MoI-Iltii  hülifj  behnntit'lt  worden  sollten;  die  Krsforn  «mllon  ihro  Klapen  nur  \>v]  lirr 
Zuuft  oder  den  Wdliiisilztiehurdcn  anbringen,  nicht  aiier  bei  auswärtigen  üerichteu 
Recht  suchen;  das  Höht,  tinen  .Mayen'  zu  hallen,  einen  «KAnig*,  aS<^httltbei6*  und 
pWeibel'  zu  wählen.  lilciM  den  Gesellen  gewährleistet.* 

müssen  aber  die  8treiti^k>^it*'n  mit  'h  n  Schuhknechten  fortgedauert  haben, 
denn  ein  vom  Augmtt  1428  datirter  iSpruchbrief  de«  Rath«  zu  Kheinfeldun  be- 
stätigte den  TorerwShnten  Entscheid  mit  AusnAhme  des  Beohts  der  Gesellen, 
«Mayen*  in  halten«  »König,  Schultheiß  und  Weibel*  sn  wShlen.  Die  Schuh« 
knechte  mußten  schwören,  im  Uehertretunfsfalle  als  HMneidige  das  Leben  ver- 
wirkt zu  haben. 

14.^1  saßen  in  Baden  mehrere  daselbst  in  Arbeit  gestandene  deutsehe  GUrtler- 
geaellen  gefangen,  „weil  «ie  sich  Uber  Meinter  und  tieselleu  ihres  Handwerks  eine 
Geiichtabarkeit,  die  nur  dem  Ratbe  zusteht,  angemaßt  und  ihre  Mitgeeelien  will- 
kttrlich  mißhandelt  hattra*.  Sie  mußten  Urfehde  schwören. 

Ein  Streik  dmr  Schmiedegesellen  in  Baden  im  Jahre  1475  beschKftigte  selbst 

die  eidgenöHsische  Tagsatzung,  welche  hierauf  eine  Verordnnng  ttbei*  das 
Verfahren  hei  solchen  Streitigkeiten  erließ. 

Ein  Streik  der  Kolmarer  Bäckergesellen,  in  welchen  auch  die  kirchliche 
Brüderschaft  der  Basler  Bäcker  verwickelt  war  nnd  der  sich  schließlich  von 
Basel  über  daa  ganze  Elsaß  und  Breisgau  erstreckte,  dauerte  von  1495  bis 
1505,  also  10  Jahre!  Stadtbehörden  und  Gerichte  konnten  nichts  ausrichten, 
erst  die  groß<i  beidseitige  Noth  zwang  zum  Friedensschluß,  der  durch  ein  Sdiieds- 
gericht  f  iriiuilirt  wiinU-.  Di«;  Bückerzunft  von  Kolmar  hatte  nach  heutiger  Währung 
Fr.  1U7<)  Koitti»  m  zahlen. 

Frankrt'ich,  Kiuflnjul,  Italien  hatten  im  Mittelalter  älmliche,  zum  Tiieil 
weit  bedeutendere  Störungen.  Die  Forihrungan  jener  Zeit  waren  von  den  heutigen 
wenig  verschieden ;  sie  sielten  auf  Yerkttnuog  der  Arbeitszeit,  Lohnerhöhungen, 
Yerbeesernng  der  Verpflegung,  Anaschlufi  der  Frauen-  und  Kinderarbeit. 

Insbesondere  zu  Zeiten  der  Theurung  kam  7.u  vielen  Streitigkeiten,  wie 
denn  ülicrhaupt  die  Geschichte  der  Streiks  in  allen  Ländern  leltrt.  daß  sie  mit 
den  l^ctiverhalhti-stin  und  der  hidiern  oder  geringem  Arhul-thntnikfit  enge 
susammeuhangen ;  ihre  Zahl  und  ihr  Verlauf  geben  zum  Tht-ii  eiu  Spiegelbild 
der  wirthschafilicken  Lage.  Enden  die  Streiks  überwiegend  za  Gunsten  der 
Arbeitgeber,  so  Ittßt  sich  auf  Abnahme  der  Arbeit  —  nehmen  sie  dagegen  einen 
den  Arbeitern  gOnstigen  Verlauf,  so  läßt  sich  auf  eine  wachsende  Nachfrage 
schließen. 


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Strikes 


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Strikes 


Die  Schweiz  iet  in  den  letzten  50  Jahren  von  vielen  Streiks  heimgeendlt 
worden;  eine  genaue  objektive  Geschichte  oder  Sfafis^tik  derselben,  wie  sie  z.  B, 
in  Nordamerika  durch  das  statistische  Arbeitsbureau  in  Washington  und  in  Frank- 
Ttkok  betrheitet  wird|  exMirt  bd  nni  nieht;  ne  wHrd«  «dir  viele  intarewente 
Beiträge  waae  vaterlftndiecben  Knltargeaehiehte  liefern  kSnuen.  Ana  der  Zeit  bis 
1875  hat  sich  in  dieaer  Materie  unseres  Wissens  nur  Virior  Böhmert  in  seinem 
Werk  „Arbeiterverhältnisse  der  SehweiT:''  bethätigt;  außerdem  mußten  uns  die 
Tagespresse  und  die  Arbeiterliteratur  als  y,uellenmatprial  dieueu ;  eiue  objektive 
Berichterstattung  wird  durch  diese  oft  sehr  einseitig  gehalteueu  Notizen  ziemlich 
enohwert;  noch  weniger  wird  es  mifglich,  eine  volistänäige  Btreikchronik  der 
leisten  25  Jahre  sn  bieten. 

Selbst  uTiKere  größten  nnd  andancrndsteii  Arbeitseinstfllungen  '■iii'l  im  Ycr- 
hLiltniü  zu  den  bedeutenden  Streiks  in  Amerika  und  Eugland  nur  Bagatelle  ; 
dort  wird  die  Großindustrie  mit  ihren  rie^igeu  Fabrikstädten,  bei  uns  aber 
banptaielilicb  da«  Handwerk  und  Kleingewerbe  von  diesen  Stttrefrieden 
der  Arbeit  beunruhigt.  Die  weite  Verbrwitang  der  sebweizerischen  Industrie  Uber 
das  Land,  den  Wassorläufen  entlang  bis  za  den  höchsten  Bergdörfern  am  Fuße 
der  Gletscher;  der  Mangel  an  großen  Fabrikstädten  mit  einer  Massen- Arbeiter- 
bevbikerung  \  die  groi^  Versohiedenheit  der  i'roduktiun.saiittel ;  die  Ansässigkeit 
■0  vieler  Arbeiter,  welche  an  die  Scholle  gebunden  sind  und  ihren  Kohl  in  Rohe 
pflanzen  wollen;  die  liooh  entvridmlte  Eanaindnetrie,  namentlich  in  der  Textil- 
brandie,  in  welcher  die  Hausarbeiter  ihr  »ft  kostbare*  Arheitsgeräthe  selbst  be- 
sitzen ;  das  im  Allgemeinem  günstige,  fast  patriarebalisehe  Verhältniß  zwischen 
Fabrikbesitzer  und  Arbfiter  —  utid  andcr-j  wirtlischafilicbe  VerhSltnisse  erschweren 
das  Zustandekommen  von  Koalittontn.  Gewerkschaflen  sind  unter  den  Fabrik- 
arbeitern der  Schweiz  selten ;  fhst  alle  Vermiche  früherer  nnd  jüngster  Zeit  sind 
an  obigen  Umständen  gescheitert;  gewerkschaftliche  Vereinigungen  aber  bilden 
fast  immer  das  Fundament  der  Arbeitseinstellungen;  für  diese  ist  dabt-r  der 
Boden  deH  Kleingewerbcf^  in  den  großem  Städten  oder  gewerbreichen  Bezirken 
weitaus  günstiger,  und  hier  finden  wir  auch  weitaus  die  meisten  Streikfälle,  die 
bestorganieirten  und  nhlreiehst«!  GewericsohaftMi. 

Die  Geeetsgehnng  des  Bundes  und  der  Kantone  bietet  den  Arbeite- 
cinsteliungcn  nicht  jene  Schwierigki  itcn,  wie  sie  nnderorts  bestehen*  Dae  Polizei- 
Straigesetz  des  Kts.  Jhisd^iddi  bestimmt  in  s>  1(M  : 

,Wer  Andere  durch  Zwang,  Drohung',  EhrvcrlcUung  oder  Verruf!*erklät  uug  be- 
stimmt oder  zu  bestimmen  sueht,  an  Verabredun(;en  zum  Behuf  Erlangnti^  v^ünstigenr 
Lobn-  oder  Arijrit-bedinpiinpen.  besonders  durch  Einstellun^r  der  ^Vrbeit  oder  Entlar^sung 
von  Arbetleni,  Tbeil  zu  nehmen,  ebenso  wer  durch  sob-he  Mittel  Andere  Iiiudcrl  oder 
zu  hindern  sucht,  von  solchen  Verbindungen  zorfiekzutreten,  wird  mit  Haß  (bis  zu 
TaperO  bestraft.* 

Diese  (wahr.-elieinlich  in  der  Schweiz  eiuzig  duhlebeude)  lie.stimmnng  fand 
u,  A.  in  den  Jahren  lb84  und  1^86  Anwendung  gegenüber  den  streikenden 
Seidenarbeitern  nnd  Schreinern. 

Im  cidg.  Pabrthf/esctz  isodann  setzt  §  9  die  ordentliche  KUndigungsfri.st  auf 
14  Tage  ffst  nnd  liedroht  in  ^  ü'  Zuwiderhandlungen  mit  Bußen  von  Fr.  5 
bis  Fr.  5t>U.  Es  ist  uns  jedoch  kein  Fall  bekannt,  daß  diese  Bestimmung  bei 
Arbeitseinstellungen,  wo  die  Kündigungsfrist  nicht  eingebalten  worden  war,  An- 
wendung gefanden  bfitte. 

Um  eine  gedrängte,  wenn  auch  leider  nicht  vollständige  Uebersicht  über 
den  Verlauf  der  in  den  letzten  Jahrzehnten  in  der  Srhtceiz  stattgefundenen 
Streiks  geben  zu  können,  mUasen  wir  im  Allgemeinen  die  historische  Keihenfolge 


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Slrikes 


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Strikes 


beobachten,  mit  Ausnahme  von  solchen  Fällen,  welche  vermöge  ihres  Charakters 
und  ihrer  lokalen  oder  gewerblichen  Natur  enge  zusammengehören. 

Wie  wir  schon  angedeutet,  geben  die  Häutigkeit  nnd  rasche  Folge,  die 
Entstehung  und  d&n  Resultat  der  Streiks  ein  ziemlitth  genaues  Spiegelbild  der 
wirthschattlichen  Lage  ihrer  Zeit.  Wir  werden  im  Folgenden  sehen,  daß  in  den 
«og.  „guten  Jahren"  die  Streiks  häufiger  auftreten  und  5fter  zu  Gunsten  der 
Arbeiter  als  der  Unternehmer  endigen. 

Eine  der  ältesten,  wenn  auch  unbedeutenderen  Arbeitseinstellungen  unserer 
Zeit  war  die  in  der  Tuchdruckerei  Egid.  Triimpy  in  Glarus  im  Jahre  lb37 
«tattgefundene.  Streiturhuche  war  die  Einführung  einer  Arbeitsglocke,  welche 
.sich  die  Arbeiter  nicht  gefallen  ItiHsen  wollten.  Nach  14tägiger  Arbeitspause 
■war  Friede  der  Glocke  »erst'  Geläute". 

Nun  müssen  wir  volle  20  resp.  30  Jahre  überspringen  bis  zum  nächsten 
uns  bekannten  B'all;  wohl  mögen  die  politisch  so  stürmischen  40er  Jahre  nicht 
ganz  ohne  Störung  des  sozialen  Friedens  abgelaufen  sein ! 

In  den  Juhren  1857  und  sodann  wieder  1867  fanden  unter  den  Schuh- 
machern Zürichs  Bewegungen  statt,  welche  theils  gegen  die  früher  gebräuch- 
liche nSuppenkost",  theils  gegen  die  niedrigen  Luhnansätze  gerichtet  waren;  der 
im  Jahre  J8ö7  vereinbarte  Luhnturif  wurde  10  Jahre  spater  für  unzureichend 
befunden.  Die  Meister  waren  geneigt,  den  Arbeitern  entgegen  zu  kommen,  und 
schlugen  ein  Schiedsgericht  vor;  diu  Mehrzahl  der  Arbeiter  trat  aber  auf  die 
vereinbarten  Ansätze  nicht  ein;  der  „Putsch"  verlief  zu  Ungunsten  der  letztem; 
^ie  „Suppenkost*  wurde  zum  Theil  weiter  verabreicht  bis  1871,  wo  nach  noch- 
maligen Verhandlungen  die  Meister  ihrer  Abschaffung  beipflichteten  und  die  ge- 
forderte Lolinerhöhung  von  10 — 30  "/o  dem  „freien  Ermessen"  anheimstellten. 
Erst  im  Jahre  1873  kam  eine  definitive  Uebereinkunft  (Lohntarif,  elfstündiger 
Iformalarbeitstag,  allwöchentliche  Ausbezahlung)  zu  Stande. 

Wegen  einer  vom  Gewerbeverein  Chur  für  die  Stadt  erlassenen  „Gewerbe- 
ordnung" brach  am  5.  September  1859  daselbst  ein  Streik  aus;  die  Arbeiter 
verlangten  beim  Polizeipräsidenten  Hückzug  dieser  Verordnung;  er  wies  sie  auf 
den  gesetzmäßigen  Weg.  Die  Gewt^rbeordnang  wurde  pro  1.  Januar  1860  in 
Kraft  erklärt. 

Im  Jahre  1867  fand  eine  erste,  im  Jahre  1872  eine  zweite  Arbeits- 
einstellung in  der  Buchdruckerei  Georg  hfidel  in  Lausanne  statt.  Beide  Male 
bandelte  es  sich  um  Einführung  einer  Nornuilzahl  von  Lehrlingen ;  das  erste 
Mal  streikten  22,  das  zweite  Mal  18  Arbeiter;  beide  Streiks  wuren  erfolglos, 
es  wurden  sogar  noch  mehr  Lehrlinge  angestellt  und  ein  Setzeratelier  für  Frauen 
eingerichtet.  Der  Typographenbund  erklärte  deßhalb  die  Otlizin  für  seine  Mit- 
glieder geschlo.ssen.  Wegen  AusKch reitungen  gegen  die  weiter  arbeitenden  Ge- 
hülfen wurden  vom  Gericht  Geldstrafen  verhängt.  Der  zweite  Streik  endigte 
zudem  mit  einem  Preßprozeß  gegen  das  Verbandsorgan  „Le  Gutenberg",  welches 
wegen  Veröffentlichung  der  Namen  der  10  Nichtstreikeuden  kriminell  zu  Fr.  250 
Entschädigung,  Fr.  100  Buße  und  den  Prozeßkosten  (zusammen  ca.  Fr.  800) 
verurtheilt  wurde. 

Die  folgenden  6  Jahre  sind  reich  an  Arbeiterbewegungen. 

Eine  Ende  1868  in  Basel  begonnene  Arbeitseinstellung  von  600  Seiden- 
färhern  verlief  nach  wenigen  Tagen  vollständig  zu  ihren  Ungunsten,  weil  aus 
Zürich  und  Lyon  genügender  ?>Katz  an  Arbeitskräften  eingetreten  war.  Die 
wieder  antretenden  Arbeiter  mußten  schriftlich  die  Verpflichtung  eingehen,  „an 
nichts  theilzunehmen,  was  auf  das  Geschäft  störend  oder  hindernd  einwirken 


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Strike» 


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Slrikeft 


kann,  Vit  i  ernenerten  Arbeitseinstellungen  »ich  nie  mehr  zu  betheiligen  und  all- 
fälligc  autreizende  WahrnchmnTi^n  unter  drn  Arbeitpfn  sur  Kenninm  der  Meistor 
zu  bringen".    Viele  Arbeiter  wurden  bleibend  brodlos. 

Im  ::reptcmlier  1870  «tollten  wiedvr  46  Arbeiter  einer  Febrik  wegen  Lobn- 
lordening  die  Arbeit  ein;  die  Fabrik  konnte  wlUureiid  de«  3  Wochen  danernden 
Streike  fortarbeiten.  Dag  Civilgericht  verurtheilte  die  Arbeiter  zur  Fortsetzung 
der  Arbeit  und  zum  ScliadLMursiitz,  da«  Polizei ;^ericht  wegen  Vertnifrslnuh  zu 
Fr.  5  Buße.  Sie  nahmen  die  Arbeit  wieder  auf  und  die  Fabrik  gewährte  hierauf 
einige  Konzesdoneu.   Der  Streik  kostete  die  Arbeiter  Fr.  12,000. 

Von  1868  bie  mm  Anebraeh  dee  dentsch-fininsSeiaohen  Krieges  war  Genf 
der  Schauplatz  zahlloser  onlkogreiclicr  und  anfragender  Streiks;  die  «Inter- 
nationale' wird  al«  deren  er''istige  Ui"lifh*'riu  bezeichnet. 

Im  April  bf>g;iniieu  die  Maur*  r,  Steinhauer,  Zimmerleute  und  SchluMser 

zu  streikeil ;  tsie  verlangten  utatt  zwöifbtuiidiger  zehnstündige  Arbeitszeit  und  eine 
Lohnerböhnng  von  20  <*/o ;  nach  5  Wochen  kam  dnrcb  Vermittlang  von  Staate- 
rath  Camperio  und  Armand  Ga-gg  ein  Vergleich  in  Stande,  wonach  elfstündige 
Arbeitszeit  und  10  "/o  Lohnerhöhung  bewilligt  wurden.  Die  Graveure  und  Typo- 
grapheii  streikten  je  3  Monate;  über  den  Verlauf  dieeer  beiden  ötreike  konnten 
wir  nicht«  mehr  erfahren. 

Die  grttßte  wohl  jemab  in  der  Schweis  etattgefnndeoe  Arbeiteeinetellung 
war  diejenige  des  geaammten  Bauhandwerks  in  Genf  vom  9.  Juni  bie  16.  JiiU 
1870.  Schon  vorher  hatten  die  Gypserarheif  r  zu  streiken  begonnen  Die  Meister 
der  verschiedenen  Bauhandwerke  t  rk;iiiutcii,  daß  es  fioitens  der  Internationale 
darauf  abgesehen  sei,  ein  G-  wnk  nach  dem  andrru  in  einen  Streik  zu  verwickeln; 
eie  kündigten  deßhalb  an,  daß  ihre  sümmtlichen  Werkstätten  am  11.  Juni  ge- 
aohlossen  wttrden,  wenn  die  Arbeiter  bis  enm  9.  die  Arbeit  nicht  wieder  auf' 
nXhmen.  Letzteres  gCHchuh  nicht  und  der  allgemeine  Streik  begann.  1200  Arbeiter 
reisten  ab  und  *J0(H)  iuidere  blieben  arbeit>i.;s.  Vt  ruiittliingsversnclie  .--eltritcrten. 
Der  Ausbruch  (!••>  Krieges  zwiscbeii  TK-ntschiand  und  Frankreicli  allein  veruiuchte 
Frieden  zu  stifteu  in  Genf;  ohnedies  waren  die  Hülisnutiel  der  Arbeiter  erachoptt  j 
sie  nahmen  am  17.  Juli  die  Arbeit  an  den  alten  Bedingungen  auf. 

Die  Opfer  der  Arbeiter  für  dieae  Streiks  waren  sehr  beträchtlich  ;  da» 
Bondeskomite  Kchätzte  >u-  auf  Fr  82,417  (Graveure  Fr.  12,00<>,  Bauliaielw .  rkar 
Fr.  13,862,  Steinliauer  und  Maurer  Fr.  25()ö,  Tvpographen  Fr.  iy,öo0  u,  8.  w,). 
Das  Komite  erklärte  ,dio  erreichten  VortheUe  aulk'r  Yerhältoil^  su  den  gebrachten 
Opfern;  ArbeitseineteUungen  sollten  nicht  ohne  Beservefonds  nnd  nnr  in  khur 
bestimmten  Fällen«  nsoh  FrachSpfung  aller  gfitiichen  Uittol,  begonnen  und  nie 
durften  awei  Ein.stellungcn  zu  gleicher  2^it  erklärt  werden". 

Ein  im  Jahre  Woehen  dauernder  Streik  der  Lausannor  Bau- 

handwci  ker  kostete  die  Arbeiter  Fr.  H.'iOO. 

Im  Dezember  lbü9  stellten  in  Zürich  von  47  i/i<e/< 6i«c/<;;gehlÜfeu  38  die 
Arbeit  ein;  sie  verlangten  bemere  Besablung  nnd  Termindernng  der  Arbeitszeit 
auf  10  Stunden,  erzielten  aber  niidits.  Die  SOUAldemokratische  ^Tagwacht*'  be> 
merkte  zu  diesem  Streik,  daß  man  -ii  !i  \\i\t<-n  solle,  zum  Zwecke  höherer  Löhne 
einen  Streik  horvorzuinfen.  wenn  meiit  ein  sicherer  Krfolg  voransznsehen  <c'\. 
„Alles  in  Alicm  ist  ein  schlecht  vorbereiteter  oder  geführter  Streik  mit  seinem 
gamen  Aergerniß  nnd  gegenseitigen  Hsß  der  Arbeitersache  so  schftdlieh,  da& 
man  sieh  davor  wie  vor  dem  firgsten  Unrecht  hüten  solltu.** 

Gleichzeitig  wogten  in  Cha  u  x  -  d  e  -  Fo  n  d  s  und  Loele  mehrere  Lohn- 
kämple.    Beim  ersten  im  Juli  1^69  aufgebrochenen  Streik  liandclte  es  sich  am 


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Sinke« 


—    219  — 


Stfiko» 


Dor^fithniDg  eines  Reglement«,  welobes  die  Gfopmir«  fttr  ihre  Yerbftndeimtglieder 

aufgestellt  hatten.  Durch  Vermittlang  der  Suciet^  oommerciale  et  :  1  tiielle  kam 
nach  3  Wocht^n  »ine  Vcr.^inbarung  zw  Stande,  wonnrh  die  AfUjitszeit  auf  10 
Stuaden  norinirt  wurde.  Im  Juli  1870  begano  der  Konflikt  von  neuem;  zwei 
Patrone  hatten  obige  Vereinbarung  gerietst,  die  GraveurvereioämitgUeder  weigerten 
sieb  defibalb,  bei  ihnen  m  arbeiten,  and  sehließlieh  mußten  «rstere  naohgeben. 

Der  aweite,  bedeutend  größere  Streik  begann  im  April  1872.  Die  Graveur- 
gehiHfeii  verlan{z:ten  20  "  V,  Lohnerhöhung ;  die  Patrone  wollt»-!!  10  "  o  gewülirt  n, 
sofern  «licso  Erliiihiing  aucb  uiitlernort«  durchgeführt  werde  und  die  (iehiilten 
nicht  m^hr  für  eigtiiie  Ivechuung  zu  Hause  arbeiten  wollten ;  letztere  hielten  diese 
Bedingungen  fttr  nnannebmbar.  yemuttlungsversoobe  nnd  eine  weitere  Oflbrt» 
der  Patrone«  15  V«  ^  gewähren,  eoheiterten  antünglieli  am  Wideratand  den 
Graveurvereinp.  Als  später  letzterer  mit  dieser  Otterte  sich  begnUgen  wollte, 
zogen  die  Patrun«"  f^ie  znrUck.  Ks  blieb  dt^ßhalb  den  GehHlfen  nach  zweimonat- 
liobem  Streik  nicht»  übrig,  als  zu  den  trUhern  Bedingungen  die  Arbeit  wieder 
neftwinaiiineii.  Beide  Ptrteien  hatten  aehr  gelitten;  einige  Atelietn  waren  ein- 
gegangen; die  GehttUen  zeigten  eieh  «fatignie  dee  gr^vee*;  die  von  ihnen  be> 
absichtigte  GrUndang  einer  Produktivgenoeeenechaft  aoheiterto  an  den  hohen 
Aniagekoeten. 

Den  Emailmal^rn,  weli;he  ebenfalls  mit  einem  fcjtreik  drohten,  wurden  "/o 
Lohnerhöhung  bewilligt,  dagegen  eine  Lohnerhöhung  tür  die  Uhrfederumacher 
irtnrweigert* 

IKe  nach  Beendigung  de»  deotaoh'fransttitiecben  Krieges  beginacu  K-  groß- 
artige Entwicklung  der  Piodiiktinn,  die  sog.  „Grtiniler/Ait",  hatte  auch  bemerk- 
baren KintiiiÜ  Huf  die  L<jluit'nige ;  UIxthU  machtt-  sich  in  der  Arbeitersohnft  daa 
Bestreben  nach  Verbe«Berung  ihrer  Lage  geltend  j  die  Nachfrage  uaoh  Arbeita- 
kriften  stieg,  die  meisten  Fordemngen  wnrden  ohiie  erhebliehe  Kämpfe  bewilligt 
oder  dann  siegreich  erstritten. 

So  erlaugten  im  Jahre  1871  40  streikende  6VAi<Amf/f7jerrgesellen  in  Winter 
thuv  nach  dreiwöchentlichem  Streik  Einführung  des  Stücklohnes  nnd  eines  ge- 
regelten Lubntarifos  \  die  Meibtet  konnten  »ich  nicht  einigen  und  unterlagen.  Eine 
swMte,  im  Febroar  1872  aui^gebroohene  Arbeitseinstellung  von  40—60  meiat 
fremden  Arbeitern  der  drei  Sehuhfabriktn  in  Winterthnr  dauerte  bis  anm  Juni; 
die  Arbeiter  forderten  Lohnerhöhung  um  15--25  7o,  welche  anfängliob  bewilligt 
wnrde;  nur  weigerten  sioh  die  Fubrikarteii.  dm  Tnrif  zu  untttrzeichnen,  wfßhalb 
der  Streik  fortdauerte  und  schließlich  mit  Erhöhung  von  10 — 20  **/o  endigte. 
Die  Fabrikanten  waren  sehr  geschädigt,  weil  sie  übernommene  Lieferungen  nicht 
hallen  konnten  und  die  tttehtigsten  Arbeiter  ohne  genügenden  Eraata  verreiBten  f 
hIl  hätten  sieh  diesen  Schaden  durch  Üntemiohnung  dee  ihnen  genehmen  Tari& 
leicht  ersparen  können. 

Vom  Iii.  Juni  bis  15.  Juli  IMl  beschäftigte  ein  «^rölSfrer  Streik  dpr 
Appreiirer  in  St.  Gallen  nicht  nur  die  dortige  Bevölkerung,  sundern  die 
gt  >ammte  Industrie  der  Schweia  und  selbst  des  Auslandes  aufs  Lebhafteste. 
Gl>  i<  bzeitig  wurden  verschiedene  Handicerke,  nameatUoh  die  Schreinerei,  in 
deustlhen  verflochten;  die  Gesammt/tlil  der  Streikenden  wiid  auf  ca.  IJOO  ge- 
schützt, wovon  114  Appretirer.  Hie  verlangten  haaptaäohiioh  Keduktion  der 
Arheitazeit  von  12  aut  10 '/'i  Stunden. 

IMe  «Litematioimle''  soll  hauptsäohfieh  Anregung  un4  Unterstützung  gegeben 
haben.  Die  Bevtflkemng  smgte  sich  den  Forderungen  der  Appretirer  so  lange 
gendgt^  bis  der  den  Streik  unterstützende  Arbeiterverein  sich  als  Glied  dea 


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Sü-ikes 


220 


Strikes 


^iaternationalen  Arbnterlmiidc«*  erkUtrIe.  Deßhalb  vereinigten  sieh  die  meirteii 
Arbeitgeber  za  dem  BeedilnMe,  alle  Mitglieder  jenea  Bandes  aaszaspeireii,  wie 

groß»;  Arbeiterdomonstrationen,  Proteste,  Verhandlungen  mit  der  Kantonsregierung 
zur  Folge  hatte.  Ein  von  letzterer  angebahntes  Einigungsamt  wnrde  von  den 
Arbeitgebern  zurückgewiesen.  Mitte  Juli  kehrten  die  Arbeiter  allmälig  in  ihre 
Werkstttten  vnrttek;  die  Arbeitsnit  wurde  auf  11  Standen  rednort,  die  lV>- 
•ettttkdige  Uittagapaoae  und  die  liohnerbShQng  siurflekgewieeen*  Beide  Theile  wurden 
geschädigt;  die  Arbeiter  opferten  ca.  Fr.  5400  an  Unterstützungen,  di*'  F/iuLußen 
an  Arbeitslohn  nicht  gerechnet.  Erhebliche  Ruhestörungen  fanden  nicht  statt. 
Wenn  auch  mit  der  Kofortigen  Arbeitseinstellung  ein  Kontraktbruch  verbanden 
war,  10  wurde  ikm  keine  reehtUebe  Folge  gegeben. 

Die  Eomminion  dee  infemationalen  Arbeiterbandee  gab  naob  Sehlaß  des 
^Streiks  die  Vffentliehe  Erklärung  ab,  ,daß  sie  nach  reiflicher  Ueberlegung  und 
knraer  Erfahrung  zur  Islinaicht  gekommen  sei,  daß  die  Maßregel  der  Arbeits- 
ti lotcUuntfen  seilen  die  geieiln.<fehten  Ki-fnUfe  erzirle" .  Der  internationale 
Arbeiterverein  selbst,  vorher  zahlreich  und  mächtig,  zerüel  nach  dem  Streik. 

In  Terecbiedenen  HandMmhen  der  Stadt  St.  Gallen  eetsten  sieh  die  Lohn- 
bewegungen mit  theilweisem  Erfolg  für  die  Arbeiter  fort  bis  Ende  Oktober;  bei 
den  Schreinern  handelte  es  sich  liauptsirlilich  um  AbschntTnng  drs  Stücklohnes. 
Ein  im  Uktober  IhTl  gemachter  Versuch,  in  der  Ma»4<:liinenwerkstatte  Sankt 
Georgen  bei  i:Jt.  (Tallen  die  zehnstündige  Arbeitszeit  einzuführen,  mißglückt«. 

Ebenso  nißglllekto  eine  kane  Arbataeinstellang  in  der  ^eweArfabrik  in 
Kenhansen  bei  SchaiThaasen  wegen  relativ  vermindertem  StUcklobn,  der  aber 
4ureb  verbesserte  Maschineneinrichtung  mit  Mehrproduktion  aufgewogen  wurde. 

An  einer  Arbeitseinstellung  der  Weher  in  der  Wollfahrik  Flecken^tcin- 
^hultheiß,  welche  in  Wädeusweil  114  und  in  Feldbacb  (Kt.  ZUrich)  86 
Arbeiter  beeeliäftigte,  betheiligten  sieh  im  November  1871  am  letztem  Orte  nar 
14  Arbeiter  wSbrend  swei  bis  drei  Tagen;  diese  forderten  LohnerhShang  am 
14  ^IQ  and  Vermindemng  der  Arbeitsaeit,  ohne  £ifolg.  Die  Urheber  des  Streiks 
wurden  entlassen. 

Ein  im  Jahre  1872  in  der  Grlaruer  Druekindustrit  infolge  des  neu  er- 
fundenen Düppeldruckes  entstandener  Streit,  die  sogenannte  „Türkenkappeu-Frage", 
hatte  ohne  eigentliche  Arbeitneinstellung  die  bedeatsame  Folge,  daß  das  Glamer 
Volk  an  der  Landsgemeinde  die  Fahrikarbeiteseit  von  Id  auf  1 1  Stunden  herab- 
eet/.te        ddiiiit  ilt-n  Anfami  zu  einer  J'dhrihfresetzffebtiufj  in  der  S.hweie  machte. 

Ertulglos  blieb  im  .luni  1m7I5  eine  1  '  jtHgig«'  Arbeitseinstellung  von  420 
Arbeitern  der  iSptnnerei  und  W  eberei  Barth.  Jeuni  (Jo.  in  Haslen  (Kt,  Glaroa), 
welche  LohoerhShnng  verlnngten. 

Ebenso  seheiterte  im  Janaar  1873  ein  pl9tsUoh  und  planlos  begonnener 
Streik  von  300  Arbeitern  der  Spinnerei,  Weberei  und  Zwirnerei  Job.  Wild 
in  Wetting  e  n  fAargaiO;  die  verlangte  Lohnerhöhnnj;  v<m  HO ''/o  und  Revision 
^er  Fabrikkrankenkasse-Statuten  wurden  entschieden  abgelehnt  \  am  dritten  Tage 
kehrtra  die  meisten  d«r  Streikenden  (mrka  000  hatten  sidi  nicht  betheiligt)  sur 
Arbeit  zarttok  und  nur  etwa  20  blieben  fort  oder  worden  entlassen. 

Von  Bedeutung  waren  ein  zehn  wöchentlicher  Streik  der  Schreiner  und  ein 
nehtwöcheiitli«  Ii.  r  der  F-  hmicdc  und  Wn'tner  in  Zürich  im  Jahre  1n72.  Am 
«rstttren  belhciligteii  !?ich  mehrere  iiundert  Arbeiter;  hi«  verlangten  xchiiHlUiidig© 
Arbeitäzeit  und,  einen  Minimaltaglohn  von  Fr.  3.  Die  Meister  wollten  nur  auf 
eine  LobnerhOhang  am  15 — 20  'Vo,  eine  ArbeitszMt  von  10*/«  Stonden  eintreten, 
gleich  einem  Taglobn  von  Fr.  2.  50  bis  Fr.  3.  60;  auch  hielte  sie  am  StOok- 


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Strikas 


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SUrike» 


lohn  fest.  Vermittluno^svfr.siiche  scheiterten  an  der  Leidenscliaftlichkeit  der  beid- 
seitigen Führer.  Die  Arbeitgeber  verschiedener  Handwerke  betichlosseu  auch, 
eine  allgeineine  UntenltttiuDgBkai«e  tnr  gegcnHoitigen  Hfllfo  und  xnm  Sehntse 
TOT  Gewaltigung  zu  bilden ;  dietse  Kampfgenossensohnft  soheint  »ich  jedoch  nicht 
verwirklicht  zu  haben.  Am  1«.  Mai  1872  kam  eine  gegenseitige  üebereinkunft 
zw  Stande,  wonach  die  Stiindenarbeit  freigestellt,  die  Normalarbeit.szoit  auf  zehn 
Stunden  festgesetzt^  eine  Lohnerhöhung  von  20  °/o  bewilligt,  der  Miuiaial-Taglohu 
von  Fr.  3  und  «n  Minimabtondengeld  von  30  Cts.  angenommen  worde. 

Beim  Strrik  der  Schmiede  und  Wsgner  betheiligten  rieh  sirka  100  Arbeiter,. 
Ton  denen  ein  Drittel  beim  Beginn  des  Streiks  sofort  abreisten.  Sie  forderteik 

ebenfiülls  zehnstündige  Arbeitszeit  und  20  ®/o  Lohnerhöhung,  Kost  auswärts  und 
Ansprache  mit  „Sie".  In  t-inigen  Werkstätten  kamen  Kuhe^itörungen  vor,  die 
polizeiliche  Hülfe  nüthig  uinchten.  Die  Arbeitgeber  gründeten  einen  Verein  und 
▼erpfliehteten  doh  na  gegenseitiger  Anahttlfii.  Endlich  mußten  die  Arbttter  nach- 
geben, es  fhnd  gegenseitigeB  £n1;gegenkommen  statt  und  die  Arbeitsaeit  wnrde- 
auf  elf  Stnndm  normirt. 

Ein  im  Jnni  1872  drohender  Streik  der  Sehreiner  in  Bern  mit  ähnliche» 
Fordemnp^en  wie  in  Zürich  wurde  durch  eine  gemischte  KommiRsion  von  Meistern 
und  Arbeitern  zu  beiderseitiger  Befriedigung  rasch  geschliclitet.  Die  Arbeiter 
üeßen  die  Forderungen  der  Arbeitsaeit-Rediiktion  und  eines  Minimal'Taglohnes- 
Ton  Fr.  3  &llen,  wVhrend  die  Meister  in  andrer  Form  LohnerhShnng  bewilligten 

Ein  eigenartiger  Streik  war  deijenigo  mehrerer  Mitglieder  des  TonhtUU^ 

Orchesters  in  Zürich  im  Winter  1^*72/73;  die  Hauptforderung  betraf  sofortige 
Lohnerhöhung,  worauf  die  Verwaltung  nicht  eintrat;  einige  Mi^lieder  traten  ans- 
oder  wurden  entlansen. 

Der  deutsch-französische  Krietr  hatte  nuraentlich  der  Geufer  llijoulerie 
einen  außerordentlichen  Aufschwung  gebi-acht;  infolge  dessen  brach  im  Winter 
1873/73  ein  vier  Monate  danemder  Streik  ans.  IXe  Arbeiter  betrachteten  die 
noch  allgmnein  flbliche  Taglohnarbeit  unter  ihrer  Würde  und  verlangten  Stücklohn 
nach  einem  zu  vereinbanMiden  Tarif,  sowie  ntMiustiiniH<:e  Arlx'itszeit ;  ^ie  konnten 
ihre  Forderungen  nur  zum  Theil  durchöetzeii.  Dif.-^er  Luhnkampf  ko.stete  die 
Arbeitersohaft  Fr.  4y,000j  Fr.  13,000  gingen  von  Genf,  Fr.  12,000  von  aus- 
wlrfs  äß  jSssehnnk,  femer  Fr.  21,000  als  Darlehen  ein.  Znr  Tilgung  dieser 
Schuldeidpil  maßte  jeder  in  Genf  besehiftigte  Goldarbeiter  swei  Jahre  lang  ein» 
Wochen.'^teuer  von  Fi.  1  entrichten. 

Die  Bw  hdruckerstreüea  der  siebziger  Jahre  werden  am  besten  im  Zusammen» 
hang  behandelt : 

la  der  Brodtmann'schen  Buchdruckerei  in  Soh  äff  hausen  stellten  im 
Jaanir  1872  nach  vorheriger  Kündigung  sechs  Oehttlfen  die  Arbeit  ein;  sio 
Terlangten  25 — 30  ^/o  Lohnerhöhung,  Yermindemng  der  Arbeitszeit  und  Ein- 
setzung eines  Schiedsgerichts.  Durch  Vermittlung  den  Zentralkomites  des  .Schweiz. 
Typographenhundes  wurde  schließlich  eine  Lohnerhöhung  vbn  lö'*/©  und  Ver- 
minderung der  Arbeitszeit  um  Va  Stunde  vereinbart.  Der  Streik  dauerte  sieben 
Wochen  und  kostete  beide  Theile  große  Opfer;  die  Streikenden  kamen  nidit 
wieder  sum  Eintritt. 

Eine  Arbeitseinstellung  in  der  Offizin  LSrti^chor  in  Vi  vis  im  Juni  1873 
war  ohne  Belang.  Dagegen  wnrde  bedeutungsvoll  für  die  Zukunft  ein  erbitterter 
Lohnkampf,  den  die  Zürcher  ßurhdntrker[)nx)z\pii\n  \uv\  -Gehiilfen  führten  — 
bedeutungavoll  deßhalb,  weil  hinter  beiden  Parteien  das  gesammte  organisirte 


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Strikes 


Bachdrnckergewerbe  der  Schweiz,  der  Verein  hwrizerisrher  Rnchdruckerei- 
besitstr  einerseits  nnd  der  Schweizprir^rhe  Ty|"»gra|ihbiibuud  anderKeit«  Htand. 

Ende  1Ö69  war  zwinchen  Bucbditickerpnnzipaien  und  -Gehülfen  von  Zürioli 
«an  Lobntarif  vereinbart  worden,  der  eine  Verbewerung  von  oe.  16 — 85  %  in 
«oh  aohloß.  Im  Herbst  1873  verlangten  die  Gehülfen  in  einem  revidirten 
TTarif  weitere  Lohnt  rhöhung  n  von  ta.  25  ^/o;  die  Prinzipale  wollten  auf  Grund* 
lag«i  lie.s  friil)ern  Tarif«  nur  10  ®/o  gewähren.  Mir  ^Typographia"  Zürich  fand 
diewe  Odert«  für  ungenügend,  erklärte  die  Oftizin  Orell  Füßli  <Sc  Co.  für  Bundes- 
mitiglieder  gesoliloiaen  nnd  warnte  vor  Zusng  nadi  Zttridi;  in  einer  apitem 
Yersammlnng  erklärte  aie,  diese  „Blokade"  aufheben  zu  wollen,  wenn  ein 
Schiedsgericht  zur  Entacheidnng  der  obwaltenden  Streitigkeiten  bestellt  werde. 
In  der  Folge  kam  durch  Dek;;ijirte  ein  vereinbarter  Lohntarif  mit  15  *'/o  Lohn- 
erhöhung zu  Stande,  dur  am  1.  Dezember  1872  in's  Leben  treten  sollte;  er 
wurde  aber  von  der  „Typogruphia'*  mit  geringem  Mehr  abgelehnt,  ebeneo  ein 
nener  Entwarf  der  lelntani  von  den  Prinsipalen.  Die  «Typographia''  betohlolS 
in  Folge  dessen  am  14>  I>ezember  Vertagung  der  Tarif revision  nnd  Sistirnng 
aller  ReiseunterHtnt7nn£»en  an  Zuwandernde,  d.  h.  die  Gehülfcnrahl  wnrde  da- 
durch möglichst  redn/.irt,  daü  der  Platz  Zürich  in  Blokadezu^taud  verheizt,  jedem 
Mitglied  die  Auimhme  einer  Kondition  daselbst  verboten  und  Abreisende  mit 
J^.  30  Beieegeld  nnter^tUtst  worden.  Der  von  den  Prinsipalen  aufgestellte 
Tarif  trat  am  1.  Januar  1873  in  Kraft,  die  Frage  seiner  Anwendung  ftthrte 
jedi'eh  zu  solchen  Drtferenzen  nnter  den  GcliiUfen,  daß  41  Mitglieiier  i  von  etwa 
in,s)  den  An^tritt  aus  dem  Typn^rrapheabunde  erklärten.  Die  nachKten  drei 
Monate  verstrichen  ohne  bemerkeuHwerthe  Ereignisse;  im  April  jedoch  wurde 
4ie  Blokade  seltene  der  „Typographie*  emenert;  am  11.  Juni  verlangten 
26  Hitglieder  ans  d  Offizinen  eiue  neue  Tariferhöhung  um  10  ^/o  nebst  ver- 
«cliieden(!n  Forderungen  bezüglich  Arbeitszeit,  Kündigungsfrist,  Schiedsgericht  u.  s.  w. 
und  erklärten  im  Falle  der  Ni«;htannahme  auf  den  14.  Juni  die  Kündigung. 
Dieselbe  eiiolgte  denn  auch  in  Folge  Ablehnung  der  Forderungen  durch  25 
Bttndeamitglieder. 

Das  Zentralkomite  de«  Vereins  scihweia.  Bnchdmekereibeaitser  in  Bern,  an 

welches  sich  die  Zürcher  Prinzipale  gewandt  hattei.,  theilte  8choTi  am  l5.  Juni 
die  Li-tr  drt-  Strcikenil*'!!  Nänimtlichen  Buchiiruckcreibesitzern  der  Schweiz  mit 
der  Aufforderung  mit,  keinem  der  genannten  Gehülfen  bis  auf  Weiteres  Kondition 
2U  geben,  weil  «es  sich  um  einen  ohne  tiefem  Grund  herauf beschworueu  Streik 
handelt,  wie  er  mnth williger  noch  selten  vom  Zann  gerissen  worden*  sei.  Den 
25  Streikenden,  welche  zum  Theil  sofort  die  Arbeit  verließen,  schlössen  sich 
im  Verlauf  weitere  7  r;r  r  vierten  Otiizin  an,  wi  il  iliese  den  andern  Aushülfe 
geleistet  hatte.  i)er  Streik  verlief  für  die  (iehiilfen  ohne  jeden  hrfolg,  die 
Streikenden  sahen  .<iich,  soweit  sie  nicht  in  dt^r  bundesgetreuen  Genossenschafts- 
bnehdruekerei  Besohifftigung  fanden,  smr  Abreise  geswnngen,  und  so  endete  im 
Angnst  1873  der  im  Oktober  1872  begonnene  Kampf  zwischen  den  beiden  Be- 
rufsvereinen mit  einer  empHndliehen  Niederlage  für  den  GehUlfenverein,  der  auf 
wt  niirr  Mitglieder  redusirt  wurde  und  erst  nach  langen  Jahren  sich  wieder  etwas 
erholte. 

An  einem  Streik  in  der  Buchdruckerei  der  ^Libertö"  in  Frei  bürg  im 
Mai  1874  beteiUgten  sieh  elf  Gehlllfen. 

Eine  Tarif bewegnng  in  Bern  im  Febmar  1876  endigte  nach  zweitägigem 
Streik  in  der  Mehrzahl  der  Oifizinen,  an  dem  sich  ca.  Bundesmitglieder  be- 
teiiiglen,  uiit  vollstäudigür  Anerkennung  des  bereits  zwischen  weujigeu  Oilizineu 


» 


Strikes  _    2.23    —  Slrikes 

mit  ihren  Gehillfen  vereinbarteu  LohntariCs;  derselbe  brachte  eine  Lohnyerbeeeening 

TOD  10 — 25  "/ii.  wTx  hciitlichr  AiitizabluTif»  n.  ^.  w. 

Nicht  liu  güuhtigeii  Erfulg  für  die  Gehiüftia  hatte  der  rasch  folgende  Buch- 
-druckerstreik  in  Baticl,  welcher  ebenfalhj  eine  Luhuaufbeaserang  bezweckte. 
Es  betiieUigteD  sich  ca.  60  Gelittlfen ;  die  Fordemngen  wurden  nieht  «nerkanntt 
4ic  Streikenden  wurdi'n  in  der  Uehnahl  arbeitolOH,  die  Ty]>ogra}ihia  büßte  den 
größern  Theil  ihrer  Mitglieder  ein  nnd  die  erpsanimtr  Gi  liiilfi  n-^chaft  opferte  über 
Fr.  10,000  ohne  Erfolg.  Auch  dieacr  Streik  war  uube»oiweu  und  ungesohiokt 
begonnen,  wie  der  Zürcher. 

Die  erste  Folge  der  Niederlage  war  die  Bildang  einer  Geuossenaehafti» 
bnchdruekereif  am  wenigstens  einen  Stamm  von  Bunde8mitgliedem  auf  dem 
Platze  Basel  zu  erhalten ;  dicKelbo  ging  epKter  in  das  Eigenthum  den  Typographen- 
buiidet«  Uber,  der  sie  noch  jetzt  unter  eigener  Leitang  als  Vereinabacbdruckerei 
betreibt. 

Als  weitere  Folge  bmder  Sireib  ist  der  Beaohlttfi  des  tdtmeiä.  Ti/pof/raphen- 
bundes,  der  ältesten  und  best  organisirtra  (Sewerksohaft  in  der  Sehwds,  an 
betraohteni  wonach  dem  Bundesvorstand   größere  Uachtbefugninse  bei  Arbeits- 

einstellunfjen  wälirt  tind  ihm  die  Yerpflichtung  auferlegt  wiiid.\  daß  er  nnr 
nach  ernstlicher  unparteiischer  l^rUfung  aller  Umstände  entscheide,  ob  eine  Arbeits- 
einstellung stattfinden  dürfe  oder  nicht;  würde  entgegen  einer  bezüglichen  In- 
stroktion  dennoch  ein  Streik  begonnen,  so  maßte  er  der  Bnadesuntersttttcung 
entbehren.  Dem  £ntiolieid  vorgüngig  hat  der  Bnndesvorstand  eine  Vermittlung 
der  Parteien  zu  versurhen.  Hei  finem  Mißlingen  diMst-ll.en  ist  iniinnhin  iHi-  Zu- 
stimmung von  '  4  dor  Scktiuiismitglieder  und  di^  sclirit't liehe  Verplliclitung  aller 
vom  Streik  Bitruilenen  erforderlich,  die  Arbeit  nicht  ohne  Geachmigung  des 
Voratandes  aofhehmen  zu  wollen.  Diese  Bestimmungen  hindern  ein  nnbesonnenes 
Vorgehen  und  die  Terrorisirung  der  Minderheit  durch  eine  unbedeutende  Mehr- 
heit. Es  ist  denn  auch  infolge  dieser  Vorsichtsmaßregeln  seit  lH7ü  in  der  Schweiz 
keine  bedeutendere,  v»»m  Typographenbunde  unter»tUt?:t*-  Arbeittieinxtellnng  vor- 
gekommen, obwohl  die  zu  diesem  Zwecke  seit  gebildete  und  durch  regel- 
raSßige  WoohenbeitrXge  sSmmtlioher  (oa.  1000)  Mitglieder  gespiesene  BundW' 
JReserv0ka8se  (Streikkaase),  abgesehen  ro»  den  faeaondern  Lokal-Reservekasaen 
einzelner  Sektionen,  zur  Zeit  ca.  Fr.  20,000  Vermögen  boitzt.  Es  ist  auch  zu 
hoffen,  dnß  in  B'ildi'  durch  Vereiiil>.iru!ig  des  .srhweiz.  Typo{^raphenbundf'<  und 
des  Vereins  «chweiz.  Buchdruckereibchitzer,  welche  in  den  letzten  Jahren  iu  niehr- 
lacher  Beziehung  gemeinsam  wirkten,  ein  Kiniyunysamt  für  das  gesummte  schweiz. 
Bucbdmekergewerbe  geschaffen  werden  könne,  als  wmterer  Sehritt  znr  Hebung 
und  Verbesserung  desselben  auf  friedlichem  Wege. 

Auch  die  „Sociele  ftderative  de.i  fi/}H>;/raphes  de  la  Suis^ie  rcmfiit'l'-^ ,  ein 
mit  dem  Typogrnphenbnnde  «olidarisch  verbundener  Bruderverein  für  die  Irau- 
zQsische  Schweiz,  kennt  iu  Bezug  auf  EinschriiHknny  der  iStieiks  ähnliche 
Beatimuangen  wie  die  oben  erwähnten :  Eine  Arbeitseinstellung  darf  nicht  erklärt 
werden,  eke  die  Gründe  dafür  dem  Zentralaus.Hchuß  mitgetheilt  wurden;  dieser 
übersendet  dieselben  mit  seinem  Gutachten  sämmtlichen  Sektionen  und  diese  ent- 
scheiden, ob  die  Arbeitseinstellung  stattzufinden  habe  oder  nicht.  Eine  solche 
daii  auch  nicht  verhängt  werden,  ehe  alle  <iiUlichen  j)/<Y^c:r  erschöpft  sind; 
namentlich  soll  jedesmal  snvor  eine  Ywmittlungskommisflion  ernannt  werden, 
welche  die  friedlicke  Einigung  zu  versneben  hat. 

Wie  diese  beiden  Ba<  h  l  nickerverbände,  so  führten,  durch  herbe  Erfahrungen 
erfolgloser  Streiks  gewitzigt,  auch  andere  sohweizerisohe  Gewerkschaften  vor- 


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Strikes  —    224    —  Slrike» 

beugende  Bestimmungen  ein.  £»  schreiben  z.  B.  die  Statuten  deu  im  Jahre  1674 
gegründeten  Sehuhmaekerwrbandea  vor: 

,Wenn  in  einer  Ortschaft  st  iU  us  der  Mitglieder  des  Verbandes  ein  Streik  beab- 
sichtigt wird,  so  hat  der  Zcntralvorstand  zu  untfrsuclieii,  ob  dersflbe  gerechtfertigt  ist 
und  wie  er  alädauu  zu  unterstützen  sei.  Nur  solche  Streika  sulieu  unterstützt  werdeiv 
welche  vorher  engeieigt  und  Tom  ZentralTorstand  g^illi^  «Ind.* 

Die  »1  dieaem  Zweck  verfügbaren  Mittel  des  Schuhmacberverbandes  scheinen 
allerding-fi  {*ehr  gering  zu  sein,  nntsprecheiid  <len  bescheidenen  Beiträgen  der  Mit- 
glieder. In  ähnlicher  Weise  bestimiuen  die  Statuten  des  1877  gebildeten  Spoifflcr- 
verbandea,  daß  Sektionen,  weiche  eine  Arbeitseinstellung  beabsichtigen,  miudeätens 
▼teraelm  Tage,  ehe  die  Fordeningen  den  Heistern  eingereicht  werden,  dem  Zentral» 
yoratand  genauen  Bericht  ühi  r  die  Sachlage  einsenden  müssen.  Die  endgttltige 
Entscheidung  darilber,  ob  eine  Arbeitseinstellung  stattzutinden  habe,  hat  die 
Vorortssektion.  Endlich  hat  die  „Federaiion  de<t  prnveurs  ei  ffuilloiheurs^  der 
w^tschweizerischen  Ubreuindustrie,  1868  gegründet,  die  EDtsoheidong  über  den 
Beginn  einer  ArbeitceinateUnng  in  denelben  Weise  der  C^eauumtlieit  der  Sektionen 
▼orbehalten,  wie  der  romanische  Bnebdrattkerverband  (vergl.  oben);  die  seitens 
der  einzelnen  Sektionen  an  die  Feiernden  xn  leistende  ÜnteiatOtmng  bemißt  aieb 
nach  der  Zahl  ihrer  Mitglieder. 

Wir  folgen  nun  wieder  mehr  der  chronologischen  Ordnung  der  Streiks. 
Wie  oben  schon  erwöbnt,  war  besonders  die  erste  Hälfte  der  70er  Jahre  mit 
ihrer  vermehrten  Produktion  nnd  vertheoertm  Eonsnmation  reich  an  Lohnkimpfen 
nnd  Streiksi  wXhrend  die  folgenden  sehn  Jahre  fast  einem  Waffenstübtand 
glichen.  Es  sind  aus  dieser  Zeit  zn  erwHhnen :  Ein  Sc Uuhmanher streik  in 
S  cha  ff  h  u  u  N  e  n  im  Jahre  1.^70,  vom  Hchweiz.  Schuhmacherverbnnd  (Arbeiter) 
unterstützt  und  mit  theil weisem  Erlolg  begleitet;  ein  erfolglu^er  Streik  der 
SehHftsed^r  in  Lausanne  wegen  Lohntarif  im  Febraar  1877;  ein  Spcmjler- 
gtreik  in  Zttrich  im  Jahre  1878  zur  Verwirklichung  der  zehnstündigen  Arbeits- 
zeit, nach  zweimonatlicher  Dauer  mit  eim  r  vollstfindigtn  Niederlage  der  Arbeiter 
endigend;  ein  Burhdrnckerstreik  in  Luzern  im  Januar  iss'H^  ein  Streik  in 
der  größten  Uhrenfabrik  von  Locle  im  November  18^4  wegen  Lohnherabsetzung 
n.  s.  w.  Eine  halbtägige  Arbeitseinstellung  in  aSmmtltchen  BueMrui^tereien 
Chur*s  am  18.  Febraar  1884  endigte  dnrch  Yermittlang  des  Zwtealkomite  dea 
Bohweia.  Typographenbundes  mit  Ancabme  der  meisten  Forderungen  der  Gehttlfen. 

In  den  letaten  Jahren  (1886 — 1889)  nahmen  die  Arbeitseinstellungen  wieder 
in  besonderm  Maße  Uberhand,  nicht  sowohl  infolge  wesentlich  veräml»  rter  Pro- 
duktionsverhältnisse in  Industrie  und  (iewerbe,  als  durch  vermehrte  Organisation 
und  Thätigkeit  der  beidseitigen  Berufs  verbände;  auch  handelte  es  sich  in  diesen 
Kimpfen  weniger  nm  LohnerhShnngen,  als  nm  Abwendung  von  Lohnredoktionen, 
sowie  l^aonders  nm  prinzipielle  Interessenfragen,  wie  Regnlirung  der  Arbeitszeit» 
Einführung  von  Werkstattordnaugen  und  ArbeitsbttoherUi  nm  die  Frage:  «Stttok- 
oder  Zeitlohn"  n.  s,  w. 

In  den  tjUer  und  70er  Jahren  hatten  die  Arbeiter  vielerorts  den  Stücklohn, 
die  Akkordarbeit  mit  sohwOTen  Kimpfen  dardageeetst.  —  Ende  der  80er  Jahre 
Torlangen  sie  Abschafl'ung  Irr  Akkordarbeit  und  Minimaltagltthne.  So  rascb 
ändern  sieh  Verhältnisse  und  Ansichten ! 

Die  Gewerkschaften  der  Holzarbeiter  (Möbel-  und  Baiiselirelner,  Zimmer- 
leute, Klavtermaeher,  Wagner,  Drechsler  und  HolzbiMluiuer'i  zeigten  sii  h  besouders^ 
thätig  auf  diesem  (icbiete.  Die  verschiedenen  Lokulvcrcine  bildeten  im  Jahre 
1886  den  «obweis.  BolMorbeiterverband  mit  den  ansgesproohenen  Zwecken :  Ein- 


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Strikes 


—    22b  — . 


Strikes 


filhrang  eines  höcluitens  zehustUndige»  Arbeitstages  und  eines  deit  Jeweiligen  Ver- 
biltniflsen  entspreohenden  Lohnes;  Reohtncbute  der  Mi^lieder  gegenüber  den 

Arbeitgebern;  Einfahrung  von  Scliiedsgerichten  fUr  die  Streitigkeit  in  aus  den 
bestehenden  Avbeittivtirtr;i;u:en ;  Aufnahme  statistischer  Erhehnngfii  fll>er  die  Lage 
der  Holzarbeiter  an  den  verschiedenen  Orten  der  Sdiwtiz;  Gi iin<liiii^  eines 
Streikfonds;  Beseitigung  der  Akkord-  und  Sonntagi^urbeit.  Bei  der  li^rkuaiplung 
besserer  Lffbne  und  kttnwrer  Arbeitnmt  gedadtte  der  Verband  s^temaUich  auf 
Ornnd  seiner  statistischen  Erhebungen  diejenigen  Städte  der  !Reihe  nach  durch* 
zunehmen,  in  denen  die  bezüglichen  Yerhältnisäe  noch  am  ungünstigsten  stehen. 
Er  schloß  »ich  auch  der  Schweiz.  Rdicrvef.-nsse  (s.  unten)  an. 

Zar  Abwehr  der  weiter  drohenden  Kampfe  gründeten  im  Sommer  lbö7 
die  Arbeitgeber  einen  Gegeiipart,  den  „SchweiM,  Sehreinermei^terverein**. 

Im  FrttJy'abr  1886  wurde  der  Kampf  fast  gleichseitig  in  Basel,  St.  Gallen 
und  Lausanne  begonnen;  Uberall  handelte  es  hiich  um  die  zehnstündige  Arbeits- 
zeit. Die  vereini«:ten  Hulzarheiter  in  Basel,  ea.  nOO  Mann,  von  denen  100 
sofort  abgereist  waren,  erreichten  ihre  Forderungen  bezüglich  zeiinstüiidif^er 
Arbeitszeit  nicht.  Au  UuteratUtzuugsgelderu  gingen  ein  l'r,  1556.  Der  Streik 
•ndigte  nach  vier  Wochen  am  23.  April  mit  einer  Niederlage  der  Arbeiter.  Er 
hatte  noch  ein  Nachspiel  vor  dem  Folizeigerioht  Basel;  dasselbe  verurtheilte  am 
21.  April  von  IH  angeklagten  Arbeitern  eines  Möbelfabrikanten  'A  mit  'M\  20 
und  10  Fr.  Bußen  wegen  gesetzwidrigen  Verlasscns  der  Aihfit,  ft  rinr  l  Arbeiter 
wegeu  Drohungen  und  Gewaltthätigkeiten  gegen  Nicht^treikeude  zu  24  Stunden 
Haft  (vergl.  oben  den  §  164  des  Basler  Strafgesetzes). 

Die  Sehreiner  von  8  t.  Galten  dagegen  aelzten  nach  14tSgigem  hitaigem 
£ampfo  am  16.  April  die  zehnstündige  Arbeitszeit  durch.  Letzterer  Aasstand 
warf  seine  Wellen  auch  nach  den  benachbaiten  Orten  Herisau,  Rorschach 
und  Komanshorn.  In  dem  am  23.  Harz  begonnenen  Schreinerstreik  in  Lau- 
sanne negUn  bald  die  Forderungen  der  Baiiscbrdner  (zehiistUu«lige  Arbeitszeit 
nnd  Minimalstnudenlohn  von  45  Rp.).  55  JHiSfte/sohreiner  dag^en  maßten  den 
Kampf  bis  Ende  Mai  fortsetzen;  die  zelinstiiudige  Arbeitszeit  und  45  Cts.  Minimal« 
stnndenlohn  wurden  bewilligt,  die  gänzliche  Abschatlung  der  Akkordarbeit  drang 
nicht  durch.  An  Uiiiisgeldern  gingen  in  Lausanne  ein  Fr.  1361,  50,  die  Ue 
Bammtausgabeu  betrugen  Fr.  2167.  35. 

SHmmtliohe  Arbeiter  der  Faßfisbrik  GUSbei  in  Aiißersibi  (18^20  Mann) 
stellten  im  Mai  18H6  die  Arbeit  ein.  Nach  der  pArbeiterstimme"  hatten  sie 
bei  vierzehnstündiger  Arbeitszeit  eint  ii  Taglohn  von  2 — 4  Fr. ;  «ii;  erreichten 
aehnstiindige  Arbeitszeit  und  die  Haltte  der  verlangten  Lohnerhöhuiif;. 

Einer  der  bedeutenderen  Lohukämple  der  Schweiz  war  der  Schrcitiersli ak 
in  Bern  (6.  Juni  bis  1.  September  1887  =  86  nnd  für  einen  Theil  sogar 
113  Tage).  Er  bildete  gleichsam  eine  Fortsetzung  des  vierwSchentlicben  Streiks 
vom  Jahre  1873,  nach  dessen  Absohlnß  eine  Uebereinkooft  geschlo*vsen  worden, 
welche  seither  öfter  zu  Verhandlungen  «r^  lVihrt  luitti«,  n(»  z.  B  1H7!>,  nnd 
188;V.  Die  Forderungen  der  Arbeiter  lauteten  nunmehr:  Kinfiibrung  eines  Minimal- 
taglohnca  von  Fr.  3.  80,  nebi^t  ullgenieiner  Lohnerhöhung  um  10  Abschaffting 
der  Akkordarbeit;-  Bednktion  der  Arbeitsseit  auf  10 Vt  Standen  mit  Zuschlag 
von  30  **/o  Lohn  fllr  Geberz-  itai  heit.  Die  Abschaffung  der  Akkordarbeit  wurde 
bald  fallen  gelassen-,  von  den  übrigen  Fordernnt^en  leisteten  di«  Meister  nur  dem 
Miniraaltaglohn  Widerstand;  statt  des.sen  sollte  ein  Durchschnitt.slohu  hi-timnit, 
rcMp.  ein  Arbeitstarif  vereinbart  werden,  eutsprechend  der  geforderten  Lubn- 
«libhang  von  10 *^/o*  Die  Diiferennn  varen  somit  geringfügig;  der  bald  mit 

jH^vrror,  Vo1lu«irt]iM^ftt*I<«slkoB  4«f  Sohmli.  15 


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Strikes 


—    2;iG  — 


Strikes 


•Uor  LddeiisdMfl  und  GdHangkeat  gdtihrte  Eami^  l^tte  bei  beidseitigem  Bnl^ 
gegenkomiDeii  im  Beginn  geeehliditet  werden  kdnneo.  Hehrere  große  Versamm- 

luiigi^n,  in  denen  z.  B.  eine  Reduktiun  der  Forderangen  als  „mit  der  Würde 
der  Arbeiter  njfht  vereinhar"*  erklärt  wurde,  eine  Demonstration  auf  dem  Kirchen- 
feM,  beleidigetide  Zeitungsfehden  u.  8.  w.  schürten  da»  Feuer,  so  daß  es  erst  nach 
meiirmaligen  Yeräuchen  dem  Stadtpräsidenteu  Oberst  Otto  von  BUren  gelang,  eine 
Vermittlung  anxubahnen.  Des  langen  Haden  mtlde,  einigten  sieh  am  81.  Angoet 
die  Parteien  auf  folgende  Vereinbarung:  Lohnerhöhung  um  10  ^/o,  Arbeitszeit 
10' /j  Siundt'n,  Mininialtaglohu  von  Fr.  3.  30  wiilireml  vior/chiitägiger  Probezeit 
lind  nachher  von  Fr.  3.  80,  Lohnznnchlag  hin  l't  l'crztntiirbeit  25  "/o,  Sunntag.s- 
arbeit  50  "/oj  Beibehaltung  der  Akkordarbeit  nach  Tarif;  bei  tarifirter  Arbeit 
wird  kmn  Hinimallohn  garantirt;  Einführung  eines  LohnbttchleiiM }  Anschlagen 
dieeer  Arbeitsbedingungen  in  jeder  Werkstatt;  Ajimfang  einee  Sehiedegeriehtes 
bei  AnstSnden. 

AuH  der  gemeinsamen  oflBziellen  Bekanntmachung  der  Meister-  und  Arbeiter- 
kommi'>>9ion  Uber  Beilegung  des  Streik?  ist  folgender  Schlußsatz  bemerkenswert h : 

,Aur  diesem  Wege  war  man  endlicb  nach  fast  dreimonaüichem  Kampfe  wieder 
aaf  demjenigen  Boden  angelangt,  den  man  niemals  hftlte  veHaasen  sollen,  nftmlich: 

,I)ie  uiil)i'i"ii)tU]i..(e  Unte rhaiidlung  zwi««*  hfn  Arbeitjiebem  um!  Arheilnchmern".  Sol>;iM 
die  beiden  Fachkommidsionen  nach  ilirein  Ermessen  handeln  konnten,  war  die  ganze 
Angelegenheit  in  drei  Atzungen  zu  beidseitiger  ZufHedenhett  erledigt.  M6ge  dieser 
•Streik,  dessen  bcklapcnswertlic  Folgen  sich  erst  nachträglich  im  ganzen  T'nilange  be- 
messen lassen  werden,  auch  seine  guten  Früchte  gezeitigt  haben.  Eine  genaue  Statistik 
über  Nutxen  und  Schaden  wird  kQnftig  Aber  viele  Phrasen  und  Trugschl(h«e  binw^ 
helfen/ 

Von  215  vor  dem  Stn  ik  beschäftigten  Schreinerarbeitern  stellten  18')  die 
Arbeit  ein,  worunter  verheirathete ;  die  Ledigen  reihten  sofort  abj  ca.  75 
blieben  zu  nntersttttien;  sowohl  die  Heister-  als  die  Arbeiterpartei  zählten  einige 
Abtrünnige.  An  Httlfegeldem  gingmi  den  Streikenden  ein  Fr.  15,011 ;  137  StreÜEende 
wurden  für  4877  Tage  mit  Fr.  12,937.  70,  0  Gemaßregelte  mit  Fr.  3ör>,  204 
Zu-  und  Altg<  i<-iite  mit  Fr.  770.  ii,'>  uiitn-iliitzt ;  GfHnDMiit  '.'issfaben  Fr.  15,002.47. 
10  Streikkoiiiiiii>si()iisiiiitglic(i<'r  Mielx'ii  mich  nach  FnL;dt'USf*cbluß  nrbeitn]o«. 

Die  gleichzeitig  ansgehrochenen  Arbeit3eiii!?tellungen  der  Glatter  in  St.  (jallen, 
Zttrich  und  Winterthnr  stehen  aaoh  ursächlich  in  innigntem  Zusammenhang. 
In  allen  drei  Orten  handelte  ee  sieh  seitens  der  Arbeiter  um  den  Widerstand 
gegen  eine  vom  neugegrUndeten  eehweiz.  Gla8ennei8terverein  (Sita  in  St.  Gallen) 
aufgestellte  Werkstattürdnnng,  sprzicll  gfgr-n  die  darin  vorgesehene  Kinfiihrung 
der  Arbeifsbürhor.  Als  diese  Wci  k.sfattordnung  in  <:h'i\  ( i  laserwerkstätten  St.  Galleu's 
angeschlagen  wurde,  bescblo.ssen  die  verciuigtiu  (rlaj^crarbcitcr  der  drei  Städte 
die  Verwerfung,  erklärlen  sich  aber  bereit,  gemeinschaftlich  mit  den  Heistern 
eine  Wcrk.stattordnung  zu  benithen.  Ea  kam  jedoch  keine  Einigung  zu  Stande, 
weshalb  die  Arbeiter  St.  Gallenn  am  8.  Augu^t  1887  nach  vorhergegangener 
KüFidigung  die  Arbeit  finsicllten.  Am  12.  September  folgten  ihnen  die  Zürcher 
Genossen,  nachdem  wiederholte  Vermittlungsverbuche  durch  die  Zentral  Vorstands- 
mitglieder des  schweit.  GewerbeTereine,  HH.  Begiemngsrath  SU^l  und  gtadtmth 
Koller  in  Zürich,  fruchtlos  geblieben.  Den  Glasern  von  Winterthnr  war  von 
Seite  der  Meister  wegen  Nichtannahme  der  Werkstattordnung  auf  den  Sep- 
tem?ift  ;:ckiindet  worden.  Als  jedoch  die  Züreher  Meister  rtm  21.  September 
nacligegcbeii,  d.  h.  auf  die  Einführung  der  Arbeitöbiichleju  Verzicht  geleistet, 
war  auch  in  St.  Gullen  und  Winterthnr  das  Eis  gebrochen  und  wurde  am 
96.  September  die  Arbeit  wieder  aufgenommen.  Es  wnrde  auf  der  Basis  beid> 


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£trikes 


»27  — 


StrikM 


seitiger  Verständigung  eine  allgeuieine  VVerkMtattordnuiig  einj;<  führt.  In  St.  (rftllen 
.fingen  für  den  sieben  Wochen  andauernden  Streik  Fr.  2111  au  üültsgeidorn  ein. 

Von  größenr  Bedtntang  war  der  Streik  der  Mmm«4«uU  in  Zttrioh. 
Vom  5.  Hai  bia  Ende  Jani  1888  dauernd,  hat  er  dareheolinittlieb  ea.  120  Mann 
•arbeitBlos  gemacht.  Die  Forderungen  des  Zimmerfaohvereins  zielten  sowohl  nach 
besserem  iiolin  als  gering^erer  Arbeitszeit  nnd  muUteu  nach  hartnäckiffem  Kampf 
schließlich  zugegeben  werden.  Der  Bau  einer  SängerfcKthUtte  in  Kiet>bach  wurde 
durch  auswärtige  Arbeiter  unter  polizeilichem  Schutze  ausgeführt.  Nachdem  am 
1.  Joni  18  Heister  den  Faehvereiii  der  Ztmmerlettte  prinzipiell  anerkannt,  dessen 
Forderungen  bewilligt  und  sich  Überdies  verpflichtet  hatten,  fllr  die  renitenten 
14  Meister  keine  Arbeit  zu  tlbernehmen,  noch  ihnen  Mannschaften  zu  stellen,  sowie 
vorzugsweise  Streikende  zu  he5irhKftin;en  —  kam  am  27.  Juni,  also  nach  T'/i 
Wochen,  eine  Vereinbarung  z\i  Stande:  Die  Arbeitszeit  ward  auf  zehn  Stunden 
für  den  Sommer,  anf  acht  bie  nenn  Standen  fifr  dva  Winter  normirt,  die  Sonntage» 
arbeit  prinzipiell  abgeschafft,  der  Hinimaletundenlohn  auf  4o  Cts.  mit  16  Cta. 
Zuschlag  für  Ueberstunden  festgesetzt,  nebst  entsprechenden  Zuschlügen  für  aus- 
wärtige Arbeit,  Wasser-  und  Nachtarbeit.  Die  Foiibrung  einer  Abschieds- 
bescheiuigung  wurde  von  Seite  der  Meister  fallen  gela^ssen,  dagegen  ein  D^mpte 
im  Betrage  von  drei  Taglöhnen  angelaseee. 

Ab  Naohepiel  dieser  Arbeiteeinstellnng  ist  su  erwähnen  eine  P^ion  von 
Jlrbeitgebem  der  Baugewerbe  an  die  Begierung, 

,es  möchten  nuf  dorn  We,re  der  Verordnung'  oder  Gesetzpehnnp  Vorschriften 
zur  bessern  Wiifinin^:  der  personlichen  Freiiieit  und  speziell  Ufa  Heehtes  zu 
arbeiten,  !ür  die  /iikunfl  aufzui^tellen  ."^cin  -  mit  Rücksicht  darauf,  daß  in  den 
letzten  Ai ln-itsciü-stellungen  der  Kr'"'''f''  Tlieil  der  Arl>eit<T,  die  arbeiten  wollten, 
der  Verfolgung,  Mißhandlung,  Ürohung,  f?chniaiiuiig  und  Belfi-sligung  von  Seite 
der  Streikenden  ausgesetzt  gewesen,  und  daß  in  ähnlicher  Weise  gegen  Diejenigen 
vor(re<;nii(ren  werde,  die,  von  Attfien  kommend,  hier  in  Zflnch  engagirl  waren 
oder  Arbeit  suchten". 

Dieee  Petition  fand  aahlreiohe  Unteraehriften  —  wie  nicht  minder  eine 
*Oegenpetition  der  Arbeitemhaft,  wetohe  in  aoefllhrlieher  Begründung  »gegen 

-den  Erlaß  von  Ausnahmebestintmungen  gegen  die  Arbeiter  für  StreikfUUe,  wie 
aolohe  die  Petition  der  Baugewerbemeister  verlangt,"  Einsprache  erhob. 

(Tleichzeiti|!;  mit  diesem  waren  bei  den  Schreinern  in  Zug  und  Luzern 
Differenzen  ausgebrochen;  an  letzterm  Orte  nahmen  sofort  21  von  il7  Arbeit- 
gebern die  sehnstUndige  Arbeitsaeit  an.  In  Zug  streikten  30 — 40  Mann{  ihre 
Forderangen:  tehnetUndige  Arbeiteieit,  Minimaltaglohn  Vt,  8.50,  AbsehafiPung 
der  Akkordarbeit,  eventuell  Erhöhung  der  bisherigen  Arbeitspreise  um  15  ^/o 
und  Garantie  des  Minimallohnr s,  Regelung  d*r  Htreitigki-itcn  durch  S<'hiedN- 
perichte,  Lohnhneh  u.  s.  w.,  wurdi-n  abgesf;hlii;^^'ii  und  blieben  ohne  Erloig. 
Die  Leidenschaft  zwischen  beiden  l'arteien  stieg  aufs  Höchste;  der  Tod  eines 
Arbeiterfahren  im  Zugereee  worde  sogar  einem  Baoheakt  der  Meisterwhalt 
.augeschriebe  II. 

Der  Frühling  1881»  weckte  im  Holzarbeitergewerbe  neue  Streikgedanken. 
Wohl  ermuthigt  durch  den  Erfolg  der  Zürcher,  stellten  fast  gleich?.' i'ic:  'Üe 
Zimmerleute  von  Luzern,  Winterthur  und  St.  Gallen  gleicbhuiieude 
Forderung«!  an  die  ICebter:  sehnstUndige  Arbeiteseit  und  45  Cta.  Minimal* 
.Stundenlohn.  In  LuBem  aeigten  sieh  die  Arbeiter  und  Meister  nachgibig,  ee 
kam  bald  zu  einer  Verständigung;  Stundenlohn  4t>  — 50  Cts.  je  nach  Leistung, 
Arhritsx.eit  8  Stunden  im  Wint-  r,  ](>  Stunden  im  Sommer.  Whtterfhnr  und 
Gallen  mußten  lauge  und  harte  Kämpfe  bestehen,  obschon  bei  gutem  Willen 

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Strikes 


_    226  — 


Stnkes 


eilie  Veroläotiigung  leiebt  gewesen  wäre.  Die  Meistor  ron  Wiuterütur  erklärten 
•ieh  eofort  '  lu  einer  Lohnerbtthnn^  bereit  (43  —  '44  Cts.  eis  Kittollobo^,  wiesen 

jeiluch  Mluimalbbn  r>od  Zehustundenarbeit  entschieden  zurück.    Am  9.  Miirz  er- 
folgte seitens  der  Arbeiter  allgemeine  vierzehntägige  Kündigung  und  am  2'A.  Miirz, 
trotz  Ansbezahlung  der  erhöhten  Löhne,   die  Kinstelhmg  der  Arbeit  thireh  16 
Manu^   nur  Wenige  arbeiteten  iort.    Mehrere  Vermittluii<;»vcrHUcbe  det»  Stadt- 
prlsidenten,  Herrn  Nstionalrath  GeiUnger,  sowie  weitergehende  Offerten  der- 
Arbeitgeber  blieben  erfolglos.   Auch  an  Drohangen  nnd  Gewalttbitigkeiton  der 
Streikenden  gcgeriUber  den   Arbeitenden   fehlte  es  nicht.    Erst  nm   2'-».  April, 
nach  fünf  Wochen,  kam  durch  Herrn  Geilinger  folgende  Ucbereitiktiiift  zu  Stande: 
Arbeitiizeit  von  Milte  März  bis  Ende  Olctober  lu  Stunden,  >iovember  bis  Mitte 
Win  9,  respektive  wenigstens  8  Standen,  MinimiilstnDdenlohn  45  Cts. ;  Znseblag^- 
lllr  Ueberstnnden  15  Cts.,  fUr  Wasser-,  Nsebt»  und  SeuDtagiarbeit  doppelter 
Arbeitslohn;    schied^gericlitlichc   Austnigung  aller  Lohndifibrenseo   mit  einem. 
Richter  als  Obmann  und  je  drei  Vertretern  jeder  Partei  u.  s.  w.  —  An  Unter- 
stUtzungsgeldern  gingen  ein  1500  Fr.,  woxun  aus  Winterthur  allein  Uber  900  Fr,. 
Terheiratbeto  Streikende  erbidten  3  Fr.,  ledige  2  Fr.  tägliche  Unterat&tzung. 

In  St,  €htUen  braeh  der  Streik  Anfangs  April  ans;  ee  betbeiltgten  eicb<- 
zuerst  ca.  80,  später  noch  weitete  40  Arbeiter;   auch   hier   kam  es  zu  Aus- 
schreitungen  der   Streikenden    gegpniiber   den    Arbeiteiul  n     Neben    den  f-chon- 
erwähnten  Forderungen   hajidelte   e«   sich   auch  um  prinzipielle  Auerkennuiig^ 
reepektive  um  Auflösung  der  Holzarbcitergewurktichaft  seitens  der  Meister,  welcbe- 
ketnen  Streikenden  je  wieder  einstellen  wollten  und  aoewKrtige  Arbeiter  zu  be- 
ziehen suchten.    Durch  Vermittlung  der  Kantons-  und  Gemeindebehörden  wnrde- 
Mitte  Mai  der  Friede  geschlossen  auf  folgender  Grundla^^e  :  .Minimalntundcnlohn 
43  Cts..  mit  Gestattung  von  AuKnalimeu   tür  alte  oder  gebrechliche  Arbeifer; 
zehnstündige  Maximalarbeitszeit  im  Sommer,  im  Winter  nach  BedUrfniß  und 
Witterung;  Znsoblag  vwk  16  Cts*  ittr  Uebeneitarbeit  und  60%  für  Sonntogs-, 
Kaebt-  nnd  Wasserarbeit  o.  s.  w.  —  somit  gegenüber  Wintortbnr  eine  klnn»^ 
Differenz.    Die  Vereinbarung  wurde  von  den  Meistern  sowohl  wie  VOU»  Faeb- 
Terein  zu  Hander»  deni  Gemeinderathes  unterschriftlich  anerkannt. 

Ein  Zimmerleutenstreik  in  Vevey  im  Mai  1869  scheiut  bald  beglichen, 
worden  zu  sein. 

Ein  im  April  1889  drohender  Streik  der  Schreiner  in  Ztlrioh  kam  nieht 

snm  Ansbrnch;  die  Forderungen  der  Albeiter  betretf'eud  Normalarbeiti»tag  und. 
Minimallubn  wurden  dnrrli  <lu-^  neu  erricbteto  städtische  Einigungsamt  (siebe' 
, Schiedsgerichte",  Seite  1'66)  geregelt. 

Air  diese  zahlreichen  Streiks  der  liolzarbeiter  in  den  Jahren  1880  -  89 
gingen  Tom  sobweizeriseben  HoharbeUerverband  aus,  dessen  Zweck  wir  oben, 
bereits  erwShnt  haben.  Sein  Hauptziel :  Einfuhrung  eines  sebnstiindigen  Maximal- 
arbeitstages,  scheint  er  nach  Vorstehendem  maTielicrorts  erreicht  zu  haben;  denn-, 
nielit  überall  fflhrte  die  DtirclHctzuncf  desselben   zu  einem  Streik.  Bemerkens- 
werth  iHt,  diiÜ  dieser  Verband   .sich  konsequent  vom  großen  schweizerischen 
Gewerksebaftsbund  ferne  hielt  und  auf  eigene  Faust  Krieg  führte.  An  seiner* 
Spitse  «tunden  u.  A.  der  %ls  Folixeispion  berüchtigt  gewordene  SohrMer  und 
der  wegen  Unterschlagung  von  Vertdnsgeldern  bestrafte  Agitator  Pifan,  trewesener- 
Kedaktnr  des    Hulzarheifcr'* ,  welche  beide  der  Urhebersehaft  vieler  der  vor- 
geuannten  Streiks  verdächtig  sind. 

Ans  den  in  den  Übrigen  Gewerben  seit  1686  stattgefundenen  Ansständen 
ist  in  erster  Reibe  der  bedeutungsvolle  £oAia«ser«<fe(£  in  Zttrieb  vonnfttbren.. 


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:Strikes 


—    229  — 


Strikfis 


Auch  liier  handelte  es  sieh  um  piiozipielle  Frageu,  um  Anerkennung  dea  Schlotiaer- 
r&divereiiis  Mitent  der  Mekter  and  Einlttlming  der  lehnetfindigeii  Arbeiteseit. 
Yom  10.  Hai  bis  21.  Juli  ftthrteD  oa.  85  Arbeiter  den  erfd^oeen  Kampf,  der 
■^benfaUe  echon  üb  Beginn  bei  gutem  Willen  beideneita  hitte  gescb lichtet  werden 

k^iniien,  ehe  bedauernswerthe  Preßfehden,  Zänkereien  und  schließlich  blutige 
8ti'iißunraulereien  daraus  entstehen  mußten.  Veniiittluiig8ver8uche  Uni)arteiischer 
hatten  den  beaten  Verlauf  genommen,  wurden  aber  im  letzten  Stadium  durch 
fremden  Einfluß  vereitelt,  eo  daß  etat!  der  Reehistngn  die  MtK^tin^  rar 
■Geltung  kam.  Ein  gutorganisirtes  ständiges  Schiedsamt  würde  yktl  Haß,  Leiden- 
Schaft  und  pekuniiire  Ojifer  erspart  habpii.  Die  MeisttT  hatten  sich  bei  Kon- 
vftifionalbiiße  von  2lK)  fcV.  verptiichtet,  vercnnzdt  nioht  nachzugeben,  üiae  Ver- 
iüguug  der  kantonalen  Polizeidirektion  vom  9.  Juni, 

«daß  fortab  das  Belagern  der  Werkstatten  und  die  Verfolgung  der  einzelnen 
.Arbeiler  auf  dem  Wege  von  und  natli  den  Werkstritlon  zum  Zwecke,  Zuge- 
»sländuisBe  von  Seite  der  Arbeitgeber  zu  iiewirken,  uatemgt  sei  und  daß 
•Zuwiderhandelnde  Strafis  .  .  .  u.  e.  w.  an  gewftrügen  bitten,* 

uM)wie  ein  seblbrfereB  BegleitMshreiben  dee  Poliseihauptaianna,  wurden  von  den 

Arbeitern  gesetzwidrig  erklärt  and  mit  offenem  Protest  beantwortet.   Ee  fonden 

in  ih  r  Folge  mehrere  Verhaftungen,  auch  von  unbetheiligten  Biiritrern,  statt,  die 
zu  Handgreiflichkeiten  mit  der  Polizei  und  schließlich  zu  einem  Straßeukrawall 
führten,  bei  dem  mehrere  Bürger  und  Foiiziüten  verwuudet  wurden.  Die  nach- 
folgenden StrafjproseMe  und  Yerbandlnngen  in  den  Behörden  erregten  noob  lange 
nach  Schluß  des  Streiks,  der  mit  volUtändiger  Niederlage  der  Arbeiter  endigte, 
die  Gemüther  und  beeinflußten  auf  die  Dauer  die  kantonale  Politik.  Der 
Schlosserstreik,  welcher  7758  Fr.  an  HUlfsgclth-rn  ver^el!^aIlir,  gab  auch  Ver- 
-anlassung  zur  Bildung  der  schweizerischen  Arbeiterreservekasfio  (-iehe  unten). 

Vor  desaen  Abschluß  noch  brach  ein  zweiter  Streik  in  Zürich  aus:  Die 
>8ehnknuK^  Terkagtea  Abeebaffong  der  Bonti^uegelder  (Mietbe  fflr  Arbttte- 
-plats)  und  unentgeltliobe  Lieferung  der  Foamitnren  (gleich  einer  Iiohnerbttbung 
-von  MU  2  F^.  wSobentlich).  Diese  als  billig  und  gerecht  erkannten  Forderungen 
wnrden  von  den  Meistern  bewillig;!  bis  auf  vier  der  grijßten  {ie>ehitfte,  wo  sodann 
Arbeit  eingestellt  wurde.  Der  siebeuwöchentliche  Kauipt  endigte  mit  einem 
theiiweisen  Siege  der  Streikenden,  der  Fr.  1583.  5Ü  kostete. 

An  einem  Anaetand  in  der  SohuhfaMk  SteinbXnaer  de  Aukenthaler  in 
Lausanne  vom  11.  Februar  bis  Mitte  April  lä88|  wegen  ungeMlI^ender 
Bezahlung,  betheiligten  sich  vierzig  Arbeiter  ohne  einen  wesentlielieii  IXolg  zu 
-erzielen.  An  HUlfsgeldern  gingen  Fr.  '^A'2*:i  ein.  K  e  u  e  ii  h  u  r  g  halte  im  Mai, 
Biel  im  Juli,  Bern  im  November  18i>8  je  einen  kleinern  partiellen  Schuh- 
vuteh«if'9ir€ik;  erstgenannter  wnrde  dureh  Yergleicb  beigelegt. 

Ana  dem  Schneiderffewerbe  sind  in  den  letzten  Jahren  drei  Streike  zu 
notiren :  In  der  B  e  r  n  e  r  Filiale  des  Berliner  Militäruniformengeschäfte« 
Mohr  &  Speyer  brach  ein  Streit  aus  wegen  Erhöhung  der  Platzgelder  und 
Mascbinenentschädigung ;  24  bis  Mann  führten  den  Streik  vom  12.  Februar 
.bia  11.  Mira  18B7  mit  Erfolg  dnroh.  Der  Streik  kostete  Fr.  1041.  80,  an 
Httlfegeldem  gingen  Fr.  979.  60  ein.  Ein  «weiter  Utigiger  Streik  fand  im 
April  1886  bei  der  Konfektionafirma  Wulfsbruck  &  Kehl  i  /'  i  r  i  c  h,  ein 
•dritter  im  Juni  1887  in  Luzern  statt,  beide  ohne  wesentlichen  Erfolg. 

Aus  der  Grossindustrie,  die  iu  der  Schweiz  seltener  unter  Arbeitseinstellungen 
leiden  hat,   üiud   zu  erwähnen :   Ein  Lohnkampf  in  der  Bindfudentabrik 
;Sch  äff  hausen  im  April  1887,  der  recbtaeitig  dnrdi  die  BMervekaaae- 


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Strikes 


2ao  — 


Strikes 


Eommimion  begUohtn  wnrcie;  ein  erfolgloser  Streik  von  38  SadmarbeUem 

bei  Keck  in  MSnnedorf  and  Hng  in  8täfa  von  Mitte  August  bis  Ende- 
I>ezeinber  1888  wogen  Lolmreduktiun  uml  Gewerkvereina-Mitglie*! schaff,  welcher 
21  Arbeiter  brofUon  machte,  große  Noth  erzeugte  und  die  Arheiterrschaft  Fr.  3600 
kobtete;  sodann  zwei  (rK^j^crstreiks:  In  Nctstal  im  Februar  1887,  in  Uz- 
wyl  vom  9.  Jali  bis  31.  Angntit  1887;  enterer  wnrde  bald  durah  Vv^ 
mittleramt  geecbliofatet,  letxtorer,  eine  Lobnredoktion  betrefiFend,  trots  Ver- 
mittlungsversuchen der  ReservekasHe-KomniisHion  ohne  Konzession  der  Arbeitgeber 
mangeU  Untfersttltznng  aufgehoben ;  zwölf  Gewerksphaftsmitfrlicdpi-  hlii'ht'n  arln  its- 
los.  Nach  einem  dreitägigen  AusKtand  der  Spemjler  in  der  Kmaüfabrik  in 
Zug  (Mai  1886)  wurden  die  Forderungen  der  Aibuiter  bewilligt. 

IKe  Stiekerei-Indmtrie  hnt  in  jttngster  Zeit  swei  FSlle  wa  veneiohnen.. 
Der  Streik  der  Sticker  in  Ziel  bei  Appenzell  im  Jahre  1886  hatte  einen 
sensationellen  Prozeß  vor  Kantonsgericht  zur  Folge,  indem  dieses  den  Fabrik- 
besitzer veritrtheilto,  die  Jahre  lang  von  den  Arbeitern  bezogenen  Bußen  im 
Betrage  vou  Fr.  h'ii'22  der  Stickerkran keuka»i:«e  rüokzuvergUten.  in  der  Firma 
Tobler  in  Rheineok  waren  die  60  Streikenden,  tu  denen  eieh  eplter  weitere 
40  gesellten,  mit  der  angekündigten  Lohnrednktion  um  2  Cts.  per  100  Stiek 
nicht  einverstanden  und  bescblosHen  trotz  Opposition  violer  Genossen  Ende  August 
1888  die  Arbeitseinötellung.  Erst  am  10.  Oktober  kam  es,  nachdem  die  Noth 
unter  den  Familien  der  Streikenden  angewachsen,  zu  einem  vom  Fabrik inspektor 
angebahnten  Vergleich,  wonadi  statt  dem  ndniirten  Anaatx  von  20  and  24  Cte. 
für  100  Stich  nnn  21  und  25  Cto.  beahlt  and  die  ttbrig«n  Klagen  der  Stieker 
befriedigt  werden  Bellten.  £ine  FOnferkonimisdon  erhielt  die  Miasion,  da«  früliere^ 
gute  Einvempbmpn  zwisehen  Prinzipal.  h"»hfren  Angentollteti  und  Arbeitern 
wieder  zu  erreichen  und  zu  erhalten  uiul  alles  Schadenbringtiude  zu  beseitigen. 

Sieben  Streiks  in  der  l.'hreninduslrie  im  Jahre  1887  haben  ebenfalls 
mehr  oder  weniger  innigen  Znaammenbang.  Seit  1886  haben  die  Uhrenarbeiter 
der  Westschweiz  begonnen,  »eh  in  Gewerkschaften  für  die  ver>ichiedenen. 
spezialisirten  Arheit^zweige  7.n  orpanisirnn  Es  be>*tunden  vorher  einzig  der  Bund 
der  Graveure  und  Goillocheure  mit  ca.  11  Sektionen  und  einige  lokale  Gewerk- 
schaften; nun  bildeten  sich  die  nationalen  Oewerkvereine  der  Schalenmacher 
(montenrs  de  bottes),  der  Bepasseurs  und  RemanieurB,  der  Faiseun  fF4ehappe- 
meutSt  der  &fferbfaUarbeiter,  der  Faiseurs  de  $ecrets  n.  a.  m.  Diese  Grewerk- 
vereine  zusammen  konstituirten  sich  als  Schweizerin  her  Uhrenarbeiterbund 
(federation  horhahfi  <ittf-isfi  nvi^riorf)  mit  Über  12,i)ii<i  .Mitgliedern,  welcher 
hauptsächlich  die  Kcgelung  des  Lehriiugswesena,  der  Normalarbeitszeit  (zehn-  bis 
elistttndigen  Arbeitetag),  des  UntomtlitningBwesen«  nnd  der  Lohntarife  bezweckt,, 
letstere  mehr  im  Sinne  einer  AiUfgleiehnng  naeh  Mafigabe  der  Konkurrena- 
TerhMltnisse  als  einer  allgemunen  Iiohserhöbnng.  Diese  Forderungen,  so  maßvoll 
sie  auch  andern  gegenüber  erscheinen,  erregten  nicht  bei  iiUeii  Fahrikanten  die- 
selben Sympathien.  So  glaubte  denn  aueii  ein  Fabrikant  iu  8  e  i  z  a  c  h  ^Solothurn) 
Anfang  Mai  1887  seinen  Arbeitern  den  Beitritt  zu  einer  Gewerkschaft  verbieten 
SU  können,  was  zn  einem  Streik  fUhrte,  der  um  seiner  prinzipiellen  Gfmndlage 
willen  dit;  gesammte  organisirte  Arbeiters  diu ft  der  Schweiz  zur  Hithttlfe  reiste. 
Es  gingen  denn  auch  in  kurzer  Zeit  cu.  Fr.  5700  im  Unterstützungfgeldern 
ein  \m<\  die  148  Arbeiter  fliegten.  Ueher  den  Ausgang  ein«-s  inn's  Neujahr  1887 
autjgebrocbenen  Streiks  von  2uo  6tctnbuhrern  in  Biel  wegen  geringen  Lohnes- 
fehlen  uns  nlhere  Beriohte.  In  Sonoebos  stellten  vom  9.  bis  13.  Febrnar 
117  Arbeiter  nnd  103  Arbeitwinnen  der  Ebancfaesfabrik  wegen  Maßregelnng: 


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Stiik.es 


—    231  — 


zweier  OenooMo  die  Arbeit  ein;  der  UhnuMltexfBdenitioii  gelang  die  Tennitt- 
Inng.  Eine  vierte  Arbeitennstellnng  fand  von  15.  Juni  bis  Anfange  Jnli  in 
einer  Uhrenfabrik  in  Münster  (Bern)  statt  wegen  Lobnreduktion  von  15  "/o 
für  Remontage.  Darob  scbiedi^genehtliehpn  Spruch  ward  eine  Lohnaofbeaaerang 
von  2  **/o  und  Amnestie  der  Ötreikenden  erzielt. 

Ueberhaapt  machte  neb  in  lieiden  OrgaDiaationen  der  FabrUcanten  nnd  der 
Arbeiter  daa  Bedilrfniß  geltend,  im  gegenaeitigen  Interesse  wettern  Konflikten 
Torsttbeugen  durch  Bildung  einer  Schieils  -  und  Einignngekammer 
ftr  die  schweizerisch Uhrt-TiiuduHtrie.  Am  Hl.  Juli  konstituirte  eine  Delegirten- 
▼erHummlnnp  der  Arbtntgeber  und  Arbeiter  der  verschiedenen  uhreugewerblichen 
Bezirke  eine  die  Organisationen  beider  Parteien  vereinigende  Gusellschaft,  deren 
Zentralvoretand  daa  Einiguugsamt  ttbernahm.  Dasselbe  hat  nioht  sowohl  Streitig« 
keiten  aus  beatehendMH  Arbeitsverhältnis^  als  vielmehr  eoleho  über  die  kunft igen 
Arbeitsbedingungen  zu  beurtheilen.  Die  Einiguugskammer  besteht  aus  hieben 
Fabrikanten  und  sieben  Arbitern,  sowie  au»  einem  von  d^r  Kammer  gewühlten 
unparteiischen  Vorsitzenden,  der  weder  Arbeitgeber  noch  Arbeiter  »ein  darf. 
Bi«  Entsehndnngen  der  Kammer  und  (Ur  die  Betheiligten  verbinülieb.  Leider  ver- 
iSgerte  sich  die  definitive  Konetitnimng  der  Gesellschaft  und  der  Einigungekammer. 

Am  5.  September  18B7  brach  infolge  Differenzen  bei  Inkrafttreten  eines 
neuen  Lohntarifs  auf  dem  ganzen  (rehiet  der  Uhrenindustrie  »in  Streik  der 
Ziffer blaiiarbeiter,  cä.  bOO  an  der  Zahl,  ans.  Die  dem  Verband  angehörenden 
Fabrikanten  wollten  den  Lobntarif  nicht  einfuhren,  bis  alle  übrigen  Fabrikanten 
dem  Verband  beigetreten  seien.  Eine  Verbandaversammlnng  in  Chanz-de-Fonda 
anwkannte  den  Tarif,  vurpflichtete  aber  die  Arbeiter,  nicht  bei  eolohen  Fabri- 
kanten zu  arbeiten,  welche  den  Patronaltarif  unter lüpten. 

Ditst^tn    Strt'ik    folgt«   bald,    am    7.  Oktober   lS.s7,  scclistpr   in  dor 

Uhrenfabrik  ^Sucicte  d'horlogerie"  in  G  renchen  infolge  Lohnabzügen,  der  bei 
einer  Betbeilignng  von  ca.  200  Mann  35  Tage  andauerte  und  die  Arbeiterschaft 
Fr.  8738. 75  kostete.  Die  Krtmmission  der  aohweizerischen  Rest  i  vekns^e  in 
Bern  hatte  dt^n  Streik  begründet  erklärt,  entgegen  der  An>i(  ht  dr  r  FVJrration 
horlo|t;('re  (Uhrenarbeiterbund welche  ihn  als  ,uiiniitzf  uml  hcilaut  rlicii«'  Aibeitw- 
unterbreohung,  durch  ein  3iißverständoiß  verursacht  und  durch  die  Keserveka^se 
weiter  geführt*,  taxirte;  daa  ZentnUkomite  der  entern  wie»  jeden  Zusammen- 
hang mit  der  Reservekaase  ab.  Nach  Zusieherung  der  Arbeitgeber,  bis  snm 
Entscheide  des  Sdliedegwiciite  die  alten  Lohne  zahlen  und  keine  Maßregelungen 
eintreten  lassen  zu  wollen,  wurde  am  2.  November  die  Arbeit  wieder  auf- 
genommen. Der  Schiedsspruch  ließ  noch  längere  Zeit  auf  sich  warten.  Ein  Ende 
Oktober  in  einer  Fabrik  von  Pruntrut  ausgebrochener  Streik  wurde  durch 
Bewilligung  der  Arbeiterfordemngen  rasch  beigelegt. 

Ohne  größere  Bedeutung  sind:  Ein  Streik  von  14  Maschinenmeihtern  in 
der  BK'  hdru'  kcn;!  Gelir.  Benziger  in  Einsied  ei  n  im  August  1886,  wflt  lio 
menschenwürdigere  Beiuiiiilhmg  verlangten  und  zum  Thcil  arbeitslos  wurde»;  lerner 
ein  Holuher  in  einer  UtUzin  St.  Gallen«  im  November  18öü  wegen  „nicht 
tarifmäßiger  Hesahlung,  Nichteinhaltnng  vereinbarter  Abmachnngen  und  konttta- 
tirter  offenbarer  SchmutzkoTikurrenz",  waf  die  „ BlMkirunir-*  dieser  Otlizin,  d.h. 
Schließung  für  Mitglieder  de^>  scliweizerihchen  TypographenbundeH  zur  Folge  hattn; 
eine  Arbeitseinstellung  von  tirei  Schriftsetzern  in  Will  in  an  im  November  lHf<6  ; 
eintägige  Arbcit«eintitellungen  in  Burgdorf  und  B i  -> c h  u i  k z e  1 1  im  September 
1889  wegen  ßinführnng  eines  Lohntarifee;  die  Forderungen  der  Geholfen  wurden 
bewilligt 


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Strikvä 


—     232  — 


Strikes 


Nooli  liiid  drei  kleinere  Fllle  ane  dem  etreUneidirteii  Jahn  1887  n 
notiren:  Id  der  KansumbOekcrei  Basel  eetiten  im  September  die  Arbeiter 

wegen  zu  Htrenger  Arbeit  und  Lohnreduktion  einige  Tage  lang  die  Arbeit  aas. 
Ein  Ausötiind  in  einer  piößcrn  Jhtihhinderei  Berns  im  Mai  dau»rf<^  vwr  drei 
Tage.  In  Überwyl  (Baseiland)  weigerten  sich  im  Juli  die  Arbeiter  der 
Birsüjthalbahn,  weiter  zu  arbeiten,  weil  ein  Unternehmer  die  Löhne  nicht  ans- 
beiahtte;  die  Baageselleebaft  ttbemahm  deshalb  selbst  den  Ban  des  betreffenden 
BahnstUckes. 

Im  April  1888  verlangten  die  Hafner  Zürichs  einen  einheitlichen  Lohn- 
taril"  mit  55  Ct«  Stundenlohn  und  zehnstilndis:er  Arbeitszeit;  die  Mpistcr  wollten 
letztere  anerkennen,  aber  nur  60  Cts.  bezahlen.  Der  drei  Wochen  dauernde 
Streik  wurde  dnrob  Yermittlnng  d^e  Hrn.  Stadtrath  Koller  tbeilweise  an  Gonsten 
der  Arbeiter  entsohieden.  An  Httlfsgeldern  gingen  ein  Fr.  2d45.  or>. 

Auch  im  ersten  Semester  des  Jahres  1889  sind  wir  von  Streiks  nicht  ver- 
schont geblieben,  und  zwar  scheint  diese  Pflanze  im  S(!h8nen  Mai  besonders  gut 
zu  gedeihen.  Der  angedrohte  &'c74^osji«rstreik  in  Luzern  wurde  durch  Entgegen- 
kommen der  Heister  beigelegt  ;  sechzehn  Meister,  worunter  die  Inhaber  aller 
größeren  WerkstKttm,  erklärten  sieb  bereit,  der  Forderang  der  Arbeiter  oaek 
aebastflndiger  Arbeitszeit  bei  gleicher  Löhnung  zu  entsprechen;  dagegen  kam  es 
zu  Diffprenzen  befrefFend  Anerkennung  der  Werkstattuiiliuing  (l.*?.  Jnui'i.  Dia 
I)aclHit:(:ker<fetcllen  ijuzerna  setzten  ihre  Fordoriing  nach  einem  Taglühn  von 
Fr.  4.  20  bis  Pr.  4.  00  (^die  liandlauger  erhalten  J?'r.  3.  50)  nach  kurzem 
Streik  ebenfkUs  dmrcb.  Ebenso  worden  die  Forderungen  der  Spenyler  in  Luxer n 
betretfend  zehiistiindigei  Arbeitzeit  und  Minimaltaglobn  von  Fr.  4.  SO  wenige 
Tcij,'e  nach  Ausbruch  des  Stniks  (22.  Juli)  zugestanden;  dagegen  blieb  oino 
Werkstiitrcrdiumg  Gegenstaml  weiterL-r  Verhandlungen.  Anfangs  Juni  streikten 
in  Biel  zehn  Spengler  für  Keiuktion  der  Arbeitszeit  und  Lohnerhöhung. 

Etwas  nnabgekttrt  lauten  die  Berichte  Ober  den  Sltetiiftatf erstreik  in  Bern 
im  Hai  1889.  Schon  Anfangs  April  sobeint  kat  Hidferuf  des  Steinbanervweins- 
Yorstandes  Bern  in  der  «Arheiterstimme"  ein  partieller  Ausstand  von  ca.  50 
Arbeitern  auf  zwei  Bauplätzen  ausgebrochen  zu  sein,  der  Ende  Mai  einem 
allgemeinen,  mit  140  Streikenden,  sich  erweiterte;  es  handelte  .nioh  um  einen 
Lohntarif  für  Akkordarbeiten.  Verschiedene  Vermittlungsversuche  dea  Stadt- 
praddenten  Oberst  £.  HttUer  n.  A.  m.  blieben  «folglos  bis  aam  38.  Hai,  wo 
eine  Verständignng  ersielt  werden  konnte;  am  31.  Hai  wurde  die  Arbeit  wieder 
aufgenommen 

Etwa  50  Arbeiter  der  Wolldriicktrr»  MitliMli  ^Kt.  (ilaru<)  V('rwri(:^L'rten 
Alitti*  Mai  die  Arbeit,  nahmen  sie  jedoch  zum  großen  Theil  nach  wenigen  Tagen 
zu  den  alten  Bedingungen  wieder  anf. 

Die  letatc  aber  nicht  geringsti>  .\rbeits.störung  ist  aus  der  aargauischen 
Ctf/urren-  und  Tubukindastrie  zu  berichton  Im  0  be  r  w  y  n  e  n  t  h  a  1  (Keinach 
und  Menzikrn)  hatte  sich  längst  eine  Krbitterupf;  (b-r  ArVi-Mter  g'Pirini  ein  will- 
kürliches Hnlieus^bteni  geltend  gemacht;  die  Cigarrenniacliergewerkschaft  bestrebte 
eich,  dasselbe  an  beseitigen  und  überhaupt  bessere  Lobnverhlltnisse  einaufttbren. 
Der  Cigarrenfabrikantenverband  anderseits  snehte  die  Gewerksdiaft  au  sprengen ; 
den  Vorstandsmitgliedern  wurd«?  g«--kündigt,  die  Arbeiter  wurden  aam  Austritt  aus 
derselben  v^'rjiflichtet  Am  1 7.  Juni  begann  die  Arbeitseinstelhntfr :  eji  bctiieiligten 
sich  4  27  Arbeiter  und  Arixitet iuntui.  Bt^ide  Theile  behaupielt-n,  den  Streik  ein 
Vierteljahr  aushalten  zu  können.  .\us.schrcitungen  kamen  nicht  vor.  Gleich  nach 
dem  Ansbrucb  venrachte  Hr.  Kantonsstatistiker  N£f  im  Auftrage  der  Hegierung 


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Strikes 


Strike« 


an  ▼ermittBln  und  ein  Eiuigungsaint  zo  bilden ;  der  erate  Yersach  schlag  feU. 
Em  Bveiter  und  dritter  Veraach  durch  einen  Stthnanflsohaß,  bestehend  tae  den 

HH.  Lanrkmmann  Eonrad,  NationalrSthen  Künzli  and  Kurz  and  StSn()^r&th 
Haberstich  alg  Vermittler  und  je  arlit  Vertretern  der  Fabrikanten  und  Arbeiter, 
kam  ebenfalls  nicht  zum  Ziel ;  di<-  Köpf**  waren  eben  noch  zu  hRrt  und  ea 
brauchte  längerer  Arbeitsstürung,  um  sie  mürbe  zu  machen.  Eine  Anzahl  Fabri- 
Icanten  allerdingB  hatte  aioh  hkid  mit  den  Arbeitern  Tentlndigt,  ho  dnfi  aioh 
der  Streik  nur  nooh  auf  vier  größere  Fabriken  besohrt^nkte,  walebe  ea.  830 
Cigarrenmacher  und  210  Wickehnaoher,  mit  den  HUlfsarbeitern  zusammen  etwa 
Arbeiter  beschäftigen.  Gerade  wrs  die  Arbeiter  um  keinen  Preis  opfern 
wuiiten,  die  uneingeschränkte  und  ungehemmte  Theilnahme  an  einer  Arbeiter- 
Vereinigung,  wurde  ihnen  aeitena  der  Fabrikanten  am  entschiedensten  beetritten; 
andern  verlangten  letztere  die  EinfOhrnng  eines  Zengmßbttehleins,  das  die  Arbeiter 
bekämpften  Das  Vorgehen  der  Fabrikanten  hatte  einen  Boykott  ihrer  Fabrikate 
durch  die  schweizer ische  Arbeiter*ichaft  znr  Folge,  d.  h.  die  Einstellung  des 
Konsnms  aller  aarfrauisehen  'rubakfahrikate.  Der  VolksverHn  Reinach  beschloß 
«instimmig,  der  Gtimeiude verdamm luitg  die  Errichtung  uud  den  Betrieb  einer  auf 
Beehnang  der  Gremeindc  getVibrten  Tabakfabrik  zu  beantragen;  die  Gemdnde 
beschloß  die  Errichtung  einer  Art  GenossenHchafks^Tabakfisbrik,  der  sie  die 
nöthigeu  Mittel  vorstrecken  wollte.  Die  Bevölkerung  stand  somit  auf  Seite  der 
Arbeiter.  Ihre  Löhne  wurden  als  zu  gering  befunden;  sie  betrugen  fiir  Cigarren- 
macher  Fr.  1.  38  bis  Fr.  1.  97,  für  Wickclmacher  Fr.  1.  08  bis  Fr.  1.  28, 
wobei  indeß  an  beachten,  daß  diese  Arbeiter  sieh  nebeabid  mit  Landban  be- 
aohiftigen  oder  Hau^esefaXfte  besorgen.  Gigarren&briken  der  Ost«  nnd  West- 
BChweiz  zahlen  höhere  Löhne.  Endlich  konnte  Ende  Juli  der  Streik  durch  die 
Vermittlnng  des  Hrn.  Fabrikinspektor  Nüsperli  ge^cliliebtet  werden  An  den 
Statuten  der  Gewerkschaft  sollten  einige  Aeudurungeu  vorgenummen  werden,  die 
Entschädigungen  fiir  zu  viel  gebrauchtes  Material  sollten  der  Kraukenkasse  sn- 
flteßen,  die  Lcriinabsllg»  fOr  einige  Hnl&arbeiten  anfgehoben  nnd  die  Ordnnngs- 
bußen  im  Interesse  der  Arbeiter  verwendet  werden.  Mit  15.  Oktober  wurden  die 
ArbeitHlöhne  um  5  "/o  erliTiht ;  im  Falle  genehmigter  Z<dlermäßiirnng  auf  Roh- 
tabak sollte  eine  weitere  Lohnerhrihung  stattfinden.  Die  Lohnzab hingen  linden 
vierzehntäglich  statt,  mit  sechstägiger  Decomptc.  Die  Arbeiter  können  ihre 
frühem  Stellen  wieder  einnehmen  eto.  Am  1.  Aagast  wurde  die  Arbeit  wieder 
anfgoiommen,  jedoch  in  zwei  Fabriken  am  6.  August  theilweiae  wieder  ein- 
gestellt, \Yei\  einige  Gewerkschaftsmitglieder  nicht  mehr  angenommen,  andere 
chicanirt  worden  waren. 

Ein  Anfangs  August  in  einer  großen  Fabrik  Schaff  h  a  usens  drohender 
Streik  konnte  durch  die  Bemühungen  des  vom  Arbeitgeber  als  Vermittler  be- 
mfenen  Fabrikinspektoxs  verhttt^  werden. 

•  # 

«- 

Wie  schon  bemerkt,  kann  diese  Streikclironik  nicht  auf  Vollständigkeit  und 
absolute  Oenauigkeit  Anspruch  machen;  die  Sammlung  des  Materials  und  Ge> 
winnuog  snverlSssiger  objektiver  Berichte  bietet  eben  allzugroße  Schwierigkeiten, 
namentlich  wenn  awischen  dem  Ereigniß  und  der  Berichterstattung  Jahre  yer- 

strichen  sind. 

Seit  Anfang  issd  haben  nach  vorstehenden  Mittheiiungen  wirkliche  Arbeits- 
einstellungen ^bloße  Differenzen,  Lohnbewegungen  etc.  fallen  aulier  Betracht) 
«tattgefunden:  1886  12,  1887  20,  1888  12,  1889  (L  Sem.)  12. 


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—    234  — 


Qewiß  wäre  eine  genaue  offizielle  SkreikstiüisUk  aooh  fUr  die  SehweiM  ein 
Terdienstliebee  Werk.  Die  Sticiks  wUrJen  richti^r  beaitheUt  und  bchaudelt^ 
wenn'man  sie  melir  uls  bisher  in  ihrer  Ge«ammtbeit  wissenMcbaftlich  beobachten 
uud  mit  dorn  kalten  aber  i."  r-M-bten  Licht  der  Zahlen  beleuciitcu  k-rnte.  Wt^na 
nicht  dui  eidg.  äUitintische  Bureuu  Hulbtst,  so  durften  vielleicht  die  eidg  Fabnk- 
inspektorate  als  geeignete  Organe  eraoheioen,  das  Material  Ar  eine  eolohe  Statiatik 
n  sammeln. 

In  Frankreich  hat  man  zum  ersten  Male  für  die  Jahre  1874 — 85  eine 
aiiitlifhe  Statistik  der  Arbeitseinstellungen  veröffentlicht;  sie  erstreckt  sich  auf 
804  Fälle,  dereu  Verlauf  von  den  Frätekturen  dem  Ministeriom  des  ELandela 
mid  der  Indoatrie  beriebtet  war  «nd  die  im  «tatiatischen  Zentrallmreaa  atatistiaQlL 
analyairt  wurden.  Die  804  Stnnka  vertheilen  sioh  auf  die  einaelneu  Jahr» 
folgendermaßen:  1874  21,  1875  27,  187*?  ÖO,  1877  30,  1878  34,  1879  &8, 
1880  65,  (V),  1882  182,  1H83  144,  1884  90,  1Ö85  108. 

Von  1881  fehleil  ilie  Antjfiben.  Wie  in  der  Schweis!  und  andernwo,  ist  auch 
in  Frankreich  beubüchtet  wurden,  daß  die  Monate  März  hin  Juli,  iuHbesoudere 
April  diü  höchste  Ziffer  als  Anfangszeit  der  Streiks  eiTeicben;  die  Arbeiter  der 
Baugewerbe  halten  in  dieser  Zeit  voller  Beschäftigung  ihre  Arbeitakrafk  für 
weniger  leicht  eraetsbar. 

In  Frankreich  ergeben  sich  als  Crsarhe  der  Streiks:  in  44  ^/o  Forderung 
der  Lohnerhöhung;  in  22  "/«  Abwehr  der  LDlinn  dtiktion  ;  in  11  '^/o  Beschwerden 
gegen  Arbcitsbe  iing^ungen ;  iu  5,5  Forderung  kürzerer  Arbeitszeit;  in  17,5  ®/» 
diverse  andere  Ursachen. 

In  Beang  aaf  die  Dauer  der  Streiks  wurde  in  Frankreich  konstatirt,  daft 
mehr  als  die  HÄlfte  1  —  10  Tage.  '/■>  11— 20  Tage,  nur  1,7%  über  100  Tage 
^viilirte.  Der  Sattleretreik  in  Paris  1877/78  dauerte  15  Monate;  doroiMohoittUche 
Dauer  1(5  Ta-re 

Die  Zahi  der  beihcttif/lrn  Arbeiter  betrug  iu  52  "/o  der  Fälle  unter  100, 
die  mittlere  Zahl  323,  der  große  Streik  der  Eohlenarbeiter  von  Anxin  umfaßt» 
10,160  Arbeiter.  Die  Zahl  der  verlorenen  Arbeitstage  betrug  bei  629  Strmka 
5*509,367,  oder  8664  für  einen  Streik  und  27  Tage  Wr  einen  betheiligteri 
Arbeittir.  Von  den  ire«<«mmten  HOi  Arbeitseinstellungen  in  Frankreich  enttielen 
3i>  "/o  auf  die  Ti;xlilui<lusirie,  17%  auf  Berg-  und  Huttenwerke,  15*^/0  auf 
das  Baugewerbe,  G  "/o  auf  die  Lederindustrie,  5  auf  die  Bekleidungsindustrie 
und  18  ^/o  auf  andere  Gewerbe. 

Von  753  Arbeitseinstellungen  in  Frankreich,  Uber  deren  Ausgang  Angaben 
vorlagen,  hatten  27  %  fttr  die  Arbeiter  günstigen,  16  ^/o  theilweisen  Erfolg^ 
57  ";o  dagegen  blieben  erfolglos. 

In  Amerika  hatten  nach  den  bezüglichen  Ergebnissen  45  %  ganzen.  14 
theilweisen  Erfolg;   40  %  blieben  ertulglos  für  die  Arbeiter.    Die  giuiHtigsten 
Jahre  für  <lie  streikenden  Arbeiter  waren  in  Frankreich  1876  und  1884. 

Nach  dem  hücbat  Interessanten,  vom  Statistischen  Bureau  voq  Nordamerika 
erstatteten  ausßlhrlichen  Bericht  Uber  Streiks  und  Bhnliohe  ArbeitastSrungen  in 
den  sechs  Jahren  IbSl-lHHd  fanden  1881  471  Streiks  in  2i)28  Etablissement» 
statt.  IM82  454  Streiks  in  2105  (rcscbäften,  18«3  47s  in  2759  Gesohäffen, 
lh84  443  in  2367  Geschätten,  1HS5  646  in  22H4  Ge-r  hatt.  ii,  KsS6  1412  in 
98D3  Geschäftcü  —  zusummea  3U03  Arbeitseinstellutigeu  iu  22,336  Betrieben. 
Am  meisten  mit  Streiks  und  •Lockonta*  war  New- York  gesegnet,  wo  nieht 
weniger  als  10,775  Geschäfte  betrolTen  wurden.  Das  BaugeKchKft  hinwieder 


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Strikes  —    235    —  Slrike» 

lieferte  das  reichlichste  Kuutiiigeut  für  Arbeiterzwistigkeiten ;  denn  auf  8eia& 
BeduMing  allein  konmieii  6060  GbMhäfle. 

An  dcD  sämmtlichcn  Streik«  waren  1,318,624  Mann  beiheilifft  von 
1,662,045  Arbeitern  in  den  betreffenden  Geschäften.  In  Folge  der  Streik» 
worden  103,03S  neue  Arbeiter  angest-^llt  ;  doch  kamen  von  ihnen  nur  37,4b4 
von  auswärt«.  Arbeitseinstellung  seitens  der  Unternehmer  (Loekout)  fand  während 
der  Jahre  in  2182  GresohKften  »tau  In  ihnen  waren  173,995  Personea 
vor  der  Ebetellnng  beeeh&fligt,  naobher  169,486.  Ym  den  letstem  waren 
13,976  neu  und  5682  von  answKrts  zugewandert.  Nach  Geschlechtern  gc-thcllt 
waren  mh  57  *^/o  der  Streiker  männlichen,  ll,!M  "/t)  weibliclien  Goschlechts.  D'u^ 
meisten  Arbeiter- Trubel  fanden  in  den  Staittt-u  New -York,  rcnusylvanien, 
Masi^achusetts,  Ohio  und  Illinois  vor.  Sie  umfatweii  74,71^  ^/o  der  Streiks  und 
90,80  %  der  «Lookonl»". 

Von  den  22,337  GeaeUllen,  in  welchen  Zwistigkeiten  zwischen  Arbeitgeber 
und  Arbeiter  stattfanden,  ging  der  Anlaß  zur  ArbeitseinKtcIlun^  in  18,342 
Fällen  =  82.r2  "/o  von  den  Arbeitervereinon  aus,  wogegen  in  2182  Fällen  die 
Fabrikanten  die  Arbeit  einstellen  ließen. 

Die  duohflcbnittUdie  Dauer  von  Streiks  betrog  23 '/lo  Tag,  bei  .Loekoato* 
28  T^.  In  10,407  Fällen  (46,59  7o)  fliegten  die  Arbeiter  vollständig,  m 
3004  Fällen  (13,35  7o)  theilweiwe.  Sie  unterlagen  in  8910  Fällen  (39,89 
Bei  „Lücküuts"  gewannrn  die  Fabrikanten  in  564  Fällen  (25,85  **/o),  in  190 
Fällen  (8,71  ^o)  verloren  sie  theilweise,  in  1.305  Fällen  gänzlich. 

In  Bezug  auf  die  Anlässe  zu  Arbeitsstüruugcu  klassiüzirt,  wurden  42,45  ^/o 
dnreh  die  Forderang  höheren  Lohnee  yeranacht,  19,45  ^/e  dnroh  die  Fordemng 
kürzerer  Arbeiteieit,  7,76  %  darch  die  Forderang  höheren  Lohnes  and  geringerer 
Arbeitszeit. 

KiiH-  anerkanntermaßt' n  mir  annähernde  84'hätzung  ergibt  für  dif  ttrrikrndm 
Arbeiter  einen  Vtrlust  von  51,816,165  DoUaru  und  von  8,Ki2,717  Doilai»  in 
Folge  von  Loekont  ^  das  heißt  etwa  40  Dollars  für  jeden  an  den  Wirren 
betheiligten  Arbeiter.  Die  Arbeilgeber  erlitten  einen  Verlast  von  34*164,614 
Dollars. 

Die  von  den  Arbeitsstörnngen  am  meisten  hetrottenen  Industrien  waren : 
Baugewerbe  606U,  Tabakgenchäfte  2959,  Bergbau  20(i0,  Kleidergeschäfte  1728, 
MetaUindnstrie  1585,  Traosportgeaohäfte  1478,  Speieeaabereitung  1419,  UQbe! 
491,  Kttferaien  484,  Ziegeleien  473,  Steinarbeit  468,  HolzgeMshäfte  395,  Sohoh- 
waarengeschäftu  352. 

Pro  Berichtsjahr  1H87'8.'^  wuiilen  für  die  Union  die  Ver1ii>fe  der  Arbeiter 
auf  20  Mill.  Dollars,  der  Arbeitgeber  auf  150  Hill.  Dollarh  j^V)  geschätzt. 
39,12  7«  der  Fälle  hatten  ganzen,  11,07  theilweibcn  Erfolg;  49,81  *^Jo  gingen 
fttr  die  Arbeiter  verloren. 

Von  allen  in  England  von  1870  —  1885  beobachteten  Streiks  entfiel  die 
größte  Zahl  auf  da«  Baugewerbe  (50H),  fli.-  zweitgrößte  auf  die  Textilindustrie 
(440  ,  die  •Irittgrößte  auf  die  MetalUudubtrie  (390),  die  viertgrößte  auf  die 
Kohlenwerke  (3;^9). 

In  der  Union  herrschte  von  1870—1873  Überall  Naehfrage  naeh  Arbeits* 
kräfteu,  1874  begann  die  Rednktit)n  derselben  und  erreichte  .im  li  in  England) 
ihren  Höhepunkt  1876/77,  Die  Zahl  der  Arbeitslosen  stieg  im  Jahre  1877 
von  '/a  auf  2  Millionen,  nahm  von  Ismo  an  s^tetig  ab  und  zugleich  "ticg  die  Ziihl 
der  für  die  Arbeiter  erfolgreichen  Istreik»  und  die  Höhe  der  Lohutordeniugeu. 
Seit  1886  sollen  die  Streiks  in  der  Union  nadi  Angabe  des  KommisrilrB  Wright 


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Strikes 


236  — 


Slrikes 


iluDMi  BSiMpVBkt  abenebritten  haben.  Der  frttbeete  in  dar  Union  brannte 
Streik  wurde  1741  von  den  NeW'Yorker  Bäckergesellen  in  Snne  geteilt. 

Powdedy,  der  Großmütter  des  großen  Ordens  der  ^Ritter  der  Arbeit* 
■(knighta  of  labor)  erklärte  188G,  ea  könnten  */io  aller  Streiks  leicht  durcb 
Srhied^'ämier  gesclilichtet  werden.  Im  ersten  Quartal  18HG  seien  350  Streitig- 
keiten iu  dieHer  Weis«  beglichen  worden.  Ein  Gesetz  Pennsylvauiens  schreibt 
■die  Scbiedtiümter  vor  (siehe  auch  „Schiedsgenohte"). 

» 

Die  Erkenntniß  von  der  Schädlichkeit  der  Streikt  im  Allgemeinen 
nnd  der  Notlnventligkeit  ihrt-r  Vorbiiigung  kommt  immer  mehr  zur  Geltung 
ancli  in  den  Kreisen  der  organiKirten  Arbeiterschaft.  Wir  haben  bereits  eine 
beuerkeuswerthe  Stimme  der  ,Tag wacht**  bei  Anlaß  des  Zürcher  Bucbbindorstreiks 
«tirt.  Aehnliobe  Knndgebungen  finden  sieb  zur  Genüge  in  andern  Arbeiterbifitteni ; 
aber  eben  so  oft  wird  hiebei  die  Nothwendigkcit  einer  ge^ichlossenen  aatgedt  hnton. 
f/ewi.-rkscIiiifUi'  hen  Onjauisation,  als  bestes  Mittel  zur  Verhütung  nnmotivirter 
•oder  unvorbereiteter  und  daher  erfolgloser  Arbeitsciiistüllungen ,  hervorgehoben. 
2n[ achstehende  Resolution  einer  größern  Arbeitervernammlung  in  Bern  mag  den 
allgemeinen  Standpunkt  der  Arbeiterschaft  ziemlich  getreu  wieder^piegeln : 

«Streiks  sin<l  als  solche  nicht  unbedingt  zu  verwerten,  sie  können  ein  berechtigtes 

nnd  wirksames  Mittel  werden,  um  die  Lage  der  Arbeilcr  zu  vorbi'ss<^-  ii  ficr  sie  sollen 
xticbt  in  Szene  gesetzt  werden,  wenn  nicht  eine  Orgaui-s^itioa  Uer  (jrwirk-riuiticu  da 
ist,  um  sie  wirksam  durchzurahren,  und  wenn  nicht  Geld  da  ist,  um  die  Heinttltigten 
zu  unterstfltzen.  Als  Grunclbeilinpunp'en  einer  jeden  ricMij^eu  nr;:Mnisation  der  Gewerk- 
schallen sind  zu  bezeichnen:  V}  Obligatorischer  Eintritt  jedes  Aiboiters  in  die  Gewerkt 
■Schaft  seines  Berufes;  f)  Abschaffung  de^  Akkordsyslems;  3)  Aufbietung  aller  Mittel 
und  aller  ThilktaR,  nm  eine  kürzere  Arbeitszeit  zu  erhalten;  4)  Sammlung  eines 
Reserve-{Streik-iFuiids.  Die  Organisation  soll  nicht  bloß  eine  lokale,  sondern  die  ganze 
Schweiz  nrnfsi^sende  und  wo  möglich  darüber  hinaus  gebende  sein.  Um  unberechtigte 
Streike  zu  verhindern,  soll  die  Frage,  ob  ein  Streik  zu  beginnen  sei,  jewcilen  einer  Art 
Tribunal,  das  aus  Vertretern  der  Oewerkschafleii  zu  bestellen  ist,  vorgelegt  werden, 
und  erst  wenn  dieses  die  Veranlassung  als  triftig,  ilie  Organisation  zur  Durchführung 
4es  Streiks  als  genügend  ^festigt  und  den  Reservefond  ak  der  Sachlage  angemessen 
hoch  genug  erklärt,  soll  ein  Streik  inszenirt  werden  können." 

Man  bst  früher  geglaubt,  Streiks  und  Überhaupt  alle  Störungen  des  sozialen 

Friedens  durch  sog.  Koalitionsverbutc  verhindern  zu  können;  die  Erfahrung  bat 
diesen  Irrthum  deutlich  gcofTfuluut.  Allenliogs  lehrt  sie,  daß  h'"(ililiovxt'rretne, 
—  seien  es  nun  kirchliclir  Brüdcrscliaftfu  oder  zUnftleriscbe  (ie«ellenverhände 
<ie.H  Mittelalters,  seien  e»  die  „Trades  üuions  '  Englands,  die  „Ritter  der  Arbeit* 
in  Amerika,  die  Arbeitersyndikate  Frankreiebs,  die  Hirach-Dunker'sohen  Gewerb- 
Yereine  oder  sozialdemokratischen  Gewerkschaften  Deutschlands,  oder  radlich  die 
Avbt'iterfachvereine  und  „Federations  ouvrieres"  der  Schweiz,  oder  seien  es  ünter- 
uelunerverbände  irgend  welcher  Form  und  Benennung,  —  drtf.'  snlcbe  Vereinigungen 
in  den  meisten  Fällen  <iie  intellektuellen  Urheber  von  Ötreiks  sind  und  dali  da 
-weniger  StreittUlle  vorkommen,  wo  die  Arbeiter  oder  Unternehmer  fudkt  orga- 
nisirt  sind. 

Trotzdem  kann  ein  nnbefangeneir  und  fleißiger  Beobachter  sdiweiseriseher 
ArbeiterverhSltnisse  die  Bildurg  nnl  Kntwijklung  zahlreicher  Ge werksohaften 

nur  ht'>irilß(:n  i  denn  die  weit  v.  rhri  iit  tr  An>iclit,  daß  solche  Vereine  nur  dazu 
beruleu  seien,  den  KbissenhaÜ  zu  predigen,  »Streitigkeiten  zwischen  Arbeitgebern 
und  Arbeitern  anzuzetteln  und  Uberhaupt  rein  materielle  Bestrebungen  zu  vor« 
folgen,  beruht  auf  Vomrtheilen.  Ansnidimen  TorbebalteD,  wird  der  beraf Hohm 


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Stribes 


—    237  — 


Slrikes 


und  allgemaiiiai  BUdang  der  Ktf  lieder,  der  üntenttttsong  in  FlUea  des  Todes, 
der  Inyalidität,  Krankheit  oder  ArlmtBlodgkeit  große  Beaehteng  geeohenkt, 
Spesidl  in  Bezug  auf  die  Mitwirkuag  solcher  Gmverkächaften  an  den  Streiks- 

muß  anerkannt  werden,  daß  ihre  Or^rani^sation  sie  befiiliigt,  zahlrpiche  Streitig- 
keiten zu  veriueiUen  oder  in  richtigen  Schranken  zu  halten,  (ierade  die  un- 
gerechtfertigten, umtb willig  provozirten,  schlecht  vorbereiteten  oder  sonHt  miß- 
Ivngenen  Streiks  sind  meisteiiB  tod  nicht  organisirten  ArlMitem  «aagegangen. 
Gewerkeehaflemilglieder  haben  in  der  Regel  mehr  Erfahrung  und  Dit^zi;  lin,  sie 
ziehen  ihre  mühsam  znxammengesparten  Kassen  nicht  ohne  Onuid  in  Mitleiden- 
fifbafr,  sie  sind  vursichti^t  r  nud  beginnen  selten  einen  Streik,  ohne  vorher  ge- 
hörig sondirt  und  mit  ihren  Arbeitgebern  verhandelt  zu  haben.  Streitsüchtige 
Hetxer  and  BidelBfUhm  haben  weniger  Gewalt  nnf  ftltere,  gut  fnadirte  Gewerk- 
«ehalten,  als  auf  unerfahrene,  nnorganisirte  UaMen,  die  nichts  in  Terlieren  habea 
und  ihre  St&rke  eiusig  in  der  Opferwilli^eit  nnd  Solidarität  Andmr  m  finden 
hoffen. 

Die  Erfahrungen,  welrbr*  in  den  letzten  Jahren  auch  in  der  Schweiz  ij^mncht 
wurden,  bestätigen  ferner,  daß  Yermittluug»versuche  angesehener  Staatsmänner 
and  Beamter  mehr  als  früher  Stattfladen  und  gerade  htA  den  GewerksehaltaD  und 
Heifltervereinen  heisere  Aufnahme  finden;  daß  dss  üriedliehe  ZusammoDwirken 

der  Arbeitgeber  und  Arbeiter,  die  gemeinsame  Förderung  der  Berufsinteressen  in 
dem  freundschaftlichen  ständigen  Verkehr  der  beidseitigen  Berufsverbände  ihren 
sichersten  Anker  linden  und  dai^  e.n  daher  für  die  Anfrechterhaltnng  des  sozialen 
Friedens  kein  besseres  Mittel  geben  kann,  als  ein  reger  Verkehr  zwischen  den 
Arbeitgeber*  und  Arbeiterrerb&nden  einee  Bemfes  au  bestimmten  gemeinsamen 
Zwecken  (Lettung  von  Pachsohalen,  Fachkursen,  Lehrlingsprüfungen,  Arbeits- 
V'  rinittlungsstellen,  ünterstUtsnogskassen;  Organisation  Ton  Schiedsgerichten  und 
Eiiugungsämtern). 

Ahgesehen  vou  den  liiiauziollen,  direkt  fühlbaren  Opfern  eines  Strtiks  sind 
als  ciieu  80  schwer  wiegende  Nachtheile  dieses  sozialen  Lehels  zu  betrachten  die 
oft  lange  nach  Friedensschtnß  anhaltenden,  dnreh  die  erregten  Leidenwhaften 
bewirkten  feindlichen  Acußerungen ;  das  Mißtranen  ist  waofagerufen ;  Trotz  und 
Gleichgültigkeit  einerseits,  Plackereien  und  Maßregelungen  anderseits  sind  die 
üblen  Folgen  der  Streiks.  >fan  hat  ihnen,  iiaincntÜch  in  Kngland,  zu  begegnen 
gesucht  durch  die  Errichtung  vou  KininuntisamUrn,  welche,  au^  einer  gleichen 
&hl  Vertreter  beider  Parteien  beBtehend,  jeden  Stnntfhil  su  verbttten  oder  su 
sehlichten,  jede  auftanchoide  Forderung  auf  ihre  innere  Berechtigung  so  prUfen 
und  den  gegebenen  Verhältnissen  ents[)rt  ( henit  endgültig,  für  beide  Theile  ver- 
bindlich, zu  t.eiirthcilen  hüben  ;[s.  aneh  «ien  Artikel  ,Sehiedsgerichte"\  Dip  Kinigungs- 
iimter  haben  viel  Großes  und  Gutes  gewirkt  und  verdienen,  auch  in  der  Schweiz 
mehr  als  bisher  gewürdigt  zu  werden ;  denn  es  ist  wohl  zu  beachten,  daß  atiindige 
Einigungsämter  mit  aum  Yorans  gewählten  Yertranenamännem  des  Berufes  und 
einem  unj^Uteiischen,  weil  unbetheiligten,  Obmann  rascher  und  richtiger  schlichtca 
und  richten  können,  als  ein  im  Sturm  und  Drang  des  ausgebrochenen  S'tieites 
ad  hoc  bestelltes  Schiedsgericht.  Solche  Kinignng-^ämter,  das  anerkannt  heile 
MtUel  gegen  Streiks,  haben  aber  zur  uuthwendigen  Voraussetzung  die  yewerk- 
tehaftliehe  OrganisaUon  der  Arbeitgeber  und  Arbeiter  *)  schon  deßbalb,  weil 
nur  diese  letstem  die  VfAlBiehui^  der  Urtheile  ttbemehmen  und  allfölligen  Wider- 

')  Vergleiche  Organisation  des  Einigungsamtes  für  Baugewerbe  in  Zwrich,  unter 
«Schied^eriehte.* 


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Strikes 


—     J3Ö  — 


Strikes 


«taiid  Binselner  abaden  kSnnen.  D«nim  und  die  berafliohen  Vo'b&iide,  gute 
OimMiuatioii  und  verständige  Leitniig  vorhehalten,  im  Interesse  des  nozialen 
Friedens  nur  711  begrüßen,  auch  wenn  sie  soheinlMr  oder  wirkJiok  dia  eigentliohaii 

Urheber  (!"r  Streiks  sein  soUtt-n. 

Erwähnung  verdient  noch,  daß  die  Generalversammlung  des  Sobweizerischen 
l^ographonbandM  am  9.  Juni  1689  ea  abgalabnt  hat,  bei  NichteinAlbniiig  der 
«ebtatfindigen  Arbeitszeit  für  Bnchdrackereien  bia  Ende  1889  im  Jahre  1890 

einen  allgemeinen  Buchdruckerstreik  fUr  die  ganze  Schweiz  zn  inszeniren,  — 
and  daß  der  internationale  Sozialist€nkougreß  in  Paris  im  Juli  !b8*<  den  Antrag 
■auf  einen  aligemeinen  Streik  in  allen  Ländern  ebenfalls  &in  wideröinnig  ver- 
-worfea  hat. 

Einer  OrganiMtion  haben  wir  noch  an  gedenken,  die  eben&lla  theila  ab 

HUlfs-,  theila  als  Gegenmittel  der  Streiks  betrachtet  wird,  der  Reserve-  oder 
Streikkassen.  Mehrere  GewerkKohaften  der  Schweiz,  inshesondere  der  Schwei- 
zerische Ty|iugraphenbund,  behitzen  solche  Kaf»3*en  zur  UnterKtützung  strrikemler 
oder  gemußregelter  Genossen.  Anläßlich  des  Zürcliei-  Schlosserstreiks  im  Summer 
1886  empfand  die  Arbeitenohaft  darf  Bedlirfniß,  die  flnanaiellen  Httlfnnittel  wa 
aentralisiren  und  auch  für  Diejenigen  aorgcn  zu  können,  welche  gatfundirter 
Reservekaspcn  nicht  theilhaftig  sind.  Die  (iriimlimg  einer  alhicmctnrn  s(hive/2c- 
rischen  Arbeiter- ItüservekaasCy  vom  GriitUverein  Jyansanne  beantragt,  wurde  an 
der  Delegirteuversammlong  des  Schweiz.  Grütlivereins  den  Juni  1886  in 
Orenchen  beeohloeaen  und  aodann  vom  Aktionekomite  dee  aohweis.  Arbeitertagea 
und  vom  Schweiz.  Qewerkschaftsbande  notentUtzt.  Laut  den  ersten  Statatm  irom 
Oktober  1886  hatte  diese  Beservekasse  den  Zweck,  „bei  drohenden  Arbeits- 
«instellnngen  und  bedeutenden  Anständen  zwischen  Arbeitern  und  Arbeitgebern 
eine  genaue  Untersuchung  der  Verhältnisse  anzuordnen,  Vergleiche  mit  Arbeit- 
^bern  oder  sohiedsgerioblliohe  Austragung  der  Differenzen  anzustreben  und^  nach 
Yenagung  aller  andern  Mittel,  bei  geeigneter  Sachlage  eine  Arbeitaeinatellang 
TM  genehmigen  und  die  Betheiligten  subsidiär  aus  der  Reservekasse  und  durch 
^ifientliche  Sammlnnpren  zu  unterstützen".  Im  Fernern  hatte  sie  die  spezielle 
Aufgabe,  «die  gewerkschaftliche  Organisation  der  Arbeiter  nach  Kräften  zu 
fördern*. 

Die  Grnndlage  der  in^a  KuideUregiater  eingetragenen  ^Genoacensobaft* 

bildeten:  1)  Der  Schweiz.  Grütliverein  mit  einer  GrÜndangaeinlage  Ton  Fr.  JiiOO 
und  einem  ordentlnht  n  Jahresbeitrag;  von  Fr.  1000,  2)  das  sog.  „ Aktiunskomite'' 
mit  einem  Jjihre«beitrag  von  Fr.  M>o  und  3)  der  Schweiz.  Gewerkschaftsbnnd 
mit  Fr.  400  per  Jahr.  Als  Grundstock  der  lieaervekasne  war  iu  Aussicht 
genommen  ein  „onantastbarer  Hinimalfbnd*  von  Fr.  5000;  elM  dieaer  Jedodi 
auf  Fr.  10,000  angewaehaen,  eollten  alle  Streike  nur  dnn^  freiwillige  Samm- 
langen unterstützt  werden  dürfen.  An  der  Sj^tee  der  Genossenschaft  stand  eine 
anf  zwei  .lahre  gewählte  neungliedrige  Kommission  mit  entsprechender  Vertretung^ 
aller  Vtnbtinde.  Sie  hatte,  dem  gennnnteu  Zweck  entsprechend,  die  Berechtigung 
der  Streiks  zu  beurtheilen,  VergleichsverhandluDgeu  mit  den  Arbeitgebern  un- 
snbahnen,  die  Streikkomitefi  zu  abenracben,  die  Unterstütsungagelder  entgegen 
zu  nehmen  und  aa  vertheilen,  llülfemfe  zu  erlassen,  die  Beendigung  dee  Streike 
SU  proklainiren  u.  s  w    Gewiß  keine  Icirhte  ,\nfg!iln  ! 

Der  Vorort  kam  zuerst  nach  Jitsrn;  ilie  Kuiiiiüi.'<,siuu  trat  im  Feltruar  lb87 
in  Funktion.  Ihr  erster  VcrhandlungsgegenHtuud  war  ein  Streik  iu  Bern  selbst, 
ihr  swetter  die  —  ^alutenrevisiont  die  eiob  gleich  b«  Beginn  ab  nolliwendig 
erwiea,  jedoch  infolge  Arbeitsttberbäufung  bia  in*a  SpKtjahr  Tcrschoben  werden 


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Strikes 


Strikes 


mnßto;  denn  aehoo  im  ersten  Beriehfaijabre  waren  15  Eonfliictei  von  denen  meh 
6  zu  Streiks  entwickelten,  zn  behandeln.  In  SchaiTbauseD  gelang  ihr  ein  ^'er• 
mittlungsversnch ;  über  der  Schreiu-Tstreik  iu  lU-rn  iiisbeHüiid»  r('  pnb  der  Kum* 
mission  viel  zu  schBtfen ;  sie  konnte  den  Arbi?itpebern  keinen  Kespt-kt  ah;;o\viiinen, 
um  einen  giitlichen  Vergleich  zu  erzielen.  Ho  lange  die  Kasse  keinen  Fond  besaß, 
fdilto  ihr  atieh  jeder  Einflnß,  jede  Haeht.  Schon  nach  dem  Inslebentreton  U-sten 
^roße  Anfordeningen  an  die  Kaaee  heran,  denen  sie  von  fisrne  nicht  genttgen 
konnte;  von  Ansammlang  des  MiDimalfondu  war  keine  Rede.  Obwohl  im  ersten 
Jahre  diircb  freiwillige  Beiträge  ftllnin  ca.  Fr.  28,000  anfgebracbt  wurden, 
reichte  doch  diese  schöne  Summe  nicht  au8,  um  alle  die  Streiks,  welche  die 
Genehmigung  der  Kommission  erhielten,  in  entsprechender  Wüse  zn  ontersttttien. 
.Avch  die  Lokalreservekaseen  wurden  arachSpft,  die  OplSerwilligkeit  der  Partei« 
^nossen  ward  aufs  Aeußerste  angestrengt,  und  demiocb  buttfii  die  Streikenden 
—  biut  Bericht  der  Kommission  seil  st  —  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  mit  bitteren 
Entliehrungen  /ti  kämpfen!  Kur/,  man  hatte  sich  arg  getänKcht  in  den  Kr- 
wartuugeu  vom  Erfolg  der  Kästle  und  verrechnet  in  Bezug  auf  die  eigenen 
Httlfequellen.  Uan  sah  sich  vor  die  Nothwendij^eit  Tereetst,  die  bisherigen 
freiwilligen  and  nur  im  Streikfall  erfolgenden  Beiträge  durch  regelmäßige  Geld- 
mittelzufnhr  zu  ersetzen,  eine  Erweilernnf,'  des  Reservekasseverbandes  und  die 
Festsetzung  eines  Maxirauraf  d«^r  Unterstützung  durchzuführen;  man  hatte  die 
fortwahrende  bettelartige  (rewinnung  von  freiwilligen  Beiträgen  durch  Aufrufe 
in  der  Pregae  satt.  Die  bestorgantsirten  und  *fandirten  Qewerbchaften,  der 
-Schweis.  Typographenbond  nnd  die  Föderation  horlogire,  waren  der  Beservekasse 
fem  geblieben  aus  Liebe  xnr  SelbststXndigkeit ;  sie  spendeten  dag^n  reichlich 
fireiwillige  Beiträge. 

Die  geplante  Reorganisation  mit  bedeutend  vermehrten  liülf»quellen  scheiterte 
jedoch,  indem  der  ca.  14,000  Mitglieder  zählende  Schweiz.  Grütliverein  durch 
Urabstinimnng  den  obligatoruwhen  Woehenbeitrag  von  10  Bp.  (es  lag  aneb  ein 
zweiter  Antrag  auf  20  Kp.  per  Honat  vor)  verwarf,  was  die  bisherige  Kommisniioa 
in  Bern  zur  Demission  vraulaßte.  Der  Wochenbeitrag  von  10  Rp  hätte  im 
«rsten  Jahre  schon  bei  1S,()()0  Mitglieth-rn  einen  Fotni  von  Fr.  100,000  ge- 
stiftet, während  die  Kommission  eine  durchschnittliche  L'niersUUzuityssumme  von 
¥r.  30,000  per  Jahr  berechnete.  Das  Bondeskomite  des  Gewerksehaftsbundes  in 
Ziirieh  übernahm  die  Leitong  nnd  arbeitete  einen  neuen  Statntenentwnrf  ans,  der 
im  März  1H89  angenommen  wurde.  Nach  diesem  zahlt  nun  der  Schweiz.  Grütli- 
verein alljährlich  aus  der  Zentralkasse  Fr.  2000  fixen  Beitrag,  der  fiewerkschafts- 
bund  einen  obligatorischen  Monat«beitrag  vou  15  Rp.  per  Mitglied.  Letzterer 
Mit»  £nde  iaS8  3360  Mitglieder  und  besaß  einen  Kassasaldo  von  Fr.  1900. 
Ln  Jali  1889  ttbemahm  Zürich  den  neuen  Vorort  der  Reservekasse. 

Bemerkenswerth  ist  folgende  Erklärnng  der  «Arbeiterstimme*  (MXrs  1889) : 

,Mit  dem  Streiken  muß  so  ri'l  nh  tiur  mögjiiji  zurfirkfrehalteTi  werden,  denn  die 
Reservekasse  muß  er.«;l  einen  betriicbtlicben  Fond  be^iilzen,  elie  sie  Linlerslülzungea 
^wälircn  kann.  Streiks,  die  nicht  durch  die  Reaervekasse  ihre  Billigung  gefunden,  sind 
auch  nicht  durch  frfiv  iUi(i(  \\v]U"i^^  zw  unler-fützen.  Ex  in\tß  >  intrial  Ordnung  in  die 
Geschichte  kommt  n,  -onst  iiiuderl  du.-»  uiidi-süipiinirte  Vorfc'elieii  Uu-^  üuüjvvcndige  plan- 
mäßige.* 

Auch  das  Konnte  des  Gi  werksehat't-bnntles  und  die  provisorische  Reserve* 
kassekommission  sahen  sieb  im  März  18H9.  im  Hinblick  nuf  die  unter  den  l-?au- 
Laudwerkern  verschiedener  Schweizerstädte  damals  in  Fluß  beliudlicben  Lohn-  und 
Arbeitsieitbewegungen,  an  der  Erklärong  veranlaßt,  daß  in  jüngster  Zeit  Streiks 
beschlossen  and  begonnen  worden  seien,  ohne  daß  vorher  das  Bondeskomite  des 


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Strikeä 


—    240  — 


GtewerksohaflBbttndeB  und  die  provisorisohe  Rttsenrekaasekommürion  vom  geplanten 
Streik  in  Kenntniß  gesetzt  worden  wären.  Es  sei  durchaae  nöthig,  im  Interene 
einer  Regelung  den  StreikweHenä,  dalö  kein  Streik  beuchlo^Ncn  und  begonnen  wcrde^ 
ohne  daß  die  Htreikenden  Vereine  etc.  sich  mit  der  org^nnisirten  ArbeiterKchaft 
in*8  Einvernehmen  gesetzt  und  ihre  Zuhtimmung  erlangt  haben  Im  Be»onderen 
»oUte  aatdi  die  BeMrr^MaekomiiiiaitOD  und  ^  BandeakoBiite  ▼orent  begrttSt 
werden.  Andernfalls  aehen  mcli  die  genannten  Komitee  geswungen,  einem  auf 
eigene  Faust  begonneaea  Streik  ihre  moralische  and  finanzielle  UntentUtsung  la 
versagen. 

Die  Gründung  der  Arbeiter-Htnei  v^kiciiani  hatte  anläüliob  des  iSchreinerstreik» 
in  Bern  auch  eine  Gegenbewegung  zur  Folge.  Der  Handwerker-  und  Gewerbe- 
verein Bern  hatte  folgende  Resolution  g^fiißt; 

,Der  Handwerker-  nwl  (lew t  rln  vi-rein  Ikin,  in  Erwävrmi^':  1)  daß  seil  Iftngerer 
Zül  die  Ziele  der  Arbeitervereine  dahin  gehen,  dem  Arbeitgeber  alle  möglichen  Schwierig- 
keiten zu  bereiten  und  ihn  durch  Aufhetzung  und  beleidigendes  Auftreten  in  seiner 
Autorität  zu  schädife'en ;  2)  daß  durch  die  Bildung  der  '^T>j;^  Arlicitrr-RexTvekasse  sich 
die  Verhälluisse  zugespitzt  haben,  daß  ein  gedeihliche  Verhältniß  sowohl  der  Arbeit- 
geber als  der  Arbeiter  darunter  schwer  leidet;  3)  daß  die  Arbeiter  im  Vertrauen  auf 
die  Macht  der  nc^erveka.««.  wpirhf  hauptäächlich  (.'clciti  t  wird  durch  rfr-Anlichkeiten, 
die  dera  Haniiweikei-  uu<i  (ieweri>estanil  ferne  stehen  ujnl  dm  Verhiiitnis.se  gar  nicht 
oder  nur  manKelhafl  kennen,  zu  übertriebenen  Fordorun(.'en  verleilet  werden,  —  be- 
sr-hlirß! :  K<  <im  iter  V'orslan«!  def  Schweiz.  G^nverlx  vcirin-  zu  beaullragen,  zu  unter- 
suchen, wie  den  voraussichtlichen  ferneren  Stituks  zu  l»egegnc'U  und  ob  nicht  der 
Arbeiter-ReservekajK«  eine  Ar  In  tlgebtr-Jieserirkasite  gegenüber  zu  stellen  sei.* 

Der  Zentralvorstand  de«  »cbweiz.  Gewerbevereins  legte  diesen  Antrag  den 
Sektionen  zur  Begutachtung;  vor,  mit  folgenden  Gpj^eiibemei  kunfren : 

,Die  Grilndung  einer  Meister-Mcservekas.sc  zur  L  nterstülzuug  dvr  von  Arbeils- 
einsteltungen  beti  offenen  Arbeitgeber  dürfte  jedenfalls  kein  leichtes  Werk  sein,  weil 
Organisation,  regehnäUige  Speisung  und  richtige  Verwendung  ihrer  Mittel  ohne  Zweifel 
mit  vielen  Schw  ierigkeilen  verbunden  wSren.  Es  fehlt  zur  Zeit  nodi  eine  umÜMsende 
Vereinigung  der  Meisterschaft;  die  wenigen  iMeisterfachvereine  genügen  kaum.  Eine 
Anzahl  von  Gewerbe-  und  Handwerkenrereinen  werden  vielieidit  als  solche  an  einem 
derartigen  Institut  nicht  theilnehmcn  wollen.  Der  Zentralvorstand  könnte  nach  unserer 
Amicht  höchstens  die  einleit«  n<K  ii  Schritte  tfaon,  die  KonstUuirang  und  Verwaltung 
müftte  wohl  selbslständig  erfolgen. 

«Eine  festgefügte  Organisation  wftre  aOerdings  erforderlich,  nicht  bloß  eine  in 
iiioMu  iifarier  Vci lt  t.'r'nh<  it  in  aller  Eile  geschaffene  Ka^-c  uhiie  (laucrmlf  Hnl('~qut!len. 
ßei  eintretenden  Arbeilseinstellungen  wäre  schnelle  HAlfe  doppelle  Hülle.  Die  Reserve- 
kasse  mOßte  einen  stftndigen  Fond  von  mehreren  tausend  Franken  sofort  zur  VerfOgung 
haben  iiiid  rc^'elmäßig  gcspiesen  vM-rdi  ii.  Frpt\villi;rr  Sammlungm  k An nten  nur  SU  spär- 
liche Hülfe  leisten  und  meist  würde  auch  die^e  Hülfe  zu  spät  kommen. 

«Die  Berechtigung  der  Metsterseliaft,  der  Artteiter-Keeerrekasse  eine  gleiche  Ein-^ 
richturig  frrpcurihpr  zu  «^teilen,  ist  allerdings  nnbeslreithar.  Nur  wird  es  •-ich  fragen, 
ob  eine  soirlie  Ka^.•.e  auch  das  richtige  Mittel  sei,  den  vom  Handwerker-  und  tiewerbe- 
verein  Bern  angestrebten  Zweck  —  Verhütung  fernerer  ölr»  iks  —  wirklirh  zu  eVreichen, 
AI'^'''-<  ii<  u  (1  (lafi  ilir  Arln'iler  r{<"-ervekasse  von  schon  Luifror  hp?tclicni!en  Vereinen 
11)11  i-'H'Ulj  MilgUt'dcizahl  untei IkiIIlü  wird,  ist  ihr  Fortbestand  mtdi  kcule^urgs  gesichert. 
Ihr  /.ueck  sollte  sein,  ttt  Verhüten,  daß  Arheilseinstellnngen  idine  gehörige  Prüfung  aller 
Verhflitnisse  beschlossen  werden,  ^fal•h  den  F,rw.1gungen  der  Berner  Sektion  ist  man 
allerdings  zu  glauben  versucht,  daß  die  ReservekiLssekoininission  keine  besondern  An- 
i^t^engungen  genuichl  habe,  um  den  Schreinerstreik  zu  verhüteti.  So  viel  wir  unseraetts 
in  Erfahrung  bringen  konnten,  war  das  Vorgehen  bei  der  Arbeitseinstellung  ein  zu 
raiiclics  und  speziell  die  Forderung  betreffend  die  Art  der  Bezahlung  von  Akkordarbeit 
eine  wenig  überlegte;  allein  es  ist  kaj^ni  zu  gewärtigen,  ilaß  in  die-«em  Falle  oder  über- 
haupt Streitigkeiten  zwischen  Arbeilgebern  und  Arbeitern  leichter  und  rascher  beseitigt 
werden,  wenn  eine  Meister-Reservekasse  gegründet  wird;  die  Gegensätze  werden  »ich 
eher  verschärfen.  Wir  glauben  nicht,  daß  dies  der  Wunsch  der  Berner  Sektion  imd 
anderer  Gheder  des  Schweiz.  i>ewerbevereins  sei.  Die  Anregung  zielt  gewili  auf  Ver- 
hfltung  der  Streik»  ab,  und  dieses  Ziel  zu  errdebeo,  ist  auch  unser  ernstliches  Bestreben. 


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Strikes 


—    241  — 


Strob^aarenindustrie 


»Stall  der  Bil.liing  einer  Mt- ister-Reservekasse  roOcbten  wir  die  KintTihrunf,'  von 
pewniMichen  Schiedsgerichten  oder  Einigungsämtern  befürworten,  welche  in  nihi^rer 
ZciL  urganisirt  und  aiii?  Vertrauensmannern  der  Arbeitgeber  und  Arbeiter  geluldel, 
schnell  und  sachkundig  alle  vorkommemlen  Streitigkeiten  schlichten,  bezw.  endgidtig 
und  filr  beide  Theile  verbiihllich  Iteiirtheilen  würden.  Zur  Orgatii-utinii  -aicher  Schieds- 
richterämter «ind  wohl  in  keuitäu  Kanton  neue  gesotzliche  Vor-^rhritleu  erforderlich. 
Werb^tattordnungeii.  Fahrikreglemente  oder  freie  Vereinbarungen  kennen  Meister  und 
Arbeiter  zur  Einhaltung  bezüglicher  Bestimmungen  verpflichten.  Derartige  Facfagerichle 
auB  freiem  Uebercinkommen  bestehen  bereits  anderwärts.* 

Die  Sektionen  traten  ansnahmslos  der  Ansdiaanng  de«  ZentralvoistAndes 
bei.  £s  ist  denn  anoH  jeder  Versuch  der  Bildnng  einer  allgt  incinen  Arbeitgeber- 
Reservekasde  bis  jetzt  unterblieben.  Dagegen  hat  u.  A.  der  Verein  schweizerischer 
Bnchdruvkereibp'tUser  eine  ciffcne  Reservekasse,  als  Gegengewicht  gegen  die- 
jenigen der  beiden  GehUllenverbäude,  Heit  Jahren  geäufnet. 

Die  Arbei^eber  lürditeii  in  einer  Beeerve-  oder  Streikkme  das  Mittel  zur 
Verseharfüttff  der  Interesseng^entäite ;  die  Arbeiter  erhoffen  ans  eben  derselben 
die  Aufrtchterhaliuwf  des  soeialen  Friedens.  Wer  Reeht  behält,  das  mag  die 
Znliunft  lehren!    (Abgeechln^'^pn  im  Herbst  IdH'.»). 

Strohwaareniniltistrie.  Die  schweizerischp  Strohindustrie  zerfällt  örtlich 
in  drei  Theile:  Die  aargauische,  freiburgische  und  tessinische.  Die  bedeutendste  ibt 
die  aaigHui.-)ch6,  die  sich  auch  in  die  benaehbarten  Kantone  Lasern  und  Zürich 
erstreokt. 

An  iltesten  ist  wahrscheinlich  die  Strobflechterei  im  Kanton  Tessin,  wo 

sie  vermatblich  von  dem  europäischen  Mutterlande  dieser  Indostrie,  von  Italien 
her,  Eingang  fand.  Heutt^  'vir-l  sie  noch  im  >!  nnsernone  ansf^fillit.  Die  größte 
Ausdehnung  hatte  xie  in  diei?eiu  Thale  in  der  l't-riode  US.'jU — is7.'>,  während 
welcher  jährlich  für  300,000 — 400,000  Fr.  produzirt  worden  sein  soll.  Seither 
ist  der  Industriesweig«  infolge  der  ohinraischen  nnd  japanischen  Konkorrensgeflechtef 
im  Tessin  wie  im  Freiburglschon  und  Aargauischen,  stark  zurückgegangen.  Flechter, 
die  früher  1  '/a  bis  2  Fruiik'  ii  ji'deii  Tag  vcriü'-nten,  sollen  es  beute  kaum  auf 
50  Rappen  bringen.  Das  Mit^rial  ist,  wie  im  A;irj^an,  Kor^f^cnstroh,  das  W('i^.'n 
seinem  dunkeln  Gelb  meist  nur  in  gefärbtem  Zustande  verwendet  werden  kann. 
Die  Braeugnisse  werden  grOfitentheib  in  den  ICarktoxten  Looo  nnd  Unsso  verkanft 
and  im  Lande  selbst  sn  Hilten  verarbeitet;  eimges  geht  nach  Italien. 

Größere  Ausdehnung  und  einen  wesentlich  anderen  Charakter  hat  die  frei- 
bargische  Strobflechterei.  Das  Material  ist  dort  das  weißere  Weizen-f mh,  das 
nur  vuti  «lern  englischen  an  Schönheit  ilbertroHen  wird.  Die  8trohtleclitt  ivi  riatirt 
im  Kanton  Freiburg  von  der  im  Jalir  ItilO  durch  die  Erfolge  der  aargauischen 
Fabrikation  veranlafiten  firriohtung  von  Fleohtsohalen  im  Greyerzarlande  her  und 
es  wurde  lange  Zeit  fast  nur  für  HKnser  in  Wohlen  fabrizirt.  Zirka  der  Pro- 
duktion geht  auch  heute  noch  auf  Rechnung  von  Aargauer  Industriellen,  Vic  im 
Kanton  Freiburg  direkt  kaufrn  ndcr  dasclböt  Filialen  errichtet  haben.  Kin  diickter 
Export  bahnte  sich  Anfangs  iler  40er  .Jahre  nach  Frankreich,  luigland  und  Nord- 
amerika an.  Die  damalige  Produktion  wird  vom  Freiburjer  Historiker  Kuenliji 
m  550,000  Stttok  a  xirka  im  Werthe  von  280,000  alten  Franken  per  Jahr  an- 
gegeben. Im  Jahre  1856  existirten  100  Kontroleore,  welche  da»»  Maß  1er  fttr  die 
Ausfuhr  hrstinunten  Stücke  zti  prUfen  hatten  ;  es  wurden  von  denselben  im  ge- 
nannten Jiilir  <in2,667  Stücke  zur  Ausfnlir  gestempelt.  Der  Werth  dieser  Stücke 
und  derjenigen,  welche  der  Koutroic  entgangen,  oder  für  die  einheimische  Stroh- 
Iratthbrikation  gebrandit  worden  sein  mögen,  wird  auf  800,000  Et.  geschStat. 
Ihren  HShepankt  erreichte  die  Freibnrger  Strohfleohterei  in  den  Jahren  1859/60. 

Fnmr,  Toiktwlrtlnebftfta-Lsintoii  d«r  Sehwris. 


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Strohwaarenindustri« 


—    242  — 


Slrohwaarenindustrie 


umnittelbftr  vor  dem  Aufbruche  ile»  für  tde  TerbängnißvoUen  nordameiikaDiscIien 

BUrgerkni'<jr'  s ;  dt-r  damalige  Ftihrikatiorihwert  wird  auf  1,800,000  Fr  veraoscUlagt, 
wov'in  nut  die  Bezirke  (tniv-fe  SiKJ.OOO  Fr.,  ^Tlftne  .ln(>,(>(>ft  Fr.,  Singine 
»iOO.iMK»  Fr.  eutlallen.  Kach  einer  von  der  fmburgi>cben  l>irektioii  deä  Innern 
veröti'entlichten  SUtiatik  beschäftigt«  die  Strohinduatrie  im  Jahre  ISÖä  in  fünf  von 
BtebeD  Bezirken  zeitweise  7300  Personen  (Omyere  Sarine  ISOS,  Stngine 

rj:iu,  Glane  553,  Veveyse  .')_'.')).  Wie  Tessin  besebrankt  sich  Freiburg  im  weaent- 
licben  auf  die  eigentlicbe  Hamlet r. 'hHochterei  nud  etwas  Hntfuli ikatinn. 

Zu  niannigf;t!»i{r*'rf'n  und  ilieil wei^c  uniil'ertroiii-tieu  l^cislungen  im  weiterrn 
Gebiete  der  Strobiudustne  bat  es  der  Ktintun  Aargau  gebracht,  wo  der  Haujdtjitz 
der  Fabrikation  in  Wehlen  ist. 

Jakob  laier  daselbst,  der  Gründer  einer  jetzt  nurh  flMrireiiden  Firma,  hat 
um  1790  zuerst  den  Gedanken  erfalit,  Strobg«irieclite,  die  im  Fniamt  verf«  itigt 
wurden,  zu^aniinenzukaufen  und  damit  Harrdf»!  nae}i  dem  Schwar/.walde  zu  tn  iin  u. 
Der  Erfolg  dioocr  ersten  Yersuche  führte  zur  Krriclitung  mehrerer  anderer  Firmen, 
sowie  zm  Grttndung  von  Fleohtachnlen  in  den  Wohlen  benachbarten  Aargauer 
and  Lnzemer  Gemeinden.  Anfänglich  machte  man  nur  vierhalmigea  G^edit;  die 
Einführung  des  7-  und  llhalmigen  wurde  alt»  eine  wichtige  Neuerung  bezeichnet. 
Anfangs  der  20er  Jahre  wurde  die  Weberei  von  Stroh  mit  Sei  1-  iizettel  auf  dem 
einfachen  chinesischen  Webstuhl  eingvlVihrt.  Im  Jahre  Ib'.il  existirten  in  ^^  ohlen 
neben  melxrereu  kleinen  acht  grulie  Firmen,  in  anderen  Gemeinden  drei.  Das 
Abaatcgebiet  hatte  eich  Uber  gans  Europa  ausgedehnt;  die  größeren  HSaeer 
hatten  Filialen  nnd  Agenturen  in  Wien,  Pari'.,  l^yon,  London  und  Iluvre.  NV'eil, 
wie  Kchon  angedeutet,  d.is  im  Aargau  erhültlifhe  R'>jr|?f*H8trüh  mit  seiner  diiuk'  lu 
N(ifmff  fiir  Arlikid,  diu  weiß  sein  sollen,  nicht  geeiL;n''t  ist,  tr'diingte  man  bald 
zur  Fabrikation  farbiger  und  gemiHchter  Getiochte  und  damit  zu  den  aogcuauuten 
Phaniasit-Arükdnf  die  den  eigentlichen  Weltruf  der  aargauiBcben  Strohindustrie 
begründet  haben  and  heute  noch  unterhalten.  Ks  kommen  hiebei  in  erster  Linie 
die  Strohdr'ihirhnt  und  die  Bordüren  (Gewel>e'f  in  Betracht,  für  wvdche  Artikel 
das  Koggenstroh  liesunders-  verwendbar  i'-t.  Die  8lrohgewebe  hatten  einen  Un- 
geheuern Erfolg,  dör  noch  dadurch  gesteigert  wurde,  daß  New- York  in  den 
40er  Jahren  als  direkter  KKafer  dieser  Artikel  auftrat.  Es  wird  angenommen, 
daß  zur  Zeit  der  HauptblUthe  des  Bordllre«Artikels,  in  den  Jahren  1845 — 55, 
hii«  zu  15,000  Hnndweb>tUhle  in  Arl»  it  -taiMb  ii  In  der  Saison  lsö0/.')l  betrug 
naeh  einem  Mitglied  der  schweizerischen  Jury  lür  die  \^'e]taua8tellnng  in  Tjmdon 
der  Umsatz  der  Aargauer  Lidustrie  mit  letzien  lu  l'latze  allein  zirka  öO,UUi) 
Uebcrproduktiou  und  die  L'ebel  in  deren  Gefolge  trugen  Hchließlich  wesentlich 
KU  der  New- Yorker  Krisis  bei,  die  im  Jahre  1857  Uber  diese  und  andere  Industrie- 
Br«»ncheii  hereiiibnudi. 

Die  Fabrikation  der  i'hanta.sie-Artikel  führte  allmälig  naturgemäß  zur  Ver- 
wendung auch  anderer  Materialien  als  Stroh,  namentlich  Bast,  Seide,  Roßhaar, 
Manilahanf,  ßanrnwolle  etu.  Auch  begann  man  Artikel  zur  Verzierung  der  Uilte 
anzufertigen}  die  sogenannte  Gtarnitur  und  das  OrnwMnL 

Die  Strohflechterei  ist  ausschließlich  Hausindustrie  und  es  werden  sn  dieser 
leicditen  Besehiiftignng  selbst venjtandlich  auch  Kinder  verwendet.  Die  Eififtthrong 
der  J{ordürenwelT>rei  frnh  Anlaß  zum  Fabrikbetrieb.  1  r  namentlich  dann  zu  größerer 
Aufcdehnung  gelangte,  al«  man,  Anfangs  der  lOer  Jahre,  anfing,  auf  sogenannten 
Lacetsttthleu  l'/träehaai  f/eflechit'  berzustellen.  Diese  Spezialität  erfreute  sich,  mit 
kürzeren  Unterbrechungen,  lange  der  besonderen  Gonst  der  Mode,  ist  aber  seit 
gänzlicher  VernaehlSssigung  anheimge&llen.  In  ihrer  Blttthezeit  beschäftigtie 


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Stroh  waarenindustrie 


—    ä43  — 


SlrohwaareniDfluslri« 


sie  zirka  2r)00  Arbeiter  bei  den  StUhleu,  eben8oviel  für  das  Knüpfon  des  Roß- 
haars iJii<l  verarbeitete  3'/2  bis  4  q  dieses  Kohinaterials,  dac  miiii  haiipt.säohlich 
aus  Kul^IaQci  und  Hüdamerika  bezog.  £»•  wiirdcu  jährlich  zirka  7.'>u,OUU  Stück 
im  Werth«  tob  37«  bis  4  Hillionen  Franken  prodnurt. 

Nach  eiiieoi  langen  StUUftend  infolge  dee  amerikanischen  Bürgerkrieges  begann 
eine  Bafieret  rege  Periode  dank  der  Ertindimg  dt  r  Ilanminil/hnnJcl  <.der  Flotten, 
zusammengeleimtem,  gebleichtem  oder  gefärbtem  Baumwollgarn,  das  in  dieser 
FüiTu  wie  feingewebte  Streifen  erscheint.    Gleichzeitig  lebten  auch  ilie  iilteren 
Artikel  wieder  auf.  lo  dieher  höchsten  Gesofttiperiode,  die  hin  dauerte,  gab 

«8  35  Hineer  im  Aargau  (21  in  Wehlen),  4  im  Kanton  Luxem  und  3  im  Eantun 
Zürich;  der  Werth  der  Ausfuhr  in  der  Saison  18(J7/«j?<  wir«!  auf  lf>'/2  Millionen 
Franken  geschätzt.  Xach  dem  scbweizerischen  liericht  \i\n-A-  'Vu-  Loinli  ii^r  Auu- 
«tellung  von  1862  würden  um  die.se  Zeit  zirka  ;J  Millionen  Stück  Gellechte  im 
Werthe  von  hi>ch«tens  1)00,000  Franken  j>er  Jahr  produzirt  wurden  sein. 

£än  neuer  Artikel  ftlr  den  Fabrikbetrieb  wurde  1872/73  eingeführt,  die 
BaumicoUspäztn  oder  Tiipcs,  die  sich  solclur  Xacbfrage  erfreuten,  daß  davon  von 
187<>  bis  187H  jährlich  zirka  1  Million  Stiu  k,  fabri/.irt  wurden,  die  1 000  Arbeitern 
BeschäftigiiTifr  traben  und  120,000 — l.')0,uu*»  Pfund  (inrn  erforderten. 

Die  Rückkehr  zu  den  alten  guten  BurdUro-Zeiten  sebieueu  die  Jahre  187li/t:^l 
bringto  in  wollen;  dooh  wurden  die  Erwartungen  eo  hoch  ge^^pannt  und  so  große 
'Quantitäten  erseugt,  daß  der  nur  mittelmäßige  Konsum  su  der  Produktion  und 
den  Vorräthcn  nicht  im  richtigen  Verhältnisse  stand.  Seit  der  ra.schen  Keaktion, 
die  rtei'halh  entstaml  und  zu  einer  lürsgercn  Stagnation  führte,  ist  der  Geschäfts- 
gang der  aargauihclii  II  Strohindu«trie  ein  auläerst  unbeständiger ,  jnit  dt-r  Mude 
wechsseluder  geworden.  Der  Export  beträgt  durchschnittlich  per  Jahr  noch  zirka 
5  Millionen  Franken,  der  freiburgische  zirka  l'/2  Killionen  Franken,  wogegen 
die  teasinisehe  Produktion  kaum  iL n  Werth  von  ;UK),()00  Franken  j>er  ,Iahr  über- 
j^teigt.  llinen  dauernd  ungünstigen  Einfluß  übte  die  Konkurrenz  U  i  < hinfhisohen 
Geflechte.  Der  namentlich  durch  die  Kiiiführung  fiutn iihiürtscliiut  i  In  f:nij-tiir'o, 
massenhafte  Andrang  dieser  äußerst  billigen  Geliechte  hat  die  glatten  Aurgauer- 
geflechte  allmälig  verdrängt  und  gleirh/citig  auch  die  ahnlichen  Specialartikel  der 
Italiener  so  schwer  verkKnflich  gemacht,  daß  diese  geswungen  wmrden,  sich  mehr 
ilen  atargauischen  Phanta^jic-Artikeln  zuzuwend^-n. 

Als  theilweiser  Ersatz  für  die  «liinesis^rhe  und  japanische  Konkurrenz  fließt 
indessen  dem  Aargau  etwelcher  Gewinn  ans  dem  Handel  mit  dietien  Artikeln, 
'dessen  er  sich  zu  einem  namhaften  Tbeile  bemächtigt  hat.  Die  chinesischen  Ge> 
deohte  werden  zu  diesem  Zwecke  meistens  yon  England  und  Lyon  bezogen,  im 
Aargau,  wo  die  Strohbleichevii  auf  <l<-r  höchsten  Stufe  der  Vervollkommnung 
^r<•ll^  gebleicht  oder  pef^rbt  iiinl  dann  L'ri'ßtcntlieil«  nnverarbfitet  cxporlirt.  Die 
\  ermehrung  des  Iniports  von  Strohgcllechten.  d>T  vnn  IST'.»  bis  It<^4  von  644  q 
Äuf  1959  q  »itiegj  im  Jahre  1885  aber  auf  li'41  (i  zurückging  und  im  Jalir 
1889  nur  1095  q  betrug,  ist  vornehmlich  auf  Rechnung  dieses  Zwischenhandels 
mit  fremden  Geflechten  zu  setzen,  dem  Übrigens  durch  Krhilhung  des  Zolles  von 
4  Fr.  auf  10  Fr.  im  Jahre  1884  erheblich  Eintrag  geschehen  ist,  ohne  d  C wegen 
•die  beabsichtigt»?  gUn.stige  WirktnifT  auf  die  Freibur^er  Strohproduktion  auszuüben. 

Was  schließlich  die  Strnliliuiiabnkation  betntlt,  so  hat  dieselbe  in  der  Schweiz, 
obsohon  sich  albnilig  vermehrend,  nocb  keine  große  Ausdehnung  erlangt.  Die 
Zollverhlltnifise  mögen  hieran  neben  den  schwierigen  KookarrenzverbSltnissen  im 
Aligemeinen  ihren  Antheil  haben.  Größere  Hutfabriken  exisliren  in  den  Kantoneu 
Oenf,  lieuenbiirg  und  Tessin,  Aargau,  Bern,  Zarich  und  Schaphausen. 


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Strobwaan-iuiiduslne 


—    244  — 


Südostbahn 


Staiittisobes.  Mit  der  Stroh-  und  Boßlttarflw^tarcd  bafiifitm  «ioli  mr 
Zeit  der  eidg.  Yoltrssithlung  von  1880  12,226  Peraonen  =  9.«  Vm  aller  Er- 

werbsthätigeD  (vgl.  den  Artikel  „Industrie").  Das  diesbezügliche  Resultat  der 
Volkszählung  von  Ibbd  ist  im  Moment  der  Dmoklegnng  dieeea  Artikels  noch, 
nicht  bekannt. 

Aasfohr  and  Einfithr  von  Strohwaaren. 

 Ansftthr   Einführ 

1885        1886       1887       1888       1889  1880 

Fr.  Fr.  Fr.  Fr.  Fr.  Fr. 

Geflecble  3.596,055  3,743,000  2,873,019  3,481.003  3.600,536  448,950^ 

Danienbute  aus  Stroh  nicht 

aus^,'ern.st»^t*l   186,(X)0     HOn.'tSf,     512,400     390,t>()-2  .Mis.'.iK) 

Andere  nicht  aii$ger.  üöte  .  648,979  403,000  480,191  541,822  581,426  11 2,3U8 
Andere  feioe  Waaren .  .  .  97,799  288,000  970,461  748,896  1,912,888  15,400 
Grobe  Waaien   6,908     14,000      5.338      8.808      8.840  97,00» 

Anaftihr  nach  LSndem  im  Jahre  1889. 

D<^it»chl.     VCaakx.     KngUnd  Ver.  Staaten     Rnt  Tot.il 
Fr.  Fr.  Fr.  Fr.  Fr.  Fr. 

Geflechte                             357,589  545,346  659,006  645,164  703.433*)  2,609,536 

Dam«  nliüte  aus  Stroh  nicht 

aii>,.'enistel ')  9,t90  318,112    15,414  429    16,927  390,203 

Andere  ni.  ht  au.^.  HOte  .   .    11.517  234,464  107,557  165.470  69,418  581.426- 

Andere  feine  Wi.aren     .    .    .  162.011  6<)4,265  1.30,769  93').or.n    85,787  1,912,888 

Grobe  Waaren   K981  857     2.170  1,1  So     2,652  8,840 

542,S66  1,733.073  814,915  1,742,299  070,217  o,5(J^,89» 

Strnmpfirirkerei  e.  »Wirkerei  \ 

Stfiekfftrberei*  Man  versteht  darunter  gemeiniglich  nnr  da»  FIrben  toa 
fertig  gewebtsr  Seide,  das  einen  Fortsohritt  der  modernen  Seidenfirherei  darstellt, 

während  dan  Färben  von  Banmwollo,  Leinen  und  Wolle  am  StUck  keine  mo- 
eig^nlliiiiiilit  h."  Stliwierigktiten  wie  bei  der  Seide  darbietet.  Bi«  j>tzt  haben 
wich  nur  wenige  bchweiz.  Seide nfiirbereien  auf  dm  SttlckfSrbfn  im  (iioljen  ein- 
gerichtet ;  die  Hauptmasse  der  betreffenden  G^ewebe ,  httuptisäeljlich  Sarin  (sog, 
Satin  teintft  en  pike),  der  im  Kanton  Zürich  in  großen  Mengen  gewoben  wird» 
muß  nach  Lyon  lam  FXrben  geschickt  werden. 

SUdafrikaaisehe  Republik.    Mit  dieser  Republik  hat  die  Schweiz  am 

28.  Ajuil  1  >i^7  fincn  FTf^nn  tsrliHfts-,  Niederlfissungs-  und  Handelsvertrag  ab- 
ge^chlussen  und  zwar  nach  dem  l'iiiizip  der  Meistbegünstigung  (A.S.n.  F.  10,  2i?3). 
Ueber  den  beidhuitigen  W'aarenverkelir  beHtehen  keine  äUitiütiachen  Auizeiehnungen. 
—  Schweizerisohes  Konenlat  in  Pretoria. 

Südostbahn.  Die  SchweizeriNche  Südostbahn  ist  das  ünternehmea  einer 
Aktienge^sellHchaft  mit  Sitz  in   Rapperswyl.     Die  Konstitoirnng  erfolgte  am 

5. November  18<i0.  Da«  Unternehmen  ist  hervorgegangen  ans  einer  Verntändigung 
der  Ei-'^enbahugefifllsf-haft  Wädensweil-Kinsiedeln  mit  der  Ziiiichsfe-nDtthari^balin, 
sowie  den  beiden  Initiativ-Komiteti  für  den  Bau  einer  Linie  i'tälhkon-Samstugeru 
oder  Schindelegi  and  Biberbrttek-Goldau. 

Die  Konzessions-Uebertragongen  fttr  diese  4  Linien  auf  die  Schweiz.  SM« 
Ost  bahn  »ind  durch  Beschluß  der  Bundeerersammlung  vom  19./20.  Dezember 
188U  perfekt  geworden. 

*)  Der  Werth  der  au^erClsteten  Damenhüte  ist  nicht  bekiinnt. 
')  Davon  187.049  Fr.  lUlien,  185.485  Fr.  Oesterreich. 


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SQdostbahn  —    245    —  Suisse  Ocdd^nlale-SimploD 

Die  Sildostbahn  umfaßt  somit  zunächMt  folgende  Linien: 
41.  Die  Linie  Wftdensweil-Eiiuiedeiii,  im  Betrieb  «eit  1877,  Be- 
triebslänge  17  Kilometer 

6.  Die  Linie  Rappenwyl-Ffitfifikoo,  im  Betrieb  eeit  1878,  fie- 

triebdingo  4  » 

•C.  Neu  zu  ertitellen  sind :  1)  Pfäffikon-Samstagern  oder  Schindelegi. 
2)  Biberbrllck-Qoldau.  Beide  werden  durch  das  MitteUtilck 
<ler  Wädensweil-Einsiedelnbahn  zu  tiiuT  durchgehemien  Linie 
l'faftikun-Guldau  verbunden,  dert;u  etiekte  BethebHlänge  ist        35  , 

zut>ammen  Kilometer 

Der  Bundearath  sagt  in  seiner  Butscbaft  vom  16.  Dezember  186^  anläßlich 
^er  EoiUE688iont-Uebertragung  folgendes;  «Die  ISngst  angestrebte  Yerbindong 

«bringt  einem  nicht  uiibi  ilcutt  iKlea  Thei!  der  Ostschweiz,  insbesondere  der  Maroh» 
^dcn  KMiitoiit  n  niarns,  Graublinden,  dem  Rheinfhale  und  der  Arlbergruute  gegeu- 
^über  deui  jetzigen  bedeutenden  Umweg  ii!>pr  Ziinch-Altutfttpn-Zui^-Rothkreuz 
^eine  direkte  Verbindung  mit  der  Zentral-  und  WeMtseliweiz  einerseiti« ,  wie 
«anderseits  mit  dem  Gotthard  «ad  Itatien.  Vieht  weniger  wird  die  neoe  Linie 
«dem  lokalen  Vwlcehr  des  Kantons  Sehwys  au  gute  kommen,  indem  ide  dessen 
^einzelne  Theile  unter  sieh  niid  mit  d<>tvi  Kantoasbauptort  in  Verbindung  seist 
«und  den  Verkehr  mit  Eiusiedeln  erleichtert. 

«Mögen  auch  gewisse  Faktoren  die  Leiatung^ifuhigkeit  des  neuen  Verkehrs- 
«weges  be^ntrichtigen,  so  sind  andererseifcs  dieVortbeile  doch  so  in  die  Augen 
«springend,  und  liegt  unter  allen  Umstünden  in  der  neuen  Verbindung  eine  so 
, beachtenswortbe  Verbewemng  und  Erleichterung,  welche  weKcutlich  erhöhte 
, Bedeutung  ;2:ewinuen  wird,  wenn  da^  zur  Znt  ventilirte  Projekt  der  »Stellung 
, einer  flin-ktL'n  Schienen -Verbiudtmp  zwi>rhin  dem  Toggeuburg  oder  sogar 
«Sl.  Galleu  und  liajiperswyl  zu  Htande  kemnit." 

Der  Ankauf  der  beiden  im  Betrieb  befindlichen  Linien  kostet  5,072,000  Fr. ; 
■die  Kosten  der  neuen  Linien  sind  auf  .'),34fS,000  Fr.  veranschlagt.  Die  Verkehra- 
«innahmen  sind  auf  H60,000  Fr.,  der  Keinertrug  auf  20-2,500  Fr.  .'>V*  % 
Dividende  berechnet.  Da«  (te^icllschaftskapital  besteht  aus  10,5UO,()UO  Fr,, 
-wovon  5,500,000  in  Ol.li-ariuiu  n  :i  4  %  und  5,000,000  iu  Aktien. 

Suisse  Ocvideutttie-Miiiiplon.  Die  weotschweizeriächeu  Eisenbahnen  mit 
Inbegritf  der  Simplonbahn  sind  das  Eigenthum  einer  Aktiengesellschaft  mit  Sita 
in  Lausanne*).  Die  Geaellscbaft  wurde  ursprünglich  (1864)  behufs  Uebemahme 

'des  Betriebes  der  Eisenbahnen  Üuesi-Sidsse,  Franco-Suiase,  Latisauue-?yeiburff- 
Bcrn  und  Genf-Ver^oi r  t^f gründet.  Naehdem  der  Betrieb  dieser  Linien  vom 
1.  Januar  1^1)5  an  durch  die  Gesellschaft  der  Luisse  Occideutale  für  üeohnung 
der  bisherigen  Eigenthttmer  f»tattgefuuden,  traten  die  drei  alten  GeieUsohaften  ihr 
Eigenthum  an  die  Betriebsgesellsohaft  ab,  welche  vom  1.  Januar  1872  au  den 
Betrieb  säromtlicher  Linien  fikr  eigene  Rechnung  wclterfQhrte«  Das  eigene  Nets 
der  Suisse  Occidentale  hatte  auf  liirsen  Zeitj»nnkt  rin»'  Ausdehnung  von  .31 .'),!' ui 
baulicher  Län^e  und  iJiiU  km  lieiriobslänge.  letztere  mit  inbegrilf  der  {^epueliteten 
Strecke  Üei  n-8eu»ebrUcke  bei  Thörishau;*.  Im  Laufe  der  folgenden  Zeit  kamen 
durch  Ankauf  oder  durch  Neubau  noch  folgende  Linien  hinzu :  Am  12.  Juni  1876 
die  Strecke  Murten-Kantunsgrenze  bei  Fräschels  (12,413  ni):  am  25.  August  1876 
die  Linien  Pal^zieux^Murten  (5ö,03ö  m)  und  Freibarg^Payeroe  (20,540  m);  am 

*)  Dies  wurde  geschrieben,  bevor  die  Fusdon  mit  der  Jurabahn  (1.  Januar  1890) 
«tattfand. 


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Suiäät:  OccideDtaIe*Siinplon 


—  '2U 


Suisse  Ücckleulale-Simploa 


1.  Jannar  1677  die  Linie  Gossonay-Grense  bei  Vallorbes  (29,260  m)  dnrdi  Kauf 

voll  der  Ge^iellschaft  Jottgae^Eelipena ;  am  1.  Febraar  1877  die  Linie  Pajerne- 
Yv(  nloii  (27,:^ö4  m);  am  1.  Juli  1861  die  Linie  Bouveret-Brigue  (116,865  m)- 
durch  P^usioniruug  mit  df*r  Simplonbahn  und  am  1.  Jani  1886  die  Stroeke 
Bouveret-Grenze  bei  St.  Gingolph  (3082  m).  Ende  188G  hatte  die  Suisse  Occi- 
dentale^Simpton-Bahn  dnen  Umhog  von  580,703  m  Baal  Inge  tind  G03  km 
BetriebelSnge. 

Die  nächsten  Rttokkanfstermine  für  den  Bund  waren  vor  der  Fu8sion 
anf  Grund  li  r  Konzessionen  folgi  tuie:  Palt-zieux-Grenze  bei  Frascbels  (67,44b 
am  25.  -ViiL'  t-t  lyubi  iUle  übrigen  Linien  am  1.  Mai  1903. 

In  F. tigr  der  Fusion  kann  der  Rückkauf  durch  den  Bund  frühesteiisi  auf 
den  1.  Hai  1903  und  von  da  an  jederaeit  erfolgen,  wenn  er  der  Gesellschaft 
jeweilen  drei  Jahre  vorher  angekllndigt  wird. 

Der  Kaufpreis  wird  nach  dem  iluiLlisrhnittlii  heu  auf  der  Gesamintlieit  der 
Linien  erzielten  Keinertrap^  (lerjcnigfii  lo  K;ilen<lerjahre  bestimmt,  welche  dem 
Jahre,  in  welchem  der  Kuckkaul  angekündigt  wird,  vorausgehen ;  er  beträgt  deu 
25fachen  Wertb  des  Reinertrages,  wenn  der  ROckkanf  innert  den  Jahren 
1903—1918  Btatthndet,  den  22  Vtfachen  Betrag  innert  den  Jahren  1918 — 1933» 
den  20fachen  innert  den  Jahren  1933—1948  und  den  17Vsfaclieii  von  1948 
bis  jsurn  Kr!'"--chen  iler  Krin^e-^sion. 

In  allen  iliesen  Fällen  darf  der  Kaufpreis  nicht  weiiiirfT  aln  die  nach- 
gewiesenen Antagekosten  der  bestehenden  Einrichtungeu  betrugen,  jedoch  unter 
Abing  des  Betragee  des  Emeuernngs-  nnd  Reservefonds. 

Insoferri  der  Bund  den  Bau  der  Linie  von  Brieg  bis  an  die  italienseke 
Orfrizi'  lischlifCit,  hat  er  aurh  vdv  ih-ni  1.  Mai  11>0:')  ieihTZ''it  das  T\<'cht,  auf 
eine  eiuinlirige  Kündigung  hin  dcu  Rückkauf  zu  verlangen.  Der  Kautpreis  wir<l 
nach  dem  25fachen  Werth  des  durchschnittlichen  Reinertagus  derjenigen  zehn 
Jahre  beetimmt,  die  dem  Ettndigung^ijahre  voraosgehen,  darf  aber  nicht  weniger 
als  die  nachgewiesenen  Antagekosten  der  bestehenden  F.inrichtnngen,  jedoch  unter 
Abzug  des  BetraL'e-  des  F.rneuerung8-  Und  Reservefonds  hetmi^en. 

r^aulieliB  Verhältnisse:  Bahnlänge  mit  einem  Haujitgeleise  487,194  m, 
mit  zwei  üauptgelei»en  03,508  m.  Auf  1000  m  Hahn  entfallen  dorchächuittlich 
1331  m  Geleise.  Von  der  ganzen  Balm  liegen  348,100  m  auf  DSmmen,  219,733  m 
in  Einschnitten,  8165  m  in  Tnnnehi  (größter  Tunnel  bei  Tanderena  922  m  lang) 
und  4704  m  auf  Brücken  (größte  Brücke  bei  Freiburg  333,8  m  lang).  Von  der 
Betrif'bsläni^  liegen  151, '»55  m  in  der  Horizontalen,  45n.:)46  m  in  Steigunp^en 
oder  Gefallen  bis  zu  24  "/oo,  35«>,220  m  in  der  Geraden  und  245,881  m  in 
Kurven  hm  zu  240  m  Minimalradiud.  Mittlere  Steigung  der  ganzen  Bahn  5,9U  ®/oa  f 
mittlerer  Erttmmungahalbmesser  fttr  die  ganse  Bahn  1614  m. 

Stationen  Ende  1887:  132,  wovon  2  gepachtet  und  2  mitbenutzt.  Die 
wiehtig.sten  Stationen  sind  r  Genf,  Nyon,  Rolle,  Mur<»e.s,  Lausanne,  Vevey,  "Mon- 
treux, Aigle,  Bex,  Sion,  Chavornay  (Orbe),  Yverdon,  Neuoh&tel,  Eomont,  Frei- 
burg, Bern  (mitbenutzt). 

Bollmaterial  Ende  1887:  109  Lokomotiven  von  durchschnittlidi  312 
PferdekrSften  und  37,4  t  Leergewicht.  327  PerBooenwagen  mit  13,007  Sita* 
platzen  uml  2045  Güterwagen  mit  19,643  t  Tragkraft. 

Bet rie bsper'^on a  1  im  .fahre  1887:  3142  Personen  für  den  Betrieb  von 
648  km  Bahn  oder  4,ü7  per  Bahnkil. 

Beförderte  Reiaende  im  Jahre  1887:  3^993,000,  1886:  3'923,lld> 
1885:  3*802,121. 


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Suisse  OccidenUle-Simplou 


Syuilikat^kainmerQ 


Beförderte  Güter  im  Jahre  :  044,81^5  1,  ;  87G,ar»a  t,  16^.'»: 

896,183  t. 

Reinertrag  im  Jahre  1887:  Fr.  6*ld9,5$9t  1886:  Pr.  6*084,431, 
1885:  Fr.  5'»>24,502,  1884:  Fr.  5'637.704. 

Verhältnis  des  Beinertrages  zaiu  Anlagekapital  lt:i87  :  'J^bS  ^'/a,  188U : 
2,54  >,  If^Sb:  2,34%,  1884:  2,35  «/o. 

Kapitalbestand  1887:  Fr.  239  465,437,  wovon  Fr.  »9*102,000  Aktien, 
Ft,  188*845,300  kooMlidirte  Anleihen.  Infolge  der  Fniiion  betrSgt  das  Kapital 
oa.  280*000,000  Fr.  wovon  h  0*000,000  Fr  Akt;<  n 

Zinse  und  Dividenden  im  Jahre  1?<S7  Tr.  5';m;i j-n.'.  —  2.4 •> '^'o 
des  Kapital«.  1H86  :  Fr.  5'971,520  ^  2,49  %,  Iböo  :  k'r.  5  G2G,Hi5  —  2,35  %, 
1884:  Fr.  5  627,937  —  2,35  «/o. 

Bankonto  per  Ende  1887:  Kosten  der  Bahnanlagen  nnd  fe»ten  Ein> 
richtnngen  Fr.  159>94,440  =  Fr.  275,347  per  Bnhukil. ;  des  Kullniatoriüls 
Fr.  nr545,0r>0  =  Fr.  24,«80  per  Buhnkil.;  des  Mobiliai-s  nnd  der  (icrätlj- 
schaftcn  Fr.  1037,274  Fr.  1786  per  Bahnkil.  Totalkosten  Fr.  177'476.774 
=  Fr.  302,013  per  Babnkil. 

Snlgea*G«saMi.  JHe  Eisenhalmlinie  von  Snlgen  nach  Goßau  war  da» 
Eigenthnro  der  Bisehofiiieller-Bahngesellsohaft.  Die  Strecke  Sulgen-Btsohofissell 
(10,129  m)  wurde  am  l.  Februar  ls76  eröffm  t  und  bis  zum  4.  Juli  (l»'.''S(db«>n 
Jahre«  durch  die  Xi  Dlo^tltabn  Vnv  Rechiiunsr  'i'-r  1  Ji;entliUnu'rin  betrifbon.  Am 
5.  Juli  1876  wurile  die  Strecke  Bii«chofn7,eil-Goiiau  (12,541  m)  eröiVnt't.  («leich- 
zeitig überualun  die  Nordostbahn  den  Betrieb  der  ganzen,  rund  23  km  messenden 
Bahn  fttr  eigene  Beohnnog  gegen  Beiahlong  eines  vertraglich  fetttgesetzten  jähr» 
Hohen  Pa  htzinneH.  Am  1.  Angost  1885  ist  die  Bahn  Snlgen-Goßan  in*e  Eigen» 
thnm  der  X'  T  'iostbahn  iihert^egangen. 

Superphosphat  und  andere  künstliche  Dilusjcmitlid  werden  in  der  Schweiz 
au  mehreren  Orten  und  in  immer  größerer  Menge  t'abrizirt,  aber  uhue  daß  biu 
jetzt  dem  noch  in  größerer  Proportion  steigenden  Bedarfe  der  Landwirthachaft 
durch  die  heimische  Produktion  Genttge  geleistet  werden  ktmnto,  so  daß  no(!h 
eine  sehr  bedeutende  Einfuhr  davon  Mtnttfindet.  Man  erhält  tliese  Produkte 
we>pntlich  durch  Aufschlieliung  von  Knoehenmehl ,  Knochenkohle,  Phosphorit 
und  anderen  phoHphor^äurehaltigeu  Materialien,  mit  SchwefelKHure,  hUuüg  uutur 
Znsatz  von  kalihaltigen  nnd  stickstoffhaltigen  Substanzen,  wie  Staßfnrter  Selsen, 
Chiltsalpeter,  schwefelsanres  Ammoniak,  mit  Schwefelsäure  aufgesehlomenen  Leder> 
nnd  Haarabfiillen  etc. 

Siimh  die  Bezeichnn»>i^  von  niebrtr»^fti<rf ii  Ganz-  r.tler  Halbseidi'nrirftki«!n, 
die  je  nach  ^ler  (lualitftt  für  KUi'it  r,  Hesatz,  Putz  oder  Futter  verwendet  wri  den. 
Die^e  Artikel  werden  im  Kanton  ZUreich  seit  Ende  der  70er  Jahre  in  großen 
Mengen  fabrizirt. 

Syhancr,  grüner.  Eine  sehr  fruchtbare,  in  der  Blilthe  nicht  empfind- 
liche, mittelfrüh  reifende,  gute  Wein-  und  Tafeltraube,  die  au  den  helljrrünen, 
runden  Blättern  leicht  zu  erkennf>n  ist.  In  der  deutschen  Schweiz  findet  sie  sich 
meist  nur  vereinzelt ;  in  der  franzöäiitchen  Schweiz  dagegen,  namentlich  im  Kt. 
Wallis,  finden  sieh  größere  Pflansnngen  derselben.  Sie  ist  dort  anter  dem  Namen 
Gro$  Bhin  bekannt  nnd  seheint  gut  zu  gedeihen.  —  Der  «blaue*  Sylvauer  ist 
von  der  vorigen  nur  durch  die  Farbe  der  Traube  verschieden. 

SyiiflibntskainniPrn  i^chambrp«?  syndicales).  (Mitgetheilt  von  Hrn.  W  Kn  lin, 
Sekretär  des  Schweiz,  itewerbevereins.)  S.  bcsfelicu  nach  frimzi'sischem  Vorbild  seit 
kurzer  Zeit  in  Genf  und  bezwecken,  ähnlich  den  Einiguiig.^amtern  in  England, 


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Syndikalskammeni 


—    248  — 


Tabak 


dift  Yeiiitttuiig,  eveot.  Sohliehtang  von  Ärbeitseinsiellunffen.  Bereite  haben  aioh 

Uber  25  Gewerke  (corpH  de  meticiH)  Uber  die  Hauptfragen  einer  gemeinsamen 
Ol gaiiisation  verständigt:  Jedes  Gewerk  hat  eine  Syndikatskammer  zu  bestellen, 
in  welche  die  Verbindungen  (associatinnfj)  der  Arln-itgeber  nnd  Arbeitnehmer  zu 
gleichen  Theilen  ihre  Vertrau enamönner  ernennen  Hauptaulgabe  der  Syndikat»» 
kftmmerD  Ut  die  Anfiitellung  gemeiiieoliftftUelMV  Lobnterife  «nd  Werlntattordiiiiiigeii 
oder  Arbeitwragiilatiye,  welche  nacli  allseitigem  Eiarerstltiidiiiß  der  BemfBgenoweii 
rechtsverbindliche  Kraft  erlangen,  sofern  der  Große  Üath  keine  fegen  die 
ölfentUohe  Ordnung  und  die  Staatogeaetze  widersprechende  Beetimmnngen  darin 
findet. 

Tabak  (vgl.  „(Jigarren**).  Am  ausgedehntesten  Ist  der  Tabakbau  in  den 
Kantonen  Waadt  nnd  Freiburg,  hauptsilehUeh  im  Thal  der  Broye,  von  Tverdon 

mul  Moudon  abwärts,  in  einem  V2 — 2  Stunden  breiten  Strich  illu  r  P»  terlingen, 
Wifflisburg,  Muvttn  sidi  liinziehend.  Wann  \nh\  wie  (Wext-  Kultur  in  jene 
Gegenden  gekommen,  weiß  man  nicht.  Dia  erste  Nachricht  Uber  ihr  Vorkommen 
in  der  Schweiz  datirt  aus  dem  Jahre  1565. 

Dr.  Ooro,  Arzt  in  Angaburg,  schickte  damals  an  Dr.  Konrad  Geßner  in 
Zttrioh  Blätter,  von  welchen  er  meinte,  dafi  es  Tabakblätter  sein  kannten. 
Letzterer  Hchrieb  die  Neuigkeit  an  Professor  Aretius  in  Bern ,  welcher  ant- 
wortete, daß  er  auch  schon  TabakpHanzrn  in  seinem  Garten  hübe.  Er  sandte 
Geßner  eine  Zeichnung,  mit  dem  Versprechen,  ihm  bald  auch  Tabak»iamen  zu 
schicken.  Jeden&lls  wurde  aber  der  Tabakbau  n  jener  Zeit  obrigkeitlich  nicht 
sonderlich  bsgttestigt;  wenigstens  wurde  in  Bern,  unter  dessen  Oberhoheit  das 
Broyethal  stand,  noch  im  Jahre  eine  Aufsichtskommission  unter  dem  Namen 

„Tabaktrerielit"  {uifgeKtellt;  eine  Polizeiverordnunp,  in  der  Fnrm  von  zehn  Ge- 
boten, untersagte  das  Rauchen.  Im  Jahre  1675  wurde  diufte  Verurdnunn;  durch 
Androhung  von  Bußen,  Gcfängniß  und  Pranger  verschärft.  Solche  Tabak  verböte 
waren  su  jener  Zeit  ÜMt  Überall  an  der  Tagesordnung.  Yerrnnthlieh  war  aber 
die  Polizei  selbst  nicht  die  Kaste,  die  zuletzt  von  diesem  Kraut  besiegt  wurde. 
Am  Anfang  des  18.  Jahrhundf it>  hatte  jenes  Berner  Tabak^ericlit  bi-rcits  ciiie 
starke  Metamorphose  durchgeni.ulit ;  war  beaut'i  rag't,  <lif  Kultur  nnd  Fabri- 
kation des  Tabaks  zu  überwachen  und  den  Zehnten  davon  zu  erheben.  Am 
23.  Juni  1 747  schrieb  dieses  Gericht  an  den  Landvogt  Tayel  in  Payerne ,  es 
seien  Klagen  darltber  eingegangen,  daß  man  an  Tersohiedenen  Orten  die  „Geizen** 
(Tabakschößlinge)  mit  den  Blättern  mische  und  so  der  Waare,  wie  auch  dem 
Bfiden  schade.  Dieser  und  nndern  A'crurdnungen  folgten  noch  viele,  besonders 
wurde  verlangt,  daß  man  die  Ptlanzen  nicht  la  hoch  wachsen  und  Samen  eut- 
widketn  la&se;  auch  solle  man  die  kleineren  Bl&tter  an  der  Erde  nicht  mit  den 
großen  Termisohen,  da  dadurch  die  Qnalitit  beantrSchtigt  werde. 

Zweifelsohne  hat  nach  alle  dem  der  Tabakbau  am  Anfange  des  vorigen 
Jahrhunderts  im  Broyethale  biMcits  eine  beträchtliche  Ausdchnvmg  gehabt. 

Tn  nentrcr  Zrit  hnt  .luios  Fro<!*iard  in  Payerne  (Waadt'l  viele  Verbesserungen 
eingcfubri  und  sa-h  um  den  Tabakbau  in  der  Westscbweiz  bedeutende  Verdienate 
erworben. 

Dieselbe  Firma  schreiht  dem  Lexik mi :  „luh  habe  seinerzeit  eine  Tabak- 
baustatistik filr  die  Kantone  Waadt  und  Freiburg  angelegt.  Im  Jahre  1870 
ergab  »^ich  ein  Ernfprc'.nhat  von  12,(HM>  tj  (Zentner  a  100  kg)  für  das  ganze 
Broyetlial.  Seitdem  hat  sich  die  Produktion  kaum  vermehrt  und  die  Zahl  li*,UUO 
kann  jetzt  noch  als  maaßgebend  betrachtet  werden.  Speatiell  auf  den  Kanton 
Waadt  entfallen  pro  laut  amtlioher  Landwirthsohaflsstatistik  7|869  q,  so- 


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Tabak 


—    249  — 


Tabak 


mit  wlirdea  iiir  Fmbarg  4,131  q  verbleiben,  eine  Summe,  die  weoig  von  der 
WirUicbkdt  abweichen  wird.  Dagegen  ist  der  m  beaagter  Statiatik  angegebene 
Durchaelimttapreie  von  60  Fr.  per  q  au  niedrig.    70^76  Fr.  per  100  kg 

ist  genauer." 

lu  kleinerem  Unifanr,'  i^t  der  Tabakbau  zu  Himsp  in  den  Kantonen  Bern 
(Seeland),  Tburgau,  Aargati,  Tessin,  Graubiluden  (Puschlav),  13a»elland,  Zürich. 
Nach  geA.  ICittheilaDgeQ  des  Herrn  Lehrer  Deutsch  in  Luatorf  kommt  im  Thurgau 
die  TÜlMtkpflanse  vor  seit  1873.  Die  ersten  Versnohe  wurden  dnreh  Herrn 
Schweizer  in  Oberkirch  bei  Frauenfeld  gemacht.  Im  Jahre  1875  pflanzte  die 
Lotzbeck'sche  Tabakfubrik  zirka  20  Zeutner.  Vom  Jahre  18mO  au  wurde  der 
Tabakbau  in  den  Beziikin  Frauenfehl,  Dießenhufen,  .Steckborn,  MUncliwrilen 
und  Weinfelden  eingeliiiirt.  — 188i>  belief  sich  der  Ertrag  im  üaMinum 

auf  700  Zentner,  1869  nur  noeh  auf  90 — 100  Zentner.  An  dieeem  Bückgang 
ttnd  Mißjahre  und  die  fremde  Konkurrenz  schuld. 

Herr  Esclimann-v.  Merhart  in  Gnadenthal  berichtet  Uber  den  Aart/au:  „In 
Folge  vieler  Mißjahre  ist  die  Talüikkultur  au  manchen  Ortf*n  eingegangen.  Heutn 
wird  Mie  noch  gepHegt  in  den  (iemeindeu  Tegerfeldeu,  WUretilingen,  Eadingea- 
Lengnau,  Nenelnback-Gnadentbalf  Laii£fo1ir,  Windieoh,  Brugg,  vielldelit  noch 
Kalm.  Pro  Jucbarte  kann  man  bis  14  Zentner  1^  50  kg  rechnen.  Freie  30 — 42  Fr. 
je  nach  Qualität." 

Ans  der  trefriicVirii  LandwirthKchaftsstatintik  des  Kanton-  Zürich,  .Tabr- 
gang  1888,  geht  hervor,  dali  iu  diesem  Kanton  viele  Tabakbauversuche  wioier 
aufgegeben  worden  t>iud,  theils  in  Folge  mehrerer  Mißernten,  theils  in  Folge  der 
AbflatzNchwierigkeiteD.  Eine  Gemeinde  inaehte  die  Mittheilnng,  daß  pro  1888 
der  Ertrag  per  Jucharte  11  Zentner,  pro  l  ^  ^T  22  Z-titner  betragen  habe. 

Das  stati^tif+che  Hurc.m  fitiilet,  dif  II;iui>t»chwieri.'keit  liege  in  r  i lit- 
zeitigen  Gewinnung  d-  r  Sttzlin;,"'.  So  Lunre  |fd<T  Tabakplianzer  seine  Sttzliu^'e 
selbst  ziehen  wolle,  weide  die  Schwierigkeit  nicht  gehubcu.  Die  Aussaat  des 
Samens  sollte  schon  Anfiings  bis  Hitte  MKra  stattfinden  nnd  awar  in  eigens  her^ 
gerichteten  Treibbeetent  wo  die  jungen  Pflanxen  vor  raschem  Temparatnrwechsel 
geschützt  werden  köunen. 

In  dieser  Weise  wird  ii.  A.  in  den  Kantonen  Aar^fui,  Thurgau  und  Baael- 
land  verjähren.  Es  bestehen  daselbst,  laut  gell.  Augaben  des  Herrn  Alt-Profeasor 
Anderegg,  Tahakhanvereine  (der  aargauische  seit  ]Ö4:(1,  der  thnrganische  seit 
1883,  der  basellandschaftliche  seit  1885),  welche  eich  mit  der  Anlage  von 
VerBUchfelderu,  der  Abgabe  von  »Setzlingen,  der  Abhaltung  von  Lehrkuraen, 
Wandt  rv  ortrh'sren  nnd  l^pt  zialuaastellungen  befassen.  Es  wurden  ihnen  seitweise 
Buudt-suhvt'iitiouen  verabfuigt. 

2Hach  dem  Obgesjagteu  darf  man  auuehmeu,  daß  iu  der  ganzen  Schweiz, 
Waadt  nnd  Freiburg  ausgenommen,  nicht  mehr  als  2000  q  Tabak  produtirt 
werden,  so  daß  die  GeaammtnQ>rmalernte  1 4,000  <(  betragen  wird.  Den  Durch» 
liiiittspreiK  zu  <»;'>  Fr.  angenommen,  ergibt  »ich  ein  Brutt«>\vt-i  tb  von  *.tlO,OUU  Fr. 
Angaben  über  den  Reinertrag  finden  sich  in  Aiidereggs  Fachbcrielit  über  die 
Schweiz.  Landesausütollung  von  1883,  Abtheilung  Hundelspflauzeu.  Durt  bezitl'ert 
die  oberwähnte  Firma  Frosrard  das  Rein<Tg«  bniß  |  ro  Htsktar  auf  522  Fr.,  die 
aargauische  Tabakgeselkchaft  auf  695  Fr.,  Lehrer  Deutsch  in  Lüntorf  auf 
38;i  Fr.    Daa  Mittel  aus  diesen  dn  i  Summen  ergibt  Fr.,  und  da  nach 

Andereegs  Fnrhhfricht  ca.  1000  Hektaren  mit  Tabak  Hngepfliinzt  .«^ind  [luVl  Waadt, 
332  Freiburg,  41  Bern,  21  Graubüudeu),  ho  zieht  also  die  Schweiz  aus  der 
Tabakkultur  netto  eine  halbe  Million  Franken. 


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Tabak 


—    2.")^  — 


Ttobak 


Emfuhr  Ausfuhr 


Rr'Iimntfr'.il 

Falirikat« 

K<.ihllllrri;il 

Fukrikit« 

ISöl 

ö9  juhrluh  clurchschüiUlkfi 

1  brutto 

8,'.»09 

lüu 

889 

18G0- 

, 

# 

• 

• 

8.974 

6-28 

3,336 

1870- 

71»  , 

n 

5.s,02t 

fi,Sf>-2 

SGÖ 

4,932 

1880- 

•8t  , 

m 

-H.ri74 

761 

4,912 

1885- 

8">  . 

netto 

r)0,<;i9 

I,r>i3 

1.83.', 

5,ir,7 

188.')- 

•81)  , 

Werth 

Fr, 

2,319,090 

369,459 

3,796,54:2 

Die  Einlahizülle  lietrUKea  nat  li  iliu  ZulUarilen  von 

1849     ISöl      1884*)  1887 


Fiir  Tiibak  in  Blättern,  per  lüü  k>r  .  Fr.  4.  7^0  7.  —  25.  —  25,  — 
,  Rauch-,  Schnupf-  und  Kautabak  ,  l.\  —  16.—  50.—  75.— 
,    Cii-'arrcn  ,    30.—   30.—    100.  -  150.— 

Von  den  Z"pllen  abgesehen,  .•ipielt  der  Tabak  zur  Zeit  in  fi.«ikali>irher  Hin- 
sicht noch  eine  nnlipflfnt« n  !e  IJolle  in  der  Schweiz.  Einzig  der  Kanton  WaaJt 
bezieht  eine  Tabakverkaui-stencr  (s.  Seite  181  im  Iii.  Band).  i?'reiburg  belastet 
den  Tabak  mit  einer  etwas  höheren  Geverbestener  als  diu  anderen  Handels* 
und  Gewerbebranchen  (ö  ^/o  des  Reinertrage,  anstatt  3*/«— 4  ebenso  Wallis, 
das  den  Tabakverkauf  mit  10—100  Fr.,  die  Tabakfabiikation  mit  100—2000  Fr. 
behistet,  während  dem  Liqui^nr-Aii'j'irhank  rmr  — .')0  Fr.,  den  Gasthfifpn 
I.  Ranges  nur  100  -  lOtJt)  Fr.  Gewerbesteuer  auterlegt  nind.  In  dfn  andev'-n 
Kantonen  und  auch  auf  eidgenössischem  Boden  ist  es  bisher  iu  Bezug  aut  Tubak- 
besteuerong  bei  bloßen  Anregungen  verblieben.  Alt^Bundesrath  Challet-Yenel  be- 
fürwortete schon  1870  die  EinfHhrong  einer  so  hoben  Venollung  (z.  B.  1000  Fr. 
per  1*1' >  k;;  Cigarreu),  daß  sich  an-^  ihr  ein  Ertrag  von  zirka  2 '  s  Millionen 
Franken  hatte  ergeben  niiisseii.  N  ithwendige  Folge  dieser  Maßregel  wäre  die 
Autliebuug  des  inläudischeu  Tabakbaues  güwet>en.  Der  bernische  Kegierutigsrath 
Bodenheimer  vermochte  im  Jahre  1877,  als  Mitglied  der  ständerSthl.  Konmission, 
welehe  Uber  die  Her.stellung  den  finanxiellen  Gleichgewichts  im  Bnndeshaushalt  zu 
refcriren  hatte,  folgende  Stelle  in  dem  betrelTendea  Kommis»ionsbericht  anxnbringett: 

Alle  Xatioiialukonomen  sind  darüber  einig,  daß  kein  eiuziger  Konsumpegenst.inl 
sich  besser  als  der  l'.tluik  zur  Besleut-rung  eignet,  und  au»di  in  der  Schweiz  ist  diese 
Frage  nicht  neu.  In  den  meisten  LAndern  wird  <-r  tl.iiier  zur  Steuer  herangezogen,  und 
zwar  nach  verschiedenen  Systemen,  weklic  sieb  wir  f  flft  resAiniren  lassen: 

I.  Vom  ausläridisilien  Tabak  allein: 
1)  Der  .<taat  \e^:^  einen  Zoll  auf  den  ausländisilien  Tabak,   verbietet  den  In- 
liindiscben  Tabakbau,  gibt  die  Fabrikation  frei,  erhebt  jedoch  von  den  Händlern  eine 
Lizen/trebOhr ;  Eiujlnnd. 

•ii  D  t  st.i.ii  l.  pt  einen  Zoll  auf  den  ausl  lien  Tabak,  und  gibt  Anbau,  Fabri- 
kation und  Haudel  frei;  Bdgkn,  Holland,  Sdnvtu. 

II.  Vom  ausb^ndischen  und  inb^indischen  Tabak.  . 

1 )  Miltolsi  eines  Einjrangszolles  u.  einer  Produktionssteucr  für  den  Bau  dos  Tabaks  über 
eine  gewisse  Uodenfläche  hinaus;  im  übrigen  Handel  und  Fabrikation  frei;  DeutschlMui. 

2)  Außer  den  Ein^^an^szöllen  besteuert  der  Stnat  die  Fabrikation  und  den  Verkauf, 
indem  er  die  Tabaktabrikate  mit  Banderollen  und  PaketstempLln  belebt  un  I  di  ii  Bau 
kontrolirt,  wie  Mußland,  oder.  aui>cr  den  Verkaulseliquetten,  noch  die  £iahuluog  be- 
sonderer, mit  Steuern  hcle;j;ter  FabrikationsKzenzen  oder  Patente  vorschreibt,  wie  die 
Vereinigten  Sf-inttn  f>n  Aunrika. 

3)  Der  Staat  allein  baut,  fabrizirt  und  verkauft  Tabak.  Produktions-,  Fabrikatioas» 
und  Handelsmonopol :  Frankreich,  Italien,  Oetterreieh,  Portugal,  lUmänten. 

Der  Erlrag  i>t  sehr  verschieden.  Per  Kopf  der  BevidkernuK  wird  er  beziffert  netto, 
das  heiUl  uucli  Alizug  der  Hezugskusten.  oiler  der  Re|.'iek«isten  beim  System  der  Fabri- 
kation und  des  Verkaufes  durch  -ien  Sinat.  auf  4-'j  Hp.  in  Dpub>chlnnd  ;  Fr.  7  in  Frank* 
reich  :  Fr.  4.  70  in  England  ;  Fr.  2.  ^t>  in  Italien  :  liber  Fr.  i  iü  Nord  imerika. 

Die  Sch\veiz  bat  bisher  den  Tabak  iu  seineu  verschieiienen  Varietäten  bloß  beim 
Eingang,  in  der  Form  des  Zolles,  besteuert.  Wir  schlagen  auch  eine  innere  Bestenerung 

*)  Die'?e  ZOUe  galten  schon  vom  3.  Oktober  1879  an. 


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Tabak 


201  — 


Tabak 


yor.  Insofern  es  dem  Gefühle  des  Scbweizenrolkes  nicht  allzusehr  widerstreben  wOnle* 

wäre  ein  B'^gif- Monopol  ila.s  Produkt iv-tf  fnr  d.  n  eidgenn-^-i^i  h.  n  Fi^kUs,  und  /.ugleich 
das  Vortbeilba tiefte  IQr  die  Tabak-Koaäuiuenlen.  Letzterem  t)cdarr  eiuiger  Erklärung. 
Bei  irgend  einer  hohen  Besteuerung  der  Fabrikation  und  de:*  Verkaufe««,  weiche  von 
Privaten  bptripl>fn  werden,  nehmen  ilies^lben  daran  Anl.ilö.  um  Anfuf  f  inf  si  in 
scblecbte  Waare  zu  bietea  oder  im  Preii»e  unverhältuiUniaLii};  autzusc-hlagen.  üeuii  Hegie- 
Honopol  hingegen  kommt  dem  Staate,  außer  der  Steuer,  das  Benetiie  der  Fabrikatiim 
und  des  Verkante-  zu  trute.  und  so  ist  er  in  den  Stand  gesetzt,  den  Konsumenten,  den 
Haucliern.  Schauiilcru  etc.,  eine  allerdings  flieure,  aber  auch  {;ute,  ja  hisweilen  vor- 
züjfliche  Waare  zu  bieten.  Als  verj^leichendes  Beispiel  fflliren  wir  an.  daß  während 
die  französi»i.'he  Ta!),ik-tetier  tTt«^hr  altwirft  als  ilie  engü-^ch.',  rranz(lsi.s<.'lie  CiKan>  ti  und 
tranz<isischei  Tabak  uueudlii.ii  viel  hejiser  sind  als  englische  Cigarren  und  engiiM  iier 
Tabak.  Bei  einem  .V'Y^o-Ertrag  eines  Regie-Monopols  ;i  Fr.  !2  per  Kopf  der  Bevölkerung 
kr.itrite  die  Schweiz  ihre  Jahreseinnalimcn  um  h  Millionen  F'r.inken  vermeliren.  wohei 
tifiüch  die  EIrträguisse  der  ersten  Jahre  auf  den  Loskauf  bestehender  Fabriken  und 
vielleicht  das  Tabakbaue.^  verwendet  werden  müßten;  Der  Gedanke  eines  Regie-Monopols 
ist  indes-sen  noch  nicht  in  weitere  Kreise  gedrungen,  und  vorerst  dürite  man  sich  mit 
der  Einfühnmg  einer  Verkaufssteuer  begnügen,  welche  in  <ler  Weise  aut'jrelegt  und 
bezogen  würde,  ilaß  alle  Diejenigen,  welche  mit  Tabak  oder  Cigarren  han<leln.  einer 
Fatentgebühr  unterworfen  wären.  In  den  Patentgebühren  gäbe  es  natürlich  nele  Ab- 
stufungen «wischen  einem  Maximum  von  z.  B.  Fr.  1000  und  einem  Minimum  von  Fr.  90. 
Die  Zahl  der  Tabakverkäufer  h»  tr:i;.'t  gegenwärtig  wenigsten-  StMiO.  \ngenommen.  es 
würde  sich  dieselbe,  nach  Eintülirung  der  Patentsteuer,  auf  ö(X)0  reduziren,  so  genügte 
eine  mittlere  Yerkaufssteuer  von  Fr.  900,  um  den  Jahresertrag  von  1  Million  Fr.  za  erzielen, 
und  zwar  niU        unbedeulenden,  kaum  ^  /  Prozent  lui-^machetiden  Bezugskosten. 

]>afi  war,  wohl  bemerkt,  im  .lahre  1877  sreschriebeu. 

Auch  seinem  Ileimatkauton  suciue  ilerr  BodeuUeimer  die  Talmkbestcuerung 
beizabringen.  Er  aehlug  40  Patentklassen  i  20 — 1000  Fr.  vor  und  berechnete 
den  Ertrag  auf  200,000—250,000  Fr.  Die  staatawirtbMbaftUche  EommisaioD 
des  zürcherischen  Kanton^ratheu  empfahl  in  ihrem  Bericht  vom  1.5.  Miirz  ls^'8 
ebenfalls  die  Krbehtin^  einer  TabakverkaufsjtateotgebUhr,  die  dem  Staat  jahrlioh 
36,ÜUO  Fr.  abwerfen  würde. 

Yoü  großer  Zugkraft  i«t  momentan  (1890)  der  Oedanke  des  Ta])akmoMO/>o/s. 
In  diesem  erblickt  man  diejenige  Finanaquetle,  welche  dem  Bnnd  die  Realisirung 
der  obligatorischen  Unfall-  nnd  Krankenversioherung  ennöglichen  scdl.  Im  Kanton 
Walliü  bestand  da»  Tahakmonopol  von  181. 'i  ISIS.  Die  Bundesverfassung  von 
1848  machte  aher  i»  ni>f  ll m.  gleich  wie  allen  anderen  Monopolen  (Salz  und 
Pulver  au*!genommen),  ein  Eude. 

Dem  Fabrik ge setz  waren  anfanp  1889  anterateltt 


im  Kanton 

Arbeiter 

Elablissemente  mit  Pfk 

Irl 

w 

Total 

...  -21 

13 

34 

1 

369 

527 

12 

3t 

Luzem  

.  43 

14.-» 

18S 

U 

Glarus   

...  » 

13 

1 

...  30 

43 

9 

...  6 

i5 

31 

1 

...  16 

6 

29 

1 

6 

■.   .    .  5<7 

149 

-2  Iii 

4 

68 

Sl.  Gallen    .   .   .  . 

...  15 

7 

'ii 

3 

...  3 

33 

96 

4 

95 

1693 

2758 

58 

35 

...  3y 

41 

80 

3 

90 

...  56 

714 

770 

6 

6 

Waadt  

.    .    .  'Iii 

1993 

1515 

14 

Wallis  

100 

193 

3 

ü 

...  7 

19 

19 

1 

...  23 

30 

53 

•> 
■  1 

15 

Total  1823 

4üti(> 

65U9 

135 

241 

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Tariürimg  treinüer  Münzen 


—    252  — 


Tarüwesen  der  Eisenliabnen 


T^riflrung  fremder  Mfinzeii.  Aoilindisislie  Httimn  wurden  «eil  dem 
Bestdien  des  neuen  Bandee  stim  ersten  Hai  als  fesetslicbe  Zahlnngsmittel  in  der 

Schweis  anerkannt  daroh  den  Bundesbeschliiß  vom  31.  Jan.  1860.  Der  Besdilnß 

betruf  speziell:  1)  Die  franzf^sischen  Goldmünzen,  welche  im  Verhüttnilj  von  einem 
*  Pfund  fein  Goid  zu  fünfzehn  und  einem  halben  Pfund  fein  Silber  Ausgeprägt 
waren  und  in  Frankreich  zu  ihrem  Nennwerth  gesetzlichen  Kur»  hatten.  2)  Die 
von  anderen  Staaten  in  voUiconimener  Üebereinstimmnng  mit  den  entsprechenden 
fran2:5.>ii>;chen  MUnzsorten  ausgeprägten  Goldmüasen,  Ein  weiterer  Beschluß  vom 
2.  März  1860  machte  bekannt,  daß  obigen  Bedingungen  cntsprapheii :  Mit  wenigen 
Aufnahmen  die  framösiichcn  100-,  50-,  40-,  20-,  10-  un  l  Fünffraiikenatttoke, 
sowie  die  sunltn'sdten  100-,  HO-,  50-,  40-,  20-  und  Zthufrankcustucke. 

Am  30.  Juli  1H70  worden  die  englitichen  Öovereigns  und  Halbsovereigns, 
«m  10.  Angoat  1870  die  Yereinigten-Staaten-DoUars  tarlfirt,  jene  tu  Fr.  25.  20 
xesp.  Fr.  12.  60,  ietstere  zu  Fr.  &.  Id. 

Am  22.  Dezember  1870  setzte  die  BondesTersammlung  den  Knrs  der  Sovereigns 
auf  Fr.  25.  10  re«p.  Fr  T2.  55  herab,  und  sprach  die  VergUtungspflioht  des 
Bunde»<  an^  ftir  die  Dillert  iiz  •gegenüber  dem  früheren  Kurs.  Der  Soveroign 
mußte  da«  Gewicht  von  1,\)3H  Gramm,  der  Ualhsovereign  das  Gewicht  von 
3,969  Gramm  haben.  Aefgehohen  wurden  diese  der  Kriegsseiten  wegen  getroffibnen 
Maßregeln:  für  die  Dollars  am  28.  Oktober  1870,  für  das  englische  Gold  am 
26.  Juli  1871. 

Die  heHnpstigenflen  Kriegsperüfhte  des  ersten  Halbjahres  l-ssy  vernnlaßten 
neuerdiugH  einen  liiaidesbochlaU  betretf'end  TaiüÜrung  fremder  M Unzen,  doch  kam 
derselbe  nicht  zur  Ausführung.  Gesetalichen  Knrs  hätten  nach  dem:>elben  erhalten 
sollen:  1)  Die  englischen  Sovereigns  and  Halbsoyerdgns,  7,938  Gramm  resp. 
8,969  Gramm  schwer,  ä  Fr.  25.20  le-ji  U.  CO;  2)  Die  deutschen  Zwanzig- 
und  Zehnmark.'^tü(  ke,  7/Ji.'(;  re-i)  'AA^ii'A  (iramni  schwer,  ä  Fr.  24.70  resp.  12.35; 
3)  Die  Vereinigten  ■  Staaten •FiintdollarsätUcke  in  Gold,  8,310  Gramm  schwer, 
a  Fr.  25.  'JO. 

Tarif\>'eson  der  KLsenbuhneu.    (Mitgelhcih  von   Herrn  Girtanuer, 
Adjunkt  des  administrativen  Inspektorats  des  Schweis.  Eisenbahndepartements.} 
Allgemeine  gesetxliebe  und  reglementarisehe  Grundlage. 

Das  erste  Schweis.  Bundesgeseta  Uber  den  Bau  and  Betrieh  von  Eiseobahnen 

im  Gebiete  der  Kidgeno8.sen^i  liaft,  d.  d.  28.  Heumonat  1852,  überließ  die  Anf- 
fitrlluriji;  der  Kutizes^ionen  mul  \'iTtr;ttje  iUn-r  die  Er>t«-lluii;r  und  den  Betrieb  von 
Eisenbahnen  fast  triinziich  den  kantonalen  Behörden,  der  KidsjendjiHetHehaft  nur 
das  Püstregal,  den  öffentlichen  Telegrapheudien.st,  sowie  die  Wahrung  der  miii- 
tftrisohe«  Interessen  vorbehaltend.  IMe  Genehmigung  konnten  die  BnndesbehSrdea 
nur  solchen  Konzensionen  verweigern,  deren  Ausführung  den  militärischen  Intereüsen 
des  Landew  schädlich  oder  getalirlich  zu  werden  drohte.  Bezüglich  der  Vorschriften 
Uber  das  Tarif-  und  Trauf^portwesen  stand  der  FirlgenosMensehaft  weder  ein  Fent- 
«tellungH-  noch  ein  Eiu^prachereobt  gegenüber  den  von  den  kantonalen  Behörden 
aufgestellten  Normen  zu,  sofern  eine  Niohtbeaehtung  des  Bundesgesetzes  Uber  das 
Pontregal  vom  2.  Braehmonat  1849  nicht  konstatirt  werden  konnte.  Die  Folge 
die.ses  Mangels  war,  sobald  es  sich  um  eine  mehrere  Kantone  durchziehende  Bahn- 
linie handelte,  ffsiTiz  nntMV-rf rnäß  eine  Lrroße  Ungleichheit  der  denselben  Gef^i  nst.md 
l)eseh lagenden  \  urschntten,  und  zwar  nielit  nur  mit  Bezug  auf  die  Hidie  der 
bewilligten  Taxannätze,  sondern  auch  in  prinzipieller  Beziehung,  trotzdem  den 
meisten  Konzessionen  und  Eisenbahnverträgen  die  Pfliehtenhefte  der  franzöäigchen 


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Tarifwesen  der  Eiseubaboen  —    253    —  TftriAretttiderEjsenbabiieik 

Bahnen  ab  Muster  mid  Grnndlage  gedient  batten.  Dieae  yersobiedenbeit  exbtirt 

sowohl  bei  den  den  Personentrantfiport,  als  auch  bei  den  den  Giitertran8))ort 
lietn  tTtMul-  n  BcstinimtirippTi,  tritt  alier  lu'i  dt-ii  letztern  in  w>it  stärkorm  Mußt; 
hervur.  Su  i-ufhiilt  lifispii-lswei.se  da«  i'tiichteiiheft  lür  den  Üuu  »lul  Betrieb  iler 
Lioie  Gent-Morge»  auf  dem  Gebiete  des  Kantons  Genf  (vom  2.  November  1855) 
eine  Eintheitnng  der  Güter  in  vier  remohiedene  KlaMen,  für  deren  jede  ent- 
sprechende Maximaltuxt  n  ft  stg&setzt  siivl,  während  der  KonzeaHionflakt  Tom  10.  Juni 
1853  für  das  Gebiet  des  Kant  uns  Waadt  einfach  die  Aufstellung  von  vier  Klassen 
ohne  nähere  Zuweisungen  verlangt  und  auch  nur  die  Taxen  normirt,  welfhe  die 
höchste  und  niedrigste  dieser  Klassen  nicht  Ubei-schreiten  dürfen.  In  andern  Kun- 
Mnieiien  wird  einfiiob  die  An&tellitng  ven  Elaaaen  verlangt,  ohne  Feetietxuug 
einer  beatimniten  Ansahl  (Simplonbahn  ete.);  wieder  andere  eehreiben  diesMIe 
gar  nichts  vor  und  setzen  nur  dai  abeolote  Maximum  fest,  das  nicht  Überschritten 
wr^rJcn  darf  (Broyethal  Transversal  bahn  im  Kanton  Freiburg),  und  endlich  i^ibt 
es  noch  solche,  weiche  die  Festsetzung  der  Taxen  einfach  dem  Ermessen  der 
Bahnverwaltung  überlassen,  mit  der  Einschränkung,  daß  die  Taxen  die  auf  andern, 
in  Kbnlichen  VerhSltnimea  eioh  befindliohen  Bahnlinien  bestehenden  Haxima  nicht 
flbenchreiten  dürfen  (Horschach-Chur-Wallenstadt). 

Neben  den  Vursrhriften  Uber  die  H<">he  der  Tax.'n  siml  in  den  meisten  alten 
Konzessionen  anch  noch  solche  betreffend  die  Fristen,  innerhnU'  wrlclicr  «iii;  ge- 
änderten Taxen  zu  publiziren  sind,  und  hetretfeud  die  gleich maitige  Auwendung 
derselben  enthalten.  In  einielaen  Fällen  hatten  sieh  die  Eantonsregierungen  das 
Genehmigongsreeht  der  Tarife  und  Reglemente,  in  andern  Pillen  nur  dasjenige 
der  Kcglemente  Yorbehalten,  während  in  ▼enehiedenen  Konzessionen  gar  keine 
derartigen  Bestimmungen  vorhanden  sind. 

Eine  eingreifende  Aenderung  und  die  Grundlage  zur  einheitlicheu  Beordnuug 
der  das  Tarif-  nnd  Transportwesen  beschlagenden  Fragen  fUr  diu  Zukunft  wenigstens 
wurde  erst  im  Jahre  1672  durah  das  neue  Bnndesgeseta  vom  23.  Deiember  1872 
ttber  den  Bau  und  Betrieb  der  Ei-^enbahnen  auf  d^  Gebiete  der  Schweiz.  Eid- 
•jenoss-iMischaft  geschaffen,  wnilnrch  der  Eidgenossensclutft  das  I'ccht  der  Auf- 
stclliiiig  und  Oenchmi^uni;  der  Konzessionen  für  den  Bau  und  Betrieb  der  Eisen- 
bahiieu,  bowie  die  Verjjliiohtung  der  Kontrole  über  den  Betrieb  zugetheilt  wurde. 
Die  Artikel  35,  36  and  38  dieses  Bnndesgetetses,  welche  sieh  spesiell  mit  dem 
Tarif»  und  TreDsportwesen  beseluiftii^en,  lauten  folgen <lermaßen : 

Art.  35.  Dem  Bunde  -teht  •iir  KdUtrnl.-  hIi.t  .la^  T;irii'\vf«:f>n  zn.  Kr  li.it  ila- Recht 
der  Einsichtnahme  von  i^äiiinitiicht  ii  hiciaul  bu^ügliciien  Akten  mid  Verl i ii;-«'ti  dur  Balin- 
verwallun(;en.  Bei  dieser  Kontroh»  sind  namenllicli  fol^nde  Punkte  zu  berricksichli|7en : 
1)  Die  Tarife  müssen  sich  innerlialh  der  in  den  Konzessionen  bezeiehnctcn  Schranken 
bewegen.  2)  Ks  darf  keine  in  den  Konz«'>sionen  nicht  vorgesehene  Taxe  für  die  den 
Bahngesellschaften  konzessionsgeniäl»  obliegenden  Verrichtungen  bezogen  werden,  welche- 
nicht  vom  Bundesrathe  ausdrücklich  genehmigt  und  von  der  Bahn  Verwaltung  öffentlich 
bekannt  gemacht  worden  ist.  ,3)  Die  Taxen  sollen  überall  und  für  Jedermann  gleich- 
mäßig berechnet  werden.  Die  Eisenbahnverwallungen  dürfen  .\ieniandem  einen  V'orzng 
in  irgend  welcher  Form  einräumen,  den  sie  nicht  unter  gleichen  L'msländen  allen 
Andern  jreslatten.  4)  Die  E^senbahnrerwallangen  haben  einer  ihnen  zu  beieichnenden 
r?umlt>»-tilli'  von  iilKn  allLM  nieinen  und  speziellen  Tarif änderungen  sowie  von  Bück- 
Vergütungen  rechtzeitig  Kenntoiü  zu  gehen.  Dem  Bundesrathe  steht  von  sich  aus  oder 
auf  BMchwerde  Ton  Betfaeiligten,  nach  vorheriger  Anhflrunjr  der  betreffenden  Bahn- 
gf<ellsiliant'ii  lüe  Bon-i  litigung  zu.  die  Aufhebung  ■  i'lcr  MmlÜik  ifion  solcher  Differential- 
tarife oder  Bückvergütuugsversprechen  zu  verlangen,  welche  dem  iu  Ziffer  3  dieses 
Artftels  enthaltenen  Grundsatze  der  Gleichberechtigung  zuwideiiaufea.  5)  Jede  Aenderung 
arii  Tarif  oder  an  den  Tr.m-portreglementen  s<dl  gehörige  VerölTenllicbung  Ivknmrri'  ri, 
erstero  in  der  Regel  mindeütens  14  Tage  vor  ihrem  lukrafltreleu.  Wenn  die  üeseilschaft 
es  {Qr  angemessen  erachtet,  ilire  Taxen  herabzusetzen,  so  soll  diese  Herabsetzung  in 


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Taniwescn  der  Ei&eni>Hhnc'U 


— 


Tarii  vve!>tia  der  Eiseubaiinen 


Krafl  bidben  iniii(ie«>teiis  drei  Monate  fQr  die  Personen  und  ein  Jahr  fDr  die  Waaren. 

Je«le  Frhriljuii}.'  von  Taxen  ^^oU  \veni|:-1>  i;~  (li'  t  Monate  vor  ihrem  Inkrafltrelen  fmliHzirt 
werden.  In  Fallen,  wo  vun  einer  Ue^elbclialt  ein  aus  Hcrabt=elzuugeu  und  Erhöhungen 
gemischte»  Tarifsystem  neu  eingeffibrl  werden  will,  Icann  der  Bundesrath  diese  Fristen 
vprknrren.  Diese  Fri-ten  tindcn  kerne-  \nv:ont\\iu'^  nitt"  ^(•■<:.  \ fv^nn^nri'^zü-^p  odor  aus- 
naiiuisu  i-i^c  Verfrnnsligunt.'en  bei  bti-^oudern  Aniäx-en.  Der  Dunde.-5i.it Ii  wird  Anordnungen 
tretTen,  um  die  Beachtung  ul>iij:t>r,  in  den  ZÜTern  1-— 5  bezeichneten  Grundsätze  bd  Auf« 
stellun):  der  Tarile  und  deren  Anwendunj;  sorgfältig  kontrulii ni  zu  hi>scn. 

Art.  30.  Der  Dundesrath  wird  daliin  wirken,  daß  aul  lI«  ti  m  liweiz.  Ei.HeuLalinea 
niü^xlichst  übereinstinunende  Veikebrr--  bezw.  Transporfre^denu  nN  t  in^-eführt  werden, 
den.-n  (ienehtnit;un^'  ihm  zusteht.  Sofern  e-^  sich  in  dt  r  ri)I->>  ulrt  wünschenswerth  litinus- 
slelk'U  sollte,  ist  der  Buudt^rath  be recht ij;!.  nach  Aiiliui  uiiij;  der  Bahngesellschaflcii,  ein 
einheitliches  Verkehre-  betw.  Transport re^denient  in  »ler  Weise  aufzustellen,  dati  »larin 
gewisse  Hauptbcstiinmungen  tixirt  werden,  welche  jede  Schweiz.  Eisenbahnverwallung 
dem  Publikum  als  Miniraum  gewähren  muß. 

Art.  3S.  Di»' Biinde'>:es«'tzgebung  wird  die  erforderlichen  Bestimmungen  aufstellen  : 
l)  lieber  die  Hechlsverhältnisse  de$  Frachtverkehres  und  der  Spedition  auf  Eisenbahnen 
und  auT  andern  vom  Bunde  konzedtrten  oder  von  ihm  selbst  betriebenen  Transport- 

anstalten  ( Dampfs^diiflon.  Tosleu)  und  -'1   Alle  Vorbehalte  und  Verfü|K'un|;en  der 

Ue»«lischalten  in  Üegiementen  oder  Fraclilbriefen,  diu-ch  welche  t^ie  die  Hatlhiarkeil  ganz 
oder  theilweise  ablehnen,  siind  bi«  zum  Erlasse  des  bezQglichen  Bnnde^esetzes  dem 
Runde^rathe  zur  Genehmigung  vorzulegen  und  fallw  dabin,  sobald  der  Buodesrath  Ihnen 
dieselbe  versagU 

AI»  erste  Folge  des  neuen  EiaenbahngesetEM  wurde  vermittjelat  Botschaft 
vom  10.  Juti  1873  der  BundesTMraammlnng  ein  Schema  Tormelegfc  und  begrttndel, 
welches  filr  die  Zukunft  als  Norm  für  neue  KoDm$asionen  ZU  betrachten  «ei  und 

das  sieh  thunliclist  au  die  b'-tehendcn  Konzessionen  an.schloß.  Pie  auf  daa 
Transport-  und  Tarifweüen  bezugiichun  Artikel  dieser  ^Normalkunzession"  niud 
die  folgenden : 

Art.  13.  Das  niindc>l<Mts  drei  Monate  vor  der  Betriebser'jlTnung  dem  Bundei^ratbe 
vorzule^'ende  Transportrej/leirM-nf  -  11  nicht  vctr  aii';'_'<"^pM'f!iencr  Genehmigung  in  Vollzug 
gesetzt  werden.  Jede  Aendeiuui.  dcs-elbcn  uiiti'iUei:l  cbcnfaUs  der  Zustimmung  des 
Bundesrathes. 

Art.  ITi.  Die  Ge-^elNchaft  wird  ermächtigt,  fOr  den  Transport  von  Personen  Ta.ven 
bis  auf  den  Betrag  folgender  AnsSlze  zu  beziehen :  lu  der  ersten  Wagenklasse  10  Rp., 
in  der  zweiten  Wagenkla>-c  7  Rp..  in  der  dritten  Wagenklasse  5  Wp.  per  Kilometer  der 
Bahnlänge.  Die  Taxen  für  die  mit  VVaareoziigen  beförderten  Tersoneu  sollen  um  mindestens 
20  7<*  niedriger  ^.'estelll  werden.  POr  Kinder  unter  drei  Jahren,  sofern  fflr  solche  kein 
besonderer  Silzplatz  beansprucht  wird,  i<t  nichts,  fflr  solche  zwischen  dem  dritten  und 
dem  zurückgelegten  zehnten  Altersjahre  die  Hälfte  der  Taxe  in  allen  ^^'agenklasso^  zu 
zalüen.  10  kp  de«  Reisendengepäcks  sind  frei,  sofern  es  ohne  Belästigung  der  Mitreisenden 
im  IVr-i"i<'ii\\  :iL.''-n  uiitiTgcbrach?  wciilen  kann.  Vili  das  ülc  i/c  lU-i-  nei-enden 

kann  eine  Taxe  von  höchstens  2';»  Rp.  per  50  kg  und  per  Kiloineler  bezogen  werden. 
Fflr  Hin-  und  RAckfahrt  am  gleichen  oder  folgenden  Taire  smd  die  Personontaxen 
riiind'^'i  ii--  :}0  .  uietlriger  anzusetzen  al-  ffir  einfache  \ind  rinm.ili;.'»'  Fahrten.  Für 
Abouneificüt-tdllete  zu  einer  iniadeälcnä  zwölfmaligea  Benutzung  der  gleichen  Bahn- 
strecke für  Hin-  und  Rückfahrt  wShrend  drei  Monaten  wird  die  Gesellsebaft  einen 
weitern  RaS.iiI  I>l•\^  illi-«'n. 

Art.  IG.  Anne,  welche  als  solche  durcii  Zeuguiii  zustüntiiger  IJehürde  sich  für  die 
Fahrt  Icgitimircii.  -ind  zur  Hälfte  der  Pei-sonentaxe  zu  befSrdeni.  Auf  Anordnung  eid- 
genössischer oder  kautiiiialer  Poli/.i  i~l.  !1t-:i  -ind  rus.'h  .\rrf"'.tantpn  mit  lior  Fisenbahn  zu 
spediren.  Ein  vom  Buiulesrathe  nacii  Auliörung  der  bethedigten  Kantone  und  der  Ge- 
i»ellschaften  zu  erlassendes  I^eglement  w  ird  die  Delailbestunmungen  fiber  den  Ttensport 
der  Annen  und  der  Arrestanten  enthalten. 

Art.  17.  Für  den  Transport  von  Vieh  mit  Waarenzügen  «lürfen  Taxen  bis  auf  den 
Betrag  folgender  Ansfttze  bezogen  werden:  Per  Stück  und  per  Kiloirieter  für:  Pferde. 
Haulthiere  und  über  ein  Jahr  alte  Fohlen  Ifi  Rp.;  Stiere,  Ochsen.  Kühe,  Rinder,  Esel 
und  kleine  Pohlen  8  Rp.;  Kalber,  Schweine,  Sch;ife,  Ziegen  und  Hunde  3  Rp.  Fflr  die 
Ladung  ganzer  Transportwagen  sind  die  Taxen  um  mindestens  20  *>  zu  erm.ätiigen. 

Art.  lö,  Waaren  sind  nach  Klassen  zu  laxircn.  wovon  die  höchste  nicht  über 
0,8  Rp.,  die  niedrigste  nicht  Über  u,5  Rp.  per  50  kg  und  per  Kilometer  betragen  aolL 


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Tftrifwesen  der  Eisen  baiineo 


2öb 


Tarifwese(i  üer  EUenhaimeo 


Eine  (rnnze  Wajreiiladunj;  (d.  h.  iiiiiidestens  ^MK»  kü  i»ler  h  Tonnen*  hat  j;e^'eriüljiT  den 
Sti  rk-enihmgeii  Anj>prucli  aul'  Hahatt.  Die  der  I^.m  Uvirtli-oliiitt  und  Industiit-  li.iupt- 
i^achiicii  zudienenden  Hohstofle,  wie  Kohlen,  Holz,  Kize.  Ei^en,  Salz,  Sit  uie.  Uiinjjuug»- 
inittel  n.  8.  w.  in  Wagenladungen  «sollen  möglichst  niedrig  (;>xirt  werden.  Fiir  den  TraDsport 
von  baareni  Oelde  und  von  Kostbarkeiten  mit  deklarirteni  Werthe  !?oll  die  Taxe  >o  be- 
rechnet werden,  daü  ITir  lütX)  Fr.  per  Kilometer  li'Vh-lpn>  1  llp.  zu  bezahlen  ist.  Wenn 
Vieh  und  Waaren  in  Eilfrachl  traiisi*orlirt  weiden  sollen.  s.i  darf  die  Taxe  bir  Vieli  um 
ttnd  diejenif^e  für  Waareu  um  UX)"  o  de.<  gewöhnlicheo  Ansatzes  erhöht  werden. 
Traglasten  mit  landwirthschafliirhen  Erzeugnissen,  welche  in  Begleitung  der  Trä^'er, 
wenn  auch  in  besonderen  Wagen,  mit  den  Personenzi.v;Ln  lnai>|  u  lirt  iiinl  am  Be 
slimmun^ort  sogleich  wieder  in  Empfang  genommeu  werden,  ^ind,  !$o»eil  sie  diu»  6e- 
wicht  von  25  kg  nicht  übersteigen,  frRchlfrei.  Für  da^  M«'hrg»'wirlit  ist  die  Taxe  mit 
0,8  Rp.  per  50  kg  und  per  Kil<jiiio!ir  zu  bezahli-n.  Die  Goelix  liall  i>i  l>t  rt>t  litigl.  zu 
be^linunen,  daß  VVaareuäeuduugeu  bis  auf  kg  Grewicbt  sriela  m  EiUrachl  beiordert 
werden  soUen.  ebenso,  für  den  Transport  yon  Fahrzeugen  aller  Art  und  aulSergew(ihn- 
lichen  Gegenständen  Ta.xeu  ii n  !i  <  ip'>  ticm  Erme-sen  leslzusetzi  n.  Das  Minimum  der 
Transportlaxe  eines  einzelnen  s^tucke^i  kann  auf  io  Hp.  fe-t;;e>etzt  wenlen. 

Art.  19.  Bei  eintretenden  Nothständen.  insbesondere  bei  ungewöhnlicher  Tlieuerang 
der  Lebensmittel,  ist  die  Gesellschaft  verpflichtet,  für  den  Transport  V'Ui  Getn  ide.  Meld. 
Häiseahrücbten,  KartoAeln  u.  6.  w.  zeitweise  einen  niedrigem  öpeziailaril  einzulViUren, 
dcssan  Bedingungen  vom  Bundesrafhe  nach  Anhörung  der  Bahnverwalttmg  festgesetzt 
.  werden. 

Art.  SO.  Bei  Erhebung  der  Taxen  werden  Bruchtbeiie  einva  Kilomelen^  fiir  einen 
ganzen  Kilometer  gerechnet,  Sendungen  bis  auf  S5  kg  für  volle  3o  kg.  Da^  Hehrgewicht 

will!  bt  iei'hnet  l>ei  Eilgut  umi  Hei.sendengepäck  nacli  Einlieiten  von  je  ü  kg.  l»ei  ge- 
wölinlicUexu  Gut  von  25—50  kg  für  £5  kg  und  über  50  kg  Uinau.s  ebeufaii»  nach  je  5  kg, 
wobei  jeder  Bruchtbeil  von  5  kg  fftr  volle  5  gilt.  Bei  Geld»  und  lfVert)u«cndungen  reprä» 

senliren  r?rurhf heile  vmi  Fr  T,i¥\  volle  Fr.  ''<»().  Di,-  Taxen  sind  jeweilen  auf  5  Rp.  ab- 
zurunden, ao  dalj  Bruchtbeiie  von  1—5  Hp.  Iiir  volle  5  Bp.  gelten. 

Art.  21.  Die  in  den  Art.  15,  17  und  18  aufgestellten  Taxbestimiuun^'en  beschlagen 
bloß  den  Transport  von  Station  zu  Station.  Die  Waareu  <ind  von  rien  Aufgeliern  an 
die  Slationsiadplätze  abzuliefern  und  vom  Adressaten  auf  der  Bu^timmungK^tation  ab- 
zuholen. Auf  den  Hauptstationen  bat  jedoch  die  Ge$eli!<chaft  von  «ich  aus  die  gehörigoti 
Einri>  hliint:t''n  für  das  Abholen  und  ilie  Ablieferung  der  Güter  im  l)oinizil  des  Ailressaten 
zu  treffen.  Das  Auf*  und  Abiaden  der  Waaren  i&t  Sache  der  Gesellige liafl,  und  e«  darf 
eine  besondere  Taxe  dafür  In  der  Regel  nicht  erhoben  werden.  Ausnahmen  hievon  sind 
nur  Ullier  Zti-tiiumiiiij  do-  I'midesrathes  zulä-sig  für  eiiui'hn-  Klassen  von  Wagen- 
ladungsgütern,  für  lebende  Thiere  und  andere  Gegeuätäude,  dureu  Verladung  mit  be- 
sondem  Sehwi^gkeiteo  verbunden  ist. 

Art.  !22.  Für  die  Einzelheiten  des  Transportdienstes  sind  besondere  Reglemente 

und  Tarife  aufzustellen. 

Art.  23.  Die  sämmllichen  durch  diese  Konzo:>sion  goforderleu  Tarife  »ind  miudeäleas 
secb^  Wochen,  ehe  die  Eisenbahn  dem  Verkehr  übergeben  wird,  dem  Bunde^rathe  zur 
Genehmigung  vorzulegen. 

Art.  25.  Sofern  die  Ge;$ellschatl  eine  gruadsälzliche  Aenderaog  der  Tarife  vorzu- 
nehmen beabsichtigen  sollte,  so  hat  sie  ihr  daberiges  Projekt  sammt  dem  neuen  Tarife 

der  Bundesversammlung  zur  Genehmigung  vorzulegen. 

Im  Laufe  der  iSeit  erlitten  diese  Vor^^  lii  iften  nur  ganz  wenige  At  ii' I  i  untreu. 
So  wurde  in  Art,  If^  die  Taxe  von  auf  i  Kp.  p^-r  50  kir  uiH  |m  ]•  Kiii>;ii  'ter 
erhöht,  sowie  vorgeschrieben,  daÜ  das  Utbcrgcwicht  der  landwirtk-chattiichen 
Traglasten  Uber  25  kg  nBch  dem  Tarif  für  Waaren  in  gewöhnlicher  Fracht  zu 
taxiren  »ci.  Endlich  wurde  die  Berechtigung  der  Bahnen,  Sendungen  biä  zu  2.')  lig 
in  Eiliracbt  zu  spediren,  geötrichen  und  in  Art.  20  da.s  Minimalgewicht  jeder 
Sendung  (Eil-  und  gewöhnliches  Frachtgut)  auf  'JO  kg  reduzirt,  bei  einer  Auf- 
rundung  de«  Mehr;;>  \vii;hte.s  von  je  10  zu  10  kg. 

Für  Bahnen,  deren  Steigungsverhültnisse  das  gewöliniiche  ilaU  über&chrciteu, 
'  tritt  gegenüber  den  obigen  Aneatzea  eine  den  Steigungsverhältnissen  angemessene 
ErliObiing  der  Taxen  ein. 


Tarif  wesen  der  EiaenlMihnen 


—    25G  — 


Tarifwesen  der  Eisenbabnen 


Dvrch  die  tietu-  Biin>lt-svet-ta.s.suiit:  voni  Jj.  Hai  14^74  wurde  aodann  dem 
Bniule  gnn/  allgemein  das  Hecht  der  £i8«itUihng«aetq^biuig  «lerkannt,  indem 

der  Art.  2»»  derst  lbeu  lautet: 

Art.  26.  Die  Gesetzgebung  über  den  Bau  und  Beirieb  der  EisenbaijiRii  i>l  liuutie»- 
sache. 

Im  folgenden  Jahre  wurde  dann  die  schon  im  Eiaenbahngesetz  vorgesehen© 
bundesreclitliehe  Ordmiiif^  der  da.s  Transportwesen  betreffenden  Reehtsverhfiltnibse 
zwii^chen  dem  l'ublikum  und  den  Traasportan^^taiten  durch  Erlaß  des  liundes* 
geeetse«  betreffSmd  den  Transport  auf  Eiseabafanen  vom  20.  HSrs  1875  getroffen. 
Dieses  GeMte  konstatirt  die  allgemeine  Verpflichtung  der  konzedirten  Ei^^enbahnen« 
den  Transport  von  Personen  und  Gütern  auszuführen,  für  direkte  Abfertigung^ 
innerhalb  der  iixanzen  Schweiz  und  mit  dem  Auslände  zu  sorgen,  letzteres,  soweit 
die  ausländischen  Bahnverwaltangen  hiezu  bereitwillig  oder  gesetzlich  verpflichtet 
aind.  Femer  stellt  es  die  Normen  anf  Uber  die  bei  Benutzung  der  Bahn  xu  er- 
fttlleoden  Formalitäten,  ttbeir  die  Form  des  Tranaportvertragaabschlnaiea,  Uber  die 
Re<Ült6  Bud  Pflichten  der  Bahnen  als  Frachtführer  und  des  Pabliknms  uls  Transport- 
geber  tind  speziell  ni.rh  über  den  Ersatz  des  Schadens,  welcher  dem  Publikum 
durch  Verschulden  der  Bahu  oder  ihrer  Organe  beim  Transportgeachät^  er- 
wachsen kann. 

In  provisoriRoher  Weiae  wurde  vom  Bundesratli  das  Tranaportreglement  der 

schweizer.  Eisenbahnen  flir  <len  diicliten  Verkehr  vom  15.  März  1862  als  in 
Kraft  bestt  heiid  erklilrt,  unter  'J.  ui  Vorbehalte  t  iiiiircr  Abänderungen,  bis  da» 
nf«Me,  von  Icn  Haliiu-n  dem  Bundesrath  vorzulegende  Transportreplement  aus- 
gt^arbeitet  war.  Diese«  neue  Keglement,  da«  dem  Betriebsreglement  iür  die  deutschen 
Bahnen  vom  Jahn»  1874  nachgebildet  ist,  soweit  nicht  gesetsliohe  Yortfchriften 
nnd  bisherige  Uebung  Abwei' Inm^^en  erforderten,  trat  am  1,  Jnli  1876  mit 
bundesräthlicher  Genehmigung  in  Krait.  IHesa^  Reglement,  das  zur  Zeit  noch 
gültig  ist,  hat  seither  durch  zehn  Naclitrii^'e  uikI  verschiedene  Bundesrathsbesrhlih'.p 
vielfache  Abandctungen  und  Ergänzungen  erfahren,  so  daß  die  Neuauagabe  in 
niitht  allzu  langer  Zeit  erfolgen  dttrfte.  Das  Transportreglement  erstreckt  sich 
Aber  alle  einschligigen  Terhältnisse  des  Transportes  von  Fotsoiwb,  von  Reise» 
gopäck,  von  Letchettt  von  Fahrzeugen  und  au ß<irge wohnlichen  Gegenständen,  von 
lebenden  Thieren  und  von  GUtern  nnd  enthält  die  flir  die  Abwicklung  der  \'er- 
kehrsbeziehungen  zwiüchen  Publikum  und  Bahuunternehmung  nütigeo  Spezial- 
Torschriften. 

Personentarifwesen.   Im  Allgemeinen  gilt  im  Personentarifwesen  dio 

Regel,  daß  der  Reisende  entspreeheod  dem  von  ihm  wirklich  änrchfahrencn  Weg^ 
seine  Taxe  zu  bezjihlen  hat.  Dasselbe  Prinzip  findet  aucli  Hlr  die  Gei>nekabfertiijung 
Afnv»*ndung.  Jede  Üahn  liat  die  konzession.-ni;iL>ige  Verplli*  litniig,  Hillete  für  ein- 
maiijrf  Befahrung  einer  Strecke  und  solche  für  Hin-  und  Küekfahrt  auf  derselben 
Strecke  anssttgeben  (exkl.  der  Simplonbahn).  Diese  Retoarbillete  gewMhren 
gegenüber  zwei  Billeten  einfacher  Fahrt  eine  Ermäßigung  von  20 — 30  */o«  Ur- 
sprünglich waren  die  Billete  (dnfaeher  Fiilirf  nnr  für  den  Tag  ihrer  Ausgabe» 
diejenigen  für  Hin-  und  Rückfahrt  ttieüwi  ise  nur  ftir  den  Tag  der  Ausgabe, 
theii  weise  noch  für  deu  darauf  folgenden  Tag  gültig,  immer  aber  erlosch  die 
Gültigkeit  mit  Mittemacht  des  letzten  GBltigkcitatages.  Auf  t.  Januar  1886  trat 
dann  in  dieser  Hinsieht  fUr  die  ganze  Schweiz  eine  oinheitliche  Regelung  in 
Kraft  im  iSinne  der  uachntehenden  Bestimmungen : 

a.  Die  Personenlnilete  liir  einfaclie  Fahrt  haben  mit  den  nacli^leliend  bezeichneten 
Ausuahuien  nur  für  den  Tag  ihrer  Ausgabe  Gültigkeit ;  die  Abgabe  solcher  Billete 
darf  daher  in  der  Regel  nur  nach  solchen  Stationen  erfolgen,  welche  noch  am 


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Tarifweseu  der  Ekeabalioen 


—    257  — 


Tarifwesen  der  Eistiiü'ahaea 


gleichen  Tajje  (bis  Mitternacht)  erreicht  werden  können.  Eine  Aufnahme  hievoa 
machen  die  Biilel«'  na«  Ii  Stationen,  welche  mehr  als  200  km  von  «ler  Ausgahe- 
station  entferat  s'mdi  diente  Hdleto  haben  Gültigkeit  för  den  Tag  der  Ausgabe 
und  bis  Hittemneht  des  Tolgenden  Tages. 

b.  N«b«n  den  einfachen  Billelen  werden,  soweit  das  Bedftrfniß  dafOr  rorliegt,  auch 

direkte  Billeto  für  Hin  und  Hackfahrl  (Relourbülete)  ausfegeben.  Diese  Billete 

haben  folgende  (niltigkeit>«dauer : 

Für  Distanzen  von        t— 100  km  2  Tage, 

m—2m  ,  3  . 

201-300   ,  4  , 

m  »  m    301  u.  mehr   •  5  . 

Die  Distanz  wird  nach  der  einfachen  Entfernung  von  der  Ausfrabe-  zur  Be- 

-•fitiiiiiun^rs^tation  gerorlnu  t.  Dit  Tap  i]cr  Au>K';iht'  ist  al^-  »TsfiT  ^:ari/,<'r  Tas;  in 
der  Gültigkeitsdauer  inbcgrilTen.  Dieselbe  erli.Hcht  also  um  Milteruochl  des  darauf 
folgenden  ersten,  bezw.  zweiten,  dritten,  vierten  Tages. 

e.  Hin-  and  Rflckfalu-t^billete,  welche  am  Tage  Tor  Sonn-  und  Festtagen  gelöst 
werden,  haben  in  allen  Fi^Uen  auch  am  närliHtfoIgendcn  Werktage  Gültigkeit. 
Dies  gilt  auch  dann,  wenn  ein  Sonntag  und  ein  FestLig  unmittelbar  aufeinander 
folgen. 

AN  Fi -ttape  gelten   Neujahrstag,  Charfreitag,  Auffahrlstag  und  Christtag. 

d.  Wird  ein  einfaches  Billet  auf  einen  .Vachtzng  gelöst,  oder  mit  einem  Retourbillete 
die  Rückreise  mit  einem  Nachtzuge  angetreten,  oder  wird  innerhalb  der  Gültigkeits- 
dauer des  einfachen  oder  Retourbillets  die  Reise  mit  einem  Nachtzuge  fortgesetzt, 
.  ohne  daß  die  Bestimmungsstation  vor  Mitternacht  deä  letzten  Tages  erreicht  werden 
kann,  so  ist  das  Rillet  zur  direkten  und  nnonterbrochenen  Fortsetzung  der  Reise 
über  Mitternacht  hinaus  im  bt'tix'ftViKl'  ii  Nachtzuge  und  in  den  anscbliefienden 
Zügen  gültig,  welche  die  unmittelbare  Fortsetzung  desselben  bilden. 

Neben  (\er\  ffp wohnlichen  Rillet^n,  deren  Taxen  im  Allsrfnnf'inrn  auf  Grund 
der  konzeHsionsmälitigen  Maximaltaxen  berechnet  werden,  wozu  auch  die  nach  dem 
Woitlaat  einiger  Konieanonen  btt  BefBrderang  der  Rdsenden  mit  GtltersQgen 
aiu»igeb«Bden  fiilleto  zu  ermißigten  Preisen  zu  cKhlen  sind,  werden  von  den 
meisten  ediweis.  Bahnen  noch  einige  Serien  von  Spezialbilleten  ausgegeben,  näm- 
lich: 1)  Abonnementsbint-tc ;  '2)  (T.'seH^chafts-  lunl  Sclnilfalirtliilli-t« ;  3)  Lust- 
und  iUmdlahrtbillete;  4)  Sonntagsbillcte  und  Billete  zum  Besuche  von  Wocheu- 
markten;  5)  Arbeiterbillete. 

Zur  Auugabe  von  Aboniiement»biUeten  zu  reduzirten  Taxen  sind  viele  Ver- 
waltungen dnreh  ihi«  Eonsesstonen  Terpflicbtet.  Bei  diesen  Abonnementebilleten 
hat  man  in  erster  Linie  swüchen  Billeten  auf  den  Inhaber  (an  portear)  and 

solchen  auf  den  Namen  einer  oder  mehrerer  Personen  lautend,  zu  unterscheiden. 
Die  erstem  genießen  immer  einen  geringem  Rabatt  als  die  letztern.  Die  Ab- 
stufung der  auf  Falirtt  n  im  Abonnement  gewährten  Ermäßigungen  ist  sehr  ver- 
schieden und  varirt,  abgesehen  von  dem  bereits  erwähnten  Unterschiede,  je  nach 
der  Gttitigkeitedaner  und  tbeilweiae  noch  je  naeb  der  LKnge  des  auf  einmal  ge- 
kauften Abonnenx  iits  (Kilometermarken).  Beispielsweise  gelangen  auf  der  «ohweix. 
Ceniralbahn  folgende  Abonnements  zur  Ausgabe : 

1)  Inhaberkarten  für  24  einfarh*«  Fahrten,  wiihrend  3  3Ionaten  gültig,  mit 
5  **/o  Rabatt  auf  der  Hin-  und  Kiu  kfithi  tstaxe.  2)  Persönliche  Abonnements  zur 
beliebigen  Benutzung  aller  fahrpianumliigeu  Züge  zwitschen  zwei  bestimmten 
Stationett,  bei  einer  Gttltigkeitsdaner  von 

3  Monaten  mit  bO^/o  Rabatt  auf  der  Taxe  für    90  Retourbillete  j 

6       f,        „    60  „        „        „  „       ^      „    1<S0  „ 

12       n        „75„       ,  360  „ 
Fvrar,  Ton»wMluielMfla-L«lkoii  der  Schweis.  17 


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Tarüweseu  der  tliaeübaUoen 


Tarifwesen  der  Eisenhahoen 


3)  SchaierabonnementBkarleD  mit  einem  Extraraliatt  von  25  "^/o  auf  den  snb  2 
genannten  Karten.  An  Sonntagen  sind  diet^e  letztern  Abonnements  nngttltig:  da- 
gegen wird  da»  Jahr  nur  zu  300  Tagen  berechnet. 

Die  sclnvciz.  y<>rdostbalni  bringt  folgende  Ahonneiiient*.liiIlete  zur  Aufgabe, 
deren  Rabatt       nucli  <\i*r  Dintauz,  auf  welche  alionnirt  wiid,  varirt: 

1)  Per."»öalicbe  Abuuuement«  für  eine  i'ersou  und  eine  beNtiminte  Strecke 
bei  12  oder  30  Hin«  und  Httckfahrten  in  3  Monaten.  2)  rerbünliche  Abonne- 
menta  fttr  eine  Person  nnd  eine  beatimmte  Btreeke  bei  30,  90,  180  nnd  360 
Hin-  und  RUckfiahrten  in  1,  3,  6  oder  12  Honaten.  3)  Pers&ntiche  Abonnemente 

für  eine  PtTnon  zur  Befahrung  Je>  ganzen  Nctzos-.  4  )  Karten  zur  gotronnten 
oder  i^'ltnchzeiti^en  Benutzung  von  eiiit  r  oder  meiirereu  i't-rsonen  einer  Firma 
oder  einer  Familie,  mit  33'/» '^/o  Zufcblag  gegenüber  persüulicheo  Ab»>nuement8. 
ö)  SchUlerabonnementa  mit  einem  Extrarabatt  von  33 '/a  '^/o  auf  den  anb  2  ge- 
nannten Billeten. 

Am  wenigsten  Verbreitung  haben  auf  den  Schweiz.  Eisenbahnen  bisher  noch 
die  Eitometerabonnemenfs  gefunden,  welche  im  Auslände  sich  in  kUraeüter  Zeit 
eine  groüe  Beliebtheit  errungen  haben. 

Auf  den  wichtigeren  achwdieriaohen  Kornalbahn«D  wurde  in  jllugister  Zeit 
ein  gemeinsamer  AbonnementsUuif  eingeführt,  laut  welchem  gegen  Zahlung  einer 
je  nach  der  Wagen  klapse  veiH6hied«mi  Grnndtaxe  Karten  ausgefolgt  werden, 
welche  w  Miniul  eines  Jahre«  sum  Besag  von  Billeten  zur  halben  tarifmäßigen 
Taxe  bt-reclitigen. 

Für  die  Beförderaug  von  Geselbcbaften  und  Schulen  besteht  auf  den  uieiHieu 
seh  wein.  Eisenbahnen  mn  gemeinsamer  Tarif,  datirt  vom  1.  Januar  1877,  dessen 
Erniitßigungen  je  nach  der  Theilnehmerzahl,  der  Länge  der  durehfahrenen  Strecke 
und  der  Kat< /rorie,  zu  welcher  die  Reisenden  gehören,  vaiiren.  Die  Eintheilung 
und  die  Xaxgruudlage  ist  die  folgende : 

Für  jeden  der  ersten  40  km        Für  jeden  weitern  km 


Kinra(k<  Fahr! 

llia-  B.  F 

Eisfitht  Tslirt 

Ilm-  g. 

lürkfahrt 

Gtstllfichaflen  : 

KJaaue 

U 

UJ 

II 

II! 

IJ 

Ul 

11 

Ul 

Theiinehmer  16—60 

Rp. 

6,5 

4,5 

9,5 

7,0 

5,0 

3,5 

7,5 

5,0 

61—120 

« 

6,0 

4,0 

9,0 

6,5 

4,5 

3,5 

6,5 

5,0 

121—180 

6,5 

4,0 

8,0 

6,0 

4,0 

3,0 

6,0 

4,5 

Uber  180 

II 

5,0 

3,5 

7,5 

5,5 

4,0 

3,0 

5,5 

4.0 

l'i  III'  ttncliulen  : 

Theiluehmer       hin  60 

3,.') 

2,5 

5,0 

3,5 

2,5 

2,0 

3,5 

2,5 

,          61  —  120 

a 

a 

3,0 

2,0 

4,5 

3,5 

2,5 

1,5 

3,5 

2,5 

.  121—180 

• 

3,0 

2,0 

4,0 

3,0 

2,5 

1,5 

8,0 

2,5 

über  180 

« 

2»5 

2,0 

4,0 

3,0 

2,0 

1,5 

3,0 

2,0 

Mittelscfiuhn  : 

Theiloehmer      bis  60 

4.5 

3,0 

6,5 

4,5 

3,5 

2,'. 

5>" 

;;,5 

,           ü  1—120 

l< 

4.0 

3,0 

6,0 

4,0 

3,0 

2,0 

4,5 

3,0 

,  121—180 

II 

4.0 

5,5 

4,0 

3,0 

2,0 

4,0 

,         über  160 

w 

3,5 

2,5 

5,0 

3,5 

2,6 

2,0 

4,0 

2,6 

Hochschulen  i 

Theilnehmer      bis  60 

n 

.'),') 

4,0 

H,5 

6,0 

4," 

3,0 

6,.', 

4,5 

,  61—120 

0,0 

4,0 

7.5 

5,5 

4,0 

3,0 

6,0 

4,0 

,         121  —  180 

5,0 

3,5 

7,0 

5,0 

4,0 

2,5 

5,5 

4,0 

,         Uber  180 

n 

4,6 

3,5 

6,5 

5,0 

2,5 

5,0 

4,0 

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Taiitwcsen  der  Eisenbuhnen 


—    269  — 


Tarif iresen  d«r  Eisenbahnen 


Für  Fahrten  in  L  Wagenklasae  werden  die  doppelten  Taxen  der  Iii.  Wagen- 

isla^ne  erhoben. 

Von  jeder  der  grüßern  Bahtiverwaltungen  werden  verschiedene  ein*  and 
mebTtSgige  Lust-  und  Hnnd&brtbillete  ausgegeben  mit  einem  fiabatt  Yon  85  bia 
40  %  gegenüber  den  normalen  Taxen.  Das  gleiebe  YerbXltniß  besteht  auch  für 
die  SonntagH-  und  Marktbillete,  welche  dann  aber  nur  von  je  eintägiger  Gultigkeits- 

daiKT  nind.  Die  ErmfilSisrnncr  der  Taxen  kann  hier  bis  8U  "/o  gegenüber  den  ge- 
wöhnlichen Hin-  und  KUckfuhrt^billeten  betragen.  Sehr  wenig  ausgebildet  «ind 
■auf  dem  scbweiz.  Eisenbahnnetze  noch  die  sog.  Arbeitcrbillete,  welche  den  Ar* 
beitem,  die  in  großen  Yerkehrszentren  BeaobXftignng  finden,  wo  die  Wobnnnga- 

verhältnime  oft  ^ehr  ungünstige  sind,  die  Möglichkeit  gewähren  grillen,  in  den 
Vororten  r.w  Lillifren  Preiwn  Unterkunft  zu  finden.  Bezügliche  Tarife  bestehen 
2.  Z.  nur  Itir  dt  n  Vt-rkebr  der  Yen  iuigten  Schweizerbahnen,  der  ^ordostbahn, 

der  Gottbardbabn  uini  der  J ura- Bern  Luzcrn- Bahn. 

Für  die  Beförderung  von  Armen  und  für  Pulizeitransporte  wurden  vom 
aehweia.  finndesrath  am  9.  Jnli  1881  besondere  Reglement«  erlaaBeo,  welefae  für 
«immklidie  aohweis.  Eiaenbahnen  verbindlieb  sind. 

Maob  den  Yoraehriften  der  besttglioben  Eonneaaionen  dttrlm  die  meiaten 
«chweiz.  Buhnen  folgende  Maximaltaxen  Air  die  Beförderung  von  Penonen  und 
(arepfiok  erheben: 

Fer.sonen  Gepäck 


Per  Stunde    I.  Kl.  50  Bp.    H.  Kl.  35  Bp.    III.  Kl.  *2b  Bp,    P.  100  kg  24  Bp. 

„  Kilometer  10    „  7    ^  5    „  6  r 

bei  Normalbahnen,  dagegen  bei  Sekundär-  und  Bchmalnparbahiieu 
per  Kilometer  10  Rp.  7  Bp.  5  —  6  Bp. 

Die  Maximaltaxen  der  letztem  Kategorie  von  Bahnen  weihen  aber  ent- 
«preebend  den  Ortlioben  VerbKltniaaen  vielfache  Abweiobnng«t  im  Sinne  der 
JSrhehttng  der  Taxen  auf. 

Für  einige  Lokomotivbahnen,  wie  Borschaoh-Heiden  Bahn,  TJetlibergbahn, 

Yitznau-Kigi-Bahn,  die  Linie  Arth-Goldau,  Kriens-Luzem-Bahn  und  Pilatusbahn, 
sowie  fllr  die  Drahtneilbahnen  bestehen  nicht  tdlometriaohe  SätzOt  sondern  ein» 

heitliche  Taxen  t^ilr  die  ganze  Tran8|>ortstrecke. 

Wollten  die  Tarife  genau  nach  den  konzei»sionfimä£igeu  Grandtaxeu  gebildet 
werden,  ao  wBrd«  di«  Erstellung  deraelben  lebr  komplisirt  und  nnttbernditlich, 
wie  diea  wirUidi  bei  mebreren  Yerwaltnngen  der.  FaU  ist.  JHo  ediwek.  Aihnen 
•erbeben  thataSehliob  die  IblgMiden  Taxen  im  Penonenverkehr  (einfache  Fahrt): 

Hu«>       LKL       XLKl  IILKL 
eiDli«{(       Bp.         Bp.  Bp. 

Ver.  Schweiterhahnen  und  Toggeabttxgerbahn   .  .  Stunde  60  35  2.T 

Wjüd-Rüli-Bahn   km  —      '  10    *  7,2 

Rapperswyl-PflfBkon   ,  —  13  8 

jrortVo,H^//(j/ui  exkl.  die  n;iclislcheiid  ;.'fii;tiinteti  Linien  ,      _  10»4  7,8.  5,8 
Niederglatt-Oteltingen,  Ziegeibrack£->äreb,  Ularus- 

Linthtbal   ,  10  7  5 

Tößtfutlbahn   ,  8,i  Ü 

OtHtralbahn  exkl.  nach-stebcude  Linien   «  10,75       7,5  5,375 

Basier  Vwbindnngshahn  T  .  ,  tO  14  10 

A;irgaui!*che  Südbahn   ,  10,4         7.3  5,2 

VVuhlea-Bremgarten   —  8,4  6 

Emmenthalbahn   ,  16,7  11,7  8.3 

Jura-Btm^lAUitm'Bah»*)  exkl.  naclisteh.  3  Linien  Stunde  50  35  25 


« 


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Tarilweseu  der  Eisenbahnen 


—     2GU  — 


Tarifwesen  der  ElsenLabuea 


I.  KL  IL  XL  HL  KL 

•iniMit  Jtp.  Bp.  Up. 

Bern-Lazern   km  11,44  8,03  5.72 

Branigbahn:  Rrienz-Alpnach   .  20  lö  6 

Alpnauh-Luzern   ,  10  7  5 

Bödat^akn   —  19  9 

Jura  neuc'hätelois    ^  18,76  9,9  7,3|^ 

SuÜ8e-0ccidentah-:^im jilvn .  *J  tienl-  Versoix ,  Vaumar- 

cus-Lnu<anne-Sl-Haiirice,  Bussigny-Coppct    .   .       ,  10,41       7,3  5,3 

Neuonstadt-Vaumarcus,  Auvernier-Verri^res-Grenze       ,  11  8J&  6,5 

Siuiplonlinie   ,  12  8  tt 

CoMonfty  -V.illorbes  -Grejize,  Lausanne  -  Freiburg- 
B*»ni  (Kte-  Waadt  und  Bern),  Brovethalbahn 

iKt.  Waadt)   Stunde  50  35  25 

Lausanne-Freiburg-Bcrn  (Kt.  Freibiirg)    .   .   .   .       ,  55  40  30 

Broyothalbahn  (Kt.  Freiburg)   fiO  40  30 

Traversthalbahn   km  —  8,5  0,5 

Bulle-Hoinont-Bahn  Stunde  60  40  30 

PoDt-Vallorbes-Bahn   km  ~  —  10 

Ootthardhahn  exU.  nadistehende  Linien  ....       ,  10,416  7,291  5,208 

Ersüel.l  Bi  I  .  t,  GiabiaMO-TaTMiM   ,  18,228  12,761  9,114 

Citdenazzo-Pino   10  7  5 

App^neetterbohn   ,  —  10,8  7,2 

Ap]>'  »:(}hr  Straßftibtihn  (SLGaSlim'QaiB)    .  .   ,       ,  —  12  10 

Landnuarl-Davo$-Bahn   «  80  20  8 

Frauenfad-Wyl'Bahn   —  10  7 

Wädmtweü'Evtmeddn-Sahn  ^r.ln'^r.'cr.'ur  ~         7,3  5,2 

Wdld'nburg'BahH   km      —         10,5  7 

S''' >J"tIhahn   —  10,5  7 

JuKinties-Tramelan-Bahn   ,        —  10,5  7 

Laueanne-Echallcm-Bahn   ,        —         12,G  8,6 

K.  hallens-Bercher   ,        —         12,6  8,6 

I't/Hts-Sagne-Chaux-ck- Fonds   ,        —  10,5  7 

Bir»igthalb(ihn   ,         —  10  7 

Lmgenthal-HuUuril-Bahn   ,         —  10  7 

Für  die  Beförderung  des  Gepäckes  wird  von  den  meihteu  Bahnen  5  Rp.  per 
100  kg  und  Kilometer  erhoben;  Ausnahmen  heetehen  nur  hei  einigen  Seknndkr- 
and  Sehmal'- purhiihiien,  auf  weichen  (j  Rp.  per  100  kg  und  Kiloinetrr  erhoben  wird. 

Zur  \  •  rn;l.<ichnng  sollen  hier  noch  die  Taxen  einiger  NaohbarlSnder  an' 

irefiihrt  wt^rdca:  «   »  u 

*  L  KL     IL  KL  m.  El. 
1)  Badische  Staatsbahnen,  Würitemb.  Staats-  P^nook» 

bahnen,  Bayrrifche  Stnatsbahnen  ....  Pfennig  8         5,3  3,4  5,6 

ZiL-chlatr  tür  Schnellzuge   ,       1,1       1,1  1,1 

f)  Eeich»- Eisenhahntn  in  Jsitsaß- Lothringen  .      8        6  4  5 

Zu«:rhlat;  filr  SchneUzftge                               1  0,67  0,67 

3)  Ofstrrrrnhinihe  SioaUbahnmf*) 

Schnellzü^'B  Kreuzer  4,5  3  1,5  2 

Personenziige                                       ,      3  2  1  2 

4)  FTamnamhe  0»thahn  Gts.    I2,;?2  0,?4  6,77«  ^^?,r^'i 

h)  Paris- JAfon-Mediterranee                               ,     12,32  »,24  6,776  4,4352 

6)  liahetMche  Bahnen: 

SchnHhn-e   „     12.43     8,71     5,6r>  4,52 

 Personetiziige  11.30     7,91      5.09  4,52 

*)  I(u  Laufe  de.s  Jahres  IS'.Ni  weiden  die  (iruiidtaxeu  für  die  l^inien  der  frOherea 
Gesellschaften  der  Suisse-orcidentale-Simplon-Bahn  und  der  Jura  -  Bern -Luzcrn« Bahn 
{w(kl.  Brflnigbahii '  rinl.»  Iii;,  h  iiif  diejenigen  der  Jura-Bern-Luzern-Bahn  rcduzirt. 

•*)  Zur  Ik'rechnung  der  BilK  tproise  werden  Z«inen  gebildet  für  welche  je  dieselben 
Fahrpreise  gelten.  Die  Länirc  di<'ser  Zonen  sind  Iblgendermaßen  feslgei.etzt :  1  50  km 
zu  je  10  km.  M  km  ;^ti  y-  15  km,  81—100  km  zu  je  20  km,  101—200  km  zu  je 
25  kui,  2ul  km  und  weder  zu  je  50  km. 


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TarifwescD  der  Lbenbahneo 


—    2G1  — 


Tarif  Wesen  der  EiscuLaliuen 


Otttertarifwes«!!.  Die  regen  Yericelinberieliungen,  weldie  swieoheii  den 
«inMinea  Linien  des  sebweis.  Hetses  sieb  anebildeten,  erforderten  von  aicb  aus 
■eine  möglichst  einfache  und  einheitliche  Beoi'dnung  der  Vorschriften  Uber  den 
Transportdieni»t  und  eine  einheitliclu"  WaarenklaKgifikation.  Die  schwt'i?:.  Bahnwn 
hatten  sich  zu  diesem  Zwecke  bereits  im  Jahre  18t>H  auf  solche  einheitliche  Vor- 
scbrifteu  geeinigt,  welche  am  15.  Oktober  1863  in  Kraft  getreten  waren.  Nacb 
^eaen  Traaaportyondirilten  und  Waaronklaanflkation  wurde  der  Tarif  in  folgende 
JClaaBen  getbeilt: 

1)  Eine  Silgutklasse ;  2)  drei  Stüokgntklaasen  1»  8  und  3;  3)- drei  Wagen. 

iadungsk lassen  A,  B  und  C* 

Der  Kilgutklasse  waren  alle  Sendungen  iiberwie«en,  welche  mit  rothen  Fracht- 
briefen zur  Aufgabe  gelaugten,  ferner  xämmtliche  Waaren»endungen  bis  znm  Ge- 
wichte von  26  kg  und  endlich  diejeiiigeu,  deren  deklarirter  Werth  mehr  als 
Sr.  3000  per  100  kg  betrug.  Zu  dem  Taxen  der  Stliokgutklaaseii  2  nnd  3,  «owie 
4er  Waganladungaklaweu  A,  B  und  0  wurden  diejenige  Gttter  befördert^  welebe 
■dnreb  die  Waarenklaseifikation  diesen  Klassen  speziell  sngewie.sen  waren;  die 
übrigen  nicht  besonders  in  der  Klassifikation  namhaft  jErem;icl)tt  n  Gi1tf»r  waren 
4er  StUckgutkltt»*©  1  zngetheilt.  Für  die  Anwendung  der  Wugenladungsklasse 
war  noch  die  Auflieferung  eines  bestimmten  Ifinimalq^uantums,  erst  4000,  dann 
epSter  5000  kg,  Torgeeobrieben.  Nicht  alle  Gttter  waren  wagenlad  ungsföhig,  d.  b. 
genossen  bei  Auflieferung  in  Mengen  von  wenigatena  4000  rv>\).  öOOO  kg  eine 
biüi^fre  Taxe  als  Stilckgutsendungen.  Die  Taxen  wMnlcii  berechnet  bei  Hilgiit 
im  Minimum  von  25  kg  nnd  bei  Frachtgut  von  50  kg  nnd  das  Mehrgewicht  von 
5  zu  5  kg  aufgerundet.  Die  zur  Erbebung  gelangende  Minimaltaxe  richtete  sich 
nach  den  Yoiachrilien  der  Konaeaeivnen  der  Anfgabebahn.  Daa  Auf-  nnd  Abladen 
4er  Eitgüterf  der  Guter  der  aämmtlicben  Stttokgutklaeaen  sowie  der  Wagenladungs- 
klasse A  wurde  von  der  Bahnverwaltung  auf  eigene  Kosten  besorgt,  wähffnd  es 
für  die  beiden  Ubri^ren  Wafj»*tilailunp'-kl:isHpn  dem  Versender  nnd  Em]ifanL''  r  "blag, 
resp.  dafür  der  Bahnverwaltung  bei  Besorgung  durch  ihre  Leute  besondere  Knt- 
«cbkdigung  geleiatet  werden  nufite  (7  Rp.  per  100  kg).  Für  Goter,  welcbe  zu 
den  Taxen  der  Wagenladungsklasaen  B  und  C  transportirt  wurden,  beans|trncbten 
die  Bahnverwaltungen  eine  Verkürzung  der  regleraentarischen  Transportleistung 
von  l'iO  km  jum- Ta;,'  auf  00  km.  Tm  Jahre"  1885  trat  in  ilcii  obi':<'ii  N'orscliriften 
inisoferu  ein*'  AciKlcruiig  ein,  als  <li  i  Zwang  zur  eilgulmüLiigeii  Beiönlernng  von 
Sendungen  bis  zum  Gewichte  von  25  kg  aufgehoben,  das  Minimulgewicht  filr 
Eilgut  und  Frachtgut  auf  20  kg  nomirt  wurde  und  die  Gewicbtaaufrnndung  von 
10  SU  lO  kg  erfolgte.  Gleiohaeitig  wurde  die  Minimaltaxe  einbeitlioh  auf  40  Bp. 

festgesetzt. 

Im  Jahr»»  1872  wurde  dif  Einheit  des  Schweiz.  Tarifwef«*ps  atifgehoben, 
indem  die  hi'i  U-u  ost;<rhwi*izeris<  |ii'ii  Vf-rwaltunf^eii  <!er  Nurdc-ätKalin  und  df*r  Ver. 
fichweizerbahneu  für  ihren  internen  und  direkten  Verkehr  die  Taritvorscluitleu 
und  ElaseiAkalion  der  etlddeutschen  Babne»  aur  EinfUbrung  brachten«  Das  neue, 
Am  1.  Jnni  1872  in  Kraft  gesetzte  Tarifsystem  unterschied  aicb  von  demjenigen 
von  1863  im  VVesentlicheu  in  folgenden  Punkten: 

Der  nrur  Tarif  hatte  statt  d'  r  dr*  i  nur  zwei  StQckgutklassen  (I  und  II), 
•Wflchen  (Ül-  (iiUi'r  durrh  i\\ti  \Vaarinkla^>i!ikfition  /n!r**tbfilT  wurden.  An 
•ijtelle  der  drei  VVagenladungsklassen  für  Mcngt-n  vüu  5UUU  kg  wurden  fünf 
Wugenladungsklassen  geschatl'en,  nümlich  drei  (A,  B  und  C)  fdr  Güter,  welche 
in  Mengen  von  5000  kg  per  Wagen  aufgeliefert  wurden  und  durch  die  Waaren- 


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Tarifweeen  d«r  Eisenbahnen 


—    2C3  — 


Tarifwesen  der  EisenLahneik 


kla&sifikation  einer  dieser  drei  Klassen  zugetheilt  worden  waren,  und  zwtA  Klassen 
(D  und  E)  für  Güter,  welche  in  Mengen  von  10.000  kg  per  Wagen  znr  Aiif^^abe 
gelangten.  Die  Klasse  D  kam  zur  Anwendung  für  gewinne  in  der  KlaMt^itikation 
ihr  «penell  siigewieMne  Guter  der  Klaaie  C,  die  in  Mengen  von  10,000  kg  per 
Wagen  aufgegeben  wordaa;  ferner  fttr  die  Guter  der  Klasse  E,  wenn  ne  in 
geringem  Mengen  ala  10,000,  aber  wenigatois  in  Qnantitfiten  von  öOOO  kg  per 
Wagen  zur  Auflief^^rnng:  j^relaTi^^tf-n  Die  Klasse  E  kam  filr  Güter  in  Sendungen 
von  10,000  kg  per  Wagen,  welche  ihr  in  der  Klassifikation  sp'^ziell  zugewiesen 
wurden,  zur  Anwendung,  FUr  die  auf  Grund  der  Klajisen  i>  und  E  beförderten 
Guter  behielten  sieh  die  Bahnverwaltungen  besondere  VemtBndigungen  bezüglich 
der  Lieferfrist  vor.  Das  Aof-  und  Abladen  der  Güter  dieser  beiden  Klassen  wurde 
dem  Versender  bf/.w.  riem  Empfänger  Überbund»  ii.  Dio  im  Juhre  IHSii  am  Tarif< 
System  von  1M(5;5  vorgenommenen,  oben  aufgezählten  wesentlirhon  Aenderungen 
hatten  auch  für  das  System  von  1Ö72  Gültigkeit.  Die  Tarif  Vorschriften  und 
Waarenklaenftkatiott  von  1872  waren  nicht  aliein  fttr  den  internen  nnd  direkten 
Verkehr  der  ostschweizeriachen  Bahnen  unter  sich  maßgebend,  sondern  fanden 
auch  ausschließliche  Anwendung  für  den  Verkehr  der  ost<«chweizerischen  Bahnen 
mit  den  central-  und  westHchweizerifK'heu.  Die  Gültigkeitsbereich?  der  beiden 
Tarifsysteme  waren  mit  liezug  auf  den  internen  Verkehr  folgendf  i  inußen  begrenzt  v 

1)  Turifsystem  von  IHOH:  Centralhahn,  Jnra-Hmi-Liizeni-Iiahn,  BHdelibalin, 
Emmenthalbahn,  Suisse-OccidentÄle-Hiiupl"!!,  Bulle- liomuiit- Hahn,  TraverstlialtaUn. 

2)  Tarifuystem  von  1872:  Nordostbahn,  Bötzbergbahii,  Aargauinche  SUd- 
bahn,  Wohlen-Bremgarten,  Ver.  Schweiserbahnen,  Toggenburgerbahn,  Rapperswyl* 
PfMSkon,  Wald-Bttti  Bahn,  Tȧthalbahn,  Gottbardbahn,  Borachach-Heideo-Bahn, 
WMdensweil-Einsiedeln-Bahn,  Appenzellerbahn. 

Dabei  ist  noch  daran  zu  erinnern,  daß  das  Tarif^ystem  von  1872  Tür  den 
direkten  Verkehr  der  sub  1  genannten  Bahnen  mit  denjenigen  sab  2  ebenfella 

zur  Anwendnnff  gelangte. 

Durch  (Uesen  Duulibmus,  der  bobonders  auf  den  central-  und  wcstschweize- 
lisdhen  linfon  sowie  an  der  Grenie  der  beiden  Sjsteme  sieh  ftthlbar  machte, 
wurden  bald  ße«»trebnngen  zur  ementen  yereinheitltchnng  der  Tari&ysteme  wach- 
gemfen  Die  daherigen  mühsamen  und  langwierigen  Verhandlungen,  welche  ini 
Jahre  1870  erörtnet  wurden,  führten  aber  für  einmal  zu  keinem  Resultate.  Zudem 
trat  dann  bei  den  deut*«hün  Nachbarbahnen  ebenfalls  eine  Bewegung  zur  Neu- 
beordnung  der  Tarif  Verhältnisse  ein,  deren  Kesultat  wegen  den  vielfachen  Kou* 
kurrensverhititniiieen,  in  denen  sie  namentlich  an  den  oatMhweiaerisehen  Linien 
standen,  erst  abgewartet  werden  mußte.  Die  in  Aussicht  ntf  hetide  Eröffnung  der 
Gotthardbahn  nn  1  ilie  IJierige  wesentliche  Vermehrung  der  intt  ruatidnali  ii  Be- 
ziehungen mit  lugten  dann  die  scbweiz.  Hahnen  snecessive  zur  Annahme  des 
deutschen  HeformtarÜjtystems.  Den  Anfang  machten  die  Nurdostbahn  und  die 
Ver.  Sobweizerbahnen  sowie  die  Gottbardbahn  im  Jahre  ihnen  folgten  im 

Jahre  1883  die  Centralhahn,  die  Jura-Bem-Luzem-Bahn  und  die  Emmenthalbahn 
und  endlich  im  Jahre  18?^G,  nachdem  in  der  Zwischenzeit  drei  verschiedene  Tarif- 
systemo  in  der  Schweiz  gleichzeititj  in  Kraft  bestanden  hatten,  noch  die  Gesell- 
schaft der  Suisse-Oocideutale-SimploQ  nebät  den  von  ihr  betriebenen  Bahnunter> 
uehmungen  nach. 

Die  ersten  Reformgtttertarife  enthielten  folgende  Klassen :  1)  fiilstttckgutklasse 

2)  Fracht-StUckgutklassen  1  und  2;  3)  allgemeine  Wag^Iadangsklasseu  A'  Und  B; 
4}  Spezialtarifklassen        I,  Ii  und  III. 


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TurifWeaen  derEnwnbfthneD 


263 


Tarifwcsen  der  Eiaenbahnen 


Eilgut  in  Wagenladungen  wird  zu  den  doppelten  Taxen  der  allgemdnen 
WagenladiingHklassen  taxirt,  ohne  Bttoksiclit  darauf,  ob  das  Gut  in  der  Waaren- 

klassilikafion  einem  Sppzialtarif  zn<?ewie«pn  «Ji-i  oder  nicht.  IMe  zweitf  FrH»^)>t- 
Stückguiklasse  ist  für  diejenigen  (jiiter  in  Mengen  von  weniger  &U  öOOu  kg 
bestimmt,  welche  dnrch  die  Waarenklasaifikation  einem  SpezialUiif  zugetheilt 
werden,  die  ertte  Fraclit-StttokgntklaMe  für  alle  andern  Qttter  in  Einiebendnngen. 
Die  WagenladnngsgUter  werden  in  vier  Klassen  eingetiheilt  und  je  nachdem  sie 
in  Mentren  von  wenigstens  5000  oder  10,000  kg  per  Frnr li(1»ii(>f  ninl  Wagen 
aufgelielert  werden,  verschieden  taxirt.  Die  W'naronklassifikation  »Mitli  ilt  «lirjenifjen 
Güter,  welche  bei  Aufgabe  von  1Ü,0Ü0  kg  den  Spezialtarifen  I,  il  und  111  zu- 
getheilt sind.  Diese  Guter  werden  bei  Aufgabe  in  Ifengen  von  nur  5000  kg  {»er 
Wagen  nach  der  Klasse  A*  tarifirt,  und  zwar  ganz  ohne  RUck.sicht  darauf,  welcher 
Spezialtarifklasse  sie  angehören.  Alle  übrigen  in  der  WaarenklaHsilikation  nicht 
besonders  benannten  Güter  jrehf^ren  den  allgemeinen  Waf^pnhidnnj^sldasspn  mi,  utnl 
zwar  bei  Auflieferung  von  üOOU  kg  per  Wagen  der  Klasse  A'  und  von  10,UU0  kg 
der  Elawe  B.  Der  Znwinmenlad  von  Gutem  veiachiedener  TarifkkaBea  (aho  die 
Bildung  von  Sammelladungen)  wird  ausdrflcklich  geetattet,  und  hat  jederseit  die 
für  den  Vernender  günstigste  Tarißrung  einzutreten ;  dagegen  haben  die  Bahn- 
Verwaltungen  sich  Husilrneklich  das  Roelit  f^f^wahrt,  Zuladungen  vornfhmpn  711 
dürfen,  wenn  der  \  crtieiider  weder  den  Laderaum,  noch  die  Tragfähigkeit  des 
W^ens  gaoz  ausgeutttst  hat.  Güter,  welche  im  Verhältnis  zu  ihrem  Gewicht 
einen  außergewöhnlich  großen  Raum  fUr  die  Verladung  beanspmdien,  sogenannte 
„sperrige  Güter'*,  werden  bei  Aufgabe  in  Einzelsendungen  nach  dem  anderthalbfachen 
wirklii'li'  ii  Gi  wichr,  li-  i  Anfpabr  in  Wagetilndmip  ir  dagegen  auf  Gnm  l  des  einfachen 
wirklichen  Gewichtes,  luiudentens  abe;-  für  .)000  kg,  mit  wenigen  Ausnahmen  nach 
den  Taxen  des  Spezialtarifes  III  taritirt.  Der  Auf-  und  Ablad  der  Eilgüter,  der 
FrachtstHckgUter  sowie  der  Wagenladungsguter  der  allgemdnen  Klassen  wird  von 
den  Bahnen  unentgeltlich  besorgt,  derjenige  der  WagenladungKgllter  der  Spexialtarif" 
klassen  liegt  dagegen  dem  Versender  resp.  dem  Empfa'nger  ob.  Die  Güter  der 
Spezialtarif kla^tsen  werden,  niit  Attsnahmt'  der  in  einem  bt^-nr.dern  Vi  rzcichniß 
namhaft  gemachte»,  alle  in  unbedeckten  Wagen  betördert,  und  hat  der  Versender, 
sofern  er  gedeckte  Beförderung  wttiudit,  entweder  10  ®/o  Fraohtaaschlag  sn  ent- 
richten (bei  Stellung  eines  gedeckten  Wagei»)  oder  die  reglementarische  Decken- 
miethe  au  bezahlen  (bei  Verwendung  von  offenen  Wagen  mit  von  der  Bahn« 
verw«ltiiii(»  i?tdieferten  Decken).  BonütTit  di  r  \'«m  scridt  i  ei::»  iii'  Decken,  so  werden 
ihm  dieselben  frachtfrei  zurUckgeliefert,  dair'  L'i  11  ^nt  '!t  r  Hiiiiahrt  wi^  dip  Waare 
taxirt.  Das  Minimalgewicht  betrug  erst  fiir  Eiigui  20,  für  l'iachtgut  öi)  kg,  und 
fiind  die  Aofrundung  dca  Mehrgewichtes  von  5  su  S  kg  statt,  zudem  wurden 
äämmtliche  Sendungen  von  25  kg  und  weniger  ohne  weiters  als  JBilgut  befördert. 
Die  Miuimaltaxe  war  im  direkten  Verkehr  auf  -lU  Kp.,  im  internen  dagt'gen  mit 
wenijren  Ausnahmen  auf  25  Rp.  per  Sendung  fes^ti^esetzt.  Spater  wurde  der 
Ellgutzwang  aufgehoben,  da-n  Minimalgewicht  allgemein  auf  2U  kg  lixirt,  das 
Uebergewicht  von  je  10  au  10  kg  aufgerundet  und  die  Mtnimaltaxe  überall  auf 
40  Bp.  erhöht. 

Dieses  Tarifsystem,  wie  es  vorstehend  skizzirt  wurde,  unterscheidet  sieh  nur 
wenig  Vom  diMitsehen  Ret"  irrnirütertarif.  Die  Hrttiptrthwrirhniig  besteht  in  der 
Bildung  einer  zweiten  StUckgutklaAse.  Im  Laute  der  Zeit  wurden  aber  durch  die 
apeiielleii  Schweiz.  Yerbttltnisse  noch  weitere  Abweichungen  nöthig,  so  die  Er- 
weitemng  der  zweiten  Stttokgutklasse  durch  Zuweisung  der  landwirthschaftliehen 
Produkte,  welche  bei  Aufgabe  in  Wagenladungen  den  allgemeinen  Klassen  zu- 


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TarifwesttDd«:  Eisenbahnen  —    264    —  Taxifwesen  der  Eisenbahnen 

gehören,  wie  Wein,  Käsß  etc.  Ferner  wni^e  die  Klasse  A"  für  Güter  der  KÜmmt- 

liclu'u  Spezialtarife  In  i  Aiif|tral)e  in  Mengen  von  5000  kg  gctln  ilt,  ^;o  daß  fUr 
jeden  Spczialtarif  eino  Alif liciliing  für  öOOÜ  und  „6"  filr  10,000  kg  ent- 
htaud,  mit  jt  entsprechend  ubgCNtuftt-n  Taxen. 

Neben  den  Yürschriften  und  der  Güteikltt*s«itikatiou  für  die  Nornialtarile 
bestehen  fttr  den  Schweix.  Gttterrerkehr  noch  eine  Reihe  allgemeiner  Ausnahme- 
tarife  und  Keglemente,  die  theilweise  als  Ergänzung  der  Tarif  Vorschriften  nnd 

Gttrerklassitikation  angeschen  werden  mUs-sen.    Die  wichtigsten  davon  Kind: 

1)  Der  Aui^n.ilimetarif  Nr.  1   für  den  Trausport  von  Bier  in  fäiisern  als 

Stückgut  uiul  Wa^enladuTiL'  von  5'>00  kg. 

2)  Der  Ausnalmiötarif  Nr.  'A  für  den  Transport  von  Lebensmitteln  als  Stück- 
gut und  VV  agenladuogeu  vüd  5000  und  10,000  kg. 

Diese  beiden  Ansnahmetarife  sichern  die  Beförderung  der  betreffenden 
Guter  als  Eilgut,  ohne  Verpflichtung  für  Einhaltung  der  entspredienden 

Eilgnt-Lieferfristeu,  zu  ganz  bedeutend  ermäßigten  Taxen  zn. 

3)  Der  Ausnahraetarif  Nr,  4  für  die  Berirdi^rnng  von  Lwkomotivf ii,  Tendern 
und  andern  Fahrzeugen,  die  auf  (Ut  Bahn  auf  ihren  eigenen  Kadern  laufen. 

4)  Der  AuMtiahraetarif  Nr.  5  für  die  Beförderung  von  unverpfirkteni  Kä.se  in 
Wagenladungen.  Durch  diesen  Auäuahinetarif  wird  die  Gruudtaxe  der 
Klasse  A  schon  bewilligt,  wenn  der  Wagen  nar  mit  2500  kg  beladen  ist 
oder  Itti  dieses  Gewicht  die  Fracht  bezahlt  wird. 

5)  Der  Ausnahinetarif  Nr.  6  fUr  den  Transport  von  Getreide,  HUlsonfirttehten 
nnd  Oflr-aaten  in  Wagenladungen  vni  10,000  kg 

6)  Der  Ansnahmetarif  Nr.  7  fih-  den  Transport  von  riehiefertafeln  und  (jriÜeln 
als  StOckgat  und  Wagenladung  von  5000  und  10,000  kg.  Hiednrcb  wird 
das  Gnt  in  den  Spesialtarif  II  verwiesen. 

7)  Der  Aasnahmetarif  Nr.  8  für  den  Tran.sport  von  rohem  Eis  in  Wagen- 
ladungen von  10,0  )0  kg.  Dtirch  di'^sen  Tarif  wird  die  l  ilgutmii faige  Be- 
förderung, ohne  VwruÜiehtuni:  zur  Einhaltung  der  bezüglicheu  Lieferfriaten, 
SU  reduzirtcn  Taxen  zugesagt, 

8)  Der  Ansnahmetarif  Nr.  9  fUr  den  Transport  von  landwirthsohaftliehen 

Prodaktt>ii  als  Stückgut.  Hiedurch  werden  B.tuinnÜ^M-.  Bntter,  Gemüse, 
Ka.^taiiicn.  Kü^e,  g*^Iörrtes  Obst,  Most,  Trauben  und  Wein  ans  der  ersten 
in^die  zweite  Stüokgutklasse  verwiesen. 

9)  Der  Ausuahmeturif  Nr.  10  für  den  Transport  vou  Flüssigkeiten  in  Reservoir 
und  Cisternen  wagen. 

10)  Der  Ansnahmetarif  Nr.  11  für  den  Transport  von  Heu  und  gewöhnlichem 
rohen  Stroh  in  Wagenladungen  von  500<>  kg 

11)  Der  Au.sualinK'tarif  Nr.  Ii'  fdr    Im  Transport  von  roher,  ungemahlener 
(jerberrinde  (Borke)  in  Wagt-ulmlungcn  von  5000  kg. 

12)  Der  Auäiiahmetarif  Nr.  l  '.i  für  den  Transport  von  Gyps,  Kalk  und  Cement 
in  Wagenladungen  von  10,000  kg. 

13)  Der  Ansnahnietarif  Nr.  16  für  den  Transport  tou  Geld  und  fidelmetallen 
in  Eilfraelit. 

14)  Der  Ansnahmetarif  für  den  Ei^port  von  Holz  aus  der  Schweiz  in  Wagen* 
ladungen  von  10,000  kg. 

15)  Der  Ansnahmetarif  fUr  den  Export  von  Papier  ans  der  Sohweiz  in  Wagen- 
ladungen von  5000  und  1 0,000  kg. 

16)  Das  begulativ  über  die  Gewfihrung  von  Taxerm&üiigungen  ittr  Ausstellungs- 


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Tarifwresen  der  Eisenbahiieii 


—    265  — 


Tarifwesen  der  ^senlMihiieit 


gtIteiistSade,  wodurch  für  unverkauft  gebliebene  Gitter  der  freie  Riiok- 

transport  von  der  Ausstellung  augesichert  wird. 

17)  Bio  fiestimmungen  über  Norninljr''wichtsKtze  unl  Prub.'wägiingeü  für  dio 
GewichttibeHtimmuog  von  Sendungen,  welche  auf  Öiatiuneu  ohne  Geleise- 
waage aufgegeben  werden  oder  welche  nach  den  Vorecbriften  de«  Trausport- 
regleuientee  aof  Gmad  eoldber  Yorflohriften  rafgegeben  werden  binnen. 

18)  Dae  Reglement  uud  der  Tarif  betretfend  den  Bezng  der  Neben  gebühren. 
Dieser  Tarif  enthält  dir  Vorschriftt  n  und  Taxen  Uber  die  Aliwütjung  dpr 
Guter,  Uber  den  Bezug  von  Lud-,  Stand-  und  I^irerpr«*biilirtii,  üher  <lio 
Wagenmiethc  fUr  die  Besorgung  der  Schweiz.  Zulituruialitateu  durch  das 
Penonal  der  Eiaenbahnyerwaltungen  anf  den  Grenzstationen,  eto. 

Anßer  dicüen  für  den  ganzen  Bereich  der  Gültigkeit  des  Befornktarifea  ge- 
meinsamen und  einheitlichen  Ausnahmen  von  der,  resp,  Ergänzung  zu  der  normalen 
Taritirung  der  Guter  bestehen  noch  viele  einzehie,  nach  dem  Bahngebiete  ver- 
schiedene Auanahmetarife,  wie  z.  B.  ftir  Salz,  für  Milch  beim  Transport  im 
Abonnement,  für  Steine,  Sand,  Mergel  und  Thon,  Steinkohlen,  Wein  (bei  den 
wcetsohweixeriachen  Bahnen),  Torf,  fttr  den  Camionnagedienst  eto.  Sofern  es  sich 
nur  um  Transporte  eines  Gute8  zwischen  zwei  oder  wenigen  bestimmten  Punkten 
handelt,  werden  in  der  Kegf  1  nicht  Atisnnhmetarife  er^t.  11t,  sondern  Ausnahme- 
taxen, oder  es  wird  da«  Gut  zuerst  in  gewöhnlicher  Weise  taxirt  und  dann  auf 
dem  KUckeratattuugnwcge  ein  Theil  der  bezogenen  Taxe  auf  gestellte«  Ansuchen 
hin  Bortlckgegeben  (Ditaxe»,  Befactien). 

Im  (liitertarifwesen  wird,  im  Gegensatz  zum  l'ersonentarifwesen,  die  Fracht 
iiU.T  die  billif/ste  Schweiz.  Route  liereclin'-t,  nnil  Mrit.f  i.-<  Am  B;ibnen  dann 
freigotellt,  das  Gut  über  eine  aii'itTL'  liDutc  zu  traiisiK.rf irni,  nur  dirt'  (iic  der 
kUrze>Un  Route  entsprechende  Lieferfrist  nicht  überschritten  werden.  Zur  Regelung 
der  dahtfigen  KonkorrenzrerhSlbiiase  haben  die  grttßern  sohweic.  Bahnen  exkl. 
der  €rotthardbahn  sich  zu  einer  Yereinigong  znsammengethan,  der  „Union  com- 
merciale".  In  den  Fällen,  wo  zwischen  zwei  Punkten  nicht  nur  eine  Schweiz. 
Transportliuie  in  Fraire  kommt,  sondern  auch  eine  anriere,  welche  ganz  oder 
theilweiäo  im  Auslande  liegt,  und  wenn  dietio  billiger  i«t  als  die  erstere,  so  werden 
die  FrachtsStse  dieser  letztem  ganz  oder  theilweise  anf  die  Schweiz.  Boote  ttber> 
nomtnen.  Den  an  der  Instradirongsroiite  rUoktiegenden  Stationen  werden  dabei 
nicht  dieselben  Ta.\en  gewährt  wie  den  weiter  abliegenden,  sondern  höhere,  welche 
der  wirkliehen  Konkurrenz  oder,  soweit  nie  billiger  sein  sollten,  den  intrinalen 
Taxen  über  die  Schweiz.  Linie  entsprechen,  in  Fallen,  wo  es  sieh  um  eine  von 
den  Bahnen  ohne  nachweisbare  Konkurrenz  ausläudischer  Konten  bewilligte  Tax- 
redaktion handelt,  hat  dagegen  in  der  Regel  die  rednzirte  Taxe  auf  den  sämmt« 
lioheo  Verbindungslinien  ho  weit  rüokzuwirken ,  bis  die  normalen  FrachtHütze 
niedriger  sind  als  der  bewilliirte  Ausnuhinesat/:.  Da  die  Sehweiz  in  sehr  starkem 
Maß«  von  fast  parallel  di  r  (tri  n/f  sich  hinziehenden  ausländischen  Bahnlinien 
umgeben  ist,  so  gewinnt  die  Heduktion  der  normalen  Taxen  infolge  der  erwähn- 
ten Kooknrrenzhaltung  eine  sehr  große  Ausdehnung,  sowohl  im  Schweiz.,  als 
anch  ganz  besonders  im  internationalen  Verkehr. 

Soweit  die  Bahnvt  rwaltuugen  rhis  Kefurnitarifsysteui  nicht  angenommen  haben, 
sind  die  Tarife  in  eint'ai  h>t<  r  Weise  den  lokalen  Verliiiltnissen  entsprechend  mit 
zwei  bis  vier  Klassen  erstellt  worden,  meist  unter  Erhebung  der  kouzessiuns- 
mäßigen  Maximaltaxen. 

Nach  den  Konzessionen  sind  die  Bahnen  berechtigt,  die  folgenden  Maximal- 
taxen per  100  kg  einznheben : 


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Tarif  Wesen  der  Eisenbahnen 


—    266  — 


Tarifwesen  der  Eisenbahnen 


Ki^  Bpk  Bp. 

Biel-GonTers-Soneeboz-Detsberir-Pnintrut>6ascl, ' ) 

Emnn.-Rfhali»aiiu   Stande  14,00  10,00  — 

VersoLx-Morges/j  Muiges-Yvcrdun-Liuisanne,")  Val- 
lorbes  •  Grenze  •  Gossonay  -  Eclipens, ')  Lausanne- 

St-Maurice,  *^  Yv.  r  Inn  Vauraiircus,  *)  Broyethal- 
balin*)  (Kt.  VVaaJii,  B*;rn-Biel-Neut'nstadt,  Basel- 
nlt.ii-WöscIiau,  Olten-Luzern,  Olfen-Bern-Thun, 
,  Bern-Thöri>li  iii^.Hi  i  zogenbuchsee-Sf)lotljnrn  F?ip|, 
ülten- SuluUiui u  -  LvÜ,  Pratleln  - Schwcizerhalle, 

WBechau-Aarau  .  '.   ,      16,00  8.00  5,00 

Lavisannt)-FreiburK-B< ni  •  i  ( Kle.  Waadt  u.  Fi  ediurg)  ,  16,00  8,0,  7,0  6A  5,0 
Aargauische  Södhahn  iKt«-.  Aarguu  und  Schwyz), 

Bot/horgbaho,  Winlerthur-Koblenz  (Kt.  Aargan).  »      16^00  10,00 .  — 

Suhr-Aarau  

Gümügen-Luzern   ,       19,20  12.00  — 

Aarau  -  Zürich,  Turgi  -  Koblenz,  Zürich  -  Winlerthur* 

Romanshom ,  K<Uli^tunz•Kot^allshorn-R^rschal-h, 

Winterthur-SchafTbausen,  Ofrlikon-BOlach-Diels- 

dorf,   Zürich-Zu-ff-Ltizern.   Zürich-Glarus ')  (Kte. 

Zürich,  Schwyz  u.  Glaruüj,  Winterthur-Kohlenz  *) 

(Kt.  Zaricb).  Baden -xNlederglatt  (Ki  Aargau), 

Wilii.rthur-SinKen-Konstanz'MKf.  Ziricb), Winter- 

Ihur-Siageo-Kouälanz  (Kte.  Schairhuuseii  u.  Thur- 

gauK  Sulgen-BiMrhofszell,  Effiretikon  •  Huivpil, ') 

Win'i  i  lliiir-H'>rs<-bach  (Kte.  Ziirit-h  un^l  TImi  L';iit\ 

Happerswvl-Walliiielleu,  Gotlhardbuhn  (Kantone 

Lttzern,  Zag,  ScbwTZ  und  Uri),  WSdensweil-Ein- 

^i-iMii   ,      SOpOO  10,00  — 

Brovethal-L<)ngitudinall>ahn  [Kt.  Freiburg),  Pruulrut» 

Delle,  i.Tß-mseheU                                                 90,00  20,00  1S,00 

Rnllt-l;uinr,nf                                                                     2t,00  -Jo.iX)  — 

W  intorllaii  -Baunia,  Baunia-Wald    ,       SO.OO  16,00  — 

Basier  Verbindungsbahn   ,      32.(K)  l(i,00  10,00 

Brovelhal  Transver;>albahn  (Kt.  Frcibur;:) .    .    .  ,       4<MH)  20,()0 

Genf-Versoix   km       3,20  2,0,  1,8  1.«,  l.i 

Vetriires-Grense-Neuehiltel-Neuenstadt,  NeuchAtel- 

Vauniarcus   3,0ü  1,8,  1,6  1,4,  1,0 

TraviM>fhall)alin   ,        3,t)0  1,80  1,00 

Simplonbahii   ^        4,00  2,00  l,fß 

LangenUial  -  Hullwil  -  Bahn,  Aapp'auische  SQdbahn 

(Kte.  Zug u.  Luzern).  Badcn-Xieder^Hatt  (Kt.  Zürich », 

Glariis-I.inthllial,  Winlerthur-.<uhr-Zotingen    .    .  ,        4,00  2,00  1,00 

Zürich-Glarus  *)  (Kt.  Öl.  Üailen),  Cadenazzo-Pino    .  ,       4,00  2,00  — 

Wohlen-Bremgarten   ,       4,80  Ä,40  1,20 

Bapper^wvl-Pfjimknn   ,         6,00  8,00  l.iO 

Wold-Riiti,  Locle-Ohaux-de-Foudä   6,48  3,34  1,62 

Chaux-de-Fond^Neuehätel   ,       6,80  3,40  1,70 

BfnlelilMhii   ,         7,00  3,60  — 

Scfethalbalm   ,        8,00  4,00  3,00 

Pont-Vallorbes:  Stückgut,  Streckentaxe    ....  .       9,60  6,60  — 

Kxpeditioiisgebühr    ...  30,00  30,00  — 

Wagenladungen,  Slreckentaxe  .    .  «        —  3,40  — 

KxpeditioDsgebflhr   ....  —  90,00  — 

Brit  nz-MeirinK'en,  f)iecbterHnatt-f,n/.  rn    ....  ,         1,00  2,00  1,00 

Lklu^anne-£ehallenH,  Ek^hallens-Bercher   •         7,80  5,20  3,90 

Appenzellerbahn,  Meiringen-Diechtersniatt    ...  ,       8^00  4,00  9,00 

')  i<itgu(  Kt.  lia^eiland  lü  Itj».  —  *i  5>cljw(  iüfrweiu  6  Bp.  —  *>  Steinkohlen  und  KobeUen  2,4W  Kp, 

plxt»  i  Fr.  Zncfbla«  p«r  Wim«D.  —  *t  St«itik«lil«it  ud  Boh«l««B  e,U  Bp.  pim  >  Fr.  Zuichtaf  p«rW«i8«tu 
—  *)  vtu  Sieignngm.  tod  obw  2h      «il«pr»e1u«4a  Erhohniif . 


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Tarifwesen  der  Eisenbabnea 


—    267  — 


TarifWeaen  derEuenbabaea 


M.M-    EUrat  Frachtgut 

«><wii*n  Maximom  Miniinam 

Up.  Kp,  Bp. 

Wiililenburgerbulin,  Üirsigthalbalin,  Tavaiuies-Tra- 
iiiohiii,  Fraueiifeld*Wyl ,  Pbnts-Sagne-Chaux-de- 

Fonds   8,00  4.00  3,00 

St.  Gallen-Gais   lü.UO  5.00  i'.uO 

Landquart-Davos   11,00  6.00  4,(X) 

Genf-Veyricr,  <;>  nfer  Schmalspurbahnen  ....       ,  —  fi.OO  4»00 

Arth  liigi-Üahii,  Kigi-Kaltbad-Scheidegg-Uiihn    .    .       ,  —  30,00  — 

Bei  einigen  wenigen  LokoBfeotiYbahnen  wurden  in  den  Konseanonen  fixe 
SKtse  für  den  Transport  dea  Gutea  ttber  die  ganxe  Linie  aufgeetelU,  mit  der 

Vorfchrift,  daß,  sofern  Zwiechenstationt  n  t  iNtellt  werden,  die  Taxen  proportional 
zu  berechnen  seien.  Kh  betrifft  dies  »Ii»-  folgenden  Unternehmungen:  Roi-schach- 
Ueiden-bahn,  UetJibergbahn,  Rigibahn,  Kriemt-Luzern-Baho,  PilatUHbabn.  D&h- 
aelbe  Sjatem  besteht  auch  für  den  Gttterrerkehr  der  Seilbahnen,  welcher  natnr« 
gemäß  nur  ein  aehr  besebrinkter  lein  kann. 

Die  Tarife  nach  den  Tari&ptemen  von  l>i<V.\  unl  1872  waren  vielfach  den 
verschiedenen  k<iiize-si(»n«niäßi^;»'ii  M.i^imaltaxcn  der  ein/.flm  i)  Si-ktionen  angepaßt, 
80  dnß  tiir  ein  und  dieselbe  (jesellhchaft  mehrere  Tarif banhne  e.\i.Htirten  (Jura- 
Bern  -  Luzern  ♦  Bahn  7,  Suis»e-Occideiitale-Simpion  ö).  Theilweise  wurden  diese 
Tarife  nach  dem  StaffelHystem  konatmirt,  d.  b.  ea  hatten  Transporte  auf  größere 
Distanzen  eine  geringere  kilonietri»)i;he  £inheit»taxe,  bezogen  auf  die  ganie  dnroh- 
laufeiie  Län^e,  zu  bezahlen  als  solche  auf  kleinere  Entfernungen. 

ßt'i  einzelnen  Verwaltungen  betraf  der  St^iltVl  die  sümiiitlichen  Tarifklassen, 
bei  andern  dagegen  nur  einzelne.  Neben  den  mit  der  Traoaportätreoke  waohi>on- 
den  Taxen  worden  noch  auf  einzelnen  Linien  für  alle  oder  nor  für  einselne 
Klaaaen  dea  Tarifea  fixe  ZnachlSge  erhoben.  Diese  fixen  Zoachlfige  waren  nicht 
immer  konatant,  sondern  wurden  vielfach  nur  für  Sendungen  eingehoben,  welche 
nur  eine  kleinere  Entfernung  zurüi  kzulegen  hatten  (12  Stunden),  bei  größeren 
Entfernungen  wurden  dann  liiese  üxen  Zuschläge  ganz  aufgelassen.  In  Folge 
der  Verschiedenheit  der  ost-  und  zentral-,  resp.  weatschweizerischen  Tarifdysteme 
lUr  den  internen  Verkehr  waren  die  Bahnen  des  Systems  von  1863  gen6thigt, 
für  den  direkten  Verkehr  mit  der  O^itsohweiz  ihre  internen  Taxeri  zu  konibiniren, 
um  sie  ilor  Kiiitheilung  des  S^sti  nT«  von  IhTu*  <inzn;ias<5en ,  was  dann  natürlich 
wieder  vietlache  Unreg^dniä RiL-^kciten  in  der  Tahtiruug  ergab. 

Einheitliche  Grundtuxea  lur  das  ganze  Netz  einer  un'l  der^elWn  G«»sf  ll>(  liaft 
wurden  erst  durch  das  Ueforratarifa.yt»tem  gei-cbaflen,  und  zwar  nicht  nur  für  ein 
einxelnea  Netz,  sondern  fUr  eine  ganze  Gmppe  von  Linien.  Anoh  in  Bezog  auf 
die  Koßere  Hildungsweise  der  Taxen  trat  mit  Kinfühntng  des  Reformtarifsystema 
eine  ganz  bedeutende  Aenderung  ein,  indem  die  Transporttaxen  ganz  allgemein 
aus  zwei  Theilen  zusammen ^"^etzt  wunlen,  nämlich  aus  dem  von  der  Transport- 
Strecke  abhängigen  und  ihr  pr<>iK>rtionalen  Theile,  der  Streekentaxe,  und  dem  von 
der  Traosportstrecke  nnabhiiugigen  fixen  Zneohlago,  der  llxpcditionsgebtthr.  Im 
internen  Verkehr  filr  Dintanaen  bi«  zn  30  km  Botfemong  wird  in  Abweichung 
dea  vorstehend  Gksagten  die  Expedition>;gebUhr  abgestoft  in  der  Weise,  daß  fUr 
die  ersten  20  km  mir  in  fivev  Iinir!itheil  derselben  erhoben  wird,  welcher 
allraäiig  bis  zum  .io,  Ivilometer  j>rop*jrti«»iial  der  Entfernung  wächst,  bis  bei  der 
letztern  Grenze  das  Maximum  erreicht  wird.  Bis  zuiu  Jahre  Iböi)  war  diese 
Orenze  einheitlich  (Ur  sXmmtliohe  Reformtarif  bahnen  auf  30  km  festgesetzt  nnd 
wurde  dann  vom  Bundesrathc  fiir  alle  Bahnen,  ansschließlich  der  Nordostbahn, 
aof  40  km  vorgerttckt.    Die  KxpeditionagebUhren  werden  im  direkten  Verkehr 


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TariftraM»  der  Eisenbahtien 


—    266  — 


Tiurirweseii  der  Eisenbahnen 


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Taritweseo  der  EiäCDbabaea 


—     209  — 


Tarifweson  der  Eisenbahnea 


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Tahfwesen  derEiseobaboea 


270  — 


Tarifvresen  der  £iseiibahn«ii 


nur  einmal  berechnet,  »juii  zwar  je  hälftig  voq  der  Au%«iüe-  und  der  Empfangs 
bahn.  Im  Trausitserkebr  Uher  eine  Bahu  wird  nur  die  Streekentaxe  berechnet,  so- 
fern Aufgabe-  und  ESmpfangsbahn  «ohweizerisohe  Babnen  tdnd.  Im  Verkehr  mit 
dem  AuKland  kommen  die  vollen  ExpeditiontigebUhren  zur  Einrccbnoog.  Von  der 
vorstehend  geschilderten  Konstruktion  «ler  Taxen  <lfs  K 'fornitarifsystcms  machten 
nur  (liL>  ersten  Tarife  der  ostschweizcnsclu'n  Bahm-n  vom  Jalirc  lh>S'J  eine  Au8- 
nabine,  indem  diu  Strei'keutuxeu  riuch  iiacli  dem  Statfekystem  konntruirt  waren 
und  die  Ezpeditiolugebiihren  theilwei«e  wenigstens  dafür  fehlten.  Diese  Tarife 
nmfiten  aber  im  Jahre  1883  durch  reine  kilometrische  Tarife  ersetzt  werden. 
Die  in  den  Jahren  1883/84  erstellten  Tarife  hatten  im  Wesentlichen  diet«elbeu 
Grundtaxen,  wie  die  z.  Z.  in  Kraft  bestehenden,  mit  Ausnalimc  der  Strcckcntaxen 
fttr  Eilgut  und  Stückgut,  welche  um  0,1  reep.  0,05  Ct».  hüber  waren.  Auf 
Ende  1889  war  sodann  wieder  eine  Umarbeitong  der  Tarife  nach  dem  Keform- 
ayatem  nothwendig«  am  der  erweiterten  Abatnfnng  der  Bxpeditionagehttbren  und 
der  Bedilktioo  der  ExpedituHisgebUbren  fUr  Eilgut  Beohnung  so  tragen,  und 
liegf'Ti  den  neuen  Tarift^n  diu  folgeudcn  Taxek-mente  zn  (rnmde ,  wobei  zn  be- 
acbtt-n  ifit,  daß  hei  einer  Reihe  von  Jialuien  die  be.stehen<ieii  Srheinataven  auf 
Grund  von  Tarit  kilometern  zur  Anwendung  gelaagtai,  deren  BiidungsweLse  an- 
merkongsweiee  aufgeführt  ist.  (Die  Taxen  «ind  in  Bap])en  per  100  kg  angegeben.) 
Siebe  die  Tabellen  auf  Seiten  2(i8  —  t>V>. 

Es  gehören  zur  Zeit  95,«  "/o  der  bchweiz.  Lokornotivbahnen  dem  Reformtarif- 
uystem  an  uml  nur  4,2  haben  eigene  Tarifklassitikationen,  welche  meist  von 
einander  ganz  verschieden  sind  und  bich  mit  Bezug  aut  die  Taxen  den  kouzei^^iona- 
mißigen  Haximaltaxen  anadiließen.  Ea  aind  dies  die  folgenden  Bahnen :  Uetli- 
bergtMhn,  Rigibabn,  Rigi-Ealtbad-iMMidegg-Bahn,  Arth^Kigi-Bahn,  Pilatoabahn, 
Siiens-Luzern^Bahn,  Genero^obuhn,  Birsigthalbahn,  Waldcnburgerbabn,  Tavannes- 
Tramelan,  Lausanne-Echallenn,  Ectinllenü-Bercher,  Genf-Yeyrier,  Genfer  Schmal- 
spurbahnen, Eisenbahn  Viege-Zermatt. 

Im  Verkehr  mit  auttländ ischen  Bahnverwaltungen  werden  die 
beidaeitigen  Tranaportreglemente,  Tarifroradiriften  und  Gttterklasaifikationen  kom- 
binirt,  um  ein  einheitliches  System  zu  erhalten,  das  von  demjenigen  für  den 
iatemen  Verkehr  der  beiden  Länder  möglichst  weni^'  aliweieht  lYu-s  \>t  der  Fall 
fWr  den  Verkehr  mit  Deutschland,  Oesterreieh-Üniraru,  Belgien  und  den  Nieder- 
landen. Im  Verkehr  mit  Italien  gelten  im  Wesentlichen  die  iuteroen  \  orschriften 
jedea  Landes  dieweita  und  jenneita  der  achweiceiieeh-italieniachen  Orense.  Mit 
Frankreich  bestehen  wegen  der  großen  Veradiiedenheit  der  beidaeitigen  Tarif- 
systeme  keine  direkten  Klassentarife,  sondern  nur  Reexpeditionstarife  bis  und  ab 
den  Grenzpunkten,  welrhe  den  jeweilijrcn  internen  Vorschriften  unterworfen  sind. 

Wau  die  Taxen  anbetritlt,  so  sind  die^tdben  im  Allgemeinen  im  internationalen 
Verkehr,  aoweü  das  adiww.  Gebiet  in  Frage  kommt,  gleich  denjenigen  dea  inteni 
aohweiz.  Verkehre«.  Abweiehungen  finden  nch  nur,  wo  die  Konkurrens  fremder 
Bahnverwaltungen  Uber  außerschweisorische  Linien  zur  Gevrinnung  des  Verkehres 
die  Ermäßigung  der  internen  Taxen  erforderlich  macht,  sowie  im  Verkehr  mit 
Italien  via  Gotthard.  Im  schweizeriach-italienihchen  Verkehr  berechnet  die  Gott- 
bardbahii  für  den  ihre  Linie  transitirendeu  Verkehr  die  Streckentaxen  der 
preußischen  Staatabahnen,  im  Minimum  0,33  Cts.  pro  100  kg  und  km,  die 
übrigen  schweizeriselien  Bahnen  aber  die  normalen  Grundtaxen,  während  im 
deutsch-italienischen  Verkehr  von  den  siimmtlichen  seiiweizeriscben  Transitbalmon 
die  Strerkentaxen  der  preußischen  Staatabahnen,  im  Aliuimum  0,3  Ct«.  pro  lüÜ  kg 
und  km  zur  Verfügung  geutelil  werden. 


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Tari/nesen  der  £kenl>abiiea  271    —  Tarifwesca  der  Liä»aliahu«Q 

larife  für  den   Transport  lebender  Thtere.     Die  regleuieutarUcben  Be- 
atumnmigeii  für  deo  Traosporfc  lebender  Thiere  ettttieD  «oh  im  Weeentiltehen  auf 
die  §§  53  —  6h  det^  »chweiieriaohen  Trausportregkments  vum  1.  Jali  1876« 
re»p.  seine«  Nachtrages  VI  vom  1.  Juni  IbSS,  sowie  auf  die  bunde^rSthlichen 
Polizeivorschriften  ftSr  den  Thiertransport,  ebfnfrill<  vom  1  .Tiini  IMH^S.  Auf  den 
«^ämmtlichen  schweizeriächen  Normalbahnen  und  aut  einem  iheile  der  Sohmal- 
i>pur  bahnen  besteht  ein  nnheitliohea  Reglement  und  Tarif  für  den  Thiertransport, 
das  folgende  KUuBen  nntefeehndet: 
I.  Slaese:  Pferde,  Manlthiere,  größere  (Uber  1  Jahr  alte)  Fohlen; 
II.      „       Stiere,  Ochsen,  KüIk-,  UiiKlcr,  Ivscl,  kl»  iuere  Fohlen  : 
ni       ,       Kälber,  groiic  (mthi  uU  ÖU  kg  wiegende)  Schweine,  Uunde; 
i  \ .      „       Schute,  kleinere  Schweine,  Ziegen. 

Die  Grnndtoxen  variren  je  nach  der  Stttcksahl  d«r  Thiere  derselben  Klasse, 
welohe  snsammeu  aufgegeben  werden,  und  der  Entfernung,  welche  der  TniM« 
port  znrtlrklt'gt  (Staffel tarifl  ^^'erden  die  S.'n.luiiijcn  in  Eilfraoht  befördert,  so 
tritt  eint?  Erhöhung  von  40    o  gegenüber  den  Tariltaxen  ein. 

Die  alten  Konzessionen  der  Buhnen  enthalten  meist  <lie  Vorschrift,  daß  vier 
Elamen  aufgestellt  werden  mttssen,  die  neueren  verlangen  dagegen  nar  drei  Kimen. 
Die  Maximaltaxen  neigen  einige  Schwankungen,  doeh  sind  sie  nicht  so  bedeotend, 
wie  bei  den  GUtem.  Fttr  den  grOfiten  Theil  der  sohweiaerisohen  Eisenbahnen 
betragen  sie: 

Klasse         I        U        III  JV 

pro  Stunde  und  Stück  .    .    .    .    fip.    80       40       15  10 

I  12         b         3  — 
pro  Kilometer  und  Stttok  •    •    *     *    {  g  3   

Dem  Tarife  f&r  lebende  Thiere  liegen  dagegen  die  folgenden  Taxen  an 
Gntnde: 

Taxen  pro  Kilometer  in  Rappen 


1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

Stück;  Wagenlad  1 

X.  Kiaase 

1  —  50  km 

If. 

15 

12 

10 

« 

6 

4 

80 

* 

51  —  100  , 

15 

12 

10 

8 

6 

5 

4 

65 

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Aber  100  „ 

12 

10 

8 

6 

6 

4 

3 

55 

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1-50    „  . 

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6 

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51—100  , 

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4 

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40 

über  100  „ 

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Einige  Sohmalspnrbahnen  haben  besondere,  den  KonMssionsTorschriftcn  genau 
angepaßte  Tarife,  welche  auf  Wagenladungen  mdst  einen  Babstt  von  20  */s 

gegenüber  den  Taxen  fUr  Einzelsendungen  gewähren. 

Tarife  der  ausländischen  Bahnen.  Was  endlich  die  Tarifsystenie 
und  Taxen  für  den  rrüterverkehr  der  NaehharlSnder  anbetritft,  so  bestehen 
dort  z.  Z.  in  großen  Zügen  die  folgenden  Verhaltnisi>e : 

1)  Aof  den  deutschen  ^dinen  gilt  ebenlklb  das  RefermtaritHystem  wie  in 
der  Sehwais,  aber  mit  einigen  Abweiebnngen  wesentUoher  Katnr.  So  kennen  die 
deutschen  Bahnen  eine  zweite  StüokgutUasse  eben  so  wenig  wie  diverse  Klassen 
für  die  Güter  der  Sp(  zialtarifein  Meniren  von  5000  Kilogramm.  Hievon  macht 
einzig  die  Spezialtarilklasse  III  eim^  Ausnahme,  indem  die  ihr  zugetheilten  liUter 
bei  Aufgabe  von  5000  kg  nach  den  Frachtsätzen  des  Spezialtarifes  II  befördert 


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Tarit'wesea  der  EUenbiUinen 


—    272  — 


Tiirifweseii  der  Eisenl)abnett 


wwäsn.  Dam  Mangel  «kr  iwMtan  Stil^qpttklBste  Word«  theilwebe  dureh  Stshaffang 
Ton  AaniahmetArifen  fUr  Stttokgllter  abgdiolfen.   Im  Weitem  liegt  der  Verlad 

der  «ämintlicheii  Wageiilii<!tiiigsgUter  aiif  den  dentschen  Bahnen  dem  Versender 
nntl  KniplÜiigi  r  u\<.  Au.  Ii  in  dt-r  (TÜt<'rkl;ij<sifikation  bestehen  verwchiedene  wichtige 
Abwt'irlmnp'ii  ^wlNcbeu  den  deutschen  uiiil  Schweiz.  Vorschriften,  für  Holz, 
ObHt,  SaJz  etc.  Für  Holz  des  SpezialtarifeH  11  be»teht  in  Deut^chUud  eiu  uü- 
gemeiner  Aoeoahmetarif. 

Die  Grundtaxen  der  Gtttertarife  der  vier  deutnchen  Naohbarbalinen  sind 
in  Pftitinig  jiiii  100  Kiliogramra  auf  .Seitf  "273  verzeichnet. 

Neben  den  normalen  Tarifen  bestellen  auf  den  deutschen  Bahnen  noch  zcihl- 
reiche  AuenahmetarLfe,  und  wird  vou  denttelben  in  neucHter  Zeit  namentlich  den 
ExpoTttftrifea  für  firseugniaae  der  «inhetiuieoben  Industrie  die  grSßte  Anfmerk* 
aunkeit  geeobenkt. 

2)  Etwas  abweichend  vom  deutschen  Reformtarifttystem  ist  dm  auf  den 
{Sstcrreichisrhen  Hahnen  (>  xkl.  Siidbabn)  in  Kraft  bestehende  Tanfayatem» 
Diui«»eU)C  unterHcheidet  folgende  Kia«sen: 
Eilgut:  gewöbniiohes  £ilgut; 

ermftfllgtes  Eilgut  (Lebonamittel  und  dem  raaehen  Verderben  unter- 
worfene Güter); 

besonderH  ermäßigtes  £ilgttt  (leere,  gebraoebte  EilgntembaUagen  und 

Gefäß.«V 

Frachtgut;    StUckgut  Kla««e  I  (Nuimaik lasse); 
«       Klasse  11 ; 
Wagenladnngklasse  A  fUr  Mengen  von  6000  kg; 

„  B  und  ('  fiir  Mengen  von  10,000  kg; 

Spezialtarif klamme  1,  2  und  Ii  t'nr  Mengen  von  10,000  kg. 

Die  Zutheilung  der  Gäter  zu  den  KWsen  II,  A,  B,  C,  1,  2  und  '6  gettobiebt 
dnreh  die  GttterklassifikAtioii.  Sendungen  der  ElaiMn  A — C  and  1  —  3  im  Oe- 
wiobte  von  weniger  als  6000  kg  werden  in  der  Regel  der  Klasse  II  augewieeen, 
solche  der  Kla88en  B,  C,  1  nnd  2  in  Mengen  von  wenigstens  5000  kg  der 
Klasse  A.  N'idit  alle  Gilter  genießen  bei  Aufgabe  in  Qnantitfiten  von  5000 
oder  10,000  kg  gegenüber  Kinzeltienduiigen  Ermäßigung,  (iüter ,  welche  im 
Verhältniß  zu  dem  von  ihnen  beanspruchten  Laderaum  ein  geringes  Gewicht 
anfweieen,  werden  im  Allgemeinen  naoh  der  1 V*  faehen  Taxe  der  Klasse  I  taxirt. 

Der  Anflad  der  Güter  der  Klassen  A  —  C,  2  und  a  liegt  den  Versendern 
ob,  während  die  Bahnverwaltungon  den  AMa  1  f>äramtlicher  Güter  besorgen  mit 
Ausnahme  derjenigen  des  Spczialtarifcs  ;{  und  der  besonders  im  Tarif  namhaft 
gemachten.  Die  Taxberechnung  erfolgt  immer  fUr  eine  Minimaldistanz  vou 
6  Kibnnetem.  Neben  den  Normaltarifen  bestehen  nooh  eine  große  Zahl  von 
Avsnabmetarifen  sowohl  fUr  den  allgemeine«!  Verkehr  als  Mich  speidell  fttr  den 
Bxportverkehr. 

Die  Tarife  df^r  festen  *iihi^chen  Staatfbahnen  t-ind  nach  dem  Staffel 8yf<tem 
konstruirt  und  zerfallen  die  Grundtaxen  iu  Streokensiitze  und  ExpeditionsgebUhreo, 
hier  Manipulationsgebtthren  genannt. 

8)  GKnslieh  abweiehend  yon  den  yorstebenden  awei  Tarifigrstemen  ist  das- 
jenige der  i  t  n  I  i  II  i  s  c  h  e  n  Bahnen.  Dasselbe  besteht  aus  zwei  verschiedenen, 
nebeneinander  bostt  Ip  ii  len  Theilen,  <!«  ni  Normaltarif  und  den  Spe/iali  -rif  n.  Die 
Normaltarife  sind  verhaltuißn>äßig  einlach  kuuhtruirt,  haben  ah'v  wciuge  Kla^sen 
und  ziumiich  hohe  Grundtaxeu,  die  Spt-zialtarife ,  deren  es  mehr  aht  70  ver- 
sehiedene  gibt,  weieen  einen  viel  kompliiirtern  Bau  anf,  gewähren  sehr  billige 


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Turifirewn  dM*  EiMiabaluien 


273  — 


TarifvveseD  der  Eisenbalinen 


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1 


Tarif  Wesen  der  Eiseobahneu  —    2i4    —  Telegrapii 

Trauaporttaxen,  verlangen  abur  dafür,  dai>  der  Traimportgöber  auf  die  Einhaltung 
der  reglem«iitari*di«n  Lieferfrist  yerndite  und  beatimmte  Uebenebreitungen  der- 
»elbeil  gestatte. 

Der  Xoriuultarif  zerföUt  in  den  Eilgnttarif  mit  einer  Klasse  und  den  Fracht- 
guttarif mit  H  verschiedenen  Klassen.  Gr"'ßerc  Mengen  genießen  gegenüber  Einzel- 
Hcndungen  im  Normalutrife  keine  Ermäßigung.  Die  Zuweisung  der  Güter  in 
di«  einzelnen  Klassen  get»chieht  durch  die  besondere  ElaMtfikation.  Der  Auf- 
ond  Ablad  der  Güter  aller  Klauen  wird  in  der  Begel  von  der  Bahnverwaltung 
besorgt.  Wird  der  Verlad  dem  Pabliknm  ttberlaaeen,  80  tritt  eine  entepreeheode 
Kürzung  der  festen  Gebühr  ein. 

GüttM-,  deren  Gewicht  pro  m'  weniger  ah  150 — 200  kg  beträgt,  werden 
aU  (»purrig  bezeichnet  und  erleiden  dles<;lben  einen  Frachtsu^jchlag  von  50  ^/o. 

Der  Normaltarif  lerfdllt  in  Streekentaxen ,  welohe  für  jede  Entfernung 
proportional  der  durchlaufenen  Strecke  bleiben  und  in  fe^te  Gebühren. 

Im  Gegensatz  zu  den  Normaltarifen  sin  l  die  Spezialtarife  nach  dem  StatTel- 
8y8tfm  konstrnirt  und  gcwühri  n  in  TJ  Kntfernunghstufen  bei  Transporten  auf 
großen  Distanzen  ganz  namhafte  Taxreduktionen.  Auch  hei  den  Spezialtarifeu 
wird  neben  den  8treekentazen  vaat  feate  Gebfihr  bezogen.  Um  eidi  in  den 
Genuß  der  Spetialtarife  lu  eetseot  ist  nothwendig,  daß  das  6nt  in  einem  gewiteen 
Mioimalquantum  zar  Auflieferung  gelange,  das  z\vii«chen  3  und  12  Tonnen  varirt. 

4)  in  ähiilieher  Wei^^e,  wio  dii-  Tarife  1er  itcilieniHchen  Bahnen,  sind  aneh 
diejenigen  der  franxöhischen  Bahnen  kunstruirt.  Ks  tinden  sich  bei  diesen  ef  eii- 
fallti  Normaltarife  und  eine  grol^  Zahl  von  Spezialtarifeu.  Bei  der  Paris- Lyon- 
MtUdntecrbahn  zerfallen  die  Normaltarife  in  den  Eilguttarif  und  in  6  Fracht- 
gnttarife  (Serie  1 — 0).  Fttr  die  Spezialtarife  l.e>tehen  noch  0  besondere  Tax- 
bareme  (A-F).  Die  Klu.ssen  der  Normaltarife  sind  auf  die  ihnen  zugewiesenen 
Guter  ohne  (Tewieht>beilingung  anwendbar,  w^ährond  die  Spezialtarife  8) wohl 
für  Einzelsendungen  aU  uucli  fur  Wagenladungen  Taxen  enthalten.  Zudem  weisen 
die  Speaialtarife  noob  eine  eebr  grofie  Zahl  von  Aasnahmefraehteatzen  anf^ 
namentlich  anch  fttr  den  ExportTerkehr.  Die  Grundtaxen  der  Tarifberein«r  der 
Normal-  und  Spezialtarife  zerfallen  in  Streckentaxen  and  fixe  Gebühren.  Die 
er^^tern  nehmen  mit  der  Entfernung  ranch  ab,  während  die  letztern  konstant  äind. 

Die  Tarife  der  ausläudiijcheu  Bahnen  für  den  Transport  von  lebenden 
Ihieren  weichen  von  dem  aohweiseriachen  in  prinzipieller  lliiuicht  ganz  bedeutend 
ab.  Wfthrend  die  deutschen  Bahnen  die  Taxen  nach  dem  Quadratinhalt  der 
Bodeufläche  des  verwendeten  Wagens  berechnen,  erfolgt  auf  den  ositrreichnchtit 
Bahnen  die  Taxre>?hnnng  nach  dem  gewöhnlichen  Gütertarife  auf  Gnml  von 
Normalgewichten  für  die  einzelnen  Thierkategorien.  Die  il(ilh'}t<>''h(n  IJahnen 
tuxireit  die  lebenden  Thiere  nach  verhchiedenen  Khutsca  auf  Gruud  der  Stückzahl 
in  der  Weise,  daß  die  Einheitstaxen  mit  annehmender  Stückzahl  rasch  &llen. 
Auf  den  fr  i,tii)si'<thm  Bahnen  ist  ebenfitlb  die  Stückzahl  (Ur  die  Tarifirnng 
maßgebend,  die  Eiuheitsta.xen  nehmen  aber  mit  der  Entfernung  ah. 

Tplppraph.  (Mitgetheilt  von  der  tit.  Hchweizeri^ehen  Telegraphen- 
direktion.j  Die  ruäche  Entwicklung  der  elektriiKihen  TeUgrapheu  in  dep.  um- 
liegenden Staaten  fid  gerade  in  (tie  Zmt,  wo  die  neue  ecbweizerkohe  Bundes- 
Organisation  ihre  ersten  Erfolge  aufzuweisen  hatte  und  wo  namentiich  die 
Zentralisation  des  Postwet^ens  bereits  ihren  wohlthätigen  Einfluß  auf  BLandel  und 
Verkeil)  i  rkennen  ließ.  Es  lag  daher  nahe,  daß  die  Vertreter  des  Schweizer- 
volkes itelcü  ileui  roütdienttte  auch  die  Erbtcliung  von  elektrischen  Telegraphen 
in's  Auge  faßten. 


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Teleicraph 


—    275  — 


Telegrapb 


In  der  That   wurde  nchon  am  23.  Dezember  1851    <'\n  BundeH^esttx 
^rlaKsen,  welches  liie  (jruiiiiiagea  tUr  die  er^te  Erstellung  und  ÜrguiUHHtion  teut- 
setite,  wubei  nacli  dem  Beispiele  der  meisten  auswärtigen  Staaten  da«  Tele- 
^rapbeoweseD  zuai  Staatsr^l  erhoben  warde,  in  der  Meinung,  daft  dasselbe 
nur  unter  einheitlicher,  von  aller  Spekulation  treier  Oberleitung  einer  gesunden 
und  für  die  gesamnite  Bevölkerung  vortheilhaften  Entwicklung  fähig  spj.  Immer- 
hin warde  aber  fUr  besondere  Fälle,  wo  <iie  Erotellung  von  Telegraphen  nur 
einem  bestimmten,  besc^rftnkten  Zwei^  dient,  die  Etrtheilnng  Ton  KonaessiQneii 
Mvate  od«r  Gesellschaften  vorgesehra. 

Dieses  Bandesgesetz  bestimmte  im  ^^  i!  rn  die  ersten  Stammlinien  des  Tele- 
gr«i'benTit!tze9  )  unJ  b  eauftragte  den  Bundcsiuth  mit  der  Ausführung,  der  prnvisori- 
schcn  Dienstorganisation,  Festsetzung  der  Taxen,  ErUiii  der  Betriebsreglemente  etc. 

Der  Buudesrath  entledigte  sich  dieses  Auftrages  in  der  Weise,  daß  schon 
im  Frftbjahr  ldö3  mit  der  Erstellung  der  Linien  und  der  Instruktion  der  Beamten 
l)egonnen  werden  konnte;  im  Laufe  des  Sommers  lt<ö2  standen  bereits  einige 
Linien  und  Bureanx  ntm  Betriebe  bereit  und  am  5.  Dezember  des  gleichen 
Juhres  wurde  das  luhtitul  mit  34  Biireiuu  dem  öffentlichen  Verkehr  übergeben. 
Diese  Bureanx  waren:  Aarau,  Airolo,  Altstätt^u,  Baden,  Basel,  Bellenz,  Bern, 
Biel,  Bnrgdorf,  Chauxdefonds,  Cbur,  Frauenfeld,  Freiburg,  Genf,  Glarns,  Hersogra- 
-boohsee,  Lausanne,  Loole,  Luzern,  Neuchatel,  Bagaz,  BappMVWjl,  Bheineek, 
.Sicbter^^wü,  St.  Gallen,  Sohatf hauten ,  Sohwyi,  Solotbnrn,  Spttgen,  Usnaoh, 
Vevey,  Winterthur,  Zofingen  und  Zürich. 

Gleichzeitig  wurden  Unterhandlungen  mit  den  aiigrriutjndeu  Staaten  über 
den  gegcuncitigen  Anschluß  der  Telegraphen  Ii  nien  gepüogen  und  es  kamen  im 
Jahre  1852  besttgtiche  Verträge  mit  Oesterreich  and  Frankreich,  im  Jahre  18ö3 
■solche  mit  Sardinien  und  Baden  zu  Staude. 

Die  Organisation  der  Telegrapheuverwalt'nie:,  wie  ^ie  im  .liihre  1^52 
vom  Bundesrathe  provisorisch  te.stgi  sotzt  wurde,  erlitt  im  Verlaufe  der  Zeit  keine 
wesentlichen  Aeudeiuugeu.  Der  Buudesrutii  behielt  sich  vor,  die  Hichtuugen 
•der  Linien  und  die  Orte,  wo  Bureaux  erstellt  werden  sollten,  sn  bestimmen  and 
die  Telegrapheiilii  amten  zu  wählen,  Übertrug  dagegen  die  unmittelbare  Oberauf- 
sicht über  das  Telegraphen weoeii  dem  Postdepartement,  welchem  zur  Besorgung 
der  bezüglichen  Geschäfte  ein  Direktor  der  Telegraphenverwaltung  mit  dem 
nöthigeii  Hülfspersonal  beigegeben  wurde.  Einer  Werkstätte  wurde  die  Be- 
schaffung und  Reparatur  der  Apparate,  Batterien,  etc.  ttbertragen.  Das  Tele- 
4;raphennets  wurde  in  4  Kreise  eingetheilt,  nimlidi: 

I.  Kreis:  Kantone  Genf,  Waadt,  Wallis,  Freiburg  und  Neuenburg 

II.  ,  „      Bern,  Sulothurn,  Basel,  Aargau,  Lusern,  Schwya 

und  ünterwaUlea. 

III.  „  „      Zürich,  Zug,  Schaffhausen,  Thurgau,  St.  Gallen, 

Appenaell  und  Glame. 

IV.  „  ,       üri,  Graubttnden  und  Tessiu. 

An  >U-r  8[-itze  jedes  Krei>r^  stand  ein  Inspektor  (mit  Sitz  in  Lausanne, 
2oiingen  [von  Oktober  iüb'.^  au  in  Bern],  St.  Gallen  und  Bellenz),  dem  innert 

')  a.  von  Rheineck  (Iber  St.  Gallen.  Frauenfeld,  Winlertbur,  Zürich,  Aarau,  Bern, 
Lausanne  nach  Genf,  mit  Zweiglinien  von  St.  Gallen  naeii  Herisau,  von  Wintertbur 
nach  Schaflliausen,  von  Herzogenbuchsee  nacli  ."~!(dolliurn,  von  Murten  nach  Freiburg, 
von  Murten  nach  Neueoburij:,  Chaux-de-Fonda  und  Locle,  von  Lausanne  nach  Vivis; 

b.  von  ZOrieh  Ober  BeUinzona  nach  Cfaiasso,  mit  Zweiglfnien  nach  Glarus  und 
Chur,  und  von  Bellinzona  naeh  Locarno ; 

e.  von  Basel  über  Zutiiigaa  und  Luzern  zur  Verbindung  mit  der  Linie  Zürieh  Beilinzoua. 


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Telegraph 


—    276  — 


Telegrapb 


»einem  Gebiete  der  Bau  uud  Unterhalt  der  Linien,  die  b'eberwacbung  des- 
DieiMtflS,  die  BedurongafBlining  und  die  Vonchlige  Ar  die  Beamtenwahlen  ob- 
logen.  —  Der  Telegraphendienst  war  mit  dem  Poatdienete  vereinigt  und  nur  ia 
den  bedeutendem  Ortschaften  wnrflen  den  PoHtbeamten  noch  besomlere  Tele- 
graphistcn  heigegeben.  —  Die  Ueberwachung  des  Beoiiaungs-  und  loTentarwe^Qt 
wurde  von  der  Ober-Postkontrole  besorgt. 

In  Folge  der  raaolien  nnd  gnna  nnerwnrteten  Entwioklong  des  Inatitate- 
nnßte  dieee  Orgnniiintion  noihwendig  einige  Aenderungen  erlmden.  Vorent 
wurde  die  Werkstätte,  den  ii  Lieferungen  flir  die  Verwaltung  nachgerade  nur 
mehr  »  inen  kleinen  Tht  il  ihvtr  Aufträgt'  bibl^>t^  n  im  Jalire  1  HfJO  von  der  Trlc- 
grapheiiverwaltnng  abgetrennt  und  als  bebondertM  Institut  dem  Finanzdepartemeut 
zugetheilt,  von  wo  aie  endlich  mit  Aofaug  1865  in  PrivatfaÜDde  überging.  Ai> 
deren  Steile  wurde  bei  der  Telegraphendireiction  ein  Hiateriattmreou  errichtet^ 
welches  den  Verkehr  mit  den  Lieferanten,  Innpektionen  und  Bureanx  in  Besng 
auf  Apparate.  Batterien,  Linienmnterial  etc.  zu  besorgen  hat.  —  Ferner  wurde 
die  Ueberwachung  des  Rechnunghwestus  einem  besondern  Kontrnlbnrean  Über- 
tragen, welches  nebenbei  auch  die  Krledigung  der  Heklamatiuuea  und  eine  Reihe 
von  etatiatisdicii  Arbeit«!  beeorgt.  Die  Zahl  der  InepeoHonekreise  mußte  voa 
4  auf  6  vennebrt  nnd  apftter  jedem  Inspektor  «n  Adjnnkt  beigegeben  werden. 

Die  6  Kreise  sind,  geraKß  Bnnde^beschluß  vom  17.  Jali  186B: 

I.  Die  Knntonu  Genf,  Waadt.  Wallis  und  Fretburg,  aragenommen  den  Sense-  nnd 
Scebezirk;  Inspcktioiissilz  in  Lausanne. 

II.  St'nse-  und  Seebezirk  des  Kantons  Freiburg  mit  der  Stadt  Freiburg,  die  Kantone 
Nouenluirtr.  Bern,  mit  Ausnahme  der  Amtsbezirke  Münster,  Oelsberg,  Priiiilrut  und 
Lauten,  tlif  sololhuriiisclieu  Aemler  Bucheggberg,  Kriegsletten  und  Solotburu-Leijorn; 
]nspektions>itz  in  Horn. 

III.  Die  berni»!beii  Bezirke  Münster,  Oelsberg,  Pruntrut  und  Laufen,  die  so\o- 
tharnischen  Aemler  Bablhal.  Dorneck-Thierslein  und  Olten-Gösgen,  die  Kantone  Basel, 
Aargau,  Unterwablen  imM  Luzern,  au.sgenommen  die  auf  dem  rechten  Ufer  des  Vier» 
waldst&tleniees  und  der  Keuß  gelegenen  Landgemeinden;  lospektionssitz  in  Ollen. 

rV.  Die  reehtsnfrigen  luzernisehen  Landgemeinden,  die  Kantone  Zürich,  Zug,  Schwyz, 
Uri  und  SchalTliau-'  M.  mit  Au-nalim-'  dos  Brziiks  Sleiu  a.  Bh.;  Iiispektiunssitz  in  Zürich, 

V.  Der  sctuifl'hausiäche  Bezirk  äleiu  a.  iih.;  die  Kantone  Thurgau,  St.  Qall^^ 
Appenzell  und  Olams;  Inspektionssitz  in  St.  Gallen. 

VI.  Die  Kanton«  Graubünden  und  Tessin.  —  Gem&B  einer  SpeaalverfOgung  residirt. 
der  Inspektor  iu  Chur,  äcto  Adjunkt  in  Bellinzona. 

Im  Weiteren  bedingte  die  Vermehrung  dea  Yerkebia,  der  Linien  und  Appa- 
rate die  Abtrennung  einer  Aniahl  Bureaux  von  dem  Poetdienate  und  tiberlianpt 
gilt  die  Vereinigung  mit  dem  letztern  nnr  noch  als  allgemeine  Regel,  von  der 
je  nach  Umstanden  vielerorts  abgewichen  wird.  —  Daß  endlich  da.s  Personal 
der  Zeutralverwaltung  auch  in  der  administrativen  und  technischen  Ablheiluug 
eine  der  Ausdehnung  des  Netzes  nnd  der  Zunahme  des  Verkehrs  entsprechende 
Vermehrung  erfohren  mußte»  ist  MlbetveretindliclL 

Wie  siel)  unter  dieser  Organisation  die  sohweiMrieolie  Telegraphie  entwickelte^ 
ergibt  sich  aus  der  angefl5gten  Tabelle. 

Da«  L  i  n  ie  n b  a  n  s y  s  t  f  m  hat  eine  Reihe  von  Wandlungen  durchgemacht. 
Der  bau  der  ersten  Stammlinien,  weiche  sich  ohne  Aufnahme  längs  den  Land- 
«trafien  hinzogen,  erfulgte  unter  der  Oberleitung  eines  auswirtigen  Ftohmanne» 
mittelst  Stangen  von  in  Fuß  (.'>,4  m)  Länge  und  3  Zoll  (9  cm)  mittlerem. 
Durchmesser,  auf  welche  die  großen,  aber  verhältnißmäßig  schwachen  Glas-Isola- 
toren direkt  atifgegipst  waren.  Ks  wurde  dnmit  allcrdinfrs  f-ine  m?)gliehst  rasche 
nnd  billige  Erstelbiiig,  jedoch  ohue  Hilcksicht  auf  die  spatere  Entwicklung  des 
Netzes  und  auf  die  Unterhaltungskosten,  erzielt  nnd  es  ließen  in  der  That  die> 


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Telegraph 


—    277  — 


Telegraph 


naehthdligen  Folgen  dieser  tbektigebnwlitfta  Oekonomie  niebt  lange  auf  rieh 
warten.    Die  Stangen  vennooliten  dem  Zuge  des  Drahte«,  den  Einfluß  y<m 

Wind  und  Schnee  nicht  zu  widerstehen;  der  Draht  war  vermöge  seiner  niedri« 
gen  Lnge  allen  möglichen  Beschädigungen  auHgesetzt  nml  die  Iüol;it.>ren  wnrden 
in  Folge  des  Öchwindeus  und  Aufqnellens  des  Uolzeü  entweder  luHgtiri»»ea  «der 
«ersprengt,  ap  d»6  die  Linien  aohon  nach  weuigen  Monaten  ihrem  gänzlicben 
VerÜRll  entgegengiageD.  Sehen  im  Laufe  dee  Jahres  1653  mußte  dieses  Ban- 
«yetem  anfgegeben  werden  und  man  ging  dam  m  Stangen  Ton  34  Fnß  (7,2  m) 
Länge  nti !  4  Zoll  (12  cm)  mittlerem  DnrfhmpsKer  Uber,  an  welchen  die  7.war 
kleinem,  aber  um  so  solidem  Isolatoren  nicht  mehr  direkt,  sonderu  mittelst 
«ist^tüer  Träger  beiehtigt  wurden. 

Die  allmllig»  Yermehrung  der  Drihte  Keß  aber  bald  aaeh  dieses  Bau* 
«ystem  als  unzureicheud  erscheinen  und  die  im  Jahre  1855  aufgestellte  neue 
Instruktion  Uber  den  Linienban  setzte  die  Länge  der  Stangen  anT  '.\0  Fuß  (9  m) 
und  deren  mittleren  Durchmesser  uuf  5  Zoll  (15  cm)  fest.  Der  Tr.i^'er  für  den 
obersten  Draht  wird  von  oben  in  das  Mark  der  mit  einer  eisernen  Zwinge  ver- 
sehenen Stange  eingetrieben  und  für  weitere  Drihte  worden  gebogene  eiswne 
Triiger  seitlieh  in  die  Stange  eingeaehraubt. 

Dieses  System  hat  hicIi  im  Wesentlichen  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten, 
bietet  aber  den  Nai  htheil,  diili  dir«  Stangen,  welche  mit  Aufnahme  gewi<!ser 
Berggegenden  aus  gewöhnlichem  Tanneubolse  waren,  nach  weuigüu  Jaliren  über 
dem  Boden  abfaulten  und  dadurch  erhebliche  Reparatur-  und  Ersatzkosten  ver- 
uTsaobten.  Dies  flihrte  «Aon  im  Jahre  1857  au  dem  YenMiohe,  längs  den  Eisen- 
bahnen, wo  eine  grOßere  Erhebung  der  Drähte  Uber  dem  Boden  nicht  geboten 
war.  eisernf  Stanj^cn  zn  vprwpnd^»n  nnd  zwar  vorerst  mit  Wiukelei>^'n,  später 
mit  zylin'lri>«-hen,  aas  2  oder  3  Stücken  ztiHammengfsohraabten  Köhren  und 
endlich  mit  konischen,  in  einem  Stück  gezogenen  Höhren,  welche  Form  sich 
lange  Zeit  erhalten  hat  und  noch  jetzt  vielfaeh  längs  den  Bahnen  sn  sehen  ist. 
Im  Gkoßen  und  Ganzen  hat  die  Verwendung  von  Kiscnstangen  ziemlich  gUnstige 
Ergebnisse  geliefert;  immerhin  sind  Anlage  und  ünfirhalt  ziemlich  theuer,  die 
Zahl  der  anzubringenden  Drähte  hesehränict  und  1»  ;i  Bruch  von  Isolatoren  starke 
Stromverluste,  resp.  Dienstatörungeu  unvermeidlich. 

Femer  wurden  seit  dam  Jahre  1863  Versuehe  mit  imprägnirten,  d.  h. 
mit  KnpfSirvitrioUSsnng  durohtrKnkten  Holmtangsn  gemacht  und  damit  so  gttnstige 
Erü:'>hnm9e  erüelt,  daß  diese  Stangengattung  schon  seit  einer  Raihe  Von  Jahren 
fiir  NeucUilrttjen  und  »rröß^re  Ki  p  ir  ituren  fast  auHs^cliließlieh  zur  Verwendung 
kommt.  Nur  in  d«ü  abgelegen- n  B  rg^egenden,  wohin  die  Zufuhr  solcher  Staugen 
sehr  theuer  zu  stehen  käme  uud  wo  übjrdie^  iu  der  Kegel  andere  dauerhafte 
Holzarten  (Lärchen,  Bergfthren,  Kastanien)  aar  Verfügung  stehen,  wird  eine 
Auiiuahme  gemaoht.  Nach  den  bisher  gemachten  Erfahrungen  lial  en  die  impräg* 
nirten  Holzstangen  eine  Dauer  von  wenigsten^  !.')  .Tahi on,  ^rlllndad  gewJ'hnliehe 
Tannenstangen  durchschnittlirsh  nach  ä  Jahren  rr-etzt  werden  mU>^spn.  Kivilich 
ist  der  Preis  der  erstem  annähernd  <lcr  drcilache,  so  daii  die  BeschuH'nng  unge- 
fihr  gleich  hoch  an  stehen  kommt;  dagegen  reduairen  sich  die  Arbeitslöhne  auf 
^en  dritten  Theil  and  die  Anlagen  sind  weit  weniger  Störungen  ausgesetat. 

Die  imprägnirten  Stangen  werden  je  nach  den  (»rtlichen  Verhältnissen  und 
der  zu  gewärtigenden  Drähtezahl.  haupt.sächlirh  in  Längen  von  H'/j,  H  und 
10  m,  ausnahmsweise  wolil  auch  von  12,  14  und  16  m  verwtubt  und  die 
Montirung  der  Drähte  erfolgt  in  der  oben  für  die  30  langen  Stangen  angegebenen 
Weise.    Die  Stangen  werden  1 — V/t  m  tief  in  den  Boden  eingegraben!  mit 


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Telegraph 


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Telegraph: 


Stdbwii  Itefearigt  ond  bei  atBrkera  Winkeln  noch  mit  Ankerdrilhten  oder  impritg* 

Birten  Holzstützen  verschen.  Boi  sehr  großer  Driilitezalil  kommen  Doppel* 
Stangen  (je  2  etwa  1  m  aui^einanderstebende,  unter  sich  durch  4^aerhtflxer  oder 
i:aBeubtäbe  verbundene  Stangen)  zur  Anwendung. 

Ah  IsoUtoren  wurden  anfunghch,  wie  schon  ang^eatet,  große,  direkt 
auf  die  Stangen  anfgesetato  Glasglocken  verwendet«  die  rieb  aber  als  nnzweck' 
mäßig  erwiet^ien  und  daher  schon  im  Jahre  I8ö3  durch  kleinere  aber  HoHdere, 
mittt  Ist  Eisenträger  an  den  Stangen  befestigte  Glasglocken  crst-tzt  wurden.  Da^ 
diese  aber  immer  noch  ziemlinh  hrnchig  waren,  ^m^  man  im  Laute  der  sechsziger 
Jahre  allmälig  zu  den  auch  im  Au^iande  last  ullgfiucin  gebräuchlichen  Forzellan- 
ieolatoren  Uber,  welche  je  nach  Umstünden  in  einfaoher  oder  DoppeUGlockenforn» 
anr  Verwendung  kommen.  Diese  iHolatoren  sind  im  Innern  mit  einem  Sohranben- 
gang  verselii  n,  mittrist  welchem  sie  auf  eine  nm  die  Spitae  des  eisernen  Trttgers 
gewickelte  Wergschicht  geschrauKt  werden 

Ala  LeituDgbmaterial  diente  in  den  eniten  Jahren  gewöhnlicher  Eisen- 
draht von  3  mm  Onrchmesser,  weloher  aber  für  grSfiere  Entfernungen  nicht  di» 
genttgende  LeitnngsfBbigkeit  besaß  nnd  daher  für  Iftngere,  namentlich  inter- 
nationale  Leitungen  durch  solchen  von  4 — 5  mm  ersetzt  wurde. 

Um  'Ifii  l>raht  vor  dem  zu  «chtiellfn  Yerro^-tcji  zu  schlitzen,  versuchte  man 
vorerst  einen  üidlarbunstrich  und,  als  diesen  Verfahren  sich  nicht  bewährte, 
das  Tränken  in  heißem  Oel,  welches  ziemlich  gute  Ergebnisse  lieferte.  Nach 
und  nach  gelangte  «her  die  Herstellung  von  galvanisirtem  (verainktem)  Draht 
zu  einer  Vervollkommnung,  welche  die  frühem  Bedenken  gegen  denselben 
(Sprödigkeit  nnd  Ii<>1h  r  Pr*  is'i  LTänalich  beseitigte,  so  daii  dieses  Material  nu» 
auseclt ließliehe  Verwcmlung  tiii'lft. 

Das  Befestigen  des  Drahtes  erfolgte  während  lauger  Zeit  durch  2— i^maiiges^ 
Umwickeln  desselben  um  den  Hals  der  Isolatoren.    Dadurch  wird  der  Draht 
aber  leicht  brüchig  und  bei  dickerem  Draht  ist  dieses  Verfahren  ohnehin  nicht 
anwendbar,  weßhalb  in  neuerer  Zeit  der  Draht  einfach  an  den  Isolator  angelegt 
nnd  mit  dllnnem  wfifhcra  Bindedraht  an  dfin^elben  befestigt  wird. 

Auch  die  Verbindung  der  einzelnen  Drahtstucke  unter  sich  hat  eine  wesent- 
liche Aenderung  erlahren.  Sie  erfolgte  anfitngiieh  mittelst  messingener  Klemm^ 
schrauben,  die  aber,  namentlich  bei  nicht  gana  vollkommener  Kmatruktion  oder 
unrichtiger  Behandlung  keinen  gesicherten  metallischen  Kontakt  bewirken  und 
lib'-rdifS  leicht  zn  I>rnh( vir«'iik!i)n*ri'M  Anlaß  ccbcn,  Narb  einifr^n  Vt-rsiichen 
mit  mehreren  andt-ni  System,  ii  wnd  nun  allgciiniii  tim'  Liitbung  angewemlet, 
in  der  Weise,  daß  die  beiden  Drahtenden  rechtwinklig  umgebogen,  auf  etwa 
5  cm  Uber  einander  geschoben,  mit  dUnnem  Bindedraht  fest  umwickelt  und  daa- 
Ganze  mit  SchnelUoth  metalliHch  verbunden  wird.  Die  Klemmschrauben  kommen, 
nur  noch  bei  provisorischen  Verbindungen  vorübergehend  zur  Anwendung. 

f'ntertrdisr/ie  Teleirrai>ln»!'.!init  n  hes»ehfn  in  der  Schweiz  mir  ausnahmsweise 
und  auf  kurze  Strecken,  wo  die  Anlage  von  Luftleitungen  entweder  unausführ- 
bar oder  auf  die  Daner  nicht  gesichert  scheint,  wie  s.  B.  im  Innern  der  Städte, 
durch  Eisenbahntunnels,  bei  Lawinensligen  u.  dgl.  Die  Kabellinien  bieten  aller- 
dings den  Vortheil,  daß  sie  den  Eindiisseu  von  Wind  und  Wetter,  sowie  den 
Beschädigunfr^-n  dnrch  Lawinen,  Baatii'I-t-- ,  MMthwillen  etc.  gar  nioht  oder 
wenigstens  in  viel  geringereiu  Mui*«  aiiBgesciiit  sind  und  daher  im  Allgemeinen 
eine  größere  Sicherheit  bieten.  Dem  gegenüber  bestehen  aber  auch  gewichtige 
Kachtheile  in  den  sehr  hohen  Anlagekosten,  in  der  Unsicherheit  in  Besug  auf  die 
anfäoglich  eintolegende  Drähteaahl;  in  der  Schwierigkeit,  eintretende  Störungen 


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Tdegraph 


(die  ja  durch  Erdftrboitan,  Einwirkang  von  Chemikalien,  fttmospbilriache  £nt> 

ladungen  etc.  vorkommen  können)  zu  finden  und  zu  ht^hvn  und  in  di-m  Umstände, 
daß  eine  Störung  ^f^wtJhnlioh  alle  oder  doch  die  Mehrzahl  der  Drähte  filr  längere 
Zeit  auikr  Dienst  setzt. 

Darob  die  im  Jahre  1852  mit  den  Kantonen  abgeschlonBenen  VerlrKg« 
▼erpAiohteten  sieh  dieselben,  die  BräteUang  der  TelegrapbmiUDien  iSogs  den 
Straßen  und  auf  son^ttigem  öffentUohem  ESigenthnm  nnenfgeltHch  zu  gefitatten 
nnd  dir.mdbcn  durch  das  Stnißf'nptTr'OTial  üherwachen  und  unterhaltt>n  zu  lassen. 
Im  gleichen  Sinne  liiutet  die  bmidcHrithlii  liQ  Verordnung  vom  6.  AugUtjt  lbG2, 
welche  mit  Bezug  auf  die  Linien  noch  heute  in  Kraft  besteht.  En  bleibt  jedoch 
tn  bemerken,  daß  diesen  Obliegenheiten  nur  in  wenigen  Kantonen  nach* 
gdcommen  wird  und  die  Terwaltnng  daher  größtentheil»  aelbtit  für  den  Unter* 
halt  zu  sorgen  hat. 

Wa«  die  Linie  liinc^s  den  Kisenbaiinen  betrifft,  m  lio^t  die  Uebervruclitiug 
und  der  hiuiende  Uaterhalt  den  ßahugeiwlUchaften  ob,  wahrend  die  erste  Er- 
stellung nnd  die  größeren  fieparaturen  auf  gemeinBobafUiohe  Kosten  fallen. 
Diese  VerfalQtnifi«e  sind  durch  einen  besonderen  Vertrag  geregelt. 

Apparate.  Der  Morse'sche  Drnrktehifraph,  welcher  von  Anfang  an 
einj^efUhrt  wurde,  hat  vermöge  seiner  Einfachheit  und  leichten  Handhabung  bis 
atif  den  heutigen  Tag  seinen  Vorrang  behauptet  und  es  ist  derzeit  nicht  abzu- 
t»ehen,  daß  er  so  bald  verdrängt  werde.  Die  im  tianfe  dar  Zeit  eingetretenen 
Konstrnlctionsinderiiugen  beschränken  sich  auf  den  Ersats  de«  das  Bäderwerk 
treibenden  Gewichtes  (hirch  eine  Feder  (IS.'jt»)  und  den  Ersatz  des  die  Schrifl- 
zeichen  in  ein^n  Papierstreifen  eindriicki  inlini  Schreibstiften  durch  l  in  Farlr.'Mcli.'n 
(iJüSbB),  dessen  Eunktionen  viel  wi  iiiger  Kraft  erfordern  und  daher  der  iruhern 
Lokalbatterien  saramt  Helalü  nicht  mehr  bedürfen. 

Die  mehr  oder  weniger  yeninglttckten  Versnehe  mit  dem  Wpp*schen  Bechen* 
apparatf  dem  M^fer^eehen  Mutiipelapparal,  sowie  mit  der  Verwendung  des 
Indnktion.istromes  mögen  hier  nur  der  Vi.ll-tündigk«?it  wcg«in  er'vHhut  werden. 

Seit  dem  Jahre  1H70  wurde  nach  vielfachen  Vprsncheii  auf  eiticr  Anzahl 
von  Leitungen  der  sogenannte  Itahealrombtlricb  eingeführt.  Bei  dieser  Einrich- 
tung geht  ein  kontinnirlicher  Strom  durch  die  Leitung  und  das  Qeben  der  Zeichen 
erfolgt  dnreh  die  tTnterbrechnng  desselben.  Man  erzielt  dadurch  den  \'ortheil, 
daß  wnr  eine  gcmeüiBehaitliche  Batterie  (die  aber  auf  die  beiden  Endpunkte  ver- 
theilt wird)  nufgi  st»^nt  wpvdt^n  muß  und  daher  die  Stnmistärke  immer  die  gleiche 
bleibt,  ob  nun  diene  oder  jene  Station  spreche,  während  bei  der  gewöhuliehcn 
Arbeitsstromeinrichtung  jede  Station  ihre  besondere  Batterie  hat  und  sieh  in 
Folge  dessen  leieht  Differenven  in  der  Stromstärke  ergeben,  die  den  guten  Gang 
dee  Dienstes  beeinträchtigen  ,uen.  liOider  läßt  sich  dieses  System  nicht  all- 
gemein anwenden,  weil  dahei  ilif  (Jebertritf^nn*;  der  Zeichen  auf  Zweiglinien 
komplizirte  \'orri(  htuugen  ertordt-rt,  Dehandiung  und  üeberwachung  den 

Beamten  der  kleinern  Bureaux  jiicht  uuvertriiut  werden  darf.  Ende  l.^bö  war 
der  Buhestrombetrieb  auf  74  Leitangen  mit  684  Apparaten  eingeführt. 

Die  Leistungsfähigkeit  des  Mörse-Apparates  ^»-i  ht  bis  zu  etwa  25  Tele- 
grammen per  Stunde;  der  Verkehr  zwischen  den  bedeutendem  Städt-n  und  mit 
dem  Auslande  hob  sich  aber  nach  nnd  nach  rn  viel  höheren  Zahlen  ut)d  da 
es  nicht  angeht,  immer  wieder  neue  Drähte  anzulegen,  mußte  filr  diese  Fälle 
anf  aehneller  arbeitM^e  A]^rate  Bedacht  genommen  werden.  Zu  diesem  Zwecke 
wurde  bereits  im  Jahre  1869  ein  Versuch  mit  dem  damala  neuerfandenen 
Xypendruoktelegraph  von  Hughes  gemacht,  welcher  statt  der  beim  Morse 


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Telegraph 


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Telegraph 


gebrftachliohen  konventionellen  Sohriftseichen  wirkliche  Drnckbuchatabeu  zu  Papier 
bringt  und  nngefthr  die  doppelte  Zahl  von  Telegrammen  au  befördorn  Tevmag, 

als  der  Morse.  AUeiu  acino  vortheilbafte  Bedienung  erfordert  »in  längere» 
Studium  und  eine  äußerst  koniplizirte  Konstruktion  hat  ziemlich  häutig»'  Stöningea 
zur  Folge,  .so  daß  <leswn  Anwendung  auf  die  großeni  VerkebrHpuakte  beschrankt 
bleibeu  iuul>,  um  du  mehr,  dessen  V'urthuile  nur  bei  vollständiger  Ausniitzuug 
zur  Geltung  ]n>mmen.    Ende  1888  standen  34  solcher  Apparate  im  Betrieb. 

Batterien.  Die  ersten  in  der  Schweiz  eingeführten  Batterien  bestanden 
aus  winzig  kh  inr-n  DaniellVcben  (Zink-Kui^fer-'^  Elemeuteu  (neben  denen  als 
Lokalbatterien  allerdings  größere  Zink-Kohlcn- Kiemente  verwendet  wurden),  die 
sich  bei  der  aUmäligen  Vermehrung  der  Bureaax  und  Erstellung  längerer  Linien 
als  nnsnreiohend  erwioBeii  und  Überdies  für  ihre  Instandhaltang  viel  Mühe  nnd 
Kosten  ▼erarsaditen,  so  daß  sich  die  Beamten  auf  den  m««ten  Bureaus  fast  m^ 
mit  der  Batteriereinigung  als  mit  dem  Apparaten  dienst  an  befassen  hatten. 
Dieselben  wurden  daher  schon  nach  wenigen  Jnhren  atifgegeben  und  dtirch 
größere  Zink-Kohleu-Elemeute  (mit  Salzwasser  oder  verdiiiint^T  Schwefelsäure) 
ersetzt,  welche,  obgleich  nicht  konstant,  durch  ihre  Billigkeit,  eiuiachü  Kou« 
straktioa  und  Dauerhaftigkeit  vollkommen  befriedigen  nnd  noch  heute  auf  den 
Arbeitsstromlinieii  fast  allgemein  im  Gebrauohe  stehen.  Auf  den  Kuhestrom- 
leitungi-n  dagegen  bidurftf^  es  l^unstanter  Batterien  und  man  wählte  hiefUr 
Danieühche  Elemeiite  nach  den  Konstruktionen  von  Meidinger  und  lallaud.  In 
neucMtor  Zeit  kommen  mehr  und  mehr  die  Elemente  von  Leclanch^  ^Zink- Kohlen 
mit  Brannsteinplatten  und  Salmktksala-FBllung)  sur  Terwendnng,  welche  bei 
gleicher  Stärke  and  Dauerhaftigkeit  im  Unterhalt  viel  einfacher  nnd  billiger  sind. 

Die  Beschaffung  der  Apparate  und  Batterien  erfolgt«,  wie  nchon  angedeutet, 
dnrch  eine  der  Telegraphendirekti.in  beigegebene  Werkstätte,  nachdem  die  eisten 
Apparate  als  Muster  vom-  Auslande  bezogen  worden  nnd  ein»-  Lieferungsaus- 
schreibnng  unter  den  echweiaerischen  Mechanikern  ohne  Erfolg  gt^hlieben  war. 
Diese  WerkstStte  besehrilnkte  sich  aber  bald  nicht  mehr  nur  auf  den  Bedarf 
der  schweiserischen  \'crwaltung,  sondern  tibernahm  nach  und  nach  auch  grSßere 
Liiferungen  für  das  An-,Iaiid,  sowie  die  Fabrikation  von  aiiderii  elektrisohen 
Ai)}iar8ten  (Läntewcrke,  clt'ktri^chel  Uhren,  Galvanometer  etr^  und  ilies  fHhrte 
zu  Uebclständtjü  und  Diflereuisen,  die  »ich  mit  der  Zeit  so  «eharf  herausbildeten, 
daß  die  WerkstStte  mit  dem  1.  Januar  1660  Ton  der  Verwaltung  abgetrennt 
nnd  dem  Finanzdeparteim  nte  zugetheilt  wurde.  Aber  auch  unter  dieser  Ober- 
leitnng  kam  es  bald  zu  Mißhi  lliLrktitpn  nnd  die  Werkstätte  ging  dann  auf  dm 
1.  Januar  l^r..')  durch  Verkaiil  in  Privathäiide  Uber,  so  daß  die  ACrwaliuug 
von  da  ab  vollkommen  freie  Hand  hatte,  ihren  Bedarf  zu  decken,  \vu  und  wie 
es  ihr  beliebte.  Immerbin  bezog  .sie  ihren  Bedarf  soweit  als  möglich  nnd  bis 
auf  den  heutigen  Tag  von  den  inländischen  Fabriken,  die  seitfaer  da  und  dort 
gegrihHlet  wurden. 

Bure  an  X.  In  Bezui:  auf  die  'IVIcc^ra;  henbnreanx  enthält  das  Bundesiresetz 
vom  2H.  Dezember  lööl  die  Bt^^timulung,  daß  dieselben  an  denjenigen  Orten 
zu  erstellen  ueien,  die  sich  vermöge  der  Wichtigkeit  ihrer  Uandelsverbältnistte 
oder  ihres  Verkehrs  oder  durch  ihre  Bedeutung  fttr  staatliche  Zwecke  hiefttr 
eignen  nnd  zu  angemessenen  Beiträgen  sich  verpflichten.  Durch  die  auf  dieser 
Grundlage  mit  den  Kantonen  abgeschlossenen  Vcrtrlifri'  mußten  sich  die  betrelFen- 
den  Gemeinden  zur  unentgelliichen  Lieferung  der  nJiihii:.  n  Käumlichkeiten,  sowie 
xur  Entrichtung  eines  je  nach  der  Bevölkcrunghzuhl  größeren  oder  geringereu 
)Shrlichen  Baarbeitragee  mit  einem  Minimum  von  Fr.  200  verpflichten.  Fttr 


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.  Telegraph 


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Telegraph 


die  später  erriobteten  kleinem  Bureaux  wurde  dieses  Minimam  cur  Begel  gemaoht, 
ttbexdiea  aber  noch  ein  einmaliger  Beitoag  in  Geld  oder  Stangen  mm  Ban  und 

Unterhalt  der  Linien  gefordert  (».  bundesräthlicbe  Verordnung  vom  i\.  Augunt  1863). 
FUr  viele  Ortschaften  jedoch,  welche  in  ik-r  F*>lge  das  Bediirfiiiß  nach  diesem 
Vprkehr»mittel  tuhlteii.  erschieni'n  <iie  erwähnten  Leistungen  zu  schwer  und  der 
Buiiilefiratb  modidzirte  daher  im  Jahre  1ÖG7  die  genannte  Veruiduung  in  dem 
Sinne,  daß  das  Hinimnm  d«r  jKhrliohen  Beitrige  Fr.  100  betragen  solle,  vw 
dann  auch  eine  ganz  bedeutende  Venuehrung  der  BurMOX  Bor  Folge  hatte. 

Etwas  stabiler  blieben  die  Leistungen  für  die  sogenannten  Privatburearx, 
welche,  obschnn  dem  allgemeinen  Pnhlikum  zu-^äni^lich,  doch  hauptHächlich  nur 
einem  einzelnen  Etablissement  ^(iasthof,  Bad,  Fabrik  etc.)  dienen  und  somit 
nicht  ejgentlioh  im  Sffeotliohen  Intereaae  It^n.  Fttr  diese  wird  immer  nooh 
der  frfilwre  Hinimalbeitrag  von  Fr.  200,  sowie  die  üebemahme  der  Ban-  und 
Unterbaltung-skosten  der  Linie  beansprucht  Der  Inhaber  kann  dagegen  das 
Bureau  nach  Belieben  das  tranze  Jahr  «>der  nur  wKhrend  eines  Theils  des«'elhen 
offen  halten.  Ende  1888  betrug  die  Zahl  iler  kunitudirten  rhvattelegrapben  3U7 
mit  326,8  km  Liuieulänge  und  4t>G,G  km  Drahtlänge. 

Fttr  eine  dritte  Kat^rie  von  Bnreanx,  die  Eisenbahnteieffraphenbureauii, 
wird  in  der  Begel  von  den  Gremeinden  keinerlei  Lei>t  i  l:  rlangt,  indem  sich 
die  Verwaltnn«»  ftir  die  den  Babnge*fell';rhaften  gewährte  Dienst ver|i;iUiing;  «lureh 
eine  für  jedes  aufgegebene  Telegramm  bezogene  Znsrhlag^taxe  von  .'»U  Ivp.  deckt. 
Jedoch  steht  es  den  Gemeinden  frei,  diese  Zuschhigtnxe  mittelst  eines  jährlichen 
Beitrages  von  Fr.  100  absnUJsen. 

In  neuerer  Zeit  sind  nun  noch  an  Stelle  von  Telegraphenbnreaux  sogenannte 
Gemehide-Tclephonst'itionen  errichtet  worden,  die  «ich  von  entern  nur  dadurch 
unterscheiden,  daß  die  Telegramme  telephoni^ch  nn  das  nächstgeletrene  Telegraphen- 
bureau Ubermittelt  rttep.  von  demselben  emptaugon  werden.  Für  diese  Stationen 
'haben  die  Gemdnden  einen  Bdtrag  (gewShuHoh  die  Hilfte^  an  die  Linienhau- 
kosten  und  die  unentgeltüohe  Dienatbesorgnng  tu  abernebmen,  kennen  dagegen 
für  jedes  aufgegebene  Telegramm  eine  Umitirte  Zuschlagtaxe  in  eigenen  Händen 
beziehen. 

Endlich  besteben  neben  den  eigentlichen  Telegraphenbureaux,  und  zwar 
namentlich  auf  Eisenbahnstationen,  noch  sogenannte  Aufijabcbureaux,  wo  die 
Telegramme  gegen  einen  Taxzuschlag  von  50  Rp.  abgenommen  und  durch  Boten 
an  das  Telegraphenbureau  der  Ortschaft  bestellt  wer  h n 

In  Bezog  auf  die  Dienstseit  zerfallen  die  Telegraphenbureaux  in  4 
Klassen,  niinilich: 

1)  Bureaux  mit  ununterbrochenem  Dienste; 

8)  Bureaux  mit  verlängertem  Tagdienst  (von  Morgens  6/7  bis  Abends 
10/11  Uhr); 

3)  Bureaux  mit  vollem  Tagdienst  (von  Morgens  7/8  bis  Abends  9  Uhr); 

4)  Bureaux  mit  bf>''chränktem  Tagdienst  (Morgens  7/8 — 12,  Nachmittags  2 — 6 

und  Abends  b — H'/^  Uhr). 

Einzelne  Bureaux  der  vierten  Kategorie,  welche  zeitweise  (z.  B.  im  Sommer) 
einen  bedeutendem  Vericebr  aufweisen,  haben  wKhrend  dieser  Zeit  gegen  an- 
gemessene Vergütung  vollen  oder  um  2  Stenden  erweiterten  Dienst  zu  mnrhea. 

Abgegeben  von  den  T'urf^anx  mit  nn  unterbrochenem  Dirrist  luihen  die  von 
'./e^-ondern  Telegraphisten  licdicntci:  Bureaux  (Haupt-  nnd  Sji<-7.ialliiir<-Hiix)  einen 
theiUveisen  Nachtdienst,  indem  ein  Licamter  auf  dem  Bureau  sehlüft  und  vom 
Publikum  mittelst  einer  gewöhnlichen  Glocke,  von  den  andern  Bureaux  mittelst 


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TelegrapU 


—    262  — 


Telegrajjli  ^ 


euMs  elektruoben  Wecker«  in  den  Dienst  gemfeu  werden  kann.  Aach  die 
kleineren  Bnreanx  »in«],  8oweit  die  Lokal-  and  PerRonalverhiltniMe  es  geetatteo» 

mil  Weckern  für  Im  Nachtdienst  versehen. 

P»>r.sunul.  In  Bezug  auf  das  l'prsonftl  ist  bereits  mitgetheilt  worden,  daß 
nach  dem  Bundt-fejjesetz  vom  J3.  Dezember  1851  der  Telugrupheodieuät  den  fost- 
bMmten  Übertragen  und  den  letsterD  nor  in  den  bedeutendem  Ortechaften  noch 
besondere  Telegraphiaten  beigegeben  werden  eollten.  Dtsmgemiß  wurden  im 
Frühjahr  1852  eine  Anzahl  Postbeamte  nebst  einer  Anzahl  Aspiranten  auf  be- 
sond.  Tf  T(leicrn]ihistenstellen  zu  einem  theorctisclu-u  unl  praktischen  Lehrkurso 
einbi  ruttu,  nach  desncn  Beendigung  sie  dann  gröliteutheils  mit  der  Einrichtung 
der  Bureaux  und  Instruktion  der  übrigen  Postbeanitea  verwendet  wurden.  Au» 
der  Vereinigung  de«  Dienetea  mit  der  Post  ergeben  »tcb  jedoch  auf  den  großem 
Bureaux  von  Anfang  an  Schwierigkeiten  mancher  Art,  so  daß  bereits  im  Jahre 
183.'{  11  Buri'anx  vom  P«istdienhte  aWiretreniit  und  Ite^nndcrn  T«'N  t;i  aphisten  mit 
je  einem  Bureau  Chet  unterstellt  wn  irn  mußteJi  ^  llaupitini  caux  i.  Im  Verlaufe 
der  Zeit,  als  sich  Linien,  Apparate  und  Verkehr  aliniiiiig  vermehrten,  zeigto 
«eh  das  Bedllrfniß  der  Trennung  vom  Poetdienste  aneh  bei  einer  Anisahl  von 
Bureaux  xweiteu  Ranges,  die  dann  von  einem  (t^päter  bis  auf  4)  henonderen 
Telegraphi.xten  bedient  wtinlen  (Spezialbnrcau).  Die  übrigen  Bureaux  (Zwi-eben- 
burL-anx^  hli-  ben  w^ihrcnil  längerer  Zeit  obligat»»riseh  mit  d*"r  Post  \  ri  lniuilen, 
hin  tiich  auch  hier  ähnliche  CebeUtände  zeigteu,  indem  gewisse  i'oätbeamte  sich 
Sur  Erlernung  des  Telegraphendienstee  ans  irgend  einrai  Grunde  nicht  eigneten 
oder  denselben  sonst  nicht  gerne  ttbernahmen,  n.  s.  w.  Durch  die  Verordnung 
vom  1.  Män  1867  wurde  daher  die  obligatorische  Dienst  Vereinigung  aufgehoben, 
in  d'T  Meinuncr,  »biß  lUf'^ell"^  iinm«'rb!n  ah  Regel  7,u  betrui  hteti  und  sich  die 
beiden  Verwaituugea  in  jedem  einzelnen  Falle  zu  veibtanUigen  haben.  So  blieb 
tu  bis  auf  den  heutigen  Tug. 

Die  Art  der  IhranbUduitg  de*  Personals  ist  mit  einigen  unwesentlichen  • 
Ifodifikationen  von  Anfang  an  die  nämliche  geblieben.  Für  die  eigen!!!' li^-u 
Telegraphisten  (Beamte  der  Hau]»t-  und  Sp<^zialburcaux)  werden  je  iiarli  lle  liirf- 
niß  durchschnittlirb  alle  2 — 15  Jahre  LelnkurHC  angeordnet,  zu  welchen  junge 
Leute  von  lü — 2.'>  Jahren,  mit  genügenden  Vorkenntuisseji  (Sekundarschulbildung 
and  Kenntniß  wenigstens  sweier  LandesBprachen)  und  geeigneter  KSrperkonsti- 
tution  sngelas^en  werden.  Der  Lehiknro  besteht  gegenwärtig  auK  einer  Lehr- 
zeit von  einem  Jahre,  wovon  die  erste  Hälfte  (ohne  Bezahlung)  mehr  dem  prak- 
tischen, die  /weite  H'üfte  mit  einem  Tafr^'^bbs  von  Fr.  2)  mehr  dem  theoreti- 
schen Unterricht  gewi*ltuct  ist.  >iach  Schluß  diober  Lehrzeit,  welche  auf  den 
Haupt»  und  Bpezialtelegraphenbnreaus  stattfindet,  werden  die  Asfiiranten  xu  eimm 
gemeinschafklicheo  ächlußkurse  von  3  Wochen  einberufen,  an  welchem  Übrigen« 
auch  andere,  mit  dem  praktischen  Dienste  vertraute  Personen  Theil  nehmen 
können  und  der  'iazri  l>e-tiiiimt  ist,  il.i-^  utif  den  Bureaux  fTclcrnte  zu  wi  -.lerholen 
und  zu  vervidlständigm.  An  ilieheu  Schlußkurs  anschließend  folgt  die  Patent- 
prüfung, deren  betriedigendes  Bestehen  zur  Bewerbung  um  freiwerdende  Tele- 
graphistenstellen  berechtigt.  In  der  Zwischenzeit  kUnnen  die  Aspiranten  je  nach 
ihren  LeiHtnogen  und  nach  Maßgabe  de«  Bedürfnisses  als  provisorische  GebttUSen 
verwendet  werden 

Seit  fb  m  Jiiir  -  ISiJT  wer'b'fi  rn  diesen  Lehrkursen  auch  weihürhe  Personen 
zugelassen  und  ch  wurde  hievon  naeii  uno  nach  eiuäo  uulfaü^eoder  Gebrauch  gemacht, 
daß  in  neuester  Zeit  dem  Andrang  des  weiblichen  Personals,  welches  sich  zu  ge- 
•wiemn  Dienstverrichtungen  nun  einmal  nicht  eignet,  £inhalt  gethan  werden  mußte. 


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Telegraph 


—    2d3  — 


Tele^niplt 


Die  SesciäuHg  dieser  Telegraphisten,  welehe  inibigfioli  IV.  1000 — 1300 

betrug,  mußte  mit  der  Vertheueniug  dts  Lebensunterhalte«  nach  aud  nach  auf 
das  gegenwärtige  Maxirnnm  von  Kr.  3L'i>tt,  welche^  abt-r  or<t  nach  1')  DiL-iist- 
jahren  und  bei  gutem  Verhalten  erreieht  wird,  erhrdit  werden.     Die  Chcl»  der 
Hauptbureanx  erhalten  eine  Zulage  bis  ani  Fr.  öOü,  so  daß  deren  Maximal  be^sol- 
diuig  Fr.  4000  betrügt. 

Die  Inatruktion  der  Beamten  der  kleinem  Bureaux  geht  natürlich  nicht  sehr 
weit,  sondern  besrlninikt  >\>\\  mif  das  Cii  licii  uinl  Kmpfnngen  der  Telegramme, 
Reguliren  der  Apparate,  Behandlung  der  Batterien,  Rechuungs  und  Tarifwef«en. 
Sie  erfolgt  entweder  an  Ort  und  Stelle  durch  einen  patcntirten  Telegraphihten, 
weleher  gleiehxeitig  das  Bureau  einrichtet,  oder  auf  einem  nahegelegenen  größeren 
Bureau,  in  \s  t  h  hem  Falle  der  r.u  instruirende  Beamte  eine  entj<prechende  VergtttQng 
erhält.  Die  HiMildung  dieser  Zwigcheubureauxbeamten  besteht  gegenwärtig  nwa: 

1)  einnn  jahrlichen  Fixum  von  Fr.  200 — 400  (je  nach  Dienstalter  und 
Leiijtungeu), 

2)  einer  Provision  von  10  Rp.  fttr  jedea  Telegramm,  worin  daa  Vertragen 
bis  auf  einen  Kibmeter  Entfernung  inbegriffen  ist. 

Hat  da»  Bureau  vollen  oder  erweiterten  Tagdienati  80  wird  flberdiea  eine 
jfthrliehe  Zulage  vtn  Fr.   120     i>  |(>  «usgerirhti  f . 

Auf  den  KiHeiibtiiutteiegrajthenbiireaux  bezahlt  <Ue  Verwaltung  keiuüu  tixea 
Gehalt,  sondern  lediglich  eine  Provision  von  25  Rp.  fllr  jeden  Telegramm. 

Nebet  den  definitiv  angestellten  Beamten  und  den  patcntirten  Aspiranten 
verfügt  die  Verwaltung  noch  Uber  eine  Anzahl  provisorischer  GehUlHnnen,  welche 
bei  r'iiUlrfiiiß  [ Arbeitsvermehrung,  Kl■aukllt•it^^il].'  ii.  dgl.)  vorübergehenil  zum 
Dieii-tr  liei  I'  i^'czKiren  werden  können  und  mit  rinmi  Taggeld  von  Fr.  3.  50 
entschädigt  werden.  Diesct»  Institut  wurde  im  Jahre  18G'J  in  s  Leben  gerufen, 
namentlich  zn  dem  Zwecke,  dem  Verkehrsandrauffe  während  der  Fremdensaiiaon 
begegnen  zu  können. 

Für  das  Vertragen  der  ankommenden  Telegramme  sind  auf  den  Haupt- 
hiiri-.ui-v  b-'sondere  Bott>n  ange.stellt,  welchen  auch  da.«  Rrinifjen  der  Lokale,  der 
Unterhalt  der  Batterien  etc.  obliegt.  8ie  beziehen  gegenwartig  eine  fixe  Be- 
soldung von  Fr.  4»0 — 1200  und  eine  Provision  von  5  Rp.  fUr  jedes  Tertragene 
Telegramm,  womit  sich  die  Gesammtbesoldung  (at^eachen  von  der  Dienstkleidung) 
im  Maxiraum  auf  Fr.  2100  »stellt. 

Auf  «Ich  ■'i  'lhiiveuux  hat  der  H*aiiite  für  die  Vertragung  rn  sorgen  und 
zwar  gegen  cijiu  Vergütung  von  l»i  Up.  für  jedes  zu  vertragende  Ttdegramm. 

Auf  den  Zwischenbureaux  und  Kiaenbahntelegraphenbureaux  ist  die  Ver- 
tragungsgebllhr  in  den  ProvisionMi  inbeirriffen. 

Für  den  Nachtdienst  werden  fulL-^-nde  besondere  Vergütungen  ausgerichtet: 

1)  auf  den  Bureaux  mit  ununterbrochenem  Dienat  Fr.  2  fUr  die  ganze  Kaoht 
mit  Dienstfreiheit  filr  den  fo!p-ndon  Tufr: 

2)  auf  den  übrigen  Haupt-  und  8pezialburt  au.x  Fr.  i.»  per  Monat  nebst  einer 
Vergütung  von  60  Rp.  bis  1  Fr.  für  jede  wirkliche  Dimstleistnng; 

9)  auf  den  Zwischenbureaux  Fr.  1 — 2  für  jede  wirkliche  Dienstleistung; 

4)  für  das  Vertragen  der  Telegramme  (auf  allen  Bureaux)  50  Rp.  bis  auf  1  km. 
Taxen.  I)if  Tplp/rraphentaxen  haben  im  Verlaufe  dtr  Z<*it  we.sentliche 
Aenderungeo  erlitten.  Die  provisorische  Verordnung  vom  Jahre  1S52  setzte 
dieselben  fest  wie  folgt:  Von  1  —  20  Worten  Fr.  1,  von  21—50  Worten  Fr.  2, 
Ton  51 — 100  Worten  Fr.  3,  welcher  Tarif  damals  im  Vergleich  zu  den  aus- 
wbtigen  Verwaltungen  ein  finßerst  niedriger  war. 


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Telegraph 


—  284 


Telegraph 


Durdh  den  Bundeibeadilttß  yom  16.  DeBomber  1854  erlitt  dieser  Tarif  nur 
inBofern  eine  Aenderung,  aU  die  Wortmhl  fttr  das  einftohe  Telegramm  von  20 

«nf  25  Worte  erhöht  wurde. 

Sodann  bestimmte  ein  Bundesbeschluß  vom  22.  Januar  1859  die  Taxen 
wie  folgt:  1—20  Worte  Fr.  1,  21— -30  Worte  Fr.  1.  25,  31—40  Worte 
Fr.  1.  50  u.  8.  f.  für  jede  Serie  von  10  Worten  25  Rp.  mehr. 

Als  aber  im  Jahre  1866  die  belgische  Verwaltung  die  Taxe  für  20  Worte 
auf  60  Bp.  herabgesetzt  hatte,  fiel  audi  in  der  echweiterischen  BundeAverMmm* 

lung  ein  Antrag  im  gleichen  Sinne  und  wurde  in  der  That.  trotz  den  Warnungen 
dos  Biindesrathes,  unter  i'.cm  17.  Juli  l^'HT  mit  Inkrafttreten  auf  1.  Junuar  18G8 
zum  Beschluß  erhoben.  i)ie  Folgen  liei^ii  aber  nicht  auf  sich  warten;  wenn 
aich  auch  der  Verkehr  mehr  uii^  verdoppelte,  f^o  sticken  gleichzeitig  diu  Aungubei) 
anf  dne  bedeniende  HUhe,  so  daß  die  BedunngscrgebniMe  ungünstige  worden, 
die  7erwaltttDg  sieh  nnr  kümmerlich  auf  eigenen  Fußen  halten  konnte  und  tit 
Neuerungen  und  Verbesserungen  keine  Mittel  verfügbar  blieben.  Dieser  uner- 
quickliche  ZuNtanil  danerte  beinahe  10  Jnhre  und  erst  mit  dem  1.  Oktober  187  7 
trat  ein  neuen  Gesetz  in  Kraft,  welche»  auf  Grundlage  des  inzwitiühuD  im  Aus- 
lände Tiel&ah  eingelfihrten  Worttarife  Hasteetite :  a.  eine  fixe  Grnndtaze  von  30  Rp. , 
b.  eine  Worttaxe  ron  2V>  Bp.  (mit  Anfrnndung  auf  Ö  Rp.),  welehe  Taxen  snr 
Zeit  noch  in  Kraft  bestehen  und  bei  welehen  die  Terwaltang  oinen  besoheidenen 
Beingewinn  erzielt. 

Diftie  Ta.tSnrlernnp  gab  auch  Anlaß  zur  Beseitigung  des  Markensystems, 
welehe.>«  neit  1868  bei^tandeu  und  eine  Reihe  von  Uebelstäuden  ergeben  hatte, 
die  sich  unter  den  neuen  Taxen  noch  vermehrten.  Mit  dem  1.  Oktober  1886 
wurde  der  Gebraneh  der  Telegraphenmarken  eingestellt  und  die  Baarsahlung 
wieder  eingeführt, 

Verträge.  Mit  den  Telegraphenverwaltungen  des  Auslandes  Warden,  wie 
schon  angegeben,  bereits  in  den  Jahren  1S52  mul  IS.').*]  Untprlian(llnnt»fn  über 
den  gegenseitigen  Anschluß  dpr  Tflegra|ihciilinieu  geptiogen  und  bezügliche  Ver- 
träge abgeschlossen  und  es  fulgteu  dann  im  Laufe  der  Zeit  verschiedene  Ver- 
«inbarongen  zwisehen  grSßern  und  kleinem  Staatengruppe u  i  nameotlioh  in  Turin, 
Bern  und  Friedrichshafen  i,  welche  bereits  die  meisten  europäischen  Verwnltungdii 
umfaßten,  bis  endlich  im  Jahre  18Gö  der  erste  allgemeine  internationale  Tele- 
gra|ihenvertrag  zwischen  20  enropnisehen  Staaten  zu  Stande  kam  Dieser  Ver- 
trag stellte  einheitliche  müüige  'ia.\.en  und  gleichtörmige  Bestimmungen  über  die 
Behandlang  der  Korrespondenzen  fest  und  erfirente  sich  sehon  in  den  nlehsten 
Jahren  des  Beitritts  mdirerer  anßerenropKischen  Staaten  und  Privatgesellsohaften« 
Er  wurde  periodisch  revidirt  und  zwar  durch  die  Konferenaen  von  Wien  I8t>8, 
Korn  1872,  St.  Peter>l)nrg  1875,  London  187'.»  und  Berlin  1885,  bei  welchen 
Aiilä.sHen  mehr  und  mehr  auf  Ermäßigung  und  Vereintachung  der  Taxen  hinge- 
arbeitet wurde  und  immer  zahlreichere  Beitritte  ert'olgten,  so  daß  dieser  Vertrag 
heute  so  siemlieh  den  ganien  Brdkreis  umfaßt. 

Anf  der  Konferenx  von  Wien  wurde  unter  dem  Namen  ^  Internationales 

Bureau  <h  r  TelcgraphcnverwaUiingen"  ein  Institut  gesehaffen,  wetehes  die  Auf- 
gabe hat.  den  Y-  rkehr  zwiHchen  den  verschiedenen  V«»rwaltungen  zu  vermitteln, 
die  Tarife  zu  entwerfen,  zweifelhafte  Vertragsartikel  aufzuklären,  eine  allgemeine 
Statistik  aufzustellen,  eine  telegraphische  Zeitschrift  herauszugeben  etc.  Der 
Sehweia  wurde  die  Ehre  an  Theil,  dieses  Bureau  bei  sich  zu  organbtren  und 
es  begann  dasselbe  seine  ThStigkeit  mit  dem  1.  Januar  1869.  Die  Kosten  das- 


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I 


Telegraph  —    2Ö5    —  lelegraph 

■dlben  werden  nach  einer  hiefür  aofgestellteu  Skala  gemeinsohaftlich  von  den 
sSnmtlioben  Vertragiyefwaltnpgen  beitritteD. 

Nebst  ilem  allgemeinen  TelegrapheikTertrag  beKteben  nocb  Separatabkommen 
zwiäcbeii  il)-r  Schweiz  uud  den  angrenzenden  Staaten«  hauptaiUüiliich  im  Sinn» 
weiterer  Taxermäßij^ungen  nnd  Diensterlfichterungen. 

Direktoren:  Als  provi^oriscber  Dirigent  des  Telegraphen wesen»  wurde 
im  Januar  1852  vom  Post'  und  Baudepartement  einberufen  Herr  Leo  Baum- 
gartner ^  Ton  Altütätten,  der  aber  schon  auf  16.  April  1858  zarttektrat.  Ihm 
folgte  als  erster  definitiver  Direktor  Herr  Professor  Kar!  BrHnmr,  von  Bern» 
der  dann  im  Juli  1807  einem  Knf  nach  Wien  folf^te  und  durch  Herrn  L<>u^>t 
Curcitod,  von  Crissier  (Waadt),  bis  anhin  Kreisinapektor  in  Lausanne,  ersetzt 
wurde.  Nach  dessen  Wahl  zum  IKrektor  des  intenationalen  Bureau  tvat  im 
Febmar  1869  an  dessen  SteUe  Herr  KaH  LeiuU^  Ton  Wallenstadt,  Kreis- 
inspektor in  Lausanne  und  seit  1864  Adjnnkt  des  Direktors.  Dieaitm  folgte 
nach  dessen  Wahl  zum  Direktor  des  interQationa1«»n  Burean  (an  Stelle  des  zurück- 
tretenden Hr.  (Jurchod)  im  Juli  1<S72  lierr  Atu/usl  Frey,  von  Ölten,  früher 
Krebiuspektor  in  Bern  und  seit  1869  Direktionsadjunkt.  Nach  seiner  Beftirderung 
»um  Direktor  des  internationalen  Telegrsphenbureau,  an  Stelle  dea  im  Jahre  187S 
wieder  in  geine  frtfhsire  Stelle  eingerückten  und  im  Oktober  1889  verstorbenen 
Hrn.  Ciirchod  ;;in^  die  Direktion  der  schweizerischen  Telegraphen  im  Februar 
1890  uuf  Hrn.  I»r.  Kothen  über. 

Entwicklung  des  Verkehrs.  Ueber  die  alhnälige  Entwicklung  des 
telegraphischen  Verkehrs  gibt  folgende  Statistik  Auskunft.  Dieselbe  beginnt  mit 
dem  Jahre  1863,  da  der  Dienst  ent  im  Deaember  1852  erOflnet  wurde. 

Eine  zweite  Statistik  leigt  den  Ünteraohied  in  der  Frequens  des  Telegraphen 
in  verschiedenen  Staaten. 

Znm  Schlüsse  möge  noch  bemerkt  werden,  daß  di«»  Eisenbahnverwaltungen 
ZOT  Regelung  ihres  Betriebsdienstes  besondere  Telegru|ihenleitungen  benitzen^ 
welche  aber  meistens  mit  staatliohen  Leitungen  an  den  gleichen  Stangeu  ange- 
bracht sind.  Diese  Leitungen  werden  fest  anssohliefiUch  dnroh  Morse^Apparate 
bedient;  erst  in  neuester  Zeit  wird  auch,  namentlich  bei  Seknndärbahnen,  daa 
Telephon  verwendet.  Daß  eine  Anzahl  von  PfiVintelegruiihenf-tationen  «ueh  dem 
öffentlichen  Verkehr  zugänglich  sind,  ist  bereitt.  ubeu  erwähnt  worden.  In 
dringenden  Fällen,  wo  die  Telegramme  bei  Beförderung  durch  den  Staatstele» 
graphen  ihren  Zweek  nicht  erreichen  kSnnen,  sind  ttbrigena  alle  Bahnstationen 
ermächtigt,  Privattelegramme  zur  Beförderung  aniunehmen,  in  welchem  FH; 
sie  die  gesetzlichen  Taxen  zn  ITanlen  der  staatlichen  Verwaltting  und  Überdies 
eine  Zuscblagtaxo  von  60  üp.  zu  Uauden  der  Bahnverwaltung  zu  beziehen  haben. 


Tüegraphenstatistih 

1853 

1873 

1889 

Xittnge  der  Linien  in  km  . 

1,942 

3,192 

5,843 

7,151 

,       „    Drähte  „     ^  . 

2,400 

4,960 

14,168 

17,872 

Zahl  der  Staat^ibureaax 

70 

200 

800 

1,253 

p  Eisenbahnbureaux 

6 

85 

94 

,      ,   Apparate  .    .  . 

128 

308 

1.106 

2,090 

„     des  Personals  .     .  . 

inr, 

322 

1,327 

1,890 

Telegramme:  Interne  . 

74,09ä 

2^8,778 

r  64 1,07.5 

1*912,500 

Internationale 

8,491 

116,212 

550,886 

ri94,677 

Traositirende 

41,881 

330,048 

&0»,364 

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Telegraph 


—    2«6  — 


Telepbou 


1853           1863            1873  1889 

Dieiistliohe  .       2,246       11,523         47,784  120,361 

Total  .    .    .      64,832      468,394      2'4«V.».7l)3  :V7:\'2,*M)2 

Einnahmen  in  FrankeD     .    144,645      671,^85      1"71 1.597  3  991,925») 

AutigabeD    .       .          .    289,120      570,846      1  750,640  3'4l7,6i^3*) 

Vergleichende  Telegrammstatistik  pro  18m7  IPSR. 

Zahl  der  TeleKraiiiiMf  jx  i  Kmw  ohner. 

Totstl  Inlrrne  liislän'liürlit  TiaüMitr*-ntlf  Ihensilieb« 


Großbritauien  und  Irland    .  . 

1887 

132 

16 

1 

Schup^   

1888 

120 

62 

38 

16 

4 

Frankfeiek  (Gontinent  n.  Korsika) 

1888 

99 

74 

13 

3 

9 

1888 

85 

43 

30 

10 

2 

Deutschland  

1888 

51 

34 

14 

2 

1 

Oesterreich  (ohne  Ungarn)  . 

1887 

31 

17 

8 

3 

3 

1888 

31 

24 

5 

1 

I 

Telephon.  (Mitgctheilt  von  der  Schweiz.  Telegraphendirektiun  ȟb  14.  Sep- 
tember 1889.)  Ab  im  Jakro  1877  yon  Amerika  herllber  die  Kunde  naek  Europa 
gelangte,  es  8ei  ein  elektrischer  Apparat  erfandeo  worden,  niittelat  welchem  man 
durch  einen  Metalhiraht  auf  gröfio-re  Entfernungen  mit  einander  sprechen  könne, 
wnnl»-  diese  Ertiudung  vielfach  angezwpif.  lt  oiler  wenigstens  als  eine  bloße  wissen- 
schaltliche  Spielerei  ohae  jede  praktische  Beiieutung  betrachtet.  Aber  dien«  Zweifel 
waren  yon  knner  Dauer,  denn  es  folgte  bald  die  Maehrickt,  daß  man  fieh  in 
Amerika  bereits  damit  beTaase,  diesen  ApfMirat,  «Telephon"  genannt,  sam  mUnd- 
lichtMi  Verkehr  zwiseken  den  Bewohnern  einer  nämlichen  Stadt  und  deren  nächster 
Urntrebun;::  nutzbar  zu  marlifn,  und  zwar  in  der  Weise,  daß  dir»  vtTschiedenen 
Wühuungeu  oder  Geschältslokale  mit  einer  Zeutralbtelle  verbunden  und  durch 
diese  auf  Verlangen  unter  steh  io  direkten  Verkehr  gesetzt  werden  können. 

Bei  dieser  Sachlage  war  es  angezeigt,  die  Frage  zu  prüfen,  welche  Stellung 
^er  Bnnd  als  Inkaber  des  Tel^rapkenmonopols  mit  Bezug  auf  die  Telepkonio 

einzunehmen  habe,  und  es  konnte  kaum  einem  Zweifel  unterliegen,  daß  die  Tele- 
phonie  a\s  t  ine  bloß«  Abart  der  Tfdegraphie  zu  betracliten  tnid  in  Folge  dc>srn 
dem  staatlicln-ii  ^luiiopol  zu  untertilcllt-Ti  sei.  Von  diesem  8tan'lj>nnkt»*  ans  frliuß 
die  Telegraphendiroktiou  bereit*»  am  7.  Dezember  1877  ein  Kreidjichreiben,  mit 
welehem  ikre  Organe  darauf  anfinerksem  gemaekt  wurden,  daß  alle  Telepkon- 
einriohtun^'i  n,  insoweit  sie  sich  nicht  auf  das  Privateigenthum  des  Erstellers 
beschränken,  der  staatlichen  Bewilligung  bedürfen.  Am  23.  Februar  1878  folgte 
tiodaun  ein  Hnndosrathslipsrliluß,  welcher,  vom  gleichen  Standpunkt  ausgehend, 
die  allgemeinen  Bedingungen  tür  die  Koiize^iuueu  feststellte.  Gegen  diesen  ße- 
soklnß  reknrrirte  ein  Industrieller  an  die  Bundesversammlung,  indem  er  geltend 
mackte,  daü  einerseits  die  Telephonie  als  wesentliek  versekiedMie  Einriebtung 
nicht  ohne  Weiteres  unter  da.s  Tclegraphenregal  falle  und  daß  es  anderseits  nicht 
in  der  Kompetenz  des  Bundesrathes  liege,  bif  lübfv  rn  fiittscheideti.  Die  Bundes- 
versammlung erklärte  aber  <len  Rekurs  als  unbegrüudot  und  bestätigte  damit  in 
definitiver  Weise  die  Kegalität  de«  Telephon wcsens. 

Bei  diesen  ZwischenfSUen  blieb  die  Frage  unerürtert,  ob  der  Bund  eventnell 
deo  Telephonbetrieb  selbst  ttbemekmen  oder  auf  dem  Konsessionswege  der  Privat- 
indttstrie  Überlassen  solle.  Erst  als  im  Jakre  1879  ein  Konzeseionsbegekren  fUr 

')  Telephonrechnung  inbegrififen. 


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Telephon 


—    267  — 


Telepliim 


Erstellung  eines  Telephonnetzes  in  Zürich  einlangte,  mußte  hierüber  ein  Entücheid 
getroffen  werden.   £a  war  damakt  nooh  keine  Rede  von  Telephonverbindnngen 

auf  größere  Entfernungen  und  man  konnte  daher  voraassetaen,  daß  i-lvh  Uaeer 
Dienst  iii  ili-r  So"hwi'iz  anf  die  größern  Stäilt*-  nnd  deren  niiehste  üujjfebung 
beschrüiiken  werde ;  auch  wurde  in  Amerika  und  England  die  Kinrinhtung  und 
der  Betrieb  der  Privatinduätrie  UberlaiMen,  hu  daß  der  Bundesrath  such  veranlaßt 
fand,  Torlfinfig  wenigstens  den  gleichen  Weg  einzuschlagen  vnd  die  verlangte 
Konfeasion,  immerhin  anter  Vorbehult  des  Btlekkanfos,  am  20.  Juli  18bO  au 
gewähren.  Aber  noch  im  gleichen  Jahre  glnjr  aus  Amerika  die  Nachricht  ein, 
daß  in  Foltrf  KrfiTuhnig  eines  neuen  verhf's«ert(*n  S'prerhHppnratfs,  ^Mikruphon " 
genannt,  der  telephonihche  Verkehr  auf  weitere  tntternungeu  gesichert  8ei  und 
daß  bereits  Yerbiudungen  zwü^chen  verschiedenen  Städten  erstellt  werden.  Damit 
trat  die  Telephonie  in  daa  Stadium  einer  Konkurrensanstalt  mit  der  Tel^raphie, 
sowohl  in  Bezug  auf  den  Hnanxiellen  Betrieb,  aJa  auch  hinsichtlich  der  Benutzung 
von  StraßiMi  und  Eisfuliiihiifn  zur  Er^^tellnnp  '1er  Linien,  und  e«  fllhrt**  dies 
nothwt'TnÜL'  zu  dem  Eut*chlu8»e,  die  weitere  Ausdehmmg  ton  Staats  we<ivn  an 
die  Hand  zu  nehmen.  Demgemäß  wurden  bereits  iui  Jahre  lÖöO  die  Vor- 
berMtangen  für  Brstellang  von  Telephonnetsen  in  Basel,  Bern  und  Genf  getroffen 
-und.  die  beiden  efMtett  Netze  gelangten  im  Jahre  l^tM  zur  ErÖflhung  mit  181, 
resp.  144  Abonnenten,  wahrend  Genf,  wn  sieh  anfänglich  keine  genügende  Be- 
theüipung  zeigte,  erst  im  Jahre  1^82  mit  12*'  Abonnenten  nachfolgte.  Im  gl^iehen 
Jahre  wurden  auch  die  er:iteu  Netzverbmdungen  ZUhoh-Winterthur,  Zilrich- 
ThalweiUHorgea  in  Angriff  genommen,  nachdem  vorher  langwierige  Unt«r* 
handlangen  mit  der  Zürcher  Telephongesellsohaft  in  Betreff  des  gegenseitigen 
AoachlMBes  stattgefunden  hatten.  Von  da  an  verbreitete  sich  die  Telephonie  mit 
einer  ungeahnten  Schnelligkeit  fast  über  dn^  gftn/e  Land.  Das  Zürcher  Telephon- 
netz ging  mit  dem  1.  Januar  188ti  um  die  Öumuie  von  298,t)55  Fr.  käuflich 
au  den  Bund  über.  Es  waren  bei  der  üebergabe  IU4  Stationen  im  Betrieb. 
Heute  steht  die  Schwds  mit  Besug  auf  diesen  Dienstsweig  und  im  YerhKltniß 
SU  der  Bevölkerung  an  der  Spitze  aller  europi     1  n  Staaten. 

Das  sclnvi-izcrische  Ti  l''i'liü!iwef*en  int  aber  zur  Stunde  noch  nicht  ge- 
setzlich organibirt,  sondern  wiirdf  in  provi>orisi  lu  r  W»  i(,e  dem  Teiegraphenwenen 
beigeordnet,  wie  es  übrigens  in  allen  andern  L<ui«leru  mit  Staatsbetrieb  der  Fall 
ist.  Unter  der  Oberleitung  des  Bundeeratbes  trifft  das  Post*  und  Eisenbahn- 
departement die  auf  diesen  Uienataweig  bezüglichen  Verfllgnngen  und  die  Aus- 
führung derselben  liegt  der  Telegraphendirektion  ob,  welcher  zu  diesem  Zwecke 
in  provtsori-rlirr  Weisp  das  nöthige  HUlfsperMinal  bcigfgfhen  wurde  Die  Tele- 
graphendirektiuü  verkehrt  direkt  mit  den  TclephoncheJs,  welche  die  größern  Hetze 
nebet  den  omliegendeu  kleinem  Netzen  in  administrativ«*,  tecbnisoher  und  finan- 
aieller  Hinsicht  su  verwalten  haben.  Unter  diesen  Telephonehefs,  welchen  je  nach 
der  Größe  der  Netze  noch  Gehiilfen  beigegeben  werden,  stehen  einerseits  die 
Telephonisten,  in  der  Regel  w^ll'Uche  Personen,  wd«  li.  n  (Iim-  Utiiscbaltdien>f  auf 
den  Zentralstationen  dblit-gt,  aiMlri-.s.  iti  die  Aili-'iter,  wcluliu  den  Bau  und  Unter- 
halt der  Linien,  t.ü\vie  die  länrichlung  und  den  Unterhalt  der  Abonnentenstationen 
£a  besurgeii  haben. 

Die  He^oiduDgen  der  Tclephonbeanjten  sind  in  provisorischer  Weise  fest- 
gesetzt  und  betragen  gegenwärtig : 

Die  Telephonchefs  je  nach  der  Größe  der  Netze,  Leistungen  und  Dienstalter 
bis  auf  Fr.  4800. 

Die  Telephongehulfen  bis  auf  Fr.  37^0. 


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Tdephon 


—    2»«  — 


Telephon 


Die  TelephoDifltimien  der  größeni,  felbstotKodigen  Zentraktationen  bb  auf 

Fr.  1500. 

Die  Telephoiiisten  der  kleinem  Zentralstationen,  wildut  in  der  Kugel  mit 
den  Po»t-  und  Telegraplienbureaax  verbunden  sind,  erhalten  eine  nach  der  Zahl 
der  sa  bedienenden  Stationen  berechnete  YM>giitung  im  Uaximnin  von  Fr.  30 
per  Station. 

Die  Arbeiter  werden  im  Taglohn  (Fr.  B — 6)  besahlt. 

Einzelne  mittelgroße  Zentralstationen  werden  von  Telegrajiln-ten  verwaltet, 
wplrhe  dafUr  eine  Zulage  bis  auf  Fr.  tiOO  su  ihrer  Telegraphi^tenbesoldung  er- 
haken. 

Im  Uebrigen  aind  die  Telephonbeamtmi  den  f^eiohen  BiflaipUnarToradiriften 
nntenteUt  wie  die  Telegraphenbeamten. 

Neben  Jeu  eigentlichen  Abonnentenstationen  bestehen  iu  den  grüßern  Netzen 
noch  öllentliche  SpreciiNtatiouen,  von  denen  aus  Jederinaun  .sowohl  mit  den  Abon- 
nenten des  nämlichen  Metzes,  aie  mit  denjenigen  der  ange»chlo(i8enen  Netze  ver- 
kehren kann. 

Sowohl  von  den  Abonnentenatationen,  als  yon  den  Sffentliehea  Spreehatationen 

Mia  kSanen  durch  Verniittlung  der  Zentralstationen  schriftliche  Anftrige  (Fhono- 

gramme^  an  beliebige  Personen  der  Ortschaft  bestellt  wer  ]f'n. 

Ferner  können  in  denjenigen  Netzen,  deren  Zentralntatiunen  mit  den  Tele- 
graphenbureaux  vereinigt  odw  telephoninch  verbunden  sind,  von  den  Abonnenten- 
atationm  ava  Telegramme  telephoniach  angegeben  nnd  empfangen  werden. 

Bndlich  bestehen  noch  in  Ortachaften  ohne  Telephonnetz  sog.  Gemeinde- 
stationen, welche  entweder  mit  einem  Telejxraphenburean  verbunden  sind  und  in 
diesem  Falle  nur  znr  Vermittlung  von  Trlegnimuieu  dienen,  oder  deren  Leitung 
in  eine  Telephon-ZeutralHtation  einuiiindet,  nu  dai»  neb^t  der  Teiegrauimverniittlung 
aueh  der  mündliehe  Yerkehr  gegeben  iet 

Die  Telephontaxea  waren  bia  jetit  ebenfalls  noch  nieht  geeetslieh  ge- 
regelt,  sondern  provisorisoh  dnrdi  den  Bnndeerath  fcatgesetxt  wie  folgt: 

1)  Jährlicher  Abonnement«preiH  fUr  eine  einfache,  mit  der  Zentralstation 
verbundene  Abonnentcustiition  bi-  auf  die  Entfernung  von  2  km  Fr.  ir)0,  mit 
einer  Knniiljigung  auf  Fr.  loO  fiir  ütf'entlichc  und  gemeinnützige  Anötulten.  Di© 
sämmtliclien  Ersteilungs-  und  üuterhaltunghkosten,  sowie  die  Bedienung  der 
Zenttalatationen  werden  von  der  Verwaltang  Übernommen.  Bei  weitem  Ent- 
femongen  werden  fllr  je  100  m  Hehrdiatanx  Fr.  3  per  Jahr  angeschlagen. 
Zweigstationen  bezahlen  immer  bis  anf  die  Entfernnng  \  un  2  km  Fr.  70  oder 
Fr.  100.  je  nachdem  dieselben  dem  Abonnenten  selbst  oder  einer  andern  Person 
dienen  »oilen. 

2)  Die  Taxe  für  Gespräche  zwischen  verscbiedencn  Netzen  (interurbane 
Gesprftohe)  betrügt  fttr  je  5  Hittnten  Daaer:  20  Bp.  bia  auf  100  km  j  60  Rp. 
Ar  größere  Entfernungen. 

3)  Bei  den  9ffenfliohen  Sprechstationen  beträgt  die  Taxe  10  Hp.  lUr  je 
5  Minnten  lllr  Gespräche  im  Innern  des  nSmlichen  ITetaea;  fir  interurbane  Ge- 
sprSchc  gelten  die  unter  2)  bievor  genannten  Tasen  mit  einem  Zuschlage  yod 
10  Rp. 

1^  Die  Phonogramme  bezahlen  10  Rp.  fix  (auf  den  öffentlichen  Stationen 
20  Kp.)  nnd  1  Rp.  per  Wort. 

5)  FUr  die  telephonische  Yermittlnng  eines  Tdegramms  (abgehend  oder 
ankommend)  werden  10  fip.  berechnet. 


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1 


Telephon  —    289    —  Telephon 

6)  Für  die  Gemeindeätationeu,  welche  lediglich  cur  Telegrammsvenntttlong 
dienen,  bezahlen  die  betreffenden  (icmeindfn  einen  einmalipen  Beitrag  an  die 
LiuieubaukuHteu  (in  der  Kegel  die  Hälfte)  und  bt^orgen  Ucu  Diuiust  uut-ntgeltlich, 
können  dagegen  für  jedes  abgehende  Telegramm  einen  Zuschlag  bis  auf  25  Kp. 
SU  den  geeetsliehen  Telegniphestaxen  bcsiehen. 

Dii  iit  iib<  v  die  Station  gleichzeitig  auch  zum  Sprechen,  so  bezahlt  die  Ge- 
meinde den  Ubiiclifu  Abonnementspreis  samtiit  Di^,tallzztlscblag  und  btzielit  für 
Gespräche  eine  Taxe  von  10  Rp..  wovon  dw,  Hälfte  an  die  Verwaltunir  abzu- 
liefern ist  Die  Teiegraiumsvermittlung  erfolgt  unter  den  gleichen  ücUiugungen 
wie  bei  den  übrigen  Gemeindestationen. 

Ein  GeeetK  Uber  da»  Telephon  weeen«  welches  Ton  den  RXthen  am  27  Juni 
1880  erlassen  warde,  setTit  abgeänderte  Taxen  fest,  von  denen  als  wesentlich  nur 
folgende  erwähnt  werden  mögen : 

Ad  1  Der  jährliche  Abonnementspreis  beträgt;  für  das  erste  Jahr  Fr.  120, 
fttr  das  sweite  Jahr  Fr.  100,  vom  dritten  Jahre  an  Fr.  80,  wobei  jedooh  der 
Abonnent  nnr  Anrecht  anf  800  GesprSehe  hat,  während  der  UeherechnO  an  Fr,  ö 
ftlr  jedes  Hundert  besonders  bezahlt  werden  muß. 

Ad  2.  Die  interurbanen  Taxen  werden  betragen  :  .MO  Rp.  bis  auf  50  km, 
50  Bp.  von  50 — 100  km,  75  Kp.  für  größere  Enttevuungen,  nach  der  Luftlinie 
gemessen  und  für  je  3  Hinaten  Gesprächsdauer. 

Ad  6,  Alle  Gemeindestationen  werden  gleichgestellt  nnd  besahlen  einen 
AbonnementHpreis  von  Fr.  120  nebst  DistanzzuHchiag. 

LTeber  dm  Bau  der  Te  1  e  [>  h  o  ii  1  i  n  i  c  n  f:ilt  im  AUgemeineu  das  schon  im 
Artikel  ^Tele^Taph"  Gesagte.  Iininerhiti  sind  folgende  Abweichungen  zn  er- 
wähnen :  Die  Telephonlinien  in  Städtuit  fuhren  iu  der  Regtl  viel  mehr  Drähte 
als  die  Telegraphenlinien,  nnd  als  Stutzpunkte  kennen  nicht  Stangen  verwendet, 
sondern  es  müssen  besondere  Gerüste  anf  den  Iliiusem  errichtet  werden.  Schon 
b»  im  Bt  ginn  der  schweizerischen  Telephonie  im  Jahre  1H81  hat  die  Telegrapheu- 
verwaltung  EisPtikonHtrukt!f>nen  in  .\nwendnng  fn'hmcht  nnd  dadurch  den  Anstoß 
gegeben,  daß  auch  in  andern  Staaten  t\ach  und  nach  die  HolzgerUste  dun  h  eiserue 
ersetst  wurden.  Wegen  den  nnregelmltßigen  nnd  bbweilen  sehr  großen  Spauuuugcn 
war  die  Yerwendnng  weichen  Eisendrahtes  von  Tomherein  aucgeschlossen  nnd 
es  wurde  als  Leitungsmaterial  2  mm  dicker  Patentgußstahl  Iralit  von  440  kg 
Tragfähigkeit  gewählt.  Die  in  der  Telegraphie  gebrüncliüfhen  l'or/rlhxn-lsolatoren- 
modelle  eigneten  sich  wegen  ihrer  Gröüe  nicht  gut  für  die  Stadtntjtze;  es  wurden 
daher  spezielle  kleine  Porzellau-Isolatorea  koiistruirt,  aufänglich  mit  einfacher, 
seit  1888  mit  Doppelglocke,  damit  das  Anseehen  der  Drabtgestelle  auf  den 
Biebern  nicht  ein  allzu  schwerfalligt  s  werde. 

Seit  wird  der  2  mm  Stahldraht  in  den  meist«  n  i'älh  n  durch  Hart- 

kupfcrdralit  von  1 mm  Durchmenfier  ersetzt,  weil  ersterer,  *jiiglei(h  galvanisirt, 
von  dem  den  Kuuiinen  entsteigenden  K^iuch  rasch  zerstört  wird,  weil  ferner  der 
dünnere  Hartknpferdraht  die  Drahtgeatelle  nnd  die  DScher  weniger  belastet  nnd 
weil  endlich  die  Keinheit  der  Lautubertragung  um  etwn.<j  Weniges  erhöbt  wird. 

Die  Telepliitulinien  außerhalb  der  Städte  und  von  Netz  zn  Ni  tz  U  bnen  sich 
in  ihrer  Koustruktion  schon  mehr  fi?i  die  Telegrnphenünifn :  immerhin  verlangen 
sie  eineu  sehr  sorgfältigen  Bau,  möglichst  gute  Isolation  der  einzelnen  Drähte, 
daher  Verwendung  der  besten  Sorte  von  Ponellan-Isolatoren.  Alle  längem 
Tclephonleitnngen  sind  mit  ä  oder  8  mm  diekem  Hartknpferdraht  gebant,  weil 
bei  großem  Dlrtanzen  Eisen  oder  Stahl  als  Leitungsmaterial  die  Reinheit  der 
Lant Übertragung  zu  sehr  beeinträchtigen  würden. 

Famr,  VolluwirtbMb«fto-L«xlkoo  der  Schweix.  19 


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Tdephon 


—    290  — 


Tfliephon 


Neben  den  Luftlinien  bejttehen  in  Genf,  Zürich  utnl  Bern  Kabellinien  für 
die  Telephonie,  die  sich  dadurch  von  deti  Teiegraphenkabalu  unterscbeideii,  daß 
mne  größere  Anzahl,  27,  in  einem  Strang  vereinigt  sind,  und  4aß  besondere 
Vorkehren  getroffen  werden  mnfiten,  nm  die  Induktion  von  einem  Draht  nnf  den 

andern  zu  beseitigen.  Die  ente  Kabellegung  mit  370  Adern  zwiscben  der  Zentral- 
utation  Gent  uiul  LongemaHf'  erfolgte  im  Jabre  18H6,  im  darauffolgenden  Jahre 
wurde  der  Kabelntrang  nut  864  Adern  zwischen  d?r  Zentralstation  Zürich  und 
dem  Zentralhof  gtslcgl  und  im  Jahre  1888  folgten  zwei  weitere  K.abelleguugen 
hl  Genf  nnd  eine  in  Bern. 

Bei  der  Wahl  der  Apparate  kamen  im  Jahre  1881  das  Edison-,  Blake-, 
ThMler-,  Oowley-,  Gower-  und  Locht-System  in  Frage  und  die  Telegraphen- 

verwaltun^  entschied  sich  nach  längern  Yersiichen  für  l-^  Theiler-Sy^t^'m  und 
den  Batterieaufruf  und  brachte  dasselbe  im  Netz  Basel  zur  Verwendung,  verließ 
es  jedoch  schon  beim  xunäcbst  in  Angriff  genommenen  Netz  (Bern),  um  definitiv 
nnm  Wechselatromanfhif  mittelst  Hagnetindnktoren  llbentigebon.  Bei  vorwiegender 
Vorwendong  des  Blake^Hikrophone  kamen  gleichwohl  auch  andere  Hikrophon- 
Kysteme  in  Gebrauch,  namentlich  das  Ader-,  Theiler-  nnd  Berliner-System.  Zur 
Krgänznng  de«  Mikroplionstromps  werden  ausschließlich  Leclanch^-EIemcnte  in 
ihren  verschiedenen  Formen  verwendet,  weil  sie  sich  besser  als  irgend  ein  anderes 
System  fttr  diesen  Zweck  eignen. 

Das  Telephon  im  engern  Sinne,  welches  anfSnglioh  sowohl  znm  Sprechen 
als  anm  HSren  diente,  wird  sMt  der  Erflndong  des  Mikrophons  anssohlieftlich 

nur  zum  Hören  verwendet  und  hat  die  von  seinem  Erfinder  Bell  gewählte  Form 
und  Koiii<truktIon  beibehalten,  während  das  lükropbon  (Sprechapparat)  sehr  Ter- 

schiedeuartige  Modelle  aufweist. 

Für  die  ümschaltuDg  auf  kleinen  Mittel»tationen  konstruirte  die  Telegraphen- 
verwaltung  besondere  Nummerkästcheu ,  welche  auch  anderswo  angenommen 
wnrd«i. 

BehnÜB  Verwerthnng  dnes  einsigmi  Drahtes  für  mehme  Stationen  wnrde 

ein  von  Ericsson  und  Cedergren  in  Stockholm  erfundener  automatischer  Umschalter 

eingeführt,  der  von  der  Zentralstation  aus  gestellt  werden  kann  und  den  Anschluß 
von  fiinf  A btinnenten  vermittelst  eines  einrip^en  Drahtes  gestattet,  ohne  die  AboTt- 
neuten  mit  irgendwelcher  be«ondern  Manipulation  zu  belasten  und  ohne  da»  Be- 
lauschen  der  üesprSche  eines  der  fünf  Abonnenten  dnroh  die  andern  an  ermög- 
lichen. Dieses  System  gewannt  namentlich  dann  besondern  Werth,  wenn  es  sich 
um  eine  kleiue  Gruppe  weit  ab  vom  Zentralpunkt  eines  Netzes  liegi  iuler  Abon- 
nenten bnndf-lt,  die  dadurch  den  Anschluß  mittelitt  eines  einzigen  Drahtes  ohne 
eigentliohü  Mittelst-ation  erlangeu  ki-nnen. 

Für  die  ZcntraLitationen  wurden  zuerst  theils  Wechselgestelle  nach  dem 
Gilliland-System,  theils  nnbeholfene  Kachbildnngeo  desselben  verwendet.  Dnroh 
•inen  Besnch  der  Pariser  elektrisehen  Ausstellung  von  1881  worden  jedoch  der 

Telegraphenverwaltung  die  vorzüglichen  Standard- Wechselgestelle  der  Western 
electrie  (Vinipany  in  Chicago  bekannt  und  von  jenem  Z»»it|innkt  an  kommt  nur 
dieses  Sy-ti-ui  in  V'erwendung.  Dasselbe  zeichnet  sich  vor  allen  übrigen  auch 
seither  aufgetauchten  Systemen  durch  kleine  Dimensionen,  große  Sicherheit  in 
der  Umschaltnng  und  Redaktion  der  Uanipnlationen  auf  ein  Minimum  aus;  es 
gcKtattet  daher  neben  prompterer  Bedienung  der  Abonnenten  eine  namhafte  Re- 
duktion des  Personals  der  Zentralstationen.  In  der  That  hat  es  sich  auch  nach 
dem  Vorgang  der  Schweiz  in  andern  Staaten  Bahn  gebrochen. 


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Telephon 


—    391  — 


Telephon 


Mit  dem  Anwachsen  der  Abonnentenzahl  einer  Zeatralstatiou  werden  jedoch 
•die  Yerbindnngen  von  Gestell  wa  Geetdl  immer  hKufiger  nnd  schwieriger;  sie 
Teriangen  eine  Iteeondere  Anfsieht  und  Itlhm  demnaoli  m  manehen  Irrthtimeni. 
£e  wwiee  sich  daher  ah  BedUrfniß,  flir  Zentralstationen  mit  mehr  als  400  Abon- 
nenten, nnter  BiMl"<»!iRltiuig  der  Vorzüge  de«  genannten  Wech.sclgeßtells,  eine 
Vurric'htuii^  iinztibrmgt'n,  durch  welche  die  Verbinduiitr  von  Gestell  zn  Gestell 
überliuiisig  wird.  Dieti  iut  mit  den  Multipelgei>telleü  erreicht,  welche  I8titi  iu  (ieuf, 
1887  und  1888  in  Zttrteh  nnd  Basel  aalj^tellt  wurden.  Dieselben  sind  derart 
^ngericbteti  daß  jeder  Telephoni§tin  100  Abonnenten  zur  Bedienung  mgetheilt 
irerden.  Eine  solche  Bi'umtiu  hat  Jalier  nur  den  Anrufen  der  ihr  zugewiesenen 
100  Abonnenten  Folge  zu  geben;  sie  kann  jedoch,  wenn  einer  dieser  Abonueuten 
•eioen  solchen  verlangt,  der  einer  andern  Beamtin  zugewiesen  ist,  die  Verbindung 
-direkt  herstellen,  ohne  die  andere  Beamtin  in  UitMdensöhaft  m  aidien  oder  ihren 
Plate  m  verlassen.  Der  Gewinn  ist  ein  aufierordentliolier  nod  Tersohieden£Mdier : 
•die  Bedienung  des  Abonnenten  wird  noch  mehr  beschleunigt  und  das  Personal 
verträgt  eine  weitere  Reduktion,  der  Dienst  der  TelepbonipfiTinen  wird  angenehmer« 
aie  kSnnen  denselben  sitsend  besorgen,  die  Irrungen  werden  seltener  und  es  tritt 
in  den  Zentralstationen  eine  Ruhe  ein,  die  aufs  Angenehmste  mit  dem  frttheni 
GerttuNoh  kontrastirt. 

FOr  die  Yerbindnngen  von  Zentralstation  zu  Zentralstation  wurde  im  Jdire 
1886  ein  Versuch  mit  dem  van  Rysselberghe-Sysienk  awischen  Genf  und  Lau> 

■sänne,  1887  ein  solcher  zwischen  Basel  und  ZUrich  gemacht.  Dieses  System 
ermöglicht,  die  schon  vorhandenen  Tclegraphendrähte  gleichzeitig  auch  tilr  den 
telephonischen  Verkehr  von  Stadt  zu  Stadt  su  verwenden,  indem  einerseits  den 
TelegraphirstrGmeii  der  direkte  Weg  in  die  Telephonapparate  dnreh  Kondensatoren 
■abgeschnitten  und  anderseits  ihr  indirekter  Einfluß  durch  Elektromagnete  toh 
hoher  Selbstinduktion  abgeschwächt  wird.  So  sehr  das  System  in  theoretischer 
Hinsicht  Bewunderung  verdient,  ho  wenig  hat  sich  in  der  Praxis  bewährt, 
und  mußte  auf  den  erwähnten  Linien  wieder  verlassen  werden.  Gegenwärtig 
besteht  es  nur  noch  in  beschr&nktem  Uaße  nnd  mit  nnbefriedigeudem  Erfolg 
swisohen  Genf  und  Nyon,  Lausanne  nnd  Morges,  Lausanne  und  YoTej,  Zürieh 
nnd  mtnnedorf. 

Da,  wo  mehr  als  eine  interurbane  Leitung  auf  ein  und  demselben  Gestänge 
angelegt  wurde,  mußte,  um  der  Imluktion  zu  begegnen,  di  /  v  .  ii  und  dritte 
Leitung  mit  Doppeldraht  ohne  Lrile  iuisgcführt  werden,  was  zur  Folge  hatte, 
<iaß  die  Abonnenten  nicht  mehr  direkt,  sondern  nur  vermittelst  luduktious- 
epnlen,  sog.  Translatoren,  mit  d«r  Schleife  Terbunden  werden  konnten.  Die 
Lautttbertragung  wird  durch  die  nnvenneidlichen  Zwischenglieder  etwas  ab- 
geschwächt. Gegenwärtig  kommen  solche  Schleifen  zwischen  ZUrich  nnd  Winter- 
thur,  Zürich  und  Atfoltern,  Zürich  tind  Rilti,  Biel  und  Neuenstadt,  Sonceboz 
und  St.  Immer,  Sonceboz  und  Tavannes,  Sonceboz  und  Tramelan,  Courtelary 
und  St.  Immer  vor. 

Ueber  die  allmäiige  Entwicklung  des  Telephonverkehrs  gibt  die 
«udislehMide  Tabelle  Anfrebliß,  wobei  bemorkt  werden  maß,  daß  die  Zahl  der 
Lokalgespräehe,  d.  h.  der  Gesprlohe  awutehen  den  Abonnenten  eines  nSmlichen 
Hetaes,  woftir  keine  besondere  Gebühr  zu  entrichten  it^t,  erst  seit  dem  Jahre  1885 
notirt  wird  und  daß  im  Jahre  IHSl  noch  keine  besondere  Tclephoiirechnung 
geführt  wurde,  sondern  die  Einnahmen  und  Ausgaben  iu  der  Telegrapheurechuung 
inbegriffen  waren. 


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Telephon  —    292    —  Telepbua 


Auf  J.h«..            M»««  Mowl«« 

ZmI  ocir 

Zahl  der 

ZUl  dM 

fn<le 

in  Liuir.n 

der  DrAht« 

Stationen 

Vtrional«  *) 

64,0 

282,4 

2 

385 

11 

167,9 

804,8 

3 

1053 

17 

1888 

494,5 

1913,6 

14 

2052 

45 

1884 

3079,9 

27 

3175 

65 

1885 

1374,9 

4370,9 

35 

4105 

86 

IHÖö 

1804,1 

6135,6 

41 

5834 

125 

1887 

2480.1 

7761,8 

58 

6944 

153 

1888 

3437,2 

9732,3 

71 

7946 

172 

LokAl- 

luterarbane 

EtaulnBai 

K nsgabcB 

Einnahnien- 

Fr. 

Fr. 

•  1882 

256,424 

274,013 
386,669 

—17,589 

188:5 

—  0 

a.  19,000 

372,752 

—13,917 

1884 

—         oa.  85,000 

338,000 

405,137 

—67,137 

1885 

3'5 13,585 

146,386 

t;33,745 

461,704 

172,041 

180(5 

6'478,}4y 

244,260 

960,411 

1JH,416 

löbl 

7'82y,ab7 

340,127 

1' 195,610 

b5b,97ü 

3:J6,634 

1888 

8'O59,609 

468,502 

1'188,297 

979,791 

208,506 

Efl  ist  gans  nnsweifelliafk,  daß  mit  dem  Inkrafttreten  des  oben  erwähntea 
TdephongenetmB,  wakhes  eina  Mheblielie  Enn&fiigaog  Abonnementaigebttliran 

vorsieht,  eine  filst  plötzlit^he  btdentende  Zunahme  der  Stationen  eintreten  wird.. 

Xebst  den  eigentlichen  Xetzi-n  beHtehen  noch  eine  Anzahl  unabhängiger 
Tt'l('])buiiverl>indiingen  fiir  (b*u  Verkehr  zwischen  jf  zwoi  bestimmten  Punkten,, 
z.  B.  zwiiicbeu  eiiier  j^'abrik  und  dem  Comptoir,  einem  Geschäfbilokal  and  der 
Wobnang  ete.  Diese  in  obiger  ^belle  niobt  inbcgritfenen  Verbindungen  und 
ibeils  im  Abonnement,  tbeila  avf  dem  EonzegKioimwege  t  rstellt  worden. 

Zum  SchlusKe  möge  noch  erwähnt  werden,  daß  daa  Telephon  auch  vielfach 
im  Eihenbahndieuäte  Verwendung  findet,  und  zwar  namentlich  an  Stelle  de* 
Telegraphen  zur  Kegelang  und  Sicherung  dett  Betiiebes  auf  Sekundärbahnen, 
aowie  aum  Yerkebr  swiecben  dem  Wkrterpwnonal  asd  den  Stationen  aaf  Kormal- 
babnen. 

Wartlaul  des  Ttlcp/ionf/eseUe^  vom  27,  Juni  1889: 

Art.  1.  Die  lj-ricbtun{f  und  der  BLirii  l»  von  Telephonanlagcn  bildet  einen  Theil 
des  Teiegriipheiiwfsens  (Art.  36  der  buiulesverfassunt?)  und  wird  dem  üeschäflskreis- 
<ler  Telegraphen  Verwaltung  zugewiesen  —  Die  iiuf  d.i-  iVlfgrapiienwesen  bezüglichen 
Bestinnttunv'en  drs  Hunil'  S-lr.ilVeohfi'h'  finden  iincli  auf  d.is  Telephonwc^en  Anwcndun*^. 

Art.  '2.  Fiir  die  Veriialllung  des  teiephouischen  Vcrkelirs  sind  besliuirat :  a.  die 
lelephonnetze  der  einzeloea  Ortschaften;  b.  die  Gemeindestalionen;  c.  die  Netzrer- 
bindungen. 

.Art.  3.  Jedermauu  hat  das  Hecht,  den  Beitritt  zu  eincai  bc^ttliendt  u  Telepliun- 
netz  zu  verlangen,  insofern  die  Errichtung  und  Verbindung  «ler  verlangten  Station  auf 
dem  dazu  bezeichneten  Grundstück  ungehindert  und  unentgeltlich  erfolgen  kann.  — 
Nene  Netze  werden  erstellt,  siobald  die  Uebernahme  der  Stationen  durch  schriftliche  Ver- 
pilichtung  der  Tiieilnehmi-r  gesichert  ist.  —  Oeflentliche  Sprecbslationeti  werden  in 
einem  .Netze  errichtet»  wenn  nax^  dem  Ermessen  des  Bundesratbes  das  bedürfniii  liie- 
für  vorhanden  ist.  Die  Statioosinbaber  werden  dnrcb  einen  vom  Bandesrath  zu  be> 
stininien  icti  .\nthcil  an  den  Taxen  fOr  die  UeberlRssung  des  Lokals  and  die  Dienst» 
besorguni;  enlschädigt 

Art.  4.  Gemeindestationen  werden  in  Gemeinden  ohne  Telephonnelz  im  An^ehluft 
fin  <hi?  T*-tfp!i(iiini:' tz  <u\rv  rin  d;is  Telr^^TapIiculiureau  eiri'T  .nni-Tii  Gcnifiii'Ic  unter 
lulgcndeu  Beditigungeii  errichtet:  a.  Die  betretende  Gemeinde  bezahlt  eine  lixe  jälirlicbe 
Gebflbr  von  läO  Pranken  nebst  elUUligem  Distaazzuscblag  (Art  IS  A,  4,  und  13)w 

>)  ATl»«ltefp«noml  nlehi  iBbagrltin. 


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TdephoQ 


—    293  — 


Tdephoa 


^.  Üie  stellt  ein  geeignetes  Lokal  zur  VerfQgung  und  läßt  durch  einen  auf  ihren  Vor- 
«ehlag  Ton  dem  Post*  und  Eisenbahndepartement  zu  ernennenden  Angestellten  den 

Dienst  auf  ihre  Knuten  besDr^fn.  c.  Die  ^'i'Setzlicli  vorgeschriebenen  Taxen  uenlcn 
ZU  Uauden  des  Bundes  bezogen  und  verrechnet  d.  Die  Gemeinde  erhält  als  Entgelt 
ihrwr  Ausgaben  einen  Tom  Bandesrath  festzusetzenden  AntfaeU  an  den  bezogenen  Taxen 
und  ist  im  Weilern  hereolilij^f,  von  jedem  abgehenden  Tele^rriimm  neben  der  gesetz- 
lichen Telcgraphcutaxe  und  der  in  Artücel  13,  litt.  B,  b,  und  Art.  13,  litt,  c,  btjzeichneten 
<vebtthr  einen  Zuschlag  von  15  Rp.  zu  eigenen  Händen  zn  erheben.  Ankommende 
Telegramme  sind  vorbehaltlich  allfälliger  Expre-uengebühren  unentgeltlich  ZU  bestellen. 

Art  5.  Der  Bundesrath  entscheidet  Ober  die  Frage,  welche  Netze  unter  sich  ver- 
bunden werden  sollen.  Er  ist  berechtigt,  von  Gemeinden,  welche  eine  solche  Verbin- 
dung wünschen,  die  Garantie  eines  iiesiimmlen  MinimalertrafTes  der  Veridnduogslinie 
zu  verlangen.  —  Netzverbindungen  dürfen  nicht  erstellt  werden,  wenn  dadurch  der 
Verkehr  auf  den  bestehenden  Linien  oder  der  Bau  noch  ausstehender  wichtiger  Ver- 
-bindUDgen  iieeinträeldiKt  wird. 

Art.  6.  Die  aus  der  Aufnahme  in  ein  Telephonnetz  hervorgehenden  Hechle  und 
Pflichten  beginnen  mit  dem  Tage,  welcher  auf  die  Uebergabe  des  in  betriebeflUiigem 
Zustande  befindlichen  J^tntiun^iqjpuriite^-  folgt.  I'nter  der  Bedinvrung  einer  nionatlidien 
Voranzeige  kann  jeder  Theilnehmer  seinen  Rücktritt  erklären;  erfolgt  derselbe  im  Laufe 
des  ersten  Jahres,  so  ist  eine  EntsehftdifQng  von  Fir.  40,  im  zweiten  eine  solche  von 
Fr.  20  zu  bezahlen.  —  Beträgt  die  Entfernung?  zwischen  einer  Station  und  der  Central- 
«tatiou  mehr  als  2  Küometer,  so  ist  nebstdem  eine  Entschädung  für  die  Linienaniage 
XU  bezahlen,  und  zwar  un  «rsten  Jahre  Fr.  30,  im  zweiten  Fr.  10  fOr  je  100  Hetw 
Mehrlflace' 

Art,  7.  Jeder  Theilnehmer  h.it  das  Hecht :  a.  zum  Verkehr  mit  den  Stationen 
^es  eigenen  Netzes;  b.  zum  Verkehr  mit  denjenigen  der  angeschlossenen  Xetze;  c.  zur 
Bf'<ielhinp  von  Miltlieilun<;pn,  welrhc  der  Telephon-Centralslnfioti  telephonisch  aufge- 
tra;.'en  und  durch  Bolen  schrittlich  an  den  Adressaten  bestellt  werden  (^Phonogramme); 
d)  zur  Aiju'ahe  und  zum  Empfang  von  Telegrammen  dureh  Vermittlung  der  Central* 
^Station,  insofern  diese  mit  dem  Telegraphenbureau  verbunden  Ist. 

Die  Verwaltung  verpflichtet  sich  dem  Inhaber  einer  Station  gegenüber  weder 
für  den  Fru  tbestand  der  übrigttn  Stationen,  noch  fQr  denjenigen  der  Netzverbindangen 
<htt  a  und  b), 

Art.  8.  Der  Theilnehmer  ist  verpflichtet,  die  ihm  auTertrauten  Stafionsai»])  iratu, 
sowie  die  im  Innern  der  Wolmuni.'  heniidliclie  Leitung  gegen  jede  l]eseh.iili;.'un;^'  zu 
«chützen,  und  hat  für  den  Schaden  zu  haften,  welcher  der  Verwaltung  durch  sein  eigenes 
oder  eines  Dritten  Verschulden  erw&chst 

Art.  9.  Die  mit  einem  Telephonnelz  verl)nndenen  Gemeindeslali'men,  sowie  die 
-öffentlichen  Sprechstationen  stehen  Jedermann  für  den  gleichen  Verkehr  zur  Verfügung, 
welcher  den  Inhabem  dar  fibrigen  Stationen  des  Netze»  gernftfi  Art  7  zuztebt  —  Die 
übrigen  Gemeindestatirmen  haben,  wie  die  ofTentlichen  TelegFapbenblireattX,  die  Abgab« 
und  den  Empfang  ^ler  Telegratnme  zu  besorgen. 

Art.  10.  Die  Netzverbindungen  dienen  zum  Verkehr  mit  den  einzelnen  Siationm 
der  unter  sich  verbundenen  Netze  (Art.  7,  litt.  b).  Für  Anstände  und  Stf5nint:en.  die 
daraus  entstehen,  dali  eine  Netzverbmdung  verlangt  wird,  welche  durch  Zwischen* 
-Stationen  geht  flbernunmt  die  Vwwaltung  keine  Verantwortlichkeit  (Art.  16). 

Art.  11.  Die  Gesuche  um  Benillzun^'  der  öffentlichen  Stationen,  sowie  der  Go- 
meindestationen  und  der  Netzverbindungen  (Art.  7,  litt  6),  werden  nach  der  Reihen- 
folge der  Anmeldungen  erledigt.  —  Wenn  wdtere  Anmeldungen  dritter  Personen  Tor- 
liegren.  so  darf  die  Dauer  eines  Ge*:prrirlie<  nicht  mehr  als  drei  Minuten  betragen  und 
-die  gleiche  Person  bei  nicht  mehr  als  zwei  Gesprächen  nacheinander  betheiligt  sein.  — 
Amtudien  Hittheilungen  politbdier  und  polizeiUcher  BehOrd«!  mnG  auf  Verlangen  der 
"Vorrang  vor  allen  übrigen,  =o\vie  nnhfschränktc  Zeitdauer  eingcnlumt  werden. 

Art.  12.  Die  Inhaber  von  lelephonstalionen  haben  folgende  Gebühren  zu 
-entrichten : 

A.  Für  den  Verkehr  zwiselien  «ien  Pfntinnen  eln.'<  Telephonnet7,es  (Art.  7,  a)  be- 
trägt die  Jahresgebühr:  a.  vom  Zeitpunkte  des  Hejlrilleri  (Art,  6)  bis  zum  Beginn  des 
nächsten  Kalendcrbalbjalires,  uml  in  gleicher  Weise  während  des  ersten  duraiiffolgenden 
Jahres:  Fr,  120,  b.  für  da-^  zweite  ,Ialir  Fr.  100.  r.  für  die  folgen  Jalne  Fr.  80. 
Diese  Gebühren  werden  halbjährlich  aul  1.  Jauu-ir  und  1.  Juli  vorau^bezahlL  Die  Ge- 
bühren für  die  bereits  vorhandenen  Stationen  werden  je  nach  der  Dauer  ihres  Bestandes 
im  Sinne  von  htt  6  und  c  hievor  ermäßigt  In  folgenden  Fällen  werden  jährhche 


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Telephon 


—    294  — 


TeLephoa 


Zuschläge  erhoben :  d.  Wenn  die  Staticjn  mehr  ab  2  Kilometer  voa  der  CentralstatioQ 
eotfernt  isl,  für  je  100  Meter  Mehrlänge  Fi .  3.  Der  Bundeiirath  wird  in  jeder  Orlacbaft, 
unter  Berücksir  htii'ung  der  InU-ressen  der  Mehrzahl  der  Einwohner,  den  Au<«gangspunkt 
für  die  Berecbiiuii|i  der  Eairuraungeu  Itusbelzen,  e.  Wenn  die  von  einer  Station  ver- 
langten und  ausgeführten  Verbindungen  mit  andern  Stationen  die  Zahl  von  800  flber- 
steigen,  so  beträgt  der  Zuschlag  für  jedes  weitere  Hundert  Verbindungen,  sowie  fDr 
Bruchtheile  dieser  Zahl  Fr.  5. 

B.  a.  Die  Gebühr  für  Abnahme  und  Zustellung  einer  jeden  Mittheilung  an  Dritte- 
(Phonogranune)  (Art.  7,  c)  beträgt  für  jedes  Wort  1  Rp.  nelxst  einer  fixen  Grundtax» 
Ton  fO  Rp.  mit  allftlliger  Aufhindung  des  Gesanuntbetrages.  Bei  Entfernungen  von 
mehr  als  einem  Kilometer  werden  überdies  die  für  den  Teletrrapheuverkehr  festgesetzten 
Zuschläge  erhoben.  6.  Für  die  t«lepbouiscbe  Abgabe  und  die  Empfangnahme  eine» 
Telegrammes  (Art  7,  d)  10  Rp. 

Die  jährlichen  Gebühren  und  Ent-chädif,'uiigen  filr  he>;nndore  Einrichtungen  (Um- 
scbaltTorrichtungen,  kombinirte  Verbindungen,  Zusatzapparate  u.  dgl.).  sowie  diejenigen 
fOr  konzedirte  TelephonTerbindungen  und  Stationsrerlegungen  weraeo  vom  Bundesrath 
festpescfzt.  Die  von  den  Telephnnlieainten  ^reführten  Verzei'  Imi-  e  Hher  die  Verbin- 
dungen litt,  e),  die  Phonogramme  {B  htt.  a)  und  die  Telegraiume  (B  litt  b)  sind 
onter  Vorbehalt  des  Gegenbeweises  fOr  die  Berechnung  der  Gebflhren  maSgebeod. 

Art.  13,  Auf  den  Geineindcstationcn  und  öffentlichen  Sprechslationen  werden 
folgende  Gebühren  erhoben;  a.  Die  Gebühren  für  den  Verkehr  mit  den  Stationen  des 
eigenen  Netzes  (Art  9  und  Art.  7,  a)  werden  nadi  der.  Dauer  der  Verbindungen  be- 
reclinct,  in  der  Weise,  ilaß  für  eine  Dauer  von  drei  Minuten  oder  eitlen  Uruchtheil 
dieser  Zeit  10  Bp.  erhoben  werden,  b.  Für  Mittheilungen  an  Dritte  gilt  die  Bestimmung 
des  Art.  IS,  J3,  a ;  e.  für  die  Abgabe  von  Tel^rammen  diejenige  des  Art.  IS.  B,  b. 

Art.  14.  Die  Gebflhr  lllr  die  Benutzung  der  Net  z  ve  r  b  i  n  1  u  n  n  zum  Zwecke 
des  Verkehrs  mit  den  Stationen  an§r«'«chlossener  Netze  (Art.  7,  litt,  b  und  Art.  9)  beträgt 
für  je  drei  Minuten  oder  einen  Bruclitheil  dieser  Zeit :  30  Rp.  bis  auf  eine  Entfernung 
von  50  Kilometer;  50  Rp.  bis  auf  eine  Entfernung  von  100  Kilometer;  75  Rp.  fÖr 
größere  Entfernungen.   Die  Entfernung  wird  nach  der  Luftlinie  bere<*hnet. 

Art.  15.  W^enn  der  Erlrag  des  Telephonbetriebes  es  erlaubt,  soll  der  Bundesrath 
eine  Ermäßigung  der  Taxen  eintreten  lassen.  Er  ist  ferner  ermächtigt,  im  lnterc*<o 
der  Verbindung  entlegener  Landestheile  mit  giößern  Verkehrscentren  eine  TaxemtälU- 
gung  eintreten  m  tasoen. 

Art.  IR.  Die  Verwaltung  sorgt  in  eigenen  Kosten  für  die  Erstellung  und  den 
Unterhalt  der  Telepbonanlagen,  sowie  für  die  sofortige  Uebung  von  Störungen  des  Be- 
triebes. Dauert  die  ohne  Verschulden  des  Inhabers  eingetretene  Störung  des  Betriebes- 
einer  Station  (Art.  8)  länger  als  fnnf  Ta^'e,  .so  wird  die  bezahlte  Gebü&  (Art  IS)  im 
Verhältnis  der  weitern  Unterbrechungsdauer  zunickbezahlt. 

Art.  17.  Di«  Beamten  und  Angestellten  der  Verwaltung  sind  verpflichtet,  den 
lelephonischen  Verkehr  geheimzuhalten.  Die  Ueberlretung  dieser  Vorschrift  wird  in 
leichtern  Fallen  disziplinarisch  geahndet,  in  schwereren  strafrechtlich  verfolgt.  Der 
Bunde^th  ist  l  erei  htigt,  die  Fehlbaren  zu  entlassen. 

Art.  18.    Der  W  oilhiut  der  zur  Bestellung  an  Drille  eingebenden  Mittheilungen 
(Art.  7,  c),  wie  derjenige  der  Telegramme  (Art.  7,  d),  ist  vom  Telephonislen  sofort 
niederzuschreiben  und  an  den  Aufgeber  mit  der  Aufforderung  zu  allfllliger  Berichtigung 
telo|)}inni<i  ii  mrückzumeiden.   Die  Zustellung  an  den  Adressaten  darf  erst  nach  erfolgter 
Aoerkcauuiii.'  der  Richtigkeit  stattfinden. 

Art  II).  Wenn  die  BedOrftiisae  des  Vericehrs  die  Umgestaltung  eines  Netzes  oder 
einzelner  Verbindungen  notbwendig  machen,  ist  die  Verwaltung  jederzeit  berechtigt, 
bestehende  Verträge  auf  monatliche  Voranzei^je  bin  zu  künden.  -  Die  Verwaltung  i.sl 
befugt,  eine  Station  ohne  Entschädigung  jederzeit  Hufzuheben,  wenn  der  Inhaber  einer 
AuUorderung  zur  Bezahlimg  schuldiger  Gebühren  nicht  innert  Monatsfrist  Folge  leistet 
und  eben»),  wenn  derselbe,  ungeachtet  erfolgler  Verwamunp,  da.s  Telephon  zu  Beleidi- 
gungen von  Telephonangestellton  mißbraucht  oder  niiübrauchen  läßt.  Die  Aufhebung 
erfolgt  in  letzterem  Fall  nach  stattgehabter  amtlicher  Untersuchung  durch  das  Post* 
und  Eisenbahndepartement 

Art.  20.  Der  Bundesrath  ist  In  fu(.d.  für  die  Erstellung  telephonisch»  r  Verbindungen, 
welche  von  der  öffentlichen  Telephonauälalt  unabhängig  änd  und  deren  Benutzung 
auf  bestimmte  Personen  beschränkt  wird,  Konsessionen  xa  ertheOen.  —  Wird  ftir  die 
Anlage  iiii  r  nit  lien  Verhind:ing  kein  Eigenthum  Dritter  in  Anspruch  fenommen,  so 
ii<l  emc  Konzession  nicht  erforderlich. 


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Telephon 


295  — 


Texüiituhistrie 


Art  91.  Die  Ertbeilung  einer  Konzession  sehließt  keinerlei  Rechte  In  Beiiur  anf  die 

Benutzung  fremden  Eigenthnmc,  ?ei  ik-s  Staate?.  <!er  Gemeinden  oder  von  Privaten, 
in  sich,  und  es  bat  somit  der  Konzessionär  die  bezügliche  Bewilliguni;  von  den  Eigea- 
thOmern  selbst  einxobolen  und  sieb  in  Betreff  einw  allftlligen  EntBehftdignng  direkt  mit 
ilinen  ubzurmden. 

ArL  Eine  Küuze>-ion  winl  nur  Wami  ertlR-ilt.  wenn  durch  diu  Ausführung 
derscllu-n  die  öffentliche  Telei^raphen-  und  Telephonanstalt  neder  in  ihrem  Bestände 
und  Betriebe,  noch  in  der  weitern  Eutwickhing  beeinträchtigt  wird.  Solche  Koniewionen 
sind  jederzeit  ohne  Entschädigung  widerruflich. 

Art.  23.  Der  Bundeanth  wird  über  die  Auefübrong  dieaes  Geeetxes  die  nöthigen 
Verordnungen  erlassen. 

Statitttifichea  per  Ende  18^9: 

1)  Neige:  Zahl  derMlben  78,  Abonnemente  8006,  Stationen  9203,  Länge 

der  Linien  3923  km,  Länge  der  DrShte  13,237  km. 
8)  ItoUrie  Teiepkonsteiieu :  Abonnemente  22,  Stationen  47,  Linien  34  lun, 

Drähte  (58  km. 

3)  Personal:  Chefs  und  GehUlfen  18,  Telephonistinnen  91,  nur  theilwei^e 

im  Telephondienet  34  Telegraphieten  nnd  50  Penonm  aadner 
Bera&arten. 

4)  FerJfcffAr:  Lokalgespräche  im  Jahre  1889:  7' 11 2,090,  interurbane  Ge* 

spräche  .509,737,  Phonogramme  10,994,  ▼ermittelte  Tele* 

gramme  158,233. 

Einnahmen  und  Ausgaben  sind  in  der  Telographenrechnnng  inbegritTen. 

Temperatur  e.  Seite  250  im  IL  Band,  nnd  im  Artikel  „  Vegetation*  den 
Abeohnitt  Alpenregion. 

Tflrrittet-01!on<Rahn.  Drahtseilbahn,  Eigenthum  einer  Aktiengeaellschaft 
mit  VerwaltungHsitz  in  Territtet.  Banlänge  699  m,  Spurweite  1  m,  Maximal- 
steigung 57U  "  00.  Motor:  WaNserg»'wicht.  Konzessionirt  am  21.  Juui  1881. 
Ablanftermin  der  konzesision  30.  Juni  i'J61.  Höhenlage  bei  Gliun  bJU  m,  bei 
Territtet  388  m  Uber  ICeer.  Anlegekoeten  Fr.  468,991.  Beförderte  Beisende 
80,248.  Betriebseinnahmen  Fr.  71,835.  Betrieb:Miusgaben  Fr.  29,853.  RL-in- 
ertrag  Fr.  :*;'> 'J^r>  -  6,1»%  ^  Kapitale.  (Nach  der  amtlichen  Biaenbabn- 
Statistik  pro 

TessinkorrelLtion.  Sie  beginnt  2  km  unterhalb  BeUinzona  und  endet 
bei  der  Einrnttudang  in  den  Langimeee.  Die  Korrektion  dieser  Streoke  in  einer 
LSnge  von  11  km  bezweckt,  den  hoohgradig  verwilderten  Laof  deeFluaees«  der 

fortwährend  bebantee  Land  in  Angriff  nimmt  und  verwüstet,  einsndtomen,  nnd 
weitern  Verheerungen  Binhalt  zu  thun.  Zur  Ausführung  gelangt  ein  Doppel- 
prolü  mit  einem  60  m  breiten  Mittelprotil  filr  die  ganze  Strecke;  die  Höhe  der 
Oberkanttm  desselben  beträgt  1,50  m  Uber  Niederwaeser,  bei  einßli^ger  Bösohnng. 
Die  HinterdXmme  werden  gegen  den  See  an,  nm  die  dnroh  hohe  Seeetitnde  her-> 
vorgemfene  StauhSh«;  zu  verringern,  weiter  aneinander  gelegt.  Das  Gefall  von 
Anfang  der  Korrektioti  bis  zur  Eiscabühnbriicke,  in  einer  Länge  von  7,5  km  beträgt 
2,35  V""  t)is  2,63  ^/oo,  dasjenige  von  der  Kisenbahnhriicke  bis  znm  See  0,98  "/oo. 

Die  Arbeiten  wurden  anfangs  1888  begonnen  und  sollen  im  Zeitraum  von 
10  Jahren  vollendet  sein. 

Der  Kostenvoranschlag  betrigt  Pr.  3.039,000.  An  diesen  Kosten  betheiligt 
sich  der  Bund  mit  ,^0  "/o  ^  Fr.  1,520,000.  (Bandesbeeohlaß  Tom  17.  Juni 
1885,  A.  S   Bd.  Vlll,  N.  F.  pag.  130.) 

Textilindustrie.  Gesammtheit  derjenigen  indostrien,  welche  sich  mit  der 
Verarbeitung  von  Gespinnstfasentoffen  be&asen,  als  Spinnerei,  Zwirnen»,  Weberei, 
Stiokerei,  Wirkerei  ete. 


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Textilindustrie  ^    296  TlialweU*Sihlbiacke'2ug^Bafan 

Nach  der  Berufsstatistik  von  18K0  beacbüfUgta  die  iDdostarie  ilUgeMiiimt 

550,824  Personen ;  davon  entlielen  auf  die 

(jruppe  Textilindustrie   156,290  P.  =  28,4 

,  Heratelluog  von . Kleidung  und  Pntx  .  131,019  .  ss  23,9  , 

,  Bau  und  mniiehtnng  Ton  Wohnungen  117,073  .  =  21,2  . 

„  Maiichinen-  uti<l  Werkzeogfnbrikntion  .  80,422  «  =  14,6  « 

„  Genußmittr  Ifabrik  ition   39,685  ,  =  7,2  „ 

,  Chemische  luduhtriuii   ix, 402  „  =  3,3  , 

„  Typographische  und  verwandte  Gewerbe  7,934  ,  =      1,1  „ 

10U,0  ^/o 

Innerhalb  der  Grupp<^  Textilindoetrie  dominirt  wiedernni  dieBanrnwollbraiMhe 

mit  79,000  Arbeitern,  darauf  folgt  die  Öeidenbranche  mit  63,000  Arbeitern,  die 
I<einenbi;inchp,  mit  11,000  Arbeitern,  die  Wollbranche  mit  3500  Arbeitern. 

Noch  mehr  tritt  die  Bedeutung  der  Tt-xtilindiii^trie  hervor,  wenn  man  ihren 

Antheil  an  der  Aimfuhr  ins  Auge  faßt.    Er  bi  träpt  äf)  <'/o  (1889). 

Die  Textilindustrie  ist  fast  ansfjcbließlich  in  der  germanischen  Schweiz  zu 
Hause;  nur  wemgc  Am^laufer  erstrecken  »ich  in  die  rumaniHchen  L»ande8theile 
(Tgl.  Seite  64  im  XL  Band).  Obgleich  in  der  germaniaehen  Schweiz  die  ver- 
schiedenen Textilbranchen  ineinander  ilhi  r^'reifen,  und  ihre  Gebiete  weniger  den 
Grenzen  der  Kantone  ah  bestimmten  TbalHchaften  folgen,  hat  doch  fast  jeder 
größere  Zweig  einen  gewissen  Kanton  al«  Hauptsitz;  mo  die  Stickerei  den  Kanton 
St.  Gallen  nebst  Appenzell  und  Thurgau,  die  übrige  BanmwoUiuduMtrie  den 
Kanton  SKlrieh,  nebet  St  Gallen  nnd  Aargau,  die  Sei^enrtoirweberd  den  Kanton 
Zterieb,  die  Seidenbandfabrikation  den  Kanton  Baael,  die  Leinenindtutrie  den 
Kanton  Bern  (Emmenthal  und  Oberaargan). 

Die  schweizerische  Textilindustrie  wird  ungefähr  znr  Hälfte  fabrikmäßig 
und  zur  Hälfte  als  Haut$ii)dustriu  betrieben.  Fa8t  ausschließlich  ilausindustrie  ist 
die  Mousseline-  und  Vorhangweberei,  die  Leinenweberei,  halb  Fabrik-,  halb  Haus- 
indnatrie  iat  die  Stickerei,  Seidenweberei  und  Strnmpfwirkerei ;  vorwiegend  oder 
aueeohlielUich  Fabrikbetrieb  haben  die  Spinnwei,  Zwirnerei  nnd  Wolleaweberei* 

Thalwcil-Sihlbrü(*ke-Zu^-Bahn.  Der  Schweiz.  Nordoetbahn  wurde  für 
dieses  Bahnprojekt  am  I'.K  L*.').  Juni  1890  von  der  Bundc8ver^»ammlnng  die  Kon- 
zession ertheilt.  Ablanl  der  Konzession  am  1.  .Tnunar  1969.  Die  Läntjc  der 
Bahn  wird  23  km,  die  Spurweite  l,m  m,  die  Maximalsteigung  12"yoo  betragen. 
Bis  zum  1.  Jannar  1891  sind  dem  Bandesrathe  die  vorBohriftsmäßigen  teohniaohen 
und  tinanziellen  Vorlagen  einsureichen.  Am  I.April  1891  sollen  die  Tnnoel- 
und  Erdarbeiten  biginnen  Am  I.Januar  1894  soll  die  Linie  dem  Betrieb  über- 
geben werden.  Der  liitt  kkauf  erfolgt  mit  demjenigen  der  Bahn.strecko  Zürich- 
Zug-Luzern  (Keppisch-Linie)  in  der  Weise,  daß  beide  Linien  ein  einheitliches 
Rlldckanfiiobjekt  bilden.  Der  Bttekkanf  kann  Mheetone  auf  den  Zeitpunkt,  mit 
welchem  die  linie  10  Jahre  in  Betrieb  sein  wird,  nnd  von  da  an  jederaeit  er- 
folgen.   Vom  Kntachluß  de.s  Rückkaufes  ist  der  Geeellscbaft  3  Jahre  vor  dem 

wirklichen  Eintritte  demselben  KennttuG  zn  geben. 

Die  Ent^tchädigung  für  den  Rückkaut  beträgt,  sofern  letzterer  bis  1.  Mai 
1918  rechtnikrüftig  wird,  den  25fach6n  Werth  des  darehdchnittlichen  Reinertrages 
derjenigen  10  Jahre,  die  dem  Rückkauf  unmittolbar  vorangehen;  sofern  der 
Rückkauf  «wischen  dem  1.  Mai  1918  und  I.Mai  1933  erfolgt,  den  22V2fachen 
Werth;  —  wenn  drr  Küekkanf  zwi-ehen  dem  1.  Mai  l'M)^  nnd  dem  Ablauf  der 
Konzession  sich  vollzieht,  deu  20favhen  Werth  des  oben  beschriebenen  Reinertrages. 


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Tbalweil-Zog-Goldaa-Bahn 


—    297  — 


Thiar*  und  PflanseiMdiats 


n«lweil-Ziig<^ldatt*Bali]|.  Sisenlmhiiprcjakt,  flir  velehat  an  IS.  Juli 

1888  die  BiindeskoQzcssion  naohgemcht  wurde,  irt  in  Folge  Komowionining  der 

Thalweil-Sihlbriicke-Zug-Bahn  dahin^efallcn. 

Theert'arbstoffe.  Die  Theerlarbenindu»trie  itst  eine  ilur  jiiugjsten  liraiuhpii 
des  schweizerischen  Gewerbefleüies.  Die  im  Jahre  176^  gegründete  Firma 
Job.  Rud.  Qeigy  in  Basel,  welche  im  Jabre  1 856  die  Farbholaextrakt&brikatioii 
und  im  Jabre  1659  die  Tbeerfarbenfiibrikation  aufnahm,  bildete  den  Kern,  um 
welchen  sich  nach  und  nach  eini^  andere,  große  Fabriken  in  und  nni  Basel 
ansiedelten.  In  La  Plaine  bei  Genf  hatte  eioh  außerdem  im  Jahre  18G8  die 
Firma  P.  Monnet  &  Cie.  etablirt. 

Die  gt^ammte  Jahreeprodnktion  dieeer  Firmen  belief  rieh  nm  1883  laat  finnitt- 
langen,  welche  bei  Anlaft  der  Zürcher  Landeaanntellnng  Ton  ihnen  eelbet  yeraa- 
ataltet  wurden,  anf  IG,  120,000  Franken,  gegen  ungefähr  115  Millionen  Franken 
der  Gesamml Produktion  Europas.  Die  inländischen  Färbereien  koHHumiren  un- 
gefähr die  Uällte  der  schweizerischen  Produktion;  der  P2xport  künstlicher  Farben 
m  Stdokoblenlbeer  betrug  im  Jahre  18$9  8>ä4Ö,U6  Fr.  (11,590  q).  die 
Einfobr  1,669,200  Fr.  (1949  q).  Die  Rauptabeatigebiete  rind  üeateobland, 
Fraakreidli  England  und  die  Vereinigten  Staaten  von  Amerika.  Namhafte  Ab- 
nehmer sind  auch  Oe*iterreich,  Italien,  B»'lfri<'n,  S[i;inioii,  Rußland,  Ostaaien  und 
briti'^oh  Indien.  Die  zur  Einfuhr  bcnUhigtin  Faibeii,  worunter  hauptsächlich 
Alizarin,  dessen  Fabrikation  in  der  Schweiz  nahezu  aufgegubeu  ist,  werden  zum 
weitoue  größten  Theil  au»  Dentiebland  bexogen.  Die  genannte  Induetrie  beeohftftigto 
im  Jahre  1883  892  Mann,  die  1,090,000  Fr.  Löhne  bezogen.  Der  Eohlenver- 
brauch  war  19H,nO  q  (Heizfläche  ItiOl  m-'),  fiir  Fr.iditen  wurd.Mi  4iU),H78  Fr., 
für  Zoll  248,764  Fr.,  für  Staatsabgaben  (SaJzsteuer)  1^4,000  Fr.  gezahlt. 

Die  schweizerische  Theerfarbenindustrie  wetteifert  mit  der  deutschen,  franzö- 
aiüchen  und  englischen  niebt  nur  in  der  SebSnbeit  der  dargeetellten  Produkte, 
enndem  anob  in  deren  Erfindung.  Trota  dem  Mangel  einer  acbweiseriedien 
Patentgesetzgebung  für  chemische  Erzeugnisse,  welcher  Umstand  ihr  die  Aus- 
beutung oder  Nachahmung  fremder  Kntilfrkungon  und  Erfindungen  erleichtert, 
eind  von  den  schweizerischen  Firmen  einige  wichtige  eigene  Erfindungen  gemacht 
und  Tiele  anderwärts  erfundene,  aber  nur  in  kleinem  Maßstäbe  bereitete  neue 
Farben  anra»!  fabrikmäßig  dargeetelU  worden. 

Ee  ist  unbestritten,  daß  die  Schweiz  Uber  eine  ungewöhnliche  Menge  von 
positivem  chemisüliem  Wissen  verfügt,  und  zwar  wesenflich  dtink  dem  eidgenr»ssi- 
schen  Poiyteehnikuoi,  dessen  (iründung  fast  unmittelbar  die  Kntderknnp^  der  ertöten 
Theeifarbc  folgte.  Das  genannte  Institut  schwang  sioh  Hot'utt  iu  den  alleivor- 
dereten  fiang  verwandter  Anstalten  empor  und  stand  lange  Zeit  wohl  als  ernte 
derselben  da.  Von  Anfang  an  bis  zum  heutigen  Tage  ist  sie  im  elieniist  Iien 
Fache  zwar  eine  A Urbild ungsntätte  für  Gelehrte  aller  Kulturvölker  der  Erde 
nicht  nur  solcher  Hchweizerischer  Nationalität  gi'wesfn,  rloeh  h?it  diese  Schöpfung 
der  Eidgenossenschatt  weitaus  die  segensreichsten  Folgen  für  die  Schweiz  selbst  gehabt. 

Tlli«r^  und  PÜAiiseiisdliits.  (Mitgetbeilt  Ton  Herrn  Ernet  Anderegg, 
eand.  pbii.  in  Bern.)  üeberall  in  der  belebten  Natur  herrsoht  ein  Kampf  um  das  Leben; 
und  »Thiere  verzehren,  Pflaosw  ernähren",  ist  ein  gauz  unzutretfendes  Sprichwort, 
denn  auch  unter  den  Pflanzen  werden  Krippe  und  Gefechte  geführt,  Triumphe  oder 
Niederlagen  errungen.  Gerade  aus  dem  Kampf  um  das  Dasein  sind  aber  nach  Jahr- 
tau^nden  auch  unsere  vervollkommneten  Lebewesen  bervorgeganguu,  gut.  aus* 
gerttstet,  nm  sieb  in  ihrer  Art  In  diesem  Kampfe  fortsaeihalten.  üngemein 
mannigfaltig  ist  Am  unseren  Lebewesen  durch  die  Natur  gegebene  Sehuts, 


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Thitr-  und  Pflanzenschnts 


—    29«  — 


Tbier*  und  Pfianzensehuts 


Mi  er  nim  direkt,  daa  «SioluelliBtbeaehlltMn''  entweder  aktiv  (Vertheidigong) 
oder  passiv  —  durch  mechanische,  mechaniech-ohemische  oder  chemische  Mittel, 

oder  sei  er  indirekt,  das  ,Gesr!i*!t7t werden*  durch  FarbeoanpassoDg  oder  Formen- 
nachahmung  (der  sogen.  Mimicry)  oder  Aufstellnng  von  Sohildwachen.  So  würde 
in  der  Natur  von  selbüt  ein  Gleichgewicht  ihrer  Wesen  bestehen  —  Störungen 
konnten  e&neneits  in  Folge  der  Torhandenen  Bedingungen  für  die  Mtblreieb» 
Vermehrnng  nnd  anderMita  in  Folge  der  wirkenden  yielen  Yemichtnngsfaktoren 
(Witterung  etc.)  nur  vorübergehende  sein,  wenn  nicht  wir  Menschen  in  den 
Natnrhanshalt  eini^^riffen.  Wir  snchen  ja  diejenigen  Wesen,  welche  uns  Nahrung, 
Kleidung,  ArbeiU>kraft  etc.  spenden  (meist  durch  Zuchten  oder  Kulturen),  au 
vermehren  und  fUr  diejenigen,  welche  nne  in^ekt  Kntien  bringen  oder  uns  an- 
genehm  nnd  der  Natnr  znr  Zierde  atnd«  mOglichat  Arderlieh  au  aein  (positiver 
Thier-  und  Fflaiiseaachuts) ;  dag^en  stellen  wir  allen  denjenigen  Weeen  naoh 
oder  halten  sie  weni^tens  fern,  welche,  unseren  Interessen  ent^^f^en,  dit^  nntr- 
baren  und  nützlichen  bedrnhen  (negativer  Thier-  und  PflanzenscbuUi.  Einigen 
(freilich  von  unberem  Standpunkt  aus  lueibt  nut;^baren  oder  nützlioben)  Wesen 
bat  swar  vor  une  andi  die  Natur  Sehuti  gegeben,  ee  igt  diea  der  flebnts 
dureb  Aberglaube.    Dieeen  haben  vielerorta  z.  B.  die  Tannen  — 

»Vater,  ist's  wahr,  daß  auf  dein  Bf^r^re  dort  die  BSume  Muten,  wenn  man  einen 
Streich  d'rauf  führte  uiit  der  Axt  V  der  Meister  Hirt  erzälilt's ;  die  Bäume  seien 
gebannt,  sagt  «*,  und  wer  sie  schädige,  dem  wachse  seine  Hand  heraus  lum 

Grabe."    (Teil,  III,  3)  - 

temer  die  Obstbäume,  welche  an  Geburtstagen  gepflanzt  n  orden  sind  un  1  U 
„Schicksalsbäume*  nngeRchen  werden,  sodann  die  Hclnvulhen  und  Rothkelilciiön, 
weil  ein  \' ergeben  gegen  dieselben  Unglück  in  s  Haus  oder  in  den  Stall  bringe.  In 
derartigem  Glanben  liegen  Ueberreate  jener  Ansieht  naiver  Naturvölker,  daß  die 
Weaen,  welche  imponirende  Eigenschaften  beaitaen,  mit  ttbematttrlioben  ErKffcen 
ausgestattet  seien. 

Die  ersten  Anfange  des  von  Mouschen  mit  BeioufSUein  an  Thiere  und 
Pflanzen  verliehenen  Schutzes  sind  Rfdun  in  »innere  prahistorischu  Zeit  zu  verlegen: 
die  Piauibauten-Bewohner  waren  schon  Viehzüchter  und  trieben  Ackerbau;  die 
in  den  Hanaatand  erhobenen  Hnfthiere,  die  scharfiiinntg  aufgcspähteu  Pflanaen 
mit  in  die  Augen  springenden  Vbnttgen  (Gramineen  uud  —  vielleicht  sohon 
vor  diesen  —  Obstbäume)  konnten  aber  nicht  bloß  gepflegt,  rie  mußten  unbe- 
dingt gegen  die  Angriffe  ihrer  Feinde  vertheidigt  werden. 

Heutzutage  gehen  die  wenigen  r/roße»  Haubthiere  —  üeberliefertes  aus 
dem  alten  Urwald  —  ihrem  Untergang  entgegen;  Behörden  zahlen  auf  ihre 
Erlegung  Schußgelder.  Wie  labbreidi  Baubtbiere  noeh  im  vorigen  Jafarbnndert 
s.  B.  in  bttndnerisoben  Gebii;gen  angetroffen  wurden,  ist  emiohtlieh  ana  den 
'Jahrearcchnungen  der  Bundesschreiber  des  Gotteduwabundea,  naoh  denen  nicht 
selten  2 — ÜOO  fl.  für  erlet^te  Raubthiere  aasgegehen  wurden,  ans  weleher  Summe 
auf  Erlegung  von  acht  Bären  und  doppelt  so  vielen  Luubhen  und  W  ulfen  zu 
Bclilieikn  ist.  Im  Herbst  18^9  geht  nun  die  Notiz  durch  die  schweizerische 
Presse,  „die  Büren  drohen  im  letzten  Gebiet  (Unterengadin)  ausauaterben,  so 
daß  von  mehreren  Seiten  schon  eine  —  Barennaehsnebt  angerathen  wurde'. 
Aueli  die  fiefährli^hrn  R<tubvötiel  müssen  in  dem  gegen  sie  geführten  Vernich- 
tungsliampf  schließlich  erliegen.  Die  Kremotter  (Kupfernatter,  Pelias  Cerus, 
Mcrr.)  und  die  im  Jura  sich  zu  ihr  gesellende  gleich  giftige  rbedische  Viper 
(Vipera  aspis  L.)  werden  immer  mehr  vom  kuttivirten  Boden  inrttokgedrihigt, 
man  hört  nur  etwa  rar  Zeit  der  Heuernte  noeh  von  SchlangeDbissen. 


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Thier-  und  FÜHiizeni>cbulz 


—    299  — 


Thier-  uod  Pflauzenscbutz 


Wir  kat$m  $$  unter  den  Feinden  der  Pftaneen  und  Jkiere  M  fMAr  mU 
kleineren  und  kleinsten  Wesen  mu  thun.  Dahin  nind  elmmt  Nager  und  diejenigea 

Eleintliiere  zn  zählen,  welche  mao  insgesaioint  Ungezi^t  r  nennt.  Zur  Be« 
känipfung  einzelner  dieser  Sfhädlinj^  sind  Maßregeln  jft'troffen  worden  So  be- 
»tebeu  Kaotonsverordnüngen  und  Konkordate  für  Vertilgung  des  Maikäfers,  die 
wohl  besser  nachwirkeo,  ala  jene  gei«tlichea  oder  weltlichen  Gerichte  in  früheren 
Zeiten,  wie  etwa  daa  1473  dnroh  Biaohof  Benedikt  ven  Laoeanne  tther  die  Enger« 
finge  im  Grebiete  der  Stadt  Bern  abgehaltene,  es  vermocht  haben.  Ferner  hat 
der  Bunde^rath  gegen  einge<!chleppte  KulturfeinJe  Terordntmgen  getroffen  vcrrrL 
.Reblans"  pag.  R43,  II.  Bd.  und  „Blutlaus-  png.  L>yu,  I.  Bd.).  Solche  lu  u 
auftaucheudti  KuUurfeinde  rufen  jeweilen  auch  einer  ganzen  Literatur,  wio 
es  denn  flberhanpt  aohon  bei  einiger  Geihbr  vor  Einaohleppnng  «nea  aenen 
Feinde»  nie  an  Belehrungen  fehlt  (w»  s.  Z.  Uber  den  Kartoffel-  oder  Colorado- 
käfer, Chryomela  decemlineata,  Lrc). 

Geflihrliclier  als  das  meiste  Ungeziefer  sind  die  (Ento-)  Pa  ra  s  i  t  e  n  unserer 
Nuti^Thiere  und  -Fdanzen  (die  durch  »^ie  hervorgerufenen  Krankheiten  wurden  früher 
nnr  zu  gern  der  Hnerm  iqgetohrieben),  denn  viele  dieeer  Faraaiten  lind  ao  klein, 
dafi  aie  erat  bei  stlrkater  YergrQiSening  oiohtbar  werden^  andere  wieder  nahen 
anf  eohwer  an  Turfolgenden  SohlMohwegen.  UebertrÜger  von  Parasiten  sind  z.  B. 
ana  dem  Thierreioh :  Fliegen,  Ratten  (Hauptbrutstiitten  von  Trii  hinen),  Hund» 
(von  <ien  größten  Paratiitenberbergen] ;  aus  dem  Pdanzenreich :  Berberia  vulgaris  L.^ 
Juniperua  Sabina  L. 

HinaiohtUoh  Vorkehren  gegen  eolehe  sind  wir  andern  Lindem  noch  an- 
rHok*  So  hat  Deutachland  er^t  neuerdings  die  Vorschrift  eingeftlhrt,  daß  10  m 
weit  von  Gctreiiie-  und  Grasland  keine  Berberitzen  (Triiger  des  Getreide-  oder 
Grasrosts  Pucciuia  graminis)  stehen  dürfen,  und  eine  Warnung  erlasnen,  gatödtete 
Batten  zu  vergraben.  Gegen  gewisse  plianzliche  Parasiten  bestehen  gesetzliche 
Maßnahmen  oder  Vonchläge  znr  BekXmpfung.  So  haben  wir  anm  Schntae 
der  Hansthiere  vor  Bakterien  die  et<^efl09i(t^oAen  SeticAen^^^setoe,  weldie 
die  Bannlegung,  Schutzimpfungen,  Quarantänen  beim  Vieb verkehr  etc.,  seit 
August  lt<^d  auch  die  DeMinfektionsverfahren  bestimmen  nnd  die  Einsetzung  von 
Grenzthierärzten  zur  Folge  hatten  (vergl.  .Viehseuchen*').  Daa  neue  Verfahren 
aber  snr  Heilung  von  Infektionakrankhuten  durch  ^^mpfenlaaeen  der  Bakterien 
(die  Bakteriotherapie)  ist  durch  den  St.  Galler  Dr.  Gairi  weeentlioh  befördert 
worden. 

Zum  Schutze  der  Kartoffeln  vor  Peronofspnrn  infestans  ist 
vom  Buudesrath  im  Sommer  löSU  ein  Bespritsongs- Verfahren  mit  Kupfervitriol- 
lösung  empfohlen  worden. 

Yoraäilflge  aar  Bekitmpfung  von  Pilskrankheiten  sind  sonst  besonders  ron 
Vereinen  ans  gemaeht  worden,  wie  vom  sfliweiz.  Ob>t-  und  ^^'«•inbauvt•rein. 

Audi  Hilter  den  ffriinen  Pflamen  giebt  es  solohc  die  sclui den,  Hci  es  un- 
mittelbar duroli  F)iit7.ug  von  Nahrnngssaft  an  Knltnrptlan/.en  twie  z.  H.  die  Mi-tel, 
Uber  deren  Lebensweise  sich  in  allen  Luhrbuehern  Uber  Obstbau  genaue  Erörte- 
rangen  finden)  oder  dnroh  giftige  Wirkungen  an  flanethieren,  sei  ea  mittelbar 
dnrdx  Wegnahme  von  Baum,  Licht  and  Nahrung  an  Nutspfluinm  (wocn  dann 
oft  noch  Erscl^wemng  der  Bodenbearbeitung  kommt).  Aus  früheren  Zeiten  sind 
Erlasse  gegen  das  „Insamenschießen"  v  o  n  ü  n  k  r  ü  n  t  e  r  n  h*^kannt,  die 
Strafen  vorschrieben.  Heute  kann  man  sich  vor  unkrauthaltigera  Saatgut  durch 
Bezug  des  Samena  von  Handlungen  sichern,  welche  unter  der  (anf  Grund  einer 
1875  von  Beg.-B.  Baumgartner  im  Nationalrath  gemaehtra  Anregang  errichteten) 


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Thitf  '  und  raanzenscüuU 


—    300  — 


Thier-  und  Pflanzenschutz 


Schweiz.  Samenkontrülstation  läteheij,  beöondörü  vor  der  „Kleeseide"  (Ouscnta  Var. 
Trifolii  Bab.)  etc.  Kenatniß  ttber  neue  Bekämpfangsarten  geben  jeweilen  die 
laodwirtbMhaftlichen  Zeitongen. 

Im  Kampf  geg«n  Knltorfeinde  stehen  uns  diejenigen  Wesen  bei,  die  solohe 

zu  ihrer  Nahrung  bedürfen.  Das  größte  Kontingent  zu  diesen  unseren  Gehülfea 
stellen  die  Vö;jel  und  es  rechtfertigt  Kich  so  die  durch  Dr.  Friedr.  v.  Tschudi 
in  Fulge  seiner  Schrift  „Die  Vögel  und  daa  Ungeziefer"  vom  Jahre  1858  nicht 
nur  in  der  Schweiz,  sondern  auch  im  Ausland  bewirkte  gesetzliche  Schonung  der- 
jenigen Arten,  welche  ttber  ihren  weitam  größeren  Hntsen  keineaZweifel  ttbrig lassen. 
Während  auf  diese  Weise  in  unserem  Land  fUr  VogeUchnta  gesorgt  ist, 
wurden  für  denselben  nach  Außen  Hchon  internationale  Verträge  angestrebt  (so 
1873  durch  den  schwciz.  G"<andten  H  v.  Tschudi  auf  dem  Kongreß  der  Land- 
uud  Forstwirthe  in  Wien,  18'5i  durch  die  Schweiz,  ornithologische  G^ellächaft 
auf  dem  inteniatioiialen  Omithotogenkoagreß  in  Wien).  Zweck  jener  in  den  . 
lettten  Deaennien  entatandenea  Voffeitohuü^e^eige,  bei  deren  AnfrteHung  nieht 
bloß  die  Landwiräuelukfl,  sondern  auch  die  tibrigen  Hauptinteressen ton-Gruppen 
(Porstwirthschaft  und  Ja^dbetrieb)  haben  oder  hätten  berücksichtigt  werde'i  niU^^sen, 
soll  die  Bekämpfung  einer  Massenvcrtilgnng  nützlicher  Vögel  und  die  Weckung 
des  Sinns  für  Thierschonung  beim  Volke  sein.  Das  eidgenössische  Vogelschutz- 
geseta  (vergl.  pag  53,  II.  Sd.)  geht  nun  aber  aa  weit,  so  daß  es  nieht  in  der 
ganzen  Strenge  befolgt  werden  kann.  Es  kommt  ja  bei  vielen  Vi'^gt  In  anf  die  haupt* 
sächlichste  Bijdenbewirthschaftung  einer  Gegend  an.  ob  sie  al^  GehiiltVn  zu  betrachten 
sind;  unser  Gesetz  nimmt  darauf  nur  bezüglich  U'eiuf^iirton  Kiieksicht  Der  Staar, 
von  Alters  her  in  Getreidebaugegenden  ein  beliebter  Vogel,  was  die  dort  viel- 
fach aogebraehten  .StaaTklsten*  bezeugen,  ist  —  als  Beispiel  —  nieht  nnr  in 
Wein^ürten,  sondern  aaoh  in  Eirsohbaumpflanzungen  sehr  verhaßt.  Landwirthe, 
die  ja  am  Ende  unbedingt  sich  selbst  die  Nächsten  sind,  suchen  gf^gen  die  schäd- 
liche Wirksamkeit  solcher  Vögel  auf  jede  mögliche,  nicht  immer  mit  dem  Gesetz 
übereinstimmende  Weise  einzuschreiten,  und  leider  gebrauchen  sie  hiezu  oft  die 
Baben;  vielen  Vögeln  wird  dann  aaoh  bloß  wegen  vermdntliehem  Schaden 
naebgeeteltt,  und  erst  recht-  and  echotslos  stehen  oft  »eitere  &ehiüfen  da.  Httoie- 
vertilger,  Ungeziefervertilger,  Unkrautsamenvertilger  sind  Verfolgungen  bloß  ans 
Avitipatliie  (wie  z  B.  die  Kröten)  oder  ans  abers^lHnbischen  Vonirtht  ih  n  (wie 
die  Fledermäuse  und  Eulen)  oder  aus  bloßer  Uukeuntuiß  (wie  z.  B.  die  als  gribe 
Hülsen  Weißlingsraupen  bedeckenden  Schlupfwespenpuppeu,  die  teblernden  Tauben) 
ansgesetat.  Andern  Gehttlfen  wird  aber  ancb  des  angenehmen  Wesens,  das  lie 
als  KUigthiera  gedgnet  macht  (wie  Nachtigallen),  oder  des  Wohlgef^chmacks  ihres 
Fleisches  wegen  nnrhj^efitcllt.  Die  P»  i>|iit»le,  wo  nach  dem  in  den  Sechszigerjahren 
durch  F.  Anderegg  in  Waiizw\  1  (Obtraargnn)  gegebenen  Vorbilde  die  Lrehrer 
Schüler -Vereinigungen  zum  Schutze  nützlicher  Thiere  bilden*),  sind  bis  dahin 
selten  geblieben,  and  haben  solche  erst  jüngst  in  Bentsoliland  Hadiahmer  gefunden. 
In  versehiedenen  Gegenden  ist  jetzt  den  Schülern  Gelegenheit  geboten,  in  MSchnl- 
gärten"  nützliche  und  schädliche  Thiere  in  ihrem  Thun  und  Treiben  zu  beobachten, 
80  auch  die  Hninniel  nnd  Biene  als  Vermittler  der  Blüthenbestäubung  bei  vielen 
Kulturpflanzen  und  die  iiegenwürmer  als  fleißige  Arbeiter  bei  der  Dnrchluttuug 
des  Erdreichs.  Wir  sollen  jedem  Wesen,  das  durch  irgend  einen  Nutzen  einen 
Bereohtigangsgrnnd  fi&t  sein  Dasein  hat,  dieses  Dasein  auch  gOnnen,  sanen  all- 

*)  Ver(?l.  Statuten  des  Scfaülervereins  Wanzwjrh  ,Beru.  Blätter  für  Landwirth** 

Schaft*  lSü:2. 


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Thier-  und  PQanzenscbuU 


Thi«r-  und  PllanzcnschuU 


flüüg  ni  Tage  tretuDden  Sohaden  in  irgendwie  humaner  Art  absnwendeii  «nchen» 

Znr  Abwendung  des  Schadens  stehen  uns  meist  viele  Mittel  zur  Verfügung,  so 
MeDDige  oder  Scheuchen  gegen  Vogelschaden  in  An^^aaten,  Querhölzer  iin  Pfählen 
gegen  Abbruch  junger  Btiume  durch  Vügel,  Dornenkriiuze  tin  HauiUHtÄmuien  gegen 
Plündern  von  Nestern  höhleubrUtender  V^ögel  durch  behaarte»  Kaubzeug.  Uebcr» 
haapt  wird  hinslebtUch  der  eigentlichen  Httl&tmppe,  d.  h.  derjenigen  Thiere, 
deren  Nutzen  uuzweifelbaft  ist,  in  den  letzten  Jahren  doch  mit  einem  grOfiereo 
Yerständniß  gearbeitet  als  früher,  namentlich  dadurch,  daß  man  Gehtilfen  in  be- 
stimmte Gegenflen  zn  fesseln  sucht.  Es  werden  von  einsiehtigen  Landwirthcn 
Flächen,  die  zu  Kulturen  ungeei;j:net  sind  (wie  Baine,  Stein  bruchränder),  mit 
niderem  Bnsohwerk  bepflanzt,  von  „  VerRohttneningsyiereinen''  in  der  Nähe  vieler 
Stidte  fttr  parkartige  Anlagen  geiiorgt,  von  fortsohrittliohen  Gemeinden  (MoHt-) 
Obstbaum-Alleen  an  den  Ackerfluren  durchziehenden  Straßen  angelegt.  Neben 
natürlichen  Wohnstätten  werden  den  höhlenbriltenden  Vögeln  unter  dcö  Oehttlfen 
auch  kiluätliche  (Nistkästen)  ungeboteii. 

Viele  wildlebende  nutzbare  Thiere  —  Gewild  und  Fische  —  stehen 
sehen  lange  unter  dem  Sohuts  des  Hrasoben,  Indem  er  ffir  eine  Yermehmng  der- 
selben durch  Sch(  1 7  iten  und  «orte  Sorge  trägt.  So  wurden  x.  B.  aohon  im 
XVI.  Jahrhundert  Jiigdgetsetze  erlassen,  die  eine  Schonzeit  meist  von  der  alten 
Fastnacht  bis  Joluuiui  vorschrieben.  Auch  erklärten  die  Glarner  schon  im  Jahre 
1539  die  Bergkette  zwischen  GroU-  und  Kleinthal  als  Schonrevier.  Fischerei- 
gilden  größerer  Orte  sorgten  im  Mittelalter  dnrob  strenge  Verordnungen  und 
gewiesrabafte  Handhabnng  derselben,  durch  Anlage  geeigneter  Laiehatell«i  lür 
eine  gtite  Bevölkerung  ihrer  GewSäser.  Fischerei-  und  Jagdbetrieb  erhielten 
sodann  durch  die  Bundesverfassung  von  1874  eine  einheitliche  Gesetzesgrundlage. 
So  sind  nun  im  eidgen.  Fischereigesetz  (vergl.  pag.  631,  I.  Bd.  und  die  lievision 
desselben  vom  Jahre  IHHS)  die  Minimalmaße  fttr  den  Fang  und  die  Laioh-Schon* 
seit  der  Fiaehe  bestimmt  und  sieht  das  adgen.  Jagdgeaets  (vergl.  pag.  63,  II.  Bd.) 
Freiberge  fttr  EiTbaltlUIg  dos  Hochwilds  (mit  Wildhütorn  in  diesen  Bannbezirken) 
voraus.  Fih'  gebührende  Nachaelifunn-  des  Jui^d^'tsetzes  sorgt  nelieu  kiintuniileQ 
Jügervereinen   der  1882  in's  Ia-Ik-ii   ;.;erut"tni'  »chweiz.  Wildschutzverein  Diana. 

En  ist  eine  bekauiite  Thutsuche,  daß  wir  den  Werth  gewi&ser  Wesen  erbt 
dann  sohätaen  lemoi,  wenn  wir  dieselben,  snr  bemerkbaren  Abnahme  oder  gar 
Ausrottung  getrieben  haben.  Wir  suchen  in  diesem  Falle  kiiM>tlich  eine  Erhal- 
tung und  Verinebmng.  Wir  sind  dadurch  auch  zur  künstlichen  Fisch-  und  Krebs- 
zucht irekoiumen,  und  immer  mehr  wird  dabei  die  Wnhrheit  des  Spruchs  eingesehen» 
daß  „das  Watuer  ebenso  reich  iat  als  das  Feld,  wenn  man  es  gleich  den  Aeckeru 
bestellt*.  Kaehilmi  der  Steinbode  aae  aneerem  Wildstand  VMvehvtinden  war^ 
anehte  man  mit  großen  Kosten  seine  Wiedereinföhrung  in  Oranbttndea  (8teinboek- 
Kolonie  an  der  Strelakette,  Schnnfigp»,  wie  ornithologische  Vereine  die  W^iedcr- 
ve<"breitung  von  Nachtit^allen  ilureh  Ankauf  und  Aussetzen,  ün'^ere  edlen  Jiigd- 
thiera  (Gemsen,  Kirsche,  Kehc)  werden  übrigens  an  verschiedenen  Urttjii  besonder?» 
gepflegt,  wie  im  zoologischen  Garten  von  Kasel,  iu  den  Waldungen  der  Sihl  bei 
Zürioh,  im  Hirsehengarten  bei  Bern,  in  den  Faros  der  Gorges  de  la  Reuse 
(Neuenburg).  Ebenso  hat  man  in  neuerer  Zeit  auch  Pflanzen  —  namentlich 
Arzneipflanzen  (wie  im  Jnra  gelber  Enzian,  (icntiana  lutea,  L.)  —  in  Kultur 
genommi»u.  Die  charakteristischen  Schweizerpiianzen  werden  in  der  Schweiz  viel- 
fach in  botanischen  Gärten  kultivirt  (so  in  Bern,  Zürich,  speziell  die  Alpenpüanzen 
im  1889  üsrtig  gestellt  wordenen  Garten  des  Entremont-Thals  an  der  St.  Bem- 
hardstraße).    Damit  die  seltenen  Pflanzen  aber  aneh  noch  wildwaohsend  erhalten 


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Thier*  uud  Pilanzeuschutz 


—    3u:i  — 


Thier-  und  Fllaiizenschutz 


bMImi,  hat  tidb  auf  AnreganK  Tön  Dr.  H,  Q«ndet  and  H.  Gorrevon  am  29. 
Januar  1883  in  Oeuf  di«  JhBodaUan  pour  la  prüteedon  des  pianies  gebildet. 

Sind  ja  doeh  daroh  Sammelliebhabereien  seltene  Pflanzen  schon  von  verschiedenen 
Stellen  verschwanden,  obs^hon  manche  Lfhrfr,  liherhaupt  g»'<;ren  das  viele  unnütze 
Fflanzeuausreißen  eifernd,  Fundorte  vor  allzabegieiigen  SchUiem  verheimlichen; 
zwar  finden  wir  daa  Verheimlichen  auch  bei  Poetillonen  und  Kondukteuren 
Fremdm  gegmiQber,  bei  dieeen  aber  anf  eigenen  Gewinn  beredinet.  Jeoe  Asm» 
ciation  zählt  bereits  600  Mitglieder,  neben  Schweizern  zahlreiche  Ausländer. 
Auch  wurde  durch  die  Sektionen  Oberaargan  ntid  Zofingeii  des  schweiz.  Alpen- 
kl'ib-',  nachdem  Direktor  Rob.  Mej'er  in  der  Klus  auf  d-irri;;'?  Abnahme,  seltein-r 
i'lianzun  auhnerksam  gemacht  hat,  darauf  gedrungen,  duü  die  ii.ni\vohnergemeinde 
fiabthal  ]flS5  folgende  BeeoblttHse  annahm: 

1)  Es  dürfe  im  Genieindebann  Baisthal  kein  Gärtner  noch  Botaniker  Daphne  ctieo« 
mm  L  (dn^  ^Klnsner  AlpenrösU")  and  alpina  L.»  Primola  auricula  L.  (»Flne- 

blümli*)  sammeln ; 

'S)  ebenso  dürfen  Ton  den  Einwohnern  Babtfaal's  und  Umgebung  die  Bitthen  dieew 

Pflnnzpn  nicht  gepflückt  werden ; 
3)  es  äoiicn  au  günstigen  Steilen  Verbote  aufgestellt  werden  mit  BußandroUung. 

Und  ähnlicbe  Beeelilasae  faßte  sp&ter  auon  die  Gemeinde  Oensingen,  io  deren 
Gebiet  z.  H,  die  KavoUmfltth  mit  Ib^  ris  saxatilisL.  liegt.  Gegenwärtig  ist  - —  besonders 
durch  die  Bestrebungen  von  Fischer-.Sigwart  —  die  Anssiclit  vorhauiieu,  daß  der 
Schweiz.  Aipenklub  sich  die  Planzenschutzfrage  zu  seiner  Aufgabe  machen  wird, 
wie  derselbe  ja  schon  fUr  Schonung  von  , Wettertannen*  sorgt,  und  so  werden 
denn  die  Bni^  fttr  Erbaltong  von  Jura*  und  Alpenpflanzen  (wie  s.  B.  von  Edel^ 
weiß)  in  der  Presse  nicht  unerhört  bleiben. 

Wälder  im  Gebirge  genießen  seit  Alters  besonderen  Sobntz,  namentlich 
solche,  die  in  den  Alpweiilen,  an  den  (irenzen  der  Waldregiun  liegen  (uft 
bedrohten  Statuten  deren  Schädigung  mit  dem  Tude)j  denn  mau  erkannte  ihre 
Bedeutung  und  wußte  wobl,  daß  ein  Kaobwache  bat  nnmVglioh  sei.  Der  dnrcb 
Nai-B.  Dr.  A.  v.  Planta  angeregte  Gedanke,  der  Bund  solle  die  Oberaufsicht 
über  die  Forstpolizei  im  Hochgebirge  führen,  wurde  zum  Bundesgesetz  erhol»en 
(vergl.  pag.  651,  T.  Bd.)  und  kann  nun,  auf  Grund  de*!3f»lben,  verderblichen 
Elementen  Einhalt  gethan  werden  (Rufen,  Kutuchungen).  Waldi^chutz  vor  Ziegen 
und  jSdufen  (Bergamaiker)  wird  jetzt  durch  geregelten  Weidgang  «reieht ;  ein 
üebel  besteht  in  Graubttnden  noch  im  Allmendweaen,  in  der  eehldlicben  freien 
Azuug  (vergt.  „GraubHndcn"  I.  Bd.). 

Aus  den  ungemein  zahlreichen  Wiesenpflanzen  wurde  in  den  letzten  Dezennien 
das  Beste  vom  Guten  lierausgefunden,  um  mit  demselben  durch  den  Kunstfiitter- 
bau  die  Thierproduktion  zu  steigern;  so  sind  nun  wcrthvolle  Futterpflanzen 
in  beeondereo  Sohntz  gekommen. 

Obechon  gegen  Vergehen  am  Eigenthum  die  kantonalen  Pulizei^trafgesetze 
bestehen,  hört  man  doch  ■-tets  Klagen  über  Feld-  und  besonders  Obstfrevel, 
weßhalb  auch  hcliun  im  hcrni^chen  Großen  Rath  die  Motion  auf  Krluß  eines  Gesetzes 
fUr  strengere  Bestrafung  dcö-selbeu  ge^tellt,  18Ö8  in  der  bernischen  Obstbaukommission 
der  Entwurf  einee  Heg  lernen  ts  gegen  Obetfrevel  besprochen  wurde.  Eine  Mneter» 
verordnuDg  für  Einwohnefgemeinden,  yon  denjenigen  des  Amtes  Bargdorf  ange- 
nommen, ist  nun  1889  von  einer  Kommisaion  unter  dem  Prtteidium  von  Ghroß" 
rath  F.  Affolter  in  Oes(  hberg  herausgegeben  worden. 

Gewisse  Kulturen  genießen  Zollschutz.  Andere  Kulturen  hat  allerdings 
die  Landwirthechaft,  seit  ihr  die  Industrie  zur  Seite  steht,  aufgeben  müssen  (wie 
Fftrberwaid,  Krapp). 


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Thier-  imd  PflaiueoschaU 


303  — 


Tliier-  und  PflanzenächuU 


Uao  machte  die  Boubauhtuug,  daü  Haunthiere  noch  vielerurtti  roh  be« 
bandelt  werden,  und  daher  theten  eioh  MKnner  fosunmeo  tm  Bilduag  ron  frei- 
willigeo  GreaaUfldiaften,  welohe  noh  die  schöne  Aufgabe  stellen:  1)  jeden  ihnen 

bekannt  gewordenen  Fall  von  Tbierqualerei  sur  Anzeige  bez.  gesetzlichen  Be- 
strafung (nach  den  kantonalen  Strafgesetzen  o(!er  entstandenen  Dekreten  Uber 
Thierquälerei)  zu  bringen,  2}  das  Volk  durch  populäre  Flugschriften  Uber  die 
richtige  Behandlung  der  Haustiiiere  in  belehren,  3)  lilr  fiinftthrung  puaender 
ZnggeBebine,  Fehraenge  ete.,  fHr  Yerbreitnng  von  Pttnen  eoleher  Stallni^seii, 
die  den  sanitären  Anfonh  rangen  enti^prechen,  sowie  fllr  eehmeraloae  Tödtung  ein- 
zutreten.  Der  er^te.  derurtige  „Tli  i  e  r  sc  h  ii  t  z  vfrei  n"  entstaiK^  in  Zürich, 
dank  dt^u  eoergiüchen  Bebtrebungen  des  Pfarrers  VVoitf  in  Weiuiugen  \ Statuten: 
1075).  Im  Jahre  1885  wurde  eine  Konferenz  der  schwoiz.  Thierschutzvereine 
in  Bern  anter  dem  Pritaidinm  yon  Wolff  abgehalten  and  aaf  dieser  folgende 
Staftnten  aogeoommeo : 

§  1.  Die  Schweiz.  Thierschntzvert'ine  uml  tlit-  Alithoilungon  uiultM-cr  Vcrt-inc,  die 
den  Schutz  der  Thiere  zum  Zweck  haben,  stehen  mit  einander  in  organischer  Ycrbiu- 
dang  und  bilden  in  ihrer  Gesainmtheit  den  «eftweir.  Zentratverein  ttm  SchmiM  der 

Thiere.  —  §  2.  Jeder  T.okalvcn  in  wird  nach  seiner  Konstituinini^.  nach  Meldung  beim 
Zentralvorsland  und  durch  Annaliiue  dieser  Statuten  Mitglied  des  sdiweiz.  Zentralvereins. 
Er  behftll  in  seinen  inneren  Beziehungen  und  zu  den  anderen  in-  und  auswilrtigen 
Vereinen  eine  durchaus  selbstständige  Stcllunir.  -  -  §  3.  Spätestens  alle  zwei  -luhre  findet 
eine  ordentliche  Versammlung  von  Abgeordneten  der  Vereine  statt.  DieMi  nehmen 
die  Rechnungsablage  entgegen  und  wühlen  filr  die  näch.^ten  zwei  Jahrs  den  Zentral- 
Vfir^laiiil,  bestehend  aus  Prä-idinl  umi  Vizepräsident,  drei  Miftrliedern  und  außerdem 
zwei  KtThaungsrevisoren.  Akluariid  uud  (^)uü.slorat  besorgt  der  Vorstand  des  Vereins, 
welchem  der  Präsident  angehört.  —  S  4.  Kine  aufierordentliche  Abeeordnelenversamm- 
lung  wird  vom  Vorstande  einberufen,  sobald  die  gemeinsamen  Angelegenheiten  und 
Interessen  es  erfordern,  oder  drei  Vereinsvorslände  unter  Angabe  der  firOnde  eine  solche 
verlangen.  Bei  den  Abgeordnelenversammlungen  li  it  jciler  Verein  durrh  seine  Dele- 
girteu  bis  zu  100  Mitgliedera  zwei  Stimmen,  für  200  Mitglieder  drei,  300  vier  u.  s.  f. 
Mehr  als  sieben  Stimmen  darf  kein  Verein  abgeben.  —  S  5.  Der  Zentral  vorstand  hat 
die  geraein>aiiien  Angelegenheiten  und  Intt  r.  ssen  der  Schweiz.  Thierschutzvereine  zu 
leiten  and  zu  wahren,  insbesondere  die  Bildung  neuer  Thierschutzvereine  im  Schweiz. 
Vaterlande  anzuregen  und  zu  fSrdem.  —  §  S.  IMe  GeschSftsleitung  des  Zentralvorstandes 
\üt  unenf^relllicli.  Daj-'et-'en  l>e/iehen  die  Mitglieder  dräveUien,  -nwie  der  Aktuar  und 
Quilslor  bei  noUiweudi^  gewordenen  Sitzungen  und  Reisen  in  gemeinsamen  Thierscbutz» 
Angelegenheiten  die  Vergütung  der  Reiseauslagen  und  ein  Taggeld  von  FV.  8  fflr  den 
ganzen  und  von  Fr.  5  für  den  IhIIku  Tag  aus  der  Zenlralkasse.  —  §  7.  T)ie  Zi-ti1ral- 
ka^  wird  gebildet  aus  den  Beiträgen  der  einzelnen  Vereinskassen,  welche  Beiträge 
▼om  Zentrdhrontand  (je  nach  Bed&rttail)  ffir  die  gemeinsamen  Angelegenheiten  und 
nach  eingeholtem  Gutachten  der  Vcroinsvorstände  in  Fällen  von  p:rn(.'crer  finanzieller 
Tragweite)  im  Verhältniß  der  Mitglicderzahl  und  zum  Vermögen  der  einzelnen  Vereine 
und  Abtheilungen  (§  1)  festgesetzt  werden.  In  Källea  von  sdiwachen  finanziellen  Ver- 
liällnisscii  einzelner  Vereine  ist  es  dem  Zentrah '  n  -lande  ^rc^tattet,  billit-'c  Hn(  Jv-:chten 
wallen  zu  la-ssen.  —  §  8.  Jeder  Verein  bat  d.i>  Ue.hl,  aus  dem  Verband  auszutreten. 
Bei  Nichterfüllung  der  durch  diese  Staiaten  auferle,,'ten  Pllichten  kann  ein  soldier  auch 
durch  die  AI>^'ef)rduetenversaminhin'^'  vorn  Zentralverein  ausgeschlossen  werden. 

Gep:euwiirtig  bestehen  in  14  Kantonen  Thier«ehutzvereiiie,  und  zwar  in 
Zürich,  Bern  (seit  1888  mit  dem  Antivivisektionsverein  verschmolzen),  Biel, 
Burgdorf,  Langenthal  nnd  Thun  (diese  fünf  hernischen  bilden  seit  Hai  1889  den 
kantonal- bernisoheo  ThiersctbntsFerbaod);  Lnzern,  Glems  (KantomilverNn),  Frei« 
bürg,  Solothurn  (Kantonalverein),  Baselntadt,  St.  Gallen  nnd  Toggenbnrg,  Chur, 
Aargau  (Kantonal verein),  Thnrgan  (Kantonalvereiu),  Lanaanne,  Nyon  nnd  Uolle, 
Neuenbürg  und  Grenf. 

Im  (ranzen  sind  es  21  Sektionen,  th.  lokale,  th.  kantonale.  Der  deutsch- 
aohweizerische  Zentxalverein  gibt  keine  Jahresberichte  heraus.  Das  seit  1889  nnier 


Thier-  und  Fflaozeiutcbutz 


—    304  — 


Thoniasschlake 


der  Kedaktion  von  Em.  Xaef  bei  Wirz-Christen  in  Aarau  sechemal  im  Jahr  er- 
sobttnende  Organ  «Der  Thierfreund "  (früher  «Sebweüer  ThknohnteblStter")  gibt 
Kunde  Ton  dem«  was  geHchieht.  Hanptfi«gen  waren  bisher  der  Viebtranaport»  daa 
Schächtverfabren  und  dieüundebespannang;  sie  kamen  theils  auch  an f  internationalen 
Thier»chutzküngre«8en  zur  Sprache.  So  referirte  Bezirktüverwalter  A.  Keller  von 
Aarau  Itibö  auf  der  durch  F£r.,  Woltf  Obmann  geleiteten  Konferenz  in 
Httnoben  und  1889  auf  der  in  Dresden  Uber  die  Viehtnuuportfrage.  Gegen 
TbierquiUerei  beim  doblaehtgcachifte  erließ  adhon  1884  der  Tbienrahntsvereia 
Zürich  mit  den  13  aedern  damals  bentehenden  Vereinen  (Bern,  Burgdorf,  Langen- 
thal, Luzern,  Solothurn,  Basel  [ThierschutzkommiMion  drr  g«m.  Gch- IlKf^haft], 
Aarj^u,  Thurgan,  Toggenbnrg,  Grlarus,  Waadt,  Neuenbürg  und  (ieufj  einen  Auf- 
ruf an  das  sohweiz.  Volk  mit  folgender  Bitte: 

1)  ,Man  wolle  tu  Stadt  und  Land  darauf  sehen  und  balten,  dafi  das  Sdilachtett  der 

Tliicre  nur  durch  sa<-fiknndi;;e  uml  <lazu  geeignete  Personefk  vorgenommen  ward« 
(Nüthfälle  selbstverständlich  ausgcuommen). 
S)  llan  wolle  bei  den  Sehlaehtnngen  darauf  sehen  und  hallen»  daß  yor  der  eigenU 

liehen  Töiilun^:  «lurdi  lüntrnizioliutiK  ein»:'  vnllige  Betäubung  der  Thiere  durch 
&k:hlag  oder  aut  andere  .iiigeniessene  Weise  vorausgehe. 
3)  Man  wolle  dazu  helfen,  daß  diejenigen  SchlachtmethoileD,  wddie  bis  jetzt  al» 

die  den  Anfordt'riinj?f'n  dor  Menschlichkr-tl  und  (!er  m^frlicli^t  schnellen  und 
srlinttiv-loseu  Tödtung  entspreehondsten  ci  tDiidcn  worden,  mehr  und  mehr  überall 
eingeführtwerden;  da  ^leht  in  t  rster  J.inie  die  Schußniaske,  welche  durchaus 
iior  den  momentanen  Tod  des  Thieres  bewirlit  und  die  völlige  Verblutung  in 
keiner  Weise  hemmt.' 

Seit  Herbat  10ä9  hat  der  Thiersohnttverein  Bern  für  Abtddten  von  Hunden» 
diejenigen  von  Biel  nnd  Bern  fdr  das  TOdten  yon  Marktgeflttgel  Einiicbtungen 

getroffen. 

Dil-  Thifrschutzvereine  dehnen  ihre  Schutzbestrebungen  auch  «nf  andere 
als  HauhtliicrL'  au>,  besonders  auf  die  Vogel.  Daa  Zentralkoniite  hat  nich 
gchriitlich  an  den  PapNt  Leu  Xlli.  gewendet  und  um  «»eine  Vermittlung  in  Sache 
des  Maaeenmords  von  YSgeln  in  Italien  gebeten.  Tbiersehtttavoraine  erlassen 
jährlich  Aufrufe  in  der  Pret^ser  für  zweckentjsprecbende  und  den  Arten  angemf8t>ene 
Fütterung  der  Vi. gel  im  Winter  Der  Thierechutzverein  Bern  sorgte  1889  für 
billige  Verbreitung  von  Di'.  Th.  Liebe'»  ,  Winke  betr.  da»  Aufhangen  der  Niat- 
käMtcn  tiir  Vögel".  Leider  habeu  die  Thierüchutzvereine  noch  immer  gegen 
Gleichgültigkeit  und  Yomrtheile  ansukKmpfen,  die  Theilnahme  fttr  ihre  Be- 
strebungen ist  noch  lange  nicht  beim  ganzen  Publikum  geweckt 

Neben  Thierschutzvereinen  treten  auch  Viehzucht«vereine  und  die  kan- 
tonalen T.andwirthschaftH-Direktifmen  fiir  humane  Behandlung  der  HnuMthiere  ein. 
Es  wird  für  Unterkunft  von  Galtvieh  in  den  Alpen  gesorgt  durch  Bauen  von 
praktiiicben  Ställen,  lu  den  Alpen  werden  an  getührlioben  Stellen  Scbutzwebren 
errichtet. 

So  gehen  der  freiwillige  (von  Vereinen  ond  Privaten  durchgeführte)  und 

der  stantlirhe  (eidgL^uossische  inid  kantonalel  Thier-  nnd  Pflanzen!<ohnt:5  Hand  in 
Hand,  sei  er  nun  positiv,  ein  InM  Initznehnien  der  um  nutzbaren,  ntitzlifdu-n  und 
angenehmen  Wethen,  oder  negativ,  ein  Abbaiteu  der  natürlichen  Feinde  und  der 
SohKdlinge  derselben. 

ThoniHSSchlake.  (Mitgetlieilt  von  Herrn  Müller,  Chef  der  Landwirth- 
ßchaftjiabtheilung  des  eidg.  Industrie-  und  Landwirthachnftsdepartementps.'i  Um  das 
Koheisen  vom  Phosphor  zu  hefreien,  welcher  dasselbe  „kaltbrUchig"  und  damit 
Sur  Suhmiedei^en-  und  zur  StuhÜuLiikation  untauglich  machte  haben  die  Cng- 
Utnder  Thomas  und  Oilchrigt  folgendes  Verfrhren  erfhnden:  Das  geachmolseno 


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Thonuagchlake 


—    305  — 


Tbttrkonreküon 


BdliMMii  wird  in  ein  oben  offenes,  birnförmigee,  mit  nnem  aiebartig  durehlttoherten 

Boden  versehenes  Gefäli  (Convert«  i '  'u>snn;  dem  flüssigen  Metall  winl  un^eflthr 
lf)**V.  Kalk  zugesetzt  m\ä  dunh  dt-ii  Siflibuileu  Luft  durchgepreßt.  DtT  S'ttif>r 
8U)tl'  der  Luft  verbindet  sich  mit  dem  Fhu»|>lior  zu  Pbo-sphorsuure  und  die^o  mit 
dem  Kalk  zu  photiphursaurem  Kolk.  Dieser  phosphorüaure  Kalk  und  die  andern 
Umoinigkeiten  des  EiBens  bilden  an  der  OberflSobe  des  GonTerler  eine  dnnkle, 
glasartige,  blasige,  schwere  Schlake,  welche  Thomatitichlake  genannt  wirl.  Diese 
Schlake  wird  in  Kugtlininilm  fein  gemahlen  und  kummt  dann  als  Thomwi- 
Schlahe  um ''■Iii  in  Handel,  welche»  10  bis  31),  durchsi  hnittlicU  16 — 1?  ^ja^  Phoipkor- 
säure  und  70 — sogenannteti  Feinmehl  i  iithiilt. 

JÜie  Phosphorsäuro  der  Thomasflchlake  *i»t  je  nach  dem  B'eingehalt  ver- 
biltnißmftßig  leioht  Idslicb  nnd  damit  den  Pflanxenwoneln  zugänglich.  Die  IjV«« 
lichkdt  wird  durah  den  Humus  und  namentlich  durch  die  UumuH.^ore  der  Turf- 
möser  wesentlich  gefördert.  Da  zudem  die  PhoHphorsäure  des  Thomasmehles  in 
die  Schweiz  geliefert  auf  28  bis  36  Rp  per  kg,  somit  mehr  hU  di»»  Hälfte 
billiger  zu  stehen  kommt,  wie  die  Phosphoruäure  des  Superphosphates,  so  ist 
dieses  Sohlakenmelil  «in  sehr  empfehteoswertlier  Dünger,  der  sidi  namentlich  dasn 
eignet,  den  Ackerboden  mit  einem  fttr  alle  FlUe  anareichenden  Gehalt  an  leicht 
löslicher  Phosphortänre  an  versehen.  Za  diesem  Zweck  sind  Dün^'ungeo  von  airka 
1000  kfi;"  ThomaiMjehl  per  Hektare  tu  empfehlen,  welch'-  später  —  wenn  der 
Boden  sich  mit  l'lio.>phorsäure  angereichert  hat  —  entsprechend  vermindert  werden.  - 
Wird  das  Mehl  iut  Herbst  in  den  Boden  gebracht,  so  kann  nach  den  klassischen 
Yemichen  Prof.  Dr.  Wagners  in  Dannstadt  darauf  gerechnet  werden,  daß  die 
mäfte  der  PhosphorsKare  eoboii  im  darattifolgeodeu  Jahr  den  Pflansen  srogänglich 
sein  wird. 

In  der  Schweiz  wird  kein*>  Phi^masschlake  gewonnen }  es  besteht  aber  »eit 
1890  eine  Schlükeamühle  m  U  uillingen. 

Thoik\\aaren  s.  Töpferei. 

Thunerseebaiin.  Eiäenbahnprojekt,  zu  dessen  Realisirnng  sich  am  Ii.  Aug. 
1890  eine  Aktiengesellschaft  gegrttndet  hat.  Die  ünie  soll  die  bereits  bestehenden 

JBahnstationen  Scherzligen  und  Därligeii,  resp.  die  Linie  Bern  Thun  mit  der  Bödeli- 
bahn  verbinflen  Em  wird  eine  Rentabilität  von  6  ®/o  des  Anlagekapitals  in  Aussicht 
^enunimen.  Der  Bau  ist  an  die  Firma  Pilmpin  und  Herzog  um  die  Pau>chal- 
»umme  von  4,7OO,00f)  Fr.  vergeben  und  soll  bis  1.  Juni  1803  ausgeführt  werden. 

Tiuirkorroi^liuu  (Kauton  Zürich).  Dieselbe  erstreckt  sich  von  Vcldi  (Thür 
gauergrenze)  bis  zum  Rhein,  in  einer  Länge  von  22  km.  Anf  der  4,5  km  langen 
Grenzstreoke  awischen  Zürich  nnd  Thargan  Uberflathete  das  Hochwasser  das  Thal* 

gelände  mit  mehrem  Ortschaften  auf  etwa  1  km  Breite.  Diesem  entgegenzu- 
treten werden  Dämme  angelegt.  Auf  der  Übrigen  Strecke  fließt  die  Thür  theils 
zwischen  hohen  Ufern,  uder  ist  in  der  Thalniederung  so  tief  eingebettet,  daß  die 
Hochwasser  nur  selten  übertreten  nnd  wenig  Schaden  verursachen.  Der  Fluß 
wird  hier  nvr  soweit  regnlirt,  am  dem  weitern  üferahbroch  Einhalt  au  than. 
Hiezu  werden  Traversen  verwendet,  die  in  Abständen  von  ca.  öO  m  vom  erhöhten 
l'fei  \n<  an  Jas  Nitilerwasserprofil  reiehen  und,  wo  nothwendig,  in  der  UtVr- 
linie  mit  uiederu  Lungswuhren  verbunden.  (S.  Tößkorroktion.)  Die  ProlUbreite 
beträgt  im  ohern  Theile  50,  im  untern  Theile  (»0  m. 

Der  Kostenvoranschhvg  flir  diese  Korrektion  beläuft  sich  auf  Fr.  1,200,000, 
wobei  die  Kosten  fttr  die  anschließenden  Bheinnfer  bei  Rttdtingen  inbegriffen  sind. 
Ftfr  die  im  Betrage  von  ca.  Fr.  297,000  vor  dem  Subventionsbegehren  ans- 

rarrer,  Vol1nwtrt1uehBtU*L«itk«B  An  Scbmls. 

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Thiirkorreklion 


30U 


Töpferei  u.  Tiionwaaren-lntlustrie 


geführten  Arbeiten  wurde  keine  Subvention  bewilligt,  weil  im  Widerapruche 
mit  Art.  5  de»  Bundeiige«etzea  betreffend  die  Waseerpolisei  im  Hochgebirge. 

(S.  Gewä-serkorrekfiunen  und  Wildbachvcrbauuiigen.)  Der  Bnndeiibeitrag  beträgt 
einen  l>riftf  !  f!«r  wirklicheu  Kosten,  resp.  im  Maximum  einen  Drittel  der  Vor- 
au60lilagssiimnie     B.  B.  v.  'Jf^.  Juoi  A,  S.  Bd.  VI,  pag.  21?^. 

Töpferei  und  TJiouwaaren-Iiidustrie.  Das  Tüpfer-  oder  Hafnerhand* 
werk  muß  in  der  Bebweiz  schon  yor  4Ü0 — 500  Jahren  auf  hobor  Stufe  kflnst> 
leriiwber  Vollendung  gestanden  sein.  Auf  dem  (Trenzgebiete  der  Kantone 
Lüzeni,  Aargau,  Bern  und  Solothnrn  sind  seit  Jalirzelmten  zahll<ts(^  Fimde 
von  itruamentirteii  B(irk>teinrn  gemacht  worden.  I.riii«ri;  nur  für  zutiillig  ver- 
mauerte Bruchstücke  gehalteu,  wurden  sie  erst  dureb  neuere  Üuidtjekuugen  aU 
Zeugen  einer  alten  Technik  erkannt,  deren  Centram  im  Kloster  St.  Urban  ite 
suehen  iat.  Einer  Ueherlieferung  gemäß  soll  dieses  Bauwerk  im  XÜI.  .laUr- 
liundert  zum  größteu  Tlieii  au^  Ii  irki^tcincn  ernchti't  worden  -ein  und  m>]1(  ii  die 
Brennereien  dieses  Klosters  in  der  Folge  eine  weite  LJni2:'*Vning  mit  ihr  u  Pro- 
duklen  Verbürgt  haben.  Die  get'uudeneu  Stücke,  Vutieu  und  «Sauienkapitäie,  Keil- 
steine,  Theile  von  Fenaterlritiiken  etc.  «eigen  meisten«  die  Formen  des  romanisch» 
gothischen  UebergangHstiles;  Blöcke  bis  an  einem  Meter  LKnge  nnd  entitprechender 
l)i(  ke  sind  mit  einer  Kunstfertigkeit  gehrannt,  welehe  selbst  die  Bewunderung  der 
Techniker  der  Jetztzeit  erregt;  zudem  geli'ireii  die  aufge|)re(jten  Reliefverziertnisren 
(Wappen  und  Thiertiguren)  zu  dem  Besten,  was  die  dekorative  Kun.'^t  aus  der 
BlUthezeit  des  romanihcbeu  Stils  hinterlassen  hat.  Am  meibteu  \vX  indessen  die 
aitsebweizerische  Töpferei  durch  ihre  kunstvollen  Kachelöfen  bekannt  gowordeOf 
deren  Erstellung  in  der  Schweiz  und  ihren  nächsten  (f renagebieten  schon  Kehr 
früh,  wahrscheiiilieh  siIi  mi  im  Xlli.  Jahrhunderl,  i>(  i^onnen  haben  muß.  Zu 
bes<iiiden;r  Berühmtheit  waren  die  W'/niorUftrcr  llaluer  gelaiijrt  (l)ekatinteste 
Gc-schleehtür ;  Erhart,  l'fau  und  Graf),  deren  Erzeiignisiie  vom  Ausgange  de.s 
XVI.  bis  etwa  in  die  Mitte  dos  XVIU.  Jahrhondert«  (im  XVII.  Jahrhundert* 
waren  in  der  Stadt  Winterthur  circa  20  zUnftige  Meister  etablirt)  von  SDd- 
deutsehland  bis  in  tlie  Thäler  (Tranbündens  Absatz  fanden  und  in  unseren  Tagen 
Allen,  die  sieh  mit  der  WieiUTbelebanir  der  Kunsthafnerei  befassen,  liiiisiehtlich 
der  Form  und  der  Technik  zum  Vorbilde  dienern.  Neben  deu  Oefeu  haben  die 
Winterthnrer  auch  Schüsseln  mit  Wuppen,  Allegorkm  und  erhaben  gearbeiteten 
Fruohtstücken,  Sohreibsengo,  Uandgießen  nnd  Geföße  aller  Art,  Kalenderrahmen  etc., 
auch  ganze  Böden  von  bunlglüsirten  Fliesen  geliefert.  Mit  ihnen  konkurrirtcn 
namentlich  einiire  Schatrhau.scr  Ti'pfer  und  die  MeverVclh  n  .Ateli.  :n  Steckborn. 
Kine  eigenartige  l\tui«if  töj.fcr'M  be.saü  der  Kanton  Bern  im  iSuaineuthale ,  in 
Langnau  und  in  iieimberg.  In  größtem  Ansehen  stand  da.s  Heiuiberger  Geschirr. 
Eine  Eigenart  desselben  besteht  in  dorn  stark  erhöhten  Auftrag  der  Farben,  die 
von  ti<  f>'u  [{andiinien  umrissen  sind,  was  die  Schärfe  der  Zeichnung  verstärkt 
riml  zugleich  das  ücberlließen  der  Töne  verhindert.  Mit  der  Zeit  trat  in  dieser 
Fabrikation  eine  Versrhli'fbteriiftg  ein,  so  daß  man  in  neuerer  Zeit  Mühe  gehabt 
hat,  Kuiiätsiuii  uud  iOkUnstfertigkeit  de*»  jungeu  Gesehlecbtes  wieder  etwas  zu 
heben  und  die  Produkte  wieder  xn  einigem  Anaehen  au  bringen.  Vereinzelte 
Fayence« Werkstätten,  die  durch  ihre  Produkte  zur  Berühmtheit  gelangten ,  waren 
diejenigen  von  Andrea»  Doldcr  in  BerO'MUnster  im  Kanton  Luxem,  J.  J.  Frey 
in  Lenzburg  tut !  Atitnine  Blavignao  in  Genf,  die  alle  in  der  zweiten  UiUfte 
des  vorigen  Jahrhunderts  existirten. 

Besondere  Erwähnung  verdienen  in  reichem  Maße  auch  die  Zürcher  nnd 
Nyoner  Porsellanmanufakturen  ans  der  zweiten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhanderta. 


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Töpferei  u.  Thonwaarcu-indusCne    —     ;jt»7     —     Toplerei  u.  TbüuwaartiU-lHdusüie 

Das  Zdreker  Porgeilau  worde  im  «og.  Solwren,  einem  beute  noch  Sbuliehem 
.Zwecke  dieoendeD  GehSfte  swiachen  Bendlikon  und  ROsohlikon,  fabrisirt.  Die 
Fabrikation  begann  im  J.  17G4  iluroh  (  ine  Art  Aktieug<  sellacbaft,  wozu  aaoh 

der  Maler  nnrl  Dichter  Salomon  Geßucr  und  der  HatliNherr  Jolumn  Murtin 
Usteri  güliürtt.i» ;  man  nimmt  an,  dali  vom  erstcrün  die  Anreg;img  zum  ganzen 
Uutermdimeu  ausgegangen  aei,  wie  er  auch  stdlwit  «ehr  hervorragende  ^Lalereion, 
namentlioh  Landsebaften,  datn  lieferte.  Laat  einer,  im  helvetisehen  Kalender 
von  S.  Geßner  (Ziirii  h  1780)  verötlentlichten  Empfehlung  der  P'ahrik,  mit  Preis- 
angaben, waren  die  Fabrikate  sehr  mannigfaltig,  aber  verliiihnißmaßig  /.irmruli 
theuer.  Ein  Lihiu  gemaltes,  vullHtändigeH  Theesf-rviee  von  feinem  Pi»rzellau  wird 
z.  D.  zu  10  Fl.  1^1  Luuiäd'or),  ein  Holches  mit  Land^haften  ohne  Vergulduag 
zn  41  FI.,  mit  Vergoldung  au  54  Fl.  notirt.  Unter  mehrfachem  Beützweohsel 
dauerte  die  Poraelianfabrikation  bis  1B03,  in  welchem  Jahre  sie  rou  einem 
neuen  Erwerber  (PiiliiideDt  H«.  Jakob  Niigeli  von  Bt-ndlikon)  als  unrentabel  ein- 
«I'i'st'dlt  wurde.  X-ir  die  Fayonrefahrikation  \\  urdf  fnrtL,'^M  l/t,  wobei  aber  die 
kuabllerisehe  Autituhrung  in  den  Hintergrund  trat.  Die  hnanziellc  l'i'o^perität  den 
UnternehroeD8  war  nie  bedeutend;  vielmehr  brachte  daaaelbe  den  Betheiügten 
in  späteren  Jahren  erhebliohen  Verlast.  Der  ünansielle  Mißerfolg  der  Fabrik 
wird  hiuiptsaclilicl»  dem  Umstände  zugesehrieben,  daß  kein  gutes  Material  ver* 
wendet  ^^  ;rl  ;  es  kommen  in  den  Erzeugnissen  viele  Fehler,  wir  krumme 
Stücke,  Brandrissc  und  Verunreinigungen  der  Masse  vor.  Im  Uebrigen  /  ielmeten 
hieb  die  Produkte  durch  einfache,  aber  elegante,  gefällige  Formen  und  unuber 
troffene  Landschaftsmalereien  a^s.  Das  Porsellan  der  sahireich  erhaltenen  Stttoke 
iet  nie  sehr  weiß,  sondern  besitzt  meistens  einen  warmen,  gelblichen  Ton,  der 
einen  treiflicbeu  Hintergrund  für  die  Farben  bildet. 

Die  \i/i)jir)-  J'iir::rluii)iuatii<l(iltur  wurde  durch  eiium  Pariser  Künstler, 
Nameuä  Maubrtie,  gegründet  und  dauerte  hin  leil^,  von  welchem  Jahre  an  nur 
noch  guwi^hnliche  Thonwaaren  febrisirt  wurden. 

Mangel«  genügend  großer  Absatsgebiete  konnte  die  Konkurrenz  mit  dem 
franzr»siv(  h<  n  Porzellan  nicht  aufrecht  erhalten  werden.  Die  Fabrik ,  welche 
namentlich  aucb  «jroße  Prunkstücke  von  hervorragender  Vollendung  lieferte, 
genoß  während  laiigerer  Zeit  einen  bedeutenden  Huf.  Die  selir  schönen  Malereien 
wurdcji  größtcntlieils  in  Genf  besorgt.  Heute  werden  in  Nyou  wiedw  weiße 
Fayeiicegeschirre  zum  Kttehen-  und  Ti«chgebrauch ,  auch  dekorirte  Stücke  und 
solche  mit  bemalten  Relief  Verzierungen  gemacht.  Ferner  bestehen  kleinere 
Fabriken  zur  Herstellung  feiner  Fayence  in  Genf  und  Carouge,  Winterthur  und 
•Sohatlliausen 

Ein  eigeutlichea  Wiederaufleben  der  schweizeri-scheu  Porzcllan-Indubtrie  wird, 
naeh  dem  Urtheil  von  Fachleuten,  abgeeehen  von  den  Zöllen  dee  Anelandee, 
hauptsächlich  durch  den  Mangel  guten  einheimischen  BohmaterialH  gehindert, 
unter  weichem  auch  die  alte  Indu-strie  zu  leiden  hatte.  Die  Einfuhr  fremden 
Materials  kommt  zu  theuer  zu  stehen ,  als  daß  dann  die  Konkurrenz  mit  dem 
Auälaude  noch  möglich  wäre.  Die  Erätellung  kunstsinniger  Töpfcrgt^üchirre  aus 
gewöhnlicher  Fayence  hat  hingegen  beute  noch  eine  bemerkenawerthe  Auadehnung 
in  den  alten  Mittelpunkten  der  TOpfera,  Heimberg  und  Wintertbur.  In  eieterem 
Orte  und  dem  nahen  Thun  beschäftigen  sich  heute  circa  20  TVerkstStten  mit 
feinerem.  Inmt'  tu  GeMhiiT,  nMm"ntlirh  Majolika  et'-.,  indi-m  sie  sieh,  unter  An- 
lehnung an  die  Icchniscbe  und  stylistische  Eigeuart  der  allen  lleimberger,  der 
möglicliätcu  küustleriüchen  Fort»cbritte  befleißigen,  ihre  verhältnißmUßig  billigen 
Produkte  erraogen  an  der  Parieer  Weltausstellung  von  1878  einen  bedenteoden 


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Töpferei  u.  Tbonwaaren'Ihdustne    —    30^    —    Töpferei  u.  ThoDwaaren-Iodustrie 


Elfolg  und  werden  io  nicht  nnerhebliehem  Maße  expoitirt,  baben  aber  seit 

einiger  Zeit  wieder  eine  Abnahme  de^  B-gehrs  zu  verzeichnen.  Um  1879 
bestanden  {\'2  Hafnerei.  n  mit  durchMchnittlicli  jti  Ii!  Brän<l' ii  ä  300  Fr.  im  Jahr, 
also  einer  Gennmmtproiliiktion  von  220, noo  Fr.  pro  Jahr. 

In  Winttrthur  i-t  seit  eiiiifr''i"  /^•i'^  bf'>onders  die  ErsteUnng  kunstvoller, 
farbig  gla><irter  Defen  wieder  aulgebliiht.  Durch  die  luitiative  des  Töpfera 
Hanbart  wird  dort  aneb  in  der  Erzeugung  von  dekorativem  Gesdiirr  wieder 
Hervorragendes  geleistet. 

Gewöhnliche,  weiße  und  bemalte  Oefen  werden  fast  in  allen  größeren  Orten 
kon.struirt.  Im  Alljremeincn  weir'ht  aber  der  gewöhnliche  heimelige  Kachelüfeu 
immer  mehr  den  gefütterten  und  ungefütterten  Eitteuöfen.  Auch  findet  eine 
bedeutende  Einfobr  von  Kadiel]}fen  ans  Deutmobland  »tatt. 

Im  Jahre  1889  beetandro  74  Hafiner^en  mit  366  mSnnliabeB  Arbeitern^ 
10  Dampfmascbinen  mit  80  Pferdekräften  nnd  10  Wassermotoren  mit  26  Pferde« 
krKften.    Dan  Bctricb.skapital  betrag  oirca  l'/s  HÜllionen  Franken,  die  Jahres- 

Produktion  (*)72/h>o  Fr. 

Solides,  braun  giasirtes  KarhcHgeschirr  von  rothem  Thon  wird  fabrikmäßig 
in  Schatrhausen  und  ßamdland  gt-macht. 

Eine  ziemlich  ausgedehnte  Kochyeschirrta.\}xika.\XovL  findet  in  BonfoL  (Beruer 
Jnra)  statt.  Deren  Braeugniase,  ans  vonttglicher  Tbonerde  erstellt,  sind  infierst 
fenerfest  ond  erfreuen  8ioh  anter  dem  Namen  Prnntenter  Ge^shirr  im  Inlando 
eines  sehr  guten  Uufe». 

Ueber  Bacluteine,  Ziegel  und  Cementwaareu  siehe  die  Artikel  «Backsteine*^ 
und  Ccment. 

Dnrck  die  Tolkssühlang  von  1680  wurde  die  Zahl  der  erwerboiden  Personen 
aller  in  die  Thonwaarealndostrie  einscbUtgigen  Branoben  wie  folgt  festgestellt; 

Kalk-  and  Ziegelbrenner   3922 

Asphalt-  und  Cementarbeitfr  829 

ThunwHnrcn-  ivud  Steiugutfabrikatioü  .  ,  .  ,  2354 
Oefeu  und  andere  Ueizeinrichtungen   ....      .53  ß 

7641 

Wfp  !((•  ii  uti  nd  die  Kinfnhr  von  Thonwaaren  die  Ausfuhr  übersteigt^  zeigt 
folgende  ZuHauiiia'ii&teilung  für  duf*  Jahr  1Ö89 : 

Werth 

Ausfuhr  Einfuhr 

Fr.  Fr, 

Backsteine,  Röhren,  Platten«  Fliesen   108,005  811,708 

Feuerfeste  Siein«*,  Trottoirsteine  ans  gemeinem  Steimeeog  .  6,477  487,739 

Dach/Ü  tr,!.  ^rewöhnliche   26,201  422,499 

Dachziegel  und  Backsteine,  gedämpft,  geschietert,  glai*irt; 

ßalui>tre«  und  architektonische  Verzierungen.  .  .  .  4,918  23,450 
B8hren,   Platten,  Fliesen,  Ofenkacheln,  geölt,  glasirt 

oder  aus  Stninzong,  nicht  bemalt,  bedruckt  oder  ge« 

8chli[fen,  glatt  oder  gerippt,  ohne  Beliefveniernng  .  11,218  568,697 

GaHnt.rtin                                                               .  4,101  ö,99ö- 

Gemeine  Töpferwu.utMi  mit  grauem  oder  rothem  Bruch, 

glaidrt  oder  nicht;  gemeine  SteinEOUgwaaren :  Tiegel, 

irdene  Pfeifen   82,199  309,90a 


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Töpferei  u.  Thonwaareo-Industrie    —    30'J    —  Tößkorreküou 

Werth 


Ausfuhr  Einfuhr 

Vr,  Pr. 

Platten,  Flieeen,  Ofeokacfaeln,  bemalt,  bedraokt,  ge* 
Bohliffen,  mit  Reliefvenieniiigeti;  arehitektoniMhe  Vw* 

zifntngen,  glasirt  oder  aus  Steinzeug                              6,808  112,960 

Topferwaaren  mit  wt-ißt  n!  odt  r  gelblichem  Bruch,  i""a\ «mk?«, 

feines  Steingut,  Panuu,  liisuuit,  Terracotten  und  audere 

Töpferwaanm                                                         13,250  741,520 

Poraellan  aller  Art                                                 273,8:^6  561,080 

536,153  4,048,341 

Näheres  Uber  die  Schweizer.  Thonwaaren-Indu»trie  enthalten  der  Katalog 
über  alte  Kunst  an  der  Landesausstellung  in  Zürich,  18H3,  sowie  die  Fach- 
berichle  über  Keramik  und  Banmaterialipn.  niid  <ler  Sjiezialkataiu::  über  die 
letzteren,  welchen  Publikationen  obige  Mittheilungen  /.um  Theil  entnummen  elndj 
ferner  die  Jahresberiehte  de«  Schweix.  Handele«  und  Indnetrie-Yereine,  der  Eanf* 
männiHchen  Gesellscbaft  Zürich  und  de^  Schweiz.  Gewerbevereina. 

Tösskorrektion  (Kanton  Zürich).  Dieselbe  (zur  Zeit,  Mitte  1890,  zum 
sproßten  Theil  volleiidctl  nmfaßt  die  4*2,5  km  lange  Strecke  von  Steg- Fischenthal 
bis  Blindensteg  bei  Dättiikon  und  bezweckt  die  Eini^chränkung  de^j  Flusses  auf 
eine  angemessene  Breite,  nm  dw  YerwBetuug  des  Thalgeländes  Einhalt  zu  than 
Was  das  Alignement  betrifft,  besohrjCnkte  man  sieb,  in  Anbetaeht  der  sehr  starken 
Gefklle  der  Töß,  welche  bei  Lippenschwendi  oberhalb  Bauma  9,5  ^/oo  und  nach 
succesöiver  Abnahme  noch  5  "/©o  bei  Wintorthur  und  4,4  "/oo  bei  Dättiikon 
hetraj^en,  nur  auf  ein«  Reglung  des  bestehenden  FliiJ.'diettes ,  ohne  wesentliche 
Abkütziiug  «inrch  Ab^chueidung  von  Krümmungen,  lu  BetretT  des  Korrektions- 
eystems  wurde  ein  ])<>ppclprotil  angenommen,  bestehend  ans  dem  innere  oder 
eigentlichen  Flußbette,  den  aof  beiden  Seiten  befindlichen,  etwas  geneigten  Ber* 
men  und  den  das  Profil  auf  H  )t  hwasser  absehUeßenden  Dämmen.  Auf  der  ober- 
sten Strecke  beträgt  die  Breite  zwischen  den  Kronen  der  Hochwasserdämme  '^(}  m 
und  zwischen  den  Oberkanten  dos  inneru  Profils  18  m,  auf  der  untersten  Strecke 
48  m  iwisohen  den  Kronen  der  Hoehwasserdümme  nnd  28  m  swiseben  den  Ober* 
kauten  des  innem  Profils.  Das  neue  FInfibett  wird  naeh  diesem  Profil  künstlich 
TOllatliidig  hergestellt ;  die  innern  Böschungen  werden  mit  einem  Faschiuenwithr 
und  einer  vorgelpgten  Si  iikwalze  als  Fniidanu  nt versirhr'rnng  gedeckt,  die  Berraen 
uud  Dummböschungen  mit  Hasen  liekleidet;  auiierJi  iii  biKien  Traversen,  welche 
in  der  Ebene  der  Bermen  liegen,  eine  Sicherung  gegen  die  AbspUhlung  der 
tetatern.  Anfier  diesen  Baubestandtheilen  ei^ben  steh  nooh  vorbereitende  Arbeiten 
zum  Zwecke  der  Verbanang  des  verwilderten  Flußbettes  bis  auf  die  Korrektioos« 
linieii.  Dazu  dienen  Traversen,  welche  von  letztern,  wrvm'iirlifdi  ansteigend,  an  die 
mehr  oder  weniger  weit  zurUckgelegen»»n  Bruchuter  zurii<  klaiit"t'u  und  indem  sie 
die  Geschwindigkeit  der  Strömung  brechen,  Kolmatirung  bewirken.  Dieser,  hinter 
der  Linie  der  Hochwasserdämme  liegende  Theil  bleibt  nur  so  lange  iu  Funktion, 
als  letztere  nicht  erstellt  sind. 

Der  Kostenvoranschlag  für  diese  Korrektion  beläuft  sich  auf  Fr.  4,000,000. 
{Die  Konten  der  Verbauungen  im  Q,uellgebiet  oberhalb  Steg,  am  Steinenbach, 
Tobeibach  eto.  mitberechnet.)  Für  die  im  Betrage  von  ca.  Fr.  2,873,000  vor 
4em  Bubventionsbegehren  ausgeführten  Arbeiten,  in  obigem  Voransohlage  inbe- 
griflene  Summe,  wurde  keine  Bandeaenbyention  bewilligt,  weil  im  Widerspruche 


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TAfikorrektioa 


—    310  — 


Toggenbans^bahti 


mit  Art  5  des  Bundeagesetze»  betreflSond  die  Waaserbaapolizei  im  Hocbgebirg» 

(Siehe  „Gewänwi  rkorniktionen"  und  „  Wildbach verlaunii'^en'' ).  FttrdenTvr-l  b^iuft 
sich  der  T^tindeslicitia^'-  auf  einen  lirittt  l  der  wirklichen  Kosten,  resp.  im  i^laximum 
einen  Dritttheii  der  Vuran^ehlngKiiuiuiije.  Buodc^be^hlul^  vom  26.  Juni  1882,. 
A.  S   Bd.  n.  V.  VI,  pag.  21«. 

Töästhalbaliu.  Verbiuilet  die  15  Stationen  Wintertbnr,  Grttse,  Seen,  Senn- 
hof-Kyborj;,  KoUbronn,  Rykon,  Zell,  Tarbentbal,  Wyle,  Saland,  Bauma,  Steg, 

Fißchenthal,  Gibswyl-Hied,  Wald.  Höhenlage  der  Stationen  -141,«  m  hin  7')«, 7  m 
üht'r  Meer.  Bauliche  Lüjitje  der  Rnliti  :5'.t,li'(;  in.  I5i*tricbsliinge  .')50  ni  Datum 
der  Kon?:i*«sirtiicu  :  Für  die  Strecke  W  inti  rrhui-Baiimu  -.')  Oktober  l^T".  fsir  die 
Strecke  Bauma-Wald  üO.  Oktober  IfS  ii.  Näuh.ster  Riickkauitjtormm :  iiir  die 
Strecke  Winteitbur-Bauma  22.  Uexember  190:^,  fttr  die  Strecke  Baama-Wald 
1.  Febraar  1905.    Ablauftenain  der  Konxeasionen  31.  I>ezember  196H. 

Verwaltungsbitzder  Bahngeeeltttchaft:  Winterthur.  Anlagekapital  7,56 1,919  Fr. 

aUes  einbezahlt.  Davon  Aktien  <J,9^)^>,0(^0  Fr  ,  kon^solidirte  Anleilun  r»0-J,3l9  Fr. 
VerwHftd't  für  Bahnaulagen  und  tV<t(»  Kim  i(litiin2;t'n  6,»>')  t,*.l?<  1  Fr.  \l*y'M~ 
per  Bahukilometer,  für  lioUmaterial  620, öl>.)  Fr.,  für  Mobiliar  und  lierathscbaften 
78,432  Fr.  Total  7,399.918  Fr. 

Lange  der  DSmme  25,152  m,  der  Einscknitte  13,44-1  m.  Kronenbreite  dea 
Erdplanums  5,2  m.  1  Tunnelf»  mit  inage.sauunt  231  m  Länge.  42  Brücken.  Länge 
der  horizontalen  Strecken  4,02')  m  —  12,45  ®/  ,  der  geneigten  Strecken  M  I  ,r,2.>  m 
^  iSTjjS  ^/n  Länge  der  geraden  Strecken  21,1) }'.'  m  =  hö.s  "/«,  der  gekrununtcu 
Strecken  17,001  m  =  44,i  **/ü.  Neigung  der  Bahn  im  Maximum  ;iO  "/oo,  im 
Darchmhnitt  für  die  ganie  Bahn  11,«»  im  Dnrehücbnitt  ülr  die  geneigten 
Streckru  1  r>,.,r,  '\.M<.  Kriinimutig!<radias:  Minimum  215  m,  Durschecbnitt  fttr  die 
ganze  Bahu  Tu.'»  m,  für  die  geki  iiuinten  Strecken  i}40  ro. 

Stan  l  des  Rollniaterials :  5  Lokouiotiveti  mit  ini-ge.'iainnit  ?^'>>.'  I'fk.,  i:?  IVr- 
sonenwagen  mit  iut^geiMiuimt  Ü07  Sitzplätseu,  9ü  La«twugcu  mit  iubgc^iamuit  \)Ö6 
Tonnen  Tragkraft. 

Verkehr:  Beförderte  PenoneB  225,281,  beförderte  Gfitcr  (inklnaive  Tbiere 
nnd  Gepäck)  64,146  Tonuen.    Betriebseinnahmen:   Für  den  Pereonentranaport 

133,250  Fr.  —  l.'i.sa  *V",  t»r  drn  (lilt.Mtransport  157, IIS  Fr.  =  5l,ii  "/o, 
Uebri«r<  H  r.,32«  Fr.  Total  340,(372  Fr.  Betrieb.«.auKgaben :  277,ü.S(»  Fr.  Personal 
90  3]ann.  V'ermögeuerbetitand  der  Uuter^tUt^ungtikaääe  52,141  Fr.  (Allc8  uach 
der  amtlichen  Eisenbabnatatiatik  pro  1888). 

ToggeDbttrgerbfthn.  Verbindet  die  8  Stationen  Wyl,  Batseobaid,  Latie* 
borg,  Btttachwy],  Dietfurt,  Liobtenateig,  Wattwyl,  Ebnat-Kappel.  Bauliche  Länge 

25,217  ni,  Betriebslänge  24,h52  m,  Datum  der  Konzessionen:  Für  die  Strecke 
Wyl-Batzeuhaid  24.  .lafuiar  für  di*^  Strcckr»  Bat/eidiaid-Ehnat  IH.  .hmi 

Nächster  Kückkaufstermin  für  beide  Theilslrecken  24.  Juni  IBOO.  Abiaulstermin  der 
Konzessionen  23.  Juni  1969.  Höhenlage  der  Stationen  573,8  bis  632,»  m  ttb.  Meer. 

Verwaltnitgisita  der  Bahugeselbohaft:  Wattwyl.  Betriebi«Ieitang  dnroh  di» 
Vereinigten  Scbweiserbahnen  in  St.  Gallen.  Anlagekapital  4,000,000  Fr.  in 
Aktien.  Vervendetes  Kapital  4,000,000  Fr.,  wovon  fHr  die  Bahnanlagen  und 
fe-^trii  Fi  irif  ht»in?en  3,573,400  Fr.  -  141,706  Fr.  per  Bahnkilometer,  fUr  das 
Kollmaterial  37  2,530  Fr, 

Länge  der  Dämme  17,070  m,  der  Einschnitte  7,722  m.  Kronenbreite  des 
Erdplanuma  5,16  m.  Keine  TttttDela.  13  Briioken.  LKoge  der  horizontalen  Strecken 
9538  m  =  38,M  7^,  der  geneigten  Strecken  15,314  m  =  61»«t  ^o.  LSnge  der 


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Tog^eiibur^erbaUn 


—    311  — 


ToarisleD-  und  Fremdeuverketir 


geraden  Strecken  ir).6ü3  in  —  ü2,98  gekrütnmteu  Strecken  9,IH9  m 

2^7,0«  V«  Neigung  der  Bahn:  Dorohsohnitt  fttr  die  ganse  Bahn  4,,i  7<'o>  Dnreh* 
s(  hnitr  für  <lie  geneigten  Strecken  7,:u  ®/«»,  Maximum  10  '/oo.  KrümmoDgvradiuB: 
Fttr  die  ganze  Bahn  1,240  ra,  für  die  gekrümmten  Streckten  4r»9  ni,  Minimum  2  10  m. 

Stan  !  des  Kollmaterialtj :  H  Lokomotiven  mit  zusammen  I)f<  i  l'fk.,  ferner 
14  Kercunenwageu  mit  zusammen  528  Sitz|)lät£en  und  54  Lüätwagen  mit  zu- 
sammen &d2,B  Tonnen  Tragkraft. 

Verkehr:  BeFttrüerte  Reiaende  :^ 63,629,  beförderte  Gitter  (inkl.  Thiere  nnd 
Gepäck)  ^»9,582  Tünnen.     Betriebseinnahmen:   Ertrag   des  Personentransportes 

JS»;  Fr.  'V".  Krtrag  des  (Tatt  rtr!Hi<p.»-r      124,5i)fS  Fr.  :—  l.'J,?  '7<). 

Uebriges  1481  Fr,  Total  2.S»;.. ■)(;')  Fr.  lictneb^auNguhen :  l)S«,G47  Fr.  Kein- 
ertrag  I00,ü84  Fr.  Ertrag  der  Aktien  2'/3  ",o  Vermögi-usbefctaud  der  L'nter- 
sttttsungMkafme  'i,784  Fr.  (Alles  nach  der  amtliehen  EisenhahnAeati^tik  pro  lt)88). 

Torf,  nie  Tiuflager  sind  in  der  Seliweiz  sehr  zahlreich.  31an  zählte  deren 
am  Anfang  dieses  JahzehutH  88.  fietreifend  die  Vertheilniig  auf  die  Kantone 
a.  pag.  r.'ii  im  1.  Bnri'l. 

Touristen-  und  1  remdeuv«rknhr.  Es  gibt  unter  den  die  Schweiz  betr. 
virthnehaftlichen  Fragen  kaum  eine  kontroversere  als  diejenige:  „Von  «elcher 
ökonomischen  Tragweite  ist  der  Tonristen verkehr?* 

Indem  zu  einer  sicheren  Berechnung  all«  (V^t  -n  Grundlagen  fehlen,  ist  den 
Mnthmaaßuniren  und  Wahrsehf  iiilichkeits  -  B>  i  •  i  lu.ungen  der  weiteste  Sitielraum 
geUuiHen.  Lebertreiüungen  wuchern  in  diesem  Beete  eben  so  gut  al»  die  Unter* 
eohitaungen« 

Auf  was  fußt  sich  heispiehiweise  Koch  von  Bemeck,  wenn  er  in  seinem 

Handbuch  , Rundreisen  der  Schweiz"  die  Zalil  der  in  unserem  Lande  verkehren- 
den Fretu'leii  Miif  jährlich  durch-.  !ii  ittlir!i  l,r)(H),00<>  beniiGt?  Und  begreift  er 
in  dle^er  Summe  nur  die  Touristen  und  hLuranten,  oder  auch  alle  anderen  Be- 
sucher der  Schweiz? 

Aus  welcher  Quelle  schöpft  ferner  der  Vereintgten-Staaten-Konsül  Georges 
Catlin  in  Zürich,  wenn  er  (1888)  der  New- Yorker  „World  Travel  Gazette* 
berichtel,  die  Zahl  der  jährlich  nach  dem  Mekka  der  Alpen  pilgernden  Keimenden 
betrage  ungefähr  2.'><>,000  und  die  Schweiz  könne  während  der  äommersaison 
etwa  15U,U0U  Persoiieu  über  JJaelit  beherbergen  V 

Angesichts  der  Differenz  von  1,500,000  su  250,000  wollen  wir  venrachen, 
der  Wahrscheinlichkeit  selhststfindig  nahe  su  kommen. 

In  dem  von  Herrn  Kd.  Guyer-Freuler  in  Zürich  verfaßten  Faclibericht  über 
Gruppe  11  d<  r  I,;Ul<i(•^^ul^>tl■IIuül;  vnii  l!SS;j,  da.s  Hotelwesen  rciir.'isriitirend,  wird 
gesagt,  der  schweizei ische  Ga."»twu thevcrein  habe  im  Jahre  l!->^{>  Krlielningen 
über  alle  Gasthuf-EtablibHemeute  vorgeuommen.  welche  in  Beziehung  zum  Fremden- 
verkehr stehen.  Aus  den  möglichst  sorgfSltig  gemachten  ond  einlMßHcli  geprüften 
Zu.saTiiin-  n<tellungen  habe  sieh  ergeben,  daß  fttr  die  Beurtheihing  des  eigent- 
lichen Fremdenverkehres  1002  Etablissemente  mit  Ö8,ld7  Betten  in  Betracht 
zu  xieheu  seien. 

Seit  lÖÖO  hat  sich  das  Gasthot-  und  Bensionswe^en  in  der  Schweiz  erweitert  j 
anoh  werden  viele  Privatlogis  in  Ansprach  genommen,  so  daß  man  hente  (1890) 
wohl  62,500  Betten  in  Berechnung  sieben  darf. 

nievon  entfallen  ca.  7200  auf  die  Winterstutionen,  so  daß  55,300  für  die 
tlbrige  Schweiz  in  Betracht  fallen.  Von  denselben  mOiren  bot  normaler,  mehr  als 
mittelmäßigen,  aber  nicht  ausgezeichneten  Saison  täglich  und  durehijehiiittlich  in 
Ansprach  genonmeD  werden: 


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Touristen-  uod  Fremdenverkehr 


—    312  — 


Tourl-ilen-  und  Fremdenverkehr 


Im  Mai  Vi»  »omil;  31  X  11|060  ==    842,860  UeberDMhtende 

^  Juni  Vio     »     30  X  22,120  =  663,600 

,   Juli  Vio     ,     31  X  38,710  =  1,210,010  , 

,    Ängnst  Vio      .     31  X  44,240  =  1,371.440  , 

„    September  ^lo     „     30  X  22,120    -  603,000 

Total  4,251,510  Uebernat  hterido. 
Auf  4  —  4'/«  Millioru'n  üfbpruachtende,  jedoch  flir  das  ganze  Jalir  nu<]  für 
die  ganze  Schweiz,  kommt  aucii  Herr  lud.  G-iiyer^  indem  er  eine  nüttlen*  Saison- 
d»ner  von  65  —  75  Ta^^u  annimmt,  und  die  Zahl  der  Betten  (58,137)  mit 
65—75  mnltiplimrt.  In  der  That  er^bt  58,137  X  75  =  4,360,275.  Maltipliart 
man  nur  die  von  uns  für  die  ganze  Schweiz  ohne  die  Winterkurorte  berechnete 
Zahl  Bcttt'n  (r)5,300)  mit  75,  «o  kommt  man  auf  4,14  7,')0<)  Logistajje.  Die 
Dilterenz  ist  alno  nicht  bedeutend,  und  mag  beweisen,  da  die  zwei  Berechnungen 
unabhängig  von  einander  nnd  oaeh  Teieohiodeneu  Methoden  gemacht  wurden, 
daß  weder  daa  Eine  nooh  das  Ändere  atark  yon  der  Wirklichkeit  abweidien 
wird.  Zu  obigen  4,251,510  Logiatagen  kommen  nnn  noch  diejenigen  der  Winter- 
kurorte. 

In  Folge  eiiKT  an  llcrrn  Ami  Clirssex,  Besitzt-r  und  Dirigent  des  Grand 
notel  des  Alpes  in  Territtet  gerichteten  Aiilrage  wissen  wir,  daß  die  Verhältnisse 
der  Gegend  Vewjf'MwUr^tx  und  ümg^unff  folgendermaßen  aufgefaßt  werden 
dttrfen. 

Betten  3500,  inbegriffen  Privtttlogis.    Tägliche  durchschnittliche  Frequens 

derselben : 

Im  August                    */io  homit  31  X  1.400  =    43,400  Uebernachtende 
,  September                       -     30  X  3,150  =  94,500 
«  Oktober                  */>•>     •     31  X  3,150  =  97,650 
,   Novbr.,  Dejshr,,  Jan.  Vio     „     92  X  2,450  -  225,400  , 
„    Februar,  MX»           ^fio      ,           X  2,800  =  1H'>.200 
„   April                       V««           30  X  3,150  =    'J4,:>00  , 
,    Mai                         «/lo      ,      31  X  2,100  =a  65,100 
.  Juni,  Juli  Vi»     ,     61  X    700  ^   42,700  ^  

Total  828,450  Uebemaehtende 

Die  FremdenTerkehnTerhlÜtniBae  im  Teatin  sind  so  nahe  mit  denjenigen  Ton 
Montreux -Vevey  verwandt,  daß  nach  Analogie  der  letzteren  auf  jenen  Kanton, 

iler  jedenfalls  niiude.stenH  1500  Betten  aufweist  (1880  waren  ea  laut  Guyeca 
Fachberioht  1405 1  355,050  Logiatage  entfallen. 

Bavos  beherbpfirte ,  laut  gell.  Mittheilungen  des  dortigt^u  Knrvereius,  im 
Jahre  ixx'J  ü,872  Besucher*}  d  durchschuittlich  42  Tage  Aufenthalt.  Dies  gibt 
288,624  Logistage. 

ÄndermaU,  Orindelwald  e<c.,  Uber  d<»wn  Frequenz  im  Winter  wir  nieht 
orientirt  sind,  laasen  wir  außer  Betracht,  und  rekapttuliren  nur  die  hieror  er> 
mittelten  anderwMtigen  Ergebnisse: 


•)  Die  monatliche  Diirch-chriifNrn  qi:*  ti7  war  im  Jahre  JS*<r':  .fanunr  1^11»;.  Fi^bruar 
134<i,  März  l-ir>S,  April  tsU},  Mm  4i;i.  .hiui  ;»U.">,  Juli  r.l2l,  Auku>1  «4(i,  .>t'(»lLiui.ir  islQ, 
Oktober 884,  .Nitvember  1215,  Dezeuiher  Uli.  Im  Frühjahr  1S*.)0  zahlte  man  in  Daves 
außer  ca.  110  Gesfll-rhansräuiiien  1690  Kremdoiizimnier  mit  2040  Bellen.  Iti  F^li-'f  <ler 
diesjährigen  Neuhauien  «erden  csi  Ende  de^  Juhres  ca.  1800  Zimmer  und  ca.  2400 
Betten  sein. 


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TourisLeD«  und  Fremdenverkehr 


—    313  — 


Tourlslen-  und  Fremdenverkehr. 


Davü»   2?Sö,(i24  Lugintage 

TesdB   356,050 

Vevey  -  Montreux   828,450  „ 

Uebrige  Sollweis    ....    4,251,510  , 

Total"  5.723,G^4~o(1»'r  r^d  5,724,00(3 
Logistage.  Wir  bedürfen  dieses  Faktors,  um  zu  ermitteln,  welche  Geldsumme 
durch  den  Touristen-  und  Fremdenverkehr  in  Circulatioii  genetzt  wird. 

Indem  Gnyei«  Fwdilierielit  4 — 4V«  Millionen  Logi^tagc  und  Bratto« 
Ebnnlime  der  Fremden  -  Etsbliasemente  Ton  53,800,000  Fr.  TeniMolinet,  ergibt 
eiob  pro  Tag  unl  P.'rt«üu  eine  Einnahme  von  Fr.  12.  42,  rund  Fr.  12  50. 
Dieser  Betrag  erscheint  so  f;laribwürdi;L,',  liuß  man  sich  der  Mühe  entheben  darf, 
ihn  zu  analysiren.  Denselben  also  ohne  Weiteres  auf  unsere  5,724,000  Logistage 
■angewendet,  ergibt  sich  eine  Brutto- Einnahme  der  Touristen-  u.  Fremden-Etablisee- 
mente  won  71,545,430  Franken.  Nnn  veraaagabt  der  Tonriat  nnd  Knrant 
bekanntlich  auch  für  Eisenbahn,  DampfHchilf,  Wa^en,  Führer,  Vergnügungen, 
Arzthonorare,  Einkäufe  et«,  l  in  schönt".-,  Htüi  k  G«'I<1.  Bei  manchem  wird  diese 
Ausgabe  die  Flotelrechnung  übertn  ilt  n,  1)^1  dou  meisten  unter  derselben  bleiben. 
Wir  schätzen  sie  daher  nicht  höher  als  lu  Fr.  im  Durchschnitt,  was  zu  einer 
Summe  von  57,240,000  Fr.  (Ubrt  71,545,430  xa  57,240,000  addirt,  ergibt 
rund  128,785,000  Fr.,  welche  der  Toaristen»  und  Prenidmverkehr  brutto  an 
die  schweizer.  Volks wirthschaft  entrichten  würde,  wenn  alle  Tonristen,  Kuranten 
etc.  ans  dem  Auslände  kämen  Tau  Th^il  derselben  gehört  aber  d^r  Schwei/,  an. 
Diese  l^tuote  kennen  zu  lernen ,  müssen  wir  zunächst  so  gut  als  möglich  fcat- 
ateUen,  wie  groß  das  Tonriaten'  nnd  Fremdenkontingent  überhaupt  ist.  Zu  diesem 
Zweeke  gehen  wir  wieder  von  der  Zahl  der  Logiatage  ana.  Sie  iat  5,724,000. 
In  Davoa  entfallen  je  42  Logistage  auf  eine  Person.  Fttr  die  übrige  Schweis 
schätzen  wir  die  dtirchschnittlirhe  Anfenthaltsdan»'r  p^^r  Person  auf  nur  2  '  Tage. 
Die  Summe  der  Logistage  durch  die  Summe  der  Aufenthaltstag©  dividirt,  muß 
die  Höhe  des  Touristen-  und  Fremdenkontingentes  ergeben : 

Logi»tage  Davos  288,624  :  42  =     6,872  Personen 

n       ttbrige  Schwei»  5,435,876  ;  20  =  271,769 

Logistage  ganie  Schweia  5,724,000  278,641  Personen. 

Nun  wiasen  wir  aus  An&eichnnngen,  welche  der  Betiitaer  dea  Gasthofe  snm 
Schwanen  in  Luiem  geführt  hat  (nie  sind  in  Gayen  Faohberioht  reproduzirt), 
daß  von  je  1000  im  Jahre  1882  sein  Etabli.«s('iii*  nt  frequentirenden  Personen 
nur  'M  Schweizer  waren  M872:  72,  1862:  l'.<;i).  Das  nämliche  Verhältniß 
noch  für  heute  angeuunnuen,  können  von  den  obgeiinunten  278,<'»41  Personen 
9474  als  Inländer  betrachtet  werden.  Es  verbleiben  somit  268,107  Fremde. 
Die  tägliche  Dareheohnitteaasgabe  per  Person  ist  auf  Fr.  22.  50  berechnet  worden. 
Der  Inländer  verbraucht  jedoch  durchschnittlich  kaiim  mehr  als  15  Fr.,  so  daß 
auf  das  Schweizerkouto  nicht  mehr  als  3  Millionrii  Fr.  i^.\-t  t/.t  wi'rd<Mi  dürren. 
Dies  von  1 28,785,0(^0  !ih*r<*zogen,  siud  12i>,7S.'i,000  Fr.  als  Brutlo-iiettrag  des 
Auslaiulcs  au  die  Schweiz  zu  betrachten,  gleich  469  Fr.  per  Person.  Den  NettO' 
Beitrag  aasznmitteln,  getrauen  wir  uns  nicht.  Wir  beschi^nken  uns  darauf,  an 
erwähnen,  daß  Hr.  Guyer  in  seinem  mebrerwähnten  Fachbericht  bei  52,800,000 
Franken  Brutto-Einnahmen  <ler  Ilotrlji  und  Pensionen  ein  Benetice  von  Franken 
16,000  hcrausgerechnet  hat.  [Jiisfr  \{echT)i\n^';iPT'j;phmß.  auf  thoilweise  verämlrrte 
YerhältniiMe  gestutzt,  läßt  die  Annahme  eines  (jewinnes  von  21,680,000  ^für  die 
Hotela  nnd  Penmonen  an).  Dies  ist  selbetvefatSndlieh  nur  der  kidnere  Theil  der 


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Tournten-  und  Fremdenyerkehr 


—  du  — 


Reineinnahme,  denu  wie  die  fIotrI>,  rrziekm  auch  wieder  di««  Lipferanten  di  r- 
f^eiben  ihr  Beiit^tico,  bekommen  dit?  Angesiellteu  ihre  Löhne,  die  Wageu-  und 
Frendenftlhrer,  die  Adrzte,  die  Bedienton  der  Transportanstolteii  etc.  ibr  Arbeits- 
entgelt, die  Aktionäre  nnd  Obligationäre  der  Eisenbahnen,  Damp&cMffe  nnd  Banken 
einen  Theil  ihrer  Dividenden,  n.  .s.  w.  Wir  getrauen  um*  somit,  das  Benefic^\ 
weirhes  die  sehweiz  V(dswirthKehaft  ans  dt  n  nbrrwiihnten  1 2.'),7>S.'),UUO  Franken 
JBrutto- Einnähmen  enciett,  am'  mindestens  60  Aliilionen  anzuschlagen. 

Die  Bedeutung  des  Touri^leu-  und  Fremdenverkehrs  wurzelt  in  den  lieizen 
und  klimatischen  Eigenschaften  nneereM  LandeK,  im  modernen  Verkehrsweaen,  und 
in  der  Fähigkeit  des  Vulke^,  den  An^l<^^■u  lnn  fremder  Ik'sncher  gerecht  zu  werden. 
Vor  ü()  Jahren  standet»  laut  Olivers  F  iehbericht  im  Kanton  (4eiif  1  :*.0  Fremden- 
betten,  im  Kaiitctn  Wnadt  4.'>(>,  im  Kanton  GraubUnden  56.  zn-^ammen  «irif);  heute 
hiud  e««  in  den  niiuilichen  Kantonen  mindestens  15,000.  Im  Jahre  weilten 
in  Daves  2  Kurgäste;  im  Jahre  1B90  rom  1.  Januar  bis  zum  12.  September 
7&19!  Also  aaflfallendes  Waehsthnm  anf  der  ganten  Linie!  Und  die  fiußerste 
Grenze  ist  noeli  nieht  erreicht.  Jahr  um  Jahi  l  ii  liti-t  sieh  die  Schweiz  besser 
auf  den  Empfang  ffp'md^^r  Gä.ste  ein,  Jahr  um  Jahr  Inetet  sie  ihn^'n  m*d)r  an 
Naturgeuüwscn,  Bei^ucnilicbkeite'!  und  Zerstreuungen  5  dafür  dringt  ilir  Huf  immer 
weiter  ron  Mund  au  Mund,  wird  das  Intereiwe  an  ihr  von  Jahr  zu  Jahr  all- 
gemeiner und  der  Wunsch,  den  Diamanten  unter  den  Ländern  zu  sehen,  brennen* 
der  und  unwidersteb lieher. 

Tniinwnvs.  Es  bestehen  in  der  Sehweiz  drei  l- ittcrnehmiingen  diej^er  Art, 
niimlieli  die  1  ramwa^s  suisses  in  Genf  und  Biel,  daü  Traniway  electri<^uc  Vevey- 
Montreux-Chillun   und  die  /AirelKr  Tramwayts. 

{y\o  Genfer  Trnmways  führen  einerseits  von  Carouge  Uber  Genf  und  CliSne 
nach  Annemasse,  anderiieits  vom  Place  du  Holard  in  Genf  nach  dem  Bahnhof 
Cornavin.  Oie  Bieler  Tramways  führen  von  Biel  riafh  Nidau  nnd  Boujean.  Die 
Zürcher  Traniwriys  einerseits  vom  BalinhofpIatÄ  Ziirich  nach  Enge,  anderseits 
von  Tiefctilnunncu  durch  die  »Stadt  nach  Auliersiibl. 

Die  Bieler  und  die  Genfer  Tramways  sind  Eigenthum  einer  und  derselben 
Gesellschaft. 

liiel  Oenf  Vevev  Züridi 

Konz. -Munirt  17.  IX.  187»    27.  III.  1  «79   Ä2.  III.  ISSf        1.  1862 

Ablaunermin  der  Konze&«lon    .   Sil  \  I  l'.>27   31.  XII.  1927   «1.  III.  iwb^   :iO.  I.  1932 


Baiiliilie  Läti^'e    .    .    .  . 

i.li72  ni 

t-2,fUI  n. 

10.371  m 

8610  rn 

Anlai^ekosten  Fr  

6H3.932 

1,012,156 

Davon  Bahnanla^e  Fr.  . 

1«>U.I89 

l.sH..s:U 

7S8.359 

l'ft  rtle  und  Bollinaterial 

Fr.  '. 

65.2H2 

482.711 

iiä,34rt 

2üti,674 

\h 

112 

102 

,     .    I  .  k  »mntiren  .  . 

5 

^      ,    1  Visonenwapen  . 

•           ■  • 

7 

53 

10 

,      ,    belVirderlen  Hci.«ij 

uden 

256.126 

3.496.560 

320,412 

2,222.320 

Betriebscinnabnieti  Fr. 

1 1.1. 56 

.■.il,51t 

66.979 

299.175 

40,öU5 

415,691 

49,82:i 

237,900 

Aktienkapital  Fr.  ... 

*  • 

1.000,000 

1,(M)0,<H>Ü 

1,000,000 

l.V,\i]-,Vi<) 

10(i,2üU 

41,983 

15 

124 

52 

89 

Unlersiatzungskasse  Fr.  . 

69 

5,861 

(Alles  nach  der  anitlicheu  £4i$eubahii2«tutistik  pro  1888.) 
Im  ^u  begritfen  ist  eine  Tramwaylinie  in  der  Stadt  Bern.  Dieselbe  wurde 
koncedirt  am  12.  Febr.  1889.    Die  projektirte  Lange  beträgt  2fW  km,  die 
Spurweite  1  m,  die  Maxtmalsteigung  A6,6  ^m.    Als  Motor  soll  komprimirte 
Luft  zur  Anwendung  kommen. 


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Transit 


—    315  — 


Traiait 


Transit.  (Mitgetheilt  von  Herrn  hr.  Tr.  (reering.)  Vor  der  »*i<lg:.  Zoll- 
eüiiguiig  vun  1848  Uiachteo  diu  /.ahinucheo  kantonuleu  DurcbgaDgügebiihreii  jeden 
Aiifeoliwung  des  Tranaits  HBmöglicli ,  ja  sie  drohten  so  Tcrniehten,  was  davon 
etwa  aus  besseren  Zeiten  noch  ttbrig  war.  Der  deut4^ch-itaHentKche  Yerkehr  wurde 
dadurch  auf  den  Bremirr.  It  rjfuige  aus  Schwaben  und  selbst  aiin  der  Ostsehwei/- 
nach  SUdfruTikreieh  auf  tlus  Isadische  KhiMTUifcr  niifl  auf  das  El-al'  .ibgedriingt. 
Zahlen  für  den  damaligen  Uiufang  den  schweizcrisciien  Transit«  iasseu  nich  um 
so  weniger  geben,  da  derselbe  höchstens  kantonaweifiO  m  enuitteln  wMre,  üumit 
die  Ein-  und  Ausfuhr  der  Übrigen  Kantone  jeweilen  mit  umfa^^eD  würde. 

Fttr  die  Jabre  1851 — 84  siebe  den  Artikel  Dur^fuhr.  Die  «(«itherigen 
Ziffern  waren: 

1885  ca.  i.tiMt.iMM)     br.       lö,t  "/o  d^»  Speicialhaudel» 

1886  ,  4,040,110  ,  «  15,s  ,  , 
1KS7  ,  ,  =  15.«  ,  , 
188.S   ,   4,844,i;2y     ,     —  lb,i  , 

1889  .  5,191,322    ,     =  15,s  , 

Der  Werth  des  Transits  betrug  in  den  lefüteii  Jahresi  et\va>.  ilb  r  Yg  Milliarde 
Franken  oder  ca.  .'{3  "/o  des  scliweizv-rischen  Spe/.ialliandel«.  Nacli  Menge  und 
Werth  steht  dainir  die  Schweiz  als  Diirehgaiigslanfl  in  den  vordersten  Reihen. 
Nur  Belgien  konant  ihr  in  die»>er  llin-'-icht  gleich,  ititulgc  «ler  Bedeutung  dt» 
Hafens  von  Antwerpen.    Der  Transit  betrug 

des  Spezialh^ndela  pro  Kopf 


durch 

Menge 

Werth 

Fr. 

die  Schweiz    .    .  . 

Is87 

15,4»  > 

37,115  ",o 

155,« 

Belgien  

issr, 

Holland  

ISS.-, 

7:{.& 

Deutschland    .    .  . 

ISSiJ 

4,7  -Vo 

21.3  "/« 

36 

Frankreich  .... 

»88ti 

8,*  "/o 

7,HS  7o 

6,n 

Oeslerreich-Ungarn . 

ISsG 

8^  7» 

10.» 

England  .... 

1886 

4     " « 

6,s& 

Italien  

1886 

i,«7  7o 

Seit  der  Einftthrung  der  schweiaerischeD  Handelastatistik  (1885)  sind  auch 

die  Ermittelungen  über  den  schweizerischen  Transit  in  ein  neues  Stadium  getreten. 
Seit  1^87  wird  für  die  ea,  730  Waareiiposten  eine  quadratische  üi  bersicht  nach 
Jiänderpaaren  d<  r  Ifi  rkuiift  iithl  Bestimmung  publi/it  t,  m.«  welcher  die  Bedeutung 
der  Schweiz  als  internutiunaies  Durcbfuhriaud  und  namentlich  der  entscheidende 
Antheil  der  Alpendnrchsticbe  an  der  Hcbnng  des  sohweiaerischen  TranKits  zur 
Evidena  hervortritt.  Entsprechend  den  in  Band  I,  p.  465  a.  ff.  mitgetheilten  Daten 
zeigt  sich,  daß  der  Gotthard  allein  ca.  70  ^/o  des  schweiaerischen  Transits  ver- 


mittelt und  zwar  (1887): 

Deutsches  Eisen  und  Kohlen  3C\fi  % 

Deutsdia  Hasdiinen  4,3? 

Anderes  deutsch»  Gut   7,«» 

Suniuia  de-  i1<-iil-i  [ii>n  Goitliardverkehrs   iS.s.s 

Belgischer  und  eun^lischer  Goltbardverkebr   8,1«  , 


Italienische  Radcfincht  nach  Deutschland,  Belgien  und  England    .  .  .  .  9,m*  y 

Total  des  sdiweiz.  Transits  durch  den  Gotthard :  Minimum  66,«  7* 

Dazu  jedenfalls  zum  grOfiten  Tbeile  der  franzOdsch-italienische  Verkehr  mit     3,»  , 

Also  rund    7()  "/a 

Die  niederi'  Ziffrr  der  italienischen  Rückfracht  erklärt  sieh  aus  dem  Wesen 
derselben ;  sie  besteht  aus  relativ  leichten  und  kostbaren  lirütern,  hanptsachlich  au» 
Seide,  Südann  aus  feineren  Lebensmitteln,  Chemikalien  und  Farbstotien. 


Transit 


—   816  — 


TOU 


Dem  Gotthard  gegeuUber  tritt  der  Arlberg  mit  15,«^  "/^  (wiederum  Minimum: 
nur  Oesterraoh'Frankreioli  u.  a.),  wornator  13  ^/o  uugariaflheB  Kom  und  Wein, 
SsterreichiBolMfl  Vi«h  nnd  Holx  (Hole  allein  8       ^'^^  F^kreioh,  aohr  mrttok. 

Immerhin  Uberragt  er  alle  andern  Verkebrsrichtungen  weit,  indem  für  deren 
-GeeammtlD'it  nar  muh  1 7,ii  %  des  sohweizerisohen  Tranüts  ttbrig  bleiben  (davon 
4,14  **/o  Deiitfehlautl-Frankreich  u.  u,). 

Auf  Grund  diasea  Materials  berechnet  sich  der  Frachtverdienst  der  hchweizer. 
Eiaenbahnen  ans  dem  Transit  auf  ca.  6  '/t  Millionen  Fr.  jlUirlieb  oder  oa.  14  yo 
ihrer  geäanunt  ü  Finnahtnen  aas  dem  Güterverkehr  (darchaohnittlicher  Fbrooan: 
260  km;  durcLsclmittlicher  Frachtsatz  jipr  Tonnenkilometer :  5  Ct^}. 

Transport.  Die  idyllischtMi  Zeiten  liei^cn  nicht  weit  hinter  uns,  in  denen 
Alles,  was  von  Ort  zu  Ort,  von  Land  zu  Land  zu  befördern  war,  mlihtielig  per 
Karren,  Lastthier,  Lastacbiff  und  Boten  von  der  Stelle  gebraebt  werden  mußte. 
War  das  ein  eintrMgliclies  Gesefalft  fttr  die  Gasthäuser  an  den  Land-  nnd  Fahr- 
straßen, die  tausend  und  abertausend  nistlu-diirftigen  Reis*enden  und  Fuhren  zu 
beherhergen  und  zu  b»4(t'-tigen !  Wie  halUü  dan  Land  wider  von  Peitschenknall, 
PoHthorn,  Singen  und  Fluchen!  Und  jetzt?  Auegestorben,  öde  sind  die  LandtitraÜen ! 
Hie  nnd  da  ein  Mullerwagen  mit  hochgethUrmten  Mehlsäcken,  ein  Holzkarren 
mit  gefSllten  Tannen,  im  Herbst  ein  Sanserwagen  mit  Blnmenbouquets  erinneni 
noch  au  die  alte  Herrlichkeit.  Aber  hängst  Du  ihr  traumverloren  ein  weni^  nach, 
gellt  I>ir  dicht  iiL-lHiian  i-in  LokoniotivptifF  in's  Ohr  und  bringt  Dir  »um  Bewußt- 
sein, daß  Du  in  cin-  r  gunz  neuen  Zeit  lebst,  in  der  Zeit  des  leichtbeschwingten 
Dampfes  Ei  hat,  in  die  Lokomotive  und  8chitrsmaschine  gebunut,  mauoh' 
heimelige  gemilthliohe  Einriehtnng  der  Yoraeit  hinweggeft^gt ,  dafür  aber  anoh 
aufgeräumt  mit  der  Gefahr  der  liungersnoth,  die  sieh  ehemals  so  leicht  und  so 
oft  einstellte.  Und  wie  sehr  hat  das  moderne  Transportwesen  das  Erwerbsleben, 
die  E^pjenseitige  Annäherung  der  Men^rben,  den  Austausch  der  Meinungen,  die 
Aufklärung  gefordert!  Welch'  kurze  iSpunne  Zeit  hat  ferner  geuügt,  die  Kisen* 
hahnen  zu  der  widitigsten  aller  Transportanstalten  zu  machen.  Vor  50  Jahren 
noch  keine  Spur  derselben  in  der  Schweiz,  nnd  heute  eine  jKhrliohe  Einnahme 
von  81  Millionen  Fr.,  die  Post  dagegen  nur  eine  solche  von  ca.  22  Millionen, 
die  Schitl'fahrt  von  ca.  5  "Trillionen.  Die  Memje  der  von  den  schweizerischen 
Transportanstulten  befonlertcn  Personen  und  Güter  zu  bezeichnen ,  ist  ein  J>ing 
■absoluter  Uomüglicbkeit.  Wohl  enthalten  die  amtlichen  Statistiken  Rubriken  mit 
der  Aofschrilt:  «Beförderte  Reisende*,  «beförderte  Güter*,  wohl  sind  diese 
Babriken  mit  Zahlen  ausgefüllt,  aber  wie  oft  eine  und  dieselbe  Person,  ein  und 
dassrll,e  (  «illu  mehrfach  gc/.ählt  ii^t  .  weiß  man  nieht.  Man  nniß  sich  ileß- 
hulb,  um  eine  Yorstellnng  von  der  (Quantität iveu  Bedeutung  des  Transportdienstes 
zu  machen,  an  den  Zahleu  betreffend  die  Einnahmen  genUgcn  la^en. 

Tfill.  Dieses  Maschengewebe  bildet  einen  der  hauptsHehlichsten  Rohstoffe, 
walcher  die  schweizerische  Stickerei-Industrie  bedarf.  In  erster  Linie  dient  er 
zur  Fabrikation  gestickter  Vorhänge,  ferner  aber  auch  zu  derjenigen  gestickter 
Kit(s'it?:ft,  UeberwUrfe  und  der*rleichen.  In  Folge  der  abnehmenden  Mode  der  Tüll- 
vorhänge und  einiger  anderen  äpozialitnten  ist  der  ehemals  sehr  grüße  Bedarf 
bedentend  zurückgegangen.  £än  kleiner  Theil  desselben  wird  seit  1884  im  Lande 
fabrisirt,  den  Rttitt  liefert  England.  Die  Einfuhr  von  baumwollenem  Tttll  betrug 
im  .Tahre  1^<H"J  löDa  q  im  Werthe  von  1,093,000  Fr.;  \%Hh  belief  sich  die 
Einfuhr  nneh  auf  2408  q  im  Werthe  von  (),(t*JO.()00  Fr.  Im  Inlandc  wurde 
früher,  mit  Ausnahm*'  verunglückter  Versuche  iji  deu  20er  Juluen  dieses  Jahr- 
hunderts, gar  kein  Tüll  labrizirtj  diese  Fabrikation  erfordert  einen  großen  Betrieb 


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TüU 


—    317  — 


TürkiscLrolb  färberei 


nod  deahftlb  «inen  iwlir  bedentend«B  Kapitakufirftiid.  IMe  wenigen  Firmen,  die 
audi  heute  mit  der  TuUweberei  befoesen,  fabriaren  grofientbeite  für  den  Bedarf 
ihrer  eigenen  StickereifaLrikution. 

Türkischrothftirberei.  Ha-  Kotli  und  Blaufärbcn  leichter  bnumwollcner 
Garnp  nnd  TUcher  bildete  in  der  Schweiz  schon  seit  den  f<0"  Jahren  des 
vurigtsii  Jahrhundert»  einen  sehr  bedeutenden,  aelbstständigen  Induatriezweig, 
ganz  verBchieden  nnd  getrennt  von  der  Bontftrbmrei  nnd  eigentlichen  Lohn- 
färberei. Niicli  Adolf  HUrkli :  ^Zürich:*  Indieane-Hanufaktur  und  Tnrki^rln  oth- 
färberei"  (Zürich  lÖHO)  ist  die  rirrmdung  der  ersten  schw- izi Ti-clun  TürkiKch- 
rothfärberei  auf  fol^^ende  Vorgänge  zurückzuführen.  Bis  in  die  erste  Hälfte  des 
18.  Jahrhundert«  hinein  galten  die  ächten  indihchen  Tücher,  welche  von  den 
Englftndeni  in  London  importirt  wurden,  für  gani  unerreichbar;  doch  kannte 
man  damale  die  Methode,  das  Xohte  indische  Roth  zu  erstellen,  sehen  im  gaosen 
Oriente  bi«  nach  Griechenland.  Im  Jahre  1747  li>  ß>  n  dann  französische  In- 
dnstriellc  Färber  aus  (rriochenland  kommen  und  errichteten  TiirkierhrothRrb'Tf'ifn 
bei  Kuueu  und  in  Langutjdoc;  die  neue  Farbe  wurde  von  ihnen  Rouge  des  Indes 
oder  Rouge  d'AndrinopIe  genannt.  Nachdem  im  Jahre  1766  Jean  Alheu  in 
Avignon  den  ersten  Krapp  angebaut  hatte,  dessen  Wnnseln  fttr  die  nene  Industrie 
den  Farbstoff  lieferten ,  entstanden  neae  Färbereien  in  Avignon  und  Nfmes. 
Daselbst  nun  fami  ILMTirieh  Zrllcr  von  Ziiiich  die  Gelegenheit  zur  Krlernung 
der  nemii  Fiübmetliode  uud  veranlagte,  nach  Hause  zurückgekehrt,  seinen 
jüngeren  Brudm,  nach  Nimes  zu  rcitien  und  die  neue  Fubrikatioo  dort  ebenfalU 
ta  lernen.  Im  Jahre  1784  errichteten  die  Genannten  dann  die  RothfUrberei  im 
«DrahtBohmidli**  in  Zürich.  Diese  Garn-  und  Kattunflirberet  entwickelte  sich 
rasch  und  wurde  von  Sohn  und  Neffe  mit  großer  Energie  fortgesetzt.  Zu  der- 
selben gesellten  sich  nach  und  nnch  die  Färberei  in  d«^r  Walche  und  <liejenige 
am  ätampfenbach.  Die  neue  Gnrntärberei  kam  namentlich  der  Schweiz.  Bunt- 
weberei (roth,  blau  nnd  weiß  gewebte  Nantttcher  u.  dgl.)  gut  an  statten,  die 
damals  in  Toggenbnrg  schon  eine  betrSchtliche  Ansdehnnng  hatte.  Die  Bantweber 
mußten  vorher  ihren  großen  Bedarf  von  türldschrothem  Garn  in  Marseille,  Bönen 
und  Tri<'st  kaufen,  bekamen  aber  häufig'  sclilcchte  Wnnre,  so  daß  sie  anfingen 
das  Garn  roh  im  Inland  zu  kauten  uud  dann  nach  Marseille  zum  Färben  zu 
schicken.  Nicht  selten  verlief  aber  auf  diese  Weise  ein  ganzes  Juhr,  bis  sie 
ihr  Garn  wieder  hatten.  Unter  diesen  ümstKoden  besogen  sie  nno  selbstver- 
ständlich gerne  das  neue  schweizerische  Produkt.  Wie  den  Bnntwebi  rn  Ii  nette- 
Garnr;irl)erei,  kam  den  Druckern  die  Calicotfärberel  für  den  Bezug  türkischrother 
Tücher  zu  tu  Aufdrucken  anderer  Farben  oder  zum  Roth-  und  Weißmnstern  durch 
theüweises  Wegätzen  des  rothen  Grundes  sehr  zu  Gute.  Eine  Reihe  anderer 
fiothfarbereien  entstanden  seit  Anfang  dieses  Jahrhnnderts  im  Kanton  Zürich  and 
den  benachbarten  Kantonen  Qlaras»  St  Gallen  nnd  Thnrgan,  groOentheila  in 
Verbindang  mit  Druckereien. 

Von  allen  diesen  Geschäften  cxisliren  heute  nur  noch  wenige  und  zum 
Theil  in  iselir  veränderter  Form.  Die  meisten  dersellii-n  sind  den  Schwierig- 
keiten erlegen,  welche  ihnen  die  allmälige  Zurftokdräugung  der  Kationaltraehten 
in  Italien,  Oesterreich,  Deutschland  ete.,  Stockungen  in  den  Branchen  der  Bunt- 
weberei nnd  der  Druckerei,  femer  die  Einführung  mA  Verschärfung  der  Zölle 
in  den  ijenannten  Ländern,  und  ganz  besonders  auch  die  in  den  70*'  Jahren 
ertV)!i;te  Krfiiulung  des  Alizarins,  des  kiiii:^tliehen  Ersatzes  der  Krappwurzel  als 
F'ärbuiutei'ial,  bereitete.  Die  genannte  Krtindung  erleichterte  den  Färbeprozeß 
in  einer  Weise,  daß  dem  Produktionsbedttrfniß  dnroh  eine  geringere  Zahl  von 


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Tdrkischrothförberei 


—   31«  — 


Uhrenindiistrie 


Etabliaaeni enteil  genOgt  wenl«  n  kuimte.  Die  Konkurrenz,  zu  tler  es  im  Kampfe 
um  (Iiis  Pi-'-in  zwischen  deu  danials  noch  oxistironden  Geschäfteu  kam,  drückte 
nnf  d>  n  i'ic  is  des  Fabrikats  iu  einer  Weit!«,  daiS  roehrore  dadurch  zur  Lit^uidation 
vcraniatit  wurdeu. 

Nach  dem  Berichterstatter  de»  Schweis*  Handels«  und  Industrie- Vereins  be- 
standen im  J.  18t)6  noch  5  selbatstündige  Tttrkischroth-TUcherßtrbereien.  Bei  einer 
Produktionsfähigkeit  von  1 0,(11)0  q  im  Jahr  wurden  circa  tfOOO  q  Tucher  ge- 
färbt, worin  abiT  dio  Produktion  innif»er  GKirTvr  I  )i  iirkii  fim.  wt  Icli-  zn^'leich 
liirben,  nicht  iubegntlen  ist.  Garn  w  rd  nur  nucii  in  i  i  i*>tabii>,>«niefilen  liirkisch- 
roth  gefärbt  and  dieae  produzireu  kaum  die  Hälfte  dctiscu,  was  sie  leisteu  köuuten.; 
Das  Garn  und  die  Ttteber  sum  TiirkischrothfSrben  werden  fa«t  nur  vom  Inlande 
bezogen.  Vom  Ausland  kumnu-n,  WL-nn  nicht  ganz  ausnahmsweise  Konjunkturen 
eintret(Mi,  nur  Damast  und  dii  lite  Tücher,  für  deren  Produktion  in  der  Schweiz 
k'ine  VVebtir  spi^ziell  eingerichtet  sind.  Man  rechnet,  daß  die  Türkihchrotb- 
tarbereieo  jährlich  da»  Produkt  vod  circa  120,000  Spindelu  uud  circa  lÜOO 
Webetahlen  verwenden.  Der  Werth  der  gefärbten  Garne  und  TQcher  wurde 
im  Jahre  1886  auf  circa  (i, 250,000  1  r.  ge«ichätzt.  Die  Zahl  der  bebchäftigten 
Arbeiter  betrug  circa  4r)0,  ihr  .laliroluhn  circa  :MO,000  Fr.  Fast  die  HSlfte 
der  Unkosten  di  r  Tiirkischrothiarberoien  entfallt  auf  den  Farb>toti'.  das  Alizarin, 
von  welchem  circa  lÜOO  kg  verweudet  werden.  Zur  Zeit  wird  dieser  Fuibstotf 
fast  aussehließUch  von  Deutoebland  bezogen.  In  den  Schweiz.  Farbenfabriken 
wird  dieser  Artikel  nicht  mehr  produ^irt. 

l>tHh('r|:balin.  Figenthum  einer  AktiengeoellNchaft  mit  Ver%valtuiig8sita 
in  Zürich,  Führt  von  Zürieli  (Seliiau)  über  Wi  •  lilo  ii  vnul  Waldegg  auf  den 
Uetliberg  (<S1 6  m  über  Meer).  Bauliehe  Länge  9106  .\leter.  Jietrielisliinge  '.)Oir, 
Meter.  Konzes-sionsurkundc  vom  22.  Oktober  1872.  Nächster  Kückkaolsteriiiiu 
1.  Mai  1903.  Ablaufstermin  der  Konsvwion  30.  A])ril  1972.  Bt^triebitcröffnung 
am  12.  Mai  is?.'».  Atilagekapiial  1  ,r,oo.000  Fr.,  wovon  l,OO0,rMi()  L'r.  in  Aktien« 
()00,<JOO  in  Obligationen.  ^'  rum  ;  t  l,;57(>,r»20  Fr.  für  die  nahnanlagen  und 
festen  Fiiirichtungen,  1;")O.OH1  Kr  iiir  das  Hollmaterial:  10,OÜb  Fr.  fvir  Mobiliar 
und  Gerathöchuftcu.    Total  l,äc5f^,.'>7'J  Fr. 

Länge  der  Dämme  6356  m«  der  Einschnitte  2686  m.  Eronenbroite  des 
Erdplannms  4,8  m.  Keine  Tunnels.  6  Brücken.  Länge  der  horizontalen  Strecken 
7Ü7  m,  der  geneigten  Strecken  8,279  m,  b  r  geraden  Strecken  4,181  m,  der 
gekrümnileu  Strecken  1,8(1.')  m,  Neigung  ilalm  im  Maxim'im  70  im 
i)urchr,«;hnitt  für  die  ganze  Bahn  44,0(1  "/oo,  im  iJureltsehnitt  tiir  die  geneigten 
Strecken  4s, 80  "/«o.  Krümmungsradius  im  Minimum  Meter,  im  Durch.-^chuitt 
fttr  die  ganxe  Bahn  380  m,  im  Durchschnitt  für  die  gekrUmmten  Strecken  204  m. 

Stand  des  Roilmaterials :  3  Lokomotiven  mit  insgesammt  Ü45  Pfk.,  0  Per- 
sonell wagen  mit  insgesammt  iiSO  Sitzplätzen,  3  Laatwagen  mit  insgesammt  22,5 
Tonnen  Tragkraft. 

Verkehr;  Beförderte  Iveii>endc  öU,tjÜ7,  beförderte  (iUtcr  iukl.  Thiere  und 
Gepäck  360  Tonnen.  Betriebseinnahmen:  Für  den  Fersonentransport  85,612  Fr., 
für  den  Gütertransport  H,280  Fr.,  Uebriges  442  Fr.  Total  90,938  Fr.  Betriebe- 

au.sgaben :  r)H,4.');<  Fr.  Reinertrag  2'.M09  Fr.  Personal  l'J  Mann.  Vermögens- 
bestand der  Unterdtiitzungskaase  7,493  Fr.  (Nach  der  amtlichen  Eisenbahuatatistik 
pro  1Ö8«). 

Uhrenliidiistrie.  (Hitgetheilt  von  Hmm  B.  Studier,  Priüident  deä  Kauf- 
männischen Vereine  Bern.)  Ein  wichtiges  Ereigniß  war  die  850  v.  Chr.  von 
Aristoteles  gemachto  Erfindung  des  Zahnrades  als  Bew^iungsmechaniamua,  Sie 


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Uhrenindustrle 


—  a  1  u  — 


Uhrenindustrie 


war  die  Qrandlage  zur  Erfindung  der  Rädemhr.  Wer  der  letstem  Schöpfer 
gewesen,  wo  und  wann  >i  ::ilebt,  ist  uns  niebt  ttlit^rliefert  worden;  as  wird 

jedoch  iingenomm'*n ,  daß  die  Kreiirfnlirfr  die  ersten  Käderiihren  nacli  Europ  i 
gebracht  haben.  Die  Sonnen-,  VVa8ser-  und  Sanduhren  blieben  aber  noch  lauge 
Zeit  (liü  nahezu  uussAchlieülich  verweudeteu.  £r»t  iiu  H.  Jalirhundurt  tiaden 
wir  bestimmte  Kunde  von  Ubren  mit  Hemmung  und  Unrabe.  Der  franzSsisohe 
SSnig  Karl  Y.  berief  einen  deutsehen  Ührtnacber  Namens  Heinrioh  von  Wiek 
nach  Parin,  wo  derhclli  vi»n  13tJ4  bis  137Ö  eine  Gewiobtuhr  mit  Sehlagwerk 
baute.  lickun  Aug-Inn^'   die   erste  Kiiderthurinnhr      Um   dir   Mitte  den 

16.  Jal»riinndert8  waren  tStubeiiuhreu,  Wecker  und  Tascdienuhren  bereits  nicht« 
Neues  mehr.  Als  Erfinder  der  Tasebenubr  gilt  der  Nürnberger  Peter  Hele  (1500). 
Sein  Werk,  dessen  ünrube  von  einer  Scbweinsborste  im  Gang  gebalten  wurde 
Und  das  —  seiner  plnuij^en  Form  halber  —  unter  dem  Namen  „Niirnl  t  i  i:<  i  -Ki* 
.bekannt  f^'-worie-i.  bedurfte  noch  sehr  <lcr  Verbesserung.  Deutschland  lieü  ihm 
dieselbe  zuerst  angedc-ihi'u.  Im  1(5,  und  1 7.  JahrhundtTt  genoß  Di-utHchland  den 
Kuf,  welchen  heute  die  Schweiz  iuue  hat.  üeberall  iu  der  bekauuteu  Welt 
sandte  man  reparaturbedürftige  Uhren  nacb  Dentscbland.  Indeß  auch  England 
und  Frankreich  hattin  schon  damals  btideuteude  Künstler  im  Uiireafache  auf- 
zuweisen. Ui.')7  erfand  ein  holländischer  Physiker,  Namens  Huyghens,  die 
J'en  lrluiir,  1G7*>  eiu  Barlow  die  licpetirnlir  und  d  n  BemUhungen  di  -  «^ntrlischen 
.Mini.ilcrmmä,  seiueu  bedeutenden  Prei&au<*i!chrfil)iingeu  verdaukcii  wir  die  Ent 
stehung  de«  ersten  brauchbaren  Chronometers  (Harrison  1772). 

In  die  Schweis  wagte  die  ühreniudnstrie  ihren  ersten  Schritt  1587.  Ein 
Charles  Cnsin  von  Autun  ließ  sich  in  (renf  nieder  uud  beschüftigte  sicdi  mit 
der  Uhrenfabrikation.  Zwei  Jahre  K[täter  bil'^  ti  i!  die  Genfer  rin  iuarinr  Vicreits 
einen  Fuchverein  uud  .stellten  daa  Krbtliugsregknni'iit  auf,  «lahiugt'iu  ud,  es  niih^se 
ein  Uhrmacher,  um  bei  einem  Meister  in  Genf  Anstellung  zu  finden,  eine  H«ib8t- 
angefertigte  Taschenuhr  und  eine  ebensolche  Stubenahr  vorlegen.  Im  Jahre  16S5 
ziililte  Genf  UK)  Fabrikanten  mit  'MH)  Arbeitern  und  einer  .lahreyproduktiun  von 
o<H)o  Stück.  Einen  giößern  Vufsehwdriir  aber  nahm  die  Hi  nfer  Ulirenindu>trie 
im  IH.  Jahrhundert.  Ihr  Kuf  verbreitete  sich  im  Auslande.  Im  Jahre  172,'> 
beateheu  JSÖ  Genier  Uandelohäuser  in  Koustantiuopel,  17oU  beschäftigen  sich  in 
Oenf  4000  Personen  mit  der  Vhrenfabrikation. 

Sehr  würde  man  aber  irren ,  wollte  man  muthmaßen ,  die  schweizerische 
Ulircnindustrie  habe  nich  hauptsächlich  von  Genf  aus  entwickelt.  Nein,  auch  in 
Neuenburg  und  aueh  in  der  Waadt  hat  sie  ihre  b«'^f>nfler''  Ent>tc!nnic:s-  und 
Aubbreituugsgebcliichto.    Im  Jahre  wurde  in  Locie  von  einem  i'crret  aus 

Renan  die  erste  jurassische  Uhr  erstellt;  1679  aber  brachte  ein  PferdehKndter 
eine  Taschenuhr  aus  England  heim  in  die  neuenburgischen  Berge.  Das  Auf- 
sehen, welche«  die.si.s  Wunderding  in  der  'ganzen  Gegend  erregte,  iSß^t  sich  be- 
greifen. Die  langen  Wint»  r  dieser  bochgele;^eneii  Thiiler,  der  niflirer«^  Boden, 
der  in  achiiiuuien  Jahren  tiicht  einmal  Korn  oder  Hafer  zur  Keile  l>nngt,  das 
waren  Faktoren,  welche  die  Bewohner  .schon  in  den  ältesten  Zeiten  veranlaßt 
hatten,  im  Hanse  selbüt  Erwerb  zu  suchen;  die  Fabrikation  von  eisernen  Acker* 
geräthen,  von  BchlQssern  und  von  Waffen  war  ent.standen  und  nach  1630  be> 
faßten  sich  einige  Scliuiicde  und  Schlosser  mit  der  Konstruktion  von  Stiiben- 
uhren.  Bei  solchen  Leuten  nun  mnßk  die  Taischenuhr  dem  regsten  luteresse 
begegnen.  V^on  weit  hur  eiltou  bie  nach  den  paar  Uäuöcrn,  La  Chaux-dc-Fonda 
genannt,  um  das  Kuriosum  und  seinen  Besitzer  ansuatannen;  da  blieb  eines 
Tages  daa  Kleinod  stehen,  guter  Rath  war  thener.    In  La  Sagne  lebte  damals 


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UhrentiMhetrie 


—    320  — 


Uhmijiidiistrifr 


ein  l4jXhriger  Schmiedelehrling,  Daniel  Jean  JUchard  mit  Namen,  sonst  aneh. 

„Hrossel**  geheißen.  Derselbe  al»  ein  TansendkÜDstler  und  sollte  jetzt  den 
Sehaden  heilen.  Er  fand  amb  wiikürli  beim  Auseinnndcm .Imien  den  Fehler, 
zeichnete  jedoch  die  säTnintliihen  Bc^itainltheile  vor  firm  ineirmnih-rrngen  ab,  fest 
eutschloäüen,  selbst  eine  M>Iche  Uhr  herzustelleu.  Ein  Jahr,  reich  aa  Hinderni&sea 
aller  Art,  verfloß,  bis  er  sieh  die  nSthigen  Instrumente  angefertigt.  Noch  Mn 
hiilb.'s  Jahr,  und  tickeiid  erfüllte  <li  te  Taschenuhr  des  Jura  ihre  Aufgabe. 
Wit'  mag  da«  Herz  in  der  jugendlichen  liruKt  glücklich  geschlagen  haben,  als 
endlich  nach  all'  den  untuigbaren  Mühen  die  Zeiger  von  Zahl  zu  Zahl  snh liehen! 
Zahlreiche  Bestellungen  waren  die  nächste  Folge  dos  Gelingens.  1705  verliei^ 
Daniel  Jean  Biehard  La  Sague,  um  sieh  in  Loele  niedersahsBen.  Hier  nnter- 
richtete  er  seine  6  Söhne  nnd  eine  Anxahl  jnnger  Leute  der  Umgegend  in  seiner 
Kun^it  und  als  er  1741  starb,  hatte  die  junge  Industrie  in  dem  fruchtbaren 
Rrdrtich  kräftig»-  Wurzeln  entwickelt.  Zehn  Jahre  später  existirton  in  den  jnran- . 
sisi'hen  Thälern  bereitn  Uber  400  Uhrmacher  und  von  da  an  dehnte  sich  die 
Uhreniudnstrie  unaufhaltsam  Uber  den  Jura  aus,  bis  sozusagen  kein  Haus  mehr 
ohne  Uhrmaoher  geblieben. 

Da  man  so  oft  von  den  weltberühmten  Automaten  des  Pierre  Jaquet 
Droz  von  La  Clianx-de-Fonds  (1721 — 1790)  und  -diit  r.  Sohnes  erzählen  hört, 
sei  ihnen  auch  hier  ein  Plätzchen  angewiesen.  GroUcs  Auf'jfhen  erregte  der 
„Zeichner"  j  er  stellte  eiuen  Knaben  dar,  welcher,  sobald  vr  autgezogen,  Zeich- 
nungen auf  das  hingelegte  Papier  warf,  den  ansgefllhrten  Strichen  naobblickte^ 
den  Staub  wegblies  etc.  Die  «Klayierapielerin",  ein  anderer  Automat,  soll  an 
Natürlichkeit  ebenfalls  nichts  zu  wünschen  übrig  gelassen  haben.  Eine  „Schäferei" 
wurd«'  an  den  König  von  Spanien  geliefert;  nie  galt  als  Hexerei,  Ihr  Ersteller 
rettete  sich  mit  Muhe  vor  dem  Flammentod  auf  dem  Hchcitörhaufen.  GroiSer 
Sehar&inn  gehörte  zu  der  Schöpfung  der  komplisirten  Kunstwerke,  aber  auf  die 
Entwicklung  der  Uhreoindustrie  haben  sie  keinen  Einfluß  anagetlbt,  yielraehr 
dieselbe  auf  Irrpfade  gebracht;  denn  >;ai  Planchen  ließen  sit^  vergesran,  dal^ 
die  höchste  Bestimmung  der  Uhr  darin  besteht,  ein  mbgliobst  genauer  Zei>> 
messcr  zu  sein. 

Die  Uhreniudnstrie  der  WeuuU  datirt  aus  dem  18.  Jahrhundert.  In  der 
ersten  Hklfte  desselben  etablirte  sieh  in  Kjon  ein  frannSflisoher  Uhrmaeher  nnd 
nahm  einige  Schüler  an.  Bald  breitete  sich  die  neue  Industrie  bis  Rolle,  Yeyey 
und  JVloudoQ  nm.  1740  wurde  Saniael  01ivi<^r  Meylan  von  Clienit  im  Vall6e 
de  .lonx.  Lehrliuir  in  Koile.  1748  erhielt  er  in  Moud  in  (it-n  .Meisterbrii^f  und 
etabiirte  sich  nun  zu  Hause  im  Jouxthal^  wo  nach  uud  nooii  die  Uhreuindustrie 
au  großer  Bedeutung  gelaugte. 

Bald  war  in  den  schweizerischen  Uhrmacherzentren  die  Arbeitstheilang  in 
hohem  Mußt  entwidvtlt  und  schnell  ist  sie  zu  einer  Ausdehnung  gelangt,  wie 
keine  aTidere  Indiistrie  sie  kennt.  Als  Illustration  hirfilr  diene,  nachstehendes, 
im  Jahre  Iböt)  im  Almauach  Neuchätelois  verötientiichte  Tabieau  der  einzelnen 
Zweige  der  ührenindnstrie; 


Anfertigung  von: 

1.  rioViwerki^n 
^  Ankergün^en 

3.  Ankerechapperaents 

4.  C y Hnderechapi * r  in  r  n  t > 

5.  Kloben  für  (llt-  l  imihi; 

6.  Zahnrädern 

7.  Hh'Ii  rn  und  Einschnitten  fOr  Gftnge 

8.  Getrieben 


9.  verschiedraen  Bestandtheilen 

10.  Korrekt ionsxeigem 

11.  Federn 

12.  Spindeln  nnd  Spindeluhren 

13.  Spiralen 

Ii.  Springfedera  und  Scbließvorrichtungen 
fOr  Damenuhren 

15.  Kellen 
it).  Balanciers 


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Ubrenindustrie 


—    321  — 


ütireaiiiiiuätrie 


17.  Anker-  und  Cylinderbestandtheilen 

18.  Zeigern 

19.  Gebäut»eb(lgelD 

80.  silbernen,  mit  Goldr^  TM'adMiMn  Gtt> 

liäusen 
Sl.  Staubdeckela 

9i.  Platten  fOr  emaülirte  ZUSwblUter 

23.  Zinr.  rliirtttirii  aus  Metall 

%i.  etnaillirlea  Zifferblättern 

95.  Aasdrehen  d.  Zifferblatter  f.  d.  Sekunden 

26,  Malen  von  ZilTerMättern 

37.  AbäcbleU'ea  d.  Werke  vor  d.  Vergoldung 

88.  Vergolden 

Grnvirfn 
ÜU.  Guillucluren 

31.  Buchslabenpraviren 

32.  (iraviren  und  Guillochiren  cogleicb 

33.  W  alzen 

34.  Finisairen 


'ib.  Fertigmacben  von  (ieliäu-secharnieren 
3i>.  Poltr«a  der  glatten  Stabtetttcke 

37.  ,       ,  Zapfen 

38.  ,       ,    Schrauben  etc. 

39.  ,       ,  Räder 

4Ü.      .      p  Staubdeckel 
41.  Repassiren  und  Remontiren 
12.  Reguliren 

43.  Einsetzen  <ler  Zifferblätter 

44.  ,  ,  abgebrochenen  Zapfen 
ir..       ,  ,  Sfkunclonblälf'^r 

46.       p  ,    Flacb-  und  Hublgläiser 

I  47.      p         ,   Werke  und  Gehäuse 
48.  Flicken 

40.  Steinhandel  und  Steinmetzen 
lyi).  l'hrmacher 

51.  Hr.ii.ll.  r 

52.  Veranlwortlicbe  l'rubirer 

53.  Eluisfabrikanten 


Die  natürliche  Folge  diefier  Arbeit»theilung  war,  daß  der  Kinzelne  in  seiner 
Branche  rine  bedeufinil»-  Fii fi^'kfit  »'iliingtc.  Die  Vollkommenheit  der  einz-'liien 
Stucke  aber  ist  die  (iniiuilage  lür  ein  gutes  Werk  und  hat  die  Schwciztiiilir 
in  den  Stand  gc&etzt,  den  Kampf  mit  der  aubwärtigeu  Konkurrenz  aufzunulimen. 
Die  Anerkennung  fehlte  nicht,  die  Absatzgebiete  wurden  auMgedebnterf  die'Ge« 
Schäfte  gingen  gut.  Da,  als  geigen  Kndc  des  18.  Jahrhunderts  die  franzSsieohe 
Kevolution  ausbrach,  drolite  die  Kchweizerische  Uhrenindustrie  in  die  Brüche  za 
gehen  und,  al»  endlich  die  lipHenkliche  Krise  ilhtr^tauden  war,  n]>  mnn  neuen 
Math  und  neue  Uollnungen  taßie,  kiim  die  KoDtinental»perre  und  machte  wiederum 
viele  Hände  hiodloe;  doch  ftuoh  sie  ging  vorttbwr,  daa  Sobiffldii  wnrde  wieder 
flott.  Während  der  Kontinentalsperre  betrieben  beschäftigungsloee  Jünger  der 
Uhrenmacherei  die  Anfertigaag  von  mathematiHcben  und  physikalischen  Instra« 
menten  uu'l  legten  so  zu  einem  neue»  rndnstri«»7:weige  den  Grrund.  W.  Bär 
benutzt  diese  Thatsache,  um  in  seinem  Ih.'jH  ersthienenen  Buche:  „Die  Industrie 
der  Schweiz,  ein  Spiegel  fUr  Deutüchlands  Staatsmänner  und  Philister,"  auf  die 
Hnngersnoth  in  Schlesien  während  der  großen  Weberkrtsis  und  die  achreeklicfae 
Bathlüsigkeit  der  \Vi  Ix-r  liii  /iuvi  i^en,  bei  welchem  Anlaß  er  die  InteUigenc 
nnserer  Uhrmacher  in  heilem  Lichte  strahlen  läüt. 

An  der  eristen  VVeltausstellun^  (fiondon  1851)  leistete  die  Schweiz  hrrf  its 
den  Beweis,  daC  ihre  Uhreniiidustrie  aller  au.slSndischen  Konkurrenz  wm*  hnen 
sei.  16  bchweizcriscbe  Uluen-AosKteller  wurden  prämirt,  und  au  uei  Welt- 
anaatelliing  au  Paris  (1855)  53. 

«Wie  ist  das  mOglich?*  rief  das  erstaunte  Ausland,  «die  kleine  Schweis, 

einge.Hchlossen  von  mächtigtii  Xichharn,  fern  vom  Meere,  ohne  Rohprodukte, 
ohne  Kohle,  ohne  stehendes  Ueer,  un<l  <iie««e  GtiwcrbKthätififkeitVI" 

Ja  es  war  sch(m  ein  wenig  zum  Verwundern!  Wie  war  in  ihren  Anfangen 
die  UlireniTubistrie  ahhä!>t'ig  gewesen  vom  Ansland!  Immer  mehr  hatte  man  sieh 
omunzipirt;  nur  di«  Werkzeuge  waren  nocli  vom  Auslande  bezogen  worden,  und 
ala  man  im  eigenen  Hause  heimisch  geworden  war,  kamen  die  Erfindungen. 
Endlich  fing  man  an,  auch  die  Werkzeuge  selbst  zu  erstellen;  dabei  machte  man 
Erfahrungen,  welche  Vervollkommnung  and  neue  Erfindungen  brachten,  so  daß 
bald  das  Ausland  begann,  Werkzeuge  ans  der  Schweix  SU  besiehen.  Die  Schweiz 
wurde  die  hohe  Schule  der  Uhrmacherkuust. 

Während  Neuenbürg,  Bern  und  die  Waadt  möglichst  vollkomuMOe  Werke 

Vnnvr,  T«11uwlTtlM6li«fti-Ii«xikoB  dar  Schwel«.  81 


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i.  iii  eiiiiitiustrte 


—    ;522  — 


Lbrenindustrie 


ZU  «n»lellen  atrebton,  verlegte  eich  Genf  iiumer  mehr  auf  die  F^brikfttton  ▼on 
Lnxasubreo.  Die  1776  in  Genf  gegrttndete  „Soei^ti  dee  Arte"  leistete  hierbei 
t    '  1  r  1  Wesentlich».  1824  b^nn  in  Qenf  die  er«te  eehweiterieebe  IThrmadier- 

bchulti  lias  i'Xsti}  Sflmljalir. 

UuMere  Uiircniudustrie  halte  sich  als  Haanindustrie  entwickelt.  Lnter  Mit- 
verdienst  der  Fanulienglieder  arbeitet  der  Uhrmacher  in  seiner  Häuslichkeit. 
Der  Werkieuge  Entwiolctang  und  theitweiMe  Umbildung  in  Maflohiaen  erhöhten 
in  allen  Zweigen  die  LeistnngMfähigkeit.  Die  jährliche  Froluktion  stieg  in  un- 
geahtitfr  Weise.  Dtjr  „vc-ritable  Mi-HHf\2^<>r  boiteux  de  Neuchätel  pour  l'aii  de 
graoe  1  s  M "  Rrzühlt,  cn  scion  um  28.  September  1833  im  Atelier  des  Herrn 
Philippe- lleuii  Robert  zu  «Punts  de  Martel**  —  mit  Ausnahme  des  ebaucha  — 
sSmmtliehe  Thetle  einer  goldenen  ühr  angefertigt  and  sosammengefugt  vrorden. 
Der  genannte  Herr  war  die  Wetr-  'iagegangen,  in  einfui  Tage  eine  goldene 
Uhr  zu  fabrizin  n,  Mortons  5  Uhr  des  erwähnten  Tages  ging's  an  die  Arbeit 
und  Abends  \)  Uhr  wur  d  r  Hang  der  ühr  reglirt,  die  Wette  gewonnrn  Dt^r 
Fall  erregte  Aufsehen  und  kann  hier  aU  Bild  des  damaligen  Standes  der 
Industrie  di<men. 

Werfen  wir  «nen  BJiok  in  die  ührenabtheilung  der  dritten  echweiserisehen 

rnduötrieuus*itellung  (Bern  IH.'jT),  so  find«?n  wir  da  100  Vertreter  au.«*  dt-n 
Kantonen  Neuenburg,  V>  vn.  (ti  r.f,  Waa  lt,  SrliaiThan-^en  etc.  Es  hätte  wohl 
wenig  Zweck,  hier  die  zahlreichen  mit  Prämien  bedaciiteu  Taschenuhrenfabrikantün 
aufiKufUhrun.  Anders  verhält  es  sich  mit  den  prämirten  Repräsentanten  der  Stubon- 
.uhrenindustrie.  Dieselben  mnssen  hier  anr  Veransehauliohnng  der  damaligen  Lage 
dieser  Richtung  Revue  pa.Nsiren: 

Die  Firma  Jean  Leuenbergor,  Sohn,  in  Sumiswald  erhielt  die  silberne 
M^'daillr  für  ihren  Regulator,  der  auf  siiiinntliclu  ii  Stationen  des  eidgenössischen 
Teiegniplieiinctzes  Verwendung  gefunden.  J.  Kapp  in  SchalFhausen  wurde  für 
seine  httlsemen  Uhren  mit  metallenem  Räderwerk,  einen  neueingefUhrten  Industrie« 
sweig  darstellend,  mit  der  bronzenen  Medaille  bedacht.  Eine  £hrenmeldaog  kam 
dem  Aussteller  Samuel  llofstetter  in  Albligen  %xk  für  8<ane  drei  Pendulen  im 

Genre  des  Schwnrzwälderfabrikat'*. 

Hervorgehoben  sei  ft^rner,  daß  der  Ausstellungsbcricht  befürwortet,  man 
mSehte  die  ecbweizerisehen  Konsnlate  in  den  Uafenatädton  anffordem)  die  dortigen 
Marine-Verwaltungen  zur  Annahme  von  Specimen  unserer  Chronometer  zu  ver- 
anlassen;  da  diese  letztem  zur  Zeit  im  Stande  seien,  mit  englischem  Fabrikat 
zu  rivalisiren. 

Die  in  der  Uhrfnindustrio  beschufligteii  Personen  beidöilei  Geschlechts 

schätzt  der  mehrerwähute  Bericht  auf  40,000.  Von  ihnen  seien  drei  Viertheile 
in  eigener  HSuslicbkeit  und  ein  Viertheil  in  Fabriken  thütig.  Das  Jabree- 
einkonunt-n  des  Pabrikarbi'iters  varire  zwischen  Fr  1000  und  Fr.  ÖOOO.  Der 
>Vi  rth  der  jährlichen  Fabrikution  ist  auf  5<>  Millionen  Franken  geschätzt,  als 
J Iau[>tausi'uhrlan<l  die  amerikanisch««  l'nion  hezeiehnet  und  die  Zahl  der  1856 
fabrizirtcn  Uhren  auf  1,100,000  Stuck  veranschlagt. 

Viel  mußte  es  zu  der  raschen  Entwicklung  der  sohweiz.  Uhreninduerie  bei- 
tragen, daß  man  verstanden  hat,  allen  Anforderungen  nnd  Geschmaeksriehtungen 
Rechnung  %\\  tragen.  In  Luxusuhren  \\  ißte  besonders  Genf  Mannigfaltiges  zu 
leisten;  Armspungen,  Fingerriii^e  nnil  uitlcre  Setsmackgegenstände  machte  es  zu 
Trägern  von  Uhren.  An  der  Pariser  Weltanssteliiing  von  l8öö  erregten  in  der 
Schweiz  konstrairte,  große  und  phantastisch  ausgestattete  Uhrwerke  Aufsehen, 
welche  für  den  Kaiser  der  Chinesen  und  «eine  Mandarinen  bestimmt  waren. 


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Ohreainduüti'iö 


Uhreuiodiu^trie 


England  nad  Holland  lieban  BoliwvFe,  einfache,  Italien  nnd  Frankreioli  lieriiolief 
güldene  Uhren;  Spaiiiet^  will  GehStue  und  Zifferblatt  mit  Emaille  nnd  Perlen^ 
<der  Orient  diest;lbün  mit  phantastinchen  Arabesken  ver/i«rt  sehen;   das  Alles 

wurde  in  der  Schweiz  immer  mehr  berücksichtigt.  Und  nun  »Tst  d»»r  Prei«! 
Wer  sollte  zwi-^chcn  Fr.  5  und  Fr.  70()0  nicht  aui  h  steine  Norm  linden  können  VI 

Aus  vielen  Ländern  kamen  in  den  öUer  Jahren  Händler  iu  die  Schweiz, 
um  möglichst  billig  ihren  Bedarf  tv  decken.  Ende  1859  bildete  »ich  eine  Export» 
gesellschat't  unter  dem  Namen  „Union  horlogere".  An  Hand  eines  Kapitals  von 
einer  Million  Franken  errichtete  sie  in  Singaporo  nnd  Japan  Comptoirn,  deren 
Hauptaufgabe  die  Zahlungsvermitthing  tiir  d^n  Nohwciz  Uhrenexport  bildete. 
Diese  Comptoin*  wurden  von  eminenter  Wichtigkeit  und  haben  viele  der  grofi- 
■artigsten  Geschäfte  vermittelt,  Die  Abeatsgebiete  erweiterten  sieh  susehends.  Im 
Heimatlande  aber  war  man  bestrebt,  Garantien  zu  bieten  und  so  sich  diese 
Absatzgebiete  zu  erhalten.  In  Neiichätel  und  Fleurier  gründete  man  neue  Kontrol- 
bureaux,  welch»"  dir  Ulir.schalfn  auf  ihren  Feingehalt  /n  ]>riifen  hatten  Kr^tere« 
wurde  am  I.April  lfi()6,  letztere«  am  IT).  Mai  Lr<k'tl  erotinet ,  während  die 
Errichtung  dm  Genfer  Bureau  schon  iu  die  Zeit  der  Genfer  Bischöfe,  diejenige 
der  Bureanx  in  La  Cbaux-de*Fonds  nnd  Locle  aaf  Ende  1775  föUt.  Zugleich 
war  man  bestrebt,  bülig  au  arbeiten;  Amalgamirwerke  wurden  eingeführt,  die 
0<'l(!ab«;;iftgc  wieder  verwendbar  zu  ninolicn,  N.u  li  Paris  s[ir  .lii  ti^  man  in  Fä>sprn 
Gangwerke,  die  als  Pariser  Uhren  aut  den  Markt  gt l:iiit:!<  ii  1H()7  konnte  in 
Paris  die  dritte  Weltausstellung  den  Huf  dtm  Schweizer  l  alirikatct»  nur  befestigen. 

Kenerdings  fing  man  an,  die  Frsge  der  GrUndung  von  Uhrmaoherschtileii 
VI  Studiren.  Die  Schulen  von  Genf  Qnd  Locle  hatten  Kich  bestens  bewährt.  In 
Yverdon  war  185*2  eine  Uhrmaclierschule  erötrnet  worden,  die  jedoch  nach  zwei- 
jähri;.:«'r  Thntijrki-it  niederKirannte ;  da  wurde  endlich  in  lia  ('haux-de-Fonds 

eine  weitere  Ührmacherschnle  in's  Leben  gerufen,  welcher  die  Schule  zu 

St.  Imier,  1866  diejenige  d«r  Stadt  Neuenbürg  folgte. 

Im  Jahre  1870  organisirte  die  Sociiti  de«  Arte  in  Genf  ihre  Seotion 
d*horlogerie,  welch*  letstere  i;s7G  das  „Journal  .sniase  d'horlogerie"  sehof. 

Ungefähr  nm  diese  Zeit,  d.  Ii.  Anfang»  der  Siebziger  Jahre,  t>f'<raTin  sich  eine 
Krisis  zu  entwickeln,  welche  ab-  nnd  zunehmend  die  Gemüther  bewegte  und  die 
nocli  heute  nicht  zum  Abt-chluß  gelangt  ist.  Wohl  hatte  1^13  in  Wien  eine 
Weltansstellung  die  Ueberlegenheit  der  Schweis  anf  dem  Uhrengebiete  nener- 
dingH  bestätigt;  des.sen  ungeac^btet  blieb  :il<  r  die  Lage  gedrückt;  das  Haupt* 
Rusfuhrgebiet,  die  Vereinigten  St  .ati  n  vnu  N  u  ilairif  rika,  erschwerte  durch  Schutz- 
z<"t!!f  !iis  anf  2h  "/n  den  Absatz,  uini  hIn  ui  Philadelphia  .-ichon  1876  wieder  eine 
Weltaurtsttliung  autmarscliirte ,  sali  die  Schweiz  sich  einem  Feinde  gegenüber ^ 
der  mit  unheimlicher  Macht,  unter  Pomp  und  Prangen,  sich  auf  dem  Weltmarkte 
einführte;  es  war  „die  amerikaHtsche  Konkurrenz'^ .  Die  Anfänge  der  amen« 
kaiiisihen  Uhrenindustrie  fallen  in  die  Fünfziger  Jahre;  in  der  kurzen  Spanne 
Zeit  eines  Vi^  rt -Ijahrhunderts  war  sie  eine  der  Schweizer  UhrenindiistrH'  b-.1ri)hlifh 
gcgeniibertr«;teiiiie  jUacht  und  eine  Hauptursache  häutiger  Krisen  im  scinveizerischeu 
Uhrengeschäft  geworden.  Indeß  waren  i^olcbe  Krisen  auch  schon  früher  vor- 
gekommen. 

Sehen  wir  uns  nur  in  diesem  Jahrhundert  nm ,   so  entdcc'ken  wir  zuerst 

die  Sjinren  eir.fr  Kri-is  in  Arw  I )reiUiger  Jahrf'n  ;  im  Jalire  1  s;!>  wur  ;)-  bfispiels- 
weist:  i-iii'-  Pi  titiuii  au  dii-  Gculer  Brhr>rden  gci  irhtrt,    die  Bitte  eutiiulteud,  es 
möchte   eine  gruudliehe   Untersuchung  der  Sitimiiun    der  Uhreuiudustrie  vor- 
•  genommen  und  Mittel  und  Wege  zur  Besserstellung  erwogen  werden.    Daß  die 


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Uhrcnindustrie 


—    H24  — 


Ulxrenindustrie 


politiMheo  Bewegungen  von  1648  nnd  1849  alle  Gesohäfte  eohwer  eobSdigen 
innßteD«  liegt  auf  der  Hand.    Damal«  8uchte  man  zunächst  durch  Lumnirnng- 

einer  schwt  izt  ripchen  Gewerbe-  und  IniluötrieAUöxtellung  in  Bern  ein  Auflebea 
der  Industrit*  im  Allgemeinen  zu  verunlaesen.  Im  Jahre  1002  weist  der  Umstand 
auf  das  Vorhandenaein  einer  Krüifi  hin,  daß  in  Genf  Preise  aui«ge8chrieben 
wurden  für  gute  Abhandlimgeii  Uber  die  Frage,  wie  die  UhteDindnathe  gehoben 
werden  könne.  In  seinem  Berichte  Uber  ^e  Uhrengrappe  der  Färber  Welt- 
ausHtellmig  Tcm  1867  |^bt  uns  Dr.  Hirsch  von  Kenenborg  Kenntniß  von  der 
Existenz  einer  EriMS  in  der  Tin  »-uind«»trie.  Was  nun  die  Krisis  der  70er 
und  80er  Jahre  betrifft,  au  kann  nicht  geleugnet  werden,  daß  2u  ihrer  Be- 
kämpfung viel  unternommen  worden  ist.  Im  Jahre  187(3  hat  der  Genier  GtuUe 
Baih  eine  Unteranehnng  der  Lage  der  Uhrenindastrie  angeordnet,  das  Journal  enin» 
d^horlogerie  entHtand,  und  in  Biel  und  Flenrier  wurden  neue  (ThimachenichaJea 
gegründet.  Als  187^  wieder  eine  WcItauHetellung  in  Szene  ging,  machte  man 
frr'>ße  Angtrenfrnng^i:;!!,  ilem  guten  Rut  des  Schweizer  FabnkHtn  größere  rK  ltuiig 
zu  verschaffen ;  Hugar  tM;hüchterne  Versuche  gemeinsamer  Reklame  wurden  be- 
merkbar. 163  Schweiler  Anasteller  fanden  sich  neben  363  Frannwen,  11  Eng- 
Iftndern  nnd  6  Amerikanern  (I)eutächland  war  bekanntlich  dieser  Weltavsstellang. 
fern  geblieben).  Der  bezügliche  Bericht  des  Herrn  D.  Perret  räumt  auch  hier 
nach  der  Schweiz  den  ersten  Rang  ein;  von  20  zur  Verth«»ilung;  crcliin/xten. 
goldenen  Mcdailk  n  tielen  9  auf  die  Schweiz.  Neben  den  französischen  Uhrmacher- 
sebnlen  Cluaeä  (gegründet  1848)  nnd  Besiinvuu  (gegründet  1862)  hatten  die 
Schweiz.  Schulen  Gimf,  Neoeh&tel,  Bienne^  Cbanx-de-Fonds,  Loole  nnd  Fletirier 
Arbeiten  auHge^itellt,  denen  hohe  Anerkennung  zu  Theil  wurde.  Besonders  ans-' 
gezeichnei  beuitlit  ilt*  n  ilit;  F'xperten  die  schweizerischen  Chronometer. 

AiK'h  uu  der  Weltausstellung  in  Melbourne,   welche  schon  2  Jalire  spiiter,^ 
im  Jahre  1880,  abgehalten  wurde,  hielt  sich  die  Schweiz  auf  der  eroberteu  iiühe. 

1881  wnrde  unter  dem  Schatze  der  1878  gegründeten  .Soeiiti  d'^mnlatiott' 
industrielle"  eine  «Exposition  nationale  et  internationale  de  machines  et  outils 
eniployes  en  horlogerie"  vorbereitet  und  am  1.  Juli  mit  .^.lO  Aasstellern  in 
Li»  Chaux-de-Fonds  erölVnet.  Die  Krisis  schien  zurückgehen  zu  wollen  und  freudifr 
sah  man  bereits  der  Landesausstellung  in  Zürich  (188«))  entgegen;  bei  Anlaß 
des  Abechlusses  eines  neuen  Handelsvertrages  mit  Frankreich  aber  wnrden  die 
Klagen  Uber  die  gedrückte  Lage,  Uber  Konkurrena  nnd  Krisen  wieder  sehr  laat. 

Die  Landesausstellung  von  IHH'A  gestaltete  sich  zu  einer  imposanten  Demon- 
stration der  gesammtcn  Landesinduntrie.  Ein  jeder  Zweie  der  letzteren  wollte 
die  Frage  beantwortet  wissen;  „Hast  du  Schritt  gehalten  mit  <ler  vorwärts- 
achreitendeu  Zeit?"  Für  die  Uhreniudustrie  fiel  die  Antwort  befriedigend  ans. 
Alle  Zweige  waren  würdig  vertreten  und  vereinigten  sieh  au  einem  harmonieeheD- 
Gauzeu.  Die  UhrmacherHchnlen  von  Genf,  Locle,  Chaux-de-Fonds ,  Biel  und 
St-Imier  bewiesen,  daß  rlit  Tmliistric  auch  von  ihnen  Schönes  für  die  Zukunft 
erwnrten  durfte.  Da«  Total  <ler  Au>>teller  war  278.  Von  denselben  iu-l'erte 
Bern  88,  Neuenbürg  77,  Gcuf  04,  VVaudt  27,  Solothurn  8,  Ba^cl  3,  Aargau  3, 
Zürich  3,  Teesin  2,  Sehaffhanseni  Thnrgau  und  Wallifi  je  1  Aussteller.  Der- 
Bericbterstatter  der  Uhrengrappe,  Alexis  Favre,  konstatirt^;,  daß  die  Sehweis 
den  ersten  Rang  zu  behaupten  verstanden  habe,  trotz  aller  Anfechtung  und  trotz 
dem  Hemnisehnh  vorUbergehenfler  Kri'^eii  uu'l  innerer  Uehel.st'inde.  Die  Zahl  der 
Arbeiter  schätzte  er  auf  4r),(H»U,  wovon  97^4  in  \)1  dem  Fabrikgesetz  unter- 
stellten Fabriken  arbeiteten.  (Am  1.  Des.  1880  waren  es  laut  eidg.  Volksafthlungs- 
statUtik  39,367.) 


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iJhremndustrie  ~    825    —  Uhrenindustrie 

Unter  dem  Fabrikgetietz  »tanden  1889  durcluobnittlioh  12,409  Arbeiter  in 
191  EtobliaMmentSf  bkl.  Bijoaterie,  die  in  maDoheD  EtabliMeaeiits  zagleieh  neben 
4er  Horlogerie  betrieben  wird. 

Einen  weitem  intercttsanten  Beitrag  zur  Erkenntniß  der  Lage  der  IndnBtrie 
bot  eine  ebenfalls  1H83  verötfentlichte  Schrift,    die  „  Botsebnft  dt's  Ikiniiesraths 
an  die  Bundetiversammlung  Uber  die  gewerbliche  Enquete''.    Die^^elbe  i^t  ain 
20.  November  genannten  Jahres  erschienen  ala  Folge  dcä  Postulats  der  Bundes 
Teraanunlang  vom  26.  April  1883,  lantend: 

.Der  Uundesrath  ut  eingeluden,  eine  Untersuchung  über  die  Lage  derjenigen  In> 
dustricn  und  Gt  wt  tiip  zu  veranstalten,  welche  sich  über  (iit-  n;i!nlt_'!s\ t  ifrä^'f  Ixschweren, 
uud  zu  priileu,  iü  welchem  Maalje  zur  liebung  dieser  hidu^-liitn  und  dc^  ILmdwerks 
beigetragen  werden  könnte,  sei  es  durch  die  Um:iri*eitutig  des  Z'dlt.nih,  sei  es  durch 
Untersintzung  von  Handwerker-  und  Kunstgewerbescüulen,  sei  es  durch  andere  Mittel* 
(s.  Seite  756  im  L  Band  dieses  Lexikons). 

In  Ober  4000  ExempbreD  war  ein  Fregensobema  an  eKmmtliobe  Eantons- 
jegierangen,  an  den  Schweiz.  Handels-  und  Industrieverein ,  an  den  Kchwtiz. 
Gewerbeverein,  an  die  -{chweir  f;emeinniitziLrt'  Grsdlsrhaff ,  an  den  Schweiz. 
Orütliverein  und  an  kompetente  Private  zur  Vertheilung  gtlini'zt. 

In  BeantwortQog  dieses  Fragenscbema's  sind  viele  Anreguttgen  eingelaufen ; 
in  den  Uhrendistrikten  aeigte  sieb  niobt  so  großea  Inleiesse,  wie  Tielleicht  an 
erwarten  gewesen.  Die  Regierung  der  Wandt  betonte,  daß  es  in  erster  Linie 
Hache  der  Betheiligten  selbst  st  i,  die  Initiative  zu  ergreifen  und  BesM^mn^^rn 
anzustreben;  daß  man  ferner  uns  rietn  wcuigon  Interesse,  das  der  Eirqui'le  erit- 
^cgengebrauht  werde,  schlieben  könne,  die  Nothlage  in  der  Waadt  sei  nicht  so 
groß,  wie  anderwirte.  Der  Staatsratb  von  6enf  bemerkte,  die  eingeleitete  Enquete 
sei  gleichgültig  aufgenommen  worden  und  habe  zu  keinem  Resultat  geführt  I 
Die  „Socii'tt'  industrielle  et  commerciale  dt-  la  Vallee  de  Joux"  wollte  theoretische 
Knrse  iib<  r  Uliriiiaohprei  eingerichtet  wissen.  Die  ,Soci6te  des  jennes  Commergants 
de  Lau.saniie'  befürwortete  Ertbeilung  eines  allgemeinen  Berufsunterrichts ,  £r- 
riebtang  von  ScbaU  und  Postsparkaneo ,  Begünstigung  der  LebensTersieheraog, 
Einfährang  des  Erfindnngasebutäes  und  der  gegenseitigen  Yersiehernng  gegen  das 
Risiko  aus  Fallimenten,  Vereinfaobang  des  Gerichtsverfahrens  etc.  Die  ,8ociet4 
suisse  d'horlo<»frie,  Fal'rii|ii.'  di'  Mt)ntillit'r "  «Mullich  konstatirte  den  schlimmen 
Zustand  der  blaeuindustrie  und  be/.eichuete  als  dessen  Grund  Ueberproduktion« 
sowie  zu  lange  und  zu  huhe  Kredite. 

Die  EnqnSte  hatte  lur  Folge,  daß  dem  Bnndeeratb  ein  Kredit  von 
Fr.  löU,(>Oü  erötfnet  wnrde,  um  nach  Gutfinden  durch  Bundesbeitrlge  gewerb- 
liche nii  i  iiidusti  ii  Ilf  Rildnni^,  Wandervort  rage  und  Preisarbeiteu  zu  unterKtiitzen. 

Di«  Jaiire  l.^^Sl  und  ISHrt  sahen  die  La»j;e  nach  innen  tmd  auß^n  iiiiiufr 
unbehaglicher  werden.  Zu  grolie  i-abrikation,  zunehmende  Konkurrenz,  unreuile 
Konkurse,  erschüttertes  Zutrauen  auf  die  Fortdauer  des  Friedens  in  Europa 
und  das  Fallen  des  8ilberwerthes  lasteten  schon  lange  schwer  auf  der  Industrie 
und  veranlaßten  iri  erster  Linie  ein  Herabgehen  der  Preise  und  Arbeitslöhne. 
Eine  vielerorts  auf  die  verderbliche  Bufnis  fn-iiidfii  Mif.i.nsnhicks  ^f^irründete 
Konkurrenz  im  eigenen  Lande  zeigte,  daß  das  gemeinsame  Interesse  verkannt, 
bei  maneh^  Einem  der  Patriotismne  in  Sackpatriotismus  ausgeartet  war. 

Doch  wie  es  au  jeder  Zeit  Männer  gegeben  hat,  die  aus  üeberzengung  und 
Liebe  zu  einer  Sache  selbstl.)-  n  d  mit  persönlichen  Opfern  fiir  dieselbe  ein« 
gt;stauden  sind,  so  fandfii  «ich  sid(lie  nucli  bif-r  ('l.wiz  besonders  waren  e«  da 
die  Sektionrn  ttnd  das  Zrnt i alkitniite  der  „iS<iclele  iiitercantonule  des  indu.'rtries 
■du  Jura",  welche  eine  VN'raduug  dieser  Zustände  herbeizuführen  bestrebt  waren. 


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Uhrenindiulrie 


—    32«  - 


ührauDdustri» 


Vor  allem  galt  e«,  den  loterewienteii  der  Uhrenuidaetrie  selbst  die  Angen  su 

ötVuen,  ihnen  einen  B»;grilT  zu  geben  von  der  Gesammtlagc,  ihnen  klar  zu  machen^, 
daß  ilic  Feindschaft  /.wisilicii  Arliriirr  und  Arbeiti:el>er  ein  riuling  sei,  daß  im 
Gegeiitlieil  die  Interetfäea  beider  Tbeile  ein  friedliobea  ZusammeogcbeD  gebieteriüch 
furdern. 

Mitte  Februar  1686  braebten  die  Zeitungen  der  weeteebweiBerifloben  Kantone- 
etneil  Anfmf.    Derselbe  nugte,   die  UhreninduKtrie,         Ernährerin  der  n;r;)ijtQa 

Zahl  von  Arbeitern,  sei  über  10  Kantone  verbreitrt,  mit  einer  Jahre^i-ro  luktion 
von  rund  4  Millionen  Uhren  im  Gesammtwerth  von  wenigstens  lOÜ  iMülionen 
Franken  und  verdiene  größere  liUckttiiht  und  Beachtung,  alti  ihr  bis  dato  eut- 
gegengebracht  worden  sei.  Er  erklärte  ferner »  heutautage  werde  die  Uhren- 
fabrikation  anf  zwei  Arten  betrieben:  1)  in  Fabriken,  wo  mit  Dampf-  oder 
Wasserkraft  sämmtliche  oder  die  meinten  Theile  der  Uhr  t  r-tellt  werd<  n  m  d 
2)  bei  „Fabrikanten**,  welche  die  einzelnen  Hestandtheile  bei  Spezialisten  h>-- 
Htellen,  sie  zu  einem  Ganzen  vereinigen  und  dasselbe  regliren.  Nun  konstatirte 
der  Aufruf  zugleich,  daü  die^e  beiden  Systeme  eich  eine  Konkurrenz  machen, 
welche  «eit  nngefithr  15  Jahren  den  Werth  der  Uhr  sowohl  als  den  der  Arbeit, 
um  i)0'*/i\  verringert  habe  and  daß,  um  dieaes  Sinken  der  Preifle  aufzuhalten, 
auf  den  HO.  Januar  ixHt]  eine  YcrHammlung  nach  Biel  einberufen  wordtn  -ei, 
welche,  r»00  Mann  Htnrk,  die  /.eitfru^fn  der  Uhrenindustrie  in  loyaler  und 
ruhiger  Wei«c  erörtert  uud  endlich  ein»  KommLüsion  bestellt  habe,  welche  weiter 
die  Art  vnd  Weise  einer  BeMemng  der  Lage  Ktndiren  sollte.  Zum  Sehlnsse  gab 
der  Aufruf  bekannt,  daß  diese  Kommission  die  Preisfrage  stelle,  welches  die 
Ursachen  des  SinkeuH  d(;r  Preise  ^^eien  und  wie  dieser  £rscbeinttng  TOn  den  veiv 
achiedfiien  Seiten  e!itp«>g('n  gearbeitet  werden  k^5nIle. 

<iix  Arbeiten  waren  aut  diesen  Aufruf  eingeliefert  worden  und  am  25.  Juni 
1886  wurden  8  Preise  und  4  Ehrenmeldnngen  za  vortheilen  beschloflseu.  Den 
hitehsten  Preis  (Fr.  160)  erwarb  »ich  die  Arbeit  dee  Herrn  Jnlee  Gfeller  in 
Bern.  Iva  Juli  188(3  sodann  löste  sich  die  Kommission  auf,  nachdem  ihr  Vor« 
schlag  acccptirt  wurden,  der  dahin  pinp,  es  mJjehto  die  „Societe  des  f.ihricants 
et  chefs  d'atclicrb  U  horlogerie  de  Biuiine-*  beauftragt  werden,  als  Sektion  der 
«Societ«^  iutercantonale  de»  industricä  du  Jura"  die  Ideen,  welche  in  den  ein- 
gelangten Arbeiten  enthalten  seien,  aaszabenten,  besonders  die  Chrttndnng  von 
Syndikaten  anzuregen  und  fUr  das  Ertindnngasehntzgesetz  Propaganda  zu  machen. 

Die  Uhrmaeher  der  Ostschweiz  (RepArateurs  und  Uhrenhandelt reiUeule)  be- 
saßen tür  ihre  Interessen  bereit«  seit  1.^7^  ein  Fachjournal,  die  in  Konumshorn 
erscheineude  ^Schweizerische  Uhrmacher-Zeitung".  Auch  in  den  Fabrikation»- 
Zentren,  d  h.  in  der  romanischen  Sohweia,  war  dieses  Bindemittel  zum  Be- 
dttrfniß  geworden.  Es  erstand  in  La  Chanx^de-Fonds  die  «SoUdarit^  borlog^r«*^ 
in  Biel  Knde  1886  die  „Föderation  horlogire",  beides  Fachzeitungen ,  welehe 
den  Sehutz  der  gemeinschaftlichen  Interes?*pn  des  UhrmacherBtandcH  anfH  Banner 
schrieben.  In  Genf  wirkte  das  „Journal  suisse  d' Horlogerie"  als  technische 
Fachschrift  durch  Aussobreibuug  von  Prei^aufgaben  etc.  anregend  und  fördernd. 
Der  in  8t-Imier  erscheinende  «Almanaoh  des  horloger»*'  trSetete  fUr*s  Jahr  1886 
seine  Leser  mit  folgenden  Eröllnungen: 

^Die  Welt  fabrizirt  j'üiilidi  .".nt^O.OOO  Uhren.  Seit  der  Erfindun;i  df>r 
Uhr  mögen  200,<M)O  Odo  »Stück  fabn/.irt  worden  sein;  dem  gegenüber  aber  ziihit 
die  Welt  14ÜU  Millionen  Menschenkinder,  von  welchen  mau  füglich  500  Milliouea 
als  Uhrabnehmer  betrachten  darf.  Padt:  Es  bleiben  noeb  800  Hillionen  Uhren 
an  fabriziren,  bis  jeder  Mensch,  der  anm  Uhrtragen  Anlage  hat,  mne  solche  besitzt.*^ 


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Uhrenindustrie 


—    327  — 


Chr«nindii8trte 


So  ward«  denn  auf  allerlei  Weise  gepredigt  and  experimentirt ,  am  eine 
Wendung  sinn  Bessern  herbeizuführen.  Und  nie  kam,  dank  der  »eit  18b 7  be- 
stellenden p  F (' <1  ('•  r  a  t  i  n n  Ii  orlogctre  In  t  iiu m  Zmti alvt-rband  iMihen  die 
entstandenen  Syndikate  und  GenoHsenschaftf^n  .Hchrtn  lüiigst  den  einzigen  Anaweg 
aus  der  Kribii«.  Eine  große  Aufgabe  war  diesem  Zentralverbaiid  zujri'danht. 
Zunftcbflt  die  Beorganieation  des  Lehrlingsweeens.  Dann  die  Einftthrung  der 
lOstUndigen  Arbeitsseit,  die  friedliche  Agitation  für  soeoesBive  Erhöhung  der 
L?iline,  auf  welche  Weise  man  die  Ueberproduktion  auf  einer  Seite  einzudämmen 
hodte  Dann  richtete  sich  drr  Kampf  gegen  die  Zwischenhän  ll<  i  ,  wf  lrhf  di»* 
Noth  de»  Fabrikanten  ausbeuten,  beiue  Waare  xu  äpottpreisen  kaufen  und,  die 
«elbe  wieder  unter  dm  .GnteUangakoatim  verKnßernd,  eine  Sehmutikonkarreni 
erOfflnen,  welehe  der  ganzen  Industrie  xu  aohwerMn  Sehadeo  gereicht.  Zudem  war 
noch  i^r  manohea  ,.&ul  im  Staate  Dänemark".  Der  Verkehr  von  Fabrikanten 
mit  Trödlern,  Bazarinhahem  Abzahlungsgeschäften  und  Ffandlrili.ui^f.ut -ii.  die 
durch  Speiche  \  ermililung  im  eigenen  Lande  auf  den  Markt  gehtoljcn«  billige 
Schund waarc,  der  zu  hohe  und  zu  lange  Kredit,  das  Alles  mußte,  sollte  die 
Lage  besser  werden»  versehwinden. 

Am  .')  ] .  Juli  lSb7  itst  das  Kind  der  vi«  I>  ti  Krw-artangen  und  Hoffnangen 
durch  Vermittlung  der  ^Societe  intercantoiialc  den  industries  du  Jura*  aus  der 
Taufe  gehoben  worden.  Ein  Kongreß  hat  ati  dienern  Tage  in  Neuenbürg  den 
Zentralvereia  unter  dem  Namen  „Föderation  horlogcre'*  gegründet. 

Am  1.  Januar  lt$87  ein  eidgeniissisohes  Gesetz  zur  Regelung  des  Handels 
mit  Gold*  and  SilbemblilllMi ,  dann  die  Kreirnng  von  Kontrolbnreanx  fttr  die 
Prüfung  de«  Ganges  der  Uhren  bei  verschiedener  Lage  und  Temperatur  in 
Chaux-de-Fonds.  Biel,  Neuenburg  und  (ifrif,  am  10.  Juli  1MH7  tuu  li  s<  hwerer 
agitatorischer  Vorarbeit  eine  Volksabstimmung,  welche  mit  l'.Mi.Oüt)  Ja  gegen 
ö7,0()0  Nein  den  Bundesverfussungsartikel  betretend  den  Erfindungsschutz  an- 
nahm, am  29.  Juni  IfiSS  das  Patentgeeetz  selbst,  am  81.  Jnli  1887  die  GrUndnng 
einer  «Federation  horlog^re**  —  jetzt  mußte  es  besser  kommen  I 

Die  Fuchzeitung  „Federation  horlo^rri'"  war  am  1.  Miir/  1887  mit  der 
„Holidarite  horlogcre"  verschmolzen  und  uaili  dir  (niitiduii^  dfs  Znitralvrcins 
als  detisen  Vereiusorgan  erklärt  worden.  Der  Zentrulverband  wählte  zu  seiner 
Lidtnng  ein  Zentralkomite,  bestehend  ans  7  Arbeitgebern,  7  Arbeitern  nnd  einem 
permanenten  Sekretär,  der  tngleioh  einem  Handels-  und  IndiHtriebnrean  (Ane- 
kunftsstelle)  vorsteht.  Das  so  zusammengesetzte  Zentralkomite  hat  gegebprif-n 
Falls  auch  als  Schirdsf^pricht  zu  fungirr-n  und  alljährlich  eine  ordentliche 
Delegirten Versammlung  der  Syndikate  einzuberufen.  Eine  beachtenswerthe  £e- 
stimmmig  in  den  Statuten  geht  dahin,  daß  Mitglieder,  welche  ohne  Wissen  und 
Wollen  des  Zentralverbands  einen  Strike  anheben,  ohne  weiteres  der  Hirg1ied> 
Schaft  verlustig  guhen.  Ende  1887  schon  zfthlte  die  «P^d^tion  horlogere* 
mehr  als  12,0*)0  Mitglieder. 

An»  19.  Januar  18H8  gab  der  Sekretär  der  ^Federation  horloger«'"  ^^iue 
Demission.  Arbeitslast  und  persönliche  Opfer  waren  ihm,  dem  gleicii/eiiigen 
Sekretür  der  „Sodöt^  intereantonale  des  industries  dn  Jnra",  zn  grol^  geworden. 
Hit  seiner  Demission  wurden  die  Sekretariatsarbeiten  nnter  die  Sekretariate  der 
„Federation"  und  der  „Soci^te  intereantonale"  so  vertheilt,  daß  dem  (»r.steren 
die  Arbeiten  betreffend  da«  innere  Programm  .  d.  h.  die  Beziehungen  zwi-'dicn 
Arbeiter  und  Arbeitgeber,  dem  letzteren  das  Auakunftsbureau  und  die  Kegeiuug 
der  Übrigen  GeechKfte  anfiel.  Am  25.  August  1888  erSffnete  die  «F^d^ration 
horlogere'*  in  Biel  ein  Stellenvermittlungsbnrean,  das  die  ihm  mitgetheilten  An» 


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Uhrenindustrie 


—    328  — 


Uhrenindustrie 


gebot«  von  Stollen  oder  ArbeitekrttfteD  im  Veroinaorgan  jeweilen  TertfAentlieht 
und  dagegen  vom  Arbeitgeber  eine  Taxe  von  50,  vom  Arbeiter  eine  aoldie  von 

30  Ct9  vcrlaiir^t. 

Ktlutig  und  mit  unverkennbarem  Erfolg  hat  so,  obschou  auch  AofeiodaDgen 
nicbt  fehlten ,  das  junge  Unternehmen  vorvlrta  m  aohrdton  begonnen;  nicht 
minder  kann  dies  aber  aaeh  von  der  swar  aohon  ant  1883  bestehenden,  oat- 

aohweizerificben   Fedt'rution,  der  »Schweix.  Uhrmacher  -  GenoHHenachaft"  gesagt 

werden.  Lttzt.iL-  strebt  dahin,  r.n  wnr(li^"n  T'reisen  ihren  Mitgliedern  ffute 
Waare  zu  lietirn^  sie  verpflichtet  die  Mif^rlieaer.  keine  Schnndwartr«  fpil  zu 
bieten  und  über  anderwärts  bezugene,  zum  Verkauf  im  Laden  bestimmte  Artikel 
der  Genossensobaft  ein  detaillirtes  Yerseichniß  Mnsaltefem.  Im  fernem  hat  sie 
die  Lehrliugiq»r11fnngen  fflr  alle  Lelirlinge  ihrer  Mitglieder  obligatorisch  erklärt. 
Unbemittelten,  vertra^enswiirdi^'t;Il  Mit;;Uedcrn  will  sir  an  die  Hand  gehen; 
Alteri^fund»  und  8terbf*ka>se  ninil  ihre  nächsten  Pläne  für  die  Zukunft. 

£etraohteu  wir  e«  ab  gute«  Omen,  daß  die  schweizeriäohe  Uhrenindut»trie 
mit  148  Aosstelleni  als  KoUekUv-BUd  an  der  1889er  Pariaer  Weltansstellnng 
anltrat,  mit  ihren  Eraeugnissen  die  Bewandemng  der  Welt  erregte,  nnd  seitdem 
einen  bedeutMiden  Zuschoß  von  Arbeit  erhalten  hat. 

Die  Ubrmacberschulen.  F*s  hcstf^hen  deren  9,  nämlich  in  je  eine 
in  Genf,  Cbaux-de  fonds,  Locle,  Neuchatel,  Fleurier,  Biel,  St.  Iraier,  Pruntrnt 
und  Soluthurn.  Fleurier  aubgenommen,  ünd  alle  vom  Bund  »abveutionirt,  1889 
mit  msammen  54,145  Franken 

AuHwKrtige  Konkurrenz.  Größter  Konkurrent  ist  Amerika.  Yor 
lö.')0  gab  es  noch  keine  ameriknnische  übrenindustrie;  alsdann  Tvnnlen  ilie  hei 
uns  zur  Verwendung  gelangendt  ii  Masehinen  auch  in  d<-n  \eieuiigten  Staaten 
eingeführt  und  ein  Vierteljahrhuudert  8j>iiter  hacte  sich  eine  amerikaniische  Uhren- 
indnstrie  bis  sum  gefttrehteten  Feinde  entwickelt.  Die  Einwanderung  aus  der 
Schweiz  mag  dm  Ihrige  zu  dieser  ThatKarlie  Vieigetrageo  haben.  Dazu  betäubt 
eine  fahrlhafte,  raftinirte  und  immer  wechselnde  Reklame  das  Publikum.  Dies 
nöthigte  die  Schweiz,  ebenfalls  die  Lärmtrommci  zu  rühren. 

Gcmein.saniü  dauernde  Reklame  ist  dm  wirksamäte  Gegengift.  Zwei 
Pnblikation^organe  sind  bebofs  gemeinschaftlioher  Beklame  gegründet  worden, 
nftmlich:  ^Observador-Sod^Amerioano'^  nnd  ^La  Industtria  Saixa*.  Beide  Blätter, 
das  erste  portugiesiacH  in  Sohaffhausen,  das  zweite  «panisoh  rerHLnrt  nnd  in  Basel 
erscheinend,  gelangen  !rr!\ti<  r.nr  Yertheilun^  nnd  nullen  in  l'drtu^Ml.  Brasilien, 
Spanien  und  SpüniNeh-Anierika  »u^erer  übrenindubtrie  Freunde  werben. 

Von  der  cnilischcn  übrenindiLstrie  wird  behauptet,  dieselbe  habe  ihren 
Gipfelpunkt  bereits  hinter  sich;  der  Huf  exakter  nnd  feiner  Arbeit,  besonders 
für  SchinKchronometer ,  ist  ihr  aber  bis  heute  geblieben.  Ein  Sensationsartikel 
der  i.on  ioner  _I'all-Mall-Gazette'*  vnni  K*  De/embcr  IHrtG  entwirft  ein  Bild 
engÜMiher  Zu^tändf,  ilas  zwar  dunkler  gehalten  ist  als  die  Wirklichkeit.  Der- 
selbe 8agt  vor  alkia  uns,  die  englische  Uhreuiuduntrie  aei  in  traurigem  Zustande  j 
alsdann  behauptet  er,  englische  Häuser,  die  früher  jährlich  an  die  3000  Uhren 
fabrizirt  hätten,  bezögen  jetzt  den  ganzen  Stodc  aus  der  Schweiz;  eine  große 
Anzahl  englittcher  Chrmacher  hätten  anderen  Krwerb  suchen  milden  und  einige 
seien  .sogar  zu  gewiduiliehen  lliindhiiipt-rn  herabgesunken.  Ferner  wiiren  in  den 
^eiöien  englischen  Uhren  Schweizerwerke,  während  die  englischen  Werke  von  iu 
England  arbeitenden  Fremden  erstellt  seien.  Der  Gewährsmann  der  ^Pall-SUll* 
Gazette"  ist  John  Bennet,  eine  kompetente  nnd  wohlbekannte  Persönlichkeit  in 
ganz  England.  £r  sagt  in  dem  mehrerwKhnten  Artikel  weiter,  seit  der  Londoner 


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Uhrcnindustrie 


329  — 


ührcnindustrie 


WeltMiflsleUnDg  tod  1851  habe  das  eogliflohe  Fabrikat  aetneo  Huf  d«r  üii«rrei«h- 
barkait  an  die  Schweiz  ausgeliefert  nnd  nachher  sei  ea  rttokwärts  gegangen. 

Heute  aber  pt  i  ili'  Si  I  wi  izi^nihr  besser  nn  1  dabei  40  °/o  billiger  als  die  t  ii^'lische. 
Zu  alledem  betont  er,  wahrend  35  Jahren  seien  ihm  Tausende  von  Schweizer- 
Uhren  durch  die  Hände  gegangen  und  unter  ihnen  habe  er  keine  schlechte  ge- 
fanden.  Jobn  Bannet  begnügte  aieb  aber  niobt  damit,  den  EnglUndara  tin  Klage- 
lted in  singen;  er  aeigt  ihnen  aneh,  wie  nach  «einer  Amdoht  ein  Umsohwnng 
bewerkstelligt  werden  kSnote.  „ Verblendung  und  Egoismus",  mit  er  dem  eng- 
lischen Volke  zu,  „tragen  die  Schuld  dieser  Li^'"  •  ^"H  t'^^  besser  werden,  so 
«cceptiret  die  KchweizeriMche ,  erprobte  FabrikatiouMjnethode;  vureinUchtjt  die 
Werke,  ziehet  Frau  und  Kinder  hinein  in  den  Arbeitskreis,  fördert  die  Bildung 
•das  Uhrmaohera  und  es  muß  beflseml** 

In  Frankreich  ]at  die  ülirenfiibrikation  am  verbreitetsten  im  Departement 
4u  Douhs  und  in  Savoyen.  Parin  i^t  das  Zentrum  der  Pendulenfabrikatif>n.  In 
Paris,  Besan*^on  und  Cluses  bestehen  ührmacbersrlittleii.  I>}**  Infercssan  d*?r  L  lireu- 
iudustne  Frankreichs  sind  den  uuseru  verwandt  und  Hhuliobe  Bewegungen,  wie 
in  der  Schweis,  kennaeiobnen  ihre  letaten  Jahre.  Wir  wollen  bier  nur  als 
Beinpiel  erwähnen,  daß  laut  dem  »Moniteor  de  la  bijouterie  et  de  rhorlogerie* 
im  Jahre  1888  in  Frankreich  ein  Zentral  verein  unter  dem  Namen  „Union  des 
fabrieantn  bijoutiers,  joaillerB,  orfevres  et  (\<-i^  indtistries  qni  «'y  rattachent**  ge- 
gründet wurde,  welcher  aus  G  Vereinen  ^SL-ktionen)  besteht  uud  tHJO  Mitglieder 
in  «ich  Bchließt,  die  Tausende  von  Arbeitern  beeohäftigea.  Gleichzeitig  bringt 
besagte  Zeltnag  die  Naohricht»  daß  behafa  Zentralisation  des  Informationswesena 
in  Paris  ein  «firanaSsisebes  Haadelsburean*  gegründet  worden  i.st,  daa  seine 
genauen  geschäftlichen  Informationen  Uber  in-  und  Ru-^HindiRche  Firmen  gegen 
©in  jiihrlicheH  Unterhaltungsgeld  von  20  Fr.  zur  Vertiigung  stellt. 

In  Ucaluchlanä  endlich  hat  die  Taschcnuhrenfabrikatiou  keine  Aulagen  zur 
Auabreitung.  Verschiedene  von  der  Regierung  unteratDtxte  Versuche,  diese 
Industrie  zu  fördern,  schlugen  fehl.  In  Sehwemming«  n.  Triberg  etc.  >in'\  s.  Z. 
Versuche  zur  Gründung  von  Etablissementen  ges'  heilt  rt.  Wir  tindeu  die  Ta-chen- 
.  uhreninduKtrie  bauptsächlich  in  Sachsen.  Die  dortigen  Obren  erfreuerj  sirti  |(uukto 
Uualitüt  eines  guten  Kufes,  gelteu  aber  aU  ziemlich  theuer.  in  (jla.Hhlitte 
{Sachsen)  besteht  sdt  dem  1.  Mai  1878  eine  ührmaeberschnle,  welche  im 
Schuljahr  1887/88  von  6U  Schülern  besucht  war  und  wKhrend  der  10  Jahre 
ibres  Bestehens  die  srhöne  Zahl  vou  314  Schülern  beherbergt  bat.  Das  Schulgeld 
betrügt  jährlich  120 — IHO  Mark  per  Schüler.  Ausländer  bezahlen  20  "'n  mehr. 
Die  Schule  ist  vom  „Zentral verband  der  deutschen  Uhrmacher"  gegründet  und 
wird  von  einem  Aufsichtsrath  geleitet.  Dieser  „Zentral verband"  hat  unstreitig 
Vieles  aur  Besserstellnng  der  dentBchen  Uhrmacher  beigetragen.  Als  bedeutendste 
Fachzeitschriften  nennen  wir:  „Das  allgemeine  Journal  der  Uhrmacherkunst"',  in 
Halle  von  i  bi'ti  diti-^em  Zcnti  ;tIv<'rVi;ind  h'^raM-^'j^egeben  und  alsdann  tlic  in  Berlin 
erscheuietide,  im  l'.i.  Jahri^ani^'  stehende  „Deut.scbe  Uhrmacher-Zeitiuii;"' , 

Werfen  wir  noch  einen  kurzen  Bück  auf  die  weltbekannte  Seliwarzwalder 
ührenindnatrie.  Der  Beginn  ihrer  Entwicklung  datirt  aus  dem  Anfang  des 
18.  Jahrhunderts.  1730  wird  zum  ersten  Mal  der  klassische  Kukuk  auf- 
gepflanzt und  1750  das  hölzerne  Räderwerk  gegen  das  metallene  vertauscht. 
1S1(> — 1830  wnr  die  < llnnzppriode  der  Srhwarzwälder  Ubrenindustrie.  Von  da 
an  kamen  gedrückte  Zustände  und  »Ührteu  bald  die  Gnindung  der  „Uhrmacher 
schule  Fnrtwangen**  herbei.  Jetat  werden  jährlich  an  die  200,000  Stttok  Uhren 
im  Schwarawald  angefertigt.  Erstattnlich  ist  ihr  billiger  Preis.  Die  hansirenden 


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UbreDiodiiatrie 


—    330  — 


Uhrenindiutrei 


Uhrenmänner  d&s  HcliwarswaldeB  ^nd     nemlich  ▼tm  der  BiHfläche  verHchwunden 

und  h«Mif.*  kiimpft  mHn  aiu-h  in  den  hadiscben  Ber!;»>n  gegen  die  Verpfuschung  des 
Handwt  rks  und  gegen  das  L'nweaeii  der  Zwihchenbändler.  Die  „großherzoglich 
badi.schc  ührniachortichule  in  Kurtwangen",  welche  zur  Hebung  der  Industrie 
Bedeatendas  lebtet^  steht  gegenwärtig  im  12.  Sohnljahr.  Im  11.  Sohuljahre 
arbeitete  nie  mit  5  Li-hrern  and  Schülern  unter  einem  Tglicdrigen  Aaf8i<Ate- 
rath.  Das  Schuli;.'!.!  hotriigt  pt-r  SrlnUler  25  Mark  jährlich.  Im  Jahre  leiHS  h:\t 
diese  Anstalt  riue  Fiu;:.>iliriu  hfiMustjf^gfeben,  betitelt:  ^Vorsrhlag  zur  flebung 
der  Hausindustrie  de«  Schwarzwaides".  Wir  eatnehiuen  derselben,  dal»  die  Er- 
haltung der  Uhrenfabrikaüon  ala  Hausindusirie  die  erste  Bedingung  zu  deren 
gesunder  Entwieklnng  ist,  daß  es  an  dem  Sohritthalten  mit  der  Eonknrrens  fdilt 
and  daß  das  Yerhältoiß  zwischen  Fabrikant  und  Händler  g^r  leicht  zum  Nach- 
theil des  erstem  ausgebeutet  werden  kaon.  Die  Schrift  empfiehlt  Sohuts  der 
gemeinsamen  Interessen  mittelst  Bildung  eines  Vereines. 

Dem  schweizerisohen  jfabrikgesetz  waren  Knde  l88fi  unterstellt; 

o6  Uhrmn'^hrrf'ien            .    mit  ()4*J4  Arbeitern,  mecb.  Bctnebakraft  511  Pik. 

:i9  Uhrschalentabriken             «1120  «  .  •  ,  244  . 

17  Uhrwerkfabriken     .    .      „  23üU  „  .  <  274  , 

S  Uhrglitoer-u.Zilferblattfabr.«      40  ,  ^  15  ^ 

5  Zeiger-, Feder- u.Spiralfabr.  .     12 (>  ,  ,  ,  !8  . 

27  Uhrensteinfabriken  .    .      „     933  „  ^  -  13ö  . 

l  Uhrmachcrwerkzeiigfabr.     „     170  ,»  •  •  27  „ 

2u  Geschäfte  f.  d.  Hei'stellung 

▼ersoh.  Ubrenbestandtheile  „    577  ,  „  ,  118, 

17U  EtabliHȊt  iiientH  .    mit  1 1  (>U9  ArbeiJern,  mech.  Betriebskraft  1376  i'fk. 

Die  Etablis»emente  und  Arbeiter  vertbeileu  sich  auf  die  Kantone  wie  folgt : 

Ziiri<"h                        1  ThuriTinhrfahrik  mit  8  Arbeitern*. 

Brrii  Uhrmnchereien  /  3294  , 

1  2  2  L'hrschalenfabr.  l  621 

)   9  ührwerkfabr.  )  954 

'*       (>  ührsttinfabr.                        ****** ^  i  166 

6  Bestandtbeilfabr.  |  308 
1        ?  *  18  , 

Luzern                     1  Uhreusteinbohrerei  k7  , 

Freibarg                 1  Uhrmacher  ei  400  « 

Snlothorn             /    6  Uhrmacbereien  /  997 

I    5  Uhr.ichrtlerifabrikeo  l  13G 

'    ?,  l^hrwerkfabriken                  ^^^^  )  9»Ö 

1   L'hrgläserfabrik  »29  , 

7  Uhrsteiiibohrereieu  I  7Ö  . 
.    2  Fabr.  f.  Bestandtheile  \  112 

Baselland  1  Uhrmacherei  115  „ 

„  1  Uhreristeinbohrerei  99      .  „ 

äobadhaUMen  1  Uhrinaclicrei  88 

f,  1  Uhischalenfabrik  52 

Aargao  1  Uhrensteinbohrerei  17 

1        ?  12  , 

T«8idn  1  Uhrwerkfabrik  81 


n 


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UhreoiDdujstriti  — >    ^31    —  ühreniuduälrie 


WMUlt                 i    1  ührmaehdrei  |     138  Arbeitern 

«                of^  UhreiMteinbohrerekii  I    311  , 

^  j        Iv-Undtheilfabrikrn  ^^"^  \  51 

Jleucnbnrg             j  12  Uhrmaeht-n  icn  1  lOtXJ  „ 

ö  Uhrgchäueefabriken  I  ItiC 


,  3  Uhrwerkfiabriken  ,  „ , ,  /  2ft5 


^    3  Uhrateinfabriken  J  14 


5  Betitandtbcilfubrikeii  I  63  » 

,                         2  Uhrninrhorweikzeugfftbr.  50  , 

Genf                    j    ö  Uhrniacliereien  j  au.ii 

,                     l    6  UhrgebaosefabriokeD  [  142 

)    1  ührwerkfabrik  |  30 

24  ,    4  UhreDäteinbobrereien              825  ^  176 

i)  Bestandthfilfabrikfn  1  44  » 

1  Uhrmacberwerkzeugfabrik  |  47  r 

4  Zeiger-,  Feder- n.Spirallabr.  78  „ 

Die  Ein-  und  Ausiubr  der  Uhren  und  UhrenbeKtandtbeile  wurde  von 
1851—1884  nnr  nach  dem  Gewicht  venEeiohnet,  und  swar: 

Ausfuhr.  Einfuhr. 
Im  Durohechaitt  der    9  Jahre  1^51/50  je    800  q  brutto    301  q  brutto 

,     10       ,      18Ö0/Üy    „   1414  q       ,         565  q  / 
^    10     ,     1870/79   „  1300  q      ,     1005  q  , 
,      5     ,     1880  84   ,  1630  q     .     1157  q  . 

Da  die  Einfuhr  grOfitentbeils  aas  Wanduhren  besteht,  die  Ausfuhr  größten- 

thf'ils  au-'  Ta-clh-nuhren,  ko  läßt  «irb  aus  (>hic;«>n  ZahlrTi  nicht«  andfTps  als  rlii- 
beidscitit:.'  Stcigfriiiif^  f^rseheu.  Die  wirthsrluiftli«li<'  ]!(';l-;i'.tniii.'  iLt  »inen  und 
andern  Kicbtuug  erhellt  besser  aus  den  H'eW/*zahleri  der  W  aurciuorkebnsstatistik 
pro  1885/89. 

Es  betrug  im  Jahr.       1885         18S6         lgS7  I^^S  1889     dun-bs«  Im, 

d.  Werth  d.  Ausfuhr  Fr.  82.025,763  82.796,U00  8r..2iH,773  83,939.294  98.743,194  8t;.75(>,ÜOO 
d.  Werth  d.Einftihr  ,    5,SS2»619  5.070.000  5,:n  4,606  5,861,088  6,441 ,5S8  5,588,000 
Die  Bepartition  auf  die  eiinelnen  Branchen  der  Uhrenindnetrie  ergibt  pro  1889  » 

Aasfuhr.  Einfuhr. 

Wanduhren  Fr.        23,979  Fr.  563,385 

Uhrwerke   „     3,086,993  ,  156,856 

Standuhren                                                      33,102  .  179,005 

Spieltibren  und  Musikdoflen  3,069,338  „  64,400 

Taschenuhren                                                  88,467,587  ,  1,844,216 

Gebän<e  für  Taschenuhren                                  1,360,082  „  1,497,599 

Bestandtheile                                                      2,543,178  „  2,123,000 

Chronographen,  Repetiruhren       .    .    .    .     „       144,010  „  12,600 

Pedometer                                                     14,925  468 

Fr.  98,743,194       Fr.  6,441,528 
Zn  den  Eitiihhraiunmen  betreffend  die  Taachenahren,  Gehäuse  und  Bestand- 

theile  ist  zu  bemerken,  das»  ein  gromer  Thcil  auf  Rt'tourwaare  entßllt  (s.  Retuur- 
verkebr\.  27  der  Ausfuhr  von  1889  entfie!  aüein  auf  Deutschland,  1 1.:^  "/o 
auf  England,  10  %  auf  Oesterreich,  9.3  ^/o  auf  die  Vt^r.  Staaten  v.  Nordamerika^ 
7,4  7»  Frankreich,  6  7»  auf  Italien.  Der  Rest  (26  7o)  vertheilte  aioh  auf 
die  Tereehiedenaten  Iiänder. 


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Untere  Straile 


—    332  — 


V^etaüoD 


Untere  Strasse  (Alpenatraße)  fuhrt  von  Chnr  Uber  Beiehetm,  Tbusis, 
Spittgen  und  den  Bernhardin  nach  Bellinsona.  Die  Streeke  Ghnr-Lnmino  (Teaeiner* 
grenxe)  126,5  km  lang  und  G  m  breit,  warde  in  den  Jahren  1818 — 1823  erbaut; 

die  Stm;ke  Luminu-Moe'-a,  'A.'J  1cm  lang  und  7  m  breit,  im  Jahn-  1S21.  Die 
erste  Streoke  kostitt-  H.llt7,4<>(»  Kr.  (Oe>iterreich  und  Piciuont  leirtteten  Gc-ld- 
l*ejtrüge);  die  ssweite  Htreck«  lt»0,UOO  Fr.  Vgl.  Buvier,  ^Dia  Jitraücii  der  Schweiz", 
Verlag  von  Orall  Fttßli  &  Cie.,  Zttrioh. 

Unterengr^diu-Strasse  37,5  km  lang,  4,3 — 5  m  breit,  ftkrt  von  Ardei 

n^h  Martin^brUck.  Sie  wurde  in  den  Jahren  1860 — 1865  erbant  vnd  koatete 
ca.  57:3,000  Fr.  Der  Bund  leistete  einen  Beitrag  von  193,300  Fir.  Bondea* 
besehluß  vom  26.  Juli  1861.    (A.  S.  Bd.  V!I,  pa^-.  70^. 

Vegetation.  (Von  Dr.  II.  Christ  in  liuscl.)  Die  PHauzenwelt  unseres 
LandtM  zeichnet  Mch  au»  durch  eine  Mannigfaltigkeit  auf  kleinem  Baum,  welche 
in  Earo|>a  wohl  nicht  Übertreffen  wird,  und  dereo  Unadie  zam  kleinem  Thdl 
die  geegraphiaebe  I<age  nnd  znm  grSfiem  daa  Relief  bildet. 

In  Besug  anf  die  Flora  nimmt  die  Schweiz  Theil  an  dem  großen  Floren- 
gebiet deti  uurda!>iati$ch-enropnis('hen  Wu/Uyebitte-'i,  welches  von  ÜMt-Aiiien  bis 
7.n  den  Pyrenüen  durchgeht  nnd  nörd!i<^h  von  den  banmlosen  Moowbenon  (Tundren), 
ttUdlich  Vi»)  der  ebenfalls  kahlen  Steppe  Zeutralasienä  begrenzt  wird.  Diese  Flora 
nimmt  den  größten  Theil  <ler  Schweix,  namentKeh  «naere  Hochebene  und  die  Yot- 
berge  ein. 

Die  Gebirge,  namentlich  die  Alpen  selbet,  beherbergen  die  Alpenflora,  welche 
pich  wifdenun  spähet  in  die  nonlisrh -alpine,  welche  Ii- iite  noeli  i  lu  n-^owold  im 
hohen  isorden  als  m  den  Alpenhöhen  lebt,  und  in  die  endemibch-alpine.  welche 
den  Alpen  aubttchließlich  eigen  ist. 

Am  attdlichoi  Alpenabbang,  aber  auch  an  einigen  andern  bevorsogten 
Stellen,  namentlich  in  dem  großen  Walliser  Thalkessel  tritt  ein  fernerer  Floren- 
bentandthcil  auf:  die  Mdti  hi>  i }  {lora.  Sie  bietet  einige  Bäume,  bo.'-üiuli  rs  div*  edle 
Kastanie  und  eine  zietiiliche  Anzahl  von  Strsinrhern  und  Stini'lcu,  darunter  selbst 
immergrüne.  Endlich  iit  wcnigstenis  in  Spuren  ^Gruseni,  Leguminosen)  die  Steppen- 
finra  dea  mittleren  Asien«  nnd  Ungarns  an  den  trockensten  Orten  der  Kiedemng 
und  hie  und  da  in  den  Hochalpm  nachwei>bar. 

Im  Aufsteigen  nach  der  UOhe  ergeben  sich  i»ach  den  in  der  Vegetation 
beobachteten  Veränderungen  für  die  Alpen  folgende  Repionen: 

1.  Die  rnitrre  littjion  bin  .')50  m  im  N.  und  7(10  ni  im  W.  und  S.  der 
Alpen,  bezeichnet  durch  den  Anbau  der  Kebe  und  das  Vorhandensein  von 
Pflauxen  ana  der  Uittelmeerflora.  Hittlwe  Jahrestemperatur  »,70  C. 

2.  Die  BeftioH  de»  iMubwaldes:  der  Buche  hie  1350  m  im  N.  der  Alpen, 
der  Kastanie  bin  900  in  im  S.  der  Alpen.   Mittlere  Jahrestemperatnr  5,J0C 

'^.  Die  Jii;/ton  liis  X<t'l'  'ic/hles,  nämlich  der  Kothtanne  im  N.  der  Schweiz 
bis  1?<00  in,  der  Lärche  uud  Arve  iu  den  Zentralalpeu  und  S. :  bis  2100  m 
in  Gruubiiuden  uod  1800  m  iui  Tesain.  Mittlere  Jahrestemperatur  2,00  C. 

4.  Die  Alpenreffiont  die  der  waldloeen  GebirgshShen,  bis  mm  ewigen 
Schnee,  in  den  nördlichen  Alpen  nnd  Tessin  2700  m,  in  den  südlichen  Zentnil- 
«Ipcn  bis  :]00<)  m. 

Diosi;  Grenzen  sind  bedt  iit^nd  höher  als  die  der  benachbarten  bayrischen 
Alpen,  mit  Aufnahme  der  Buchengrenze,  welche  dort  etwas  hf>her  steigt,  während 
die  dc^  feiidwestlich  angreuzendeu  i'iemont  und  Dauphiue  nicht  wesentlich  höher 
liegen  ala  die  des  Wallis. 


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Vegetation  ^    333  V^taÜon 

Im  Jura  siDk'-n  (fit'  tirenzea:  flic  dt-r  Ixt^lw  auf  -ihO  ni,  ilcr  Buch»*  ;iuf 
700  m,  der  dort  dumiuireudeu  Weil^taiine  uui  i3lK>  m,  iler  Uothtanne  auf 
1400  n. 

Für  die  Gluurakter*PflanMo  der  bilhern  Begionea  ergeben  «ich  untere  Grensen: 
Die  Rotbtaune  geht  im  Innern  Wallis  kaum  unter  1000  m  hinab,  die  Lärche 
kaum  unter  1200  m,  die  Arve  in  den  nördlichen  Alpen  nicht  unter  IBOO  m, 
die  meisten  Alpenpflanzen  halten  liich  inuerhalb  ihrer  Kegioa  Uber  lÖOO  m, 
nnd  eiae  besondere  Gruppe:  die  hochalpinen  Arten,  gehen  nioht  unter  2800  m. 

I.  Untere  K  u  g  i  u  u  ; 

In  Bezug  auf  die  Flura  ist  ein  im  S.  und  W.  bedeutender,  im  N.  der  Alpen 
schwacher  aber  immerhin  spürbarer  Einschlag  von  Pflansen  der  Mittelmeerflora 
ebarakteristisoh. 

a.  Die  insuhrische  Zone.  Sie  umfaßt  die  Gestade  der  italienischen  Seen 
{Lan^^enHee  1!>7  m  ü.  M.,  Comersee  213  m,  Luganersee  272  m),  und  die  gegen 
äie  mündenden  Alpenthäler.  Sie  gewinnt  ihre  Bedeutung  durch  die  Wirkung 
der  steilen  Süd- Alpen  wand  als  iSobranke  gegen  die  Nordwinde  and  das  Klima 
Nord'EnropBs,  und  ahi  ein  gegen  Sttden  esponirt«»  Spalier,  dem  aafter  starker 
Sonnen  Wirkung  namentlich  der  gewaltige  Niederschlag  Toa  Feuchtigkeit  au  Gute 
komnit,  wtrU'hf  dem  Mitti-lmeer  entsteigt. 

Temperatur;    lieiuiizdjia  229  ni,   Jahr  12,;'),    Wintt-i  Frühling  12,7,. 

Sommer  21,7,  Herbst  il,t>,  minima  — t>,Ö.  Locaruo  miüima  — 3,6. 

Niedereehläge,  Tessingebiet,  Jahr  1698  m  m,  Winter  204,  FrUbliog  438, 
SoDiriH  r  iriS,    Herbst  697. 

Trc  t/  der  hohen  Nie  lersofaläge  herrseht  eine  sehr  starke  Klarheit  der  Lnft 
(Freiheit  von  Wclki-n)  vor. 

Kegentage  Lugano  Jahr  45,0,  Winter  7,3,  Frühlhig  U),7,  Sommer  H,l, 
Herbst  13,7.    Gana  wolkenfreie  Tage:  Logane  13'J,  ganz  bedeckte  75. 

Eine  spcraelle  Begünstigung  der  nnmittelbaren  Ufer  der  Seen  liegt  in  der 
Verdunstung  der  Oberfläche  des  Wassers,  welche  die  nächtliche  Abkühlung  bindert. 

Hulzgewächäe  dieser  Zone:  ZUrgelbaum  (Celtis  australis),  Baumh*  i<l>-  (Erica 
arhorea),  Ciistrose  (Ci»tu(j  i^alvifoliu»),  Blumeuesche  (Fraxiims  ornuii),  Zerreiche 
(tiuerftts  rerriH),  Ho|>fenbuche  (^Owlrya  carpinifnliH),  Geißklee  (CytisUB  Laburnum), 
Feige  wild  oder  verwildert.  Zwiticheu  dieue  etldliche  Vegetation  steigt  mit  den 
Bachen  di«  Alpourose  bi9  gegeu  den  Band  der  Seen  hinab  and  hSlt  sich  Term6ge 
dcff  stets  befeuchteten  Standorte.  Eingewandert  ist  die  raittellSndisebe  Flora  in 
diese  Zone  vum  iidriatinoheu  Meer  her  längs  dem  warmen  Fuß  der  Ostalpen, 
wie  deren  abnehmende  Dichtigkeit  vron  den  venetianischen  ThiUem  sum  Gardasee, 
Comernee  und  Langeiifiee  beweiMt. 

Ueberau  sind,  gemäß  der  hohen  Feuchtigkeit,  Farnkräuter  und  Moose  vor- 
handen nnd  bullen  aneb  Hauern  nnd  Wege  in  ein  grünes  Gewand.  Naoh  oben 
schließt  die^e  Zone  in  der  Re';:el  zwiHcheu  GOO  und  800  m  durch  eine  Thal- 
sehlnrht  ab,  ohi'rlialb  welcher  die  [iiiirii .^ioti  beginnt.  Kulturpflanzen  wind:  die 
Hv\n-  in  f^niLvT  Fülle  und  gutem  Kitia^-,  ni'  ist  Kothwfiits.  von  starkem  Tanrnn- 
gehalt,  docii  aulk-r  einigen  Lagen  im  itaiienihchen  Vcltlin  ohne  besondere  Feinheit. 
Sie  wird  vorwiegend  an  Bäumen  (Feldahorn)  oder  Lauben  gezogen,  sodaß  der 
Boden  noch  daneben  mit  Feldfrttchten  besfiet  wird.  Tessin  hatte  schon  1876- 
7488  Hektaren  Weinberge. 

Der  weiße  l^laulbeer  für  die  Sei<h  tizuf-ht,  so  hoch  als  dif  liebe. 

Der  Muis,  welcher  die  allgemeine  VolkHiiuhrung  (rolenla)  lielert. 


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Vegetation 


—    31*4  — 


V^tation 


Dann  unsre  gewölmlichen  (jetreiciearten  und  vielfach  auch  Buchwekeu  (grano 
«araoeno).    Tabak  wird  hie  und  da  mit  Erfolg  gebaut. 

D«r  Oelbaum  spielt  keine  Bolle  nnd  wiid  kaum  gesehen;  Feige  und  nnare 
Obatarten  doiuinircn. 

Die  slidliehen  Bäninp  (Ma{;:TUilia  grandiHora,  Cv]ire.~'-f'.  Cameliia,  Azalt'a  und 
Eucalyptus)  halten  aus,  ilm  li  sind  Frostschäden  in  Perioden  von  etwa  10  Jahren 
nicht  unerhört.  Citronen  uud  Orangen  gedeihen  au  Spalieren  mit  Winterdeckung. 

b.  Shoneffebiet.  Der  Spiegel  des  GenferRees,  357  m,  zeigt  eine  gewisse 
Ansahl  von  Mittelmeerpflanzen,  die  aus  dem  Küdlichen  Rhonethal  in  allroiitig  ab- 
nehmender Zahl  hicher  gelangt  hind.  Die  mittltre  Temperatur  Genfs  ist  Jahr 
0,70  V..,  Winter  l,:?,  Frll}lliIl^'  :»,5,  Sommer  is.u,  Herbst  9,8,  alno  niedriger 
als  die  geringe  Höhe  der  Stadt  erwarten  lieÜe,  weü  sie  in  einem  von  kalien  Hoch- 
gebirgen nnd  deren  Winden  beainflaßten  breiten  Thal  liegt,  ohne  daß  sich  die  Insolation 
von  TfaalwSnden  geltend  machen  könnte.  Regenmenge  780  mm»  also  bedeutend 
weniger  als  in  der  italienischen  Schweb,  dw  Sommer  ist  klarer  ala  in  der  n5rd- 
liehen  Sehweiz. 

Bis  111  die  Jura«ehlucht  unter  (xenf  und  an  der  Salcve  gehen  der  klein- 
blättrige Ahorn  (Acar  moiiäpesäulauum),  der  Geißklee  (Cytitiu^  LaburuumJ,  der 
Mftttsedom  (Busens),  der  Blasenstraucb  (Colntea). 

Thalaufwärtä  ist  das  bemerkens wertbeste  Phänomen  die  Zunahme  der  Tem 
pi'rntnr  nnd  des  südlichen  Charakters  trotz  der  hnhern  Lage.  (Montreux  ii'^S  m 
hat  10,40,  Sion  536  m  10,)>1  Jahrestemperatur),  während  Lausanne  in  Folge 
der  Verdunstung  des  oiTeuea  Seebeckens  kiihlcr  i»*t  (U,0)  und  namentlich  im 
Frühling  noch  mehr  winterliche  Temperatur  besitat,  aber  immer  noch  südlichen 
BSnmen  (Prunns  lusitanica,  Cjpresse,  Zeder),  sehr  gttnatig  ist. 

Die  Weinkultnr  am  nördlichen  Ufer  des  ganzen  Leraan-Bogens  ist  die 
intensivste  nnd  weit:nisfr;ed('hnteste  der  Schweiz.  Sie  genießt  den  Schtitz  des 
Spaliers  des  Jorat  uud  volle  südliche  Expotiition,  geht  bi^  600  m  aufwärts  und 
deckt  zirka  6000  Hektaren,  die  ütetig  vermdirt  werden.  Es  ist  fast  auH^chließ- 
lioh  weißes  Produkt* 

Bemerken 8 Werth  ist  der  Gegensatz  des  südlichen  savoyischen  üfers.  wo  die 
BergpÜanzen  und  der  AVnId  bis  an  den  Spiegel  des  Wassers  hinabgehen  und 
der  Wein  viel  schwächer  und  saurer  ist. 

Privilegirt  ist  Montreux  385  m,  Temperatur  Jahr  10,54,  Winter  2,11, 
Frtthling  10,40,  Sommer  1B,69,  Herbst  10,65  nnd  sehr  starken  Niederschlügen 
(1280  m  m).  liier  ist  die  Kastanie  herrschender  WaldbanUi  aber  nicht  in  der 
Höbe,  wie  im  Tossin,  sundern  bis  an  den  S»  e<.|iiegel. 

Das  Tlial  des  inTu-rn  Wallis  beginnt  klimatisch  erst  mit  der  Wendung  bei 
Martigny,  während  die  Strecke  von  Bex  bis  Martiguy  wegen  der  Enge  der 
waldigen  Schlucht  eher  der  Bergrcgion  angehört. 

8ion  bei  536  m,  Jahrestemperatur  10,61,  Winter  1,2,  Frflhiing  11,3, 
8ommer  19,3.  Herbst  10,5. 

Walli<  zrii  hie  f  sich  ans  «lurrh  liohr  ATi*»tr'>  "knnnir  der  Tha!>.ihle,  indem 
die  Niederschlage  erst  in  der  kühlen  höhern  Bergregion  ertolgeu  und  der 
aufsaugende  Thalwind  dasQ  kommt,  Im  Thal  von  Glys  bis  Martigoy  föUt 
nicht  mehr  als  750  bis  610  m  m  Regen,  wShrend  anf  der  Grimset  2260  m  m 
nnd  dem  Bernhard  1210mm  beobachtet  sind.  Dabei  ist  der  Himmel  äußerst 
klar.  Martiguy  hat  145  ganz  helle,  G9  ganz  bedeckte  Tni,'r  :  ;,l-u  giinsti;;er  als 
»-«Ibst  Lug:»n«?.  Daher  hat  die  Vegetation  dsT  untern  li<*gion  des  Wallis  deu 
Churaktcr  einer  »ehr  südlichen,  die  selbst  an  die  Steppen  des  Orients  oder 


niriiti7er|  bv  GoOglc 


Vegetation 


335  — 


Vegetation 


Spaniens  erinnert.  Der  Gliuiuierütaub  des  Rhunehetts  üb»srgießt  die  Halden;  nur 
J'öhren  und  stachlige  Sträucher  bilden  den  Baumwuchg,  wo  nicht  direkte  Be- 
w&aaerang  sageleitet  ist;  der  Anban  der  Beb«  isfc  nur  mSgUeh  dareh  die  Waeiier- 
leitODgeD  aitB  den  Gietscberbächen  (Bin)  and  da»  Getreide  i^t  nchon  in  FrUh> 
sommer  ausgereift.  Diese  trockene  K^i^ion  steigt  im  Uiui])ttlml  bis  znm  Fiexcli- 
waM  1051  m.  und  geht  selbst  in  die  südlichen  Si  iti  iitlialei-  hinauf.  Auf  dem 
J?iußge8chiebe  der  Khone  fallen  Weißpappcln  (i'opuius  alba)  und  Waldungen  von 
Weiden  (besonders  Salix  alba)  mit  TranbeDkireche  (Pmnus  Padun),  auf  Maasen 
yoD  Sanddom  (Hippophag)  bedeekeo  den  Sand.  Auf  der  Felsenbeide  am  Fuß  der 
Berge  herrschen  Schwarzdorn  (Prunus  »pinosa)  und  Weichsel  (Prunus  muhuleb); 
8umach  (Rhu8  Cotinus)  und  Sevenbaum  (Jnnip;  rus  Sahina}  sind  mit  T**»^nniiTii>s(>n- 
«träucharn  (Ononis  etc.)  verbreitet.  Die  nackten  Felben  sind  weiß  bekleidet  mit 
Wemintbartou  (besonders  Artemiria  vakeiaca),  die  einen  Ausfubrertikel  anr 
Liqneurfabrikation  bilden,  und  Federgras  (Stipa  in  2  Arten)  wie  in  Ungarn. 
An  den  Felsen  von  Vulere  kleben  Mansen  von  CHctus  (Üpuntia  vulgaris)  und 
Iris;  auch  die  Mandel  und  die  Feige  sind  nn  -In  Frl-t  n  wild,  in  Gesellischaft 
der  Iluuslauburten  (Sempervivum),  die  aus  dun  Alpen  herabsteigen.  Niflit  un- 
bedeutend ist  die  Ausfuhr  der  Wurzel  de»  Sauerdorns  (Berberis)  als  Farbmitkl. 
Der  Wetnstock,  weiß  nnd  roth«  in  vielen  Sorten  gemiseht,  wird  niedrig  ge- 
kalten  und  besteht  ausschließlich  durch  die  künstliche  Bewässerung.  Er  erreicht 
die  größten  Ili-hirii  In-i  Visix-rterbinen  llOO  rn.  Das  Produkt  i-t  stark  und  sehr 
«romatisch,  niul  lial  eine  L'toße  Zuknntt.  Der  Tabak  ist  auf  der  R!ionf*<4)ene 
versucht  worden.  Das  Mais  gedi  iht  vurtic-ü'lich ;  das  Obst  ist  das  schmackhattet-te 
der  Sohwela,  namentlich  Zwetschgen,  Aepfel,  Ffindche.  Hie  und  da  wurde  noch 
nnltogst  anr  Wllne  der  Speisen  Safran  gebaut. 

c.  Das  Thal  des  Jura  oder  vielmehr  die  Depression  der  Hookebene,  welche 
di-m  O-^t  Fuß  des  Jura  fol-rt,  und  im  iniitK  i-  'Ti  Theil  die  Seen  von  Neuohutel 
und  Biel  zeigt  (435  m)  Neucliatel  JahreHienupeiatur  i>,3i,  Winter  Ü,ö,  Frühling  9,$, 
Sommer  18,6,  Herbst  i),3,  minima  —12,2,  maxima  32,2. 

Die  Euistanie  geht  in  Gruppen  vom  Uenfersee,  wo  sie  (ob  Nyon)  sehr  ent> 
wickelt  iat,  bis  in  die  Gegend  von  Neuveville,  der  Bohncebullblättrigc  Ahorn 
(Acer  opnlifidiunri,  der  Berggeißklee  (Cytisus  alpinus)  bis  in  den  Berner  Jura, 
die  Fliininrii  he  (iliuTfUH  pubescens),  der  Burhs  bis  Baselland.  Die  Rebe  dehnt 
sich  fuät  in  zusMiumenhüiigendem  Weinberg  längs  der  ganzen  Linie  hin  ins  Aargau 
kinanf  aas  (Kt.  Nenohatel  1296  Hektaren,  Aargan  2376  Hektaren)  nnd  der  rodle 
ViTein  erreicht  im  Kt.  Nencbfttel  bemerkenswerthe  Gote. 

(/.  I)ie  Föhn-  und  S'  czone  am  Xordfuß  der  Alpen.  In  den  tief  in  dio  N<tid- 
abhänge  der  Alpenkette  eindrin<^enden  Thälern,  ilrren  Becken  mit  Seen  aus- 
gefüllt sind,  sind  privilegirte  Winkel  gegeben,  deren  Klima  und  Vegetation  auf- 
IftUend  südliches,  fast  insnbriscfaes  6eprfige  haben.  Eine  Hanptnrsaehe  liegt  in 
der  Einwirkung  des  FShn,  der  als  ein  vom  Platean  der  Alpen  herabfallender, 
sich  im  Falle  durch  Dnn  k  uu  1  Reibung  erhitzender  lokaler,  aber  sehr  konstuuti^r 
^^'iJldstl•onl  jene  Gebirti-  triOt  und  bed'Mttfiiil  crw.iriTit,  uinl  h r  sond^r-.  im  Frühling 
rasch  die  Schneedecke  wegnimmt.  Auch  durch  das  Weglegen  der  Wolken  utuI 
die  dadurch  gesteigerte  Insolation  und  schließlich  durch  die  ihm  folgenden 
etarken  Niederachlfige,  wirkt  er  günstig  auf  die  Vegetation  ein. 

Yierwal  Ut  ittPi-see:  Gersan  460  m  10,o7  nur  5  Zehntel  niedriger  als 
Montreux,  mit  einer  Januarteinpcratnr  über  null  (0,»!). 

Die  Kastanie  ist  in  wuhiartiger  Ausd^'hrnn^c  vorhanden,  am  Secarm  von 
Brunnen  kommt  der  Blasenstrauch  (Colutea;,   die  PimpernuÜ  (Staphylea),  der 

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Vegetation 


Vegetaüoa 


bmtblKttrigtt  SpindelbMim  (Ervnymus  latifotins),  ^as  Fedargnu  (Stipa),  der  Sevra* 
bäum  (Juniperus  Sabina)  und  die  Feige  vor.  Die  Obfltbanmzucht  erreicht  hier  ein» 
b«hr  starke  Auadelmnng  nnd  be8oiu'.trii  die.  Birnbäume  rieeenbaften  Wuchs.  Der 

Zu2^ersee  Tiimtnt  starken  Antheil  an  dipscr  Föhnregetation ;  der  Waüenstattersee 
und  das  Thai  von  (rlarus  haben,  in  weit  schwächerem  G^rade,  einige  Anklänge 
an  täe  avfiiBwaisen. 

Der  Tbnner*  and  Brienianee  dagegen  und  bedeutende  Gebiete  derselben. 
Intorlaken  571  m  bat  8,7,  Brieos  586  m  8,8  Jahrestemperatar;  die  Bebe  wird 
sogar  noch  in  einiger  Ausdehnung  am  südlich  exponirtes  Kordrand  des  Thuner- 
Sees  fr^pflanzt.  Der  Kirschlorbepr  (Pmiins  Laurocerasus)  gedeiht  merkwUnlig  gut. 
Vom  Thunersee  dringt  dii'sf  Zone  >njrar  l,is  liiniiul'  in  du-  Sfhlunht  von  Bulti^'t.'ii  vor. 

e.  J>ua  liiittnthuL  Mit  Wallis  verglt:iclil>ar,  Ix-wirkt  die  HiMun;::  des  großen 
AlpeetbalH  bei  Chur  ein  ähnlichea  Klima  und  uiauche  Aelinlichkeit  in  der 
Pflanzendeeke.  Chur  603  m  bat  9,6  Jabrestemperatur,  Winter  0,3,  Frühling  9,5, 
Sommer  17,4,  Herbst  9,3,  aber  starke  minima  ^ —  14,4^  und  raaxima  ^31,1)  Regen* 
niritge  grrinj^:  880  m  m.  Klarhoit  des  Himmels  groß.  Von  Chur  bis  Sargans 
(270i>  Hektaren)  ist  die  Lage  für  den  Weinbau  nuKgezeichnet  und  die  rotht^u 
Weiue  gehören  zu  dea  besten  der  Schweiz.  Die  Katitauie  ist  uicbt  selten,  doch 
nicht  einheimisch.  Aae  der  wilden  Flora  sind  Blaaenstrauoh,  Wermnth  (Artemisia 
absynthium),  Federgraa,  dbaraktmsch.  Wihrend  die  breite  Flttche  des  Bodenaee» 
grüße  Feuchtigkeit  (1000  m  m  KtM^en)  nrid  ein  etwelche«  Sinken  der  Temperatur,, 
glrioh  dem  Geufersee  zur  Folge  hat,  tritt  im  engern  Thal  von  Schaff  bansen 
wieder  eine  sehr  begünstigte  Flora  auf.  Schaffhausen  398  m  hat  Jahrestemperatur 
8,94,  Winter  0,1,  FrUbliug  y,L',  Sommer  17,8,  Herbst  8,4,  maxima,  minima  und 
Begenmenge  nngefthr  wie  in  Chur.  Die  Bebe  nimmt  einen  gesobloseenen,  sehr 
beträchtlichen  Raum  ein,  von  wenigstens  1260  Hektaren,  das  Produkt  freilich 
ist  im  Vergleich  zu  dem  des  bUndiierisf  heu  Rlu  intlials  vorherrsclit  nd  säuerlich 
und  viel  i*chwüeher.  Der  Spcit-rlincf  '  Sorbns  duuieslica),  der  ELdsenfanlKanm 
(Rhamns  saxatilis),  die  Sauerkirsche  ^t'ruinis  Cerasus),  der  schwärzliche  (jt-iliklee 
(Cytisus  nigricans)  und  mehrere  fistlicbe  (ungarische)  Pflanxen  (s.  B.  Cienista  OTata) 
des  Donaugebietee  haben  sich  hier  gehalten. 

Die  Gegend  toq  Basel  348  m  Sffnet  sidh  unmittelbar  gegen  das  lange 

mittlere  Rheinthal  das  Elsaß  und  ist  demgemäß  warm:  Jahr  9,ö(>,  Winter  1,0, 
Frühling  9,7,  Sommer  17,9,  IL  rl*st  9, 2.  ji  doch  trüben  Iii-  Nebel  das  Stromthal 
in  hohem  Maß,  sodaß  die  In.solation  lange  nicht  die  Rolle  spielt  wio  in  Schaff- 
hausen und  weiter  aofwärta.  Flaumeiche,  Buchs,  Kronwicke  i^Coronilla  Emerus), 
wilder  Weichsel  (Prunns  Mahaleb)  bilden  sttdUche  Einsdüäge  in  die  Flora,  welche 
im  Eliafi  noch  annehmen,  woselbst  Blftstinstrauch  und  mehrere  ganz  mediterrane 
Ptiarzen  von  dem  milden  Westen  Frar.kreichs  her  eingedrungen  sind.  Bei  Basti 
beginnt  die  au^i^^  drhute  Sunipi-  und  Feldflora  Deutschland *),  die  in  die  Schweiz 
nur  sparsam  eingtdrungen  ist. 

Die  Gegenden  de»  Schweiz.  Plateau  berührt  unsere  er.ste  Region  nur  in 
Spuren;  das  Klima  ist  tu  rauh.  Dagegen  dringt  vom  Kanton  SohafThansen  her 
die  Ribe  in  die  nSrdliche  Gegend  des  Kantons  Zttrich  und  an  den  Rand  des 
Züricher  Sees  vor,  und  zwar  in  bedeutender  Ausdehnung  (Ö400  Ilektar-ir. 
Ebenso  geht  vom  !^odensee  aus  die  Rebe  in  den  Kt.  Thuriran  hinein  (201ö  H«  kt  ) 
und  seihst  am  liallwyltr-Sce  sind  einige  Weinberge.  Alle  diese  Gebiete  geben 
einen  Wein,  der  meist  mit  sttdenropäischen  Weinen  oonpirt  in  den  Handel 
kommt. 


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Vegetation 


—    337  — 


Ve^etulion 


II.  Bttgion  des  Laubwaldes. 

ürsprUnglich  dnrehans  mit  Wald  bedeokt,  ist  aie  heat»  doroli  die  Feld- 

uid  Wiesenknltar  fast  überall  gelichtet,  wo  niobt  die  AbbSnge  ni  stal  waren. 

Der  dominirende  Baum  bt  die  Buche  (Fagus  eilvatica),  die  von  der  weHtlichen 
Grenze  Rußlands  nnd  dem  EaukaauB  bis  in  dip  slHlichen  Halbinseln  Europa'«! 
durchgeht  uud  also  bei  uns  ziemlich  im  Zentrum  ihres  Vorkommens  auftritt. 
Sie  steigt  in  geBehloseenem  Wald  bis  1300  m  und  gemisobt  bis  1500  im 
Jon  jedoeb  wird  sie  »obon  Ton  900  m  ao  darob  die  Weißtavne  verdrlngt. 
Ebenso  fehlt  sie  in  den  Thälern  der  Zentralalpen :  Hie  nähert  sich  dem  St.  Gotthard 
nicht  Uber  Wasen,  den  GmuLnndner  Alpen  fehlt  sie  über  da*-  mittlere  Prättigä« 
und  über  Flims  hinauf  und  ins  Wiillis  dringt  sie  nifht  viel  über  Martigny  ein, 
während  sie  in  den  Tesäincr  Alpen  bis  1300  m  vorkommt.  Eä  i»t  deutlich,  daß 
das  extreme  Klima  der  ZentiilalpeD :  starke  minima  und  masdma  nnd  deren 
trockenes  Terrain  ihr  entgegen  rind. 

Die  Biielie  erreicht  hei  uns  nur  selten  ihre  walire  Größe,  denn  sie  wird 
in  raschem  ümtrieb  fast  ausschließlich  auf  Brennholz  benutzt. 

In  den  untersten  Lagen  nnd  im  oil'eneii  Lande  mischt  sich  ihr  die  Wmß- 
bnobe  (Hagbttdie  Oarpinoe  Betnlns)  bei,  steigt  aber  v^l  Hbw  800  m.  Seltmer 
und  ebenfidls  nidit  ttber  1000  m  anfateigend  ist  der  Spitcahorn  (Acer  platanoidee). 

Vun  den  GebUsohen  des  Bochenwaldee  bt  die  Stechpalim  lies  AqnifoliiUD, 
(in  den  Höheuthülcrn  zu  wahren  Bäumen  erwachsend),  zu  nennen. 

Die  Eichen  ^Quercus  pedunculata  und  sessili  flora)  sind  nur  zer8trent  bei 
uns  vorhanden  und  nahmen  in  den  letzten  100  Jahren  sehr  ab.  Einzelne  Bäume 
der  Stieleicbe  finden  sieh  bis  1300  m*  and  sie  ist  die  am  weitesten  verbreitete. 
Art.  Die  Steineiche  rieht  die  warmen  I<agen,  des  Rbonethals,  des  Jurarandes  vot. 
Die  Esche  (Fraxinn«*  excelslcH-")  ist  ein  verstreuter  Raum  der  Th.ili  r  und  Gehänge 
bis  1300  m,  ähnlieh  wie  der  Ffldaliurn  (.\cer  eauipestre  )  die  Ulme  (Ulnius  ciimiips-tris) 
und  die  Linden  (Tilia  platypliylla  und  parvit'olia),  die  nur  als  Einhchlag  in 
den  Bnobenwald  nnd  besenders  da  ersebeinen,  wo  Faltungen  des  Terrain  oder 
Fdsboden  Anlaß  zu  einem  lokalen  Znrilektreten  der  Buche  geben. 

Die  Erlen  (Alnus  glutinc^a  nnd  incana)  halten  sich  streng  an  den  Lauf 
der  Bäche  in  den  Thälern  und  Mulden.  Letztere  Art  dringt  in  den  hohen 
Alpenthälern  bis  gegen  die  Gletscher  vor,  ähnlich  den  h^hem  Weidenarten,  auch 
die  Pappeln  Populus  nigra  und  alba  sind  BSune  der  Wasser  ftbreadeii  Unter- 
lage, ^emliob  häufige  Einstreuungen  im  Bnobenwald  sind  die  VogelkirMihe  (Prunus 
avium),  der  Apfel-  nnd  der  Bimbanm;  seltener  ist  dia  Bisebeere  (Sorbus 
tonninalif«).  Die  Weißbirke  (Betula  alba)  ist  in  der  Schwei?;  ein  eher  seltener, 
noch  am  meisten  im  Wallis  uud  Tessin  bis  11 ÜO  m  auftretender  Baum. 

Die  Führe  (Pinns  silvestris)  spielt  ebenfalls  bei  uns  eine  schwache  Holle 
und  nur  im  Waltis,  im  Bttndner  Bheinfbal  und  hie  und  da  am  Jursrande  er- 
scheint sie  in  waldartigen  Gruppen,  aerstreut  soirar  l>is  1800  m  Hohe. 

f.  Da<  Gebiet  des  Plateau.  Einf:;et,'-renzt  zwischen  die  Voralpen,  den  Jura 
und  das  Kheinthal,  erhebt  es  sii  Ii  alhniilig  ffcgeu  die  erstem  und  zeigt  tiborall 
eine  merkliche  Faltung  nach  FluLthalern,  Bachbetten  und  Mulden  mit  oft  ziemlich 
steilen  HllgelkSmmen  dazwisoben.  DemgemSß  ist  die  Vegetation  nne  Art  Park« 
land,  Waldung  auf  den  KSmmen  nnd  den  stdlen  Abhängen  und  Kulturland,  be- 
sonders  Wiesenland  in  den  Depressionen.  Die  Cerealien  stehen  erst  in  zweiter 
nnd  dritter  Linie;  neben  Weizen  i>*t  vorherrschend  Spelt  iTHticum  Spelta), 
Roggen  (Secale)  und  als  seltenere  Arten  werden  Einkoni  (Triticum  monococcum), 
Aemmer  (Triticum  dicoccum)  und  Tritionm  tuigidum  L.  gebaut.  Weinbau  ist  in 

Wvme,  Ttriknrlitbicliaifli-Iiwlkoii  d«r  Schwei».  32 


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Vegetation 


—    338  — 


VegelaÜon 


der  Regel  auegetfblossen.  Dagegen  ist  die  Obstzucht  auagiebig  und  wttrde^  besser 

Tertitanden  und  ermotbigt,  wesentlich  zur  Uebung  der  dainiederliegcnden  Land- 
wirthschiift  beitragen,  denn  wir  leiden  unter  den  Folgen  einer  allzu  ansselilicßlich 
auf  JdUchvvuihhchaft  ein|^erichteten  0«kooomie.  Bern  hat  eine  Jahrc8tcmi>eratur 
von  8,13,  mit  minima  Ton  — 15,6  und  maxima  von  30,7. 

In  den  obenten  Lagen  des  Plateau,  da  wo  es  bereit»  direkt  an  die  Alpen 
anlegt,  kommen  nocb  einzelne  größere  Torfmoore  vor,  so  im  KL  FrdbQIg  und 
bei  Eiiisiedeln.  Hier  ist  das  Klima,  bei  blos  i<üO  m  Hölie,  sehr  strenge.  Jahr 
5,0,  3  Monate  unter  null,  minima  1H,0,  maxima  26,3,  uuti  als  Bäume  herrsehfu: 
EbeieHche  (Serbus  aucupuria),  Sumpi'birke  (Betula  pubesceDs),  die  Suaipilorm  der 
Bergfbhre  (Pinae  montana  uligiaoia),  welche  einen  ^bbanm  mit  schiefem 
Stamm  und  herabhängenden  Aasten  darstellt  und  zv^ischen  dem  Krummholz  der 
Alpen  und  dem  Hochstamm  der  B»  rgfölire  dit-  Mittt  hält.  Diese  Form  ist  .mf 
der  bayrischen  Hochebene  und  in  drii  imttt  I-  und  norddeutschen  Oiebirgen  sehr 
verbreitet.  Als  Büsche  der  Moore  treten  auf  die  schwarze  Heckenkirsche  (^Lonicera 
nigra),  niedrige  Weiden  ^Salix  repene,  aurita),  mehrere  Heidelbeerarten  and 
■elbet  die  hochnerdieehe  Zwergbirke  (Betnla  nana)  kommt  vor. 

Im  iura  sind  bei  800  und  1000  m  H5he  ganz  ähnliche  Moore  („Sagnes 
Mouilles"*)  mit  derselben  nordischen  Vegetation  zahlreich  vorhanden,  und  werden 
aum  Torfstich  ausgebeutet.  Der  Untergrund  dieser  Juramoore  wird  aus  dem 
eementfibnlicb  bindenden  alten  Moränen -Schutt  des  am  Jura  einst  gestauten 
Alpengletsebors  gebildet,  der  die  tSdtliche  Einwirkung  dee  Kalkes,  aus  welchem 
der  Jura  sonst  besteht,  auf  das  Torfmoor  dureh  hermetisohen  Abschluß  Ter- 
hindert  und  gleiclizeiti;;  das  Wasser  staut. 

Ueberall  auf  dem  Gebiet  des  Plateau  finden  sich  >\iv  tSpur^n  der  alten 
Gletscher  in  Schutt  sowohl  als  uufgeptiauzten  Blöcken,  und  e»  Huden  sich  au 
diesen  einzelne  Kolonien  echter  Alpen pflansen  erhalten:  so  Gruppen  von  Alpen- 
roeen  im  vordem  Theil  der  Hochebene  de«  Kt.  Aargau  (Sehneisingen). 

b.  T)/e  nf^rdlichen  Äipenthäler.  Eine  besondere  Statiun  wird  gebildet  aus 
den  oft  niüclitigen  Sand-  und  Geschiebmassen  der  Thalsohlen.  Hier  bilden  Weiden, 
besonders  Salix  purpurea  und  incaua,  Tamarisken  (Myricaria  germanica),  Sand- 
dorn (Hippophag)  und  Erlen  die  U&rTegetation.  Die  febigen  Hänge  bringen, 
vermSge  der  starken  Insolation,  manohe  sttdlieh  ankli^ende  Fflanse  bwrvor.  Das 
Gyelamen,  die  Feuerlilie  (LUium  bulbiferum)  sind  Zierde  dieser  Standorte.  Be> 
vorznirt  «ind  die  von  Osten  nach  -ten  gerichteten  Thälpr,  indem  auf  ihrer 
dem  Süden  zugewandte  Nordseite  sich  für  Feld-  und  ObstkuUur  sehr  günstige 
Lagen  bieten.  In  den  Thälcrn  von  Glaru»,  Schwyz  und  St.  Gallen  wird,  eine 
Seltenheit,  .der  Sohabxigerklee  (Melilotus  ccerulea)  als  Znsats  cum  GUmer  KrSnter* 
kXse  gepflanzt. 

f.  Die  Süithiifir  dir  .M}iei/.  K'wr  wiid  die  Rfgion  des  Laubwaldes  fast 
ausschließlich  von  der  Kastanie  (^Ca-itauea  vcpcaj  cingenotumen.  Er  strigt  bis 
1000  m  lind  selbst  etwas  höher,  und  gefällt  sich  auch  an  sehr  steilen  Halden 
und  auf  dem  fehtigsten  Boden,  doch  nur  im  tiefgründigen  und  lockern  Detritos 
dee  feldsfMtrdchen  ürgebirgis;  auf  Kalk  ist  er  weit  weniger  schön.  In  Savoyen 
ist  er  sehr  verbreitet  und  dringt  gruppenweise  bih  ins  mittlere  und  obere  Wallis 
wie  auch  läng»  dem  Jura  und  zum  Yierwaldstättersee  vor,  allein  in  vollster 
Schönheit  erscheint  er  erst  in  den  Thälcrn  von  Pieinout,  TeiiHiu  und  Veltiin. 
Hier  liefert  er  einen  Yiambaften  Theil  der  Volksnahrung  durch  seine  im  Oktober 
reifen  Früchte  nnd  erreicht  ungebenre  Dimensionen  (bis  13,5  m  Umfang).  Das 
Holx  dient  an  Fässern  und  zu  Eebstttcken. 


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Vegetation 


—    33Ü  — 


Vegetation 


Tüj»  Kastanie  bedarf  milder  Temperiitar  und  starker  Kiedenchllge;  die 
maxima  ihrea  Beairka  im  T^asin  gehen  nioht  unter  7,0^ 

In  den  tiefem  Lagen  de«  Kastanienwaldes  tritt  hie  und  da  im  Tessin  die 
Zerreiohe  (Queroua  Cenia)  auf,  die  steh  im  Westen  dea  Jura  in  JVankieich 

wieder  findet. 

Die  Ränder  des  Kagtanienwalde«  habea  ein  itiiches  Buschwerk  vuu  Legu* 
jninoeeD,  namMoUicb  die  Pfrieme  (Sarothamnne)  nnd  gegen  8  CytiatMUrten. 

III.  K  V  g  i  <i  n  (1  ('  H  N  a  (1  ('  1  w  ii  1  d  e|8. 

Sie  niinint  über  (lein  Laubwald  da.«.  Areal  bis  2U  l)^i)<)  in,  im  Wallis  und 
Engadin  bis  2UüÜ  m  ein,  soweit  es  nicht  durch  einst  kiiastlich  duruh  Rodung 
liergeiitellte  WeideflHehem  oder  Sohlnditen  and  an  Tbge  geliendea  Qeatais  ein- 
^genommen  iat. 

Der  Hauptbaum  ist  die  Rothtanne  (Fichte,  Picea  exoelsa).  Sie  geht  zerstreut 
und  einzehi  bis  auf  die  Hügel  des  Plateau  hinunter,  und  bildet  von  800  m  an, 
meist  aber  oberhalb  der  Buche  eine  völlig  getichlos^ene  Waldung,  und  nur  in 
den  Zentralalpen  treten  Lärche  und  Arve  mit  ihr  auf.  Im  Jtna  ist  lüe  erst 
^oberhalb  des  auf  die  Bnehe  folgenden  GttiMla  der  Weißtanne  bemohend  und 
bildet  die  Waldgrimze.  Ueberall  tritt  sie  als  einzelner  Baum  Uber  die  allgemeine 
Waldgrenze  als  Hchirm-  oder  Wettertanne  aof  ^ie  offene  Alpenweide  binana, 
meist  in  großen  alten  Stämmen. 

Die  Kulhtaune  ist  unner  Bauholz,  uud  dicut,  auch  noch  hie  und  da  im  Jura 
mißbrftnohtioh  aar  Hangewinnnng. 

An  der  obein  Gh^nse  dcH  Raumes  in  den  Alpin  kommt  er  zerstreut  in 
einer  sehr  gedrungenen  Form  mit  kleinem  randaahnppigen  Zapfon  vor  (P.  ezeelaa 
V.  medioxinia). 

Die  Weilitanne  (Abies  pectinata)  bleibt  mehr  in  der  halben  Höhe  der  Alpen- 
-tbSler  nnd  kommt  nnr  neaterweiae  von  700  bia  1500  m  atfHsolien  Bnobe  nnd 
Boditanne  vor. 

Anders  im  Jura,  wo  sie  eine  geschlossene  Waldung  Uber  der  Buche  bildet, 
bis  zu  1 300  m,  und  die  Buche  tief  unter  ihre  natttrliobe  Höhengrenae,  bia  700  m 

Jherabdriickt. 

Im  Jura  bildet  auch  sie  prachtvolle  Wetlertannen,  oft  in  Eandelaberform. 
Die  WaldkrSnter  dea  Tannenwaldea  nnd  sehr  sahlimob  nnd  dnrob  ihre  oft 
mKehtigen  Blätter  merkwürdig.    Lnnaria,  Halgedium,  Fetaaitea,  Adenoatylea, 

-Se&ecio  gehören  hieher. 

!)aK  H>'igahorn  (Accr  psendo-platauuR)  geht  von  der  unteren  Grenze  «1er 
Rutiitaune  bit>  hoch  in  die  Mitte  ihrer  Zone  und  höher  (1000 — lüOO  m)  uud 
Uberateigt  die  Bnehe  nm  800  m.  Er  liefert  einea  der  adiSnaten,  feinsten  nnd 
werthvoUsten  NntabSlier  fttr  HVbelfabrikation  und  Schnitzerei  und  erreicht  auf 
günstigem  Boden  ungeheure  Dimensionen,  (8  m  Umfang) ,  besonders  auf  den 
TrümmerhaMen  am  Fiisse  der  felsigen  Thalwlinde,  die  er  berriich  einrahmt.  Es 
ist  um  liäutigstcn  auf  der  Nordseite  der  Alpen  und  bildet  hier  zuweilen  Wäld- 
chen, im  Allgemeinen  aber  steht  ea  sehr  mratrent,  woran  seine  geflügelten  nnd 
flngföhigen  Samen  Antheil  haben. 

J)ie  Lärche  (Larix  europaea)  bildet  mit  der  Arve  eine  norduHtatische 
Ornppe,  während  die  hei  len  Tannen  Europa  angehören.  Die  Lärchr  i-t  der 
Baum  der  Zentralulpen  und  der  sehr  hohen  Lagen,  gegen  die  sie  durch  ihre 
Laublosigkcit  im  Winter  geschützt  ist.  Sie  bedarf  lichten  Stand  und  steht  daher 
immer  seratrent  Reine  LSxohenwftlder  finden  sich  nnr  im  Ober- Wallis,  besonders 


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V^taüoa 


—    340  — 


Vegetatioik 


im  Z«fmatt-  imd  SaftstliAl,  wnist  itt  ide  iMi  mit  Botlituiiie  oder  Ar?e  gemischt. 
Vom  Wallit  vnd  Teerin,  wo  rie  dominirC,  strahlt  sie  in  die  hintearen  Waadt* 

länder-,   Berner -  Oberländer-  und  Uniti  -  ThKler  ans;  von  Oranbttodteo,  wo  si» 
ebenfalls  tibfrall  vorkoniint,  in  die  St.  Gallischen  Alpen  bis  zum  Gäbria.  Die 
Lärcbe  liebt   Sonne,   trockene   Luft  und   genüge  NiederHcbliig^e,   sowie  extreme 
Temperaturen :  daher  ihre  Vorliebe  für  die  Zentralalpen,  die  man  ialächlich  einer 
Jffoigung  fttr  das  kalkfreie  Urgebirge  msohrieb.    Der  Baum  etreioht  in  den 
Alpen  enorme  Grössen  (8  Fuss  Darchraesser)  and  treibt  weite  horizontale  Aeete. 
Die  TrefTlicbkoit  seines  KeriiholzeH  im  "Wasser  nnd  der  Erde  sind  bekannt.  Der 
Baum  t't");::^  um  100  und  zirka  200  m  höber  als  die  Tanne;  «ie  geht  als  Wald 
im  WaiUä  hin  1900  m,  im  Engadin  bis  2100m  und  einzeln  bis  2300  m,  am. 
SteWio  aelbat  bia  2400  m.  Die  Arve  (Pinns  Cembra)  iat  der  Baum  der  grSfiten 
Bttben,  den  man  &st  ebensogut  der  eigentlieben  Alpenregion  sdalblen  kHnnte. 
Er  ist  in  starkem  Schwinden  begriffen  nnd  emeat  sich  selten  befriedigend,  da 
die  meisten  Samen  auch  im  Boden  von  MSnsen  und  Insekten  gefressen  werden. 
£r  ist  am  häutigsten  im  Ober-Walliit  und  Granbündten,  strahlt  aber  einzeln  in 
aUe  Theile  der  Alpen,  bis  zu  den  Churfirsten  und  in  die  Freiburger  Alpen  aus. 
Die  ArrenwlQder  an  der  Soheideok  im  Börner  Oberland,  in  Gadmen,  an  der 
Engstion  sind  solche  isolirte  Gruppen.  Der  Baum  will  frischen  Stand  und  Über- 
läßt die  austrocknende  Sonnenseite  der  (Tchiinc^e  stets  der  Lärche.    Er  steigt 
nicht  unter  IHOO  m  und  im  Mittel  bis  '2200  m,  am  Wormserjoch  bis  2426  m. 
Dam  iiiMekteuHichere,  in  Tyrol  zu  8chnltzwerken  hochgeschätzte,  Uolz  wird  bei 
uns  meist  als  Feuerung  in  den  Alpenbtttten  verwendet,  die  Wipfel  der  eßbaren. 
Nttsse  wegen  zerschlagen. 

Die  Bergfbhre  (Pinns  montana)  in  ihrer  aufrechten  Gestalt  als  Hochstamm, 
ist  bei  1500  —  21uOm  tsebr  zerstreut  in  einzelnen  Gruppen  von  den  Waadt- 
länder  Alpen  nach  Uber -Wallis,  Südseite  des  Lokmanier  and  BUndten;  ein  bis 
Üef  berab  geisteter  ki^ellBrmiger  Banm,  dtmem  süflllose  Zapütm  aiob  dnroh  den. 
Glans  ibrer  backigen  Sebnppeo  sebr  yon  dw  FBbre  der  Ebene  onteraebeiden^ 
In  den  SUd-PyrenIton  bildet  dieser  Baum  grosse  Wälder. 

Die  StrSucher  nnd  das  Unterholz  des  Nadelwaldes  bestehen  am  Waldrund 
aus  vielen  Kui^enarten,  deren  Früchte  im  Tessin  dem  Vieh  verfüttert  werden ; 
im  Wald  selbht  aus  der  Eibe  (Taxus  baccata)  die  hie  und  da  in  der  unteren 
Hüfte  der  Zone  nblreiob  auftritt  (Waadtllnder  Alpen,  KU  Sobwya,  Jara)  nnd 
einigen  andem,  jedoch  auffallend  wenigen  kleinem  Arten. 

Die  Kultur  steigt  in  die  Borgregion  je  nacli  dem  Bedttrfniß  des  Menschen 
empor.  Es  sind  Rngp^en  und  Sommergerste,  welche  die  olinr.stcn  Felder  bilden. 
Sie  gehen  mit  dem  Flachs  auch  in  den  Nord-Alpen  bis  12^;)  m,  die  Kartotlei 
bis  1560  m;  die  letaten  Gemüsegärten  sind  bei  1878  m  (Grimeel)  und  2066  m 
(Gemmi).  Im  Obw-Engadin  geben  die  Getreidefelder  bis  1829  m  (Campfer),  im. 
Ober-Wallis  bis  8100  m  {Ilndeln). 

TV:  Die  Alpenregion. 

Sie  nimmt  die  offenen  Höhen  des  Gebirgs  ein,  in  welohe  der  Wald  nicht 
eindringt,  und  wo  nur  die  Grasnarbe  und  8tauden  mit  einigen  Gebttadiformett 
herrsebeni  um  nach  oben  allmilig  sieb  in  Schnee  und  Eis  au  verlieren.  Die 

untere  Grenze  der  Alpenpflanzen  kann  auf  1900  m  angenommen  werden,  doch 
briTijren  steile  Schluchten  ganze  Kolonien  von  .Alpenpflanzt  n  oft  sehr  tief  lierali, 
unti  im  besonnten  Lärchenwald  steigen  sie  natürlich  tiefer  abwitrl*«,  als  wo  Schattea- 
btfume  die  Waldgrenze  bildm.  Eine  absolute  obere  Grenze  ist  dem  Pflannenleben,, 


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Vegetation 


—    341  — 


Vegetation 


flelbfit  der  Blüthenpflansen,  nicht  gesogen;  denn  bis  auf  onaere  höchsten  Gebirgs- 
gipfol  fziwt  u  einselnon  geeigoeten  Stellen  der  Boden  Aber  Tag  lange  genug 
«iif,  um  kldne  Alpenpflansen  sn  ernlhreik.  (€Kpfel  d«  Finateraaritorne  hti  4270  m 

Banuuculos  glaciali«  in  Blttthe.) 

Die  Temperatur  der  Alpenregion  ist  folgend«: 
St.  Gotthardt  2093  m  Jahr  — 3,7  Minim.  —22,4  Maxim.  17»6 
St.  Theodul  3333  m  ^  —  5,6  ,  —21,4  ,  16,6 
Dm.  Jmi,  F«b.  Min  April  Mu  Juni  Juli  Ang,  Sept.  OkL  Not. 
Sl.Bmibnl— 6,5  — 8,2  —  6.4  — 7,0  — 1,6  2^  5,0  8.7  7.3  6,1  — 0.0  —  I.S 
St.  TlwodBl  —  (i.S  -  —  lo.fi  _|-:,7  —  T,^  —  (5,1  ft.O  1.1)  U  ij  —  .5^4  _;.6 
also  7  bi«  8  Monate  unter  null.  Dfthpi  ninkt  ftist  jede  Nacht  das  Thermometur 
auf  null  oder  tiefer  (Tlieudul  im  Sommer  uur  II  Nächte  Uber  null  und  minima 
bb  — 10 *^  [4.  AuguHt  ]).  Dieee  Qngttiutigen  VetliSltDiiae  werden  komponmrt  dnroh 
die  Insolation,  die  Erwärmung  der  OLerilüche  dnroh  dio  Sonnenstrahlen,  welche 
bei  der  verdünnten  Luft  eiue  vielfach  größere  ist  als  in  der  Ebene.  (Mont  blaue 
bei  0,2°  Lufttemperatur  87®  an  der  Obertiiiche.)  Hie  HochalpRupflanzen  sind 
lUr  solche  klimatische  Zustände  gebaut:  ihre  Epidermis  ist  dick  and  die  Arten 
troekeiier  ^ndorte  «iiid  dindi  dkbte  Hitare  gegen  die  InmlatioB  geieklitzt,  ihr 
Zellinbelt  aohr  leet,  aleo  mne  Zerreianmg  daroh  Froefe  anageioliloeaen.  Diese  Ver< 
JiKltnisae  beatimmen  Moh  den  Wuclis  der  AIpoU|MflblimL  Fast  alle  sind  perennirend 
und  vermehren  sich  vorwiee'eüd  d'ireh  Sprossen,  denn  die  Reife  der  Samen  ist 
nicht  gesichert.  Ueber  2400  m  sind  unter  337  Arten  nur  12  einjährig.  Die 
Internodien  sind  klein  und  der  Wuchs  wird  rasen-  und  polsterfÖrmig,  denn  bei 
Naobt,  wo  die  Stengel  in  die  LSage  waebeen,  ist  dies  duroh  den  Fngt  iiam8g> 
lioh  imd  der  Sebnee  drückt  sie  nieder.  Die  Blätter  vieler  Arten  sind  steif  und 
überwintern,  um  im  nächsten  Sommer  den  ßllUhenstergeln  die  Nahrung  ab- 
ZTipfeben  uml  dann  zu  welk*'n.  Die  Alpenpflanzen  entwickeln  sich  uud  hlUhen  sehr 
rasch,  denn  ihre  Vegetationsperiode  über  null  dauert  wenige  Wochen.  Sie  sind 
bScbat  empfindlich  gegen  die  Anatrocknnng  dea  Bodens,  daber  t&t  aoob,  in  die 
Ebene  Tttpflaast,  meist  durch  diese  im  Sommer  mivermeidliche  AustrookniiQg 
zu  Grunde  gehen,  und  nicht  durch  die  Luhe  Temperatur.  Von  300  Alpenarten 
der  Schweiz  sind  zirkn  circumpolar  (im  hohen  Norden  verbreitet);  und  36 
finden  sich  in  einzelnen  Distrikten  des  Nordens,  namentlich  den  Gebirgen  Nord- 
AeitfU)  wlibnend  7>  ausiudiließUcii  den  AlpMi  angehören.  Bin  Tbeil  (Astragalue, 
Oxytropia,  ^dysamm,  Saaasurea,  aneh  das  Edelweiß)  gebSrt  den  Steppenformen 
an.  Rhododendron,  Erioa  oamea,  Polygala  ohaniaobuxus  weisen  auf  südliche 
€entren  hin.  Die  Frn£?e,  wie  das  Auftreten  jeii'^r  ino  nördlichen  Artt  n  in 
uuRern  Alpen  zu  erklären  sei,  und  die  Heimathsfrage  der  Alpenflora  überhaupt 
ist  verschieden  gelütst  worden.  J.  Ball  nimmt  an,  diese  Flora  sei  sehr  alt  und 
habe  sioh  ans  der  StetokoUenseit  her  auf  den  BergbShen  erhalten.  Dieae  Theorie 
iflt  aber  unhaltbar  angesichts  der  sehr  neuen  Erhebung  der  Alpen  (nach  der 
Tertiärreit"^,  und  der  durchgehenden  absoluten  Vernehiedenheit  dler  Alpenflora 
mit  den  in  den  Steinkohlenlagern  erhaltenen  Ptlanzenre.sten.  Eorbes  und  Hooker 
und  nach  ihnen  Heer  halten  die  Alpenflora  fUr  eine  im  skandinavischen  Norden 
sor  Ausbildang  gelangte,  die  eich  mit  der  Abktthlnng  wtthread  der  lUeseit  bis 
in  unsere  Qebirge  verbreitete  nnd  dann  dareh  die  Erwinnnng  der  Ebenen  vom 
Norden  isolirt  wurde.  Allein  auch  diese  Ansicht  trifft  nicht  den  riohtigen  Aus- 
l^angspnnkt.  Allerdings  war  zur  Eiszeit  eine  Einwanderung  von  nordi!5Phen 
Alpenpflanzen  nach  SUden  im  Gang,  was  am  schlagendsten  die  Pflanzen  darthun, 
welche  nicht  mehr  in  die  Alpen  eelbsi,  sondern  nur  noch  in  die  dentaoken  Ge> 


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Vegetation  ^    342    —  VegeUüoni 

birge  "^ftlungt  sind,  (eo  sind  auf  dem  RiPBPngphirge  Rubu«  cbameemorus  and  Saii- 
fraga  uivalis  stecken  geblieben),  allein  der  wahre  geraeinsame  Ausgangspunkt  so- 
wohl für  die  AlpeuÜora  äkaudiiiavicns  als  die  unserer  Alpen  waren  die  nord- 
•uatiaehen  Gebirge,  webhe  eine  Menge  anaerer  Alpenpflansen  bemtsen,  die  gar 
niolit  nach  Skandinavien  gelangt  sind.  Umgekehrt  sind  auch  eigenthilmlicbe- 
Arten  der  Alpon  nfich  X(H-den  gewandert  ((iciitiana  purpnrea  nach  Norwegen, 
Frimuia  minima  nach  dem  Kienengebirg«',  Nigritella  und  Paradisia  bis  in  den  Ural). 

Die  Physiognomie  der  Alpenflora  wird  bestimmt  durch  deren  Kleinheit  und 
Gedrungenheit.  Sie  bietet  einige  holzige  Strlnober,  aber  ihr  Grundstock  beateht 
ans  perenaiFMiden  ZwergatrXuoblein  und  Standen  von  nwig>polBtrigem  Wncha^ 
die  von  einigen  strammen  aufrechten  höhern  Stauden  ttberragt  werden.  Nicht 
zn  verge»spn  int,  daß  eine  niclit  unliedputendr  Zahl  von  Pflanzen  der  tiefen 
Begiuu  die  Fähigkeit  haben,  bis  in  die  Aipenregion  hinaufzusteigen  und  hier  mit 
den  eigentlichen  Alpenpflanzen  »ich  in  da«  Areal  zu  theileo.  namentlich  da,  wo 
Dflnger  Terbreitet  wird.  Selbst  in  der  nivalen  Region  (ttber  2400  m)  Inlden 
Ebenenpflanzen  Gesaniutiabl  der  Arten.    Diese  Ebenenpflanzen  nehmen, 

aber  großentlieil.s  den  gt-drungprien  Wiidis  der  Alpenpflanien  und  höhere  Farben 
au,  erlangen  auch  die  Kigcnschaft,  l"riihi»r  zu  blühen. 

Die  Btraucher  der  Alpi'uzone  Hiud :  Finu«  muutana  var.  i'umiliu,  die  Leg- 
föhre oder  Krmnmholx,  welolie  dem  hoben  Norden  fehlt.  Sie  sieht  daa  Kalk- 
gL-birg  vor,  und  tritt  als  mannshoher  oder  kleinerer  Zwergbaum  auf,  densen. 
Wiittcl  ausgebreitet,  nnd  dessen  Zweigo  abwärtsgebogcn  und  Schlangenart  ig  ge- 
wnndeu  sind.  Er  ist  Snßerst  harzreich,  mit  dunkelgrünen  Nadeln  bis  zu  vier 
Jahrgängen  tief  herab  bedeckt  und  meist  mit  bleibenden  kurzen  BtUcheln  von. 
Zipfen  beladen.  Seine  Zone  liegt  Ton  1600  bis  2200  m,  geht  aber  auf  den- 
XalkflQhen  des  Jura  bis  700  m  (Eallflnh  Et.  Basel)  hinab.  Er  ist  es,  welcher 
der  Alpenwirthscbaft  das  beste  nnd  meiste  Brennholz  liefert,  auch  ist  er  un*- 
schätzbar  für  Befestigung  der  (iferöUhalden  der  Kalkfonnation,  die  seine  Lieblings- 
stationen bilden. 

In  gleicher  Höhenlage,  eher  etwas  tiefer,  herrscht  anf  den  feuchten  Ab- 
hingen dM  Urgebirgs  die  Grttoerle  (Dros,  Alnus  viridis),  die  sich  aneb  im  Polar' 
kreis  Amerikas  und  Asiens  findet.    Er  bildet  aufrechte,   mit  zahlreichen  anf- 

strebtiidcu  Kuthenzweigen  hederkte  Büsclu',  dunkelgrünen  breiten  Laubes,  und 
leistet  ähnliche  Dienete,  wie  die  LegfUhre,  namentlich  auch  in  Bestocknng  lockerer 
üunge. 

Die  rostfarbige  Alpenroro  (Bhododendron  ferrugineum)  bildet  an  vielen- 
Stellen  der  Alpen  in  der  Höhenlage  von  lüOO  bis  2500  m  stundcti weite  Basch- 
massen,  die  in  der  Blilthezeit  der  Landschaft  einen  herrlichen  Sehniu(k  ver- 
leihen. Die  ganze  Pflanze  ist  drüsig  und  mit  einem  bittern.  harzigen  Stoti  ver- 
sehen,  der  aber  viele  Vögel  nicht  hindert,  sich  von  den  Knospen  zu  nähren, 
wie  denn  aneb  namentlich  die  AipenhUhnerartm  in  diesen  Dicddehten  Sohnts 
finden  nnd  ihre  Nester  anlegen. 

Seltener,  niedriger  nnd  schwächer  im  Wnohs  ist  die,  namentlich  anf  Kalk 
erscheinende  behaarte  AIpenro>f  ^"Rb.  bir=^ntnni) 

IW  Zwergwachholder  (.Iuni]ienis  luuia)  hewohnt  die  gleichen  Hohen,  und 
ist  gerade  in  den  höchsten  Hütten  und  tür  Bivuuaks  als  harziges  und  sehr  stoff* 
reiches  Brennmaterial  werthvoU.  Er  liegt  polsterartig  dem  Boden  angeschmiegt 
nnd  bn  itet  sich  ftcherfbrmig  aus. 

Weitere,  wenn  auch  winzige  Büsche  der  Alpen  sind  die  gemeine  Heide 
(Callana  volgaria),  die  Aipenheide  (Erica  carnea)^  die  Ueidelbeerarten,  namentUoh. 


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Vcgetaliuu 


—    343  — 


VegeluUou 


die  Btämmige  Sumpfbeere  (Vaccinium  uliginohutui  uiiU  mehrere  knie-  und  liand- 
hobe  Weidenarten  (Salix  hastata,  Arlrasonla,  Lapponum,  bis  retorn  und  berbacea), 
die  znimltii,  besonders  im  Urgebirg,  beträchtliche  Maasen  bilden.  Der  Seidelbast 
(Daphne  niezereum)  ibt  häufig,  8»'ltt  ncr  dir  kleine  Mehlbeere  (Sorbus  chainwinespiluH), 
Die  ei^entüchpQ  AI]»enstandtn  und  Kiiiuttr  zeichnm  sich  durch  kurzen  Leib, 
bedeutende  Verät^telung  und  verhültnißmäßig  grüße  BiUtben  aus,  sodal^  ea  Arten 
gibt,  an  denen  die  Blfltbe  der  grdßte  Tbeil  der  gansei»  Fflanie  anamacbt  (Gentiana 
acaulifi,  Phytenma  paueifloram,  Campoonla  eenisia).  Man  bringt  diese  auffüllende 
Größe  der  Blume  in  Verbindung  mit  der  Nothwendigkeit,  die  wenigen  Insekten 
der  Alpenregion  anzuziehen,  um  die  Befruchtung  zu  vermitteln.  Die  anffnliind 
satten  Farben  nicht  nur  der  Blüthen,  «ondern  auch  der  Kelch  und  anderer  Theile 
der  AlpenpiiaDzeQ  sind  auf  die  starke  Iiisulatiou  zurUckzaruhren.  im  übrigen 
berredit  Weift  entschieden  vor,  auch  bei  Gesohleehtern,  die  in  der  Ebene  farbige 
Blumen  haben  (Papaver,  Ranuneulu»  etc.). 

In  den  Weidefläelien,  die  regelmäßig  mit  Vi.^h  l>etaliren  werdt-n.  macht 
sich  eine  Zuuahme  der  Granirneen  auf  Kosten  der  eigentlichen  Al|ii-nptianzen  be- 
merklieh; die  fehiigen  Standorte  sind  bei  weitem  die  reichsten.  Sehr  häufig  sind 
Sümpfe  tud  kleine  Heehmoore,  anf  denen  Wollgritaer  (firiopboram)  and  Seggen 
(Carex)  Torberrechen.  Besondere  Arten,  die  stob  durch  Zartheit  und  Kablhelt 
auszeichnen,  wachsen  dicht  am  schmelzenden  Schnee  und  folgen  ihm  nach  :  (Crocus, 
Soldanella).  Da.s  Steingeröll  wird  wieder  von  bestimmten  Arti  n  mit  s.  hr  lang 
ausgreifendem  W nrzelfäoher  bewohnt  {Thla8()i  rotundiiolium,  Linaria  alpioa).  Die 
kleineten  mid  sngleieh  grofiblRtfaigeten  fiadea  aich  anf  den  obersten  Gräten  und 
FebabeKtsen  yon  9400  m  an  (Nivalfl<»a}:  Androsace  gladiatis,  Fhytenma  panci- 
flornm,  Eritricbium  nanum,  Potentilla  frigida  etc.).  Ln  feinen  GletMchcrschutt 
leben  T?annneuhi«  j;luciali.-i,  Campannla  eenisia.  Saxifrapa  oppo-^itiffdia  etc.  Einen 
autfallenden  Kontra.*t  mit  diesen  kleinen  Formen  bilden  die  hohen,  sie  weit 
überragenden  Geutianeu  (lutea,  purpurea),  Disteln  (Cirsium  spinosissimum) , 
Säsenhut  (Aconitum),  die  aieh  oft  bis  in  die  KShe  der  niyalen  Flora  hinanfwagen. 

Der  Zerrissenheit  des  AreaU  duidi  tiefe  TbBler  mit  warmem  Klima  ent- 
Hprecliend,  sind  die  Standorte  vieler  Alpenpflanzen  sehr  beschränkt,  und  inner- 
halb der  kleinen  Ausdehnung  d*^r  Schweiz  sind  eine  Menge  von  Ost-  und  West- 
grenzeu  für  Alpenpilanzen  uaoiizuweiseu,  ja  sogar  mehrere,  die  innerhalb  anderes 
Gebiete  lokalieirt  iiind  (Campauula  exciaa  Sstlich  vom  Honte  Boea). 

Oekonomisch  haben  die  Alpenpflanzen  ihre  Bedentang  als  Nabmng  der 
Heerden,  und  Grundlage  unserer  Milchwirthschaft  im  Gebirg.  Bimelse  AfSDM- 
pflanzen  werden  beiuilzt  (Arniea.  lokal  aneh  Artemisia  Mntellioa  n.  a.)  aus  den 
Wurzeln  der  Gentianeu  wird  Branntwein  gewonnen,  und  aus  der  Jva  (Achillea 
moscbata)  Licjueur  bereitet. 

Statistteebee;  Die  Sehweii  beherbergt  3213  Blttthenpflansen ,  ron  denen 
tirka  300  zur  Alpmiflüru  gehören. 

Im  Kinzelnen  zeigt  sich,  daß  je  mehr  ein  Lande»*theil  Antheil  an  dfr 
Alperitiora  und  zugleich  an  der  Flora  der  warmen  Refjion  nimmt,  er  auch  um. 
so  artenreicher  ist;  daß  mithin  die  Kantone,  die  auMschließlich  dem  i'latcau  un- 
gehören,  am  artenKrmaten  «ind.  Thnrgan,  vorwiegend  auf  dem  Plateau  gelegen, 
hat  bei  17,9  [^-Stunden  nur  lOO«;  Arten,  dagegen  Schwyz,  mit  16,;')  Q-Stunden, 
schon  1137  Arten.  Das  Berner  Oberland,  60  Q«Stunden,  hat  bloß  1281  Arten 
und  Tessin,  51, T)  Q-Stunden,  1504  Arten. 

In  der  nivalen  Kegion  ^von  2300  m  aufwärts)  sind  noch  im  Ganzen 
837  Art«)  Bltttheopflanseii  beobachtet,  davon  sind       eigeniUehe  Alpenpflanaen. 


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Vegetation 


344  — 


Vereinigte  Scliweizeriiiihnen 


Litteratur.  Ball,  J.,  Od  the  origine  of  thc  flora  of  the  Europ.  Alp^. Proeeed. 
Roy.  Gcopr.  Soc.  1879.  Christ,  H. ,  Verbreitung  der  Pflitizen  der  Alpenrepion  in 
DenkscbrittcD  schweiz.  nalurf.  Gcscllscbaft  1866;  I'flajuealeben  der  Schweiz  I88i. — 
Uebo'  di«  Pflanzemipc  kc  des  Juragebirges  1868,  -  Observations  sur  l'origine  des  wp. 
jurfl,«siques  in  Bulletin  de  la  soc.  hol.  dr  Frnnce,  1869.  De  Gandoüe.  Alph..  caii«es 
de  l'iuögalc  distributiou  des  planlagtä»  nires  de  la  cbalne  des  Alp^  1875.  Forbes.  Re  port 
onthe  nieeting  of  the  Uritish  assoc.  Cambridge.  Heer,  0.,  Veijetationsverbältnissc  des 
sfidflstlicbea  Giarus  1835;  —  Vegetation  von  Zürich  in  Verb.  Schweiz,  naturf.  Gi  s.  Zürich 
Jahresbericht  1864.  —  Urwelt  der  Schweiz  1865.  —  Nivale  Flora  der  Schweiz  ui  Denk- 
schriften. Schweiz,  naturf.  Ges.  1884.  Hookcr,  Outline.«  of  the  düHribution  of  arctic 
Planta  1861.  Kastbofer.  Bemerkungen  auf  einer  Alpenreise  über  den  Susten  1882; 
dito  Ober  den  Brflnig.  Martins,  Cb.s.,  Climat  et  v^g^tation  des  lies  Borrom^es  in 
Annalt  s  S(  it  nf.  liort.  di  Vn-ntuli,  IsCiti.  Observ  ation  sur  l'origine  des  tourbifcres  du 
Jura  in  Bulletin  de  la  soc.  bot.  de  France,  1871.  Schröter,  die  Flora  der  £iszeit  ISSi. 
Thunnann,  J.,  Essai  de  phytoatatique  appliqa4  Ii  la  chatna  du  Jura,  1849.  Wahlenberg, 
Q.,  De  vegetat.  et  elimate  Helvetiae  septentrionaüis,  1813. 

Vpredhuit^sverkehr  t '!_'!  iin  Supplement. 

Vorpirii^l«'  Srhwpizorbahueii.  Eigenthiim  einer  AktiengesellRchaft  mit 
Bits  in  St.  Gallen.  Dan  N»  tz  der  V.-Ö.-ß.  umlalit  folgende  Linien :  Winterthur- 
Bonohoch,  Rorscbaeh-SargHus-Cbnr,  Sargans-Happersweil  •Wallisellen,  Weesen* 
Olarns. 

Unter  der  BetriebHleitung  der  Y.-S.-B.  stehen:  Die  To^enbnzgerbahn,  die 
Wald-Rüti-Bahn  und  die  Kappersweil-Pfiffikon-Bahn. 

Die  Konzessionen  wurden  in  folgender  Eeihentölge  ertheilt: 

Am  14.  Jnni  1853  fttr  die  Strecke  Borachaoh  Wjl  (ohne  das  thurg.  StUok 
Sehvanbaeh-Wyl),  BanlXnge  46,050  m. 

Am  21.  Deiember  1853  für  die  Stiecke  Winterthar-Aadorf,  Baallnge 
13,423  m; 

Am  2.  Januar  1853  für  die  Strecke  TWeM  ii-Mühlehom,  Baulänge  7856  m, 
und  für  die  Strecke  Näfela- Giarus,  Baulüuge  ll,;iUÜ  m. 

Am  8.  Jenaer  1853  fUr  die  Strecke  Cbttr-Ragas,  Benlänge  19,784  m. 
Am  15.  Januar  1853  für  die  Strecke  Ragaz  Rorschaoh,  Beulinge  70,698  m, 

nnd  für  die  Strecke  Sargans-Wal! n  t  dt,  Baulänge  13,50fi  m. 

Am  ly.  Januar  1853  für  die  Strecken  Walleüstadt-ilUhlehorn ,  Baulänge 
9692  m,  Wee^sen-Kappersweil,  Bauläuge  28,411  m,  und  Weesen- j^äfels ,  Bau- 
länge 153  m 

Am  9.  März  1853  die  Strecke  Aadorf-Wyl,  Baelänge  13,147  m,  and  die 
thnrg.  Strecke  zwischen  Schwarzenbach  mirl  Wyl,  Baulänge  1929  m. 

Am  29.  .luni  1^5.'^  die  Strecke  Walliselien-Uster,  am  20.  Dezember  1866 
die  Strecke  Uüter-Uüli,  am  9.  Juni  185G  die  Strecke  RUti  Rappersweil. 

HibAster  Bttekkanfatermin :  Für  die  Strecke  Rorschach-Wyl  (ohne  thurg. 
Stttok)  35.  Oktober  1901;  fttr  die  Strecke  TTster-Keppereweil  15.  Febmar  1904; 
für  alle  ttbrigen  Strecken  1 .  Mai  1 903. 

ni'^riuinitbanlNitire  aller  nlfrenanntm  Linien  'jr.ST^I  m.  Gcrtauimtbetrieb»- 
läiige  '2n,h'27  lu,  incl.  die  mit  der  ^^ordostbahn  gemeinsam  benutzte  Strecke 
Wallisellen-Zürich  (ö368  m). 

.  Anlagekapital  71,340,357  Pr.,  40,800,000  Fr.  durch  Aktien,  40,784,126  Fr. 
durch  Anleihen  aufgebracht.  Verwendet  85,607,227  Fr.,  wovon  für  den  Bau  der 
Bahnanlagen  63,324,019  Fr.,  für  das  Hollmaterial  9,521,637  Fr.,  flir  Mobiliar 
1,194,738  Fr.,  total  74,010,:V.>4  Fr.,  für  Kmif5^ion^ve^htste  auf  den  Aktien 
2,114,100  Fr.,  für  zu  amorn.iirende  Verwendungen  9,446,733  Fr. 

Baolttnge  de^  gesammten  Netxee  368,781  m,  BetriebelBnge  277,537  m, 
Llnge  der  Geleiiie  367,890  m,  LKnge  der  Dümtne  308,839  m,  der  fiiiwehnitte 


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bereinigte  Schweizerbahneu  —    345    _    Yereiui|^  Staalea  v,  xV'ordamerika 

^6,1 17  m,  der  horizontalen  Strecke  65,288  m,  der  geneigten  Strecken  2\2,-ja\)  m, 
4er  genAtn  Streohen  194»545  m;  der  gekrttmiDtan  Strecken  8d,982  m.  Neigung 
dar  Bahn  :  Idi  Maximnn  20  %o,  im  Durchschnitt  für  die  ganse  Bahn  5,06  *yoOt 
im  Durchschnitt  für  die  geneigten  Strecken  6,62  "/oo.  Krouenbreite  de«  Erdplantui: 
Für  die  zweiöpnligt  n  Strecken  8,75  m,  für  die  einspuligen  Strecken  5,31 — ^5,46  m. 
10  Tunnel«  mit  inngesammt  1841  m  Länge  (größter  Tunnel  437  m),  167  BrUuken, 
•66  Statton«!!. 

Staad  d«8  BolhDAiffrials:  61  LokomotivM}  mit  iBigceainnit  16,268  Pfk, 
187  Personenwagen  mit  insgetiammt  8868  SitipUttien;  916  Laftwagen  mit  ina» 

^amnit  9672  Tonnen  Tragkraft. 

Verkehr:  Beförderte  PernuneQ  (nur  auf  dem  eigenen  Netz)  3,77rt,2oy, 
beförderte  Güter  904,081  Tonnen.  Betriebseinnalimen :  Aus  dem  Peräonen- 
tranaport  a«26:I/i93  Fr.,  aas  dem  Gütertransport  4,520,591  Fr.,  Uebrigea 
531,087  Fr.  Betriebsausgaben  4,412,202  Fr.  Reinertrag  3,405,564  Fr.  - 
4,245  7<)  lies  Kapital«.  Bezahlte  Zinsen  und  Dividenden  3,340,32:)  Fr.  Personal 
1804  Manu.    Vermögensbestand  der  Untersttit711ng8ka8.se  591, .M)!»  It. 

Die  Gesellschait  der  V.-S.-B.  besorgt,  tbeiis  für  eigene  Kechnuug,  theila 
für  Bechnuiig  Dritter,  den  Betrieb  auf  fönenden  Ltmen:  1)  Anf  dem  eigenen 
Netz;  2)  auf  der  Toggenbargerbabn ;  8)  auf  der  Linie  Wald-Bflti;  4)  auf  der 
Linie  Walil-Rnti.    (Alles  nach  der  amtlichen  Eieeobahnstatiätik  pro  1888.) 

V(*r<*inif?le  Stauten  von  Nordamerika.  Unter  den  Absatzgebieten  der 
achweizerischen  lixporterzeugnicse  nehmen  die  Voreinigton  Staaten  von  Nord- 
ameiika  dersait  den  vierten  Kang  ein.  £8  betrag  nämlich,  nach  der  sohweix. 
Waarenverkebnetatiatik,  der  Werth  der  Anefobr 

im  Jahre    1885  1S86  mi  1888  1889 

nach  Deutschland  Fr.  157,6äiO,7ül  159.850,487  164.867.86U  164.486.898  184,606,337 
.  Frankreich  ,  145,363.344  139.255,357  180,616,581  l4S,009.7t5  142.281,034 
,  England  ,  99,39ü,i42  104,033,160  lOM.Mnoyo«  l()l.7:r,,37t!  10:.,9r)0,072 
,    d.Ver.Slaaten  ,     77,723,462     87,146,844     80,877,278     87,035,740  76,139,040 

Qans  Atirika,  Asien  und  Anstralien  abeorbiren  zuaaromen  nicht  so  viel 
achweizerisehe  Erzeugniaae  wie  die  Vereinigten  Staaten. 

Es  war  eine  Errettung  ans  wahrer  Noth,  als  sich  im  Anfang  des  dritten 
Jahrzehntes  die.'^es  Jahrhunderts  der  nordamerikanische  Markt  den  schweizerisehen 
Siickcreien  und  Seidengeweben  ölTuete,  am  nach  und  nach  auch  Uhren,  Musik- 
doaen,  Käse,  Strohgeflechte,  BaumwoUgewebe,  Anilinfarben  n.  h.  w.  anfninehmen. 

In  welchem  JCaafie  dies  gelang,  seigt  folgende,  von  den  in  der  Schweiz 
residirenden  Handeldicoiianlaten  der  Vereinigten  Staaten  seit  1864  geführte  Statistik 
<8.  d.  Tabelle  p.  346). 

Die  Einfuhr  au.s  den  Vereinigten  Staateti  het»teht  vorzüglich  ans  Koh- 
«toSeu  für  die  schweizer.  Industrie,  und  belief  sich  dem  Wurthe  nach  im  Jahre 
1889  anf  25,288  468  Fr.  wovon  18,300,000  ittr  rohe  Banmwolle,  1,978,000 
für  Petroleum,  1,0»;6,000  für  Sehweineschmalz,  196,000  auf  Farbhölzer. 

Die  Fabrikat-Zölle  der  Vereinigten  Sonnten  h;ilit  ii  wie  imilirwärts  ver- 
schiedene Wandinngen  durchgemacht.  In  den  ersten  Jahi zrhnti  ii  dieses  Jahr- 
hunderts durchgängig  sehr  hoch,  wttnlen  viele  derselbeu  im  Lauie  der  dreißiger, 
vierziger  und  fÜnMger  Jahre  mehr  oder  weniger  modifisirt,  nm  nadiher  wieder 
den  ausgesprochenen  Charakter  von  SohutKiSUen  anannebmen."  Daß  trotzdem  die 
Einfuhr  schweizer  Fabrikate  bis  1882  succe.sive  .stieg,  hat  seinen  Grund  in  dem 
außerordentlichen  Waclisthum  der  Bevölkerung  des  neuen  Kontinentes.  Mehr  und 
mehr  schwindet  nun  aber  die  Bedeutung  der  Vereinigten  Staaten  als  Abi^atz- 
roarkt  schweizerischer  Erzeugnisse,  denn  die  Lidnstrie  hat  dort  selbst  bedealende 


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Vefeini^  Staaten  t,  Nordamerika    —    346    —    Vweini^te  SUatea  v.  Xordanierita 


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'x       ti  X  '^c  '•'j  \c  -1  '.'i  «r  "-I  X  V  '-z  10  \c  X       'r;  ii  4-  \5  10  co  b  '0 
4^  —  Q  Ii  —  Ii      4~  r.  c  c  ^>           1'  ~  r  c  X  r-  'i  —  —  ~'  4- 

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2  ' 

X  X  X  y  X  /  cTi  X  y  x  x  x  y  x  x  x  x  x  x  x  x  x  x  y   /  / 
oc  X  y  X  X  X  X  X-  X  X  -I      -^1  --i  ^1  -1      .-^1  -^1  ^  n               o--  03 
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Vereinigte  Staaten  v.  Nordamerika    —  347 


Vielibeuchelt 


Dimensionen  angenommen  und  gebt,  unterstützt  Ton  einer  konsequenten  Schutz- 
loUpolitik  ODd  von  der  stetigen  Einwanderong  arbeitaknndiger ,  sowie  kapital- 

krSitiger  Elemente  einer  Entfaltuiii::  entgegen,  welche  mit  der  Zeit  den  Zoflaft 
■qbweizerischer  Fabrikate  auf  ein  iliniinnm  rcdtiziren  wird. 

Wir  fuhren  hicuuch  die  Zölle  einer  Aiuabl  unserer  Hauptabsatxartikel  an«, 

soweit  uufi  das  Material  zu  Gebote  steht. 

Taschcnu/uen  um  127«  Cents'),   Ib-kl   20  "/o  Wertbes, 

1842  7Vs  Cents»  1846  10  ^o,  1857  8  1861  15  V»*  1868  20  7. ,  1864 
25  7o,  1870  25  %  188S  25  «/o,  1890  25  7o  ^. 

Käse  um  1824  —  25  9  Cents  per  Pfd.,  1846  :50  1857  24  »/o,  1861 
4  CenU  per  Pfd.,  1870  4  Cents  per  Pfd.,  1883  4  Cents  per  Pfd.,  1890^ 
6  Cents  per  Pfund 

Seidenstoffe  um  1824  —  25  25  »/o,  um  1830  30  von  1832  10  "0,- 
1842  2U  -  30  7o,  184G  25  ^o,  1857  19  7o,  lÖÜl  20—40  >,  1804  50  7o, 
1870  50  7o,  1883  50  7o,  1890  50 

SHdenbäHdur  1861  30  7o,  1862  40  7o,  1864  60  7«,  1870  60  7o,  1883- 
50  7«,  1890  50  7». 

Seidene  SiiehereieH  und  Wirkwaaren  1890  60  7». 

BaumwMickereicn  um  1824  —  25  25  7o,  183G  24  7o,  18  U  23  %,  184.*} 
3070,  1846  30  "  :  1857  24  "  ^  1H(;i30  7o,  1862  3 f.  "/o,  1870  35  7o, 
1872  31'/«  "/o,    18ö;i  35  »/o,    18'JU  ÜU  CüdIh  per  Pfd.,  plu»  15  7o  vom  Werth. 

Slrohyelkchie  184«>  30  0/0,  1H57  24  7o,  1861  30  7o,  1862  35  7o,  1870 
35  7ü,  1872  3lV*  >,  18.sa  :V,y  "/o,  1890  30  7o. 

Schuhe  von  Leder  um  1824  -25  307o,  1836  28  7o,  1841  26  7o,  1843 
35  7o,  1846  30  7o,  1857  24  7o,  1861  30  7o»  1862  35  7«,  1870  35  7o, 
1872  31V2  7o,  1883  35  7o,  1890  25  7o, 

Bijouterien  1890  40  7  . 

Verträge.  Zwisclicn  der  Schweiz  und  den  \'ei  «inii^ten  Stfiatrn  von 
Nordamerika  besteben  V<i trägt-  über:  1)  Die  iTreizügigkeit  der  beidseitigen 
Staatsangehörigen,  vom  Jahre  1847  ;  2)  die  Auslieferung  von  Verbrechern,  die 
Handelsbesiehungen  (Meistbegünstigung),  die  MilitKrdienstbefireiung  und  die  Nieder» 
laseoiig  der  beidseitigen  Bürger,  alles  vom  Jahre  1850;  3)  ttber  das  Konsular- 
wesen, vom  Jahre  1871.  Ferner  sind  die  Vereinigten  Staaten  betheiligt  an  der 
Genfer  Konvention  vom  1.  März  1882,  am  internationalen  Metervertrag  vom 
20.  Mai  1^75,  an  den  internationalen  Postverträgen,  und  an  der  internationalen 
Konvention  betr.  den  Selintz  des  geweorblidien  Eigenthnmsi  d.  d.  20.  MSrs  1883. 

Verfassungen  s.  im  Snpplement  den  Artikel  „Bundesverfitssnngcn". 

Terkflhr  s.  die  Artikel  Eiaenfanlinen ,  Post,  Seliiff fahrt,  Telegraph,  Tele» 
phon,  Transport,  Tonristen-  nnd  Fremdenverkabr. 

Versiohenmg  folgt  im  Supplement. 

Viehhauptmängel  s,  -len  Artikel  „Gewähr  der  Viehhauptmängel".  Von 
dem  daselbst  erwähnten  Konkürd.at  sind  zurllekgetreten  ;  der  Kanton  St.  Gallen 
am  1.  Juli  18H7,  Ai>])enz(  Il  A.-Hh.  am  3.  Mai  1888  nnd  Appenz'-ll  T.  Uh.  am 
9.  Juli  1890.  Das  Konkordat  besteht  somit  nur  noch  unter  den  Kantonen  Zürich^ 
Sohwyz,  Baselstadt,  Baselland,  Aargan  und  Tburgau. 

yiehaeueheii  folgt  im  Supplement. 

')  Der  Cent  gleich  ca.  5  Rp,    -)  Seil  ti.  Oktober. 


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Yiehzuclit 


—    348  — 


Viehzacht 


Tlehsuoht  benehaDgswMM  Bindviehsnobt.   (Kitgetlmh  tod 
Hliller,  Chef  der  Landwirtluchaftsabthälnng  det  «idg.  Industrie-  and  Land- 

wizfhaolitftedepartemeDtes.)  Die  letzte  schweizerische  YiebiShlitng  vom  21.  April 
1886  veraeiotinet  nachfolgenden  Bestand  au  Rindvieh : 


mm  bU 

na 

Jiuiiih 

Eiiivr  lekm  t« 

Stiwi 

Ochm 

Kantone 

tir 

71   III  1 

1  MIX 

iMr 

1  Iii  9 

Kone 

IW 

ttir 

Aifurbt  SehlttblcB 

Jahr 

Janrtu 

1  Jihr 

Jabrfn 

2  Jahr.  3  Jahr« 

Zflrich  .... 

7,702 

3,103 

7.003 

830 

10,227 

6,705 

5.50 

i,529 

Bern  

34.«K)Ü 

9,«:i2 

22,647 

3,368 

38,048 

4,911 

1417'.<'.i 

473 

1.455 

Luzeni  .... 

10,2tJ.-> 

2,861 

6,949 

952 

11,731 

2,665 

48.5S:2 

.MO 

1,302 

Ilri  

142 

1.480 

171 

2,04 1 

116 

5,943 

11 

1 

Schwyz  .... 

4,753 

397 

3,212 

i:{0 

8.501 

IJl 

13.08*) 

.58 

103 

übwalden  .   .  . 

1.737 

133 

596 

l-JH 

J,185 

18 

.5,520 

23 

17 

Nidwaiden .    .  . 

7i-2 

80 

49i 

90 

1,455 

14 

4.520 

36 

39 

(ilarus  .    .   .  . 

i,(.;(jo 

189 

644 

112 

1.758 

10 

6.881 

3ß 

17 

7avj:  

597 

226 

519 

1:29 

1 

•;:! 

7,:]".i7 

11:! 

137 

Freiburg  .   .  . 

13.158 

7.049 

1,247 

13,462 
4.579 

3,174 

37.424 

222 

570 

Solothom  .   .  . 

3,605 

904 

3,090 

2S 

346 

1,255 

19,498 

163 

465 

Haselstadt  .    .  . 

49 

12 

1  7 

99 

114 

I.Sl'O 

16 

20 

Basellandschaft  . 

l,äl6 

6ü7 

l,i297 
1.106 

i90 

1,879 

879 

11,164 

129 

309 

SehalThausen .  . 

876 

fl6 

45 

1,131 

995 

6,810 

60 

967 

Appenzell  A.-Rh. 

851 

1,693 

835 

2.>t 

1,884 

U7 

19,864 

5f, 

155 

Appenzell  L -Rh. 

533 

505 

409 

114 

910 

10 

5.113 

15 

13 

8t  Gallen  .  .  . 

10.S84 

9.354 

5,830 

1.024 

15,000 

1.344 

51.297 

308 

voo 

^jraulifinden  .  . 

16.334 

518 

7.2r.s 

rr.n 

19.614 

2,129 

.30,3s3 

174 

804 

Aar^au  .... 

7,654 

1,141 

10,318 

44 >6 

8.294 

6.226 

39.1.56 

464 

983 

Thnrfan  .  .  . 

2,195 

1,997 

3,629 

428 

5.364 

2.100 

28,(t81 

217 

3.231 

IVfpin  .... 

1,100 

4,338 

425 

7,22'*. 

-jsj:;:, 

i<; 

717 

Waadt  .    .    .  . 

lU,315 

1 ,  <  Si 

5.r>4+ 

897 

14,116 

,>.-J-i>.* 

M!tp7 

;S59 

2,441 

Wallis   .    .    .  . 

9,68  t 

8:^6 

6.460 

1,389 

13,071 

,1.»/ 

;;7.(i.>6 

398 

638 

Neuenbuiir    .  . 

586 

1,684 

207 

2.851 

1,189 

13,106 

80 

616 

<jenf  

190 

246 

215 

66 

301 

64 

.5,736 

24 

345 

Schweiz  1886  150,276  32,823  102,6 tl 
Ein  Vergldcb  dieees  Bestandes 


«ohweixeriflohen  ViehaSblongen  ergibt  fblgendee  Bild: 


13,820  186,983  41,192  663,102  4571 
mit  dem  Ergebniß  der  beiden 


17,130 
Irttberen 


1.  K.^ll'f-i-        '•  i  .lahr  all 
o.  Zur  Anr/\iiht 
h.  Zur  ScblachUiank 


150,276 
33.823 


9.  Jungvifh  von  V«  his  1  Jahr  alt.    .    .    .  102,641 

Hin^ler  über  1  Jahr  alt  ...    .    .  186,983 

3.  Külu!  ,  

4.  Stiere  von  1  bis  9  Jabxe  alt   13^ 

Stiere  Ober  9  Jabre  alt  ...  .  ^  4,571 

5.  Ochsen  vnn  1  bis  3  Jahren   41,192 

Ochsen  Ober  3  Jahre  alt    .       .   .  17,130 


1886 

1876 

1866 

183.009 

138.795 

130.534 

289,624 

241,ü'.t.. 

■in,  105 

603,102 

592,463 

552,427 

18.391 

10.396 

10,309 

58,322 

52,751 

52,527 

Total  1,2 12.5:18    1.035,930  9V»2,895 
Von  186Ö  bis  1876  rermehrte  »ich  somit  der  Vielwtuud  um  43,035  Stück; 
Ton  1876  bis  1886  dagegen  om  176,608  Stttok.  Im  Jahre  1866  war  da«  Ver- 
hSltniß  der  ZabI  der  Kftlber  som  Oeaammtnebstand  wie  1  :  7,e ,  im  Jahre  1876 

wie  1  :  7,4  und  im  Jahro  1886  wie  1 : 6,e.  Die«e  Abweiobling  von  dem  mitt> 
leren  Verhiillniß  (l  :  7,5)  der  beiden  ersten  Vi»  lizähUmgen  mag  zum  TIilü  davon 
herrühren,  daß  in  Foli^'o  größern  FleischkonsuuiH  der  Umsatz  de»  Vielibtstandes 
«in  fortschreitend  grölieier  geworden  iat,  mit  andern  Worten,  d&ß  die  Thiere 
frilher  anf  die  Soblacbtbank  wandern,  dafi  deßhalb  die  Ramontimng  des  Vieh- 


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Viehzucht 


—    34U  — 


Viebzaehi 


irtandet  eine  grSfiero  Ztlil  vwa  Zoolitkllbeni  erfordert  Die  Haiq^twiBMlie  des 
engern  VerhSltniaaea  swuchen  der  Zalil  4*r  Kälber  nnd  der  Gkeammtnhl  des 

am  21.  April  1686  vorhandenen  Rindviehes  liegt  in  der  geriugen  Futtererate 
de«  Juli re«  1H85,  welche  eint-,  lleuriotli  hervorrief,  der  die  entbtdirli(  list>'Ti  Thiere 
zum  Opfer  tielen.  l)iö»e  Anualiuie  wird  be»tärkt  durch  die  auüerordeutlieh 
geringe  Vieheinfuhr  während  des  Jahrea  1885 — 86  und  durch  die  geringe  Zahl 
der  im  Frtthjahre  1866  ▼orliaiidenen  Bltem  Zuohtstiere,  deren  Haltung  doch  durah 
eidgenOeneche  nod  kantonale  Prämien  nicht  nnweBentlich  beglinetigt  wird. 

Dem  Tiiit*]eren  Verhältniß  zwischen  Eülberzahl  und  G^e^ammtviehstand  voa 
l  :  7,5  würde  ein  Gesfirniutviehbtand  von  ca.  I,ii73,00()  Stück  nnd  eine  Ver- 
mehrung im  Jahrzehnt  lö76  -86  von  ca.  337,000  btUck  entsprechen,  utatt  einer 
iolohett  TOD  nur  176,608  Sttlok,  wie  lie  dnrdi  die  yiehzKlilung  nacUgcwieBeo 
worden  iet. 

Nach  den  Berechnungen  Prof.  Dr.  A.  Krämer's  (debe  Volkewirthschafte- 
Lexikon  II.  Band,  311  ft".)  hat  der  Viehstand  der  Scliwiz  ein  durehachnittliches 
Lebendgewicht  von  371  kg  per  Stück,  im  Gauzeu  aoiuit  ein  Gewicht  von 
4,498,516  q.  Er  bedarf  per  Tag  und  per  1000  kg.  Lebendgewicht  an  Futter 
26  kg,  TroofceneabBtanz,  fblglioh  |lhrlich  43,689,906  Trookenenbetans,  ent- 
Bpreohend rand  etw« 50,000,CMX)  q.  Hen  und  £nid,  nnd  liefertdaittr ebenfeile jKhrUoh : 

14,521,934  hl.  Milch  k  12  Fr  Fr.  174,26j},805 

&12,16d  q.  Schlachtvieh  für  den  inländischen 

Markt  a  Fr.  105  per  q.    .    .    .      „  53,775,750 

an  ArbeitsleiHtiiug   ,  32,803,200 

Export  an  Vieh  und  Fleieeh  ^  84,399,849 

Tütal   Fr.  2~857S43;Ö04 

Da  der  gleiche  Avtor  (si^e  Y.'W.-Lexikon,  IL  Band,  Scnte  320)  die  firtrflge- 

der  gerammten  Viehhaltung  unseres  Landes  auf  saeammen  Fr.  392,236^946  be- 
rechnet, fallen  fsomit  72,2  *^/o  dieser  Erträge  auf  die  RindviehhaltMnjr,  während 
der  Pferdeziulit   17.9  "In,   der  Hchweinezucht  6,4  7« i  Schafhaltung  0,ö  "/o- 

uud  der  Ziegeuhaltung  2,2  ^Jo  eutHtauimen. 

Wenn  auch  dieee  Zahlen  nicht  auf  abeolnte  Genauigkeit  Anspruch  machen 
kVnnen,  so  ergibt  eich  aas  denüelhen  doch  die  gans  überwiegende  Stellung  der 
Bindviehhaltung  in  unserer  LandwirthsohafL 

* 

Zieht  man  eine  Linie  von  Ronianfshorn  am  Bodenscp  über  Winterthur,. 
Wohlen,  Sursee  und  Brienz  an  die  Dufourspitze  der  Monte  lio8a-Grup|ie,  ho  be- 
zeichnen wir  damit  ungefähr  die  Grenze  zwitKihen  dem  Braunvieh  und  dem. 
Tledevigh^  in  welche  beide  Bassen  oder  Hanptschläge  sich  unser  Bindviehetand 
scheidet.  SüdöetUeh  dieser  Linie  ist  das  Land  Tonugsweiae  yon  Brannvieh,  nord- 
östlich derselben  vorsugsweise  von  Fleckvieh  bevölkert.  Die  Grenae  zwischen 
den  beiden  Schlägen  ist  indeß  nichts  weniger  als  scharf  irezogen ,  sondern  es 
besteht  eine  mehr  oder  minder  breite  Zone,  innert  weicher  beide  Schläge  ver- 
miaoht  gehalten  nnd  leider  auch  untereinander  ge'  oder  Tielmehr  wrsttchtet. 
werden.  Eine  Ausscheidung  der  Schläge  nach  Art  und  Zahl  iet  deßhalb  nicht 
locht  und  der  br  t reffende  Vei-snch  anläßlich  der  letzten  cidg.  Yiehaihlnng  wird 
deßhalb  auch  ansilrUcklich  als  mißlungen  befrachtet. 

A>ififi'lili,;i:Jirli  ]',rtnn>rifh  wird  <,'rztii  htet  in  den  Kantonen  Uri ,  Schwyz,. 
ünterwttlden,  Glaru»,  Zu<^,  Appeii/.ell  A.-K.,  Appenzell  L-K.,  St.  Gallen,  Grau- 
hllnden  und  Tesein. 


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TiehzucUt 


—     350  — 


Viehzucht 


Vonciegend  Braunviek  halten  dio  fi^ntone  Zürich ,  Laaero  nod  wahr- 
«ohsialiob  anoh  der  Eanton  Thnr||;aii« 

AwisdiiießUch  Fleckvieh  wird  in  den  Kantonen  Solothurn,  Basellaud^chaft, 
Schaphausen  und  in  ilcr  französischen  Schwei/,  mit  Ansnabnif  des  Kantons  W  iIHs 
H^zUohtet,  allerding»  mit  dem  Vurbehalt,  daü  in  den  KantontQ  Waadt  und  Genf 
die  maBMohaiten  Kreuzung»produkte  mit  attsllDdischea  Schlägen  ebenfalls  zum 
FleokTieh  goreehaet  werden. 

Vorwiegewl  Fleckrieh  züchten  die  Kantone  Bern,  Aargau  ond  wahraoheinlieh 
«nch  das  eigenartige  Viehschläire  besitzende  Wallis. 

Wc'tnwi  am  mdsffft  Flrdu-ich  züchtet  der  Kt.  Bern  (Uber  200,000  Stück). 
Nur  im  Oberha«le  wird  Bruuuvieh  gehalten. 

Eine  ZaeammeYrnteUiing  der  BindviehbestSnde  dieaer  Landeetheile  rechtfertigt 
4ie  Yennuthang,  <iiU'i  beide  Hau{>tra8.sen  in  unHcrem  Lande  wahrscheinlich  gleich 
Rtark  vf>rtreten  nind  und  dal'  jt^^ilenfaUa  das  Uebergewieht  der  einen  ttber  die 
■andere  kein  beflctitendes  nein  kann. 

Keben  dem  Braun-  und  dem  Fleckvieh  tindut  sich  im  Wallis  nnd  zwar 
Torzugti weise  im  Eriugerthal  (val  d*H6rens)  ein  kleiner,  karskö{>ligcr ,  atark' 
knochiger,  kastanienhranner  Viehsohlag,  welcher  keiner  der  beiden  Hanptraasen 
zugetheilt  werden  kann  nnd  welcher  von  einigen  Forsohem  als  Bos  üiurus 
braohifcephalus  bezeichnet  wird. 

Wann  und  wie  Hich  das  Land  mit  diesem  Yiehüchlag  bevölkert  hat,  da« 
rttber  bestehen  nnr  Vermuthungen. 

In  den  Bohweiserischen  Pfahlbauten  worden  die  Enoohenreste  von  swei  gans 
verschiedenen  Kinderstäramen  gefunden.  Der  eine  derHi.dben  war  klein,  zierlich, 
knrzhornig  (Ros  Tiinnis  l)riii  hv"i  ero<) ;  er  stimmt  in  Bcziit:  auf  G-röüß  und  Form 
<ier  Schädel  mit  dem  heutigen  Braunvieh,  das  auch  zum  HrachyceroHfitamm  ge- 
rechnet wird,  ziemlich  Uhcreiu,  so  daß  man  annehmen  darf,  das  Braunvieh 
stamme  von  dieser  Pfahlbanten-  oder  (wie  sie  von  Rttttimeyer  nnd  Studer  ge- 
nannt wird)  von  der  „Torfkuh"  ab. 

Daneben  linden  aioh  Skelt-tttheile  'Ics  wilden  und  dos  gezähmten  Ur-  oder 
Ancroohscn  (Bos  Tatinis  priraigcnius),  von  welchem  das  Holländer«,  überhaupt 
das  JSiederungs-  und  das  Steppeuvieh  abi>tammen  soll. 

Von  dem  jetzigcu  Fleckvieh,  das  snr  Stammform  der  groOatirnigen  Rindei 
{Bos  TaunM  ftontosus)  gerechnet  wird,  finden  sich  in  den  Pfahlbauten  keine  Schädel  vor. 

Dr.  C.  Ntfmer-Dorotheenthal,  (Das  Fleckvieh  der  Schweiz,  Berlin  1  hh8) 
welcher  nid»  um  di^  Krfor«chunj?  der  Geschichte  dos  Fleckviehes  ciot'e  Mühe 
gegeben  bat,  faLUe  die  Kesultate  seiner  Untersttohungcn  in  folgende  Thesen: 

1)  Das  (rejs'eriwärti^^  in  der  Schweiz  lebende  Fleckvieh  gehört  der  FrotttoeuB4la88e 
an.  Dasselbe  ist  als  eine  Kullurras9e,  die  sich  sUmälicb  im  Laufe  der  Jahrhunderte 
herangebildet  bat,  aufzufassen. 

x)  Das  Fleckvieh  stammt  in  erster  Linie  von  dem  Vieh  der  Pfahtbautenbewobner 
all.  \\\\'\  w,ir  itie  (Ininill.i;.'^  -lossclben  «las  dihiviale  F^nllt^>^us-Rind.  Ektrh  haben  auch 
Krcuzuugeu  mit  andern  Hassen,  m  mit  Brachyccroä,  die  zum  Theil  schon  in  der  prä- 
historischen Zeit  stattfanden,  dazu  beigetragen,  den  Frontosns  in  seiner  (,'et'enwärtigea 
Gestalt  zu  scIialTcn. 

3J  Die  Uniwamilung  von  Primii?enius  in  Frontosus  gcschali  mit  Hfdfe  der  Trocho- 
cerosfonn.  Sie  ging  hauptsächlidi  während  der  langen  Periode  der  Steinzeil  vor  sich. 
Die  Frontosus-Rasse  bestand  daher  in  ihren  Anfilngen  in  der  Schweiz  bereits  vor  dem 
Auftreten  der  Helvctier. 

ii  Vt  rniiscliuntruii  d<'s  aus  dem  PrimiKcnius  hervor^'eyangenen Pronlosus  mit  dem 
Vieli,  wcli  lies  die  in  dit^  Scbwciz  cintrcwanderlen  V^ilke! -rlnaren  der  Cinibren,  Ala- 
iiiuuneu,  Durguudioueu  etc.  mit  bich  fülirleu,  mögen  bestunden  haben,  jedoch  schtiinl 
demtelben  kein  wesentlicher  Einfluß  auf  die  Bildung  der  heutigen  Fleckviehrasse  bei- 
zumessen zu  sein. 


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\iehziichl 


—     Üöl  — 


Vielizuclit 


6)  Von  der  Schweiz  et»  hat  eine  Wanderang  des  Frontofluis  (Tielleieht  mit  dem 

BennthiereV)  ^'e^^'on  Kiiil»-  <!f'r  i!ilnvi;i!«'n  Ti-riode  narli  Norilcii  >ta1ti^i-rundfn  \m<\  ist 
•diese  Rasse  hiebei  nach  SkautiinavieQ,  als  dasselbe  noch  ira  Zusammenhange  mit  dem 
Kontinente  stand,  und  nach  England  gelangt.  Dementqireehend  kAnnle  man  die  Sehweii 
.als  die  Urheimat  des  Fronlosus  an;iprerhcn. 

0)  Die  Grundfarbe  des  Fleckviehes  u  ;u-  früher  rothbraun  und  zwar  einfarbig  oder 
mit  kleinen  wciLien  Abzeichen.   Er^i  s|Mt(>r  traten  gröliere  weilte  Flecken  auf. 

7)  Die  Freiburger  Schwarz-scheken  scli.  iiH  n  durrli  » iiu-  Ktviiziing  der  urnprOngliefa 
roth  gefärbten  Thiere  mit  scbwarzgeilecklt:ui  .Niederungsvieli  tHilslanden  zu  sein  and  tst 
hierauf  ihre  schwarze  Farbe,  sowie  die  Abweichungen  in  der  Körperform  I  so  namcntlidi 
der  Kopf  et(  .\  wodurcli  :<ie  sich  von  dem  Berner  Rothachekschlage  (zu  dem  der  Simmem- 
thaler  gtliört)  uulerbcbeiden,  zurückzuführen. 

8)  Die  (fegcnwärtige  gelbe  (Mode*)  Furbe  der  Sinunenthalw  seheinl  ihr  Entstehen 
-einer  Blutmis<;hung  der  ursprünglich  rotb^efleckten  Thiere  mit  Braunvieh  zu  verdanken. 

9)  Der  Frontosus  ist  gegenwärtig  in  Skandinavien,  ebenso  wie  der  Primigeaius  in 
•der  Schweix  ausgestorben. 

Diese  Thesen  sind  wohl  meistens  Hypotheken,  denen  von  anderer  Seite 
■wieder  andere  entgegengesetzt  werden.  Wir  können  und  wollen  nns  daniit  nicht 
weiter  beachfiftigen ,  ebensowenig  als  mit  der  seitherigen  Geschichte  anderer 
Bindviehüchläge ,  tlenn  die  Urkunden,  so  weit  sie  bekannt  sind,  wie  auch  die 
Literatur  bieten  hiefUr  n  wenig  Anebeate.  Die  Ittnner  der  Feder  scheinen  sich 
zu  keiner  Zeit  gerne  mit  der  Rindviehzucht  beschäftigt  zu  haben ;  gibt  es  ja 
Jetzt  noch  Amtstitcllen ,  welche  bei  Erwähnung  einer  Kah  oder  eines  andern 
StUcke^  Rindvieh  ein  „s.  v."  vorsetzten. 

ßet'aüäen  wir  uns  daher  mit  ucn  ifeijenwartitjcn  Zuständen  unserer  Kindvieh- 
jraeht  und  awar  vorab  mit  der  heikeln  Chare^terMik  der  beiden  Hauptvi^ 
schlägt.  Den  augenscheinlichsten  Unterschied  zwischen  denselben  bildet  die  Patb^. 
Das  Flti  h  cith  ist,  wie  der  Name  andeutet,  getieckt;  d.  h.  auf  einer  den  ganzen 
Kör|ier  glcichmäüig  deckenden  grauweiß^»»  oder  falben  Grundfarbe  finden  sich 
■scharf  aber  aoregelmäßig  abgegrenzte,  mehr  oder  weniger  zahl-  und  umtangreiche, 
-entweder  schwante  oder  dann  hellere  und  dunklere,  braunrotibe  Fleeken.  Die 
«ohwar^fleckten  Thiere  sind  im  Abnehmen  begriffen;  sie  komraon  swar  im 
gansen  FleokTiehgebiet  vereinxelt  Tor,  am  meisten  aber  im  Kanton  Freibarg  und 
iiesonders  im  Bezirk  Greyerz. 

Bei  den  Uotb-  und  Falbflecken  ist  das  Flotzmaul  Üeischfarben,  die  Hörner 
«ind  wachsgelb  mit  branner  Spitze,  die  Klauen  hell  und  die  Suhwanzquaste  ist 
weiß.  Schwane  Fledcen  aaf  dem  Flotzmanl,  dunkle  Homepitxen,  dunkle  Haar- 
büschel in  der  Ohrmuschel  denten  auf  Btntmischung  mit  achwarafleokigem  oder 
jnit  braunem  Vi«  Ii 

Beim  Jiruunoielt  weeliselt  dif  Färb»'  des  lliiai'kli-i(k'.s  je  nach  dem  Srhlitg 
und  der  Landesgogeud  vom  dunkeln  suhwar/braun  bis  zum  hellen  silbergrau. 
Aach  beim  einseinen  Thier  bt  die  Farbe  im  Herbst  nnd  Winter  dunkler  als 
im  Sommer  und  Frühling,  auf  der  Alp  dunkler  als  beim  Stallvieh.  Der  Stier 
ist  dunkler  als  die  weiblichen  Thiere  seines  Schlages.  Die  Farbe  der  Stinie, 
des  Stirne>chopfe>»,  des  Ringes  um  die  Augen,  des  Rlif^kens,  des  Bauches,  der 
innern  Fläche  der  Beine,  de«  Milelispiegels  ist  stets  heller  a,U  die  Farbe  der 
Flanken  und  der  KnOern  Sohenkelfläclien.  Das  Maul  ist  mit  einem  weißen  King 
•eingefiißt;  das  Innere  der  Ohren  ist  gelblickw^.  Die  verschiedenen  Farben 
und  Farbennuancen  gehen  ohne  scharfe  B^ensnng  allmälig  ineinander  über. 
Das  Flotzmaul,  die  Uomspitaen,  die  Klanen  nnd  die  Sohwansquaste  sind  stets 
■dunkelfarbig. 

Schwieriger  als  die  Unterschiede  in  der  Farbe  sind  die  Unterschiede  im 
JCdrperöau  der  beiden  Bassen  festznstellen,  weil  dabei  nnr  das  Charakteristische 


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Vielixudit 


—  aü2  — 


and  niobt  die  GrtfOe  oder  die  mehr  eder  weniger  Terbreiteteii  Kttrper^  beaebtuige- 

weise  ZUchtiragefebler  in  Betracht  kommen  dürfen.  Solche  charakteristische  Uuter-^ 
fichiede  werden  vo;^  den  Forscliern  in  erster  Linie  am  Kopf  oder  S  -hddil  gesucht. 
Die  FleckfiiHse  wird  von  densellien  als  f,nulusu:>,  d.  h.  groi'stirnig,  bezeichnet^ 
da«  ürttuuvieh  als  bracitycerua  oder  kuiaibornig.  Bei  ernterer  sitzen  die  Horn« 
sapfen  an  Honuitieleii,  wXbrend  beim  BrannTieh  die  Homsapfen  direkt  aus  deiü 
Schädel  heraus  waehsen.  Die  Hörner  sind  beim  richtigen  Braunvieh  im  Quer- 
schnitt Uberall  rnnd ;  die  Hörner  des  Fleckviehes  sind  an  der  Basis  und  auf  dem 
gröL'ten  Theile  der  Lunge  etwa;<  nhfreplatt«t  und  es  ist  folglieh  deren  Querschnitt 
oval.  Ueber  die  KopfmaUe  gibt  beistehende  Tabelle  AulschluÜ.  Es  wurden  nämlioh 
iSmiatKohe  Thiere,  welehe  im  Jahre  1887  an  der  ediweiierisdien  landiriräi- 
aohaftlidien  AiUBtellnng  in  Keneobnig  anageetollt  waren,  durch  due  unter  Leitung 
dee  Herrn  Kantonsthicrarat  GiUard  von  Lorle  stellende  gut  inatruirte  Abtheilung- 
gemessen.  Die  Anleitung  zu  dieser  Maßabnalune  und  die  Erklärung  der  Maß« 
üudut  man  in  den  »Punktir-  und  Meßtabi  Ut-n-'  für  da»  sehweiz.  Braun-  und 
Grauvieh  von  J.  Jneichen  (II.  Aufl.,  Ji.  J.  Wyü,  Bern  lÖ8ö). 

Das  aohweiaeriaehe  LaadwiithB^aftadepartement  bat  die  ErgebniMO  dieser 
in  seinem  Auftrage  gemachten  Maeeongen  nach  veii«chiedenen  Richtungen  ver> 
arlieitet.  Für  unsern  Zweck  kennen  wir  hier  nur  einen  kleinen  Theil  des  sehr 
reichen  Mati  riale»  verwenden  und  nur  so  weit  dasselbe  die  Kühe  betrifft,  weil 
sich  Vergleiche  zwischen  den  einzelnen  Schlägen  nur  an  aasgewachsenen  Thieren 
maehen  lanen.  Die  Tabelle  gibt  nur  die  Grundma&e  in  Centimetom  an.  Als 
Hauptgrundmaß  gilt  die  Rnmpfiftnge,  d.  h.  die  wagrechte  Entfemnng  von  der 
vordem  Fläche  des  Buggelenkes  bis  zur  hintern  Fläche  des  Sitzbeinhöckere.  Als. 
GrundmaU  für  die  Kopfmessungen  ist  die  Kopfliinre,  al>j  solches  fl5r  die  H^hen- 
maße  die  WiderriMthöhe  und  als  solches  fi)r  die  Breitenmalte  die  Hüftenbreite 
angenommen.  Alle  Maße  werden  auf  diese  Grundmafie  bezogen,  d.  h.  in  Prozenten 
deraelben  ausgedrSekt.  Üadnroh  gewinnt  man  ein  aoaebanliohea  und  sni  Ver»' 
glMohungen  geeignetes  Bild  der  Körperverhältnisse  (Proportionen)  der  Thiere. 

Die  Talielle  auf  pag.  351  und  355  enthält  nun  links  iXw  Mai'e  und  Maß- 
verhältnisHe  der  Kiiho  der  Fleckviehrasse  und  rechts  diejenigen  der  Braun-  und. 
Grau  V  iehtich  1  ägc . 

Zn  den  EleokTiebeebllgen  zShlen  wir  auch  die  Eringerktthe  dee  Kantona. 
Wallis,  ohne  damit  eine  eigentli'he  Ivassenzugehnrigkeit  behaupten  zu  wollen. 
In  der  zweiten  Kolumne  «ind  die  Maße  der  4  Kühe  des  sog.  Lötschensehlages- 
enthalten,  welcher  Schlag  entschieden  mit  dem  übrigen  Fleckvieh  vcrwamlt  ist. 
Dann  folgen  die  Maximal-,  Minimal-  und  Durchschnittsmaße  der  Ö  Kühe  des- 
großen FlMkviehaehlages,  welche  yom  Preisgeridit  als  die  geringwerthigsten  be- 
xeiebnet  wurden ;  dann  die  gleioben  Maße  für  die  ana  5  Kühen  bestehende  hSohst 
pirltmirto  Grupi^e  tind  endlich  die  Maximal-,  Minimal-  und  Durchschnittaniaüe> 
aller  nu'igestellteu  Kühe  de-^  groRen  Fleckriehschlageg,  GO  an  der  Zahl. 

Die  Mcssungtiergebnisse  der  KUbe  de»  großen  Brauiiviehschlages  t«iiid  gleicher- 
weise aufgeführt.  Die  Beurtheilung  dieser  Abtheilung  mittelst  des  Puuktir- 
▼erfiihrena  enntfglichte,  noeh  die  Maße  der  beeten  nad  der  5  Bcblecbteaten  Miloh- 
kilhe  anzugeben  Diesen  folgen  die  Messungsergebtiisse  von  9  Kühen  des  braunen,, 
von  8  Kühen  des  grauen  und  von  ',\  Kühen  <L'.s  kleinen  Grauliiiniinervielies, 
nnd  den  Hrhluß  bilden  die  Maße  von  einigen  Uruer-  und  braunen  Walliser- 
Kühen  (^Cunches). 

fietraohten  wir  nun  die  HaßverhKltniese  des  Kopfes,  so  ergeben  diese  offixiell 
an  auserlesenen  Ktthen  bdder  Bassen  und  in  genügender  Annhl  vorgenommenem 


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—    353  — 


Viebsueht 


Messungen  keine  bedentemlen  L'nterecbiede,  jedenfiills  keine,  welch««  von  bloßem 
Allste  als  Ka^^se^u^ter^^■hie^l(•  erkonnhar  wären.  Der  Kopf  der  Fleckkühe  des 
großen  ticblagen  ittt  durohHohnittliüh  1  cm  läuger  aln  derjenige  beim  eigentlichen 
Bnimvieli.  Auf  di»  BnmpflBiige  belogen  ist  aber  der  ^pf  der  Fleokkuh  eher 
kleiner.  Audi  die  Breitendimensionen  der  Btirne  sind  bei  den  Braunen  größer 
als  bei  den  FKoken  und  in  Prozenten  der  Kopflänge  ausgedrückt  gleich  groÜ, 
80  daß  man  iiiclit  recht  begreitt,  warum  den  letztern  das  Prädikat  .prroüstirnij?'* 
(frontofius)  als  Rasse nbezeichaung  beigelegt  wurde.  Eber  dürfte  behauptet  werden, 
Btifne  lei  beim  BnumTieb  welliger,  das  Ange  mehr  naoh  Tomen  gerichtet, 
der  Blick  lebhafter  und  intelligenter.  Doehi  diese  Eigensehaiten  sind  nieht 
meßbar  und  defihalb  ist  die  Richtigkeit  der  Bebaaptuiig  schwer  zu  beweiseo. 

In  RezMi?  auf  ilie  iibriiL,'en  Körperverhältnisse  zeigen  die  Messnngserp^pbnisse 
etwelche  kleinere  Unterachicdc,  welche  aber  nicht  als  RasseneigenthUmliclikeiten, 
sondern  als  Folgen  der  Zdchtung  angesprochen  werden  durften.  So  sind  z.  B. 
die  ausgestellten  Ktthe  des  großen  Plecksohlages  darohsobnittlich  9  om.  bSher 
und  13  cm.  länger  als  diejenigen  des  großen  Braunviehs(dil&ges.  Die  längste 
braune  Kuh  ist  iiulel?  nur  zwei  Centimcter  kUrzer  als  die  längste  Fleckkuh.  Im 
Allgemeinen  sind  die  Brunnen  im  Verhalmiü  zur  Länge  etwas  höher  als  die 
Flecken ;  bei  erstem  ist  die  Brust  tiefer  und  breiter ,  ebenso  sind  die  Uüften 
und  Leuden  der  Braunen  TerhKltnißmäl^ig  breiter,  während  sich  das  Hintertbeil 
(Hiiitgelenke  und  Gesäß)  stärker  TerachmSlert  als  bei  den  Fleoken.  Bei  erstem 
sind  Vorhand,  Vorderrucken  kürzer,  die  Mittelhand,  namentlich  aber  die  Lemle 
länger  als  bei  letztern,  entsprechend  der  verscbärfteren  Zuchtrichtunn;  nnf  .Milch- 
ergibigkeit.  Ab  cbarakteristisoher  Unterschied  zwischen  beiden  Rajs.sen  in  Bezug 
tivd  Körperbau  könnte  vielleicht  am  ebeeten  die  Schwanzwarzel  angeführt  wer- 
den. Beim  Braunvieh  ist  dieselbe  TerhlÜtnißmäßig  dttnn  nnd  sobtank  und  sie 
legt  sich  gut  xwisehen  die  beiden  Sitzbeinhöcker.  Beim  Flcekvieh ,  anch  bn 
den  mittleren  und  klHnf^vn  Sehlägen  kommt  der  riirentlirhr-  TL  m  h^i  Invunz,  wo 
die  Brhwanzwurzel  sich  bug«3iilijrmig  nach  oben  krümmt,  uueh  zit^uilich  allgemein 
vor  und  auch  bei  dem  veredelten  Simmenthalervieh,  bei  welchem  diese  häßliche 
Form  sdt  Jahren  weggeattebtet  ist,  legt  sich  der  Schwans  nur  selten  so  „ge- 
scliIoK^ea**  an  den  KSrper  an,  wie  dies  beim  Braunvieh  ziemlich  allgemein  der 
Fall  ist.  Me<!snngen  und  Ver^j^Ieichuncren  an  WirbelkuMclien  der  Schwanzwnrzel 
beider  Rassen,  welche  Verfoääer  vor  Jahron  vornahm,  führten  indeß  sa  keinem 
brauchbaren  Ergebniß. 

Wenn  es  una  nicht  mSglieb  ist,  ans  den  erwKbnten  Messangsergebniasen 
wesentliche  üntersebiede  im  Efirperbau  unserer  beiden  Hauptviebrassen  heraus- 
znlesen,  so  ist  es  noch  weniger  möglich,  unterscheidende  Merkmale  bezligli(;h  der 
drei  in  Nenenburg;  iuis<;estellten  Schläge  von  GraubUndnervieh  heranszuHmlen. 
Der  Kopf  der  ausgestellten  Kuhe  des  Bündner  Braunviehschlages  ist  etwan  Ungur 
und  schmäler  als  derjenige  der  großen  ^annviehrasfie  durchschnittlich  ist;  da- 
gegen sind  die  Sopfmaße  beim  grauen  Schlag  etwas  günstiger.  Die  Brast  ist 
bei  beiden  Graubündnersohläpr  n  kürzer,  weniger  breit  und  weniger  tief  nnd  die 
Hinterluuid  ebenfalls  in  allen  l)iin(Mi':ion*»u  weniger  entwickelt  al-;  die^  l /im  ans- 
gestellten  Brauiivieh  durchschnittlieh  der  Fall  i.st.  In  Folge  <!<  s>,  n  i>t  iie  Mittolliand 
entsprechend  länger.  Vergleicht  man  die  Maße  der  Biludnerschlage  mit  denjenigen  der 
großm  Rassen,  so  findet  man  leicht  heraus,  daß  erstere  sich  den  M&fLen  der  letzt» 
piümirten  Gruppe  n&hem,  ohne  jedoch  so  günstig  au  sein  wie  diese.  Das  Gleiclie  Ifißt 
fiel)  vom  Urner-  und  vom  Walliser- Braun vieh  an  Hanii  der  Me^isHTig^n  ^rbnisse 
nachweisen.  Damit  soll  diese  Gegenden  kein  Vorwurf  trelTen;  denn  weil  gebirgig, 
Farrer,  VolluwirllwcliafU-LexikoD  der  Üobweis.  23 


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Viehzucht 


—    3S4  — 


iUm  .Sihiiir« 


Fleck -Vieh- Kühe 


^  J  J  J  UUIfräiirt»  tinHM  (kttfriairU  Ufoppe 
°  -     ^  ~       Ton  6  KHihvn     jj    ▼od  »  KObm 


.4  K. 


Xnia.  Xwhi.  ftutoililMbi. 


(itau  Abilieilttaf  but. 
M»  flo  Kall« 


lUii«..Miiiii.Jjl>ic|i> 


KopflAnge  in  Cenlimeler  . 

,  in  ^0  der  KBupflänee  . 
ZtriKhfnbniliiii  ia  "/o  L  Kuipf  liner 

,  in  "  0  der  Kopflänge 
Stim^ngi*  in  7"»  der  Kiitiii'fiäasf 

,  in  7o  (i<sr  Kopl  länge 
Stfmhrefte  in    der  f niprtHos:« 

,  in  "/o  di  r  Ki>pf!ange 
Wugtihicktr  ii  "jv  der  KmupfliRj^e  . 

.  in    der  Kopflänge 

IjängenmafSe 

Rumpf  im  Ganzen  in  cm.  . 
Vnrhuru!  in  "  o  der  Rsnpflinge 
Mitlelhand  in     der  , 
Hinterhand      ,  , 
Vordenracken  « 
Lende  ,  , 


Jlahf  HiiKiße 

Widerrist  in  CeiUimeler 

,  in  'V'  der  RüBipflüiipe  . 
irabfin-Voranssitlrnk  ii  "/'<  drrKunpfl. 

,  in  'V«  'It^r  Widfrrisihöhe 
Torderkniu  in  7«  KainpniiL'<> 

a  in  der  Hidtrrb(h<'>bc 
Itdtir  tMvBwirkl  h  Rrapfl. 

,  in  "/o  der  Widerrisihohf 
Lad«  i«r  dea  kitiakii  ^rfciBpfl. 

M  in  *A  der  Vidfrrhthih» 
Kreiubein  in  7«  »'er  Kui"]  niii.- 

a  in  7«  der  Widern  MiiältF 
Idnranuntt  ii  */»  ia  linpflin?« 

2$pruB^'b«uhücktr  in  der  ilinpfl«ii» 
,   in  7*  der  Wilcrniihibe 

Bmsttlcfe  in  7'o  der  Rompflänin 
,    in  'V«  «ler  HiderrislhHh( 

Brritenmnße 

i>iuu  i.  ti.  l'U;^':^i.!(ui'  u  iu  "  u  d.  Kumpfl. 

,  in  "/o  der  Hiifl breite 
BfUl  liiittf  d.  Sdiilirr  in"  Diirr  Kiinpfl. 

p  in  "/o  der  Hüfttireite 
licrl«  l«tdea«irii-l  i/i  '  u  d't  fiompfl. 

,  in  7»^  "iT  Hort  breite 
Hüllen  in  Cenlimeler    .  . 

,  in  ",.0  d.  Huniy)flänge 
Hüftgelenke  in  7«  der  lUnpri. 

,  in  V"  Hflftbreite 
6es9ß  in  7»(lt  r  Humpnänpe 

,    in  7o  der  iiuflbrcite 


47  I  55.0 
31.1  32,5 
10,5.  11,S, 
3a,5l  4i.9l 
11,1  11,8 
35,7 1  41,2 
U.r  14,6 


45,0 
30,3 

10:4, 

34,3' 
11.3 
37,2, 
14,4, 
47,3 
10,4 

34,4! 

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Yieh2ucht  —    355    —  Viehzucht 


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103.0  1o:J,9  103,2  103,2  103,3  104,6 
83.7  85,7  84,5  m,%  87.2  87,7 

104,4;i05,3  103,6  104,6.104,5  105,9 
83.5  84.8  S3,2  ST.*^  85,1)  S7.0 

104.1  104,2  102,6  104,0  103,0  105,1 
29.7  .30,7  31.1  33,2  32,6^  31,5 
.36,9  37,7  38,2  39,3  39.0  38,1 
43,9  42,5,  42. Ii  42,8  42,1,  42,5 

52,2  62,2:  54,6'  62,1  51,7  50,71  &1,0|  513 


26,2 
78,2 
25,3 
72.9 
22.7 
6i;,i 

51 

31,0 
29.1 

84.7 
17,9 
60,$ 


31,9 

89,8 

30,1 

84,7 

25,3 

71,2 

59 

35,5 

29,5 

83.1 

21,7 

61  , 


31,3 
90,2 
29.5 
87.1 

25,:j 

_72,7 
57 
34.2 
30,8 

"(i.f, 

21,9 
6.%8 


29,8 

91.6 

26,8 

82,4 

2:{.9 

73.6 

51.5 

32,4^ 

29.7' 

','1.1 

20,2 

59.5. 


I 

f 

27,8 

87,1 

26,2 

82.3 

23,5 

73,7 

51 

31.9 

28,7 

-»'».2 

18  9 

593 


27,9 

85,4 

26.S 

82,0 

24,1 

73.6 

4S 

32,8 

30.7 

93,7 

19,8 

60,4. 


28,2 

XI, H 

26.1 

81,4 

23,9 

74,7 

51 

32,1 

29,0 

1)0.3 

20,8 

643 


27,5 

86,3 

26,4 

83,1 

25,0 

79,0 

48 

313 

27,9 

03,5 

19,4 

61,0 


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Viebxucht 


—    356  — 


Vkhmebt 


rind  eie  mehr  auf  die  TleliftiifiEadit  ale  auf  die  Vidtontsong  angewiesen.  Ee 

müssen  dort  somit  vorab  die  eigenen  Kälber  aafge^.ogen  werdeu ;  «ler  Züchter 
hat  folglich  nicht  eine  so  große  Auswahl,  wie  der  Bauer  im  HügeUand.  Von 
dem  aufgezogenen  Vieh  mttß  in  drr  Ke^el  dasjenige  verkauft  werden,  welches 
am  lueiHten  ge»«ucht  und  am  theuerMteu  bezahlt  wird,  niimliuh  Am  beste.  Ferner 
IXßt  die  genfigende  ErnKhiung,  die  Grasdlage  der  Thiennelit,  in  vielen  FKllen 
zu  wünschen  ttbrig,  »ei  es  in  Folge  der  WitteniDg,  sei  es  in  Folge  yoo.  alt- 
hergebratlitPn  mA  zäh  festgehaltenen  Einriohtangen  wie  Qemeinatanng,  ttber> 
triebenc  Al[>l;ulnng  n.  s.  w. 

Man  könnte  den  Vorwarf  erheben,  daß  aus  den  Meßtabelien  weder  aU& 
morphologiscben  noeh  weniger  die  physiologiscben  fligeneebaften  der  Thiere  Waae- 
geleeen  wwden  kSnnen  nad  daß  das  n^nnliobe  Zucbtniaterial  nioht  berttckeiohtigt 
worden  »ei,  obwohl  da«  männliche  Thier  mehr  das  Individuelle,  das  weibliche 
mehr  das  Universelle  vorstelle,  bcHonder*^  lla«aeneigenthümliclik('il(Mi  somit  durch 
daü  männliche  Thier  stärker  zur  Geltung  gebracht  werden,  al»  durch  dai^  weib- 
liche. Alle  diese  Vorwürfe  halten  wir  für  gerechtfertigt;  aber  ein  vergleichendes^ 
Stadinm  der  geaammten  Ueesangeergebniflse,  welebee  hier  zu  weit  fähren  würde, 
leigt  doch,  daß  auch  bei  Berücksichtigung  der  Zuchtstiere  wirkliche  Etisx  n- 
unterschit'ib;  nur  zwischen  den  schon  <\\\yc\\  liii-  Farbe  iretrcnnten  schweiz.  Vieh- 
schlägen erkennbar  sind,  diiß  es  aber  äußerst  schwierig  ist,  innert  der  Farbe 
noch  besondere  Unterschiede  zu  entdecken,  welche  eine  Abtheilung  in  Bassea 
rechtfertigen  dürften. 

In  welchem  Maße  und  in  welchem  Yerhältniß  die  eigentliche  Viehaufzucht 
in  den  Kantonen  betrieben  wird,  darüber  gibt  die  Zahl  der  zur  Aufzucht  be- 
stimmten Kälber  und  des  Jungviehes  von  ^  «1*^  ^  Yerhältniß  sor  Zahl 
der  Kühe  Aufschluß. 


KMlhi^  big 
V.'  Jalir 

Jungvieh 
*i%  bit  1  Jahr 
alt 

Auf  DM)  Kflhe 
^-1^    konamcu  Kftlber 
bin  «uf  1  ,laht 

zur  Auf/iioht 

zur 

Aufzuoht 

7,(m 

14,7.55 

50.938 

29 

22,r,47 

57.247 

142,799 

40 

Luzem  .... 

.    .  10.225 

6,94» 

17,174 

48,582 

35 

üri  

2.'i«« 

1.480 

3,768 

5,943 

63 

Si'hwyz  .... 

.  .  4,7r>:{ 

3.212 

7,965 

13,086 

61 

bm 

2.333 

6,520 

42 

1,234 

4,520 

27 

.    .  1,660 

644 

2.304 

6,881 

33 

Zug  

.   .  597 

519 

1,116 
10,207 

7,397 

15 

7,049 

37,424 

54 

.    .  3,605 

3^091) 

6,695 

19,128 

35 

49 

28 

77 

1,826 

4 

Basellandsebaft  . 

.   .  1,216 

1,297 

2,513 

11,164 

22 

SehaiThansen .  . 

.   .  876 

1,105 

1,981 

5,810 

34 

Appenzell  A.-Rb. 

835 

1,686 

12,.s.-.t 

13 

Appenzell  I.-Rfa. . 

St.  (};i(l«-n  .    .  . 

.  .  (ysA 

409 

1,042 

5,113 

20 

,    .     10.28  t 

5,8:50 

H',.114 

51.297 

31 

Gi;iubümJen  .  . 

.  .  I6.a3i 

7,2(iS 

2.3,602 

30,383 

78 

,  .  7,fir,4 

10,318 

17.972 

39,156 

46 

2.11)5 

3,(.i»!» 

5,824 

28,081 

21 

Tessin  .... 

.    .  6.%7 

4.338 

1 1 .305 

2S735 

39 

AVaadl  .... 

.  ,  1().:U5 

5,54  i 

15,8.-,9 

50,267 

31 

Wallis  ... 

r,.4<)0 

16.144 

37.05(; 

13 

Ncuciiburi^     .  . 

.    .  l.Uil 

1,684 

3,595 

13,U>tj 

27 

.   .  ItK) 

21Ö 

405 

5,736 

7 

.  150.976 

102,641 

252,917 

663,102 

38 

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Viefazncfat 


—    357  — 


Viehzadit 


"Nehmen  wir  an,  daß  4  Kiiht«  tlurchschnittlich  jährlich  3  lebensfähige  Kälber 
zur  Welt  bringen,  «u  trifft  es  auf  663,102  Kühe  rund  497,000  Kälber;  wovon 
zirka  die  Hälfte  oder  24b,500  Stück  mftnuUcben  uod  ebensoTiel  iraibUeheB 
GeaohleditB. 

Laut  ViehsSUnng  werden  jlthrlieh  eraogen  13,820  Zncbtstiere 

oder  rund  14,000 

Oohsen  41,192  :  2  oder  rund   21,000 

zusammen  männliche  Kälbuv  35,000 

Vun  deii  Aufzucht  bestimmten  252,917  Stück  Jungvieh  unter  1  Jahr 
«It  sind  folgliok  sirka  317,917  weiblichen  und  sirka  36,000  m&nnliohen  Ge- 
eehlechta,  und  t»  verfallen  somit  jshrlioh  ilrka  30,500  weibliobe  nnd  213,000 
männliche  Kälber  <ler  Schlachtbank. 

Auf  100  Küht-  tiitrt  es  sotnit  jiihrlich  zirka  75  Kälber,  von  denen  ungefähr 
ö  männliche  und  33  weibliche  aufgezogen,  und  32  männliche  und  4  biü  5  weib- 
liebe geecblaebtet  werden. 

Wir  fuhren  diese  Beebnung  aas^  einerseits  nm  in  zeigen,  daß  die  Sohweix 
gi  nug  Jungvieh  besitzt,  um  ihreu  Viehstand  zu  ergänzed  und  daß  das  vom 
Buiidt'  eingesjchlai^ene  System,  die  Veredlung  der  Rindviehzuclit  ausschließlich 
durch  dan  männliche  Thier  anzu.streben,  das  aliein  richtige  iet,  weil  die  meisten 
weiblichen  Thiere  so  wie  so  zur  Zucht  aufgezogen  werdi»,  eine  Auswahl  eamit 
nnr  bei  dem  männlieben  Greaebleebt  mSgliob  iat,  anderaeite  nm  an  beweisen, 
daß  jeder  Kanton,  welcher  mehr  als  42  Kälber  auf  100  Kttbe  nachzieht,  ge- 
zwangen  ist,  den  diese  Znbl  üheisteij^ieiKlcii  Bedarf  aus  andern  Kantonen  za 
krtuffii.  In  fUesem  Fallrj  betiii  k-n  sich  laut  vürt*teb<*ndpr  Tabelle  Uri,  S<!hwy7., 
I  Froiburg,  Obwalden,  WuIÜh  und  ganz  besonders  Graubiiiiduu.  Schon  aus  diesem 
Grande  kann  nicht  von  versohiedeDen  Bassen  oder  eigentlicbee  Schlägen  innert 
der  gleieben  Farbe  gesprochen  werden,  weil  die  stetige  Bewegung  des  Andels  mit 
Kälbern  aus  dem  HUgellande  in  die  Berge  und  mit  trächtigen  Rindern  und  jungen 
Kiihen  ans  den  Bergen  in  das  Hügelland  stet»?  bestrebt  war  und  fortwährend 
darnach  strebt,  allfälligo  Kassenuuterschiedo  innert  der  gleichen  Ras^entarbe  zu 
Terwiecben.  Unterschiede  im  Körperbau  nnd  namentlieh  im  Körpergewicht  swiachen 
Thieren  versehiedener  Gegenden  wird  es  zwar  immer  geben ;  dieselben  sind  bedingt 
4arol]  die  verschiedenen  Ernährun/fSverhiiKntsse. 

Man  könnte  vermutheii,  daß  anrh  verschiedene  Zi  htr/'hiiimfrn  derartige 
Uitteiöchiede  herbeigeführt  haben.  Die  Thiere  müssen  nämlieh  verschieden  gebaut 
sein,  je  nachdem  man  von  denselben  vorwiegend  Mäch  oder  hauptsächlich 
Fteiaek  und  Arbeit  verlangt.  Eine  derartige  Zachtriehtang  naoh  einseitiger 
Leistutig  ist  aber  in  der  Sohweia  nirgends  scharf  zn  erkennen.  Als  allffemcin 
geltendes  Zuchtziel  darf  mnn  darrcgm  die  Erreichung  (jroßer  schwerer  Körper 
bezeichnen.  Der  Züchter  Irugi  liei  (l'  iii  jaiv^'^n  Thiere  in  erster  Linie  nach  der 
Wü'  hsü/keä.  Schwere  Nutzthiere  erzuden,  auf  das  Lebendgewicht  bezogen,  unter 
gleichen  Omständ«!  bedeutend  höhere  Preise  als  mittlere  nnd  kleinere. 

Auch  unsere  Mes8ungiiergebiii.s.He  be»<tätigen  das  Bestehen  dieser  Zu<-htri<  htnng. 
Das  in  Neuenburg  1887  ausgestellte  Rindvieh  war  sorgfältig  ausgewählte  Wa  u  e, 
somit  so  ziemlich  das  beste  von  dem.  wn^  irii  Landi*  vorhanden  war.  Die  Preis- 
gerichte für  die  beiden  Uauptrassen  wurden  vom  schweiz.  Landwirthschafta- 
Departement  fast  ansaeblieOlidi  ans  d«a  Vorständen  oder  den  hervorragendem 
Mitgliedern  der  kantonalen  Viehsehaakommissionen  gewählt.  Wie  die  beiliegende 
Tabelle  zeigt,  weisen  bei  beiden  Rassen  die  erstpräniirten  Gruppen  bedeutend 
h&here  abeolnte  Maßziffem  auf  als  die  nachfolgenden  Klassen. 


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Vietuuchl 


356  — 


Viehzucht 


Fast  noch  üchäri'er  tritt  dit:  Bevurzagiing  der  grüßern  und  scbwerereo 
ESrper  hti  Am  MgoiMainteii  Gebii^vieb  awf,  obwohl  genide  der  ünitend,  da& 

das  Gebirgsvieh  betUglicK  der  Größe  nicht  mit  den  Schlägen  des  UttgeUande» 

kookurriren  kann,  znmeist  die  A\ufstellung  difscr  Kategorie  in  Neuenburg  ver- 
anlaßt hat  und  obw(jhl  da»  betreßleiide  Frei^^eiioht  aus  YertraueiuimäQiierD  der 
betheiiigten  Kantone  bestand. 

IMe  Tenohiedmea  Landesgegendw  haben  ee  in  Verfolgung  diewr  Zneht- 
xiehtitng  ▼eredueden  weit  gebfaeht,  die  Fleckvidisilohter  dnrchechnittlich  weiter 
ala  die  Braunvlchzttdlter.  IXe  Simmentbal-Saaner  und  die  Greyerzer  namentlich 
dürfen  sicli  rühmen,  in  Enropn  das  schwerste  Tith  zn  zUchten.  3Iittlero  Ge- 
wichte weiben  der  Frutig-Adeibodeu-  und  der  Juraschlag  auf.  Ihr  kieiuste  Fleck- 
viehschlag  ist  der  LOtechenschlag  des  Eantone  Wallis. 

Das  sehwerete  Brannvieh  findet  «ich  in  den  Kantonen  Schwys,  Zng,  Lnzera 
nnd  dem  südöstlichen  Theil  von  Zürich. 

Mittelschwero  Körp<<r  züchten:  Ob«  nnd  ^idwaldea,  Glarne,  Appenselly 
St.  Gallen  und  Granhüiideii. 

Da»  kleinnte  Brauuvieh  besitzen :  Beru  (im  Iluslethalj,  Uri,  Graubiiudeu^ 
Teuin  und  Wallis. 

Die  Unterschiede  in  Bezug  anf  das  erwähnte  Zuchtziel  zeigen  sich  nicht 
nur  örtlich,  sondern  auch  zeitlich.  Alte  StÄlle  sind  zu  klein  für  die  heutigen 
ViehwhlSp^f.  \'orfa8ser  besitzt  z.  H.  noeh  einen  solchen  Stall  aus  dem  Ende  des 
sechszehnten  oder  Anfang  des  siebeuzehnten  Jahrhunderte,  welcher  seit  wenigstens 
hvndeit  Jahfoi  nnbeniltit  steht  nnd  aooh  nidit  mehr  ▼erweodet  weiiden  kannte, 
weil  das  heutige  Vieh  nicht  darin  Fiats  fBnde.  Aneh  der  ümatand,  daß  dio 
meisten  Alpen  nicht  mehr  so  starkem  Besatz  gcnUgende  Weide  bieten,  wie  vor 
Altem,  i-t  <i'hr  <>ft,  wenn  nicht  durchweg,  darauf  zurUck/.uftihren,  daß  das  Vieh 
heute  schwerer  gezüchtet  wird  und  deßhalb  mehr  Futter  bedarf.  Die  Erfolge 
in  dieser  allgemein  erstrebten  nnd  wirthschaftlich  berechtigten  Znohtrichtung  sind 
ja  hanptsSohlich  bedingt  durch  eine  reiche  oder  doch  mindestene  genttgende  Er- 
nKhmng.  Die  Zuchtwahl  hat  dabei  gewiß  eine  hohe  Bedeutung,  aber  ein  Kalb 
ans  der  sdiwernten  Vieliheerde  kann  seinen  Körper  mimöju'lich  his  zn  dem  von 
der  Natur  ihm  genpannten  Kahnu  n  uuisbilden,  wenn  es  auf  alifreschabter  Allmend, 
auf  zu  «turk  besetzten  Alpweiden  und  bei  einem  zu  kleinen  lieustock  sich  durch- 
hnngern  nnd  schon  mit  kanm  iVi  Jahren  eine  LeibesCradit  mitemKhren  muß. 

Ifan  hört  nnd  liest  oft  die  Meinung,  die  kleinen  BindersdiUge  seien  noth- 
wendii',  wm  die  höchsten,  unwirthlichen  Alpen  auszunützen,  wo  schwerere  Thiere 
nicht  mehr  weiden  und  nicht  mehr  genügend  Futter  finden  können.  Herr  IHrektor 
Bieler,  Berichterstatter  über  die  Abtbeilung  Gebirgsvieh  der  Neuenburger  Aus- 
BteHang,  möchte  die  kleinen  Binderschiäge  in  Znaammeohang  bringen  mit  der 
geringem  Menge  atmosphärischer  NiederBeUftge  der  betreffenden  €regenden. 

Es  mag  im  Wallis  und  Tessin  Alpweiden  geben,  welche  genllgsame  Weide- 
thiere  zur  Voraus-setzong  haben;  in  den  andern  uns  besser  bekannten  (Ifgcnden 
abtT  sinfl  rite  Verhältnisse  fast  überall  derart,  daß  wfnig'steus  mittelschweres 
Tieh  ganz  gut  gezüchtet  werden  könnte  und  was  die  atmosphärischen  Niedcr- 
eehlBge  betrifft,  so  ist  es  geradeso  eigenthümlieh,  daß  die  kleinsten  ViehscblSg» 
um  das  Gotthardmasaiv  herum  zu  finden  sind,  welches  uiclit  mit  Unrecht  die 
Brnnnstube  Europa'«  genannt  wird.  Nicht  minder  eit^t  iithiimlich  ist  es,  daß  im 
Simmenthai  das  schwerste  Vieh  Furopa's  gezogen  wird,  im  henaohbarten  Hasle- 
thal  dagegen  fast  das  leichteste,  während  die  klimatischen  und  hydrographischen 
VerhSitnüue  beider  ThSler  nicht  so  dnrohaus  verschieden  sind.  Gi90er  sind  di» 


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rwhzwlit  —    359  Viehsttcht 

geologificlieii  oiler  vielmehr  p^ogooBtiscbeo  Uiitcrscliicde  und  es  Ut  klar,  daß  die 
Yerwitt('run^'>piuduktc  <les  Uranitea  und  des  (iueißcs  nicht  einen  «u  Iruchtbarcn 
£^den  biUeu  wie  iliejcuigen  des  Flyscb  im  Siiniutiuthal  Je  fruchtbar^'  <ler 
(Sodon,  desto  üppiger  nod  gehaltreushor  die  Y«fetetio&  nnd  desto  beaeer  die  £r- 
qUirung  der  Thiere.  Die  geognoHtiHche  Grundlage  einer  Gegend  iat  deßhalb  gewiß 
von  großer  Bedeutung  für  Jic  Thierzucht;  aber  nicht  niiinUr  einflulireich  sind 
die  wirthüchaftspolitischen  Eimii  htungcn  und  Sitten.  Der  uatürlii  li  ri.-ich'ite  Boden 
wird  eben  our  küinmorliches  Vieh  hervorbringen,  weim  er  al»  Allracmi  schrankeuloa 
^Llleu  xnr  Verfügung  hteht,  weldie  ihn  anenutieD  wollen,  wSbrend  dnrdi  eox^ 
lame  Wirtluehaft  aneli  unter  ungünstigen  YerhillniBaen  eich  gute  firgebotMB  er- 
vielen  Usaen. 

Ein  zweites  allL'eraein  verfolgtes  Znchtzicl  '\>t  möplichst  große  M'h:h( njihkf- 
heil.  Hierin  Ktehi  liat»  braunvieh  dem  Fleckvieh  entschieden  voran,  sowohl  vvaa 
^  Heage  Milch  pro  Jahr  und  Stück  betrifft.  aJa  in  Beeng  auf  den  Ertrag  pro 
Zentner  Lebendgewioht  nnd  pro  Jahr.  Von  nittelflehweren  Ktthen  der  Braiu^- 
viehraase  mit  einem  Lebendgewicht  von  480  bis  5*25  kg.  erzielt  man  liei  ans? 
RchlicBlifhcr  Füttertinj^  von  GruH,  lleii  und  Emd  durohschnittlich  jährlich  mimltstens 
äÜUU  k<r.  Milch  l'iesir  Durchschnittsertrag  ist  wahrschciulirli  lu-i  (.U-iu  ^twaa 
leichtern  Unterwaldnervieli,  welchea  wir  für  da«  bebte  Milchvieh  halten,  uedei4eiMl 
l^her.  Durch  Zngabe  von  Kraftfutter  anr  Winterflltteruug  kann  d^r  Jahreaertrag 
erfahrungsgemiß  auf  8300  bis  3600  kg.  im  I)ur<  ftschnUl  gebracht  werden.  Dieae 
Milchmeugen  werden  von  dem  schwereren  Fleckvieh  mir  in  ausgewählten  Vieh- 
beetänden  erzielt,  während  wir  beim  Braunvieh  von  DurchsclmittHleistun^en  nprechen. 
Es  ist  indeü»  anzuerkennen,  dali  beim  Fleckvieh  die  Zucht  aul  größere  Milchleiatuog 
stetige  Fortsohritte  macht,  was  anch  bei  den  bessern  Tiehettmq^  ^qa  ^immei^ 
thikles  von  Ausstellang  su  Ansstellung  mehr  hervortritt 

Waa  die  Qualität  dtr  Wirk  anbetritTt.  sr»  besteht  ein  Unterschied  zwischen 
beiden  Kassen  vi  Ut.  Den  BeweL-*  für  die^f  Bt^hauptung  liefert  un»  die  Anglo- 
8wü>M-(/ondenäed  Milk  Co.,  welche  eine  Milciisiedcrei  in  Cham  und  eine  solche 
io  DUdingeu,  Kt.  Freihurg,  beaitzt.  Nach  Cham  wird  nur  JSJiilch  von  brauQej{,i 
Kttheot  naoh  Dttdingen  nur  solche  von  Fleckvieh  geliefert.  Die  Generaldirekticsp 
schreibt  uns  am  12.  Desember  18Hi):  „Unsere  tUglichc  Untersuchung  hat  idp 
Durchachniit  in  eh  irrer  Jahn'  für  die  Milch  in  Cham  einen  Fettgehalt  von 
3,58  "/o  und  für  tlu  jidige  in  Diädingen  einen  solchen  von  3,54  '^/o  ergeben. 
Daraus  iat  aber  nii  ht  zm  schließen,  daß  die  erwähnte,  aUerdiugs  »ehr  uabedeutende 
Differenz  ni  Ungunsten  der  Fledcvieh-Hilch  stets  vorhanden  sei.  In  den  einaelnen 
Jahren  wechselt  das  Resultat,  so  daß  bald  die  eine,  bald  die  andere  Milch  etwaa, 
wenn  auch  ganz  unbedeutend,  fetthaltiger  ist."* 

Mit  diesen  beiden  Zuchtzielen  ist  die  Erzeugung  von  Ffrisi-h  und  Arbeit  durch 
daa  Rindvieh  nicht  ausgeachlosaen.  Die  srhwiren  Kürper  begünstigen  im  Gegen* 
theil  diese  Produktion ;  denn  bei  llbrigeus  gleicher  Körperkonatitution  liefert  d^s 
schwerere  Thier  noehr  Arbeit  nnd  schließlich  mehr  Fleisch  als  das  leichtere. 
Eine  Kuh,  welche  viei  Milch  gibt,  maß  nothwendigerweisc  anoh  die  Eigenschaft 
besitzen,  avißtrhall»  di-r  Laktatinnf^ppriodi"  viel  F<tt  anzub-giii. 

Da  ila.s  Fleckvieh  dem  Braunvieh  in  Bezug  auf  Körperschwcro  im  Allge- 
meinen Überlegen  ist,  su  iüt  ersteres  durchschnittlich  geeigneteres  Arbeitsvieh 
und  es  liefert  eine  größere  Menge  Fleisch.  Es  werden  auch  bedeutend  mehr 
Fleckochseo  als  Braune  aufgesogen,  was  Übrigens  damit  zusammenhängt,  daß 
beim  Brannvieh  die  Aufzucht  von  Kühen  rentabler  ist  und  daß  im  Braun- 
viehgebiet weniger  Ackerbau  betrieben  wird,  somit  weniger  Zugkraft  nöthig  ist. 


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^ehzadit 


—    860  — 


Viehzttdit 


Daß  auch  da»  Braunvieh  gutes  Arbeitevieh  liefert,  beweisen  die  grauen  Ochsen, 
welche  früher  mehr  ali^  liHnte  von  den  Italienern  aufgekauft  wurden,  tind  difZng- 
leistangea  der  Zucht^ture  und  KUhe,  die  man  täglich  beobachten  kann.  Dan 
SimmonthalttTTieh  li*t  seine  HwtfShigkeit  and  seine  Arbeitsleiütungen  auf  den 
Berliner  MaMebansstellnngen  und  bei  den  Zagproben  der  deutaehen  Landwirlli* 
schaftsgeaellaobaft  n.  a.  m  gegenüber  einer  internationalen  Konkurrenz  aiegveieh 
2ur  Durstelliinj:!:  f!:pbracht.  Was  die  FMschqualitäf  liütiilTt.  so  bestellt  nach  dem 
Urtheil  der  ertahrensten  Metzp(*r  l.tiii  l'nterschied  zwiHchen  Thieren  gleicher 
Kondition  beider  Kassen.  J^an  darf  eben  nicht  Fleisch  von  ThiereU)  verHcbiedenen 
Geecblecbta  oder  yerMbiedenen  Alters  miteinander  vergleiehen. 

Speziell  nur  Arheitsihiere  in  einaeitiger  liichtang  werden  in  der  Schweis 
nicht  gezüchtet.  Im  Hügellande  des  Braunviehgebietes  werden  zwar  (früher  mehr 
al«  jet'Ät)  Zwitter  (Zwike)  aufgezogen,  nämlich  die  anseheinend  weiblichen  Thiere 
bei  Zwillingsgeburten  beiderlei  Geschlechtes,  Diese  , Zwike-  t,ind  unfruchtbar, 
werden  bedeutend  sehwerer  nnd  grOßer  als  die  Ktthe  nnd  ha1)en  eine  schneller« 
Gangart,  ttberhanpt  lebhafteres  Temperament  als  die  Ochsea ;  sie  eignen  sich  deß» 
halb  als  Arbeitsthiere  vorzttglich,  werden  aber  von  den  Metzgern  nicht  {>ehr  gesacht. 

Kbf  nsowenig  wie  cioseitig  anf  Arbeit,  wird  einseitig  aaf  Fleisch  beaw. 
Frühreife  hin  gezüchtet. 

Iii  der  Westschweiz,  namentlich  in  einigen  Gegenden  des  Waadtlandes,  hat 
man  awar  englische  Znchttbiere,  Torsttglich  der  Dnrhamraase,  eingeführt,  tun 
dnroh  Kreuzung  aus  dem  Landvieh  frühreifere  Thiere  zu  endelen.  Die  ersten 
Kreuzungen  befriedigten  so  ziemlich,  die  fnlL:enden  Generationen  aber  »»ebnn  nicht 
mehr.  Diese  Erfahrung  kann  nicht  befremden,  >>eit  man  weiß,  daß  Fnilireife. 
keine  Rasseneigeuschaft  ist,  sondern  das  Ergebniß  einer  mit  entsprechenden  Thiereu 
von  Jngend  anf  darohg^tthrteu ,  unnnterbrochenen  intenaiTen  EmShrong  bei 
mäßiger  Bewegung.  Dadoreh  wird  ein  ununterbroehcnes  Wachsthum,  eine  raschere 
Ausbildung  des  Knochengerüstes  oder  vielmehr  eine  flohnellere  Verwachsung  de« 
Mittelstuckes  der  niitMlerknochen  mit  deren  Endstücken  (Apophys(m)  erzielt, 
welche  drei  Stücke  im  jugendlichen  Alter  durch  in  siedendem  Wa.s.ser  lösliche 
Enorpelmasse  verbanden  sind.  IHe  Gliederknooben  kennen  nur  so  lange  wachsen, 
als  noch  diese  Knorpelmasse  vorhanden  ist.  Bei  frtthreifen  Thieren  sind  deßhalb 
die  Knochen,  namentlich  die  der  Glieder  nnd  des  Schädels,  kleiner  und  die  Wirbelsäule 
kürzer  al^  bei  spätreifen*  das  Gebiß  entwickelt  sieb  bei  erstem  eli'nf.ills  selnieller. 

Die  Anlagen  zur  Frühreife  können  allerdings  ererbt  nein.  Die  sclion  bei 
der  Geburt  kurzglicdrigen  „gestokten"  Kälber  werden  von  den  Mästern  den 
wttchsigen,  schlanken  Thieren  für  die  Milchmaat  vorgewogen.  Die  Frühreife  selbst 
ist  aber  stets  das  Ergebniß  einer  ununterbrochenen  eiweißreichen  Ernührnng. 

Unser  Fleckvieh  würde  sieh  vorzüglich  auf  Frühreife  züchten  und  aus- 
nützen lassen  und  es  i.st  al^^olut  unnöthig'.  zu  diesem  Zwecke  nach  fremden  Vieh- 
schlägen zu  greifen.  Auch  aus  Braunvieh  und  zwar  von  den  miluhreichsten, 
feinsten  Kttben  hat  Verfosser  in  den  sechziger  Jahren,  ohne  es  sn  woUetti  früh- 
reife Rinder  eraogen,  welche  in  ffane  merkwürdifter  Weise  dem  Körperbau 
nu'-h  (U-m  Durhamvieh  nlim-Uoi.  Damals  lag  die  einschlSgige,  lAndwirthsehaftlichs 
Wissensehaft  noch  in  den  Win  lein  und  die  Lehrbiiebcr  *Mnpfablen  noch  allgemein 
möglichst  reichliebe  Ernährung  der  jungen  Thiere.  Durch  Befolgung  dieser  lichre 
erhielt  er,  wi«  go.iagt,  frühreife  Fleischtbiere,  welche  zur  Arbeit  nichts  und  als 
Milohthiere,  trotz  Abstammung,  nicht  viel  leisteten.  Die  Aafsuohtskosten  waren  ent- 
sprechend größer  nnd  der  ErlBe  die  Hülfte  geringer,  als  wenn  diese  BasRenkälber  in 
laudesübiioher  Weise  zu  guten  schweren  Müchthieren  anfgezogen  worden  wären. 


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—    »Bl  — 


Das  zuverläHöigste  Kennzeichen  einer  guten  Milchkuh  findet  man,  caeteris 
paribus,  an  der  WirbeUäule.  Je  iSrger  und  feiner  die  Wirheiknochen  und  die 
zwischen  denselben,  uamentlich  an  der  Schwanzwurzel  fühlbaren  Vertiefnogen 
«ind,  desto  länger  ist  der  Bnutkasten,  desto  breiter  sind  die  BippenswiMlMn* 
rSnme  and  desto  noharer  kann  mui  das  Iwtreffende  Thier  ak  ein  gatos  Milch- 
thicr  ftnBprocheii.  Ein  solcher  Bau  wird  aber  bei  fbrtwRhrend  sehr  intensiver 
Ernährunf?,  wir  wir  oben  geselu  n  luiben,  creradezn  verunmöplioht.  es  sei  denn, 
es  werde  damit  sehr  viel  Körperbewegung  verbunden,  wie  dies  beim  Weidgang 
auf  ileu  Alpen  der  i'all  ist.  Beim  Weidgang  ist  über  eine  strtü/e  reiche  Er- 
nShmng  schon  der  Witterungs-  und  VegetationsTcrbSltnisse  wegen  ausgeschlossen. 

An  vielen  Betspielen  aas  der  Erfkhmng  könnte  nachgewiesen  werden,  daß 
es  möglich  ist,  //ro/v»,  srhioere,  milchrekhe  tind  arbciijtfähif/c  Thierkörper  zu 
/.lichten,  d.  h.  hohe  Milch-,  Fleisch-  und  Arbeiti'prodtrktion  in  einem  Thiere  zu 
vereinigen  und  wir  betrachten  diese  Vereinigung  ul»  das  richtigste  Zuchtziel,  sei 
•w  für  den  eigenen  Bedarf,  sei  es  fttr  dm  Export ,  denn  derartig  gezogenes  Vieh 
muß  dne  gnte,  gesunde  Eonstitotion  haben  nnd  es  eignet  sich  in  alle  VcrhKlt- 
niese.  Frithr^fe  dagegen  IKßt  sich  mit  diesem  Zuchtnel  nicht  verbinden;  sie 
kann  nber  erreicht  werden,  wenn  die  Verhältnisse  diese  einseitige  Leistung  sweck> 
mäßig  er»cbeiucn  lassen. 

Thiere ,  welche  bei  guter  Fiitterverwerthung  möglichst  hohe  Leistungen 
nach  diesen  drei  Richtungen  versprechen  and  welche  auch  anf  Frtthreife  erzogen 
Verden  können,  seigen  fol^rndi  n  Kru  [)  rl^ciu:  Kopf  leicht,  namentlich  kurz,  Hörner 
leicht.  Enistkasten  nnd  Iliiiterliaiid  iiaeii  allen  drei  Dimensiorieri  möglichst  stark 
entwick'dt,  Lenden  iireit  und  nicht  zu  lanr,  Sehenkd  lan^j:  iiiid  tleisehif^,  Hprnng- 
gt^loiik  breit  und  flach,  ächienbein  und  Klauen  kurz  und  krutiig,  Haut  uicbt  zu 
dttnn  aber  weich,  Haar  fein  nnd  glänzend.  Die  Heßergebnime  in  Verbindung 
mit  den  Pnnktirtabellen  zeigen,  daß  die  Preisgerichte  mit  dieser  Anschauung 
einverstanden  sind,  und  die  Maße  der  angeblich  besten  und  der  tjchlechtcstcn 
Milchkühe  beweisen,  daß  ein  breiter  Brnstkn^ten  kein  Rinderniii  fiir  die  Miich- 
ergibigkeit  ist,  wie  das  noch  hin  und  wieder  Ltdiauptet  wird. 

Thiere,  welche  die  obenheceichneten  Eigenschaften  und  Anlage  snr  Miloh- 
«rgibigkeit  besitzen,  nennt  man  mit  Becht  »chün ;  denn  sch5n  und  gut.  besiehungs« 
weise  zweckmäßig  sind  bei  dem  richtigen  Thierzttchter  gleichwerthige  Be- 
griffe. Es  ist  Tinn  merkwürdig,  daß  Ix  nie  Massen  auch  in  Bezug  auf  die 
Schönheit  der  Thiere  ho  stieuilieh  in  gleichem  Hange  stehen;  denn  di*»  eidg.  V'or- 
sehaukommissionen  für  die  Neucnburger  Ausstellung  fanden  unabhängig  von  ein- 
ander bei  beiden  Bassen  fast  genau  gleich  viel  aussiellungawttrdige  Thiere,  nfimiich 
Je  247 — 250,  während  für  jede  Basse  300  Stttck  Tom  Ansstellnngskomite  vor* 
gesehen  waren. 

Man  könnte  z.v.ir  einwenden,  es  wiiren  noch  iiunderte  vuu  aui*«tellnng8- 
wUrdigeu  Stücken  im  l^ande  vorhanden  gewesen,  welche  aus  diesem  oder  jenem 
Orunde  dm  Torschnukommiseionen  nicht  vorgestellt  worden  seien.  Dies  kann 
nicht  bestritten  werden  und  wird  wohl  fiir  beide  Ra^i-xen  ziitrefTeo,  namentlich 
aber  fiir  das  Brannvich,  dessen  Gebiet  weiter  vom  Ausstellung>urte  entfernt  lag 
nnd  fiir  welches  das  Aosstellen  entsprechend  größere  Opfer  erforderte  als  beim 
i'ieckvieh. 

Sehen  wir  uns  noch  schnell  die  Fehler  an,  welche  die  beiden  Vorachaa- 
fcommiesionen  bei  unserer  Viehzucht  haupt^hlich  vorfanden.   Der  Bwieht  aber 

die  Vorschau  beim  Fleckvieh  findet  in  der  Nordost-  nnd  Zeutralsehweiz  mehr 
Formen-,  in  der  Westsohweiz  dagegen  mehr  Kasscofehler.    Unter  den  Formen- 


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'662  — 


Viehzucht 


fehlem  sind  es  anersoycHn,  uümeutlich  der  Senkrücken  oder  Nierenttchlag, 
eine  Folge  der  FUtterung  avu  hoben  uod  schrägen  Raufen,  dann  geriuge  Muakcl- 
nod  SehneiiMitwicklttiig  in  Folge  tod  Sohkmpeltttterang.  Ab  angeborene  FehUar 
Migen  aioh  bäuilg  hoher  SohwMiMiuats,  so  wenig  brätee  und  fladiee  Sprung- 
gelenk, zu  8cliw<  i  e  Köpfe. 

Bei  der  Bniunviehzucht  spielt,  die  Farbe  bekanntlich  eine  groüc  uder  viel- 
mehr eine  zu  große  Kolle.  13  "/o  der  für  die  Ausstellung  aiigemuldi^ten  Thiere 
worden  wegen  m&Qgelhafter  Farbe  at^ewieeen.  Unter  den  Körperfehlem  bilden 
sobleoht  genchlossene,  steile  Schaltern,  flache  Rippen,  eingeschnürter  Gurt  und 
t-chwacher  Rücken  in  vielen  Fftilen  den  Grund  auf  Abweisung.  Ueberbildung- 
in  der  einseitigen  Zuehtricbtting  auf  Milchfrgibi«ikcit  i^t  die  Ursache  die^rr  Fehler. 

Das  Zentrum  der  beeilen  Flerkvichsuchl  ist  das  äimmen-  und  SaanentUal 
im  Bemer  Oberland.  Das  beste  Braunvieh  wird  im  Kanton  Schwyz  nnd  in  eeiaBr 
Umgebnng  aofgeaogmi.  In  beiden  Gegenden  leigen  gleiehe  Ursachen,  gleidie 
Wirkungen.  Die  Wahl  der  zur  Aufimcht  bestimmten  Kälber  ist  eine  sorgfältige; 
neben  der  eigenen  Zucht  finden  sowohl  im  Siromentbal.  wie  im  Kanton  Sch'.TA'Z. 
die  Züchter  eint;  reiche  und  gute  Auswahl  au  Kälbern  in  den  lieuachbarteu  üe- 
bietcn.  im  Frühjahr  werden  die  fetten  Tliulwieüeu  abgeweidet^  dann  steigen  die 
Thiere  in  die  Yoralpen,  nachher  in  die  Alpen,  ^on  da  wieder  snrttck  in  die 
Yoralpen,  um  schließlich  auf  den  Tbalwiehen,  wo  inzwischen  das  feioe,  krafdge 
Aetzheu  und  da:«  Kmd  geemtet  wurde,  noch  das  Uerbstgras  abzuweiden. 

Die  jungen  Thiere  erhalten  somit  während  des  glänzen  Jahre«  ein  überaus 
leicht  vcrdauliohosi  weil  atets  junges  und  damit  ein  sehr  nähiHtoiVreiches  Futter,  ver- 
bunden mit  viel  langen*  ood  kitrperkräftigender  Bewegung  im  Frden.  Ein 
konzentrirtes«  leicht  Terdanliobee  Futter  mit  nel  Körperbewegung  ist  aber  absolut 
nSthig,  nm  Thiere  mit  dei  j«  iiiL'cn  Körperbildong  zu  erhalten,  welche  wir  oben 
kurz  geschildert  haben  und  welche  kotubinirte  ^-oße  Leistnnfjsfihigkeit  verspricht. 
Bei  voluminösem,  schwer  verdaulichem  Futter  weitet  sich  die.  Mittelhand  auf 
Unkosten  des  Brustkastens  und  der  Kachband  zu  stark  aus,  der  Körper  wird 
nngenttgend  emSbrt,  erreicht  somit  nidit  die  mögliche  Aosbildung.  Auf  diese 
Weise  kann  man  wohl  Milchvieh  aufziehen;  die  Ktfrperkraft,  das  Kdrpeigewicht 
Ond  die  Widerstandsfähigkeit  leiden  al>er  darunter. 

Auf  Seite  2  ist  angefllhrt  worden,  daß  Protej^sor  Krämer  den  Kxpdrt  an 
Vieh  uud  Fleisch  aus  dem  Kind  Viehbestände  der  Schweiz  aut  Fi*.  24,Ii^ii,84d 
oder  auf  ca.  8,s  7o  jährlichen  Geeammtuutmu  dieses  Bestandes  berechnet. 
Ueber  den  Export  an  Jüttdiri^  gibt  die  amtliche  Waarenverkduastatistik  folgen- 
den Au&ohluß: 


o. 

£zporl  von  Scblachtvieh  im  Gewicht  von  150  kg  uud  darüber 

nach 

1885        1886  1887 

1888 

1889 

Deutschland 

Slnctc 

lö.rrvt     14.1)36  10.4:53 

11,295 

1 1 .2?'^ 

I2,«)r.I 

Werth  Fr. 

6,477,0-10  6,810,000  ü,76^,H4t  4,i3äfi4:i  4,326,023  4,707,48» 

Oesterreich 

Stocke 

m         168  53 

33 

5 

84 

Werth 

n 

4n,220     47,000  iijm 
^,üü8       2,297  1,310 

14,420 

1,430 

23,200 

Frankreich 

Slficke 

402 

323 

1,38»5 

Werth 

ff 

1,001,988    826,000  488,35S 

134,608 

117^5 

5l3JU',r, 

Italien 

Stücke 

Hl      :i,m  i/>H7 

20.") 

1.759 

Werth 

m 

148,626  1,021,000  1^48,8'JO 

247,000 

67,485 

516,720 

Belsen 

Stocke 

70      ^  - 

Werth 

» 

6^60 

Holland 

Stücke 

Werth 

n 

l^OO 

240 

Total  Stacke 

I8,»;!2'J      -J(».Si«J  15.883 

12.3S(» 

11.7(i8 

15.894 

^     Werth  Fr.  6ß96j868  7^704^00  6^38,018  4fi86^170  4fil4^23  6,790,075 


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Viehzaclii 


—    363  — 


Viehzucht 


Diese  Ausfuhr  bettteht  zum  weitaus  größten  Theile  aus  Kühen.  Im  Jahre 
1880,  wo  die  Position  „Schlachtvieh  vou  löO  kg  und  darüber"  getrenot  wurde  in  : 
1)  OohsM  nd  Stiere  geiekuifUt  nnd  2)  Kilhe  and  Binder  geechanfelt»  bertuid 
d»  Ausfuhr  der  1.  Kategen«  «ae  mir  1198  Stfiek,  der  2.  Kategorie  dagtgen^ 
Mt  10,448  Stttek. 

0.  Export  von  Nutzvieh  im  Gewicht  von  150  kg  und  durüber 


Bmttu 

1885 

1886 

1887 

1888 

1889 

■WHISBUnUlU 

•J.ÜK) 

G.625 

7,597 

9,113 

8,154- 

Werth  Fr 

ww       www   A  r  * 

Sj666jS00  SjOSLOOO  2,478,666  2,631,472  3,654,769 

2,876,r>oi 

Oesterreich 

Stücke 

783 

893 

1.58.3 

433 

244 

787 

W.rfh  , 

29.^^.018 

319,000 

52r>,():i>; 

Ü8,6t7 

275,844 

Frauiu-eich 

Stücke 

8.129 

7,407 

5.396 

5,290 

5,355 

6.311 

Werik  , 

3,270,918  2,840,(m  2,ttt,9M  9,091,958  2,135,734  2,489,908 

n»IieD 

Stru-ke 

22,486 

7.*;33 

10.172 

7,335 

11,342^ 

Werth  , 

öt46öJli8  1,70$,000  lfi50M54  aj6jt,614  lJB96Mt  2/f94^6 

Belgien 

Stfieke 

t8 

4 

Wtrth  , 

iBfiOO 

.1,6  iV> 

Spanien 

Stücke 

97 

105 

128 

171 

lOO 

Werih  , 

90fi00 

6B,0OO 

89,999 

RnOand 

Stücke 

2 

:) 

Werth  , 

10,000 

2,000 

2,40Q 

Yer.  Staaten 

Stücke 

4 

Wrrth  ^ 

lopno 

ifioo 

Centr.  Auierika  Stücke 

3 

18 

66 

17 

Werth  , 

8fiOO 

»4J00 

BrasiUen 

Sfückfc 

2 

9 

2 

Werth  , 

1,000 

7,600 

1,72Q 

iilinlkm.lMi 

r  Stücke 

m 

13 

Z 

Werth  , 

8,400 

1,680 

Total  Stücke 

39,557 

2r.,971 

21,290 

23,512 

22,300 

20,727 

,     Werth  Fr.  11,774,054  7,988,000  6,847,431  7,637,893  7,792,661  a,i08ßl8 

Naeh  Italien  nnd  Spanien  geht  anudiließlich,  nach  Frankreich  Torwiegend 
Biaunvieh.    Kach  Deatsohland  nnd  Oestenreich  wird  vorwiegend  Zachtvieh  der 

Fkckvi.hr.isse,  aber  auch  —  namentlich  nach  Deutschland  -  braune.vi  Milch- 
vieh exportirt.  Die  Ausfuhr  an  Braunvieh  überwiegt  auch  deßhalb  diejt^nige 
an  Fleckvieh,  weil  von  ersterem  nicht  nur  Zuchtthiere,  sondern  vieltach  ältere 
am  Kalben  eteheode  nnd  fiiadiabgekalbte  Hilehkflhe  tSx  die  Milchversorguog  der 
StSdte  gesnoht  werden.  Die  Anefohr  nach  Spanien  besteht  £ut  aoHohließlicK 
ans  Ilteren  Kfihen. 


c.  Export  von  Rindvieh  im 

Gewicht  von  00  — 

150  kg  (Jungrieh) 

nach 

1885 

1880  1887 

1888 

1889 

Deutschland 

Stücke 

7.1fi7 

7,i3*>  (i.aaa 

5.858 

6,306 

0,571 

Wtrth  Fr, 

66J,:ns 

727,000  648,706 

635,676 

795,788 

693,7fia 

Oesterreich.  . 

Stnrke 

314  199 

285 

292 

271 

Werth 

n 

31,109 

35,000  24,613 

.  52  027 

49,809 

o8,048 

Frankreieh .  . 

Stacke 

4,135 

4,031  1.072 

1,971 

«.790 

2,920 

Werth 

• 

610,415 

r,:!Rf>00  193,275 

23/,iir, 

378,536 

37f),268 

Italiea    .    .  . 

Stücke 

4,720 

liM'tl  933 

1,'J76 

3.0O5 

2,7iO 
361,931 

Werth 

■ 

691,893 

976,000  tS0^9 

947,904 

509,988 

Holland .  .  . 

Stücke 

12 

33 

9 

Werth 

» 

4,000 

6J600 

1,960 

Spanien .  .  . 

Stücke 

WerÜi 

• 

100 

90 

Andere  Lftnder 

Stacke 

18 

4 

TFerA 

• 

19JB00 

9,690 

Total 

Rfückti 

13,832  9,137 

10,125 

13.071 

12.495 

Werth  Fr.  1,799,545  1,576,000  996,963  1,172,521 

1,7416,721  1,458^50 

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inebzncht 


—    864  — 


Viehsncht 


d.  Export  von  Kälbern  bis  60  kg  Gewicht 
nach  1885      1886      1887      1888      1889  DircliKbft 

D«iitseMand    ....  Stfieke  6.740    7,900  7,64&  9,994    9,576  8,373 

W^rih  Fr.  170,973  807,000  163,673  206,772  197rs-j  f^>'.'  'J2n 

Oesterreich  Stücke  1,174       950  547  382       i.y  703 

•                                   Werfh  ,     ait894   26,000  16,688  10,147  186,668  43,977 

FVanknich  Stücke  5,231     5,969  i.Sfir,  5  0nR     l.ili  4,378 

Werth  ,    174^65  191,000  153,454  62,sy8  140,440  1  44,410 

ItaUen  Stücke  608      337  188  75        43  930 

Wrrifi  ,      la^l      7,000  3,492  1,708     1,103  nj.*i7 

Spanien  Slii*ke  15         16  28  —           11  14 

Werth  ,          710     1,000  720  —           230  532 

Total  Stürk.'  13.077    15,172    12.773    12.5()7    14,3G(i    13. ('.98 

Werth  Fr.  889,968  482,000  887,027  281,620  476,128  383^7 

Rekapitulatioil  der  durchsdinitllidien  Jiilire>,iu^:fuhr  pro  1885—89,  Werth 

Sctolactotrieb     NnUvieh       Juugrioh         K  Alber         Total  o;„ 

Ob«  tas  k«  ttbwifiokv  ao-isok«  u«  so  k«  wmu 

D(ulMlil;iti<l    .    .   Pr.   4,707.489  2,876,501  fi'.>:!,70.'?  189,220  8.406.913  52.7 

Oesterreich.    .    .    ,         23,200      275,Si4  ob.tii.S  43.977       381,009  2,4 

Frankreich  ....       513,066  2,4S9,9(>8  370.2<i8  144,410  3,518,252  21.» 

Italien                              540,720  2,694.585  351,231  5.1S7  3,597.723  22,4 

Uebrige  Länder  .     „           .5.600        71.180  4,.')00  532         81,812  O.e 

Total    Kr.    5,796,675   8,408,018    1,458,350   383,327    16,046.370  100,o 
*/•  86,1         59.«  9,1        S,«  100,« 

Staatliclie  ferdevuiig  der  Bindviehsnekt.  Das  Rindvieh,  wie 
die  meisten  Haustbiere,  lebt  in  Felygamie;  der  Einfloß  des  Zncbtatieres  anf  die 

Zucht  ist  deßhalb  am  so  "'Hei  mal  größer  als  derwelbe  mehr  Kachkomraen  erzeugt, 
als  il:i.s  weibliche  Thier.  Die  Aufzuchtskosten  des  Zuchtstieres  sind  höher  als 
die  de»  weiblichen  Thieres;  «eine  Haltung  ist  gelahrlich.  Neben  der  Zucht- 
leistuQg,  welche  nur  gering,  nämlich  mit  ein  bis  itöciislcns  drei  Franken  per 
Sprang  besaUt  wird,  bietet  der  Stier  aar  Nutxen  als  Arbeitstbier;  sein  Fleisch 
ist  nicht  beliebt;  dasselbe  wird  meistens  an  WOrsten  verwendet.  Trotz  der 
giußi  ii  Zahl  männlicher  Kälber,  aus  denrn  mnn  aiiswählni  küiiii,  trelin^'t  es  vcr- 
haltnii.iniiiljig  selten,  annähernd  tadello>i'  Zuolit.stier»'  inifzuzicben;  tiir.-elhen  «ind 
deßhalb  im  zuchtfähigen  Alter  sehr  gesucht  und  sie  werden  zu  hohen  Pieiäen 
in's  Ansland  abgeführt. 

Diese  YerhiUtniBse  und  der  sehr  aertbeilte  Grundbesitz  unseres  Land«  s,  welcher 
es  nur  ganz  wenigen  Landwirthen  ermöglicht,  die  Zeugungski  äff  tiiug  Thieres 
fiir  ihr  pipfrifs  Yieh  voll  auszunützen,  la^jien  die  Zuchtstierhaltuiit;  überall  als 
eine  mehr  oder  weniger  große  Last  erachinnen.  Schon  im  Mittelalter  »orgtea 
deßbalb  die  Landesherren  and  kirchlichen  Stiftungen  fUr  die  FSrderung  der  Thier- 
sacht}  indem  sie  selbst  die  männlichen  Tbiere  (den  «Wuocher")  nt  Gunsten  ihrar 
Untertbanen  und  Lehensleute  hielten  oder,  indem  sie  Lehonhöfe  (die  sogenannten 
Kehlhöfe)  mit  dem  Hervit t;te  belasteten,  fllr  die  Umgebung  Uengste,  Zuohtstiere, 
Eber  und  Böcke  zu  halten. 

Wenn  der  moderne  Staat  die  Haltung  der  männlichen  Zuchtthiere  duroh 
Gesetie,  Verordnungen  nnd  Geldprämien  begünstigt,  so  folgt  er  somit  nar  in 
anderer  Form  dem  Beispiele  seiner  BecbtsvorgXnger  ans  der  Feadalseit. 

In  Ii  ■  Aufgabe  der  Förderung  der  RindTtehzucht  theilen  sich  1  i  ms  der 
Bund,  die  Kanione,  (IcmeindeH^  und  in  neuerer  Zeit  auch  (i  -  n-'^sscu^'  halten. 

Bs  würde  zu  writ  fiilirfn.  wenn  wir  hier  die  Wirk^-miiki  it  il<r  Kuif/me 
auf  dem  Gebiete  der  Kiudviehzucht  auch  nur  in  großen  Zügen  zur  Darstellung 


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Tiefaracht 


—    865  — 


Vidimefat 


bringen  wollten.  Es  mag  genügen,  zn  sagen,  daß  mit  Aasnahme  der  beiden  Städte- 
kantone Basel  uihI  (ieuf,  iu  allen  übrigen  Kantonen  <\\c  Haltung  von  guten  Zncht- 
•  ütieren  mit  Prämien  unterstützt  wird,  daß  in  vielen  derbelbeu  nur  mit  Htaatlicli  auer- 
kannten  Stieren  gesttobtet  werden  darf  und  daß  einige  Kantone  ihre  Gemeinde» 
gesetzlich  verpflichten,  eine  bestimmte,  im  Verhftltniß  sum  weiblichen  Viehbestände- 
stehemlt^  Anzahl  geeigneter  Zuchtstiere  zu  stellen.  Die  meisten  Kantone  ^Smiien 
ebenfalls  jährlich  die  schönsten  KUhe  und  Rinder. 

£iu  größere»  Interesse  bietet  die  Thätigkeit  dos  Bundes  auf  diesem  Felde,. 
w«l  dnreh  dieselbe  die  Wirksamkeit  der  Kantone  weseatlieh  beeinflnftt  worden  ist«, 

Wenn  wir  absehen  von  den  intemationalen  Yidiaaiatellnttgen,  deren  Besnch 
unterstützt  wurde,  von  den  schweizerischen  landwlrthschaftlichen  AtMSteUnngen^ 
für  welche  die  Prämiengelder  geliefert  wurden  und  von  den  Prämirnngen  dps 
Gebirgsviehes ,  so  hat  der  Bund  erst  seit  dem  Jahre  eigentlich  in  die 

Förderung  der  Kind  Viehzucht  mit  eingegritfen. 

Im  genannten  Jahre  stellte  die  BandesTersammlung  dem  Bnndesrathe  einen 
Kredit  von  30,000  Fr.  zur  „Hebung  der  Bindviehzaeht*  snr  Yerfligung.  Auf 
den  Antrag  einer  Kommission  von  Fachmännern,  worunter  wir  uls  AntnigstelltT 
den  vielverdienten  Lnndammann  />r.  Fri>tlrK-h  vnn  TsThnrli/  sei.  vmi  St  (Tiillen 
hervorheben,  wurde  beschlossen,  es  sei  diese  Sumiue  nach  Mußgabe  der  Zahl  der 
Zaolitstiere  denjenigen  Kantonen  in  Anssioht  an  stellen,  weldko'  einen  nündestens- 
ebenso  hoben  Betrag  für  die  Prämirung  der  besten  Zoohtstiere  verwenden  und 
anter  der  Bedingung,  daß  diese  Zuchtstiere  mindestens  10  Monate  yom  Tago- 
der Prämirnng  an  gerechnet  zur  Zucht  im  Inlande  verwendet  werden. 

Die  Wirkung  dieser  sehr  bescheidenen  Summe  und  dieser  an  ihre  Aus- 
händigung geknüpften  ungemein  einfachen  Bedingiing  war  sofort  eine  derart 
gOnstige  nnd  allgmnein  aoodEaante,  dafi  im  Jahre  1884  die  Bundesversanunlang* 
in  den  BundesbcMohlnß  betreffend  Hebnng  der  Laadwirthsdiaft  folgenden  Artikel 
(ö)  aufnahm: 

,In  das  eidgtaiüttJiische  Budget  wird  alljähriich  ein  Posten  zur  Hebung  und 
Yerbesserung  der  Hindviehzucht  von  mindestens  100,000  Fr.  aufgenommen  werden. 
Deraelbe  soll  haaptsXohlich  aar  FSrdemng  einer  geordneten  Znohtstierhaltnng^ 
in  deti  Kantonen,  aunuahmsweise  auch  zur  Untersttttsnng  einer  schweizerisehea 
Betheiligung  an  au?<ländiachen  RiniK iehausstellungen  verwendet  werden." 

„Der  ßunilesnith  wird  die  liedingungen  feststellen,  unter  denen  die  Unter- 
stützungen aus  dem  genannten  Kredite  verabfolgt  werden." 

Diese  vom  Bnndesrathe  anfoustellenden  Bedingungen  blieben  sieh  in  der 
Folge  und  iu  der  Hauptsache  gleich.  Es  wird  verlangt,  dal^  die  Kantone  ein» 
mindestens  ebenso  hohe  Summe  wie  der  Bund  für  die  Prämirung  derjenigen 
hebten  Zuchtstiere  verwenden,  welche  vom  Tage  der  Prämirung  an  mindestens 
während  10  Jllonatea  zur  Zucht  im  Laude  verwendet  werden. 

Die  mto  meßbare  Wirkung  dieser  Kaßregd  war  eine  bedentoudo  Yer- 
mehrnng  der  Zahl  der  Zuohtstiere,  welehe  sieh  sohon  bei  der  Konkorrens  auf 
den  Schauplätzen  durch  die  vermehrte  Auffuhr  seigte.  WShrmid  im  Jahre  186G 
I0,3i')2  nnd  im  Jahre  1876  10,326  Zuiditstiere  gezählt  wurden,  ergali  die  eidg. 
Viehzählung  anno  Ibö*»  li5,^U)l  Stück  oder  nahezu  eine  S'^erdoppiung  der  während 
20  Jahren  fast  gleich  gebliebenen  Zahl. 

In  allen  Kantonen  ohne  Ausnahme  ist  das  Yerhältniß  zwischen  den  Znoht- 
stieren  und  den  weibliilieii  Thieren  ein  bedeutend  engeres  geworden.  Das  allein 
i.st  ein  ganz  bedeutender  Vortheil  Tür  die  Landwirthsehaft ,  denn  der  Nutzen  der 
Kühe  hängt  bekanntlich  daron  ab,  daß  sie  regelmäßig  trächtig  werden. 


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Tiduttcht 


~    366  — 


Viehxaeht 


Je  inrlir  Ziiclitstiere  vorhanden  sind,  desto  größer  ist  die  Wahnolieinlich- 
Iceit,  daß  die  Kühe  und  Rinder  fruchtbar  bedeckt  werden,  desto  bessere  Auswahl 
unter  erstem  kann  man  treft'en  und  desto  eher  ist  es  möglich,  tingeeigaete  Stiere 
Ton  der  Zucht  auszuschließen.  £8  darf  behauptet  und  kann  an  Hand  der  eidg. 
yiebzKhlangen  meiigewieBen  werden,  daß  je  enger  das  Verliältniß  «wischen  der 
Zftbl  der  mSiralteben  und  der  weiblidieii  Binder,  desto  hiAier  der  Stnid  der  Vieh- 
mxht  einer  Gegend  ist.  —  AUerding  i  t  dieses  enge  Verhältniß  sowohl  üraacbe 
als  «ugli'ic  h  auch  Wirkung  einer  gehobenen  Vielizncht ,  indem  viele  und  gute 
Zuchtstiere  eine  gnte  Zucht  bedingen,  nnderseits  auH  einer  guten  Zucht  die  Zucht- 
stiere gesucht  und  folgliuli  deren  uitihr  aufgezogen  werden. 

Bond  verlani^  ferner,  daß  die  Icantonale  und  eidgenOseiedie  Frtnrie 
Snsammen  per  Stier  mindestens  60  Fr.  betrage.  Diese  Sedingnng  ist  antgwteUt 
worden,  weil  in  einigen  Kantonen  die  Priiniiengelder  gar  zu  sehr  verzettelt  wurden, 
Wühl  in  der  irrthüinUchen  Ansieht,  man  könne  durch  bloße  Anfmnntening  helfen. 
Der  Zweck  der  Zucbtstierprämirung  ist  nach  der  Auffassung  des  Bundes  nicht 
•der,  die  Zttolitor  fitar  ihre  Znehtergebirisee  m  beloliDen:  denn  dadnrdi  wtirde 
•demjenigen  «der  hat,  noch  gegeben*.  Der  Bond  will  eonfiidi,  daA  die  besten, 
bexiebnngsweise  die  theuersten  Zuchtstiere  dem  Lande  erhalten  bleiben.  Diea 
können  nur  sehr  hohe  Prämien  bewirken,  denn  der  schönste  Znchtstier,  fWr 
welchen  im  Alter  von  1 7*  Jahren  vielleicht  Uber  1000  Fr.  erhältlich  gewesen 
wttren,  ist  später  hei  der  Abgabe  an  die  Schlaobtbank  nioht  mehr  wertb,  als 
das  gewShnliehate  Thier  von  gleichem  Gewichte.  Der  Besitser  mnß  folglich  ein 
bedeutendes  Risiko  tragen  nnd  an  dem  Werth  des  Zuchtstieres  jährlich  große 
Abselireibungen  machen.  Nur  entsprechend  hohe  Prüinit  n  siml  im  Stande,  den 
Züchter  zur  Aiifzneht  von  vielversprechenden  Htierkälbern  zu  veranlass-en.  welche 
sonst  geschlachtet  würden.  8ind  die  ätierkälber  aber  einmal  aufgexogeu,  so 
mOflsen  sie  mr  Zndit  verwendet  werden,  weil  sie  nar  dadareh  etwas  einsabringen 
im  Falle  sind  und  da  diejenigen  mittlerer  und  geringer  Qualität  nicht  in's  Aus- 
land exp ortirt  werden  können,  besteht  absolut  kein  Grund,  sie  noch  staatlich  zu 
präuiiren.  Die  Erfahrung  be^ltMtigt  aurh  das  GesHgte,  indem  diejenigen  Kantone, 
welche  die  höchsten  Stierprämien  verabfolgen,  z.  B.  Bern,  Scbwyz  und  Zug,  auch 
4vb  gehobenste  Yiehauohi  anfweisen. 

Ver&sser  ist  der  Ansicht,  daß  bei  den  schweren  YiehschUgra  beider  Hassen 
Stierpräniien  nnter  150  Fr.  vörkttugslos  sind.  Wenn  der  Bund  bei  .Aufstellung 
des  Minimums»  nieht  so  hnch  gegangen  ist,  so  geschah  die«  mit  Riiek-^ieht  auf 
die  kleinen  (iebirgsviehschläge,  wo  die  Verhältuitoe  wcsentlieh  anders  liegen. 

Höhere  I'rämien  haben  dann  aber  auch  zur  Voraussetzung,  daß  sie  iudivi- 
daell,  dem  Werthe  des  einxelnen  Thieres  entsprechend  ansgeriohtet  werden.  In 
grBßern  Kantonen,  wo  es  nicht  angeht,  sämmtliche  Zuchtstierc  auf  einer  Schau 
zu  vereinigen,  theilt  man  in  der  Regt-I  die  Prämien  und  die  Thiere  in  dici.  höch- 
stens vier  Klassen.  Es  kann  dabei  nielif  v<  rmieden  werden,  daß  in  »"iner  und 
derselben  Klaj^se  Stiere  gleichhohe  Prämien  erhalten,  zwischen  denen  ganz  bedeutende 
Warthnntemshiede  bestehen. 

Seit  in  dem  sogen.  „Pnnktiren*  ein  Benrtheilungsverfahrw  gegeben  ist, 
welches  —  man  mag  dagegen  einwenden,  was  man  will  —  von  tüchtigen ,  un- 
befangenen Faehmünncrn  angewendet,  erfaltruuf/sf/cmäß  zuverlässige  Ergebnisse 
liefert  und  welches  zudem  für  das  Ürtheil  des  Richters  ein  Kteliil  crtiguDgs- 
nnd  fär  den  ZUchter  ein  Belehrungsmittel  ist,  wie  es  kein  zweites  gibt,  besteht 
kein  ausreichender  Grund  mehr,  an  der  Eintfaeilnng  der  Thiere  nnd  der  Pritmien 
in  Klassen  festsnfaalten. 


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—    367  — 


Yiehsadit 


Damit  die  Kühe  iii\rl  Kinder  wälireiid  der  TViirrfiitterung  kalhfin,  beginnt  dip 
jährliche  Ziichtuii'jsperiüde  je  nach  der  Höhen lajije  (]er  betretfenden  Gegend  itn 
Januar  oder  Februar  und  sie  erreicht  auch  ihren  Höhepunkt  in  diesen  und  den 
DSobatfolgendtfii  Monateta.  Naeh  Mitte  Septem  bei*  und  hu  Oktober  finden  die 
BAnptriehmMrkte  und  auch  der  Hauptviehexport  etfttt  IMe  Znchtatien  -aolhe 
man  deShalb  vor  der  jährlichen  Znchtungsperiode  piXininin,  damit  der  Znchter 
weiß,  wohin  er  sich  mit  seinen  Kühen  und  Rindern  zn  wenden  hat.  Ferner 
Follte  man  verhindern,  daß  die  besten  jungen  Zucht«tiere  auf  den  Herbutvieh- 
jnSrkten  fUr  das  Ausland  aufgekauft  werden.  Diese  beiden  Ziele  sind  nur  durch 
-die  Pritmirung  im  H«fb8i  m  errciohen.  Der  Bund  bat  defihalb  ecbm  wieder- 
holt den  Wunsch  ausgefiproohen,  die  Kantone  möchten  Herbetachaoen  einflihfeil, 
lim  die  staatlichen  Beitrüge  zu  Gunsten  der  Viehzucht  wirks;nmcr  zn  mnchcn. 
Fast  alle  Kiinton*«  siii'i  tüespin  Wunsche  bereits  entgegengekommen  und  die  wenigen 
Stände,  welche  noch  i  ruitjuiirsschauen  haben,  dürften  diesem  Beispiel  in  ihrem 
eigensten  Interesse  wobl  bald  folgen. 

In  onserem  Fledc>  nnd  Brauinrieh  haben  wir  zwei  Viehrassen,  welche  allen 
vernünftigen  Ansprüchen  vollkcpnimen  genügen  und  welche  durch  sachverständige 
iSüchtung  und  Haltnng  noch  auf  eine  bedeutend  höhere  Stufe  durchschnittlicher 
Leistungsfähigkeit  gehoben  werden  können.  Das  Fleckvieh  dürfte  unter  Bei- 
behaltung seines  Gewichtes  and  der  gaten  Formen  noch  mehr  in  der  Hichtung 
anf  lÜldhergibigMt  veredelt  werden.  Beim  &aanvieh  ist  m  Terbttten,  daß  die 
vielerorts  etwas  einseitige  Zucht  auf  Milch  nicht  TJeberbildnng  und  Mangel  an 
Widerhtandskraft  zur  Folge  habe.  Die  Beobachtung  und  die  Meßergebnirtse  zeigen, 
daß  beide  liUüseij  genügend  Elemente  ft!r  die  Veredlung  in  der  angedenteten 
Richtung  durch  Inzucht  enthalten  und  dult  weder  Kreuzung  beider  Bassen  unter 
«icb,  noch  mit  fremdem  Vieh  nttthig  ist. 

Die  Gtenze  zwischen  dem  Braun-  ttnd  dem  Fleckvieh  ist,  wie  schon  Ein- 
gangs bemerkt,  keine  scharfe  Linie,  sondern  <inc  ziemlich  breite  Zune,  innert 
welcher  Minn-  nnd  planlos  gekreuzt  wird.  Kreuzuiig^:tbiere  kfl^nnen  zwar  ebenso 
^ute  ^'utztliiere  sein  wie  reinrassige ;  es  darf  sogar  die  Vermuthung  ausgesprochen 
werden,  daft  die  sehr  geenchten  hellfarbigen  Thiere  beider  Bassen  nicht  ohne 
eine  gewisse  Krenzong  entstanden  seien. 

Der  Züchter  in  den  Alpenkantonen  kauft  aber  nur  reinrassige  Kälber  und 
•der  Fremde  sucht  bei  uns  ebenfalls  nur  reinrassiges  Zuchtvieh,  weil  Kreuzungs- 
produkte keine  Gewähr  für  gute  Vererbung  bieten.  Die  Kreuzung  liefert  daher 
nnr  geringwerthige  Nachzucht,  beziehungsweise  die  Kreuzungsprodukte  sind  für 
■die  Nachancht  Terloren. 

Der  Bund  wünscht  deßhalb,  die  Kantone  möchten  dafür  sorgen,  daß  wenig- 
sten!« die  prämirten  Zocbtetiere  nnr  fUr  Ktthe  nnd  Binder  der  gleiohen  Farbe 

benutzt  werden. 

Die  Eriülluug  dieses  Wunsches  ist  durchaus  nicht  so  schwer,  wie  es  den 
Aniehein  hat;  aber  sie  TcrlaDgt  Zeit  nnd  planvolles  Handeln,  wenn  man  nicht 
bedeutende  Privatinteressen  unnöthigerweise  stark  schädigen  will.  Das  ganze 
Verfahren  läuft  nur  darauf  aus,  die  Grenze  zwischen  dem  Fleck-  und  dem  Bruiin- 
vieh  möglichst  ecLarl  zu  ziehen.  Jede  der  beiden  Rassen  enthalt  genügend  Thiere 
für  die  verschiedensten  Nutzungszwecke  und  für  die  verschiedensten  Besitz-  und 
YermSgensrethältnissc.  Wenn  das  Brannvieh  im  YerhSltniß  aom  Körpergewicht 
dnrchechnittlich  etwas  thenerer  beaahlt  werden  mnß  als  das  Fleckvieh,  so  steht 
dem  htthem  Preis  ein  erhöhter  Milohnntzen  gegenüber ;  es  besteht  nomit  kein 
Ornnd  ittr  einen  Landvirtb  im  Gebiete  der  Brannviehzucht,  Fleckvieh  ansoschaffen. 


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Viehzucht 


—  36Ö 


Viehzucht 


Aber  auch  der  Lan>l\virtlt  in  der  Nähe  der  Käsereien  und  der  größern  Ort- 
sdwIteiL  dee  Fl«okvibhg«jbieteB  findet  FleoUtlihe  genug,  welche  im  Milchertrags 
den  Braunen  wenig  nacfastehen. 

Eine  örtliche  Abgrenzung  beider  ßas.sen  kann  somit  niemanden  ernstlich 
schädigen,  wenn  sie  mit  Schonnutr  ''.'nrh^i-fülirt  wird;  liüchstens  wird  hin  und 
wieder  Privat liebbaberei  für  den  einen  oder  andern  8<"hla/r  dem  allg^emeinen 
Nutzen  geopfert  werden  mü&äen.  Dicker  Nutzen  bestellt  aber  hauptHächlick  daiiu^ 
daß  diejenigen  Gegenden»  welche  ihren  gemischten  Yiehetand  gegenwärtig  nar 
im  Inland  imd  zwar  nur  auf  bcHchrünktem  Gebiet  verhandeln  konnten,  ein  üandcl^ 
der  dattelbst  fast  ausschließlich  in  Uänden  der  Juden  liegt,  nacliher  dem  Groß- 
handel und  dem  Export  orten  stehen  werden  und  daß  die  Kuhkälber  an  die 
Züchter  in  den  Alpgegeaden  zu  ei)t»prechendeu  Preisen  zur  Aufzucht  verkauft 
werden  ktSnnen.  £•  ist  gewiß  nidit  gleichgültig,  ob  neh  der  ErlSe  aus  den  Kuh* 
Ulbern  Terdiei-  bis  Terfttnffacht,  abgesehen  von  dem  bOhern  Werth  defsetben 
fUr  die  eigene  Aufzucht.  Haben  die  kantonalen  Behörden  unter  Zuruthehaltung' 
aller  Umstände  nnd  Verhältnisse  die  ideale  Grenze  zwischen  beiden  Ramsen  ge- 
zogen, SU  besteht  die  erste  Maßregel«  um  diese  Grenze  nach  und  nach  zu  einer 
realen  zu  gestalten,  darin,  daß  auf  jeder  Seite  derselben  nur  mehr  Zuchtthiere, 
Zncfat&milien  und  Zuohtgenossenscliaftsbeetihide  der  betreffenden  Farbe  prftmirt 
werden.  Später  werden  alle  Zuchtsticrc  entgegengesetzter  Rasse  von  der  Zucht 
im  bi  treflenden  Gebiete  ausgeschlossen  und  schließlich  kommt  das  V«  rS"t  der 
Kreuzung  mit  Verhäitgung  entsprechender  Hiilien  im  Uebertretnng^lalle.  Immer 
aber  muß  die  Belehrung  der  Zlichter  über  die  Nuthweudigkeit  und  die  Nütz- 
liohkeit  dieser  Maßregeln  nebenher  gehen;  denn  es  ist  nicht  au  vergessen,  daß- 
am  wenigsten  in  der  Hepublik  wirthschaitliohe  Aenderungen,  seien  dicbclben 
noch  80  gnt  gemeint.  dmeligLführt  werden  können,  wenn  das  Volk  nicht  damit 
einverstanden  i-^t  Der  Buud  hat  denn  auch  bis  jetzt  unterlassen,  seine  Wilnsrhe 
als  Bedingung  an  die  Abgabe  seiner  Beiträge  zu  knüpfen,  wohl  weil  er  hoüea 
darf|  dieselbe  werden  ohnedies  in  absehbarer  Zeit  in  ErfOllung  gehen,  weäl  st» 
von  allen  Sachverständigen  als  voUatlbidig  gerechtfertigt  angesehen  werden. 

Gegenwärtig  beträgt  der  Beitrag  des  Bundes  für  Beiprämien  an  Zuchtstiere 
8  Fr.  per  Stück  oder  im  Ganzen  für  18,391  durch  die  Viehzälihmfr  vom  21.  April 
IH^6  uu«gewieseue  Zuchtstiere  147,128  Fr.  Kievoa  können  aber  jährlich  etwas 
über  10  '^jo  nicht  zur  Auszahlung  gelangen,  weil  stets  eine  Anzahl  prämirter 
Zuohtstiere  vor  Abfaraf  der  aasbedungenen  Haltefirist  von  10  Monaten  durch  Ver- 
kauf und  Tod  abgeht.  Der  Beitrag  der  Kantone  zum  gleichen  Zweck  ist  etwaa  > 
hHher;  dersrllu-  hetruj»  im  Jahre  1889  lVi^>J)?>'^  Fr.  Es  werden  mit  diesen 
Summen  jalirlicli  2nuu  bis  2100  Ziichtstiere  priiinirt.  \'un  den  Kantonen  werden 
noch  jährlich  über  50,000  Fr.  für  die  Pramirung  von  weiblichen  Thiereu  verwendet» 

Obwohl  der  Bund  sich  bei  den  Prämien  mit  naheau  der  Hälfte  der  be* 
treffenden  Summe  betheiligt,  ist  die  Prämirung  selbst  ausschließlich  Sache  der 
Kantone.  Tüchtige,  mit  der  nöthigen  Fachbildung,  vor  allem  aber  mit  angeborener 
Beobachtungs-  und  K<traf)inatiniistrahe  und  mit  Formen-  und  Farbengedäehtniü 
ausgestattete  Facbojänuer,  weiche  im  Stande  sind,  die  Prämien  so  zu  vertheilcn, 
daß  eine  Hochzucht,  wie  die  unsrige,  dadurch  wirklidt  noch  weiter  gefördert 
wird,  sind  so  äußerst  selten,  daß  die  Frage  wohl  erlaubt  ist,  ob  sieh  in  allen 
Kantonen  die  nöthigen  Kräfte  für  die  Preisgerichte  linden  und  ob  es  nicht  au<^ 
j^'czeifrt  \yl\r<\  interkantonale  ,Tnrv'-  aus  den  tt'irlitig>ten  Kennern  und  Ziiehtern 
zu  biiUeu.  Kieiiim-  IvLUitune  und  hultdie,  in  dmen  die  \'ieliziirlit  nwh  aui  eiuer 
tiefem  Stulc  steht,  düilien  jedenfalLs  gut  ihuti,  djese  t  rüge  urn^llich  zu  prüfen. 


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Viehsoeht 


—   869  — 


Einem  aafinerkBamen  Beobachter  wird  es  nicht  entgehen,  daß  oft  MilSgriffe  ge- 
macht and  Zuchtstiere  prämirt  werden,  welche  vuu  der  Zucht  eher  autizuschließeo 
wären,  iodeß  suidere  an  wesentlicher  Aenßerlichkeiten  wegen  leer  audgeheu,  ob> 
««hl  in  flmen  das  Fnndameiit  fttr  wmatliebe  YerbeMerang  dar  Zndkt  TOfhanden 
ist.  Die  Yiehsnclit  ist  ttbcrhanpt  ein  Gebieit,  auf  dem  der  tOditigele  imd  erliümiirte 
FachmaDQ  immer  noch  zu  lornrn  hat. 

Seit  1HS5  stellt  der  B  nnl  den  Eautonen  Beiträge  für  dir  Prnmir^tnn  dt>r 
bcshn  ZNrhtfnmif'cn  znr  \  t, !  fügnn«;.  Damit  Avird  bezweckt,  in  der  Folge  Zuoht- 
Hticre  zu  eriiaiteu,  dereu  AUotummuug  auti  »chöneu,  gesunden  uud  leiatungs- 
flliigen  Znohten  nadigewieeea  werden  kann  nnd  welehe  deßhalb  voraoanebtUoh 
ihre  Formen  und  Eigenschaften  treu  verarben.  Von  1890  an  werden  flr  dieae 
Prämirung  per  100  Stück  des  gesammten  Rindviehbestandes  5  Franken  und  im 
Ganzen  60,626  Fr.  zur  Verwendung  gelangen.  An  die  Verabfolgung  hat  daa 
eidg.  Landwirthschaftfidepartement  fulgetnlc  Bedingungen  geknüpft: 

Im  laufenden  Jahre  können  die  Prämien  den  besten  Zuchtfamilien  nur  zugesichert 
werden.  Die  Axiszahlnng  erfolgt  erst  im  Jahre  1891,  wenn  bei  der  alsdann  stattfinden- 
den Zurhlfiiiiulienprainirnn^i:  von  <len  BetreffeiKlen  wiederum  eine,  mit  der  in  diesem 
Jahre  prämirtea  verwandte,  prämiiiuigswürdige  Familie  aufgeführt  und  ein  zuverlftasig 
gefOhrtes  Znchtbnch  Torgewiesen  wird. 

Bereits  präniirte  Zucbtfninilion  dQrn  ti  nur  dann  wieder  prftmirt  Werden,  wenn  für 
dieselben  ebenfalls  ein  Zuchtbuch  richtig  geführt  worden  isL 

Von  den  zum  ersten  Male  konkurrirenden  Znehtfamilien  ist  ein  Nachweis  Aber  die 
AbstamnniniJ  nder  über  die  Verwandtschaft  nicht  nbsolut  nothwendip. 

Die  Rindvieh -Zuchlgeuossenschalten  haben  mit  ihren  Tbieren  um  die  Zncht- 
familienprftmien  /.u  konkurriren.  Es  darf  deßhalb  kein  Maximum  fOr  die  Zahl  der 
ThifTP  vr)rpr''si  liriL'l>cn  worden.  nn<  welcher  eine  ZuL'litf;iiiiiIie  he-tehen  *(>II.  Es  bleibt 
im  Gcgeullicil  den  Kaiitntit  u  Ireigestellt,  die  Kunkurn-n/.  um  ZuclittUmiiieuprämien  auf 
die  Zucbtgeno~-fu-(  li  iiii  n  zu  b&schrAnken. 

Tlii«Tc,  \vi  l-  |j,-  mit  crlioblirlien,  namenthcb  ini!  erldii  hen  Mänfrfdn  hf^la'^tet  sind, 
müssen  von  der  l'ruuiir iin;j  zurückgewiesen  wenlcn.  Für  die  Beurtlieiiung  der  als 
zuchttiiuglich  unerkannten  konkurrirenden  Zuihttamilien  und  Zuchten  der  Zuchtg«  iio<-en- 
st  h  iften  ist  das  Punktirverfahren  anzuwenden.  Fuiiulien,  welche  nicht  eine  bestimmte 
Miaitiialpunklzabl  per  Thier  erreichen,  sind  von  der  Prämirung  auszuschließen.  Je  größer 
die  Zahl  der  bereits  prftmirten  Generationen  ist,  von  denen  eine  Familie  oder  die  Glieder 
einer  solchen  abstamuieu,  eine  de^to  höhere  Anzahl  Punkte  soll  denselben  für  ,Nach- 
gewiesene  Abstammung"  in  der  Punkllrlabelle  Kegeben  werden. 

Tni  die  Bilduni.'  j,'roL>er  Zuchten  zu  be^rrinsti-^'eu ,  ist  die  Pramicnsurnrno  im  Ver- 
hältniß  zur  erzielten  Gesammtpuuktzahl  auf  die  prämirung^wOrdigen  Familien  zu 
Terthdlra. 

Die  PrXmimng  Ton  ZnehtfiuniUen  hat  ttherall  YentindnilK  nnd  allgeneme 

Anerkennung  gefunden.  Leider  kA  ea  nnr  grOßern  Grundbesitzern  mtfgliob,  Zneht- 
familien zu  griinden,  welche  genug  an«gezeiclinefe  Tliiere  zahlen,  um  anf  die 
Dauer  bentehen  zu  können.  Kleine  Zuchtlaniilien  sind  der  Gefahr  baliügen  Kr- 
löachens  ausgesetzt.  Aucii  darf  erw^ihut  werdeu,  daü  die  Zuchtregi^Ccriubrung, 
namentlich  die  Anfseiohnnng  der  Leistungen  der  Thiere  eeitene  des  Kigentbümere, 
der  dabei  in  höchstem  Grade  interessirt  ist,  nicht  diejenige  Garantie  bietet,  wie 
die  ZuchtbuchfUhruug  durch  einen  Unparteiischen. 

Da-s  Ziel,  welches  durch  die  Prämirung  von  Zu(  htfamilii  n  Einzelner  erreicht 
werden  will,  würde  df^her  viel  besser  verfolgt  durch  die  Prämirung  von  Familien, 
welche  gröJiern  Vereinigungen  von  Zuchtern  oder  sog.  ZuchUfeiMssenar/iaften  ga- 
bSren.  Der  Band  eetst  deßhalb  Primien  von  100  bi«  300  Franken  fttr  die 
Gründung  derartiger  Genoesenechaften  ans  und  er  wird  wabrsoheinlieh  das  Zu- 
standekommen und  die  £rfaaltung  derselben  in  Zukunft  noch  mehr  begünstigen, 
indem  die  Konkurrenz  um  Zuclitfamilienprämien  auf  die  Zuchtbestände  von  Ge- 


Teirtr,  Tonuwlrtbietafta^LMdkoii  d«r  Scbml*. 


84 


Viehzucht 


—    370  — 


Viehzucht 


niMUHeoscbaftBu  beHcbränkt  werden  dürfte,  was  zu  beschlieikn  die  Eaotoue  bereit» 

jBUt  flohon  beroohtigt  dnd.    6«genwlirtig  werden  die  Beiträge  für  Qrttnduug 

▼on  ZnohtganoeMfiedbsften  an  folgende  Bedingangen  geknüpft: 

Ojp  Zuchtgenosppn«chaftrn  welche  im  eidp.  Handflgregister  pinpelragen  sind  und 
sieb  um  derartige  Beiträge  beweuieii,  haben  sicii  durch  Vermittlung^  der  belreßcDdeQ 
Kantoiisregieniii|{eii  bei  dem  eid^'.  Landwirthschailsdepartement  anzutaeldea.  Der  An> 
meldnnp:  <Tind  die  StatoteD,  das  MitgUederreneictuiill  und  das  Zuchtbuch  der  Genossen« 

schall  beizulegen. 

Die  betreffenden  Genossenschaften  haben  mit  ihren  im  Zuchtbuch  eingetragenen, 
mehr  sih  oin  Jahr  alten  Thieren  jährlich  um  die  Zuchtfamilieni)räiiiieii  ihros  Katifons 
zn  koiikurrircn.  Die  Höbe  des  Buudesbeilrages  an  die  Koslea  der  Gründung  richtet 
sich  nach  der  Zahl  und  nach  der  Qualitüt  der  bei  dieser  Konkurrenz  prämirten  Tliiere. 

Genossenschaften,  welcbe  sich  vor  dem  fQnflen  Jahre  nach  Empfang  des  Bundes- 
beitrages wieder  auflösen  oder  deren  Zuchten  innert  dieser  Frist  bei  der  Zuchtfamilien- 

Sr<1minin^^  nicht  mehr  präniirt  werden  können,  haben  diesen  Beitrag  unter  soUdariscber 
iaflbarkeit  der  Genossen  wieder  dem  Bunde  zurückzu vergüten. 

Statistik  der  Einfuhr  und  Ausfuhr  von  Rindvieh. 
Nach  der  schweizerischen  Waarenverkelubstatistik 

sohnitt  der  Periode  1851/59  1860/69 

die  Einfuhr  von  Vidi  nach  Siüekxahl 

bis      40  kg  Gewicht  Stück    20,0:^2  7.710 


betrug  im  Jahresdurch- 
1870/79  imO/'Si  1885/89 


über  40 
bis  60 
von  60 
über  150 
über  IfiO 


Ö3,bü3  77,423 


2,001 
106,4^6 


993 
115,083 


bis  150  kg  Gewicht 
(Schlachtvieh)  .  . 
(Nutzvieh).  .  .  . 


4.340 
34,133 
39.&39 


Jahrlich  Total  Stück 
die  Ausfuhr  von  Vieh  nach  Stückeahl 

bis     40  kg  Gewicht  Stück 

Ober  40 
bis  r,() 
von  60 

über  160 

Ober  160 


73«99&  85,m  108,497   116,076  93,670 


bis  150  kg  Gewicht 
(Schlaebtvieh)  .  . 
(Nutzvieh) .... 


6.3U 
61,645 


7,751  11,845  9,766  — 

66.788  70,969  80,330  — 

_  _  _  n.n93 

-  -  —  12,495 

—  -  —  15,884 
"  -  -  16.717 


Jährlich  Total  Sfr  k   57,956   73.539     8J,797     00,096  68,814 


Die  Einfuhr  von  Vieh  nach  dem  Wtrth  und  nach  Bezngsl&ndcrn 


im  Jahre 
ans  Deutschland  Fr. 

,  Oo^t  erreich  , 
,  Iraiikreich  , 
,  Italien  , 
_    übr.  Lfmdeni  , 


1885  1886  1887 

8,588,573  11,0:22.000  7,888,570 
4,094,247  14,y7:{.(MM>  n.473,2r>0 
6,411.223  7.3(K),{MR>  14,222,730 
1,442,512  3,771,000  3,100,310 
4.550         3,000  5,0<X) 


1888  1889  Durcbschn. 
5,30:il32  4,77»J,453  7,515,746 
7.076,863  12,IMni'-.  in,()7!).r.7r, 
8.400,823  10,9l»6,2t)l  9,4(;7.3U."i 
1,163,365  4,566,116  3.206,683 
926        —  2, '195 


Total  Stücke  22,141,105  37,069,(KIO  36,r,S9.860  22,951.109  :^5,r,ni>,896  30,272,194 
Ausfuhr  {s.p.  36314)  20,659,430  17,700,000  13,714,487  13,628,104  14,02^,828  16,046^70 

Einfahr  von  Vieh  im  Jahre  18^ 


Sehlachtvieh 

Nutzvieh 

Jungvieh 

Kahii-r 


aus  Deutsehl.  Oesterreich  Frankreich 

Italien 

Total 

1  Stück  .  .  . 

1,609 

11,161 

13,509 

7,783 

45,061 

1  •  

47,0 

30,0 

17,2 

l  Stack  .  .  . 

8,101 

6,131 

6,531 

1,418 

11,391 

17".... 

36,7 

27,H 

6,4 

1  Stück  .   .  . 

4,717 

1,743 

15,452 

1,391 

14.304 

1  «0  .    .    .  . 

11,3 

e3,e 

5.7 

1  stück  .   .  . 

225 

172 

4,'  1  - 

166 

4,681 

1  .... 

4,9 

3,8 

til  ,7 

3.6 

Total  Stücke 

ir..7r>3 

3O,;{07 

39,.'ilO 

10,769 

96,339 

Total  Werth  Fr.  1,776,453  12,181,016  10,996,201  4,556,226  32,509,896 


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'Volkswirthscbafl 


—    all  — 


Waldbau 


TolkswIrtlwelMft  folgt  im  fliip|^leme&t|  weil  bis  dahiii  mOglidunraise  dia 
aenaiten  BernfincKUiingMTgBbiiiaie  yerwerlhlMur  werden. 

VoIkszKhlun^eii  siehe  den  Artikel  «Bevölkerung". 

\Va»r(M)verk(^hr  mit  dem  AuslandA  folgt  im  Supplement.  Siebe  «aeh 
<lie  Artikel  Auäfulir,  Einfuhr,  Handel. 

Waldbau  (im  Gegensatz  zu  Feldhau,  Grashau  etc.).  Verfasser:  Herr  Pro- 
ieaeor  Dr.  A.  Bttbler  in  Zttiioh.  Unter  den  EtseagDiMMn  des  Waldee  nimmt 
das  Hobe  die  wichtigste  Stelle  ein.  Im  Hoobgehirge  alli  nliiigs  wird  die  Wald- 
weide nnd  Waldhtreu  vielerorts  höher  veranschlagt  als  die  Hulzproduktion,  wril 
bei  den  großen  Waldflächrn  dns  Holz  oft  im  Lieherfluß  vorluiuden  ist  und  daher 
theilweise  im  Walde  v.erfault,  weil  ferner  der  Absatz  des  Holzes  iu  entferntere 
^fegenden  dnicb  die  boben  Traneportkoeten  eebr  enebwert,  für  viele  Lokalitäten 
unmöglich  gemacht  iet,  Andereraeit»  bildet  die  Yiehzncht  den  Haupterwerbraweig 
•der  Gehirgshevölkernng.  Die  natürlichen  Verhältnisse  des  Gehirges  beschränken 
aber  die  Ausdehnnng  des  Gras-  und  Weidelandes,  so  daß  fHr  ^nele  Gebirgs- 
gegenden die  Nutzung  der  Waldweide  bew.  der  Waldstreu  eine  Exihtenzbedinguug 
bildet.  Es  ist  also,  nicht  wie  in  andern  Ländern,  die  Erziehung  von  Holz  au8> 
eeblielUioh  der  Zwedc  dea  Waldbana,  aondern  wobl  fllr  die  Hllfte  aller  aobwei- 
-Serleoben  Wälder  muß  die  Erhaltung  und  Verbesserung  der  Waldweide,  in  ge- 
ringerem Grade  der  Waldstreu  eln  iifulls  als  eine  Aufgalie  des  Waldbaus  bezeichnet 
werden.  i)a  aber  die  VV'aldweidf  und  Waldstreu  an  das  VorhandensBin  eines 
Holzbestaudes  geknüpft  sind,  t>o  muii  aar  W^ulilbau  auf  Erzieliuug  von  Holz 
■aocb  dort  geriebtet  aein,  wo  die  Waldwaide  oder  Waldatreu  vor  dem  Boke 
den  Vorzug  erhalten. 

Der  Waldbestand  dient  endlich  in  manchen  Gegenden  dem  Schutze  vor 
Lawiiieu .  Steinschlägen ,  Abrutschurtgen  ?md  Ueberschwemmungen ;  ja  diese 
achützendn  Eigeiu»chaft  des  Waldes  kann  manchmal  so  wichtig  werden,  daß  die 
Produkte  nnd  der  Ertrag  dea  Waldea  voliatKndig  in  den  SKnteirgrnnd  treten. 
Diese  verschiedenen  Zwedke  des  Waldbana  —  Eraabung  von  Hiola,  BegUnatignng 
der  Waldweide  und  S'  h  tz  gegen  Terderhenbringetide  Naturereigniaae  —  prägen 
sich  in  der  Technik  de«  Betriebes  ans.  fliege  ist  jedoch  hier  nicht  Gegenstand 
der  Besprechung,  sondern  die  nationalökunumiscbe  Bedeutung  des  Waldbaus,  der 
nur  ein  Zweig  der  Bodenkultur  überhaupt  ist,  soll  im  Nachstehenden  erUrtert  werden. 
I.  Die  Ein-  und  Anafnbr  von  HoIe. 

Für  die  Richtung  und  insbesondere  die  Intensität  jeder  Produktion,  so  auch 
der  Holzproduktion  ist  das  Vc^rliältniß  zwischen  dem  Vorrath  und  dem  Bedarfe 
maßgebend.  Ks  erhebt  sich  daher  vor  allem  die  Krage,  ist  die  Schweiz  im 
^»tuiide,  ihreu  Bedarf  au  Huiz  selbst  zu  erziehen;  hat  nie  vielleicht  gar  einen 
üebersobnfi  von  Hob:  oder  iat  aie  umgekehrt  auf  Zufabr  der  NaehbarlSnder  an* 
gewiesen  ?  (Daß  nur  Holz,  nicht  auch  Weidegras  etc.  beim  aaawftrtigen  Handel 
in  Betracht  kommen  kann,  bedarf  keines  weiteren  BeweiscH.) 

Die  nachstehende  Tabelle  1  weist  die  Mnn;ie  der  Einfuhr  und  den  Werth 
der  Aua  fuhr  für  die  Jahre  18.51 — nach,  wie  sich  dieselbe  nach  den  Ver- 
dflSBntliobungen  dee  eidg.  ZoUdepartementa  ergibt.  Die  nenere  Klaasifliirnng  im 
Zolltarif  liwt  dob,  von  kleinen  und  nnweaentlieben  Positionen  abgesehen,  mit 
der  vom  Jahre  1851  an  üblichen  vereinigen ,  ho  daß  die  Uebersieht  einem 
.'59jährigpn  Zeitraum  umfaßt.  Leid«r  ist  Ids  18?Sö  bei  der  Ausfuhr  nur  der 
Werth,  nicht  aiu  h  das  Gewicht  erhoben  wurden,  so  daß  für  frühere  Jaiire  keine 
ganz  genaue  Bilanz  zwischen  Holz- Einfuhr  und  -Ausfuhr  gezogen  werden  kann. 
In  der  Tabelle  ist  nur  daa  Bobholz  aufgeführt,  da  die  verarbeiteten  Holzwaaren 


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Waldbau 


—    372  — 


Waldbau 


dem  Gewichte  nach  nur  einen  unbedeutenden  Bmchtheil  (2  */^»)  der  Einfuhr 
bilden.  Dagegen  sind  die  äteinkohlen  in  der  Tabelle  beigefügt,  da  sie  vielfach, 
aa  dia  StaUe  daa  Brennholaoa  ^tretaa  aind  und  tKglioh  daa  Qebiot  ihrea  yer> 
braaebea  aiah  anadebnt. 

EioMr  1851-1889  AufUir  1851-1889 


In 


I 


Zusammen 


i  Sc" 


S-S  «  Gewicht 
E  3  V 


Fwt- 
meter 
*6  q 


1 

e 
O 


ö  a"  2. 

•S  -f  X 

*  j* 

00   


8  i  'S 
Sc 

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3 

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's 

n 


1851 

lS6'i 
185.1 
18M 
1665 

l8:>r> 

1867 
18i8 
IW 
186f) 
1861 
lM3-i 
1863 
1864 
18«-..', 
18f.f. 
18.;7 
186S 
1869 
187<t 
1871 
1872 
1873 
1874 
1875 
187r. 


G77,J72  147,C75 
667.2r,0'l7I,Ü77 
Ci!1,2-.<<>  l'.'3,I02 
657.832  34)3.8321 


Fr. 


Fr. 


Fr. 


Fr. 


654. '.»JHl 
7H«,742 
»28.772 
8rn).227 
7wi.rtH2 
681.442 
74;t,'.i4" 
658,882 
C56.S27 
752.977 
712,732 
67'>.2C,7 
(;2'.'.t47 


227,422; 
207.f,(N> 
I7;»,6Ki  1 


825.247  137,541  13,147* 
83H.5N'  1. «9,751;  1 2,772 1 
^52.322  142,<>;.3  12.4951 
9r.l.r.tV4  H'.0.277  ir..32<» 
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231,64l 
257,250 
272,542 
275,407 

2:Kt,522 
245,475 
220,747 
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1.037,332  172,8>>9  14.452 

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149,831  23.842 

144.97  5  26,977 

1  ti  411  29,955 

141.415  28,t;57 

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931.MI7  576.:ti'.i'  1...I18.U.7  251. 3r,l  53,617  124,395 
1.002,937  '^5,11411  I.H^17,977  :i07.996  59,1 82 1 1 20,367 
1.12('.,S<i7,7'i5.lNO  I.S31,9'«7  :'(i5.33l  6|-,,412  94,035 
l,3r..'..:i|0  s-Jl.HS!»  2.19<1,N29  3r.5.13H  7S.11<I  101.5.-.O 

1877  1,127, .'.1.'  1.44.331,  1,771. H48  295, 'KW  S(i..!h0  h4,I68 

1878  I,16,'.,|57|  •s*<.2i;4  1,745,421  290.903  61, 15«*  .56,905 
1879'l,389.Sl5'  .94.3.59  1.984,174  3.30,695  ,52,M5  65,O10 
1880'l,35\8;,tV5;^>.205  1,949,06«  324.843  48.H49,  85,870 
18K|  1, 204,44s  573,(>IH  1,77VIH76  2;>6,.344  51,783!  76,19 


1882  1.142.320 


1883  1,1 -.<i,240  523,681 
IBM  l,2.56,89:i  574,236 


136,260 
lt".2,5j:. 

15:1, (115 
2 1 5.662 
244>,352 
278.940 
391,860 
.',45,475 
7W»,652 
1,135,4>'.". 
l,6<>4.ol7 
1,765,762 
1.772,325 
2,16,3,757 
2.647,312 
2,615,917 
2,541,577 
2,8  "6,162 
2,795,335 
3,20<»,797 
3,928.2;8) 
4,59I,2(MJ 
4,239,464 
4,628.774 
4.913,729 
5,748.371 
5,422,W« 
.'>.220.M>4 
5.65«,7(»3 
B,5.S2.623 
5.991.842 


526.81 3  1 ,669.1 33  278, 189 


1.673.921  278,987  51,660 
1,8^11,131  S0»,188  S3,230 


18»7  l,aS7,7W  680^SS  l,01S,0S8;3.-)ß,XI9  76^06 
IWSll^fiO^  706,830  a,209,860,38S.310'Sa^9 


58,592,  67,7UÜ,  6,602,801 


53.716 
72,011 


76,900 
71,156 
56.010 
60,064 
67^7 
83,806 


7,365,317 
7,595,863 
7,827,334 
Bj062,334 
«,»93,267 
9,308.132 


1K51  1.5::..9t;b  595,446  2,171,409  —  1851 
1852  1,474,055  2,402,900  3.876,95.»  501,6121 1853 
1H53  1.555,966  3,691.815  5,247,781  378,734  185.3 

1854  l.H:t»»,780  3,7.'i7.469  5.5^^249  482,2671 1854 

1855  l.!i77,r,s.s  2.(.r.6.529'4,643.217  52<i.48o!  1»*55 

1856  2,24:<.:i:.7  4,2l6,9-lr,!6,46O.30:i  :.(h..217'l856 

1857  1.9911.. .4s  ^,'.iMi,;<7(l  4,979,918  69ii..lit.t,  1857 

1858  l.8."i,4Hi,  J.444.,7(M  4. ;<;i4,9in  »,74,306  1858 

1859  1.752,7i  II  J,n:i7.t;33  3.7:M>„i93  4iiii,t;.-.l  1S59 
Ist»  2,J2h,t,.,2  .Vt''2,riS6, 5.009,218  489,328  18*30 
l-«i.I  •^,G!l^l,^■.-4  J,:(8f,,ii57  6,685.881  501,858  1  8G1 
l*>b2  2,722,:iai  2.596,:i09  5.3 18.809  52n„tH<l  1H62 
1K63  2,H3(..4:i(>  4,14<,,lii5  6.9s2.,.4I  511,786  1  s63 
1864  2.694,,'i80  :t.061,370,5.7,".,,.7  ' .  1  '  26,260  1864 
lft65  2.963,0;>9  3,595,900  f.,5  .s  ".  I9,!t<,5  IS65 
isr.r,  2,83H,933  3,201, 13.i  (;.(k1ii,n.  1;    hN,4o9  1866 

1867  2,870,629  2,826.977  5,6'.i7.6ii6  4o5,277  1867 

1868  3.525.441  :(.941.82ii  7,467. 2i'.l  :::5,25-.  1868 
iHf.n  3,891.5'».;  J.s  .'.,8.(4  1, 728,426  41(j,3S4  lst',9 
1870  3,11211.26*1  ,;,i,4i.,4;,]  .-,,i;C6.7  1  I  5(>S,,Jbl  1  ><70 
1S71  i.555,25H  1,139,21»".>  4.994,5", .  :i57,:i»;!  1871 

1872  3,611,571,  2,277,097  5,8.'»8.67:i  285,535  1872 

1873  3,4i;,',.:tV4  1,913,317  5.375.681  4t:'.,lo6  1873 

1874  3.45»,32-,'  1,5*98.668  5,4.56.997  295,"'73  1874 

1875  3,366,928  l,7f>i  ,621  5,l:i3,5t9  24  1.964  ls75 

1876  3,588,391,  2.121. M4  5.910,240  273,083  1876 

1877  3.:*43,7m  l..Vl4.74ii  5,17^,534  199.657  1877 

1878  3,68fl,h:<2  1,876,450  5,557,142  202.481  1878 
1N79  4.320,605  ,3,40',952  7.728,557  236,801  1879 
ls^«0  .5,219,177,2,821,286  8.040,463  197.751  l»"«©- 
18M  r..259,a3a  3,2B4.]58:7^MSl;3t4,939  1881 
1882  4.836,148{X,363,3S4,8,078,483  18*,5e9  188» 
1883|5,300,946  3,315,448  7.516,394  348^37  188* 
1884  4,976.055  3.325,98217,202,037  1H5,4I«  188* 
188514,742.000  2.160,00016,903,00(1  337,000  18W- 

1886  4,086.000  1.488,0001 5.574,000,363.000*1888. 

1887  4,373,305,1,385.383  5.758.587.300.515, Isar 
1HK8  3,990^175  1,337,535'&,317,700  384.13311888- 
1689i3,641,789,U83,909  4,806,093  848^  188»- 


1888|1,671,830  881,3«7ja,353,9S7jS7A«4«9|80<408  78,3I0|10,803,178 

D  r  ^^''erth  der  Ausfuhr  hat  m  hon  unbedeutenden  Schwankungen  von  Jahr 
zu  Jahr  .sich  «o  ziemlich  auf  tler.sL'lben  Höht'  <j;ehalten,  nur  die  .\usfiihr  von 
Holzkohlen  zeigt  einen  erheblichen  Ruckgang,  Größer  »ind  die  8chwHnkun/,,'en 
bei  der  Einfuhr,  welche  insbesondere  seit  1871  einen  namhaften  Anfschwung 
erfahren  hat. 

Im  Durchschnitt  der  ^9  Jalire  1861 — 1869  betritgt  die  jShrliclie  Einfuhr  m 

Brenn  ,  Ban-  und  Natzbolz  q     945. 0S5 

Brettnrn  q  4n,s,H;',0 

Zusauinicn      1,353,9 1.'> 
oder  Festmeter  (a  ÜOO  q)  225,653 

Gerbrinde  q  39,065 

Holzkuhlen    .    .    ,  q  74,G88 

SteinkobleD  q  3,873,942 


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—    878  — 


WaMbMi 


Der  Werth  dor  jllurliehen  Aiuliilir  für  den  feunnton  Zsitcnua  bflnelmet 

bei 

Holz,  gt^sägt,  gesohnitten  auf  Fr.  3,2H3,691 

Hüls  roh  ,  2,571,366 

Zusammen  auf  Fr,  5,835,057 

Hokkohlen  auf  Fr.  370,327 

Die  £la8«ilizirung  der  Em-  und  Ausfuhr  von   1877  bi»  1ÖÖ9  gestattet 
lünbBck  in  die  Handeleobjekte,  wie  eie  eneh  die  Yergleieliang 
von  beiden  erleichtert. 

Im  Durehflohnitt  der  18  Jahre  1877  —  1889  betraft  die  jährliche  Kii  fnlir  von 

Brennholz  Feetmeter  171,368  =:  54  7»  ^^^^  ganzen  Einfahr 

Baa-  und  Nutzholz  ...  ,  43,008  =  14  ,  „  •  . 
Banbote  Torgearbeitet,  Bretter       „       100,175  =s  82  .    »      .  » 

Znaamuen    ,  814,662 

Der  Werth  der  jlhrliehen  Anefiihr  im  gleichen  Zniranm  bettnft  sieh 
bei  Brennholx  anf  Fr.  489,994 

,   Bau-  und  Nutzholz,  roh  •    •  2,116,697 

.  Baohoia,  vorgearbeitet,  Bretter  ....     „    .  4.226,010 

Zusamrat'n  auf  Fr.  »1,784,709 
Setzt  man  den  Werth  pro  q  bei  Brennholz  auf  2,0  Fr.,   bei  rohem  hau- 
holz auf  4,0  Fr.,  bei  Brettern  auf  8,0  Fr.  an,  und  rechnet  man  femer  6  q 
^  nnen  Feetmeter,  eo  enteprieht  obigen  Werthen  ein  Aaafnhr-Qiiantani 

bei  Brennhols  von    86,666  Featmetem 

,  Banhoh,  roh   88,279 

,       „       vorgearbeitet  ,      88,042  „ 

Zusammen  von  2 12,1» 87  Festmetem 
und  bei  Yergleiohung  von  Einfuhr  und  Auafuhr  würde  aich  ergeben 

eine  Kehr-£inAihr      eine  Metir-Ansftthr 

bei  Brennhols  von  184,702  Feetm.  — 

,  Bauholl,  roh   —  von  45,271  Fastm. 

,       ,    vorgearbeitet,  Brettern    ,     12, LS 4     „   — 

Zusammen    146,836  Featm.  45,271  Festin. 

Es  würde  ako  in  den  genannten,  für  den  Handel  und  die  Waldwirthschaft 
virichtigHten  tiortimenten  sich  eine  jährliche  Mehr- Einfuhr  ven  101,565  Featm. 
berechnen. 

Fttr  die  5  Jahre  1685  —  1889  wird  in  den  Zolttabelleii  sowohl  das  Ge- 
wicht, als  der  Werth  der  ein-  und  ansgeftthrten  Waaren  naohgewteaen,  so  da8 

für  diesen  Zeitraum  die  Yergleicluing  von  Ein-  und  Ausfuhr  sieh  <^enau  durch- 
ilihreri  läßt.  Nach  demselben  betrug  durobsohDittUoh  jährlich  bei  Brenn-,  Baa- 
nnd  Nutzholz 

die  Etnfohr  2,036,490  q  im  Werthe  von  8,725,428  Fr. 
„    Ausfuhr  1,423,223  q  ,        ,        ,    6,776,491  . 
so  daß  verbleibt  eine  Mehr- Einfuhr  von  618,267  q  oder  102,211  Feetmeter  im 
Werthe  von  1,948,937  Fr. 

Die  Einfuhr  kommt  su  weitaus  Uber  wiegendem  Theile  aus  Deutschland,  in 
^oriugerem  Grade  ans  Oesterreieh.  Yon  der  AuiAihr  erhilt  Frankx^ob  den 
grVfiten  Theil,  withrend  Italien  fiut  alles  ausgeftthrte  Brennholz  nnd  die  meisten 
fiolskoUen  besieht. 


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Waldbm 


—    874  — 


Die  Antfohr  erfolgt  ans  den  Eantonen  Graabttiiden,  Teerin,  WalUe  naoh 
Italien,  aus  den  im  Jnra  gel«fenen  Kantonen  von  Wandt  bis  SehaffltniMen  naeb 

yrankrt'ich . 

Die  Killfuhr  t-rlialten  fast  ausschlioßlicli  die  im  Norden  nnd  Nordosten  der 
Schweiz  gelegenen  Kantone  St.  (jalleo,  AppenzeU,  Thurgau,  Zürich,  sowie  Baself 
geringe  Mengen  werden  in  die  Kantone  Zog  nnd  Lünern  eingefilbrt. 

Die  Schweiz  aerflfllt  demnach  in  das  Einfuhigt  bier  des  Nordostens  und  da» 
Ausfuhrgebiet  des  Südens  nnd  Westens.  Die  hohen  Holzpreise  in  Frankreich 
nnd  dit^  hillige  Waaserlcraft  dortbin  bringen  dem  Westen  höhfr«»  Erlöse,  aln 
wenn  das  Holz  in  den  Nordosten  der  Schweiz  mit  theuren  Eisenbahnfrachten 
tnunaportirt  werden  mllfite.  An  einen  Ausgleich  von  üeberfloft  mnd  Mangel 
innerhalb  dtur  Schweis  selbst  ist  aneh  delUialb  uiebt  sn  denken,  weil  einerseits- 
die  Süd  uinl  WestfJthweiz  das  werthvolle  Nutzholz  als  geringwerthigeres  Brenn- 
holz in  die  Nur  lostkantone  liefern  müßte,  während  diese  ai>der<»rBpit;*  das  Brenn- 
holz zu  viel  niedrigeren  Preisen  in  Deutschland  kaufen  und  um  niedrige  Fracht- 
kosten beziehen  können. 

Die  Aufgabe  der  sehweiseriseben  Waldwirthsobsft  besteht  in  der  sorgCftltigeii 
Nutzung  des  vorhandenen  Holzes  und  in  der  Steigerung  der  Produktion,  Eine 
solche  ist  im  Laufe  der  letzten  Jahrzehnte  an  vielen  Orten  bereits  herbeigeführt 
■vrordun.  Wenn  dies  nicht  der  Fall  gewesen  wäre,  so  hätte  bei  der  Zunahme 
der  Bevölkerung  und  der  Ausbreitung  der  Industrie  die  Einfuhr  weit  größere 
Dimensionen  annehmen  mUssen. 

2.  Die  Bewaldung  der  Schweiz. 

Die  heutige  Vertheilung  des  Waldes  Uber  die  Schweiz  ist  das  Ergebniß- 
eine««  Prozesses,  welcher  sieh  während  mehreren  Jahrhunderten  auf  dem  Gebiete 
der  Bodenkultur  vollzogen  hat. 

JKe  Kitesten  Zeugnisse  froherer  WaldbansnsÜtnde  bilden  die  Ffoblbanfunde, 
welche  nicht  nnr  an  den  größeren,  sondern  anob  an  fast  allen  kleineren  Seen, 
in  neuester  Zeit  gemacht  wurden.  Die  Holzarten,  welche  die  uralten  Einwohner 
Helvetiens  zu  ihren  Bauten  verwendeten,  sind  alle  heutzutage  in  den  schweize- 
rischen Wäldern  noch  vorhanden.  Ob  zur  Pfahlbauzeit  auch  diü  nicht  an  den 
Seen  gelegenen  Oertlichkeiten  schon  besiedelt  waren,  steht  dahin  Daß  um  die 
Seen  die  Bodnng  des  Waldes  sum  Zweok  des  Ackerbaus  vorgenommen  worden 
sein  mußte,  beweisen  Ueberreste  von  FeldfrOchten  eto.,  welche  in  den  P&hlbaotea 
gefunden  wurden. 

Die  Römer  haben  um  die  Zeit  vun  Christi  Geburt  einen  nehr  großen  Theil 
der  Schweiz  kultivirt  und  vom  Wallis  bis  au  den  Bodensee  zahlreiche  Nieder- 
lassungen gegründet.  Im  eigentU^dien  Gebirge,  mit  Ausnahme  einiger  Haupt- 
straßen durch  Granbttnden,  scheinen  sie  auf  die  Daner  sieb  nicht  festgesetzt 
zu  haben  Die  römischen  Schriftsteller  der  Kaiserzeit  berichten,  daß  Bauholz, 
und  Harz  aus  «lei  Si  liweiz  nach  Italien  eingeführt  werde.  Die  ehemals  römischen 
Niederia&buugeu  belamien  sich  größtentheils  iu  der  Nahe  der  heutigen  Dörfer. 
Die  meisten  römischen  Funde  wurden  im  Aekerfelde,  nur  wenige  im  Walde 
gemacht  Daraus  darf  wohl  geschlossen  werden,  daß  zur  rttmisehen  Zeit  in  der 
llanptsai  bc  der  WbM  an  sriuer  jetzigen  Stelle  sich  befand  und  daß  das  heute^ 
kultivirte  Land  vielfaeb  hon  zu  römischer  Z<'it  iiTit<  r  d'  in  l'tluge  stan  l.  Dies 
um  so  mehr,  als  im  liiig'I-  und  G-ehirgslnndc  die  'l'.rr:iiiiv'M-|iä!tni«se  iu  erster 
Linie  die  Wahl  des  Ansiedln ngsort es  bedingen.  jSach  dem  Fall  der  KönierherrschalL 
war  das  Schicksal  der  Sttd-  und  Sadwestschweiz  ein  anderes,  ab  dasjenige  der 
Kord-,  Ost-  nnd  Zentralschweiz. 


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Waldbau 


375 


Waldbau 


Borg^der  vaA  BOmer  theilten  suii  dort  in  den  Boden  und  anoh  in  den 
Wald  und  kalipfton  in  allen  VerhältniRsen  in«^hr  oder  weniger  eng  an  dio 
römittche  Kultur  an.  Im  deutschen  Theile  der  Schweiz  führten  die  jahrhunderte- 
laogen  Ringkämpfp  zwischen  Römern  und  Alamannen  zur  Verwüstung  und  Ver- 
wilderuug  det«  Luudet«  örtlich  der  Anre.  iieiui  Eintritt  ruhiger  Zeiten  mußte 
dae  heutige  deutadie  Gebiet  wieder  großeathdls  neu  kultiTirt  werden.  £ine 
große  Zahl  von  Ortaohaften  hat  ihren  Namen  Tum  Walde  entnommen,  weldier 
zuvor  gelichtet  und  gerodet  wenleu  maßte.  Hierlier  gehören  alle  Ortsnamen 
mit  —  wald,  —  hard,  —  holz,  —  nnite,  riiti,  ^Tüt,  —  ochwand,  brand,  Hang; 
nodaim  die  Ortsnamen,  welche  mit  Eiche,  Buche,  üasel  und  anderen  Baumnameu 
inaammengefletit  iiind. 

Die  Bodefiknttnr  erreichte  schon  bald  einen  h<^n  Stand.  Au«  den  Kapi-» 
talarien  Karin  den  Großen,  aus  den  Schenkungaurkiinden  des  Klosters  S.  ICaurice 
im  Wallis,  des  Praumiln'^terklortters  in  Zürich,  des  Klosters  St.  Gallen.  auH  dem 
Temtaraent  de»  BischütV»  Tello  von  Chur  (76d),  aii»  Verzeichnissen  vom  VerraögenK- 
und  Guterbefitz  (um  80ü)  und  aus  zahlreichen  Urkunden  bei  Kauf,  Verkaul,  bei 
Streitigkeiten  ttber  die  Ausdehnung  der  Nutsungsreohte  können  wir  entnehmen, 
daß  qualitativ  die  Bodenkultur  Hohon  VOr  1000  Jahren  der  Schweis  den  vielfach 
bis  zum  heutigen  Tüg  iihalten  gebliebenen  Charakter  aufgeprägt  hat.  Bei  der 
Gründung  von  8.  Maurice  (ölti)  werden  dem  Kloster  Weii»berge,  Wälder,  Oliven- 
haine, Felder,  Wiesen,  Weiden  mit  ihren  WasHerläufen  geschenkt.  Die  Insel 
Ltttaelan  im  oberen  Zttrdiersee  trag,  als  sie  dem  Kloster  St.  Gallen  (744)  genchenk 
wurde»  Felder,  Wiesen,  WTeiden,  Wälder,  Gärten  und  Obstgärten.  Dieselben  Kiltnr- 
arten  werden  erwähnt  im  8.  und  *J.  Jahrhundert  im  Rheinthal,  bei  Bttrglen  und 
Silenen  im  unteren  Renßthal,  l^ei  Cham  und  zahlreichen  anderen  Orten. 

Die  damaligen  Graten,  Fürnten,  Herzoge  und  Könige  machten  Landschenkungen 
an  KlQeter  mit  dem  aUüdrttckUoh  erwähnten  Zwecke,  daß  die  Wälder  gerodet, 
das  Land  kultivirt  und  besiedelt  und  auf  diese  Weise  die  Einkünfte  aus  dem- 
selben vertuehrt  würden. 

Die  Rodungen  wurden  manchenorts  so  eifrig  betriehen,  daß  sie  .selbst  am 
Sonntag  nicht  au$ige8etzt  wurden.  Diireh  besondere  kirchliche  Verbote  wurde 
deßhalb  die  Waldrodung  am  Sonntage  uutersagt. 

Auf  Grund  des  heutigen  Quellenmaterial«  können  wir  den  Fortgang  der 
Rodung  noch  nicht  im  einaelneu  nachweisen.  Dagegen  läßt  sich  für  die  deutsche 
Schweiz  aus  dem  Verzeichniß  der  Pfarrdörfei  des  ehemaligen,  fast  die  ganse 
dentsehe  Scliweiz  umfassenden  Bistlmms  Kon.stanz  (1274)  und  ebenso  für  die 
französische  Schweiz  au.s  dem  Verzeichniß  der  Pfarreien  der  ehemaligen  Diözese 
Lausanne  (1228)  entnehmen,  daß  tun  die  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  schon  tagt 
alle  heutigen  Pfarreien  als  solche  bestandMi.  Ferner  ist  aus  den  Urkunden 
nachweinhar,  daß  eine  große  Zahl  von  kleineren  Dörfern,  Weilern  und  von 
Einzelhfifen  ?chon  vor  jener  Zeit  vorhanden  war.  Fndlieh  ist  festgestellt,  daß 
eine  nicht  unbedeutende  Zahl  von  Weilern  und  Höfen  abgegangen  ist  aud  das 
Land  wieder  mit  Wald  sich  bedeckt  hat. 

Für  die  BeurtiieQong  der  Ausdehnung  dee  Waldes  in  Slterer  2eit  kommt  in 
Betracht  einerseits,  daß  die  Ortschaften  noch  nicht  die  limtige  Ausdehnung  und 
Einwohnerzahl  hatten,  andererKcits,  daß  die  damuligc  Landwirthschaft  mit  ihrem 
Weidebetrieb  große  Flächen  gerodeten  Landes  erlordf-rte.  Neben  diesem  Weide- 
laode  wurde  ferner  Uberall  der  Wald  noch  zur  Weide  benutzt.  Ware  Weide- 
land genügend  Torhanden  gewesen,  so  hätte  man  wohl  auf  die  geringwerthige 
und  entlegene  Wald  weide  TerBicbtet.    Es  ist  daher  ansunehmen,  worauf  auch 


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376 


Waldbaa 


^  (tUerdiag»  noch  m  wmiig  erfenshteii)  Flnmameii  lündeittaa,  daft  Mhon  in 
firtther  Zeit  d«r  grOßte  Thdl  dea  mm  Luidban  tanglicben  Sodwn  gwrodet 
wofden  ist. 

Hfilt  man  sich  die«e  aufgeführten  ThatKaohen  und  nnsere  Kenntniß  d>'s  niten 
LandbauH  vor  Augpn,  so  kommt  man  zu  dem  Krgebnihse,  daß  im  Groiien  und 
Gaozeu  Hcbon  um  die  Mitt«  det»  iü.  JahrhuudertH  der  Wald  aui  tteiiien  heutigen 
ümfuiig  beiefarinkt  war.  Die  aplttenn  Rodongen,  die  sidb  jn  faie  auf  aneefe 
Tage  herein  fortsetzen,  haben  an  einzelnen  Stellen  vielleioiit  griSßere  Ac^ndt^rungen 
in  den  Kultnrarten  herbeigeführt.  Die  haoptsächliehstfn  Lichtongen  und  Kodongen 
üklieri  aber  in  eine  Zeit,  welche  etwa  GOO  Jahre  hinter  un»  znrttrkreirht. 

Wean  nun  die  heutige  Bevölkerung  an  der  Vertheilung  der  Kulturarten 
nur  »ehr  wenig  zu  ändern  nich  veranlagt  siebt,  wenn  die  Vertheilung  zwitichen 
Wnid  nnd  Feld  nnoh  den  jetzigen  Anfnrdernngen  nnd  Ansehnnungen  entepriolit, 
wenn  die  Prodakte  des  LMidbane  nnd  des  WaldlMitts  der  Kwptflache  nach  anf 
denselben  Flächen  erzogen  werden,  wie  vor  Jahrhunderten,  eo  muß  die  Auswahl 
der  Feldfläche  auf  einem  Motive  beruhen,  das  seine  Wirksamkeit  beibehalten  hat. 
Dies  ist  die  Wahrnehmung  und  Erfahrung,  daß  der  Feldbau  nicht  auf  jeder 
FlSohe  dkonomischen  Nutzen  gewährt.  Wenn  die  Fruchtbarkeit  des  Bodens  zu 
gering,  die  Lage  deeeelben  an  schattig  nnd  m  kalt,  seine  Neigung  zn  steil  sind, 
.so  i.st  Rc-iiie  landwirthsefaaftliche  Bebauung  zu  theuer  und  nein  Ertrag  im  Ver- 
halt 1 1 1 C  zu  den  Konten  zu  niedrig.  Auf  solchen  Flachen,  dem  sog.  absoluten 
Waldboden,  ist  nur  Waldbau  möglich.  Die>ier  Kulturart  werden  die-selbfn  <l;iher 
vuu  der  Bevölkerung  zugewiet^eti,  nicht  ohne  daü  vun  Zeit  zu  Zeit  kleine  Grenz- 
rsgnlirangen  noeh  vorgenomnen  würden.  Bald  findet  der  Latidwirth,  daß  das 
lam  Felde  geiogene  OrandstUck  nicht  anf  die  Dauer  fruohtbar  bleiben  könne, 
dann  gibt  er  es  wieder  der  Waldkultur  znri5ck.  An  anderer  Stelle  erweist  sich 
umgekehrt  ein  Stuck  Waldgrunl  tauglich  zum  Feldbau,  diene«  wird  abgeholzt 
und  gerodet.  Durch  die.su  alljährlichen  Auiforstungen  und  Rodungen  ändert 
ndl  die  WaJdflIohe  stetig.  Aber  selbst,  wenn  die  im  Gebirge  vorgenommenen 
Anfforstnagwi  kahler  Fliehen  hiiumgereebnet  werden,  so  wird  noch  nieht  1  7* 
der  Waldfliebe  von  diesem  Vorgänge  berührt. 

Den  gegenwärtigen  Stand  der  Bewaldnn|f  der  Schweiz  weist  Tabelle  2  fbr 
die  einzelnen  Kantone  und  die  ganze  Schweiz  nach.  Rctretf^  der  Flächeiiungaben 
ist  daran  zu  erinnern,  daß  die  Detailvennei^Mung  der  Waldungeu  nuch  nicht 
ttberall  vollendet  ist,  daß  also  die  späteren  definitiven  Zahlen  kleinere  Ab- 
ibiderongen  gegenüber  den  jetzigen  ergeben  werden. 

Von  der  GeeanuntBBebe  der  Sehweis  mnd  also  20  **/o  dem  Waldbau  sage* 
wiesen,  während  in  Deutschland  20 ,  in  Oesterreich>Ungarn  30  ^/o ,  in  Italien 

dagegen  nur  18*^/o,  in  Frankreich  17'*  »  d^r  Gle^immttiäche  bewaldet  sind.  Ver- 
gleicht man  kleinere  Bezirke  in  DeuU^cbland  und  Oe.stcrreich  mit  solchen  in  der 
•Schweiz,  so  ui-gibt  niuh  ierner,  daß  dort  in  einzelnen  Gegenden  die  Bewaldung 
bis  70  yo  beträgt,  wahrend  sie  in  der  Sohweii  40  V*  ^^^^  Übersteigt. 

Diese  allgemein  ttbliehen  Gegennberelellungen  der  Bewaldnng  versohiedener 

Länder  geben  nur  dann  ein  zutreffendes  Bild,  wenn  die  natürlichen  Verhältnisse 
zieinlirh  übereinstimmende  sind.  Nun  haben  jene  Xachbartänder  der  Schweiz 
weit  weniger  unproduktive«  Land,  als  «lie  Schweiz  iiier  -ind  durch  (iletscher, 
Seen,  Fiiisse,  Gebäude,  Wege,  Felsen  und  Schutthalden  2ö,il  ^/o  des  Gesammt- 
amls  nnprodnktiv,  wfthrend  Dentsohland  6,  Oesterreidi  8,  Frankraieh  18 
nnprodoktivee  Land  haben. 


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Waldbau 


—   877  — 


Waldbra 


Die  WaldflM«      Sehweii  iii  ikr  YerUlinta  nr  «flSMDBtllide, 

zur  produktiven  Fläche  und  zur  Bevölkerung. 


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37,940 

3,900 

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16,6 

13 

0,03 

Schweiz 

1 4,134,650 

833,887 

30 

38.3 

38 

0,39 

E«  dftrf  daher  bei  Vergleiohang  yerflohiedener  LSnder  inoht  das  Geeaniint- 
«real,  aondern  nur  die  produktive  Flache  zu  Cinirnl  g«;legt  wenlun.  Die  Schweis 
widmet  nnn  28  **/o  des  produktiven  Lamles  dem  Waldbau,  Deutschland  27  und 
Oesterreich  34.  Es  steht  aUo  die  Schwei»  hinter  Oesterreich  etwas  xorUok, 
wäiireod  »ie  Deutsch laud  gleichkommt. 

Innerhalb  der  Schweiz  schwankt  die  Bewaldung  in  weiten  Grenzen.  Die 
mi  dem  Jnra  gelegenen,  die  der  Ereideformation  der  ioBereo  Sohwelz  nnd  den 
GebirgesHgeii  Graabandens  angebtfrigen  Gebiete  aeigen  die  beste  Bewaldung;  am 
schwächsten  ausgestattet  sind  die  dem  Molassegebiet  angehangen  HUgelgegenden 
der  Nord  Kr  I  hweiz.  Tm  ,Tura  verbieten  die  langen  und  steilen  Px  rghJlngc  den 
Feldbau,  wahrend  das  wellige  Terrain  der  Melasse  nnd  des  SchuttlandeH  den- 
«elben  Überwiegend  begünstigt.  Die  geologische  Formation  bezw.  die  jeder 
Formation  «igenthfimliehe  Geataltnng  der  BodenoberflKoha  bedingt  Aberhaapt  in 
erster  Linie  die  Vertheilung  zwischen  Wald  nnd  Feld ,  das  Verschwinden  dea 
Walles  oder  seine  Erhaltung  in  großen  K')inp'<^\"n  oder  kleinen  Piirzellen. 
Der  Mensch  benutzt  da.s  Terrain  zu  derjenigen  K.ulriirart,  welche  ilun  die  ein- 
träglichate  zu  sein  suheiat.  Ltt  dasselbe  aut'  weite  Flächeu  hm  dem  Feld-  und 
Wiesenbau  günstig,  so  wird  eine  grollt  Ebene  entwaldet  ebenwi  gat.  als  wenn 
die  Fläche  nur  wenige  Alan  nmfaßt*  Eiann  er  dagegen  in  großen  Wal  lgol)i(  tcn 
Iceinaii  lUr  die  Anaiedlung  tauglichen  Plata  fiadent  so  meidet  er  dieselben  und 


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Waldbau 


378  — 


Waldbatt 


de  erhalten  mAk  dnrok  die  Jahrhunderta  hindnrah  aU  geadiloMene,  qabewoluitfr 

Waldkomplexe. 

Dif  Ansstattung  d^r  Bevölkerung  mit  Wald  ist  wegen  der  ungleichen  Ver- 
tbuiluDg  deMNelbuu,  Hodauu  in  Folge  der  wechaeluden  Dichtigkeit  der  Ansiedlnng^ 
eina  aehr  bunte.  Ea  iat  inabeMmdere  die  NordoatBohweix,  in  welehor  die  Wald- 
Ittohe  im  Verhältniß  zur  Bevölkemng  aelir  klein  ist.  Die  Jura-  und  Gebiri^- 
gegenden  sind  in  dieser  Hinsicht  besser  bestellt.  Schon  oben  sind  xia»  diese 
üntemchiede  begegnet.  Die  Nordostkantonc  ftlhrcn  Holz  i  in ,  die  West-  und 
Sudkantone  geben  ihren  Ueberschuli  an  die  Nachbarländer  ab.  Daß  die  Kantone 
dea  Uoobgebirgea  troti  der  nieht  aebr  bohea  Bewaldung  —  die  schweizeriHcbea 
Alpenfbeüe  aind  weit  gerioger  bewaldet,  ala  die  üranaOiiubMi  oder  gar  öeter- 
reinhischen  —  noch  Holzausfobr  unterhalten  können,  ist  nur  erklärlich  durch 
die  überaus  Hchwache  Bevölkerung  (von  6 — 8  Einwohnern  pro  km^),  und  durch 
das  Fehlen  größerer,  holzverbraucbeuder  Indostriezweige.  Dieser  Uiustaud  in 
Vorbindung  mit  den  hohen  Transportkosten,  hält  natürlich  die  Hulxpreise  auf 
niederer  Stufe,  dril<^t  die  ReDtabititKt  der  Hoissacht  herab  und  ftthrt  rar 
Crerings^chätzong  und  tl^  il  vi  isen  Verst hweadong  dea  Holzes.  Der  Wald  erhiilt 
Werth  hauptsächlich  durch  die  Waldweide,  wovon  oben  liereit.s  gesprochen  warde. 

In  di-n  N(»rd<)stkantonen ,  welche  eine  erheblicht^  Kinfiilir  von  Holz  aus 
Dentschlaiid  und  Oesterreich  unterhalten,  kann  dem  Walde  nur  ein  unbedeutendes 
Areal  durch  Aufforstung  bisher  kahler  Flächen  gewonnen  werden.  Die  ausge« 
debntee  Sebntthalden,  Ton  denen  nn  großer  Tbeil  bewaldet  werden  kann,  liegen 
im  Gebiete  der  Alpenkette.  Baa  Hocbgebirge  iat  es  also,  welches  dareb  Erböhnng^ 
der  Produktion  und  Steigerung  der  Anafiibr  die  Hobcbandekbilans  der  8cbweis 
wird  günstiger  gestalten  müssen. 

ii.    Die  Benutzung  und  Be  w  irthschaftung  der  Wälder. 

Die  Produkte  des  Walde«,  welche  der  .Mensch  zur  Befriedigiing  seiner  ße- 
diirfnisse  aus  demselben  entnimmt,  sind  stets  dieselben  geblieben.  Qualitativ  hat 
aiob  in  Lanfe  der  Geaebidite  die  Waldnutsong  siebt  geändert.  Nach  dok 
Urkunden  vom  6.  und  6.  Jahrhundert  an  lieferte  der  Wald  damala  Bau*»  Zann- 
nod  aonatigea  Nutsbolz.  BaamfrUchte,  Rinde,  Weide  und  Streu,  wie  in  unserea 
Tagen.  Wenn  sich  im  Zu>^nnimi  n!uing  mit  dem  St;indc  der  Land\virthBchaft  und 
der  Volkswirthschaft  überhaupt  Atuderungcn  vollzogen  habeu,  so  bestanden  diese 
darin,  daß  die  Nutzungsweise  quantitativ  sich  änderte.  Die  Mast,  welche  bi» 
Ende  dea  Torigen  Jahrhunderte  große  Bedeutung  hatte,  wird  jetat  nieht  mehr 
geschätzt.  Daa  Holl  bat  an  Werth  gewonnen,  während  es  frtther  vielfiu)b  im 
Walde  verfaulte  u.  s.  w. 

Die  ältesten  Gesetzt'  (lex  Burgundiontim  von  491 — 516;  lex  Langobardorum 
von  (513 1  enthalten  Bej»timmungfn  iilur  die  Nutzung  von  Mast  und  Weide, 
ebenso  wie  über  den  Holzhieb.  Wenn  das  um  dieselbe  Zeit  verfaßte  Gesetzbuch 
der  Alanannen  dea  Waldee  gar  nieht  gedenkt,  ao  deutet  dies  darauf  bin,  daß 
damals  (6liJ  -t52H)  der  Wald  in  der  deutschen  J??i  li\v<  iz  noch  so  viele  Produkte 
lieferte,  daß  eine  Kegelung  der  Nutzung  ni«  ht  nothwendig  erschien.  Zweihundert 
Jahre  später  hatten  f^irb  j»  ioeh  ■/  B.  im  Gebiete  des  Klosters  St.  Gallen  die 
Verhältnisse  schon  so  geändert,  daß  die  Nutzungsrechte  des  Landvolkes  in  den 
Kloaterwaldungeu  genau  umaobrieben  wurden  und  ein  Förster  die  Beobachtung 
der  Beatimmungen  Überwachen  mußte. 

Daß  der  Wald  in  früheren  Zeiten  werthloe  geweaen  sei,  i»t  eine  zwar 
allgemein  Terbreitete,  aber  gleiobwobl  irrige  Auffawung,  Die  ilteaten  Xachriobten 


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Waldbau 


—    379  — 


WaldbaiL 


aus  dem  6.  und  7.  Jahrhundert  lasnen  die  Sorge  für  die  g»;naup  Begrenzunf? 
der  Wälder  mit  Steinen  uud  eitigescliuitttiDou  Kreuzen  (528)  erkeunen.  Schon 
selir  frflhe  (667)  wurden  in  den  königlichen  Wtidangeii  V6ra«wntigeii  angeordnet. 
Die  fieechUtznng  vor  fremden  Eingriifen  finden  wir  von  Karl  d.  Gr.  wiederholt 
eingeschärft.  Endlich  weisen  die  zahlreichen  Urkunden,  in  welditii  bei  Käufen 
oder  Schenkungen  die  Wälder  t>peziell  aufgeführt  werden,  darauf  bin,  daß  die 
Waldungen  nicht  al»  werthlosea  Besitzthum  betrachtet  wurden. 

Mit  dem  Jabre  ld48,  ia  welelmm  «der  aehwarie  Tbd*  etom  eeibr  großen 
TbeU  der  BevOlkemng  dahin  raffte,  trat  eine  Aenderong  ein.  Die  Waldunge» 
faimen  in  Zetfalli  wie  aus  den  Klagen  vom  15.  uud  16.  Jahrhundert  hcrvorg^t» 
Der  wieder  angewanhsenen  Bevntkt  ruii^'  konnten  di*»  v"rnachlä*«igtini  WaMunpren 
nicht  geoUgen.  Die  Bestimmuugüu  über  dm  Banueu  dt-r  Waldungen  zum  Zweck 
der  Verjüngung,  wie  eie  tM:hou  1257  in  Grange»,  12tiO  in  St.  Maurice  erlassea 
werden  warenv  worden  erneuert  ond  ▼ereohärft  Die  fiedite  der  Dorf-  md 
Hofgenoesen  wurden  in  Dorf  und  Hoforduungen  (WeisthUraorn)  niedergelegt,  W» 
welchen   die  späteren  Wald-,    Holz-   und  Forstunlimugen  hervorppgTin|i;cn  sind. 

Du-  iiltt-steu  NutzungHregulirungen  sind  aus  deui  Wallis  bekannt  geworden; 
von  rit.  Maurice  1598,  Leuk  liiOO,  Birchen  1345. 

Das  Ueberwiegen  des  Gemeindewaldbeeit^ee  in  der  Schweis  und  die 
repoblikanisohe  Yerfasaang  führten  xn  gemeindeweben  Verordnungen,  während 
im  benachbarten  Deutschland  im  16.  Jahrhundert  die  versuch iedenen  Herrscher 
ihre  fUr  grössere  G-ebiete  gelten<l<'r!  Forstordnuugen  erließen.  Diese  bildeten 
vielfach  nur  den  Abs^chlnß  des  Prüzea.<t^,  in  welchem  die  Wälder  vieler  Frivateu 
und  Gemeinden  yem  Monarchen  allmälig  in  königlichee  besw.  StaatKeigenthuia 
ungewandelt  wurden.  Der  Bauernkrieg  blieb  in  der  Hanpteaohe  auf  Deateehland 
beschränkt.  Allein  die  von  den  Bauern  dt  .s  Klosters  St.  Gallen  und  de»  Bischofs 
von  Konstanz  nm  jene  Zeit  erhoheneu  Klagen  beweisen,  daß  auch  in  der  Schwei'/, 
da  und  dort  dati  Streben  dahin  ging,  dem  Landvolke  den  Waldbeaits  unter  den 
verächiedeusten  Formen  zu  outziehen. 

Die  ursprüngliche  Eigenthumsfonn  am  Walde,  der  Oemeindebesitz  hat  sieK 
im  grüßten  Thidle  der  Schweix,  insbesondt  re  in  allen  Gebirgskantonen  erhalten. 
In  den  Nordoßtkantonen  rühren  die  vielen  Privatwaldungen  von  Theilnngm  her, 
welche  Kmle  des  vorigen  nnd  im  Anfang  diene«  Jahrhundert*»  vorgenoniniftt 
wurden.  Die  heutigen  Staat^waldungen  endlich  sind  fast  aut«Hchließlich  in  Folge 
der  Aufhebung  von  Klöstern  und  der  £iniiehung  ihres  Vermögens  in  die  Hand 
des  Staateri  gekommen. 

Die  Gemeinden  und  ihre  Vertreter  bestimmen  heute  noch  vorherrschend  den 
Charakter  der  Waldwirthsehaft.  An  die  weitesten  Kreise  hat  sich  die  forstliehe 
Belehrung  von  jeher  ni  der  Schweiz  gewendet.  Gelehrte  Gesellschaften,  wie  die 
naturfor»ohende  Gesellschaft  ii^  Zürich,  die  ökonomische  Ge^elUchaft  in  Bern, 
haben  die  Pflege  des  Waldes  durch  beeondere  Sobriften  schon  um  die  Mitte  de» 
vorigen  Jahrhunderts  empfohlen.  Die  Si  hrift  von  Göttschi  über  Behandlung  der 
Wälder,  Anweisuijg  für  du.s  Landvolk  (ITli.'))  gehört  zu  ilen  be-ti'ti  Leistunjr*^n, 
welche  das  vorige  Jahrhundert  auf  dem  (ieldete  der  Fiir>tliteratur  .mtzuweisen 
hat.  Den  gleichen  Weg  der  Belehrung  und  Aufklärung  betrat  lt<'Jf^  kusthofer. 
Sein  «I^ehier  im  Walde*  nennt  sich  auf  dem  Titelblatt  „ein  Lesebuch  für 
sphwei*.  Landsolinlen,  Landleute  nnd  Gemeindeverwalter,  welche  Uber  die  Wal- 
dungen zu  gebieten  haben." 

Die  staatliche  Neuordnung  im  Anfang  dip«*»«  .Tfihrhnnderts  führte  auch  zum 
Erlaß  von  Gesetzen  auf  dem  Gebiete  der  Waldwirthschaft.    Die  ersten  Forst- 


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Waldbau 


—    080  — 


WaMbaa 


gmtaib  «liieltHi  W&lli«  1803,  Aargaa  1804  and  1805,  Waadt  1810,  Luaeni 

1824.  BemarkeDswertb  ist,  daC  schüii  das  Walliger  Gesetz  alle  Fälle  gesetzlich 
norinirt,  in  welchen  der  Waid  Schutz  gegiw  Lawinen,  Erdabrutschnngen,  üeb^ir- 
«ohwemmungen  otu.,  gewährt.  Eine  Beihe  von  Forstgeaetzen  wurde  nach  dot 
poUtiaiihaii  Bewegung  von  1890  arlamn  (in  BMalland,  Solothnm,  Lasern,  Bern, 
jälrioh,  GlariM,  Gimnbttiideo,  Ttena).  Aach  die  palitiaoheQ  Erd|;aiaae  des  Jahraa 
1848  and  der  I860«r  Jabr»  gaben  a«  aeaer  get>etsgeberiHcher  ThStigkeit  Anlaft. 
Die  Hev!>*ion  dnr  BundeaverfasHnag  von  1HI74  eudliob  ebnete  einem  eidgenÖKbiHchen 
i^orätgenetz  den  Weg,  demzufolge  die  Waidungea  de«  Hoobgebirges  unter  die 
OberaaCaicbt  dea  Bundes  gestellt  wurden. 

Die  geMtsgeberische  Thätigkeit  im  Gebiete  der  Waldwirtbscbaft  ist  enge 
▼erknilpft  nut  den  politiaehea  aad  oationaldkonoaüadMii  StrOmoogen,  welobe  aiber 

sachlich  ztitretTemle  und  zweckmäßige  Beefeiiiimangaa  früherer  Getietze  nnberOblt 

ließen.  Eini  ^'ftrgleichun^•  (h^r  Gresetze  aus  den  vemrbicdenen  Zeiträumen  ergibt 
nämlich,  daü  ihr  Inhalt  in  den  wesentlichen  Punkten  ein  Übereinstimmender  ist. 
Dagegen  ist  in  den  neuen  Gesetzen  größerer  Nachdruck  auf  die  Ueberwachnng 
der  Aaeftthnrng  der  Geeetaa  durch  eia  teehusch  gebildetea  ForetperMoal  geli  gt. 

In  Folge  dieeer  Gesetagebnng  sind  in  OMbreren  Kantonen  dee  Hochgebirges 
technisch  gebiMeto  Forstwirthe  angestellt  worden,  wihrend  vorher  die  Wald- 

wirtlHchaft  ftv^t  p^nz  den  Gemeinden  ttberlasHf-n  nnd  vom  Staate  höchstens  daroh 
»eine  politischen,  nicht  technisch  gebildeten  Organe  überwacht  worden  war. 

Der  I  örsterstand  reicht  übrigens  sehr  weit  in  die  früheren  Perioden  zurück. 
Insbesondere  in  den  küniglichen  Waldungen,  die  in  den  Kantunen  «St.  Gallen, 
Zttridi,  Granbflnden,  Bern,  Waadt  etc.,  in  den  llteateii  Zeiten  genannt  werden, 
hatten  »ehon  »ehr  frUh  Förster  (foreatarii)  die  Anfticbt  an  ttben.  So  q^ridit 
schon  697  Childebert  III.  von  Förstern  (forestarii  nostri"),  welche  im  Staat«walde 
(der  Wald  wird  als  fiscus  aufgeführt)  den  Schutzdienst  ausübten.  In  den 
Kapitularien  Karls  des  Großen  wird  den  Förstern  die  PÜicht  auferlegt,  eine 
Jabreareobnung  su  stellen.  Ende  des  9.  Jabrbanderta  ttberwaobt  der  Förster  des 
Klosters  8t.  Gallen  (forestarias  sanoti)  die  Ansttbnng  der  Hntanngen  der  Dorf* 
bewohner  in  den  Waldungen  des  Klosters.  1087  wird  anläßlich  einer  Schenkung 
an  da«  Kloster  Allerheiligen  in  {^chaffhausen  fe««tgestellt,  welche  Abgaben  der 
Waldwürtcr  (cn.stos  silvae)  in  Malans  zu  entrichten  habe,  1257  nennt  da;? 
Kloster  Lu/.ern  neben  andern  Bediensteten  aueh  die  fureotairi.  12(30  werden  in 
Hör  bei  Zttriob  nemorarü  sen  vorstarü  genannt;  1263  wird  der  «vorster*  er* 
wähnt.  Diese  Benennung  hat  sidi  bis  heute  im  Kanton  Zürich  nnd  St  Gallen 
erhalten,  wo  der  Förstt-r  im  Volksmnnde  ,.For>iter''  heißt.  Aus  dem  14.  und 
15.  und  den  späteren  Jahrhunderten  haben  wir  in^hpHondere  Naobriobten  aus 
den  Vogteien  Uber  die  Anstellung  und  Eutachädigung  der  Fürster. 

Di^  Förster  hatten  vielfach  nicht  einmal  empirische  Bildung,  ho  daß  der 
fiatrieb  der  Waldwirthaohaft  nieht  als  ein  taehmaoh  geregelter  angesehen  werden 
darf.    Erat  in  der  naneren  Zeit  erhalten  dieselben  in  versohiedenen  Unterriohts- 

kursen  eine  besondere  Aosbildnng. 

Wissenschaftliche  Bildung  unter  dem  Forstpersonal  tritt  erst  Ende  des 
voriffen  Jahrhunderts  auf.  Einzelne  talentvolle  innf^e  Männer  —  unter  ihnen 
der  ijiekannt  und  berühmt  gewordene  Kasthoter  —  wurden  an  deut&cbe  Schulen 
und  Universitäten  geacbickt.  Diese  Uebnng,  vorberrsobend  in  Dentsoblandt  besw. 
Frankreioh  die  forstlidien  Stadien  an  niadien,  erhielt  sich  bis  aar  Gründung  der 
ddg.  Forstficbale  am  Polyteohniknm  in  Zttridi. 


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WftUbau 


—    »81  — 


WaldbBB 


Diö  wisseuHchaftlich  gebildeten  Forstwirthe  treten  weit  überwiegend  in  den 
Dienst  des  Staates.  Als  Staatsbeamte  haben  sie  in  allen  den  Kantonen,  in  welchen 
keitto  Staatowaldnngeii  Torbandmi  nnd,  d»  Änfinelit  Vlier  die  Gemmnde-  besw, 
die  Privatwaldnugen  zu  fuhren.  38  Oemeinden  haben  besondere,  technisch  nnd 
wissenschaftlich  gebildet«  Forstwirthe  angestellt.  Ueberiill  ist  jeducli  die  Wald- 
wirthfMjhaft  in  die  Hand  der  Gemeinde  i^elegt,  welche  dieselbe  durch  besondere 
Kommissionen  ausübt.  Der  Unterschied  beateht  nun  darin,  daß  die  Ausführung 
aller  Arbeiten  in  jenen  88  Gemeinden  dnidi  einen  wiaHenaohiidioli  gebildeten 
Techniker,  in  den  andern  dnreb  einen  emptriaeli  geeoliallen  Banawart  geleitel  wird. 

Von  jenen  38  G^meiudt  n,  welche  wissenschaftlich  gebildete  Techniker  an- 
gestellt liiiben,  besitzen  16  Gemeinden  bis  500  ha,  10  Gemeinden  501 — 1000  ha, 
9  Gemeinden  1001—2000  ha,  8  Gemeinden  über  2O0O  ha  Wald.  Bei  kleinem 
und  selbst  sehr  kleinem  Waldbesitz  lohnt  sich  die  Anstellung  eines  Technikers,, 
weil  die  beben  Erträge  dee  Waldee  und  die  MQglielikdt  der  feineren  Wirth- 
Schaft  die  Anagaben  illr  die  Beeoldnng  reicUicb  erBetsen. 

Da  der  Waldbetits  der  meisten  Gemeinden  aelten  100  ka  ttbersolireitet,  e» 

ist  eine  Vermehrung  des  wissenschaftlich  gebildeten  Penonak  anr  dadurch  zu 
(>rreir}ien,  daß  mehrere  Gemeinden  einen  Forstmann  gemeinBoliaftUob  zur  Be« 

wirtlibchaftUDg  ihrer  Waldungen  berufen. 

4.  Der  Natu  raier  trag  der  Waldungen. 
Ein  Nachweis  über  den  Ertrag  der  Waldnngen  im  Ganzen  läßt  sieh  nicht 
geben,  üeber  den  Ertrag  an  Wald  weide,  W^aidstreu  werden  la«t  nirgends  Er- 
kebungon  gemacht.  Es  kann  daher  aar  der  Ertrag  an  Hols  fUr  einzelne  Kanton» 
hier  mitgetheilt  werden.  Die  in  Tabelle  8  enthaltenen  Zahlen  sind  den  amtliokea 
Jahresrechiumgen  entnommM,  stellen  abo  die  wirklick  und  nachhaltig  geoutstea 
Holzma»sen  dar. 

Vorerst  muß  sich  der  Nachweib  aui  einen  Theii  der  Waldungen  beschränken. 
Lediglich  anf  SohUtanng  berahende  Angaben  kttnnten  bei  der  Unsicherheit  aller 
in  Bedacht  an  mehenden  Faktoren  nnr  sehr  bedingten  Werth  heansprachen, 

llntzungen,  welche  9  Festm.  Ubersteigen  (Aaran,  Lenzbarg,  St.  Gallen)  ge- 
hören zu  den  höchsten,  welche  bis  jetzt  bekannt  geworden  sind.  Andererseita 
sind  die  niedrigHten  mit  1 — 2  Festm.,  welche  im  Gebirge  angegeben  werden, 
in  der  norddentöchen  Ebene  über  sehr  weile  Flächen  hin  nieht  einmal  erreicht. 

Die  großen  Ditlerenzen  im  Ertrage  der  verschiedenen  Kantone  rühren  vun 
mehreren,  ansammenwirkenden  Ursaches  her,  die  snr  ErlKttterung  spesiell  tech- 
nische Ansfithrongea  erfordern  würden.  Was  ans  ihnen  aber  nnxweifelhaft  her- 
vorgeht, ist  die  Schlußfolgerung,  daß  die  Waldnngen  noch  nicht  ttberall  die 
höchst  möglichen  Erträge  abwerfen. 

5.  Der  Geldertrag  der  Waldungen. 

Von  wesentliehein  Kinfliisse  auf  den  nclilrrtrag  der  Waldnngen  sin^l  die 
Holzprei^e.  Die^e  nehmen  in  den  verHohi*"deneu  (legenden  ganz  verschiedene 
Höhen  ein,  welche  nur  durch  ausführliche  und  detuiliirte  Tabellen  nachgewiesen 
weüden  konnten.  Von  solchen  maß  aber  Umgang  genommen  werden. 

Der  Kachweis  des  Geldrohertrsgs  nnd  des  Geldreinertrags,  welcher  nach 

Abzug  dei  A  I  -al  l  II  sich  ergibt,  gewtthrt  einen  Einblick  in  das  Kdiließliche 
Resultat,  welches  durch  das  Znsammenwirkeri  der  natürlichen  Faktor* n  d<  s  Ilnlz. 
wai  h^thtimn  und  der  sozialen  B'aktoren  der  Freise,  des  Absatzes  und  der  Bewirth- 
Schaltung  entsteht. 


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Waldbau 


--    382  — 


Waldbau 


Jährlicher  Holsertra^  yon  1  ha,  Qesamiatflaühe. 


-  1 
X  a 

N 

— 

e 
9  t 

■3 'S 

« 

£  'S 
5  « 

OVBllZOSKridl 

^  1 

Desiizesnrieii 

*  4 
g  . 

Q 

9  3  1 
M  *  1 

K0«tniet«r 

• 

Pettinel«v 

1.  AirgaiL 

XII.  Nidwmiden. 

StaatswalHtinppn  . 

16 

4,79 

ta.  6,79 

25.  Alle  Gemeinde-  u.  Kor- 

2. Alle  Gem.-Waldungeo 

6 

4,4i» 

parat  Inn  sw.ild  untren  . 

5 

Z,<>/ 

3.  Sladt  Aarau  .   ,  *  . 

8 

9  »i»; 

4.  Stadt  Lenzboi^.  .  . 

39 

9,53 

XIII.  Obwalden. 

26.  Alle  Gem. -Waldungen 

4 

2,44 

II     Ann  AnvAllaAllflflAVphml  AM 

II.  Mpp6n2vii*MUi9ürrnvuon* 

d.  Alle  Gemeinden  u.  Kor- 

XIV.  Schaffhausen. 

pnrnf  innen  .... 

4 

— 

3,7  i 

27.  .SiaatswaldungvD    .  . 

9 

4,88 

III.  Appenzeü-Innerrhoden . 

28.  .SiadlwaldungT.SchAff« 

5,13 

6.  Alle  Staats-,  Gemeinde- 

29.  Spitalwaldung  v.Schaff- 

u.  KorporatioDSWAld- 

liausen  

25 

441 

6 

2,06 

— 

30.  Alle  Gem. -Waldungen 

0 

— 

4,16 

IV.  Basel-Landftchaft. 

XV.  Schwyz. 

7.  Gemeinde  TJe«ta!  .  . 

5 



5,53 

31.  Alle  Gemeinde-  u.  Knr- 

V.  Basel-Stadt. 

porationswaldttugen . 

8 

2,z2 

8.  bladt  Hasel  .... 

6 

2,28 

XVI  Sololhurn 

AVI«   WlUitfUI  II» 

VI.  Bern. 

32.  StaiLtswfttdDnmi 

5 

— 

5.08 

33.  Alle  Geni.*Waldan9en 

5 

JL  M 
*»» 

9.  Staulswiilduugeu 

13 

XVII.  St.  Gallm. 

10.  Oberland  

11.  Mittelland  

4 
4 

4 





3,51 
5,21 

5,38 

34.  Sla.if<\val«lunt:en    .  . 

35.  Alle  üem. -Waldungen 

36.  Stadl  St  GaUen .  .  . 

10 
10 
4 

— 

-  -  - 

7.41 

ö,08 
a  AI 

7,*/ 

13.  Alle  Geni.-Waldun^n 

A 

3  77 

XVItl.  Thurgau. 

Nach  Bezirken: 

37.  Staatswaldiinaen   .  . 

37 

1^  Ott 

o,vo 

1  (  nhorhinil 

XIX.  Uri. 

ib.  Miltdlaiid  

6 

— 

4,73 

3 

4.  iV) 
*,l).J 

38.  Alle  Gemeinde-  u.  Kor- 

VII. Fr«lbw|. 

porationswaldungen  . 

7 

l,2n 

• 

17.  StaatswalduHKen    .  . 

14 

— 

5,46 

XX.  WaadL 

18.  Alle  Gem.-Waldoogea 

10 

4.08 

39.  Staats  Waldungen   .  . 

5 

3,56 

1 

40.  Stadt  Lausanne.   .  . 

37 

7,13 

VIII.  Glarus. 

1 

19.  Alle  Gemeinde-  u.  Kor- 

XXI.  Wallis. 

poration^waldungen . 

9 

1,53 

41.  Alle  Gemeinde-  n.  Kor- 

IX.  GraubUnden. 

poretionswaldungen . 

6 

0,96 

XXII.  ZOridi. 

i>or:i  t  i  nriHW  aldilliiieti . 

i/vji     i  1*  '11-7"  ■aawHHW#  • 

5 

1,62 

42  Sl.'ir(f'^\vnl<liintren 

22 

6,18 

^l.  Stadt  Chur  .... 

3,78 

43.  Alle  (.iomeiude-  u.  Kor- 

X.  Luzern. 

poralioDswaldungen . 
44.  Sta.M  Wiiilorthur  .  . 

i  « 

5,74 

;i7 

1   

6.84 

SUalüwalduiigen    .  . 

8 

6,37 

45.  Stadt  Zürich  .... 

•10 

7,88 

*23.  Alle  Gl  iiiriiide-  u.  Kor- 
pot  ;iiioii<\v;ddungen. 

4 

7»»7 

XXIII.  Zug. 

1 

1 

46.  Alle  Gemeinde*  u.  Kor* 

f 

XI.  Neuenbürg. 

pora  t  ioi  1  -  \\ .  <  M 1 1  n  yen . 

il 

4,74 

34.  StaaUvvuliiungeu    •  . 

i  7 

4,60 

47.  Korporation  Zug   .  . 

i  4,89 

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Waldbfttt  ~    383  Waldbau 

Tabelle  4  gibt  eine  Uebemcht  über  die  jährliches  Brutto  Einnahmen  aus 

1  liA  Wald,  witt  de  ana  verkauftem  Holl  und  ans  dem  Erlte  an  Kebenprodoktea 
{Orai,  Streu  etc.)  eieh  siuammeiieetMii. 

Die  Brutto  -  Siimahiue  pro  ha.  der  GreeammtflSohe  beträgt: 

Zshl  der 

1.  Stadl  Aarau   If  175,5 

3.  SUdt  Zürich  (inkl.  Verarbeilung)                                   .  S3  152,6 

3.  Murten   16  153,6 

4.  Sladt  Wintertliur   *0  ir)0,+ 

5.  Stadt  St.  Gallen   4  141,5 

6.  Stadt  Lenzboj^   23  135.5 

7.  Äargau,  Staatswaldiingeii   23  100,5 

8.  Zürich,           ,    23  100,1 

9.  Stadt  Lausanne   37  100,1 

in.  Tlmr^au,  SlaaL^waMunfrpn    .   23  88,0 

11.  SlinU Waldung  von  Schaß  hausen   ^2ö  80,9 

12.  St.  Gallen,  Slaalawaldnngen   ä5  78,0 

13.  Sachsen,             ,    25         —  70,1 

U.  Württemberg,      ,    25         —  65,4 

15.  Freiburg,            ,    25  65p3 

16.  Spitalwaldung  von  SehaiThausea   35  64,4 

17.  Neuenburg,  StaaUwaldungen   23  63,1 

18.  Baden,               ,    18         —  dl,« 

19.  Bern,                ,    33  62,5 

30.  Solothnm,           .    4  60,3 

21.  Sta.lt  Chur    20  r,0,l 

ii.  Stadl  Liestal   6  59,6 

33.  Sdieffhausen,  Gemdndewaldungen  des  IL  Kreiflai  ....  8  B&,5 

24.  Eisaß-Lutbringen,  Staatewaldttngmk   13  64,0 

25.  SchafThausen,               ,    23  53,5 

26.  Waa.lt,                         .    33  80.3 

27.  FreilnirK'.  Gemeindewaldungen   23  i(i,2 

28.  S«;biill"hiiusen,  Gemeindewaldungen  des  1.  Kreises  ....  8  45,4 

29.  St.  Gallen,  PrivaLschutzwaldangen   7  37.4 

30.  St.  Gallen,  Gemeindewaldungen   7  33^ 

31.,Preulkin,  StaaUwaldungen   19        —  33,8 


Die  Anagaben,  welche  für  FXlIung  nnd  Transport  des  Holne,  für  Weg- 
banten  nnd  künstliche  Terjttngang  der  WXlder,  fiir  ßeioldangen  dcc  Foret- 
pereonala,  fttr  Boreaakoeten  etc.  erwachsen,  sind  in  Tabelle  5  xvaammeoge&ßt. 

Die  flümmtlidien  Ansgaben  pro  ha.  der  jGhwammtflIche  betragen: 

ZftU  dar 


1.  Stadt  Aarau   12  90,3 

2.  Sladt  Zürich   33  76,9 

3.  Stadl  St.  Gallen   4  73,4 

4  SUdt  Winterthur   20  39,8 

5.  Murten   16  39,6 

6.  Thurgau,  Staatswaldnngen   23  34,1 

7.  St.  Gallen,          ,    -lA  31, (i 

8.  Stadt  Lenzburg   2;{  31,3 

9.  Aargau,  StaaLswaldungen   "IH  29,1 

10.  Württemherg,     ,    i3  —  27,8 

U.  Bern,                 ,    23  -27,8 

12,  Neuenburg,         ,    23  27,7 

13.  SUdt  Liestal   6  27, (i 


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Waklban 


—   884  — 


Waldb«it 


Zahl  der 

14.  Stadt  Chor  SO  S7^ 

15.  B8d«n,  Staatswaldungen  18  —  96,& 

16.  Klsaß-Lolhrin^'en,  StaatswaldmigeD  13  —  96^4 

17.  Zürich,  SUialswaldungen                           ......     33  25,8 

18.  .Spitalwaldungen  Ton  SchnfffaaiUMl  S5  95,1 

19.  Stadtwalduti^'t  n  von  SchafThaiiSMi  25  24,9 

90.  äolotbura,  Staatswaldungen                                              4  24,5 

91.  Sehafflmitwii,         «   19  94,1 

92.  Waadt.                 ,   91  99,0 

93  Sachsen,                •   93  —  91,8- 

94.  Schaffbausen,  Gemeindewaldnufai  des  ü.  Kreises  ....      7  91,6 

95.  Freiburv.  Sf;iat.«wa1ihingen    .                                       .     98  17^ 

96.  SchatVhauscu,  Gemeindewaldungen  des  L  Kreises  ....  8  17,0 
27.  Stadt  Lausanne  37  16,1 

98.  Preußen,  Staatewaldnogen  19  —  11,1 

Tabelle  6  endlich  enthilt  die  BeinertrSg«  der  Waldangen,  wie  sie  wth. 
den  amtliaheii  Jahresreobnniigen  endelt  worden  eind. 

Es  betrugt  der  Beinertrag  pro  ha.  der  Gesammtfllohe: 

ZM  d«r 

Period«»'  Frankea 

Jahre  - 

1.  Mvrten                                                                .     16  113,9 

9.  Stadt  Winterthar  90  110,6 

3.  Stadt  Lenzburg                                                             93  93,8 

4.  SUdt  Aarau                                                                    19  85.9 

5.  Stadt  Lausann«                                                           37  84,0 

f..  Sta.lt  Züri.l.                                                                    23  75,7 

7.  Zürich,  Siaal< Waldungen  ^  73,5 

8.  Aargau,          ,                                                              93  71,3 

9.  Sta.il  Sl.  Gallen                                                               i  09,1 

10.  Slatltwaidung  von  Schaffhausen  ä5  68,0 

11.  Tlmrgan,  Staatswaldungen  23  64,0 

12.  Sarli^pn.              ,                                                                  23  48,4 

13.  Freiburg,            ,   23  47.8 

14.  Sl.  Gallen           „   23  itJ.4 

15.  Spitalwaldungen  von  Schatlhausen                                       25  39,3 

IG.  SchatThausen,  Gürueindewaldungen  des  IL  Kreises  ....       7  38,0 

17.  Württemberg,  Staatswaldungen                                         23  —  37,& 

18.  Baden.                    .   18  -  37,6> 

19.  Solotbum,               ,             ..........      4  36,6 

20.  Xeueobnrg,               »                                                    23  35,1 

31.  Bern,                     ,                                                  33  34,7 

99.  Stadt  Gfanr  '                                         37  39,8 

23  Scbairiuiusen,  Staatswaldungen                                       19  32,6 

24.  Sladt  Liei^taJ                                                                     6  32,0 

95.  ScbaflThausen,  Oemeindewaldungen  des  I.  Krdses  ....      H  98,3 

26.  Waadt,  Sta.it-wriliiniiv-^ri  21  27.7 

27.  Elsali-LotbriDgcn,  Staatswaldungen  13  —  97,3 

98.  Ptenfien.                  ,   19  -  11,7 

Die  Vergleiohang  dieser  letzten  Tabelle  Iftfit  die  großen  Unteisehiede  im 

Rrtrage  leicht  erkennen.  Es  lohnt  sieb  im  Tolkswirthschaftlichen  Interet<tie  der 
Schweiz,  diese  Unterschiede  näher  zn  unterauchen  und  derfn  Ursachpn  anf- 
zukliircn.  Es  int  nicht  zwf"ifelhaft,  daß  durch  Verbes-serung  der  Wirth.schaft  iJio 
Erträge  noch  an  manchen  Orten  gesteigert  werden  könnten.  Andererseits  zeigt 
die  Zttsaounenstellnng,  daß  die  Krlrftge  einselner  schweiserisdier  Waldungen  die 
aus  anderen  Landern  bekannt  gewordenen  weit  ttbertreffen. 


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Weinbau 


—    885  — 


Weinbau 


Weinbau.  (^VerfiEuaer :  Herr  Krauer- Widmer,  Dozent  für  Weinbaa  am 
eidg.  Poijrtechnikum.) 

L  Are»!  und  Verbreitung. 

Du  gSBammte  Rebanal  der  Sobweix  betrigt  lirka  83,046  Hektaren,  welobe 
neb  auf  die  einselDen  Eantone  vertbeilen,  wie  folgt : 


Aai^n    .    .    .  . 

2,524  Hekt. 

St.  Gallen  (1886)  . 

674 

Appenzell  A.-Rb.  . 

10 

« 

SchafThausen  .    .  . 

i,ioa 

Basflland      .    .  . 

700 

« 

Schwyz     .    .    .  . 

200 

Ba^elstadt 

60 

m 

Sulutburn  .    .    .  . 

130 

Bern  ,    ,    .    .  . 

ÖOO 

it 

Tesain  .    .        .  . 

6,640 

Freibnrg  .    .    .  . 

280 

m 

Tburgan  .... 

1,820 

Genf  

1,980 

m 

6.600 

Graubunden  .    .  . 

320 

Wallis  

2,340 

Lnz**rn     .     .     .  . 

eo 

fi 

Zog  

70 

ücueüburg 

1,250 

n 

Zürich  

5,.'>16 

« 
* 


Total  wip  oben  33,046  Hekt. 

Die  weinreicbsten  Gebiete  tiind  das  Sottocencru  iiu  Kuutua  Tc^äin  und  die 
HHgel-  und  Berglandsobaften  am  Genfer-,  Neoenburger-,  Bielcr-,  ZOricber-  und 
Bodenuee.    Dann  folgen  dae  Rbonetbal  im  mittleren  Wallis,  die  AbbSnge  des 

Jura  in  den  Eautonen  Aar^^'un,  Ziirich  und  HcbüiniaiiHen,  namentlich  in  letatemi; 
ferner  da«  nntfrc  Ajir-  uud  Limmatthal,  das  tmtrrc  Tößthal,  das  nuftlere  und 
untere  Thurthal  uud  das  Rbeiutbal  von  Cbur  bis  Sargan«  und  von  Forsteck 
bis  zum  Bodensee. 

Die  Erhebung  der  Weinberge  Uber  Heer  rarürt  sebr.    Die  tiefbt  gelegenen 

fiuden  wir  bei  Locarm»  und  Umgegend,  zirka  üoi»  m,  du,]  bei  Basel,  270  m.  In 
der  Hochebene  z\vis(  In  n  GtMifer-  und  Bodensee  erhebt  sich  der  Wi  instiK  k  an  lUm 
slUlMehen,  s1i(lnsili(  hcn  und  südwestlichen  Abhängen  bis  zu  5nO,  ja  (iO(i  m  und 
darüber;  iu  den  Alpeiithälern  steigt  er  bedeutend  höher,  so  au  der  Porta  Konmna 
bei  Ragai  bis  710  m,  bei  Tomik  im  Domleeebg  bis  970  und  bei  Vispertenuinen 
im  Nikolaithal  sogar  bia  1210  m. 

II,  Erziehungaarten  (Sehnittf ormen). 

Im  wesentlieben  kann  man  deren  fünf  anteraobetden.    Jede  denelben  gibt 

an  ihrem  Orte,  je  uacb  Rebfiorte,  Boden  im  l  Klima,  gute  Renultat«;  keine  aber 
kann  als  die  absolut  beste,  für  alle  V'crhültnisso  pjwsende  bezeichnet  werden. 

1)  Zapfensi hnUt  (Stiftschnitt).  Drr  Stamm  wiivl  haM  kurz,  als  sog.  Kopf, 
bald  lang  ab  Schenkel  gezogen.  Auf  d«  ihm  ILl-h  .■^chiu  idi  t  man  2  bis  4  Zupfen 
von  je  2  bis  4,  höchstens  5  Augen,  umi  unter  jedem  derselben  ein  tle«»erve- 
etiftehen  ron  1  bia  2  Augen.  Eine  Modifikation  dieeer  ErziehnngHart  iet  der 
Bog.  lioiks'hniU  in  der  franzö.^ischen  Sehweiz.  Der  Stamm  iat  kurz,  15  bin 
25  cm  hoch,  mit  8  bis  4  Schenkeln  (cornes),  auf  weloben  Zapfen  von  1  bie  2 
Augen  stehen. 

In  der  deutschen  Schweiz  kommt  der  Zupfenschnitt  zumeist  beim  UualitStB- 
bau  zur  Ausführung,  in  der  franzSaisoben  Sobweiz  wird  er  fast  anaschließlioh 
angewendet  und  liefert  da  nicht  nur  guten,  sondern  auch  viel  Wein. 

2)  Rundbi^enschniü.    Findet  sich  bauptaftchlieh  iu  der  deotnchen  Schweiz 

und  zwar  hei  deu  Htarktriebigen  Rebsorten,  bei  welchen  mehr  auf  die  (Ttuuntität, 
als  auf  die  Qualität  gesehen  wird,  üocli  werden  in  einiir»'fi  (irirHn  it'n  aru  h 
edlere  Sorten,   wie  z.  Ii.  schwarze  Burgunder,   in  dieser  Weise  erzogeu.  Auf 

Farrtir,  Volk»wirtluckafU>Laxlkoa  d«>r  .Hchweisu  25 


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Weinbau 


386  — 


Weinbau 


einem  Stamme  voa  wechselnder  Lauge  wird  eine  Trdgrebe  von  4  bis  20  Augen 
angeKclmitten  uaA  sodann  kreufifrmig  gebogen.  Etwas  tiefer  steht  ein  Zapfen 
von  2  bbt  4  Augen  und  mitunter  möglichst  nahe  am  fioden  ein  B^rv^tift 
von  2  Augen.    Sehr  kräftige  Weinsttfoke  erhalten  in  einigen  Gegenden  swei 

solcher  Bogreben  nebst  Zapfen. 

ii)  Sireck-  oder  Siecköof/oiS'  ImiU.  Derselbe  unterscheidet  »ich  von  dem 
Torhergehenden  bloß  dadurch,  daß  die  Tragruthe  horizontal  gestreckt  und  mit 
der  Spitze  entweder  m  «nen  knnen  Ffiahl,  resp.  an  einen  Diiiht  befestigt,  oder 
aber  einfaoli  in  den  Boden  gesteekt  wird.  Diese  Eraehungsart  ist  eigentlioh 
identisch  mit  dem  renonutürteo  Sjatkne  Guyot  in  Frankreich  und  mit  dem  s.  Z. 
in  schwindelhafter  Weise  angepriesenen  Hooibr^-nkVoheu  System.  S'ut  iat  in 
der  nördlichen  Schweiz  zu  Hause  und  liefert  bei  gleicher  Menge  bessern  Wein 
als  der  Eundbogenschnitt. 

Als  Untersttttsung  dienen  bei  den  genannten  Formen  in  der  Begel  Pfahle; 
Brahtanriehnng  kommt  in  der  Schweis  selten  vor. 

4)  Hohe  oder  üaUeniMke  l^aidmngsaH  im  Kanton  Tessin  und  in  den 
südlichen  ThKlem  des  Kantons  GraubUnden.    Nicht  an  todten  Fflthlen,  sondern 

an  lelK-ntlfii  Bänmpn  (FftldahormMi)  wird  der  Weinstock  gezogen  und  liänfig 
sohlinj^en  sich  die  Tragrebeu  in  Form  von  Gnirlandcii  vun  pinem  Baum  zum 
andern.  Oefter  auch  Uegen  auf  hölzüruea  Stützen  oder  geujuuerten  i'leileru  m 
Mannshöhe  horisontale  Qneistangen  und  die  Bebe  Utnft  lanbenartig  Uber  diese 
Gerüste  hin,  wKhrend  daronter  andere  Knltnrpflansen  gebant  werden. 

5)  DU  alte  Wallt ser  Ereiehnnijsart.  Die  Reben  werden  ganz  niedrig 
gehalten  urid  die  ZwlI^'c  derselben  flattern  firei  über  den  Boden  hin,  wie  im 
südlichen  Fraokreioh  und  Spanien. 

HL  Terjttngnng. 

Die  Dauer  des  Weinstockes  hüngt  von  Sorta^  Sdinitt  und  Boden  ab  In 
leichten  Böden  altert  derselbe  früher,  als  in  schweren,  und  starktriebige  Sorten 
bleiben  liinger  fruchtbar,  als  schwachtrifhigp.  So  kommt  es,  daß  in  vielen 
Gegenden  die  lieben  ein  fruchtbares  Alter  von  40  bis  60,  ja  70  Jahren  er- 
reichen, während  in  andern  sdmn  aadi  10  bis  IS  Jahren  verjüngt  werden  maß. 
Die  Yeijttngong  wird  auf  yerachiedene  Weise  vorgenommen.  Im  Kanton  Waadt 
nnd  in  einigen  andern  Weingebieten  der  französischen  Schweis  reutet  man  die 
nlten  Heben  ans,  benutzt  den  Bodtn  während  einiger  Jahre  mittelst  anderer 
Kulturen  und  nimmt  daun  die  Wieder bepüuuzung  mit  Wurzelreben  oder  Blind- 
reben (chappons)  vor;  letztere  werden  am  häuligsten  verwendet.  Auderwurtf*. 
namentlich  in  der  deutschen  Schweis,  werden  die  Beben  Tergrubt*),  und  swar 
bald  nur  einselne  Stöcke,  bald  ganse  Parzellen.  Da,  wo  ansnahmsweiHe  Wein- 
berge gerodet  werden,  benutzt  man  zur  Wiederherbtellung  derselben  statt  Würz- 
lingen  hänfig"  alte  SUicke,  wie  man  wie  oft  beim  Vpriünpren  der  Riben  durch  das 
Vergruben  criialt,  liog.  Setzreben,  mitunter  auch  die  beim  Schuitl  in  Wegtull 
kommenden  alten  Bof^ben. 

*)  Da*  Ver^^rubeii  wird  folgender  Mabeii  ausjreführl:  An  dem  zu  verjüngenden 
Stocke  läßt  man  ein  bis  zwei  einjahrigt-  Schosse  stellen,  die  äbri;?en  werden  beseitigt 

Dann  räumt  mnn  die  Krde  um  den  Slock  herum  Im-  auf  den  Wurzclkranz  wc,:,  nnu  lit 
einen  Graben  l»ts  zu  der  Stelle,  wo  die  jun^»e  l'iiaii/'  :^tf-hon  soll,  bic^jt  n  .litt  u  Stock 
unter  möglich.'-ler  Srlionung  dc;>  Wurzelweikts  in  il* n  (i:,tli(-n  nieder,  zii  li!  ui  der  be- 
zoiolincffti  Sifl!''  is  notdi  vorliandeiie  eiiij'iMi  'L  <■  ]\<^:■  -i  iikr>  i!it  in  Ale  Höbe,  so  daß 
einige  Austin  ril»er  das  Niveau  des  Bodeos  hervorragen  und  Jülll  den  ürubeu  xmi  Erde  zu. 


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Weinbau 


—    HH7  — 


Weinbau 


IV.  Sorten. 

Was  die  Bebiortea  anbelangt  ao  werden  deren  hanptiioliHch  vier  im 
Großtiu  gebant,  nämlich  Gntedal,  filblil^f,  BXmohluig  nnd  bUtier  oder  aehvafier 
Borgunder. 

Die  Guteilelsurten,  Chassela-i,  bilden  den  Hftnptsatz  in  den  Kantonen 
Genf  und  Waadt^  sowie  am  Neuenburger-  und  obern  Bieieiiiee;  foruer  tritit  man 
ide  in  ganzen  Complexea  im  Wallia  und  in  den  Juragegenden,  spesiell  in  den 
Kantonen  Baael  nnd  Aaxgao;  in  den  ttbrigMi  Weingellndea  der  niirdliohen  und 
•Satlichi  n  Schweif  finden  Hie  äich  mehr  Tereinselt.  Ihrer  großen  Verbreitung 
wegen  besitzen  sie  viele  Lokalnamen,  wie  Dachtraube.  Elsaßer,  Fenf];n>t,  Gut- 
lauter, Junker,  Klöpfer,  Most,  Scheukeuberger,  Weiülauter  etc.  AU  koustante 
Varietäten  können  unterschieden  werden: 

1)  Der  weiAe  Eraehgatedel  oder  Pendant  nüt  swei  weitem  Spielarten: 
a.  Der  in  der  Blttthe  nicht  empfindliehe  Fendant  ronx  oder  TOBt&rhige 
Kracbgutedel. 

h.  Der  grüne  Krachgutedel    Fendant   vert),  kräftiger  und  mehr  Wein 
JUefernd  aln  der  erstere,  aber  in  der  i^iütbe  empfindlicher. 

Der  Jnragatedel.    Sehr  fnuhthar,  jedoeh  empfindlich. 

3)  Der  weiße  Gutedel.   Vom  vorhergehenden  nur  schwer  zu  unterscheiden. 

4)  Der  rothe  Gutedel  (Cbasselas  rouge),  fast  die  fruchtbarste  aller  Gutedelaorten. 

5)  Der  Pariser  Gutedei  (Uhasselaa  de  f  ontainebleaa),  mit  dem  Fendant  ronx 
nahezu  übereinstimmend. 

6)  Der  KSnigsgatedel  (Chanielaa  royal),  deMMi  Beeren  ndi  gleidh  naeh 
-der  BlBtbe  violett  &rben. 

7)  Der  Kaakatgutedel.  Der  Stock  bt  «chwaohwflobaig  nnd  empfindlich, 
•die  Tranbeu  aosgezeichnet  von  Gesrhmack. 

Hin.sichllich  der  ürziehungsart  find  die  Gutcli  l  nicht  wählerisch ;  man  kaun 
sie  auf  Zupfen  oder  Bogreben  schneiden.  Dagugt^n  machen  sie  gewisse  Ansprüche 
■an  den  fiöden.  Eiee«  nnd  Sandboden  sagt  ihnen  nicht  in,  sie  verlangen  an 
ihrem  Gedeihen  einen  reicheu ,  nicht  zu  trockenen  Lehmboden.  In  solchem  geben 
sie  sehr  große  l^Irträge,  durelisschnittlich  55  bis  70  Hektoliter  pro  Hektare.  In 
ganz  guten  Jahren  .steigt  in  einigen  Gegenden  des  Waadtlaudes ,  so  z.  B.  bei 
Morge»,  der  Ertrag  aul  27u  bis  öüü  Hektuliter,  bei  Bevaix  am  Keuenburger 
.See  sogar  anf  430  Hektoliter. 

Die  Tranben  sämmtlicher  Gntedelsorten  sind  grofi,  reifen  ürtth  nnd  eignen 
■sich  durchweg  gut  für  die  Tafel. 

Der  Elbling  ist  die  vorherrschende  Weißweinrebe  im  St.  Gallischen 
üheiuthal,  in  d^n  Kantonen  Tburgau  und  Öchadhauseu,  im  uurdlichen  Theile  des 
Kantons  Züridi  und  in  einigen  Gegenden  des  Kantons  Aargau;  ferner  findet  er 
sieb  auch  in  Baselland,  Solothurn  und  Bern,  sowie  sporadisch  in  den  franaSnscben 
Kantonen.  Der  großen  Verbreitung  desselben  entsprechen  auch  eine  ünaahl 
von  lokalen  Namen,  wie  z.  B.  Burgiiner.  Biirger,  Dick  weiß,  Eibele,  Elben, 
Grausilber,  Grüusilher,  GroGhiirger,  KUiiiViurL'er,  Knoller,  Kurzstieler,  Schulden- 
zahlcr.  Er  wird  bald  aut  Zapfen,  bald  aul  Üogcu  geschnitten;  die  Hauptsache 
ist,  daß  man  viel  altes  Holz  stehen  UIßt;  je  iKnger  Stamm  nnd  Schenkel,  desto 
größer  die  Frachtfaarkeit  und  desto  sicherer  die  Bltithe.  Der  durchschnittliche 
Ertrag  kann  zu  60  bis  70  Hektoliter  angenommen  werden.  Die  Trauben  reifen 
mittelfrüh,  faulen  bei  niusser  Witterung  etwns  leieht  und  geben  einen  leichten, 
nicht  gur  sauern  Wein,  der  sich  zum  baldigen  Verbrauche  beb»er  eignet,  als  auf 
<daa  Lager. 


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Weinbau 


—    '6H>i  — 


Weinbaa 


Dem  Elbling  nagt  trookener,  schwerer  Boden  am  besten  zu;  dock  kommt 
er  anch  in  Ejea-  und  8andbttden-  fort,  ist  in  denselben  aber  in  der  BlUthe  etwaa- 
empfindlieh.    In  naPHcm  Boden  geht  er  häidig  7,11  Grrundo. 

Man  niitt'iscLoiilel  drei  Spielarten,  den  gelben,  grünen  und  rutlu  ii  Klbling. 
Der  ersten-  lictVrt  di-ii  ht^ssprn  Wein,  al>  dir  zweite.  Lk'r  Hotlielbling  unter» 
scheidet  nich  von  den  beiden  audern  bloß  durch  die  Farbe  der  Trauben. 

Der  große  BSueehling  (Kneller,  Thnner,  weißer  Welseher,  Zllrioh- 
rebe)  hat  seine  Herrschaft  am  ZUrichsee  und  im  zürcherischen  Limmatthal» 
aufgeschlagen,  wird  indesRcn  anrh  in  den  übrigen  Weingeländen  der  Nordobt- 
Bchweiz  und  am  Thunernee  kultivirt.  Der  Rchstork  ist  kräftig  und  verlangt, 
da  die  untersten  Augen  nicht  fruchtbar  sind,  unbedingt  langen  Schnitt.  Er 
gedeiht  so  riemlich  in  allen  Bodenarten,  widersteht  der  WinterkShe  gut,  i^t 
riemlich  dauerhaft  in  der  Bittthe  und  trügt  viele  große,  etwas  spKt  reifende 
Trauben.  Ale  Durdkechnittsertrag  kSnnen  60  bis  65  Hektoliter  pro  Hekt^ire 
anpr^'n^^nimen  werden.  Oelnnfren  die  Trauben  zu  voller  Reife,  so  piebt  der  RäuBch- 
iing  einen  guten,  kräftigen,  lagerhat'ten  Wein;  iu  fiohlechteu  Jahren  zeichnet  eick 
dieser  durch  ein  Uebermaß  vou  Säure  aus 

Der  sohwarae  Burgunder  (Pinot  noir).  Wie  alte  stark  verbreiteten 
TranlveoHorten,  ho  hat  auch  diese  verschiedene  Lolnttnattien,  wie  Arbat,  petit 
Bonrgnignon,  Oortaillod,  petite  Dole,  Gutldau,  Klevner,  Klevinger.  blauer  Sylvaner, 
rotbtT  Sylvaner,  Sulvagnii!,  Servanier.  Alle  bessern  Kotbweino  der  Schweis,  mit 
Ausnahme  derjenigen  von  Mihux,  Tesain  und  einigen  Wallitiern,  htammeu  voql 
sehwarten  Burgunder. 

Es  werden  Tersehiedene  Spielarten  unterschieden : 

1)  Der  kleine  Burgunder,  welcher  den  feinsten  Wein  liefert,  aber  in  der  BlUthe 
etwa»  empfiodlioh  ist,  kleinere  Trauben  hat,  und  quantitativ  nicht  besonders- 
ausgibt. 

3)  Der  große  Burgunder,  l^üftiger  und  fnehtbaver  als  Nr.  t  und  doolfc 
einen  reebt  guten  Wein  liefernd.  Die  empfehlenswertheste  aller  Bnrgnndersorten. 

3)  Der  Brunläubler,  der  etwas  spater  reift,  bei  voller  Beife  jedoch  einen. 

würzigen  Wi>in  pht. 

4)  Die  iJodeu>eetniube.  Mittelfrüli  reilend,  von  den  vorhergehenden  durch, 
die  im  Herbst  eintretende  rothe  Verfärbung  der  Blätter  verschieden. 

Der  durchschnittliche  Erlrag  des  kleinen  Burgunder  kann  za  30—  35  Hekto- 
liter, derjenige  der  folgenden  drei  Yarietftten  au  40 — 46  Hektoliter  angenommen 
werden. 

Da  der  schwarz«*  Burgunder  sowohl  an  <ien  untern,  als  an  den  obern  Angen 
fruciitbur  ist,  kann  er  kurz  oder  lang  ge^^chnitten  werden.  Ki»  hndeu  auch  in 
dieser  Beziehung  große  Unterschiede  fitatt.  WKhreud  man  in  Neuenbürg,  an  den 
Abhfingen  des  Jura,  im  Kanton  St.  Gallen,  im  bttndneriächen  Weingebiete  und 
bei  Winterthur,  Neftenbach  u.  d.  E.  den  Buri^  mder  auf  Zapfen  Kchneidet,  erhalt 
der.'.elbe  in  der  (leckend  zwischen  Thnr  und  Kliein  und  niidcrwi'irtM  fiin*  bi.s  zwei 
BoL'rehen.  Wie  dt  in  KIbling,  ho  sagt  auch  ihm  langes  alten  Holz  vorzuglich  zu. 
Der  Burgunder  kommt  iu  allen  Bodenarten  fort,  mit  Auttnahme  der  schweren,  naseen 
ThonbSden  in  denen  er  nicht  lange  auithSIt. 

Aniier  den  vorntelicnd  besehric!  :i  n  II  iiiiitLjewaehseu  werden  noch  sehr  viele 
Sorten  kultivirt,  welche  fUr  einzelne  Gegenden  oder  Lagen  von  bestimmtem 
Wert  he  sind. 

Von  \\'eiß  wei  u  tra  übe  n  i.*t  hier  zunächst  der  Cyw/)^«?^«/"  oder  die  weiße 
Malanatraube  au  nennen,  die  im  Thurgau  unter  dem  Namen  «Lindaner*  und  auL 

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§ 


Weinbau  —  —  Weinbau 

ZUriobaee  aJa  «Züriohrebd*  vorkommt.  Der  Stock  ist  sehr  robust,  die  Trauben 
reifen  aber  sptk.  Den  weißen  Heuniteh  (Httnach)  trifft  man  noeh  hie  und  da; 

■er  ist  sehr  kräftig  und  fruchtbar,  der  Weüi  indessen  sehr  schlecht.  Der  tccJße 
Mus<  atdler  ist  als  Spaliertraube  in  der  ganzen  Schweiz  verbreitet,  als  Wcinberg;«- 
rebe  kommt  er  nur  im  Kanton  Wallis  vor  und  gibt  dort  die  bekannten  lieblichen 
Muskatellerweine. 

Hw  weiße  Burffunder,  im  Kaßern  flabitos  dem  aekwaraeii  com  Verweebaetn 

JÜmUch,  kommt  nur  vereinzelt  vor.  Kr  zeichnet  sich  durch  eine  gröl^ere  Wider- 
standsfähigkeit gegen  die  Blattkrankheiten  aus,  ist  fruchtbar  iintJ  gibt  einen  sehr 
guten  Wein.   In  der  französischen  Schweiz  heißt  er  Finot  blanc  und  Epinette. 

Der  roihe  Buryunder  (Grauklevner,  Mosler,  Eothklevner,  Kuländer,  Petit  gria, 
Pinot  griel  kommt  sdten  in  reinen  Beetindsn  vor,  bSofig  aber  gemieobt  mit  dem 
«obwarsen  Burgander,  von  welehem  er  abetammt  und  in  weldien  er  KKnfig  lorllok* 
schlägt.  In  der  Fruchtbarkeit  ist  er  dem  letztern  mindestens  gleich,  in  der  Reifezeit 
etwas  früher,  und  aus  den  jrvaurotbi'n  Trauben  wird  ein  sehr  feiner,  kräftiger  VVein 
gewonnen.  Er  verlaugt  etwas  schweren  Boden  und  eher  Bogen  als  Zupfenschnitt. 

Der  graue  Tokajer  (Malvoisie)  wird  von  vielen  Ampelographeu  mit  dem 
RnlSnder  identifisirt,  von  andern  für  eine  besondere  Spielart  gehdten.  Er  gedeiht 
auch  im  Kiesboden  und  der  Wein  ist  noch  feiner,  als  der  des  rothen  Burgundttca. 
Ganze  Komplexe  desselhpn  trifft  man  im  Wallis  uud  in  den  Umgegenden  von 
Schaphausen,  sonst  findet  er  sich  zerstreut  in  den  Burgunder- Anlagen.  In  der 
BlUthe  ist  er  etwas  empfiodlich.  sonst  aber  sehr  fruchtbar ;  in  guten  Jahren  steig; 
•der  Ertrag  bie  anf  120  Hektoliter. 

Der  rothe  Tramuner  (Gfontil  dnret  ronge,  Grie  ronge«  Halden  ronge,  Salvagnin 
rooge  da  Jura,)  ist  gchwachwUchsig,  verlangt  kräftigen  Boden  und  laugen  Schnitt. 
Die  Trauben  reifen  etwas  spät,  haben  aber  äußerst  wcnii?  Säure;  erlangen  sie 
die  völlige  iieife,  so  zählt  der  VV^eiu  zu  den  vorzüglichsten.  Der  loei/oc  Iraniimr 
(^>etite  Arvine,  Halden  blano,  Salvagnin  blanc,  Sohleitheimer)  ist  dem  rothen  sehr 
Shnlieh.  Beide  kommen  meist  nnr  sporadiseh  vor,  ganze  Beet&nde  sind  selten. 

Der  weiße  Weslhvfy  von  dem  die  vorzüglichen  Rheinweine  stammen,  wird 
int  Wallis  unter  dem  Namen  Johannisberg  und  (»etit  Rhin  knltivirt  und  gibt  dort 
eüeutalls  feurigen  Rüßen  Wein.  In  den  übrigen  KebguUinden  der  Schweis  ist  er 
nur  selten  zu  treiien. 

Der  grüne  S^tvaner^  in  der  fransSsuohen  Sehveiz  Gros  fihin  nnd  Plant  du 
Bhin,  ist  sehr  fruchtbar  und  reift  seiue  Trauben  mittelfrüh;  der  Wein  i^t  gut, 
kommt  aber  denjt  iiig«  n  des  Rieslings  nicht  zu.  Der  rolhe  Si/lvaner,  der  aber  keinen 
Kothwein  liefert,  unterscheidet  sich  vom  grünen  bloß  durch  die  Farbe  der  Trauben. 

Dur  yelbe  Orllieber  (Kuipperie,  kleiner  Käuschling)  fiiidet  sich  nur  sporadisch. 
Der  Bebetock  ist  krilftig  und  gedeiht  in  allen  Bodenarten,  sowie  in  den  windigsten 
Lagen,  ist  ttberaas  frnchtbar  und  nic^t  empfindlich  in  dw  BlUthe.  Dagi^en  leidet 
er  vom  Tranbenvnrm,  und  die  kleinen,  gedritngten  Trauben  faulen  bei  nassem 
Herbstwetter  sehr  rasch.  Der  Wein  i-^t  von  mittlerer  (Qualität, 

Der  weißti  iudluftpiler  ist  erst  in  neuerer  Zeit  importirt  worden,  zeichnet 
«ich  durch  Widerütaudsfähigkeit  gegen  schädliche  EiuÜilsse  aus,  i^t  namentlich  in 
der  Blflthe  ganz  nnempfiDdlieh  nnd  sehr  fruchtbar.  Leider  reifen  die  Trauben  spät 
und  es  paßt  daher  diese  Sorte  nur  für  die  frühsten,  hetßwten  Lagen. 

Iv  ■  t  Ii  w  e  i  n  s  r  t  e  n.  Längst  eiaheimiseh  sind  in  gewissen  (iegenden  der 
Krknbtirher ,  der  Mörsch  oder  Morchel,  der  liikffler  und  der  Jhtzf:h-'hner  — 
^hr  robuste  uud  tragbare  Sorten,  welche  von  den  verschiedenen  i!k.raukheiteu 
wenig  heimgesueht  werden,  aber  spät  reifen  und  saure,  jedoch  baltbare  Weine  liefern. 


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Weinbau 


W«nbattt 


Der  Gros  Rouge  Savoyard  (Mondeuse)  \»i  ebenfSalls  «ehr  robu»t  uaa  tragbar, 
abmr  «neh  ipKtreifend;  kommt  in  der  framtfoiicheii  Schweis  yor. 

Bedeutend  edler  ist  der  aus  Burgund  »tammende  Gamay  (Gamet,  Liverdon)^ 
doch  lange  nicht  «o  edel  als  der  schwarze  Bnrgnnrler  oder  Pinot.  Er  gedeiht  in 
schwerem  Buden  benser  als  in  leichtem,  ist  unemphodlich  gegen  Kälte  und  NSsse 
und  sehr  fruchtbar;  verlangt  kurzen  Schnitt.  lu  der  deut>tchen  Schweiz  tri  dt  man 
ihn  nnr  voreinielt;  im  Kanton  Nenenbnrg  wird  er  bei  Epagnier  und  St.  Blaise 
im  Großen  gebaut  und  im  Wall»  findet  er  aeit  einiger  Znt  ab  9r<me  IMe^ 
immer  mehr  Yerbreitimg.  Dort  irird  deseen  dnrchaolimttlieher  Brtrag  an  7S  Hekto- 
liter angenommen. 

Die  MUlierrebe  (Enfarin^,  Meunier),  mit  dem  blauen  Burgunder  verwiiiidt. 
leiohnet  sich  durch  große  Remstenz  gegen  Winterkälte  ond  Spätfröste  aus  und 
taugt  daher  yonttglieb  in  niedere  Lifen.  Itegegen  iat  sie  dem  Sehwarsbrenaer 

und  der  Peronuspora  sehr  unterworfen.  In  schwerem  Boden  gedeiht  sie  besser^ 
als  in  leichtem.  iJic  Tranben  !«ind  von  mittlerer  Größe,  reifen  mit  denjenigen  den- 
großen  BnrgnnderH  und  geben  einen  guten  Kuthwein. 

In  neuerer  Zeit  wurden  impurtirt  der  Blaufränkische  (Limberger),  der  blaue 
PiHrtuffieser  (TOelaner)  und  der  St.  Laurenl  (Lanrentiuarebe}.  Der  entere  iet  lehr 
Kt&rkwUchsig  und  frimbtbar,  treibt  aber  irHh  aus  und  exfriert  deßbalb  Jeieht. 
Die  großen  schwarzblanen  Trauben  reifen  etwas  spSt;  die  Hebe  paßt  daher  nnr 
für  die  besten  Lagen.  Der  Schnitt  muß  knr^  gehalten  werden  Der  Wein  int 
dunkelfarbig,  kraftig,  aber  herb.  Der  Poriugieser  ist  ebenfalls  fruchtbar;  die  Trauben 
und  groß,  reifen  ftlA  und  geben  einwi  friißen,  dunkeln  Wein;  da  indessen  der 
Stook  im  Winter  leicht  erfriwt  und  die  grttnen  Theile  der  Bebe  «ehr  vom  Schwan* 
brenoer  leiden,  so  hat  diese  Sorte  keine  grofie  Verbreitung  gewonnen ;  vielmehr 
sind  viele  Neuanlagen  wieder  ausgehauen  worden.  Per  Sf.  ]Aiureitt  gehört  mm 
Gescblecbtti  der  Burgunder,  i^t  wtarkwtichMg  und  »ehr  liucditbar,  in  der  Bliitho 
von  mittlerer  Dauerhaftigkeit.  Die  großen  und  großbcerigeu  Trauben  reifen  vor 
denjenigen  des  großen  Burgunders ,  der  Wein  ist  kräftig  und  hat  eine  sohOne 
Farbe,  erreicht  jedooh  die  Gute  der  Burgunder  weine  nieht  gans.  Leider  treibt 
der  Stock  fHlh  ans,  paßt  folglich  nicht  fttr  tiefe  Lagen,  wo  SpjitlMIste  hftufig 
eintreten. 

Der  Kauton  Wallis  besitzt  einige  demselben  eigenthUmUchc  Gewächse^ 
die  hier  kurs  besohriebeo  werden  RoUen. 

a.  Wetßweinsorten.  PeUU  Atm^€^  eine  spittreifende  wmBo  Traube,  die 

durchfichnittlich  einen  Ertrag  von  45  Hektoliter  liefert.  Grosse  Aroine,  gibt  guten 
Wein;  Dnrchschnittsertrag  65  Hektoliter.  Blanchier,  dem  rha.-^selds  ähnlich,  mit 
großen  Trauben.  Humoffne,  eine  der  ältesten  Sorten  mit  weißlicb-geiben  Trauben, 
lieferte  vor  Jahrhunderten  den  sog.  Yinum  hnmanum.  La  Jolaa  komntt  nur  selten 
vor  und  trigt  spStreifeode,  gelbe  Trauben.  Malwniie  &tot>e)ke  de  Martiffnjß  Stoek 
von  mittlerer  Stärke,  Traube  klein,  gelb  und  von  mittlerer  Reifezeit.  Peiit  WUu 
hlmir  de  .}f<irfirfni/,  sehr  kräftig,  dauerhaft  und  fruchtbar;  die  Trauben  von 
mittlerer  (TföÜe,  grllngelber  Färbung  ui  d  snät  reifend  Nicht  verwandt  mit  dem 
Biesling,  der  im  Wallis  ebenfalls  petit  Ütun  tunÜl.  litee  verte.  Wird  seit  langem 
kultivirt  und  ist  «ehr  geechStst.  Stodc  krlfüg,  Trauben  mittelgroß,  weißgelb. 
Diese  Sorte  liefert  den  berühmten  Gletscher  wein.  Krtrag  70  Hektoliter.  lUgeJaune,^ 
Spielart  der  vorhergehenden.  Ertrag  i)5  Hektoliter. 

Roth  weinsor  ten.  Goron  rrmnr  frother  Gnron).  Kommt  haupt^'ü  hlioli  im 
deutschen  Oberwallis  bei  Saigesch  vor.  Stock  »taik,  fruchtbar,  Trauben  v«»n  später 
Beifeieit,  Wein  ^ae  hart,  aber  von  guter  QualitKt.  Ertrag  96  Hektoliter. 


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Weinbau  —    391    —  Weinbau 

nmge  (KhhurUh),  Ja^  Bpftter  als  Oamay  und  Pioot,  wird  «ber  reif.  Der 
Stoek  ist  krSflig  und  trSgl  regelmißig ;  der  Wein  ist  gut.  Ertrag  80  Hektoliter. 
6t08  Mouge,  48  Hektoliter.  Rouge  de  FuUy.  Der  Stock  iat  kräftig,  die  Trauben 

Ton  mittlerer  Größe,  der  Wein  sehr  ge«cliStzt.  Urhe  oder  P'ant  (VAn^te.  Bei 
Brocart  hinter  Martigny.  Sehr  kräftig,  fruchtbar  und  früh  reifend.  Verrei  oder 
Vegret  rougc,  sehr  selten. 

Im  Kanton  Tessin,  sowie  in  den  attdiidi  von  den  Alpen  gelegenen  TbElen 
des  Kanion»  GHrauhündmn  werden  italienisohe  Reitsorten  knltivirt,  wie  fiondola, 

Pignora,  Cardana,  Pa|>agone,  Canina.  Brogoolo,  Martesana,  Hosnera,  Rosario, 
Bondola  biancu.  RoMnella,  Barbera,  Spamia  oder  Nehbiolo  und  LiiLrliatica.  Daneben 
^wiimt  im  Tesöin  die  zur  Vitin  Labrusca  gebörige  letabeila  (Ischia)  iuimer  mehr 
au  Terrain;  dieselbe  liefert  zwar  einen  schlechten  Wein  mit  Fuchsgeschmack, 
widersleht  aber  namentlich  in  den  fenehten  Niederangen  den  Terschiedenen  Kls' 
krankbeiten  viel  besser,  als  die  einheimisohen  Sorten. 

V.  Der  Weinbau  in  den  einselnen  Kantonen. 

1)  Aargau,  2534  Hektaren.  Am  stirkitten  Terbreitet  ist  der  Weinban  im 

Ltmmatthal,  Aarthal.  Frii  kflial  und  untern  Rheintfiali  dann  folgen  das  fieußthal 
und  die  Gegend  am  Hallwylersee.  Die  tiefHtgelegenen  Weinberge  find  bei  Angst 
(280  in)  und  Kliugnau  (325  m);  am  höchsten  geht  die  liwbe  bei  Thallit  ini 
(oUO  m)  und  bei  Ehreudingen  (600  m).  Von  den  verschiedenen  Rebsorten  werden 
kattptsichlich  der  Blbling,  der  weiße  Gatedel  (Schenkenberger)  nnd  der  schwane 
Bnrgander  oder  Klevner  in  seinen  verHcbiedeoen  Spielarten  kultivirt.  Der  Elbling 
herrscbt  vor  am  Bützberg,  im  obeni  und  untern  Prickthal,  8tellenwel>t'  au(>h  in 
der  Scegct^t-nd :  der  (liitedel  hat  nein  Revier  im  obern  Aarthal,  im  Limraattbal. 
Seetbal  uud  am  Bützberg^  der  Klevner  im  untern  Aartbal,  Limmatthal,  Beuß- 
khal  und  mehr  oder  weniger  im  Seethal  nnd  am  B9tsbei^.  Als  sehr  gut  bekannt 
sind  die  Rothweine  von  Baden,  Wettingen,  Birmensdorf,  Brestenberg,  Lensbnrg 
nnil  Kaiserstuhl  (letztere  wachsen  jenseit«  des  Rheines  auf  badischem  Gebietet 
und  die  Weißweine  von  Thalheim  und  Kasteln.  Im  Mittel  von  uechzig  Jahren 
beläuft  sich  die  jährliche  Produktion  auf  ca.  7U0U  Hektoliter  (.31,1  Hektoliter 
p.  Hektare)  md  der  Worth  derselben  anf  mindestens  Fr.  2,300,000.  — . 

Nach  der  Statistik  vom  Jahre  1887  beträgt  der  Katasterwerth  des  Reh« 
landes  IV.  11,144,1&5.  — ,  glewh  Fr.  4415  p.  Hektare.  Am  aiedrigsteii  steht 

der  Prei.s  in  den  Bezirken  Rheinfelden  (Fr.  2678.  — )  und  Muri  (Pr.  2693.  — ), 
am  höchsten  im  Beairke  Baden  mit  Fr.  6258.  —  (goldene  Wand  Fr.  16 — 18,000.  — ). 

2)  Appenzell  A.-Rh.  besitzt  bloß  10  Hektaren  Weinberge  bei  der  Ort- 
schaft Lutzenberg,  in  der  Hübe  von  630  bi»  650  m 

?i)  Basel  land,  700  Hektaren.  Ton  ."^OO  m  bei  Binningen  stei<,'t  der  Wein- 
Ktock  bis  5  l<)  m  l)ei  Rnthenduh  und  <i20  m  bei  Lauf'i^lHiii^rn.  1:;  der  Ranpt- 
weingegend  bei  Liestai  und  von  dort  abwärts  trifft  man  vorwiegend  weißes 
Genritohs  (Elbling  nnd  Ontedel)  nnd  Mer  bratet  sich  der  Weinban  Yielfaoh  ins 
flache  Land  ans.  Im  ohem  Ergolsthal,  sowie  hei  Wintendngen  nnd  Maispraeh 
werden  VOnOglieh  £leyn«r  gebant.  Der  Rothwein  von  Maispraeh  ist  berühmt, 
nnd  ferner  wird  der  Weiße  von  MnneheiiJtem  als  ani^^  n-bm  ^i^escbatzt.  —  Der 
Ertrag  der  Reben  int  der  häutig  eintretenden  Spätfröste  wegen  etwas  unsicher. 
Nach  der  Statistik  vom  Jahre  1851  beläuft  sich  derselbe  im  DurchHohoitt  anf 
24,000  Hektoliter  oder  84,3  Hektoliter  p.  Hektare. 


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Weiaba«  — .   892   —  Wetnban 

4)  Baselstadf  hat  80  Hektareu  W«iabeige  Biehen,  wo  der  Gntedel 
einen  beliebten  Wein  liefert. 

5)  Bern,  800  Hektaren.  E&  sind  vier  Weingeläude  zu  unterscheiden: 
1)  am  Thunersee,  2)  im  Hog.  Seeland,  3)  an  den  Abhängen  des  Jura  nnd  am 
Bielersee,  4)  im  BirathaL 

Am  Thttaeiaae,  wo  die  Bebgelände  von  560  m  am  Ufer  bä  660,  ja  an 
«inigan  Stellen  720  m  anateigen,  werden  Qutedel,  ElbUnge,  Bftaaohünge  and 
Kleyner  (Servanier)  gebaut;  im  Seeland  begegnen  wir  den  nämlichen  Hutten, 
bald  rein,  bald  gemischt.  Am  obern  L^fer  des  Bielerneea,  437  bis  »ilO  m,  do- 
minirt  der  trutedel  und  m  wrird  au»  demselben  bei  Twann,  Ligerz  etc.  ein  sehr 
guter  Wein  erzeugt  j  weiter  abwärts,  bei  Biel  und  gegen  Pieterlen,  ändeu  wir 
den  Elbling,  wefihalb  ancb  der  Wein  geringer  iat. 

Der  durchschnittliche  Jahretjertrag  sämmtlicher  Rebgellbide  wird  zu  40,000 
Hektoliter  (50  Hektoliter  p.  ITi^ktare)  angenommen,  was  einen  (leldwerth  von 
Fr.  l,;')00,Oi»(»,  —  repriisetitirt.  Der  Kapitalwerth  der  Weinberge  wird  nach 
der  Statistik  pro  L666  aut  Fr.  6,040,yyü.  —  beziflert.  (Fr.  d045.  —  p. 
Hektare. 

ü)  Frei  bürg,  280  Hektaren.  Die  Hebgelände  liegen  am  Neuenburger- 
nnd  Murtenaee,  in  der  HSbenlage  von  440  bis  560  m,  und  eraeitgen  keine 
hervorragenden  Produkte. 

7)  Genf  beeitst  1930  Hektaren  Weinberge  mit  der  Minimalh4^e  von 

960  m  bei  Cbaney  und  der  Muximulhöhu  von  m  bei  Chailly.  Ea  werden 
vorzüglich  Gutedel  (Feudarits)  gebaut,  daneben  auch  der  Gros  ronge  Savdvard 
(Mondeuse).  Die  durclisclmittliche. jährliche  Eniiti'  belh'nft  sieh  aut  ca,  'J4,Uü0 
Hektoliter  (48  Hektoliter  p.  Hektare)  im  Werthe  von  Fr.  3,750,000.  — . 
Der  Kapitalwerth  der  besten  RebgelSnde  betrügt  im  Mittel  Fr.  13,300.  — , 
derjenige  der  mittlem  Fr.  9000.  —  nnd  derjenige  der  geringem  Fr.  5400.  — 
p.  Hektare. 

H)  Glarua  prodnairt  gans  wenig  Wein  bei  Niederamen,  Ennenda  nnd 
Sehw&oden. 

'.))  GraubUndeu,  320  Hektaren.  Im  ciyalpinen  Gebiete  dieses  Kautons 
gedeiht  der  Weinstock  vornehmlich  im  Rhrintliil  von  Fläsch  nn  tiullaufwärt« 
bin  Kms.  Die  Erht;bung  Uber  Meer  ist  betmchtlich.  Die  niedrigst  gelegenen 
Weinberge,  bei  Fläsch,  haben  immerhin  eine  Höhe  von  500  m;  das  Rebgelände 
von  Mayenfeld  liegt  swischen  520  und  590  m  nnd  dasjenige  von  Jenins  zwieoben 
6'M)  und  CiöO  in.  Trotzdem  liefert  in  den  letztgeuanuten  drei  Gemeinden.  Kowie 
bei  Chur  und  Malans  (1<  r  fa>t  au.s,s(  hlieülich  kultivirte  schwarze  Hiu  'ijiinder  vorzüg- 
liche liothwfiiie,  die  weit  Uber  die  Grenzen  des  Kantons  hinaus  geschätzt  sind. 
Sehr  berühmt  iat  ferner  der  feurige  Compieter,  der  an  einer  einzelnen  Haide 
bei  Malana  wSchst  und  aua  der  weißen  Traube  gleichen  Namens  bereitet  wird. 
Im  Oomleaohg  wird  ebenfalls  noch  etwas  Weinbau  getriebeti  und  es  steigt  die 
Reb«  bei  Tonii!>  I  i-;  070  m.  .lenHeitd  der  Alpen,  im  äiidHchfn  Mi<ox  nnd  bei 
Brusio  tin  i'  II  tüük  italienisebe  Sorten,  die  auch  nach  itaUeniacher  Jücthode  ge* 
zogen  werden. 

Dan  ge«>auimte  Hebgelände  repräsentirt  einen  Verkehrswerth  von  Fr. 
4,600,000.  —  (Fr.  14,375.  —  p.  Hektare),  und  der  durohBehnittliohe  Jabres- 
ertrag  beläuft  sich  auf  12,500  Hektoliter  (39  Hektoliter  p.  Hektare)  im  Werthe 
von  Fr.  (>4ä,000.  — . 


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Weüliluu 


—    393  — 


Weiubau 


10)  Lnsern  hat  bloß  60  Hektarttn  Bsbluid,  wovon  d«r  pBßte  Tbeil  im 
Hitikircher  Thale,  500  bis  580  m,  und  nur  ein  anbodeatonder  Weinberg  bm 
Weggis,  440  m  In  eruterer  Gegend  kultivirt  man  etwas  Klevner  und  die  nach 
•dem  Dorfe  Hitakiroh  benannte  robuste,  saure,  blaue  Traabensorta. 

11)  Nenenbnrg,  1250  Hektaren.  Am  Neuenbnrjarersee  fiinleu  wir  Heben 
yon  440  m  am  Ufer  bis  zu  <il5  in.  Das  ganz«  Gestade  bildet  Hoziisagen  rinm 
Weinberg,  wovon  weiUes  und  '/^  rothes  Gewächa.  Emteres  besteht  haapt- 
«Koblich  ans  Gatedeln  (Fondant  ronx  nnd  Fondant  vert);  danoben  kommen  aoeh 
grttne  Sylvaner,  weiße  Bargaader  nnd  BnUnder  (Pinot  gria  oder  Petit  gris)  tot. 
Die  Gutedelweine  sind  kräftig  und  angenehm  nnd  rivaliHtren  mit  den  bensern 
•der  WaurU;  der  Pinot  gris  gibt  f>in<»n  fotiricr^n  Fbischenwein.  Den  Hiiuptsatz 
für  Roth  weine,  von  welchen  namentlich  diejenigen  von  Cortaillod  und  aus  der 
Umgobuiig  der  Stadt  lileuenbnrg  selbst  sich  eines  ausgezeichneten  Rufes  erfreuen, 
bildet  der  schwarze  Bargundoff  hier  Noirion  noir  genannt.  In  den  «ohwecen 
Boden  von  St.  Blaise  und  Epagnier  wird  au(b  der  Gamay  kaltivirt;  deeeen 
Ertrag  ist  >:rößer  als  derjenige  dee  Burgunders,  der  Wein  dagegen  bei  weitum 
nicht  80  gilt 

Der  ixapiial Werth  der  Weinberge  beträgt  im  Mittel  Fr.  13,800.  —  p. 
Hektare,  was  flir  den  gansm  Kanton  den  Betrag  von  Fr.  17,430,000.  — 

«ninnacht.  Die  Hektare  ertrügt  im  Durchschnitt  r>3  Hektoliter,  das  ganze  Reb> 
«real  folglich  6G,2.Tf)  Hektoliter  luul  der  Durchschnittspreis  stellt  sich  auf 
Fr.  33.  —  für  <len  weißen  und  Fr.  .>8.  —  für  den  rothen  Wein,  ao  daß  sieb 

ein  Totaiertrag  von  Fr.  2,394.()i»0  --  ergibt. 

12)  St.  Gallen,  674,2  Hektaren.  Am  meinten  Kebeu  linden  wir  im  unteni 
,  nnd  obem  Rheinthal  nnd  im  Bezirke  Sargans ;  dann  folgen  der  Seebezirk,  die 

Umgegend  tod  Rorschaeh  nnd  Wyl.  Die  tiefsten  Lagen  sind  bei  Thal  nnd  An 
im  nntern  Rheintbul,  410  m,  mid  am  Ufer  des  Ziirichseeti,  ebenfalls  410  m; 
in  der  Gegend  vnn  "SVvU  steigt  der  Weinatock  von  480  bis  zu  570  m,  bei  Wyl 
bis  640  m,  bei  Oberisebiuin-Wartau  bis  670  und  an  df^r  Porta  Rumana  unter- 
halb rfäffers  bis  710  m.  Mit  Ausnahme  der  Liuth-  und  Seegegend,  wo  der 
Räneehliog  dominirt,  bildet  der  schwarze  Burgmuler  den  Hanptiiats  der  Wein- 
berge, doch  wird  im  Bheinthal  auch  der  Elbling  kultivirt.  Die  Rothweine  des 
nntern  Rheinthaies,  namentlich  die  vom  Buchberg  bei  Thal  und  von  Berneck, 
zeichnen  sich  durch  «j^nte  Qualität  ans.  ebenso  diejenigen  in  der  Umgegend  von 
Rurschacb;  noch  hoher  im  Preise  stehen  die  aog.  Oberläuder,  d.  h.  die  Weine 
Tom  Wallensee  nnd  Sarganserland. 

Der  Verkehrswerth  des  Reblandes  betrKgt  imdi  frtthem  Angaben  Fr. 
^,825,000.  — ,  oder  rund  Fr.  10,100.  —  p.  Hektare.  Gemäß  einer  im  Jahre 
1886  angefertigten  Stati.stik  käme  der.selbe  jedoch  beibnitend  höher  zu  stehen, 
nämlich  auf  Fr.  8,797,446.  — ,  oder  rund  Fr  i;i,ouO.  —  p.  Hckiaro  In 
einigen  Gemeinden  stünden  die  Preiiie  gauz  außerordentlich  hoch,  so  in  Sargans 
Er.  20,000.  — ,  in  Wartan  Fr.  3<2,000.  — ,  in  Viltere  Fr.  39,000.  —  und 
in  Sevelen  sogar  Fr.  1,000.  — .  Alles  p.  Hektare.  Es  muß  aber  bemerkt 
werden,  daß  diese  Stati.stik  nicht  publizirt  wonlen  i.xt.  gerade  weil  man  bezüglich 
der  Angaben  über  den  Verkehrswerth  an  maßgebender  Stelle  Zwt-ifel  hegte.  Der 
durchi*chnittliche  Jabresertrag  beläuft  sich  auf  33,2o0  Hektoliter  (^44  Ucktuliter 
p.  Hektare)  im  nogefSbren  Warthe  von  Fr.  1,500,000.  — . 

13)  Sehaffhanaen,  1102  Hektaren,  hat  im  Verhältnis  aam  Geaammt- 
ÜKoheninhalt  den  anagedehntesten  Weinbau  von  allen  Kantonen;  nnr  wenige  Ge> 


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Weinbau 


—    394  — 


Weinbau 


meindea  nnd  oboe  Beben.         niedi^al  gelegeoeB  W«nbeife  mit  390  m 

MeereHhöbe  sind  bei  Nenhauaen,  die  blScbaten  bei  SchleiAdm,  bis  600  m,  and 
bei  Lohn,  bip  ^540  m.  In  einigen  Gemeinden  des  Klett^aues,  mimentlicli  nber  in 
Scbleitheim,  kamint  noch  die  Kupferziehung  de»  Weiostockes  vor,  während  in 
weitaus  den  meisten  Weingegenden  der  Sulienkelschnitt  dominirt.  Die  Schaffbauser 
Rotbweine,  fast  aaaaebließlich  ▼om  schwarzen  Bargnnder  atammend,  werden  eebr 
gettchätzt;  die  beste»  wachsen  in  der  Umgebung  der  Stadt  Sdiaffhausen,  bei 
Oi^terfingen,  Stein.  Unterhaliau  und  Thayngen.  Neben  dem  Klevner  gewinnt  der 
Tukayer  in  einigen  (Gemeinden  mehr  an  B<xlen;  er  liefert  vorzügliche  Weißweine. 
Für  die  gewöhnlichen  Weiiiweine  bildet  der  gelbe  Elbling  den  Hauptsatz,  der 
BKosobliog  kommt  weniger  bKnfig  vor,  dagegen  in  einigen  Gemeinden  noeh  der 
Heuniacli.  Als  gute  Elblingweine  sind  bekannt  diejenigen  von  ffiblingen  (GiBen- 
halder)  und  von  LiJhningen  (Abendhalder). 

Der  Kapitalwerth  der  Weinberge  beträgt  nach  der  Statistik  für  da«  Jahr 
iHt>y  im  Ganzen  Fr.  9,523,533.  — ,  gleich  Fr.  8642.  —  p.  Hektare  (beste 
Lagen  in  Unterhaliau  Fr.  22,000.  — ).  Der  Jabreaertrag  stellt  eich  im  flinfand- 
awaaiigjSbrigen  Mittel  auf  65,270  Hektoliter  (52«3  Hektoliter  p.  Hektare),  and 
der  Werth  deeeelben  aaf  Fr.  1,525,181.  —  (Fr.  1418,70  p.  Hektare.) 

14)  Sohwyz,  200  Hektaren.  Nur  in  der  Gegend  am  Zttriohaee  wird  Wein* 

bau  getrieben.  Vom  üter  an  Bteigt  die  Rebe  bis  4  SO  m  in  der  dem  Kloster 
Einsiedeln  gehörenden  Lent<jrhftn,  md  bis  .')40  m  bei  Woilerau  and  am  Buoh- 
berg.  Der  Leut'^chenweiu  ist  weiihin  leriomiuirt. 

15)  Solothurn  hat  130  Hektaren  Weinberge  im  Amte  Dornach,  290 
bis  450  m,  bei  Mariaetein,  490  b's  580  m  and  bei  Erlinabach  an  der  aar- 
ganiedien  Ghreue,  400  bin  550  m.  IXe  herraehenden  Bebeorten  nnd  der  weiße 
£lbling  (OrUnsilber,  Trilbsilber)  und  der  weiüe  Gutedel  (Mo^t);  daneben  kommen 

noch  vor  RnlSnder  (Aesehgrau,  Moseli),  Rothelbliiig  (Laiuburt)  und  Klevner.  Der 
Ertrag  wird  namentlich  ini  Bezirke  Dornach  als  ein  »ehr  guter  bezeichnet. 

16)  Tessin,  0040  Hektaren.  Von  20.5  Gemeinden  treiben  r.t'.t  Weinhan. 
Der  Schwerpunkt  deR-sellu  ti  liegt  im  Sottocenere;  doch  reicht  er  weit  in  die 
Alpcnthäler  hinein,  so  im  Blegno  bis  A^uila,  im  Thale  der  Maggia  bis  Bignasco, 
in  det  Leventina  bis  oberhalb  Giomico.  Dadurch  ist  nne  große  Verechiedenheit 
in  der  Höhenlage  bedingt.  Während  die  tiefst  gelegenen  Weinberge  in  der  Ri- 
viera  sich  hluli  ca.  "JOO  m  über  Meer  erheben,  steigt  die  Rebe  am  Monte  Cenere 
bis  Uber  15o  m,  im  Centovalli  bis  gegen  500  m,  in  Onsernone  bis  OOfi  m.  ia 
der  Maggia  bis  72ö  m  bei  Broglio,  in  der  Leventina  bis  Aozonico  942  m,  im 
Blegno  bia  746  m  oberhalb  Aqaila,  in  der  Mesolcina  im  Weinberg  bis  Verdabbio, 
730  m,  dnieln  bis  850  m  bei  Arvigo. 

Im  Bezirke  Lugano  herrt^cht  die  amerikanische  Isabella  (Iscbia)  acbori  seit 
vielen  Jahren  vor;  in  den  anliTn  Bezirken  haben  die  einheimiseben,  »\wn  S. 
aufgezahlten  Sorten  die  Oberhand,  weichen  jedoch  allmählig,  wenigstens  theilweise, 
der  Isabella. 

In  den  Thilem  Blegno,  Leventina,  Biviera  nnd  im  ITallemag^a  ist  die  Per- 

golata,  d.  h.  die  Erziehung  der  Eteben  als  Dach  altgemein  üblich;  im  Sottocenere 
und  in  der  ümgebnnir  von  Locamo  h'^tehl  iimli  die  uralte  ifaruiiische  Kr- 
ziehuugsart  nn  lelteinb  n  Bäumen,  und  in  der  Gegend  von  Bellmzüna  wird  der 
Weinftock  älmlich  erzogen,  wie  m  der  Übrigen  Schweiz. 

Der  Kapital«  reap.  Yerkehrswerth  des  Reblandea  variirt  bedeutend  je  nach 
der  Gegend.  Im  Beiirke  Lugano  beiSaft  sieh  derselbe  im  Darebschnttt  auf 


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Weinbau 


—    3y5  — 


Weinbau 


Fr.  4—5000.  im  Bezirke  BeUinzoiia  auf  Fr.  10—15,000.  — ,  und  in  der 
Leventina  bei  Gioniieo  anf  Fr.  20,000.  — .  Nimmt  man  ab  Mitfei  Fr.  6000.  — 

für  die  Hektare  an,  so  ergibt  sich  ftr  den  ganzen  Kanton  in  runder  Summe  ein 
Grundkapital  von  Fr.  40,000,000.  — .  AIh  durclisohnittliohe  Jahresproduktion 
können  132,800  Hektoliter  (20  Hektoliter  p.  Hektare)  nnd  ala  Werth  der- 
aulben  Fr.  ;i,o20,()ÜO.         angenorumeu  werden. 

17)  Thurgau,  1820  Hektaren.  Im  obern  Thurgau  mit  den  Kebgelüuden 
von  Arbon  bis  Romanehorn  aui  der  eineu  und  bis  Suigen  auf  der  andern  Seite 
wird  snm  größten  Theil  rotbee  Gewäcbs,  Klevner,  gebaut;  ebenso  an  den  Ab- 
hängen des  Ottobergee  zwischen  Berg  und  Mär^tetten  nnd  im  Gebirgsbezirke» 
sowie  aui  Seerückf'n  von  Soutersweilen  bis  Xnßbaumen.  Das  weiße  GewSch'?, 
zumeist  Klbling  oder  Knoller,  ferner  Kausohling  nnd  etwa«  Completer  < Lindauer) 
und  Crutedel,  herrscht  vor  am  üutersee  von  Ermatingeu  bis  Mamraeru.  Ge- 
mieebten  Sats  haben  das  ObereeegelSnde  vm  üttweii  bis  Tägerweilen  nnd  da* 
Bbeiitthal  Ton  Eeohens  bis  Dießenhofen,  sowie  das  mittlere  nnd  untere  Thnrthal. 
Die  geringste  Erhebung  über  Meer  finden  wir  bei  Ueßlingen,  380  m,  Krens- 
lingen,  403  m,  nnd  Dießenhofen.  407  m ;  die  höchst  gelegenen  Weinberge  er- 
reichen 610  m  bei  Kalchrain,  m  am  Ronnenberg  und  bei  Lustorf,  640  m 
bei  Bettwieeen  nnd  650  m  im  „Immenreioh"  oberhalb  Weinfelden.  Gute  bis  vor- 
sUgüehe  Bothweine  gedeihen  bei  Btettfbrt,  Eppishaneen,  Wincelieberg,  Grietenbtthl, 
Arbon,  am  Otlüberg  (Weinfelden),  bei  Bacbtobel,  EartbauB  Ittingen»  leeliebei^. 
Steinegg. 

Der  mittlere  Jahresertnig  beziriert  sieh  auf  rund  8.'),()(K(  Hektoliter  (46,7 
Hektoliter  p.  Hektare)  im  ungefahrei  Werthe  von  Fr.  I,y00,00ü.  — .  Nach 
der  Statistik  vom  Jahre  1859  hat  daa  geeammte  Rebareal  des  Kantons  einen 
Yerkehrswerth  von  Fr.  6,471,000.  — ,  also  Fr.  B&ö5.  —  p.  Hektare. 

18)  Waadt,  6600  Hektaren,  nimmt  htnriohtlieh  der  Weinprodnktion  nnter 
allen  Kantonen  den  ersten  Iliing  ein.    Von  der  genferitichen  Grenie  zieht  sich 

das  ge'.valtiL'e  Rebgeliinde  längs  des  (Tenfers<»e'8  hin  bis  Yillenenvf  nnd  von  da 
im  A  i  [X  II L,'i  biete  bis  Bex,  vom  Seespiegel  (.'JT.'i  rn)  bis  zur  Hidie  von  GOO  m,  an 
emigen  Urteu  noch  höher  üteigeud,  wie  z.  B.  bei  Chailly  oberhalb  Lausanne 
bis  620  m,  bei  Grandvanx  bis  660  m  nnd  bei  Fenalet  ob  Bex  bis  700  m.  Aneh 
im  Norden  dea  Kantons,  in  den  Btjzirken  Orbe,  Gfrandson  nnd  Yverdon,  wird 
Weinbau  getrieben.  Weißes  Gewäelis  (Feudant  roux  und  Fendant  vert)  herrscht 
fast  ausschließiieii  vor,  das  rothe  (schwarzer  Burgander  nnd  Gros  ronge  Bavoyard) 
fipielt  eine  viel  unbedentendere  Rolle. 

Wie  hinsichtlich  des  Satzes,  so  besteht  auch  mit  Bezug  auf  die  Kultur- 
methode  Gldehartigkeit,  indem  ttberall  der  Booksohnitt  aar  Anwendung  kommt. 
Dem  Bebbane  wird  die  grVßte  Anlmerksamkeit  geschenkt  und  alle  Weinbergs- 
arbeiten werden,  ganz  besonders  im  Lavanx,  mit  einer  Sorgfalt  nnd  Genauigkeit 

ausgeführt,  die  ihres  Gleichen  nicht  so  leicht  finden  dürfte.  Dieser  gnten  Be- 
handlung, nebst  den  günstigen  klimatischen  Verhältnissen,  verdankt  die  Waadt 
hohe  Erträge  und  gute  Qualität  des  Produkte«.  Die  weißen  Waadtländerweine 
mnd  in  der  gansea  Sehweis  bekannt  nnd  anerkannt.  Montrenx,  Villenenve  nnd 
La  Cdte  (d.  h.  die  Gegend  zwischen  Goppet  und  Lansanne)  liefern  gute  Tisch- 
weine. Die  feinsten  Qualitäten  aber  wcrilen  im  T.avanx,  d.  h.  in  der  Gegend 
von  Gully  bis  St.  Saphorin  (beste  Marke  '!i-r  Üezaley),  sowi*»  h^^i  AiL"le  und 
Yvorne  erzeugt.  Unter  den  Rothweineu  hauen  diejenigen  von  St.  Saphoriu  und 
St  Prex  einen  guten  Namen. 


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Weinbau 


ayü  — 


Weinbau 


Das  gcsammte  Rebland  bat  nach  der  Statistik  vom  Jahre  1889  einen  Ka- 
tasterwerth  von  108,543,587  Franken,  waa  auf  die  Hektaie  rund  15,700  Fr. 
bringt. 

Nach  dem  Mittel  der  letzten  zehn  Jahre  (1880  bis  1880)  belSuft  sich  der 
jährliche  Ertrag  auf  riind  M3 1,000  HpktolittT  (]>.  Hektare  auf  öO  Hektoliter) 
und  der  Werth  der  ganzen  Weiupruduktiou  auf  14,790,540  Krankon  (2,240  Fr. 
\).  Hektare). 

Wenn  aber  in  Betracht  gezogen  wird,  daß  jene  Jahre  zum  gittfiem  Thell 
zu  den  schlechtesten  zählen,  so  begeht  man  kanm  einen  Fehler,  wenn  man  den 
jäbrlirhcn  Dnrchschnitt  bedeuteti  !  höher,  zu  55  bis  60  Hektoliter  aoninunt.  £ia 
dreißigjähriger  Durchschnitt  wunie  eine  noch  hilhere  Zahl  ergeben. 

11»''  Wallis,  'Mo  Hektaren,  Dieser  Kanton  hat  von  allen  daa  ^llnstig:stc 
Kirnia  lur  den  Weinbau  und  es  int  daher  letzterer  in  steter  Zunahme  begrilien. 
Am  Sudabhang  der  Bemeralpen  von  Branaon  bis  Naters  and  gegen  HSrel  luldet 
der  Weiostock  innerhalb  der  Region  von  462  und  811  m  bei  weitem  die 
Hanptkultnrpflanze,  die  sich  an  einigen  Punkten  noch  ziemlich  Uber  die  genannte 
Höhengrenze  erhebt,  so  bei  Chamoson  bis  011,  bei  ('hateau  les  Places  oberhalb 
Ht.  Leonard  bis  '^dO  m.  In  den  penninischen  Alpen  wird  die  Hebe  vornehmUoh 
bei  Hartigny  and  femer  in  einigen  Seit«ntbfilem  knltiTlrt.  Da  geht  sie  oberhalb 
Stalden  bis  1150  m  und  bei  Viaperternilnen ,  wo  TOm  Traauner  der  berühmte 
Heiden  wein  gewonnen  wird»  sogjir  bis  1,210  m. 

Wegen  der  exces^iven  Trockenheit  der  Sommermonate  wird  hier  an  vielen 
Orten  das  Hebfrelande  tiewässort  und  es  bestehen  zu  diesem  Zweeke  eine  Unzahl 
vuu  Wasfeerieitungeu  ^Bis),  welche  das  Wasser  von  den  GletHoheru  herlühren. 
Vielfach  finden  sieh  noeh  kriechende  oder  fliegende  Beben  ohne  irgend  welche 
Unterstützung ,  doch  bricht  sich  die  waadtllndieche  Kaltormethode  immer  mehr 
Bahn.  Neben  den  spezitischen  Walliser  Trnnbensorten ,  die  weiter  oben ,  Seite 
:?90,  beschrieben  worden  sind,  zieht  man  noch  den  Feudaul  roux,  den  Malvoixie 
(Tokayer),  den  rutheu  und  weißen  Trnmiuer  tHaiden,  l'ayen),  den  Heunisch 
(Gouay),  den  grünen  Sy Ivaner,  den  Biesling  (Petit  Bhin  oder  Johannisberg},  den 
weißen  oder  gelben  Maskatelier,  alles  weiße  Sorten;  von  blauen  Sorten  den 
schwarzen  Burgunder  unter  den  Namen  Petita  D$le  und  Pinean  de  Fernand, 
jowie  den  Gamay  als  Gro-ne  l'Ale.  Die  Weine  wind  im  Allgemeinen  8il(.^,  aro- 
matisch und  feurig  und  haben  njtlir  Achuhchktit  mit  spanisehen  als  mit  mittel- 
europäischen. Als  vorzüglichste  gelten  die  von  Sitten  und  Siders,  die  aus  der 
Rese  bereiteten  Crletscherweine ,  die  b  den  kahlen  Kellern  der  Bergdörfer  von 
Anniviers  gelagert  werden ;  ferner  der  HVllenwein  von  Salgeach  und  der  Lamarque 
und  Coquempey  von  Martigny. 

Der  Kapitalwerth  des  gerammten  VVeingeländes  littrigt  21,»)77,(>00  Fr. 
{'J,L'50  Fr.  p.  Hektare)  und  die  mittlere  Jahresproduktion  90,000  Hektoliter 
(:)8,4  Hektoliter  p.  Hektare)  im  Werths  von  4,500,000  Fr. 

•  20)  Zug,  80  Hektaren.  Pvodasirt  Wem  bei  Bliekenstarf,  Steinhausen,  in 
der  Umgebang  der  Stadt  und  bei  Walchwyl. 

21)  Zttrich,  5,516  Hektaren.  Dteiter  Kanton  weist  ver8<Aiedene,  mehr 
oder  wenig<  r  von  einander  getrennte  Rebgebiete  auf.    Das  größte  derselben  befindet 

•sieh  an  beiden  UlVin  «b  s  Ziiiich.sees,  wo  <l<'r  Weinstoek  vi.[i   110  m  bi-^  (l."]0  m 
Wetzweil  uberbalb  Herrliberg)  i^teifrt.    Der  lii  h-atz  Im  .steht  der  Hauptsache  nach 
«US  großem  Käuschling,  daneben  kommen  auch  h^lbiiug.  Erlen bacber  und  schwarzer 
Burgunder  vor.  An  dieses  Gebiet  schließt  sich  dasjenige  des  Limmatthales  an. 


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'Weiubau 


—    397  — 


Weinbau 


ebenfalls  zam  größten  Tbeil  mit  Riiuachling  beptiauzt.  Nördlich  davon,  in  der 
Q«geod  vom  K**<{?'W«  bis  gegen  Baden,  treffen  wir  nebst  den  Ränaobling  vor« 
sttgHoh  robnete,  Miue  Sorten,  &^lenbacher,  Rriegler,  MOnob,  während  an  den 

benachbarten  ättdabbXngen  derLKgem,  sowie  im  Webothal,  £lbliiige,  Käuschlinge 
und  schwarze  BnrjrnndtT ,  bald  in  rpin«*in  Satr.p,  halii  gemischt  gebaut  werden. 
In  der  Umgegend  von  Wititertliur  und  im  uiiteni  Tüüthai  dominirt  der  8chwarze 
Burgunder,  desgleichen  im  sogeuannten  Weinland,  d.  h.  in  der  Gegend  zwiacben 
WinterChnr,  dem  Rhein  nnd  der  thnrgnniiMthen  Grenie;  doch  finden  doh  nach 
da  eiuige  Gemeinden  mit  vorherrschend  weißem  Gewächn.  Im  oborn  Theile  des 
ßafz<'rft'l(les,  nördlit  h  vom  Rhein,  Kowic  I  t  i  E^xliNun.  wird  hauptsächlich  Kothwein,  im 
untern  aber  Weißwi  in  produzirt.  l)u«»  Grus  der  Weinberg»-  lii'g't  zwisrhrn  12<> 
nnd  520  ui,  doch  gibt  es  auch  Lagen,  die  unter  400  m  bieibeu,  wie  %.  B. 
Egliaan  mit  336,  Rbeinnn  mit  364  m,  während  anderwärts  die  Bebe  viel  hVher 
gebt,  so  bei  Itegensberg  bis  610  m,  bei  £lgg  ebenfhlls  bis  610  m  nnd  bei 
Waltentitein  bis  630  m. 

Die  weißen  Zurchcrweine,  namentlich  die  vom  linken  Ufer  des  ZllrcherHees 
gelten  im  Allgemeinen  fdr  sauer j  am  rechten  Ufer  und  im  Limmatthai  gibt  es 
jedoch  Gemeinden  mit  guten  Weinen,  wie  x.  B.  Stäfa»  Meilen,  HerrUberg,  Uöngg, 
Weiningm  n.  a.  m*  Die  rothen  Klevnerweine  des  .Weinlandes"  nnd  des  nörd- 
lichen Kantonstheiles  überhaupt  kommen  den  rothen  Schalt  hauserweinen  im  Großen 
und  Ganzen  ziemlich  ti.ihe,  wo  niclit  g;leiidi.  V(>rzü;;li(hL'  Rothweine,  meistens 
Auslesen,  liefern  einzelne  Lngen  um  rechten  Seeufer,  wie  i.  H.  Krlengut  zu 
Erlcnbuch,  fei'ner  Winterthur,  Neftenbach  (der  Neftenbacher  gilt  als  der  beste 
des  Eontons),  Tenfen,  Freienetein,  Rheinen,  Goldenberg  bei  Dorf,  Eigenthal  bei' 
Flaach,  RegenHbcrg. 

Der  Kapitulwerth  der  Reben  stellt  sich  nach  den  neuesten  Erhebungen  auf 
48,01<»,I94  Fr.  oder  8,700  Fr.  p.  H'kture.  Anch  hier  zeigen  sich  große 
Unterschiode  je  nach  der  Gegend.  Währentl  in  dem  bezirke  tliuweil  die  Hektare 
bloft  einen  Verkehrswerth  von  4,817  Fr.  hat,  kommt  dieselbe  im  Besirke  Andel- 
fingen auf  7,945  Ft.,  im  Besirke  Horgen  auf  10,977  Fr.  und  im  Bezirke  Meilen 
anf  11,907  zu  stehen. 

I)pr  diirrhsrhnitfh'rlic  Weinertrag  während  der  Jahre  1874  bis  lHS>f  beziffert 
sich  auf  2iM,y»l  Hektoliter  im  Werthe  von  Fr.  0,834,324  p.  Hektare  auf 
42,6  Hektoliter  im  Werthe  von  1,239  Fr.  Auch  Mva  würde  nch,  wie  bei 
Wandt,  eine  bedeutend  grSßere  Durchschnittssahl  herausstellen,  wenn  eine  längere 
Reihe  von  Jahren  hätte  berlioksiohtigt  werden  können. 

* 

VI,  Volkswirtbaobaftiiche  Bedeutung  des  W^einhauea. 

Auf  (irund  der  vorliegenden  Erhebungmi  und  an  der  Hand  allgemeiner- 

Erfahrungen  im  Wi  inbau  der  Schweiz  ist  es  tschließlich  nun  auch  möglich,  ein 
zalilcnmäßi<jes'  JJild  von  dem  ökoiiomihchen  Erj^iduiisse  diesea  Zw*'i«ji*H  d«*r  vater- 
ländiwcheu  Bodenkultur  zu  entwerten  und  auf  diese  Weise  einen  Beitrag  sur 
Beleuchtung  der  volkswhihschnfU'chen  Bedeutung  desselben  stu  liefern. 

Das  im  Keblande  angelegte  Grundkapital  erreicht  nach  den  oben  vf)r<;*>nihrten 
Schitsnngen  den  Betrag  von  rund  300,000,000  Ft.  oder  von  9,uOO  Fr.  p. 
Hektare.  Aus  den  binherigen  Krmitthmgen  in  den  verschiedenen  Landestheilen 
eriril't  sioii  ferner,  dtiß  der  jährliche  Brutto  -  Kvtra^  sich  im  örtif  hfn  und  Z'  it- 
ItJttn  Mitld  auf  l,3f<2,Uü6  Hektoliter  Wein  im  Werthe  von  49,240,000  Fr. 
oder  p.  Hektare  auf  42  Hektoliter  im  Werthe  von  1,490  Fr.  beläuft. 


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Wdnfaan  —    396    —  WclaU« 

Auf  der  Gewinnung  dieses  Brutto-Ertrages  von  ....  Fr.  1,490.  — 
lantt  n  aber  im  Xhurahsobnitt  folgende  jährliche  BetriebriuMten  per 

Helitare : 

1)  Laufende  Knlturarbcit  Fr.  döU. 

2)  Vergruben  oder  Betrag  der  periudiHohen  Er- 

nesemiig  der  Anlage  55.  — 

3)  DUngung   •    800. — 

4)  Pfähle  und  Schaub  ,70.— 

■5)  Unterhalt  der  Anlage,  ächntzkoflten,  fiekämpfaiig 

von  Parasiten  ....   »     40.  — 

6)  Lese  &0.  — 

7)  Keltern  (Gebäude,  Gerätbe,  Arbeit),  Kosten  der 

Fa88nng,  Steuern  und  Zinse  ▼em  Betriebe* 

kapital  «   145.  — 

Fr.  1,140.^ 

^mit  verbleibt  ein  durcbschnittlicher  Reinertrag  oder  eine  durch- 
scbnittlicbeüente  vomGrrundkapitaldesKeblande8(Grandrente) 
von  Fr.     350.  — 

Nimmt  man  nun  an,  daß  da»  Grundkapital  im  großen  Durchschnitt  eine 
Bente  Ton  4  ^/«  abwerfe,  so  würde  jener  Bdnertrag  des  Reblandes  im  Betrage 

von  Fr.  35U  einen  Grund werth  per  Hektare  von  ^b^t  X         =  8,750  Fr. 

4 

und  filr  das  gesammte  Rebanal  der  Sibweiz  von  rund  280,000,000  Fr.  rcprä- 
«entiren,   Zahlen,  welcb«'  von  ilun  oVitu  angegebenen  niclit  allzuselir  abweicben. 

Nach  V(irliHo;enJ("r  Berechnung  erreicht  der  jährliche  l  intViid«-  Aufwand  für 
den  Kebbau  ttuuiiberud  7  7  "yo  vom  Geldwerthe  des  Bruttu-Ertiagei». 

Unter  Berufung  auf  die  Eingangs  dieees  NacbwMses  erwähnte  Voraussetzang 
und  um  jedem  Mißverständnii»e  zu  begegnen,  muß  nun  allerdings  ausdrücklich 
hervorgehobfii  werden,  daß  es  sich  in  der  gegenwärtigen  Darstellung  —  da  die- 
selbe die  Bedeutung  zeigen  will,  welche  der  Weinbau,  in  t^einer  Gesamnitheit  und 
im  WeohHol  der  Jahresergebnit^e  für  Land  und  Volk  besitzt  —  in  der  That 
nur  um  ein«i  ffftmen  Dureks^nät  handeln  kann.  Die  yorgeftthrt«!  Zahlen  g^ben 
daher  nidit  etwa  nur  das  Bild  der  Erfahrungen  der  beiden  letzten,  im  Allgemeinen 
recht  ungünstigen  Jabrzebnte  wieder,  sondern  erstrecken  sich  auf  einen  ans« 
gedehntem  Zeitraum,  welcher  anrh  (He  Erfolge  gesegneter  Jahrir'inge  in  sich 
schließt.  Und  .selbstverständlich  können  dieselben  auch  nicht  mehr  baau.sprnchen, 
lokale  EigenthUmlichkeiten  und  Ahetafuugen  in  den  Elnricbtungen  und  Ergebnissen 
des  Weinbaues  sum  Ausdrucke  zu  bringen. 

Im  Uebrigen  aber  ist  zu  bemerken,  daß  in  den  angenommenen  Etnhmts- 
preisen  von  580  Fr.  für  laufende  Kulturarbeiten  den  allerdintrs'  erhobliehrn  Unter- 
schieden in  den  einzelnen  Weinbaugegeiiden  des  Lan'les,  zughtich  mit  KiirK.-iiht 
auf  die  Flächenausdehniing  des  Kebareals  in  lii  iist  Hnn,  IJechnung  getragen  wurde. 

V  on  jenen  jährlichen  Betriebskosten  im  Betrage  von  .  .  Fr.  1,140.  — 
p.  Hektare  entfallen  annähernd: 

Auf  die  Anwendung  von  Bau  und  Betriebskapital  Fr.    390.  — 
«    „         ,  „   Handarbeit        ■    '    •  750.  — 

Wie  oben  Fr.  1,140.  — 
Die  Arbeitskostsn  im  Beaondem  vertheilen  sieh  hiebei,  wie  folgt: 


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Weinbau                                  —    399    —  VVeiabau 

Laufende  Enltararbeit  F^.  680.  — 

Proben                                                          .    ,    .    ,     ,  66.— 

XTateilialt,  Sohate,  Bekttmpfang  Ton  Pamheo  ,  30.  — 

Le«e   50.  — 

Keltern   15.  — 

Dttnguog  «  20.  — 


Summa  Fr.  760*  — 

Dieses  Ergebnil^  liefert  zugleich  einen  sprechenden  Beweis  fttr  die  BkonomSadw 
Tragweite  der  Bebkoltar  biosicbtlieh  der  Antheilnahme  derselben  an  dem  Arbeits- 

Einkommen  der  Bevölkerung.  Bezogen  utif  ilas  gesammte  Kebareal  der  Schweiz 
«rreiclit  der  <i'!-^  l'^m  Weinbau  resnltirende  Arbeith verdienst  den  enormen  Betrag 
von  Fr.  24,750, QUO,  eine  Summe,  welche  uui  so  mehr  ins  Gt-wieht  fällt,  als 
dieselbe  zum  nicht  geringen  Theile  aus  Vernuhtuugen  fließt,  welchen  sich  anoh 
aahlrnohe,  sonst  nicht  regelmKßig  und  anhaltend  zu  besohifkigende  Personen  anter- 
aiehen  kSnnen,  durchweg  aber  anf  Arbeiten  entfällt,  welche  eine  uube-tritten 
wohlthätige  Rückwirkung  auf  das  physische  und  m  oralische  Verhalten  der  ihnen 
obliegenden  Landbev5lkerung  ansUben.  Es  gibt,  außer  etwa  beim  Hopfenbau, 
notorisch  keine  landwirthschaftliche  Kuiturart,  welche  sich  in  diesen  Beziehungen 
dem  Weinbsa  an  die  Seite  stellen  kSnnte. 

Bei  der  Beroehnnng  der  oben  gefandenen  Grundrente  ist  yon  dem  Stand» 
punkte  eines  Bewerbers  der  Rebkoltor  ausgegangen,  der  diese  auf  ^gsnem  Grund 
und  Boden  unter  Ziihiilfcnahme  annschließlich  fremder  oder  pfemietheter ,  d.  h. 
gegen  bedungenen  Lohn  crworhont  r  Arbeit  betreibt  In  die»em  Falle  erscheinen 
daher  die  Arbtjitslöhue  in  dcäiiiiivem  Betrage  unter  den  Betriebskosten.  Ein 
«olches  Yerhtltniß  bildet  aber  in  der  Schweis  bskannttieh  nicht  die  Regel.  In 
der  Hauptiache  ruht  der  Weinbau  in  den  Händen  kleiner  öftterbesitzer,  welche 
alle  oder  doch  du-  "Mehrzahl  der  Hau  iarbeitsverrichtungen  mit  ihrt^r  Familie 
selbst  besor<^P!n.  Hierauf  beruht  wiederum,  daß  die  Kigenthümer  von  liebland 
den  Besitz  desselben  zugleich  als  eine  Gelegeuheit  oder  als  ein  Mittel  au^asaen, 
für  den  in  der  Familie  einmal  vorhandeaen,  oder  in  der  Oekonomie  doch  erforder« 
liehen  Grandstock  von  Arbeitskraft  die  Zahl  der  nntsbaren  Arbütstage  im  Jahre 
ohne  erhebliche  Steigerung  der  Konten  der  Arbeit  im  Ganzen  zu  vermehren, 
oder  einen  weitern  Spielraum  in  der  Anwendung  der  Arbeitskraft  zu  erzielen. 
Eine  solche  Stellung  des  Kebenbe^itzers  gibt  allerdings  der  Rechnung  desselben 
tlber  die  EentabilitSt  der  Rebkultur  eine  eigenartige  Gestaltnng.  Denn  wenn 
im  gegebenen  Falle  ein  Theil  der  Bandarbeit,  soweit  diese  als  Neben-  oder  Füll- 
arbeit  auftritt,  relativ  wjhlfeiler  bestritten  und  daher  mit  einem  entsprechend 
niedrigem  Kostenbeträge  in  Anschlag  gebracht  werden  kaun  so  bedeutet  das  eine 
ebenmiißipre  Erhöhung  dess  RtMnertrages  vom  Grundkapital.  Und  thatsächlich 
<lrUckt  »ich  dieses  Verhaltailj  rückwirkend  darin  aus,  daß  der  Kleinbauer  im 
Erwerb  von  Bebland  bis  sn  demjenigen  Eapitalbetrage  herangeht,  welcher  ihm 
nach  Absttg  der  ZiiuHinsprttche  desselben  und  d«!n  Anfordernngeu  des  Betriebs- 
kapital« vom  Knh  rtrage  noch  einen  den  T'm^t  iti-b  n  angemessent^n  Arbeit+iver- 
<lien8t  gewährt.  Hierin  lif»£^t  denn  auch  der  Grund  für  die  KrfahrnTiLr,  daß 
Rebland  unter  sonst  gleichen  Bedingungen  gerade  im  Kleiubesit^  am  höchsten 
befahlt  zu  werden  pflegt. 

Vll.  Förtleniiifr  des  Weinbaues. 

Bei  der  hervorragenden   BcJeutuug,    weleiie  «Ica»   Weinbau  in  land-  und 
▼olkswiithfichafÜicher  Besiehnng  ankommt,  ist  es  selbstverständlich,  da£  sich  der- 


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Weinbau  —    400    —  VVeiDba« 

ielbe  einer  weitgehenden  •taatUcbeti  Fünorge  erfreut,  und  daß  aoeh  von  Seite 
der  Fhidmenten  aelbet,  insbesondere  aof  dem  Wege  genoesenediafiUcheo  Zo' 

Kaniineo8cliIas8e8,  aa  der  Hebung  und  Förderang  desselben  stetsfort  gearbeitet  wird. 

Was  zunächst  die  einsch!i{g'i>ren  Mal'nahm*^n  Bundes-  nnhelnng-t,  sind 
dieselben  mit  denjenigen  zur  Forderung  der  Landwirthsehutt  überhaupt  im  GroUea 
nmsclirieben  in  dem  «Bondesbescblaß  vom  27.  Juni  löö4,  betreffend  die  För- 
demng  der  Landwirtbsobaft  dnreh  den  Band*,  deesen  Lit.  D.  «Uaßnabmen  gegen 
Schäden,  welche  die  lundwii thschaftliche  Produktion  bedrohen"  sieh  speziell 
auf  den  Weinbau  bezieht.  Au.s  diesem  lefzterri  Ab.><'hnitt  ^ei*•?l  hier  nur  die  ße- 
stimmungen  hervorgf'hobf'n ,  daß  der  Hnnii  (Icnit  iiigen  Kantonen,  welche  zur 
Bekumpfnng  von  Sch<tJliugeD  und  Kruiikheiteu  der  lauJwirthschaftlichen  Kulturen 
Ifaßregeln  ergreifen,  üntenttttanogen  bis  znm  Betrage  von  40  %  von  ihnen 
gemachten  Ausgaben  zukommen  lassen  kann,  nnd  daß  er  ermächtigt  ist,  eine- 
gehörige UeberwachuDg  der  Weinberge,  sowie  die  erforderlichen  Schutzmaßregeln 
gegen  die  Verbreitung  der  Reblaus  und  ander -r  S(had!ing"e  anznordoen,  die 
Einfuhr,  ZirkulatioD  und  Ausfuhr  von  PÜanzen,  Stötten  und  Produkten,  welche 
Triger  der  Beblans  oder  eines  andern  die  Landwirthscbaft  bedrohendMi  Sdiäd- 
lings  sein  können,  sn  verbieten  nnd  Strafbeatimmangen  aafsnstellen,  welche  für 
üebertretungcn  dieses  Verbotes  RuMeD  bis  zum  Betrage  von  Fr.  1000.  vor- 
sehen. Im  Weitern  ist  hervor/uliebeu  di-'  Intrrajitionale  l^hylluxf>ra-üebereink unft. 
vom  3.  Nov.  1881  zwischen  den  V«irtragä»»taatüu  liolgiuii,  Deutschland,  Frank 
reich,  Luxemburg,  den  Niederlanden,  Oesterreich- Ungarn,  der  Schweiz,  Serbien 
nnd  Italien,  sowie  das  VoUgiehungsrefflenieitif  betreffend  Vorkehrungen  gegen  die 
Beblaus  vom  29.  Jamiar  1886,  (siehe  „Beblans"). 

Außerdem  sucht  der  Bund  namentlich  auf  dem  Gebiete  des  Unterrichts- 
uestiis  fordernd  einzugreifen.   In  dieser  üinsicht  ist  in  ers^ter  Linie  die  land- 
wirth:<chattliche  Abtbeiluug  am  Polytechnikum  zu  neunen.  An  derselben  werden 
Vorlesungen  ttber  Weinbau  gehalten,  nnd  sMt  awei  Jahren  ist  ein  Ver^nehsfeld  fUr 
Rebban  mit  der  Schule  verbunden.  Sodann  kommen  swei  andere  Institute  in  Be- 
tracht, welche  der  Bund  mit  namhaften  Subventionen  unterstützt,  nämlich  die  waadt- 
ländische  Verfiuc!i>-tiition  im  Chami)  de-l'Air  bei  Lan^Hnre  nnd  die  interkantonale 
Schule  und  Versuchsstation  für  Übst-,   Wein-  und  Gartenbau  in  Wädensweil- 
Zlirich.  Letztere  wird  mit  Neujahr  1891  ins  Leben  treten,  erstere  besteht  seit, 
dem  Jahr  1686.  Sie  befaßt  sieh  mit  allen  in  den  Weinbau  einschlagenden  Fragen, 
ganz  besonders  mit  der  Bekämpfung  der  verschiedenett  SohSdliogo,   und  sucht 
durth  Herausgabe  einer  eigenen  Zeit-fchrift,  der  ..Chrouique  agrieole  <  t  viticole' 
belehrend  nnd  anregend  auf  ein  weitfn.s  ruhükum  zu  wirken;  auch  besitzt  sie 
eine  eigene  Sämlingst-uhule  vtm  amerikanischen  Reben.  Ferner  erireuen  sich  einer 
bedeutenden  üntersttttzung  von  Seite  des  Bundes  die  kantonalen  landwirthschaft- 
liohen  Schulen  im  Strickhof  i)ei  Zürich,  auf  der  Ruti  bei  Bern,  in  Cernier- 
Neueiiburg,  sowie  die  Winterschulen  in  Lausanne  und  Brugg,  an  welohen  allen 
aQch  Weinbau  gelehrt  wird. 

Kodlich  gibt  der  Bund  Beiträge  an  die  Kosten  von  Wandervorträgen  und 
von  kaisem  Lehrknraen  (kantonale  nnd  interkantonale  Weinbaukurae,  Reben* 
pfropfkurae  etc.),  welche  von  den  Kantonen  oder  von  den  landwirthsohaftliehen 
Hanptvereinen  veranstaltet  werden. 

9nri>-  Th'itigkeit  dr^^Kt  -i  -h  vielfadi  mir  derjenigen  der  Kantone.  I>as  Anf- 
tinU  ii  der  Keillaus  in  mehreren  Kantonen,  sowie  die  bedrohliche  Verbreitung 
des  falhclieu  Mehlthaucs  der  Kebc  haben  verschiedene  Regierungen  zu  bezüglichen 
gesetaliehen  Maßnahmen  veranUßt.  So  erließen  die  von  der  Beblans  heimgeauebteft 


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Weinbau 


—     4U1  — 


Wirkerei 


Saatone  Vollsiehungtiveroxdnangeii  wo.  dem  BundeBbeflchliuM  betr.  Maßnahinett 
gegen  SohSden,  welebe  die  landwirtluohaftliobe  Produktion  bedrohen.  In  den 
gleichen  Kantonen  bestehen  Rebsteuergesetze,  'su-lm  ^KeLlaiiK"^i  und  die  Kaotone 
Waadt,  WalÜ!^.  Zürich  und  Aar/j^au  haben  fiir  die  Bekämpfung  den  falschen  Mehl- 
thaues  das  Obligatorium  eiiigt-führt. 

Die  Kosten  der  genannten  interkantonalen  und  kantonalen  landwirthscbafb- 
liohen  Bildnngs*  nnd  VenaeheanBtalten  lasten  zum  gif^ßten  Theil  auf  den  Kantonen. 

Wu  keine  landwirthschaftliohen  Vereine  bestehen,  werden  Knrce  nnd  Vor- 
träge din'kt  von  Jen  Rej^tcnmj^en  angeordnet. 

In  das  Gebiet  iler  L'rivatth.itigkeit  fallen  die  Bedtrebiingea  von  Vereinen 
iiod  Genuüsenschatten.  Von  solchen  L>t  zunacliät  zu  ueuuen  der  deuttfch-suhweizeriücbe 
ObHt-  und  Weinbanverein,  welcher  kantonale  und  interkantonale  Bebbankörae  ver- 
anstaltet, eine  eigene  Monatsachrift  herausgibt  und  auch  im  Gebiete  der  Ampelo- 
gruphie  thätig  ist.  In  der  französischen  S<;hweiz  finden  wir  iu  der  Fediration  des  hoci^te» 
d'A  g^ricnlture  de  la  Snisso  romand«  ebenfalls  einen  interkantonalen  Verein,  dessen  Sek- 
tionen sich  auch  »pezieil  mir  dem  Weinbau  befasften.  —  Der  Kantuu  Aargau  hat  eine 
eigene  kantonale  Weinbauge»eUsohaft,  nnd  in  den  übrigen  ^ntoneu,  »ipeziell  in 
den  fran^eiech  sprechenden,  bestehen  eine  Menge  von  lokalen  Weinbau-  oder 
Winaenrereinen.  Deren  ThStigkeit  bezieht  gich  hauptsächlich  auf  die  Veranstaltung 
von  Kursen,  besonders  in  der  deutiscben  Seliweiz,  aber  an  oh  im  Wulli»!,  wo  die- 
selbeu  für  Lehramtskandidateo  und  Phuiarlehrer  ubligaturisch  mui.  Feruer  finden 
Kebeninspektiouen  und  Winzerprämiirungen  ötatt,  in  welcher  Richtung  die  Vereine  der 
franzOsiseben  Schweiz  ▼oranskehen ;  in  der  dentsohen  Schweiz  ist  diefifalla  der  Wein- 
bau verein  Winterthur  anzuftlhren.  Einige  Vereine,  wie  z.  B  .  die  aargauische  Wein  bau- 
gesellschaft  und  der  Weinbanverein  Wintertlmr,  besitzen  Rebschulen,  aus  welchen 
Würzliri'^t'  von  bewährten  Sorten  abgegeben  werden,  Hfier  sei  bemerkt,  ifi& 
auch  iler  Kuntun  Zürich  in  neuester  Zeit  mehrere  Wur^lingsschulen  und  das 
landwiithachaftliche  Departement  des  Kantons  Tessin  üw  Saat-  und  Pflansschnle 
von  amerikanischen  Reben  angelegt  hat.)  Ueberall  finden  neben  Kursen  auch 
kleinere  nnd  grSßrare  Aosstellungen  und  viele  Wandwvortrttge  statt.  ^) 

Wirkerei.  Das  Stricken  i;llt  vorläufig  noch  als  eine  spanische  Erfindung 
vom  Anfang  des  16.  Jahrhimdet In.  Wäre  dies  richtig,  so  müßte  sich  die  Technik 
äußerst  rasch  Uber  ganz  W^eslcuropa  verbreitet  haben.  Schon  1535  wird  in 
Straßburg  sowohl  von  Hand,  als  an  Rahmen  nnd  Gestellen  gestrickt.  Iu  Basel, 
wohin  die  Technik  wahrscheinlich  durch  burgnndiscbe  «Paretlimacher*  gebraobt 
worden  war,  existirt  gegen  Ende  des  Jahrhunderts  ein  Handwerk  der  ITo^en- 
ILsmer  als  wohlangesehenps  bihi^erHebes  Gewerbe.  Zu  AiifaiiL''  des  17.  Jahr- 
hunderts liegt  dansellte  in  unaui' börliehtr  Kelide  mit  der  vurib-riisterreiehischen 
Bruderschaft  des  „Paretiiu-  und  Hosenstriekerhandwerks"*  im  Elsaß,  Sunt-  und 
Preisgau. 

Das  „Liemen",  wie  in  der  Schweiz  heute  noch  vielfach  der  Ausdruck  lautet, 
blieb  jedoch  nicht  auf  das  zttnftige  Handwerk  beeohränkt.  Die  geringe  Schwierig« 


')  Anmerkung.  Hier  seien  noch  mit  Dank  die  Nanieu  derer  genannt,  welche  mich 
bei  meiner  Arbeit  unterstützt  haben.  Es  sind  dies  die  Herren  C.  Borel  in  CoJIpx  bei 
Genf,  Redaktor  Bücbi  in  L)ozweil-Tburt,'au,  J.  M.  de  Cbaslonay  in  Sinn.  Dr.  Jean  Dufour 
in  Lausanne,  A  tiicot  in  Landeron,  K^.-Sekretär  Gsell  iu  St.  Gallen,  Keg.-Halh  Uug 
in  Schaffhansen,  Staatsschreiber  KoHbrunner  in  FraucnfeM,  Professor  Dr.  Krfimer  ra 
Zriti<li.  Fiii-lin-peklor  Merz  in  Bellinzona,  Refj.-Hatb  Rebin;inn  in  I/t  slal,  Dozent  H. 
Schneebeli  ia  Zürich,  Nationalralh  Vogler  in  Hordort-Aarguu,  A.  Zmimermanu-äibeu- 
mann  m  Aarau  nnd  Reg.-Ratb  Franz  in  Marenfeld.  Der  Verfssser. 

Famr,  VollwwIrtlMtbAftvLezikOTi  d«r  Seil««!«. 


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Wirkerei  —    402    -—  Wirkerei 

keit  gab  der  neaen  Kun^t  raaoh  eine  viel  weitere  Yerbreitaiig  ttod  Badeatnag. 
Sehon  in  der  iweiten  Hälfte  dea  16.  JahrhanderU  war  dae  Stridken  mancher* 

ort»  ganz  ebenso  heimisch  wie  noch  in  uiisern  Tagen.  Am  Hessen  z.  B.  wird 
berichtet,  daß  Weiber  und  Mai^  llein  den  ganzen  Tas^  „allweg  Wüllen  Garn  und 
Strickstöck"  (grobe  hölzerne  Ötrioknadeln)  bei  üieli  fahren,  um  „Hrjaen"  (im 
heafagen  Sinn:  Sirllmpfe),  im>  tie  woA  andere  tragen,  an  atriokeo  .  .  die  sie 
dann  ohn  Unterlaß  mit  großen  Sammen  andern  ErSraem  verkanfen. 

In  manchen  Gegenden  der  Schweiz  war  niclit  riel  anders.  Während 
des  dreißigjährigen  Krieges  erfahren  wir,  daß  „bald  jede>  Kind  dieses  Handwerk 
treibe",  namentlich  aber  allenthalben  auf  dem  Lande  „Manns-  and  Weib.sleut, 
jung  und  alt**  üich  damit  befassen.  Wie  nioU  dtm  Landvolk  bisher  sein  Garn 
«elbet  geaponnen  nnd  an  Tnob  oder  Leinwand  Terwoben,  eo  stellte  es  sieh  jetat 
einen  Theil  seiner  Kleidung  mit  der  Stricknadel  her,  welche  vor  dem  Webetohl 
den  groGt  n  Vorzug  der  Billikfkcit  nnd  dsr  leichteren  Beweglichkeit  voraus  hatte. 
Gleichzeitig  wurde  aber  aach  in  den  Städten  das  schmiegsame  und  elastische 
Tricot  bald  modern  für  die  verachiedenstun  Theile  der  Kleidung.  Nach  dem 
Vorgang  Frankreiobe  fiind  die  Stmmpfboae  nm  die  Wende  des  Jahrhanderts 
anoh  in  den  sch weiser.  Stidten  Eingang,  wie  sioli  ja  flberhanpt  sowohl  Mode 
als  aach  Technik  des  vorgerüokteren  Westens  durch  den  beständigen  Zufluß  vor« 
nehmer  Kefugiatitrn  ra*5rh  hH  uns  einbUrf^erte.  Außer  Strumpfen  nnd  Hosen 
waren  aber  auch  ge^trickte  Handschuhe,  Mützen  und  Hemden  im  Gebrauch.  Und 
die  große  Beliebtht^it,  deren  sich  die  neue  Art,  sich  zu  kleiden,  alsbald  erfreute, 
wurde  die  Grundlage  an  einer  der  bltthenduten  sohweiaerisoben  Großindustrien 
des  17.  nnd  18.  Jahr!] m  lerts. 

Der  erste  j^^nnr.  große  ITnternphiner  begegnet  ttns  zur  Zeit  de>)  dreißigjähriq'en 
Krieges  in  Basel.  Rudolf  Hummel  setzte  seine  Produkte  nicht  nur  nach  Zurz  u  li 
Bondern  auch  nach  „Augsburg,  Grate,  Wien  uud  andern  weitgelegenen  Orten" 
ab,  tbeils  dnreb  direkten  Verkauf,  theils  dureh  Lieferungen  in  Kommission. 

Die  wichtigsten  Fortschritte  dürften  sich  an  die  Erfindung  des  Wirkstahls 
durch  William  Lee  in  Cambridge  15i<9  knüpfen.  Da  sich  Lee  in  seiner  Heimai 
nicht  nach  Wunsch  gewürdigt  sah,  wandte  er  sich  anno  1B08  mit  seiner  Rr- 
üodung  nach  Kouen.  Und  an  muß  dann  der  Wirkstuhl  bald  auch  bei  uns  Aat- 
nabme  gefunden  baben,  in  Basel  yielleidit  ELomliob  gleiehaeitig  mit  der  ersten 
«^ndelmüble*.  Scbon  in  den  1670er  Jabren  erscheint  die  Stnunpfwirkerei 
auf  Stuhlen  unter  den  landlichen  Hausmanufaktttren  jener  Zeit  als  eine  der 
auRgobildetsten.  Es  werden  zwei  Baslfr  Tläiispr  genannt,  deren  jedes  ea,  MOO 
ytiilile  im  bischöflichen  und  im  Sulothuruer  Biet  beschäftigte,  fclin  dritter  Betrieb, 
für  welcheu  hauptoächliuh  im  Suluthornischen  gearbeitet  wurde,  hatte  noch  bedeutend 
grttßere  Dimensionen.  Als  seine  8pesialitäten  beseiobnet  der  ünternebmer,  Hs.  Hr. 
Gernler,  die  Kinführung  des  feinen  drei-  im  1  ,  ii  rfuchen  Gespenstes  und  für  die 
Handarbeit,  mit  welcher  er  die  Kinder  im  Waisenbau«  beschäftigte,  das  Stricken 
von  Strümpfen  auf  fünf  Nadeln. 

Gleichzeitig  erfahren  wir,  daö  auch  von  den  Bemer  uud  SchalThauAer  Unter^ 
tbanen  viele  hundert  arme  Leute  und  Kinder  durch  Stricken  ihren  Unterhalt 
finden.  Dagegen  veriiielt  sieh  Zürich  vorläufig  ablehnend  gegen  die  Einftthmng 
dieser  neuen  Industrie.  Erst  als  sich  bei  dem  Widerruf  des  Edicts  von  Nantes 
1080  die  glaubensflüchtigen  Brüder  Johann  und  Jakob  Bonrgnet  mit  ehenso 
überzeugenden  Intelligenz-  wie  Geldmitteln  ausgerüstet,  um  die  Einführung  der 
Fabrikation  der  Strumpfhose  von  „Seide,  Floreti>eide  und  WoUengarn  nach 
englischer  Fayon"  bewarben  und  die  Bewilligang  datn  erhielten»  konnte  die 


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Wirkerei 


—   403  — 


Wirkerei 


AVirkerei  in  größerem  Maßstäbe  daselbst  Fuß  fassen.  Immeirbin  hält  sich  die 
Produktion  nach  heatigen  Begritfcn  in  bt  m  helilenen  Grenzen.  Der  Roh-totT- 
verbrauch  der  trebrtider  Bourguet  betrug  anliiiigs  20  —  30.  später  bis  gegen  100 
Zentner  jährlich.  Absatz  fanden  ihre  i'rudukt*:  huuptsächlich  nach  Italien.  1689 
wurde  TOti  derselben  Firma  in  G«stasegna  (Graobttnden)  eine  iwnte  Fabrik 
gegründet.  Leider  war  jedoch  diese  erste  Periode  xüroheriielwr  Striekera-Indostrie 
nur  von  kursM*  Dauer.  Trotz  den  unverkennbaren  Aufblühens  derselben  gab  der 
Zürcher  anno  1700  dem  kleinliclKU  Drängen  der  einheiraisrhen  Kaufleute  und 
Gewerbtreibeadeu  nach  unU  veruiilaiitu  die  liuurguet  üauuit  allen  übrigen  französi- 
achen  Geschäftaleuten  mit  »elbüt^täudigen  Betrieben  zur  Aaswanderung.  Die 
Boargnet  siedelten  naoh  Bern  Uber.  In  Zttridi  varUieb  nur  noch  ein  klein* 
ailnftige»  Strumpfwirkerhandwerk. 

Für  diu  glk'n/.LMidc  wcitcio  Kntwieklang  namentlich  der  Easler  Strnrapf- 
manufaktur  war  vun  Bedeutung  einmal  da«  Aufkommpn  der  bereits  erwiihuten 
viel  reutablereu  Seideiiätrümpfe  resp.  Soidenhusen,  wie  mk,  uutcr  Ludwig  XIV'.  in 
Frankreich  Sitte  wnrden.  Sodann  der  ananfhOrliche  Zuaug  ge^ohiekter  franaUa- 
soher  Ansbreiter  und  Appreteure.  1G99  sShlte  man  104  Welsohe,  als  an  der 
Basler  Strumpfwaaveu-Industrie  betheiligt.  Gehobeu  und  getragen  wurde  diese  wie 
alle  andern  schweizer.  Industrirn  dnrch  die  Geschäftsaicherheit  und  Konkurrenz- 
lusigkeit,  deren  sich  die  Schweiz  während  der  Kriege  Ludwigs  XIV.  erfreute, 
hanptsSdilioh  ameh  dareh  die  CShaaeeo,  wah^e  der  spaaisdie  ^bfolgdLrieg  dem 
schweiaerischen  Exporte  darbot.  Da  die  fransQsiaohea  Waaren  im  Baiohe  Ter* 
pönt  Warden,  ohne  daß  Deutschland  genttgeode  «gene  Prodnktion  besaß,  so 
erschloHnen  sich  den  scliweizer.  Industrien  ganz  von  selbst  neue  und  dankbare 
Absatzgebiete  im  Wurden  und  Osten,  auf  den  Frankfurter  Messen,  wie  in  Bayern 
und  Oesterreich.  Die  Baiiler  Strumpfwirkerei  steht  in  der  er.sten  Uülfte  des 
Yorigen  Jahrhunderts  nemlich  eb«abttrtig  neben  der  stärksten  Export-Industrie 
Beeels*  der  Bandweberei. 

Um  die  Mitte  di-s  1.'^.  Jahrhunderte  befanden  sich  Strumpf-  und  Haml.scliuli- 
webereieu  auch  in  den  Kantonen  Bern,  ZUrieh,  Aargan  und  Suluthurn.  Der 
Absatz  ihrer  Produkte  dehnte  sich  in  entfernte  linder  aus.  Die  Strümpfe  wiirtlen 
auf  sogenannten  Knllirsttthlen  Terfertigt.  Das  1760  gegründete  Ezxu  J.  H.  Kägeli 
in  Bern  soll  im  Jahre  1780  bereite  den  verhältnißmäßig  hohen  Jahresanisats 
von  .')(),( Hl«)  Fr.  gehabt  und  in  der  Stadt  bei  100  „Gesellen",  auf  dem  Lande 
ca.  400  .S'.ruinpfwfber  und  Strumpfweberiunen  beschäftigt  haben. 

Die  KriegHwirreu  am  Ende  des  vorigen  und  Anfangs  dieses  Jahrhundert«, 
aowie  der  allnrilhlige  Abgang  der  Eoiehoecmtraoht  legten  diesen  Lidnstrieaweig, 
wie  yiele  andere,  lahm.  Später  lebte  er  basonden  in  der  ümgegend  Ton  Olteo, 
SchSnenwerd,  Brugg,  Borgen,  Wüdensweil,  Zürich,  St.  Gallen,  Bischofszell, 
Tägerweilen  etc.  wieder  auf.  Baumwollene,  wollene  und  floretsriilen«^  Striinipfe 
und  Zipffilniützen  wurden  im  Aargau,  seitlcno  Haudnchuhe  und  Aerniel  m  Zihicb, 
Horgen  und  Wädensweil,  baumwollene  Strümpfe,  Unterkleider  und  ^anuskitttjl 
mit  cingeldtmmter  Wolle  im  Thnrgan  und  in  St.  Gallen  gemacht.  Die  ältesten 
Finnen  dieser  Art  sind  Jost  Brun  in  SchSnenwerd,  G.  Leuthold  &  Söhne  in 
Horgen  (jetzt  iti  Zürich)  und  Koorad  Birnnstihl  in  St.  Gallen  (gegründet  1822), 
wobei  zu  bemerken  i«t,  daß  die  beiden  erstgenannten  jetzt  norh  an  der  Spitze 
dieser  Branche  sind.  Damals  wurde  der  größte  Theü  der  betretenden  Produkte 
noeb  auf  den  Messen  und  Jahrmärkten  abgeeetat. 

Ein  allgemeiner  Aufeohwung  und  eine  Ausdehnung  der  Fabrikation  in's 
Große  folgte  um  die  Mitte  dieses  Jahrhunderts  der  Erfindung  der  Bondmasohine 


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Wirker« 


—  404 


\\  irkerei 


and  der  ycrbesserten  Kettensttthle  und  damit  zosammeDhingenden  HttUsmaaidiiiien, 

7on  welchen  die  erstgenannteD  besondere  aus  Troyes  and  Stuttgart,  die  letsterea 
au8  Sachsen  bezogen  wurden.  Was  Kpeziell  die  thurgauische  Fabrikation  betrifft^ 
üo  verdankt  sie  ihren  heutigen  Umfang  der  Initiative  des  politischen  Pliichtlino^jj 
Jos.  Sallmann,  der  184b  aus  äach»en  kam  und  aas  einigen  vorgefundenen  Au- 
ftngen  «n  bltthmdee  .GeadiMit  sa  «itiriokeln  vemtand. 

Mt  der  allmiligen  Entfoltung  einer  großen  Yielartigkeit  der  Prodokto  ist 
die  gante  Wirkerei- Industrie  bis  heute  stetig  in  die  Brnte  gewachsen,  besonders 
be<^fin«tigt,  wie  viele  iinderc  Branchen ,  'Inrch  die  ei;:^enartigen  Verhältnisse  der 
70er  Jahre,  aber  auch  gehemmt  durch  die  vielen  Zollerschwerungen  der  80er 
Jahre  und  die  Uausircrkonkurrenz  französischer  und  deutscher  Geschäftsjäger. 
Jhren  stSrkslenlnipnls  aber,  ebenbürtig  demjenigen  doroh  die  firanfOeieche  Strampf- 
hüse  iiu  17.  Jahrhutj  jt^i  t.  hat  die  Branche  ohne  Zweifel  erhalten  durch  die  er* 
folgreiche  Agitation  des  WoUtricotapostels  Professor  Gustav  Jäger.  Die  immensen 
Gewinn»?  der  Weltfirma  Benger  in  Stuttgart  enthielten  sowohl  für  die  große 
sächsische  VVirkwaaren-Industrie ,  als  Tür  die  boscbeidenere  schweizerische  dea 
stärkaten  Spern  zat  NaefaeiferaD|;.  Unter  der  Gunst  der  Anabreitang  der  Trioot- 
Mode  in  allen  £rdtheilen  ist  die  eebweiaeriaehe  Wirkmi  in  den  letiten  Jahren 
wieder  zu  einer  recht  ansehnlichen  Export-Indoetrie  aofgeblQbt. 

üm  so  wichtiger  ist  dieser  Erwerbszweig,  als  er  zum  größten  Thei!  auf 
häuslichem  Betriebe  beruht.  Seine  hauptsächlichateu  Artikel  sind  die  verschiedenen 
Unterkleider  (Leibchen,  Uemden,  Unterhosen,  Strümpfe,  Jupons,  Corsets  etc.), 
Damenjaolttn  (sog.  Tricot-TatUen)  nnd  Damea-Aermel,  UmschUgttteher,  gaaaen 
Kinder*Kostiims  etc.  Die  Produktion  beläuft  sich  uut  cu.  10  Millionen  Franken, 
wovon  im  Jahr  1889  nach  der  Zolistatistik  5,1' )7, 1  .')"2  Fr.  auf  dk-  Ausfuhr 
entlielen.  Die.st'  liudet  hauptsärhlich  (ra.  50  ^/n)  n;u  !i  den  W-reini^teu  Steinten 
und  britisch  Nordamerika,  sowie  nach  Frankreich  und  England  btatt.  Die  Ein- 
fuhr Yon  Wirkwaaren  kam  im  genannten  Jahre  nahem  der  Anefnhr  gleich,  in» 
dem  »ie  4,487,580  Franken  betrog.  Zirka  */i  dieser  fremden  Wirkwaaren  wird 
aus  Dr  Titsehland  eingeführt.  Einen  genaueren  £inbliok  gewfthrt  die  folgende 
üeber.>>i(;ht : 

^Iirit-'f  Werth 


Kinfahr  Ai»libr  HiDfihr  kvifkt 

q      q  Pr.  Fr. 

410  :>.'>!  Baumwollene  Strumpfvraaren  obbe  Nftharbeit    .  5(;*.<,^i-J0')  706,004*) 

1  3  Leinene                 ,             •         »          •  l.SüO  5.755 

5  148  Seidene                  ,             ...  35,000  7U.ri9i»') 

502  Dül  Wollene                   ,               ,           ,           .  Snli.KX)*)  2.332,44)3'') 

378  ölü  Genähte  Wirkwaaren  von  Baumwolle    ....  517,8(iO'^)  ü<K>,«71') 

1,406  197  ,             .         ,   Wolle  oder  Halbwolle  .  ^,:m,^)  4ö9,8S3') 

_15  61_     ,  .  ,  Seide  oder  Halbseide  .  '30,000  481,638") 

3.793  3,406  4,487^  5.ä07.16i 

Nach  der  SchlatterVcbt  n  Industriekarte  Yon  1883  bes(  li;ifti-.'ti'u  ^ich  um 
jene  Zi'it  IHhti  Personen  mit  der  Wirknn  i,  wovon  im  Kanton  Bern  772.  Thurirau 
;i73,  Zürieh  217,  Neuenbürg  lOO,  St.  Gallen  130,  Aargau  107.    Nach  dem 

')  487.720  Fr.  an  Deutschland,  *)  34r>.503  Fr.  Vcreinitfle  Staaten,  120.0»>9  Fr.  Frank- 
reich, ')  302,585  Fr.  britisch  Nordamerika,  224,177  Fr.  Fraukreich,  *)  545,700  Fr.  Deutsch- 
liin.l,  1.0."):!,270  Fr.  Vereinigte  Staaten,  711,076  Fr.  Frankreich.  358.895  Fr.  England, 
")  i:{:.,t;t!i)  Fr.  Oeutschlan'i,  t  Jj  :. Iii j  Fr.  britisch  Indien,  1  l'.t.ijr.?  Fr.  U.stiudi«  ii.  tw,159 
Franken  Frankreich,  1,780.700  Fr.  Deutschland.  567,800  Fr.  Frankreich,  20l,i96 
Franken  Frankreich,  "*)  203,078  Fr.  Frankreich. 


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Wirkerei 


—    405  — 


Woliindustxie 


Bericht  Uber  die  Wirkerei  an  der  8cb  weiter.  Lui)(le8au8NteUuug  von  1883,  welchem 
die  ▼orliegenden  Uütheilnngen  großeniheiU  entnommen  sind,  ist  aber  die  0»- 
Bammtsahl  der  in  dieser  Brnnehe  thKtigen  Personen  lilr  jene  Zeit  za  3000  mit  einem 
Jahres  verdienst  von  etwa  1,300,000  Fr.  anzunehmen.  Seither  mag  sich  diese 
Zahl  erheblich  vermehrt  haben  Nach  demselben  Bericht  waren  zu  genannter 
Z«it  ca.  3200  Maschinen  in  Thätigkeit,  worunter  ungefähr  350  Eundstühle, 
100  Kettenatühle,  30  Knllir-  and  Walsenstühte,  2000  Striokmaeeliinen ,  100 
gewShnliehe  Webettthle  für  GrSpe  de  sanU  eto.,  600  NShmaachinen,  30  Spnl- 
maschinen  etc. 

Der  jährliche  Verbranrh  von  Hülfsfabrikiitcn  wurde  1883  auf  den  Werth 
von  37«  bis  i  Millionen  Fr.  geschätzt.  Dioselben  sind,  soweit  es  Baumwolle 
und  Seide  betrillt,  fast  nur  inländisches  Fabrikat  j  Wolle  und  Vigogne  wird  hin- 
^^en  grOßtentheils  ans  Denteehland,  einiges  ancli  ans  Frankroieb,  Belgien  nnd 
England  biv.o^  n.    Im  Inlande  wird  nur  Kammgarn  fabrizirt. 

Auüer  (li?n  Strickma^ichiuen,  in  Silia'Tli  iiisüii  und  (/ouvet  in  beträchtlicher 
Zahl  fdr  das  in-  und  Ausland  fabrizirt  weriien.  iniis-if>n  dl«  nöthigan  Mii^schinfin 
vom  Auslande  bezogen  werden.  FrUher  wurden  die  einlachen  Kuliirstühle  im 
Lande  sellMt  gebant,  heate  Vffird^Hi  diese  seither  rorbeaaerten  ond  sehr  kompli« 
strten  Ibaehinen  mdstens  von  Troyee,  Stofctgart,  Ltmbaeh  and  Apolda  beschafft. 

Nach  einer  Zählung  vom  31.  Dezember  1888  standen  im  Jahre  1888  34 
Strickerei-Etablij^s'emctite  mit  durchscli'Mttlu'h  185  männlichen  und  Js-Jt  weiblichen 
Arbeitern  unter  der  amtlichen  Fabrikkoutrole ,  außerdem  3  Etablifi-semcnte  für 
Gesundheitscrepe,  mit  128  Arbeitern  und  2  Etablissemente  für  ^.Bonneterie"  mit 
zDsammen  61  Arbeitern.  Diese  Fabriken  besaßen  snsammea  106  Motoren^  wo- 
von  63  mit  Diuiiiif,  25  Wasser,  18  Gas. 

Wolliiiilustrio.  Die  Wollenartikel,  wf^khe  in  dfr  Srhwci/  in  ^'rMß"rrm 
Maßstabe  fabrizirt  wcrliMi.  f*ind  Kunstwolle,  Kammgarn,  h«lbwoliene  '^mit  liaura« 
wolle  gemischte)  und  bulbleinene  (Leiuenzettel,  Wülleneinschuß}  Stoffe,  Militär- 
tllcber,  Wirkwaaren  nnd  Stickereien.  Glatte  Giviltnohe,  ganswollene,  fa^onnirte 
StoüV.  Teppiche,  Decken,  Shawls,  Filz,  Watte,  Posamentirwaaren  etc.  werden 
grüßtentheils  vom  Auslurxl  (-ingi'fiihrt  ;  t  ])iMi'0  fast  au-srliließlich  der  Rohstoff 
für  die  einheimische  Fabrikation.  Die  Einfulir  r  uber  und  gt  t  irliter  Wolle,  nebst 
Abfällen,  Scheerwolle,  Kunstvolle  und  Kammzug  erreichte  im  Jahre  188^  daa 
Oewioht  Yon  46  772  q.  im  Werthe  von  14313410  Fr.,  wovon  3,8  Hiltionen 
ans  ESnglandf  1,»  Ifillionen  ans  Anstralien,  1,«  Millionen  ans  Dentsohland  nnd 
1,0*  Millionen  Fr.  aus  Belgien. 

Die  pfsten  Yerfiiche  zur  Fabrikation  von  Kansiwolle  in  der  S'^hwciz  fallt»n 
in  die  Jahre  1800 — 54.  Die  erst«  Verarbeitung  wollener  Lappen  zu  Kuustwolie 
fand  Anfang:!  der  40er  Jahre  in  England  statt.  Die  Fabrikationsanfünge  in 
Derendingen,  Serriire,  Basel»  Herder,  Landqnart  eto.  maßten  naeb  nnd  nach 
sltmmtlich  wieder  aufgegeben  werden.  Knr  eine  bedeatende  Fabrik  in  Bargdorf 
vermochte  sich  zu  erhalten.  Nebst  derselben  bestehen  eini;»e  iipuero  Etabli>j.semente 
von  kleinerem  Umfange;  ilie  Gesammtprodnktion  ist  auf  l '/i  Millionen  Kilogramm 
im  Werthe  von  ca.  2  Millionen  Franken  zu  veranschlagen.  Die  Hadern  etc. 
werden  größtentheils  7om  Anslande  bezogen ;  deren  Beeehaffung  wird  aber  tbeiU 
weise  durch  einen  hohen  Ansgangszoll  erschwert,  der  in  Italien  Fr.  8.  80,  in 
Oesterreich  4  fl.  beträgt,  während  hingegen  beträchtliche  Quantitäten  inläudischer 
Hadern,  besonder«?  ans  den  Grenrkantonen,  zollfrei  aii«irpr,nirt  w-  rden.  Für  1 -'i 
Absatz  des  Fabrikates  sind  die  Kunstwollfabrik  aiit<>tt  ebentalis  tatst  ganz  auf  aa^» 
Ansland  angewiesen,  indem  das  Inland  nnr  wenige  KonstwolbtcffiB  erzeugt. 


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Wollindustrie 


—     4UÜ  — 


Wollindustrie 


Die  K^mgarnspinnw^  wurde  von  1666  tnf  67  loent  in  zwei  Etabliwe- 
menteo  in  Sohaffhatnen  eisgeftthrt.  Anlkngs  der  70er  Jahre  vnrden  die  großen 

Geschäfte  in  BUrglen  unrl  Derendingen  errichtet.  Die  Tier  ezistirenden  Spinnereiea 
haben  ca.  55,000  Spindtlii  in  Thätipkeit  und  proi^nziren  jShrlich  ca.  10 — 12,000  q. 
im  Werthe  von  10 — 12  l^lillioneii  Franken.  Fü»t  die  ganze  Produktion  von 
Webgarn  geht  maugel.s  einer  erheblichen  schweizerischen  Fabrikation  eineclilügiger 
Stoffe,  wie  CSaobemira,  Merinos,  Zanellae  ete.,  in*8  Amland.  Striok*  und  Bikk- 
garne  kauft  hauptHächlich  die  einheimische  Wirkerei-  und  Stickerei-Industrie. 
Die  Ausfuhr  belief  .sich  iin  .Jahre  loSO  auf  1  l,3s'l  q.  im  Werthe  von  10,223,147  Fr. 

Rtrei'  hfiarn  wird  wenig  produzirt  Die  Fabrikation  desselben  erfordert 
wegen  der  Beschränktheit  de»  Absatzgebietes  eine  zu  große  Zersphttening,  d.  h. 
eine  sa  große  Mannigfaltigkeit  der  Sorten.  IHe  größeren  WbtlenCabrikcu, 
namentlieh  in  den  Kantonen  Zürich  und  Glame,  ▼«reinigen  übrigeag  alle  Mani* 
pulationen  vom  Rohstoff  bis  zum  fertigen  Fabrikat,  also  Wa^dierei,  Färberei^ 
Strciehgarn,  Spinnerei,  Weberei  und  Appretur ;  die  aargaoisohen  HalbwoUweber 
hingegen  bezieben  ihr  Garn  meistens  aus  i^elgien. 

Die  Fabrikation  halbmlteimr  Stoffe  i«t  in  allmäliger  Abnahme  begritlV;!!. 
Sie  bestand  aohon  im  Torigen  Jahrhnndert  ale  Hansindnatrie  in  den  Kantonen 
Zürich,  Bern,  Glarus  un  !  Anrgau;  ein  erhebliche  Theü  der  Fabrikate  wurdo 
nach  Italien  exportirt.  In  I  i;  Kriegszeiten  vor  nnd  nach  der  Wende  di*s  .lalir- 
hnuderts  verlor  diese  Industrie  ihre  Bedeutung.  Öie  erstand  aliniälig  wieder 
in  den  20er  Jahren.  Mitte  der  30er  Jahre  kam  bei>onders  die  II  alblein-  und 
CasBinet&brikatton  anf.  Diese  nneoheinbaren  Artikel  werden  ihrer  großen 
Solidität  wegen  mit  Vorliebe  von  der  LandbeTülkinnij;  r^atra^n  u.  bei  weleber 
sie  aber  heute  annehmend  von  diu  liillii^eren  und  mif-i-hnlicheren  h  :  11  1  lumwollenen 
Stoffen  verdriinirt  werden.  Anfangs  der  40er  Jahre  fing  mnn  an,  FruuRnkleidrr- 
8totle  aus  Streichgarn  herzuütelleu,  welcher  Artikel  bia  in  die  tiOer  Jahre  stei- 
genden Absatz  fluid  ond  reichen  Gewinn  bot.  Bis  .  1868,  d.  b.  bis  zur  Er- 
richtung von  Prohilntivzttllen  im  Ausland,  war  neben  der  Schweiz  selbst  auch 
Italien  ein  sehr  bedeutender  Abnehmer  solcher  Halbwollfabrikate.  Seither  wird 
nur  noch  wenig  exportirt.  Im  Jahre  1880  erreichte  der  Kxport  aller  WoU- 
und  Halbwollgewebe  zusammen  nur  den  Werth  von  2,403,326  Fr.  (excl.  Decken 
nnd  drgl.) 

GiMßwoUenes  Twth  wurde  (wie  aneh  halbleinenes)  namentfioh  in  Bern  und 

Zürich  nachweislich  schon  im  14.  Jahrhundert  labrizirt  und  war  lange  Zeit 
hindurch  ein  b^deut-nder  Exportartikel.  Vom  sog.  „Bemtnch"  wird  nns  denfc 
15.  Jahrhundert  ln-rirlitet ,  daß  zu  jener  Zeit  wohl  in  wenigen  StHdten  der  Welt 
ao  dauerhafte  wollene  Tucher  verfertigt  worden  sein  dtirften  wie  iu  Bern.  In 
Zfirieh  wnrde  xneret  «granes  Tech*,  „Berower*  (zottiger,  wollener  Mantelstoff, 
die«er  auch  mit  liOinenzettel)  nnd  „schwarzes  Hosentuch "  geniaeht ;  später  spielte 
auch  der  Wollen-Bnrat  eine  Hauptrolle;  H»7Ä  frab  es  30  Wollenfabrikanten. 
Die  rohe  Wolle  wurde  grolSentheils  „mit  schweren  Kosten  aus  fremden  Landen*' 
bezogen;  das  Garn  ward  im  Inland  bereitet  und  e»  durfte  davon  nichts  aulier 
Landes  Terkanft  werden.  1692  wnrde  der  Bezug  von  »geUlmmter  Sehwaben* 
wolle"  nnd  «weißer  Leipaiger- Wolle*  verboten.  (Die  sahlreiohen  Terordnnngea 
seit  dem  Richtebrief  von  1304  siehe  bei  Adolf  Bürhli,  »Die  zürcherische 
Fabrikff-^^etzgebnng  vom  Be^nn  de;*  11.  Jahrhunderts  an  bis  zur  schweizeri^eh'-n. 
Stuatsumwaizang  von  17^^"  im  Anhang  zum  Handekbericbte  der  Kaufmännischen 
Geeelkobaft  Z&rich  Uber  das  Jahr  1883.)  Von  den  Bernerfabrikanten  stand 
lange  Zeit  aneh  das  sog.  «Fmtigtnch*,  ein  Bftrgentoff  fOr  die  weibliche  Land- 


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WollindiwUie 


—   407  — 


Wollindustrie 


bevtflkernng  in  allgemeinem  Anseilen.  Gegen  das  Ende  des  lotsten  Jakrhonderte 
Kcheint  die  eigentliche  Fabrikation  von  Wollentaoh  außer  der  Haasweberei  auf 

dem  Lande  nnd  in  den  Tliälern  einjjegangen  zu  sein. 

Die  neueren  Versuche  der  i;'abrikatioQ  ganzwollener  Störte  datiren  von 
den  30er  Jabren  i^e^  Jabrhnnderts  an.  In  den  40er  Jahren  wurde  im  Kanton 
Bern  der  Bedarf  von  Ifilitlrtttehem  bereits  Tonngeweise  Ton  Bemerfabrikanten 
gedeckt ;  in  andern  Eantuneu  scheint  das  staatliche  Entgegenkommen  hiefiir 
damals  noch  gefehlt  zu  habeo.  Heute  ist  nun  die  schweizi  risdie  Tin  liwebtroi 
dahin  ^'tdangt,  fast  sämmtliche  Tücher  fiir  die  Armw-,  l'oNt-  und  Kitwjnbahn- 
vcrwulluiigeü  etc.  üu  liefeiu,  und  zwar  sehr  billig  und  in  einer  (Qualität,  die 
derjenigen  jedes  firemden  Fabrikates  dnrobaos  gewaebsen  ist«  Ganawollene  Civil» 
Stoffe  werden  hingegen  immer  noch  zum  weitaus  grttliten  Tbeile  vom  Aunlande, 
vornb  von  Deutschland,  bezogen.  Die  Aiifnrdt^rangen  an  die  Mannigfaltigkeit 
und  den  Wechsel  der  Muster  sind  in  dieser  Branche  so  groß  und  das  inländische 
Absatzgebiet  ist  hingegen  so  klein,  daß  es  bisher  nur  wenigen  i?abrikanten 
gelangen  ist,  ein  mäßiges  Arbeit«f(dd  au  behaupten. 

Ganawollene  Streiohgamstoffe  werden  gegenwXrtig  auf  etwa  800  meehanisehea 
Webstählen  und  100  HandwebstUhlen,  halbwollene  und  ganzwollene  Kammgarn- 
stoffe auf  ca.  350  mechaniischen  Webstühlen  gewoln  n.  Für  halbwollene  Streich- 
garnstotfe  »ind  je  ca.  iiOO  mechanische  und  AOO  Bandwebstühle  in  Thätigkeit. 
Die  angegebenen  1350  Stühle  vertheiien  sich  auf  oa.  üO  Geschäfte. 

Was  die  Wirkerei  and  WoUenstideerei  betrifft,  so  sind  diese  Branchen 
unter  « Stickerei"  und  «Wirkerei*  nftber  bebandelt. 

Tcppirhc  und  Decken  w«*rden  nur  in  einer  Fabrik  in  La  Sairaz  i'Waadt) 
gemacht;  es  liandelt  sich  um  ;,'au/,  billige  Waare  auH  Kunst\v(dlf.  Zift;«-u-  nnd 
Rinderhaaien  u.  drgl,  fUr  den  Export.  Die  vor  einigen  Jahren  vun  St.  Gnlieu  aus- 
gegangenen Versuebe  mit  der  Teppichknüpferei  hatten  keinen  nachhaltigen  Erfolg. 

FÜB  nnd  Watte  werden  eben&lls  nicht  in  großem  UAßstabe«  yon  den 
wenigen  Fabrikanten  aber  in  durchaus  hervorragender  Qualität  fabrizirt. 

Ein  großes  Ilinderniß  für  grfißert^  Ausbreitung  der  Wollenindustrie  in  der 
Schweiz  Idldt  t  theilweise  der  Man^jel  an  großen,  auf  der  Höhe  der  Zeit  stehenden 
Kamnujarnpirbcrtten.  Verschiedene  neuere  Bemühungen  mit  staatlicher  ünter- 
sttttsnng  haben  in  dieser  Hinsicht  wesentliche  Fortschritte  angebahnt.  Einstweilen 
sind  die  bestehenden  Fabriken  hauptsSeblich  anf  ausländische  Färbereien  (namentlich 
Elberfeld,  MUhlhnusen  und  Paris)  angewiesen.  Im  Großen  und  Ganzen  beruht 
dif  Hoffnung  der  achwoizprisclien  Wollenindustrie  auf  einer  endlichen  kräftigen 
Zoiierhöbung  zum  Schutze  gegen  die  drückende  deutsche,  französische  und 
englische  Konkurrenz.  Die  bisher  stattgefundenen,  verhältuißmäßig  sehr  geringen 
ZollrerscbSrfnngen  sind  an  diesem  Ende  ungenttgend.  Der  Verkehr  mit  dem  Aus- 
land geht  des  nfthoren  ans  folgender  ZosammoiiBtallang  Ar  das  Jahr  1889  hervor: 


Men^ro  Werth 

Einfuhr    Ausfuhr  Einfuhr  Ausfuhr 

q           q  fr.  Ft. 
39,546      1S,581     Wolle  roh  utid  ^ew..^ eben,  Abfälle,  Scheer- 

öocken,  Kunstwolle   9,688,770  2,451,95i 

7,296         155     Wolle  gemahlen,  geOrbt,  gek&mmt:  Kamm- 

zuj,'   4.624,6iO  60,055 

4             3     Watte   3,G00  2,232 

ä,198            81     Streichgarn   1.341,105  .53,932 

3,75.5       11,381     Kammparn   3.406,320  10,223,147 

S20         568     Garn  auf  Spuhlen,  in  Knäueln  oder  kleinen 

Strftngen,  für  den  Detailmkanf  .  .  .  832,950  417,779 


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WoUindiMtrie 


—    408  — 


Zeu^rucker«! 


Menpe  Werth 


Einruhr 

Ausfuhr 

Einfuhr 

Aosfuhr 

q 

q 

Fr. 

Fr. 

405 

Tiii"hen>lf'ii  fLeislen)  ........ 

79i 

770 

728 

3ü8,ÜüO 

800,598 

«7,835 

1,14S 

Gewebe,  gebleicht,  gefirbt,  bedruckt    .  . 

80,618.500 

1,601,624 

SlO 

1 

T.;islings(Sr  I >lc  Berry)  z.  Schuhfobrikatioo 

1.104 

1,537 

l.05:i 

l,(J00,7üü 

184.471 

328 

7 

1,705.600 

13,002 

615 

1 

Räiiilpr  

1,470  rton 

1,1.35 

502 

961 

Slruiuplwaareu  ohne  Näharbeit  .... 

8.'):i,4oo 

2,332,103 

76 

185 

258,400 

852.130 

39 

Spitzen  

Ui',,Hm 

2.S'.Mi 

492 

43 

Sliawls  und  Si  linp'-n  

984.(XK.» 

311,219 

2,224 

47 

Teppiche  

2.828,425 

51.952 

453 

2 

S'  huhe  aus  Tuclicnden  

208,3^0 

923 

351 

8 

201.S2Ö 

4.892 

6S6 

13 

Filzwaaren  roh,  geffirbl,  bedruckt    .   .  . 

720,700 

20.178 

163 

7 

Hüte,  nicht  ausiferüstet  (ungarnirt)  .    .  . 

4S9.(J{K) 

12.310 

14S 

174 

Pilzlücher  zur  Papiertabrikatiou  .... 

117.1.50 

lHi.695 

384 

Kleidun^rsstOckc  uDd  ändert  fertige  Waaren 

9,306,600 

856..331 

e 

1 

9,000 

1,386 

1.406 

197 

S^,900 

459,882 

Total   73,692.465  20.883,094 


Wie  sich  die  Ein-  und  Ausftihr  seit  1850  quantitativ  entwickeU  hat,  zeigt  folgender 

Auszug  aus  der  ZoUstatiütik : 

Einfuiir  Ausfuhr  (q) 

1851     1861    1871     1881     ISSO  1851    1861     1871    ISSl  1nS9 

5.784     (V)       (VJ    26,824  46,772  Wolle,  Abfälle  elc.l«K,«  2,539    6,520  9,158  12.736 

2,342  3,515  6,04t   4,360  6,773  Garn  f'*^'"*     63    4,153  8,810  12,080 

14,935  17,001  32,277  26.999  29,220  Gewebe ....     (?)      (?)      (?)    1,711  1,877 

Unter  der  Kontrole  des  eidi,'.  Fabrik'/p^-r  tzes  standen  Ende  1888: 


Etablii>äe- 

Arbeiter 

Betrieb' 

jkrafl 

mente 

WtiUich  t 

Enwwi 

Wiwr 

hrnit  Mlriiittt  Zn. 

10 

528 

719 

1247 

1106 

300 

110 

1516 

Tuchfabrikation    .  . 

.   .  24 

779 

i(m 

1807 

971 

347 

60 

1878 

4 

115 

189 

804 

149 

80 

23» 

HannvoIlw("iii'r>'i    .  . 

.  .  7 

35 

56 

»1 

ll.s 

118 

Filztuchfabrikation 

.  .  1 

14 

55 

69 

50 

6 

56 

.  .  1 

14 

6 

20 

15 

16 

47 

1485 

2053 

8688 

2394 

748 

170 

8812 

Zeugdrackereü  IMe  Zeug-  oder  Stoffdruckerei  auf  BanmwoUe  wurde  in 
der  Schweiz  im  Jahre  1888  laut  der  amttidieB  Fabrikkontrole  in  :!7  Etabliwe- 

raenten  betrieben,  welche  durchschniftlif  h  3878  Arbeiter,  wovon  1771  weiblich, 
beachäftigten.  Die  iiiei-liauisclic  Bi'trifhskraft  derselbpri  hrtrug  889  Pferdekräfte 
\Va«ser  und  420  i'lenlekräft^  iJ^mpt.  JJio  u»uif«ten  Geschäfte  (21)  befinden  nich 
im  Kanton  Glaru»;  von  den  Übrigen  entfallen  B  auf  den  Kanton  ZUrich,  eiu 
kleines  auf  den  Kanton  Bern,  *i  anf  den  Kanton  St.  Gallen. 

Die  Ausfahr,  welche  beinahe  die  ganze  Produktion  in  «ich  faßt,  indem  die 
Schweiz  selbst  mir  ra.  .3  —  .'>  %  dersell  cii  aufnimmt,  betrug  im  Jahre  1889 
22,833  q  im  Werth,-  v<m  1Ü,649,954  Franken. 

Es  wird  zum  gröljeru  Theile  von  Hand  gedruckt.  Die  Konkurrenz  mit  den 
gcwdhnUchen,  &at  unglaublich  billigen,  einfachen  Boaleandmck- Artikeln,  die  in 
Deutschland^  England,  Holland,  Oeaterreioh,  Italien,  Spanien  etc.  in  großen 
Etabliasementen  mit  vielen  Maschinen,  reep.  stark  koncentrirter  Kapitalkraft 


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2eugdruckerei 


—    409  — 


Zeugdrackerei 


Abiirirt  werden,  ist  nur  hin»iclit1ich  weniger  Artikel  möglich;  die  ichweiser. 

Drucker  haben  sich  daher  h  injit  iii  hlich  auf  Artikel  geworfen,  welche  wegen  der 
komplizirten  Farbenkomposition  odtT  dem  -croßen  TTmfiinp  sirh  ftir  (hn  Mniw^hinen- 
druck  nicht  eignen.  Den  liiiuptartikel  tlie.ser  Art  bilden  die  Kopf-  and  Umnchlag- 
tUcher  fdr  die  Donauländer  (Yasmas,  Tetitemeld  etc.),  die  Türkei  (Kalemkiars), 
Indien  etc.,  Amen  und  die  europSieche  Türkei  zusammen  nehnen  Uber  ein  Drittel 
4e8  ganzen  Exports  auf.  Von  den  europainchen  Ländern  kommen  nußer  der 
Türlfti  in  erster  Liiiir  Otstcrrciph  nnd  die  Donauländer  mit  3,4  Millionen  Fr., 
•dann  Italien  mit  2.8  Millionen  Fr.,  nodann  Frankreicli  mit  1,5  Millionen  Fr. 
in  Betracht.  Die  genauere  Vertlieilung  zeigt  folgende  Uebersicht : 
Aasfuhr  glatter,  beärueüer  Baumwollgewebe  1889. 


Menge                              nach  Werth 

q  Fr. 

4,189  Italien   2,764,338 

3,361  Don.iuirm.l.T  i'Riimamen,  Serbien,  Bulgarien)    .  2.i51.r>r,.> 

2.304  Europäische  Türkei   1,769,000 

9,m  Frankreich   1,5S9,160 

I  J'H  (  >.  ^NTreich-Ungam   91K.03S 

1)70  Spunien   536,484 

565  Deutschland   416,714 

27^2  Grieehenland   219.I3R 

594  üebriges  Europa   423,174^ 

15,467                                  Etiropa  11.018,044 

2.59")  Britisch  Indien   1, 838.91  »0 

2.048  Halir,nili-cli  hnlien   l.r)8I,96() 

l.löO  Asialisihe  Türkei   l,(X)ri,445 

420  Ostasien   _^79,61j5  • 

6,213                                   A9ien                  '  4,706,926 

200  Algier   154.070 

177  Oslafrika   145.980 

171  Aet,'vpten   13-2.359 

 12  Westafrika   b,768 

506                                   Afrika  441,177 

583                                  Amerika  479,767 

tr                                Auafralien  \.<>U\ 


-Sijm  ToUl  16,649,954 


Die  Hanptschwierigkeit  der  schweizer.  Dt*nckerei-Indu8trie  bilden  die  Zoll- 
Verhältnisse.  Den  ersttm  Schlag  in  dieser  Hin-^icht  erhielt  sie  durcli  die  GrUiidnng 
des  deutschen  Zollvereins,  dessen  hohe  Zölle  ihr  ta^t  pli'.tzlith  eines  der  gröl.iten 
Absatzgebiete  verschlos.sen.  In  den  üOer  Jahren  fulgtea  prohibitive  ZuUerhohuugen 
in  den  Vereinigten  Stuten. nnd  in  Italien,  welefae  frtther  weit  größere  Mengen 
bedruckter  Tücher  als  bente  von  der  Schweiz  bezogen.  Ein  anßerordentlidieB 
Hemniniß  bildete  besonders  auch  die  Thatsache,  daß  die  zollfreie  Veredlung  aus- 
ländiscluT  Gewebe  in  der  Schweiz  zum  Zwecke  der  nachherigen  Wiederau.sfnhr 
über  beliebige  Grenzen  (admission  temporaire)  mit  dem  schweizer.  ZuUgeaetz  von 
1861  nidit  vereinbar  i«t,  wogegen  andere  Linder,  beeow!«»  Frankr^eh  und 
DentscUand  diese  Admisrioo  temporaire  edion  frllbseitig  gestattet  haben.  Es  ist 
dadurch  namentlich  der  ungeheuere  Aofsehwnng  der  Elsässischen  Drttckerei-Indu-trie 
möglich  geworden,  die  anfänglich  hinter  der  s(  lnv«izeri«chen  weit  zurückstand 
und  ihre  Modellstecher  nnd  Drucker  einst  von  Zürich  kommen  ließ.  Durch  die 
admiflsion  temporaire  wurde  es  ihr  Aufttng.s  der  60er  Jahre  ermöglicht,  die  ebenso 
billigen  als  guten  sohwetseristthen  Baamwolltttoher  zollfrei  tn  beriehen,  welche 
«eitbw  jährlich  in  riedgen  QuantitSten  (fUr  ca«  6  Millionen  Franken)  nach  dem 


Zengdnickerei 


—    410  — 


Ebal^  geUDgen,  um  dort  geftrbt  oder  bedrockt  und  nachher  in  sllen  m^liehen 

Richtungen  versendet  zu  werden.  Die  schweizerbeben  Drucker  waren  hingegen 
nur  auf  den  Ketourveredlangsverkehr  mit  Deutschlanil  In  s*  hrätikt.  der  bei  seiner 
r>rtli(  hfii  Beschränkung  noch  durch  allerlei  liintin^e  umi  kti>-tsj)i(  ligc  Kontrulformali- 
tateu  erschwert  wurde.  Erst  heute,  leider  zu  tspät,  ist  eiue  Aeuderung  de»  ZoU- 
geaetsee  im  Sione  einer  unbeeohräokten  admiaeion  tempondre  zum  Bedneken  in 
bestimmte  Aussicht  genommen.  Für  den  größten  Theil  ihrer  Produktion  bedienten 
-ich  die  srdiweizer.  Druckfr  ebenfalls  schweiz.'riselier  Koli- Gewebe;  nur  für  den 
javauLöchen  Spezinlartikel  „Battiks",  desaen  Fabrikation  von  ;>  (Ihirnischen  Finnen 
tast  autjäcbließlich  betrieben  wini,  werden  die  Gewebe  (wie  Aim  auch  die  hollündi- 
icken  ^nknrrenten  thnn)  wegen  der  aafierordwtliobw  Billigkeit  nttiatens  tod 
England  bezogen.  Seit  einigen  Jahren  ist  von  einem  Etabliseenent  im  Kanton 
Glarns  mit  Erfolg  auch  die  Wollendruckerei  an  Hand  ^eiMmmen  worden. 

Dit»  Einführung  in  der  Schweiz  verdankt  die  Baumwoüdruekerei  den  fr  in^ö^j. 
schen  G lau bens- Emigranten.  Zuerst  gründete  Fazy  eine  Indienuedruckerei  in  Ueuf; 
ihm  folgte  im  Jahre  1689  Jacques  Deluze  mit  einem  Etablisäement  in  NeuchateL, 
das  bis  in  die  Mitte  dieses  Jahrhnnderte  bestand. 

In  Zürich  wurde  die  erste  Druckerei  von  Römer  &  Kitt  im  Jahre  1701 
errichtet.  Dieselbe  befaßte  sieb  außer  den  großmustrigen  IndienncH  mit  den  sog. 
PersiennoH,  (iewebe  mit  einfachen  kleinen  r)es'»in'.-.  Die  Kohireweb«  konnten  vom 
ziirclieritichen  Laudgebiet  bezogen  werden.  Zwei  Mal  wöchentlich  eruchieuen  zu 
jener  Zeit  die  «Tttehler'  mit  dem  Zürcher  Uarktsohiff  in  der  Stadt,  verkanflen 
ihre  Waare  den  flrbera  nnd  Dmekero  nnd  kauften  dagegen  von  den  Kauf lenten 
das  nöthige  Garn. 

Unter  den  rnseli  nacljfolgenden  ziiri  berifschen  iJruckern  R.  Zimmermann, 
Eaöpar  Holzhalb,  üeinrich  Rurdorf,  David  Stadler,  Paulus  Meyer  sind  besonders 
Hans  Jakob  Hoimeister  und  David  Eßlinger  (der  frtthere  PastetmbKcker)  apKter 
,  David  &  Melehior  Eßlinger*  hervorxnheben.  Diese  Geschäfte  gelangten  m  gans 
besonderer  BlUthe  and  Ausdehnung.  KUUnger  setzte  im  Jahre  1785  eine  Million 
Kranken  um  und  beide  Häuser  beschäftigten  in  guten  Zeiten  Uber  1500  Arbeiter. 
Die  von  Eßlinger  mit  Act/.druck  auf  tUrkisch-roth  geiarbten  Geweben  hergestollten 
Moucboirs  waren  uauientlich  in  Italien  unter  dem  Namen  «Fazzoletti  d'Essliuger'* 
bertlhmt.  In  Glarus  wurde  das  Dmeken  im  Jahre  1740  dnreh  Fatio  ans  Genf 
eingebürgert.  Im  Anfang  winden,  zum  Unterschied  ron  Zttrich,  fast  nur  indigo- 
blane  Schnupftücher  mit  einfat  iien  Dessins  fabrizirt. 

Die  Erlindung  des  Walzen-  oder  liuub'iiuxdrneks  gegen  Ende  des  vorigen 
Jahrhanderts,  sowie  der  Perratine  im  Jahre  ItiiJ^i,  die  das  40  —  50 fache  der 
Leistung  des  Handdruclme  au  prodnmren  vermag,  braehten  im  Betrieb  der 
Dmckereten  eine  UmwSlaung  hervor,  welche  im  Verein  mit  andern  Schwierigkeiten, 
wornnter  namentlich  die  schon  erwähnte  Gründung  des  Zollvereins  zu  erwähnen  ist^ 
verschiedenen  älteren  Etablissementen  verderblich  wurde  Das  Haus  Eßlinger, 
das  beim  üanddruck  verblieben  war,  liquidirte  im  Jahre  1^37,  nach  120-jäbrigem 
Beetande.  Hofmeister  liatte  sich  hingegen  anf  den  Walaendruok  gewcvfen  und 
arbeitete  schon  im  Anfange  dieses  Jahrhunderts  mit  einem  vierhltadigen  Ronlean, 
d,  h.  mit  einer  ^T.isehine,  welche  vier  Farben  anf  einmal  zu  drucken  im  Stande 
war.  Sein  (reschäft  das  sich  lange  anf  der  Höhe  der  Zeit  erhielt,  hatte  bis  1867 
Bestand.  In  der  W'estwchweiz ,  wo  sie  ihren  Anfang  nahm,  ist  die?»e  Industrie 
seit  mehreren  Jahrzehnten  ganz  erloschen;  in  Stadt  und  Kanton  Zürich,  wo  sie 
ehemals  am  ansgedehnteften  war,  ist  sie  von  eimgen  20  anf  3  EtabUsaement« 
inrttckgcgangen ;  sie  eharakterisirt  eieh  heute  als  Spesial*  Industrie  des  Kantona 


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Zeugdruckerei 


—    411  — 


ZuUwesca 


Gluru»,  wo  8ie  last  am  fepiitt;«)teu  Eia^aug  (and.  Zu  erwähnen  ist  Adolf  BUrkli's 
Monographie:  ,Z<lriohsIndieime-lfanii&ktnr  und  Tlirkifiob-Rothfilrberei*«  Zttricli 
1880.  Laiifeiide  Miltbeilnngen  siehe  in  den  Handelsberichten  des  Sohweiaer, 
Handols-  and  Induitrie-Vereina  und  der  Kaafmännisohea  Geaellechaft  Zttriob. 

Zollwesen.  Verfasser:  Für  die  Zeit  hi«  1848  *)  Herr  Dr.  A.  Huber, 
Handelsstatiätiki^r  im  eidg.  Departement  des  AuswSrti^«  n :  fdr  die  Zeit  seit 
1848  Herr  Sater,  I.Sekretär  der  echweiz  Oberzolldirektion. 

Zollwest-n   vor  iTi*.^.-) 

Die  Zollverhältni^ise  der  alten  EidgenuHi^eiiitulmtt  waren  in  Folge  der  beinahe 
imbeex^ränkten  SoaveiilmtXt  der  Kantone  das  Reenltat  twl  lokaler  Konveniens 
and  der  verschiedenaten  Interessen,  bestimmt  durch  die  Eatwioklung  und  den 
Gang  des  Handels  in  den  einzelnen  Landesgegeudeu. 

Das  Zollwe!<cn,  dem  somit  jede  innere  Ucbereiu^fimmun«^  und  allgemeine 
leitönde  Gedonkeu  abgingen,  bildete  das  denkbar  bunteste  Gemälde  sowohl  rliok- 
eiehtlieli  des  Ursprungs,  der  Bezugsweiae  nnd  der  Bemeasungsgrundlage  der  ZSlle. 

Bei  einer  Betrachtmig  der  Zolltarife  in  den  Kantonen  der  alten  Eidgeaoasen- 
schalt  lassen  sich  drei  Huaptcpocben  ihrer  Entstfhung  unterscheiden. 

In  dir*  crstt;  IlpurlH-,  d.  h.  die  Periode  tK  s  i\ritteliilters,  ;;i'}ir/ren  die  Be- 
nennungen Geleit,  Fuhrleitcu,  ümgeld,  Pfund-  und  Marktzoll,  Trattungeld,  wclclie 
Bezeichnungen  sich  übrigens  noch  in  den  Tarifen  bis  zum  Jahre  1848  erhalten 
haben;  eodann  datiren  ane  dieser  Periode  diejenigen  ZtSUe,  welche  kraft  kaiser« 
lieher  Pririlegieo,  dunOi  Vorpfändungen  oder  durch  LcIk  u  an  die  Besitzer  ge- 
kommen waren,  endlich  die  Judenzolle,  wonach  die  .linlen  /  llmäijii;  stärker 
besteuert  wurden  als  die  Christen  Die^e  letztere  Zollart  hat  sieh  i\m  längsten 
in  den  Tarifen  aus  den  Kantonen  Solothurn,  Aargau  und  Luzern  erhalten.  Die 
mittolalterliohen  ZSlle  tragen  alle  das  Gepräge  sehr  mKßiger  Abgaben,  obechon 
sie  7MT  Zeit  ihrer  Aufstellung  wegen,  dea  damals  Terhältnißmäßig  hohen  Geld- 
werthes  durelischnittlich  viermal  größer  gewesen  sein  mögen  als  am  Ende  des 
letzten  Jahrhunderts.  Diese  mittelalterlichen  Tarifirnngen  tragen  in  hervor- 
ragender Weise  das  Gepräge  des  damaligen  Handels,  der  in  der  Haupt^uiche  ge- 
werblioher  Auetaaadi  war.  Im  jPernem  ergibt  sieh  ans  der  mangelhaften  Durch- 
filhrnng  der  Tarifirang  die  Dürftigkeit  wiMensehaftUoher  Kenntniraet  hingegen 
auch  das  Zutrauen  in  die  Kechtlichkeit  der  Bürger.  Denn  es  findet  sich  in  den 
ZoUverordnungen  ans  jener  Zeit  keine  Spnr  von  Strafen  wegen  ZoUdefrandationen. 
Die  Signatar  der  Zölle  jener  Zeit  war,  die  Unkosten  zu  decken,  welche  uns 
der  Sicherung  des  Kaufmanns  und  »einer  Waaren  gegen  die  Raubgier  der 
MKchtigen  erwuchsen. 

Di'  Z  ille  der  folgenden  Kpoche  erlitten  keine  betrüchtliche  Veränderung, 
bis  man  in  Folge  des  wac^hsen  len  Verkehr«  in  der  zweiten  Hälfte  de^  18.  Jahr- 
hundert« mit  dem  IJau  der  Kiuiststraßen  begann.  Deren  Benutzung  verminderte 
die  Fuhrlöhne.  Auf  der  andern  Seite  mußte  aber  für  die  bedeutenden  Bau- 
und  Unterhaltskoeten  in  den  Weg-  und  BrU^Eengeldern  ein  Ersati  getmeht  werden. 
Und  swar  bildete  sich  die  Hmnoog  heraus,  daß  diejenigen^  welche  die  Straßen 
benntzten,  in  einem  bestimmten  Zeitraum  durch  Leistung  von  V(^eg-  und  Brücken- 
geldern die  Baukosten,  an  einigen  Orten  sogar  noch  unter  HiazafUgung  der 


')  Vergl.  darüber:  Dr.  A.  Huber,  ,Die  Entwickhin;/ des  eidgenfts.'^iseheu  Zullvvesens 
▼Om  Be^'inn  der  ersten  Tarife  bis  zur  Bundesverfaiisunt'  <i'  -  •lahre«  ISIS*,  Bern,  1890. 

')  TheUwei^  nach  einem  Berichte  des  eidgen.  Zoll  -  Revisors  J.  C.  Zellweger  (1823 
bis  1833). 


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ZoUwe^en 


—  412 


Zolhvösen 


ZinMn,  abmtragen  hlttten.  Die  Rdckmobtaabnie  sof  KonknrreiiMtraßen  yerbot 
aber  eine  allzu  hohe  Steigening  der  Gehilhren. 

Der  B(;ginn  der  dritten  Koo'^lip,  tXWt  auf  das  Eiiile  de--  letzten  und  den 
Anfang  ansercs  Jahrhundert«.  E-i  zeigt  sich  in  diiser  Zeit  in  den  Tarifen  in  rkhiir 
der  1iikaU.<tch6  Geist.  Dieselben  erstreckten  »ich  auf  mehrere  hundert  Gegen- 
stände» und  die  Verordnangeii  befehlen  Visitationen  an.  In  den  OesebRen  ist  die 
griJßte  Wachwmkeit  ge^n  üebertretnngen,  das  grOßte  ICßtraaen  in  die  Zoll- 
pflichtigen, das  grüßte  Zotranen  dagegen  in  die  Beebtliebkeit  des  ZollperaonaU 
Mchtbar. 

Ein  Blick  auf  di«  am  Ausgang  der  alten  fiidgenoRMenschaft  in  Kraft  be- 
etebenden  Zolltarife  zeigt  ans,  daß  mit  RUckxioht  auf  die  ZoUbemcssQngsgruudlagc 
ein  ganzes  W^rterbnch  aller  ersinnliehen  QnantitXtsbeseichnnngen  ersobSpft  worden 
ist.  So  kam  es  vor,  daß  anf  der  nämlirhrn  Straße  für  den  ffl^iehen  Wagen 
bald  nacli  Ledi,  Fud  r,  Karreten,  Last,  Faß,  Röhrli,  Kiste.  Balle,  Sanm,  Rtiirk- 
zahl  oder  Gewicht,  bald  nach  Eimer,  Lägel,  Sack,  31alti'r,  Mütt,  zuweilen  auch 
vom  Längenmaß  oder  vom  Werth  verzollt  werden  mußte. 

Die  meisten  alten  Zolltarifs  waren  daher  dermaßen  unklar  und  nnsweckmaßig, 
daß  sie  beständig  erlKntert  nnd  vn  ändert  werden  mußten,  um  der  Willkür  noth- 
dürftige  Schranken  zn  setzen.  Außerdem  stipulirten  eine  Reihe  derselben  förm- 
liche Ungerechtigkeiten.  Kam  os  doch  vor,  daß  z,  B.  im  Kanton  St.  Gallen 
die  verschiedenen  Theile  desselben  durch  den  ZoUbe/.ug  ungleich  belaHtet  wurden - 
wahrend  die  Bauptetraßen  und  wichtigsten  Eingangsstationen  stark  beetenert 
waren,  genossen  einige  Qner-  nnd  Nebenstraßen,  Bewohner  gewimer  Beiirke  nnd 
Naebbarkantone  große  Privilegien  und  mitunter  Zoll-  und  Weggeldsbefreiung. 
Gewisse  Straßpnrrplder  z.  B.  mußten  bloß  v>in  T.tf!:frrnl)nrgprn  rntrichtet  werden, 
ja  es  kamen  Tarif«  vor,  wo  sieb  die  Ansätze  verschieden  abstuiten,  je  nach  der 
Heimat  des  Fuhrmanns. 

Diese  Zollrerblltnisse  waren  dazn  angelJian,  das  heutigen  Tags  nooh  fühlbare 
Absonderungssystein  zwinchen  Kanton  nnd  Kanton,  swischen  Volk  und  Volk 
darchzuflihren  und  damit  den  Schweizer  dem  Schweizer  zu  entfremden. 

Der  Systemlostcrkeit  in  der  Masse  der  verschiedenen  Tarife,  die  „einer 
Sammlung  von  Trünunern"  glichen,  mußte  ein  Ende  bereitet  werden. 

Als  erster  Zielpunkt  einer  Beform  im  ZoHwesen  mußte  die  Uebermoht  der 
faktisch  bestehenden  ZoUbereohtignngen  nnd  die  Untersuchung  der  rechtliehen 
Grundlagen  in  Aussicht  genommen  werden. 

Alle  Bestrfbnnp^en  zur  Ri  fnrm  de«  Zollwwens  in  der  evKten  Hälfte  unseres 
JahriiundertH  bewegten  sich  denn  aach  beinahe  ausschließlich  in  diesem  eng- 
gezogenen Rahmen. 

Die  ZolWerhältnisse  von  1798^1848. 

Helvetik  und  Mediation  179B  — 1813.  Die  Helvetik  hatte  die  Ver- 
bpsfernnjr  df^s  Zollwesens  natürlich  auch  auf  ihr  Programm  genommen.  So  ver- 
langten Gesetze  vom  4.  März  und  4.  Dezember  1799  die  Aufstellung  eines  neuen 
Zolltarifs.  Durch  Dekret  vom  8.  April  1801  wurde  der  VoHziehungsrath  er- 
niXehtigt,  einen  Tarif  fttr  die  Hanthen  nnd  Zollgebtthren  in  der  gamen  Republik 
nach  einem  einheitlichen  System,  allerdings  unter  BerUokeiobtigung  gewisser  lokaler 
Verhältnisse,  festzn-setzen. 

Die  Ein-  und  Aufsfuhrirebithren  «sollten  G  ®/o  ad  vaLneni  nicht  übersteigen. 
Für  die  Transitzölle  sollte  die  durch  die  Transitgüter  durchlaufene  Strecke  und 
die  RUoksichtnahme  auf  anslandisobe  Konkurrensstraßen  maßgebend  sein.  — 
Lebensmittel  vom  ersten  Bedttrfniß^  sowie  Rohstoffe  fttr  die  Fabrikation  \m  der 


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ZoUwesen 


—  4ia  — 


Zollwesen 


Einfuhr  and  ebeiuo  Exportartikel  durften  mit  Ausnahmd  einer  Kontrolgebflhr 

von  im  ^luximum  7«  ®/o  ad  ralorem  keinen  Zülleti  unterworfen  werden. 

Alle  diese  Erlasse  standen  wohl  auf  dem  Papier ;  allein  e«  wurde  deu- 
sielben  in  keiner  Weixe  Folge  ge£fehen.  so  daß,  als  die  MedkUv^noikte  im  Frtth* 
Jahr  lbU3  iu'a  Leben  trat,  das  Zullweüen  faktinch  unverändert  war. 

Die  das  ZoUwesen  besehkgeoden  Artikel  der^lbea  lantetea: 

Art.  5.  Die  ehemali^'en  Zugs-  und  Abzugarechte  sind  abgeschafft  Der  ft«te  Ver- 
kehr mit  LcIh  ri-mittein.  Vieh  und  Handelswiian  ii  \-\  u' '^v.ilu ielsfi^i.  Im  Inn  rti  dt  r 
Schweiz  könneu  keiue  urtlichea  oder  ailgemeiueu  Eingaogi-.  ÜurciipaU-  oder  Zoll 
gebflbren  eingeführt  werden.  Die  Äußern  GreuzzAUe  gebfiren  den  an  das  Ausland 
stoßenden  Kantonen,  jedoch  sotten  die  Tarife  der  Tagüatsanf;  zur  Genehmigung  vor* 
gelegt  werden. 

Art.  G.  Jeder  Kanton  behält  die  Zölle  bei,  die  zur  Ausbesserung  der  Wege,  Heer- 
straGon  und  Flußufer  bestimmt  und.  Die  Tarife  bedörfen  ebenfalls  der  Genehmigung 

der  Tap-'-iit/'.nng'. 

Ith-  liickx'hriti lirlif  Ti'iidfnz,  durch  wrlrhi;  die  Mediationszeit  gegenüber  der 
Helvetik  gekennzcichuet  wird,  zeigte  sich  selbstredend  auch  auf  dem  Gebiete  den 
ZoUwesens.  Alle  Kantone  beeilten  sich,  nach  Belieben  neae  Zölle  und  Gebtthron 
einzuführen.  Daß  dabei  nicht  allgemeine  nationalökonomieche  Interes^ien,  sondern 
gegenseitige  Konnivenz  den  AuiMchlag  gaben,  war  bei  den  damaligen  Verhältniseen 
nicht  anders*  zu  erwarten. 

Die  Mehrheit  der  Tagsatzuug  wollte  deu  Artikel  5  nur  auf  die  Einführung 
nener  Zßlle  angewendet  wiaado,  während  hanptritohliob  Glarna  und  Thurgau 
Ittr  eine  weitherxigere  Interpretation  des  Artikela  kftmpften,  wonach  sie  das 
sohweizerische  Zollwesen  der  nackten  >  klaren  Bestimmung  der  Yerfassungs- 
vorschrift,  welche  kantonale  Eingangssölle  als  onzuUßig  erklärte,  angepaßt 
wissen  wollten. 

Artikel  G  lautete  allerdings:  , Jeder  Kanton  behält  die  Zölle  bei,  die  zur 
Ansbessernng  der  Wege«  Heerstraßen  und  Flnßnfer  bestimmt  sind. 
Die  Tarife  bedürfen  ebenfalls  der  Genehmigang  der  Tugsatzuii;^ Durch  die  be- 
schränkte Auslegung  des  5,  Artikels  war  dann  natürlich  auch  der  luluih  des 
Ü.  Artikels  präzisirt,  uud  es  wurden  darrmnh  difi  zollartigen  Gebühren  aus  der 
alten  Eidgenosäenscbaft  unbesehen  als  den  Anforderungen  du^lbea  eat^^precUeod 
betraohtet  and  in  die  Medial^onsaeit  hinfibergenommen.  Die  wohlthätigen  Be- 
stimmungen von  Art.  5  und  6  blieben  demnach  toter  Bachstabe. 

Die  auf  der  ersten  Tagsatzung  der  Mediation  zur  Berichterstattung  ein- 
geladene Kommission  sah  «ich  nicht  in  der  La^r*',  sifinrntlinhe  Tarife  zu  prüfen 
und  bezügUohe  Vorschläge  zu  hinterbringen.  Es  wunle  daher  die  endliche  Be- 
richtigung des  Zoliwftsen«  auf  die  Tagsatzung  de«  Jahres  1804  verbchoben  und 
bis  dahin  die  Regierungen  and  Korporationen  im  Genasse  der  ans  der  alten  £id- 
genoseensohaft  herrtthrenden  Zölle,  Geleite,  Brucken-  und  Weggeldsbereclitigungen 
belas-'pn.  Inzwischen  sollte  jede  Neuerung  im  Zollwesen  unterbleiben,  bis  d-T 
einstweilen  beibehaltene  Status  quo  definitiven  gesetzlichen  Verordouugen  gewichen 
sein  werde.    Diese  wurden  aber  faktisch  nie  erlassen. 

Die  Tagsetzang  trug  zwar  dem  Sinne  de«  5.  Art.  der  Mediationn-Verfassung 
inriowuit  Rechnung,  daß  sie  eine  Sammlung  der  Tarife  aller  in  den  Kantonen 
besteheiulLii  Zölle,  Weg-  und  Brückengelder  veranstaltete  und  ferner  Anstand 
nahm,  die  von  den  Ständen  vorgelegten  Tarife  der  :ilt  ;rn  '/  »üc  tj^crndezu  zu  ge- 
nehmigen. Sie  b&Mhränkto  sich  darauf,  die  Tarife  jeweilen  uut  ein  Jahr  zu  be- 
etätigen,  indem  sie  sich  das  endsobaflUohe  Urtheil  und  Eintreten  darüber  jedesmal 
aof  ein  folgendes  Jahr  vorbehielt. 


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ZoUwesen 


—    414  — 


IMesur  Vurbeimit  einer  all^t>ineinen  ZolIrevkioQ,  richtig  nnil  woblbegrillldet 
er  an  und  fiir  sich  war,  warde  durch  dun  hänfigen  Grebraiich,  den  man  alle 
Jahre  davon  hci  Rnvilligung  von  Zöllen  machte,  ohne  daß  in;in  sicli  nln  r  die 
Art  uqd  den  Zielpunkt  einer  sulüheu  Kevinigo  je  klar  wurde,  zur  leeren  Formel 
nod  führte  gans  natttrHoh  sar  Anfreoliterltiiltung  oder  Wiederherstellnng  aller 
alten  Mißbrüache. 

Von  einer  einheitlichen  Zolllinie,  hervorgegaij';i;ii  durch  Uebereitikunft  aller 
Stände,  konnte  luitiirlich  unter  solchtii  Fiii>tiinden  keine  Rede  sein;  wohl  aber 
mußte  eine  solche  gcschadea  werden  infolge  de«  Haoht Wortes  des  t'raazösincheo 
Protektors,  Napoleons  I. 

Engiuiid,  dai«  sich  stet«  mit  Krfulg  abwehrend  gegen  dm  wachsende  Ueber- 
^wicht  Frankreichs  ▼erhalten  hatte,  aoUte  nvn  drnoh  Gewalt,  durch  die  Ver- 
Dichtung  aeines  Handel«,  aar  Unterwerfaag  gebracht  werden. 

Kapoleon  yerhSugte  an  diesem  Zwecke  im  Jahre  1806  eine  Sperre  gegen 

die  Produkte  des  englischen  Handels,  das  System  der  sogen.  Kontinentalsperre. 
Ein  Prohibitionstarif  machte  die  Einfuhr  derselben  in  die  einzelnen  Länder  un- 
möglich. 

Iö08  verschärfte  er  das  Verbot  und  ließ  eine  Menge  englischer  Waareu 
verbrennen.  Trotsdem,  daß  Hatidel  nnd  Verkehr  dadurch  ttberall  gewaltige  Ein 

büße  erlitten  nnd  Tlieii  runi^  entjit;ind,  handhabte  Napoleon  die  Spt^rre  in  rink- 
f?ichtslo»ester  Weise.  Zur  Ueberwachung  de«  Handels  wurl*'  «  im-  militärische 
Pnlizei  pincfnfhtpt,  welche  die  Noth  durch  Hohn  und  Gewaitthat  um  so  peii.- 
lieber  machte.  Auf  eine  unzwcid<-utige  Aulforderung  des  französischen  Mediators 
hin  beeehloß  die  eidgenSssieohe  Tagsatzung  unterm  5.  Jnli  1806,  die  Einfuhr 
eoglisoher  Mannfakturwiuiren  und  aller  in  den  englischen  Besitzungen  fabrizirten 
Baumwollentücher  und  Mousselines  zu  verbieten.  Um  die  durch  den  Beschluß 
vom  '»  Juli  1M06  nöthii:  fr  ^wordenen  Kosten  für  die  Grenzbowachung  hf^treitei; 
zu  kuiuieu,  wurde  1  Kreuzer  EinfuhrgebUhr  vom  Pfund  maMchinengcsponnenem 
Banmwollgam  erhoben,  and  eine  Viyagebiihr  von  3  Erensem  anf  die  Übrigen 
-eingehenden  Knnfmannawaaren  gelegt.  £a  aind  also  diese  KontrolgebQhren  al« 
die  ersten  eidgenössischen  Ghreni^ebiihren  zu  bezeichnen.  Mar  das  für  die  schwei- 
z»^riisthe  Piaumwülleuindustrie  unentbehrliche  Batimwollgaru  war  von  der  Prohi- 
bition aufgenommen.  Die  Einfuhr  und  der  Tmnbit  aller  Kaufmaunswaareo  wurde 
auf  cinisre  bestimmte  Eintrittsorte  beschränkt. 

Der  BeM:hluß  vom  ö.  Juli  1H06  wurde  bis  zum  Jakie  1810  aiijiibrlich 

von  der  Tagsatsnng  emenert  nnd  dessen  Anwendung  braehte  begreiflicher  Webe 
eine  bedentöide  Hemmung  in  den  bis  anhin  beinahe  freien  Waarenaustauttch,  be- 
sonders mit  den  siiddeut«chen  «Staaten,  und  zwar  um  8o  mehr,  als  dieselben  eben- 
falls Zoll-  und  Mautbnrdnungen  zu  erlassen  hatten,  um  dem  durch  Napoleon  in 
diesen  Staaten  ge»chatteneu  vermehrten  iriskalbedurfoiß  ein  GonUge  leisten  zu 
kQDnen,  nimltch  fttr  die  vermehrten  Auslagen  der  Staatsverwaltung  unter  den 
dnroh  den  Bheinbund  verluderten  Terhültaiasen  nnd  die  ateta  wadfaaenden  mili- 
täriai^iem  VerpAichtnngen. 

Die  auf  Grundlage  des  Beschlusses  vom  5.  Juli  1806  erriohtete  Zolilinie 
und  dip  Grenznus-talten  gegen  da«  Ausland  waren  im  proßt-n  Ganzen  eine  rein 
kantonale  Institutiou.  Als  dann  aber  Napoleon  sein  KontinentaUjatem  durch  den 
Tarif  von  Trianon  vom  5.  August  lölO  verschirfte,  wurden  dieselben  eid- 
genSesisidier  Verwaltung  nnd  Aufsicht  unterstellt  durch  die  Verordnung  dea  Land- 
ammanns der  Sehwetz  vom  9.  November  1810,  nachdem  demselben  eisfaoh 


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ZoUwesea 


—    415  — 


Zollwesen 


ein  Tarif  zur  Aust'ühraDg  Ubermittelt  worden  war.  Der  Kontinental'^jierrtarif 
fär  die  Schweiz  vom  9.  NoTwnber  1810  enthielt  die  folgenden  AnuBtee*): 

per  Zi  iitner 


Fr.  Btzo, 

Baumwolle,  brasilianische,  von  Cayenne,  Sarinam,  Demerary,  langp  260.  — 

—  Icvanlinische.  welche  über  Land  kömmt      ....  40.  — 

—  aus  audera  Ländern,  ausgenommen  neapolitanische 

und  rrtmische   IIK).  — 

Zucker,  rnlit^r   80.  — 

—  geläuterter  (sucre  Ifete  et  terr*)   130.  — 

Thee,  Haysan   S90.  - 

—  yriiner   11>0.  — 

—  Qbrijje  Sorten   4ö.  — 

Kaffee   130.  — 

Indigo                                                                                .  29D.  — 

Cacao   3iO.  — 

Cochenille   ftaO.  — 

Pfeffer,  w  ii  er   190.  ~- 

—  scimarzer   130.  — 

Zinunet,  ordinärer   150.  — 

feiner   ^50.  — 

Gewürznelken   lÜU.  — 

Muskatnuß   630.  — 

Holz,  Aeajou    15.  - 

—  Femara  buk   3.j.  — 

—  Gamoeche-  oder  Blauholz   40.  — 

—  Farboolz,  gemabienes  oder  geraspeltes   30.  — 

Pbtaache,  Amerikanistdie   10. 

Hftute,  rulic.  amerikanisdie                            .      ("  i  ^'trirk  i.  — 

Fischöl,  Tbrao  per  Zentner  S.  — 

Mnllefisch  ,       ,  3.  — 

St<,rtf-Tlt  ,            ,  2.  — 

Klfcnbciu                                                                 ,  130.  — 

ScIiildlcrAtenscbalen  ,  .  per  Zentner  495.  — 

Perlenmutter      .............     „        ,  (»0.  — 

Heiii,  amerikanisches                                             ,       ,  (i.  — 

(lachou  oder  Kateehuerde  «       ,  190.  — 

Vanille                                                           per  Pflind  19.  — 

■^11  rriiit.  Ii                                                                     ^       n  9« 

Ingwer                                                                    ,       ,  y.  — 

Piment  per  Zentner  130.  — 

€as,sia  lignea  (ordinari  Zimmetj  ,        ,  450,  — 

(n(--,i  Oller  Cunepus                                         .     ,       ,  45.  — 

Hoeou,  Roucou,  Orseille                                       ,        .  65.  — 

Curcuma                                                               „        ,  40.  — 

Gummi:  Senegal,  arabischer,  Tnrquiei  Tuneaer, 

Gayac,  Gopal  ,       ,  Ä).  — 

Gummi:  Lack  iu  Blättern,  elastisches  Harz,  Am- 

moniak,  Sagapenum  ,       „  60.  — 

Gummi,  elemi  ,       ,  160. 

—  f  utte  ,       ,  190.  — 

—  oppoponax                                               ,       ,  130. 

Holz,  Gayac,  Cayeuuisches,  satinirtes,  Quercitron, 

PcUiaander  ,       ,  9.  5 

Holz,  rothes,  St.  Martinsholz  „       ,  45.  — 

—  —     Sandel                                                  ^  6.  — 

—  Aloi'  ,       ,  f60.  — 

—  nf'])liriti8chea  ,       ,  iCrO.  — 

—  Kodes                                                          ,        ,  Üü.  — 

—  gelbes  Sandelholz   80.  — 


*)  Siehe  auch  Hilly:  Politisches  Jahrbuch  1885,  p.  423  und  iit. 


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—    416  — 


ZoUweaen 


per  Zerilner 
Fr.  Htm. 

Holz,  Tamaris  per  Zcutner     45.  — 

—  Bnisilienholz  und  Spftne     ........       ^  4.  — 

—  Caliiatour  ,       ,  4.  - 

Die  Tara  wurde  bestimmt,  wie  folgt:  Für  Zucker  in  FSssem  ir>''/o;  für  Kaffoe, 
Gacao.  PfelTer  in  Fässern  12  "  o;  fi'ir  Baumwolle  8"/o;  für  übrige  VVauren  in  Ballen  10"  o. 

In  Folge  diener  hohen  Z<3lle  war  die  Krrichtuog  einer  Menge  von  Mauth- 
bureaux  notUweudig  gewurdeu.  Ala  deren  Auf^ber  wurde  im  Jahre  1810  Land- 
namaon  Heer  von  GJariu  amftQiit,  Die  Colonulwaaren,  welche  auüwärto  nach- 
weisbar schan  bezahlt  hatten,  wurden  an  der  8ohwei«er  Grenze  mit  einer  Veriß- 
haUons<icbiihr  von  6  Kr.  per  Zentner  belegt.  Sodann  wurde  eine  PlomOarfeifebÜhr 
von  S  Kr.  per  Stück  oder  Collo  festge-setzt  und  ili<'  hen  its  im  Jahre  IHOü  anf- 
geütellte  VisiMjebiÜtr  von  '.\  Kr,  auf  allen  nicht  taritirten  Waarcn  erneuert. 

Die  Ereignisse  auf  dem  europäischen  Kricgstheater,  die  von  ItllO  an  .sicU 
drängten:  der  unglflekltohe  rnssitiohe  Feldzug  von  1812,  die  begeisterte  Erhebung 
Dcutächland.s  im  .lahre  1813  und  die  folgenschwere  Schlacht  bei  Leipzig 
(16, —  lÖ.  Oktober  1H13)  vfiiiiilirten  aiiclj  «lic  Verhältni.sse  in  der  Schweiz. 

Mit  dem  Vordringen  der  aüiirteii  Miichtc  wurde  die  Kontinentaleperre,  die 
wie  eiu  Alpdrücken  auf  Europa  latitele,  iiuL>er  Kruft  erklart. 

Die  ecbwdseriscbe  TagMhsuDg  in  ihrer  anfierordenüichen  Sttsuog  vem 
16.  — 26.  November  1813  hob  deßbalb  ftm  26.  November  die  biaherige  ZoU- 
verordnung  auf.  Zugleich  beschloß  sie,  daß  zu  theifweincr  Bcstrcitnmt  der 
att<i  ih-r  (rrfmbesflzunff  zur  Aitf/'f  /iferfi a'tioHr  ifrr  yrttfr'ii'!''!!  mrn'-ßtsenden 
Kosuten  tine  Emf/ungSfitbühr  von  alien  eeiilrdenäcn  Waurcn  an  den  btsUüvigen 
Qrengbureaux  er^vn  w^äm  soUe.^) 

Bie  Bohnf  dadurch  fttr  die  Eidgenosseneohaft  eine  ZentralhUIfiiquelle,  welche 
den  Kantonen  die  große  La^t  der  Geldkontinge&te  in  jenen  schweren  kriegerischen 
Zeiteil  !..d'  nt--iid  crl.'ichterte. 

L)ie  l'loujbagegebühr  und  die  Zcrtiiikate  wurden  aufgehoben,  hingegen  wurde 
dio  Visagebübr  auf  allen  Waaren,  welche  nicht  ausdrücklich  belegt  waren,  bei- 
behalten, ferner  wurde  eine  Tranaitgebtthr  von  1  Batmn  feetgeeetst.  Die  Visitation 
der  Waaren  sollte  nur  im  Verdaohtsfalle  vorgenommen  werden.  Die  Anzahl  dw 
ZuUbeumten  und  Polizeiangebtelltrn  win  de  bedeutend  vermindert;  hingegen  wurde 
der  Oberaufsehcr  der  Grenzanstalten  beibelialten. 

Der  der  Verordnung  vom  J»!.  November  1813  beigefügte  Tarif  enthielt  die 
nachstehenden  Ansätze,  die  per  Sporcozentner  Markgowicht  verstanden  sind; 


Baumwolle,  aniei  ikani.'^i  be   Fr.  6.  — 

—         levantiniäcbe,  neapolilanische   ,  3.  — 

Baumwollen-Mascbinenjram   ,10.  — 

-         Handgoy]iinii~l   ,  3.  — 

BaumwoUenlücber  und  StoHo,  weiii  oder  gedruckt    ....  ,10.  — 

—                   gemeine  grobe  .......  3.  — 

KifT.*»   ,  (i. 

Zucker,  rober   •  (i.  — 

—     i^elAutert  oder  rafflnirt   ,  8.  — 

Tliee.  Zimmet,  Hoskatodsse»  Gewarznclken,  Gacao,  Cochenille  ,  \±  — 

Indigo  .   ,  8.  — 

Pfeffer,  Piment,  Cureuma   ,  5.  — 

Fn^nver.  Gummi.  I*  .rron.  (Jrseille                                        ,  ,  3.  - 

Farbliulzer,  (JueiciUon,  Suinacü,  Thran    ^  1.  — 


')  His  beute  isl  djs  VprhällniÜ  zwiseben  Militärans^Mben  und  Zolleiniiabiiicii  das- 
»ollic  gebliebeu,  mit  deui  AiivvacU.->eu  der  letztem  And  auch  die  er.->lcrn  üucce-ssive 
gestiegen. 


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Zollwesea 


—    417  — 


Zoll  Wesen 


Alle  oben  nicht  genannten  und  im  folgenden  Artikel  nicht  namentlich  aug- 
genommenen Kanfmaniiewaaren,  eo  auoh  alle  Transitwaaren,  batten  per  Bratto- 
aentner  einen  Batxen  sca  benhlen. 

Als  Kauftnann^iwaaren  wurden  nioht  befcnuditet  and  waren  demnaoli  von  der 

£ingangsgebühr  betreit: 

Frucht,  Mehl,  8troh,  Heu,  Dünger,  Vieh,  Holz,  Holzwaarcn,  Bretter,  Gips, 
Kalk,  Ziegel,  Wein,  Bier,  Bntter«  Eisen  in  Stangen,  Platten  oder  Gnfiwaaren, 
Flachs.  Hanf,  Leinengarn  nnd  Paoktnoh,  so  offen  eingeführt  wird,  Zinn  und  Blei 

in  Blöcken,  Wotzsteinkisten,  Lein-,  Hanf-,  Klee  und  Oelsamen. 

Es  if^t  dies  der  crsic  si'hweizerische  Zolltarif  und  bietet  in  dieser  F<>rni 
eine  Reihe  schutzzollneriAcher  Momente  Er  wurde  auf  1.  Dezember  1813  in 
Kraft  erklKrt  nnd  dauerte  bis  xnm  31.  Juli  1814. 

Der  Ertrag  der  Z5Ile  war  in  den  Jahren  1806—1810  auf  Fr.  25,000 
bis  Fr.  45,OlK)  jährlich  angestiegen  und  wurde  den  betreffenden  Kantonen  für 
ihre  Kosten  überlangen.  Nach  den  spätfrit  X  t  rsehürfiingm  des  Zolltarifs  uml  der 
TJiitt  i>.tt)llung  dfT  Zollanstalten  untur  eidgeuöäüiäche  Leitung  warfen  die  Zölle 
jährlich  ungefalir  100,000  Fr.  ab. 

Durch  den  Beaohlnß  vom  26.  Kovember  1813,  der  in  seiner  poKtiflehen 
I>eilentnii^  im!  igwttte  oft  unterschätzt  wird,  hob  die  Tagaatzung  eigenmächtig 
den  Tarif  von  Trianon  und  die  ihr  durch  diis  franzf^sischr  Kotitinentalsystem 
aufgedrungenen  Mauthanstalten  auf.  Diese  Thatsarh'»  zeigt  zur  Kvi/lcnz,  daß  man 
in  den  eidgen.  Tagaatzungskrei^eu  die  Herrschaft  Napoleon't«  alti  d  tiuitiv  vuriiber- 
gegaogen  betraehtete,  nnd  «ie  bildet  den  Markstein  fttr  die  Hinneigung  der  ofti- 
eiellen  Schweis  au  den  Atlürten,  welche  den  Start  aller  weitern  Einrichtungen 
Napoleon'«  in  der  Schweiz,  vor  allem  der  Mediationsvorfassung  selbst,  zur  Folge 
haben  mußte.    Ein  Konkordat  vom  2'J.  Dezember  hob  danii  dip  Mfdiations- 

verfaüüuug  und  damit  dos  politische  Werk  der  französischen  Ucbermacbt  auf. 

Die  Reataorationsseit  1813 — 1830.  Nach  der  Aufhebung  der  Media- 
tionsrerfasenng  machte  sich  die  RilckstrSmnng  zur  frtthern  unbedingten  Kantonal* 
Souveränität  allaeitig  derart  geltend,  daß  dieser  auch  die  onterm  Nuv. 
zu  Grünsten  e'iwr  eidgen.  Kriegskasse  heihi'haltciioii  Kingan<js7,ölle,  die  als  niiiljiire 
Finanzzölle  au  <iie  Stelle  der  ProhibitivauHütze  auf  die  K.uloniaiwaaren  getreten 
waren,  baldigst  zum  Opfer  fallen  sollten. 

An  der  Spitze  der  Agitation  gegen  die  GrenzzVlle  stand  St.  Gallen.  Von  der 
sogen;imiten  „langen  Tagsat/ung^  wurde  dann  1^14  von  den  Ständen  Uri,  Baeel« 
•  Schalfhausen,  St.  Gallen,  (irauliiindeu,  Appenzell  A.-Rh.,  instruktionsgemäß  deren 
Aufhi  biing'  v«'rlaiigt,  „wf  il  in  Folge  der  ganzlichen  Anfhehnng  der  Kontinental- 
sperre, ai»o  unter  verhäituiljnuiüig  ungünstigeren  Vcrhültnissen  ala  im  November 
1813,  der  scbweuterisobe  Handeleetand  ale  empfindlich  belastet  nnd  in  seiner 
Konkurrenzftbigkeit  mit  dem  Ausland  gehemmt  ersehene*.  Die  Tagsatzung  gab 
diesem  An.suchen  die  gewünschte.  Folge  utid  erklärte  nnterra  20.  Juni  die 
s'^htcei-'  fischen  Ei»ffang^isbiHirm  von  Kolonialwaareo  auf  31.  Juli  1814  ala 
aufyehoötn. 

Die  großen  kriegerischen  Ereignisse,  die  ihren  Abschluß  dureh  den  ersten 
Pariserfrieden  vom  30.  Mai  1814  fanden  nnd  die  Restauration  der  Bourbonen 

in  Frankreich  im  Gefolge  hatten,  nöthigteu  die  Schweiz  zur  Aufstellun<^  großer 
Tnippenkontin;j:enf  '  an  der  Grenze.  Für  diese  vermochten  die  Kauf.  ;i  •  die 
nötiiigen  Geldkontingente  kaum  mehr  aufzubringen.  Man  kinn  daher  von  iseliist 
vvietler  auf  den  Gedanken,  einen  Theit  der  Ausgaben  auf  dem  indirckteu  Stcuei- 
wege,  durch  den  Fortbezug  der  GrenzgebUhren,  zu  erheben. 

Wvmtf  T»11uwirthadiall»'Loxtkon  dar  Sidiwaitt  07 


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ZoDwcMD 


—  41b 


Zoll  wetzen 


Allein  die  Tagsatzung  konnte  ron  sich  ans  Aber  ditae  Frag«  m.  keinem 
richtiges  Beaehlnaee  gelangen. 

Unterdessen  waren  die  europäischen  VerbältnisHe  durch  den  Wienerkongreß 
festgestellt  wordrn.  Am  20.  März  I8I0  hatte  derseUit;  Jio  Selbständigkeit  und 
Neutralität  der  Schwi  iz  auerkiiniit  uii.l  am  7.  Augusl  1^15  wurde  der  unter 
dem  mu%ebendeu  Einiiuß  der  AUinuzuiüchte  zu  »Staude  gekoiumeuo  neue  Bunde:)- 
▼ertrag  beschworen,  der  anch  die  Frage  der  GrensgebHhren  regelte. 

DL'tselbf  setzte  in  Art.  3  beattglioh  der  Gren^h&hren  nnd  der  Beatrntong 
der  Kriegskostt  n  folgendes  lest : 

«Zur  Bestreituntr  der  Kriegskosten  soll  überdies  (außer  den  kaatonaleo  Geld- 
,kontmgent«n)  eine  i^emcincidgenfl<»isehe  KriegAkasae  errichtet  werden,  deren  Gehalt 
.bis  auf  den  Uelrag  eine;»  doppeltrn  Of^ldknnfiiigi  fil-  unwach-cn  ^oll, 

, Diese  Kriegskassc  soU  ausschlieUlich  nur  zu  Mihtarkostou  bei  eidgenAssiscbea  Aus- 
«aOgen  angewendet  und  in  sich  ergebenden  Fällen  die  eine  Hälfte  der  Ausgaben  durch 
.Einziebunt;  eines  Geldkontingents  nach  der  Skala  bestritlen  und  die  andere  HSlfle  aus 
,der  Kripir«kasse  bezahlt  werden. 

^Zur  luidung  duser  Kriegskaue  80U  ein»^  Eingangtg^ähr  üuf  Waaren  gdegt 
„werden,  dU-  nicht  su  den  nothu-endi'gstev  B  dürfnisiif^n  rjrhnrt'n. 

, Diese  Gebfdiren  werden  die  Greuzkanloae  bezieluii  und  dur  Taj^^aUuiig  alljahr- 
,lich  darübt'!  It'  cbDung  ablegen.* 

,Der  Tagsatzung  wird  überlassen,  sowohl  den  T.irif  fli(«i  r  iy;n?nii-.'»rl)riiir  IVsf- 
, zusetzen,  als  auch  die  Art  der  Hecbnungsfüliruuy  darüber  uud  diu  .M.iuu.ihun  u  zur 
«Verwahrung  der  bezogenen  Gelder  zu  bestimmen. 

Die  Idee  der  Gründung  und  Aeufiiung  einer  eidgenössisclü  ii  Kri.  .r-l<a>s»? 
dur(  h  Abgaben  von  eingehendein  liandclsgute,  die  erstmals  durch  den  Zolltarif 
Vom  2ü.  November  1813  verwirklicht  wurden  war,  hatte  also  auch  in  den 
Bandesvertrag  von  llil5  Eingang  gefunden;  allein  die  Grenagobtthren  von 
ein  nnd  zwei  BaUen  vom  Zentner,  die  im  Jahre  1^16  zu  6nnaten  der  KriegH- 
kasse  eingeführt  wurden,  konnten  doeh  nicht  mehr  als  eigentliche  Zölle  mv\  als 
wirkliche  Belastung  von  Uaudel  und  Tndnstrie  jjelten.  K^;  sind  also  diese  durch 
den  Bunde« vertrag  vorgegebenen  Eingungsgebühren  auf  Handeläwaaren  als  rein 
fiskalische  KontrolgebUhren  zn  beseichnen,  denen  das  anderweitige  Gharakteristi" 
koiB  der  ZBlle,  wirthsohaftUche  Regulatoren  für  die  nationale  Prodnktion  und 
das  Erwerbsleben  Uberhaupt  zn  »ein,  vullständig  abging. 

In  Auf-nihrntig  vrm  Art.  ?,  drs  Kunde><vertrag!i  wurde  unterm  1.  August 
181<I  eine  Voliziehungsv  >■» ordnung  erlaHädu.  Die^e  erklärte  als  nuthwendige  Be- 
dürfnistie,  die  von  der  Eiiigang^gebUhr  befireit  waren: 

Getreide,  HttlsenMchtOt  ErdSpfel,  Mehl,  Sah,  Butter,  Vieh,  Hen,  Stroh, 
Bau-  und  Brennholz,  Bretter,  gemeine  Hokwaaren,  Kohlen,  Baumrinde,  Kalk, 
Gips,  Zii  p'l. 

Voll  alK  ii  übrigen  über  die  Schweizergrenze  eintreten  U'Ti  W'aaren,  «eien  si«! 
nun  zum  Transit,  ZwiäGheuhaudel  oder  Innern  Konsum  bebtimmi,  sollte  eine  Auf- 
lage von  ein*)  oder  zwei*)  Batzen  («Grenzhatzen")  per  Zentner  eriioben  werden. 

')  Baumwolle,  Wnllr,  FarMn'l/er  und  Farl)kr;iuter.  Slnis-<a  und  Strazza,  rohe  Hilute 
Hanf.  Flachs,  Eisen-  und  Kiscnwaait-n.  Blei,  Ky[der,  /inn.  Gel,  'liiran,  Wein.  Bier,  Heis 
getioi'knete  Früchte  und  alle  öbrigen  Waareti.  die  nicht  in  die  Kla.sse  des  §  3  gebün-n 
bezahlen  eiruTi  Jfafzcn  vom  f^porcozenlnor  Markgewicht.  Bei  Bererhtnnig  der  Gebühr  wird 
wa-s  mehr  ab  äu  Fluad  wiegt,  für  einen  Zentner,  was  5ü  Pfund  und  darunter  wiegt,, 
für  '  v  Zentner  l)erechnet,  das  gleiche  soll  bei  Colli,  die  weniger  als  1  Zentner  wiqien, 
beobachtet  werden. 

')  Alle  Erzeugnisse  fremder  Weltlbeile.  die  nicht  sub  1  namentlich  benannt  sind, 
alle  fabrizirten  und  verarbeiteten  Waaren,  Bauniwollengarne  und  StolTe.  Seide  roh  <ider 
verarbeitet,  Droguerien  und  Farlümericn,  Liqueur»,  gebrannte  Wattser,  Wein  in  Bou- 
teillen,  Tabak  bohlen  3  fotzen  vom  Sporeozentua'  Ifaritgewieht. 


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ZoUwesen 


—    41»  — 


Zoliweflon 


Dor  Be2u^  der  Grenzgebilhren  war  den  Greuzkdiiu>ueii  iiberbuuden  gegen 
«ine  pKmnon  von  6  V«  ^  Bratleertrag«B,  die  dttrch  Ta^MtanngebeeoliliiA  von 
38.  Aiigoat  1817  m£  8  ^/o  eriiSM  wurde,  mit  der  Verpfliehtiiiig  der  jihfliobeik 
ReduiniigB«tellang  an  den  Yorort  und  der  Entschädigung  für  den  vermehrten 
Mttbewalt  ihrer  Gren/.beamten.  Der  Anfangstermin  für  den  Bezug  der  Eini;ang8- 
gebuhreii  au  der  ganzeu  Grenze  der  Eidgenostienschaft  wturde  auf  den  I.Oktober 
1816  festgesetzt. 

Dieee  Grensgebltturen  aliraenturten  die  wrfiuiwitgvnäßige  Kri€fffka$stt  di« 

ein  Bi-standtheil  der  eidgenosälschen  Kriegsfonds  war,  die  aus  den  finutaSeiachen 
Kriegäki  Titrn>ntiiinen  von  :>  Milliunr-n  Fr.  ^rbiMct  wurden  nntl  flf^r  Schweiz  von 
den  AlUirtcu  zugewieuen  wurden  waren.  Sie  soHteu  so  lange  f()rthez')g(!n  werden, 
bis  der  verfasäung^mäUige  Kriegsskassabetttand  auf  da8  vierfache  Geldkuntingeut 
«ngewaeluen  w&re  (2,157,100  Fr.). 

Neben  diesen  Grenzgebiihren  bestanden  alle  iuMm  Zölle,  Weg-  und  Brücken 
gelder  als  bedeutende  Ileiumnisse  de»  Verkehrs  nnangetuchten  fort.   Die  Bundes- 
urkunde  von  1815  hatte  in  Artikel  11  bezüglich  der  Zolle  folgendes  festgesetzt: 

^Die  dermalen  be«tahendea,  von  der  Tag^Mtzung  genehmigten  Zolle,  Weg- 
nnd  Brückengelder  TerUaiban  in  ihreni  Beetend.  Ea  kttuMn  aber  oliM  G«* 
nehmigaag  der  TagMtaiiiig  ««der  neue  errichtet,  noeh  die  beelriiendea  erhffht, 
noch,  ihr  Bezug,  wenn  er  auf  bestimmte  Jahre  beschränkt  war,  verlängert  werden". 

Ks  wurde  dieoe  Fest>itellung  in  dem  Sinne  verstandim,  daß  die  seit  1798 
und  durch  die  Mediationsakte  auerkauQteu  ZüUe  ua  widerruf  lieh  feststehen  sollten. 

Im  Jahre  1816  wurde  die  eidgen.  Kanzlei  Ton  der  Tag^atzung  mit  der 
Sammlnng  and  Klaaetlikatioa  der  bedtohenden  ZttUe  beaoftragt. 

Die  Fortführung  der  bezüglichen  ünterguchangea,  welehe  ak  Graadlaga  für 
eine  Elevisi  m  der  innem  und  Tran^ititfUe  dienern  soUtan,  wizda  MMnt  Laad" 
ammanii  Ueer  von  Glarns  übertragen. 

Man  war  aügetuetii  einig,  daU  mit  der  iieviiiioa  der  TraositzöUe  der  An- 
fang gemacht  werde,  am  den  Waarensng,  der  daa  Sehweiaeiigabiat  sam  Tbeil 
gemieden  hatte,  wieder  aaf  Sohweizergabiet  zn  lenken. 

Mit  der  Fortsetzung  der  Untorsnehnngen  über  das  Zollwesen  wurde  nach 
dem  erfolgten  Ableben  von  Laudammanu  liaer  J.  C.  Zellweger  von  Trogen  be- 
traut, der  dem  Auftrag  unverweilt  die  wohlerwogenste  Folge  gab  und  der  Tag- 
aatsung  dee  Jahree  1838  ein  ToBatindigas  Varaeiehait  aller  kantonalen  ZSUe 
«iaraialito. 

Dia  Gründe  der  oben  berührten  Ablenkung  dea  Waarenaage  vom  Sehweixer- 

gebiet  waren  ver^schiedeno.  Einmal  hatten  die  süddentschen  Staatt-n  die  Transit- 
zölle erniedrigt  uad,  mit  Bezug  mit  Zuilentrichtuug,  Niederlagen  etc.  alle  mög- 
lichen Erleichterungen  eintreten  laaeen ;  sodann  hatte  Frankreich  neue  Kommerüal- 
etfafien  mid  sohiffbava  KaiilQe  aa  Aer  Bobwaiaergreaa»  aagelegt,  eovie  leiiia 
Transitgebtthrea  erniedrigt. 

Zellwegers  Aufgabe  war  also,  snrcessiv«  in  den  verachiedenen  Tin  il  n  der 
Schweiz  ein  be»sereä  Verhältniß  zwischen  den  in-  und  aoaländischen  Frauiitea 
b^utellen. 

Er  lagto  daher  1834  taeret  eiaaa  ,Ven«li)ag  aa  etaeia  Zolkg^ten 

^fftr  den  Traant  der  Waaren,  die  auf  dar  KommeraaUitrafia  vw  Rocaehadt  hie 

„G«nf  oder  den  nördlich  derselben  liegenden  Straßen  spedirt  werden",  der  von 
den  an  diesem  Straßenzag  betheiligten  Kantone  zum  Konkordat  erhohen  werden 
eoUte.  Nachher  wollte  er  auch  den  Straßenzag  tiimpion,  die  Gotthardroute  und  die 
dflnielheB  Hatliok  liegenden  Straßen  in  Belwodlttag    aieheo.  AUain  da»  Baealtat- 


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Zollwesen 


—    420  — 


ZoUwesea 


der  bezttgUobea  Tagsatzung iberathung  war  btitrilbend  und  niederacblagend,  klein 
and  erbinnlioli;  das  egoutisoh«  EantottalinteroMe  y^nminöglichte  jede  ZoUeinigung. 

Belehrt  duroli  die  Sehwierigkwten,  welche  «ich  dieeem  Konkordat  entgegen- 
gestellt hatten,  versachte  nno  Zellweger  eine  Begalirang  des  Zollwesens  aiif 
modifizirter  Crnmdlage.  Er  suclite  nSmlicli  dasjenirpe,  was  er  vorher  durc^h  ehi 
Konkordat  zwipchen  allen  bei  der  grüßen  Straße  von  Rorschach  narh  Genf  und 
den  dieser  Straße  nördlich  liegenden  bctheiligten  Ständen  vergeblich  zu  erreichen 
geboit  hatte,  nun  dnrt-h  ewei  besondere  Vereitiiffunffen  unter  dem  großen  Thtil 
der  im  Mhern  Eonkordateentwurf  einbegriffenen  Kantone  an  Stande  an  bringen 
nnd  zwar 

1>  ZwiscluTi  Basel,  H(-rn.  Solothiirn,  Preihiirg,  Waadt,  Wallis.  G-enf.  znr 
Erleichterung  des  Transits  von  England ,  den  Niederlanden  und  Deutschland 
nach  Italien. 

2)  Zwischen  St  Gallen,  Appenzell,  Zttrieh,  Aargatt,  Bern,  Solothnm,  Heven« 
bürg  nir  den  Woarentraneit  dnrch  die  Sehweix  zwischen  Frankreich  und  den 

deutschen  Staaten. 

Diese  partiellen  Konkordate  schienen  den  einzelnen  Kantonen  be^^ser  zu  behagen. 

Das  unter  Rati&kationsyjrbehalf  abgeschlossene  Konkordat  fUr  den  nördlichen 
Straßenzag  wurde  von  allen  Ständen  mit  Ausnahme  von  Basel  ratifisirt.  Das- 
selbe weigerte  .sich  auch  fernerbin,  das  Konkordat  zu  ratilkiren,  so  daß  Zell- 
weger  im  Oktober  18i{i)  ein  neues  Projekt  vorlegte,  worin  Basel  besser  berück- 
sichtigt war.  Allein  die  politischen  Ereignisse  des  Jahres  1S'60  verhinderten 
eine  Beruthung  durch  eine  Konferenz  der  bethciiigten  Stände. 

In  Anlehnung  an  die  berührten  Bestrebungen  auf  dem  Gebiete  des  Transit- 
wesens  fanden  sich  I  i  Kantotie  /,n  einem  K'^nkor  lüte  zusammen,  das  als  erster 
und  hauptsächlichster  Seln  itt  in  der  Richtung  der  Zollrevision  bezeichnet  werden, 
muß  (Konkordat  vom  12.  Juli  IHÜO). 

£ä  kam  leider  wegen  der  kantonalen  Autonomie  niemals  zur  Ausführung. 

In  demselben  wurde  der  Grundsatz  anerkannt,  daß  alle  Z511e  und  soll- 
artigen  Gebühren  (Weg-,  Brtteken%  Thor*  nnd  Pfiaatergelder,  die  Waaghaua-, 
Suat-  oder  Hallgebiihren,  Waa^^-  oder  Krahngelder,  Auf-  nnd  Abladegebtthren 
und  Sf^hnf^bnieli )  nach  der  Stückzahl  oder  dem  Gewicht,  bezw.  nach  einer  be- 
htiuiniten  Leistung,  also  auf  einfacherer  Bemessungsgrundlagc,  berechnet  werden 
solltun.  —  Außerdem  wurde  vereinbart,  daß  die  in  Zukunft  aufzustellenden 
Tarife  in  ihrer  Anlage  mSglichst  einfach  seien,  das  heißt  auf  das  fiskalische 
Tarifprinzip  sich  sttttzen  sollen.  Auf  Grundlage  von  Schtttaungcn  der  Artikel 
eines  einheitlichen,  vom  ZoUrevi^or  aufgestellten  WaarfnvfrzeirhniNses  in  ver- 
schiedenen (TrenzpfCgi  iideii  sidlte  der:^e1be  den  Plan  y.n  oiiiein  allircmeinen  Tarif 
ausarbeiten,  um  ihn  den  Ständen  /u  näherer  Prüfung  vorlegen  zu  können.  Grau- 
bttnden  sprach  eich  mit  Beaug  auf  das  im  Wurfe  liegende  Berisionswerk  in  dem 
Sinne  aus,  daß  es  „niemals  Hand  dazu  bieten  könne,  daß  eine  Person  oder  gar 
eine  Kommission  bleibend  mit  der  Bevidirung  der  Zölle  oder  des  Transitwesena 
beeuftra^rt  werde." 

Unterdessen  war  das  wcchseivolle  Jahr  1630  vorbeigeeilt.  Ein  frischer  Wind 
von  Frankreioh  her  hatte  in  Folge  der  JulircTolution  Uber  daa'restaurirte  Europa 
hinweggefegt  nnd  die  schweizerischen  Regierungen  ans  ihrer  Zuvendchtlichkeit 

aiifgeriittelt.   Revisionen  in  den  Kantonen  folgten  sich  auf  Schritt  und  Tritt  und 

8f;hlufi;en  ihre  Wellen  auch  hinüber  auf  B  in  L  st,'  ddet.  Z  llwefTT  glaubte  nun  den 
/•«itpunkt  gekommen,  in  etwas  radikaleröf  VV'cif>ö,  als  dies  in  den  verschiedenen 
vorbereiteten  Konkordaten   geschehen  war,   an  die   Revision  der  innem  Zölle 


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ZoUwesea 


—    421  — 


Zollwcsen 


^hea  xa  kINinen,  in  der  festea  Znvemiolit,  daß  es  in  den  Wttiuehea  ver- 
sohiedeoer  Sßlnde  liegen  kSanto,  statt  bloß  bei  den  diet&Ue  in  den  Jahren  1829 
und  1830  konkordattiweise  angenommenen  Grundsätzen  zn  verbloiben,  au8  Rück- 
sicht auf  den  bedeutenrlen  .schweizprischen  Zwischenhumlel  eine  größere  Gleich* 
förmigkeit  in  den  Zolleiorichtuugeii  und  ZoUanHätzen  zn  verbuchen. 

Auf  Grundlage  eine»  von  ihm  aufgearbeiteten  KonkordatsprojekteH,  dae  anf 
einem  einheitliehen  Transitsoll,  WeggeldanuHta  and  BlantonalioU  fnßte,  und  das 
«ich  durch  große  Biufachheit  auszeichuete,  waren  außer  den  beim  Konkordat  vom 
12.  Juli  1830  bethoiligten  Stünden  noch  Freihur^'  un  1  S  1  rhnrn  zu  einer  Kon- 
fi*renz  zusammenirRtreten .  um  ilie  „  gemfMnveniLTbli«  he  Schciaewand*  der  vielen 
V'erkehrshemtiiuugcu  vvegiuräumen,  allein  ohne  in  irgend  welcher  Richtung  zu 
einer  Einigung  zu  gelangen. 

Die  dem  Konkordat  vom  30.  Juli  1850  beigetretenen  Stände  waren  durch 
den  Vorort  eingeladen  worden,  dem  Zollrevisor  bis  1831  eine  genaue  Angabe 
über  (h'u  JahiPi^ertrag  ihrrr  Zollgebühren  in  Verbindung  mit  dem  Gewicht  der 
verzollten  Waaren  zuzuutellen.  Aber  die  Kantone  waren  lax  in  der  Au&rdhrung, 
nnd  so  blieb  denn  die  Sache  aneh  im  Jahre  1833  anf  sich  beruhen. 

Im  Jahre  1833  wurden  die  beaUglichen  Beratbnngen  nicht  mehr  fortgsetst, 
da  die  ganze  Zollangelegenheit  im  Falle  der  Annahme  der  revidirten  Bnndes- 
verfasunng  (."utschicilrn  wcrilmi  .sollte. 

Einen  bcciondera  AustoÜ  tür  die  eben  berührte  Unter«uchung  der  Zollverhält- 
nisse und  eine  gründliche  Revision  derselben  hatten  die  Erfahrungen  anläßlich 
des  sogenannten  BetorBionakOHkordates  geffen  Framkreieh  vam  Jahre  tB22  gegeben. 
Frankreich  hatte  nämlich  seit  Beginn  des  Jahrhunderts  den  Absatz  sohweiieri- 
scher  l'rodiiktc  nach  Frankreich  durch  fortgesetzte  Erhöhung  ^^einf'r  landwirth- 
Hchattlicht  n  tin  l  iu  lustriellen  Zölle  und  allerlei  Zollfhir  ancu  beinahe  verunmög- 
licht,  so  daU  sich  die  Schweiz  aohließlich  zu  RepreH^alien  gegen  den  franzö* 
ttisohen  Handel  genöthigt  sah,  die  allerdings  ent  nach  leidensehaftlidhen  Kämpfen 
in  der  Tagsatzung  'm\  Werk  gesetst  werden  konnten. 

Das  bezügliche  Zollgesets  enthielt  nach  der  £rk1ämng  der  Handelsfreiheit 
die  folgende  Kestriktion  : 

,Uci;en  diejenigen  Staaten,  welche  die  schweizerischen  Erzeugnisse  und  Fabrikate 
mit  hohen  ElnfühnflUen  b<dft8ttgen  oder  verbieten»  bebAlt  nch  die  Schweis  die  Anwendung 
schützender  Mui'regeln  und  einer  gerechten  ReaprozitAt,  nach  ihrer  beeondero  Lage  und 

Konvcnieaz  vor*. 

Der  beigefiigte  Taril  enthielt  im  großen  Ganzen  recht  be»ci»eideue  Ausätze 
«uf  die  wichtigsten  Binfohr -Artikel  ans  Frankreich,  wie  die  nachfolgende  Zu- 
sammenstellung ergibt: 

Es  waren  zu  bezahlen  für: 

Bier.  FHg.  Obstwein,  Wein  in  Fässern  per  Berncrniaß   15  Hp. 

Weiu  in  Flaschen,  Körben,  Kisten,  per  lirulluzentiit  r  Murkgcvvicht    .    ,    .    .  2U  Fr. 

Gebrannte  Wasser  bis  20  Grad  (nach  Beckseben»  Aräometer)  per  Bernermaß  f>  Btz. 

Gebrannte  Wasser  über  20  Grad  (niu  h  Ueck'schem  Aräometer)  per  Bernermaß  12  . 

Liqueurs  etc.  vom  Bruttozentuer  Markgewicht   :J0  Fr. 

Oele  exkl.  Fischthran   »  ,  ,    6, 

Unschlittkerzen  «  •    5, 

K8se  ,  ,  ,    4  , 

Leder,  fregerbtes  ,  ,    20, 

Leder,  verarbeitetes      ,  ,  ,    40, 

Schweine,  per  StQek   4  , 

Fcrkt!,        .       ,    1  , 

Leinwand,  per  Zentner   35  , 

Banmwollfwrikate,  roh,  gebleicht,  gelÄrbt,  bedruckt   40  • 


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Zollw«sen 


—    423  — 


SSoUwesen 


Wollentücher   30  Fr. 

Hüte,  per  Stück   1  , 

Seidenfabrikato  aller  Art,  un vermischt  oder  Twnüacht  110  , 

Papier  and  Spielkarieo,  per  Zentner  .   .  ^   10  , 

Tahakblfttter   2  , 

Tabak-Canitten   6  ^ 

Hauch-  und  Schaupftahak   IG  , 

Zncker,  rolBiiirter   5  , 

Den  Tonollten  Artikeln  war  die  nngebinderte  SQrkulation  im  Innern  ge> 
sichert.  Die  Einftllir  alK-r  Arten  Getreide,  M<  ]il  oder  Brot  in  die  Schweiz  wurde 
verboten,  eine  Maßregel,  die  idcb  aus  deu  iaktiaohen  Verbältaieaen  sehr  Jeidit 

erklären  ließ. 

Der  Transit  sollte  auf  alle  Art  erleichtert  werden.  Für  Uobertretungeu 
und  Sehmuggel  waren  beeondere  Strafbeetiiiimnngen  getroffen. 

Dei  Bezug  der  Zölle  und  die  Grenzpolisei  war  den  Grenshantonen  unter 

eidgenössischer  Oberleitnni:::  und  Aufsicht  zugewiesen. 

Was  die  Fünfuhr  der  Getränke  anbetraf,  so  war  mit  Rücksicht  auf  die 
Ohmgeldkantone  diesen  der  Betrag  der  Abgaben,  und  der  Gren^aiiHtalt  bloß  1  **/o 
davon  für  vorläufige  Eontrole  zuge^cbieden.  Der  Zollertrag  war,  nach  Abzug  von 
4  Vo  fiir  den  betreffenden  Gr^Mdcanton  ala  Vergütung  fttr  die  Kosten  seiner 
Grenzanätalteu,  nach  der  cidgenössiHchen  Geldukala  unter  die  Stände  zn  vertheilen. 
Dieser  Kntwurf  wur.le  der  Berathung  der  Tagaatznng  unterwürfen  und  erlitt 
eine  Reihe  erheblicher  Modifikationen. 

Da«  endlich  aus  den  mühtjamcn,  zweimonatlichen  Berathungen  hervorgegangene, 
«ehr  abgesohwSchte  sogenannte  Betonionskonkordat  vom  38.  August  1822  wurde 
bis  snm  festgeaetsten  20.  Oktober  1822  von  13*/«  Kantonen  ratifi»rt: 

Bern,  Lnsern,  Uri,  Nidwaiden,  Glarus,  Zug,  Freiburg,  Solothum,  Schaff* 
hauten,  Appeuzell,  St.  Gallen,  Aargau,  Tliurgau,  Waadt.  Definitiv  abgelehnt 
hatten  die  H'/j  Kantone  Zürich,  Schwyz.  Obwnlden,  Basel,  Granbiinden,  W  illis, 
Neuenburg,  Genf,  Tensin,  da«  zuerbt  das  Konkordat  unter  liatitikationovorbehalt 
genehmigt  batte.    Es  trat  auf  1.  November  1822  in  Kraft. 

Die  NichtkonkordatsstXnde  ergingen  aieh  sofort  nach  dem  Znstandekommen 
des  Retorsionskonkordate«  in  kleinlichen  AngritVen  und  Anklagen  gegen  deu  Kon- 
koi  i^at-sverbund,  ho  daß  er  ftich,  nadi  lt  m  .^ich  die  Aufrechterhalttnif»  desselben 
ain  »ehr  schwierig  hcrausgei-tellt  hatte  und  nachdem  im  Herbste  Luzern 
und  tri  aus  dem  Verein  der  konkordirouden  Stände  uuiigetreten  waren,  auf 
1.  Oktober  1824  auflSste. 

Es  ist  da»  Retorsionskonkordat  h  i  er>ti  auf  «chweiseri^chein  Bo<h  n  und 
aus  ei'];t-ner  Initiative  entstandene  Versuch  der  Bildunp  eiritN  sdiu  eiz«  i  istdien 
Z<>!!ir''liiets  mit  einer  einheitlichen  Douanenlinie  an  den  Grenzen.  D'  i  tViihere 
Zusammeuschluß  der  Kantone  in  der  Mediationszeit  zu  einem  Zollgebiet  war  bloÜ 
die  nicht  zn  umgebende  ErfttUnng  des  Macbtgebots  des  französiscben  Protektors 
gewesen.  Has  Retursionskonkordat  hat  um  so  größere  Bedeutung,  weit  es  anch 
der  er.^te  wichtige  Sehritt  einer  selbständigen  Ii  weizeri^chen  Zoll-  und  Handels- 
politik  war.  Allerdings  war  es  infolge  der  (^)hnmacht  de«  damaligen  Föderativ- 
körpers  nicht  von  dem  wünsch  baren  Krfolg  begleitet. 

An  die  allgemeine  Durchrühruug  de»  Retoräionskunkordath  hätte  t^ieh  zweifeU- 
obne  anch  die  Aufhebung  der  Eonsnmsolle  in  den  einseinen  Kantonen  angeacbloRsen, 
wie  sich  ans  einer  Zusicherung  des  hauptsächlich  interessirten  Standes  Bern  er/ibt. 
Bei  dem  damaligen  verhiiltniljmäßig  geringen  Fiskalbedürfhiß  der  Kantone  wäre 
eine  Aufhebung  der  Konsumateuem  eher  möglich  gewesen,  als  in  den  spätem 


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ZoUwesen 


—    423  — 


Zollweseo 


JakrtelinteD.  Im  Uumtti  wire  durch  diese  firllfaseitige  Aufhebunf  einer  ohieuriteen 
YerkdiiHliemniiiog  iwiiehflo  den  Kantonen  der  Eidgeooflsenacbeft  muiehe  kritieohe 

Situation  erispart  geblieben.  I>  l  'rifft  vorab  zu  für  das  Revisionswerk  des  Jahres 
ISlN',  (lein  endlo.se  Schwierigkei"'  :i  t»f,soii(lt  iN  auf  den  miitL-rifll^-n  Verwaltungg- 
gebieten  sich  entgegenstellten.  Ais  ciöteK  eidgeDoHHiüche«  Zt>lige»etz,  das  der 
Schweiz  eine  dem  »pätern  deuttjchen  Zollverein  ganz  ähnliche  ZoUverfamtiog  sicherte, 
und  wenigstens  den  Waaren«  weldie  den  Grensabgaben  nnterlagen,  nadiher  im 
Innern  der  Schweiz  durchaus  freie  Zirkolatlen  gewKbrte,  bezeicboet  ee  im  Yer* 
gleich  zu  ilt-i)  damaligen  Ztiständr^n  einen  gewaltigen  Schritt  anm  Beesem  und 
schien  deshalb  einer  eiiigeheuderen  Betrachtung  wohl  werth. 

Die  Kugcuerutionszeit  1830 — 1848.  Nach  dem  denkwürdigen 
Jahre  1830  folgten  doh  in  den  Kantonen  Scbiag  auf  Sohlag  VerfiMsnngsibidernagen. 

Eine  Revision  des  Bnndevrertrags  von  1815,  der  das  rödernligtische  Prinrip 
in  zu  einseitiger  Weise  angewendet  hatte,  war  daher  zur  Nothwendigkeit  gewor- 
den, um  so  mehr  als  auch  auf  wirthschaftlichem  und  hand(ilspoliti''rhem  Gebiete 
die  nachtheiligen  Wirkungen  der  bi»behgeo  geringen  Bundet»kompetenz  sich  zu 
▼ersebiedenen  Malen  besonders  Itthlbar  gemadit  hatten. 

Der  von  einer  Tagaatsongskommieslon  (insbesondere  Yom  Genfer  Profaseor 
Pcllegrino  Roasi),  aasgearbeitete  Verfassnngsentwarf  behandelte  das  sohweiaerieehe 
i5oilw«<'n  in  seinen  Artikf  ln  11  —  25. 

In  Art.  15  wurde  Ans  Recht  der  Zollbewilliguug,  d.  h,  der  GrenzgebUhren, 
der  Straßeugelder  der  Kautouu  mit  InbegrüT  der  Brückengelder  und  Niederlags- 
gebnbren  nnd  der  Zttlle  anf  den  Waseeratraßen,  dem  Bunde  ▼indizirt,  der  das* 
selbe  unter  Zugrundelegung  von  Gewi<  ht  und  Entfernung,  Zahl  und  Spannung 
von  Wairpii ,  Wiitron,  Reisenden  und  Vieh,  sowie  unter  Berücksichtigung  der 
Bau*  uiul  Cntt-rhaltiingskuitten  der  Straßen,  Brücken  und  ^iederlagsstätten  aus- 
üben sollte  i^Art.  18). 

Art.  19  sah  sofort  nach  eTentueller  Annahme  des  Bundesvertrags  eine  all- 
gcniuine  Revision  des  Zollwesens  iu  allen  Kantonen  vor  und  es  sollte  dureh 
Kintbeilung  der  Strußenzilgo  in  bestimmte  Stationen  mit  Zollbezagärecht  Rfiokaicht 
auf  die  Leistungen  der  einzplnen  Kantone  für  das  Straßeuwfsen  genommen  werden 
Ebenso  btipuUrte  er  im  BedüriuiÜtall  eine  ZuüatzgebUhr  zu  den  8tratjeugel<l(Mn 
fUr  den  (lebraueh  der  Brtteken  und  Kiederlagsetätten.  In  besonders  kräftiger 
Weise  sollte  auch  dem  Waarentraneit  dnrdi  eine  Revision  unter  die  Arme  gegriffen 
werden  (Art.  I9r  und  Art.  20). 

Privatrc  litlieh  vf'r!iii<-ftr'  Zr)lle  sollten  nur  pe^en  l]nt>r]i;I  lip-unf^  von  seite 
des  Bimde.H  autgehobeu  werden  (Art.  2J).  i)er  ZoÜbezug  holltc  derart  tiugeurdnet 
werden,  daü  keine  Ladung  ohne  Noth  aufgebalten  würde  (Art,  22).  Dem  Bund 
war  des  Recht  der  Aufsicht  Ittr  die  Straßen  zugestanden,  anf  welchen  Zollgebühren 
belogen  werden  (Art.  *2ö). 

Danach  war  eine  ganz  bedeutende  Ansdelmung  der  Kompetenz  des  Bundes 
in  Zoll^neheu  in  Aussicht  LT-  noinnu^n ,  die  natürlich  die  Oppoi^tion  der  ständisch 
Gesinnten  in  der  Tagsatzung  in  hubum  Grade  erregte. 

Das  nach  Zuratheaiehuog  der  einzelnen  Standesinstrnktionen  in  der  Tag- 
Satzung  des  Jahres  IH'S'S  abgeänderte  Bundesvertragsprojekt  vom  19.  März  18*t3 
hatte  auf  die  engherzige  Kantonalität  in  verschiedenen  Beziehungen  die  größte 
itiicksicht  genommen. 

Dieser  Bundesvertragsuutwurt"  setzte  niimlieb  bezüglich  der  Zoll-  und  Uaudtsis- 
verhältnisae  in  Art.  16  und  17  tulgendes  fest: 

„Art.  16.  Der  Bund  allein  besitzt  das  Reekl  der  Zollbewilligung.   Die  dermalen 


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Zollwesen 


—    484  — 


ZoUwesea 


bestehenden,  von  Jt^r  T;i;:s.ilzuii|.'  genehmigten  Zölle,  WY;?-  um!  Br"icken;,'elder  verbleiben 
in  ihrem  ij^tand.  Es  darf  aber  unter  keinem  Vorwaod  ohne  Genehmigung  der  Tag- 
Satzung  in  irgend  einem  Ranton  der  Transit  durch  Einfahrung  neuer  oder  durch  Erhöhung 
dt-r  lif-ti'lK'ndfn  Z'iIK-,  Wt.-p-  iiiiil  l^rürkcni-'i-lilcr  •T-clnvert,  noch  deren  Bezug,  wenn 
er  auf  bestiminle  Zeit  beschränkt  war,  verlängert  werden. 

Durch  die  in  diesem  und  dem  vorherfrehenden  Artikel  enthaltenen  BesUmnrangen 
soll  dem  Rechte  de-s  Bundes  in  H.  zit'Imn?  ;uif  den  Abschlul*  von  Zoll-  und  Handels- 
vertrftgea  keinerlei  Eintrag  geschehen ;  in  diesem  Fall  aber  muU  äidt  der  Bund  mit  dem 
betreffende  Kanton  Aber  eme  billige  Entschädigung  verstandigen. 

Art.  17.  l'm  iVn-  (iftwißlipil  zu  t-rlan^-fii.  daß  in  den  Kantonen  Vduv  Zöür.  Wi-t;- 
und  Brückengelder,  welche  nicht  von  der  Tagsalzung  genehmigt  worden  sind,  bezogen 
werden,  ist  von  Bundeswegen  eine  Untersuchung  der  bestehenden  Zfllle,  Weg^  und 
Brörkf  ti^'elder  anzuordnen*. 

iJadurch  war  für  das  Gebiet  des  ZollwesenR  das  seit  etwa  I  fi  JnhrtMi  mühsam 
Errungene  und  zur  Yerbeüserung  Vorbereitete  venüchtet,  ja  für  die  Zukunft  jede 
Hoffnung  auf  Abhülfe  fUr  die  uuieidlich  gewordeueu  i^uUverhältnisäe  au$»icbtäloä 
gemacht. 

War  der  Bund  von  1815  für  das  ZoIlwe.>^t  n  ein  KUckNchritt  von  der  Mediationa- 
akte  gewesen,  «o  waren  die  Ariikel  nml  17  flu  Kücksrhritt  von  d'-m,  was 
durch  einzelne  Beschlüsse  und  WrtViji;ung:'  n  seit  Iblö  erreicht  worden  war  und 
welches  der  neu  abzuHchließende  iiuud  zum  wenigsten  aU  Ausgang^grundiage 
für  weiter  voriunehmende  Beformen  hätte  aoftiebnien  sollen. 

Nachdem  die  Frage  der  Bevision  des  Zollweisen»  durch  den  Bundesvertrag 
erfolgloe  im  Sand  ▼erlaafen  war  und  nach  den  gemachten  Erfahrungen  die  hundes» 

rechtliche  Regelung  des  Zallwesens  als  aussichtslos  erschien,  wurde  der  Gedanke 
cl^r  Revision  wieder  Idihaft  von  ^Irn  fortgeschritteneren  Kantonen  aufgegritl'en. 
Allein  die  versuchten  Konkordate  :->cheiterten  ebeufalU  wieder  an  der  bekannt-.u 
engherzigen  Kantonalität.  Ddgegen  begann  nnn  eine  Beihe  van  Kantonen  von 
Mich  aui  ihr  Zollweaen  auf  freisinnigerer  Grnadlage  neu  an  organiairen,  nttmlich: 
Zürich  dareh  Zollgosetz  vom  17.  Dezember  1835;  Bern  suchte  in  verschiede  neu, 
jeweilen  verworfenen  Zn1lL"^-^et/"-prniekren  (lern  eidtxt  nö^sischiu  Revisiotisj^edanken 
zu  entsprechen,  so  in  den  Jalir.  a  IHHi,  183,'),  1h:H  (zwei  Entwürffil,  1841. 
endlich  tixirte  es  sein  Zollvvcsen  in  tjesetzUcher  Weise  durch  das  Gesetz  vom 
28.  Febraar  1842;  Lnxem  durch  Gesetse  vom  15.  Hornung  18.37,  modifiairt 
durch  das  G.iit:t/  vom  i;4.  November  1838;  8t.  Gallen  durch  Gesetze  vom  1  Mai 
1837  und  13.  Juni  1839;  Tessin  durch  Gesetze  vom  2G.  Jammr  tnnl  21  Februar 
1813;  Aargau  durch  l^ekret  des  Großen  Raths  vi»tn  11.  Juni  1834;  Wandt 
durch  Gi}<>etz  vom  20.  Dezember  1833  uml  Zoll  Verordnungen  vom  14.  August 
18äÖ  und  15.  Hai  1836;  Neuenbürg  durch  Geseta  vom  SQ.  Mai  1836;  Genf 
dnroh  Geseta  vom  8.  Juni  1838. 

Nur  verhältnißmäßig  wenige  Stände  blieben  ohne  beträchtliche  Verbesserung 
ihre-i  Zollwesfiis.  Vorzüglich  war  dureh  die  kantonalen  R-vi^ionen  der  Transit 
begünstigt  worden,  ao  daß  alle  Straß mztige  vou  Badeutuug  durohiohuittlich  aul 
die  Hälfte  der  firtthem  Laoten  erleichtert  waren. 

Zudem  begannen  die  jeweiligen  eidgen.  Vororte,  die  den  Gedanken  größerer 
ZentraliaatioD  im  Zollwesen  immi:r  hoch  gehalten  hatten,  alle  durch  Art.  XI  dos 
Bundcsvertrags  garantirten  Z  tlllvrechtigungen  durch  rine  Kommission  genau  an«.- 
mittein  zu  lassen.  Durch  Tagsutzuagsbeschluß  vom  17.  Aug.  1H40  wurden  die 
von  der  Tagsatzuug  eioverlaugtea  revidirten  Ueborsichteu  der  ZoUbezilge  einer 
griSßern  Reihe  von  Kantonen  g^a^hmigt  nnd  der  Vorort  zngleioh  eingeladen, 
mit  den  Vorarbeiten  t'iir  eine  allgemeine  Revision  do^  schweizer.  ZoUweseos  fort- 
aufiihren.    Durch  fernere  Beaohlttaae  (16.  Aag.  1841,  13.  Aug.  1844)  wurden 


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Zoilwesen 


Zollwesen 


dADO  auch  die  Uebersichten  der  ZOlie  der  ttbrigea  Kantone  ab  reobtsbeetSndig 
anerkannt. 

Die  Bedtätigung  der  ZoUiibersichten  durch  die  Tagsatzung  war  ein  liberam 
wichtiger  Vorgang,  da  jene  üeberHichten  die  reohtliohen  Q^modiageu  fiir  die  ZuU- 
ablöäung  im  Jahre  1Ö4Ö  abgaben. 

Die  Tegeatznngen  der  Yierzigerjahre  beediüftigtea  sich  all|ttir1iob  in  theoreti 
«eher  Weise ,  ohne  Anlehnung  an  ein  konkretes  Zentraliaationsbegehren ,  mit  der 
Frage  der  Bildung  eioeä  einheitlichen  schweizer.  ZollgebieteH  witer  Verlegong 
aller  Z'.»ll^t5])iilirpn  an  <\\<^  ^f!hweiz♦»^.  Grenze  und  si«-  bildoto  tm  verschiedenen 
Malen  Gegouatand  vou  Lutersuchnngen,  Berichten  und  Autragon ,  uhae  daß  damit 
übrigens  jemak  ein  nenneaswerther  Erfolg  erreicht  worden  wäre.  So  wunig 
praktischen  Erfolg  dieee  Diskanionen  anoh  anfiranreieen  hatten,  so  sllndeten  sie, 
weil  in  ihnen  der  Revisioofigedanke  nicht  mehr  zur  Ruhe  kommen  wollte,  doch  hin- 
-autj  in's  Land  und  leckten  dem  Volk  dt  j  Nuthwendigkeit  eint-r  i^rriß^Tii  wirth- 
«chaftlichen  Einigung  vor  Augen.  Da  aber  nach  den  gemachten  Erfahrungen 
die  buude^mäßige,  voli»tandigc  Zentralieiation  de«  Zoilwesen^,  d.  h.  die  Bildung 
eines  eioheitlieben  achwetser.  ZoUgebiet«,  Torläuflg  keine  Aussicht  aaf  Erfulg  hatte, 
versachten  ^verschiedene  Kantone  anter  sich  die  Bildung  kleiner^^r  Zollgebiete. 

So  kam  am  10  Januar  1847  untt^r  Ratiiikationsvorbehalt  ein  Zollvereiuigungs- 
vertrag  zwischen  den  Kantonen  Bern,  Holuthurn  und  Ba.selland  zu  stände.  Allein 
Havelland  verweigerte  demselben  in  letzter  Stunde  die  Katidkation  und  ed  zer- 
solllug  äioh  daher  dieses  Projekt  einer  Zolleinigung. 

'-  Im  SpXtherbst  1847  beriethen  mit  der  gleichen  Abneht  einer  durchgreifenden 
interkantonalen  ZoUeinigunj*  auf  die  Einladung  Bern'»  hin  12  Kantone  in  Aarau  ein 
Konkordat,  um  <!»  ii  Inkotivenienzen  des  hi^iln  rii^cii  Sy>tem8  «'in  Kriil»»  zu 
machen;  alleiu  an  wiuduu  die  daherigen  Berathuugen  durch  den  Aufbruch  den 
lüxekutionsfel'Jzuge'*  gegen  den  Sonderbund  unterbrochen.  Es  <liente  da>seIbo  den 
Berathnngon  der  Revisionskommittsion  des  Jahres  1848  bei  Regulirung  der  Zoll- 
fiuge  snr  Grundlage.  -  Es  ist  neben  dem  Retort«ionskonkordate  von  \>^-2J  der 
konseqiipnt»'str  ^'rrsllch  l  iner  radikalen  Zentralination  des  »chweizer.  Zollwt'xenH 
auf  ilem  Konkordats wege  und  soll  deßhaib  in  seinen  hauptsäohiicbsteo  Bdütim- 
mungen  skizzirt  werden. 

Dieser  Zollvereinigungrtvertrag*),  der  sich  sum  Zwecke  gesetst  hatte,  eine 
«chweizeriHche  Vereinigung  in  Zollsacben  ansobahnen  und  dm  Gesammtgebiet  der 
Kantone  Zürich,  Bern,  Glarus,  Solothurn,  Ba.sel»tadt,  Ba^ielland,  Schaff  hausen. 
Appenzell  A -Rh.,  8t.  (r.iUen,  Granbihiden ,  Aargau,  Thnrfr;»u  umfassen  sollte, 
«etzte  fe<it,  daU  alle  Grenzzölle  zwittchen  den  Vereinskantoneu,  sowie  alle  im  Innern 
derselben  bestebimden  Land*  und  WassersGlIe,  Geleit-,  Weg-  uod  Brückengelder, 
«owie  die  obligatorischen  Kanfhansgebüliren  aafgehoben  sein  sollten  (Artikel  2). 
Unter  Vorbehalt  der  zu  den  Staat.smonopolen  gehörigen  Gegenntlinde  (.Salz  und 
Piih  r)  war  I  ri  «  in/.  lrif>n  Kantor «-n  ier  Beaug  von  Steuern  und  Abgaben  irgend 
welcher  Art  an  ihren  (irenzen  untersagt. 

Durch  Artikel  3  wurde  der  Fortbezug  der  liaueusteinzölle ,  die  Straßen- 
ftrSmien  des  Kantons  Graubfinden  (Splügen  und  Bernbardin),  von  der  Tagnatzung 
gewährleistete  Brückengelder  von  Privaten  und  Korporationen,  einige  Kaufliaus- 
gebiihren,  ^^owie  der  fernere  Bezug  einer  Konsumabgabe  auf  Tabak  und  Getränken 

*l  Siehe  das  gedruckte  Protokoll  der  «Konferenz  zur  Absrbliessungr  eines  Zoll- 

ver('ini)_nint:-vi  rtrar'i  -;  twisohen  den  Kantonen  Zürirh.  Bern.  Glarus,  f^ololhnrn.  T'  i^flstailt, 
Ba^ellaud,  Schutf  bau!>en,  Appenzell  A.-Rh.,  St.  Galleu,  Graubüuden,  Aar^uu  und  Thur^'au, 
vom  S7.  und  S8.  September  und  S.  Oktober  1847'  (Bern,  bei  Jenni,  Sohn). 


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ZoUwesen 


—    426  — 


fttr  diejefdgen  Kantone,  weloli«  bis  «nliin  diese  swet  Yerbfftvcüuetoaeni  an  ihren 
Grensen  erhoben  battent  gevrShrleutet. 

Sobald  die  Eiunahmen  Mia  der  ZoUvereinakasae  es  dem  betreffenden  Kanton 
ermöglichteD,  war  d<  r>ethc  xor  angemeaeenen  Ermäßigung  der  erwähnten  Gebühren 

und  Abgaben  verplluhttt. 

An  Stellt;  «Ut  uut'^'t;huU;ueii  Zölle  fsollteu  ati  den  Grenzen  Eingang»-,  Aus- 
gangs- und  DurcligaugHzölle  bezogen  werden  (Art.  4 — 7).  Alle  im  Spezialhaudel 
eingehenden  Waaren  waren  nach  einem  Klusentarif  8  Abthoilungen  mit 
Andttzen  von  6,  4,  S,  1  Fr^  and  &0,  10,  5  Kp.  nebst  Stttokioil  an  belegen. 
PQr  Provenienien  au  Niebtvermnskanfconeii  sollten  Ursprangetengnisse  gefordert 
werden. 

Ferner  waren  zum  Sohntze  einitrer  einheimischer  Prodnktionszweicje  Ausfuhr- 
/ülle,  sowie  filr  alle  Aunfuhrwaaren  eine  KoutrolgebUhr  von  2 '/je  Kappen  vom 
ßruttozentner  festgesetzt. 

Die  Durchfuhrzölle  waren  mit  wenigen  nach  der  Stückzahl  zu  verzollenden 
Ausnahmen  za  '/a  Rappen  fUr  jede  zn  befahrende  Wegstunde  vom  Bmttosentner 
angesetzt. 

In  Artikel  10 — 13  Warden  die  ZoUbefreiangen,  ferner  die  Erleichtemngen 
''es  Markt-  und  MeftTerkehrv,  des  landwirthschaftUoben  Grenzverkehrs,  des  Yer- 
kehnt  mit  Vieh  cur  Sttmmerang  oder  Winterung  namhaft  gemacht. 

In  den  AnfiriohtsFsib  sur  Leitnag  des  Zollwesens  hatte  jeder  der  8w5lf  Kantone 

alljährlich  ein  Mitglied  zu  del^ren.  Demselben  stand  die  Acndernng  der  Tarife, 
die  Bentimmung  *li  r  Z  iliNtätten  und  der  Besol  luiiix  'h-r  Bcimt«!»  zu.  ferner  die 
Aufsicht  Uber  das  ZoUwesrti  lui  allgemeinen  und  die  Pnifang  und  Abnahme  der 
Rechnungen  des  Rex'.hnuugöamtes  des  Zollvereins  (Artikel  13,  14). 

Den  Ivantonen  wurde  die  Wahl  (Artikel  14)  der  Beamten  zugestanden, 
die  Übrigens  als  Beamte  dee  Vereins  bloß  dessen  AufsichtHbehürde  verantwortlich 
wuren  (Artikel  tH). 

Die  Reineinnahmen  der  Ein-  und  Au^fubrxUlle  oollten  nach  dem  Maßstäbe 

der  Bevölkerung,  die  Keineinkttnfte  der  DurchgungszöUe  hingegen  nach  dem  Maß- 
stäbe der  hiinge  und  dt  r  Frcijuen/  der  Trantiitittraßen  unter  die  Verein^kantone 

verthfilt  werden  (Artikel  l'J.  20). 

i'rivatf  Entfichädi^'u iiL'^^hesrehren  scdlten  einstig  den  bezüglichen  Kaatun  be- 
Iretrou.  Der  Zollvertrug  war  aut  die  Dauer  von  G  Jahren  vorgesehen  (Artikel  24) 
und  nahm  auch  Reinem  Zwecke  gemfiß  andere  eidgenössische  Kantone  in  den 
Zollverein  auf  (Artikel  ^5).  Für  Veriinderuugen  des8elben  wurde  Einstimmigkeit 

*\i-r  K«)ntrah«!nt»*n  verlangt,  im  Falle  der  Nothwendigkeit  von  KampfzöUen  konnten 
von  ^/a  der  Stimmen  fih-  iilh^  verbindliche  Beschlüsse  gefaßt  werdert  (  Artikel  23). 
Streitigkeiten  sollten  sihiedsgerichtlich  (Artikel  'Jti)  ausgetragen  wcriN  ii. 

Den  oben  dargestellten  ulls?  jtig'Mi  Kevisionsb  stri^biiTiir«"n  aul  dem  Gebiete 
des  Zollwesens  kamen  dann  die  Bc-^linimungeii  der  Buudesveilassuug  des  Jahrcü 
iai6  entgegen,  die  iniolgc  der  Gestaltung  der  innern  und  äußern  poUtinchen, 
national-  nnd  weltwirthschaftlichen  Verhältniiwe  eine  nnabweittbarc  Nothwendigkeit 
geworden  war. 

Wenn  wir  schlief/dich  nncli  dem  fiskaliiichen  Ertrag  der  2^11e  fragen,  so 
betragen  nac^  annähernder  Berechnung: 


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Zollwesen 


—    427  — 


ZoUwesea 


a)  DI«  kMtoaaiea  Zölle  umI  ZttDgeMUireit : 


l'<r  K  1 
dpr  BeviilU.-iuüg 
kommen  «irka 


Jfr. 

Weg«  und  Braekengelder 

35,000 

1 

• 

|94.'1<H) 

4 

*  • 

• 

Iii   /'WWl  l 

ly.ooü 

1 

• 

«0,000 

7 

*  « 

8,000 

2 

1»  * 

• 

It.OOO 

F  II 

500 

•  • 

» 

6,000 

3 

40,000 

g 

4 

•  » 

a 

3/,00t) 

5 

• 

iS.OOO 

1 

1 

•U.(KX) 

1 

•  * 

21.000 

6 

« 

l 

• 

800 

1» 

ifiU  (  u  y  i 

O 

• 

20ü,0U0 

1 

84,000 

4 

* 

31, (XX) 

• 

aii,(XK) 

5 

165.000 

8 

H>7.(rfMi 

1 

12,000 

>■) 

* 

50^ 

8 

ZOrieh  .  . 

Bern  Z5Ue 

Luzera  .  . 
üri  .   .  . 

Srhwyz  . 
Unterwaiiien 
Claras  .  . 
ZuK  .    .  . 
Freiburg  . 
iNilolliurn  . 
Bnsflstadt  . 
Baselland  . 
Sehaffhausen 
Appenzell  A.-Rh. 
Appenzell  I.-Hh. 
St.  Gallen  . 
Grau bänden 
Aarj.'uu  .  . 
Thuryau  . 
Te3»ia  .  . 
Waadt  .  . 
Wallis    .  . 
iVeuunburg 
Geof.  .  . 

h)  Die  »ekweiMiMiflB  GreufebikMii  tob  1817  — 18M« 

(Nach  deo  TaKsatzungsabsphieden  un<I  Stephan  Fransciui's  .Beiträ^'on  zar  Statistik  der 

schweizerischen  Eidgenossenschaft",  V.  Tbeil.) 


Bnaike> 

Einfuhr 

1    1...  h.-M  .■ 

IriUirtP 

B«vOU(e- 

Gren.  <jt - 

bOhrcr. 

Jahre 

raniitiaM 

I>  .411^  .t  ■ 

seataar 

»It« 
Schirei- 

Jahre 

rungsiah: 

(approxi 

Tn.-,~:t  1 

nutlT) 

ken 

ftftnkMt  1 

1817 

I12.0-2'> 

1835 

:  Isis 

liit.TOT 

2  is, •;]."> 

i«iy 

1890 

1«4.7«8 

1831—1837 

2,100,000 

1,602,000 

1S2I 

]:^-2, 

1  m:i 

2,200,000 !  1,800,000 

1817— 18M 

1,750,000 

1.009.000 

1838—1839 

228,139 

I2i,inn 

IsiO 



l.s'jO.rur. 

;•'  r;  t 

i+7,.itji> 

is-i:, 

iir,,iM, 

1843 

2,200.438 

264.113 

1  s.T. 

1  Xy.  1  1  l 

1^1.'. 

•j:):..7r,7 

1  i'.t.<;i'< 

•j,jr.t.!K'i 

_ 

9.285,000 

■J,  tix  i,fi7s 

■r-  i  M7 

l>ti'.t 

l(ii.()7i 

J  .V  i 

J,-J71.7:i-_' 

■i:  1  .^-J'i 

In:  Hl 

17:5.]» 

.'7.',.  i.  ii , 

1,^70,000 

1,409,000 

-j.fi:;,,»;:, 

1  1889 

I7f»,4«n 

1849 

rmoHi 

\KVA 

1S145-1849 

2,370,000 

2,274,844  276,183 

1      1  s:ii 

l'.»:i,7i!r. 

Die  kantonalen  Zölle  und  die  cidgenössipchen  Giv.u/geblLhreu  errtichteu  dem- 
nach Cnda  der  vierziger  Jahre  beinahe  2  3lilliuneii  hr. 

Weitere  ^  MiUionen  Fr>  kommen  hinzu,  wenn  man  die  Konsumgebüfaren  der 
einzelnen  Kantone«  die  in  den  obigen  Summen  nicht  berDckaichtigt  waren,  hinzufügt. 


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Zollweaeii 


—    428  — 


Zallweaep 


Das  ZolIwe«en  seit  1848. 

Erst  duroh  die  BundeRverfaiBang  ▼om  13.  Hwlistinoiiat  1848  ward«  dte 

Zoll  A   <  n  der  ScWeiz  uls  Bundesrtache  erklSrt. 
J)ie  sogenannten  Zollartikel  lauten  : 

Art.  ä3.   Das  Zollwesea  bt  Sache  des  Rundes. 

Art.  24-.  Dem  Bunde  steht  (his  Recht  zu,  die  von  der  Tagsatzung  bewiHigten  oder 
anerkannten  Land-  oder  Wasserzölle,  Weg  und  Brückengelder,  verbindliche  Kautliaus- 
uad  andere  Gebahren  dieser  Art,  mOgcn  die^^elbeu  von  Kantonen,  üeuieinden,  Korpora* 
tionen  oder  Privaten  bezogen  werden,  gegen  Entschädigung  ganz  oder  tbeilwebe  auf 
zuhehen.  Diejenigen  Zölle  und  Wt-ggelder,  w.  ii  hr  .lufilcra  Traa-il  laufen,  sollen  jedenfalls 
im  g:aiizea  Umtauge  der  EidKenoäseoscbafl.  und  zwar  gleichzeitig  eingelöst  werden. 

Die  Eidgenosnenschaft  hat  das  Recht,  an  der  schweizerischen  Grenze  Eingangs-, 
Ausgjings  und  Durchgan;.'-/''!!.-  zu  erheben. 

Sie  ist  berechtigt,  gegenwärtig  lür  das  Zollwesea  beetimmte  Gebäulichkeiten  an 
der  schweizerischen  Grenze  gegen  EnteehSdigung  entweder  als  Eiffenthum  oder  mielh- 
weise  zur  Benutzung  zu  übernehmen. 

Art.  25.    Bei  Erliehuug  der  Zölle  sollen  folgende  Grundsätze  beachtet  werden: 

/.  Ein<jan<js<jchüliren :  a.  Die  fOr  die  in]9ndi.sche  Industrie  erforderlichen  Stoffe 
sind  im  Zolltarif  möglichst  grrin;.'  zu  taxiron.  b.  Ehcn^n  die  i:nm  notliwendigon  Lehens- 
bedarf erforderlichen  Gegenstaii<lf.  c.  Die  Gegen<l;inde  <ies  i^uxus  unt'  iiit'tron  der  höch- 
sten Taxe. 

2.  Durch(f(tngs(jrf>ithren  und  in  der  auch  die  Amgattgi^buliren  sind  mOg^ 

üchst  möLiig  festzusetzen. 

n.  Durch  die  Zollgesetzgebung  sind  zur  Sicherung  des  Grenz*  und  Harktverkeihrs 
geeignete  Bestimmungen  zu  treffen. 

Dem  Bunde  Mcilil  immerhin  das  Bcchl  vorbehalten,  unter  außerordeuüicheu  Um- 
stäiiden,  in  Abweichung  roo  vorstehenden  Bestimmungen,  vorQbergebend  besondere 
Maßnahmen  zu  treHen. 

.\rt.  fß.  Der  Erlrag  der  Eingang'-*-,  A»-^;rangs-  und  Durchgangszölle  wird  folgen- 
dermaßen  verwendet  : 

a.  Jeder  Kanton  erhält  4  Batzen  auf  den  Kopf  uacb  dem  Maitetab  der  Gesanunt- 
h«y5lkf>ning,  welche  nach  der  VolktzAhlung  von  183A  berechnet  wird.  b.  Wenn  ein 
Kiirittui  lii'TdiircIi  für  die  nach  .Art.  -2i  aufgehobenen  (Ji-lirilinn  ni.  Ii!  Iiliilän^-Iich  gedeckt 
wird,  so  hat  er  noch  .so  viel  zu  beziehen,  al$  erforderlich  ist,  um  ihn  für  dieselben 
Gebflhren  nach  dem  Durchschnitt  des  Reinertrages  der  fünf  Jahre  1849  bis  und  mit 
1846  zu  entscli'n!";.'.  II,    r.  f)''   Mdireinn  ihtrn-  riltl  in  die  Bundcskri--i'. 

Art.  27.  Wenn  Z«)lle,  Weg-  und  Brückengelder  für  Tilgung  eines  Haukapitals  oder 
eines  Theils  desetelben  bewilligt  worden  sind,  so  hOrt  der  Bezug  derselben  oder  die 
Entschädigung  auf.  sobald  das  Kapital  oder  der  betreffende  Theil  nel  -t  Zin-t  ii  gedeckt  ist. 

Art.  '2s.  Den  in  bt  n-its  abgest'hlossenen  Eisenbahnverträgen  über  Transifgebührcu 
enthaltenen  Verfügungen  soll  durch  gegenwärtige  Bestimmungen  kein  Abbruch  gi.'scbehen. 
I>:(<:c;.'cn  tritt  der  Hnii  l  in  <li>'  >!m<  Ii  s^dche  Verträge  den  Kaotoneu  in  BeziehuDg  auf 
die  Transitgebühren  voriicballeneu  Hechte. 

Art.  '29  gewibrleintet  den  freien  Verkehr  zwischen  den  einzelnen  Kantonen, 

vorbehältlich  der  Regalien,  Eonsumgebttbren,  polizeilichen  Maßnahmen  eto. 

Art.  'M  —  '^^^2  enthalten  Beetimmaugen  tlber  Konsum-  und  anderweitige 
den  Kantonen  noch  gestattete  Gebtthrm  mit  dem  Verbot  der  2}eaeiufUhrung  von 

solchen . 

In  xirt.  5  der  Uebcrganysbcdimmungen  eadlich  wird  testgesetzt,  es  hab« 
der  Bezug  der  sobweizeriechen  Qrensgebtthrai  (nach  bielierigem  Tarif)  so  lange 
furtzudanem,  bis  die  Tarife  der  neu  einanfiibrenden  OrenzzSUe  ihre  Vollziehung 
finden 

Das  BnTuies£re*"^t7.  Uber  die  Organisation  und  den  (reschäftssran^  des  Bunde.**- 
rathe»  vom  it>.  Mai  184U  bezeicbuotc  in  Art.  22  ab  seobüteä  Departement  da& 
Handels-  und  Zolidepartemenf, 

Demselben  lag  naob  Artikel  28  die  Vorberathuag  und  Beeorgong  folgender 
Gettchltfte  ob: 


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—    429  — 


ZoUwesea 


1)  Beförderung  des  Handeln-  und  Gewttrbewesens  im  AUgemoinen  ;  2)  Hand- 
hftbnDg  de»  Urcien  Verkdm  ün  Innern  der  Schweix;  B)  HtDdels»  und  ZoUver» 

träge  voit  dem  Andande;  4)  KegnliniDg  den  ZollweHens,  Aiwndtlliing  der  Ent» 

M.-li.i(Iigninff>'s"TnTncn  an  ilie  Kantone  für  dahcrigt'  BiTftchtigungen,  welfh«'  vom 
!v!Ti'!<^  Ubernominen  werden;  [>)  Ueberwacliui.;^  di  r  den  Kantonen  znra  Fort heznir 
iiberia-suenen  Gebühren;  6)  Bezug  der  (jreuzzullgebühren  und  Stellung  gehöriger 
Answebe;  7)  Uebernchtliohe  Anemittlang  des  l^dels  der  Sdiweiz;  8)  Beaof» 
ciehtignng  des  Bezuges  der  den  Eaatonen  bewilligten  Verbruohasteaern. 

Es  mußte  unstreitig  eine  der  ersten  Aufgaben  der  ueu  geschaffenen  Bumlfs- 
behörden  sein,  die  Organisation  dieses  wichtigen  Vprwaltung.szweige'J  an  die  Hand 
xa  nehmen,  die  , verworrene  und  zu  den  vieltaltigtitea  Klagen  Verantaü«uug 
gebende  ZoUorganiaation  der  Kantone  anfsubeben  nnd  dadnroh  den  Verkehr  im 
Innern  der  Sobwds  cu  erleiebtem,  sodann  aber  aneh  dem  Bande  eine  Einnahme • 
quelle  cur  Bestreitung  seiner  Ausgaben  zu  öffnen".  Die  Yersohiedenheit  des 
VerHihrf^n«  in  d^n  Kuiitonen,  die  liMleiiteinifii  Anforderungen,  die  wenigen 
Erfahrungen,  die  widersprechenden  öHeutliehen  »Stimmen,  welche  tht'ils  nach 
unbedingter  Haudeläfreiheit,  theiU  nach  Schutz  der  innem  Arbeit  riefen,  boten 
für  die  Vollziehung  der  Zollartikel  große  Schwierigkeit«»!. 

Es  entstunden  aber  auch  noch  Schwierigkeiten  Uber  die  Auslegung  des 
Art.  24  der  Verfassung  selbst,  resp.  über  die  Frage,  W(  Ich»»  Zölle  aut-ivli-jhi  n 
werden  sollen,  indem  sich  einerseit^s  die  \n<icht  gtdtend  machte,  daß  niciit  alle 
i^lle,  Mindern  iediglicb  nur  die  auf  dem  TrauHit  lat^tcaden  abgelöst  werden  sollen, 
während  hinwieder  anderseits  die  Meinung  vertreten  war,  daß  dorch  die  Ver* 
legung  der  2^11e  an  die  Grenze  die  schon  iKngst  gewünschte  Befreiung  den  Innern 
Verkehrs  zur  That  und  Wahrheit  gemacht  werden  wollte  und  daß  im  Hinblick 
nuf  die  der  Cptitralisation  der  Zölle  von  jeher  zu  Grundf  trtlegte  Idee  eine 
Interpretation  von  Art.  24  in  oben  angedeutetem  Sinne  absolut  hinfällig  sei, 
daß  also  nuiht  nur  die  auf  dem  TinuMit  lastenden  Zolle  und  Weggelder,  sondern 
Uberhaupt  alle  und  jede  von  der  Tagsataung  bewilligten  Land-  und  WasserzSlle, 
Weg-  «nd  Brückengelder  und  dgL  von  Bandeswegen  gegen  Entsehfidigung  auf- 
treliohen  werden  sollen,  immerhin  in  der  Meiftnntj.  daß  Weg-  und  Brnrkpt?- 
geldt  r  gebe,  welche  sich  auf  ausnahmsweise  lokale  Vcrhitltnis&c  beziehen  und  ohne 
irgend  einen  Nachtheil  für  die  freie  Bewegung  des  Verkehrs  fortbestehen  können; 
daß  femer  da,  wo  Verbrauehasteuem  mit  den  auszultisenden  Zollen  vermischt 
Mn  i .  verhältnißmftßige  Absllge  an  den  den  betreffenden  Kantonen  m  leistenden 
Entschädigungen  gemacht  werden  sollen. 

Eine  weitere  Tür  die  Bemessung  der  Zollgebühren  aus^chlatr/rfbinnb'  Frage 
war  die,  ob  die  regelmäßigen  Bundesausgaben,  insoweit  hietür  Kapitalzinse  und 
Regalien  des  Bundes  nicht  hinreichten,  lediglich  durch  das  Ertrttgniß  der  Qrens- 
stfUe  gedecktf  oder  ob  nicht  su  diesem  Zwecke  regelmäßige  direkte  Geldbeiträge 
(Geldkontingente)  von  den  Kantonsn  (Art,  M»y  der  Bundesverfansung)  erhoben 
worden  soUeu.  Dieses  letztere  System  erschien  denn  doch  wenig  empfehlens- 
Werth,  weil  vorauszusehen  war,  daß  es  uUgemeiue  Mißstimmung  hervorrufen 
würde  und  daß  die  gedeihliche  Entwicklung  der  staatlichen  Verhältnisse  darunter 
leiden  mttßte.  Man  wollte  daher  in  der  HCnjoHtSt  ein  Zollbudget  aufstellen, 
dessen  (Jeberschüsse  hinreichen  würden,  um  dem  Defizit  dM  allgemeinen  ordent- 
lichen Budget:^  zu  hf'jTf  tjnr-n.  Mit  einrr  Nntt o  -  Rinn  ihmi?  von  einer  Million  Fr, 
ft  W.  glaubte  man  damals  diesen  Zweck  zu  erreichen,  wobei  auf  zirka  (J00,000 
Kranken  Bezugs-  und  Verwaltungskosten  gerechnet  wurde. 

Dem  System  der  Protektion  sollte  trota  einer  nicbt  unbedeutenden  Gegen - 


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ZoUwesen 


—    4aO  — 


•tr9maDg  fern  geblieben  unfl  «idi  in  da*  «reitem  AnsAhrung  ullee  yermieden 
werden,  was  an  ein  DooeneeTiitem  erinnern  wttrde.  Beneichnend  ist  dieafiills 
die  Aenßerung  in  der  Bvtsohnft  snm  bnndeeritbliebeo  Geeeteee-Entmirf. 

Dieeelbe  lantet  wörtlich: 

.Einzelnen  Industriezweigen  aix-snahinswci-c  -^njßt'rn  Srlmtz  al-  andern  zu  gewähren, 
Ist  nichl  zulässig,  weil  die  Bundesverfassung  nach  ihrem  Sinne  und  (ieist  alle  Bürger 
gleicbgehalten  nnd  alle  Vorrechte  Einzelner  abgeschafft  wissen  will.  Zudem  nioß  man 
nichl  Bürger  vcraula— rn.  ilir--  Zeif,  ihre  K'nifle  und  ihre  KapitjUien  Erwerbszweigen 
xnzuwendeu«  die  nicht  durch  :;ich  seU^:it,  ohne  fremde  künstliche  Mittel  im  Lande  bestehen 
können.  Ein  solch'  künstlicher  Schutz  wftre  in  einer  Republik  ein  gar  zu  unsicherer, 
weil  «ler  gesunde  Sinn  der  M<'lirz;ihl  bald  die  nii>nahnis\voi-i  n  Vortheile  einsehen  würde, 
die  man  einigen  Begün»ligten  auf  allj^euieine  Kosten  zuwendet.  Sie  müßten  fallen  und 
mit  ihnen  fiele  «lie  geschützte  Industrie;  Geld,  Zeit  und  Kräfte  derjenigen  wflren  ver* 
loren,  welche  sich  damit  liesrliritli^rtcn.  Aber  auch  allen  äußern  Einflüssen  sind  -olrhe 
künstlich  (repfle^te  Gewerbe  unlcrworten,  in  keinem  Lande  mehr  aiä  in  der  Schweiz,  die 
in  ihrfiii  IniH-rn  nicht  den  genügenden  Harkt  für  ibre  Gewerbserwagnisse  findet,  sondern 
ihn  im  \  Unlande  au«ben  maß*. 

Darüber  war  man  indessen  nieht  im  Zweifel,  daß,  wie  in  allen  ;inileren 
Staaten,  su  auch  in  unserem  Lande  der  Durchfuhr  der  ^^^lll^en  Jr  de  nur  mögliche 
Erleichterung  geschaffen  werden  mlUae,  ludern  mit  liecht  die  Aubicht  sich  geltend 
machte,  daß  die  Herbeixiehung  eines  lebhaften  TranntvOTkehrs  dem  Lande  von 
großem  Nutzen  werden  kljnnc.  wühntnd  bisher  die  kantonalen  ZoUpftthle  für  die 
Dorübfuhr  ein  äußerst  liwtigec  Verkehrsliemmuiß  waren. 

In  Betreli'  der  Zollbelastun?  der  rinTiflnen  Waarenartikel  waren  durch 
Art.  25  der  BundcäverCasauug  bestimmte  ^Soroien  gegeben,  allein  schon  damals  — 
und  wir  legen  einen  gewissen  Werth  darauf«  dies  hier  ausdrtteklich  au  betonen  — 
galt  die  Anechaauog,  es  seien  dieselben  nicht  so  absolut  bindend^  als  daß  man 
nicht  auch  andern  Erwägungen,  wie  z.  B.  betreffend  den  Werth  der  Waare, 
die  Lage  der  betheili^te!)  Intlnstrien,  die  hi*ibenge  Zollbelastung,  gr">ßere  oder 
geringere  Entbehrlichkeit,  die  Eigenschaft  als  Gebrauchs-  oder  Luxusartikel,  die 
Konknrrena  eines  Einfuhrartikels  mit  inländiacher  Indnstrte  oder  inUndisches 
Gewerben  u.  s.  w.,  die  geeignete  Berücksichtigung  xu  Tbeil  werden  lassen  kannte. 

Nach  diesen  Prinzipien  wurden  auch  die  vielen  damals  eingelangten  Peti- 
tionen, die  Zollansätze  betrctfond,  beurtheilt  und  behandelt,  denn  schon  damals 
gab  es  mit  Bezug  auf  einzelne  Artikel  unversöhuliehe  Widersprüche. 

üeber  die  Höhe  der  Ansätze  waren  die  Moinuugeo  ebenfalls  getheilt. 
Niedrige  ZSIIe  wurden  namentlich  von  denjenigen  befürwortet,  welefae  ^e  ZolU 
erträgnisse  nioht  zu  einer  FinanzqucUe  des  Bundes  machen  wollten,  soudern 
direkte  Bundesuteaern  bezw.  die  Einhebung  der  Geldkoutiu^^ente  von  den  Kan- 
tonen cmpfMblen.  Die  Festhaltnng  von  Zöllen,  deren  Ertrag  zwei  Millionen 
Franken  Ubersteigen  würde,  hielten  die  Vertreter  dieser  Amücht  einfach  aU  un- 
denkbar. 

Unter  diesen  Auspicien  kam  das  erste  Bandesgesetx  Uber  das  Zollwesen 
nebet  Tarif  vom  20.  Jnni  1849  in  Stande,  folgende  Hauptabschnitte  enthaltend : 

A.  0€84Üf. 

l,  Zollpflioktigkeit  nnl  Ausnahmen  von  der>elbeü;  II.  Berechnung  der 
Gebühren;  III.  Eintheilung  dös  Zoilirebietes;  IV.  Krrichtnng  von  Zollalütlen  and 
Nietlprlai^hänHern :  V.  Vorschriften  t(ir  die  Kin-.  Ann-  und  Lhirchtuhr; 
VI.  Organi.sa.tum  der  Zollverwaltung ;  Vli.  ZüUpolizei ;  Vlii.  Zulltibertretung  and  ihre 
Bestrafung;  IX.  Aufhebung  bisheriger  ZSUe;  X.  SehkiftbestiiimuDgen. 

L    Als  aollfrei  erklärt  das  aeneta: 


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ZuUweäea 


—    431  — 


1)  AUe  zam  Grabntnohe,  nicht  xnm  VerkAufe  besfimniten  Gcgenstftnd«  für 
die  bei  der  EtdgenoswHMChaft  beglaubigten  fremden  Gesaadten  und  Kun«ale, 

Gegeoreckt  des  betretfenden  Staates  vorbehalten ;  2)  Effekten  von  KeiHendeii,  zu 
dwren  f»!t»en«m  Crehraach  bestimmt;  15)  Reise-  und  Lastwas^en,  wt'l<'h''  in  fler 
Scbweiz  verfertigt  wunien,  oder,  wenn  atuländiHches  ErzeagniÜ,  entweder  Hcbou 
eiomal  die  ächweizensobe  EingangsgebUhr  besaUt  Hatten  oder  nicbt  dazu  bestimmt 
waren,  in  der  Schweix  sa  Terbleiben;  deegleiehen  die  dangebSrendeo  Pferde; 
4)  Araienfuhren  und  deren  Gepäck;  &)  Rohe  Laudeserzeugnisne  von  demjenigen 
Griin'l>itii<'k(Mi  inißtirlialb  der  Sihweiz,  welche  Einwohner  '1er  Eid^enoHsenscbaft 
iunerhalb  einer  EiUfiTiuing  vuii  h'lclHtpnH  2  Stunden,  von  der  l.aiideHgroDZf  lui 
gerechnet,  selbst  bubduen,  Nowie  die  Thiere,  Ger.it b^icbatten  uud  Anderes,  was 
bei  dw  Bebauung  Koleher  Gmndstttoke  ▼ervendet  wird;  6)  rohe  Laadeserzeng- 
ntase  von  denjenigen  Grundslflokttn.  welche  niobt  mehr  aU  zwei  Stunden  land« 
einwiirtK  in  der  Schweiz  liegen  und  von  ihren  annwärts  wohiiiMi-Icn  Ki^nthUmeni 
»tdbtit  bebaut  werden,  sowie  rhifre,  Geräthachaftf n  und  Anderes,  wa«  bei 
der  Bebauung  solcher  Grundstücke  verwendet  wird,  alle«  unter  Vorbehalt  des 
Gegenrecbtes ;  7)  Postpakete  bb  a«kf  1  Pfand  Gewidht;  Gegenstände,  dt« 
aua  der  Schweis  durch  das  Analand  wieder  in  die  Schweiz  gehen. 

Fernere  Aasnahmen  wurden  Torbehalten  und  dem  Ermetiseu  des  Bundesratheü 
anheimgegeben  für  den  Verpdlun<»^v»'rkehr  uud  für  Vieh,  welches  aar  S&mmernng 
und  Winterung  eiu-  bezw.  ausgeiübrt  wird. 

Zollfrei  wurden  ferner  »  rklärt : 

Het  ikr  Einfuhr:  Gegenstände,  welche  von  einer  Person  eingebracht 
werden,  die  hSchstenfl  2  Pfand  Waaren  mit  ^h  trigt  oder  von  der  Geeaumtbeit 
derselben  nteht  mehr  als  i''/«  Rp.  Zoll  tu  entrichten  hätt«; 

Straßenmaterial,  Kic8,  Sand,  Schlacke,  rohe  gewöhnliche  Baastetae,  robrr 

lingebranntf'r  Gyps  und  Kalkstein ; 

Laub  für  Streue  und  b'ütterung,  Dünger  und  rohe  Düngmittel  ^ 
Qemttnst^  Gold  and  Klber. 

Bei  dar  Ausfuhr:  QegenatSnde  von  derselben  Penon  getragen  and  im 
Oesammtgewichte  von  anter  80  Pfand;  rohe  Steine. 

II.  Die  Verzollung  soll  nach  dem  iSHiftogewicbte  geschehen.  Bei  mangelnder 

Iuhult8anp;a!)e  hat  der  hocb>te  Zollansatz  in  Anwendung  zu  kommen,  bei  zwei- 
dftutif?er  Iiihalt«angabe  lnW-iistr  (icliühr  nach  Afaßgäibe  der  Art  der  Waare. 
Ungenügende  Angaben  über  zuHummeugepackte  Wauren  verschiedener  Gattung 
zogen  die  Venollung  den  ganzen  EVachtatttckea  zn  demjenigen  Ansätze  nach  sioh, 
die  ee  nach  der  am  hlSehsten  belegten  Waare  hStte  bezahlen  mOssen. 

III.  1^  Grenia  der  Sohweis  wurde  in  5  Terwaltangsdistrikte  besw. 
Zollgebiete  eingetheilt,  anter  bei^onderer  iUlokaiditiiafame  aof  geogr^hisohe  and 

•a||rachli(-he  \'iTbältni88e,  nämlich  : 

1.  (xtbiet:  Bern,  SoloUmrOf  Basektadt,  Ba8clknd,  Aargau,  mit  Direktiou 
in  Basel. 

2.  (TeftM:  Zürieh,^  Sehaffhanaea  «nd  Thoigaa,  mit  Direktion  in  Sohaff- 
haosen. 

3.  G-thici:   St.  (Tallen  und  Graubüoden,  mit  Direktion  in  Chor, 

/.  Gebiet:   TesHiu,  mit  Direktion  in  Lugant». 

5.  Gebiet:   Wallis,  Waaat,  Genf  uud  Neuenbürg,  mit  Direktion  in  Lao«aune. 
iy&  Dem  Bondatrathe  blieb  Torbehaltea,  za  beatimmen,  an  welchen  Grenz- 
pnnkten  Haapt-  and  Mehenzolbtätten  zu  errichten  stten.   Zur  Erleichterung  des 


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Zu  11  Wesen 


—    432  — 


iioUweseo 


Zwiaohcohandelfl  war  das  Inatitat  der  eidg.  Niederlagsbftiuer  (soUfreie  NtedM*- 
lagen)  Torgesehen. 

V.  In  Hinsicht  auf  die  Zollformalitäten  galt  möglichste  Erleichterung  aU 
erster  Grundsatz,  dauehm  aber  immerhin  die  Verpflichtunc"  ft5r  den  Waaren- 
flihrer,  über  die  einzuführenden  Waaren  vor  ihrer  Verzollung  einen  getiaucu 
Ausweis  sn  lebten,  vrie  Überhaupt  die  Anmeldepilicht  fQr  alle  ein-  oder  auazu- 
ftlhrenden  Gegenstände,  ferner  das  Bevisionsreoht  der  Zollverwaltung. 

In  Betreff  der  Durchfuhr:  Högliobute  £rleiolitemng,  jedoch  unter  aehiitsenden 
Garantien. 

BchchränkuMg  der  ^sietierlagsfrist  auf  die  Dauer  eines  Jahre*'. 

VI.  Dem  Bunde^rath  als  obersten  vullziehcnden  und  leitenden  Behörde  war 
nuob  das  Becht  xugestanden,  unter  aufierordentlichen  Unutttnden  besondere  in  den 
lJundesvorschriften  nicM  vorgesehene  llfoßnahmen  su  ergreifen,  nnter  dem  Vor- 
belialt,  der  Bundesversamnilung  bei  deren  nächstem  Zusammentritt  Bericht  xa 
erstatt' n  und  di«  «jotr(»fff^n*^n  Jfaßnahnipn  ihrer  Genehm isjonfir  anheinixiisteilen 
Dieäe  Bestimmung,  der  Hogeoannte  Kampfartikel ,  nollte  dem  Bundeärathe  das 
Mittel  an  die  Hand  geben,  seinen  dem  Auslande  gcgenttber  za  stellenden  Be- 
gehren in  Zollsaehen  eveninell  den  nSthigen  Nachdrack  m  verleihen. 

Der  Bundesrath  entschied  ferner  (und  entscheidet  beute  noch)  endgü!ti>r  in 
Tarif fiaLr*"!!.  Die  nnmittelbare  Aufsicht  über  das  Zollwesen  wurde  dein  Handels- 
und Zoüdi'pariement  übertraji^en  und  für  die  spezielle  Leitung  dvo  Dienstes  eiu 
Oberzolldirektur  vorgesehen,  dem  die  Gebiet«direktionen  untergeordnet  sind. 

Aof  jeder  ZoUstfttte  bandet  sidi  ein  Einnehmer.  Bei  den  HauptzolUtStten 
kann  demselben  ein  Kontroleur  beigeordnet  worden.  Die  Nebenzcllstiitten  stehen 
unter  der  zunächst  «»elegenen  Hauptzollstiittp.  Dt-n  Zoühtaniten  sr.II  nulit  ge- 
stattet seil),  ein  andere«  Gewerbe  ohne  Einwilligung  des  Bunde^rathes  zu  be- 
treiben. 

VII.  An  Stelle  eines  eidg.  Grenzwächterkorps  hatten  die  Kantone  gegen 
Entschädigung  der  dadurch  entstehenden  besonderen  Auslagen  den  Zoliaehnts 
durch  die  kantonalen  Polizeiorgane  ausüben  zu  lassen. 

VIII.  Dieser  Abschnitt  be-timmte  diejenigen  Delikte,  welche  nnter  den 
Begrid'  der  Zollübertretung  (Uuturlasäuug  der  Anmeldung  zur  Verzoll'iug,  un- 
richtige Gewichtsangaben,  unrichtige  InhältsbeBeidiDttng  etc.)  follen^  und  normirte 
das  daherige  Strafmaß,  5  bis  SOfacher  ZoUbetrag,  mit  angemessener  Verschärfung 
im  Wiederliühingj^falle  bis  auf  den  G(>  fachen  Betrair  und  unter  besonders  er» 
schwereiulen  Uiii>taiHU-n  (T^■f;^ll^'Ili^JstIa^e  bis  atif  ein  .hihr. 

Bei  Witierhamllung  gegen  die  Besünimungen  betrelle.nd  die  Diirclifuhr  war 
die  doppelte  Eingaugsgebühr  zu  entrichten.  OrdnungsbuCeu  bei  bloßen  Koutrol- 
nmgebungen  bis  auf  4  Franken.  Von  den  bezogenen  Bußen  soll  je  '/s  dem 
Verleider,  dem  Kanton  und  dem  Bunde  zufallen. 

Xr.  Alle  i'n  Innern  der  Kiilirfuissciisilinft  bestehenden  Land-  und  Wasser- 
zJ'dle,  \^'«  ir  und  Briiekeni^eM:  i .  K.iuthaus-,  \\  aag-,  Geleit-  nnd  andere  (iebühren 
hörten  mit  dem  Zeitpunkte  der  Inkraftsetzung  der  neuen  GrenzzöUc  auf,  mit 
Ausnahme  der  vom  Bnndeerathe  zu  bezeichnenden,  deren  Fortbezug  der  Ge- 
nehmigung der  Bundesversammlnng  unterlag. 

Di<  a]-;  EntschtSdigting  an  die  Kantone  für  sich  und  zu  Händen  von  Ge- 
nieinden, Korporationen  und  l'rivaten  zu  zahlenden  Abtiudungssummeu  waren 
ebenfalls  von  der  BuudesverNammliuig  zu  genehmigen. 

Sofort  und  ohne  Entschädigung  holen  diejenigen  Gefalle  dabin,  deren  Bezug 
iiie  von  der  Tagsatzung  bewilligt  worden,  auagenommen  die  Konsumgebtthren 


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Zoilwesea 


433  — 


Zoll  Wesen 


(Ohmgelder)  auf  Wein  und  andereti  geintigeu  Getrünken  (Art.  32  der  Bandea- 
Ywfassnng). 

Der  Bezug  von  Zöllen,  Weg-  und  Brückengeldern  fUr  Tilgung  eines  Bau- 
kapitals  bezw.  die  hierfür  zu  gewährende  Entwhädigong  erioedi  mit  Deckung 
des  betreffenden  Kapitals  nebst  Zinsen. 

X.  Dem  Bundenrathe  war  anheimgegeben,  dem  Zeitpunkt  dea  Inkgafttgeteaa 
des  Qeeetaee  in  lieatimmen. 

Dies  sind  die  ^aptpnnkte  dea  ersten  «dfenössischen  ZoUgesetzes.  auf  daa 
wir  seiner  kiatorieohen  Bedentang  wegen  etwaa  n&her  glaubten  eintreten  au 
solle  n. 

B.   Der  Zolilarif. 

Im  Einfohrtarif  ab  der  HaupteinnahmaqueUe  wurden  die  Waaren  nater 

möglichster  BenickHichtigang  ihrer  Art,  ihrer  Nothwendigkeit,  ihres  Werthes 
und  ilires  Zweckes  in  Klassen  zusammengestellt.  Die  Ansätze  derselben  mußten 
80  hoch  gestellt  werden,  daß  deren  Krtrii^^nili  hinreichte,  um  die  Entschäiliirn'it? 
an  die  Kantone,  die  Bezugskosten  und  einen  Theil  der  Bundusauslageu  zu  decken. 
Als  YenEolinngseinheit  wurde  zu  Grmnde  gelegt: 

a.  Die  Zngthieriaat  {=  15  Schweiaeraentner)  für  grobe  Artikel,  namentlieh 
des  Grenzverkehrs  und  für  Gegenstände  zu  Sohauatellongen ; 

b.  die  Stückzahl  für  Tliiere  und  Fuhrwerke; 

c.  der  Werth  für  Mühlsteine,  Schiffe  und  Schlitten  5 

d.  der  Sohweizeraentner  Bruttogewicht  für  alle  andern  Waareaartikel. 

Kat.  a  aerfiel  wieder  in  3  Klasaen  an  1,  3  und  20  Bataen;  Eat.  b  in 
8  Klassen  mit  '/s,  3,  20,  40,  120,  200,  400  und  l)00  Batzen;  Kat.  g  in 
3  Klassen  mit  2,  5  und  10  %  ad  valorem}  Kat,  in  9  Klaasen  mit  1,  2,  ö, 
10,  15,  20,  25,  50,  lUO  Batzen. 

Aehnlich  klassirte  der  Tarif  für  die  Ausfuhr,  d.  h. : 

a.  Nach  Zugthierlasten  für  grobe  Artikel,  mit  1  und  3  Bataan  Zollf 
b.  nach  Stückzahl  für  Thien  mit  '/4,  5  und  10  Batzen  Zoll;  c.  nach  dem 
Werth  (3  und  5  ^/o)  für  Holzkohlen  und  Mol/,,  ruh,  und  Schuittwaaren ;  (/.  nach 
Schweizerzentner  Bruttogewicht  mit  1  Batzen  (alle  nicht  besonders  genannte 
Waaren),  5  Batzen  (Gerberlohe,  Felle,  Häute),  10  Batzen  (Baumrinde)  und 
16  Batzen  (Lumpen). 

Für  die  Durchfuhrgüter  galten  folgende  Taxen: 

Die  im  Einfuhrtarif  nach  Zngtbierlasten  klasüirten  Güter  wie  für  die  Einfuhr ; 
Thiere  für  Strecken  von  8  Stunden  und  wenip^er  '/^i  ^  ^  Batzen,  für  jede 

längere  Strecke  1,  5  und  20  Batzen;  Holz  6  und  5  %  ad  valorcm;  alle  andern 
Waaren  rom  Sohweiserzentner  brutto  für  Strecken  von  8  Stunden  und  weniger 
y«,  für  weitere  Strecken  3  Bataen. 

Zugleich  mit  diesem  Gesetze  (30.  Juni  1849)  erließ  die  Bundesversammlung 
das  Gesetz  betreffend  das  Verfahren  bei  Uebertretungen  fiskaliseher  und  poliaei' 
lioher  Bundefpresetze,  welches  heute  noch  zu  Kraft  besteht. 

Unterm  4.  Oktober  184U  sodann  erließ  der  Bundesrath  eine  Vollziehung»- 
yerordnang  nehst  Speaialinstruktion  fttr  die  sehweia.  Zollbehörden. 

Vorgängig  aber  der  Vollziehung  der  neuen  Zollgesetagebnng  hatte  sl  eh  der 
Bund  zunächst  mit  den  Zollablösungsverträgen  zu  befassen.  Dieselben  kamen 
zum  Theil  erst  nach  mühevollen  Verhandlungen  zu  Stande,  waren  indessen  in- 
sofern befriedigend,  aU  einerseits  nur  wenige  innere  Zuilbezüge  fortbestehen 
Uieben,  und  anderseits  die  fftr  den  Loskauf  veranschlagte  Summe  von 
Fr.  1,700,000  a.  W.  nicht  tthersehritten  wurde. 

Fnrrar,  VelkmlrthMhkfM-LiKikoD  der  Schwall.  ^8 


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4 


Züilweseu  —    434    —  Zoliwesen 

Diese  aul  unbestimmte  Zeit  jährlich  sich  wiederboleade  Ausgabe  war  freilich 
keine  geringe  Last;  aber  die  Befreiung  von  eioer  Uniahl  innerer  ZOUe  und 
Weggelder  im  gnoteo  Gebiete  der  Eidgenoesemchaft  ersdiien  ale  eine  der  er- 
freulichsten ErruDgendchaften  der  neuen  HuDdeeeinrichtuDgen.  Die  im  Jahre  1838 
io  ein(?ni  Uber  das  ge<nmmte  »chweiz.  Zollwe^eu  an  die  Tagsatzuug  prstitteten 
Berichte  gestellte  schiiohterae  Frage:  «Wird  die  Zeit  kommen,  wo  mau  daran 
denkt  nnd  dannf  hinarbeitet,  die  innem  ZQlle  ganz  zu  beseitigen  und  dafür 
mSfiige,  nach  gerechtem,  billigem  TerhSltnisse  n  Terlheilende  OrenottUe  ein- 
■ofÜhren?"  hatte  nun.  Dank  dem  eneri,nHehen  nnd  zielbewußten  Vorgehen  des 
Bundes,  ilirc  L'likk liehe  nni!  f üflgiiltiL,''-  Lö«nng  gefunden.  Seinen  nar-hdruck- 
8ameu  Bemühungen  war  e«  auch  gelungen  zu  erwirken,  dal^  du-  heilungene  Lo»- 
kauf^umme  weniger  betrug,  ab  der  durchächuittliche  Reinertrag  vom  Jabre 
bis  und  mit  lft46  (Art.  26,  litt,  b  der  Bimdeeverfiusnng). 

Anf  den  Betng  von  4  Batzen  per  Kopf  waren  folgende  Kantone  angewiesen, 
mit  denen  ea  daher  eines  he^onlem  Vertrages  nieht  bedurfte: 

Kopfzahl       liOtk:iur«umni<^  \  i  Kopfzahl  Lotknafüiiinme 

ZOrich  ....  2i31,r>7b   Fr.  92,«)3().  4^)  i !  Zug   15,322  Fr.  0.128.80 

Luzem.   .   .   .  124,521  ,                    AppenieU  A.-Rh.  .  41.080  ,  I6,m - 

Schwyz ....  40,Gr)0  ,    l»i,2»J().  -      A™,.n  f  n».  o  7Qft  Q  Olli  in 

Obwaiden.   .   .  12,:{68  ,     4,947. 2ü     ^PP«^«" '  ^'^^  •  3,918.40 

Glems.  .  ,  .  t9,3i8  ,  11,739.90    Neuenbürg  .  .  .  58.616  ,  23.446.40 

Yertrige  worden  abgeeohlowen  mit: 


KopfzJilU 

Nid  Waiden  'j  . 

.  10,20:{ 

Fr. 

4.ü81.2() 

,  St.  Gallen    .  . 

15^,853 

Ff.  118,000.— 

Bern .... 

.  407,913 

■ 

i7b,im.  —  i 

\>  GreobQnden*)  . 

84,506 

,  910,000. 

Uri^)    .    .  . 

,  13,.')19 

54.0<K».  — 

'  Aar;.Mu  "■')  .    .  . 

183.7.55 

^    lOT.OfX).  — 

Freiburg  *) .  . 

.  91,145 

n 

37, (m.  — 

1  Thurgau  .    .  . 
1  Tessin  *)   .    .  . 

Sl,124 

4Ö,U00.  — 

Sololhurn  *)  . 

.  »j3.19ß 

T 

32,(XJO.  — 

113,923 

.  1«.M>,000.— 

Baselstadl  .  . 

.  2+.;321 

» 

104.()0().  -  - 

!  Waadl")  .    .  . 

183.582 

,    15ä,«K».  — 

BaseUaud ')  . 

.  41,103 

45,400.™  i 

1  WaUis")  .   .  . 

7«i,590 

,     70,000.  — 

Schaffhaosen  . 

.  3S.S8S 

• 

46.000.—  1 

1  Genf»*)   .  .  . 

58.666 

.    30.000.  — 

Die  üauenMteinsöUe  waren  jährlich  mir  Fr.  2.'S.98'i  den  Ständen  Solothnm 
nnd  Ba^elland  lange  zn  vergüten,  bie  da«  Kapital  sammt  Zia»  getilgt  war 
(oa.  12  Jahre V 

Die  Liuthzölk  wurden  mit  jähriicii  Fr.  10,600  entschädigt. 

Die  Berechtigung  zum  Beenge  von  Konsnmogebtthren  anf  Wein  nnd  geistigen 
€^trKnken  behielten  die  Kantone  :  Bern  ,  Luzem ,  Uri ,  Obwalden ,  Nidwaiden, 
Glarus,  Zug,  Freiburg,  Solothurn,  Ba.»*elsta(lt ,  .Schatfhansf  n ,  St.  rmlim  ,  Grau- 
bünden, AarjjHU,  Thnrü^an,  Waadf,  (Jenf,  Tessin,  welchem  üherili«  s  durch  Sppzial- 
vertrag  die  Erhebung  von  ivonsumogubUhreD  an  der  italienischen  Grenze  nach 

M  Mit  fk'srliriinkun^'  der  Knlscli:iili;.n]ii;.'  auf  i  B.itzen  \»-r  Kopf.  -)  Wovon  IT.f'OO 
Franken  bis  zur  Tilgung  des  ;>lr.iL»enhiiuJiapilals  der  StraUe  von  Gü^-bcaen,  Fr.  15,000 
bis  1.  Dezember  1864.   *)  Mehl  inbeKriflen  der  BrAckenzoU  der  großen  Drahtbrflcke, 

weK'licr  bis  zum  Ablauf  der  von  der  Ta;r-at7iing  Keu**hniigten  Konze8!?ion  hrrop-cn  wor- 
den durfte,  ')  Mit  AusHcliluß  der  HauensLciuzuile.  ')  Franken  120,0<K)  auf  uul><L^liuunle 
Zeit,  Fr.  15,2:^0  für  Struüt-npramien  bis  zur  Tilgung  des  Aktienkapitals,  Fr.  4i,780  bie 
zum  Jahre  iS'lo,  Bewilii^'uiig  der  Forldauer  vorbehalten.  Mit  Forttit  -Ianil  der  Bnu  ken- 
zölle  in  Aaihurp,  Laufcuburg  etc.  und  der  Kaufliausgebührcn  in  Zui^uü.  ')  Mil  Aus- 
o-liliii,  des  Brückenjreldee  von  llelide.  Aii.-^geiu>mmen  die  Brückengelder  zu  Chessel 
und  (loloiiihcy.  ')  Ai!«'.'enoniraen  die  Brüekengclder  zu  Che?>rel  und  <Iolomhey,  Bac 
d  Uler^iirt,  iMa-ssoiigey,  La,vi,v,  Outre  Rliöne.  Braniois  und  das  Weggeld  nach  Leukerbad. 

Ausgerioiiiinen  die  Bnu  kengelder  St.  Anluine  und  des  Paiiuis,  de  Beiair  ä  la  Gonlou- 
vrii^rc,  des  Terreaux  du  Temple,  über  die  Uolzbrücke  Ober  die  Arve,  die  Ffthre  von 
Cbaac). 


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Zollwesen 


—    435  — 


Zollweaen 


dorn  frlibern  (xesetz  (gewisse  Artikel  ausgeiioiuiaeQ)  bewilligt  wurde  und  zwar 
in  Anbetracht  der  finanziell  ungünutigen  Lage  des  Kantons,  des  kostüpieligeD 
Unterhaltes  der  Bergatrafien,  für  deren  erste  Erbaniing  damals  nooh  eine  Schnld 
TOn  S'/i  Millionen  Schweilerfranken  bestanden  hat. 

IVr  Schneebroch  nuf  der  Gotthardstraße  warde  Tom  Bande  ttberaommen 
und  daiiurcb  T'ri  uikI   Ttssin  entlastet. 

Parallel  uiti  den  Luterhaudlungen  mit  den  E^ntonea  über  den  Loäkauf  der 
ZBlle  u.  8.  w.  gingen  die  Vorbereitungen  des  Bundesrathes  ftb*  die  InTollzog- 
setaang  des  ZoUgeaetzes,  wie  Erlaß  der  erforderlichen  Verordnungen  und  Instruk- 
tionen (s.  liicvur'i.  Bezeichnung  der  Zullst.ittfn,  BesclialTung  der  nöthigen  Lokali- 
täten, Braiiitt'riwalilcn  ii.  h.  w,  und  am  12.  Januar  Is'A)  faßte  dattn  derselbe 
dun  Beäcblaß)  daii  das  Zoligetietz  vom  '60.  Juui  1641)  mit  1.  Februar  1850  in 
Kraft  stt  treten  habe.  Glebhwtig  enoMenen  Verordnongen  betreffend  die  ftlr 
Binfhhr  xollpfliohtiger  Gegenstände  erlaubten  Straßen  nnd  Landangsptetae,  sowie 
l)etreS(attd  die  Regulirun<;  der  Bheinschifffehrtszölle,  welchen,  unterm  1.  Febroar 
1850,  eine  solche  über  die  Lagergebühren  für  die  Niederlagshäuser  folgte. 

!)iir(h  Biindesbeschluß  vom  !7.  /on.  April  1850  wurde  dann  der  Rtindcs- 
rath  ermächtigt,  den  Zollloskattf» vertragen  im  Namen  des  Bundes  die  Batifikation 
zu  er th  eilen. 

Von  den  naehherigen  Erlassen  sind  zu  erwähnen: 

1)  Die  Verordnung  des  Bundesrathes  betreffend  die  Regelung  nad  £rlei(Ate- 
rang  des  landwirthschaftlichen  Grenzverkehrs  vom  '2.  Mai  1850. 

2>  Da^^  Dekret  dc^  Bundesrathes  betreffend  Aufhebung  des  Holsansfahnolles 
in  Uri  vom  13,  Mai  1850. 

3)  Die  Verordnung  de«  Bandesrathes  lam  Oeseto  Iber  das  ZeUweeen  vom 
.5.  Angost  1850  dahingehend,  daß  die  fireie  Ansfiihr  ins  Sinne  von  Art.  6,  Lenuna  1 
des  Zoll^resetzes  nur  auf  solche  Artikel  anwendbar  an,  deren  Anaflihraoll  1 
Batzen  per  Centncr  beträgt. 

4)  Der  Bundestieschliiß  vom  2.  Dezember  1H50  betreffend  die  Bildiinfl;  eine*? 
VI.  Zollgebieten  mit  Hauptsitz  in  Genf,  durch  Abtrennung  der  Kantone  (lent"  und 
Wallis  vom  bisherigen  V.  Zollgebiet  und  zwar  aus  Rücksichten  auf  die  liandels- 
verhältüMse  Genfs,  deren  Vortreter  diese  Vergünstigung  mit  allem  Naohdrnok 
▼erlangt  hatten. 

5)  Die  Verordnung  betreffend  das  Ueberschreiten  der  Grenze  mit  BoUpflioh* 
-tigen  Waaren  anßer  den  Zollstunden  vom  25.  Januar  1851. 

Die  Vorbereitungen  für  ein  neuea  MUnzgeeets  legten  en  dem  Bundesrathe 
nahe,  in  Verbindung  damit  aaeh  dne  Beriiioii  dea  ZoUgesetzeB,  bexw.  des  Zoll- 
tarife mit  Umwandlung  der  bisherigen  Anältie  in  neue  Sehweiserwfthmng  anm- 
bahnen,  und  nachdem  am  7.  Mai  l85o  jenes  Cbsetz  erlassen  worden,  stellte  der 
Bundesrath  am  darfuiffolgenden  10.  Mai  einen  revidirten  Gesetze<äentw^irf  über  das 
Zollwesen  fest,  in  welchem  neben  Einführung  der  ueuen  Währung  auch  einige 
Mängel  beseitigt  wurden,  die  im  Zollgesetz  uixd  uameutlich  im  Tarif  zu  Tage 
^letreten  waren.  Anoh  sollte  der  revidirte  Tarif  etwas  hShere  Zollerträgnisse 
liefern,  die  sa  5  Millionen  Franken  n.  W.  veransohlagt  worden. 

In  der  Hauptsache  entluelt  der  Entwurf  folgende  Modifikationen  gegenttber 

•dem  alten  Gesetz : 

Zollbefreiun«^  fnr  Transportschiffe,  welche  vorübergehend  auf  schweizerischem 
Gebiet  sieh  aufhalten,  unter  den  gleichen  Vorauüsetzuugen,  wie  die  Reise-  und 
Lastwagen. 


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ZoQwtMo 


—    436  — 


Zollweseu 


BeecbiVokung  der  Zollbefreiaiig  f&r  rohe  Landeeenengnieie  im  Qrenxverkehr 

in  der  Weine,  daß  ErzeugnÜBe  von  GrandätUcken  außerhalb  der  Schweis  aar 
von  dem  Einfahr- und  olche  von  Grundstücken  im  schweiierischen  Grenzrayou  nur 
vom  Ausfnhrzolle  befreit  sein  sollen,  während  bei  etwaiger  Wiederaus-  bezw. 
Wiedereinfuhr  der  entsprechende  Ausfuhr-  bezw.  Einfuhrzoll  zu  erheben  ist,  ia 
der  Heinniig  immerhin,  daß  die  znr  Behanvog  der  GmndelBeke  nöthigen  Thiere,. 
GertthRohaften  u.  A.  etete  hei  zirkuüren  dürften. 

Statt  2Vs  Bp.  a.  W.  worden  6  Ep.  n.  W.  ak  MinimalanUhetrelbiA  anf- 
geuonunen. 

Als  soUfrei  wurden  femer  bexeichnet: 

Hfleli,  j^r,  friadw  Feld-  und  Gartengewieliee  eto.  im  kleinen  Marktrerkehr,, 
wekhe  Beetimmong  die  BnndeeTereammlniig  im  frühem  Geeetseeentwarf»  geetridieiL 
hatte. 

Zollbefreiung  bei  der  Ausfuhr  wurde  vorg'eHehen  fHr  Gregenatände,  welche 
von  eiiu  r  und  derselben  PerBun  getragen  werden  und  deren  Ausgangszoll  weniger 
ala  10  Kp.  ausmacht  (anstatt  welche  zusammeu  das  ^aximalgewiohi  vuu  80 
FAinden  nicht  enraiehen). 

Die  Bestimmung  betreffend  die  eidg.  Nit  derlagöbäuser  wurde  in  dem  Sinoe 
erweitert,  daß  der  Bnndesrath  ausnahmsweise  NiederlagshänHer  in  solcher  Form 
bewilligen  ht'mne,  wie  sie  den  Interessen  des  Handel«  am  angemeweneten  eind^ 
ohne  diejenigen  der  Zollverwaltung  itu  gefährden. 

Die  neue  Fassung  sollte  den  verschiedenartigen  Verbal tuifUicu  der  Schweix., 
flandelsplitae  Heohnung  tragen  itnd  es  ermOglicheni  den  naohgewieseoen  Handels* 
intereaien  nach  ihren  lokalen  Bedürfeiflsen,  in  der  denselben  angemeseenatea  Form. 

and  Weise,  entsprechen  zu  kSnnen.  Die  frühere  bestimmtere  FusüUQg:  „Der 
Bundesrnth  errichtet"  eto.  hatte  zii  vt  r*^ebiedeuen  diesbezüglichen  Begehren  Anlaß 
gegeben,  die  der  Bundesrath  ahlehiun  muLite.  theils  weil  das  BedilrfniLi  nicht, 
genügend  nachgewiesen  war,  theils  aus  Alatigel  au  den  erforderlichen  Mitteln, 
wobei  er  den  Bewerbern  freieteUte,  nnter  Leietong  der  nttthigen  Gkurantien  an 
den  Bund,  selbst  ein  Niederlagshans  zu  erstellen,  wogegen  den  Interessenten  die 
MagLiziniruntrsgebiIhren  überlassen  werden.  Ks  ist  divs  der  n 'im liehe  Standpunkt,, 
den  der  Bundesrath  in  dieser  Sache  auch  heute  noch  einnimmt. 

Eine  fernere  Bestimmung  betrifft  die  Verbleiang  von  Transitgütern  auf 
Verlangen  des  W  aareufuhrers,  welches  Verfahren  im  ersten  Gesetze  nicht  vor- 
gesehen war. 

Die  Strafbeetimmiingen  wurden  prfinmr  gefoßt,  eo  namentlioh  becttgliob  de» 

Befahrens  nicht  erlaubter  Straßen  —  die  erlaubten  «ind  ansdrtteklioh  ab  solehe 

bezeichnet  und  mit  daherigen  Tafeln  versehen. 

.-\n('h  ist  im  neuen  Gesetz  nielit  mehr  die  Rede  davon,  ob  eine  Zollüber- 
tretung absichtlieb  oder  unabsichtlich  begangen  sei,  suuderu  die  Tbatsache  der- 
selben wird  als  strafbar  bezeichnet.  Dagegen  sind  Nachlässigkeiten  nicht  dem. 
Strafverfkhren,  sondern  Ordnungsbufien  bis  auf  den  Betrag  von  Fr.  10.  •—'  unter- 
worfen. „Die  Erfahrung  hat  bewieeen,  —  eagt  der  Bandesrath  in  der  bezüglichen 
Botschaft  —  daÜ  unser  Zoll^setz  im  Allgemeinen  .'if^hr  gut  von  den  Leuten 
gekannt  ist;  denn  in  den  meisten  Fälbln  kann  vom  Zollptlichtigeu  alles  was  zu 
seinen  Gonsten  spnciit,  daraus  angeführt  werden ;  c«i  i»t  daher  nicht  auzuuehmeo, 
daß  er  die  YerpiUchtungen  nicht  auch  ebenso  gut  kenne,  die  es  ihm  aoferl^.* 

Das  Strafverfahren  wurde  übrigens  insofern  gemildert,  als  das  neue  Gesets. 
dem  Bnndesrathe  die  Befugniß  einräumt,  die  Buße  zu  ermäßigen  oder  selbst 


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ZoUweMm 


—    437  — 


Zollwesen 


Ijliislidi  nMhsnlaaattn,  aoleni  es  aich  «tgibt,  daft  dar  üebertreler  nidit  die  Ab- 
riebt hatte,  eine  Zollverschlagniß  za  begehen. 

Im  Weitern  wird  der  Zollverwaltung  das  Recht  vorbebnlten,  (regenstiinde, 
■deren  Werth  bei  Berechnnng  dos  zn  entrichtenden  Zollbetrugen  m  Anschlag 
kommt,  gegen  Vergütung  de«  deklarirteu  Werthet»  plu8  10  ^/o  des  letztern  an 
«icli  m  tiehen,  iD  welchem  Falle  jedooh  nkht  Bocb  tiae  Stnfrer&lirai  wflfeo 
ÜoUttbertretung  (anriolitige  WerthdekJaration)  eingeleitet  werden  daif. 

Im         wurde  folgende  Gebühren^^cala  anigeeteUt 

/.  Einfuhr, 

A.  7om  Stuck,  4  Unterabtheilungen  mit  Ansätzen  von  10  Kp.,  50  Kp., 
Fr.  3.  —  und       6.  — ; 

B.  ▼om  Werthe,  3  ünterabtheihiagen  mit  Anaitien  von  2«  5  nnd  10  ^  o ; 

C.  vom  Gewicht:  a.  nach  Zugthierlasten  (—  15  Zt  i  t  r"*)  3  ünterabthei- 
Inngcn  mit  15  und  60  Kp.  nnd  Fr.  3.  ~  ;  b.  nach  Zentnern  (=  1(H)  l'fund)  9 
Unterabt heiiungen  mit  Fr.  — .  15,  — .30,  — .  50,  — .  75,  1. 50,  2.  — ,  3.50,  8. — , 
15.  — . 

IL  Ausfuhr. 

A.  vom  Stück,  3  Unterabtheilungen  mit  Fr.  — .  05,  — .  60  und  1.  50; 

B.  vom  Werthoj  2  Unterabtheilungen  mit  '^  und  5  "/o; 

C.  vom  Gewichte,  a.  nach  Zugthierla-nten  .'i  U(iteriilitheilun_'"n  mit  Fr.  — .  15, 
— .  30  und  1.  50,  6.  nach  Zentnern  4  Unterabthoiluugcu  mit  Fr.  — .  10, 
— .  80,  1.  —  und  2.  — . 

///.  Durchfuhr. 

A,  Vom  Stück :  a.  für  jede  Strecke  von  8  Stunden  und  darunter  3  AnsSlze 
Yon  3,  15  und  30  Bp.}  6.  für  längere  Strecken  3  Ana&tze  von  15,  76  Bp.  und 
Fr.  3.  — . 

B,  vom  Werthe,  2  AniXtie  mit  3  und  5  ^/o. 

C,  Tom  Gewiokte:  a.  naob  ZngtbierliMten  4  Ansätxe  Ton  10,  15  und  60  1^. 
und  Fr.  3.  — ;  b.  nach  Zentnern,  5       fllr  Strecken  Ton  8  Stunden  nnd  darunter, 

30  Rp.  für  längere  Strecken. 

Mit  Beginn  dci»  Jahren  1873  iai  der  Zolltarif,  wie  er  Hich  nach  den  bil 
WH  diesem  Zeitpunkte  eingetretenen  Mutationen  gestaltet  hatte,  in  einer  neuen 
Aoegsbe  erschienen. 

Dieses  neue  Ge^^t  t^  mit  Tarif  wurde  TOii  der  BundesTeraammlnng  am  27.  August 

l'^'5t  erlassen  nnd  i?Ht,   obwuhl   sehr  revi'-innfibednrftig.    bi'<  znr  Stnndf  flsfSO)' 
imch  in  Knitt ;  der  Tarif  liatte  (icituni;  t>iji  Ende  1Ö^S4,  wenn  auch  intuige  späterer 
Erias»«,  sowie  vou  Huiidei^vertragen,  in  wesentlich  veränderter  Gestalt. 

Von  den  VertrSgen  sbd  namentlioh  xn  nennen  derjenige  mit  Sardinien  (1851), 
durch  welchen  lie  Eidgenoasenachalt  sieh  verpflichtete,  den  ans  den  Provinzen  Cha- 
blais,  Genevois  un  l  Faucigny  und  aus  dem  Herzogthura  Savoycn  herkommenden, 
für  die  Versorgung  des  Kantons  und  der  Stadt  Genf  bestimmten  Lebensmittel  und 
Verbrauchsgegenstäude  zollfreie  Einfuhr  zu  gestatten;  der  Handelf*vertrag  mit 
Belgien  (1862),  in  weldiem  Iwidseitig  eine  Anzahl  von  ZoUermäßigungen  ein- 
gerSnmt  wurden;  der  Vertrag  mit  Frankreich  (1864),  in  welchem  behu&  Er« 
languug  der  von  Frankreich  in  den  Verträgen  mit  England,  Belgien,  Preußen 
und  Italien  eingerSumten  Krleiehternngen  Ermäßigung  einer  Rf'ihe  di  r  uhiuhin 
niedrigen  Zollausätze  zugestitn  li  n  \v<  rden  mußte;  (b-rsflbe  stipnlirte  überdies  be- 
4iondere  Erleichterungen  für  die  vuiu  Wiener  Kougrclj  1815  mit  Kücksicht  auf 
ihre  geographische  Lage  und  ihre  Verhftltntsae  rar  Schweis  in  die  Bonanelinie 
won  Frankreich  nieht  eingesdilgsRene  Landschaft  Gex;  ferner  der  Vertrag  mit 


Zollwesen 


—    438  — 


ZollweaeiL 


Oesterreich  (1868),  in  welchem  einige  Erleichteningen  für  den  engern  Grenz- 
verkehr, s^owif  Aufhebung  der  bereit«  im  Jahre  185Ü  bfdciiten<i  crmäßii^tea 
schweizerischen  Durchfuhrzölle  zugestanden  waren;  der  Vertragsabtichluia  mit 
dem  d«iitec1iQD  Zollvemn  endlioh  {14)69)  verpflichtete  die  Schweiz  zur  Frei' 
gebang  einer  Reihe  von  Gegenstitnden,  welche  bis  dahin  sollpflichtig  geweeei» 
waren. 

Die  in  den  Yoit rügen  mit  Bt  ljrien  und  Frankreich  ^tipulirten  Z(»llerni&ßi- 
guugeu  wurden  sofort  ^um  Theil  infülge  der  Meistbf>günstignngsklansel  in  den 
Verträgen,  zum  Theil  gestützt  auf  gegenseitige  Zunicheruug  der  MeiKibcgünsti- 
gnng  hie  nt  definitiven  Yertrageabseblttflsen  für  alle  Waaren  in  Anwendung 

j^'ebracht,  welche  übi  r  die  Nord-,  West-  und  Sudgrense  apr  Einfuhr  bezw.  Aqr- 
fuhr  gelangten,  während  die  Verzollnnji;  der  iibi  r  die  österreichische  Grenze  ein- 
bezw.  ausgeführten  Waaren  bis  zmti  Jnkrutttreten  des  Uandelevertragea  mit 
Oesterreich  nach  dem  Tarif  vou  1801  stattzuüuden  hatte. 

Von  Erld.sben  au»  den  Jahren  1851  —  1873  sind  bemerkenswertb : 

1)  Verordnang  vom  21.  Jnli  1653  betreffend  Yerbleiang  der  Zollgüter; 

2)  BundcKbcschlaß  betreffend  Verzollung  von  fiisenbahiimaterial,  vom  19.  Juli  1864, 

in  Abänderung  von  Art.  3  de»  Bondesgesetzee  ttber  Ban  nnd  Betrieb  der 

Eisen  !>ahne7i ; 

3)  Yollziehungsverordiiuug  zum  Zoligesetz  von  1851,  vom  30.  November  1857, 

in  finetsiing  derjenigen  vom  30.  Jnni  1849; 

4)  BnndeBbeschlaß  betreffend  theilweise  ErmSßigang  dee  DurohfahraoUes ,  vom, 

12.  Januar  1859; 

6)  Bondesgesetz  betretlend  die  Vereinfacbnufr  der  Zullf »rnuilifiif en  für  Transit- 
güter, vom  24.  Juli  1867  und  Bunde^^rathäbeschluß  betretiend  Vollziehung 
dieses  Ge.setze»,  vom  14.  Augn»t  1867 ; 

6)  BnndeiibeechlQß  betreffend  Herabsetaiing  der  eidg.  ZsUe  aof  Eisen,  vom  6.  Jtili 

1867; 

7)  Verordnung-  betreffend  die  Vei-zollong  von  Kanfmannagtttem  im  Freihafen  voft 

Genf,  vom  21.  Februar  ISTO. 

Die  neue  K  u  n  de»  v  e  r  f  a  >.  s  ii  n  g  von  1  8  74  enthält  foi^remie  Zidlartikel : 

Art.  28.  Das  Zollwesen  i.^l  Sache  des  Bundes.  Dt'r»ell)e  hat  das  Hcchl,  Eiu-  und 
AusführzAlle  zu  erheben. 

Art.  29.  Bei  Erhehnnj.'  der  Zölle  sollen  fol^retide  Gmndsätze  beachtet  werden  r 
1)  Eingangsgebübrea :  u.  Die  für  die  inländitHibc  ludustric  und  Landwirlb^chaft 
erforderlichen  SlofTe  .sind  im  Zolltarife  möglichst  gering  zu  taxiren.  h.  FJn'uso  die 
zum  n«i(higen  Lel)ensbedarf  erforderlielien  Gegenstände,  c.  Die  Gegenstände  de«  liiixus 
uaterliegen  den  höchsten  Taxen.  Diese  Grundsätze  sind,  wenn  nicht  zwingende  Gründe 
entgegenstehen,  aueh  bei  Absehlieftnng  von  HandetevertrAgen  mit  dem  Auslande  zu 
befolpren. 

i)  Die  AusgangsgebQhren  sind  luöij'lichsl  luiliig  festzusetzen.  Durch  die  Zollgesetz- 
gebung sind  zur  Sicherung  des  Grenz-  und  .Marktverkehr-  -et  i-nt  te  Beslininiungen  zu 
trelTen.  Dem  Bnnde  bleibt  iminerbin  das  Hecht  vorbehalten,  unter  außerordeatlichea 
üinsländen,  in  Abweichung  von  vorstehenden  Bestimmungen,  vorübergehend  bemndwe 
Maßnahmen  zu  trcflcn. 

Art.  30.  Der  Ertrag  der  Zölle  lallt  in  die  Bundeskasse,  Die  den  Kantonen  bisher 
bezahlten  Entschädigungen  für  die  losgekauften  Zölle,  Weg-  und  Brflckengwlder,  Kanf^ 
haus-  und  andern  Gebühren  dieser  Art  fallen  we(j.  .\!isn;ilun-wei-e  erhallen  die  Kantone 
Uri,  GraubQnden,  Tessin  und  Wallis,  mit  ftacksicht  auf  ihre  inlernationalcn  Aipcnstraßen« 
eine  jährliche  Entschädigung,  welche,  in  Wflrdigung  aller  Verhiltnisee  featfrestelU  wird 
wie  folgt:  Uri  80.(X»0.  Graubünden  2()0,<«K>.  Tcssiu  20fi.fXX)  und  Walli-  r>n, 000  Franken. 
Für  Besorgung  des  Schneebruclies  auf  dem  St.  Gotthard  erhalten  die  Kantone  Uri  und 
Tesain  eine  jftlirliche  EntscbSdigang  von  zasammen  40.000  Franken  fOr  so  lange,  als. 
die  Straße  aber  den  Bergpafi  nicht  durch  eine  Eisenbahn  ersetzt  sein  wird. 


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ZoUweseu 


—    439  — 


ZoUweoen 


Art  31.  Dio  Freihrit  f\o^  Hanilcls  nnd  der  Gewcrlx'  ist  im  ganzen  t'mfange  der 
Eidgeoosseoscbaft  gewähr leiätet.  VorhehniteD  sind  :  u.  Da^  Salz-  und  t^uUerregal,  die 
eidgenössischen  ZAile;  die  Eingangsgebülircn  von  Wein  and  geistigen  Gelränicen,  sowie 
andere  vom  Bunde  an-dnlrklich  uiu  ikannte  Vcrbrauchssleuern ,  nach  Maßgabe  des 
Art.  32.  6.  Sanitälspulticüiche  MaUregelii  gegen  Epidemien  und  Vit  lHL-nrhen.  c.  Ver- 
fügungen über  Ausübung  von  Handel  und  Gewerben,  über  Besleuei  un^'  des  Gewerbe^ 
betriebes  und  über  die  B*  nut?:un;:  dr  r  Straßen.  Diese  VerfOgungea  dürfen  den  Grundsatz 
der  Handels-  und  GewerbelVLuheil  uiclit  l>ceiuUürhligeD. 

Art.  33.  Die  Kantone  sind  l>ei'ugt,  die  im  Art.  31  LiL  a  erwähnten  Eingangs* 
gebühren  von  Wein  und  iukIii  ii  treistigen  Getränicen  unter  folgenden  Beschränkungen 
zu  erheben :  a.  Bei  dem  liciw^  derselben  soll  der  Transit  in  keiner  Weise  belästigt  und 
der  Verkehr  überhaupt  so  wenig  als  möglich  gehemmt  und  mit  keinen  andern  Gebühren 
l)el^t  .werden.  6.  Werden  die  für  den  Verbrauch  eingeführten  Gegenstände  wieder  aus 
dem  Kanton  ausgeführt,  so  sind  die  bezahlten  Eingangsgebühren  ohne  weitere  Bellstigun^' 
zurück  zu  erstatten,  c.  Die  Ei-zeugnisse  schweizerischen  Ursprungs  sind  mit  niedrigem 
Gebühren  zu  bellen  als  diejenigen  des  Aaslandes,  d.  Ein^ngagebühren  von  Wein  und 
andern  geistigen  GetrSnicen  schweizerischen  Ursprungs  dOrfen  da,  wo  solche  bestehen, 
nicht  erhüht,  und  in  Kantonen,  uclchf  k''in<'  bezieben,  nicht  eiatjefülirt  werden, 

e  üte  Gesetze  und  Verordnungen  der  Kantone  über  den  Bezug  der  Eingang^ebühren 
sind  der  Bundesbehftrde  vor  Vollziehung  derselben  cur  Gntfaeißang  vorzalegen,  damit 
die  NirliUieacljtiiim  voi^tehonflor  Grun'lsritze  Vfrliiiiili-rt  ucrilmi  kann.  Mit  Ablauf  des 
Jahren  189Ü  sollen  alle  Eingangügebübren,  welche  dermalen  von  den  Kantonen  erhoben 
werden,  sowie  ibnliche,  von  einzelnen  Gemeinden  bezogene  (SebOhren  ohne  Entschlldi- 
gung  ^inrallen*. 

Schon  zur  Zeit  der  VcrlniniHnngr)!  ühfr  die  Vt  rfajjsnng^srevision  von  1872 
wnrde  einer  itüg^nieiiii-n  Rt'visiün  de«  Zolltarifs  gerufen,  dereu  Wünsch  ha  rkf^it  sich 
theÜH  mit  UUektiicht  auf  die  Entwicklnug  von  Handel  und  Industrie  nud  die  da- 
duroh  veriaderten  TerhSltnisse  hmsjcbtlkli  des  Besnges  und  der  Verwendung 
zahlreicher  Erzeugnisse,  theils  Vom  fiskalischen  Standpunkte  des  Bundes  ans 
geltend  machte.  Infolge  Kündigung  der  Handelsverträge  mit  Frankreich  und 
Italien  stelltp  sinh  die  Frage  auch  von  diesem  Gesicbti>punkte  aus  in  deii  Vorder- 
grund, und  zudem  brachten  die  erhöhten  Anforderungen,  welche  seit  Inkrafttreten 
der  Bandeeverfassung  von  1874  an  die  Finanaen  des  Bond»  hsrantraten,  die 
unabweuliohe  Nothwendigkeit  mit  siohf  dem  Bande  neue  Eianabmiiqnellen  su 
edialTen,  welche  im  Wesentlichen  nur  durch  einen  neuen  Zolltarif  mit  entsprechend 
geeteigerten  Ansätzen  gefunden  werden  konnten. 

In  der  Dezembersession  der  eidjj:.  Riitlu-  von  IHH)  wurde  der  Bundesrath 
eingL'ladt  ii ,  mit  aller  Bf't'inif ruug  eine  Hevisiun  der  ZoHtarifc  vorzulegen  nnd 
mit  Boti^chalt  vom  16.  Juni  1877  ist  der  BundeHrath  dieser  b^iuiadung  nacii- 
gekommen. 

Am  2d.  Juni  1878  erfolgte  Seitens  beider  Räthe  die  Annahme  des  aus  der 
ersten  Berathung  hervorgegangenen  Tarifgesetzes,  jedoch  unter  dem  Vorbehalt 
einer  zwcitt  n  Lpsnnir.  womit  die  Fortsetdnng  der  Bevisionsarbeit  auf  unbestimmte 
Zeit  verschoben  wurde. 

Zwisolmthinein  fKIlt  der  Erlaß  des  Bundeegeeetzes  Uber  die  Erhöhung  dea 
Tabakzolles  vom  20.  Juni  1879,  einer  neuen  VoMehungaverordnung  zum  Zoll- 
gesetz,  vom  18.  Oktober  1881  und  der  AbaehluiS  neuer  HandelsTertrSge  mit 
Deutschland  IHKl  und  mit  Frankreich  1SS2. 

Die  Ratifikation  des  lf't/^f>i  n  durch  die  Buiide8ver.sHmmlttnff  veranlaßt«  dann 
einen  Be.schluß  vom  28.  Aprjl  1882,  durch  welchen  der  Bundesrath  eingeladen 
wurde,  noch  im  Laufe  des  nämlichen  Jahres  seine  Vorschläge  behufs  endgültiger 
Bereinignng  des  Zolltarifs  eiazureiehen. 

Auf  Grundlage  der  vom  3.  November  1882  datirten  bnndesräthlichen  Bot- 
schaft begann  hierauf  die  zweite  Berathung,  aue  welcher  das  Tarifgesetz  vom 


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Zollweflen 


440  — 


ZoUwesen 


36.  Juni  1884  (Generaltarif)  hervoiipng.  Danelbe,  naeh  Waareokateforian  auf 

gestellt,  trat  am  1.  Jannar  1885  in  Kraft,  jedocb  mit  Beeehlinkiing  seiner 
Wirkung  auf  die  yertragUoh  nicht  gebandenen  Waarenartikel. 

Mit  der  yolhdebnng  diesett  Grmctzes  war  zugleich  die  EinfUhrang  einer  zoll- 
amtlichen Wiuirenstatistik  verbunden,  bezüglicher  welcher  vom  Bundesrathe  eine 
Spezialverordnung  erlassen  wurde  (s.  den  Artikel  nU^ndelsstatistik''). 

Naobdem  bereits  beim  Tarifget»ets  von  1884  HcbntlSllnerische  Tendenzen 
sieb  in  yerschie denen  Brnnchi'n  Gi-Itun?  v^rHfh'ifft  hatten,  ergriff  diewe  Strömung 
nach  und  nach  die  Mehrzahl  der  produziremien  Industrien  nnd  Gewt^rbe,  und 
aogar  die  Landwirthschaft ,  von  welcher  biHher  iu  allen  TarittVagen  ein  mehr 
paasivea  Verhalten  beobaohtet  wurde,  ließ  aich  von  derselben  hinreißen.  Kaum 
war  das  Tarifgesetz  von  1884  vollst^bar  geworden  ala  neuerdings  Stimmen  laut 
wurden,  diese  oder  jene  Zollansätze  zn  erhöhen.  Der  Stein,  einmal  ins  Rollen 
gerathen,  konnte  nicht  mehr  aufgehalten  werden.  Die  Z^jlltii  Ii  ranken  de«  Aus- 
landes einerseits  and  anderseits  der  Umstund,  dai^  die  Schweiz  infolge  ihrer 
niedrigen  Zollanslltse  für  die  anawärtigü  Ueberprodaktion  ein  willkommenea 
Absatagebiet  geworden,  hatten  auch  thatslehlieh  für  einen  großen  Theil  der 
schweizer.  Produzenten  eine  Nothlage  geschaffen ,  welche  nur  durch  geeignete 
Gegenmaüregeln  gehoben  werden  konnte.  Namentlich  hatten  sieh  ffewia«««  Nach- 
theile, welche  der  (Jonventionaltarif  mit  Frankreich  in  Verbindung  mit  der 
Meifitbegünstigungsklausel  in  den  Übrigen  Handelsverträgen  mit  sich  brachte,  für 
▼ersehiedene  Industrie»  nnd  Gewerbeawrige  in  sehr  empfindlicher  Weise  fttblbar 
gemacht. 

Es  begann  der  Kampf  der  eiuaeben  Interessen,  nnd  ▼orab  war  es  die  Idtnd- 
wirthflohaft,  die  nun  mit  allem  Haohdrnak  ihre  Begehren  geltend  au  machen 
bestrebt  war. 

Schon  anterm  19*  November  1886  richtete  der  BiinleHrath  eine  Botschaft 
an  die  Bundesversammlung  betreffend  Abänderung  des  Tarifgesetzes  von  1884 
cinerseita  in  Erledigung  der  zahlreich  eingelangten  Petitionen ,  underpeits  im 
HinbUok  auf  die  Erneuerung  der  Handelsverträge  mit  Oesterreich  und  Italien 
und  den  Absehlnß  eines  Zusatsrertragea  mit  Deutschland.  Dieser  Botschaft  folgte 
ein  Kaehtrag  TOm  6.  Miai  1887.  An«  der  Berathnng  dieser  beiden  Vorlagen 
ist  die  Tarifnovelle  vom  17.  Dezember  1887  hervorgegangen,  dnrob  welche  «  ine 
große  Zahl  von  Tarifposition"!  Silber  löO)  Aenderunsjfin  erlitten,  rnmetst  im 
Sinne  der  Erhöhung  der  bifttieiigan  Ansätze,  dann  aber  auch  solche  von  bloß 
redaktioneller  Bedeutung.  Mit  diesen  Berathungen  wurde  auch  die  KüokzoUfrage 
▼erflochten,  welche  dann  dnrdi  den  Bnndesbeschluß  vom  7./ 27.  Juni  1689 
mit  der  Gewährung  eines  Zuekerriickaolle.s  für  den  Export  yon  oondensirter  ICleh 
ihre  vorl&ofige  Erledigung  fand  (s.  unter  BUckxoU). 

Am  1.  Mai  1888  trat  die  TarifnoveUe  von  1887,  soweit  nicht  Gonven- 
tionaltarife  i  iif^'e;,'en^tanden.  in  Kraft.  Zu  diesem  Knde  hatte  das  Zolldepartcment 
auf  genannten  Zeitpunkt  einen  neuen  Gebrauchstarif  herausgegeben,  der  neben 
den  Tarifgeaetzen  von  18S4  und  1887  auch  die  Conveatioualtaritc  Howie.  da« 
iiutibtibcbe  Waarenverzeichniß  und  die  Spenalenfesidieide  umfaßt.  Dieser  Aus^ 
gäbe  folgte  1889  ein  Supplement  enthaltend  die  Aenderungen  infirfge  der  7er- 
tragsfibsehlüsse  m  it  Oesterreich  1888,  Deutschland  1888,  Italien  1889,  sowie 
die  seit  Mai  1888  getrotfenen  Spesialentaoheide. 


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ZoUweseu 


—    441  — 


Zollwescn 


i 

Der  Einfohrtanf  enthält  folgende  Haoptrabiiken : 

Anzahl  Po«it innen 


dcbrasdu-MAtutii 

Ccnm-  Ein-  und 
tiMulaik.  kuluiu 

L  Abßlle  und  DOngstofliB   7  7  11 

IL  Chornikalien: 

a.  Apotheker-  und  Drogueriewaaren  '  .  .   .  7  12  14 

b.  Chemikaliea  für  fewerblieben  Gebrauch   14  16  76 

c.  Farbwaaren   13  13  20 

III.  Glas   12  17  17 

IV.  Holz   «7  30  46 

V.  LiiiKluirUi-chaflliche  Erzeugnisse   8  8  11 

VI.  Le<l«r   y  11  12 

VII.  Literarische,  wissenschaftliche  und  Kuostgegenstände   ...  11  Ii  17 
YUL  Mechanische  Gegen ■^truiflo  : 

a.  Uhren    .    .    .    3  3  19 

b.  Maschinen  und  Famxeuge   9  9  SS 

JJL  Metalle: 

a.  Blei   5  5  6 

b.  Eisen   17  18  tO 

«.  Kupfer   6  7  9 

d.  Nickel   3  3  3 

e  Zink   4  4  4 

f.  Zinn   4  4  4 

0.  Edle  Metalle   5  6  11 

1.  Erze  und  Mi  talle  Terachiedene   3  4  4 

X.  Mineralische  Stotle   S7  30  36 

XI.  Nahrung»-  und  Genaflmittel   73  83  101 

XII.  Oele  und  Feite   9  10  12 

XUL  Papier   11  15  18 

Xiy.  Spinnstuffe: 

o.  Baumwolle   18  20  37 

b.  Flaclis,  Hanf,  Jute  elc   22  25  35 

c.  Seirle   11  13  25 

d.  Wolle   25  27  36 

e.  Kautschuk  und  (riittapercha     .    5  5  8 

f.  Stroh,  Rohr,  Ba.<t  etr   6  7  10 

_g.  Confektions-  unü  Modewaaren   IS  13  S7 

XV.  Tliiere  und  Ihierische  Stoffe: 

a.  Thiere   IS  12  15 

b.  Tbieriwhe  Stoffe   S4  25  26 

XVI.  Thonwaaren   7  9  10 

Xm  Versehiedeae  Waaron  _  ^  _   

Total  436  493  7^' 

Im  Ansfuhrtarif  sind  drei  Hauptrubriken  unterschieden: 

L  Thiere   9  9  ~ 

n.  Holz   3  3  — 

HL  Andere  Waaren   7  7  — 


Total    19      19  — 

Die  AiiM  lirril.mit,'  für  die  Aus!fuhr-t.iii>tik  dagegen  hat  naeh  den  nfimlicben  Grand- 
.aätzen  au  tjesclielien  \\  i.>  für  die  Einfuhrstatistik. 

Anläßlich  der  Katitikatiou  der  löö6  erfolgten  VertragsabMchlUihie  mitDcut^icb- 
iand  und  Oesterreich  erließ  die  BandeeveEeammlung  im  Einblick  anf  die  bevor- 
«tehende  Ernenening  der  anf  1.  Bebrnar  1892  ablnofenden  Tarifrertt^g»  an  den 
Bnndearath  die  Einladung,  reohtzeitig  eine  Bevieion  dee  ZoUtarijb  ansvbahnen  und 


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ZoUweseD 


—  442 


ZollweeeA 


über  dieselbe  Bericht  and  Antrag  Torzolegen.   Die  Bundesvemmmlimg  war  anf 
Grund  der  bei  den  letzten  Vertrugsabschliisaen  prf^macbteii  Krfahrnngen  zur  üt^ber- 
zcngung  gelangt,  daß  die  Tarifgesetze  vun  1884  and  lbÖ7  noch  keine  hinreichende 
Ba«i8  tur  künftige  Vertragjiunterbandlungen  bilden 

Der  BandiMratb  hftt  mit  eeiner  Vorlage  vom  3.  Mai  1890  den  TerMluedeiieii. 
in  Betraeht  faUendeo  Faktoren  ntSglioliat  gerecht  n  werden  getraehtet,  ohne  noh 
von  der  ausgeaprochenen  Schutzzoll pulitik  gewisser  Interessentenkreise  allzusehr 
beeinflussen  zu  lassf^n.  Immerhin  glaubte  er  anch.  anf  die  Rinnahmen  des  Bundes 
Rücksicht  nehmen  zu  tiolien,  und  dies  hat  ihn  dann  bewogeu,  auch  flir  verschiedene 
Vcrraucheartikel  mSßige  Erhöhungen  in  den  Entwurf  aufzunehmen.  Der  National- 
ratb,  weUdier  den  Entwarf  in  der  Juni-  und  anfierordentlieken  Herbataemdon  1890 
durchberathen,  hat  sich  im  Allgemeinen  dem  vom  Enndesrnthe  eingeschlagenen 
MittelwejTf  nnpe-(  hlo!-si  n,  il.iffefyen  he'i  einer  Anzahl  von  erhöhten  Ansätzen  auf 
gewissen  KunKumatiünsartikrln  Kniiiißigung  anf  den  hisherigen  Ansatz  eintreten 
lassen,  während  hiuwitjder  bei  audern,  namentlich  Konfektiom>artikeln,  nicht  un- 
wesentliche ErbShnngen,  gegenüber  den  Aitträgeo  d|^  Bondearatheat  beaohlonen 
wurden.  Der  Entwurf  harrt  nun  nooh  der  Berathang  durch  den  Stitndetatib^ 
welche  voraussichtlich  in  der  Dezembersession  1890  statttinden  wird. 

Hendent  sind  ferner  die  bunde^räthlichen  Vorlagen  Uber  Ntuorrjanisation  der 
Oberzolldirektion  (Botschaft  vom  23.  Sept.  18U0)  und  die  Revision  des  Zoll- 
geaetzea  von  1851. 

Die  HandelaTortrKge. 

Beeondem  Einfluß  anf  daa  Zollwesen  der  Schweis  ttben  bloß  diejenigen 
Handelavertrfige  mit  ausländischen  Staaten  ana,  welche  Von  den  allgemeinen  Ge- 

aetaesvorschriften  abweichende  Bestimmungen  enthnltpn. 

Es  betrifft  dieß  vor  allem  die  Tarifverträf^. .  durch  welche  geguustiitige  Zoll- 
ermäitigung  auf  den  Genoraltarifen  zugestanden  wird,  sodann  überhaupt  diejenigen 
VwtrKge  mit  angrenz«idon  Staaten,  welche  beaondere  Yminbamngen  in  dieser 
oder  jener  Hinsicht  enthalten.  Tarifverträge  beatohen  gegenwärtig  mit  Frankreich 
(18M2),  Spanien  (IKM3),  Deutschland,  Zusatzvertrag  (1888),  Oesterreich-Unparn 
(IHSH')  nnd  Italien  (ItibU).  Der  wichtigste  aller  Verträge  iat  derjenige  mit 
Frankreich. 

a.  Der  HandeUvertrag  mit  I^nhreiäk,  Einen  weaentliohen  Umaehwaiv 
in  den  Handela«  nnd  ZollTerhSltniasen  d«r  Sehweiz  hatte  der  Abaohluft  eine» 
Handelavertragee  mit  Frankreioh  1864  cnr  Folge. 

Nachdem  zuerst  unter  der  Republik,  nachher  unter  dem  Kaiaerreioh  nnd 
spSter  unter  der  Ri'-t  nnatiüM  das  luitzzoll-  und  Prohibitivsystem  7n  immer 
größerer  Entwicklung  gelangte  nnd  dcllhalh  schwrizeriseherseits  .die  Frage  der 
Ergreifung  von  KetorsioiiHmaßnuhmeu  ernsthaft  in  Erwägung  gezogen  worden 
war,  nachdem  selbst  nnter  der  Begierang  Lonis  Philipps  nnr  einige  wenige 
Transiterleichterungcn  erhältlich  waren,  während  der  franz^aiaehe  Markt  den 
Schweizerprodiiktcn  hcinahe  vrrschlossen  blii'b.  hat  (Midlich  da>  neue  franzÖsiaiÜlA 
Kaiserreich  einer  freisinnigen  Handelspolitik  in  Frankreich  Bahn  gebrochen. 

Ihr  verdanken  wir  auch  den  Abschluß  eines  Handelsvertrages,  der,  unge- 
achtet der  ti^  eingreifenden  Forderungen  FraniureichSf  den  achw^Mriaehen  Pro- 
dukten den  franaOaiBohen  Harkt  geöffnet  hat. 

Dieaer  Vertrag  hatte  die  gegenseitige  Bindung  einer  großen  Zahl  TOik 

Tarifpositiouen,  sowie  die  Zollermäßigong  avf  einer  Reihe  von  Artikeln  znr 
Folge,  nachdem  die  aohweizehscheraeita  proponirte  Znaicherang  gegenseitiger  Be- 


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Zollw«fl«n 


—   448  — 


ZollweMü 


hMidliuig  anf  dem  Fnfie  der  ftm  meuten  begttnstigtoQ  Nation  von  Frankreich 

abgelehnt  worden  war. 

Durch  diesen  Vertrag  wurden  nänilifh  fiiin/nsi^rherüeit»,  gegenüber  der 
Schweiz,  alle  Aus-  und  Einfuhrverbutu  aufgehubtio  und  d^r  Mitgenuß  au  den 
England,  Belgien,  Freußeu  und  Italien  gewährten  Zollerleichteruugeu  zugesichert  ^ 
•ohwttserifloberteits.  neben  beaondern  ErmXfiigiuigen  anf  den  Kin«  and  Aosftihr- 
wUaneiätzen,  Frankreich  der  Hitgeonß  an  den  a.  Z.  Belgien  eingerftnmten  Ein- 
ftlhrzolleniiäßigunp^cn  zn^restandm. 

Mit  He/,ug  auf  die  französitchu  Lunäschnff  (rf.c,  welolie  intVilge  der  Ver- 
tiiguugeu  doa  Wiener  Kongreti»'''a  vou  1815,  mit  Kucktiicht  aut  ihre  gcugraplusche 
Lage  und  ihre  VeThJUtmiwe  aar  Sehweis  in  die  Doaanenlinie  Fndkreieh«  niobt 
eingeachlofleen  wnrde  und  daher  eine  Art  zollfreie  Zone  bildete,  fand,  in  [Er- 
weiterung einer  frühern  im  Jahre  1853  abgeschlossenen  üebereinkunft,  eine  be- 
»ondere  Vereinharnnjc:  statt,  in  welcher  die  Schweiz,  in  besonderer  Berlh  ksichti- 
gung  der  Lokalbcdürtuibfie  Genfs,  für  eine  £eihe  von  Artikeln,  wie  landwirth- 
ecbaftliche  Froduktei  Banmaterial,  M»wie  femer  für  gewiase  Fabrikate  und  Halb* 
fabrikate  Zollbefimnng  oder  ZoUermSfiignng  eingerSnmt  bat. 

Ett  fehlte  damulü  nicht  an  Stimmen,  welche  daa  Beetreben,  in  ein  Vertrage* 
verbältnii'  zu  dem  mHcbtigen  Nachbarstaat©  zu  treten,  verurtheilteii,  im  \'f'rtr:uien 
Hilf  die  eiL,'eiie  Knift,  weiche,  allen  HinderDi«8eu  zom  Trotze,  büther  unaere  LnduHtrie 
zu  einer  gruLicn  Bluthe  gelangen  ließ. 

Dem  gegenttber  mn£te  einlenohUm,  daß  dnroh  die  HandelsTertiiLge,  weldie 
Frankreich  bereit»  mit  England,  Belgien,  Italien  und  mit  dem  deutschen  Zoll- 
verein abgeschloHHen,  die  Bedingungen  der  Konkurrenzfähigkeit  auf  den  innerhalb 
dieser  Liga  liegenden  Märkten  eine  auüeruril''iitlic}ie  Veriinderung  erfaliren  hatten. 

Allerdings  wareu  die  Yertragsfundamcuiti  ungleich;  auf  der  einen  —  der 
achweueriechea  Seite  —  ein  Xnßerst  liberaler,  anf  dm  I^nsiinM  dea  Freihandel» 
bemhender  Zolltarif^  anf  Seite  Frankreieba  dagegen,  trots  «einer  enteobiedenen 
So  hwenkung  zu  freisinnigem  Anschauungen,  prohibitive  Schutzzölle. 

Diese  Situation  war  von  vornherein  eine  für  die  schweizerischen  Interessen 
äußerst  fat4tle  und  hat  Frankreich  ermuntert,  von  der  Schweiz  Konzessionen  an 
▼wlangen,  die  ganz  anf  andern  GeMeten  lagen,  resp.  mit  den  Ausatxen  des 
Zolltarifii  wenig  oder  gar  nicht»  tu  thnn  hatten.  Alterdinge  vnrde  der  franaOeiaoh» 
Markt  verschiedenen  schweizerischen  Industrien  geüiTuet,  so  namentlich  der  S^MI*^ 
branche,  der  Uhrenindustrie.  Stickerei,  Bijouterie,  dann  ferner  der  Str^diwaaren- 
manufakttir,  Gerbej'ei,  Papierfabrikalion.  Schuhwaaren,  Kaiitschukgewebe,  cheniiseliö 
Produkte,  umtheuiati»che  iuhtrumente,  iiuch-  und  Kuusthandel,  landwirthschaitiiche 
Produkte  n.  s.  w. 

Dagegen  hatte  aber  die  Schweiz  neben  einer  Reihe  von  Zollermäßigungen 
und  den  besondern  Erleichterungen  für  die  Waareneinfuhr  aus  dem  Pays  de  Gex^ 
das  Hecht  der  Niederlassung  frnnzösiKcher  Israeliten  (ini  Xiederlassuugsvertrage), 
ferner  gewisse  Zugeständnisse  hinsichtlich  des  kautuualun  Ohmgeldbezuges,  des 
Sdintaes  des  litterarisohen,  kflnstlerkohen  und  gewerblioben  Eigwtbn»»  einau* 
rinmen,  wovon  namentlich  letalere  au  ernsthaften  £r5rterungen  in  Betreff  dev 
Eingriffes  in  die  Kantonalsouver&netfit  geführt  haben. 

Der  Tarif  für  die  Einfuhr  nach  der  Schweiz  zeigte  aber  in  der  Folge  den 
sehr  großen  Uebektand,  daß  die  Schweiz  für  alle  Waaren  ohne  Ausnahme  ge- 
bunden war,  was  dieselbe  verhinderte,  sich  Einnahmen  selbst  auf  solchen  Artikeln 
an  veieobaffen,  welche  Frankreich  in  keiner  Weise  intwcMirten  und  daß  er  somit 
jede  Aktionafrrihttt  fUr  Unterhandlungen  mit  andern  H&chlen  hemmte. 


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ZoUwesen 


—    444  — 


ZoUweaen 


£iiie  Bevisiaii  d«r  Twrtrlg«  tod  ld64  enoMm  dilMir  naeh  den  genAohten 

Erfahrungen  sowohl  im  Interesse  der  eidgeniinsischen  FinanMUi  wie  in  demjeiiigen 
unseres  Exporthandels  unerläßlich,  und  im  .T  ihre  IR81  begannen  die  vorbereitenden 
Uaterbandlangen  fUr  einen  neuen  VertrugsubhichluU. 

Ale  ünterhandlnngsbaäis  schweizerischerseits  diente  der  Zolltarif  vom  28. 
Jnni  1878  (1.  Lesung),  franaOeiaohecieits  der  am  7.  Mai  1881  promnlgirte 
Generaltarif.  Beide  Tarife  wurden  indeeeen  im  Laufe  der  Yerhandlongen  in  einer 
Afizahl  we.sentlichiM-  Positionen  anf  die  Ansätze  von  1864  zurückgedrängt.  Die 
S  Ii i'iz  vcrlimgti-  vor  iilleiii  Tariffreiheit  fiir  alle  Artikel,  wcIcIk;  für  den  üandel 
raukreichti  mit  der  Schweiz  von  keinem  besondern  IntereuMe  sind  und  en  gelang 
■aveh,  ebe  bedeutende  Aniahl,  sowohl  in  yolkswiitheehaftlieher,  als  in  fiskaliselier 
Hinsicht  wichtiger  Artikel  Ton  der  Bindung  auszunehmen.  Für  andere  Artikel 
(Wi'iii,  Alkohol,  Kisenwaaren,  Leder  und  Lederwaaren,  Wollgarne,  Wollgewebe  etc., 
Töpferwaaren)  war  die  Streichung  ans  >l.'ai  Konventionaltarif  nicht  erreichbar; 
•dagegen  konnte  für  dieselben  eine  Zollorhobung  and  zugleich  sachgemäßere  Tarifi- 
mng  ausgewirkt  werden. 

Die  yertiagacliließenden  Theile  kameii  im  Weitem  dahin  fiberein,  daß  die 
VertragHbestimmungen  auf  solche  Waaren,  welche  in  dem  einen  oder  dem  andern 
-der  beiden  Länder  den  Gegenstand  von  Staatamonopolen  bilden  oder  bilden 
würden,  keine  Anwendung  zu  finden  haben. 

KonvetUion,  betreffend  die  Zollverhälinisse  ewischcn  Genf  und  Ilochsavoym. 
In  BertteksiehtigvDg  der  bei  den  ZollBtSttra  des  ehemaligen  Herzogthame  Sa^ 
voyen  und  der  Provinzen  Chablais,  Genevois  und  Pancigny  gewährleisteten,  noU- 
freien  Ausfuhr  von  Lebensmitteln  und  VerbrAiicli<<rr'pcnsf ^inilcn.  für  die  Vt  r>orgting 
der  Ötjuit  nrtd  des  Kantons  Genf  bestimmt,  hatte  sieh  die  EidgeuossensL-liaft  im 
Handels  vertrag  von  mit  Sardinien  (Art.  IV)  verpflichtet,  eine  Heihe  von 

im  Harktverkehr  eingehenden  Enengnissen,  sowie  Ton  Wein,  zollfrei  eimsalaesea, 
lint«:r  Beschrünknng  immerhin  auf  gewisse  HaximalqoailtitKten. 

Bei  den  1860  erfolgten  Gebietsabtretungen  Italiens  an  Frankreich  blieben 
diese  Erleichterungen  unbeanstandet,  wurden  jedoch  er<t  durch  Abschluß  einer 
Konvention  zwischen  der  Schweiz  und  Frankreich  vom  14.  Juni  1881  vertrag- 
lieh neu  geregelt.  Diesdbe  gewShrt  sohweisensohenrnts  folgende  Erleiehlerangen: 

1)  Zollfreie  Einfahr  in  den  Kanton  Genf  von  10,000  Hektoliter  Wein. 

2)  Zollfreie  fiininhr  im  Marktverkehr  einer  Reibe  landwirthschaftlicher 
Erzeugnixsf»  nnter  ^^ewissen  BcHchränkim|r<»n,  ferner  von  GerberrindOi 
Brennholz,  Bausteinen,  Dachziegeln,  Kalk  und  Gyps  u,  s.  w. 

3)  Zollermäßigung  (auf  ' .»)  für  2äO  q  Sohl-  und  100  q  Schmalleder. 

4)  Zollfreie  Aosfiibr  ans  dem  Kanton  Genf,  in  die  Zone  von  jShrlioh  600 
rohen  Ilänten  nnd  6O0O  rohen  Fellen 

Fninkreirfi  dnire?«?"  verpflichtet  sich  u.  A.,  kein  Ausfuhrverbot  fttr  die  fSr 
den  Markt  verkrhr  von  (ienf  bestimmten  Leliensmitf e!  zu  erlassen. 

b.  Der  Handels vertrm/  mit  Spanten  vom  14.  iliirz  18H8  ist  insofern  be- 
sonders bemerkenswertik,  als  dnroh  den  dem  Vertrag  beigeHlgten  Tirif  einige 
triehtige  sohweicerisohe  Export produkte,  welche  bisher  im  spanischen  Zolltarif 
nicht  besonders  aufgeführt  und  daher  der  Gefahr  arbiträrer  Taxirung  ausge^setzt 
waren,  n'inmehr  dem  offiziellen  T.irif  einverlfibt  werden  konnten.  Die  schweize- 
rischer.ieit.-i  eingeräumten  Gegenkonzessionen  betreifen  inabesondere  Olivenöl.  Kork- 
waaren  nnd  Südfrüchte. 

c.  Die  Verträfe  mü  dem  deutsehen  Reieke.  Der  Vertrag  mit  Deatsoblaiid 
yon  1881,  eine  Ernenerong  desjenigen  von  1869  mit  dem  dentscheo  Zoll«  nnd 


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Zollwesea 


—    446  — 


Zollwesea 


Handelsverein,  ist  ein  MeiätbegUabtiguugsvertrag,  io  welchem  überdies  eine  Reihe 
▼DU  Specialbestimiiiiingeii  ttb«r  die  gegenseitigen  HAndelsbexiehnngen  niedergelegt 
sind.  Bemerkens  Werth  vor  Allem  sind  diejenigen,  betreffend  den  VeredlnngeTerkehr, 
Artikel  6,  dessen  Worllaat  seiner  Bedentong  wegen  hi^r  in  ezteneo  wieder* 

gegeben  wird: 

Zur  Regelung  des  Verkehrs  zum  Zwecke  der  Veredlung  von  Waaren  7mis<  ht^n 
den  Gebieten  der  vertragschließenden  Theile  wird  festgeselil,  doii  bei  ikr  Rückkehr 
ans  dem  Veredlungslande  von  Eingangsabgaben  befreit  bleiben: 

o.  Gewebe  und  Garne,  weiche  zum  Waschen,  Bleichen, ')  Färben,  Walken,  Appre- 
iiren,  Bedrucken  und  Sticken,  sowie  Game,  welche  zum  Stricken, 
'      Gc.^piniiste  lein^chließlich  <ier  ertorderlldien  Zutbeteo),  welcbe  ZOT  Heisldlung 
von  Spitzen  und  Posamentirwaaren, 
c  Garne  in  geseheerten  (auch  geechlicfateten)  Ketten  nebst  dem  erfordo^cben  Sehnfr» 

frain.  ucli-hc  zur  Ht.-rsielluiis  von  Gewebeni 
«L  Seide,  welcbe  zum  Färben, ") 

e.  H&Qte  und  Felle,  wdehe  zur  Leder-  und  Pelzwericbereitung, 

f.  Gegensfin'it'.  welche  zum  Lackiren,  Potiren  und  Banalen  in  das  andere  Gebiet 
ausgeführt  worden  sind; 

ff.  sonstige  zor  Ausbesserung,  Bearbeitung  od<H'  Veredlung  bestimmte.  In  das  andere 

Gebiet  gebrachte  und  nach  Erreichung  jenes  Zweckes  unter  Beobachtung  der 
deßhalb  getroffenen  besondem  Vorschriften  zunIckgefCthrte  Gegenstände,  wenn 
die  we!?entlichc  Beschaffenheit  und  die  Benennung  dccsetben  unverändert  bleibt^ 

und  zwar  in  allen  diesen  Frillen,  sofern  die  Identität  der  aQ8>  und  wieder  etngefüfartra 

Waaren  und  Gegenstände  außer  Zweifel  ist. 

Außerdem  kann  bei  Garnen  und  Geweben  die  Zollfreiheit  von  dem  Nachweis  der 

einhcifnischen  Erieugung  der  zur  Veredlung  ausgeCOhrten  Waaren  abhSngig  graiacbt 

wcrdfcu. 

i\usgangsabgaben  dürfen  von  Waaren,  welche  nach  erfolgter  Vtfedlnng  in  das 

Versen diingssl and  zurückgeführt  werden,  nicht  erhoben  werden. 

Der  Vertrag  (Anlage  A)  etipnlirt  im  Weitern  gegenseitige  ZoIIbefreinng 
für  eine  gröikre  Zahl  von  Bohprodukten,  Abfällen,  Dünger  cto.,  sodann  für 
Knnstsaoben  zu  5ffeatlieli«i  Zweeken«  Handebmuster,  ITebeededlnngs-,  Erbeobafts* 
nnd  AuBsteuergegenstfinde,  fiir  Beiseeffekten;  ittr  Fahrteoge  ond  Bespannungen, 
welche  bloß  vorübergehend  eingebracht  weiden  n.  s.  w. 

Anlage  B  endlich  enthält  bindere  Bestimmungen  über  den  grenzuacb- 
barlicben  Verkehr  und  daherige  vormerkliche  Behandlung  der  in  Betraoht  fallen- 
den Gegenstände. 

Dnrch  die  mit  I.  Jnli  1885  eingetretenen  ZoUerhöhangen  Deutächlauds 
wnide  der  sobweiaerisebe  Export,  namentlieh  für  übren,  Seidengewebe^  Baum- 
wollzwim,  Stickereien,  Holz  und  Vieli  derart  beeinträchtigt,  daß  die  Schweiz 
sich  genöthigt  sah,  mit  der  deutschen  Kegierung  über  eine  j^p'j'eTiHeitige  Ver- 
ständigung Unterhandlungen  anzuknüpfen,  welche  nach  längerer  üntt'rhrec  liung 
und  nachdem  durch  die  schweizerische  2k>lltariiiiüvelle  vom  17.  Dezember  lö87 
eine  für  die  sehweizerieeben  Interesaeii  günstigem  Basis  gewonnen  war,  am  11.. 
November  1888  durch  Vereinbarung  eines  ZosatsTertrages  zum  Vertrage  Toik 
1881  ihren  Absoliliiß  fanrlen. 

Den  Hau;itbestan(itbeil  dieses  Zusatzvertrages  bilden  rlie  luiilerseiti<:en  Ver- 
tragstarite.  Deutscherseita  sind  Reduktionen  eingeräumt  fUr  baumwollene  Stickereien,. 
Bohseidenzwim,  Seidenwaaren  und  Benteltuch,  gewabtes  Gold  nnd  insbesondere 
fttr  Tasebennhren;  eohweizeriseberseits  für  Fortlandoement,  Kaffeesnrrogate,  Bier^ 
Fttpierwisdte,  BaumwoUaammet,  elastisobe  Gewebe,  feine  Streb»,  Rohr-  nnd  Bast^ 

^)  Zusatzvertrag  von  1889:  Zwirnen. 
*)  und  Umfärben. 


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ZoUweseu 


ZoUwesea 


waaren,  baumwollone  uad  seidene  Konfektion,  Lampen,  nebst  einigen  Bindungen 
iMstehender  AnsKtse. 

d.  Der  Vertroff  mit  OeHterreich-JJngam.  Der  am  23.  November  er- 
folgte neue  VertragfiabsichlnW  mit  Üesterreicb-Unj^arn,  an  Stt^He  de«  Meistbegiinsti- 
gtingsvertrageH  vom  14.  Juli  1HG8  war  aus  ähnlichen  Motiven  geboten,  wie  sio 
oben  mit  Bezug  uuf  den  gcUweizeriacb-deutscheu  Zusatzvertrag  kurz  skizzirt  ttind; 
w^n  der  ZallerhOhimgen  OeeterreicbSi  wetebe  nameDtlioh  mit  dem  Dahin&Ueii 
des  UeterreiohiBoh-itelienischen  HandelsTertoages  und  der  daherigea  aach  vx)n  der 
Schweiz  mitgeno8»enen  Zollvergünstigungen  (Kä«e,  Seidengewebe  et«.)  fttr  deo 
.«chweizerischen  Export  gefährdend  zu  werden  drohten. 

Neben  verschiedenen  Erleichterungen,  betreffend  den  grenznachbarlichen 
Terkehr  (Zollbefreiung  fttr  Arbeitsrieh  a*  «.  w.)  eiad  beeundera  erwtthnenawertb 
die  YertragBbestimmnDgen  betreffend: 

1)  Zollfreiheit  im  Reparaturverkehr,  welche  swiseheil  der  Sebweis  ond 
Ot'Htt'n-cich  }iisb«>r  iiipht  hrstanden  hatte ; 

2)  Den  zuiifreien  Stiukereiverlichr  zwj-clicii  der  Schweiz  einerseits  und  Vor- 
arlberg und  Liechtenstein  anderseits  (Art.  4)  au  Stelle  Am»  bezüglichen 
bloßen  Yermerke  im  SoblnCprotokoll  dee  frUbem  Vertrages.  Unter  diesen 
Yerkt  lir  fallt  jedoob  lediglich  die  im  Vorarlberg  and  dooi  FttnitoDtbnm 
T.icchtenKteiu  selbst  veredelte  Waare. 

In  Betreff  den  Tarife  mi(\  von  Hi-iti  u  Oestt»rreirhs  Ermüßi^iitr'  ii  zugestanden 
für  Chocolade.  condeusirte  Milch,  iviudiimehl,  Baumwollgarne  und  -Grewebe, 
Stiokereien,  gefärbte  Seide,  Benteitaoh,  Seidenatoffe  und  BKnder,  fHr  gewiaae 
Uaachinen  u.  s.  w.;  von  Seiten  der  Beb  weis  für  Mineralwaaaer,  SptegelglaM, 
fiaa*  und  Nutzholz  (eichenes  ausgenommen),  vorgearlxiitete  llolzwaaren,  sogenannte 
Wienermolif;!,  {»•♦'wisse  Papiere,  S«-i'li  nkr>nfektion,  g-arnirt«*  HtTronhUte,  Pelzwerk 
und  gewisse  Stofischuhe,  ferner  tiir  Vieh,  frisches  Fleisch  und  Butter,  eingemachte 
Früchte,  Matz,  Bier,  ^ehl  etc.,  neben  einw  Ansah  1  Ton  Bindungen  beatebender 
AnaKtxe. 

Von  den  Hund(!l.serleicht(*ruii<r(  ii  der  Grenzgebiete  ist  iiucli  besondere  nennena- 
werth  nw  /•dlfrmaloiLrnng  laiit"  Fr.  I  .'>'  fiir  jährlich  .Meterzentner  grobe 
Tyroler  Strumpfwaaren  aus  dmi  PatznauiuT-  uiid  »Stauser-Thal, 

e.  Der  Vertrag  mit  Jtalitn.  l.>it;  iitiudclsbeziehungeu  zwischen  der  Schweiz 
nnd  Italien  waren  bis  snm  1.  Mltn  1868  dnroh  den  am  32.  Mirs  1883  ab- 
geschlossenen Vertrag  and  durch  ein  Naebtragaprotokoll  an  demselben  geregelt. 
Die  Uebcreinkunft  enthirlt  neben  den  textuellen  Bestimmungen  einen  iillerding^ 
nicht  sehr  umfangreichen  Konventionaltarif  unter  gleichzeitiger  Zusicheriiiii;  dt  r 
Meistbegünstigung.  Vom  1.  Marz  IbSö  hinweg  behandelten  sich  beide  Staaten, 
infolge  eines  daberigen  Notenaostaasebes,  auf  dem  Fnfie  der  meistbegünstigten 
Nation,  nachdem  vorber  aogekiitpfite  Verhaadlangen  Uber  Absohlnli  eines  neuen 
Vertrages  infolge  der  gleichzeitigen  erfolglosen  Unterhandlungen  Italiens  mit 
Frankreich,  welchr-  bekanntlich  den  franzitüfioh-italieoiaGben  Zollkrieg  veranlagten, 
gescheitert  waren. 

Am  23.  Januar  1889  endlich  kam  dann  ein  neuer  Vertrag  zu  Stande, 
weleber  beidseitig,  namentlich  infolge  des  Nichtinstandekommens  eines  italieniseb* 

französischen  Vortrages  ziemlich  weitgebende  Konventionaltarife  mit  Ermäßigungen 

n-d  Bindungen  enthält.  Krmäßiiiiinf^f'u  wurden  eingeräumt  von  Italien  für: 
Kmderriit'lil,  ('hokolade,  Baumwoilzwiin,  Haumwollge^chp  nnd  -Stickereien,  baum- 
wulleuv;  Konfektion,  FWr.r,  Kupferstiche,  Litho^rapliieu  etc.,  Transmissionsriemen, 
Dynamo-Maaobincn,  kupr^rne  aod  andere  A.pparate,  Kardengamitnren,  Eisenbahn- 


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Zollwcsen 


—    447  — 


Zolhvesea 


-wagca,  gewmlstM  Gold  nnd  ffilber,  Bijoatorteiii  UmikdoMii,  UlmiifoiiTmliiien, 
Kilehextrakt,  E8«e,  eUstiMhe  Gewebe  und  Bfoder;  von  der  Sehweiz  Ar:  Sttß- 

holzsaft,  BuEuaKÖl,  Marmor,  Eier,  Geflügel,  NViirstwaaren,  Tafeltrauben,  Orangen 
und  Zitronen,  Kds,  Tt>igwaaren,  Wermutii,  Otiveottl,  gtttwimte  Seide  nnd  Flovet* 
aeide,  Strubhüle  und  Pferdebaare. 

Italien  übernimmt  auch  die  Verpflichtung  der  zollfreien  ZulaosuDg  (admissiou 
temporeare)  von  rohen  acliweiseriiiolien  Benmwolltttehem,  welche  in  Italien  be- 
druckt und  wieder  aungefUhrt  werden  sollen. 

lu  besonderm  I'rotukall  ist  man  sodauii  lieidseitig  übereingekommen,  daß 
späteKtens  drei  Monatt^  narii  Aiistaxwch  dv.r  liiitilikationsurkmi'lfn  wt'itere  Unter- 
handlungen über  die  Frageu  beti*6irend  den  Grenzverkehr  und  den  Schmuggel 
eröffnet  werden  mllten.  Die  Delegiiten  beider  Staaten  und  dann  aaoh  b  dw  Folge 
■MO.  Bern  snsamniengetreten;  allein  die  ünterhandlongen  gelangten  nicht  zum  Ziele, 
da  die  Schweiz  der  Forderang  Itatiena  auf  Eingehung  eines  2jollkartells  nicht 
folge  leisten  konnte. 

8peaiai Verträge  mit  angrenzenden  Staaten, 
a.  Deutsches  lieich. 

1)  Uebereinkunft  mit  Ikidt  n  vom  '21.  Juli  1852  über  gegenseitige  ZoU- 
freiheit  auf  kurzen  Verbinduugdätreckeu  u.  ».  w. 

2)  üebereinkunft  mit  Baden  vom  12.  Jnli  18Ö9,  betre£Pend  die  sollamtliche 
Abfertigung  anf  dem  Bahnhofe  zu  Waldahnt. 

3)  üebereinkunft  vom  24.  September  1862  zum  Vollzug  und  in  Erweite* 
rung  de«  Artikeln  10,  des  Vertrages  vom  27.  Juli  mit  Baden  Ubt-r 
die  Weiterluhrung  der  badischen  £i«enbahD  durch  da»  schweizerische 
Gebiet. 

a)  In  Besng  auf  die  ZoUabfSBrügnngsetellen  anf  den  ifolinhdfen  Sobatf- 

hanseu  nnd  Thayngen ; 

b)  In  Bezug  auf  die  schw'piOTrische  Z«dlstätio  mif  der  Station  Erzingf"n, 

4)  üebereinkunft  mit  Baden  vom  27,  Miirz  1S();5,  iutretli  nd  Regelung  der 
ZoUverhältuisse  auf  der  Wie^enthalbabu  /wüschen  Basel  und  der  badisehen 
Ghrenze. 

6)  Üebereinkunft  mit  Baden  vom  .'».  Si  ptetnbor  l.si;4,  betreffend  die  Auf», 
hebnn<r  dfr  Brückengelder  auf  den  Brücken  bei  Säckingen  und  Laufenburg. 

t>)  üehereinkunlt  mit  Baden  vom  7.  Juli  1870,  betretfend  Erstellung  einer 
zulliimtlichen  Niuderiage  auf  dem  badischeu  Bahnhufe  zu  Basel,  mit  VoU- 
zugsbestimmncgen  vom  8.  Febroar  1876. 

7)  Ueberetnkttull  mit  dem  Dentschen  Reiche  vom  7.  August  1673,  betreffend 
die  Errichtung  einer  deutschen  Zollabfertigangastelle  am  B^nhofe  der 

Zentralhahn  in  Ba^el,  mit  Nachtrag  vom  23.  Oktober  1876. 
%)  Verein [jnning  vom  19.  Februar  !8h4  über  die  Zollabfertigung  im  budischen 
Bahniiote  in  Basel  und  regulativ  betreöend  die  Zollbehandlung  von  Wagen 
einheitlicher  Ladung  bei  der  schwdierischen  SSoUst&tte  im  badischen 
Hangirbahnhofe  daselbst. 

b.  Frankreich. 

1)  Üebereinkunft  vom  10.  August  1877,  bctrett'end  die  Kontrolirnng  des 
Verkehrs  mit  Getränken  zwischen  der  Schweiz  und  Frankreich,  mit  Zu- 

11.  September 

satserklämng  wm  v,-—- r-  1Ö63  und NachtrSgen  von  1884,  1885, 

Itf.  .^ovemoer 

1887  und  1889. 


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ZoUwcsen 


—    448  — 


2)  EottVttntion  vom  14.  Jaai  1864  tber  die  ZollTerhSltaiMe  zwisehen  dmn 
Elanton  Genf  nnd  der  fMen  Zone  von  Hoohmyojen  («.  auch  oben  unter 
AbBohnitt  HandolsyertTäge. 

c.  Oesterreidi' Ungarn. 
Uebereinknnft  vom  2.  Augast  1872,  betreffend  den  Zolldienst  auf  den 
EiaenbehnstetioiMa  Boohs  und  St.  Margrethen. 

d.  Italien. 

ü»'^*•rf■ink^Tlft  vom  i'j.  Dezember  18'-' 2,  betreffend  den  ZoUdienst  auf  de& 
internationalen  Babiiliülea  Chiasso  und  Luiuo. 

Erlasee  seit  18  7  4. 

Unter  den  von  1874 — 1890  erschienenen  Erlaseen,  das  Zollweeen  betreffend^ 
sind  zu  erwähnen: 

1)  Bandeanthebeaohlaß  betreffend  die  Zellvergiinstigung  für  die  diplona» 
tisoben  Yertreter  dea  Anelendes  bei  der  sebweiMrieehen  EidgenosMDiebaft»  vom 

36.  April  1875. 

2)  Bunde^rathnbe-Hcliluß  betrefTend  die  StrafkottpetemE  der  Zolldizektionea 
bei  Zollilbertretungen,  vom  16.  April  1877. 

A)  BttndesbeHchlaß,  betreffend  ausnahmsweise  Anwendung  des  neuen  Zoli- 
«anfr,  ▼om  28,  Jnni  1878. 

4)  Inetmktioo  fttr  die  ObersoUdirelction  vom  18.  April  1879. 

5)  BnndesgesetB  betreffend  ErbShaog  dee  Eingangsiolles  anf  einsdnen  Waareo- 

gatt  II  Ilgen  (Tabak  und  Branntwein),  Tom  20.  Juni  1879  nebet  sudienendemi 

Bandesbescbluß  gleichen  Datums. 

G)  BnndeürathsbeHchluß  betreffend  die  soUfreie  Bttokkehr  von  Sohweiser- 
waaren,  vom  27.  April  1880. 

7)  Bundesbeschluß  betreffend  den  EiickzoU  auf  Tabak  (Ablehnung),  vom  25. 
Jnni  1881. 

8)  YoUaeliuigsrerordnung  sum  Zollgeioti  yom  18.  Oktobor  1881. 

9)  Bnnde8l)e80hlii6  betreffend  die  in  Folge  dee  neuen  HandeleTertrageH  mit 
Frankreioh  proviiorieeb  ein^tenden  Ab&ndemngeu  dee  Zolltarifs,  Tom  30.  Juni 

1882. 

10)  Bundesgesetz  betreffend  einen  neuen  schweizerischen  Zolltarif,  vom  26» 
Juni  1884. 

11)  ßundearathsbescliluß  betret^od  die  Beitittmang  des  Begriffes  «Grens- 
▼erkehr"  mit  Besug  anf  die  Waarenetatistik,  vom  20.  Februar  1885. 

12}  Beyidirte  Yerordnnng  betreffend  die  Waarenstatistik,  yom  13.  November 
1885  (an  Stelle  deijenigen  vom  10.  Oktober  1884). 

13)  Bnndeigeeetz,  betrenvud  die  Organisation  der  Bureaa-Abtheilung  für 
Handelsstatistik,  vom  22.  Dczt  niber  1886. 

14)  Bundesgesetz  vom  17.  I)>-zeniher  1887,  betreffend  Abänderung  dee- 
ZolltarifgeHetze»  vom  2*').  .Tmii  1>^H4  <Nr.  10  hievor). 

1.5)  "Verordnung  betrctlV^nd  di<^  Ft-ntsetzung  der  Provision  für  deu  Zoll- 
bezug auf  Postsendungen  und  die  Bezugs bereohtigung  für  diese  Provision,  vom 
5.  Januar  1888. 

16)  Bnndesbeaehlnß  betreffend  GewShmng  eines  Blicluolles  auf  Zuoker  beim 
Export  von  kondeneirter  Hilch,  vom  27.  Juni  1889,  nnd  VoUmehungaverordJianip 
an  demselben  vom  28.  Desember  gleichen  Jahres. 


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Zollwesen 


—    449  — 


ZoUweeen 


17)  Bandesrathsbeschliiüse  betreffend  Abänderongen  der  VoUziehangsTerord- 
nong  znm  Zollgesete  (vom  18.  OktoW  1881): 

vom  24.  November  1882  (Art.  45),  vom  12,  Juli  1889  (Art.  43), 
,  17.  ,  1883  (Art  96),  ^  10.  Jaaiur  1890  (Art.  43), 
,  25.  Jainiw  1887  (Art.  6).  .  7.  UXn  1890  (Art  119). 
,    30.  April       1888  (Art.  43)» 

AnmerTcuixg.  Niehl  aufgezählt  sind  die  Gesetze  und  Verordnungen  über  Alkohnl- 
wesen,  Yiehseuchenpolizei,  Reblaus,  Jagd-  und  Vogelschutz,  Fischerei,  Maaß  und  Gewicht. 
Ztodhatoeben  etc.,  mit  deren  theilw^r  Volliiehnng  die  Zollverwaltung  beanftragl  ist 

Das  Zollweeen  im  Jahre  1890. 
OrganUaUon. 

Die  leitenden  Behörden  älnd.  i  H  r  Bandesrath,  b.  das  Zolldepartement, 
c.  die  Oberzülldirektion,  mit  Amt  >-r/  m  Bern;  d.  die  Direktionen  der  6  Zoll- 
gebiete (Direktioussitze :  Basel,  iischailbausen,  Chor,  Lugano,  Laosaone,  Genf). 

Die  Zollabfertigung  besorgen: 

Im  I.  Zollgebiet:  61  Zollatätten,  wovon  13  HaaptiolktKtten,  6  Nieder- 
lagehänser  und  43  NebenzoUntätten.  Hauptzollstätten:  Goumois,  Pruntrat,  BoB> 
court,  Basel,  S.  C.  B.,  Pet.  Vit.,  G.  V.  und  Wolf,  Basel,  bad.  Bahnhof  (Haupt- 
babnhof  und  Rangirbahnhof),  LisbUchel,  Riehen,  Rheinfelden,  Laafenbnrg,  WaldR 
hut.  Niederlagsbäuser :  Basel  S.  C.  B.,  Aaran,  Lenzburg  (für  Malagaweine  und 
Cognac),  Luzern  (fUr  Weine)«  Artb-Goldan  (fttr  Pelrol).  NebenioUatStten :  Bian- 
fond,  La  BouSge,  La  Goole,  Glairbii,  Chaufonr,  La  Hotte,  Conrtemaielie,  Breasan- 
court,  Damvant,  Recl^re,  Grandfontaine,  Fahy,  Lugnez,  Beumev^sin,  Bonfol, 
Miecuort,  Charmoille,  Jiiicello,  RoL^L'<-nburg,  Eleinliitzcl,  Burg,  Rodersdorf,  Flühen, 
Beuken,  Schonenbuch,  Allsrlnwl,  Burgfelden,  BuhcI  Kbeinzoll,  Wj^f»n brücke, 
Kleinhliningen,  Bettingeu,  üoru,  KaiiteraugKt,  Wallbacb,  Mampf,  Säckinger  brücke, 
Gtzgen,  Klemme,  Jilppen,  KoUena,  Zortadi-BarB  nnd  -Burg,  KaiaentnU. 

Im  II.  Zollgebiet:  46  ZolUtätten,  wovon  8  HauptzollstätteOf  1  KieckrlagS' 
hans,  'M  Nebenzolktätten.  Hiuipfzollstätten :  Erzingen,  Schaffhausen  Bühnhof  *), 
8chatfb:iusen  Khein.  Thayngen  Bahnhof,  Singen,  Stein  a.  Rh.,  Constanv:,  ßomans- 
horn Xicdcrlag^huus:  Zürich.  Nebenzollstätton:  Wildlingen,  Unterhallau,  Schleit- 
heim  Beggingen,  Waaterkingen,  Httntwangen,  Bnchenloo,  Wyl,  Rafz,  Bfidlingen, 
Bheinan,  Dorstgraben,  Bargen,  Herishaiiaen,  DBrflingen,  DieAenbofen,  Thajmgen 
Dorf,  Altdort,  Hofen,  Buch,  Rielasingeu,  Ramsen,  Hemishofen,  Mammem,  Steck' 
bom,  Berlingen,  Mannenbach,  Erinatingen,  Gottliebcn,  Tägerweilen,  Ülmmishofen 
Kreuzlingeu,  Aitnau,  Ke£weil,  Uttweil,  Arbun,  üom. 

Im  m.  Zollgebiet:  33  ZolbtStten,  wovon  8  Hanptiollstätten,  1  Nieder- 
lagehana,  24  Nebemollatittten.  HaaptsoUetStten :  Roreehach*),  St.  Margrethen  Bahn- 
hof, Monstein-Au,  Buchs  Bahnhof  *),  Martinsbruck,  Campocologno,  Gaetaeegna, 
SplUgen.  Niederlagshan^ :  St.  Gallen.  Nebenzollstätten :  Staad,  St.  Margarethen- 
Straße,  Hhpiinpck,  Au-Oberfahr,  Schmitter,  Ki  iesern,  Moutlingen,  Oberried,  Büchel, 
Uuug,  Bucha  Straße,  Sevelen,  TrUbbach,  Luziens^eig,  St.  Antonien,  Compatsch, 
Hanaa,  Uanster,  Sta  Maria,  Cierfe,  Zemetz,  Scanft,  Pnschlav,  Madria.. 

Im  IV.  Zollgebiet:  40  Zollatätten,  wovon  6  Haiiptzollstätten,  34  Neben- 
zollstätten.  Hauptzollstätten :  Lugano, ')  Fornasette,  Chia«B0  Bahnhof,  Chia.*iso  Straße'), 
T/<>carno,  ')  F.nino.  Nebf^nzollstütten :  Scareglia,  Gandria,  Arogno,  Morcote,  Büro, 
Figino,  Termini,  Astiiiio,  Poute-Cremeuaga,  Puute-Tresa,  CaHlano,  Scudeilatc,  (Jabbio, 
San  Simone,  Seeeglio,  Novassano,  Brnsata,  Stabio,  Ligornctto,  San  Pietro,  Beeazio, 

')  Zugleich  Niederlagshaus.    *)  Zugleich  Gelreideniederlage. 

Farrer,  VollwwirtlucbftfU-LeiLjkua  der  Scbweiz.  29 


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Zollvveseu  —    4öU    —  .Zollwesen 

Anot  AscoDft,  Briflsago,  Ihdoims  di  Pmite,  I^inelU,  Magadioo,  Indemini,  San 
Antonio,  Bedretto,  Comologno,  CnmedOf  Maoeagno^  Pino. 

Im  V.  Zollgebiet:  3l  Zolltit.Htten,  wovon  10  iluuptzollstätten,  1  Nieder- 
lagHhauA,  20  Neb«nzo!lstättßn.  Hauptzollstätten:  Vevey,  *}  Otiohy,  Morj^es,  'i 
Nyon,  Vallorbös  Bahnhof,  Vallorbea  Straß«,  Verri^res  B.ilinhof,  Meudun,  Koolo, 
Col  des  Roches  Straße.  Niederlagnbaus :  Lausanne.  Neböuzollätütten :  Villtiiieuve, 
Vernezt  Cnlly,  Bolle,  *}  Chavnanes,  Cramder,  La  Bippe,  La  Gore,  BnuiMia, 
Charbonnieres,  L'Auberaon,  Lea  Bochetten,  Loh  Places,  La  Etonde,  L'Rcrenaz,  Gol 
dea  Roche»  Station,  Cernenx-P^quignot,  Les  Brenets,  Siut  du  Doub.s.  La  Ra.^se. 

Im  VL  Zollgebiet  :  50  Zollntätten,  wovon  11  Hauptzollstätten,  2  Nieder- 
lagühäuäer,  37  NubtinzoILitätten.  iiauptzollotätten :  Gondo,  Bouveret,  St.  Gingolph 
-  Genf  See,  G^nf  Bahnhof,  Petita  Vttesiie  und  Grande  VitessOt  Genf  Bahnhof  Eanx- 
Viyes,  lioiUeaalax,  Perly,  Meyrtn  Straße,  Sacconnez.  NiederlagahKaser :  Grenf 
Rive  et  Genf  Cornavin.  Nebenzollstätten :  Ulrichen,  Binnen,  Saas.  Zermatt,  Bourg 
St.  Pierre,  Praz-de-Fort,  Forclaz,  Chätelard,  Champ^ry,  Morgins,  Hermance,  Versoix, 
Chcne,  Mon  ldee,  Coraier,  Gy,  Moniaz,  Cara,  Thunex,  Veyrier,  Troinex,  Croix 
de  RozoD,  Bardonnex»  Soral,  S&ieguiu,  Dardagny,  Malval,  Gboully,  Bourdigny, 
ICategnin,  Ghanoy,  La  Plaine,  Satigny,  Meyrin  Station,  Viralonp,  Boaay,  Sanverny. 

Total : 

.')6  Haaptzollätlittr>n,  wovon  10  mit  Zollniederlagen«  10  Niederiagshftttser« 
195  ilebenaollatätten  uebHt  24  Zollbezitir^poston. 

Beistand  de»  ZollpersoualB : 

Mc  Killte  B«4li*IMtet« 


Oberzolldirektion,  ei nsr^bließl.  19  Beamte  der  handeltibtat.  AbtheUg.  32  — 

Zollgebietttdirektionen  I — VI   47  6 

Zollatittno   567  158 

'  GIO 

Grenzwachimannsohaft  (Cheib  inbegriffen):  eidgenSariache    .    .  365 

kantonale     ...  i "  ' 

Total  loyö  Mann. 


Der  Buridesrath  ist  die  oberste  vollziehende  und  Ititi-iide  Bidiörde  Er 
mtsrhridet  in  Ictzt'-r  Tüstanz  über  An-tiindc  betrefTend  die  Anwendung  der  ge- 
tietzUchen  Vorachritten  Uber  das  Zoilwe^eu,  m  namentlich  in  Tarifsacben.  Die  ge- 
richtliche Jurisdiktiott  kann  somit  in  dergleichen  Streitfragen  nicht  angerufen  wwden. 

Er  trifft  die  Wahl  der  Zollbeamten  und  hat  inaheüondere  die  Befngnift»  unter 
besoiidi  iii  T^in>tSnden,  namentlich  bvi  TerkehrsbcHchränkungen  seiteaa  de*  Ana- 
landes,  dir  ihm  gut  acheitreiidt  ri  Mal'.üahmen  zu  trelTr  ii,  für  deren  Fortdauer  immer- 
hin die  Gutheißung  durch  die  Bunde-svorsamuilnng  erforderlich  i.'^t  (Kampfartikel 
dea  Zollgeäetzeä).  Er  unterbreitet  der  ßutnleaveräammlung  seine  Anträge  für  ge- 
aetsgeberisehe  Erlasae  betreffend  dea  ZoUweaen. 

Das  Zulldepartemeat  bat  die  unmittelbare  Oberaafaicht  dea  geaammten 
Zollwpsetts;  ihm  1if£r*»n  inshesondt're  ob 
a.  Die  VortK  r.ttlmng  der  Gesetze  nnd  VerordnaDgen  Uber  Organiaatiuu,  Tarife 

und  Verwaltung  des  Z<dlwesens; 
6.  Alle  Bntaohetdnogen  prinzipieller  Natur,  aoveit  dieaelben  nieht  von  höherer 

Behörde  anszagehen  haben ;  ' 
C.  Die  Mitwirkung  bei  den  Vorarbeiten  und  dem  Abschluß  der  Handelsverträge. 

Die  Oberaolldirektioniatdie  dem  Zulidienote  direkt  rurgesetzte  Behörde. 

*)  Zugleich  Niedwlaif^liaus.     Hit  einem  Niederiagshaus  für  Wein. 


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2olIwesea 


—    451  — 


Zollwesen 


Sie  erläßt  alle  für  den  Zolldienst  erforderlichen  Ingtraktionen  Uber  deu  Vollzug 
■der  Geaetsft  und  YerordnuDgen  betar^end  de»  Zollweeen^  der  Tkrife,  HandelsTer' 
trttgO)  Wa&reiMtatistik ,  gowie  bezüglich  sämmtlicher  Materien  der  Bandeflgewtl- 

gebung,  bei  welchen  die  Zollverwalrung  mitzuwirken  hat  (Alkohol,  Viehseuchen, 
Jagd  und  Vogelschutz,  Fincherei,  Keblaus,  Maaß  und  Gewicht,  Zündbö!z^'h«n, 
«idg.  und  kantonale  Kegale  o.  a.  w.),  und  sorgt  für  deren  richtige  VulizichuDg. 
Sie  erledigt  alle  Geenche,  Reklamationen  n.  e.  w.  besOglieh  Anwendasf^er^lCrift 
«owie  der  allgemeinen  Gesetzen-  und  VerwaltimgevoMicluift#ltV  t>b#feit  diene  £rledi- 
gtutg  nicht  durch  die  Zollgebietsdirektionen  erfol^n  kann,  und  besorgt  die  Rech- 
nnng88tellung  der  gesammten  Zollverwaltang.  Unter  ihrer  Oberleitung  steht  auoh 
der  gesammte  Greuzbewachting:idien8t.  *' 

Die  Zollgehietadirektionen  besorgen  die  Leitung  des  ZolMienates  in 
ihren  mp.  Gebieten  und  und  ver&ntwortlieb  fttr  riehtige  Vollxiehttttg  der  ober- 
behördlichen  Weisungen,  sowie  Uberhaupt  dor  sämmtlichen  allgemeinen  und  spezi- 
ellen Vorschriften,  welche  auf  den  ZolMirnst  im  betreffenden  Gcbiett*  Bezni;  Iialx'n. 
Ihre  Vollziehungsorgane  »ind  die  Haaptzolhlulten  und  ^ebcmollsiaUm,  letztere 
<lun  erstem  untergeordnet  und  mit  beschränkter  Abfertigungsbefugniäa. 

Die  Zollbeamten  leisten  FerMualkaution  gem&ß  einer  Tom  Zolldepartemeiit 
«afgestellten  BUrgschaftsskula.  Eine  grosse  Zahl  derselben  ist  dem  sehwttiierisoheu 
Amtsblirgaohafts« Verein  beigetreten. 

Das  Zollubferligunffs-  Verfahren. 

Der  Verkehr  mit  zollpflichtigen  Gegenständen  über  die  Grenze  der  Schweiz 
ist  aa  die  erlaubten  Zollstraßen  (vorunter  sftmmtliehe  Eisenbaholinien)  und  Lau* 
dnngsplatze,  sowie  an  gewisse  Zollstanden  gebunden.  Abfertigungen  außerhalb  der 
ZolLstunden  sind  statthafti  unterliegen  jedoeh  einer  besondem  durch  Verordnung 
festgesetzten  GcMlhr. 

Je  nach  der  W  aarenbestimmuug  unterscheidet  man  folgende  Abtertigungsarten: 

0.  £iuluhnrer»>11ung  fllr  Waaren,  welche  zum  innem  Konsum  bestimmt 
sind;  6.  Geleitsoheinabfertigung  fttr  Waaren,  welche  entweder:  1)  zum  direkten 
Transit,  2)  nach  einem  cidg.  Niederlagshaun  (Freilager)  bestimmt  sind  oder  3) 
als  eogenanntp  Partiegüter  mit  Transitfrist  auf  ein  Jahr  angemeldet  wt^rden ; 
c.  Geleit«cheiiilüsthimg^,  mittelst:  1  )  Durchfuhr  (Wiederausfuhr),  2)  EiuiagL-ning 
auf  Freilager ;  d,  Ausfuhr  j  c.  Fieipaljabfertiguug  für  Waaren,  welche  aus- bezw. 
«ingefahrt  werdm,  um  naoh  beetimmter  IVist  wieder  ein-  besw.  ausgeführt  zu 
'Warden ;  f.  Freipaßlöschung  bei  Wiederein-  bezw.  ^Vi  -derausfuhr  solcher  Waaren. 

Für  jeden  ALfertii^'ung-^modus  besteht  ein  beson  lori  a  Deklarationeformular, 
das  der  Waarenfuhrer  vorschriftsgemäß  auszufilll'-n  hat. 

Die  Abfertigung  gotiubieht  auf  Grund  der  Deklaration,  vorbehaltlich  des 
Revisioosreobtee. 

Die  Deklaration  bildet  ebensowohl  die  Grundlage  für  die  Zotlbereohnung 

bei  2^11bezag  und  Zollhinterlage  im  gebundenen  Verkehr   (bezüglich  der  Zoll 
ausätze  s.  unter  Einfuhrzölle  und  Ausfuhrzölle  Bd   1.,  S.  71)  u.  481  ;  lie  seit- 
herigen Aenderungen  werden  in  einem  spätem  äapplemeut  erscheinen),  wie  auch 
für  die  Waaronstaüatik  (s.  „üaudelsstatistik*).  IHeselbe  hat  folgende  Angaben 
SU  enthalten: 

a.  Gattung  der  Waare,  nach  der  tarifgemäßen  Benennung; 
fß.  Waarenmen'xe  (Brutto-  und  Nett     wicht,  Stilek«  oder  Litenahl,  je  nach 
Vorschrift  des  statistischen  VVaur*  lu  t- rzr  i' ImisseB)  j 
0.  Verpackungsart  (Kiste,  Faß  cic.j\ 
d.  Zeichen,  Kümmern,  Anzahl  der  Waarenstttcke ; 


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ZoUwesen 


452  — 


ZollweseO) 


6.  HerknnfMaod  (Sinftdur),  Herkunll»-  und  BcattmnmngsUuid  (Geltttaidieiii), 
Bestimmongslutid   (Aasfoltr),  HarknnftilaBd   und  Iiand   dar  ^rObeiigttliendeifr 

BoBtimmung  (Freipaß); 

f.  Werth:  1)  bei  Einfuhr-  und  Geleitächeiuabfertigung,  Einlagerang  aaf 
Froilager :  für  AbiäUe  vou  Edelmetallen^  wisseoschaftliohe  oad  KuQvtgegeustäode, 
ftd  ftloram  ▼«nwUtwre  Admgeiitii«,  Fuhrwerke,  Schiffe,  edle  Metalle  end 
Waeren  wm  ioleheii,  fsine  Quinoullerie,  2)  bei  ÄnifahrahfortigUDg:  Ittr  alle 
Wearea,  3)  bei  Ontihfiiihrabfertigang  (Geleit8oheinl9achung) :  für  die  nach  dent 
Werth  verzollbaren,  sowie  fiir  diejpnigen  Waaren,  deren  ÄriHchreibung  nach  dem 
Werth  im  Ktuti^tixchun  Waaretiverzeichniß  speziell  vorgeBohriebeii  ist,  4)  bei 
Freipaßabferüguug  und  Freipaßlöschang :  fiir  die  eii^efiihrten,  nach  ätm.  Werth. 
Tenollbann  Waami; 

g.  BeMiohiniBg  der  Truisitfriet«  der  AmguigBiolletitte  <^er  dee  Niederlage-' 
haoses  (für  Geleitscheinabfertignsg) ; 

h.  EtntrittHzollstätte,  ICammer  nnd  Datum  dee  GeleitsoheiDee  (für  Einlagwnng 
und  Dorchtuhrlöschang) ;  ** 

i.  Genaue  Angabe  des  Zwecke«  der  Freipaßabfertignog  (V'eredlungä verkehr, 
Bepamtorverkehr,  AoMlellnng,  TorObergeheoder  Oebrandi,  Handelamnater  n.  s.  w.)* 
bei  Freipaßdeklarationen; 

k.  bei  der  Ausfuhr  für  die  einem  AuHfahnoU  nnterworfmeo  Waaren  die 
Kammer  des  Ausfuhrtarifs  nebst  ZoUsatc; 
/.  Unterschrift  des  Deklaranten ; 
m.  DataiD  der  Aimtellung. 

Für  die  Controlirung,  der  die  achweicerische  ZoUgrenie  QberMdireiteiideib 
Waaren  ist  eine  statietisohe  Gebühr  xn  entrichten,  welche  gemXß  dem. 
ZcUtarifgeeets  vom  26.  Jani  1884  dennaleD  beträgt: 

1  Rappen  per  q   für  dif   nat^h  f'.'^m  (T<!wi(;hte 
1      „         r  Fr.  50  für  U-   II  .eh  dem  Werth© 
1      .        ,  Stuck      „     „      «der  Stückzahl 
m  deklarirenden  Waaren,  wobei  indessen  fHr  je  eine  Abfertigung  nicht  weniger- 
ale  5  Rappen  zu  hexiehen  ist. 

Die  Entrichtung  der  statistischen  Gebühr  gt's(]iifhi  dnrcl»  Aufkleben  VOIL 
Foetwerthzeichen  im  prforderlichon  Bptrac^e  auf  der  Deklaration. 
Von  der  Bezahlung  derselben  sind  ausgenommen: 
a.  Waaren,  für  welche  ein  Zoll  entrichtet  wird ; 

d.  Waaren,  welche  im  Grensverkehr  oder  im  kleinen  Harktverkebr  eingehen« 
(eiche  Verordnung  des  BnadeMrathea  vom  18.  Noyemher  1885,  Art.  8,  litt,  a, 

h,  e,  f,  g,  h,  1  und  n); 

c.  Postsendungen ; 

d.  leere  Fä^r,  Säcke  n.  dgl.  nach  Art.  119  der  Vollaiebungsverordnnng 
zum  Zollgeaets. 

Als  Abfertignngsansweiae  gelten: 

a.  Die  ^nfkihrzollquittang  fHr  die  rar  Einfahr  vemollten  Guter;  b,  der 
Geleitschein  für  Güter,  welche  zum  Trauhit  oder  nach  (  inem  ndg.  Niederlage* 
hause  angemeldet  wurden;  c.  die  Ausfnhrzollquittung  für  die  an<  i'in  innorn 
Verkehr  zur  Ausfuhr  gelanp^ten  Güter,  soweit  solche  einem  Ausfuhrzull«  unter- 
worfen sind;  d.  der  Freipaß  für  Güter,  welche  im  Vcredlungs-,  Reparatur-, 
AnMtelInngs-yerkehr  n.  s.  w.  mit  Bestimmung  anr  Wiedereiofahr  aosgeffthrt 
besw.  mit  Bestimmang  anr  Wiederansfnhr  eingeltthrt  worden ;  e.  der  Dnrohlhhr- 


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Zollweseii 


—    453  — 


ZoHweoan 


«ebeiii  htmw.  Nied«rlifiMlMia  Ittr  Tnimt-  und  Niederlagagttter,  wekli«  au- 

^treten  besw.  in  ein  eidg.  NiederUlgabans  eingelagert  worden  sind. 

Bei  abweichender  Anbcliaunn;,'  ?:wi^c!i(vi  '/ollstätte  ntii  WaarenfUhrer  hin- 
sichtlich fif«  anzuwendenden  Zollsutze«  hat  erHtere  unter  Eiuncudung  eines  Muäter» 
die  Euiaclieiduug  der  Oberbehorde  einzuholen,  wobei  indetM^en  dem  WaarenfUhrer 
imuMriiin  aoheimgestellt  iat,  Uber  die  Watre,  g«geii  fiiohenMlaDg  des  hUhern 
Zolle«»  ohne  Weiteres  zu  verfügen. 

I>ie  ZoMorgane  haben  das  Recht,  jede  Waarensendnng  auf  die  Richtigkeit 
der  abgegebenen  Inhaltsangabe  m  untersuchen,  auszapaoken  und  abzowägea,  wobei 
<ier  Zoilptlichtige  %ar  Uilieleistung  verpflichtet  ist. 

Der  V«rM>r  mU  OeMüekein  (TraniUMumdlung). 

Den  mit  Goleilaobein  reuenden  Wntren  iek  eine  Friat  beetimmt,  innorhalb 
welcher  sie  das  Land  wieder  zu  TerlasMO  heben  nud  nwar,  von  den  beaondem 
lokalen  Verhältnissen  ahgpsehen, 

a.  auf  1  Monat  für  Trausitstiicke  ohne  sollamtlichen  Verschluß,  deren  Trans- 
port ganz  oder  theilweii>e  per  Bahn  vermittelt  wird; 

6.  anf  2  Monate  für  Steinkohlen  und  anter  noUamtUoheu  Yersohlnft  abgeifertigle 
IKTaarenfsendnngen ;  * 

r.  auf  12  Monate,  auf  Verlangen  de«  Deklaranten,  fllr  Waarengattungen, 
welche  durch  den  Bundesrath  zur  ZoUbehandlung  als  F&rtiegUter  sugelaseen 
werden.  Dermalen  (Okt.  1890)  sind  es  folgende : 

1)  Mit  einem  Gewiohtananimam  Ton  500  kg.:  BanmwoUe,  rohe;  Banrnwoll* 
abttlle,  genpunm-ne  und  ungesponnene ;  Blei  in  Barren,  Blöcken,  Platten;  Blei- 
rfihren  ;  Eisen  in  Ma.-.seln;  FarWiöIzer  und  Fftrherdeii,  ruhe;  Gallapfel  und  Knoppnrn; 
Garancine;  Getreide,  d.  h.  VV^eiaen,  Kom,  Koggen,  (ierste,  Haler  und  Mais; 
Kaffee;  Krapp;  Mehl;  Neoiin;  Oele,  fette,  nicht  mediziulHche;  Petroleum  and 
Kaphta;  Reis;  Seh  weinefett,  amerikanieohes;  Seide,  rohe,  auoh  Floreteeide  and 
Seidenabfillle ;  Snmaoh;  Wolle,  rohe ;  Zwkvt ;  Zweteobgen  nnd  Pflanmen,  gedSirte, 
in  SKcken. 

2)  Mit  einem  Gewichtsminimnin  von  200  kc^. :  Cacaobohnen  und  -Schalen; 
Eisenblech  unter  3"""  Dicke,  roh,  verbleit,  verzinnt,  verzinkt,  verkupfert,  ver- 
nickelt; Fische,  getrocknet,  gesalzen,  marinirt,  geräuchert,  oder  anderweitig  zu- 
bereitet, in  Ballen,  FitKem,  n.  a.  w.,  von  6  kg.  nnd  mehr;  Kanteehak  nnd 
Guttapercha,  in  Kut;-1n,  Platten,  Blättern.  Eicmen,  Ffiden,  SchlXuehen,  RShren; 
Kupfer  oder  ^le^-sing,  in  Bnrren,  Blöcken  oder  Platten,  gehämmert,  gewalzt,  ge- 
zogen, in  Stangen,  BKrli,  Köhren,  Draht;  Mineralwasser,  natürliches  und  künst- 
liches; Kohstahl  in  Blöcken  oder  gegossenen  Stäben;  Rotiinen  (Korinthen)  ;  SUd- 
frttohte,  andere;  Weinbeeren;  Zink  in  Barren,  BlOckenoder  Platten;  Zink,  gewalzt, 
gezogen,  Blech,  Draht;  Zinn  in  Barren,  BlOoken  oder  Platten;  Zion,  rein  oder 
Iflgirt  (Britanniametall),  gehiimraert,  gewalzt,  Blech,  Staniol,  Draht. 

Mit  einem  Cfewir'ht-.minimuni  von  100  kg. :  Decken,  wollene,  mit  nnd 
ohne  Näharbeit;  Gewebe  aus  Baumwolle,  sam metartige;  Korkteppiche  (Linoleum). 

4)  Mit  einem  Gewiditiminimnm  von  50  kg.:  Korkholz,  roh  in  Platten; 
Theo;  Waechsohwimme. 

(/.  auf  je  einen  Tag  fdr  je  20  km :  für  den  übrigen  Transitverkehr  nach  der 
vom  ZolIfl(  |);irt''ment  aufgestellten  Geleitscheinfristtabelle,  wobei  die  Traii>if fri-^t 
über  hcliweizt'rii»ebe  Alpeupässe  vom  1.  November  bis  31.  Mai  um  die  Uäitte 
verlängert  wird. 

Mit  der  OeleitscheinlOechnng  ftllt  die  dnroh  Baarhinterlage  oder  dnrob  Bfirg- 
aohaft  geleistete  Sieheretellnng  des  anf  der  Waaro  haftenden  Zolles  dahin. 


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Zollwesen 


—    454  — 


Zoltwesen; 


Wird  ein  Geleitüchein  nicht  innerhalb  der  in  dern^clben  vi»rgemerkten  Friai: 
mi  Löschung  vorgewiesen,  so  TerföUt  die  darauf  haftende  iüuterlage  der  ZoUkauNe» 
In  Betreff  der 

Niederl{igshäuser 

wild  avf  den  Artikel  „NiederUgsTerkehr"  im  II.  Bande  dea  Volkawirthaehafla» 

lexücons  verwiesen.  Demselben  ist  bloß  beizufllgen,  .daß  das  Niederlagshana  im. 
Baluihuf  Korschach  mit  'M.  März  IHHs  aiifp hoben  wurde;  dagegen  besteht  da* 
Getreidetratifritlafrer  im  Kornhaus  !v)r^ 'lin/h  ninerändert  fort;  in  8t,  Marirreth«-*n 
beisteht  keiu  Niederlagshaus,  wie  irxiimniiiuli  augegeben.  Neu  entstamlen  sind 
dagegen  Niederlagen  in  Arth'.Goldao  (für  Petrol)  nnd  in  Lensburg  (für  attd- 
ländische  Weine).  Da»  NtederUgRhaite  Genf-Coruavin  int  seit  1890  mit  den 
nämlichen  Erleichterungen  ausgestattet,  wie  das  Entrepot  Rive  (früher  Port 
frane).  Beide  sind  Ei^enthum  des  Kantons  Genf,  der  den  Betrieb  de,rsplben  einer 
Aktiengesellschaft  übertragen  hat.  Die  VerioUung  der  zur  Einfuhr  ange- 
meldeten! ihm  Bofiem  Verpacknng  entklmdeten  Waaren  geecbieht  in  den 
Genfer  Entr^ta  nach  Ihfigabe  der  bnndearlitlilidieD  Verordnnng  vom  23. 
November  1884  resp.  mit  Tarazuschlägen  von  10,  16  nnd  20  ^/  für  ein» 
Reihe  von  Waarenartikeln.  Die  in  der  V' trurdnnn;::  nicht  «ufKi  fülirten  Waaren 
haben  keinen  Zuschlag  zu  entricliteu.  Die  enteprechcnden  Tarazuseliliiire  für  das 
Eutrepüt  Lausanne  betragen  15,  20  und  30  "/o ;  für  die  Wuareugattungen 
der  Übrigen  Tarifpositionen,  sofern  diese  Waaren  in  Kisten,  Pässem,  Kttbetn 
n.  8.  in  das  Niederlagshaus  gelangt  sind,  wird  die  üälfte  der  im  statutiachen 
Waarenverreieliiiiß  vorfremerkten  Taraannätze  in  Anrechnung  gi  l. rächt. 

Der  (iebtihrenbi'zui;  in  den  eidgen'<«f^ischcn  Niedcrlagshauseru  geschieht  narh 
Maßgabe  des  Buude.srathsbeschiu.'^Httj  vom  7.  September  1610  und  des  vom  Zoll- 
departement in  weiterer  Ansitthrung  dieses  Besehlnsses  aufgestellten  Tarifs. 

Frapaßverkchr. 

Zollpflichtige  Gegenstände,  welche  aus  der  Schweiz  nach  dem  Au8landc  oder 
aus  dem  Auslande  nach  der  Sebwei?:  «rehen,  um  nach  eiuer  bestimmten  Frist 
wieder  ins  Uerkunitsland  zurückzukehren,  ki/nnen  von  der  Entrichtung  des  Zolles 
durch  die  Anmeldung  snr  l^raipaßabfertigung  withoben  werden,  immerhin  gegen 
Hinterlage  oder  Verbttrgung  der  besögliehen  Zollbetnfihiaae,  weleke  mit  der 
BVeipaßUiHchung  dahinfällt. 

Dil"  Freipaßabfertif^uni]:;  kann  bewüli.'t  werden: 

1)  im  Veredlung«-  oder  Keparaturverkehr ; 

2)  im  Ausstellungsverkühr; 

3)  im  allgemeinen  Marktverkehr; 

4)  für  verkSufliche  Waaroimaster; 

6)  fiir  Gegenstande,  welebe  zum  vorübergehenden  Gelnnueh  aus-,  bezw. 
eiugetiihrt  werden,  z.  B.  für  gebranohte  JUaschinbu  und  Weriaeage  von 
Bauunternehmern  u.  s,  w. 

6)  ittr  sehweiierisohes  Yieb,  das  auf  auri^ndisehe  nnd  für  analSndisohea 
Vieh,  das  auf  sokweiseriselie  MSrict»  getrieben  wirdj  ftlr  SSmmerangs- 
oder  Winterungsvieh  und  für  Arbeitsvieh,  das  aas-  bezw.  eingeführt  wird  j 

7)  für  Waaren,  welche  ans  der  J^ohweiz  übt-r  ansländisches  Gebiet  direkt 
wieder  nach  der  Schweiz  veri)racht  werden. 

Zar  Ansetellung  von  Freipüssen  für  Waaren  sowohl  als  fftr  Vieh  sind 
simmtliche  Zollstätten,  sowie  die  HiederlagshKuser  an  der  GreosOt  sur  AnastellDnip 
von  Freipässen  fiir  den  Vcredlungsverkehr  jedoch  nur  die  Haaptsollstitien  nnd 
die  Niederlagshäoser  an  der  Grense  ermächtigt. 


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ZoUwesen 


—    456  — 


ZoUwMen 


Die  Freipaßabfertigung  ist  übrigens  nur  Tilr  solche  Gegenstände  znlSßig, 
deren  Identität  aoUamtlioh:  ohn»  alba  grolie  äohwierigkeiten  fe(»tgeatallt  werden 
kann. 

Wird  ein  Freipalj  nickt  innerhalb  der  eingeräumten  Fnut  zur  LQsuhung 
▼orgewiesen,  so  yerliert  er  «eine  Wirkung,  nnd  allfftllig  darauf  haltende  Zoll* 
gehflhrea  TerfaUeii  der  Zollkaaee. 

Z>te  ZoUhekanMung  von  PasUen^i^en 
erfolgte  bisher  in  Gemäßheit  der  Inetraktion  vom  M.  Hai  1883  (F4)8tamtablatt 

18h 3,  Nr.  7)  durch  die  mit  den  ausländischen  Transportanstalten  in  direktem 
Verkehr  htehondcn  PoHthureaux  (Auswechslungsbureaux).  Die  Nothwendigkeit 
einer  schärfereu  Kontrole  veranlnßte  im  Jahre  lHt*G  eine  Moditikatiun  in  dem 
Sinne,  daß  die  Postbureaox  uugcwieaen  worden,  eine  gewisiie  Zahl  ron  Post*. 
Btttcken  dem  nSchatgelegenea  Zollamte  sur  Bevisioo  znznleiten.  Aber  auch  dieies 
Verfahren  bot,  wie  die  Erfahmng  lehrte,  nicht  genügende  Garantien  gegen  De* 
fraudationen  mittelst  unrichtiger  Waar»Mih«'?:»MrhnMn<r,  und  es  inl  deshalb  im  Laufe 
des  Jahres  181)0  ilif  Neuerung  eiiigt  filhrt  worden,  daß  die  sämmtlichen  Z<dl- 
deklarutiunen  der  zur  iiliufuhr  bestimmten,  d.  h.  an  einen  Adressaten  in  der 
Schweis  eingehenden  Postsendungen  der  dem  betreifenden  Answechslnngaboreau 
XanKchat  gelegenen  Zoll^ti  llc  zu  überliefern  seien,  wcMil-  «len  zu  erhebenden  Zoll- 
betrag festsetzt  nnd  diejenigen  Vi>\\\  Ittztiohnet,  deren  Revision  sie  als  geboten 
erachtet.  J)as  BpMtreben  drr  \ Crwa Itiuii;  geht  dahin,  eine  möglichst  große  Zahl 
yon  Postsendungen  zur  zuUamtlicben  Kevision  heranzuziehen,  indem  erfakruo^- 
gemSß  nur  aaf  diese  Wdee  den  Yereaeheii  an  imriebtigeii  Inhalteerklkmngen 
mit  £rfolg  entgegengetreten  werden  kaon. 

Die  Zollbeträge  werden  von  den  Postbureanx  auf  den  Sendungen  nacbge* 
nommen  und  mit  entoprecUundeu  Bordereatix  monatlich  den  Zollgebietskaesen 
zugefdhrt. 

Aitftn'ili  tnt'ii   von  ilf'r  ZollplhrJit. 

Außer  den  im  Zollturit'  als  zoUiVei  angeführten  Waarenartikein  sind  vom 
Cingangszoll  durch  Gesetz  oder  Verträge  befreit : 

1)  Alle  zum  eigenen  Gebrauch  der  bei  der  Eidgenoeranediaft  beglaubigten 
diplomatischen  Vertreter  des  Auslandes  und  des  von  den  betreffenden  Landes- 
regiernnc^en  ernannten  offiziell*  ii  Gi  sHu  lf^chaftsperHonals  dienenden  und  nicht  zur 
Wiederveraußerung  bestimmten  ( ■  egenstäude,  inaofern  von  dem  Staate,  den  sie 
vertreten,  Gegeurecht  gehalten  wird  ; 

2)  Gebrauchte  Hausgeräthe  und  Effekten,  gebrauchte  FabrikgerSthschaften 
und  gebrauchtes  Handwerkszeug  von  Anziehendes  zur  eigenen  Benutzung; 

3)  Auf  besondere  Erlaubniß:  Ausstattnngsgegenstiinde  (neue  HauHgerSthe 
aller  Art,  >;owic  KlfMun^r^stiicke,  Wäsche  und  sonstige  Efft'kti  ti)  von  Angehörigen 
fremder  Staaten,  welche  sich  aus  Veraulaoaung  ihrer  Verheirathuug  in  dem  Ge- 
biete der  Schweiz  niederlassen; 

4)  Gebrauchte  Hansgerftthe  nnd  Effekten,  welche  narhgewiesen  als  Erb- 
sohaftsgut  eingehen ; 

5)  KeisegerJith,  Kleidnni^xtiif  Icc,  WaM  lie  u.  dgl.,  welches  Reisende,  Fuhr- 
leute und  Schiller  zu  ilireui  ( i<-lir.iui  In-,  .nif  h  Handwerkszeug,  welohes  rt'iseJide 
Handwerker,  sowie  Geräthe  uud  InsLrunienie,  welche  reisende  Künstler  zur  Aus- 
llbwig  ihres  Berufes  mit  sieh  ftthren,  sowie  andere  Gegenstände  der  bezeichneten 
Art,  welche  den  genannten  Personen  vorausgehen  oder  nachfolgen ;  Verzehrung«- 
gegenstinde  zum  Eeiaegebrauohe ; 


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Zollwesen 


—    456  — 


ZoJlweeen 


6)  Wagen  von  Ausländern,  einschließlich  der  Eisenbahnfahrzeuge  anslän- 
diticher  Baku  Verwaltungen,  sowie  autiländiiHihe  Wasserfahrzeuge,  welche  beim  Ein- 
gang Uber  die  Grenze  zum  Personen-  und  Waarentransport  dienen  und  nicht  in 
der  ScJiweb  TerUeibeD;  leer  jmraekkehreiide  £iaeiibabn&hnwage  inlftodieoiier 
Bahnverwaltangen ;  Pferde  und  andere  Thiere«  welche  Bespannnagen  von 
Beise-  oder  La<«twAgen  eingeführt  werden  und  SOT  Wiederauafolir  bestiBunt  find} 

7)  Ariuetiluhreii  mit  ihrem  Gepäck ; 

8)  ZullpÜichtigü  Gegeuätätide,  für  welche  der  ZoUbetrag  nicht  mehr  als 
5  Bappen  ausmacht; 

9)  Un^eiteiiifliohe  Waarenmoeter  (eoldlie  Ton  Tenebrnngflgegwiatäiideii  aus- 
genommen) ; 

10)  Leere  FSsser,  Säcke  und  Gefäße,  welche  in  die  Schweiz  eintretpn,  um 
gefttllt  an  den  AbHender  zurückgesandt  oder  für  dessen  Rechnung  an  eiue  andere 
fieitimmong  im  Auslände  wieder  aasgeführt  sa  mnden,  sowie  Bolehe,  welche  an 
den  nrsprOnglielien  Absender  in  die  Sehweix  mrttolckehren,  nachdem  sie  gefüllt 

ausgeführt  worden; 

11)  Kiinstgegenstände  fUr  fSffctitlicbe  Zwecke,  sowie  Naturalien  und  ge- 
werblich-technische Gegenstände,  welche  nachweislich  für  öffentliche  Sammlangen 
eingehen ; 

12)  Tbiere,  Gertthsohaften  nnd  andere  GegenstKnde,  die  von  InlKndem  nr 

Bewirthachaftnng  auf  ausländischem  Gebiete,  jedoch  nicht  Uber  10  km  von  der 

Landesgrenze  entfernt  gelegener  Grnndstüeke  an^n;,  führt  wnrden  und  innerhalb 
einer  bestimmten  Frist  wie(i»'r  in  il;e  S<'!i\vci/,  zuriickktiliren ;  de.sjjleiehen  solohe, 
welche  von  Ausländern  zur  Bewiithöch.ifiiing  aut  schweizerijjchcm  Gebiete,  jedoch 
nicht  über  10  km  landeinwfirtb  g(degener  Gnindstflcke,  eingeführt  werden  und 
nur  ▼ornbergehend  in  der  Schweiz  verbleiben,  Gegenrecht  vorbehalten; 

13)  Die  ruhen  liodenerzeugnisHc  von  denjenigen  auf  ausländischem  Gebiete 
innerhalb  der  Grenzzone  von  10  km  ^«leij'enen  Grundstücken,  welche  Einwohner 
der  Eidgenossenschaft  (Besitzer,  Nutznießer  oder  Pächter)  selbst  bebauen  oder 
anf  eigene  Beehnung  dorch  Drittpenonen  bebauen  lassen ; 

14)  Hiloh,  Eier,  frische  Fische,  Krebse,  FrSiche,  Sehnecken,  frische  Feld- 
und  Gartengewächse  u.  dgl.,  insofern  Ue^e  Gegenstände  für  den  Markt«  oder 
Hausirverkehr  lic^timmt  sind  nnd  von  dm  Feilldrten den  in  «lie  Schweiz  getrac^n 
oder  auf  kl'  iuen  tiandwägt  Ii  lien  L,'''fnhrt  werden.  Immerhin  ist  hiebei  die  Ein- 
haltung der  Zollstraße  und  Auuiuldung  auf  dem  GrcnzzoUamte  erforderlich; 

15)  Waarea  und  ^eh  schweiserisehen  Ursprungs,  welche  unverkauft  ans 
dem  AuMlande  an  den  ursprünglichen  Ah-' n  ler  in  der  Schweiz  zurückkehren. 

In  idh:n  unter  1  —  15  aufgezählten  Fallen  sind  die  nähern  Bestimmnngeii 
und  Kontralnialiiiahmen  der  Verwaltun|j:  vorbehalten. 

Für  Wauren,  die  zur  Einfuhr  verzollt  werden,  welche  aber  wegen  An- 
nahmeverweigerung oder  aus  andern  iLonveniensgrttndea  an  den  nrsprUnglichen 
Absender  im  Auslände  zurttokgehen,  kann  unter  gewissen  Bedingungen  (Art.  120 
der  Vollsiehuogsverordnung  zum  Zollgesetz)  Zollrttckvergiitnng  erlangt  werden. 

(hi'/izfH'ivachitruf. 

Wie  bereit«  unter  „Grenzschntz"  (s  Band  1)  mitgetheilt  worden,  wird  die 
Grenzbewachung  durch  eidg.  Grenzwäohter  besorgt,  ausgenommen  in  den  Eüan'- 
tonen  Bern  (Jura),  Aargau  und  Graubttnden,  wo  aufolge  bestehender  Yertrige 

kautotialc  Landjäger  gegen  besondere  Entschädigung  an  den  betreifenden  Kanton 

der  /.ollverwaltung  znr  Verfügung  gestellt  sind.  Diese  LandjÜL'er  haben  in 
erster  Linie  —  ein  Theil  derselben  ausschlicliUch  —  dem  Grcnzwachtdieust  ob- 


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Zollweaen 


—    467  — 


snliegwi;  ne  erhalteo  die  hienmf  besttgüohen  Befehle  toh  der  direkt  vorgeaetsteD 
Zollbehörde,  Bind  dagegen  in  DiaapliBuiaelien  der  kantonalen  PoliseibehOrde 

nnlerstellt. 

Die  diUg.  Grenzwächter  sind  mit  Kepetirkarabiner  (System  Vetterli)  uod 
AuCsteckaäbel  (Yatagan)  bewaffnet ,  welch'  letzterer  aU  Seitengewehr  getragen 
wird.  Ihre  ÜDiforn  beetebt  aus  dnem  WafFenrook  too  aohwangraaem  Taeh 
mit  scharlachrothen  YoMtifßen,  Knüpfe  gelb  mit  dem  Gärige  eieee  etdg.  Kreuiee, 
«iner  Dienstjacke  ans  gleichem  Stoff,  BeiukUidern  von  eisengranem  und  einten 
Mantel  (Kapnt)  aus  dunkelblaumelirtcn  Tuch  ;  ^Ifit/«  aus  dem  nämlichen  Stütl" 
"wie  der  WatieDrock,  Modell  der  aciiweizer.  Uilizicrboititze,  ohne  Auszeichnung. 
lÜe  Unterofikdere,  Abtheitungiebefii  (Waehtmeister)  nnd  Brigadiers  (^Kuiporale), 
tragen  die  nSmliohe  Gradanaseichnnng  wie  die  schweizer.  Artillerie.  Als  ofGxieUee 
Dienstzeichen  trägt  jeder  im  eidg.  Diens|  stehende  Grensfriehter  (beav.  Land- 
jäger) einen  silbernen  Schild  mit  eiilg.  Kreuz. 

Die  eidg.  Grenzwachtmaniischaft  eines  jeden  iiebietes  steht  unter  einem  vom 
Bnndeerathe  gevKhlten  Chef,  der  hinwieder  direkt  der  Zollgebiete- Dln^ion 
untergeordnet  ist.  Den  Grenzwaohtohefe  ist  gestattet,  sofern  dieselben  in  der 
Armee  eine  Offisiercharge  beldeiden,  in  Uniform  die  ihrem  Grade  entsprechenden 
Abzeichen,  sowie  ien  Ordonnanz  ■  Offiziem&bel  zu.  tragen.  Andernfalls  haben  ne 
<den  Rang  eines  Adjutant- riiteroffizipff. 

Die  Stärke  dt;r  GreuzwachLuianuhchatt  ist  unter  Abschnitt  n^fgäui^tion" 
angegeben* 

Bechnungawesm  und  ßnantidle  Ergebnisse, 

Das  Bechnongswesen  aerföllt  in  awei  Theile:  a.  Anistellang  der  Zoll*  * 
•qnittnngen ;  6.  Verreohnnng  nnd  Ablieferang  der  Zollbetrftge  nnd  sonstigen  Ein- 
nahmen der  Zollverwaltung. 

n.  Zo!!i]uittuugen.  FWr  sämmtliche  in  die  Zollkri'«'<R  fallenden  Einnahmen 
:  Ein-  und  Ausfuhrzölle,  Niederlagsgebühren,  BuUenautheile  und  Urdnungs- 
boflen,  Waaggebühren,  Untermiethen  und  andere  nnvorhürge^hene  Einnahmen 
werden  Quittungen  verabfolgt,  welehe  die  Basis  der  BeehnungefUhrung  bilden. 
An  den  Hanptzollstätten  werden  diese  Quittungen  vom  ßinuehmer  und  vom 
Kontrolciir  unterzeichnet,  nach  ansjres'Hngttner  Revision  nnd  allfänijj;cr  Richtig- 
stellung. Fax-  die  Richtigkeit  dtjis  Zoübezuges  haltet  in  «rntcr  Liniu  der  Einnehmer 
«Is  Bureauchef;  der  Kontroleur  ist  mitverantwortlich.  Bei  Zollstätten  mit  zahl- 
rnohem  Gehttlfenpersonal  kann  die  Revision  der  Zollquittungen  unter  eigener 
Yeraotwortlichkeit  des  Einnehmers  auch  einem  Gehttlfen  abertragen  werden. 

b.  Verrechnung  und  Ablieferung  der  Zolleinnahmen.  Auf  jeder  Zollstätte 
wird  ein  ad  hoc  eingerichtetes  Ka-ssabuch  geführt,  in  welchem  siimmtliche  in  die 
Zollkri^se  fallenden  Einnahmen  an  Hand  der  Znllqiiittnncrcn  chronoloiri'^ch  mit 
taglichem  Rechnungsabschluß  eingetragen  werden.  Eine  von  einem  andern  Be- 
amten der  ZolUtittte  ebenfalls  auf  Grandlage  der  verifizirten  ZoUquittnngen  ge> 
führte  Kaesakontrole  dient  aar  titgliehen  Ausmittluog  allfKUiger  Differenzen,  weldie 
■sofort  rkditig  au  stellen  sind. 

Die  Ablieferung  der  Zollcinnahmcn  erfolgt: 

1)  Monatlich  seitens  der  Nrhcnzo!l>ti[tten  an  die  zuständige  Hatipt/rdl-tattc ; 
Hinnahmen  von  über  Fr.  luo  eind  indessen  schon  vor  Ende  MonutH  abzulietern ; 

2)  Dekudenweise,  d.  h.  je  am  10.,  20.  und  letzten  Tage  de«  Monats  von 
den  HanpCaollstfitten  an  die  Hauptkasse  des  Zollgebietes.  Diese  Ablieferungen 
werden  vom  Kontroleur  verifisirt  und  im  Kassabuoh  gemäß  Befand  beseheinigt 


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ZoUwesen 


—    458  — 


ZoUweaen 


Von  diesen  Ablieferungen  erhalten  die  Gebietsrevisorate  jeweilen  direkt» 
Mittheilung. 

Am  Sohlium  eines  jeden  Monats  hellen  eUmmtliolie  ZoUatKtten  die  Monats- 

recbunng  über  ihre  Einnahmen  und  Ausgaben  aufzu.stt'llen  und  Hammt  dem 
kompleten  Ke(-hnung8materinl  (Zollhefte,  Deklarationen  etc.)  der  Gebietadirektion 
einziiRenden.  l>it^  materielle  i'riifnnp'  dieser  Rechnungen  nebst  Bele<»^n  und  die 
Aui'utelluug  der  Ue«ammtreüluiuug  dtm  ZuUgebietes  besorgt  du8  Grebietarevisorat 
nnter  Anleitung  nnd  üeberwadinng  daroh  den  G^bietsdirektor.  Das  Reohnnnga- 
resultat  hat  mit  den  bei  der  HaaptjeoUkasee  einu;<'i;angenen  Beträgen  Übereinzustimmen. 
Dio  Ablieferungen  der  Hauptzullkassen  geschehen  direkt  au  die  eidg.  Staatskasse 
bezw,  an  die  von  letzterer  bezeichneten  Stellen.  Für  Deckung  der  Ausgaben  der 
Zollgebiete  leisten  die  ÜAuptzollkatitien  den  Gebietsdirektoren  die  erforderlichen 
YovBdiQMO.  IMe  Beohnungcn  ttber  Einnahmen  und  Ausgaben  der  Zollgebiete 
sind  aUmonatlioh  der  ObenoUdirektion  einanreichen ;  das  Obenollrevisorat  prüft 
dieselben  nnd  wstellt  die  Generalreehnnng  der  Zollverwaltmig,  nmfassend: 

a,  die  sKmmtliohen  Zolleinnahmen,  getrennt  nach  Rubriken  nnd  Zollgebieten ; 

b.  die  GeKammtantgaben  dt  r  Zollverwaltung  für  Gehalte,  Reisekosten  nad 

Expertisen,  BureaukoHtt*n,  ^Mobilien  und  Geriitb>chaften,  Grenzschutz  und  ver- 
echiedene  Ausgaben  (ZollrückvergUtuugeo,  Eutschädigaugen  für  Aushilfe,  Dienst- 
kleidungen etc.). 

Nach  Kichtigbefund  der  Gebietsrechnungen  durch  das  Überzollrevisorat  er- 
halten die  betreffenden  HanptsoUkassen  durch  regelreebte  Zahlungemandate  Deckung 
der  geleisteten  AusgabenTorsehttsse. 

Die  vom  Vorsteher  des  Zolldepartements  zu  genehmigende  Generalredbnung 
wird  sodann  der  eidu'.  Finanzkontnde  Ubermittelt. 

Bei  <ler  cidg.  Htuatskas.^e  ht  die  genaue  Prüfung  der  Resultate  ttber  Ein- 
nahmen und  Ausgaben  der  Zollverwaltung  ermöglicht : 

1)  dfireli  die  zehntägigen  Anzeigen  der  Hauptzoilkassen  Uber  die  Einnahmen 

und  die  Ablielcruiigcu  ; 

2)  durch  die  vierteljährlich  vom  OberzoUrevisoraf;  anzufertigende  und  an 
die  Finanzkontrole  m  Händen  der  Staatekasse  ta  ttbermittelnde  Zusaramenstellang 
der  Einnahmen  sämmttioher  Zollgebiete  nach  Dekaden; 

3)  Dureh  die  anr  Deckung  der  ordentlichen  Ausgaben  der  Zollverwaltung 

vom  Zulldepartement  ausgestellten  Zablungämandate,  deren  Totalsumme  dem  Be- 
trage der  Gcsammt ausgaben  genau  entsprechen  muß. 

Auf  Jahresschluß  wird  vom  OberzoUrovisorat  eine  die  Einnahmen  und 
Ausgaben  des  gauzen  Jahres  umfassende,  8ummarisi:he  Generalreehnung  atH^^«»st«llt, 
welche  einer»  integrirendon  Bestandtheil  der  cidgenö.s.sischeu  Stiuitsrechuuiig  bildet. 

Ebenso  wird  alljährlich  eine  detaillirte  Rechnung  Uber  sämratiiche  Jabres- 
eiuuahmen  der  Zollverwaltung  ausgearbeitet  und  swar  in  Betreff  der  Ein-  und 
AusfohrsOlle  nach  Mafigabe  der  einaelnen  Tarifpontionen.  Diese  Reohnnng  wird. 
jeweUen  in  den  Jahreshand  der  schweiaeriBohen  Zollstatistik  aufgenommen. 

Noch  sei  beigefügt,  daß  die  Kassu-Inspektionen  bei  den  Nr1).  nzu]l-tätteii 
durch  die  vorgesetzte  Hauptzollstätte  Ik'zw  durch  die  Gebiet-direktion,  bei  den 
Hauptzüllstätten  durch  die  Gebietsdirektiun  und  hei  den  ll;iuptzollk;i-i<?'ii  (ZoM- 
gebietskasticn)  durch  den  ZoUgebietsdirektor  sowie  durch  die  eidg.  Fiuanzkontrole 
vorgenommen  werden. 


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Zolhvesen 


—    459  — 


Zollwesen 


Das  YerwAltiiiig»budget  pro  1890  ireist  folgende  Hanptriibrilmi  auf: 
Ä.  Einnahmen. 


a.  Einfuhrzölle  .    .    .  . 

Pr. 

15,578  000 

U,  AUslutirZOlie  .     .     .  . 

c.  Statistische  Gebühren. 

120,000 

d.  .Xied.  rliigs^ebahren 

• 

:ii).(M)0 

e.  Butionanl  heile    .    .  , 

• 

'  10,000 

f.  OrdnunpshuUen  .    .  . 

» 

1.500 

g.  WaagffebQhren  .   .  , 

• 

3.000 

h.  UntermietbeD    .   .  . 

• 

25.(KX) 

i  Terscbiedenes    .  .  . 

Fr 

^f;,U<,KJ.(  H.HJ 

B.  Ausgaben. 

I.  Gehalte  

II.  Beisekoslea  und  Exper- 
tisen  , 

UL  BureaukiisItMi.  inkl.  Mie- 
lhen,bruricsiichen  etc. 

IV.  Mobilien  und  Gerllth- 
schaflen  ..... 

V.  Grenzschutz  .... 
YL  Verschiedenes  inklusive 

ZuckerrflckzoU  u.  s.  w. 


Fr.  1^7,000 

so.ooa 

,  223,000 

20,000 
7(^0.000 

343,000 
Fr.  2;()(>8.000 

Die  Robcinnabmeu  beliefen  sich  Ende  September  1890  (I. — III.  Quartal) 
bereits  auf  Fr.  22,800,000,  wogegen  hinwieder  Naebtrag»krediie  fttr  Verwat- 
tusgeausgaben  im  Betrage  von  Fr.  132,000  bewilligt  worden. 

Wir  lassen  hiemaoh  eine  Ziisammenatellang  folgen 

a  der  Roheinnahmen, 

b.  der  Ansgabeo 

der  eidgenSssisehen  Zollverwaltang  fUr  den  Zeitraem  Ton  1850 — 1889. 


1850 
1851 
1852 
1853 
1854 
1855 
1856 
1857 
1858 
isno 
1860 
1861 
1862 

i8tia 

1864 

1865 
1866 
1867 

1868 
18G9 


Robeinnaiimrn 

FV. 
4.02-2.»;  t7 
4.892.644 
.5,716,014 
5.884.372 
5,5-"A),574 
.5.726. 136 
>i,l<lö.240 
6,41)4,635 
6,874.807 
7.tfn.lor, 

7,765,Ui5 
8,137.834 

8, 15»;,  157 
8,540.483 
8.73Ö,i74 

8,723,309 
8,699,518 
8,331,1.54 
9,051..TtS 
8,9r>;j.ib'2 


Fr. 

614,216 
637  333 
639,4' 
665.909 
686,046 
731,286 
773.179 
898.097 
Rtroir, 

867,609 
913,340 

904,677  , 
957,179 
1,006,116 

1,018.569 
1,035,662 
1,041,391 
1,028,387 
1.072,J»2Ü 

Total 


Pr. 

;{.t(;>i.430 

4,278.428 
5.078.681 
.'..244,879 
4,884,664 
5,040,088 
5,428,954 
5,721.456 
6,046.709 
r,.r)r)7.i50 

6,898.316 
7.234,593 

.7,2ri4,780 
7,583,304 
7,729.158 

7,70k7in 
7,6(j;j.b.').'> 

7,289.763 
8,023,011 
7,882,355 


1870 
1871 
1872 
1873 
1874 
1875 
1876 
1877 
1878 
1879 
1880 
1881 
1882 
1883 
1884 
1B85 

ias6 

1887 
1888 
1889 


Roheinnahmen 

Ausgaben 

Netto-Eianabmeu 


Koiieiaualiueii 

IV. 
8,565.0<)4 
10,^32,791 
12,515,986 
14.349.361 
15,322,392 
17.135.948 
17,376,54 1 
l.'>.728,223 
15,661,348 
16,825,8.59 
17,211,482 
17.436,405 
18,603.985 
20,121,993 
21,486,577 
21,191.433 
22,395.167 
24,632.285 
26,086,1  14 
27,63ii,U.'»i 

Fr.  504,937,796 

,  48.!^2:i:rn 

Fr.  456.U4.465 


Pr. 

1.0.S9.996 
1,133,378 
1,1.50.948 
1.416.271 
1,420.310 
1.943,935 

i..'ar.,i!M> 
1,418,243 
1.410,464 
1,11,3,560 
1,504,537 
1,5.39,256 
1,548,986 
1,627,338 
1,678,063 
1,861.067 
1,882,783 
1,983,599 
2.i:in,77ä 
2,252,1 3i 


NeH«-Erft:l>Bi»i. 

Pr. 

7,475.098 
9.699,412 
1 1 ,365,037 
12,933.089 
13.902,082 
15.1Vt2,()i3 
ir,  ^ 

14,309,980 
14,2.50.883 

15.3r,-2.209 
15,706,944 
15.897,149 
17,054,998 
18,494,655 
19,808.513 
19,330,.365 
20,512,38:i 
22,648,685 
2:!.'.i5r-,.368 
2.5,383,917 


ZoUüberiretufigitu  und  deren  BeHrafunff. 
Eine  Zollttbertretnng  begeht: 

a.  Wer  zollpflichtige  (Jegeustände  ein-,  aus-,  cUirchführt,  oier  ans  den  Nie- 
derlagahäusern  abführt,  ohne  die  Leistanges,  welche  dae  Geeets  hießir  vorschreibt, 
erfüllt  zu  haben ; 

6.  Wer  ohne  Bewilligung  zollpüiobtige  Gegenstände  auf  einer  für  den  Zoll- 
verirehr  nicht  erlaabten  Straße,  oder  Uber  einen  zur  Zollabfertigung  nicht  be> 
reehtigten  Landongapiata  ein-  oder  ausbringt; 


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Zollwesen 


460  — 


ZolIwe«en 


c.  Wer  von  dner  NebenzolUtätte  m  eber  AapteoUstStto  gewMMii,  d«a 

TorgeschriebeneD  Weg  nicht  einhält; 

d.  Wer  mit  zoIlpfUchtigeo  GegciistSnden  mehr  als  hundert  Schritte  i'^er 
eine  GrenzzoUstütte  hinan«-  oder  bineiafäbrt  oder  geht,  bevor  er  vou  selbiger 

-abgefertigt  worden  ist ; 

e.  Wer  seine  Waare  ganz  oder  theilweise  zur  Verzoilang  ansnceigen  unte^- 

f»  Wer  seine  Waare  nuriohtig  benennt  und  dadurch ,  den  2k)llbetrag  ver- 
Icttnt; 

ff.  Wer  eine  Gewiebtsaagabe  maohtj  die  nm  mehr  «1»  Auf  I^ooent  sn  niedrig 
ist,  oder  wer  eine  Werthangabe  aaebt,  die  nm  mehr  als  aebn  Proient  an  niedrig 
ist,  und  dadnroh  den  Zollbetrag  verkQrst; 

h.  Wer  mit  zollpflichtigen  Gegenständen  zu  geschlossenen  Zollstunden  in  die 
8fihweiz  eintritt  oder  diest'lVre  verläßt,  ohne  die  von  dem  Bundesrath  diesfalls  an 
erlassenden,  die  Zolientrichtung  sichernden  Vorschriiten  zu  eriUlien. 

(Artikel  ;')0  des  Zollgesetzes  von  1851.) 

Die  Entdeckung  einer  Zollübertretung  zieht  die  Einleitung  des  Strafver- 
fahrens nacb  Hattgabe  des  Btmdesgesetses  betreffend  das  Verfahren  bei  Ueber* 
tretangen  fiskalischer  oder  poLiaeilieher  Bundesgesetze  vom  30.  Jani  1849  nach 

sich,  wonach  Uber  das  Delikt  unverzügliche  Protokollaufnahme  zu  erfolgen  hat. 
Sind  zur  Konstatirung  einer  ZoUtibortretung  Hausnntersuchungen  uüthig,  iso  darf 
eine  solche  nur  unter  Zuziehung  eines  Gerichts-  oder  zuständigen  Gcmeiude- 
beamtein  Torgenommen  werden.  Das  Protokoll,  enthaltend  den  Thatbestand  der 
üebertretnng,  ist  sowohl  vom  Yerleider,  wie  vom  Beklagten,  und  im  Falle  der 
Zuzuhuii^'  L'hies  GLrithts-  oder  Gemeindebeamten  auch  von  diesem  zu  unterzeichnen, 
im  W  eithin  liat  der  Beklagte  zu  Protokoll  zn  erklären,  oh  er  sich  dem  Straf- 
ausspruche der  Zollverwaltung  als  AdmiiiistrativbehÖrde  freiwillig  und  ohne  jeg- 
lichen Vorbehalt  unterziehen  wolle  oder  nicht.  Bei  sofort  abgegebener  Unter- 
xiehnngserkUrnng  kann  alsdann  ein  Drittel  der  ZoUbuße,  bei  ünteraiehang 
inni'i  hulb  einer  Frist  von  acht  Tagen  ein  Viertel  nachgelassen  werden  (A.rt.  13 
des  Fi.skalsti  iif^i  ^cstzes).  Zolldelikte  unterlifgen  da«  ernte  Mal  einer  Busse  vom 
f, — 30fachen  Betrage  des  umgangenen  Zolle»,  welche  im  Kiicktalle  his  anf  das 
Doppelte  dieses  Stratmalies  verschärft  werden  kauu,  unter  besonders  erschweren- 
den Umstanden  in  Verbindnng  mit  Gretängnißstrafe  bis  auf  swei  Jahre.  Rttek- 
ftllige  sind  Überdies  von  der  Geaetseswohlthat  des  theilweisen  Strafnachlasses 
(ein  Drittel  bezw.  ein  Viertel)  au?*ge8chloHsen.  Krgibt  es  sich,  daß  der  Ueber- 
treter  nicht  die  Absieht  hatte,  eine  Zollverschlagniß  zn  begehen,  so  kann  die 
Buße  erroäl^igt  oder  selbst  gänzlich  nachgelassen  werden  (Art.  51  des  Zoll- 
gesetzes).  Hehleiaohaft  oder  BeihUlfe  wird  wie  die  Tbätersdiaft  bestraft.  Von 
den  anngesprocbenen  ZoUbnßen  fiUlt  je  ein  Dritttheil  dem  Verleiter,  der  Bnndes- 
kasae  nnd  dem  Kanton  su,  in  welchem  die  Üebertretnng  konstatirt  wurde. 

Hat  der  Beklagte  si«  Ii  <lem  Strafansisprucho  der  Zollbehörde  nicht  unter- 
zogen, so  hat  letzere  bei  'lern  zuständigen  kautonulen  Gerichte  Stiafkla^'e  ein- 
ziireiehen,  welches  nach  Eruirung  der  Thatsachcn  nut  h  Mal^gabe  der  Stral  Ix  stim- 
muugen  des  Zollgesetzes  sein  Urtheii  lallt,  sei  es  diircii  Bestätigung  der  admi- 
nistrativoi  Strafrerfiigung  oder  Modifikation  derselben,  sei  es  durofa  Freisprechung. 
Die  Appellation  gegen  ein  geriohtliohes  Urtheii  ist  nor  dann  anlnßig,  wenn  es 
sieh  um  eine  Buße  ttber  50  Franken  oder  um  eine  Geftngnifistrafe  han- 


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ZoUwesen 


461  — 


ZoUwesea 


delt.  Gegen  die  aosgefällten  Urtheile  kann  binnen  30  Tagen  beim  eidgenösai- 
Mben  Kaaaatioiugericbte  da«  Beohtgiiiittd  Avr  Ksssation  geltend  i^aoht  werden. 
Die  EaBoation  iat  aber  nur  salUUg  wegen  Inkempeten  deo  nrtheileoden  Geriobtee, 
eder  wenn  das  ürtheil  gegen  bestimmte  geaetzUohe  YorMbriften  yentSfit,  oder 

wmn  wesentliche  Formfehler  unterlauffn  sind. 

Dit)  Verjährung  tritt  ein :  nach  Ablauf  eines  Jahres,  wuno  die  Uebertretung 
nicht  vorher  entdeckt  worden ;  naoh  4  ^naten,  wenn  die  Klage  während  dieser 
Friet  tiei  dem  kompetenten  Geriebte  nieht  angebraoht  wird. 

FUr  Bezahlung  der  Geldbußen  und  Kosten  haftet  als  bevorzugtes  Unter* 
pfaud  des  Bundes  das  mit  Beschlags  /u  belebende  Corpus  delicti,  »nbchchadet  des 
Rechtes  auf  die  flbrigen  Guter  des  Uebertretefs.  Freigabe  erfolgt  nur  gegen 
Baar-Uint«rlage  uder  solidarische  Bürgschaft. 

In  FlUen,  wo  die  Bnße  gar  nieht  oder  nnr  mm  Tbdl  erhUtlicb  ist,  er- 
folgt Strafumwandtang  in  Grefangenschaft,  wobei  ein  Tag  G^fangniß  sechs  Franken 
Bnße  gleichkommt.    Die  daherigen  Kosten  fallen  zu  Lasten  des  Bundes. 

Ist  der  Uebertreter  unbekannt  geblieben,  ao  haftet  ledigliob  die  eaiairtfr 
Waare. 

Pie  Zabl  der  jKhriieli  aar  Anzeige  gelangenden  abaiohtiioben  nnd  unabsieht- 
lichen  StraflUle  Ut  bedeutend;  sie  betrug  in  den  letaten  Jabren  jeweilen  Uber 
tanaend. 

Schlußbemerknng. 

Die  Entwickhing  des  Verkehrn  und  die  fortwährend  sich  erweiternden  Be- 
ziehungen der  Schweiz  mit  dem  Auslände  machen  eine  Neugtmtultung  dt;r  zoU- 
dienatlichen  Einrichtungen  zur  absoluten  Kothwendigkeit.  Das  gegenwärtige  System^ 
auf  dem  Gkeets  Ton  1861  bemhend,  ist  naeb  ▼enehiedenen  Biebtnngen  yeraltet.. 
Bereita  ist  von  den  flodgenSHiieben  Rathen  die  Errichtung  interner  ZollSniter 
postulirt;   der  Veredlungsverkehr  drängt  mit  Macht  Uber  die  vom  Gesetz  von 
1851  gezogenen  Schranken  hinan«:  die  VVaarenabfertigting  ist  nach  aUeu  liioh- 
tongen  kompiizirter  geworden,    ücbcrdieü  hat  sich  der  Wirkungskreis  der  Zoll- 
verwaltung bedeutend  erweitert.   Abgesehen  von  der  mit  1885  eingeführten 
Waarenstatistik,  deren  Publikationen  allj.ihrlioli  in  Q,uartalheften  und  in  einem 
Jahresbande  erscheinen,  verlangt  der  Bund,  wie  bereits  erwiihnt,  die  Mitwirkung 
der  Zollorgane  für  Vollziehung  der  BundesgesptzgehTing  über  verschiedene  andere 
Materien,  wie  Alkohol,  Viehaeuohenpolizei,  Jagd-  und  Vogelschutz,  Fischerei,  Maaß- 
und  Gewicht,  ZttndbObdMB,  femer  für  VoUaiehung  der  Tonebriften  betreffend 
die  Beblana*  sowie  der  eidgenifadaohen  und  kantonalen  Begalien  u.  a.  w. 

Unmittelbar  bevor  stehen  die  Revision  des  Zollgesetzes,  die  Einführung  eines 
nenen  Z<dltarifs,  der  Alischluß  neuer  Handelsverträge  mit  d»  m  Auslände,  an 
Stelle  derjenigen,  welche  mit  dem  1.  Februar  18Ü2  ablauten,  sowie  die  Reviaioa 
einer  großen  Zahl  von  Vollziehungsvorschriften  und  Spezialinstruktionen. 

Daa  Jabr  1892  dürfte  aomit  aller  Wahraobeinliebkeit  naeb  ftr  das  sohwei- 
Mriaobe  ZoUwesen  ein  epoobemaebender  Wendepunkt  werden. 


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JZollwesen 


—    462  — 


Bumniariaehe  ZusammensteNuig  der  Bin-  nad  Aasfnhr  1850—1884 

nach  den  amtliehen  Tabellen. 

fiinfahr 

v.'i/<'i:)<..r  u.irh  licvvii'lit.       TMlOllb.  a.  WMth  ■)      TAROllh.  i>    ^-t^tcks«lil*>  ' 


1850  ) 

Pr. 

7,410,314 

39,3.3 

178,463 

11  Mt.  1 

0,04o,0U0 

7  1   .4  lif\ 

i  l,4oU 

1  C5V,4  1  1 

1  fiftO 

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1  l\Jf04l 

1  791  AI  Q 
1  f  o,vl9 

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1,4  <  O,  J4u 

1  O  ^  0  1  ^> 
1  TlOyZlZ 

1  AHB 

1,199,419 

210,1  04 

1  O  Cil  O  QOft 

^10,4«  1 

j4  1  W  f.  Qß 

O  1  7  •>  4  7 
£  1  (  , J4  4 

1  W  1 

1  OD  1 

4  A7  1  HO 

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^  1  1 ,  1  O  / 

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O  1  •>  Q  1  Q 

1  C»  •>  1  4   7  U  Pi 

10,.fi  44,4oO 

Oo*,f  fo 

909,104 

IBOO 

17  Q  1  1      I  ^ 
1  1  ,»»44,tJ  I  4 

j4  O  Iii 
4^b,  114 

OAJ  1  Q  1 
3SU4, 1 9  1 

17  f«7U  UUQ 

4o  <  ,r*.14 

1  .o  /  0 

17  2U2,448 

406,458 

242,4^2 

M  KJ  \J 

19  UOG  133 

938  695 

219,214 

1869 

18  786.328 

940,229 

213,688 

1870 

21,175,701 

637,733 

180,274 

1871 

25.450  358 

1,043,991 

256,568 

1872 

■  31,494,139 

1  786.188 

266,614 

1873 

34  821.259 

2.726  306 

257,013 

1874 

34j,4i7,31ö 

3,397.909 

217,297 

1875 

40  330,160 

3. 1 68  3 II 

263,642 

1876 

43,322.071 
mttr.  Zentner  brutto 

2,585,920 

289,394 

1877 

19,679,494 

895,580 

360,253 

1878 

18,398,187 

453,870 

310,921 

1879 

19,593,503 

445,659 

268,246 

1880 

21,285,764 

527«201 

243,693 

IHSI 

19,910,291 

611,070 

254,997 

1882 

20,621,066 

1,217,098 

243,360 

1883 

21,710,629 

1,515,828 

254,548 

1884 

22,222,177 

462,275 

316,414 

')  HObbteine,  Schiffe,  PflOg«,  Schlitten  und  tob  1852  an:  Wafen,  inkl.  Eieenbehn- 
wagen. 

*)  Tbiere ;  die  in  den  Zolllabellea  gelrennt  aufgefübrtcn  Bienenstöcke  sind  bier  weg- 

geliu>gen. 

*)  Bis  zum  Jahre  1875  sind  Masehinenreparaturen  inbegriffen. 


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2oUwesea 


—    463  — 


ZoUweeeo 


A  US  fuhr 

▼tn«llbftr  nseb  0««rieht.  v«i*oIlb,  a.  W«rfb  ^  fmpUb.  n.  SttteksaU  ■> 


Schwpixcrzvntnc-r  brnMO 

»r. 

Stuck 

1,174,148 

2.517,681 

104,447 

1Ö51 

1,208,656 
1,273,416 

2,  ii  1,998 

85,522 
65,393 

1853 

4,878,568 

1853 

1,166,106 

5,626,515 

59,633 

1854 

l,ni>9,751 

6,070,517 

62,370 

1855 

l,4s'.>,513 

5,U53,«>97 

HH,o45 

1856 

1,558,258 

6,966,518 

108,936 

1857 

1,617.864 

5,670,220 

86,833 

1868 

1,476,115 

5,009,217 

84,436 

1859 

1,435,351 

4,251,045 

RH, 498 

1860 

1,451,508 

6,098,546 

9  0,2  Hl 

1861 

1,721,236 

7,187,738 

84,716 

1862 

2,054,186 

5,839,249 

111,550 

1863 

2,078,088 

7,494,336 

101,530 

1864 

1,988,274 

6,382,010 

89,616 

1865 

2,188,990 

7,108,963 

123,412 

1866 

2,330,533 

6,428,475 

119,239 

1867 

2,486,668 

6,102,833 

120,418 

1868 

3.609,138 
2,785,325 

7,802.515 

137,681 

1869 

7,144,810 

132,376 

1870 

3.372,492 

6,055,092 

108,653 

1871 

4,OMfi,f;4n 

5,351,940 

127,490 

1872 

4,349,474 
3,612,936 

6.174,207 

122,375 
108,697 

1873 

5,818,787 

1874 

4,053.594 

5,753,070 

114,624 

1875 

4,051,724 

5,375,5 1 3 

116,921 

1876 

• 

4,453,979 
■etr.  Zentner  brutto 

6,183,323 

106,782 

1877 

2,222,849 

5,378,191 

169,192 

1878 

2,242,268 

5,759,623 

116,089 
104,853 

1879 

2,230,344 

7,965,358 

1880 

2,493,433 

8,238,214 

113,828 

1H81 

2,639,683 

7,758,420 

ior,,2on. 

1882 

2,793,082 

H.2HC..()51 

122,643 

1883 

3,048,346 

7,7i14,Sl'1 

120,431 

1884 

3,426,896 

7,387,453 

102,751 

1)  Hok  und  Holzkohlen. 
*)  Thien. 


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Zollwesen 


—  464 


ZoUweseii 


Uebersiobt  des  Waarenverkehrs  der  Schweiz  mit  dem  Aosiande 


WaarengattUBg 

1885 

1886 

Wcrtli 

L  Abfälle  und  Dün^offe  . 
IL  Chemikalien: 

A.  Apotbdcer- 1.  Dr^fritw. . 

B.  Chtnibiien  f.  geiraiL  Mnith 

C.  Farbwaaren  .... 

IV.  Holz  

V.  Landwirtbü.  ErzeugDiße 

VI.  Leder  

VII.  Liferai.,  wissonscliafll. 
und  Kuiistyegeüislände  . 

Vm.  Medi.  GegeDstSndc : 

A.  Ubreu  \ 

i  Uhren  .    .  . 

IX.  Met;tUe: 
A.  Blei  

C  Kupfer  

D.  Niokel  

E.  Zink   

V.  Zinn  

G.  Wie  Metalle  .... 

H.  Erze  i.  Metalle,  fmcbitdenc 
.X  Mineralische  Stoffe  .  . 
XL  |jahrungsi.6ena6mittel 

Bier,  Weiu,  Branntwein, 
Sprit  m  Fäfiera    .  .  . 

Xll.  Ode  und  Fette  .  .  . 

XTIT.  Papier  

XIV.  SpinnslolTe: 

A.  Baumwoll''  .... 

B.  Flachs,  Hanf,  Jute  etc. 

il  Soidc  

D.  Wölb'  

£.  Kautschuk  uti  Qutlaperelii 
P.  Stroh.  Rohr,  Bast  etc. 
G.  Konfektion.«-  u.  Modew. 

XV.  Thiere  u.  thier.  Sloflc : 

B.  Tbieriscbe  Stolle    .  . 

XVI.  Thonwaaren.    .    .  . 
XVIL  Verschiedene  Waaren 

Total  {  Stücke 
1  Liter 

Total  Wertb« 

q  nett» 
408,184 

S3,196 

334.034 
81,364 
61.552 
l.SR6,625 
172.209 
t6,f98 

13,933 

799 
Staelu 

^14,001 
q  netto 

67,469 

Stucke 
10,358 

q  netto 

21,708 
1,039.556 
16,989 
747 
13,921 
4,221 
1,^ 
14.071 
8,9r.s.  uvi 
5,223,985 
Liter 
71.965,2^3 

q  netto 

109,-285 
58,770 

290,37 1 
46,235 
40.638 
67,707 
2.000 
19.356 
13.586 
BtOeke 
223,783 

i|  net!o 

'Ji.'.tSO 
I3,:i:j:i 

Fr. 
6^198,463 

3,0*2.449 

15,698,319 
6,108.027 
2,941,518 

12,:{74,528 
6,453.770 

23,717,962 

7,08(),2;51l 

1,170,026 
4,062,593 

7,761,6S4 

1,115,672 

760,109 
23,586,310 
3..57<),100 
399,805 
765,208 
1,063.258 
36,666,789 
283,5.30 
27369,063 

j  202,900,160 

1 0,330, Hl 
4,654.951 

68,3.52.145 
11,373,610 
124,648,800 
,5,5,192.070 
1,897,950 
3,741.980 
24,294,900 

32.871,112 

9.351.090 
2.583.104 
10,941.630 

q  netto 
467,096 

22,359 

325,709 
Sü,iv46 
55,982 
1,030.819 

235,650 
28,106 

14,410 

613 

Stllcke 

226,413 

H  netto 

633S9 

8tflck>^ 

lu,;>ül 

q  netto 

13.728 
1,015,303 
18,193 
815 
15,779 
4,419 
1,795 
2.582 
9,302,r,SS 

5,679,856 
Liter 

71,804.759 

q  netto 

108,668 
62,499 

2.58.232 
50,762 
48,629 
7'i,-.>88 
1,971 
21,958 

14,lUt> 
Stacke 

236,897 

q  netto 

20.753 
205.1.56 
14,833 

20,258.891 
473,611 
71,804,759 

Fr. 

6,474,909 

8,206,496 

17,470,070 
6,095  745 
3.207 ..539 

13,637,100 
5,249,876 

24,881,780 

8,520,780 

1,960,600 
3»109,619 

1 

7,969,489 

1,901,815 

640,788 
23.324.961  ' 
3,133,645 
453.376 
907,098 
1,295,970 
40,621,857 
166,660 
20,113,535 
170,556,189 

31,661,944 

8,6!^i,»)3() 
4,734.166 

60,096,005 
10.473,915 
150.4.50.."^ 
55,710,305 
1.836,270 
6,693.700 
13,967,900 

50,993,360 

6,655,520 

'J.soti.ii;»;; 
l'2,ltiö,964 

19,366,450 
4  IS,  142 
71,965.223 

1 756,253,164 
) 

711,063,429 
56,004,687 
31.661,944  < 

.  1  756,253,164 

799,230,060 

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ZoUwesen 


—   466  — 


ZoUwesen 


in  den  Jahren  ld86<-1889  (Spexiaihandel). 

a.  Einfuhr. 


1887 

1888 

1889 

Menge 

1  Werth 

Meu^e 

Wertlk 

W-rtli 

q  netto 

i 

q  netto 

Fr. 

q  netto 

Fr. 

486  HiU 

5  165  177 

54'8  706 

8  628  718 

561,296 

6,474,808 

■33,07 1 

3.3:^8,450 

20.714 

2,919.670 

22.122 

3,135,940 

19.533,776 

379,637 

18.924.058 

400.241 

2i).576,8.5>; 

84,708 

7.109.itO' 

81. (»45 

7.3.59,042 

88.415 

7,.5:M,63:{ 

59.549 

2,265i2G6 

59.375 

2,289,2»;.s 

60.252 

2,383,664 

2,120,997 

14,4<  »3,657 

2,389,9(>8 

16.293,223 

2.397.982 

16.9.55.397 

374,515 

6,472.S5,S 

416,.371 

7.461,789 

:!•")' i,is7 

<).7  in.  108 

^,644 

i  25.356.635 

29,012 

19,536,150 

30,467 

2(  »,054, 180 

9.353.877 

16.063 

9.304.220 

17,303 

9.041.003 

651 

1  869300 

594 

1  839  8(»0 

666 

3.123  0(X) 

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3,445,306 

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1.021.288 

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4,318,528 

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q  netto 

74^71 

9,107,706 

97.184' 

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14,677,913 

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1.180,469 

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29,283 

1,389,881 

1,297.144 

30.187.527 

1.311.471 

31.614.382 

1,427.504 

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4,892,275 

18,946 

5,211,950 

29,609 

6,221.440 

1.098 

618,175 

1,113 

611,125 

1,268 

683.8.50 

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1.129 

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15,450 

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1,501,990 

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1,548,7.  ;<  1 

4.911 

1.4O5.460 

8,052 

44,751.037 

3.195 

49.615,7 1 1 

3,800 

87,470.761 

171,090 

2.120 

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12.0^11, 4.M 

34,217,896 

12.429.192 

37.270.7 1 5 

13.765.310 

42.853.556 

5,960,680 

181,458.851 

6,393,383 

190,1 94,5_s 

6,340.463 

196,433,610 

Liter 

j  It 

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119  229 

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4.891.871 

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72,510,711 

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64,892,156 

351,443 

77.784.793 

50,900 

10,716.675 

53,684  1 

11,688,925 

55,413  . 

13.051.645 

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12,115 

1,886.775 

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3,151.775 

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2,111,950 

5. 207,  SU) 

22.285 

94  136 

5,16n.l.5.s 

15,4:{7 

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26,174.601 

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Stock.- 

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259,985 

49.873,635 

213.442  1 

33,902,328 

253,665  1 

47,404,561  1 

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4,048,341  1 

15,934 

10,605,863 

14.983  j 

7,498,744 

15.135  1 

7,739,771  i 

24,<'84,159 

751.686,093 

35,315.334  ' 

757,9 14.a?7 

26,908,770  1 

867,801,527  j 

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51.368,062 

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827,078,595 

95-4,228,624  ' 

*  Falin.,  S«hi0«.i 

■  Faht*^  Schiff*.! 

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ZoUwewn 


~  466 


Uebersiobt  des  Waareaverkehrn  der  bcbweiz  mit  dem  Ansiande 


I.  AbfBlle  mid  Dflngstoffe  . 

II.  Chemikalien : 

A.  Apotheker- 1.  I>rigi«rit«. . 

B.  rhHrilaltM  r.  f  ««<rU.  MnMh 
n.  Furbwaaren  .    .   .  . 

III.  Glas  

IV.  Hol«  

V.  T,;in<hvirtlt8.  Erzeufnifie 

VI.  Leder  

VII.  Literar.,  wfaaeiMchafll. 
und  Kunätgegenstände  . 

VIII.  Mech.  Gegenstände:  . 

A.  Ubren  i  ,^ 

1  iThren  .   .  . 

IX.  Metalle: 

A.  Blei  

B.  Ei.sen  ...... 

C  Kupfer  

D.  Xicki'l  

E.  7i!il  

F.  Ziüi.  

G.  Kdl.-  Metalle  .  .  .  . 
!I.  Kr/.«  D.  Molalle,  Tcrüchit^foc 

X.  Miueralische  .Slofle   .  . 

XI.  NahruDKs-  «•  Genußmiltel 
Hier,  Wein,  Branntwein. 
Sprit  in  Fftßem    .    .  . 

XII.  Ocle  und  Fette  .    .  . 

XIII.  Papier  

XIV.  SpiniiMlnffe : 

A.  liiiuiiavolle    .    .    .  . 

B.  Flachs,  Hanf,  Jfuto  ete. 

C.  Seide  

D.  Wolle  

E.  Kautschuk  und  UaUa|itr(ha 

F.  Stroh,  Hohr,  Ba.sl  etc. 
<t.  KonlVkliona-  u.  Modew. 

XV.  Thiere  n.  thiw.  Stofle: 

A.  Thiere  

B.  Thierische  Sloflfe    .  . 

XVI.  Thonwaareu  .  .  . 
XVn.  Verschiedene  Waaren 

I 

Total  V  Stücke 
\  Liter 

Tulul  VVcrÜie 


1895 

Mpngp 

Werth 

Meng« 

Werth 

q  netto 

¥i. 

q  iMtto 

Fr. 

161,959 

1,566.879 

184.117 

1.360,916 

8^340 

1,760.927 

8,547 

1,8,54,141 

63,961 

3,401.711 

65,383 

3,863,260 

9S.016 

9,057.812 

22,579 

8,53'^.il7 

1,363 

163,346 

918 

147,269 

1^,073 

9,962,4«) 

1.381,523 

8«53,227 

531.tM>n 

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8,655,491 

8,li32 

8,570,643 

6,30.^ 

5,284,S65 

8,463 

5,790,121 

439 

9,186,318 

418 

2,966,602 

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8,569.937 

79340,180 

3,479,454 

79,829,024 

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104.996 

1 

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12,514,859 

1  43,082,484 

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6,536,312 

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90,275 

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15.273 

1,481 

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935 

29,791.37^2 

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7,354 

1.155 

14,907 

647,356 

2,617.013 

592.228 

2.679,517 

62.0,547 

1 

889,529 

74.270,006 

Lit«'r 

}  74,603,170 

Liter 

3,684.787 

6,600,832 

3,000,876 

q  uettu 

q  n<-ttu 

7,790 

670,274 

6,789 

553,089 

136,806 

3,765.375 

155,492 

3,870,238 

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2,517,309 

1,85<J 

2,,35 1,067 

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4,637.980 

5,405 

4.647.289 

2,769 

4,330,117 

2.044 

5,020,725 

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Stdi-kc 

109,312 

22.185,449 

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19,341,158 

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47.474 

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7,976.693 

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1,336,5«  »5 

1.498 

1,248,877 

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3,924,217 

558.716.272 

H.678.514 

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105.706.494 

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3,0«K>.876 

6<iü,t>86,*j;i2 

1 

(;67,4-23,«i42 

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Zollwesen  —    4.67  ZoUwesea 


in  den  Jahren  1885  —  18ÖÜ  (Spezialhande i). 

b.  Ausfulir. 


im 

1888 

1889 

.  .  

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1,810,469 

906,486 

1,919,089 

937,559 

9,940,791 

7,317 

2,092,765 

7,307 

2,163,245 

6,738 

2,329,594 

r.r>,ä33 

2.678.941 

53,785 

2,583,439 

67,8.03 

2,901,207 

8,740,616 

23,926 

8.731,668 

25,852 

10,309,203 

1,066 

142,437 

844 

142.731 

1,076 

158,165 

1,310,(1,")^! 

7.961.121 

1.197  723 

7  299  45«i 

1.078.279 

6,827.259  ' 

35.606 

504,790 

37,599 

580,298 

44,638 

007,077 

7,617 

7,822,125 

7,796 

7.521.404 

9,978 

8,705,431 

8,411 

5.611.504 

7,953 

5.921.015 

8.554 

6.420.057 

325 

1,991,410 

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1.S66.657 

390 

9.543.178 

Stucke 

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3,888,119 

84,255^63 

8,963,705 

82,089,637 

4,809,863 

96,900,016 

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q  netto 

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110,S59 

14,366.090 

163,504 

19,957,095 

173,577 

21,301,825 

SWcke 

StOcko 

6.974 

5.845.864 

610 

362,646 

615 

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1,273 

131,564 

1,506 

142,042 

2,927 

225.904 

116,0-20 

4,304,873 

56,665 

4,135,033 

86,918 

4,902,208 

5,309 

578,882 

6840 

984,173 

6,684 

873.485  ' 

159 

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51.510 

1,573 

70,93« 

1,533 

60.093 

1,815 

82,921 

290 

38,015 

965 

78,445 

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116,184  ; 

968 

99.175.286 

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625,345 

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778,994 

2,924,137 

950,284 

3,471,592 

680,542 

72.128.109 

906,840 

70.484.415 

715.188 

70.606.583 

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169,304 

4,133,192 

165,585 

3,906,163 

144^807 

3.719,629 

908,535 

158,518,779 

992,225 

160,995,567 

991,063 

155,463,568 

6,282 

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6.117 

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2,317.419 

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76.14S 

15,122,112 

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75,950 

16,310,844 

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50,410 

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8,802,307  , 

195,789 

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1.357,30<) 

671,092,633 

:  673,060,618 

1 

710,894.848  | 

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der  Schweiz. 

(Urproduktion,  Handel,  Industrie,  Verkehr  etc.) 

r 

Herausgegeben  und  redigirt 

▼OD 

unter  Mihnrkiuig 
von  Fachkundigen  in  und  ausser  der  Bundesverwaltung. 

Alle  Rechte  getoahrt, 

lY.  Band  (VI.  Halbl»aiid),  Supplement 

Aardfcomktloii  bis  Zflrla]iseebali]i«a. 


Bern. 

Verlag  von  Schmid,  Francke  &  Co.  (vurm.  J.  Dalp'sclie  Buchhandlung). 

1892. 


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Aarpkorrpktion.  Für  die  Korrektion  der  Aare  zwiHcben  Interlakeii  nud 
Thuuer»>ee  iht  dem  Kaiitou  Bern  ein  liuudeisbeitrag  von  Fr.  153,iiOU  =  'ya  der 
Yonsschlagannime  (460,000  Fr.)  zugt-sproohen  worden.  Die  Ziisioheriuig  dieses 

BaDde8beitrages  tritt  erbt  inKr  It  nachdem  von  Seite  des  Kantons  Bern  sowohl 
die  Ausfiiliriing  (icr  Korrektion  als  auoh  des  durch  die  Dam|ifscl)if}'fahrt.sgebelli?chaft 
des  Thunertiee  ii  m  erstpllenden  HchitltahrtskanalH  gesichert  sein  wird.  Von  da  an 
soll  die  Ausfiihrung  der  Arbeiten  innerhalb  3  Jahren  Rtattfiaden. 

Alkuhulmonopol  »iehe  im  Artikel  „StuaibiuuDo^ole"  Seite  132  u.  if.  des 
ni.  Bandes. 

AUmeildeii  (Allmein,  Allmend,  AUment,  Allmet,  Allmy,  Allmig,  Greraeind)* 

Daß  Allmenden,  d.h.  Allgemtingut  von  Gemeinden  und  Uffentlichen  Korporationen 
an  Grnndbefiitz  schon  vnr  dem  Ende  der  Römerzeit  in  der  Schweiz  voik  nm  n,  also 
ror  dem  4.  Jahrhundert,  ist  hibturi.«>rh  nachgewiesen,  denn  auf  Seit«  22 'J,  Ii.  Bd. 
dieses  Lexikons  spricht  Fritz  Rödiger  von  LandscheniiUQgen,  die  Seitens  der 
rOaiflohen  Gewaltbaber  im  Watlis  m  AUmendxweoken  gemaehl  worden  seien. 
Allmenden  mnß  es  ttbrigens  Torlier  edion  gegeben  haben,  denn  die  VolkMtKmme, 
welche  in  yorbistorischer  Zeit  in  der  Schweiz  hauBten,  lebten  ohne  Zweifel  in 
Gruiidhesitzgemeinschaften,  die  sieh  nach  und  nacli  mit  dem  Ainvachsen  dt-r  Be- 
völkerung in  kleinere  Theile  zeri^plittertea.  Aber  diene  kleineten  Theile  waren 
immer  noch  grüß  genug,  um  jeder  fUr  sich  recht  große  Allmenden  zu  bilden. 
Und  daneben  gab  es  immer  noob  herrenlosen  finden  genog,  so  daß,  als  die 
Helvetier  naeh  ihrem  vernngliickten  Zng  naeh  Gallien  in  die  Heimat  zurück- 
gekehrt waren,  die  Römer  leicht  etwas  zn  vertheilen  vorfanden.  Die  Römer 
machten  aber  auch  Grundbesitzschenkungpii  an  Kinzelppr'^onen  (ausgediente  Militärs, 
Günstlinge  der  Kegenten  etc.),  so  daß  mit  Sicherheit  anzunehmen  ist,  es  sei  damit 
mehr  ali>  je  zuvor  der  Anfang  zum  Priirateigenthom  an  Grand  und  Boden  in 
der  Sehweis  gemacht  worden.  Auch  die  Grttndung  von  Städten  dnreh  die  Börner 
hatte  eine  weitere  Ansbildnog  dee  PriTateigenthums  und  Sohmlllerung  des  Gemein- 
eigenthums  zur  Folge. 

Diese  Zersetzung  machte  jedoch  kaum  große  Fortschritte,  nachdem  die  Herr- 
schaft der  Bdmer  zu  £nde  gegangen  nnd  die  Schweiz  zum  Theil  von  Alemannen 
heT^kert  wurde;  denn  diese  huldigten  der  Mark*,  Dorf-  und  Hofrariassttng,  d.  h. 
einer  dem  Allmendprinzip  ähnlichen  GrundbesitsgemeinBchaft.  Dan  Wort  Allmend 
ist  noch  überall  gebräuchlii  h.  wo  sich  Alemannen  angesiedelt  hatten.  Auch  kommt 
an  seiner  Statt  oft  das  Wort  Gemeinmarch  vor. 

Die  Allmend veriitiltnisse  der  deutschen  Schweiz  sind  von  Prof.  A.  v.  ^liaskowi^ki, 
wlttirend  er  an  der  UniversitSt  Basel  wirkte,  sun  Gegenstand  sorgtültiger  Unter* 
snchungeo  gemacht  worden.  Das  Resultat  derselben  ist  in  einer  langen  Abhandlung 


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Allmenden 


—    2  — 


Allmenden 


niedergelegt,  die  im  IL  Band  des  1879er  Jahrgangs  von  Sohmollem  .Staate- 

und  sozial  wissenschaftliche  Forschungen''  abgedruckt  ist  unter  dem  Titel  «Die 
Bchweizei  AUmenil  in  ihrer  geschichtlicli'-n  Fntwit  kl-t'iL''  vom  13.  Jahrhundert 
bin  zur  Gi  ■nwart'*  (1876).  Unter  den  vielen  Uuelleii,  deren  sich  v  Mia,sku\vtiki 
bedienen  mußte,  hebt  er  als  die  bedeatendsteu  hervor:  Blumer  »  ätaat«-  und  Rechts- 
geaohiohte  der  eehweisaiisohaii  Demokratien;  A.  HeaeWe  AnfiriCtse  ilb«r  die  Beeht«- 
verhXltnigae  am  Gemmnland  in  Untt  rwalden,  in  Band  X  der  Zeitschrift  fiir 
gchweizerischea  Recht;  F.  v.  Wyß'  Aufsätze  über  die  schweizerisolieD  Land- 
gemeinden, im  I.  Band  der  Zeitschrift  für  schweizerisches  Hecht. 
V.  Miaskowski  unterscheidet  folgende  Arten  der  Allmend: 

1)  Sog.  Pflansland,  d.  h.  Gcmfiia-  und  Obstgärten,  Aeoker  and  Wemberge, 
welolie,  floweit  sie  in  Gebirgsgegenden  Torkommen,  gewOhnlieh  in  den  ThSIem, 
anf  sanften  Bergabkttngan  und  niedrigen  Bergplateaux  gelegWk  sind; 

2)  Wiesen,  meist  an  denselhen  Orten,  aber  auch  (wie  z.  B.  die  Wildheu- 
hezirke)  un  >teileu  und  schwer  zugänglichen  Gebirgslagen,  „wo  Kuli  and  Kalb 
nicht  mehr  hinkommen;" 

d>  Weiden,  früher  den  größten  Theil  aller  Allmenden  amfaisflod,  kommen 
gegenwärtig  nnr  ausuahmsweii^t;  iu  der  Ebene,  aber  regelmäßig  auf  den  Alpen 
vor.  Diesp  sog.  Gemeinalpeu,  im  Kaiituu  Schwyz  auch  Hochallmenden  genannt, 
macheu  einen  hauptsächlichen  Theil  d^  Gemeingut«  in  Sohwys,  Uri,  Obwalden 
und  anderen  Gebirgskantonen  aus; 

4)  Wilder,  die  das  Brenn-,  Ben-  nnd  Katehols  liefern; 

5)  Waldbodeo,  mm  Boden  und  snr  Urbarmaohung; 

6)  Boden,  zum  Anpflanzen  von  Bäunen; 

7)  Boden,  zum  Bau  von  Häusern; 

8)  Moore,  Torfgründe,  Fischteiche,  Streurieder,  Strand-  und  üferboden. 
Es  gibt  auch  AUmendgenoesensohaften,  die  ala  aog.  «Bargemntien'*  dw  Ge- 

noeeen  Lebensmittel,  Geld,  Ziegel,  Geaangbfloher  verabfolgen. 

Die  Nutzung  der  AUmendgenossen  war  früher  nn  ist  eine  gemeinschaftliche 
in  Wald  und  Weide.  Nur  allmälig,  namentlich  seit  der  Refurmationszeit.  beginnt 
auch  die  Sundemntzung  einzelner  AllmendstUcke,  als  Gärten.  Aecker,  Reh-  und 
Wiesland,  größere  Dimensionen  auzunehmeu.  in  der  Gegenwart  kommt  die  gemein 
iohalllidie  Nnteang  in  der  Ebene  nnr  sehen  tot,  wKhrend  sie  sieh  in  den  GebirgS' 
gegenden,  namenÜich  an  den  Gcmeinalpen,  durch  an?erlnderliche,  natürliche 
Verhältnisse  bedingt,  noch  in  großartigem  Maßstäbe  erhalten  liat.  Auch  hat 
neben  der  Benutzung  der  Allmend  durch  die  Gcnieindegenoissen  ihre  Verwendung; 
an  Zwecken  der  politischen  Gemeinde  immer  mehr  Verbreitung  gefunden.  Im 
Znannuenhang  mit  der  verladertea  Art  der  Kntznng  steht  aueh  die  theUweise 
yerlindemng  des  nraprUngUohen  (finna,  den  man  mit  dem  Ausdrooke  Allmend 
verbindet.  Während  nämlich  nrsprflnglich  alles  Gemeingut,  als  dasselbe  zugleich 
der  Regel  nach  von  den  Genossen  gemeinsam  genutzt  wurde,  Allmend  hieß, 
wurde  im  Laufe  der  Zeit  derjenige  Theil  der  früheren  Allmend,  welcher  fortan 
theils  direkt,  theils  indirekt  (als  Erwerbsquelle)  zu  Gemeindeaweoken  yerwendet 
wurde,  allgemein  yon  dieser  Beaeiehnung  ausgenommen.  Als  die  Sondemntenng 
sodann  immer  mehr  Verbreitung  fand,  wurde  der  Begriif  der  Allmend  in  einigen 
Gegenden  auf  diejenigen  GeineindcgUter  eingeschränkt,  die  nach  wie  vor  in  ge- 
meinsamer Nutznng  der  Genossen  gebliehen  war,  während  er  in  anderen  Gegenden 
wieder  eiue  Beschränkung  nach  einer  anderen  Seite  ertuhr,  so  daß  der  Umfang 


')  Verlag  von  Duncker  und  Humblot,  Leipzig,  1879. 


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AlimenUeD 


—    3  — 


Allmenden 


des  AUmendbegritfs  gegenwärtig  in  den  verschiedenen  Tbeileu  der  äohweis  ein 
«ehr  venohiedener  iat. 

Der  arsprÜDgUch  weitere  Sinn  wird  mit  dem  Ansdracke  Allmend  noch  gegen* 
wärtig  hauptsächlich  im  Kanton  Schwyz  verbunden,  wo  die  im  Eigenthume  der 
Gemeinden  und  sonstigen  Tlffentlicben  Korporationen  befindlichen  und  tast  aus- 
nahmslos von  den  Genossen  genutzten  Wälder,  Weiden  im  Thal,  auf  den  Vor- 
bergen imd  Alpeo  (Hett'  oder  HMinkohweiden  und  HoobaUmendea),  die  Strea* 
und  Torf iKndereion,  Wiewn,  Aecker  nnd  Oirten  (letstere  beide  Kateforien  auoh 
als  Pfianzlaud  bezeichnet)  m.  t.  w.,  gleichmäßig  cn  den  Allmenden  gerechnet 
werden,  so  daß  man  hier,  um  die  einzelnen  Species  des  Genus  Allmend  zu  unter- 
scheiden, von  Boden-,  Mittel-,  Hoch-,  Waldallmenden  u.  s.  w.  spricht.  Neben 
dem  regelmäßigen  Gebrauche  des  Ausdrucks  Allmend  in  dem  eben  besprochenen 
wwtern  Sinne  lu»mmt  ireilioli  anob  in  Sohwya  annuüunsweiae  der  Gebraneh  deaeelben 
und  namentlich  des  Ausdmokfi  Allmy  in  dem  engero  Sinne  vcn  in  Gemeinnutzung 
befindlifhem  Gemeingut  vor,  so  daß  in  diesem  engeren  Sinne  unter  den  Allmenden 
nur  die  Gemeinweiden  verstanden  und  dann  Rowohl  dem  Gemeinmärk,  d.  h.  dem 
in  äondernutzoug  befindlichen  Korporationsbesitze  (Garten,  Aecker,  Wiesen)  als 
Attoh  den  GemeinwSldem  entgegengesetst  werden. 

Wlhrend  dieser  letztere  Spraohgebranch  aber  im  Kanton  Schwyz  nur  ans« 
nahmsweise  üblich  ist,  bildet  er  im  Kanton  Uri  die  Begel.  In  diesem  Kanton 
dient  die  Allmend  nur  nuHnahnisweisf  zur  Bezeichnung  der  fiSniratlichen  ira  Eigen- 
thume der  Bezirk^jkorpurationen  beHndlichen  Nutzungsguter,  der  Allmenden  in 
.Boden  nnd  Berg",  indem  die  Gemeindewälder,  daa  gemeine  Pflann-  und  Wiea- 
land  gewlflinliob  nicht  an  den  Albnenden  gereobnet  werden. 

Ein  anderer  Sinn  wird  den  Allmenden  in  den  Kantonen  St.  Gallen  nnd 
Glarus  untergelegt,  indem  unter  denselbeo  nur  die  im  Thal  gelegenen  Gemein- 
weiden verstanden  werden,  so  daß  man  sowohl  dan  Pflanzland  und  die  gemeinen 
Wälder,  uLs  auch  die  Alpen  nicht  als  Allmenden  bezeichnet.  Im  Kanton  Unter- 
walden  dagegen  wird  bisweilen  ttberbanpt  das  im  Tlial  gelegene  Qwneingnt, 
gleichgültig  ob  dasselbe  als  Pflanzland,  Wiese  oder  Weide  benutzt  zu  werden 
pflegt,  und  im  berni.schen  Amtsbezirk  Oberliasle  nur  daa  im  GemMnei|^tbnme 
befindlicbo  l'Hanzland  im  Thale  als  Allmend  bezeichn'^^^. 

Eine  ganz  singulare  Bedeutung  haben  die  Allmenuen  im  Kanton  Baselstadt, 
wo  man  unter  denselben  die  Ar  jedermann  offen  atebwiden  res  pnblieae,  wie 
Brucken,  Sffentlidie  Wege  o.  a.  w.  ▼ersteht. 

In  neuerer  Zmt  werden  auch,  namentlich  in  den  Kantonen  der  Ebene,  die 
Alimenden  ausschließlich  oder  doch  vorzugsweise  als  bürgerUebe  NntsangB|gtt,ter 
nnd  ihre  Nutzungen  als  Blirgeruutzungen  benannt. 

Alles  das  als  « Allmend"  aufgefaßt,  was  sich  als  Liegeusohaft  im  Eigenthum 
Ton  Gemeinden  nnd  SfientUehen  Korporationen  befindet»  ttbwtiaf  im  13.  und  14.  Jabr« 
.hundert  der  Um£u|g  der  Allmenden  bedeutend  den  Umfang  des  vom  Sondereigen 
und  Erbe  eingenommenen  Gebiete«.  Mit  diesem  Satze  bestätigt  v.  Miasl;w^ki 
unsere  weiter  oben  ausgesprochene  Ansicht,  daß  unter  den  Nachfolgern  der  Kianer 
das  Prinzip  des  PrivatgruudbesitKes  geringe  Fortücbritte  machte.  Ja  es  muü  sich 
sogar  zeitweise  eine  rttcUinfige  Bewegung  geltend  gemacht  haben,  denn  Ueber- 
tragungen  von  Soudereigenthnm  an  Kirchen  und  Klöster  sind  aus  dem  s.  Jahr- 
hundert urkundlich  nachgewietjen  (Abtei  St.  Gallen).  Seit  jener  Zeit  freilich, 
schreibt  Miaskowski,  läßt  sich  da.s  fortwahn'nde  Umsichgreifen  des  Sondereigen 
auf  Kosten  der  Allmend  quellenmäßig  nachweisen,  obwohl  bis  zum  16.  Jahrhundert 
sowohl  die  gaaoaseoaebaftlidbe  Autonomie,  Mwie  die  Gesetzgebung  einer  solchen 


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Allmenden 


4 


AlpwiribschaÜ 


Verringerang  des  AtlnendgebietM  widentrebto,  indem  aie  die  ümwandliinf  toq 

Allmend  in  Sondereigen,  ja  selbst  die  Ersetsung  der  gemeinsamen  Nntsnng  dorch 
Sondernntznng  wiedeiholt  verbot.  ^Aber  nichts  destüweuiger  schritt  der  einmal 
eingeleitete  Proz>*ß  unaufhaltsam  fort,  sei  es,  daß  Gemeinde  nnd  Staat  durcii  ilie 
ÜMcht  der  Lniätunde  genüthigt  waren,  daa  «iovachen"  und  „inscblagen"  voa 
AllmMtdstndBeD  aosnalunfl weise  eu  gestatten  oder  dafi  die  Eioadnen  in  fhtadem 
logia  oder  dooh  nnbekttnunert  am  die  Verbote  AUmendtheiJe  in  Sondematcnng- 
nahmen  nnd  längere  Zeit  in  Sondemntxiuig  behielten,  woratin  Klch  dann  im  Lanfe 
der  Zeit  häufig  das  Son<lereifren  entwickelte.  Seit  dem  Ib.  Jahrhundert,  nament- 
lich ab^r  im  Anfange  unserem  Jahrhundert»,  ätelleu  sieh  dann  Staat  und  Gemeinde 
selbst  an  die  Spitze  der  Bewegung,  welche  eine  Einsdiitnkang  der  Anmend  be» 
swecktf  indem  der  Uebergang  einselner  Theile  in  Privateigentbam  oder  in  ledig- 
lich fiskalidchen  Zwecken  dienendes  Oemeindeeigenthom  bogUnstigt  wird."  Sehr 
viel  liaben  dnzu  die  kriegerischen  Ereignisse  nm  die  Wende  des  Jahrhundert» 
mitgewirkt,  so  daß  /,.  B.  die  Regierung  des  Kantons  Lnzerü  das  Gesetz  vom 
28.  Brachuionat  lb03  btstreü'eud  Vertheiluug  der  Gemeindegüicr  mit  den  Worten 
begleiten  konnte:  «Weil  die  Pflioht  der  R^wang  erheiadit,  besonders  in  den 
gegenwärtigen  bedrKngten  Zeitumntänden  für  eine  bessere  Kultur  des  Bodens  an 
sorgen"  —  eine  treffende  Illustration  des  Lehraatxee,  daß  PriTateigenthum  zu 
höherer  Thätigkeit  anspornt  als  Gremeineigenthnm. 

Alpwirthscbaft.  (Von  Herrn  Fritz  Rod  ig  er,  Kulturtechniker,  Solo- 
tbnm.  Verweise  auf  Sohatamanns  gleichnamigen  Artikel,  Band  1  des  volksw. 
Lexikons,  nnd  auf  meine  Abhandlnng  Uber  Gesehiohte  «der  sobweia.  Landw.*^ 
Seite  228.) 

Wer  ein  Gewerbe  oder  eine  Wis<;ensc]ifitr  irriindlich  erfassen  will,  der  uiuli 
zuvörderst  dtssen  Geäduv/ilc  kennen  lernen.  Auch  die  Alpwirthscbaft  hat  nicht 
zuerst  Bluthen  und  Früchte  getragen  und  die  Wurzel  suletst  angesetzt.  Die 
Alpwirthsobaft  (vorwiegend  Weidewirthsebaft)  ist  der  ilteste  Zweig  unseres  Land- 
baues,  da  in  den  Gebirgsländern  die  Landknltur  und  mit  ihr  auch  die  Geiste»* 
kultur  von  den  Hülien  (Alpen  und  Bergend  In  i  it  zu  den  Tluib  rn  stieg,  nicht 
umgekehrt.  —  Mit  dieser  Erscheinung  im  Kaiii(>if  uni  s  Dasein,  in  und  auf  dt*n 
Alpen,  iritt  auch  die  eigentlich  und  hauptsächlich  treibende  Ursache  zum  Betrieb 
der  Alpwirthsobaft  auf:  die  ViehgueM^  (ViehYormehrnng,  Erbaltnng,  Nntxung 
und  Handel),  neben  dem  nOthigen  nnd  damit  nnerläßlieli  verbundenen  Ackerbau. 
—  Schon  zur  sogenannten  Rcnntfiierzeil,  welche  auch  in  Hidilen  Jis  .lura  s  und 
der  Alpen  ihre  dentlichen  Spuren  hinterlassen  hat,  (Höhlen  zu  Thayngen  Herb- 
liogen,  Freudcnthal,  Kaltbrunnenthal  [bei  GrellingenJ,  Thierstein,  Liesberg  ua 
der  Birs,  Yeyrier  [Salfi^e],  ViltenenYe  [Waadt],  Domleschg  [Bünden])  stellt  sieh 
sui^rdent,  neben  a.  dm  itenntluery  b.  das  Pferd  ein,  o.  das  8eh»em  nnd  d.  das 
Bindy  in  Knoobenfbnden  nnd  a.  b.  c.  sogar  in  Abbildungen  (Qraroren  auf  Knochen), 
wie  wir  sie  nicht  heRser  bis  zum  Schlüsse  de«  Mittelalters  wiederfinden.  Gestalt 
und  Gewicht  mußte  selbstverständlieh  noch  unvollkommen  nnd  gering  sein.  Schon 
in  der  zweiten  Zt^itabtheilung  von  Bedeutung,  zur  Pfahlbauten zeil^  (wie  viele 
Jahrhunderte  dazwisohea  liegen,  wissoD  wir  niobt)  ist  das  Rind  das  hemohende 
Thier;  da.s  Rennthier,  (das  firtthste  Alp-  und  Nutztlner')  ist  ausgewandert,  das  Pf«>ril 
nach  dl  ni  Hintergründe  verdrängt,  da.-*  Schwein  in  doppelter  Ge>talt  vorhan  den 
und  dazu  treten  Sdiaf  und  Zietfe.  —  Das  Kind  erscheint  bereits  iu  zwei  Kacen, 
ab  graae,  kleinere  Gattung  (Bos  iaurus)  und  als  grüikre  und  tleckige,  wie  die 
Knochenkenner  behaupten.  (Bos  primigtnius).  —  Den  Hundf  der  treue  Begleiter 
der  üirten,  finden  wir  sehon  anr  Renntfaienmt,  wenigstens  in  den  sohwäbiscben 


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AlpwirÜiacliafl 


—    5  — 


Aipwirt  hschafl 


filttilAn;  er  wird  <i***t*^i«  aieb  den  eehweiserieohen  nidit  gefSdilt  beben.  —  Dea 
Pferd  hatte  sieb,  wenigefame  in  den  Thälern,  bereite  weeentlioh  vergi^fiort»  Diefi 
Alles  bestätigen  sodann  die  Römer  und  Griechen  —  handsohriftliob  —  nooh 
bevor  erstere  Helvetien  und  Rätieu,  die  jetzige  Schweiz,  eroberten;  denn  sie  er- 
aählen,  daJi  bie  aas  den  Alpen  gntee,  wenn  auch  kleines  Milchvieh  (Rinder) 
belieben^  sowie  Käse,  Felle,  Leder,  WoUe,  Fett  und  Fleisch,  Honig,  Holz,  Han* 
bOberne  FÜMer  (etwM  gras  nnbekaantes  in  r0mi8<dien  Landen)  «Ce.  Später,  all 
die  Börner  Herren  im  Landt;  geworden  warwi,  bevorzugten  sie  für  ihre  Reiterei 
vorzüglich  das  kleine,  dauerhafte,  g;ewandte  und  ebenmäßig  gebaute  Pf<»rfl  Ratten«, 
von  welcher  Rasse  wir  heute  noch  in  Graublinden  (besonders  Lugnez)  gerngekauft« 
Formen  vorEndeu,  uad  ebeoüo  gern  vert»ut'gteu  die  Römer  ihre  Legionen  mit 
rStiaebem  nnd  belvetiaehen,  gerilaohartom  Sobweinefldaeb  ana  den  Bwgan.  Dnrdi 
di«  Blfnier  erfahren  wir  andi  die  einlkohe  Bauart  der  Aelplar-Wobnnngan,  die 
meistens  Blockbütten  waren  von  geringem  Umfang,  wie  da,  wo  sich  geeignete 
Steine  vorfanden  (wie  in  einem  großen  Th»'i]f  Graubündenn,  Wallis,  Tessin), 
überall  von  Trockenmaaern  mit  Plattendachern  (etruskisch).  Hier  erüahren  wir 
«nah  dnrob  bintarbnene  Inaobfiftan  nnd  Auikaiohnangen,  daß  die  fiSmar  die  vor- 
geftindanen  Qaa-,  B>aU-,  StadtbenilBB-  nnd  OorftinibMlnngan,  walohe  «ia  vnr> 
nnd  gut  fimden,  beibehielten  —  nnd  Alpen,  wie  Weiden  (spätere  Allmenden), 
als  Gemeingnt  erklärten  und  an  (renogsenschaften  (w  l^bp  bereits  in  df'Ti  nlter- 
grauetiten  Zeiten  die  Keltogermanen  kannten  an  Gemeinden,  Kolonieen  und 
Privatpersonen  abtraten  und  behufs  ihrer  Steuerbedürfniase  aufs  Neue  ver- 
meieen  Uefian. 

Von  dan  8taU»ng«»  fltr  das  Alpvieb  besagt  nne  freilieb  kein  geeobriebenea 
Dokument  etwas.  Auch  hier  müssen  wir  uns  auf  die  Tiaditiuu  und  auf  Ruinen 
verlassen!  Denn  daß  die  Alten  zu  jener  Zeit  gnr  keine  Stallungen  gehabt  haben 
sollten,  um  die  Thiere  vor  Sturm  mid  Wetter,  wilden  Thieren  und  menschlichen 
Uebertiillen,  und  im  Winter  vor  üaite  und  Schnee,  in  der  Nacht  vor  Absturz  und 
Yarirrnng  siokar  an  etellen,  iKßt  aiob  niebt  denken,  da  ja  einsig  im  Yiab  ilir  be- 
wegliches Yerm^lgan  bestand ;  und  so  finden  wir  denn  in  den  Alpen,  Vorbergen  nnd 
Jura  heute  noch  manche  ehemalige  Erd-  und  Felsenumwallung,  manche  Bingrabung 
in  lockere  Felsen-  und  feste  Bodenarten,  welche  leicht  zu  tiberdachen  waren  und 
die  heute  noch  die  sehr  bezeichnenden  Namen :  Thiergarden  (nicht  Garten),  Herren- 
looh  (Haerdanloeb),  Brühl,  Sutlli,  Sän-,  Geiaen-,  Schafbabel  nnd  CMben  etc. 
(romanieob:  Sdievanrtroba)  oder  knnwag  Burg  tragen,  die  wabreoheinlieh  bis  weit 
ins  Hittelalter  berein  im  Gebrauch  blieben  nnd  deßhalb  ins  Deutsche  Ubersetzt  wurden. 
Mitten  in  di«aen  ümn';tll';T)gcn  oder  an  libernll  sicbt])arer  Stelle  befand  oder  befindet 
sich  heute  noch  ein  Kegelwaü  (Erd-  oder  Felsenthurm),  auf  welchem  zur  Nacht- 
zeit das  Feuer  brannte,  zur  Verscheuchung  der  Bären,  Wölfe,  Liichse  etc.,  welches 
die  Hirten,  welche  ibre  Htttto  innert  der  Umwallung  hatten,  fortdanamd  unter- 
bidtan,  wenn  gefährliche  Thiere  in  der  Nähe  waren  (wie  ich  es  selbst  noch 
einmal  im  ünterengadin  erlebte,  wo  freilich  nur  Feuer  und  Stutzer  ohne  Um 
Wallung  abwehrtt  ii,  immerhin  das  Feuer  auch  auf  einem  Hügel  brannte).  T">ieae 
üm Wallungen  umtaDten  meistens  auch  ioiueiien  resp.  Trinkwasser  oder  war  solches 
wenigateaa  naba  —  wie  noeb  baute  araebtlicb  —  gana  ao,  wie  man  damale  der- 


Vi  S.  Ansichten  Ober  die  keltischen  Alterthfimer  von  Cbr.  Keferstein.   L  Seite 

XXVII.  Halle,  1846. 

-)  S.  meine  Abhandlung  über  «die  Geschichte  der  Schweiz.  Landwirthschaft*. 
OalKer  nnd  Helveter  kannten  die  Vermewnng  fHiher  schon.  D.  V. 


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AlpwirUndiaft 


AlpwirUiaefaalt 


«rtife  Anlagen  *)  (d!b  wvk  im  AmUnd  „Banernbnigwi*  graaiint)  im  Thal  hatte 
ftr  die  weithin  aiMfedahnten  AllDenden! 

Aua  den  vorgeschicbtlich^'ii  nn<\  römischen  Zeiten  huhen  sich  in  den  Alpen 
aofitreitig  auch  eine  aicht  unbedeutende  Zahl  von  FrivatätAllungeu  erhalten,  wie 
ja  in  den  Yoralpen  und  Th&lern  auch  (römiBche  bei  Pfunds  im  Tyrol,  nahe  der 
GteoM  TTnterengadiiifl,  liai  Samnann),  veldie  dnzoh  das  Hittelalter  hindnrch«  his  auf 
unsere  Tage  gekommen  sind.  Was  artibkn  ne  nns?  —  Daß  noch  bis  in  unser 
Jahrhundert  herein  —  die  Alpthiere,  vor  allem  die  Rinder,  Kühe  und  Stiere 
viel  kleinere  Ställe  bedurften  und  viel  weniger  Siallranm!  Ja,  wir  linden 
die  dauial»  üblichen  Stallungen  (Stailbriiken)  selten  viel  länger,  aU  1,  hüch»teus 
1»2  H«ter.  Diese  Tbattaebe  finden  wir  allttberall  bestStigt,  etwa  mit  Anenahme 
der  Freiburger,  WaadtUtnder  und  eines  Theiles  der  Berner  Alpen.  Das  Vieh 
war  demnach,  noch  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts,  bedeutend  kttxzer,  iLleiner 
nnd,  nach  unserem  heutigen  Geschmack,  tinsehSner. 

Da  kam  die  neuere  Zeit  mit  ihren  mannigfachen  Errungenschaften  und  lenkte 
ihre  Anfinerksamkeit  besondezi  anoh  anf  däi  nrkrttftige  Alpenvieh,  als  Grund« 
ibge  einer  allgemein  befttrworteten  Anffrisehnng.  Dieie  Aera  begann  haaptBMdlUob 
mit  der  Begründung  der  landwirthschaftlichen  Akademieen  (Hbehidralen')  um  1812 
in  Peiittichland,  Marffh'n,  Jena,  Bonn,  Hohenheim  u.  a.  m.  «nd  wnrde  mächtig 
gefordert  durch  das  glanzreiche  Kmpoi'bltthen  Jfofwijls.  Tun  da  an  stieg  die 
^«achfrage  dauernd  aus  aller  Herren  Läudern  und  iu  allen  Thälem,  und  ich 
werde  kaum  «n  bocb  greifen,  wenn  ieh  bebaapte,  um  200  bis  350  Prosent.  Das 
Tieb  wnrde  bald  von  den  Händlern,  resp.  Kinfem  selbst  in  unsern  Thäleru 
gCRiicht  und  die  Wt-lsclilandfalirten  nahmen  nach  und  nach  ab.  Die  Abnehmer 
bezahlten  immer  hoher  steigende  Frei.se  für  schöneres  Vieh,  und  der  Viehzüchter 
begann  sich  bald  nach  dem  Grescbmacke  seiner  Abnehmer  zu  richten,  obgleich 
dadnroh  manobe  Grundeigentbttmliobkeit  des  Gebirgeviebes  cnrttektrat.  Im  Ver- 
knfo  weniger  Jabnebnte  nahm  das  Vieh  an  Schönheit  nnd  TJm&ng  «n,  fast  in 
aUeiB  Thälern*  Sogar  die  kleinsten  SchlSge  suchten  sich  zu  strecken.  Auch  sie 
wurden,  im  Verhältniß  zur  alten  Zeit,  viel  höher  bezahlt  und  eifriger  gesucht. 
Lange  bevor  es  noch  einem  landwirthschaftlichen  Verein  einfiel,  welche  übrigens 
zu  Beginn  der  Entwioklungsperiode  noch  selten  waren,  lange  bevor  noch  ein 
Staat  resp.  Ktnton  daran  dachte,  die  Vid»acht  regelreeht  an  nntersttttmn,  be- 
gann der  von  mm  bertthrte  Aufschwung.  Gleiebseitig  begannen  sich  auch  die 
Alpenkff-frpien  allmSlig  nielir  Geltung  zu  verschaffen  mit  ihren  Produkten  und 
bereiteten  ihren  .•-•iegr eichen  Vormarsch  vor  herab  in  die  Vorberge  und  Tiefthäler, 
Die  Paarungen  der  Zuohtthiere  wurden  vorsichtiger  betrieben,  auch  unterm  Klein- 
vieh, besonders  bei  den  Sohafeik  (was  letateree  natOrlieb  mißlingen  mußte)  —  nebst^ 
dem  hatten  tüchtige  Männw  nnd  geistliche  Stifte  ^)  in  nnd  an  den  Alpen,  sowie 
im  fnra  eine  berühmt  gewordene  Pferdezucht  anfgebaut. 

In  Graubünden  wurde  das  kleine  Urpferd  jener  Berge  erhalten;  unl  neben 
ihm  traten  allmälig,  bis  in  unsere  Tage  herein,  die  £inaiedier,  Erlenbacher» 
Fniberger  (Jonsner),  Freidui^er  und  Waadtlftnder,  ab  halb«  und  ganisehwer» 


^)  Im  Jura,  Hügelland  und  Alpen  sind  deren  noeh  manche  in  ihren  Ueberresten 
zu  sehen. 

*)  Die  ^tilstiicben  Stitie,  welche  im  Mitlehtller  bis  Schluß  des  vorigen  Jaht  bunderts 
und  noch  in  diesem  d«f  Pferde-  und  Viehzucht,  wie  überhaupt  der  Alpwirtbschafl,  muster- 
bafl  vorangingen,  waren  baupü;ü<-blich  IM-sculis.  St.  Gallen.  Pfrifr'  i-,  Zürich,  IJri.  Muri, 
Säckingen  -  Glaru-s,  Einsiedeln,  Engelberg,  Mariasteiri  -  Beinwil,  Homammotier,  St.  Bern- 
hardin, St.  HoriU  u.  a.  m. 


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AlpwirUiscbaft 


Alpwirthschaf 


Bot-,  KutMihfln-  mtä  Fnohtpferde  in  den  yordergrand,  w«il  mit  dm  Aik  iam« 
mdir  atudehnenden,  iMMeren  Stnfien,  dM  Umm  Reit-  und  Sansuoft  den  fest* 

koochigern  Wagenpferde  weichen  maßte;  am  aleobald  darauf  von  der  Hindvieh» 
saoht  wieder  an  dio  Wand  gedrückt  zn  werden.  —  Za  Auffing  dieses  Jahrhunderts 
und  bis  in  die  neuere  Zeit  trat  der  uigenthümliche  Irrtbum  ein,  veranlaßt  durch 
die  Erfolge  großer  Schäfereien  im  Aualande  mit  spanischen  Schafen :  die  Alpen- 
aehaft  ebeo&lls  dnroli  Krewang  mit  Merinos  lieben  sa  wollen;  statt  die  ein^ 
heimisehen  Bacen  dnrob  eine  vernünftige  Inzucht  anfinbaaen,  wie  ea  aUttbeiall 
in  den  vorgerückteren  Alpenthälern  mit  den  Hindviehracen  und  Schlägen  geschah. 
Da«  Vorhaben  konnte  in  den  Alpen  nicht  Boden  fassen.  Aehuliohe  Fehlgritfe, 
wie  gegen  da»  AlpeuHchaf,  das  ja  bekanntlich  die  schwere  Aufgabe  bat,  die 
hSohstgelegensten  nnd  mobesten  Alpen  ansinntttien,  obne  Stall  und  Wall,  weß* 
balb  man  ja  dazu  kein  vevfeinertes  Blut  braooben  kann,  —  that  man  anob  gegen- 
über  dem  Alpenachwein,  zuerst  von  Italien  her,  —  obgleich  das  zähe  Alpen- 
schwein durch  seine  Dauer,  FrnrhthHvkpit  nnd  größere  Gesundheit,  hei  einigpr 
guten  Pflege,  genugsam  darthut,  daß  wenigstens  in  die  Vor-,  Mittel-  und  Hoch- 
alp kein  Schwein  ans  milderen  Klitnaten  paßt.  Glttcklicherweise  schien,  trotz 
aUen  Yenuohen,  der  gefilbrlicbe  Wechsel  wenigstens  in  den  höheren  Regionen 
nicht  gelingen  zu  wollen ;  mit  AiL'^nalime  der  italienischen  Lodirace,  welche  sich 
in  den  südlichen  AlpthSlern  und  Al[)en  vielfach  »'iu;,'ebürgert  hat.  (lieber  die 
neueren  Versuche  mit  der  fremden  China- l'oland-Kaet?  läGt  sich  Sicheres  noch 
nicht  sagen.    Es  muß  wenigstens  ein  Jahrzehnt  abgewartet  \s'erden.) 

J>M  Alpenthgw  waren  dann  nnd  wann  ebenfklU  in  Geishr,  nnter  eimm  von 
Kiehtälplern  und  manchen  Forstmännern  laut  gepredigten  L-rthume  schwer  zu  leiden» 
als  seien  sie  eine  ernste  Gefahr  fiir  die  Gehirgswälder.  Dieser  Sturm  hat  sich 
wefientlich  gelegt.  Man  hat  mildere  Saiten  aufgezogen.  Anßerdem  hat  die  Alpen- 
zicgc  im  letzten  Jahrzehnt  an  Ansehen,  trotz  Allem,  beträchtlich  zugenommen, 
am  einerseits  vom  Anstände  her  als  Baoenanihriseherin  bemfen  zn  werden,  statt 
dessen  man  noch  vor  wenigen  Jahren  den  Fehlgriff  begeben  wollte,  answSrtige 
Ziegen,  aus  milderHU  Gegenden,  ins  Alpenland  einzuführen.  (Man  TOrgleiohe 
darüber,  wie  bereits  oben  bemerkt,  S.  243  des  %n)lk«w.  Lexikon.) 

Auf  den  Alpen  stiegen,  nur  in  den  letzten  siebenzig  bis  achtzig  Jahren, 
hunderte  ron  Torbesserten,  vergrößerten  nnd  neuen  MpacMrmhüUen,  Stallut^en 
wnd  Wohnungen  ans  dem  Boden  empor;  selbst  sogar  in  den  Hoohalpen  (Wildenen), 
wo  die  Alpheerden  meistens  mr  swwl  Monate  des  Sommers  sich  Mif halten.  In 
felsigca  llochtliälern  hat  man  wohl  auch  da  und  dort  dafür  gesorgt,  daß  die 
Thiere  unter  überhängenden  Felsenlninken  und  Grotten  Zutltichl  üuden,  selbst 
da,  wo  der  abgehärtete  Aelpler  noch  in  eigentlichen  „Steinhaufen"  (ungenügenden 
Steinhutten)  banst  nnd  seinen  wttndgen  BÜs  kocht,  oder  in  Hohlen,  als  modwner 
Alpentrochlodit.  Geht  man  noch  einen  Schritt  weiter  nnd  kehrt  zur  alten  Zeit 
norück,  wirft  passende  Wiille  auf,  Ktampft  Hie  fe.st  zusammen  (Pis^),  welche  man 
mit  einem  leichten,  aber  festen  Dache  ül)ers|iaiint  (nnf?ere  Eisenzeit  bietet  dazu 
{janz  be(|ueme8  und  wohlfeiles  Material !),  eo  würden  auf  den  Hoch-  und  Mittel- 
alpen sich  ganz  gctiügende  Sohirmbtttten  nnd  Ställe  Achten  Isssen,  die  des 
Winters  Lasten  ebenfalls  gebührend  ertragen.  Man  ttberwOlbt  anch  passende 
Felseneintiefungen  (GHlnge)  mit  Trockenmauern,  wie  ich  im  WaUu  sah,  —  allmn 
—  dann  muss  man  dem  Gewölbe  eine  Cementdecknng  geben,  Honst  kommen  die 
Thiere  in  Morast  zu  stehen,  wie  ich  es  leider  auch  sah.  —  Für  Schmal  und 
Klmnvieh  existiren,  besonders  im  Oberwallis,  hie  und  da  auch  noch  in  die  Erde 
eingdgrabene  StallbQhlen,  ähnlich  wie  man  in  den  Gebirgen  Mitteldeutschlands 


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Alpwirthscbafl 


Alpwirtii  Schaft 


derartige  KeUerUkthor  anlegt  snr  Aofbewabmng 
Erdlittttoii»  in  den  norddantteben  Haiden. 

Die  Mpwege  haben  ebenfalls  im  Allgemeinen  viel  Qnade  geftinden  vor  den 
Angen  der  Aelpler,  trotzdem  in  diesem  Punkte  allerdings  noch  sehr  viel  zn 
wUnschen  übrig  bleibt  und  stetsfort  übrig  bleiben  wird,  da  hier  die  Natarereig- 
nisse  weit  mächtiger  sind,  als  die  Menschen,  nnd  so  ein  «rechter  Alpweg",  wie 
man  rieh  eolclien  nnten  in  den  TiefthUem  yorctellt)  vielfiMli  melir  kooten  würde, 
ab  manche  Alp  wertb  wäre.  Einsicht  und  Rechnen  lehrt,  warum  man  dort 
ohen  sehr  oft  „fUnfe  grad''  muß  «ein  lassen!  Für  «teile  Alpwege  bleibt  immer- 
hin das  uralte  System  der  „Bsetzi"  (Pflästemng)  das  Beste,  da  wn  man  hierzu 
die  uüthigen  und  passenden  Steine  gewinnen  kann,  wie  mau  tu  nouh  am  häuhgHten 
im  Wallia  findet,  wo  der  Weg  oft  anch  gleichzeitig  «WasMrfabxe*  sein  mu6. 
Im  Granzen  iat  ea  in  den  Alpen  viel  leiehter  Wege  an  banen,  ala  de  an  nator^ 
halten ! 

Viel  ist  geschehen  betreffend  Wasscn  nsorgung ;  manchen  Orts  ott  zu  viel, 
weil  allzu  lange  und  allzu  kostspielige  Wasserleitungen  zur  Beschallung  von 
Trinkwasser,  im  Snne  des  Thalee,  an  große  Anlagekapitalien  beansprneben  und 
einen  eatspreehenden  Mehrwerth  nioht  gewSbrwit  was  bei  d«r  nieht  allsn  hohen 
Bodenrente  der  Alpen  wohl  zu  beachten  ist.  Besser  stellen  814^  da  die  Jnrassier» 
Sennberginhaber,  mit  ihrem  einfachen,  aber  vorzilgliclu  u  Zhternrnsifstem,  welches 
noch  durch  die  von  mir  erfundenen  KtinsUjuelieny  welche  ebenfalls  in  dieses 
Gebiet  gehören,  wesentlich  verbesaert  werden  kann. 

Die  alten  Sditirmbäume  gdien  viel&oh  «ans  dem  Leim*.  Man  läSt  statt 
ihrer  den  nahen  Wald  bimUtzen  oder  pflanzt  eigene  Schirmwäldchen.  Erfehiene 
Aelpler  jedoch  haagen  den  Wald  ab,  auch  wo  die  Thiere  nicht  schaden  können, 
well  die  Thiere  bei  warmer  .lahrcHzeit  sich  viel  zu  lange  im  Walde  herumtreiben, 
um  den  Fliegen  leichter  wehren  zu  können  und  dabei  dai>  Weiden  mögliehst  lang 
▼ergessen,  folglich  ungenügend  fressen  nnd  saufen  und  so  den  Ertrag  scbmSlera, 
Schon  aus  diesem  Qrnnde  maß  man  auf  allen  Knhalpen  die  HwMÖger  in  Ehren 
halten,  weil  der  dort  stets  wehende,  frische  Luftzug  die  Bremsen-  nnd  Fliegen- 
plag-e  möglichst  abhält.  Der  vernlhiftigc  Wfideioechsely  am  besten  der  monatliche, 
oder  doch  wenigstens  anf  vierzehn  Tage  gestellte,  hat  in  den  letztvergangenen  Jahr- 
si^ten  sehr  viele  Anhänger  gewonnen.  Man  muß  daa  Graa  nidit  allzu  jung 
ätten  lassen,  wenn  man  Erträge  und  ffesundes  Vieh  haben  wäi.  Nach  meiner 
Ansicht  hat  man  nieht  »im  mindowi  Theile  die  nnvertilgbare  Maal>  nnd  Klauen« 
rteuche  der  alirn  jnrjren  Weide  zu  verdanken.  Ich  werde  zwar  nur  noch  von 
wenigen,  wenn  auch  tüchtigen  Sachverständigen  unterstützt  hinsichtlich  dieser 
meiner  vieljäbrigen  Beobachtungen ;  die  Zukunft  durfte  mir  aber  doch  Recht  geben. 
Alpwiesen,  xnr  Besebaffong  des  Kothbenes  für  bSse  Wettertage,  werdwi  mebr 
und  nuhr  angelegt,  da  wo  kein  billiges  Wildhen  SO  beben  ist.  DU  Lager  zu 
solchem  Zwecke  umzubrerhen,  wie  neuerdings  angcrathen  wurde,  nm  dieselben 
in  „Alpeukunstmatten"  zu  verwandeln,  wird  von  wirklicht  n  .-Velpk-rn  niemals 
geUbt  werden.  Einige  Versuchsjahre  werden  geniigen,  um  die  „Kunstalpen wiese" 
ans  Absebied  ued  Traktanden  fiülen  an  lassen.  Man  vergleiebe  hierttber  Band  I 
des  volkswirthsobaftlioben  Lexikons,  Seite  38,  was  Sohatsmann  darttber  sagt  nnd 
Seite  13  meiner  Schrift:  „Rad  und  Hemmschuh'*.  Läger  oder  Stofel  nennt  man 
die  gedüngten  Plätze  einerseit«  in  der  Nähe  der  Alpenhütten,  anderseits  die 
vom  Vieh  selbst  »lark  gedüngten  Hoch-  und  Tief  läger  (Lagerstätten),  welch' 
erstere  bei  schönem,  letztere  bei  schlechtem  Wetter,  immer  die  gleichen,  bentttat 
werden  I 


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AlpwirthscbafL 


Aipwirthschafl 


Auf  dm  nur  swd  odear  vkr  Hmwie  bentttiten  Alpm  werden  rteto  der 
naiMiehe  IHhig»  nnd  die  iVoMto  der  VenHümmg^  wekh»  ndrt  Ins  leiin 
Ifonate  laii|f  in  Gegtalt  von  febem  GerSlI,  Hand,  Staab,  Simereien,  WuMor, 
Erdanschwemmungen,  Pflftn7<»Ti  aller  Art  etc.,  fortwährend,  auch  im  Lanf©  des 
WinteiB,  Ersatzmittel  herbeiBchatien,  die  entsciitiiienden  Grundbedingung' n  der 
Fiiichtbarkeit  bleiben  und  wird  hier  oben  deßbalb  da»  SchreckgeHpenfit  dur  Kaub* 
wirthMhaft  nnd  des  Verftillee,  ww  man  eo  oft  als  Anihlngesebtld  bentttik,  nneli 
den  Begriffen  der  intn  iv  bewixtfaaoliafteten  Thäler  und  Ebenen,  aoßerordentlich 
ubertrieben,  wie  durcli  die  von  uns  aufgerollte  Geschichte  der  Alpwirthscbaft 
selbst  schlagend  nachgewiesen  wird.  Bessere  Futlerpflanzcn  mittels  Versuchs- 
ffärlen  auf  deo  Alpen  verbreiten  zu  wollen,  ist,  wie  alle  biaherigen  Versuche  seit  läl6 
gelelirfe  haben,  das  von  Zoit  au  Zeit  immer  wieder  friacbgeiegte  «Eolombnaei", 
das  sieh  abw  nie  auf  die  Spitie  ilelten  lasten  wird.  Biwben  wir  beim  Prak« 
ÜMÜien!  Weitere  Versuche  mdgen  immerhin  reiche  Leute  oder  Koipoiationen 
anstellen,  sie  werden  deßhalb  nicht  einen  Liter  Milch  mehr  oder  irgendwie 
schöneres  Vieh  erzielen,  wenn  die  Versuche  unter  kritischer  Beleuchtung  gehalten 
werden.  Was  nützen  wohl  air  die  geprietieiieu  schönen  und  meter-  oder  gar 
swei  Heter  langen  im  Vermtekiffarten  enielten  Oriaer,  wenn  sie  das  Tieh 
auf  der  Weide  bereite  bei  Centimeterlünge  abätzen  muß?  Was  ntitzt  dem 
Aelpler  ein  Grasbogen  voll  des  besten  Versuchsgartenhene«,  pro  50  Kilos  zu 
3  bis  4  Franken,  wenn  er  eine  ganze  Planke  (Haide) -Wildheu  umsonst  haben 
k'iuu?  ,Der  Winttir  Inijt  zudem,  was  der  Sommer  pdanzt!"  so  hieß  es  schon 
1818,  als  man  die  ersten  Vwanehe  von  1816  anfgab,  nnd  dieß  wird  in  dieser 
Biebtnng  im  großen  Ganzen  so  bleiben,  so  lang«  es  Alpen  gibt. 

Hauptsache  ibt :  Unhaltbares  fallen  ru  lassen,  dagegen  an  die  gegebenen 
Verhältnisse  anzuknüpfen  und  zu  bessern,  praktisch  bewährte  Betriebsweisen 
amurtfien.  Dieses  Anregen  aber  hat  sich  hauptsächlich  mit  dem  Menschen  zu 
beschältigen.  Man  mvft  lliebtdenkettde  d«*il;en,  Nichterkennende  btobaißUenf 
Znrttokhaltende  reden  lehren,  allen  Beschetdenen  eniUn^  man  ihr  Wissen  und 
JÜLdnne»,  Zaghaften  gehe  man  entgef/en,  verborgene,  selbst  kleine  Verdienste, 
ziehe  man   ati^s   Luht,    belobe  die  Thiitigkeit  ^uche  die   allzu  Btramme 

Anhänglichkeit  an  die  auBÜbende  That  mit  dem  (leJanken  zu  vernöbneu,  daß 
man  doch  auch  von  Andern  noch  etwas  lernen  könne  I  Man  suche  lebendige 
GtgenseiUgkeiUsektden  in's  Leben  an  rnfen,  statt  Einseitigkeitstheorien  ohne 
Naturfundamente.  Deßhalb  I  iTte  denn  aoob  der  alpwirthscbaftliehe  Verein  e. Z. 
(ISHC)— 1  RS'f))  die  alten,  ;  '  il  hten  Kurse  ab,  die  in  wenigen  Tagen  ganz  un- 
mögliche Belehrungen  an  junge  Leute  abgeben  wollten,  welche  noch  dazu  allzu 
wenig  Vori»chule  genos.sen  hatten,  und  wandelte  sie  in  Wanderrei^en  um,  mit 
ftlteren  nnd  schon  mehr  geschulten  oder  bereits  in  der  Praxis  stehenden  Aelplem 
oder  Alpenfk«nnden,  nm  das  mit  einigen  Zügen  soeben  angedeutete  Programm 
einmal  zu  versuchen.  Aber  auch  hier  heißt  es:  «fHiin  Versneh  ist  kein  Versnob  I* 
„Vom  Schneider  lernt  man  nicht  schmieden!" 

Ein  nicht  minder  wichtiges  Ziel  für  die  Al])wirth8cbHft  ist  in  unserer  Zeit 
das  Suchen  nach  Mineraldünger  im  Bereiche  der  Alpen ;  vor  allem  Andern  aber 
andi  das  Snehen  naeh  TorfBtren,  da  wir,  nach  meinen  Erfiüirnngen  anf  den  Alpen, 
vielen  Orls  Hoos-  und  Fasertorf  antreffen,  das  man  viel  zu  wenig  beachtet 
DUngervermehrung  besehäftige  &opf  uod  Aoge.  Ueber  die  Anwendung  bedarf 
es  keiner  Worte. 

£ineu  sehr  willkommenen  und  tur  das  Landeüwuhl  äußerst  wichtigen  Er- 
weiterungszweig hat  innert  den  Idbztrergangenen  drei  bis  vier  Jafarmi  das  md- 


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Alpwirtfasebaft 


—    10  — 


Aipwirtbschall 


goDSfdflohe  landwirUisdiailliclie  Departement  eingvfUirt    leli  mciM  die  tm- 

greifende  Forderung  raiioneller  PferdeeUpen,  am  allmSlig  die  violett  b^ammernS' 
werthen  tBoßweidem  (Alpen  mit  eanren  Gritsern  und  braunen  i^nmpfen) 
SQ  verdräogen.  Ujid  so  schließt  denn  der  vieltansencijülirige  BetriebsamgaDg 
«naever  Alpwirüuchaft,  am  Ende  dea  oeoiizehiiten  Jahrhunderts,  wieder  mit  der 
ernenerten  hoehwiehtigeii  Pflege  dea  aoliViiataii  tmd  edekten  Thiene,  dea  Pferdea, 
neben  dem  ntttriidhaten»  dem  Riude,  wie  die  Geschichte  der  Alpwirthiobaffc,  die 
allerbeattt  Lefarenn  miaerer  Alpwirtiie,  tot  Bennthieneit  begonnen  hat. 

Feaaen  wir  mn  alle  errnngeDen  Fortaofaritte  maammett,  ron  den  enten 
Anfltngen  der  AIpwirthaohaft  an  bis  zur  Gegenwart,  und  zithlen  wir  von  dort 
an,  natürlich  in  weiter  auseinander  Hegenden  Perioden  und  da  wo  Gelegenheit 
dazu  gegeben  ist,  das  Alpen vieh,  sowie  die  Thierprodukte,  so  erkennen  wir  — 
trotz  der  oft  bedentendeu  Kückschläge  in  Kriegs-  und  biS«en  Futterjahren  — 
den&ooh,  da&  die  Geaammtviehsacbt^  an  welcher  ja  hanptätdiUoh  ÄLe  Alpen- 
kantone betlieiligt  aind  (da  auch  aus  den  TiefthSlern  and  Hllgelgelftnd  aUaOnunerlieh 
und  je  länger  desto  mehr  Heerden  nach  den  Alpen  zi<  licn)  in  den  letzten  Jahr- 
zehnten einen  mächtigen  Aufschwung  genommen  hat  i'.-iehe  Viehzählnii(j:"n''  trotz 
dem  üückgange  der  tiohaizucht  und  Schafhaltung.  Betrachten  wir  gleichzeitig 
den  nur  in  den  leisten  fttnf  bis  sechs  Jahrzehnten  gestiegenen  Werth  und  Preis 
der  Thiere,  an  deren  Zaohtf&higkett,  Fleisdi-  und  Hilohproduktion,  aowie  die 
Ausdehnung  ihres  ALsiitze^,  was  wir,  Alles  zusammen  genommen  und  im  Durch« 
schnitt,  wohl  auf  100  bis  150  "'o  ansetzen  dUifen,  und  fügen  wir  hinzu,  daß 
alle  unsere  Thiere,  laut  gefundenen  Knochen  aus  vorgeschichtlicher  uikI  geschicht- 
lichur  Zeit,  sowie  nach  vorhandenen  Notizen  aus  dem  Mittelalter  und  der  neueren 
Zeit,  —  ieh  metne  hier  luraptaSohliob  die  Sohlaohtthiere  —  nnd  nach  den 
Lingen  der  Stallbrüoken  (uralte  Ställe  and  deren  Eingangsthlircn)  durchschnittlich 
um  100  j*^  in  manchen  Thiilern  um  150%  durchschnittlich  schwerer  nnd 
thenrcr  geworden  sein  müssen.  Erachten  wir  ferner  die  außerordentlich  vielen 
Bauten  und  sonstigen  Verbesserungen,  welche  mit  den  mächtig  und  weit  in  die 
AlpenthKlnr  hinein  aich  anadehnenden  Yerkehramitteln,  der  immer  waohacnden 
Maohfrage  und  der  sonehmenden  Denkkraft  der  Aelpler  ^«ehaam  ^  dem  Alp* 
hoden  heranawaohsen.  —  gedenken  wir  noch  des  Rietentüerkea  der  Watt^rkanäle 
eines  fingü/en  Alpenkantons  (Wallis),  da«  im  Verlaufe  von  Tausenden  von  Jahren 
äte  eigene  Kraß  der  Aelpler  geschaffen  hai  uhnv  alle  StaaUihüUe,  und  nicht  bluLj 
erstellt,  sondern  auch  erhalten  hat,  was  viel  wichtiger  ist,  und  immer  weiter 
anadehat,  am  dnrob  die  h^ate  iBehruehtong  ihrer  Wieeen  eine  mOgUchat  rentable 
AIpwirthaohaft  zn  ercielen,  —  ao  mnfi  man  in  der  That  staunen,  und  feierlichst 
dagegen  protestiren,  wenn  man  von  Leuten,  welche  nich  füi-  Alpwirthschafts- 
reformer  ausgeben,  die  unwahre  Behauptung  iuinur  und  immer  wieder  hf>rt: 
„Die  Alpen  seien  krank**,  während  sie,  Gottlob,  die  strotzende  Gesundheit  seihst 
aind  nnd  aeit  Jahrtanaenden  aelbet  ihr  beater  Arst  waren  und  aein  mußten,  um 
aich  zu  erhalten.  Und  warum  sollim  dieae  Alpen  krank  sein?  Weil  hier  und  da 
eine  Halde,  ein  Grat  oder  ein  Berg  zusammenbricht  oder  herabrutscht,  ein  tttch- 
tigos  Sttlck  Alp  verschüttet,  verwittert,  Ubersandet  oder  begrübt?  Das  kann  ja 
in  Alpen  gar  nicht  anders  sein.  Darin  liegt  ja  eben  die  Natur  der  Alpenwelt, 
und  wird  dieß  Niemand  jemals  Indem!  Die  VergUngliehkeit  heißt  hier  Verwit- 
temng.  Aber  wachsen  nicht  gerade  ana  diesen  Yerwittemngen  heran«,  die  sieh 
ttbrigena  gröfitentheUa  gans  ohne  Gewaltachlag,  &st  tinmerkUdi,  Tollmehen,  ail- 


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Alpwirtbscbaft 


11  — 


Afp  Wirt  hschaft 


JtiurKoh,  ruhig  und  KeUieb,  Tauende  von  Hektaren  neue  A^Mf  Banden  «ob 
nicht  Milliooea  scharfer  Klippen  ab,  die  sich  alabald  mit  herrHohem  Ghün  über* 

lieben,  wie  man  ja  an  Milliarden  großen  und  kleinen  Steinen  auf  Schritt  und 
Tritt  bewandern  kann,  die  an  nicht  allzu  strengen  Halden  durch  ihr*»  «igen© 
Schwere  langsam  und  behnteam  herabdrängen  und  ihre  Hpnreu,  wie  die  Giet.scher, 
deatlrah  aoroiBklaMn,  um  «eh  am  Soiilttaie  ihrer  Laufbahn  selber  zu  begraben? 
Bant  aieb  so  inebt,  und  in  taiiead  andern  Geilalten,  in  den  AJtptn  noabliasig  eine 
nengeborene  Welt  anf«  und  blüht  nicht  gerade  dort  oben  am  allerkriftigBten  ein 
Ti»>üf"<  Lehen  aus  Ruinen?  Bewundern  wir  nicht  unzählige  wunderbare  schöne 
Alpen  da,  wo  getichichtlicb  vor  100.  2Ü0,  ja  oft  vor  1000  Jahren  die  entset%- 
licbbten  Bergstürze  und  GletscherbrUcbe  Alles  weithiu  begruben?  Die  Alpeu,  als 
€^birge,  waren  bebanntlieh  dereiaeleos  viel  hSher,  ala  der  kandebige  Mensch  rieh  To^ 
stellt ;  sie  müssen,  wie  alles  Irdische,  ihre  Beetimmong  erfüllen,  sie  müssen,  wie 
Alles,  allmälig  —  verschwinden.  Inzwischen  aber  werden  sie  den  Menschen- 
geschlechtern noch  unschätzbare  Heicbtbümer  gewähren,  frohe  Stunden  bereiten^ 
aber  auch  noch  manch'  düstere  Schlacht  verebnen,  manche  Alp  verderben^ 
manohen  Bee  anffUllen,  manchen  Fluß  ▼eraanden,  maaohea  Thal  versompfen,  um 
ee  epttter  wieder  in  frnohtreiebe  Q«ftJde  m  Terwandehi.  ZenUtrong  nnd  Anfban 
gleichen  sich  aus.  Schon  in  unserer  Zeit  gewann  der  Aufbau  die  Oberhand. 
Um  das  zw  „ergründen",  bedarf  wuhrhaftig  keiner  großartigen  ,ErtV>r  hnrnr^- 
expeditionen -  (Enqueten)  auf  Staatskobteu  von  Nichtälplern.  Das  alloa  kenne» 
die  Adpltr  am  besten,  und  Beobacbtungsorgane  aus  ihrer  Mitte  schauen  in 
Saeben  am  klarsfen;  die  kennen  ihren  «kranken  Mann*  am  besten.  Ebenso 
unhaltbar  ist  ein  rweiter  Vorwurf,  6.m  man  fortwährend  unKcm  Alpen  macht, 
und  den  man  sogar  oft  von  Aelplem  selbst  hSrt :  (uDie  SUii^e  (Kiihe-'.<^>:n)  werden. 
von  Jahrtflmd  eu  Jnhrz>-hnd  wenhiei .  fhhfl,rh  die  Alpfläihen  kieinfr  tnvi  ge- 
ringer!» Warum  nicht  ?  Da»  mag  bei  muacUer  Alp  seine  Richtigkeit  haben 
ans  vorbesagten  Orttaden.  Aber  gibt  es  nicht  aneh  andere  Alpen,  die  bei  gleich* 
gewichtigem  Vieh  au  Stösen  annehmen^  wo  Alp  und  Mann  lusammenstehen  in 
fleißigem  Thun?  Wie  viel  von  ersterwähnter  Erscheinung  auf  die  zerstörende 
Natur,  wie  viel  auf  die  Uuthätigkeit  und  Kurz.sichtigkeit  des  Menschen  kommt, 
lül^t  sich  schwer  entscheiden.  Die  Haupturklaruug  aber  für  die  Abnahme  der 
StOse,  da  wo  solehe  vorkommen,  liegt,  ganz  abgesdMn  von  den  vielen  Henalpen, 
welehe  allmKhlig  von  den  Vor-  und  Uittelalpen  abgeschnitten  worden,  beha& 
Stallftltterang  im  Thale,  und  abgehen  von  den  zunehmenden  Umwaldnngen  und 
Einwaldungen,  welche  gar  manchen  Orts  die  Alpgrenze  wenig  streng  einhalten, 
endlich  abgesehen  von  den  Umänderungen  vielen  Weidwald,  Witwalde«,  in  Wald- 
weiden  —  liegt  die  Haupterklärung,  sage  ich  —  in  den  beständig  und  ail- 
mähliff  grüßer  d.  h.  gewiektiger  imd  wohtgen&hrUr  werdenden  Mpthieren^ 
Man  vergleiche  nnr,  wie  bereits  oben  angedeutet,  die  alten  und  neuen  Ställe 
und  Stalleinrichtungen,  man  beachte,  wie  traurig  wohl  sich  das  jetzige  Vieh  in 
den  alten  Stiillc.n  befindet,  wie  erbarmungt>los  die  kurzen  Steinbrücken  die  Hufe 
und  Hintertheile  der  Thier«  bearbeiten,  und  mau  muiS  sofort  erkennen,  wenn 
man  ein  wenig  xa  beobachten  versteht,  daß  die  StallflSehe  iKngst  nicht  mehr 
zusammenpaßt  mit  dem  lieben  Vieh.  Warum  soll  nnn  die  weit  wiehtigeTe  Alpen- 
fläche zu  diesem  Vieh  noch  passen?  Nimmt  jetzt  z.  B.  Professor  Krämer  ein 
Durchhieb uittsge wicht  pro  ein  Haupt  zu  3,70  Meterzentner  —  7.40  Zentner 
(^vergleiche  Schw.  Volksw.-Lex.,  S.  349)  au,  so  darf  man  vor  nur  hundert  Jahren 
getrOstliob  ein  gntee  Drittel»  vor  siebzig  Jahren  noob  ein  Yiertd  weniger 
Gewicht  annehmen,  nnd  wenn  da,  bei  einer  nicht  alhra  sorgsam  behandelten 


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Alpwirttuehaft 


—    12  — 


AIpwirthfclMfl 


Alp,  welche  lialb  an  YerwittenmgB'«  halb  an  Thätigkeitsaobwindaaeht  leiden 

sollte,  von  damals  hundert  8tösen  nnr  noch  achtzig  zur  Geltuug  kämen,  welche 
Bt'iHpiel*'  doch  nur  höchst  igelten  in  dicj^em  Maße  auftreten  werden,  so  ist  jn  die 
Alp  immerhin  nicht  schlechter,  sondern  noch  beaaer  geworden,  im  Verhaitniß 
TOB  277,0  «1  296;  tob  dea  hShen  Hüoh*  und  Flekoherträgen  der  Jetitieit 
gegen  daviaU  gar  naeht  m  reden. 

* 

Unsere  Alpwirthschaft  i»t  jedoch  auch  noch  im  weiteren  Sinne  aufzufastien, 
ale  nnr  nie  Weidwirthschaft,  welche  ett  einsig  mit  der  f  nttereraeugung  and 
-direkt  mit  der  Tiehiaoht  m  thnn  hat,  anf  iltren  vier  HanptsolianpUUaeD;  1.  der 

Weidallmend  (allgemeines  Atzttng!sr«H  ht  im  Thüle),  2.  der  Voralp  (Mayen,  Mayen* 
hȧ),  3.  der  Mittelalp  und  4.  der  Hochal]).  Die  Alpwirthscbaft  hing  von  jeher 
und  hängt  auch  noch  heute  vielfach  mit  dem  Acker-  und  Gartenbau  zusammen. 
Wie  man  Uberhaupt  vuu  der  großeu  ALebrheit  des  Volkes,  auch  von  vielen 
Landwirthen  selbst^  den  Getreidebau  immer  and  immer  wieder  nnterBohStHo 
hört,  sogar  Ton  den  meisten  laodwirthschaftlichen  Blittem  nnd  Vereinen,  so 
übersieht  man  fast  so  viel  wie  ganz  die  hohe  Bedeutung  des  Acker-  und 
(jartenbaues  in  den  Alpentliiilern  und  sogar  in  den  Alpenregionen^  der  noch 
in  sehr  beachtenswerther  Weise  in  den  Kantonen  Graubiinden  und  Tessin,  in 
nu^gedelinteeler  Weite  nnd  in  nrllteeter  Gestalt  I»  Wallia  getrieben  wird, 
in  allen  drei  Kantonen  bia  an  Höhen  von  1550  Metern  nnd  darttber;  wie  wir 
aber  auch  in  den  Uhrigen  Alpenkantonen  Bern,  Freiburg,  Luxem,  Waadt  and 
Zug  den  Feld  hau  als  Alpennachbar  antreffen  und  zwar  oft  mit  Früchten,  wie 
wir  sie  im  Thale  vergeblich  sucheu,  wie  z.  B.  im  Guggisberg.  Ebenso  in  aus- 
giebigem Maße  verbindet  der  Jurasennberg  den  Ackerbau  mit  der  Weidwirthschaft. 
Die  Aelpler  wiesen  wohl  warum.  Sie  rechnen  aber  nicht,  wie  man  so  oft  im  Thale 
unrichtig  rechnet,  den  Ertrag  ihres  Feldbaues  nnr  nach  Marktpreisen^  sundem 
nach  den  viel  höhern  und  wiehtigern  WerÜien,  welche  die  sellisterbauten  Ge- 
treide-, Hack-  und  Gartenlriichte  für  sie  an  Ort  und  Stelle  haben,  für  Haus, 
Familie  und  Stall.  Wir  tinden  deßhalb  auch  noch  in  jenen  Hüben  und  bis  weit 
herab  in  die  ThBler  das  nrohige  Sehwanbrod  neben  einer  idohliohen  Milch-, 
Käse-  nnd  Fleischkost;  denn  auch  hierin  rechnet  man  nicht  nach  Preisen,  sondeni 
nach  Werthen ;  wie  sie  auch  zu  ihren  Kleidern  die  nicht  englische  Wolle  ihrer 
heimischen  Schafe  verwenden  und  damit  sehr  wohlbcstellt  und  zufrieden  sind, 
Ihre  nöthigen  Baarvorräthc  ziehen  sie  aus  dem  Vieh,  und  aus  der  Einfachheit 
und  Bescheidenheit  ihrer  sonstigen  Lebenabedttrfiuase.  Ihre  Lebensmittel  beaahlen 
«ie  mit  ihrer  und  der  ihngea  Arbeit,  neben  d«r  Alphantirung  nnd  das  ist  die 
Hauptsache.  Man  könnte  in  dieser  Richtung  viel  vom  Aelpler  lernen!  Man 
wird  nun  vielleicht  auhrufen:  «Der  kann  wohl.  Er  hat  nein  Land,  (rrund  und 
Unden,  wohlfeiler,  wie  d(;r  Bauer  im  Thale,  nnd  ihn  erdrüeken  nicht  die  ..gran- 
Humen'  Hypothekziusen,  wie  sie  die  „meistea"  (V)  Thaibauern  drücken!" 

Klagen  über  den  Druck  der  Hypotheknnsen  h5rt  man  aUezdings  in  den 
Alpengegenden  sehr  wenig.  Entweder  sind  sie  in  der  That  nicht  drückend  oder 
man  läßt  «ie  nicht  drückend  werden,  oder  die  Hypothekargp?;ctze  sind  der  Art, 
daß  man  das  Land  nicht  überbürden  kann.  Datrtigen  die  Jjandpreise  ntehen  in 
den  Alpengegenden  im  V'erbältniß  viel  höher,  als  in  den  eigentlichen  landwirth- 
adiaftliehen  Gegenden.  Kaa  li5rt  da  oft  von  ganz  •rstannlidien  Preisen,  nnd  aie 
werden  Tielfach  haar  betahlt.  So  will  ich  nur  ränge  Beiapiele  aus  den  Alpen- 
dörfern im  Wallis  anfuhren,  aber  nicht  bloß  aus  den  eigentlichen  WohndOrÄm, 


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Aipwirllischafl 


—  la  — 


Alpwtrthschaft 


aoiideni  «ndi  mm  dan  DM»,  welahe  nun  nur  im  Sommer  «Sbrend  der  Alp-, 
Hea-  nnd  Fetdieit  bentttst.  Ee  wird  dort  WieeenUnd.  die  Qaadratrathe  (100 

QnmdratHchnh)  mit  2  bis  15  Franken  bezahlt,  aUo  die  Juchart  ini?  800  bu 
1200  Franken«  je  nach  Güte.  Ackerlaiul :  1  bis  2  Franken  fiir  die  l^uiidrat- 
ruthe  —  400  hin  800  Franken  per  alte  Juchart.  tiartenlund  abar  bis  «u  (> 
und  Frauken,  aUo  die  Juchart  2400  bis  3200  Franken.  £ine  ganze  Juchart 
wSre  ttbrigens  gar  nicht  m  haben.  Natttrtidi  ist  daa  nioht  in  allen  D5rfem 
gleich.  Mattenpreiee  im  Simmeotbal  dürften  dagegen  den  Gartenpreisen  im  Wallis^ 
meist  gleich  zu  stehen  kommen,  ja  dieselben  noch  UbertreflFen,  En  ist  daher  in 
den  Alpen  an  ein  Sinken  der  Landpreice  nieht  sn  denken.  Die  L.  nte  befinden 
sich  bei  ihrer  einfachen,  extensiven  BetriehnweiMe  viel  wohler,  ab  Viele  in 
landirirduohaftliehMfc  TieMiXlero  mit  ihr«n  KnnatAitterban  nnd  waa  dran  nnd 
dran  hängt.  Darum  möge  man  derartige  «BodenverbaMwangen*  Ton  den  Alpen 
fern  halten! 

Dil-  (rcrdthc  und  \Verkzen(ie  znrn  Betrieb  des  Ackerhanes  in  den  Alpen 
Biad  ebenialis  sehr  einfach  und  wuhlfcii  geblieben,  meint  uralter  Herkuuft  und 
iSndlich  —  sittlidi.  leb.  habe  in  mmner  Abhandlung  „Uber  die  Gewihiehte  der 
LandwirtJuebaft**  im  Behweiaeriaohen  VoIkewirthschafle'Lezikon,  Beite  230,  dar> 
anf  anfmerknam  gemacht.  Auf  den  Aeckern,  welche  im  Wallis  dem  Zeigzwang 
unterworfen  sind  (1.  Kogpen  oder  Gerste,  2.  Bro^  hf'  gt-diliigt,  ^5.  Geräte;  oder 
Koggen),  pflanzt  man  nur  Getreide,  hier  und  da  wendet  mau  dun  Seliat'pferch 
an,  jedoch  nur  aiuinahauweise.  In  den  Gärten,  weiche  zunfichst  am  Dorfe  liegen, 
meist  unterhalb  deßselben,  baat  man  Eartoffbin,  leider  mit  Tiel  an  knner  Vege* 
tationsperiode,  und  treibt  «ehr  anerkennenswertfaen  GemQsebaa.  Wägen  gibfa 
nicht.  Alles  wird  in  di»;  Di.rfcr  von  den  Thi-r-r;  ^etraj^en,  wosa  aooh  Stitr^ 
Kui*  und  Jiind  iu  ausgL'ilehutein  Maße  hpiiüt/!  wird  (Wallis). 

„Wohin  fahren  sie  aber  dort  obw  sMuuiif^  hör'  ich  tragen,  „wenn  es  so 
kräftiges  Hanabrod  gibt?*  Die  jUpenmiUtlen  sind  kleüe  kasteaartige,  viereckige 
Gebinde,  mit  Laden  eingwandet,  wo  man  dieß  fttr  n^hig  hftit,  und  einem  iMohten 
Dach,  inwendig  ein  einfacher  Mahlgang  und  das  Triebwasser  fällt  durch  ein  Ge- 
rinn (Kiinel)  oder  einen  griißern  Deuchel  auf  da«  kleine  kunstlose  Wasserrad.  Mei-t 
beuützt  man  dazu  die  „  VV^ast^riuhren"  i  BewäHkterungäkanäle).  Die  Steine  maclu  n 
Mehl  und  Gerste  (Graupen).  Freilich  ist  der  AlpmiiUer  kein  Millionär,  aber 
Sehntsaoll  bedarf  er  aneb  nieht.  So  klein  die  Mtthlen  sind,  so  haben  sie  doeh 
oft  nieht  genügend  Wasser,  da,  wo  die  Wasserfahren  nicht  von  Gletaohern  gespelüt 
werdf^n,  \ii  Graiibüiiden  tritt  diese  Mühienbaukunst  in  den  Alpen  noch  viel 
einfacher  aul  und  dennoch  zugleicli  mehrfacher.  Der  Mnhlgang  nnd  das  Wasserrad 
sind  nicht  einmal  stark  eingewandet.  Dagegen  arbeiten  da  mancbma!  an  dem- 
selben BSohlein  Uber«  odw  nnternnander  vier  bis  fünf  solcher  Mahlgänge,  gans 
fthnlieh,  wie  solche  Dr.  Ferdinand  Keller,  der  Alterthnmsforscher,  im  Zürcher 
„Anzeiger  fUr  Alterthumskunde"  seiner  Zeit  als  uralt  (römisch)  abgebildet  halte 
(1877.  Nr.  1,  S.  72h).  PVeilich  ist  das  Mehl  auch  nicht  ganz  staubfein,  kleien- 
rein  und  weiü  wie  Märzeuscbnee,  wie  man  e«  heut  zu  Tage  drunten  in  den 
TiefthXleru  gerne  anf  die  verwtthnte  Zunge  nimmt;  aber  es  ist  nrkrtftig,  nnd 
das  Brod  von  solehem  Hehle  IXßt  sieh  Monate  lang  aufbewahren,  ohne  grau 
und  geschmacklos  zu  werden.  Bis  gibt  GegendMl  (am  Mol^son),  wo  man  es 
8eheiben-(kuehen-}artig  bäckt  mit  einem  Loche  in  der  Mitte,  um  es  bis  zum 
Bedarf  ,aii  den  Nagel  hängen  zu  können",  wie  den  Ilohlöffel.  immerhin  beginnt 
aucb  hier  oben  längät  Kchon  das  Weiübrod  h.oh  allmählig  Bahn  zu  brechen,  wie 
es  ja  in  den  Appenzeller,  St.  Qaller  nnd  Glarner  Alpen  iXngst  schon  su  Hause  ut^ 


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Alpwirthsehaft 


—   14  — 


Alpwirthachaft 


da  die  BodUrfniase  der  ThalindaBtrie  aaoh  die  Aipwirthsoliaft  a«iteeken.  Eine 

betnerkenswcrthe  Aasnahme  macht  hierin  beaonderei  der  Ba«ler  Jura,  wo  sich 
bis  heute,  zu  Brrp  und  Thal,  iiorli  ein  kenihaftes  SchwarzbruJ  behau  ptef,  trotz 
-der  Seidenbandinduätrie,  welche  durt  in  ta^t  allea  Sennbergen  friedlich  bei  den 
Sennen  wohnt  nnd  gerade  von  diesen  mitgeUbt  wird,  während  den  weltlichem 
Theil  des  Jura  die  UhrMiindoetrie  ttbenog«  ohne  dem  alpirirtheohaftliehen  Ge- 
präge jener  Oegenden  Eintrag  gethan  zu  haben 

Eine  g^anz  ähnliche  Erscheinung,  wie  die  Alpeninilhle,  ist  die  AIpnKärfr, 
natürlich  ebenfalls  nach  uraltem  (jeflige  eingerichtet  und  nur  Blöcke  (Stiirkf'i 
vuu  etwa  zwei  Meter  Lauge  schueideud,  da  der  Traiiüpcrt  auf  den  Saumwegen 
inV  Thal. hinab  keine  größere  Länge  saläßt;  denn  Wagen  und  Karren  gibt  e« 
in  den  eigentlichen  Alpendörfern  nur  sehr  ausnahin.swei«e,  ')  aus  ganz  natürlichen 
•Gründen.  Verbreiteter  sind  die  Wagen  in  den  Hochdiirfern  GraubUndens;  leicht 
und  treMich  gebaut,  ihren  Kutsch-  und  Hohlwegen  angepaßt,  mit  stark  ver- 
längerter Deichsel,  woran  der  Wagenlenker  sein  Jochgespann  (Ochsen)  leitet 
«nd  gleichzeitig  das  Sohlagen  der  Deichiiel  gegen  die  TMere  mögliohrt  mildort. 
Dos  JbcA  wird  dort  aber  noeh  lange  nieht  abgeschüttelt  werden,  hemcht  es 
■doch  auch  notdi  in  weit  ebeneren  Landen,  schlechten  Wegen  sehr  angepaßt. 
(Heber  die  Pferde-  und  Maulthiergeschirre  s,  Schweiz.  Yolk,<w.-Lex  ,  S.  230.) 
Zur  üebfirwültigung  der  Traglasten  dient  bei  allon  Thiereu  der  bekrtuule  hüUerne 
TragHuttel  (Bast);  ftir  umfangreicheres  Material,  wie  Holz,  Heu,  Streu,  NesBcln, 
Blaelcien  (Sohweinefntler  nach  den  Alpen),  Haosrath  ete.  bedient  man  sieb  passender 
nnd  leiditer  Anhänggestelle  am  Bast,  in  Bogenform  w  oder  in  Form  eines  rttmisohen 
Fttnfo  V  zu  beiden  Seiten. 

Im  Wallis  rüekt  in  einzelnen  Tliäleru  ^Visperthal,  Visperterbinen)  sogar  der 
Weinbau  in  die  Nachbarachaft  der  Yoralpen.  Aber  auch  wu  dieü  nicht  der  Fall 
ist,  beeitsen  «ehr  ^iele  Aelpler  unten  im  tiefen  Thale  (Yisper-  oder  Bhonethal) 
JUheny  da  der  Walliser  ohne  seinen  guten  Tropfen  nicht  sein  kann.  So  haben 
wir  denn  auch  die  wohl  einzige  Erscheinung  in  der  Alpenwelt,  daß  der  unter 
Pflph  sorgfältig  gepflegte  Trockendflnger  meist  wohl  Schaf-  und  Ziegenmist, 
in  Würfelform  auf  dem  ßUoken  des  Saumthieres  zu  Tbal  steigt,  um  drunten,  gar 
manehmal  drei  und  Tier  Stunden  weit  vom  flmmathsdorfe,  die  Beben  in  beleben 
und  m  kriftigeii  Ittr  den  Herbst,  neben  und  mit  der  nnerläßlioheo  Bewässerung. 
Im  Fa/^  (Legel)  kehrt  der  Würfel  am  Bast  im  Herbst  mrttckl  Dieser  »Raabwirth- 
schaft"  gegenüber  drücke  .lederm;iTmia'li''^i  ein  .Auge  lu.  Teires  und  Bacchus  sind 
«Ite  Bekannte,  und  der  heilige  Wendelm,  dt-r  üeschützer  der  Alpeo,  ist  ebenfalls 
ab  tolerant  bekannt.  Willst  du  einen  guten  Tropfen  in  jenen  Hochdbrfern  trinken, 
und  kannst  kein  Wirthshaas  flnden,  wmI  keines  vorhanden  ist  (doeh  aneh  sie 
werden  moderner),  so  kehre  beim  Herrn  Pfarrer  ein,  wie  üblich! 

Der  mäehtige  ünif-r  rliis  d  in  den  Gebt'iulichkcilcii  und  Wohnurtf/sverhält- 
nissen  unserer  Aelplei  w  irde  eigentlich  eine  ganz  selbstständige  Abhandlung 
fordern.  Derselbe  ist  vuiu  geschichtlichen  wie  vom  gewerblichen  Staudpunkt  aus 
intttHNMUit.  Vom  Korden  angefangen,  wird  der  gesammte  Juia  vom  Tiereokigen 
mKrtelmanerigen  Stelnhus  ttbersfit,  schmucklos,  meist  mit  einem  Stoekanfisats  ver- 
eeheo.  Die  StBUe  auf  den  Bergen  sind  längliche  Vierecke,  meistens  sehr  umfangreich, 
mit  graublauem  Schindeldach  und  sehr  zweckmäßigen  Dünger-,  Reinignngg-  und 
Aufbewahrungäeioricbtungen.  —  Die  Freiberge  aber  bilden  in  di^er  Richtung 


'j  Ja  im  Wallis  gab       uiu  liot;UlUal,  das  bis  iu  die  neueste  Zeit  iierem  nicht 
•einmal  Ssumlhiere  hatte,  sondern  alles  auf  Menaehenrfidcen  tranportirte  (Sasserthal). 


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Alpwirthschaft 


«  15 


Alpwiith^cbafl 


wieder  eine  ganz  eigenthflaiUohe  Oaee.  Hier  ftnden  wir  unstreitig  das  beqaemete 

Atlf^rhaus  der  Schweiz,  sehr  wahrschoinlich  der  ganzen  Alpenwelt.  Alles  unter 
einem  breiten,  behaglich  Platz  und  Schutz  bi  tenik-n  D.uht;;  d;izu  ein  ummaoerteH 
Hötkin  für  die  Schweine,  Schate  und  Kälber,  heitu liehe,  geräumige  Wdhnstube 
und  Schlafräume;  dann  die  prächtige,  bochgewölbte  FamiiieukUohe,  meist  mit  einer 
g(»wiolitagen  Siale  in  der  Kitte,  und  ftir  Koelien,  Eben,  Eesen  und  Plaadem  in  vier 
„Himmekgegoideu'*  MDgetheilt.  Die  Ettolie  ist  das  Hers  dieses  stattliolifln  Hamee, 
von  ihr  aus  fuhren  die  Wege  zur  Wohnung,  zu  den  Schbtf  kammern,  hinein  zu  den 
Ställen,  hinauf  zum  Heu  und  in'»  Freie.  Die  Stalle  sind  geräumig,  reinlich  und 
wiirm.  Im  Vorraum  die  Schweineställe.  Nach  AuUen  grillt  die  breite  Giebekeite 
mit  dem  mächtigen  steinernen  Bogenthor,  das  so  eigentlioh.  das  Wahneichen  aller 
inrasleiiigebSade  bildet,  Bller  mit  Namenssttgen  und  Wappen  gesehmttekt  Neben 
dem  Hause,  einem  HUiiengrabe  Khnlioh,  meist  von  einem  Qlrtohen  umgeben,  erhebt 
«ich  die  wa««erKpen(UMide  Zysteme,  da  die  LatifhniTinen  meist  günzlich  fehlen, 
und  der  Schöpfbaum,  der  den  Eimer  hinabtauciit  und  wieder  herauf  bringt,  er- 
innert an  die  upti^ohen  Telegraphen  vergaugeoer  Zeiten. 

Die  Form  der  SttUe  dee  Bemer  Oberlandes  haben  wenig  SbnUobes;  sie 
sind  meistens  von  Holz  und  werden  im  Winter  nicht  bewohnt,  wie  dav  Seanen« 
palaat  der  Freiberge,  daher  auch  viel  unentwickelter.  Die  älteren  Alpstallungen 
bieten  nur  eine  kleine  Wohnung  mit  kleinen  Fenstern,  jedoch  einen  großen 
Vorraum  zum  Holzen  und  zur  Aufbewahrung  alles  Röthigen.  Dazu  eine  geräumige 
Ettcbe,  aber  allee  looker  und  dorebaiahtig;  di«  StUk  eng  nad  finster,  die  Um- 
gebungen hKnfig  kotbbepflastert  Andere  jedodi  die  neoeven.  Damnter  fand  ieh 
walire  Musterbauten,  besonders  im  Simmenthal  und  Saaoenland.  Alles  von  Holz, 
die  kleinen  Wohnungen  mit  Kammern  fein  und  blank;  die  Ställe  aufs  rationellste 
eingerichtet,  bequem,  der  Größo  den  großen  Viehes  entfspreehend,  jedem  Sttick 
seine  eigene  Troggrippe  j^Napf)  bietend,  an  welchem  et»,  ungestört  vom  Nachbar- 
stttok,  behaglidk  sda  HKbwlein  geniefien  kann.  Das  ganxe  GabKud«  thront  auf 
trockenem  Hügel  ■  die  Vorhalle  zu  den  Ställen  ist  am  Boden  gebohlt  mit  Pflöck- 
lingen  und  ebenso  der  Gang  zum  laufenden  Brunnen  nm  den  langen  und  breiten 
Trog  herum.  Kingsum  Haag  und  „Legiuen",  welche  daH  Vieh  nach  den  zwei-, 
oft  auch  dreifachen  Wechselweiden  hinausfahren.  Ich  traf  sogar  auf  wetter- 
geflOirlieheii  Hutten  den  atoliw  BÜtiableiter.  Das  heißt  man  daam  mit  OedMik«i 
Xlplen,  aber  anch  mit  —  Eapitall  In  der  Centralaehweia  finden  wir  meistens 
Holabanten,  banernhausartig  eingeriehtet.  Dia  StallbrUckeu  »ind  in  den  neuern 
oder  erneuerten  Stitllen  2,3  m  lang.  Hier  beginnen  sich  die  Schweineställe  und 
Speicher  schon  vom  Hauptgebäude  zu  trennen.  Der  PachorrdUnger  geht  in  GUUe, 
in  Gttllekästen  Uber  Statt  den  Einzelkammern  unterem  Dache,  erscheinen  gemein* 
aame  Lagersffttten  am  Boden  einer  großen,  gemeinsamen  Earamer  in  den  Hlteren 
Hutten.  —  Hofförmig,  nur  nicht  mittels  einer  Umfiusnng  vereinigt,  erscheinen  die 
Gebäulichkeiten  auf  den  Glamer  Alpen,  vriudemra  ein  Centraitypus  für  eine  be- 
deutende ostschweizerische  Alpengruppe;  Stall  allein,  Milchkeller  und  Speicher 
besonders  und  ebenso  KäsekUche,  Uber  welcher  die  Lagerstätten  der  Aelpler  sich 
befinden  (.der  Trttel").  Die  GebKude  sind  hier  wieder  too  Stein.  Glama  hAt 
auf  yielen  Alpen  in  den  Hutten  seinen  bekannten,  nicht  sehr  aomnthigen  Original- 
geruch, „das  Ziegcrgschmäckli".  Auch  finden  wir  auf  vielen  Alpen  eine  sinnreiche 
Luftkühlung  eingeführt.  Ganz  eigenthtlmlich  schließt  sich  Urt  an  mit  seinen 
kleinen  steinernen  Wohnhäusohen,  um  im  Sommer  mit  Kind  und  Kegel  und 
allem  Vieh  nnd  Vehlein  die  Besirksalp  besncheo  an  kSnnen.  Wer  die  Alp  ge- 
niefieii  will,  muß  anf  der  Alp  wohnen,  wihrend  der  Nutaieit   Auch  ^rohe, 


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Alpwirthflclult 


—    16  — 


Alpwtrth0cfaaft 


FAurhtrr  nnd  ~-  WirtlishaiM  irt  da  whudQii,  wie  s.  B.  auf  dem  Unierboden 

und  gegen  das  Sohächenthal.  An  Glinis  and  Uri  achließen  Bich  min  die  Alpen- 
dörfer von  Graubüiiden  und  Wallis  an,  meint  von  Holz,  und  wenig  Neues  bietend 
als  wan  wir  acbon  berührt.  Graubünden  hat  aber  auch  noch  gar  manche  Ge- 
meindealp mit  umfassenden  Steingebäuden,  ähnlich  stehend,  wie  im  Glarner  Lande. 
In  dienem  fijuiton  tritt  wiederum,  hesmidere  avf  Gemelndeelpen,  der  Hirte  und 
eeim  Hund  in  seine  altmi  Bedkte  «n,  dem  wir  auch  schon  hier  nnd  da  in  Uri 
und  Glams,  dort  nur  als  Geiser,  im  vollen  Ornate,  begegneten. 

Das  Kngadinerhaas,  das  wir  als  naho  an  den  Alpen  liegend,  wohl  her- 
vorheben dürfen,  i»!  wiederum  ganz  eigenartig  gestaltet.  Alles  von  Stein,  mit 
•ehr  dioken  Maveni,  dem  «dicken  Winter*  dort  entspreolieDd.  Die  Winter» 
•ttUe  kBonte  man  Oeaelleohaftszimmer  benennen,  oben  gewölbt,  mit  einer  oder 
mehreren  Säulen,  am  Boden  gedielt,  an  den  Wänden  ringsum  die  größeren  und 
kleineren  Thiere  förmlich  eingeschachtelt  (holikastenförmig),  die  Krippen  tief, 
der  ganze  Stall  ziemlich  hell,  am  Abend  mit  einer  Hängelumpe  verBehen,  wohl 
auch  mit  Tisoh  und  Sttthlen,  pulsirt  in  ihm  des  Aelplers  Geselligkeit  während 
dee  langen  Winters.  Vom  Stall,  meiat  kellerartig  unter  der  Wolmung  gelegen, 
nach  oben  führen  einige  Steinstnfen  mit  senkrecht  nadi  oben  ▼orstehenden  Sclnefer- 
(Gneis)  rändern,  woran  sich  die  Thiere  bei  Winterglätto  anzuhalten  vermögen 
mit  ihren  ft'l.>rgt;wühnten  Klanen.  Di<-  Wohnungen  der  Mensehen  Bind  ebenfall« 
äuliemt  behaglich;  nicht  hoch,  aber  mit  einer  geräumigen  gewölbten  Vorhalle 
versehen,  im  Sommer  kHhl,  im  Winter  warm.  —  IMe  an  Granbttnden,  Uri  und 
Wallis  grenKenden  Teesiner  Alpengelände  tragen  mehr  oder  minder  «ks  Nachbars 
Gepräge;  nur  treffen  wir  da  ileuplaaken  rait  Heuhäuschen,  die  <h\^  Futter  anf- 
bewahren  für  hinab  inK  Thal.  Originell  nind  die  oft  gruß«'n  Schirraliuttf^n,  statt 
der  Ställe,  natürlich  mit  nicht  den  saubersten  Fußböden,  weder  gedielt  noch 
besetst,  nicht  ataric  f  dt  Buhe  und  JSrwSrmung  einladend.  Noeh  origineller  sind 
die  Melkhitten  nnd  Plitae  von  einer  Maner  umgeben,  wo  der  Alpeninhaber  daa 
Vieh  nielkrn  muß,  damit  von  der  betreffenden  Alp  fremden  Thalbewohnern  der 
Dünger  des  Alpviehes  gesamniplt  und  im  nahen  Bach  hinab  zum  Thale  gesehwemtnt 
werden  kann,  um  damit  die  Wief^en,  tief  unten,  zu  bewässern  und  zu  düngen. 
Daa  iat  nun  allerdings  eine  Art  von  Alpraubwirthschaft,  wie  man  sie  wohl  nicht 
leieht  in  andern  Alpen  antrifft.  Allein  sie  iat  gut  verbrieft  nnd  versiegelt  nnd 
nicht  zu  ändern,  als  durch  Auekanf  —  und  der  hält  schwer. 

Interessant  und  gar  nieht  unpraktisch  sind  ferner  im  Te.ssin  die  kleinen 
AlpenhäuRchen,  wo  eine  udt-r  mehrere  Fainilit-n,  jede  für  sich,  aipnen.  Sie  be- 
stehen lediglich  auti  Truckenmauer,  von  prächtig  passenden  Gneisschiefern,  ohne 
jeglioben  USrtel,  mit  Gnetsplattendaob.  leb  nenne  dieae  Bauart,  nach  welcher 
anoh  die  SchirmliUtten  errichtet  sind,  etruskisoh,  da  man  derartige  Mauern  an- 
erst  in  Etrurien  fand.  Die  Häuschen  sind  oft  kaum  1-5  m  im  Q,  die  Seiten- 
wände kaum  3 — 3,5  m  hoch,  die  Wände  70  —  80  Ceutimeter  stark,  un  i  <l.r 
innere  Üaum  enthält  alles,  was  der  Mensch  hier  bedarf,  einen  Feuerraum  mit 
Kessel  (<dme  Ummaimrung)  —  eine  etwas  «mche*  Lagerstätte,  einige  Melk- 
stttUe,  eine  Bank  al»  „T^ehlein  dedc  dich*  nnd  sonst  nodi  viele  ,Nipptascb- 
gegenstände",  die  für  den  Salon  einer  Tessiner  Aelplerin  unentbehrlich  sind.  Das 
Steiuplnttcndai  li  wird  von  Ktarkcn,  vielfach  ungezimniertcn  Hülk-'u  getragen. 

Dieser  Ueberbliük  über  die  Aelplerwohimngeii  und  Alpenstaiie  der  Sehweizer- 
alpen  ist  natürlich  nur  ein  sehr  unvoUkommeneht  Gerippe,  wie  man  es  hier  nicht 
aosfdhrlioher  geben  kann.  Es  dürften  kaum  in  einem  andern  Lande  von  so  ge- 
ringem Umfange  so  anßerordentliob  verschiedene  Einrichtungen  auf  den  Beigen 


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AlpwirthscUaft 


—    17  — 


Alpwirilischaft 


in  finden  sein.  Man  erkennt  darans,  daß  unsere  Alpen  seit  den  frühesten  Zeiten 
Tummel*  und  oft  Jahrliiuiderte  laug,  Schauplatz  der  ver»chiedonartignteu  Volker 
gewesen  lein  rnttseen. 

Ohne  einläßliob  daniif  dniatreton»  maß  ieh  doeh  noch  *iif  eioign  Dtage 
hbweisen,  welehe  snr  Alpwirthscbaft  gelrikreo,  hier  aber  nur  nominell  abgewandelt 
i^er^'^T)  können,  <1h  meine  Abhandlung  sonst  ihre  natiürliokeii  Grensen  an  weit 
ttberac breiten  würde.    Hierlier  gehören  : 

I.  Alpenbäder  (Badorte),  deren  gibt  e»  immer  noch  viel,  früher  mehr; 
meiet  für  die  nmliegendoi  Bergbewohner  gehalten. 

IL  AlpetuUehtfeunsty  Yolkadiohtung,  Gesang,  Theater,  lebt  in  mnielnen  Alpen- 

nnd  Juragegenden  in  aosgiebigem  Maße.  Theater  habe  ieh  nnr  in  einigen 
Jura  und  Alpendörfern  (Wallis)  getroffen.  In  den  meisten  Gegenden  int 
Alles,  auch  betreffend  Gelang,  auffallend  stumm.  Selten  ein  Jnchzpr  oder 
Jodel.  Der  Yolkagesang  wird  auch  hier  mehr  und  mehr  vom  Kuust- 
geaang  der  ThUer  verdrlbigt.  Am  MUknt«  hSrCa  ioh  denaelben  in  den 
Alpen  TesBins. 

III.  Alpenfeste  gibt  es  in  allen  Alpen,  als  Ghilbenen,  Fahnenschwenken, 
Gränneten,  Kugelwerfen,  iScbwingen,  Steinwtoßen,  Tanz,  Wallfahrten  etc. 

lY.  } chet  (Abendsegen).  Dasselbe,  durch  den  Milchtrachter  (Volle)  von 
eiuem  gutgewählten  (akuatischen)  Hügel  au«,  mit  klarer  ncböner  Stimme 
und  im  richtigen  Tone  vorgetragen,  macht  einen  tiefen  Eindruck. 

y.  Alpenkrieye  (Kämpfe)  gab  es  awisohen  Grenteindea  nnd  Beaiiken  seit  ur- 
alten Zuten,  welche  oft  in  fttrmliohe  Soharmtttiet  ansarteteo,  bei  denen 
es  Todte  gab,  um  Recht,  Besitz,  Grenzen,  Antheil  etc.  —  Hierher  ge- 
hören auch  die  mehr  nnd  mehr  verschwindenden  Kämpft  der  Heeni- 
kiihe  (KönigskUhe),  um  Führung  und  Vorrecht. 
VI.  Alpenmusik.  Uebers  A Iph or n  a.  voiksw.  Lexikon.  Noch  hat  sich  von 
den  alten  Instmmffinten  erhalten:  das  Hackebrett  (Zimbal),  in  Appen* 
zeU  I.-  and  A.-Bh.  nnd  Wallis  hanptsKehlioh.  Hanltrommel  (üri); 
die  Schalmei  (alte  Hirtenpfeife)  lebt  nur  noch  in  einigen  Mu^n. 
Zithern  gibt's  zweierlei;  die  (Tlurner  Zither,  gleich  der  alt- 
bayrischen  oder  Tyrolerzither  mit  Ii) — 14  Saiten,  nnd  die  viersaitige 
(vier  Doppelsaiten  von  Stahldraht  [mandoUnenartig]).  Erstere  hauptsäch- 
lich im  Et.  Glams  nnd  Toggenbnrg,  letztere  in  den  YoralpeD  nnd  Jara. 
Die  Hand  -  und  Ziehharmonika  (letztere  auch  Handharfe  genannt) 
verdrängen  die  alten  Instrumente  mehr  und  mehr. 
VII.  Alpenscf/en.  Derselbe  wird  in  katholischen  Landeatheilen  alljährlich  ein- 
mal entweder  vom  Orts-  oder  einem  Ordensgeistlicheo,  meist  von  einem 
Kapnainer,  den  Alpen  gespendet  nnd  in  der  Bogel  Sittels  eines  Anken- 
ballens  ,gnt  gemaoht*. 
YIII.  Alpenspeisen  bestehen  zumeist  ans  Milch,  Nidel,  Anken,  KäH,  Zieger, 
Mehl  und  Brod  und  erfahren  die  mannigfachsten  Kamen  nnd  Znbereitunga- 

arten. 

IX.  Alptmteine  (Heiden-Ztsicheu  oder  SchaaleDöteiae),  LTeberreste  vorgeschicht- 
licher, keltisoher  und  gallischer  Wegweiser,  Sitnationszeiger,  Marebsteine« 
Plline  etc.  linden  sich  noch  yiele  TOr,  besonders  in  den  Walliser  Alpen, 

im  und  am  Jura.  (Wurden  von  mir  enträthselt  und  werde  ich  solche  in 
einer  eigenen  Schrift  mit  erläuternden  Abbildungen  herausgeben.)  Wichtig 

für  die  VortfciichicUic  der  Alpen. 


i 


Alpwirth!<cliait  ^    lg    —  AlpwirLbschaft 

X.  Aipemchenkcn  und  Wirihshäuser  gihts  hie  xxnd  da,  selbst  in  behr  ab- 
gelegenen Thälern  and  Gegenden  mit  blühendem  Viehhaodol.  Man  kann 
daselbst  aach  ttbemaohten. 

XI.  MpeiuAnfte,  Üralte  GenoBWOSchafteD,  welche  Uber  Alp-  und  Yiehnutznng 
wachen  und  ibre  alten,  aelbstgegebeneo  Satssngen  (Seibbtteber)  aufrecht- 
halten. 

XII.  Der  alpwntlnidiafiiichen  Bücherei  oder  Literatur  rnUsseu  wir  aber  doch 
schließlich  noch  eine  eingehendere  Würdigung  zu  Theil  werden  lassen, 
da  hierin  in  neuerer  Zeit  eebr  viel  „RomantiBcheR",  der  hauebaekenen, 
liraktieohen  Alpwir  !i  iaft  oft  nicht  sehr  Entsprechendes,  geleistet  wird. 
Halten  wir  uns  auch  hier  an  das  Bewährte,  VolksthUmliche  uud  Krreich- 
bare.  —  Besagte  Mterafiir  ist  nicht  so  dickleibig,  wie  die  allgemeine 
laudwirthschaftliche,  mit  all  ihren  Neben-  uud  Hüitszweigen.  Immerhin 
hat  eie  aber  doeh  reeht  beaohtenswerthe  Blttthen  getrieben.  Die  meisten 
älteren  Werke  nod  Werkoben  bat  Scbatsmann  bereits  (S.  5  yolksw. 
Lexikon)  angeltthrt,  uud  ich  weiß  itiobts  Besseres  und  Gründlicheres  zn 
empfehlen  in  erster  Linie,  als  Schatzmann^  siinimtliche  Schriften 
hierüber  (Aarau  bei  Christen).  i^Lan  kann  sich  damit  manch'  „neuere 
firruogemsohaft"  ersparen,  die  Schatsmanu  entlehnt  ist.  Ein  zweitbester 
AlpwirtliBobaft-Scbriftstelter  bleibt  der  alte  Tyroler  Kaplan  (Kurat). 
TrientI,  der  bereits  vor  Dr.  Schild  Trefflidies  und  Praktisches  über 
AlpendUnguug,  Alpstatistik,  auf  Vermrssimq;  und  Kataster  hLusirt, 
und  über  Tyroler- AI  penbauten  geschrieben  hat,  was  Alles  lieut'  noeh  von 
sehr  gutem  Werthe  ist  (erschienen  zu  Wien  oder  Innsbruck).  Vuu  ülteren 
Sdiriften  müssen  wir  nooh  als  ein  wahres  SobatskMstlein  hervorbeben  für  die, 
welche  es  zu  lesen  verstehen :  das  sonst  vielfach  veraltete  „Gemälde 
der  Schweiz"  (Bern  und  Zürich,  zwischen  — 1H40).  Hierher 
bezüglich  1)  Appenzell  (beide)  von  Dr.  (raliriel  Kiiesrh.  2)  Glarus 
von  Professor  Dr.  Oswald  Heer.  3)  GraubUnden  von  Prof.  W.  Köder. 
4)  Nid*  und  Obwalden  von  Aids  RniRger.  5)  Sobwyz  von  Gerold 
Meyer  von  Knonan.  6)  Solotbnrn  (Jora)  von  Peter  Strohmeyer* 
7)  Tessin  von  Stefano  Fransoini.  8)  üri  von  Dr.  Karl  Franz  Lusser. 
y)  Wandt  von  L.  Vuilliemin.  10)  Sogar  Zürich  von  Gerold  Meyer 
von  Kuonau.  (üeber  Wiesen-Weiden -Vieh  elc.  •  V"»]  ""^  Berg- 
gemeinden, sehr  bemerkenswerth !)  In  diesen  Eantonsbeschreibungen 
findet  der  Xieser  gleiobzeitig  kune  nnd  hiofig  sehr  gediegene  Ueber- 
sicbten  Uber  die  geographischen,  zoologischen,  botanischen  und 
forsf  wirthsehaftichen  Verhältnisse,  welche  meist  nuch  lieute  unserer 
Alpenfrage  getröstlicii  unterlegt  werden  dürfen!  Modernere  Werke  werden 
dann  leicht  Fehlendes  ergänzen. 

Nützliche  Schriften  für  solche,  welche  sich  ^rrfindliclier  Ober  Alpwirthschaftsfragen 
onterrichten  wollen,  sind  noch  außerdem: 

F.Andtrvgp,  I'rof.,  Bern.  1)  ÄIpw.  Aufsätze  im  ^volksw.  HIattV  75-  83.  2)  Gespräche 
Ober  A.  3)  Rationeller  Wiesenbau  im  Gebirge  (Stuttgart  79).  4)  Aipw.  Berichte  Aber 
34  Alpen  Bündeiis  (Chur).  5)  Ueber  das  Bündner  Grauvieh  ((Ibur,  82).  6  t  Alpenrogle- 
mente  (188äJ.  7)  Die  Schweizerziegen.  II.  Aufl.  Bern  lii67.  S)  Die  Viehzucht  im  tiriudel- 
wald»  1889  (im  Gleteebermann).  9)  Weidgang  in  Bünden,  bezüglich  der  Bergamosker^ 
sehafe  u.  a.  tn. 

Berlepsch.  Schweizerkunde.  II.  Aufl.  Mit  Illustrationen.  Braonschweig  187ä. 
Btotnüzk^^  Oberinirenieur:  Beni'SgsemngskanSle  im  Walli».  Hit  Abbildungen.  Bern. 

J.  Clin-,  cidg.  For'^tin-jirHor :  IMr-  I.auinpii  -ler  S.Iiwoiz.  Hrrn. 

F.  Fanlhamfr,  tlcänon  .Vdjuukl:  Die  Bedeutung  der  ZiegcnwirltischufL.  Bern. 


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AlpwirtUichall 


—  19 


Arbeiteivcliutz 


Ober»t  Flückiger,  Aarwangen,  Präsident  der  AlpgenossmMchaft  .Ami*:  Mono- 
graphie über  (He  Sinimpnth.ilor  Vifhra«>'  Bern. 

Pater  Ftirrer:  Ge-chidite  uml  Slalistik  voii  WiiUi.-^.  II.  Sitten. 

Albert  -hthn,  Bern  (  AUarchivar  , :  Der  Kanton  Bern,  deutschen  Tlieil'- ;  l  rge- 
schichto  l»t  tr.  Alpen.  Bern  uml  Zurii  h,  \ShO.  —  Der  Kantun  Bern,  Chronik  deaaolben, 
bezilglich  der  Alpen  und  Alpendörler  etc.  beru  und  Zürich,  1857. 

Jostf  Jans,  Pilatusbaner,  LitUa-Luzem :  Der  praktische  Viehvftrter  und  Pferde- 
Wärter.  Aarau.  18HI. 

Knlteiugt/'  I ,  I'rof..  Brixen  (Tvrol):  l  elier  das  Alpvieh  (das  iberische)  —  auch  der 
Schweiz,  1880." 

Kasthofer,  Oberf5rster,  Bern:  lieber  Kultur  der  Kuhalpen.  1818. 
Kdthreiner,  Oberförster:  6  Berichte  über  die  Obwaldner  Alpen.  Samen. 
Johnnn  Ktttiger:  Landwirthschafllicbe  Zustfiiide  in  Baselland.  Liestal,  1857. 
Pater  M.  Kiem:  Alpwirthschaft  und  Agrikultur  in  Übwalden  (geschichüich).  Ein- 
siedeln. 

Dr.  von  Kieme.  Alpwirtbschaft  im  Frir-lftithuin  Liclitfiisliin.  Stuttgart  1879. 
E.  LandoUi  Bäche,  Scbueelawiuen  und  Slciuschlägc.  Zürich. 
Dr,  Ming:  Blfttler  des  Obwaldner  Bauemvereins.  Samen. 
Dr, P.C. Planta»  Professor,  Cbur:  Daa alleRhfttien.  Staatlich  und knlturhistoriflcb. 
Berlin. 

FrHs  SMiger,  Weierhof,  Bellach:  1)  Alpenbewäaserung  im  Wallis.  I.  u.  II.  t)  Be- 

richte  über  Graulifmilt  n.  I.  u.  II.  3)  Uelwr  die  ölarner  Alpen.  4)  Ueber  Appenzell  I.-Fib. 
Alpen  I.U.II.  (Apnenzell).  5)  Ueber  Solothurner  Juni  Sennberge  l.  II.  lU.  u.  IV.  6)  Be- 
<Ientung  der  Quellen  nnd  Bäche  fQr  die  Alpen  (Maniuskript  i.  7)  Alp,  Wald,  Gewitter, 

Hapt'l.  Si  Ilä^rc  uml  Zäune  der  .\lpen,  Alp^n-  uml  Jurochronik.  3  .lahrrflnfrp.  W)  ür- 
.sacheii  und  BekäiiiptuuK  der  Maul-  und  Kiaucns^f^uche,  mit  besonderer  Berück^^icitligung 
der  Alpen.  Zürich.  11)  Uelwr  Werth  der  Weidwirthschaft  in  Baselland.  12)  Alpen- 
drainirunp.  Au-  iler  .Si  invtizer  Bauernzeituni»*.  13(  \\%  ith  der  Ziegen  für  Fa?riitie 

und  Haus.  Ziunh  i Si  liiiidl..r-E:5cher ).  14)  Rad  und  Hemmseludi  oder:  Praxis  und  Dilel- 
lantisinus  in  der  Alpwirth.'^chafl.  (II.)  1S!X)  (Selbstverlag). 

NB.  1.,  2,.  ;{.,  5.,  7.,  <S.,  '.l  hfl  ('hri'Jten  in  Aarau  erschienpti. 

Dr.  Friedrich  ron  J'schudi:  Üas  Tiiierleben  der  AlpenwelL  V.  Autl.  von  Dr.  Prof. 
Keller  fortgesetzt.  Zürich.  I..eipzig,  1891. 

Dr.  M'ilketm:  Di<>  Schweizer  Alpen.  Wien,  1880. 

ZaMer:  Abhandlung  über  Viehzucht  und  Veredlung  der  Hacen.  Bern,  18S6. 

Annemasse-Genf-Bahn.  Eigenthum  de«  Staates  Genf«  auf  dessen  Rechnung 
betrieben  von  der  Paris-Mittelmcerbahn.  Bauliche  Länge  von  Genf  (Eaux  vives) 
bis  zur  Grenf.e  4177  m.    Bankofiten  pn«  Fmlc  ii, 196,488  Fr.  Betriebs- 

einnahmen im  Jahr  1889  35,128  Fr.,  Betnebskosteu  tl7,903  Fr.,  Defizit  32,775  Fr., 
wovon  der  Staat  Genf  7*i  <üe  P.  L.-M.  '/*  zu  tragen  hat. 

Appenxellerbahn*  Am  16.  Aogust  1H86  wurde  die  Strecke  ümSsoh- 
Gontenbad,  am  29.  Oktober  1866  dleStieokeGontenbad-Appenzell  eröffnet.  Dadnrdl 
ist  die  bauliche  Länge  der  canzen  Bahn  auf  10,84:5  m.,  die  Betriebslänge  auf 
10,f>'2'.'  m.  gestiegen.    Siehe  im  Uebrigen  „Eisen bahnen"  im  Supplement. 

ArbeiterlÖhne«  Im  Auftrug  de»  eidgenöjjsischon  ludubtrie-  und  Laud- 
wirtfaschaftsdepaHemeiits  hat  das  sohweiMrische  Arbeitersekretariat  Erhebnngen 
fiber  ArbeitslShne  zu  machen.  Das  Lexikon  verzichtete  daher  auf  BelbstSndige 
Ermittlungen.  Ueber  frühere  Löhne  in  verschittlenen  Indutitrien,  Gewerben  und 
landwirtbsrhaftlichen  Betrieben  findet  sich  ein  reichhaltiges,  an  diffäpr  Str-Ilr  aber 
schwer  zu  benutzendes  Material  in  Bohmerts  Werk  Uber  die  Arbeiterverhäitnisäe 
und  Fabnkeinriditiiiigttn  der  Sehweis.  (1673.  Caesar  Sehmidt  Zflnoh.) 

Arlieitor-ReserTekasBe  a.  im  Artikel  «Strikes*  Seite  288  n.  ff.,  sowie 
im  Supplement  den  Artikel  „Arbeitervereine". 

Arhr"itor.schiitz.  Im  Artikel  ,  Fabrik wesen",  Settf  5^8  u.  iX.  des  ersten 
Baude»,  iöt  vuu  Hrn.  Dr.  Kaufmann,  Sekretär  des  eidg.  lndufttriedepartemente.s, 
über  die  seit  1815  getrotfenen  gesetzgeberischen  Maßnahmen  der  Kantone  und 
dos  Bundes  einIXftlioh  referirt  worden.  Es  erübrigt  uns  somit  nur  noch|  einiges 


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Arbeiterscbulz 


—  20 


Arbeiteiächutz 


ans  früheren  Zeiten  aaehsoholen  und  dasjenige  zu  regiBtriren«  was  seit  dem  Ab* 

Schluß  jenes  Artikels  in  SacluMi  gesebehen  ii^t,  Mrobei  wir  dag  spesicU  auf  die 
.Fabriken"  BezflglicLc  wieJeiuin  uuter  djm  Schlagwort  „Fabrikwesen*  anbringen . 

Als  Uuelle  fiir  die  älteren  Zeiten  dient  uns  Professor  Bncher'8  Darateilung 
im  „Handwörterbuch  der  Staatswiüseaäohaftea"  (Verlag  von  Gustav  Fischer  in 
Jena,  1890).    Herr  BttoW  berichtet  daselbet: 

Die  Arbeitersohntageaetigebnng  reicht  in  der  Sehweix  weiter  sorack  als  in 
den  meisten  anderen  Staaten.  Sie  nimmt  ihren  Ausgangspunkt  nicht  wie  ander- 
wärts von  den  gesundheitlichen  und  sittlichen  üebelständen,  welche  «irh  bei 
konzentrirtem  Großbetriebe  der  Industrie  (dem  sog.  Fabriksystem)  für  den  Arbeiter 
und  sein  Familienleben  ergeben,  sondern  sie  knüpft  an  die  theilweiae  noch 
schwereren  wirthaohaftliohen  Gebredien  an,  welche  mit  dem  deieiitralisirten  Groß* 
betriebe  in  der  Hausmauufaktur  verbunden  sind.  Sie  ergreift  hier  Hchoti  in  der 
zweiten  Hälfte  der  17.  Jahrhunderts  mit  sii herer  Hand  und  praktischem  Geschick 
Probleme,  an  \vcl(;he  sieh  selbst  heute,  in  dem  Zcitaitt^r  der  ^Sozialpolitik",  kanm 
noch  «ler  Theoretiker  de«»  Arbeiterschuizea  wagt,  und  sie  tritt  von  diesem  Gebiete 
erst  snrttek,  ab  in  diesem  Jabrhnndert  die  Entwidtluug  des  konsentrirten  Betriebe» 
auch  in  der  Schweis  nm  rieh  greift,  obwohl  dieeer  gerade  hier  das  ältere  „hane- 
indu.-.triille"  System  weniger  an  verdrängen  vermookt  hat  ale  in  den  meisten, 
anderen  Industriestaaten. 

Die  kantonale  Gesetzgebung  zum  Si  hutze  der  Hausindu^triearbeiter  liegt,  so-^ 
weit  de  sieb  snr  Zeit  Ubereehmi  läßt,  hauptaXcUicb  vor  in  den  , Fabrikmandaten " 
der  arietokratiaehen  Begierangen  von  ZiMeh  und  Bas^  aoa  dem  18.  Jahriumdert. 
Dieeelben  beliehen  sich  im  Kanton  Zürich  auf  die  Verhältnisse  in  den  verschiedenen 
Zweijren  der  Textilindintrie  (Seiden-,  Biinrnwollcn-  nnd  Wollenmannfaktnr^,  im 
Kanton  Basel  auf  die  Seidenbaudtabrikation,  deren  Betrieb  unter  der  Landbevölkerung 
»chon  damals  sehr  verbreitet  war.  Es  sind  die  beim  hausindustriellcn  Großbetriebe 
noch  ttberall  hervorgetretenen  IßfietHnde  (tiefe  Herabdrttcknng  der  Ltfbne,  wiUkitr- 
liehe  TiOhnabsttge,  Abhängigkeit  der  Uausarbeiter  von  den  Fer^^rn  und  ähnlichen 
Zwi^schcnpersonen,  die  vielfach  zur  Ausbeutung  fuhrt,  Trnek,  ans^cUbt  von  Seite» 
der  Verleger  oder  Fergger,  Auszahlung  der  Arbeiter  mit  .srhleclittn  MUnznorteu), 
welche  in  Zürich  wie  in  Basel  das  Einschreiten  der  Geset/.gebung  liervorriefeu. 
Die  letztere  erstreckt  sich  gew9hnlidi  anoh  anf  andere  Theile  des  Arbeitsverhältnisaea 
(Abapannnng  von  Arbeitern,  Unterschlagung  von  Rohmaterial,  Eontraktbrach 
u.  dgl.);  sie  wendet  sich  in  scharfen  Bestimmungen  gegen  das  Auswandern  der 
Arbeiter,  die  An.«fnhr  von  Arbeitswprkzengen  nnd  Maschinen  (in  Ba<?e!  namentlich 
vou  Bandstühlen),  die  Annahme  von  Aufträgen  niohtlandesangehöriger  Verleger 
nnd  verleugnet  in  dieser  Huamoht  den  merkantiltechen  Ideenfareis  meht,  den  die 
gleichzeitige  Hann&ktttrgeeetq^ebnng  anderer  Staaten  seigt.  Aber  sie  hebt  sich 
von  der  letzteren  entschieden  ah  durch  ihre  Fürsorge  für  die  Arbeiter.  In  Zürieh, 
wie  in  Basel  waren  es  anfänglich  die  ge^en  F'nde  d(>  17.  Jahrhunderts  be- 
grün It-teu  kaufmännisclien  Direktorien^  später  (iu  Zürich  seit  1717,  in  Basel 
seit  1738)  besondere  Fabrikkommissionen  (Fabrik  hieß  hier  jeder  Industriebetrieb- 
Ulr  auswärtigen  Absate  im  Gogensats  aam  Handwerk),  denen  die  Yorberathnng- 
ditst^r  Gesetse,  sowie  die  Ueberwaehung  ihrer  Ausführung,  die  Bestrafung  \  )n 
Uebertretnngen  und  die  Schlichtung  von  Strmtigkeiten  awisehen  Verlegern  (,,Fabn- 
kanten")  nnd  Arbeitern  oblag. 

Am  meisten  ausgebildet  war  diese  alte  hausindustrielle  Arbeiterschutzgesetz- 
gcbung  in  2ttrich.  Dieselbe  begann  daselbst  in  den  Jahren  1674  und  1675^ 
mit  Lohnfesisetinngen  für  Florweber  auf  dem  Lande,  die  Seidenkämbler,  Seiden» 


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Arbeiterscbutz 


—    21  — 


Ari>eUei-srhuU 


«piimer  mid  Seidenwinder,  weldie  infolge  von  Besoliwerdon  der  KraMrbeitef  duroh 
das  kanfinSnniMhe  Birektoriam  getroiTen  und  vom  Rathe  bestätigt  wurdeni  «nxn 

dem  iiDbiIHgen  nnd  onohristliohen  Beginnen  etlicher  ilerjenigen  Handelsleuten  vor- 
aubeiipen,  welche  eine  Zeit  her  die  armen  Arbeitslent  mit  Schmälerung  ibrrs 
Löhnli  hart  beschwert  haben."  Drei  Jahre  später  (1678)  wird  bereits  des  Triickd- 
«ystenu  gedacht  in  einer  vom  kuAnSunnoliMi  IXfelctoriimi  r^Biirten  Verein- 
bamng  von  36  WoUenfikbriliiuiten,  deren  enter  Artikel  dabin  Inntete,  «dafi  jeder 
Fabrikant  «eine  Arbeiter  ehrlich  zu  behandeln  nnd  ihren  Lohn  ohne  allea  Auf* 
drängen  von  Wnare  in  gutem  haaren  Gelde  ausrnhezahlen  hat."  Neue  obrigkeit- 
liche Lohubestlmmungen  erfolgen,  tlieils  uut'  Anregung  der  Fabrikauteii,  theiU 
auf  BeHuh werdeil  der  Arbeiter,  iu  den  Jahren  1()87  für  das  Florgewebe,  IGtid 
für  das  Weben  seidenor  Halstttoher,  1698  für  die  Wollen-  nnd  Seidenmanuikktur, 
wobei  besonders  die  Reduktion  der  Löhne  für  die  Träger  (Fergger)  z\i  Gunsten 
der  Spinnerinnen  zu  beachten  bt.  1705  werilen  in  der  Ordnung  für  das  Winden 
der  Seide  die  Winderl5hne  erhöht,  weil  aeit  IHTT)  das  Winden  „böser  und  schwerer 
geworden"  sei.  Dieser  Gesetsgebung  von  Füll  zu  Fall  folgt  eine  durchgreifende 
Begelung  der  ArbeiterTerbältnine,  insbesondere  der  Lohne  in  der  Ft^rikordnung 
▼on  1717,  welobe  eich  auf  alle  «Fabriken  und  Manufakturen*  watreokt  nnd  bie 
zur  Staatsnmwälzung  von  1798  in  Kraft  blieb.  Das  Gesetz  behandelt  jr.uerst  die 
Arbeitslöhne  in  ftlnf  Abschnitten:  1)  für  die  Wollenfabrik,  2)  die  Seidenfabrik, 
«^)  die  Gold-  nnd  Silberdrabt-  und  Ge8panBt£abrik,  4}  die  BaumwoUenfabrik,  5)  die 
Strumpffabrik;  sodann  folgt  ein  besonderer  Abschnitt  Uber  die  Träger,  welche 
den  Verkehr  nriechen  den  Verlegern  in  d«r  Stadt  nnd  den  Hanaarbeitem  auf 
der  Landschaft  vermittelten,  femer  eine  Reihe  allgemeiner  Vonohrifien  ober  den 
Betrieb  und  zum  Sclihiß  Bestimmungen  Hber  die  Handhabung  des  ganzen  Gesetzes 
durch  die  Fabrikkummission.  Im  Einzelnen  ist  hervorzuheben:  1)  die  Löhne, 
weiche  in  jedem  Zweige  der  Textilmanufaktur  für  jede  Art  von  Arbeit  nnter 
genauer  Formnlimng  der  Verpflichtungen  von  Arbeitern  nnd  Fabrikanten  bestimmt 
werden,  sind  nicht,  wie  die  Lohntsxen  in  den  gleichzeitigen  Handwerksordnungen, 
Maximnllöhne,  sondern  Minimallöhne  (es  heißt,  der  T/Ohn  solle  „weniger  nicht 
äIs"  ....  betragen;  2)  es  wird  bestimmt,  in  welchen  Fällftu  Abzüge  vom  Lohne 
nicht  gemacht  werden  dürfen  und  in  weichen  Fällen  der  Lohn  und  um  wie  viel 
«rhttiit  werden  mnß  (s.  B.  wenn  ein  Fabrikant  «extra  bBae  Seide  windMi  laaaen 
wttrde");  3)  es  wird  Ittr  verBohiedene  Arten  Ton  Geweben  Gleiohheit  der  LXnge 
YOrgeschrieben ;  4)  es  wird  bestimmt,  ob  bei  den  verschiedenMI  Arten  von  Ge- 
weben der  Fabrikant  oder  der  Arbeiter  das  Geschirr  unterhalten  muß:  5)  jede 
Art  de»  Tracks  wird  verboten:  Die  Arbeiter  buUen  nicht  mit  „verrufenem  un- 
gangbarem Gelde,  oder  statt  des  Geldes  mit  Aufdringung  essiger  oder  anderer 
Waaren  abgefOhrt  werden.*  Der  Baumwollspinnerin  «soll  es  freistehen,  die 
BawnwoUe  bei  dem  Fabrikanten  zu  kaufen,  der  ilir  zu  spinnen  gibt,  odi  r  aber 
wo  sie  sonst  dieselbe  am  wohlfeilsten  findef*;  6)  ,Wcil  wir  denn  der  Zi-it  her 
gewaiiret,  daß  der  Triiger  halber  merkliche  und  den  armen  Arbeitern  sehr  n;ich- 
theilige  Unordnungen  vorgegangen,  so  ist  diesfalls  zur  Verhütung  alles  Alißbrauchs 
unser  ernatUeher  Will  nnd  Meinung,  daß  die  TrKger  so  viel  als  mSglieh  abgeschafft 
nnd  daß  näher  ak  8  bis  4  Stunden  weit  von  der  Stadt  keine  Träger  angestellt 
werden,"  Es  wird  sodann  für  die  einzelnen  Arbeiten  der  Trägerlohn,  den  der 
Hansarbeiter  zu  zahlen  hatte,  sowie  die  Entfernung,  auf  welche  Triiger  überhaupt 
zuläßig  sein  sollten,  festgestellt.  Zur  Verhütung  von  Lohnunterschiagungen  durch 
die  Trttger  werden  Lohnaeddel  eingefilhrt.  «Die  TlrSger  sollen  aueih  weder  Bäcker 
aodh  Krilmer  sein,  sondern  den  Arbeiten  den  ihnen  gebtthrenden  Lohn  an  baarem 


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Arbeiterschulz 


—    22  — 


Arbeiterschutx 


iinv6rnif«n6m  und  gangburem  Geide,  nidit  aber  in  Waaren  oder  Speisen  inatellen.'^ 

„Ee  sollen  die  Herren  P&rrer  auf  der  Tr*ger  Thun  eine  fleißige  Aufsicht  halten.** 
7)  Der  Fabrikkommiaeion  wird  aufgetrageo,  „auf  Alles  fleißig  zu  yigiliren,  was 
wkIpv  diese  Ordminc  erlaufen  raBchte."  Sie  soll  sich  wöchentlich  einmal  zur 
Anhörung  von  Beschwerden  der  Arbeiter  versammeln."  .äie  sollen  ferner  auch, 
alle  Fabrikanten  einmal  des  Jahres  auf  das  Bathhans  UMammenbanifiin,  ihnen 
die  diesfkUige  Ordnung  vorlesen  lassen  nnd  sie  n  fleiCUger  and  getrener  Hand> 
habuDg  derselben  eriDnern;  dabei  aooh  Ton  den  Falvikanten  vernehmen,  ob  in 
dt  n  Fabriken  der  Liihiie  halber  Abänderungen  vorgekommen  oder  ob  neue  Fa- 
brikate eingefiiltrt  worden  seien,  filr  die  der  Lohn  noch  zu  bestimmen  wäre." 
Die  Fabrikurdaung  vun  1717  (durchgeiM^heu  uud  erneuert  1727)  wurde  später 
in  etnielnen  Punkten  vorvoUstSndigt ;  insbesondere  wurde  1766  verordnet,  dal^ 
die  Fabrikanten,  ^dic  ihnen  nicht  anstlbidig  fabrizirten  Seidenwaaren*  den  Ar- 
beitern nicht  heimschlagen,  sondern  «gemäß  der  Fabrikordnung  Klage  gegen 
solche  Arbeiter  l>ei  der  FabrikkommissioQ  erheben'*  sollten.  Ueberall  ist  es  hier 
das  Verhältniß  zwischen  dem  kanfmänuischen  üntemehmer  und  dem  Hausarbeiter» 
das  die  landesvSterliohe  FHnorge  der  Bdiörden  wacbrufl.  Aber  die  letitere  greift 
anoh  eebon  larttber  hinons,  indem  sie  das  weit  isxtere  TerhKltniß  zwischen 
Eltern  und  Kindern  ins  Auge  faßt,  das  durch  das  sog.  .Bastgeben*.  d.  h.  da» 
Vcrbältniß.  Vt-i  \vel<-)i<'!ti  die  Kinder  Kost  nnd  Wohnung  seihst  ans  ibrem  Ar- 
beitöverdienst  bezahlen,  getährdet  erschien.  Durch  das  Mandat  vom  25.  Marz. 
1779  wird  das  Rastgeben  noch  schulpflichtiger  Kinder  gänzlich  untersagt;  von 
der  Entlsssnqg  aus  der  Sohule  bis  zur  Konfirmation  ist  dasselbe  nur  in  der  Ge- 
meinde und,  wenn  es  hei  Fremden  geschieht,  nur  mit  Genehmigung  der  £ltem, 
des  Pfarrers  luifi  f?e«  Kirchenvorstandefä  gestattet  und  aiub  ^]>äter  darf  es  nur 
mit  Genehmigung  der  Ortsliehürden  uod  unter  pfarramtlicher  Ueberwachung  io 
einer  fremden  Gemeinde  erfolgen. 

Die  Bas  1er  Gesetzgebung  ttber  die  Band&brikation  trilgt  in  weit  gerin- 
gerem Grade  einen  soxialen  Charakter.  Ihr  Hauptsiel  ist,  die  Induatrie  im  Lande 
zu  erhalten,  die  ländlichen  Arbeitskräfte  nur  den  einheimischen  Unternehmern 
dienstbar  zu  machen,  Betrug  und  ünterschleif  der  Hausarbeiter  zu  verbtUen.  Doch 
werden  auch  hier  bereits  in  einer  Verordnung  vom  23.  Juli  1738  Festsetzungen 
getroffen  über  den  Mindestbetrag  des  Arbeitslohnes  fltar  die  vwschiedenen  gang- 
baren Sorten  von  Seidenbindrarn,  deren  Lftnge  obrigkeitlieh  vorgesehrieben  wird,, 
mit  dem  Bdfl^n,  ,.daß  die  Herren  Bandfahrikanten  benannten  Arbeitslohn  je- 
weilen  genau  nnd  in  allen  Punkten  zu  observiren  gehalten  sein,  keinem  Arbeiter 
einen  gerini^erfn  als  den  jetzt  stipulirten  Ix>hn  auf  keinerlei  Weyse,  auch  unter 
was  Vurwaiid  es  immer  sein  möchte,  auzuuehmen,  zuzumuthen,  obligiren  und 
Moringen.*  Eine  Xhnliehe,  nnr  weit  umfiuigreiehcve  «Taxordnung  des  Arbeits- 
lohnes" wurde  1753  erlassen  zugleich  mit  einer  «erneuerten  EllenmaßtabeUe* 
nnd  Kuf  die  Uebertretung  derselben  durch  die  Fabrikanten  eine  iStnife  von  hun- 
dert Speziesthaiern  gesetzt.  17(50  und  1768  p.'ritionirten  die  Fabrikanten  um 
Herabsetzung  dichcr  Lohntaxen,  beide  iMale  vergebens.  In  den  letzten  7ücr  Jahten 
finden  sieh  Klagen  von  Fabrikanten  gegen  Fabrikanten  wegen  Besahlens  gerin> 
gerer  ArheitdShne,  wogegen  dkse  sich  damit  entsdiuldigten,  daß  die  einzelnen 
Nummern  der  BXnder  jetzt  schmäler  gemacht  würden.  Dies  hatte  den  Erlaß^ 
eim-r  neuen  Kllenmaßtabone  (I78n^  zur  Folge.  1788  wurde  die  Errichtung  einer 
Aruieukübbc  ziua  Bexten  der  l'asHamenter  auf  der  l^andschaft  verfugt,  zu  welcher 
die  Letzteren  nach  dem  Verhältniß  ihres  Lohnes  (vom  Pfund  Arbeitslohn  1—2 
Rappen)  beizutragen  hatten,  und  welche  in  Zeiten  6st  Arbeitslosigkeit  ihneik 


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Arbeitemditttx 


—    28  — 


Arbeitenehttiz 


ütttonttttsongen  gewlhrai  «ollto.  Diow  HilftkisM  bestud  bis  1798.  Ver- 
gleicht man  diene  Dirrtellung  des  Herrn  Bilcher  mit  der  Arbeit  des  Hezrn 

Kanfumnii  über  die  neuere  Fttbrikgesetzgebung',  so  fällt  sofort  <\^'r  (Tegensatst  auf, 
daß  dort  von  keinen  Schutzbestimmungen  zu  Gunsten  der  Geüundheitsverhältniwse 
der  Arbeiter  die  KeUe  iüt,  hier  aber  die  erste  Stelle  einnehmen.  Die  Erklärung 
Hegt  nahe:  Dort  war  die  iniiiBtrielle  Arbeit  in  die  PriTatwolinnngen  gebaon^ 
hier  zur  ffiJfte  in  Fabriken  resp.  MassenJoklle  mit  meobani<)chen  Vorrichtungen. 
Dort  warpn  die  gesundlieit^Bcliäilliclieu  Momente,  wie  ungesnnJe  Lokale  uud  Ueber- 
an««trengung  weniger  leicht  zn  erfassen,  ein  Umstanl,  der  ja  aueh  heutt-  noch 
die  Gesetzgebung  verhin  lert  »ich  in  die  hausindustrielleu  Verhaltuiiise  zu  mischen, 
obwdil  dieee  notorisoh  manchmal  sohlimmer  sind  (man  denke  an  gewiaae  Webe- 
keHeTf  L<Me  von  Einaelnstiekem,  Haadwerkerboutiken  etc.)  als  dieFabrikrer' 
blltnisHe. 

Ximmt  also  heute  die  Gesetzgebung  mehr  Rlicksicht  auf  die  G^undbeit 
der  Arbeiter  als  vor  100  und  löO  Jahren,  so  unterläßt  sie  es  dafür  gänzlich, 
dem  Beispiel  der  früheren  obrigkuitlichen  Verordnungen  pnnkto  Lohnerhöhungen 
zn  folgen.  Sie  heeohrKiikt  «oh  daraof,  den  Arbeiter  vor  nnrechtmSfiiger  Kttr- 
znng  des  zwiaohen  ihm  ond  dem  Brodfanvn  Terttobarten  Lohnes  in  eohtttaen. 

Dem  jetzigen  Schulzwang  ents[>rechend,  ist  die  neuere  Gesetzgebung  auch 
strenger  hin«iehtHch  der  Kinderarbeit;  ferner  ist  die  jetzige  Hnft[i(lieht  aus  Fabrik- 
betrieb ibei  Unralleu)  eine  Maßregel«  auf  welche  zu  verfallen  die  alten  Obrig- 
kexttiu  viel  weniger  Anlaß  hatten. 

Mit  dem  eidgenifariachen  Fabrikgesets  sind  fireitioh  die  Aufgaben  dea  Arheitei'- 
aohntzea  nidit  erachSpft.  Nicht  nur  umfaßt  dasselbe  bloß  die  «Fabrik* arbeiter, 
sondern  e?  gewährt  aueh  diesen  keine  Alters-  und  Tnvalirlenversorgung.  Indessen 
geht  das  Bestreben  des  Volkes  und  der  Behörden  dahin,  eine  Kranken-  und 
Unfallversicherung  einzuführen  für  alle  Arbeiter,  welche  bei  industriellen,  gewerb- 
lidien,  landwirthsehafllkshen  Betrieben  nnd  Traaiportnutemehmnngeti  beMihättigt 
abd.  Bereits  ist  dem  Bnnde  die  Kompetenz  znm  Erlaß  eines  bezUgliohen  6e> 
setzes  eingeräumt  worden,  indem  die  Bandeaversammlung  sub  13.  Jnni  1890 
folgenden,  vom  Volke  am  2!.  November  1890  bestätigten  Zusatz  zom  Art.  34 
der  Bundesverfassung  tormulirte: 

«Der  Bund  wird  anf  dem  Wege  der  Gesetzgebung  die  Krenken-  und  UnfkÜTermdMH 
rung  eiririchleu,  unter  Berück.^^iehti^^unj;  der  la-stehenden  Krankenkassen.  Er  kann  den 
Beitritt  alli^'euieiu  oder  für  einzelne  Bevölke^ungskla?^?en  obbt:atorisch  erkiiiren." 

Möglich,  daß  das  Lexikon  unter  dem  Schlagwort  .Krankenversicherung" 
oder  «UnfiillverBioherung*  etwaa  NSheres  über  die  Materie  ndttheilen  kann. 

In  diese  Eateforie  des  Arheitersehntzea  geht^rt  aueh  das  Bandesgesetz  he- 
treffend  die  Arbeitszeit  beim  Betriebe  der  Etsenbahnen  nnd  Transportanatalten, 

d.  d.  27.  Juni  18D0.  Dasselbe  limitirt  die  tiigliohe  Arbeitszeit  der  Beamten, 
Angeptellten  und  Arbeiter  der  Eisenbahn-  und  Dam pfsehiffTahrt Unternehmungen, 
der  Postverwaltong  und  andere  vum  Bunde  konzessionirteu  oder  von  ihm  selbst 
betriebenen  Transportanatalten  auf  12  Stunden.  Dem  Maschinen-  und  Zugsper- 
sonal muA  eine  onunterbrocbene  Ruhezeit  Yon  10  Stunden,  dem  übrigen  Personal 
8 — 9  Stunden  gewährt  werden.  Die  Arbeitszeit  ist  so  einzurichten,  daß  nach 
der  Hälfte  wenigstem^  eine  Stunde  Ruhe  genoßen  werden  kann.  Ms  miiss»  n  jedem 
Beamten,  Angestellten  nnd  Arbeiter  02  Kuhetage  i)er  .lahr,  angemessen  vt  rtheilt, 
bewilligt  werden,  und  mindestens  17  derselben  müssen  auf  Sonntage  fallen.  Ferner 
ist  mit  Rtteksicht  anf  das  Personal  an  Sonntagen  der  GHlterdiwist  anf  Eilft'aeht* 
Qttter  und  Tieh  besohrftnkt. 


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Arbeit^schutx 


—   34  — 


Arbeitenchoti 


Im  Eisenbahngtsetz  von  187S  waren  nur  17  Ruhetage  per  Jahr  vorge- 
Kchrieljeu  (je  der  dritte  Sonntag;  von  1878  an  durfte  der  Freieonntag  durok 
einen  Freiwerktag  ersetzt  werden). 

Der  Kanton  Baaelstadt  hat  durch  Gesetze  vom  11.  Februar  1884  und 
83.  April  1888  in  den  Arbeiterwshats  einbeiogea  die  Arbeiterinxieii  in  ollen  den 
Gewerbebetrieben,  in  weldien  drei  Franenepersonen  oder  melur  gewerbsmSßig  ar" 
beiten,  oder  Mädchen  unter  18  Jahren  als  Arbeiterinnen  und  Lehrtöchter  b^ 
f^chäftigt  werden.  Eh  gelten  fUr  die^^elben  die  Bestiramtingen  des  eidgenössischen 
Fabrikgesetzes  Uber  die  Dauer  des  Maximalarbeitatages  (11  Stunden),  über  die 
Sehwangeren,  Uber  die  Ettndungsfiriek  nod  die  Bossen.  Aach  ist  die  Sonntags- 
arbeit  ▼erboten. 

Dieam  baselstädtisohen  Gesets  tevohten  auch  die  Kantone  Luzern  und  Zttriflli 

nachzukommen;  diesbe^iügliche  Geaetzesprojekte  sind  bei  ihnen  schwebend.  Ferner 
wirkt  auf  die.  Kuiitont."  atisteekend  ein  ebenfalls  von  Basel  dnrch  sein  Wirth- 
bchaftäge^elz  vum  Id.  Dezember  1887  ge<;;ebeDeä  Beiäpiul,  dem  Bedicuungsperboual 
in  Gastwirthsehaften  gegen  Ueberanstrenguug  zu  nohem.  «lÜddien  unter  aeht* 
sehn  Jahren,  welche  nidit  aar  Familie  des  Wirthes  gehören,  dürfen  nicht  zur 
Bedienung  verwendet  Averden.  Der  Betrieb  der  Wirthsehüft  su  einzurichten, 
daß  von  21  Stundei;  mindestens  7  Stunden  unnnterbrochene  Selilafzeit  dem  ge- 
sammten  im  Dienstverhältnisse  des  Wirthes  Btehenden  Personal  gesichert  sind. 
Daa  Personal  hat  Anapmdi  anf  mindeatona  6  Standen  Freiseit  an  einem  Nach> 
mittag.* 

Zum  Schata  der  Lehrlinge  wird  ein  schweizerisches  Gewerbegesetz  angestrebt. 

Obwohl  im  allgemeinen  Arbeitersehutz,  den  das  tidgenössiselie  Fabrikgesetz 
gewährt,  inbegriffen,  haben  doch  die  Arbeiter  d^r  ir-fäUrlicUeiJ  ZUndholzin- 
dustrie  seit  1879  eine  spezielle  Beriioksiohtiguug  erfahren.  Zunächst  wurden 
auf  1.  Jatinar  1881,  dareh  Gesets  yom  23.  Dezember  1879,  Fabrikation,  Ein- 
fuhr und  Verkauf  von  Zündhölzchen  nnd  Streichkerzchen  mit  gelbem  Phosphor 
verboten.  Dann  wurde,  dnrch  Regulative  vom  (].  April  und  25.  Mai  18S0, 
die  Fabrikation  von  Zlindhnlzchen  und  .Streichkerzchen  von  Vorschritteu  abhängig 
gemacht,  welche  zur  Verhütung  von  Gefahren  für  Leben  und  Gesundheit  der 
Arbeiter  als  nothwendig  erschienen.  Bin  Bnndesgesets  ▼om  32.  Juni  1882  hob 
zwar  das  erste  Gesetz  von  1879  auf,  beließ  aber  doch  dem  Bondeerath  die  Kom- 
potenz,  vermittelst  Regleraenten  alle  diejenigen  Maßnahmen  zu  treffen,  welche  er 
fUr  die  Fabrikation,  die  Ver]iacknng,  den  Transport  und  den  Verkauf  der  Zünd- 
hölzchen für  nothwendig  erachten  sollte.  Demgemäß  erließ  der  Bundesrath  am 
17.  Oktober  1882  ein  Reglement  Uber  die  Fabrikation  nnd  den  Verkanf  Ton 
ZUndbölscben.  Es  ertheüt  dem  Bundearatb  die  Befngniß,  die  Anwendung  von 
Fabrikationareoepten  zn  untersagen,  welche  an  besonderer  Gefährdung  TOn  Ar- 
beitern und  Konsumenten  Anlaß  geben. 

Als  Scbntzmaßregel  gegen  Verluste  von  Ersparnissen  qualiüzirt  sich  das 
Bundcsgctietz  vom  20.  Dezember  1078  betreffend  die  Sicherstellung  der  Krauken-, 
ünterstOtsnnge-,  Pension»,  Depositen-  nnd  Erepamißkassen  und  der  Kautionen  der 
Eisen  bahn- Angestellten;  2)  das  Bnndesgesttz  vom  28.  Juni  1889  betreffend  die 
fittlfskassen  der  Eisenbahn-  und  Dampfschifffahrtgesellschaften. 

Das  erste  Gesetz  verlangt,  daß  die  betretl'enden  Gelder  vom  Vermögen  der 
Get<ellhchaften  ausgeschieden  und  gesondert  verwaltet  werden  j  das  zweite  Gesets 
sorgt  dafür,  daß  die  der  InTaliditftts-,  Alters-  nnd  TodesverBicberang  gewid- 
meten Httlfskassen  den  Gmndstttsen  der  Yersichernngetedinik  gemäß  fnditionireft 
nnd  gegen  fremde  Eingriffe  gesditttit  sind. 


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Arfaeitendmtx 


—    26  — 


AiiwitenelcntariAt 


BdEanntlidi  gibt  es  auch  außerhalb  d«r  TraiupoTtanatalten  UnteniehniQngenf 
deren  Chefs  Ersparnisse  ihrar  Arbeiter  in  Obhnt  nehmen,  und  iwar  bisweilen 
zum  Schaden  der  letzteren,  dennoch  ist  die  Bnndesg»  t^etzge^nng  diesen  Unter- 
nehmern gea^nUber  nicbt  in  gleicher  liatcgorischer  Weise  vorgegangen.  Eh  hat 
sich  der  Bondesratii  uuruuf  besühiankeu  mtisneu,  die  KantoDcregierungen  durch 
Kieieschmben  eincDladen,  dafür  so  Borgen^  daft  die  Gelder  der  I'abrikkiaiilceii- 
fcaieeii  ihrem  Zwecke  nicht  entfremdet  und  den  Arbeitern  eichergeelellt  werden. 
DieFeni  Kreieschreiben  sind  mehrere  Kantonsregieningen  oaobgekommen. 

Weitnns  rationeller  als  dief-e  Fabrikkrankenkassen,  selbst  wenn  sie  solid 
angelegt  sind,  itt  die  vom  Kanton  Baselstadt  durch  Gesetz  vom  4.  Juli  1887 
eingeführte  Krankenversicherung  der  Arbeiter.  Auch  die  im  Kanton  St.  Gallen 
durch  Gesets  yom  19.  Juni  1885  gesohaffme  Einrichtung,  daß  in  jeder  Ge- 
meinde eine  für  die  «AnlBntlMlter''  obligatorische  Erankenkine  an  bestehen  hat^ 
ist  den  freiwilligen  Fabrikkranhenkassen  Tormziehen. 

Soweit  in  Bezug  auf  den  offiziellen  Arbeiterschutz,  der  sich  leider  nicht 
einmal  innerhalb  seines  beschränkten  Urafanges  tadellose  Geltting  verHchaffen 
konnte.  Noch  kommen  viele  Mißachtungen  der  den  Unternehmern  überbandenen 
Pflichten  vor,  was  die  Freude  Uber  die  sonst  so  vielen  guten  Früchte  der  staat- 
liehen ArbeiterfHrsorge  erheblich  trtlbt.  Unbillig  wäre  es  indessen,  tu  Ter- 
schweigen,  daß  es  auch  Untttvehmer  gibt,  die  tn  Gunsten  ihrer  Arbeiter  mehr 
thun,  als  das  Gesetz  von  ihnen  verlangt.  Uiese  weitergehende  Fürsorge  äußert 
sich  hanptsäehlii'h  in  der  Einräumung  gesunder  bequemer  \Vohnungen,  in  der 
ßeduktion  der  Arbeit-szeit  auf  lU  Stunden,  in  der  Errichtuug  von  Arbeiterküchen, 
Badesimmern,  Kleinkindergärten  etc. 

Zum  Schluß  sei  noch  erwähnt,  daß  die  Schweis  an  der  internationalen 

Arbeiter!4chutzkonfereuz  theilgenomraen  hat,  welche  im  März/April  1890  in  Berlin 
stattfand.    (Vgl.  Seite  113  im  III.  Bund  l 

Arhoitcrsekretariat.  (Verfußt  von  Hrn.  Dr.  Riser.)  Der  Errichtung  einea 
Schweiz.  Arbeitersekretariates  lag  derselbe  Gedatike  zu  Grunde,  welcher  sehon  bei 
Gründung  der  vom  Bunde  unterstützten  ständigen  Sekretariate  des  Schweiz.  Handels- 
nnd  IndustrievereinSf  des  Schweis.  GewerheTcreins  nnd  der  landwirtiisohaftlichen 
Vereine  der  Schweis  das  leitende  Motiv  gewesen,  nämlieh  ein  Institut  su  sohaffm, 
dessen  Aufgabe  es  wäre ,  die  schweiz.  Arbeiterverhältnisse  zu  studiren  und  zu 
verbesj^ern,  die  Interessen  dieses  Standes  zu  wahren,  wie  Handel  und  Industrie, 
Gewerbe  und  Laiidwirtliselialt  dnrch  ihre  stiindigeu  Organe  es  für  die  Ihrigen  thun. 

Die  Schaffung  des  schweiz.  Arbeitersekretariates  hat  folgende  vorbereitende 
Fbuen  durchgemacht: 

Mit  Eingabe  vom  28.  August  1886  stellte  das  Centralkomite  des  Grtttli- 

Vereins  an  den  Bundesrath  das  Ghsuch,  ent^preehend  den  obengenannten  bereite 
bestehenden  Sekretariaten  ein  solches  für  die  Arbeitersf  haft  durcli  eine  angemessene 
BundcKSubvention  ermöglichen  zu  helfen;  von  vornherein  wurde  erklärt,  daß  der 
Arbeitersekretär  weder  för  die  Vereiosverwaltung,  noch  für  politische  Arbeiten, 
sondern  lediglich  cum  Studium  der  wirthschaftlicheu  Aufgaben  verwendet  werden 
solle.  Das  eidg.  Handels-  nnd  Landwirthschaftsdepartement  trat  mit  Schreiben 
Vf)m  7.  Sp[>t(mber  IRKH  ih-m  Begehren  unter  Vor!)eliult  der  Zusfiminnng  dea 
Bundesrathes  und  der  Bundesversammlung  grnndsntzlich  bei.  Anläßlich  der  Budget- 
berathuug  gelangte  die  Frage  vor  die  eidg.  Küthe.  Nachdem  einem  Vorschlag 
im  Sehooße  des  Stilnderathes,  dahin  gehend,  es  möge  das  geplante  Arbeitsamt 
in  die  Bundesverwaltung  einverleibt  werden,  lebhaft  widersprochen,  weitere  Be- 


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Arbeitersekretmiat 


26  — 


Arbeitersekretariat 


Schlüsse  jadodi  nicht  gefaßt  worden,  lag  es  in  der  Macht  des  Bimdesrathei,  in 
Saehen  des  Arbeitersekretariates  die  ihm  gutscheinenden  Schritte  zu  thun. 

Iiizwischeu  hatte  auch  «las  Ceiitralkomite  des  schweiz.  GrUtlivereius  dem 
Bandesrath  die  Erkläruug  abgegeben,  duü  es  von  der  einseitigen  Aoffassang  des 
geplanten  Bekreinviates  und  von  deeeen  ansBdUießlieher  Beecblagnalinie  für  ibren 
Verein  sorflokgekominen  sei  und  daß  es  nun  ein  allgemeines  Arbeiteraekretariat, 
welches  sämmtUche  Arbeitervereinigungen  in  sich  schließen  solle,  im  Auge  hab& 
Crleicbzeitig  Ubermittelte  es  auch  eine  Anzahl  Zu*itimmnng5erkläningen  zu  dieser 
nenen  Vorlage.  Die  Petition  wurde  demnach  dahin  ergänzt,  daß  auch  die  übrigen 
aehweai.  Arbdterveninigungen  in  ganz  gleicher  Weise,  wie  der  Crrtttliverein, 
•iok  bei  der  Organisation  des  Sekretariates  bethetligen  nnd  naob  der  Zahl  ihrer 
Mitglieder  Sitz  und  Stimme  im  leitenden  Kuinite  habeu  werden.  Der  dieebesQg- 
liche  Bcschhiß  des  TJuuJcsrathes  vom  20.  lu-^fuiber  1886  ging  nach  dem  An- 
trage des  eidg.  liaudelbdeparttjuients  dahin,  er  werde  zur  Bbsoldung  eines  stSndigen 
Arbeitersekretärs  einen  Bundesbeitrag  ausrichten,  ohne  für  «lie  Dauer  der  Subventiou 
irgend  welche  Verbindlichkeit  am  Obemebmen,  und  mit  dem  Vorbehalte,  diejenigon 
Abänderungen  des  erwähnten  Reglemcutes  zu  Teranlassen,  welche  von  ihm  für 
nöthig  befunden  werden  «ollteii.  Der  Bundesrath  selbst  werde  sich  in  keiner 
Weise  bei  der  Wahl  betheiligen,  viehuehr  dieselbe  durchaus  den  betheiligten 
Arbeiterverbändeu  Uberlasseu.  Folgende  Bedingungen  wurdeu  an  die  Gewährung 
dieser  Bundesanbveiition  geknüpft: 

1)  «Daß  ein  Eomite  gebildet  wMrde,  in  welchem  alle  sohweis.  Arbeiter- 
Terbände  im  Verhältniß  ihrer  Mitgliederzahl  vertreren  sind; 

2)  Daß  der  Arbeitersekretär  von  diesem  Komite  ernannt  werde  and  von 
demselben  die  Arbeitsaufträge  und  näheren  Weisungen  erhalt«; 

3)  Daß  jährlich  ein  Voranschlag  der  muthmaßlichen  Einnahmen  und  Aus- 
gabra  des  Arbeitersekreteriats  and  jeweilen  im  Anfang  eines  jeden  Jahres  die 
Rechnung  Aber  das  abgelaufene  Jahr  mit  Belegen  dem  Departement  eingesandt 
werde; 

4)  Daß  dem  Handelsdeiiartenient  anheimge'jtellt  Kei,  sich  an  den  Sitzungen 
des  Komites  durch  einen  Dolegirten  unt  berathender  »Stimme  vertreten  zu  lajiüeu.* 

Aehnliebe  Bedinguiigea  waren  s.  Z.  auch  an  die  Sabyention  der  vor* 
erwähnten  Sekretariate  geknft]tft  und  buttglidie  Bestimmungen  in  die  Statuten 
aufgenommen  worden. 

Nachdem  das  Departement  mit  Schreiben  vom  22.  Februar  1887  das  Zentral- 
kouiiie  des  Griitli Vereins  noch  darauf  aufmerksam  gemacht  hatte,  daß  sich  bei 
den  gegenwärtigen  Vorbereitungen  fttr  die  Errichtung  des  sohweis.  Arbeiter- 
Sekretariates  fremde  Elemente  breit  tu  maoben  seheinen,  der  Bund  jedoch  seine 
Unterstützung  der  Sache  nur  dann  leihen  könne,  wenn  die  vereinbart«  Bedingung, 
daß  Organisation  und  Leitunir  jener  InstitutiDn  aussrhlicCIieh  in  den  H.inden  der 
national-schweizerischen  Arheitervtrhiindtj  liege,  htiikte  festgehalten  werde,  wurde 
vom  Zentralkomite  des  Grütlivereins  ein  in  diesem  Sinne  gehaltener  Statuten- 
entwnrf  eingereicht  und  pnblinrt.  Laut  demselben  sind  Organe  des  Schweiz. 
Arbeiterbundes : 

1)  Die  Delegirtenversamrolung.  2)  Der  Bundesvorstand.  3)  Der  leitende 
Ausschuß.    4)  Der  Arbeitersekretär. 

Jeder  selbi^tändige  Verein  hat  das  Becht,  einen  Delegirteu  abzuordnen; 
jedoch  kommt  nur  500  lü^lieder  ein  stimmberechtigter  Delegirter.  Kleinere 
Vereine  haben  sich  nach  freier  Wahl  behufs  Erlangung  des  Stimmrechtes  an 
der  Delegirteu  Versammlung  an  gruppiren.    Der  «Bundesvorstand"  besteht  aus 


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ArbeiterseJueUi  iat 


—    27  — 


Arbeitersekrelariat 


11  Mitgliedern  und  5  Enatnnlbinern,  irelohe  rm  der  DelegirtenTenaiitmlnng  auf 

je  3  Jahre  gewählt  werden.  Mindestens  8  Mitglieder  und  3  Ersatzmänner  müssen 

stimmberechtigte  SchweizerbUrger  sein.    Der  „leitende  Ausschuß"  besteht  wc» 
3  am  gleichen  Orte  wohnendeu  Mitgliedern  des  Hundes  Vorstandes,  wirri  voa 
letzterem  auf  '6  Jahre  gewählt  und  bildet  dessen  Bureau.    Der  „Arbeiter» 
selcrettr'  wird  Tom  Bnndeevoratend  nnf  je  d  Jtia»  gewihlt.    Der  Delegirten* 
TenMunmlaiig  «teht  das  VorHchlagiweelit  ta. 

Einigen  nuBollnedenen  Arbeitern  war  jedoch  diese  Verstltsdigang  nicht  reeht. 
Zwei  Strömungen  machten  sich  geltend :  Indem  die  eine  für  Errichtung  eine» 
rein  wi.«8enwhaftli(;l;-politischt'u  Arheit.siimtes  mit  vorwiegend  statlHtischt-m  Arbeits- 
prograuim  und  mit  KoDzeutratiou  auf  die  näohstliegeiideu  Vorarbeiten  für  eine 
•taatlidie  UDfallTerneherang  eintrat,  tendirte  die  andere  naeh  allen  mttgliehei» 
wie  nnm&glicheu  Obliegenheiten,  denen  sich  der  Arbeitersekretär  /n  nnterziebeit 
hätte,  so  z.  B.  Mitwirkung  bei  der  eidg.  Fabrikinspektion  und  der  Arbeiter- 
presse, Anbahnung  einer  internationalen  Fabrikgesetagebnng  nnd  Yermittlnng  bei 
Strikes  etc. 

Der  Bundesratii  verlangte  bei  der  Wahl  des  Arbeitersekretlrs  die  Anwendung 
folgender  Grnndsfttie; 

1)  „Die  Vereine,  welche  die  Delegirten  sn  wählen  haben,  sollen  wenigsten» 
in  ihrer  Mehrheit  ans  Schweizern  zusammengesetat  sein*  Stimmreobt  bei  der 
Wahl  der  Delegirten  haben  nur  Schweizerbürger. 

2)  Bei  der  Wahl  des  Bundesvorbtandes  und  beim  Vorschlag  für  den  Arbeiter- 
Bokretar  dttrfen  in  der  Deki^rtenvenammlnng  nor  Sdiweizerbttrger  mit?rirkon. 

3)  Die  Hitglieder  des  Bundesvorstandes,  sowie  der  ArbeiteisekretSr  mttisen 
Sehweizerbürger  sein.'' 

Mißtrauen  nnd  Vornrthcil  gegen  die  bundesriithlichen  VerfUgungt-n  hteigerteu 
die  Hitze  der  Gemüther  nur  noch  mehr,  ja  mau  ging  so  weit,  die  Hubventions- 
bedinguugen  des  ßvndeerathes,  welehe  vom  Zentralkomite  des  GrtttKverein» 
pnblixirl  worden  waren,  als  erfnuden  nnd  als  dessen  eigeDes  Msehwerk  zu  er- 
klären ;  namentlich  wurde  die  Forderung  betr.  die  Zusammensetanng  dos  Komitee 
nnd  die  Wahl  des  Sekretärs  durch  dasselbe  hart  angefochten. 

Der  Bundesrath  hielt  jedoch  an  den  gestellteu  Bedingungen  unbedingt  fest 
nnd  erklKrte  dieselben  als  durchaus  im  Interesse  des  zu  gründenden  Institutes. 
Dem  Entwurf  des  Zentralkomitee  stand  der  «Antrag  einer  Vrasammlnng  von 
Delegirten  der  Arbeitervereine  der  Stadt  Bern"  gegenüber.  Dieser  Antrag  hält 
in  seiner  Begründung  die  Organisation  eines  sclnveiz.  Arbeiterbundes  nicht  für 
nothwendig.  indem  ein  solcher  „die  freie  Bewegung,  die  Selbständigkeit  und  Be- 
deutung der  in  ihm  künstlich  zusammengeächweiÜten  eiuzelueu  Arbeiterorganisationen 
beMatrSohtige",  die  Arbeitervereine  vom  Sekretariate  trenne,  lelzteree  für  den 
Bundesvorstand  resp.  Ansschaß  gleichsam  monopolisire.  Diese  Ansicht  fand 
Ansdruck  in  einer  anonymen  Zuschrift  vom  6.  April  1887  an  das  eidg.  Handels- 
departt  inent,  betitelt  „Antrag  einer  Versammlung  von  Delegirten  der  .Arbeiter- 
vereine der  Stadt  Bern",  worin  Wahl  des  Arbeitersekretärs  durch  die  Delegirten- 
Versammlung  an  Stelle  des  Komitee  nnd  Sitx  desselben  in  Bern  verlangt  wurde, 
län  Ansschnß  von  drei  Mitgliodem,  von  der  Delegirtenvermmmlnng  gewKhlt, 
sollte  die  Ueberwachung  des  Sekretariates,  die  Anordnung  ordentlicher  nnd 
außerordentlicher  Delegirtenver*>nmmlnngen,  die  Entwerfung  von  Arbeitsprogrammen 
nnd  die  Verwaltung  der  Kasse  übernelunen.  Die  Eingabe  wollte  sich  hierbei  auf 
eine  vom  Departementsvorsteher  abgegebene  Erklärung  stutzen,  wonach  di& 
Delegirteaversammlnng,  einaelne  Punkte  ausgenommen,  vollkommen  frei  sein 


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Arbeiteraekretariat 


—  28 


Arbeitersekretariai 


4K>Uto.   Diesem  anonymen  Antrag  gegenüber  bestütigte  das  Departementi  um 

falschen  Anslegungen  vorzabengen«  dem  Zentralk omite  dea  GrHtliTereins  die  ihm 
schriftlich  abgegebene  ürklKning  und  bcxeiehneto  sie  Madxttoklich  als  die  allein 

gültige. 

Die  allgemeine  Schweiz.  Arbeiterversammiung  fand  dann  am  10.  April  des 
gleieheo  Jahrea  in  Aavaa  statt;  etwa  100»000  Arbiter  halten  dttreh  Abordnong 
von  Delegirten  an  derselben  thmlganommen.  Nach  Yerlanf  der  Bentiiang  würden 

die  Statuten  einstimmig  aogenummen.  §  1  des  Statuts  lautet:  „Zur  gemeinsamen 
Vertretung  der  wirthschaftlichen  luterefsen  der  Arbeiterklasse  in  der  Schweiz 
bildeu  die  Arbeitervereine  des  Landes  einen  Verband  unter  dem  Namen  schwei» 
zerischer  Arbeiterbnnd".  Der  leitende  Ansscbnfi  wurde  dem  Zentralkomite  des 
^rtttlivereins  ttbertragen.  Am  folgenden  Tage,  dem  11.  April,  war  Sitinng  dea 
Bundesvorstandes;  das  ReglemMftt  fttr  denselben,  wie  für  den  leitenden  Ausschuß, 
wnrde  berathen  und  angenommen,  wie  auch  dasjenige  flir  den  Arbeitersekretär. 
Drei  Bewerber  filr  das  Arbeit^-rsekretarjat  hattcu  sich  ^renieldet,  von  denen  zwei, 
Seidul  und  Greulich,  müudliüh  ihre  l'rogramme  eutwickelten.  DuMjenige  Scidel's 
Terlangte  Tom  sehwdx.  ArbeiteMekretariat  vwt  allem  ans  die  Wabmng  mid 
Förderung  der  Arbeiterinteressen  auf  wirthsohaftlichem  Gebiete,  so  minientlich 
^as  Studiaui  der  Kranken-,  Unfall-,  Alters-  und  Invalidenversieherung.  Auf- 
stellung einer  Luhnetatistik  unter  Mithülfe  von  Arbeiterverbiindcn  der  ver- 
schiedenen Arbeitszweige  und  unter  Zuziehung  des  eidg.  statiMtiscben  Bureaua. 
im.  Wmtem  die  Dorobfllhnuig  von  Enqntten,  Yorarbsiten  für  das  Untevsttttsungs- 
wesen  Am  Arbeiter,  Fibdentng  der  intemationalea  Fabrilqreaetigebung,  Stadium 
des  Lehrlingswesens,  Entgegennahme  von  Aufträgen  Uber  Gutachten  wiaaensohaft- 
lieher  Natur  seitens  der  Behörden  und  Arbeiterverbände,  Abfassung  einen  Jahres- 
berichte Uber  die  wirthschaftlichen  Bestrebungen  und  Erfolge  der  schweizerischen 
Arbeiterschaft. 

Grenlioh  beieiebnete  in  dem  von  ihm  anfgestellten  Programm  ala  erste  Anf- 
gabe  dea  Arbeitersekretariats  die  Vorarbeiten  zur  Einführung  der  UnfallTereieherung, 

•einer  Lohnstati^tik ,  oinc  Schweiz.  Fabrik-  und  Gcrwcvl  e.statistik  nnd  andere 
Arbeiten  volkswirthschaftlicher  Natur.  Dieses  Programm  wurde  vom  Vorstände 
mit  wenigen  Abänderungen  genehmigt  und  Greulich  als  Arbeitersekretär  gewählt. 

Der  sehweta.  ArbeiteraekretXr  ist  nnn  seit  1.  Jnni  18B7  in  Thätigkeit,  die 
eidg.  Subvention  wurde  von  1888  an  bis  auf  Weiteres  anf  Fr.  10,000  fest- 
gesetzt  und  für  das  Jahr  1891  wurde  eine  Subvention  von  Fr.  20,000  be- 
willigt, damit  il cm  Sekretariat  ein  besonderer  Beamter  ftir  die  französische  Schweiz 
zugetheilt  werden  könne.  Als  nächstliegende  und  wichtigste  Aufgabe  wurde  vor- 
«i^t  eiue  .Erhebnng  Uber  die  von  den  Erankenkaasea  bei  Unfällen  ausbezahlten 
Untersttttsnngen*  an  die  Hand  genommen,  welohe  Erhebung  nnter  dem  Titel: 
,  Unfall-Statistik.  Darstellung  der  Körperverletzungen  und  Tödtungen  von  Mit- 
gliedern Schweiz.  Kranken-  und  Hilfskassen  im  Geschäftsjahr  ISHB"  im  .Auftrage 
des  Schweix.  Industrie-  und  r^andwirthschuftsdepartements  im  .lalire  IbÖU  im 
Druck  erschienen  ist.  Diese  Lulall-Statistik  wird  auch  für  die  Jahre  1887  und 
1888  fortgesetxt  nnd  bearbeitet.  Andere  Studien,  wie  die  Erbebung  und  Be- 
arbeitung einer  Schweiz.  Lohustatistik .  sind  noch  nicht  zum  Abschlüsse  gelaugt. 
Als  wichtigste  Anfuabe  für  die  nä(  li-fe  Zukunft  wird  sein:  Das  Studium  der 
allgemeinen  Kranken-  und  Unfallversicherung,  uud  die  Stelloognahme  der  Arbeiter« 
«chaft  zur  Erweiterung  der  FabrikgeöetzgehuDg. 

Das  vom  Vorstand  dea  Arbdterbundea  erlassene  Reglement  fttr  den 
Arbeiteraekretär  lautet: 


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ArbeitersekreUriut 


Arbeitervereine 


§  1.  Der  Arbeitenekretür  hat  alle  Pflichten  sa  erfttUen,  weldie  ihm  im 
AUgemeinen  durch  die  Stataten  des  Schweiz.  Arbeiterbundee,  im  Besonderen  dnroh 
Beschlüsse  dos  Bundesvorstandes  und  des  leitenden  Ausschusses  einerseits,  oder 
durch  Aufträge  des  zuständigen  eidi^.  Departements  anderseits  Hberbunden  werden. 

§  2.  Insbesondere  beschäftigt  er  sich  mit  Erhebungen  Uber  schweizeriäohe 
Arbeiterverhältnisse  nnd  mit  sozialen  Stndim  und  fertigt  bezügliche  Arbeiten 
nnd  Gataohten.  Er  legt  jlhrludi  dem  iMtenden  AneBohaß  au  Händen  des  Bundes* 
Vorstandes  einen  Jahresbericht  über  das  abgelaofene  und  ein  Arbeitsprogramm 
fiir  diis  folgenilu  Jahr  zur  Genehmigung  vor.  Der  Sekretär  führt  Buch  über 
seine  Verwendungen  und  legt  je  auf  Kude  des  Jahres  belegte  Rechnung  ab. 

§  3.  Der  Sekretär  hat  regelmäßig  täglich  acht  Stuudeti  auf  seinem  Bureau 
TO  arbeiten.  Er  darf  keine  stftndige  beiablte  Nebenbeschäftigung  annehmen. 
Für  ausnahmsweise  Abwesenheit  von  mehr  ala  zwei  Arbeitstagen  in  Privatange* 
legenheiteti  liat  er  eine  ürlaubsbewiliigung  vom  leitenden  AUiSOhaß  einzaholSD» 
Alljährlich  sind  ilim  vier  Wochen  Ferien  zu  bewilligen. 

§  4.  Der  Hekrctär  wird  unter  möglichster  Berücksichtigung  allfälliger 
VoraohlSge  der  DelegirtenTersammlung  vom  BnndesToratand  auf  drei  Jahre  fest 
gewählt.  Der  Sita  des  Sekretariats  wird  yom  Bnndesvoratande  bestimmt.  Der 
Sekretär  bezielit  einen  jährlichen  Mimmalgehalt  von  4000  Franken  mit  monat- 
lichen Auszahlungen.  Für  Bureauanslagen,  Bibliothekanschaflungeu  nnd  Spesen 
erhält  er  Vorschuss.  Dia  Bureaulokalitaten  und  das  Mobiliar  stellt  der  Verband 
zur  Disposition. 

§  5.  Vorübergehende  Boreanaushilfe  stellt  der  Sekretär  nach  eigenem  £r> 
messen  ein.    Fur  dauernde  AnstellnngeD  nnterbreitet  er  dem  Bnodesvorstuid 

seine  Vorschläge. 

§  6.  iJer  Öekretiir  steht  unter  der  direktf'n  Aufsicht  den  leitenden  Aus- 
Bchosses.  Er  verkehrt  zur  OurchfUhrung  seiner  statutarischen  Autgaben  und 
Arbeiten  direkt  mit  BehVrdeo,  Vereinen  und  Privaten,  unter  Verantwortlichkeit 
g^nüher  dem  leitenden  Ausschasse  nnd  dem  Baadesvor<ttand. 

Arbeitervereine.  Nach  der  sehr  einläßlichen  Abhandlung,  welche  der 
vormalige  Baaler  Professor  der  Nationalökonomie,  Herr  Karl  Bücher,  in  der 
Tübinger  üi^itsohrift  für  Staatswisseuschaft  (viertes  Heft,  Jahrgang  1088}  Uber 
die  schweizerischen  Arbeiterorganisationen  veröffentlicht  liat,  bestanden  in  der 
Schweis  bis  cum  Auftreten  der  «Internationale* ')  drei  Arten  von  lokalen  Arbeiter« 
Verbindungen:  1}  I>  utsche  Arbeitervezuine,  2)  Sektionen  des  Gratliyereins^ 
3)  Katholische  Gesellenvereine. 

Die  Deutschen  Arbeitervereine  diitiren  ihrp  erste  Entstchnng  schon  aus  den 
dreiijiger  und  vierziger  Jahren,  i^ie  sind  ursprünglich  dazu  bestimmt  gewesen, 
den  zahlreichen,  die  Schwwz  besnohenden  deatsohen  Kuidwerksgesellen  einei» 
geselligen  Mittelpunkt  nnd  Gelegenheit  zur  Fortbildung  zu  bieten,  hin  und  wieder 
atich  durch  Errichtung  von  Krankenkassen  und  noch  öfter  durch  Unterhaltung 
Von  gemeinsamen  Speiseanstalten  ihre  materielle  Lage  zu  verbessern.  In  den 
vierziger  Jahren  wurden  dieselben  zum  Agitationsherd  der  kommunistischen  Propa- 
ganda und  hatten  dafür,  namentlich  seit  1848,  mamdkerlei  Verfolgungen  durch 
die  kantonale  Polizei  zu  erdulden.  Li  den  ersten  sechziger  Jabren  unterhielten 
sie  Verbindungen  mit  den  Schnitze -Delitz'schen  Arbeiterbildungsvereinen  in  der 
Heimat,  um  später  mehr  und  mehr  in  das  Lager  der  Internationale  und  is 
neuerer  Zeit  der  deutschen  Sozialdemokratie  überzugehen. 


^)  1864  in  London  gegründet. 


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Arbeitervereine 


—  30 


Arbeitervereine 


Die  Ka(holi8^e»  Qesellenvereine  der  Schweis  siod  mm  Tlieal  «ebon  in  den 
letslen  fttnfiiger  Jahren  entahuadeii. 

Anfiodwlb  der  drei  ^'euannten  OrgaDisationen  scheinen  eigentliche  Arbeiter- 
T^ine  bia  mm  Auftreten  der  internationnlen  Arbeiterassoziation  in  der  Schweiz 
nicht  bestanden  sa  haben.  Divh  änderte  sich  jetzt  sofort,  Job.  Phil.  Becker, 
ein  in  Genf  lebender  Deatscher,  die  Lehren  des  Bundes  adoptirte  and  die  Ans* 
bteitneg  denelben  nnter  den  Arbeitern  in  die  Hand  nahm.  Ee  ist  weit  mehr 
das  Wirken  dieses  einen  Mannes  als  die  Abhaltung  der  ersten  Eongresae  in  der 
Schweiz  (Genf  1866,  Lansanne  IHHT,  Basfl  1809),  was  hier  der  Internationale 
den  Boden  ebnete.  Die  vorhereitendtMi  Schritte  fallen  noch  in  die  Jahre  1864 
und  1865;  im  folgenden  Jahre  gründete  Becker  den  »Vorbote",  den  er  bis  1H71 
redigirte  und  der  für  die  Gtoeehiohte  der  Internationale  in  dleaer  Periode  eine 
Hauptqnelle  bildet.  Die  erste  Sektion  der  Internationale  wurde  noch  1864  in 
Genf  gegründet,  welches  von  da  ab  den  Herd  der  Agitation  nicht  bloß  fUr  die 
franzöniHche,  sondern  nnch  für  die  dputschr»  Schweiz  bildete. 

Die  Internationale  gritt  bis  1Ö70  um  sich.  (In  der  welschen  Schweiz  allein 
waren  nach  und  naeh  52  Sektionen  entstanden);  dann  entstand  Zwietracht  in 
ihren  Reihen  und  1873  erfolgte  die  AnflUsang. 

Von  1867  an  hatte  de  auch  in  einer  Anzahl  Arbeitervereine  der  dentechm 
Schweiz  Bodfti  gefaßt.  „Ff>llris»^o"  und  .Tagwuplit"  seligen  Angedenkens  waren 
ihre  l'reliorgaue.  kam  e*i  seiteui*  eines  Theilen  dieser  Vereine  zur  Gründung 

eines  n^cntralkoniitu  zur  Organisation  einer  «ioziaideuiukratischen  Partei  in  der 
^ehweis'^t  das  in  direkte  Verbindung  mit  dem  Londoner  Generalrath  der  Inter- 
nationale trat.  Die  nächsten  Jahre  waren  Zeugen  mehr  und  mehr  wachsender 
Bestrebtino;en,  alle  Arbeitervereine  der  Schweiz  in  einen  Gesamrntverband  zu 
brinL'pn  J>ie  Bundesverfassung^revisionpbewegung  war  jener  Hestr*'liiing  günstig. 
Ziwar  kam  es  noch  nicht  zu  einem  allgemeinen  Arbeiterkougreß,  wie  er  von 
einigen  Suten  geplant  war,  aber  doch  wa  aahlreiohea  Massenversammlungen 
(15.  Oktober  1871)  an  welchen  ein  vom  Zentralkomite  des  Grtttlivereins  (dieser 
hatte  sich  als  Gesamrntverband  der  Internationale  immer  fem  gehalten)  fonnulirtee 
Arbeitsprogramm  für  die  Bundesrevision  besprochen  und  angenommen  wurde. 
Dergestalt  einander  näher  gebracht,  reifte  nun  rasch  die  Idee  eines  Schweizerischen 
Arbeiterbnnde»  und  dieser  wurde  in  den  ersten  Tagen  des  Juni  1873  an  einem 
Arbeiterkongreß  in  Ölten  gegründet.  Die  an  diesem  Kongreß  vertretenen  Organi- 
sationen  umfaßten  rund  10,000  Mitglieder.  Darunter  befanden  .'^ich  die  Grütli- 
vereine  mit  4000,  35  Gewerkschaften  au«  18  Berufszweipen  mit  zirka  3100, 
13  deutsche  Arbeitervereine  mit  zirka  lUX»,  M  gemificbte  Arbeite rvereine  mit  ;'>3.5, 
ein  kantonaler  und  ein  lokaler  Arbeiterbuud  mit  hlh,  die  Jura-Fcderatiou  mit 
408  nnd  5  internationale  Sektionen  mit  198  Mitgliedern.  Das  den  Berathangen 
SU  Grunde  gelegte  Programm  war  von  den  Leitern  der  Internationale  in  Genf 
entworfen  und  von  einem  Ausschüsse  Torberathra  worden.  Mit  geringen  Aendernngen 
angenommen,  lautete  dasselbe: 

Der  Zweck  des  schweizerischen  Arbeiter! nnuies  ist  die  Vereinigung  alloi  Aibeiter- 
gesellschaflen,  um  sich  Ober  die  Mitld  »ur  ein-tweiligen  Verbesserung  des  Arbeitorlooses 
zn  verständigen  und  zu  endlicher  Kriietzun^  des  Arbeits!«»hni ^  dun  Ii  den  Arbcil.-iertrag 
iuiltel»t  Produkt! vi^enussonschaften  und  damit  zur  Aufhebung;  aller  Klassonherrschafl  zu 
gelangen.  Demzufolge  unterstützen  seine  Mitglieder  in  geeigneter  Weise  alle  auf  die 
gei»lige  nnd  materielle  Hebung  der  Arbeiterklasse  gerichteten  Bestrebungen  und  suchen 
femer  durch  Gründung  von  ailgemeinen  Gewerkschaften  Nachstehendes  zu  erreichen: 

1)  Verminderung  der  Arbeilszeil  auf  ein  iler  Gesundheit  und  der  geistigen  Knt- 
wicklung  zuträgliches  MaaU.  Einfährung  eines  Normalarbeilstages  im  Maximum  von 
10  Standen  und  einer  doi^len  Bezahlung  fOr  Ueberstunden. 


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Arbeilervereiae 


—    31  — 


Arbeitervereine 


2)  Feststellung  der  Arbeitslöhne  auf  die  Höhe  einer  angemessenen  Existenz  mit 
Berücksichtigung  der  örtliclit-n  Verhältnisse. 

ä>  Möglicbste  Beschränkung  der  Kinderarbeit  in  Fabriken. 

4)  Durcfafnhmng  des  Grandsaties,  dafi  das  gleiche  Quantum  Arbeit,  ob  von 
Nfinnern  oder  Frauen  ;,'t'leistet,  ;,'leich  hezabll  ucnif. 

5)  Gründung  von  Produktivgeno^nscbaften,  die  Eigenthom  der  beUreilenden  Ge- 
werkschaften sind. 

ü)  GröndiiiiK  von  Ai ht-itsiiaclnvcisuii^'^tuireaux  in  den  HAnden  der  Arbeiter, 

7)  Gründung  einer  Arbeiter-  und  Arbeiterinneu-Kranken-,  Invaliden-  und  Sterbekasee. 

8)  Schutz  der  Arbeiter  gegm  Unterdrückungen  von  Seite  der  Arlidtgeber. 

9)  Maßrf^eln  zum  Srhutz  der  r>esiindht'i1  und  ile«  I>el»i'n-:  '1er  Arhfiter. 

10)  Statistische  iürhebungen  üt;er  die  aligemeine  Lage  der  Arbeiter  mit  besonderer 
BeracksichUgfong  des  VerhftUnisses  der  flblidien  Arbeitslflhne  zum  Preise  der  Lebens- 
bedürfnisse. 

11)  Gute  technische  Ausbildung  der  Arbeiter  uiui  Lehrlinge,  daher  Gründung 
technischer  Bildungsanstalten  diindi  die  Gewerkschaften  selbst. 

\ü)  Publikation  von  Arbeiterorganen  fOr  die  im  Bumlr  vertretenen  Lande5sprachon, 
welche  die  Interessen  der  Arbeiter  in  jeder  Beziehung  vertreten  und  Eigenthum  des 
Bundes  sind. 

Diesem  Arbeiterbund  trat  der  Großtheil  des  Griltlivercins  erst  näher  an- 
läßlii  h  der  Agitation  für  dan  eidg,  Fabrikgosetz.  Die  Befreundütig  gelang  soweit, 
daß  sicli  die  Verbände  im  1  s77  in  Neuenburg  als  So:mhiemokraiische  Partei 
der  Schweiz  konstituirteu.  Damit  war  keineswegs  ein  Aufgehen  beider  Organi- 
sationen in  der  neaen  poIitiBohen  Partei  in  Aussicht  genommen,  «ondem  nur  ein 
„Allianzver^g*,  dnreh  welchen  die  beiderseitigen  Yerbandsleitnngen  in  daneimde 
Verbindung  gesetzt.  gemeinf<ame  Delegirtenkommissionen  und  Kantonalverbäiide 
der  Sektionen  beider  Verbindungen  ermöglicht  werdtn  sollten.  Allpin  diese  formelle 
Verbindung  wurde  auf  der  Delegirtenvensammlung  des  Grütlivereins  in  Luzem 
1878  abgdehnt,  und  es  gelangte  nur  ein  gemeinsames  wirthschaftlich-politische« 
Programm  cur  Annahme,  das  der  SelbstXndigk^t  beider  YerbSnde  keinen  Ab- 
brach that. 

Dasselbe  lautete: 

I.  \hv  >uzialdeni()kratisclic  Partei  in  der  Scliweiz  erstrebt  die  Wahrung  und  Förderung 
der  Interessen  des  arbeitenden  Volkes  in  jeder  Beziehung.  Sie  ist  sich  bewußt,  daß  die 
IBefreiung  der  Arbeitcrklas:-,  dun  li  die  Arbeiter  selbst  errungen  werden  mxiü. 

II.  Der  Kampf  für  die  Hetreiung  der  Arbeiterklasse  ist  kein  Kampf  für  Vorrechte 
eines  Stamdcs,  sondern  für  gleiche  Rechte  und  gleiche  Pflichten,  und  fOr  die  Abschaffung 
ailer  Klassenberrscliafl. 

III.  Die  '"tkonomische  Abhän^'igkeiL  des  Arbeiters  von  den  Kapitalisten  bildet  die 
Hauplgrundl.<^'<'  di;r  Klassenherrschaft  und  es  erstrebt  deshalb  die  sozialdemokratische 
Partei  die  F.rselzung  der  jetzigen  Produktionsweise  (Lohnsystem)  durch  die  genossen* 
schatlliche  Arbeit. 

Als  die  nrichsten  Forderun'^en  ^  i  1  in  der  Agitation  geltend  zu  machen: 
a.  Vom  Standpunkte  der  Gesetzgebung: 

1)  Vollständige  Durchfnhrung  der  direkten  Gesetzgebung  durch  das  Volk 
(obligatorisches  Heferenduni  und  Initiative)  im  Bund  wie  in  den  Kantonen. 
Abscbaflung  des  Sttänderathes. 

3)  Einfahrung  der  Proporlionalvertretung. 

4)  Rechtsprechung  durch  das  Volk  und  nnrnf,zeltliche  Reclit-jifl./;;!  . 

ö)  Unbeschränktes  Scbweizerbürgerrecht  und  uniiedingtes  Stimmrecht  für  alle 
schweizerischen  IGtbürger  in  kantonalen  und  Geroeinde-Angelegenhettcm. 
Uebertrntrun?  di-r  AMn(_-ni)ik'^;f  an  di«.-  EinwohiuTu't'nMMnde  mit  auareichender 
Beibüife  der  belretf enden  Landeslheile  und  des  Staates. 

6)  Obligatorbdier,  unentgeltlicher  und  weltlicher  VoUcsschulunterrieht  bis  zum 
zurückgelegten  In  Li  liensjnhre  mit  fortschreitenden  Jalireskursen.  so  datJ 
Sekundär-,  resp.  Bezirksschulen  und  Gymnasien  uiientfreltlich  und  ol»hga- 
torisch,  und  erforderlichenfalls  mit  Stipendien  für  l'nl»emitUclf  den  Kindern 
des  Volkes  ofTen  -t<  lien.  Einführung  oblii^Mlorischcr  Fortbildungsschulen 
bis  zum  mihtärptlichtigen  Aller,  l'neulgeltlicbkeit  der  Lehrmittel.  Unent- 


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Arbeitervereioe 


—    32  — 


Arbeitervereiae 


{reiflicher  Untmicht  auch  an  alten  hfiher«n  staatlicfaen  BUdungsansUlten» 

Stipeiidu  II  rni  rUii^«'  l  nbendttelte,  wdche  mittlere  und  höhere  Leiir- 

aDätalten  besuchen  wollen. 

7)  Arbeitergesetz,  mit  etneui  den  OeseUschaflsbedürfnissen  entsprechenden 

Xnrrnalarheif''?;!'/.  Verlmt  der  rulirikrnätiigen  Kinderarbeit  bis  zum  zurück- 
gekgten  i5.  Aller^jalut-.  Haftpflicht  für  alle  Fabrik-  und  gewerblichen 
Arbeiter. 

8)  Uncnf'^'eltlicbc  Krunkeni)flege. 

9)  .Staatltclie  Statistik  liber  die  Lage  der  arbeilenden  Klasse. 

10)  Gesundheits-  und  Lebcnsniittelpolizei,  sanitftrische  Kontrole  der  Wohnungen, 

Fabrik-,  W(>rk-i;iH-  ut.ii  Hausindustrie. 
11 J  Steuerreform  iiu  .•^iniu'  der  konsequenten  Durchführung  der  Proj;ession  und 

Inventarisalion.   Progressive  Erbschaftssteuer  bis  zu  fi«  "  <  des  Xacblas^es, 

baupt<ächlicli  zu  Erziehuuffszwecken  für  arme  Kinder.  Abschaffung  der 

indirekten  Steuern. 

12)  Uebernahine  der  Ei?enb.ihnen  durch  den  Bund. 

13)  Bundesbank  mit  Bauknuleomonopol  {alleiniges  Hecht  zur  Banknotenausgabe). 

14)  Regelung  der  GefSngnißarheft. 

15)  Volle  Selbstverwallung  für  .illf  Arbeiter-,  Hilf-  und  UnterstQlzung!?ka<sen. 

16)  Verbot  alier  Fabrikbulien  und  Döcomptes  (Lohnzunickbebaltuug  ab  Kaution). 
h.  Vom  Standpunkte  der  gewerkschaniicfaen  Bewegung: 

1)  Grniidiin?   vdti   flfnvrrk^rhaflt'n ,    wf/lche  üikmi   Miffrlirdorn  TiPflif^st^butz 

gewähren  und  für  die  ökonomische  liesserslelluug  derselben  eintreten. 
8)  DurehfDhrung  de»  Grundsätze»,  daß  da««  irleiehe  Quantum  Arbeit,  ob  von 

Männorn  oder  von  Frauen  pclci'^iot.  .^birh  Ix-zalilt  werde. 

3)  Errichtung  von  Auskunfls-  oder  Arbeitsnachweisbureaux  in  den  Mauden  der 
Arbeiter. 

4)  Feststellung  der  .Xrbeitslöhne  auf  die  Höhe  einer  angemessen«!  Existenz, 

mit  Berücksichtigung  dnr  örtlichen  Verhuilniase. 

5)  Gründung  von  Produktivgenossensebaften,  die  Ei.-t  ntlmm  der  betreflenden 

Gewerkschaften  sind  und  nur  ai!<nahins\v(  i-r  L"linai  lieiier  beschäftigen. 

Weder  dieses  Prograrara  nonh  dasjenige  dea  Arbeiterbundes  vermochte  in- 
de^eOf  den  letzteren  dauernd  am  Leben  zu  erhalten.  Nach  7  '/sjährigem  Bestände» 
im  UToTMiber  1880,  IQste  «ieh  detMlbe  tat  and  m  frateii  an  i«iiie  ^Ue  folgende 
drei  VerbSiide: 

1)  Der  Allf/emeine  Gewerkschaftsbund  für  Arbeiter  aller  NationaUHUe». 

2)  Die  StK'ialdemokrafiar'he  Pnrtt'i  der  Schweix  tüi  Sohweiserbttrgor  mar 
Verfolgung  der  iandeepolitigchcn  Interessen 

3)  Die  Deutsche  soeialdemokralische  Fartei  in  der  Sctmeis,  aua  Angehörigen 
dea  dentacbMi  Seiches  bestehend,  hanpMohlioh  cor  üntersttttzung  der  Sonid- 
demokrutic  in  Deutschland. 

Alle  drei  waren  als  Föderationen  von  Lokalvereiiieii  und  zentralisirten  Vereinen 
für  bestimmte  Zwetke  gi.dacht.  Der  Grtippirmi;.;  war  damit  ein  sehr  weiter  Spiel- 
raum geboten,  indem  die  Zugehörigkeit  einea  Vereins  zu  einem  Verbände  die 
Kitgliedschaft  bei  einem  andern  nicht  ausschloß.  Der  allgemeine  Gewerksdiafts» 
bund  und  die  eofialdemolcratisohe  Partei  der  Schweiz  toten  noch  in  eine  nShere 
Verbindung  unter  einander,  indem  sie  an  Stelle  d*  r  mit  Auflösung  des  Arbeiter- 
bundfts  eingegangenen  „Tagwaoht"  ein  pemeinpanjes  otüzielles  Organ,  die  „Arbeiter- 
Stimme'^,  schufen,  während  die  deutsche  sozialdemokratiaohe  Partei  in  der  Schweiz 
in  dem  internationalen  Organ  der  Sozialdemokratie  dentscber  Zunge,  dem  .Sozialo 
demokrat**,  ihr  gegebenes  Organ  fand. 

Keine  der  drei  Organiiwtionen  gelangte  in  den  n&ohaten  Jahren  zu  einer 
rechten  Entwiiklimg,  so  daß  schon  im  September  188.'5  ein  neuer  Arbeiterkoiigrcli 
(unter  dem  Niime!'  .  A  llLn'ineinpr  Hrhwpi^.pnsclu-r  Arbcitertag-)  stattfand  (in  Zürich), 
der  nun  bet»ohlub,  duu  die  iu  der  Schweis  bebtehendeu  b  sozialittliticheu  Organi*' 
satiooea:  der  Grtttliverein,  der  Gewerkaoballsiiand,  die  dentsdien  Ärbeitarvereine^ 


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Arbeitervereine 


—  — 


Arbeitervereiae 


die  sohweizorischen  Sozialdemokraten  und  die  deutschen  Sozialdemokiateu  behufs 
wirkMunen  Yorgeboiia  in  allen  aonaJen  und  wirthsehaftUeben  Fragen,  unter  voller 
Wahrung  ihrer  Selhaffindigkait,  eine  Verbindung  eingehen  aoUten,  weleher  die 
einzelnen  Sektionen  jener  Verliilmie  beitreten  könnten.  Ein  ans  je  zwei  Mitgliedern 
der  genannten  ftlnf  Yerbändf  be.stekendes  Aktionskomit>  sollt*;  di»;  weitere  Aas- 
fdhrung  des  Pianen  an  liand  uehiHun.  Außerdem  wurde  eine  Keihe  vuu  Bescliliissen 
über  tächwebende  Fragen  der  Sozialpolitik  (Haftpäicbt,  Arbeiterversicberang,  inter- 
nationale Fahrikgeeetsgebnng  etc.)  geftifit  und  eine  Hotion  angenommen,  durch 
welche  der  schweizerische  Bundesrath  au^g|efordert  ■  r-ile,  in  Bern  ein  Bureau 
für  Arbeitastatistik  nach  dem  Muster  der  amerikanischen  7.\x  gründen. 

Unter  die  Fittige  dieses  „Aktionskomites  des  schweizerischen  ArbcittTtfiges" 
stellten  sich  im  nämlichen  Jahre   1500  Griitlianer.  Mitglieder  di  utNcluT 

Arbeitervereine,  730  Gewerksohaftlur,  öOO  deutocLe  umi  300  Kchwoizerische 
Sosialdemokraten,  somit  inageaammt  3680  Anhänger.  Deren  Zahl  hob  sieh  bis 
April  1887  auf  0000.  Im  Sommer  1887  wurde  der  Sita  dieses  Aktionskomitea 
von  Zürich  nach  Bern  verlegt. 

Aus  dem  Zusammenwirken  desselben  mit  dem  Grtltliverein  und  dem  Gewerk- 
ßchaftsbuud  entstand  löbü  die  AVnrmrine  i^rhtaei serische  Arbeiter- Reset  vckasse ^ 
Uber  deren  damalige  Organisation  und  Ziule  folgeudcr  ätatuten-Auszug  Auskunft  gibt. 

Der  !<chweizori:<clie  (in'Uliverein.  die  dem  Aklii)nskomite  dos  Arbeilerfayos  unlcr- 
stehenden  selbstämlij^en  Verl>;indi'  und  der  schweizori>'c-lie  Gewerlcschallsbund  t»;  nidrn 
eine  Gonn*(S€Uscbaft  mit  der  Firma  , Allgemeine  schweizeriiin  lie  Arbeiter-Heserveka&^e", 
unter  der  Ii«itung  eines  aus  den  drei  Verbanden  konibinirten  Komitee. 

Der  Zweck  des  Institutes  ist:  Bei  dntlienden  Arbeitseinstelhinj^en  und  |)edeutenderen 
Anständen  zwischen  Arbeitern  und  Arbeitgebern  eine  genaue  Untersuchung  der  Ver- 
hftltnisse  anzuordnen,  Verpleicbe  mit  den  Arbeitgebern  oder  sehiedsgeriehtlidie  Ans* 
tr.iL'uti-  d.  r  DilTt  renzen  anzu-ln  ben,  nach  Vf  i-aL'uii;^  aller  anderen  Mittel  l)t;i  ).'eeii;neter 
Sachlage  eine  Arbeitseinstellung  zu  genehmigen  und  die  Belheiligten  aubsidär  aus  seiner 
Reserve  und  durch  ftffentliche  Sammlung  zu  unterstfltnn.  Die  Reservekasse-Kommiasion 
bat  dir  >)iezieUe  Aufgabe,  die  gewerkschafUiche  Organisation  der  Arbeiter  nach  Krftflen 
zu  fördern. 

Zu  der  Genossenschaft  gehAren:  Alle  Mitglieder  des  schweizerischen  GrAtlivereins, 

dir  MiV.diedr»r  d*  r  dem  Akfionskonutf^  iinterofidimden  ^(dh-tändigen  Vrihnnd«-'  nnd  die 
sanmilliehen  AiitKlieder  des  schweizerischen  Gewerksciiattsbundes.  Dureli  iie<!chlulA  der 
Kommission,  «anktionirt  durch  Urabstimmung,  können  auch  noch  andere  Vereine  nn«l 
Verbände  in  dir  nt^nosscnsehafl  aiif;r''iif>mrTii  n  werden.  Di^  pfT-■f■^tdi^  hf  HafHinrkcif  der 
einzelnen  Mitglieder  für  die  Vcrbiudliclikeileji  der  GenossenscliaU  wir  1  nusdrütklicb  aus- 
geschlossen. Alle  Mitglieder  des  Reservekasse- Verbandes  sind,  soweit  sie  ihren  Pflichten 
gehörig'  rin  tikommon.  niirh  unter.st(\tzunt'sbece(dititrt.  Xiehtmitglieder  kOnnen  aus  «leni 
ErgebiiiL»  trciv\ illi^-er  Sammlungen  jeder  Art  unterstützt  werden,  sofern  sie  am  Streik 
Iheilnebmen  und  sich  sofort  einer  »ler  bestehenden  Organisationen  anschließen.  Das 
Komite  wini  eiit-scheiden.  inwieweit  Mitglieder,  welche  infolge  der  Betheiligung  bei  einem 
Streik  nach  BeendiguU','  desselben  ,gematiregell'  werden,  notdi  weiter  zu  unterstützen 
sind;  vorausgesetzt,  daß  hiezu  überhau})t  die  fmanziellen  Mittel  nicht  fehlen.  MitgHeder 
und  Sektionen  sind  pflichtig,  über  bedeutendere  Anstände  aller  Art  welche  zwischen 
Arbeitern  und  Arbeitgebern  existiren,  geriauen  Rapport  zu  erstatten,  und  so  das  Ein- 
schreilen der  Reservek.isse-Konimission  zu  ermf»glichen.  Generalversammlungen  linden 
nicht  statt,  außer  es  werde  die  Zusammenberufuog  von  einem  Zebntlheil  der  Mitglieder 
▼erlangt. 

Dir  Kasse  wird  in  rid-rnilrr  Weise  gebildet:  a.  Der  schweizerisebe  (.Jrütliverein 
hestiiuinl  eine  Summe  von  2000  Fr.  aus  seinem  Fonde  fOr  den  genannten  Zweck.  Durch 
Zinse,  freiwillige  Sammlungen  und  allfiülige  Zuschüsse  aus  der  Zentralkasse  bringt  er 

ffir  ilrii  gleichen  Zwc-rk  jährlich  mindesten-  wri'ri,-  lontt  Fr.  .mrund  sucht  seinr  I..  i-f'in^ 
über  dieses  Minimum  hinaus  nach  Möglichkeit  zu  steigern,  b.  Das  Akliouskonüte  des 
Arbeitertages  legt  per  Jahr  im  Minimum  800  Fr.,  c.  der  Gerwerkscfaaflsbund  in  der 

ptf  it  Iirn  Zrit  im  Miiiiminn  l(>f>  Fr.  in  die  lle-^ervekasse.  Die  Feststellung  der  n.Tlieren 
Bcstiuiumugeii  Itir  die  Aufbringung  der  Gelder  ist  Sache  der  belreil'en<len  Verbände. 

Kurifr,  Volkawii thscbnflü-Lüxikiiii  dor  Srliwciz.  y 


Arbeitervereine 


—    B4  — 


Arbeiter  V  erei  ae 


Zur  Au:»chreüjuuii  von  Exlra^teueru  bei  Streiken  von  größeren  DiineasioneD  bedarf  es 
der  Zustiininniig  der  Komites  der  sab.  liL  b.  und  e.  genftonten  Verbünde. 

Die  Summe  von  r»000  Fr.  jrilt  als  unantastbarer  Minimalfonil-.  Auf  die  einzelnen 
Verbände  verleg:!,  beträgt  derselbe  für  den  Grülhveiein  einstweilen  HÜÜÜ  Fr.,  für  das 
Aktion«komite  1200  Fr.  und  für  den  (iewerlcsohansiiund  800  Fr.  Ehe  der  Fonds  10,000 Fr. 
beträgt,  wird  die  l'nterstidzung  lediglich  aut  dem  Wege  freiwilliger  Sammlung  besorgt. 

Die  föderirlen  Verbände  wählen  die  Heservekasae-Kommiasioa  von  U  MitgUedem, 
von  denen  der  GrStliverein  5,  das  Komite  des  Arbeiterta^  3  und  der  Gewerksdiafts- 
bund  "i  entsendet.    Jeder  Verband  wählt  eine  gleiche  Anzahl  Stellvertreter. 

Die  Hiscrvckii'^sO'Konimission  uirii  vom  F'r.i^iilt  iifen  nach  Pi-ilfirfniß  einberufen. 
Sie  ist  mit  7  Mjti,'lifilein  beMliluülähig,  wenn  jedci  Uer  fftderirtea  Verbände  durch 
mindestenis  ein  Mitglied  vertreten  i.st.  Sie  vertritt  die  Genossenschaft  rechtsgültig»  voll- 
zieht die  Statuten,  verfügt  innerhalb  des  GenossenschaAszweckes  Aber  die  Kassen  und 
besorgt  alle  Geschäfte. 

Die  Kommission  faßt  ihre  Beschlüsse  mit  Stimmenmehrheit.  Für  die  Genehmigung 
eines  Streiks,  srnvie  filr  die  Bescblnßfassung  betreffend  Geldanwendongen  sind  iwei  Drittel 

der  i^timmen  nöthig. 

Die  speziellen  Kompetenzen  der  Beservekasse-Komroission  sind  folgende: 

a.  Entgogennidime  der  Anzeigen  von  beabsichti;_'ti'ii  Sin'iks,  von  Lohnkonflikten 

and  anderen  Streitigkeiten  zwisciien  Arbeitern  und  Arbeitgebern. 
5.  Untersuehwig  der  Sachlage  durch  tflcbtige  Genossen  an  Ort  und  Stelle  oder 

diirili  .\bordnunpt-n.  iintlii;ji  nf;il!-  unter  Rcizui,'  vnti  ?,n  li\ cr-frindigen. 

c.  Leitung  der  Vergleichäverbuudlungca  mit  den  Arbeitgebern  eventuell  Versuch 
einer  scbiedsgerichtlicben  Austragung  des  Streites  durch  ein  aus  Arbeitern 
und  Arbeitgeliern  gleichmäßig  zupnnimcn^e'^ctztt-";  Ocrichl 

d.  Beschlußfassung  über  Zweckmäßigkeit  undBc^rüniietbeit  einer  Arbeitseinstellung 
und  allfSIIig  anderAveitiger  Klagen  auf  schriflhehen  Rapport  und  naeh  genauester 
l'rrifung  der  Thalsachen  und  des  llntersuchungser?f>l>fii«e?'. 

e.  Ordnung  des  Unterstützungswesens,  Regulirung  der  Beiträge  an  die  Streikenden, 
Eriasee  an  die  Komites  der  föderirten  Verbände  zu  Zahlungen  und  eventuell 
zu  Avoifprer  fiiianzioll-  r  I  iitiTstiltzung  mittelst  Hilfrruft  n,  Versammlungen  elt!. 
Der  KrluLi  von  HiUciukii  durch  Mitglieder,  Sektionen  und  Lokaiverbäude  ist 
strengstens  untersagt. 

f.  Verfri;jntiL;('n  betrellend  Fernhaltung  des  Zuzuges  und  Abreise  von  Streikenden. 

g.  Bes<  iiluL.t.issung  über  Beendigung  der  Streiks. 

h.  Einfonlerung  von  detaillirten  schriftlichen  Berichten  über  jeden  Streik,  Samm- 
lung des  bezüglichen  Aktenmaterials,  allfälliger  Erlasse  von  Behörden  und 
wichtigerer  Publikationen  der  Pres?*e,  und  resömirte  Berichterstattung  in  den 
Organen  der  Verbände  unter  gleichzeitiger  Rechnungsablage. 

I.  Publikation  von  Jahresbericht  und  .!ahre*«n»i  tintin^'  ;uif  dcm^elhcn  Wege. 

Eine  Arbeitseinstellung  darf  nidil  lit^wüligl  vvciidtii,  wcua  nit  lil  uiindehlen.s  '  *  der 
betheili^'t'Mi  Arbriter  damit  einverstanden  sind.  Erst  dann  untersucht  die  Kommission 
den  Sachverhal!  nrirli  den  vnr-^tehend  aufgestellten  Grundsätzen.  Wird  eine  Arbeits- 
einstellung trotz  uiaugeliuler  Bevviihgung  dennoch  inszenirt,  .so  wird  die  Reservekasse- 
Kommission  ftlVentlicli  bekannt  machen,  daß  ihre  Zustimnnmg  fehlt.  Die  Unterstützung 
bei  genehmigten  Stu  ik-  Iiti/inid  in  der  Regel  erst  nach  Ablauf  der  ersten  Woche  von 
der  faktischen  Ein^lelluu^'  der  Arbeit  an.  Bei  gesetzwidrigen  Au.sschreitungen  seiten.s 
der  Streikenden  oder  Nichtliefolgung  gegebener  Vorschriften  kann  die  Unterstützung 
ganz  oder  tbeilwetse  eingestellt  werden  und  ist  einer  diesfailsigen  Weisung  sofort  nach- 
zukommen. 

GegenVerfügungen  imdBeschlüsse  der  Beservt  k;i--e  Ki)iniiii--i'Mi  k  inn  in  wlclili^'eren 
Fällen  an  die  drei  Komitee  der  Verbände  rekurirl  werden.  Die  Verhandlung  und  Ab* 
Stimmung  geschieht  schriftlich  und  unter  einstweiliger  Leitung  des  Grfitli-Zmtralkomitee; 
es  entscheidet  die  Mehrheil  der  Stimmenden.  Der  Rekurs  hat  aufschiebende  Wiiiiung 
nur  dann,  wenn  ihm  dieselbe  von  der  Hekursinstanz  beigelegt  wird. 

In  gleicher  Weise  steht  den  drei  Komites  der  flJderirten  Verbände  ein  Einsprüche* 
recht  gegen  Bet<rhlQ8se  der  Reservekas-f  Kommission  zu. 

Diese  Stntnten   sind  liciitc  (IS^l)  geändert,   die  Reservekasse  i«t  an  den 

Gewerkschaltsbund   uberi:L-^'unireii,   da?  hievor  melirfach  erwähnte  Aktionskomite 

des  Arbeitcrtuges  besteht  nicht  mehr,  Htatt  de»beu  aber  eine  rekonätituirte  (kleine) 


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Arbeitervereine 


—    35  — 


Arbeitervereine 


«hwekeruehe  mnialdemokratiiche  Partei  *)  and  —  für  die  Arbeitemohe  sehr  wichtig 
—  ein  neuer  «Sohweiflerieoher  Arbeiterbund Das  Nähere  darftber  ist  ernohtlieli 

«US  dem  bereits  vorausgegangenen  Artikel  „ Arbeitorstkrf tnriiit",  sowie  an»  der 
nachfolgenden,  dem  Lexikon  von  Herrn  Nationalrath  Vngelsanger  und  dem 
Sekretariat  des  Gewerkschattabundes  gelieferten  Skizze  Uber  die  Arbeitervereine. 
Trolx  den  Wiederbolungen  T<m  beorüt»  in  obigen  Aotiiig  ans  Bflehsr*»  Abbaadlung 
besagtem  gelangt  die  Skine  au  «BTorkBntem  Abdmek. 

In  einem  tio  aiisgepi^ten  Iftdnstrieitaate  wie  die  Sobweis  mttfiton,  wie  man 
glauht,  die  Arbeitervereine  eine  gM\7  hpdeiitende  Stelle  einnehmen.  Dies  war 
jedoch  bi»  in  die  neuere  Zeit  hinein  aus  mehrfachen  Gründen  niclit  der  Fall. 
Kleinheit  der  Industrie  und  der  politischen  Verhältnisse ;  die  politische  Bewegungs- 
freiheit,  welche  die  Bespreohting  tob  Tageefragen  im  engeren  Kreise  tob  Standea- 
genoBsen  nicht  als  dringendes  BedUrfniß  erscheinen  ließ;  ein  bis  in  die  neuere 
Zeit  hinein  anfiaticrndes  Vorherrschen  der  HatisiiKliiHtrio,  welche  iilierall  der  Bildung 
von  Arbeitervereinen  hinderlich  ist,  Npraohiiche  Verschiedeuheittn  etc.  alle 
diese  Gründe  standen  der  Bildung  von  Arbeitervereinen  en^geu.  Wenn  mau 
■allerdings  den  Begriff  »Arbeiterverein*  aneh  anf  Krankenkassen  anwenden  will, 
wKre  die  Schweis  sehon  frttbseitig  mit  solchen  reich  gesegnet  gewesen.  Denn 
unser  Krankenkassenwesen  j^teht  in  hoher  Entwicklung.  Hier  handelt  es  sich 
aber  in  der  Hauptsache  um  Arbeitervereine  in  eng-erem  Sinne  und  die  Kranken- 
kassen  haben  bei  unserer  Arbeit  unberttcksichtigt  zu  bleiben. 

Wenn  die  schweiserisehen  Arbeitervereine  ein  von  den  aoslttndisoben  ganz 
▼emchiedenes  GeprBge  tragen,  so  Hegt  die  Sobnid  wiedemm  an  den  oben  an- 
geführten Gründen.  Im  Lande  dw  fireien  Meinungsäußerung  muß  die  Art  der 
Mitglieder  von  Vereinen  pi>Hti'.''her  oder  gewerkschaftlicher  Natur  eine  andere 
sein,  als  dort,  wo  der  Meinungsäußerung  wie  der  freien  Vereinsbethätigttng 
iJchranken  gesetzt  sind. 

In  nenerer  Zeit,  im  Yerlanf  der  leisten  10 — 15  Jabre  bat  die  sehweinertsebe 
Arbeiterbewegung  bedeutende  Wandinngen  durchgemacht  und  es  ist  das  Vereins- 
wesen  auf  eine  früher  ungeahnte  Höhe  gebracht  worden.  Zu  diesem  Aufschwung 
trugen  verschiedene  Faktoren  bei.  Rr  war  sowohl  eine  Folge  fluten  Geschäfts- 
ganges als  nachfolgender  Krisen,  wobei  die  dui-ch  letztere  bedingte  Nothlage  die 
Arbeiter  antrieb,  sieb  inr  Erlangung  beaserer  Zostiinde  gegenseitig  ni  verladen. 

Als  im  Jahre  1838  der  sehw^serisobe  Grtttli verein  gegrttndet  wurde,  be- 
standen in  der  Schweiz  keine  andern  Arbeitervereine  mit  Ausnahme  von  Turn-, 
Oesang-  und  andern  ünterhaltnnsrsvereinen.  Auch  der  GrUtliverein  wollte  lange 
Zeit  nicht  gedeihen,  da  Vorurtheile  aller  Art  ihm  gegenüberstanden.  Erst  in  den 
letsten  swei  Desennien  ist  er  zu  einer  bedeutenden  Macht  angewachsen,  so  daß 
er  1890  in  320  Sektionen  sirka  16,000  Mitglieder  stthlte.  In  seiner  heutigen 
Znsammensetzung  ist  er  allerdings  nicht  ausschließlich  Arbeiterverein,  da  er  eine 
große  Anzahl  Kleinmeister  nnd  Beamte  zu  Mitgliedern  zühlt,  doch  gehört  immerhin 
der  bedeutendste  Theil  der  Mitglieder  dem  eigentlichen  Arbeiterstande  an. 

Die  üOer  und  70er  Jahre  sind  die  Geburt öjahre  der  schweizerischen  Arbeiter- 
bewegung nnd  es  bat  dieselbe  seithw,  also  in  verbSltnißmKßig  ktirser  Zeit,  be- 
dentende  Fortschritte  gemacht.  Im  Jahre  I87d  wurde  auf  einem  Kongresse  zu 
Ölten  der  Sch/rcizerische  Arbeilerbund  gegründet.  Er  zählte  anilingliih  bloß 
einige  wenige  Berufsvereine,  neben  einer  Anzahl  deutscher  Vereine  und  inter- 
nationaler Arbeitervereine.  Man  schenkte  den  Berufsvereiuen  in  jener  Zeit  auch 


*)  Vgl.  Seite  9«  im  III.  Band. 


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Arbeitervereine 


—    36  — 


Arb«itenreremft 


▼OB  Sttte  der  Aarbeiter  noch  wenig  AnfmerkBamkeit  und  vermengte  die  gewwk« 

gchaftlicbe  und  politisobe  Bewegung.  Erst  ab  an  den  Kongreosen  des  Arbeiter- 
bnndes  in  Basel,  Bern,  Ölten  etc.,  die  Xothwetidigkeit  der  g^eworblicben  Organi- 
t^uti()n  der  Arbeiter  immer  mehr  in  den  Vordi  r^Tund  gedrängt  wnrdf,  kam  die 
gewerk^cbaftlicbe  Bewegung  in  Fiuü  und  i^t  seitdem  ein  Htet«»,  wenn  auch  uu- 
gleicbes,  nickweiees  Wacbeen  deraelben  sn  veneiohnen. 

Lange  Jahre  tastend  vorgehend,  das  Richtige  «oehend,  sind  hente  die  Arbeiter* 
vereine  zu  einer  Macht  im  Staate  gr^worden,  dip  zielbewußt  TOfsngelien  and  ihre 
Forderungen  zu  formuliren  und  zu  verfechten  wissen. 

Waren  die  Arbeitervereine  früherer  Perioden  größtentheils  sogenannte  gegen- 
•eilige  Elilfavereine,  Krankenkasaen,  Eonsnm-  und  Sparrereiae  etc.,  ao  unter- 
aoh^en  deh  die  bentigen  ganz  gewaltig  von  jenen  dadaroh,  daß  «ie  der  An- 
schauung huldigen,  es  sei  Pflicht  des  Stanti  ,  alle  die  Hülfs-  und  Schqtmilltiohtungen 
zn  trcircTi,  welche  für  das  Wohl  der  aibeitenden  Klasse  nöthig  seien;  ein  wehr 
großer  Theil  geht  noch  weiter,  bekennt  sich  zu  den  Grundlehren  der  Sozial- 
demokratie nnd  verlangt:  Ueberfübruug  aller  Produktionamittel  an  den  Staat 
oder  die  Geselladhaft. 

In  neneater  Zeit  machte  aich  wiedemm  das  Bestreben  geltend,  die  bestehenden 
Arbeitervereine  zu  zentralisiren.  und  es  sind  nach  and  naoh  entstanden  und  bO" 
sonders  bemerktn^wiatb  folgend«  Verbände: 

Der  Si  hweieerische  Tj^pographenbund.  Ein  «»lark  entwickelter  Berufsstolz» 
ein  den  Übrigen  Arbeitervereinen  geistig  überlegenes  Personal,  maoben  denselben 
zu  einem  der  bestorganit^ii  t* n  und  hervorragend  segensreich  wirkenden  Verbände 
Im  Jahre  löüH  gegründet,  also  20  Jahre  nach  dem  GriitHverein,  hat  «Icrsclbe 
unter  seinen  Mittrlicdern  al'^  Kranken-,  Invaliden-,  Heise-  und  Viatikumskasse, 
sowie  ak  Gewerkverein  zur  Kegelung  der  Arbeitsbeduigungen  und  des  Lebrlings- 
weaana  viel  geleistet.  Aach  finanziell  ist  der  Typographenbund  der  loistuugs- 
fthigate  aller  achweiieriaehen  Arbeitervereine.  £r  besieht  hente  «laen  wS^ntlkhea 
Beitrag  von  1  Fr.,  wozu  noch  die  Sektionsbeiträge  kommen  (in  Zürich  50  Cts.). 
Er  zählt  in  22  Sektiidu  n  IHM)  Mitglieder,  nnd  besitzt  ein  Vermögen  in  »••einer 
Kranken-.  Sterbe-,  Invaliden-  und  Keinekasse  von  107,000  Fr.  Im  Jahre  IbHV» 
nahm  derselbe  an  Woehenbeiträgen  rund  4ti,000  Fr.  ein  and  in  den  Jahren 
18^0—89  345,447  Fr. 

Der  in  der  welschen  Scbweia  bestehende  Typographenbuud,  „  Societe  Federative 
des  Typograpbes  de  la  Suis.se  romande",  beruht  auf  ähnlicher  Grundlage,  doch 
ist  er  bedeutend  kleiner;   er  zählt  in  ö  SektKimn  zirka  Mitf^lieder.  Kiite 

endliclie  Verschmelzung  beider  Verbände,  welche  von  vielen  gewünscht  wird, 
dürfte  immerbin  noch  einige  Zeit  anf  sieb  warten  lassen,  der  Charakterverschieden- 
heit  der  welt^chen  und  deutschschweizerischen  Arbeiter  wegen. 

J^er  Stitkereiverband.  Derselbe  ist  nur  zum  Theil  Arbeiterverein,  da  er 
anch  KiUtflente  nnd  Maschinenbesitzer  zu  Mitgliedern  zählt,  dagcp-en  ist  «1er 
Verband  der  Fabrtkattcker  ausschlicßUcb  Arbeiterverein.  Er  ist  aber  noch  klein 
und  c&hH  in  94  Sektionen  dut  etwa  800  Hi^Ueder.  Die  Stickmündostrie  be> 
BohiHigt  swisohen  36  nnd  40,000  Menschen,  wovon  angefthr  die  Hfilfte  auf  die 
Haus-  und  die  andere  Hälfte  auf  die  Fabrikindustrie  entfallen,  ebenso  je  die 
Halft.'  auf  ni.iniilicht'  iiud  weibliche  Arbeiter.  Ks  ist  also  die  Prozentzahl  der 
dem  »peziellca  Arheiti  rverhande  angehörenden  Arbeiter  in  der  That  klein.  Heute, 
nachdem  die  Stickcrlöhue  gegen  frllhcr  um  ein  bedeatenden  gefallen  sind,  werden  von 
versohiedenen  Seiten  Anstrengangen  gemacht,  den  Verband  der  Arbeiter  sa  fördern, 
um  in  der  Organisation  einen  Schnta  gegen  die  immennehr  lunehmende  Yer- 


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Arbeitervereine 


—    37  — 


Arbeitervereine 


gohliniiBening  der  Indnatrie  wa  gewinnen;  mit  weleliem  Erfolg,  wegen  wir  niobt 
so  eagen.  Der  Beitrag  der  Uitglieder  iet  ein  selur  kleiaar,  50 — 70  Bp.  per  Monat, 

die  Opferwilligkeit  aleo  nioltt  so  entwickelt  wie  bei  den  Buchdruckern;  defihalb 

mußte  fwirh  das  eigene  Orpan  (h'-r  Verbniides  vor  kurzer  Zeit  cing'ehPTi,  was  ein 
bedeutsames  Zeichen  ist  zu  einer  Z«it,  wo  der  i^'achpresse  allüberall  die  größte 
Beachtung  geschenkt  wird. 

Die  Uhrmacherwrbindungen.  Ein  geeeUoMener  Verband  eKmintliefaAr  Gruppen 
der  Uhrenindustrie  existirl  nicht  mehr.  Er  wurde  vor  Jabren  gegründet  und 
yerbiind  die  Tcr^^chif•de^pn  Abtheilungen  der  ührenindustrie : 

Föderation  des  graveurs  et  guillocheurs,  F6d6ration  des  monteuis  l»-  lioiteg, 
repasseurs  et  remonteurs,  faiseurs  d'echappements,  faiseurs  de  cudrans,  laiäeurs 
de  aeorete  ete.  %n  einem  Bond,  der  sieb  Föderation  horlog&re  snifloes  onTri^  nannte. 
Derselbe  ist  untergegangen,  doch  sollen  gegenwärtig  Studien  für  Neubildung  einee 
ähnlichen  Bundes  im  Werke  seiu.  Die  Zahl  der  in  der  ührenindustrie  beschäftigten 
Personen  wird  auf  zirka  40,000  geschätet,  in  Gewerkvereineu  organifdrt  sind 
aber  bloß  aürka  14,000. 

Der  Holtarbeiiert/erband,  gegründet  im  Jabre  1886,  aKblt  beute  19  Sektionen 
mit  nrka  9000  Hitgliedern. 

Neben  diesen  Verbänden,  welche  für  sich  allein  ohne  Verbindung  mit  andern 
leben,  bestehen  dann  noch  die  naclif  dgeuden.  die  allerdings  auch  Selbstverwaltung 
haben,  aber  mit  all  ihren  Sektionen  dem  schweizer ischen  Gewerkhchatts- 
bunde  augehören.  Es  sind  dies:  Gießer,  gegründet  1887  (Sektionen  9);  Spengler 
1877  (6);  Metallarbeiter  1889  (12);  Tabakarbeiter  1889  (7);  Mflller  1889  <7); 
Schuhmacher  1874,  dann  eine  Zeitlang  aufgelöst,  nengegrUndet  1890  (10);  Hafner 
1S89  (S);  Buchbinder  1S90  (4);  Schneider  1S89  (12);  Steinhauer  1888  (:>); 
Muler  \h>*9  (r>);  Glaser  1890  (1);  Korbmacher  1889  (?).  Die  Mitgliederzahl 
dieser  Verbände  ist  sehr  verschieden ;  der  Korbmacherverband  zählt  zirka  50,  der 
Tabakarbeiterverband  dagegen  etwa  800  Mitglieder. 

Diese  letztgenannten  Verbände  bilden  also  mit  einer  größeren  Anzahl  einzelner 
Vereine  (allgem.  Arbeitervereine  und  Vereine  diverser  Berufsarten)  den  Schweiz. 
Ge  werkschaftsb  n  V  d  Eh  ist  dieser  g^Lr^'r^vürtig,  wenn  nicht  der  größte,  doch 
der  einßußreichate  Berulbverband  in  der  Schweiz. 

Der  eebweix.  GewerbehaftBbnnd  iat  ane  dem  firlUiem  adiweis.  Arbeiterband 
entstanden.  Lange  Jahre  bindnreb  sehr  klein,  hatte  er  mit  allerlei  Schwierigkeiten 
sn  kämpfen.  Am  Kongreß  zu  Ostern  1887  in  Aarau  zählte  er  in  54  Sektionen 
rnnd  3000  >fitij:li»M!er,  beute  in  l'M)  Sektionen  rund  5000,  welche  14  Verbünden 
und  einer  Anzahl  Einzelvereinen  angehören,  worunter  11  allgemeine  Arbeiter- 
vereine sich  beünden.  Der  Verband  hat  mehrfache  Wandlungen  erfahren,  und 
erst  in  dieeem  Jabre  (1891)  hat  er  sein  Kleid  total  geändert,  d.  h.  erweitert, 
indem  er  die  seit  1886  bestehende  Arlieiti  i-Re.serveliahse  in  sich  vereinigte. 

Diese  Reservekasse,  ein  in  ibrsr  .\rt  einzig  dasfebt  ndes  Institut,  wurde  1886 
gegrUnrh't  vom  pcbw«»!?..  Grütliverein  auf  Veranlassung  von  Disziplinausächreitun^en 
von  Streil{.enden,  Buwie  von  taktlosem  Einschreiten  der  Polizei  bei  einem  Lohn- 
streit.  Es  machte  sich  die  Nothwendigkeit  geltend,  b^  den  organuirten  Arbeitern 
eine  BehVrde  zu  besitsen,  welche  vor  dem  Streik  «wischen  XJntemehmerthnm  nnd 
Arbeiter  vermittelt,  sowie  auch  während  dem  Streik  ein  Bindeglied  zwischen 
den  Streikenden  und  der  übrigen  Arbeiternchaft  bildet  und  die  üntcrstUtzungsfrac;?, 
diese  Lebensfrage  bei  Streiks,  regelt.  Die  Reservekasse  ioollte  nach  der  Meinung  der 
GrUnder  nicht  mrStreakunterslüisunf/s-,  sondern  hauptsächlich  Streikt?erAtnd[«rMn<7«- 
kasse  nein. 


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Arbeitervereine  —    3ö    —  Arbeitervereine 

In*«Lel»an  gwmftn  dorohfinenBMiAlnßderGftttUvenla-DelegirtenTerMiBiiiliiBg^ 
in  Qieiuihen,  wurde  sie  dardi  die  dxei  Yerblade  Grütliverein,  Gewerksohaftsbnnd 

nnd  Aktionskomite  des  BchweizeriBcben  Arbeitertage»  (damals  bestehende  politi^be 
ArbeiterverbiTidnng)  in  Plan  nnd  Statut  geregplt.  Der  Vorort  würde  Bern  über- 
tragen. Eine  auü  GUedem  obiger  Verbände  bestehende  7gliedrige  Kommission 
hatte  die  schwierige  Aufgabe,  dieaea  neue  Institut  iii*8  praktische  Lehen  einxufUhren, 
Die  Eaese  wurde  gebildet  aus  Beitrugen  der  drei  Verbinde,  die  Gelder  aber 
blieben  in  Selbstverwaltung  derselben,  bis  die  Samrae  von  10,000  Fr.  beisammen 
sei.  Die  Kommission  konnte  also  keine  materielle,  sondern  nnr  moraliRche  Hülfe 
leisten,  doch  hat  sie  ganz  gute  Resultate  erzielt.  Ks  erwahrtc  sieh,  -was  die 
Arbeiter  in  Grenchen  behaupteten :  nicht  die  materielle  Macht  det;  zu  bildenden 
Fondes  werde  die  Hauptsadie  sein,  sondern  das  Bewnfitsein,  daß  hinter  dw 
EommiBSion  so  und  so  viel  tausend  Hann  stehen,  welche  bereit  lur  Hülfe  seien. 

Die  Idee  war  gut,  weniger  die  Ausfuhrung,  die  Organisation.  Es  wurde 
bald  das  ReorganisationsbedUrfniß  empfunden  und  im  Jahre  1888  schon  wurde 
in  Bern,  anläßlich  des  Arbeitertages,  an  -welchem  sich  das  Aktionskomite  zu 
Gunsten  der  sozialdemokratischen  Partei  der  Schweiz  auflöste,  die  Keorganisation 
beeohloesen  in  dem  Sinn,  daß  nicht  mehr  KoUektivbeiträge,  sondwn  Einseiauflagen 
der  Hitglieder  erhoben  werden  sollten.  Gleiehzeitig  wurden  Stimmen  laut,  der 
Gewerkschaftsbund  solle  die  Reservekasse  ganz  allein  Übernehmen,  da  man  aber 
den  GrUtliverein  nicht  bei  8eitt^  lassen  wollte,  blicli  das  VerhültniLi  bcnn  alt-'n, 
Vorort  wnrdf  Zürich.  Hier  bestanden  nun  zwei  KoiuHUhsionen :  Buudefkomit«  des 
Gewerkhchaftäbundeä  und  Reaervekassc-Kommiäsiüu.  Um  beide  Kommissionen 
riohtig  SU  besetien,  mangelte  es  oft  an  geeigneten  Personen  und  die  Funktionen 
der  einen  Konimisäion  griffen  in  die  der  anderen  über.  Mit  1.  April  wiid  dies 

ändern;  gemäß  Urali.^itiramtingsbeschluß  des  Gewerkschaftsbtiudes  wird  die  spezielle 
Ileserveka»se-K.ommission  auf  diesen  Zeitpunkt  aufgehoben,  ebenso  die  eigene  Kassa- 
verwaltong  und  die  Reservekasse  geht  au  den  Gewerkschutt^ibuud  über.  Nach 
dem  nenen  Statut  ist  ferner  ein  Beservefond  von  16,000  Fr.  rorgeseben,  ehe 
denelhe  beieinander  ist,  darf  keine  Streiknntersttttznng  ausbeaahlt  werden. 

Damit  ist  der  Gewerkschaftsbund  in  ein  neues  Stadiom  seiuer  Entwioklung 

getreten  und  zu  dem  geworden,  was  seinen  Gründern  TOTSOhwebte:  eiu  Zentral- 
bindeglied für  die  gesammte  sehweizerische  Arbeiterbe wegiing.  1>>t  Gew<;rkschaftH- 
bund  ist  aber  nun  auch  zu  einer  Macht  geworden,  und  wird  e^  noch  uieiir  werden. 
Wenn  ein  Artikel  seines  neuen  Statutes  ausgeführt  ist,  welcher  bestimmt,  es  sei 
von  einem  gewiswn  Moment  an  ein  stXndiger  SekretHr  fOr  den  Verband  ansnstellen, 
der  französisch  und  deutsch  sprechen  und  schreiben  und,  natitrlich  —  agitatorisehes 
Talent  besitzen  muß.    Dieser  Moment  dilrfte  in  Balde  eintreten. 

Den  Yerliiinden,  die  dem  (iewrrkscliaftslainde  angehliron,  sichert  auch  da» 
neue  Statut  ihre  vollf  Selhstiindigkcit  in  inneren  Angelegenheiten  zu.  !>ir  Aut- 
iagen  sind  pro  Mitglied  und  pro  Jahr  auf  ¥r.  2.  40  festgCöClzt.  ilievuu  fallen 
2  Fr.  in  die  Beserrekasse,  der  Best  wird  fttr  Verwaltung  und  Agitation  ver- 
wendet. Bei  der  jetst  bestehenden  Milgliederzahl  wird  dies  oinen  Betrag  von 
12,000  Fr.  jährlich  ergeben  nnd  treten,  was  in  Aussicht  steht,  auch  die  Verbände 
der  Holzarbeiter,  fler  Typogruphen,  eveutnell  Stieker  und  Uhrenarbeiter  bei,  müßte 
der  fUr  Unterstützung  and  Agitation  xerfügbare  Fond  eine  ansehuliche  Höhe 
erreichen. 

Die  Ziele  der  gewerksehaftlich  organisirten  Arbeiter  lassen  sich  in  folgende 
Punkte  ausammenfassen : 


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Arbeitervereine 


—    39  — 


Arfaeitervereine 


1)  8teatU«h6  Anerkenimiig  der  Geumrkechaltaii  und  ihrer  BeMhlttaee  für  Bernlii- 

angelegeiibeiteo. 

2)  Arbeiterkammern  für  die  Kantone  und  <lie  Kidgenopsenschaft,  welche  in  allen 
Arbeiteraugelegenheiteu  vun  düu  Behörden  zu  hören  sind. 

3)  Begelung  des  Arbeitsnachweises  durch  die  Arbeiter-Gewerkschaften  mit  stMt» 
lieber  Untonttttsong. 

4)  Regelung  des  Lehrlingswesene, 

5)  Gewerbegericlitr  und  Einlgung^äh'mter,  in  denen  frei  gewählte  Arbeiter  und 
Gewerksinbaber  zu  gleichen  Theib  n  sitzen,  mit  .-«tHatlich  geschützter  Geltungs- 
kralt  ihrer  Lutscbeidungen  für  alle  IkrolHangehörigen  des  Bezirkes. 

6)  Festeetinng  ein««  KtHrmalarbeitstages,  der  alä  nSefaete  Grenie  10  Btnnden 
haben,  aber  durch  geeignete  Wirksamkeit  auf  8  Stunden  verkfirzt  werden  koII. 

7)  Festsetzung  von  Minimallühnen,  die  den  Preisen  der  ünterhaltsmittel  nnd 
den  Mindestforderungpin  an  ein  menschenwürdiges  Dasein  entsprechen. 

Ö)  Staatliche  Arbeiterversiohenug,  unter  Mitverwaltungsrecht  der  Arbeiter. 

Daneben  anerkennt  ein  aabr  grofier  Thflil  der  HitgUeder  dea  6«werkiohafUi> 
bnndea  dai»  aoiialdemokrakiidie  Programm,  welobea  die  UeberfHbmngdef  Prodnktiona- 
mittel  in  die  HXnde  der  Gesammtheit  anstrebt. 

Neben  dieser  Berufs-Zentral5>:ation  niaehte  sich  noch  ein  weiteres  Betreben 
geltend,  es  ist  das  der  lokalen  Zeutrali»atiou,  die  Bildung  lukaler  Ntädtischer 
Arbeitersekretariate.  ZUrich  ist  darin  vorangegangen,  am  1.  Februar  1JS89  trat 
ein  Statnt  in  Kraft,  welches  die  40  Arbeitervereine  von  Stadt  nnd  Umgebnng 
zu  einem  featen  Verbände  vereinigt  und  einen  geschäftsleitenden  Sekretär  kreirt, 
der  Tür  seine  Arbeit  entschädigt  wird.  Es  ist  di-'s  ein  Zriiher:  vun  int>'n-iver 
ThKti{i:keit  der  Ari)eiter  und  von  Opfermnth,  und  es  briti;^'t  <li.'  Schaltung  solcher 
lokaler  Zentralstellen  denselben  nicht  unwesentliche  Vortheile.  Der  betreffende 
Beamte  maß  aber  recht  vielseitig  sein  und  ist  dorobans  nicht  auf  Bosen  gebettet. 
Er  mnß  Vorträge  halten,  Vereinagrttndnngen  an  fi[and  nehmen,  Anskniift  in  Fabrik* 
und  gewerblichen  Fragen  ertheilen,  die  BeschlilsKe  der  Delegirtenversammlungen 
vollziehen,  Eingaben  an  Behörden  und  Private  machen,  und  allem  Thun  und 
Lasseu  seiner  Vereine  Aafmerksamkeit  Mihenken. 

Im  Herbet  1B90  ist  Bern  nachgefolgt  und  gegenwärtig  studirt  man  in  Basel 
die  VerhjQtnisse,  am  eventnell  ebenfiüls  ein  lokales  Sekretariat  in  schaffen.  Andere 
StSdte  werden  Uber  knn  oder  lang  nachfolgen.  Wo  ein  städtisches  Sekretariat 
nicht  erhältlich  7m  maf^ben  ist,  da  sollen  kantonale  Aeniter  einireführt  werden, 
nnd  in  ZUrich  ist  davon  die  liede,  das  lokale  Amt  ebenialU  uat  der  Zeit  in  ein 
kautonales  zu  verwandeln.  Die  Folge  dieser  Einrichtungen  sind  uatUrlich  erhöhte 
Beitrüge,  allein  die  Arbeiter  gewöhnen  sich  nach  und  nach  an  dieselben.  So 
beliehen  eine  Ansahl  Vereine,  welche  früher  :;0^  10  Cts.  Monatsbeitrag  bezogen, 
heute  70 — 1  Fr.  und  werden  im  Laufe  der  Zeit,  den  vermehrten  Anforderungen 
entf^prechend,  noch  höher  gehen  müssen.  „Dies  Geld  trägt  \xm  reiche  Zinsen," 
hört  man  aus  dem  xMund  der  Arbeiter  sagen. 

Basel  sKblt  Arbeitervereine  sirka  24,  Bern  40,  Zttrioh  40,  Winterthnr  Iti, 
St.  Gallen  22  n.  s.  w.  Alle  diese  Städte  besitzen  lokale  Yerbindnngen,  welchen 
diese  Vereine  angehören,   an  Arbeit  fehlt  es  also  einem  solchen  Sekretär  nicht. 

Wenn  bisher  des  (^rfißten  sehweiz.  Arbeiterverbandes,  des  S  hwi'iz.  ArheitfM"- 
buudes  noch  nicht  gedacht  wurde,  so  geschah  es,  weil  derselbe  nicht  aus^uhlicbiich 
Aibeitervereine  im  Sinn  dieses  Artikels  aufmmmt,  sondern  nebst  Berufsvereinen 
and  Verbunden  aller  Art  auch  Krankenkassen  nnd  katholische  M Sonervereine  (welche 
so  wenig  wie  der  GrOtliverein  eigentliche,  anjmohließUche  Arbeitervereine  sind). 


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Arbeitervereine 


—    40  — 


Arbeitervereiae 


Bei  seiner  Gründung  1887  in  Aarau  zählte  er  rund  100,000  Mitglieder,  heute 
120,000.  Dem  Arbeiterlmnd  gehören  immerhin  weitauM  die  meinten  Arbeitervereine 
der  Schweiz  an.  So  die  ^'erl)^in(le  der  Uhrenmacher,  Sticker,  Typograplien-, 
Gewerkschaftsbund  u.  h.  w.  Eh  haben  albu  die  eigentlichen  Arbeiter  dunu  die 
Mehrheit. 

Eine  agitatorieohe  Thätigkeit  kann  weder  der  Arbeiterbund,  vörmSge  seiner 

Zui+ammonsetznng',  nocb  das  Arbeitersekretariat,  in  Anbetracht  seiner  genau  um- 
schriebenen Arbeitsgrenze  und  der  liundessubvention,  entfalten.  Die  Agitation 
wird  nach  wie  vor  den  einzelnen  Verbänden  Uberlassen  bleiben.  Und  daß  man 
ee  da  eniat  mit  der  Saehe  niiiunt,  bewelaen  eine  Beihe  ▼on  ErsoiieiDangen,  be- 
weist dae  Itlrar  den  Qewerkanhaftslmnd  und  die  lokalen  Arbeitenakretariate  G«- 
sagte.  Anoh  die  gegen  früher  bedeutend  entwickelte  Opfenrilligkeit  der  Arbeiter, 
welche  nie  an  Vereiusl>eiträgen  ganz  bedeutende  Summen  .zahlen  läßt,  ist  dafür 
Beweis.  Ein  Mitglied  des  Grütlivereins  l.  B.,  das  noch  einer  Gewerkschaft  an- 
gehört, bezahlt  pro  Monat  (obne  Krankenkasse)  im  Dnrcbschnitt  Fr  1.  50 — 1.  80. 

Die  Statuten  des  sohweiseriscben  Arbeiterbundes  lauten  : 

^  1.   Zur  gemeinsamen  Vertretung  der  wirthsehaftlichen  In(er««sen  der  Arbeiter* 

kht-se  in  der  Schweiz  bilden  «lie  Arlicilt  rvert'iiu-  'Ic-  L-iihIi'-  imikmi  Vim  I>.itiil  imicr  dem 
Hainen  »Schweizerischer  Arbeilerbund*.  Beilrillsberechügt  ist  jeder  Verein,  der  in  seiner 
Hehrzahl  aus  schweizerischen  Arbeitern  besletit  und  Arbeiterintereasen  TertriK,  oline 
üntei -•<'liied  seiner  politischen  oder  relij^iüscn  Hiehtnng. 

Die  dum  Bunde  beigelreleuen  Vereine  verpilichten  sich,  bei  allen  l  ntersuchun^en 
und  ^«tatislimhen  Erhebungen  fiber  ArbeUerverhIltnisse  mitzuwirken  und  Auskunft  zu 
erUieilen. 

$  !2.  Die  Orirarie  des  sehwn/.  ri-rlien  ArboiU  rlnuKles  sind:  a)  Die  Deleüirlcu- 
veiTwunmlunp,  h)  der  HundesvLU-i.itnl.  >  }  .  1er  leitende  Ausschuß,  d)  der  Arbeitei^kretftr. 

§  3.  Alle  drei  Jahre  fnult  t  die  ordenUiche  Dele},'irlenver>'rimmlunK  statt;  die 
Delegirten  werden  von  den  verbündeten  Vereinen,  welche  dem  fichuei/ensclien  Arbeiter- 
bund angehören,  >?ewäblt.  Jeder  sclbsi  iiiiiiLe  V(n  in  hat  das  Herhl,  einen  Delegirlen 
abzuf>rdnen;  jedoch  kointnt  nur  auf  25(3  Mitglieder  ein  stimmberechtigter  Delepirter. 
Stimmrecht  bei  der  Wahl  haben  nur  Schweizerbfirger.  Kleinere  Vereine  haben  sich 
nach  freier  Wahl  behufs  Ili  lini^-ung  des  Stimnn'echts  an  der  Delegirtenversaininlun^  zu 
(rru|)|<iren.  Ort  und  Zeil  der  Delegirtcnversainmlung  wird  vom  Huiulesvnrstand  fest- 
geseizt.  Außerordentliche  Dele^rirtenversanindungen  kflnnen  durch  Beschluß  des  Bundes- 
vorstandes oder  auf  Bekehren  von  Vt-reineii  welche  einen  Zebntheil  der  im  Bund  ver- 
tretenen Mitglieder  aufweisen,  einberufen  werden. 

9  4.  Der  Bundesynr stand  besteht  aus  23  Mitgliedern,  welche  von  der  Delegirten- 
vi  i -  iiiiiiilunt.'  iiul  .!''  ilrei  liilire  ;,'ewählt  werden.  Die  Mi!i.^^ti*"  ],  r  müssen  Schwei/ei  ln"ir-t  r 
und  mindestens  zwei  Drittel  derselben  Arbeiter  sein.  Im  Bundesvorstand  sollen  soweit 
mftglieh  nach  Verbfiltniß  vertreten  sein:  Die  dem  Bunde  angeh/irigen  Verbände,  die 
Landessprachen,  dii  itii  Bunde  wesentli  Ii  v<  tti'  '<.n<  ii  Industrien  und  Gewerlie.  Der 
Bundessvorsland  versammelt  bich  ordeuthcher  Weise  jalulich  zweimal.  Cr  ist  bcächluü- 
fllhig,  wenn  "'s  der  Hitglieder  anwesend  sind.  Von  den  Sitzungen  des  Bundesvorstandes 
ist  Jeweilen  vorher  detn  vu-täTuligen  eidg.  Departement  Kenntniß  zu  geben»  damit  steh 
dii.sselbe  vertreten  bissen  kann. 

Der  Bundesvorstand  hat  das  Recht,  zu  seinen  Sitzungen  Beamte,  Fachmänner  und 
Vertreter  besonders  in  Yxw^y-  knnmiender  Industrien  und  Gewerbe  einzuladen,  welchen 
bei.illiende  Stimme  verliehen  wird. 

5?  r».  Der  leitende  Ausschuß  besteht  aus  drei  am  gleichen  Ort  oder  de^^aeu 
riii;.'obun}j' wulinenden  Mitt:liedern  des  Bunde-vorslandes  iPräsid»  ril.  Akluar  und  Quästor), 
wird  von  letzterem  auf  drei  Jahr«-  gewäbll  und  bildet  dessen  Hiin-  iu,  sowie  die  Ver- 
tittiiim  des  scbweizeriscben  Arbeiterbundes  nach  Außen.  Ei  v  iil/.i.ht  die  BeschlQsse 
Ut:^  Huuilcsvoistandes  und  verwaltet  die  Mittel  und  Schriflstüclce  de<«  Bundes. 

Der  leitende  Aussi-huß  bat  die  Traktanden  der  Delegirtenvcrsamndung  festzustellen 
und  rechtzeitig  bekannt  zu  ;:eben.  Er  eröifhel  die  Delegirtenvenammlung,  die  im  übrigen 
ihr  Bureau  aus  freier  Wahl  beslelll. 

Seine  Ge.sehüftsordiiuu^',  tu  welcher  auch  die  Frage  der  Verantwortlichkeit  za 
regeln  ist,  hat  der  leitende  Ausschuß  dem  Bundesvorstand  zur  Genehmigung  vorznleeen. 


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Arb«lteiTa«iDe 


—    41  — 


Arbeiterverain« 


$  (>.  Der  Arbeitersekrttär  wird  vom  BundevTorstand  auf  je  drei  Jaiire  gew,^hit 
und  muß  Scliut  izerltflrger  f«ein.  Der  Delegirteoversammlung  steht  daü  Vorschlagsrecht 
zu.  Soini"  uiLilliflien  Befugnisse  uml  Pfljohten  werden  tlurch  ein  vom  Bundesvorsiand 
aufzustellendes  Hrglemcnt  iir>timmt,  dessen  Genehmigung  auch  das  Arl)citsprogramm, 
sowie  das  Budget  und  die  Beelinung  des  Arbeitersekrelariats  unterliegt.  Die  unniitteU 
bare  Aufsicht  fiber  die  (ieschäflslöhrung  des  Arbeitersekrelariats  liegt  dem  leitenden 
Au-^schuLi  ob.  Der  Arbeitersekret.ir  sieht  sowohl  den  Vorstanden  des  Schweiz.  Arbeiter- 
bunües,  wie  dem  Schweiz.  Buodesrathe  zu  ailen  aageordueleo  L'Dtersucbungen,  die 
Arbeiterfrage  betrefTenf),  statisttscben  Erhebnni^n  und  Bearbeitungen,  sowie  Begut- 
achtun^'en  zur  Vf  iTii^Min;:.  Er  li;<t  das  Hecht,  sicti  l>rlinr-  Aoflkuilfiserbuigling  llllinittelbar 
an  Behörden,  Verbände,  Vereine  und  Private  zu  wenden. 

9  7.  Die  Sttbrention  des  .scbweizeriscben  Bunde^ratbes  ist  ausschließlich  ftlr  die 
Ko'^l'-'ii  de-  Arl'ritrr-rkretiirials  zu  vr-rwriidi  ii  unt!  i-(  nbr-r  ilio  Vf ru »  n'luM;.'  ilcin  üuinlc-- 
raüio  detuUhrte  und  bele^^te  Hechnun^  zu  steilen.  Alle  übrigen  Kosten,  insbesondere 
diejenigen  für  DelefHrtenversammlungen,'  die  Sitzungen  des  Bundesrorstandee  und  die 
Geschärisführinit'  «iis  leitenden  Ausschusses  sind  von  den  Verbuitdeii  iirnl  Vereinen  für 
ihre  Vertreter  seiiul  zu  trauen,  Knlschädigungsiuisprrirhe  auf  die  Huiides-.ubvention  siml 
unzulässig. 

S  iS.  Als  amtliche  l'uhiikniiunsmUtfl  des  scbwrizf^ri^chm  Arlicilrrhundes  werden 
der  ^tinitiianer*.  die  , Arbeilerstuiime",  die  ,Voi\  <lti  |i.  u|il.'  '  und  tlie  Organe  der 
Verbfinde  und  Vereine  betrachtet,  welche  dem  Arin  ih  imiikI  aiiti^ehören,  sofern  und  so- 
lange dieselben  alle  aiiillicb«  ti  MiKlieihingen  des  Bundes^ m -audes,  des  leitenden  Aus- 
8<'hus-es  und  des  Arbeiterseki liai i.ites  unverändert  und  ^wiil-^  in  ihrem  Texttheil  auf- 
nehmen. Die  Liste  der  Fublikalituismittel  wird  den  Verbünden  und  Vereinen  durch  den 
leitenden  Ausschuß  bekannt  gegeben  und  gelten  die  in  densellK>n  veri^flentlif  ht-Ti  aiut- 
lichen  Mitlheilungen  als  zur  KenntniU  aller  Mitglieder  des  Schweiz.  Arbeilerbundt  h  gt  bnu-lil. 

S  Der  Eintritt  in  den  schweizerischen  Arbeit  «r  ii  u  ni .  -uwie  der  Au;*- 
tritt  aus  demselbenf  geschieht  durch  sctirilUicbe  Miltbeilung  au  den  leitenden  Au&schuß. 

^  10.  Dieses  Statat  tritt  mit  sdner  Annahme  durch  die  Delegirtenversammlung 
in  Ki  afi.  'i  durch  MehrbeitsbescbiulS  der  Delegirtenversammlung  kann  an  jederzeit  revidirt 
werden. 

erübrigt  lus  noch,  ein  Wort  tiber  die  Arbeiterinuenvereine  m 
sagen.    Eig«nt1i4die  ArbeiterinnesTereine«  walebe  nur  weibliche  Mitglieder  Ter> 

scbiedener  Beruft*arten  aufnehmen,  bestehen  in  der  Schweiz  erst  seit  einer  kleinen 
Zjihl  von  Jahren.  Die  Uhrenarbeiter.  in  deren  Gruppen  Arbeiterinnen  beschäftigt 
sind,  nehmen  solrhe  in  ihre  Syndikate  auf,  ebeuho  die  Tabakarbeiter:  die  Gewerk- 
schaft der  letzteren  im  Wynen-  und  .Scethal  beutaud  1890  beinahe  zur  iiallte 
aus  weibliohen  Mitgliedern.  Auch  einige  Stiokerrereine  (Fabfikstioker)  nabmen 
weibliche  IGtglieder  auf.  Bei  allen  diesen  Berufen  beHteht  die  Tandena  dar  Minder- 
belatitung  der  weiblichen,  also  der  Nichtgleichberechtigung  derselben  mit  den 
männlichen  Mitgliedern.  Eine  Ausnahme  machen  uenerdinp^s  einige  neugegriindete 
allgemeine  oder  Fabrikgewerkücbaften ,  welche  voilstäudige  Gleichberechtigung 
aller  Mitglieder  einfttkrten.  Ueber  die  Zahl  der  organiMrten  Arbeiterinnen  siod 
leider  keine  Angaben  Torkanden.  Die  ZakI  der  in  Fabrik-  und  aogenannten  all- 
gemeinen Gewerkacbaftcn  urgaaieirten  Mädchen  und  Frauen  mag  nach  SchKfcBung 
eines  Faehmannes  zirka  .'iOO  betragen,  die  Zahl  der  Arbeiterinnen  in  di-n  Arbi  iterinnen- 
vereinen  Ba.sel,  Bern,  St,  Gallen,  Wintcrthur  und  Zürich  etwa  ;iUti.  Die  »tädlischen 
Arbeiteriunenvereinc  haben  natUrliuh  am  allermeisten  mit  dem  Vorurtheil  zu 
kämpfen;  hSlt  ea  sehon  schwer,  die  mSnnlioben  Arbeiter  aurammen  an  halten,  so 
ist  dies  bei  den  weiblichen,  aus  ganz  natürlichen  Gründen,  noch  viel  mehr  der 
Fall.  Die  Leute  wollen  prakti.scbe  Repultate  >  lit  n  al-  Frin  hte  ihrer  Theilnalime; 
bleila'n  solche  au«,  so  schwindet  die  Frendc  am  Mitwirkeu.  So  groß  die  Noth,  ho 
klein  i.st  die  Geduld  dieser  Leute,  ganz  gleich  wie  trülier  bei  den  Arbeitervereiuen. 
ÜDter  den  Arbeitern  wird  allseitig  die  Nothwendi|i^keit  einer  Organisation  der 

')  10.  April  18i>7.  Prü^^ident  des  Hundcsvorst:in<iej>:  Fürsprech  H.  Scherer  in 
SL  Gallen. 


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Arbettenrereine 


42  — 


ArbeiterwohnungttD 


ArbeiteriniMii  anerkannt  und  der  letzte  Gewerkschaftskongreß  in  Zttrioli  am 

25.  Januar  1891,  an  welchem  darch  74  Delegirte  38,000  Arbeiter  vertreten 
waren,  gab  dieser  Gesinnung  Ausdruck  durch  Annahme  einer  Resolution,  welche 
es  den  Gewerkschaf tea  cor  Pflicht  macht,  die  weiblichen  Arbeiter  ihrer  Branche 
mit  in  die  Organieatioa  aofcondimeD  und  «war  aU  gleiehhareohtigte  Jlütglieder. 

Als  «ine  weitere  Gruppe  von  Arbeiterrereitten  durften  noch  die  katholisohen. 
Gesel I envereine  an  nennen  sein,  deren  Zahl  in  den  letzten  Jahren,  veranlaßt 
dnroh  eine  Agitation  aus  den  Kreisen  der  katholisch*' n  Vereine,  bedeutend 
zugenommen  hat.  Immerhin  ist  ihre  Zahl  noch  ziemliüh  klein,  und  auch  die 
größten  unter  ihnen  machen  sich  kaum  bemerklioh,  da  sie  aich  .statutengemäße 
von  allen  politisehen  und  gewerksoballllohen  Fragen  ftrnhalten.  Sie  sind  ebenfiüla 
sentralisirt  nnd  gehSren  in  ihrer  Gesatnmtheit  dem  Schweiz.  Arbeiterbnnde  an. 

So  bilden  die  Arbeitervereine  einen  bedeutsamen  Faktor  im  wirtlisclmftlichen 
und  olTiiitlichen  Leben,  und  es  ist  hochinteressant,  ihren  Eutwioklangegang  za 
vertu  Igen. 

Arbeitenrobsniigeii.  Aus  dem  Werke  von  D'  Viktor  Bvhmert:  «Arbeiter^ 

Verhältnisse  nnd  Fabrikeinriohtungen  der  Schweix*,  pnbiizirt  im  Jahre  1873^ 
(Verlag  von  Caesar  Schmidt  Zürich)  geht  hervor,  dass  gerade  die  Zeit,  in  welcher 
das  Werk  erstellt  wnrde,  sehr  reieh  war  an  privaten  Bestrebungen,  im  Interesse 
der  sog.  Arbeiterklasse  billige  Wohnhäuser  zu  erstelluu.  JSloster,  an  welchen 
diese  Bestrebungen  Anbaltspnnkte  &nden,  waren  iwar  bereits  in  gr^erer  Menge 
vorhanden,  denn  niaht  nur  hatten  schon  viele  bedeatende  Fabrikfirmen  durch  die 
ErsteUnng  einfacher  WohnhäuHer  in  der  Nlhe  ihrer  Etablissemente  mehr  oder 
weniger  gut  für  dan  Olidiichbedürfiiiss  der  eigenen  Arbeiter  gesorgt,  sondern  es 
war  auch  die  Wirksamkeit  mehrerer  Aktiengeselisohaftcn,  Genossenschaften  und 
gemeinnütziger  Vereine  bekannt,  welche  in  den  50er  und  UOer  Jahren  die  Städte 
Basel,  Loole,  Zürich«  Lausanne,  Genf,  Bern  durch  «billige*  Bauten  erweitert 
hatten.  Die  meisten  dieser  Gesellschaften  führten  in  ihrem  StliiM  dio  Devise 
„für  die  Arbeiter."  Sie  betrnügten  sich  mit  einem  Miethziiis,  der  dem  Baukapital 
H*/2— 5'*/o  Interessen  eintrug;  auch  stellten  sie  80  glhistige  Verkaufsbedingungen, 
da.HH  manches  Häuschen  in  den  Besitz  weniger  bemittelter  Leute  überging. 

Von  den  erstoi  70er  Jahren  an  vermehrten  sich  die  , Gesellschaften  fttr 
den  Bau  von  Arbeiterwohungen'^  in  den  industriellen  Kantonen  niNcb,  und  die 
Grosszahl  der  vom  VolkHwirth.schaft*-Lexikon  auf  Seite  21,  I.  Bd.  erwähnten 
187  Bau-  und  Vt^nniethtingsaktiengepeüsrhaften  bind  Gründungen  jener  Art.  Hie 
vertheilen  sich  aul  folgende  Kantone:  Waadt.  Neuenburg,  Genf,  Bern,  Zürich, 
Freiburg,  Granbanden,  St.  Gallen,  Basel,  Sohaffhansen,  Lasern,  Obiralden,  Wallis. 

Der  Bau  von  Arbeiterwohnungon  in  oder  bei  Stildten  hielt  aber  nicht  Schritt 
mit  dar  Vermehrung  der  BevSlkemng;  im  Verhältniss  der  letzteren  stiegen  die 
Miethen  und  Kfinfpr<>i*»e  nnd  aus  den  anfänglich  ^htüigeu  Wohuungdu"'  wurden 
nm  li^^'erado  «ehr  theure,  um  so  theurere,  aU  iliedslben  eben  doch  viele?»  zu  wunscheu 
übrijj  lie^jsen,  viel  Brenumatedal  erforderten  u.  s.  w.  Desshalb  ist  immer  voa 
neuem  «Arbeitervohnungen**  gerufen  worden  und  swar  solchen,  welche  nicht 
l)li»s^  BarakuD  sind,  gut  genug  ti  I  n  Sommer,  aber  schimmelige  Höhlen  im 
Winter.  Diesen  unbefriedigenden  V.-rhiilfnissen  ist  e,  zn/ir^elireiben,  dass  es 
geradezu  Sensation  erregte,  aln  im  PViilijuhr  1  von  den  Herren  fci.  und  <  ',  Hehindler 
in  Zürich  eine  Preisau^chreibung  für  Haue  zu  einzelnstehenden  «Klein  aber  Meiu"- 
HKuschen  erfolgte,  die  auf  dem  Lande  au  ungeföhr  4000  Fr.  erstellbar 
sein  sollten.  Die  Auschr«lbang  hat  Erfolg  gehabt,  die  Herren  Schindler  haben 
die  ihnen  eingegangenen  Pläne  nebst  Anleitangea  im  Buchbandei  veröffentlicht, 


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Arbeiterwuhnungeu 


-     43  — 


Arbeilerwuhnungeik 


und  die  .Klein  aber  Mein" «Flagge  wird  seitdem  da  und  dort  im  Lande  ge> 
•ohwimgen. 

Unstreitig  ist  das  Problem  der  Arbeiterwohnnngen  am  besten  voa  dm  I'abrik» 
besitzern  gelöst  worden,  die  ein  Interesse  daran  hahf  ?!,  ihre  Arbeiter  an  sich  zu 
fesseln.  Die  Fahrikorte,  wo  auf  Kosten  der  Industriellen  selbst  Arbeiterwohnungeu 
erstellt  wurdeu,  «lind  uaoh  Wist>en  deti  Lexikons: 

Jm  JTaNton  ZOHeh:  Aathal,  AdliBweil«  Bauma,  fiftretoveil,  Bubikon,  BBlaoh, 
DUmten,  Freionstein,  Grattikon,  Gibsweil- Fischenthal,  Glattfelden,  Girenbad-Uin- 
weil,  Hansen  a.  A.,  Höngg,  Reropttbal,  Eullbrunn,  Langnau,  Neftenbach,  Nieder- 
uster,  Oerhkuii,  Oberuster,  Oberstrass,  i'lnngen,  Richtereweil,  Horbas,  Kykon- 
Zell,  Bennhoi-Kybarg,  Tbalweil^  Töas,  Uetikou,  Uuterstraes,  Uster,  Veltheim,. 
Wald,  WalUMllMt,  Wldonswail,  WeisBentlial-Kyburg,  Wetaikon,  Wiedikon,  Wintor- 
thnr,  Wollishofen,  WttUlingen,  ZwiUikon-Affoltem. 

Im  Kanion  Bern:  Felsonan  b«i  Bern,  Bnigdorf,  GreUingoo,  Hecsogeabaohseev 
Kirchberg,  Reconvillier. 

Im  Kanton  Lueern:  Ennenweid,  Hergiswyl,  Kheus. 

Im  Kanion  Schwyz:  Schindellegi,  Naolon,  Siebnen. 

In  (Hfwatden:  WügtBfryl, 

Jm  Kanion  Glaru$:  i^Mlen,  Linttlial,  LaelMOgen,  Holli«,  Netetall,  Biederen^ 

Schwanden,  Ziegelbrücke. 

Im  Kanion  Zug:  B;uir,  Cham,  Unteräircri. 

Im  Kanton  SoloQiurn:  BibtiriHt,  (jlud,  Emmenhol,  Schünenwerd. 
Jm  KaiUon  Baad:  Arlesheim,  Basel,  Hfincheiutein. 

Im  Kanion  SchaffUansm:  Neuhausen,  Schaffhani«i. 

Tin  Kanion  St.  Gallen  Azmoos- Wartau,  Brüggen,  Biitschwil,  Degersheim, 
Dietturt,  ßscbenbaeh,  Ebnat,  Furth- Mogeisberg,  Flutns,  Ganterswyl,  Gohs  iu,  Henau, 
Jona,  Kappel,  Kirohberg,  Lichtensteig,  Mels,  Murg,  Niederuzwyl,  Kapperswyl,. 
Bhaineek,  Tablat,  Uxnaeh,  Wallemtadt,  Wattwyl. 

Im  Kanian  QraiUtünden:  Landqaart,  Sil«. 

Im  Kanton  Aargau:  Baden,  Spreitenbach,  Turgi,  Wettingen,  Win  lisch. 
Im  Kanton  T/iKn/an:  Bischofszell,  Fisi hingen,  Grttneck,  Jakobsthal,  Matt* 
weil,  Murgtbal,  Murkart,  VVeiutoldca,  Wengi. 
Im  Kanton  Neuenbürg:  Serrieres. 

An  den  mdston  Ortao  worden  diese  Wohnangen  nur  vermiothet,  an  einigen 
wofdoL  sie  den  Arbeitern  auch  käuflioh  abgetreten.  Die  Miethe  ist  durchgängig 
billiger  gehalten  als  hei  Hrivatbauten. 

Gewöhnliche,  d.  h.  nach  einem  Rpezii'llen  Sj'stem  flir  Arbeiter  f^a-baute 
Wohnungen  sind  von  1"  abrikheeitzern  vermiethet  in  Ballaigues,  Graadbun,  Montier- 
GtandTal,  Rondohfttel,  Senuales,  Soncebos. 

Die  laudwirthschaftlichen  Arbeiter  wolinen,  so  lani^e  sie  uuverheirathet  sind, 
in  der  Kegel  beim  Dienstgeber.  Aus  d  ir  Forstwirths  Hüft  iat  ein  Beispiel  be 
kannt,  das  Analogie  mit  den  ArboiterdörtVrn  jrewisfer  Fabnkorte  hat:  Die  For>;t- 
yerwaltung  der  Stadt  Zürich  hat  seit  30  Jaltren  für  ihre  Arbeiter  im  Sihiwald 
43  Wohnangen  erstellt,  die  «e  k  1  Franken  per  Woohe  Yermiethet  Zn  jeder 
Wohnung  gdtören  5  Aren  Gemttseland,  wofttr  i»er  Jahr  ö  Franken  Miethe  yerlangt 
wird.    Bewohnt  sind  diese  Wohnungen  zur  Zeit  (März  lö91)  von  167  Personen. 

Vermöge  der  Eisenbahnen  und  Dampfschitre  können  viele  Arbeiter,  welche 
in  Städten  beschattigt  sind,  auf  dem  Lande  wohnen.  Die  Auslagen  tUr  tägliche 
Hin-  und  Herfahrt,  im  Abonnement  erheblich  unter  den  Normaltaxen,  lohnen 
eiidi  reichlich  durch  den  üntersohied  der  Hüetikkosten. 


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Arbeibeinslellungen 


—    44  — 


iVrbeilsnachweisbureaux 


ArMtseiBBteUungen  den  Artikel  „StrikW  auf  Seite  214  n.  ff.  im 
m.  Bend. 

ArbeitshütteB.    Um  TerdieiMtloeeii  Leuten  vorilbergeliend  etwas  Erwerb 

<lurch  Arbeit  (Holzspalten)  zu  venjchaffen.  bestehen  in  Bern  und  Genf  je  eine 
fiog.  ArbeitehUtte.  Erstere  wird  vom  Kaufmann  Laaterbarg*Jäggi  in  Bern  unter» 
halten,  diejenige  in  Genf  von  einem  Verein. 

Arbeitsiiaehweisbureaux.  Solche  Anntaiteu,  theiU  von  Gemeinden,  tbeils 
von  gemeinnttixigen  GesellHobaften  gegründet  und  nnterhalten,  bestehen  in  Bern, 
St.  Gallen,  Baar  nnd  Zürich.  In  Basel  ist  ein  staailkhes  Arbeitsnacbweiaburean. 

Von  allen  diesen  Anstalten  ist  diejenige  in  Zürich  die  älteste  (gegr.  1885). 
Sie  ist  mit  dem  freiwilligen  Armenverein  verhuntlpn  und  be^tcbt  aus  gesonderton 
Abtbeilungen  für  männliche  und  für  weibliche  Arbeiter.  Mit  der  männlichen 
Abtlieilimg  hat  das  Bnrean  Jceine  gnten  Er&hmogen  gemadit.  Es  hat  sioh 
geaeigt,  daß  der  voll  leistnngsfiihige  Arbeiter  sowohl  wie  der  Arbeitgeber  sieh 
nnr  bei  Anenahmsvarhälttiissen  an  eine  Nachweisstelle  wenden ,  welche  aogleidl 
Armenzweckcn  dient.  Zwar  sind  die  Meister  auf  dem  Lande  das  ganze  Jahr 
hindurch  mehr  oder  weniger  auf  da«  städtische  Bureau  anj^ewiesen,  weil  die 
Arbeiter  nur  dann  aufs  Dorf  gehen,  wenn  sie  absolut  keine  Aussicht  mehr 
haben,  in  der  Stadt  anaakonimen;  aber  ganz  tilohtige  nnd  solide  Arbeiter 
gelangen  erst  nach  anderweitiger  erfülgloser  Umschau  an  das  Bureau.  Bessere 
Resultate  zeigt  die  weibliche  Abtlicilung.  Dieselbe  hat  sich  den  Charakter  einer 
kleinen  Arbeitsbörse  wahren  kümien  und  wird  von  Juhr  zu  Jabr  mohr  bcniltzt. 

Die  ArbeitKnaebwcisan^tult  in  Bern  ist  Gemeinde- Institut.  Gegriiiitk-t  durch 
ätadtruthsbeschluij  vom  '6.  August  1888  ist  sie  der  Leitung  einer  Kommission 
nntexetellt.  welohe  ans  IGtgiiedem  des  Gemeinderalhes,  des  Hftndwerkervereins, 
des  Griit  Ii  Vereins  und  des  allgemeinen  städtischen  ArbeiterTereins  besteht.  Mann- 
lidie  und  weibliche  Abtheilnng.  Vermittlongsgebttbren  sowohl  vom  Arbeitgeber 
wie  vom  Arbeitnehmer: 

Bei  <te  ftr 

Nachfragen  und  Angeboten  betreffend  ^füLuil?^  "SlmM' 

1)  Erdarbeiter,  Ktndlanger,  AnsUufer  n.  s.  w.    .       10  20 

2)  Dienstboten  und  Wirthschaftspersonal : 

a.  wenn  der  Lohn  20  Fr.  monntlich  übersteigt        40  40 

b.  wenn  der  Lohn  20  l?'r.  nionutlich  nicht  über- 
steigt   ....       30  30 

r,    ,     .     I  Arbeitaachende     .....       30  50 

,{    Handwerker  -n 

I  Arbeitgeber   &0  oO 

4)  Lebrbnge   öO  50 

ö)  Angestelite,  Handelsleute  u.  «.  w   80  80 

Uf>berdi('s  sind  der  Anstalt  die  gehabten  Baarauslageu  l'dr  Inserate,  Porü 
u.  dgl.  zu  vergüten. 

Kommt  eme  Arbmtsrennittlang  nidit  xn  Stande,  so  ist  lediglieh  die  An- 
meld^btthr  in  entriohten. 

Gesuehsteiler,  welehe  nioht  in  der  Gemeinde  Bern  wohnen,  bezahlen  die 

doppelte  Gebuhr. 

fn  besonders  schwierigen  VerhüUnisseu  können  höhere  Gebühren  zum  Voraus 
auHbcdungen  werden. 

Fttr  ganslioh  Arme,  deren  Armnth  vom  stKdtiseben  Armendirektor  oder 
«inem  Bealrksvorstdier,  oder  von  der  städtischen  Poliaeidirektion  beseheinigt 


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ArbeiLjüucUweibbureaux 


—    45  — 


Areal  »ler  Schweiz 


wird  nad  walobe  von  denselben  mv  anentgeltlielien  Arbeitgyermittlnng  empfoUen 
werden,  wurd  keine  Gebühr  berechnet. 

Do8  staatliche  Arbeithij  teil weißbureau  in  ILiHel  bcHteht  in  Folge  Großraths- 
beschlnsses  vom  9.  Dezember  IS.'^U  «eit  1.  Juli  l^i'JO.  Der  leitenden  Komminision 
müssen  angehören:  ein  Mitglied  des  fiegierungsrathes,  drei  Arbeitgeber,  drei 
ArbäUMlinieY  nnd  drei  andere  Pentöuliobketten,  adle  vom  BegierungMnth  gewählt. 
Fmaenkomit^  fttr  die  weibiiohe  Abthnlnng.  Bei  ArbeitseinstoUnngen  kann  die 
Anstalt  ihre  Thätigkeit  für  das  hetreflfende  Gewerbe  oder  den  betreffenden  Werk- 
platz sofort  und  bis  /.iir  definitiven  Kiledigong  dee  Streitee  unterbrechen.  Tarif 
*fUr  Arbeitgeber  wie  fur  Arbeitnehmer: 

Bei  der  Einschreibung  für: 

vom  Arbdt-         vom  Arbeit- 

1)  Erdarbeiter,   Handlanger,  Auslfiofer,      wehenden  geber 
Fabrikarbeiter,  Tagltfhner  und  Tag> 

löhnenn nen   .       20  Cts.  40  Cts. 

2)  Uandwerkslehrlinge  uinl  (iegellen      .       30     „  (iO  „ 
B)  Dienetboten, Wirtheohalt s|)er»onal,  Han- 

delelehilinge  und  Angestellte  .    .    .       oO    „  1  Fr. 

Auswärtige  Gesuchsteller  zahlen  die  doppelte  Taxe. 

Die  Gebühr  ist  bei  der  Anmeld nni:  zn  entrichten  und  wird  auch  dann 
nicht  zurückvergUtet,  wenn  keine  Yermittlung  »tatttinden  kann.  Dagegen  »iud 
die  Arbeit-  «ider  IKenetniohenden  bereehtigt,  während  eines  Monats  dreimal  um 
offene  Stellen  sn  kenknrriren,  ohne  eine  nene  Taxe  an  beaahlen,  die  Arbdtgeber 
dagegen  können  für  die  einmal  bezahlte  Taxe  Zuweisung  von  Arbeitern  Ter* 
langen,  bis  lie  bei  ihnen  offene  Stelle  besetzt  ist.  Vitu  fbri  dem  Bureau  von  d*;n 
stüdtibchen  und  freiwilligen  Armenanstnlten  oder  den  Geistlichen  Uberwieeenea 
Gesuchstellern  ist  keine  Ta.\e  zu  beziehen. 

Für  die  Arbeitgeber  werden  Abonnementekarten  an  5  Fr.  ausgegeben ;  die- 
aelben  haben  20  Coupons  ä  25  Cts. 

Ein  fester  jährlioher  Beitrag  von  10  Franken  befreit  von  der  Beaablnng 
jeder  Taxe. 

Das  Bureau  wurde  im  ersten  Halbjahr  seines  Bestehens  benutzt  von  1Ü2Ö 
Arbeitraobenden  nnd  1408  Arbeitgebern.  Die  Arbeitsnoher  waren :  6^  Sohweiaer, 
469  AnsIKnder,  360  Sdiweiaerinnen,  439  AnaUnderinnen.  Von  den  nUnnlicben 

Arbeitsuchenden  ^v^Irde^  44  ^/o  plazirt,  von  den  weiblichen  53 '^o.  Den  Dienet» 
bioton-uchenden  (188  Herrschaften  kuunte  in  412  Fällen  entsprochen 
werden,  den  übrigen  720  Arbeitgebern  in  495  Fällen  (6y  "o).  Diese  Resultate 
werden  yon  dar  leitenden  Kommission  der  Anstalt  als  sehr  erfreulich  bezeichnet. 
Man  hatte  erwartet,  mit  der  männlieben  /Vbtheilnng  ebenee  eohleebte  Erfabrangen 
an  machen  wie  anderwärts  nnd  sieht  sich  nun  angenehm  enttäuscht. 

Die  .\rbeitsnachweii<bnre!inx  in  St.  Gallen  und  Haar  entsprachen  dem  Wunsche 
des  Lexikons  um  Zn<^endung  von  Statuten  und  Geschäftsberichten  nicht,  und  es 
kann  daher  hier  uicbt«  Uber  sie  mitgetheilt  werden. 

Areal  der  Sehweiz.  Die  Tabelle  anf  Seite  70  im  orten  Band  weiat  ein 
Gesammtareal  von  41346  Quadratkilometern  auf.  Eine  Aendemng  des  Geaammt- 
areals  hat  selbsivtrständlich  nicht  stattgefunden,  sondern  es  kann  sich  nur  das 
^  erhiiltnili  zwi^ehell  dem  produktiven  und  dem  unproduktiven  Boden  verschoben 
haben.  Um  wie  viel,  ist  zu  sagen  absolut  unmöglich  j  denn  eine  neue  allgemeine 
Vermeesung  hat  niebt  stattgefunden.  Ohne  Zweilftl  hat  sieh  der  nnprodoktive 
Boden  Tormehrt,  der  produktive  yermind«rt;  denn  ee  haben  bekanntUeh  die 


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Areal  der  Sdiweiz 


—    46  — 


Armenweeea 


^StXdte  und  viele  Ortsdbaflan  an  Umfong  gewonMo.    Will  man  deimodi  die 

Statistik  ergänzen,  so  kann  es  Hieb  nur  darum  handeln,  von  einigen  bekannten 
Ycrriruierungen  innorbalb  des  proiluktiven  Bodens  Notiz  zu  nehmen.  Es  liegen 
Hlljäbrlich  neue  Angaben  vor  in  Bezug  auf  die  Waldungen  und  das  Kebland. 
lodem  wir  nan  diese  (pro  1890)  berücksichtigen,  modifizirt  eich  darnach  der 
Beet  de«  produktiven  Bodene.  Fttr  den  unproduktiven  Boden  mflaaen  wir  die 
2ablen  von  Seite  70  beibehalten  und  aaf  dieselben  venreleen. 

Prodaktiver  Boden,  km'  Wobabe«-.     uu  1.  XILM 


KMtOB 

per  1  km* 

p«r  1  km* 

Wald 

Total 

prod.  BodpQ« 

Oes^-Anal 

Aargaii 

430 

25 

886,7 

1,341,7 

144 

138 

Appenzell  A.-Kh. 

48 

0,1 

187,0 

235,1 

230 

224 

Appenzell  I.-Bb. . 

33 

129,» 

162,« 

79 

73 

Basel  land  . 

147 

7,0 

251,« 

405,6 

153 

147 

Baselstadt  .    .  . 

4 

0,8 

25,6 

30,4 

2,426 

2,060 

Bern  .... 

.  1,400 

8,0 

8,917,7 

5,385,7 

100 

78 

Freiburg    .  . 

279 

2,8 

1,187,8 

1,469,6 

81 

71 

€renf  .... 

29 

19.» 

184,« 

232,» 

458 

378 

Olaiiie  .... 

124 

324,6 

448,« 

75 

49 

-Graubilnden    .  . 

.  1,260 

3,a 

2,588,4 

3,851.» 

25 

13 

Luzern  .... 

;joo 

0,« 

1,068.4 

1,369,0 

09 

90 

Neuenbürg     .  . 

225 

12,6 

334,8 

572,8 

189 

134 

Aidwalaen 

69 

148,» 

217,9 

ob 

4o 

Obwalden  .    .  . 

122 

277,» 

399,4 

37 

32 

j3t.  Gallen .    .  . 

385 

6,7 

1,321,8 

l,7l3,s 

133 

113 

SchntfhaoMn  . 

117 

11,0 

153,0 

2Sl,o 

134 

128 

SLhwj'z 

163 

2,0 

495,2 

<i60,a 

76 

55 

Solothurn  . 

289 

1.» 

436,2 

726,5 

118 

108 

TeBsin  .... 

557 

66,4 

1,256,8 

1,880^ 

67 

45 

Thurgau    .    .  . 

182 

18,s 

635,4 

835,6 

125 

106 

Uri  .    .    .    .  . 

108 

369,7 

477,7 

36 

16 

Waadt  .... 

730 

1 ,9.S2,H 

2,728,« 

9! 

77 

Walli«  .... 

660 

23,4 

l,72(j,5 

2,409,9 

42 

19 

anrieb  .... 

495 

55,1 

1,057,8 

1,607,4 

209 

195 

Zug  

40 

0,7 

1 53,6 

194,3 

119 

97 

Total  Sohweii  6,358 

330,0 

21,049,« 

29,637,» 

99 

71 

ArmenweBen.   Wie  reiob  iat  der  Bund,  wenn  ee  aiob  darum  beadelt, 

Wünschen  von  Gebildeten  und  Reichen  um  Kr^tellung  eines  LandesmaseaniB,  um 
Ankauf  alter  Gla«gemälde  und  .'ionstigcr  AlttTthiimer,  um  Subventionirung  von 
Gi  si'Ilsclmften,  deren  Mitp^lieder  iilicr  ^lilliunen  verfügen,  um  Subventionirung  von 
ÜiiduughanHtalten,  die  besonders  von  den  Söhnen  vermöglicher  l^eute  frequentirt 
werden,  an  entspreeben  ....  und  wie  arm  »teilt  »ieh  der  Bund  gcgunUber  den 
Annen.  Fttr  di^e  sind  seine  sonst  so  woblgespickten  Kassen  leer.  Der  Wobl- 
fabrtsartikel  der  Bundesvcrfiia.Hung  *),  der  mit  Erfolg  fUr  Zwecke  angerufen 
wurde,  bei  welchen  die  Bundeskompetenz  fraglit^h  war,  besteht  für  die  Armen 
nicht.  Diese  nind  die  einzige  Schicht  der  Bevölkerung,  fUr  welche  io  den  Tigeln 
der  eidgenössischen  MttnswerkrtStte  kein  Metall  aohmilxt. 

*}  Art.  2:  Der  Bund  hat  zum  Zweck:  Behauptung  der  Unabhängigkeit  des  Vater- 
landes gegen  Außen,  Handhabung  von  Ruhe  und  Ordnung  im  Inneren,  Schutz  der 
Freiheit  und  der  Rechle  der  Eidgenossen  und  Beförderung  ihrer  gemeinsanien  WohliabrU 


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47  — 


<Vriueawc«en 


Nan  mnthet  swar  anoh  der  HerautgeW  dieaee  Lexikons  dem  Bunde  nioht 
stty  daß  dieser  Almoflenbareaax  orgHniäire,  aber  er  glaubt,  das»  der  Bnnd  (ge- 
rade auf  Grnnd  des  WohlfahrtsartikelB)  die  Mission  habe,  »anirend  in  die  Armen- 
pflege der  Kantone  einzugreifen,  besonders  in  dem  Sinne,  daß  diese  befähigt 
werden,  der  Verarmung  anoh  vorzubeugen,  anstatt  nur  bei  bereits  eingetretener  Verar- 
cnung  Hülfe  m  bieten.  Ate  das  wirksaaiste  Torbengungsmittei  dttrffee  lieli  der  Berafs- 
erlemangsswang  erweisen,  denn  die  Ananth  ist  in  den  meisten  Fällen  die 
Folge  nngunUgender  Ausbildung  der  Arbeitskraft,  die  Folge  des  Mangels  regel- 
rechter Berufserlernung.  Dir  fm  Mangel  sind  die  mpi.ittin  Kindor  tnibeinittelter 
Eltern  anpcesnt/.t.  Sie  erwerbfu  nur  geringe  Fertigkeiten,  unterliegen  früh- 
zeitig iui  Kampf  ums  Datteiu  und  werden  der  HUlfe  ihrer  Mitbürger  benöthigt. 
Solohen  VerarmnngsfUlen  kann  dnroh  den  Bernfterlemongsawang,  ans  welckem 
fttr  den  Staat  die  Bestreitung  der  Kosten  für  nnbemittelte  Kinder  sich  ergibt, 
vorgebengt  wcrripn.  w  daß  die  Arnieiibehürden  nur  noch  mit  solcher  Armutli  7m 
schatTen  haben,  welche  aus  Charakterlehlern  und  Mißgeschick  entstanden  iht.  Der 
BerofserlernungRzwang,  für  alle  Kantone  gllUig,  kann  nur  vom  Bund  ausge- 
«prochen  werden,  und  fttr  die  Berofterlenrangskostfin  ÜDbemittelter  vermag  nur 
«r  die  lOttel  su  besohafTen.  Leider  ist  die  Anasicht«  daß  diese  Ansobannngen 
bald  von  den  ßundesbehOrden  getheilt  werden,  gering.  Rascher  dürften  sie  in 
gemeinnützigen  Gesellsrhiiftcn  zum  hurohbrucb  gelangen,  daher  möge  an  dieser 
Stelle  folgende  Anregung  Platz  üuden : 

Die  Schweizerische  gemeinnützige  Gesellschaft,  die  sohon  so  grusne  Werke 
geschaffen  hat,  erklKre  es  als  ihre  Ao^be,  mSgli^st  vieien,  von  den  AruMn- 
bdiSrden  nicht  berUcksichtigtea  Kindern  unbemittelter  Eltern  die  regelreehte  Er^ 
lernTing  pines  ihren  Fähigkeiten  zusagenden  Berufen  zu  ermöglichen.  Sie  ersuche 
den  l^und,  (gestützt  anf  die  BundeRbp^ehlnsse  betrellend  die  gewerbliche  und  die 
kommerzielle  Berufsbildung)  »uwie  die  Kantone  um  angemessene  Subveutioneu  und 
«rriohte  ein  stSndiges  besoldetes  Sekretariat,  das  die  einsdilSgigen  Arbeiten  beeorgt. 
Legate  nnd  Geschenke  von  Privaten  würden  vermathlidi  nicht  ausbleiben  and 
so  könnte  die  Gesellschaft  eine  Thätigkeit  entfalten,  welche  dem  allgemeinen 
fierafiierlerauDgszwaag  mit  Macht  die  Wege  ebnen  würde. 

♦  # 

Das  Einzige,  was  sieh  in  Armensachen  der  Bond  bisher  den  Kantonen  gegen« 

Uber  erlaubte,  war,  dafi  er  ihnen  durch  Gesetz  vom  22.  Juni  1875  die  Pflicht 
«uferlegte,  IntVir  zu  sorgen,  daß  unbemittelten  Angehörigen  anderer  Kantone, 
welche  erkraakcu  und  deren  KUukkehr  in  die  Heimathkantone  ohne  liachtheil 
fttr  ihre  nnd  Anderer  Geeondheit  nicht  geschehen  kann,  die  erforderlidie  Pflege 
nnd  fintUehe  Behandlung  and  im  Sterbe&il  schickliche  Beerdignng  au  Tbeil  werde. 
Im  Uebriiren  ist  CS  den  Kantonen  gemS6  Art.  45  der  Bundesverfassung  gestattet, 
die  Niederlassung  Roleheu  Armen  zu  verweigern,  welche  dauernd  der  öfTi-ntlii  hen 
Wohlthütigkeit  zur  Last  fallen  und  deren  Heiinathgemeindii  oder  Heimathkauton 
trotz  amtlicher  Autlorderung  keiue  angemessene  Unlertitiitzung  gewährt.  Ja  die 
Kantone  mit  territorialer  Armenpflege  diirfbn  die  Gestattung  der  Kiederlassang 
an  die  Bedingung  der  Erwerbsfähigkeit  knüpfen. 

Fäne  charakteristische  Erscheinung  im  Armenwesen  ist  es  bekanntlich,  daß 
viele  Gemeinden  ihre  Armen  abzuschiehen,  städtischen  Gemeinwesen  autzuburden 
«ucben.  Daß  dieselbe  indes«  nicht  erst  aus  neuerer  Zeil  datirt,  beweist  ein  Tag- 
«atsuDgsabBchied  ans  dnn  Jahre  1561,  der  verordnete,  daß  jeder  Ort,  jeder  Fleck, 
jede  KirohhVri  die  verarmten  AngdiOrigen  selbst  erhalten  und  andere  Orte  nicht 


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Armeuwei^en 


—   48  — 


Ar  »neu  Wesen 


mit  denselben  beschweren  solle.  Um  diese  Weisung  besser  sa  verstehen,  muft 
man  wiesen,  daß  (in  Folge  der  Reformation)  die  Aufhebung  vieler  Ktttster  voraas- 
{gegangen  war,  so  daß  s\d\  iHe  Arm  mi  'laselbst  keine  Unter.stlitzungen  mehr  holen 
konnten.  Die  Bettler  hcgabt'n  sich  auf  Reispii,  resp.  wurden  auf  K(*i>en  ge- 
schoben. Dies  und  der  erwähnte  Tagsatzuügttbedchlutis  gab  ihid  zu  einer  Menge 
Ton  obrigkeitUohea  Bettelverordnungen  Anlaß,  die  tnr  Folge  hatten,  dafi  theils 
die  Verwandteehaffc.  theils  die  Gemeinde  «ur  Untersttttzang  verpflichtet  wurden. 
So  waren  in  Appenzell  A.-Rh.  am  F.iulc  des  15.  Jahrhunderts  die  Verwandten 
bis  zum  achten  Orail  nnterstiltzungaptiichtis?,  in  Uri  noch  am  Anfang  di's  H». 
JahrhuDiiertci  bin  zum  fünften  Grad.  In  Niiiwaldeü  lag  vor  IMl  der  Armeu- 
unterhalt  ganz  auf  den  Blutsverwandten.  In  St.  GaUen  kannte  man  vor  17Ü8 
dne  obligatorische  AnoMiuntarsttttsuiig  dareh  die  Gemeinde  nicht.  Umgekehrt 
sind  auch  Beispiele  von  Gemeinde  Armenpflegen  Hcohn  au8  dem  16.  Jahrhundert 
bekannt  Dif»  bptretfpnflen  Gerneindon  hatten  das  Recht,  Annpn.<teiiern  zu  erheben» 
und  es  bildete  Mich  ilamit  dif  l>l)liübkeit  des  Geniinndebürgi  rreolite«  aus. 

Die  Helvctik  kousilidirtc  die  Gemeinde-Armenpflege.  Bie  bestimmte  dui'ch 
Oesets  vom  13.  Febroar  1799,  daß  diejenige  Greeellsehaft  in  jeder  Gemeinde, 
der  bi^er  unter  dem  l^amen  „Bttrgenchaft*  die  Verpflichtung  znr  Unterhaltung' 
ihrer  Armen  obgelegen,  diese  Pflicht  auch  ferner  zu  erfüllen  habe,  und  daß  keine 
Gemeinde  ihr  Arraengut  vertheilen  dürfe.  Dtireh  diesen  Satz  wurde  das  orts- 
bürgerliche oder  heimathliche  Armenversorgungsprinzip  proklamirt  und  es  ist 
heute  in  allen  Eantouen  ohne  Baaelstadt,  Bern  und  Keuenburg  in  Geltui^.  (In 
Genf  in  der  Weise,  daß  in  Armeneaehen  der  ganae  Kanton  als  mne  einzige  Ge- 
meinde gilt).  In  Baselstadt  ist  dae  Armenweseu  rechtlich  gar  nicht  geregelt, 
flondi  rii  bt-niht  auf  Stiftungen  und  Freiwilligkeit,  ohne  indessen  unergiebitror  zu 
sein  hIö  auderwärt».  Im  Kautou  Neuenbürg  und  im  Kanton  Bern,  di'utsihtir 
Kantonstheil,  ist  die  Armenpflege  Sache  der  Wohngcmciude  (T  e  i  i  ito  r  i  a  1- 
prinsip),  im  jurasoschen  Theil  der  Freiwilligkeit,  unter  administrativer  Mit> 
Wirkung  der  Behörden. 

Es  liegt  im  Wesen  des  ortsbtlrpprlir'hen  Prinzips,  daß  in  der  Regel  au(  h 
die  außerhalb  tior  Heiniathgemeinde  wohnenden  verarmten  Bürger  von  ihrem 
BUrgerort  au»  unterstützt  werden,  umgekehrt  müssen  die  außerhalb  der  Heimath- 
gemeinde wohnenden  stenerfiihigen  Bürger  an  die  Armenlasten  des  Bürgerortee 
beitragen,  es  sei  denn,  man  wohne  außerhalb  des  Kantons  und  hesttse  nicht  an» 
gleich  in  der  Heimathgeroeinde  reales  Vermögen. 

Beim  territorialen  Prinzip  kommt  dii-se?i  Ucli(T«rroifpn  in  atidpre  Gemeinden 
nicht  vor,  dafür  aber  macht  die  Armenptlege  keinen  Unterschied  zwischen  Orts- 
bUrgern  und  niedergela«eenen  KantonsbUrgem.  Außerhalb  des  Kantons  wohnende 
Verarmte  winden  entweder  in  die  Heimathgemeinde  aurflckgenommen  (Kanton 
Neuenbürg)  oder  erhalten  Unterstützungen  vom  Staat  (Bt  rnl, 

Aus  dem  bisher  Ge*>agten  ersif litlit Ii,  daß  mit  Ausnahme  von  Bastdstadt 
und  d*,'m  Ht-mer  Jura  die  Armenpflege  ülM-rall  *;cst.'t7,li(di  rt  gulirt  i'jt,  Sie  i»*t  es 
jedoch  Mudir  im  Sinne  einer  bloßen  Humauitätsptlichi  der  Gemeinde  als  im  Sinne 
eines  klagbaren  Rechtes  auf  Untersttttzang,  das  geriohtlicb  geltend  gemacht  werden 
könnte  Befichwerden  an  OberbehSrden  wegen  Untersttttxungsverweigerung  sind 
awar  zuläbsig. 

Die  üblichsten  Formen  der  TTntcrstützung  sind  die  direkte  Verabfolgung  von 
Geld  uud  Naturalten,  die  Versorgung  bei  Familien  und  in  Anstalten. 

In  allen  Kantonen  ohne  beide  Appenxell  kUnnen  die  Gfemeinden  auoKcdist 
Verwaudte  der  UntenttttmngsbereobtigteD  m  Beitragsleistungen  heranitehen;  im 


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ArmcDwe&en 


49  — 


Uebfigen  dttrfen  rie  die  UotesatlltBiagraiittol  dnreh  8p«iieUe  Steuern  aufbringeii 
odier  deo  allgemeinen  Steaer-EinkttiiftMl  entnehmeD.  In  der  Mehrzahl  der  GLan* 
tone  iat  auch  die  Verwendung  von  Staatageldern  für  die  Armenpflege  zaläiwig. 
BuBien,  Legate,  Schenkungen  bilden  ebenfalls  Einnahmen  der  Armenverwaltungen. 

Die  an  volljährige  PerHoueu  verabfolgten  UnteratUtsungen  sind  fast  von  allen 
Amen-G«Betam  ab  I)arl6ii«n  beliaiidel^  denn  Bl^entattnng  (ohne  Zinsen)  ver- 
langt werden  kann. 

Die  bürgerlichen  Folgen  der  ArmennnterHtiitzüng  bestehen  meistens  in  Be- 
Rcliränkiuig  des  Stimmrechtes  nn«]  r1«'r  Wählbarkeit,  in  BescbrÜnkong  der  elter- 
lichen Gewalt  und  im  Wirthshausverbot. 

Die  amtliche  Armenpflege  wird  wohlthuend  ergänzt  durch  die  private  Wohl- 
tbätigkeit  vieler  Httlfsvereine.  Dieee  haben  in  der  Begel  lokalen  Charakter 
and  ihre  TUEtigkeit  wendet  sich  mehr  den  Niedet^^laaemen  nnd  Aufenthaltern 
als  den  der  amtliclieii  Armenpflege  nnterötellten  Ortsbürt^'f m  zu  Ueber  größere 
Gebiete  erstreckt  sich  die  Wirksamkeit  kantonaler  und  national  er  ^'crbttnde,  als: 
Schweizerische  gemeinniltzige  Gesellschaft,  kantonale  gemeinnützige  Gesellschaften, 
inteikantonaler  Verband  fitr  Verpflegung  anner  DnrehreiBender  eto.  Jene  ceiehnen 
eidi  insbesondere  durch  die  Grltaidang  von  Anstalten  ans. 

Nach  einer  im  Jahre  1 870  Ton  der  aohweiBeriBehen  itatiftaedhen  Oeiellaohalt 
veranstalteten  Armenstatistik 

worden  damaln  von  der  amtlichen  Armenpflege  unterstützt  31,379  Kinder. 

n       '    f>         9  •  »        93,187  Erwachsene. 

Das  Vermögen  aller  Armenfonds  betrag  133,832,624  Frenken. 

Die  JahresMunahme  der  Armenverwaltnogeo  13,781,090  , 

,    Juhref^osgabe  „  12,11 4, 

Die  freiwillige  ArmenpÜege  unterstützte  7,'JUv)  Kiiidrr. 

m  „  m  »  84,376.  Erwachsene. 

VermSgen  der  fhreiwiUigen  Armenvereine,  Anstalten  etc.  18,1 16,163  Franken. 

Jahreseiuuahme  2,218.962  , 

Jahrewausgabe  2,01I>,184  „ 

Die' Zahl  d.  freiwilligen  Vereine  Fonds  n.  Anstalten  betrug  h'JÜ 

Die  Mitgliedenahi  der  Vereine  42,470 

AmlKiider  Im  der  Seliweis.  Facli  den  Tom  eidg.  itatiatiidiep  Burean 
▼erttffentliditen  « VorUhiÜgm  Ergebnisien  dn*  eidg.  Volksiihlnng  vom  1.  Desember 

1888"  (die  definitiven  Ergebnisse  sind  znr  Zeit,  Februar  1891,  noch  nicht 
bekannt)  hat  Bich  die  Zahl  der  Ausländer  seit  16S0  von  211,035  auf  238,313 
gehoben,  also  um  ca.  27,000  vermehrt. 

Ausstellungen.  1)  Allgemein  schweizerische.  Eine  solche 
hat  seit  der  Landesansstellung  von  1883  nidit  mehr  stattg^unden.  Wohl  warde 
im  Jahre  1886  in  Genf  der  Plan  gefaist,  daselbst  eine  Landesausstelhin^'  für 
das  Jfthr  Is'^M  zn  veranstalten.  Ein  Subventionsgesueb  wnrde  an  die  Hiindes- 
hrli  '.rile  gerichtet,  wa.s  tiieser  Veranlassung  gab,  die  AngeleL'-enheit  einer  Komnii'^sion 
zu  unterbreiten.  Letztere  rieth  mit  KUcksicht  aul  die  Puriner  Weltausstellung 
von  1889  von  dem  Unternehmen  ab,  und  da  die  BundesbehVrde  die  Zosioherung 
gab,  dass  sie  eine  im  Jahr  1893  stattlindettde  Landeoausstellnog  ebenso  unter- 
stützen wolle,  wie  zur  Zeit  die  Ausstellung  von  1883,  verzichtete  Genf  auf  sein 
Projekt,  um  dasselbe  erst  im  Jahre  resp.  1H95  zu  realisiren, 

2)  Landwirthschaftliohe  Ausstellungen, allgemein  8 chwei- 
aerisehe.  Eine  solohe  (die  fttnfte  seit  1873)  fand  vom  11. — 20.  September 
1888  in  Kenonbnrg  statt.   Sie  zerfiel  in  folgende  11  Abtbeilnngen : 

Psinr,  ▼«lknrlfthMihsfl»4h«lkaiB  4«r  S«h«8is.  4 


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Ausstellungen  —    50    ^  Ausstellungen 

1)  FortBohritte  J«r  Landwirthaehaf t ;  2)  Pferde;  3)  Grone»  Rindvieli  imd 
Gebirpvieh;    4)  Elfinvieh;    5)  Geflügel;    6)  Bienen;    7)  IßlehwirÜMoliift; 

8)  Weinltuu;  9)  Gartenbau;  10)  MaKhiiien;  11)  Produkte. 

Abtheilnnpr  I,  Fortschritte  der  Landwirthschaft,  umfasute : 

a.  Thatif/keit  der  Behörden  himicMUch  Gesetegebung  und  Verwaltung: 
1)  G^tze«  Dekrete,  ImtraktioBen,  Bevidite,  Memoiren  etc. ;  2)  Landwirthschaft- 
liehe  Statistik;  8)  Angewandte  Maasregeln  zur  ünterattttanng  nnd  Ermnthignng 
4er  Laiulwirthschafl. 

b.  Thni'xjhi.it  der  landwirih^'  hftf}!"  hrn  < r^nosstenschaften  und  Stfndikate: 
1)  Rtatuten  und  Rt-[^lenientt> ;  2)  :Studieu,  Eu(^uäten,  KonkurrensatunohreibaDgen, 
JahreHberichte,  \'erträge,  literarische  Werke. 

e.  Unternehmungen  der  Kantanet  Chmemden,  K&rportUionen,  Si^ndikate 
und  Privaten  vut  Terbesserang  und  zum  Schutz  des  Bodens:  1)  BewSaserongs- 
und  Entwjuwcrungsvorrichtungen  etc.;  2^-  Kfjrrektionen  und  EindiimiHnngen  von 
Wasserläufen;  3)  agronomische  Karten;  4)  8chutzarbeit«n  an  dsu  Weinbergen 
ZOT  Abwehr  der  Hcblau»;  ä)  Bestrebungen  gegen  die  Zer^tückelnng  des  Gmnd- 
besitiea  and  fttr  die  Znaammenlegung  der  Gniitdatnoke ;  6)  Terwertkang  nnbebanten 
Bodens;  7)  Pline  und  Eostenbereohnnngen  landwirÄielkaflljetier  Bauten ;  8)  Ver- 
schiedene Verbesserungen. 

d.  Ktiltnrit'  Itiiisi  her  Vnterrlf  hl  und  Vcrsuchs^ittitionen :  1)  Kollektionen 
von  Material,  Zeichnungen  undLehrmitteln ;  6)  Mittel  und  Wege,  um  den  Land- 
wirtheu die  agronomische  Wi>wenschaft  beizabringen;  3)  Arbeiten  und  Resiiltate 
der  Yersvebsstationen,  landwirthsebaftlieke  Kolonien  nnd  Orpkelinate. 

e.  TTtäiiffkirii  der  Privaten:  1)  ökonomische  Betriebsmetbodan  und  neue 
Betriebsverfaliren :  '2)  laadwirthscbaflliclir  BuchfWhnin«? 

f.  Mnßrcniiti  und  Vorrirlitttiuicn  zum  S'  hnts  ilrr  Thicrf.  1)  wissenschaftliche 
und  andere  Publikationuu,  den  Thiert^chatz  betröllentl ;  2}  Instrumente  und  Apparate 
der  Veterinäre,  Scblaektapparate,  Vorriebtnngen  suis  Bedhmen  nnd  Fuhren  der 
Thitri',  Viirrichtungcn  zum  Füttern  und  Melken  der  Thiere;  3)  Vorrichtungen, 
wekhe  den  Zugthieren  die  Arbeit  erleichtern,  Zuj^^^escbirre  und  Zubehör,  Fuhrwerke; 
4)  Neui  runp:en  und  Verbesserungen  (Modelle  und  Zeichnungen)  in  den  Stullen. ' 

Das  i'reisgericht  zählte  74  Mitglieder,  nebst  3  Schiedsrichtern. 


£a  waren  ansgestelU: 

51  Znehthengste,  da^on  an^jeaeicbnet   44 

9  Hengstfohlen,      «             ,    1 

46  Zncbtstnten,  in  der  Schweiz  geb.,  davon  au*<gez.  20 

22         ,          importirte,  davon  ausgezeichnet  .    .  13 

69  Stutfohlen,  davon  aut<gezeichnet   44 

10  Watlaeheo,     ,  ,  ....    •  6 

Total    207  Pferde,  davon  ansgexeieknet   134 

105  Stiere  der  FleckTiebrasse,  davon  mit  Geld  prttmirt  65 

99  Kühe   ,           ,             .      •     .        »  60 

116  Binder  „            ,              ,      ,     •        ,  64 

Total    819  Stück,  davon  mit  Geld  prämirt   179 

95  Stiere  der  Braunviebrasse, 

78  Kühe  ^  , 
77  Rinder  ,  • 

Total  ^üO  Stttek,  davon  prSmirt   184 


Total     12  Znchtfamilien  Brannvirii»  Prltmienbetrag  ,    Fr.  1900 


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Jiuästeliung4;u 


—    51  — 


Ausstellungen 


9  8tiere  Gcbirgivieh« 

36  Kühe 
86  Rinder 

Total      80  Stück  Gebir^fsvieh. 

54  Eber  fremder  reiner  BasTn. 

70  Mutterschweine  fremder  reiner  Uu^^sen, 

1  Eber  gekreuzter  Rasaen, 

S4  Mnttenohweioe  «inheimjsolier  gekronster  Ranen, 

Total    149  Stttck  Schwein«. 
Ferner  142  Ziegen  (28  Böcke), 
86  Schafe,  einheimische, 
385  Tauben, 
zirka      70  Paare  Kaninchen, 
,        60  BienenetOcke. 

Prämien.    Dieselben  waren  folgendermaßen  bemessen: 

«.  /-Vir  Pferde:  Hengste  100    400  Fr.,  Stuten  100  -200  Pr.,  Fohlen  &0  bis 
150  Fr.,  Fm'A  Ins  200  Fr.,  Manlthicre         100  Fr. 

b.  Für  JtindvieU:  Stiere  100— 300  Fr.,  KUhe  50  —  200  Fr.,  Kinder  40  bts 
200  Fr.,  Zuchtfamiliea  100  -300  Fr. 

c.  FAr  Khinvith:  Sehweine  20—100  Fr.,  Ziegen  40—100  Fr.,  Schafe 
40—80  Fr. 

•d.  Für  Bienen  :  30  — 100  Fr.,  für  Bienenwobnungen  5  -30  Fr.,  filr  Infstrn- 

mente  10- 10  Fr.,  fiir  Honig  10—20  Fr.,  ftlr  Wachs  10—20  Fr„  für 

wishenNchattliche  Arbeiten  und  Lehrmittel  30 — 40  Fr. 
e.  FSW  Käst  und  Butter:  Emmenthalerklise  50 — 100  Fr.,  GieyenerkXie 

50—100  Fr.«  SpalenkXse  50—100  Fr.,  andere  KXse  10— SO  Fr.,  Bntter 

10—50  Fr. 

Die  Summe  der  verabfolgten  GeMpramicn  betrug  79,410  Fr.,  wovon 
15,(j65  Fr.  für  Pferde,  21,320  Fr.  für  Fleckvieh,  20,925  Fr.  für  Braunvieb, 
4,500  Fr.  für  Gebirgsvieh,  3,000  Fr.  fUr  Schweine,  520  Fr.  fUr  Ziegen, 
490  Fr.  Ittr  Schafe,  2,740  Fr.  fUr  Geflagel,  2,310  Fr.  fOx  Bienen,  8,940  Fr. 

für  Käse  und  Butter,   2,140  Fr.  fUr  Obst  und  GeraUsd,  2,000  Fr.  für  andere 

Produkte.  Der  Werth  der  verabfolgten  Medaillen  und  Dijdünif  belief  sich  auf 
11,460  Fr.,  somit  betrug  di^-  GesammtsTininie  der  Auszeichnungen  '.tl,()O0  Fr. 

An  dip  G-enammt  11  u «gaben  im  Betrage  von  323,966  Fr,  leistete  der 
Bund  einen  Beitrag  von  110,723  Fr.,  die  Kantone  24,000  Fr.,  verschiedene 
■Gemeindett  12,507  Fr.;  die  Eintrittsgelder  beliefen  sieh  auf  102,066  Fr.  Die 
Hentelinng  der  (iebäuliebkeiten  abeorUrte  zirka  13,000  Fr.,  die  Transport- 
•vergütung  für  nicht  prämirte  Thiere  4,745  Fr.    Defizit  12,167  Fr. 

Urtheil  Uber  die  A  u s t e  1 1  n  n  g.  Das  Organisationskomite  i'aßt  sein 
Urtheil  über  die  Ausstellung  im  AUgemeineu  in  folgende  Worte  zusainni»  ii  ; 
„Einter  dem  glaozenden  Schauspiel,  das  die  Ausi^tellung  bot,  oti'enbarte  »ich  das 
-stets  Torwürtstreibende  BedQrlktiß  des  Landwirthes,  seine  Existenz  dnreh  bessere 
Bewirthsohaftnng  des  Bodeos,  dnreh  intensiirere  Brodaktion  nnd  durch  Benutzung 
-der  wissenschaftlichen  Forschungen  zu  verbessern.  Ohne  noch  alle  Vortheile, 
welche  die  WisHeiit^cliaft  bietet,  gentlgcnd  zu  verstehen  und  zu  schfitzen,  begreifen 
unsere  Landwirthe  doch,  daß  ihre  Lage  einer  Wendung  zum  Besseren  bedürftig 
nnd  fBhig  ist.  Sie  beginnen,  die  gewohnheitsmäßige  Routine  zu  durchbrechen, 
4m  Mißtrauen  gegen  Kenemngen  sehwindet,  nnd  die  Last  zu  sehen,  sieh  unter- 


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Ausstellungen     .       \.       '        —    52    —  (Auswandeiiux)^ 

richten  zu  lassen,  sich  dem  Fortschritt  anzupassen,  nimmt  überhand.  Diesem  Um- 
stände irt  der  Erfolg  der  Avsetelliing  banptriloblioh  sn  Terdanken.  Nie,  glauben 
wir,  iet  eine  ediweiserische  landwirthscliaftliche  Ausstellung  zahlreicher  besncbt 
worden  von  Leuten,  welche  sich  von  den  FortHchritten  der  Bodenkultur  Keohen- 
echaft  ablegen  wollten.  An  keinem  andern  landwirthschaftliehen  FeBt  bat  man 
ebensoviel  Besucher,  Beiegirte  von  Genossenschaften  und  Vereinen,  Lehrer  vom 
Lande,  Grundbesitzer  und  Plohter  beobaehten  kitnnen,  welehe  mit  Anfinerksam' 
keit  alle  EinzeUieiten  d«r  Avaatelliing  «tndirten,  Notisen  machten  n.  a.  w.  Dies» 
einzige  Thatsaebe  genligt,  nm  zu  zeigen,  wie  nützlich  die  Wiederholung  solcher 
Aosstellnngen  ist,  wie  sehr  sie  <Vw  Kenntniß  neoer  Betriebemetboden  verbreiten 
nnd  den  Forti^chritt  im  Allgemeinen  fördern'*. 

Auswanderung.  (Ergänzung  des  Artikeln  auf  Seite  104  u.  tf.  im  l.  Bd.^ 
mitgetheilt  von  Herrn  Karrer^  Chef  der  kommissarischen  Abtheilung  des  eidg. 
Departementes  der  anewitrtigen  Aogelegenbeiten.)   Wir  nntereebeiden : 

1)  eine  nur  ;e'ez/u7e//((76  (periodiscbe)  Wanderung  von  Seh  Weizern  in'8  Aus» 
land  für  die  Dauer  einer  bestimmten  Jahreszeit  mit  darauffolgender  Rückkehr  ; 

2)  eine  Auswanderung,  deren  Reiseziel  irfiend  ein  andeie<.  enj-opäiHf'hfS 
Land  ist,  zum  Zwecke  einer  längeren  oder  bleibenden  Niederlassung  dauelbst^ 

3)  die  i^erseeiaeke  Anawamlerang. 

Die  entere  bildet  eine  iSgentbOmlioltkeit  Toraogswetse  des  italieiitseb 

sprechenden  Theiles  der  eohweiz.  Bevölberang  und  ist  z.  B  im  Kanton  Tesein 

von  hiilclier  Bedeutung,  daß  sie  bisher  sogar  die  .Stimmrechtsverhiiltni.^se  nnd  die 
daherige  kantonale  Gesetzgebung  wesentlich  zu  beeinfius.seii  vermochte.  Nament 
lieh  sind  es  Bauarbeiter,  sowie  auch  Handwerker  anderer  Berufsrichtungen^ 
welche  den  Sommer  Uber  in*B  Ausland  geheu,  um  dann  bei  Eintritt  dw  an- 
gümtigen  Jabresteit  mit  dem  ersparten  Gelde  in  die  Heimat  sartteksakebren. 
In  iilinliclier  Weise  gehen  nach  altem  üerkommen  alljährlich  im  Frühling  j  n 
Leute  und  besonders  Knaben  aus  dem  Kanton  Graubiiuden  nach  SüddcutschlauU^ 
um  sich  dort  gegen  bescheidenen  Lohn  für  die  landwirthschaftüchen  Sommer- 
arbeiten  zu  verdingen  nnd  im  Spätherbst  heimsnkehren. 

Die  Anewanderang  der  eweittn  Kai^orie  ist  in  der  Schweiz  von  grußer 
Bedentong;  denn  ee  giabi  kanm  eine  Bernfsetellnng,  welebe  dabei  niebt  be> 
tiieiligt  wXre.    Sie  wendet  sich  namentlich  den  größeren  Verkebrszentren  zu, 

wovon  zahlreiche  SchweizergcseHsohaften  Zengniß  ablegen,  aber  auch  den  land- 
wirthsfhaftiichen  Industrien  (Kiiberei,  Butterbereitung),  auf  welchem  Uebiete  sie 
dem  ileimatlande  eine  sehr  spürbare  Konkurrenz  hat  scharten  helfen. 

Die  dritte  Kategorie  aber,  die  iUterseeische  Auswanderung  ist  es,  welche 
nnaere  Anfinerksamkeit  bier  besonders  in  Anspmeh  nimmt. 

Eine  ordentliobe  Statisiik  der  iAeraeeieehen  Ättswanämtnff  bestebt  in  der 

Schweiz  erst  seit  dem  Jabre  1879.  Einzelne  Kantone  ziblten  zwar  schon  früher 
ihre  nnr-h  Überseeischen  Ländern  nii-wRndcrndeii  Bürger,  und  im  Jahre  1867 
beauttragte  die  Bundf«ver8ammiuiig  den  Bundesratb,  eine  Answandprerntatistik 
anzulegen.  Allein  einige  Kuutoue  eutHpraciien  dem  daberigeu  Begehreu  gar  nicht 
oder  nur  ungenügend,  bis  die  Vorbereitung  sa  einer  Bundesgwetzgebnng  Aber 
das  AttHwanderungswesen  eine  genaue  Statistik  absolut  unerläßlich  machte.  Ee 
zeigte  sieh  dabei  sofort,  daß  die  Zahl  der  übersef  iseh  Auswandernden  weit  stärker 
war,  al»  man  vermuthet  hatte  und  Schritt  hielt  mit  der  Zahl  derjenigen  Schweizer, 
welche  nach  anderen  europaischen  Staaten  gehen,  um  sich  dort  bleibend  nieder- 
BulssiiMi.    DieaMr  Geummtanswandernng  entspriebt  die  Einwanderang  von  Ans- 


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Auswanderung 


—    53  — 


AuswaQileruQg 


ttaden  in  die  Sdnrdi  ni  dn»  Zahl,  velclie  su  dar  Amthme  benditigt,  daß 
^innähen^d  jeder  wegäkihmde  8ehmi»er  durch  ehten  Ausländer  ertetef  werde. 

Die  BA^tmirkunff  der  Auewanderunif  auf  die  Mtiomalökonomischcn  Vo- 
häUnisse  «nseres  Landes  findet  eine  sehr  verschiedene  Beortheilnng.  ^V''iihrend 
die.  Einen  darin  einen  uner^etzt  bleibenden  Verlont  an  Arbeitskraft  und  Kapital 
erblicken,  halten  die  Andern  die  Answanderung  ftir  einen  aWoblthuenden  Ader- 
laß,* eine  «Erleiehtenrng  fibr  das  antiüekbleilMDde  Volk«  und  Anderea  nehr. 
Diese  Urtheile  sind  nur  zum  kleinsten  Theile  richtig.  Viele  verlassen  das  Ijand, 
weil  sie  mit  Rprht  oder  Unrecht  glauben,  dasselbr  biptn  ihnm  keine  StStte  mehr 
für  eine  ausgiebige  Entfaltung;  and  BeechKftigung  ihrer  ivratte.  Andere,  welche 
hier  durch  Armuth  oder  Unglück  gebrochen  oder  aus  andern  Gründen  sich  nicht 
mebr  ale  leistuigsfllhig  aofweiien,  Allee  aber  ym  eiaer  auf  neae  GmiidlageB 
anbobanenden  Rxisteos  erwarten,  können  fftr  dai  Heimatland  keinen  wesentlichen 
Verlust  von  ArbBitukraft  reprSsentiren.  Dagegen  verliert  das  Land  alljährlich 
eine  beträchtliche  Anzahl  junger  Leute,  welche  jenseits  der  Meere  ihr  Glück 
verbuchen  wollen,  and  es  ist  der  bleibende  Weggang  mindestens  dieses  Theiles 
unserer  Answandernng  «ne  wiiklieiie  Vemindennig  der  Bradoktiona-  nnd  De- 
fennTkraft  des  Lande«.  In  wie  weit  dieee  Terlnste  qualitativ  doxoh  die  Etn« 
Wanderung  Fremder  enetrt  werden,  läßt  sich  kanni  auch  nur  annShernd  be- 
stimmen. Wer  das  auswandernde  Kapital  als  einen  empfindlichen  Verlast  zu 
beklagen  geneigt  ist,  mag  nich  daran  erinnern,  daß  auch  die  Einwandening 
bleibendeä  Kapital  mitbringt,  mancher  Ausgewanderte  später  reicher  heimkehrt, 
«b  er  fortgieng,  manche»  den  Anagewanderten  früher  oder  apKter  naehfolgcnde 
Erbtbeil  daroh  wiederholte  Spenden  an  die  Zurückgebliebenen  aufwogen  wird, 
nnd  nach  nnzweideutigen  Zeugnissen  Überseeischer  scbweiz.  Kaufleuie  die  Aus- 
wanJeruag  einen  wenn  auch  nicht  «ehr  in  die  Augen  springenden  direkten  oder 
indirekten  Antheil  hat  an  der  Förderung  schweizerischer  Handelsinteressen.  In 
ZaUw  Iftßt  aieii  dießbeBOgUeh  nidita  ffieberee  darvtellen. 

Wie  den  aaeh  »ei,  die  Sohw«a  kann  nnd  wird  die  Aoawanderong  adion 
aus  Achtung  vor  der  Freiheit  ihrer  Bürger  nicht  verhindern  wollen.  Ebensowenig 
aber  kann  sie  in  irgend  einer  Weise  dieselbe  f^trdcm.  ohne  vor  ihren  eigenen 
Interessen  die  Aogen  au  verscbließen  oder  ihre  werthvollsten  Prinzipien  sa 
verläugnen. 

Die  Anewandemng  beeehSftigte  ab  und  an  achon  im  vorigen  Jahrhandert 
die  anfiwhenden  kantonalen  Behördm^  doch  nnr,  wenn  außerordentliche  Er- 
scheinungen anf  diesem  Gebiete  eine  allgemeinere  Anfregung  zur  Folge  hatten. 

Mehrmal«  kam  es  vor,  daß  Regierungen,  welche  mit  nnswnrtigen  Fürsten  sogen. 
Militärkapitulatioueu  unterhielten,  teindüelig  und  hindernd  gegen  die  civile  Aus- 
Wanderung  anftraten.  Ifonoberlei  Eraobeinungen  aber  tragen  allmälig  dam  bei, 

den  Gedaukcn  an  eine  Schutautufsicht  Uber  da.H  Auswanderungswesen  wachzurufen; 
so  ganz  betjouilers  die  betrügerische  Ausbeutung  der  Auswiinderer  in  den  See- 
häfen, die  unglücklichen  Schicksale  vieler  derselben  im  fremden  Lande,  und  eine 
oft  in  schamlosester  Weise  betriebene  Propaganda  fUr  gewisse  Auswanderungs- 
xiele. 

Zueret  bflaobüftigte  «ob  an#  die  Anregung  benrorragender  IfÜnner  die 

Schweiz.  ffemeinnfUsiffe  Gesellschaft  in  den  zwanziger  Jahren  lebhaft  mit  dieser 
Frage,  und  wenn  damals  und  in  den  zunächst  folgenden  Jahrzehnten  nur  wenig 
dabei  herauskam,  so  lag  die  Schuld  weniger  in  einem  allgemeinen  Mangel  an 
Mitgefühl  für  die  scheidenden  Mitbürger,  als  in  der  allerdings  unbegründeten 
Befitrehtung,  daß  dureb  die  Organisation  einer  aoloben  Sdintsanfriobt  die  Aua- 


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Auswanderung 


—    64  — 


Auswanderung 


wMidedniiig'  nkht  «nweaefitlich  gefordert  werden  kSnnte.  EiuM^ne  Kantone  fiogot 
indaetn  an,  in  dieser  Richtung  etwa«  zu  thun,  Indem  sie  geaetsliche  oder  auok. 

nur  voTi  den  AdministrativbehJirden  ausgehende  Vorschriften  darüber  erließen. 
Zum  ersten  Mal  aber  wurde-  im  Jahre  1846  in  einer  von  12  Kantunen  be- 
schickten Konferenz  die  Nothwendigkeit  gemeinsamer  Maßregeln  zum  Bchutie 
der  ▲vewaadtrer  in  ffivB«  einer  «oheMii  und  büligemii  Beförderung  und  einer 
snvwUtangen  Berathiuig  dereellM»  Iber  die  Beiae  nnd  die  Anewandernngesielfr 
bt'Hprochen.  £b  war  eine  zwar  nicht  direkte,  aber  doch  ans  der  ntattgefundenen 
Anregrnn^  hervorgcgainj:ene  Frucht  dieser  Konferenz,  daß  die  eidff.  Icufsatznnr; 
noch  in  ihrer  letzten  Session  vor  Inkralitreten  der  Bundesverfassung  von  ittlö 
dem  Vorort  den  Auftrag  ertheilte,  durch  Kreirung  einei  cidy.  Amwanderungs- 
burta»  unter  der  Leitnng  und  Anibdclit  dea  aehweis.  EonMits  in  Hivre  vorttber 
gellend  für  den  Schutz  und  die  Sicherheit  der  «ohweis.  Auswanderer  so  sorgen. 

Weitriiis  der  größte  Theil  der  schwei:^.  Answanderer  wählte  von  jeher  die 
Vereinigteu  Staaten  von  Nordamerika  als  Ziel ;  die  übrigen  vertheüen  i*ich,  wie 
Tab.  2  zeigt,  auf  SUt!-  und  Centralamerika,  Australien,  Nord-  und  Südafrika  und 
Anen.  Es  giebt  kanm  ein  Land  mit  anoh  nvr  balbwege  enropXteeher  (JiyiliMtion^ 
in  welchem  man  nicht  aneh  Sehweiser  yorftnde;  jedoch  nur  Wenige  derselben 
begeben  sich  in  solche  Gegenden,  welche  vom  Verkehr  weit  abliegen  und  vom 
Ansiedler  Pionierarbeit  der  primitivsten  Art  fonlern.  Die  Meisten  überlassen  diese 
Arbeit  mit  Recht  den  bereits  acclimatisirten  li^wobnera  des  Emwauderungsiandeü 
und  Boeben  mSgUohit  anr^läßige  Anhaltejmnkte  in  älteren  odw  neu  eich  bilden* 
den  yerkehmentren  auf,  um  dort  mit  ihrer  Arbeit,  hiaweilen  anoh  mit  Beihttlfe 
einee  bescheidenen  Kapitals,  sich  eine  selbständige  und  bleibende  Existenz  zu 
erringen  T>:;hei  bilden  die  ni>fh  writr-rcr  F.ntwi<'khing  fiihigen  An^it;•dI^ngt'n  früher 
ausgewanderter  Schweizer  bertüudcre  Anziehungspunkte,  und  überaus  zahlreich 
sind  in  jenen  ferneu  Gegenden  die  kleineren  oder  größeren  Sciiweizergesellschaften, 
in  welchen  die  Liebe  enm  alten  Heimatfahmde  einen  wohlberechrigten,  idealen  nnd 
werkthätigen  Kultus  findet.  Denn  auch  in  der  Fremde  bleibt  der  Schweizer  ein 
Bürger  f-ein»"-  f fiinuithlandes,  su  lange  als  er  nicht  freiwillig  auf  sein  ange- 
stammteti  Bürgeriocht  Verzicht  geleistet  und  die  Entlafisosg  aus  demselben  von 
den  heimatblichen  Behörden  nicht  erhalten  hat. 

Daß  die  scbweis.  Auewanderung  den  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika 
den  Vormg  ^ebt,  hat  aber  «einen  Gmnd  nicht  nur  darin,  daß  sie  dort  zahl- 
reichere heimatbliche  Elemente  vorfindet,  sondern  weil  sie  dort  im  Allgemeinen 
konsolidirteren  Verbältnissen,  einer  ihr  weniger  fremdartigen  Bevölkerung,  als 
z.  B.  in  spanisch-amerikanischen  Ländern,  und  einem  Klima  begegnet,  welches 
der  Gewohnheit  und  körperlichen  Konstitution  des  Sebweisere  angemessener  ut 
als  dasjenige  eubtropisober  oder  tropischer  Gegenden,  oder  als  die  langen  nnd 
harten  Winter  von  Canada. 

!^ehon  wiederholt  ist  die  Anregnng  uud  der  VevNuch  genmeht  worden,  die 
Schweiz.  Auswanderung,  so  weit  sie  nicht  selbstgewiihlte  Ziele  aullsuehen  will, 
in  einer  Kolonie  zu  sammeln^  welche  groß  genug  und  geeignet  wäre,  um 
wBbrend  einer  langen  Reibe  von  Jahren  sehwehserischen  Ansiedlem  eine  eweite- 
Hcimath  und  ein  gedeihliches  Furtkummeii.  die  Erhaltung  ihrer  nationalen  Eigen- 
thüuilichkeit  und  einen  innigeren  Kontakt  mit  dem  lleiinathlHiide  zu  .sichern. 
Dit^ser  Gedanke  lag  z.  B.  der  (Triiniluuir  v<in  üighland,  Neu-Glurus,  Teil  City, 
Grlitli  (Teuneasee)  und  einer  Keibe  von  anderen  Kolonisationsunternehmuugen, 
namentUoh  aueh  in  Südamerika,  su  Grnode.  Alle  diese  Unternehmungen  wäre» 
aber  von  Anfang  an  su  klein  bemessen,  und  es  misohten  sieh  in  denselben  bald 


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Auswanderung 


^    bSt  — 


Auswanderung 


imoh  ftemde  ElMMato  mit  den  aoliwaiserischen.  En«  Anngong  zu  einer  wirklidh 
großen  flohmis.  Eoloi^iAtion  ging  im  Jahre  1859  von  Natiooalrath  Dr.  Joes 
in  Schaflfliansen  an«,  w«!cher  dem  Buirlesrath  einen  Vorschlag,  betreffend  Er- 
werbang  und  KoioniHirung  zentralamenkatuiiuber  Ländereien  ontarbreitete,  und, 
nach  Ablehnung  dieses  Yorsoblago«  seitens  des  Bundesrathest  der  aohweix.  6e- 
meumlttBigea  GoBellaohaft  einen  mit  der  Beg^iemag  von  Coeka  Biea  abgeaehkneenen 
SohenkllDgevertrag  Uber  Re^'ierungHländPvoit  n  im  BeUulg  TOn  100  Uuadratstnnden 
vorlegte,  mit  der  Kiii[:fi  hlung,  diese  Sclienkuug  anznnphmen  und  bei  der  BumlcK- 
versammlung  einen  Kredit  unter  dem  Titel  eines  AnknheiiH  zum  Zweck  der 
Schntzanfsichtsorganisatiou  und  Leitung  der  diettt^  lieiäeziel  watilendea  Auswanderer 
nadunifiidien.  Aber  auoli  die  BondesverBammlung  trat  ans  etaatsreditlicben,  poli*^ 
tischen  und  nationalökonomischen  Gründen  nicht  darauf  ein  und  die  Gemein- 
ntttzige  Gesellschaft  gab  in  der  Ful;:;e  Jas  Projekt  auf.  (Betr.  Kanstan  t  s  ^Ktinsf 
Die  beiliegende  Uebersicht  III  gibt  Auskunft  darüber,  wie  sich  die  Auswanderung 
auf  die  Geschlechter ^  äus  Alter  und  die  einiselnen  Berutarichtunyfn  repartirt.  In 
letsterer  Besiehang  ist  herversnlieben,  daß  die  landwirthsdhaftliebe  Bertikerwig  in 
hervorragender  Weiae  daran  theilnimmt,  aber  auch  das  Handwerk  stark  dabei  be> 
theiligt  ist.  Sa  lange  aber  die  von  der  Statistik  nachgewiesene  Thatsache  fortbesteht, 
daij  für  jeden  auswandernden  Schweizer  ein  Nichtschweizer  zu  uns  einwandert,  sowie 
daß  nicht  sowohl  die  «tarkbevölkei  teu,  «ondern  verhiiltnilimäßig  weit  mehr  die  spär- 
licher besiedelten  Gegenden  den  größeren  Prozentsatz  von  Auswanderern  aafweiücn, 
kann  man  nicht  mit  Becht  behaupten,  dafi  der  Grand  unserer  relativ  starken  Aus- 
wanderung in  derüebervölkerung  zu  suchen  sei.  Die  »Schweizer  scheinen  von  Altres 
her  ein  wandfrlustigCH  Volk  zu  sein  ;  zu  vielen  Tausenden  ginj^a'u  sie  früher,  in  ge- 
ringerer Zahl  uoch  heute,  in  fremde  Kriegsdienste  ,  nvA  sdion  das  vorige  Jahr- 
hundert, sowie  zu  wiederholten  Malen  das  gegenwärtige,  weist  civile  Masseu- 
answanderungen  anf,  bei  denen  sieh  jeweilen  mehrere  Tansende  betheiligten; 
so  naeh  Neu^Freiburg  in  Brasilien  (1819),  in  die  brasilianisi  he  Provinz  San 
Paulo  (1854  und  1855),  nach  Chile  (1883  und  1H84).  Im  Allgemeinen  sind  die 
Ursathen  der  Austvanäcrnntf  zn  suchen: 

1)  In  den  persönlichen  Anlagen,  Neigungen,  Verhältnissen  und  Beziehungen 
des  Auswanderers; 

2)  in  den  volkswirthsehaftlichen  Verhältnissen  des  Heimathlande« ; 

3)  in  den  natürlichen  und  künstlich  geschaffenen  Vortheilen,  welche  die 
Einwandemngslfinder  gewähren  und  durch  Spekulationsliteratur  und  ge- 
heime Anpreisungen  den  ungünstig  situirten  Volksklati^en  zur  Kenntniß 
gebracht  werden. 

Die  Bundesverfassung  v&n  1648  enthielt  noch  kdne  Kompetenz  für  den  Bund, 

anf  dem  Wege  der  Gesetzgebung  etwas  zu  Gunsten  der  Auswanderer  zu  thun. 
Gleichwohl  griffen  die  Bundesbehörden  wiederholt  ein,  wenn  eine  Dringiif^hkeit 
hieftlr  vorlag,  indem  sie  Inild  gewisse  Auswanderungsziele  verboten,  bald  einzelne 
Kantone  zum  Aulseben  mahnten,  überseeische  schweiz.  Hültsgeseiischaften  untor- 
sttttxten  nnd  in  dnam  Falle  sogar  einen  anßefordentUebeu  GMendten  mrn  Sehntie 
ausgewanderter  Schweiler  nach  Brasilien  abordneten.  Eine  Bestimmung  Uber  den 
Answan^rerachnti  wurde  erst  anläßlich  der  Revision  von  1871  in  die  Bundes- 
verfassung anfgenominen,  mit  folgendern  Wortlaut:  „7>»r  (h.schii/lsbeir^'^'  von 
Äuswandtruntjmijmturen  unterliegt  der  Aufsicht  und  (Jesetzt/ebunf/  den  JJunäea.'* 
Im  Frühjahr  1881  trat  das  hierauf  sich  gründende  Bunlai/eseiz  vom  21. 
Dexember  1980  in  Bjraft,  welches  die  Aufsicht  Uber  die  Gesohäftsftthrnng  der 
Answandernngaiigetituren  dem  Bundesnth  unter  Mitwirkung  der  Kantone  übertrug 


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Auswandtfttiqr 


—    56  — 


Auswandern  ng 


und  den  BttndMratfa  ermäohtigtfti  dieae  Aufsicht  dnrch  «um  seuwr  D^pArtemente 

antttben  zu  laHsen.  Die  Wirkungen  dieaae  Gesetzes  waren  sofort  als  sebr  wohl« 
tbStige  erkennbar.  In<1pRM«!n  ergab  es  sich  doch  im  "Verlaufe  der  Vollziehung 
desselben,  daß  eine  Anzahl  von  Betitimmaagen  einer  Vervollständigung,  theilweise 
einer  VeraohKrfiing  bedürftig  seien,  und  daß  namentlich  auch  ein  eigentliohee 
Bareao  geeohafliMB  werden  sollte,  welchem  neben  einer  anegedehnteo  An&ioht  ttber 
den  Ge«chi{ftsbctrieb  der  A,genten  und  der  xu  ihlreiflh  gewordenen  ünteFigeiiteil 
die  Pflicht  auferl^^t  würde,  den  An^iwauderem  auf  gestelltefi  B!'i::;rhren  Rath, 
Auskunft  und  Empfehlungen  zu  ertln  ili n,  und  sich  mit  den  Schweiz.  Konsulaten, 
den  Transportgesellschaften  etc.,  ■/.am  Zwecke  eineti  ausgiebigen  Answanderer- 
aohutn»  bis  an  den  Beedmmungäort,  in  Verbindting  wa  setcen.  Diese  Bestrebungen 
fanden  eine  wirksame  Ühteistlitinng  in  mehreren  Postnlaten,  welche  von  den 
eidg,  Rathen  beschlossen  wurden,  sowie  durch  die  Ergebnisse  einer  vom  Bundes- 
rathe  angeordneten  einläßlichen  üntersuchnDfr  dc^^  £^esammt^n  schweizerischen  Aus- 
wanderungswesens. Ein  neuer  Uesetzesentwun  wurde  hierauf  den  eidg.  Kammern 
vorgelegt  und  von  denselben  nadi  reiflidMm  INaknssloDen  am  S2.  MMtz  1888 
in  folgender  Fassung  cum  Gtoseti  erhoben: 

Art.  1.  Die  im  Artikel  34,  Absatz  3,  der  Bun(]csverfa8.siing  vorgesehene  Aufsicht 
Ober  den  Geschäftsbetrieb  der  Auswanderangsagenturen  wird  vom  Bundesrnthe  nnter 
Mitwirkung  der  kantonalen  Beh/lrden  ausgeflbt. 

Den  letztem  liept  insbesondei  i'  oh  :  ;i.  di»'  Vi  rprüfung  darüber,  ob  die  Bedingungen, 
von  denen  das  Gesetz  die  Ausstellung  ein^  Patentes  oder  die  Genehmigung  der  An- 
stellung von  Unteragenten  abhfingifir  macht,  bei  den  Agenten  oder  Unteragenten  vor* 

hiiii'icn  ^iiidiArt.  3) ;  b.  die  strarreclitliche  Vcrrnl^'uni:  der  ibncn  nach  Art  18 (Scblttfisalt) 
und  Art.  19  dieses  Gesetzes  zur  Aburtheilung  unlcrstclUen  Tersonen. 

Art.  9.  Wer  sich  mit  der  geschftftsmfißigen  Beftrdenintpr  von  Auswanderern  oder 

mil  dein  pfschriftsninPiKen  Verkauf  von  I'as-.-Mfrehillch'n  bef.i.-sen  will,  bedarf  hicfÜr 
eines  vom  Bundesrathe  ausgestellten  Patentes.  -  Wird  eine  Aus  wander  ungsagentur 
von  einer  Gesellschaft  betrieben,  so  ist  der  Gesellschaftsvertrag  oder  eine  beglanbigto 
Abscbrid  desscll»en  bei  dein  Bundesraihe  zu  hinterlegen,  demselben  der  Nanu*  de^^  zur 
Ges<häfläfübruug  Bevollmächtigten  anzugeben,  sowie  jede  spätere  Aendemnp  mitzu- 
tbeilen.  Der  Bimdesrath  giebt  hievon  den  Kantonsregieningen  K«  nntniß. 

An.  3.  Patente  dfirfcn  nur  solchen  Agenten  oder  Bevollmr«  Iii  igten  einer  .\s.'entitr- 
goseil-iclialt  ertlicilt  werden,  welche  sich  darüber  ausweisen,  daß  sie  1)  t  iin  n  guten 
Lennauni  genieUen  und  in  bfliferiichen  Hechten  und  Khren  stehen;  2>  mit  der  Ge- 
hcbänsfflhrung  der  iitnlerung  vertraut  und  im  .Stande  sin«l,  die  >ieliere  Heförderung 
der  Au.swanderer  zu  be.-un^en ;  3)  innerhalb  der  Eidgenossen!>chalt  ein  te^^les  Domizil 
haben. 

Für  das  l'alent  iat  eine  jährliche  Gebühr  von  Fr.  50  zu  entiichlen.  Der  Bundes- 
rath hat  das  Recht,  das  Patent  zurückzuziehen,  wenn  der  Inhaber  desselben  die  in 
diesem  Artikel,  ZitTer  1  bis  3,  vorgeschriebenen  Bedingungen  nicht  mehr  erfüllt,  oder 
wenn  er  sich  einer  schweren  oder  öftem  Uebertretung  der  Vorschriften  dieses  Gesetzes 
(Art.  18}  schuldig  macht,  oder  wenn  er  sieh  bei  einem  Kolonisationsuntemelmien  be- 
thciligt,  bezüglich  dessen  der  Bundesrafli  zu  t  int  r  Warnung  sii  Ii  veranlalil  gesehen 
hat.  Der  Agent,  der  auf  sein  Patent  verzichten  will,  hat  dies  dem  Bundesrathe  zu  er- 
klären und  demselben  da?  Patent  zurQckzustellen.  Die  Answanderuugs4igenten  und  tfac» 
l'n'«  rairenten  dürfen  weder  in  t  inoTn  Dienst-  no«  h  in  iri.'end  einein  .\hliänü:if:keitsver" 
hälLni»i>c  zu  einer  überi>eeiächen  DampfächilT-  oder  KLsenbalmuutcrnchmuug  stehen. 

Art.  4.  Jede  Auswanderongsagenlur  hat  gegen  Empfangnahme  des  Patentes  eine 
Kaution  xnn  Fr.  tn.fiofl  zu  Mauden  dp<  Bundes  zu  hinterlejren.  Bei  der  An-te]lun^'  je 
eine*  Unteragenlen  haben  die  Agenturen  eine  weitere  Kautum  von  Fr.  3t)0Ü  zu  leisten. 
Diejenigen  Personen,  welche  sich  mit  dem  gefchünsmä lügen  Verkauf  von  Passagebilleten 
bef;i--<  n,  Ii.Tlion  eine  Kaution  von  Fr.  20.f><'<>  zu  lei-i-  n  Die  Kaution  ist  in  eidpenössischen 
(Miel  kantonalen  Staat^obligaliimen  oder  in  andern  guten  Werthschritten  zu  leisten. 
Wenn  aus  iriKiid  einem  Grunde  die  geleistete  K  iutinn  im  Werthe  sich  mindert,  so  hat 
der  Denonent  sofort  Krsalz  zu  lehl«  ti  ;  andernfalls  ist  der  Bundesrath  berechtigt,  der 
betretl'endc'Q  Agentur  da.s  l'atcnt  zu  entziehen.  Die  Kaution  darf  erst  nach  Ablauf  eines 
Jahres,  vom  Erloschen  des  Patentes  an  geredinet,  zurflrkgestellt  werden.  Sofern  dann- 


—    57  — 


Aimmid6iiiiig 


Xnioal  noch  Ansprüche  ge^n  die  AuiwandMnngBagenten  vorliegen,  so  bleibt  der  er* 

forderliche  Betrag  der  Kaulion  hi"»  zur  pänzlichen  Krledi^'uii^r  der  Aii>i>rüoIi('  sif'hen. 
Die  Rückerstattung  der  je  uucli  der  Zahl  der  Uuleragenlen  zu  leistenden  Kiiulion  er- 
folgt alle  Jahre.  Die  Kaution  dient  zur  Sicherheit  für  Ansprüche,  welche  nach  Maft> 
gäbe  dieses  Gesetzes  von  dea  Behörden  oder  Auswanderem  oder  den  KechUoachfolgeni 
der  letztern  geltend  gemacht  werden  könneo. 

Art.  5.  Den  Agenten  ist  gestattet,  sich  mit  Unteragenten  xu  Tersehen.  Diese  mürnen 

die  nändirhen  Pedin^'unt^en  (Art.  3,  Ziffer  1  bi-  S)  erfüllen,  wie  «he  Apenten.  Ilire 
Anstellung  utiterlie^i  der  Genehmigung  des«  Bundesrathe^  und  ist  der  zuständigen  Be- 
hörde «les  Kantons,  in  welchem  sie  ihr  Domizil  haben,  zur  Kenntniß  zu  bringen.  Fflr 
jede  Genehmigung  oder  Aeinlerung  in  dem  Bestände  ifer  Unteragenten  hat  die  Haupt- 
agentur eine  Geliühi  zu  entrichteo,  deren  Höhe  vom  Bundesrathe  festgesetzt  wird. 
Wenn  ein  Unteragent  zu  begrflndeten  Klagen  Anlaß  gibt,  so  kann  der  Buudi>8rath  die 
Genehmi{?ung  zu  seiner  ferneren  Verwendun«.?  zurückziehen,  und  es  ist  der  BetrefTende 
sofort  zu  entlassen.  Der  Geschäftsverkehr  mit  den  Auswanderern  darf  nur  durch  die 
Agenten,  beziehungsweise  Unteragenten,  Tennittelt  werden. 

Art.  6.  Die  Agenten  und  Unteragenten  dOrfen  weder  Beamte  nodi  Angestellte 

des  Bundes  sein. 

Art.  7.  Die  Agenten  sind  sowohl  gegeoflber  den  Behörden  ab  gcgenflber  den 

.Auswanderern  fflr  ihre  eigene  Geschäflsfnhrun^''  und  die  ihrer  Unteragenten,  sowie  IQr 
diejenige  ihrer  Vertreter  im  Auslande  persöulicli  veriUUworllirh. 

Art.  !S.  Die  Namen  der  patentirten  Agenten,  der  Be  hn  iciih^Men  anericannler 
Gesellschaften  und  ihrer  Unten<;.'enten  werden  sofort  nach  ihrer  Kintraguutr  in  die  amtliche 
Kontrole,  sowie  in  jährlichen  Zu.-<;immen  Stellungen  durch  dai>  Bundesblult  veröffentlicht. 
Den  Personen,  welche  nicht  avf  diese  Weise  ftflentlich  bekannt  gemacht  sind,  ist  in  der 
Schweiz  jede  auf  die  Beförderung  von  Auswanderern  sieh  (»ezicheiule  Puhhkation  unter-agt. 

Art.  9.  Die  Agt-nlen  und  Unteragenten  haben  eine  eingehundene  und  pai<iairte 
Kontrole  Ober  ihre  Vertragsab8chlris!5e  und  gebundene  und  paKinirte  KopirbOcher  über 
ihre  Korreroondenzen  zu  führen.  Erstere  sind  verpflichtet,  dem  Bundesrathe  alle  von  ihm 
Über  dieseVertrage,  sowie  über  ihr  Verhftltniß  zu  den  fremden  Schiffsgesellschaflen  ver- 
langten Miltheilungt  n  zu  machen,  l'eiierdies  is»  der  Bunde^rath.  sowie  die  zuständige  kan- 
tonale Behörde,  jederzeilzur  Einsiebt  in  die  Gcschäftskontrole  und  in  alle  Bflcher  and  Skrip- 
turen der  Agenter.  und  Unteragenten  berechtigt.  Dieselben  sind  Terpfliebtet.  den  Polizeibe- 
hArden  allen  vfni  diesen  verlangten  Aufschluß  behufs  Fahndung  auf  Verliredu  r  zu  erf  heilen. 

Art.  10.  Pei-sonen,  Gesellscbafteu  oder  Agenlaren,  welche  in  irgend  einer  Eigenschalt 
einKolonisationstratemehmen  vertreten,  haben  dies  dem  Bundesrathe  unzuzeigen  und  ihm 
flher  da-  fiiteruelinien  voIlstHndigen  Aufschluß  zu  i^'.dieri.  Dem  Bundesrathe  steht  in  jedem 
einzelnen  Falle  die  Entscheidung  cjarüber  zu,  ob  und  unter  welchen  Bedingungen  Privaten,  Ge- 
selbchftften  od.Agenturen  gestattet  werden  kann,  ein  Kolonisationsnntemehmen  so  vertreten. 

\-'  II  Den  Agenten  ist  vcrhnten  die  Beförderung:  1)  von  Personen,  die  wegen 
vorge  rückten  Alters,  Krankheit  oder  Gebrechlichkeit  arbeiteunfUhig  sind,  sofern  nicht 
eine  hinlängliche  Versorgung  derselben  am  Bestimmungsorte  nachgewiesen  ist;  i)  von 
minderjilhrigen  oder  unter  VorinundM-liatl  stehenden  Personen  ohne  schriftliche  miMich 
beglaubigte  Einwilligung  dc-r  Inhaber  der  elterlichen  oder  vormundschafUichcti  tn-walL 
Hinderjfthrige  unter  1(>  Jahren  müssen  überdies  von  zuverläßigen  Personen  begleitet 
werden,  und  es  muß  für  ihre  gehörige  Unterkunft  arn  Heiseziel  gesorgt  sein  ;  3)  von 
Personen,  welche  nach  Bestreitung  der  Heisekosten  uhuf  Hölfsmittel  am  Bestimmungs- 
orte anlangen  Wörden;  4)  von  Personen,  denen  die  Gesetze  des  Kuiwaiuieiungslandes 
den  Eintritt  verbieten:  .*»)  von  Personen,  welche  keine  Ausweisschriften  ül>er  Herkunft 
und  Bürgerrecht  besitzen:  ti'  von  miiitärdienstpflichtigen  Schweizerbflrgern,  die  .sich  nicht 
ausg^viesen,  daß  sie  die  v«mi  Staate  erhaltenen MiiitSrefl'ekten  zurückerstattet  haben ;  7)  von 
Eltern,  sofern  dieselben  unerzogene  Kinder  zurflcklassen  wollen  und  die  zuständige Ärmen- 
befaflrde  mit  der  Auswanderung  nicht  einverstanden  ist, —  Die  Agenturen  haben  sich  die 
in  Zitier  2,  b,  6  und  7  bezeichneten  Ausweise  beim  Vertragsabschlüsse  vorlegen  zu  la— en 

Art.  12.  Den  Agenlaren  sowohl  als  den  Kolonisationsgeselischaiten  ist  der  Ab- 
schlnfi  von  Verträgen,  laut  welchen  sie  sich  zur  Lieferung  von  einer  gewissen  Anzahl 
Pei^oiien,  sei  es  an  SchifTsgesellschaften.  Kolnnisations-  und  and^  Unternehmungen 
oder  StaatsregieruQgen,  verpflichten,  untersagt. 

Art.  18.  Vertr&ge  und  Reverse  irgend  einer  Art,  welche  entgegen  den  Bestimmungen 
Ton  Art.  II  utid  M  verabredet  werden,  -iud  i.ii;:nltiir  und  strafltar. 

Art.  14.  Die  Agenten  haben  bei  Ueliernahme  von  Geldbeträgen  dafür  zu  .sorgen,  daß  die 
betreffende  Summe  dem  Auswanderer  am  Bestimmungsort  baar,  ohne  Abzng  und  zu  einem 


Answuidermig 


—    5ö  — 


AoswaaderuDg^ 


Kurs  ausbezahlt  wird,  welcher  dem  Werth  der  dem  Agenten  in  der  Schweiz  ;releisleft  n  Ein- 
«ahiwng  eutsprichl,  wobei  in  Normalzeiten  die  jeweiligen  Wechselkurse  derbauptsächlicbston 
eoro^AiMheo  Bmakplfttze  auf  die  betreffenden  Auszahlunt^splätse  aiafigebena  min  sollea . 

Art.  15.  Die  Verpflichtung  der  Agenten  gegen  den  Auswanderer  umfaßt  in  allen 
Fällen:  1)  sichere  Beförderung  der  Personen  und  ihres  GepAtks  um  einen  bestimmten, 
im  Vertrage  festgesetzten,  in  keinem  Falle  und  in  keiner  Weise  zu  erhöhenden  Preis 
bis  an  den  vertragsmäßigen  Be-itinmiuri;-'-nii,  vorbehalten  die  nach  ZifTer  .")  und  6  dieses 
Artikels  erwachsenden  Zuschläge.  FQr  den  Transport  vom  SchifTe  bis  zur  Landungsstelie 
dürfen  kdne  besonderen  Spesen  berechnet  wei-den:  f)  genügende,  gesnnde  nnd  rein> 
hebe  Verpflegung  und  Behtrliir<;nng  auf  iKt  ):;inzen  Reise,  den  FhII  ;iiis;_'on(iinnien, 
daii  der  Auswanderer  sich  vorbehält,  während  der  Landreise  selbst  für  Kost  und  Logis 
zu  sorgen;  3)  unentgeltliefae  ärztliche  Behandlang;  4)  anständige  Bestattung  bei  T<Mi 
auf  der  Reise;  5)  Versiilierung  des  Gepacts  sowohl  ^jegen  Beschädigung  als  V>rlust 
nach  einem  vom  buudesralhe  genehmigten  und  in  dem  Verlrag  enthaltenen  Tarif; 
6)  Versicherang  des  Familienhauptes  und  beim  Fehlen  desselben  dessen  Vertreters  gegen 
Unfall  während  der  Dauer  der  Rei&e  bis  zur  Ankunft  am  vertraglich  festf eset/ti^n  Be- 
sliratuuQgsort  für  Fr.  5(X):  —  die  Prämie  hielür  ist  im  Vertrage  anzugeben.  Der  bc* 
Xflgliehe  Tarif  unterliegt  der  Genehmigung  des  Bundesratlies ;  7)  bei  Aufenthalt  oder 
Verzögerl! fi'^'  auf  der  liei-e  otmt'  naeliweii^biirc  Schuld  des  Auswanderer»--  voll-trmdige 
Verpflegung  und  BcherljerguuK  des  Auswanderers  und,  im  Falle  die  beabsichtigte  Be- 
fOrdcrungsgelegenheit  nicht  vorhanden  oder  nicht  ausreichend  wfire,  prompte  ander- 
weitige Beförderung  rntiidesipn»  ebenso  guter  Art  wie  die  im  Vertrnp'  an',.'c?«?henp 

Art.  16.  Bei  der  Belörderuug  der  Auswanderer  sind  folgende  Von^chrülen  zu  be- 
obachten: 1)  Die  BefBrderunir  auf  Eisenbahnen  hat  in  gut  ▼erschlieSbaren  l'ersonen- 

waggons  zu  u>'-'li«'hen,  worin  nur  -ri  viele  Personen  unter-el.r.iclil  werden  ilruiVn,  als 
reglcmcntarische  Sitzplätze  vorhanden  sind.  Den  Auswanderern  ist  der  Eintritt  in  die 
gewöhnlichen  Wartlokale  auf  den  HalLstationen  so  weit  möglich  zu  gestatten,  i)  Die- 
Befflrdernnp'  zti  Waycpr  »larf  nur  auf  Schiffen  derjenigen  Oesellscban  gesch»*hen,  wel' t  " 
im  Reisevertrage  genannt  ist.  Diese  Sciulie  müssen  zum  Transport  von  Auswanderern 
autorisirl,  hiefAr  mit  bleibenden  Einrichtungen  versehen  sein,  eine  Trennung  der  (te- 
schlechtrr  ermftp'Iirhcni.  einen  Arzt  mit  sieli  ITilir'ni  itnf?  einer  polizeilieheii  Kontrole 
über  ihre  BescIiuDenijeit  am  Oiie  der  Ald.ihil  uuleriiegen.  8»  Der  Ausv\aiulerer  bat 
untM*  keinen  Umständen  über  die  hn  Vertrag  festgesetzten  Leistungen  hinaus  Nach- 
zahlungen zu  machen  oder  Trinkgelder,  llospitHlpreliler  oder  sonstige  Gebfihren  zu  ent- 
richten. 4)  Es  darf  der  Fahrpreis  weder  ganz  noch  thcilweise  in  persönlichen  Dienst- 
lebtungen  bestehen.  S)  En  darf  keine  S^dbstbekösligung  während  der  Sr^ereise  statt- 
finden,  und  die  Speisen  messen  dem  Auswanderer  in  guter  Oualität  und  gelinrig  zu- 
bereitet geliefert  werden.  6)  Alle  Transporte  von  Auswanderern  mit  überseeischem 
Heiseziel,  welche  nicht  von  einem  Agenten  oder  Untenigenten  begleitet  sind,  hat  die 
Agentur  an  den  Uallslationen  und  im  Einschiffungshafen  durch  einen  Bevollmächtigten 
In  Empfang  nehmen  zu  lassen.  Bis  zur  Abfahrt  des  St^hiffes  diurf  der  Bei^iter  di» 
Auswanderer  nicht  verlassen.  7)  Die  .Vgenten  haben  Vor-.(,:ir,^  zu  trotTen.  daß  die 
Konsulate  in  den  Ein-  und  AusschillungsMfen  von  der  Ankunll  von  Auswanderern  be- 
narhrichtigt,  nnd  die  Auswanderer  daselbst  von  einem  BevollmSehtigten  der  A(?entur 
in  Mnipfant:  treuoiimu'n  werden.  —  Werni  von  Seite  des  .\genten  «leit  in  Ai  t.  I"  und  Ifi  ent- 
haltenen Bcbtimnmngcn  nicht  nachgelebt  wird,  so  ist  »1er  Auswanderer  beiechliyt.  von 
dem  Vertrüge  zurückzutreten  und  gegen  den  Agenten  auf  Schadenersatz  zu  klagen. 

Art.  17.  Die  .\uswainlernn;.'-\ >  rtr.i;.^  iiiiis-^rn  -r  liiüMli  Ii  in  zwei  gleichlautenden 
Exemplaren  abgel'aUt  .«sein,  von  denen  das  eine  dem  Aiiswiinderer  übcr;?eben  wird,  das 
andere  in  den  Hftnden  des  Agenten  verbleibt. 

Dos  Verfra;..'  niut'  entliiiUr-u :  1^  die  'iTenaue  Nauien-lie/ri,dinunu'.  ileliurt^iahr^  Hei- 
malh  und  Wuimorl  des  Auswai»iiei«  is.  sowie  die  Reiseroule  und  den  Besliiiiuiuii^fsurl, 
bis  zu  welcliein  der  Agent  die  Beförderung  öhernomnicn  hat;  sSi  die  genaue  Angabe 
der  .Vhreisezeif,  sowie,  im  Falle  tles  Tnmsporles  über  .Mcei.  der  SefiilTsigcleKenheit  und 
des  Ta^;es  der  Abfahrt;  3)  die  lU'stirniiiun^'  des  Raumes  aul  dem  ScbitTe,  den  der  .Vus- 
waridercr  für  sich,  eventuell  seine  Familie,  und  sein  (iepück  in  .Vnsfiruch  ZU  nehmen 
berechtigt  ist:  4)  die  gen;iue  Angabe  (in  Worten  und  Zahlenl  des  Transport-  und  Ver- 
sicbcrungspreises  für  Personen  und  tiepäck ;  der  Preis  eines  alltalligcn  liberseeisohen 
InlitridlahrbilleLs  ist  in  dem  Vertrage  besonders  vorzumerken;  5)  die  Wiedergabe  der 
Art.  l.^,  IG,  21,  22  und  23  dieses  Gesetzes:  fi)  die  Bestimmung,  dalj.  wenn  ein  Aus- 
wanderer wegen  nacbgewiesener  Erkrankung  oder  anderweitiger  unverschuldeter  Ver- 
hinderung die  Reise  nicht  antreten  oiier  nicht  fortsetzen  kann,  der  Agent  verpflichtet 


Auäwaiitleruu),' 


—    bi)  — 


Auswanderuu 


ist,  die  fSr  dift  BefArdemiiK  de»  AnswaMeren  und  Mtaer  btt  ihm  bleibenden  Ange> 

hörigen  bezalillon  Retnlfr^  ztinlekzinT-Jfiffpn,  unter  Ahzii,:  jedoch  der  fftr  Abecblttft  oder 
tbeilweise  AusttitiruDg        Verlrageb  erwachsenen  Auslagen. 

Der  Auswanderungsvertrag  darf  den  Auswanderern  nirgends  and  unter  keinem 
Vorwamlc  abverlangt  werden.  Der  Bundc-raili  stellt  fQr  die  Abfassung  Ton  Auswande* 
rangsverträgen  ein  verbiadlicbes  Formular  aut. 

Art.  18.  Die  Agenten  werden,  wenn  sie  selbst  oder  ihre  üntersgenten  oder  Vertreter 

in  oder  iuißerhalli  dr-r  Schweiz  dem  gegenwärtigen  Geselzp  /.invi<lrvhainleln,  vom  Bundes- 
rathe  mit  Fr.  2ü  bis  Fr.  1000  gebai&t,  anbeacbftdet  der  zu  stellendeu  EnlBcbädiguagiikiagea. 
Beim  Vorbtndensetn  «rachwerender  Unutflnde  wird  ihnen  fllserdies  das  Patent  entzogeut 

und  e-  -iiid  tVw  srlmMigen  Agenten  oder  Untera'/cntfn  nn<l  Vcrtrrttr  lit-hufs  Anwendung 
der  Freiheitsistrate  nach  Art.  19  den  kantonalen  (Terichten  zur  Aburtheiiung  zuzuweisen. 

Art.  19.  Personen  und  deren  Gehillteri,  welche  ohne  Patent  oder  Genehmigung 
Au.swanderungsgeschäfte  betreiben,  mit  dem  geschäftsmäßigen  Verkauf  v^n  Fas^age- 
billeteo  sicli  belassen,  an  einem  Kolooisationsualernebmen  skb  betbeiligeu,  Publikationen 
erlassen,  welche  Tom  Bundesrath  untersagt  ^ind  (Art.  H,  Ziffer  1),  werden  von  Amtes 

wei/cn  oiit  r  .lui'  KI;i;:f  hin  lie.n  kantonalen  Gerichten  Oberwiesen  und  luh  Fr.  50  bis 
Fr.  lOUO,  unter  erächwereudeu  Umständen  mit  Get^ngniß  bis  auf  sechs  Monate,  bestraft, 
unbeschadet  einer  zu  stellenden  Entsefaftdigung^klage. 

Art.  '20.  PtM-<onen,  welche  sich  mit  dem  g«'scliäftsinäL'.i-L'n  Verkauf  viui  Passage- 
bilieten  befassen,  unterliegen  allen  eiaschlägigeo  Ueälimuiuageu  dieses  Gesetzes. 

Art.  91  ■  CiTllreehtlicfae  AnsprQche  aus  Verletzun^t  dieses  (lesetzes  sind  innerhalb 
der  Verjährungsfrist  von  einem  Jahr,  von  der  Konntnißnahme  der  Srliä.Ii^'unir  nn  'jc- 
rei:hnet,  bei  dem  zuständigen  Gerichte  des  Kantons  anzubringen,  m  welchem  der  Aus- 
wandeningsvertrag  al)gesch!o<^en  worden  ist.  Von  der  Klaganhebung  ist  dem  Rnndes- 
rafhf  durch  das  betreffendf  nericht^firä^idiuin  .sofort  Keimtniß  zu  geben.  (Art.  4.  .Absatz  .5.^ 
Ebenso  i>l  von  den  auf  Grund  der  Art.  18,  19  uml  21  des  Gesetzes  aus;.'ef;l!lt»'n  l'r- 
Iheileo  dem  Bundesrathe  dun-h  die  zu-sblndigen  Kantonshehörden  Mittbeiluii/  /.  n  rnachen. 

.^rl.  22.  Die  «rhwL-izcrisrfirn  KnrHuln  haben  jede  Rfklamafion  -iliw cizerischer 
Auswanderer  wegen  VerleUutig  der  deuatlbeii  zugesicherten  Beduiguiigi  ii  unentgeltlich 
ZU  prüfen,  insofern  die  Heklamalion  innerhalb  9()  Stunden  nach  Ankunft  der  Aus- 
wanderer erhoben  wird,  im  Weitern  auf  Verlangen  der  Reklamanten  tiber  den  Fall  ein 
Protokoll  aufzunehmen  und  eine  Abschrift  davon  dem  Bundesrathe  einzusenden.  Der 
Bundesrath  wird  innerhalb  der  Grenzen  der  ihm  hiefür  bewilligten  Kredite  die  nöthigen 
Anordnungen  treOen,  daß  die  Auswanderer  in  den  hauptsficblichsten  £in-  und  Aus* 
schitfungshäfen  Hülfe  und  Rath  finden. 

Art.  23.  Ein  Protokoll,  welches  im  Auslande  durch  einen  Schweizerkonsul  oder 
durch  einen  Auswanderungskommissär  oder  eine  andere,  su  einem  solchen  Akte  nach 
dortigen  Gesetzen  kompetente  Person  aufgenommen  wird,  gilt  ab«  Beweis,  mit  Vorbehalt 
des  Gegenbeweises. 

Art.  24.  Der  Bundesratb  wird  die  zur  Vollziehung  des  gegenwärtigtu  Gesetzes 
nOthigen  Regtemente  erlassen. 

Iliin  ttdit  ilif  I?i  iL'(  Iitigung  zu,  zu  verbieten:  1)  Antionrcu  in  rifTenlürlicn  DIättern 
oder  andere  Publikatioueu  jeder  Art,  welche  geeignet  sintl,  Personen,  die  auswandern 
wollen,  in  Irrthum  zu  fQhren;  9)  die  Benutzung  von  Transportgelegenheiten,  welche  den 
Bestimnmngcn  dieses  Gesetzes  nicht  entsprechen  oder  zu  begründc-ft  n  Kl.i;-'en  Aul  ((.  ^'cl  i  n. 

Art.  2ü.  Die  Auüticbt  des  Bundesrathes  über  die  Auswanderungsngenten  und  die 
Kontrole  über  die  DurchfilhniDg  d&s  Gesetzes  wird  durch  das  vom  Bundesrath  hieroit 
beauflragte  Departfment  au.>:geübt.  Demselben  wird  zu  diesem  Zwecke  eir.  be^onderes 
Bureau  iieigegeh»  n.  welches  sich  mit  den  betreffenden  Stellen  m  anderen  Staaten  in 
Verbindung  setzen  niid  auf  gestelltes  Verlangen  Personen,  welche  auswandern  wollen, 
mit  den  rst^tlii^t-n  .\ii-könlten,  Häthen  und  Empfehlungen  vor-<ehen  wird.  !>'  i  Huiides- 
rath  kauii  iuiitiltalh  *ier  Grenzen  ties  Büdgets  zum  SciiuLze  von  Auswandtu  i  n  und 
Kolonisten  auch  SpezialmLssionen  anordnen. 

Art.  26.  Das  Bunde.sgeselz,  betrcflend  den  (ie.-;chäftsbetrieb  von  Auswanderungs- 
agenturen vom  24.  Dezember  IH80,  sowie  alle  kantonalen  Gesetzesbestimmungen  und 
Verordnungen,  welche  dem  gegenwärtigen  Gesetze  widersprechen,  sind  mit  dessen  In- 
krafttreten aufgehoben.  Insbesondere  darf  kein  Kanton  mehr  von  einem  Auswandernngs- 
agenten.  L'nleragenten  oder  Aufmvanderer  eine  Kaution  oder  irgend  eim^  Gebühr,  autier 
den  gewöhnlichen  St.  urm  und  Aii^'iben,  erheben. 

Art.  47.  Der  Bundesratb  wird  beaullragt,  auf  Grundlage  des  Bundesgesetzes  vorn 
17.  ^Qtii  1874.  betreffend  db  Volksabstimmnng  Ober  Bundesgeeetn  und  Bunde^sbescfalflsae^ 


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Attswandenmg 


—    60  — 


Auswmnderniig 


<)ie  Bekanntmachung  dieses  Gesetzes  zu  veranstalten  und  den  Befinn  der  WirfcMmksfit 

deseelben  festzusetzen. 

Am  10.  Juli  1888  wurde  zu  diesem  Gesetz  vom  Bundearath  eine  eioläß- 
liehe  Voltgi^nff»vtrordnunff  erksseo,  di«  dann  am  13.  Febraer  1889  eine  Ver- 

vollständigung  erhielt  durch  Beatimmungen  Uber  dat  KoloDisationäweseo,  durah 
<\a.H  Verbot  der  Beförderung  solcher  Auswanderer,  denen  die  Ueberfalirt  von 
fremden  Geselbchaften,  Regierungen  etc.  ganz  oder  theilweise  vorgeschossen  oder 
bezahlt  worden  sind,  und  diesbezüglicher  Propaganda.  In  einem  Bundesraihs- 
hesdduß  vom  18.  Septembmr  1988  wnrde  das  Äunoanderui^bureau  organiaivt. 
Hienach  zerfällt  dasselbe  in  zwei  Sektionen,  von  denen  die  eine  die  Anfiricht 
Uber  den  Geschäftsbetrieb  der  Agenten,  Unteragenten  und  Passagebilletverkäufer 
fuhrt  (administrative  Abtheilnng),  die  andere  die  Vertretung  der  Interessen  der 
«ohweizerischen  Auswanderang  im  Allgemeinen  bei  den  betreffenden  Stellen  in 
anderen  Staaten,  und  dio  Ertiiflilang  yon  Ansknnft,  Bath  und  Empfehlungen  an 
Anawandearer  mr  Aufgabe  hat  (kommiaeariaehe  Abtheilnng). 

Die  Statistik  liefert  uub  betreffend  die  tibenefliaehe  Auswanderung  der  Jahre 
1884  bis  188'.)  die  in  Uebersicht  I  enthaltenen  Ziffern  (für  die  Jahre  1868 
bis  188.S  8.  den  Artikel  Auswanderung  im  Hauptwerk): 
Uebersicht  L 

Ü^erseetBcke  Autwondtrui^  in  de»  JahrM  1884 — 1889. 
Ana  dem  Eantnn       1884    1885    1886    1887    1888  1889 


ahiolit  7 

00  Bet. 

Zürich  

1206 

818 

712 

939 

961 

819 

2,41 

Bern  

2995 

2106 

1525 

1846 

2166 

2137 

3,96 

Luzern  

191 

167 

108 

129 

99 

87 

0,64 

Uri  

94 

81 

58 

108 

78 

73 

4,22 
4,17 

Schwyz  

137 

94 

103 

184 

127 

210 

Obwalden    .    «    .  . 

161 

61 

20 

201 

27 

107 

7,13 

Kidwaiden  .    .    .  . 

28 

7 

8 

17 

20 

14 

1.12 

Glaru«  

146 

204 

153 

137 

167 

219 

6,48 

■Zog  

203 

55 

28 

30 

36 

53 

2,29 

Freibnrg    .    .    .  . 

168 

88 

29 

53 

98 

162 

1,36 

Solothnrn    .    .    .  . 

230 

IS'J 

m 

ir,r> 

178 

109 

2,00 

Basfl.stadt    .     ,     .  . 

404 

374 

436 

380 

5,12 

Baselland    .     .     .  . 

261 

1.S9 

14  2 

184 

23  G 

225 

3,62 

ächatfhansen 

206 

201 

121 

184 

li)2 

ibl 

4,78 

AppenxeU  A.-Bh.  .  . 

91 

72 

63 

130 

168 

121 

3,33 

Appenzell  L-Bh.  .  . 
St.  Gallen  .    .    .  . 

5 

8 

8 

12 

6 

0,46 

477 

303 

273 

393 

438 

493 

2,15 

GraubUnden 

423 

25r) 

170 

234 

244 

275 

2.85 

Aargau  

641 

424 

353 

425 

424 

454 

2,34 

Thargau     ,    .    .  . 

85 

128 

130 

142 

148 

168 

1,61 

Tessin  

667 

691 

621 

578 

794 

898 

7,07 

Waadt  

181 

355 

363 

263 

397 

280 

1,11 

Wallis  

206 

337 

411 

216 

274 

2«;  7 

2,62 

Neuenbürg  .    .    .  . 

240 

289 

314 

452 

420 

367 

3,36 

Genf  

108 

141 

138 

164 

246 

205 

2,48 

Sdhwda  .... 

9608 

7583 

6342 

7558 

8346 

8430 

2,80 

wovon  Sofaweiaar. 

8975 

6928 

5803 

6801 

7432 

7445 

2,76 

Ansllndar « 

633 

655 

539 

757 

914 

985 

4,13 

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Auswanderung 


—    öl  — 


Bakteriologisches  ItUiUlu 


AußertmopäiKiktf  Beiseeiel  der  schweizerischen  Auswanderer. 


1Ö84 

1885 

1886 

1887 

18S8 

18^9 

Ver.  Staaten  v,  N, 
Andere  uorUam.  St.  , 

'  8359 

5934 

4863 

6445 
3 

67Ö9 
5 

6963 
3 

OBDtralanieriln     .  . 

5 

7 

6 

 . 

2 

Bnailien 

941 

83 

39 

Uruguay 

51 

17 

X\ 

Ärgeutinien 

1193 

1608 

1442 

732 

1334 

1294 

CliUe 

40 

107 

30 

Andere  ifidim.  8t. 

12 

17 

23 

Auetnhen  •    .    .  . 

50 

34 

16 

29 

16 

23 

Afrikft  

1 

9 

14 

5 

5 

15 

Asien    .    .    «    «  . 

1 

1 

1 

7 

9608 

7583^ 

6342 

7558 

8346 

8430 

Uebersicht  IlL 

Dte  Au9Wündertr  nach  &0$ehlteht,  CkfilaUmd  wtd  Beruf. 


1884 

1885 

1886 

1887 

1888 

1889 

6074 

4716 

3tK')n 

47i:j 

.')*>:.  7 

5385 

davon  verheirathet 

1073 

881 

709 

7m) 

H08 

959 

3534 

2867 

2386 

2845 

3089 

304 i> 

davon  veibeiTAfhel  . 

1074 

810 

643 

782 

796 

778 

ErwacIuHdie  .... 

7312 

5840 

6067 

6074 

6837 

6830 

Kinder  unter  15  J. 

2296 

1743 

128.Ö 

1484 

1509 

160O 

Erwerbende  .... 

5668 

4709 

4229 

5196 

6048 

6126 

Beruf  der  £rwerb«ndea: 

Urprodoktion  .    .  . 

2729 

2511 

2213 

2485 

2689 

2894 

Industrie  .... 

1685 

1195 

1018 

1470 

1819 

1620 

Handel,  Wirtheohaftig. 

325 

364 

269 

303 

378 

470 

Verkehr  .... 

100 

44 

22 

64 

57 

60 

WiBNeuäciiaften 

102 

79 

73 

90 

119 

119 

Fcrsönl.  Dienstl.  . 

369 

301 

341 

559 

696 

602 

davon  Dienetboten 

330 

443 

532 

511 

Andere  Erimrbende  . 

358 

215 

278 

225 

290 

360 

Bakteriologisches  Institut  in  Bern.  (Hitgetheilt  von  Hm.  Dr.  v.  Freuden- 
reich.) Seitdt-ni  durch  iVstenr'ß  Entdeckungen  anf  dorn  Gebietf  der  Mikrobiologie 
in  den  GfihrungsinduBtrien  in  Folge  der  Erkeuutuil^  der  Fermentwirkung  kleinster 
Irebewesen  ein  vollständiger  Umtüchwung  eingetreten  ist,  iiat  t>ich  allmälig  der 
Gedanke  Bahn  gebrochen,  daE  anoh  die  Hilehindaetrie  von  den  ErigeliniBBen  dieees 
neneeten  Zweiges  der  Wissenschaflt ,  der  Bakteriologie,  großen  Gewinn  ziehen 
dürfte.  Handelt  ea  sieb  doch  bei  den  meiHten  Alterationen  der  Milch  und  bei 
dem  Reifung^■prozcsse  der  Käse,  oinem  Hauptzweige  dieser  Industrie,  um  die 
Wirkungen  verschiedener  mikroakopiücher  Pilze.  So  sind  denn  bereits  in  vielen 
LKndern  bakterio1o|^he  Laboxatorien  den  Molkerü-Inetitttten  mr  Seite  gOBtellt 
worden,  deren  AniSgabe  es  sein  eoll,  die  Errangensehalten  der  bakteriologiaehen 
Foiechung  der  Mib  bindu^trie  zu  Nutze  zu  machen. 

Bei  uns  in  der  Schweiz  li.it  .sebon  im  "Winter  1887  Herr  Dr.  F  SchatTer, 
Eauton^cbeuiiker  in  Bern,  ein  Programm  für  die  Thatigkeit  einer  »ebweiz.  milch- 
wirthscbaftlichen  Versuchsstation  (Technicum)  entworfen,  das  nachher  in  der 
«HilobiDdostrie"  publixirt  worden  ist  nnd  welohee  o.  A.  die  Bedentong  der 


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I 


Bakteriolo^ches  lostitiit  —    62    —  BanknoleBsteiier 

bakteriologisohtn  Forsohnng  in  Intereoe  der  Eüse&brikfttton  beModer»  henrorbob. 

In  einem  im  Jahre  1888  von  Herrn  F.  Müller,  Abtheilungschef  des  Rcbweiz. 
Lan(lwirtlischaft.v(1epartementc,-t.  m  !  Pr.  F.  Schaffer,  im  Auftnii;.:  ilcs  Schweiz. 
Lauilwirtbsfhaftstlepartcmentes,  erstatteten  Gutachten  betr.  die  Errichtung  einer 
Schweiz.  Milchversuchsstation  warde  dieser  Gedanke  weiter  au-sgeführt  und  die 
Eioltthrttog  bakteriologiMher  Stndien  in  der  projektirten  Anstalt  unteratHtst  durch 
4ie  Anrieht  einer  Autorität  auf  diesem  Gebiete,  Prof.  Dr.  von  Nencki  in  Bern, 
welcher  sich  dahin  aasgedrlickt  hatte,  dnß  oin  obligatorischer  Unterricht  in  der 
ßukterioloj*ie  an  einer  solchen  CentraUcliule  fiir  Milchwirthschatt  durchaus  noth- 
wendig  erscheine,  und  dai^  von  der  Einfuhrung  der  bukteriologisobea  Untersuohungs- 
metboden  in  dae  Jlildi-  nnd  Molkereiwesen  veseiitlicbe  Fortsofaiüte  m  enrarten 
«eien.  In  fibnliober  Weise  drUekten  rieb  Prof.  Dr.  A.  Kraemer  nnd  Prof. 
Di-.  £.  iSchulze  in  Zürich  in  einem  Gutachten  aus,  welches  sie  um  12.  Februar 
1M89  über  die  Or^nnisation  einer  schweif.  Milchversuchs^tation  mit  Sitz  des 
Institutes  iu  Zürich  oder  in  Bern  erstatteten.  Die.se  Gutachten  habeu,  wie  man 
siebt,  die  Gründung  «ner  ecbweiz.  Centralatation  zur  Voraussetzung.  Da  indessen 
Xnßere  UnwtSnde  eine  schnelle  BeaUsirnng  dieses  Projektes  nicht  hoffen  ließen, 
wurde  auf  Veranlassung  von  Prof.  Anderegg  in  Bern  vom  Direktor  der  Landwirth- 
sohaft  des  Kantons  Bern,  Rf'fA  ernngsrath  Katz,  im  Frilhjahr  eine  Koniini.isKju 

einberufen,  deren  Beschltissen  ein  Vorgehen  des  Kantons  Bern  in  dus  r  Richtung 
und  die  Entstehung  des  jetzigen  bakteriologischen  Institutes  zu  verdanken  ist. 
Dasselbe  wnrde  am  1.  Juli  1889  als  besonderer  Zweig  der  cbemischra  Versnehs- 
fitation  der  landwirthschafklioben  Schule  der  Rütti  gegründet,  mit  dem  nOthigen 
Kredite  ausgerüstet  und  unter  die  Leitung  eines  Bakteriologen,  Dr.  E.  v.  Freuden- 
reich, gestellt.  Als  erster  Zweck  de*?selben  wnrde  besondere  d«»*«  Studium  dos 
Beifuugsprozesses  des  Emmentbalerkäses  bezeichnet-,  daneben  soll  aber  auch  das 
Studium  aller  das  Molkereiweeen  betreffenden  Proaesse,  welche  von  Kkkterien 
bedingt  sind,  Gegenstand  dieser  Thfttigkeit  sein,  nnd  außerdem  soll  von  dem 
Leiter  dees^ben  den  MolkereischUlern  der  RUtti  über  die  für  dieselben  noth- 
wendi^en  allgemeinen  Gründl >e;r|-it!'c  der  Bakteriidogie  Unt»  rrieht  ertheilt  werden. 

Aus  diesem  bakteriologischen  Laboratorium  sind  bereits  einzelne  diesbeziigl ü  be 
Arbeiten  hervorgegangeu,  die  hier  citirt  werden  mögen:  «Heber  die  Vermehrung 
der  Bakterien*  in  Nr.  50  der  Milchindustrie  1889.  —  »De  la  tenenr  du  lait  en 
bact^ries",  Annalcs  de  micrographie,  II,  page  116.  —  «Bakterien  als  Ursache 
der  Blänung  der  Käse",  Milchindostrie  1890,  Nr.  8.  —  „Sur  quelques  bact^ries 
produisant  le  bonrsoutlemeut  des  fromages",  Annales  de  micrographie,  II,  p.  öbli.  — 
„Keeberühes  pr61iminaires  sur  le  röb  des  bacteries  dans  la  maturation  du  fromage 
do  rEmmenthal**,  Annales  de  micrographie,  II,  p.  257. 

Banknotensteuer«  Die  Einnahmen  des  Bandes  nnd  der  Kantone*)  be- 
trugen: 1885        1886       1887        1888        1889  1890 

Bund    .    .  .  135,90»  137,888    141,850  150,320  153,494  161,343 

Aargau      .  ,  —  20,ür>0      20,000  20,000  20,000  20,000 

Baseistadt  .  .  il6,00n  '{ß.uno      42.000  48,000  4H,00n  6H,80O 

Bern     .    .  .  Hu.oOO  6<»,noo      60.000  60,000  (^o.Uüi)  (J<i.(hjO 

Freiburg    .  .  14,V164  lö,,iü6      16,507  16,866  iü.ööa  16,687 

Genf    .    .  .  —           —   80.686  75,000  75,000  75,000 

246,866  269,252'~360,043  369,185  873,377  401,829 


*)  Inbegriffen  die  Hinterlegungsgebühr  für  Weitiisciiriflen  bei  den  kantonalen 
Depceitenftmtern. 


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Bauknotensteuer 

— 

63  — 

BarnnwoUiodintrie 

1885 

1886 

1887 

1888 

1889 

1890 

Kr. 

Fr. 

Fr, 

Kr. 

Kr 

Uebertrag 

246,866 

26'J,252 

a6U,043 

36y,lH5 

373,377 

401,829 

Glans  .    .  . 

9,000 

9,000 

9,000 

9,000 

U  1  Ii  U  1 

Graiibttndeii 

18,000 

18,000 

18,000 

16,000 

1 1I  fWin 

Lucwn  .    .  . 

30,774 

36,116 

38,422 

38,416 

9fi  AtO 

fkft  Ann 

Neuenburg 

48,000 

45,05G 

43,200 

43,2(X) 

A  1  W97 

Schaff  bausen  • 

11.597 

13,890 

15.904 

15,902 

io,y  1.} 

Solothurn  . 

17,106 

18,000 

18,U0U 

22,251 

St.  (rallen  .  . 

97,638 

102,543 

102,600 

102,600 

102  865 

V  dM  ■  V/  \M  CnV 

115.769 

Tesrin  .    .  . 

12,400 

12,400 

12,400 

12,400 

12,400 

12,400 

Thui(:;tUi 

10,601 

15,601 

15,601 

15,601 

15,601 

15,600 

VT  iliiUl     ,        .  . 

CiO  (>00 

60,000 

60,000 

Zürich  .    .  . 

104,V175 

109,213 

138,777 

153,013 

174,679 

671,957 

70d,i8a 

802,383 

845,331 

864,408 

924,850 

BaaniWOlli]ldQStri6*  (Ergänzung  der  Artikel  Baumwoliinduetrie",  ^.Baum- 
woMspinnprei",  „BaumwoUwebei'ei"  im  ersten  Band).  l)k-  nu('hfolgen(icn  Mittbei- 
luni^eii  .-jind  dem  ,.ScbweizeriRcben  Handelsam t^blatt''  vom  4.  Mai  1889  eut- 
nummeu,  welchem  dieselben  auf  Wansoh  des  Vorstandes  des  sohweiserit>chen 
Dinner-,  Weber-  und  Zwirnervereins  einer  Brocbture  abgedrookt  bat,  die  der 
betretfende  Verein  verVffentlichte.  Darob  unserm  Wi*)derabdmok  lueen  wir  also 
dem  besagten  Vereinavorstand  selbst  des  Wort: 

I.  Zahl  der  Spindeln.  Webstuhle,  Zwirn  spindein  und  deren 

Produktion  im  Jahre  1888. 


Kantone 


Sptmarel 


Sfidtia  frodaktioo 


Weisswebsrei 

tttiHttttklc  ,  friHlikti«» 


g  Iwjn- 


Zflrioh .  . 
St.  Hallen 
Giarus .  . 
Äargau 
Zug .    .  . 
Schwyz  . 
Bern   .  . 
Thurpau  . 
Solothum 
Grauhüuden 
Ba.«elland . 
Appenz.  A.-R 
Schaff  hausen 
Luzera    .  . 

ProdnktioD  q 


4i 
11 

13  I 
12! 

2  ! 

4  i 

1 

i 
1 
1 

1 


I 


774,134» 

279,820» 
217,790» 
184,316* 
86,011; 
63,171 
50,380 
27,452 
23,112  I 
9,<>ü8 


9i,m 

2«.';2o 

31,473 
31,395 

18.210 

ib,!^»«» 

8,270 


9i 


99 

r> 

14  > 

2  i 

1  i 

4  I 
1 

r, ' 

1  ! 
l 


7,101« 

l.n()3 

480 
270 
920 
216 
1.534" 
60 
233 

160 


39,699 

n,350 
30,210 

4,850 

7.400 
10,400 

2,350 


15 

28 


1 


35,053« 

20.439 

3.280'"« 

550 


2 

16 

2 : 

14  i 


227,2&1 


65  Mjmoo 


8 
1 

58 


101.209 


1,600 

8,874 
3,200 

550 

78..>4d 


1 
1 

44 


642 

3.343 
229 
1,520 


565 
392 


16(i 

 64 

6.931 

(a.3;,4J(l<)4* 


'  Im  Kanton  /.t«ri(  h  i<;ll>gt  stt  ht  n  nur  fytl.lvi  »pindi  ln.  "  Im  Kf.  St.  •iiilli  n  l.eüud<  n  sJch  noch, 
12.<XN>  .SpiiKlolu  von  J'iniien  andTi  r  Kantonfl,  ummmM  l,>«iii.  ^  Ini  Kt  Glanm  hcHnden  »ich  noch 
5..r.'.Vi  Spindeln  von  Firmen  i»ndor>  r  Kantonp.  zu»nniin<>n  :'7.'t.4st",  ♦  Jni  Kl.  Aiir>iau  l>ctindeu  «ich  noch 
HIXM'J  Spindeln  von  Kirm«Mi  iiiid.r.r  Knutimo.  ztiRiiniincn  'J^lj.'.';";  sj.indtln.  '  Im  Kt  I-u/.eru  bcKnden  sieb 
!  •  Spindeln  von  Kinnen  riudpn  r  Kaiitunc  l>«von  botinden  «icli  .1..  StlUilo  im  Kt.  TlHirfc*>i.  "  .\ii»«»fi- 
rii  tii  bt-tindeii  «ifli  im  Kf.  Thiirtfuu  .">!.■  Stühli'  v<(n  Kirm^'U  des  Kuutona  /urich.  *  Im  Kt.  Ztlrirh  «olbtt 
)  .  ini')»n  «irli  nur  21^41:«  Zwunapiudcln.  "  Jm  Kt.  (iUra*  btftndrn  sich  14>K>  ZwirnfpiortBln  tcmi  Plnn«D 
ui>>l>  r.  I  Kuntone.  -nilSi.AugMn  Mliadm  al«|i  noch  I2,S4<I  Zwimaplnddn  «od  Firmen  «ndonr  KraloB« 
.zusamnicu  lü,ä2i>. 

«  ]>ta  BontwtlMir*!  vnw«Dd«t  M«ii«nl«ai  noch  «•  IKiO  4  WoUoa-  und  T<«inen9»ni. 


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Baumwollindusthe 


—    64  — 


üaumwoUiadasthe 


Es  be«itsen: 
ton  92  SpimMNi-FferiitN 

11  bis  und  mit  5,000  8p. 

28      5,000—  10,000  , 

17    10,000^  15,000  . 

14    15,000  -  20,000  , 

10    20,000  —  30,000  , 

4    80,000—  40,000  . 

B    40,000      50,000  , 

4    50,000^100,000  « 

1  mehr  als    200,000  „ 
Miitei:  18,7^0  Sp. 


von  68  Wtl«MrtNrti<FiriiiM 

3  bis  n.  mit  60  Stuhle. 


D 

\f\       1  Art 

1  A 
lU 

1  AA       1  fiA 

» 

6 

150—200 

H 

11 

200-^250 

w 

4 

360— 600 

II 

8 

300-350 

« 

8 

350—400 

n 

3 

400-  500 

5 

500—600 

1 1 

ii«iirftlB600 

Mittel:  2S8  SMUe, 

von  B6  ZwhrMnM-FirmM 

16  Ina  XL.  mit  500  8p» 

17  500—1000  , 
11     1000—1500  , 

4  1500-  20U0  , 
4  2000—2500  , 
3  2500^-6000  , 
2  3000  3500  , 
2  mehr  als  3500  ^ 
MUUl:  lJi08  Sp. 


II.  Vergleiob  der  gegenwärtigen  Statietik  mit  der  vom 

Jahre  1884. 

Spinde'n 

1)  Spinnerei.    Wir  zählten  im  Jahre  1884  ....  1,809,393 

Dexa  die  damale  atUlgestandene  Spinnerei  Ibeob .    .  14,000 
Und  indem  weiter  übergangene  .......  18,000 

Geeammtiahl  1884  ."^Tjedljadä 
Gegenwärtiger  Bestand  1,722,299 
Verlust  in  4  Jahren   .  ^1  llvÖ94 
Von  diesen  119,094  .Spindeln  sind  abgebrannt  ond  nicht  wieder  erstellt 
worden  80,608,  eingegangen  38,486. 

Naeh  Angabe  der  Spinner  waren  femer  im  Jahre  1888  abgestellt  38,170 
Spindeln,  so  daß  im  Herbet  1888  157,364  weniger  Spindeln  im  Betrieb  waren 
aU  im  Jahre  1884.  Wir  haben  somit  in  4  Jahren  etwas  Uber  7  ^/o  unserea 
Bestandes  an  Spindeln  rleftnitiv  eingebüßt  nm]  'J  ^/n  unseres  Bestandes  warten 
auf  bessere  Zeiten,  um  wieder  in  Thätigkeit  gesetzt  zu  werden. 

WeMQble 

3)  Weißweberei,    Dieselbe  besaß  1884    15,786 

Dam  2  damals  nioht  berttcfcsiobtigte  Webereien  ...  470 

GcFammtzahl  18s  1  lt),253 
Davon  eingegangen,  abgebrannt,  der  Buntweberei  zuzuzählen  394 

r5;859 

}Ien  dazugekommen   941 

GegouwÜrtigvr  Bestand     .  16,800 
Vermehrong  547  Webstuhle  =  6  Vo.    Abgestellt  sbd  346  Websttthle,  e» 
lanfen  somit  gegenwärtig  304  Webstühle  mehr  als  im  Jahre  1884. 

3)  Zwirnerei.  Die  Statistik  der  Zwirnerei  von  1881  war  nnvollütSnüg; 
wir  zählten  damals  47  Firmen  mit  70,110  Zwiros^indeln,  während  wir  1888 
zählten  58  Firmen  mit  73,545  Zwirnspindeln. 

Diejenigen  Slrmen,  welche  1884  in  unser  Veraeiehniß  nidit  anfgNioromen 
worden  waren,  aber  damals  wahneheinlich  sobon  alle  existirteii,  besitBen  tn- 
sammen  13,889  Zwimspindeln.  Es  wäre  somit  der  Bestand  aller  Zwimspindeln 
im  Jahre  1  SS  1  j^ewesen  8.T,9ü'.i.  nder  wenn  man  annehmen  wollte,  daß  diese 
uder  jene  kieiuert-  Firma  damals  noch  nicht  vorhanden  war,  sicherlich  rnnd 
82,000  Zwirnspindelü. 


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BaumwoUiniiuslrie 


—    66  — 


liauuiwüUiaduitrie 


Darnach  hat  die  Zwirnerei  etwa  8455  Zwlrnapindeln  verloren  —  10^2^/9» 
Eb  stehen  still  1940  Zwirnspindeln. 

Webstuhls 

4)  Bnvtwtbtrci.    Sie  beschäftigte  im  Jahre  i8.s4     .    .    .  6,967 
Dazu  eine  damals  nicht  berücksichtigte  Buntweberei  .    .  150 

Geuammtxahl  18ö4  .    .   '~  lylll 
,         1868  .    .    .  6,m 

Verlost  .196 

=  2'/4*/ot  welche  dareh  Brend  lentSit  worden  sind. 

Wir  Isflsen  bei  unseren  weiteren  Sr6rterongen  die  Buntweberet  nnbesproohen; 
Hie  gehört  nicht  zu  unserem  VereiDe;  obige  Angeben  erhielten  wir  durch  des 

FrSaidium  de«  Bantweber -Vereine«. 

Der  Rückgang  unserer  Spinnerei  und  Zwirnerei,  <ler  geringe  Aufschwung 
unserer  Weißweberei  ist  von  unserem  Vereine  oii  genug,  auch  bei  unseren 
obersten  Behörden,  hervorgehoben,  beleuchtet  und  die  Mittel  zur  Abhülfe  an- 
gegebeo  worden. 

III.  Produktion. 

Während  uunere  arbeitende  Spindelzahl  um  Q'/^  ^/o  abgeuumuien  hat,  ist 
unsere  QamproäuHion  doeh  nicht  snrttckgegangen ;  sie  hat  doh  im  Gegentheil 
von  197,900  q  im  Jahre  1884  auf  227,000  q  im  Jahre  1888  gehobeu.  Diese 
Vermehrung  erklärt  sieh  durch  das  Verdränjtren  der  feinen  (larne  durch  gröbere 
(Tarnnummern,  ein  Vorgang,  welcher  seit  IHTo  in  fortlaufender  Entwicklung  sich 
befindet  und  sein  Ende  noch  nicht  erreicht  hat.  Aus  der  vermehrten  Produktion 
kSnnen  wir  schließen)  daß  die  Uittelnummer  der  gesponnenen  Game  gewesen  ist 
im  Jahre  1884:  Nr.  51  mit  einer  Prodnktion  Ton  10,9  \g  Garn  per  Spindel  im  Jahr, 
a     «    1888  f   «  44  n     •  K        n  12,8  «•    «     •       «•  « 

Wer  da  weiß,  daß  allein  in  den  Garnnummern  fllr  Stiefcfiftden  ein  Rück- 
gang von  mindestens  12  Nummern  stst+ff^f  in  len  hat  —  Hauptnummern  40  und 

45  anstatt  50  und  00  — ,  den  wird  ubiges  Ergebniß  nieht  Hberraschen. 

Heziiglieh  der  Weißioebcrfi  nmlSte  die  Produktion  in  einzelnen  Füllt  n  durch 
Schätzung  ermittelt  werden;  es  ist  wahrscheinlich^  daß  die  Weißweberei  einige 
Tausend  q  Gewebe  mehr  geliefert  hat,  als  in  obiger  Tabelle  angegeben  ist;  nidiit 
nur  hat  sie  sieh  um  einige  Hundert  Webstühle  vermehrt,  sie  hat  aueh  sieherHeh 

einige  Tausend  q  feine  Gewebe  weniger  angefertigt  als  im  Jahre  1884  und 
diese  durch  mittelfeine  oder  grobe  Gewebe  ersetzt,  Uberhaupt  mehr  grdbere  Game 

verwendet  als  im  Jahre  1884. 

Noch  mehr  beruht  die  Produktioosangabc  der  Zwirnt-rei  auf  Schätzung 
von  einer  Reihe  von  Firmen  durften  tou  vornherein  keine  Mittheilungen  erwartet 
Wiarden.  Berücksichtigt  man,  daß  der  größere  Theil  unserer  Zwirnerei  sich  mit 
Anfertigung  von  Stickfaden  befaßt  und  daß  gerade  die  Gamnnmmem  fttr  Sti(^> 

faden  eine  sehr  erhebliche  Vergröbei'ung  erfahren  haben,  darf  man  wohl  die 
^r^)(lukti()n  unserer  Zwiruerei  um  ca.  4000  q  höher  anHetzen,  als  in  unserer 
Tabelle  von  1884  geschehen  ist,  also  aut  ca.  24,000  q. 

lY,  Innerer  Haushalt  unserer  Induatrieswcige. 
Darunter  verstehen  wir  die  üntersnchung  Uber  die  Fragen: 
Wie  viel  Baumwolle  hat  die  Spinnerei  versponnen? 

Fonw,  Volk*wlrt]iaeb«fli-L«Klkea  dw  flcliwaiK.  5 

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BaumwoUinüluthe 


—    66  — 


Baum  woll  iadustrie 


Zu  welchen  Zwecken  Niad  die  Garne,  Gewebe  und  Zwirne  verwendet 
worden  ? 

1)  Spinner«*.    An  Banm volle  wurden  netto: 

EiMBefiliri  Aui«Mlnn 

0  q 

18ö7    270,4yy  1,158 

li<88    223,425  1,680 

^ 

Einfuhr:  Mittel   246,963 

Ausfuhr:  Mittel   1,419 

Verbrauch:  Mittel   245,543 

Abgänge:  13  7«   31,920 

Garne  aua  Baumwolle  allein  gesponnen  213,623 

Von  genannten  81,920  q  Abgingen  sind  spinnfilliig  «tWA  70      •  22,000 

Dtsn  AbgSnge:  fimfahr  1887  .    .    .    ,  i:^,359 

1688  .    .    .    .    14,418    Mittel  .    .  13,888 

~äö,888 

Davon  ab;         Ausfuhr  1887  ....  10,9<;2 

1888  .    .    .    .    21,573    Mittel  .    .  20,767 

welche  naoli  Absng  von  etwa  3121  q  ittr  Watten,  hygieiiieche  und  andere  Zweoke, 
ferner  fttr  Abginge,  etwa  12,000  q  Game  ergeben  haben. 

Wir  haben  aonaeh  tn  den  letzten  awei  Jahren  darduohnittiich  prodnsirt: 
213,623  q  Garne  an»  Banrnwolle,  12,000  q  Game  ans  Abgingen,  snaammen 

J»35,ß33  q. 

Man  Hieht.  ilaß  fliese  dnrch  Berechnnng^  gefnrderc  GnrnprürluktioD  hin  auf 
eine  Kleinigkeit  von  1628  q  mit  den  MittbeUangen  der  äpinner  übereinstimmt. 

Fragen  wir,  was  ans  den  gesponnenen  Garnen  geworden  ist,  so  sind  im 


Jahre  1888: 

An  die  Weberei  gegangen   101,259 

Roh  exportirt  worden   64,282 

G-eßrbt  exportirt  worden   9,187 

An  die  Zwirnerei  gegangen   24,000 

An  die  Buntweberei  gegangen   37,000 

An  andere  Indnstrieaweij^  abgegeben  worden  .   .  4,000 


239,728 

was  einen  Uebersehtift  von  oa.  12,000  q  Uber  die  Produktion  ergibt.  Diesen 

lJeberi*c.huß  haben  wir  von  onsem  seit  188(>  überfüllten  Gamlagern  nehmen  und 
im  Jahre  18HS  etwa  ir),0(M)  q  mehr  iiusführen  können  als  im  Jahre  1887. 

Die  Garneinfuhr  ist  hiebei  auUer  Berechnung  gelassen. 

Sie  betrug  im  Jahre  1H88  :  rohe  Garne  641  q;  gefärbte  Garne  4B4  q; 
gebleichte  Garne  103  q  und  kompensirt  aich  naheza  mit  der  Ausfuhr  von  ge- 
bleichten Garnen. 

2)  Wei/Jweberei.  Schwieriger  gestaltet  sich  die  Nachforschung  darüber, 
welohe  Verwendung  die  Weißweberei  mit  ihren  Geweben  geftinden  hat.  Dieselbe 


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Baumwullinüustlie                        —    67    —  Bauiawullindustrie 

läfit  iidi  mir  «nnihonid  iriobtig  harauafinden.    Wir  haben  im  Jalire  1888  aus- 

Bob«  G«webo   25,507 

Gebleiobte  Gewebt   3,608 

GefÄrbte  Gewebe   10.91 3 

Bedruckte  Gewebe   21,039 

Gemusterte  etc   441 

61,508 

Fwncr  in  Form  von  Sti^^bOden,  PlattetiohbMeQ, 

VorfaXiigen,  Konfektion  oa   5,000 

~66;508 

wovon  jedoch  abgehen  ifie  auH  England  eingeführten 
Gewebe  zum  Fftrben  und  Bedrucken  für  Anafubr- 

z wecke  ca.   6,000 


"  00,508 

£e  bleiben  somit  Ton  den  101,2 :>'J  «j  der  WeilSweberei  uiigeföhr  40,000  q 
im  Lande,  von  denen  man  jedoeb  annehmen  kann,  daß  mindeatene  7000  q  aveb 
Booh  für  die  Anafnhr  bestimmt  sind. 

3)  Zwirnerei.  Dieselbe  führte  nur  3344  q  direkt  am,  indirekt  jedodi  ale 
Bestandtheil  von  Stickereien,  halbseidenen  Stoffen  eto.  etwa  weitere  17,000  q, 

«0  daß  etwa  3000  q  im  Lande  bleiben. 

Wir  haben  auch  den  Vei>uch  gremacht,  herauszufinden,  wi-^  viel  Zentner 
BaumwoUtabrikate  jeglicher  Art  hei  uns  im  Jahre  verbraucht  weiden,  wollen 
«ber  nicht  mit  dem  Schwalle  von  Zahlen  lästig  fallen,  welche  wir  zu  diesem 
Zwecke  haben  an&tellen  mttesea.  Wer  ideh  dafttr  intereneirt,  Innn  sie  tou  nnaerm 
Vorstände  beziehen.  Wir  sind  auf  ca.  6H,000  q  gekommen,  wohlgemerkt  ein- 
heimische und  fremde  Baumwollfahrikate ;  letztere  nehmen  etwa  '/*  des  Gesammt- 
verbiauches  in  Anspruch.  Darnach  hätten  wir  in  der  JSchweiy,  einen  Verbrauch 
von  2,34  kg  per  Kopf  der  Bevölkerung.  In  England  rechnet  man  S  englische 
Ffiind  =:  3,4  kg  anf  den  Kopf  der  BerOlkening. 

Um  dieee  68,000  q,  weniger  17,000  q  eingeführte  Banmwollfabrikate,  also 
S1,000  q  xtt  eneugen,  bedurfte  ee  bei  ans 

ca.  390.000  Spindeln        =  23  7o  nneeres  gegeawXrtigen  Bestandes, 

,       7,700  W.^h^-tühle      =  32  7o  . 

,      10,000  Zwiru.ipiudelu  =  14  7»      «  -  « 

£8  arbeiten  somit  direkt  oder  indirekt  für  den  Export : 
ea.  1,330,000  Spindeln  —  77**/«  nnseres  gegenwärtigen  Bestandes. 

,        16,000  Webstuhle  (Bunt- 
weberei inbegr.)  =  68  ^/o      „  „  „ 
„       63,000  Zwirnspindeln       =  86          „  „  „ 

y.  Arbeite rza Ii  1  und  Löhne. 

im» 

Die  Spinnerei  besohfiftigt  oa.  1 1,200  Arbeiter  n.  beiablt  jBhrl.  ea.  Fr.  7 ,050,000 
,  Weißweberei  „  „  9,900  „  „  „  „  „  „  6,660.000 
,   Zwirnerei  „        „    1,300  „      „       „  fSOO.OoO 

Wir  würden   warn.  Schlüsse  noch   gerne   eine   Statistik   der  Spindeln, 

Webstuhle  nnd  Zwirnspindeln  aller  industriellen  Länder  der  £rde  beifttgen, 


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BaumwulUniluäti  ie 


—    68  — 


Baum  wollind  uälrie 


allein  das  Material  hieau  war  nicht  trhiltlioli;  Elliton  gibt  für  1888  folgende 
Zahlen:  SpMsiR 

England   42,740,000 

Europäischer  Kontinent   23,380,<iOO 

Amerikaniache  Union  13,525,UUO 

Oatindien   2,490,000 

_        .  ,      .  .  82,135,000 

Dazu  ';ii:fi  noch  zu  rechnen: 

Kauada.  Mexiko,  Südamerika  ca.  .    .  .  600,000 

Japan  ca   100,000 

Gesammtzahl  aller  Spindeln  der  Welt  82,835,000 

1884    .    .  76^685,000 

Yemehraiig  6460,000 
Alle  Länder  haben  eine  Vermehmng  der  Spindelzahl  erfahren,  mit  Ana- 

nahme  der  St^hweiz,  wo  sie  sogar  um  ca.  120,000  Siiiiulcln  /.nllck'fpgangcn  ist. 

Anf  dem  (•ur()i>,iischt'n  Kontinent  ist  Deutschland  mit  etwa  ö, 500,000  Spindeln 
an  die  erste  Stelle  gerückt ;  Frankreich  nimmtmitetwaö, 200,000  die  zweiteStelie  ein. 

Die  Weberei  und  Zwirnerei  sind  von  der  Statiatik  auffallend  vemaahlieKigtj 
es  gibt  über  diese  zwei  Indnstriesweige  keine  saverlftssigen  Angaben.  Wir 
wi»8en  nur,  daß  die  An/^hl  d»  r  Webstühle  sich  in  England  um  ca.  70,000,  in 
DentHrhlnnd  um  ca.  7000,  in  Oesterreich  nm  ca.  fOOU,  in  Frankrei(;h  um  cn  :'.•»( i«> 
vermehrt  hat.  Die  Gcsamnitzabl  aller  mechanischen  W^ebstUhle  in  Euroim  wiid 
man  anf  Uber  1  MiOion  eehltaen  dürfen,  davon  etwa  600,000  in  England. 

(Jeber  die  Zwirnern  außerhalb  der  Schwein  iet  nna  niehte  bekannt;  wir 
sind  daher  nicht  in  der  Lage,  irgendwddie  snTerllieidge  Angaben  mitautheilen. 

VI.  Verzeichniß  der  Firmen 
4ir  Zahl  d«  Sfnitb,  \V>b>;iiliU  und  ZwIrDifiaddi,  nch  lubMi  fMHiti. 


»>. 
7. 
8. 
9. 

10. 

11. 
19. 

13. 
14. 

Ib. 
17. 

18 
l'j. 
t>0. 
'.'I. 


Ht*iiirir  li  Kunz,  Zilrich.  .  . 
i.  H,  Hill  der  cV:  Söhne.  W'lhur 
.1  .1.  Hil  ter  \-  Co.,  Winterthur 
J.  «!c  A.  Bideriiiann  Co., 

Winterthur  

Inthoof  Blumer  A  Co.,  Win- 
terthur   

Spinnerei  Wollishofen -Zürich 
Spinnerei  Brdach     .  . 
£.  BOhler     Co.,  Winterthur 
Gebrüder  Rraechler,  WetEHEOn 
Spintuiri  Langnau  .    .    .  . 

J.  H.  Boller,  L'i^ter  .... 

Spinnerei  ie  Zwimer«  Nieder 
l'ster ........ 

Hrcli.  Zang^er,  üster  .   .  . 
Znppinger-Billeter.WalliseUen 
J  n  Gujcr,  Züricii  .... 

Soll  weiz.Credit-Anslalt.  Zürich 
GebrOder  Keller,  Oibsweil  . 
'l'rfinijilrT  Ov-i,  Zfirii  h  , 
lli-mi  i(  Ii  Süinvarii,  Hykuii-Zell 
(■.a-pir  Honegger,  Wald  .  . 
F.  Srhider-Scbniid,  Welzikou 
Adolf  Arter,  Neumünsler  (Ela- 
blissement  im  Thargan)  . 


Bduinu  0 

Sptjiilolu 

238,170 
48,08i2 
39,0M 

34,000 

24,000 
23,130 
iJo.i'OO 
17,&00 
17.00l> 
16,701 
15,906 

15^400 
15,1U 

15,000 

15,000 
14,000 
12.5(X) 
12.f)0(t 
ll.uuu 
10.248 
10,0UÜ 

10,000 


Ihpt'nnerei. 


23  .1.  C  Winkler,  Rämismühk  Zell 
Ii.  Jobs.  Heuser,  Aller,  (ioUau  . 
25.  Knecht  &  Walder,  lister  .  . 
2G.  J.  KindliiiKinii  Ri-ifTfr .  Wthur 

27.  JüliauiiL's  Huuegi^er,  Waid  . 

28.  Caspar  Huber.  Ilster    .    .  . 

29.  Arnold  Stahel,  Uämisuiaye- 

Zell  

M.  H.  A.  Oritly.  Rfitl  .... 
31.  Spinnerei  und  Weberei  WOif- 

lingen  

32  Wilhelm  Honegger,  Wetsikon 

33.  C.  Moos,  Weißlingen  .   .  . 

34.  Jacob  Schellenberg,  Aathal  . 
85.  Jb.  Bachmann, Sohn, Richters« 

weil  

36.  Spinnerei  Adli«w<dl.   .   .  . 

37.  Heinrich  Guvcr.  H.iunia  . 
3b.  J.L.Zelhvegei  W  ..frier, VV  tlim 
39.  Ca.**par  Heui?-<  r  Welzikon  . 
in.  .1.  n.  Wiiikti  r,  'riirlimtl.al  . 
W  Kiliard  VVoin,  TutbeuÜial  . 
12  Blum-Bübler,  Oberhöri  .  . 
43.  K.  (>agg.  Hombrechtikon 

4L  ütdirQderZa.ngger,  Fischentbai 

Kemtm  ZUrieh 


Spinrlrlii 

9,9  m 

9,500 
9.352 
s,724 
8,316 
8,000 

7,500 
7,G0O 

7,376 

6.Ö(X) 

0.  250 
6,000 

6.000 
5,360 

4,9(.H 
V.800 

1.  TTf. 
4.Ö02 
4,0(M.> 
:iO(K) 

2.ir,o 


774,184 


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BauiiiwoiliuUuäU'ie 


—    69  — 


Baumwollindustrie 


Spindeln 

45.  Spinnerei  SchiJsbach.  Flums  .  100,000 

46.  Johannes  Heer,  MuLi   .    .    .  44,ÜU0 

47.  Spinnerei a.Uznaberg.Uznach  33,520 

48.  Gebrüder  Blumer,  Murg  .    .  23,000 

49.  Job.  Hürlitnann,  Rapperswyl  Sl,540 
f)0.  Spinnorei  Oietfurt.Lichtensteig  18,624 

51.  Brändlia  &  Co.,  tUpp«rswyl  18,431 

52.  Baumwolbpiiinerei   an  d«r 

Steinach,  St.  Gallen .   .   .  9,424 

53.  Mathias  Näf,  Nieder-Uzwrl  .  7,680 

54.  Nik]aiwDaiaehl«r,Bniiinadeni  t.600 

Kmtim  Si.  OaOm  279j8»0 

S6.  Caspar  Jenny,  ZiegelbrOcke  .  53.rH)0 

56.  SpiDO«rei  und  Weberei  Mollis  27.670 

fi7.  G«br.J.  ARParftvidniCHan»  95,000 

58.  Biirili.  .ItMinv  >'v  C<<.,  Cmwnda  i::,sis 

59.  Becker  &  Milt,  Hüti  .  .  .  lb.(A)0 
<60.  6ebraderG.ftF.Beeker,0bnu  13,400 
61.  Gebrüder  R.  A:  C  Spfilty,  Matt  13,000 
m.  Spälty  &  Co.,  Netstal  ...  11,000 
•63.  Benjainin  Jenny,  Schwanden  9,000 
r.l.  .1.  A  M.  Legier,  Dierbach.  .  7,128 
♦>5.  Hüdolf  Kagi,  Oberumen  .  .  7,000 
66.  Hefti  tt  Co.,  Hätzin^ren  .  .  6,576 
-67.  Jenny  &  Co.,  Ennenda    .   .  :t,ir>8 

Kanton  Glarus  217,790 

»»8.  Johannes  Wild.  \N  f Hingen  .  45,000 

69.  Albert  Spörri,  Hu.len  .    .    .  95,000 

70.  Edmund  Bebi6,  Tuitri  .    .    .  IS.fKX) 

71.  H.  Bebi^  .V:  CiO.,  Ruppersweil  16,000 

72.  F.  Weber  Kubli,  Aarburg.  .  13,H00 
J3.  Gebrüder  HMiiP??pr  KMIliker 

«V  Co.,  bieingdrleu  .    .    .  12,500 


I  Spindeln 

I  74.  Lang&Co.inReiden.Oftrinpen  lf.032 

7.J.  L.  Kappeler-lk  bi^,  Turgi .    .  11,.">(K) 

76.  Jä^Ki  ^  Co.,  Rolhrist  .    .  . 

77.  HQnerwadel  &  Co..  Lenzhurg  8,568 

78.  Frey  &  Co.,  Aarau  ....  8,000 

79.  Conrad  Mantel,  Bremgartm .  4,916 

Kanfon  Aargau  i84,dffi 

80.  Spinnerei  an  der  Lorze,  Baar  55,900 

81.  Spinn«wiMi  Aegeri ....  30,116 

KatOon  Zug  66,016 

i  82.  Ciuspar  Ilürlimann,  Siebnen.  20,000 

83.  Joh.  Wirth,  Siebnen    .   .   .  17,312 

84.  Spinnwei  Ibach   14,000 

85.  Rudolf  Weber,  Nuolen    .   .  1I,^r>9 

Kanton  Schwye  63J71 

86.  AktienspiunereiFelsenau.Bern 

\  87.  Bauniwull-pinnerei  Hurkart, 

!           Wängi   16,336 

8a  Stierlin  A  Sehweitzer.  Wüngi  8,099 

89.  Albert  Wälti,  ni-<  liofszeU    .  _  3.024 

K Union  Thurfjau  27f46i 

'  90.  BaumwoUspinnerei  Emmen- 
;  hof  in  Derendingen, 

Kanton  Solothum  Mttii 

I  9i.  Spina-  und  Weberei  an  der 

I  Albula.  Sils-Domleschg, 

,                 Klint  im  QrtnAfhiden  9,ß08 

99.  Sarasin  <)t  Heusler,  neue  Welt, 

Kanton  Baselland  6,500 

Total;  l,7«i2W 


Ba  umwcU$mmerei, 


1.  RaurawoILspinnerei  u.  Zwirnerei 

Niederuster  

±  Heinrich  Kunz,  ZOrich  .  . 
tt.  6.  Zoliinger,  ^eÜerttster.  . 

4.  G.  Bindschedler.  Hochfeldett 

5.  J.  Jäggi,  überwinterthur .  . 

6.  J.  J.  Rieter  &  Co.,  Winterthur 

7.  H.  Schi  i!/li,  Znrich.    .    .  . 

8.  J.  M.  Seel,  Hittnau    .   .  . 

9.  A.  Weber,  Hinweil.   .   .  . 

10.  Aniold  Sulzer.  nirmeosdorl, 

11.  E.  Lan<ii.-7,  UieUkuu    ,    .  . 

12.  J.  C.  Keller,  Fischenthal.  . 

13.  J.  K.  Welwr,  Hinweil  .    .  . 

14.  Conr.  Mooä,  WeiUliugen  .  . 

15.  J.  Wegtnann,  Binnen»dorf  , 

16.  Tobler-Woiß,  St  Oallen       .  . 

17.  Gebrüder  Tagniann.  Altstätten . 

18.  J.  Rohner,  llebstein,  Rheinthal 

19.  H.S.  Jb.  WM.  St.  Gallen.  .  . 
90.  A.  Hyppolii-Meyer,  St.  Gallen  . 
-91.  Salzmann-Däniker,  SL  Gallen  . 


Spinddln 

99 

9000 

6,534 

24. 

3,000 
9,866 
9,500 
9.116 

96. 

96. 
97. 

1,800 

28. 

1,800 
1.500 

29. 

30. 

1,000 

31. 

800 

32. 

720 

.33. 

r.(Ht 

34. 

.tOU 

35. 

416 

3i;. 

85/f62 

37. 
38. 

2,100 

39. 

1,440 

40. 

1,400 

41. 

1,350 

43. 

1,200 

1.153 

Hpiudela 

1,120 
900 
888 
860 


Arnold  Graf.  St.  Gallen  .  , 

.\lfons  Ziltener.  Mols  .    .  , 
J.  A.  Zillig  (*^-  Co.,  Brunnadem 
H.  Schlüpfer,  Obenteinach  . 
J.  Höhener-SebUpfer,  Witten 

bach  

Fhittz  Mettler,  AltstAtten.  . 

Oskar  R.-utti,  SJta.i.l  .  .  , 
Gebrüder  Grub,  Budis  .  . 
A.  Bachmann-Hasler,  Hflhlan 

Jakob  Kuratli,  Bazenheid  . 
Albert  Etter.  Sl.  Gallen  .  . 
Conrad  Hohl.  Flawyl  .    .  . 
Löh      Schönfeli.  G.ildach  . 
Christian  Bttscb,  liim  ti    .  . 
IL  Hau.ser,  Sohn.  St.  Gallen 
Niki. ms  DritscliItT.  liiimnadern 
Gotliieb  droh,  NcUlau 
U.  .V  A,  Tobler,  Rheineck  , 
J.  Uulhold,  Neßlau    .  . 
J.  J.  Grub,  Uegersheim  . 
Gebrflder  Weber,  Balgach   

Ktmtan  St  GaUm  S0,439 


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Baumw«illindustrie 


—    70  — 


Baumwollindustrie 


Spindeln 

43.  J.  LT.  Eugster  .<  Co.,  Urnäsch  .  3,200 

U  F.  jUder-Eugster,  llrn.lsch  .    .  1,620 

45.  Johannes  Hßhenrr,  Gais  .    .    .  U^^O 

40.  J.  U.  Gegeilschatz.  Heiden  .    .  1,040 

47.  Ferdinand  Prischknechl.Urnäsch  760 

48.  J.  J.  Sonderegger,  Heiden  ,  .  640 
40.  A.  Waldvogel,  Bülüer  ...  580 
&0.  Jobs.  EdfllmRim,  Herisau  .  .  460 
51.  Gebrflder  KnOpfel,  Teufen  .   .  304 

KanUm  Apptntdl  8^4 

.')•_'.  S.  (itTenhäuser  &  Co.,  Zoftngen  1,320 

53.  Hüoerwadel  &  Co.,  Lenzburg  .  1,160 


Spindeln 

54.  G.  Mantel  in  Bremgarten    .    .  800 

Kanton  Aargau  3,280 

55.  Prey     ^^l^*  Schaff  hauseo, 

Kanton  Schaffhauten 

56.  J.  E.  Zwicky  'WiM-vo,  Mal.ins, 

Kanton  Graubunden  1,600 

57.  W.  KQnzU,  Nebikon, 

Kanim  Luzem  650 

66.  J.  M.  KOndig,  Arth, 

Konten  Schily z  550 

Total:  ;a.54a 


1. 

i. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 

9. 
10. 
11. 

IS. 

13. 
14. 
15. 

16. 
17. 
18. 
10. 
20. 
31. 
22. 
23. 
24. 
25. 

26. 
27. 
28. 


30. 

31. 
32. 
38. 
34. 
'Ah. 
:{(■,. 
37. 
.38. 
39. 
40. 
41. 


Johannes  Honegger,  Wald    .    .  771 

A.  Boiler.  Dietikon  b^^i) 

PpArri  A:  Schaufelbcrger,  Wald  .  519 
E.  Bv^hler  i<:  Co.,  Winlerthur  . 
Il(  inrich  Schmid,  Gullikon  .  . 
Jakob  Oberholzer.  Wald  .  .  . 
Caspar  Spflrri,  Bfirentsweil  .  . 
Jucker  «N:  Co.,  Bauma  .... 
Heinrich  Kägi,  Bauina  .... 
Fischer  &  Ebner,  Wald  .  .  . 
Schweizcriaebe  Credit  -  Anstalt, 

ZArich   .   .   .  252 

SpOrri  ^  Meier.  BSrentsweU  .  . 
Weher-  i  f  Ii  i  I  b  tiiplcn-Wetzikon 
Weberei  Müiilebuch-Fiscbentbal . 
Raymann  A  Spörri,  Wald .  .  . 
Bninner  .t-  I.nisdi.  Hinwcii  .  . 
Caspar  Heusser,  Wetzikon  .  . 
Caspar  Hon^r^r,  Fischenthal  . 
Spinnerei  u.  vVeberei  Wdlflinfiai 


515 
476 
400 
360 
352 
350 
324 


346 

220 
204 
184 
151 
140 
136 
186 


Carl  Spörri.  Wald   III 

Eduard  Spörri,  liillriau  110 

.1.  C.  Winklcr,  Rämismilhle-Zell  108 

Trfimpler  it  Gysi,  Uster    ...  100 

Felix  Honeggor,  Wald  ....  64 
Rud.  Hornberger.  Hndlikon-Hin- 

weil   80 

H.  Gubtlinanu,  Wetzikon  ...  <>8 

Jakrib  Homberger,  Gnüau.    .    .  64 

J.  Kindlimann-Reiflfer.Winterthnr  46 

Sp4m  iL  Heß»  Wetiikon  ...  40 

Kanton  Ziurük  7]tOt 

Barth.  Jenny  v  (  '..,.,  Ennenda  .  480 

Spinnerei  mid  Weberei  Mollis  .  470 

H.  i'i:  1.  L<  iiziii/er,  Netstal    .    .  370 

Staub  A  Co  .  i  liedern  ....  364 

Hi  fli  .<  Co..  Hätzingen     .    .    .  344 

Sp.ilty  A  Co.,  Nelstal    ....  3k> 

C  i-par  Jciiiiv,  Ziegelbrücke  .    .  322 

Weberei  Sernfthal.  Engi  ...  270 

Gebrüder  C.     F.  Becker,  Glarus  244 

Kenjainin  .lennv,  Luchsingen  .   .  220 

Becker     Milt,  Rflti   320 

J.  &  M.  Legier,  Diesbach  ...  196 


42. 
43. 

44. 
45. 
46. 
47. 
48. 


40. 
50. 
51. 

52. 
5.1. 

54. 


Ö5. 
56. 
57. 
58. 


r.9. 

6ü. 


Aebli  Zwicky,  MiÜödi 
Fritz  Jenny,  En^. 


Wi>Vi«tnhi» 
.  192 
,    .  190 


Knnton  Olam«  4,224 

Johannes  Heer,  Mels    ....  600 

6.  WiM,  Neuhaus-Eaebenbach  .  520 

Weberei  Azmoos-   300 

H.  Ottiker,  Flawyl   55 

F.  Scbl&pfer-Branner,  Förth  bei 

Bntnnadern  12« 

Kanton  St.  Gallen  IfiOS 

Weberei  Gn'ineck  bei  Mnllheim.  368 

Stierlin  k  Schweitzer,  Wängi    .  306 

GebrQder  Zweifel,  Simaeh    .   .  274 

Weberei  Bi.schofszelI     ....  KO 

Alleniiatt  &.  Ha^enlratz,  Frauen- 

fglj   ^44 

Jean  Kraut, 'nicken iJich    ...  90 

Kanton  Thwgau  l,&it4 

,Iohs.  W'irtli,  SieliriLMi    ....  392 

Mechanische  Weberei  Lachen    .  300 

J.  Btumer  &  Co.,  Schindelegi    .  220 

Kflndig  &  Iten,  Schwyz    ...  8 

Kanton  Schtpyg  920 

.lohannes  Wild,  Welliiigen  .  .  360 
F.  Weber-Kublj,  Aarburg.   .  ^  12ü 


61.  (i.  A.  Keiser,  Zug.    Kanton  Zug  270 

02.  Spinn-  und  W  cberci  a.  d.  Albula, 
Süs-Dontlesehg, 

63.  Oberbotaser    Elsässer,  Kircbberg, 

Kanton  Bern  216 

64.  Weberei  Wald.«tatt.  Urnäi^ch, 

Kanton  Appenzell  160 

65.  Schwarz  in  Co.,  Solothurn, 

Kanton  Soloihwn  60 


Total  t  16,1 


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BaumwoUindustri« 


—    71    —     fi«sler  Handels- u.  lodustrieTerein 


Bunt  Weberei. 

Webttfiblf  I 

1.  Raschle  A  Co.,  Wattwyl  und 

Püt5chwyl   606 

2.  Buul Weberei  Wallenstadt  .    .   .  WO 

3.  Weberei  Azmoos   276 

4  Stähelin  X  Co..  Lichtensteig  .    .  248 

5.  Matbius  N;it,  Niederuzwyl  .    .    .  247 

6.  Bftnziger,  Ko!p  *  Co.,  Ebnat.    .  246 

7.  Mechanische  Webpn  i.  Alt-lättcn  232 

8.  Gebröder  üyger,  Flawyl  ...  225 
y.  J.  Looser,  Kappel   I*Jl 

10.  Widnier  A-  Co..  Oberuzwyl    .    .  162 

11.  Maller  .V  Co..  Wyl   150 

13.  i.  Heitz  <i  Co.,  Bazealwid.  .  .  103 

13.  Hofer  de  Co.,  Krinau   90 

14.  H.  Utliker,  Flawyl   80 

15.  Berlinger iSrSrihne.Giinlerswyl  SS 

16.  J.  Goipper,  Neu  St.  Johann  .    .  ^5 

Kanton  St.  Gallen  jf,.jJ,V 


Weitttuhle 

29.  Hünervviide!     Co.,  Ni«d«rl«iiz  .  24 

30.  M.  Win.  Meuikon  20 

Kanton  Aargau  IfiSO 

31.  Imhoof  Blumer  &,  Co.,  Winter- 
thur  429 

32.  C.  Mooe.  WeilUiDgen     ....  220 

Kanton  Zürich  t 


33.  Künzli  .V  fiujrflmann,  Langenthal 

34.  Gebrüder  Meier,  Uftringen.  .  . 
36.  Jost  Lanlerburg  A  Co.,  Langnau 

Xamkm  Bern 


17.  .1.  H.  Hiissy,  Saferiwyl  .    .  . 

18.  J.  AuUbaum's  Söhne.  Birrwvi 

19.  J.  J.  Widmer  *  Co.,  Ston.*  . 

20.  C,  Strub,  Zofingen  .... 

21.  Ed.  Meißner.  Zofingen   .    .  . 

22.  Gebröder  R.  \-  D.  Matter,  Kölliken 

23.  Künzli     Imbodeo,  Murgentbai 
14.  Steinogger     Clerc,  Zofingen  . 
2r..  riifriier  \  Rotli.  Soon    .    .  . 

BruDuer  &  Co.,  NieUerieuz  . 
S7.  Gebrflder  Merz,  Mensibon  .  . 
«8.  Möller.  Wirz  Ä  Cc,  SJclißftland 


5275 
200 
tJOO 
188 
130 
100 
100 
90 
84 
44 
40 
25 


36,  J.  Heitz  (<r  ('.<>.,  MüricliucHen  .  . 
t  37.  J.  H.  Thoma&u,  Maacbweileo  . 
I  88.  Gebrfider  {.«umann,  Mattwyl .  . 

39.  C.  HinleriiiL-i<for,  Dusnung  .  . 
,  40.  Brühlmaun-Landgraf,  Amrisweil . 

'  Kanton  Thurgau 


251 
246 
68 

665 

190 

80 
4« 

40 
40 


41 


Fröhlicli,  Brunschw  vier  iV  Co., 

Ennenda  .    .   .  '   162 

4S.  E.  DOrsteler,  Mühlflir>rii  (Hr>r^'>-ii)  n? 

Knntnn  Glarus  229 

43.  Fischbacher  et  Koch,  Pelerzell, 

Kanton  Äj^^engetl  tB6 

44.  HUttker'HOstiy,  UiucmenelleD, 

Kanion  Luzern  6-1 

Total:  tt.921 


Basler  Handels-  und  Industripvpr«in.  Derselbe  ist  .in.-  HdiJlpfüng 
neiu  rii  l)aluni8  nnd  zur  Nothwendigkeit  für  ii  mdel  und  Industrie  Büm-I.s  gewoiileii, 
als  mit  der  Yerfassungtirevisioa  von  lti7.>  das  KollegiaUystem  und  damit  auch 
da«  frttlier  mit  der  Wahrung  dieser  Intereuen  beteante  Uandebkollegium  dahinfiel. 

Schon  wftbrend  des  Bestehens  des  Handelskoltegiuma  war  die  Grttodung  einer 

Hffekten-  und  einer  Waarenbörse  angeregt  worden,  aber  nur  die  letztere  kam  zn 
Stande  und  nrgfiiii>.irte  sich  Htatutarisch  als  Börsenverein  im  Jahre  18(>7. 

Für  die  Ktiektenbörse  gJaabte  die  ältere  Generation  die  Nothwendigkeit 
nooh  nicht  vorhanden. 

An»  diesem  Waarettböreenverein  ist  dann  als  Erweiterung  der  Handels-  und 
Industrierersin  herausgewachsen  und  1876  konstituirt  worden. 

Die  Leitung  desselben  ist  der  Handelskammer,  bestehend  aus  l.j  Mitgliedern, 
wovon  9  vom  Verein  in  seiner  Generalversammlung  und  6  durch  Kooptation 
gewählt  werden,  übertragen. 

Zweck  de«  Vereins  ist,  laut  §  1  der  Statuten,  „die  Förderung  Kümmtlicber 
kaafmSnnisohMr  und  industrieller  Interessen  Basels  und  Umgebung  durch  gemein- 
same fierathangen  nnd  durch  Vereinigung  der  BinnelkrÜlke  su  gemeinsamem 
Handeln.* 

lUe  Baiiksektion ,  die  Waarensektion ,  «1er  »SjM"diton'!ivr»'in ,  der  Band- 
fabrikaiiten verein  bilden  be^onderB  gegliederte  Untcrabtheilnngen  de«  Verein.«. 

Die  Effektenbörse  steht  unter  der  Leitung  des  Vorstandes  der  Banksektion 
und  hat  ihre  besonderen,  von  der  Handelskammer  genehmigten  Reglemente  und 
Usancen. 


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Bader  Ha]^d»-n.Indn<lrfom«ui    .72  — 


BeamteoTeraichenuig 


Die  noh  an  die  EffektenbSne  anschliefiende  WMuranbSrae  steht  unter  der 

Waaren»ektion. 

Der  jährliche  Beitrag  wird  von  der  GreneralTerBemmliiQg  beetunnit  nnd 

betrug  biH  anhin  Fr.  20.   — . 

Die  üaodekkammer  erätattet  alljährlich  über  ihie  Wirksamkeit  einen  Bericht, 
der  gedroelrt  &n  die  Mitglieder  vertheilt  wird.  Der  Yorein  iShlt  (Deiember  1889) 
234  Mitglieder.  t"-: 

Ueamten Versicherung.  (Mitgetheilt  von  Herrn  Kantonastatiatiker  Näf 
in  Aaran.)  Wenn  heute  an  den  Staat  immer  lauter  die  Forderung  herantritt, 
iur  ganze  Bevölkerungsklaasen  die  obligatorische  Versicherung  gegen  iirankheit, 
TTnfiü),  Alter  und  InvaliditXt  eiisoMiTeD,  eo  ist  gewiß  aueh  das  Verlangen 
gereditfertigt,  daß  der  Staat  fttr  aeine  eigenen  inyaüd  gewordenen  Beamten  mit 
gutem  Beispiel  vorangehe.  Man  sagt  nnn  zwar,  die  Beamten  sollten  in  derselben 
Weise  wie  die  Gewerbetreibenden  von  sich  aus  fllr  ihre  alten  Tage  und  für  ihre 
Familien  sorgen,  indem  sie  ihr  Ersparte  in  Sparkassen,  Versicherungsanstalten 
oder  Bonatwie  anlegen  j  thatsächlich  wird  aber  in  Beamtenstellungen  nur  wenig 
erübrigt.  Anderseits  hat  der  Staat  das  hISchate  IntereBBe,  daß  die  Beamten  anoh 
wirklich  leistungsfähig  sind  nnd  bleiben.  Die  Humanität  verbietet  es,  verdiente 
Beamte,  die  in  ihrem  Amt  alt  geworden  sind,  anf  iHe  Gasse  zn  xtellt-n.  Ihre 
Arbeit  muß  indessen  gleichwohl  besorgt  werden  und  der  Hti  at  gilit  nicht  un- 
bedeutende Summen,  neben  der  ordentlichen  Besoldung,  für  Aushülfe  aus.  £s 
maß  daher  eiu  Aunkunititmittel  ge»uoht  werden^  daa  dem  Staat  erlanbti  nicht 
mehr  leistaagsfahige  Beamte  mit  der  Möglichkeit  der  Pensionirung  in  Rohestaad 
zu  versetzen.  Die  Ausgabe  zahlt  sich  für  den  Staat  rtichlich  heim,  wenn  man 
bedenkt,  daß  er  dadnreh  der  Nothwendigkeit  enthoben  wird,  seine  Besoldungen 
Jahre  lang  an  Beamte  Husrichten  zu  mU^n,  die  ihm  wenig  oder  nichts  leisten, 
die  er  daher  dnreh  andere,  ebenfalU  beiablte  ArbeitakrJCfte  ersetaen  mnß.  Ander« 
aeita  wird  aodi  die  l^llnng  des  verdienten  Staatsbeamten  «ne  meaaohenwflrdigere, 
seine  Arbeit  eine  freudigere  und  dadurch  eine  bessere,  wenn  er  darauf  ri  ehnen 
kann,  daß  er  im  Invaliditätsfalle  nicht  einfach  eine  Beseitigung  zu  gewSrtigt  n  hat. 

Die  Fürsorge  fiir  die  arbeit^uufähig  gewordeueu  Beamten  und  für  die  Hinter- 
bliebenen verstorbener  Beamten  hat  sich  in  den  einzelnen  Staaten  verschieden 
ansgebildel,  immerhin  bleibt  unser  Land  in  Beiiehung  auf  humane  Fttrsorge  für 
die  invaliden  Beamten  hinter  den  meisten  LKndern  weit  zuritck.  80  zahlen  fttr 
die  Altersversorgung  die  öffentlichen  Angestellten  in  Dentseliland  keine  Beiträge, 
ebensowenig  in  Oesterreieh,  Rußland.  Belgien  und  England ;  der  Staat  übernimmt 
alle  Lasten,  in  Deutschland  wurden  nur  tür  die  Wittwen-  und  Waisenversorgang 
Beiträge  erhoben  und  anch  diese  sind  seit  1888  abgeschafft. 

In  der  Sohweia  leisten  die  kantonalen  Verwaltungen  Baitrage  nur  an 
Pensionskassen  fiir  Lehrer  nnd  Geistliche,  fUr  die  übrigen  Beamten,  mit  wenigen 
rühmlichen  Ausnahmen,  gar  nichts.  Dagegen  zahlt  der  Bund  jährliche  Beiträge 
an  den  uidg.  Beamtenversicherungaverein  und  im  weitern  schickte  er  sich  an^ 
eine  Peoaionakasse  fttr  invalid  gewordene  Beamte  au  grttuden,  daa  beafl|^iciie 
Geseta  vom  26.  September  1890  warde  abmr  vom  Volke  am  15.  Uirs  1891 
mit  großem  Mehr  verworfen. 

Die  Aiif.ingf  di'H  eidg.  Reaintenversicherungsvereins  reichen  in  die  «JOer  Jahre. 
l)ii^  InitiatH«:  ■ring  von  den  eidg.  Postbeamten  ans,  welche  noch  heute  die  groÜe 
Mehrheit  des  V  ereins  bilden.  Verschiedene  Projekte  tauchten  auf.  Alle  gipfelten 
darin,  es  sei  eine  solche  Schöpfung  nur  mUglieh,  wenn  der  Bund  sie  an  die 
Hand  nehme,  den  obligatorischen  Beitritt  atatnire  und  mittelst  einer  wesentlichen 


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BeamtenversicberuDg 


—    78  — 


Beaui  len  Versicherung 


Kftolihttlfe  ans  BtnidMmitteln  dem  InstitDto  den  reehten  Boden  gebe.  Es  gelangt« 
dann  auch  1867  eine  Botschaft  des  Bundesrathes  an  die  eidg.  Käthe,  welche 
e'me  Versicherang  der  Postbeamten  in  der  Weise  in  Vorschlag  brachte,  daß  der 
Bund  nach  Maßgabe  des  Gehaltes  jedes  Versicherten  einen  gewißen  ProzentRatz 
IUI  die  Prämien  besahlen  würde,  welche  der  Versicherte  bei  einer  anerkannt 
«didm  GMelbebaft  lu  eatrifibten  hahoä  wUrd«.  Die  eidg.  Bftfae  mmuk  dm 
Entwurf  softtek  aod  swar  namentlidi  am  d«m  Grande,  ireil  aie  eine  Yerpfliolittitig 
ihrarfleita  moht  anerkennen  wollten.  Die  Beamten  wurden  auf  die  SelbathUlfe 
angewiesen.  Am  Ii'  Fnlirnar  I87f>  brac^hto  ITcjrr  Posthaltor  Dinner  in  Ebnat 
in  oner  größeren  Versarnuilung  der  Beamten  und  AngeHtellten  des  9.  Pobtkreises 
die  Frage  der  Beamtenversicherung  in  Anregung.  Die  Idee  fand  allgemein 
Anklang  und  die  Versamnilang  bezeugte  dies  darob  sefortige  Waiil  ^es  Grttndnnga- 
Co&it^.  Dil-  Direktionen,  welche  dieeem  Görnitz  mitgegeben  wurden,  waren  im 
WeBentlichen  folgende  : 

1)  Ausschluß  aller  Unterstiit/ungon  und  Hiiifeiei«'tnngen  hei  Lebzeiten.  Der 
Verein  bezwecke  lediglich  die  Hicberstellung  der  hinterlassenen  i'^amilien, 
die  penttnliohe  Beaserstellnng  sei  Sadie  der  Lebenden. 
3)  H OgUchete  Freiheit  des  Eintritts  anoh  den  Sltern  Beamten  an»  BlUigkeita' 
gründen  und  ans  Kollegialität. 

3)  Feststellung    verschiedener    Prämienklassen  ,    damit  jeder  nach  seinen 
ökonomischen  Krätteu  tiich  dabei  zu  betheiligen  befähigt  werde. 

4)  Wahrung  der  Selbständigkeit  und  des  YerfUgungsreehtee. 

5)  Anedehnnng  d«»  Vereins  nadi  Krttften. 

Am  22.  Jnli*  1871  erfolgte  die  definitive  Gründung  des  Unters! Utrangs- 
nnd  Versicherung'jvereins  Schweiz.  Postbeamter  und  Piediensteter.  Es  bildeten  sich 
10  Sektionen  mit  1798  Mitgliedern.  .Teder  Postkreis  bildete  eine  Sektion.  Es 
fehlte  nur  noch  der  PustkreiH  Bellinzona.  Das  Postdepartement  erklärte  sich  auf 
das  gestellte  Gesneh  hin  bereit,  dem  Verein  die  Einnahmen  an  Bnßengeldem  nnd 
den  Reinerlös  aus  dem  Verkauf  der  RebUtstUcke  zusnwenden,  falls  dieser  sich 
dazu  entschließe,  auch  den  Telegraphisten  den  Zutritt  zu  gestatten.  Dies  ge.schah. 
Bald  darauf  tauchte  aueh  die  Frage  des  Auselilusses  der  Zollbeamten  auf.  Auf 
Veranlassung  der  Oberzoildirektion  erschien  ein  Gutachten  des  Herrn  Prof.  Dr. 
KinkeUn  in  Basel,  worin  sieb  derselbei  unter  voller  Anerkennung  der  aweok- 
mlJägen  Organisation  des  Vereins,  dahin  aussprach,  daS  der  Verein  in  finansieller 
Beziehung  auf  unrichtiger,  versichernngstechnischer  Grandlage  beruhe.  Dies  gab 
Veranlassung  zu  ein^r  rationellen  Umarbeitung  der  Statuten,  wobei  die  Herren 
Prof.  Dr.  Kinkelin  und  Direktor  Kummer  mitwirkten.  Der  Verein  nahm  dann 
auch  in  der  Folge  den  Namen  «Versicherungsverein  der  eidg.  Beamten  und 
Bediensteten*  an. 

Gr^eiiwärtig  afthlt  der  Verein  gegen  3000  Mitglieder.  Es  sind  meistens 
Poft-,  Telegraphen-  und  ZoUlieanite.  In  den  11  Postkreisen  bestehen  11  Sektioneu 
und  dazu  kommt  noch  eine  Sektion  für  die  Zollbeamten,  mit  Sitz  in  Schatl  hausen. 
Der  Verein  versichert  in  Betrügen  von  Fr.  100  bis  Fr.  10,000:  1}  auf  den 
Todes&n  (einfache  Versicherung),  2)  auf  den  Todesfall  oder  für  das  Alter  von 
60  Jahren  (gemischte  Versicherung)  und  3)  auf  Renten,  eahlbar  vom  Alter  von 
60  Jahren  an. 

Die  Verwaltung  wird  vom  Zentralkomite  besorgt,  die  Sektiunsvorstände 
funktioniren  gewissermaßen  als  Filialen.  Aenßerste  Altersgrenze  tUr  den  Eintritt 
ist  das  5ö.  Lebensjahr.  Ebenso  wild  Irstlioher  Ausweis  fttr  Gesundheit  verlangt. 
Durch  die  Subvention  des  Bundes  und  die  Zuwendung  der  Ordnungsbußea  kann 


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BeamteDveniehening 


—    74  — 


BevOlkeniny  der  Schweis 


die  PiiiDio  nm  25  Prozent  ermäßigt  werden.  Hitrin  und  in  der  fast  koetenloMii 

Verwaltung  liegt  der  Vortheil  dieser  Versicherung.  Beamte,  welche  austreten, 
können  ilie  Versiclierunp  beibehalten,  nur  genießen  sie  nicht  mehr  den  Yortheil 
der  Prämienermäßigung.  Wer  vor  Eintritt  anderswo  veriiichert  war,  erhält 
ebenftlb  vom  Bondeebeitrag  einen  AnliieU  xar  PübnienemiSßigaDg,  ebenso  haben 
diejenigm  auf  den  Bandeebeitrag  Anapraoh,  «eldie  gerandbeitdidber  Tom  Ver- 
«küierinigsverein  nicht  angenommen  wurden,  dagegen  oae  andenrlrtige  Yer- 
Sicherong  auf  den  Todesfall  erworben  haben. 

An  der  li5'.H)er  Delegirtenversamralung  in  Cieuf  hat  sieh  der  eidg.  Beamten- 
veraicherangsvereii)  auch  zur  Aufnahme  der  kantonalen  Beamten  bereit  erklärt. 

BMtenbergbahn.  DnhtaeUbalm.  EonseaMioniit  rtm  Bund  am  21.  De- 
zember 1887.  Eröffnet  am  21.  Juni  1889.  Führt  von  Mertigm  am  Thuneraee 
nach  Beatenberg,  1118  m.  11.  M.  BiuiliLhe  Länge  1610  m.,  mittlere  Steigung 
338*'/60,  Maximalsteigung  400'^/(io.  Aniiigeko^ten  668,785  Fr. :  Rei'seiide  im 
Jahr  1889  31,526.  Nächster  RUckkaufstermin  1.  Mai  1915.  Abiautstermin 
der  KoHcarioii  1967. 

BeinwyMteinaeh-Menzikeii-BahD.  Zar  Seethalbahn  gebttrig.  Erttflbet 
am  23.  Jannar  1887.    Bauliche  Länge  3061  m. 

Bergbahnen.  Abgesehen  von  den  kleinern  Drahtseilbahnen,  welche  das 
Thal  mit  einem  Höhepunkt  verbinden,  gelten  als  Bergbahnen  die  Brtiuigbahn, 
die  Kigibahuen,  die  Pilatnsbahn,  die  Rorschach-Heiden-Bahn,  die  Uetlibergbahn, 
die  Monte-Generoeo-Bahn,  die  Monte  Salvatore-Bafan.  LSngere  Drahteeilberg- 
bahnen  sind:  Ouchy-Laasanne-Bahn,  Biel-Magglingen-Bahn,  die  Beatenbergbahn, 
die  Börgenstockbahn,  die  Territtet  Glion-Bahn.  (Vgl.  ancli  AV|)enbHhiieii  ,  IVo- 
jektirt  ist  unter  anderen  eine  Bali"  auf  Mllrren  und  eine  über  die  Wengeriialj>. 

Berner  Oberluudbuhnen.  I)irektioii»»itz  in  Interlakmi.  Eröduet  am  1.  Juli 
1690.  Betriebalioge  24  km.  Spurweite  1  m.  Maximalsteigung  120^00.  Zabo' 
Btangenetreoke  4,3  m.  Lokomotivbetrieb.  Führt  von  Interlaken  naoh  Grindelwald 
und  Lanfpfbrunnen.    7  Statioinni. 

Beriier  Tramwuy.  Wurde  erötlnet  am  1.  Oktober  l^yu.  Betriebslünge 
2927.    Spurweite  1  m.  Maximalsteigung  56,5  ^ou.    Motor:  komprimirte  Luft. 

Berniaohe  illiab»hiien.  IMeselben  mnd  am  l  Jannar  1890  in  das  Eigen- 
tbnm  der  Jnra-SimplonbabBgeaellBehafI;  Übergegangen.  S.  den  Artikel  vStaata^ 
monopole"  im  III  Band. 

Bcrufsgenossenschaften  e.  im  Art.  »Soziaie  Frage'  Seite  104  a.  ff.  III.  Bd. 


«N  -.»i  o  Ci  »  t-^  ^  Q  t--  '-r*  TT  n  -.r  — •  i.t'  t-  I-  --r  M  I  ^ 

OS  O  lO  -J"  Q  <N  00  C5  CC  9<  CO  ^  «        i-         O  "*  Z.   :-   tr.  W  '  CO 

-H  ^  lO  »1      o  «o  c      X  qp      a>      iji  Ti  X  o  co 


'-^   a-s  n  ^  m  "*      ~'  — '      '  ^-  '^'      ^  i>  Q  iß*      o""  i-'  —  — '  oi"  rf 

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Biei-MaggUngen-Baiia 


bii'iienzucht 


Biel«MaggllBf«a«Ba]ui.  Onbtwabtbn.  Tom  fitind  koraeanoiiirt  »m  IS.. 
Deiember  1884.    Nlohstw  Rttoklwn&tdniiin  1.  Hai  1903.    £rOAi«t  am  3. 

Jnni  1887.'  Bauliche  Lunge  1033  m.  Spurweite  1  m.  Hribenlage  der  Station 
Biel  43r,  m  IIb.  M.,  der  Station  Magglingen  87!»  ni.  Mittlere  Steigung  '2737o<),. 
Maximaläteigung  320^/oo.  Anlage-  und  Einricbtungükuitteii  450,000  Fr.  Beior- 
derte Ueisende  im  Jahre  1889  35,515.  Betriebseinnahmen  1889  25,809  Fr.^ 
BetriebaamgalMii  22,167. 

Bienenxiirlit.  (Brglmnmi^  dM  Artikels  auf  Seite  246  a.  tt.  im  I.  Band,  tod 

demaelben  Yerfasser.)  Die  Bienenzucht  macht  stetig  Fortschritte,  sowohl  hini>iohtlicb 
der  rationt^lb'ren  WirtliKchaft  als  aucb  des  numerischen  Bestandes.  Die  eidgenössische 
Viehzählung  von  IHHfj  bezeichnete  für  da«  verflossene  Dezenninni  einen  Zn wachs 
der  Bienenvölker  von  17  *^/o,  resp.  30,700  Völker  j  liiebei  Hteheu  St.  GHllen, 
Waadt  ond  Ztlrioh  mit  eisern  Iftsbr  Ton  je  Uber  4000  ^ttkem  Toran.  Gaiift 
besonders  erschließen  sich  die  Gebirgskantmie  dem  neuen  KnltnrKweig.  Es  weisen 
einen  nnmerischen  Fortsohritt  auf: 

Uri  von  130  *  •  Obwalden  von  70  "Jo 

Nidwaiden  ,  100  7«  Schwyz  ,  65  "/«> 

Glarus  ,  85  7»  Tessin  ,  60  */o 

Gruubflnden  ,  7h  "'c,  Wallis  ,  Ki",, 

Unter  «i.-n  ö  Kantonen,  die  laut  der  Zählung  einen  kleinen  Kückscbritt 
gemacht,  sind  einige,  in  denen  gegentheils  tbat«»ä<;bliub  ein  ganz  bedeutender 
Fortsehritt  Uber  alle  Zweifel  erhaben  ist;  es  sind  dies  Thnrgan  und  Lanem,  wo 

rührige  Kantonalvereino  eine  erfolgreiche  Thätigkeit  entfalten.  Den  Nachweis,, 
daß  auch  hierorts  die  Bienenzucht  numerisch  fortget«rbrltten,  hal  en  aucb  dieso 
Kantone  im  Jahr  IHH'.^  erbracht,  da  der  Verein  Schweiz.  £ieoeu£reunde  darch 
seine  Filiulvereine  eiue  Zählung  vornahm. 

Laut  derselben  zahlte  z.  B. : 

Thurgau        1886  :  8,984  Völker     1889:  11.872  VAlker 
Schaffhausen  1886:  1,400     ,         1889:  2.491 

Diese  Zählung  läßt  auch  einen  Schiaß  zu  auf  die  Art  des  Betriebes,  indem 
Stabil-  und  Mobilbau  auseinander  gehalten  wurden.  Da  zeigt  nich  denn  dio 
erfreuliche  Thatsache,  daß  der  Zuwachs  an  Mobilvölkern  seit  5  Jahren  auf  über 
200  7«  ansteigt,  an  Stabilv6lkem  auf  nicht  ganz  20  7«*  In  den  ZShlkreisen 
landen  sieh  neben  4&  ^/o  KorbvVIkeni  55  ^/o  bewegU^n  Baues. 

Die  Constanz  im  Bestand  ist  keineswegs  etwa  die  Folge  günstiger  Jahre. 
"Wenn  gegentheils  trotz  einer  Reihe  rr'-ringer  Bienenjabre,  trotz  Au^f.ille.s  lier 
natürlichen  Vermphrnng  und  sehr  strengen  Wintern  die  Völkerzahl  nicht  zurück- 
gegangen, HO  illubtrirt  dies  wohl  unzweideutig,  wie  allgemein  eine  rationelle 
Pflege  Platz  gegriffen.  Die  Zeit,  da  Mißjahre  ganae  Gegenden  entvlflkerten^ 
gehört  der  Vergangenheit  an. 

Ilandel  mit  Birnen.  Die  in  neuester  Z-it  der  Zuchtwahl  geschenkte  Auf- 
merksamkeit riet  einem  vermehrten  Import  anerkannt  guten  Znchtmaterials  au» 
der  ELrain  und  aus  Kiirnthen.  Die  weißhaarige  „slavisohe"  Biene  em})tieblt  sich 
dnrch  Pmchtbarkeit,  Emsigkeit  nnd  Saaftmntb. 

Dti$  apistin^  Mtüteum  auf  dem  Bosenbeig  in  Zug,  das  einzige  seiner  Art 
auf  den  Kontinent,  das  Werk  des  Vereins  Schweizerischer  Bieuenfreunde,  gewinnt 
immer  mehr  Bedeutung  und  erfreut  sich  eines  lebhaften  Besuches  vom  In»  und 
Ausland. 

Die  apisiischen  Beobachiungsstationm,  vom  selben  Verein  im  Jahre  1884 
ins  Leben  gerofen,  — >  gegenwKrtig  sind  es  22  —  illnstriren  die  mannigfaltigen 


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Bienenzucht 


—    76  — 


Bargenslockbabn 


TttushU,  Wittentngs-  und  BodeoTwliEltniiM  anf  den  Tenohiedenttea  Htthenstnto 

von  400  m  bis  1150  m.  Zahlreiche  praktih^che  Fra^^  sind  durch  sie  sar 
Abklärnng  gebracht  worden  Dir  f  entralstelh'  in  Fluntern  bei  Zürich  erstattet 
alljährlich  durch  das  Mittel  der  Schweiz.  Bienenzeituiig  einen  illustrirten  Bericht. 

Die  Lokal  vereine  sind  der  miichtig.ste  Hebel  zur  Förderung  der  Bienen- 
zucht. Zur  Zeit  haben  sich  41  solcher,  mit  einer  Mitgliederzahl  von  circa 
9500  Maiin,  als  Filialvereme  dem  Schweis.  Genimlvereb  augeschloeeen.  Das 
gemeineame  Orgao  aller  ist  die  Soliweia.  Bienenisttwig. 

Auch  in  der  W  t  hweiz  haben  sich  in  jüngster  Zeit  zahlreiche  Sektionen 
des  dortigen  Geatralvereins  gebildet.  Ihr  Organ  ist  die  Bevoe  internationale 
■d^apiculture. 

Die  apistische  Literatur  der  »Schweiz  ist  jüngst  durch  zwei  hervorragend« 
Werke  bereichert  worden^  deren  schnell  sich  folgende  Aul  lagen  zur  GeuUge  ilir 
■deren  Werth  epreoheo.  Es  sind  «Condnite  da  radier*  per  E.  Bertiand,  a  Kjon, 
«nd  der  «Sdiweie.  Bienenvater*  von  J.  Jeher,  Krämer  nnd  TheUer. 

Bienenwürtcrlursi'  sind  seit  einer  Reihe  von  Jahren  in  solcher  Zahl  ge- 
wilii!icht  worden,  daü  der  Vorstand  des  Schweiz.  Vereins  nicht  mehr  zu  genügen 
vernichte  und  im  Jahre  1886  zur  Heranbildung  vou  Eursleitern  iirid  Wander- 
leiirerii  einen  interkantonalen  Instruktionskurs  veranstaltete,  der  50  Theilnehmer 
ilhlte.  —  Hit  der  lanehmenden  FntäukUon  hSlt  andi  die  Naohfrage  Sehritt. 
Eine  Beihe  Ton  Kantonra  haben,  den  lüßbrttnehen  im  Honighandel  za  ateoeni, 
hesUgliche  Verordnungen  erlassen. 

Bildhauerei  s.  den  Artikel  „Kanat*  Im  II.  Band. 

Birsigthalbahn.  Konzessionirt  vom  Bund  am  11.  Januar  1887  für  die 
^Itrerkc  Ra.<;cl-TherATn,  am  21.  Dezember  1887  für  die  Strecke  Therwil-Fliih*>n. 
Nächster  Kückkaufjstcrmin  1.  Mai  1^03.  Betriebseröifnung  der  Strecke  Bü^el- 
Therwil  am  4.  Oktober  1887,  der  Strecke  Therwil>Fltthen  am  12.  Oktober  1888. 
Banliehe  LSnge  13,572  m.,  BetriebalKnge  12,465  m.  Sparweite  1  m.  Verbindet 
die  Stationen  Basel  (Steinen),  Binningen,  Bottmingermühle,  Bottmingen,  Oberwil, 
Therwil,  Fttingen,  Wifterswil,  Bättwil,  Flühen.  Höhenlage  der  Stationen  263,» — 
iJ81,fi  ni.  üb.  M.     Si'^he  im  l'ebrisrcn  ^Eisenbahnen "  iui  Supplement. 

Bodoubesitzrelorm  s.  im  Artikel  „Soziale  Frage"  Seite  98  u.  ü".  des 
III.  Bandes,  sowie  im  Supplement  den  Artikel  ^GrundbeHitzreform". 

Brenets-Loele.  Eisenbahnlinie,  eröffnet  am  I.  September  1890.  Betriebs- 
Ifinge  5  km.  Spurweite  1  m. 

BrÜHiglNihB,    Bittffnet  am  14.  Jwii  1886.  (Lie  Streeke  Lnsern-Alpnaeh 

tstad  erst  am  1.  Juni  1889.)  Eigenthum  der  Jura-Bern-Luzern-Bahn  resp.  Jura- 
8implon-Bahn.     Konzessionirt  vom  Bund  am  nezcmber   1886.  Nächster 

Rückkaufstermin  1.  Mai  1903,  Ablautteriniu  der  Konzession  30.  April  19ö7. 
Bauliche  Länge  von  Luzeru  bis  Meyringeu  45,639  m.,  von  Meyriugen  hxA  Bnenz 
13,361  m.,  totel  58,000  m.  Länge  der  eigeatliohen  Bergetreeke  twisohen  Giewyl 
undJMeyringen  16,205  m.  Verbindet  die  Stationen  Luzern  (438  m.  üb.  Meer), 
Horw  (445),  Hergiswyl  (452),  Alpuachstad  (J.^8\  Al|)naelidurf  (457),  KeruM 
(466),  Samen   (476),  Sächseln   (475),  Giswyi  Lungern  (755),  Brüoig 

(10U4),  Meyrinjren  fnOs),  Hrienzwyler  (579),  Brienz  (569). 

Hürgeu^tockbuhii.  Drahttteilbahn  von  Kehrsiten  auf  den  Bürgenstook. 
Eonsesaionirt  yom  Bund  am  23.  Desember  1886.  ErSffhet  am  8.  Jali  1888. 
Baaliche  Länge  831  m.  Mittlere  Steigang  533  m.,  Mazimalsteignng  575  m.  An« 


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BuDÜesbeauite  und  Angestellte 


—    77  — 


BiuUeäliDanxei» 


lagdkoätea  34ü,00O  Fr.,  Reibende  im  Jahre  188U  25,192.  Betriebsemnahmeo 
1889  27,729  Fr.,  BetriebMiugabea  8439  Fr.,  üebenehnw  19,S90  Fr.  Kapitel 
370,000  Fr.  Nächster  RttcUunftteniuii  1.  Mai  1903.  Ablauftannin  der  Eon- 
seuion  22.  Desember  1966. 

Bttndesbeamto  und  •AngMtellte  (ohn«  die  Lehrer  und  Beamten  des  Poly- 

technikanis)  Die  im  Jahre  1888  vorgenoromene  Zählung  ergab  7654  männliche 
nnd  1039  weibliche  Beamte  uiul  Ange«tellte,  Bomit  Insgesammt  8693,  WOTOlk 
6444  bei  der  Post-,  671  bei  der  Telegraphenverwaltung 


2845  oder  32,72  7"  bezogen  weniger  als  lOdu  tr.  Gehalt 


3373 

38,80  » 

t> 

1000  i>iö  lyyi) 

n 

1207 

n 

13,88  * 

m 

2000  ,  2999 

* 

967 

11,12  . 

3000    „  3999 

<* 

193 

2,22  „ 

•1000    ,  4999 

R 

• 

55 

n 

0,64  , 

ÖUOO    .  5999 

• 

m 

53 

n 

0,62  , 

6000  oder  mehr 

II 

BundmUiiAiiMii,   (EvgKnsang  des  Artikels  aaf  Seite  31  &  nnd  ff.  ink 


1.  Band.} 

Mr 

fMlil«! 

Mto-Itniiga 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

1885 

4r392,697 

46*278,685- 

5  r 168,345 

35*713,485 

15*454,860 

1886 

6r097,496 

58'067,.506 

55'0G5,998 

36*670,616 

18'395,382 

1887 

r.9'r>8n. 972 

5r,'829,996 

66'483,363 

38'984,981 

27^4  98, .382 

1888 

r)".f8K2,s6:', 

Ö.S;'>55,087 

70'8 15,388 

40' 492,8  GS 

30' ;5  2  2, 5  20 

1889 

65  571,69y 

64  "4  35,604 
66*688,881 

92'625,70y 
108*461,116 

59  023,635 

33  602,074 

1890 

67*621.261 

71*112,031 

37*339,085 

Einnahmen  nach  Verwaltungazweigen. 


1885 

1886 

1887 

1888 

1890 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr, 

979,263 

r015,371 

902,059 

1*137,420 

r317,83T 

187,248 

197,778 

232,134 

300,343 

320,120- 

la^gkamlei     .   ,  . 

13,470 

13,920 

1:5.485 

13,783 

13,717 

Bnd^sirfrichl    .    .  . 

9,H52 

11,544 

7,t;o7 

8,895 

11,678 

NilUciifi  Dtpartentit  . 

14,980 

15,575 

23,205 

^»wsrlig«)  (ohne  Uiad«lj 

46,685 

142,989 

Ki|iirliMiltolDi«i.  . 

93,008 

31 1,812 

94,726 

Jutii'  1.  PflittideftriuMDt 

1,640 

676 

867 

11,433 

1,132^ 

MilitirdeparttiKil    .  . 

3' 708, 180 

3'933,098 

5'177,788 

6'309,987 

2'967,158 

FiBinwrffsKang .    .  . 

3'044,33« 

9'679,217 

3'651,396 

346,296 

2'772,836 

ZvlIrerKiiliig   .    .  . 

21'191,433 

22'395,167 

24'632,2j^5 

26  086,144 

31'258,296 

VtßM  

35,969 

44,858 

49,595 

44,122 

43,904 

LudeMImhin  .  .  . 

*  980 

103,370 

123,247 

130,000 

21,323 

23,262 

25,838 

29,500 

16'20  1,t;42 

20' 1 10.000 

21' 103,869 

2r59l,831 

24' 1 80.021  ► 

Telt^aph  inil  TelepliM  . 

2'»73,604 

3'293,263 

3  531,598 

3*729,246 

4oOU,938 

EiKibahnweMD  .   .  . 

33,087 

46.960 

34,669 

103,175 

118,780 

1,958 

5,947 

4,959 

4,411 

3,345^ 

48'392,697 

61*097,495 

59*586,972 

59*882,863 

67*621,251 

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t 


Bundesfinaiuen  -_    7g    ^  BuniJeürätlie 


Ausgaben  nach  VerwaltungHZweigen. 

iairtmtin  a.finimif 

188f) 

1886 

1887 

188>^ 

1«90 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

der  iolrihto  .    .  . 

1*867,429 

1 '867,942 

1*773,184 

2*662,373 

illpmfinr  Vrrwaltoiif 

Saiioiilraih  .    .  . 

12,666 

l»il,öy6 

20,962 

195,629 

195,673 

214,586 

Illilntt   .  ,  . 

16,010 

15,354 

21,629 

tnlNntb  .  .  . 

85,500 

86,500 

86,500 

91,092 

86,600 

Baidnboilti     .  . 

288,803 

314,338 

343,579 

336,989 

3  R  1,430 

Biiidttgtrieht     .  . 

141,746 

156,455 

14H,0H0 

1 50,09 1 

153,492 

360,630 

398,693 

377,399 

— 

— 

isi«irU{ts:  i'olil.  iklh. 

— 

— 

— 

426.204 

423,643 

ImM  .  .  .  . 

— 

— 

— 

229.758 

172,038 

imiitoiif  *) .  . 

— 

— 

— 

15,199 

22,390 

— 

— 

— 

18,820 

101,227 

Cfpilrtemfni  (li">  IinH  rii 

926,597 

876,778 

948,356 

1'031,669 

1' 200,071 

IltlMNI.    .    .  . 

2'419,426 

3^028,730 

3'326,404 

8*434,943 

6*190,970 

•Jlllil-I.P«liWMU|MiMUli 

70,514 

48,220 

53,041 

99,156 

132,997 

JGIillili|wi«Mit  .  . 

17'165,329 

18'182,624 

2ri57,204 

22' 824,36  5 

2r578,442 

FimiTwult««!    .  . 

2' 634, 54  n 

8'666,643 

2'409,813 

l'344,5f)2 

:V8i;'.,479 

£«lli(rviitBig    .    .  . 

l'861,OG7 

1'882,7Ö3 

1'983,599 

2' 130,7  7  6 

2636,472 

Jitelrit-  ■.  liUillidif . 

iBlInilNPMUlUK 

— 

— 

— 

412,140 

498,717 

Vtnifb»ri>mnl  .  . 

— 

41,099 

45,485 

47,240 

4H,:524 

LsB'iuirilisfhafiahtk.. 

275,783 

344,'.»74 

589,727 

645,285 

811,439 

Forstviiii'ii 

82,096 

74,ÖÜ8 

8a,594 

87,299 

143,914 

iui  Uli«!  Fiwk«rfi 

26,644 

38,404 

33.212 

32,512 

48,934 

• 

ÜMiAahiaUktilng  . 

142,701 

139,093 

208,492 

218,670 

177,560 

ri»iti«r«altiii;    .  . 

14'6U6,505 

18'527,349 

19'57 1,324 

19'837,573 

21*908,657 

Tiksrapk  u.  T«lepbwi . 

2'65r),HlO 

2799,854 

2'893,99l 

3148,352 

3*246,834 

UuM  (t«r  m)    .  . 

341,1;>8 

399»918 

463,657 
27,951 

9,194 

11,166 

8,188 

23,387 

46*278,685  58*067,506  56*829,996  58'556,087  66*688,381 


Bandespri8tdent«B  (EigKosang  der  Mittheilung  aaf  Seit«  381  im  I.  Bd.) 
1885  Schenk,  1886  Deocher,  1887  Dn»,  1888  Hertaneteiii  f,  1889  Hammar, 

1890  Rucliunnet,  1891  Welti. 

Buiiiie^räthe  (Ergäuzuug  der  >fittheilungen  auf  Seite  331  im  I.  Band  . 
Herr  Hertemiein  ist  gestorben  am  27.  jSovember  1888.  An  seiner  »tatt  wurde 
l^wftblt  am  13.  Demmber  1888  Herr  Waltker  Hanter  yon  Wldensweil  und 
St,  Qallen,  geb.  1837;  Herr  Hammer  demiMionifte  tat  31.  Dezember  1890. 
Er  wurde  ersetzt  durch  Herrn  Emil  Fretf  von 'Mönchenstein,  Baaelland,  geb.  1838. 

Die  Departemente  waren  seit  1.  Jantmr  1 885  folf:^eiid*>rma6en  vertheilt 
(S.  333  im  I.  Band):  1885  18ö6  1887 

PolitiBches  Schenk       Deucher  Bros 

Inneres  Denoher      Schenk  Sehemk 

Justiz  Bndioniiet   Bnohonnet  Rnohonnet 


*)  Vor  1S88  mit  der  LundwirlbsrhafUia]>theilunif  verbimden. 


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Bundesräthe  —    79    —  Buitiie'iverla!>><uiig 


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Hertenstein 

Hanser 

Frey 

Finanzt-ri  und  Zoll  .... 

Hainmer 

Hammer 

Hauser 

Industrie  und  Laiidwirtbüchaft 

Deuolier 

Deuoher 

Deucher 

Dencher 

Post  nnA  Biaenbahnen .    .  . 

Welti 

Welti 

Welti 

Welti 

Bundesyerfassungen^  (Greaolliohtlioher üeberbllok,  von  ih  Job.  Striekler.) 

I.  In  verschiedenartigen  Schriften  ist  versucht  worden,  dut  Verfiissungen  der 
«rthwcizerischcn  Eidgenowen.schaft  darzustellen,  Imld  in  bloßer  Aufzählung  der 
wichtigjiten  Thatsacben«  bald  in  Krörferungen  über  einzelne  Yerbältnisae  und 
Vorgänge,  am  aelteneton  neeh  pbilosophisolier  Methode,  vril  der  Stoff  einer 
«olohen  Beliandlong  T5llig  iq  widerstreben  E^heint.  Gans  beeonden  b^ieht  aioh 
letzteree  auf  die  Zmt  vor  1798,  d.  b.  die  fünf  Jahrhunderte,  wo  die  Eidgenoesen* 
Hchaft  «^inen  Staat  pn  hu  ti  bildete,  an  dessen  Gebreeben  sie  gewissermast-'Mi  m 
(iruude  ging.  So  dürftig  dieser  Theil  ihrer  Geschichte  erscheinen  mag,  kaun 
er  doch  nicht  Übergangen  werden,  weil  Licht  and  Sohatteo  derselben  theilweifle 
deroh  die  BttndesrerbXltiiiMe  bedingt  waren  und  deren  Wirkangen  eich  aelbet 
auf  epitere  Zustäude  erstrecken,  und  immer  die  Extreme  sich  gegenseitig  erklären. 

Soll  nun  ein  Blick  auf  die  seit  1798  begrabene  Ordnung  geworfen  werden, 
80  bieten  sieh  wenigsten-i  zwei  Gesichtspunkte  dar;  der  eine  ist  auf  den  äußer- 
lich wahrnehmbaren  Bestand  in  einem  beliebig  zu  wählenden  Zeitpunkt  gerichtet, 
der  andere  auf  die  innere  Entwieklang«  die  Motive  der  yerttttdemngen  und  die 
ürBaohon  de«  erfolgten  Stillstandes.  Je  raaoher  der  Ueberbliek  vor  sich  geht, 
<le8to  mehr  mfissen  sich  die  Resultate  ergänzen.  Das  erst  nun  faßt  sich  in 
^iner  Aufzählung  von  ungleich  berechtigten  Bundesgliedern  und  abhiingigen  Ge- 
bieten zusammen,  die  in  allem  Wesentlichen  für  drei  Jahrhunderte  gelten  kann^ 
ob  sie  iioh  auf  die  Jahre  1520  oder  1797  beiiehe. 

lo  ereter  Linie  etehen  die  XIII  »Orte*  (^nde,  Kantone),  in  einer  Bang- 
folge, die  nur  theilweise  durch  die  Zeit  des  Eintritts  in  die  ewigen  eidg.  mnde 
bestimmt  ist,  nämlich  der  folgenden:  ZHrich,  Bern,  Luzern;  Üri,  Schwyr,, 
Unterwaiden;  Zug,  Glarus;  Batsel,  Freiburg,  Soiothurn,  Schaff- 
hau sen,  Appenzell.  Die  acht  erstem,  die  „alten",  hatten  insgesammt  und 
«inseln  den  Vorrang  gegenüber  den  jUngern.  —  Die  sweite  Klaeee  bildeten  die 
sog.  Zugewandten  (oder  zugew.  Orte):  Die  FUretabtei  St.  Gallen,  die 
Stadt  St.  Gallen,  Giaubiinden  (III  Bünde),  Wallis,  Mülhausen  i.  E., 
Biel,  Genf,  die  Fiirstenthümer  Neuenbürg  und  Basel  ^Bisthnm) ;  Rotweil 
war  seit  dem  dreißigjährigen  Kriege  verloren.  In  die  dritte  sind  zu  stellen 
die  Sehirm  verwandten,  die  je  von  mehreren  Orten  berorninndet,  aber  nioht 
direkt  regiert  wurden;  Bapperewyl,  Gersan,  Engelberg,  Dießenhofen;  (Baden, 
Bremgarten,  Mellingen).  —  Zur  vierten  Klasse  zählten  die  gemeinen  Herr- 
fsehnften  (g,  Vogteien),  von  denen  die  Grafschaft  Baden,  die  Freiämter, 
die  Landgrafschaft  Thurgau,  die  Grafschaft  Sargans  und  die  Landschaft 
Bheinthal  deutedi  waren;  die  sog.  «m^bttrgischen  (italieniachen)  aerfielen 


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Bundesverfassung 


—    ÖO  — 


Bundeäverl'aiisung 


in  iw«&  Gruppen;  die  dm  klänera  —  BolHiisona  (Bellenz'),  Böllens  and  K- 
vier»  ^  steadeii  unter  Uri,  Soliwys  und  NidwftMen;  db  vier  grSßem  ^  Lu- 
geno,  Looarno,  Mendrisio,  Vallemaggia  (Laois,  Liiggaris,  Mendris« 
MniVTithnl"!  p:(»])ört(iü  den  XTI  Orten  (Appentell  nicht).  Schwvz  und  (Haru» 
befaiien  gemeinsam  Utznaoh  und  Gast  er,  Bern  und  Freiburg  die  \  ugieien 
Grasbnrg  (Schwärzen bürg),  Murteu,  Orbe  (Ecballens)  und  Grandson. 
Die  VII  Zehnden  too  Wallie  behemditeii  das  Land  nnterhalb  der  Morge 
(Ünterwallis),  die  III  Bttade  die  Vogteien  Burmio,  Veltlii  iti!  ('hid 
venna  (Clitv?  ri\  Einzelne  StSnde  hatten  nuch  besondere  Untertbanenlande,  die 
von  dem  Immediatgebiet  räumlich  und  rechtlich  geschieden  waren.  Alle  diese 
Städte  und  Landschaften  besaßen  ihre  eigenthttmlichen  Verfaasnngea,  Getietxe. 
Staftntea  «nd  BeehtelwftDelie,  die  snmeut  anf  altem  Herkommen  beruhten  nnd 
melir  oder  weniger  die  Anebildung  einer  Amts-  oder  VermSgena-Arielokratie  be- 
gttnstigten. 

Die  zweitf"  Betrachtung  flihrt  einem  Bilde,  das  diese  höchst  ungleich- 
mSfiige,  Willkürlich  Hcheinende  Gestaltung  einigermaßen  erklärt.  Hier  kann 
freilich  eine  lolche  Erklärung  nicht  genügend  auttgeführt,  sondern  nur  angedeutet 
werden.  Die  Entetehnng  und  Befeetigong  der  Eidgenoflaensehaft  wurde  nXmfidb 
durch  eine  Menge  von  geschichtlichen  Umständen  bedingt,  deren  Darlegung  viel 
Raum  erfordern  wilrde.  Wir  treten  darauf  ni(^ht  ein  und  beschränken  uii<  mich 
im  üebrigen  ntif  da«  Unerläßliche.  Die  ert-ten  Bünde  (1291,  i:^15)  vereinigten 
blos  ländliche  Bevölkerungen,  die  in  ihren  Lübeusverbältniääeu  verwandt,  aber 
politieeh  nieht  ganz  gleich  entwickelt  waren,  jedoeh  ein  geraeinsemee  Ziel  zu  er- 
streben hatten:  die  Beseitigung  einer  gräflichen  Vormundschaft,  die  Stellung 
freier  Gemeinden  im  Keichtiverband.  Die  Satzungen  ihrer  Bundehbriefe  hingen 
damit  eng  zusammen  nnd  dienten  vur  allem  dem  BedUrtniß,  im  Gebiet  der 
.Eidgenossen**  Frieden  und  Sicherheit  flir  Leib  und  Gut  zu  erhalten  und  fremden 
Behörden  kdn«i  Anlaft  la  Eiiq^en  m  geben.  Da  die  Henoge  von  Oeeter« 
reieh  (Hahebnig)  ihre  alten  Rechte  und  AiHprttehe  mit  aller  Knft  nnd  Auedaaer 
SU  behauptm  suchten,  so  wurden  die  ITT  , Länder*  —  üri,  Schwyz,  ünter- 
walden  —  dahin  gedrängt,  sich  durch  Verbinduntren  mit  Nachbargemeinden  zu 
stärken,  die  mit  demselben  Gegner  zn  ringen  hatten,  bu  mit  Ludern,  Zürich^ 
Glarns,  Zug  und  Bern  (1332,  1351 — 53).  In  einer  Reihe  von  Kriegen  und 
andern  Anetrengnngen  erfcXmpIten  sie  endlieh  volle  Reiehifireiheit.  Kit  der 
Sicherung  dieses  Vorzugs  war  nun  aber  I  i  Tntf^r  sse  der  Länder  an  der  Aus- 
dehnung de«  Bundeskreise«  so  ziemlich  t-rscliöplt ;  nur  wenige  Nachbargebiete,^ 
deren  Besitz  ihren  Mandel  begünstigte  oder  Einkünfte  und  Kriegsmittel  mehrte, 
Huchten  nie  noch  au  sich  zu  ziehen,  und  zwar  in  abhängiger  iStellung.  Es  kann 
hier  unerSrtert  bleiben,  ob  dinsig  das  Beiepiel  der  StKdte  eie  anf  dieeen  Weg 
geftthrt  hutje. 

Früh  hatten  sie  erkannt,  daß  sie  einer  festen  Verbindung  mit  Stadtgrn>finden 
bedurften  :  namentlich  in  ökonomischen  Dingen  waren  sie  auf  einander  angiiwiesen. 
Doch  wurde  damit  der  innere  Gegensatz  von  Städten  und  Ländern  nicht  aufge- 
hoben. Er  durehzicht  die  ganze  Geschichte  der  alten  Sehweis,  eehuf  Sjriien 
oder  Hemmungen  für  die  äußere  nnd  innere  Entwicklung  und  wVre  daher  einer 
genauen  Betrachtung  würdig;  wir  mUseen  uns  diese  versagen,  um  bliK  einige 
Punkte  7.n  berühren.  Der  einfachen  Lebensart,  der  Armut  und  Hoheit  de« 
Landmaons  stand  die  bunte  Betriebsauikeit,  der  gern  zur  Schau  getragene  Wohl- 
stand, die  oft  wucherische  Habgier  und  der  selbstgefällige  SchUtl  des  Städters 
gegenüber.    Die  Landschaft  pflegte  nur  krilftigee  Kri^volk  ins  Feld  su  etellen. 


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Buodesverfassungen 


—    81  — 


ßundejjvertrtssungen 


vJilireiid  die  Stadt  aidt  G«nlittta  mod  aHorlri  kttiwtlidieir  RKitniig  enehien  und 
moUt  aneh  htmer  mit  Geldmitteln  Tiraehen  wu.  Die  LKnder  bebalfen  eioli  mit 
wenigen  Behörden,  die  neben  der  Gewalt  der  Landsji^meinde  in  den  Sebetten 
traten,  -wäbrpTil  die  Städte  nicht  blos  mehrere  Rathskörper,  sondern  zahl- 
reiche Beamtete  hatten,  die  das  Ausehen  <ler  Obrigkeit  nachdrücklich  geltend 
machten.  Dort  fielen  durch  Loskauf  oder  Kampf  die  Feasoln  der  Leiheigeiitichaft 
oder  Hörigkeit  nnd  der  Chrondlieten  firtthe  dabin  nnd  drang  daber  die  persSn« 
liehe  Freiheit  and  redltlidie  Gleichheit  völlig  durch;  in  den  städtischen  Geuieinden 
erhielt  sich  dagegeti,  trotz  der  allmalii:  errungenen  rechtlichen  Gleichheit,  ein 
Gegenöat^s  des  Adels  und  der  Altbürger  zu  den  Handwerkern  nnd  Neubürgern, 
und  in  ihren  Yogteien  oder  „Aemtem"  blieben  die  alten  Lasten  bestehen,  so 
daß  der  Untenohied  swiMhen  Herten  nnd  „Angehörigen*  eto.  doppelt  fühlbar 
warde.  Darob  Kttnfe  und  Flbndredite  an  Herrschaften  mehrten  die  Stitdte  ihre 
Unterthanen  so  bedeutend,  daß  sie  an  Yolk^zahl  die  Länder  bald  Uberragten 
und  in  Kriegen  auch  den  größten  Theil  der  Beute  beanspruchen  konnten.  Mit 
diesen  Verhältnissen  verflochten  sich  bisweilen  Vorgänge,  welche  die  Spannung 
gefährlich  verschärften.  Dae  berühmteste  Beispiel  ist  die  Entzwei  uug  der  Eid- 
genoeeen  nach  dem  Burgandorkriege,  die  dnreh  die  Yormittlnn^  des  »Brnden 
Klans"  in  denkwürdiger  Weise  geschlichtet  wurde.  Mit  dem  errungenen  Frieden 
war  indeß  die  alte  Kluft  nieht  ansgeföllt,  und  sie  blieb  ein  Grandgebreohen  des 

eidg.  Bnndeslebens. 

IL  Um  diese  Verhältnisse  etwas  deutlicher  zu  macheu,  ist  eine  Uebersicht 
der  ButtdesvertrSge  oder  «Bünde*  sn  geben,  die  ohnebin  nicht  an  umgeben 
wftre.  Eine  allgemeine  Bemerkung  muß  vorausgeschickt  werden,  dafi  nltmlieh 
in  jedem  Bundesbriefe  einzelne  Stellen  den  Augenblick  der  Entstehung  verrathen, 
etwas  Vergangenes  durchscheinen  lii>iseu  oder  bestimuite  Ereignisse  der  nächsten 
Zukunft  in  Rechnung  ziuhen,  während  andere  Sätze  Vorschriften  oder  Zulagen 
von  «ewiger*  Geltung  entlittlten.  Es  lencbtet  ein,  daß  die  letttw»  für  die 
Würdigung  des  Bnnderawedm  mehr  in  Betracht  kommen  als  die  erstem.  Unter< 
lieht  man  sie  einer  weiteren  Prüfung  und  vergleicht  sie  mit  ähnlichen  Satson- 
gen  in  den  verschiedenpn  Urkunden,  so  zeigen  sich  Besonderheiten,  die  einen 
Portschritt  vom  Einfachen  oder  Unklaren  zum  scharf  und  einlälilich  Formulirten 
ergeben.  Auch  sie  aber  sind  einer  Eintbeilung  nach  dem  Inhalt  bedürftig;  die 
einen  besiehen  sidi  yomehmlieh  anf  die  Wahrung  bttrgerUeher  Beehte,  die  andern 
auf  politische  Fragen. 

Schon  der  erste  Bund  der  III  Waldstätten  (1291)  bietet  allen  uiUhigen 
Stoff  zu  einer  solchen  Erörterung;  wir  halten  uns  jedoch  nur  an  die  Satzungen 
der  zweiten  Kategorie.  Mehrere  sind  gegen  schweru  Verbrechen  gerichtet,  deren 
Beurtheilong  dem  Landgrafen  oder  dem  Beiohsvogt  Bustand^  nnd  setsen  gewisse 
Strafen  fest ;  daneben  wurde  bestimmt,  in  welchen  Fällen  eine  P^indung  statt- 
finden durfte.  Zugleich  war  fcRtgesetzt,  daß  die  Gesammtheit  oder  Mehrheit 
das  anerkannte  Kecht  mit  allen  Kriiften  handhaben  sollte,  und  für  Streitfälle, 
die  der  ordentliche  Richter  nicht  austragen  konnte,  ein  Schiedsgericht  aus  den 
Wetieiten  gefordert.  Yen  ebenso  großem  Belang  war  die  im  »weiten  Bund 
(1315)  getroffene  Bestimmung,  daß  kein  Land  ohne  Zustimmung  der  beidtm  andern 
einen  Schirmherrn  annehmen,  und  kein  Eidgenosse  ohne  Erlanbaiß  der  übrigen 
weh  gegen  Auswärtige  eidlich  oder  sonstwie  verpflichten  sollte,  wonach  die  III 
Länder  in  den  wichtigsten  Beziehungen  nur  gemeinsam  zu  handeln  gedachten. 
Li  ähnlicher  Weise  verpflichtete  sich  Luzern  (1332)  gegenüber  den  III  Wald' 
Stätten.   Gleinhantig  erheisohten  aber  die  Yexhältnisse  eine  Form  für  HttUsbe- 

f srr«r.  TolknrfrfliMhBfto-Lfxnrain  iwt  Sclnrsli.  5 


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BundesverfaüäUDgen 


—    82  — 


Buiidesverfas«!  untren 


gehren;  man  land  dieselbe  in  der  Kahnung;  der  geschädigte  oder  bedrohte 
Tkial  koante  mit  der  Mebrlittt  dw  Gem^de  «uF  den  Eid  eridkren,  ea  gwohehe 
ihm  TJnreoht,  und  duuifhiii  die  andern  nm  Zazug  ansprechen;  diese  hatten 
dann  nnvf rziiglich  und  in  e5?piipn  Knptpn  die  m<)gliche  Hülfe  zu  leisten  Diese 
Form  ging  nun  auch  in  andere  Biinde  über,  nnd  das  liecht  der  Mahnung  blieb 
ein  Vorzug  derjenigen  Bunde«glieder,  die  sich  alu  Orte  über  die  andern  erhoben. 
Die  Sohlielitang  von  Zenrttrfiiinen  nmdieii  dmelnm  Orten  wurde  anoh  im 
Luzemer  Bund  an  Sdiiedleate  gewiesen,  die  neeli  «Minne  oder  Beolit*,  d.  h, 
gütlich  oder  nadi  den  9tnagm  Yoraohriften  «nerkuntw  Sfttanngen,  enteeheiden 
eoUten. 

Andere  Neuerungen  fahrte  der  Zürcher  Bund  ein  (1351).  Zürich  hatte 
seit  einem  Jahrhundert  an  vereehtedenen  Stldtebttnden  theilgenommen,  nitweiae 
aneh  bei  ITri  und  Schwys  einen  BXIekbalt  geencht  (1391)  nnd  manehe  politieehe 

Wandlung  erfahren,  nnd  namentlich  sein  damaliges  Begierungshaupt  yerniuchte  mit 
allen  Winden  zu  segeln;  die  Macht  der  Verhältnisse  nöthio^tp  ah^r  dit-  Stadt, 
eine  ewige  Verbindung  mit  den  IV  Waldstätteu  einzugehen.  Doch  geschah  es 
unter  Bedingnissen,  die  eine  größere  £ntwioklung  der  Eidgenossenschaft  fördern 
konnten.  Dentlieher  als  bieher  prSgte  man  die  Saisnng  ane,  daß  je  das  lltere 
Biindniß  einem  epKtem  vorgehe;  das  Recht  zur  Mahnnng  wurde  schärfer  be* 
stimmt  nnd,  dem  wahren  Zweck  einer  solrbrn  Verbindung  gemäß,  fiir  [  'ötzlirhen 
Nothfall  eine  HUlfeleintung  auch  ohne  Mahnung  als  Pflicht  gefordert,  l'ur  die 
militärischen  Operationen  war  ein  Gebietskreis  bestimmt,  der  weit  geuug  reichte, 
nm  allerlei  Wediaelffille  snnlaaeen;  grSfiere  üntemehmuugen  sollten  'daher  Tor* 
ezit  von  Boten  der  Bundesglieder  herathen  nnd  die  Kosten  für  gewisse  Leiatunigen 
von  dem  hlilfsbedürftigen  Theil  getragen  werden.  Awch  die  Erledigung  von 
Streitsachen  wurde  einlSßlicher  geordnet;  jede  Partei  hatte  zwei  Rechtsprecher 
zu  setseof  wenn  sich  dann  kein  Mehrheitsurtheil  ergab,  so  sollten  sich  die  Richter 
Uber  eiimi  Olnnann  vergleichen,  der  den  Eataeheid  an  endelen  hatte,  üebrigeoa 
aneikannte  man  den  Grundaati,  daß  in  bttrgerliohen  Beehtsfragen  jeder  vor  dem 
Richter  aeinee  Wohnertee  zu  belangen  sei;  indem  man  geistliche  Gerichte  ftlr 
Geldschulden  u.  dergl.  ausschloß,  beschrSnkte  man  einen  Mißbranch,  den  auch  die 
einzelnen  Orte  bekämpften,  und  sicherte  den  heimischen  G^richt^tand  noch  be^Aer. 
Bemerkenswerth  ist  ttberdieß,  daß  jedes  bestehende  Recht  geschützt  werden  sollte; 
dieeen  Sdinta  nahm  Zttrioh  ansdrttokliali  für  srine  neue  YerfiMsnng  in  Anqirafih. 
Nur  dem  bisherigen  Rang  neben  andern  Städten  entsprach  es,  daß  Zürich  die 
Befugiiiß  erkämpfte,  auch  andere  Bündnisse  einzugehen,  was  den  beeondern  Ab- 
sichten des  Bürgermeisters  dienen  und  der  Stadt  einige  Vortheile  gewähren  konnte, 
aber  die  Gesammtheit  schädigte,  indem  e»  die  —  von  Natur  verschiedenen  — 
l^tereaeen  von  StSdten  und  Ländern  aehKrfor  trennte,  da»  BnndeeyerhlltniA  lockerte, 
daher  anoh  Mißtranen  nährte,  sogar  ernste  Gefahren  verschuldete.  Daß  der 
Bund  alle  zehn  Jahre  beschworen  werden  sollte,  mochte  über  die  Folgen  dieser 
Söndernn?  hcrnhigen;  die  Wirklichkeit  h^rt,  daß  die  vorbehaltene  Abänderung 
des  Vertrags,  die  aber  nicht  eintrat,  vor  allem  solche  Vorrechte  hätte  tilgen 
sollen. 

Der  niehstfolgende  Bund,  der  das  Land  Glarns  in  die  BÜdgraossensehsft 
anfaiahm  (1352),  zeichnet  sich  wesentlich  dadurch  aus,  daß  er  eine  Art  Vormnnd- 

Rchnft  der  stiirkern  Orte  be<?rtlndete,  die  freilich  durch  die  nächsten  Ereignisse 
für  längere  Zeit  dahiuliei.  Auch  der  Zuger  Bund,  vom  gleichen  Jahre,  blieb 
ein  Stück  Pergament;  erst  die  Erfolge  des  Sempacherkriegs  brachten  das  Ver- 
lorne endgültig  zurttok.    Der  Bond  der  IH  LBnder  mit  Bern  (1353)  enthielt 


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üuüile^iverfaäsungen 


—    Ö3  — 


BuiideäverrH»:»uugeQ 


^eaig  netto  Chdankflii,  sondern  nor  opeiiollere  Ansftthningon  dar  iMroitB  beInnnteD. 
Das  Recht  zu  botondorn  Biiadnissen  war  auch  hior  jodem  Thoile  MngerSnmt; 

-die  Buudesbesohwöruni;:  sollte  je  nach  fünf  Jahren  stattfinilen,  etc.  Aach  dieser 
Vertrag  bestärkte  die  in  den  jüngern  Bünden  ausgeprägte  Neigung,  jedes  Glied 
nach  seiner  eigentbUmlichen  Lage  und  iuteressenriehtung  zu  bedenken,  jedes  dem 
{•moiiMUDon  BadUrfliiA  ikhl  gomdo  adtldliaho  Sondantrebeo  anzaerkeonen  und 
dio  KiXft«  der  BondeebrHdor  ebenoo  wohl  für  totliohe  Zwooko  ab  ftr  d«n  Vor- 
tkoil  der  Gesammtheit  einzosetzen. 

Die^e  Gewohnheit  befestigte  sich,  je  mehr  die  einzelnen  Orte  ')  noch  zu 
nngen  hatten,  am  die  Befreiung  von  Keichsptiichten  zu  erwirken  oder  Lehens- 
lasten loszukaufen,  Kriegskosteu  abzutragen  oder  Gelder  für  die  £rwerbuag  von 
€M»i6teD  in  beoohnfilBii,  ihren  Bottts  dor  bestehenden  Ordnung  Mnsuftgen  oder 
<iefahren  absnwwden.  Nor  mftllige  Erfahrungen  vermochten  die  Bundesglieder, 
»ich  in  Verträgen  zu  einigpn,  \v-elche  die  Bünde  ergänzten.  Als  sdche  sind  hier 
zwei  zu  nennen,  der  Pfaflenbrief  und  der  Senipacherbrief.  Jener,  durch 
<ien  L'ebermuth  eines  geistlichen  Herrn  veranlaßt,  wendete  sich  theils  gegen  Mil^ 
bilnohe  der  geisUiehen  Geridite  in  ▼eltliehen  Snohen,  tfaeils  gegen  Dienstlei^ 
•oder  heimlifihe  Anhänger  Oesterreichs,  die  in  eidg.  G^ieten  erahnten;  nngleieh 
bestätigte  man  den  Grundsatz,  daß  jeder  Eidgenosse  vor  dem  Richter  seines 
Wohnortes  zu  belangen  und  in  Streitfällen  nur  rechtlich  zn  v*^rffthr<^n  nei;  man 
■erklärte  die  ätraiien  frei  U(id  sagte  einander  ülilfe  zu  deren  Sicherung  zn.  Ueber- 
hnnpl  dienten  die  Satzungen  dieses  Konkordats  (7.  Okt.  1370)  zu  innerer  Festi- 
gnng  der '  Bidgenossensehaft  nnd  ersetiten  einnelne  IGlngel  der  Blinde.  WKhrMid 
•dasselbe  nur  sechs  Orte  umfaßte  (Bern  and  Glaros  nicht),  besiegelten  VIII  Orte 
nebst  Sülothum  den  Sempacherbrief  (10.  Juli  l.Sy^i),  der  als  erstes  eidg. 
Kriegsgeüetz  bezeichnet  werden  kann.  Er  sollte  vor  allem  die  nöthige  Mauns- 
^ucht  sichern  und  Frevel  gegen  Kirchen,  Geistliche  und  wehrluse  Personen  ver- 
kttten;  ebenso  wiohtig  waren  aber  die  Torsehrifken,  welche  auf  eine  gehörige 
ftunmlnng  nnd  Vertbeilung  der  Beute  —  nach  der  Zahl  der  betheiligten  Mann- 
eehaften  —  sielten  und  eigenmächtigen  Begiun  einer  Fehde  verwehren  .sollten. 

Gemeinsame  Interes.-^en  machten  sich  zeitweise  geltend  in  FeldzUgon  nach 
Italien,  die  antauglich  schöne  Eroberungen  erzielten,  aber  schließlich  fruchtlos 
blieben,  eodann  in  d«r  Erwerbung  des  Aargaus,  der  abw  nur  tiidhrdse  dn  ge* 
meines  Beeitzthum  wnrde  (1415).  Die  Erschütterung  der  {istliehen  Lande  dnnh 
■den  Appenzellerkrieg  trennte  Städte  und  Länder,  führte  sie  aber  in  Bündnissen 
mit  Appenzell  und  St.  Gallen  zusammen,  die  neben  den  VIII  gleich  be- 
rechtigten Orten  eine  Klasse  von  untergeordneten  Gliedern  aufstellten.  Der 
'Orandgedanke  dieser  Verträge  lag  in  den  Bestimmungen,  welche  die  neuen  Ver> 
btlndetw  rar  Hülfe  Terpfli<£teten,  ihnen  aber  nicht  das  Becht  rar  Mahnung  er- 
theilten,  dagegen  den  Weg  zur  Vermittlung  anwiesen  oder  im  Mothfall  einen 
2nzng  sicherten,  den  sie  selbst  zu  besolden  hatten.  Die  Stellung,  welche  Glarus 
anfänglich  hatte  annehmen  müssen,  blieb  mit  mancherlei  AbiimlerungLMi  die  der 
Zugewandten  tlberhanpt,  von  denen  jedoch  mehrere  »piiterhiu  den  Hang  von 
Orten  erhielten.  Indessen  gingen  einzebe  Orte  mit  Madibam  besondere  Bünd- 
nisse, meist  Bnrg-  oder  Landreohte  geheißen,  ein,  die  den  Bundeskreis  mit- 
telbar erweiterten,  die  Au.sdehiiung  des  Verkehrt^  begünntigton  und  für  den  Kriegs- 
fall einige  Verstärkung  gewährten.    So  kuäpften  Glarus  und  ZUrioh  mit  den 

')  Der  Ausdruck  Ort  (später  St.iiid,  K.inlunl.  r  er-t  um  die  Mitte  des  XV. 
Jahrhunderts  in  amtlichen  Gebrauch  kam,  wird  der  Bequemlichkeit  wegen  schon  hier 
angewendet. 


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BundesverfassuDgen 


—    84  — 


BuadesverfaäSun^D 


vSliwiteii  Gemttind«n;  LmeiD,  Uri  aad  Unterwaldwi  mit  den  WaUneni  ÜBito 
Band«;  Swn  yermehrte  seine  Bnrgreebte  in  Wetten;  Zttrioh,  Sebwys  ond  Glarua 

warben  wetteiiernd  um  Verständnisse  mit  dem  letzten  Grallni  von  Toggenbnry, 
von  dessen  reichem  TjSnderbesitz  jedes  etwas  zu  erhaschen  wttnschte.  Der  Bürger- 
krieg, der  schließlich  ans  dieser  EiferKUcht  entbrannte,  endigte  dank  dem  Zn- 
sammenhalten  der  Kehrheit  gegen  das  abtrünnige  Zttrich  mit  einem  glfinzendea 
Biege  der  EidgenoieeiMelieft  als  aoufldsUdier  Yerbindttiig,  di«  allen  Bllndnissen 
mit  dem  AnsUnd  vorgeben  sollte  (1450).  Der  neuerdings  mit  Oesterreieb  ge- 
führte Kampf  nm  Sein  oder  "Nicht'^ein  wirkte  iiun  in  allerlei  Beziehungen  uarh; 
eine  Keihe  von  weitem  Fehden  brachte  den  Eidgenossen  theils  Verbündete,  tlieil» 
Eiüberuugeu  zu  (Thurgau,  SargauHj.  Die  dadurch  veranluijten  VerwicklnngeD 
mit  dmn  Herzog  von  Bnrgond  benntste  «war  der  König  von  Fraakreieh  an  einer 
Vermittlung,  die  Oesterreich  mit  den  „Schweizern"  versöhnen  sollte  (1474);  dook 
bedurfte  eine  ko  große  Wendung  liingere  Zeit,  um  sich  vidlig  durchzusetzen.  Zu- 
nächst hatte  die  EidgenosKem^uhalt  eiiic  innere  Kribin  zn  bestehen,  deren  Ausgang- 
auch  die  Verhältnisse  zu  den  Nachbarn  bestimmen  mußte. 

Zn  eiper  mDÜbssenden  £r9rterung  der  Lebenefragen  des  Bundes  drBngte- 
eigentlieb  die  ganae  bisherige  Cntwioktnng  desselben.  Die  Aufregungen  nnd  An- 
strengungen, welche  der  Burgundcrkrieg  mit  sieb  gebraobt,  und  die  gewonnenen- 
oder  zu  hofl'enden  Frtlchte  derselben  erforderten  nun  Berathnngen.  die  sich  nicht 
aufschieben  ließen,  und  in  denen  alle  Gesichtspunkte  und  Interetsiien  zum  Wurt 
kommen  mußten.    Die  Sehen  der  Linder  vor  den  Wälschen,  vor  den  fremd- 
artigen Verbftltoissen  der  bnigundiscbeii  Gtebiete,  vor  verwickelten  GeschEften  nnd 
Verhandlungen  wirkte  dem  von  Bern  betriebenen  Plan,  die  Freigrafsobaft  Burgund 
zur  Schweiz  zu  ziehen,  mäclitifr  '  iitgegen ;  allein  auch  andere  O  te  waren  dem- 
selben nicht  güuxtig,   wobei  zwar  ]Vivatintere8?en  mitspielten,  welche  die  fran- 
zösische Krone  dureh  ihre  Spenden  zu  lenken  wuütu^  unzweifelhaft  machte  ^ich 
jedoch  in  dieser  Frage  auch  dw  Gegensata  von  Stidten  nnd  LXndem  geltend, 
der  sieb  im  Laufe  des  Krieges  TerscbXrft  hatte.   Qingen  er^tere  Torzttglich  auf 
Sicherung  nnd  Mehrnng  des  eidg.  Gebietes  auB,  so  sahen  letztere  mehr  auf  den 
haaren  Vortheil,  der  jedem   einzelnen  Manne  zufiel.    Jene  hatten  in  den  lang- 
wierigen und  kostspieligen  Verhandlungen,   die  dem  Kriege  vorangingen,  das 
Hetete  getban;  aneh  im  Vdde  fld  ihnen  tbatslehUch  die  Fttbmng  und  ttber- 
dieß  dttr  grBßte  Antbeil  an  der  Beate  an.  Indem  sie  nun  Freibnrg  nnd  Solothnrn,. 
die  alten  Bnrgrechtpgcnossen  Berns,  in  den  Bund  zu  bringen  strebten,  drohte  das- 
milhf^am  erhaltene  Gleichgewicht  der  Parteien  gänzlich  verloren  zn  gehen,  l^n- 
ruhen  in  den  Waldstätten,  die  theilweine  gegen  Bern  und  Freiburg  gerichtet 
waren,  beschleunigten  den  Kampf.  Wie  die  fiinf  Lilnder  sich  zu  einem  besundern 
BBudniß  mit  dem  Bisohof  von  Konstant  Tereinigt  hatten,  schlössen  ZOrich,  Bem^ 
and  Lnaem  ein  nBurgrechf  mit  Freibnrg  und  Solothurn  (1477,  2^^.  Mai),  das 
sie  aufs  engste  verknüpfte.  Die  Theilnflhme  Luzerns  fochten  indeß  die  III  Länder 
als  bnndeswidrig  au  und  betrieben  einen  Reiditsentseheid  darüber;  von  Obwalden 
aus  wurde  sogar  für  einen  Abfall  der  Entiebucher  gearbeitet.    Die  fünf  8tadte 
hielten  hinwider  ihr  Btlndniß  fest  nnd  Teranlafiton  die  Gegner,  Voischllge  an 
neuen  Bundesgesetzen  an  beratben  und  die  Bedingnis^e  für  die  Auloabme  voik 
Freiburg  und  Solothurn  zu  erörtern.    Dies  gedieh  im  Herbst  1481  so  weit,  daß. 
ein  ffirmlicher  Abwhlnß  gesichert  schien.  Auf  dem  entscheidenden  Tage  in  Stans 
zerhel  man  jedoch  neuerdings,  und  einzig  dem  Beirath  des  verehrten  Einsiedlers 
Nikiaus  yon  FItte  gelang  es,  die  strMtenden  Brttder  omsustimmen,  so  daß  in 
wenigen  Standen      Yergleidi  .ersidt  wnrde.  Freibnrg  nnd  Solothurn  er> 


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Bundesvertäääua^o 


—    85  — 


Buad^verfassun^a 


reichten  xwar  uioht  die  bevorzugte  Stellung  von  Orten,  aber  die  wichtigsten  Rechte 
«iiNt  Bondeaigtied».  IMe  «nrlfanteii  PaitttibltiidniaM  worden  an^hoboi ;  die  VIII 
Orte  vereinigten  «ob  in  dem  Stanser  Verkommniß  Uber  die  wichtigsten 

Fragen  und  befestigten  dadurch  alle  altern  Verträge.  Auf  dieser  Vereinbarung 
beruhen  auch  Hpätere  Satzungen  und  Friedensschlüsse,  und  im  Ganzen  betrachtet 
im  sie  der  vollKtäudigste  Ausdruck  desaeu,  was  die  Eidgenossenschaft  wollte  und 
unter  den  gegebenen  ünurtSnden  xu  «ein  vennoobte. 

Eineraeite  worden  die  ältem  Konkordate  Überhaupt  beetiltigt  oder  in  ein- 
selnMi  Yorsohriften  wiederholt,  anderseits,  den  jüngsten  Erlebnissen  gemäß,  neue 
Satzongen  HnftrPHtellt.  Zu  der  beweglichen  Kriegsbeute,  die  nach  der  Mannschaft 
zu  vertheilen  war,  »chlug  man  jetzt  auch  die  Brandsohatzungsgelder;  gemeinaam 
-erobertes  Gebiet  sollte  aber  künftig  gleich  getheilt  resp.  gemeinsam  regiert  werden. 
Die  noht  Orte  verbiefien  einander  alleeitigen  Sobnts  für  Gebiete  nud  üntertimnen, 
namentlich  gegen  innere  Umtriebe;  Anstifter  von  Unroheu,  die  gegen  einen  anderen 
Ort  gerichtet  waren,  sollten  von  ihrer  Obrigkeit,  wer  sich  thätlich  verging,  von 
dem  beleidigten  Orte  bestraft  werden.  Uuaondere  „Geuieinden" ,  d.  h.  Partei- 
vertiammlungeu,  die  zu  Aufruhr  uder  anderm  Unfug  iühreu  koniiteu,  wurden 
nntenagt.  Wenn  die  Angehörigen  einee  Ortes  mit  der  Obrigkeit  rnnfielen,  eo 
"waren  die  aadem  Orte  verpflichtet,  den  Frieden  wiedtf  herstellen  zu  helfen. 
Zur  Belebung  des  ridgenfl.isiöchen  Sinnes  diente  endlich  die  Abrede,  alle  fünf 
Jahre  samnitliche  Bünde  neu  zu  beschwören,  wobei  zugleich  (He  Verkommnisse 
verlesen  werden  sollten.  AubdrUcklich  war  dieser  Vertrag  auch  für  die  Zuge- 
-wai^ten  (wid  die  gemeinen  Togteien)  -verbindlieb  erldkrt,  und  damit  do  dl»  game 
Eidgenowenndiaib  berttbrendee  Geeeta  geeebaffen. 

Die  2^eitgenos6en  wußten  diese  glückliche  Wendung  zu  schätzen;  im  ganzen 
Land  erschallte  Freudeugeläute,  wie  na^  h  fl  r  Schlacht  bei  Mnrtcn ;  der  Vermittler 
•erhielt  zahlreiche  Dankbezeugangen  und  Geschenke  von  Obrigkeiten,  und  das  Volk 
iridmete  ihm  Uber  seinen  Tod  (1487)  hinaus  eine  warme  Verehrung.  Die  nächsten 
Jabnehnde  liefien  aber  die  Eintraebt  in  poUtieoben  Dingen  oft  yermlaaen.  Span- 
nungen mit  Oesterreich  veranlagen  eine  Verbindung  der  VII  alten  Orte  mit  den 
zwei  ältern  ^BUiulen"  in  Rätien  (1497  —  98);  dt*r  S  ^hwabenkrieg,  desKcn  Ergebniß 
die  faktische  Befreiung  von  der  deutschen  K'eirhsordniing  war,  beförderte  noch  die 
Aufnahme  der  Städte  Basel  und  Schaithauäeu  (löUl),  denen  zwölf  Jahre  später 
Appenaell  als  letiter  Ort  folgte,  wXbread  mehrfiiober  Anlafi,  Eonatans  an 
gewinnen,  versäumt  ward.  Alle  jungem  Orte  muUten  sich  die  Beschränkung 
gefallen  lassen,  daß  sie  ohne  die  Ztistimmung  der  Mehrheit  der  ältern  keine  Bünd- 
nisse eingehen  und  keinen  Krieg  unternehmen  durften;  den  drei  letzten  wtirde 
außerdem  vürgeuchrieben,  in  Zerwiirtnissen  der  ältern  nicht  Partei  zu  ergreifen, 
sondern  fUr  gütliebe  Ynatindigang  zu  wirken.  —  So  llfit  die  Eidgenossenschaft, 
wie  rie  au  Bnde  dee  Ifittelaliere  bestand,  sieb  mit  einem  Syatem  von  Ringen 
vergleichen,  die  freilich  nicht  gldebmUßig  besetat  waren;  den  innersten  bildeten 
•die  VIII  Orte,  den  zweiten  die  fllnf  jungem  Glieder,  den  dritten  die  Zugewandten 
und  SchinugenosBen ;  ein  vierter,  der  aber  nach  amtlicher  AufEassung  keine  «Eid- 
genossen" enthielt,  vereinigte  die  gemeinen  Vogteien. 

In  dem  Gebieteumfang  dieses  filomplexea  trat  nor  eine  erbebliebe  Aenderong 
ein  lurch  die  Anfimbme  von  Genf  in  Bnrgreebte  mit  Freibnrg,  Bern  ete.  and 
die  Krohernng  der  Waadt  n5nn)  für  Bern  und  Freibarg;  die  von  Bern  zu 
gleicher  Zeit  besetzten  Land.scdiat'tcn  (ic.x.  Chahlais  und  Faucigny  vermochte  es 
nicht  dauernd  zu  behaupten.  Noch  wurden  tiiuige  Biindesverträge  zwischen  ein-  ' 
seinen  Stünden,  die  nnr  mittelbar  einandtt*  veridlichtct  gewesen,  geadiloseen;  im 


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BunuesverfaMsuDgen 


—    8U  — 


Bundesverfassungea 


Gtraen  stand  aber  «Ha  Entvioklnog  «cbon  im  XVI.  Jtihrkaiüäieari  »tiUa,  und  swar 
weaeadidi  infolge  der  Glaabenatraniiang,  die  eine  sohroffs  Soheidnng  der  Obrig^ 
keiten  wie  der  Völkerschaften  bewirkte.  Wie  sich  die  Bundesverhllttnaie  olm» 

diese  Spaltutig  entwickelt  haben  würden,  läßt  sich  im  Detfiil  kaum  errathen, 
während  die  Yermuthung  begrun<?et  scheint,  daß  eine  konteshioiieli  nicht  getheilt» 
—  ganz  katholische  oder  dnrchgehends  reformirte  —  Schweiz  allmälig  sich  der 
ESnheit  geniberl  hKtte.   Um  eo  nfelir  lat  es  am  Platae,  die  Folgen  der  Refor- 
mation in  den  wichtigsten  Punkten  an  enridinen. 

m.  Seit  der  Eroberung  deK  Aargans  galt  für  die  Regierang  der  genipinen 
Vogteien  der  Grundsatz,  daß  die  Mehrheit  der  betheiligten  Orte  entscheide.  Er- 
fahrungen ernster  Art  weckten  bisweilen  den  Wunsch,  diese  Begel  auch  in  andern. 
Dingen  ananwenden,  doeh  nie  mit  hahbarem  Erfolg.  Ala  die  evaogeliaehe  Predigt: 
die  beatehende  Kirchenordnung  zu  erschttttem  begann,  TeEaneliten  die  Anfattoger- 
der  letztem,  das  Recht  der  Mehrheit  gegen  die  Neuerung  geltend  zu  machen; 
als  aber  dieser  Anspruch  an  dem  Widerstand  etlicher  Orte  scheiterte,  wurde  er  nur 
noch  für  die  gemeinen  Vogteien  erhoben.    Als  dann  die  Parteien  einander  in^ 
Waffen  gegenttbertraten  (Juni  1529),  miaehte  aieb  eine  Vermittlung  ein,  die  der 
penttnlidhen  Flreilieit  nnd  der  groien  gebtigen  Bewegung  der  Zeit  entgegenkam 
und  den  Gxnndaata  anfalellte,  daß  niemand  zu  einem  Bekenntniß  gezwungen  oder 
seines  Glaubens  wegen  verfolgt  oder  bestraft  werden  solle ;  allein  der  Anspruch, 
der  Obrigkeiten,  den  Glauben  für  ihr  Gebiet  zu  bebtimmen,  konnte  nicht  be^itigt 
werden ;  nur  in  den  gemeinen  Vogteien  wurde  die  Wahl  zwischen  „Gotteswort" 
nnd  (.Heose*  gewimramaften  freigegeben ;  wo  nimlioh  die  Hebrheit  einer  6emande< 
schon  für  ersteres  entschieden  hatte,  sollte  es  dabei  bleiben,  und  auch  in  Zu- 
kunft der  Wille  der  Mehrheit  für  dir  (rnnze  Gemeinde  gelten.  Glaubenssehmä- 
hungeii  und  Farteizeichen  wurden  mit  Strafen  bedroht,  Soudertage  in  allgemeinen 
Angelegenheiten  für  unzuläßig  erklärt.    Verschiedene  Artikel  dieses  (1.)  »Land- 
ftiedeoa*  befriedeten  indeß  an  aehr  den'  Farteigeiat  der  obaiegenden  Fttbrer,  ala. 
daß  eie  die  Anabreitang  der  neuen  Lehre  fördern  konnten,  nnd  die  raatlose  und 
herrische  Art,  wie  nun  Ztlrich  die  Umgestaltung  betrieb,  reizte  die  nur  mit  der 
Feder  Ueberwnndenen  zum  linßersten  Widerstand,  der  in  einem  zweiten  Waffen-^ 
gang  vom  Glück  begtinstigt  war  und  in  einem  neuen  (2.)  Landfrieden  (20.  Nov. 
1531)  die  Erhaltung  der  alten  Xirobe  aieherte.  Wie  bia  anbin  die  •Verkomm» 
nieae*  die  Bttnde  nidit  aebwKeben  eollten,  verwiea  man  nenerdinga  alle  StreitfftUe: 
an  daa  berkttmmlidie  bnndeemäßige  Recht.    Auch  jetat  folgte  eine  Ausbeutung 
dcR  Sieges,  iihpr  itn  f^inn  d^r  m?iglichst  volL-tändip-Ti  R"!fkk»>hr  zum  Alten  Wie 
tief  übrigens  die  rehgiöpe  Spaltung  selbst  die  Bümie  erschütterte,  zeigt  einerseits 
die  öfter  geäußerte  Absicht  der  altgläubigen  Orte,  die  neuglSubigen  zu  verstoßen, 
aowie  der  Antrag  reformirter  Führer,  die  wideratrebenden  Oiie  zu  entreehten 
oder  die  Bünde  zu  Utoen,  und  anderaeita  der  Eifer  beider  Parteion,  sich  durob 
besondere  Verbindungen  mit  Eidgenossen  oder  auHliindiKchen  Glaubensbrtidem  zu 
stärken.    Die  Trennung  prägte  sich  im  Laut  der  nächsten  Jahrzehnde  sn  v?5!lig 
aas,  daß  man  sich  gegenseitig  nur  üble  Absichten,  Mißgunst  und  Schadeutreude 
antrante.  Dieae  Entfremdnng  krenate  ueb  mit  dem  Gflgenaatae  von  Stedten  nnd 
Lindem  inaoweit,  ala  unter  den  XHI  Orten  drei  oder  vier  Städte  dem  katholischen 
Glauben  anhingen,  vier  dagegen  reformirte  Bekenntnisse  festhielten,  drei  oder  vier 
Länder  ')  katholisch  blieben,  die  zwei  andern  aicb  spalteten  nnd  jede  Purtei  unter 
den  Zugewandten  etliche  Anhänger  tand. 


')  Zug  kann  an  den  Städten  oder  zu  den  Lftndern  getftblt  werden. 


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BmidMverfiusiingon 


87  — 


BnndmerfiMsaiigeii 


Die  Verhältnisse  einiger  gemeinen  VogtMen,  in  denen  die  Mehrheit  neugUtabig 
war,  die  Min'irrhfit  nVfr  di-ii  Schutz  der  Mehrheit  der  regierenden  Orte  irenoß. 
filhrt«D  Zürich  bald  zu  der  Forderung  der  Paritiit,  d.  h.  der  Gleichberecbtigung 
der  Eekenntnisse,  die  sowohl  iu  weltlichen  Dingen  alu  iu  kirche  und  Schule 
gölten  «oUte.  Lb  Laufe  dw  dreißigjähngen  KriegM  wimi«,  aaoK  befUger  £iit- 
sweinng,  der  Vergleich  von  Baden  (1632)  geschlus^en,  den  dw  dritte  Laad- 
friede (1656)  beet&tigte;  doch  erst  der  vierte  Landfriede  (1712)  brachte  die 
Parität  fllr  die  deutschen  Vogteien  der  Vlll  Orte  zu  vollständiger  Herrschaft. 

Der  lange  dauernde  Kampf  der  KeligionsparteieQ,  der  sich  öfter  zugleich  um 
weltiidie  Beebte  oder  YorttMile  drehte,  vertiefte  indenen  die  aufgeriMene  Slnft 
und  behemohte  Mlüießlieh  alle  Lahenägehiete:  Die  «Stünde*  «düoesen  Mch  kon« 
feesionell  tsu  strenge  wie  möglich  ab ;  die  Aendemag  des  Glanbena,  die  bisweilen 
der  AuHwanderung  in  fremde  GeLiete  foljrte.  war  mit  g^nslicheni  Wriust  des 
BürfTf-rrechts  bedroht;  MiKcheheu  wurden  beiderseits  verpönt,  und  gegeu^ieitig  be- 
iiiÜ  mau  sich,  Glaubensfremde  fUr  die  Landeskirche  zu  gewinnen.  Selbst  für  die 
elementareten  BedUrftuiee  trachtete  jeder  Theil,  einer  Anahttlfe  dnreh  den  andern 
zu  enthehren,  und  den  erfreulichen  oder  trüben  Schicksalen  von  Glaubensgenossen 
im  Ausland  zollte  man  mehr  Mifgenihl  nh  deujetiigen  der  beuachbarten  .Stief- 
brüder". Eine  solche  Zuspitzung  des  lunern  Gegensatzes  hcgUostigte  natürlich 
die  von  Obrigkeiten  und  JBevölkernngen  mit  gleichem  Eifer  augestrebte  —  und 
im  Garnen  aneh  eireidite  ^  Ahspornng  gegen  Orte*  nnd  Landeifremde,  wodnroh 
die  Eidgenoweuohalt  in  einige  tauend  Stäitshen  «erftel,  in  denen  der  Trieb  zur 
gSnderung  sich  weiter  entwickelte. 

IV,  Es  leuchtet  ein,  daß  bei  so  lockerm  ZuRammenhang,  bei  so  starker 
Neigung  der  eiazelueu  Orte,  andere  als  fremd  zu  betrachten,  ein  enger  Verkehr, 
eine  geordnete  Vereinigung  der  Erttfte  schwer  su  «rreidien  war.  Früh  hatte  sich 
eben  jedes  Glied  gewBhnt,  sieh  soweit  thnnliöh  selbst  au  entschließen  nnd  doroh- 
zuschlagen.  Nur  das  dringliebflte  Bedttr&iß  führte  sie  zu  gemeinsamer  Berathung 
oder  einträchtigem  Handeln.  Wenn  eine  Gefahr  eintrat  oder  eine  schwierige  Frage 
obschwebte,  so  wendete  mch  die  betrelieude  Obrigkeit  im  die  Bundci^genossen,  um 
Ort  und  Zeit  zu  beMtimmen,  wo  Abgeoninete  sich  besprechen  soUteu;  di^  .Boten* 
pflegte  man  ans  den  BSthen  wa  nehmen,  so  daß  sie  Vertreter  der  Begierong 
waren.  Die  Verhandlung  dnnerte  oft  kaum  einige  Stunden :  wenn  aber  viele  oder 
wichtige  Geschäfte  vorlagen,  so  mochten  sie  einen  Tag  ausfüllen;  mit  der  IN  l-c, 
die  zwar  in  der  Kegel  zu  Pferde  geschah,  erfurJerte  aber  auch  eine  kurze  Sitzung 
einen  ganzen  Tag.  Durch  den  Zuwachs  an  Gebieten,  besonders  an  gemeineu 
Togteien^  mehrten  sieh  die  GesoUtAe;  die  .Tage*  wurden  häutiger,  oder  man 
bedurfte  mehrtilgiger  Sitanngen.  An  diesen  £terathnngen  thmlnehmen  nannte  man 
«einen  Tbg  leisten",  woraus  das  alte  Wort  Tagleistung  erwachs;  erst  in 
späterer  Zeit  drang  der  Ausdruck  Tagsatzung  durch,  der  mit  dem  Ansetzen 
(Bestimmen  und  VerkUndeu)  eines  zu  haltenden  Tages  zusammenhängt ;  die  Theil- 
nehmer  werden  etwa  Tagherren  genannt,  doch  nicht  leicht  in  amtlicher  Sprache.') 
—  Die  yBathsbotm*  oder  Gesandten  erhielten  mündliche  oder  schriftliche  Weisun- 
gen («Befehle'*,  «Instruktionen"),  an  die  sie  meistens  gebunden  waren;  dadoroh 
wurde  die  Einigung  zu  BeRchlüssen  erschwert  und  die  Thiitigkeit  der  .Titgsatzung" 
gehemmt.  Am  glücklichsten  arbeiteten  die  Gef«andten  in  Geschätten,  wo  si^■  nicht 
von  bestimmten  Aufträgen  ihrer  Obern  abltingeo,  niiiulich  in  den  zahlreichen 
Streitigkeiten,  die  sich  swischen  ebaelnen  Orten  oder  ganzen  Gmppen  oder 


>J  Vgl.  Bd.  U.  636-639  (Art  Rftthe). 


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BundesverfasTODgen 


—    88  — 


BundeaTerfaasungen 


swxMhen  andern  Purtoien  ereigiieteii,  wo  j«w«il6ii  Boten  von  vnbetlieUigteii  Orten 

oder  von  befreundeten  Städtm  nnd  Herren  zu  vermitteln  suohton.  Im  Uebrigen 
beschäftigten  sich  Ii*'  Tagherren  mit  sehr  verschiedenartigen  Dingen  ;  sie  beriethen 
über  Krieg  und  Frieden,  BündniLi-  oder  Freondschaftsverträge,  Solddiengte  in 
fremden  Landen,  Abordnung  von  ünterhaadiern,  Sicherheit  der  Straßen,  Verhütang 
von  Senehen,  Verbote  gegen  offenbare  ITnsitton,.  n.  e.  Allein  nnr  die  Beeehlttese, 
die  «itdi  auf  gemeine  Yogtoien  bezogen,  waren  einigiennafien  der  Yollsehnng 
sicher,  weil  dafür  ein  Organ  in  dem  Landvogt  gegeben  war;  die  Ansftihmng 
inaneher  Abrede  konnte  verschleppt  oder  unterlassen  werden,  weil  die  Genehmigung 
derselben  wie  der  Vollzug  in  der  Ee^l  den  OrtsbehOrden  zustand.  Selbst  in 
Kriegacttten  fiel  es  eehwer,  die  xdHluge  EinhMt  und  Sohnelligkeik  der  Aktion 
m  enielen,  nnd  wenn  eine  starke  Fiarlei  ein  beeonderee  Interesse  verfolgte,  so 
gesdiali  es  etwa,  «laß  wichtige  Vortheile  verscherzt  wurden.  Das  Ausland  staunte 
nm  so  mehr  über  die  Beweise  von  Eintracht,  als  es  wußte,  wie  häutig  dieselbe 
fehlte.  Aehnlich  verhielt  es  sich  in  Wallis  nnd  Rfitien  (GraubUnden),  wo 
jedoch  MehrheitAbeschlUü^e  leichter  durchgerührt  werden  konnten. 

EidgenSasische  Tage  fanden  iwar  in  lltorer  Zeit  radstone  in  Baden,  Lnsem, 
Zürich  Oller  Bern,  aber  nicht  sdton  anch  in  kleinen  Ortschaften  statt.  Den  Vor- 
Pitz  führte  je  da»  vorderste  der  versammelten  Orte  Die  Verhandlnngen  wurden 
nicht  eigentlich  protokoUirt,  sondern  gewöhnlich  nur  die  nicht  erledigten  Geschäfte 
in  einem  „Abschied"  verzeichnet»  den  jeder  Bote  oder  dessen  Obrigkeit  erhielt. 
Hin  darüber  für  den  nXehston  Tag  an  rathschlagen  und  neue  AnftrSge  festso» 
setaen").  Die  Ansfertigong  de«  Abscliieds,  der  erlassenen  ftriefe,  bereinigten 
Verträge  etc.  pflegte  der  beeidigte  Schreiber  des  Sitzung&ortes  zu  besorgen.  Eine 
Bunde^kanzlei  gab  es  nicht,  auch  nicht  ein  gemeineidgenö^sisohee  Siegel;  die  ann» 
gehenden  Briefe,  Verträge  etc.  besiegelten  die  Orte  selbet  oder  ihre  Boten.  Bei- 
nahe zwei  Jahrhunderte  lang  bestand  keine  feste  Oesehäftsleitung,  m.  a.  W.  kun 
Vorort;  die  Ehren  nnd  Lasten  eines  soloben  vermoohte  sieh  jedoeh  seit  dem 
Schwabenkriege  Zürich  zuzueignen.  Damit  war  indeß  nioht  der  Vorzug  ver- 
bunden, daß  die  Tage  in  Zürich  stattfinden  sollteü  sondern  nnr  die  Befugniß, 
nene  Tage  anzukündij^(*n.  wenn  erhebliche  Gescluitte  eine  Üerathung  erforderteo, 
SchreibcQ  und  Botbchaften  von  Auswärtigen  zu  empfangen,  Entwürfe  zu  Ant« 
Worten  sa  fertigen,  einzelne  Beachltlsse  nadi  Anftrag  zo  vollsiehen,  die  einge- 
langten Schriften  aufzubewahren,  etc.  Die  damit  verbundenen  Kosten  hatte  ZUrieh 
seihst  zn  tragen.  Diese  Khrenreehte  mußte  es  aher  mit  Bern  und  Luzern  gc- 
wi-^-^tTinaßen  tbeilen ;  letzteres  war  seit  der  Refurniation  der  spezielle  Vorort  der 
katholischen  Eidgenossenschaft.  Eine  schriftliche  Festsetzung  dieser  Verhaltnisae 
wurde  ttbrigens  sie  unternoonneQ,  nnd  eimelne  Kenemngen  lieft  man  nur  sa, 
weil  db  berkOmmliohen  Formen  nicht  immer  ausreichen  konnten. 

Et  welchen  Ersatz  für  die  Schwäche  der  Bundesbehörde  sollte  die  BeschwJJ* 
rang  der  Bünde  bieten,  die  von  1182  bi;*  1520  achtmal  gefeiert  wurde,  aber 
bald  nachher  abging,  weil  sich  die  Glaubensparteien  Uber  die  Eidesformel  nicht 
mehr  einigen  konnten ;  von  Zeit  zu  Zeit  erneuerten  indeß  die  katholischen  Stände 
ihre  besonderen  Bündnisse. 

V.  Bios  für  knrze  Fristen,  fttr  Angenblieke  großer  Gefahr,  gelang  es 
patriotischen  Männern,  die  Parteien  au  gemeinsamem  Handeln  an  einigen.  Soiohe 

*)  In  der  alten  Amtsspraehe  sagte  man  das  Ort;  in  der  Mehrzahl  oft  die 

Oertr-r. 

j  Diese  ,Al)schiede*  sind  seit  lübi  auf  Kosten  des  Bundes  gesammelt  und  dem 
Dgiek  Qbergeben  worden;  sie  bilden  eine  unentbehrliche Qndle  der  nationalen  Geschichte. 


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BuDilesverfassungen 


—    89  — 


B  u  ndeä  verfassuDgen 


IfoMMite  gab  es  im  Lauf  im  dOjahrigen  Krieges  tind  wührend  der  saUniohen 
Kmgtf  welehe  Ludwig  XIV.  gegen  Spanien,  Oeetenmoih,  DentaoliUuid  nnd  andere 
Mächte  föbrta.    Unerhörte  Anmaßungen   dieses  KSnigs   and  seiner  Gresandted 

bewirkteu  namentHch  im  Jahre  1668,  daß  die  StSTide  rasch  eine  neue  Wehr- 
yerfasäuog  tichufen,  die  nplitdr  uoch  mehrfach  er^uzt,  aber  von  der  Mehrzahl 
der  katholischen  Orte  wegen  vermeinter  Beligionsgefahr  bald  wieder  gekündet 
wurde;  die  übrigen  Orte  hielten  jedodi  dieses  «Defenmonal*  ab  gSltige  Satsnng 
fitit.  Zu  einer  emsten  Probe  seiner  Leistungafthigkeit  kam  e«  freilich  nicht, 
und  die  Folge  war,  daß  die  Obrigkeitt  n  dem  "Wt'brwesen  nnr  spärliche  Sorgfalt 
schenkten.  Man  richtete  sieh  blindlings  auf  einen  dauernden  Frieden  ein,  ließ 
einen  großen  Theil  der  wehrfäiiigua  Mannschaft  in  fremden  Solddienst  gehen, 
Muehte  einen  Blickbalt  bei  FtlntenhdfeD,  fOrcbtete  dagegen  das  Yolk  nnd  stritt 
von  Ort  zu  Ort  Jahrzehnde  lang  Ub«r  GremBsteine,  ZtfUe»  Banlasten,  Ehrenrechte 
und  andere  Bagatellen.  Die  Sitzungen  der  „Tagsatznng"*  wurden  inzwischen 
seltener,  hOUten  sich  aber  in  pompRse  Förmlichkeiten;  mit  weitschweifigen  Ver- 
handlungen verdeckte  man  die  Armut  an  wichtigen  Geschäften  und  die  Un* 
fibigkeit  an  Werken  des  GemeineinnB.  Vozachläge  zur  Ergänzung  der  ^nde, 
aar  Yerbeaserang  den  Webrweeens«  snr  Abetellnng  von  Mifibrftnoben  in  der  Ver- 
waltang  gemMuer  Vogteien  fanden  kaum  mehr  Gehör;  am  wenigsten  war  ein 
Kongreß  von  Regiernngshäuptern  ßhig,  Antrage  auf  eine  Ansgleichv.i^t^'  der 
Rechte  zwischen  Orten  und  Zugewandten,  auf  Erleichterung  der  üiiterthaueu 
oder  Errichtung  neuer  Bundeshehörden  in  Betracht  zu  ziehen,  und  wäre  dies 
anob  geeeheben,  so  würden  die  .Prinsipalen*,  d.  b.  die  Obrigkeiten,  solcibe  Dinge 
als  verwegme  Keaemngen  verworfeo  baben. 

Ofifiaiell  war  demgemäß  von  einer  Neugestaltung  des  Bundes  niebt  die  Rede ; 
nur  in  engen  Kreisen  gebildeter  Männer  und  Jilngliiige  bereitete  man  sich  durch 
Studien  über  politische  Fragen,  Lektüre  lehrreiclur  Schriften  oder  Beurtheilung 
der  bestehenden  Veriabüuugen,  Gewohnheiten  und  Gebrechen  mittelbar  für  Aen- 
demngen  vor;  so  lernte  man  einigermaßen,  das  HerkVmmlifllie  mit  Fremdem 
«der  blos  Gedaehtem  nnd  Gewttnsobtem  an  vergleiohen,  pflegte  aber  sn  einem 
mehr  oder  weniger  eifrigen  Lob  der  geltenden  Ordnung  zu  gelangen,  die  man 
nur  in  Einzelheiten  zu  vervollkomTnnen  wünschte.  Die  Mängel  der  eidg.  Ver- 
häitüitsf^e  ertrug  man  mit  Ergebung  oder  versuchte  sie  zu  beHeh()nigen,  durch 
Vergleichuugen  zu  erheben,'}  und  gerne  labte  man  sich  an  gUnhtigen  Urtbeilen 
▼on  AueMndwn,  die  aber  oft  dnrob  empfangene  GeftUigkeiten  beeinflußt  waren. 

Wie  war  nun  ans  dem  Zustand  allseitiger  Hemmung  und  LSbmung  herane- 
ankommen?  Seit  mehr  als  drei  Jahrhunderten  hatte  man  von  dem  wiederholt 
▼erbrieften  Yorbebaltf  einzelne  Bttnde  und  Yerkommnisee  «an  mindern  oder  an 

')  Ein  Beispiel  von  ^lir  in  ^^t  wissen  Kreisen  lieruufli^bildeten  Denkweise  gibt 
folgende  Stelle  aus  einem  Aulsatz  üts  Historikers  Tscharn  er  (in  «1er  Eneyklopädie 
von  Yverdon):  ,Den  helvetischen  Bund  mn^  man  m  t  jenen  großen  Denkmalen  ver- 
gleichen, welche  blos  durch  Kraft  der  Hand,  ohne  Beihfilfe  der  Kunst,  ausgeführt  wor- 
den;  solch»'  Denkmale,  in  harbarischen  Zeitaltern  errichtet,  rühren  daä  Auge  durch  die 
Kühnheit  der  l'nternehmung  und  durch  die  erhabene  Rohhoit ;  ihre  Festigkeit  liegt 
mehr  in  dem  natürlichen  Zasainmenwachsen  der  Lasten  als  in  genau,  r  Ver  itinilun;.'  ih  r 
Theile.  Ebenso  beruht  die  Vereioiguog  der  eidgenössischen  Freistaaten  weit  mehr  auf 
dent  gegenseitigen  Interesse  und  auf  der  natflrlidien  Lage  des  Bodens  als  nnf  politischem 
System  und  Beri-cliiiuii^' :  vicllt-irht  elteii  dariiiii  .i.irf  nun  von  oiurr -oldien  Verbindung 
desto  ununterbrochenere  Fortdauer  erwarten.*  (Git.  in  Leonh.  Meister's  eidg.  Staats- 
leeht.  1786;  p,  445.) 


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BandesrerAuBimgen 


—    90   —  IlnndesTer&s«aiigctt 


mduttL*»  keinen  Gebranch  gemacht');  eine  yon  ZUrich  and  Bern  im  J.  1655 
gesc^f'^ene  Anregung,  den  wesentlichen  Inhalt  der  Bnn  des  vertrage  in  einem  all- 
geui«iiiön  Instrument  zusammenzufaKsen,  war  von  den  kalholischeu  »Ständen  ab- 
gelehnt, da«  Detensioual  theils  gebrochen,  theils  nicht  weitergebildet  worden 
an  im  J.  1777  betriebeiMr  Vomudh«  fär  das  (iog.  eidgenSiriMte  Booht,  d.  h* 
eine  Mhiadagerielitliche  Erledigaog  von  Streitsachen,  ein  bestimmtes  Yerfiüiren 
festzusetzen,  hatte  keinen  Erfolg.  Solche  Krfahrungen  konnten  nnr  entmnthigend 
wirken;  auch  die  reichhaltige  Thätigkeit  der  , Helvetischen  Geseilschaft"  (1761 
gogc,)  förderte  nur  apatriotiBohe  Träume**  zu  Tage.  Die  französische  Bevolntion^ 
die  «dies  amtnirihen  drohte,  tousfate  in  aUedem  keine  Besserung;  ängstUoh  oder 
▼erbittsrfc  trieb  man  dahin,  eines  fettenden  Entsohlnsses  nnd  «nee  Ofitm  moht 
mehr  fthig;  man  YenSamte  sowohl  die  Bttstnng  zum  Ea&i|»liB  ala  die  Yorbereitung^ 
eine«  zweckmäßigen  Nenbans  und  wurde  schließlich,  von  außen  getäuscht  und 
innerlich  zerrissen,  das  Opfer  eines  argUütigen  FeiudeH,  der  die  Schweiz  umge- 
stalten, beherrschen  und  ausbeuten  wollte  und  ihr  zu  diesem  Zweck  eine  Yer- 
fusang  anfdrttiigte,  die  den  sefarofliBten  Broch  mit  ihrem  Herkommen  enthielt. 

YI.  Diese  «Konstitiition*,  großentheils  von  dem  Baaler  Feter  Ochs  ent> 

werfen,  bildete  aus  der  Eidgenossenschaft,  zu  der  aber  Mttlhattsen,  Genf  und  daa 
Fürstbüäthnm  Basel,  mit  Inbegriff  von  Biel,  nicht  mehr  j^hörteii,  die  helve- 
tische licpiiblik,  die  in  Amtstiteln  als  „eine  und  nntheilbare-'  (une  et  indivi- 
sible)  bezeichnet  wurde.  Die  Eiubeit  der  K^erung  und  Gesetzgebung  sollte  die 
„Oligarchie*  vemiehten,  die  alte  Aristokratie  nnterdrfleken  oder  nnsdiKdlich 
machen,  den  nFOderalimn*  oder  «Oertligeist*,  die  ttherall  eingewnrselte  Sadit 
nach  Yorrechten  ansrotten.  «Freiheit  im  l  Gleichheit"  war  die  Losung  der  Zeit^ 
die  anf  allen  Aktenstücken  erschien  und  in  den  oldigatorischen  Freibeitsbfinraen  und 
Kokarden  einen  augenfälligen  Aufdruck  fand.  Stadt  und  Landschaft,  Herren  und 
Unterthaneu  wurden  einander  gleichgestellt.  Alle  Erwachsenen  waren  ,  Bürger** ; 
alle  hatten  Theil  an  den  nenen  Rechten:  der  nnbeschrftnkten  Freisttpgkeit,  dem 
fri  lea  Gewer bs-  und  ^odelsbetrieb,  der  Glaubens*  nnd  Preßfreiheit,  u.  s.  w*  Die 
bisher  als  ewig  betrachteten  Lasten  dee  Bodens  waren  ablösbar  erklärt 

Diesen  Grundsätzen,  die  für  den  größten  Theil  des  Yolkes  manche  Er* 
leichterung  und  wohlthätifje  AnretruTigcn  liiT  h^cn,  entsprach  die  Einthrilung' 
und  Organisation  des  neuen  Staates,  ürnprunglich  waren  die  alten  Stände  resp. 
ihre  Gebi^,  mit  nrenigen  Ansnahmen,  ab  «Kantrae*  angenommen;  von  Bern 
wnrde  ah«r  anerst  die  Wandt  als  Kt.  Leman,  sodann  der  Et.  Aargan  und  der 
Et.  Oberland  getrennt;  Zürich  verlor  einige  abgesonderte  Theile;  spXter  ebenso 
Schwyz  und  Glarus.  Die  gemeinen  Herrschaften  bildeten  etliche  neue  Kantone, 
nämlich  Baden,  Thurgau,  Bellinzona  und  Lugano.  Den  Widerbtand  der  Urkantone 
nnd  einiger  neudemokratischer  Landschaften  bestraften  dann  die  französischen 
Xachthaber,  mit  der  Znatimmnng  angesehmier  8chw«aer,  mit  der  Yerschmehmng 
in  drei  Kantone,  nm  den  Einfluß  der  gegnerischen  Bevölkerungen  zu  heschrSnken. 
So  bestand  die  Republik  zwei  Jahre  lang  nm  18  Kantonen -  i,  denen  sich  Gran» 
btioden  als  19.  anschloß.  (Später  traten  einige  Aenderungen  ein.) 

'1  Die  erste  Abilndt-i ung  war  zu  Gunsten  vm»  Ularu»  ge:>ehelien  (14.'>ül,  dann 
für  Appenzell  (I45-i  ;  •  luUieh  stricli  man  in  den  Bundesbriefen  von  Luzern  und 
7.ug  den  Vorbehalt  <ler  Rechte  Oeslerreichs  and  fertigte  neue  Urkunden  aus  (1454); 
weiteres  der  Art  ge>cljuh  jcdi>ch  nicht. 

*)  Aa^'Hu,  Baden,  Bassl,  BelHnsona,  Bern,  Freihuiv,  Leman,  Untb,  Lugano, 
Lmem,  Oberland.  SchsÜbaoaen,  Sentis»  Solothum,  Thnrsau»  WaldslftUen,  Wallis,  Zürich. 


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BuQdesverfassungeD 


—    91  — 


Bundesverlasäungeiir 


Die  neuen  Behörden  waren  theilt»  zentrale,  theik  kantonale  resp.  lokale,, 
die  letetern  aber  den  enteni  duN^ns  nntergeovdaet.  Dieee  aeifielea  necli  dem. 
Gfenadaatz  der  GewalteiitraiDBng  in  drei  Aatoritlten.    Alt  die  lifieliat«  galt  der 

gesetzgebende  Körper  (Corps  Idgklatif),  der  auB  zwei  Karamem  bestand ;  in  den 
Großen  Rath  sandte  jeder  Kanton  acht  „RepräBentanten",  in  den  Senat  je  vier;, 
diese  Depntirten  worden  indirekt,  d.  h.  durch  eine  Versammlnng  der  Wahlen »nner, 
emABnt,  die  in  den  Umnanmlnngen  (assanbl^  priinairee)  Je  1  von  100  Btlrgero, 
ericwen  weireD.  Jeder  RaÜi  konetitiiirte  eieh  edliat;  der  Ghroße  hatte  dee  Tor« 
aeUagsreoht  in  Gesetzen  nnd  Beechlttseen,  der  Senat  blos  in  Yerfassungtiftrageii. 
In  einem  etwas  künstlichen  VerCahren  bestellten  die  Räthe,  die  «ich  nie  ver- 
einigen durften,  ein  Yollziehnngs-Direktoriani  (Directoire  executif)  von  fUnf  Mit- 
gliedern, das  die  Begienmg  (Gouvernement)  bildete,  zor  Untersttttziing  aber  Mi- 
aietor  b^seg.  Den  Obei^eriehtabof  (Tribonel  anprtme)  beetelltm  die  Wahlkorpe 
der  Xentone  dnrch  Ernennung  je  eines  Richteni  und  eines  ErsatsmADnes  (supple«- 
tat).  —  Das  Direktori'ini  hattp  fiir  jeden  Krniton  einen  Regierungs-Statthalter 
(prüfet  national)  einzusetzen,  der  alle  übri^rf  ii  Behörden  seines  AmtskreiReg  über- 
wachen und  leiten  «ollte.  Jeder  Kanton  wurde  in  Distrikte  gethtilt,  fUr  welche 
dae  WeUkorps  je  einOerieht  beetellte;  ein  Unierstattbalter,  den  der  Begiemnge- 
Statthaitor  wSblte,  hatte  in  den  Gemeinden  Agenten  an  setzen,  die  seine  Befehle 
vollziehen,  namentlich  aber  das  Gericht  beaufsichtigen,  den  Verkehr  mit  den 
Oberbehijrden  vermitteln  mußten  etc.  üeber  den  Distrikthgerichten  stand  da» 
Kantonsgerioht  (Tribunal  de  canton).  Die  ökonomischeu  Angelegenheiten,  mit 
dauMi  deb  andh  «Ke  Anftlefal  Uber  Sdinle  nnd  KJmbe  vwbai^  betorgto  fttr  jeden 
Kanton  eine  Yerwaltangakanuner  (Cbambre  adminietratiTe).  Diem  beiden  Behörden 
besetzte  ebenfalls  das  Wahlkorps. 

Kaum  ist  es  nöthig,  alle  Einzelheiten  dieser  Verfassung  anzuftlhren :  dagegen 
darf  nicht  Ubersehen  werdeo,  daß  sich  bald  das  Bediirfniß  zeigte,  noch  andere 
Behörden  aufzustellen}  so  erhielt  jeder  Kanton  ein  Sanitätekomite,  einen  Er- 
saehnngsratb  nnd  eine  Art  Eirehenntb;  Ittr  eimelne  dringende  C^hifte  ernannte 
das  Direktorium  Kommissäre ;  die  Organisation  de»  Wehrwesens  erforderte  Gene* 
ral-Inspektoren  und  Kreitikümmandanten ;  fiir  die  Terwaltung  der  Zenghänser 
wurde  ein  Oberinspektor  eingesetzt;  den  Hi^rnt^  von  Auflagen  leitete  in  jedem 
Kanton  ein  Obereinnebmer  (Receveur  g^nerai},  zu  achweigeu  von  den  Kriegs- 
komniaaXrenf  dem  Generaletab  ete.  Innern  weeentUehen  TJebeletond  gedaehtom 
die  Gesetzgeber  mit  der  Einitthrung  von  Friedensrichtern  so,  begegnen,  welche 
aber  unterblieb;  EntwUrfe  für  die  Reform  der  Rechtsprechung  wurden  herathen, 
aber  nicht  zu  Ende  gebracht;  nur  ein  Strafgesetz  gelangte  rasch  zum  Abchluß- 
(4.  Mai  17^9),  weil  das  BedUrfniß  ein  dringliches  war  und  ein  ^anzösische» 
Yorbild  benutzt  werden  konnte  j  schon  im  Hai  1798  war  indeß  db  Folter  abge- 
eehafft  worden. 

EbeniiO  wichtig  waren  die  Schöpfungen  und  Pläne  in  anderer  Richtung.  Die 
Republik  7ncT  fias  Postwesen,  dt'n  Handel  mit  Salz  und  Schießpulv(M%  die  Münz- 
prägung, den  Bergbau  und  die  Zölle  als  Regalien  zu  ihren  Haiideu;  et»  wurd«j 
ein  neues  eiDheitliche»  Maßsystem  vorbereitet ;  die  Güter  und  Schulden  der  alten 
Stünde  Qibemahm  die  «Kation';  Zehnten  nnd  Grandainfle  konnten  nach  einem 
Geaetx  vom  10.  November  1798  sehr  billig  loegekaaft  werden;  die  Aaflagen 
nnd  das  gesammte  Finanzwesen  ordneten  neue  Gesetze;  für  die  Vergütung  von 
Brand-  und  Wasserschaden  waren  Versicherungsanstalten  in  Aussicht  genommen. 
Die  Gemeindegüter  wurden  gegen  die  Ansprüche  der  sog.  Hinter«äßen  geschützt, 
aber  aneh  der  Einkanf  in  du  GenoeBenredit  geeetolieb  ermöglicht,  nnd  den  Theil- 


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BuD(ieäv«rfaääuugeu 


—    92  — 


Bundes  Verfassungen 


babom  Bleute  ein  Gesetz  (15.  Febr.  1799)  den  Veitend  aller  Einwohner  gegen- 
ttber  and  anerkannte  blos  diesen  als  Glied  des  Staates;  das  Organ  desselben  war 
■die  «Mnnixipalität".  Manche  andere  Entwürfe  der  ersten  Jahre  zielten  auf  wohl- 
thätige  Einrichtungen  und  nene  Büdangsanstalten,  für  deren  YerwirkLiebung  £r^> 
lieh  die  Mittel  fehlten. 

Bas  UnglUcksloos  der  helvetischen  Bepnblik  war  ihr  Verhältnii^  zn  dem 
Mattentaatf  delr  sie  rttoksichtslos  anssog  and  aU  Kri«f88<^nplatx  gegen  Oester- 
reicb  nnd  Bußland  benntste.  Die  Enignine  von  1799  und  das  allgemmne  Elend, 
das  sich  daran  heftete,  waren  dem  Fortbestand  der  Einheit  nicht  günstig ;  die  Hasse 
des  Volke«  sehnte  sich  immer  mehr  nach  Ruhe,  und  ein  großer  Theü  wünschte, 
luit  einigen  Vorbehalten,  die  frühere  Ordnung  zurück ;  die  Behörden  theilten  sich 
in  Parteien,  arbeiteten  an  neuen  Yerfassnngen,  sachten  eine  Stütze  bei  dem 
„Konsul*  Bonaparte,  der  sie  abweehselnd  bestSrkte  oder  nntergrab,  durch  die 
Znrtteknehung  der  fraozüsischen  Truppen  (Juli  1802}  einen  Aufstand  der  Unzn* 
friedenen  begünstigte  und  dann  aU  übermächtiger  Vermittler  eingriff,  die  flüchtig 
gewordene  Rep:ie;rung  wieder  einsetzte,  mit  den  Abgeordneten  der  Parteien  — 
der  „helvetij«chen  Konsulta*  —  die  GrundzUge  einer  Verfa«wuDg  berieth  und  eud- 
libh  (19.  Febr.  1803)  die  naeh  eigenem  Gntdttnken  feetgesetit»  als  Kadiations- 
«kte  der  Schweis  diktirte. 

YII.  Die  «Helvetik*' war  nicht  aus  dem  Provisoriam  hersnsgekommen ;  doch 

hatte  hie  lange  genug  gedauert,  um  das  alte  Rogierungssystem  großentheils  zu 
entwurzein,  so  daß  die  RHckkehr  desselben  sich  nicht  erzwingen  ließ.  Die  schwe- 
ren Folgen,  welche  dessen  Gebrechen  dem  Lande  zugezogen;  der  Grundsatz  der 
CrlMchbereehtigung,  die  neuen  Gesetse  nnd  Formen,  die  yerheifienen  und  mm 
Theil  aadi  sdhon  gniriihrten  Erleiehterangen,  der  freie  Ton  des  Öffentlichen  liobens 
hatten  namentlich  in  den  vorbin  bevonnnniitoten  BevSIkeningen  Eindrücke  hinter- 
lassen, die  fleh  nicht  verwischen  liißen.  Dat'eejen  war  freilich  der  alte  Geist, 
der  zu  Stadt  und  Land  „Aristokraten  alier  Art'  genuhatren,  noch  nicht  gebändigt;*) 
in  einzelnen  Männern  und  Gesellschatlskreiseu  kochte  sogar  Eachgier  wegen  er- 
littener Verluste  tmd  Demllthignngen.  Dieser  Gegensatz  mußte  eimgermatten 
ansgeglioben  werden,  nnd  zw  ir  \  ornehmlich  in  den  allen  Kantonen,  die  der  Ver- 
mittler soweit  thunlich  wieder  lierstellte.  Er  wahrte  nämlich  nein  e5g:encs  Inter- 
esse in  der  Bildung  selbständiger  Gliedstaaten,  in  der  Konstrnktiun  verschiedener 
Begierungsformen  derselben,  in  der  Neubelebung  alter  VerhältuL^sej  dadurch  war 
oine  Ibuinigfaltigkeit  der  Interessen  nnd  Anschauungen  b^rttndet  oder  bestärkt, 
die  eine  freiwillige  Einigung'  immer  ersobweren  mußte;  nur  fttr  die  allerwich- 
tigsten  Bedürfnisse  wurde  die  Einheit  festgehalten.  Ehcin  ilipr  Unterthanenlande 
waren  zu  Kantonen  erhoben ,  einzelne  unhaltbare  Gebilde  der  Helvetilv  jedoch 
beseitigt;  nur  alte  Kantone  wurden  der  Ehre  gewürdigt,  je  ein  Jahr  lang  Vor- 
<irt  (Canton  direotenr)  au  sein;  in  dieselbe  tiie&ltai  sich  drei  protestantische  und 
-drei  katholisofae  StSnde;  der  Yorsng  mußte  indeß  durah  die  üebemahme  erheb- 
licher Kosten  erkauft  werden.  Im  Uebrigen  sollten  die  Keuitone  gleichberechtigt 
sein;  allein  neben  swei  alten  hatten  vier  neue  doppelte  Stimme.    £«  ließe  aioh 

')  Aus  vielen  Zeu^issen  nur  eines  (von  BlnntscMi,  Denkwürdiges  aus  m.  Leben, 

I.  p.  13):  ,Aelinlich  wie  unter  dem  deutschen  Reichsadel  erhielt  si«  h  unter  den  Stadt- 
bürgem  (von  Zürich  i  eine  Zeit  lang  noch  das  hocbmüthige  Gefühl  der  vornehmeren 
Rasse  nnd  der  hAberen  FShiirkeit,  den  Staat  zu  regieren.  Dies  sonveriUie  SelbstgefQhl 

der  Stadtbürger  reizte  hinwiid.  r  das  MiGlr  ineii  und  den  Haß  der  Landhiltgi  r.  Gesell- 
äcbaftiich  blieben  ilie  beiden  Stände  nuch  lange  getrennt,  aucli  nachdem  sie  rechtlich 
nnd  poUtisdi  geeinigt  waren.* 


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Bundesverfaiisuugen 


—    93  — 


Buadesverfas$,uugen 


aoeh  an  .weitmrm  ZttgQii  dsrthun,  wie  Bonaparto  swiaeheik  allerlei  gegeneKtelichen 

Ansprüchen  vermittelte;  damit  setzte  er  eben  die  vorhandenen  £räfte  w>  weit 
möglich  in  H  G^leichgewidit  und  gab  dem  Lande  die  Bnbe^  die  en  einstwaUeii  Uber 
alles  (fchätzte. 

Auf  einige  Umstände  haben  wir  noch  näher  einzutreten.  Den  Kauton  Wallis 
hatte  der  Eooaal  adbon  im  Frühjahr  1802  der  helvetiBoben  Bepnblik  eDtriBsattt 
um  ibn  fftr  die  militärische  Verbindang  mit  Italien  cur  YeifQgong  sn  haben;, 
dafür  legte  er  das  eht  irnl^  "«terreichiache  Frickthal  dem  Kanton  Aargau  bei. 
Die  Verfassungen  der  Im  Kuntone  ')  waren  durch  ihn  vo]I>itänfiig  feftge^tellt  und 
gingen  der  BnndesverfaHäuug  (Acte  federal)  voran  {  die  Einführung  hatte  eine  in 
Paris  fttr  jeden  £anton  gewählte  KommiaaioB  an  besorgen,  so  zwar,  daß  die  neue 
Oidanng  mit  dem  15.  April  in  Wirkaamkeit  trat;  die  Oberleitung  dieser  Dinge 
trag  der  Vermittler  selbst  dem  Freibnrger  Oberat  Ludwig  von  Attrj  anf,  der 
dann  auch  der  erste  „Landammann  der  Schweiz"  war.  Dieses  neue  Amt,  ein 
schwaches  Nachbild  des  französischen  Konsiilats,  "war  ein  Zeichen  nnd  Werkzeug 
der  Einheit,  welches  Bunajparte  alu  nöthig  auj»uh  und  für  i^iüh  i»t:lbst  zu  beuutseu 
gedachte.  Landammann  war  der  jeweilige  Sehnltheiß  oder  BUrgermeiater  dea 
Vororts;  er  wurde  also  von  einer  kantonalen  BehSrde  gewXhtt.  Er  hatte  daa 
eidgen.  Siegel  (das  erst  gefertigt  werden  mußte!  in  Verwahrung;  an  ihn  gelangten 
die  Zuschriften  und  Botschaften  fremder  Machte;  tr  war  Vornitzer  der  Tag- 
satzang,  konnte  dringliche  Bauten  anordnen  und  andere  Maßregeln  tret!eii,  welche 
die  Sicherheit  oder  die  innw»  Snhe  sa  erfordern  aehien.  Die  wichtig«iten  Ent- 
abheidnngeii  waren  jedoeh  der  Tagiatming  (Diete)  Torbehalten,  die  eich  jShrlioh 
einmal  versammeln,  aber  höchstens  einen  Monat  amten  aoUte.  Ueber  Krieg  und 
Frieden,  Bündnisse  und  Handelsverträge,  Werbungssachen  nnd  Mi]it8rorgnni«ation 
hatte  »ie  ikschluß  zu  fassen.  Für  die  Berathung  waren  aber  die  iuj>truktioueD 
der  Gesandten  maßgebend.  Streitigkeiten  zwischen  Kantonen  konnten  die  zu  einem 
^^dikat*  vereinigten  Gesandten  aohiedigeriohtlioh  erledigen.  Dem  Landammann 
und  der  Tagsatzung  war  eine  eidgen.  Kaoslei  heigesellt;  den  „Kanzler"  und  den 
^StaatRschrciber"  ernannte  die  TagsatzunL'  ai;f  je  zwei  Jahre;  die  Kosten  trngr^n 
die  ^  r)irektüria]kantüne".  Eine  eidgen.  t  inauzverwaltung  gab  es  niinilich  iiieli'; 
diu  Uegalien  der  helvetischen  Republik  gingen  stilUchweigeDd  an  die  Kantone 
über;  die  für  Troppenao^ebote  nttthigen  Gelder  hatten  die  Stände  in  fixen  Kon» 
tiogenten  sn  liefern,  wie  auch  ihr  Beitrag  m  dem  Bandeaheer  genau  bestimmt 
war.  Letzteres  sollte  blos  aus  15,203  Mann  bestehen,  jeder  SchweizerbUrger 
aber  wehrpflichtig  sein.  Dienen  Widerspruch  erklärt  die  Absicht  de.-  Konsuls, 
die  Überzählige  Mannschaft  als  Söldner  in  seinen  Heeren  zu  verweuden.  Zu 
diesem  Zweoke  nSthigto  er  der  entmala  Tersammelten  Tagsatsong  ein  Bttndniß 
fttr  50  Jahre  nnd  einen  Soldvertrag  anf^  der  die  Sehweia  aar  Stellung  von 
16,000  Mann  verpflichtete  (Septbr.  1803).  Auch  in  andern  Dingen  wurde  de 
ein  VnsiU  des  unerRÜttlichen  Herrsehers  und  bezahlte  den  Frieden,  'ItMi  sie  im 
Innern  genoß,  mit  unberechenbaren  Opfern  für  die  besonderen  ,  Wahnideen"  ihres 
«erhabenen  Vermittlers". 

YIU.  Ala  flidi  endlich  gana  Enropa  gegen  die  Anmaßungen  dea  firanzOaiadien 
Kaisern  erhob  (1813),  konnte  die  Sehweia  lieh  dieeer  Bewegung  nioht  entliehen^ 

*Aargau,  Appenzell  (A.-K.  und  l.-R.j,  Basel,   '^üeru,  Freiburg,  Ulanis, 
*6rattbflnden,  Luzern,  SchafThausen,  Schwyz,  Solotburn.  *St.  Gallen.  Tessin, 

Tburgau,  Untenvalden  (ob  und  nid  dem  Wald).  Uri,  *\Vaudf.  Zu?.  *Znrii  li.  'Die 
ge-sperrten  Namen  bezeichnen  die  Vororte,  die  Sterne  die  Kantune  mit  doppeltem 
SUmmreeht). 


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Bundesverfimsungen 


—    94  — 


Bundesverfaaiungea 


■die  Nentralittt,  die  sie  unter  dem  Prot Atomt  KApoleoas  nnr  to  eeineo  Oimateii 

liandHaben  durfte,  yermoohte  sie  nicht  za  behaapten ;  sie  mußte  den  Siegern  den 
Diirchraarscb  gestatten,  benutzte  aber  die  eingetretene  Wendung  rasch,  um  Grenz- 
gebiete von  Tcssin  uud  GraubUnden,  die  zeitweiäe  verloren  achieneu,  wieder  in 
Besitz  zu  nehmen.  Nachdem  ab^  die  maßgebenden  Mächte  die  Mediationsalite 
«b  «oflgebobeD  erUirt  liatteii  (31.  Desbr.  1818),  fiel  die  Bdhim  eber  Yer 
-winuDg  anheim,  die  du  Schlimmste  befürchten  ließ.  Alte  und  neue  Kantone 
stritten  mit  einander  um  Gebiete  oder  Herrschaftsrechte;  die  «Länder*  kehrten 
völlig  zu  den  früheren  Branchen  zurück,  während  die  Slttdte  mehr  oder  weniger 
schroif  die  ehemals  geuosäenen  Vorrechte  forderten  oder  die  durch  die  Revolution 
beseitigten  Behörden  wieder  herstellten;  einige  St&nde  trachteten,  sich  aller 
BandeepAiehtMi  sa  eofledigen,  «nd  enohwertMi  die  Benthnngen  dertlber  dnroh 
hartnäckige  Absonderung  oder  oiiteitige  Ansprüche.  Glücklicherweise  dachten 
die  Sieger  und  ihre  Rathgeber  nicht  so  kleinlich ;  nie  mahnten  die  Reaktionäre 
zur  Mäßigung,  schtltzten  den  Hestand  der  neuen  Kantone  und  riothen  zur  Kini- 
guu^,  ZOT  Stärkung  der  Geüammtheit  j  ttie  begUuätigtüu  deu  Aiiiichluß  vou  Wallis, 
€toiif  und  Nevenbarg,  ttberliefltti  der  Sohweix  «voh  das  Fttrstenäiaiii  Basel  und 
erwirkten  eine  Gebietserweiterung  für  Genf.  Iboohe  berechtigte  Wünsche  er- 
füllten «io  allerdings  nicht,  weil  Iii  S^^^hweizer  selbst  nicht  einig  handelten,  oder 
Rücksichten  auf  Interessen  von  Krätikreich  oäf>r  Oesterreich  überwogen,  llinwieilcr 
waren  die  Mächte  behtllflich,  eine  Menge  von  Streitfragen  gütlich  zu  schlichten 
und  dadurch  die  Nengesteltnng  der  Eidgenosseosebaft  sa  erleiebton.  Die  Be- 
ediltlsse  des  Wiener  Kongresses  (30.  IKK»  1616)  and  des  swuten  Pariaer  Frie- 
<len.s  (20.  Koyember  1815)  gaben  ihr  im  europäischen  Staatensystem  eine  klar 
bestimmte  Stellung,  ohne  ihre  TlnabhSngigkeit  zu  beschränken.  Mit  dieser  Fixirung 
reimten  öich  ireilicb  zwei  Jr^unkte  nicht  ganz;  das  FUrstenthum  Neuenburg  war, 
nachdem  ee  zeitweise  franzSsiaoh  gewesen,  zwar  als  eidgen.  Kanton  anerkannt, 
«ber  adiUeSlidb  wieder  dem  KVnig  von  Preofien  lagetbeilt  worden,  und  die 
Beehte  und  Pflichten  der  Schweiz  in  den  zu  ihren  Gonsten  neatralisirten  Pro- 
vinzen Chablais  und  Fan<ngny  hatten  die  maßgeboiden  Faktoren  nieht  genügend 
-auseinandergesetzt. 

Ein  wesentlicher  iaeü  der  Neugestaltung  i^t  alüo  den  Kongressen  in  Wien 
nnd  Fnim  sn  yerdanken;  die  übrige  Arbeit  vermoehte  das  Land,  wenn  aneh 
mühsam,  gerade  noch  selbst  zu  leistMk;  die  Einigang  über  einen  neuen  Verband. 

Nach  mehrmaliger  Berathuug  kam  die  sogen,  lange  Tag^iatzung  damit  zn  einem 
vorläutigen  .>\bschluß  (IG.  Augunt  IS14);  da-s  Ergebniß ')  wurde  in  den  nächsten 
Wochen  von  eiuor  starken  Mehnahl  der  Kantone  angenommen,  dann  dem  Wiener 
Kongreß  vorgelegt,  in  dem  fllr  die  Mweiier  Angelegenbeiten  bestettten  Kemite 
mangelhaft  beAmden,  aber  nioht  abgeKndert  nnd  bald  nadk  der  Sofalaebt  bei 
Waterloo  ftierlich  beeohworen  (7.  Augu.<t  1815).  Es  liegt  uns  ob,  die  wioh- 
tigsten  Kennzeichen  des  „FUnfzehner- Bundes"  herauszuheben. 

Er  war  alt,  Vertrag  betitelt  und  formulirt  und  beruhte,  seiner  Entstehung 
gemäß,  auf  der  Yoraussetzung,  daß  keine  Aenderang  ohne  allseitige  Zustimmung 
etattfinden  kSnne;  so  sehr  hatte  der  Zentrifagaltrieb  ttberwogen,  daß  man  dem 
Beispiel  der  Mediationsakte  folgte,  eine  J^vision  nicht  einmal  anzudeuten.  Der 
Vertrag  war  das  Werk  der  Regifrnne'f'n:  des  Volke«  wunle  dariu  nicht  gedacht; 
Cü  liattf  demgemäß  auch  keine  8tiiiiiiit^  darüber  abzugeben.  Für  die  Kantone 
war  bios  die  Regel  aufgestellt,  daß  us  keine  Unterthaneulande  und  keine  aus- 


^)  Von  zwei  Entwflrf«!  der  kttrzere,  15  Artikel  enthaltend. 


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BimdesveriAWungeii 


— '    95  — 


Bundflsverfaflningeii 


«cbließüche  Privilegien  für  <leTi  Gennß  d«r  politiHchf-n  Kn  lue  haben  solle;  die 
kaDtoDalen  Verfaäftuogen  uuterlageu  keiner  Prüfung  und  genossen  unbe^ben  de« 
«idgea.  SehntMs.  Eotapreohttnd  dieser  Verkenniuig  dw  Grandlagen  war  die  freio 
Niederlassung  und  BerufiiUbnng,  welche  die  Mediation  wenigstens  verheißen  hatte, 
beseitigt  und  damit  die  allerseits  beliebte  Verkürzung  der  Hintersäßen  (Nieder- 
gelasseneu) wieder  gerechtfertigt.  Die  Kantone  behielten  f\\f  Regalien  und 
achloseen  sich  dann  darch  Zölle,  Polizeimaßregeln,  angleiche  Münze,  schlechten 
Fostbetrieb  eto.  soveit  tinmUdi  gegen  einander  ab  Kur  die  KotÄnweiidigkmt 
Tmaoehta  sie,  Ittr  aiaielne  Varkabrsvarbftltoiaie  die  bestehenden  Konkordate  to 
«rnenern  oder  neue  einzugehen;  zu  allgemeiner  Annahme  kam  iti<!eß  keino-j. 

fVn  Srhwprjmnkt  Vprtraq'M  bilden  die  Bestimmungen  üb  r  die  MilitÄr- 
ieiütungeu.  Diese  wurden  kontingentirt,  der  .A-uszug"  aber  sogleich  auf  33,758 
Mann  berechnet;  für  die  Kosten  hatten  die  Kantone  mit  fixirten  Geldbeitri^en 
aaiinikommen ;  man  lehnf  dafür  eine  aidgen.  Kriegeksioe  nnd  wies  ihr  nglaioh 
die  Erträgnisse  von  £ingang8zöllen  in,  welche  die  Grenzkaotone  sn  beziehen 
hatten.  Wurde  ein  Kanton  (eine  Regierung!)  von  innen  oder  außen  bedroht, 
war  er  befugt,  einzelne  oder  alle  MitstHnde  um  Hülfe  zu  mahutm ;  dauert« 
die  Gefahr  an,  so  konnte  er  die  Tagsatzuug  um  Intervention  ansprechen;  wenn 
der  Angriff  von  anfien  stattfend«  so  fielen  die  Kosten  der  Geaammtheit  snr  Last. 
IMe  Organisation  nnd  Oberleitang  dea  Bandesheerae  ^tand  der  Tagsatzung  sn, 
deren  Befugnisse  Übrigens  wenig  verändert  waren.  Seit  Ende  1813  gab  es 
keinen  eidgen.  „Liindammann"  mehr;  auch  das  „Syndikat"  der  Mediation  hatte 
man  fallen  lassen  und  zu  einigem  Ersatz  Vorschriften  filr  eidgen.  Schiedsgerichte 
anfgostallt.  Hinwider  hatte  sich  die  eidgen.  Kanalei  so  nttttlidi  wwtesen,  daß 
man  sie  beibehielt  {  ^e  Ehre  des  Vorortes  wnrde  anf  Zttiidi,  Bern  nnd  Lnaem 
beschrttnktiy  die  Antsdaner  aber  auf  zwei  Jahre  erstreckt.  In  einem  so  knappen 
Vertrag  war  die  sonderbarste  Klausel  diejenige,  die  den  Forthf<tnnd  der  Klöster 
garantirte,  altk»  die  refurmirteii  Kantone  wie  die  katholischeu  und  paritätiiMshen 
gemeinsam  auf  etwas  verpflichtete,  was  weder  die  Eidgenossenschaft  noch  die 
Kantone  bisher  als  Bnndessweak  betraehtet  hatten. 

Würdigt  man  die  UmstKnde,  unter  denen  diese  Verfassung  festgesetst  werden 
mußte,  so  erscheint  das  Gewonnene  doch  nicht  ganz  unbedeutend.  Da.«?  unhaltbar 
gewordene  System  von  ungleichen  Bünden  war  aufgegehtai ;  ein  zwar  dürftiges, 
aber  gerade  durch  seine  Einfachheit  empfohlenes  Grundgesetz  verptlichtet«  nun 
alle  Glieder  gleiehmKffig;  an  die  Stelle  blee  herkVmmlieher  Formen  trat  eine 
fi  stc  Ordnong;  mit  Ausnahme  von  Besohltlseen  Uber  Krieg  oder  Frieden  und 
Bündnisse,  die  ^«-Mehrheit  erforderten,  genUgte  fortan  die  Mehrheit  von  12 
Stimmen  ;  die  Befugnisse  der  Tagsatzung  waren  soweit  thunlich  bestimmt,  etwas 
unsicherer  freilich  die  Stellung  der  Vororte,  allein  den  neuen  Verhältniesen  leidlich 
angepaßt;  die  Vorsorge  fttr  die  Bildung  einer  eidg.  Kriegskasaa  bot  wonigstena 
eine  Handliabe  für  aeitgemifie  NenamngMi.  Ln  Lanf  der  Jalire  worde  maaohes 
durch  Reglemente  noch  genauer  geordnet,  um  Hißbränehen  an  begegnen  oder  den 
Zweck  des  Bnndcsvcrtrages  in  wesentlichen  Dingen  beswr  zu  sirbcm,  und  dieser 
damit  gewisfiermaßen  [lartiell  revidirt.  So  schuf  mau  theils  im  iuneru,  theils  in  den 
Beziehungen  zum  Ausland  eine  mehr  oder  weniger  hinlängliche  Ordnung  durch 
Verträge  nnd  Uehereinktlnfte.  Der  Handel  wnrde  dnreh  einige  nene  Konsnlate^} 
begünstigt  die  seit  1807  betriebene  Linth- Korrektion  völlig  durchgeführt,  die 
▲nsbildung  von  Offisieren  dnreh  eine  militftrisehe  Zentralschnle  erleichtert.  Aber 


V  Vgl.  Bd.  U.  7i>— 8(»  (Art.  Konsulate). 


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Bundesvccfassungen 


—    96  — 


Bund«sverfassuiig«n 


viele  Anrt'gangen  nnd  VorRchläge  drangen  nicht  daroh.  Bald  er^^ab  »ich  deutlich, 
daß  der  Bnndt^svertrag  der  Z«*it  iiieht  genügen  konnte:  die  Unfruchtbarkeit  der 
Tagsatsong,  die  ihr  Wirken  wie  ihre  Schwache  zu  verbergen  äuchtd,  wurde 
Gregenstand  der  öffentlichen  Kritik;  regHame  Männer  wiegen  aal  die  Uelvelik 
oder  die  HediitioiieKit  hin  und  forderten  endlioh,  daß  der  Stutenbmid  ehiMn 
Bundesstaat  veiohe  (Mai  1830). 

IX.  Kaum  war  dieRes  Losungswort  verhallt,  m  traten  Ermgnisse  ein,  die 
eine  solche  Wandlung  begünstigen  konnten.  Hi-  Tulirevolution  in  Frankreich 
schien  ganz  £uropa  entchtlttem  und  die  HerrHchatt  der  ^.BeHtauration"  stürzen 
zu  wollen.  Binnen  wenigen  Monaten  erlebte  die  Schweix  einen  Umschwung  in 
der  Hehrsahl  der  Ijatone,  nnd  die  Tegntnmg  eah  «ich  bewogen,  dieee  Aenderang^ 
gmndintBiieh  anzuerkennen.  Sofort  stellte  sich  auch  ein  Herold  der  Bundes« 
revision  ein;  KaHimir  Pfyffer  besprach  dieselbe  in  einer  gediegenen  Flngscbrift*) ; 
schon  in  der  ivirhsten  ordentlichen  Tagfiatziing  wnrde  beachlo.-ssen,  eine  Revinion 
in  Berat  hang  zu  Ziethen.  Der  Widerstand  der  ürkautone,  der  an  den  gestürzten 
Arietokrateii  einiger  StSdte  einen  Bitdchalt  &nd,  reiste  dann  die  Ftdirer  der 
Fortaohrittopertei,  durch  ein  Konkordat  ▼on  7  .r^gfloanrien"  Kantonen  die  neuen 
Verfaasnngen  gegenöeitig  zn  garantiren ;  zugleich  entwarfen  dieselben  eine  neue 
„Bimdesnrknnde",  die  der  Tagsiitziiiig  eingereicht  und  hier  einer  Kommission  über- 
wie»«en  wurde;  die  letzte  Berathung  schwächte  indeß  die  Vorlage  zu  Gunsten 
der  EantoOfllieyrüdtkttt  bedeutend  di.  Die  Befugnisse  der  TagHatenng  wurden 
zwar  erweitert,  Indem  man  dem  Band  eine  grSßare  Wirkeanüceit  anerkannte  ^ 
man  wa<i:te  aber  nidlt,  von  dem  gleichen  Stimmrecht  der  Kantone  abzudrehen, 
nnd  für  die  wiehtigsten  Geschäfte  sollten  die  Berathnngen  ferner  durch  die 
Instruktionen  bedingt  sein.  Dagegen  hob  man  die  Vororte  auf  und  ersetzt«  nie 
durch  einen  ständigen  Bnndesrath  von  5  Mitgliedern,  welche  die  Tagsatzung  zu 
wiUea  batto;  an  der  Spitse  der  eidg*  Terwaltnng  sollte  ein  Ltui^kmmttnn  etehea. 
Ate  eine  der  wichtigsten  Aufgaben  der  BundeebebSrden  tritt  die  Militärreform 
hei^or ;  dem  Bund  war  demgeniliß  das  Pulvermonopol  zugedacht;  weitere  Kin- 
Tiahmen  hatte  er  auij  Grenzzöllen,  dem  Miiuzregal  und  dem  Postbetrieh  zu  sehiipfen, 
von  dessen  Ertrag  jedoch  den  kantuuen  drei  Viertheile  blieben ;  für  den  ^suthfall 
war  an  Geldkontingente  an  denken.  Stett  der  aobwerftlllgen  Sohiedagerichte 
war  ein  Bnndesgericht  in  Aussicht  genommen.  Bei  alledem  hatte  daa  Volk  nur 
indirekten  Antheii  und  Einfluß;  dafür  bot  man  ihm  freie  Niederlassung,  freien 
Verkehr  im  Innern,  Gleichstellung  in  Keohten  und  Laoten,  die  (jewährleiatung 
der  bisher  errungenen  politischen  Reehte  in  den  Kantonen,  u.  a.  m. 

Allein  das  so  künstlich  berechnete  Werk  fand  wenig  Gunst;  von  verschiedenen 
Seiten  angefoebten,  worde  ea  eelbet  im  Kanton  Lnaem  verworfen,  der  doeb  sam 
Site  der  fiandeebdittrden  bestimmt  war;  in  mehreren  Kantonen  unterließ  man 
daher  die  Volksabstimmung,  nnd  so  fiel  die  Bevision  für  einmal  dahin.  Diese 
Wendung  benutzten  leidenschaftliche  Gegner,  die,  sich  in  dem  sog.  Sarnerbuud 
vereinigt  hatten,  zn  thätlichen  Angriden  auf  abtrünnige  Landestheil©  (Außer- 
sohwyz,  BaiieUand),  die  aber  völlig  mißlangen ;  eine  Folge  war  die  definitive 
Trennung  Baeele  in  Halbkantone  (Aug.  1 833).  Die  Beviaiott  wurde  aeitdem  in 
der  Tagsatzung  imd  in  der  Presse  noch  öfter  beeproohen,  jedoch  ohne  greifbare 
Frucht.  Die  Kantone  wie  die  Bundo'ibehörden  waren  theils  mit  Anfechtnngpn 
von  außen,  theils  mit  inneren  Wirren  beschäftigt,  welche  sowohl  die  konfessionellen 


*)  Bczüjjliche  Vurschlüye  machte  auch  J8Z«Ät»cWt  in  seiner  Schrift :  .Das  Volk  und 
der  Souverän*  (1831). 


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BanäMTerfassungeQ 


-    97  — 


Buadesverfaasunsett 


als  dw  poUtiiolMa  Gf«e«nttie  veiaohirfteo.  Bon  itirksten  Anstoß  gmb  dssn  die 
plötzlidis  Aofliebiing  der  KlSster  im  Kanton  Aargau  (Jannar  1841),  die  dm 

BunJesvertrag  zuwiderlief  «nd  großen  Hader  nach  sich  zoe^;  >ih  a^-r  Angaa 
die  Kraucuklö«ter  restaurirte,  erklärten  sich  12'''/»  Stimraen  befriedigt,  was  die 
übrigen  Stände  dlh  Bundeabruch  taürten.  Sieben  katholische  Kantone  vereinigten 
flieh  nuD  heimlioli  warn  Widenlaad.  Die  in  Lmern  enwangene  BernfoDg  der 
Jesuiten  (Okt.  1844)  reizte  hlnwider  die  , Radikalen"  zu  zwei  FreischaarenzUgen, 
die  aber  unglüfkli'-li  verliefen,  in  ihren  Folgen  alle  Kantone  erschütterten  und  den 
Souderbund  zur  Keife  brachten  (Dezember  184;")),  de^isen  Zuläßigkeit,  sobald  er 
Uekanut  geworden,  lebhaft  bestritten  wurde  ^  von  der  Mehrheit  der  Stände 
ungUlUg  erkUtrt  (20.  Jali  1847),  wurde  derselbe  in  einem  konen  Feldsng  tbat> 
sKeblieb  anfgeUM;  (Not.)- 

X.  Es  gehört  einer  weniger  beengten  Dar.stellnog  an,  die  Vorarbeiten  aa 
der  als  nothwendig  erachteten  Aenderung  des  Jiundesvertragcs  zu  besprechen ; 
hier  mag  die  Bemerkung  genügen,  daß  der  Drang  nach  Einigung  durch  das 
Aufgebot  von  reichlich  100,000  Mann  und  durch  die  besonnene  KriegsfUhrung 
General  Dofoars  bedeutend  gestärkt  wurde  und  das  Kationalgefdhl  auch  dem 
Ansland  g^genllber  sieb  hob,  nunal  die  meiBten  enropxisohen  Grofimlebte  den 
Sonderbund  offen  begünstigt  hatten.  Die  Februarrevolntion  in  Frankreich  und 
ihre  Folgen  in  Dentw^hland,  Oest-  rreich  und  Italien  schufen  eine  politische  Lage, 
welche  die  Neugestaltung  des  Bundeü  sehr  erleichtertti.  Der  Sturz  der  fürstlichen 
Regierung  in  Neuenbürg,  die  edch  verhaßt  gemacht  hatte,  wurde  von  den  Bundes* 
bebOrden  ideht  angefoebten;  sie  Tenlamten  aber,  einen  fömliobra  Yeniobt  des 
bisherigen  Landesherrn,  der  unschwer  zu  erreichen  war,  auszuwirken.  Dagegen 
beeilte  sich  die  Tagsatzung,  die  Revl<;iousfrage  durch  eine  Kommission  zu  kl.iren 
und  dann  in  einer  Plenarberathung  zu  erledigen.  Am  27.  Jnni  1M4H  war  die 
ii&upturbeit  gethaa^  lu  kurzer  Frist  fulgteu  die  Abstimmungen,  die  io  15  Ya 
Kantonen  die  Annahme  des  neuen  Werkes  ergaben.  Am  is.  September  konnte 
die  Tagsatzung  die  „BnndssTeifiMsnng''  als  gUltig  erklären ;  nadidem  sie  die 
erforderlichen  W  ahlen  angeordnfit  und  einige  andere  Maßregeln  getroffen  liatte, 
vf  rtairte  ^ie  gich.  Am  (>.  November  erschien  iti  Bern  die  Bundesversammlung;  am 
1 1>.  wählte  diese  den  Bundearath,  and  am  23.  wurde  Bern  ab  Bundesütadt  bezeichnet. 

Die  Verfassung  vom  12.  Sept.  1848  war  bei  aller  Btfekaicbl  anf  kleine 
Interessen  und  enge  Begriffe,  die  nooh  gesobont  werden  mußten,  ein  gelungener 
Bau,  der  den  Kantonen  großen  Spielraum  zur  Entwicklung  ließ  und  doeb  Sttgleiob 
die  Einheit  kräftig  forderte.  Sie  schuf  einen  Bundesstaat  mit  eigenen  Aufgaben, 
selbständigen  Orgauen  und  gesicherten  ökonomischen  Mitteln.  Die  ungleiche, 
bisweilen  sobw&chlicbe  oder  parteiiscbe  GesobSftsleitung  der  Vororte  fiel  dahin; 
eine  hinreicbend  starke  VolhnebungsbehSrde,  die  nioht  von  kantonalen  VerbXItnissen 
abhing,  bot  mehr  Garantie  fdr  eine  feste,  grun(UätzIich  bestimmte  Regierung; 
aoch  der  Landammann  der  Media fi'  THzeit  war  dxirrh  i  in  .stdches  Kollegium  reichlieb 
ersetzt.  Ueberbaupt  hatten  alle  K(^ime  von  einheitlichen  Institutionen  eine  mehr 
oder  weniger  genügende  Ausbildung  geiunden ;  die  Tagtiatcung  ließ  man  im 
SMnderath  (GomwO  des  Etats)  fortleben,  doob  nur  als  eme  Kammer,  und  zwar 
ohne  Prärogativen,  wie  auch  ohne  Instruktionen;  neben  demselben  erschien  ein 
Nationalrath  (Con.seil  national),  in  dem  das  Volk  nach  Verhiiltuiß  der  Kopfzahl 
zur  Vertretung  kam')}  das  Bundesgeriobt  (Triboo&l  föderal),  obwohl  am  dUrftigaten 


')  Uebtjr  die  Kompetenzen  der  eidg.  HiUhe  ist  zu  vergleichen  Bund  II.  639  40, 
(Die  seitherifen  Abwelcbungen  sind  nicht  erheblieb.) 

Porrar,  VolktwtrtliMtafts-LtBik»»  4«r  Sebwali.  7 


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Bundesveri'assungen 


—    9»  — 


Buadesvertaüäungea 


bedacht,  entsprach  »einem  Zwecke  immerhin  besser  als  das  Syndikat  der  Mediation ; 
▼on  dem  kelvetittdien  Obergerichtaliof  war  es  fireilieh  weit  entfernt. 

Ebenso  wichtig,  wie  die  Organisation  der  BuiideHgewalt,  war  indeß  die 
Umaehreibnng  ihrer  Bdtagnine,  ^  sich  nach  den  erweiterten  Zwecken  des 

Bundes  richteten.  Als  solche  waren  (Art.  S)  beseieiinet :  „Behauptung  der 
Unabliängigkeit  des  Vaterlandes  gegen  außen,  Handhabnng  von  Buhe  und  Ord- 
nung im  Innern,  Schutz  der  Freiheit  und  der  Kechte  der  Eidgenossen  und  Be- 
förderung ihrer  gemeinsamen  Wohlfahrt."  Die  weiter  folgenden  .allgemeinen 
Bestimmungen*  (bis  Art.  67)  bilden  eme  praktisolie  Auslegung  dieser  Erklimng  ^ 
sie  setien  die  Rechte  der  Kantone  and  des  Bandes  aoseinander,  gewthrleisten 
eine  Anzahl  Grrundrechte  der  Bürger,  geben  die  Finanzmittel  der  £idgenossen* 
Schaft  an  u.  s.  w.  Die  Verfasäungen  und  Gesetze  der  Kantone  wurden  der 
Bundesverfusong  und  künftig  zu  erlassenden  Bundesgesetzen  untergeordnet.  Die 
soit  1890  exsielten  Fertsdiritte  im  MilitKrwesen  wurden  ttbrigens  so  hoch  ge- 
sdrittst,  daß  darin  wenig  XTeoes  darehdrai^;  das  Kontingents-Syvtrai  and  seine 
mißlichen  Folgen  behielt  mau  bei ,  doch  Ubernahm  der  Bund  die  Ausbildung  der 
Offiziere,  die  Instraktion  Spezial Waffen  und  einen  Theil  der  AuHcbafiFungon. 
Deühalb  mußten  ilim  erhebliche  Finanzmittel  bescliafft  werden,  die  man  vorläufig 
im  Pulvermüuopol,  in  den  Zöllen  und  im  Fobtregal  inud  ]  da»  Mliuzregal,  das 
vkk  nidit  melür  als  eine  Finamtqnelle  betrachten  ließ,  wurde  ihm  bloß  im  In- 
tereese  der  dringend  gewordenen  Ordnung  lU-s  verfahrenen  HUnzwesens  Uber- 
tragen. In  gleicher  Abnicht  war  die  Vereinheitlichung  von  „Maß  und  Gewicht" 
in  Aussicht  gcnuiunicn,  und  einem  ähnlichen  Zwecke  diente  iler  Vorbehalt,  innere 
Zölle,  Brückengelder  und  andere  den  Verkehr  belastende  (refäile  von  Bundes  wegen 
lostokanfen.  üeberhaupt  worden  die  Skonomisoben  VerhSltnisse  der  Kantone  so* 
weit  thanlioh  geschont;  ans  den  Betriebsergebnissen  der  GrenzzSlle  und  Posten 
hatten  sie  volle  Entschädigung  zu  beziehen.  Indem  der  Bund  das  Recht  erhielt, 
auf  allgemeine  Kosten  öfTentliche  Werke  zu  errichten,  wofUr  ihm  Expropriationen 
gestattet  wurden,  vermochte  er  die  Kantone  auch  indirekt  zu  erleichtern.  Die 
Befagniß  endlich,  eine  eidg.  üniverBitSt  und  eine  pulytechnische  Schule  zu  er- 
riditen,  beorkondete  das  Streben,  den  Eulturstand  au  heben  und  die  geistige 
Einheit  des  Volkes  zu  stärken,  was  nicht  blos  den  ^ Hochschulkantonen "  zu  gute 
kam.  Der  Ausschluß  der  Geistlichen  von  dem  N^  iti  Tinlrath,  das  Verbot  des  Jet^uiten- 
ordeus  und  einzelne  andere  Vorschriften  erinnerten  an  widiige  Erlebnisse  der 
jüngsten  Zeit,  wurden  aber  seither  festgehalten.  Eine  der  wichtigsten  Neuerangen 
bildete  der  Abschnitt  über  die  Bevision  der  Bundesverfassaug,  der  in  vier  Artikeln 
eine  künftige  Aendernng  mehr  als  genug  su  erleiektem  sdiien. 

XI.  Einstweilen  befriedigte  die  neue  Ordnong  die  Heihrkait  des  Volkes,  je 
mehr  die  Schöpfnngen  derselben  sich  entwickelten  und  die  Wohlfahrt  im  allg*' 
meinen  stieg.  Das  beredteste  Zeugniß  für  diese  Stimmung  war  die  „Erhebung 
für  Neuenburg",  als  das  Mißlingen  eines  royalistisehen  Putsehea  (.S.  Sept.  18.')6) 
eine  Verwicklung  mit  dem  König  von  Preußen  herbeiführte;  die  entschlossene 
>:inigkeit  der  Nation  in  der  drohenden  GeCüur  entschied  für  «ine  glttckUohe 
LSsnng  des  Streites  and  wiAte  auch  im  Innern  wohlthfitig  nach.  Indessen  offen- 
barte der  Fortschritt  audi  bald  die  M&ngel  einer  Yerfinsang,  die  so  mancherlei 
Gegensätze  versuchsweise  vermittelt  hatte.  Ah  ein  Handelsvertrag  mit  Frank 
reich  (Juni  1864)  den  fran/üsiswjbeu  Ittraeliten  freie  Niederlassung  u.  s.  w.  go- 
währte,  wurden  verschiedene  WUnsche  laut,  die  eine  Revision  erforderten;  allein 
es  drang  in  der  Abstimmung  (14.  Jan.  186ß)  die  einsige  Aenderung  durch,  die 


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Bumlesverlasriuagen 


—    9»  — 


BuQüeäverfatjtiungen 


liäQ  einheimiäolien  Israeliten  eine  Gleichberechtigung  zuerkannte,  dio  ihnen  bin- 
her  venngt  war  («Jndeiiartikel*). 

Vi»  zurückgestellten  rmp.  verworfenen  Anträge  wurden  jedoch  nicht  pi  eLs- 
gregeben ;  Kriegsereignisse  im  Ausland  (1806,  1870—187]  ),  Bedürfnis-.!-  L  s  Vt-i-- 
kehr»  und  ansti'lÜge  Eärten  in  kantonalen  Gesetzen  drängten  zur  Erweiterung 
der  Bundesgewalt;  politische  Beweguugen  in  mehreren  Kantonen,  die  dem  Volke 
.grSfieren  Antheil  an  der  Gesetzgebung  nnd  Regierung  venehafllen,  wieeen  auf 
entsprechende  AmdernDgeo  im  Bundesstaat  hin.  Air  diee  ftthrte  die  B&the  m 
•einer  Totalrevitiion  (1871 — 1872),  deren  £rgebniß  den  Antrieben  entsprach,  aber 
von  rechts  und  links  heftig  bekämpft  wurde  und  in  der  Abstimmung  (12.  Mai 
1872)  bei  schwachem  Mehr  unterlag.  Der  Wille  zu  entschiedenem  Fortschritt 
auf  dem  Wege  zur  Einheit  gab  «ch  jedoch  bald  in  Neuwahlen  fUr  die  Bandes- 
Tersammlnng  kand;  die  Be^onaarbeit  wurde  wieder  aufgenommen  und  duroh 
neue  Debatten  und  Kompromisse  eine  Lösung  erzielt,  die  am  19.  April  1874 
die  Zustimmang  von  340,000  Bürirern  (gegen  19h,0(J0)  und  14"-'  SfiiTid  -n  find. 
Die  neue  Verfas.Hung  trat  nnl  dem  29.  Mai  in  Kraft  und  trfigt  daher  dieries  i>atum. 

So  interessant  es  in  gewissen  Beziehungen  ist,  die  Unierschiedo  des  Ent- 
würfe von  1878  und  derYer&esung  von  1874  sn  beseiohnenf  empflebli  es  sieb 
fUr  eine  kune  Danteilung  doch  eher,  die  Neuerungen  als  gemeinsame  annifttbren,*) 
wobei  %'orans  zu  bemerken  ist,  daß  ungeHilir  zwei  Drittheile  der  Verfassung  von 
1848  beibehalten  oder  unerheblich  geändert  rcsp.  erg^inzt,  die  übrigen  Artikel 
aber  desto  mehr  entwickelt  und  ausgearbeitet  sind.  Das  Xeue  \&fk  sich  in  zwei 
'Gruppen  bringen:  Stärkung  des  BnndeB;  Verraehrnng  der  penSnüoben  Beohte. 
Der  Bund  ttbernahm  jetst  den  gesammten  MUitäranterricht,  die  Bewaffinnng  und 
die  Kosten  für  die  Bekleidung  der  Mannschaft.  Dagegen  wurde  ihm  der  Ertrag 
der  Zölle,  des  Postregals  und  der  Telegraphenverwaltung  ungeschmälert  über- 
lassen; (die  Ualfte  der  Militärptiicht-Ersatzsteuer  fiel  ihm  erst  später,  infolge 
eines  Gesetzes,  zu).  Zugleich  erhielt  er  die  Aufsicbt  Uber  Wasserbau  und  Foxst- 
polizei  im  Hoebgebirget  um  itlr  Yerbaunng  der  Wildwaeaer  sorgen  an  kAnnen; 
desgleicben  die  Gesetzgebung  Uber  Fischerei  und  Jagd,  Bau  und  Betrieb  der 
Eisenbahnen,  Maß  und  Gewicht,  Ausgabe  von  Banknoten  (mit  Ausschluß  von 
Monopolien\  sodann  fiir  den  Sehiitz  der  ^Arbeiter",  der  Auswanderer  etc.  Er 
wui'de  verpüichtet,  Spielhäuser  aufzuheben,  und  ermächtigt,  Gesetze  über  die  per- 
aOnliebe  ^uidlungefübigkeit,  das  OUigationenreebt,  Sebuldbetreibung  und  Kon- 
kurs, sowie  über  das  Urheberreebt  an  Werken  der  Littoratur  und  Kunst  an  er> 
lassen.  Aueh  in  Kirehenfragen  wnflispii  ilim  bedeutende  Befugnisse  zn:  die 
Errichtung  von  Bisthümern  wurde  meiner  Zustimmung  unterworfen,  die  geistliche 
Gerichtsbarkeit  abgeschafft,  die  Stiftung  neuer  Klöster  und  geistlicher  Orden  unter- 
sagt, das  Verbot  gegen  die  „Gesellsebaft  Jesa**  auf  yerwandte  Verbindungen  ans» 
gedebnt;  die  Beurkundung  von  Geburten,  Ehen  und  TodeelftUeb  hatte  er  gesets- 
lioh  zu  ordnen.  Es  wurde  ihm  vorbehalten,  eine  UniversitSt  und  andere  höhere 
ünterrichtsaustalten  zu  gründen  oder  solche  zti  unterstützen,  wogegen  die  Kantone 
für  genügenden,  obligatorischen  itnd  unentgeltlichen  rrimarunterricht  zu  sorgen 
haben,  der  unter  staatlicher  Leitung  stehen  soll.  Dem  Bundesgericht  wurde  end- 
lich eine  neue  Organisation  xu  theil,  die  es  sa  grSßeror  Wirksamkeit  belXhigte. 

üngetahr  in  gleichem  MalSe  wurden  die  Volksrechte  erweitert.  Der  Wehr- 
mann erhielt  die  erste  Ausrüstung  unentgeitUoh.  Mit  yoller  Entschiedenheit  kam 

'i  Anders  ist  der  Stoff  in  meinem  ^Verfassungshüchlein'  behandelt,  wo  auch  eine 
genaue  Angabe  aller  von  dem  1848er  Texte  abweichenden  Artikel  der  jetzigen  Ver- 
fassung zn  finden  ist 


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Bundesverfasäungeo 


—    100  — 


BuQdesverfussuoKea 


die  Hftndeli-  und  Gewerbefreiheit  zur  Geltung ;  diu  Freizügigkeit  wurde  besser 
gegidiert,  der  NiedergeUnaeoe  dem  Kantons'  und  GemeindebUrgerf  eoweit  tkunlicli. 

gleichgestellt,  ^)  die  Verbaimiing  eines  Bürgers  untersagt.   Das  Recht  zur  Ehe- 
TiaTim  der  Bund  untf-r  seinen  Schutz;  die  Erhebung  von  EinzugsgeLUbren  filr  die 
Üraut  war  fortan  un^uläßig.   Jede  ^Nöthiguug  zur  Theilnabme  an  eioer  Keligione- 
graoeseniichaft  oder  einer  religiösen  Haudluug,  jede  StraimaJ^regel  oder  Rechts- 
beaohrlUikung  wegen  GUuibeoMuifliebteii  wurde  anageeohloeaeo,  die  Glaabens*  und. 
GewiflseiMfreabeit  als  unverletzlich  erklärt ;  dag^en  sollten  religiOae  Annehten 
niemanflen  von  den  bürgerlichen  Pflichten  entbinden.    Todes-  und  Körperstrafen 
wurden  abgeschafft.   Die  Gesammtheit  de«  Volkes  erhielt  endlich  ein  fakultatives 
(bedingtes)  Referendum  Uber  Gesetze;  wenn  nämlich  30,000  Bürger  oder  acht 
Kantone  fibnr  ein  neues- Gesetz  die  Abatimmung  verlangen,  so  mu6  dasselbe  dea 
Stimmbereohtigten  war  Aniudune  oder  Yenreiiiing  vorgel^  werden,  wobei  die- 
Standesstimmen  nioht  mehr  zu  zählen  sind.   (In  dem  Abschnitt  Uber  die  Bevieion« 
t\fT  Bundesverfiiswung  wurde  keine  erhebliche  Aendernn-r  irt-troffen ;  dagegen  gaben 
seither  erlassene  Gesetze  ergäuzend©  Vorschriften  Uber  die  Ausübung  der  politischen 
Volksrechte.)  —  Die  Erwartung,  daß  nun  auf  längere  Zeit  die  Revit^ionübeweguug 
ruhen  wbrde,  wftttte  sieb  niebt.  In  einer  sdiwadien  Stande  ließen  n«b  die  eidg.. 
Räthe  und  das  Volk  überreden,  daß  durch  Beseitigung  der  Todesstrafe  gewisse  Ver- 
brechen begünstigt  würden  (Motion  Freuler);  zudem  waltftf  vielorta  der  Wunsch, 
den  Kantonen  ein  Recht  zuiückzuerobern :  so  wurde  Art.  65  abgeändert  i  Ab- 
stimmung ib.  !Mai  187^)i  thatsächlich  blieb  aber  der  Rückschritt  ohoe  Folgen.  — 
JfSne  andere  Hotion  (Joos),  die  fttr  dra  Bnnd  das  Monopol  des  Banknoten-Geecbäfts- 
beanspruchte,  fand  bei  den  BnndeebebSrden  wenig»  Gnnst;  am  die  besttglidie 
Initiative  7:u  Fall  zu  bringen,  bestritten  die  Gegner  dem  Volke  das  Recht,  eine 
Partialrevision  zu  verlangen,  und  nöthigten  den  Sonverän,  Uber  Revision  im  all- 
gemeinen abzustimmen;  die  gemachte  Anregung  uuterlag  dann,  großeutheils  in- 
folge dieser  autoritiren  Beaehzinkung  des  Volksrechts  (31.  Okt.  1880).  —  Von 
sablreieben  andern  Antrigen,  die  seitdem  die  Presse  nnd  die  BebSrden  beschif* 
tigten,  gediehen  nur  wenige  zur  Verwirklicbnng.  *)  Wir  meinen  die  Ergänzung 
von  Art.  31  und  32  (25.  Okt.  1885),  die  znm  Alkf^li-dmonopol  des  Bundes  führte 
und  die  Abschafiung  der  viel  angefochteueu  Ohnigelder  nach  hieb  zog;  die  Er- 
weiterung iu  Art.  64,  wodurch  die  Schweiz  auch  gewerblichen  Erfindungen  ihren 
Sehnis  gewSbrIe  (Patentsdints  Ar  Muster  nnd  Modelle,  10.  Juli  1887),  so- 
dann die  Kinfiigung  von  Artikel  34  ^'*,  der  dem  Bund  die  Einrichtung  einw 
Kranken-  und  Unfallvertiicherung  (zum  Ersatz  der  Haftpflicht  der  Arbeitgeber  etc.) 
gestattet  (Abstimmung  vom  26.  Oktober  1890),  und  endlich  die  (im  April  1^91) 
erlangte  Einigung  der  eidg.  Räthe  über  das  Revisioos- Verfahren,  wodurch  dem. 
Volke  aneh  das  Beobt  tnr  Anregung  blos  partieller  Aenderungen  in  bester  Form 
gewKbrt  und  einer  alte  Schuld  entrichtet  wird;  die  entscheidende  Abstimmung  dar- 
über ist  auf  5.  Juli  d.  J.  vertagt.   Daß  das  Monopol  für  die  Ausgabe  von  Bank- 
noten in  nächster  Zeit  dem  Bunde  zufallen,  also  Art.  39  eine  wesentliche  Um- 
gestaltung erfahren  muß,  bedarf  nur  einer  kurzen  Erwähnung. 

XII.  Aach  bei  der  flüchtigsten  Skizse  der  Entwicklung  des  ecbweizeriscben- 
Bundesstaates  darf  niebt  Tenobwiegen  werden,  daß  jede  «Revimonskampagne* 

*)  Sonderbarerweise  blieben  aber,  im  Kanton  Bern  z.  H.,  bi;;  heut^uta^re  Bürger 
aus  mehreren  Kaninnen  vom  Stimrorechl  in  kantonalen  und  kommunalen  Angelegen- 

bettcu  au£geschiu.^t:n. 

*)  Für  die^e  neuesten  Itevisionen  kann  auf  folgende  einschlä^'ige  Artikel  des  Lexikons 
vtrwiesen  werden;  Emissionsbanken,  I.. .ViS  —  .'>r»9;  Ertindung«scbutz,  1., 572— 581;  Patent» 
bchutz,  II.,         567;  Staatsmonopole,  III.,  132  15^1. 


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Bundesverfassungen 


—    101  — 


Bundesverfaifiiuogen 


etwelobe  Wünaohe  anb«lriedigt  ließ ;  nur  zaghaft  and  tastend  ist  nun  TOfwiMi 
.gwehritten;  die  Grttnde  und  Kotive  dieses  langgumeo  Cranges  zu  erörtern,  Lst 

hier  nicht  am  Platze;  dagegen  s  ill  '!er  KiTidruck  nicht  verhehlt  sein,  daß  die 
Behörden  voraus  die  Bewegung  zu  blauen  bcilissen  waren.  Desto  mehr  haben 
«ich  nun  die  Aenderaogsvorsohläge  angehäuft,  die  jedes  Jahr  infolge  neuer .  Br- 
lebaine  vermebTt. 

Eine  Hauptfrage  bildet  hiebei  die  reohtliche  Stellung  der  Kantone^  d<  b.  die 

Abgrenzung  ihrer  Befugnisse,  die  Theilung  der  Hoheitsrecbte  mit  dem  Bund,  oder, 
knrx  gesagt,  das  Maß  der  Z^ntraligation,  da  die  Kantone  den  Anspriiohen  der 
nsch  forti^chreitendeu  Entwicklung  nur  theilweise  oder  gar  nicht  genügen  küunen. 
Die  Erledigung  der  dem  Bund  ertheiltea  Aufträge  betreffend  die  Herstellung  ein- 
beitlioher  Zivilgesetie  dringt  welter;  ei^n  ebd  denn  aneh  Vonurbeiten  im  Gnnge, 
um  die  Einheit  im  Zivil»  und  Straf reoht  in  erwirken,  die  fUr  die  Kantone  große 
Fo1^'>n  huhfii  mii!/i  Andere  Aufgaben,  z.  B.  die  Regelung  des  Stimmrechts  der 
Nieder^elaMseuen  und  Autenthalter,  sowie  die  Ordnung  ihrer  zivil  rechtlichen  Ver- 
hältuibtie,  harren  —  nach  gemachten  Versuchen  —  noch  der  liQsnng,  die  von  einem 
gmndaiisliehen  Eotsebeid  ttber  die  Geltnog  kantonnler  GeeelM  und  Geweimheiten 
abzuhängen  scheint.  In  alledem  hat  die  WineDschaft  wie  die  politische  Erfobning 
ihr  Urtheil  zu  gehen;  heide  aber  haben  sowohl  die  Zukunft  als  die  Vergangen- 
heit ins  Auge  zu  fassen  und  sich  nach  Grundsätzen,  nicht  nach  monientfinen  An- 
sichten oder  Kindriicken,  zu  richten.  Ist  das  Ziel  gehörig  bestimmt,  so  wird  auch 
■der  Weg  noh  finden.  Die  Enteoheidung  Uber  bej£»  steht,  Toa  Sohritt  «i  Sehxitt, 
bei  dem  SmiTeritn,  der  mehr  und  mehr  leinen  Willen  snr  Geltong  bringen  wird» 
und  zwar,  wie  nicht  zu  zweifeln,  im  Sinne  fortschreitender  Auegleichung  der 
Kechte  und  Ptli.'hten.  d.  h.  fiir  Beseitigung  kantorialflr  Gesetzespfahle  und  l'olizei- 
posten.  In  politischer  Hinüicht  wird  nach  dieser  Auffassung  maoches  anders  werden. 
Der  Bund,  d.  h.  die  Gesammtheit,  kann  einzelnen  Gliedern  nicht  mehr  gestatten, 
Aach  firemden  resp.  veralteten  Syitemen  aieh  einsnriehte» ;  er  wird  künftig  die 
Bedingnlnse  des  Stimmrechts,  die  Wablbefagnisse  des  ganzen  Volkes  oder  einülner 
Theile,  dessen  Antheil  an  der  Gresetzgebunp  nnd  der  ATifsioht  über  die  Verwal- 
tung, direkt  oder  indirekt  festsetzen,  die  einzelnen  Bürger,  wie  Vereine  und  Ge- 
meinden, in  liuen  Rechten  schützen  und  Verletzungen  ahnden  und  so  erst  ein 
üort  der  Freiheit  wevden.  Die  Fragen  betreft  der  WeUkreiae,  dn  Proportional- 
Vertretang  n.  dgl.  endteinen  neben  dieeer  PerspektiTe  nntergeordn^  eo  schwierig 
oder  imnngenehm  sie  an  sich  sein  m5gen ;  sie  können  übrigens  ohne  neue  Leit- 
sterne eine  ersprießliche  Erl^^din-ung  nicht  hnden.  —  Mit  diesen  Andentungen  ist 
das  Problem  der  Zentralisation,  das  überhaupt  sich  nicht  abschließen  läßt,  noch 
nicht  erschöpft;  ')  dseeelbe  greift  in  die  Ori^isatlon  des  Militärs,  des  Bildungs- 

•)  Die  jüngsten  Ereignisse  im  Kt.  Tessin  (Sept.  1890),  die  der  Parteigci^t  um  so 
hitziger  beurtheille,  als  verschiedene  Faktoren  theilweise  im  Unrecht  waren,  haben 
Prägen  von  gnißer  Tragweite  gestellt.  Wir  erlauben  uns,  beispielsweise  einige  zu 
formulireu.  L  Gibt  es  ein  Recht  zom  Aufstand  g^n  eine  kantonale  Regierung?  (von 
■der  .Heiligkeit*  desselben  nldit  m  reden.)  Kann  eine  solche  Regierung  resp.  ein  großer 
Rulli  durch  einen  Pulsdi  i^espreiiKt  und  tx  soili^'t  wi-rden  V  Ist  etwa  ein  Unterschied  zu 
machen  zwischen  einer  vom  Volk  direkt  gewählten  und  einer  von  dem  großen  Rath 
bestellten  Regierung?  Empfiehlt  es  sich,  dem  Volke  verfassungsm&fiig  Gelegenheit  zur 
Ahberufun,:  ein*  r  mißliebigen  Regierung  zu  gehen?  Wie  ist  im  Falle  eines  solchen 
Vorhabens  zu  verfahren?  SoU  dasselbe  otine  Weiteres  ins  Werk  gesetzt  oder  vorerst 
dem  Bundesrath  anfemeldet  und  dann  von  der  BnndesbehtH^  einitfscliritten,  Unter« 
suchuug  der  Beschwerden  voranstaltet,  eveut.  von  ihr  die  Stiinmetisamtnlunt;  i'iberwacht 
werden?  Hat  nicht  event.  die  B.-Gewait  die  abberufene  Behörde  zu  exmitliren  und  die 
nnter  Bnndesaufeicht  bestdite  neue  einzusetzen?  etc.  etc.  —  D.  lünn  der  Bond  resp. 


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Bandesverfassungen 


102  — 


BuodeaTfirfttfisungeo; 


weaem,  der  KraakeB-  und  Annenpfleg«,  «ohlieSlioli  in  die  gaaie  Verwaltung  ein. 

Die  öfter  angeregte  AbsohaffUDg  de«  SWiuUrathes  ist  nur  ein  kleines,  wenn  auch 
ersichtlich  folgenreiches  Stück  der  zur  Einheit  strebenden  Bevisionsarbcit.  Wie 
dasselbe  mit  der  Gestaltung  eines  obligatorischen  Referendums  und  dem  Gebrauch 
der  Yolks-Initiative  (deren  EinfUhraog  jetxt  in  Ir  rage  steht^  zusammenbiuige,  De- 
daif  Itter  keber  Beipreohung.  Audi  die  WaU  dea  Bnndeantbee  durch  das  Volk 
und  die  Migeregle  .Reform  der  Biindesverwnltvng*  wird  mnn  von  den  bSeheten* 
GMohtepnnkten  ans  würdigen  müssen. 

Mit  den  Aufgaben  des  „Bundes"  ww^^lisen  bekanntlich  auch  die  ökonomischen 
Bedürfnisse  desselben,  ^)  und  überdies  scheint  er  nachgerade  der  Finanzpatron  der 
Kantone  werden  sa  eoUen;  es  sind  daher,  z.  Th.  schon  ver  der  SünMiraag  des- 
AlkoholiBonopob,  dem  Bund  einige  andere  Begiegeeohüfte  sogedacht  worden,  «o- 
der  Betrieb  rcup.  Rückkauf  der  Eisenbahnen«  die  Anagabe  von  Banknoten  resp. 
das  Bankgeschäft,  Fabrikation  nnd  Verkauf  von  ZttndhRkem,  die  Tabakindnstrie, 
die  Vcrwerthung  der  methanischen  Wasserkräfte,  der  Getreidehandel,  das  Inseraten- 
weseu,  die  liotellerie  etc.    Dies  alles  wartet  näherer  Prüfung  and  spezieller  Ge- 
■taltnng  fUr  die  verfiMungsmlßige  Dnrehftthmng.  Kene  Geldmittel  werden  aber- 
vorzUglich  gesucht  im  Inter  a    ozialpolitischer  Aufgaben,  die  nur  der  Bund  im  GreAen 
bewältigen  kann,  z.  B.  die  Unfall-  und  Krankenversichernng,  umfassende  Hebung  voOi 
Landwirthsühaft  und  Gewerben,  Unterstützung  von  Bildungsanstalten  u.  dergl.  m. 

Manche  andere  Vorschläge  sind  durch  oberwähnten  erledigt;  wäre  an" 
nlltat,  alle  anfirasllilea,  lunal  die  Reihenfolge  der  Anhandnahme  derselben  eich, 
mdit  einmal  annitbemd  errathen  läßt.  Za  bemwken  bleibt  nnr,  daß  die  formal- 
poHti.^chen,  so  zahlreich  nnd  wichtig  sie  an  sich  sind,  am  leichtesten  durchdringen 
dlirtten,  indem  sie  bereits  vorwiegend  als  Werkzeuge  für  die  volkswirthsrhaftliehen 
oder  sozialpolitischen  Projekte  betrachtet  werden,  zu  deren  Erreichung  alle  guten. 
Kräfte  der  Nation  eich  werden  vereinigen  müssen.^) 

XtEL  (Anbang).  Znr  Brgflnzong  des  yorstehenden  Abrimee  folgt  hier  eine 
entsprechende  Uebersicht  zugehöriger  Idtfeerat  ii  Die  wichtigsten  Werke  über 
Schweizergeschiclite  als  bekannt  voraussetzend,  haben  wir  zunächst  die  Z<'it  vor 
nnd  nach  171>8  zu  unterscheiden,  wenn  es  sich  um  die  Entwickhmg  buude-srecht- 
liüher  Litteratur  handelt;  vor  der  Helvetik  gab  eb  nämlich  fast  nur  Sammler,  keine 
kritiaehen  BanteUer,  weil  die  Wineneehaft  nieht  frei  war;  «eitdem  ist  aber  dae  lange 
VesBlnrnte  nachgeholt  und  dasWeeentliche  in  befriedigender  Weise  geleistet  worden. 

Das  erste  Werk  Uber  die  politischen  Einrichtungen  der  S<  1  v  iz  verfaßte 
der  Zürcher  Professor  Josias  S im  1er:  Regiment  gemeiner  lobl.  Eidgeno«fchaft 
etc.  (157ti),  wo  die  Bünde  und  die  kantonalen  Verfassungen  mit  Borgtalt  und 
Geeddok  bcM^ricben  eind  und  yiel  geeohiohtlichee  Ibterial  beigefügt  ist  Nachdem 
das  Bnch  lateinisch  nnd  dentsoh  (aneb  franzdsisoh  nnd  holländisch)  vielfach  gedruckt 
worden,  erfuhr  es  eine  Enrdtwong  durch  den  Zürcher  Rathsherrn  J.  J.  Leu 
(1722;,  der  später  in  meinem  ^oßen  Lexikon  viele  ergänzende  Beiträge  lieferte. 
Ungefähr  gleichzeitig  gaben  auch  die  „Htaats-  und  Erdbeschreibungen''  der  Schweiz 
von  Fäsi  (1765— 176Ö)  und  Füßli  (1770—1772)  reichliche  Naehriehte»  Uber 
deren  politische  ZnstXnde.  Im  Jahre  1786  erschien  Leonhard  Meisten  «Abriß 

die  Gesammtheit  im  Falle  solcher  Spannungen  ia  einem  Kanton  gestatten,  daß  <lie 

bedrolife  Itelionlr  sich  an  Behörden  iiniK  rer  Kantone  wende,  statt  HUsvfbli"r.lifh  ;in  den 
BoodesralU  f  Ist  ca  zoläßig,  daU  Behörden  oder  Parteigenossen  in  andern  Kantonen  von  üich 
aus  in  den  Konflikt  eingreifen  ref«p.  die  Lage  versrblimmem  helfen?  Dflrflen  solche  unbefiigt» 
RalhKeber  nieht  mit  Strafe  bedroht  re^^p.  zur  Verantwortung  gezogen  werden ?  etc.  etc» 

VenjL  Bd.  1.,  315-r331,  Arl.  Bundeäflnanzeu. 

Vgl.  Band  III.  S.  93—110  (Art.  Soziale  Frage). 


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BnndesTerftusungen 


—    103  — 


Buadesverf aasungen 


de»  eidg.  SteatireditB'',  der  aber  dem  eidg.  Staateecht  nar  dan  letzt«  Kapitd 

(S.  387—448)  widmete,  das  etwas  dürftig  erscheint  und  richtig  als  „Geschichte* 
bezeichnet  ist.  Die  Bandeevertrüge  u.  drgl.  wurden  iibnL'ens  in  Kanzl  nen  und 
Bibliotheken  geeammelt,  auch  in  allerlei  Bächem  theilweiüe  abgedruckt,  aber  nur 
in  wenigem  Partien  giündliob  erOrtert.  Erat  das  XEL  Jahrhundert  bat  neue 
Wege  aar  Eridtniqg  der  alten  Staatsordnoag  «ngeediilagen;  aoagedehntere  Er- 
flüurungen,  reichere  Mittal  nnd  andere  günstige  Ua^Snde  haben  dafUr  zosamman» 
gewirkt.  Da«  Interesse  wendete  sieli  alx  r  ebenso  auf  die  neueaten  Wau(llnTitr»'ti 
und  Verhältniaöe,  so  dai>  die  Darüteliung  der  Yergangt;nlieit  und  der  üregca- 
wart  häuhg  verbanden  wurde.  Die  erste  sachgem&ße  Behaudluag  verdankt  mau 
dem  Bemer  Friedr.  StaUler  (swei  Helle,  1844—1847);  ung^ldir  gleichaeitig 
begann  J.  C.  Bluntschli  von  Zttrieh  seine  „Geschichte  dea  aohweiz.  Buudesrechts", 
die  aber  erst  1H45J  vollendet  wurde  und  no  h  !cr  V(  rfas-^nng  von  1848  eine  wohl- 
wollende Besprechung  widmete.  (Der  zugehörige  Lrkundenband,  der  1852  er- 
schien, war  seinerzeit  bequem^  ist  aber  j^zt  Uberholt.)  Sein  Werk  genügte  dem 
BedOrfiiiß  der  Zeitgeiioeaai,  wl&braid  die  aweite  AuHage,  die  187&  enchien«  aohon 
la  apät  kam,  indem  der  (seit  1848  in  Dentsohland  lebende)  Yerfiueer  der  diea- 
seitigen  Forschung  nicht  mehr  gefolgt  war.  Da  die  inzwischen  auf  Anordnung 
der  Bundesbehörden  erschienene  „Amtliche  Sammlunj?  der  älteren  eidg.  Abschiede** 
(bia  17  U8  reichend)  dem  Forscher  einen  außerordentlich  reichen  Stoff  und  zu* 
TarlSeaige  UrkaDdaataxte  geboten  hat,  ao  wird  dia  Bahaadlang  der  Av^^abe  ao- 
vohl  arieiditart  ala  «raehwart;  alkon  dieee  Graadlaga  kann  fiwtan  ntoht  ttbaraehen 
werdan.  ')  Nuch  ohne  diese  Hülfe  gab  J,  J.  Blumer  in  piner  „Geschichte  der 
schw^'iz.  DrnK.kriilieen'*  (I.  1848,  II.  1858 — die  sich  mit  <len  alten 
Laudägemeiude-Kantouen  (bii4  1798)  befaßt,  doch  viele  Beitrage  zur  Ge^ichichte 
des  eidg.  Bundesrechts,  und  in  seinem  „Handbuch  des  Schweiz.  Bundesrechts " 
(186SI— 1864),  das  dieVerfauanng  roo  1848  (ndt  den  becUgUoheii  GeMtaan  ata.) 
dantellt,  einen  trefflichen  Grundriß  der  voraaigehenden  Verfassungen,  der  anoh 
neben  umt'augrr  11  .reu  Arbeiten  Beachtung  verdient  (I.,  3---127'.  In  .loh.  Meyer'fl 
Werk  über  dus  Buude.srecht  i.st  der  1.  Band  (187.'^)  nur  den  V(;r  17'.)8  bestan- 
denen Verhältnissen  gewidmet ;  zu  bemerken  ist  hier  außerdem  ein  höchst  achtbarer 
Varaueh,  eine  Art  sdkweiz.  BaehtegeBofaiahta  vor  der  Grttndnitg  dar  EidgenoeMii- 
aehaft  zu  entwarfen ;  etwas  kurz  ist  dagegen  die  2^it  zwiachen  dar  Reformation 
nnd  der  Revolution  behandelt.  Nur  das  mittelalterliche  Bundearecht,  nebst  allerlei 
geschichtlichen  Beigaben,  bietet  das  reichhaltige  Progi-amm  von  A.  Pfaff  ( 1H70). 
Zahllose  andere  Schritten,  in  denen  die  älteren  Zustände  mehr  oder  weniger  etu- 
Ukfiüdi  hertthrt  sind,  müssen  hier  Übergangen  werden.  Es  bleibt  nnr  übrig,  at- 
lidia  Spastalarbeitan  m  arwiihitan,  dia  erhebliehe  Beiträge  anm  VantXsdidß  der 
altan  Eidgenossenschaft  lieferten.  In  erster  Linie  htcht  die  Studie  von  A.  Pliil. 
Segesser:  Beiträge  znr  Geschichte  de.<  Stanser-Verkorninnissps  (nm  hearlicitet 
1878);  »odann  Wilh.  Oechsli :  Orte  und  Zugewandte  (Ihöis);  endlich  ist  mit  Be- 
zug auf  die  Ablösung  vom  deuttiuhen  Keiche  anzulühren  ein  Beitrag  detsselben 
Gelehrten  in  HUty's  politischem  Jahrbach  (1890).  üeber  die  «neuere  Zeit*  iat 
nichts  ISntapraohendes  anzuführen. 

Die  neueste  Zeit  (von  170S  unl  ist  hauptsächlich  in  vier  Geschichtswerken 
von  Tillier  (bis  1848),  den  letzten  Bänden  von  Monuard  (bis  1815),  sodann 

')  Da  die  Erstellung  die.ses  .Sanmiehverkes  nl)er  dreilÜK  Jahre  gek<istet  bat.  !•<<  ist 
die  Durcharbeitung  de:)  Ganzen  noch  nicht  zur  Geltun);  ifekorameu;  einige  der  wichtighten 
Binde  sind  indeß  in  jün^ter  Zdt  sotgflUtig  und  mit  Erfolg  benQtzt  wordeo. 


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Buode.sverfassungen 


—    104  — 


Deubchkud 


fiftumgartner  (von  1830 — 1857),  Stgemr  u.  a.  beleiwhtet;  viele  Beitrage  Bind 
jedoch  blos  biographiftch  oder  umfassen  nur  wenige  Jahre.  Auch  das  amtliehe 
Material  ist  erst  für  die  Jahre  1803 — 1848  annähernd  verarbeitet  („Repertorium* 
der  eidg.  Abschiede,  1h03— 1813,  1813  1848),  die  Periode  von  1798—1803 
aber  in  Angriff  genoiuoien  j  von  1848  an  geben  dia  Üandeagesetze^  das  Bundes- 
blatt, die  gedrnokten  FroloteUe  Uber  BeviflioiMVwhaidlitngen  oiid  benttglklie 
Btnechttren  die  wiobtigiten  Grnndlagen;  sn  «fwSiinen  iet  «noh  die  Ton  der  Bvndea- 
kanzlei  veranstaltete  Sammlung  der  Bundes-  und  Eantonsverfassungen  (erstere  in 
drei  Sprachen"):  I.  Rd.  18fi4,  II.  Bd.  1880;  sodann  das  Register  Uber  die  Bimdes- 
gfisetze  von  0.  Hotz,  die  Sammlung  von  P.Wolf  (1889  — 1891?),  welch'  letztere 
den  Text  der  noch  gültigen  Gesetze  mittheilt.  ALi  kritische  Bearbeitungen  fallen 
in  Betracht:  Für  dk  Zeit  dee  XYer  Bnndei:  L.  Snell,  Handbnefa  dee  aehweis. 
Staatsrechts,  I.  Bd.,  1839 — 1848,  vo  anch  das  Material  gesammelt  ist;  für  die 
neue  Aera:  Da.s  Handbuch  von  Blntnr  r  (s.  o.\  auf  Grund  der  Verfassung  von 
1874  \imgearbeitet  von  J.  Morel;  J.  .1.  Küttimann  (in  Vergleichung  mit  dem 
nordamerikaoischen  Buudesrecht  (1867 — 1870)5  Joh.  Mejer,  II.  Bd.  (1875), 
mit  Suppl.  (1881);  AI.  v.  Orelli  (1885),  der  aneh  dae  kantonale  Staataneht 
beideht.  Dasselbe  that  schon  Simon  Kaiser  m  zwei  ganz  verechiedenen  Werken 
(Staatj.reoht.  1858  1860;  Politik,  1867-  1875);  unvolbtändig,  aber  gediegen, 
auch  .1.  Dubs  (1877  1878).  In  kürzeren  Darstelhm^en  haben  sif^h  Erzinger, 
Hcholieuberger,  N.  Ihroz  u.  a.  versacht.  £ine  kommentirte  Textaubgabe  der 
BondesTerftMeung  von  1874  (ergXmt  bia  1887)  gab  C.  H.  Kann  (1888). 
Anch  an  Monograpbieen  ttbtt  einaelne  Zweige  der  Bundeererwaltang  fisUt  ea 
nicht;  von  Inatoriaohem  Interesse  ist  noch  J.  H.  Hottinger's  „Staatshaushalt  der 
Schweiz.  Eidgen'<äHe^^:^haft'*  etc.  (1847V  Die  Materialien  des  Bundesblattes  und 
sonstiger  Publikationen  verarbeiteten  verschiedenartige  Beiträge  in  den  Zeitachriften 
fUr  Schweiz.  Statistik;  ,die  Entwicklung  des  eidg.  Zollwesens**  stellte  kürzlich 
Alb.  Hnber  mit  anereiefaender  Gründlichkeit  dar,  ete.  etc.  —  (Geecbiieben  Ende 
Oktober  1890;  ergänzt  Ende  Hai  1891.) 

Deutschland!    Seit  dem  EtBoheinen  des  bez.  Artikels  in  Band  I  dieses 

Werkes  hnhen  die  Verkehrsvermittlungen  beider  Länder  nicht  nur  ihrfn  Fort- 
gang genoninu'ii,  sondern  anläßlich  der  VertragHverhandlungen  von  1M88  JSeiteus 
des  Vururt»  des  »chweiz.  Handels-  und  Industrievereins  durch  Aiusscheidiing  des 
bloßen  Zwisehenhandfls  (vgl.  anch  hier  Bd.  I  S.  876)  eine  mnatergültige  Be* 
leuchtung  erfahren.  Die  betreffenden  Untersuchungen  sind  von  Deutschlaud  als 
Biibis  jener  V^erh  and  langen  anerkannt  worden.  Die  Bemltate  aind  folgende  (Warthe 
in  Millionen  Jf'r.): 

Schweizerische  Einfuhr  Ausfuhr 


brutto 

nelto 

brutto 

netto 

1885: 

248,8 

203,0 

157,6 

105,s 

1886: 

261,t 
263^ 

201,1 

159.9 
164,t 

102,9 

1887: 

207,« 

104,7 

1888: 

253,8 

205,8 

1G4,9 

107,9 

1889: 

270.0 

224,3 

184,« 

127,1 

1890: 

241, s 

182,1 

125,, 

Mit  diesen  Ziffern  ist  nn.ser  Verkehr  mit  Deutschland  nicht  nur  absolut  der 
stärkste,  den  die  Schweiz  autzuweisen  hat  (Frankreich  bezog  anno  1890  brutto 
nur  für  123,t  Mill.  Fr.  nnd  lieferte  nna  fttr  3S6,s  MiU.  Fr,  Waaren),  er  iat 
anch  noch  dadurch  beaonderi  bedentBamr  da6  wir  ans  keinem  anden  Lande  weder 


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Deutschland 


—    105  — 


Deutächlaod 


«bflolat  nooh  nikür  so  vUü»  ütttig«  Fabrikate  bMiehaD.  Nach  wirtlmliafUielkflii 
Gencht^ttnkteii  gUedam  iteh  nSmlioh  obige  Zahlen  (bratto  pro  1890)  wie  folgt: 

Einfahr  1890      Ausfbbr  1890 
Lebensmittel:       42,»  MilL  Fr.      18,^  MUl.  Fr. 
Rohstotfe:  94,i     ^      «        46,o  « 

Halbfabrikate:      13^    ^     „       44,«  , 
GaasliKbiücate:    148,»    ^     »  ■  * 

Total;  '8§6,«  Hill.  Fr.  183,i  Hill.  Fr.' 
Die  Schwei zerisobe  Ausfuhr  beschränkt  sich  auf  relativ  wenige  Haaptartikel: 
Von  Lebensmitteln  sind  nur  Käse  (8,4  Mill.  Fr ),  Schlachtvieh  (3,85)  und  Obst 
(3,7:  anno  1890  ausnahmsweise  hoch)  von  Belang,  —  von  Rohstoffen  ond  Halb- 
labrikaten  in  erster  Linie  Seuie  mit  52,$  Mili.  Fr.  (und  zwar:  Bohseidu  2(3,7, 
Floretseide  22,o,  geftrbte  Seide  ete.  8,4  Hill.),  sodann  Bamnwollganie  (8,s)  nnd 
rohe  Baumwollgewebe  (5,4:  Transitveredlung),  Kammgarn  (7,»),  Nntzvieh  (5), 
Edelmetall  (4,«),  Häute  und  Felle  (3,«)  und  rohe  Wolle  (1,7),  —  von  fertigen 
Fabriltaten :  Taschenuhren  (27,»)  und  Maschinen  (7,2),  seidene  Gewebe  und  Händer 
.(10,»),  Baumwollgewebe  (1,»),  Stickereien  (3,a),  Bücher  und  Bilder  (3,3},  Farb- 
ivaaren  (2,«)  eto.  eto. 

Weit  reiciker  Tensweigt  tieh  naeere  Einfnhr  aus  Deutschland.  Die  widitigsten 
.    JLrtikel  waren  (gleichfalls  Werthe  in  Millionen  Franken): 


Lebensmittel 

Rohstoffe  und  Halbfabrikate 

Fertig»  Fabrihale 

6(tni4«,  Nehl  «tc: 

SUiikobld  (tCi.: 

i22,« 

toll«,  Itls  ml  Kifta: 

^* 

Eis«a: 

16,» 

iiaBfrkliou : 

I6,f 

Edtln«lBll: 

6.» 

Eaaaiweli^ewtke: 

kapfer: 

lidff«  ■•talb: 

Min*  (itvtkf,  Uaitt,  Shmli  etc.: 

4,« 

3,74 

2.0 

Strutpfwaartn: 

3,5 

%^ 

NaUTieh : 

6,. 

Uii«Bmaka: 

2,. 

FcklackUith: 

1," 

Rahtabak: 

5,» 

llfilf :  ^ 

2.» 

rki»chi.FI«Kb|r«dikt«; 

(ISSO  umbaiNtM 

)  beb) 

Kaalubakwaaraa: 

I.» 

Biw: 

t,« 

Rilm^  et«.: 

&• 

KifiRaiKi,  8|ieln^  «U.: 

Wfii: 

1.« 

*^ 

laidiiM: 

Sprit : 

1,1. 

V»llnrB«: 

±9 

EiüfiiwMrfu; 

9,- 

^|«iMÖl: 

Ur 

Buaville: 

4^ 

bijoatni«: 

itc.  üu 

liumllguM: 

%i 

Kapftnmm: 

1^ 

Stroh.  irrliTit: 

±9 

I  hrrii : 

u 

liftli,  r«h: 

3*« 

ClieBikAlien: 

9,7 

3# 

Intlir  ilc: 

%i 

inbiMni: 

l'onildün^tr: 

%i 

A{>othfk»-.»iira: 

1,* 

hiroltan: 

LiuratBr: 

7^ 

«t.  et«. 

Tum: 

iJfr: 
Schah«: 

kaiwt  Ufanm: 
UiM: 
TbaanaartB : 
Glasvaarin: 

8^ 

Im 

1.« 

3,. 
%^ 

u 

Takakfabnkaii: 

l.» 

tit.  elc. 

Es  leuchtet  ein,  dafi  die  Abetriche  dee  Zwiachenhandela  brnderemts  vorwiegend 
•die  Rohstoffe  (Seide,  Baumwolle,  Wolle,  Tabak,  Petroleum),  bei  der  Einfuhr  außer- 
dem die  Lebensmittel  (russisches  Getreide,  Kaffee  etc.)  betreffen,  sodaß  sich  die 
wirkliche  Einfuhr  nocli  weit  mehr  auf  den  Fabrikatenverkehr  beschrSnkt. 

Was  die  bandelspoiitiscbe  Entwicklung  der  letzten  sechs  Jahre  betrifft,  so 
fiel  die  Abfassung  dee  Artikeh  Denteohland  in  Bd.  T  S.  37S— 447  diesee  Werke» 
in  eine  Zeit  tiefer  Yerstimmung  aeitene  der  eohweiierieohen  Exportinduslrie. 


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D«nt8chland 


—    106  — 


Deutschland 


De«tBeli]atDd  hatte  im  Sommer  1886  mmge  der  irichtigeten  sohweiserisohen  Ana- 
fiihrposteii,  Ubren,  Seiden waaren,  Stickereien  und  Vieh  mit  schweren  Zollerhöhaogea 
belastet  (vgl.  die  ÜeberHicht  in  Bd.  I  S.  418 — Nach  .len  deutHchen  QueUe» 
betrog  der  schweiterische  Verkehr  mit  Deatschland  in  Millionen  Franken: 


Ein 

fuhr 

Ausfuhr 

brutto 

netto 

brutto 

netto 

1882: 

173,8 

154,8 

175,« 

87,4 

1883: 

172,» 

155,3 

179,8 

87,3 

1884: 

178,8 
144,8 

159,» 
136,1 

151,& 

84,8 

1885: 

136,0 

83,4 

1886: 

152,» 

140,s 

155,1 

77,a 

Dank  der  seit  Ende  1886  allgemein  sich  anbahnenden  Besserung  der  Preis» 
und  liimit  'ier  gesammten  Lage  des  Weltmarkte«,  hat  sich  auch  unser  Verkehr 
mit  Ueuthclilaud  von  1887  an  wieder  um  ein  weniges  gehoben.  Eine  entschiedene 
Wendung  zum  l^ieeren  ist  jedoch  erst  nach  dem  Einlenken  DentsoUanda  dnroh 
den  ZnaatSTertnig  vom  1.  Januar  1889  eingelreten.  Biet  geht  «m  dMi  Eingangs 
ndtgetlmilten  Ziffern  deutlich  genug  hervor.  Kamentlich  hat  der  «cbwwserischo- 
ühreniexport  in  den  letzten  zwei  Jahren  einen  ungeahnten  Aufschwung  genommen. 

Inzwischen  hat  nicht  nur  Rußland,  sondern  aucli  Nordamerika  und  Frank- 
reich die  Schutzzollpfjlitik  su  sehr  auf  die  Spitze  getrieben,  daß  bei  längerer 
i^'ortdauer  der  gesammte  Weltverkehr  eine  rückläufige  Bewegung  antreten  müßte. 
Dem  gegenüber  flieht  lieli  Hittelenropa  zn  einem  engem  ZnoamniMiMhlaß  förmfidi 

genöthigt,  nnd  auch  Frankreich  durfte  auf  die  Dauer  nicht  umhin  kVonen,  dieser 
Tendenz  starke  Kouzessioneu  auf  .seineu  dernialitren  Tarifprojekten  zu  niarben. 
Jedenfalln  darf  eine  weitere  Annäherung  zwischen  der  Schweiz  und  Deutschland- 
Oesterreich  mit  Zuversicht  erwartet  werden  (ge><chriebeii  Anfange  Mai  1881). 

Da  auf  Seite  439  des  I.  Bandes  dvr  HandelHvcrtrag  vom  Mai  1881  mit- 
getlieilt  worden  nnd  seitdem  (11.  Kovembw  1888)  ein  Zusatzvertrag  zn  Stand» 
gekonmen,  folgt  hier  auch  der  Wortlaut  des  letztem. 

Artikel  1.  Die  in  dem  heilirgentlen  Tarif  1  liezcii  luiMtt-n  Gegenstände  huel- 
zerisc'her  Herkunft  oder  Fabrikation  werden  bei  ihrer  tluiluhr  m  Deutschland  za  den 
durch  diesen  Taril"  festge^itellten  BedinKun(?en  zugelassen. 

Die  in  dem  beilietrenden  Tarif  -2  hczeiehneteri  (lepenstfinde  deutscher  Henkunft 
oder  Fabrikation  werden  hei  ihrer  luiilulir  in  die  Schweiz  zu  tleu  durch  diesen  Tarif 
fsstiyrestellten  Bedin|;un|;en  zugelasi^en. 

i\rtikel  i.  a.  Der  im  Artikel  (>  lit.  a  de.s  l>oslehenden  Vertrags  vereinbarte  zull- 
firele  Veredelungsverkehr  filr  Garne  zum  Stricken  winl  auf  Game  zum  Zwirnen  aas- 
gedehnt, b.  Der  im  Artikel  (>  lit.  d  des  bestehenden  Vertrags  vereinbarte  zollfreie  Ver- 
edelunfnverkehr  für  Seide  zum  Färben  wird  auf  £>eide  zum  Umtärfaeo  ausgedehnt 
e.  Ein  Nadiwe»  der  einhehnischen  Erzeugung  der  zvro  Zweck  des  ^rbens  oder  tJm- 
fiirbens  in  das  aniicie  Gebiet  ausgeführten  Seide  wird  nicht  verlanj^t 

Artikel  3.  Der  gegenwärtige  Zusatzvertrag  soll  vom  1.  Januar  188U  au  in  Kraft 
treten. 

Der  Vertrag  vnm  2:5.  Mai  1881  mit  den  diin  h  den  ».'c^'unwärtipen  Zusatzvertrag 
herbeigeführten  Aenderungen  und  Ergilnzuugen  soll  bis  zum  1.  Februar  ISi^sS  in  Kraft 
bleiben. 

Im  Falle  keiner  der  veHni-^srhlirL^cndcn  Theile  zwölf  Monate  vor  diej^em  Tage 
seine  Altsioht,  die  Wirkungen  des  Vertrages  auüiöreu  zu  lassen,  kundgegeben  haben 
sollte,  bleil)t  derselbe  neb^t  den  erwühnlen  Aendermigen  and  jSrgSnzungen  bis  zum 
Abiauf  eines  Jahres  von  dem  Ta^'e  ab  in  Krat>.  nn  welchem  der  eine  oder  andere  der 
vertragschließenden  Theile  ihn  sreküudigt  liabeii  wird. 

Artikel  4.  Gegenwärtiger  \>-tirag  soll  ratilizirt  and  die  Ratülkationsurkundai 
aolleti  -pfdestens  am  .'{l.  Dezember  ISSS  in  Hrrlin  ausgeweclis>  lt  werden. 

Zu  Urkund  tlessen  haben  die  beiderseitigen  Bcvullmachligten  diesen  Vertrag  unter- 
sekhnet  und'ibre  Si^l  belgedrfickt. 


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Deutschland 


—    107  — 


Deutschland 


Anlag«  1.  —  ZMItllM  M  i»  ElnMir  In  DMrtMhlMd. 

hüMktt  MUuif  Artikel  Z«ll  ßr  IM  kf^ 

Nr.  Mark 
9  e,  1  d     BaumwoUengarn,  eindrüblige«,  roh,  flb«r  Nr.  60  enf^bdi  .  .  90 

e     Baumwollenparn.  oindrfihtifre-,  roh.  Ober  Xr.  79  englisch  .    .  06 
2  c,  5       Baumwollengarn,  zweidrüliliges,  wiederholt  gezwimtiMt  roh,  ge- 
bleicht, gefärbt;  auch  accommodirter,  zum  Eiozeltei^anf 

herporirhteter  Baumwollenzwirn  jeder  Art   70 

aus  2  d,  3    RauiiiwoUeiigewelie,  rohe,  undichte   120 

aus  2  d,  t;    Stickereien,  baumwollene   .    .  300 

ans  15  hf  i  MüUereimasphIn<-n ,  elektri.«  hf  Maschinen,  Baumwoll-pinn- 
maschinen,  Webereimast liinen ,  SchifTsmaschinen,  Dampf- 
maschinen, Dampfkanel,  Maadiinen  für  Holzstoff-  und  Papier^ 
tabrikation,  Werkzeugmaschinen,  Turbinen,  Transmissionen, 
und  zwar  je  nachdem  der  Oberwiegende  Bestandtheil  gebildet 
wird: 

a.  aus  Holz  ,  .  .  .  .  8 

b.  an«  Gußeisen   3 

c.  Mii-  s<-|iiiiieill);ir('m  Kist-n     ..........  5 

ferner  d.  auä  anderen  unedlen  Metallen    ,   8 

ans  15  b,  9  Dnmpfhiasehinen  und  Dampfkenel  zat  Verwendung  beim 

'ji  'sbau   fi-ei 

aus  !)iO  a     Gewalztes  Gold   iOO 

90  d       Tasebenubrra,  Werke  und  Gehftuse  zu  eolchen;  Ein  StQek 

1       in  goldenen  Geh.iu>t  n   0,60 

9        in  silbernen  Gehäusen,  auch  vergoldeten  oder  mit  vergoldeten 

oder  plattirten  RAndern,  Bfl^ln  oder  KnOpfen  ....  0,60 

3        in  Gehäusen  aus  itndr-ren  Metallen   .    .    .  | 

9       Werke  ohne  Gehiiuse  >  0,40 

4  und  b       Gehäuse  ohne  Werke  I 

100  kg. 

22  i        Stickereien,  leinene   150 

25  o        Käse  aller  Art   90 

aus  30  a     Floretseide,  gekrmimt,  gesponnen  oder  gezwirnt,  jedoch  nicht 

geiaht  <   frei 

30  d       Zwirn  aus  Roliseide  (Nähseide,  Knopflocheeide  ete-)t  geftrbt 

und  ungefärbt   150 

ans  30  e,  t   Waaren  ans  Seide  oder  Floretseide   600 

aus  30  e,  2   Stirkcrtien,  seidene   600  . 

aus  30  e,  3  Bänder  mit  offenen. Geweben'^): 

seidene   800 

halbseiilcne   ■['>() 

auü  30  e,  3  Seideubeutcltuch   600 

aus  30  f    Bänder  anderer  Art  aus  Seide  oder  Floretseide,  in  Verbindung 

mit  P.uiiiiwollc,  Leinen,  Wolle  etc   450 

41  c,  3  a    Wollengaru,  roh,  einfach   8 

41  c,  3  b    Wollengam,  roh,  dublirt   10 

aus  tl  d.  7  Stickereien,  wollene   3'X) 

B&treÜend  den  Transit  a.  Seite  315  im  III.  Band  die  se^i  Werkes,  Der 
Veredlungaverkehr  kommt  erst  im  Supplement  unter  „V"  zur  Darstellung. 

Anlage  Z.  —  Zollsätze  bei  der  Einfuhr  in  die  Schweiz. 

Mmittr.Thrir                                Artikel  Z«ll  ur  p^o  kg» 

Nr.  Fr. 

aus  17  a     Amiimi.'  eiiischlieLlich   Hei-,-t.irke,  roh  und  genjstet,  Slürke- 

gummi  (Dextrin)   0,60 

Bau-  und  Nutzbolz  in  der  Längenrichtung  gesägt  oder  gespalten 
(Schnittwaaren,  Schindeln  etc.): 

54                 eichenes    0,40 

54  a              andere.«   0,70 


"t  Uuler  offenea  0«w«b«n  tiitd  lokb«  venUnden.  in  dunen  tlie  £ntf«niun||  tod  «ifienrKcttmlMn*- 
amm  radem  gMtMr  tot,  mU  di«  Oidu  4««  FtAtm  •flbit. 


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Deutsehland  lOd  DienalboteDsebttlen 

U%HiK.  Tarif  Artikel  MI  llr  W  ks. 

Nr.  Ft. 
am  71        Grobe  Korbfleehterwaaren,  von  geschälten,  gespaltenen  Rothen, 

von  Rolir  oder  Holzspänen,  gebeizt  o  li  r  un^'i  Jf  izt    ...  1) 

73  tirobe  BQrstenbinderwaaren,  in  Yerbiudutii;  mit  Holz  oder 

Eisen,  nicbi  lackirt,  nicht  polirt   S5 

74  Feine  BarstenhindenrMren   SO 

79         Hopfen   4 

aus  170        Portland-Cemenl   0,70 

323         KaiTeesurrogate  aller  Art,  in  trockener  Form   6 

245         Zucker,  raffinirter.  in  Uaten,  Platten,  Blöcken  oder  Abfällen  8,50 

24«)        Zucker,  rafBnirter,  geechnitt^a  oder  fein  fepnlvert  ....  10 

ans  247         Bier  in  Fässern   4 

253         Naturweia  in  Ffissern   3,50 

159        Andere  fette  Oeie*),  mefat  mediainieche,  aller  Art  in  Ftaera; 

Pflnnzenwach«*   1 

aus  266         Faserstoffe  zur  rapiyrläbrikation,  in  nassem  Zustande  .    .    .  I,i5 

Papierwische   40 

283  Baumwollgarn  auf  Spublen,  in  Knäueln  oder  kleinen  Strängchen 
(för  den  Detailverkauf  hergerichtet),  sowie  drei-  und  mehr- 
fach gezwirnte,  gefärbte  Game  in  StriDgen  ......  35 

auä  287         Sammetartige  Gewebe  aus  Baumwolle   40 

351         Elastische  Gewebe  aller  Art  aus  Kautschuk,  in  Verbindung  mit 

Baumwolle,  Wolle,  Seide  p.  p   iO 

357         Feine  Stroh-,  Rohr-  und  Bastwaaren   60 

aus  358        Kleidungsstflcke  nnd  Ldbwtoche  and  andere  f<n1ite  Waaren 

ni'  N  ihurbeil  au-?  Baumwolle   00 

aus  360         KJeidunKsstQcke,  Leibwäsche  und  andere  fertige  Waaren  mit 

NAhartieit  ans  Seide  nod  HalbscM«   ISO 

362         Herrenliiite  aller  Art,  ansgerOstet  (gamirt)   125 

auä  370         Pferde  ,  per  StQck  3 

390        Bettfedera   7 

411  a      Lampen,  fertige,  ganz  oder  theilweise  zusammengesetzt    .    .  25 


Tl!>MHtbotenschnlpn.  Eine  Anstalt  dieses  Namens  besteht  in  Lenzbnrg  seit 
1.  Oktober  l>j89;  eine  zweite  int  am  1.  Mai  1891  in  Bern  erölTbet  worden. 
Beide  Anstalten  sind  gleich  der  Haashaltungsschnle  in  Buchs  bei  Aaraa  Schöpfungen 
4es  schweinriadien  getnwnntttsigmi  Fraitenvereine.  Projekttrt  sind  Xhnlidhe  ibiatitnto 

in  Zürich,  St.  Gallen,  Herianu,  Chur.    Damit  bewegt  aieh  der  Bchweizerische 

^nieinniitzige  Frnuenverein  anf  einer  Bahn,  welche  zu  großen  Erfolgen,  ja  in 
ihn  Tri  (•'nrlzial  zur  Obligatorisirung  des  HauahaitungsuDterrichtes  iUr  alle  M&dchen 
fiihreu  muli. 

Dem  Pnwpokt  der  Sohnle  in  Lenzburg  entnehmen  wir  folgende  IDttheilangen: 

Der  Zweck  der  Schule  ist  ein  doppelter: 

1.  unbertiiltclten  Mrult  li.-ri  wird  Gelegenheit  geboten,  sicli  für  den  dienenden  Beruf 
in  allen  Arbeiten  Hus/.ui)ilden :  2.  soll  dem  stets  zunehmenden  Mangel  an  braven,  tüchtigen 
Dienst rHädchen  abt^eholfen  werden. 

Der  Plan  der  Schule  ist  folgender: 

Ls  werden  je  12  Schülerinnen  aufgenommen.  Die  Lehrzeit  dauert  drei  Monate; 
das  Lehrgeld  beträgt  60  Fr.,  Kost  und  Logis  inbegriffen  und  soll  beim  Eintritt  der  Vor- 
steherin bezahlt  werden.  Jede  neu  eintretende  Schülerin  hat  ein  Leumundszeugnift  und 
den  Heimathschein  abzugeben.  An  gezeichneter  Wäsche  soll  mitgebracht  werden: 
4  Hemden.  4  Paar  Strümpfe,  i  Schürzen,  etliche  Wascblücher.  Ferner  2  Paar  gute 
Schuhe.  Während  der  Lehrzeit  erhalten  die  Schülerinnen  Unterricht  in  allen  Geschäften 
einer  bnrgerliehen  HanshaltunK.  das  Kochen.  Putzen,  Waschen,  Glatten,  die  einfaehe 
Näh;irl'»'it,  dris  Flicken  und  den  tJennlsrhau  inbegriffen. 

Sittlich  religiöse  Anregungen  fehlen  nicht  Eine  Hauptaufgabe  der  Vorsteherin  ist, 
den  Sinn  fHr  Odnungt  Fleifi,  Reinlichkeit  und  anaUlndiges  Betragen  ni  wecken,  Aber* 
hnupt  <  im  II  i^tcn  Einfloß  anf  den  Charakter  der  Sefafllerinnen  aussuflben. 

•)  ABdm  »U:  UUvnei  in  tVMem  md  B|»eiH«l  ta  VlaMhcm  od«r  Bteehgvllneii  (Po*,  itit  u.  SM). 


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Dienstboteiiscbulea 


109  — 


Ürahtseilbabneii 


Um  die  angehenden  Dienstinägde  auch  lür  den  Zimmerdienst  in  komforlablea 
Räumen  einzuüben  und  ihre  Kenntnisse  im  Küchendienst  zu  ervreitorD,  wwden  diMelboi 
Jeweils  den  Frauen  des  Vereins  zur  Aushälfe  in's  Haus  gegeben. 

Jedem  nach  beendeter  Lehrzeit  aus  der  Schule  austretendem  Mädchen,  das  eine 
▼ODi  FraiieiiTereüi  ▼ersehtifll«  Stelle  flbemimmt,  werden  bei  gutem  Voiialten  10  Fr. 
ausbezahlt. 

Jählich  werden  b  SchUlehnnen  ganz  anentgeltlich,  einige  su  ermäßigtem 
Lehrgeld  angenommen. 

Die  Frequenz  der  Anstalt  it»t  derart,  daß  uicht  alle  Anmeldangen  berllck- 
Biobtigt  werden  kSnnen.  Die  Plasirong  der  ZCgUnge  begegnet  keinen  8ebwi«rig- 
keiten,  denu  die  ^Nachfrage  nadl  guten  Dienstb  t  ji  ist  stete  groß.  Die  Scbnle 
wird  von  Behörden,  Vereinen  nnd  Privaten  snbventionirt. 

DiskontollSWdgangen  (Elrgänzung  der  Mittheiluageu  auf  Seite  449  1.  Bd.). 

Genf       Basel       Zürich    St.  Grellen  Diir<  bschnitt 


1861—1870 

4,47  7o 

4,ss  % 

4,73 

^0       4,5»  7o 

4,ai  »/ 

0 

1871—1880 

3,8a  7o 

3,M  > 

3,». 

'O      4,04  °'o 

3.84 

0 

1881—1890 

3,47 

'o 

Im  Aoelaad  war 

der  Diakontosats 

im  Mittel  der  Jabre 

Ftankr, 

Belgien 

Italien 

England  Dentsehl. 

Schweis 

1861—1860 

4,16 

5,8» 

4,11 

4,3» 

4,18 

1861—1870 

3, »5 

3,«3 

5,91 

4,2a 

4,57 

4,61 
3,04 

•  1871—1880 

3,76 

3,61 

3,n 

4,7» 

3,S4 

3^0 

4,84 

1881—1885 

3,»4 

4,eo 

4,ss 

3^1 

1851—1885 

d>B7 

3,»o 

5^T 

d,»i 

4,40 

444 

1885 

3,00 

3,28 

5,88 

2,93 

4,11 

3,0» 

1886 

3,00 

2,76 

4,71 

3,06 

3,27 

3,05 

1887 

3,00 

3,10 

5,50 

3,4a 

3,41 

2,08 

1888 

8,10 

8,tT 

3,00 
3^0 

3,00 

3^0 

1889 

3,10 

3,»4 

3,00 

3,90 

1890 

3,00 

3,so 

4,55 

4,52 

3,88 

Für  die  Schweiz 

»u\(i  die 

Diskontosätze  der 

Hauj>tbanken   in  Base 

•I,  Genf 

nud  Zürich,  fdr  Frankreich  diejenigen  der  Banque  de  France,  für  Deutschland 
der  Deutschen  iieich^bank,  für  Belgien  der  Ban^ue  nationale  und  für  England 
der  Bank  of  England  maßgebend. 

Drahtseilbahnen.  Ende  1889  bestanden  nach  der  schwdaeriaohen  Eisen- 
hahnotattfltik  folgende  10  DrahtoMlbahnen:  Beatenbergbabn,  Biel>HaggUngen-B., 

Bttrgeustockb.,  Qießbachb.,  GUtschbahn  in  Luzern,  Lausanne-Oochy-B.,  Lugano- 
Stadt-Bahnbof,  Marziübahn  in  Bern,  Territet-Glion-B.,  Züriehbergbahn  (Liminat- 
qnai-Zörich-Polytecbnikiim).  Im  Laufe  des  Jahres  1890  sind  hinzngekommen  die 

Salvatorebahu  und  die  Eclusc-i^lan-lialin. 

Lansauue-Ouchy  hat  die  größte  Länge  (24öo  m),  die  Marziii bahu  die  ktirzebte 
(105  m). 

LausaDne^dndiy  bat  eine  Spurweite  Ton  1,435  m,  die  Harnlibalin  von 

0,750;  alle  übrigen  1  Meter. 

Die  mittlere  Steigung  variirt  zwischen  7^>^/oo  (Lausanne-Ouchy)  und  533  ^/oty 
(Bürgenstockbahn),  die  Maximalsteigung  zwisclien  116  ^fm  (L.  O.)  und  575  °/oo  (B.). 

Die  höchsten  kihnnetri^chcn  Anhgel'osten  hatte  die  Züriehbergbahn  mit 
r513,i539  Fr,,  die  kleiut^ten  die  Hiei  Magglingenbahu  mit  27r),5üG  Fr. 

Die  Lautianne-Ouchy-Bahn  hat  11  Personenwagen,  alle  übrigen  nur  je  2. 


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J)r«bt«eObahiMMn 


—    110  — 


Etsnibahiieii 


IM6  ZOriolibeiglwlin  hatte  die  grSßte  Bmendenfrequentt  die  Btti||eiistock* 
kthn  die  kleinste;  dagegen  lieferte  letztere  prozentual  den  größten  Bßtriebe- 
■einnahmenüberschuß  (GdJ^'t  ^/o),  Biel-Magglingen  den  kleinsten  {14,H  °/o)- 

Uie  (Tütschbahn  ergab  die  größte  Kapäolrendiie  (16,10  ®/o)i  die  Biel- 
Mi^lingeiibahii  die  kleinste  (0,28  '^Jo). 

Bei  der  Bflrgemtookbiiliii  und  der  Salvatorebehn  iet  Elektrintlt  die  Betrieb** 
knhf  bei  allen  übrigtiu  Drahtseilbahnen  Wasser. 

Konzedirtr  DrHhtseilbabn;;iro;<;Ä;/<;  sind  Aofaogs  1391 : 

Lausanne-Signal,  Länge  (300  m. 

Lauterbrannen-CrrUtsch,  Länge  1^60  m.   Im  Bau  betindliob. 
St  GttDea-Htthleek,  Ltoge  j»36  m. 
BheiDeok^WelsenliBiueiif  Lange  1200  m. 

Kagatz-Wartenstein,  Länge  761  m. 

Trait-Planches  bei  Montreux,  LSnge  392  m.  ' 
Stana-Stanserhom,  Länge  3740  m. 

Interlaken^Harder,  Länge!  450  m.  Die  zwei  letztern  sollen  durch  Elektrizität 
•betrieben  werden,  die  Übrigen  dnroh  Waeaeigewiebt. 

Durchfuhr  e,  den  Artikel  «Tnueif  «nf  Seite  315  im  HI.  Band  oder 

V.  Halbband. 

Eciuse-Plau.  Drahtseil!  ihn,  erütVnet  am  2  j.  Oktober  1890.  Betriebslänge 
387  m.  Spurweite  1  m.  Maximaisteigung  37ü**,oo.  4  Statiunen:  Ecluse,  La  Boiae. 
La  C$te,  Plan. 

Eichstätten.  (Ergänzung  der  Statistik  auf  Si  ite  474  im  I*  Band.)  Bb 
Ende  1890  haben  folgende  Veriiiideruugen  in  der  Zahl  der  Eichstätten  stattgefunden : 

Bern.  Din  Kichstätte  für  glli«erae  flüaugkeitemaaße  ist  mit  der  ordentlichen 
Eichstätte  verschmolzen  worden. 

Lnaern.  Die  Eichung  der  Torfmaafie  ist  dem  Httlflieiolmieister  für  die 
Eiehnng  der  Qlaigefltee  in  Wanwyl  Übertragen  worden. 

Neuenbürg.    Jetzt  4  Eichstätten. 

St.  Gallen.    Die  Eichstätte  für  eiserne  FlÜHsigkeitsmaaße  ist  angehoben. 

Schaff  hausen.    Die  Kichstätte  für  Gasmesser  ist  aufgehoben. 

Waadt.  Jetzt  2(5  Eichstätten  für  Maaße,  Gewichte  und  Waagen,  und  4 
fttr  hOtieme  Flttssigkeiinnaafie. 

Ganze  Schweiz.  Bestand  der  Eichstätten  am  31.  Dezember  181)0:  Für 
Maaße,  Gewichte  und  Waagen  149,  fiir  j^lä.sprne  Flüssigkeitsmaaße  .'»,  für  alle 
Flüssigkeitsmaaße  8,  fiir  hölzerne  Fltlssigkeitriuiaalje  113,  für  Fässer  3,  für  Gas- 
meiwer  b.  Total  281.  (Die  Eichstätten  in  Bai»;!  und  Zürich  werdeu  iu  der 
Geeammtzahl  nicht  berfleksichtigt,  da  sie  von  den  ordentUehen  Eidhmeistern  be- 
dient werden.) 

Effretikon-Uinweil-Bahn  ist  am  31.  Deiember  1885  in  das  Eigenthnm 

der  Nordostbahn  Ubergegangen. 

Einfuhr  a.  den  Artikel  ^Waarenverkehr"  im  Supplement. 

fiiilftihrESile.  Die  Ergänzung  folgt  im  Soppkment  unter. dem  Seblagwort 
.ZSUe". 

Eisenbahnen  (Ergänzung  des  Artikels  auf  Seite  525  u.  IT.  im  I.  Band). 
Wie  aus  den  auf  Seite  dt-s  I.  Bande-*  entlialtenen  Mittheilungen  ersichtlich, 
verflossen  vom  Moment  der  ersteu  EisenbalinbetriebtieröliDung  in  England  (1826) 
19  Jahre,  bis  über  schweizerischen  Boden  eine  Lokomotive  rollte.  Zwar  war 
eohon  in  den  dreißiger  Jahren  von  Zürieh  aus  mne  Anregung  snr  Erbauung  einer 
Eisenbahnlinie  Zfirieh-Basel  ergangen,  allein  we  mußte  um  so  erfi)lgtaeer  bleibwi. 


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Eiäcubaiiueii 


—    i  n  — 


Kii>«abalmen 


«k  oodi  im  Jabn  1845  ia  BamA  der  Stiadpiiiikt  mafigebend  wsr,  B«m1  wtM« 
MM  «inem  8tep«lp1ats  dm  Tminthud»li  «iw  bloße  Ei— nbahwatttioii,  von  wdoher 

4MU  man  saseben  könnte,  wie  die  Waggons  wub  ein  Paar  Minuten  Rast  mit  dem 
Nutien  nach  Zürich  flOgen!  (Baaler  Zeitung  vom  15.  Juli  1845).  IHt»  Initiative 
in  Zürich  ruhte  aber  nicht,  sondern  verfolgte  beharrlich  ihr  zuimchst  aut  eine 
Schienen  Verbindung  mit  Basel  gerichtetes  Ziel.  Eine  Aktiengesellschaft  konstitnirte 
Mk  am  17.  Jaaaar  ldS6  and  beaohloß^  ein  EapiCal  von  16  MiUkmMi  Fnoken 
anm  Baa  einer  Linie  Ztirich-Badea  aafinriningen.  Das  Kapital  wurde  überzeichnet, 
weil  nur  1  **/o  Einaahlnng  bcfinngen  vnr.  Aln  aber  auf  den  ^l.  Män  1841 
weitere  4  *^lo  erfolgen  sollte,  weigerten  sich  dessen  »»'.)  ^/o  der  Aktionäre  und 
am  5.  Dezember  deii  nämlichen  Jahres  löste  sich  die  Gesellschaft  auf.  So  gering 
war  das  Vertiaaen  in  eine  Sacihe,  die  apitter  so  bedeotungsvoU  werden  «oütel 
Sie  mußte  siofa  eiet  noofa  eine  Beihe  von  Jahren  in  Ibi^uid,  Deutschland,  Frank- 
reich,  Belgien  u.  o.  w.  erproben,  bevor  das  Mißtrauen  des  schweizerischen  Kapitals 
schwand.  Ohne  Zweifel  hat  zur  Beseitigung  desselben  am  meisten  die  Eröffnung 
der  Bahnlinie  St.  Louis-Basel  (französische  Unternehmung),  15.  Juni  1844  bei- 
getragen, denn  eebon  im  nldielen  Jahre  nahm  wieder  ein  Zttriober  (Martin  Escher) 
das  Frojekfc  ZllriiA^fiaden  an  die  Hand.  £■  gelang  ihm  dia  Grttndnng  taueae  warn 
Aktiengeeellschaft  (Mai  1845)  und  dieee  behauptete  sich  nun  trutz  baldiger  Fahnen» 
flucht  einer  Anzahl  WankelmiithiL'f'r,  d-^ß  im  Januar  1816  die  Bahnarbeiten 
begonnen  und  im  Juli  1H17  voUemiet  werden  konnten.  Am  ^M.Juli  wurde  die 
„Nordbahn"  probeweise  befahren.    Sie  hatte  4'692,994  Fr.  gekostet. 

War  Basel  im  Jahra  1845  einer  Bahnverbindung  mit  z£noh  ünndtieh  ge- 
sinnt. 80  beruhte  dies  keineswegs  auf  Abneigung  gegen  die  Bahnen  Uberhaupt, 
Bindern  die  Basier  erblickten  den  Schwerpunkt  ihrer  Interes-sen  in  einer  Bahn- 
linie Basel-*  Ilten- Luzern-St.  Gotthar<i,  und  für  das  Zastandekommen  dieser  Linie 
suchten  hervorragende  Männer  wie  Merian  und  Stehelin  unter  der  Bevölkerung 
Stimmung  zu  machen.  Sie  hxtten  yeimuthlieh  leuMirt,  wenn  niefat  hald  die 
49onderbundswirren  eingetoeten  wXren.  Unmittelbar  nadi  Erledigung  dieser  Zwiste 
wurdeu  die  Eisenbahnfragen  wieder  akut  und  naohdeii  dttroh  die  Bträdesverfassung 
von  IHts,  Art,  21,  dem  Bunde  das  Recht  übertrasren  worden  war,  auf  Kosten 
der  Eidgenossensohaft  öffentliche  Werke  zu  erhöhten,  zu  unterstützen,  zu  ex- 
[»roprüren  sahen  «ch  die  Bundesbehörden  veranlaßt,  geordnete  Rechtsverhältnisse 
in  Besag  mif  das  Eisenhahnwesen  an  ediaffen. 

*)  Der  volle  Worllaul  Ue:i  .4rtikels  war:  Dem  Bunde  sieht  das  Hecht  zu,  im  Interesse 
■der  Eidgenosi^enäehitft  oder  eines  großen  Theites  derselben,  auf  Kosten  der  Eid(ren09sen- 

schafl  öffentliche  Werke  zu  errirliten  oder  die  Errichtung  derselben  zu  unfer-liTIzeii. 

.Zu  diesem  Zwecke  ist  er  auch  befugt,  gegen  volle  Entschädigung  das  Hecht  der 
Expropriation  geltend  zu  machen.  Die  nShem  Bedingungen  faiertber  Meiben  der  Bundes« 
.gesetzge h un vorbehalte n . 

«Die  BurHlesversiiuiiiiuuj;  kunu  die  Krrichtung  nflVutlieher  Werke  untersagen, 
welche  *lie  militärischen  Inlere.-^isen  der  Eidgenos..senschaft  verletsen.* 

Mit  d  iesem  Artikel  h  üte  die  Tagsatzung.  welche  die  Verfa^^^nnf:  v^im  12.  Septi  inluT 
1848  ausarbeitete,  die  Ernclituag  <5n'entlioher  Werke  verschiedener  Art  da  niöj^lich 
machen  wollen,  wo  andere  Kräfte  dafür  nicht  ausreichten.  Man  sprach  bebpielsweise 
Von  wichtigen  Straßenzfigen.  welche  nicht  zu  Stamie  kiimen.  weil  ein  Zusananenwirken 
der  Kantone  fehle,  von  Flußkorrektionen  nach  Art  des  Linth-Unternehniens,  von  einer 
^Va-s4'rstraL>e,  welche  den  Genlersee  mit  dem  Rhein  verbinde.  , indem  hiedurch  ein 

f roßer  Theil  des  französischen  Transits  an  die  Schweiz  übergehen  müßte."  von  der 
Intsumpfung  des  bemisehen  Seelandes  und  der  Urharit^irung  noch  .vieler  Moorgründe, 
welplic  einer  Mas-se  von  dürftigen  Familien  ihr  Aui^komnien  ver><  li;i;iri!  könnten,  während 
sie  dermalen  sich  gezwungen  sehen,  die  Heimat  zu  verlassen  und  in  weiter  Feme  eine 
ZufluchtasUUte  zu  suchen.' 


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läMnbfthiiMi 


Eisenbahncik 


Gegen  das  EaH»  des  Jahres  1849  hSSt»  die  BnndesTenammlniig  eineik 

Beechlaß,  „die  schweizerische  Eisen bahnangelegenheit  betreffeDd",  welcher  den 
Bandearath  beauftragte,  unter  Zuziehung  nnhetheiligter  F^perteti  den  Plan  zu 
einem  allgemeinen  schweizerischen  Eisenbahuuetae  zu  eutwertt  n,  ^  m  liundespi^-Ptz 
über  die  Expropriation  züqi  Zwecke  von  Eisenbahnbauten  nnd  deijgieichen  Antrage 
betreffmd  die  Betheiligung  de«  Bundes  bei  der  AasfUhrung  d«s  Netees  atuni- 
sarbeiteB,  sowie  Uber  die  Aufstellung  der  Konzessionsbedi^gongen  Beriolit  sn 
erstatten  fUr  den  Fall,  daß  die  Ebenbahnen  durch  Privatgesellschaften  errichtet 
würden.  Man  H achte  also  vor  Allem  an  eine  planmäßige  Anlage  der  Schienen- 
wege und  wollte  iOr  letztere  das  in  Artikel  21  der  Verfassung  vorgesehene 
Expropriattoasreeht  für  OffimtUehe  Wsslce  wirksam  werden  lassen;  dabei  blieb 
die  Frafe  offen,  ia  welolier  Weise  der  Bnod  sich  an  Ben  der  Eisenbahnen 
finanziell  betheiligen  aolle  und  ob  der  Bau  PrivatgeseUiohaften  zu  Uberlassen 
wSre.  Kin  ,U.  s.  w.',  welches  der  Au&Khlnng  der  genannten  Aufträge  an  den 
Bnndeurath  folgt,  will  sagen,  daß  in  dem  BeHcblusse  nicht  alle  Möglichkeiten 
bezeichnet  seien  und  es  sich  eben  um  eine  Uatersuchung  humlle;  aber  bemerkens^ 
Werth  ist  jedenftUs,  daß  yon  dem  «Plan  an  «nsm  allgemeinen  adiweiierisehen 
Eisenbahnnetze"  gesprochen  wird  und  daß  dieser  Plan  die  erste  Forderung  des 
Beschlusaes  bildet.  Kurze  Zeit  nnf^hhcr  wurde,  in  AusAlhrung  de**  gleichen  Ge- 
dankens, das  Post-  und  Baudepartement  vom  Bundesrath  ermächtigt,  während 
zweier  Monate  .  Zählungen  hinsichtlich  der  g^enwärtigen  Frequenz  von  Per- 
sonen, Vieh  nnd  Waaren  in  der  Riohtnng  d^  in  EVage  kommenden  Eisenhahn* 
Projekte  ammordnen*  nnd  sich  gleichfalls,  wenn  die  sehweizensche  VolksaKhlnag' 
erfolgt  sei,  „die  Angaben  über  die  Bevölkerung  derjenigen  Gemeinden  geben  an 
lassen,  die  zu  beiden  Seiten  der  projektirten  Eisenbahnlinie  liegen.* 

Ein  Expropriationsgesetz  zu  Gunsten  der  öflentlichen  Werke  Uberhaupt  kam. 
in  BSlde  zn  Stande;  es  trigt  das  Datnm  des  1.  Hai  1860.  Znm  Studium  du» 
Eiaenbahnbanes  aber  wurde  mittlerweile  der  englisohe  Ingenienr  Bobert  Stephenson 
berufen,  und  als  derselbe,  weil  er  dem  englischen  Parlament  angehörte,  erst 
Ende  Au<?ii«t  I  M'iO,  nach  dem  Schlosse  der  Parlamentssesflion,  in  der  Schweiz 
eintretten  zu  k  rnitn  erklärte,  lud  der  Bundesrath  das  Baudepartement  ein,  sich 
xur  Beförderung  der  Vorarbeiten  den  Ingenieur  Gooch  kommen  zu  lassen,  dessen 
Namen  wir  in  den  offiziellen  Bmoksehri^en  nicht  mehr  wiederholt  finden.  Ste» 
phenson  hat  sich  nachher  eingestellt  nnd  einen  Bericht  ausgearbeitet ,  welcher 
zugleich  von  Henrv  Swinburne  aus  London  unterzeichnet  ist  T^:r:  ria  Gut- 
achten iUipr  die  iioanzielle  Seite  der  Angelegenheit  ersachte  der  BundCbrath  die 
Herreu  JLUihsherr  Geigy  von  Basel  und  Melchior  Ziegler  zum  Palmengarten  in 
Winterthor. 

In  der  Instruktion  für  Stephenson  nnd  Swinbnme  lisat  man  neben  Dingen,, 
die  sich  von  selbst  verstehen,  daß  besonders  zu  untersuchen  sei,  „welche  Haupt- 
bahnlinien  zuerst  und  zn  gleicher  Zeit  erstellt  und  wt  ldio  erst  in  künftiger  2ieit 
angereiht  werden  sollen'*;  mit  Sorgfalt  mtisse  auch  hauptsächlich  geprUft  werden,. 
,  welcher  Richtung  «wischen  xwei  miohtigen  Eonknrrenzbahnprojekten  der  Yor- 
ang  gegeben  werden  soll*  und  hier  slhlt  die  Instmktion  fUnf  Alternativen  auf, 
Ton  welchen  zwei  Gegenstand  lebhaften  Streites  gewesen  sind:  es  handelte  mdi 
darum,  ob  Basel  mit  der  Aarlinie  Uber  den  Jura  oder  dem  Rhein  rntlfxnjr 
verbinden  »ei  und  oh  man  eine  Linii'  Zürich- Wintertliur  über  Wcmteidea  oder 
Uber  St.  Gallen  nach  Eorschach  weiterfuhren  wolle.  lu  Kortichach  sollte,  wie 
die  Instruktion  andeutete,  «die  Lnkmanierhahn*  ihren  Anfang  nehmen.  »Die 
Herren  Experten,*  heißt  es  in  einan  eigenen  Artikel,  «werden  auch  befut* 


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Eisenbahnen 


—     U3  — 


Eii't'nhulincn 


auhtou,  ub  ein  Uebergang  Uber  die  Alpen  mittelst  eines  Schienenweges  mit  KUck- 
■iöbt  »af  das  Yerliiiltiiift  der  Eosten  tn  dem  mothmaßlidien  Beioeitfag  aosftthrber 
Mi  und  durdi  weldie  Eometroktioiien  und  Betriebsmittel  solche  Uel<er^'iing(.-  i^ich 

am  zweckmäßigsten  ausführen  lassen.  Sie  werden  zu  diesem  Zwecke  das  Luk- 
manierprojekt näherer  Prüfung  unterstellen  nnd  mit  Benutzung  der  vorhami«  nen 
Materialien  untersuchen,  ob  nicht  ein  anderer  Uebergang  mit  mehr  Vuitheil 
bewerlnteUigt  werd«i  kSnnte.* 

Wie  beantworteten  Stephenoon  nsd  Swineburne  die  an  sie  gestellten  Fragen? 

Zuers*t  allgemeine  Grundsätze  entwickelnd,  hoben  sie  hervor,  daß  die  Land- 
straßen der  Schweiz  t^inpü  Grad  von  Vollkommenheit  erreicht  hätten,  welcher  es 
fraglich  erscheinen  lasbou  könntf^,  oh  unser  Land  der  Anlage  von  Eisenbahnen 
bedürfe,  wäre  nicht  die  Erstellung  von  aolchen  mnd  nm  daaaelbe  hemm  schon 
60  wdt  Torgeaehritten.  Man  habe  aber  jetst  die  Nothwendigkeit  erkannt,  sieh 
der  neuen  HülfBmittel  einer  rascheren  Kommunikation  zu  bedienen  und  walle 
mit  derselben  Hnergie,  welche  schon  diß  Schwierigkeiten  des  Gotthard  und  der 
Via  Mala  übt-rwand,  an's  Werk  gehen.  Solle  nun  ein  Netz  hergestellt  werden, 
da«)  alle  Kautune  umfasse,  so  scheine  es  beim  ersten  Blicke,  „als  ob  die  außer- 
ordentlieh  mannigfaltigen  Intereeeea  einander  widerspreohen  wOrden«  was  daher 
rtlhrt,  daß  im  allgemeinen  d«  Lokalgeist  unfähig  maeht,  den  Blick  über  die 
Grenzen  des  Kantons  zu  erheben,  und  daß  er  sich  dagegen  sträubt ,  die  Frage 
vom  Standpunkt  des  Interesses  der  Kidgenossenschaft  aus  zu  erörtern,  deren 
Wohlfahrt  und  Gedeihen  wohlthätig  bis  in  ihre  kleinsten  Tbeile  zurückwirkt." 
ätephenson  nnd  Syrinbnme  beiseicbneo  daher  die  GeMunrntintereoBeii  nnd  die  taßg' 
liclüt  gleichmäßige  Begünstigung  der  versebiedenen  Landeetheile  als  leitendes 
Prinzip.  Wo  man  von  diesem  abgewichen  sei,  bemerken  sie,  da  haben  sich  grofie 
Nnchtheile  eingestellt  und  sei  das  Eisenbahnwesen  „nur  einigen  PrivÜegirten"  zu 
Gute  gekommen.  Nirgends  habe  dieses  System  ausgedehntere  Anwendung  gefunden, 
ale  in  England  —  ihrem  Heimatland  — ,  da  Anfangs  das  Parlament  anter  der 
irrigen  VoranaaetBang  handelte,  man  k5nne  die  Konkurrena  unter  den  rivalisirenden 
Interessen  nicht  hoch  genug  steigern,  indem  das  Publikum  dadurch  den  größten 
Vortheil  gewinne."  Von  diesen  Wohlthaten  habe  das  englif?che  Publikum  nichts 
verspürt  und  viele  Unternelimungen  »e\en  gänzlich  zu  Grunde  gegangen  oder  es 
trafen  die  schlecht  rcntirendeii  Linien  solche  Einrichtungen,  die  ihnen  gestatteten, 
bei  möglichst  geringen  Ansgaben  das  PnbUkam  so  viel  als  mOglieh  auasnbenten. 
Die  unbeschränkte  Etukurreoa  sei  also  keineewega  gut. 

In  teehnisrhcr  Hinsicht  warnten  die  Experten  vor  einem  zweiten  Irrthum, 
welcher  darin  l  estehtj,  daß  man  bei  Eisenlfuhubauten  die  kürzeste  Linie  als  die 
beste  erklärt  habe  Für  die  Schweiz  sei  das  Feld  noch  frei  und  sie  thue  wohl 
daran,  den  Einflnfi  zn  bestimmen,  welcher  den  BevSlkeningaTerhitltoieBen  bei  der 
Anlage  yon  Eisenbahnen  zukomme.  "Mit  Rfieksioht  auf  das  ^Inrgige  Terrain 
unseres  Landes  empfahl  der  Bericht  neben  der  Lokomotive  die  Verwendung  der 
sogenannten  stehenden  Maschinen  und  schiefen  Kbenen.  Der  gewöhnlich  ebene 
Thalboden  sollte  für  den  Bahnbau  bis  zu  dem  Punkte  verwendet  werden,  wo  die 
Grenze  deijenigen  Steigung  —  16  bis  17  per  mille  —  überschritten  wird,  welche 
Ton  der  LokomotiTe  ohne  Gefahr  und  ohne  m  große  Kosten  begangen  werden  kann. 
Dann  aber  benutze  man,  zur  Vermeidung  langer  und  kostspieliger  Tunnel,  jenes 
andere  Systf-ni,  »  ine  Art  Seilbahn,  bei  welcher  Wasser- W'aggsm'?  verwendet  werden. 

Im  Einzelnen  lieferten  die  beiden  etii^lisel.en  Ingenieure  eine  Kritik  der  zahl- 
reichen Linien,  welche  mau  «ich  damals  als  mögliche  Bustandtheile  eines  schwel- 
leriaohen  Eieenbahnneteee  vorstellte. 

Fsmr,  VottmHrthteliAtlt'LuataD  4«r  Scbweit.  g 


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Eisenbalknen 


—     114  — 


Ei^eobahnea 


Ab  Bheinthallinie  war  in  VonoUag  g«bradkt  eine  Eifeenbehn,  welche  von 
I^asel  nach  Brugg  filhren  und,  bis  Baden  fortgeaetst,  die  kleine  Balm  ZOriek- 

Baden  eri  t  ichen  Rollte,  welche  damals  der  Anfang  zu  einer  ^Nor  Ibahn'  war.  Ton 
allen  iJlitikrn  des  ganzen  schweizeriBcheu  Netzes  hat  nämlich  nach  dem  Wort- 
laut det>  (iutachtenti  keine«  eine  größte  Bedeutung  aL»  dasjeoige,  «welche«  Basel, 
den  großen  Karkt  dw  Sdiweis,  mit  den  Alpenpüssen  nnd  ZUridi,  dem  Hanptiita 
der  ManufiaktariDdutrie,  verbindet."  Diese  Lima  erblicken  aber  die  Experten 
eher  in  der  Hanenateinlinie;  Baael  Bell  adt  IBirich  Uber  Oltoi  verbunden  werden 
und  hf'mi  Hauensteiu  eben  meinten  sie  die  schiefen  Ebenen  nützlich  anwenden 
zu  köuuen.  Von  der  Verbindung  des  Aarethalt»  mit  Luzem  sprechend,  nennen 
flie  die  Linie  von  Basel  nach  dem  Aaretbal  den  Schlüssel  des  ganzen  Eiaenbahn- 
netaes,  welobe  Linie  nalttrlidk  die  VerUngerang  naob  Lnaem  bedinge.  „Da 
Luzem",  heißt  ea  wörtiicb  in  einem  interessanten  Satze,  der  für  Zürich  nach 
den  Enttäuschungen,  welche  die  Gotthardbalin  ihm  bereitete,  einen  bittern  Bei- 
geschmack erhält,  „da  Luzem  das  westliche  Thor  znm  St.  Gotthardpaß  ist,  ho 
ist  es  von  groijer  Wichtigkeit,  daß  die  Linie,  welche  tiahm  tüiirt,  sich  ho  sehr 
als  mttglioh  der  Beyölkemng  des  Westens  nähert^  weldie  natllrlidMr  Weise  dieaen 
PasHC  zuströmt,  wie  die  industrielle  Bevölkerung  östlich  von  Aarau,  vermSge 
filier  leichten  Kommnnikatiou.  dem  Splügen  sich  zuwendet.  *•  Nicht  sympathisch 
verhält  sich  das  (nitacbten  zu  einer  Verbindung  von  Bern  mit  dem  Geni'ersee 
wegen  der  Ungunst  des  Terrains  westlich  Freiburg.  Ks  wünscht  eine  große 
Stammlinie  von  Westm  nach  Osten,  aber  diese  sacht  es  anf  dem  Wege  vom 
Genfenee  imeh  Yverd<m,  Sol(^nm,  Ölten  n.  s.  w.,  wobei  awischen  Tverdon  nnd 
Solotbnm  die  Wasserstraßen  benutzt  werden  sollen,  da  die  Dampfschiffe  erster 
Klasse  eine  Schnelligkeit  besitzen,  welche  nur  sehr  wenig  von  derjenigen  eii\es 
Eisenbahnzuges  abweicht  und  es  unnütz  sei,  «die  öffentlichen  Hülfsquelleu  eines 
Landes  für  Eisenbahnen  zu  verschleudern,  wo  treffliche  Wasaerstraßeu»  mit  denen 
die  Schweiz  von  Natnr  so  rechlich  begabt  ist,  besatat  werden  kttnnen*.  Ton 
dem  über  eine  Linie  Zürich -Horschach  Gesagten  verdient  erwähnt  an  werden, 
daß  'Wf  Kxpi-rtcn  empfehlen,  dieselbe  Uber  K!t)ten  zu  flihren.  Skeptisch  verhalten 
sieh  Stephennoii  und  Swinbiirne  zum  Liikuianierprojekt.  Sie  prüfen  dif  Vorschläge 
i^a  Nicoa's  und  üudeu  die  Hiudernisse,  welche  »ich  der  Technik  eutgegenstelleu, 

sehr  groß.    Wae  die  finanaiellen  Opfer  betrifit,  so  fürchten  de,  daß  dieselben 

„keineswegs  durch  die  awischen  dem  Norden  nnd  Süden  der  Alpen  beistehenden 
Haiidelsverhiiltni<«e  gerechtfertigt  würden".  „Da  ül)rigens",  sagen  sie  zuletzt, 
„der  Hauptanthcil  dieser  Linie,  falls  sie  hergestellt  und  mit  mäßigen  Taxen  betrieben 
wird,  Deutschland  und  Sardinien  zufallt,  so  i^t  es  weniger  nothwendig,  di^lbe 
ala  einen  Theil  dea  aehw^risehen  Metaca  an  behandeb^.  Zwisohen  ZOridi  und 
Wallenatadt  wollen  die  Experten  eine  Eisenbahn  nicht  anlegen,  die  Terrain- 
sdiwierigkeiten  aui  Wallenaee  fürchtend  und  weil  hier  natürliche  Wasserstraßen 
bestehen;  auch  die  Linth,  meinen  si«  nämlich,  kannte  für  Dampfschiffe  fahrbar 
gemacht  werden.  Vom  Bau  einer  Eisenbahn  zwischen  Lugano  und  BeUiozooa 
rathen  sie  ab;  sie  sehen  wegen  der  ungewöhnlichen  Schwierigkeiten  der  Her* 
Btellnng  nnd  des  Betriebs  den  Bnin  eines  solehen  Unternehmens  voraus. 

Auch  über  die  Rentabilität  eines  schweizerischen  Eisenbahnnetzes  enthielt 
das  Gutachten  der  technischen  Kxperten  «-inige  Angaben.  Es  st*»nt  als  Krfahrungs- 
»atz  auf,  daß,  .«ühald  sieh  die  Kosten  einer  Linie  auf  läU — 2.'>ü,00ü  Frauken 
per  Kiiumeter  belaufen,  der  jährliche  Ertrag  ungeiahr  ein  Zwölftel  der  Herstellungs- 
kosten sein  müsse»  wenn  das  aufgewendete  Kapital  vier  Proaent  abwerfen  solle, 
"  und  es  spricht  die  Ueberzeugung  aus,  daß  die  Linien  von  Ölten  nach  Basel, 


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Eismbahneii 


^on  Zürich  nach  Solotharn  uod  vittllmoht  auoh  dtejeiuge  von  Zürich  nach  Kor- 
Bchach  sojfleich  aiisgefilhrt  werden  können,  •yhu*'  ein  allzu  großes  Kapital  in  Anspruch 
zu  nehmpn.  ,  Diese  Linien-*,  liest  man,  „g  beri  gegründete  Aus*»ichteü  auf  einen  hin- 
reichenden Ertrag,  selbst  w(>nii  der  übrige  Theil  de^  Netzes  nicht  aogleich  aus* 
.geführt  werden  eollte."  Dagegen  wird  die  Errichtung  einer  Linie  Biuea-LoctirDO 
nicht  bestritten  und  desgleioheo  nicht  Tetaehicdene  Zweigbahnen  wie  Bem-Thnn, 
Bern-Lyß,  Wallen8ta<lt- Sargana  u.  s.  w. 

Stephennon  nnd  Swinbnme  verwerten  —  wenn  wir  Alles  (resfi^te  kurz 
zusammenfassen  — ,  dan  Prinzip  der  freien  Konkurrenz  im  hinten  bahn  wesen  und 
stellen  dasselbe  nach  den  Erftkhmngen  Englands  ab  ttberwiioden  dar.  An  seiner 
-Statt  empfehlen  sie  die  planmißige  Anlage  eines  Ketaea»  von  welchem  snerst 
die  wichtigsten  and  einträglichsten  Stränge  gebaut  werden  mttftten,  an  die  nich 
dann  spfitcr  weitere  anlehnen  könnten.  Manche  Bedenken,  wo  sie  «solche  Sußerten, 
mögen  heute,  i>ei  einem  hoheru  Stand  dar  Technik,  belächelt  werden,  aber  gewiß 
versagt  den  b^xperten  niemand  das  Zeugniß  des  freien  Blicks  und  der  weisen 
Umsicht. 

Die  Finanzexperten  Gdgy.and  Ziegler  kamen  ebenfalls  zur  Bejahaog  der 
Frage,  die  wir  heute  für  selbstverständlich  halten,  die  es  aber  zu  jener  Zeit 
groß<*n  Theilen  de«?  Schweizervolk«»  noch  keine-^^vf'^rs  war:  daü  Eisenhahnen  gebaut 
werden  sollen.  Dabei  sei,  erklärten  »ie,  der  iiauptnutzen  in  der  Erleichterung 
nnd  Belebang  des  Verkehrs  der  Einheinmisohen  anter  sich  nnd  mit  dem  Ansland 
zu  suchen.  Dem  Transit  legen  sie  nur  darum  Werth  bei,  weil  „wir  es  dahin 
bringen  können,  daß  die  Waaren,  welche  aus  England  und  Holland  nach  der 
östlichen  Schweiz  gehen,  anstatt  auf  den  badischen  und  wUrttembert>:i»theu  Bahnen 
auf  den  unserigen  geführt  werden".  EigenthUmliob  berührt  es,  wenn  mau  in  dem 
•Gtitachten  unter  Bemfang  aof  belgische  Btaatsreohnongen  widerlegt  findet,  daß 
nach  ErOffinnng  des  Eisenbahabetriebs  die  Landstraßen  keineswegs  der  Yerfkinng 
anheim&llen  werden  und  der  Ertrag  der  Briefpost  einen  großen  Ausfall  erleide, 
letzteres,  weil  die  Verkehrswelt  öfter  in  persönliche  Berührung  treten  und  Ge- 
schäfte seltener  durch  Briefe  abschließen  werde.  Kehrten  sich  aber  die  linuuzielien 
Experten  gegen  Vorurtheile  dieser  Art,  so  hielten  sie  gleichwohl  für  unmöglich, 
daß  in  der  Schweis  Eisenbahnen  mittelst  der  freien  Kcnknrrena  yon  l^Tat« 
.gesdlschaften  ohne  Betheiligung  des  Staates  entstehen  kSnnten.  Znr  Begriimlung 
dieser  Ansicht  wurde  auf  zahlreiche  französische  Bahnen  hingewiesen,  welche  nich 
in  Geldnöthen  oder  in  Liquidation  befanden,  auf  die  Kntwertliung  englischer 
Eisen bahnaktien  und  aui  den  allgemein  herrschenden  Zustand,  .daß  sich  die  Zahl 
der  Darlehen  anf  den  Ertrag  der  Eisenbahnen  ungemein  vermindert  hat.*  Bessere 
Erscheinungen  wären  in  der  Schweis  nicht  m  «rwartcn,  denn  die  Zttrdier  Nord- 
bahn  (Zürich-Baden)  sei  trota  der  ach9nsten  Hoffnungen  und  Voranssagangsn  nicht 
■einträglich  geworden. 

Waren  beide  Experten  von  der  Nützlichkeit  des  Eisenbahnbauen  in  der 
Schweiz  überseugt,  so  gingen  ihre  Ansichten  auseinander  in  der  Frage,  von  wem 
die  Bahnen  gebaut  werden  sollen.  ranpfahl  den  Bau  und  Betrieb  der 

Bahnen  als  gemeinschaftliches  Unternehmen  des  Bandes  nnd  der  betreil«  n  Ir  q 
Kantone.  Das  benöthitrtt^  Kapital  sollte  nach  seinem  Vorschlagre  durch  AuHf,'ahe 
von  Obligationen  ä  öüü  Fr.  zu  3'/2  '^.^o  Zins  gefunden  werden,  wobei  der  Hund  mit 
7»  und  die  Kantone  mit  ^/s  Garantie  leisten  sollten.  Bei  einem  höheren  Ertrag 
als  4  sollte  der  üeborschuß  zur  Hälfte  den  ObUgationenbeeitaem,  zur  Hälfte 
einem  Reservefonds  zugewiesen  werden.  Z/g/y/er  beantragte  den  Bau  durch  Frivat* 
.geeellsehaften,  wobei  der  Bnnd  und  die  betheiligten  Kantone  auf  60  Jahre  hinaus 


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Eisenbfthn«» 


—    116  — 


EbeDlmhnem 


«HM  ZiDsengarantie  von  3'/j  ^  o  za  Ubeniehtnen  liKtten.  Dem  Buodearatll  wollto^ 
er  ein  Autsiihtsr*  i  lit  über  den  Bau,  den  Betrieh  tind  das  Re<:himng8weßen  der 
Bahnen  gewähren,  suwie  (zugleich  mit  den  ziusengarantirenden  Kantonen)  eine- 
Vertretung  in  den  Eisenbahnverwaltiuigen. 

Geigy  hingegen  sagte,  der  Sats,  daß  das  FriTatintoresse  immer  kräftiger 
vertreten  und  beaeer  besorgt  sei,  als  das  StaatsinteresBc,  lasse  sich  auf  die  Eiaen* 
bahnfrage  nicht  anwenden;  es  gebe  anch  nachlässige  und  eigennützige  Privatbahu- 
gesellscbaften  und  anderseits  geordnete  und  gemeinnützige  Staathhahnverwaltungen : 
die  Eisenbahnen  seien  nur  vollkommenere  Straßen  und  Postemricbtungeu,  und  i » 
eei  nicht  etomaehen,  wefthalb  die  Verkehninittel  aaf  ihrer  hshern  Stufe  nieht 
in  dati  unbestrittene  Grebiet  des  Staates  gehdien  soUten,  wie  da«  aof  ihrer  niedarn 
Stufe  der  Fall;  inmitten  der  Konkurrenz  verschiedener  Länder  um  den  Transit 
könnten  die  Eisenbahnen  nor  in.  der  üand  des  Staates  ihre  volle  Bedeatnng  und 
Nützlichkeit  entfalten. 

«Wir  sind  nnn  bald,*  sagt  Geigy,  „von  allen  Seiten  mit  Btaatsbahnen  um« 
geben,  wurden  wir  inAl  in  allen  VerhSltnisseD  dnreh  das  Ulttel  der  Privat- 
gesellschaften das  Gleichgewicht  halten  können?  .  .  .  Das  neue  und  jetzt  schon 
wichtige  VerkehrHniittel  wteht  noch  am  Anfange  seiner  Entwicklung.  Niemanl 
vermag  die  Wirkungen  und  Vervollkommnungen  zu  ermessen,  welche  da^^ell)rt 
vielleicht  i«chon  in  einer  nicht  ganz  fernen  Zukunft  haben  kann.  Dürfte  e»  nun 
rathsam  sdn,  disses  Mittel  aitf  viele  Jahre  hinans  einer  PrivatgeeeUsehaft  als 
Monoptd  zu  Ubergeben?  Was  würde  man  jetzt  von  einem  Vertrage  halten,  welcher 
vor  fünfzig  oder  auch  nur  vor  zwanzig  .lahren  die  Ponten  nach  dem  Maßstabe 
der  tiamaligen  Verhältnisse  für  eine  lange  Zeit  verpachtet  hätte?  .  .  .  Ich  frage, 
aoU  mau  in  einem  Freistaate  Monopole  geben,  wenn  es  sich  auf  andere  Weise 
ebenso  gut  oder  noch  besser  erreiohen  lltßt?  . . .  Hau  fühlt  wohl,  daß  der  Staat 
bei  den  Eisenbahnen  wie  b^  den  Posten  und  Strafien  ein  gewichtiges  Wort  und 
geradezu  das  entscheidende  Wort  haben  sollte.  Man  8ucht  ihm  darum  auch  durch 
Delegirtf»  7.n  den  Verwalttingsräthen  den  gebührenden  Fintiuß  zu  sichern.  Aber 
die  Stellung  solcher  Delegirten  läßt  sich  kaum  auf  dem  Papiere  klar  bezeichnen,, 
geaehweige  in  der  Wirklichkeit  sicher  behaupten ;  es  bleibt  für  dieselben  bdnahe 
nnr  die  Wahl  zwischen  der  unthätigen  Rolle  eines  Beobaohters  nnd  awischen  der 
gehässigen  eines  Vormondes  .  .  .  Wenn  ste  nur  das  Stimmrecht  wie  andere  Mit- 
glieder des  Verwaltungsrathen  be.sitzpn.  so  werden  sie  dm  Sondt-rinteressen  der 
Gesellschaft  gegenüber  immer  nur  eine  unniiicbtige  Miuderheil  bilden.  ...  Ist  e» 
eine  einzige  Gesellschaft,  welche  die  säuimtlichen  Theiie  des  schweizerischen  Bahu- 
netces  baut  nnd  betreibt,  so  entsteht  ein  ttbermiehtiger  Staat  im  Staat  und  gibt 
fs  verschiedene  Gesellschaften,  so  ist  für  Kollisionen  aller  Art  eine  neue  und  er- 
giebige Quelle  eröffnet.  .  .  .  Belgien  bat  auf  liem  Wege  der  Staatsübernahrnt-  in 
der  kürzesten  Zeit  ein  umfassendes  und  wuliigfordne.tes  Eisenbahnsystem  geschall'en 
oud  diesem  Beispiele  sind  nicht  nur  Staaten  gefolgt,  wie  Baden,  Württemberg, 
Hannover  nnd  andere  mehr,  welche  aar  Heintelinng  von  £iaenbabnen  noch  den 
ersten  Schritt  sn  thon  hatten,  sondern  aueh  Staaten  wie  Bayern,  Oesterreich, 
Sachsen  und  Preußen,  in  denen  schon  die  freie  Konkurrenz  von  Privatgeselltichaften 
und  verschiedene  Betheiligungsarten  des  Staates  in  Anwendung  gekommen  waren. 
Die  Stautsbahnen  betragen  in  Deutschland  schon  mehr  als  den  dritten  Theil 
bämmtlicher  Bahnlinien  und  dieses  Verhältniß  ist  noch  im  Zunehmen  begriflEsn  . .  . 
Beaeicbnender  ist  aber  noch  die  Thatsaohe,  daß  viele  Bsgierungen  selbst  mit 
großen  Opfern  zum  Erwerbe  von  Privatbahnen  geschritten  sind.  Als  Belege  fttr 
diese  Wendung  fUhre  ich  Sachsen  an,  sowie  die  Erwerbung  der  Augsburg-Münchener- 


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Eäsenbahnen 


—    117  — 


EiMübahnen 


Bahn  1844  durch  die  bayerische,  die  Erwerbung  der  ünfrariHchen  Zentralbahn 
■durch  die  österreichische,  und  die  Uebemahme  der  Westpbäiischeu  (Köln-MlDdeD- 
'ThOriogen)  und  der  NiedencUesiaoh^mftrkbohen  Bahn  daroh  die  prenßiiobe 
Regittraiig.*' 

Hatte  Geigy  den  Hamen  Staatsbau  und  -Betrieb  nicht  gebranoht,  so  lief 
-doch  sein  Entwurf  für  die  Organisation  der  „schweizfriKohen  Bahnen"  auf  die 
gleiche  Sache  hinans.  Er  wullte  es  der  BundesbehHrde  anheimgeben,  im  Allge- 
meinen XU  bestimmen,  au8  welchen  Linien  dats  schweizerische  Eisenbahnnetz 
beatmen  «oll,  und  die  Zeitfolge  für  die  Analllhning  feetsnsteUen.  Bau  mtd  Be* 
trieb  jeder  Bahn  sollte  ein  gemeinaehaftKehea  Unternehmen  dee  Bundes  und  der 
an  ihr  betheiligten  Kantone  sein;  nur  wäre  die  Ansftihrunj^  und  der  Betrieb 
besondern  Verwaltungsräthen  übertragen,  weil  es  solchen  leichter  sei,  „«ich 
mit  den  Herren  Bant^uiers  in  Berührung  zu  setzen",  und  diesen  Yerwahungs- 
riLthen  läge  ob,  daa  Kapital  anfininehmen,  was  mittelat  «Biaenbahnpartialen*  ta 
•600  Franken  geiehehen  soll.  Den  Lihabem  der  Partialm  aellte  der  Bond  ein 
-Zinsenniinimum  von  3^/^°/»  per  Jahr  garantiren  und  von  einem  allfälligen  Defizit 
ein  Drittel,  die  Kantone  zwei  Drittel  decken,  üebersteigt  der  Ertrag  aber  .'^'/i^/o 
■und  ist  eine  gewisse  Summe  „fUr  die  Entwerthung  des  Materiellen"  und  als 
Antheil  der  Angestellten  in  Abzug  gebracht,  so  fUlt  den  Inhabern  der  Partialen 
.80  viel  an,  bia  ihr  Zina  4*/o  erreieht;  e^bt  aioh  ein  weiterer  üebenohnß, 
ao  wird  derselbe  zur  Hälfte  den  Inhabern  als  Dividende  anabeaahlt  (daher  dar 
Käme  . Parti nlf^n")  und  zur  Hälfte  dient  er  zur  Bildung  eine«  Reservefonds! 
Auch  von  einem  PirnHionsfonds  nnd  einer  Krankenkasse  fiir  die  Banarbeiter 
ist  anläßlich  dieser  Voretchläge  die  Rede.  Die  Schweiz  wird  nach  dem  Orgaui* 
aationaentworf  in  mehrere  Eieenbahngebieta  eingetheilt,  yon  denen  jedea  aeinen 
VOTwaltnngarath  nnd  sein  Direktorium  hat.  Der  Bundesrath  und  die  Kantcna* 
regierungen  ernennen  die  Verwaltungsräthe,  welche,  den  Präsidenten  ansgenommen, 
der  zugleich  Präsident  des  Direktoriums  ist,  nur  Tag-  und  Reisegelder  beziehen 
und  jeder  V^erwaltungsrath  ernennt  das  aus  drei  bis  vier  Mitgliedern  bestehende 
Direktorinm,  deeaen  Mitglieder  Paohmlinner  aind,  einen  fixen  Gehalt  nnd  einen 
Antheil  am  Ertrage  der  Bahn  erhalten.  Der  Terwaltnngartth  ernennt  alle  An- 
gestellten, deren  fixer  Gebalt  1200  Franken  übersteigt.  Gemeinsam  für  alle 
Eisenbahngebiete  i«t  eine  ständige  Kommiwion  von  drei  gut  honorirten  Beohnnnga- 
revisoren  thätig. 

Als  Voraussetzung  für  die  Erfüllung  seines  Plans  nennt  übrigens  Geigy  die 
Versinsang  dea  erforderlichen  Kapitals  an  einem  mSffigen  Zinsfuß  von  3  V*  oder 

hüchsteiis  -1  ^'n. 

Auch  der  Hasler  ßankdirektor  Speiser  nab:n  für  i^^n  Stintsbau  Partei  und 
es  hat  derselbe  in  <ler  Angelepenheit  Denkschriften  ausgeariieitet,  welche  tax  dem 
•Schlüsse  kommen,  daß  der  Bund  und  die  Kantone  den  Bau  und  Betrieb  der 
Eisenbahnen  gemeinschafllieh  ttbemehmen  sollen,  um  eie  durch  Verwaltnnga- 
behörden,  die  sicli  nnabblngig  bewegen  dürften,  anafllhren  zu  lassen.  Nur  spricht 
■Speiser  nicht  wie  Geigy  von  „Partialen",  Rondem  von  Obligationen,  die  er  aber 
ähnlich  behandelt.  Die  Schweiz  wlinechte  er  in  zwei  Verwaltungsgebiete  getheilt 
zu  sehen,  welche  durch  eine  Linie  Basel- Luzem-Langense«  zu  scheiden  wären. 
SpeiMr  wSgt  die  Yortheile  der  staatliehen  und  der  privaten  Thätigkeit  aehr 
genau  ab  nnd  prüft  sehr  scharfsinnig;  er  findet  bei  den  Gesellschaften  ThÜtig^ 
■keit  nnd  Beweglichkeit,  aber  auch  Sonderinteresse  und  Monopolsnoht  (wenn  man 
damals  von  "Monopolen  sprach,  meinte  man  Privatraonopole),  beim  Staate  Bureau- 
Jiratie,  aber  auch  Sorge  für  die  allgemeinen  Interessen.    Das  schweizerische 


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Eisenbahnen 


—  118 


£ueDbahneik. 


PnbHkom,  sagt  er,  sei  dem  Aktienwesen  abhold,  und  er  hält  auch  gej^chüftlicb 
die  Aubgabe  von  Aktien  nicht  für  rathHam:  Obligatiuu&u  einea  ötaat«anleiheut» 
ttttAttn  leiohter  Almeliiner  fioden.  Du  Reeht  6m  Bttckkanlii  m  stipolireii»  be- 
zeichnet er  als  ein  dttrftiget  Auskunftsmittel :  «Die  pepiomien  Demoklefischweiter 
der  KoiizeKsionen"  könnten  auch  da  zu  ^Illusionen*  gemacht  werden.  Von  den. 
Aktiouärversammlangen  entwirft  f  r  ^in  wenig  schmeichelhaftes  Bild  :  sie  würden 
umacht-  und  willenlose  liurper"  uein,  von  einer  gewandten  V&rwaltung  nach 
GKstdUnken  geleitet;  sie  bedtaea  kda  gemdiiMhelÜieheB  Bend  lud  kein  aaderee 
Infeefeiee  ele  den  San  ihrer  Aktien.  Und  wae  hätte  die  Schweis  na  erwarten 
vüu  Gesellschaften,  deren  größere  Mitgliederzahl  eve  Aoallndem  heetlnde,  welehe- 
den  Maßiitab  zur  Beurtheilnng  der  Verwaltung  nirgendwo  als  auf  dem  Kurs- 
zeddel  suchen  würden.  Speiser  fürchtet  die  Kapitalmacht  der  Gesellschaften; 
ex  filrditet,  daß  die  Schweiz  sich  auch  finanziell  beim  Privatbetrieb  schlechter 
stellen  werde  ek  beim  Steetsbetrieb. 

„Die  Eisenbahnen",  leeen  wir,  „sind  ihrer  Natur  ond  ihrem  Zwecke  nach, 
nichts  anderes  als  vervollkoTnniTipt*>  Landstraßen,  mit  dem  wesentlichen  Unter- 
schied jedoch,  daß  der  Betrieb  einer  Kiseubahn,  di*-  Befahrung  der!>elbeu,  nicht 
freigegeben  werden  kann,  wie  es  bei  den  LaudbtraJi;»en  geschieht.  Aber  gleichwie 
die  Landstraße  eine  EinrUditnng  ist,  welcbe  in  unserer  Zeit  m  den  Dingra  erster 
Nothwendigkeii  gehört  für  ein  Volk,  eine  Einrichtung«  deren  bequemste  und 
freieste  Be  nützung  jeder  Staat  allen  seinen  Bürgern  möglichst  leicht  machen  zu 
Köllen  glaubt,  ebenso  wird  es  anzusehen  Bein  mit  den  Eisenbahnen.  Wo  eine- 
Eisenbahn  angelegt  wird,  tritt  dieselbe  an  die  Stelle  der  vorherigen  Landstraße; 
die  letstere  wird  yerlasesn  und  es  steht  Niemanden  mehr  frei,  von  dem  renwll- 
kommnelem  BefSrdennigsmittel  Gebrauch  au  machen  oder  mdxtf  so  wenig  als 
«e  einer  Armee  m<%lieh  ist,  vom  Sdiieflgewehr  wieder  au  Bogen  und  Pfeil 
aurttekzukehren. 

„Die  Macht  der  Verhaltoisse  zwingt  Jeden  in  der  Reihe  des  Fortschritts- 
mitzugehen ;  neue  Erlindungen  werden  nicht  nur  Gemeingut,  sondern  sie  üben 
auf  das  bkonomische  Leben  einen  Zwang  ans,  dem  Alle  sidi  unterwerfiBm  müssen. 
Und  die  hieraus  hervorgehende  Abhängigkeit  ist  hier  um  so  unbedingter,  als 
kein  Gegengewicht  besteht,  weil  bei  den  Eisenbahnen  die  Macht  der  sonst  überall 
so  schnell  auHgleichendeu  Konkurrenz  nicht  sich  wirksam  machen  kauu :  man  baut 
nicht  leicht  ParaÜei bahnen.  Ln  vollsten  Sinn  der  Wurtes   verleiht  also  der 
Besita  «ner  fäsenbahn  ihrem  Eigeatiitlmer  ein  Monopol ,  und  wenn  dies  wahr  ^ 
ist,  80  entsteht  die  Frage :  darf  ein  solides  Monopol  in  PriTathllnde  gelegt  wer- 
den V  Darf  der  Staat  seine  Bttrger  dem  Mißbrauch  desselben  ausselven?  Gewiß- 
niohtl 

«Kon  kann  man  aber,  und  mit  vollem  Hecht,  darauf  hinweisen,  dai^  es 
Mittel  gibt,  solchem  Mißbranob  Torsnbeugen,  durch  wohlbwechnete  Kmuessions- 
Bedingungen,  wie  deren  liberall  anfgeetdlt  werden,  wo  der  Staat  das  Eisen» 
babuwesen  Gesellschaften  llberlsssen  hat.    Diese  Einwendung  wäre  beruhigend, 

wenn  nirht  die  Krfahrnng  l<lirtp,  daß  solche  Gehtdl.schaften  die  Gchetze  meistens 
zu  lif'T!  wissen,  wo  dieselben  ihrem  Interehse  im  Wege  stehen  und  daÜ 

ihnen  dicii  um  oo  leichter  wird,  je  mächtiger  sie  sind.  Gesetze  können  nicht 
Alles  voraussehen  und  namentlich  ist  dieß  tmmöglich  auf  einem  Gebiete,  wo  der* 
menschliche  Erfindongsgeist  noch  lange  nicht  sein  letztes  Wort  ausgesprochen  hat". 

Es  war  am  21.  März  1B51,  daß  der  Bundesrat  einen  Genetzesentwurf  über 
fVw  Errichtung  von  Eisenbahnen  fertig  stellte.  Soweit  die  te<?hnische  Seite  iu 
Frage  kommt,  schloß  sich  derselbe  enge  au  die  Vorschläge  der  englischen  Ex- 


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Eisenbahnen 


—    119  — 


Dsenbalinen 


perten  an;  mit  Being  «nf  d«ii  floansiolleii  Tlitil  «nd  <tie  OrgMiiMti<m  dtr  Ver- 
waltnag  8t«M  er  gans  auf  dem  Boden  G«ig7*B.  Ebemo  boiieht  rieh  die  bnndee- 

räthliche  Botschaft^  die  den  Entwurf  begleitet,  Überall  anf  die  Experten.  Es  ist 
deßhslb  nicht  nuthwendig,  die  Bestimmnncren  des  Geßetzt-sentwurfs  und  die  Gründe 
der  Botschaft  hier  ausführlich  zu  wiederholen;  imaaerhin  mag  Einiges  ans  den- 
selben hervurgehoben  und  zu  ihnen  ergftnsend  bemerkt  wwden. 

Als  Hanptliineii  dee  EäsenbahniietMM  aiiid  die  folgenden  in  Anntdit  genommen: 
von  Genf  ttber  Morges  nach  Yverdon  mit  einer  Seitenlinie  nach  Ouchy;  von 
Yverdon  nach  Bolothurn  mit  eint'r  Seitenlinie  nach  B<!m;  von  Solothurn  nach 
Zürich;  von  Zürich  Uber  Winterthur  und  Romauühuru  nacli  Kurscbacb;  von 
Winterthur  nach  Schati  hausen ;  von  Kor^hach  nach  Chur  mit  einer  äeitenbahn 
naoh  Wallenetadt;  Ton  Baeel  nadi  Olten;  ron  Aarburg  oaeb  Lniem;  von  Biaacn 
naeb  Looarno.  Also  haaptaSohlioli  eine  große  Linie  von  Genf  zum  Bodensee  nnd 
eine  andere,  die«ielbe  kreuzende,  von  Basel  nach  Luzem.  Von  Chur  hoffte  man 
später,  sobald  es  der  Technik  gelingen  werde,  die  Schwierigkeiten  zn  Überwinden, 
über  den  Lukmanier  nach  Bianca  zu  kommen.  Im  Kanton  TesHin  sollte  einst- 
veilen  das  Stttck  Biafoa-Looamo  erbaut  werden.  Die  Eiaenbahn  von  Genf  naeb 
Morges  nnd  von  Tverdon  nach  Solothnm  wollte  der  Bnndearath  erst  dann  er* 
richten,  wenn  das  Bedttrfniß  dringend  dam  auffordere;  dahin  wären  die  Wasser- 
straßen zn  benutzen  nnd  zwnr  um  so  mehr,  als  die  Kurrekti*>n  '\>tr  Juragewässer 
zugleiuh  die  Trockenlegung  des  Seelaudes  bedeute,  welche  sich  uliue  Unterstützung 
des  Bundes  kaum  wurde  verwirklichen  lassen.  Mit  Bezug  aul  die  bereits  be- 
tteheode  Nord  bahn  ZUrich^Saden  war  in  dem  CreaetBeeentwurf  gesagt,  daß  der 
Bnnd  rie  «duroh  gfltlidie  Verständigung"  oder  durch  „AnalCanng  naeh  Vorschrift 
des  Bundesgesetref?  über  die  Verbindlichkeit  zur  Abtretung  von  !*rivatrechten * 
an  sich  bringen  werde.  Uebcr  später  a^^^zulührende  Eiwnbahnlinien  im  Innern 
und  Verbiudungslininen  mit  dem  Ausland  zu  beschließen  blieb  der  Bundesversammlung 
Torbehalfen.  Jede  der  neaea  HanptUnien  wttrde  vom  Bund  nnd  den  betheUigten 
Kantonen  eigens  gebaut  nnd  betrieben,  doch  war  vorgeaehen,  daß  mehrere  ünter> 
nehmen  in  ein   ^  vm-inigt  werden  konnten. 

Die  Vorarbeiten  Stephenson's  nnd  Swinburne's  hatten  nur  geringe  Kosten 
veranlaßt.  Acht  Monate  genügten  dafür  nnd  statt,  wie  man  annahm,  500  bis 
1000  Franken  für  die  Schweiaemtnnde,  erforderten  «ie  bloß  250  Franken  für 
dieselbe,  riimmtliehe  Expertisen  inbegriffen.  General  Dnfour  als  Vorsteher  des 
eidgenössischen  topograpischen  BUreaus,  sowie  manche  Kantousregierungen  und 
Privaten  hatten  nämlich  die  Experten  durch  vorzügliche  Karten  unterstützen 
kJ>nnen.  Da«  Bankapital  seihst,  di*-  Hauzinsen  zu  1<)  "  «>  eingerechnet,  hezitferte 
der  BuudesrHtli,  im  Anschluß  au  das  Gutachten  der  Fiiiaazexperteu  und  au  Be» 
reduinngen  des  Ingenienrs  Koller,  anf  lii^  102  Hüllionen  Fiiuoiken,  wenn  man 
sinspurig  baue  und  lie  Wa^erotraßen  mitbenutze,  auf  1 1 H  ^lillionen,  wenn  die 
Wapfserstnißen  nicht  lienfitzt  würden  und  113,  bezichun^'üweise  1.S2  Milliunen, 
je  mit  Oller  ohne  Benützung  der  Wasserstraßen,  bei  zweispurigem  Bau.  Das  >.ei, 
erklart  die  Botschaft,  „ein  für  unsere  Verhältnisse  außerordentlich  großes  Bau- 
kapitnl*  und  deßbalb  der  widitigste  Theil  der  Eisenbahnftage  für  den  Staat  das 
Aufbringen  der  Gelder.  WShlte  man  das  erste  Projekt  (einsporig  nnd  mit  Be« 
ntit/iing  der  Wasserstraßen),  so  ergab  sich  bei  der  Annahme,  daß  der  Reinertrag 
2 '\o  >«5in  werde,  und  bei  einer  ZinKengarantie  von  '^^'^^'n  ein  jährliche«»  HeHzit 
von  1,526,000  Kranken,  bei  einer  Zinsengarantie  von  4  ^/o  ein  solches  von 
2,035,000  Fr.  Der  Bandesrath  dachte  zu  versuchen,  ob  das  Greld  sich  ihm  und 
den  Kantonen  bei  einer  fflnsengarantie  von  3Vt      darleibe;  wenn  dieß  nicht 


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9 


CisenIntiDeii  —    120    —  EUenbahnea 

der  Fall,  oder  wenn  ee  nur  bei  «iDsetnen  Linien  der  Fall,  k5nnte  etett  der 

Partialen  ein  Staatsanleihen  mit  höherem  Zinsfuß  ausgeechrieben  wenlen.  Dieaer 
Modus  hätte  anr^h  sonst,  bemerkt  die  Botschaft,  entachiedene  Vortheile  und  man 
dürfe  sich  fragen,  ob  er  nicht  a'leirh  antaugH  befolgt  werden  soll.  Auch  von  der 
Eventualität  wird  gesprochen,  Ual^  zuerst  die  rentableren  Linien  gebaut  werden  — 
Gvaf-Boraobaoh  nnd  Biael-Olten  — ;  in  dieeem  Falle  bitte  man  anr  763,000  Fr., 
und  «war  der  Bond  354,000,  die  Kantone  609,000  Fr.  anbnbringen. 

Prinripiell  iafc  der  EisMibahnban  vom  Bnndesratii  damit  gerechtfertigt  worden, 
daß  er  die  vielfach  herrnchi^nde  Aalftusong  zurückwies,  ala  dttrfte  man  nicht  die 
Einfuhr  fremder  Landwirthscbafts-  und  Industrie-Produkte  in  unser  Land  erleichtem. 
Oppositionsgrlinde  dieser  Art,  wird  hervorgehoben,  hab«n  in  keinem  Lande  die 
Oberhand  behalten.  Die  Schweiz  sei  weniger  als  andere  Länder  im  Stande,  ihren 
Bedarf  dem  eigenen  Boden  an  entnehmok:  sie  sei  auf  die  Industrie  ancewieseu, 
ftir  diese  aber  die  Sehnelligkeit  des  Verkehrs  die  hOohste  Bedeotnng.  Dem  Transit 
legt  der  Bundesrath  nicht  den  gleichen  Werth  bei,  wenn  sich  aus  demselben 
auch  mittelbar  „nehr  namhafte  Vortheile"  ergeben.  Der  Privatbau  wird  aus- 
geschlossen und  der  Staatsbau  empfohlen  mit  den  Worten:  ....  Der  Staat 
betheiligt  rioli  (beim  Pkivatban)  mit  großen  Snmmeu,  zahlt  nnd  befiehlt  nicht, 
sehaiit  sieh  fttr  die  Besorgung  seiner  wichtigsten  Interessen  Mne  Macht,  einen 
Staat  im  Staate,  eine  zweite  Kegierong,  die  nicht  nur  mit  seinen  Staatsinteressen, 
im  Zoll-,  Post-  und  MilitSr\V("'scn,  in  poü^filiclu'ii  und  Verkelirsverhältnissen  in 
mannigfaltige  Kollisionen  gerathi  n,  sondern  auch  unter  Uuititäuden  in  pulitincher 
Beziehung  staatsgefUhrlich  werden  kann.  Kommt  dann  die  Keue  aus  finanziellen, 
ans  konunennellen,  aas  militKrischfin,  ans  poUtisohen  Rttcksiohten,  so  müssen 
künftige  Grenerationen  auf  lange  Jahre  hinaus  die  Mißgriffe  ihrer  Vorfahren  bllßen. 
Da  siud  die  vorsichtigsten  Konzessionen  nicht  im  Stan  l''.  'U-n  drohenden  üebeL 
ständen  zu  begegnen.  .  .  Das  einfachste,  bestbewiihrte  System,  das  auch  die 
unserer  meisten  Nachbarstaaten  befolgen,  ist  der  Bau  durch  den  Staat." 

Die  Kommission  des  Naiionalrathes,  welche  sich  darauf  mit  der  Angelegen- 
heit txk  befiissen  hatte,  war  getheiltw  Meinung.  Die  MebrliMt  pflkditete  dem 
Bnndesrathe  bei,  indem  sie  den  Staatsban  befürwortete,  doch  wich  sie  mit  einigen 

wichtigen  Anträgen  von  dem  bandesräthlichen  Gesetiesentwurf  ab,   da  sie  dem 

Gedankrii  der  Staatalierr.schaft  im  Eisenljahuwesen  noch  reinem  Ausdruck  zu  geben 
trachtete;  die  Minderheit  befürwortete  die  Üeberlassung  des  Eiseubahnbaues  und 
-betriebs  an  die  Kantone,  beziehungsweise  und  thatsächlich  an  die  Privatthatigkeit. 
Die  Mehrheit  bestand  aus  den  Herren  Fioda  (Tessin),  Bischof  (Basel),  Stämpfli 
(Bern),  Peycr  im  Hof  (SchalThausen),  Siegfried  (Aargau),  Dr.  Robert  Steiger 
(Luzem) :  Beriebter.statter  der  l.r!ii>it  wnr  T^n  er  im  Hof.  T)ic  Minderheit 
bildeten  Dr.  Aitred  Kscher  i Zürich),  Dr.  Kern  (Thurgau),  iilanehenay  (Waadt), 
Bavier  (Graubünden)  und  Hungerbühler  (St.  Gallen) ;  Berichterstatter  der  Minder- 
heit war  Hungerbühler. 

In  dem  Berudit  der  Mehrhmt  ist  wesentlidi  nnd  neu,  dafi  dwseihe  die 
Beschaffung  des  Bankapitals  nicht  mittelst  ober  Zinsengarantie,  sondern  durok 
ein  eidgeniSesisohes  Anleihen  verlangt;  daß  er  ein  Betriehsdefizit  vom  Bund  und 

d**n  Kantonen  (Gerii«^iT!d»^r)  Korporationen)  zu  gleic  ht-ii  Theilen,  nicht  zu  ein  Drittel 
und  zwei  Drittel  tilgen  laßt;  daß  er  das  Kisenbahnnetz  (750  Kilometer  umtassend) 
in  sechs  bestimmte  Gebiete  eintheilt,  um  auch  den  Bau  von  weniger  rentablen 
Linien  im  Voraus  au  sichern;  daß  er  die  Ausftthmng  in  drei  Abtheilnngen  vor* 
nimmt  und  daß  über  die  vom  Bund  nnd  den  BkUntonen  ernannten  Yerwaltunga- 


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Eiaenbalmen 


—    121  — 


EiMiibabiwii 


b«]i9rden  der  v«iMhied«DeD  EäiMibalmgebiete  ein*  ganmmm»  Ganenldinktimi 

gesetzt  wird.  Die  Reihenfolge  der  Bftaten  war  dieee:  In  den  ersten  vier  Jahren 
sollten  au8gefi!hrt  werden  <lie  LiinVri  Rasel-Olten,  Olten-Bnigg  und  Brugg-Badeu 
(Baden-ZUrioh  beöUiufl  schun);  in  dea  folgenden  vier  Jahren  Morgi?s-Yverdon, 
Yverdon-Marten,  Murteu-Btiro,  Bem-Olten  uud  Züriuh-ät.  GaUea-iiurHchach ;  in 
den  dritten  yiwe  Jabren :  Oeaf-Mofge«,  Bem^Thnn,  eine  Zwdgbabn  aaoh  Solotham, 
OitenoLuzem,  Winterthnr-Sehaffhaoeen,  Bapperswyl-Weeen-GUunM,  Rorschach- 
f'hnr,  Wallenstailt-Sargans  und  Biasca-Locamo.  Kürzer  gesagt:  znerst  die  Ver- 
binduug  7,wi>i('h»^n  Kasel  und  Zürich  über  Ölten,  dann,  «ich  östlich  inui  wcHtlich 
anschließend  an  dda  StUok  Ulten-Ztthcb,  der  größte  Tbeil  einer  Müdwetttlich-nord- 
■SatlioheB  Linie  Uber  Bern,  nnd  endlioli  die  Übrigen  Bahnen«  Einer  Linie  Winter- 
thnr-Romanebom  wnrde  mit  nmstilndlieher  Begründung  der  Uber  Wyl  nnd 
St.  Gallen  vorgezogen,  welcher  durch  eine  weit  verkehrsreichere  Gregend  führe, 
doch  Hollte  dabei  Frauenfeld  Bertirksichtigung  tinden.  Die  Runde^Htadt  Bern,  führte 
der  Bericht  aus,  dürfe  nicht  bloL»  an  eine  Zweigbahn  gelegt  werden,  dagegen 
könne  der  Verirähr  mit  Soluthurn  dnreh  eine  Linie  vermittelt  werden,  die  man 
in  die  Hauptlinie  einmflnden  laaae.  Um  ZUrieh  mit  dem  Spittgen  an  verlnndeiit 
aei  neben  der  Linie  Wallenatadt-Sargans  auch  eine  Linie  Rapperswyl-WeseQ  an 
errichten  nnd  die«;e  nach  Glarus  fortzusetzeti,  weil  duroh  die  Indoatrie  dea  letatam 
Ortes  ihre  Rentabilität  um  Vieles  gesteigert  werde. 

Große  Aiii^treDguug  macht  der  Btiricht,  um  zuuächHt  die  Vorurtlicile  zu 
widerlegen,  welch«  der  Eretellung  der  Eiaenbabnen  Überhaupt  entgegeuatanden. 
Bewer  ab  in  den  frühem  Denkschriften  lernen  wir  dieselben  hier  kennen.  Nor 
„arge  Verblendung"  übersehe  in  dieser  Sache  den  großen  gesellschaftlichen  Zweck. 
Man  aoUte  doch  lieber  auch  die  alte  Straße  und  Laudkutsche  wieder  zurück- 
verlangen, wenn  man  behaupte,  die  Schweiz  dürfe  keine  Eisenbahnen  bauen, 
damit  die  fremden  Glate  lange  bei  nna  Terweilra  und  wir  ai«  »auszupumpen* 
im  Stande  seien.  Die  Fremdenfrequena  lasse  sich  trota  unserer  aohUnen  Thäler 
und  prächtigen  Alpen  nur  dann  erhalten,  wenn  sie  mit  derjeni^n  der  Eiaenbebn* 
Staaten  zn  wetteifern  vermöge.  Nicht  nur  an  den  Endpunkten  einer  Bahn,  wie 
man  behaupte,  häufe  sich  der  Verkehr,  sondern  auch  der  Lokal-  und  leiten - 
Terkehr  werde  gesteigert.  Wenn  manche  Preise  gedrückt  werden,  so  heben  sich 
■dafttr  andere  und  gegNi  su  hohe  Lebensmittelpreise  sei  der  Eisenbahnverkehr  die 
heste  Gewähr.  Der  Bezug  des  Getreides  werde  erleichtert  und  das  Brod  dadurch 
wohlfeiler;  die  Verlegenheiten  einer  schlechten  Kartottelernte  stelhn  sich  künftig 
nicht  mehr  ein;  schwere,  massenhafte  Artikel  fanden  in  Folge  des  raschern  Trann- 
.portes  eher  Absatz  und  der  Werth  der  Güter  würde  die  Steigerung  erfahren, 
von  welcher  alle  Eisenbabnstaaten  Zengniß  ablegten.  «Man  hat,*  wird  in  populären 
Beiapielen  gesagt,  um  die  Erweiterung  des  Marktes  zu  beweisen,  «im  Innern 
Würtfemherg's  fniher  nie  daran  ge  lacht,  daß  dereinst  der  üeherschuß  der  innern 
Holzerzeugiuig  am  Bodennee  eine  günstige  Verwendung  tinden  würde  und  um- 
gekehrt nicht  daran,  daß  Sluttgart  ein  täglicher  guter  Markt  für  die  Bodensee» 
fische  werden  dlivfie«  Die  wttrtlembergisohe  Eiaenbahn  hat  aar  Stands  aohon  beides 
bewirkt.  Milch  wird  in  Massen  ans  dem  Norden,  geaehladitetea  Vidi  aus  dem 
Süden  nach  der  Hauptstadt  Frankreichs  geliefert.  Bayrisches  Bier  geht  mit  der 
Eisenbahn  bis  nach  Sachsen  und  Preußen,  nnd  die  (retreideproduktion  in  Bayern 
zieht  hieraus  auch  ihren  Vurtheit.  Hohe  Bausteine  und  Krden,  deren  Verkauf 
bei  gew5hnlichem  Landtransport  auf  ganz  kleine  Bayons  beschrankt  ist,  werden 
ann  von  den  Eisenbahnen  60  und  80  Stunden  weit  geschleppt  und  Werthe, 
welche  bisher  todt  im  Boden  ruhten,  auf  diese  Weise  nutabar  gemacht*  Ea 


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Ei!?enl»aimea 


122 


Eisenbahiieu 


MieB  «alflo  die  EiBenbabnen  kdn  Nationaliuiglttck«  and  «ebenao  wenig  eio  noth- 
wendige»  UebeP. 

Zur  Streitfrage  Privat-  oder  Staatebau  sagt  der  Bericht,  eine  volksthUm» 
liehe  Nationalökonomie  k5nne  nie  zugeb<^n,  «laß  öffentliche  Werke,  die  für  das 
Volksleben  so  wichtig  seien,  wie  die  Eit^nbahnen^  r.am  Gegenstand  der  Spektt> 
Istion  gemacht  werden-  Um  Sptelemslit  ni^  die  wahre  AaaonatieinqprimEqi  eeMO. 
edir  Traiehiedeoe  DiDge.  Aaoh  l^nne  ja  toh  flreier  Konknrreiis  im  EieeDbahn" 
wesen  ernstlich  nicht  die  Rede  sein;  man  schaffe  ein  Monopol,  sobald  man  einer 
Gesellschaft  eine  Bahn  zn  bauen  erlaube,  denn  neben  dieser  sei  eine  Konkurrenz^ 
bahn  nicht  mehr  möglich,  —  oder  aber  m  richten  die  Konkurrenzbahnen  einander 
imtziuB  zu  Grunde.  Zahireiche  Fälle  werden  aufgezählt,  in  deuen  die  Privat» 
geaelleohafken  viel  fhenrer  bauten,  als  me  Toranaehlagten,  woraiu  erbelle,  daß» 
die  Behauptung,  sie  bauen  billiger  als  der  Staat,  fraglich  gewur  l  r  .  Hin^ichtUdl 
der  Bahnjtolizfi  und  der  zweckmäßigen  Einrichtung  d(.T  Wagen  liefern  die  Staats- 
bahnen  Belgiens  nnd  DcutHchlands  dea  Beweis  dafür,  daß  der  Staat  die  Bedürf- 
nisse der  Bevölkerung  zu  berücksichtigen  verstehe.  Der  Staat  und  „zumal  der 
frrie  Staat**  sei  berafen,  die  Eiswibahnen  dureh  die  Geeaaraitbeit  nnd  fBr  die 
Geflammtbeit  zu  verwalten,  in  demokratieoher  Weise  seine  yersdiiedenen  Landes- 
tbeile au  den  Vortheilen  des  Eisenbahnwesens  theilnehmen  zu  lassen  und  dasselbe 
zum  Gegenstande  einer  nationalen  Politik  zu  machen.  Dem  gegenüber  la^se  sich 
der  Privatbau  durch  folgendes  Dilemma  kennzeichnen:  Eonzessionen  mit  den 
nOthigen  Vorbehalten,  aber  keine  Unternehmer,  oder  Unternehmer,  aber  Ver- 
sieht auf  die  Znknnft.  Niedrig  Umitirte  Tarife,  aber  keine  Geaellaebaften,  oder 
Gesellschaften,  aber  hohe  Tarife. 

Ohne  die  finanzielle  Tragweite  der  Anfnabnie  einer  Staatsanleihe  ztim  Zwecke 
des  Eibcubabnbauus  zu  leugnen,  verwahrt  sich  der  Bericht  doch  gegen  die 
»Schlagworte",  die  ,hubleii  Redensarten*  und  die  „SchreckbUder**,  mit  denen 
man  beim  Volk  das  Etsmbahnwesm  in  Vermf  bringen  wolle,  indem  man  fort- 
während von  Staatsschulden  rede.  Selbüt  wenn  das  projektirte  Metz  gar  niehte 
rentiren  würde,  hätte  der  Bund  nicht  mehr  als  l"/2  Millionen  Franken  Zins  za 
bezahlen,  die  das  Schweizervolk  jedentailä  auf  meinen  Transportkosten  einbrächte. 
Aber  viel  wahrscheinlicher  sei,  hauptsächlich  da  zuerst  die  eintraglicheu  Strecken 
erstellt  werden  sollen,  daß  tuiser  Eisenbahnwesen  wegen  der  xentralen  Lage  der 
Schweis  eine  große  Znknnft  haben  werde,  der  Eisenbahnverkehr  auch  unsere 
Pösteinnahmen  vergrößere  und  seblimmstens  ein  Ausfall  vou  einigen  hundert- 
tausend Franken  sich  ergehe.  Gegen  die  Zinsengarantie  wird  eingewendet,  »ie 
sühatiti  ebentalls,  nur  unter  anderem  Namen,  Staatsschulden,  locke  dat»  Kapital 
einzig  in  diejenigen  Gegenden,  welche  einen  starkoi  Verkehr  avfwdsen,  gestatte 
dem  Staate  nieht,  das  Kets  naeh  seinen  Wttnseben  in  todem  oder  an  erweitem 
und  zwinge  denselben,  in  der  Gegenwart  Lasten  zu  übernehmen,  für  welche  er 
M]>liter  nie  eioen  Ersatz  erhalte.  Die  Kosten  des  Bau's  Teiansehlagie  die  £om- 
miaaionsmchrhcit  auf  125  Millionen. 

Ihre  i'artcinahme  für  dcu  Staat^bau  unterstützte  sie  noch  weiter  dadurdb, 
daß  sie  die  berühmte  Bede  sitiurte,  mit  weloher  einet  Lamartine  in  der  fransM- 
schen  Kammer  das  gleiohe  Prinzip  verfochten  hat,  und  ähnlich  ertheilt  sie  der 
eigenen  Ueberzeugnng  am  Schlüsse  noch  einmal  in  folgender  Weise  das  Wort .' 
„Mit  der  Au?-Iieterung  der  schweizeriHcken  Kir;enbahnen  an  die  Spekulation  gehen 
der  Partikularismus  und  die  Zersplitterung  Hand  in  Hand,  und  an  dieser  Klippe 
dürfte  manche  firrongenschaft  der  letaten  Jahre  scheitern. .  . .  Und  wenn  der 
Fartiknlarismns  nnd  die  Zersplittening  jede  größere  SbhOpftmg  im  Seime  aehon 


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Eisenbahnen 


123  — 


Eisenbahueo 


yerniohten,  so  stehen  hinwieder  der  geeinigten  Schweiz  ÜUlfmaittel  zu  Gebote^ 
dwMi  de  tioh  woU  kaum  nooh  bewvÄt  bt.  Di«iß  mSgen  namoatlidi  diejenigen 
IwdenkeB,  welolie  rnntb-  vnd  thatlM  vor  dem  großen  Werke  tnrttdicweiehen. 

Oder  Hüllte  die  Schweiz  etwa  weniger  vennl^n  als  denteche  Staaten  mit  weit 
beschränkteren  Hillftquellen;  sollte  die  wbweizeriache  Bandesversammlung  weniger 
Muth  haben,  die  Standekammem  monarchischer  Lfiuder  in  einer  t  rage,  wo^ 
es  sich  darum  handelt,  das  Verkebnmittel  des  Volkes  im  eigentlichen  Sinne  dee 
Wortee  auf  breiter  ToUntiiUmliehMr  Beels  enfinibeiien?!  Iiaieea  Sie  lieh  hiebei 
duTOh  die  ScLreckbilder  von  Staatsschulden  nad  fiaanzruin  nidlt  abhalten,  dem 
von  uns  befiirwortcteu  Systeme  Ihre  Zustimmung  zu  ertheilen.  Wir  baben  Ihnen 
Zahlen  vorgeführt,  welche  Ihnen  din  tinaii/.iellcn  Verhältnisse  mit  ihren  Wirkungen 
auf  unsem  Haushalt  klar  bezeichuuu,  wir  haben  überhaupt  jene  Schreckbilder 
auf  ihren  weluren  Werth  sartickgefUhrt.  Uad  wenn  immerhui  die  iprofie  Somme, 
welehe  dae  ediweizerische  Eieenbahnnetz  erfordert,  der  eratoetea  Prüfung'  wertb 
ist,  80  mllssen  wir  Sie  elagegen  auch  darauf  aufmerksam  machen,  daß  ein  sehr 
bedeutender  Theil  dieser  Summe  für  Arbeitslöhne  und  Arbeitslieferungeu,  von 
den  Landentschädigungen  nicht  zu  sprechen,  unserer  eigenen  Bevölkerung  zu- 
fliegen nnd  aar  TobeMeraiig  anaerer  9k<HMaäM]MHi  Zoetlnde  weeeatUeh  betragen 
wird.  Daram  leaeea  IKe  nne  naTersagt  Torwirte  gehen !  Sprechen  Sie  ee  mnthig- 
aus:  Das  Eisenbahnwesen  in  der  Sdnrris  eoU  eine  aatioiude  Solit^pfung  sein, 
ein  kräftiges  Bindemittel  für  alle  unsere  Stämme,  eine  neue  That  der  lebene- 
kräftigen  Demokratie,  ein  großes  Denkmal  unseren  neuen  Bandet)! 

Den  letzten  Satz  hat  das  Bundesblatt  in  Fettschrift  wiedergegeben. 

Die  EomnuMionemiaderheit  begann  ihre  Darlegung  mit  der  Yeruohening, 
daß  sie  Uber  die  Bedeutung  der  Eisenbahnen  nicht  anders  denke  als  die  Mehrheit 
daß  al>er  die  Schweiz  im  Eisenbahnwcwn  hinter  andern  Ländern  ztirückgeblieben, 
will  sie  weniger  iu  deu  von  der  Majorität  oharakterisirten  Vorurtheilen  suchen, 
als  vielmehr  durin,  daß  das  vergangene  Jahrzehnt  ein  politisch  aufgeregtes,  deu 
materiellen  Beetrebangen  nicht  güuätigee  war;  daß  ancb  die  Terraia^wierig- 
keiten  für  den  Eieeabahnban  sehr  ttbtmchätzt  wardeBf  ehe  Oesterreich  den  Sem- 
mering  überscliiente  und  daß  bei  unsern  Bundeszuständen  mit  ihrem  kantonalen 
Egoisujuiä  „weder  ilachl  noch  Kecht,  weder  Mittel  noch  Titel"  vorhanden  gewei>en 
wäre,  die  Kenitenz  eines  Kantons  zu  brechen, ,  der  sich  etwa  geweigert  hätte^ 
einen  Rihnhof  oder  eine  Zweigbahn  anbringen  an  leaaen.  Einig  hineiohtlioh  de» 
Zwei^,  nnteredieidefe  eich  die  Minderheit,  wie  eie  eagt,  von  der  Mehrheit  hin- 
iiohtlidi  dee  Mittels ;  sie  will  die  Eisenbahn  nicht  zur  Staatssache  machen  und 
den  Kantonen  es  Uberlassen,  den  Weg  des  Gesi'^DvfhaftHbanes  zu  betr-tcn.  Man 
spreche  wohl  von  der  Spekulatiuussucht  der  Aktiengesellschait  und  eiuer  uuer- 
eKttlichen  Bankokratie,  aber  man  könne  auch  von  dem  unverwüstlichen  Appetit 
dea  Fiekne  and  eemem  angeboraen  Heng  zur  Plasmacherm  wie  Ton  der  Yiel- 
begehrlichkeit  der  Bureaukratie  reden.     Die  Schlußfolgemngen  der  Mehrheit 
würden,  wollte   man   ihnen    konRequent   nachleben,    „znr    heillosen  staatliehet 
GesammtwirtliKchaft  führen,  in  welcher  bekannte  Utopisten  das  Ziel  ihrer  sozia- 
listischen Bestrebungen  erblicken".    Wie  die  Mehrheit  der  Kommission  das  Wort 
gebraodite;  „L*^hange  c^eet  F^tat**  (de  hatte,  ein  Zitat  anwendend,  gesagt 
L'^bange  c'est  la  aomiti),  kannten  manch  Andere  k  la  Louis  Blanc  oder  a  la. 
Prondhon  dem  Staate  zurufen:  „Organsire  die  Arbeit  —  Le  travail  c'est  Tefat!" 
oder  „Organisire  den  Kredit  —  Le  credit  c'e«t  T^tat",  BchafTt  dem  Kaufmann, 
eine  Handels-,  dem  Fabrikanten  eine  Industrie-,  dem  Landmaon  eine  Hypotheken- 
dem  AüBdwerker  eine  Gawerbebaak*.  IXe  Ifindwhmt  bekwne  eich  umgekehrt 

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Eisenbahaen 


—    124  — 


Eisenbabneii 


zu  dem  (jruudäatz,  den  sie  für  den  obersten  staatswissensobaftlichen  Gruudä&tz 
halte,  die  Privati  Tätigkeit  uogebemmt  gewähren  zu  Umn^  so  knge  ne  dan 
StaatiBw«^  nieht  gefiüirdtt;  nur  da,  wo  einiig  der  Staat  einen  WohUüirtoBireek 

erreichen  könne,  soll  derselbe  Hand  anlegm.  J3H»  Allmacht  der  Eiaenbahnkdnige 

und  den  Aktienechwiudel  eei  man  einrnschränken  im  Stande;  eine  •vnicherischc 
Hochhaltnng  der  Fahrpreise  würde  an  der  Macht  der  öffentlichen  Meinung  schei- 
tern j  gemachte  schlimme  Erfahrungen  Hcien  Lehren  fUr  die  Zukunft.  Aach  könne 
ein  Frivatmonopol  nicht  entitehen;  dafi  erst  Konseeeionen  erworben  werden 
mUeaen,  bewnee,  daß  der  Staat  hier  ein  Hoheitsrecht  benitze  und  Pflichten  auf- 
erlege. In  zahlreirhen  Ländern  hliihe  der  Gesellschaftsbau  und  wo  der  Staat 
selbst  baute,  habe  er  es  oft  nur  gethao,  weil  ea  dort  an  Untemehmungsgeiat 
und  Kapital  gefehlt. 

Hinauf  wird  der  NachweiB  veimditt  daß  die  Geeelleehaften  in  der  Kegel 
billiger  bauen  und  beaaer  verwalten;  daß  in  ihrem  eigenen  Interesee  dae  KorrektiT 
gegen  zu  hohe  Taxen  liege;  daß  anoh  bei  Staatspapieren  die  Agiotage  ihr  Wesen 
treibe  und  Staatsanleihen,  wonn  sie  in  Form  von  Lotterie- Anleihen  stattfinden, 
Leidenschaften  des  Volken  wachrufen;  daß  Gesellschaf tä bahnen  die  Militär-  und 
Posttranaporte  ganz  gut  übemelunen  Ginnten  und  daß  der  Staat,  besäße  er  die 
Eisenbahnen,  Ton  dem  Fortsohritt  der  Technik  beeondere  Gewinne  nuüit  au  er- 
warten  hätte,  weil  große  Erfindungen  doch  selten  seien  und  lange  brauchen, 
bis  sie  sich  Geltung  ver-f^bafTen,  mittlerweile  aber  die  Einlösung  der  Eisenbahnen 
(es  ist  der  Rückkauf  gemeint),  welche  ja  vorbehalten  sei,  mög^üch  wiire 

Der  Bericht  bemerkt  sudatin,  daß  man  bei  Erlaß  dtsa  Artikels  21  allerdings 
«n  den  Eieenbahnban  gedacht,  jedodi  niekt  ein  vom  Bund  ausmftthrendee  Eieen- 
babnnetz  in  Aneaioht  genommen  habe;  andh  eei  damak  bemerkt  worden,  die 
Eidgenossenschaft  werde  keine  Anleihen  machen,  von  den  Kantonen  keine  Geld- 
kontingente fordern  und  ebensowenig  die  Zölle  unverhältnißmüßig  erhöhen. 
Kichtiger,  als  wenn  er  selbst  Eiaenbahnen  haue,  handle  der  Bund,  weun  er  die 
Kantone  in  ihren  mittel«  und  unmittelbaren  Eiaenbaknnntemehmnngen  untenttttse. 
Zahlloee  Zwistigkeiten  wffrden  aieh  erheben«  wenn  man  feetauetaen  hStte,  weehel 
Linie  zuerst  gebaut  werden  soll;  dem  Zufall  und  der  Willkür  iritre  der  gefähr- 
lichste S]iielraum  eröffnet;  viele  Kantone  und  große  Landespf-genden  erhielten 
gar  ktiike  Bahn  und  sähen  .sich  ^Iso  zurückgesetzt,  anderseits  aber  sei  schon  das 
vorgeschlagene  Neti  verhältnißmttßig  sehr  groß.  Die  Zosammensetaung  der  Kreia- 
▼erwaltnngen  ans  Abgeordneten  dea  Bundes  und  der  Kantone  wird  getadelt,  weil 
aie  Uebergrifie  der  Zentral  Verwaltung  doch  nicht  verhindern  könne  o<ler  dann 
einer  raschen  und  einheitlichen  Direktion  der  Verwaltung  im  Wege  stände.  „Wie 
viel  einfacher,  unkostspieliger,  volksthüni lieber  und  —  sagen  wir  es  frei  her- 
aus —  wie  viel  schweizerischer  macht  »ich  das  Alles,  —  heben  sich  alle  die 
auljieiählten  Sohwierigkeiten,  wenn  der  Bau  und  der  Betrieb  der  Eieenbehnen 
in  der  Schweiz  nicht  zur  Bundessache  gemaohtt  eondern  den  Kantonen  bezif  liiui:^^^ 
weise  der  Privatbetriebsamkeit  Überlassen  wird".  Das  Kapital  werde  sich  fiir 
den  Aktiertbau  ohne  Marktaohreierei  schon  finden  und  eine  Zinaengarantie  sei 
gar  nicht  noth wendig. 

Von  dbMn  Anedmuungen  geleitet,  maohte  die  Minderheit  nur  Torschllge 
au  einem  Anlbiehtegesets,  welches  dem  Bunde  poliseiliohe  Eompetenien  verleihen 
sollte  und  auch  die  RUckkaufsbedingnngen  festsetzte. 

Am  8.  .luli  \S:y2  kam  die  Angelegenheit  im  8chooße  des  Nationalrathes 
zur  Entscheidung,  mau  kann  kaum  nageu :  zur  Verhandlung.  Eine  allgemeine 
Debatte  fand  nicht  einmal  .statt;  es  halte,  ohue  daß  die  Parteien  die  Waffen 


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Eisenbahnen 


—    125  — 


EiwnhabneD 


kransten,  die  Komminionsininderh«it  im  Vomiu  geriegt.  Mit  66  gegen  23 

Stimmen  beschloß  der  Rath,  auf  den  Gesetzesentwurf  im  Siaoe  der  Kommistions« 
miuderheit  Hin/titreten,  ulso  '  iTi  bloßes  Aufsichtsgesetz  zu  erlassi>n.  Weni/^er  als 
wir  heute,  waren  aber  die  ZeilgenosHen  von  dem  Vorgang  überrascht ;  wt-iiighteus 
Hagl  Bnnkdirektor  Speiser  iu  einem  Artikel  der  «Neuen  Zürcher  Zeitung",  man 
habe  dieses  Resultat  Toransgesehen.  ,Woin  noeh  eine  Bidraesion*,  fttgt  er 
klagend  hinzu,  ^die  eitel  Zeitverlust  sein  ^rde,  mochte  man  sioli  sagen,  da  die- 
Voten  ja  znm  Ziihlen  bereit  lagen.  üelienlieG  stnnd  ja  schon  längst  die  Eisen  bahn  frage 
uadi  verschiedenen  Seiten  unbequem  im  Wege.  Wiedernm,  und  auf  das  vierte 
Jahr,  sie  hinauszuschieben,  ging  nicht  wohi  an;  es  muUte  aUo  diel^mal  ein  Ende 
damit  gemacht  werden  nnd  man  wtiekte  sie  zwisohen  Kissen!  Ein  ehrenvoller 
parlamentarieoher  Tod  war  ihr  nicht  g^Snnt*. 

Die  Abstivmoiig  wurde  von  der  «Bemer  Zeitnng**  folgendennaften  be- 
nrtheilt : 

Thurf/au  stimmt  fttr  Privatbau,  weil  nach  dem  Majoritätsgutachten  der 
Eisen bahnkommis^on  nicht  die  Iduie  Fraaenfeld>Bom«nshom  empfohlen  wird. 
Hit  dieeer  Linie  wire  Thnrgan  fttr  den  Staatsban  gewonnen  worden. 

Zürich  stimmt  für  Privatbau,  weil  es  in  Folge  dessen  mehr  oder  minder 
7.um  Knotenpunkte  de.s  «cliweizerisclien  Eisenbahnwesens  wir<I,  und  es  dadurch 
in  die  Stellung  gesetzt  wird,  den  weltlichen  Kantonen  die  Bedingungen  zu  dik- 
tiren :  .Willigt  so  oder  so  ein  uder  —  wir  fUhreu  die  Bahn  über  VValdhhut". 

tMJtem,  weil  es  auf  dem  des  Staatsbanes  nichts  m  erhalten  hoSte 

und  zu  wenig  bedachte»  daß  durch  Privatban  es  noch  viel  weniger  Aussicht 
dazu  hat. 

Die  kleinen  Knnfnnc  stinnnen  gegen  Staatsbau  ans  Kautonrilismiis. 

Aargau  war  getheilt,  weil  sein  Gebiet  theils  nach  der  Ostbahn  aldshut), 
theik  nach  der  Zentralbahn  (Ölten)  hingezogen  wird. 

Solothurn  stimmte  fttr  Plnvatban,  weil  von  der  Majoritit  der  Kommission 
die  Linie  durch  den  Oberaargan  statt  ttber  Solotham  empfohlen  ward. 

Bf'rn  war  getheilt :  die  «Konservativen  stimmten  aus  Kantonalismus  und  als 
prinzipielle  Gegner  der  Eisenbahnen  für  Privatbau ;  aus  letzterem  Motive  auch  ' 
xwei  Badihale.  Die  übrigen  dagegen  fttr  Staatsbau,  weil  nur  in  dieser  Weise 
die  westliche  Schweis  der  tSotlichen  das  Gleichgewicht  xn  halten  vermag. 

Freiburff  für  Staatshalt  ans  Prinzip. 

Waadi  für  Privatbau  aus  Kantonalismus  und  weil  es  dit!  Frage  TOm  Stand« 
punkte  des  Interessefi  f!er  westlichen  Schweiz  zu  wenig  würdigt. 
Wallis  für  Privatbau     -  aus  Gleichgültigkeit. 

Nenenburg  fttr  Privatbau  —  nm  eine  Anknüi)tungslinie  an  die  franzfisischen 
Bahnen  durch  sein  Gel>iet  zu  erhalten. 

Grnf  fllr  Privatbau  aus  Kantonalismus  und  weil  es  so  mehr  Aussielit  hat. 
zur  Ein-  und  Ausgangsstation  für  die  westliche  Schweiz  zu  werden.  Denn  je 
östlicher  die  Verbindungslinie  mit  Basel  zu  stehen  kommt,  desto  fre^uentirter 
iirird  die  Linie  ttber  Gmf  nach  Frankieieh  werden. 

lessin  fttr  Staatshan,  weil  von  Privatban  es  nichts  in  hoffen  hat. 

Schaffhansen  für  Staatsban     -  am  Patriotismus!* 

Mit  :?3  Stimmen  entschied  in  derselben  Session  aneb  der  Ständerath  in 
gleichem  Sinne  wie  der  Nationalrath,  und  die  Schweiz  bekum  nun  ein  Bundes- 
ffeielg  aber  den  Bau  und  Bdrieb  von  HisettÖahnen  im  Gebitti  der  schweieeri' 
sehen  ßidgenössenai^fit  d.  d.  38*  Juli  1853.  Die  Quintessenz  seines  Inhaltes 
ist  auf  Seite  538/9  im  l.  Band  dieses  Lexikons  mitgethetlt  (Die  Zahl  18dO 


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Eisenbahnen 


—    126  — 


Eiienfaalinen 


in  der  22.  ZeUe  auf  Seit«  538  und  in  der  19.  Zette  auf  Seite  639  iet  fitboh; 
■sie  BoUte  Unten  1852.) 

* 

Das  Privatbalinsystem  hatte  also  gesiegt.   Die  iiäch.-^te  Folge  war,  daß  .sich 
<ler  lange  darniedergehaltene  Unternehmungsgeist  mächtig  zu  regen  begann,  in 
Zürich  bildete  nich  sofort  (unter  der  Leitung  Alfred  Eächers)  eine  Zürich -Boden» 
aee-Bahngesellschaft,  in  Baael  (unter  der  Fatamng  dee  BankdirektoxB  Speiser)  die 
'Centralbaluigeeellaeliaft,  in  der  Weat«ckveiz  vollte  eine  englisohe  GeaeUsoluft 
die  Linie  Genf-Lauganne-Payernc-Murten-Solothum-Aarau  bauen.   Im  Nordosten, 
Norrlen  untl  Westen  begann  der  Bau  von  Linien  fast  gleichzeitig.  Die  Eapital- 
be-schartungen  waren  aber  schwierig,  Kantone  und  (remeinden  mußten  in  Mit- 
leideDttchaft  gezogen  werden,  Fusionen  wurden  angestrebt  und  schon  im  Jahre 
1857  ichien  der  Zeitpunkt  dem  Bondearath  wieder  gttneti|r  an  Bein,  mm  eieh  an 
•die  VerstaatUobung  der  Bahnen  su  vagen.  In  einem  Gutachten  hierttber  äußerte 
.eich  das  Post   und  Bauiiepartement  unter  Anderm  wie  folgt: 

Ein  HHckkauf  der  schweizerischen  Bahnen  durch  den  Bund  i.sl  grundsätzlich  zu 
wünscheu.  Ks  soll  ein  Rückkauf  im  jetzigen  Augenblicke,  bei  Anlaß  der  ubschwebenden 
Fusionsverhandlungen,  versucht  werden,  und  Vorschläge  «ind  dießfiüb  den  Gesellechaften 
xa  machen  nach  einem  der  drei  folgenden  Systeme : 

a.  Es  sollen  ihnen  fBr  ihre  Aktien  einfache  Staatsobligationen  ausgestellt  werden, 
die  fest  verzinsli«  Ii  sinii  und  in  t  inct  zu  lM  <limmenden  Periode  amortlsirt  werden; 

b.  Oder  es  soU  neben  einem  festen  übligaliouenzinse  noch  Antheil  an  dem  aU- 
fAlltgen  Hebrertrage  der  Bebnen  fflr  eine  nt  beistimmende  Reihe  von  Jahren 
ein^'eräuml  werden  : 

c.  oder  es  soll  ihnen  statt  dieses  Antheik  an  dem  Mehrertrage  jährUcb  ein  hxer 
Betrag,  z.  B.  '/*  >  des  Gesammtkapitals,  in  xn  veriooeenden  Prämien  anst»ezalilt 

werden. 

Eventuell  soll  schon  jetzt  auf  den  Hückkaut  nach  Ai)lHuf  der  ersten  kunzessions- 
mftßigen  Frist  von  dreißig  Jahren  Bedacht  genommen  werden  und  es  soll  zu  diesem 

Zwecke  : 

a.  von  jetzt  an  jährUch  eine  hestimmtt  Summe  aus  der  Buude<k;i<si^  zur  Bildung 

eines  Rückkaufs-  oder  Aniortisalionsrond.s  l)ezahlt  werden ; 
6.  es  soll  dieser  Rückkauf«fond  /nm  Ankauf  s( hwei/erischer  Babnaklien  verwendet, 
*         statt  in  anderer  Weise  an  Zius  gelegt  w  iirden ; 

e.  es  mll  cier  Bund  bei  Anlaß  einer  sdlfUligen  Generalfusion  dahin  streiten,  nen 

auszugebende  Aktien  zn  übernehmen. 

Auf  diesfs  Gutachten  hin  brachte  der  Bundesrath  folgenden  Antrag  seines 
Finanxdepartemeutes  als  Gesetzosvorschlag  vor  die  Bundesversammlung: 

«VerfQgbare  Gelder  der  Eidgenossenschatl.  wei<  he  nicht  besonderen  Zwecken  oder 
st i Hungen  angehören,  können  auch  auf  den  Ankauf  schweizerischer  Eisenbahnaktien 

\  (TUL-miiit  vvenleu. 

Ein  Wiederverkauf  von  Aktien  darf  ohne  ErmAehtigung  der  Bundesversammlung 

nicht  stattfinden*. 

Ueber  diesen  Geaetzesvor^ohlag  konnten  aich  die  Kauimeru  nicht  ver»tÄn- 
digen  und  es  bHeb  beim  Alten,  d.  Ii.  bei  einor  memlioh  bSsen  Uißwirtbsohalt, 
so  daß  im  Jahre  1862  der  damnlige  Bnndespritsident  Stämpfli  in  einer  Schrift 
über  den  Rückkauf  der  sehweiserisehen  EiBenbabnea  (Verlag  yon  itudolf  Jenni, 
Bern)  schreiben  konnte : 

,Die  .^chweizerisihen  Ei.senhahnzustand»*  sind  ki ankli  ilt.  Von  drm  über  1000 
Kilometer  zählenden  Netze  Ist  kaum  ein  Fünfthed  in  gesunden  VerhäIlniH,«en ;  bei  vier 
Fünlthedcn  des  Xetze=:  hcfinden  sirh  die  Gesellsohnften  in  schlimmer  L.ii,m>;  ^ie  haben 
große  Möbe,  die  hereiLs  verbauten  Kapitalien  in  deünitive  Anleihen  zu  konsolidiren 
oder  die  zur  Bauvollendug  weiter  benöthigten  unter  erträglichen  Bedingungen  aufzu- 
nehm»^n ;  br  i  r  in<Mii  großen  Theile  des  Xetze-»  reicht  der  Ertrag  nicht  aus,  um  die 
Obligationen  zu  verzinsen,  von  Dividenden  an  die  Aktionäre  nicht  zu  reden.  Gemeinden 
nnd  Kantone  heben  im  allgemeinen  Eisenbahn^Wettringen  und  um  den  Kampf  gegsn 


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Eisenbahnen 


—    127  — 


I 


Eisenbiüinea 


Rivalen  zu  iiestebeo,  durch  Aktien-  oder  Anleihensbetheiligungen  sich  schwer  belasten 
was  in  ihren  ganzen  Haushalt  tief  eini^reifl  und  äe  zu  Einschränkungen  in  nauiicbet, 
Adiiitnistrationsgebieten  und  zur  ErtiShung  der  bestehenden  und  Einfahning  neuer 
Steuern  nrtthigt.  Die  gesammlf  Eiil^'t-nos^cti-chaft  leidet  an  dfiii  Hufe  schweizci  ischen 
Kredites  und  Qeschickes,  da  der  Mißkredit  und  das  Ungeschick  von  Gesellscbaden  und 
PrivaMJntameliinungen  in  den  Augen  des  bethefligten  Anslandee  mdir  oder  minder 
auf  das  ganze  I  1:1  1  zuniclifrilll :  ilie  Xctzzerstückelunfr.  ilio  Ver^chieiknh  it  1  Kon- 
.lessionsbesttmmuugen  (tlhrea  zu  vielen  Hemmnissen  und  Verwicklungen  lui  Innern  und 
machen  jedes  einheitliehe,  schweizerische  Auftreten  nach  Außen  anmfifUch.  Die  KUt' 
siruide  -ind  auf  »lern  Hoflen  der  Knntnnal-Autonnmie  und  des  Privalbaues  entstanden. 
Wenn  nun  Mittel  und  Wege  auätmdig  gemacht  werden  können,  um  aus  dem  krank- 
haften Zustande  heraus  zu  kommen,  wobei  einerseits  die  Aktionäre,  die  Glftubiger,  die 
G>?-<:ll-cliaflen,  die  Ix  la-^teten  Korporationen  und  Kantone  in  eine  bessere  Lape  vorletzt 
wer<ien,  und  anderseits  das  gesamrate  Vaterland  gewinnt,  so  lohnt  es  sich  wohl  der 
Mühe,  und  es  ist  besonders  die  Pflicht  der  schweizerischen  Staatsmftnner,  die  Sache 
wohl  in  ErwSgune  tu  ziehen  Hin  solches  Mittel,  wir  nonnen  es  sogleich  und  ohne 
Umsctiweife,  ie^t  der  Hiiekkaui  der  sämmtliclien  Bahnen  durch  die  Eidgenossenschaft*. 

Die  Stimme  des  Bnndespritaidenten  yerhaUtn  wirkungslos,  hSoluten  dnß  sie 

mehr  oder  weniger  gleiehgerinsten  Sehriften  einee  BarthohMiy  (186B),  Bono» 

<1868),  Kaiser  (18()9)  rief. 

Die  Bahngusellschaften  aber  lebten  lustig  in  Konflikten  miteinander,  mit 
dpn  kantonalen  Gewalten  und  mit  den  öfl'entlichen  Verkehrisbedürfuissen.  Anlaß 
dazu  boten  in  reicbliohem  Maße  die  i^ragen  betreffend  Erstellung  neuer  Linien, 
Kegulirung  der  AnaehliifiverhUteiase,  loeinandefgreifen  der  FahrtenplSne,  Trum- 
porttnrife,  HaftpHieht.  die  Kinricbtnng  TOn  SohnellzQgen  u.  s.  w.  Umfaßte  das 
Netz  einer  Gesellschaft  mehrere  Kantone,  so  war  eine  einzelne  Kantunaltr'-wrslt 
nicht  im  Staude,  ihre  Antorität  zur  Geltung  zn  bringen,  und  eine  Verständiguug 
unter  den  einzelnen  Kantonen  zu  gemeinsamer  Aktion  hatte  in  der  Kegel  in  den 
TexBohiedenen  Interesoen  and  Dispositionen  derselhen  nnttbersteigliche  Schwierig- 
keiten. 

So  wurd<  n  rnJlich  die  Kantone  und  die  Babngesellschaften  selbst  der  un- 
leidigen Zustände  satt  tmd  riclitet*'n  jt'tzt  ihre  Biieke  hUlfeHUcbend  auf  den  Bund. 
Glicht  daß  man  von  ihm  den  iiucl\k«tni  der  Bahnen  begehrte,  wohl  aber  eine 
nm&asendere  bnndesgesetsUohe  Ordnung,  ak  die  im  lückenhaften  Geeetz  von  18d2 
▼orgeaehene.  Diesem  OrdDangstrieb  sn  entapredien,  hatte  der  Bond  am  eo  mehr 
Ursache,  als  infolge  des  internationalen  Gotthardbahnvertrages  von  1869/71 
sowieso  ein  anderes  eid;^enii>fis(hes  EiseuLabnrecht  geschaffen  werden  mußte  als 
dasjenige  von  1.152.  Die  Aufgabe  wurde  gelöst  durch  das  Bundesf/esete  rom 
23.  Dtztmber  1872  betreffend  Utn  Bau  und  Betrieb  der  Emenbakni'n.  Sein 
Wortlaut  ist  auf  Seite  539  n.  ff.  dee  L  Bandes  dieses  Lexikons  ndtgetheilt. 

Daß  sich  der  Bund  eine  energisohe  Handhabung  des  Geaetse«  angelegen 
eein  liefti  erhellt  aus  der  langen  Aufzählung  yon  Verordnungen  und  Eigän/ungs- 
gesetzen  auf  Seite  54»j/7  de«  I.  Bandes.  Hiezu  kommen  noch:  Ii  Das  Hundes- 
gesetz vom  28.  Juni  ISjs'.t  betretlend  die  HUlf>*ka8sen  der  Eisenhahn-  und 
Dampfschiffgesellschaltea,  2)  das  Bundesgesetz  vom  27.  Juni  If^'.ii)  betreüend 
die  ArbeitsKeit  beim  Betriebe  der  Eisenbahnen  and  andern  Transpurtanstalien, 
S)  der  Bundesbeaohluß  vom  27.  Juni  1890  betreffend  den  Ankauf  der  Priorititte< 
aktien  der  Jura-8implon-Bahn.  Fendent  ist  zur  Zeit  und  als  Traktandum  fdr 
die  .lunisession  IB'U  der  Bundesversammlung  vorgesehen  ein  Bnndesbesohlaß 
betreifend  den  Erwerb  von  50,000  Aktien  der  Zentralbabn. 

IMese  xwei  letiteren  Besefalttsee  bilden  einen  neuen  Wendepunkt  in  der 
sohweiserisohen  Eisenhahngeediidkte;  denn  der  Srwerb  von  Bahnaktien  dnroh 
•den  Bond  bedeutet  nichts  weniger  als  den  B^inn  sar  Yerstaatlidrang  der  Bahnen. 


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Eisenbahnen 


— 


Eisenbahnen 


Damit  ecUägt  der  Bund  j«tit  den  Weg  ein,  den  eehon  1667  das  damalige  Post» 

nnd  fiandepartement  betreten  wollte.  Der  Bund  greift  zn  diesem  Mittel,  weil 
es  ihm  vortlieilliiifter  erscheint  als  der  konztssinnsmäßiii*'  Rückkauf  und  sicherer 
als  der  fremiiiufe  liiickkauf.  Ein  im  Jahre  18ss  gemachter  Versuch,  das  Netz 
der  Nordoatbahn  vertraglich  zu  erwerben,  scheiterte  bekanntlich  ^ immerhin  er- 
neuerte  der  Bttttdesrath  diesen  Tennck  im  Jalire  1891  bei  der  Centralbahn  nnd 
awar  mit  Aaesiclit  auf  £rfblg),  während  im  Jahre  1883  Ton  einer  Xttndigong 
der  1888  fälligen  EoosesBionen  deshalb  Umgang  genommen  wurde,  weil  nach 
der  Ansicht  de«)  Bttudesrathee  —  der  Band  sieh  ni  grolkm  äoaazielien  Gefahren 
auügeaetst  haben  würde. 

£a  yerlohnt  sich,  die  Gesichtspunkte,  welche  den  Bundearath  bei  dem  Er- 
werb Ton  Aktien  leiten,  nach  aeinen  eigenen  Worten  klar  sn  legen.  Deraelbe 
sagt  in  seiner  Botschaft  Tom  80.  Mai  1891  betreffend  den  Erwerb  der  Jnra- 
Simpion-Aktien : 

,\Vir  li:«ben  in  uns<*rer  Botschaft  vom  y.  Dezember  ISSti  auf  die  Folgen  aufmerk- 
sam gemacht,  welche  sich  aus  der  Fusion  der  weslscbweizerischen  Eisenbahnlinien  mit 
der  .hn ;i  Bci ii-Luzcrti-üahn  (1  Jan.  1890)  filr  i\u-  Mlnvoizcrische  Eifenhafinyiolitifc  erjrehen. 
Diese  Vereinigung  vollzieht  sicli  nicht  bloti  zwischen  den  privaten  Eisenbaiingcseilschaften 
zum  Zwecke  des  Betriebes  des  nunmehr  bei  weitem  größten  schweizerischen  Eisenbahn* 
nelzes,  sondern  es-  koimnt  d:it»et  die  Bedeutung  und  der  EinHuG  d-  r  l»elheili}.'1en  Kantone 
in  einer  Weise  zur  (kUuuj{,  wie  dieses  bei  keinem  der  aii  ii  in  Hihunelze  der  Fall  ist. 
In  dieser  Beziehung  lallt  vor  Allem  die  Stellung  Kanfnii-  Hern  in  Betracht.  Die 
entscheidende  Bellieiligung  desselben  an  dem  Entstehen  der  Jura-Bern  I.uz-  rn-Rahn  und 
der  maßgebende  Einlluü,  welchen  er  al«  größter  Aktifmär  bei  der  Vri  ualtuiig  dieses 
Netzes  ausgeübt  hat,  verliehen  dem  letzteren  den  iktur  einer  SiM.it>li;din.  Durch 
die  Genehmigung  der  Fui^ioD  haben  die  Behörden  und  das  Volk  des  Kantons  Bern  die 
Fortsetzung  der  bisherigen  Politik  gebilligt  und  gleichzeitig  auch  die  Ziele  guigeheißen, 
welche  die  Vereinigung  ausdrficklich  als  die  ihrigen  anerkennt;  tier  Kanton  Bern  hat 
die  eiäenbahupolitiacbe  bundesgenosäenschatl  der  kanlone  Freiburg,  Waadt  und  Walliä 
erworben  nnd  diese  sieh  ihrerseits  die  Mitwirkung  des  größten  Kantons  zur  Erreichung 
ihr«  s  lriiit,''-t  aiii^'e-^treblen  Zieles,  des  Simplondurchsticlies,  gesichert.  Nelien  dem  r<  rht. 
liehen  und  moralischen  EintluU,  den  vier  Kantone  mit  einer  Bevölkerung  von  rund 
einer  Hillinn  i^eelen  zur  Erreichung  ihres  Zweckes  auszufiben  im  Falle  smd.  kommt  das 
direkte  fitian/.ietle  liilere-^-e  io  I>etr.i<  Iil.  weli  !ie<  sie  an  die  neue  (iesell-clnn  kriflpH. 
Der  Aktienbesitz  der  vier  Kantone  betrügt  zur  Zeil  77,777  Stück,  welche  in  der  Ueneral- 
versammlung  ebensoviel  Stimmen  reprasentiren,  und  zudem  sind  die  Kantone  im  Ver- 
waltungsralh  bei  einer  Gesammlzahl  von  5<>  -i'A)  Mitgliedern  mit  19  Stinnnen  betbeiligt 

,bie  Stellung,  weiclie  dem  Bund  aus  dieser  Situation  erwächst,  ist  nicht  zu  ver- 
kennen. Die  Thatsache,  daß  durch  das  Zusammenwirken  von  kantonalen  Begiernngen 

mit  den  Eij-enhiilinve-ellM  li  iften  in  der  Verliesseruiig  unserer  Eisenbahnzustäiiile  Hesul- 
tate  erreicht  worden  sind,  wie  sie  der  Buml  in  gleicher  Bedeutung  bis  anhiu  nicht  zu 
erzielen  im  Stande  war,  muß  nothwendig  zur  Schwächung  des  Einflusses  der  E{dgeno<!8en> 
Schaft  frdin  n.  \veiin  dieselbe  nicht  den  VVillen  und  die  Ki  .ifl  besitzt,  sich  aurli  iliri  i-eit3 
die  gebührende  Stellung  zu  erobern.  Der  Bund  wird  zwar  gegenüber  der  fusiunirlen 
Gesellschaft  im  Stande  sein,  die  Pflichten  zu  erfiUlen.  welche  ihm  bei  der  heutigen 
y;ieid;i^re  itii  schweizerischen  Eisenli:ditiwe'-en  oh!ie;.'pn.  .iher  er  wird  es  nicht  vernir>/en, 
der  weitaus  höheren  Aufgabe  gerecht  zu  werden,  welche  die  Zukunft  gebieterisch  an 
ihn  stellt.  So  lange  die  Fusionen  nicht  als  Vorbereitungen  zur  Verstaatlichung  d«r 
Bahneu  betrachtet  und  hch  indi  lt  w^Mlen.  führen  sie  im  Gegentheil  vnn  dii  ~eni  Ziele 
ab,  indem  sie  die  Macht  der  (.ieseilschatlen  stärken  und  die  kantonalen  Emllüsse  auf 
Kesten  dei;ienigen  des  Bundes  vermehren.* 

Und  in  der  Botschaft  vom  21.  März  1891  betrefl'end  den  Ankauf  von 
Centralbahnriktit-n  sagt  es  der  Bundesrat!)  utTen  heraus,  daß  der  Zweck  diener 
Maßregel  keineswegs  der  sein  solle,  den  Bund  dauernd  zum  Großaktionär  der 
Centraibahn  zu  machen,  «ondern  .unser  Ziel  ist  die  Erwerbung  der  Centralbahn 
nnd  der  Betrieb  derselben  dnrdi  den  Bund  mit  der  gleiebseitigea  Abaiohl^  der 
ancoeuiven  Erwerbung  des  geaammten  aobweiierimben  Bahnnetsee". 


Eisenisahnea 


—     12t»  — 


Der  TavfMnur  dkie«  Artikels  geiiSit  n  denjcuigcn,  welelie  bedeoon,  daß 
im  Jahre  1853  das  PrivatbahnByetem  ttber  daa  Staatabalm^yfteai  gesiegt  bat. 
Jkmgßmäß  kt  auch  der  Artikel  in  staatsbahnfreandlicbem  Sinne  gehalten.  Der 

Leser  soll  aber  auch  len  gegentbeiligen  Standpunkt  kennen  lernen,  und  machen 
wir  ihn  deßbalb  mit  einigen  Stellen  aiu  der  Schrift  von  (i.  Stoll  ^Zwr  Ehren» 
rettung  den  Privatbahnsystems  in  der  Schweiz"  ^Zttrich,  Orell  FUßli  &  Co.,  1888) 
bekannt. 

Zunächst  fuhrt  G.  StoII  den  Kachweis,  daß  die  bis  1861  gebauten  Bahnen 
per  Kilometer  l»jH,(M)o  Franken  mehr  Hatikosten  erforderten  als  man  im  Jahre 
1852  angenoniineu  hatttJ,  so  daß  alsu  der  Bund  bereits  in  diesem  Punkte  sehr 
schlimme  Erlabrungeu  gemacht  hätte.  (Bei  gleichem  Netz  hätte  er  174,700,000 
Franken  mehr  anfbiingen  müssen  als  1853  Yorgesehen.) 

Femer  glanbt  G.  Stell,  daß  die  Privatthätigkeit  der  Sohweii  viel  raaoher 
ein  großes  Bahnnetz  gegeben  habe,  als  der  Bund  es  gethan  hätte,  denn  nach 
einem  Zeitraum  von  wenig  mehr  als  30  Jahren  Ubertraf  das  schweizeriHche 
Bahnnetz  das  von  den  Befürwortern  der  Staatsbahnen  ursprünglich  projektirte 
Kets  am  mehr  als  das  Zwdnndeinhalbfache. 

«Die  Gotthardbahn  wire  vom  Band  nicht  gebant  worden  und  der  wirtk* 
Sfdialtliohe  Auischwnng,  der  sich  an  dieselbe  knUpfte,  wäre  ausgeblieben;  oder 
wenn  er  sie  gebaut  hätte,  so  wären  die  9()'s  Millionen  Franken,  mit  welchen 
die  Gotthardbahngesellschaft  vom  Ausland  Mill.i,   und  von  der  Nordust- 

ond  Centraibahn  ^8 '/a  Mill.)  ttubventionirt  wurde,  zu  seiueu  La««teQ  gefallen,  denn 
letstere  swri  Privatgesellsehaftem  hStten  nidit  exiskirt,  «ad  beim  Ansluid  Uttte 
er  sieh  ans  politischen  Gründen  nicht  um  Sabvenlioaen  bewerben  dürfen. 

„Die  durch  die  Privatthätigkeit  hervorgerufene  großartige  Entwicklung  des 
schweizerischen  Ki-ienbahnwesens  hat  zwar  auf  der  einen  Seite  die  einzelnen 
Eisenbahnunteruuhmungen  die  schwersten  Opfer  gekostet,  auf  der  anderen  Seite 
aber  der  Sohweiz  selbst  dmwh  Hebong  der  materiellen  Wohlfidirt  ihrer  Bevttlkerong 
wie  durch  Vermehrung  ihrer  Bondeeeinkttnfte  immensen  Nutzen  gebracht.* 

Allerdings  fällt  von  den  Hunderten  von  Millionen,  welche  auf  den  Schweiz. 
Eisenbahnen  verloren  gegangen  siind,  nur  ein  Theil  anf  das  AiiHland,  der  größte 
Theil  des  Verlustes  fällt  ubne  Zweifel  auf  die  Schweiz  »elbfit.  Und  gewiß  gibt 
es  sohweiaerisobe  Angehörige  die  Menge  und  gibt  ^  sahireiche  schweizerisehe 
Gemeinwesen  welche  in  Folge  der  an  Gunsten  der  Eismibahnen  gebraohtm  Opfer 
noch  während  einer  langen  Zukunft  zu  leiden  haben  werden.  Allein  so  beklagens- 
werth  'ii^-f  Thatsache  auch  an  und  für  t*ich  zweifellos  ist,  so  handelt  es  sich 
doch  immerhin  bloß  um  Verluste  Kin-clner.  I>eni  Lande  selbst,  als  Geffnmmt- 
heil  in's  Auge  gefaßt,  habeu  die  Uebertreibuugeu  der  privaten  Eiiienbahxi-ludutitrie 
viel  mehr  TortbeOe  als  Nadithdle  gebracht.  Gerade  die  außerordentliche  Ans* 
dehnung  des  Bahnnetzes  hat  mächtig  dazu  mitgewirkt,  die  ganze  wirthsohaftliohe 
Thiitigkeit  des  Landes  zu  heben  uml  den  Wohlstand  allgemeiner  zn  verbreiten. 
Niemand,  der  die  heutigen  Zustände  mit  denen  vergleicht,  welche  vor  30  Jahren 
bestanden,  wird  bestreiten,  daß  in  der  Zwischenzeit  unser  ganzes  gewerbliches 
Leben  einen  gewaltigen  AnjOBchwung  goiommen  und  der  allgemeine  Wohlstand 
sich  in  außerordentlichem  Maße  vermehrt  habe.  Zeugnissen  bievon  begegnen  wir 
auf  Schritt  und  Tritt.  Jenem  allgemeinen  materiellen  Anfechwnng  ist  aneh  der 
gegenwärtige  blHhende  Zustand  unserer  Bundesfinanzen  in  erster  Linie  zn  ver- 
danken, da  derselbe  natürlich  einen  außerordentlich  günätigeu  i:^influß  auf  die 
Erträgnisse  der  Poet-  und  Telegraphenverwaltung,  ganz  besonders  aber  auf  die 
Vermehrung  unserer  ZoUeinkaofte  aosgettbt  hat. 

Tamr,  VotkiwtrthMli»fki*L«xik«B  Sw  Scliw»ii.  9 


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Eii>enbalmeii 


—    130  — 


Kisenbahuen 


^Das  Bondesbalm-Syatem  ist  ganz  geeignet,  das  Eldorado  .ua^eres  Streber« 
thums  tn  werden.    In  dieser  Besübhimg  ist  es  yielleiolit  von  symptomatlsoher 

Bedeutung,  daß  unsere  Arbeiter-  und  Griitlivereioe  die  Ventaatlichung  der  Eisen- 
baliniM)  zu  einem  der  Haa]<tjiunkte  ibres  Programmes  gemacht  haben.  Die  Agitatioa 
fUr  Herab>etzuiig  <ier  läsiMibtihntarife.  insbesondere  filr  Herabsetzung  der  Peraonen- 
taxen,  durfte  leicht  eine  noch  mächtigere  Wirkung  aut  die  Menge  aosUben,  aU 
es  in  vielen  Kantonen  die  Agitation  fttr  Heratw^mng  des  Salspreiaee  getban 
bat.  Sind  aber  nnmal  die  Bundesbahnen  snoi  TnmmelpUts  der  Demagogie  ge* 
worden,  dann  gnade  Gott  unseren  ßundestinanzen!" 

^Man  weiß,  daß  in  den  meisten  Fragen  wirth.schaftlieben  Charakters  die 
Anschauungen  der  Ost-  und  der  West«chweiz  außerordeatlich  weit  aur$«iuander 
geben,  ünd  wenn  man  sieb  des  drohenden  Aosspruchs  winnert,  den  yor  wenigen 
Jabren  gelegentliob  einer  Zolldebatte  ein  Führer  der  radikalen  Westsebweizer 
in  offener  BnndesTemmmlang  gethan  hat,  90  muß  man  »ich  fragen,  ist  es  Staats* 
klug  gehandelt,  wird  e«  nicht  das  (.Tefülil  der  nationalen  Zusammengehörigkeit 
lockern,  vvenn  wir  durch  die  Zentralisation  der  Kisenbahnen  einen  Zu^tauii  seliaffen, 
der  ganz  dazu  angethan  ist,  in  seiner  weiteren  Eutwickluug  zu  eiuem  ueuea  Zank- 
apfel zwischen  der  Weetscbweix  und  der  Ostschwele  sa  werden?* 

Diesen  Anschauungen  eines  erflihrenenlKnanzmannes  und  Eisenbahn  verwaltnngs« 
rathes  gegetiiiliei-  ist  es  interessant,  ein  zweites  Urtheil  aus  dem  Munde  einer 
Autorität  in  Eisenbahnsaehen  /u  vernehmen,  l'^s  sagte  Herr  .Jurabahndirektor 
Marti  im  Nationalratb,  aniiißUch  (ier  Debatten  Uber  den  Ankaut  der  Jura-Simplon- 
Aktlen  (nach  der  «Berner  Zeitnng«*  Tom  21.  Jnni  1890) : 

»Zu  was  hat  uns  die  Privatwirthschafl  im  Eisenhahnwes«a  gefilhrt?  Zur  Ün- 
ordnunir  im  Fi-pnbalmvcrkffir.  zur  Erniedrigung  de?"  Lnndt><.  zur  Verniehtunjr  einer 
groLien  Zahl  von  Hxisienzen  Kolossale  .Summen  sind  im  Ei^eabahn werfen  zu  Grunde 
gegangen.  Ich  erinnere  .Sie  an  die  Kur-e  der  Xordosllialni.  lier  (lenlralhahn  und  der 
Ootlhardbalin  im  .Vnlanjr  «Ier  7()er  Jahre  und  in)  »Irdirt-  ls7>>.  Nicht  weni^rpi  als 
.%7  Millionen  sind  damals  verb>ren  gegangen.  Olivier  Zschokke  ber^-ehnet  »le  auf 
4i3  Millionen.  Es  sind  aber  dabei  nur  die  Normalbahnen  in  Berücksichtigung  gezogen. 
Wer  hat  diese  Summen  verloren?  Da;?  Sehwei/ci  volk  hat  sie  verloren  und  die  8pekul,mffn 
haben  sie  gewonnen.  Ijini  iieute  i.*t  der  Schwindel  wieder  urötier  als  je.  Du,  Aktien 
aller  der  genannten  Bahnen  sieben  wiederum  hoch  und  iioi-lt  liöher  als  in  den  Zeiten 
der  7t)er  .Jahre.  Denken  Sie  lerner  au  den  Gründungsschwindel  bei  den  Hergb;ihnen 
und  Bahnlein.  Wiederum  wird  die  Reaktion  eintreten,  wiederum  werden  es  die  .Spekulanten 
sein,  welche  sich  vergnüi^'t  ilii>  Hilnde  reiben  und  wiederum  wird  es  das  Volk  sein, 
welches  die  Zeche  bezahlen  niutf. 

.Wir  stehen  heute  im  Eisenbahnwesen  auf  einem  durchaus  unklaren  und  un- 
gesunden Boden.  Oer  Bund  ist  ^jeiiOthigt,  eine  Novelle  über  die  andere  dem  Eisenbahn- 
net/ beizufügen.  Kein  Mea<«ch  weiU  mehr,  was  Rechtens  ist,  wenn  wir  so  dVauf  los 
legiferiren.  Es  werden  auch  die  Gfesicfatspunkte  und  Ziele  des  Eisenbahndepartementes 
hrailiu'  W  eil  rdi'  t-clii  ii  It  ii.  ebenso  das  Muß  de-  Zulässigen  und  MOgliehen.  Man  weiß 
niauchmal  nicht,  wer  hinter  diesen  Anträgen  steckt,  ob  es  Tecliniker  sind,  Geseilschalten, 
Spekulanten  oder  Heizer.  Die  eidgenössische  Kontrole  ist  zu  einer  Poliielanstalt  geworden. 
Damit  k-Hnni-n  u  ir  ni  kein  Z^'l.  Wir  bewirken  hflehsten«,  daß  den  Ei.senbabnverwallungen 
jede  Luät  zur  initiative  genommen  wird.  Der  Fehler  liegt  eben  darin,  duL>  der  Bund 
statt  in  der  Verwaltung  außerhalb  der  Verwaltung  stellt.  Die  Spekulanten  sind  es  zw 
frieden,  wenn  der  Bunt!  -i  n  iiiß.  iltulb  der  Eisenbahnverwaltungen  befindet.  DafQr 
betiiiden  s»*  sicii  darin  unA  ^cli.ilieii  und  walten  zu  ihrem  Nutzen.* 

Bei  dem  nämlichen  Anlaß  machte  der  Chef  des  eidg.  Eisenhahndepartementes 

die  Uberrascfaende  Mittbeilnng,  daß  bei  der  Liquidation  sablonissanflbiger  Private 

bahnen  100*833,095  Fr.  rerloren  gegangen  sind      Und  er  fügte  n.  a.  bei:  «Idi 


')  Es  hallen  u.  a.  liquidirl:  Die  Nationalbahn,  ilie  Ostwestli.ahn,  die  erste  Untei^ 
nehiuung  des  Jura-industriel,  die  .ehemahge  Ligne  d'Italie  im  Wallis. 


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Ebeubalioen 


—    131  — 


£iseni)abnen 


glaube,  gibt  iu  ganz  Euiupa  keiu  einzigen  Land,  in  welchem  zwischen  dem 
Verkehr  and  den  £ii«ibah&T«rwAltangen  so  wenig  Kostekt  besteht  wie  bei  vi». 

Die  Aufsiebt  de»  Bundes  ist  eine  lediglich  polinilidMf  bureaukratische.  In  Bezug 
auf  (lif  Tarife  können  wir  lediglich  dafür  sorgen,  i^laß  sich  dieselben  in  den 
richtigen  kotui'>'^(on'irfem''ßen  Sclirauken  halten ;  daß  dieselheu  den  Bedürfnissen 
de»  Verkehrs  und  der  Industrie  angejiaßt  werden,  kiinnen  wir  nicht  erzwingen.'* 
Was  aber  die  Tarife  der  Bahnen  za  bedeuten  haben,  zeigte  der  Bedner  dadnrch, 
dafi  er  den  ZoBergehniieen  dee  Jahres  1886  die  Fraehtergebnisie  des  BSmUdiBB 
Jahres  gegenüberstellte.  Es  verausgabte  der  schweizerbche  Handel  fUr  Zoll 
22'31»5,O00  Fr.  und  für  Bahnfracht  der  nämlichen  GHtcr  4r6'.>7j)(X)  Fr. 

Ein  Zürcher  Kautmann  ^)  erblickt  in  den  Frachtverhältnissen  das  entscheidende 
Moment  für  die  Verstaatlichung  der  Bahnen.   £r  sagt: 

 Nun  ^lange  ich  zu  dem,  meiner  Ansieht  nach,  wichtigsten  Argument,  das 

für  dii'  Ft  i^e  <I>  r  Yerstaatlicliun^'  un-erer  Bahnen  Ton  eigentlich  kapitaler  Bedeutung 
ist,  und  welches  das  entscheidende  sein  sollte. 

^Ob  die  Bahnen  heute  oder  morgen  Tostaalliehl  werden  sollten,  wäre  an  und  lOr 

sich  ziemlich  gleichirniiip,  wt-nn  lioi  unseren  Xachbnrn  die  Ei«enhahnfrage  Im  gleichen 
Stadium  wäre,  wie  in  der  .Schweiz.  Aber  dies  ist  durchaus  nicht  der  Fall. 

.In  Frankreich  werden  in  50 — 70  Jahren  dw  wichtigsten  Privallinien  dem  Staate 

kfisttntn >i  ztifallen,  d.  h,  der  Stnnt  hat  nur  das  bewe^fliche  und  Betrif^h-Material  zum 
St'hatzuuK.^pieise  /u  iilioi uehiiien.  Deutschland  wird  in  der  gleichen  /eit  sein  Anlage- 
kapital so  viel  Wh-  iini^'lich  zu  amortisircn  suchen;  es  wird  daraafhinarbeiton,  daß  es 
im  gleichen  Zeilpunkt,  in  welchem  die  französischen  Privatli.ihiien  an  den  Staat  zurück- 
faUeu,  seine  Verkehrsmittel  unter  gleich  gäiistigen  Vfriiältni-s.n  zu  seiner  Verfügung 
hat  wie  Frankreich.  Die  wirthschal'tliche  Lage  dieser  ticideti  Limder  wird  duiDXttmä 
^ine  ganz  andere  -ein  .Ah  wie  sie  sich  uns  heute  piäsentiit.  Heid.'  St.iaten  werden  ge- 
waltijre  Ei.-enhalinnetze  besitzen,  welche  nur  wenig  küslvii.  daher  audi  dem  Handel 
und  Verkehr  außeronleatlii  h  lMl!i;.'e  Dienste  leisten  können.  Wird  dann  die  Schweiz  im 
Stande  sein,  ihr  industrielleü  Gleii  hgewicht  zu  behaupten?" 

Durch  VerzH^reningen,  welche  der  l>ruek  -ü'-ser  Borren  erlitten  hat»  ist  der 
Inhalt  de»  Artikels  theilweise  von  dcu  Kreigai.H.>.cn  überholt  wurden. 

Der  Ankauf  von  50,000  Aktien  der  Centraibahn  wurde  vom  Nationalratb 
gtttgeheis^en.  vom  Ständerath  jedoch  abgelehnt.  Dagegen  einigten  sich  beide 
RSthe  am  1*5,  Juni  1891  anf  den  Ankauf  der  Oiitrallahn.  auf  Grund  folgenden 
Vertrages,  den  der  Hntide^^rath  am  2.  April  lödl  mit  dem  Direktorium  der 
Centralbahn  vereinbart  hatte: 

l.  Die  schweizerische  CentralitaUngesellschalt  tritt  ihr  gesammles  bewegliches 
und  unhewegli<  hes  Vermiigen  «lern  Bunde  zu  Eigenthum  ah,  mit  InbegrilV  ihrer  Anlheile 
an  dl  ti  G.  iiieiti-eli  ift-liahrien  (Brttzhetylialin,  Aargauische  SOdhahn,  Kohlenz-Stein  und 
"W  nhleii  lirLiiigarteni  und  mit  EinschluU  der  vorhandenen  Fonds;  der  Gesell.schafl  wird 
von  'lem  Aktivsaldo  der  Gewinn-  und  Verlustrechnung  des  Jahres  1890  ein  Botrag  von 
Fr.  3,3W),00O  im  Maximum  überlassen,  während  der  Ueberschnß  iU  in  Runde  zuHillt. 

Der  Bund  Ohcrnimmt  dieses  Veriii<\gen  in  dem  auf  den  Zeilpunkt,  der  I'ehergahe 
{Art.  4i  sich  ergehenden  Bestände  mit  allen  Bechten  und  Lasten  und  mit  der  Ver- 
pflichtung, alle  Verbindlii  hkeiteu  der  schweizerischen  (lentralhahngesellsrhart  zu  erfüllen, 
in  der  Meinung,  dali  die  Gläubiger  der  Gesellschalt  berechtigt  sein  sollen,  ihre  Ansprüche 
dem  Buinle  gegenüber  selbständig  zu  verfolgen  (.\rt.  128,  Uhligationenrecht). 

Art.  i.  Als  Gegenleistung  übergibt  der  Bund  der  CentralbahngeselLschaA  spätestens 
2  Monate  nach  Inkrafttreten  Urne«  Vertrage?  fQr  jede  Aktie  im  Nominalbeträge  von 
Fr.  öfMt  einen  zu  3  " per  Jahr  vet7.iii>li<  li'  !i  eidgenössischen  Keotentitel  hezw.  Interims- 
Schein  im  Nominalbetrage  von  Fr.  1000  und  mit  Zinsgenuii  vom  1.  August  Ib^l  an; 
im  Uebrigen  sollen  diese  Rententitel,  sowohl  in  Bezug  auf  die  dadurch  begründeten 


Ammann-Spiller  .Ueher  die  Verslaalliehung  der  schweizerisLlien  Eisenbahnen*, 
Vortrag  in  der  Kaufmännischen  üesellsciiaft  Zürich  am  20.  Januar  1888. 


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Ei^eiibuhnen 


13J  — 


Eisenbabnea 


Rechte  und  Verbindlicbkeiten,  als  auch  d«r  Form  nach,  den  im  Jahre  1890  auigegebenen 

eidgenössischen  Elisenb.-ihnrententitpln  jrpnrm  enf-pror!ien. 

Insoterti  die  (iesell^chull  btah-ichli^'l,  Jas  den  Aktionären  /.akommende  Vermögen 
vor  Ablauf  de«  in  Art.  667.  Abs.  2.  nbligationenrecbt  festgesetzten  Termincs  ausliiozu- 
geben,  so  verpflichtet  sich  der  Bund,  den  Glftubigem  die  in  Ab«.  4  des  ai^efilhrten 
Artikels  vorgesehene  Sicherheit  zu  leisten. 

Art.  3.  Die  GentralbahngeMllsehaft  wird  die  demitigen  Mitglieder  des  Direktoriums 

n;it  If  ■■  f.i(juii]alion  beauftragen,  für  web  he,  soweit  die  Rechte  des  Bundes  in  Frage 
iiomnieu,  die  Besliiumungen  dieses  Vertrages  maßgebend  sind,  und  deren  Kosten  der 
Bund  zu  tlbemehmen  bat. 

Behufs  möglichster  Ve^einfachun^'  und  Förderung  Jc^  Verfabrens;  worden  lie 
Idquidatorea  sich  mit  dem  Bundesrathe  im»  Einvernehmen  setzen  und  namentUch. 
besflglieh  der  zu  erl^asenden  Publikationen  und  Anzeigen  dessen  Ansicht  einholen 

Art.  4.  Xai  li  allseiiiir  erfolgter  Ratinkatinn  de-  \ uilie^'einlen  Vertrages  hat  sobald 
als  möglich  der  Uebergang  der  Unternehmung  au  den  Bund  und  die  Uebergabe  des 
Vermögens  stattzufinden. 

His  zur  Uebergabe  des  liesellsrlian.-^verniQgeiis  an  den  Bund  wird  die  Gesellschaft 
fortfahren,  das  Unternehmen  in  allen  Tbeilen  in  eigenem  Namen,  aber,  für  den  Fall 
der  Oenehmigung  des  Vertrafes,  vom  I.  Januar  1891  an  auf  Reehnnng  des  Bundes 
zu  verwallen  und  zu  lietreiben.  Sie  wird  dabei  nach  bestem  Wi-^en  und  fJewissea 
und  in  gewohnter  Weise  verfahren.  Immerhin  sollen  eingreifende  Veränderungen  am 
Status  quo  des  Gesellscbaflsvermflgens  und  außergewöhnliche  Ausgaben,  welche  nicht 
^'ei^pnwfirtig  -rhon  durch  Gesetz  oder  Vertilg  begründet  sind,  nur  mit  Znstimroung  de« 
Bundesratbes  vorgenommen  werden. 

Art  5.  Der  Bund  stellt  «  den  Mitgliedern  des  Direktoriums  der  Centraibahn 

anbeim.  unter  den  jetzigen  Anstellungsbedingungen,  welche  ihnen  für  eine  Amtsdauer 
bis  1.  Juli  1896  zugesichert  werden,  in  die  Bundesverwaltung  Qberzulreten. 

Der  Bund  rerpflichtet  sich  femer,  die  flbrigen  Beamten  und  Angestellten  der 

Centraibahn  unter  den  bestehenden  Änstellunpsbedin^-'unfren  in  seine  Dienste  zu  Aber* 
nehmen,  und  zwar,  soweit  immer  möglich,  in  gleicher  dienstlicher  Stellung. 

Art.  6.  Der  Bund  verpllicblet  sich,  bezüglich  der  Hülfskasse  der  Beamten  der 
Gentraibahn  in  die  Verpflichtungen  der  Centraltmhngesellschaft  einzutreten. 

Art.  7.  Der  Sitz  der  Verwaltunp  di-r  Centralbahnlinien  soll  jedenCal!-  lange 
in  Basel  bleiben,  als  nicht  die  weitere  Verstaatlichung  schweizerischer  Hauptbahnen 
eine  Aenderung  der  Organisation  nothwendig  macht 

Art.  8.  (;e|.'etiwärf  i^'er  Vertrag  fällt  dahin,  w.  iin  derselbe  nicht  bis  1.  November  1891 
endgültig  die  Genehmigung  des  Bundes,  sowie  anderseits  dietjenige  des  Verwaltuitgsrathes 
nnd  der  Oeneralversammlnng  der  schweizerischen  Centralbabngesellschi^  erhatten 
haben  wird. 

Art.  9.  Alll^llige  Streitigkeiten  über  die  Auflegung  oder  Vollziehung  dieses  Ver- 
trages sind  vom  Bimdesgericht  zu  entscheiden. 

Dieser  Vertrag  wurde  im  Juni  1891  von  der  Generalversammlung  der 
CentralbahnaktlonXre  angenommen,  und  e«  iMt  derselbe  nur  noch  das  Beferendnm 
des  Sohweiiervolkes  zu  paMiren.  Di«  Beferendamafruit  «lauert  bis  txm  39.  Sep» 
tember  1891. 

Wie  nun  auob  die  Volksabstimmung  über  den  Ankauf  der  Centraibahn  au«» 

falb*,  ftb  fUr  oder  gegen,  wird  immerhin  der  nachfidgende  Aufzug  H^^^  der  bundes- 
rtithiiche  Botschatt  vom  lö.  Mai  1891,  diese  Angelegenheit  betreffend,  von 
grospera  orientirendem  Interesse  sein  : 

Die  Kommission  des  .Vationairalbes,  welclier  unsere  Anträge  belreffeud  den  Ankauf 
der  Centraibahn  überwiesen  worden  sind,  bat  <len  Wuiiscb  angesprochen,  daß  der 
Bundesrath  in  Ergänzung  seiner  Botschaft  sirli  fdur  die  Grundsätze  au«-prerhr.  nncb 
denen  die  von  dem  Bunde  zu  erwerbenden  Eisenbahnen  zu  verwalten  und  zu  be- 
treiben seien. 

Indem  wir  die^•  ^  Einladung  nachkonun<-n.  rrl.raVieii  wir  an-  hu.  li  eiiu^e  weitere 
Punkte  zur  Sprache  zu  bringen,  zu  deren  Erörterung  unsere  Vorlage  Veranlassung  ge- 
boten hat. 


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Eisenhahuen 


—    133  — 


£ü»eubaiuiea 


f.  Nicht  nur  in  der  Presse,  sondern  anch  in  amtlichen  Kreisen  ist  die  konstitn- 

tinitf  ile  Fmge  atifvrf'wnrfen  worden,  ob  der  Bund  überhaupt  berechtiprt  sei.  Ki  t  n!i  »linen 
zix  besitzen  und  zu  betreiben,  oder  ob  nicht  das  Hecht  hiezu  vorerst  auf  veri  u^sung^t- 
inä.-«sigem  Wege  geschaflfen  werden  mOs««.  Wir  lialten  dafür,  daß  die^e  Frage  durch 
Art.  I3  der  Bundesverfa-ssung  in  ganz  klarer  Weise  ent-jchieden  sei.  Diese  r  ArtiV«'!. 
welcher  wörtlich  aus  der  Verfassung  des  Jahres  1843  io  die  jetzige  aufgenommen  wurde, 
lautet  Mgendermassen : 

.Dem  Bumlf  -fehl  ila~  Recht  zu,  im  Interesse  der  Eidgenossensdiufl  odtr  eines 
agrossen  Theile^  derselben  auf  Koäleu  der  EidgenoisseDscbaft  51TeutUche  Werke  zu  er- 
«richten  oder  die  Errichtung  derselben  zu  untersldtzen. 

,Zu  ilif'sem  Zwecke  ist  er  auch  befu}.'t  i^-.  -^  n  volle  Knlschri.ii^'uii;.''  das  Rerhl  .l.-r 
^Expropriaiion  geltend  zu  machen.  Die  nütiern  Bestimmungen  hierüber  bleiben  der 
«Bnndesgesetzgwung  vorbehalten. 

„Die  Bundo'iversammlung  kann  die  F.rriciiluiir:  ön'entli«  her  Werke  antersagen, 
«welche  die  luilitärischeu  Interessen  der  Eidgenusseusdiafl  verletzen.* 

Gegenüber  dieser  Bestimmung  kann  das  Redit  des  Bandes  zum  Besitz  und  Betrieb 

von  Eisenbahnen  nur  zweifelhaft  sein,  wenn  die  Behauptun?  juif^rt-^tellt  wird,  ilai.  liie 
Eisenbahnen  überhaupt  nicht  ah  ölleuUiche  Werke  gelten  können,  oder  daß  sie  aus 
besonderu  Grflnden  nicht  in  dem  Wortlaut  der  BnndesTorftisBang  begriffen  seien. 

Zu  der  erstem  Aimahiiif  lie^t  ofTonhar  kein  Grund  vor,  denn  es  läßt  sich  wohl 
kaum  eine  Unternehmung  denken,  welcher  der  Charakter  der  Oeileutlichkeit  und  der 
•Gemeinntttzigkeit  in  hMierem  Maße  zuk&me,  als  einer  Eisenbahn,  zumal  hi  dem  Falle, 
in  wel.  heiii  der  Bund  den  De-ilz  aller  oder  doeh  der  hauptsächlichsten  Eisenbahnen 
des  Landes  erwirbt.  Die  ^,'e^'eiitht'ilige  Auifa-säung  wäre  nur  dann  berechtigt,  wenn 
aaehgewiesen  würde,  daß  es  im  Willen  und  der  Absiebt  der  konstituirenden  Behörden 
und  Gewalten  gelegen  [labe,  die  Eisenbahnen  nicht  unter  die  in  Art.  21  der  Bundes* 
Verfassung  genannten  öffentlichen  Werke  zu  begreifen. 

Wir  sind  der  Ansieht,  dass  sich  der  Bew^  des  Gegeniheib  in  strengster  Weise 
führen  Ia<-r.  Der  heutige,  oben  angt-führte  Art.  23  der  Buii<le-verf'.(-*ung  wunie-  in 
seinem  genauen  Wortlaut  schon  von  der  Hevisi^oskommissiün  der  konsütuireuden  Tag« 
Satzung  (1848)  vorgeschlagen.  In  ihrem  den  Verfoasungsentwurf  begleitenden  Berieht 
vom  26.  April  1848  erkllrt  die  Kommission  Aber  diesen  die  fiffentlicfaen  Werke  iietreffen- 
den  Artikel: 

,Die  Eidgenossenschaft  kann  auf  ihre  Kosten  öffentliche  Werke  errichten  oder  die 

»Erriebt an;,'  derselben  unterstützen  und  zu  diesem  Zwei  k  freien  Enfsrhädifrung  dm 
«Recht  der  Expropriation  geltend  machen.  Bei  diesem  Artikel  hatte  man  besonders 
«die  EinfQhrung  von  Eisenbahnen  im  Auge.* 

Bei  der  Beralhun;:  des  Kommissionalentwurfes  durch  die  Tugsatzung  wurde  dieser 
<jiesichtspuukt  aufä  ^'eue  hervorgehoben  (Abscliied  des  Jahres  1847,  IV.  Theil,  pag.  1^) 
und  die  Aufhahme  des  Artikels  mit  der  ErklSrung  unterstatzt: 

,Ea  werde  die  Schweiz  sich  aueh  in  Beziehung  auf  die  Eisenbahnen  kOnfUg  nicht 
»mehr  pa.^siv  wie  bisher  verhalten  können ;  sie  werde  durch  die  Verhältnisse  getrieben, 
»diesem  wichtigen  Verkehrsmittel  größere  Aufmerksamkeit  zu  leihen,  wenn  sie  nicht 
»Gefahr  laufen  wolle,  ihren  Ttansithandel,  sowie  theilweisa  anch  den  Absatz  ihrer 

«Waaren  zu  verlieren  etc." 

Öbschuu  sowoid  diese  Erklärungen  als  der  Wortlaut  des  unverändert  angenom- 
menen Artikels  liinlAnglichen  Anlass  dazu  geboten  hätten,  findet  sich  nirgends  eine 
Spur  davon,  dass  auch  nur  die  'p'efrentheili|.'e  Meinung  sich  geltend  gemacht  hahe;  es 
dürfen  unter  dem  Ausdruck  »»lüentliche  Werke'  die  Eisenbahnen  nicht  verstanden  w  erden. 

Viel  wichtiger  als  das  Gesagte  ist  v'ie  Thatsache,  <la.<^  die  sämmtlichen  bestehenden 
Eisenbahnen  auf  Grund  de«  Art.  23  (Art.  21  der  alten  Verfassunp),  d.  h.  darum  zu 
Stande  gekommen  sind,  weil  sie  als  ötTeullicbe  Werke  betrachtet  und  erklärt  wurden. 

D.i-^  Kiseubahngesetz  vom  2;i.  Dezember  1872  enthUl  hi  Art.  12  die  (mit  Art.  6 
des  alten  Gesetzes  vom  2S.  Juli  1852  identische)  Bestimmung:  »Die  Bundesgesetzgebung 
,fll>er  die  Verpflichtung  zur  »Abtretung  von  Privatrecbten  fmdet  auf  alle  vom  Bunde  kon- 
»zedirten  Eisenbahnen  ihre  Aiiwendung*.  Und  das  Expropriationsgesetz  (vom  1.  Mai 
1850^  selbst  wurde  «in  Ausfaiirung  des  Art.  der  Bundesverfassung'  erlassen  und 
nach  Art.  1  anwendbar  erklSrt.  «wenn  kraft  Art.  f  1  der  Bnndesv^rfasftnng  entweder 
Öftenlliclie  Werke  von  Bundi*s  wegen  errichtet  werden  oder  di>-  Anwendung  diese.'? 
Buudesgesetzes  aut  andere  ötlentliche  Werke  von  der  Hundesversammlung  beschlossen 
wird". 


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Eisenbahnen 


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Eisenbabneifc 


Durch  die  Anw  t  ndun^'  dieser  (;>  st  fzi  jsvorsthril'ten  siml  deiunaoh  die  sämintliclieii 
J>e$tehenden  Privatbahnen  gatu  ausdracklich  als  »öffentliche  Werke"  erklärt  und  dun  h 
die  Verleihung  des  Expropriationsrechtes  im  Sinne  des  Art.  33  der  BnndesrerfoMung 

^uiitfr^inizt''  wiinh'ii.  Wir  k<''innt'ii  im-  uunnirlir  wodi  des  weitern  Xachwei<r<  als  ent- 
hoben hetraditen,  daß  die  Eisenbahnen  auch  im  Besitze  des  Bandes  ötrenlüche  Werke 
sind  und  daß  somit  auch  der  Bund  das  Recht  hat.  dieselben  nicht  bloß  za  errichten^ 

^^ondern  infolpe  (le--en  ;»iich  zu  erwerben,  zu  he-itzen  iiinl  zu  Iu-tivilieti  :  w  ait-  -lies 
nicht  der  Fall,  s(»  würde  sich  der  in  allen  Konzessionen  vorbehaltene  Itückkauf  als  eine 
sinnlose  Haßregel  darstellen. 

Seil  dem  nf>lande  der  UuiKlesverfassun^.'  (18481  wur^f  11»  r-ht  des  rt  in  l.  s 
nie  beanstandet  und  auch  bei  den  sehr  erschöpfenden  Verhandlungen,  die  im  Jahre 
1852  über  Staatsbau  utid  Privat  bau  stattgefunden  hatten,  von  den  Vertretern  des  letzteren 
nie  mit  einem  Worte  in  Zweifel  frezo^reit.  'sondern  im  f  Je'^'etilheil  au-ili  H»  klich  anerkannt» 
wie  aus  dem  Henclil  »Itr  natioituliathiichen  Komnussiou  vuia  i.  Mai  l.S>2  deutlich 
hervorgeht  (Bundesbl  18,V2,  H.l.  II,  pag.  9.0.  Nur  die  Pflioht  des  Bundes,  gemäß  Art. -.'l 
dpf  Piuidesverfassiin'^'.  Ei-cuiia liricn  zu  luiuen.  wurdf  in  Alireile  j/L'^lrllt.  au-drüi  lslii  h 
aber  zugegeben,  ,diiß  uJleidings  auch  dem  Hunde  die  Betugniß  zusleiie.  Eisennahneu 
Ton  Bundes  wegen  zu  bauen*,  daß  es  aber  zunächst  seine  Sache  sei,  die  Rantone  in 
ihren  mittel-  oder  unmittelbaren  Eisenbahnunterrsehinungen  zu  unterstützen. 

II.  In  Bezug  auf  die  Verwaltung  und  den  Betrieb  der  künfli^ren  Staa!<h,ilineti 
gehen  wir  von  der  Voraussetzung  aus,  es  werde  der  Erwerb  der  bestehenden  Ilauj.iJ- 
hahnen  nicht  auf  einmal,  sondern  in  verschiedenen  Zeitpunkten  und  in  einer  zur  Zeit 
noch  nicht  abi«hbaren  Heihenfolge  .stattfinden.  Eine  rationelle  ujul  bleibende  territoriale 
Eintlieilung  wird  bei  dieser  Annahme  erst  ntöglich  sein,  wenn  sämmtliche  .Netze  er- 
worben sind ;  bis  zu  diesem  Zeitpunkt  wird  dieselbe  nach  dem  jeweiligen  Besitzstände 
wechseln  und  namentlich  auch  von  dem  llebelstande  abhängen,  ob  die  succesi«iv  dem 
Bund  anfeilenden  Oruppen  unter  sich  zusammenhängen  oder  durch  das  Gebiet  der  noch 
nicht  erworbenen  Bahnen  getrennt  sind.  Da  mit  dem  Wechsel  des  Besitzstande*  auch 
die  Organisation  der  Verwaltung  auf  das  Genaueste  zusamuienhängt,  so  kann  die  d^ti' 
nttive  Gestaltung  dieser  letztem  zur  Zeit  unrnflgtich  in  Aussicht  genommen  werden ; 
da-<  i.'(  II  wird  die  auf  (irniid  d<  -  wirklich  erworbenen  Besitzes  statttindende  Territorial- 


besitzen,  daß  dabei  die  wahrend  der  Uebergangspenode  gemachten  Erfahrungen  «ich 

verwerthen  lassen. 

Die  Richtigkeit  dieser  Ansicht  ergibt  sich  übrigens  von  selbst  aus  der  beutigen 
Sachlage,  denn  e.«  wird  wohl  Niemand  behaupten  wollen,  daß  die  zu  erwerbende  (lentral- 

balui  nach  'lern  für  ila-  tr."^afniate  künftige  Bahnnetz  zu  »  rla^-cnden  tJeselz  verwaltet 
werden  mns^c  und  deßliallt  der  Erlaß  dieses  Gesetzes  deui  Erwerb  iler  Bahn  voraus- 
zugehen habe. 

So  lange  die  Cviitnilbahn  der  einzige  EisenbahniM  -iiz  d.  -  I^uiides  bleibt,  vvini  der 
Betrieb  derselben  unter  einer  Direktion  wie  bisaidna  loiti-elicn  und  an  die  Stelle  des 
bisherigen  Verwaltungsrathes  und  der  Generalversammlung  werden  eidgenössische  Be- 
hörden treten.  Dabei  Nt  dif  Mi^g'Iitfikoif  i:>'^'el>'  ii,  di.^  nneiitlichen  Interessen  in  der 
weitgeUeud.sten  Wei.se  z.u  berüi.k.si€htigen  und  gleichzeitig  auch  die  bisherige  Stellung, 
welche  den  Kanhmsregierungen,  unter  denen  wir  hier  die  Vertreter  von  Handel  und 
Verkehr  verstehen,  in  der  Verwaltung  eingeräumt  war,  in  eine  ernsthafte  und  wirksame 
umzur»tidern.  Diesen  beiden  Hücksichten  suchten  wir  durch  unsern  ati  die  natiimal- 
räthliche  Kommi.ssion  gerichteten  Antrag  gerecht  zu  werden,  welcher  die  oberste  Leitung 
und  Ueberwachung  der  Verwaltung  und  des  Betriebes  der  Gentraibahn  dem  Bundesrat!) 
unterstellt  und  einen  aus  19  Mitgliedern  bestehenden  Verwaltungsrath  vorsieht,  in 
welchem  der  Bund  mit  13  und  die  Territorialkantone  des  Bahnnetzes  mit  0  .Milgiiedern 
vertreten  sind.  Der  Betiieb  würde  von  einer  Direktion  besorgt,  iu  welche  zufolge  Art.  5 
des  mit  der  Centraibahn  ahgeschlns!«enen  Vertrages  die  jetzitien  Direkt)onsmit|^ieder 
einzutreten  berechtigt  sind. 

Wir  gehen  gerne  zu,  daß  diese  Vorschläge,  welche  jedenfalls  den  Vorzug  <ler 
Einfachheit  haben,  mannigfache  Modifikationen  zulassen  und  dass  e^  auch  keinerlei 
Schwierigkeil  liat,  über  die  Organisation  und  die  Verrichtungen  der  für  die  Centraibahn 
bestimmten  Behörden  ein  Gesetz  zu  erlasfcn,  wobei  aber  nicht  zu  übersehen  ist,  daß 
ein  solches  Gesetz  wieder  abgeftndert  werden  müßte,  sobald  eine  neue  Bahn  erworben 
wird  oder  auch  nur  eine  Bei  rieb- fu^ion  in'-  W.  rk     -ctzi  werden  wdltc. 

Die  Ansicht,  tiuss  dem  Ankauf  lier  licntralbahn  oder  sogar  demjenigen  der  Aktien 
unter  allen  Umstünden  ein  EiseDbahnorganisBtionsge<setz  vorauszugehen  liahe,  ist  .denn 


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Eisenbahnen 


EiäeubaLuen 


auch  in  der  nationftlrftthlichen  Kommis^'ion  nicht  geltend  gemacht,  wohl  aber  der,  unsera 

eben  ausgespri ichciieii  Aii<rlr,iininpon  nifhl  widersprechende  Antrnj,'  tro«lel!t  worden,  es 
hai>e  der  Bundesrath  .spHlesttins  bis  zu  dem  Zeitpunkte  der  Erwerbung  eines  weitem 
Bahnnetzes  der  Bundesversammlung  ein  aUgemeines  Bundesgesetz  betreflend  die  Ver- 
walfunfr  nntl  iltii  Betrieb  der  Bundesbahnen  vorztilepen.  .liir<  h  \\e!i  lie«  die  auf  die 
Ceiitraibahn  bezü|/lii  lien  provisorischen  Bestimmungen  uulgeliula u  Vierden. 

Von  Seite  <!r>r  kaiitinännischen  Gesellschaft  Zürich  wurde  unserm  Eiseni)ahn- 
departemptit  iiiit|.'ethi  ilt.  «laü  in  der  Ueneralversamndung  dieser  Ge<jellscbafl  eine  freie  • 
Be-sprecbung  ia  Bezug  auf  die  Verstaatlichung  stattgefunden  habe,  wobei  es  als.  wfinsch- 
bar  gehalten  worden  sei,  daü  ein  (.iesetzesentwurf  über  die  ( )r/anisation  des  Staats« 
betriebe?  vor  dem  Aukuuf  iler  Ceniralhahn  ausgearbeitet  werde.  Eine  nähere  Begründung 
dieses  Wunsclies  i^i  uns  luchl  üLieruiittelt  worden,  wohl  aber  eine  weitere  in  dieser 
Versammlung  geäußerte  Ansicht,  welche  beweist,  wie  schwer  es  häll,  ein  Gesetz  zu 
erlassen,  bevor  die  Möglichkeit  seiner  Anwendung,  nämlich  der  Besitz  der  Balinen. 
gesichert  ist.  Diese  Ansicht  ging  nändich  dahüi,  e^  sollte  eine  achte  Bundesrath^slelle 
speziell  für  das  Eisenbahndepartement  geschafTen  und  die  Generaldirektion  nach  Zürich 
als  dem  Hauptcentrum  für  Handel  and  Industrie  verlegt  werden.  Wenn  die  Bundes- 
versammlung dieser  Ansicht  und  dem  gleichzeitig  geäußerten  Won«h  nach  einem  vor- 
gängig zu  erlassenden  Gesetze  beitreten  wollte,  so  würde  daraus  folgen,  daß  der  Silz 
der  «Ueneraidirektion*  der  Centraibahn,  welche  auf  unbestimmte  Zeit  die  einzige  Bundes- 
bahn sein  wtrrl.  aus  dem  Bahngebiet  weg  von  Basel  nach  ZOrich  rerlegt  würde,  eine 
Maßregel,  Mie  Ihnen  der  Bunilesrath  selbst  nach  Verstärkung  um  ein  achtes  Mit- 
glied wohl  kaum  vorschlagen  könnte. 

Zu  fthnlichen  Mißgriffen  mflßte  jede  Gesetzgebung  ftihren,  welche  sich  damit  be- 
fal->t,  Verhältiii--e  /.u  urilnen,  i!ie  ei-1  in  il  i^  Lcln-n  fr'  !e!i,  wenn  dif-  -ta:if!Ii  li  t\>u-]\ 
gar  nicht  auerkannte  Postulat  der  Verstaatlichung  verwirklicht  sein  wird,  und  deren 
successive  Gestaltung  zur  Zeit  Ton  Niemandem  Toraujigesehen  werden  Isann.  Diese 
AulTassunp  haluti  Aeuu  audi  alle  amlern  Sfriafen  'rTr-theilt.  in  uflrhen  in  neuerer  Zeit 
Privalbahnen  zu  eigenem  Besitz  und  Betrieb  übernommen  worden  sind,  ubschon  tu 
auch  dort  nicht  an  Stimmen  fehlte,  welche  verlangten,  daß  die  Organisation  dem  Be- 
stund der  ZU  organisirendcn  Kinrichtnnp  V(ir  iu>irehe. 

Diese  legislatorischen  Belrucliiuugen  >i  blielien  es  nun  aiiei  keineswegs  aus,  selmn 
beute  die  allgemeinen  Fragen  zu  besprechen,  welche  für  die  künftige  Eisenbabngesetz- 
gebunp  Iii  Be'r.irlit  fallen.  Eine  solehe  Bc-prechun^'  der  wirbligsten  Punkte  bat  -clion 
in  unserer  Botscltafl  vom  '21.  üärz  d.  J.  statt^elunden  und  wir  haben  dieselbe  nach 
dem  Wunsche  der  oationalr&thlichen  Kommission  hier  nur  weiter  zu  fOhren  und  zu 
ergänzoti. 

Üaliei  schließen  wir  an  die  Beuierkung  der  kaulruänai,-«  In  n  (ie^ellschall  in  Zürich 
an,  welche  sidl  die  «Form  der  Organnation*  des  Staalsbeirn  l  «  s  .nicht  zeiitralisirt 
denkt,  «(indem  soweit  dezenlralisirt,  als  es  mit  einem  einheitlichen  Betrieb  vereinbar 
L-L".  Wir  pllichten  diesem  Grundsatze  im  vollen  Maß«*  un«!  in  dem  Sinne  bei,  daß  sich 
der  Staat,  uncl  zwar  der  Bund  wie  die  Kantone,  nur  soweit  in  den  Betrieb  <ler  Bahnen 
einzumischen  haben,  als  die  Aufsicht  über  die  Vollziehung  der  daherigen  Gesetze  es 
nöthig  macht,  und  daß  daher  die  Behörden,  denen  der  Betrieb  der  Bahnen  obliegt, 
mögliebsl  selbslständig  zu  stellen  sind.  Wir  können  diesen  Gedanken  bestimmter  und 
anschaulicher  zum  Ausdruck  bringen,  indem  wir  erklären:  der  Eisenbahnbetrieb  ist  in 
den  HRnden  des  Staates  wie  in  denjenigen  der  Privatgesellfvhaften  eine  Industrie,  fflr 
welche  iler  Staat  die  (Ir^-anisation  und  die  allgemeinen  V.  ir^i-lu  iflen  durch  da-  Gesetz 
aufstellt,  während  der  Betrieb  der  Industrie  volbitändig  den  Sachverständigen  überlassen 
bleibt,  welche  zur  Leitung  und  Ausführung  bestellt  sind.  Dieser  Grundsatz  ist  nicht 
erst  zu  ]>rnklainir<-n  ninl  anr/u-telien  :  er  ist  von  dem  Rnnde  seil  seineni  Re-'.tnd  in 
der  Post-  und  Telcgraphenverwallnng  mit  so  gutem  Erfolge  angewandt  worden,  daß 
wohl  kaum  eine  BnndesbehSrde  auf  den  Gedanken  kommen  wird,  denselben  aufzugeben. 

.Vellen  .lle-eiii  all-enieitien  Prinzip,  da-;  itti  Fi^enhalnilx  fiiebe  herrsehen  soll,  kommt 
wesentlich  die  Frage  der  (Organisation  in  Betracbl.  W  enn  wir  auf  dieselbe  eintreten, 
kann  es  nur  unter  der  Ann^me  geschehen,  daß  sAmmtliche  Normalbabneii  der  Schweiz 
verstaatlicht  seien.  Die  bis  zur  Verwirklichung  ilieser  Annalntie  .  intretenden  Zwi-elien- 
zustände  können  sich  so  mannigfach  gestalten,  daß  bei  unserer  theoretischen  Betrachtung 
da7on  abgesehen  werden  muß. 

1)  TtrrHoriuhiniheUung.'  Es  ist  Ton  Werth,  von  vornherein  festzustellen,  daß 
weder  von  amtlicher  noch  nn^pre*;  Wissens  überhaupt  von  irgend  einer  Seite  ie  die 
Behauptung  ausgesprochen  worden  ist,  es  .-^ei  der  Betrieb  der  gesammteu  schweizerischen 


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Eisenbabneii 


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EisMriMhueii 


Bahnen  von  einer  einheitlichen  seatralen  Äintsstelle  aus  zu  h-iU-n.  Unsere  süddeutschen 
Nachbarstaaten  sind  in  dieser  Weise  organisirt  und  leisten  den  Beweis,  daß  allerdings 
auch  bei  diesem  System  ein  dem  Lande  gedeihlicher  Betrieb  möglich  ist.  Gleichwohl 
hatten  wir  da.^lbe  füi  imscro  Verhältniss«'  ui<-ht  för  geeignet  und  haben  schon  in 
unserm  Berichte  vom  21.  März  die  Ansicht  begründet,  ilaß  das  Gebiet  der  Eidgenossen- 
schaft in  Kreise  einzutheilen  sei,  in  denen  der  Eiseubabubetrieb  unttr  Beachtung  der 
allgemeinen  Gesetze  von  Kreisdirektionen  selbstständig  geleitet  wir«!  Wenn  die  Be- 
stimmung der  Zahl  und  des  Sitzes  dieser  Direktionen  mit  Hecht  als  i^chwierig  betrachtet 
wird,  «o  liegt  die  Schwierigkeit  nicht  in  der  Iegislatorii>chen  Aufgabe,  indem  sich  eine 
Reilir  von  Lösungen  «iarhicten,  von  denen  alle  den  wirklichen,  leicht  erkennbaren  Be- 
dürfnissen des  Verkehrs  genügen  werden;  die  Schwierigkeit  liegt  vielinebr  in  den  viel* 
fachen  fjOkaltuurpHlehen,  welche,  wie  die  Erfahrung  lehrt,  nfcbt  selten  dem  allgemeinen 
Landesinleres-e  hi'mnund  und  störend  entgeg^entrelen.  Diese  Schwierigkeiten  werden 
ohne  Zweifel  auftauchen  und  müssen  auch  gelftat  werden,  sobald  einmal  der  Bund 
mehrere  Bahnnetze  erworben  hat:  heute,  wo  es  sich  um  den  Eewerb  einer  einzelnen 
Bahn  handelt,  bei  der  weder  Tt  rritoriiil-  noch  Sitzfra^'en  vorliep  n.  sind  sie  nicht  vor- 
handen, und  es  hieße  den  Erwerb  dieser  ersten  Bahn  ohne  ^oth  und  ohne  Nutzen 
erschweren,  wenn  dersell»e  von  der  Entsdieidunf  von  Streitigkeiten  abhängig  gemacht 
■würde,  die  thatsäi  hlirh  noch  gar  nicht  entstanden  sind.  Wir  halten  daher  dafür  d;i!5 
bei  der  heutigen  Sachlage  auf  die  Territorial-  und  Sitzfrage  nicht  weiter  einzutreten 
sei,  und  spreehen  nns  Ober 

äi  die  Verrichtungen  und  Befugnisse  der  Kreisdirektionen  aus.  Es  liegt  in  der 
Natur  der  Sache,  dafi  diesen  Behörden  im  Wesentlichen  derselbe  Wirkungskreis  zuzu» 
weisen  wSre,  in  welchem  die  heutigen  Direktionen  der  Privatbahnen  thätig  sind,  nehst 
einem  Theil  ilei  Vt  rriclitungen.  welche  zur  Zeit  <h*n  Verwaltungsräthen  obliegt.  T'iiter 
dem  Vorbehalt  der  Rechte  der  Staatsbehörden,  von  denen  sofort  die  Hede  sein  wird, 
liegt  die  Verwaltung  und  der  Betrieb  der  Bahnen  ganz  in  d«n  Hinden  der  Kreisdirelc- 
tionen.  Ihre  Verrichtungen  la.<sen  sicli  scheniatiseh  in  folgender  Weist-  darsteth  n : 

A,  All^meiue  Verwaltung,  a.  Reglementarische  Einrichtung  aller  Dieustzweige. 
b.  Organisation  des  Penonellen.  e.  Rechnungs-  und  Kaasenweeen.  Jalu-esredinungen 
und  T^-rirhl«'.  d.  Verkehr  niil  fremden  Buhnen,  f.  VorschlÄgo  und  Gutachten  an  die 
Oberbehörden  in  Gesetzgebungs-  und  Verwaltungssachen. 

S.  Betriebsverwaltnng.  a.  Leitung  des  Betriebsdienstes  im  Allgemeinen,  b,  Fahr- 
pläne, c.  Tarife,  d.  Verfügung  Ober  das  Betrieljsmatcrial,  BcsohafTnn^r  de'-selhi  ii.  Werk- 
stätte. Materialvorräthe.  e.  Erledigung  der  auö  den»  Itotrieb  ontstehüuden  Rechtsgeschäfte. 

C.  Bauwesen,  a.  Vorschläge,  Bereebnungen  und  Devise  für  neue  Bahn-  odo* 
Hochbauten,  ö.  Aufsicht  über  die  hestehendi  n  Einrichtungen,  r.  Ausführung  beschlossener 
Neubauten.  Prüfung  der  Baurccimungen.  d.  Verträge  über  Lieferungen  aller  Art. 

3)  Als  GentralBtdle  ist  dureh  das  Organisationsgesetz  des  Bundesratbes  das  Eisen« 

bahndeiiarleiiient  hi-zeichnet.  Bei  der  o!iij.,'<  n  rnischreilnin}/  der  Kompetenzen  der  Kreis- 
direktioneu  würde  dem  Departement  in  Bezug  aul  den  Betrieb  und  die  Verwaltung  der 
Bisenbabnen  ziemlieh  genau  dieselbe  Stellung  zueilen,  weldie  es  gegenüber  der  Post- 
und  Tclcgraphenverwalfun;^  einnimmt.  Seine  Thätipkeit  würde  sich  sonach  auf  die  In 
diesem  Gebiet  nöthigen  legislatorischen  Arbeiten,  auf  die  administrativen  Vorla^n  an 
den  Bandesrath  und  die  Bundesversammlung,  auf  die  Vollziehung  der  Gesetze  im  All- 
gemeinen, auf  die  T^dn-rwa«  hunt:  der  p^e^ammlen  Verwaltung  und  die  Brledigong  von 
An?!tänden,  die  sich  bei  den  untern  Behörden  ergeben,  beschränken. 

4)  Der  EifmbtthttrtM.  Wir  halten  es  als  dringend  geboten,  neben  den  genannten 
Behörden  noch  eint»  n«>ne  zu  ^ehafTen.  durch  welche  namentlirli  d;r  Wrbindung  des 
Gewerl>e?i  und  des  Handels  nnt  den  Eisenbahnen  hergestellt  werdm  soll.  Es  ist  eine 
der  hedenklichsten  Seilen  des  Privatbahnwesens,  daß  in  einem  Lande,  in  welchem  das 
Volk  insgesammt  mler  durch  seine  Vertreter  hei  allen  AfTentlicben  Fraj,'en  mitzusprechen 
hat,  und  in  weichem  der  Personen-  und  Güterverkehr  einer  der  wichtigsten  Faktoren 
des  gemeinen  Wohles  geworden  ist,  die  Ueprlsentanten  der  Handele-  und  Industrie- 
interessen von  jeder  Einwirkun?  .mf  Venvaltung  und  Betrieb  der  Bahnen  aiispe.s<  hlo^«ien 
sind.  In  dieser  Beziehung  sind  wir  von  fremden  Staaten  schon  längst  überholt,  und 
es  ist  angezeigt,  daß  wir  uns  die  Erfahrungen  derselben  zu  Nutze  machen. 

In  Preußen,  wo  die  Fi«enbahnräthe  zuerst  eingeführt  wurden,  besteht  ein  allge- 
meiner Landeseisenbahnratb  und  danelien  für  jede  Eisenlmhndirektion  (deren  Btzirke 
tiiei-^ten^j  größer  «ind,  als  die  Schweiz)  ein  Bezirkseisenbahnrath.  Die  Mitglieder  des 
letztern  werden  durch  die  von  der  Begierung  bezeichneten  Landwirihschatls-,  Handels- 
nnd  Industrievereine  ernannt;  die  Mitglieder  des  Landeseisenbahnrathes  theils  von  der 


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Eiseiihahueu 


Aegierun^,  theib  ▼on  «tett  BuirksaiaailMliiirttliai  ans  den  Vertretern  der  bei  den  Eiseu- 
bahnen  zunächst  betbeiUirten  Kreise.  Der  LandeMisenbfthnrath  wftblt  sodum  einen  be- 
ständigen Ausschuß. 

Die  preußischen  Eisenbahnräthe  haben  nur  beralliende  Stimme.  Es  sind  ihnen 
.-zur  Berathung  vorcul^n: 

1)  alle  Tiitirvnrsc'liririen  uuJ  GQterklaasifizirui^n; 

2)  Ausnahme-  und  Uitlerentialtarife ; 

3)  Betriebs-  und  Bahnpolizeireglemente ; 

4)  die  Fahrpläne. 

Femer  haben  dieselben  das  Hecht,  selbstsländi^  Anträge  zu  stellen  und  von  der 
Direktion  Erhebungen  und  Gutachten  zu  verlangen. 

Diese  Einrichtung  hat  sich,  wie  zu  erwarten  war.  al.s  eine  sehr  erfolgreiche  er^ 

wieiien,  und  es  liegt  auf  der  Hand,  daß  sie  aiu-h  in  d.  iii  hweizerisclien  Bahnwesen 
viele  Uebelstände  beseitigen  und  ebenso  viele  tort^ichritte  und  Verbesserungen  ins 
Leben  rufen  würde.  Immerhin  rnOßte  sie  für  unsere  Verhrdtnisse  in  TerBchiedener  Be- 
ziehunjj:  moditizirt  werden.  Was  vorerst  die  Organisaticm  .uiliilanjrt.  erschiene  es  als 
angeme^isen,  jeder  Krei.sdirektion  einen  Eisenbahnratii  zuzuüieik'u,  der  seine  Kompe- 
tenzen im  Interesse  des  betreffenden  Kreises  aoszuQben  im  Falle  wSre;  aus  <len  ver* 
('ini;:tt>n  Kret5eisenbahnräthen  ließe  sich  ein  schweizeripcfur  Ei>fnbahnratli  zur  Hei  iithung 
und  Eiieiliguuj,'  der  gemeinsameu  und  aiigcmemeii  Fragen  luMen,  ohne  daLl  liii-zu  die  * 
Errichtung  einer  besonderon  Behörde  nothwendig  wäre. 

Was  die  Wahl  der  Mitglieder  anbelangt,  so  spricht  sich  der  kaufmännische  Verein 
von  Zürich  dahin  aus,  daß  in  erster  Linie  Vertreter  der  Industrie,  des  Handels  und  der 
Landwirtlischalt  BerQcksichtigung  zu  finden  hätten,  und  daß  keinesfalls  den  Kantonen 
«in  L'ebergewicht  zugestanden  werden  düifte.  Wir  können  unserseits  nicht  eingehen, 
dafi  in  dieser  Beziehung  ein  Gegensati  bestehe.  Die  Kantone  änd  zonficbst  zur  Ver- 
tretung der  Industrie,  des  Handels  und  der  Landwirthschafl  berufen  und  haben  de'^- 
balb  einen  wohLbegründeten  Anspruch  darauf,  daß  diese  Interessen  im  Eisenbabnrath 
2ur  Vertretung  kommen  und  dafi  sowohl  bei  der  Wablart  als  der  Zummmea««tzung 
^lieser  Behörd*-  ilurauf  Rüi  k.-ichl  ^.'enoniMieii  werde. 

Wenn  die  kaufmännische  Gesellschaft  den  Wunsch  ausspricht,  es  möchte  der  von 
dem  Bundesralh  für  die  provisorische  Organisation  der  Ceniralbabn  vorgesehlt^ne 
Verwallungsrath  als  Cisenhahnrath  gestaltet  und  nicht  Moß  .iu>  An^ehöri^'en  der  Ci'U- 
tmlbahnkantone  bestellt  werden,  so  haben  wir  unserseits  nichts  hiegegen  einzuwenden. 

Im  Weitem  wird  bei  der  Binflihrang  dieser  neuen  Institution  zu  untersuchen  sein, 
ob  der  Eispnhahnralh  auf  die  hfrathenile  Stellung,  ilie  ihm  in  Deutschland  angewiesen 
ist,  zu  beschranken  sei,  oder  ob  eine  Erweiterung  seiner  Befugnisse  einzutreten  habe. 
Es  ließe  sich  diese  letztere  in  mehrfacher  Weise  denken.  So  könnte  wohl  ohne  Anstand 
die  Prülung  und  die  Beaufsichtigung  «Ic-  Rei  hnungswe.sens,  eine  kontrolirende  Stellung 
bei  Lieferungen  etc.  dem  Eisenbahnrathe  oiier  einem  Au.<is<-huß  desselben  übertragen 
werden.  Insbesondere  wäre  zu  untersuchon,  ul.  nirht  auch  ein  Theil  der  Wahlen  der 
Ei'JtMibahnbearnli  n  demselben  anlirii!  :'  i  teilen  sei.  Wenn  es  auch  im  Interesse  der  Saehe 
unbedingt  erfVtnb  rlich  ist,  .l  iLi  <leiu  Hiindesrath  die  Wahl  der  obersten  Eweubahn- 
beamten  vorbeli alten  bleibe,  s(»  ist  dieses  in  Bezug  auf  die  große  Mehrzahl  der  Uebrigen 
dur>  haus  nicht  der  Kall,  und  es  kann  die  Betürchtung,  als  ob  die  Versfaatliehunu»  ilcr 
Bahnen  und  diu  Wald  der  Beamten  durch  die  Bundesbehörden  einen  uugebübrlichen 
politischen  Einfluß  zur  Folge  haben  \verde,  von  vornherein  beseitigt  werden. 

Wir  glauben  mit  diesen  Bemerkunv'eji  diesen  Theil  des  Berii  lites  schließen  zu 
können.  Derselbe  enthüll  keine  Vorscblä|:e,  leistet  aber  inuncrhui  auf's  Neue  den 
Nachweis,  daß  für  den  Bund.  s<ibald  er  die  schweizerischen  Bahnen  besitzen  wird,  weder 
rechtliche  noch  faktische  Schwierigkeiten  vorliegen,  die  Verwaltung  und  den  Betrieb 
•derselben  zu  übernehmen,  und  daß  die  Staatsbahnen  im  Stande  sind,  dem  Lande  Vor- 
theile zu  bieten,  welche  der  Privatbetrieb  nicht  zu  bieten  lui  Stande  l<t.  Die  Organi- 
sation der  ätaatsbabnen  wird  nicht  bloß  einfacher  sein,  als  die  jetzige,  und  dadurch 
sehr  bedeutende  Ersparnnse  ermöglichen,  sondern  auch  —  wa<  w  enigstens  ebenw  hoch 
anzuschlagen  ist  —  das  wichtigste  öffeiilliche  Verkehrsniittel  mit  den  Volk-kreisen, 
welche  zunächst  darauf  gewiesen  sind,  in  lebendige  und  belebende  Beziehung'  i»ringen. 

Wir  fügen  diesem  geschichtlichen  Ahrlß  ein  ehri>nologi?ches  Verzeii'hnlß  der 
Betriebsepit^'nnn^en  von  Kisenbahniinien  bei,  und  verweisen  im  auf  deuÜebrijfon 
Artikel  ,  Alpen  bahnen",  ,  Eisenbahnen ^Staatsbahnen-  im  Hauptwerk. 


Eisenbabnea 


—    138  — 


Eisenbahnoi- 


Anfier  den  hievon  zitirten  Sohriftcii  sind  noch  besonders  der  Erwähnung- 
irerdi:  „SchweizeriKche  HandeUzeitung"  Nr,  99— Iis  Jahrgang  1890;  „Betrieb 
der  schweizprisrhen  Eisenbahnen  unter  der  Leitung  des  Bundes",  von  Olivier 
Zscbokke  (Oiell  Füßli  &  Comp.,  Zürich  1877);  „Die  schweizerische  Kisenbahn- 
frage",  von  H.  Dietler,  Nationalrath  (Qrell  FOi^U,  1877);  „Einige  EiOrterungen 
Aber  dae  »obweiseriacbe  Gieenbalinweeen**,  von  Dr.  Alfred  Geigy  (Basel,  Ferdinand 
Ridun«  1874);  „Mittheihingen  über  die  Anfänge  des  srluveizerisclien  Eisenbahn- 
wesena",  von  W.  Sp  i  r  T;asel,  Felix  Schneider,  I8b7)  j  «Züricher  Poat*^ 
Nr.  37 — 47,  Jahrgang  Ib^b. 

Chronologisches  Teneiehniß  derBetriebser9ffnnngen  yon  Eisenbahnen. 


im 

ist? 

1854 
1865 


1856 


lh57 


1858 


1859 


15. 

:\ 

Vj. 

20. 

7. 

Ifi. 
1. 
1. 
l. 

25. 
Ül. 

4. 
lö. 
25. 

5. 

"i. 

9. 
16. 

26. 

1. 
29. 

2r.. 
16. 


Juni 

-luü 

Ütz. 

Febr. 

Mai 

Mai 

•liini 

Juli 

Okt 

Dez. 

Ui'Z. 

FehT. 

Febr. 

März 

Mai 

Mai 

Juui 

Juni 

Juni 

Ai^' 

Sept. 

Okt. 

Mäiz 


16.  April 
1.  Mai 
1.  Juni 

1.  Juni 

10.  Juni 

2.  Juli 
'2').  All','. 

Sept. 
IS.  März 

11.  April 
15.  M.ii 

Juni 
1.  Juli 
Au;;. 
15.  AuK. 
15.  Febr. 
15.  Fobr. 
15.  Febr. 
15.  Febr. 
1.  Juni 
I.  .lui; 

1.  Juli 
14.  Juli 


25. 


I. 


Sfrseke 

St.  i.ouis  (Elsai.U  bi^  Basel 

Z  I  I  r  i  •  1 1  -  Di  e  t  i  kon-Baden 

Basfl-l.ieslal 

Rasel-LeupoMshAhe 

Yverdr»n-Bns<<ijrny 

Wintert  hur-Roman>born 

Liestal-Sissach 

Bii«=i(.'ny-Rf*iiens-Moi^es 

Wint.  rtiuii-Wvl 

Wyl-Flawvl 

WinterthurUerlikon 

Basel-Grenzach 

Flauyl-Winkeln 

\Viukeln-ät.  Gallen 

Lau»an  ne-R  enens 

Mor^'cs-Bu-'signy 

Aarau-Eiuiuenbrücke 

Bem-Herzogenbnchsee 

Ocriikon-Brutrjj: 

Wailisellen-Usler 

Baden'BrugfT 

St.  r;;.Ilrn-f?->r-rhru-b 

Herzogeub  uch^ee  •  M  argen  - 
thal 

Wintfrlhur-Stbafriiausen 

Sissach-Laufelfint'en 

Murgentllal•Aarbur^' 

Ht^rzoge  n  b  uc  I  isec*Biel 

Villeneuve-Be.\ 

Cbauxdt'fond-  !..•(  !e 

Rorsrhacii-Rbcineck 

rült'r-Welzikoii 

Geuf-La  Pl.iine 

(^.oppet-Miirpes 

Genf-Ver!oi.K 

Rhein«ck-Chur 

Ver<oix-(!(»p|tct 

Wetzikon-Rüti 

Sargans-Murg 

Weesen-GInru.s 

Wallenstadt-RappersWfi 

RAti-Happerswyl 

C^menbrflcke-LuzCT 

MurK-\Vees«n 

Bern-Thun 

BouTeret-MarÜgny 


fahr 

1859 


iMiO 


1861 

ISH2 


180:; 

1864 


18G5 
1868 

I861> 
1870 

1871 
1872 


!  1874 


18. 

I. 

7. 
27. 
10. 
15. 


15. 
20. 
24. 
1. 
3. 
3. 
1. 

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4. 

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1 
1. 

1. 
1. 
1. 

15. 
15. 

1. 
24. 
23. 
12. 

24. 
'  2S. 

23. 

1873  27. 


31. 

l. 
1. 

2. 

23. 

1. 
14. 

6. 
6, 

an. 


Aug. 

Nov. 

X..V. 

Nov. 

Mai 

Juni 

Juli 

Juli 

Juli 

Juli 

Nov. 

Dez. 

April 

Juni 

Juni 

Sept. 

Sept. 

.1  Ulli 

Juui 

Juni 

.luni 

31ai 

Juli 

(»kt. 

(Jkt. 

Juli 

Juli 

Mai 

Aug. 

?.'p!. 

Ulit. 
Okt. 

XoV. 

Juni 
Nov. 
Nov. 

Mai 
Mai 
Juni 

Juni 
Juli 
Juli 

Dez. 
Dez. 


■  Strecke 

Turgi-Waldshul 

Neuchätel-Haut?  Goneveya- 

Vaumarcus-NeuveviUe 

Chauxdefonds-Convers 

Marti'^'ny-Sinn 

Ba.sel-St.  Jniianii-Ceutral 

bahnhot' 
Tliriri.^baus-Balliswyl 
Haut.«  Geneveys-Convers 
Bern-Thöri.«;haus 
Auvernier-Verrieres 
Massongex-Bex 
Biel-Neueu.sta«it 
Lausanne-Villeneuve 
Thun-Scherzligen 
Wie^enlhalhahn 
Baliiswyl'Oron 
Oron-Lausanne 
Er/.iiJt.'tMi-Tli;iy  iiu'cn 
Züricb-Zug-Luzern 
Biel-Zollikoren 
(Mmlin^'f'ti-l,angnau 
U»?rlikon-Bülach  -Dielsdort 
Bulle-Romont 
Sion  Stpm» 

Rf>in:in>lioru-Kor*chach 
( ;n-<i>nav-Vallorl9es 

\Vyi-Klin;it 
ViUiiau-Higi  ."^lallel 
Därligon-Interlnben 
PruntrulDelle 
Buchs-Scbaan 
Prattcin-Scbvvtiz«'rhalle 
St.  Marprothen-Lu.slf nau' 
RipistalTel-Higikulni 
I.ausanne-Cht'seu.N 
V'erbintlungsbabn  lier  Bas- 
ler Bahnhöfe 
Riel-f.(tnvers 
Soncelioz-Tavanne^ 
Cheseaux-Echallens 
liupper.«wyl-\V<>lilen 
interlaken-Bönigen 
Rigikallbad'Untersletten 
Cliia.'-so-Lugario 
Biasca-LkiUenz 


[)et.Bdliniona'Lncamo 


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139    —  Eiseuliahiiexk 


EisenbaluieD 


Jahr     Ihitam  ttrtek« 

1875  12  April  Winkeln-Herisau 

50.  Aprii  ^eu8oloUiuni*Biberi$t 
4.  Mai  Winterthnr'Baama 

12.  Mai  Zilrich-Uetliberg 
S6.  Mai  DereuUiogen-Bibenst 

26.  Hai  Solothurn-Burg^orf 
1    luiii  Wohlen-Muri 

1.  Juni  (Higi^  Uoterstetteu-Scbeid* 
eek 

•t.  .hini  Aitii-Rifrikuliii 
1.  Juli  Vuliorbe-Grenze 
17.  Juli  Wint«rthttr-Sing«n-Kraiix- 

3.  Aug.  Br>tzber):bHiin 

11.  Aug.  Langnau-I.uzern 
6.  Sept.  hor<i-ti,irli-TIeiilfn 

•20.  ik'pt.  Ziirich •lii(iiter«wil-Ziegel- 

brücke-NAfels 
21.  Pt'pt.  II.  ii*au-L'rnäsch 
üb.  St'pt.  I5,i>cl-Delsbert.' 

1876  1.  Febr.  Sultren-Bist  liofzell 

12.  .Juni   Murteii  FraM-hfl!« 

12.  -luni  Fräscliel-  Aurberg-Ly^ 

0.  .luli  Biscbofzell-Goivsau 

1.  Au^'.  Winterthur-Koblenz 
17.  Aug.  Effretikon-Hinwoil 
2."i.  Aug.  Murten-Pal^zieux 
25.  Aug.  Freiburg-Pa Verne 

1.  Sept.  VVoblen-Bremgarlen 

28.  Sept.  C.hiasso-Gienze 

29.  Sept.  Wald  HüU 

15.  Okt.  Bauma-Wald 

|.").  Okt.  Delemünt-ltlovelier 

4.  iiez.  01ten*Solothurn>Lfss 

16.  Dez.  Tavannes-Court 
16.  Dez.  Dflömoril-Moutier 

1877  1.  Febr.  Payerne-Yvenlon 
16.  MSrz  Laasanne-Ottchy 

30.  M.lrz  GlovrllL-i-F'Drr.'ntruy 

1.  Mai  Wiidtnsweil-Liasiedeln 

24.  Mai  Covrt-Moatier 

1.  .luni  Stf'rrf-I/()Ut-i"he 

6.  .Sept.  Aarau-t^iiiij- 

6.  Sept.  Suhr-Zofingen 

6  Sept.  H.Mlen  Lonzlturg-Zofingen 

1.  t>kl.  .NitHJeriilatt  -  Otcltiugen- 
Baden 

l.=>.  Okt.  KIVrelikon-Baden 

1878  1.  Juli  Louecbe-Briquu 

27.  Aug.  Rapperewil  •  PAlflkon' 

Brunnen 

187Ü     1.  .Juni  Glarus-Lintfbal 

51.  Juli  Seilbahn  am  (lieftbaeh 
i.  Dez.  Lau?anne-gare 

1880     1.  Nov.  Li«>«fal-WaMenburg 

18dl    lü.  Mai  Burgdorf-Langnau 

1.  Juni  Seebacb'Ueriikon 


iakr     Datrni  Strickt 

1S81     1.  .Sept.  Muri-Bothkreuz 

1883     1.  Juni  Rotbkreuz-lmmensee 

1881    1.  inni  Bnigg*Hend8cfaikon 

1.  Juni  Biasca-Airolo-Gottbard 
17.  ^ov.  Cadenazzo-Pino 

1883  19.  Aug.  Territtel-Glion 

3.  Sept.  Emnienbrnrke-Beinwyi 

24.  Sept.  Travers-St  Sulpice 

15.  Okt.  Beinwrl-Lenzburf 

1884  i.  Aug.  I,nclf-}?ren('t- 

16.  Aug.  TraincluQ-Tavannes 

22.  Aug.  Untergrund  -  GOtseh  iik 
Luzern 

1»85    IH.  Juli  Marziii  Bern-BundeslralSe 

1886  1.  Juni  Bouverel  St.  Gingolph 
1<>.  Aufr  rrnäfk'h-Gontenbad 
11.  Sepl.  Fleurior-Hutfer» 

'2'x  Okt.  Krieoj^-Luzern 

29,  Okt.  Gonlenbad-Appenzell 

31.  Okt.  Pont-Vallorbe 

S.  Nov.  Lugano-Bahnhof  iia.«elbsl 

1887  23.  Jan.  Bcinuyl  ^  Heinacb  •  Men- 

ziken 

2.  Juni  Biel-Maggiingen  (Drabts.) 

7.  Juni  St.  Sulpice  La  DoUX 

20.  Juli  Geneve-V<nri»'r 
1.  Sept.  Frauentci.l  Wvl 

4.  Okt.  Ba.sel.Therwil 

1888  l.  Juni  Gen^ve-Aouenia^i^ie 

14.  Juni  Alpnachstad-Brienz  (Brfl> 
nigbabn) 

8.  Juli  Kehrsiten  -  Bilrgenatoek 

M)iahL<eil) 

17.  Dez.  Renan-Cbauxdefond« 

1889  8.  Jan.  Limmatquat-Zarich'PoIy- 

leeh  ni  k  u  n  1  iT)  t;  1 1  lUeil ) 

1.  Juni  Alpnacbst^ui-LuzerD 

1.  Juni  Gen^ve^t.  Julien 

4.  Juni  Alpnarhslatl  Pil.itti?knlm 

21.  Juni  MerUgen  -  Beateubcrg 

(Drahlwil) 

21.  Juni  Gen^ve-Bernex 

22.  Juli  Bemex-Laccunex 
26.  Juli  Pont»>Chauxdefonds 

5.  Aug.  Geneve-Lancy 

3.  Sept.  (Jen^ve-St.  fJeorges 
1.  Okt  St.  (i.ill.'n-Ciais 

IK  Okt.  L;HHli|ii:irt-KIosters 

1.  Nov.  Langentlial-Hultwyl 

21.  Nov.  Eehallens-Bercher 

1890  27.  MJirz  Salvalor<  i.;(lm 

1.  Juni  Generosoli^ihu 

1.  Juli  Berner  Oberlandbabnea 

3.  Juli  Viege-St.  Nicolas  (Zermalt) 

I.  Sepl.  Brcuets-Locle 

25.  Okt.  Eciuae-Plan 


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lÜsviibahnen 


—    140  — 


Euenbahnen 


Eisenbahnstatiatik  pro  1889 


Rat  -  iiDi)  Ei 

Crirhili:iL;':'l.";l'  t 

1  EikaUtM  biHil 

■ 

km 

km 

Fr. 

Fr. 

Fr 

'C«entralbahn  

3J7 

13r703,5<JO 

341,'J:Jfi 

1151 17,8i2 

AargauiiMihe  Südbabn.    .  . 

57-4 

58 

11  730,001) 

203,032 

li'6f)8,497 

Wohten-BremgartAii   .  .  . 

8 

ri33^ 

183,780 

1*131,377 

^Sottbardbahn  

S40,« 

966 

148D83.901 

909,879 

110*317.608 

Jura-BerQ-Luzera-Bohn  .   .  . 

37S 

73*265,794 

176,409 

74'3Sf;,735 

Bern-Luzeni*Bahii  .   .    »  , 

B4.0 

8'810,S13 

103,144 

S'8 10,813 

542,1 

564 

186'352,0U() 

255,531 

141  3i  1,426 

ZQrich-Zug-Luzern  .... 

60,« 

67 

12'000,000 

191,650 

ir741,725 

68 

18*418^000 

486,704 

88*403.656 

680,t 

603 

138'107,988 

303,.')Oft 

178*373,063 

Bulle-RomoDl  ..... 

17.1 

19 

2'5<:)0,(100 

162,775 

2'780,692 

V;il*ile-Travers  

13.» 

14 

1(137, 150 

81  ,«86 

1' 108,248 

Font-Vallorbe  

8,T 

12 

1 '200,000 

125,603 

ri  19,597 

Vatviaiftn  ScbweizerbabiiMi  • 

S6S.« 

178 

81*139,891 

173,308 

74*116^166 

TonMDburMrbahn .  •  •  . 

4*000,000 

158,751 

4*000,000 

Wald.Rflti  

6,1 

7 

1 '289,500 

210,857 

1 '287,918 

Ra{tpersweil-PA£QkoD .   .  • 

3^ 

4 

r490,075 

235,138 

824,984- 

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43 

4'820.5(MJ 

1 '22.202 

4'737,2yy 

Jura  Xeucbatiiluu»  ..... 

38,1 

40 

5"567,682 

144,821 

5*567,682 

See!  baibahn  

46 

3*616.000 

79,990 

3*611,169 

Tassthalbahn  

40 

7*544,600 

195,674 

7*669,668 

Wädensweil-Rinsiadahi  .   .  . 

16.« 

17 

4001,141 

247,360 

4*07 1.252 

26 

3'898,000 

158,053 

4'02R,747 

Artb-Higibahn  ...... 

13,1 

12 

6' 134,129 

459,532 

6  141,938 

Ii.« 

18 

810^000 

66,901 

846,485 

BOdelibabn  

9 

1*100,000 

197,074 

1*685,994 

F'rau€iiM(I-Wyl .    .    ,   ,    ,  . 

17.T 

18 

63ä.0(X) 

3>i,506 

646,650 

Gcnevft'Vo vricr  ...... 

5.« 

6 

S_M07 

457,857 

Kriens-Luziim-Bahii  .... 

3,0 

3 

25r).ix)o 

äi,6ii 

248,536 

33.0 

33 

3*800,000 

118,904 

3*927,500 

lAnaanthaUHutlwvl  .... 

13.9 

15 

1*166,900 

61,435 

861,567 

liauaanne-*^****^*"*  .... 

14.« 

16 

1*171.600 

79^694 

1*149,404 

Central  vaudois ..... 

8.» 

9 

411.500 

53,719 

457,844 

Pilatuäbahn  

4.« 

5 

5  t  1 .286 

2235,027 

Ponlif-Chaux-de-Fonds  ... 

164 

17 

79y.y*io 

4J>,ö39 

792,322 

7 

2235,000 

410,789 

a'235,297 

Rigi-Scbeidegg-Babn  .... 

6,T 

7 

79,500 

9,600 

65,600 

Rorscliacb-Heiden  

7 

2*440,000 

377,564 

2"2(H),00(> 

St.  Gallt-n  llai-,  

14.« 

14 

1*6!  I  "i'Hi 

H"!  10 

1 '545.330 

Tramol.in-T.'ivaiiiiP«  .... 

8,i 

9 

503,014 

9.» 

y 

1 '600.000 

173,984 

1*587,526 

Voias  itroites  Genive    .  .  . 

»4 

16 

3*093,660 

84,841 

1*918,170 

Waldenburgerbabn  .... 

14 

305,500 

17,063 

353,118 

Znwmmen 

3000^ 

8141 

1089*617.697 

808,666 

931*19&,819 

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£uenbAhneii 


—    141  — 


Ciscnbahnea 


(Nevetto  «mfliehe  Dtten). 


Rtiiti^e 

Ertrag  in 

AitfftniipirlM 

Je  r. 

KlAl  MulCM' 

Fr. 

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Fr. 

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KapilAto 

3  890.115 

4  ><r)z,2oo 

1  «707,001 

1 V  u  1  Z,OZV 

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1  iOU,  Ivo 

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in  AfiA 

26  674 

—  13,128 

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67,881 

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836  168 

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56,179 

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295  749 

lo0,918 

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283  263 

36,127 

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10o,204 

1,785 

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131  858 

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35 

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910  816 

65^988 

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11,894 

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1()2,'212 

4524,583 

28.876 

463,416 

13i*,412 

6,*(o 

76 

12,379 

10,024 

5,160 

21.344 

-  410 

—  0,i»« 

91 

48,535 

57,634 

40,678 

100,096 

90,011 

0,iitf 

14 

69,103 

38,590 

7.070 

45,928 

8,795 

2,1M 

89 

52.424 

28,413 

22.024 

51.00I 

9,638 

1,M» 

15 

Gö,184 

95,fi85 

3,161 

101,<J5si 

39.055 

2,«4> 

19 

303,799 

109,946 

705 

110.801 

32,479 

4,t)T 

48 

85,894 

46,113 

16,670 

64,937 

13,351 

4,l»r' 

95 

29480,094 

34'765,081 

49177,948 

88  611,461 

37^699,604 

3,Mt 

18,380 

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Eiektrir^che  Bahnen 


—    142  — 


Eiuiä^ioiisbankea 


Blektriache  Bahuen  sind  die  Bürgeostockbabn,  die  Salratorebahn  und  die 
^trafienbalm  Verey'UoiitreiiX'ChilloB. 

Elektrisolie  Beleuclitniig.    Durch  eine  im  J&hre  1890  an  eämmtliche 

'Gemeindevorstäude  gerichtete  Anfrage  hat  das  eidg.  statistisohe  Bnreatt  in  Er- 
fahrung gebracht,  daß  in  folgenden  Ortaohaften  Sffentliche  eiektrieohe  Beleuchtang 

besteht. 


Aigle  

»il 

%   Li  Li  ^ 

EurHiliagssMttB 

Fr. 

iu,ooo 

12 

Faido     .    .  . 

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1$89 

• 

n 

40,000 

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1» 

\7en1  .... 

II 

1000 

fl 

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« 

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'Interlaken  .  . 

• 

1888 

n 

59,817 

m 

45 

Lausanne 

• 

188'i 

» 

140,000») 

m 

180 

m 

Leiikmbud  . 

fi 

1889 

• 

53,000 

•ß 

60 

Lock' .... 

1890 

400,000 

1200 

Lugano  .    .  . 

» 

1890 

II 

65,000 

« 

130 

n 

Xuzern,Krieü}iu. 

Emutenbrttcke 

1886 

» 

680,000 

r 

450 

* 

Marthalen  . 

» 

1890 

5,300 

r 

4 

m 

Meiringen    .  . 

ff 

1889 

tt 

38,000 

• 

56 

m 

Melide   .    .  . 

m 

1890 

1» 

• 

600 

') 

n 

Yevey-Montreux 

m 

1888 

» 

• 

920,094 

500 

Emissionsbauken  (Ergänzung  dea  Artikels  „Emibsion-sbanken*  ini  I.Band). 
Die  auf  Seite  568  im  I.  Band  erwKhnte  Motion  Cnmex-Ftty  enteprang  der  Er- 
fahrung, daß  das  Banknotensysteni  der  Schweiz  ao  empfindlichen  Gebrechen  litt. 

Insbeßuiult'vc  hatte  cn  sich  erzeigt,  daß  die  vom  Bunknott>ngt'>)e^z  geforderte  Baar- 
dcckuug  der  isoteu  höchstens  in  normalen,  friedlicheu  Ztjiti  n  ausrei'hend  sein 
kann,  in  kritischen  und  namentlich  kriegerischen  Zeiten  aber  ganz  unzulänglich 
wSre.  Dieaer  Erfahrung  gab  anch  daa  «idg.  Fioanadepartement  in  aeinen  jähr- 
lidien  Gesehftftsbflriehten  seit  1885  Anadrack.  So  achxieb  ea  m  OtsehäfisbeHehi 
pro  1886: 

«Wir  haben  io  unserem  letztjährigen  Bericht  auf  die  be<lenkUclie  Lage  hingewiesen, 
die  ffir  die  Mehrzahl  der  Emtssionshanken  in  Folge  der  Unznianglicbkeit  ihr^r  verf%< 

baren  Baannittel  unter  rm-tritulen  >icli  erjfcben  müßte.  Die-se  Mißstande  IihIkmi  im 
Benchljahr  in  ungei^cbwachtem,  itci  cinzeiueu  Banken  gegeuUieüs  in  potenzirtem  Maße 
fortgedauert  und  dazu  beigetragen,  auch  weiteren  und  solchen  Kreisen,  welche  bis*  jetzt 
t  iiiti  riii_'t-l.(ltuii^,'  unseres  Notenwesens  nicht  das  Wurl  reiltii  iiiurhtiii.  die  Ueber- 
zeuguug  uulzuilrängeu,  daß  die  gefahrdrohende  Lage  nur  ilurch  eine  einschneidende 
Reform  beseitigt  werden  kOnne.  Einer  Summe  yon  über  900  Millionen  kurzniiiger 
Sehulden  steht  ein«*  fn-i  verfügbare  Baarschafl  von  In  Millionen  Fmnken  peppnüber. 
Humlerllausende  von  sofort  rückzahlbaren  Passiven  finden  an  einiyen  Orten  einen  Kassa- 
bestiiiKl  von  wenigen  Tausend  Pranken.  Es  ist  gMvdezn  unbegreiflicb.  wie  emzeloe 
Banken.  '!nii  Ii  ,\W  Aiißt  ra.  htlM^^irnp  der  we^jenfUcben  und  unbeugsamen  Fonlernngen 
eine:5  verntiiiHi|i(fu  und  soliden  Zellcibankwesens,  ihre  ei;rene  Existenz  in  Frage  stellen 
und  die  Stellung,'  der  Oesammtheit  gefährden  kßnnen.  Hs  l>eHlelit  Tür  uns  kein  Zweifel, 
daß,  wenn  die  Fitalltät  »It-r  Zalilung.seinslellnnp  hei  .lir'~-ei  .»l<  t  joiier  EtMi--iun>liaiik 
eintreten  sollte,  die  Konsequenzen  hieraus  unverziigli^  ti  uuu  utuiiiUclbai  aal  Uie  ,tn<leren 
Banken  sich  liinöliertrapcn  werden  und  zwar  in  einem  .Maße,  daß  auch  selbst  für  die 
besiäntlige  Zabluiig^^laliigkeil  der  mit  Stärkeren  Baarbeständen  ausgerüsteten  Institute 
Scbliuiraf*  zu  befürchten  wäre." 

Jm  Jahresberiehi  pro  1887:  Am  4.  Mira  erließ  der  fiundesrath  an  die 
Kantonsregiorusgen,  welche  die  Bttrgechaft  Ittr  60  %  der  EmiaBionsBumme  nach 


('...ntraian^talt  SO.OfM)  Fr.;  Installation  fnr        Kantous^pital  (iO.OOO  Fr.  Der 
Strom  kommt  vom  Maruggia  und  ist  der  gleiche,  der  in  Lugano  zur  Beleuchtung  dient. 


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—    US  — 


Ciniääiunslianki^ti 


Art.  12'  ttbemommen,  sowie  an  die  PrSsideDten  öm  Tenreltangerathes  der* 
Jenigen  Banken,  welche  die  Bttrgsohaft  itlr  60      ^  Emiesionsstimme  nach 
Artikel  12^  de»  Gresetzes  entweder  Ii.  Werth«cbriften  oder  durch  da«  Wechsel- 
portefeiiille  g*''loistf't,  folgendes  Zirkular: 

,Die  unsichere  uUgememe  politisrlic  Siiuation  hat  uns?  Veranlassunjr  gegeben,  uns 
fai  der  jüngsten  Zeit  mit  den  bei  den  «äcliwci/erisschen  Emissionsbanken  bestehenden  Zu- 
stSnilen  eintrehender  zu  bt-schiiffigen,  indem  wir  vrm  (h'V  wohl  nir-lit  uiirirliti;.'*-n  Mf-inung 
auiiriiii^eii,  'lali  die  Leistungen  unserer  Notenbaakea  von  unverkenuharem  Kiiiüuli  auf 
den  rmfattg  und  die  Dauer  einer  durch  kriegerische  Verwicklungen  hervoi^emfenen 
Krisi-  -«  in  werrien.  In  Foljfe  unserer  Erhebungen  sind  wir  nun  zu  der  T>b<>rzeufrung 
gelangt,  d.iU  bei  einer  großen  Zahl  der  schweizerischen  Emisiionsbanken  dio  Wrhält- 
nisse  derart  hegen,  daß  in  kritischen  Zeitläufen  manches  InstUttt  kaum  in  der  Lage 
w3re,  auf  die  Dauer  die  an  seine  Kasse  zur"H  k-;trömenden  eigenen  Noten  .  inlAsen  zu 
können.  Wir  hegen  keine  Zweifel  in  die  schlitüliohe  Deckung  der  Hankuoten,  iluge^fen 
läßt  uns  der  vielerorts  unzureichende  Baarbestand  und  der  llieihvei-e  Mangel  an  anderen 
kurzfailij;en  oder  leiclif  realisirbaren  Aktiven  befürchten,  daü  die  stetige  und  sofortige 
Einlösung  der  Xoten  iu  den  gedachten  Zeiten  nicht  überall  ^a'sichert  wäre.* 

Wie  das  eidg.  Fananxdepartement,  so  hielt  auch  die  Mehrheit  des  Schweis. 
Handelsstandes  die  dnreh  das  Gesetz  von  1881  gesohaffsnen  BanknoteiiTerhäItniH8e 
ftir  unhaltbar.  In  einem  dicßbezüglichen  Gutachten  vom  Jahre  1887  schrieb  der 
Vorort  des  subweiz.  Handels-  und  Industrievereins : 

Es  sind  zwei  einzige  Sektionen  (der  Westschweiz),  die  eine  baldig  Verbesserung 
des  bestehenden  Znstandes  nicht  fRr  nAthig  halten;  alle  anderen  Sektionen  empfehlen 

entweder  eine  weitgehende  Rcvi^iDU  des  bestehenden  Banknotengeselzes  oder  in  üIht- 
wiegender  Zahl  —  die  Kreiruug  einer  Landesbank  mit  dem  Notenmonopoi,  unter  Ue* 
theiligung  der  buherigen  Emissionsbanken  (bzw.  Gewtnnbetheiligung  der  Kantone)  und 

mit  wirksamem  Aufsichtsrecht  des  Bundes. 

Eine  Revision  des  Gesetze«  schien  dem  eidg.  Finauzdepartemcnt  längere 
Zeit  (\m  einzig  Mögliche,  denn  es  glaubte  nicht,  ilaß  «las  NoteTimonopol  in  der 
Bundesver.sanunlung  durchdringen  würde.  Deuigemal>  arbeitete  ea  einen  Entwurf 
-SU  einem  neuen  Gesets  ans,  unterbreitete  denselben  im  September  1889  einer 
Fachkommission  und  brachte  ihn  nebst  Botschaft  des  Bnndesrathes  vom  S3.  Juni 
1890  vor  die  Bundesversammlung.  In  dieser  Botschaft  wird  u.  A.  gesagt  : 

.Die  Hauptribel-trinilc  <ind  in  der  Re^rel  der  schwaclie,  für  autierordentlirlie  Rodörf- 
niFsc  ungenügende  SUnd  der  verfügbaren  Baarschuft  und  das  Verbot,  die  (d)li>,MtMi  ische 
Baarreserve  je  anzugreifen;  nel>en  der  stetig  zunehmenden  Notenzirkulalion  Ax-  be- 
deutenden, stets  wachsenden  aiKb  len  kurztalligen  Vei iiindliclikeiten  der  Emissionsbanken 
und  der  Mangel  einer  vorsorgliclien  Diskonlopolit  ik  zur  Ue-ulii  un,.-^  des  Geldstandes. 

.Der  Bundesrath  verhehlt  sich  nun  keineswegs,  .iiU  mit  i]er  Revision  des  Bank- 
notengeset z<'s.  web-hes  auf  »lern  System  der  Vielheit  der  Banken  beruht,  eine  durch- 
greifende Reform  des  schweizerischen  Xotenwesens,  eine  gnlndliche  und  endgültige 
lyisung  der  Xotenbankfrage  ni<  ht  erzielt  werden  kann.  Er  neigt  vielmehr  der  Ansicht 
zu,  daß  dieses  nur  durch  die  Zentralisirung  der  .Xotenausgulte,  durch  die  Schaffung  einer 
mit  dem  Notenmonopoi  ausgestatteten  schweizerischen  liandesbank  erreicht  werden  kann, 
welcher  außer  den  einer  Notenbank  naturgemäß  zukommenden  geschätliichen  Aufgaben 
in  erster  Linie  diejenige  gestellt  würde,  den  Vorrath  und  den  Umlauf  an  metallenen 
und  fiduziaren  Zahlungsmitteln  den  Bedflrfhissen  des  Landes  und  dem  Schutze  der 
Wäliiuii^r  gemäß  zu  regehi  F.iiif  absolute  Siclierheit  gegen  alle  Eventualitäten  kann 
zwar  auch  diese  vollkommeuere  Form  des  Xoienbankwesens  nicht  bieten ;  aber  es  wird 
den  Eventualitäten  ungleich  leichter  und  sicherer  vorgebeugt  und  die  unvermeidlicben 
Krii^en  inif  un;.'Ii  ich  u  .  niger  schweren  Folgen  fllr  den  öffentlichen  Krsdit  nnd  das  Land 
Oberwunden  werden  können. 

«Wenn  der  Bundesrath  gleichwohl  nur  den  Entwurf  eines  revidtrten  Banknoten- 
gesetzes  auf  Onind  -lo-  he-telu  nden  Systems  einiuiii^M,  -<i  ^'c-rchieht  das  deßhalb.  weil 
er  daran  zweifeln  mußte,  daß  weiter  gehende,  durchgreifende  Keform-An trage,  denen 
eine  Revision  von  Art.  3{)  der  Bundesverfassung  voranzugeben  hStte,  Aussicht  auf  An- 
nähme  finden  würden,  und  zu  befürchten  wäre,  daß  mit  der  Ablehnung  auch  diejenigen 
Verbesserungen  an  dem  gegenwärtigen  Zustande,  welche  eine  bloße  Revision  »le?«  Ge- 


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EnusBionsbanken 


—    144  — 


Emissionsbankei» 


Mtxes  liniigen  kann,  in  die  Ferne  genickt  würden.  Der  Bundesrath  i^tützl  sdnen  Zweifel 
auf  die  Thatsacbe.  daß  alle  bisher  und  in  verschiedenen  Formen  in  der  Biinde«vprsammlung 
eingebrachten  Motionen,  welche  auf  die  Monopoll*;irung  de;^  Notenwesens  al»zielten,  und 
selbst  der  unpräjudizirliche  Antrag  auf  Ueberweisung  der  Frage  an  den  Bundcmth  zur 
Prüfung  über  die  WOnscbbarkeit  und  Thunlichkeit  beharrlich  zurückgewiesen  worden 
sind.  In  diesem  Sinn  ist  sogar  eine  Motion,')  welche  die  Aasgabe  durch  den  Bund  von 
Gold-  und  Silber-Depositfn-.St heinen  (xler  ('.erlitik;iten,  welche,  als  voll  durch  klin^'i'mie 
Münze  ^eckt,  das  sicherste  tiduziäre  Zahlungsmittel  darstellen  irürden,  mit  erheblicher 
Mehrheit  abgelehnt  worden. 

, Unter  diesen  T'rasf.'inden  hält  es  der  Bunde-^ratli  für  ^-elmten,  seine  Aiifineik'^ani- 
keil  der  Revision  des  Baoknotengesetzes  zuzuwenden,  um  die  Mängel,  welche  dem  gegen- 
wirtigen  Gesetze  theils  ron  Anbefinn  anhafteten,  theils  nach  den  bisherigen  Erfahrungen, 
sich  hcraus^lellten  oder  auch  durch  die  inzwiP(  h  '!i  \>  riuiderten  Verhältnisse  liedinpt 
sind,  nach  MOgUcbkeit  zu  heben.  Dadurch  sind  eine  Reibe  von  Streichungeu^  Ver- 
schiebungen, Ahlnderungen  und  EKftQrangen  und  ein«  thdiweise  UmazMtnng  des 
Gesr '/e  notbvvendig  geworden,  so  daß  sich  das  reridirle  Gesetz  in  Form  trnd  Inhalt 
umgeüntiert  darstellt.* 

Die  wesentlichsten  Neuerungen  des  G^etzentwurfes  bestanden  darin,  dal^ 
die  BMrdeokoDg  der  Noten  von  40  anf  50  ^a  «rbSht,  diese  Deckung  im  Noth- 
fall  bis  auf  die  Hälfte  verwendet,  und  nur  der  dnrch  Baarsehaft  niebt  gedeckte. 
Tbeil  der  Notenzirkulation  beHt«uert  werden  sollte. 

Zu  einer  Berathang  des  Entwurfes  kam  e«  in  der  Bundesversamrolnng  nicht, 
denn  während  derselbe  in  seinen  Geburtswehen  lag,  regte  sich  die  im  Jahre  ISüi} 
nnterlegene  Partei  der  Konopolisten  mit  ihrem  Bundefbankprojekt  and  erwarb- 
im  ToUeo  HOfiOO  ZutimmangsnnterBohnften.  Kock  waren  dieae  indessen  der 
Bondeakanslei  nickt  abgelitfert,  als  Nationalradi  KelW  im  S^ember  1890  die. 
Hotion  stellte: 

«Der  bundesrath  wird  eingeladen,  baidmöglichst  Bericht  und  Antrag  zu  erstatten^ 
Ober  die  Revision  des  Artikels  39  der  Bundesverraasang,  in  dem  Sinne,  daß  dem  Bande 

das  ausschließliche  Ke.M  der  Xotenemis^inn  zosteht  und  daß  er  dieses  Bechl  einem  zu 

scbaflfenden  ßankinätitute  ül)erlr;i^'en  kann." 

Diese  Motion  wurde  am  24.  September  vom  Nationalrath  mit  70  gegen 
7  BtimmeD  angenommen  nnd  schon  am  80.  Dez.  war  ihr  Tom  Bnndesrath  ent- 
sprochen. Nnnmebr  verließ  der  Bundesrath  den  Boden  einer  bloßen  Gesetzesrevision 
nnd  bekannte  Hioh  mit  EntHcLiedenheit  zur  Forderung  einer  Landesimnk  mit 
NotenmoDopol.  £r  begründete  diese  Forderung  n.  A.  mit  folgenden  Auseinander- 
Setzungen: 

,Von  einer  Vielheit  von  Banken  mit  vielerlei,  tbeilweise  entg^ngesetzten  Interessen,, 
kann  eine  zielt>e\vuUte,  nach  innen  und  außen  wirksame  Diskontopolitik  schlechterdings- 

weder  verlangt  noch  erwartet  werden. 

.Diese  oberste  Aufgabe  der  Notenbank  kann  einzig  eine  nifichtige.  über  Neben- 
rüf'k'iii  titen  und  kleinlirlier  Konkurrenz  s*trben<lr  zentralisirle  Bank  i  rfulleii.  u<  k-lie 
mit  der  nölhiyen  tm>i<  lit  durch  ihre  eigenen  Organe  stetige  Filhlnng  niii  dem  ^'aiizen 
Lande  hat,  welche  die  l-,r*  i;:ni8se  auf  dem  Geldmarkt  voraussebeii  und  ihren  Wirkungen 
b^*gcgnen  kann,  und  deren  Verantwortlirhkcitsgcrtlhl  auf  gleicher  Höbe  st^t  mit  dem 
aligemeinen  Vertrauen,  welches  sie  beanspruclil. 

.Eine  weitere  Hauptaufgabe,  welche  eine  zentrale  Bank  zu  erfrdlen  hat,  lte;>teht 
darin,  die  Zahlungsausgleiebunt-'f'"  dureh  ein  über  das  ganze  Lami  aiH^rnielilo-  i!in»- 
syi^teiu  lu  erleichtern.  So  bat  die  Deutsche  tleichsbank  durch  dire  Haupt-  mal  Zweig- 
nied(>Has.sungen  im  Jahre  1881^  vermiitel>>t  rebertr^ungen  auf  demselben  Platze  für 
circa  14'/*  Milliarden  Mark  und  vermittelst  Uel>ert ragungen  von  einem  Platze  zum  andern 
für  circa  II' 4  Milliarden  Mark  Zahlungen  auisgeglichen.  Der  Mangel  eines  ausgebiMeteu 
Girosystem«  bedeutet  für  die  Schweiz  eine  wirtlischaflliche  Inferiorität.  Kr  i-i  eine 
Kon^erpienz  der  Vielheit  der  Banken,  denen  ein  Gesetz  auf  Grandlage  von  Art.  liü  der 
Buude»>verfassuDg  eine  solche  Aufgabe  nicht  zuweisen  kann.  Was  «e  hierin  aus  fteien 
Stocken  leisten  oder  leisten  können,  ist,  wie  die  Erfabrnng  zeigt,  durchaus  nnznlAnglieb.. 


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Emissionsbanken 


—     145  — 


Emis&iunsLauken 


Die  bcs:<ere  OrganiMlion  des  Giro-  und  Mandatverkehrs  wird  auch  die  Notenziriniiation 

^uf  ein  richtiges  Maß  zurAckfilbrcn. 

^Eine  weitere  wichtit^e  Aufgabe,  «iii.'  el)eiil;ill>  nur  einer  mit  dem  Notenmonopol 
aasgestattelen  Bank  zugewiesen  werden  kann,  besteht  durin,  die  Kasaagescliärto  des 
Bunde«  Tinentgeltlich  zu  bei«orgen,  d.  h,  liberall  da,  wo  sie  XietJerlasjtfungcn  hat,  fär 
Rechnung  des  Bundes  Zahlungen  anzunehmen  und  bk  auf  die  Höbe  seines  Gultiabens 
Zahlungen  zu  leisten.  ')  Die  KasMiifeaehftfte  des  Bundes  nehmen  solche  Proportionen 
an.  daß  die  bisherigen  Einrichtungen  zu  ihrer  Rt  wälti^mn?  nicht  mehr  «renfipen  werden. 

,Eine  zentrale  Notenbank,  welche  .schon  iu  ^'ewulndichtju  ZeiU-n  sUrk  ^'edeckt  ist 
und  eine  wirksame  Diskontopolitik  üben  kann,  .soll  för  auikrordentliche  Zt  iteti  nichl 
nur  im  Stande  sein,  ihre  Zahlungsfähigkeit  zu  sichern,  !^ndern  auch  ihre  Lei^itungs- 
nihigkeit  so  weit  zu  stArken,  daß  sie  nicht  gerade  dann  dem  legitimen  Geschäfte  ihre 
Dienste  versagen  muß,  wenn  außergewöhnliche  Bedürfnisse  Befriedigung  verlangen.  Sie 
wird  berafen  sein,  dem  schweizerischen  Handel  in  kritischen  Zeiten  eine  StQtze  zu  bieten, 
welche  er  bisher  meist  in  »eh  selbst  oder  im  Auslände  suchen  mußte. 

,In  Zeiten  der  Beuiiruln^'un;:  hat  die  einzelne  Biink  viui  vielen  relativ  schwach 
gedeckten,  auf  sieh  selbst  arigewiesenen  Banken  geuiw  für  sich  zu  soitjen,  bevor  sie  für 
andere  sorgen  kann.  Statt  dnreh  Erwerbang-  nener  rordernngen  ihr  Geld  d«tt  Handel 
dienstbar  zu  machen,  muß  -ie  im  Ge^aiitheil  die  Fordeningen,  welche  sie  besitzt,  zn 
Geld  machen  und  dieses  dem  Handel  entziehen. 

.Dazu  kommt  für  unsere  Verhftltnisse  der  erschwerende  Umstand,  daß  einen  guten 
Theil  der  am  leichtesten  zu  rcali^irenden  Fnriier-.nii/«  n  die  einen  Eriiissionsbatiken  in 
Form  von  Noten  oder  in  Redmungsgulhaben  un  die  anderen  zu  stellen  haben,  und  daß 
diese  Forderungen  in  gewöhnlichen  Zeiten  ruhig  liegen  bleiben,  in  anßergewAbnlii^en 
aber  eingehnben  werden.  Die  FoI;;e  davon  ist.  c1  iß  dann  die  Beunruhigung  von  den 
Kinissionsbanken  selbst  ausgeht  utid  gegen.*iedig  genährt  wird,  bevor  sie  weitere  Kreise 
ergreift,  wie  dies  noch  im  Frühjahr  1887  der  Fall  war.  Durch  die  Vielheit  der  Emissions- 
banken wird  die  Krisi>;  in  «ler  Regel  versehTirff  anstatt  tir-pchworen. 

,Uebenniidilif.'eii  Krisen,  wie  sie  naaienllich  -diwere  iiulilis^lie  Erei^rnisse  lierbei- 
filhren  können,  ist  treilich  keine  Notenbank,  aiu  h  die  ^n  Aßte  Zentral liank  nicht,  ge- 
wachsen, wie  die  Erfahrung  lehrt.  Allein  die  Zentr  ilbank  erfüllt  ihre  Aufgabe  auch 
dann  in  vollem  Maße,  wenn  sie  der  Krisis  so  lange  wie  überhaupt  möglich  aus  eigenen 
Kräften  Widerstand  leistet.  Wenn  schließlich  die  eigenen  Kräfte  der  mit  dem  Monopol 
ausgestatteten  Bank  versagen,  so  bleibt  immer  noch  als  letztes  Hiilfsniiltel  d<*r  Zwan<.'s- 
kurs :  die  Noten  der  Bank  werden  als  gesetzliches  Zahlungsmittel  erklärt  und  die  Banli 
wird  vorübergehend  der  Baareinlösunppllii  Iii  eiitli<il>en. 

«Solche  äußerste  Maßnahmen  dürfen  seU>stverständlich  nur  im  äußersten  Notbfatle 
er^fTen  werden,  wie  in  iCriegszeiten,  in  Zeiten  in  welchen  das  Land  selbst  in  einen 
Kricj.'  venvickelt,  oder  mit  Krieg  bedroht  würde.  <>der  wenn  Nachbarreiche  Krieg  führen 
und  in  dem  einen  oder  andern  dieser  Fälle  das  Land  in  schwere  finanzielle  Bedrängniß 
geratben  sollte. 

.Eine  einziiK'e  Bank  iiiil  weni^'cri  Geschaflsweitren  und  uenitreri  Arten  von  Verbind- 
lichkeiten, mit  einfachem,  für  Jedermann  leicht  kontroiirbarem  Geächällsgebahren,  die 
flieh  ihrer  Verantwortlichkeit  bewußt  ist,  kann  sich  ein  «o  hohes  Haß  von  Vertrauen 
erwerlieii,  dafj  dasselbe  trotz  Krist-n  und  Zwanj.'skurs  Stand  hält,  wie  ebenfalls  die  Er- 
fahrung lehrt.  In  den  Jaliren  1B70  und  1871  iiaben  die  Noten  der  Bank  von  Frankreich 
—  trotz  des  Aber  das  Land  hereingebrochenen  verheerenden  Kri^es,  trotz  des  allge- 
meinen Wech^plmoratorimn«,  trotzdem  der  Baarvorrath  der  Rank  um  mehr  als  die 
Hältte  vermindert,  die  Notenemission  um  fast  das  Doppelte  vermehrt  und  der  Zwangs- 
knrs  dekretirt  wurde  -  niemals  mehr  ab  gegen  Gold  verloren,  und  das  nur  an 
wenigen  Taljen,  um  bald  wieder  die  0)1] Parität  zn  eireicben,  obedion  der  ZMrangsknrs 
formell  er«t  mit  Ende  1877  aufgehoben  wurde. 

.Dieses  unerschütterliche  Vertrauen  in  die  innere  Solidität  jeder  einzelnen  einw 
Vielheit  von  Banken  mit  einer  Menge  vnn  Geschäftszweigen  und  Verbindlichkeiten  aller 
Art  ist  nicht  denkbar,  um  so  weniger,  als  das  schwindende  Vertrauen  in  die  eine  Bank 
das  IGßtrauen  in  die  andern  wachrufen  wird. 

.Ein  weniger  ausschlaggebender,  aber  für  den  Verkehr  gleichwohl  wichtiger  Vor- 


')  Die  belgische  Nationalbank  hat  int  Jahre  1889  für  Rechnung  des  Staates  unent- 
geltlich für  979  Millionen  Franken  Zahlungen  empfangen  und  für  97B  .Millionen  Franken 
Zahlungen  geleistet ;  im  Ganzen  2,743.403  Stück  Anleihen-Coapons  eingelöst  und  Werth- 
tilel  im  Betrag  von  ca.  800  Millionen  Franken  verwaltet. 

Vemr,  Yolkswlrt]Mcli«(M<*slk«D  der  Sefawfti»  10 


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Emissionsbanken 


—    U6  — 


Eaiissionsbanken 


theil  einer  einzigen  Notenbank  besteht  darin,  daß  ihre  NotenemnsioD  nur  darch  dm 

wech-olnde  Bciurlniß  (]e-  Verkehrs  beschränkt  zu  werden  hrnnrht.  sie  rloinnach  auch 
lüi  t'inen  vorflbergelieiid  stark  tresleigerten  Bedart  an  Zahlungsmitteln  gerflstet  sein  kann, 
ohne  iiiren  Raarvorrath  zu  HültV  zu  nehmen,  innrem  nicht  Baarzahhittg  rerlangt  wird. 
Sellist  eine  <taike  NotenzirkulatioD  bietet  keine  Gefahren,  vorauflgesetzt,  daß  sie  ent- 
«prectiend  stark  gedeckt  i^^t. 

«Bei  der  Vielheit  von  Banken,  von  deneti  jede  die  Not»n  aller  übrigen  an  Zahlung 
nehmen  muß,  ist  eine  l'ei^u-  r?<  i?renzung  der  Emi;ssioji  diifre^ren  tinerl;ißlich. 

»Die  zentrale  Baak  wird  auch  dafür  sorgen,  daiS  die  Noten  in  denjenigen  Ab* 
schnitten,  wie  der  Bedarf  und  der  Schutz  der  Wihrung  sie  verlangen,  dem  Verkehr  sur 

Vorfvifrunp  fre^tollf  und  in  f^mlanf  gebracht  werden.  Sie  wird  au  1j  oine  weit  bessere 
Kontrole  über  den  Zu:<tand  der  umlaufenden  Molen  üben  und  diei>eU>tu  häufiger  erneuern 
können. 

,>?chli<'LSIir!T  werden  auch  die  Noten  einer  einheitlichen  Bank  d'jii  liedcutenden 
Vorlheil  darbieten,  jenseiL*  der  Grenzen  kurstähig  zu  sein,  was  bei  den  von  vielen 
Hanken  ausgegebenen  Noten  zum  enipßndlichen  Narhtheil  der  sehweiMriachen  Grenz« 
distrikte  nur  in  sehr  beschränktem  M;ißr  It  r  Fall  ist. 

»Das  sind  in  der  Hauptsache  die  Erwfi^'unp'n,  wtdclie  lieii  Bundesrath  zu  der 
Ansicht  bestimmen,  dalä  die  Z  en  (r  :i  1  i  s  i  r  u  n  ;.'  dt-r  Notenausgabe  dem 
bestehenden  ;5y-<teiii  der  Vielheit  di-r  Emissionsbanken  vorzuziehen 
sei.  Durch  eine  Revisi<m  des  Banknotengesetzes  können  die  UebeLstände  wohl  gemildert, 
aber  nicht  gehoben  werden.  Die  richtige  endgflltige  Losung  der  Notenbankfrage  er» 
blickt  der  Bundesrath  nur  in  der  SchatTung  einer  mit  dem  Monopol  auagestatteten  Bank, 
welche  als  reine  Noten-Giro-  und  Diskonto-Bank  zu  wirken  hat. 

,Die  Gesichtspunkte ,  welche  den  Bundesrath  bestimmen,  sind  rein  volkswirlli- 
schafllicher  Natur ;  politische  oder  bskalische  Gesichtspunkt«  li^en  ihm  ferne.  Er  hält 
gegentbeils  dafür,  daß  politische  und  fiskalische  Gesiditspunkte  fll>erhaupt  günzlich  zu- 
rQcktreten  mflasen,  wenn  der  angestrebte  Zweck  erreicht  werden  soll 

.Der  pninilsätzliclie  Entscheid  liber  die  Monopolisirung  der  Notenausgabe  in  der 
Schweiz  in  bejahendem  Sinne  eutsclieidel  zugleioli  darüber,  dai^  duä  Noteninonopoi  dem 
Bunde,  dem  Vertreter  der  allgemeinen  s<  hweizci  iscben  Interessen,  zusteht  und  zwar  ab 
alleinigem  TrSger.  Ein  anderer  Träger  des  ^otenmonopols  kann  nicht  in  Frage 
kommen. 

.Bs  liegt  jedoch  in  der  Natur  der  Sache  sowohl  als  des  angestrebten  Zweckes, 
daß  das  anssfh!ie(j|ii-he  HecJit  zur  Ausgabe  von  Banknoten  niilit  vom  Kunde  direkt 
durch  .>*eine  politischen  oder  administrativen  Organe  au-^reiibt  werde,  sondern  unier 
Voller  Wahrung  der  Landesintereaeem  an  ein  zu  schaffende-  zentrales  Bankinstitut  rdu-r- 
tragen  werden  muß,  nicht  nur  kann,  wie  die  vom  Nationalrath  erhebhch  erklärte 
Motion  lautet;  an  ein  Bankinstitut,  welchem  die  Aufgabe  gestellt  wird,  als  reine  Noten- 
Giro-  und  Diskontobank  den  Geld.stand  des  Lamles  zu  regeln,  den  Zahlungsverkehr  im 
Lande  zu  erleichtem  und.  wenn  und  so  weit  es  verlangt  wird,  die  KasBageschfttle  des 
Bundes  unentgeltlich  zu  besorgen. 

,Der  Bundesrath  ist  zudem  der  Ansicht,  daß  nicht  nur  die  Ausj:abe  \«>n  Bank- 
noten,  sondern  folgerichtig  auch  di^enige  von  andern  gleichartigen  zum  Umlauf  be- 
stimmten Geldzeichen,  wie  KasBenscbeine.  Milnzeertiflkate  u.  a.  m.,  als  aussehfieffliches 
Recht  des  Bumles  erklärt  wi  rd-  n  -id!  Er  i^t  jedocli  niclit  der  Meiiiting.  daß  das  Recht 
zur  Ausgabe  von  solchen  Geldzeichen,  welche  nicht  eigentliche  Banknoten  sind  und 
geeignetermaßen  von  der  Bundeskasse  auszugeben  wftren.  flbertragbar  sein  soll. 

^Dic  weitere  Frage,  welche  zu  entscheiden  i^l .  beschhVd  die  Grundla^re.  welche 
dem  mit  dem  .N'otenmonopol  auszustattenden  Bankinstitute  zu  geben  sein  wird,  ins- 
besondere ob  das  Institut  ab  eigentliche  Staatsbank  für  alleinige  Rechnung  und  Gefahr 
lies  Bundes ,  oder  aber  als  eine  Bank  mit  primtem  Cbarakt«r  auf  Aktim  gegründet 
werden  soll. 

.Die  Staatsbank  würde  mit  einem  vom  Bunde  durch  Anleihen  aufzunehmen- 
den eigenen  Geschäftskapital  dotirt,  des.sen  Verzin^un^:  vor.ih  aus  den  Ertrügnissen  der 
Bank  zu  bestreiten  wäre.  Sie  müßte  unter  gänzlidi  getrennte,  geschäftlich  möglichst 
unabhängige  Verwaltung  gestellt  werden,  und  in  deren  leitenden  Behörden  wäre  dem 
kaufmännischen,  im  t^plirhcn  Kontaklc  mit  dem  Verkehrswesen  stehenden  Eteuiente 
ein  maßgebender  EinfluL  zu  siciiern.  Der  Hui»de»raih,  oder  ein  von  der  Huiuicsver- 
sammlung  zu  wählender  Bankratfa  w^Src  aN  olutrste  Aufsichtsbehörde  zu  denken;  die 
Ent'j'^'reTfnahnie  der  Rechnungen  und  Verwaltungsberichte  Sache  der  Bundesvw- 
sainmlung. 


EmissionsbftokMi 


—  147 


Emissiombanken 


.Die  Privatbank  wäre  cbi  iit  iUs  uuler  Aulsiohl  de^  Hundes  zu  idellen  und  von 
iliiii  I  f^-tpllte  Organe  hStten  an  der  Leitung  Ih.lti^'  mitzuwirken,  etwa  in  der  Wei^e, 
d;iL-  ilie  eine  Hälfte  der  leitenden  Behörde  durdi  Jeu  Bund,  die  andere  durch  die 
Aktionäre  gewählt  würde.  Der  Bund  erhielte  eine  direkte  Vertretung  durch  einen  nüt 
Slichenlscheid  und  dem  Yetoreclite  auszustattenden  oitersten  Leiter,  welcher  die  Ge* 
setze  und  Heglernente  den  der  Bank  gestellten  Aufgaben  gemäß  zu  handhaben  hätte. 

,AU  Gegenleistung  für  das  der  Bank  verliehene  Monopol  wäre  dem  Staate  eine  «n- 

geaie:*sene  Bef Heiligung  am  Heingewinn  vorzuhfliullen,  in  fler  Weise,  daß  ein  Ueber- 
scbuti  über  die  landesübUche  Verzinsung  des  K^pUais  zvvis<-l)en  Staat  und  Aktionären 
.Sil  theüen  wäre.  Eine  Staatsgarantie  für  die  Verbindliclikeiten  der  Bank  würde  nicht 
geleistet  und  der  Staat  hätte  für  mögliche  Verluste  nicht  .iufzukommen.  Die  zur  \us- 
mittlung  des  Reinerträgnisses  geltenden  Normen  wären  durcli  Hegleiiient  fe»tzu>telien. 
rm  der  Bank  die  volle  Entwicklung  und  das  Wiedereinbringen  aller  Anlagekosten  zu 
sicliprti.  müßte  ihr  die  Konzession  für  eine  Rrihe  von  Jahren  fest  ertheilt  werden,  unter 
\  orhehalt  des  Hückkaufsrechtes  durch  den  Bund  nach  Abiaul'  der  Konzession  oder  even- 
tueller Erneuerungsfristen.  Der  Rückkauf  wäre  in  der  Weise  zu  denken,  daß  der  Bund 
dannzumal  die  Bank  mit  Aktiven  und  Passiven  gegen  Attszahlottg  des  InventarwertUes 
an  die  Aktionäre  überuithme. 

.Die  Staatsbank  wie  die  Privatbank  wären  zu  verpflichten .  innerhalb  eines  Zeit- 
raumes von  einigen  Jahren  in  allen  größern  verkehrsreicheren  Ortschaften  des  Land»'» 
eigene  Niederlassungen  oder  Zweiganstalten  zu  errichten,  unbeschadet  des  Hechtes,  sich 
in  jeder  Ortschaft  lier  Schweiz  niederzulasi-en. 

»Die  Staatsbank  wie  die  Privattwnk  und  alle  ibre  Niederlassungen  müütea  von  allen 
Steuern  und  Abgaben  in  den  Kantonen  befreit  sein.  Die  Leistungen  der  Bank  an  das 
Gemeinwesen  liegi'ii  In  ihren  wirtlHcIiaftli(  heu  Aufgaben,  an  deren  Erfüllung  sie  nicht 
durch  eine  teste  Steuerlast  gebenuut  w  erdea  darf.  Dagegen  wären  die  Kautone  bei  derStaat»- 
bank  an  dem  nach  Verzinsung  des  Kapitals  und  Dotimng  des  Reservefonds  bleibenden 
Reinerträgniß,  bei  der  Privatbank  an  der  dem  Ptnaie  /ufallenden  nnutc  de-  Rrin- 
gewintu  in  billigem  Maße  zu  betbeiligen.  Sie  würden  darin  zunächst  eine  Enbcbädi- 
gung  fQr  die  biisner  bezogenen  Banknotensteuern  finden. 

,fSn  die  Verzinsung  des  Kapitals  übersteigender  Reingewinn  wird  in  der  Regel 
imnter  erzielt  werden,  und  zwar  wird  derselbe  unter  den  gleichen  -Verhältniscen  größer 
sein  als  derjenige,  welchen  die  bestehenden  Emissionsbanken  einzeln  mit  dem  Noten- 
Giro-  und  Diskontogeschäft  erzielen,  weil  die  gegenseitige  Konkurrenz  wegfällt  und  die 
Verwaltung  zentralisirt  wird.  Der  zu  endelende  Gewinn  darf'  jedoch  nicht  den  Zweck 
bilden,  weder  fQr  die  iStaalsbaiik  nodi  fOr  die  Privatbmk;  er  kann  auch  nidit  be- 
deutend sein,  wenn  die  der  Bank  gesteUten  Aufgaben  allexeit  in  vollem  Maße  erftUlt 
werden  sollen. 

.Det  üebergang  aus  den  bestehenden  in  die  neuen  VerhSltmsse  wird  unter  alten 

rm-t;inilt  ri  sn  ].'eordnel  werden  müssen,  diiL")  ilet>ell)e  .dlinälig  geschieht  und  der  Ver- 
kehr keine  Ei^chüllerungen  erleidet.  Ks  wird  eine  längere  Frii$t  anberaumt  werden 
-mOssen.  innerhalb  welcher  die  gegenwärtig  umlaufenden  Noten  surflckgezogen  und  durch 
diejeniK«  II  der  zentralen  Bank  ersetzt  werden  Die  Zentralbank  soll  enuai  htigt  werden, 
bestehende  gut  akkreditirte  Eiui^iunabauken  mit  annähernd  analogem  Geäcbäflskreis 
kftnflieh  zu  erwerben  und  als  eigene  Niederlaasangen  weiter  zu  betreiben,  wenn  die 
Kanflie.linsrungen  gegenüber  der  Xeuerrichtung  von  Niedr'rla>'^unj»en  Vortheile  bieten. 
Sie  94 dl  terner  ermächtigt  werden,  an  Ge^scbätlsplätzen  mittlem  Ranges  für  die  ersten 
Jahre  und  bis  sie  eigene  Niederlassungen  daselbst  errichtet,  den  dort  bestehenden 
Emisisionsbanken  die  Vertretung  zu  nherlrapcn. 

,Die  jetzigen  Emissionsbanken,  welche  uiil  <ieiii  (utersi'hiede  weiter  bestellen,  daß 
sie  keine  eigenen  Noten  mehr  ausgelien,  werden  in  der  Folge  als  Mittelglied  zwischen 
der  Zentralbank  und  der  <ie-ch  itt'-welt  in  dem  Sinne  wirken,  daß  sie  ihr  We(  h--i  lporte- 
feuille,  wenn  Geldbedürl'üiü  lür  sie  eintritt,  bei  der  Zeulralbauk  rückdiskonlireu.  Die 
Zentralbank  kann  keine  Wechsel  mit  nur  eitttf  Unterschrift  und  sie  kann  nur  Wechsel 
mit  notorisch  soliden  Untersclu-iften  annehmen ,  während  Bankinstitute  mit  lokalem 
Charakter  und  freien  Vorschriften  direkt  mit  dem  ersten  Geldnehmer  verkehren 
können. 

»Die  Zentralbank  wird  vermöge  ihres  eng  begrenzten  Geschäflskreises  und  ihrer 
mächtigen  Mittel  überhaupt  Niemandem  eine  Konkurrenz  im  gewöhnlichen  Sinne  machen, 
sontlern  allen  und  zunächst  den  neben  ihr  be-telH-rnlen  Rankinstituten  einen  Rückhalt 
bieten.  Sie  wird  in  der  finaiizwirthscbaitlicben  Organisation  de^  Landes  den  Scbluli* 
■stein  bilden. 


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EniissSonsbanken 


—    148  — 


Emissionsbatikeik 


,AI»  Norm  für  «lie  Or^Mnisalion  der  NiederlassuDgen  «inl  .h  u  lit-;telit  iii!( n  Ver- 
hältnissen ent.xprechemi  von  Anfang  an  gelten  müssen,  dali  den  bcliwi-uejiM  hen  Handels- 
plätzen gleichen  Range--  die  gleichen  Dieni^te  geboten  werden  können,  und  zwar  inner* 
halb  des  gegebenen  Geschäftskreises  in  einem  Ma£e,  wie  sie  die  besiehenden  einzelnen 
Banken  nicht  zu  bieten  vermochten.  Den  Niederlassungen  ersten  Ranges  werden  sich 
dieji  ni^'cn  zweiten  Ranges  und  später  ilritten  Ranges  anreihen,  alle  innerhalb  des 

Sieidien  Hanges  mit  denaelben  gescbättlichen  Kompetenzen  auagestatteL  Im  Laufe  der 
ahre  fin!I  jender  Handelsplatz  der  Schweiz,  welcher  einen  genfi^oden  Wirkun^rskreis 
für  rillt-  Xiedeila-^-uiij.'  <Iurhietet,  der  Vorlhcile  einer  direkten  Vertretung  der  Zentral- 
bank theilhaflig  werden.  Dem  Hauptaitz  der  Zentralbank  eudiicb,  dem  Bankplatz,  an 
Weichau  die  Hauptniederlassung  errichtet  wird,  sidl  geschBftlich  kein  besonderer  Vor- 
Iheil  erwachsen,  indciii  alle  Plätze  ersten  R^ingts  iVw  ijrlt'ii  lRii  ^a'^chäfi liehen  Vortheile 

gnießen  werden.  Die  Bezeichnung  Haupluiederlaiü>ung  soll  in  der  Organisation  der 
ctralbank  nur  den  Sitz  der  obersten  Leitung,  der  zentraleii  BaokbehOrden  bectenten, 
welche  nur  inll  dm  Zweigniederla-ssungen  oder  Zweiganstalten  reap.  Agenturen»  nicht 
aber  mit  der  Gesch&fitiwelt  direkt  iin  Verkehr  stehen. 

.Diese  allgemeinen  organisatoriscbeo  Gnindsib»  hätten  gleichcrmafieD  filr  die 
Staatsbank  wie  f^r  lio  Privatbank  ZU  gelten,  denen  beiden  die  gleichen  wirlhschaft* 
liehen  Aufgaben  gestellt  sind. 

.Mit  IMcksicht  auf  die  in  Aussieht  gestellte  VolksinitiatiTe  betreffend  Einrichtung 
einer  BuiKlesh.uik  und  auf  liie  Stabilität  der  Rundesverfassung  erachtet  es  der  Rinides- 
rath  lür  ungeniessen .  dall  in  der  Verlassungsbestinmiung .  welche  die  Muuopuiisirung 
des  Nntenwesens  aussprechen  soll,  die  Möglichkeit  der  Ausführung  auf  staatlicher  sowohl 
als  auf  privater  GnmdlH^'o  vnrjrpsnhpn  wr-rilc,  in  der  Meinung,  daß  dif-  Wahl  der  Bundes- 
geselügebung  vorlieli.ilteii  bliebe.  Da^regeu  hiilt  er  es  zur  Sicherung  des  augeätrebten. 
Zwe«  kes  für  nntliwt  ndig.  die  leitenden  Gnm«ls!itze.  welche  der  mit  dein  Notenmonopol 
ausgestatteten  Hank  \ rir;.'ezeichnet  worden  sollen,  in  der  Verfaesnng  niederzulegen,  die 
weitere  Ausführung  der  Hundesgesetzgebuug  ül»eriassend. 

.Die  Ansichten  des  Bundesrathes  fiber  die  leitenden  Grundslltze  bezflglich  der  Auf- 
gaben und  der  Organisation  der  zu  scliaffenden  'Zentralbank  sind  in  Vnr«t  eben  dem  enl- 
halten.  Was  die  Grundlage  anbelangt,  so  spricht  .sieb  unser  Fiaanzdcpartement  dahin 
aus,  daß  der  auf  Aktien  zu  errichtenden  Bank,  dem  privaten  Betrieb  unter  staatlicher 
Aufsicht  der  Vorzug  zu  geben  -^ei. 

,Es  bestimmen  dasselbe  hiezu  in  nächster  Linie  Rücksichten  der  Billigkeii  und  die 
praktische  ErwSgung,  daß  die  neuen  Verhältnisse  aus  den  bestehenden  herauswachsen 
nifis'^eii,  wenn  die  neue  Schöpfung  frleieli  von  .Viiriin^r  an  einen  festen  Rmlen  zw  ge- 
deihlielier  Wirksamkeit  tinden  soll.  In  der  Haupt.siclie  ai»er  leiten  es  Grümie  wirth- 
scbaftli«  her  und  politischer  Natur. 

.Mit  .\rl  5  de-  Bankni>ten'/C'=etzes  vom  8.  März  1881  ist  allerdings  jede  Enl- 
schiidigungspnicht  bei  EadVilirunK  des  Notenmonopols,  welches  siiminlliclien  bestehenden 
Emissionsbanken  das  Emissionsrecht  entziehen  wurde,  zum  Voraus  abgelehnt  worden. 
Das  Finanzdeparten)ent  hält  es  jedoch  nicht  nur  für  einen  Akt  der  Billigkeit,  «undern  auch 
als  eine  eminent  praktische  Maßnahme,  wenn  die  bestehenden  Ennssiori.si>.iukLn  um 
Notenmonopol  in  der  Weise  betheiligt  werden,  daß  ihnen  ein  Vorrecht  auf  den  Bezug 
der  Aktien  der  zu  schafTenden  Zentralbank  nach  .Maßgabe  ihrer  bisherigen  Xotenzirku- 
lation  eingeräumt  werde.  Damit  werden  die  bestehenden  Interessen  sofort  eng  mit  der 
neuen  Schöpfung  verknüpft,  und  es  ist  ihnen  jeder  materielle  Gnmd  benommen,  der- 
selben feindselig  gegenflber  zu  treten,  ein  Umstand,  welcher  für  die  rasche  Erstarkung 
der  neuen  Schöpfung  von  Gewicht  ist 

.Eine  naheliegende,  wirlh.schaftlich-praktische  Envägung  ist  ferner  die,  daß  alle 
europäischen  zentralisirten  großen  Notenbanken  mit  oder  ohne  Monopol,  wie  die  Bel- 
gische .Vationalbank.  die  DBnische  Nationalbank,  die  Deutsche  ReicfasANink,  die  Bank  von 
England,  die  Bank  von  Frankreich,  die  ItaUenjsche  XaliorKill'ank,  die  Niederländis,  h,. 
Bank,  die  Norwegische  Bank,  die  Oesterreichisch-Un^arische  Bank,  die  Humäuische 
Nationalbank,  die  Bank  von  Spanien  etc.  etc.,  mit  allemiger  Ausnahme  der  Rususchen 
Reirli-batik.  auf  privater  Grnndla).'e  >-rrielitet  -Ind.  Rei  wirthschafÜK  lien  Seliöpfungen 
von  s<dcher  Tragweite,  wie  die  Monopolisirung  des  Xotenweseas,  andere  Wege  ein- 
schlagen zu  wollen,  als  «liejenigen,  welche  sich  fiberall  anderwftrts  bewährt  haben,  mfißto 
zum  Mindesten  ernste  Bedenken  erwecken. 

»Wo  es  sich  um  die  Lösung  rein  wirthschaftlieijer  .Vutgaben  handelt,  können  po- 
litische Einflüsse  nur  ^äiUich  wirken,  und  die  Wahrscheinlichkeit  spricht  dafür,  daß 
solche  bei  der  Staatsbank  leichter  Geltung  finden.  Die  Politik  hat  ihre  eigenen  und 


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XmitsiottslNUiken 


—    140  — 


EmUnoDsbanken 


die  wirthschiitllichen  Iiif«-r.  -^.'ti  haheii  ihre  fi^rcnen  Gf-i<  ht^iniiikt«-,  die  ohne  Scliailen 
für  l)eide  nicht  veruiongt  werdt.a  liiirlmi;  mau  hiauehl  uicht  •'iniii:il  die  Möglichkeit 
zu  denken,  daß  die  Staatsbank  zu  ihrem  ei(;enen  Schaden  W.ifle  im  politi>k-hen 
ParleiinttT'  -- .•  iiiißlir.iin  lit  werden  kann,  oder  daß  die  p<dili«jf  lieii  fleifut-r  der  Icitt  iiden 
Pen^OnUchkeih  u  versuiht  >eia  k<1nnen,  die  Staatsbank  und  iiiren  Kredit  aiaugrt'ilen. 

,Bei  der  Privatbank  können  Staatskre-Iil  und  Bankkredit  jeder  für  sich  bestellen, 
bei  der  Staatsbank  bedingen  sich  Staatäkredit  und  Bankkredit  gegenseitig.  Die  Privat- 
bank kann  auf  eigenen  Filßen  stehen,  sie  .soll  der  Staat<garantie  nicht  bedürfen,  eben- 
eowenii;  als  die  ausländi-^chen  zentralen  Privatbanken  Staat^irantie  genieUen. 

•Eine  Bank  mit  privater  Grundlage  unter  wirksamer  Aufsicht  des  Staates  und,  wie 
•es  far  die  Schweiz  in  flebereinstiromung  mit  anderwSrt«  l)estehenden  Einrichtungen  ge- 
dacht i*t.  unter  ständig»  r  Mitwirkung  staatlicher  Vertretung  bei  der  Lieitung,  in  <it - 
mein«chan  mit  den  Vertretern  des  Handeb  und  der  direkt  betheiligten  Kreise,  wird  am 
ehesten  befithifrt  sein,  die  richtige  Mitte  einzuhalten  zwischen  den  Staatnnteressen,  den 
allgemeinen  \virtli-<  ti;i{tlichen  Interessen  und  dt  ii  -prziellen  Verkehrsint«  r>  --t'n.  welchen 
sie  zu  dienen  beruien  ist.  Sie  wird  die  meiste  Gewähr  bieten,  daii  die  ihr  gesteUten 
sroßen  wirthschaftliehen  Aufgaben  ohne  BeeintrSehtigung  durch  der  Sache  flremde  Ein» 
flösse  ( rfüüt  werden  können,  'i 

,Die  Privatbank  in  der  gedacliten  Form  erlaubt  endlich  dem  Staat,  resp.  Band 
und  Kantonen,  sich  am  Gewinn  zu  betheiltgen,  ohne  mögliche  Verlaste  mittragen  zn 
müssen  :  !>t  i  dor  Staatsbank  dagegen  fällt  Gewinn  und  Verl\i<t        den  Staat. 

„Der  gewichtigste  Grund  ai>er,  welcher  da»  Fiuanzdepartemeot  bestimmt,  iür  eine 
Bank  mit  privatem  Charakter  einzustehen,  ist  der,  daft  hn  KriegsfUle  vfilkerrechtüch 
das  private  Eigenthum  gesefailtzt  ist,  daa  staatliebe  dafegen  als  Beute  dem  eindringenden 
Feinde  zutällt.' 

lu  Uebereinstimmnng  mit  diesen  Ausführungen  unterbreitete  nun  der 
Bundesrath  der  BandcffreTsammlung  folgenden  Bundetbeeehlaß-Eotwurf  betrefl)&nd 

die  Revision  des  Art.  39  der  Bundei«verfa.>^ung : 

Die  Bnndesversanmilung  d»»r  schweizerischen  Eidgenossenschaft,  nafh  Einsicht- 
nahme einer  HotschatI  des  Bundesratbes  vom  'M.  Dezember  1890;  in  Anwendung  iler 
-Art.  K4.  Art.  S5,  ZilT.  U.  und  Art.  118  der  Bund. -ver!  issung.  beschließt: 

Art.  1.  Art.  39  der  Bundesverfassunif  wird  aufgehoben  und  an  seine  Stelle  fol- 
gender Artikel  gesetzt: 

Art.  39.  Das  Hecht  zur  Ausgabe  von  Banknoten  oder  anderen  gleichartigen  Geld- 
zeichen steht  ausschliel^lich  dem  Bunde  zu. 

Der  Bund  kaim  das  ausschlieliliche  Hecht  zur  Ausgabe  von  Hanknoten  entweder 
auf  eigt-ne  Hechnung  durch  eine  unter  gesonderter  Verwaltung  stehende  Bank  ausilben 
oder  gegen  Betbeiligung  an  dem  Heingewinn  und  vorbehä.tlich  des  RQckk au t rechtes  an 
eine  auf  Aktien  zu  errichtende  Bank  fibertragen,  welche  unter  Mitwirkung  und  Auf- 
sicht d>  ~  Rundes  zu  verwallen  ist. 

Die  mit  dem  Notenroouopol  ausgestattete  Bank  bat  insbesondere  die  Auf(j:abe,  den 
'Geldftand  de«  Landes  zu  regeln  und  den  Zahlungsverkehr  zu  erleichtern. 

Dil-  Ratik  und  ilirc  Zweiganstalten  dilrfen  in  den  Kaiituuen  keiner  Besteuerung  unter- 
zogen werden ;  dagegen  äind  die  Kaiiloue  an  dem  Reingewinn  angemessen  zu  betheiligen. 

Eine  Rechtsverbindliehkeit  fQr  die  Annahme  von  Banknoten  oder  andern  gletcfa- 
•artigen  Geldzeichen  kann  der  Hund.  auß»  r  bei  Xoth Innren  In  Kriei,'-/.eiteii,  iiidil  au-- i^rerli- !i. 

Die  Ausführung  dieser  Bestimmungen  geschiebt  auf  demWege  der  Bundesgesetzgebuiig. 

Art.  2.  Vorstehender  Bundesbeschlnß  wird  der  Abstimmung  des  Volkes  und  der 
StAnde  unter-b  llt. 

Her  Gegenstand  führte  zu  langwierigen  S  orhiimiluiitren  in  zwei  St^ssiunen 
der  Bundesversammlung  (Frühjahr  und  Juni  lö91t  und  erst  am  Juli,  an- 
iMßlich  einer  dreitKgigen  Extraaession  sur  Erwabrnng  der  Volkflabatimmung  be- 
treffend die  Initiative,  kam  eine  Einigung  xwiei^en  den  RSthen  za  Stande.  Der 
Artikel  ^iy  erhielt  f'idtrt'ndo  Fassung  : 

Art.  1.  Art.  3ü  der  Bundesverfas^rnng  wird  aul'geiioben  und  an  »eine  Stelle  fol- 
gender Artikel  gesetzt: 

Art  :)')  n»  rht  zur  Ausgabe  von  Banknoten  und  andern  gleichartigen  Geld- 
zeichen steht  ausschlieLilich  dem  Bunde  zu. 


')  lit^T  üerzeitigo  Ciitf  <l»s  «Ii f.  FmansdepRrteiaeBtM.  Renr  ftaivlMrftta  Hftai»r,  gibt  tintr  Stiiati- 


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Emiastoi^banken 


—    150  — 


EiiiMssioii»bank«ik 


Der  Bund  kann  da-^  aiH:«chlieL>liclio  }\ri  h\  zur  Au*(j:abe  von  Banknoten  »lurch  eine 
unter  gesonderter  Verwaltung  stehende  Staatsbank  ausüben,  oder  es,  vorbehältUcb  des 
Rfickkaufsrechtes,  einer  zu  errichtenden  zentralen  Aktienbank  übertragen,  die  unter 
seiner  Mituirkuti).'  mul  AufViilit  verwaltet  winl. 

Die  mit  dem  Notenmonopol  ausgestattete  Bank  bat  die  Hauptaufgabe,  den  Geld- 
umlauf des  Landes  zu  refteln  und  den  Zahinntnverkebr  zu  erleichtern. 

Dt'i'  Hfing-ewinn  der  n.ink  üln  r  *  :;if  iin^'cmc<-<'rie  Vfrzin^unt.'  ^eziV^liun^'^weise  eine 
angemessene  Dividende  des  Dotatious-  i»der  Aktienkapitals  und  die  nöthigen  Einlagen  in 
den  Reservefonds  hinaas  konunt  wenigstens  zu  zwei  Dritttheilen  den  Kantonen  zn. 

Die  Bank  und  ihre  ZweiganstalteD  dürfen  in  den  Kantonen  keiner  Besteuerung 
unterzoj^en  werden. 

Eine  Rechtsverbindli<  likti(  für  die  Annahme  von  Banknoten  und  andern  (fleich- 
artigen  (icMzoirhcn  k;inri  «ler  Huiul.  mißer  ht-i  X<ithla',rt'ri  in  Krii^'-zeitcii.  nicht  an--;ir<'rfi»'M. 

Die  Iiuiiilt'>ge.'>el/Cgebuin-'  wird  über  den  Silz  der  Bank,  deren  (irundlageii  und  Mri.M- 
nisation,  sowie  über  die  Ausl'ührung  die:<e><  Artikels  ilitorhaupt  das  Nilhere  bestinmu  ii. 

Art.  ^.  Vorstehender  Bundeslieschluli  wird  der  Abstimmung  des  Volkes  und  der 
.Stiiüde  unterstellt.    (18.  Okiuber  18!U.) 


b)  Statistisches^. 
Zehnjähriger  Ourctischmtt 


.WdiirkiUtioB 


Baar-  Wrhäiliiu 


l>firiliicif 
KnitmniaPBe 


Gaittiifli 


l!>ii/M) 
3.786 

5,177 
831 


St«d1iKl»Ukl«nnMk.  .  . 

B«v'l!ana>^li«rilifhr  KaMlnk. 
bsUulUak  <«a  ikn  .  .  . 
Btna  culanli  tirii««  .   .  . 

Baik  io  Sl.  (iallrn  4,:>31 

Crf4it  ^ri(«l(  ti  ii^utritl  dt  la  ßr«je  14S 
ThirtniicktlntMilkul  ...  973 

iamiiKlir  Bank  l.QitS 

Tn^iiirgirbMli  716 

lua^tliiSfiiMraiMiutt .  .  .  339 
TliurL'aiiivtti-  fl\p"t!irk'riliiiik  ,  .  ."S96 
tirail>iiiiHinfr  kantnoalbuk  .  .  .  1,321 
KailtMb  Ifu-  nl  Itiblaae  Lmri .  303 

Bai<|n«  da  t«mm'r«'i  

ipptBidl  A.  iib.  kanlonalVuk  .  . 
Baak  in  Zirich  ...... 

Batil  in      l  -  

Baoli  la  Luuru  

Baaquf  df  trdMr.  .... 

Credit  ^ruifVien  

Zirfhrr  kdDi"iislb:iti  .... 
lul  il  S(hafli;iU"i) .  .... 
Buijif  canionalt  friktfarmite    .  . 
Caibe  d'an«rliuea  it  la  dtit«  piblii^ue 
Bll|l*  €anl«iul«  uadmur     .    .  . 
Fr^paniiukaHt  iu  kailei«  Iri  . 
Kant.  S|Nir-  o.  Lrihkasst  t.  üidiraMai 
Baa<|i(  p«|i«lairf  dt  la  ^nyn  . 
Ban^ae  caatMalt  iiKkiMoiH  . 
kani|a«  cMdnrridr  iHidUiM«iae . 
Srhaffhaaxr  KaDtoialkuk    .  . 
tiiiratrkaitMaJbaik.   .   .  . 
MoilanrrlaalMillak*).  . 

OhliaidE^r  k';lll!<iii:ilh.iBk  . 

Kaaliaalbaik  8ckii}i    .   .  . 


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3,000 

2,000 

7.147 

4,5.52 

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6,000 

20,000 

5,000 

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5.915 

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1,566 

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2,001» 

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4,4*50 

1.899 

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6,000 

6,000 

5,000 

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15,000 

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1,177 

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1.000 

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1,088 

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1,000 

1,000 

1,892 

1,237 

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1.500 

1.500 

7r)0 

8,2a3 

3,979 

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8.000 

10,000 

6,767 

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2,201 

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500 

34 

17 

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Brflndmigwehttlz 


—    151  — 


ErfiodancssehuU 


Erllndungsschutz  (Ergänsung  des  Artikels  nErtmdungsschutz"  auf  Seite 
572  und  ff.  im  I.  Bund,  und  des  Artikeln  , Patentschutz"  im  11.  Bau«!:  mit- 
getheilt  von  Herrn  Ü aller,  Direktor  des  eidg.  Amtes  für  geistiges  Eigenthura). 
Das  Bundesgesetz  betreffend  die  Erfindunggpatente  vom  29.  Juni  1888  bt  seit 
dem  15.  NoTemlmr  1888  in  Rnft.  Für  die  GesehBikiitthnmg  wurde  das  eid> 
gen8a8»ehe  Amt  fttr  gdstiges  Eägentkiim  kfeirt,  veleliem  aaeh  die  GesehXfte 
zufallen,  die  sich  aus  der  Vollziehung  der  Bundesgesetze  betreffend  den  Schuts 
der  Fabrik-  inul  Handelsmarken,  betreffend  ilen  Schutz  der  gpwerbh'chcn  Mn-tf-r 
und  Modelle  und  betreffend  das  littraribche  und  kün?itleri,sche  Kigenthum  ergt-Lm. 
Das  eidg.  Amt  fUr  geistiges  Eigenthum  bildet  die  vierte  Abtheiluug  des 
Departemente  dee  Aiie?Htrtigeii. 

Die  Fatentgesuche  können  dem  Amte  von  Inländern  direkt  eingereicht 
werden,  von  Aubliindern  Hajreiren  nur  durch  im  Inland  domizilirte  bevollmächtigte 
Vertreter;  fachmännischer  Vertreter  bedienen  »ich  auch  inländische  t'atentbewerber 
häutig.  Die  Anzahl  derjenigen  Vertreter,  welche  die  Uebermittlung  der  Fatent- 
geaache  ala  Haupt-  oder  Nebenbemf  betrüben,  achwankt  swbicbai  IS  und  15. 
Der  gaos  tiberwiegende  Theil  der  Eingaben  wird  jedoch  von  den  Patentanwalt- 
firmen  besorgt,  deren  Inhaber  dem  schweizerischen  Syndikat  der  Patentanwälte 
angehören.  Mitglieder  dieses  Syndikats  sind :  E.  Blum  &  Cie.  in  Zürich, 
bourry-S^quin  in  Zürich,  E.  Imer-Schneider  in  Genf,  A.  Ritter  in  Basel  und 
£.  V.  W&ldkirch,  Theilhaber  der  Firma  Hanelin  &  Cie.  iu  Bern.  Die  drei  erst- 
genannten Firmen  betrieben  die  Patentanwaltsobaft  sehen  vor  dw  Exiatens  einea 
aehweizerischen  Erfindungsschntzgesetzes. 

Infolge  der  verfas6nngf;niäl.'igeu  Restimniung,  ilass  der  gesetzliche  Schutz 
nur  denjenigen  ErhnduHgen  zu  thcil  werden  kann,  die  durch  Modell  dargestellt 
sind,  sowie  des  Umstandes,  daß  es  Sache  des  Amtes  ist,  die  Frage  der  Modell- 
exiatens  zu  eotsoheiden,  wird  der  amüiohen  GeBchäftafÜhning  ein  eigenthUmlichea 
GeprXge  ▼Mrlieben.  Die  Geenehe  wurden  in  dieeer  Hinriebt  einer  einläßlidien 
ftebmännischen  Prttfnng  unterzogen,  da  es  nicht  angeht,  da  provisorische  1'atente 
xn  ertheilen,  wo  man  sicher  ist,  spSterhiu  der  Natur  tler  Sache  nach  die  Existenz 
der  Modelle  vürueinen  zu  müssen.  Die  faohmäuni.>iche  Untersuchung,  welche  »ich 
Uberdieß  hauptsächlich  auf  die  Frage  der  Einheitlichkeit  der  Erfindung,  auf  eine 
einigermaßen  dmckfibige  Redaktion  der  Beaohreibnngen  und  aof  gute  Ansführnng 
der  zum  Verständniß  nuth wendigen  Zebhnniigen  anadehnt,  gibt  zu  weitl&nfigen 
Korrespondenzen  Anlaß.  Der  Unter^tnchnng  auf  Neuheit  der  Erfiudnng,  wegen 
deren  Mang*  I  übrigens  ein  (xesuch  nicht  abgewiesen  werden  darf,  kann  verhält- 
nißmäßig  wenig  Zeit  gewidmet  werden. 

(tegen  Geeneheabweiaattgen  kann  an  daa  dmn  Amte  vofge«etnte  eidgenSsaiaehe 
Departement  und  gegen  deasen  Entaeheid  an  den  Bnndearath  reknrrirt  werden. 
Letster  Fall  ist  noch  nicht  vorgekommen;  auch  Keknr^e  an  das  Departement 
waren  bis  anhin  sehr  selten.  Tn  Sachen  der  Frage  der  Modcllexititenz  bildet  daa 
dem  Amte  vorgesetzte  Departement  die  oberste  Kekursiustanz;  diese  wurde  bia 
iuihin  ebenfalls  sehr  selten  angemfen. 

Anf  thnnlichate  Verbreitvng  der  Kenntniß  der  patentirten  Erfindungen  in 
Fachkreisen  wird  großes  Gewicht  gelegt.  Ausser  auf  den  im  Gesetz  vorgesehenen 
höhern  Lehranstalten  und  Gewerbe-Museen  werden  die  Patentschriften  seit  Anfang 
l^'.'l  in  zirka  .'>0  Ortsehaften  der  Schweiz  zu  bestimmten  Stunden  gewisser 
Wochentage  ütreutlich  ausgelegt;  das  Amt  litilert  hiefiir  die  Patentschriften  und 
Yeraeichniase  gratia.  An  Private  werden  die  Patentsehriften  und  Patentlisten 
zu  billigen  Preiaea  abgegeben. 


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ErfmdungsschuU 


lb2  — 


Fabrik-  u.  Handelsmarken 


Di«  ModellMimmlnDg  des  Amtes,  wddie  £e  Erfindmigeii  der  TMehentthren- 
nnd  H^Uldftae^Wl^Mlbranohe,  sowie  Erfindungen  umfaßt,  bei  denen  ein  nicht  leicht 
nachweiabares  Material  eine  gewisse  Rolle  spielt,  wird  sehr  wenig  benatzt.  Die 
Fachmänner  linden  otTenbar  genügenden  Aufschluss  Uber  die  patentirten  Er- 
findungen aus  den  verötlentlichten  Bebohreibungen  und  Zeichnungen,  wie  dieß 
in  andern  Staaten  der  Fall  i«t. 

Die  siemlich  häufig  zur  Kenntniß  des  Amtes  gelangenden  Hand-  und  Genuß' 
indemngen  geben  einen  Fingeneig  für  die  NtttsÜolikeit  der  Lwtitation  des  Br- 
findungsschutzee.  Bia  aohin  eind  sehr  wenige  Patentstreitigkeiten  gerichtlidi 
erledigt  worden. 

Bis  Ende  1890,  d.  h.  in  einem  Zeitraum  von  2  Jahren  nnd  1 '/a  Monaten, 
wurden  2782  Pateiitt^  ertheilt,  worunter  7^5  Zutiatzpatente j  von  jenen  sind  im 
gleicheu  Zeitraum  gelö^icht  und  eines  durtih  GenchtHurtheil  nichtig  erklärt 

worden.  Von  obigen  2782  Ftitenten  entfaUen  1180  auf  inttadisobe  und  1662 
auf  ausländische  Bewerber.  An  leztern  1  662  Piatenten  partisipiren:  Deutschland 
mit  775,  Fraokreich  mit  347,  Oehterreich-rngam  mit  134,  Italien  mit  41.  dann 
Kntjland  mit  152,  die  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  mit  III,  Belgien 
mit  36,  Der  Kest  von  öti  Patenten  vertheilt  sich  auf  8  europäische  und  2 
anßerennq^iiselie  Staaten. 

Madi  den  lumptsIeliUohsten  sehweimriseben  Pkodnktiona-,  Gewerbe-  und 
Verkebntweigen  Tertheilt.  entfallen  von  obigen  2782  Patenten  34()  auf  die 
Indnstrie  betreffend  Herstellung  von  Motoren,  Generatoren  u.  dgl.  nebst  Zubehör; 
.312  auf  die  Uhreninduhtrie,  271  auf  die  Textilindustrie,  149  auf  Industrie  und 
Kleingewerbe  betreffend  Heizung,  Ventilation,  Wasserversorgung  u.  dgl.,  112  auf 
Straßentransport  und  Eisenbahnwesen,  8ö  auf  die  Bekleidungaindustrieen,  78  aof 
die  Industrie  betreffend  Kriegsmaterial,  77  anf  LandwirUischafk,  Tiebnieiit  und 
Milchindustrie,  77  auf  die  Bau;;«  weiba,  77  auf  die  Industrie  betreifend  Her« 
Stellung  von  Werkzeugen  nnd  WerJuengmasoliinen,  74  auf  dos  Beleoohtai^s- 
wesen,  »'8  nuf  da.s  Mnsikwesen. 

Nach  den  bisherigen  Erfahrungen  läßt  sich  annehmen,  daß  jährlich  im 
Durchschnitt  1200  Patente  ertheilt  werden.    (Greschriebeu  ICude  Mai  1891.) 

Fabrik-  und  Handelsmurkcii.  fErglinznng  des  Artikels  im  I.  Band; 
mitgetbeilt  von  Herrn  v.  Orelli,  Adjunkt  de»  eidg.  Amte»  für  (geistiges  Eigen- 
thum.)  Unterm  23.  Januar  1^86  hat  der  Nationalrath  die  von  der  Genfer- 
Depotation  eingebraebte  Motion: 

«Der  Kundesrath  wird  (ungeladen,  der  Bundwrt'ersanimlung  den  Bitwurf  eines, 
die  Anhrinu'uu^'  von  Ortsnamen  betreflemien  Zusatzarlikel-'  /um  Bnndesgesets  vom 
19,  Dezember  1879  Qlwr  Fabrik-  und  Handelsmarken  vorzulegen  " 

erbeblich  erklärt,  und  es  hat  in  Folge  desHen  d>-v  RuTidesrath  durch  BotM:haft 
vom  i>.  November  gleichen  JahrcN  den  Kathen  einen  desetzesentwurf  vorgelegt, 
welcher  neben  den  den  Gegenstand  der  Motion  betreßeutlen  Bestimmungen  noch 
solche  Uber  den  Sehnts  gewerblicher  Ansaeiebnung en  in  Ansidobt  nahm  nnd  end- 
lich einijre  AbMndemngen  des  hestehenden  Marken,stli«tzge(ietzes  vom  Ii).  De- 
zember 1879,  welche  mch  im  Jjaufe  der  Zeit  als  wttnscbbar  ergeben  hatten,  in 
Vorschlag  brachte. 

Dieser  Entwurf  wurde  vom  Nationalrath  durchberathen ;  daprejren  de<-«sen 
Behandlung  vom  Ständerath  am  ö.  Dezember  1^88  abgelehnt  und  mit  dem 
Po»tiilat : 


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Tabrik-  u.  Haadebmarketi 


—    153  — 


.Es  wird  zar  Zeit  auf  die  Vorlage  nicht  eingetreten,  sondern  der  Bandesrath 

ein/«  l;iden,  zu  erwägen  und  darüber  Bericht  und  Antrfipe  vorzulegen,  od  eine  Re- 
vi-ion  <les  Harkenschulzgeset2es  vorzunehmen,  oder  ein  besonderes  Gesetz  zu  er* 

lassen  sei  * 

«n  den  Bundesrath  r.n  eventuell  Teränderter  Vorlage  zurückgewiesen. 

Dii'sem  Rechmmg  tragend,  hat  der  Bundesrath  unterm  2».  Januar  185)0 
der  Bundesversammlung  zwei  Entwürfe  vorgelegt,  von  denen  der  eine  die  Re- 
▼uioa  des  MarkttMchntigasetiM  und  die  Aulatellang  von  Baetimmungeu  )<egea 
die  Verwendung  fiüeeher  HwknnfUbeaeieliniisgeD,  soweit  aolehe  in  Merken  an* 
gewendet  werden,  zum  Zweok  hatte,  wShrend  der  zweite  die  Untewgnng 
falscher  Herknnft.sheze!fhnnngen,  sowie  Von  falsrli liehen  Aiti^fibfn  iil>er  enrnrheve 
trewf  1 1  Iii  he  Auszeirlinuugeii,  welche  auf  Geschäftsschihieru,  AiiuüuceUj  (jeschäfts 
jmpieitiu  u.  s.  w.  verwendet  werden,  in  Ausit>icht  uahm. 

In  der  snr  Yorberathuog  dieser  Entwürfe  einberufraeii,  ans  llitglieden  der 
beiden  Bäthe  bestellten  Kommission  wurde  jedoch  aof  den  orspriingliehen  Ge- 
danken der  gemeinsamen  Behandhmg  beider  Materien  zurnckgegritTcn  und  den 
beiden  Rüthen  ein  dementsprecheTider  Gresetzesentwurf  vorgelegt,  welchem  uuterm 
t2i>.  September  1890  die  tiauktiou  ertheilt  wurde.  Das  inkratttreten  dieses 
neoen  Gwiam  h^^mtä  dm  iSdbttAr  der  Ftäntik'  und  ffanddsmmkm,  der 
SerkmfUbeeeieknunff  von  Waaren  und  der  tfewerhlithen  Awts^^nungen  wurde 
vom  Bnndesrath  aof  1.  Juli  189  L  ÜBstgesetzt.    Es  hat  folgenden  Wortlaat: 

7  F'ibrüt'  tmi  HandeUwtarken.  Art  1.  Als.  Fabrik-  und  Handelsmarken  werden 

l>etraebtet : 

1.  die  (ie^chüftsfirmen ; 

ä.  dt'-  Zeir|i(-n.  well  Iic  zur  rriter^  Iifi<!iuig  oder  zur  Fe^^tslellunj?  der  Herkunft  ge- 
ueildicUer  und  i.ii>»lwirth»ci)at'tliehcr  Erzeugnis.se  oiicr  Waaren  dienen  und  auf 
diesen  selbst  oder  deren  Verpackung  in  beliebiger  \\  ei-c  angebraeht  sind. 
Art.  -1  Die  schweizerischen  Geschällsfinnen.  welche  ab  Marken  gebraucht  werden, 
^enieutu.  niil  der  Eintragung  in  das  Handelsregister,  den  Schutz  des  lleselzes.  (0.  -H., 
Art.  N.VJ  ft") 

Art.  3.  Die  Marken  (Art.  1,  Ziff.  Ii)  sind  den  htenach  stehenden  Bestimmungen 
der  Art.  4  bis  11  uiUerwurlea. 

OetVenlliche  Wappen  und  alle  als  Eigenthuni  eines  Staates  oder  als  Gemeingut 
anzusehende  Zeiclien.  welche  in  die  Marke  einer  Privatperson  au%enommen  werden, 
genieUen  den  gei^dzlicheu  Schutz  nicht. 

Zeichen,  welche  f^n  die  guten  Sitten  verstoßen,  kftnnen  nicht  in  me  Harke 
aufgenommen  werden. 

Art.  4.  Eine  Marke  bat  nur  dann  Anspruch  auf  gerichtlichen  Schuts.  wenn  die 
in  den  nachsteheiidi n  Art.  M  bis  15  vorgeschriebenen  Förmlichkeiten  der  Hinterlegung 
und  Eiutraguo|f  erfüllt  worden  sind. 

Art.  5.  Bis  zum  Beweise  des  Gegenthetls  wird  angenommen,  daS  der  erste  Hinter- 
leger einer  Marke  .ludi  il'-r  walirr  In-rechtii;te  sei. 

Art.  G.  Die  zur  Hinterlegung  gelangende  Marke  mul»  sich  durch  wesentliche 
Merkmale  von  denjenig«»n  Harken  untersebeiden,  deren  Gintragunf  schon  stattffefunden  hat 

Die  Wiedergalii'  ;:e\vi-s('r.  einer  liereit^  hiiili_'rlf'i.'ti'n  M.irke  aiitrehr-renden  Figuren 
auf  einer  neuen  Marke  schlieft  die  letztere  nicht  von  den  an  die  Eintragung  geknüpften 
Rechten  aus,  sofern  sie  sich  von  der  schon  deponirten  Harke  in  hiniangUcbero  Haße 
untt  i  -  li*  idet  und,  als  Ganzes  betrachtet,  nicht  leicht  zu  einer  Verwechslung  Anlaß 
geben  kann. 

Die  im  ersten  Absatz  dieses  Artikels  enthaltene  Bestimmung  findet  keine  Anwen- 
dung auf  Marken,   welche   fnr  Erzeugni-^se   niler  W.iaren   liestirmut   sind,   ilie  ihrer 
l^iatur  narh  von  Ueii  mit  der  schon  hinteriegteii  .Marke  venselteueu  gänzlicli  abweieiieu. 
Ar!.  7.  Zur  Hinterlegung  ihrer  Marken  sind  bt  rerliti|;l : 
1.  Industrielle  und  s«HHti;:r  Produzenten,  deren  Produkti'insges<'hätt  sich  in  der 
Schweiz  beJinilel,  sowi*-  Handeltreibende,  welche  da<-eli*st  eine  feste  Handclsnieder- 
la-s-sung  ^»esitzen ; 

•J.  Industrielle,  Produzenten  und  Handeltreiben<ie.  deren  (iesrhäfl  sich  in  einem 
istaale  bellndel,  welcher  der  Schweiz  Gegenrechl  hält,  .st^feru  sie  nämlich  den 


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Fabrik-  u.  Hand(;lämarken 


—    154  — 


Fabrik-  u.  H and elt^ marken 


Beweis  erbringeo,  daß  ihre  Marten  oder  Geschtfblimen  in  dem  betrefTenden 
Staate  po-^clifltzt  siinl : 
3.  Vereimgun^n  von  Industriellen,  Produzenten  und  Handeltreibenden,  welche 
den  In  obstehenden  Ziff.  1  und  2  aufgestelltea  Bedingungen  GenOge  leisten  und 
welche  die  pefitaliehe  HandlaogsflUii^eit  besitSMi;  ebenso  auch  öffentliche 
Verwaltungen. 

Art.  8.  Die  SdratxfVbt  wird  auf  9ß  Jahre  festgesetzt  *.  jedoch  Itann  steh  der  Be- 
rechtigte vermöge  einer  im  Laufe  do  Iftzten  Jahres  neuerdings  erwirkten  Hiiit«  rlft;ung 
die  Fortdauer  des  Schutzes  jeweilen  für  eine  fernere  gleich  lange  Zeitdauer  sichern. 
Dem  Rmenerungsgesucb  ist  eine  Gebflhr  von  FV.  20  beizulegen. 

D;i.<  eidt/enos-i^che  Amt  filr  ^:^'i'•tinro•?  Fivrt'nthuin  wird,  iiuinerhin  ohne  Verbindlich- 
keit, den  Berechtigten  auf  den  deranächiit  eintretenden  Ablauf  der  Scbutzfrisl  aufmerlL« 
sam  machen.  Wird  die  Wiedereroeuening  de*-  Marlce  innerhalb  sechs  Monaten  nach  Ab- 
Itxd  dieser  Frist  ni-  lit  verlangt,  >:o  wird  die>ellpo  im  R'  gister  gelöscht. 

Art  0.  Wenn  der  Inhaber  einer  Harke  während  drei  aul'einander  folgender  Jabre 
keinen  Gebrauch  von  derselben  gemach  hat,  so  gebt  er  des  Sdiuties  verlustii». 

Art.  10,  Eine  aus  dem  Register  geln=rhtr  Markr  kann  seitens  eine-  Dritten  für 
die  gleichen  Erzeugnisse  oder  VVaaren  erst  nach  Ablauf  von  fünf  Jahren,  vo  i  Tage 
der  LAsehung  an  gerechnet,  reehtskräfUg  hinterlegt  werden. 

Art.  11.  Finc  Marke  knnn  nur  mit  dem  GescfaAfte  Qbertragen  werden«  des^n  Er- 
zeugnissen ^le  zur  Unterscheidung  dient. 

Gegetulber  dritten  Personen  wird  die  Uebertragung  erst  von  der  darauf  bezQglichen 
Bekanntmaobun-^'  nn  (Art.  Hi.)  wirksam. 

Art.  12.  Die  Hinterlegung  einer  Marke  geschieht  beim  eidgenössischen  Amt  für 
geistiges  Eigentbum. 

Der  tlesnrhsteller  h.it  seiner  AnmeMun/,  welche  seine  Untefscfarifl  tragen,  sowie- 
seine  Adresse  und  seinen  Beruf  angeben  soll,  beizulej^eu: 

a.  die  Marke  oder  deren  genaue  Abbildung  in  xwei  Eiemplaren  mit  der  Bexeichnung 
der  Erzeugnisse  oder  Waaren,  filr  welche  sie  bestimmt  ist,  sowie  alllillige  be- 
sondere Bemerkungen; 

b.  ein  für  den  Abdruck  bestimmtes  Clicbö  der  Marke; 

c.  eine  Eintrapungsgchühr  von  20  Franken 

Wenn  einer  Marke  schriftliche  Angaben  beigefügt  sinci,  die  in  versrlnedeneo 
Sprachen  wfeiergegeben  werden,  so  genügt  xu  ihrem  Schulze  die  Hinterleguntf  und  Ein- 
tragung in  emer  einzigen  Sprache,  vomu'-i.'e^etzt,  dt  r  vi  in  il<  r  Marke  berv<ii^-t-iirnefjie 
tiesammteindruck  durch  die  Anwendung  der  verschiedenen  Texte  nicht  verändert  wird. 

Art.  13.  Das  Amt  ftthrt  ein  Register  Aber  die  regelrecht  hinterlefrten  Marken. 

Die  Eintragung  geschieht  auf  Verantwortiii  hki  it  iKs  (Te>ui  h>tellers  Iiin.  Sollte 
jedoch  das  Amt  gewahr  werden,  daß  die  Marke  in  ihren  wesentlichen  MerkraiUen  nicht 
neu  ist,  so  bat  es  den  Gesuehsteller  in  konlidentieller  Weise  darauf  auftnerlisam  zu 
machen,  worauf  dieser  sein  Gesuch  aufrocbi  erhalten,  aliTir  I  -i  oder  zurückziehen  kann,. 

ArL  14.  Die  Eintragung  ist  seitens  des  Amtes,  unter  Vorbehalt  des  Rekurses  an> 
die  höhere  Verwaltungsbehörde,  zu  verweigern: 

1.  wenn  den  in  den  Art.  7  und  tS  von^esehenen  Bedingungen  nicht  Genflge  ge- 
leistet ist; 

2.  wenn  die  Marke  als  wesentlichen  B^tandtheil  ein  Öffentliches  Wappen  oder 

fdterhaupt  irgend  eine  als  Gemeingut  anzusehende  Figur  enthalt  oder  j:egen  die 
guten  Sitten  verstößt.  Das  zuständige  eidgenössische  Departement  kann  von 
Amtes  wegen  die  LSschung  einer  solchen  irrthftmlicherweise  eingetragenen. 

Marke  anorilncn : 

3.  wenn  mehrere  Personen  gleichzeitig  die  Eintragimg  der  nändichen  Marke  ver- 
langen, bis  eine  derselben  einen  gehörig  beglaubigten  Verzicht  der  Mitbewerber 
o.ler  i'iii  in  Ileclit-lvran  erw .ich-enes  Urtheil  vorufi-t  : 

4.  wenn  die  .Marke  eme  offenkundig  falsche  Herkunitsbezeichnung  oder  eine  er- 
sonnene.  nachgeahmte  oder  nachgemachte  Firma  oder  auch  die  Angabe  von 
ehrenvollen  Anzeichnungen  trSgt»  deren  Echtheit  der  Hinterleger  nicht  nachzu- 
weisen vermag. 

Art.  15.  Das  Amt  hat  den  Gesudisteellr  von  der  Eintragung  oder  Erneuerung  zu 

benachrichtigen  und  ihm  eines  der  hinterlegten  Exemplare  (Art.  12.  litt,  "  i  zunlekzu- 
stcllen,  auf  welchen  Tag  und  Stunde  der  Hinterlegung  und  der  Eintragung  vorge- 
gemerkt  sind. 


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Fkbrik-  u.  j^mdelanarken 


—    155  — 


Fabrik«  u.  Handel«iuirkeii> 


Binnen  14  Tagen  nach  <ier  Eintragung  wird  die  Mtake  seitens  de^  Amtes  kosten- 
frei im  Handelsamtsblatte  oder  in  einem  andern  dam  beieichneten  eidgen^issiscben 
amtlichen  Blatte  veröfTentlicht. 

Art.  16.  Die  Uebertragung  einer  Marke  (Art.  11.)  wird  auf  dem  Vorweis  eineS' 
bei^aubigteo  Aktenetflckes  bin  im  Register  eingetragen. 

Sie  wird  auf  die  nftmlicbe  Weise  wie  die  Eintragung  verAfTentlieht. 

Die  Registrirung  der  Ut  ht-rtragung  unterliegt  einer      liühr  von  Fr.  20. 

Abänderungen  an  Gescbältsfirmen,  welcbe  Bestandtheile  von  Markun  sind,  werden 
gegen  eine  jeweilige  Gebühr  von  Tr.  10.  im  Register  auf  erfolgte  Mittheilung  seitens 
des  Interessenten  eingeschrieben  und  im  amtlichen  Organ  unter  Angabe  der  Nummer 
der  Marke,  auf  welcbe  sich  die  Abänderung  bezieht,  bekannt  gemacht 

Art  17.  Jedermann  hat  das  Reeht,  beim  Amt  Auskunft  oder  Aa&zQge  ans  dem 
Register  zu  verlangen,  sowie  von  d.  n  Ociiuchen  um  Hinterlegung  und  von  den  dazu 
gehürigeu  Beilagen  Einsieht  zu  uehmen.  Jedoch  darf  das  Amt  dieselben  nur  auf 
riehterlichee  Ansuchen  Idn  ans  sdner  Verwahrung  geben. 

Der  Bundesrath  wird  für  diese  Mittheilungen  und  Aufschiasse  eine  mftfiige  Taxe 
festsetzen. 

//.  Herkunftsbezcichnungen.  Art  18.  Als  Herknnftsbeidchnungen  wird  angesehen 
der  Name  einer  btadt,  Ortschaft,  Gegend  oder  eines  Landes,  welcher  einem  Enteugniß- 
eeinen  Huf  gibt. 

Die  Anbringung  eines  solchen  Namens  auf  einem  Erzeugnis.se  steht  jedem  Fabri- 
kanten oder  Produzenten  jener  Orte,  eben-n  w  ie  »lein  Käufer  des  Erz<"u;,'ni'-;e--.  zu 

Es  ist  untersag  ein  Produkt  mit  einer  der  Wirklichkeil  nicht  enlsprecbenden 
Herkunflsbezeicbnung  zu  rersehen. 

.Art.  19.  Diejeni^'en,  welche  einen  «lurcb  die  Fabrikation  oder  Prniliikfinn  p  wi'^ser 
Waaren  bekanntca  Ürte  bewohnen  und  mit  äbnliclien,  aber  anderswoher  bezogenen 
Erzeugnissen  Handel  treiben,  sind  gehalten,  dafür  zu  sorgen,  dafi  die  Anbringung 
ihrer  .Murke  oder  ihrer  Firma  das  Publikum  hinsichtlich  der  Herkunft  besagter  Produkte 
nicht  irreführen  kann. 

Art  90.  Ais  falsche  Bezeichnung  der  Herkunft  im  Sinne  dieses  Gesetzes  ist  nicht 
anzustellen : 

1.  wenn  der  Name  einer  Oertlitlikeit  aul  einem  aiulerwürt«  verfertigten  Erzeugnis 
angebracht  wird,  insofern  dieß  für  liechnung  eines  Fabrikanten  geschieht.  des.>en 
Hauptfabrikatif)nsgc.schafl  sich  in  der  als  Fabrikationsort  angegebenen  O^M  ilii  h- 
keit  betindet.  Indessen  muß  der  Herkunn^bezeichnung  die  Finna  des  F.ibni^iialea 
oder,  mangels  an  genügendem  Raum,  seine  Fabrikmarke  beigefügt  werden; 

2.  wenn  es  -ii  h  um  die  Bi  zeichnnn^r  pines  Erzeugnisse«  durch  einen  Orts-  oder 
Landesnauteu  bandelt,  der  einen  sulcUeu  generellen  Charakter  angenommen  hat, 
daß  er  in  der  Handelasprache  die  Natur  und  nicht  die  Herkunft  des  Produktes 
bezeichnet. 

///.  Angaben  gewrrhiüher  Auszeichnungen.  Art.  21.  Diejenigen  Personen  oder 
Firmen,  welche  für  ihre  F.rzeu^niisse  auf  einer  Au.'^stellung  oder  Preisbewerbung  der 
Schweiz  oder  des  Auslandes  Medaillen,  Diplome,  Belohnungen  oder  sonstige  Auszeich- 
nungen irgend  welcher  Art  erhalten  haben,  sind  allein  berechtigt,  auf  ihren  Waaren 
oder  deren  Verpackung  dieLiliezügliche  Angaben  anzubriii^ren. 

Das  Nämliche  gilt  für  die  Angaben  hinsichtlich  der  durch  öQentlicbe  Verwaltungen, 
gelehrte  Körperschaften  und  wissenschaftfiehe  Terdne  ertheilten  Preise,  Anzeicfanungen 
oder  Anerkennungen. 

Art.  -Ii.  Wer  die  im  vorber|;ebeDden  Artikel  erwähnten  Auszeichnungen  anbringt, 
hat  deren  Datum  und  Beschaffenheit,  sowie  die  Ausstellung  oder  die  Preisbew^bungen,  auf 
denen  sie  errungen  wurden,  anzu-eiM-n.  I<i  eine  Anszeirbnung  einer  KoUektiTausstellunf 
verliehen  worden,  so  muß  die.*er  Umstand  erwähnt  werden. 

Art  Es  ist  untersagt  Angaben  von  gewerblichen  Anszeichnnngen  auf  Er- 
zeugnissen, die  mit  den  prSmirten  in  keiner  Beziehung  stehen,  anzultringen. 

IV,  Strafbesttmmungen.  Art.  34.  Gemäß  den  nachstehenden  Bestimmungen  kann 
auf  dem  Wege  des  Civil-  oder  Strafprozesses  belangt  werden: 

n.  wer  die  Marke  eines  Andern  nadimacht  oder  so  nachahmt,  daß  das  Publikum 
irregeführt  wird; 

b.  wer  die  Marke  eines  Andern  flfr  seine  eigenen  Erzeugnisse  oder  Waaren  verwendet; 

c.  wer  Erzeugnisse  oder  Waaren,  von  denen  er  weiß,  daß  sie  niil  einer  nachge- 
machten, nachgeahmten  oder  rechtswidrigerweise  angebrachten  Marke  versahen 
sind,  verkanft,  fi»ilhUt  oder  in  Verkehr  bringt; 


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Fabrik-  u.  Hand«bniark«n 


—    166  — 


Fabrik*  u.  Handelsnuirkan 


d.  wer  hei  (]i>n  r)bl)ezci(-linoten  Uebcrlretungeti  wifMIktlicb  rnttgewirkt  oder  dcreo 

Ausführung  begünstigt  oder  erleichtert  hat; 
«.  wer  sieb  weigert,  die  Herkunft  von  in  seinem  Bentae  befindlichen  Eraea|[nifl9en 

o<!('i  Waaren  :iiizugf  ])eii.  welclie  nachgemachte,  nacfageahmte  oder  reditswidr^ar- 

weise  angebrachte  MariLen  tragen; 
/.  wer  den  Bflstfanmnngen  der  Art  18  (drittes  Alinea),  19,  iO  (ZifTer.  1),  tl  und 

23  dieses  Gesetzes  zuwiderhandelt. 

Art.  25.  Die  vorstebend  aufgezählten  l'ebertrctungen  werden  mit  einer  Geldbuße 
von  Fr.  30  bis  Fr.  9000  oder  mit  Gefängniß  von  drei  Tagen  bis  einem  Jahre  oder  mit 
diesen  beiden  Strafen  zugleich  geahndet. 

Gegen  RflckfäUige  können  diese  Strafen  bis  auf  das  Doppelte  erhöht  werden. 

Sie  treten  nicht  ein,  wenn  die  Uebertretung  bloß  ans  Fahrlftßigkeit  begangen 
worden  ist:  die  CivilenLschädigung  bleibt  je<loch  vorbehalten. 

Art.  SC)  Wer  fal^hlicherweise  auf  seinen  Markon  «»der  GeschäUspapiercii  eine 
Angabe  anbiiugt,  welche  den  Glauben  erwecken  i*oll,  al-  wäre  seine  Marke  wirklich 
hinterlegt  worden: 

wer  auf  <t  iiit'ii  Gc-chriltsschilden,  Annoncen.  Fak'iit  n.  Prospekten,  Ge-<'häfl>-hriefen 
oder  Geschät'Upapieiäu  unlietugtemeise  Herkuatisbezeiciuiungen  oder  Angaben  von 
gewerbUeben  Auszeichnungen  anbringt  oder  die  im  Art  !ti  Torgeschrieboien  Angaben 
zu  machen  unterläßt. 

wird  von  Amtes  wegen  oder  auf  Privatklage  hin  mit  einer  Geldbuße  von  Fr.  30 
bis  Fr.  .')00  oder  mit  GefAngnifl  m  der  Daner  von  drei  Tagen  bis  ta  drd  Monaten 
i>e8tran. 

Gegen  Hfickfftllige  kdnnen  diese  Strafen  bis  auf  das  Doppelte  erhöht  werden. 

Art.  ^T.  Die  Civil-  f>tlcr  die  Strafklag»  kann  angestrengt  werden: 

1)  liinsichtlich  der  Marken  : 

durch  den  gelSuschteu  Käuler  und 
durch  den  Inhaber  der  Marke: 

2)  hin^jichtlirh  der  Ik-rkuriflsbezi-i.  hnungen : 

a,  durcli  ji-iku  in  seinem  ltiteres«e  verletzten  Fabrikantrii,  rroduzeuleu  oder 
Handelsmann,  welcher  in  der  t  l  Ischlich  angegebenen  Stadt.  Ortschaft.  Ge- 
•rpiii!  etc.  nicdrr^'ela^sen  ist.  oder  durch  eine  die  persönliche  Handhin^rsfaliig- 
keit  besitzende  Geno.s>.eiistLiult  oder  einen  Verein  solcher  Fabrikanten, 
Produzenten  oder  ilandelsleute  ; 

h.  durch  jeden  infolge  einer  falschen  Herkuntlsbezeictmnng  getäuschten  lÜtafn*; 

3)  hinsichtlich  der  gewerblichen  Auszeichnungen; 

durch  jeden  Faiirikanten,  Produzenten  oder  Handelsmann,  welcher  Erzeugnisse 
herstellt  oder  in  den  Handel  bringt,  die  gleicher  Art  sind,  wie  diejenigen, 
die  fillscbltch  mit  einer  onarlanbten  Angabe  versehen  wurden. 

Art  28.  Die  Strafkiage  kann  entweder  am  Domizil  des  Angeschuldi^'tt  n  oder  an 
dem  Orte,  \vo  da«  Vt  r^'^-Iien  begangen  worden  ist  angestrengt  werden.  Für. das  gleiche 
Veigehen  dürien  nicht  mehrere  strafrechtliche  Verf'dgunfreii  eintreten. 

Die  KantoDsregierungen  sind  gehalten,  oliiu-  Knst<>ii  zu  Lasten  der  Eidgenassen* 
-Schaft,  den  ihnen  vorn  Hundt^srntb  eiiij,'erei('liten  Klaj^en  Fnj^^e  zu  geben. 

t'.ivilrechtliche  oder  stratVecbtliche  VerUdgungen  können  wegen  »dcliei  Handlungen, 
die  vor  der  Eintragung  der  Marke  staUgeftmden  haben,  nicht  .'angestrengt  werden. 

Die  Klage  verjihrt  nach  zwd  Jahren,  Tom  Tage  der  letzten  Uebertretung  an 
gerechnet 

Art.  29.  Die  Kantone  haben  zur  Behandlung  der  nach  dem  gegenwärtigen  Gesetze 
zu  entächeidenden  civilreditlichen  Streitigkeiten  eine  Gerichtsstelle  zu  bezeichnen,  welche 
den  Prozeß  als  einzige  kantonale  Instanz  entscheidet. 

Die  ni-nitunK  an  das  Buttdesgericht  ist  ohne  Rflcksidit  auf  den  Werthbetrag  der 

Streitsache  zulässig. 

Art.  .30.  Die  Klage  gegen  einen  außerhalb  der  Schweiz  wohnenden  Hinterleger 
einer  Marke  kann  vor  das  Geriebt,  in  dessen  Bezirk  das  eidgenössische  Amt  seinen  SitX 
hat,  gebracht  werden,  e«  sei  dt  rMi  I  i!  ler  lietn  fTcnde  Hinterleger  diesem  Amt  ein  von 
iluu  in  der  Schweiz  gewähltes  Douiuil  angegeben  hätte. 

Art.  3f.  Das  Gericht  kann  die  als  nflthig  erachteten  vorsorglichen  Bestimronngen 

treffen  mn!  in-besonden-  ilie  T?.*sr  Iila.:nalinii-  der  Wt-rkzeuje  und  (Jeräthe,  wrldie  zur 
Nachahmung  gedient  haben,  sowie  der  Erzeugnisse  und  Waaren.  auf  welchen  die  ange- 
fochtene Marke  angebracht  ist,  TerfQgen. 


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Fabrik-  u.  Handelsmarken 


—    157  — 


Fabrik-  u.  UandeUmarkeir 


Art.  'ii.  Es  kiinn  ebcuso  tiut  Hechuuiig  der  EnLschiiiiigungeQ  und  d'^r  Bußen  die 
Konfiskation  der  mit  Bv's^hlag  belegten  Gegenstände  verfügen,  sowie  die  Vcröflentiichung 
des  Erk-  natniases  in  einer  oder  mehreren  Zeitungen  auf  Koelen  des  Verurtheilten 

anordnen. 

^selbst  im  Falle  einer  Freisprechung,  die  Vernichtung  der  unerlaubten 
Marken  und,  ^'et,'ebenen  Falls,  der  mit  solchen  Harken  versehenen  Waaren.  deren  Ver- 
packung oder  Lintmllung,  sowie  der  Werkzeuge  und  Geriitbe,  die  zur  Nachahmung 
gedient  haben,  rerfflgen. 

Art.  ^3.  Der  Ertrag'  der  Rußen  fällt  in  die  Kantonskii'-^e. 

Das  UrLheil  soll  aussprechen,  daß  bei  Nichtbezahlung  der  üeldstrafe  diese  ohne 
Weiteres  in  Gefftngnili  umgewandelt  wird;  und  iwar  «eil  je  Fr.  5  Bu6e  ein  Tafr 

Gef&ngniü  angerechnet  werden. 

Art.  3i.  Gegen  Vorweisung  des  in  Rechtskrafl  erwachsenen  Urtheils  nimmt  das 
Amt  die  Löschung  der  widerrechtlich  eingetragenen  oder  ungQltig  gewordenen 
Marke  vor. 

Die  LftThnrij.'-  wi'-rl  n;«.  |i  Vor-Jchriff  des  Art.  15,  zweite«  .\iinea.  hekaiinf  •remaeht. 

V,  Schlußbestimmungen.  Art.  35.  Der  Buudesratb  kann  den  Marken  von  Erzeug» 
Dissen  oder  Waareti,  die  ans  Staaten  herrflhren,  mit  welehen  keine  saehbezAgliche  Ueber- 

einkunft  besteht,  in  1  lie  an  Jandwirlhschafflichen  oder  Gewirlie.iu>stellung:en  in  der 
Schweiz  theilnehmeu,  einen  provisorischen  Schutz  bis  auf  höchstens  zwei  Jaiire  zusichern 

Art.  36.  Diejenigen  Bestimmungen  dieses  Gesetzes,  welche  die  Herkuntlshezeich- 
nungen  und  die  Angaben  von  gewerblichen  Auszeichnunjren  betreffen,  finden,  wenn 
auch  die  Marke  selbst  nach  Art.  7  geschätzt  i^t,  keine  Aaweoduug  gegendber  den  nicht 
in  der  Schweiz  wohnhaften  Angehörigen  von  Staaten,  welche  an?  diesem  Gebiete  kein 
Qegenrecht  halten. 

Ari.  37.  Der  Ftunde<r.ilh  \<\  beauftragt,  die  zur  Ausführung  dieses  Geseties  erfor- 
derliciien  Heglemente  und  Verordnungen  zu  erlassen. 

Art  38.  Dnreh  das  gegenwärtige  Gesetz  wird  das  Bnndesgesetz  vom  19,  Dezember 
1879  betreffend  den  Schutz  der  Fabrik-  und  ITandel-inarken  aufgehoben. 

Art.  39.  Der  Bunde-rath  wird  beauftrai;l,  auf  Grundtaj/e  der  Bestimmungen  des 
Bundesgeselzes  vom  17.  Juni  IbU.  l>etrelVend  die  Vulksabstimmung  über  Bundesges elze 
und  Bundesbeschlü^se,  die  Bekannttnacbung  dieses  Gesetzes  za  veranstalten  und  den 
Beginn  der  Wirksamkeit  de-sselben  festzusetzen. 

Beziehungen  der  S e Ii  w  e  i  z  zu  andern  Staaten:  Durch  eine 
zwischen  dem  Bundesrath  und  der  franzö.sischen  Gesandtschaft  in  Bern  ausge- 
tauschte Erklärung  wurde,  unterm  27.  Januar  1^87,  festgesetzt,  daß  die  untei 
den  Bestimmangea  des  B(dnrrix.*firmni8si8dien  Handelsverträge»  vom  Jahre  1864 
in  der  Sdiweis  hinterlegten  franzttoiecheii  Marken  die  I5jltbrige  Sshutsfriat  nnge- 
echmXlert  weiter  genießen  aollen. 

Am  30.  "Mm  1887  sind  die  Vereinigten  Staaten  Nordamerikas  der  Unioil- 
zum  Schutze  des  gewerblichen  Eigenthums  vom  20  März  1883  beigetreten,  und 
damit  dieser  Staa.  enbund  in  da«  gleiche  Yerhältniß  mit  der  Si^hweiz  getreten,, 
wie  die  übrigen  YertragHstaaten.  Mit  den  der  Union  niclit  angehörenden  Staaten 
Dentecdiland  und  OesteiTeioh*üngarn  bestehen  noch  die  früher  atirten  Vertrage- 
baatiinmiingen. 

Statistisehes.    Eingetragen  wnrdm  in  der  Sohwcü: 

1886  :  204  Bohweiserisohe,  160  analändieohe  Marken. 

1887:  416  ,  96         .  „ 

1888  :  391  ,  153  , 

1889:  380  ,  93         „  , 

1890:  373  ,  141  , 


Bis  Ende  1890:    3283  1742    ToUl ;  öU2ö. 


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Fabrikwesen 


—     15ö  — 


Fabrikweseu 


Fabrikwet»en.  (Ergänzung  ^es  Artikeli  in  I.  Band;  Yeitear  H«rr  Dr. 
&ieMr,  Beamter  des  eidgenössiachen  Induatriedepartementa,  Bern;  geeohrieben 

•anfangs  Juli  1891.)  Das  eidgenoi^eisclie  Fabrikgesetz  hat  sieh  seit  seinem  vier- 
zehnjähriiren  Bestände  in  <\\"  iTiiln^friellcn  Kreise  der  Schweis  in  hpfripditreniier 
Weise  eingeh  et,  Arbeitgeber  wie  Arbeiter  wissen  die  wohltlialigeu  üeHtuiimuugen 
den  Gesetze«  inuuer  mehr  zu  schätzen;  otl'enkundige  und  absichtliche  Widersetz- 
lichkeiten werden  immer  seltener.  Das  Oeaett  selbat  hat  anoh  seit  dem  frUhern 
Beriehte  Uber  das  Fabrik we»en  in  der  Schweiz  mannigfache  Interpreta- 
tionen erhalten.    Wir  geben  sie  im  Xaclistehenden  wieder  : 

Ari.  1  des  FabrikgeHctzes  :  Biindeörathsheschluli  vom  25.  September  1888. 
Bei  Unterstellungen  von  industriellen  Anstalten  sind  die  mitarbeitenden  FamiUen» 
glieder,  abgeaehan  vtmi  Arbeitgeber,  bei  Ermittlnng  der  ArbeiterMhl  mitm- 
sKhlen  und  sollen  nor  in  eoldieii  Betrieben  nieht  in  Betracht  fallen,  in  welchen 
.«naaehließlich  FamiliengUeder  verwendet  werden. 

Der  Unterstell  II  Tin;  von  Rtabli.swmpnten  unter  das  Gresetz  wurde  biswpüpn 
gesucht  dadurch  zu  entgehen,  daß  Arbeiter  in  die  Gesf'hSftslirma  aufgcnoniuieii 
wurden,  in  d^r  Meinung,  dadurch  die  Arbeiterzahl  unter  dat>  vorgeschriebene 
Hinimmn  m  rednairen.  Die  Untenwtellnng  woide  aber  vom  eidg.  Indvstria- 
departement  unterm  36.  Desember  1BH8  dennoch  yerftigt  nnd  zwar  gcsttttst  auf 
fo^nde  Erwägungen: 

a.  „sei  anzunehmen,  daß  die  Bildung  einer  Gesellschaft  nur  zu  dem  Zwecke 
geschah,  um  dem  Gesetze  zu  entgehen  j  b.  gehe  der  Sinn  von  Art.  1  des  Ge- 
aetses  otebar  dahia,  daß  bei  «Arbeitoni**  abgeeehen  vom  Prinsipal,  diejenigen 
mitsnalhlen  seien,  welche,  wie  es  in  den  vorliegenden  FSllen  geachebe,  n^l* 
müßig  mitarbeiten,  auch  wem  sie  n  letzterm  in  einem  Yerwaiidtscbafti-  oder 
anderm  Verhältniß  steb»*ii,  anegenommcn  den  besondern  Fall,  wo  nur  Familien- 
glieder beschäftigt  werden;  c.  würde  e«  auf  dem  Wege  der  Association  nach- 
gerade allen  Geschäften  möglich  werden,  dem  Gesetze  zu  entgehen,  wenn  mau 
•das  von  jenen  Hflllem  eingeschlagene  Verfahren  gelten  lassen  wollte.* 

Ebenso  hat  der  Bnndesrath  mit  Beschluß  vom  5.  Februar  1889  erhannt^ 
daß  ein  momentales  Sinken  ti'  r  Arbeiterzahl  i;iiter  die  maßgebende  Grenze  nicht 
als  zureichender  Grund  lur  Streichung  von  der  Fabrikliste  augesehen  werden 
könne,  um  so  weniger,  als  sonst  der  Versuch,  durch  vorübergehende  Yenninde- 
mng  der  Arbeitenahl  dem  Gesetie  m  entgehen,  ein  allgemeiner  werden  wttrde. 

Bandearathebesohlaß  vom  4.  Min  1590  betreffend  die  Petition 
der  Typographia  Bern  vom  Januar  18m9.  Diese  stellt  folgende  Begehren: 
1)  Alle  Buchdruckereien  sollen  dem  Fabrikgesftze  unter«tp|lt  werden  t?^  THe 
tägliche  Arbeitszeit  der  Buchdruckereiarbeiler  (Schriftsetzer  und  Maschineuuieibter, 
Lehrlinge  beider  Branchen,  sowie  Einleger)  dUrfe  acht  Stunden  nicht  Ubersteigen. 
Für  die  Ldirlioge  und  EVanensperaonen  soll  die  Nncht>  nnd  Sonntagsarbeit 
durdiaus  nnteraagt  sein.  3)  In  die  snb  3  genannten  Arbeitssweige  dürfen  keine 
Frauenspersonen  mehr  neu  aufgenommen  werden.  Den  gegenwärtig  darin  be- 
schäftigten Frauenspersonen  soll  zum  Austritt  ans  den  Bnchdruekereien  eine  Frist 
gewählt  werden,  welche  ein  Jahr  für  die  Setzeriunen,  drei  Jahre  für  die  Ein- 
legerinnen betrftgt 

In  Erwigung,  daß  die  Frage  der  Ausdehnung  des  Fabrlkgesetses  dnrdi 

die  vom  Nationalrath  am  5.  Juni  1889  beschlossene  Motion  Comte^se  grund« 
sätzlich  aufgewurftMi  worden,  daß  die  Voranssttzungeii,  unter  welchen  gemäß 
Art.  11,  Abs.  iJ,  des  Fabrikgesetzes  eine  iieduktion  der  Arbeitszeit  statthnden 
durfte,  nieht  oder  nicht  in  genügendem  Maße  vorhanden  sind  und  daß  das 


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Fabrikwesen 


—    15U  — 


Fabrikwe-sen 


Ctesetx  »ellMt  keine  Beetuninniig  enthilt^  welche  gestatten  würde,  Fankt  B  des 
Begehrene  sn  entttprechen,  wurde  in  die  Petition  mm  Tlieil  nieht  eingetreten  nnd 
4ieeelbe  zum  andern  Theil  abgewiesen. 

Motion  C  0  m  t  e  s-  s  e  ,  ItescLlos-sen  vom  Nation alrathe  am  ;'>.  Juni  188',^, 
lautend:  „Zur  Beseitigung  vorkommender  Ungleichheiten  in  <ler  Anwendimg  des 
Buudesgesetzes  betreffend  die  Arbeit  in  den  Fabriken,  und  um  deu  Sohuts  dea- 
aelben  einer  gröBiem  Amalil  Ton  Arbeitern  mmwenden,  ist  der  Bnndesratii  ein- 
jdadenr-  so  pritfen,  ob  niokt  die  in  eeinen  BeeehlUeaen  nnd  Rreieeehralben  anf- 
gestellten  Normen  abgeändert  werden  sollten,  insbesondere  was  die  AnaaU  der 
Arbeiter  und  die  Verwendung;  mecbaniBcher  Motoren  betrifft." 

Der  Bundesratli  hat  diese  Motion  von  sich  aus  erledigt  und  die  Motive 
«eines  Vorgehens  in  dem  „Bericht  des  Bundesrathes  an  die  Bandes versamm long 
betreifend  Tier  BesohlttsBe  der  Räthe  snn  Bnndeegeeets  ttbw  die  Arbeit  in  den 
Fabriken"  in  ausführlicher  Weiae  niedergelegt.  Der  beill|^he  «Bnndesraths- 
beschluß  betreffend  Vollziehung  von  Art.  1  de»  Bundeageeetses  Uber  die  Arbeit 
in  den  Fabriken",  datirt  vom  'A.  Juni  isiU,  lautet: 

yl.  Als  Fabriken  im  Siuue  von  Art.  i  des  Buudes^esetzes  belreileud  die  Arbeit 
in  den  Fabriken,  vom  93.  Mint  IS77,  werden  unter  dem  Vorbehalte,  daß  die  in  dem 

genannten  Artikel  t  ntluiltenen  allgemeinen  Bedingunt^ren  zutrefTen.  betrachtet  und  dem 
erwähnten  Gesetze  unterstellt:  a.  Betriebe  mit  mehr  als  5  Arbeitern,  welche  mecha- 
nische Motoren  verwenden,  oder  Personen  unter  18  Jahren  beschäftigen,  oder  gewisse 
<Tot'ahren  für  (iP^umlheit  uihI  I.ehen  der  Arbeiter  bieten :  h.  Betriehc  mit  mehr  als  10 
Arbeitern.  i>ei  welehen  keine  li^r  .-üb  litt,  a  genannten  Bedingungen  zutriCfl;  c.  Be» 
triebe  mit  weniger  al.s  6,  res|).  weniger  als  11  Arbeitern,  welehe  anßergewöhnlkbe 
•Geiahren  für  (Gesundheit  und  Leben  bieten,  oder  den  unverkennbaren  Charakter  v<ni 
Fabriken  autweisen. 

±  Der  Bundcsrath^be^chluQ  vom  S5.  Juni  1878  ist,  soweit  er  die  Ateliers  der 
Uhrenindustrie  betrilTl,  aufgehnben. 

3.  Der  gegenwärtige  BeäcbluL>  tritt  sofort  in  Kraft  und  ist  in  die  auitliclie  Samm- 
lung der  Bundeflgesetse  und  Verordnungen  anficunehmen.* 

Regnlirnng  der  Arbeiteseit  (Art.  11  nnd  12).    Seit  Inkrait> 

treten  des  Fahrikge^etzea  liat  die  Frage  betreffend  Begohuig  der  Eßpausen  und 
HUlfsarbeifHn  fi^t  fortwährend  Anlas«  zn  Erörterungen  und  hTinf^esrSthlichen 
Entscheiden  gegeben.  Von  weniger  wichtigen  Anfragen,  Petitioneu  und  Eingaben 
abgesehen,  seien  folgende  erwähnt : 

1.  Ton  Seiten  einer  KaDtonsbekSrde  wurde  auf  dae  ungleieke  Verfahren, 
welches  in  den  Stiekereien  in  Beeng  auf  die  Einstellung  der  Arbeit  an  den 
Voralien  Jen  von  Sonn-  und  Feattagen  (Art.  11  dee  Geietsea)  eingehalten  wird, 
aufmerksam  gemacht. 

Mit  Beschluß  vom  20.  Juli  lö^ö  hat  die  Kommission  dee  Stiokereiver 
bandee  feetgeetellt,  daß  die  elfsttlndige  Arbeitaieit  für  die  Monat«  April  bis  nnd 
mit  September  in  die  Stundm  iwiei^en  5  nnd  13  Uhr  Yonnittag»,  1  und  6 
ühr  Kachmittags  und  fUr  die  übrigen  Monate  in  die  Stunden  nwieohen  7  und 
12  Uhr  Vormittags  nn<1  1  nnd  7  Uhr  "Nachmittags  fallen  mtisse  Di-'nes  Vor- 
.gehen  bezüglich  der  Arbeitseiutheilung  war  die  Ursache  zahlreicher  Beschwerden. 
£ioe  Reihe  von  Fabrikordnuogen  enthielten  nümlich  die  Bestimmungen,  daß 
neben  der  geeetzlieh  ▼orgeachriebenen  einetfindigen  Mittagepanae  aneh  Vor*  nnd 
Machmittags  je  eine  halbstündige  Panie  gemaoht  werde,  wodurch  bewirkt  wurde, 
dnß  Viei  strikter  Einhaltung  dieser  Pausen  die  thgliehe  Ariteitszeit  nur  sehn 
Btundeu  betrug.  Auf  diese  Weise  wurde  es  ermiiglieht.  «laß  am  .SaniHtag  ebenso 
laug  gearbeitet  wurde,  wie  an  den  Wochentagen,  während  diejenigen  Etabliase- 
mente,  weldie  kdne  Tor*  nnd  Kaohmittagepanaen  beeaßen,  an  den  Sanatagen 


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Fftbrikwesen 


—    160  — 


eine  Stunde  frUher  die  Arbeit  eiiiHtellen  mufiten,  Qm  der  Voncbrift  TOB  Art.  11^ 
Aba.  1,  des  Gesetzes  nachzukommen. 

Bern  Vorschlag  des  iüabrikinfipektorates,  di<}8e  Pausen  in  der  Fabrikstiokerei 
ttberhanpt  sa  Terbieteii,  konnte  nieht  Folge  gegeben  werden,  da  nm  bcArelitete,. 
mit  einer  edoben  Maßregel  tdoht  nur  anf  keineiii  geaetsliohen  Boden  eq  etehen, 
sondern  geradezu  g^gen  die  ratio  legis  zu  verstofieo.  Dagegen  wurden  die  £an- 
tonsrogiemngen  (s.  Ereisschreiben  des  Handels-  nnd  Landwirthschaftsdeparteraents 
an  die  Eegierungen  der  Kantone  Zürich,  Appeusell  A.-Kh.  und  I.-Kh.,  St.  Gallen, 
Thurgaa  und  an  das  Zentralkomite  den  Stickerei -Verbandes  der  Ostschweiz  und 
dee  Yorarlberge,  Tom  14.  April  1887)  evancbt,  die  Innehaltaeg  der  zehn- 
stündigen Arbütoaeit  an  den  V^orabenden  yon  Sonn*  nnd  Festlagen  in  den  Fabrik- 
stickereien strengsten*!  überwachen  zu  lassen  und  es  wurde  noch  insbesoiider»^ 
diiraul'  iiufmerksam  gemacht,  daß  da.  wo  in  den  Reglementen  Pausen  vorgesehen 
seien,  solche  nicht  nur  für  den  Samstag  gelten,  sondern  auch  an  allen  andern 
Woehentagen  beobachtet  werden  mttwien,  nnd  swar  regelmäßig  und  gleichseitig 
mit  allen  Stiokern  nnd  Fädlerinnen. 

Die  Bewegung  um  Verkürzung  der  Arbeitszeit  im  Jahre  1890  und  1891 
nahm  auch  in  der  Schweiz  iu  grölkrera  Maßstabe  Dimensionen  an;  etwa  14  Pe- 
titionen gelangten  an  die  Bundesbehürdeu. 

d.  Mit  Zuschrift  vom  7.  Oktober  1890  Übermittelte  der  schweizerische 
Handels-  nnd  Indttstrieverein  dem  mdgenOseisehen  Indnatriedepartement  eine  Ein-- 
gäbe  des  Vereins  schweizerischer  Maschinenindustrieller,  dahin  gehend,  es  sei 
Art.  12 — 14  in  der  Weise  zu  interpretiren,  daß  diejenigen  USlfs-  und  Noth- 
Hrbeiten,  deren  AnnfÜhning  außerhalb  der  gesetzlichen  Normalarbeitszeit  statt- 
ünden  müße,  lu  präziser  Weise  bestmimt  werden,  namentlich  mit  iiücküicht  auf 
die  von  jenem  Verein  in  Ansidoht  genommene  £inftthning  dea  Zehnstnndenlagee. 

GestQtct  auf  die  Ergebnisse,  welche  die  vom  schweizerischen  Industrie- 
departement  einberufenen  besonderen  und  gemeinsamen  Konferenzen  der  inte- 
ressirten  Kreise  (Arbeitgeber  nnd  Arbeiter)  iiervorbraohten ,  faßte  der  Bnndes- 
rath  unterm  3.  Jnni  1891  folgenden  Beschluß: 

,1.  Als  Hülfsirboiten  wcrd«-!)  erkl.'ii  t  und  dem  Art.  Ii  ilcs  Huudt:sge-»elzes  betrcUend 
die  Arbeit  in  den  Fabriken  unterstellt  folgende  Verrichtuneen :  n.  Anheizen  der  Dampf- 
kessel und  derjenigen  Oefen,  welche  zur  Erwärmung  der  Arbeitsrftume  dienen :  inbe- 
griffen sind  die  Klanimflfen,  sofern  ileren  Bedienung  innert  kurzem  Zeitschranken  mög- 
lich ist.  h.  Reinigen  von  Kaminen,  Kesseln,  Oefen,  Belriebsmotoren,  Transmissionen,  VVerk- 
xengmasdhtnengruben.  c.  Abstauben  von  Gebälkcn  in  Gießereien,  d.  Trocknen  der  Formen. 

9.  Sollen  andere  Verrichtungen,  welche  periodisch  wiederkehren  und  sich  nur 
unter  gewissen  Bedingungen  als  HQlfsarbeiten.  •  vt  iituell  als  Notharbeiten  qualiftziien, 
außerhalb  der  regelmäßigen  gesetzlichen  Arbeitszeit  vorgenommen  werden,  so  bat  hie- 
fOr  jedes  der  betreffenden  EtabHseemente  unter  ausfahrlicber  Begrflndung  um  «ne 
generelle  Erlanlitilß  ein/uko'i.men. 

Das  Industrie-  und  Landwirthschaftsdepartement  ist  ermachtigl,  über  solche  Ge- 
suche innert  dem  Rahmen  de«  Gesetzes  zu  «ntsoheiden,  felis  jene  nicht  unter  Art.  11, 
AbsabE  4,  des  letztem  fallt-n   Vorb-  l  iM  n  !.l<'ibt  der  Rekurs  an  den  Bundesr.itb. 

3.  Der  im  Kreisschreiben  des  Hutidesialbes  vom  14.  Januar  1881  eutludlene  Eut- 
scheid betreffend  Hfllfsarbeiten  in  Baumwolbpinnereien  wird  aufgehoben,  die  sogenannte 
Putzhalbstuiidf  hat  somit  wegzufallen. 

4.  Der  gegenwärtige  B^hluß  tritt  sofort  iu  Kraft  und  ist  iu  die  amtliche  Samm- 
lung der  Bnndesgesetze  und  V^rdnungen  aufsunehmen.* 

Sorge  fUr  Leben  nnd  Gesundheit  de r  Ar b eite r 
(Art.  2  und  6,  1.  d.,  des  Geeehtee). 

Im  Hinblick  anf  die  Wahmehmong,  daß  das  sogenannte  Wasserira^  In. 
der  Sckweia  immer  mehr  Eingang  an  finden  schien^  sab  sieh  dvr  Bundesrath 


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Fabrikwesen 


161  — 


veranlaßt,  auf  Grund  ein««  Experton-Gittaclitens  Qntenn  13.  Jnti  1888  ein 
KreiMchreiben  un  die  EantoiiBregic-rungen  zn  erlasKen,  mit  folgendm  auf  die 
Anwendung  dieses  Gaws  Besag  nehmendeo  Vorschriften : 

1.  Wo  Wa--i»rtras,  Dn\v^nn-;i-  n  lt  i  aliiiliche  kohlenoxydi  he  Gase  in  Leituiijji'n 
verwendet  werden,  ist  i$treng  darauf  zu  achten,  daü  da»  iiöliren&yt>teni  wirklieb  dicht 
sei,  und  daß  nacli  Abstellung  des  Hauptfaahnes  keine  Hfthne  offen  bleiben.  Zur  Kon» 
lr<»lle  Ur-  Knl w«  ii  In  n-;  von  solclioiii  fi.xs  aus  undichlen  Sl<  Ilt  ii  ilcr  Lritun-  oder  olTen 
gelasseucii  Huhneu  wird  die  Anbringung  vun  äOijeuauiiten  Ga.s-Kontrüleuren  uder  ähn- 
lichen Avparaten  allfremein  verbindlich  gemacht;  die  Kontroilapparate  sind  ao  anzu« 
lirin^'t  n.  dal;  -i)-  s(  h  >n  Cii  i;  htli*  iten  der  HauptleuDg,  itnamentlich  auch  der  unter* 
irdisctien  ilieile  deiselbeii,  anzeigen. 

2.  E;;  ist  daror  zu  sorgen,  daß  die  Verbrennun^sprodukte  der  ^'enannten  Gase,  sowie 
das  sehr  häiilij,'  mitkommende,  durch  Zufall  unvcrbrannle  (Jas  sirli  ilcr  /um  Aihmen 
bestimmten  Lull  der  Fabriklokaie  nicht  lieimenjreu  können,  iu  welcher  Weise  dies 
geschehen  soll,  kann  naturgemfiß  nicht  aligemein,  sondern  nur  nach  den  speziellen 
Umstän«l*  ii  i.Mlrs  Kinzelfalles  hostiminf  werden.  Die  betrelTenden  Eiiiricht untren  sind 
durch  Prüfung  iler  umgehenden  Lutl  aul  die  etwaige  Anwetsenlieit  von  Kolilenoxyd, 
z.  B.  vemiittplRt  des  Palladiumpapieres,  zu  kontroliren.  Zu  empfehlen  ist,  dem  Wasaer- 
).'as  iiti>l  HaI1>\\ a-M-rv'ii-s  auf  kün-^tlichem  Wf^-t-  titim  penetranten  Gerudi  zu  ertheilen, 
durch  den  '  in  KnUvdchen  sich  sofort  verrathon  würde." 

Bunde.sheschluü  vom  19.  De^&emher  18^7  über  die  Vullzieh  ung 
von  Art.  5,  litt,  d  des  Bundesgesetzes  betreffend  die  Arbeit  in  den 

Fahrike  n: 

Art.  1.  Als  Industrien,  die  erwiesenermaßen  und  nusschlieUlich  beistimmte  ge- 
ffdirliche  Krankheiten  erzeugen,  werden  diejenigen  bezeichnet,  in  welchen  foljrende 
Stoffe  verwcn<let  werden  <i  ler  enL<tehen,  beziehunjrsweise  vorkommen:  1)  Blei,  seine 
Verbindungen  (üleiglätte.  Bleiweili,  Mennige,  Blcizucker  etc.)  und  Legirungen 
(Leltemmetall  etc.):  i)  Quecksilber  und  seine  Verbindungen  (Sublimat,  <;)ueck* 
silheroxytiulnitrat  etc.l;  3)  Arsen  und  Verbindungen  (Arsens.lure,  arscni;,'e  Saun  (  ti  .i; 
4)  Phosphor  (^elhe  Modihkationj ;  5)  lirespirable  Gase:  ;jchweüige  Säure,  uuler- 
sa]petn(,'saure ,  salpetri(,'saure  und  Salpetersäure  Dfimpfe,  Salzsäure,  Chlor,  Brom, 
lod,  Fliioiua-serstotr,  Acrolein  ;  fii  (Jif'ti^'c  (Ja-'-  :  Schwefelwasserslofl,  8(  hwelelkf>Ii!.  n- 
•toff,  Kohlenoxyd,  Kühleosäure ;  7)  Cyiin  nud  seine  Verbindungen ;  H)  Benzin ;  ö)  Anilin ; 
10)  Nilroglycerin ;  11)  Pocken-,  Milzbrand-  und  Rotzgifi. 

Art.  '2.  Dir  irn  vor>-fehL'uden  Artikel  liezi  irljre  li  n  itulu-ti  ieii  werden  lur  diejenigen 
be.stimmtcn  getuiirhcheu  Krankheiten,  welche  crwie^cnermatieQ  und  ausscbhelilicb  au» 
dem  Verwenden  oder  Vorkommen  d^  ebendaselbst  genannten  Stnffe  entstehen,  im 
Sinne  von  .Art.  'A  des  Bundesgeselzes  hetren'end  die  Haftpflicht  ans  Fahrikbelrieb,  vom 
Sä,  Juni  lS8t,  und  Art.  1  desjenigen  betrelTend  die  Ausdehnung  der  Hailpllicht,  vom 
16.  April  1887.  der  Haftpflicht  unterstellt. 

Art.  3.  Gegenwärtiprcr  Hr^rhluß  tritt  am  1.  Januar  1888  in  Kraft nnd  kann  jeder- 
zeit revidirl  oder  ers/äu/.l  wunlen. 

F  a  b  r  i  k  I  n»  p  e  k  t  o  r  a  t  (Art.  18  des  Gesetzes).  Intbigu  Ablebens  den 
Herrn  FA.  Nii^perli,  Fabrikinüpektur  des  III.  Kreiseu,  wurde  an  desiien  Stelle 
unterm  26.  Juli  1690  Herr  H.  Kauscheubaoh  in  Sebaffhaoaen  gewählt.  Am 
4.  April  1891  reichte  Ilerr  Etienne,  Inspektor  des  II.  KreiHCH,  »eine  Deraission 
eiij ;  an  Heine  Stelle  trat  mit  Amtsantritt  vom  1.  Juli  gleichen  Jahres  Herr 
Ami  Campiche  in  Lausanne 

Im  Weitern  wurde  im  Verlauf  der  letzten  Jahre  der  Bestand  des  In- 
apektoratea  inBofem  Termehrt,  als  dem  Inspektor  des  I.  Kreises  ein  Adjunkt  und 
ein  AsBistaBt,  dem  Inspektor  des  III.  Kreises  ein  Adjunkt  und  ein  Kanslist  sn- 
getheilt  wurden. 

Revisionsbestrebungen. 

Aii^i  der  Mitte  der  gcHetzgebenden  Küthe  Riml  in  letTiter  Zeit  mannigfache 
Aiiieguugen  gemacht  worden,  das  Fabrikgesetz  zu  revidiren  und  zu  ergäi  zen. 
Wir  erwähnen : 

Fairer,  Tolinwirttatehafto-Iiexikoa  4«r  Scliwfla.  {  \ 

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Fabrikwesen 


—    IÖ2  — 


Faiirikwesen 


1)  Motion  Cornae,  vom  ätänderath  bet^chloiiHeii  am  17.  Juni  1889,  lautend: 
«Der  Bande«rath  wird  eingeladen,  die  Frage  der  obUgatoriaoheii  Bem&geiMMaeo- 
sohaftoD  in  ihrer  GeMmmth«it  und  imbcMOodcv«  in  der  Bichtong  su  prtfn,  ob 
nicht  in  da»  eiigcnössLsclic  Fabrikgeeetz  ftk  Kapitel  3  a,  Art.  16a,  eine  ZiuatK- 
beetimmnng  folgenden  Inhalts  aufzunehmen  sei: 

,Die  Kantone  sind  ermächtigt,  fQr  die  Bedürfnisse  gewiwser  Industrien  obligato- 
rische Bem&Terbftnde  zu  eGhaffen." 

Der  Bandearath  nimmt  in  seinem  besttgtiohen  Beriebte  an  die  Bnndeever- 

MUnmlnng  vom  3.  Juni  1891  dieser  Motion  gegenüber  eine  abwartende  Stellung 

ein,  verspricht  aber  gleiehwoh],  der  Saohe  anob  fernerhin  seine  Anftnerkiamkeit 

schenken  zu  wollen. 

2)  Buiulcshc^-rhluß  vom  24.  Juni  1889: 

.Der  Bundt^ralb  wird  eingeladen,  zu  untersuchen  und  darüber  zu  berichten,  ob 
nicht  Art  19  des  Bnndesgesetzes  betr.  die  Arbeit  in  den  Fabriken  einer  Revision  im 

Sinne  einer  (?enaneren  Fri<?s-iin?  zu  iinterwfrfen  sei.* 

Dk'sc  Motion  hat  ihn-  Kriedigung  gefunden  in  dem  schon  angeführten 
„Bundesrathsbeschluß  betretiend  Vollziehung  von  Art.  l  des  Bundesgesetzes  Uber 
die  Arbeit  in  den  Fabriken"  vom  3.  Jnni  1891. 

Ii)  liundesbesdtlufi  Yom  24.  Juni  1689,  lautend : 

,Dt'r  lhiuik'--r;illi  wird  eingeladen,  die  Frage  zu  prüfen  und  darüber  Bericht  und 
Antrag  zu  hinterbringen,  ob  die  Qericbte  nicht  angeludten  werden  soUeUt  die  (Jrlbeile, 
welche  sie  wegen  Uebertretung  des  Pabrikgeselies  erlassen,  dem  BundesraUie  In  Ab- 
schrift mitzutheil«  II  * 

Der  Bundesrath  spricht  in  seinem  nu'hrniHls  zitirten  Bericht  vom  3,  Juni 
1891  die  Ansicht  aus,  daß  es  viel  ?.  weck  müßiger  sei,  die  Ürtheik-,  wie  es  bisher 
oft  schon  üblich  war,  an  das  Fabrikinspekt4>rat,  statt  an  den  Bundesrath  zu  leiten, 
llbeneogt,  daß  jenes  eher  in  der  Lage  sei,  die  VerhSltnisse  und  Tbateacben  aoa 
eigener  Aneebannng  su  kennen  und  an  prüfen.  Er  aebliefit  seine  besUgliehe  Be- 
richterstattung dahin  : 

.Falls  Sie,  wie  wir  gern  annehmen,  mit  unserer  Anschauungsweise  einverstanden 
sind,  würden  wir  aho  dafQr  sorgen,  dal?i  jene  Ifittheilungen  an  die  Inspektoren  allge» 
mein  iluif  li;^'«'fuhil  und  letztere  den  Aiiftr.i^r  erhalten  würden,  dic-ellieu  möglichst  aus- 
giebig zu  verwerlhen,  und  iu  ihren  Amtsbericbten  dem  tiegenstand  vermehrte  Aufmerk- 
samkeit  zu  widmen,  in  dem  Sinne,  daß  sie,  tinter  Weglassung  der  Namen,  statistnehe 
Zusaminpii-toIIun^'eii  f7;ihl  der  l'rtheilc,  di  r  Freisprechunjren,  der  ürtheilr  uiil  deiu 
Minimum  oder  nahezu  dem  Minimum  der  Strafe  etc.)  bringen,  unbegründete  Frei- 
sprec}iungen  erörtern,  die  Hfthe  der  gefllllten  Strafen  im  Verafiltnilt  zum  gesetzUdien 
Strafininimtim  und  im  Verliältniß  zu  einander  besiirechen,  auffall f-n de  Uifheile  unter 
Umständen  iu  extenso  uufülireu  würden  etc.  Wird  ditma  System  kousequent  diurch- 
geführt,  so  wird  nach  unserer  Ueberzeugung  wirklich  «n  Fortechritt  erreidit.* 

i)  M<ftion  Comi«»8e  und  GenosMUt  vom  Nationalratb  erhebliob  erklärt  den 
9.  April  1891,  lautend: 

.Der  IJunde-^rath  wini  f  inpeladen,  die  Frag*-  zu  pnlfen,  ob  es  nicht  angezeigt  w?lre, 
durch  ein  Spezialgesetz  oder  durch  entsprechende  Ergänzung  des  elften  Titels  des  eidg. 
Obligationenrechtes,  handelnd  vom  «Dienstvertrag*,  fesetzUebe  Bestimmungen  dber 
folgende  Funkte  aufzustellen  : 

1)  daß  der  ganze  Betrag  des  Lohnes  den  Arbeitern  regehuäüig  iu  currculeiu  Geld© 
auaznbezahleti  und  die  Ausrichtung  von  L5huen  in  der  Form  von  Verabfolgung  vun 
Waaren  o<l(  r  ülärliaupt  auf  einem  andern  Wege  als  mitteist  Baarbezablung  ala  null 
und  iiicbtig  zu  crkiären  sei; 

2)  daß  kein  Liobnabzng  wdcber  Art  stattfinden  dürfe,  der  nicht  vertmglicb  verein* 
bart  worden  w  i'ire ; 

3)  daß  jfiiei  .Vrbeitgeber  gehalten  sein  solle,  seiueu  Arbeitern  miudestens  alte 
14  Tage  den  Lohn  auszubezahlen,  unter  Beobachtung  der  in  Art  10  des  Fabrikgeeetsee 
enthaltenen  Vorschriften. 


.  kiui^  .-.  l  y  Google 


Fabrik  we«eu 


—     Ui6  — • 


Fal>rikwe««D 


Diese  ^sthnmungeii  wQrden  keine  Anwendung  auf  Dienstboten  und  auf  diejenigen 

Laiiilarbfiter  finden,  welciie  bei  dem  Arbeil^eber  Ko^l  und  Wolmutig  liabea.  Der 
BuudeäruUi  wird  das  firgebniß  seiner  üntersucbuogen  in  einem  Berichte  niederlegen 
und  den  ddg.  R&lhen  darauf  bezOgliche  Aatrfige  unterbreiten.* 

Dteee  Motion  iat  noeh  nieht  «rledigt. 

iBternationale  Fabrikgeuetzgebung. 

Obaohon  die  vom  Kntionnlntiio  unterm  80.  April  1880  beeohlossene  Motion 
Froy  betrefliMBd  Anbahnung  einer  internationalen  Fabrikgeaetsgebnng  kein  Ergeb> 
niß  za  Tage  förderte,  eo  blieb  doch  der  große  soziale  Gedanke  nicht  »chlummern, 
Mmdern  wurde  von  Neuem  angeregt  durch  die  unterm  2*2.  Dezember  1887  ein- 
gebrachte und  vom  Nationalrathe  am  27.  Juni  1888  gut  geheißene  Motion 
DecurtmS'FavoHy  welche  lautet: 

.In  Erwägung.  daS  eine  Reihe  von  Staaten  bereits  eine  Arbeitsgesetzgebung  be- 
sitzen »der  unslreben,  die  von  Go<icbt.spunklen  ausgeht  und  Tendenzen  vt-rfoi^l,  welche 
auch  diejenigen  der  Schweiz.  Arbeitergesetzgehung  sind,  wird  der  Bundesrath  eingeladen, 
sich  mit  jenen  Staaten  in  Verbindung  zu  setzen,  um  durch  internationale  Vertrilge  oder 
eine  inlernalinniilf  .\rbeiterj,'ef--elzgehun;r  hinsicbtlieb  1)  des  Schutzes  iiiinilerjJlhriger 
Personen,  der  Beschränkung  der  Frauenarbeit,  3j  der  Sonntagsrulie  und  4J  des  Nor- 
malarlwitstages  gleichartige  gesetzliche  Vonchziflen  zu  erzielMi. 

Ein  von  Hrnrn  Nationaliatli  Dr.  Deeortins  verikfitee  und  in  fransSsiBoher 
Bpiache  herauKgegebenes  Memorial,   betitelt:   „La  question   de   la  protection 

(tuvrit'-re  internationale"  stellt  folgende  Hauptpunkte  fest:  1)  F^estgetzung  eines 
Miniraalalters  für  die  Beschäftigung  von  Kindern  in  den  Fabriken  und  Berg- 
werken. 2)  Verbot  der  Nachtarbeit  für  i<Vauen  und  jugendliche  Arbeiter. 
■3)  GSnaliehee  Verbot  der  Frauenarbeit  in  besondere  gesundheitaBobIdlicben  und 
gef&hrlicheu  Indoetrim.  4)  Verbot  der  Sonntagsarbeit. '  5)  Einftlhnuig  einee 
MaxiDiiiInrbcitstaEres  för  jugendliche  Arbeiter. 

Mit  Datum  vom  l.'').  März  IHM)  setzte  der  Bundesrath  in  einem  RunJ- 
schreibeu  au  sammthche  europäische  Industriestaaten  seine  bu2üglichen  Ansichten 
■auseinander  und  erenohte  um  Mittheiluog,  ob  ihnen  eine  im  September  gleichen 
Jahres  absuhaltende  vorbereitende  Konfbrens  dnrdh  Beadiiokuug  von  Delegirten 
genehm  wäre.  Die  Idee  fand  bei  den  meisten  europäischen  Staaten  gUnstige 
Aufnahme.  Die  nnn  vorer8t  auf  den  September  188'.»  geplante  Konferenz  mußte 
jedoch  in  Folge  politischer  Verhältnisse  durch  Rundschreiben  vom  12.  Juli  1889  auf 
das  FrHhjahr  läViO  verschoben  werden.  In  dem  erneuten  Rundschreiben  vom 
28.  Januar  1890  wurde  die  ErSCEnung  der  Konibrens  auf  Montag  den  5.  Mai 
J.,  3  Uhr  Nachmittags,  in  Bern  angeordnet  und  zu  gleicher  Zeit  den  euro- 
päischen Mächten  ein  Diskussionsprogramra  zur  vorläufigen  Orientirung  über- 
mittelt. Bevor  diese  Fiinladung  in  den  Händen  der  Regierungen  war,  erschienen 
unterm  Datum  vom  4.  Februar  d.  J.  zwei  Kahinetsordres  des  deutschen  Kaisers, 
welehe  dieselbe  Idee,  wenn  aueh  mit  abwmobendem  Programm,  nmfttßten  und 
Berlin  als  KonCBvemort  bestimmten.  Der  sohweis.  Bnndesrath  konnte  nm  so 
eher,  dem  speneUen  Wunsche  der  deutschen  Regierung  entgegenkommend,  auf 
sein  Vorb!il)en  verzichten,  als  er  in  dem  Krlaj*He  des  Kaisers  eine  mächtige  Unter- 
stützung der  Sache  des  Arbeiterschutzes  und  dessen  Förderung  erblicken  mußte, 
Deutschland  seine  Konferenz  bereits  auf  Mitte  März  einberufen  hatte  und  die- 
jenigen Staaten,  welche  die  Absendung  von  Vertretern  naoih  Bern  in  Anasioht 
gestellt  hatten,  die  Theilnahme  an  der  Berliner  Konferenz  ebenfalls  ansagten. 
Üie  Konferenz  dauerte  vom  15.  MSrz  bis  29.  März  1890.  Die  Vertreter  der 
Schweiz  waren  die  Herren  Landammann  Blumer  in  Schwanden  (Glarus)  und 
Dr.  Kaufmann,  1.  Sekretär  des  eidg.  industriedepartementes.    Die  bezüglichen 

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Kalirikwesen  —     1G4    —  Fischerei 

Verlni^liingeD  dnd  im  ft^oßprotokoU  in  audlhrliolier  Weise  niadorgelegt.  Von 
Deiitiobland  war  folgendes  Diskaesionsprogniniitt  aufgMtellt  worden: 

I.  Regelung  der  Arbeit  in  Bergwarken. 

II.  ,  Sonntagaarbeit, 

III.  ^  _  Kinderarbeit. 

IV.  .         ,    Arbeit  junger  Leute. 

V.       „         .        ,     weiblicher  Personen. 
VI.  Ausftthmng  der  vereinbarten  Bestinmungen. 

Die  im  Schlußprotokoll  ausammeogeelellteo  Bescblttsse  der  Konferenz,  welchi» 
swar  nvr  in  bloßen  WUnsoben  wiedergegeben  wurden,  lassen  gleichwohl  erkennen, 

daß  mau  allseitig  gewillt  ist,  sirh  mit  der  socialen  Frage  eingehender  zu  bf- 
faw»en  (b.  Seite  U3n.fr.  des  III.  Bandes  dieses  Werkes).  (Ge^ichriebeni.  Herbst  1091.) 


£nde  1891  waren  dem  eidg.  Fabrikgesetz  unterstellt: 


Im  Kanton 

Etabl. 

Arbeiter 

Im  Kanton 

Etah? 

ArbeRer 

Aargau  

345 

1(5.015 

Uobertrag 

«0,662 

Appenzell  A.-Kb. 

234 

4,441 

Obwaldeu   .    .    .  . 

7 

193 

Appenzell  I.-fih.  . 

11 

864 

81  Gallen  .    .    .  . 

841 

21,757 

Basel-Stadt     .    .  . 

178 

11,617 

Schaffhansen   .    .  . 

68 

2,923 

BofteULand .... 

57 

3,773 

Schwya  

46 

2,197 

467 

18,975 

Solothurn    .    ,    .  . 

126 

«>,8.38 

Freiburg     .     .    .  . 

44 

1,360 

Teswin    .     .     .  . 

40 

3,047 

Genf  

1«6 

4,068 

Thurgau     .    .    .  . 

353 

9,467 

94 

10,051 

üri  

7 

136 

Granbttnden    .    .  . 

4ß 

1,170 

Wnadt  .    .     .    .  . 

327 

6,935 

80 

3,1H5 

Wallis  

16 

398 

Neuenbürg  .    .     .  . 

135 

4,447 

Znir  

26 

1.725 

liidwalden  .    .    .  . 

13 

296 

Zürich  ... 

746 

38,753 

Lebertrag 

Total 

43H2 

17s.O:5l 

Die  Betriebskraft  dieaer  4392  Fabriken  ist  gleich  90,129  Pferdekrültcu. 


Fischerei.    (£rgSnanng  des  Artikels  auf  Seite  635  o.  ff.  im  I.  Band.) 

Am  21.  Dezember  1888  wurde  ein  neues  Bundesgcsetz  erlusisen.  Der  Bandearath 
begründete  die  Nothwendigkeit  dt^Mllun  mit  folgenden  Worten: 

Diu?  Bundesgesetz  vom  18.  Scptemlier  lS7r»  war  der  erste  KrlaLi  des  Hundes  in 
Vollzug  i\o<  Art.  tiö  der  Bim<^e!5verfas«!ung  von»  -2'.>.  Mai  1874  betr.  die  Kischerei. 

.Beim  Kiii.viiit  dieses  Oesetzes  waren  die  Fisc-herelverbältni«ise  der  Seliweiz  noch 
wenig  Ix  kannt,  und  von  wenigen  Kaalouen  .niand  ein  zuverlässiges  Material  zur  Ver- 
filgting,  und  dennoch  hat  sirb  das  Gesetz  im  All^remeinen  als  zwreckmABig  enrieseo 
und  in  dem  (irade,  in  welchem  dasselbe  i^cilens  der  Kantone  thatsädilich  tnui  Voll- 
züge gekomineD,  zur  Hebung  des  Fischereislandes  beigetragen. 

«Rinzclne  Kantone  und  Kantonstheile  erfreuen  sich  denn  auch,  namentlich  in  der 
Bildung  von  Scbonrevieren.  der  Kinsetzunp  von  in  Brutanstalten  erzogenen  Fischen, 
fltrcnger  Handhabung  der  Fiscbereipolizei  etc.,  eines  immer  mehr  anwachsendea  Fisch« 
Itestandes,  während  derselbe  in  Irdher  sehr  flsehreichen  Gew&ssem  anderer  Kantone 
wegen  iiiangellinften  Vollzog«  des  Gesetzes  immer  mehr  abgenommen  hat  und  noch 
ge);envrürtig  zurückgeht. 

,Zn  dieser  EntvOlkening  haben  anßenlem  im  Laufe  der  zehn  Jahre,  wfihrend 
weicher  Ci'-flz  besteht.  ]i:nip!-r(chlich  in  inHii-f rirllfu  (lop-rmden  'uifirro  Verhlltni— e 
n>ehr  oder  weniger  mitgewirkt.  So  wurden  durch  Krnclilung  neuer  \N  i^-^serwerke  ciie 
Fisrlie  immer  mehr  gefithrdel  und  ihr  Zu{;  in  gesteiifertem  Matte  en^chwert  oder  unter- 
hrochen;  manche  fl  uT-ser  wurden  durch  neu  ent*lantleue  cheinisrhe  un<l  andoie 
Fabriken  zum  iNachtbeil  des  FisH-listaude^  verunreinijfl;  zabireiehe  Laichplätze  wunicn 


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Fischerei 


—    166  — 


Fischerei 


durch  Flußkorrektioaen  zerstört;  die  Vermebrung  der  DumpfkchiOe  auf  unseru  Seen 
hatte  zur  Folge,  dafi  der  h&nfi^Te  Wellenseblaf  an  den  Ufern  den  Laich  der  Laich* 

])Iätzt'  iniiiR'r  mehr  ver-^chufnunte :  neun,  dr>m  Fi-'^hsfaiiilc  -fhr  vfrdorMirhf  Fang- 
jferätlie  wurden  eiDgelührt  und  der  bedeutend  vermehrte  t'remdenbesuch  trieb  die 
E^ise  der  Fische  in  die  HOhe  und  die  Fischer  zur  flaubwirthsebaR. 

,Bpi  den  nbm  hczf>irhnet<'n  Zn~tSndt'0  lieijft  in  violen  tinscrfr  Seen.  Flfls<?o  tind 
Bäche  mit  ihrem  meist  vorzilglichen  FiscliwiiAser  ein  sehr  bedeutendes  Nutionaivermögeu 
mehr  oder  weniger  brach,  uml  wir  haben  daher,  insbesondere  bei  den  Zolteehranlten, 
die  uns  umgeben,  alle  Ursache,  den  Fix  h-I  ind  in  diesen  unseren  GewAsüern  .so  rasch 
als  möglich  wieder  zu  heben  und  detui»t-li>eü  den  hncbstmöglichen  nachhalligeo  Nutzen 
abzugewinnen.  Dann  werden  wir  auch  die  grollen  Summen,  welche  wir  j&briieh  dem 
Auslande  für  Sri(>\\  ii~-i  rfische  bezahlen,  dem  eigenin  Landt^  ei-spuren. 

,Znr  Erreichuag  diese.s  Zweckes  ist  nach  Ausiclil  aller  einsirhlit;eii  Fii^her,  vt»n 
Fiscbercivi  I  t  inen,  Sachverständigen  und  Fisichereibehörden  eine  Revision  des  Bundes- 
gesetzes über  die  Fisclierei  unumgänglich  nothwendig,  und  dies  hauptsächlich  im  Sinne 
einer  Verschärfung  der  Fischereipolizei  durch  Ausdehnung  der  Schonbestimmuugcn  und 
der  Miiidi<Unaße  auf  weitere  werlhvolle  Fischarten,  durch  Verbot  der  Anwendung  einer 
Anzahl  Tdlerer,  im  Gesetz  nicht  benarmter,  und  einiger  neu  eingeführter,  dem  Fisch- 
Stande  zu  verderblicher  Fanggerälhe;  ferner  durch  Verpflichtung  der  Kantone  zum  Ab* 
Schill U  von  Fischereik(mkordaten  über  gleichiuälSige  B<  c''  Iung  der  Fischerei  in  inter- 
iiantoualen  Gcu.i—i  iti,  zur  Aii-tcllini'^'  van  Fischcreiaulsehern  u.  A." 

Das  utiue  Gesetz  hat  folgenden  Wortlaut: 

Art.  1.  Die  YerleihunK  oder  Anerlcennung  des  Rechts  zum  Fischtknf  steht  den 
Kantoucti  /.u;  für  Ausübung  desselben  sind  nachsiehende  Heslimmuni-v  n  rnaLJgebend : 

ArU  2.  Beim  Fischfang  ist  jede  ständige  Ftscbereivorhchtuog  (Fiächwehre,  Fach) 
und  jede  Anwendung  feststehender  Netze  (Sperrnetze)  verboten,  welche  auf  mehr  als 

di<  ll'ilfle  die  Breite  des  Wasserlaufes  beim  ',„'(■  uAlm liehen  niedrigen  Wasserstande»  im 
rechteu  Winkel  vom  Ufer  aus  gemessen,  den  Zug  der  Fii^ciie  versperrt. 

Die  Entfernung^  zwischen  den  einzelnen  Pflhlen.  welche  die  zum  Lachsfange  be- 
stimmten  Fi-cliwohre  iFache)  bilden,  -owir  zui-^rliL'n  Ouerverbindungen  dieser 
Pfähle,  ntuß  mindeäteuä  zehn  Centimeter  im  Liebten  betragen. 

Mehrere  solcher  ständiger  Vorrichtungen,  sowie  mehrere  feststehende  Netze  dflrfen 
'fTloirlizcitt'^'  atif  derselben  Uf'  ]— ite  oder  auf  der  entgegengesetzten  Ufer-cile  nur  in 
einer  Entfernung  von  einander  angebracht  sein,  welche  mindestens  da-  Doppelte  der 
Ausdehnung  der  größeren  Vorrichtung  l>etrftgt. 

Art.  3.  Der  Fischfan;!  an  d.  r  Einmündnnfr  von  Flüssen  in  Seen  ist  inner!  einem 
leicht  sichtbar  zu  bci;ren/.enden  ümtange,  seewärts  von  der  Einmündung,  verboten. 
Die  Festsetzung  diesei  (iienze  erfolgt  von  Seite  der  kantonalen  Behörden  und  unter 
Zustimmung  d.->  T?iindesrathes. 

Art.  4.  Fau^i<eräthe  jeder  Art  uiui  Benennung'  dürfen  nicht  atiui  we lulet  werden, 
wenn  deren  OefTnungen  (<1.  b.  diejenigen  der  Ma^<  li'-n  im  nassen  Zustande)  na^  Ii  Wniie 
und  ftreite  nicht  wenigstens  folgende  Weiten  haben:  a.  beim  Larhsfang:  Geflechte 
(KOrbe,  Keusen)  und  Treibnetze  mindestens  6  cm,  das  Gellecht  des  Reusenschlundes 
4  cm;  b.  beim  Fange  anderer  Fischarten  3  cm. 

Geräthe  zum  Fang  von  Kridertischen  und  von  Nährtischen  für  Fischzuchtanstalten 
unterliegen  dieser  Beschränkung  nicht. 

Der  Bundesrath  ist  ermächligt,  auf  Gesuche  von  Kantonen  hin,  zum  Fange  kleiner 
Fischarten ,  unter  den  nöthigen  Vorschriften  ausnahmsweise  eine  Verringerung  der 
Maschenweite  zu  gestatten,  weim  der  nachhaltige  Betrieb  dieses  Piachfanges  dadurch 
keine  Einbuße  erleidet. 

Art.  5.  I^si  ist  beim  Fischfang  verholen:  1)  Die  Anwendung  betäubender,  explo- 
dirender  oder  sonstiger  schSdtieber  Stoffe  (insbesondere  giftiger  K">ler,  Sprengpatronen 
und  dergleichen).  Ebenso  das  ^^ammeln  und  Vet  kaureu  vun  l'  is.  h.  ri,  welche  mit  >()!(  Im  ii 
Mitteln  betäubt  oder  gelödlet  wurden.  2)  Die  Anwendung  von  Fallen  mit  Scldagfedern, 
Fischgabeln,  Harpunen,  Fiocina,  Schorpferi,  Schießwaifen  und  anderer  derartiger  Fang- 
gerfdhe,  welche  eine  Veiuiiiidung  oder  Tödtung  der  Fi-cli-:?  herbeiführen  können. 
8)  Die  Anl^uug  neuer  sogenannter  Selb^tiänge.  Die  bereits  rechthuh  bestehenden 
Selbj^tfRnge  müssen  mit  Oeflbungen  versehen  sein^  deren  Weite  detjenigen  fOr  die 
Ma-rhfinveii^-  d.-r  \.'tz.'  'Art,  ti  enlsptirlil.  il  T)as  Aii-'-etzen  oder  Befestigen  von 
Treibnetzen  m  einer  Weise,  daJS  sie  lestsilzen  oder  hängen  bleiben.  Mehrere  Treibnetze 
dttrfen  nur  in  einer  Entfeninng  von  einander  auqpewoifen  werden,  welche  mindestens 
das  Doppelte  der  Länge  des  größten  Netzes  beträgt,  ß)  Die  Anwendung  der  Smuseia, 


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Fttdierei  —    166    —  Fischerei 

der  Otter  ( .Miu-kt'tilneti )  und  Ucr  Jucknclmur.  Der  Gebrauch  anderer  Angela  und  der 
Zugangel,  letzterer  iedoch  mit  nicht  mehr  als  rtluT  SeitensehnQren  so  je  einer  Anvel, 
ist  mit  Vorbehalt  der  im  Gesetze  (AiL  '.»)  vorgeschrifbeuen  Schonun-^^zeiton  »bestrittet. 
6;  Diu  Anwendung  von  !\eusen  im  Rhein  zum  Lachsfang  während  dfr  /.»mI  vom 
20.  Oktober  bis  24.  De/Piiil>or.  7)  Das  Trockenlegen  von  Wasserläufen  zum  Zweck» 
des  Fischfnn^'c-.  Falls  dasselbe  zu  andern  Zwecken  n*>thw»-niii{j  wird,  soll  den  be- 
treuenden Lokalbebörden  und  den  allfälligen  FischereiberiM  iitigtea  oder  Fiscbpät-btern 
hievon  rechtnitig  vorher  Kenntniß  gegeben  werden. 

Art.  fi.  Die  Rp^ifzcr  von  Wasserwerken  sind  verpHi«  li!«'t,  Vorrichtungen  zu  er- 
stellen, um  zu  verhindern,  daU  die  Fische  in  die  Triebwerke  gerathen.  Ebeuäii  i^t  bei 
grftßeren  Bewftsserung^ Anlagen  an  den  Hauptkanülen  der  Rintritt  von  Piechen  durch 
Anbringung  ?ppifrnpfr>r  Vorrii  htungen  an  den  Schleusen  und  Fällen  zv  verhindern. 

Die  Besitzer  vun  \V:L>serwerken  sind  gehalten,  da  wo  Wehre,  Schwellen  und 
Schleneen  den  Durclizug  der  Fische  we.'^ntlich  erschweren  oder  verhindern,  Fisrhwege 
zu  erstellen.  Wo  nattlrliche  Hindernisse  und  bei  Flußkorrektiunen  die  Anbrinjrung  von 
Fällen  oder  Stroiiiitliaellen  den  Zug  der  Fische  unterbrechen  oder  erschweren,  sind 
die  Kantone  zur  Erstellung  von  Fischwegen  verfjflichtet:  sie  haben  gleichfalls  an  größeren 
WasserlSut  II  vuu  besonders  starkem  tiefäll  geeignete  Zufluchtsorte  (Refugien)  fAr  di» 
Fische  anztitn iii;4en. 

Art.  7.  Die  Anbringuiifr  der  in  Art.  (i  vorges*  In  ielieiuMi  Vorrichtungen,  Fisch- 
wege und  Refugien  darf  nur  da  unterbleiben,  wo  di<'  daraus  tilr  die  Benutzung  des 
Wassers  entslehenden  Hemmnisse  oder  die  Kosten  unverhrdtniUmäUig  j,'roß  sind.  Die 
Entscheidung  hierüber  steht  dem  Bundesrathe  zu. 

Art.  8.  Zwischen  FlQssea  und  Altwassern  {(Jießeu)  ist  die  erforderliche  Verbindung 
olTen  zu  erhalten,  oder  herzustellen,  damit  Fische,  die  von  FIüs>en  in  .Mlwasser  ge- 
mthen,  wieder  in  erstere  zurfick  zu  gelangen  verrarigen. 

Ari,^.  Fär  die  aachb«^nanntea  Fischarten  werden  folgende  «Schonzeiten  te:»tgesct£t, 
wtbrend  welcher  «de  nicht  gefangen  werden  dürfen:  1)  vom  1.  Oktober  bis  31.  Dez. 
für  Seeforellen,  FluJj-  und  Bachforellen  (Trutta  lin  ii-iris.  Trutta  fairo.  L.);  2)  vom 
11.  November  bis  24.  Dezember  für  die  Lachse  (Trutla  salar,  L.)i  3)  vom  1.  M>1rz  bis 
30.  April  fflr  die  Aesehe  (ThymaUns  vulgaris,  Nilss.). 

.■\rt.  10.  Sofern  in  einzelnen  Seen  oder  rhii.i;:(  Iii(  ien  die  liaichzeilen  vim  den 
oben  für  Forellen  und  Aeschen  festgesetzten  Schonzeiten  wesentlich  abweichen,  kann 
der  Buttdesratb,  auf  diesbezügliche  Gesuche  von  Kantonsregierungen  hin,  ausnahmS' 
wci-e  (ji-ikiilr  ohne  Verkiirzniii.'  iler  SchorulauerJ  die  Srlion/.citen  verlegen.  Ebenso 
kann  derselbe  den  Fang  der  sog.  Silber-  oder  Schwebforellen  auch  während  der  in 
Artikel  9,  Ziffibr  1  festg^etzten  Schonteil  gestatten. 

.\rt.  11  Filr  die  S;iihlinj/e  (Köthel,  Salmo  .*<alvclinus,  L.).  die  Felchen  iCoreimni^ 
und  die  Agoni  (Alosaj  werden  die  Kautone  eine  jährliche  Schonzeit  für  die  Dauer  von 
wenigstens  5  Wochen  festsetzen  und  diese  Festsetzung  der  GenehniiguiHf  des  ftundes- 
mtbes  unterbreiten. 

Art.  lä.  Der  Fang  der  in  Art.  9  und  11  t-Tnannten  Fi.scharten  mit  erlaubten  Fang- 
gerithen  zur  Gewinnung  des  für  die  künstlictie  I  i  <  hzucht  erforderlichen  Brutmateriau 
kann  von  ffpr  /n«t.indigen  kantimalen  Behörde  •-  bei  Grenz-.'pwässeru  irn  Einverständ- 
niß  nul  den  übrigen  belheiligten  Kantonen  -  auch  wahrend  oliiii;cr  Schonzetleii  unter 
hinreichender  Kontrole  bewilligt  werden. 

Art.  13.  Während  der  in  Art  9  fe-i^jesetzten  Schonzeiten  dürfen  Forellen,  Lju  h^f 
und  Acschen  die  drei  ersten  Tage  .iu.^i,'tinommen  -  weder  verk.mti  noch  ^ekautl, 
weder  feilgeboten,  in  Wirthsohaften  verabreicht,  noch  vei-sandt  werden.  Betreffs  der* 
jenigen  obbezeichneten  Fische,  deren  Brutmaterial  im  Sinne  von  Art.  12  Verwendung 
gefunden  hat,  sind  indcl^  die  zuständigen  kantonalen  Behörden  ermächtigt,  unter  hin* 
reidiender  Kontrole,  Ausnahmen  von  obigem  Verbot  zu  gestatten. 

Art.  14  Die  nämlichen  Behörden  können  filier  lio-  in  inißerordentlirhen  Fillen, 
wie  bei  zeilweisem  Kingeben  von  Fischge wässern  in  trockenen  Zeiten,  beim  Ah-rhiageu 
▼OD  Bftehen  im  i  Ablaswn  von  Teichen  In  NoUifftUen«  w&brend  obiger  Sction/.eiien  unter 
geeigneter  Kontrole»  ausnahmsweise  Bewilligungen  zum  Verkauf  und  Versandt  von 
Fischen  ertheden. 

Art.  15.  Wahrend  der  Zeit  vom  15.  April  bis  Ende  Mai  ist  der  Gebrauch  jeg* 
Ucher  .Netze  und  Garne  mit  InbegrifT  der  Heusen  und  Bäären  (WartlolTi  in  den  Seen 
verboten  Eine  Ausnahme  hievon  niH<  lit  der  Gebrauch  von  Speisnetzi  ii  zuni  Fang  von 
Ködei  tischen.  Das  Fi.schen  mit  erlaubten  .^ngelgerätben  ist  VOn  diesem  Verbote  nicht 
betroffen.  Ebenso  dürfen  in  dieser  Zeit  Feldien,  jedoch  nnr  an  tiefen  Miellen  der  Seen 


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— -  -      -  ^^.hmwmA 


Fi0clierei 


—    167  — 


Fischerei 


mil  schwebeudeD  Netzen  und  unter  sorgfältiger  Vermeidung  jeder  BerOhrung  der  Ualden 
(abfidlenden  Seeufer),  der  Reiser  nntl  der  gesammten  Wa^rflora  (Krüh)  gefangen  werden. 

Der  Bundesruth  ist  fniificlili^'t,  unter  Jen  trleiehen  Res(  hr;uikiin>:t  n  wie  für  die  Felclien. 
ausnahmsweise  auch  den  Fang  anderer  Fischarten  während  der  Frühlin^isrbonseil  xu 
bewilligen,  wenn  die  Kantone  darum  einkommeB. 

Art.  16.  Werden  beim  Fang  »on  Fischen,  welche  der  .Schonzeit  nicht  unlerUegen, 
Fische  lU  i  in  Artikel  9  und  11  genannten  Arten,  ixler  untermSßige  Fische  (Art.  19) 
mitgefuugeti,  so  sind  dieselben  sofort  wieder  iu ■^  Was>er  zu  tzeii. 

Art.  17.  Das  Holifl^n  wahrend  der  Schonzeiten  in  FIQaMD  und  BAchen 
verboten,  wenn  wegen  ungenOgender  Wassermenge  größere  HolsrtCIcke  nicht  mehr  Arei 
treiben. 

Art.  18.  In  Forellenhftehen  darf  wahrend  der  Sdionzeit  der  Forelle  und  zwei 
Monate  nachher  eine  Reinigung  der  Bachbette  nicht  vorgenommen  werden. 

Art.  19.  Xaciibenannte  Fischarten  dürl'en  weder  leilgebolen,  verkauft,  geläutt, 
versandt,  noch  in  Wirthsdmften  vmahrdeht  werden,  wenn  die  FisdM  von  der  Kopf- 
spitze bis  zum  Schwanzende  (Schwanzspitsen)  gemessen»  nicht  wenigstens  folgende 
Längen  haben: 

Lachs  (SabnV  50  cm;   Fluß-  und  Bachforelle  .  \ 

Aal     ...       rni;    Saibling  (RöthcH^  18  cm; 

Seeforelle    .  30  cm;   .SämmUtcbc  Felcbenaiten  ) 

Aescbe    .  .  85  cm;   Barsch  15  cm. 

Auf  «lie  Veräußerung  und  den  Versamlt  von  untermiitiijren  und  IcljpiuJipeii  Fischen 

aus  Fischbrulaoslalten  zum  ißinsetzen  in  Fi.'^bgewä&ser  findet  obige  MaUb&itinimuDg 

kone  Anwendung. 

Art.  2().  Vom  1.  Oktober  his-  no.  luni  ist  der  Fnnj,'.  Kauf,  Verkauf,  Verabreichen 
in  Wirthsckifteu  und  der  Versandt  von  einheimischen  Krebsen  verhiten.  Das  gleiche 
Verttot  gilt  für's  ganz^  Jahr  für  Krebse  unter  dem  Mindestmaß  von  7  cm  vom  Stirn- 
scbnahel  Tis  zum  Srliwanzornle  gemessen.  Unter  diesem  Hatte  gefangene  Krebse  sind 
sofort  wieder  in  das  Wasser  einzusetzen. 

Art  tl.  Es  ist  verboten,  in  l^sehgewftsser  Fabrikaf>gänge  oder  andere  Stoffe  von 
solcher  Beschaffenheit  und  in  -olrhen  Men;.'en  einzuwerfen  oder  l  inflieföen  zu  lassen, 
daß  dadurch  der  Fisch-  oder  Krebsbestand  geschädigt  wird.  Fabnkabgänge  solcher 
Art  sind  in  einer  dem  Fisefabestand  unsch&dlichen  Weise  abzuleiten.  Ob  und  in  wie 
weit  diese  Vorschrift  auf  die  bereits  beim  Inkrafttreten  i!e>  Bundesgesetzes  liber  die 
Fischerei  vom  18.  September  1875  (1.  .März  1876)  vorbanden  gewesenen  Ableitungen 
aus  landwirthsehafUichen  oder  gewerblichen  Anlagen  Anwendung  finden  soll,  irird  von 
den  KantonsregicrutiL  nr  t  falb  gegen  deren  Entscheid  Einsprache  erfolgt,  vom 
Bundesrath  iiesUmnit  sverdeu. 

Art.  99.  Die  Ausrottung  von  Fischottern,  Fisdireihem  nnd  andern  der  Fischerei 
besonders  »-hädlichen  Tliieren  ist  mO(flicbst  zu  begünstigen. 

Art.  23.  Auf  die  Fischerei  in  künstlich  angelegten  privaten  Grewässern,  in  wdcfae 
FiSQhe  aus  fllTentlirben  (Jewa^sern  nicht  gelangen  können,  finden  nur  die  Bestimmungen 
in  Art.  13  und  19  Anwendung. 

Art.  i4.  Der  Fischfang  in  allen  interkantonalen  Fischgewässem  ist  durch  Ueber- 
einkommen  zwischen  den  betreffi»nden  Kantonen  zu  regeln,  lieber  Bestimmungen, 
l^ln^•i(•htli(•h  welcher  die  Kantone  sirli  nicht  verst.aiiü^'en  kTinnen.  nilt  der  Entscheid 
dem  Bundesratbe  zu.  Demselben  bleibt  auch  die  Genehmigung  der  üebereinkommen 
vorbehalten. 

Art.  25.  Zur  Ueberwachung,  wenigstens  der  wiehtiporrn  Fi-i  hLrevviisser,  hnhen  lüe 
Kantone,  allein  oder  gemeinscbaf'tlicb  utit  angrenzenden  Kantonen,  sacbverbtüudige 
Fisehereiaufseher  anzustellen,  welchen  auch  die  Kontrole  über  allfailige  Fischbrut- 
anstulten  und  die  (lewinniing  des  Brutmatcriii!-  fHr  die-rlfien  übertragen  werden  kann. 
Der  Bundesrath  kann  anordnen,  daß  zur  Unterstützung  der  kantonalen  Fiscbereipolizei 
in  den  schweizerisclien  Grenzgewfissem  die  eidg.  Grenzwachter  beigezogen  werden.  Sie 
erhalten  ihre  diesbezügliche  Instruktion  vom  eidg.  Zolldeparlement. 

Art.  9ß.  Wenn  wertbvoUe  Fischarten,  welche  in  schweizerischen  Gewässern  gegen- 
wärtig nicht  vorkommen,  in  dieselben  eingesetzt  werden,  so  wird  der  Bnndesrath  die 
nAthige  1  I  I onderen  Vorschriften  zu  deren  Schonung  er!.i>-en. 

Art.  Es  isi  den  Kantonen  anheimgestellt,  strengere  als  obige  Massregeln  zum 
Sdnrtse  und  zur  Hebung  des  Ftedi-  ui^  Krebsbestandes  anzuordnen,  welche  jedoch  der 
Genehmigung  des  Bundesrathes  zu  unterstellen  sind. 


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Füicberei 


Fischerei 


Arl.  -2H.  Insolern  die  in  Art.  9  und  20  fcslgesetzleu  St  honzeiten  und  die  von  den 
Kantonen  gemäß  Art.  '27  getroffenen  Maßre^^eln  zur  Erhaltung  and  Hebung  des  Furch- 

und  Kreb^.lif  <1aiii](  <  nicht  liiiiit^ii  lif  n  ?o!ltpn,  ist  der  Bundesnitl»  ermäcliti^'t,  die  Schon- 
zeiten für  einzelne  (jt;vva.->t  r  hiIlt  Flutigel>ietc  zeitweise  zu  verliiugern,  oder  zu  ver- 
langen. <l,il.'>  in  denselben  der  Fisch-  und  Kreb^fang  durcii  Bildung  von  Schonreviwn 
stn  I  kt  nweise  einge.<tellt  wenle.  Er  kann  überdies  die  Anwendung  einzelner,  sonst 
erlaubter  Fanggeräthe  unter  besundero  rmstiinden  zeitweise  verbieten. 

Art  29.   Der  Bund  unter<(t(Hzt  Bestrebungen  zur  Hehun^r  des  Fbch-  und  Krebs* 

bestände«,  insbesondere  dii-  kriiistliclie  Fischzuch!.  die  Ei rirlifuii;.'  \nu  Fi<r|iwc;:,'ii  und 
Retugieo,  sowie  Maßnahmeu,  welche  zur  Ausrottung  der  lür  die  Fischerei  be-suaders 
«chUdltchen  Thiere  gelroflira  werden  (Art  9i),  durch  Beitrüge  bn  auf  die  Hlllfte  der 
b(>7npltclien  Knslt-n.  Die  Ki>sten  für  Anstellung  von  saehverständigt  n  Fi-«  Iicrciaufsehern 
(Artikel  2u)  werden  den  Kantuuen  vom  Bunde  zur  Hällle  ersetzt.  Die  hiezu,  äowie 
die  zur  Ueberwachung  und  Vollziehung  gegenwArtigen  Gesetzes  im  Atlgenneinen  erforder- 
lichen Kredite  sind  j;1hrlicfi  auf  dem  \V^'^'l■  des  Budgets  testzusetzen. 

Art  30.  Der  Bundesrath  wird  bevuIlmHchtigt,  über  dio  Fischereipolizei  in  den 
GrenzgewSssem  mit  den  Xachbarstaaten  Konventionen  abzuschließen,  in  welchen  so 
weil  möglich  die  Bestimmungen  des  gegenwärtigen  (Jesetzes  zur  Anwendung  zu  bringen 
sind.  Der  Bundesrath  ist  ferner  ermächtigt,  in  den  Grenzgewässern,  fQr  welche  keine 
solchen  Konventionen  bestehen,  die  Anwendung  einzelne  Bestimmungen  deo  gegen- 
wArligen  (tesctzes  zu  suspendiren. 

Ar!.  :»I  Ut'bertretungen  vorstcheniici  < If-r  tzesbeslimraungen  sind  mit  folgenden 
ßut>«;n  zu  lalegen:  i)  liei  den  nicht  unter  ZiUt;i  -I  und  3  hienacli  bt-sonders  bezeich- 
neten Uebertretungcn  Fr.  5  iOO;  2)  bei  Errichtung  verbotener  Fan^  \ -»t  t  ichl  migen 
(Art.  2  und  Arl.  ."i.  Zilfer  3»,  bei  Anwedung  der  in  Arl.  .'>,  Ziflorn  2  und  i  verbotenen 
Fanggenilhe  und  F;ing\vei-cn,  beim  Gebraucli  der  Otter  und  Sinuscia  <Art.  Ziffer  '^), 
ferner  bei  verlioteneni  Trockeidegen  und  Verunreinigungen  von  Fiseligewässern  im 
Sinne  von  Art.  r».  Ziller  7  uml  Art.  21  —  Fr.  bis  Fr.  lüO;  3j  hei  Verwendung  der 
in  Art  5.  Ziffer  1,  Ab^-alz  1  genannten  Stoffe  Fr.  lüü  1000. 

Art.  33.  Die  Bußen  sind  geniilß  den  in  dem  betrelTenden  Kanton  fQr  das  Polizei- 

strafverfahren  tjeltenden  Vorschriften  zu  erkennen  und  zu  beziehen  unter  Anwendung 
nachfolgemler  Bestimmungen:  1)  Im  Wiederholungsfalle  ist  die  BuLie  zu  verdoj»jieln. 
2)  Mit  Verh  ingung  der  Büße  kann  der  Eidzu'^  der  Berechtigung  zum  Fischen  auf  be- 
«limnde  Zeit  vtiluiiwlen  werden;  heim  zweiten  Kdckfulle  li,»l  dieser  Entzug  auf  die 
Dauer  vua  2  .lahreri  zn  ertoigen.  Von  jedem  in  ReehLskratX  erwachenen  Urtheile, 
welche.s  den  Entzug  der  Fischereiberechtigung  ausspricht,  ist  dem  schweizerisehen  Land* 
wirthschatlsdepariemenl  Anzei>/e  m  maclien.  3)  Die  utjerlauld  gefangenen  Fische  und 
Krel>se,  .sowie  die  zur  Verwendung  gelangten  verbotenen  Fanggerälhe  sind  zu  kontisziren, 
4)  UnerhälUiche  Bußen  sind  in  fielangniUslrafe  umzuwandeln,  wobei  der  Tag  zu 
Fr.  5  zu  {«rechnen  ist.  5)  Von  den  eingebenden  Bußen  kommt  ein  Drittel  dem  An- 
zeiger zu. 

.Art.  HA.  Die  BückliUligkeit  lallt  nicht  mehr  in  Betracht,  wenn  von  dem  letzten 
rechtskräftigen  BußenerkenntniÜ  an  bis  zu  der  Begehung  der  neuen  üeberlretung  fünf 
Jahre  vcrllossen  .sind. 

Art.  34.  So  bald  gegenwärtiges  Gesetz  in  Kraft  erwachsen  ist,  wird  der  Bundes- 

rath  die  nfttliipMi  V^illzugsverhmiilungen  erlassen  und  K'leich/fMli:.'  Au-  Katdnne  an- 
halten, ihre  Gesetze  und  Verordnungen  über  die  Fischerei  ohne  Verzug  mit  denselben 
in  Einklang  zu  bringen. 

Art.  Durch   gegenwärtiges   Gesetz    uinl   das   Bundesgesetz   betreftenil  die 

Fischerei,  vom  18.  September  lb75,  mit  den  zudienenden  Volliiebuug^verordnuujjeo 
außer  Kraft  gesetzt 

Dieses  Geaetsc  wurde  ergKnst  duroh  eine  YollnebuDgSTerodnnng  Tom  B.  Jani 
ISHd  und  eine  Spesialverordnnng  sn  Artikel  21,  ebenfelU  d.  d.  3.  Juni  1889. 

FitcHsHchtaHaialien : 

Jahr  Anstalten  Eii»rQtete  Ftschehen  Jahr  Anstalten  Grhrfltete  Fischchen 
18H6      €4              6,126,429             1889      87  ia/267,153 

1N.S7  9,(;()7,7:J8  189Ü       84  I3,ß77,532 

lt>66       Üi)  12,207,987  1891       9Ü  12.69Ü,51H 


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Fliehe»!  —    169    —  Fischerei 

* 

Laut  Art.  24  des  Bundesge^etzes  Uber  die  Fischerei  sind  die  Kaotono  ge- 
halten, zar  Ueberwachnni?  der  wiehtio^crn  Fisrhpft weisser  »ach verständige  Fiecherei- 
aufaeher  anzustellen.  Bts  Ende  Irt'JO  be«aÜ«ii  uachfolgende  iiantone  Fischerei- 
aufseher :  Aargau  1  Aufaeher  (und  4  Ageuteu),  Appenzell  A.-Rh.  1  Aufseher, 
BaeeUand  1,  Baaelstadt  1,  Bern  6,  FMbnrg  2,  8t.  Gallen  (bat  die  Aafeioht  den 
Kreisf(>r8tern  Ubertragen,  gegen wiirt ig  43),  Genf  4,  Luzern  H,  Neuenbürg  6, 
S  liiiiriiaitsoti  2.  Soluthurii  1,  Thttrgau  2,  Waadt  d  (für  Menenburger  See), 
Zürich  4.    Zusammen  37. 

Die  Prnmicn  an  die  Kautuue  /.u  Händen  der  FischzuchtanHtalten  betrugen  : 
l«j86  Fr.  9,082,  1887  Fr.  10,742,  1888  Fr.  11,035,  1880  Fr.  12,898, 
1890  Fr.  13,735. 

ErsteUU  FisdoBege*  6)  2  in  der  Anre  bei  Genf,  7)  1  in  der  Orbe  bei 
Orbe,  8)  2  in  der  Rhone  bei  Gtenf,  V»)  1  in  der  Venoge  (Waudt),  10)  1  in  der 
Glatt  bei  Kheinfelden,  11)  1  im  alten  Aarebett  bei  Aarberg,  12)  1  im  Hagnek- 
kanal. 

Fixdtereivereine :  KiintiMial-berniaoher  Fwchereiverein,  FiHchereivereio  fttr 
l%an  mnd  Umgebung,  Aargiutiaeher  FiatfhereiTerein,  Zugeriacher  FiaohereiTerein, 
Lokalfiachereivereio  Zofingen,  Oberrheinischer  Fiechereiverein,  Sektion  ZUrieh  des 
Hchweiz.  Fischerei  Vereins,  Fisohereiveroin  St.  Gallen,  St.  Galler  Oberland,  PiT  See> 
besirk  und  Gaster,  Altstätten. 

A.  RidgenSssisohe. 

1)  Bnndesgesetx  Uber  die  Fischerei,  v  ia  21.  Dezember  1888.    2)  Yoll- 

ziehungsverordnung   zum  Bundesgesctz   über  die  Fischerei,  vum  3.  Juni  1889. 
.3)  SpezialVerordnung  zum   Artikel  21    des  Bui>dei>geaet7:e>-    Uber   die  Fischerei, 
vom  21.  Dezember  1888,  betrelTend  Verunreinigung  der  CTewüsser  zum  Nuuh- 
tfaeil  der  Fischerei,  vom  3.  Jnni  1 889. 

B.  K  a  II  t  u  11  a  1  e. 

Aartfau:  1)  Gesetz  über  Ausübung  der  Fischerei,  vom  Ib.  Mai  18«»2  (in 
Kraft  sind  von  diesem  Geseti  noch  die  Artikel  1  bis  8,  10  und  1 7).  2)  VoU- 
ziehnngsverordnung  zum  Bundesgesetz  betr.  die  Fischerei,  vom  11.  November  1889. 

Appenzell  Ä  -Jifi.  :  Kantonale  VoUzngsverordnang  zum  Bundesgeseti  Uber 
die  Fischerei,  vom  18,  November  1889. 

Appenzell  I.-IUi.  :  Fitiohereiverordauag  für  den  Kanton  Appenzell  Inner- 
rhoden, vom  22.  Mai  1890. 

Baselland:  Verordnung  betreffend  Voltmg  des  Bnndesgeeeties  ttber  die 
Fischerei,  vom  5.  Oktober  1889. 

li'i^ehf't'lf :  Fischereiverordmvng  des  KuntonH  Baselstadt  vom  1^.  Januar  1878. 

Bern:  (Tcsttz/^ehimjLC  noch  nicht  revidirt. 

Frcibury :  ]>ui  Nur  in  penhe,  du  20  mai  1890. 

Gaüen:  Kantonale  Vollsngsverordnung   zum  Bnndesgesetz   über  die 
Fischerei,  vom  19.  Juni  1889. 

Gtnf:  1 )  Loi  concernant  la  peche,  du  23  fdvrier  1889.  2)  Üeglement  de 
polic<>  snr  la  pr  -hp,  du  21  mai  1HH9.  *» 

Giant!^ :  bLaatonale  Vollziehungsverurdnung  zum  Bundsügetietz  Uber  die 
Fischerei,  vom  11.  Juni  1890. 

(rraubAndm:  Gesetzgebang  noch  nicht  revidirt. 

Lugeru:  Kantonale  Verordnung  ttber  die  Fischerei,  vom  12.  Kovember  1889. 


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—    170  — 


Fiscbertt 


Seupuhurfi :  \)  Loi  Hiir  la  peche  rlaii.s  la  Haute-lieuBe  et  se»  aftiutntn,  du 
19  fevrier  18bÖ.  2)  Decret  abrogeaot  et  rempia^ant  l'artiole  14  de  la  loi  snr 
k  pftilie  diitt  la  Hattto-Beme  et  sw  afflafinta,  da  19  ttvrier  1886,  du  30  oo- 
tobn  1888.  3)  DSoret  modifiant  et  oompUtaot  la  loi  da  19  Ürmsc  1886  mr 
la  p6ohe  dans  la  Haute-Reuse  et  see  afflaent«,  et  le  diervt  dn  80  octobre  1888 
ear  la  peche  dans  la  Ba^se- Reuse,  du  3  avril  1890. 

Nidwaiden :  GeHetzgebung  noch  nicht  revidirt. 

Obwalden:  YoUziehangBveroFdnang  zum  Bandesgeaetz  Uber  die  Fischerei, 
▼mn  15.  April  1890. 

Schaff  hausen:  ELantonale  VollsiehanggverordnuQg  mm  Bondeegwets  über 
die  Fischerei,  vom  21.  M.irz  l!-i'.»0. 

Srhteifz :  Kantonale  VüliKiuhungüYerordnuQg  sum  BuudeBgesets  betreffend  die 
Fischerei,  vom  8.  Februar  1890. 

Sokikurn:  Gesetsgebaog  nocb  nicht  revidirt. 

Tesfin :  Bagolainento  cantooale  snlla  pesca,  27  novembre  1886.  Nodi  nicht 
revidirt. 

Thurgan:  I)  VoUziehungsverordnong  de8  Kegierangsrathe«  de«  Eantoaa 
Thurgau  zum  Bundesgeaetz  Uber  die  Fischerei,  vom  9.  Heumonat  1877.  2)  Be- 
edhlaß  betr.  Vollziehung  des  Bnnde^gesetzes  Uber  die  Fischerei  vom  21.  De> 
sember  1888,  der  bandesräthliehen  Vollsiehangererordnang  vom  3.  Jnni  1889 
und  der  Spedalverordnnng  zum  Art.  2 1  des  Bundengesetzes  betr.  Veronreinigung 
der  Ge  Witwer  xam  Nachtbetl  der  fiecherei,  vom  gleichen  Datum,  vom  1«  M&ra 
1890. 

Uri:  Gesetzgebung  noch  nicht  revidirt. 

Waaäi:  Arr§l4  du  5  ftvrier  1891  sar  la  police  de  la  pdehe. 

Zürieh:  1)  Geaets  betreffend  die  Fischerei,  vom  29.  Man  1885.  2)  Ver- 
onlnnng  zum  a1lrcheri6chen  Oefcts  betrcilend  die  flacherei,  vom  15.  November 
1890. 

Ztif/ :  Gesetzgebung  noch  nicht  revidirt. 

Güi(i;/c  ypHräiic  hetrtfftHd  Uegdung  der  Fischerei  in  den  sciuoeiäerischei^ 

(irenzgewaisertt  sind: 

1)  Uebereinkiuit't  zwischen  der  Hchweiz  und  Fiunkreich  bftreffpnd  gleich- 
artige Bestiiuiuuugeu  über  die  Fischerei  in  den  Grenzgewä^^t^eni.  Abgeschlossen 
am  28.  Dezember  1880. 

2)  Uebereinkaoft  awiachen  der  Sohweia  nnd  Italien,  betreffend  gleichartige 
Bestimmungen  Uber  die  Fischerei  in  den  bdideB  ßtaaten  angehOranden  Gewlaicni. 
Abg^ohlossen  den  8.  November  1882. 

ö  l  Staatsvertra^  zwischen  der  Snhwt  iz,  Deutschland  mul  di  n  Niederlanden, 
betretlVnd  KegcUing  der  Laohsii«cherei  im  Stromgebiet  dee  Rheins.  Abgeschlossen 
den  üO.  Jnni  1805. 

4)  Uebereinkuuft  zwischen  der  Schweix,  Baden  und  ElHaß-J^othringtn  über 
die  AuvMidnng  gleichartiger  Bestimmangen  fttr  die  Fitoherei  im  Rhein  and  Beinen 
ZoHttMcn,  einachließlich  des  Bodeneece.   AbgeBohlossen  den  18.  Ibi  1887. 
„  'S)  Erklärang  zur  Uebereinkunflt  swiaohen  der  Sohweia  nnd  Frankreich  Uber 

die  Fischerei  in  den  Grenzgewässern,  vom  12.  März  1891  lAbändcrang  dar 
Artikel  2,  :5  und  8  der  Uebereinkunft  vom  28.  Dezember  188<)). 

QiÜtige  Konisordate  der  Kanioue  über  die  Fischerei  in  Qreiugewdssem 

sind : 


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iocherei 


—    171  — 


Forstwirthschaft 


1)  Konkordat  zwisoheu  den  Kantonen  Freibarg  und  Waadt,  betrerteiid  die 
Fischerei  im  Marteasae.  Abgeachlos^n  den  23.  November  1876.  Noch  nicht 
revidirt. 

2)  Conrordat  snr  la  peche  dans  ie  Im  de  Nenchätel  dn  1"  fevrier  1890 
mit  Rrglemcnt  dn  1"  feviier  1890  pour  rex6ontion  du  oonoordat  du  1*' fevrier 
1890  Bur  lu  ])»'ch(^  dann  le  lac  de  NetichRtel. 

3)  Konkordat  über  die  Fi^herei  im  Vierwaldütättortsde  (in  Kraft  getreten 
mit  1.  Januar  1891), 

IdhnUur : 

4qMr,  -Dr.,  Die  interiiutionale  FiHchereikonfereox  in  Wien  in  der  Zeit  vom  99.  Se]»- 

tember  bis  1.  Oktober  1884.   Zürich  1885. 
Asper,  Dr.,  Die  Fische  der  Sdiweiz  nnd  die  kfinstlidie  Fischzucht  Bern  1891. 
Berichi   zu  ilem  Entwurf  der  Konkordate  Ober  <Vif  Fischerei  im  Znri<  h-i m  ,  Linthkanal 

und  Walleusee  und  über  die  Fischerei  im  Vierwaldsl&ttersee.   Bern  1879. 
Berichte  des  Bundesrathes  Aber  die  Fiedkeru  seit  1674. 

Ckiparedf  ,  A.  de,  Zur  Frage  der  Veffolyung  der  den  schweixerischen  FiechereieD  echftd* 

lieben  Thiere.   Bern  1885. 
Cysaty  J.  L.,  Beflchreibnttg  des  berflhmbten  Lucerner  oder  Vier  Waldstatten^Sees  etc. 

Luzern  Ififil. 

Funkhäuser,  Dr.  F.,  Statistik  der  Anstalten  zur  künstlichen  Ausbrütung  von  Fischeiern 

in  der  Schweiz.   Bern  18S9. 
Faüo ,  Dr.  V. ,  Histoire  naturelle  des  poiseons.  I**  partie.  Genive  et  Bftle  1882. 

U"-  partie  1890. 
Fatio,  F.,  Les  poisson<  d  Amerique  en  Suis^e.    B<  riic  1888. 

Frwsnrd  de  Saugtf,  E»  ßlade  de  ia  ptehe  dans  ie  iac  Leman  et  aes  aOluents.  Lau- 
sanne 1884. 

Internationale  Fischerei-Ausstellung  zu  Berlin  1880.   Schweiz.  Katalog  der  schweia.  Be- 

fheiligrung  und  iehtJiynlogLscbe  Miltheilungen  au«:  der  Schweiz.  Leipzig. 
KoHbrunner,  E.,  Die  thiirgauische  Fischfauna  iui«l  bezügliche  Gewässerverhältoisse. 
Frauenfeld  1879. 

Mmy,  M.,  Statislique  sur  la  <1i<fributiun  des  poiasotts  dans  les  lacs  et  les  cours  d*ean 

du  canton  de  Fribourg.  Fribourg  1880. 
Niet^aus-Meinau,  C,  Bericht  über  die  Verunreinigung  des  Rheius  durch  Abfiülstoffa 

der  Fabriken  im  Basier  Industrie-Bezirk.    Basel  1883. 
Göll,  H.,  Du  repeuplemcnt  de  nos  lacs  et  se«r  dangera.  Zürich. 
Grssuft,  C,  Fischbuch.    Frankfurt  a.  M.  inos. 
Eartmannt  Helvetische  Ichthyologie.  Zürich  1827. 

floftma««,  Q.  L.,  Versuch  einer  Besehreihung  des  Bodensees.  St.  Gallen  1808. 

HnrUnan»,  Besclireilmn^  der  Bemerseen.    Pt.  Gallen  1780. 

Junod,  Dr.t  De  la  piscicullure  naturelle  et  artilicielle  ou  de  la  reproducüon  et  propa- 
gation  dn  poisson  dans  les  afflnents  des  lacs  et  des  rivitoes  de  la  SnisM,  spi* 

cialcnieiit  (laus  rArnou,   T^ausaniie  ISai. 
Mörikofnr,  Der  Fischfang  im  Bodensee.  St.  Gallen  1810. 

JfonM,       IVotIzie  dei  pesei  deUa  provineia  di  domo  e  Sondrio  et  del  cantone  Ticino* 

Gomo  18»;4. 
McmgoU.  G.,  Fischbuch.  ZQridi. 

PaveH,  I  pesei  e  la  peeca  nel  cantone  Tieino.  Lugano  1871/73. 

Schocfi,  Die  Fische  des  Kantons  Zürich.  1879. 

Vetter,  J.,  Die  SchiHTahrl,  Flößerei  und  Fischerei  auf  dem  Oberrheiu.  Karlsruhe  1864. 
Vogt,  €.,  Kflnatltehe  Fischzucht.  Leipzig  1869.         (Geschrieben  Ende  Juni  1891.) 

Forst wirthschail.  ^Krgänzung  des  Artikel)  im  1.  Band,  von  domselbet 
Veriasfler;  mehe  anob  den  Artikel  «Waldbau*  im  III.  Band). 

Avfforatangen  im  eidg.  Foratgebiet.  Seit  dem  Inkrafttreten  dea 
eidg.  Forstgesetzefi  (bezw.  von  1878  inkl.  bis  Ende  1890)  sind  in  Anfforatnngw 
innerhalb  des  ei  lg.  Forstgebietea  verwendet  worden : 

NadeIholz|>flänzUnge  70,90H  (>s3  oder  durohachnittlioh  per  Jahr  5,45 1,1(18 
davon  verachulte  64,65 7,ÜU2    «  «  »      «  4,969,231 


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ForstwirÜwcbatl 


—    172  — 


PorstwirÜiäcUaft 


üiivüiüchulte  6,251,081  udur  durohsohnittlich  per  Jahr  4öü,852 

Laubholzpflänilinge  5,226, IH^^  •             «  •  402,014 

davon  Tersobulte  2,506,555    „  ^            .  «  192,965 

tinverMballe  2,717,628    «  „             .  .  209,048 

Same                kg        12,040    .  ,  «  „   kg  9{Ki 

Neuatilaf/en  von  Schutzwnldnnc^en  im  eMg.  Furst^'cbiet  mit  Heifriigeo  des 
Bundes  an  die  Kostpn  derselben  wurden  bis  Ende  IHiU)  in  der  Zahl  von  303 
autigefilhrt.  DieHelben  umtaüs&u  eiue  Fläche  von  ca.  1680  ha,  wovon  auf  die 
«imelnen  Kantone  entfallen:  530  Bern,  270  GrEubttnden,  355  St.  Gallen, 
244  Teaain,  91  Wellie,  87  Sohwys,  55  üri,  43  Lnsern,  32  Appensell  A.-Bh., 
23  Obwalden,  13  Nidwaiden,  12  Glaru«,  12  Waadt  ond  10  Zug. 

Die  Kosten  <U(  fier  neuen  Waldanliigen  belaufen  8ich  auf  Fr.  494,907. 

VcrhHHHtujni  ruit  Bundsjj^b'iträgeö  wurden  tut  Kostenbetrage  von  Fr.  t>."»4.s54 
ausgeführt,  wovon  auf  die  einzelnen  Kantone  kommen:  341,782  Bern,  123/J06 
TeMin,  67,624  Gtanbttnden,  51,619  Wallis,  25,400  St.  Gallem,  30,836  Sehwys, 
10,0(11)  (ihwalden,  6,677  Olarn«,  2,721  Uri,  2,092  Appensell  A.-Bh.,  1,996 
Kidwaiden,  1!>3  Luzern. 

Diene  Verbauungen  bestehen  iti :  1)  Firdarbeiten  46,UO()  m  Länge,  2)  Mauer- 
werk 55,650  m",  3)  Uolzwerk  295,000  m  Liinge  und  564,000  Pfahl«iU. 

Die  Bundefth^räg9  an  die  Konten  obgenannter  nenen  Waldanlagen  nnd 
Verbannngen  beliefen  ateb  aaf  Fr.  569,618,  wovon  Fr.  72,435  ans  der  Httlfit- 
million  bei^tritten  wurden.  Auf  die  einzelnen  Kantone  vertheileu  sich  die  Bei- 
träge: Bern  232,Or>  IV- in  108,253  (inkl.  24,224  aus  der  HülfstnilHon),  Grau- 
bünden 74.410  (iuki.  I7,üi>0  aus  der  Hiilfsmiliiun),  St.  Gallen  4^,029  (inkl. 
9,185  auü  der  Hülfümillion),  Wallis  39,285  (inkl.  17,314  aus  der  üül&million), 
Schwyz  20,235,  üri  16,683  (inkl.  4,712  ana  der  Halfsmillion),  Obwalden  7,956, 
Luzern  H ,  Glarus  ,%1]5,  Appentell  A.-Eb.  4,518,  Nidwalden  3,125, 
Zug  1,(170,  Waadt  764. 

Saut-  und  Pffau^-nitmlcu.    Der  Stand  derselben  war  Knde  IHHO  folgender: 
Areal:  9050  Aaieu,  2103  Staats-,  5477  Gemeinde-  und  Korporationi»-  und 

1170  Privatpllanzhchulen. 
Verwendeter  Same:  3291  kg,  wovon  1221  kg  für  Staate-,  1807  fttr 
Gemeinde-  nnd  Korporationen  und  263  kg  für  Privatpflanasobulen. 
Farstpersonal,    Dasselbe  bestand  £nde  1890  ans  156  wissenschaftlich  ge> 
bildeten  Forstbeamten  für  die  ganse  Sohweit,  worunter  66  fttr  dae  eidg.  Fomt- 
gebiet. 

Forstgchiilwisen.  Zur  Heranbildung  von  Ünterföi-Htern  fanden  bis  Knde 
1890  19  Kune  mit  487  Theilnehmern  statt,  Fortbildungskurse  4  mit  74  Theil- 
nebmem  und  Bannwartkuree  12  mit  240  Theilnebmem.  Die  fiundeabeitriige  an 
alle  diese  Kurse  belaufen  sieh  auf  Fr.  32,940. 

Wählst' rvilulen.  Ablösungen  von  Walddienstbarkeiteu  auf  Scbntzwalduilgen 

;'Arf.  I  I  dt^s  eidg.  Forstcesetzes)  wurden  hi-  Kmle  1890  19^51  vnrrrenommen, 
mit  einem  AbUisungsbctrug  von  Fr.  »'.79,1).^ 2  nuU>t  Waldabtretungen. 

VctmcasinnisiccscH.  Tnangulatiunen  IV.  Ordnung,  als  Grundlage  für 
die  Waldverniessungen,  wurden  in  den  Kantonen  Bern  (12»>9  Punkte),  Grau- 
bttnden  (826),  Appensell  A-Rh.  (163),  Zug  91,  Sebwyz  (32),  üri  (23)  und 
Lttsern  (13  Punkte)  ausgeführt  und  an  die  Kosten  der  Erstellung  dieser  Punkte, 
ausgenommen  derjenigen  des  Kantons  Bern,  ein  Bundeebeitcag  von  Fr«  22,760 
ausgerichtet. 


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Forslwirthsclmtl 


—    173  — 


Walävarvuesmn^m.  ^  Ende  1990  wurden  im  eidg.  Forätgebiet  6030  ha 
Staats-  und  56,578  ha  GemeiBde«  tind  CorporatioiiBwaldtingeii,  snaammeti 

H  1,008  lia  vermessen.   YoIUtändig  Termeüsen  sind  die  Waldongen  der  Eantane 

Freibnrg,  Waadt  und  Zürich. 

Tnyslfichv  Jh'trif'h-sehn^'f'htffrHfot  wurden  bis  anhin  für  f*a.  31  ^fo  der  Wal- 
dungen If.  eilig.  For-tgtibietes  autgebtellt,  nämlich  für  9Ö,büü  ha  provitjuriache 
und  für  41.500  ha  dcJiaitive  Wirthschaftnpläne. 

Ausgaben  des  Bundes  für  das  Forslivcsen.  Im  Jahre  18ÖG;  Fr.  74,8ÜiU 
1887:  Fr.  83,594,  1888:  Fr.  87,300,  1889:  Fr.  99,845,  1890:  Fr.  14^,914. 

(Geschrieben  Ende  Juni  1891.) 

Frei-Iiaiid.  Die  Ziele  der  FreiUmdbevregang  sind  im  Artikel  .Soaiale  Frage*. 
Seite  99/102  dai'gi  1' <>:t  Als  F^gänzung  dazu  hat  das  Lexikon  vom  Voratand  des 
achweixer lachen  ßodeubetiitzretormvereins  folgende  Mittheilungen  erhalten. 

Die  Freilandbcwcgung  nimmt  dank  eifri($er  Propaganda  durch  Presse  und  Vorlrfii^f. 
durcli  die  in  ca.  lOOCH)  Exemplaren  verbreiteten,  in  neuer  und  verbesserter  7.  Aulla^^'c 
vorliegenden  , Grundsätze  und  Po^^tulate*  (von  J.  Kr.  Schär),  durch  die  von  Arnienkassier 
Schttrz  io  JÜern  herau^iigegebene  Broschüre  «die  Bodenbesitzreform*  und  :indere  Publi- 
kationen einen  (raten  Fortgang.  Zu  den  Sektionen  Basel  und  Bern  kamen  Thun  und 
Luiern  hinzu    und  j^ind  soldic  in  Olarus  und  Sololliurn  in  der  Gründung  IjegrifTen. 

Die  vom  Central  vorstand  Husgesuliriebene  Preisfrage:  «Weiches  sind  die  wahren 
Ursachen  der  wachsenden  Nnthlage  des  Bauern-  und  ArbeHerstandes ;  in  weicher  Weise 
hängt  lii'  -1-  Er-(  lii  iuuiij.'  ziis  iuiinen  mit  der  heutigen  Besitzform  von  (irund  un*!  H  id«  n 
und  welche  geseUliche  Refurmeu  sind  anzustreben,  um  die  NoLhlage  der  arbeitenden 
Bevölkerung  zn  Stadt  und  Land  zu  heben?'  fand  36  Beantwortungen,  von  denen  10 
dui  '  Ii  l'r.'i«  aus-rr  zrirlinot  worden  konnten :  ein  Beweis,  daß  unsern  Bestrebungen  großem 
Interesse  entgegengebracht  wird. 

Zum  großen  Theil  der  Initiative  der  Bemer  Sektion  ist  der  Bau  von  Arlreiter' 
Wohnungen  auf  (ynnntuiebodi'n  ilei  SJadt  I't'i  ii  zu  verdanken. 

In  Baselland  ist  auf  Anregung  eines  Boileni  c formers  (Hr.  Landralh  Stef.  Gsehwind) 
eine  Enquete  Hher  den  Stand  der  Verschuldung  von  Grund  und  Boden  auRenommen 
und  durchgefnlirt  worden. 

Die  Seküuu  linsd  bat  anläßlirii  der  Iftztjährigen  (Jrui»ralli>vvahicu  l<ilgeu«ic  i,'o,^tu- 
late  für  tiie  Wahlprogramine  aufgestellt:  1)  Vornahme  einer  Enquete  über  <ien  Stand 
der  Verscliul.inni^'  der  Imnioliili.  n  K;ititons.  2)  nnlinluiiL,'  »-iner  Kantoniilliank  lui  I-ie- 
lebrung  von  innnobilien  und  mit  Noieiiausgal)e.  3)  AcndcMiii-  .1er  HypotbeLarurdaung  in 
dem  Sinne,  daß  die  l'eberi)auung  von  .*<taats-  oder  Gein<  in  i'  ItOld  efmöglichl  wird.  — 
0:>  Arbeiterpartei  hat  alle  3,  die  freisinnige  die  erste  der  Forderungen  auf  ihr  Programm 
genonuneu. 

Anläßlich  tier  letztes  Jahr  in  Hasel  durchgefflhrten  \Vuliiiim;.'-i  iii|u(  le,  deren  Er- 
gebnisse von  Prot.  Bücher  wissenscliaftlich  bearbeitet  Avurden.  bat  Frei-Laml  Basel  in 
einer  Eingabe  ati  die  Regierunvr  seinen  grundsätzlichen  Sland|iunkt  in  der  Wohnungs- 
trage geltend  gemaclit  und  in  einer  andern  an  2  großrSlhliche  Vereine  neben  dein 
Verbot  der  als  gesundheifssebä.llicb  konslatirten  Wobnungen  uml  der  Erriclitung  einer 
Städtischen  Wrdinungsinspektion  «lie  Erbauuno  von  Mirthshümern  auf  untrrd ußciiichem 
Staatübudm  in  Außrrquartieren,  r^sp.  im  Jnneni  der  Stadt  verlangt. 

£ine  andere  KtJigabe  an  die  H^erung  von  BaseUladt  wünscht,  daU  zu  gewerb- 
lichen und  Belenchtungszwecken  die  Wa^iserkräfte  des  Rheins  bei  Birsfelden  vom  Staat 
erworben  werden. 

Vom  Centralvorsland  iai  im  April  IbVO  eine  Petition  belretTend  Monopoliairung 
der  Wasserkräfte  an  die  eidg.  Behörden  abgegangen.  Der  Bundesratb  hat  vier  seiner 
Departemente  mit  der  Begutachtung  di<  si  r  iV-tüI  iii  Im- iiini  i;,'t. 

Fär  das  von  der  wliweiz.  freisinnigen  Partei  aufzuätellende  Programm  hat  ^Frei- 
Land*  folgende  Postulate  eingereicht:  1>  Erhebung  Ober  die  Verscholdung'  sowie  Aber 
den  Krtia,,"'  und  Vrrkehrswerth  des  I'i i\ at^nim dliesitzes  in  den  einzelnen  Kantonen. 
2)  Gesetzliche  Scliraiiken  gegen  die  zunehmende  Veii$ohuldung  durch  ein  eiuheilliche« 
Gesetz  über  das  H}  polhekarwesen.  3)  .Anbahnung  des  Raekkaufes  von  Grund  und  Boden 
durch  die  Gemeinden  unter  Miflinlfc  d»  -  S' latt  -  bei  Zwangsli(juidationen,  Krt>Mir:hmgen 
etc.  4)  £idgeuOik»iächeri  UobheiLsrechl  über  Gewinnung  und  Benützung  von  Wasserkrälleu. 


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Fremdeuverkelir 


—    174  — 


Fraukreicb 


Dieselben  sollen  unverftuAerlicbes  Eigenthum  des  Staates  bleibea  und  von  diesem  an 
Private  zu  pacblweiser  Bcmilzuug  abgegeben  werden.  - 

Am  Centraifest  des  Schweiz.  GrülUTereins  (1890)  bildete  ein  Vortrag  des  Präsiden- 
ten 4es  Bodenbesittvereins  über  die  sociale  Bedeutung  der  Bodenbesitzrefonn  eines  der 
Kiupttraktanden. 

Fnndeitverkekr  s.  den  Artikel  «Touristen-  and  Fremdenverkehr'^,  S.  311 
«.  ff.  im  III.  Band. 

Frttukreii'h.   (Ergänzung  den  Artikel»  im  I.  Bande.) 

Statistisches. 

Nach  'I-^r  sohweizeriacben  WrÄarenverkehiv-t;i!i«itik  (Spezia!haiviel>  betrug: 

im  iahre  die  Einiuiir  die  Ausfuhr 

aus  Frankreich      nach  FnuArdcb 

1885  .....    Werth  Fr.  180*583,713  14Ö'36a,844 

188G  ,    188'173,336  139'255,357 

1887                             ,       ,    21  1,777,4(;.4  130'Ü16,581 

1888                                      „    •201>'.sl7,lH7  142'009,72:) 

1Ö89  „    262a02,30y  142'28 1,034 

1890   267*068,984  144'd84,510 

Der  Aatheil  der  gemttnsten  Edelmetalle  an  obigen  Summen  wurde  von 

1885—1888  nicht  ermittelt.    Pro  1889  und  181)0  betrug  er: 
bei  der  Einfuhr  1889  Fr.  4O  (;7M,00O    bei  der  Ausfuhr  1889  Fr.  1.V19 1.902 
,     ,        ,       1890    „    40'728,200      .     .        „        1890    ,  i»0'.15.'),729 

Die  Gliederung  der  Mn-  und  Ausfuhr  nach  TolkswirthschaftLichen  iCategorien 
ergibt : 

Einfuhr  aus  Fraakrolch  AasHihr  aich  Frankreich 

Lebenamittel  .  .  Fr.  59*4'24«047  »8,3  >  Fr.  33*686,696  19,0% 
Rohstoffe  ...»  97'172,9n4  4:5,0%  ,  19'773,532  16,0  »/o 
Fabrikate  ,    .    .     „     69743,833    30,8  7o        ,     80  518,563    65,0  7o 

Fr.  236*340,784  Fr.  133*928,781 

Hiezu  gemUnstes 

Gold  und  Silber       «     40728,200  ,  20'45o,729 

Total    Fr.  267'0»5b,y.'<  l  Fr.  14 I  MHI.:.  !0 

Es  folgt  hienach  eine  Statistik  der  bedeutendsten  JbUn-  und  Ausfuhrartikel 
im  iH)hweizerisch-üanzösischeD  Spezialhandel : 


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Frankreich  —    175    —  Fraiikreich 


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Generoso-BAho  —    lo5    —  Gewässerkonektionoi 

Generoso-Bahu.  Zuhnradbuhn,  eröffnet  am  1.  Juni  lü^O.  Beine büiange 
9  km,  Spurweite  800  nun,  MaxiauUsteigung  220  '^/w.  Zahnatangeaatreeke  9.9  m 
4  Stationen:  1)  Capol*r»i  3)  San  Nioola,  S)  Bella  Viala,  4}  Vetta. 

Geschfiflslirmeiu  Am  31.  Dezember  189U  betrug  die  Zahl  der  im 
Handelsregister  glLltig  eingetragenen  schweizerischen  Finnen  (d.  b.  die  Zahl  der 
eingetragenen  weniger  der  getöediten  Finnen)  36,546.  Ea  mSgen  eioh  hieraater 

noch  verdübiedene  Greschi^fte  befinden,  welche  eigentlich  nicht  in's  Handelsregister 
gehören.  Doch  ist  ihre  Zahl  annähernd  kompensirt  durch  diejenigen  Firmen, 
welche  in  diesem  Zeitpunkt,  obwohl  eintragsptiichtig,  noch  nicht  eingetragen 
waren  und  erst  im  Jahre  1891  zur  Eintragung  gcdangten. 

Von  diesen  3ti,i>46  Firmen  fallen  20,420  aut  Kinzelinhaber,  394i2  auf 
Kollektiv-  and  KomwanditgeaeUaohafltn,  3956  anf  Aktien-  ond  Komnanditaktien- 
geeellschaften  und  Genoaaenadialten,  641  auf  Vereine,  und  endlich  567  anf 
ZweigniederlaMmogNi. 

Gewfisserkorrektionen.  (Ergänzung  de»  Artikels  im  I.  Band.)  Die 
Tom  Bunde  bisher  (Ende  1891)  aubrentionirten  Korrektionen  ete.  laaeen  aioh  in 
folgende  vier  Kategorien  eintheilen: 

1)  in  die  Verbauunf/en  der  WiidMche,  welche-  VerbanuQgen  in  bedeutender 
Zahl  vertreten  sind,  und  den  Zweck  haben,  den  Bodenbewegunf^er»  und  d*r  da- 
herigen  Getichiebsbildung  zu  begegnen  das  1.  Heft  einer  Abiiandluiig  ^v.  Salis, 
«Die  Wildbachverbauung  in  der  Schweiz*)  über  einige  der  ausgeführten  Werke 
ist  im  Jahre  1890  ersoiiienen  ond  das  U,  Halt  befindet  aioh  gegenwärtig  in 
Arbeit; 

2)  in  die  besonders  am  obern  Laufe  der  Gewiinser  vorkommenden  lokalen 

Schuizbauten,  welche,  indem  sie  planmSßig  als  Theile  eines  ausgedehnten  Kor- 
rektionswerkes  erstellt  werden,  sich  nach  und  nach  zur  vollständigen  AnsfUhroog 
desselben  aneinander  reihen; 

;5    in  die  Anlegung  von  Entsuinpfuwis-  loid  J-hi(w(i.sseri(n;/.<kanälen  ; 

4)  in  iliejeuigen  der  grö/^ern  ixtwmscrkorrcktionen^  welche  als  einheitliche 
Unternehmungen  sor  AnafUhrung  gelangen  (von  SaUs,  «Das  adiweiieriselie 
Waaswbanwesen* ). 

Die  unter  1 — 3  genannten  Arbeiten  werden  subventionirt  aus  einem  seit 
dem  Jahre  1871  und  überhaupt  auf  Grund  des  Art.  10  des  eidg.  WaHserban- 
polizeigesetzes  vom  22.  Juni  1877  jährlich  auf  das  Bnndesbudget  ge.setzten 
Kredite,  aus  welchem  Beiträge  au  solche  Arbeiten  zu  bewilligen  in  die  Kom- 
petenz des  BundemlbeB  HUt.  Ueberdies  erhalten  diejenigen  Landesthttle  der 
Kantone  Uri,  Si  Gallen,  Graubttnden,  Tessin  und  Wallis,  welche  von  dem  Hoch- 
Wasser  vom  Jahre  1868  betrotfen  wurden,  Beiträge  aus  der  sog.  Hiilfsmillion, 
einem  Fonds,  der  damals  aus  dem  großartigen  Akt»»  der  PrivathUlfe  zum  Zwecke 
der  >-pStem  Unterstützung  von  Verbauungsarbeiten  ausgeschieden  und  zurück- 
gelegt wurde.  Seit  dem  Jahre  l^bU  bib  Ende  16dl  wurden  laut  den  eidg. 
Staatsreehnnngen  ausbeiahlt ;  an«  der  Httlftmillion  Fr.  991,150,  aus  der  Bundes* 
kasse  Fr.  4*144,058,  zusammen  Fr.  5'ld5,d08,  welche  Summe  sirka  42  7«  <ler 
wirklichen  Kosten  ansmaoht. 

Für  die  unter  t  erwähnten  Korrektionen  wurden  bis  Ende  Dezember  1891 
Bandesbeiträge  bewilligt  im  Betrage  von  Fr.  28^309,850,  welche  sich  auf  die 
einzelnen  Unternehmungen  wie  folgt  vertheilen: 

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Geir&aserkorrektioiieti  —    186    —  Gewässerkorrektioneo 


Fr. 

1)  Rheinkorrektion,  an  die  Swtono  8t.  Gallen  und  Greiibttnden  .  >  &'4S0,00O 

3)  Bhonekomktion,  an  die  Kantone  Wallia  und  Waadt   ...  *  4*086,500 

3)  JorBgewKaBerkorrektion,  an  Ben,  Frnburg,  Waadt,  Keuenbnrg 

und  Solothürn   5'4ö3,00O 

4)  Aarckorrektion  im  Haslethal,  an  Rprn  .     ,   400,000 

5)  Melubaa-  und  AawdtMerkorrektiuu,  Obwaldcii   138,000 

6)  Aankonrektion  im  Kanton  Aargau   380,000 

7)  Korrektionen  im  Kanton  ZQrieh:  Thnr,  T56,  Glatt,  Limmat 

und  Sihl   TöÖO.OOO 

8)  Korrektionen  im  Kanton  Thurgau :  Thür  und  Mnrg  ....  900,000 

9)  Binnengewässerkorrektion,  Bezirk  Werdenberg,  Kt.  St.  Gralleu .  *  251,000 

10)  Bbeinkonekliim  im  DomleMbg,  Kanton  Gianlittnden .    .    .    .  '  654,000 

11)  Landwaaaerkorrektion  bei  Dave*,  &nton  Granbttnden    .    .    .  94,000 

12)  TesHinkorrektion   rn20,000 

13)  Yevoysckorrektion,  Kanton  Waadt  '  237,UUO 

14)  GrvümiekorrektioD,  Kanton  Waadt  »  240,000 

10)  Yurbauung  der  Nolla,  Kanton  Graubündeu   100,000 

16)  Emmekonektion,  Kanton  Bern    .   755,000 

17)  Lurzikorrektion,  Kanton  Zug   116,000 

18)  Wildbachverbaanngen  bei  Beekenried,  Kidwaldon  (lieli-  nnd 
Treetlibach)   125.000 

19)  Tieferlegung  des  Merjelensees,  Kanton  Wallis   7ö,üOO 

20)  Kegulirung  der  Wamerstlnde  des  Genfeneea,  Kantone  Qenf^ 

Waadt  nnd  Wallis   773,500 

21)  Sanirung  der  Silipfe  der  Orbe,  Kanton  Waadt   384,000 

22)  Korrektion  der  Wiese.  Kauton  Baselstadt   98,700 

23)  Regelung  der  Waiwerstäude  <le*»  Zürichsee«,  Kanton  Zürich  .    .  •  330,000 

24)  Korrektion  der  Thür  bei  Wattwil,  Kanton  Thurgau.    ...»  168,000 

25)  Korrektion  der  Thnr  im  Besirk  Wyl,  Kanton  Thnrgaa ...  *  421,150 
20'  K  !  I  ktiun  der  Engstligen  bei  Frutigen,  Kanton  Bern  .    .    .  ^  73,000 

27)  Korrektion  <ks  Niedernrner  Dorfbaclies,  Kanton  Glarns.         .  *  217,500 

28)  Verbaimug  den  Kybaches  bei  Lnni^'crn,  Kanton  L'iitciwalden    .  "  122,500 

29)  öicherungs-   und   Wiederherstelhmgfearbeiten   in   der  Vorstadt 

von  Zug,  Kanton  Zug  •  294,000 

30)  Korrektion  der  Sohenß  bei  Biel,  Kanton  Bern  *  109,600 

31)  Verbauung  de«  Biltner  Dorfbacbes,  Kanton  Glarns  150,000 

32)  Korrektion  der  Broye  hei  Payerne,  Kanton  Waadt  R()0,fK>0 

33)  Korrektion  der  Saane  bei  Laupeu,  Kantun  Bern  '  416,0<JO 

34)  Verbauung  der  Guppenruna  bei  Schwanden,  Kanton  Glaraa    .  ^  165,000 

35)  Aardcorrektion  cwischen  Interlaken  nnd  dem  Tbnnereee,  Kt.  Bern  *  153,300 

36)  Maggiakorrektion  bei  Locarno,  Kanton  Tessin  ^  402,500 

37)  Hochwanserdamin  dir  Thür  ir)it  Binnenkanal,  Kanton  Zttrioh  .  '  lon^OOO 

38)  Lombach-Korrektion  hei  Uiitert<een,  Kanton  Bern      .     .    .    .  *  :J  19,500 

39)  BürMchuerbach  Korrektion,  Kanton  St.  Gallen   141,500 


Ueber  das  H&here  dieser  Korrektionen  siebe  die  betreffenden  Artikel. 


8ett  lasa  Zuschlug  einer  neuen  i>ubveution.    ')  Neue  Subventionen. 


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Gewerbliches  BUdungswesen 


—    187  — 


6ftweri>liches  BUdnoesweeeik 


(iewerbliches  Bildung^swespn.  (Mitgetheilt  von  Herrn  Müller,  Beamter 
des  eidg.  Induatrie-  und  Landwirthschaftedepartementes.)  Seit  der  Berichterstattung 
in  dieMU  Lexikon  (I.  Buid,  Foiio  :l63-274),  dnroli  Herrn  H.  Wettetein,  gew. 
SekretXr  ftr  gewerbliekee  BildnngBwesen  im  eidg.  Handels-  und  Indaetriedepar- 

tement,  amfaHsend  eine  Schilderung  der  Lage  des  Handwerks  uad  der  E1mii> 
pewerbe,  sowie  der  den^^elbcn  z\i  Gebote  gestandenen  irf-w-rblichen  BiWungs- 
anstalteu  bits  zum  Jahre  i8ö3  und  ferner  die  ürt^achen  und  Grunde,  welche  die 
Bnndeebehörden  ▼eranlaßten,  sich  mit  dieser  Angelegenheit  zu  beüchuftigcu  und 
thntkräftig  in  dieees  »i'eld  ebingreifen,  am  dem  geennkenen  Handwerkentand 
dnrdi  Untentntenng  Hcbon  beatehender  und  neu  zu  gründender  beruflichen  Lehr- 
anstalten zu  neuem  AufKcbwnng  zu  verhelfen,  «ind  nun  i'>  fai  re  verstrichen,  so 
daß  es  angezeigt  ers-ebeint,  in  diesem  Supplementband  des  «cbweizeritKjhei»  Volks- 
wirthschaft8-Lexikun8  uiu^n  Kiickblick  auf  die^Entwicklung  dieser  neuen  Bundes» 
inatitett<Nit  ihren  Fortgang  und  den  bisher  erzielten  Erfolg  an  werfen. 

Dem  Bandeebesehlnfi  yom  37.  Jnni  1884  nnd  dem  betreffenden  Vollsiehnngn- 
r^lement  vom  27.  Januar  1B85  gemäß,  wurden,  abgesehen  von  der  Ueher- 
gangssubventiDn  vou  1884,  fortan  alljäbriieb  regelniHOigc  Sub(>n(>tmen  an  die 
gewerblichen  schweizeriBchen  Bildungsanstalteu,  ferner  Stipenäitn  au  Lehramts- 
kandidaten sam  Besuch  und  Studium  an  kunstgewerblichen  und  gewerblichen 
Sdinlen,  sowie  BeisestipeiidiMi  an  Direktoren  von  Gewerbemnaeen,  Fachsdittlen 
und  Lehrern  an  soldien  Etablissementen  behufs  Erweiterung  ihrer  Kenntnitise 
durcli  Besuch  von  in-  und  niislKndischen  gowetbliehen  Instituten,  endlich  Beitrüge 
au  verschiedene  Fachkursc  bewilligt. 

a.  Bundesaubventionen  an  gewerbliche  Bildungsanstalten. 

TJeber  die  Bnadeasubrentionen,  die  Beiträge  von  Staat,  Gemeinden,  Kor- 
porationen nnii  Privaten,  sowie  die  Gesaramtansgaben  nnd  die  Anzahl  der  An- 
stalten für  die  Jahre  IbBö  bis  und  mit  1890  gibt  die  Tabelle  auf  Seite  188 

und  Ii!! 9  Aütachluß. 

Im  Ganzen  betragen  die  Bundessubventionen  für  oben  er- 
wähnten Zeitraum  Fr.  1,518,524.  Ib 

welchen  gegenttbereteheD  die  Leistungen  der  Kantone,  Ge- 
meinden, Korporationen  und  Privaten  mit  ....  Fr.  4,056,802.  29 
ist  erfreulich,  konntatiren  zn  können,  daß  neben  der  erbeblieben  Ver- 
mehrung der  Anf*talten,  uueb  in  tjualitativer  Beziebung  Fortseliritte  zn  verzeichneu 
sind.  Mehrere  Schulen  wurden  vollständig  reorganisirt,  bei  andern  wurden  die 
Unterriehtsfiloher  Termehrt  nnd  um  aufinuntemd  anf  die  Ldirer  eintnwirkent 
erhöhten  verschiedene  Schulvoi  stände  deren  Honorare. 

Einen  großen  Antheil  am  Gedeihen  der  snbventionivten  gewerblichen  und 
industriellen  Bildungsunstalten  haben  die  Experten,  welche  nicht  allein  bei 
Anlaß  ihrer  jährlichen  lnspektionen,  sondern  bei  jeder  Gelegenheit  denselben  mit 
ihren  Batbe  an  die  Hand  gehen. 

Eingegangen  sind,  oder  haben  auf  weitere  Bnndessnbventionen  definitiv  ver- 
siebtet folgende  Anstalten  : 

1)  die  gewerbliche  Fortbildungsschule  der  „Soci^t^  industrielle"  in  Sitten^ 
subventionirt  1885  nnd  1886,  verzichtete  auf  weitere  Bundessubventionen; 

2)  die  Korbflechteroühule  Winterthur,  subventionirt  von  1885  an,  gieng 
im  Jahre  1888  aus  Ibiigel  an  Betbeiligung  von  Seite  der  Sehttler  ein; 

3)  die  gewerbliche  Fortbildungsschule  Betsohwanden  (Glaros),  nur  einmal 
(1887)  subventioDirt,  bewarb  sich  seither  um  keinen  Bundesbeitrag  mehr; 


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43«werblieh«fl  BUdun^swflseD  —    188    —  Gewerbliches  BUdmigsireMn 


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2,677 
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701 
39,019 
27.278 

4,118 
4,952 
3,147 

114,480 
10,999 
36.543 
3,959 
43,813 
11,391 

115,852 
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GtwarbUdhM  Klduagswesai 


—    190  — 


GmmrbiicliM  BüduDsaweaeo 


4)  die  Spielwaaremchule  in  der  Matte  Bern,  eabventionirt  von  1685-1889, 
veraiobtete  auf  weitere  BundesunterstUtzung; 

b)  durch  (Vic  anp  \'('r:  r  lufdcncii  Gründen  veranlaßte  Aufhebung  der  Schnitxler* 
«obule  Meiringen  im  Mai  IS'.M)  lallen  weitere  Subventionen  weg; 

Gl  die  gewerbliche  Kortbildungüschule  Beltheim,  nur  einmal  ItibU  üubvtiu- 
tionirt,  gicug  wieder  ein  und  ibre  Scbttler  fre^nentiren  nun  die  gans  nahe  gelegene 
^gewerbliche  FortbildnngMchule  Winterthmr; 

7)  die  Mascbinenstrickschule  Bern,  welche  tuic  h  und  nach  aus  dem  Rahmen 
einer  gewerblichen  Bildmigsanstalt  heran>;tr;it  und  den  Charakter  einer  Fabrik 
annahm,  wird  von  LS'dO  ab  nicht  mehr  äubventionirt. 

Unwillkürlich  drängt  idch  nach  VorBteheodem  die  Frage  auf,  ob  die  großen 
Opfer,  wekke  der  Bund  aat  1884  für  dae  gewerbliebe  BildungeweMu  gebraebt 
hat,  fiich  durch  cnt  i  r    htnden  Erfolg  rechtfertigen  lassen. 

Bejahend  kann  diese  Frage  theilweise  Hcdion  heantwortrt  weHtTt  dur  h  das 
Ergebniii  der  vum  eidgenimsisehen  Indusf riedepartemontü  pro  lÖÜU  in  Züncli 
veranntalteteu  Au^Htellung  de»  schweizeriiichen  gewerblichen  Fortbiiduogsechnl- 
weeens  (vide  Absobnitt  d  dieser  Beriebterstattang). 

Zn  dner  ^lletändigen  Beantwortung  wird  aber  das  Brgebniß  der  pro  1893 
in  Basel  stattfindenden  Ausstellung  von  SchUlerarbciten  der  vom  Bunde  snbven' 
tionirten  knmtjewerbUnht'n  und  trchnisf-hifwerblichen  Fachschulen,  Kurse  und 
Lehrwerkataitm  das  erforderliche  Material  bieten. 

Immerbin  bietet  ttberbanpt  lehon  die  inteniive  Ueberwaobnng  der  betreifenden 
Sobvlen  darcb  das  BxpertenkoUeginm  volle  GewXhr,  daß  nur  eolobe  Anstalten, 
bei  welchen,  abgesehen  von  der  FrfUUung  reglementarischer  Vorschriften,  ein 
steter  Furteohritt  naohgewieseo  werden  kann,  aabventionsfiflkig  betraebtet  werden 
können. 

Freqnens  der  ?oni  Bunde  sab ventionirten  gewerblieben 
Bildungaanetalten,  1891,  beaw.  1890/91. 

Kanton  Zürieh» 

SeMitr 


375 

Total 

375  ' 

Oewerbemnseum  mit  Kunstgewerbescbnle  Z^ri -Ii 

59 

8 

62« 

OewerLeuiusenm   mit  Berufsschule  für  Metaliarbeiter 

30 

30» 

633 

62 

685 

158 

52 

210 

Gewerbliche  Fortbildungsaobule  Wintertbur     .    .  . 

313 

318 

57 

57 

41 

41 

Gewerbliebe    Fortbildungsschule    Oerlikon  •  Seebaob- 

68 

• 

68 

37 

37 

Gewerbeschule  Unterstraß   .    .  ^  

74 

74 

Gewerbeschule  Rüti  

tiß 

63 

Ue  bertrag 

117  " 

2,0Tö" 

'  Ferner  130  minnlkhe  ui^  32  weiblidie  Heepitanten. 


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Gewerbliches  Biidungswesea 


—    191  — 


Gewerbliches  Büdungi<wesea 


SehOler 


maiinliclie 

ToUl 

Uebertrag 

1,898 

117 

2,015 

29 

8 

31 

92 

—~ 

92 

FadiBchule  für  Damenschneidcrci  und  Lmgorie  Zlliialk 

34 

34 

Gewerbliche  Fortbildungssohalo  Fiftfäkon  .... 

27 

8 

36 

26 

26 

62 

— 

62 

2,128 

167 

2,295 

KmUoH  Bern, 

Eamtaehnle,  konstgewerbliohe  Abtheilaag,  Bern  .  . 

^1 

7 

28 

UhrenmacLerschule  Biel  ...«...,. 

18 

— 

18 

18 

— 

18 

Lehr  wer  lut&tten  für  Uhreumacher  ir'runtrut     .    .  , 

11 

16 

27 

SebiililefBQliiilA  mit  Abeadaokttl»  SriM»  .... 

130 

— 

130 

17 

— 

17 

418 

— 

418 

160 

— 

160 

71 

— 

71 

23 

— 

23 

26 

— ■ 

26 

66 

— 

66 

27 

— 

27 

22 

— 

22 

96 

96 

16 

— ' 

16 

12 

8 

20 

36 

4 

40 

Kui)^tu':»*werl']io}ie  Zeichnnngsschnle  Biel  

23 

12 

36 

LehrwerkstätteD  für  Schuhmacher  |  ■„       (  ... 

au-  Bern 
„             ,  Schreiner      j          (      .    .  . 

22  \ 
32  J 

54 

OK, 

16 

16 

1 9 

1,900 

Kanton  Lueem. 

£iu»tgewerb«8ohiue  Luseni:  a.  Tageskurse  .    .    .  , 

37 

-  j 

i  137 

b.  Abendkurse  .    .    .  . 

100 

Kanlon  JJri. 

31 

31 

Kanton  Schwye. 

Geiwerbliobe  Fortbtldtuigsschale  Schwyz                          68  —  68 

,                 ,             Eusiedeln  ....       48  —  48 

116  —  116 

KanUm  Unierwatäm^  06  dem  WalUL 

Zeiebninignaiinle  Samen                                           30  —  30 

,            Sachöelu                                              19  —  19 

„            Kerns                                                10  —  10 

59  —  59 


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Gewerbliches  BQdmigiwesen  —    192    —  Gewerbliches  Bfldungeweeen 

Kaniim  üiUerwaldtnt  nid  dem  Wald, 

SeMItor 

BianlielM  wtlbllalie  Total 

Zmehnnngaeohiile  Stans                                            96  —  96 

„           Buochs                                              60  —  60 

,            Beckenried                                          25  —  25 

181  ^  ~  18l" 

Kanton  Glarm. 

Gewerbliche  Fortbüdaogaeohule  Gkrus-Riedern     .    .       127  79  206 

«                   «              SchwaodeD  ....        58  58 

KXfele                            27  —  27 

»                  ,              Mollis                            76  25  100 

,                  ,             Netstal  _    54  35  89 

3il  139  480 

JCanto»  Zmq» 

Handwerkendmle  Zug                                             52  —  52 

Kanton  Freiüury. 

Coura  de  de*.8in  professionnel  F'ribüurg  .....         49  —  49 

Ecole  seooodaire  professionneUe  Fribourg     ....        14  —  14 

Eeole  pnrfbimoniielle  de  rindnatrieUe  Fiibonrg                  6  12  18 

Fortbildangasehnle  fUr  gewerbliches  ZeidhneD  Mnrtaii        18  1  14 

Eeole  de«  tailleurs  de  pierre  Friboaig                           11  —  11 

98  13  106" 

Kanton  Sohthum, 

Handwerkersohule  Solothorn                                             87  —  87 

übrenmacherschule  Solothuro                                       11  — >  11 

GtwwUiehe  FortMldnogseohale  Ölten                           80  —  80 

«                 ff             Eriegetetten    .    .    .       59  —  59 

287  —  237 

Kamkm  SasO-Sfadi, 

Allgemeine  Gewerbeschule  Bttsel                                    469  95  564 

Fnuenarbeitseohiile  Beeel                                         —  465  465 

469  660  1,029 

Kanton  Basel-Landachaß, 

Gewerbliehe  ZeiehOTagssehnle  Liestal                           49  —  49 

9     .      '       ,            Arlesheim      ....        60  —  60 

,                  ff            Sissach                              40  —  40 

149  ^  149~ 

GewerblklM  fortbildungaechide  SebeffhMwen    ...      241  ~  241 

Gbwerbliihe  FortbildmigBiohiile  Herisaa                        48  —  4$ 

UniJiseh                        21  —  21 

69  —  69 


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tiewerUklies  BUdmigsircsen  —    198    —  GewerUicbM  Kldungswesm 

Kanton      QoMen.  schoier 

mftnidieb«  mlblieb*  Total 

ZeiuhuuiigHMciiule  am  induHtrie-  und  Gewerbeaiutteum 

8t.  Gallen                                                         70  9  79  > 

Gewerbliche  Fürtbildun^schnle  St  Gsllen  ....  191  —  191 

Webechule  Wattwyl,  Wattwyl                                      22  —  22 

ZetebDungüschalo  Berneck                                               81  —  31 

Oewerbliohe  Zeichnensohule  Borsohaoh                            34  —  84 

ZaittbiMgaMlwle  Oofita                                           19  —  19 

QewerWiohe  FortbildaDgewbiile  EbDat-Kappel  ,    .    .       22  —  22 

389  9  398 

KanUin  QraukQnden, 

GewerMiobf  Fortbildungasobale  Cbar   155  —  155 

Fraueuarbeitsschule  Chur   —  43  43 

Gewerbliche  Fortbildiiogsschole  Thusis                             15  —  15 

ITÖ  43  "  213' 

KoMUm  Aargau. 

Haadwcrkemhiile  Aaraa   169  —  169 

,             Aiirburg                                             30  —  30 

,              Baden                                                    Ö7  —  87 

,             Brugg                                               40  —  40 

«           Lensbnrg                                      49  —  49 

,            Rheinfelden                                       34  —  34 

^            Beufi-Gebenatoif                               28  —  28 

,            Zofingen                                           66  —  66 

Muri                                              38  —  38 

„            Bremgarten                                       34  —  34 


575  —  575 

KitnUm  Tkurffom. 

GewerUicbe  FozibildnngMchnle  FrM«aibld    ....      137  —  137 

a                  n            Arbon                              45  —  45 

,                  «             Bischo&zell   ....        40  —  40 

-                   -             Dießenhofen  ....        34  —  34 


a                   ,             Oberhofen -Känoh  weilen  14  —  14 

270  —  270 

Kanton  Tmcm. 

Zeidmtmgsachiile  Agnu   53  —  53 

,           BellinzoDft   39  —  39 

,            Breno   19  —  19 

«           Ceyio   15  —  15 

GluAMO   30  —  30 

,           GvBidMio   14  14 

,           Onrio   56  —  56 

*           LoMTHO   52  —  52 

,1            Lngano   145  —  145 

«            Mendrisio   49  —  49 

«           BiT«n   —  16 

  üdberlM«  488  488" 

*  Pamir  9  mlnnlicfae  und  19  wnUiche  Haapitantfla. 


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GewwbliehaBBildungsweseD  —    194   —  GewerbUclMsBildiiiigBweBeii 

Sekllw 


Uebertrag 

männliche 

weibliche 
— 

Total 

488 

82 

— 

92 

34 

84 

39 

— 

39 

xTi  1  

20 

-- 

20 

623^ 



623 

Kanton  Waadi. 

Ateliers  de  1  ecole  mdastnelle  cantonale  Lauäaoiie 

106 

106 

Gönn  d*eiMdgneineiit  profeMaooo«  LanniMie    .    .  . 

138 

^  mm 

57 

190 

JBcoIe  DOfmalei  oonn  da  mpouage  et  de  eemniuige 

121 



121 

360 

57 

417 

Kanton  Neuenburg. 

Ecole  de  dewin  ptufeäHionnel  Neuchätel  

130 

— 

130 

Eoole  d*«rt  et  de  gravnre  Gheaz-de-Fonde  .... 

271 

48 

814» 

Conn  d^entfiigDeineBt  piofMiioiiiiel  Loole  .... 

165 

124 

309 

22 

—— 

32 

»          «  Chaux-de'Fonas  

4S 

42 

53 

— — 

58* 

Ecole  profeasionuelle  pour  jeunes  nlle«  Chaux-de-Eonds 

73 

73 

708 

240 

948 

KanUm  Genf, 

Academie  professionnelle  Ueneve  

281 

o 

609 

Ecole  cantonale        arU  indiutriele  Geaeve     .    .  . 

V  V 

)2  ? 

192 

292 

115 

407 

66 

66 

639 

~443 

1,274 

ZMOmmeMUff.  SchUler 


mänuliche 

weibliche 

Total 

Zttricb   .    .  . 

2,120 

167 

2,295 

1,281 

72 

1,353 

137 

137 

31 

31 

llß 

116 

ünlcrwaldcn  ob 

dem  Wald 

')d 

59 

Uutcrwalden  nid 

dem  Waid 

Ibl 

181 

341 

139 

430 

Zog  .... 

52 

52 

93 

13 

106 

Solothiirn    .  . 

•        •        «  « 

237 

237 

469 

560 

1,029 

Basel-  Landschaft 

149 

149 

241 

241 

69 

69 

8t.  Gallen  .  . 

389 

9 

308 

Uebertrag 

5,973 

960 

6,933 

*  FernMT  21  mämdidie  und  1  weibliche  Haapitantaii. 

.     *       ■       ■  • 

•  e     176       ,         .    5*  , 


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gewerbliches  Bildungswesen 


—    195    —  .         GttWffMidi««  BUdungäwesan 


SehOI«r 

mfinntfche  wniMk-ho 


Udbertrag  5,97;5 

Gr&ubUnden    .....  170 

AurgMt   575 

Thurgau   270 

Tessio   623 

Waadt   360 

Neuenbürg   708 

Gf«of                            .  639 

? 


960 
43 


57 
240 
443 

? 


Total 

6,933 
213 
575 
270 
623 
417 
948« 
1,082) 
?  192| 


9,818    1,743  11,253 


*  F«riMr  93  mtanUdie  und  1  weiblidw  Hospitanten. 
Stipendien.    Gesammtsumme  der  vom  Bunde  ausfferiGkt^n  St^MmUen. 


Jahr 

1885 
1686 
1887 
1888 

1889 
1890 


Summe  der  StipendlM 


Fr. 


Stipendiaten 
36 

81 
107 
161 
125 

Total  Fr. 

Betreffend  die  Firtiiipation  der  ^nselnen  Stipendintenkniegorien  an  obigen 
OeeemmteniDmen  bieten  beiepielaweiiie  folgende  iwdi  Tabellen  der  Jahre  1889 
nnd  1890  eine  erlKatemde  Uebereicht. 

at^ndien  1869. 


7,940 
15,050 
19,000 

24,340 

iH.'.ns 

y4,405 


1£  a  11 1  one 

FIr  Betnch 
von  SchHlea 

FDr 

Reisen 

FUrdenV.Hand- 
fartifkeiksliurft 

fietammt- 

beträge 

Slip«D- 
4»tti 

Sli|i«n- 1 
int« 

Betrag 

Stiprn- 

Vt, 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Zürich  ..... 

11 

4,600 

2 

160 

4,760 

Bern  

5 

i,:^oo 

9 

725 

8 

750 

2,775 

Luzern  

8 

i,böu 

1,«50  I 

Freiburg  .... 

3 

1,000 

1 

120 

1,120  j 

Solothurn  .... 

1 

360 

3 

360 

710 

Baael-Stadt    .    .  . 

7 

900 

900 

Basel -Landschaft  . 

1 

430 

430 

I    ApiK'Tizell  A.-Rh. 

2 

600 

600 

Appenzell  I.-Rh.  ..  . 

1 

50 

50  1 

St.  Gallen  .... 

150 

2 

100 

6 

600 

850 

Granbttnden   .    .  . 

2 

450 

4 

600 

1,060 

Aargan  

4 

1,400 

2 

300 

1 

100 

1,800 

Thurgau  .... 

8 

1.450 

2 

200 

1,650  ' 

Wandt  

1 

2U0 

____ 

10 

980 

1,18U 

Wallis  

6 

450 

450 

ÜTenenburg.    .    .  . 

17 

1,615 

1,615 

Genf  

l 

150 

H2 

2,400 

2,550 

45 

12,830 

2« 

3,775 

88 

7,735 

24,340 

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Qewerblidiet  BUdungBwweD  196    —  Otw€rMidie>PM«oi»wca<a 

Der  große  Betrag  fdr  Reisesttpeadien  ist  baapttlcUidi  mf  den  tthlniehen 
Beraoh  dm:  pAriser  Weltaaaatollang  larttoksaftthroo. 


Stipendie»  1890. 


1 
1 

1  KABtoite 
1 

r 

FDr  Besuch 
von  Schulen 

IVJMtrukUoM- 
knrt  M  Tedh 
nikuMWIntorth. 

VI.  Iiaii4- 
iertigkeiMuirt 
Kl  Basel 

belri|ft 

il  Kl  r 

i  , 

1  

l  «. 
rt. 

:  T,. 

Fr. 

Zürich    .    •    •    .  • 

b 

1,460 

5 

'  1,150 

5 

400 

3,010 

Bern  

4 

1,350 

8 

900 

6 

'  460 

8,376 

.    für  Bmaeo    .  . 

676 

— * 

Luzem  

■ 

— 

üri  

Sclnrys  

— 

ObwBldan  .... 



1 

— 

KidwftldeD  .... 

— 

,  Glama  

2 

160 

160  ' 

Zag  

2 

400 

400  1 

Freibarg  

9 

900 

900 

Solofhuni  .... 

1 

&0 

3 

700 

3 

310 

960 

Basel-Stadt  .... 

12 

720 

720 

BaHel-Landt^chaft  . 

1 

430 

— - 

— 

430 

SrhafThauaen 

1 

100 

100 

A{ipt-Dzell  A.-Rh.  . 

2 

650 

1 

50 

900 

AppeDBOU  L-Kn.  . 

1 

50 

- 

ÖO 

1    Ri  Gallen 

S 

300 

6 

480 

7B0 

Grantrtliideii .    .    .  . 

3 

760 

2 

200 

960 

Aarga«  

7 

2,200 

1 

80 

2,2f<0 

Thur^'au  

2 

500 

1 

250 

3 

240 

990 

TesHin  ..... 

Wudt  

1 

100 

12 

1,200 

1,300 

Wallis  

Neuenbürg  .... 

16 

1,600 

1,600 

Genf  

32 

8,525 

14 

3,600 

79 

6,790 

18,910 

\h^^  ^tipFTiffiiiten  der  ersten  Kategorie  haf  ru  ihre  durch  daa  bez.  Reglement  ror- 
geacbriebeneii  \'erptlichtungen  mit  eine  reinzigen  Ant>nabnie  voll  und  gauz  erfüllt.  Die 
Zeagniaae  der  von  ihneQ  fre^ueutirteo  kunstgewerblichen  und  gewerblichen  Bildunga- 
«nstalten,  reep.  d«reii  Yontänden  lavten  doidiwegs  günstig  and  die  «jigeMudten 
Arbeiten  (ZeiobnaDgen  und  Modelle)  macben  den  Eindruck«  daß  die  Stipendiateii 
fleißig  gearbeitet,  und  meistenthcils  sehr  gute,  selbst  vorztlgliche  Resultate  erzielt 
haben  Einige  wirken  bereits  an  acbweizeriaoben  gewerblichen  und  indaatriellen 
Bildangnanstalten  als  Lehrer. 

Die  Kmpiknger  von  BeiBestipendien  babw  TOrgeeehriabenen  BeiBeberiebte 
jeweilen  dem  eidg,  Deputenente  Vbermittelt. 


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Gewerbliches  BUdongswesen 


—    197  — 


Uewerbiiches  Bildimgswesen 


Es  beftidea  meli  dunmtar  mandu  hBohst  lehrrnobe  Bdtiige  betn^and  du 
gewarbliohe  und  indottiielle  BUdnngswaseii  ift  der  Sehweis  und  im  Aulttide. 

Die  TheUnebmer  der  InstroktioiBiklllM  für  Zdebattngslebrer  gewerblicher 
Richtung  am  TpcTiniknm  Winterthur,  »owie  diejenigen  an  den  Handfertigkeit*»- 
kurzen  haben  Uber  deren  Yerlaui  und  Erfolg  dem  Departemente  doroh  ELoUekÜT- 
bencliie  Kenntniß  gegeben. 

Bn  ndesbeiträge  an  versohiedene  Faehkarae  eto, 

188(».  BoadeBbeitrag, 

Fachkurs  ßr  Schuhmacher  in  Winterthur,  14  Tage  dauernd  .  JFr.    150.  — 
^         ,  „in  üttsei,  3  Wocbeu  dauernd    .    .     ,     150.  — 

Eioualiger  Beitrag  an  die  Firma  Laurenz  Meyer  in  Heriaau  fUr 

EinßhruHg  Mehter  WoUttoffi   6000.  — 

1887. 

AwMtitliiJi  ^  eohwajseriadheii  Lehrertegee  in  St.  GhUleo  fimd  «m 

25.,  26.  und  27.  Sept.  tine  Aussielluny  von  ArbeHen  (am 
den  Jahren  1886  und  1687),  Lehrmitteln  und  P>>>rframmen 
gewerblicher  Fortbildungsschulen  statt,  veranlaßt  durch 
den  Verein  zur  Förderang  des  Zelohenonterriobt»  in  der 
Schweii,  in  Terbindiing  mit  Ihehminnieohen  Beforaten. 
Der  Bund  leistete  einen  Beitrag  au  die  bes.  Kosten  von   .    „     200*  — 

Der  Bund  unterstützte  die  vom  Verein  zur  Fi5rderung  dea  Zeichen- 
unterrichtea  herausgegebenen  „  Blätter  Im-  den  Zeichen- 
unterricht" durch  203  Abonnemente  „  609. 

nnd  gab  dieeelben  nnentgeltlioh  an  die  ^on  ihm  sabTen* 
tionirten  gewerblichen  Bildungsanstalten  ab. 

Tom  10. — 30.  Januar  fund  in  Baar,  Kanton  Zug,  ein  Fachkwn 

für  Schuhmacher  statt,  Bundesbeitiag  an  denselben  .    .    .    «     lÖO.  — ■ 

1888. 

Der  Hcbweizerischeii  ptnnarieiiten  Schulatisstelluiig  in  Zürich  wnrde 
zur  Vervollständigung  ibrer  Leitrmittel  für  gewerbliche  Fori- 
biläungsstMlen,  baeireDd  ani  einen  von  Herrn  Ftof.  Beadd 
in  Schaffhanaen  aAgefertigten  Lehiraitlelkttalog  ein  «aßer- 

(trdentlicher  Beitrag  von  ^    9800.  — 

bewilligt.  Die  Sammlung  wurde  beinahe  vollständig  beöchatl't 
und  aufgestellt  und  es  wird  eine  wichtige  Aufgabe  ihrer 
Lettong  sein,  aie  nun  fortwfthrend  «uf  <to  BXH»  der  Zeit 
n  erhalten. 

Ein  Fachkurs  fiir  Schuhmacher  (30  Theilnehmer) ,  der  vom 
27.  Februar  bis  9.  April  in  Zofingen  stattfand,  erhielt  etaen 
Bundeabeitrag  von   126.  — 

Iii  Außersihl  (Zürich)  fand  ein  Kurs  für  Zuschneiden  und  Kleider- 
mocAen  (31  TheUnehmerinnen)  statt,  welcher  von  Ende 
Mai  bis  Ende  August  dauerte;  fiundessubvention .    .    .    ,     ,     lÖO.  — 

Wie  im  Jahr  18H7  wurden  fUr  AbnvnemenU  (Mtf  die  „Blätter 

ßr  den  ZeichenunUrridtt^  bewilligt  ,     600.  — 

T889. 

Der  Zuschneidekurs  ßr  Schuhmavher  in  Aarau,  4. — 17.  Februar 

(14  Theilnehmer),  wnrde  nntersttttzt  mit  143.  — 


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Gewerbliches  BUdang8we8«n  —    198  — -  Gewerblichem  Büdun^wesea 

Der  Fachkurs  des  Schuhmacher- Meister  Vereins  Alulorf,  11. — -23. 

Fttbniftr  (9  Theilaeluncr)  mit  Fr.   150.  — 

Der  Faekkurs  des  Belwkmaekermeitterwrem»  Bern  (38  ThttiU 

nehmer)  mit  •       75.  — 

Der  Fachkurs  des  Schuhmacher'Arbeitervereins  Bern  (26  Tbeil- 

nehmer)  erhielt  «      150.  — 

Der  Fachkurs  des  Scftuhmaeher^MeisUrvereina  Borgdorf,  14.  bis 

27.  Janaar  (26  Tbeifaiehmer)   ,     200.  — 

Dar  t\»ddBurs  des  Schuhmacher' Meister peretM  Zoftngen  14. 

Januar  bia  6.  Februar  (24  Theilnehmer)  ,      125.  — 

Der  Fachkurs  des  Schuhmarher-Mtisiercrrein't  Solothurn,  25.  bin 

31.  MUTZ  (18  Theilnehmer)  100.  — 

Der  Zttsdineidekurs  des  Sehnetderfaehvereine  m  Aaran  ....  100.  — 
Der  2ki$(^eidekiiir8  des  Arbtiietvereim  der  Schnculer,  in  Bern, 

2.  Des.  1888  bie  24.  Mira  1889  (16  TheUoebmer)  er- 
hielt  ,     13Ü.  — 

Derselbe  ArbeiterveretH  der  Sclumder  in  Bern  an  seinen  Kut^ 

im  Winter  1889—1890    70.  — 

Der  HandsUdeereikurs  in  Appeniell,  1.  April  bie  35.  Mai  (26 

Theilnehmeriitnen)  «     300.  — 

Der  Manchhirnii'ihJnns  Anßersihl,  29.  Aagast  bie  6.  November 

(20  Theilnehmer  innen)  «      150.  — 

1890. 

E«  erhielten  in  <li«'hem  Jahre  ijaiitittssuljventionen  : 

Der  schweizeritiche  Verein  für  horiUrmty  des  Knahenarbeiis- 
unierridtts  fttr  eine  Prne-AiieiohrdbsDg  belral^  Erlangung 
paneender  Lehmnttel,  inniobat  Ittr  den  ünterriobi  in  Car- 
tonnagearbeiten ;  Beitrag  pro  1H91  «    1000.  — 

Die  Rppiernng  de»  Kantone  Bern  für  den  Hatu^eriigkeitskurs  am 

Seminar  Hofwyl  pro  1890  und  1891    700.  — 

Das  Gewerbemuseum  Winterthnr  (ttr  die  Anschaffung  der  Aep^ 
pH'sehen  Modeltet  behuft  VervielAltigung  denelben  als 
Lehrmittel  im  mechauisch-  techniicbeii  Zeichnen  (dnrob  die 
BenifHNchule  Olr  Metallarbeiter)  ,    1450.  — 

Der  historisch  -  antiquariHche  Verein  Winterthur  tiii  die  Konten 
der  für  die  kunstgewerblichen  Fachschulen  ein  nehr  Schützens* 
werthee  Lehrmittel  blldendea  Pablikation  r>  Meisieneerhe 
schweigeriseher  Glosmalerei*  •   1000.  — 

Die  Kegiernng  des  Kantons  Appenzell  Inner-Rhoden  f\lr  den 
Uandstickereikurs  in  Appenaeil,  b.  April  bis  24.  Mai 
(äl  Theilnehmerinnen)  «     iiUO.  — 

Die  R^erong  des  Kantons  ZUricb  für  den  II.  Zuidm^dtk^rs 
in  Anßenihl,  SO.  Juli  bis  10.  Oktober  (19  Theilnebme- 
rinnen)   ^     150.  — 

Wie  bisher   wurden  der  Zeitschrift    ^Blätter  für  den  ZeUkem- 

unterr/cht'  durch  Abonnemente  zugewendet  ,      600.  — 

Endlich  ist  noch  zu  erwähnten,  daß  seit  1H8()  dem  schweizerischen  Ge'vrrbe- 
rerei'i  an  die  von  demselben  veranstalteten  LvhilmifsprAfunyen  ein  Bundes- 
beitrag von  jährlich  3500  Franken  bewilligt  worden  ist. 


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Gewerbliches  Bildungsweseu 


—    1»9  — 


Gewerbliches  Bildongswesea 


Erste  Hch  w e i zer iscb e  AuBHtelluQg  des  gewe  r  bliclieu  Furt- 

bilduugaao  hui  Wesens. 

Unter  Voisiti  des  Departementevcmtehers  wurde  von  39.  Iris  81. 
Jsnnar  1890  in  Genf  in  einer  PlenanitcaBg  der  Sxpatm  fttr  das  gewerbliehe 
nnd  indttstrielle  Büdnngewesen  das  bes.  Projekt  dieser  Sobolausstellung  dnrdi* 
beratiien  und  bieranf  vom  Departement  dessen  Durchführung  beeohloeeen. 

DHsaelbe  besteilte  am  10.  Februar  zu  diesem  Zwecke  eine  allgemeine  Ans* 

eU'llui  t':-kommift««ion  und  ernannte  zn  deren  Mitgliedern  die  Herren: 

Profeuäor  H.  Benddt  i°  Schalt  hauüen ; 

Architekt  W*  Bubeck,  Direktor  der  allgemeinen  Gewerbeschale  Basel; 
L.  M^er,  Direktor  der  Hendwerkendmle  Aaran; 

Architekt  Ad.  Tteche,  Bern; 

8»  Wehurtrtvrr,  Direktor  der  Kunstgewerbo.schul»'  Luzern; 

in  itirer  HigenHchaft  nh  Kxperten  für  die  gewerblichen  ir'ortbildangs- 

Echulen,  Zeichoungs-  und  Uaud werkerschalen. 
A,  Weber,  ZeiobnnngslBlifer  «m  Gjmnarinni  in  Zlirieh,  als  Ywtreter  des  sohweise- 

risdien  Terdns  yon  Lehrern  an  gewerblichen  Fortbildnags*  nnd  Fach' 

scbulen ; 

Prof.  r.  S<'hoop,  Zürich,  als  Vertreter  des  schweizerischen  -  Vereins  sur  För- 
derung des  Zeichenunterrichts; 

Prof.  Dr.  0.  Huneiker,  Klißnacbt,  als  Vertreter  der  Spezialkommission  der 
sohweiserisehcn  gemeinnlltsigen  Gesellsolialt  fttr  gewerbliches  Fortbildnngs» 

-r]  ml  wetzen  .; 

W.  Krt'hs.  Sekretär  des  Schweix.  Gewerbevereias,  Zflriob,  als  Vertreter  des- 

KC'llicii  : 

Bichirul-trutciard,  secretaire-inspecteur  de  1  ecuie  cantonak'  de»  ArU  iadustriels, 
Geniye,  als  Vertreter  der  gewerblichen  Bildnngsanatalton  der  romaniselien 
Sdiweis. 

Ben  Yornts  Übertrug  das  Departement  Henrn  i^fesBor  Bendel  in  Sehaff- 
hausen. 

F^i»'.se  Koiiuuifisioii  stellte  am  L'G.  Februar  eine  „ Vr-rordnnng  für  die  Aus- 
Mtelliing  der  vuni  Bunde  subventionirten  gewerblichen  Forthihlungsschulen.  Hand- 
werkerticbuleu  und  gewerblichen  Zeicbenkurse"  und  um  „Reglement  über  die 
Beschickung  der  Anastellnng*  auf,  welchen  Vorlagen  das  Departement  am 
5.  Män  die  Genehmigung  ertbeUte.  Dasselbe  ernannte  am  6.  März  das  vorge- 
sehene engere  Ausstellungskomite  aus  den  Herren  Professor  H,  Bendel,  PrO' 
frssor  }Jr.  0,  huHMtkeTt  Professor  ü.  Sdmpt  W.  Krebs  und  Direktor  Wein- 
gartner. 

Die  Ausstellung  war  f&r  die  sobTentionirten  Schulen  genannter  EategMim 
obligatorisch  und  sollte  deren  nach  dem  1.  Hai  1889  fwtiggestellte  Sehttler- 

arbeiten  umfassen. 

Sie  fand  vom  14. — 28.  Septtnnber  in  deu  Rauiiieu  der  eidg.  polytechnischen 
Schnle  in  Zürich  statt,  unter  Betheiligiing  von  Schulen  (mit  40.'»  Lehrern 
und  Sohiiiernj  und  der  scbweiseriMcben  permanenten  SchulauänteUung  in 

Zttrieb,  welche  «ne  Auswahl  von  Lehrmitteln  auszustellen  hatte. 

Alle  gewerblichen  Fortbildangsschulen,  Uandwerke»cbulen  und  gewerb- 
lichen Zeichenkurse,  deren  Betheiligung  obligatorisch  erklärt  wurden,  waren 
erschienen,  so  daß  sich  ein  möglichst  vollständiges  Bild  der  in  der  Schweiz  auf 
diesem  üebiet  unternommenen  Bestrebungen  darbot.    Ein  „Ofüzieller  Katalog", 


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Gewerblicbea  Bildungswee«»  —    200    —  Gewerbliches  Biidungswesen 

enthaltend  :  A.  eine  Einleitung  (histomche  Entwicklang  des  gewerblichen  Fort- 
bildiingBMhiilweaeiu  in  der  Sebweis),  B.  die  BeeehzeibiiDg  der  einaelnen  Anetalteii, 
C.  daä  Verzeichniß  der  Lebmittd  tÜT  du  gewerbliohe  Fortbildnngsadudwewn, 

gab  die  nöthige  Wegleitang. 

Nach  Art.  3  der  Verordnung  sollte  die  AnRstellung  „eine  Vf*rc]^l»'ichende 
Uebersicht  über  die  an  den  einzelnen  Anstalten  üblichen  Lehrmethoden  und  die 
erzielten  Unterrichtserfolge  ermöglichen  .  Sie  maßte  daher  von  Fachexperten 
geprttll  werden.    Du  Departement  ernannte  ra  eolcben : 

Für  eiementares  Freihandzeichnen  :  Herrn  Prof.  Ed.  Kaiser^  La  Chaux-de-Foudsi 
«   bemiliohea  FreihandMichnen :  Herrn  Faoblebrer  AUt,  Waffen^  Basel; 
«   IdDeaiMiobnett :  Herrn  Rektor  A.  Beni^,  Bern; 

«    bantechnigchfH  Zeichnen :  Herrn  Direktor  Emü  Wild,  St.  Gallen ; 

«    mechanisrl  technisches  Zeichnen:  Herrn  Ingenieor  J.  J.  Eeifer,  Winterthur; 

K    freies  Mudt^lliren,  Holzsohnitzen,  Holzbrandtechnik:  Herrn  Fachlehrer  Jas. 

HoiiuOeie,  in  Basel; 
,1   SohtdimaebeRnobnra :  Herrn  Scheideffffety  Vorsteher  der  LehrwerketKtten« 

Bern  ; 

n    die  theoretischen  Fächer  :  Herrn  Seminardtrektor  Pcier  Qunsingert  SoloÜiam, 
und  Herrn  Pfarrer  J.  Christinger,  Hüttlin^^en. 

Die  Fachexperten  haben  die  Ergebnisse  der  Frütung  in  einer  vom  Depar- 
temente auf  Schluß  der  Ausstellung  veranlaßten  allgemeinen  Konferenz  von 
Ytttreteni  ^  Behörden,  Ton  ToiatdiiBm  nnd  Lelwern  der  anaatellenden  Anstalten, 
weldie  luderst  xablreieh  besacht  var,  in  Form  anregender  Beibrate  mitgetbeilt, 
die  nebet  der  «iob  ansoUießendai  IKdinHion  rar  YertliieBstUdbning  gelangt  sind. 

Außerdem  erstatteten  sie  dem  Departement  schriftliche  Spezialbericbtei  die 

kritischen  Benierkongen  ilbcr  die  einzelneu  Schulen  enthaltend ;  jede  der  letztem 
hatte  vuD  den  t>ie  bctretleuden  durch  Vermittlung  der  Kantum^regierungen  Kenntniß 
erhalten,  damit  die  Resultate  möglichst  verwerthet  werden. 


J)io  Ausgaben  des  Bundes  für  die  Ausstellung  betrugen: 

Für  Kommi!*8ionen,  Connt^s,  EhrenauBgabeit   Fr.  5,077.  26 

„    Fachexperten   «  3,046.  — 

p    Druck«  und  Lithographiekoaten,  Katalog,  Referate,  Zir« 

kulare,  etc   ,  2,922.  75 

«    Einrichtimg,  Betrieb,  Transport,  eto   ,  4,634.  48 

Total  Fr.  15,680.48 


Eh  darf  kunstatirt  werden,  daß  die  Ausbteliung,  Dank  besuuderä  auch  der  höchst 
anerkennenswerthen  Bemilbnngen  ihrer  Organe  einerseits,  and  der  anssteUenden 
Kreise  anderseits,  als  ein  im  Ganzen  wohlgelungenes  Unternehmen  sich  darstellte, 
und  außerdem  einen  neuen  Beweis  tür  die  seit  dem  Kingreifen  des  Bandes 
gesteigerte  Entwirklung  des  gewerblichen  Berufsbild ungswesens  leistete. 

Eine  Ausstellung  der  vom  Bunde  aabyentionirtda  kunstgewerblichen  und 
tecbnisch>geverblidien  Ftohsobnlen,  Kurse  vnd  LehrwwfcstKtten  warde  lOr  das 
Jahr  1892  in  Aossieht  genommen,  naobdem  die  Experten  der  I,  und  II.  Gmppe 
anf  Veranlassung  des  Departements  in  einer  Konferenz  in  Locle  die  Frage  begut* 
X'htet  liutteii.  Verordnung  und  R^-gleinent  sind  bereits  entworfen  und  die 
Angelegenheit  wird  da8  Departement  im  laufenden  Jahre  (IbUl)  weiter  be- 
schäftigen. (Gesehrieben  im  August  ISIU.) 


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Ciewerblicbe«  Bildungswe^n  ^01    —  Gold- u.  Silberwaareukontrolie 

Bu  IJ  (1  e  s  8  u  h  V  e  u  t  i  ü  u  e  n  im  J  a  h  i  e  18  9  1. 

An  da»  Technikum  Winterthur  Fr.  39,000 

,  iie  allgemwne  Grewarbeeehnle  Basel  «  17,000 

,  die  Eueabahnaohale  Biel   7,000 

,   7  En n»t crewerbe-  und  kunstgewerbliche  Zeiohnaiignohnlen    .     »  49,289 

3:5  geweibliche  Zeichnungsschulen  ,  14,371 

,   6'6  gewerbliche  i^^rtbildungs-  und  Handwerker^chulen     .    .     «  52,173 

«   8  Webfolinleii  fttr  Seide  und  Baumwolle   10,000 

«  7  Ubmaehenohalen  ,  65,901 

.   8  Lehrwerkstätten                                                           .      ,  27,945 

„    1  Scbnitzlerschule  ,  2,r)00 

,    5  Schulen  für  weibliche  Handarbeit  „  6,700 

„    13  Industrie-  und  Gewerbemuseen,  LehrmitteU&uimlungeu          .  79,878 


Total    Fr.  363J57 


Oiniel«AiiboiiBe-AlliiBMiii.  Dieee  EieenbaliiiBtreolce  wurde  Tom  Band  am 

9.  Oktober  1890  konxedirt  Die  projekkirte  Länge  betrigt  It  km,  die  Spar* 

weite  1  m. 

Göschenen-.V  iidcrniatt.    Diese  F'isenbahnstrecke  wurde  vom  Bund  am 

10.  Oktober  1890  konzedirt    Die  projektirte  Länge  beträgt  3,7  km,  die  Spar- 

weite  1  lu,  die  Maximalsteigung  200  "/r>o. 

Gold-  und  Silbcrwuureii-Abfälle.  Das  auf  Seite  79  im  I.  Band  erwähnte 
Gesetz  ist  perfekt  geworden.  Die  Zahl  der  mit  dem  Handel  von  Abfüllen  er- 
mSebtigten  Peraoneii  betrag  End»  lß91  91.  Von  1887—1891  (5  Jahre)  Warden 
jährlich  26,500-  29,350  Geschäfte  gemacht  (!  !<li  cbnittlich  28,145)  ond  der 
bezBhIte  Werth  der  Abfälle  beliel  eich  auf  durchsohoittlich  3'676,3t>0  Fr. 

Gold-  und  Silberwaarenkontrole.  (Ergänzung  des  Artikels  im  I.  Band, 
p.  781;  nach  Mittheilungen  de»  eidg.  Amtes  für  Gold-  und  Silberwaaren.)  In 
Folge  eines  deutschen  Keichsgesetzen  Uber  den  Feingebalt  von  importirten  Gold- 
and  Silberwaaren  erliwa  der  «shweiz.  Bundesrath  am  1.  April  1887  u.  A.  fol- 
gende Yorsobriften : 

1)  Für  goldene  Uhrgehäuse,  welche  die  Feingehaltsbezeiehnung  0,565  tragen,  ist 

die  Koiitroliriin;.'  in  iilk'ii  FriHcn  nhligatnri'*ch. 

ä)  Die  goldenen  uud  silberneu  Uhrgehäuse,  welche  uaclt  Deutschland  bestimmt 
sind  nnd  eine  der  gesetsliehen  Feiiwehaltsbezeiehnongen  tragen,  Dämlich : 

für  Gold  f).5sr, 

0,750  und  darüber, 
fOr  saber  0,800, 

0,875  und  darOlter. 

können  den  amtlichen  Stempel  erst  erhallen,  nachdem  die  mit  jedem  einzelnen  der- 
selben vorgenommene  Probe  bewiesen  bat,  daß  sie  sowohl  in  ihrem  Ganzen  als  in 
ihren  einzelnen  Tlieilen  dem  angegeben lh  Vollgehalte  wirklich  entsprechen.  Für  das 
Gold  ist  eme  Fehlergrenze  von  &Tausendtheilen,  für  das  Silber  eine  solche  von  8  Tausend- 
tbeilen,  auf  dem  Gegenstand  im  Ganzen  nnd  mit  der  LOtiiung  emBesehtnoliMi,  gestattet. 

4)  Die  Stempelung  der  in  Ziffer  2  des  gegenwärtigen  Beschlusses  angefahrten 
W'aaren  hat  auf  folgende  Weise  zu  geschehen  : 

f&r  den  Feingehalt  Gold  iCsesj;  diirdi  zwei  sjrmmetrisch  angebrachte  Stempel* 
z<  ichi  II.  &dH  eine,  das  Bicbborn*,  flher,  des  andere,  des  «kleine Eädkhom*,  unter 

der  Feiogehaltübezeichiiung; 

tOf  den  Feingehalt  Gold  <  >,73ül  und  darOber:  dttrdi  swei  symmetrtsdi  aajie- 
brachte  StempelzeichL-ii.  das  eine,  die  .große  Helvetia*,  aber,  das  andere,  die  »Ueine 
Helvetia",  unter  der  Feingehallsbezeichuung ; 


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fiold-  u.  Silberwaarciikoulrole 


—    202  — 


Gold-  u.  SilberwaarcnkoDLrole 


für  d«n  Feingehalt  Silber  K>.som :  durdh  zirei  symmetriseb  umlirachte  Stonpdi- 
zeichen,  <l;is-  eine,  dor  .(rroße  Auerhahn",  über,  daa  andere,  der  Jueine  Äneihalui*, 
unter  der  FeiDgehaltsbezeictinung;  

fQr  den  Feingehalt  Silber  fO,eiya|  und  darflber:  durch  zwei  sytnmetriacfa  enge- 
Imtdite  Stcm])clzeiclu-n,  das  eine,  der  «grofie  Bftr*,  Aber,  das  andttre,  der  «Ueiiie  Bftr*, 
unter  der  FeiDgehallsbezcichnung. 

Diese  Stempelzeiehen  werden  aut  den  Deckeln  und  Staubdeekeln  angebradit.  Es 
ist  auch,  je  nach  dem  verfrigbaren  Platze,  gestattet,  ne  redits  und  Iblu  der  Feinge» 
haltsbezeichiiung  aiuubriugen. 

5)  Wenn  goldene  oder  süberoe  Uhrgehfluse  welche  zur  Rontrolining  vorgelegt 

wurden,  dem  angegebenen  Feingehalte  nicht  ent-iprechen.  so  haht  ii  die  Kontrolbüreaux 
nach  Maßgiibp  der  gesetzlichen  und  rct.'lcmeiitari<(  lu'n  Bostimmunpen  zu  verfahren. 

6)  Die  vorstehenden  Besfimuiungen  sind  aul  goldene  und  silberne  Uhrgehäuse 
anwendbar,  welche  zum  Export  nach  Deutschland  bestimmt  sind,  gleichTiel,  ob  dieselben 
mit  dem  deutschen  Stempel  versehen  seien  oder  nicht. 

Die  nach  Deut£chland  bestimmten  Uhren  milRRen  ferner  mit  der  Fabrikmarke 
des  Fabrikanten  versehen  sein,  und  die  Fabrikmarke  muß  beim  Handelsgericht 
in  Leipzig  hinterlegt  werden.  Das  deutsche  Reicbsgesetz  verlangt  zudem,  daij^ 
auf  den  Goldwaaren  das  Sonnieiehen,  auf  den  SUberwaaren  das  Mondaeiohen, 
jedes  nebst  kaiserlieher  Kzone  in  folgender  Weise  angebracht  seif  und  swar  vom 
Fabnkanien  selbst. 


Spezielle  Vorecbriften  bestehen  auch  für  lie  zum  Export  nach  England 
bcNtimmten  Uhren.  Diese  mUsKcn  mit  folgenden  Marken  versehen  «ein  :  \WC 
oder  1 0,755  tur  das  Gold,  j  0,935;  oder  STERLING  SILVER  0.935 1  für  das  Silber. 
Das  eidg.  Kontrolzeiohen  besteht  fUr  das  Gold  in  einer  dreifachen  Helvetia,  fdr 
das  Silber  in  einem  drei&ohcn  Bär.  Dieee  Zeichmi  sind  auf  der  Innenseite  der 
Deckel,  unterhalb  der  Feingehaltflangabe,  folgendermaßen  angebracht: 


FHr  daa  Gold:  . 


0995 


Fttr  das  Silber: 


i 


Ferner  wird  daH  eidg.  Kontrolzcichcn.  Kowohl  für  die  nach  England  als  auch 
anderen  Ländern  beätimmten  Schaleu,  uouh  auf  den  Rändern  und  auf  den  Bügeln 


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Gold-  u.  Silberwaarenkonlixile 


—    908  — 


Haflptltcbt 


«Dgebnobt.  Di«  Kontrol«  der  Bilgelringe  ist  obligatoriseh  fttr  die  naeh  England 
bestimmten  Uhren. 

Die  Stempelung  der  Bijouterien  ist  bis  zur  Stunde  fakultatif  geblieben. 

Daa  frühere  Kontrolamt  in  Madrotscli  wurde  mit  demjenigen  in  Biel 
vereinigt  (1H91).  Neue  Koatrolämter  wurden  errichtet  in  Pruntrut  (lä.  März 
1888),  und  in  Grenchen  (10.  Mai  1890),  so  daß  heute  (Jan.  1892)  12KoDtrol- 
imter  besteheD. 

In  denselben  worden  seit  1885  gesterapelt: 

Im  lahre  1886.  IMS.  1889.  1890.  1891. 

ührenschalen.  Stk.  l,2b'j,(;:n  1,941,274  2,502,619»  2,617,414  2,283,13(> 
Bijouterien    .     „         Sa, 172        40,912        41,917        27,725  36,851 

Das  eidg.  Diplom  zur  Ausübung  der  Fiinktioiu-n  eines  Probires  (Gftld-  und 
Silberkon truleur)  ist  von  53  Personen  erworbeu  worden.  (Geschriebeik  im  Januar 
1892. 

Betreffend  den  Handel  mit  Gold«  «nd  SilberabiXllen  siehe  den  vorher- 
gehenden Artikel. 

Olirbetlialbalia  (Bern^Tbnn).  Diese  dem  Ingenieur  A.  Beyeler  in  Bern 
vom  Bund  am  17.  April  1891  konsedirte  Eisen bahnstreoke  soll  eine  Lilnge  von. 
30,45  km  und  eine  Spurweite  Von  1  m  erhalten. 

Haftpflicht.  Zar  Ergänzung  des  Artikeln  uuf  Seite  HKl  u.  ff.  im  I.  Band 
muß  sich  die  Redaktion  dieses  Werkes  in  Anbetracht  des  knappen  Raumes, 
welcher  dem  Supplement  zugemessen  ist,  darauf  bescliränken,  mitzntheilen,  daß 
am  26.  April  1887  ein  «Bnndesgesets  betreffend  die  AusdehniiDg 
der  Haftpflieht  and  die  Ergänsang  des  Bnndesgesetses  vom 
25.  Juni  1881"  erlassen  wurde.  Itesaelbe  ist  am  1.  November  1887  in  Kraft 
getreten  und  hat  folgenden  Wortlaut: 

Art.  1.  Die  im  Bnndesgesetz  vom  25.  Juni  1881  für  den  Betrieb  der 
Fabriken  (Art.  1  und  2)  und  der  in  Art.  3  desselben  bezeichneten  Industrien 
festgesetste  Haftpflicht  findet  nach  Mal^abe  der  übrigen  Bestimmungen  jenes  Ge- 
setstes  ihre  Anwendung  auch  anf :  1)  alle  Gewerbe,  in  welchen  explodirbare  Stoffe 
gewerlxsni.ißijtj  erzeugt  oder  verwendet  werden  ;  2)  die  nachstehend  verzeichneten 
Gewerbe,  Untemt  hninngen  und  Arlieiten.  soweit  .sie  nicht  schon  unter  vorstehende 
Ziffer  1  fallen,  wenn  die  betri^llenden  Arbeitgel)pr  während  der  Betrieb^/eit 
darch>'cbnittlich  mehr  als  .)  Arbeiter  beschäftigen:  a.  das  Baugewerbe;  inbegritleu 
sind  hiebel  alle  mit  dem  Baugewerbe  in  Znsammenluuig  stehenden  Arbeiten  und 
Yerriohtungen,  gleichviel  ob  dieselben  in  Werkstätten,  auf  Werkplitien,  am 
Bauwerke  selbst,  oder  beim  bezüglichen  Transport  vorgenommen  werden;  h.  die 
Fnhrbalterei,  den  Schiffsverkehr  und  die  Flößerei;  ntif  die  Dampfschifffahrt  findet 
gegenwärtiges  Gesetz  mit  Vorbehalt  von  Artikel  4,  6  und  7  desselben  keine 
Anwendung;  c.  die  Aofstellnng  und  Reparatur  von  Telephon*  und  Telegrapben- 
Iwtungen,  die  Aufstellung  und  den  Abbruch  von  Maeehinen  und  die  Ausführung 
von  Installation  technischer  Natur;  d.  den  £aiienbahn-,  Tunnel",  Straßen-,  Brücken-, 
WaKȟer-  und  Brunnenban,  die  Krstelluitg  von  Leitungen,  sowie  die  Ausbeutung 
von  l^erLTwcrken,  Steinbrüchen  uikI  Gruben. 

Art,  2.    Haftbar  ist,  in  den  Fallen  von  Artikel  1,   Ziffer  l  und  2,  der 
Inhaber  des  betreffbnden  Gewerbes,  beiiebuttgsweise  bei  Ziffer  2,  litt,  c  und 
der  Unternehmer  der  betreffenden  Arbeiten,  aneh  dann,  wenn  er  die  Arbeiten 

*  AuUerordentlich  hoeh  in  Folge  der  VVeltaussiellung  l«89. 


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Haftpflicht 


—    204  — 


Haftpflicht 


WMi  Dritten  war  Aiiaflihnmg  ttWtngm  hi^  Weiden  daitfaw  4ttt  in  Aitikol  1 
beaeichneten  Arbeiten  in  B^e  wngefHlurt,  eo  wird  die  Heftpflieht  von  der  be- 

treffinidt;!)  Staatb-,  Bezirks-,  Gemeinde-  oder  EorporationsTerwaltang  getragen, 

immerhin  unter  der  Vorautisetznng,  daß  für  dienn  Arbeiten  gleichzeitig  mehr  als 
5  Arbeiter  verwendet  werden.  Für  die  beim  Eisenbahubau  vorkommenden 
Haftptiichtfälle  bleibt,  bezüglich  der  Haftbarkeit  der  konzesBionlrteo  Untärnehmung 
and  des  Umfang«  dea  an  leiatenden  Scttadenersatsea,  Artikel  1  des  Geaettee  vom 

1.  Jnli  1875  vorbehalten. 

Art.  Plan  ßnndesgesetz  vom  25.  Jnni  1881  worden  anch  die  mittelbar 
mit  dem  Fabrikbetriebe  in  Zusammenhang  stehenden  Dien.stverrichtuugen  unter- 
stellt, auch  wenn  dieselben  nicht  in  den  geechloN«enen  Räumen  der  Fabrik  vor- 
gwiommen  werden. 

Art.  4.  Dem  ▼orerwShnten  Bnndeageielie  werden  im  Wdtem  nnteratellt 

die  in  Artiicel  2  des  Bundesge^etzen  vom  1.  Juli  1875  und  in  Artikel  2  dea- 
jenig:en  vom  luni  ly81  unter  dem  Ausdruck  „Betriel  "  nicht  inbegriffenen« 
aber  mit  letzterem  in  eiuem  Zn«fammenhang  stehenden  Hlihsarbeiten. 

Art.  5.  Die  Artikel  2,  letzter  Satz,  1  und  19,  des  Bundesgesetzet»  vom 
33.  MBm  1877  sind  anf  die  in  Artikel  2  dea  gegenwiriigen  Qeeelaea  erwähnten 
Inbnber  von  Gewerben,  be&ebnngeweiie  Untemeluner  von  Arbeiten  gleiohfiJle 
anwendbar. 

Art.  6.  Die  Kantone  haben  auf  dem  Gettetzgebungs-  oder  Verordmingswege 
dafür  zu  sorgen,  daß:  1)  den  bedürftigen  Personen,  welche  nach  Maßgabe  des 
gegenwärtigen  Geaetiea  oder  deijenigen  vom  1.  Jttli  1875  nnd  95.  Jnni  1881 
Klage  erheben,  anf  ihr  Verlangen,  wenn  die  Klage  nach  vorlftnliger  Prttfnng 

des  Falles  sich  nicht  zum  Voraus  als  unbegründet  herauHstellt,  die  Wohlthat  dea 
unentgeltlichen  Rp'^>i^^V>ei8tandes  gewShrt  nnd  Kautionen,  Expertenku.sten,  Gerichta- 
gebUliren  und  StcmpclUxeu  erlaji^eu  werden;  2)  Streitigkeiten  dieser  Art  durch 
einen  möglichst  rat^chen  Prozeßweg  erledigt  werden  können. 

Art.  7.  In  Haftpfliehtfltllen,  welche  sum  Entaoheid  dea  finndeageriebteB 
gelangen,  ist  der  Kläger,  wenn  er  dem  Gerichte  als  bedürftig  evBcheint  and  die 
Klage  nnch  vorläiiliger  Prüfung  des  Falles  sich  nicht  zum  V'ir.ni'^^^  mIs  •inbegrllndet 
herausstellt,  von  Erlegung  der  GerichtsgebUhren  und  jeder  in  Artikel  2tl  des 
Bondesgesetzes  vom  13.  Juli  185;'>  vorgesehenen  Sicherheitsleistung  zu  entbinden. 
In  aolohen  F&llen  aind  mgleieh  die  gemKß  Artikel  S3  deaaelben  Geaetaea  dem 
Kliger  obliegenden  B^tenvorflditBBe,  eowie  allftllige  Zangen«  nnd  Kanileigebtihren 
jeder  Art  aus  der  Gerichtskasse  zu  beitreiten. 

Art.  8  Die  lubaber  von  Gewerben,  beziehungsweise  die  Unternehmer  von 
Arbeiteu,  auf  welche  sich  das  gegenwärtige  uud  das  Gesetz  vom  25.  Juni  1881 
bezieht,  haben  ein  Verzeichniß  der  bei  ihrem  Gesobäftebetrieb  vorgekommenen 
erhebliehen  Unfltile  naeh  einem  vom  Bnndesrathe  aubuetellendMi  Formolare  an 
führen,  aus  welobem  außer  dem  Tage  nnd  dem  Aufgange  des  Unfalles  zu  ent- 
nehmen ist:  1)  wann  dir  vorgeschriebene  Anzeige  bei  der  zuständigen  Behörde 
gemacht,  2)  welche  Entschädigungen  nach  Maßgabe  von  Artikel  li  den  Gesetzos 
vom  25.  Juni  1881  ausgerichtet  worden,  und  3)  aus  welcher  Uuelle  diese  ge- 
flossen aind. 

Dieae  Angaben  sind  spittestena  drei  Monate  vor  Ablauf  der  Verjfthningsfiriat 

(Art.  12  und  13  des  Bundesgesetzes  vom  25.  Juni  1881)  der  kantonalen  Be- 
hörde einzusenden  und  von  dieser  auch  dem  Fabrikinhy>»'ktor  den  betretfenden 
Kreises  mitzutheilen.  —  Zuwiderhandlungen  gegen  die  Bestimmungen  dieses 
Artikels  sind  mit  einer  Buße  von  5 — 100  Fr.  nnd  im  WiederholungglaUe"Sir 


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Hallpflicht 


—    205  — 


Bwidehmttsecik 


300  Fr.  SU  bet^^,  welche  neoh  ][a%abe  der  kantonalen  Oesetie  aosgeeproehen 

wird  und  dem  betreifenden  Kanton  nittllt«  —  Der  Betriebsunternebmer  ist  iill 
Falle  der  Unterlassung  der  Mittbcilting  znr  'larhträglichen  Anzeige  anzuhalten. 
Bei  der  verspäteten  Anzeige  läuft  die  Verjährungsfrist  erst  drei  Monate  nach 

LiDgang  dor  Anzeige  ab. 

Art.  9.  Weuu  diu  eiügenötwiachen  oder  kuniunaieii  Autt^icbtäurgane  in  iür- 
lüiruDg  bringen,  daß  dar  von  einen  ünfkll  oder  einer  Kraokheitf  wofür  Haft- 
pflicht besteht,  betroffene  Arbeiter  oder  Angestellte  oder  dessen  Rechtsnachfolger 
eine  im  Sinnt;  Qe.s  gegenwärtigen  oder  des  Gesetzes  vom  25.  Juni  1881  ihm 
zustehende  billige  Entschädigung  auf  außergerichtlichem  Wege  nic^ht  erhalten 
bat,  so  haben  sie  sofort  der  Kantonsregierung  Bericht  zu  erstatten.  Diese  wird 
eine  ünteranehnng  anordnen  und  vom  Resahat  den  Intereaeenten  Hittheilang 
maehen.  ^  Yertritge,  denen  infolge  einem  OeechSdigten  oder  deaaen  Beofata* 
naobfolger  eine  offenbar  nninlSngliche  Bntacbidignng  mkommt  oder  ingekommea 
iat,  sind  anfechtbar. 

Art.  10.  Die  Bestimmungen  dcK  Artikels  11  des  Gesetzes  vom  25.  Jnni 
1881  sind  analog  auf  diejenigen  Fälle  anwendbar,  in  welchen  Zweifel  entstehen, 
ob  eine  Unternehmung  unter  die  Vorschriften  des  gegenwärtigen  Gesetzes  falle. 

Art.  11.  Die  Kantonsregierungen  sind  beauftragt,  für  die  Vollziehiiug  der 
gegenwärtigen  Voraohrilteii  beaorgt  in  aein.  —  Der  Bandearatfa  ttbt  die  Kontrole 
über  diese  YoUsiehasg  ans. 

Art.  12.  Der  Bandesrath  ist  beauftragt,  auf  Grundlage  der  Bestimmungen 
des  Bundesgesetzen  vom  17.  Juni  1874,  betreffeu-l    ii-  Volksabstimmung  Uber 

BundefiCfHctze  ntid  BandesbeRchlHsse,  das  gegenwärtige  Geseta  bekannt  su  maohea 

und  deu  Zeitpunkt  seiDeti  Inkrafttretens  zu  he.^jtiromen. 

Handelskammern.  Siehe  auf  den  folgenden  Seiten  den  Artikel  «Handels- 
und Induätneverein,  sohweizeriHcher''. 

Handelsmuseen.  Infolge  eines  Postulates,  welches  Hr.  Stäuderatb  Gh>bat 
am  8.  Dezember  1888  in  der  Bundesversammlung  stellte,  lautend  : 

Der  Bundesrath  wird  eingeladen,  zu  untefüichen  : 

1)  ob  nicht  auch  die  kaufmännische  Ausbildung  im  Allgemeinen  und  die  Handels- 
moaeoi  insbesondere  im  Sinne  des  Bundesbesehlnsses  betreffend  das  gewerbliehe 
BUdnngswesen  vom  S7.  Juni  1884  dw  UntwstfttEung  des  Bandes  tbeUbafUg  werden 
sollen; 

S)  ob  und  in  welchem  Maaße  der  Bund  an  der  Gründung  von  Handebmuseen 
mittelst  Ankauf  von  Gegenständen,  welche  an  der  Pariser  Wettausstellnng  cur 

Au^sfellunp-  yeliingen,  sieh  befheilitroii  <nlle. 

erstattete  der  Bundosrath  am  19.  Marz  Iböi»  folgenden  Bericht  : 

Das  Postulat,  welches  den  Gegenstand  dipt^es  Berichte«  bildet,  scheint  von 
der  Meinung  auszugehen,  die  Frt^e  der  Crründung  von  Uaadelsmoseen  in  der 
Sobweii  sei  eine,  wenigstens  im  Piinzipe,  entsohiedene,  indem  die  Pariaer  Welt* 
ansstellnng  dann  benntat  werden  will,  Anklnfe  fttr  aoldie  lostitnte  m  maohen. 

Em  iat  rieibtig,  dafi  sohon  snt  Jahrra  toh  wirthaehaftliolMm  Tereinen,  Öffent- 
lichen BUlttarn  und  Privaten  die  Kreirung  von  Handelsmuseen  besprochen  wird; 
allein  7,n  einem  abschließenden  Resultate  ist  diese  Diskussion  noch  nicht  gelangt 
und  CH  liat  die  ßundesbehörde  bis  jetzt  anch  noch  keinen  Entscheid  darüber 
gefaßt,  ob  sie  solche  Institute  gründen  oder  durch  Subventionen  unterstützen 
wolle. 


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Handelsmum«!! 


—    a06  — 


HandelsmiiMeii 


Von  den  Deueaten  Knndgebnngttn  lind  wmh  die  YerHaDdlimgen  der  8ektioii 

Bern  der  schweizerischen  geographi sehen  Gesellschaft  und  im  Anaohtufi  derselben 
der  Ende  August  v.  J.  in  Aarau  ai>gehaltene  schwelz.  Geor^raphcntag  zn  erwShnen. 

An  den  Verhandlungen  in  Bern  hat  die  ostöchweizdiihulie  geogra|>hiöch- 
kummerzielle  (resellschaft  durch  ein  Eeferat  ihre  Bemühungen  kund  gegeben  und 
Yorechläge  gemacht,  nach  welchen  ein  in  Verbindung  mit  dem  Gewerbemuseam 
in  St.  Gallen  sa  gründendeb  ^{andel^>ma8eum  zunäcliät  folgende  Industrien  zu 
berücksichtigen  hättt^  :  Büntweberei,  Weißweherei  und  verwandte  Stoffe,  Stiekereif 
.Drockerei,  Seidenweberei,  Bandweberei  tSeide  und  Baumwolle^. 

Am  Geographentag  in  Aarau  wurde  folgende  fiesolution  gefaßt : 

«Der  Geographentag  erfclftrt:  Die  Grttndaog  eine»  Netcee  sehweiiwimher 
Handelemneeen  nsidi  dem  Vorbild  der  BrttsBeler  und  Wiener  Einrichtong  and 
tbunlichst  unter  Kombination  der  beiderseitigen  Prinzipien  ist  wUnschenswerth. 
Es  sind  nnu^r  Zuzieliung  kaufmännisclier  Interessenkreise  bei  den  Bundes behörden 
die  nöthigeu  Schritte  zu  thun,  daß  der  Buodesbeschluß  vom  27.  Juni  1884  auf 
da«*  kaufmännische  Bildungawesen  ausgedehnt  und  die  Uandelsmuseon  subvenlions- 
fthig  erklltrt  werden.  IHe  Peri«er  AomteUung  yon  1889  eoU  mr  Beschaffung 
eines  Grundstockes  fiLr  die  schweiieriaohen  Handelamnseen  benützt  werden.  Diese 
Be8ohiil>.st:  .^iml  von  der  Delegirtcnversammlnng  unverzüglich  auszu führen  " 

Bei  deu  Kundgebungen  für  Haudelsnui.-ieen  werden  die  Insfitnte  in  Brümsel 
und  Wien  .stets  als  Vorbilder  dargestellt,  ko  auch  in  der  licsiulution  des  schweize- 
xiadien  Geographentagee.  XSrt  erseheint  deshalb  als  angezeigt,  daß  wir  hier  einen 
Bliek  in  diMelben  werfen.  Das  Haadeleranseum  in  Brüssel  stellt  in  seinen  8ta- 
inten  als  Zweck  auf :  die  Fabrikanten  und  Kaufleute  Uber  den  Gang  der  Ge- 
schäfte in  fremden  !  rindern  zw  luiterriehten  und  ihnen  zu  gleitdier  Zeit  den 
Handelsverkehr  mit  den  Konsumenten  und  Produzenten  jener  Länder  zu  erleichtern. 
Dasselbe  soll  im  Gebiete  des  Handels  gewissermaßen  deu  gleichen  Plate  ein* 
nehmen,  welchen  im  Gebiete  der  Naturwissenschaften  die  mineralogisdien,  geolo* 
gischen,  anatomischen  etc.  Sammlangen  innehaben.  Es  poH  den  Produzenten  snr 
Konkurrenz  waffncn  und  zwar  nicht  nur,  indem  ihm  das  in  diesem  oder  jenem 
Theile  der  Krdt^  vorgezogene  fremde  Fabrikat  vor  die  Augen  gelegt,  .sondern 
ihm  auch  ermöglicht  wird,  die  Bedingungen,  unter  welchen  das  Fabrikat  deu 
Absats  findet,  kennen  in  lernen.  Es  soll  ihn  mit  einem  Worte  vor  schlechten 
Ausfuhrungen  sohfltsen,  die  meistens  von  unvollständiger  Kenntniß  des  Geschmackes 
des  Konsumenten  herrühren.  - 

Um  die.sen  Zweck  zu  erreichen  soll  ein  TT  iTidelpmusenm  nberhani  t  durch 
seine  Sammlungen  und  sein  Bureau  den  Fabrikanten  und  KauHeuten  stets  alle 
praktischen,  technischen  und  kommemellen  Informationen  an  die  Hand  geben, 
welche  nttthig  sind,  um  sie  Uber  die  Absatsfthigkeit  der  heimischen  Produkte, 
die  Bedingungen  und  Mittel  von  Exixnten,  ebenso  wie  Uber  die  besten  Bezugs- 
quellen von  Hohstoireu  oder  fremden  Krzeugnissen  zu  verläßig  zu  belehren.  Von 
einem  «olchen  Mus^euni  wird  deiunaeh  erwartet,  daü  e^4  Musterkollektionen  der 
betretienden  Export-  und  Importgegcufetande  turtwabrend  komplet  halte,  alle 
praktischen  Belehmngen  Uber  Emballage,  Appretur,  Versendongsweise  n.  s.  w. 
biete,  aber  die  wirthsehalllichen  und  technischen  Details  des  Transportes,  also 
über  die  Wahl  der  besten  Verkehrslinien,  über  die  Art  der  Expedition,  die 
Frachttarife.  Zollsätze  und  sonstigen  Spesen  authentische  Belehrung  ertheile, 
endlich  auch  die  Handlungshäuser  und  Firmen  bezeichne  und  Empfehlungen  oder 
Beferenxen  verschaffe,  nm  auch  dem  mittleren  und  kleinen  Gewerbetreibenden 
«nd  Kaufmann  die  Theilnahme  am  Welthandel  an  ermöglichen. 


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Ilandelsiuuse«u 


—    207  - 


UaudelsinuseeD 


In  Wien  ist  das  unter  dem  Namen  „Orientalisohea  Museum"  bekannte,  im 
Jahr  1873  in*«  Leben  gernfeDe  Institut,  weloheii  mwoM  praktUohogewerblidlMii 

und  kommerziellen  ZwttolaHi,       wiasenschaftlichen  und  künstlcvisoliMi  Tendeuten 

zu  dienen  bestimmt  war,  vor  einigen  .Tiihrcn  in  ein  HandelMniuseum  Mmfr«*wandelt 
worden.  Dasselbe  betrachtet  es  alb  eine  ihm  gestellte  Aufgabe,  mitziiarbeiten 
an  der  Förderang  und  Ausbreitung  der  UandeUbeziebungua  Oesterreich- Ungar Q8 
mit  dem  Auslände,  sowie  der  an  den  Yerkehr  mit  demselben  sicli  knttpfenden 
industriellen  Interessen.  Durch  Sammlungen  allgemein  kommerzieller  Natur, 
sowie  durch  Veranstaltung  und  Beschaffung  kunstgewerblicher  und  ethnogra- 
phlsicher  Kollektionen  soll  dieses  Ziel  erreicht  werden.  Das  mit  demselben  ver- 
bundene Bureau  soll  Uber  internationale  Zoll-  und  Handelsverhältnisse,  Fracht- 
sätse  und  Verkehrseinrichtungtiu  Auskunft  geben,  femer  den  Verkelur  mit 
bandels*  und  kunstgewerbliehen  Anstalten,  KSrpersobaften  und  Vereinen  anbaJinen, 
daM  Studium  der  volkswirtbschaftlichen  Entwicklung  des  gesammten  Auslandes^ 
sowie  der  Länderkunde  der  Überseeischen  Gebiett;  anregen.  Im  Wiener  Museum 
erachtet  mau  die  Vertretung  der  kunstgewerblichen  Jiichtung  als  nnerlSßlicb, 
weil  häuäg  das,  was  als  Handelsartikel,  al»  t^rzeugoil^  der  orieutalischtiu  Haus- 
industrie hexgebraeht  worden,  der  Osterreiehisohen  Kunstindnstrie  und  gleiehndtig 
der  exportirenden  Großindustrie  als  Vorbild  diene. 

Handelsmuseen  sind  in  Stuttgart  (mit  dem  Gewerbemuseum  verbunden), 
Frankfurt,  Pest  etc.  errichtet.  Es  wird  die  Frage  der  Zweckmäßigkeit  und 
Kreirung  solcher  Anstalten  auch  in  Frankreich  lebhaft  besprochen.  Staaten,  die 
den  internationalen  Verkehr  durdi  koke  Imports^Ue  iMmmen,  bestreben  siek  1ub> 
wieder,  dordi  Industrie-  und  Gewerbeansstellungai,  sodann  dnrdh  Institutef  wie 
HaadeUnuiseen,  Exportmnsterlager,  Handelskammern  im  Auslande,  Auskanlta> 
büreaux,  Handelsagenturen  u.  s.  w..  den  Absatz  ihrer  eigenen  Erzeugnisse  zu 
fordern,  —  ein  Widerspruch,  dessen  Hebung  noch  in  ferner  Zukunft  zu  liegen 
scheint. 

üm  die  seit  Jakren  in  der  Schweix  kesprodiene  Frage  der  Kretrung  einea 
oder  mehrerer  Handelsmuseen  nunmehr  mm  Absoklnß  su  bringen,  wie  es  für 

«lie  Beantwortung  de^  Pontulates  vom  8.  Dezember  vorigen  Jahres  als  noth- 
w*Midig  ersifheint,  hat  die  Handelsabtheilung  unseren  Departement«  des  Aus- 
wartigen  eine  eingehende  Untersuchung  angeordnet  und  dabei  die  stets  bereit- 
willige und  auverlKfiige  Mitwirkung  des  sohweiserischmi  Handels*  und  Industrie- 
Tsreins  mit  seinen  Uber  die  ganse  Sehweis  Terhreiteten  Sektionen  in  An^moh 
genummen.  Das  Resultat  dieser  Untersuchung  liegt  nun  vor.  Von  den  Sekäoneo 
deh  genannten  Vereins,  welche  über  die  Frage  Berielite  erstattet  haben,  emp- 
fehlen t)  mit  mehr  oder  weniger  Bentimmtheit  die  Kreirung  von  Handelsmoseen, 
während  13  nich  dagegen  aussprechen. 

In  empfehlendem  Sinne  spreeken  sieh  ans  : 

I.  Die  Asfioct'üinn  ctunmerciale  ei  industrielle  (/enevoise.  Die  Schweis  sei 
ein  bedeutendes  ProduktioiiHlaTid.  Jede  Gegend  habe  ihre  Industrien.  Mehrere 
ludustrien  seien  wichtig,  ihnen  fehlen  aber  neue  Absatzgebiete.  J'iese  kömien 
die  Industriellen  sich  nicht  selbst  versohatt'en,  denn  es  seien  große  Kapiuiüen 
nStkig;  es  müssen  große  Reisen  gemaidit  wmrden,  die  viel  Zeit  und  GMd  eifordem 
und  niokt  immer  sofort  aneh  den  eikoSten  Nation  bringen,  auf  den  man  glaubt« 
zählen  su  dttrfen.  Man  beschränke  sich  dann  auf  kleine  Versuche,  die  oft  wegen 
Mangel  an  znverlSßiger  Auskunft  und  an  Mitteln  zur  weitern  Verfolgung  miß- 
lingen. DieHe  Auskunft  boUte  dureh  Handelsmuseen  beschafft  werden.  Dem 
kleinen  Fabrikanten  werde  dadurch  ermöglicht,  mit  den  Mächtigern  su  konkurriren. 


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Huiddsniuaeeii 


—    208  — 


HandelmweMi 


Handelemween  wttrden  anf  uiHere  wirtbaehaftliolie  Entwidilnng  einen  sehr  gttn- 
stigen  Einfluß  anstiben.  Es  würde  sweckmässig  sein,  drei  solche  Museen  zu 
kreiren":  awei  in  der  deutHchon,  eiiu»^  in  der  französischen  Scluvciz.  Jedes  sollte 
möglichst  vollHtändig  seiu.  VVas  die  Konten  betrÜVt,  ho  wareu  dieselben  von  der 
Eidgenoflseoschaft  zu  tragen,  unter  Mithülfe  der  Kantone  .«der  Städte,  wo  üieiielbeu 
fltrriebtet  wUrden* 

II.  Die  Associaikm  des  fahricanUi  ei  marchands  de  bijouterie^  joatlhru^ 
orfevrcrie.  de  rt  ä  Genh-e  schließt  t*ich  vollständig  den  Ansichten  Ottd  Vor- 
•ohlägen  der  Association  comnierciale  et  industriellf  genevoise  an. 

III.  Der  Basler  Handels-  und  Jndnstrieveretn  anerkennt  die  Wiioschbar- 
keit  der  Erriehtniig  efaiee  oder  mibyem  HeadelniMMeen  in  d«r  Sdiweit  und 
eiiMlitet  eine  Bandeanib?entum  dafür  als  aageaeigt. 

Die  Berechtigung  aar  Staatssnbventioniruug  der  Handelunuieen  als  A  u  s  - 
nnd  Fo rtb i  1  d  u iigsmittel  läßt  eich  nach  Aneioht  dieaea  Yereim  anf  folgende 
QrUnde  zurücktubren : 

1)  Das  Handelsmuseum,  wenn  richtig  alimentirt,  6ei  geeignet,  den  Indos- 
triellen  wie  den  HSndler,  den  Handwerker  wie  den  Arbeiter  ttber  Leistungen 
und  BedUrfbiase  von  auswSrtigen  Konkurrenten  und  Konsumenten  auf  dem 
Laufenden  zn  erhalten  nnd  mttsse  unbedingt  die  Wirkung  haben,  einerseits  neue 
Anregungen  hervorzurufen  und  anderneits  die  sehr  oft  beistehenden  falscben  An- 
schauungen über  die  .eigene  Ueberlegenheit  und  die  Iremde  Lnteriorität  zu  klären. 

2)  Namentlich  dee  Arheitentandee  wegen  a^en  aolehe  Mnseen  in  grofien 
Induatriezentren  swedtmttßig  nnd  wttnaohhar,  nnd  zwar  nidit  nor  der  Anregong 
nnd  Bildung  in  technischer  Kichtung  wegen,  sondern  um  den  Arbeitern  durch 
eigene  Anschannng  von  Preis,  Qualität  nnd  Vollt'Tidnng  fremder  konkurrirendtr 
Produkte  die  Ueberzeugang  beizubringen,  daß  der  Konkurrenzkampf  ein  schwerer 
sei,  und  daß  sie  ihre  Leistungen  und  Forderungen  den  Verhältnissen  der  Eon- 
knrreni  ansnpaaaen  haben. 

3)  Die  Privatinitiative  aei  in  der  jetzigen  Zeit  nieht  mehr  ausreichend;  da» 
gehe  am  besten  darauH  hervor,  daß  Kngland,  welche«  bis  anbin  dieser  Maxime 
gehuldigt  habe,  seine  frühere  Ueberlegenheit,  die  vor  20  Jahren  noch  fe«t  stand» 
vielfach  nnd  vielerorts  verloren  und  heute  Mühe  habe,  sich  der  früher  unbe- 
kannten fremden  Eonknrrens  an  erwdireD.  Der  kapiteJe  üntersdiied  iwieohen 
privaten  und  nationalen  fiemtthangen  aai  der,  daß  die  eratem  in  der  Regel  nur 
fttr  den  kommenden  Tag  sorgen,  und  nur  die  letztem  auch  die  Zukunft  und  die 
kommenden  nenerfttionen  in's  Auge  fassen  nnd  sich  infolge  dessen  herbeilassen, 
Opfer  für  Zwecke  zu  bringen,  deren  Nutzen  nicht  in  Balde  oder  nicht  mit  Sicher- 
heit realisirbar  sei.  Es  müsse  defihalb  die  Idee  der  Mneeen  auf  breitester  fieaia 
an  die  Hand  genommen,  nnd  ee  dürfen  die  Kosten  niebt  geechent  werden. 

Das  mit  dem  Handehannseum  verbundeDO»  gut  geleitete  Auskunftsbttreaa 
würde  dagegen  sofort  von  prakti^icliem  N'it^fn  sein,  aber  inuh  hier  wäre  en 
nicht.sdestowenitrcr  schwierig,  beinahe  ebenso  unmöglich  wie  beim  Handelsmnseum 
selbät,  duL  die  damit  verbundenen  Auslagen,  namentlich  für  den  Anfang,  voll 
und  gans  wieder  eingebracht  werden, 

lY.  Der  ihurgauisdie  Handels-  und  Gewerbeterem  iet  der  Ansicht,  ea 
aollen  mehrere  Handelsmueeen  gründet  werden,  nnd  swnr  an  den  reepektiveii 
Industriezentren,  z.  B. 

tür  Bijouterie,  Joaillerie,  Orfevrerie  etc.  in  Genf, 

für  Seiden-  and  Baumwollwebeiei  in  Zttnoh, 

fSx  Stickerei  in  St.  Gallen. 


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Hftnd«lsiniuieen 


—    209  — 


Handelsmiiseen 


DiM6  EandeUmiifieen  8oll«ii  permuiMite  AnaBteilnngeii  Min,  welolie  Folgendef 

aitbalten  : 

1)  Mnf<t«'r  and  möglichst  \  ollKtäiidige  Angaben  bezüglich  Artikeln,  wilche 
Yon  Konkurrenz-Industrien  fremder  Länder  geliefert  werden,  und  deren  Erstellung 
und  Verkauf  in  den  betreffenden  Absatzgebieten  auch  QDüern  retipektiven  Indiutriea 
wUnsolieiiBwerUi  endieiiien  dtirften.  Der  Mih'weiseriMhe  Fabnkänt  boU  abo  m6g« 
liebst  in  die  Lage  versetzt  werden,  beiirtheilen  zu  können,  ob  es  für  ihn  sich 
lohnen  dürfte,  die  Fabrikation  eine«  neuen  Artikels  aufzunehmen,  odt  r  lichufs 
Eröifnnng  ciiKr  neuen  Absatzq^uelle  für  einen  ihm  aohon  bekannten  Artikel 
Sohritte  zu  tbuu. 

2)  Muster  and  mSgliebst  Tollständige  Angaben  besttglieb  Bnengnissen  Ton 

jeteigeu  Absatzgebieten,  oder  eventuell  möglichen  Absatzgebieten  unserer  Industrien. 

Dadurch  soll  dem  schweizerischen  Geschäftsmann  Gelegenheit  geboten  werden, 
zu  beurtbeilen,  ob  es  sich  fiir  \}m  lohnen  dih-fte.  Beziehungen  mit  den  betreffenden 
Ländern  anzuknüpfen  zum  Zwecke  den  direkten  Importe«  fraglicher  Artikel. 
Vancher  Artikel  irird  jetat  yon  der  Schweis  ans  an  europl&Hdien  Hafenplätzen 
gekauft,  der  ebenso  gnt  direkte  importirt  werden  könnte.  Man  bebe  dabei  nioht 
große  Artikel  wie  rohe  Baumwolle  etc.  im  Ange,  welche  hier  weniger  in  Be> 
tracht  kommen,  sondern  vielmehr  Kolonialwaaren,  Gewürze  etc.,  ferner  Erzeug- 
niHHe,  wie  fremde  llolzsorten,  Perlmutter,  Sebildkrot,  Häute,  Elfenbein  etc., 
welche  das  Grewerbe  braucht.  Durch  einen  solchen  direkten  Import  würden  die 
Beriebnngen  mit  nnsern  Absatzgebieten  wecbeeleeitige  werden,  was  unserem 
Export  entschieden  Vorschab  leisten  wttrde,  und  würden  auch  sonst  noch  ver* 
sohiedene  Vorthoile  erzielt. 

3)  Mnster  von  schweizerischen  Fabrikaten  lür  den  inlfindiThen  Konsum, 
welche  vielen  inländischen  Eonmimenten  noch  unbekannt  sind  und  daher  vorzugs- 
weise aus  dem  Anslaiide  bezogen  werden,  ffier  habe  man  nioht  nur  Fabrikate 
der  großen  Export-Industrien  im  Ange,  sondern  spesiell  aneh  solche  des  Ge- 
werbes. 

Y.  Der  B/"irsenverehi  G/arrts  hSlt  f[lr  Uli'  Schweiz  die  Erriehtnng  von 
Handel«imu8een  und  Exportmubterlageru  für  ein  richtigereti  Alittel,  «lie  kleinen 
Industrien  für  den  Export  mehr  zu  befähigen,  als  die  Aussendung  von  Handek- 
emissären.  Hier  sei  dem  Strebsamen  Gelegenheit  geboten  die  Bedtlrfiiisse  ent- 
fernter Länder  kennen  m  lernen  nnd  sich  für  dieselben  einzurichten.  Wenn  etwas 
Tüchtiges  nnd  Passendes  erstellt  werde,  so  sei  es  auch  leidit,  diifUr  einen  Ex- 
porteur 7.n  tinden.  Selbst  die  Großindustrie  dürfte  aus  diesen  Instituten  noch 
Nutzen  ziehen.  Sie  haben  sich  biet  jetzt  überall  als  segensreich  erwie»en.  £» 
werde  hiebei  vorlSufig  nur  auf  Belgien  und  BentseUsad  ▼erwiesm,  welche  Staaten 
fSr  die  Errichtung  von  Mustermuseen,  wie  bekannt,  bedeutende  Summoi  auegeben, 
um  auf  diese  Weise  der  Export-Industrie  alle  möglichen  Absatzgebiete  zu  er- 
schließen Man  bediene  Hieb  hiebei  der  jeweiligen  Konsuln,  welche  die  betreffenden 
Plätze  btudirei)  und  bezügliche  Muster  sammeln,  um  solche  mit  den  zu  erzielenden 
Preisen  und  einem  allgemeinen  Bericht  der  kompetenten  Behörde  einanreiohen. 
Diese  Muster  werden  sweekmäßig  ausgestellt  und  Jedermann,  der  sieh  dafür 
intercttrire,  habe  ein  Material  an  Händen,  welches  ihm  ein  leicht  faßliches  Projekt 
▼or  Augen  fül  r So  habe  auch  der  ostscbweiz.  Stickerei -Verband  in  St.  Gallen, 
wenn  auch  nur  nnt  einseitigen  Mitteln  arbeitend,  anerkanntermaßen  bereits  schon 
befriedigende  Eesuitate  durch  ein  Mustensuseum  erzielt.  Um  wie  viel  mehr 
sollte  dies  nicht  möglich  sein,  wenn  ein  oidgenOnisohee  Hustermuseum  ftlr  alle 
Indusfcrieiweige  erriditet  wttide,  welches  den  weitgehendsten  Anforderungen  zu 

TMtMT,  YoUBwittlurttofU-Lttriteii  d«r  Belnrals.  14 


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Huüdelämuseen 


-  210 


Handeismuseea 


entspreohen  iin  SUnde  wSre.  fibenao  wie  der  Bund  fBr  alle  YolkiwirdMohtftiioheii 
BedtfrfiÜMa  mit  grofien  Sonunen  in  die  Lttoke  trete,  so  wflrde  eidk  denelbebei 

einer  solch*  wichtigen  Institution  zi^eckentspreohend  mit  finanzieller  UotWitlltellllg 
einzngreifen  wohl  auch  einverstanden  erklären,  /inrml  ahm  m\ch  nnsere  Ckoft- 
uud  Kleiniudustrie  ewen  intcgrireuden  Thöil  der  Volkswuliilahrt  bilde. 

VI.  Der  Verein  schweizerischer  Wdl-  und  UalbwoU-  Industrieller  würde 
das  Entstehen  aoloher  Institute  begrttfien. 

In  ablehnendem  Siimts  «jpreclien  sich  aus  : 

I.  Die  Fmam-  und  Hnndchdircldion  des  KanUms  Glarm.  Sie  hält  die 
£rrichtung  eines  schweizerit^chen  iiaudeiäuiUHeum8  nicht  für  zweckeutaprechend. 
Sie  fttrebtet,  es  wOrde  dasselbe  bald  eher  einem  AntiquitSten-Kabinet  Sbhlioh 
sehen  oder»  wie  dies  an  andern  Orten  gesehen  werden  kSnne,  hanptsSchlioh  nnr 
von  der  Lebensmittel-Industrie  benutzt  werden.  Sie  glaubt  nicht,  daß  s.  B.  die 
Uhrenindustrie  sich  einen  Erfolg  von  einem  schweizerischen  HanJelsranHenin  ver- 
spräche, wenn  dasselbe  nicht  in  der  Westaohweiz  Aufnahme  iande,  und  umge- 
kehrt werden  die  ostaohweiserischen  Industrien  nrtheilen.  Unser  Centralplati, 
Bern,  dttrfe  in  diesem  Fdle  ah  gana  angeeignet  beieiebnet  werden.  Zn  eineni 
einheitlichen  Museum  bedürfe  es  auch  der  Fachkenntnis  in  allen  Indnstriebrancheu. 
Es  mli.^He  in  jeder  derselben  eine  stetige  Rrnenernng  »nd  Auffrischung  erfolgen. 
Kurz,  es  mtlRse  eine  innige  Verbindung  mit  jedem  Induötriczweigt-  statttinden 
und  CS  suUte  die  ilkluglichkeit  gebutcn  sein,  die  bBtheiligt<.^n  KicL-^e  auf  möglichst 
bequeme  Art  Einsloht  nehmen  an  lassen  Ton  dem,  was  je  Nenen  geboten  wttrde. 

Dieselbe  redet  daher  sograannten  Facfamnseen  dss  Wort,  die  etwa  wie  fo^ 
anfiastellen  wären  : 

Bijouterie  in  Genf; 

Uhren  in  La  Chaux-de-Fonds ; 

Seidenbitader  in  Basel; 

Seidenstoffe  | 

Baumwollspinnerei  und  -Weberei  |  in  Zürich; 

Wolle,  Stroh  und  diverse  kleinere  Industrien  j 

Buntweberei  1  .    «.  « 
cn  ,  [  tn  St  Gallen; 

Stickerei       j  ' 

Dntdcerei  in  Ghhurns. 

Dabei  Hei  man  der  Heinung,  daß  diese  Museen  von  den  betreffenden  Industrie- 
branchen selbst  gegründet,  organisirt  and  unterhalten  werden  sollen,  selbstver^ 
stündlich  unter  Subvention  de«  Bundes. 

II.  Die  Seiden-Industrie-GeseUschaft  des  Kantons  Zürich  glaubt  nicht, 
daß  ein  Handelsmusenm  gute,  richtige  Auskunft  au  ertheiien  im  Stande  wttre, 
nooh  stets  die  neuesten  Muster  beschaffen  kVnnte,  und  deswegen  Unne  sie  keinen 
Nutzen  fiir  ihre  Industrie  in  der  Errichtung  Yon  Handelsmuseen  erkennen. 

Schon  ehi»r  könnte  sie  in  der  Erweitennifr  bestehender  tmd  der  Gründung 
neuer  Fachschulin  ein  Mittel  scheu,  daa  zur  Füiderung  unserer  Industrien  und 
indirekt  zur  Förderung  des  Export«»  helten  dürfte.  Ohne  auf  deu  Ankauf  zu 
dringen,  mSehte  sie  fUr  den  Fall,  dafi  an  der  Weltausstellung  Artikel  erworben 
würden,  ersuchen,  Fachschulen  damit  zu  bedenken.  Die  Huster  kommen  dadurch 
in  jene  Kreise,  in  di  iuMi  ein  gewisses  Interesse  dafür  vorausgesetzt  werden  dürfe, 
und  wo  in  Verbinduug  mit  den  Fachschulen  hieb  am  leichtesten  Mittel  und 
Wege  ünden  lassen,  um  neue  Gedanken  zu  entdecken  und  alifaliige  neue  Artikel 
mit  Erfolg  aufcngreifen. 


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Handelsmoseea 


—    211  — 


Im  Uebrigen  «rwarte  sie  eine  FSrdarntig  des  Exporthaadeb  nur  daaB,  wenn 

diese  von  der  Privatinitiative  ausgebe,  und  aie  könne  ^e  Aufgabe  dee  Staates 
ledigllcb  darin  seben,  daß  er  diesbezüglii  he  Bestrebungen  nnterfitttt^^e 

III.  Der  ^ühict'i serische  Spinner-,  Zicnnr-  und  Wchcr-Vcrrin  antwortete, 
daß  iiandeUiuuäeen  für  die  Spinnerei  und  Zwirnerei  gar  kein  und  für  die 
Weberoi  jedenfkllü  nnr  «in  sehr  geringes  Interesse  haben  kannten.  Die  Spinner, 
die  Zwirner  und  ebenso  die  Weber  verfertigen  geradesn  Allee»  was  man  von 
ibnen  verlange,  sobald  der  Prei^  konvenire.  Sie  Heien  in  der  Lage,  jede  Gram> 
nnmmer,  einfach  und  gezwirnt,  zu  jcclt  m  beliebigen  Gebrauche  sich  eignend,  «a 
erstellen.  Ganz  besonders  sei  die  Webindustrie  so  hoch  entwickelt,  daß  ihr 
kein  Muster  vorgelt^t  werden  kOnne,  velehea  sie  nicht  sofort  herzustellen  im 
Stande  wXre. 

Handelsmuseen  haben  eine  hohe  Bedeutnng  für  Linder,  welche  sieb  erst 
industriell  entwickeln  wollen.  Wir  Schweizer  aber  kennen  alle  Textilartikel  der 
ganzen  \N'elt,  seien  ja  Uberall  Schweizer  und  Sehwt'izerhäuaer,  welehe  das 
Mutterland  unterrichten  über  Bedarl  und  Verbrauch  von  »Zeugnissen  jeder  Art 
auf  den  entferntesten  Winkefai  unseres  Erdballes»  nnd  dahehn  sei  man  im  Stande, 
Allen  zu  erstellen  und  jedem  Bedarf  zu  genttgen.  Gewiß  sei  unsere  Industrie 
mehr  als  je  darauf  angewiesen,  Spezialit^iten  an  eraengen;  allein  die  Erzeugung 
dernelben  k5nne  in  keinem  Fall  durch  Errichtung  von  HundeLsmuseen  gef?'>rrlert 
wordeu.  Die  Neuheiten  werden  iu  der  Kegel  geheim  gehalten,  und  erst  nach 
dem  sie  genügend  ausgebeatet  worden  seien,  werden  sie  Gemeingut  und  kommen 
im  Museum  erst  snm  Vorsehdn,  wenn  darauf  niehts  mehr  au  verdienen  sei. 

Angeregt  von  großen  Exporthäusern  schaffe  unsire  Weberei  immer  und 
immer  Neue»,  (imvisse  Standards  bleiben ;  in  den  Neuheiten  aber  löse  ein 
Artikel  in  regulärer  Kontinuität  den  andern  ab.  Freilich  komme  dann  aller- 
dings auch  vor  —  »ei  wenigstens  schon  vorgekommen  —  daß  solch'  neue 
Huster,  in  der  Sehweia  mit  viel  Fleiß,  GeHohiok  nnd  Kostenaufwand  erstellt, 
durch  unsere  Exporteurs  nach  England  wandern,  wo  es  ihnen  manchmal  gelinge, 
grüße  Posten  eine  kleine  Fraktion  billiger  erstellen  zu  lassen  als  durch  den 
Verfertiger  des  Musters  Wenn  also  dem  schweizerischen  Weber  oftmals  sogar 
für  die  selbst  angefertigten  neuen  Muster  die  B^tellungen  entgehen,  wie  sollte 
man  denn  von  ihm  erwarten  dürfen,  da«  er  Neuheiten  im  Handelsmaseum 
niederlegen  werde,  nn  sie  damit  gleieh  cum  Gemeingut  Aller  werden  au  lassen  ? 
Die  Kunstweberei  konnte  sieh  nach  den  gemachten  Erfahrungen  nicht  *  inmal 
dazu  entschließen,  an  einer  Ausstt-lhing  ihre  nenesten  Artikel  zu  produzireo, 
sondern  würde,  wenn  sie  aasHtellen  wollte,  nur  mit  Typen  ausrUoken,  um  mit 
diesen  durch  den  Grad  der  Perfektiun  zu  glänzen. 

Ibnt^e  Leute  meinen  durch  Anlegung  von  MusterkoUektioaen  von  Waaren 
ans  andern  Staaten,  die  in  fremden  LKndem  Absatz  finden,  aammt  den  nöthigen 
Angaben  Uber  Herkunft,  Absatz  und  allen  damit  zusammenhängenden  Verhält- 
nissen, ganz  besonders  dem  kleinen  Manne  einen  Dienst  zu  erweisen,  indem  ihm 
dadurch  der  E&port  ebenfalls  ermöglicht  werde.  Diese  Ansicht  sei  eine  ganz 
unrichtige ;  man  leiste  dadurch  dem  kleinen  Mann  keine  Wohlthat,  sondern  man 
ftthre  ihn  viebnehr  ins  Verderben;  denn  kleine  Leute  sollen  weder  konngniren 
noch  exportiren.  Es  fehle  ihnen  daan  gewöhnlioli  Alles,  nicht  nur  das  nöthige 
Kaiiital,  suiidern  es  fehlen  ihnen  oft  auch  Jii-  erforderlichen  ni«"rk  tntilrn  Kennt- 
nisse. Wie  uiancher  kleine  Fabrikant  »»ei  an  den  Folgen  diese-,  Fehlgrirb-s  zu 
Grunde  gegangen  1  Der  Erlös,  wenn  er  überhaupt  hereinkomme,  bleib«  viel  zm. 
lange  ans.  Hier  solle  nnd  mflsse  das  Geaets  der  Arbeitstheilung  zur  Anwendung 


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HandelfliniiBetti 


Handelsmuseen 


kamunttB;  der  Eine  8ei  Fabrikant  und  der  andere  Kaufmann ;  der  Eine  verwende 
•eine  ganze  Kraft  auf  die  Produktion  und  d«r  Andere  mit  reichen  Mitteln  bringe 
das  Erstellte  auf  den  Weltmarkt. 

IV.  Der  Vereni  schweiserischer  MaschineninäustrieUer  erwartet  von 
HAndelemnaeen  keine  Förderung  der  Maadiinenindnetrie,  nnd  diese  habe  degnneoh 
an  einer  salcben  Einrichtung  kein  Intmvsee. 

y.  Der  hemische  Vtttin  für  Handel  uud  Industrie  ist  mit  dem  von  dw 
sohweizerischen  Handelekammer  gefaßten  BeeeUiiaae  (vide  pag.  17  dieeea  Be- 
riohtea)  pinverstanden. 

VI.  Die  kaufmännische  Gesellschaft  ZüncU.  Durch  HandelumuHeen  wolle 
man  die  Industriellen  des  eigenm  Landes  bdekren,  mit  den  Bedttrfbiaeeti  nnd 
AbHatzTcrldltniasra  Irtuider  Gegenden  vertraut  machen  nnd  sie  aiiNpornen,  an 
der  Deckung  jener  Btttlürfnitwe  theilzunehmen.  Ks  liege  auf  glatter  Uand,  dali 
die  Erreichung  dienes  Zieles  von  drei  Faktoren  aldiange,  von  deuetj  indessen  die 
tttiobtige  Leitung  eines  uolcben  Inatituts  und  die  Neigung  der  InduHtriellen,  »ich 
ttberkMq>t  auf  denrtige  Weise  beldir«i  an  iMsen,  hier  nidit  weiter  in  Betraekt 
fidlen.  Viel  wichtiger  nnd  Ittr  die  Nutibarmacknng  des  Handelsmnseams  ent- 
aobndend  sei  die  Frage»  ob  die  exportfähigen  Industrien  eines  Landes  sock 
andere  und  vor  Allem  aun  besser©  Mittel  als  da«  Handel'Jüi'i-eum  besitzen,  »nu 
sidi  über  fi*emde  Abeatzgeläete  zu  infonniren.  Es  falle  äolurt  in  die  Augeu^ 
daß  in  dieser  Richtung  die  Verhältnisse  eines  ältem  Exportlandes,  das  seit  mehr 
nls  einem  kalben  Jahrhandert  seine  Yertretnngen  nnd  Verbindungen  tn  allen 
Zonen  und  Enden  der  Welt  habe,  wesentUck  andere  seien,  als  diejenigen  eines 
jUugern  Industriestaates,  dessen  Exportindu^trien  die  ersten  Schritte  aus  der 
Treibhausluft  des  einheimischen,  wohl  verwahrten  und  wohl  geschützten  Markt»» 
auf  den  Weltmarkt  hinaus  wagen.  Und  ferner  leuchte  eu  auch  ein,  daß  nelbst 
bei  gleioker  industrieller  Entwn^ung  die  Industrien  desjenigen  Landes  der 
UntersttttBung  duiek  Handelsmuseen  nker  entratken  k5mien,  dessen  Bttrgem  ein 
stärkerer  Wandertrieb,  die  grSßere  Leiektigkeiti  fremde  Länder  anfinsnchen  nnd 
m  beobachten,  innewohne 

In  dieser  Hinsicht  »ei  unsere  Lage  eine  andere  als  diejenige  Oesterreicliti, 
ItalieuH  oder  auch  Deutschlands.  Unsere  größern  Exportinduatrien  kaben  das 
Stadium  der  Entwicklung,  in  welchem  Handelsmuseen  von  direktestem  Nntsen 
für  den  prodosirenden  Industriellen  wären,  bereits  Uberholt.  Durch  ihre  Ver- 
bindungen aller  Art  informiren  sie  sich  meist  rascher  und  besser,  als  dies  dun  h 
die  SfhH ii>tellungen  und  Mittheilungen  eines  Handelsmuseums  gesehehen  könnte, 
und  darum  sei  es  unthunlich  und  unwirthsohaftlich,  selbstäudige  liandelämusecn 
als  allgemein  die  Bioktnng  weisende,  Vorbilder  liefernde  Institutionen  Atr  nnsere 
Exportindustriea  kinaustellen.  Etweleker  Wertk  für  die  Orientirnng  und  Bildung 
des  Industriellen  in  einseinen  F&llen  sei  den  Handelsmuseen  trotzdem  auch  für- 
unsere  Verhältnisse  i)i<^ht  abzusprechen,  sofern  dieselben  sieh  m?5glichst  auf  der 
Höhe  halten ;  und  wenn  nebenbei  und  ohne  übermäßige  Opfer  dieser  Bildungs- 
werth nutzbar  gemacht  werden  könne,  so  sei  dies  selbstverstftndlioh  wünsckbar 
und  erfrenliob. 

Diese  LSsnng  lasse  siek  linden,  wenn  die  Handelsmuseen  nicht  sowohl  darauf 

ausgehen,  nur  dem  Tage  nnd  der  jetzigen  industriellen  Generfttinn  zu  dienen, 
sondern  wenn  sie  ihre  8amniliingen  derart  anlegen,  daß  dieselben  ein  Bild  der 
ganzen  Entwicklung  eines  Industriezweiges,  des  Werdens  und  Wachsens  desoelben 
nnd  der  darin  vor  sick  gegangenen  Wandlungen  bieten  und  ein  Errieknngsmittel 
fttr  die  kommenden  industri^on  Generationen  sein  wollen.   Fttr  diese  kabea 


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Handelsmuseen 


2Iä  — 


HaadelamusMn 


fiolohe  ISammluogea  sehr  bedeutenden  Bildongswerth,  wenn  bic  mit  Appiikuiiuiui- 
«ohiden  in  Yerbinduug  gebraobt  werden  und  «Is  Auohaming«-  nnd  Lehrmittel 
dienen. 

Und  in  diesem  Sinne  modiiizlrt  wUnecht  die  kaufmännische  GeeellBohaft 
atlerdin^,  den  den  Handelsran^een  za  Grunde  liegenden  Gedanken  unsern  Ver- 
häituissen  anzupassen  und  für  dieselben  nutzbar  zu  machen.  Es  hätte  also  der 
Bond  die  Sammlungen  der  industriellen  nnd  gewerblichen  BUdungsanstalten  in 
hSlierem  Grade  m  anterattttaen,  als  dies  bishnr  gesohehen  sei,  und  dnroli  seine 
Mithülfe  dieean  Anetalten  allmälig  die  Anlegung  ansehnlicher,  sich  stets  ver- 
jüngendor  Fachmnseen  zu  ermöglichen.  Zu  diesem  Behufe  wären  die  Sammlungen, 
wie  sie  z.  ß.  der  Seideniii<lu.strie  in  der  Seidenweli.Mthule  in  Zürich,  der  Stickerei 
in  St.  Gallen,  der  Buntweberei  in  Wattwyi  etc.  zur  Verfügung  stehen,  zu  äufuen 
und  in  erweitem,  nnd  wenn  man  so  Bestehendes  ansbane,  so  werde  die  Gefahr 
▼ermieden,  daü  der  Staat  ans  ttbel  angebrachter  Wohlmeinenheit  Waaren  in 
einem  Handelsmuseum  zusammenstopple,  die  Niemand  betrachte  und  die  daran 
«chliesslicb  als  eine  Grümpelsammlung  vergrauen  und  verderben. 

VII.  Die  kaufmä/iniscke  Gcselhnhaft  Winterthur  änß»'rt  sich  wie  folgt: 
Flu  lüdustrielie  habeu  alle  Sammlungen,  wie  Handelsmuseeii,  wenig  Werth  5 

denn  wer  warton  wollte,  bis  er  iu  Mui^een  gangbare  Artikel  und  Preise  gesehen 
hätte,  der  kftme  wirUi^  zn  spit.  Und  auf  diesen  wie  auf  anderen  Gebieten 
Süll  mau  dooh  nicht  glauben,  daß  wichtige  Ideen,  nene  SehOpfnngen  nnd 
Brandungen  zum  Gemeingut  Aller  gemacht  werden. 

Nach  den  vun  Seite  der  Mitglieder  der  Gesellschaft  eingegangenen  Ansichten 
müsse  sie  zu  dem  Antrage  sich  entsohließen,  dal.)  von  Errichtung  von  Schweix. 
Handelsninseen,  oder  einem  Handelsmnsemn,  Umgang  genonnnm  werde. 

VIII.  Die  Kommission  für  Handel  und  Gewerbe  des  KaiUons  Appenzell 
A.^Bh.  glaubt  nicht,  daß  die  Bnriohtong  sdiweizerischer  Handelemuseen  der 
Industrie  so  wesentliche  Dienste  leisten  würde,  welche  die  in  Aussicht  stehenden 
Kosten  für  dieselben  rechtfertigten. 

Es  dürfte  genügen,  wenn  der  Bund,  theiiweise  im  Sinne  des  Postnlutes 
vom  a.  Dezember  abbin,  einen  Kredit  auswürfe  zur  Subventionirung  von  An* 
hänfen  an  der  Pariser  Aoestellung  für  schon  ia  den  neiaten  indnstrieUen  Oentren 
bestehende  Museen. 

IX.  Der  Handels-  und  IndustritvtrHn  Herisau  hält  dafür,  daß  ein 
unmittelbarer  Erfolg  betreffend  Ausdehnung  des  Verkehrs  einzelner  Industrien 
darcb  Errichtung  von  Handelsmuseen  nicht  zu  erwarten  sei,  da  ja  ein  solches 
Museum  unmöglich  den  einzelnen  Fabrikanten  so  schnell  und  praktisoh  renseigniren 
könne,  wie  ea  hei  den  heutigen  HandelsverhlUtnissen  nöthig  sei  und  wie  solohoa 
dureh  gute  Yertretnngen  an  den  Konsnmplltien  erveidit  werde.  Spesiell  die 
Stickerei-Industrie  werde  von  Hunderten  von  Yertretem  tagtäglich  auf  dem 
Lruifenflen  erhalten.  Das  Industrie-  n-n>\  Gewerbemnseum  in  St.  Galleu  leiste 
schrill  xienilieh  viel  und  doch  holen  unsere  Industriellen  die  Wegleitung  tTir  die 
Gaugburkeit  dtir  Produkte  uicht  dort,  sunderu  auf  den  großen  Konsumplätzen 
Paris,  London  etc. 

X.  Der  Industrieverei»  der  &adi  Sf,  Gallen  hBlt  Handelsmuseen  in  dem 

Rahmen,  wie  sie  jetat  YOrgeschlagen,  nicht  fUr  ei  1  I'  iUrfniß. 

Die  Fülle,  wo  es  einem  Handelsmuscnm  gelingen  könne,  einen  Artikel  in'g 
Leben  zu  rufen,  an  den  vorher  bei  uns  nicht  gedacht  worden,  werden  sehr  ver- 
einzelt sein. 


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Handeismuseen 


—    214  — 


Handelsraiueea 


Da  wandere  man  lieber  durch  die  Straßen  von  Paria,  suche  die  zahlreichen 
KKofor  anfj  welohe  für  alle  naheD  und  ferneii  Lliid«r  der  Erde  kaufen,  und 
bilde  eich  ein  ürtheil  Uber  die  Artikel,  die  dalieiin  sn  fabriziren  seien.  Wem 
dieses  Kcijien  nicht  mriglioh  sei,  der  suche  in  tinüpm  TndiiKtrie-  nnf^  Crewerbp- 
raneeen  aus  dem  reichen  Materinl  Ideen  fllr  seine  Industrie,  mache  was  Hechtca 
und  Andere  werden  et»  gerne  kauiVn  und  verbreiten. 

Das  orientalieclie  Moeenin  in  Wien  sei  recht  reidi  und  aoh9n,  aber  spSrlieh 
beeucht. 

Der  Handel  »ei  lebendig,  —  nur  das  Henüge  gelte,  «las  Gostrige  ^ei  ab- 
gethan ;  Handelsprodnkte,  Waarenmuster.  Preine,  Be7iigKqnf!lleti  etc.  können  heute 
Werth  haben,  in  einem  Jahre  sicher  nicht  mehr,  ja  utt  iu  wenig  Wochen  nicht 
mehr.  Das  Aufbewahren  aolcfaer  Dinge,  Jahre  lang,  in  theuren  Bäumen,  hätte 
nur  nedi  etbnographiseheD  Werth  —  aber  keinen  prektaachen  oder  Handelawerth. 

Der  Kandel  bedfirfe  der  Frische,  tSglieh  neuer  Anregung  nnd  Nachdenkens. 
Geben  wir  unfern  Industrien  solche  Anrepnngrrn ;  dnzn  seien  berufen  unsere  In- 
dustrie- uud  (iewerbemuseeu ,  LeaestoiT  und  Illustrationen,  Zeichnuugsschulen, 
Webfchulen  etc. 

ünsere  Koseen  seien  bereehtigte  Sammlungen;  sie  dienen  der  Industrie  als 

AttSehauungsunterricht,  indem  das  Schönate  und  Be«ste  aller  Zeiten  und  Völker 
sammeln  und  dem  Beschauer  Überlassen,  daraus  jeweilen  dus  der  Zeit  Dienliche 
zu  entnehmen  ;  nur  diese  Vorbilder,  gut  gewählt,  seien  Jahrhunderte  lang  schätzena- 
werthes  Material. 

XI.  Dns  Jtwßmniaeke  J>irdsiarium  in  St,  ChUle»  lußert  sieh  im  Wesent- 
lidien  wie  folgt: 

Man  erwarte  von  einem  Handelsmuseum,  daß  es  Musterkollektionen  der 
betrelfcnden  Export-  und  Importgegensthndn  fortwährend  koniplet  halte,  alle 
praktisehen  Belehrungen  Uber  Emballage,  Appretur,  Verf-endungswcise  u.  s.  w. 
biete,  über  die  wirthschaftlichen  und  technischen  Details  des  Transportes,  alKO 
Uber  die  Wahl  der  besten  Verkehrslinien,  ttber  die  Art  der  Expedition,  der 
Frachttarife,  Zollansätze  und  sonstigen  Spesen  authentif^che  Belehrung  ertheile, 
endlich  iiueh  iüb  Handlungshätiser  nnd  Firmi  ti  bfzeichne  und  Empffhtuncen  odor 
Referenzen  verschaffe,  nra  dem  mittleren  nnd  kleineren  Gewerbetreibenden  und 
Kaufmann  die  Theilnahme  am  Welthandel  zn  ermöglichen. 

Es  werde  in  erster  Linie  anzunehmen  sein,  daß  den  Sammlangen  des 
Handelsmoseums  nieht  die  gleidie  Aufgabe  anfeilen  soll,  wie  denjenigen  der  schon 
bestehenden  Industrie-  und  Gewerbemuscen;  daß  sie  also  nii^t  dazu  angelegt 
werden,  um  Gefcbm  iok  nnd  Technik  von  innen  hernii)'  weiter  zn  bilden  und 
Studienmaterial  im  engeni  Hinne  zu  bieten,  Uberhaupt  nls  fachliche  Bildungs- 
anstalten  zu  wirken;  sondern  daß  sie  dem  Besucher  dasjenige  zur  Anschauung 
bringen  sollen,  was  der  Harkt  jeweilen  verlange  nnd  anbiete  nnd  was  der  Kauf* 
mann  und  der  Industrielle  sofort  direkt  verwerthen  k0nne.  Wie  sohwierig,  ja 
geradezu  nnmöglirh  die  Anlage  solcher  Sammlungen  sein  mUßte,  wrrde  sofort 
einleuchten,  wenn  man  bedenke,  daß  es  bei  halbwegs  entwickeltem  Kxporthandel 
dem  Interesse  sowohl  des  hiesigen  Versenders,  als  de^  auswärtigen  Empfängers 
Yon  Waaren  in  der  Regel  sohnnrstraeks  entgegenlaufe,  diejenigen  Artikel,  mit 
welchen  sie  snf  Ibrkte  Erfolg  haben,  allgemein  bekannt  an  geben;  wenn 
man  ferner  bedenke,  wie  rasch  die  Vorliebe  fUr  diese  oder  joie  Artikel,  der 
Geschmack  an  diesen  oder  jenen  Mnstern  wechsle,  und  wie  Alles,  was  mit  Handel 
und  Industrie  zusammenhänge,  sozusagen  in  nie  unterbrochenem  Wandel  be- 
griffen sei. 


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Handeli<muäeeo 


—    215  — 


Huixitilsmuäeen 


£b  sei  nioht  in  Abrede  sa  etellem,  daß  es  luiter  gewiMWP  UmBttndwi  fitr 
noch  wenig  entwickelte  Sleinindnatrien  oder  Gewerbe,  die  Acb  ana  eigener  Kraft 
den  Weg,  der  in  die  große  Straße  des  Welthandels  führe,  noch  nidit  an  bahnen 
vermochten,  (kß  es  in  einzelnen  Fällen  auch  flir  den  Verkehr  in  gewissen  Natiir- 
produkteii  vortheilhaft  sein  dürfte,  sich  durch  permanente  oder  aeitweibe  Aus- 
stellungen einem  weitern  kaufenden  Publikum  bemerkbar  und  leichter  zugänglich 
an  maeheo.  Aber  derartige  Yeranobe  von  immerhin  fiebr  iweifelhaftem  Amgang 
werden  wohl  am  beeten  im  Anaoblowe  an  schon  bestehende  Institute  gemacht 
oder  dem  Unternehmungsgeist  der  Interessenten  überlaHstn,  <lein  der  Buiid  mit 
neinen  Mitteln  zu  Hülfe  kommen  möge,  wenn  und  soweit  er  es  für  gut  finde. 
Die  Grul^iiutustrie  und  der  Großhandel  bedürfen  derartiger  Krücken  in  keiner 
Beziehung,  und  was  ttberhanpt  dnrcb  die  Sammlniigen  eines  Handebmnaenms  or» 
werben  und  gebotmi  werden  kSnnte,  wäre  ohne  Zweifel  Ihst  ohne  Aoanabme  für 
die  unmittelbare  "Verwerthuug  schon  veraltet  und  hätte  für  die  Benutzer  der 
Sammlungen  nur  noch  den  bildenden  Werth,  der  immer  in  der  Erweiteni'vu' 
geistigen  Honzonts  durch  neue  Anschauungen  liege,  aber  nicht  mehr,  und  daher 
in  der  Kegel  weniger,  als  gute  MuHterabuDoements  oder  sorgfältige  Einkäufe 
eines  eindcbtig  geleiteten  Indniitrie-  und  Gewerbramsenma.  Bildender  Art  nnd 
nicht  für  unmittelbare  Verwerthnng  geeignet,  wären  unbedingt  andi  die  An- 
käufe, die  an  der  Pariser  Weltaupfitcllnng  gemacht  werden  sollten.  Ks  sei  sehr 
zu  begrüßen,  wenn  die  Eidgenosscnschait  einen  möglichst  hohen  Spezial  Kredit 
aussetze,  um  bei  Anlaß  der  Ausstellung  Ankäufe  zu  machen,  aber  nicht  für  ein 
neues  Handelsmasenm,  sondern  für  die  bestehmden  Indnatrie>  und  Geweibe- 
mnseen,  anf  woblmotivirte  VorsohlXge  ihrer  Verwaltungen. 

Hinsichtlich  des  Auskunftsbureau,  welches  mit  Ha&delsmuseen  zu  verbinden 
wäre  und  den  Mittler  n  und  Kleinpn  die  Theilnahme  am  Welthandel  ermöglichen 
sollte,  bemerkt  das  genannte  Direktorium: 

Was  von  ZulU  erhältnissen,  Gesetzgebung,  Konsular-  und  andern  Fach- 
beriohten  und  Verfügungen  jeder  Art  anf  dem  Gebiete  von  Handel  nnd  Industrie 
dem  Kaufmann  und  Fabrikanten  zu  wissen  nöthig  sei,  das  solle  ihm  eine  tUchtIg 
geleitete  amtliche  Publikatinii  bieten,  nnd  das  DirektDriuni  freue  sich,  sagpn  zu 
dürfen,  daß  unser  Schweizerisches  Ilandelsamtsblatf  verständige  Anforderungen 
in  dieser  Richtung  Jahr  für  Jahr  mehr  befriedige  Auch  die  vor  Kurzem  ein- 
geführte amtliehe  Statistik  Uber  die  sehweiserisdie  Eän-  and  Ansfiihr  sei  für  den 
denkenden  Kaufmann  und  Indnstriellm  Ton  großem  Werthe  nnd  in  guten  Hän- 
den, wenn  auch  immerhin  noch  verrollkommnungsfähig.  Es  sei  auch  an  das 
schweizerische  Tosthandbuch  zu  erinnern.  Was  kannte  denn  in  allen  diesen  Be- 
eiehutigeQ  ein  Uandelsmuseuni  njelir  und  Besseres  leisten?  An  Auskunft  ferner 
Uber  die  verschiedenen  Verkehrslinien  und  -Gelegenheiten  und  deren  Vortheile 
lassen  es  die  Herren  Spediteure  wahrlioh  nicht  fehlen ;  die  allmilige  Beseitigung 
der  Uebelstlnde  aber,  unter  welchen  der  HandelsstaTid  auf  dem  Gebiete  des 
Transportwesens  noch  leide,  sei  nieht  von  einem  Auskunftsbnrean  oder  Haiulels- 
musenm,  sondern  von  dem  schweizeriselien  Kisenbahndepartenient  y.n  eihotVeu. 
An  Ankündigungen  endlich,  Empfehlungen,  Mustersendungen,  kurz  an  Reklame 
jeder  Art  werde  in  neuester  Znt  wohl  eher  an  viel,  als  an  wenig  gethan.  Da 
s<rge  jeder  fiinaelne  ausgiebigst  dafür,  daß  seine  Waare  nnd  seine  Leistungen 
nioht  im  Dunkeln  bleiben.  Die  Priifuni^'  aber  alles  Dargebotenen  werde  und 
müsse  S'arlie  einzelnen  Interessenten   bleiben,   nnd   kein   noch   m  großartig 

organisirtes  iiaiuielsmnseum  oder  Auökunftsbureau  könnte  und  wollte  jemals  die 
Verantwortlichkeit  einer  eigenen  Beurtheilnng  Ubernehmen. 


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HaudelsmuiieeD 


—    21Ü  — 


Handelsmuseen 


Es  sei  keine  Ueberhebung,  wenn  das  Direktorium  btiiue  Ueberzeugung  dahin 
adflBpreolie,  daß  die  Schweis  in  der  sorgfältigen  Pflege  der  in  neaerer  Zeit  ge- 
gründeten fachlichen  Bildangsaustalten,  in  einer  einsichtigen  Gesetzgebung  und 
in  einer  verständigen  und  festeu  Har.^rK  und  Z(dI|)olitik  die  einzig  riditirron, 
nöthi^cn  und  möglichen  Hulfsmittel  zur  Förderung  ihre«  Handels  und  ihrer  In- 
dustrie besitze  und  alles  Uebrige  ruhig  der  freien  Selbslthätigkeit  ihrer  Volks- 
kralt ttherlaasen  dürfe. 

XII.  Die  SoeiiU  indtKirieße  et  commerciale  du  Cmton  de  Vaud  ist  der 
Ansieht,  daß  die  Handelemnseen  einen  praktischen  Nutzen  nicht  hätten.  IHe 
Resultate  solcher  würden  ID  keinem  Verbältnisse  zu  den  großen  Kosten  stehen. 

XIII.  Biu  SoiyHp  intercantonale  des  Industries  du  Jura  spricht  sich  eben- 
falls im  ablehnenden  Sinne  nus  Die  Eidgenossenschaft  möge  vielmehr  ihre  Sub- 
ventionen den  gewerblichen  ßildungaanstalteu  zuwenden,  die  diejenigen  Mustor 
«ieh  venehaffen  werden,  die  in  ihrem  Zwecke  nothwendig  and  nlitslioli  seien. 

Dies  sind  die  Ergebnisse  der  in  den  Sektionen  des  sohweizerisohen  Handels- 
nnd  Indnstrieyereins  vorgenommenen  Untersiiehtingen. 

Was  das  hänfi«»'  als  Vorbild  hervorgehobene  Handel'' itin.<PKm  i)i  l'nf-<<el 
betrifft,  80  hahen  wir  schon  früher  über  dasselbe  nShere  Erkundigungen  einge- 
zogen. Dttf«  Resultat  derselben  ist  im  Handelsamtsblatt  vom  \2.  April  ItiÖ? 
publisirt  worden  und  mag  na  dieser  Stelle  wiederholt  werden.  Dasselbe  lantel: 
Dieses  Institut  scheint  in  Belgien  selbst  nicht  allgemein  so  gesehfitzt  zu  sein, 
wie  im  Ausland  und  speziell  in  der  Schweiz,  wo  es  seit  einiger  Zeit  häufig  zur 
Haehahmung  empfohlen  wird.  Kompetente  belgische  Kaufleote  und  Fubrikauten 
haben  erklärt,  daß  der  Luxus  der  Einrichtung  außer  Verhältnis  zu  deren  Nutzen 
stehe,  ja  daß  das  Hnseam  für  sie  geradeiu  werthloa  and  flberilssig  sei.  Wenn 
ein  Kanfinanu  oder  Industrieller  tlber  ein  entferntes  Abeatzgebiet  Auftehlaß 
wttneebe»  ziehe  er  vor,  Jemand  dahin  zu  senden,  um  an  Ort  und  Stelle  Studien 
machen  zu  lassen,  oder  er  WfTid'^  «^ich  an  eine  dort  etiihliite  VertratiensperRon. 
Die  im  .Mu^euui  ausgestellten  G-egen^jtände  seien  für  den  Handel  nicht  neu,  also 
werthlos,  und  bestünden  zudem  vorwiegend  aus  Produkten,  die  aus  ferueu  Ge- 
bieten importirt  werden  kennen,  Kokosnüsse,  Stranßenfedern  n.  dgl.,  wogegen 
man  viel  zu  wenig  Muster  von  neuen  europäischen  Exportartikeln  finde.  Der 
Hauptiiutzen  des  Muscuut>  I)e8tehe  in  den  Mittheilungen,  welche  es  über  Trans- 
porttaxen und  Zolltarife  zu  machen  im  Ealle  sei.  —  Solche  ürtheile  Uber  das 
belgische  Uandelsmuseum  sind  übrigens  wiederholt  auch  im  belgischen  Parla- 
mente an  Tage  getreten  nnd  scheinen  tu  beweisen,  daß  man  rieh  davor  httten 
maß.  Alles,  was  das  Ausland  macht,  für  gut  nnd  naohahmenswerth  zn  halten. 

Der  Vorort  des  sehweigerischeH  Bandele-  und  Indusirievereine  erachtete 

es  der  Wichtigkeit  der  Angelegenheit  für  angemessen,  noch  die  schieeiMerfSche 
llandchhammer  zu  konsultiren.  Nach  cirdSßlicher  Diskussion  bat  diese  in  ihrer 
Hitzung  vom  U.  Februar  abhin  sich  damit  einverstanden  erklärt,  duß  der  Bund 
die  etwaige  Gründung  von  Handelsmuseen  nach  Maßgabe  des  Bundesbeschlusses 
vom  18.  Dezember  1884  (betreffend  Tertretnng  der  sehweizeriscben  wirth- 
Bohaftlichen  und  kommerziellen  Interessen  im  Auslande)  untei-stutze,  daft  er  aber 
namentlich  uuf  die  Suliventiouirung  der  Industrie-  nnd  riewerbemnseen,  sowie 
der  Sammlung  von  Fu*'hsehulen  hedaeht  >ein  und  ihnen  die  in  Paris  durch  kom- 
petente Leute  zu  erwerbenden  Ausstellungsgegenstände  zuwenden  möge. 


'J  Siehe  Seile  SO/yO  im  Ii.  Band. 


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HnudelsmuäMii 


—    217  — 


Handebmitteen 


Uic'init  ubereiostimmend  lautet  das  vom  Vororte  de«»  genannten  Vereins  uns 
erstattete  Gataoliteii,  welohea  wir  unserm  Berichte  beilegen. 

Im  wirthsniialllicthen  Leben  eines  Staates  iet  der  Exporthandel  unstreitig 
von  eminenter.  Bedeutung  und  es  ist  Aufgabe  des  Staates,  Mittel  und  WegeaaS" 

findijr  zu  macben,  wie  derselbe  gefördert  und  Hemmnisse,  die  ihm  entgegen- 
stehen, beseitigt  werden  kfiimen.  Es  geschiebt  die«  bereits  uuf  mannigfache 
Weise,  wie  da«  kautiuauiiiHche  Direktorium  in  St.  Gallen  in  seinem  Berichte 
anorkennend  herrorbebt. 

Wie  aus  den  auszüglich  mitgetheilten  Berichten  hervelgeht,  sied  in  kom- 
petenten Krei^n  die  Ansichten  darüber,  ob  Handelsmneeen  geeiccnet  seien,  im 
VerhiiltTiigBe  der  bei  zweckmäßiger  Einrichtung  unvermeidlich  mit  deuHelbeji  ver- 
bundenen Kosten  aucli  zu  nützen,  divergirend.  Unter  allen  Umständen  und  ab- 
gesehen von  den  divergireoden  Ansiehten  Uber  Nothwendigkeit  und  Nützlicbkeit 
ersohMDt  es  nieht  als  angeaeigt,  daß  vom  Bunde  auf  seine  Kosten  und  ofRsiell 
solche  Institute  in's  Leben  gerufen  werden.  Es  ist  Malier  als  Grundsatz  beob- 
achtet Worden,  daß  der  Staat  nur  da  uud  nur  )n«>oweit  in's  wirthscbaftliche  Leben 
eingreife,  als  die  Kratto  der  Privaten  lit  zureichen.  An  dem  bisherigen  Ver- 
lahren  festhaltend,  glauben  wir,  daU  der  Bund  nicht  othzielle  HandeUmuseen 
grttnden  soll,  daß  er  aber,  wenn  Gruppen  vod  Industrien  oder  Gewerbeu  solche 
Unseen  für  ihren  Interessenkreis  in^s  Leben  rufen  wollen,  sie  unterstittBe,  wenn 
sich  nacli  vorgenommener  Untersuchung  heronsstellt,  daß  sie  wirklioh  im  all- 
gemeinen Interesse  des  Landes  liegen. 

£s  iät  sowohl  von  der  Handeiskammer  als  auch  von  vertschicdetien  Hektiunen 
des  Handels«  und  Indnstrievereins  betont  worden,  daß  die  Unterstützung  dos 
Bundes  namentlich  den  bestehenden  Industrie-  und  Geworbesohnlen,  sowie  den 
gewerblichen  FachKcbulen  zugewendet  und  daß  die  Pariaer  Ausstellung  an  An- 
schaffungen für  dieselben  benutzt  werden  möchte. 

Wir  sind  deshalb  in  dpr  Lage,  auch  hierüber  unsere  Ansieliteu  mitzutbeilen. 

Zuuachst  eriuiiein  wir  daran,  daß  „die  Muster-,  Modell-  und  Lehrmittel- 
sammlungen, die  Gewerbe-  und  Industrie  -  Museen*  gemSß  Art.  2  und  1  des 
Bundesbe.schlusses  vom  27.  Juni  1884  ^)  betreffend  die  gewerbliche  und  in- 
dustrielle Berufsbildung  zu  denjenigen  Anstalten  gehören,  welche  Beiträge  aus 
der  Bunde»>kasse  prhnlten,  Ks  g-e^ehah  die  Anarichtung  solcher  Beiträge  denn 
auch  seit  Inkrafttreten  jenes  Bundetibebchlusses  in  ausgiebigem  Mai^,  so  daß  es 
den  Sammlungen  ermöglicht  war,  die  jeweilen  sich  bietenden  günstigen  Gelegen- 
heiten SU  Ankäufen  aussanntsen. 

Wir  wollen  hier  wiel  r'n  1  .-n,  was  wir  bereite  in  einem  andern  Berichte 
gesiagt,  daß  nämlich  die  Ausgaben  des  Bundes  für  die  g»*werh1ichen  und  in- 
diistriellen  Bildungsanstalten  seit  1»84  bis  IbbU  Fr.  1  38t),e57. 92  betragen 
haben. 

Auch  in  den  ihre  Subventionsbegehren  pro  1889  begleitenden  Budgets  haben 

sie  sich  hinreichend  vorgesehen,  um  Anscbail'ungen  an  der  Pariser  Weltausstellung, 
welche  ihre  Direktoren  zu  diesem  Zweck  besuchen  werden,  zu  raachen.  Die 
für  Anschauungen  im  Jabrp  1H89  vom  Kunde  verlangte  Summe  beläuft  sich 
einzig  für  diejenige  Kategorie  von  Anstalten,  um  die  es  sich  hier  handelt,  auf 
ungefähr  55,()00  Fr.,  wShrend  sie  aus  andern  Mitteln  noch  weitere  65,000  EV* 
ebenfelb  für  Anschaffungen  tu  verwenden  in  Aussieht  genommen  haben.  Es 
reprüeentirt  dies  eine  Gesammtsumme  von  beilKuflg  120,000  Fr„  welche  unseres 

Stehe  Seile  ä54  im  1.  Band. 


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—    218  — 


Hftoddorecisler 


Eiaohtens  genllg«&  wird.  BoUte  die  «ine  oder  andere  besondere  ginetige  Ge- 
legenheit sich  zeigen,  um  etwas  Außerordentliche«  an  der  Welteowtellung  ansu- 
kaufen,  wofür  die  vorhan  l^nr-n  Mittel  nicht  hinreichen,  so  mf^gen  sich  die  Tn- 
teresseiiten  mit  einem  besoD<leren  Gesnch  an  die  Bundesbehörden  wenden,  welche 
nicht  eruiaugelu  werden,  6»  zu  prüfen  und  eventuell  ausnahmsweise  Zut^chUese  za 
BUMheHy  oder,  falls  das  Budget  nicht  anareiclien  solltei  Naebtragekredite  zu  ver» 
Jangen  reep.  sa  bewilligen 

Zu  den  sehen  vorlüindenen  beträchtlichen  Mitteln  aber  von  vornherein  noch 
weitere  auszuwerfen,  können  wir  nicht  hefiirworten.  Ein  f*olehes  Vorgehen  würde 
leicht  zu  deren  Verausgabung  a  tout  prix,  zu  Verschleuderung  führen,  wovon 
weder  Imlaatrie  noeh  Gewerbe  Kntxw  hätten.  Schon  jetzt  konnte  bie  nnd  da 
eine  Tendenn  tnr  Anfetapelnng  mOglicbat  vieler  Gegenetfinde  beobachtet  werden, 
welche  um  ho  schädUober  ist,  als  mehrere  unserer  Museen  mit  so  großen  räum- 
lichen Einschränkungen  zu  kämpfen  haben,  daß  weit«  rf  Abschaffungen  znm  Theil 
siatirt  wmlen  mflss-fn  nnd  ihre  rationelle  Entwieklnng  iii  Fragt-  ^^pstellt  ist. 

l)ün  Ergebniß  der  Uittert^uehung  fUhrt  uns  zu  falgenden  Antrügen  : 

1)  Die  Gründung  von  Eandelemneeen  ist  der  PriTattiiltigkeit  zu  IlberlaneD. 
Der  Bundesbeschluß  vom  Dezember  1884  (betreffend  Vertretung  der  schwei- 
zerischen wirtlisf diaftlichen  nnd  kommerziellen  Interessen  im  Auslände)  findet  auch 
auf  die  Gründung  golrhcr  Institute  analoge  Anwendung.  Demnach  kann  Hnndel»- 
museen,  die  zur  allgemeinen  Förderung  des  schweizerischen  Handels  ins  Leben 
gemfen  werden,  auf  gestelltes  Aneadien  finansielle  oder  anderweitige  Unter- 
etttttnng  bewilligt  werden,  wenn  dieselben  eieh  nach  der  von  den  BundesbehlMett 
TOimnehmenden  Prüfung  als  nützlich  und  nothwendig  herausstellen. 

2)  Sollten  nicht  vorgeselu  nc  Ankäufe  an  der  Pariser  Au^^telhing  für  bestehende 
Industrie-  nnd  (iewerbemuisi^en  oder  Fnehsrhnlen  gemRcbt  werden  wollen,  nnd 
die  vorhandenen  Mittel  nicht  liinreicheu,  so  wird  die  Biindesi)ehörde  nachträg- 
liche Snbventionsgesnehe,  die  zu  solchen  Ankäufen  an  nie  gehmgen,  prüfen  nnd, 
wenn  sich  dii^  Gesiu  he  als  begründet  heranastelien,  Zuschüsse  an  den  bereits  pro- 
1889  bewilligten  Hubventiunen  muclien. 

Die  Bundesversammlung  t'ul.'ite  in  ihrer  Kriihjahrnüetssion  von  lö8U  den  Be- 
schluß: „Es  wird  vom  bundesräthlichen  Antrage  vom  Ii».  März  ItJöi»  in  ge- 
nehmigen<itom  Sinne  Kenntoiß  genommen*. 

HandelsTOgister.  (Nach  den  Mitthdlnngen  der  Herren  Dr.  Leo  Weber^ 
SekretSr  für  Geeetsgebnug  nnd  Rekurswesen  des  cidgenBseisehen  Jnstiideparte* 

ments,  und  A.  Hothpletz,  Sekretär  für  das  Handelsmgister  im  genannten  De> 
partement.    Geschrieben  Mitte  März  1^01.) 

Seit  dem  i.  Januar  werden  in  nammtlicheu  «schweizerischen  Kantonen 

Handelsregister  nach  einheitlichen  Bundesvorschriften  geftthrt.  Der  Art.  859  des 
Bondesgeeelzee  über  das  Obligationenreeht  hat  die  Führung  solcher  Register  den 
Kantonen  zur  Pflicht  gemacht. 

Dnreh  Art  S^H  des  O  R.  war  dem  Bundesrathe  der  Auftrag  ertheilt,  Uber 
Einrichtung,   Fiibrung  und  Kuntrolirung  der  Handelsreji^ister.   iibt-r  das  bei  den 
Eintragungen  in  dieselben  zu  beobachtende  Verfahren,  die  zu  entrichtenden  Taxen 
und  die  BesehwerdefUhrung  eine  gleichzeitig  mit  dem  Obligationenreeht,  d.  h.  auf 
i.  Januar  188S,  in  Kraft  tretende  Verordnung  tu  erlassen. 

Das  eidg.  Justiz-  und  Polizeidepartement  hatte  die  Vorarbeiten  an  dieser 
Verordnung  zu  besorgen,  mit  RUeksieht  darauf,  daß  die  Materie  in  engem  An- 
schluß an  die  Bestimmungen  des  Oldigationcnreohtes  steht  und  daher  einen  vur- 
herrschend  juridischen  (privatrechtlichen)  Charakter  trägt.  Die  einfache  Anlehnung 


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Haadelsregiäter 


219  — 


Handelsregister 


an  bereita  vorhandene  Vorbilder  (autdändiüche  oder  kautonale  Einrichtungen) 
vmm  aidi  als  inatattliaft.  Uiwer  Obligationenrodit  hAt  bei  Nomimng  der  auf 
beeondeni  BedUrftoHmcB  des  Handelastaadee  berabendeo  Becbtiinatitute  die  ent- 
Kpredieiiden  Beatimoiiuigen  der  deutecben  nnd  franzönschen  HandelfirechtH-Gesetz- 
gebnngen  zwar  nicht  außer  Acht  gelassen,  aber,  wie  die  himflesrSthlu^ht'  Botschaft 
vom  27.  November  1879  mit  Hecht  bemerkt,  q6  Int  doch  dabei  seine  eigenen 
Wege  gegangen  und  hat  ,aUe  diese  Institute  ihres  ausaohließlich  fttr  HandelH« 
lente  bereobneten  Charakter«  entkleidet*. 

In  das  Hände hregister  müssen  sich  eintragen  lassen  die  KoUcktic-  und 
Kommatuh'if/csrllsrhdßeir,  die  Aktt'rn-  und  Kommandäal'fh'ni/estl/sc/uiftefi,  die 
GenosseHseha//t'>i  und  Verciiif,  welche  /»r-'V^/.w^r  Pt'rsnnlifJtktil  (das  Recht, 
auf  ihren  eigenen  Namen  Kechtu  zu  erwerben  und  Verbindlichkeiten  einzugehen) 
erlangen  wollen,  aowie  aUe  diejenigen  Ar«on«ii,  welche  in  kaufmännischer  AH 
ein  Gewerbe  betteiben. 

Bs  Itaim  aber,  wer  immer  nnter  einer  Firma  ein  Geschäft  betreibt,  sei  dies 
auch  in  nicht  kaiifniännischer  Weifte,  dirsc  firma  eintragen  lassrn.  Uehcrdem 
kann  sich  jeder  Uandlungs fähige  eiotrugeu  lassen,  um  dadurch  im  vollen  Öinne 
Wechsel fäJiiif  zu  werden,  indem  er  sich  der  proiessnalisehen  Wechseistrenge  nnter- 
wiifl,  d.  h.  anf  moht  wechselnäßige  Etoreden  Ternohten  und  den  schnellen 
Reohthtrieb  Uber  sich  ergehen  lassen  will. 

Prokurisi'  >/  kiiuI  zur  Eintrof^nng  in  das  llarulclsn  gister  anzumelden,  ver- 
pflichten jedoch  Hrhnn  vor  der  Eintragung  kuiifrrviiiii'srhr  Prinzipale.  Prokuristen 
zur  BetreiljiiTig  anderer  als  kaufmännischer  Gewerbe  oder  Geschäfte  können  nur 
dnroh  Eintragung  in  das  Handeleregister  bestellt  werden. 

Es  wurde  demnach  vom  Justisdepartement  die  Anisteilung  eines  selbst- 
Btündigen  Entwurfs  als  dnrchans  nothwendig  erkannt.  Herr  Advokat  Ad.  Fick^ 
Sohn,  in  Zürich,  übernahm  dessen  Abfassung  Kinc  Expertenkommission,  bestehend 
auH  den  Herren  Ati.  Firk,  vorgenannt,  Charlea  Soldan,  Kantonsrichter  in  Lau- 
sanne, und  Dr.  Paul  Speiser,  Professor  in  Basel,  in  Verbindung  mit  den  Herren 
Leo  Weber  als  Vertreter  des  eidg.  lustisdepartementes  und  Z>r.  Ph.  Wilit  als 
Vertreter  des  Schweiz.  Handels-  und  Landwirthschaftsdepartementes,  wurde  berufen, 
einen  ersten  Kntwnrf  zu  HamK'n  des  Justiz-  nnd  Polixeidepartementes  durch- 
znberathen  nnd  festzustcllcu.  Auh  eigener  Initiative  hatte  auch  Herr  Dr.  Paul 
Speiser  einen  Entwurf  ausgearbeitet.  So  lagen  im  Juli  1882  der  Experten- 
konuaisricB  anrei  Bntwttrfe  vor.  IKeselben  untersehieden  sich  in  folgenden  Funkten: 
Nach  dem  Entwürfe  Fick  waren  vier  tabellarische  Abthminngen  6w  Kegisters 
vorgesehen,  in  welche  die  Eintragungen  auf  Grundinge  von  (11  rabrizirten) 
Anmeldescheinen  geschehen  sollten.  Speiser  dagegen  ließ  das  Handelsrcgirtter  in 
zwei  Abtheilungen  zerfallen :  das  eigentliche  Handelsregister  mit  zwei  Büchern, 
dem  Journal  and  dem  Firmenbucb,  und  das  Register  dw  sog.  Vollweohselfthigen. 
Mebrfiudie  Bemerkungen  und  Gutachten  waren  eingegangen  vom  Vorort  des 
Schweizerischen  Handels-  nnd  Industrievereins  (Zürich),  von  der  Kaufmännischen 
Gesellschaft  in  Ziirir^h  von  f!(-r  Hiind<>Iskammer  in  Genf,  sowie  von  der  Societe 
industrielle  et  commcrciale  du  cantou  de  Vaud,  von  letzterer  unter  Einbegleitung 
eines  (skizziiteu)  Reglementsentwurfes. 

Die  vorgenannte  fiinfgliedrige  Expertenkommission  tagte  vom  24.  bis  nnd 
mit  26.  Juli  1888  so  erster  nnd  am  14.  August  1882  su  zweiter  Berathnng 
in  Bern.  Zwischen  der  ersten  und  zweiten  Berathung  war  den  kaufmännischen 
nnd  industriellen  Kreisen  nochmals  Gelegenheit  zu  sachhezii^Hchen  Bemerkungen 
gegeben  worden.  Auf  Grundlage  des  Bpeiaer'schen  Entwurfes  stellte  die  Korn- 


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Handelsregistei 


—     220  — 


Handelsregister 


misnon  den  Text  etiMr  BnndeeTorordnuDg  fest  and  es  maohte  hiemnf  das  eidg. 
Jnstisdepsrtoment  am  22.  Angnst  deaaelben  Jahm  seine  Vorlafe  an  den  Bundea> 

rath.  Der  BnndeHrath  adoptirte  das  vorgeschlagene  System  imd  erließ  am 
*2*.K  AaguKt  18H1.»  die  „Verordnung  über  Handelsregister  und  HandelsanitsMiUt" 
In  Art.  ö  deruelbtn  wurde  die  fernere  Besorgung  der  auf  das  HandeLsri^gister 
und  Handelfiamtsblatt  tüch  beziehenden  Geschäfte  dem  Schweiz.  Handels-  und 
Landwirthsebaftsdepartement  logewieaen.  Der  Handebatand  hatte  aioh  einstimmig 
für  das  letztgenannte  Depavtemmt  als  leitende  und  kontrolirende  Behörde  ans- 
geKprochen  Ein  DualibuiTis  in  der  Departementalleitnng  kcnrate  nieht  als  zweck- 
mäßig  «'laehtt^t  wt'.rdeu. 

Du  die  Fragen,  die  uicb  bei  der  Führung  des  UandelttregiuterH  sehr  häafig 
aufdrängen,  meist  rem  jorinüseher  Natur  sind,  so  irar  dadaroh  aelbstTemtftndfiob 
die  bi^taohiettde  ttitwirkung  des  Jastisdepartementes  nicht  aosgesoblossen.  In 
der  Folge  zeigte  es  sieb  dann,  daß  es  nicht  nnr  kein  Naohtheil,  sondern  ein 
großer  Vortheil  sein  würde,  wenn  das  Handelsrcgisterwesen  unter  jnrifitisrhe  I^eitang 
gestellt  würde.  JÜeu  erbten  Schritt  hiezu  machte  der  Bundesrath  dadurch,  dafi 
er  im  Jahre  1885  dem  Handels-  und  Landwirthsehaftsdepartement  einen  jaristi- 
sehen  Spesiabidcretär  bdgab,  der  mit  dem  Wesen  und  der  Fühning  des  Handels- 
registers praktisdi  vertraut  war.  Durch  Beschluß  betreifend  die  Orgatilsation 
Keiner  Departemente,  vom  H.  Juli  1887  hat  sodann  der  Bondesratb  das  Uandels- 
register  dem  Justiz   und  Polizeidepartement  unterstellt. 

Mit  dem  Bundesgeset/.  über  Schuldbetreibung  und  Kunkurs  vom  1 1 .  .luuuar 
1889,  das  die  Betreibung  aof  dem  Wege  des  Konkurses  aaf  die  im  Handels* 
register  eingetragenen  Personen  und  Geselhtehaften  besohrKnkt,  hat  das  Handels- 
register eine  erhöhte  Bedeutung  gewonnen.  Nun  wurde  aber  bisher  0.  Art.  865, 
Abs.  4,  welcher  flu  die  Eintragspflicht  maßgebend  ist,  in  der  allerverschiedensten 
Weise  gehandhabt.  in  den  einen  Registerbezirken  wurden  nur  wirkliche  Kauf- 
lente,  theils  sogar  nur  die  ganz,  großen  GesebSfte,  nun  Eintrage  gezwungen,  in 
andern  sog  man  beinahe  die  ganse  BevDlkemng,  soweit  rie  niobt  geradezu 
aus  Fabrikarbeitern,  Bauern,  Beamten  oder  Bentiem  bestand,  in  den  Bereich 
d^'is  Handel«»r«-<^isters.  Dn  der  Bnudesrath  hiergegen  nicht  direkt  einschreiten 
konnte,  m»  wiir  unmöglich,  eine  gleichmäßige  Anwendung  des  Gpj'Ptz«'.'!  zu 
erreichen.  Dies  war  ein  großer  UebelMt«nd.  Ein  anderer  bentand  darin,  duL>  die 
bestehenden  Bestimmungen  nieht  genügten,  um  einen  renitenten  Bintn^pflieh- 
tigen  wirklich  zur  Eintragung  zu  swingen.  Wer  aber  nach  den  Bestimmwogeil 
des  Gesetzes  im  Handelsregister  eingetragen  sein  soll,  dessen  Eintragung  muß 
nl-i  VnniTisj^etznnj^  der  Konkurshetreibung  von  Rechtem»  wegen  erzwin^bar  sein. 
Nur  dann  k(>nneu  die  Interessen  des  gesaromten  Handelsstaiides  {e^e wahrt  und 
nnr  dann  kann  verhindert  werden,  daß  einaelne  Glfinbiger  au  Ungunsten  der 
übrigen  einen  Sohnldner  anspfltnden. 

Dem  bat  das  Buudesgesetz  vom  11.  Dezember  188H  zur  Ergän?.iing  dar 
B«?Htimmungen  des  Obligationenrechtes  über  das  Handelsregister  abc^eholfeii.  Das- 
selbe leirt  einerseits  den  Handelsregisterbehörden  die  rilicht  auf  He  Eintragung 
von  Auitefe  wegen  oder  auf  Begehreu  eines  Dritten  zu  voUzieiieu,  wenn  eine 
cur  Eintragung  verpfliehtete  Person  oder  Gesellsobaft  dieser  Obliegenheit  nieht 
nachkommt.  Anderseits  beauftragte  es  den  Bnndesiath,  die  erfor<1cr1ichen  Ver- 
fügungen zu  treffen,  damit  die  Terpflichtnag  wxr  Eintragung  in  das  Handels' 
register  Uberall  j^leiclimiiljig  ertüllt  werde. 

In  Ausführung  dieses  Gesetzes  hat  der  Buudearatb  unterm  *i.  Mai  1890 
eine  neoe  Yerordnang  erlassen,  welche  wie  obiges  Bnudesgeeeti  mit  dem  1.  Jamar 


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Haadelsregister 


—    221  — 


Haiideläregister 


1891  in  Kraft  getreten  ist.  Um  eine  gleichmäßige  Anwendung  des  Gesetses  zu 
enDSgliohen,  h«t  er  In  detselben  die  Fflidit  tm  Eintragung  genau  prSiisirt.  £e 

•oll  dabei  selbHtverständlieli  nicht  geengt  sein,  daß  damit  die  Frage  der  Ein> 
tragspHifht  nach  allen  Seiten  hefricdigend  geir)><t  H<;i.  Indessen  hat  sich  das  Vor- 
gehen des  Buiidesrathes  bis  jetzt  als  durchaus  praktisch  erwiespn.  Kiuerseits  sind 
nunmehr  beinahe  alle  nach  seiner  Auslegung  eintrag<>ptlicht)gen  Personen  und 
GeeeUBobaften  wirkliob  in  des  Handeleregister  eingetragen  worden,  endeneita 
haben  sieh  eine  grolSe  Ansahl  von  eingetragenen  GeaeliXfteii,  welehe  tbalelehlich 
nicht  anter  den  Zwang  des  Gesetzes  gehören,  wieder  streichen  lassen.  Das 
Handekrt'iri'^tt'r  bietet  daher  nunmehr  im  Großen  und  Ganzen  t^in  richtiffts  Hild 
der  eintragüpiliobtigen  Geschäfte  und  erniÖL'licht  so  eine  sachgeiuülk  Ausführung 
des  Bandesgesetaes  Uber  Schuldbetreibung  und  Konkurs  auch  im  Hinblick  attf 
die  der  Konkorsbetreibnog  Unterliegenden. 

Nach  der  bundesräthlichen  Verordnung  vom  6.  Mai  1890  zerfällt  das 
Unr  d:'!sregister  in  drei  Abtheilnngfn  :  1)  Das  Hauplref/ ister  (Register  A)  zur 
Antiia  iirne  der  Eintragungen  von  Einzclfirmen ,  kanfmSunischen  Prokiiraerthei- 
iutigen,  KoHektivgesellschaften ,  KommanditgeMelkchaften ,  Aktienge«ellbcbaften» 
Kommandit^AklieDgeselbebafteo,  Genoeseoaebaften,  Vereine  und  eventnell  betreffend 
das  ebeliche  Gttterredit.  2)  Das  befondere  Regtster  (Begister  B)  zur  Ein- 
tragung derjenigen  Personen,  welche  gestützt  auf  Art.  865,  Abs.  1.  O.-R.  di« 
KintraL'iintr  verlangen,  um  ^i'h  damit  der  Wephnel-  und  Konkursbetreibuug  zu 
unterwerlen,  obschun  für  tsic  t  ine  Pflicht  rnr  Eintragung  nicht  vorläge  und  sie 
keiiwr  der  obgenannten  Kategorien  angehören.  'S)  Das  Hegister  dv  nicht 
kaufinämUsrJien  Prohuren  (Begiater  C)  anr  Veraeiohnnng  derjenigen  Personent 
welche  znr  Betreibung  anderer  als  Handels-,  FabrikatioDS-  oder  sonst  nach  kauf- 
mftnuischer  Art  geführter  Gewerbe  oder  Geschäfte  als  Proknraträger  bestellt  »ind. 

Das  H  au  p  t  r  p  g  i  st  er  be^itcht  aus  folgenden  Bilchcrn  :  1)  Dem  Joinu 
in  welchem  in  Form  eines  Verbaiprozessep,  unter  fortlaufenden,  jftdfs  Jahr  neu 
beginnenden  Ordnungsnammem,  und  in  chronologischer  Eeiheutulge  alle  auf  Eiu- 
tragungen,  LOsobnngen  nnd  Am^bmngen,  die  in  daa  Hauptregister  gehören,  be- 
atlglieben  Anmeldungen  anr  Einsehreibung  gelangen;  außerdem  werden  in  ibm 
auch  die  in  das  Regisler  C  gehörenden  nicht  kaufmännischen  Prokuraertheilungen 
prütüküllirt :  2)  dem  in  Tabellenform  gffiilirten  Finnoibwh,  in  welchem  jeder 
Firma  eine  Blattseite  eingeräumt  ist,  worauf  all©  die  Firma  betreffenden  Journal- 
einträge notirt  werden;  3)  einem  Verzeichniß  der  eingetragenen  Firmen;  4)  einem 
ebensoldien  sSmmtlielier  im  Firmenbnohe  eingetragenen  Personen;  5)  einem 
besondvrtn  Hefte  anr  Aufnahme  der  MiUfliederverseidiniMe  der  QenMWn- 
$ehaßen  mit  gewQhnlieber  nnd  solidariaeher  Haftbarkeit, 

Das  besonder  «Register  zerfällt  in  ein  chronologisches  Buchy  in 
welcben  die  Eintragungen  nach  der  Reihenfolge  der  Anmeldung  gemacht  werden, 
und  ein  alphabetisches  Jiueh,  in  einfachster  Form  dem  Journal,  sowie  dem 
Firmenbuobe  dde  Hauptregisters  nebst  daau  gehörigen  alphabetiseben  Veraeicb- 
niaaen  naohgebildet. 

Zum  n>'<j;>ter  der  meht  haufmännitdten  Pmkurm  gebSrt  ebenfblla  eitt 
alphabeHeekes  Nachechlageverßeiehniß, 

Die  Sintragnngen  gewdiehen  im  Register  B  und  C  nur  auf  Antrag 
der  Tntfressenten.  Bis  zum  1  Januar  1891  war  diee  twh  h'^im  Hanptregi^tf»r 
der  Fall  LÖHchungen  können  m  gewissen  Fällen,  wo  eine  Anmeldung  hiezu  nicht 
erzwingbar  int,  in  allen  drei  Registern  von  Amtes  wegen  erfolgen. 


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—    S22  — 


Elandebregnter 


Schon  auf  Grund  der  Verordnang  von  1882  hatten  die  BegUterfthrer  tot 
Amteb  wegen  darauf  za  achten,  daß  die  su  Eintragangeo,  Aenderongen  und 

Löschungen  Vei|)flic!ittiten  dieser  Vi-rpHichtung  nachkamen.  Gegen  SäuDiig^  wurde 
nach  Maßgabe  von  §  .S(;4  mit  OrdnungsbuLlcn  von  mindc-Ntens  10  Fr.  einge- 
iichritten,  welche  Iiis  uut  öüü  i'r.  erhöht  weidou  koant«D.  Seit  1.  Januar  lt>91 
ktenea  onn  Eiiitraguugen  and  Aendenrngen,  wie  hereita  angedeutet,  aoeh  vm 
Amtes  wegen  votgenonunen  Verden ,  wenn  die  zur  Anmeldung  Verpflichteten 
dieselbe  nicht  selbst  anmelden;  den  Säumigen  trirtt  in  diesem  Falle  außer  der 
amtlichen  Eintragung  noch  eine  innerhalb  der  obengenanntim  Grenzen  zu  be> 
metwende  Orduuugsbuße. 

Die  im  Journal  nnd  im  ehronologiidieii  Bacihe  dfti  beiondenn  Kegister» 
gemachten  läntragnngen  werden  ihrem  ganxen  Inhalte  nach  dnreh  das  Sf^Mm- 
Merisihe  Ilanddsamtsblatt  VtröSentVichi.  Krst  von  dem  Zeitpunkte  an,  in  welchem 
aie  duroll  diese.s  Organ  zur  Kenntniß  des  Tublikums  gelangt  sein  kennen,  wer- 
den die  Eiiitriigi«.nL"'M  in  der  R(>gel  unch  diesen  —  dritten  Personen  —  gegen- 
über wirksam.  JÜ.it  ilücksicht  auf  die  Anwendbaikeit  der  Wechsel-  und  Konkurs- 
betreibung  ädSem  sie  ihre  Wirkung  erst  mit  dem  auf  die  Bekanntmachung  im 
Handelsamteblatt  folgenden  Tage.  Dagegen  unterliegen  PerKonen,  welche  im 
Handelsregister  eingetragen  waren,  noch  während  sec^hs  Monaten  der  Knnknrs- 
betreibung,  nachdem  die  Streichung  durch  da»  E&udeli>amt»blatt  bekannt  gemacht 
worden  ist. 

In  Streii^ieiten  zmaahbn  Privaten  Uber  Eintragungen  mischen  «ich  die 
^ndelaregisterbehörden  nur  inHofem,  als  e»  sich  um  Fälle  bandelt,  wo  eine 
PmiBOn  oder  Qesellsohaft,  die  zur  Eintragung  verpflichtet  ist,  dieser  Verpflich- 
tung nicht  nxchkommt.  In  allen  Übrigen  F&Uen  steht  der  Entctoheid  anaschließ-  ' 
lieh  den  (iencliten  zu. 

Die  territoriale  Organ  inatiou  ist  in  den  einzelnen  Kantonen 
Tcorsohieden.  Uan  glanbte  ▼ielerorts  der  Bequemlichkeit  des  Publikums  wegen 
flibr  jeden  einselnen  Bezirk  oder  Landestheil  ein  eigenes  Register  anlegen  zu 
müssen.  So  werden  in  den  Kantonen  Bern,  Freiburg,  Solotluirn,  Tc«jjin  und 
Waadt  seit  1883  in  jedem  Bezirke  ein  Register  getührt.  Für  Wallis  bestehen 
drei  Bcglätor  die  drei  Xiandeatheile.  Auch  in  8t.  (railen  bcsuiiid  hi»  1Ö91 
in  jedem  Beiirk  ein  rigenes  Begister;  seit  1.  Jsnoar  1891  sind  ^eselben  in 
«ines  versehmoken.  Aargan  führt  ein  nach  Beairken  abgetbeiltes  C«ntralregister$ 
deil^ekiien  that  Neuenburg,  bis  die  vor  18s 3  entstandenen  Firmen  eingetragen 
waren,  dann  ließ  es  Dezentraliüation  nach  Bezirken  eintreten.  Alle  andern 
Kantone  führten  von  Anfang  an  nur  ein  eitizigeui  Regihter.  Zur  Zeit  bestehen  im 
(ianaeu  Bureaux  (30  Bern,  19  Waadt,  8  Solothurn,  8  Tessin,  7  Freiburg, 
6  Neuenbürg,  3  Wallis  und  je  eines  in  den  18  abrigen  Kantonen  und  Halb« 
kantonen). 

Üie  Verordnung  des  Bundesrntlic ^  vom  29.  Augtr.^t  1882  hatte  für  die 
Kintragnngen,  Uiseluingen  und  Aende.ruagen  Gebühren  t'eatgesetzt,  die  schon 
vor  inkratttreten  der  Verordnung  GegeuvorstcUuugou  von  Seite  des  Schweiz. 
Handels*  nnd  IndustricTereins,  sowie  Seitens  einer  von  15  Eantonsrcgierungen 
besdiickten  Konferena  in  Slriah  hervorriefen.  Neben  dem  Wunsche  einer  all* 
gemeinen  Ermftßigung  wurde  dem  Begehren  Ausdruck  gegeben,  daß  die  Abstufung 
der  (Tehuhren  nach  dem  Gesellsehaftskapit.i! ,  namentlich  bei  Kollektiv  nnd 
Kommauditgebellschaften,  lallen  gt*latii«eii  werde.  Der  Bundesrath  betichloü  darauf- 
hin am  7.  Dezember  1882  eine  Abüuderuug  jener  Verordnung.  Danach  sind  die 
nach  dem  Kapital  abgestnften  Geblihren  fttr  Kollektiv  nnd  EommanditgeseHschaflen 


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Hjimleisreifister  —    223    —  Handebregister 

duroh  eine  mäßige  Taxe  et^oUt.  Die  Abätiifuag  uaob  dem  Kapital,  bezw.  nach 
den  BMerva-  oder  0anuitiefondi,  warde  dagegen  für  AktieiigeBelbdiaften,  Kom- 
nenditgeeelLioliAfteii  and  GenoMeiMohefleD  bcibelialten. 

Die  nunmehr  gllltigen  OebtthirenanHatze  werden  nicht  mehr  fttr  zu  hoch 
^halten.  Bis  zum  Jahre  1891  bez  »g  der  Kauton  Waadt  nur  f^O  "  'o  di  r  dmcli 
die  eidgenössische  Verordnung  festgenetzteu  Gebilhren.  Nunmehr  hat  er  seine 
SonderHtellung  aufgegeben  und  erhebt  die  Taxen  in  der  Höhe  des  eidgenössi- 
eohen  Tarife«. 

Letzterer  enthält  folgende  AnsStM: 


Fr. 

Firmen  mit  einem  Inhaber  .... 

6 

3 

8 

Kollektiv-  und  KnromandU<6efl^bcheAen  . 

10 

6 

8 

Aktien  •  Gesellschalten  und  Kommendit*  Aktien- 

Gesellachaften : 

a.  bei  einem  GeseUsehaftskapital  bis  Fr. 

lO(VfMK)  

10 

10 

10 

b.  bei  einem  üesellschaftskapitul  bis  Fr. 

1,000,000  

60 

S5 

15 

c.  t  •  i    I  ni  Geaellscbaftskapital  Ober  Fr. 

1,0(J<».(M)0  

IOC 

50 

50 

Genuääensdiaflen  mit  einem  H^rve-  oder  liurautielondä .  welcher  mehr  als  Fr. 
100^000  betragt»  entrichten  die  gleichen  GebObren  wie  Aittien-  und  Kommandit-Aktien- 

ppsell-chaften  bei  litt,  b  und  c  ;  Genos->pn«chaften,  welrbe-  wrder  einen  Reserve-  noch 
einen  Garanliefonds  oder  einen  solchen  unter  Fr.  lÜÜ,(XiU  besitzen,  die  für  Aktien-  und 
ItoromandH-Aktienfreeellscbaften  bei  Litt  a  festgeeetxten  6ebflhren.| 

Institute  mit  kaufmännischem  Betrieb,  welche  auf  Rechnung  öfTentlicher  Gemein- 
wesen (Staat,  Bezirk,  Gemeinden)  betrieben  werden,  entrichten  die  für  Aktiengesell- 
seb&lten  (Litl.  a,  b,  r)  festgesetzten  GehOhren,  wenn  ihnen  ein  eigenes  BetrMxskapital 
zugeschiedeii  i~i  ndt-r  wenn  sie  ein  Akti(  iik  ;>it;J  besitzen;  ial  weder  das  Eine  noch  dae 
Andere  der  Fall,  ^o  werden  sie  wie  Einzellirmeu  behandelt. 

EintraguRfen.  LOschuniM.  Aendarynin. 
Fr.  Fti  Fr. 

Vereine   10  6  8 

BevollmricfiH;:unv'en  ( Prokuristen  [auch  die  im 
Regir^ler  C  eingetragenen  nicht  kaufmänni- 
schen Prokaratrftger),  Direictoren,  Liqui- 
datoren etc.)  5  3  — 

Personaländerungen  in  den  Vorständen  von  Genossenschaften,  ohne  Rflcksicht  auf 

die  Per^onenzahl,  Fr.  5. 

Aendernngen  im  Personalbestand  der  Vertreter  von  Vereinen,  ohne  Rfidcsiebt  auf 

die  Personenzahl,  Fr.  3. 

Bei  Nachführung  des  Mitgliederverzeichnisses  einer  Genossenschaft  (0.  702)  ist  zu 
entrichten:  tu:  je  lo  einzutragende  oder  zu  Iteehende  Namen  oder  Bnichtbeile  einer 
Serie  von  10  Namen  Fr.  1. 

Pör  Eintragung  von  Zweigniederlassungen  (Filialen)  ist  die  Hftlfte  der  für  die 
Hauptnied  er  l.'is'fung  festgesetzten  Gebühr  zu  entrichten ;  befindet  sich  die  Hauptnieder- 
lassung im  Auslande«  so  ist  für  die  erste  £intraguug  einer  Zweigniederlassung  die  ganze, 
nnd  wenn  wettere  Filialen  einzutragen  sind,  je  die  Hftlfte  der  Gebfihr  zu  entrichten. 

Lösch un;:('ii  von  Anitts  \ve;^en  linden  geliilhrt'nfrfi  statt.  F.ine  I,os(•l^l^^'  nder 
Aenderung,  die  mit  einer  neuen  Eintragung  verbunden  ist,  geschieht  gebälu-enfrei,  so- 
liim  die  Neneintragung  in  denselben  Registerberirk  stattfindet  und,  wenn  sieb  vmi 
eine  Lüsclmtij.'  handelt,  Aktiva  und  Pa«;^iva  von  der  neuen  Firma  übernommen  werden. 

Für  Eintragungen  im  besonderen  Register  beträgt  die  Gebühr  Fr.  3.  Streichungen 
hl  demselisen  gesehen  nnratgeltlich. 

Ein  Ffinnel  der  ''ir  Eintragunprn,  I,n«rhrinfren  und  Aondt'run;;eii  fe.-^l;:eselztea 
Gebühren  ist  von  den  Kantonen  für  die  YerOfl'entUchung  der  Eintragungen  durch  das 


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Hand«laragister 


—    224  — 


Handelsregister 


Schweizcri«rhp  Handel--'amtsblalt  an  die  Bunileskn=«e  abzulipTern.  Der  Resl,  die  ile- 
bflhreo  für  Auszüge  und  Bescheinigungen,  die  Gebühren  für  Eintragungen,  weh  he  niriit 
publizirt  werden  mOssen,  und  die  Ordnungsbußen  fallen  den  Kantonen  zu.  Die  kan- 
lonalon  Vdrscln  ifleu  Ober  Stempelung  •^ind  vorhehnUen.  Die  Oebührcn  fflr  Einträge 
betreffend  das  eheliche  Güterrecht  werden  von  den  Kantonen  bestimmt  und  tallen  den- 
MlbeD  aiuBcfaliaßlieb  m. 

In  einer  Reihe  von  Fallen  hat  sich  das  Bedürrniß  herau-t.M>ii'IU.  nhcr  finsitiUi- 
gende  BestimmuDgeu  des  Obligationeorecbtes  mit  spezieller  Beziehung  auf  das  Handels- 
register wegleitende  Entseheidtingen  der  BnndesatifsicbtsbefaOrden  m  veranlassen.  Die- 
selben werden  jeweilen  im  Handel^aml^Matt  und  im  Ge«;hjlftHli('ri>  hie  dos  Bundesrathef 
mitgetbeilt.  Die  bis  Mitte  1891  ergangenen  Entscheide  sind  in  einem  «Handbuch  ftir 
die  sdiweiierisebeD  Handebregisterftthrer*  AttHrage  des  eidg,  Jmliz*  und  Polixei' 
departonents  bearbeitet  von  Dr.  L.  Stegmnnd  in  Basel)  susammengesteUt. 

Die  Einnahmen  aus  den  RegiatergebttlureD  (excl.  deijenigen  für  Aus- 
BÜge,  Beischeinignngeu  und  Stempel  und  der  Ordnungsbußen\  .sowie  der  aiiK  den- 
oelben  dem  Bunde  zukommende  Fttnftel  ergaben,  in  Franken  auKgedrUokt,  fol- 
gende Beträge: 

188*      1885       im,       1887       1888       1889       1890  Ihöl 

Total  28.2ä8  2»«337  31,095  36,991  35,592  35,091  41,345  75,294 

Antheil  dea 

des  Bundes       5,047    5,667    6,379    7,398    7,118    7,018    8,269  15,057 


Folgende  Zahlen  aeigea,  in  welchem  Kaße  das  Handelaregiater  bentttit 

worden  ist: 


Eiirtrlge 

im 

188S 

1886 

1687 

1888 

1888 

1880 

18»1 

Eirizfdfirrnen  

1674 

1661 

9101 

1801 

1748 

1866 

9458 

6678 

Kollektiv-  und  Kommanditgesell- 

6IS 

480 

60S 

478 

611 

646 

690 

886 

Aktiengesellscfiaf!eri ,  Kommandit- 

aktiengetselLschaften  u.  Genossen- 

183 

191 

170 

294 

380 

320 

283 

338 

Vereine  nach  0.  R  716  AI  .   .  . 

71 

93 

88 

«7 

57 

93 

108 

(i8 

Mi 

61 

54 

67 

77 

138 

Bevollmächtigungen  (Prokuristen, 

Direktoren  ftc.)  

619 

601 

679 

629 

699 

711 

766 

905 

Nicht  Eintragsptlii  htipe  (H^.  B)  . 

82 

58 

34 

87 

31 

85 

14 

30 

Löschungen 

11  i8 

1208 

IWS 

1359 

1628 

150U 

Kollektiv-  und  Kommanditgesell - 

405 

429 

4» 

433 

433 

446 

464 

624 

Aktien-  n.  Kommanditaktiengesell- 

s(  haHon  und  GenoaseBsehaften. 

18 

88 

89 

95i 

84 

44 

47 

58 

1 

S 

1 

2 

4 

5 

12 

57 

38 

87 

51 

60 

37 

82 

67 

710 

3n 

m 

437 

507 

499 

541 

Reg,  B  

40 

17 

42 

92 

186 

34 

90 

713 

AeadarimgMi 

3» 

42 

bö 

63 

105 

105 

139 

378 

KollektiT-  und  Kommanditgesell- 

68 

87 

88 

88 

96 

106 

143 

195 

Aktien-  u.  Komroanditaktiengesell- 

Schäften  und  GenoflMiiaefaaften . 

86 

116 

161 

869 

278 

168 

165 

149 

IS 

13 

11 

86 

99 

99 

48 

97 

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HaadebschuleD 


—    225  — 


Haoilelwcbulen 


Haiidelsschulen  (Ergaozung  de«  Artikels  im  II.  B*nd).  Die  Handel«- 
inewnadieften  werden  an  folgenden  9ffen1lielraii  Anstalten  gelehrt: 

Kanton  Zürich:  An  den  kaufmännischen  Abtheilungen  der  Indu»tne- 
Bchiileti  Zi'in'ch  and  Winierlhur  nnd  an  der  Handelssohnle  des  Teobnikams  in 

Winttrtlinr. 

1)  Die  Indusiriesdiule  Zürich  schließt  an  denjenigen  Grad  vuu  Kennt- 
nissen nnd  Fertigkelten  an,  weloher  nach  wenigstens  sweijährigem  Besneh  einer 
wohlbesteUten  Seknndarscbnle  erwartet  werden  darf,  d.  h.  an's  14.  Altersjahr. 
fm  ersten  Jahreskura  ist  der  Unterricht  für  alle  Schüler  gleich,  im  zweiten 
Jahresknrs  tlieilt  sich  die  Indastrieschule  in  a)  eine  technische  Abtheiinng  mit 
HVs  Jahreskursen  (2. — 5.  EH.);  b)  eine  merkantile  Abtheilung  mit  2  Jahres- 
kursen. Die  Industriesohnle  untersteht  der  kantonalen  Siriehnngsdirektion,  der 
eine  Anfriehtskommiisioii  Ton  sieben  IfitgKedem  zur  Seite  steht. 

2)  Die  Industrieschule  Wittierthur  int  eint-  städtische  Anstalt  mit  kantonaler 
Subvention.  Sie  steht  im^^^r  Aufsicht  des  dortigen  Schulrathes  und  einer  von 
ihm  l»e8tellten  AufsichtskommiBhion,  hat  vier  Jahreskiirse.  anschließend  an  das 
Lehrziel  einer  wohlbestellten  zUrcberit^chen  Sekundarächule,  und  theilt  «ich  in 
eine  teehnisdie  Abtheiinng  mit  vier  Klassen  nnd  eine  merkantile  Abtheiinng  mit 
einer  Elasse,  die  ihren  Unterricht  zum  Theil  mit  einander,  snm  Theil  getrennt 
in  ihren  npezifisch  fachlichen  Disziplinen  erhalten.  Im  Programm  von  0«tem 
1889  »ind  als  merkantile  Färhf>r  der  ersten  Klasse  einzig  aa^efilhrt:  «Beohnen 
and  Buchfühning'  ond  «HandelHgeograpbie". 

Die  Sohtllenalil  an  der  kanfmftnnisohen  Ahtheilnng  betrug  im  Schuljahr 
1887/1888  25. 

3)  Das  leohnikum  in  Winierlhur  ist  eine  kantonale  Anstalt  nnd  untersteht 
als  solche  der  kantonalen  Erziehungsdirektion  und  einer  von  dieser  bestellten 
hesondern  Anfsiehtskotnmission  von  sieben  Mitgliedern.  Es  schließt  nn  das 
Lehrziel  der  lU  SekundurschulklaHäe,  d.  h.  au  dan  zurückgelegte  lä.  Alters- 
jahr an. 

Das  Technikum  umfaßt  sechs  yenehiedene  Fachabtheilungen,  wovon  eine 
Handelsabtheilnng  mit  4  Semesterknrsen,  wovon  2  im  IVttbjahr  nnd  2  im  Herbst 
beginnen. 

Kanton  Bern:  1)  An  der  Handeisschule  ßr  Knaben  in  Bern.  Sie  ist 
«ine  Mitlelsohnle  nnd  soihließt  als  Bifarkattonsnreig  neben  der  Real-  nnd  LIterar» 
soirale  des  «stKdtkohen  Qymnasinms*  an  das  Lehrsiel  des  ▼ierknnngen  Pro« 

gymnasiums  (10. — 14.  Altersjahr),  bezw.  an  diejenige  Vorbildung  an,  welche 
eine  gute  S'"knn'!arri('hule  bi.s  znm  Alter  von  14 — 15  .Tübren  gibt.  Sie  wird 
auf  dieser  ü-rundlage  in  zwei  Jahre^ktirben  (15  —17.  Altersjahr)  weitergeführt, 
währenddem  die  Realschule  einen  Aufsatz  von  '6^/2  Jahreskursen,  die  Literar- 
sehule  Ton  47t  Jahreeknrsen  hat. 

Die  HandelsHchiile  ist  als  Bestandtheil  des  «stXdtlBehen  Gymnasiums"  eine 
Gemeindeanstalt  mit  kantonaler  Subvention;  die  Frequenz  der  HaodelsSQhale  bo» 
trägt  durchschnittlich  zirka  40  Schüler  iu  zwei  Klas^^en. 

2)  An  der  Handelsschule  für  Mädchen  an  der  Madchensekundarschule 
in  Bern.  Sie  schlieBt  an  daa  Lehndel  der  flUifklafisigen  HSdohensdEnndamdinle 
an,  parallel  mit  dem  Lehrerinnenseminar  und  der  Fortbildungsklasse.  LehrIXeher 
mnd:  Beotsch,  Französisch,  Englisch,  Italienisch,  Rechnen,  Buchhaltung,  Kor> 
respondenz,  Waarenkunde,  handelsrechtliche  Belehrunj^en ,  Geschichte.  Geo- 
graphie, Schreiben,  Handarbeit,  Gresang.  Die  durohjchuittUche  Schttlerzahl  ist 
zirka  30. 

Itamr,  TolfcnHrfhMbkftf-Xr«dliOD  4«r  Sehwtls.  ]5 


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Handelsschulen 


—    226  — 


Hamdelsschalen 


Ab  der  HuntMMasie  der  Mädehmgdtundorm^h  Biel, 

Kanton  Lnaern:  An  der  höheren  Lehransialt  in  Luzern.  Sie  enthält 
neb*  n  dem  Gymnasinm,  Lyceum  und  der  theologischen  Lehranstalt  auch  eine 
KealKchule.  I>iebe  theilt  bich  von  der  IV.  Klasse  (15.  Alterajahr)  an  in  eine 
technihche  Abtheil uug  uiit  3  und  eine  merkaniile  AbtbeUung  mit  einem  Jahree» 
kniae.  In  dieser  werden  neben  den  mit  der  teebnisoheii  Alvtheilnng  gemanaamen 
Fächern  als  spexihsch  kaufmännische  Disziplinen  gelehrt:  Handelswiasttnschaft, 
HandeLsrcchiieii,  Buchhaltuiif;,  Comptoirarheitei),  Handels-  und  Verkehrsgeographie, 
(,'hemie.  Die  durcbfechnittliche  Fretjuenz  der  letzten  11)  Jahre  betrug  12  Schüler 
(iScbuijahr  lbt$7/8b  :  6).  Die  Keaischule  ist  vom  Kanton  gegründet  und  wird 
▼4»  ihm  unterhalten. 

Obwalden:  An  der  Bealabtheilung  der  KanUmtm^le  Obwalden  yrvtdim 
einige  Uandelsfächer,  wie  Buchhaltung,  übersichtliche  Behandlung  dea  lehwtta. 
WechselrechtB  nach  dem  eidg.  Obügationenrpnht,  j;elebrt. 

Kauton  Zug:  Au  der  kanionulrn  Jnduairieachtde  in  Zug ^  die  in 
47>  Jahreskursen  a»  das  I^hrziel  der  zugerischen  Sekundärschule,  i.  e.  an  daa 
14.  Alterqahr  anschließt,  werden  die  HandelafKcher  in  drei  Jahreakunen  von 
einem  beacödem  Fachlehrer  ertheilt. 

Kanton  Freiburg:  Am  Kollegium  Sl.  MicJuie/  hi  Frcihurg.  Dasselbe 
hat  ilrei  Abtheiluiifren :  eine  Literarscbtile,  eine  rniluttrie.scbiile  und  eine  aka- 
demiscbu  Abtbeilung.  Die  „Section  industrielle"  liieiit  sich  vom  dritten  Juiirc 
an  in  eine  technische  Abtheiinng  mit  drei  Jahresknrsen  und  eine  kanfinKoniadie 
Abtheilung  mit  den  speziflaehen  Faohdieiiiilinen  mit  blo6  einem  Jahreskun.  Daa 
£intrittsaltcr  in  die  Industrieschule  ist  das  zurückgelegte  12.  Altersjahr. 

Kanton  Solothurn:  Au  der  Kanfonssdnilc  Solothurn.  Sie  besteht  aus: 
Gymnasium,  Gewerbeschule  und  Lehrerseminar.  Ersteres  theilt  sich  in.  ein 
unteres  mit  vier  und  in  ein  oberes  mit  drei  EJasseu,  die  Gewerbeeohnle  in  eine 
untere  Abtheilung  mit  drei  Klassen  und  eine  obere  mit  drei  Jahreakunen  für 
die  teebnische  und  zwei  Jahreskurson  für  die  merkantile  Abtheiinng.  Sodann 
wird  an  der  KantunsHcbule  auch  die  landwirthschattliche  Kichtnng  gepfleL't,  für 
welche  nach  Maßifabe,  des  HediirfnisMO  im  Winter  landwirtbachaft liehe  kurse 
abgebulteu  werden.  Getrennten  Liiterncht  erhaiten  die  Merkantilisten  nur  iu  der 
IIL  und  lY.  KlassOt  d.  h.  vom  14.  bis  lö.  Altersjahr  an. 

Basel -Stadt:  An  der  Handeliabiheilung  dar  obern  JRealschiUe.  Diese 
üandelsabtheilung  umfaßt  drei  Jahreskurse,  entsprechend  dem  9.,  10.  und  II. 
ächuljahr,  resp.  dem  15. — 17.  Altersjahr.    Zirka  >«)  Schiller. 

Kanton  St.Gai  len:  1)  An  der  Indusiriesdiuie  der Kantonsschuie  (iallen. 
Sie  thmlt  sich  in  eine  kaufmännische  und  in  eine  tedraische  AbtbeUung.  Die 
Industriesehule  schließt  an  daa  Lehrsiel  einer  iweikuTBigen  fiealsohule,  besw.  an 
das  zurü<  k<:elegte  14.  Altcrhjnhr  an.  Die  technische  Abtheiinng  besteht  aus  4, 
die  merkantile  aus  \\  .Ialiie.-kur>en.  Als  ppezitif^ch  kaufmännische  Fächer  werden 
außer  den  neueren  Spra  -heu  DcuIncIi,  Kraii7.li>isch,  Kn^jjlii-ch.  Italienisch.  Spanisch, 
gelehrt :  Üuchiialtung,  HuudeiKlebre,  HaiidelskurreHpundcuz,  Lbeniie  und  chemische 
Technologie,  Waarenknnde,  meohaniflohe  Technologie,  Weben.  Letztere  swei 
Fächer,  sowie  englische,  italienische  und  spanische  Sprache  sind  fakultativ  und 
zwar  letztere  zwei  Sprachen  in  dem  Sinne,  daß  .^ie  sich  p  j^enseitig  ausschließen. 

2)  An  der  „F'trihildangssrhnlt'  für  Lehrlin^jt  "  in  81.  Gallen  Sifj  ist  eine 
städtiäche  Anstalt  und  besteht  aus  zwei  Abtheüungeu,  nämlich :  einer  gewerb- 
lichen, fttr  Handwericslelirlinge,  und  einer  kaafmännischen,  für  Handelslehrlinge. 
An  der  kaufbännischen  Abtheilung  werden  gelehrt:  FranaOeifloh,  Englisch,  Ita* 


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fiandelsscbuleu 


—    227  — 


Handelsscliulen 


lienisob,  Deutioh  mul  Eorresp(md«in,  SelinibeD,  kuifinlaBiidiM  EM)in«ii,  Boeh- 
haltong,  Wechaellehre,  ConlifGorreiite,  Vatarlsnibkunde. 

Dif  Au.-4wahl  der  Fächer  ist  den  Sehlllern  freigestellt;  dooh  sind  die  ge* 
wählten  Fächer  für  ein  Semester  regelmäßig  zu  besnchen. 

K  a  n  t  u  n  G  r  a  u  b  ü  n  d  e  ii :  An  dt-r  biliidnerUckm  Kantonss'  kule  in  Chur. 
Sie  setzt  hich  auM  drei  Svhuincbtuugen  zu>amiiit^ii :  Gymnasium,  Reaiöchuk-,  Lehrer- 
■ttemimir.  Die  Jieuischuie  beginnt  mit  der  I.  Klasse  und  theilt  sieb  in  der 
IV.  Klasse  in  eine  teohninehe,  eine  merkantile  nnd  eine  Isndwirtheoliaftliehe  Ah- 
theilong.  Ah  Handebfächer  der  Bealaohttle  figoriren  im  Lehrplan  kaufmäntiiscben 
Bachuen,  Buchhaltung,  Korrespondenz  und  Kontorarbeiteii,  allgemeine  HamleU- 
lehre.  Die  Frequenz  der  merkantilen  Abtheilung  scbwaukt  zwischen  10  und 
12  Schuler. 

Kanton  Thurgau:  An  der  Indiiätrieabtheilung  (G'/s  Jahreskurde)  der 
KantoiiMeeliiile  in  Fmuenfeld.  Sie  trennt  sieh  von  der  IV.  Elawe  an  in:  a)  eine 
teehnieobe  Abtheilnng  von  S'/t  Jahren  (vierter  bie  siebenter  Eare);  b)  eine  kauf« 

raünnische  Abtheilung  von  2  Jahren  (irierter  und  fünfter  Kurs),  üas  Minimal- 
alter  fUr  den  Eintritt  in  die  InduBtrie«chule  ist  das  zurückgelegte  12.  Altersjahr. 

KantoTi  Waadt:  An  der  kantonalen  InUustrieschufi:  '»  Lausanne.  Sie 
zerfällt  in  zwei  Abth^ilungen :  1.  In  eine  untere,  in  welcher  alle  IndustrieschUler 
vom  9.  bis  15.  Alterejahr  in  sechs  Kursen  den  nämlichen  Torbereitendeo  Unter» 
riebt  erhalten.  3.  In  eine  obere  Abtheilnng,  in  welche  die  Sehttler  nach  Ab* 
«elvi  rill  ig  des  Pen.sams  der  untern  Abtbeilung  übertreten  können.  Dies«  obLiö 
Abtheilung  tboilt  sich  ihrer. nelts  wieder  in  eine  technische  und  in  eine  kanf- 
männiftche  Abtbeihing,  erstere  luit  2'/2,  letztere  mit  zwei  Jahn-,<kurfien. 

Die  Fre<^uenzzitler  der  kaufmännischen  Abtheilung  »uh wankt  zwischen  50 
Qn(C  60. 

Kautuu  Wallis:  1)  Am  Colle(/e  industriei  in  Sitien.  Daselbst  wird 
in  4  Jahreskursen  Unterricht  in  einigen  Uandelsfächern  ertheilt  (Buchhaltung, 
Kallihraphie  etc.).  Das  Schuljahr  beginnt  im  Oktober  und  dauert  zehn  Monate. 

2)  Am  College  tndualrtel  in   St- Maurice,  gleich  demjenigen   in  Sitten. 

Kanton  Neuenburg:  An  der  Jlandtiischule  Neuenbürg.  Sie  ist  eine 
Goneindeanetalt  und  nnterateht  der  dortigen  SehnlkommiBsion;  die  Oberanüsidit 
über  dieselbe  steht  dem  kantonalen  Eniehangsdepartement  an.   Die  Schttlersahl 

sdi wankt  zwischen  55  und  60. 

Foleendf  I )i-^ziplinen  werden  gelehrt:  Bureau  commprcial  (Documenta  com- 
merciaux  et  ('omptabilite^,  Handelsgesetzgebung,  Handelsuritbinetik,  Ko|)tree!inen, 
Nationalökunuuiie,  Geographie,  Schreiben,  Französisch,  Deutsch,  Arbeit  (Ctude), 
Chemie,  Waarenknnde. 

Außer  diesen  obligatorisohen  Fächern  figuriren  als  fakaltative  Fächer;  Kng> 
lisch,  Italienisch,  geometrische.s  und  Freihandzeichnen,  Turnen,  Hygiene. 

Daj*  minimale  Eintrittsalter  in  die  Handelsschule  ist  da'^  zirürkirelegte 
15.  Altersjahr.  Sie  schließt  an  da-s  I,ebrziel  der  l.  Kla^ise  der  Sekiuidarschule  an. 

2)  An  der  EcoU  de  commerce  tn  La  Chanx-de- Fonds.  Das  Unierrichts- 
programm  veraeiobnet  die  nachfolgenden  Fftcher:  FrantOsiseb,  Dentsch,  l^nglisch, 
Handelsarithmetik,  Ealligrapbie,  Handels-  und  indnstrielle  Geographie,  NatiomtJ- 
dkonomie  und  Handelsrecht,  allgeosdne  Gesehiehte  (vom  Standpunkte  des  Handels 

und  dff  Itidnstrie  aus\  Haiulel-knrre^ponflfnz,  Bii.lihaltuTig,  Bureau  eommercial, 
Waarenkeiiiitiiiß,  ivonterenzeu  der  Scbüler.  fakultative  Kurse  im  Italienischen 
und  Spanischen  je  4  Stunden  per  Woche. 


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Bandelsschulen 


—    228  — 


HanddMchul«! 


Kanton  Genf*  An  dar  stidtiMhen  ^Ee<de  aupiriture  de 

lOb  Sobnle,  fUr  die  ein  EintritUalter  von  ndodestenB  15  Jahren,  d.  h.  derjenige 

Grad  von  Kenntnissen  und  Ff rtigkeitcu,  welche  der  ci  folgreiche  Besuch  der 
V.  Klasse  des  College  odtr  it-  11.  Jabreskurse«  der  ,ecole  profeseionnelle"  ver- 
schatit,  gefordert  wird,  emiialt  uinen  Vorkurs  (Court»  preparatoire)  uod  zwei  an- 
•oUieflende  Jahreeknree  (Glanes  eupMeane}. 

Daa  Schuljahr  beginnt  im  September  und  schließt  Ende  Jnni  oder  Anfrage 
Jnli.  (L  Semester :  September  bis  Ende  Jannar,  II.  Semester:  Febnmr  bie 
Ende  Juni.) 

Der  Lehrplan  verzcirhnpt  die  nachfolgenden  Fächer  mit  beigefügter  Stnnden- 
sahl:  Französisch  (Redakuun,  iiitiidelükurrespondenz},  Deutsch,  Englisch,  Italienisch, 
Spemsoh  (nnoli  Aoswahl),  Xalligraphie,  Zeichnen,  Bnchhaltong,  Huidebarithmetik, 
Algebra,  Mathematik,  Kopfreehnen. 

Dnroh  daH  neue  Schulgesetz  in  Genf  vom  Juni  1886  sind  sowohl  für  Kneben 
als  ftir  Mädchen  FortbildungHkurse,  ^  conrs  facultatifs  du  soir  in  Aussicht  ge- 
nommen worden.  Diejenigen  für  die  Knaben  nind  nicht«  Anderes  als  kauf- 
männische Fortbildungsschulen;  es  werden  n&mlich  gelehrt:  kaufmäuniticbes 
Rechnen,  Handelskorrespondenz,  Algebra,  Geometrie  nnd  Physik.  Dies»  Kurse 
worden  im  Wintersemester  1887/88  erSffnet  and  warra  von  63  Sohttlern  besucht. 

• 

Zu  dieser  Uebersieht  ist  lu  bemerken,  daß  dem  kaafininntsehen  Unterricht 

an  den  höhern  kantonalen  und  stfidtifohen  Lt-hranBlslten  erct  ^eit  einer  kurzen 
Reihe  von  Jf\}iren  eine  vermehrte  Pflege  zugewendet  werden  ist.  Die  Biforkatiou 
der  Induätrieabtheilungen  der  Kantonsschulen  in  eine  technische  and  kommerzielle 
Abtheilung  war  die  gewöhnlichste  Form  der  Berücksichtigung  des  handeUwisaen- 
sohafüiehen  Unterrichts.  Dieae  Abtheilaogen  und  aber  in  der  Bogel,  und  hanpt- 
sächlich  in  den  obem  Klassen,  ans  naheliegenden  Gründen  verbfiltnißmäßig 
schwach  besucht,  s<i  diR  es  oft  scheint,  als  ob  sie  ihre  Exif=;tenz  nicht  einem 
faktisch  bestehenden  Bedurfniß  verdanken,  sondern  es  sich  vielmehr  angelegen 
sein  lassen,  ein  noch  nicht  vorhandenes  Bedürfhiß  künstlich  zu  schaffen. 

Der  Lehrplan  dieser  Anstalten  ttßt  dieselben  als  yollstKndig  nnd  vohl- 
otjgtainrt  erscheinen,  legt  aber  in  Anbetracht  der  geringen  Sobttlenahl  Qm 
Ganzen  zirka  500)  den  Gedanken  nahe,  daß  dieser  Zweig  der  menschlichen 
Tbätigkeit,  wenigsten»  in  der  biß  anhin  versuchten,  fttr  die  ganae  Sohweis  typischen 
Form*  sich  nicht  schulmäßig  vorbereiten  lasse. 

INe  jungen  Leute,  welche  in  den  Kandelsstand  eintreten,  bringen  denn  anoh 
in  der  Bogel  eine  sehr  geringe  Summe  von  kanfininnisohem  Wiaaen  mit  sich 
nnd  ea  kommt  ihnen  sehr  zu  statten,  daß  sie  während  der  Lehrzeit  die  in  Tielen 
gjüßeren  Ortschaften  heBtehenden  ünterrichtHki!r«p  der  kaufmännischen 
Voreine  resp.  Vereine  junger  Kaufleute  benützen  können.  Vereine  dieser  Art 
bestehen  nach  Wissen  des  Lexikons: 

a;  im  Kautou  Zürich:  iu  Zürich,  Winterthur,  Morgen,  Wädensweil,  üster; 

b)  im  Kanton  Bern:  in  Bern,  Bargdorf,  Langenthal,  Biel; 

C)  im  Kanton  Solothuni:  in  Solothurn,  Ölten  und  SohtfnMiwerd; 

d'  im  Kanton  St.  fr  allen:  in  St.  Gallen  und  Wyl ; 

e)  im  Kauton  Aargau:  in  Aarau,  Baden,  Zofiugen,  Leozburg,  Wehlen} 

f)  im  Kanton  Neuenbürg:  in  Neuenbürg  und  La  Chaux-de-Fonds. 
Femer  in  Lnsern,  Freibarg,  Basel,  Schaffhausen,  Heriaan,  Chor,  Franeafeld^ 

Lugano,  Lausanne. 


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Handelsschulen 


—    229  — 


Uaadeläschulra 


Zwei  dieser  Vereiue  (Zürich  und  Luzern)  haben  lormliohe  Handeiaschalen 
eingeriohtet,  and  m  mögen  diMelben  angetthr  uf  der  gleidiaii  Stufe  ttolieit  wi« 
die  PriYAtiiaiidelMohiilM  von  Widenunin  in  Basel,  Zwiekel  in  Wathril,  WIgei 

in  Borsch&ch. 

In  der  Großzahl  icr  Vt^rpin*»  bewchränkt  sich  der  ünterriobt  auf  moderne 
Sprachen.  Eine  kleinere  Zahl  ermöglicht  auch  die  Aneignung  von  KenntuiHHöu 
in  der  Buchbalt\ing,  Wechüelkuude,  Korrei^pondenz,  im  kauf  mann  iäcben  Keohnen, 
in  der  Hendebgeographie,  der  Stenographie,  der  Volks wirthsohaftalehre,  der 
Reehtspflege,  der  Kalligraphie. 

Das  höhere  kaufmännifiche  Wiiv^en  findet  also  auch  hier  nur  geringe  Pflege 
und  die  Erkenntuiß,  daß  die  Bildungumittel  des  jungen  Kaufmanns  erhöht  werden 
sollten,  ist  aligemein.  Nichti^deHtoweniger  verhalten  sich  sogar  die  obereu  Keihen 
des  HandelisiMides  abldmend  gegen  die  GrUiidnof  einer  ttteie  von  versdiiedenen 
Seiten  (Nationalretli  Curfei,  StKedenth  GoImI,  Kationaliithe  Blnmer-BglofF  und 
Hilty,  Abtheiiungsohef  Willi  auf  dem  eidg.  Hsttdehdepartement)  angeregten  eid- 
genÖBsiäoben  HandeLsMchule.  Auch  die  Bundesversammlung  lehnte  ein  diesbezüg- 
liches Postulat  deä  Herrn  Gobat  mit  64  gegen  42  Stimmen  ab')-  Dagegen 
beliebte  folgender  bescheidene,  in  der  Dezembersesaion  1888  von  Herrn  Stände- 
rath Gobat  gestellte  Antrag: 

,0«'  Bundesratb  wird  eingeladen,  untersuehen,  ob  nicht  auch  die  kaufmännische 
Ausbildung  im  Allpeinoinen  und  die  HandoI?!niuseen  insbesondere  im  Sinne  des  Bundes- 
be:$chlusäes  vom  ^7.  Juni  18b4  betreü'end  das  gewerbliche  und  industrielle  BiiduQgs- 
Wesen  (s.  p.  S54,  I.  Bd.)  der  Untentatsong  des  Bundes  iheUhsftig  werden  sollen.*  *) 

Als  nun  in  Uebereinstimtuung  hiemit  etwa  ein  halbes  Jahr  spXter  (Mai 
1890)  der  Zentralverband  der  Vereine  junger  Kauf  leute  an  die  BundesverKammlung 
das  Gesuch  richtete,  die  Angelegenheit  der  Unterstützung  der  kaufniänni«!ehen 
Btsrufhbilduug  lu  dem  Sinne  zum  Austrag  ^u  bringen,  dal>  die  ailgenieiu  als 
wttnsohbar  anerkannte  Ansdehnoqg  der  Bnndesnntersttttsung  auf  das  kanfmftnniselie 
Bildungswesen  nieht  länger  auf  sich  warten  lasse,  und  sodann  der  Stinderath 
folgender  von  Herrn  Gobat  am  14    Juni  1890  gestellten  Motion: 

^  Der  Bundesratb  wird  eingeladen,  den  eidg.  Rüthen  in  ihrer  nächsten 
Session  den  Entwurf  eines  Bundeabeschlusses  betreffend  Förderung  der 
kanftnfanisdhen  Bemftlnldnng  dnidi  äva  Bund  nr  Bttatkmng  au  unter- 
breiten" 

snstimmtet  arbeitete  das  genannte  Departement  rasch  Mue  geselBliclie  Vorlage 
aus.  Dieselbe  wurde  am  If).  April  1891  von  der  BuodesTWsaoimnlnng  in  fol- 
gender Fassung  zum  Bunde^behchluß  erhoben : 

Art.  1.  Als  Anstalten,  w<  li  hu  gciuäü  Bundesbescbluß  vom  27.  Juni  1884  be- 
tre£feni  die  gewerbliche  und  indiK^trielle  Berufsbildung  Beitrige  ans  der  Bundeskaase 
erhallen  können,  ^ind  auch  die  kommerziellen  Büdungsanstalten  zu  betrachten,  und  es 
finden  die  Bestimmungen  jenes  Beschlusses  auf  dieselben  analoge  Anwendung. 


')  D.issflln-.  im  Niitioniilralli  einfiehraclit  im  April  1891.  halt«.-  fidi/t'n.ifn  Wortlaut: 
,Üer  Bundesratb  ist  eingeladen,  die  Frage  der  Errichtung  einer  böhern  Handelsschuld 
2u  prüfen  und  eventuell  Boieht  und  Antrag  vorzulegen.* 

*)  Sdion  vor  diesem  Postulat  halte  sich  das  nu\<^'.  H  iudelsde parte ment  bei  den  Kantons» 
regierungen  und  beim  Vorort  des  schweizerischen  Handels-  und  Industrievereins  Ober 
die  Zweckmäßigkeit  der  Subventionirung  von  Handelsschulen  informirt  und  es  wurde 
seitens  des  letzteren  die  Ansicht  geAußert,  daß  der  Bund  mit  seiner  Hillfe  weniger  bei 
den  bestehenden  Uandebmittelscbulen  als  vielmehr  bei  den  kaufmänotachen  Forlbilduuip- 
schulen  einsetzen  soUte.  Denn  das  Hauptaugenmerk  sei  auf  die  F^erung  der  Zweoce 
zu  richten,  welche  sich  die  kauftnftnniscfaen  Vereine  (Vereine  jungw  Kanfleute)  gesteckt 
haben. 


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RttodelndiiileD 


Haudeläschulen 


Arl.  ±   Der  Bundesralh  wird  zugleich  auch  kanftnAnaisclMD  Verdnen  fOr  Ibeh- 

m&nnische  Au.^liildun;*  S';hvpntionen  an-riditen. 

Art.  i{.  Ebeu?o  kiLUu  der  Bundeäialh  Schülern  fnil  vorzüglichea  Pahigkeiteii  und 
Lfistung«n  fQr  den  Besadi  der  oberen  Kla.-i^en  von  inländischen  Handebnslnilen  oder 
für  den  Besuch  von  hf^heren  Handelsschulen  Stipendien  gewähren. 

Solctie  Slipeudien  sollen  iudesseu  hauptäächlich  für  Schüler,  welche  sich  als 
LehramtskandidatMi  lllr  den  konunovielleii  Unterriefat  ausbilden  wollen,  avagoiclitet 
werden. 

Art  4.  In«  Vollziehungsregicmeule  zu  geKeawärtigeni  Beschlüsse  wird  der  Bundes- 
rath die  nähern  Bedingungen  aufstellen,  anter  welchen  Subventionen  an  Handels- 
aehulen  und  an  kaofmänniscbe  Vereine,  sowie  Stipendien  an  SchOler  angerichtet 
werden  IcOnnen. 

Art.  ').  In  d;i.<  Buchet  des  Buniie-  wird  ein  jährlieber  Kredit  für  die  Unter- 
stützung der  kommerziellen  BerufsbUdung  aufgenommen. 

VÖt  da«*  Jahr  1891  wird  dem  Bnndesrathe  tu  diesem  Zwecke  als  Naehtragskredit 
eine  Summe  V  11  Fr.  60,<)00  zur  Verfügung  t'esfelll. 

Art.  6.  Der  Bundesrath  ist  beauftragt,  auf  Grundlage  der  Bestimmungen  des 
BnndesgesehBes  rom  17.  Juni  1874,  betreffend  Volksabstimmung  aber  Bundesgesetsfr 
und  Bundesbesch] Hs^e,  die  Bek  innfmiK-hun^'  dieses  Beschlnases  SU  Teranstalten  und  den 
Zeitpunkt  des  Inkrafttretens  desselben  festzusetzen.*) 

Naeb  diesMr,  der  bnndearKtlifiohm  fiotuduifl  vom  18.  November  1890  be- 
treffend fMeming  der  kommeniellen  Bildung  entnommenen  Sldun  der  «MiMüse» 
riachen  HandelsschuIverhftttniBse  werfen  wir  einen  Ausblick  auf  die  YerhältnisHO 
im  Au^iland,  und  bedienen  imh  lnpf)ei  der  von  Alt-Rektor  Adulf  Lasche  in  Bern 
im  Jahre  ISSd  herausgegebenen  Sclirit't  „Das  kaufmännische  Bildungswesen  in  der 
Schweiz".    Dertielbe  berichtet  u.  A.  Uber  da«  Ausland  Fulgeudes: 

Italien.  Diejenigen  Knaben,  welche  eich  einem  kommernelteR^  indn-» 
striellen  oder  &bnUohen  Berufe  widmen,  besuchen  folgende  Sohttlen :  Zuerst  di» 
allgemeine  vierjährige  Primarschule  (ß.  10.  oder  11.  Jahr),  dann  die  drei- 
jährige 8puola  tecnica  (11.  14.  .lalir),  weleh«  ungefähr  unseren  S^kundarschnlen 
und  unteren  Eealschulen  entspricht.  Die  Zahl  dieser  Schulen  beträgt  Uber  400  ; 
sirka  100  werden  ytm  Staat,  sirka  200  von  QMMinden  und  lirka  100  Toa 
Privaten  unterhalten. 

Die  nKchsthBhere  Schuletufe,  die  eigentlichen  Vorbereitnngeanstalten  für 
kaufmännische,  inrlustrielle,  technische,  landwirthsrhaftlicbe  und  verwandte  Berufs- 
zweige, niud.  die  ImMiUi  tacuici.,  von  welchen  mehr  aU  4U  als  Staatsanstalten 
und  Uber  30  als  Munizipalitäts-  und  Privatanstaltea  bestehen.  Das  Unterrichts- 
programm  int  demjenigen  unserer  echweiaeriNchen  Bcal-  und  Kuidelsechnlen  sehr 
ähnlich.  Die  Handelsabtheilungen  jener  Inttitnti  teonici  umfassen  in  der  Kegel 
vier  Jahreskurse,  entsitrechend  dem  Alter  von  zirka  11— Jahren  (Handels- 
mittelschulen).  l>ie  Abgaags-Diplome  dieser  Schulen  verleihen  das  Recht  zu  dem 
einjährigen  Militärdienst  und  finden  fieriicksichtigung  bei  der  Bewerbung  um 
Stellen  in  vemohiedenen  Zweigen  der  Staatsverwaltung. 

Außer  diesen  sahireichen  Eandelmohnlen  mittlerer  Stufe  gibt  es  noch  mm 
klein«  Ansahl  von  höheren  Bandefsschnlen,  nämlich  in  Bari  (gegründet  1874)i 
Brescia  (1881),  Giintta  (1883,  eröffnet  1886),  Venedig  (18t»8),  Turin  und 
Neapel  (Privatanstalt). 

Mit  welchen  Mitteln  diese  Anstalten  ausgestattet  sind,  zeigen  z.  B.  folgende 
Zahlen: 

Die  Scuola  di  Commercio  in  Bari  empfängt  an  jährlichen  Subventionen: 
von  der  Handelskammer  Fr.  40,000  vom  Staat  Fr.  20,000.  von  der  Provin« 
Fr.  12,000.  von  der  Stadt  Fr,  6,000,  von  der  Bank  in  Neapel  Fr.  6,00U; 
Total  Fr.  84,000. 

*)  in  Kran  getreten  am  24.  Juli  18dl. 


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Handelsschulen 


—    231  — 


Handebischulen 


Die  SoaoU  euperiorc  di  applicazione  per  gli  Htadi  commerciali  iu  Genaa 
von  Stut  Fr.  SOvOOOi  von  d6P  Pfovios  Vt.  80|000)  von 
d«r  Stadt  Fr.  20,000,  von  der  Handelskammer  Fr.  i>(),000 ;  Total  Fr.  80,0(X). 

Die  ScQola  superiore  di  ('onimercio  in  Venedig  ')  empfängt  jährlich  :  vom 
Staat  Fr.  25,000,  von  der  Provinz  Fr.  20,()0i),  von  der  Stadt  Fr.  10*000, 
von  der  Handeiskammer  Fr.  0,000;  Total  Fr.  60,000. 

Diese  höheren  HcndttlMchnlen  unliMBen  meiBt  ini  Jahrrakarse;  die  Stn- 
direnden  stehen  in  dem  Alter  von  arka  17  bis  Uber  20  Jftbren. 

Endlich  bestehen  an  vielen  Orten  aneh  kaufinännist^  ForUrifdunffsa^k» 
ittr  T.^hrüiige,  jüngere  Kommis  etc. 

Oesterreich.  Auch  iu  der  österreichisch-angarischeu  Monarchie  hat  das 
Hftndelsscholweden  in  neaester  2<eit  großen  Aufschwung  genommen.  Die  Ini- 
tintive  für  Ghrilndnng  von  Hnndebflohnlai  itt  fast  Uberall  vom  Handebstande  aas* 
gegangen,  itnd  Mnnizipalitäten,  Provinzialregierungen  und  die  Reichsregiernng 
nnterf^tutzen  die  Be^trt  bnngen  des  Eandelsstandes  nnd  ergjüisen  die  von  dem- 
selben gebrachten  Opfer.  ^) 

Man  unterbcbeidet  zwei  Arten  von  kauimaunii^chen  Lehranstalten,  nämlich  iian- 
Ae\9»eh«len  (mit  Sjährigem)  und  HandelsaJbM(eiN»en  (mit  3jMhrigem  (Toterrieht). 

Dazu  kommen  noob  die  Lehrlingssolialen  oder  ktu^ännischen  Fortinldungs- 
schnlen,  welche  entweder  selbständige  Anatalten  oder  mit  Handelsscbalen  und 
Handelsakademien  verbunden  oind.  Die  SchUlerzahl  in  den  kanfmünnischen 
Fortbildungsschulen  beträgt  in  Oesterreich  (ohne  Ungarn  etc.)  zirka  4U0U.  Die 
betretende  Schale  in  Wien,  1848  von  der  Handelskammer  gegründet,  hat  Uber 
1000  Sohttler. 

Die  Handelsscbnlen  wie  die  Handelsakmlemicn  nahmen  die  Schüler  frühestens 
nach  znrückgeicgtem  14.  Altersjahrf'  un<l  nach  vierjährigem  Besuche  einer  Untcr- 
realscbnle  uiler  eines  Untergymnaäiums  auf,  SchUler  mit  anderer  Vorbereitung 
nacli  einer  Prüfung. 

Die  Zahl  der  sweijitbiigen  HandelsfcAn^e»  (Uandelsmittelseholen)  betrigt  in 
Oesterreich  (ohne  Ungarn  eto.)  lirka  40.  Diejenigen  Schalen,  deren  Zeugnisse 
vom  Staat  anerkannt  werden,  werden  „ötTentliche"  Schulen  genannt.  Die  Zahl 
der  Schüler  in  den  HancleL;schulen  f«n\v<jbl  der  „öffentlichen",  als  auch  derjenigen, 
welche  den  Charakter  der  Oetfenthchkeit  nicht  besitzen,  zusammen)  mag  zirka 
3000  betragen. 

filMere  Handelssehnlen,  dreijährige  Handelsaibadsml«»,  bestehen  in  den 
Ssterreichisohen   Staaten   (ohne  Ungarn  etc.)  9.    Dieselben  befinden  sich  in 

Chrndini  (gegründet  1882\  Graz  (1862),  Innsbruck  (1S'7!>.  seit  1HH7  Akademie), 
Linz  (1882),  Prag  2,  eine  deut.sche  (18r)f>)  und  eine  tschechische  (  1 872),  Preß- 
burg (1885),  Triebt  2  (1817  und  1877)^)  und  Wien  (18.')8)  *)   Die  Mehrzahl 

'}  Die  Schule  in  Venedig  enthält  außer  der  dreijährigen  Handelsschule  eine  fünf* 
jährige  Schule  zur  AufbHdung  für  das  Konsulatswesen  und  eine  fünfjährige  Schnle  zur 
Ausbildung  von  Lehrern  der  neueren  ^tfacben,  der  Handelswissensehaften,  der  Volks* 
wirthschafLslehre,  der  Statistik  etc. 

*)  Lasche  macht  hierbei  an&nerksam  auf:  Richter,  Die  Entwickelung  des  kaufinftn- 
ni!>cben  Unterrichts  in  Oesterreich  (Wien  1873;  herausgegeben  ans  Anlaß  der  Wiener 
Weltauasteliung). 

*)  Aocademla  di  CSommerdo  e  Nautics  (Staatsanstalt)  and  Publico  Gorso  superiore 
dMnsegnamenlo  commerciale  de  fondftäone  Revoltella  (eine  Stiftung;  hat  nur  zwei- 
fabrigen  Kursus). 

*)  An  der  Akademie  in  Wien  besteht  anfier  dem  dreijährigen  Konus  noch  ein 

besonderer  einjährii?er  Kui  <u«  für  solche  Studirende,  wel.  he  i  in  G3rmnasilim  oder  eine 
Realschule  absolvirt  und  die  Maturitätsprüfung  bestanden  haben. 


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Kuidelnehiileii 


—    232  — 


Handebschiüeii 


diMW  Akademien  iat  vom  Staate  ntliTentionirt.  Die  Summe  der  Sabventionen 
beträgt  jährlich  sirka  70,000  österreichische  Gulden,  die  Gesammtechttlerzahl 
Uber  2000.  Die  Abgangszeugnisie  der  Hiuidekakadeiiiien  Terleihen  daa  Beoht 
2U  dem  eiojährigen  Militärdieost. 

Deutschland.  Die  ente  deatsohe  Huidelsachale  wurde  1767  dnroh 
Joh.  Georg  Btteoli  in  Hembnrg  gegrSndet.  (Alex.  v.  Hamboldt  etndirte  dort 
1790.)  Nachdem  die  großen  Kriege  vorüber  waren,  entstand  1817  die  Handele- 
j^rliTih«  in  Gütba  durch  die  Bemühungen  des  Kaufmannes  M.  E.  W  Arnoldi,  des 
Begründern  der  bekannten  Gothaer  Vorsicherungs-AnstAlton.  In  den  dreißiger 
Jahren  wurden  an  verhchiedeuen  Orten  {z.  B.  in  Leipzig)  üuad&lüüchuleu  ins 
Leben  gemfen,  nunentlioh  aber  eine  eriiebliohe  Annbl  in  nnd  seit  den  fttnf- 
nger  Jahren  in  Zusammeiütang  mit  der  gewaltigen  Umgestaltung  aller  Handels- 
nnd  Verkehrsverhältuisse  etc.  Gegenwärtig  (1889)  bestehen  in  Deutschland 
85  Handelsschulen  höherer  und  mittlerer  Stufe,  und  eine  erhebliche  Anzahl  von 
Lehrlings-  oder  Fortbildun^wchttieu.  Man  darf  behaupten,  daß  daa  ganze 
dentacbe  Handelasohnlweien  an*  der  biitbtiire  de«  Handebatandea'  hervorgegangen 
iat,  daß  stob  daaaelbe  auob  hente  fiat  aoflsobließliob  in  den  Händen  dea  Handeb- 
standes  befindest  und  von  demselben  gepflegt  wird*  Die  Zahl  derjenigen  Handelt^ 
schulen,  welche  mit  staatlichen  oder  städtischen  Gymnasien  oder  Realschulen  \'pr 
bunden  sind,  ist  eine  sehr  kleine  (9),  nnd  die  Zahl  der  Privatunternehnniiigen 
Einzelner  (PrivatbaudeWihuleii)  iiüt  wohl  grüßer,  aber  im  Verbältniii  zui  Ge- 
aamratsabl  der  Sohnlen  doch  nieht  sehr  bedeutend.  Staatliobe  nnd  konunnnab 
Subventionen  werden  nur  wenigen  Handelsschulen  zu  Theii.  Die  Stellung  dieeer 
Schulen  im  gesammten  Schulorganismus  der  einzelnen  Staaten  ist  Überhaupt  meist 
noch  nicht  genau  gesetzlich  geregelt.  Anch  die  Benenuiing  der  Schulen  als 
UandeUachulen,  höhere  Handelsschulen,  ötitentlicba  Handelsaohulen,  Handeis- 
akndemien  eto.  iat  mehr  oder  weniger  eine  willkfirliohe  und  niebt  immer  fttr 
gleiduurtige  Anetalten  übereinstimmeDd.  So  viel  ona  beiMont,  pflegt  man  ala 
„höhere*  Handeleschulen  diejenigen  zu  bezeichnen,  deren  Abgangszeogniaae,  re^. 
Sieugnisse  tiher  die  bestanden»?  A hitnvi'ntonprüfung,  das  Recht  zu  dem  einjährigen 
Militürdiennt  in  der  deut.schen  Armee  verleihen  und  für  den  Eintritt  in  ver- 
schiodeue  Zweige  der  AUuiinihtratiou  ab»  Empfehlung  dienen  j  die  betredeoden 
Sobnlen  mttiNen  3  Jabreeknree  umfusen  und  fttr  die  Anfiiahme  iu  die  nntente 
Klasse  diejenigen  Vorkenntniaae  fordern,  welohe  durch  den  Beeneb  einer  Real- 
schule oder  eines  Gymnasiums  bis  znm  Alter  ynn  1  i  Jahren  erworben  werden 
können.  24  Handelsschulen  besitsen  die  bezeichnete  Anerkennung  ihrer  Ab- 
gangszeugnisse. 

Die  GeaMnmtnhl  aller  HaadelweMtfer  wird  auf  «rka  9000  gescbltit, 
woTon  mehr  ale  die  Hfilfte  auf  die  Fortlnldungo-  oder  Ldirliogaedralen  nnd 
etwa«  weniger  ala  die  Hftlfte  auf  die  Mgentliehen  HnndelaBobulen  so  rechnen 
sein  dürften. 

Die  meisten  HandelH8chulen  bat  im  Verbältniß  zur  Einwohuer/alil  des 
Landes  das  Königreich  Sachsen,  nämlich  28.  üuter  die»eu  beüudeu  aich  1  mit 
einw  Bealsohule  verbundene  xweijährige  (Zittau,  1876),  4  bObere  Sehnlen  mit 
dreijäbiigem  und  1  mit  zweijährigem  Kurs,  alle  5  mit  Lehrlingsschule  (Leipzig, 
1831;  Dresden,  1854;  Chemnitz.  1848;  Bautzen,  18.5(s  Pirna,  1859\  U) 
kaufmännische  Fortbildungsschulen,  1  solche  fttr  Bucbhändlerlehrlinge  und  5  Privat- 


'>  Nach  Löaotey. 

*)  Welche  ungefähr  der  schweizerischen  Bevdlkerungszahl  gleich  ist. 


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Handelsschuleo 


Handelsschulen 


aohulen  Tenolitaclener  Stufen.    Die  beiden  groflen  Anetatten  in  Dreaden  nnd 

Leipzig  umfassen  außer  dem  dreijährigem  Hauptkursus  und  einer  Lehrlingsschale 
noch  einen  benonJeren  einjährigen  fachwissenschuftliclien  Kursus  für  solche  junge 
Leute,  welche  eine  Realschule  oder  ein  Gymnasium  absolvirt  haben.  Die  erheb- 
liche Anzahl  von  kaufmännischen  Fortbildungsschulen  (Uber  20)  erklärt  Hich  zum 
Tiieil  dunoB,  dftft  im  Kttnigieieh  BulneQ  gesetdioh  eise  tUganfliiM  sweijährige 
FortlHMvngnidinle  nnd  16.  Altenjahr)  oUigatexiadh  eingefUirt  ist.  Wer 
«ine  liSliera  Schule  (Realschule,  Gymnasiom,  HnndelMohnle  oder  dgl.)  oder  eine 
spezielle  berufliche  FortbildungsRchule  besucht,  ist  vom  B«»suchp  der  allgemeinen 
Fortbildungsschule  beireit.  Die  Mehrzahl  der  kaufmännischen  Lehrlings-  oder 
Fortbildungsschulen  umfaßt  jedoch  nicht  zwei,  sondern  drei  Jahre  j  die  Zahl  der 
wVdientliahen  ünterriehtsatanden  l)etrSgt  8—12. 

Obwohl  die  große  Mehmhl  der  Handelsschulen  Deutschlande)  die  Schiller 
erst  mit  dem  14. — 15.  Altersjabre  aufnimmt,  ho  finden  wich  doch  auch  solche 
Schulen,  welche  die  Schüler  zirka  im  11.  Altersjahre  aufnehmen  und  einen 
sechsjährigen  Kursus  haben,  so  z.  B.  hat  Bayern  3  öffentliche  städtische  Handels- 
•clinlen  nnd  S  privnte  Beal-  und  Hnndeleiclinlen  mit  dieeer  Orgeiiiention  (jene 
mit  nrke  800,  diese  mit  nrka  200  Sohttlern). 

Frankreich.  Aneh  in  Fmnlcreioh  iat  die  Entwicklung  des  Handel»" 
sehnlwesens  havptsXcblich  erst  in  neuester  Zeit,  reep.  nach  dem  deutsch-frsnsB- 

sbchen  Kriege  von  1870 — 71  erfolgt.  Fast  sSmmtliche  Handelsschulen  ver- 
danken ihre  Entstehung  der  Initiative  de?  Handelsatandes.  Gegenwärtig 
bestehen  ^}  1 1  Handelsschulen,  welche  sich,  ähnlich  wie  in  andern  Ländern,  in 
swei  Stufen  and  Gruppen  untersofaeidem  lassen,  in  »Handelsmittelschulen*  nnd 
,h9ben>  Handelssohalen''.  Die  in  Frankreich  ablichen  Benennungen  sind  fttr  die 
erste  Gruppe:  Ecoles  commerciales,  und  fttr  die  streite  Gruppe:  Eoelea  deOom- 
merc«>.  oder  Ecole»  superienres  de  Commerz" 

Die  erste  Gruppe  (Handelsmittelschuien ,  Ecoles  commercialee)  umfaßt 
4  Schulen : 

1)  Eoole  commereiale  in  F^s  (gegründet  durch  die  HandelAammer  1868); 

2)  Institut  commercial  in  Paris  (gegründet  1884  durch  eine  aus  Kauf  lauten 

bestehende  Aktiengesellschaft,  Kapital  Fr.  200,000); 

3)  Ecole  pratique  de  Commerce  et  de  Comptabilit<6  in  Paris  (1800,  Frivat- 
anstalt) ; 

4)  Eoote  raunicipale  professionnelle  de  Beims  (gegründet  yon  der  Stadt  1875). 
Die  zwdte  Gruppe  (höhere  Handelseehulen,  Eoolee  snpirieures  de  Com- 
merce) umfaßt  7  Schulen: 

1)  Ecole  sup^rieure  de  Commercf,  Paris  (gegründet  1820  als  Frivatanstalt, 
1861*  von  der  HandelHkaiinner  angekauft); 

2)  Ecole  auperieure  de  Uommercc  et  de  Tiudustrie,  Kouen  (1871,  Aktien- 
gesellsohaft,  Kapital  Fr.  350,000); 

3)  Eeule  sup^rieure  de  Cbmmeroe  du  Efivre  (1871,  Aktiengeeellachaft,  Ka« 
pital  Fr.  220,000); 

4)  Ecule  superienrc  de  commerce  et  de  Tissagei  Lyon  (1872,  Aktiengesell- 
schaft, Kaintal  Fr.  l'l 20,000); 


')  ,Les  öcole.s  nons  sauveront  de  la  decadence,  soyez  en  sürs,  Messieurs  les  n&- 
gociants  et  les  industriels ;  fondez  donc  et  ouvrez  vite  des  6coles  de  commerce.*  (An^ 
seime  Ricard,  Memoire  d61ie  aux  Chambres  de  Cororoeroe  de  France,  1871.) 

'j  Nach  Liiauley. 


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Bftndfllflwhvkn 


—    2U  — 


Handebscbn]«!! 


5)  Eool«  mpfoieiure  de  Cbniiiieree,  MarMÜle  (1872,  Aktiengeaellaobaft,  Ka> 
pital  Ft.  450,000); 

6)  Eoole  sap^rienre  ile  ('ommerce  et  de  Tlndastrie,  Bordeaux  (1874  dorck 
Handelustand,  (jremeiiMie  und  Provinz  gegründet); 

7)  Ecole  des  hanten  Etudes  commerciales,  Paris  (1881  durch  die  HaudeU» 
kUDiner  gegründet).  ') 

Außer  diesen  11  eigenüieben  Handekeeluilefi  beetehen  an  vielen  Orten  Ein* 

riohtungen  Air  Jünglinge  and  fUr  Mädchen,  welche  wir  als  ^ kaufmännische  Fort- 
bildungsschulen** bezeichnen  können.  Dieselben  sind  fast  sämmtlich  seit  Anfang 
der  siebenziger  Jahre  gegründet  wurden,  in  Paris  sollen  (iui  Winter)  zirka 
5 —  6000  Jünglinge  die  betreffenden  Kurse,  welehe  meist  Abende  stattfinden, 
beenoben. 

Der  Unterricht  umfaßt  sowoIU  in  den  höheren  als  anch  in  den  mittleren 
Ilandekschnleii  3  4  .lalire;  das  Eintrittealter  in  die  letzteren  betragt  zirka  14, 
iu  die  erötercn  15  oder  16  .fahre.  Die  Auhtrittsdiplonie  di-r  höheren  Schalen 
berechtigen  zum  einjährigen  Militärdienst  und  linden  Berücksichtigung  bei  An- 
steUnng  in  venohiedenen  Zweigen  der  Adminietration. 

Die  SchiÜenahl  betrag  1885 — ^86  in  den  7  böberen  Sefanlen  618,  in  den 
4  mittleren  1097,  zusammen  1715. 

Tom  Staat  werden  an  die  Handelsschulen  sämmtlicher  Stnfen  Jährlich  zirka 
Fr.  42,000  (Kredit  pro  1886)  an  Subventionen  bezahlt.  Außerdem  unterstützt 
w  die  oben  genannten  11  mittleren  nnd  höheren  Handebsdinlen  durch  GewEb- 
rang  von  Stipendien  (Bonraes)  im  Betrage  von  jihrlidi  lirka  Fr.  40,000.  Und 
drittens  ist  ein  Kredit  von  Fr.  18,000  Tür  Bonrtee  de  s6jour  ä  F^ranger  be- 
stimmt. Der  Staat  verausgabt  also  für  Förderung  der  kanfniännisehen  Bildung 
jährlich  zirka  Fr.  100,0CK).  Zu  diesen  reichen  staatlichen  Unterstützungen 
junger  Leute,  welche  üich  eine  hiihere  Ausbildung  fiir  den  Handel  und  ver* 
wandte  Bemfcarten  erwerben  wollen,  kommen  noob  aahlreiobe  Stipendien  oder 
Bouraee  von  Proviuzialbehörden,  Munizipalbebörden,  Handebkammera,  Eaufh  uten, 
Banken,  üandelsgesellHchaftcn  aller  Art  etc.  So  empfängt  z.  B.  die  Ecole  des 
bautes  Etudes  comnierciales  in  Paris  vom  Staat  10  Bourses  h  Fr.  1000,  von 
verschiedenen  Handelskammern  \0  k  Fr.  Unn)  und  vom  Handeisstande  etc.  35  a 
F^.  1000,  auMmmen  55  Stipendien  k  Fr.  1000  (Scbnlenahl  lirka  150).*)  IXe 
Ecole  «npirienre  de  Commeree  in  Paria  empfingt  vom  Staat  12  StipencUen  k 
Pr.  1200.  ')  An  die  höhere  Handelsschule  in  Lyon  gibt  der  Staat  4  Stipen- 
di'T  »  Fr  t;'H)^  die  Stadt  5  a  Fr.  600,  die  Handelskammer  5  a  Fr.  6'»<»  f.t,-. 
An  diejenige  in  Marrscille :  Staat  8  k  Fr.  (!( )().  Haudeiskamni<.T  3  a  i  r.  tJUO 
und  6  k  Fr.  300,  der  llaudel«»*taud  Iii)  k  Fr.  300  etc.  Die  Schule  im  Hävre 
empfängt  vom  Staat  3  Stipendien  k  Fr.  600,  von  der  Provins  ^  k  Ft,  600, 
von  der  Stadt  5  i  Fr.  600,  von  der  Handelskammer  H  a  Fr.  600  etc.*)  Einige 
Handelskammern  gehen  auch  Stipendien  für  den  Aufenthalt  im  .Aiislantle. 

An  <len  4  Handci'^mittelschnlen  werden  in  ähnli<;li»n'  Weise  Krleichterungen 
4es  Besuches  gewahrt;  so  hat  z.  B.  die  Ecole  commurciale  in  Paris  bei  zirka 
500  Sehttlem  «irka  150  Bonrses,  d.  h.  FreiplRtze,  resp.  Erlaß  de«  Sdhnlgeldea. 

')  Die  Handelskammer  vun  Pariä  besitzt  also  äScholeQ:  die  enie  1869  angekauft^ 
die  beiden  andern  186S  und  1881  gegrQndet 

*)  Mit  dieser  Anstalt  ist  ein  Internat  vorbuntien  ;  •Icr  Pensionspreis  belrägl  fiir 
dds  erste  Jahr  Fr.  2200.  fflr  das  zueile  und  dritte  Jahr  je  Fr.  2800.  —  Externe  be- 
zafalen  Fr.  1300. 

•)  Das  Internat  kostet  Fr.  -2000,  Halb|..  n-inn  ire  zahlen  Fr.  lO(X). 

4)  Das  jährliche  Schulgeld  beträgt  an  diesen  höhereu  Schulen  meist  Fr.  600. 


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Han«lebschulen 


—    235  — 


Handelsscbuleu 


Die  Anstrengung«!!,  welche  Frankreich  atit  zirka  2U  Jahren  für  Jie  Ent- 
wiekelang  des  kaiifmSnmiMlien  Btldmigewesens  gemacht,  und  die  Opfer«  welehe 
ee  dalllr  gebracht  hat,  sind  großartig  and  bewunderiuwerth ! 

Großbritannien.  Das  Handelsscbnlweoen  bat  in  Großbritannien  nicht 
diejenige  Entwickelang  und  Ansdehnnng  erreicht,  welche  wir  in  den  bisher  be- 
üprochenen  Ländern  gefunden  haben.  Es  bestehen  dort  (am  zahlreichsten  ia 
London  nnd  IdTerpool)  PfiTaiaiietelleii,  Mnoiapalanstalteii  und  Anatalten  ge- 
werbliclier  Korporationon,  in  wolöhen  die  fttr  den  IwofinlnniseheD  Beruf  notk« 
wendigsten  Fächer  gelehrt  werden.  *)  IMeee  Schalen  stehen  auf  sehr  verschie» 
dener  Stufe.  Außerdem  linden  in  vielen  gewwbliohea  und  teohniaohen  Seknlen 
jene  Fächer  etwelche  Berllcksichtigung. 

In  der  Eigenthiimlichkeit  der  englischen  ächulverhältnisse  mag  e«  zum  Tbeil 
begrUndet  eein,  daß  in  englieehen  HandelshftnBeni  lehr  viele  dentidie,  dentseh- 
Qeleneidiieehe  nnd  schweizeriscbe  junge  Eauflente  angestellt  und. 

In  nenefiter  Zeit  hat  nicli  nun  die  Aufmerksamkeit  des  englisohen  Handels- 
standes der  Frage  des  kaufmännischen  Bildangswesens  j^ehr  lebhaft  zugewendet. 
£s  hat  in  England  das  Gefühl,  von  Deatscbland  im  Handel  vielfach  UberHiigelt 
worden  m  aein,  jeden&Ila  «inen  tüae  gefiChrKahen  Eonknnenten  an  DenteeUaad 
erkalten  an  baben*  anr  Eifuraobong  der  UrMohMi  der  eingetretenen  Wandlung 
Veranlassung  geboten.  Man  ist  dabei  an  der  UebenEengnng  gelangt,  daß  die 
l»>erlegenlieit  der  Deutschen  vorzugsweise  in  der  ftllgemein  tiichtitrfn  kf)mnier- 
ziellen  Schulung  des  llandelsstandeH  zu  suchen  sei.  Seit  einigen  Jahren  ist  des- 
halb die  Frage  des  kaufmännischen  L'uterricht«  in  den  Kreitjün  des  englischen 
HandeUetandee  ein  Gegenstand  lebbafter  Disknesion  nnd  eingebender  Frttfnng 
gewesen,  und  e.s  hat  namentlich  das  Iluuptorgan  der  englischen  Handelskammern, 
das  monatliche  Jourmil  der  Londoner  iiandelskaramer *),  die  Frage  der  Com- 
mercial  Educatiou  während  der  letzten  Jahre  unausgesetzt  erörtert. 

Daü  Septemberheft  von  lb85  enthält  z.  B.  einen  bedeutungsvollen  Artikel, 
dem  wir  (mit  Benotsang  der  üeborsetsung  im  11.  Jahreaberiobt  der  Basler 
Bbrndelskamnier)  folgende  Stellen  entndimen:  «Keine  Frage  ist  für  Eanflente  nnd 
„fUr  Tlandelskammem  so  sehr  der  Beachtung  und  des  Stadiums  werth,  als  die 
«Aufstellung  eine«  nationalen  Systems  der  kaufmiinnischiMi  Erziehung.  Finer 
«der  ersten  Schritte  zu  diesem  Ziele  muß  ein  vollstäudigey,  wohlüberdachtes 
^System  zu  diesem  Zwecke  seiu.  Bisher  haben  wir  dies  merkwürdigerweise  dem 
«Zufalle  ttberlassen.  Für  die  Gewerbe,  fttr  die  Eirehe,  fUr  die  Wissensobaften 
, —  eogar  für  die  Literatur  —  geben  wir  die  Zweekmißigkeit  der  Fachbildung 
,zn  und  für  sämmtliche  ist  ein  angemessenes  Programm  aufgestellt.  Aber  für 
„den  Handel,  welcher  die  Grundlage  des  Landes  bildet,  haben  wir  keinerlei 
«Stätte,  wo  speziale  oder  höhere  Bildung  erworben  werden  könnte.  Man  war 
»bisber  der  AnsM^,  daß  jede  normale  mvlvontine  genUge,  nu  den  Untergrund 
•aufrubanant  anf  irtleben  dann  ein  paar  Jabre  Ldmeit  im  BUrean  od«r  im 
«Ibgaain  oder  dar  Fabrik  als  ErSnung  des  Gebändes  gelttgt  wurden.  Weder 


')  Als  liistoriM*h  interessant  mag  erwähnt  werden,  dal^  die  Gooper's  Coinp  uiy'ä 
Gramiuar  Scliool  in  London  1538  durch  einen  Kaufmann  N.  Gibbon  gegründet  worden 
ist,  die  MerLhuul  Taylor's  School  l'^l  durch  die  Schneicierzunfl,  die  Brewer's  School 
durch  die  Zunft  der  Bierbrauer  t6S7,  «lie  Haberdashcr";^  Hoxton  School  1695  durch  die 
Zunll  der  Kurz-  oder  (^uincailleriewaarenhftndler.  Üiese  Schulen  bereiten  heute  für 
Gewerbe  und  Handel  vor.    (S.  L6autey.» 

*)  The  Chamber  of  Commerce  Journal.    Printed  und  issued  monthly  by  the  Lon> 
don  Chamber  of  Commerce.  (Botolph  House,  Eastcheap»  London,  £.  G.j 


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üandelnchttlen 


—    236  — 


Uandebscholeo 


^moderne  Sprachen,  noch  Bachhaltung,  Stenographie,  Chemie  etc.  werden  als 
«fttr  den  HaDdeklehrling  nöthige  Disziplinen  angesehen.  Wir  haben  keinen 
«Friifojigastandard  ftr  lurafinänoisohe  Grade,  und  die  ganze  Erziehong  onserer 
^Kanflento  Ist  der  Lftniie  des  SüneliMa  ttberlanen.  Es  entipriolit  diM  ttbrigmui 
^unserem  gmiii  Handelssystem,  das  ebenfalls  auf  individodlar  Initiative  be- 
droht. Wenn  wir  nun  die  Methode  Btudiren.  dnroli  weiche  unsere  fremden  Kon- 
„kurrenten  Schritt  für  Schritt  unaere  bevorzugte  Stellung  zerstört  haben,  so 
^können  wir  dieselbe  in  dem  einen  Worte  « Volltitändigkeit"  (Gediegenheit)  zu- 
^■ammeiiCuMii.  Ihre  Eniehnng  iat  ebeuBO  gediegen,  wie  oMhheir  die  praktiMdie 
«Anwendmig  der  erworbeiien  KmintmaBe.  Diese  Eigemcbafl,  die  wir  früher 
„anoh  hatten,  müssen  wir  uns  wieder  aneignen,  und  es  wird  dieadbe,  verbun- 
^den  mit  unserer  Arbeitskraft,  unserer  Enerj^ie,  Ausdauer  und  Klugheit  uns 
^wieder  zu  unserer  8u()rematie  verheilen. "  —  „Unsere  ttämuitlichen  Mitiel- 
^hchulen  bedürfen  der  Umänderung.  Die  KUi'ze  der  Zeit  erlaubt  nicht  das  Sta- 
„dtam  der  alten  und  der  nenen  Spraohen,  deewegen  mttaeen  die  alten  Sprachen 
«den  wissenschaftlichen  Fachschulen  überlassen  und  an  ihre  Stelle  die  euro» 
,päischen  und  außereuropäischen  Handelssprachen  gesetzt  werden.  Und  hnhrrf 
„Handclsfachschulen,  in  denen  techniitohe  und  kaufmännische  Disziplinen  gelehrt 
^werden,  sind  dringendes  BedUrfniß."  —  Weiter  heißt  es,  ilaü  man  auf  diese 
Weite  miabhängig  von  der  fremden  Beihilfe  werden  kSnne,  deren  man  im  Bttreaa 
bisher  wegen  ihrer  Genanigkeit,  Methode  und  Disziplin  bedurfte,  und  welehe 
man  bei  den  eigenen  Landalenten  nioht  haben  konnte.  (1) 

Seither  ist  die  Angelegenheit  in  Fluß  gekommen,  sie  i^t  an  den  Delegirten- 
verKammlungeu  der  67  Handelskammern  des  ver  ii  i^'ten  K(5nigreiches  diskutirt 
worden,  und  durch  eine  im  Dezember  1887  bestellte  Kommisston  ist  der  Ent- 
wurf eine^  Normal -Unterhühtsplanes  fUr  QandeUschulen  mittlerer  and  höherer 
Stufe  aulgubtellt  wwden.  An  der  Delegirtenytteanunlang  der  Handelskammem 
vom  25.  September  1888  wurde  der  von  jener  Kommission  (CSommeroiat  Sdn* 
^tioD  Committee)  ausgearbeitete  Normal* ünterrichtsplan  in  der  Hauptsache  an- 
,  genommen  und  im  Juli  1H89  wurde  er  ilurch  das  bevullmiichti^te  Komite  end- 
gültig redigirt.  Er  trägt  den  Titel:  Scheme  for  junior  and  higher  Commeroial 
Education. 

Di»  Juuiur  (Jomuiercial  i^ucatiuii  oder  das  Secuudary  Commercial  School 
Life  (Handela-tfittelsdinle)  soll  8  Schaljahre  umfeasen,  entspreehend  dem  Alter 
vom  10.  oder  11.  bis  18.  oder  17.  Jahre. 

Außer  dem  Entwürfe  eines  Unterriehtsplanes  fttr  Handelsseholen  miUteMr 

Stufe  i»i  noch  ein  Soheme  for  a  Senior  Course  aufgestellt  worden.  Die  Ein- 
richtung höherer  Kurse  oder  höherer  Handelsschulen  (Higher  (.ommercial  Edu- 
cation) wird  ennd'ühk'n  eineri^eits  für  solche  junge  Leute,  welche  ihre  ganze  freie 
Zeit  bis  zum  Alter  von  etwa  19  Jahren  dem  kautmäimischen  Studium  widmen 
ktanm,  und  andexeeits  filr  solche,  welche  neben  ihrer  beruf  üohe&  TU^keit  die 
frtlher  erworbenen  kanfmännisohen  Kenntnisse  dureh  fieench  einzelner  FKoher  auf 
höherer  Stufe  ergfinaen  und  erweitem  wollen.  Dergleichen  Schulen  werden  nach 
dem  Programm-Entwürfe  namentlich  Sprachen,  h?5here  kaufmSnniKche  Arithmetik, 
Handelngeographie,  Statistik,  Volk»wirthscliaft,  Bank-  und  Assekurunzwesen, 
naturwissenschaftliche  Fächer  etc.  etc.  zu  lehren  haben. 


*)  Es  ist  gedruckt  und  kann  Tom  Seicretariat  der  Londmier  Handelskammer  <Lon* 
^on,  Botolph  Hottse,  Esstcheap,  E.  C.)  bezogen  werden.  —  Preis  3  d  exkl  Porto. 


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Handels«  und  Industrieverein 


—    237  — 


Handelsverträge- 


Uandels-  und  lodustrieTerein,  scbwuizeniicher.  (Ergänzung  des  Artikel». 
« HandelBkammen) "  im  II.  Sud.)  Der  Yerein  beftebt  nosniehr  (Ende  1691)  aar 
folgenden  87  SektioiiMi: 

SehweisertBeher  Simhhmt-,  Zwirner-  und  Weber* Ventn.  7ereiii  BebweiseriMher 
WoU-  und  Halbwoll-Industrieller.  Verein  Kchweizerisober  Hudiiftcn-Indastrieller. 

Verein  Hchweizerischer  Metall waarenfabrikanten.  Verein  schweizpriacher  Scbnh- 
LcdustrieUer.  Verband  schweizeriscber  Müller  ond  Getreidehändler.  Verein 
ucbweizeriscber  Geschäftsreisender.  Soci6te  intercantouale  des  indostrieä  du  Jura. 
AarganiMdier  Handels-  nnd  Industrie» Verein.  Kommisaion  für  Handel  and  Ge> 
werbe  des  Kantons  Appenzell  A..-Rh.  Handels-  und  Indnstrie* Verein  Herisaii. 
Basler  Handels-  und  Industrie- Verein.  Bernischer  Verein  fdr  Handel  und  Industrie. 
A.8sociation  comuierrial  •  et  imluHtrielle  genevoise.  Association  des  fabricants  et 
msurchaods  de  bijuutcne,  joaiilehe,  or^vrerie  de  et  a  Genvve.  Finanz-  und 
Handels-Direktion  Glaras.  BQnen- Verein  Glarns.  HandeUnmmer  des  Kantons 
liOieni.  Kanfinlnniselies  Direktorinm  in  8t.  Gallen.  Industrie« Verein  der  Stadt 
St.  Gallen.  Kantonaler  solotbnrnisdier  Handels-  nnd  Industrie- Verein.  Tburgau- 
iscber  Handels-  nnd  Gewerbe- Verein.  Societ6  industrielle  et  commerciale  Ju 
Canton  de  Vaud.  Kantonale  Komini«ision  für  da«  Handelswesen.  KanfniHnaisctie 
Ge»iellbcbaftZuricii.  Seideuinduijtriti-Gctielltjchatt  deti  Kantons Zilricli.  Kaufmännische 
Geiellscbaft  Wintertbar. 

In  reger  Verbindang  mit  dem  sehweiserisoben  Handels-  nnd  Industrieverein 

stehen  ferner  die  Fachvereine  der  Seidenzwirner,  der  Leinen-Industriellen,  der 
Holz-Industriellen,  der  Kalk-  und  ("ementfabrikanten,  der  Gerber,  der  Bucbhäudler,. 
Bnchdrockereibesitzer,  der  Basier  Bandfabrikauten,  der  Oberländer  Holzschnitzler, 
der  Par^ueteriefabrikanten,  der  Wirker^  der  Ziegler,  der  aargauischen  Struh- 
indastriellen. 

Die  Kaofbinniflohe  GeseUsobaft  Zilriob  bildet  den  Vorort  seit  1882  nnd 
ist  als  soldier  bis  1894  bestStigt.  Die  Leitung  des  Vorortes  ist  den  Herrea 
C.  Cramer-Frey,  F.  Rieter>Bodmer,   Robert  SohwarMmbaobt  Haas  Wunderly» 

▼on  Muralt  (sämmtliche  in  Zürich)  übertragen. 

Seit  1882  amt*>fen  beim  Vorort  fast  ununterbrochen  zwei  Sekretäre.  Die 
Namen  der  ersten  Sekretäre  sind  auf  Seite  5  im  Ii.  Baad  mitgetbeilt ;  zweite 
Sekretäre  waren:  Von  1882  1884  End.  Huber,  von  1885—1889  G.  Welti, 
seit  1890  Dr.  H.  Stell. 

Handelsverträge.    (Ergänzung  des  Artikels  im  II.  Bund.) 

Ad  Frankreich:  Der  Tarifvertrag  vom  23.  Februar  1882  wurde  von 
Fraakreiok  gdcflndet  nnd  ist  am  1.  Febraar  1899  erleecben,  obne  daft  es  bia 
Hitte  Jnni  1892  mOgliob  war,  ibn  doroh  einm  neoen  ao  eraetaen. 

AdDentsebland;   Zu  dem  HeuitbegUnstigangsTertrage  vom  2B.  Hai 

1881  wurde  am    11.  November  1888  ein  Zusatzvertrag  mit  Tarif  vereinbart. 

Hanpt-  nnd  Znsatrvertrair  wurden  von  Deutschland  auf  1.  Februar  IH'.^2  ge- 
kündet und  an  diesem  Tage  durch  den  neuen  Tarifvertrag  vom  10.  Dezember 
1891  ersetzt. 

Ad  Italien:  An  Stelle  des  Tarifvertrages  vom  22.  Marz  1883  trat  am 
15.  April  1889  ein  nener,  vom  23.  Janaar  1889  datirter  Tarifvertrag.  Dieser 
wurde  von  der  Schweiz  anf  den  12.  Februar  1892  gektLndet  und  ist  an  diesem 
Tage  außer  Krf^ft  traten.  Seitdem  ist  ein  neuer  Vertrag  (abgescbloesen  worden^ 
d.  d.  19.  Aprii  1892. 


Handebvertrfige 


—    238  — 


BaiMlelBverträge 


Ad  Oetterreioh'Ungarn :  Der  MttatbagttiiBtigangavertreg  vom  14.  Juli 
1(^68  wurde  am  1.  Januar  1889  durch  den  Tarifvertrag  vom  23.  November 

188h  ersetzt.  Djoser  Wt7A'^^r*'  wiinle  von  Oesterreich- [^ngam  auf  den  I.Februar 
iHd2  goküudet.  An  diesem  Tage  trat  an  deaaen  Stelle  der  neue  Tarifvertrag 
Tom  10.  Dezember  1891. 

Ad  RarnSnien:  Der  Heistbegilnetiguugö vertrag  vom  7.  Juni  1886  iat 
yon  Rumänien  gekündet  worden,  and  (wie  die  meisten  übrigen  HandelgvertrSge 
RumäiiieDs)  um  10.  Juli  1891  aul^r  Kraft  getreten.  Seitdem  bat  Romänieii 
keine  neuen  Handelöverträge  abgeschlossen. 

Ad  Spanien:  Der  Tarifvertrag  vom  14.  März  \6b'6  wurde  am  27.  Juni 
1887  Ina  1.  februar  1892  verengert.  Am  25.  Januar  lö92  ist  eine  neue 
Verllngentiig  b»  zum  30.  Juni  1892!  vereinbart  wordeo. 

Ad  Türkei:  Der  auf  die  Dauer  von  28  Jahren  vereinbarte  Vertrag  vom 
29.  April  IHül  ist  Keiner  Zeit,  lutt^h  Ablauf  der  dritten  siebenjährigen  Revisions* 
I>erio(lc,  gekündet  worden  nnd  am  IH  März  1890  außer  Kraft  getreten.  An 
Stelle  detiselbcn  bet>teht  einstweilen  eine  MeiatbegUnstigungsdekiaration. 

In  Folge  dieser  Aenderuugen  i;rgibt  sieh  per  15.  Juoi  1892  folgender 
Statue  der  la  Kraft  bestehenden  Handelsvertrige : 


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Haodelsverträge 


—    239  — 


Haudebverträge 


Belgien   3.  Juli  1889 


29.  Dez.  1889 


1  Jalir  nach  Kündung 


Bulgarien.  Durch  Notenaustausch  zwischen  dem  Vertreter  Frankreichs  in  Sofia  und 
der  bulgarischen  Regierung,  vom  9.  Oktober  1890,  ist  Franlu-eich  und 
der  S^chweiz  die  Helinmilung  auf  dem  Fuße  der  meiatbegflnatigten 
Nation  (WerthverzoUung  von  8' »  "/<»)  zugesichert  worden. 


Congostaat  .    .    .  . 

Dänemark  .    .    .  . 

Deutschland    .    .  . 

Ecuador   

Frankreich,  prtninachkar- 
lich«  WrliiiUoiue  und  Baaf- 
üichti^'UQtrd.  (>rtimldii^«o 

Gent  und  freie  Zone 

Griechenland  .    .  . 

Grojibrüannim    .  . 

Hawaii' Imün .   .  . 

Japan  

Zusatzkoaveutiou  . 

Italien  

Liechientlein  (Vertrag 
mit  Oesternieh'Uii' 
gam)  ..... 

NiederloMk.  .  .  . 

Oe9terrei<A-Ui^m  . 

Petiten  

ßußland  

Salvador  

Serbien  

Spanien  

Tra  n  svatt  l  ( S  ü  i  i  a  f ri  ka- 
nische  Hepublik)  . 


16.  Nov.  1889 
10.  FelTuar  1875 
10.  Dez.  1891 
32.  Juni  1888 

23.  Februar  1882 
U.Juni  1881 
10.  Juni  1887 

6.  Sept.  1855 
20.  Juli  18Gt 

ü.  Fel.ruar  ISO* 
26.  April  1867 
19.  AprU  im 

10.  Dez.  1891 
19.  AiigiiBt  1875 
10.  Des.  1891 
S3.Jiil1  1873 
96.  Dez.  187S 
30.  Oktober  1883 
10.  Juni  1880 
14.  März  1883 

6.  Nov.  1.SS5 


14.  April  1890       10  Jahre 

10.  Juli  l>i7r»  I  Jahr  nacli  Kündiin^r 

1.  Febi  u.ir  1S'.)2    M.  Uezeuiber  1903 

21.  Oktober  I8*s9  i  10  Jahre 


16.  Mai  m-» 
I.Januar  1883 

10.  Juni  1887 
6.  März  1856 

26.  Februar  1869 
H.  Febrnar  186i 

26.  April  1867 


1.  Febrnar  1893 
1.  Oktober  1878 
1.  Februar  189f 
37.  Oktober  1874 
30.  Oktober  1873 
7.  Februar  1885 
10.  Juni  1880 
i&  Aoguflt  1883 

18.  Nov.  1887 


1  Jahr  nach  Kündung 

30  Jahre 

1  Jahr  nach  KQudung 
1  Jahr  nach  KQndung 
1  Jahr  nach  Kündung 

iSpil  I -  ri  '.'rcr  Zeil  in 
He\  i.->ion  begritlen. 

31.  Dezember  1903  *) 


31.  Dezember  1908 
1  Jahr  naeh  Kündung 
31.  Dezember  1903 
1  Jahr  nach  Kflndung 
1  Jahr  nach  Kflndung 
10  Jahre 

1  Jahr  nach  Kflndung 
30.  Juni  1893 

10  Jahre 


Türkei»  Der  Vertrag  vom  39.  April  1861  nebst  Konventionaltarif  ist  am  13.  März 
IS'.in  .  riovcheu.  An  Stelle  U^SLlbeh  ist  einstweilen  eine  vom  22.  März  189(J 


gleiclie  Behandlung  zu  Theil  wird 
Verein.  Staaten  von 
Amerika  .... 


35.  Kot.  1860 


8.  Nov.  1855 


1  Jahr  nach  Kflndung 


Literatur:  Sammlung  der  Konventionaltarife  aller  linder  und  der  Handels- 
verträge der  Schweiz.  Von  Dr.  Flehm, mn,  Haiidels<ekretär  im  eidg.  Departemenl 
des  Auswärligen.  Hern,  Stämpüi'scbe  Buchdruckerei  1889  (französischer  und 
deutscher  Text  in  Gcgenfiberstellung), 

*>  Knudhftr  aebon  Mir  1.  Junact  t$9H. 


HauBirverkehr 


—    24a  — 


Hausirverkehr 


Uausirverkehr.   (Ergänzung  »les  Artikels  im  Ii.  Band,  Seite  24  uuii  ri.) 

Nach  der  Neaenburger  Konferenz  von  lüöb  ließ  der  Bundehratb  eine  Statistik 
der  Hausirpatonttueii  aofinehmeii :  Vwn  da  m  blieb  die  Angelegenheit  Yahea  und 
kern  erat  wieder  in  Floß  darob  eine  Eingabe,  welohe  der  Sehweiserleebe  Haadeb- 
und  iDduBtrieverein  Ende  April  1889  an  den  b.  Bnndeeratb  richtete.  Dieeelbe 
hatte  folgenden  Wortlaut: 

^Dic  DelegirtenversammJung  des  Schweizerisohen  Handele-  and  Indaetrie- 
Vereins  beRchloli,  den  h.  Bundtiäratb  zu  ersuchen : 

^I.  Er  möge  mit  thunlichster  Refijrderung   der   Bundettvtsritamiuiüng  eiueo 
neuen  Entwurf  zu  eiutioi  BundesbescblaU  betreffend  die  Patenttaxen  der 
Handelfareieendea  ▼erlegen,  in  der  Keinnng,  daß  dereelbe  apKtettans  in 
der  ereten  Hilfte  des  Jahrea  1891  sollte  in  Eraft  treten  kßimen; 

,n.  Er  möge  in  einem  solchen  Entwürfe  folgende  hanpteKebliebste  QrnndeXtM 
zur  Geltung  kommen  lassen : 

„1.  Alle  inländischen  und  ansländiscben  Handelsreisenden,  welche  nusHcliließ- 
licb  mit  aolchen  Leatcn  in  geschiiftlichen  Verkehr  treten,  die  den  oder  die  be- 
treffenden Artikel  zum  Wiederverkaui  uder  zur  AuHÜbung  ihres  Gewerbes  ver- 
wenden, eind  Gree-Beisende.  Diese  kOnnen,  sofern  de  keine  Waaren  mit  sieh 
ftthreo,  auf  dea  Ublieben  Ausweis  ihrer  Identität  hin,  im  gaami  Qelnete  der 
Eidgenoewnsebaft  mit  oder  ohne  Haster  Bestellungen  anfnehmen,  ohne  hiefttr 
irgend  eine  Taxe  entrichten  zu  mtissen. 

,2.  Alle  übrigen  inländischen  und  ausländischen  Handelsreisenden  sind  als 
Detail- Beisende  zu  betrachten.  Diese  können,  sofern  sie  keine  Waaren  mit  sich 
Ittbren,  mit  oder  ohne  Muster  Bestellungen  aufnehmen,  haben  biefUr  indessen 
eine  Legttimationekarte  zu  löeen,  welehe  vom  Tage  ihrer  Ansstellnng  an  fttr  ein 
Jahr  Gültigkeit  hat  und  aar  Bereisang  des  ganien  Gebietes  der  Eidgenossenschaft 
berechtigt. 

,3.  Die  Legitimationskarte  hat  folgenden  Wortlaut:  

„Die  Gebühr  für  dieselbe  beträgt  Fr  l'iO  nnd  ihr  B'/sit?;  enthebt  für  die 
Dauer  ihrer  Gültigkeit  von  der  Bezahlung  jegUober  kommunalen  uder  kantonalen 
Patenttaxe. 

,  Die  Legitiniationskarte  ist  zu  lösen :  für  Handelsreisende  inländischer 
Firmen  bei  der  oder  den  nXher  in  beaeiehnenden  Amtsstellen  dee  Domisil-Kantooe» 
Ittr  ausländische  Handelsreisende  bei  der  oder  den  nSher  an  beaeii^nenden  Amts« 
stellen  desjenigen  EantonH,  der  zuerst  bereist  wird. 

„4.  (Rventnelle  Straf klansel  fttr  mißbrttachliehe  Benntaung  der  Legiti- 
mationskarte.) 

«5.  Am  Schiasse  eines  jeden  Jahre«  wird  der  Ertrag  der  bezogenen  Taxen 
—  aballgUdi  4  7«  des  Betrages  als  EinzagsgebüEr  —  yoü  den  betreffenden 
Kantonen  an  ^e  Bundeskasse  abgeliefort  nnd  eodann  nnter  sXmmtliehe  Kantone 
naoh  Maßgabe  ihrer  Bevölkerungszahl  vertheilt. 

,6.  Die  Gesetzgebung  über  das  Hausirwesen  bleibt  Sache  der  Kantone." 

In  wiederholten  Zuschriften  an  da«  eidgenö-^sische  Justiz-  und  Folizei- 
Departement  machte  iu  der  Folge  der  Yururt  des  schweizeritjchen  Handeb-  and 
IndustrieTereins  auf  die  hohe  Bedeatnng  aufmerksam,  die  er  der  LSsnng  dieser 
Frage  für  den  schweizerischen  Handelsstand  beimißt,  nnd  wies  darauf  hin,  daß 
dieselbe  berufen  sein  werde,  bei  den  kommeaden  Handelsvertragsnnterhandlungen 
eine  wichtige  Uolle  zu  spielen. 


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Hausir  verkehr 


—    241  — 


Uau^irverkebr 


Am  lö.  Jufii  lh90  falzte  die  Delegii-tenversammluiig  dea  Schweizeriücben 
GewerbeToreii»  in  Altdorf  nach  vorgängiger  BerathuDg  dardi  den  Gentralvontaiid 
und  die  Sektionen  folgende  SeBohlflue : 

*1.  Die  Vertreter  des  Gewvbestandee  bieten  gerne  Hand,  um  auf  dem 
eines  Bandeagesetasea  ansnatreben: 

nA.  Die  Gleichstellung  der  inländiachen  Handelareiaenden  mit  den  andXndiadien, 

welche  in  die  Schweiz  kommen; 

qd.  Einführung  einer  aohweizerischen  Patenttaxe  unter  Aofhebang  der  kantonalen 

Taxen 

„2.  Es  werden  deu  Antriigen  des  Schweizerütohen  Handels»  und  Induatrie- 
vcreins  folgend«^  prinzi|»i(lle  Wünsche  beigefügt: 

„a.  möchte  bei  Itünftigea  Uandekvertragsanterbandlangen  von  den  betreffenden 
Staaten  rttekuehttieh  der  Bestenerang  der  Handelareitenden  volle  Gegen- 
seitigkeit gefordert  werden. 

Es  möchte  von  allen  Bebenden  eine  unhdltliohe,  ataatliche  KontrolgebUhr 

erhoben  und  der  Verkehr  dieser  Reisenden  ebenfalls  einer  strengem  Auf- 
sicht unterstellt  wf»rden.  Der  Verkauf  von  Mustern  oder  Waaren  wäre 
strenge,  eveutiuill  mit  Entzug  des  Patentes,  zu  ahnden. 

pC,  Bei  Ft^tsetzung  der  Taxe  ist  sowohl  die  große  Belästigung  des  PaMikuuiu 
dnreii  Haaairer  und  Detailreisende,  wie  auch  die  Benaohtheiliguug  der 
ateaeraahlenden  Hiedergelaasenen  in  Betracht  xn  siebeRf  beaiebungsweiae 
es  ist  die  Taxe  mSgliehat  bodi  ansaaetsen.* 

Das  eidg.  Justiz-  und  Polizeidepartement  erbat  sich  hierauf  von  dem  ge- 
wesenen Präsidenten  der  interkantonalen  Konferenz  von  1885,  Herrn  Staatsrath 
im  1  Ständeruth  A.  Coruaz  in  Neuenburg,  einen  die  gam.e  Frapr*^  in  aUen  ihren 
Beziehungen,  vom  geschicbtUcben,  verfassungs-  und  vertragitrcohtUchen,  wie  vom 
nationalKkonomiaohen  Standpunkte  aus  behandelnden  Beriobt  mit  gutschmnenden 
Antrügen. 

Herr  Cornaz,  der  die  Arbeit  übernahm,  hat  dem  Departement  am  20.  Marx 
lö91  ein  das  Ergebniß  seiner  Uulersuchun?  enthaltendes  Memoriul  eingereicht. 

Auf  Grund  demselben  verfaßte  der  Bundearath  zu  Hunden  der  l'tmdesver- 
sammluDg  eine  Botschaft,  d.  d.  21).  Mai  in  welcher  er  sich  u.  A.  folgender- 

maßen  iaßert: 

pVon  den  Wegen,  die  sich  darbieten,  um  zu  einer  Lo«nng  der  Frage  au 
gelangen  und  ana  der  schwierigen  Lage,  in  der  wir  uns  beftndeOi  herauszukommen, 

wäre  unbestreitbar  der  einfachste  und  beste,  vom  verfassungsrechtlichen  Stand- 
punkte aus,  die  glinzliche  Hefreinng  der  Handelsreisenden  von  jeder  Patenttaxo, 
ausgenommen  eine  beücheidone  Kauzleigebtihr.  Das  ist  im  Grrunde  auch  die  An- 
sicht unseres  Experten;  allein  die  Kundgebungen  und  Anträge  aus  der  Mitte  dea 
Handelsstandes  selbst,  und  aueh  das  Bestreben,  daa  Gute  nicht  dem  vielleicht 
heute  noch  unerreichbaren  Bessern  zu  opfern,  sowie  der  Wunsch,  eine  rasche 
Lösung  zu  ermögliehen,  haben  ihn  und  xim  bewogen,  nur  für  die  sogenannten 
Gros- 1  (eisenden  Befreiung  von  jeder  Taxe,  für  die  Reisenden  dagegen,  die 
nidit  bloß  Gewerbsleute  beeuchen  (sogenannte  Detail -Keiseude),  eine  in  der 
ganzen  Sehweis  gttltige  einheitliebe  Patenttaxe  Tonnseblagen. 

pWir  kennen  uns  nicht  verhehlen,  daß  es  heute  viel  schwerer  hält,  zu 
dem  grnndsätzlich  einzig  richtigen  Standpunkte  viilligev  Taxliefreiung  der 
Handelsreist  nden  zurückzukehren,  als  dies  noch  Anfangs  der  lÖÖOer  Jahre  der 

Furier,  V<>U(»Tvirtt)tc)iafti-L»ikon  der  Schwelt.  lg 


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Ilaiisirverkelir 


—    242  — 


Haasirverkehr 


Fftll  war,  wo  <1ie  Kantone  dch  nodi  nicht  an  die  fieatenerang  der  Handels* 
reisenden  gewi'ihnt  Imtten. 

,Daß  aber  der  gegenwärtige  ZuatÄnd,  der  uoti  zwingt,  dem  Ausländer 
besfleres  Becht  angedeihen  m  lassen,  ala  dem  LandesangehürigeD,  wenn  wir  nicht 
die  TertFBgiifiilugknt  gegenüber  dem  Auikade  einbtt&n  wolle»,  geradeso  un- 
haltbar geworden  ist,  dürfte  TOR  Niemandem  bestritten  werden.  Wir  müssen  hier 
eine  Aenderuiig  herbeiführop   und  wir  Wullen  thun,  was  zum  Ziel  führen  kann. 

^Aus  diesem  Grunde  legen  wir  IhneOi  Tit.,  den  im  Anbange  folgenden 
Beticblutit^e»autrttg  vur. 

«Im  Einaelnen  haben  wir  aar  ErlSateroBg  and  BegrUadung  des  Inhaltes 
unseres  Entwurfes  ntohta  beianfligen.  Die  BesUmmungen  deaselben  aind  an  axHi 
klar  und  bedürfen  keinen  Eommentarn. 

„Durch  den  von  tinö  vorgeschlagenen  Bundesbeschluß  soll  fnr  die  Handeln 
reisenden  einheitliches  Üecht  auf  dem  ganzen  Gebiete  der  Eidgenubsenschaft  her- 
gestellt werden.  Der  eigentliche  Uausirhandel  aber  und  das  Haasirgewerbe  bleiben, 
wie  bisher,  der  Kantonalgesetagebang  nntmtellt.  Die  bdden  Gebiete  müssen 
daher  genau  TOn  einander  gesohieden  werdeu.  Das  geschieht  dadurch,  daQ  wir 
einen  begreiflichen,  durch  ein  äußprlirbcs  Merknial  leicht  erkennbaren  Unterschied 
/wibchcn  dem  Handelsreisenden  und  dem  Hausirer  aufstellen.  Wir  finden  dieses 
Merkmal  io  der  Mit^brung  von  Waaren,  die  für  den  Hausirer  (Kolporteur) 
öharakteristiaeh  ist.  Der  Haualrer  bietet  seine  Waare  aar  sofortigen  Ue hergäbe 
an  den  Eftufer  Coil;  er  nimmt  keine  Bestellungen  auf,  die  ron  maem  andern 
Piatxe  aus  effektuirt  werden.  Anders  der  Handelsreisende.  Seine  Aufgabe  ist  es, 
ffir  ein  anderwärts  ansäßiges  Geschüft  Verkäufe  abzuschließen,  die  l;i'in  erst 
von  jenem  Niederlassungsorte  aus  yollzogea  werden.  So  scheidet  die  Beiden  dift 
Art  der  Gesoh&ftsfllhrung  und  es  ist  kein  wirkliches  BedUrfniß  vorhanden,  daß 
der  Eine  in  das  Gebiet  des  Andern  Übergreife.  Diese  durch  das  Leben  selbst 
vorgenommene  S('1ieidung  versehiirft  nun  nuch  ein  neues  trennendes  Element. 
An  der  Durchführung  einheitlicher  Vursehrifteu  betreffend  die  Handelsreisendeu 
werden  die  Kantone  in  solidaiiscliem  Verbände  insgesammt  interesnirt  sein, 
wahrend  in  Beziehung  auf  die  Hausirer  der  Fiskus  eines  jeden  Kantons  nach 
wie  vor  aassebließlioh  sein  eigenes  Interesse  verfelgeii  wird. 

.Ans  all'  diesen  G-rUnden  glaaben  wir,  der  Band  sei  befugt  imd  aur  Her« 
stell u  Dg  einer  sichern  Ordnung  sogar  genöthigt,  dem  Handelsreisenden  zu  ver- 
bieten, glei(  lueitig  Kolporteur  an  sein,  d.  h.  bei  der  Aufnahme  von  Bestellungen 
Waaren  mit  sich  zu  führen." 

*        *  ♦ 

Den  hicvor  erwähnten  Entwurf  eines  Bundesbeschlusses  an  dieser  Stelle  zu 
reproduxiren  wiire  rwckbjs,  da  derselbe  im  Moment  der  Drncklegniig  diese.s 
Artikels  bereits  durch  das  JiitndesgescU  vom  Ji4.  Juni  1S02  betreffend  die  Patent- 
laxen  r/er //a/i(l«/sre<s«nd«yi  überholt  ist  Dieses  Bnndesgesetz  hat  folgenden  Wortlaut: 

Art.  1.  Die  Handelsreisenden,  die  fOr  Rechnung  eines  iniindischen  Hause?  die 

Schweiz  hereläf  ii  und  ■],»tiL-i  .iu--i  lilifß!irh  mit  Gc^chänsleuftii  i)i  Verkriii-  tretfjii,  \\>  lf  he 
den  betreffenden  Hundeb>arlikel  wiederverkaufen  oder  in  ihrem  Gewerbe  verwenden, 
kfinnen,  sofern  sie  keine  Waaren  mit  sich  Itthren,  im  ganzen  Gebiete  der  Eldgenossen- 
scb  if!  mit  oder  ohne  Muster  Bestellangen  attfiM»hmen,  ohne  dafür  eine  Taxe  entrichten 

zu  müssen. 

Durch  besondere  Schlußnahme  des  Bundesmtheskann  Handelsreisenden,  bei  welchen 

im  Uobrigen  die  Vor.ui.<setzuni?en  dieses  Artikel-  ;';ntrellen,  «las  Mitführen  von  Wnaren 
gestaltet  werdeu,  wenn  die  sofortige  Uebergabe  der  Waare  an  den  Käufer  für  den  Be- 
trieb ihres  Geschäftes  nothwendig  ist. 


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HaitsarveiicAliT 


—    243  — 


Hausirvttrltehr 


Art.  2.  Alle  iittderen  Handelsreisenden,  welche  für  Rechnang  inlAndbchor  Häuser 
die  Schweiz  beleihen,  oiitie  Waatoii  mit  -ich  zu  führen,  können  im  pnnzen  Gebiete  der 
EidgenossenschaU  mit  utier  oiine  Musler  tiestelluDgen  aufnehnieu.  wenn  sie  eine  Taxe 
entrichten,  welche  f&r  ein  itbt  auf  Fr.  ISO,  fOr  ein  halbes  3ahr  auf  Fr.  100  fes^pe- 
seUt  wird. 

Art.  3.  Die  Reisenden  auswärtiger  Handelshäuser  können  in  der  Schweiz  unter, 
den  n&mlicben  Bedingungen  Bestellungen  aufnehmen  wie  die  Reisenden  inländischer 
Häuser,  wenn  die  Schweix  mit  dem  Staate,  in  welchem  jene  Häuser  niedergelassen  sind, 
in  diesem  Sinne  eine  Vereinbarung  getrolTen  hat 

Trifft  diese  Voraus-selzung  bei  ihnen  nicht  zu,  so  haben  die  Reisenden  auswärtiger 
Häuser  tär  die  Aufsuchung  ron  Bestellungen  im  Sinne  des  Art.  1  eine  jährliche  Taxe 
von  Fr.  900  oder  eine  halbjahrliche  Taxe  von  Fr.  900  und  für  die  Aufsuchung  von 
Bestellungen  im  Sitiiu-  des  Art.  2  eine  jfthrllehe  Taxe  von  Fr.  500  oder  eine  balbjibr- 
liche  Taxe  von  Fr.  300  zu  entrichten. 

In  allen  F&Uen  massen  die  Reisenden  auswärtiger  Hftnser  eine  von  der  zuständigen 
ausl.intlischen  Behörde  auj;g<'>tellle  Gcui  rbcUi^itiiiialirni^kaite  besitzen,  durch  welche 
bescheinigt  wird,  dal»  das  von  ihnen  vertretene  Haus  in  dem  Staate,  in  welchem  es  sich 
befindet,  zum  Gewerbebetrieb  berechtigt  ist. 

Dem  Bundesrath  steht  zuflcm  das  Reclit  zu,  Handeliiiei-enden  au?  '^dlchcn  l^taatoti, 
weiche  in  ihrem  Gebiete  den  schweizerischen  Handelreisenden  das  Aufsuclien  von  Be- 
stellungen verbieten  oder  nur  unter  sehr  erschwerenden  Bedingungen  gestatten,  den 
Oewerbebetrieb  in  der  Schweiz  gänzlich  zu  untersagen. 

Art.  4.  Die  Handelsreisenden,  denen  nach  Maßgabe  von  Art.  1,  2  und  3  die 
.Aufsuchung  von  Bestellungen  in  der  Schweiz  gestattet  ist,  haben  eine  Au.«weiskarte  zu 
lösen,  welche  den  in  Art.  1  genannten  schweizerischen  und  den  ihnen  gleichgestellten 
ausländischen  Reisenden  unentgeltlich,  den  übrigen  Reisenden  gegen  Entrichtung  der 
in  Art.  2  und  3  bezeichneten  Taxen  fQr  die  Dauer  eines  Kalenderjahres  oder  Halb- 
jahres verabfolgt  wird. 

Art.  5.  Die  Ausweiskarte  ist  auf  Kosten  der  Kantone  auszufertigen  und  wird 
den  Rasenden  sehweizerischer  Handelshäuser  im  Kantone  des  GesdiÜtsBitzes,  den 
Reisenden  auswärtiger  Häuser  tn  denjenigen  Kantone  verabfolgt,  den  sie  znerst  be- 
suchen. 

Auf  den  Answeiskarten,  welche  den  in  Art.  1,  Absatz  %  wwähnten  Handelsreisenden 

vt  rabfril^t  wcrdon,  ist  Mio  Rrhinßnahme  des  Bundesratfaes,  die  ihnen  das  MitflGlhren  von 

Waareii  f:estattet,  vorzumerken. 

Der  BuüUeijalii  stellt  das  Formular  der  Au>u  ui-ikarten  lesl  und  bestimmt  die 
Voraussetzungen,  unter  denen  die  üebertragung  einer  Karte  statthaft  ist. 

Art.  6.  Der  Besitzer  einer  Ausweiskarte  ist  aut  die  Dauer  ihrer  Gültigkeit  von 
jeder  Kantons-  und  Gemeindetaxe  befreit. 

Art.  7.  Der  Ertrag  der  Ausweiskarten  wird  am  Knde  eines  jeden  Jahres  von  den 
Kantonen,  nach  Abzug  einer  ihnen  zukommenden  Bezugsgebübr  von  4  V>  *ni  die 
Bundeska^se  abgeliefert  und  unter  die  Kantone  nach  dem  Verhältniß  ihrer  Bevölkerungs- 
zahl veitheilt. 

Art.  8.  Mit  einer  Geldbuße  bis  auf  Fr.  1000  werden  bestraft: 

a.  Die  Handelsreisenden,  welche  die  Schweiz  bereisen,  ohne  im  Besitze  einer 
Ausweiskarte  (Art  1  uixl  5)  zu  sein : 

b.  die  Handelsreisenden,  welche  Waaren  mit  sich  lübren,  ohne  hiezu  nach 
Art.  1,  Absat£  3,  ermächtigt  zu  sein; 

c.  die  in  Art.  1  {i'fii.iunten  sehweizerisclitn  und  lüe  ihnen  gli'i(li;.'e<lelllrn  aus- 
ländischen Handelsreisenden,  wenn  sie  mit  andern  als  den  im  angeführten 
Artikel  bezeichneten  Personen  In  Verkelir  treten. 

Um  rti.~tlt1ie!ie  T'iil'u.  itid  in  Gefängnifi  umzuwandeln;  dabei  ist  fQr  je  Fr.  5Bufie 
ein  Tag  GefäQ;,'niU  zu  reclmeo. 

Gegen  Rückflllige  kann  die  Strafe  verdoppelt  und  der  Patententzug  verfüi^t  werden ; 
überdies  k  mn  Rückfälligen  das  Recht  zum  Erwerb  eines  Patentes  auf  1  bis  5  Jahi'e 
aberkannt  werden. 

Die  Beurtheilnng  erfolgt  nach  dem  kantonalen  Verfahren  durch  die  StrafbehArden 

desjenigen  Kanton'-,  in  welrlirrn  >!ie  Uebertretung  verQbt  wurde. 

Die  Bußen  fallen  den  K.uilunen  zu. 

Art.  1).  Die  Ge-sefzgelKm-'  über  das  Feilbieten  von  Waaren  auf  den  Marktplätzen 
oder  iui  Umherziehen  (Ktula^e  und  Ui)I|m .i tu^'tO,  sowie  über  den  Ausverkauf  von 
Waarenlageru  (DcballugeJ  bleii>t  Sache  <ier  kantune. 


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Hausirverkehr 


2Ai  — 


Hausirverkehr 


Art.  10  Die  GeMt^bung  betreffend  gebrannter  Wass»er  wird  durch  gegenwartig«» 

Gesetz  nirht  berührt. 

Art.  U.  Oer  BunUesralb  tritTt  die  zur  VoUzieliuQg  dieses  Gesetzes  erforderlicbeo 
Anordnungen. 

Dieses  Oesetz  tritt  am  1.  Januar  1893  in  Kraft.  In  Bezug  auf  die  Ans* 

fuhrung  des  Gesetzes  hat  der  Bundesrath  den  Kantonsregierungen  mit  Kreis- 
HChreiben  vom  1.  November  1S'.*2  Fultrende»  lur  Kenntniß  trebracht : 

.Jeder  Handelsreisende,  der  Bestellungen  aufnimmt,  bedarf  einer  Ausweislcarte. 

Es  ist  gestattet,  eine  Karte  flir  inrhrero  Reisondc  ausstellen  fu  lassen, 
wenn  sie  nur  von  dem  einen  'uler  dem  andern  derselben  gebraucht  werden  soll. 
Nehmen  dagegen  mehrere  Keiseude  eines  Hauses  gleichzeitig  Bestellungen 
auf,  so  bedaof  ein  jeder  dwaelben  dner  Answeiekarte. 

Umgekehrt  hat  ein  Bsiseoder, .  der  mehrere  HandeUgesobSfte  vertritt,  nnr 
eine  Ausweiskarte  zu  lösen. 

Will  ein  Handelshaus  innerhalb  der  Geltnngt^dauer  einer  Ausweiskarte  einem 
auf  dieser  nicht  eingeschriebenen  Reiseuden  die  Aufnahme  von  Bestellungen 
übertragen,  so  wird  der  Name  dieses  Beisenden  durch  die  zuständige  Amtsstelle 
naentgeltlieh  auf  der  Karte  nachgetragen,  wenn  derselbe  oieht  gleichzeitig  mit 
anderen  Heisendeu  des  nanses  Bestellungen  anfsncheo  soll. 

Diejenigen  Hündelshäuser,  \relche  für  ihre  Reisenden  die  in  Art.  1,  Absatz  f?, 
des  Gesetzes  vorgeseln'nc  Hefugniß,  Wauren  mit  sieh  zu  führen,  erlangen  wollen, 
haben  sich  zu  diesem  Zwecke  in  schriftlicher  Eingabe  an  den  Bundesrath  zu 
wenden. 

Sohweifcrische  Häuser  haben  ihrem  Gesaohe  das  Gutachten  der  Begierung 

des  Kantons,  in  dem  sie  niedergelassen  sind,  auswärtige  Häuser  dasjenige  der 
Begierung  de«  Kantons,  den  sie  zuerst  besuchen,  beizulegen. 

Es  wird  festgentellt ,  daß  zur  Zeit  sämmttiche  europäische  ätaaten,  mit 
Ausnahme  von  Portugal  und  von  Schweden  und  Norwegen,  femer  von  ttber- 
seeisrhen  Ländern  die  Verdnigten  Staaten  Nordsmerika's,  Salvador,  Eenador, 
Transvaal  und  Congostaat,  Japan,  Hawal',  sowie  alle  europäischen  K  1  iiien. 
mit  Ausnahme  der  portugiesischen  und  der  spanischen,  durch  Vertrag  den  V'er- 
tretern  schweizerischer  HnndelsbSn«eir  in  ihrem  (Tebietc  die  gleiche  Behandlung 
zugesichert  haben,  deren  sich  die  inländischen  Häuser  erfreuen. 

im»  Beisenden  fransSsi scher  Häuser  werden  bis  zur  definitiven  Ent> 
scheMnng  flher  das  Handelsabkommen  swisohen  der  Schweiz  nnd  Frankreich 
provisorisch  wie  solche  der  meistbegünstigten  Nation  behaodelt. 

Der  Bundesrath  behält  sich  vor,  mit  den  Staaten,  welche  der  Schweiz  bis 
jetzt  in  Bezug  auf  die  Behandlung  der  Handelsreisenden  keioe  Zusicherungen 
gemacht  haben,  diesfallige  Vereinbarungen  zu  treffen.  Inzwischen  haben  die 
Kantonsregierungen  jeden  mnieinen  Fall,  der  Kiusende  ans  solchen  Staaten 
betrifft,  dem  eidgenössischen  Departement  des  Auswärtigen  (Handelsabtheilnng) 

sofort  cinznberiehtcn. 

DaH  eidg.  Departement  des  Auswärtigen  (Handelsabtheil uog)  wird  dafUr 
sorgen,  daß  die  vorstehenden  Vertilgungen  richtig  aasgeführt  werden. 

Dasselbe  hat  Überhaupt,  unter  der  Oberaufi^ht  des  Bondesrathea  dieYoU- 
zidbnng  des  Gesetzes  zu  ttherwaohen  und  die  einschlägigen  Geschäfte,  je  nach 
ihrer  Natur,  von  sieb  aus  zu  erledigen  oder  durch  Antragatelinng  an  den 
Bttndesrath  zur  Eripdiijimg  zii  bringen. 

Das  Biindesgesetz  betreffend  die  ratemttaxeu  der  Handelsreisenden  hat 
Vornehmlich  die  Aufgabe,  in  einem  fUr  den  einzelnen  Bürger  nnd  für  das  nationale 


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Hausirverkehr 


—    245  — 


Italien 


Intereshti  uuseres  Landes  gleiciiwichtigen  Gebiete  des  Verkehrs  die  von  den  Ver- 
tretern des  Handels  nnd  dee  Gewerbeweeens  ichon  längst  ab  ein  dringendes 
BedUrfoiß  herbeigewünschte  einheitliche  Ordnnng  sowohl  im  Innern  der  £id* 

genossenschaft  als  auch  in  den  Beziehungen  zum  Auslände  herzustellen.  Die 
Handhabung  dieses  Gesetze«  erfordert  die  volle  Aufmerksamkeit  der  ßehördeu; 
i^ie  soll  überall  eiue  gleichmäßige  uud  strenge  sein.  Allein  es  widerspräche 
doTohans  der  Absiebt  des  Geaetsgebers,  wenn  die  Anwendung  des  Gesetzes  in 
einer  den  Handel  nnd  Verkehr  nnnöthig  bindernden  nnd  beengenden  nnd  dadurch 
schädigenden  Weisj  erfolgen  würde.  Das  Gesets  will  Ordnung  schaffen,  aber 
keine  Fesseln  anlegen  da,  vro  Freiheit  der  Bewegung  ein  durch  die  Verfassung' 
•  leb  Landes  nneikanntes  Lebi-nsprinzip  ist.  Mit  andern  Worten:  Die  Hand- 
habung des  Gesetzes  darf  niclit  in  polizeiliche  Plackerei  annarten.  " 

Jagd  Mild  Vopelsphutz.  (Ergänzung  des  Artikels  im  IL  Band).  Mittelst 
Eingaben  vom  6.  September  1887  und  15.  August  1868  petitiunirte  der 
schweizerische  Jägerveroin  Diana  um  Revision  des  Bundesgesetzes  vom  17.  Sept. 
1875.  Dasselbe  war  gesdiehen  von  Seite  der  schweiserisehen  omithologischen 
Oesellschaft  im  Sept.  1885  und  im  Mai  188U.  Der  Bundesrath  anterbreitete  in 
Folge  dessen  den  eidg.  Käthen  im  April  1891  den  Entwurf  zu  einem  neuen 
liundesgesetz.  Der  Ständerath  unterzog  denselben  im  Dezember  1891  einer  Be- 
rathuug,  der  Nationalrath  hingegen  lehnte  das  Eintreten  aul  die  Vorlage  am 
20.  Jannar  1693  ab.  Der  Ständerath  beschloß  hieranf  am  29.  Jannar,  von  der  Be- 
sohlußnahme  des  Bnndesrathes  Yormerk  an  nehmen,  in  der  Heinnngt  daß  der  Bandes» 
rath  eine  bezügliche  Vorlage  den  Rathen  zu  geeigneter  Zeit  wieder  einbringen  könne. 

Den  auf  Seite  56  im  II.  Band  erwähnten  Verordnnngen  nnd  BeaeblUsaen 
sind  noch  folgende  anzureihen : 

1)  Verordnung  des  Buudesrathes  Uber  die  Bannbezirke  für  das  Hochwild, 
d.  d.  11.  Angnst  1891  (A.  S.  XII.  p.  167). 

2)  BundesrathsbMchlnß  vom  5.  August  1892  betreffend  theilweise  Ab- 
änderung der  Verordnung  vom  11.  Augast  1891  über  die  Bannbexirke  fUr 
das  Hochwild  (A.  S.  XI f.  p.  1001). 

3)  Basel  landschaftliche  Verordnung  vom  27.  August  1892  betreifend  Voll- 
zug des  Bnndesgesetzes  vom  17.  Sept.  1875.  (Oeichrieben  Sept.  1899). 

Industriolles  Eigeuthum.  Der  auf  Seite  7C4  im  I.  Band  mitgetheilten 
internationalen  Konvention  gehören  nun  folgende  14  Staaten  an: 

Sohweiz,  Belgien,  Brasilien,  Spanien,  Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika, 
Frankreich,  Großbritanien,  Goatemala,  Italien,  Norwegen,  Niederlande,  Portugal, 
Schweden,  Tunesien,  die  Qneenslandkolonien,  Neuseeland,  San  Domingo  uud  Serbien, 

Die  Konvention  wnrde  im  Jahre  1890  (Konferenz  in  Madrid)  revidirt. 

Italien  (Ergänsnug  des  Artikels  im  II.  Band).  Da  seit  der  Abbsrang  des 
frtthwen  Artikels  die  schweizerische  Handelsstatistik  so  brauchbar  geworden  ist, 

dass  man  sich  nicht  mehr  an««schlie.sslieh  auf  die  Statistik  fremder  Länder  zn 
stutzen  braucht,  können  wir  hier  darauf  verzichten,  dit-  Furtsetzung  der  der 
italienischen  Statistik  entnommenen  Zahlen  zu  geben.  Es  ist  übrigens  um  so  zweck- 
mässiger, von  dieser  Fortsetzung  za  ahetraliiren,  als  die  italienisehe  Statistik 
vielfach  dentaohe  Artikel  als  lehwdaarisdie  beoeichnet.  Aach  in  den  Sommen, 
welche  die  schweizerische  Statistik  als  Bcbweizerisch-italienische  Ein*  und  Ausfuhr 
bezeichnet,  sind  hin  und  wieder  gewisse  Transitposten  inbegriffen.  Der  Vorort 
des  schweizerischen  Handels-  uud  Induatrievereins  hat.  aber  die  Höhe  dieser 


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t  allen 


—  24G 


llalieu 


TniMitpOBten  fttr  dw  Jabre  1886^1890  so  gut  als  möglicb  ermittelt»  und  es  ergeben 
flieh  nach  Abwog  dereelban  als  Ein«  nnd  Aviftihnrerthe  im  sehweizeriwh-italieniBebeii 
SpeiialliaBdel  (der  Anadniok  Spezialbandel  ist  erklirt  anf  Seile  837  im  L  Band) : 

Einfuhr  aus  Italien     Ausfuhr  nach  Ilalien 
1.^85  rund    Fr.    '.».'>,  1 1 2.000  58,135,0oo 

1886  108,166,000  5ö,b2L',ooO 

1887  103,375,000  60,275,000 

1888  103»543,00a  49,159,000 

1889  129,952,000  61,199,000 
1800  116,462,000  48,586,000 

Mit  Ein8chlu83  der  vom  genannten  Vorort  ausgemerzten  Transitposteu  weist 
der  SjHzialhandef  nach  der  schweizerischen  Waarenverkehrsstatistik  folcrende 
iicaultatü  auf.  (Dem  Spezialbaadel  lassen  wir  die  Kesnltate  des  Effektivhandels 
folgen ;  die  Differenz  jswiechen  beiden  besteht  in  denjenigen  Werthen,  welche  anf 
Lager  eingeführt  und  ab  Lager  anageAlhrt  werden.  Dw  fiffektivhandel  repxüsentirt 
somit  die  wirkliche  ronstSadige  EinAihr  nnd  Ansfohr,  ohne  den  direkten  Transit). 

8  II      EinAihr      fe||  |^||     Ausfahr     J|  fl 
Sperianmndel  1  S aus  Ilalien    ^äS**  T  J"  «ach  Italien  ^  :| 

Fr.         °   =1-  Fr.         •         -  Fr.  i--^ 

1885  172,404.059  12,1  nj.087.282  14,8  65,0  60,316,777  9,0  35.0 

1886  177,074,528  12,1  118,957,419  14,9  67,2  58,117,109  8,7  32,8 

1887  182,063,236  12,1  116,941,345  13,9  64,0  65,121,891  9,7  36,0 

1888  167,276,386  11,1  115,840,526  14,0  69,3  51,435,860  7,6  30,7 

1889  194,292,593  11,6  140,803,270  14,7  72,5  53,489,323  7,5  27,5 
IHOO  179,384,812  10,8  129,Ol-),030  13,5  72,7  50,369,782  7,1  27,:5 
1891  182,986,841  11,4  135,990,152  14,6  74,3  46,996,689  7,0  25,7 

Der  Etfektivhandel  betrug : 

Fr.         wovon  Einfuhr  Fr.  Ausfuhr  Fr. 

im  Jahre  ifciöy     197,128,449     143,131,492     72,6  »/o  53,996,957  27,4  "/o 

1890  180,607,710    129,826,234    72,0%  50,718,476  28,0  7o 

1891  185,055,261    137,716,630    74,5  >  47,836,631  25,5  ^0 

Nach  ▼olkewirthschaftlioben  Kategorien  avsgasohieden  betmg  die 
Einihhr  und  Ausfuhr: 

Einfuhr  Ausfuhr 

^  II  /  .'S      I  I 

im  Jak»    Itbrisuiildl  Fr.       PiohttolT«  Fr.      Fabrikatt  Fr.     Ltbtniimiltel  Fr.     KehtolTt  Fr.       Fnbrikitr  Fr.. 

1890  38,859,764  83,072,638  7,082,628  10,941,493  9,883,897  2'.). 544,392 

1891  47,649,446  79,889,751  8,450,955   11,16_'.402  8,208,74')  27,625,542 

Die  Hauptposten  der  schweizerischen  Hinfuhr  ans  Italien  waren: 

18ö6   1887    1888     1889     1890  1891 
Millionen  Franken 

Kobseide                                    77,7    71,7    69,1     89,4    74,8  72,1 

Edelmetall,  roh  und  gemünzt    .    .      7,2      9,3      7,1       5,7      7,9  2,8 

Wein  nnd  frische  Trauben  ...      7,8      8,7    11,7      14,0    11,8  17,4 

Getreide,  fieis,  Mehl                          4,8      5,9      6,7   5,5^     5,2  8,4 

Total  dieser  Hauptposten  .  .  .  97,5  95,6  84,6  114,6  99,7  100,7 
Rest  der  Einfuhr  .  .    .    .    21,4    21,3    31,2      26,2    29,3  35,2 


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ItaUen  —    247    —  l\M»n 

Die  Hauptpoäten  der  sohweizeriBcben  Annfuhr  nach  Itali(-n  waren: 

18Ö6   1S67  1888  1889  18'J0  1891 


MOlfoiien  fr*nken 

1  n  A 

9,8 

D,y 

o  o 

8,3 

7,0 

5,9 

o,o 

o,U 

.    .  7,8 

8,6 

5,3 

6,6 

5,2 

5,7 

Masohinen  and  Fahrzeuge     .  , 

.    .    .  5,0 

5,7 

4.8 

5,0 

4,5 

3,8 

Seideogewebe,  inol.  Kader  .  , 

.    .    .  2,7 

8,1 

2,6 

2.8 

2,4 

2.0 

8,0 

2.2 

2,5 

3,4 

2.6 

.    .  1,7 

1,6 

2,1 

2,4 

1,9 

1,2 

,    .    .  2,5 

2,1 

0,6 

1,0 

0,9 

1,4 

iiaumwülleoe  Stickereien  . 

.    .  1,1 

1,2 

0,9 

1,0 

0,9 

0,9 

Die  Ursache  der  steigenden  Einfahr  ans  Italien  und  der  abnehmenden  Ana- 
fahr  dahin  seit  1867/8  liegt  hauptsHehlieh  in  der  yor  5  Jahren  von  Italien 
inangnrirten  extremen  Schutzzollpolitik.  Noch  der  französisch -italieniMbe  Handels- 
vertrag, weh'lier  infolge  der  Meistbegilnstigiing  auch  der  Schweiz  zu  gute  kam, 
rntbielt  für  Baumwoll-,  Seiden-,  Leinen-  und  Wollenwaaren,  Maschinen  etc.  ZoU- 
ansätze,  welche  zusammen  mit  denjenigen,  die  der  schweizerisch- italienische  Ver- 
trag Ton  1883  nnd  der  italieniseh-VsterreiehiMhe  Vertrag  T<m  1878  fttr  Else, 
Uhren,  Bijouterien,  HasUtdosen,  elastisdie  Gewebe,  Papierstoff  etc.  stipulirten, 
einigermaßen  erträgliche,  wenn  aucli  iregeu  den  ersten  italienisch -französischen 
Handelsvertroo-  von  186^5  h'^reits  erheblieh  verschlechterte  ßcdingiiBgen  filr  den 
gchweizensLheii  Export  uach  Italien  bildeten.  Die  italienischen  Generalzdlle 
wurden  dann  aber  für  die  meisten  Artikel  auf  1.  Januar  1888  erhöht  und  die 
HandelsvertrSge  mit  derSdiweis,  Frankreiob  nnd  Oeeterreioh-Ungarn  aof  diesen 
Zeitpunkt  gekündet.  Unterhandlungen  führten  zunächst  nur  zu  einem  neuen  Ver- 
trag mit  Oesterreich-Ungarn,  mit  theihveise  erhöhten  Zöllen,  sowie  zur  Ver- 
längerung der  Verträge  mit  der  Schweiz  und  Frankreich  um  3  Monate.  Die 
mittlerweile  versuchte  Verständigung  blieb  aber  aus.  Italien  und  Frankreich 
wendeten  vom  1.  Mlrs  an  gegenseitig  tMls  ihre  Geoeraltarife,  tbuls  besonders 
erhSbte  ZOUe  an  (Italien  bis  31.  Deaember  1889,  Fraakmch  bis  81.  Jannar  1892)]; 
die  Schweiz  und  Italien  hingegen  behandelten  ^ich  auf  Zusehen  hin  stillschweigend 
auf  dem  Fuße  der  meistbegünstigten  Nation.  Für  Baumwoll-  und  Seidenwaaren, 
l^IaRchincn  etc.  traten  die  zu  jener  Zeit  durch  keinen  Vertrag  mehr  ermäßigten 
hoben  italienischen  Generalzölle  in  Kraft  j  tur  Käse  gelangt«  der  neue  österreichisch- 
italienifldie  Ansats  Ton  Fr.  12  an  Stelle  des  alten  Zolles  von  Fr.  8  nr  An« 
Wendung,  während  anderseits  der  schweizerisch-französische  Vertrag  von  1882 
mit  fieinen  mäßigen  Ansätzen  unverändert  in  Geltung  blieb  and  Italien  hieraus 
wesentlichen  Nutzen  zog. 

Das  dergestalt  versohobeoe  Gleichgewicht  wurde  durch  den  Handelsvertrag, 
der  nun  doch  am  23.  Jannar  1889  awisohen  ä&t  Sobweia  und  Italien  sn  Stande 
kam,  Ittr  die  fiehweia  niebt  in  dem  Uaße  gebessert,  daß  die  Yortbeile,  die 
Italien  ans  den  sohwMserisch-französischen  Konventionalzöllen  zog,  aufgewogen 
worden  wären.  Die  schweizerische  Ausfuhr  nach  Italien  vermind'  rte  sich  denn  auch 
8tfti<r  odpr  stagnirte,  während  die  italienische  Ausfuhr  nach  der  Schweiz  um 
meur  zuiiuhm,  al»  ihr  infolge  des  itulieuiäch-trauzöäiächeu  Zollkrieges  das  fran- 
lOsisebe  Absatsgebiet  versekloisen  war.  Etwelebe  Bessemng  der  sehweiieriseben 
AnsfohrverhlUtnisse  steht  nun  aber  doch  in  Sicht,  da  durch  den  neuesten  Vertrag 
vom  19.  April  1892  Italien  eine  namhafte  Zahl  von  Konzessionen  abgerungen 
werden  konnten,  so  für  kondensirte  Miloh,  gemahlenen  Cacao,  Baumwollgarne, 


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Italien  —    248  — >  Jura-Simplon-Bafan 

Bumwollgeiwebd,  BavmwollttioliMreiea,  Eanetwolle,  Seideogvwebe,  Farqneterie, 

Cellnlose,  Treibriemeo,  Alnminium,  Maschinen,  Bijottterie,  Strohhute  etc. 

Dif  nw*!  Seite  92  im  I.  Band  mitgetheilten  Zf^lle  sind  nicht  mehr  in  Kraft, 
HottJern  mexstentheils  erbr>ht.  Kis  b&zabieu  aaf  Grund  des  schweizeriach-italieniaohen 
iiandelüvertragefi  vom  19.  April  1892: 

Lire 

TaeobenahTen  mit  gold«nem  GebKuao  per  Stitok  :        1.  — 

„  „    anderem        ,   ,       „  — .  50 

Bijouterie:  1)  goldene  Ketten  «   bg  2. — 

2)  andere  «    «  6.  — 

Muikdotm  m   Stick  1.  — 

KiM  100  kg      11.  ^ 

Chocolade  «     ,     ,     ISO.  — 

Kt  T)fl<  T^^irfe  Milch,  bia  40      Zocker  enthaltend    .    .     »     «     «  80.— 

Kuidt'J-nichl  „  „  '     •       f,      m      9        42.  — 

Baumwüllenj^arue,  einlache,  rohe  .    .    .    per  100  kg       27,  — ^  bi«      50.  — 
,  geswimte,  wie  die  rohm  plos  17  Lire  per  100  kg. 

BMtmwoIlg«webe,  rohe  *)  per  100  kg      67.  —  bia    126.  — 

„  gebleichte,  honte,  gefärbte,  bedruckte, 

damassirte,   hrochirte  —  Zoll   wie  die  rohen  plas 
15 — 70  Lire  Zuschlag. 

Bavmwollgewebe,  beatickte  *),...    per  100  kg  biB    520.  — 

Honaaeline  und  BaomwoUgewebe  &  joor  und  aeUeier- 
artige,  roh,  glatt  per  100  kg   200. — 

Mousselinc  und  Bauniwn!1^'f>Avebe  a  jour  nnd  .schleier- 
artige, andere  als  rohe,  20 — 27'»  Lire  Zuschlag 

Fli\chagewebe,  nicht  gefärbte  oder  farbig  gt^ webte  .    .        06.  40  his      ti4.  — > 
«  geftrbte  oder  fitrbig  gewebte,  35  Lire  • 

Zuadilag 

Eunstwolle,  gefärbt  oder  ungefärbt   S.  — 

Seiden-  und  Moretaeidengewebef  nicht  gemischt     .    .      200.  —  bis  1200.  — 

,        ,  «  gemischt     ....      40U. —  bis    750. — 

Bänder  au«  Seide  oder  FloreCaeide,  ungemischt,  nicht 

aamraatarlig   1000.--  bia  1400.— 

BKoder  aus  Miachung  von  Saide  und  Floretaeide,  nicht 

samni'tavtig   600. —  bi»    960, — 

Strohgetlechte   10. — 

LaudwirthüchaitUche  MtMuhinen   9.  «~ 

Ibaobinen  fttr  die  Spinnerei   8.  — 

Maaehinen  and  Sttthle  für  die  Weberei   7.  — 

Lokomobile   9.->-^ 

Dampfkessel  *   12.  —  bia      14.  — 

Strickmaschinen   20.  — 

Juni-Siinplon-Bahn.  Ist  hervorgeirangen  an«?  der  Fusion  der  Jura-Bern- 
Luzern-Buhii  mit  der  SuisHc-Oecidentale-Snnpion-Bahn  und  der  vom  Staate  Bern 
angekauften  Bern-Lozeru- Balm  am  1.  Januar  1890.  Gesammte  bauliche  Länge 
diesea  Netzes  Ende  1890  934,120  Meter,  Betriebalünge  978,723  Meter. 

•)  BLs  Ende  Dezeml.er  1892  75—124  Lire. 
*)  Biä  Ende  Dezember  1892  bis  zu  550  Lire 


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Jara<Siinplon-Babii 


—    249  — 


Kaufmäiio.  Gesellschaft  ZOricb 


Einbezahltes  Kapital  Ende  1890  Fr.  272,766,254,  wovon  lUÜ  Millionen 
Aktien^  171,930,700  konsolidirte  Anleihen,  Fr.  835,554  Subventionen.  Kosten 
der  Bahnanlagen  und  festem  Eioriehtangen  £nde  1890  Fr.  339,651,975,  de» 
Bollowteriak  Fr.  25,763,361. 

82  Tnniiels;  625  Brttcken,  wovon  316  aus  Stein,  487  aus  Eisen;  229  Sta- 
tionen; 200  LokomotiTen ;  526  Feraonenwagen  (mit  23,104  Sitaplätsen); 
2812  Lastwagen. 

ISrtrag  des  Personenverkehrs  im  Jahre  1890  Fr.  10,771,032;  des  GUter- 
▼erkehra  Fr.  13,318,878;  Beinertrag  Fr.  9,815,883  =  3,59  %  ^  Anlage- 
kapitale.  Pneoiial  5392  ifann. 

Kantonftlbanken.  Außer  den  aaf  Seite  108  im  II.  Band  erwähnten  K. 
besteht  nun  auch  eine  solche  fllr  den  Kanton  Schwys,  mit  einem  Dotations- 
kapital  Ton  Fr.  1,000,000. 

KspitoL  Siehe  im  Artikel  „lAndwirthschaflt«*,  Seite  274. 

KantaXnnische  GesellsehafI  Zürich.  (Mitgetheilt  von  Hm.  Riehard, 

Sekretär  der  Kaufm.  Gesell.^  hn ff  in  Zürich').  Die  RefomAtion  mit  ihrrn  Folgm 
hatte  dir  Thütigkeit  der  Bewohner  Zürichs  vom  Kripfrjuwesen  und  dem  Söldner- 
dienste ab  HUt  friedliche  Bahnen  gelenkt.  Handel  und  Industrie,  dunen  die 
Stadt  im  13.  und  14.  Jahrhundert  ihr  EmporblUhen  zu  verdanken  gehabt  hatte, 
orwaohten  ans  langem  Sohinmmer.  Inehesondere  entwickelte  sieh  ein  lebhafter 
Verkehr  mit  Frankreich,  begünstigt  dnrch  den  Umstand,  dans  die  8chweizeri^;chen 
Kaufleute  —  dank  einer  Bestimmung  des  im  Jahre  1519  zwischen  der  Eid- 
genossenschaft und  Frankreich  zu  Genf  abgeschlossenen  „ewigen  Friedeae*  — 
dort  das  Vorrecht  zollfreier  Kiniuhr  ihrer  Fabrikate  genossen. 

Dieeem  Verkehr  drohten  nnn  im  17.  Jahrhundert  eraatliche  Gefahren;  sie 
lagen  einerseitB  in  den  «ehntuSlInerisehen  fieatrehnngen,  welche  beeondera  von 
Lyon  infolge  des  Aufschwungs  der  dortigen  Industrie  ausgingen,  andrerseits  in 
dem  einheitlichen  Zolltarif,  den  im  Jahr  1661  der  Jlliniater  Colbert  für  gana 
Frankreich  anstrebte. 

Die  Zürcher  Kaufleute  sahen  ein,  dass  solchen  Zeitströmungen  gegenüber 
dttr  Etnxelne  niehta  TermSge,  und  daee  ee  nothwendig  sei,  ein  Organ  an  schaffen 
illr  Vertretnng  ihrer  gemeinsamen  Interessen  nach  Aussen,  speiiell  ßkr  Ahwendnng 
der  von  Frankreich  her  drohenden  gemeinsamen  Gefahr. 

Noch  ein  anderer  Umstand  kam  hinzu,  der  diese  Einigung  beförderte :  Daa 
mit  der  Zunahme  des  Verkehrs  wachsende  BedUrfniss  von  Posteinrichtungen. 

In  &r  obrigkeitlichen  Stiftnngenrknnde  des  Kaui'mä/uiittiken  DireJdoriums 
ZXtndt  TOm  30.  Oktober  1662  waren  nnn  allerdings  diese  beiden  GrHnde  nioht 
ansdrtteklieh  genannt,  Mmdem  ee  ist  in  derselben  lediglich  von  Forderungen  des 
Seiden-,  Wollen-,  Leinen-  und  BanmwoUenhandels,  von  Aufrcchterhriltung  der 
Zucht  und  Ordnung  unter  den  Arbeitern  nnd  von  der  Sorge  um  Bewahrung 
des  guten  Rufs  der  zürcherischen  Fabrikate  die  Kede.  Die  Urkunde  bestätigte 
sonach  mit  andern  Worten  hlos  daa  der  Kanfmanneohaft  im  Jahre  1591  nnd 
wiederum  1623  vom  Rathe  ertheilte  Recht,  ans  sich  selbst  Verordnete  siir  Ueber- 
wachung  der  Arbeiter  zti  bestellen,  wobei  zugleich  die  Obervngtc  nnd  Land- 
Yögte  angewiesen  worden  waren,  diesen  Verordneten  hilfreiche  Uand  zu  leisten 

')  Quellen:  Gescbicbtliclie  Darstellung  der  Verhrdtnisse  dos  Kaufm.  Diiekloriuiiis 
in  Zürich  (Greil  Füssii  &  Comp.  Ib3üj.  —  Das  Kaufm.  Direktorium  in  Zürich ;  ein  Bei- 
lrag snr  ^Ireher.  Handehgesenichte  von  Ad.  Barkli-Mever  (ZOreher  Tasebenboch  auf 
das  Jahr  1888).  —  Jahresberichte  und  Protokolle  der  KaunnAnnischen  Gesellschaft  Züneh. 


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Kaurmäuu.  Gu.><ell»L-hart  Zürich 


—    250  — . 


KaufmäDD.  Gesellscliafl  Zöricb 


und  die  ungetreuen  Arbeiter  sa  beatrafm.  £e  sind  jedodi  Anieielien  vorluuideB, 
welobe  die  Ansicht  belegen,  dans  jene  erstgenannten  ÜrBacben  die  eigentUohe 

Terenlassting  der  Gründung  des  Kaufmännischen  Direktoriums  waren. 

Die  StiftungKorkunde  be.stimtnte  die  Zahl  der  Mitglieder  des  Kaufm. 
iJirektoriums  auf  Hieben,  die  vuu  der  Versammlung  der  Kaufleute,  dem  sog. 
„Gesammtbott"  ans  ihrer  Mitte  in  geheimer  Abstimmung  gewählt  wurden.  Seinen 
Prilsidenten  ernannte  dae  Kollegiom  aoe  aicb  aelbet;  diie  Amtadaoer  war  ^ne 
unbestimmte;  sie  erstreckte  sich  gewöhnlich  bis  zur  Berufung  zu  einem  der 
höchsten  Ehreiiiiniter  der  KepnMik,  mitunter  auch  auf  Lebenszeit.  Ton  den  sechs 
übrigen  Mitgliedern  hatte  jährlich  je  eines  auszutreten;  die  Ersatzwahl  erfolgte 
auf  einen  Dreiervyrschlag  der  im  Amte  verbleibenden  Direktoren  durch  das 
Oeaammtbott. 

Mitgliedenahl,  Amtadanw  and  Wahlart  dea  Birdctoriuma  erlitten  indeaMp 

im  Laufe  der  Zeit  verschiedene  Aenderungen*  Dabei  ist  hervorzuheben,  dasa 
sich  die  Kegierimg  einen  steigenden  Einfluss  auf  das  Kollegium  sicherte,  indem 
«ie  1710  die  Zahl  der  Mitglieder  auf  zwölf  erhob,  vun  denen  vier  aus  der  Mitte 
dus  Kleinen  ftathes  genommen  werden  mussten,  und  weiter  bestimmte,  dass  der 
Frlatdent  dea  Direktorinma  ans  dieaen  vier  Hi^pHedem  an  wählen  aei.  SpKter 
wnrden  diese  vier  Mitglieder  vooi  Kleinen  fiath  direkt  gewählt,  anatatt  von  der 
Versamnihmg  der  Kaufleute. 

Um  im  Gesammtbott  das  Stimmrecht  auRZuUben,  sowie  \im  wahllahig  zu 
sein,  musste  man  nach  der  1683  aufgestellten  Vorschrift  de»  Grosshandel  mit 
Italien,  Frankreich,  Dentachland  oder  Holknd  treiben,  d.  i.  fremde  Waarm 
kiaten»  oder  ballenwetw  ana  dieieii  Ländern  beziehen  oder  nach  denaelben  apediren. 
Duneben  hatte  man  sich  bei  hnndert  Tbaler  Bomo  im  das  Bai^onen-Yemiohniaa 
des  Stadtschrei hern  eintragen  zu  lassen. 

Mit  dem  Aktuariat  betraute  man  anfänglich  tinm  der  jüngeren  Mitglieder 
des  Direktoriums.  Später  wurde  in  der  Person  des  zweiten  Jßathssubstituten 
ein  «gener  Sekretär  mit  fixer  Beaoldung  bestellt.  Die  Stelle  einea  Rathaanbrtitaten 
war  die  unterste  Sprosse  der  Leiter,  auf  welcher  man  alloählig  an  den  höchsten 
Klirenämtern  der  Republik  emporstieg.  In  dieser  Weise  begannen  die  tlielitigsten 
MagißtratsperKonen  des  alten  Zürich  ihre  politische  Laufbahn,  und  es  blieb  ihnen 
vom  Sekretariate  des  Kaafmännischea  Direktoriums  her  zeitlebens  die  Kenntnis« 
der  kommernellen  Veriiältnisae  ihrer  Yateietadt.  Daa  Qnäatorat  vemh  ateta 
ein  Mitglied  dea  Direktorinmi,  Präaidw^  Qnäator  und  Mitglieder  dea  Direktoriama 
bezogen  keine  Qeldentaehldigiuig  fttr  ihre  Amtaftthmog;  dieee  war  und  blieb 
stets  Ehrensache. 

Die  Direktoren  hatten  sich  nach  dem  urtiprünglichea  Statut  alle  Monate  einmal 
zu  versammeln,  um  Kath  darüber  zu  pflegen,  was  der  zürcherischen  Handebchaft 
ntttatioh  sein  möchte.  Von  der  Zeit  an,  in  weldter  die  Zahl  der  Mitglieder  von 
sieben  auf  zwölf  erhöht  wurde,  bildete  aich  im  Sehooase  dea  Direktoriums  eine 
Suhkonimission  ftir  das  Foatweaen,  welche  hänftgere  Sitsnngen  hatte  ala  die 
üesauiintbehörde. 

Die  Besorgung  des  Posimsem  war  der  fruchtbarste  Zweig  der  Thätigkeit 
des  Direktoriama.  Ea  war  dies  io  jener  Zeit  der  Gebietssentttokeinng  nnd  der 
Sonderinteresaen  keineawega  eine  leichte  Aufj^be.  Mit  St.  Gallen  und  Bern 
wurden  Jahrzehnte  lang  Verhandlangen   über  eine  einheitliche  Briefexpedition 

gepflogen.  Auch  die  Ver^t  inditrun?  mit  B><>»p1,  Snlnff h?An«en,  Plmr  und  mit  der 
päpstlichen  Nuntiatur  in  Luzern,  die  ihren  eigenen  Botbiidieusi  über  Zürich  mit 
<lem  Binthum  Konstanz  unterhielt,  verursachte  viele  Mühe.    Im  Verein  mit  Bern 


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KAafmänn.  Gesellschatl  Zflnch 


—    251  — 


KaufmäniL  Gesellschaft  Zürich 


■wurde  im  Jahre  ItjHH  eine  wöchentlich  zweimal  kursirende  Püstverbimlung  von 
Basel  Uber  üeu  Gotthard  nach  Mailand  unter  Heranziehung  der  Briefe  auH 
Holland  nnd  weitorer  Beförderoog  deraetben  von  Mailand  naoh  Veaadig,  Florens, 
KoiD  i  n  I  Neapel  angestrebt  nnd  nach  mehrjährigen  Veiliandluugen  inn  Werk  gesetzt. 
l")(Mi  Verkehr  im  Inlande  vermittelten  zahlreiche  Boten  sowohl  für  Briefe  als  für 
Pakete  und  Valoren:  zum  Po^tamte  standen  sie  nur  in  freiwillif^er  Beziehung?, 
da  dieses  in  Zürich  keinerlei  Monopol  boanspruchen  konnte.  Nichtsdestoweniger 
sehen  wir  dunib  die  Bemahungen  der  Potlkoumi«ioB  dea  EMtfaribmiadiea 
birektorinma  im  Yerlanfo  des  aebtnlinten  Jabrhanderts  die  Bttroherisehen  Poet* 
einrichtungen  allmählig  einen  Grad  erreiehen,  der  die  besobeidenen  Anforderongen 
der  Zeit  befriedigte. 

War  die  l'o.nt  von  Seite  der  Ke»;ierung  keinerlei  Beschränkungen  unter- 
worfen, HO  muaäte  dagegen  in  Zürich  der  (riilen/erkehr  durch  da»  städtische 
Eanf-  nnd  Waaghaus  gehen,  weil  hier  der  obrigkeitliche  Zoll  erhoben  wurde. 
Insoweit  war  da»  Institut  ein  staatliches,  unter  Aufsicht  der  beiden  Standes- 
seckelmeister stehendes.  Daneben  war  aber  das  Kaufmännische  Direktorium 
Kantonalbehörde  fiir  den  Gütertransport  und  stand  als  solche  in  ununterbrochenem 
Verkehr  mit  dem  Leiter  des  Instituts,  dem  sog.  Waagmuister,  welcher  vom 
Direktorinm  in  (xemeinnhaft  mit  den  beiden  Seekelmeistem  gewählt  wurde. 
Was  ea  noch  im  aohtaehnten  Jahrhundert  heiasen  wollte,  den  Güterverkehr  an 
ermöglichen,  dafttr  fiuden  sii  h  im  Archiv  des  Direktoriums  zahlreidie  Belege. 

Hers'orragend  ist  die  Thätigkeit  des  Direktorinms  in  den  sog.  Kmiktirft- 
snchen  ;  seine  Dn^wisrhenkunft  für  Dnrchfiibnnig  der  l.iiiuulation  wnrHt»  fast  bei 
jedem  Fallinieute  nülhig.  Seinen  Bemühungen  gelang  es  auch  im  Jahre  1715 
anlStslioh  der  Beyision  des  Zttreher-Stadtreohta,  daa  sogenannte  Konkurareeht 
oder  Gegenrecht  zur  Geltung  zu  bringen,  und  damit  den  Kredit  ZUrlcha  und 
das  Ansehen  des  Direktoriums  im  In    und  Aiuilande  ganz,  wesentlich  zu  heben. 

In  der  Stiftungsurkunde  von  1062  wird  das  Dircktorinni  nicht  nur  als 
Vermittieramt,  sondern  auoh  als  (xcrichtsitaml  bezeichnet  fUr  alle  Streitigkeiten 
der  sttroherischen  Hanielalente  nntereiiMnder.  Diese  Jorisdietion  ging  indeasen 
frttbe  schon  an  daa  Stadtgericht  Uber,  welehes  Ton  Anfiing  an  als  obere  Inatani 
bei  solchen  Streitigkeiten  bezeichnet  worden  War. 

Eben<!0  wurde  das  nirektorium  der  Aufsicht  Uber  die  Fabrikarbeiter,  der 
Bcstrafting  (icrsolben  für  die  in  beiienklichmi  '^Ina-se  iildiche  Untreue  und  Ent- 
Wendung,  überhaupt  allen  direkten  \  erkciirs  mit  den  Arbeitern  durch  die  sog. 
Fabrikkommisaion  enthoben,  welche  der  Bath  1696  hei  Anlass  der  Erriehtang 
einer  Fabrikordnung  aus  seiner  eigenen  Mitte  einsetzte. 

Ein  wichtiges  Gibli»t  für  die  Thätigkeit  des  Direktoriums  bildete  das 
Ftthrikiresen.  Es  lässt  sich  indessen  schon  aus  der  Zusammensetzung  der  Behörde 
echiiessen,  dass  das  Direktorium  gegenüber  der  scharf  ausgeprägten  Stellung, 
welche  der  Rath  von  ZUrioh  in  allen  industriellen  Fragen  einnahm,  dabei  nur 
einen  geringen  Einflusa  anattbte.  In  der  Regel  ateltte  aieh  daaselbe  bei  Ent* 
scheiden  aber  daa  Fabrikweaen  ohne  Weiteres  vQllig  auf  den  Standpunkt  dea 
Käthes. 

Vom  Jahre  1720  an  begann  das  Pttstwfseii  einen  Ertrag  abzuwerfen. 
Obwohl  die.^er  nur  dreimal  die  Summe  von  80O'J  Gulden  jährlich  überstieg,  genügte 
er  bei  dem  apanamen  ^uahalt  jener  Zeit  doch  suatlglieh  der  Zinae  aar.  allmShligen 
Bildung  eines  Fonds,  der  bei  Aosbmch  der  Revolution  im  Jahre  1798  die 
ansehnliche  Ilübe  von  annähernd  einer  Million  Gulden  erreicht  hatte.  Infolge 
der  Staaisumwdleiittg  wurde  im  November  dieses  Jahres  das  Postwesen  der 


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Kaufaiüiia.  (ie^ellschafl  Zürich        —    252    —        Kautinäun.  Gesellschaft  Zürich 

gtmmmttm  hdTetiiohea  Repoblik  th  Begie  «rklärt.    Das  Direktorittm  amtet»  ' 
ttlB  Poatkommiarioii  sonScbst  anangefoehteii  fort,  nur  blieb  die  besttgliob«  Ein- 
nähme  t&r  seinen  Fonds  weg.    Als  Napoleons  Vermittlungsakte  von  1803  den 

Kantonen  wieder  eine  gewisse  Sonv(^riinftät  verlieh,  ging  das  Postwesen  Zürichs  , 
als  Regal  an  den  Kanton  über,  dem  es  »  lion  von  Beginn  an  eint:  jährliche  Ein- 
uahme  von  achtzehn  hm  zwanzig  Tauseud  Gulden  verüchallte,   bald  aber  nuuh  ^ 
mehr  eintrug. 

Dem  Direktorium  fiel  neben  der  dnrcbaus  selbständigen  Verwaltung  seines 
Fonds  auch  in  der  nun  fol^'enden  Periode  die  Aufgabe  zu.  als  eine  aus  Fafh- 
männern  gebildtte,  begutai-htende  Komrais<äion  der  Regierung  in  Uandelü^achen 
zur  Seite  zo  stehen  und  zugleich  die  Interessen  der  Kaulleute  zu  vertreten.  An 
Gelegenheit  hiesn  fehlte  es  keineswegs. 

£tiM  neue  wiebtige  Materie,  die  gleieh  im  Anfang  der  Hedtationaaeit 
d.  I  HO  l  die  Mitbethätigung  des  Direktoriums  erheischte,  war  die  Schöpfung  des 
zi\r<hi!ri<chtn  WevJuielr€chi<,  welche  eiium  dringenden  BedUrfniss  des  kauf- 
männischen Ptiblikum»  entsprach.  Kbenfulls  in  die  Mediationszeit  Helen  die  langen 
und  schwierigen  Unterhandlungen  für  Erleichterung  der  Etnfahr  von  Baumwolle 
und  von  englüfikem  Masehineugarn  Mur  Zeit  der  KontinenUUsp&rrt^  als  Tanaende 
yon  Menschen  im  Kanton  ZUriob  wegen  des  drohenden  gXnaliehen  Mangels  au 
Arbeitsstotf  bitterer  Noth  ent-irn sahen.  Die  Industrie  wurde  damals,  durch 
die  hohen  Zölle  der  Nachbarstaaten  vom  dortigen  Markte  ansj^esrhlossen,  zu- 
nehmend auf  den  überheeischen  Export  angewiesen,  iufolgedessdn  war  das 
Direktorium  in  den  xwanziger  Jahren  vielfach  mit  der  Organisation  von  Handels' 
konsuiaien  auf  tillen  wiebtigen  Seeplätzen  besohäftigt.  Andere  von  demaelben 
aogeatrebte  Neuerungen,  wie  die  Erricbtnug  eines  speziellen  Handelst/erichtes  | 
und  die  Einführung  einer  Khtssetisieuer  an  Stell«'  des  früheren  Ffundzollea  waren 
erst  einer  späteren  Zeit  zu  verwirklichen  vorbehalten. 

Der  Sturz  der  alten  Ordnung  der  Dinge  in  Zürich  im  Jahre  1708  hätte 
beinahe  auch  denjenigen  dea  Eattfmttnniaoben  Direktoriums  und  die  Sequeatralion 
seines  Fonds  naoh  sich  gezogen^  weleber  in  jenem  Zeitpunkt  ca.  880,000  Gulden 
betrug.  Die  nun  folgenden  rauhen  Krlegajabre  schwächten  denselben  immerhin 
bedeutend  durch  Vorschüsse  an  die  Regienuig  nnd  au  die  Stadt,  durch  Kriegs>  ' 
tbeuern,  Abschreibungen  von  zweitelhafteu  Debitoren,  Zinsverlnstc  u  s.  w.  Von 
1807  an  wueha  er  dann  wieder  und  erreichte  1830  den  höchsten  Stand  mit 
1,051,738  Gulden.  Dabei  war  daa  Direktorium  fortwilbrend  bemttht,  die  öffent- 
lichen Verkehrsmittel  im  Kanton  Zttrieh  la  verbessern;  es  mag  dieab -zuirlich  er- 
wähnt werden,  dass  nns-scr  den  schon  angeAlhrtcn  Au^'j'riV'^n  fiir  die  Kcgit-rnng 
und  denjenigen  für  das  Postwesen  das  Direktorium  dfui  Fonds  i-i  den  Jahron 
1739 — ^1828  weitere  42ti,t>O0  Gulden  für  Erbauung  und  Unterhaii  von  Strasbeu, 
Brüeken,  KanKleo,  Linthstdüfffithrt,  Liuthkorrektur,  Handels'  und  SpeditionaBweeke 
entnommen  hat. 

Im  Laufe  der  ersten  drei  Jahrzehnte  dieses  Jahrhunderts  machte  man  sich 
immer  mehr  mit  der  Ansicht  vertraut,  dass  das  Pustwescn  einen  Theil  der  i 
tiluaisverwaliuny  bilde,  da^^  es  sogar  aU  Regal  des  »Staates  anzusehen  sei.  Damit 
gewann  auch  die  Auffassang  immer  mehr  an  Boden,  der  Postertrag  firttherer 
Zeiten,  weleber  sieh  im  Direktorialfonds  angesammelt  habe,  k9nne  kaum  als 
unbedingtes  Bigenthum  der  Korporation  der  städtischen  Kautieute  angesehen 
werden,  und  es  sei  jedenfalls  der  Regierung  jährlich  Rechenschaft  über  den  Ertrag 
des  Fonds  und  über  dessen  Verwendung  abzulegen.  Die  grosse  politische  I  m- 
wälzutig  deä  Jalu'cb  brachte  «udacu  nach  heftigem  Kampfe  die  Ansicht 


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Kaufmann.  tieseil:H:'Ua(l  Zilrich 


—    253  — 


Kaufmann.  Gesellschaft  Zürich 


'/uin  Durchbrnch,  »la»«  der  Fonds  an  'len  Staat  Überzug -hen  habe,  und  hchlic-wüch 
wurde  im  Jahre  1833  auch  dag  Kollegium  selbst  aufgelöst.  Der  Liquldations- 
vertra^  betr.  den  Direktiorialfonde,  welcher  naeb  langen  Unterbandtangen  swischen 

<ler  Ilegierang  Und  der  zlirchcrisohen  Kaufmannschaft  im  Jahre  1834  erat  xa 
■Stande  kam,  bestimmt?',  dass  (Vu-  letztere  nns  dt-in  Fonds  die  Stimme  von 
4:i7,500  Gulden  (7(K),UU0  Fninken  a.  W.)  erhielt,  wogegen  sie  die  llrtüllung 
einer  Anzahl  schwerwiegender  Vcrpllichlungen  übernahm  (Erbauung  einer  zweite:: 
Limnuttbracke,  einet  EanfbauMe,  eines  Hafens  eto.)  Hit  der  AnsfHhrung  dieser 
fianverpAichtungen,  welche  später  necU  einige  Modifikationen  erfuhren,  wurde  ein 
Anssehneii  der  Kaufmannschaft  betraut,  welcher  diese  Aufgabe  in  der  Zeit  Ton 
1835  in  glücklicher  nml  sehr  uneigennütziger  Wei«sft  IfJstf.  Vvr  Staat  seinerseits 
verwendete  den  ihm  zuijekointnenen  Theil  des  Direktorialfonds  zum  grössten  Theil 
fllr  neue  Straasenanlagen,  also  ebenfalls  zur  Hebung  des  Verkehr^j. 

An  Stelle  des  Direkt<Mrinn8  trat  als  begntaehtende  Behörde  in  Handelmaehen 
die  neu  geschaffene  Handelskammer  der  Regierung  zur  Seite.  Dieselbe  konnte 
jedoch  nur  ungenügenden  Ersat«  schallen,  und  nachilem  spater  auch  <1ie  Hatidels- 
kamraer  aufgehoben  und  durch  die  dein  Departement  des  Innern  unterstellten 
Handels-  und  Gewerbekommiisionen  ersetzt  worden  war,  machte  sich  die  LUcke 
noch  ftthlbarer. 

Der  im  Jahre  1855  von  zttreherisclMn  Kanflenten  nnd  Industriellen 
gegründete  Börseni  ercin  konnte  diese  LUoke  aach  nicht  ausfüllen.  Er  hatte  sich 
anfünglich  blos  die  Aufgabe  gestellt,  regelmäsHi<2re  wncbt-titliLhe  VersammlnnjCren 
der  Geschättsleute  zu  veranstalten  und  er  hat  dieselbe  auch  in  bclricdigendster  Weise 
durchgeführt.  Als  sich  dann  später  das  Bedürfnis»  einer  Vertretung  des  Handels- 
«tandes  gegenüber  den  Beh8rden  und  answUrtigen  kanfmSnnisohen  Korporationen 
geltend  machte,  so  besonders  auch  im  Jahre  18G9  bei  der  Gründung  des  Schweiz. 
Handel^-  tind  Industrieveroins.  bei  welchem  ein  zürcherisches  Organ  nicht  wulil 
fehlen  durfte,  ermanp;e!trn  die  jeweiligen  Vorstände  nicht,  ihre  Thätigkeit  auch 
nach  diesen  Kiobtungen  auszudehnen. 

Immerhin  erwies  sich  fOr  diese  erweiterte  Wirksamkeit  die  Organisation 
des  Vereins  als  etwas  au  lose  und  die  finanziellen  Hilfsmittel  als  zu  besohrSnkt. 
So  ging  von  dem  Vt>r^tande  des  Börsenvereins  selbst  die  Anregung  zur  Stiftung 
4es  kompakteren  und  besser  dotirten  Verbandes  ans,  der  im  November  1873  in 
der  Kauf'mnHiit»(hen  (ieselischaß  Zfirtvh  irj's  Lebeu  trat.  Aidanglich  gingen 
beide  VereioigungCD  in  bester  Freundschaft  und  mit  gegenseitiger  Unterstützung 
neben  einander  her.  Als  aber  nach  und  nach  die  TbStigkeit  der  Kanfmlnniaohen 
Oceelleohaft  neben  der  des  Börsen  Vereins  immer  mehr  in  den  Vordergrund  trat, 
drängte  sicli  äh'  Frage  auf,  ob  nicht  die  Obliegenheiten  des  letzteren  durch  jene 
allein  erledigt  werden  könnten.  Die  Frage  wurde  beidseitig  bejaht,  und  so  kam 
im  Jahre  1878  die  Verschmelzung  zu  8tande. 

Zweck  der  K<  G-.  Z.  ist  lant  ^atuien  die  FSrderung  der  Interessen  von  Handel 
und  Indostrie  nnd  des  Wohles  der  dabei  haCheiligten  Personen  mittels  gramasamer 
Berathungen  nnd  durch  Vereinigung  der  Einzelkräfte  zu  geraeinssmem  Handeln* 
Zu  Mitglieilern  sind  alle  Personen  befähigt,  welche  dem  Hr^Tll^el  und  der  Industrie 
nahe  stehen  und  im  Besitz  bürgerlicher  Rechte  und  lehren  sind.  Die  Organe  der 
Oesellschaft  sind  die  Generalversammlung  uud  dci  Vorstand.  Die  General- 
Tersammlnng  der  Hitglieder  ist  das  oberste  Organ  der  €keellsohaft.  Sie  ent- 
scheidet Uber  wichtige,  sowohl  (Jkunotnische  als  anderweitige  Fragen  nach 
angehörtem  nutaeliten  und  Antrag  des  Vorstandes.  Dieser  letztere  besteht  aus 
dreizehn  Mitgliedern,  welche  von  der  Generalversammlung  in  geheimer  Abstimmung 


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Kaufmann.  Ges«llschaA  Zürich 


—     2n4  — 


Knabenurbeilsunterricht 


gewählt  werden.  Der  Yurätand,  welchem  ein  von  liim  gcwaiiltei,  hesuldeter 
SekretKr  beigegeben  ist^  vertritt  die  Geeelkebafb  nach  Aiusen  und  iwar  namentlich 
in  ihrer  Eigenschaft  als  Rektion  iJt.s  ^Schweizerischen  Handek*  ttttd  Indiiatrie' 
Vereins".  Zar  Förderung  der  Zwecke  der  Ge^^ellschaft  veranstaltet  er  von  Zeit 
zu  Zeit  freie  Versammlungen  der  Mitglieder,  in  welchen  kommerzielle  und 
industrielle  Fragen  beaprochen  werden. 

In  den  achievhn  Jahrw  ihres  Bestehens  hat  die  K.  G.  Z.  eine  rege 
Thitigkeit  entwidkelt  Noch  betror  die  Vorarbeiten  snr  Gründung  deradben 
vollständig  ii!)(ji>'chli)sseü  waren,  wurde  sie,  als  zukiinftige  Vertreterin  de» 
zUrcherit;chen  Handel.-^-  und  Inilu^triestandes,  durch  ein  Legal  von  fUnfmannimlert- 
tansend  P'ranken  zum  Zwecke  des  liaties  einer  Bor-'r  überrascht.  Obschun  (iit*>e 
Aufgabe  mit  den  BcKtrebungeu  Her  CiedüllüchatL  nicht  iu  direktem  Zusammenhang 
stand)  hat  sie  doch  deren  Losung  bereitwilligst  an  die  Hand  genommen  and  bis 
zum  Jahre  1880  glücklich  zu  Ende  geführt.  Das  BörsengebSode,  welchem  im 
Ganzen  971,000  Fraakea  kostete,  bildet  nunmehr  eine  der  baulichen  Zierden 
der  Stadt  Zürich. 

Die  Hau})Uknti<jkcit  der  Geseliechaft  richtete  sich  von  jeiier,  wie  dieti  auch 
die  Statuten  verlangen,  neben  der  Herausgabe  eines  jährlichen  Berichtes  ttber 
Handel  und  Industrie  im  Kanton  ZUrioh  and  der  Wahrung  der  Intweesen  der 
Mitglieder  gegenüber  you  Behörden  und  Korporationen,  auf  die  Behandlung  wirth» 

Bchaftlieher  Tagedfragen.  Säinintlirbe  pinschläV'if^'en  eidgenössischen  nnd  kantonalen 
Gesetze,  welche  in  flic>^er  Zeit  oriassen  worden  .sind  (zürcherische  Gesetze  betr. 
das  Gewerbewesen  uud  betr.  die  Gewerbe  der  Edukteusuusule  und  Baissenageoten  ^ 
Bandesgesetze  betr.  das  Fabrikwesen,  betr.  die  Telegraphentaxen,  betr.  die  Post» 
taxen,  betr.  das  Telephonweaon,  betr.  den  Transport  auf  Eisenbahnen  nnd  Dampf- 
schiffen, betr.  die  Herausgabe  von  Banknoten,  betr.  Fabrik-  und  Handelsmarken, 
betr.  das  ()bli:,Mtionenrecht,  betr.  das  Konkurs-  und  Betreibnngsrerbt  ii  h.  w.), 
wurden  meistens  schon  in  den  Entwarfen  vom  Vorstand  besprochen  und  begutachtet, 
und  nacher  auch  in  allgemeinen  Versammlungen  der  Mitglieder  diskutirt.  Vor 
Altem  richteten  aber  die  Organe  -der  Gesellsdisft  beettfndig  und  mit  dem  leb- 
haftesten Inttresso  ihr  Aui^.  innerk  auf  die  Entwioklnng  der  schweizerischen  Zoll-, 
Ilaiidels-  und  EisenbaliniHilitik.  Ks  ist  })ckannt,  dass  der  am  1>^.  Oktober  1*^91 
vom  Volke  an^jenoinmene  Zolltarit,  der  den  gegenwiirtigen  iiandelsvertrags- 
uuterhaudlungeii  zur  Basis  dient,  nicht  zu  einem  geringen  Theil  dos  Werk  der 
Kanfm.  Gesellschaft  Zürich  ist. 

Die  K.  G.  Z.  zShlt  gegenwärtig  500  Mitglieder.  Seit  dem  Jahre  18jS2 
ist  sie  ununterbrochen  Vorort  des  aus  27  Sektionen  bestehenden  „Schweizerischen 
Handelt»-  und  Xnduetrievereins" .    (Geschrieben  im  Oktober  lö91). 

KaufmliiiBisclies  Bildunifswesen.  Siehe  den  Artikel  „Handelsechnlen* 
im  II.  Band  im  Supplement.  Als  neueste  Handelsschule  mit  BundessnbTeOtion 
ist  diejenige  der  Kantonsschule  Solothurn  zu  erwähnen. 

Klima*  Siehe  im  Artikel  «Landwirthschaft",  Seite  249/254  (II.  Band). 

KuabenurbcitsuiiUMTieht  (Ergiinzung  des  Artikels  im  2.  Band,  von 
demselben  Yerfasaer).  Wer  die  Bewegung  für  die  Brziehnng  der  männlichen 
Jagend  zur  Arbeit  verfolgt,  der  kann  sich  dem  Eindruck  nicht  entziehen,  daß 
sie  von  Jahr  zu  Jahr  immer  größere  Dimensionen  annimmt,  immer  tiefere 
Wurzeln  schlägt.  Abge»i'  }i*Mi  v«?!  drn  rr  i  di-  ben  Landern  Sfdiweden,  Norwegen, 
Finnlaud  und  Dänemark,  die  zuerst  dem  Kuabenarbeitsunterricht  Kaum  gewülulen. 


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Knabenarbeitsunlerricbl 


—    255  ~ 


KQabeQurbeiläQiUirhchl 


wird  dwMlbe  mit  bwondarm  Sifer  in  FrBnki'oicb,  Belgien,  I^utsohland  und 
Owteirerali-Ungun  gepflegt.  In  neuerer  Zeit  eind  aooli  Rnasland,  England,  Nord» 

amerika  und  die  Staaten  von  Südamerika  lebhaft  in  die  Bewegung  eingetreten. 
In  der  Schwcisr  ht  der  ArbeitMunterriclit  für  Knaben,  dank  der  nncnnUdlifhen 
Bestrebung  des  zur  Förderung  deä^elbeu  gegründeten  Verein»  (Mitglieder  ^15), 
fatit  in  allen  größern  Ortschaften  eingeführt. 

Der  Kanton  Genf  hat  ihn  zum  obligat oriiehen  Schulfiuihe  erhoben  und 
einen  besoiKlern  Inhipektor  zur  raschen  Einfithraag  und  Ueberwacliuiiij:  denselben 
bestellt,  Liiut  Gesetz  haben  die  einzelnen  S^-iiulgemeinden  für  Lokale,  Werkzeuge 
und  Materialien  aufzukommen.  Die  Lehrer  werden  für  das  neue  Unt-  rriclitsfach 
lu  regelmäßig  sich  folgenden,  kantonalen  Spezialkursen  zu  Genf  ausgebildet 
Die  Kosten  dieser  Kuno  trügt  die  £rüehang«direktion.  Die  Lehrer  ab  dem. 
Laude,'  welche  dieselben  besudieo,  erhalten  ein  entsprediendee  Taggeld. 

Im  neuen  Schulgesetz  des  Kantons  Waadt  ist  die  aueceMiye  Einführung 
des  Arbpitsnnterrirhtes  alu  obligatorisches  Schtiirttt'h  vorgesehen.  Den  Srhnl- 
gemeindeu  wird  baidige  Einführuug  empfohlen.  Die  allgemeine  Einführung  im 
ganzen  Kanton  wird  stattlinden,  wenn  genügend  Lehrkräfte  vorhanden  sind. 
Au  der  Eeole  nonnale  su  Lauaanoe  iet  der  Arbeitennterrioht  seit  1886  obli«- 
gatoriecher  Untwrichtflgegenstand.  Die  Lehramtskandidaten  werden  bei  ihrem 
Abgange  auch  in  diesem  Fache  geprüft  und  erhalten  in  ihrem  Lehrpatente  eine 
bezügliche  Note  ausgesetzt,  (renaii  ebenso  steht  es  mit  dem  ArbeiJsunterrieht  im 
Kanton  Neuenburg.  Die  iiegierungen  beider  Kantone  vergüten  den  Gemeinden,, 
wdehe  das  neue  Faeh  in  ihren  Sehulen  einfahren,  bii  '/«  dadurch  entetehenden 
Auslegen. 

Der  neue  Schulgesetzentwurf  für  den  Kanton  Bern  sieht  den  Arbeits» 
Unterricht  als  fakultatives  Schnifach  vor.  Gemeinden,  die  denselben  einfuhren,, 
wird  ein  jährlieher  Staut^heiti  ag  von  Fr.  100  in  Aussicht  gestellt. 

In  deti  Kuutoüuu  Ereiburg,  Solothurn,  Baselstadt,  Sc  ha  II- 
hause»,  Aargau,  Zttrioh,  Thurgaa,  St.  Gallen,  Appenseil  a/R.,  Grau* 
blinden,  Glarns  und  Unterwaiden  existiren  ArbeitSHchukn,  die  vun  be- 
sonders dazu  gegründeten  Vereinen  oder  aber  von  den  Schulbehoiden  der 
betreftenden  Gemeinden  neben  der  Lernschule  unterhalten  werden.  Fast  überall 
stellen  die  Hchulbt-hürden  Lokale  sammt  Beleuchtung  und  Heizung  nelist  größerem 
oder  kleinerem  jiUirlichem  Geldbeitrag  für  die  Saohe  anr  Vertüguug. 

Vom  Bunde  wird  der  Arbeiteunterrieht  in  der  Weise  unterstatst,  daß  den 
Theilnehmern  an  den  jährlich  vom  Schweizeriacheu  Verein  zu*  Forderung  des 
Knabenarbeitsunterrichts  veraulaßten  Lehrerbildnrpsknrsen  Stipendien  in  gleiehcr 
Höhe,  wie  sie  solche  von  ihren  kantonalen  Behörden  erhalten,  ausbezahlt  werden. 
Die  bisher  vom  Bund  hiefür  au.Hgelegten  Summen  hiud  fulgende  : 


1.  Kurs 

Basel  

1884  an 

41 

Theilnehmer 

Fr.  — 

2  . 

1886  , 

52 

9 

„  3770. 

3.  , 

Zürich  .... 

1887  , 

54 

1» 

,  ai5o. 

4.  . 

Freiburg. 

188H  „ 

59 

it 

,  4010. 

5.  . 

Genf  

1889  , 

88 

H 

n  7735. 

6.  „ 

Basel  .... 

1890  „ 

79 

* 

,  6790. 

7.  . 

La  Chaax<de-Fonds  1891  „ 

88 

II 

,  7600. 

«■  « 

Bern .    .    •    «  . 

1892  „ 

1» 

.  7200. 

Die   beiden  Lehrer=eminare 

Hnfwyl 

und 

Lausanne,    welche  den 

Ar 

Unterricht  in  ihren  Lehrplan  aufgenommen,  erhalten  jährliche  Bundesbeiträge 
von  Er,  1000. 


Knabenarbeitsunlerricbt 


^  256 


Konkonkreise 


Der  schon  vorhin  g^Miannte  Schweizerische  Verein,  der  sich  hauptsächlich 
die  metbodiscbf  Au>li]iliiiig  des  Arheitsunterrichtes  zur  Aufgabe  macht,  erhält 
tut  seine  Zwecke  ebt  nfalls  Bundesbritrhcrp,  deren  Höhe  jeweiien  yon  Fall  SQ  Fall 
bestimmt  werden.  (Gescliiiebcii  MittL-  September  1892.) 

Koblenz »Stoin.     Dirsr    zum    Nordo»tbahn-Xetz  gehörende  Bahnatreeke 

wurde  für  den  Betrieb  erötlnel  aiu  1,  August  1892. 

Konkurskreisc.  In  Felipe  «los  Ihin'IesircsctTics  betreffciul  Schuldbetreibung 

und  Konkurs  shii  folgende  l'öO  Koiikur.>-iimter  instituirt  worden: 

Im  Kanton  Zürich  H6  (nach  den  Nutariatskreisen),  je  in  Zürich,  Riesbach, 
■Oberstraß,  Schwainendingeu,  Höngg,  Auliersibl,  Schlieren,  Affoltern  a,  A., 
WXdensweil,  Uorgen,  Thalnreil.  Stäfa,  HUnnedorl,  Meilen,  Kfissnadit,  Grttniiigeii 
Wetsikon,  Wald,  Unter,  Pftffikon,  Baume,  Illaan,  Tnrbenthal.  Winterthur  (3, 
irovon  eines  für  die  Stadt  ^^Mntcrlhur,  eines  Tür  den  Notar iatskrei«  Oberwinter- 
thur,  pineH  für  den  Notariatskreis  Wülflingen),  EIgg,  Andelfingen,  Fetierthalen, 
Stamm  heim,  Embrach,  Eglisau  Bulach,  Bas^ersdorf,  Nicderglatt,  Dielsilorf. 

Im  Knnton  Bern  31  (nach  den  Amtsbezirken),  je  in  Bern  {2,  wovon  1 
für  Bero-Stadt  und  1  für  Bern-Land),  Aarberg,  Aarwangen,  Biel,  Büren,  Burg- 
4orf,  Goartelary,  Deleberg,  Erlacb,  Fraubrnnnen,  Saignelegier,  Frutigen,  Inter- 
laken,  Sehloßwyl,  Laufen,  Laupen,  HUnater,  Neuenstadt,  Nidan,  Meiringen, 
Pntntriit,  Snanen,  \\' ahlern,  Belp,  Langnau,  Wimmis,  Zweieimmen,  Thun,  Traobsel> 
wald,  Wangen  a.  A. 

Im  Kiinton  Luzern  19  (nach  den  Gerichtsbezirken K  je  in  Kbikon,  Malters, 
Luzern,  Weggis,  Hochdorf,  Uitzkirch,  Efechenbacli,  Miiniitcr,  Kuswyl,  Sempach, 
Snxaee,  Triengcn,  Altikofen,  BeideD«  Willieau,  Zell,  Entlebueli,  Escholamatt, 
Scbttpfheim. 

Im  Kanton  Uri  1,  in  Altorf. 

Im  Kanton  Schwyz  7  (nach  den  Notariatskreisen),  je  in  Sehwya,  Arth, 
Gersan,  Lachen,  Einsiedeln,  Ku>*snacht,  Woilerau. 

In  0^^valden  2,  je  in  Alpnaob  und  Engelberg  (an  leizterm  Ort  nur  fiii- 
diese  Gemeinde). 

In  Nidwaiden  l,Mn  Wolfenschießen. 

Im  Kanton  Glarus  I,  in  Glarna. 

Im  Kanton  Zug  1,  in  Zag. 

Im  Kanton  Frei  bürg  7  (nach  den  Bezirken),  je  in  Estavayer-leOac 
<8t8flfi8),  Komont,  Bulle,  Mnrten,  Freiburg,  Tafers,  rhatel-St.  Denis. 

Im  Kanti.'O  Solo  th  um  8  (nacli  den  Amtsschreib  'rcilcreiseii^  je  in  Solo- 
thum (4,  wovon  1  für  Stadt  und  je  1  für  die  Amtssehreihereikreise  Lebern, 
Bucheggberg,  Kriegstetten),  BaUthal,  Ölten,  Dorneck,  Breittiiibach. 

Im  Kantou  Basel^tadt  1,  in  Basel. 

Im  Kanton  Baselland  4  (oaeb  den  Yerwaltungsbesirken),  je  in  Arles- 
beim»  Liestal,  Sisaach  und  Waldenburg. 

Im  Kanton  Schaffhansen  6  (nach  den  Jnstizhezirken /,  je  in  Sobaff« 
bansen.  Neunkirch,  ünterhallau,  Schieitheim,  Thaiugeu,  Stein  a.  Hb. 

In  Appenzell  A.-Eb,  3  (nach  den  Laodeabezirken),  je  in  Keute,  Trogen, 
Herisau. 

In  Appeniell  L-Bb.  2,  je  1  in  Appenzell  und  Oberegg,  letzterea  für  den 
g'leldmamigen  Beatrk. 


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Konktirskreise 


—    2Ö7  — 


Konsalate 


Im  Kartou  St.  Gnlleu  15  (nach  den  Gerichtskreisen),  je  1  in  St.  Galten, 
Tablat,  Rorschach,  Thal,  Altstätten,  Grabs,  Wallenstadt,  Weeeen,  Sohmerikon, 
Kappel,  Lichtensteig,  Kirchberg,  JoDschwil,  Wyl,  Goßau. 

Im  EantoD  Graubünden  39  (nach  den  politisicheu  Kreisen),  je  in  Ober- 
vas,  Surava,  BergUn,  Salux,  Brusio,  Posobiavo,  Schnaus,  Vriu,  Ober^axen,  Sils, 
Salien,  ThueU,  Avers,  Nafenen,  Andeer,  Bau,  Trine,  Ardex,  Scbleins,  Etoliula, 
DftTOe-Plati,  Jenaz,  Klosters,  Saa«,  Lozein,  Zizers,  Malans,  Schierä,  Seewis, 
Vicosoprano,  Samnden,  Caetaneta,  Meeocco  (MiiK>x),  Boyeredo,  St.  Maria,  Char, 
Malix,  Arusa.  Tnms. 

Im  Katitun  Aai  gua  11  (nach  (h;n  BezirkeD)  je  in  Aarau,  Baden,  Brem- 
garten, Brugg,  Kulm,  Laufenburg,  Lenzburg,  Muri,  Rheinfelden,  Zofingen,  Znrzaeh. 

Im  Kanton  Thurgau  8  (nach  den  Bezirken),  je  1  in  Radmülüe  (Araris* 
weil),  Bisc.hofszell,  üntenoblatt,  Frauenfeld,  Kreazlingen,  Sirnach,  HUUheim, 
Berg  (Weintelden). 

Im  Kanten  TeBäin  7  (nach  deu  Bezirken  mit  AuHnahmc  von  Bellinzuna 
und  Biviera,  welebe  zusammen  einen  Kreis  bilden),  je  in  Meudriüio,  Lugano, 
Locaroo,  Cevio,  Bellinsona,  Lottigna,  Faido. 

Im  Kanton  Waadt  19  (nach  den  Bezirken),  je  in  Aigle,  Aubonne,  Avenchee, 
Cossonay,  Kchallens,  Grandson,  Lausanne,  Sentier,  Cully,  Morgea,  Monden,  Nyon, 
Orbe,  üron,  Payerne,  f'hateati  d'Oex,  Rolle,  Vevey,  Yverdon. 

im  Kanton  Wallis  14  (nach  den  Bezirken),  je  iu  Ivit/ctugeu,  Moerell,  Brieg, 
St.  Nikiana,  ^äsoholl,  Lenk,  Sienre,  Vez,  Sitten,  Ardon,  Martigny,  Sembranober, 
St.  Maurice,  Hontbey. 

Im  Kanton  Neuenburg  6  (nach  den  Bezirken),  je  in  Neoeb&tel,  Bondry, 
Mutier»,  Cernier,  Locie,  Chatix-de-Fonds. 

Im  Kanton  Genf  1,  in  Genf. 

Konsulate,  i  r>i  i::iinziing  des  Artikels  im  II.  Band.  Hitgetheilt  von  Hrn. 
A.  Kummer  auf  dem  eidg.  Han^li'lsdi'partpnicnt.)  AIw  wrs-rntlic  liste  Neuerung, 
die  seit  1880  im  Kchweizerisohen  Konsularwesen  Platz  ge^ritlt  u  hat,  ist  die 
im  Jahre  1891  erfolgte  Errichtung  dreier  Berufskonsulate  —  in 
BaenoB-Airea,  London  und  Tokobama  —  zu  regifltriren.  Die  Eoneulate  an 
den  beidm  oieterwftbnten  Plätzen  sind  BerufsgenervdkansulaU  nnd  tragen 
zugleich  diplomatischen  Charakter.  Der  nenernannte  Konsul  in  Yokohama  ist 
Bcrufivieekonsul  und  wurde  aU  GebUlfe  dem  bisbei'igen  Generalkonenl,  der  Mandela- 
konsul  ist,  beigegeben. 

Zur  Begründung  der  Wahl  der  drei  genannten  Plätze  als  Amtssitze  lür 
sehweiz.  Bernfekonsulate  ftthrt  der  Bundeeratb  in  seiner  Botscbaft  zum  Budget 
für  das  Jabr  1891  nnter  anderm  Folgendes  an: 

,Ani  «lriii;^'cnil-;tC'ii  i-f  dir-  ?<linfTun^'  einer  -oldiori  Ptelle  in  Buenos-Ayres.  S^eit 
die  Vereioigten  Staaten  unter  dem  Einllusse  einer  initiier  stärker  werdenden  schütz- 
zOllneriscben  Strömung  darnach  trachten,  nicht  nur  gegen  die  EinfQhmng  der  enro« 
päischcn  Erzeugnis:«*'.  =onilerti  ^:e^,'en  ili*-  EiiiwaiKtcrung  der  Arbeiter  au~  iindern  [."indem 
sich  abzuschlieikn,  richtet  sich  der  Strom  der  europäischen  Auswanderung  immer  mehr 
nach  Sfldamerika,  besonders  nach  der  argenUnisi^n  Republik,  wo  sehr  ausfredehnte 
Ländereien  norh  unbrliaut  »ind.  Die  neilputuni.'  «1er  schweizerischen  Kolonien  in  iüi'som 
letztern  Lande,  in  Cliüi,  in  Uruguay  und  Paraguay  nunuit  beständig  zu,  und  wir  können 
die  Zahl  unserer  In  diesem  Theil  der  neuen  Welt  niedergelassenen  Ifitbfirger  auf 
mindestens  fflnfzigf aasend  nn«(li!a!?en.  Ihre  Infpre^j^pn,  die  Interessen  iin-eror  Aus- 
wanderer und  unseres  Handels,  welcher  im  Süden  des  amerikanischen  Konliuents  einen 
Ersatz  für  die  Ausfuhrgebiete  suchen  mu(5,  welcher  er  im  Norden  zu  verlieren  Gefahr 
läuft,  verlangen  gel>ieteriseh.  li  iß  <iie  Sehwei/.  (ImiI  in  anderer  Weise  als  bisher,  ver- 
treten werde.    Ein  General-Öerulsivoasul  in  Buenos-Ayres,  der  eüien  diplomatischen 

Fnmr,  Tolkiwirtbualuifla-LaizikoB  dar  Seliwels.  \1 


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Kotwalate 


—  258 


Konmilate 


CharaktcT  lrr<i;t  und  in  Santiiigo  (Chili),  in  Montevideo  nnd  Aflsundon  beglaubigt  ist, 
wird  hotleiitlirii  liir  «iiese?  schwierige  Amt  genügen. 

Unser  Generalkonsul  in  London,  Herr  Vernel,  hat  uns  auf  den  1,  Januar  181)1 
seine  Entlassung  eingerciclit.  Sein  Eni  :  lUi  ü,  -jicli  zurückzuziehen,  welchen  er  durch 
die  materielle  Unmöglichkeit  begründet,  «iuä  Kon^^ulul  zu  vemalten,  ohne  seine  eigenen 
Geschäfte  in  hohem  Grade  zu  gefährden,  ist  unwie<lerruflich.  Die  frühem  Erfahrungen 
und  die  in  der  großen  Hauptstadt  eingezogenen  Erkundigungen  haben  uns  zu  der 
UetwrzeuguDg  gebracht,  daß  man  jede  Hoffnung,  Herrn  Vemet  durch  einen  Icauf* 
mAnnischen  Konsul  ersetzen  zu  können,  aufgeben  muß.  Da  wir  in  London,  wo  sich 
ri.ihf'zu  Zflmtausend  Schweizerhürger  auriiulUüi.  mitttn  in  iliesem  großen  britischen 
Reiche,  mit  dessen  Regierung  wir  so  zahlreiche  Beziehungen  unterhalten  und  dessen 
Kolonien  fflr  nnsem  Ansführhandel  so  notbwendig  sind,  niclit  ohne  Tertretung  bleiben 
kriiint-n.  -r1ila;/eii  wir  Ihnen  vor,  dorthin  einen  Borafskonsttl  alt  eidgenO«ischen 
Ueschäftäträgcr  zu  senden. 

Unser  Generalkonsul  in  Yokohama,  Herr  Dumelin,  und  sein  Vizekonsul  haben  uns 
im  Frülijulir  1^00  ihre  Enllas.sung  ciiipcioicht,  Sio  li.tben  dabei  ihrer  festen  Ueber* 
Zeugung  Ausdruck  gegeben,  daß  die  Interessen  der  Schweizerkolonie  in  Japan  und 
diejenigen  des  Mutterlandes  ihre  Ersetzung  durch  einen  Berufskonsul  fordern.  Dies  ist 
auch  unsere  Ansicht  und  z\v;ir  um  so  mehr,  weil  der  Schwcizerknn-iil  in  Tupan  den 
Verträgen  gemäß  die  Civil-  und  Kriniinalgerichbbarkeit  nach  unseru  Gesetzen  über  alle 
in  diesem  Lande  wohnhaflen  Sciiweizcrhfirger  ausübt.  Wir  haben  daher  auch  die 
Absicht,  in  Jokohama  einen  Berufskonsul  zu  ernennen." 

Die  Schaffung  dieser  drei  liornfskonsnlate  ist  jedor!}  nur  probeweise  erfolgt. 
Der  Bundesrath  gedenkt  erst  das  Resultat  einiger  praktischer  Verbuche  abzu- 
warten, bevor  er  sich  Uber  die  Frage  der  Errichtung  von  Bemfakonsulaten, 
deren  Prüfung  •hm  durch  di»  von  der  Bundesversammlung  unterm  80.  Jnni  1886 
erheblich  erklärte  Motion  Cömiesae  (s.  >hn  Artikel  ,  Intereflsenvertretnng ** 
pag.  88,  II,  R'L^  üh« 'rtraf»en  wurde,  prinzipiell  ausspricht. 

Zur  Durchliihrung  dicner  „praktischen  Versuche",  Howie  auch  zum  Zwecke 
einer  angemessenen  Entschädigung  der  Gesandtschaften  für  die  Koüten  ihrer 
Konenlarrerwaltung,  haben  die  eidg.  BXtbe  in  der  Desemberseseion  1890  die 
Tom  Bandeerathe  nachgesuchte  £rh<3hung  des  Budgetpoatens  «Beitrag  an  Schweiz. 
Konsulate«  von  135,000  auf  235,000  Fr.  bewilligt. 

Im  Bestände  der  Konsulate,  wie  er  im  einsrhläf:^itren  Artikel  de«  Lexikons 
(pag.  130  ff.)  aufgetührt  ist,  sind  mehrfache  Aenderungen  eingetreten. 

Es  wurden  seitdem  8  Konsulate,  5  Vizekonsnlate  mit  eigenem  Amtssitze 
und  2  Visekonsolate  ohne  solchen,  also  im  Ganzen  15  Konaularstellen  neu 
erricbteti  die  wir  im  Kachstehenden  in  alphabetischer  Reihenfolge  namhaft  machen : 

1)  Kf»nstilate:  A-'iunrion  (18«7')  für  l'arafrnny ;  Dri.-bane  (1HH5))  für 
Queensland  j  ( luatmnula  (,  Ib'J  1)  iiir  <leu  gleichnamigen  Staat ;  Kupt-nliagm  (1  887) 
für  Dänemark;  Mannheim  (1890)  für  Baden  und  die  Kheiupfalz;  Sl  i'aul  \^188in 
für  die  Staaten  Minnesota,  Nord*  und  SQd>Dakota  nnd  das  Territorium  Wyoming ; 
Pretoria  (1887)  fdr  die  sttdafnkanisehe  Republik  Transvaal;  Stockholm  (1887) 
für  Schweden. 

2)  Vi  ze  ko  n  SU  l  a  t  e  mit  eigenem  AmtsBit/ :  Concordia  fl'^ST)  in 
Argentinien,  fUr  <lie  Provinz  Kntre-Rios;  Cordoba  (1887)  ebenfalls  in  Argentinien, 
für  die  Provinzen  Cordoba,  Santiago  del  Estero  nnd  Tuonman;  Mmdost  (1887) 
eben&lls  in  Argentinien,  ittr  die  Provinzen  San  Luis,  Mendoia  nnd  San  Joan; 
Kueva  Helvecia  (1889)  in  Uragnay;  Traignen  (1886)  in  Chile  fttr  die  Provinaen 
Halleco  und  C'autin. 

^)  Vize  kon.'^n  1  ate  u  Ii  n  c  eigenen  Amtssitz;  Den  Konsulaten  in 
Liverpool  und  Venedig  »iud  im  Jabre  1887  Vizekonsuln  als  Gehiilien  und  »Stell- 
vertreter beigegeben  worden. 

^  Die  Zahlen  in  Klammem  bezeichnen  das  labr  der  Errichtung. 


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Konsulate 


—    259  — 


Konsulate 


Eingeyaugen  siud  die  Vizekohs  Uate  in  BuenoM-Aires,  Loudou  und  Cincinuati, 
die  keiiieii  eigenen  Amtssits  faettea. 

Der  gegenwärtige  Bestend  der  sehweiaerisebai  Koaanlate,  Yakanxen  nidit 
mit  inbegriffen,  im  Avslande  ist  (Mai  1891)  folgender:  13  GeneralkonsuftUe 
(Brüssel  2,  für  Belgien  und  Eongostaat,  Bukarest,  Buenos- Aires,  Liesaboo,  London, 
Madrid,  Mexiko,  Neapel,  Rio  de  Janeiro,  St.  Petersburg,  Turin,  Yokohama); 
66  Konsulate:  IH  selbständige  Vizekonsulate;  1  Konsnlarnyentur  (Kuoxville), 
zusammen  93  Konsnlarstellen.  7  Konsulate  werden,  wenn  wir  die  Berufs» 
konsnlate  von  Bnenos-Airee  und  London  su  den  Geueralkomulaten  sShlen,  von 
den  Gresandtschaf ten  besorgt,  nSmlidi :  Berlin,  (^rleston,  Parisi  Bom,  Strassbug) 
Washington,  Wien. 

5  Generalkonsuln  und  12  Konsuln  sind  als  Oehlilfen  und  Stellvertreter 
17  Yizekonsuln  beigegeben,  so  das.««  sich  die  Gesammtzahl  der  im  Amte  stehenden 

Koniiulur^/;(';n(/i"n  auf  110  beläuft. 

Von  obigen  Ü3  KonHularxtelleu  entfallen  4Lt  auf  Europa,  o2  auf  Auierika, 
4  anf  Asien,  5  auf  Afrika,  3  auf  Australien,  oder  naeh  Ündem  vertheilt: 


12  auf  Frankreich  and  Algerien 

2 

auf  Oesterreieh-Üngarn 

12  «   die  Ver.  Staaten  von  N.-A. 

2 

n 

Ru  inänien 

9   ,  Italien 

n 

Schweden  nnd  Korw^en 

8   n  Deutsohlaud 

n 

Dänemark 

7   »    Grossbzitenien  n.  die  britiseben 

I» 

Qxieobenland 

Besitsangen 

• 

Portugal 

Mexiko  ^ 

7    »  Brasilien 

fl 

6    „  Russlanrl 

n 

Guatemala 

ft 

Peru 

3    „    lioUand  und  Java 

II 

Chile 

3  »   Spanien  nnd  seine  Besitsnsgen 

« 

Japan 

3  „  Uruguay 

Kongostaat 

2    „  Belgien 

1 

Transvaal. 

Berufskonsuln  Himl :  In  Buenos-Ayres  Herr  Emil  Rode  seit  Herbst  1891; 
in  London  Hr.  Dr.  Bourcart  von  Klei nhünigeu,  seit  Frühjahr  li<9l;  in  J.kobama 
Dr.  Paul  Ritter  von  Ba.«el  seit  Juli  1.^92. 

i  rem  dt:  Konsulate  in  der  Schweiz. 

Es  sind  deren  (Mai  1891)  78,  nämlich: 
a.  für  enropäiache  Staaten  38: 


Belf/ien  i: 
Dänemark  1: 
Deutsches  Reich  3: 
Frankrehh  3: 

Griechenland  2: 
GrossbritannieH  3: 

liaHen  ß: 

y   I  rland«  J9: 
OesUrrdch'-XIfigaim  3: 


Konsulate  in  Genf,  ZQrich.  Basel,  Luxem. 
Konsulat  iu  Genf. 
Konsulate  in  Genf,  BüsüI,  ZUrich. 
Generalkonsnlat  in  Genf,  Konsulate  in  Basel  und 
Zttrich. 

Generalkonsnlate  in  Genf  und  ZUrich. 
Konsulate  in   Genf  und  Zürich,    Visekousulat  in 
Lausanne. 

Owieralkonsnlat  in  Zttrich,  Konsulate  in  Beltinsona, 
Genf,  Basel,  Vizekonsnlate  in  Genf  und  Basel. 

Yicekonsulate  in  Genf  und  Davos-Platz. 

Generalkonsulat  in  ZUrioh,  Konsulate  in  Genf  und 
St.  Gallen. 


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Konsulate 


—    260  — 


Portugal  3:  GeDeralkonsnlat-  in  Bern,  Konanlate  in  Genf  iin4 

Zttrich. 

Rumänien  3:  Koosulato  iu  Bern,  Zürich,  Greaf. 

8ehw$dm  «•  NonMgen  Ü:  GfenenUtonsnlat  in  Genf,  Viiekomolat  in  Genf. 

Serbien  1:  Generalkonsulat  in  Zttrieh. 

I^panien  2i  Soneolat  in  Genf,  ViMkonenlnt  in  Zttrioh. 

d.  fllr  ameriknnisclie  Staaten  39: 

V$r„8Uuitm^v<mN,*AM  t6:  Generalkonsulat  in  Bern;  Konsulate  in  Zttricb,  Genf, 

Basel,  8t.  Gallen,  Ilorgen ;  Vizekonsulate  in  Zürich, 
Geuf,  Baael,  St.  Gallen,  Morgen,  Konaularagenteu 
in  Vivia,  Chaux-de-Fondb,  Luzerii,  Winterthur, 
Äoran. 

Mexiko  2  :  Generalkonsulat  in  Genf,  Konsnlat  in  Vivls. 

Salvador  1:  Konsulat  in  Genf. 

Costa  Rica  1 :  Kondukt  in  Genf. 

Republik  Columbia  1:  Konsulat  iu  Genf. 
Nicaragua  1:  Eonenlat  in  Beael. 

Argentimsehe  S^uhlik  4 :  Konanlate  in  Genf,  Belliniotta,  Keaenburg,  Viie- 

konsulat  in  Lugano. 
H"'       1:  Vizekonsulat  in  Nyun  (Waadt). 

JSratfUten  3:  Generalkonsulat  in  Genf,  Konsulat  in  Bern,  Yize- 

koutiulat  in  Genf. 
GUtle  S:  Eonenlate  in  Zttricli  und  Genf. 

Peru  1:  Konsulat  in  Genf. 

Ürugue^g  5:  Generalkonsulat  in  Lugano,  Konholate  in  Genf,  Basel, 

B<''n,  Vizekonsulat  in  Lugano. 
Venezuela  1 :  Kuu»ulat  in  Bern. 

c.  für  atrikanische  Staaten  1: 
KonffOstaaf  1 :  Generalkonsulat  in  Genf. 

Krankenkassen.  Anliisslich  der  Krh<  bungen,  welche  das  sfhweizerisehe 
Arbeitersekretariat  in  den  Jahren  18^(i— 1089  Uber  die  bei  Krankenkaasen- 
mitgliedem  yorkommenden  Uaftlle  und  Knuikheitea  an  machen  hatte,  um 
Material  au  der  projektirten  schweiserisehen  Unfiill*  nnd  Krankenv«!aieh«rang 
zu  liefern,  sind  1502  Krankenkassen  ermittelt  worden,  wovon  249  auf  die 
Sektionen  de*  GrUtlivereins  entfallen.  Von  den  1502  Kasten  irlngen  dem  Ar- 
beitersekretariat 12'.H)  mit  Angaben  an  die  Hand.  Betrachtet  man  die  249 
Kassen  der  GrUtlisektiuueu  als  eine  Kasse,  so  bleiben  auskanftgebende 
Kassen  1042.    Von  diesen  waren: 

647  mit  101,447  Hitgliedern  oigaiiisirt  für  HVnner; 
36    ,       G,192         ,  .         •  Frauen; 

359    „     88,258         „  ,         ,    beide  Geschlechter. 

ToUl  l7042  mitT95,897  Mitgliedern. 

450    „      7t».HcU  ,         waren  Hernt,--  oder  Fabrikkraakenkaasen ; 

592    „     lltj,()(i;i  „  genü>chte  oder  Ürtüka^sen. 

Bei  den  i95,b'Ji  Mitgliedern  kamen  im  Jahre  1888  69,061  i:-rkrankungcn 
▼or  mit  einer  ditrohschmttUeheu  Dauer  von  21,1  Tagen.  Die  Sanime  der  yerab- 
folglen  Uatersttttsnngen  betrug  Fr.  1,970,857. 

Bei  8  Kassen  erstreckte  sieh  der  Wirkangekrets  auf  die  gaaae  Sohweia, 


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Krankettkaasea 


—    361  — 


Kunst 


bei  14  auf  einen  gßxama  EAntoD,  bei  18  auf  eine  Eisenbahn,  bei  230  «uf  eioe 
Fabrik,  bei  160  auf  mehrere  Gemeinden,  bei  601  auf  eine  Gemeinde. 

KraalLBiLTinlelienuig.   Siehe  im  Supplement  «üniUl-  nnd  Erankeii- 

Kredit,  landwirtbficbaftücher.  Siebe  im  Artikel  „Laudwirtbacbaft"  Seite 
S74/9. 

Kredit!»(-tiutz.  Der  auf  Seite  172  im  II.  Band  erwähnte  Verein 
„Confidentia"  ist  ersetzt  worden  durch  das  Kroditschat»-  und  Informations* 
barean  ^Confidentla*  in  Ben,  dae  in  dem  Ton  ihm  pablizirten  glmehnamigen 
Blatte  oft  auf  gefäbrliehe  Finnen  anfmerksam  macht.    Der  westediweizerische 

Verein  „  Union  suissft  ponr  In  sanvegarde  du  nrdit  "  besteht  noch  und  in 
npuerer  Z^'\f.  «iml  ein  deutßtbweizerisclier  Verein  f\xi  Kreditform  mi  Sitz  in 
Zürich  und  iriiialen  des  über  DeutHcbland  verbreiteten  Vereinn  „Kreditreform* 
entstanden.    (Geeebrieben  September  1892). 

KuUurregionen.  Siehe  im  Ärttkel  „Landwirthschaft"  Seite  257. 

Kunst.  Bildende  Künste.  (Verfasser:  Dr.  B.  v.  Tscharnf^r  von 
Bürier,  Präsident  dea  Berner  KantonalkunstvereiuR.)  Ab  in  diesem  Werk  {Hd.  II, 
S  185)  die  »chweii^rigchc  Kunst  besprochen  wurde,  waren  nur  noch  die  Grand- 
lagen  Torhanden,  anf  ▼elohen  der  Bund  eine  Hebnng  der  Kanst  dnrobanfttbren 
beabsichtigt.  Seither  ist  der  Aushan  dieser  Bestrebungen  durch  namhafte  Be- 
schlüsse <ler  Behörden,  «owie  durcl»  irrossartige  Beiträge  geRrilert  worden.  Es 
sind  xwur  einige  wichtige  Frat^t  ii ,  wie  z.  B.  diejenige  der  Errichtung  einer 
schweizerischen  Kunstschule,  nicbt  erledigt ;  allein  eine  einheitliche  Organisation 
der  Betheiligung  des  Bnndes  an  der  Untersttttiang  der  Ennst  ist  geeohaffen  nnd 
wird  mit  Hülfe  der  Knnstvereine  und  Knnstfrennde  ihre  reichen  Frttohte  tragen. 
Im  Wesentlicben  läßt  sich  die  Thätigkeit  des  Bnndes  auf  diesem  Gebiete  in 
folgendem  üeberbiick  zasammenfiissen. 

L  Betheilignng  des  Bnndes  an  den  Knnstbestrebnngen  der 

Gegenwart. 

Der  Bund  veranstaltet  ntitionnlp  Kunstausstellungen  und  erwirbt  au  den- 
selben Werke  nationaler  Kunst,  welche  zur  Ausschmückung  öffentlicher  Gebäude 
und  anr  Beteidierang  (Mfontlieher  Samminngen  dienen,  üeberdieß  en^Ut  er 
^ffeatlicbe  monumentale  Kunstwerke  histonsdiMi  und  national«i  Gharakten  oder 

unterstützt  ihre  Ansfilhning.    Zu  diesen  Zwecken  wird  in  den  eidgenössischen 

Voranschlag  alljährlich  eine  Summe  von  100,000  Franken  aufgenoramen  ;  dieser 
Kredit  kann  erhöht  werden,  wenn  das  Bedürtiiili  hiefUr  sich  fühlbar  maeht  und 
wenn  diu  linaui^ielle  Luge  des  Bundes  es  erlaubt.  Wird  der  lUr  ein  Jahr  be- 
willigte Kredit  in  demselben  nioht  anfgebraucht ,  so  ist  der  tibrig  bleibende 
Betrag  behufs  späterer  Verwendung  ciiuni  l^sondern  Fonds  „  Sch  weiseriscber 
Knnstfonds"  einzuverleiben,  lieber  die  jährliche  Vertheilung  nnd  Verwen- 
dung des  aupgcset^ten  Gesaranitkredits  verftigt  iler  Bundesrath  auf  Grundlage 
der  Anträge  seines  Departemente.8  des  Innern,  welches  alle  bezuglichen,  wesent« 
liehen  Fragen  dor  Vorprttfting  und  Begntaobtnng  von  KOastlem  und  and«m 
KnnstTemtlndigen  unterstellt.  Diese  werden  vom  Bnadesrath  ebenfalls  anf  den 
Antrag  des  Departementes  des  Innern  gewählt  und  bilden  die  Sohweizerische 
K  n  n  Ht  k  omm  i  SS  i  on  ,  welche  die  weiteren  Aufgaben  hat  alle  wesentlichen,  die 
Hebung  der  schweizeriaohen  Kunst  betreffiendeo  Fragen  und  Geschäfte  zu  begut- 


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Kanst  _    262    —  Kuiwt 

achten.  Auch  ist  sie  verpfliclitety  auf  Alles,  wm  die  eobweiserischd  Eaiut  sa 
flSfdern  im  Stande  ut,  sa  aohten  und  stellt  zu  diesem  Zweck  ihre  Anträge  dem 

Departemente  des  Innern.  Bei  der  Vollziehung  der  vom  Bundesrath  in  Sachen 
der  Kun.st  ß-ehißteii  Bes^chlüsi'e  \iiul  der  partfmt'iitalen  Verfiifrimgen  kann  ihre 
Mitwirkuug  in  Anspruch  geuuuiuien  werden.  Die  Kunstkomuusbion  besteht  au& 
11  HitgUedern,  von  weldien  jeweilen  6  Sohweiser  Etoetler  der  veraohiedenen 
Haupt-Ennstgaltiitigen  sein  sollen.  Für  die  Gesammtbestelloiig  der  Kommifliion 
gibt  das  Departement  des  Innern  den  schweilerischen  Kunst  vereinen  Gelegenheit, 
Wahlvorschläge  in  beliebiger  Zahl  einzureichen.  Zur  Berathnng  besonderer  An« 
gelegenhüiteo  von  Belang  können  Husuahmsweise  fernere  Sachverständige  in  die 
Konunission  bernfen  und  fttr  die  AuaftlirDiig  beechloeeener  Anordnungen  Aus- 
sohOme  der  Eommiflsion  beieiohnet  werden;  in  beidoi  Füllen  sollen  die  Ettnetler 
in  dem  Yerhältniß  vertreten  sein,  wie  in  der  gewöhnlichen  Kunst  koinmieidon.') 
(BunJesbe.soliluß,  betreffetul  die  Fiirdernng  und  Hebung  der  .st^lr.v-i/  rischen  Kunst, 
vom  22.  Dezember  1887,  und  Vullziuhun^verorinnng  vom  IfS.  April  ]>S88.) 

1.  Xafionul'-  Ivun.'itaiissltfltoir;.  Diesclbt'  lindet  in  der  Kegel  alle  zwei  Jahre, 
gew5hnlicli  ;u  den  Monaten  Mai,  Juni  und  Juli,  während  sechs  bis  acht  Wochen 
statt.  Alle  Originalwerke  der  bildenden  Ettnste  (Oelgemälde,  Enudl'  nnd  Fayence- 
maleieien,  Aquarelle,  Pastels,  Zeichnungen.  Stiche,  liadierongen  und  Litho- 
graphien, welche  noch  nicht  im  Handel  erschienen  sind,  Skulptur  werke,  Medaillen,. 
Architektur-Zeichnungen  oder  Modelle)  k;>!tnen  eingesandt  werden  ;  nn«g'enoramen 
nicht  gebrannte  Thon-Skulpturen.  Jedes  Werk  darf  nur  einmal  au8gestellt  werden, 
Kopien  nur,  wenn  ein  an  bemtR  ▼oUandetea  Werk  oder  einen  fertigen  Entwurf 
darstellen  luid  mner  andern  techniseben  Eonstgattong  angeboren  als  das  Original. 
Zur  Bi  sidiickung  der  Ausstellung  sind  alle  Schweizer  Künstler  des  In-  und  Aus- 
landes berechtigt ;  ebenso  die  in  der  Schweiz  ansässigen,  fremden  Künstler.  In 
der  Kegel  werden  nur  ArlxMten  lebctider  »jder  erst  seit  der  letzten  Ausstellung 
veretorbeiier  Künstler  und  zwar  von  jedem  nur  drei  Werke  der  uämlichen  Kunst- 
gattung angenommen. 

Die  eingesandten  GegenstSnde  nnterliegen  der  Prüfung  einer  von  der 
Schweizerischen  KunstkommisHion  ernannten  Aufnahme- Jury ,  welche  end- 
gültig Uber  ihre  Annahme  oder  Zurückweisung  entsehcidet.  Dieselbe  besteht  an» 
sieben  Mitgliedern,  welchen  zur  Ersetzung  von  abwesenden  oder  seibat  ausftellenden 
Mitgliedern  sieben  Suppleanten  beigegeben  sind.  Die  Jury  heutimmt  ferner  gemeinsam 
mit  dem  OeeebXfiBkomite  der  Ennstkommission  die  Aufirtellnng  im  Ansstellnngs- 
lokal.  Die  Leitung  der  Ausstellung  ist  der  Ennstkommtssion  übertragen,  welche 
am  Schluß  derselben  auch  ufii-  r  d*-n  hervorragenderen  Kunstwerken  diejenigen 
bezeichnet,  welche  sie  für  geeignet  halt  vom  Bund  anefkauft  zu  werden.  Bei 
der  Berathung  über  Arbeiten  von  Mitgliedern  der  ivurnmission  werden  diese  er- 
setst  doroh  Hitglieder  der  Anfnabme-Jnry.  Hit  dem  Antrag  auf  Erwerbung 
verbindet  die  Eommission  den  fernem,  wo  die  vom  Bund  angekanften  Gegen- 
stände bia  zur  Erstellung  einer  Nationalgalerie  aufzubewahren  sind,  worüber 
alsdann  das  Departement  de.s  Innern  entseheidet.  Die  erwnrlMnen  Kunstwerke 
können  dem  Schweizerischen  Kunstverein  oder  andern  Geuui>t>enscbaften  zur  Aus- 


')  Die  Schweizerische  Kunslkommission  begann  ihre  Thätigkeit  am  3.  August  188i^ 
und  bestand  aus  den  Herren  Obcr;=l  E.  Hotlipletz,  Proft-ssor  in  Zürich,  Prrisiiienl, 
Oberst  Tli.  v.  Saussure  in  Gent,  Vicepribideiil,  A.  Anker,  Malt;r  von  Ins,  F.  Bocion, 
Maler  in  Ouchy,  A.  Böcklin.  Maler  in  Zürich,  F.  Buchser.  Maler  in  Solotburn,  R.  Dorer^ 
Bildhauer  in  Raden,  E.  Duval,  Maler  in  fTenf,  A.  de  Meuron,  Maler  in  Ck>ttcise,  J. 
Muheim,  Maler  in  Luzern,  und  J.  J.  Stehlin-Burckbardt,  Architekt  in  Basel. 


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Kunät 


—     21)3  — 


Kumt 


Stellung  in  verschiedenen  ScWeixentädtm  liborkesen  werden.  Als  AuMtellungflort 
wurde  Bern  bezeicbnet,  insofern  der  Bandesrath  euf  Antrag  der  Kommission  nnd 

des  Departementen  des  Innern  findet,  daß  diese  Stadt  in  aiirtreichender  Weise 
ein  geeignet^*';,  unentgeltlich  zur  Vernigung  sttlu ndcs  Lokal  (lar.n    inrhtitnt. ''i 

Zur  Zi  it  der  nationalen  Kimstausstellnrig  kann  die  Kunstkommi.ssiun  unter 
Schweizer  Künstlern  ötf  euiliche  P  reisbcwerbunge  n  eröffnen  für  Auf- 
gaben BUS  dem  Gebiete  der  bildenden  Kttnete.  Die  eingelangten  Arbeiten  sind 
der  Beorlheilung  einer  besondern,  ron  der  Schweizerischen  Knnstkommission 
gewühlten  Jury  unterworfen.  Die  drei  besten  Lösungen  wprtlon  auf  den  Antrag 
des  Departementes  de»  Innern  vom  Hnndcsratli  mit  entsprechenden  T'reiseu  aus 
dem  Kunsttonds  bedacht.'^)  (Reglement  für  die  nationale  Kunstausstellung  vom 
2.  Februar  1889  ond  Reglement  der  Anfnahme-Jary  vom  18.  Januar  1890.) 

3,  Oeffeniliehet  nuMWiMHkUe  Kunsiweritt,  Eine  BwndeiSQbyention  an  die 
Erstellung  eines  Sffentlieben,  monumentalen  Kunstwerkes  kann  in  Frage  kommen, 
wenn  dasselbe  einen  hihtorischen  nnd  nationalen  Charaktrr  hat  und  die  Er« 
stell nngskoBten  muthraaßl  ch  40,0<M>  Franken  UbertJteigen.  Daa  Initiativkuinite 
des  ]u  ojfktirti'n  Werke«  hat  ein  Programm  desselben  mit  Kosten  Voranschlag  dem 
Bundesrat h  einzureichen  und  nach  deiiäen  Genehmigung  eine  üffentliche  Preis» 
bewerbnag  mit  Preisen  fUr  die  drei  besten  Leistangen  ausaoschreiben.  £ine 
Jury  von  3  —  5  Mitgliedern,  welche  von  dem  Initiativkomite  aus  einer  von  der 
Schweizerischen  Kunstkommission  anfgestelltcn  Doppcllisto  gewählt  wird,  bestimmt 
die  Preise.  Aus  den  prämierten  Entwürfen  wird  durch  das  Initiativkomite  der- 
jenige bezeichnet,  welchen  es  der  Schweizerischen  Kunbtkommission  unter  Bei- 
lage einer  Kostenberechnung  und  eines  Finaoaplaoes  zur  Anaftthrnng  emjiftehlt 
Letatere  begutachtet  dieten  Vorschlag,  sowie  die  Platsfrage  und  die  Hohe  der 
zu  gewährenden  Bundessubventton,  Uber  welche  dann  der  Bnndesrath  auf  Antrag 
des  Departementes  des  Innern  entscheidet. 

Wenn  ein  Subventif^nsgesneh  für  die  Ausführung  eines  direkt  von  einem 
Klinstier  ungoboieueu  Entwurfes  vorliegt,  so  läßt  ihn  die  Kunstkommission  durch 
eine  Jury  prüfen  und  stellt  auf  Grundlage  des  von  derselben  abgegebenen  Be- 
findcns  ihren  Autrag,  ob  der  EntWUtf  annehmltar  und  für  dessen  .\usfiihrung 
ein  Bundesbeitrag  zu  gewähren  sei,  oder  ob  eine  öffentliche  Wetibewerbung 
verlangt  werden  soll. 

Die  Bundessubvention  beträgt  wenigstens  ein  Fünftel,  höchstens  die  Hälfte 
der  durch  die  Preisbewerbnng  und  Anaftthrnng  entstehenden  Kosten.  (Reglement 
Uber  die  Gewährung  von  Bunderaubventionen  an  die  Erstellung  öfTentlicher,  monu* 
mentaler  Kunstwerke  vom  5.  März  1889.) 

II.  Betheiligung  des  Bundes  an  der  Erhaltung  von  Werken 

der  hiatorischen  Kunst. 

1.  Eiltaltuttff  und  Erwcrhuii'j  caterländhrhir  AUcrlhiimcr.  Sofern  es  der 
jeweilige  Stand  der  eidgenössisehen  Finansen  gestattet,  wird  im  eidgenössischen 

*)  Die  erste  nationale  Knnstau5;stellung  in  Bern  fand  vom  1.  .Mai  bis  sum  11.  Juni 
1890  statt.  Sie  cnthiolt  über  400  Arbeiten  von  2-2h  Schweizer  Künstlern.  FOr  die  Eid- 
gcnossenscliaft  wurden  37  bedeutendere  Kunstwerke  (20  Oelgemälde,  1  Aquarell,  & 
Radierungen  und  5  Skulpturen)  im  Gesammtwerth  von  Aber  100,000  Franken  angekauft. 

*l  Im  Jahr  1890  waren  diese  AulV'it>'  n  ein  Modell  einer  Teilstatue  nehst  ro-f;i- 
nieut,  mit  drei  Preisen  von  10)0  -300Ü  Frauken,  und  Zetchnuogeu  zu  Wandgemälden 
der  Aula  des  eidgenössischen  Polytechnikum«  («Baukunst*  und  «Ingenieurkunsl*),  mit 
drei  Preisen  von  .500  — 15(K)  Frankt  ii.  -U  Modelln  fincr  Tellslattte  und  87  Zeichnungen 
sind  eingelaugt.  Nur  zweite  und  dritte  l'reise  wurden  ertheill. 


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Knnst 


—    264  — 


Kunst 


A'^oranscblag  jährlich  für  dieMen  Zweck  ein  Kredit  ausgeaetzt,  welcher  die  Summe 
von  50,000  Franken  Bioht  ttWsteigen  6o)1.  Er  dient  sur  ErwerlHuig  von  Alter" 
thamem,  welche  ein  amgeeprochenet  {«meineidfeniteflisclLea  Intereeia  haben  und 

Uber  welche  der  Bund  sich  das  Eigenthums-  und  YerfUguiigsreoht  vorbehält; 
einstweilen  werden  dieselben  im  Bundesrathhans  in  Bern  oder  in  kantonalen 
Sammlungen  ii.  w.  suif bewahrt.  ')  Ferner  wird  dieser  Kredit  verwendet  zur 
Betheiliguug  au  Aubgrubuugeo,  für  die  Erhaltung  hiäturiseh  oder  künstlerisch 
hedeatsamer  BaudenkinJllwr  nad  sur  Unteratlltsung  kantonaler  Alterthttmereamm- 
lungen^  wenn  diese  eine  ihre  Kritfle  Uhersteigende  Erwerbung  von  ge»chichtlichem 
Interesse  zu  machen  wünschen.  Gegenstände,  welche  mit  Bundessubvention  an- 
gekauft w^orden  sind,  dllrfen  ohne  Qenehmigang  des  Bandesrathes  nicht  veräußert 
oder  ubgetreten  werden. 

lieber  die  jährlichen  Erwerbungen  oder  BeitrSge  und  UnterstUtnungen, 
welche  in  der  Regel  nicht  die  Hälfte  der  Kceten  ttbenrteigen  selten,  entscheidet 
der  Bundesrath  von  Fall  zu  Fall  auf  Grundlage  der  Anträge  seines  Departe- 
mentes des  Innern.  Unter  letzterem  steht  eine  vom  Pmi  ?esrath  je  auf  die  Daner 
von  drei  Jahren  bestellte  Eidgenössische  K  o  ui  ni  i  s  s  i  o  n  für  Erhaltung 
schweizerischer  AlterthUmer,  welche  alle  ihr  zugewiesenen,  auf  die 
Verwendung  der  Kredite  besttgUohen  Fragen  und  Geechfifte  begutachtet,  auf  die 
Erhaltnng  nnd  Erwerbung  von  vaterländischen  Alterthilmern  achtet  und  auch 
von  sich  aus  betreffende  Anträge  stellt.  Sie  kann  in  außerordentlichen  Fällen 
noch  geeignete  Sachverstfindif^e  heiziehen.  Ihre  Funktionen  wurden  bis  auf 
Weiteres  dem  Vorstände  der  Schweizerischen  Gesellschaft  für  Erhaltung  hit'lorischer 
Kunstdenkmäler  übertragen.  (Uunde^heeehloß  betreffend  die  Uetheiligung  des 
Bundes  an  den  Bestrebnngen  «ir  Erhaltung  und  Erwerbung  vaterländischer 
AlterthUmer  vom  30.  Juni  1886  'ind  Yollziehungsverordnung  vom  25.  Februar 
1887.) 

2.  Sdnccizerisriirs  La)iI''^f>>Hif}fm.  Dasselbe  i«;t  bestimmt,  bedeutsam« 
vitcrliiiidische  Alteithümer,  geschichtlicher  und  kunstgewerblicher  Natur  i>lan- 
miiUig  geordnet  aufzubewahren.  Es  soll  die  der  Kidgeno.^sßuschuft  angehörenden 
htBtori8ch*antiq.uaii8chen  Gegenstände  und  Sammlungen  aufnehmen,  deren  Zahl 
jeweilen  durch  Ankäufe  aus  den  Bundeskrediten  für  Erhaltung  vaterländischer 
Altertbümer,  aus  der  Merianstiftung,  durch  Vorgabungen  und  Geschenke  sich 
vermehrt.  Die  am  Sit^e  des  Landesrnti^ieirm-j  befindlichen ,  der  Stadt  oder 
ütt'eutlichen  Korporationen  oder  dem  Kanton  angehörenden  historisch-antiquariscbeu 
Sammlangen  sind  mit  denjenigen  des  Bandes  vereinigt  und  dürfen  von  ihren 
Eigenthttmem  dem  Landesmusenm  nicht  mehr  entzogen  werden.  Auch  von  andern 
Besitzern  unter  Vorbehalt  des  Eigenthums-  und  freien  Verfiigungsrechtcs  anver- 
traute, schweizerische  AlterthUmer  fmdrn  Aufnahme.  Die  durch  den  Bnule>- 
beschluß  vom  30.  Juni  18H6  zugesicherte  Unterstützung  de-  Hundts  darf  lun  h 
das  Landesmuscum  nicht  geschmälert  werden.  Letzteres  tritt  gegenüber  den 
öffentlichen  Alterthnmssammlungen  in  den  KantMmi  nicht  als  Konkurrent  auf, 
wenn  es  sich  um  Gegenstände  handelt,  welche  vorwiegend  kantonale  Bedeutung 
haben  oder  nicht  zur  Ergänzung  der  eidgenössischen  Sammlungen  noth wendig  sind. 

Die  Verwaltung  des  Museums  wird  unter  der  Oberaufsicht  des  Bundes- 
lathes  von  einer  Kommission  von  sieben  Mitgliedern  besorgt,  von  welchen  fÜni 
d  urch  den  Bundesrath  und  zwei  durch  die  betreffende,  kantonale  oder  städtisahe 


')  Der  Bund  hat  seil  ckin  Jahre  1884  bis  Ende  März  1890  naliezu  10,000  Alter- 
thdmer,  z.  Th.  sehr  «ertkvoUe  Saiainlungen,  angekauft. 


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Kunst 


—    265  — 


Kunst 


yolluebaag^behörde  gewählt  werden.  Die  KommLision  unterstützt  auch  die  übrigen 
^ffenttiolioii  Mtkwfliawiaehmi  AlterthttiDWBaiDmIaogen  durch  Ratbachllg«  ond  durah 
V«riiiitt1iing  TOii  Ankünfon,  Aostauseh  oder  Brimlunag  ron  Origiiwlwttrkcn, 
Kopien  u.  s.  w.  Der  unter  der  Komminioii  stehende  Koneervator  wild  auf  deren 

Vorschlag  vom  Bunde«rath  gewählt. 

Der  Kailton,  beziphnngsweise  die  Stadt,  in  welche  das  Landesmnfienm  ver- 
l^t  ist,  hat  daH  aus  deren  eigenen  Mitteln  anf  einem  liodenAächeDraum  von 
mindestens  3000  m*  nnd  nnli^ndem  Areal  Ton  8000  m*  nach  den  vom  Bnndes- 
rakh  genehmigten  Flinen  erstellte  Hauptgebäude  nud  dessen  allflUige,  spätem 
Nebengebäude  einzurichten  und  zu  unterhalten.  Der  Bund  trägt  hingegen  dio 
Kosten  der  Verwaltung,  Bedienung  und  Heizung,  sowie  dio  Versichernnfj;  der 
aufgenommenen  (xegenstände.  Der  tiitz  des  Landesmuseums  wird  von  der  Bunde«- 
Yersammlnng  bestimmt.  (Bondesbesehlnft  hoffend  die  IMohtnng  eines  sdiwei- 
serischen  Landeemnsetims  vom  27.  Jnni  1890.)  Kaobdem  uoh  die  beiden  fiftthe 
der  Bundesversammlung  Uber  den  Sitz  des  Landesmusenms  geeinigt,  wnrde  daselbe 
am  18.  Juni  181*1  der  Stadt  Zürich  zuerkannt. 

Meriansfifdoi;/.    Herr  L.  Merian ,  Huumcister  von  Biisel ,  hat  durcdi  sein 
Testament  vom  ti.  Juni  I8ti4  die  Schweizerische  Eidgeuossenschatt  za  meiner 
Universalerbin  eingesetit  mit  der  Uestimmang,  daß  das  naob  Befriedigung  der 
Legatare  znrückbleibende  Vermögen  sor  Erhuunng  oder  Vermehrung  eines  schwel* 
zerischcn  Landesmuseums  für  Kunst-   und  Kunstgewerbe-Gegenstände  früherer 
Zeiten  verwendet  werde.  Nach  dem  am  12.  März  1888  erfolgten  Tode  des  Erb- 
lassers trat  die  Eidgenossenschaft  in  den  Besitz  dieses  V^ermügeos,  welches  sich 
laut  amtlichem  Invwtar  naeh  Abzog  der  Passiven  nnd  Vermächtnisse  auf 
208,770  Franken  beltef.  Von  dieser  Summe  kamen  jedoch  namhafte  Betrage  in 
Abzug.    Entsprechend  ferneren  letztwilligeu  Veifni:ungen  des  Erblassers  wurde 
nämlich  eine  groUe  Anzahl  ztim  Tln  il  werthvoller  Gegenstände  seiner  Verlassen- 
8chaft  an  dessen  Freumlr  uii  1  an  ötlentliche  Sammlungen  sohenkunj^sweise  über- 
geben j   andere  im   Schätzungswerth   von    10,997  Franken  bind   vun  der  Eid- 
genSssisehen  Kommission  fBr  Erhaltung  schweizerisoher  Alterthttmer  fttr  das 
Landesmni^eum  bestimmt.  Gegenwärtig  haften  auf  dem  fruchtbaren  Kapitalfonds 
xwei  beträchtliche  persönliche  Kenten,  sc  daß  der  zu  dem  Griindungsz wecke  m 
verwendende  Ertrag  einstweilen  noch  unbedeutend  ist.  (Berichte  des  eidgenössischen 
Departementes  des  Innern  Uber  seine  Geschäftsführung  in  den  Jahren  1868  und 
1889.) 

3,  OcUfned  Kelter^Sttflun^.    Frau  Lydia  WeM  geb«  Escher  in  Genf  hat 

durch  Stiftungsurkunde  vom  6.  September  1890  der  schweizerischen  Eidgenossen* 
.Schaft  ihr  bedeutendes  Vennö;^^cn  schenkweis^e  abgetreten,  unter  der  Bedingung, 
daß  dasselbe  unter  dem  Namen  (lottfried  K'-Ilfc-Stittung  besundcrs  verwaltet 
und  der  Ertrag,  unbebchadet  den  übrigen  imuuzieiien  Lnterütützungeii,  welche 
der  Bund  den  bildenden  Kttnsten  snvendet,  aar  Erwerbung  bedeutender  Kunst- 
werke des  In«  nnd  Auslandes,  verwendet  werde,  wobei  jedoch  zeitgenössische 
Arbeiten  nur  aunnahmsweise  dürfen  berücksichtigt  werden.  Der  Bundesratli  hat 
den  Ort  und  das  Institut  zu  bestimmen,  wo  dieselben  aufzustellen  nind.  Findet 
sich  zu  solclten  Anküufen  keine  Gelegenheit,  so  dient  das  JahreserträgniÜ  der 
Stiftung,  jedoch  höchstens  bis  zu  dessen  Hälfte,  zur  Erstellung  nun  neuen  nnd 
aar  Erhaltung  von  bereits  vorhandenen  Kunstwerken ,  deren  Sffentliehe  Zweck- 
bestimmung dem  Lande  bleibend  xugesichert  ist.  Wenn  die  Eidgenossensohaft 
mit  dem  Auhland  in  einen  Krieg  geriith,  so  ?«ollen  während  dieser  Zeit  die  ver- 
fügbaren Mittel  der  Schenkung,  «tatt  fUr  die  Förderung  der  bildenden  KUnste, 


■ 


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Kansi 


2(jG  — 


LandwiTthschaft 


für  die  Pflege  der  verwundeten  und  krenken  WehriDäitner  dienen,  üeber  die 
Verwendung  der  Erträgnisse  der  Stiftung  entscheidet  eine  vom  Bundsrath  er- 
nnnntf^  mvl  unter  seiiuM*  Aufsicht  stcliciule  Koinmi?^sinr  von  fünf  Mitgliedern  mit 
dreijähriger  Anitsdancr,  wobei  die  Donatorin  sich  das  perhönliche  Recht  vor 
behalten  liut,  zwei  Mitglieder  seihst  zu  bezeichnen.  Zugleich  hat  sie  den  Wun^cU 
ausgesprochen,  den  Sitzungen  mit  beratbender  Stimme  beiznwolinen,  ein  Liitiativ- 
reeht  bei  Erwerbungen  fUr  die  Stiftung  ausanfibm  und  Yortchltfge  fllr  die  Wahl 
der  Kommiasjonsmitglieder  machen  zu  künnen.  Auf  die  Dauer  ihres  Lebens  bat 
«icl»  Frau  Welti  eine  Jahresrente  von  70,000  Fr.  aus  dem  Schenkungsverniögen 
vorbehalten  und  wäiiread  dieser  Zeit  darf  der  übrige  Ertrag  des  Vermögens  nur 
frir  die  Erwerbung  von  den  oben  näher  bezeichneten  Kunstwerken  benutzt 
werden.  Dar  Bandesrath  hat  am  16.  September  1890  die  Annahme  der  Stiftung 
erklärt.  (Bundeäblatt  180O,  ßd.  IV,  S.  4;i  J  und  R<;glemeDt  über  die  Geschäftsordnung 
der  eidg.  Kommission  der  Gottfried  Kelier-ätiftung  vom  9,  Juli  1891.)  (Ge- 
«cbrieben  im  Hommer  lö91.) 

Land^Hart-Davo^-ßnhu.  Eröffnet  am  U.  Oktober  1881)  von  Laudquart 
bis  Klo$terä  und  am  21.  Juli  lb90  von  Klosters  bis  Davos.    Bauliche  Läng» 

50,545  Meter. 

Landwirthschaft.    Der  auf  Seite  320 /n  im  II.  Band  mitgetheilte  Bundee- 
beschluBS  betreffend  die  Forrlening  der  Laudwirthschaft  durch  den  Bund  ist 
revisionsbedürftig  befunden  worden.    Eine  bczUgliclie  Vorlöge  wird  vermuthlich 
im  Desember  1892  der  Bundesversammhing  zugehen. 

(ErgKnzauf  der  Statistik  auf  Seite  330  m  im  IL  Bd.) 


Aiis;;a''fii  Ar-,  [jiinii's' 

B  o  %  e  1  e  Ii  n  u  II  ir  ^ 

1889  1880  1881 

1.  Ausstellungen,  laadwlrtliacbattllcbt   MOO  2,000  K  Tym 

a.  lui  Inlande   8,f00  %()0()  (i.öCMi 

h.  Im  Auslande    —  —  - 

t,  Viehseuchenpoiizoi   lSl,dtö  190.000  142^11 

rt,  Vcrscbicdcuei»   3,335  h,5Uti 

b.  Ent-icliAcligungen  an  Kantone  fQr  Maßnahmen  g^n 

Fiiiiilerpf><t.  Lung«'iiseuolie  ftc   —  —  — 

c.  Iiuplversuclie  ( KauscliltraniL  fiothliuil  etc.)  ....  —  —  — 

d.  ThierärzUiehe  ünlersucliungcn  hu  r  Jienze  .  .  .  117.890  lÄl,i94  142,311 
3.  Fördcrtmfj  drr  lanriwirth^rhaft  im  Mfr,f:rm.:inen  t!i  i,!  • -r 6.744  6,9&8  8,S18 
■i.  Verbreitung  von  landwtrthschaiti.  Fachsctiriftcfi  und  Abhaltung 

von  Wanderverlflgeo   32,441  40,Oß2  a3,*234 

a.  Von  Vereinen  herausgcjfeben  und  veranstaltet .  .  .  30,062  27,345  18,613 
6.  Wandervorträffe  eti-.,  von  Kantoneu  veraustailel  oder 

-iil»vrnli(iiiirt  r   12,379  14,817  14,621 

&  Forderung  des  Obit-  und  Weinbaues   17,968  U,651  67,4ti8 

<t.  Pomologisches  Bilderwerk   —  —  — 

b.  AllKeiucines  (  Abgabe  von  Edelreisern  etc.)  ....  1,434  1,498  1,500 

c.  Wein-Analysen   —  —  — 

Ä  Prftmirunf  von  Zwergobstbaum-Pflanzuugen .   ...  —  1,000  — 

c.  l^eln-nitfriiiif-  und  Biiunuvai ti^rkursc   575  —  — 

f.  WeinbauvcrsucbsstatioD  in  Lausanne   14,944  14,153  11, 

y.  Dentseb-Sebweizer.  Ymarhsstation  und  Schuk  fOr 

"1 Wein-  lu:  1  f;,,:  i-Ll-.,iu  in  Wadensweil   .   .  —  o4,o0a 

ft.  Fflrderung  der  Alp-  und  lAilcliwirthschaft   9i,m  71,039  U,Wi 

a.  Alppr&mirungen  (Alpinspeklioneo,  Kfise*  und  Muldien- 

prftmirung  etc.)   7,467  8,&37  13,<K)3 


V)  Im  Jalire  18ss  Fr.  599,195. 


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Latuiwirlhschall                          —    267    —  LandwirUiscbalL 

^         .    ^  Attttabea  dM  Buden 

S  o  z  e  i  o  Ii  n  un  ar                   '  '  .^^^ 

1889  1890  1891 

h.      invirtliM  linfil,  VenttchstUtioii  (Ansctiaffung  von 

Geriithen  etc.   —  906  — 

c.  Käi^ereikurse,  Käseuntersucbungen  u.  s.  w.  .   .   .   .  —  -  -  — 

d.  Molkereischulf'n  nnd  Musterkil^t-n  icn    .....  lM.iSi2  «»0.32i  tS,r.45 

e.  Beiträge  an  KantDiu-  für  Käsereiinspektionen    ♦    .  2,088  2,988 

7.  LandwirthschafUiche  Statistik   —  —  ~ 

8.  Förderung  der  Bienenzucht  iinkl.  Seidenzuclit )     ....  LOW)  1,000  1,000 

9.  Hebung  der  Pferd&zucM   Ni.O^i  151,4.'»4  isö.tKM) 

a.  Henpsteiiankiiufe   21,331  72,601  93,872 

h.  Slutfohleiipriiinirungen   3G.i30  44,(J(K)  54,080 

c.  Audo^weili|^e  Förderung  (Expeiliseo  etc.)   4,759  7,(i48  4,449 

d.  Beiträ^'e  für  Fohlenweiden   8,164  8,515  n,Ma 

e.  Beiträge  für  Maulthierzueht   —  —  — 

f.  Beitr.u'e  für  Hufschmiedekui-se   2,031  3,3*.K)  3,141 

Q.  Unterhalt  eines  Rennontendepöts  (in  Thun)  ....  14,368  13.307  16.G15 

h.  Unterhrill  <  im-  Hengstend^lHiU  (in  Thun)    ....  —  1,393  923 

10.  Agrikultur-chemische  Versuche   3,49«  3,488  5,16S 

11.  Maiinahm«!)  gegen  Schäden,  welche  die  landwirthschattliche 

PraduMioii  bedrohen   80,000  19«,76S  114,784 

a.  Reblaus:  All|.'eiii(  im  Au<l:i;:.  ti   610  5,96:2  358 

Entschädigungen  an  Kantone   59,aU0  60,047  61,^10 

Kongresse  etc.  •..   —  —  — 

\  er  urtie  zur  Vertilgung  der  Reblaus   .  .  20,000  loo  '2sm 

b.  Hagelversiclierung   —  28,264  50,420 

c.  Blutlaus:  Allgemeine  Auslagen   —  —  — 

Entschädigungen  an  Kantone   —  —  — 

12.  Hebung  der  Rindvfeh?ucht   ld4,M7  138,486  190,80» 

a.  Verbesserung  der  kleinen  lUudvieltachläge : 

BeitrAge  an  Kantone   —  —  — 

Allgemeine«:  —  —  — 

h.  Heerdebuch  (s.  Viehzucht)   —  —  — 

c.  Pi  äniirung  von  ZuchL«tier«n  und  Stierkftlbern  .   .   .  125,26$  134,5&]  126,685- 

d.  Pramirung  \on  /iiohfftTnilion   29,058  —  55,637 

e.  Beiträge  an  Kantone  für  Anwendung  des  Punkt ir- 

und  .Meßverrahreos                                        .  —  704  |  a  u-n 

f.  Allgemeinem   621  30  )  ^'"^'^ 

g.  Beitrüge  an    die  lirnndungskoslen   von  Viehzucht- 

geDOfleensehAfteii   —  7,200  6300 

13i  Mfbmg  der  Kleinviehzacht  (Import  von  Zuchtscbafen  und 

FluTn  rtr  I   —  600  600 

14.  Hebung  des  Pttanzen-,  Garten*  und  GemiUebaueft  ....  17,210  15,292  19,094 
a.  Futterbau   5,000  5,000  5,000 

6.  Anbau  von  Zuckerrüben   —  -  — 

c.  Prslmirung  von  Schul-  und  Muslergärten  u.  s.  w. .   .  4,083  3,183  6,200 

d.  Genulsebaukurse   —  —  — 

e.  Hf>liiiii;/  der  Tahakktiltur  — 

f.  Garleubaustliule  in  Genf   bi,l27  7.109  7. 894 

15.  Undwirthschaftüchet  Unterrichtswesen   48,454  49,201  54,107 

a.  Stipendien   4,000  4,39<3  3,786 

b.  Beiträge  an  theoretisch-praktische  Ackerliauschulen  .  30,646  32.340  36,()16 

c.  Beiträge  an  landwirthschafUiche  Winterschulen    .   .  13,808  12,471  13,705 

13.  Badeaverbeeserungen   99.603  80,000 

a.  Beiträge  an  Untemehmangen.   19,843  19.874  29.970 

fr.  Allgemänea  ,   157  I  Jti  30 

ToUl   .   .  630,999  765,494  922,123 


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Langenthal-Uiittwjrt'Bahn 


—    268  — 


Lebensnittdkoiitrole 


Langenthal-Hiittwyl-Bahn«  Wurde  erSffnet  am  1.  Noyember  1889 
Baaliehe  Lftnge  13,916  Meter. 

IjebeBsmittelkontroIft.  (Ergänzung  des  Artikels  im  II,  Band,  iiaeli  eineni 
vom  eidg.  SaaitKtBreferenten  Dr.  Schmid  im  Verein  Bohweix.  analytischer  Chemiker 

gehaltenen  Vortrag).  Der  auf  Seile  334  erwähnten  Motion  Curti  war  schon  im 
Jiihro  1882  ein  Hhnliches  Postulat  Torausgegangen.    Dasselbe  hatte  folgenden 

Wortlaut ; 

«Der  Bundesralh  wird  eini^ladcn,  Qber  die  Frage  Beriebt  zu  crstattCD,  ob  es  nicht 
angezeigt  tmd  vom  verfassungsmäßigen  Standpunkt  aus  zulAAig  sei,  von  Bunde«  wegen 
die  nSlhigen  Maaßnabuien  zu  trvfTm,  um  die  Konsamenten  tot  gefUsehten  oder  ge- 
sundheitsschädlichen Getränken  zu  scbülzen*. 

Der  Bandesroth  begutachtete  dieses  Postalat  io  ablehnendem  Sinne,  bean« 
tragte  jedoch  der  Bnndesyersamminng,  die  Kompetena  des  Bundes  aam  Brlaß 

gtisetslicher  Basti mmungcn  gegen  tmehrliehe  Konkurrenz  vorzubehaUen.  Diesen 
Antrag  genehmigte  diß  BundoRversaaMnloQg  am  27.  Juni  1884. 

Tn  (lor  Begi  ündung  des  Antrages  wie»  der  Bundeerath  darauf  hin,  daß  das* 
Departement  rius  Innern  und  diü  Kantonsregiernngen  mit  Rücksicht  auf  die  in 
den  meisten  Kantonen  bestehenden  diesbezüglichen  geaetzlichen  Bestimmungen 
-die  Notbwendigkeit  des  Erlasses  mm  BundeBgesetaes  -verneint  hitten  und 
die  Kompetenz  des  Bundes  zur  Aufstellung  yon  8trafbet>tinimungen  gegen  Filschimg, 
Verfälschung,  betrüi^'lielie  Bezeichnung  ti.  8.  w.  von  Nahrongsmltteln  vom  eidg. 
JUHtiz-  und  Polizeideparttment  bestritten  wei*de. 

Der  Motion  Curti  folgte  im  Oktober  lbti8  eine  Eingabe  des  Vereins 
scbweiaeriscber  Hetegermeister,  durch  weldie  die  BnndeebehQrden  ersnebt  wurden, 
4lie  Frage  der  Erstellung  nnd  des  Verkauft  gesunder  Lehensmittel  auch  mit  Be- 
zug auf  die  unenigeHliche  Fleischschau  und  die  Kontrole  von  importirtem  Fett, 
Fleisch,  WurHtwttaren.  Wildpret  und  Fischen  beförderlich  prafen  nnd  auf  geeetz- 
geberischem  Wege  erledigen  zu  wollen. 

Ferner  wurde  bei  Anlaß  der  Genehmigung  der  Uandeläkonvention  mit 
<Trteehenland  am  26.  Juni  1889  folgender  Bundeebesebluß  ge&ßt: 

,Der  Bundesruth  wird  eingeladen,  mit  m^^glichster  Beförderung  ein  Bandesgesetz 
über  den  Wcinhundel  aurauarbeiten  und  den  Rathen  zu  unterbreiten". 

Die  Anrpgun<r  7.n  diesem  Beschluß  ging  direkt  vom  Bundesrathe  aus,  indem 
•derselbe  in  der  Uetretlen.len  BotHchaft  u.  a.  hügte: 

Ks  darl  uiclu  zu^^ej/elu  n  werden,  duL  unter  der  Benennung  ,Nalurwein'*  Trocken- 
beer* oder  Kun.slwein  verkauft  und  dadurrh  das  l^blikum  irregeleitet  iin<l  unser  Wein- 
bau durch  eine  solclif  Konkurn-nz  gcsehadigt  wird.  In  neuerer  Zeit  -iiid  riin).'f  Kantone 
mit  der  Aufstellung  vun  gesetzlichen  Vorschrinen  über  den  Weinh.iudcl  vorKcgangen, 
aber  es  kann  nur  durcl»  ein  einheitliches  Gesetz  verhindert  werden,  daß  Trockeubeer- 
und  Kmijitwein  als  Naturwein  ;iuf  den  Markt  i.'elanpen,  den  Produzenten  dp>  lefzern 
schädigen  und  den  Konsutnenleu  lüu»eheu.  Die  Kompetenz  zu  einem  solciien  Bundes- 
gesetz liegt  in  Artikel  31  lit  c  und  Artikel  6i  der  Bundesv^assung*. 

Doch  alle  diese  Beschlüsse  und  Anregungen  hatten  kein  greifbares  Resultat. 

Da  stellte  sieh  ;un  10.  November  1890  der  Verein  schweizerischer  analytischer 

•('hemiker  mit  einer  lies<dution  ein,  die  derselbe  auf  Grund  eines  Vortrages  des 

st.  gallischen  Kantonschemikers  Dr.  Ambühl  Uber  die  Organisation  der  Lebens- 

mittelpolisei  in  den  ediweiieiisclien  Kantimen  and  die  Wttnsobbarkeit  einer  eidg. 

Lebensmittelgesetigebung  ge&ßt  hatte.  Die  Benolntion  lantete: 

,Der  Verein  schweizcriseher  analytischer  Chemiker  hält  die  Erlassung  eines  eidg. 
Lebensmittelgcsctzes  als  in  hohem  Grade  nothwendig  und  wflnschbar  und  begrüßt  die- 
joelhc  als  im  Interesse  der  Volksgesundheit  und  Volkswohlfahrt  liegend.  Bis  zum  Inkraft- 


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Lebeiismittelkoatr<d« 


269  — 


LebenamiUelkoDtrole 


treten  eines  solcboD  Ge?jet-zes  sullleu  au  den  ZoiLstätten  die  geeigneten  Maaßregeln  zur 
Verhinderung  d«r  Einfulir  getlbchter  Lebenmittd,  im  Besonderen  von  Wein,  Speisefetten 

und  Kolonialwanren  gctrolTen  werden". 

Die>!0  Kini^nbc  von  ho  kompetenter  Seite,  unter«tützt  von  der  ichweizenHchen 
Aerztekommission  mittelst  Schreiben«  vom  2y.  November  gl.  J.,  vermochte  das 
eidg.  Dep«rtonMQt  des  Innern,  nebet  den  eidg.  Juat»-  tttwi  Poliieidepartement, 
welohem  aeiner  Zeit  die  Begntaolitinig  der  einwhlägigen  Anregangen  sngewiesea 
worden,  die  Frage  der  Schaffung  einea  aehweixeriachen  Lebenamittelpolizei^^esetsea 
hanptsaohliob  vom  Standpunkte  dea  öffientliehen  Sanit&taweaena  aoa  prüfen  sa 
laasei). 

Da  uan  vorauÄSUiiehen  war,  daß  die  Frage  keine  leicht  uud  rasch  zu 
IjSaMide  sein  werde,  ao  wmrde  ann&oliat  der  Veranch  gemacht,  den  sweit«m  Tlieil 
der  oberwähnten  Resotution  (Eontrole  der  wichtigsten  Lebensmittel  an  der  Grenze) 
in  AnsfUhrnng  zu  bringen.  Er  Kohciterte  jedot  h  an  den  Schwierigkeiten. 

Während  das  eidg.  Departement  de»  lauern  mit  der  Sammlang  des  ein- 
schlägigen Materiales  und  dem  Stadium  der  ganzen  Angelegenheit  beschattigt 
war»  liefen  bei  demaelben  nooh  folgende  Petitionen  ein: 

1)  Vom  Verbände  aohweiieriaober  Metsgermeiater  betreffend  Erlaß  eine» 
eidg.  Nahmngamittelpoliieigeaetmat  vom  Augnat  1891.  Dieaer  Verband  wttnadit 

inslie^ondere,  daß  die  Fleischschautaxe  als  eine  verfassungswidrige  Konaamateoer 
abgeschafft  werde  nnd  daß  tiberhanpt  die  Untersuchung  aämmtlicber  Nahmnge- 
mittel  und  Gebrauchsgegenstäiido  taxfrei  erfolge. 

2)  Vom  Stadtrath  Zürich,  d.  d.  11.  September  1691,  wünschend,  daß  ein 
Behweiaeriachea  Lebenamittelgeaets  geaohaffen  werde,  daa  aiob  aneb  anf  Gebrancba» 
gegenstände  ausdehne. 

3)  Vom  Kegicrungsrath  dea  Kantona  Zilriohf  d.  d.  12.  Noyembw  1691» 
in  gleichem  Sinne  gehalten. 

4)  Vom  ücgierungsrath  des  Kantons  Aargau,  d.  d.  lÜ.  Februar  18Ü2. 
Deraelbe  ridhtet  in  Aneftebrniig  einea  Großratbabeachloaaea  daa  Geanoh  an  den 
BnndfaFath,  ,ea  mttebtan  mit  tbnnliehater  B^rdemng  BimdeaToraehriften  Uber 
die  Kontrole  der  Nahrnngamittel  (das  Schlachtvieh  inbegriffen)  und  der  GenuÜ- 
mittel  erlassen,  m.  a.  W.  ein  Bnndesf^esetz  üher  die  gesamnite  Lebensmittel- 
polizei,  die  Fleihclisr  hau  als  wesentlichen  Bestandtheil  derselben  inbegrilfcn,  anl 
gestellt  und  durcbgetuhrt  werden^. 

6)  Von  üvr  atatiatiaoh-Yolkawirtaebaftlichen  Geaellacbaft  dea  Kantona  Bern, 
d.  d.  4.  März  1892. 

Gl  Vom  Verein  Hchweizerisoher  GesehiiftsreiHender,  d.  d.  14.  April  1892. 
Beide  Petitionen  rufen  ganz  allgemein  dem  Erlaß  eines  eidg.  Lebeiiyniittelgesetzes. 

Am  28.  April  1892  legte  das  eidg.  Departement  des  Innern,  nachdem  es 
die  Frage  nach  allen  Richtungen  geprüft  hatte,  dem  Bundesrath  einen  eiuläß- 
liohen  Bexioht  vor,  worin  ea,  in  Abweichung  yon  aeiner  im  Jahre  1884  ge- 
Infierfewi  AaaMit,  die  Wttnaehbarkeit  und  Kothwendigkeit  einea  Bundeageaetaea 
betreffend  den  Verkehr  mit  Lebensmitteln  und  gewissen  Gebrauchngegenetänden 
B«i»einanderRetzte.  Unter  Hinweis  anf  die  Blumer'^ehe  Interpretation  des  Art.  Ü 
der  Bundesverfassung  und  auf  verschiedene  Gesetze,  die,  ohne  an!<idrUcklich  in 
der  Bundesverfassung  vorgesehen  zu  sein,  erlassen  wurden  (z.  B.  das  Gesetz 
be^ffend  Kontrolirnng  and  Garantie  dea  Feingehaltea  der  Gold*  vnd  Silber- 
waaren,  daa  Bundesgesetz  über  den  Handel  mit  Gold-  und  Silberabfällen,  da« 
ßundesgesetz  betreffend  das  Verbot  der  Anwendung  g<  Iben  Phosphors  bei  der 
Zundbölzohenfiabrikation,  der  Bundeagesetsentworf  über  die  Geheimmittel)  wie 


LebensmUtelkontral« 


—    270  — 


Moratoriumdiiiieii 


ttttoh  im  lliiiblick  auf  eine  große  Zahl  von  neknnentseheiden  glaubte  das  eidg. 

Departement  des  Innern  annehmen  zu  dürfen,  dio  Bundesverfassung  insolvire  di« 
Befngniß  ein  ei'l^.  Le^lensmittf'lgpsipt^  zti  prlassni.  Efs  stellte  daher  beim  Bundei»- 
nithe  den  Aiitrag,  derselbe  inüge  diese  Koiiipetenz  als  vorhanden  annehmen  und 
das  iJepartement  des  Innern  zur  Vurlage  eines  Gesetzentwurfes  einladen.  In- 
dessen wnr  die  Mehrheit  des  Bandesrathee  der  Aneiehi,  daß  aus  der  jetzigen 
Bundesverfassung  das  Recht  zw  Anfiitellung  eines  eidg.  Lebenemittelpoliaeigesetses 
nicht  hergeleitet  werden  könne  und  daß  erst  eine  Revision  der  Art.  'M  und  69 
vorzunemhen  sei,  welche  vorzubereiten  das  Departement  des  Inneni  tHauftragt 
wurde.  Demgemäß  wird  das  Letzere  iu  Verbindung  mit  dem  Justiz-  und 
Poliseidepartement,  dem  Landwirthsohafts*  und  Industriedepartement  und  der 
Handelaabtheilnng  des  Auswitrtigen  au  Händen  der  Bundesversammlung  Desember- 
«ession  1892  RevieionsantrMge  ^rmnliren.  (Geschrieben  September  R92). 

Lebeusversichei'ung.   Siehe  im  Supplement  den  Artikel  .Yersicherung". 

Literarisches  und  künstlerisches  Eigenthum.    Der  internat:onalen 

Konvention  (s.  pa^  'Äbl  im  IT.  Bandl  ist  am  30.  Mai  1HS1>  nnoh  da.«  Fürstfnthum 
Monaco  beigetreten.  Die  auf  Seite  350  erwäbuteu  Uebereinkünfte  mit  Belgien 
and  Frankreich  wurden  gekündet  und  bisher  (Sept.  1892)  nicht  erneuert. 

Locic'-Brenets-Biihil.  Wurde  ertJffnet  am  1.  September  1890.  Baaliobe 
Länge  4296  Meter. 

Lnsern-AlpiiMhstad*  Diese  Theilstreoke  der  BrQnigbahn  wurde  erOfihet 
am  1.  Juni  1689.  Bauliche  Länge  13«  133  Meter. 

Luzeru-küsuuch-Iinnientiee-BHhn.  Concedirt  am  9.  Juni  1809.  Projek- 
tirte  LSnge  16,491  Meter.  Spurweite  l,4ss  Meter.  AdhUsionsbahn.  Lokomotiv 
betrieb.  Noch  im  Bau  befindlich    (November  1892.) 

Mulerei.  Siehe  den  Artikel  «Kunst"  im  II.  Band. 

Meteorologie.  Der  dem  Lexikon  angesagte  Artikel  wurde  nicht  geliefert. 
Einige  einseblilgige  Mittbeilongen  finden  sich  im  Artikel  „Landwirthsobaft*. 

Modell»  uad  Mustersehuts.  ffiehe  den  Artikel  „Sdiats  der  Mnster  and 
Modelle^  im  III.  Band  (5  Halbband). 

Monte  Gcneroso-Buhn.  Ihe  Strerkr  ('HiMdago-Btdluvista  wurde  (.'i-örtnet  am 
h,  Juni  1890,  die  Strecke  Bellavista- Veltu  um  22.  gleichen  Monats.  Bauliche 
Lttnge  beider  Strecken  ausammen  9031  Meter. 

Moratoriuinslinien  der  >ordostbahii  (Ergänzung  des  Artikels  im 
II.  Band).  In  VoIl/HL-bung  der  Zitier  2  de«  Bundesrathsbedchlußea  vom  23.  Juni 
1887  (s.  Band  II,  pag.  461)  bestimmte  der  Bnndeeratb  unterm  2&.  Oktober  1887, 
da6  der  Bau  der  Moratorinmslinien  mit  der  rechtsnfirigen  Zttriehaeebahn  sa  be> 

ginnen  habe,  und  setzte  bezüglich  der  Übrigen  Linien,  durch  Beschluß  vom 
2.').  ^\:n  I  SSS,  fulgeniie  Reihenfolge  fe'^t  :  Kobleiiz-Laiifenliir^-Stein,  Efzweilen- 
Feuertlialeii  (Schutl  liausenl.  Dielsdorf-Niederweningeu  und  Biilacl>  bezw.  I-iglisuu- 
Schatt'hauseti,  indem  er  bezüglich  der  Abzweigung  von  der  linksufrigen  Zürichsee- 
bahn  (Thalweil-Zng)  alle  weitern  Verfügungen  yorbehielt. 


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Morutoriuiiisliniea 


—    271  — 


Münz\Ye.*<?n 


Durch  Bnndesbesolilaß  vom  97.  Juni  1888  erfolgt«  bezüglich  der  rechts- 
ufrigen Zttrichseebahn  die  Festsetsoog  der  Friaten  für  die  Leistang  des  Finanz- 
ausweises, für  den  Baub^nn  und  die  Vollendung  und  hinsichtlich  der  andern 

Linien,  mit  Austu^bme  von  Tluihveil-Zug,  die  Bfstiinmnng  de»  YMlltMidunüT'^- 
tcrmins,  während  die  Beschlul.jl'iis>unn;  betreffend  die  letztere  Linie  bis  zur  Knr,- 
zessionaertheilung  fUr  das  uyuh  iiioht  konzeüsionirte  Theilstück  Sihlbrücke-Zug 
vorbehalten  worde.  Am  20.  Desomber  1888  folgte  die  FristverlSngerung  beiw. 
Fristansetzung  (tinunziellc  imd  technische  Vorlagen,  Baaheginn,  YoUendnng)  filr 
Koblenz-Laut'enhurg-Stein,  Etzweilen-Feuerthalen  bezw.  Schaffhausen  nnd  Bttlach 
bezw.  Eglisau-Schaff hausen.  Für  Dielsdorf-Niederweningen  fanden  die  Frist- 
ansetzungen und  die  spätem  Friötveriäogeruugen  besonders  statt  (B.  B.  vom 
20.  Dezember  1888  und  B.  ft.  B.  vom  28.  März  18B0  nnd  27.  Juni  1891). 

Am  38.  Jnni  1889  wurde  das  Endstttok  Fen«rthalen>Schaflfhanien  der  Linie 
Ktzweilcn-Schaffhausen  von  der  Bundesvenammlung  konzessionirt  und  am  25.  Juni 
I.SDO  folgte  die  Konzessionsertheiluug  »n  Nordostbahn  filr  eine  Linie  von 
Thaivvei!  in  der  Richtung  der  Gngend  bei  Si'ilbriicke  bis  zum  Balmhof  Zug, 
wobei  gleichzeitig  die  Konzession  des  Kantons  Zuricu  für  das  zürcherische  Tbeii- 
atflok  der  Linie  als  dahingefallen  erklärt  wnrde.  In  der  KoDMision  sind  für 
diese  Linie  die  Fristen  zur  Einreichung  der  techniaeben  und  ftnansiellen  Vor« 
lagen,  den  Baubeginn  und  die  Vollendung  enthalten. 

Für  die  rechtsufrip^e  Zürichseebahn  imißt<«  die  Vnllendungsfrist  durch 
Bundesbeschluß  vom  9.  Oktober  1890  erstreckt  werden  und  endlich  Übertrug 
die  Bundesversammlung  mit  Beschluß  vom  20.  Dezember  1890  die  verschiedenen 
KonseesioDen  fttr  die  Linie  Btsweilen-Sohaffbansen  anf  die  Kordostbahn. 

Von  den  Moratorium.slinien  sind  Dielsdorf-Niederweningen  am  12.  August 
1891  und  Kublenz-Laafenbnrg'Stein  am  1.  Augast  1892  dem  Betriebe  über- 
geben worden. 

Die  ßechtsutrige  ZUrichseebahu  betindet  hiih  z  Z.  (Oktober  1^92)  im  Bau. 
Der  Tunnel  nnter  dem  Poljrteehniknm  ist  durchgesi  hlagen.  Ebenso  haben  die 
Arbeiten  am  Albistunnel  der  Linie  Thalweil-Zug  im  November  1891  begonnen. 
Für  Etz weilen-Schaff hausen  wurde  das  allgemeine  Bauprojekt  für  den  grösseni 
Theil  der  Linie  am  7.  Dezember  1891  vom  Bundesrath  genehmigt,  so  daß  dem 
Baubeginn  auf  Friihjahr  1893  nichts  im  Wege  steht.  Auf  gleichen  Zeitpunkt 
-werden  voraussichtlich  an  der  Linie  Eglisau-Schaffbansen,  deren  Planvorlagen 
dem  Bnndesrathe  eingereidit  sind,  die  Arbeiten  in  Angriff  genommen  werden 
können. 

Mfinzwesen«  (Ergftnsang  des  Artikel«  im  IL  Band,  p.  466  u.  ff.  Ver^ 
fasser:  Edm.  Plate  1,  eidg.  Httnsdirektor.) 

I.  Theil:  Allgemeines. 

Die  schweizerisoheii  Verkehrsmiinzen  wurden  im  Jahre  1888  durch  Ans- 
4^be  eines  neuen  silbernen  FUnffrankeustUckes  vermehrt. 

Als  im  Jabre  1874  mit  der  Uraprägung  unserer  schweizerischen  Silber- 
niiinzen  (2,  1  und  '/i  Frankenstüoke)  begonnen  worden  war,  wurden  diese  '/lo 
und  Vi  i)  feinen  SilbermUozen  gem&ß  der  lateinischen  MUnzkonventioJi  vom  Jahre 
1865  dnrch  Stttoke  an  ^*/tw9  Feingehalt  ersetst.  Man  gab  gleichzeitig  diesen 
neuen  Münzen  nur  besseren  Untcrxlieidung  von  den  SilberraUnzen  früherer  Em- 
missioncn  ein  nenw  (reprh'ge,  indem  fur  den  Avers  das  Bild  der  sitzenden  Ilelvetia 
4urch  ein  sulclies  der  stehenden  Helvetia  ersetzt  wurde.  Seit  flem  Jabre  187-1 
hat  die  Schwei/,  keine  silbernen  Ftmffrankenstücke  mehr  geprägt,  theiLs  wegen 


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Mflnzweflen 


—  272 


Manxwesea 


der  stetigen  Kntvrerthang  die<ies  Stücket,  kervorgernfeii  durch  das  fortvrfihrende 
Sinken  des  Silberpreises,  tUeils  weil  vom  Jahre  1878  au  durch  Zusatzverträge 
zur  iateinischeD  Muazkonvention  vom  Jahre  1865  die  sämmtlichcTi,  die^^em  MUnz- 
verbAnde  auj^ehöreadea  Staaten  sich  verpflichtet  hatten,  während  der  Vertrag«- 
dftaer  kwao  silbernen  FttoffraolcdiMÜlcke  mehr  su  prägen.  Es  war  deßhelb  aacb 
keine  Nothwendijpkeit  vorbanden,  dem  nehweizeriechen  Fnnffrankenatllek  ein  neuea 
GejprSge  zu  geben. 

Bei  der  letzten  Erneuerung  des  liiteini.sehen  Münzvertrages  im  Jahre  18^*fV 
wurde  der  Schweiz  das  Recht  eiiigeräiimt ,  die  Umpriigung  ihrer  hiiberueu 
FUnffrankenstücke  bis  zum  Betrage  von  10  Millionen  Jb'niiiken  voizuiiehmeu. 
Dieser  Bestimmung  lag  die  Voraussetzung  der  Httnskonferens  su  Grunde,  dail 
es  zweckmäßig  sein  möchte,  diese  nur  mit  geripptem  Bande  versebene  Httnze 
in  eine  solche  mit  Kandsehrift  behufs  Erschwerung  von  Fälschungen  zu  traris- 
Ibrmiren.  Hierdurch  war  nun  die  Yeranlas^'utlg  gegeben,  fttr  das  scbweizerieche 
FUnffrankenstUck  ein  neues  Gepräge  zu  beschatten. 

Vach  mehrmaligen  Eonknrrensanssehreibnngen  umrde  die  Erstellnng  der 
Stempel  xnm  neuen  scbweiaerisohen  Fiinl&rankenstttok  an  Graveur  Sohwenser  in 
Stntli^rt  Übergeben,  und  im  Jahre  1((88  mit  der  Umpiignng  dieser  Mttnisorte 
begonnen. 

Es  mag  hier  gleichzeitig  nucii  bemerkt  werden,  dalj  vom  Jahre  ls8t>  an 
die  schweizerischen  Zwanzigfranken-  und  Füuffrankeustüuke  zur  Ernchwerung 
von  FKlsobnngen  mit  erhabener  Bandsehrift  geprägt  werden. 

Im  Jahre  1889  wui'de  das  Regulativ  für  Goldpräguugen  fUr  Rechnung 
dritter  Personen  vom  ^^>.  Jantiar  1n'73  (A.  S.  a.  F.  XI.  96)  abgeändert  durch 
Herabsetzung  .  des  Tarites  von  Fr.  15.  50  PrSglohn  für  1  Kg.  MUozgold  (90O 
Milliemes  Feingehalt)  auf  Fr.  C.  70. 

Der  lateioisdie  Mttnavertrag  ist  unterm  6.  November  1885  tüv  5  Jahre, 
also  bis  tarn  1.  Januar  1891  verlftngert  worden.  Da  derselbe  ein  Jahr  vor 
Ablauf  dieser  Frist  von  keinem  der  Vertragsstaaten  gekündet  worden  ist,  so 
bleibt  der  Vertrag  laut  Art.  13  deaaelben  atiUsohveigend  um  ein  Jahr,  und  so- 
ftirt  von  Jahr  zu  Jahr  verlängert. 

Kach  geschehener  Kündigung  bleibt  er  noch  ein  Jahr  vom  1.  .lanuar  an 
geredinet,  der  auf  die  Kündigung  folgt,  in  Kraft. 

Im  Xovember  1892  findet  in  Brüssel  eine  Mttuzkonferenz  >tatt,  um  über- 
die  von  den  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  angeregte  Freigebung  der 
Ausprägung  von  silbernen  Fünffrankenstücken  zu  berathen  (§  8  des  Vertrages^ 
Seite  496  II.  Band). 


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Mönzw«seii  —    273   —  Miliiiweseii 


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Fuznr,  Tolkawtrtk«eta»fti.Laaikoa  te  SobwclB. 


18 

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4 


Hdnzwesen  —    274    —  Münzwe^en 

Hierzu  folgende  BemerkuDgen :  DieAugabeii:  Präguagea  18Ö6 — 1891  um- 
ÜMtn  die  auf  Ende  1886  in  Zirkalation  rieh  beftndlichea  Mttosen  (naob  Abzug 
der  Rttckzttge)  plus  dtti  im  Zeitraum  von  188B  —  18'J1  geprügten  Mttnzen. 

Die  PrSgongen  von  FunffrankenstUcken  seit  dem  Jahre  1886  Bind  bloße 
lTmpntgnn?»^n,  nnd  sind  dazu  amscbließlich  f ttafCrankenthaler  alten  Gepräg»« 
verwendet  worden. 

EidgenöHinaobe  Schtttsenthaler,  mit  Werthbezeiebnung  versehen  nnd  unter 
»taatlieher  Anbiobt  geprigt,  sind  aeit  dem  Jabre  1885  keine  mebr  erstellt 
worden. 

Falsche  Münzen. 
Laut  dem  letzten  Mlinzvertra«;  der  latpinisphen  Miinzunion  vom  Ü.  November 
laab  hat  die  fr^nzösischö  Regieruug  unter  Anderem  auch  den  Auftrag  Über- 
nommen, alle  anf  die  Faleehmttnzerei  nod  das  Yorkommniß  von  fiilschen  Minsen 
im  Gebiete  der  EonTeutionistaatfen  bMtlgliclien  administrative»  und  statistisoben 
Dokumente  zueammenzostellen.  Zar  Erhebung  der  hii  zii  benöthigteu  Angaben 
für  die  Schweiz  hat  das  schweizerische  Finnnz  lepiirteiiicnt  narli  Kinholnng  de- 
einschlägigen  Materials  von  den  einzelnen  KautauHregierurigeu  die  uacht'ulgende 
Statistik  Uber  das  Vorkommen  von  falschen  Münzen  der  Staaten  der  lateinischen 
Mttnzunion  im  Gebiete  der  Schweiz  im  Jabre  1888  zusammengestellt. 


1 

Staaten 

GoldmOnzen  | 

Sl  bsrmttozsfl 

Total 

mFt. 

10  Fr. 

 1 

i  Fr 
1  

iFr. 

1  Fr. 

1  Fr. 

1 

».iPr.| 

Belgische  Münzen  .... 

1 

1 

1 

2 

Französischf?  Münzen  . 

7 

4 

  i 

21 

1 

6 

43  , 

Griechische  MUnzen     .    .  . 

1 

Ii 

•     2  1 

Italieniscbe  Httnzen     .    .  . 

3 

60 

14 

4 

3  1 

84 

Schweizeriaobe  Mttnzen    .  . 

1 

18 

143  I 

53 

11 

226  1 

1  11 

4 

100 

163  * 

63 

.c| 

357 

Aus  den  einzelnen  Kantuuen 

ergu 

bell  sich  lu 

igendc 

Angaben : 

GoMnUmaa 

SlIbermBniea 

1 

Kanteae 

1  Total 

«DJ*. 

10  Fr. 

4  Fr. 

.Fr. 

... 

l  Fr. 

';a  Fr. 

i  31 

2 

3 

1 

87 

9 

1  20 

36 

13 

3 

]  83 

i 



i 

Uri  

Schwyz     .......  1 

14 

14 

Unterwaiden  o.  W. 

Unterwaiden  n.  W«     .    .    .  : 

j 



z 

1 

1 

2 

1 

Uo 

1 

i- 

5 

8 

\  28 

Uebertrag 

10 

~2 

1  _ 
1 

1  80 

45 

24 

8 

\  169 

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Ifünzwesen 


—    275  — 


Neuchätel-St.-Blaise  Strass«nb. 


t 

MaiOni 

ünMrnliatm 

! 

Kantone 

"^Fr.j 

Taktal 

Total 

10  Fr. 

6  Fr.  j, 

6  Fr. 

»Fr. 

tWr, 

üebfirtrag 

10 

3 

z\ 

80 

45 

24 

8 

169 

Basel -Land  



1 

— 

8 

9 

6 

2 

— 

ö 

Appensell  L-Rh  

— 

— 



St.  Galten  

i 

j 

1 

1 



8 

9 

Thurgau  

6 

— 



6 

Waadt  

•  1 

7 

107 

38 

153 

- 

1 

,  

11 

■ 

■ 

4 

100 

163 

16  , 

1  357 

II  ■  I  I  l  I 

Wenn  aacb  dieaa  Statistik  nicht  alle  im  Jahre  1888  in  der  Schweis  be- 
ohaehtcten  falschen  Münzen  umfafisen  kann,  da  (^elbetreretändlich  niclit  alle  Stücke 
zxiT  Eenntniß  dt-r  betreffenrlcn  Behörden  gelaugten,  ao  ergehen  sich  daraus  doch 
schon  einige  ititereBäaute  Thatsachen. 


Weitaus  das  grölite  Kontingent  der  Falsifikate,  nämlich  63,5  ^/o  trägt 
«chweizerisehes  Gepräge;  dann  kommen  die  iialienischen  Uttnsen  mit  23,5  7o; 
die  franzSaischen  mit  1 2  '/o ;  die  belgischen  und  irriccbischen  mit  je  0,5  ^/o. 

Was  nun  die  Tlrrstfllungsart  dieser  falsclien  Münzen  anbetrifft,  so  unter- 
scheiden wir:  geprägte  und  gegossene  Nachahmungen.  Geprägt  kamen  fast  aus- 
fcbließlich  nur  GoldstUcke,  namentlich  20  Fr.-StUcke  vor.  Dieijetben  sind  aus 
einer  im  Gewtohte  genan  jnatirten  Platinjilatte  geprägt,  and  nachher  vergoldet 
worden,  und  sind  immerhiii  siemUch  schwierig  als  folsoh  an  erkennen,  mUssen 
daher  als  sehr  gefährlich  bezeichnet  werden.  Viel  größer  ist  die  Anzahl  der 
Gußprodnkte,  dies(dbe  umfaßt  iKuiittsäehlich  die  Silbermihizen  aller  Sorten. 

niesülb«'!!  sind  leicht  erkeuiihar,  daher  nicht  l)esi)üders  gefährlich.  Die  er- 
wähnte That.siiuhe,  daß  der  grüßte  Tbeil  dietier  falbcheu  Alüuzeu  tich weizerisches 
Gepräge  trägt,  erklKrt  sich  leicht  ans  dem  Umstände,  daß  aar  Herstellnng  der 
nSthigen  Gußraodelle  neue,  gut  erhaltene  Münzen  verwendet  werden  mllasen» 
wofttr  am  leichtesten  eben  s(hwei/.erische  Stücke  erhältlich  sind. 

Noch  mag  erwähnt  werden,  daß  mit  Vorliebe  stets  Zveifrankenstttcke  nach- 
geahmt  werden. 

Miirrcnbahn.  Warde  eröffnet  am  14.  August  1891.  Länge  der  Draht- 
amlstrecke  Lanterbmnnen-Grtttschalp  1317  Mieter,  der  elektrischen  Strecke 
Grtttsohaip-MlirreB  4333  Meter. 

Muster^  und  Modellschuts*  Siehe  den  Artikel  „Schnts  der  Master  nnd 
Modelle«  im  III.  Band. 

NeuchAtel-St-HlHlse-StrassRnbahn.  Conredirt  am  10.  Oktober  1890. 
Projektirte  Länge  5320  Meter.  Noch  im  Bau  befindlich.  (November  1892.)  Pferde- 
bahn. 


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Niederweuigen-Dielsdorf 


—  276 


Oesterreich-Ungarn 


VIeilerweiiigeii-DielsdorC  Diese  zam  KordostbohiuietK  gehörende  Bahn- 
strecke befindet  sich  seit  12.  Angast  1891  im  Betriehe.  Niberee  in  den  Ar- 
tikeln aUoratoriomalinien*  im  II«  Bend  nnd  im  Supplement. 

Oberlandbahnen  (Bemer).  BetrietmerSffiiuag  am  1.  JnH  1890.  Bauliche 
Länge  der  Strecke  Interlakcn-Lautcrbrunnen  12,485  Meter,  der  Strecke  Zwci- 
liitschinen-Grindelwald  11,1  G2  Meter.  Eine  dritte  Strecke  von  Lauterbrutinen 
über  die  kleine  Scheidegg  nach  Grindelwald  wird  im  Frühjahr  1893  dem  Betrieb 
Übergeben .   Länge  derselben  ee.  18  km. 

Oesterreich-Ungarn.  ^Ergänzung  des  Artikels  im  II.  Band.)  Der  Waaren- 
yvMu  mit  OMtmekii-üngani  gestaltete  sieh  in  den  Jahren  1886 — 1891  naeb 
der  eohwekeiwohen  WaarenTerkehiwtatistik  wie  folgt: 

l^ßedalhandel  in  Tausenden  von  Franken,  ohne  JSdelmetalle  in  Barren  oder 
Manien. 

1886      1887      1888      1889  1890 
Einfuhr  aus  Oesterreich- Ungarn    91,775    88,385    95,943  106,429  102,323 
Ansftthrnach  «  86,750    38,156    33,149    38,506  39,256 

An  den  Zahlen  pro  1887  181)0  hat  der  Vorort  dee  sobweizerischen 
Handels-  und  Industrievereins,  welcher  zum  Zwecke  der  Erneuerung  des  Haiidclt;- 
vertrages  eine  Enquete  veranstaltete,  Abstriche  vorgenommen,  nach  welchen 
folgende  Summen  verblieben: 

1887        1888  1889  1890 

£infnhranaOestr.*üng.  Fr.  86,187,000  93,430,000  100,606,000  100,176,000 
Ansfohrnach      „         .   34,085,000  29,950,000    34,516,000  36,086,000 
ITiiter  BerlicksichtigTing  der  Abstriche  betrugen  die  wiohtigstmi  Ein-  und 
Ausfuhrposteu  (die  Werthe  in  1000  Fr.  ausgedrückt): 


Einfuhr : 

Iöö7 

1888 

1889 

189u 

Bretter,  weichhölzerne     .    .  . 

789 

1,067 

1,268 

1,772 

680 

1,193 

1,816 

2,549 

3,388 

3,661 

37,550 

31,791 

26,601 

3,927 

4,H54 

2,187 

2,708 

2,163 

2,637 
1,193 

489 

1,081 

3,392 

4,815 

3,236 

2,137 

5,379 

5,849 

7,06:5 

Pilßzucker  

.  3,749 

2,769 

4,886 

5,000 

Wein  in  FäKsern  (Naturwein)  . 

.  5,182 

6,639 
286 

6,508 

6,225 

1,185 

938 

1,791 

.  8,373 

5,133 

9,899 

15.730 

1,706 

1,904 

2,222 

Schweine  

.  1,269 

363 

1,309 

1,091 

Ausfuhr : 

300 

300 

300 

Taidtonnbren  von  Niokel     .  . 

371 

480 

581 

587 

.    Silber  .    .  . 

.  4,311 

3,761 

4,140 

4,630 

„          ,    Gold  .    .  . 

.  4,570 

4,469 

4,951 

5  n:',7 

Maschinen  und  -Theile     ,    ,  . 

.  2,835 

1,868 

2,264 

2,345 

Echte  Bijouterie  

240 

211 

194 

248 

.  1,981 

1,148 

1,866 

2,035 

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Oesterreich- Ungarn  — 

277  — 

Pferdezucht 

1887 

1888 

1889 

1890 

3,091 

3,344 

3,841 

3,126 

1,215 

1,288 

1,341 

1,189 

Bauniwollfitickereien  

»08 

536 

5:52 

628 

803 

782 

971 

1,138 

1,040 

1,044 

1,050 

1,042 

Oewebe  vt»  Seide  und  Halbeeide  . 

1,930 

1,880 

1,939 

1,908 

485 

448 

542 

586 

Bän<!«>r  aoM  Seide  und  HalbaeidB  . 

549 

416 

609 

356 

KamiDs;arii  aus  Wolle  .... 

i,:n;^ 

1,472 

1,722 

1,838 

337 

303 

442 

446 

Die  anf  Seite  549  erwIliDten  cMtemioluMlk^itiigariachen  Zttlle  sind  Ittr  die 
nimliohen   Artikel   durch   den    schweis.*098teireicbieeheii  HaDdeUvertng  vom 


10.  Desember  1891  wie  folgt  gebunden  worden:  fl. 

Kä^e  per  100  kg.  5 

Chüculiide   ■„  45 

Baam Wollgarne,    a)  einfach,  roh   ,  6 — 14 

b)  donblirt,  roh   ,  8—16 

c)  gebleicht  oder  gefärbt     ...  ,  18-  24 

d)  für  den  Detailverkaaf     ...  „  ^55 
Baumwollgewebe,  a)  gemeine,  glatte   ^  32 — 60 

b)       „       gemusterte   ....  ,  40 — 70 

e)  «       dichte   ,  55—80 

d)  feine  (Garn  Nr.  50—100)  .    .  .  70—100 

e)  fdsste  (Garn  ttber  100)  ...  ,  140 

Gestickti!  Webewaaren                                                        „  150—225 

Seidenwaaren,  gestickt  oder  mit  Metallfaden    ...  „  400 

Seidengewebe  ( Ganzaeidö),  glatte   ,  200—400 

flalbeeidene  Sammet  und  SammetbMnder     ....  ,  300 

Andere  Halbeeideawaaren   „  225 

Kammgarne   «  10  — 14 

Maschinen   '5-25 

Taschenuhren  mit  goldenen  oder  vergoldeten  Gehäusen      per  Stück        0,30 — 1 

,          «    silbernen  od.  TerBilberten       «  ,  0,30 

,          ,    anderen  QehKnsen   „  0,30 

IWhengehäiiw,  goldene  oder  vergoldete     ....  «  0,10  -0,45 

silberne  oder  versilberte    ....  0,10 

Bijouterie  per  100  kg.  200—300 

Strohbänder  (bandartige  Strohgeflechte)   „  2 


Orbe-Chavoruay-Baiiii.  Concedirt  am  10.  Üktuber  1890.  Projektirte 
LSnge  4043  Meter,  wovon  Strafienbentttsnng  2275  Meter.  Sparwelte  1,4m  Meter. 
Elektrisch.  Nooh  im  Baa  beftndlieh.  (November  1892.) 

PatentburcHux.    Die  auf  Seite  561  im  II.  Band  erwShnten  Firmen 

Blum  il-  Co..  Bourry-Seqnin,  Imer-Schneider,  sowie  die  Firmen  Hanslin  &  Co. 
in  Bern  und  A.  Ritter  in  Basel  bilden  ein  schweizei  iächeH  Patentsyndikat. 

PfitenttHxeu  der  UandelsreisendoB*  Sieheden  Artikel  «Haosir verkehr* 

im  Su])plL-iii';iit. 

Pferdezucht.  Mitgetlieilt  von  lierrn  Habegger  auf  dem  eidg.  Landwirth- 
schaftsdepartement  (Ergänzung  des  Artikels  im  II.  Band).    Für  die  Förderung 


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—    278  — 


Fferdezuclit 


dar  Pferdemoht  wurden  aMt  dem  Inkrafttret«!  dar  besBgliohon  Yerordonng  vom 
33.  März  1887  (Vergl.  Seite  674  und  ff.  IL  Band)  dnrah  den  Band  folgend« 
Uoßnalunen  getroffen : 


I.  Ankauf  von  Znclithengsten. 
Die  nachfolgende  Tabelle  gif  t  Auskunft  über  die  mit  Bunde^aubvention  seit 
dem  Jahr  1887  importirten  Ualbbiuthengste  angio-noruiäunischer  Baase: 


Jahr 

Zahl 
di<r  Ilengite 

üurehachniUspNia 

Fr. 

Uebernehiner  Knnlone 

1887 

8 

5,4ü8.47 

Bern 

3,  Freiburg  2,  Wrndt  2,  St.  Gaüen  1. 

1888 

5 

7,004.  85 

• 

3,  Ba«elland  1,      „  1. 

3 

6,003. 76 

1 )  Losem  1 . 

1890 

3 

6,164.  11 

2,  Waadt  1. 

1891 

17 

6,785. 38 

m 

4,  Freiburg,  St.  Gallen  und  Wall»  je  3, 
Baf^elhuul,  Aargan  nnd  Neuenbarg  je  1. 
Eidg.  Depot  Thun  3. 

1693 

10 

6,693. 45 

» 

3,  Schwyz,  Freibarg  und  Waadt  je  1. 
Eidg.  Hengetondepot  Tbun  4. 

Alle  diese  Hengste  wurden  durch  eidg.  Experten  angekauft  und  zwar  in 
der  iSVtrfrmndie  (Departement  dn  Calvado*!,  France),  welche  das  *  :i  zil'p  Land  ist, 
wo  ByöteumtiHch  edle  Halbbluthengate  fllr  den  Verkauf  gezüchtet  werden.  Infolge 
der  grolku  Nachfrage,  welche  sich  dort  geltend  macht,  wird  es  jedoch  je  langer 
je  adhwieriger,  daielbet  zn  «nnehmbnen  Preoaen  BesoihKler  m  erwerben,  weleb« 
möglichst  nahe  Verwandtachaft  inm  YoUblnt,  d.  b.  vonflgtiehe  Abstammnng 
aof weisen. 

Obfichon  der  Bnnd  sich  in  erheblich  größerem  Maße  als  bisher  an  den 
Kosten  der  Zuchthengste  betheiligt,  indem  er  unter  der  Bedingung  des  Nachweises 
befriedigende  Zaebti^tung  bin  na  70  %  dieaer  Kosten  ttbernimmt  (vergl. 
Avt.  6  der  obenerwihsten  Tonndnnng),  ao  kommt  ea  doob  ISkAuA  aelten  vor, 
daß  Landwirlbe,  welche  bu  dabin  keine  Pferdezucht  getrieben  haben,  sich  da/u 
entschließen,  Uengsto  zu  erworben.  Die  Gr-inde  hiefür  liegen  einerseits  in  den 
ziemlich  hohen  i'reisen  der  Hengste,  andererseits  in  dem  großem  Kisiko,  das  mit 
dem  Halten  derselben  verbunden  iht  und  in  der  geringeren  Einträglichkeit  der 
Fferdesodit  gegenttber  der  Bindviebsnebt  flberbanpt. 

Eidg.  Hengstendepot. 
Wie  bereits  oben  bemerkt  wurden  im  Jahr  1891  3  und  im  Jahr  1892  4  anglo- 
norni'ffnner  Zuththengsto  auf  Rechnung  des  Bundes  angekauft  und  dadurch  den  Be- 
gehren entsprochen,  welche  von  PferdezUchtcrn  des  Kntlebuches  unlerm  27.  Mai  1891 
an  die  Bandesversammlung  gestellt  wurden  und  bezweckten,  daß  der  Bund  die  Air 
den  Fferdebeatand  dea  Entlebnohea  nSAigen  Zoehthengate  von  geeigneter  Baase 
'  und  von  guter  QiialitXt  beaebaffen,  dieaelben  Über  die  Beaehlfanit  in  dieaer  Tor- 
zugsweise  Pferdezucht  treibenden  Gegend  atationiren  nnd  w&hraiid  der  ttbrigen 
Zeit  in  der  Regieanstalt  in  Thun  nnterbringen  möchte. 

Was  den  Pferdeztichtern  des  Entlebuches,  beziehungsweise  dem  Kanton 
Luzern,  von  der  Bundesversammlung  gewährt  wurde,  das  muß  nunmehr  auf  Ver- 
langen anob  den  ttbrigen  Kantonen  bewilligt  werden.  Ea  sind  denn  auch  im 
Jahre  1892  derartige  Begehren  Ton  4  weitem  Kantonsbehörden  geatellt  und 
dementspreebend  aneh  4  weitere  ^bblnthengate  dem  eidg.  Depot  einverleibt 
worden. 

Auch  wurde  bereiUi  bei  Berathang  des  Budgets  pro  1890  im  Nationalrath 
der  Wnnaeb  ausgesprochen,  der  Bond  mScbte  eine  intensivere  Forderung  der 


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Pferdeniebt 


Fferdttaeht  dadiurali  «utniltM,  daß  «r  auf  ttgene  Bechnvng  VoUblntlHnigite  «a- 

Kchaife  und  dieselben  für  das  beste  Statenowtefial  des  Landes  zur  Zucht  bereit 
halte.  Nachdem  die  Anf::f"lefreii!i'nt  einer  größern  Anzahl  von  Vertretern  der 
Pferdezucht  tieibendeu  Kautuiie  zur  Ansichtsiiußeruug  vorgelegt  und  von  der 
bezüglichen  Konferenz  einstimmig  die  Darchführung  der  gemachten  Anregung 
empfoblen  wurde,  dod  im  Jahr  1890  3  Yollblntbengste  and  im  Jahr  1891 
2  solcher  auf  Rechnung  des  Bundes  importirt  worden.  Der  fftr  diese  ^iere  be- 
zahlte Durchhchnittspreis  betrug  Fr.  20,91.'). 

Mit  dem  Ankauf  von  Vollbluthengsten  wurde  nicht  nur  bezweckt,  die  (irund- 
luge  für  eine  bessere  und  rentablere  Pferdezucht  zu  geben,  sondern  auch  die 
3l8glidkkdt  an  aehaibn,  dnige  der  allerbesten  Tom  Ydlbhil  eneogten  Hengst- 
fohlen vom  Bande  als  Besohllev  .anerkennen"  nnd  eTentaell  wwerben  an  IcSnnen. 
Ein  richtiges  Urtheil  dartfber,  ob  diese  Fohlen  sich  als  Zuchtpferde  eignen,  kann 
jedoch  P'Vf't  abgegeben  werden,  wenn  dieselben  dreijährig  sind.  Dagegen  haben 
viele  Rtulenbesitzcr  dem  schweizer.  Lnodwirthschafthdeiiartement  ihre  volle  Be- 
iricdxguug  über  die  erzielten  i'ohlen  au^gesprocben,  ein  Lub,  welches  Uberhaupt 
allgemein  gehVrt  wird. 

Diese  Vollblut-  wie  die  obenerwähnten  Halbblathengste  sitid  im  eidg.  Depot 
(Pferderegieanstalt)  in  Thun  untergebracht.  Während  der  Sprungzeit  werden  sie 
jedoch  auf  zweckmäßig  vertheilten  Be.^ohälpliitzen  den  Züchtern  zur  Verlugung 
gestellt  und  nach  Bedttrfniß  und  um  Verwuudtschaftszacht  zu  vermeiden,  verstellt 
and  anegeweelwilt.  Da»  Sprunggeld  iat  festgeeetat  für  VoUblat  aaf  Fr.  20  nnd 
für  Halbblttt  anf  F^.  15.  Dieser  Betrag  ist  nnmittelbar  vor  dem  Belegen  an 
beaahlen,  wofür  ein  Belegschein  ausgestellt  wird.  Sofern  die  Stute  beim  ersten 
Sprung  nicht  trächtig  geworden  ist,  so  kann  dieselbe  bei  Vorweisung  des  Belegt 
Scheines  beim  Vollbiutheng.-^t  ein  zweites,  beim  Ualbbiuthengst  ein  zweites  event- 
drittesmal  unentgeltlich  gedeckt  werden. 

BeiUglieh  des  Eisenbahntransportes  von  Stuten,  welche  den  YoUblntheogsten 
zageführt  werden,  sind  vom  schweiaerisohen  Eiaenbahnverband  folgende  erlmdk- 
temden  Bedingungen  ausgewirkt  worden  : 

1}  FUr  den  Hintrauttport  nach  einer  Besch&latation  ist  die  tariimäßige  Taxe 
zu  bezahlen ; 

2)  der  Versender  hat  der  Al^angstation  zu  erklttren,  daß  dw  Transport 
zam  Zweid:e  der  Znfuhr  seiner  Stote  nach  dner  eidgenSseisehen  Besehilstation 

stattfinde ; 

3)  auf  diese  KrklHrüng  bin  stellt  die  Abgangsstation  ein  Doppel  des  Empfangs- 
^•cheins  f[\r  den  niutran.sport  aus,  welches  von  d^r  Empfangsstation  dem  Empfänger 
als  Legitimation  für  die  spätere  RUcksendur:^'  auszuliefern  ist ; 

4)  der  Btlcktransport  nach  der  Qrsprüngliehea  Abgangsstation  wird  gratis 
erfolgen,  insofern  jeweilen  bei  der  Aufgabe  zum  Rücktransport  ein  yon  der  Begie- 
anstalt  ausgestellter  und  abgestempelter  Belegschein  vorgewiesen  und  das  unter 
Ziffer  3  erwähnte  Doppel  des  unprilngliohen  Empfongssoheina  dem  abfertigeoden 
Beamten  abgegeben  wird ; 

5)  bei  anfälliger  Rückbeförderung  der  fraglichen  Stuten  mit  Personenzügen 
sind  nodk  40  y.»  der  tarifmXßigen  Taxe  au  besablen  nnd  zwar  auch  dann,  wenn 
schon  der  Hintransport  mit  Personenzügen  erfolgt  ist. 

Um  zur  Deckung  durch  einen  Vdllbluthengst  zugelassen  zu  werden,  miissen 
die  Stuten  folgende  Bedingungen  erlüilen;  1)  Einer  verbesserten  Kasse  angeboren 
und  deren  Charakter  und  Eigenschaften  besitzen,  d.  h.  Kchöne  regelmäßige 
Formen,  Temperament  und  fireien  Gang  zeigen  oder  auch  Ereuungeprodukt  sein 


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Pferdezucht 


—  280  — 


Pferdezucht 


von  vom  Bunde  angekauften  Hengsten  mit  obgenannten  Kigenschaften :  2*^  Von 
guter  Geüutidheit  und  kräftig  sein,  ebenso  keine  Fehler  und  erblichen  Krankheiten 
bentven;  3)  BSsartige  Stuten  und  onerUttlieh  sbniwttBen. 

Fttr  die  Staten,  welche  Halblutbengeteii  warn.  DedcBn  voxgefllhrt  werden 
eollen,  wird  verlangt,  daß  eie  keine  weeentliolieii  Erbsdmftrafaigel  «ifvrai^ 
niobt  bösartig  sind. 

Die  Kantone,  in  welchmi  Deckstationen  errichtet  werden,  haben  unt  iitg  Itlicli 
für  zweckmäßige  Lnufställe  (^Boxen),  für  das  nöthige  Streuestroh,  für  cmeu  unter 
Dach  beflndJiehen  geeigneten  Beaohälplats  und  lllr  ein  in  der  mibe  dee  Stalte» 
g^jlcgf  nee  Lokal  für  den  Wärter  in  aorgen.  Ferner  hat  ein  patentirter  Thierarzt 
auf  Kosten  des  Kantons  die  Hengste  und  den  Beschälakt  zu  liberwachen  und 
die  vorschriftsmäßigen  Belegsoheine  auszustellen.  Die  durch  die  Benutzung  des 
ProbirbengMtes  entstehenden  Kosten  fallen  ebeufalla  zu  Lasten  der  Kantone. 
Flltternng,  Wartung  und  Pflege  der  eidg*  Hengtte  iat  Saobe  des  Bnndea. 

üeberdiea  wird  vor  der  Bewilligung  einer  Deoketation  Garantie  l&r  einen 
bestimmten  Betrag  an  Deokgebllbren  verlangt,  diea  namentlich  in  denjenigen 
Kantonen,  wo  geringe  Hengste,  welche  Eonknrrens  machen  kttnnt«a,  von  der 
öffentlichen  Zucht  nicht  ausgeschlossen  sind. 

Als  Deckstatiunen  für  VoUbluthengste  waren  btätiuuut: 
pro  1891  Thun,  Trantelan  (Bemer  Jnra),  Einsiedeln  und  Laneanne, 
^    1892  Thun,  Tramelan  und  Delabeig  (Berner  Jnra)  und  Lanaamie. 

Von  den  Halbbluthhengnten  waren  während  der  Sprungzeit  1S92  2  im 
Entlebuch  (Schüpfheirn)  und  einer  im  Pays  d'Enhaut  (Chateau  d'Oex). 

Der  Unterhalt  der  eidg.  Depots,  d.  h.  die  DilTerenK  swisohen  dem  Erlös 
an  Sprunggeldern  gegenüber  den  Ausgaben  fUr  JPourage  und  Yerpilegung  der 
Hengste,  fttr  Wlrterltthnnngen,  fttr  den  Transport  der  Hengste  von  und  nach 
den  Stationen  erforderte  eine  Ausgabe  zu  Lasten  des  Bundes  von  Fr.  1393 
pro  1890  ond  Fr.  805  pro  1891.    Hierin  ist  die  Stallmiethe  nioht  inb^rilfeii. 

Znehtergebnisse. 

Ueber  die  Verwendung  der  Hai bbluth engste,  welche  vom  Bunde  importirt 
oder         zur  Zucht  geeignet  „anerkannt**  worden  sind,  gibt  die  nachfolgende 


Tabelle  Aufecliliiß: 

Jahr      ZtklU  der 

ZticIitUeng«U.<       Z«hl  (i«r 

DniehMlullMuabl  der  Sttttm 

1H87 

97 

äGü5 

37 

1888 

93 

3713 

40 

1889 

88 

2904 

38 

1890 

84 

42 

1891 

77 

3756 

49 

1892 

H2 

4015 

47 

Die  Augabeu  vom  Jabr  1889  und 

ff.  basiren  sich 

auf  die  von  den  Hengsten- 

baltem  naob  amtliehem  Formnlar  an  fahrenden  Beleg  und  Geburtsregister, 
welche  dem  schweizer.  LaRdwirthschaftadepartement  alljKbrlioh  naeh  Sehlnß  der 

Spmngzeit  zur  Kontrole  abzuliefern  sind. 

Die  genntiern  Erhebungen  im  Inlaiule  und  die  in  den  nui^lündischen  Gestüten 
in  großem  Mal^slabe  gemachten  Erfahrungen  ergeben,  daß  durchschnittlich  und 
regelmäßig  G8  7o  i^er  gedeckten  Stuten  befruchtet  und  von  87  7o  befraobteten 
Stuten  lebende  Fohlen  geboren  wurden.  Folglieh  trifft  es  auf  100  gedeckte 
Stnten  59  lebensföhige  Fohlen. 

Von  den  VoUbkithengsten  wurden  belegt  im 


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Pferüezuchl 


—    281  — 


Pferdezucht 


Jahr  1890  (8  Hengste)  152  State»  1  ,    ,   ,        u  r  i  a*  *  a 

1891  (4  )  '^04  I  Stuten  pro  Hengst. 

l    1892  (3      !      )  190      !  „  03      .       „  , 

Von  den  IlalbblütheügKten  im  Besitze  des  Bunde«  wurden  zuHummen  14^ 
oder  pro  Uengät  60  Stuten  pro  1892  belegt.  Diese  Zahlen  sind  in  obiger 
ZosammeiMtenirag  nioht  iidMgriff«i. 

PrKmirnng  von  Stutfohlen  und  Znohtstnten. 

Alljährlich  finden  im  Monat  Mai  die  Schauen  statt,  an  wolohen  Stntfohlen 
und  Zuchtetuten  unter  den  in  Absduiitt  II  der  Ffenleznchtvprordnung  enthaltenen 
Bedingungen  dnrch  eidg.  Experten  geprUft  tind  jirämirt  werden. 

Gemäß  Beschluß  de^  BuiidcKiathe^  vum  17.  Mäiii  18^1  können  uuunieiir 
an  den  jKhrliehen  Stotfohlensobanen  auch  sehSne,  mindeitene  drei  nod  htehstena 
«eben  Jahre  alte  kräftige  Vollbhit-  und  edle  Halbblutgtnten  in  dem  Sinne  aar  Zucht 
„anerkannt"  nndpriiniirt  werden,  daß  den  Besitzern  derselben  eine  Prämie  von  Fr.  280 
in  Aussicht  gestellt  wird,  wenn  der  amtliche  Ausweis  geleistet  werden  kann,  daß 
die  Stute  nach  der  Prämirung  als  drei-  bis  siebenjährig  von  einem  vom  Bunde  als 
znr  Zucht  geeignet  anerkannt<»i  Hengste  bedeckt  worden  iat  and  daß  sie  innort 
12  Monaten  nach  dem  Tage  der  Besohälnng  ein  lebensffthigee  Fohlen  geboren  bat» 

Stuten,  die  bereits  prämirt  oder  zur  Zucht  verwendet  worden  oder  sogar 
trächtig  bind,  können  bei  dieser  Prämirung  nicht  mehr  berücksichtigt  werden. 
Eine  Ausnahme  hievon  bilden  nur  diejenigen  Stntcn,  welche  aus  der  ei  dg. 
Uegieaut»talt  un  PterdezUcbter  speziell  zu  Zuchtzwecken  abgegeben  wurden  und 
xafolge  der  Verordnung  vom  30  Jnli  1891  (s.  p.  284  hienaoh)  vor  ihrer  Abgabe 
dnroh  Vullbluthengüte  belegt  worden  sind. 

Mit  dies-m  Beschlüsse  sucht  der  Bundesrath  den  von  Mitgliedern  der  Bunde.s- 
ver.iammlung  und  von  Pferdezuehtgesellschaften  mchrffich  geiinßerten  Wünschen 
zu  entsprechen,  welche  grundsätzlich  alle  dabin  gehen,  es  möchte  für  bessere 
Zuchtstuten  gesurgt  werden. 

Des  weibliche  Pferdesaditmaterial  läßt  in  der  That  noeh  sehr  viel  an 
wünschen  nhvi<^.  Die  letzte  PferdeKfthlung  hat  zwar  eine  erheblicho  Besserung 
in  der  Zahl  und  in  der  Qualität  nnserf^r  Pferde  bestätigt.  Die  jährlichen  Stut- 
iohlcnschauen  weisen  ebenfalls  eine  fortwährende  Vermehrung  prämiruugswürdiger 
Stutfohlen  nach. 

Dagegen  ist  es  immer  noch  nioht  mSgUeh,  eine  nennenswerthe  Anzahl 
Kavallerieremonten  im  Inlande  zn  kaufen  und  größere  Depots  dreijähriger 
Remonten  zu  schaffen,  obwohl  der  Bund  für  dreijährige,  vorausichtlich  sich 
zur  Kavallerie  eignende  Pferde  gerne  durchschnittlich  tausend  und  noch  mehr 
Frauken  zahlen  wurde,  was  in  den  hiefür  geeigneten  Gegenden  die  Pferdezucht 
zu  einem  einträglichen  Erwerbszweig  machen  dürfte 

£s  ist  ferner  klar,  daß  ein  Zuobtmaterifl,  welches  nicht  im  Stande  ist, 
für  die  Kavallerie  geeignete  Remonten  au  liefern,  noch  weniger  aar  Zacht 
taugliche  Hengste  hervurbringcn  kann. 

Hervorragende  junge  Stuten  sind  naturgemiili  auch  hervorragende  Ge- 
brauchsthiere  und  deßhalb  theurer.  Ferner  ist  es  unmöglich,  zum  Voraus  zu 
wissen,  ob  eine  sebBne,  leistungvlühige  Stute  aneh  ein  gutes  Zachtthier  sein 
werde,  namentlioh  wenn  man  deren  Abstammung  nicht  kennt.  Darüber  geben 
nur  die  von  denselben  geborenen  Fohlen  seiner  Zeit  sichere  Auskunft. 

Der  erwähnte  Baschhiß  des  ßandesrathen  möchte  nun  eben  diese  Probe,  ob 
eine  Stute  sich  als  Zuchtpferd  eigne,  den  PferdezUchtern  erleichtem,  indem  er 
das  erste  Produkt  derselben  mit  Fr.  280  prämirt,  was  einer  Reduktion  des 


.  j  I.  d  by  Google 


Pferdflsudit  —    383    —  Pferdezucht 

Ankauftipreises  der  State  im  nämlichen  Betrage  gleichkommt.    Dieses  erste- 
Produkt,  welches  Jen  Werth  einer  jiuigen  Stute  nicht  nur  nicht  beeiutriirhtigt,  sondern 
in  der  Kegel  erhöht,  giebt  dann  dem  Züchtet*  Gelegenheit,  zu  beurtheilen,  ob  die 
Beibehaltang  der  ietxtern  zur  Zucht  in  aeioem  Interesse  liegt. 

Die  nachstehende  Tabelle  giebt  Aasknnft  Uber  die  Zmrkennttng  der  FrXoiiea ; 

,     1  fAi.„.„       PrÄmlrte  Fohlen  h«w.  ZiichtMtnten. 

d«r  SfhÄUcn.  Fehlen.     i-<)»hrig        > 'i>ri^     3  sjui.ri«  -Tjahrig 

h  Fr.  30,         4  ¥r.  *<i.  Kr.  20ti.  Kr.^tlO. 

mal  46  997  196  221  172  —  589 

1886  41  958  204  210  157  —  571 

1889  42  1,083  228  230  204  —  662 

1890  41  1,281  278  26.3  264  —  805 

1891  41  1,352  H44  298  237  7  8sn 

1892  40  1,622  440  338  255  13  1046 

Beitrüge  fUr  Fohlen  weiden. 
Des  Resultat  der  vorgenommenen  Primirungeo  lesgt  naehetehende  Tabelle  r 

Z-ihl  Zahl  der  HiAu'  de»< 

Jahr.         kantoue.    ^  g^mmerten  Fohlen.       Bundes M tragen. 

1M87  5  18  315  4  312 

188Ö  6  29  541  6,492 

1889  8  38  734  »,164 

1890  8  39  880  8,515 

1891  8  45  885  11,920 

1892  10  49  942  12,732 

Die  Weiden  werden  nach  ihrer  Lage  zum  Horizont  (eben  oder  Kteil),  nach 
der  Beschaffenheit  von  Grund  und  Boden,  dem  Zubtand  der  Ställe,  dem  Wasser, 
der  Zugabe  von  Heu,  Hafer  oder  Krliach,  der  Wartang,  dem  Nfthnrattand,  der 
Qualität  der  Fohlen  und  d^  Daner  der  Weideseit  benrtheilt.  Je  günstiger  die 
Note  fllr  jedes  dieser  Benrtheilnngsroerkmale  ansßtllt,  desto  höher  berechnet  sioli 
die  Quote  dpR  BundesbeitrageA  fiir  dn<  <  ii-zf-lne  trcsTmimerte  Fohlen.  Als  Mnxirarau 
hiefUr  ist  durch  Artikel  14  der  Kiugangs  ei  wähnten  Verordnung  Fr.  20  fest- 
gesetzt. 

Ale  anderweitige  Kafinahmen  snr  FSrderung  der  Fferdeioekt  sind  au  ver- 
aeiehnen  : 

tt.  Die  Beiträge  des  Bundes  an  Pferdeausstellungen  und  -Rennen,  so  z.  B. 
an  die  nesells^chaft  für  Verbesserung  der  Pferdezucht  in  der  romanischen  Schweiz, 
an  den  ächvveiiier.  Kennverein  (Air  Zuchtreunen  und  Trabfahren),  an  den  Kavaiierie" 
verein  der  Zentralschweix  und  an  die  Skonomisohe  Geselkchaft  des  Kanton» 
Bsm  ittr  die  Zentnlsehweiicr.  Ifurdeanntellong  (1889)  etc. 

b.  Die  üntentittzung  der  jKhrlinh   von  Kantonen  im  Interesse  der  bessern 
Ausbildung  der  Hufschmiede  veranstalteten  theorctiFchen  and  praktischen  Huf 
schmiedeknrse.    Der  Bundesbeitrag  ist  gleich  der  Hälfte  der  für  Lehrkräfte  und 
Lehrmittel  gehabten  Kosten. 

Wir  erwXhnen  im  Weitern  die  Errichtung  eines  Depots  von  dreijSbrigen 
Bemonten.  In  einer  Eingabe  an  den  Bandesrath  stellte  der  Vorstand  der  landw. 
Vereine  der  romanischen  Schweiz  das  Gesuch,  es  möchte  das  Minimum  des  Höhen- 
Riaße.H  für  die  jährlich  durch  das  Militärdepartement  anzukaufenden  Renionten 
zeitweise  auf  1  m  52  reduzirt  und  der  Versuch  gemacht  werden,  die  Pferde 
sehen  im  Alter  von  3  Jahren  ansnkanfen  und  in  besondern  Depots  bis  zur  vollen 
Gebrauehstfiobtigkeit  ansehen  an  lasNen. 


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 — , ....  


I'ferdezuclit 


—     283  — 


Flerdezuckl 


Der  bisher  befolgte  Weg  der  Hebung  unserer  Pferdezucht  durch  Kreuzung 
mit  anglo-norm.  Hengsten  mnft  niobt  b1d&  vom  landwirtbschaftUchen,  sondem 
anob  vom  militäriächen  Standpunkte  ans  als  der  riehtige  beieicbnet  werden,  da 
sich  da»  Schweiz.  Pferd  sowohl  zum  Reit-  als  zum  G^brntjchspferd  eignen  ratiß. 
Dagegen  scheint  noch  bei  vielen  Züchtern  dif  Aiit^hauung  vorzuherrschen,  als 
sei  ftir  die  Nachzucht  jede  ätute  gut  jk'OQug.  Ein  weiterer  Fehler  liegt  in  der 
vielfach  inationellen  Anfsnoht  der  jungen  Fohlen,  insbesondere  in  d«-  zu  frtthea 
Yerwendung  derselben  znr  Arbeit,  wodarch  deren  Gliedmaßen  rainirt  werden. 

üm  nnn  hanptsKoblioh  diesen  letatem  Ibngel  au  beben  nnd  gteicbxeittg  die 

BeBtrebnngen  der  sich  mit  der  Pferdezncht  befassenden  landw.  Bevölkerung  au 
unterstützen,  soweit  diese  Bestrebungen  in  der  Kichtung  der  Bi'schatTung  von 
Kavalleriepferdeu  stattfinden,  wurde  im  Jahre  1887  im  frUhern  Hengstfohlen- 
depot  in  Thun  ein  Fohlenremontendepot  errichtet. 

Die  Zahl  der  angekaaften  Fohlen,  sowie  die  d&fUr  bezahlten  Preise  sind  in 
naehstehender  Zusaromenstellong  ernehtHeb: 


Jabr  Angekanfle  Fohlen  Dordudmittspreis  \ 

1887  22  Fk>.  840  |  Die  Koeten  der  Aufzucht 

1888  44  „  10fi9  !  (FiUtermig,  Wartung  etc.) 

1889  48  „     819  j  variiren  /wischen  öOO  bis 

1890  40                        ,    909  I  ÖÜO  Fr.  pro  Fohlen. 
1091                34                      ,    960  / 


Fttr  den  Ankanf  der  dreijährigen  Pferde,  welcher  bm  Anlaß  der  Statfoblen> 
sobanea  dnroh  eidg.  Experten  stottfindet,  gelten  folgende  Vorschriften: 

Es  dürfen  nur  solche  Pferde  angi&anft  werden,  für  welche  der  Nachweia 

vorliegt,  diiß  sie  von  Hengsten  abstammen,  -welflM"  mit  Bnndessubvention  iraportirt 
oder  vom  Bund  als  zur  Zucht  geeignet,  „anerkannt "  wurden.  Präminipgswürdige 
Statfohleu  sind  nur  anzakaafen,  wenn  die  Wahrscheinlichkeit  vorliegt,  daß  die- 
selben nicht  zur  Zucht  Terwendet  wttrden.  Falls  Zttchter  derartige  Pferde  er- 
werben wollen,  soll  die  Kommisnon  denselben  keine  Konkorrens  machen.  Pferde^ 
welche  auf  Weiden  gesVmmert  wurden,  sind  solchen,  die  im  Stalle  aufgezogen 
wurden,  vorzuziehen.  Der  Bund  wird  jedoch  in  Zaknnit  nur  solche  Kemonten- 
ankaufen,  welche  an  den  Wei(]gaug  gewöhnt  sind. 

Die  anzukaufenden  Fohlen  solleu  ein  StockmaU  von  mindestens  152  cm 
besitaen,  von  gutem  Charakter  sein  und  sich  daroh  freien,  regelmäßigen  und 
ergiebigen  Gang  auszeichnen ;  der  Kopf  soll  leicht  und  gut  angesetzt  sein,  Kücken 
und  Lenden  kurz  und  der  horizontalen  Form  sich  annähern,  die  Gliedmaßen  rein 
und  von  richtiger  Stellung  und  die  Hufe  gut  nein. 

Die  Fohlen  mit  grauem  Hantel  werden  nicht  angenommen  und  es  sollen  nur 
mit  Tier  ausgebildetctt  firBatischnrndedbnen  ▼ersdimie  Thiere  angekauft  werden. 

Die  Fohlen  werden  baar  beiahlt  und  ani  den  AnkaufeplStmn  Übernommen. 

Für  die  Aufzucht  der  Fohlen  wird  das  der  Allmend  Verwaltung  angehörende 
Areal  in  Uebeschi  aln  Weide  beniitzt  und  zwar  vom  Monat  Mai  bi.s  zweite  Hälfte 
des  Monats  Oktober.  Im  darauffolgenden  Jahre  werden  die  Thiere  dnrch  eine 
speziell  hiezu  bezeichnete  Kommission  eingeschätzt  und  die  für  den  Keitdienst 
branchbaren  Thiere  von  der  iEavallerie  und  Pferderegieanstalt  ttbernommen,  die 
andern  aber  öffentlich  Tersteigert. 

Die  Differenz  zwischen  dem  Ankaufspreis  und  den  Rosten  der  Aufzucht 
gegenüber  der  Schatzungssumme  und  dem  Erlös  der  allfällifri-n  Steigerung  fällt 
zu  Lasten  des  Bundes.    Die  bezüglichen  aus  dem  Pferdezuchtkredit  gemachten 


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—    284  — 


PüatnsbabQ 


Bttokv«rgntungen  betrugen  pro  1887  Fr.  10,945,  pro  1888  SV.  94,737,  pro  1889 

Fr.  14,368,  pro  1890  Fr.  12,425  und  pro  1891  Fr.  16,615. 

Eine  Vergleicbnng  der  im  .lahr  1890  vorgenommeneD  PfordMilhluilg  ergab 
.gegenüber  derjenigen  von  1877  folgendes  Resultat: 

2,215  Pferde  mehr;  1H.804  weniger  dienstantaugliche  Pferde. 

Mehr  vorhanden  waren:  3,380  Reitpferde,  11,908  Zugpferde  und  673  als 
Sanmthiere  geeignete  Ibulthiere. 

Diese  ernelte  YerbeiMeraiig  r.iieerei  FferdebeRtaodee  darf  ongefthr  aar  Hallte 
der  inUndieohen  Zncht  gotgesobiieben  werden. 

Es  erübrigt  uns  nur  noch,  anf  die  provisorische  Verordnung  aufmerksam  zn 
machen,  welche  der  Bundesrath  nnterm  HO.  Jnli  1891  über  die  Abpabc  von 
Stuten  au8  der  Pferderegieaiihtak  und  dem  Zeutralremouteudepot  zu  Zuüiiizw&cken 
erlassen  hat. 

Ob  die  Angelegenheit  «pKter  eine  definitive  Regelung  erhalten  wird,  hSngt 

von  den  gemachten  K)  falirungen  ab,  welche  zur  Zeit  noch  fehlen. 

„Soweit  die  Verhültni.sse  es  gestatten,  können  aus  der  Regieanstalt  und  aus 
dem  Zeutrulremontendepot  zu  Zuchtzwecken  geeignete  Stuten  an  PferdezUchtcr 
abgegeben  werden. 

Die  Abgabe  erfolgt  nur  an  eoldie  Landwirthe  und  FfordesUebter,  welohe 

durcb  amtliche  Bescheinigung  den  Nachweii  leieten,  daß  ibre  Verbftltniiee  ihnen 

die  Verwendung  der  Pferde  zu  einer  rationellen  Zucht  ermöglichen. 

Dahcrige  Begehren  sind  jcwcilen  im  Laufe  des  Monats  Januar  durch  die 
kautuualeu  Behörden  au  daä  Landwirthschaftsdepartemeut  zu  richten. 

Die  znr  Abgabe  in  Znchtzweeken  sieh  eignenden  Stuten  werden  Ton  der 
Pferderegieanstalt,  beziehungsweise  von  der  Direktion  des  Zentralremontendepots, 
liezeichnet  Es  sollen  hiefUr  in  der  B/egel  nnr  eolohe  Pferde  bestimmt  werden, 
welche  bereits  geritten  sind. 

Die  Pferde  werden  zu  Anfang  des  Jahres  durch  eine  Fachkommission 
geschatrt.    Die  Schätzung  soll  den  Selbstkostenpreis  nicht  überschreiten. 

Die  Abgabe  findet  alljährlich  in  den  Honaten  Februar  bis  Hai  statt,  nnter 
folgenden  Bedingungen : 

Die  Auswahl  unter  den  Pferden  steht  dem  Käufer  frei. 

Der  Känfer  hat  sich  zu  verpflichten,  die  Pf'erdestute  wahrend  der  folgenden 
drei  Jahre  zur  Nachzucht  zu  verwenden.  Nach  dieser  Zeit  geht  das  Pferd  in 
«ein  frei«»  Yerfügungsredit  Uber. 

Vor  Ablauf  der  dreijUirigen  Frist  darf  die  Stnte  ohne  Bewilligung  der 
Begieanstalt,  beziehungsweise  des  Zentralremontendepots,  nicht  veräußert  werden. 

Die  Stuten  dürfen  nur  von  staatlich  anerkannt^-n  Hengsten  gedeckt  werden 
und  sind  jedes  Jahr  bei  den  ordentlichen  Fohlensohauea  der  betreffenden  Gegend 
vorzuftthren. 

Die  Ton  der  Regieanstalt  übernommenen  Stuten  sind  vor  der  Abgabe  dnreh 
•einen  VoUbluthcngst  decken  an  lassen.  Der  fiCanfpreis  ist  bei  der  ITebernafame 
"der  Stufe  haar  zu  bezahlen. 

Eine  Hdcknahme  der  verkauften  Stnten  findet,  gegen  Rückvergütung  des 
Kaufpri'ise»,  uur  in  dem  Falle  statt,  als  suiche  im  Laute  des  ersten  Jahres  nicht 
trächtig  werden  sollten.* 

Pilntii.sbHhn.  Eröffnet  am  1.  Juni  1889.  Erbaut  von  Baumeister  Locher- 
Freuler  und  Ed.  Guyer-Freuler  in  Zürich.  Bauliche  Länge  4,29ö  m.  Stationen 
Alpnachstad  und  Pilatnt-Kolm.  Anlagokapital  Ende  1890  Fr.  2*850,000,  wovon 


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Pilatttsbaha 


—   285  — 


Polyteehniknin 


2  Millionen  Aktien  und  850,000  conaolidirte  Anleihen.  Kn^t^  n  der  Bahnanlagen 
und  fetitea  Einrichtungen  Fr.  1'973,088  =459,4^^^*  per  Bahnkilometer.  Bcfürderte 
Reisende  im  Jahre  1890  37,317.  Betriehäeinnahmen  1890  Fr.  276,118.  Eein- 
ertiag  Fr.  161,302  =  6,667«'    Penonal  96  Mmüd. 

Plan-Eelltse-Blkhiu  Drabtseilbaltn,  ward«  erSShet  am  27.  Oktober  1890. 
Baiiliohe  LXsge  379  m. 

Polytechnikum.  (Ergänzung.)  Im  Jahre  1891  worden  neue  Studienpliin» 
filr  die  mefhanisch-teclmische  Schule  und  fnr  die  Foivtschtile  eingefiihrt.  Vom 
26,  Dezember  dutirt  ein  ueues  Reglemeiit  bn'treHVnd  die  agrikiilturchtnni.scht' 

Untersuchungsstutiun,  uud  vom  8.  .lanuar  1892  ein  »olches  betretend  die  Anstalt 
zur  Prüfung  von  Battmaterialien.    Am  10.  September  1892  wurde  ein  neuee. , 
Regulativ  für  die  Diplomprüfungen  erlasgen. 

Der  Bau  des  neuen  Physikgebäudes  wurde  1890  vollendet  und  das  physi- 
kalische Institut  in  demselben  bei  ßcginn  des  Wintersemesters  in  B-^trirb  gesetzt. 
Im  Dämlichen  (lebäudc  sind  ferner  die  meteorologische  Zentralanstait  und  die 
Zeatralanstalt  für  forätliches  Yeraui^nwesen  nntergebracbt.  —  Im  Jahre  1891 
fand  auch  der  Bau  und  Besog  eines  besonderen  GebSndea  für  die  Anetalt  anr 
FMlfnng  von  Baumaterialien  statt. 

Die  Frequena  der  Schule  «eit  1887/8  erhellt  aus  folgenden  Zahlen : 


1888/89  1889/90  1890/91 


20 

34 

44 

164 

163 

170 

Keohanisoh-technische  Schule    .  . 

192 

180 

210 

Chemisch-teohniBohe  Scbule  .    .  . 

m 

157 

147 

158 

Forstschule   . 

17 

19 

20 

Landwirthschaftliche  Schule     .  . 

39 

41 

35 

4 

4 

3 

40 

34 

36 

633 

622 

676 

261 

279 

;{28 

372 

343 

348 

Im  Schulrath  sind  folgende  Aenderungen  eingetreten : 

In  Folge  Ablebens  des  Herrn  SehnlrathsprSiiidettten  Kappeler  (20.  Okt.  1888) 
wurde  am  28.  Kovember  1888  Herr  Oberst  Bleuler  zur  Prfiaidentschaft  berufen. 
Am  15.  Februar  1889  erfolgte  die  Wahl  den  Herrn  Regierungsrath  HafFter  in 
Frauenfeld  zum  Mitglied  des  Schulrathes  und  am  26.  gleichen  Monats  die  Wahl 
des  Herrn  Dr.  Gnehm  zum  Vizepräsidenten.  Im  Juli  1891  starb  Oberingenieur 
Meyer  in  Laueanne.  Er  wurde  am  24.  November  durch  Herrn  Ingenieur 
A.  Kayille  in  Zttricb  ersetat. 

Finattnella  Datm: 


1888 

1889 

1890 

l  ! 

Schulgelder  und  GebUhreo. 

102,095 

69,503 

68,680 

71,77.') 

Bundes.su bvcntion  ')  . 

542,000 

527,000 

573,650 

Tolal  der  Einnahmen  .  . 

675,769 
380»702 

6^6,430 

675,300 

703,2iil 

Lebrerbeeoldungen   .    .  . 

399,830 

420,585 

426,467 

Sammlnngen  und  Anstalten 

126,383 

120,377 
6»4,880 

140,052 

67S,m 

164,735 

Ti4at  der  Ausgaben   .  . 

643,677 

7»5,56i 

*)  Obne  diejenige  für  die  PestlgkeitsprOfungsanstalt,  die  Samenkontrobtalion  und 
die  agrikultnrchem.  Ontersnehungsstation. 


Polytechnikum 


—    286  — 


Post 


j^mnitiiolie  Sftmmlungcii  sind  Im  Laafe  der  Tier  Jalire  tlieib  dnrofa  Ge- 
•ehenke,  theils  durch  Ankäufe  bereichert  worden,  insbe^onikrc  die  naturwissea- 

schaftücbe  durch  die  um  Fr.  40,000  erworbene  S.  Hotirsche  Sammlung  fo88iler 
»Säugethiere  dor  1' Hinpapregion.  Die  zoologisclie  S:uunilung  crliieU  n.  A.  einen 
bedeutenden  Zuwaciis  durch  die  ihr  iegirte  Muuason'sche  Sammlung  von  Land- 
und  Btt0wie8er.KoiicbyIien.  Der  Bettend  der  Bibliothek  hob  eieh  bis  Ende  1891 
auf  30,180  Binde. 

Das  l.ehrpcrionai  besteht  gegenwärtig  (Anfang-^  November  1892)  au8  52 
ordentUeben  Prof  essoren»  10  Honorarprofessoren,  4  Eül&iehrero,  30  Aaeiateaten, 
■39  Privatdozenten. 

Aus  dem  Lehrkörper  ausgeschieden  sind  die  Herreu  :  i'roi  -hon.  Kaitierf, 
Prof.  Dr.  Sebneebelif.  Prof.  Gladbach,  Prof.-hon  Werdmttllerf,  Prof.  Petit, 
nach  Paris  berufen,  Prof.  Pestalonif,  Prof.  Frobeniua,  Prof  Sohottky,  nach 
Marburg  berufen,  Prof.  Sebär,  berufen  nacli  Straßburg,  Prof.  Sapsworth,  bernfen 
jiach  Englaad,  Prof.  Arthur  Huiitzscb,  IjerulVu  nach  WUrzburg. 

Eingetreten  und  in  den  Lehrkörper  uU  Protetisoreu  die  Uerren :  Dr.  0. 
Deoher  von  Angebarg,  als  Prof.  filr  Topographie  und  Geodäsie ;  Ch.  Sapsworth 
voD  London,  ala  Prof.  für  englieohe  Litteratur  und  Sprache  (wieder  augesehieden) ; 
Dr.  J,  Pernet  von  Ormont,  als  Prof.  für  Baukon^tru  tiunslehre;  G.  Boseigool 
aua  Frankreich,  als  Nachfolger  des  Herrn  Petit;  iiudolf  Ehrlich  von  Wien,  als 
Prof.  für  meebanifich  technische  und  Bauknnstruktionsfaehpr ;  Dr.  Adolph  llurwitz 
von  Hildtiöheim,  als  Prof.  für  höhere  Mathematik  ;  Dr.  August  Stadler  von  Zürich, 
ale  Prof.  flir  Philosophie  vad  P&dagogik;  Dr.  Karl  Hartwick,  als  Prof.  der 
Pharmacie  für  Hrn.  Schär ;  Ingenieur  Konradin  SSsohokke  von  Aaraa,  nie  Prof. 
4er  Xngenieurwiaeenechaften. 

Ponts-Chaux-de-Fojida-Bahii.  Wurde  erttiTnet  am  26.  Juli  1889.  Ban- 
Jiche  LSnge  16,202  m. 

Post.  (Brgftnxnng  des  Artikela  im  II.  Band,  Seiten  609—680.  Nach  Mit 

theilungen  der  tit.  Schweiz.  Oberpostdirektion.) 

Ad  Seite  OIH:  Von  <len  Poistkursen,  die  <nh  Alinea  3,  litt,  a  aufgeführt 
«iixl,  j,'elaiij;t  (Irrjenige  in's  J'rä  iijau  i  LatKb^uart-iJavo.s)  geit  9.  Oktober  1889 
nicht  luelir  zur  Ausführung  (Eisenbahnbetrieb).  Neuer  Extra(>oatkurs  auf  der 
Rente  Aros»  (Chnr-Arosa). 

Ad  Seite  619:  Organisation.  Durch  Bund^^srathiibeschluß  vom  22.  Mira 
1892  A.  S.  n.  F.  XII,  G82)  sind  die  Artikel  2  und  3  der  Yerordnaog  vom 
26.  November  1K78  Uber  den  Gepchäftsgang  bei  dpr  Postvcrwaltung,  im  Sinne 
der  Ausdehnung  der  Kompetenzen  des  Postdepartements  gegenüber  dem  Bundes- 
rath nnd  der  Oberpostdirektion  gegenüber  dem  Departement,  abgeändert  worden. 

Ad  Seite  621:  Posttaxen.  Nene  £rlaaae: 

49)  Abänderung  der  Transportordnung  (Drucksachensendungen  aur  Einsioht), 
vom  17.  November  1881  (\.  S  n.  F.  YII,  716). 

.50)  Abänderung  der  Transportorduung  (Portofreibeit  fUr  Geldaeudungeo), 
vom  9.  November  1888  (A.  S.  n.  F.  X,  806). 

51)  AbSnderuag  der  Transportordnung  (Postkarten:  Drut^Baohensendungcn), 
vom  10./16.  Deaember  1889  (A.  S.  n.  F.  XI,  364). 

^yJ)  Nachtragsgesetz  zum  Bundesgesetz  betreffend  die  Po«ttaxen  (Abänderung 
der  Vorschriften  betretfend  Entrichtung  der  Zcituni;>?tax<»n  nnd  Aufhebung  der 
BestimmuDg  betreffend  Adressirung  der  Zeitungen),  vom  24.  Juni  1890  (A.  S. 
n.  F.  XI,  720). 


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Posl  —    2Ö7    —  Post 

53)  Abänderung  der  Transportor  lnung  (neue  Be-t  umniingen  betret«cud  die 
abonnirten  Zeitungen),  vom  6.  März  1891  (A.  S   n.  V.  XII,  42). 

54)  Biind«g«Mets  betreffend  Ute  Revuioo  einselner  Beetimuiingen  des  Bande»« 
.gesetzes  betreffend  die  Posltaxen  (Aufhebung  der  einscbr&nkendea  Bestimmang, 
wonach  llritf?  für  den  Lokairayon  nur  bis  zum  Gewichte  von  15  Gramm  zur 
redttzirttii  Taxe  von  5  Cts.  vpi>;in'it  werden  können;  Aufhebung^  de»  Portozu- 
■schlageji  tur  ungenügend  frankirte  Gegenstände {  Einführung  einer  befsondern  Tax.c 
fir  Geldanweisungen  bb  tum  Betrage  Ton  Fr.  SO;  Erroäßgnng  der  Taxe  fUi- 
EiMogsmandate ;  Auedehnnng  der  Portofreiheit  aaf  die  AnfeiohtibehQrden  dei' 
•öffentlichen  Schulen;  Erhöhung  des  Gewich  sraaximums  für  eint' n  »iiifachen  Porto- 
sata  bei  abonnirten  Zeitungen),  vom  17.  Juni  IRIU  fA.  S.  n   F.  XII,  350). 

.'75)  Ahilnderung  der  Transportorilnunir  (Aufiiabme  von  Bestimmungen  be- 
tied'eiid  die  Zustellung  vun  Zaltlung.sbei'Khlen  und  KonkuTdaudrohungen)»  vom 
18.  Desember  1891  (A.  S.  n.  F.  XU,  B9s>). 

5C>)  Abändeniog  der  Tran.sportordnnng  (Revision  der  Hestimmungen  be* 
trctt'end  Zustellung  von  Zahlungsbefehlen  und  Konkttreandrohongen),  vom'  29.  Hilra 
1892  (A.  S.  n.  F.  XII,  69«). 

57)  Abänderung  der  Tran«<[)urtm-dnnng  (Revision  einzelner  Bestimmungen 
betreffeiid  Dmckeaohenaendnngen),  vom  9.  Jani  1B92  (A.  S.  n.  F.  XII,  b92). 

58)  Extrapostr^glement  vom  29.  Hai  1890  (A,  S  n.  F.  XI.  676). 

Ad  Seite  623:  Briefpoettax  en.  Briefe  im  Lokalrayon  kosten  nnn  bis 
SUM  Gewichte  von  2'0  Gramm  mir  5  Ct;*. 

Unfrankirt  kosten  Briefe,  ohne  Unterschied  de»  Gewichls,  im  Lokalrayon 
10  (Jta.  und  auf  größere  Entfernungen  20  Cts. 

ÜDgenilgend  fhknkirte  Briefe  werden,  anter  Ahtng  dee  Werthea  der  ver 
wendeten  Postmarken,  nnr  mit  der  entepreohenden  Frankotaxe  belegt. 

Ad  Seite  624:  Reifletaxen.  Die  angegebenen  Taxen  sind  als  Maximal- 
ansätze zu  betrachtci).  l)ipi<'iitgen  von  30,  bezw.  25  Rappen  kommen  nur  bei 
Alpen-  und  Touristunkur^eu  und  filr  die  Zeit  vom  15.  Juni  bis  15.  September 
inr  Anwendung.  Bei  vielen  Postkursen  kommen  Taxen  zur  Anwendung,  die 
bedeutend  niedriger  sind,  als  diejenigen,  welche  sich  bei  der  Berecbnang  nneh 
den  MaximalansStaen  ergeben. 

Geldanweisungstaxen.  Seit  1.  Dezember  1891  knmmt  für  Geldan- 
weisungen bis  zum  Betrage  vou  Fr.  20  eine  besondere  Taxe  von  15  Ep.  zur 
Anwendung.    Die  übrigen  Taxen  bleiben  unverändert. 

Ad  Seite  625:  Zeitnngstaxen.  Die  Taxe  fttr  abonnirte  Zeitnagen  be« 
trügt  nnnmehr  1  Bp.  fUr  je  76  Gramm  (anstatt  50  Gramm). 

Ad  Seite  62(>:  Portofreiheit.  Außer  den  sub  Zifer  2  aufgeführten 
Behörden  und  Bi^aintungen  ^nicßeri  fiir  die  ein-  und  atisg^eheiide  Korrespondenz 
in  Amtssachen  nunmehr  auch  die  Anfsichtsbchörden  der  öffentticlutu  Schalen 
Portofreiheit. 

Ad  Seite  627:  Yertrltge.  Im  Jahre  1891  fandea  sieh  die  Bevollmüohtigten 
der  Regierangen  der  vcn^diiedeoen  LKader  des  Weltpostvereins  zu  einem  Kongreß 
in  Wien  ziiHammen.  Der  \Veltpo>;tvertrap^,  sowie  die  besondern  Uflie  rein  kommen 
wurden  rcvidirt  und  zwi.schcn  cinzfliir-n  VcrtragS'^taateti  ihmp-  Ucbereinkoramen 
getroffen  betreffend  den  Austausch  von  Brieten  und  Schachteln  mit  deklarirtem 
Werth,  sowie  die  poetalisebe  Besorgung  von  Abonnementen  anf  Zeitangen  nnd 
andere  periodische  Verttfifbatliehingen  (A.  8.  n.  F.  XII,  702  a.  ff.). 

Ad.  Seite  630:  Haftpflicht  der  FoatTerwaltnng.  Das  Postdeparte- 
ment  hat  dem  Bondesrath  den  Entwarf  zn  einem  neoen  Gesetz  Uber  das  Post- 


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Poet 


—    2««  — 


Püstäpaikassen 


regal  vorgelegt  und  es  befaßt  sich  letztere  Behörde  geg«nwfirtig  mit  diesem  6e- 
«etsesentwnrf.  (GeMbrieben  End«  September  ld9S.) 

Heranbildung  des  PostperBonalB,  Um  eine  zweckmäßige  und  gleicb- 

mäßige  HeranbiHnng  iler  Postbramten  zn  prriclen,  prlielS  flrv  Bundcsratlr  am 
23.  April  186f  l  inc  „  Verurduung  über  Bildung  und  Verwendung  von  Po»t- 
aopii'anten'  ^A.  8.  IX,  Ö4i). 

Dia  GrandzOge  dieser  YerordDUDg  waren  im  Weeentlinhen  folgende: 

1)  Altersgrenze  bei  der  Aufnahme ;  16  Jahre  nach  unten,  25  Jahre  naeh  oben. 

2)  Frauenspersonen  wurde  der  Zutritt  in  gleicher  Weise  gewSbrt,  wie  den 
männlichen  Bewerbern. 

3)  Bei  der  Prnl'uiig  hüben  die  Kandiilaten  »ich  iiuhziiw<:isen  über:  u.  einen 
gewissen  Grad  von  allgemeiner  Bildung  (gute  Sekundarbchulbildung);  b.  gute 
Handschrift;  c.  Fertigkeit  im  Rechnen;  d.  Kenntniß  der  politischen  Geographie ; 
e.  Kenntniß  wenigntenn  zweier  Nationalspracben. 

4)  Dauer  der  Lehrzeit  ein  Jahr. 

5)  Nach  Beendigung  der  Lehrzeit  findet  die  Fach-  (Putent-)prUfuiig  «tatt. 
G)  BUrg«chaftsleit«tung  im  Betrage  von  Fr.  1000. 

7)  Siüarirung.  Wiihrend  der  ersten  sechs  Honate  der  Lehrzeit  keine  £nt' 
Kchßdigung,  später  Fr.  1.  50  per  Tag  und  nach  Ablegung  der  Fachprttfung  bei 

Verwendung  alH  Gehülfen  (  Aspiranten)  Fr.  2.  50  per  Tag,  bei  Versetzung  Fr.  3 
Zolagc  täglich  und  Vergütung'  iler  Transportkosten. 

Am  27.  Tnni  1873  (A.  S.  XI,  191)  wurde  diese  Verordnung  durch  eine 
neue  ersetzt,   welche  von  der  alten  namentlich  in  folgenden  Punkten  abweicht : 

1)  Ausdehnung  der  Alterdgrense  beim  FÜntritte  auf  80  Jahre. 

2)  In  Bezug  auf  die  Annahme  von  Frauenspersonen  wird  der  eigentlich  selbst - 
verstSudiiche  Vorbehalt  geninflit,  daß  soldien  dei  Zutritt  insoweit  offen  sttlif,  ;ils  tür 
geeignete  postdit^nstliche  Verwemliuig  ik-r  Frauenspersonen  Gelegenheit  vorhanden  sei. 

3)  Lie  Lehrzeit  wird  von  1  Jahr  auf  Ib  Monate  ausgedehnt. 

4)  Fekaoiftr  findet  eine  erhebliche  Besserstellung  statt:  wihrend  der  drei 
ersten  Lehrmooate  erhlllt  der  Iichrling  Fr.  1.  50  per  Tag;  fdr  die  folgenden 
nenn  Monate  Fr.  2  und  für  den  Kest  der  Lehrzeit  Fr.  3  tliglich. 

Der  Aspirant  erhält  Fr.  .'3  3.  "lO  per  Tag,  nebst  Provisionen  oder  Franken 
3.  50 — i.  —  ohne  Provi.sionen,  je  nach  dem  Orte  der  Verwendung.  Bei  Ver- 
setzungen werden  die  Transportkubten  vergütet  und  eine  tägliche  Enlbchüdigung 
von  Fr..  1.  50  wiihrend  längstens  4  Woehen  besablt. 

Durch  Bundesrathsbeschlnß  yom  21.  August  1883  wurde  der  BUrgschafts- 
betrag  der  Lehrlinge  von  Fr.  KKK)  auf  Fr.  .".OOd  erhöht. 

Postsptirknssen.  (Ergänzung  des  Artikels  im  II.  Band.)  Im  März  1890 
hat  der  Buudesrath  beschlossen,  es  sei  das  Finanzdepartement  einzuladen,  Bericht 
und  Antrag  dariber  zu  hinterbringen,  ob  auf  die  Erruditung  einer  eidgenOasisohen 
Postsparkasse  eingetreten  und,  bejahenden  Falls,  in  welcher  Weise  die  Einrichtung 
getrotfeii  wL'rdeii  öolle. 

lui  Mürz  1892  beschloß  die  nämliche  Behörde,  es  sei  das  Finanzdcparte 
ment  vun  dieser  Einladung  f\\r  einKtweilen  zn  entbinden.  Dieser  Bf'.--cblulj  ist 
einläßlich  motivirt  und  eä  ging  der  liundesrath  dabei  von  der  Aubicht  auä,  daß 
die  Sparkassenfrage  nnr  in  Verbindung  mit  der  zokflnffcigen  Bundesbank  gelSst 
werden  könne  und  daß  deßhalb  die  Angelegenheit  in  ihrem  Detail  für  den 
Bundesrath  ruhen  dürfe,  bis  das  Schicksal  der  zukünftigen  Bundesbank  durch 
ein  Aubfahrnngsgsetz  zum  Monopulartikel  entschieden  sein  werde.  (Geschrieben 
Ende  Heptember  1602.) 


.  j  .  .  ..  I  y  Google 


Rechtspflege 


2Ö9  — 


Heclilspflege 


Reclilspflege*  (Der  Verfasser,  Herr  Dr.  jui*.  J.  Sohol  lenbcrger  in 
Zttri<^i  hat  fotgeade  Elntlit&laiig  der  Materie  Torgeseben:  1)  Band  and  Kantone; 
2)  Gewaltentrmnnng;  8)  Bettand  and  Kompetenaen  der  Gerichte;  4)  Wahl, 

Besoldnng  und  Yerantw^ortlichkeifc  der  Richter;  o)  Staatsanwaltschaft  und  Advo- 
katur; 6)  Bundesgericht.  Leider  mußte  der  Verfasser  die  Arbeit  beim  3.  Abschnitt 
abbrechen,  da  er,  7.nm  a.  o.  Profeswr  für  Staats-  und  Verwa]timg<<recht  der 
schweizerischen  Kantone  an  die  Hochschule  Zürich  berufen,  die  nötbige  MuLie  zur 
Vollendung  nidit  mehr  fand.) 

I.  Bund  und  Kantone. 

Die  Kantone  sind  sonvoriin,  soweit  ihre  Souveränität  nicht  durch  die  Bundec- 
verfassnn^'  besehränkt  ist,  und  üben  als  solche  alle  Rechte  ans.  welche  nicht 
der  Bundeifctgewult  Ubertragen  siud  (Art.  3  der  Bnndeaverf.}.  Das  gilt  auch  für 
die  Rechtspflege.  Üm  ako  hier  das  YerhKltidß  der  Kantone  anm  Bund  an  he- 
Ktimmen,  ist  einfach  die  Kompetena  des  letatem  ahangrenzen;  was  Uber  diese 
hinaus  liegt,  fällt  in  die  Koitipet(n/.  der  Kantone.  Dabei  bleibt  die  Militär- 
strafrcchtspfletje  außer  Betracht.  Ditsclbu  ist  übrigens  ganz  Burulessache,  indem 
nicht  uur  die  Gesetze  über  Militärhtrafrecht  und  -strafrecbtspllege,  sondern  aach 
die  Militärgerichte  eidgenöäsihch  sind. 

Die  Bondeakompetens  in  Sadien  der  Beehtsptiege  hat  swei  Seiten:  die 
Gerichtsbarkttt  des  Bundes  und  sein  Gesetzgebungsrecht  betr.  die  Rechtnpflege. 

1)  Von  gewissen  Administrativstreitigkeiten,  welche  den  politischen  Bundes- 
behörden, Biindesrath  riTid  Bundesversammlung,  iiiiterstohcn,  abgesehen,  wird  die 
Gerichtsbarkeit,  soweit  t>ie  dem  Bunde  zusteht,  durch  das  Üundesgericbt  ausge 
übt.  Es  fragt  sich  also,  um  jene  an  bestimmen,  wie  weit  dieses  zuständig  ist. 
Diese  ZastSn^gkeit  setzt  die  BnndesTerfassnng  aam  einen  Theü  selbst  fest,  sora 
andern  übt  rliißt  »ie  die  Festsetanng  der  Bundesgesetzgebnng. 

a.  Die  Bundesverfassung  verweist  an  das  Biindesgericht  vor  allein  Streitig- 
keiten zwischen  Kant(jnen,  eivili  eclitliehe  und  .staat.srechtliclie  •  civilrechtliche 
Streitigkeiten  und  Kompeteuzkouäikte  zwischen  Bund  und  Kantonen;  Verbrechen 
gegen  die  Eidgenossenschaft  und  beaw.  die  BandeshehVrden  selbst,  oder  gegen 
dos  Völkerrecht,  and  auch  gegen  Kantono  da,  wo  yom  Bnnd  bewaffnet  einge- 
schritten werden  mußte.  Der  bundesmäßige  Austrag  dieser  Fälle  erscheint  als 
iMH  Gebot  der  Selbsterhaltnng  der  Schweiz  als  Bünde5:staates'  und  bezw.  in  ihrer 
Iiitegiität  nach  außen.  Sodann  auch  Beschwerden  betr.  Verletzung  verfassungs- 
mäßiger Rechte  der  Bürger,  nnd  awar  von  Kantoos-  wie  von  Bandesverfassungs- 
rechten, nnd  beaw.  Beschwerden  von  Privaten  wegen  Verletanng  von  Konkordaten 
und  Staatsverträgen  vor  sich  zu  lassettt  kann  der  Bund  nicht  umhin,  nachdem 
er  jene  Reebte  der  EUrger  selber  garantirl  bat.  Mehr  als  Accidenz  dagegen 
stellt  sich  dar,  was  dem  Biindesgericht  noch  weiter  an  Gerichtsbarkeit  zugewiesen 
ist,  nämlich  die  Beurtheilung  civilrechtlicher  Streitigkeiten :  zwischen  Buod  oder 
Kantonen  «ner-  und  Korporationen  oder  Privaten  anderseits  nnd  auch  in  andern 
Sachen,  wenn  im  ersten  Fall  der  Bnnd  Beklagter  ist,  in  den  Übrigen  eine  beaw. 
beide  Parteien  es  verlangen  und  in  jedem  Fall  der  Streitgegenstand  einen  Werth 
von  wenigstens  Fr.   Imt.     Der   ganzen  von  der  Bundesverfassung  dem 

Buodesgericht  übertrugeueu  Gerichtsbarkeit  ist  eigen,  daß  sie,  wo  überhaupt, 
direkt  und  von  vorn  herein  in  Funktion  tritt.  Nur  bei  Verletzung  vcrfassungs- 
mSßiger  Rechte  der  Bttrger  etc.  ist  die  Bnndeskompetenz  erst  g^ben,  wann 
der  kantonale  Tn-^tanzeuzug  erschöpft  ist. 

Duri  h  die  Bundesge*'etzgebung  kann  dem  Bundesgericht  Kompetenz  in 
doppeltem  Wege  zugeschieden  werden :  in  Bundesgesetzeu  und  mittelst  die  Ge- 

ftirrar  VoUuwüUiMi>afl<»-Le»tkQn  der  SciiweU.  19 


Recblaptlege  ~    290    —  Rechtspflege 

n«  liiiu;^Miii;i;  1  ntti.nalei'  Vt'rfas^nngeD  oder  (iesetze  aussprechender  Iii  Schlüsse  der 
Buude«veri»uiaiaiuug  a\h  der  gtHetxgehenden  Behörde       Bondes.    Was  die  Bundes* 
gvsetse  betrifft,  so  liedingoa  sie  an  steh  ho  wenig  die  Gericbtebarkeit,  als  die 
VollzDgsgewalt  dee  Bnn  Jee,  deeaen  Oberao&ioht  immerhin  vorbehalten ;  sie  sind 
nach  beiden  Richtungen  mehr  darauf  angelegt,  von  den  Kantonen  gehandbabt  su 
werdi  n.    Der  Bund  betheiligt  seine  Gerichtsbarkeit  indes  dabei  vielfacli,  aber  in 
verhcbiedenem  Maße.     /i.  Als  erste   und   einzige   Instanz,   wie  bei  der 
ihm  von  BandeeverfaKsungawegen  ertheilten  Gerichtsbarkeit,  fnnktionii't  das  Bundes- 
geriebt  in  gewieaen  ClTiUtreitigkmten  nnd  im  Strafrecht.    Jene  betreffen  die 
Entschädigung  fttr  Expropriationen  kraft  Bundearecbts  und  fUr  Mitbenntsung 
von  Kisenbahnen,  wo  anderseitR  das  Bediirfmß  v'«?n  Riin  lesrath  festgestellt  wird, 
und  die  Zwangsliquidation    von   Eisenhuhutn.    im  .Strafrecht  sind  durch  das 
Bundesgesetz  Uber  das  Bundesstrafrecht  neben  den  erwähnten  von  Bunde«ver- 
fanongswegon  tn  verfolgenden  Yerbrecbea  noeh  andere  das  BandeatntereeM»  be- 
rührende Delikte,  wie  Fäliohnng  von  Bnndeeakten,  Falschwerben,  Gefihrdung 
von  Eisitibahnzyf!;en  etc.,  statnirt  worden,  aber  in  der  Meinung,  daß  sie  in  der 
Recrel  von  den  kantonalen  Gerichten  zu  bcurtheilen  sind.    Wo  sie  ansnahmsweiae 
dem  Bundesgehcht  Uberwiesen  werden,  urthcilt  dieses  auch  in  einziger  Instanz, 
wie  Uber  die  ihm  durch  die  Bandesverfassung  übertragenen  Verbrechen.  Ober- 
inatana  ttber  die  kantonalen  Gerichte  iet  ee  im  eigentlichen  Strafreoht  keinenfalls. 
f).  AU  Revisionainstanz  dagegen  ist  das  Bundec^gericbt  fttr  die  übrigen 
vom  Bund  erlassenen  Gesetze  civilrt  chtlichen  Inhalts  bestellt,  zur  Wahrung  der 
einheitlich»!n  Anwendung   dieses  K'-dits.    8nlch«*s  ^ind  die   Bundesgesetze  Uber 
Eisenbahntransport,  Haftpflicht  der  Eixenbahuun  uud  der  Fabriken,  Civilstand 
and  Ehe,  und  die  auf  Grand  des  Cäviljnstizgesetzgebungsartikek  64  der  Bandes- 
varfawung  erlassenen  Geaetse  ttber  Marken«  nnd  ErfindongMcbots,  Urheberrecht, 
und  namentlich  das  eidg.  Obligationenrecht.    Die  übrige  Rechtsprechung  ist  in 
jenem  Artikel  d^n  Kantonen  ansdrü«  klich  rf^ervirt.     14  der  beznglirhe  Streit- 
gegenstand schätzbar,  so  muß  der  Werth  wieder  wenigstens  3,üUü  Fr,  sein, 
damit  das  Bundesgerioht  angerufen  werden  kann.    Appellationsinstanz  geradezu 
ist  daseelbe  nicht,  ee  bat  den  von  den  kantonalen  Gerichten  ISaetgeBteltten  That- 
bestand  unverändert  anzunehmen ;  aber  auch  nicht  bluße  Kassatiunsinstauz,  indem 
seine  Entscht- idungsbefn/a^niß  nicht  an  wenige  bestimmte  Gründe,  wie  insbe&ondire 
olTenbare  K<'rhtsverle'tzuiig,  gebunden  ist.   —   y.  Bloß«  Kassation  si  nsta  nz 
ist  das  Bundesgericht  bei  Uebertretungen  fiskalischer  Bundesgesetze,  als  betr. 
Z5lle,  Poeten,  Pulver,  Httnaen  nnd  gebrannte  Waeser.   Dem  Bnndeegericbt  «ind 
dnrob  gnwiaae  Bnndeegeaetae  ttberdlee  die  Fnnktionen  eines  Konkttvariditevs  su- 
gethdlt.    So  bei  ZwangHÜquidation  von  Eisenbahnen  und  von  Emissionsbanken. 
Eine  eigentlich  freiwillige  GfrichtFbarkeit  besitzt  es  njrht. 

c.  Endlich  die  Rechtsstrcitigkeiten,  welche  ait  da.-*  liiuide>g;ericht  gewiesen 
werden  könneu  durch  die  Verfassung  oder  die  Gesetzgebung  eines  Kantons,  so- 
weit sie  die  Genebmignng  der  Bundesversammlung  findet.  Hiemadi  wird  es 
sich  d*  un  auch  bestimmen,  als  welche  Instans  das  Bundetgericht  in  solchem  Fall 
m  fiinktioniren  hat. 

2)  So  ansehnlich  mit  Gerichtsbarkeit  ausgestattet  der  Bund  erscheint,  so 
durttig  mit  Kompetenz  zur  Rechtspilegegesetzgebung.  Die  Organisation  des 
Bnndesgeridhts  und  das  Verfahren  vor  ihm  bestimmt  er  natürlich  selber.  Daher 
die  Bnndesgeseine  ttber  die  Organintion  der  Bnndesreobtai^^pB,  das  Verfiifaren 
heim  Bundesgericht  in  bürgerlichen  Redltsstreitigkeiten  und  die  Bondesstrafrechtti- 
pflege.    Aach  ist  die  Auslieferong  «wischen  den  Kantonen  im  Interesse  des 


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Hechtepflege 


—    291  — 


Rechtspflege 


Bundesstaats  bundeögebetzlich  geur"lnet.  Ein  einhtitli' lies  Hi  chtsverfnhren  inner- 
halb der  Kantone  aber  bat  der  Bund  nur  festgesetzt  betr.  UebertretuDgen  der 
erwKhnten  fiskaliMhen  BmideBfesetse  und,  kraft  d«r  neneii  BnndetrediMSQng,  nun 
ancli  betr.  Schnldbetreibnog  und  Konkurs.  Betr.  Uebertretongen  polizeilicher 
Bunde«gesetzp  dngcgcn  hat  der  Bund  das  Verfahren  wieder  den  Kantonen  iiber- 
lassen  er  hatte  sich  sonst  mit  der  Zeit  eine  Unmasse  von  Bagat^llsMcheii  auf- 
gebürdet. Des  Weitem  ündeu  sich  noch  einige  be7.ilglicbe  Grundsätze  in  der 
B«iidemrfa«fiuig  «u^wtellt:  das  Yarbot  tob  AnanabinsgerioliAMi  uad  dar  geut- 
liohen  GariehiilMurlceit;  der  Qraadaate,  daß  alle  SchwMwrbttrger  in  der  Geaate- 
gebung  sowohl  als  im  gerichtlichen  Verfahren  den  Bürgern  dos  eigenen  Kantons 
gleich  zu  halten  sind:  daß  ih_-r  aufreelitstehtMid"  Sflmldner,  welcher  in  der  Schweiz 
festen  Wohnsitz  bat,  an  diesem  fiir  persönliche  Ansprachen  «je^neht  werden  muß;  daß 
die  rechtskräftigen  Civilurtbeile,  die  in  einem  Kautuo  getHllt  »ind,  in  der  ganzen 
Sobwei«  sollen  ToUaogen  werden  kennen;  endUeh,  swar  mehr  das  materielle 
Beoht  angebend,  das  Verbot  der  Verhanunng  eines  KantonsbUrgers  aus  seinem 
Heimatkaiiton  nnd  die  Abschafifung  der  TodeBstrafe  bei  politiaehen  Vergehen  und 
der  körperlichen  Strafen. 

Das  ist  da»  Gebiet  der  Bundeakompeteuz.  Im  Uebrigen  abo  steht  die 
fiecht.sptlege  bm  den  Kantonen,  nnd  so  speziell  die  geaetaliohe  Ordnung  ihrer 
Gerichte  nnd  des  Yerfabrens  vor  denselben  in  Civil-  und  StrafsadMD. 

Die  folgende  Daratellnng  beadiränkt  sich  auf  die  Gerichteoiganisationen,  und 

zwar  hat  sie  der  Natar  der  Sache  nach  diejenigen  der  Kantone  xnm  ersten  und 

Hauptgegenstand,  um  mit  der  Organisaliun  des  Bundesgerichts  zu  schließen. 
Schuldbetreibung  und  Konkurs  bleiben  ganz  bei  Seite,  als  mehr  zur  Vollsiehung, 
denn  zur  Hecbtsprechung  gehörig. 

II,  G  e  w  a  i  t  c  n  t  r  e  n  n  u  n  g. 

Unter  den  Gewalten  sind  die  drei  Staatsgewalten,  die  gesetzgebende,  die 
vollziehende  oder  adminiRtrative  untl  die  richterliche  Gewalt  verstanden. 
«Trennung"  disMr  Gewalten  hat  einen  doppelten  bexw.  dreifachen  Sinn.  Das 
Wort  beieiehnet,  daß  einmal  jede  Gewalt  ihren  eigenen  Träger,  ihre  besonderen 
Behörden  Inbe  und  sodann  keine  in  den  Bereich  der  andern  Übergreife.  Zur 
Trennung  nach  dem  Träger  gehört  es  vor  allem,  daß  die  re<=p.  Behörden,  welche 
die  drei  Gewalten  ausüben,  als  solche  verschieden  seien.  Ks  wird  dazu  aber 
etwa  weiter  die  Vonschrift  gerechnet,  daß  auch  die  einzelnen  eine  Behörde  oder 
Beamtung  ausmacbenden  Pmonen  niobt  zugleich  der  Behörde  einer  oder  der 
beiden  andern  Gewalten  angehören  dürfen,  und  damit  der  dritte  Sinn  dee  Wortes 
hergestellt.  Der  letztere  Ausschluß  wird  sonst  zu  den  sog.  Inkompatibilitäten 
gerechnet  und  als  «olohe  anch  von  uns  erst  im  Abschnitt  über  die  Wahl  der 
Kichter  behandelt. 

Auf  ^e  Trennnog  der  Gewalten  nach  dem  Träger  gibt  es  keinen  bundea- 
Teobtliohen  Anspruch.    Der  Sats  der  Bundesverfassung,  Art.  58,  Niemand  darf 

^  '  11  verfassungsmäßigen  Richter  entzogen  werden,  besagt  nicht,  daß  e  ine 
besondere  richterliche  Behörde  sein  müsse,  w(dehe  die  (Terichtsbarkeit  verwaltet. 
Wohl  aber  gibt  der  Satz  Anspruch  daraut,  daß  keiue  andere  Behörde  als  die- 
jenige, welcher  es  verfassungsgeuitiß  zukommt,  die  Gerichtsbarkeit  ausübe.  Ueber- 
griffe  der  einen  in  den  Bereidi  der  andern  Behörde  sind  denn  schon  wiederbolt- 
auf  Grund  jenes  Artikels  vom  Bondesgericht  zurttckgew lesen  worden.  Bestand 
und  Bereich  aber  der  kantonalen  Gerichte  bestimmen  sitth  also  lediglich  nach 
dem  Recht  des  betreffenden  Kantons. 


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Rechtspflege 


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Hechtspflege 


Den  Grundsatz  der  GcwaltentrennaDg  haben  alle  Kantone  außer  Appeozell 
L'Bh.,  GnubUnden,  Sehwys,  Teaam  und  Zttiich  in  ihreo  VerfiMrangeii  an«- 
drttcklioh  rafgeetdlt,  Außerrhoden,  Baselstadt,  Bern,  Luzern,  beide  Unterwalden 

UTxl  Zug  zwar  nur  betr.  ä'w  vollziehende  und  richterliohf  (Gewalt,  und  Wiillis 
erklärt  einfach  die  richterliche  Gewalt  ala  unabhängig.  Kr  bedeutet  nichta 
weiter,  als  daß  die  die  verschiedenen  Gewalten  ausübenden  Behörden  ak  solche 
getrennt  seien.  In  dieeem  Smn«  gilt  der  ChundMti  woh,  wo  und  soweit  «r 
nioht  boBonden  an^eaprochen  ist,  in  Ai^MniseU  I.-Bb.  so  gut  als  in  Ztlrioh, 
indem  überall  die  Sonderung  der  gesetsgebenden,  ToUsieliendea  und  riohterlidien 
Behiirden  durchgeführt  ist. 

Freilich  nicht  ohm  Auenahmen.  Innorrhoden  gerade  kann  niclit  umhin, 
in  einem  Tunkte  vom  Grundsatz  abzuweichen.  Hier  erscheint  namlioh  die  Standea- 
kommission  d.  h.  die  IjandesregieniDg  nach  der  VerfiMstingsrerision  Tom  Jahr 
1883  als  Kassationsbehürde  für  letztinstanzliche  Civil-  und  Htrafartbeile  in  Fällen 
von  vorgekommenen  Forinfelilern').  Baselland  erklärt  die  Trennung  gerade  für 
die  obfrstP  vollziehende  und  die  oberste  richterliche  Gewalt,  ah  ob  umgekehrt 
in  den  untern  Behörden  beide  Gewalten  sich  vermischen  könnten.  Es  befaßt 
sieli  abetr  seine  Yerfassnng  gar  niobt  mit  den  nntern  Beb8rd(Mi,  mid  die  Ges^« 
gebang,  der  sie  die  Organisation  ttberlllfit,  führt  die  Gewaltentrennong  in  den- 
selben nicht  weniger  durch.  Es  gilt  also  auch  hier  der  Sata  der  Bemer  Yer- 
fiipfiiing:  Die  ii<lniini-trative  «nd  richterliche  Gewalt  ist  in  all-Mi  Stufen  der 
Staatsverwaltung  getrennt.  Hingegen  haben  in  Aargau,  ÖchatVhauseii  und  Thurgau 
die  Flurkummiäi^ionen,  und  in  GranbUnden  und  St.  Gallen  die  Flüßkommi»«tionen, 
jrae  wie  diese  lokale  yerwaltoogsbehVrden,  besUgliche  oiTÜrichterliohe  Komipetena. 

Zur  Frage  nach  dem  Bereich  der  Gewalten  sagt  jener  Gnuxlsata  der 
Gewaltentrennung  nichts  näher.  Hieftir  gilt  es.  t-ich  nach  weiteren  Bestimmungen 
nrnTTTschen.  Von  dem  dreiseitigen  Verhältuili  kann  hier  die  eine  Seite,  das 
Verbältniß  der  gesetzgebenden  zur  vollziehenden  Gewalt,  außer  Betracht  fallen. 
£b  handelt  sieh  nnr  nm  den  Berdeh  der  riebterlidien  gegen  die  beidwi  ander». 

a.  Bas  Yerbiltniß  mr  ffetettgebenden  Gewalt.  Diese  ist  der  riditerliehen 
wie  der  vollziehenden  eigentlich  nicht  sowohl  neben-  als  tibergeordnet,  insoferu 
fiie  Uberall  '^a^  Aufsicbtsrecht  Uber  die  beidt-n  besitzt.  Wo  der  Grundsatz  der 
Gewaltentreniiung  mir  mit  Bezug  auf  die  richterliche  und  die  vollziehende  Gewalt 
ausgesprochen  ist,  war  daher  wohl  dieue  Iiuck.-iuht  bestimmend.  Die  AutAicht 
Snfiert  sieh  indeß  der  riohterliohen  Gewalt  gegenüber  in  der  Kegel  blos  darin, 
daß  sich  die  gesetzgebende  periodisch  Uber  die  Geschäftsführung  Bericht  crctatten 
läßt.  In  Baselland  veranstaltet  der  I^ndrath  statt  dessen  jährlich  eine  fi'>rmliche 
Untersuchung  der  Gefichäftsführung.  Der  gesetzgebenden  Behi-rdc  ist  in  Bern, 
Luzern,8chwyz,Soluthum,  St. Gallen,  Thurgau,  beiden  Unterwaiden  und  üri  auch  die 
Auslegung  der  Gesetxe  in  abstracto  und  damit  eine  Direktive  der  gerichtlichen 
Spnid^gewalt  vorbehalten.  80  angeieigt  dieses  Reeht  gegenüber  der  riohterlichen 
Ifeigung  KU  UbertriehMi  eiviliBtificher  Interpretation  erscheint,  so  wenig  selbst« 
verständlieh  ij-t  es  da,  wo  wie  beim  Inntitut  der  Landsgemeindo  und  des  obli- 
gatorischen Referendums  das  Gesetz  vom  Volk  ausgeht.  Das  Aufsicbtsrecht  der 
gesetzgebenden  Behörde  erstreckt  sich  in  üri  Kuweit,  daß  sie,  der  Landrath, 
selbst  gegen  Weisongen  and  Befehle  des  Kantonsgeriohts  an  die  untern  Gerichte 

')  Noch  im  Jalir  zuvor  hatte  das  Hundesgcrichl  der  Slandeskornmission,  gestützt 
auf  die  dortige  Verfassnnir,  die  Kassationsbefui^niß  abgesprochen  (Bundeügerichtl.  Ent- 
scheidungen Bd.  8,  pag.  2i7).  Die  Inncrrhoder  ilnderteti  aber  lieber  die  VerflaLSSung, 
als  dati  sie  sich  von  der  Buudesbehörde  zurechtweisen  Ueßen. 


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Kechlspllege  —    293    —  Hethtspllege 

und  bei  Klagen  gegen  deeaen  Amtifllhniiig  EDgerofen  werden  kann.  £ine  föim* 
liehe  ürdieUakompetm»  wie  die  Standeekommiasion  in  Innerrhodan  hat  er  dämm 
swar  nicht. 

Die  Einmischung  der  ge«etzgehenden  Behörde  in  konkrete  Gerichtssachen 
ist  f?oii9t  überall  anpgesrhlosj^en.  Darin  besteht  wesRiitlich  die  Garantie  der 
richterlichen  Unabhängigkeit.  Selbst  iui>oweit  erleidet  »ie  aber  Au&oahmeü;  1)  vur 
Allem  dnrdi  daa  Begnadhfungsrechty  welches  als  SoaverftnotStBreoht  der  geaet»' 
liebenden  Behörde  in  allen  Kantonen  vindizirt  ist.  Der  eigentliche  Inhalt  der 
Begnadigung  ist  Strafnachlaß.  Bei  einem  Tudesartheil  kann  sie  natürlich  nur 
in  dessen  ümwandliino'  bestehen,  and  so  geht  sie  auch  etwa  sonst  statt  auf 
Minderung  dei^  Strulmaße^  auf  Milderung  der  Strafart.  In  jedem  Fall  kummt 
die  Begnadigung  erat  in  Frage,  nachdem  das  gerichtliche  Strafurtbeil  ergangen. 
S)  Anders  die  Amnwtie^  indem  sie  nicht  nnr  anl  ganse  Klassen  von  Yerbret^en, 
insbesondere  politischen,  sich  zu  erstrecken  ('Hegt,  sondern  anch  die  Straf- 
verfolgung von  vornherein  abstellt^  kann.  Sie  tindet  sich  denn  auch  in  beiden 
Appenzell,  Baselstadt,  Freibiirfr.  <ilaru8,  Liizeru.  St.  Gallen,  Tesfin.  Uri  und 
Zürich  uieht  uuhdrUcklich  statuirt  und  ohne  da«,  ein  viel  außerordentlicheres 
Eingriffsmittol  in  die  Becbtspfiege,  wie  sie  int,  venteht  sie  sich  nicht  Die  Be« 
gnadigong  wohl  ist  hie  und  da  fHr  goingere  f^lle  dem  Regier ungsrath  delegirt, 
die  Amnestie  dagegen  übt  der  gesetzgebende  Körper  Uberall  selbst  aus.  In  Bern 
einzig  scheint  der  Regiernngsrath  im  gleichen  Umfang  wie  begnadigen  so  am- 
nestiren  zn  können.  Im  Bund  hat  die  gesetzgebende  Behörde,  die  Bundes- 
versammlung, das  Recht  sowohl  der  Amnestie  als  der  Begnadigung.  '.))  RdiabUi' 
tation  d.  h.  die  Wiedereinsetsang  in  die  bürgerlichen  Rechte  nnd  Ehren.  Sdbst 
sie  ist  in  einigen  Kantonen  als  Aargau,  Appenzell  I.-Rh.,  Baselland,  Glaros, 
St.  Gallen  und  'riiurgan  der  gesetzgebenden  Behörde  vorbehalten.  Freilich  luiiidelt 
es  sich  dabei  mu  stralgerichtlieh,  nicht  blos  konkursrichterlich  entzogene  Khren- 
rechte.  Anderseits  aber  nicht  nur  um  einen  Entzug,  den  das  Gesetz  selbst  an 
das  Strafiirtheil  knüpft,  sondern  auch  nm  Bolchen,  den  der  Richter  von  sieh  ans 
als  Straffolge  verhängt  hat.  In  andern  KantouMi  ist  denn  die  Rehabilitation 
Überhaupt  Gerichtssache. 

Soweit  greift  die  gesetzgebende  Gewalt  in  die  richterliche  ein,  und  wie 
nun  umgekehrt?  Die  Auslegung  des  Get^etzes  ist  des  Richters  eigenstes  Gebiet. 
Er  ist  zu  derselben  befugt,  auch  wenn  er  sie  falsch  gibt^  ihr  Korrektiv  findet 
sie  einzig  an  der  Anslegung  des  Gesetzgebers,  wo  diese  gegeben  ist.  Die  richter« 
liebe  Auslegung  hat  aber  zwei  bestimmte  Schranken.  Einmal  darf  der  Richter 
(las  Gesetz  nicht  auf  die  Verfasi^nng  prüfen,  bezw.  nicht,  weil  es  mit  dieser  im 
Widerspruch  stehe,  bei  Seite  setzen,  sofern  ihm  die  Befngniß  dazu  nicht  ve»r- 
fassungsmäl^ig  eingeräumt  ist,  was  in  keinem  Kanton  der  Fall.  Voraui>setzung 
ist  wohl  immerhin,  daß  der  Gesetzgeber  selber  die  Ter&ssung  bermte  vor  sich 
gehabt  hat  Das  Bnndesgerioht  hat  dm  Bnndesgeaetaen  gegenüber  jene  Befogniß 
anch  nicht ;  die  kantonalen  G^tze  dagegen  an  der  Kantons-  wie  Bundesverfassung 
zu  prüfen,  dazu  ist  es  recht  eigentlich  berufen.  Dem  kantonalen  Richter  stellt 
lediglich  die  formelle  Prüfung  zu,  ob  ein  auf  verfassungsmäßigem  Wege  ent- 
standenes Gesetz  vorliege.  Auch  wegen  anderer  kantonaler  und  eidgenössischer  Ge- 
setze ond  wegen  Staataverträgen  kum  er  ein  Geeets  wohl  nur  bei  Seite  aohiaben, 
wenn  es  schon  vor  jenen  erlassen  worden  iat  Ganz  in  gleichem  Umfonge  wird 
diese  Schranke  der  richterlichen  Auj<legnng  auch  gegenüber  Erlassen  einer  gesetz- 
gebenden Behörde  zu  ziehen  sein,  die  nicht  selber  eigentlicher  Gesetzgeber  ist. 
Diese  ist  immerhin  Aofsichtsbehörde  der  richterlichen  und  es  verträgt  sich  mit 


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Rech  bp  liege 


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Rechtspflege 


der  AnftiöhtsitellQiig  kaum,  »ich  das  Heft  vom  Beanfriehtigten  kbmgin»  laeeen 
ZQ  müaeen.  Die  andece  Schranke  ist  (ü^  daß  der  Biohler  nicht  bei  der  Aualegiiniip 
das  Gesetz,  soweit  er  sich  von  ihm  Qberhaapt  lossagen  darf,  selbständig  abändere. 

6.  Der  Bereich  der  ric  hterlichen  zur  volbiehenden  oder  (uimint'^traliven  Ge- 
walt. Was  der  Richter  al»  Holuher  ausübt,  ist  Gerichtsbarkeit.  Im  weitesten  Sinn 
amfaßt  diese  einerseits  die  Gerichtsherrlichkeit  und  anderseits  die  Gerichtsbarkeit 
im  engem  Sinn. 

Die  Gerichtsberrlichkeit  ist  die  Macht,  dafür  zu  sorgen,  daß  Gericht  und 
Reclit  geliaudhaVt  wf nleii.  Sie  erscheint  »lainit  iils  Attribut  der  SouverSnetät 
uüd  ihre  Auhübiing  kommt  dahir  eigentlich  <ler  Regierung  zu.  So  deuu  in  den 
französischen  Kantonen  Freiburg,  Genf  und  Neuenburg,  wo  sie,  dem  französischen 
Rechte  gemSß,  der  Staataanwaltsohaft  delegirt  ist,  and  in  Lmenrhoden  und  Gran- 
bttnden.  In  andern  Eantonen  wenigstens  insofern,  ab  die  Begierang,  indem  sie 
den  Anklagebehörden  vorgesetzt  ist,  Uber  die  Anhebuog  oder  Eiostellung  von 
Strftfklaj;^f»n  entscheidet.  Wenn  diese  Befugniß  vielfach  für  iIüs  Gericht  reklamirt 
wird,  Hü  bleibt  dubüi  eben  ihre  8taat>*lierrschaftliche  Seite  übersehen.  Zum  Keclit  der 
Straf  klage  gehört  auch  das  Keuht  der  Auolieferuiig.  Soweit  es  Ausliefer  ungeu 
swisohen  den  Kantonen  betrifft,  oder  solche«  fttr  weldie  Icein  Vertrag  mit  dttr 
Eidgcnossensehaft  existirt,  steht  das  Recht  bei  den  Kantonen  und  wird  hier 
durchweg  von  der  Regierung  ansgcUbt.  Einzig  in  Si;bwyz  ist  es  das  Kantons- 
gericht, welches  über  bezügliche  AuHliet'erungsbegehren  entscheidet.  Auch  in  der 
Eidgenossenschaft,  der  die  Auslieferungen  aus  Staatsvertragen  zusteheo,  entscheidet 
das  Bandesgerielit,  wenigstens  wo  die  Anwoidharkeit  des  betr.  Ytttrags  bes^tten 
ist  Sonst  ist  die  Gerichtsherrliebkeit  tiberall  den  Gerichten  selbst  ttberkasen  and 
inbegriffen  im  Att&iditsreeht  der  obern  Uber  die  untern.  lu  jedem  Fall  kann 
gegen  Reehtt<verwcigernng  Solmtz  beim  Bundesgericht  gesucht  werden. 

Die  Gerichtsbarkeit  im  er.Lrrm  Sinn  theilt  sich  ihrcrseit.s  in  die  freiwillige 
und  die  streitige.  Die  freiwilligt  Gerichtbbarkeit  umfaßt  die  Thätigkeit  der 
Gerichte  avßer  der  Rechtsprechung  und  was  mit  dieeer  sasammenhängt,  und  reicht, 
nach  Willkür  der  Gesetzgebung,  von  der  Amortisation  tob  Urkunden  bis  sor 
VormundschuftstÜhruiig.  So  ungleich  ihr  Bereich  in  den  verschiedenen  Kantonen 
ist,  so  bestimmt  sind  ihre  Funktionen.  Sie  pflegen  durch  das  Gefsetz  einzeln 
fizirt  zu  sein  und  es  kann  daher  diese  Gerichtsbarkeit  mit  der  Administration 
nicht  wohl  koUidiren,  weßhalb  sie  lüer  auch  nicht  weiter  au  ywfolgen  ist. 

Gans  anders  die  streitige  Gerichtsbarkdt.  Hit  dieser  be^nt  die  Schwierigkeit 
der  Abgrennng  der  richt«riiohen  von  der  administratiTen  Gewalt.  Schon  die 
Anwendung  der  Verordnungen  dieser  Gewalt  gibt  zu  Fragen  Anlaß  Steht 
ihnen  der  Ri(;bter  auch  m  gebunden  iregcniiber  wie  denen  d>  r  ge.setzgebenden? 
Diu  Verfoäsuugea  beider  Ba^>el,  von  Luzern  und  St.  Galleu  gestatten  der  Re- 
gierung aaedrttcklidi  nnr  solche  Yerordnnngen,  welche  den  Gesetcen  ond  resp. 
der  Verfassung  nicht  zuwiderlaufen.  Widersprechende  also  und  solche,  welche 
der  gesetzgebenden  Gewalt  vorbehalten  sind,  sind  hier  für  den  Richter  nicht  ver- 
bindlich, und  wohl  ebensowenig  in  den  andern  Kantonen.  Immerhin  ist  ein  vou 
der  gesetzgebenden  Behörde  genehmigter  Regierungserlaß  so  gut,  als  wäre  er 
von  ihr  selbst  ansgegaugen,  und  auch  im  Uebrigen  sind  die  Begiernngs- 
verordnnnfren  vom  Richter  so  respektiren. 

Die  Administration  beansprucht  aber  in  gewissen  Streitigkeiten  aelber  den 
Entscheid;  darin  liegt  die  haupt.sh*chliche  Schwierip-Iceit  der  Abgrenzung.  Im 
Allgemeinen  gilt,  daß  in  bürgerlichen  Rechtsstreitigkeiten  und  in  Ötraisacheo  der 
Entscheid  Jedenfalls  dem  Richter  zusteht. 


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—    295  — 


RecliLgplIegtt 


fit.  In  Straftaehen  swar  ist  die  Lttsaog  siemlich  einfach  wie  einseitig.  Bei 

den  eigentlichen  Delikten,  Vergeben  und  Verbrechen,  ist  die  Administration  ale 
solche  g-ar  nicht  interes«iit.  Um  so  nvehr  bei  den  i^lizciübertrelungen,  die 
gerade  iiU  V«Tletznnp  administrativiM-  Gebote  erHcheinen.  Auch  hier  aber  ist 
die  Bestriiiuug  meitit  in  die  Hand  de«  Richters  gegeben  ;  wo  er  nicht  von  vorn- 
berein  enteeli^et-,  kann  doob  an  ihn  reknmrt  wwden.  Und  iwar  befindet  er 
aueh  im  letstem  Fall  gerade  nnd  in  erster  Linie  Ubinr  die  Begrttndetfaeit  der 
Strafe.  So  aueh,  nach  dem  speziellen  dieebeEllgii<^en  Bnndeegeeets,  bei  Ueber« 
tretnng  von  fiskalischen  Buiidesgc«' t:""ii. 

Neben  der  Polizeistrafe  aber  kommen  oft  weitere  polizeiliche  Anordnungen 
in  Frage.  Eh  soll  z.  B.  verbotenes  Fiachfanggeräthe  konliszirt,  verseuchtes  Vieh 
abgethan,  eine  fenersgeifthrliche  Einrichtnng  beseitigt  werden,  oder  es  ut  eine 
Ixilizciliehe  Konzession  zn  entziehen,  oder  es  handelt  sich  gar  um  eine  positive 
Leistung :  bei  einem  Bau  Sicherheitsvorkehren  anzubringen,  eine  mißbräuchlich 
g^prodete  WaldHache  wieder  zn  bewalden  oder  um  die  vorschriftsgemäße  Ver- 
tilgung von  der  Laiidwirihschaft  schädlichen  Insekten.  Soweit  dergleichen  Ver- 
fügungen für  aioh  getroffian  werdm,  bekommt  der  PoHseiriditer  aU  Bolcher  gar 
kdne  Gel^noheit,  darttber  an  befinden.  Wo  sie  aber  mit  einer  Polizeistrafe  in 
Verbindung  stehen,  da  ist  er  versucht,  dieselben  ebenfalle  ta  beurtbeilen,  soweit 
es  ihm  das  (lesetz  nicht  au.sdriicküch  verwehrt,  was  sor.URagen  keines  thut. 
Damit  unterwürfe  er  aber  die  Durcbriihruug  adniiiii^trativer  Vorschriften  völlig 
seiner  Gewalt,  und  dazu  ist  er  um  »o  weniger  berufen,  als  die  Maßregelu 
wesentlieh  nieht  eine  Vergeltung  wie  die  Polixeietrafe  eelbat,  sondern  Heretellung 
der  staatlichen  Ordnung  und  bezw.  Verhütung  der  weiteren  Störung:  bezwecken. 
Solche  ^^'rfUgu^gen  üind  also  den  administrativen  Behörden  und  die  Betichwerden 
darttber  dem  Verwaltungsweg  zu  überlassen  nnd  vom  Richter  umgekehrt  unter 
seinen  Entscheid  nur  zu  ziehen,  wo  es  das  Gesetz  ausdrücklich  bedingt. 

DIee  ist  im  Rayon  der  BnndesgeeetM  dmr  Fall  mit  Bezug  auf  Fabrik-  und 
Handdemarkea,  Urheberreebt,  Erflndnngssehnts  nnd  gewerfaliehe  Muster  und 
Modelle  —  just  Gegenstände  mehk*  der  eigentlichen,  bürgerlichen  und  kriminellen 
IJechtsordnung.  Wi»-  verhKlt  es  sich  nach  den  kantonalen  Gesetzgebungen? 
Autfallend  weit  dehnt  Baselstadt  die  richterliche  Judikatur  über  polizeiliche  V'er- 
fUgungen  aus.  Da  unterliegt  neben  der  Buße  auch  die  Konüskation  ungehörig 
yertragenen  Fleisohea,  die  Tttdtung  gefllhrUeher  wilder  Thiere,  die  Aenderung 
fehlerhafter  Gaseinricbtnngett,  die  Wegschaffung  baupoli/.ei widriger,  ja  feuers- 
gefSlirliclier  Einrichtungen,  auch  von  Dampfkesseln,  und  selbst  die  Vornahme 
baulicher  Sicherhcitsmaßrcgf  In,  dem  ürtheil  des  Polizeirichterf.  Am  konsequentesten 
beschränken  umgekehrt  den  Bichter  auf  die  Beurtheiiung  der  Baik  Genf,  Solo- 
thum nnd  Zttridi.  Im  AUgoneinen  werden  ihm  Konfiskation  ond  Gewerbererbot 
noeh  sm  ehesten  neben  der  Bnfie  unterstellt,  wohl  weil  man  dieselben  mit  den 
kriminellen  Strafen  dieser  Art  susammenwirft Die  Wegnahme  von  an  sich 
vielleicht  ganz  nnschuTdigen  GegenstHnden  (z.  B  Bestechungsgeschenken)  und  das 
Verbot  eines  freien  (jewerhes  bedeuten  aber  etwas  ganz  anderes  als  die  Einziehung 
einer  von  vornherein  polizeiwidrigen  Sache  und  deu  Rückzug  einer  bloßen  poli- 
zeilichen Konzeenon ;  letztere  Mafinahmen  sollen  von  der  Polisei  selber  und  aus» 
sehli  i'li<  ]]  verfügt  werden  können. 

Uebrigens  kommt  es  vor,  daß  salbet  die  Bufiverfttgurg  ganz  der  Verwaltung 

'»  Verl.'!,  da«  {redankfiilnsc  Prrijiifliz  fU"=  zrucher.  Obergericht'j  in  SIrftuli's  Koro- 
uientar  zum  Zürcher.  Hechlsptlegegeselz,  §  Hb,  .Note  4. 


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Rechtspflege 


—    296  — 


Rechtspflege 


Überlassen  ist.  Die  Bnndeeadministration  hat  wenigstens  im  Aas  wander  unge 
und  Y»  rsi(  hernngswesen  eine  aussclilii-ßlicbe  ßußbefugoiß  und  von  den  Kantonen 
habi  u  Zug  und  Wallis  sogar  fast  alie  Polizeiüliertretnngen  dem  Hicbter  ent- 
zogen. Ueberhaupt  läßt  sich  sagen:  Es  gibt  kaum  eine  Art  von  Polizei- 
ttbetiretang,  die  nicht  an  ii^nd  einem  Orfce  lediglich  im  Verwattnngswege 
fthgewandelt  wUrde.  Und  in  der  That:  Wenn  die  Eatfecheidttng  betreffend  die 
Bnfie  nidit  mit  der  allfälligen  weiteren  Verfügung  kollidiren  soll,  eo  mtfnen 
sie  beid<*  von  einer  und  derselben  Gewalt  ausgeben,  dieselben  aber  gfmz  <lev 
richterlichen  beiinzTistellpn,  fiihrte  znni  Absurden.  Wie  sollte  auch  cli©  Adnimi- 
stration  nicht  in  dei  Bußentrage  i»o  gerecht  sein  können  als  der  Kichter?  Ucber 
die  Armen  ihr  dae  Beoht  eelbst  der  Freiheiteentmehung  einsniilamen,  hat  man 
gewöhnlich  kein  Bedeohen. 

ß.  Weitaas  am  meisten  zu  reden  hat  von  jeher  die  Scheidung  der  büt^jcf' 
Ü'-hcn  BcchtsstrcUigkeiten  von  di  n  A'lmtnisjtrüttvstreitsacben  gegeben.  Das  rührt 
daher,  daß  man  Uber  den  Maßstab  »clbst  nicht  klar,  geschweige  einig  ist. 

Es  Imndclt  sich  jedenfalle  um  Streitigkeiten,  und  (»olche  besteben  in  An» 
Bprttehen  von  der  einen  gegen  die  andere  Seite.  Betreffend  AnBprttcbe  ttwiechen 
(Itiueinwesen  al»  solchen  ist  die  Kompetenz  der  Verwaltung-behörleu  zum  Ent- 
scheide noch  so  wenig  bestritten  worden  als  dicjenigf^  der  Gcriclite  ht^trelltud 
Ansprüche  zwisiht  n  Friviiton,  als  welche  anrh  Staat  and  Gemeinden  nach  üuer 
veiTDögensrechtlicheu  Seite  gelten.  Die  Sacho  wird  erst  streitig,  wenn  »ich  ein 
öffentliches  Wesen  und  eine  Privatperson  gegenüber  stehen.  Wo  jenes  die  an- 
gesprochene Seite  ist,  wird  noch  regelmäßig  die  Kompetenz  der  Verwaltung 
anerkannt.  Den  eigentlichen  Zankapfel  aber  bildet  der  Fall,  wo  der  Private 
den  angfsiprochencn  Theil  vorstellt.  Wenn  nun  alles  bürgerliche  Hccht'^sf reiti* 
keil  sein  holl,  was  in  di«  private  Sphäre  eingreift,  so  sind  das  im  Grunde  alle 
Anspriiche  an  einen  Privaten.  Es  gibt  niohtsy  was  er  besitzt,  das  nicht  gewisser- 
maßen xtt  seiner  individnellen  Bechtsaphäre  gehörte,  sogar  a.  B.  das  bewilligte 
Becht  anf  Ntederlassnng  und  nicht  snm  wenigsten  das  Geld,  <1as  ihm  ülg  Steuer 

nhg^eiionimen  werden  will.  So  kSine  man  «lenn  dazu,  srlb-^t  die  Nieii('ila«*sungs- 
cntziehnng  und  die  Besteuerung  dem  Kichter  zu  unterwerfen,  uml  zwar  in  der 
Besteuerung  alle  Fragen  ohne  Ausnahme,  auch  die  nach  der  Verfassungsmäßig* 
keit,  richtigen  Anaschreibmig  etc.^  indem  auch  sie  gar  sehr,  wenn  von  ihnen 
doch  Sein  oder  Nichtsein  der  Steuer  abhängt,  den  Einselnen  berühren.  Die  Ver- 
waltung dürfte  lediglich  Rechte  crtheilen,  Konzessionen  zur  Niederlassnng,  211 
«•inpüi  Gcworbf,  finer  Anlage  etr. ;  finmal  prthfilt  aber  würden  nnrh  sip  nhn»' 
Weiter»»»  zur  Justizsache.  Das  führte  aber  wieder,  wie  die  richterliche  Allg«wült 
in  Polizeisachen,  zum  Absurden.  Vernünftigerweise  muß  eben  auf  die  Natur 
des  Anspruchs  gesehen  werden.  Wenn  dieser  sieh  als  xi?itrechtlich  darstellt 
besw.  auf  das  objektive  Privatrecht  gründet,  so  gehört  er  im  Bestreitungsfall 
vor  den  Richter.  Ans[.rii(hp  itlTentlich-rechtlicher  Natur  dagegen  fallen  an  Av~- 
Verwaltung  nnd  so  verbleiben  ihr  d?*m  Privaten  gegenüber  nicht  nur  die  Ver- 
leihungen ötteutlichen  Kechtj>,  wie  namentlich  die  Konzessionen,  sondern  auch 
die  Entaiehttngen  aiu»  ebendemselben  Recht,  sei  es  an  Geld  oder  Zeit,  besw, 
Forderungen  wie  die  Steuern  nnd  Frohnen,  oder  an  Eigenthum  wie  die  Expro- 

*)  Die  Miithcilungen  über  die  VenvaUuniM<  <-i.t>ipnege  der  einzelnen  Kanlono  in 
der  Zeitschrift  för  sdiweizerisebcä  Reeht  fneue  Folj;e,  S.  Band,  pa;?.  T^H  ff)  «in<J  jrowiß 
danfcenswi'rlh.  .Aber  .sie  !?ind  s<»  unfi  u«  Iill):ir  ab  iin;:lcifli,  da  sie  nicht  nach  oineui  j^rund- 
sAtzlicben  Mali^>lab  gemacht  sind.  hat  in  dieser  Beziehung  auch  augenacbeinlich  an  einer 
bestimmten  einhciLiiclien  Fragestellung,  nach  der  «ie  sich  bAtten  richten  können»  gefehlt 


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—    2^1  — 


RecliUpll«ge 


priittion.  Nachdem  freilich  der  Zweck  des  ütfentlichen  Rechts  erfüllt  (die  Steuer 
bezahlt,  die  Abtretnii|f  erkngt)  int,  so  mag  der  weitere  Ansprach  dem  riohtei** 
Hellen  Bnteoheide  Uberlaasen  werden ;  so  bei  Steuern  die  Einrede  bereits  geleisteter 
Zahlung  und  bei  der  Expropriation  die  EntHcb;i'.ligiinn;sfra^t;.  Anderseits  mögen, 
wie  die  VormundschaftefUhrung  nicht  als  eigentlich  richterliche  Thiitigkeit  er- 
scheint und  daher  ebenso  gut  der  Administration  überlassen  wird,  von  dieser 
»neh  die  dabei  auftretenden  Rechtefiragen  entMcbieden  werden.  In  diesen  FXUeu 
also  gilt  es  gleidi,  wie  «eli  Jusfeis  and  Administration  ausmaanderaeticii.  Im 
Uebrigen  ist  voihtehend  der  Justiz  und  der  Administration  jeder  ihr  natttrliehes 
Oebiet  zngeschieden.  Wo  'ü*'  Inatiz  mehr  besitzt,  ist  es  von  überwuchernder) 
PrivnMntereHsen  usurpirt.  Keitieiifalls  darf  der  Richter,  was  der  Adtnini«tratiun 
zum  Ent«>clteide  übeitiagea  iät,  hintenherum  untei'  zivilrechtlichem  Titel  vor  sieh 
laesen,  wie  EntaebKdigiingsfordemngen  lUr  Leistungen,  die  einer  ans  SflTentlioh- 
reehtlichem  Grunde  hat  priistiien  mttssen. 

Wie  stellen  sich  nun  die  Kantone  zur  Frage?  Allgemeine  Ausscheidungs- 
gesetze  besitzen  Aargan,  Bern,  Freiburg,  Schwyz,  Solothura,  Tessin,  Thurgau, 
Wallis  und  Zürich.  Allenthalben  außer  in  Bern  erhält  die  Justiz  einen  lieber- 
schnß  an  Eompetena;  daß  derselbe  im  Aargau,  Tessin  nnd  Wallis  ab  Verwai* 
tangsgeriebtsbarfceit  deklarirt  ist,  ändert  im  Wesen  niehtsi  indem  aneb  er  ans- 
schlieäUeb  von  Orgat-eu  der  ordentlichen  Gerichtet  nur  in  etwas  freierem  Ver- 
fahren, anggeübt  wird.  Dabei  werden  einerseit«!  «oijar  Ansprüche  auf  Erlangung 
des  ]>üigerrp»"hts  und  Hfnntz'ing  des  ötientlichen  Kiu;entliuras  im  Streitfall  den 
Oerichteu  zugewiesen,  iiub  zürcherische  Gesetz  i.sl  anderseits  dadurch  typisch, 
<jaß  es  mit  dem  Begriff  der  „erworbenen  Hechte*  den  Kreis  der  Justissachen 
umschreibt.  Aber  eben:  es  zahlt  hiezu  alle  erlangten  Rechte  ohne  Bttcksicht 
iiuf  den  Erwerhsgrund.  so  ilas  Bürgerrecht  ohne  anders  und  selbst  da«  Recht 
<ler  Niederlassnng.  Betretlend  das  Bilrgerrecht  /.  B.  bestimmt  dagegen  Thnrgau 
sehr  richtig,  dati  nur,  sofern  es  kraft  Abstammung  behauptet  werde,  die  Frage 
zivilreehtlicher  Natur  sei.  In  Bern  erscheint  die  AoitsdmidmBg  der  Justiz^  von 
den  Terwaltungastreitsaehen  prinzipiell  gerecht.  Hier  gelten  nftmlieh  die  SXtae: 
Ansprüche  zu  SiTentliohen  Zwecken,  sofern  immerhin  auf  Grund  eines  Yerwal- 
tungsiresetzes,  gehören  an  die  Administration.  Hinwieder  hat  auch  der  Staat 
Klagen  Uber  Mein  tind  Dtin  vor  den  Richter  zu  folgen,  sofern  sie  nur  nicht 
auf  einem  „  verfu8.sungsmHljig  erlassenen  Gesetz d.  h.  wohl  im  ötientlichen 
Hecht  begründet  sind. 

Im  Weitem  sei  noch  betrachtet,  wie  in  den  Kantonen  ttberhanpt  Justiz 
und  Verwaltung  <lie  Gebiete,  auf  denen  sie  sich  am  ehesten  begegnen,  unter 
j^ich    nngeHihr    theilen,    nämlich    Vormundschaft,    Expropriation    und  Steuern. 

1)  Vorrnntidscliaft.  In  den  französischen  Kautonen  ist  dem  französischen  Hechte 
gemäß  die  Voraiuudschaftsführung  den  Gerichten  überlassen  und  werden  von 
«Uesen  daher  auch  die  eigentlichen  Reohtsfragen  entschieden.  In  der  übrigen 
Sehtveiz  ist  die  Vormnndsehaft  Administrativsache,  aber  nicht  ohne  daß  der  Justiz 
g^'win^e  Rechtsfragen  verblieherj  So  betrefTend  die  Gründe  der  Bevormundung, 
und  zwar  unterliegen  bald  alle  diese  Gründe  im  Streitfall  dem  Richter,  bald 
nur   der   eine   oder   andere,   wie  z.   B.  der  Grund   der  Verochwcnduug  etc. 

2)  Erpropridlion.  ')  Der  Entscheid  über  die  Abtretungspflicbt  steht  in  allen 

')  ÜdioUenlicrtfcr,  Vergleichende  D.iriteiluiigen  aus  detu  (ilTcnllichen  Hechte  der 
schweizcrtifchen  Kantone.  I.  Die  schweizerisiclieM  Freiheif«re<  liio,  von  Seite  '.^  auf  73.  Die 
.Mono>rr.iplii<'  v«»n  Dr.  J.  Sieber,  d.is  Reelil  der  Kxproprialii>n  mit  besonderer  Uerileksielili^rung 
der  schweizerischen  Hechte,  enthält  über  unsere  Frage  bezüglich  der  Kantone  kein  Won. 


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RechLsptlege 


—    208  — 


Kechbpüejfe 


KaDtonen  bei  der  verwaltenden,  wo  nicht  bei  der  geaetsgebenden  BehlJrde.  Ourcb 
die  Gerichte  wird  sie  nnr  in  Freiboig,  sowie  in  Appensell  L-Rh.  ond  bei  £s- 

propriationsbegehren  von  Gemeinden  in  Nidwaiden  au  «gesprochen.  In  Aargau 
entscheidet  im  Streitfalle  das  Gericht  wenigstens  flber  den  T^mfang  der  Abtretung. 
Die  Entschädignngsfrage  dagegen  kann  ebenso  Uberall  dem  richterlichen  Erkenntnis 
UDterxogen  werden,  wenn  der  Yorentscbeid  der  ringeam  eingefllhrten  Schätzungs- 
kommisnon  nicht  befriedigt.  In  Glams  aber  iet  deren  Sprach  in  allen  Fillen 
und  in  Graubündcn  wenigstens  bei  Expropriation  fUr  Gemeindezwecke  endgültig. 
In  Neuenbürg  wird  bei  Rekurs  die  Schätzungskommission  einfach  verstärkt.  In 
Bundessachet»  entticheidit  über  die  Abtretung  die  gesetzgebende  Bundesbehörde 
und  über  die  Entschädigung  im  Berufungsfali  das  Bundesgericht.  3)  Steuern, 
Der  Beknrs  an'a  Gericht  ist  betreffend  die  Steuern  allgmidin  geöffnet  in  Aargau. 
Genf,  Schwyx,  Solothurn,  üri  nnd  Zng.  In  Temin  und  Zürich  nnr  betreffend 
die  Gemeindesteuer,  betreffen<l  die  Staatssteaer  nicht,  in  Obwalden  umgekehrt 
nur  betretfend  diti  Staat s.-,teuer  nnd  betreffend  die  Gemcindestfiier  nicht.  In 
Zürich  auch  nur  kraft  einer  gerichtlichen  Auslegung  des  alten  Ausscheidungs- 
gesetzes  gegenüber  dem  neuen  Steuergeaetz,  die  mehr  als  zweifelhaft  ist.  Am 
ehesten  wird  der  gerichtlich«  EntMheid  noch  sugelaesen  bei  der  Erbachafte- 
und  beaw.  Schenkuugssteuer ;  so  in  Bern,  Tes.-in  und  Zlirich.  Also  nur  in  zehn 
Kantonen  gibt  es  Uberhaupt  einen  gerielulii-lien  Weg  nnd  überall  hfindelt  es  sich 
bloß  um  die  Taxation,  nicht  aiuh  um  die  Pflicht  an  sich.  In  allen  übrigen  i.st 
die  Besteuerung  ganz  und  rein  Verwaltuiigtjsache  j  in  Neuenbürg  so  sehr,  Jaij 
Mlbat  die  Einrede  bereits  geleisteter  Zahlung  innertialb  der  Verwaltung  ansge« 
tragen  wird. 

y.  Kompeiemkon fl ikle.  Wenn  Streit  zwischen  Behörden  der  Justiz  und  der 
Administration  entsteht,  ob  ein  Geschäft  von  dieser  "d'-r  von  jener  zu  behandeln 
sei,  80  heißt  das  ein  Kompetenzkonflikt.  Kompetenzkoniiikte  beziehen  sich  haupt- 
silohlioh  auf  die  Scheidung  der  bürgerlichen  Reohtsstreitigkeiten  von  den  Adroini- 
strati^streitsachen,  kOnnen  an  sich  aber  auch  die  strafrechtliche  und  selbst  die 
nicht  streitige  Gerichtsbarkeit  betreffen.  Sie  heißen  positive  KompetenzkonfliktCr 
wenn  die  Bebandhmg  von  jeder  der  beiden  Seiten  beansprucht  wird,  im  Gegen- 
satz zu  den  negativen  Kompetenzkontiiktcn,  wo  die  Sache  von  keiner  will  an 
Hand  genommen  werden.  Ein  Konflikt  ist  natürlich  erst  vorhiiuden,  wann  die 
obeisten  Behörden  von  beiden  Seiten  in  einer  beattglichen  Frage  sich  gegensützUoh 
stellen ;  wann  eine  untere  Behtfrde  von  den  ihr  vorgesetzten  desavcuirt  und  da- 
mit der  andern  Seite  sieh  su  fögen  angehalten  wird,  sc  gelangt  die  Frage 
nicht  weiter. 

Es  ist  nun  ebenso  riehlig  als  einfach,  daß  in  den  Kantonen  Kompetenz- 
konflikte swisohen  der  richterlichen  und  der  administrativen  Gewalt  von  der 
gesetaigebenden  Behörde  als  der  Aufsichtobehbrde  beider  entschieden  werden.  Auch 

in  Bandessachen  is:  es  die  gesetzgebende  Bundesversammlung,  welche  über  Kom- 
petenzstreitigkeiten  zwischen  Btinde^lit- iii  r.len  gesetzt  ist.  Eir;z:g  in  Waadt  und 
Wallis  gibt  es  ein  be.ionderes  Koiniietenzkontlikti«gericht,  dort  vcn  Kegierungsrath 
und  Obergericht  zu  gleichen  Theilen  aus  Unparteiischen  von  Fall  zu  Fall  bestellt, 
hier  einfach  ans  den  PrXsidenten  des  Qroß^  Bathes,  des  Staatsrathea  und  de» 
Appellationsgerichta  bestehend.  Obwalden  hat  eine  ähnliche  Einrichtung  für  der- 
gleichen AnstMode  in  Gemeindesa<A«l :  die  unbetheiligten  Mitglied«r  von  Re* 
gierungsrath  und  Obergericht  zusnmmen  entscheiden.  Im  Uebrigen  ist  es  auch 
in  Obwalden  die  gesetzgebende  Behörde,  der  Kantom»ratb,  welche  Uber  JKom- 
peteozkonflikte  urt  heilt. 


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Hecbtspllege  —    2U'J    —  KechUptlege 

III.  Die  Gerichte.    Bestand  uad  Kompetenzeo. 
Die  Grundform  der  kantonalen  Geriehtsorganisationen  ist  folgande:  Friedens- 
riehter  zur  TnmiittloDg  der  (BTitiaohen  in  kleineren  Kreisen,  üntergeriehte  naoh 

größeren  Bezirken  zum  erstinstanzlichen  Entscheid  der  Civil-  und  der  Straf- 
sachen und  ein  Ober-  oder  Appcllations»^ericht  filr  den  gan?en  Kanton,  Doch 
gibt  es  überall  mehr  oder  weniger  starke  AbändtiniDgeo  und  Komplikationen 
dieser  Form.  Daneben  bestehen  da  and  dort  Sondergerichtc  für  besondere  Streit- 
saehen,  sa  denen  aneh  die  Sobwurgeriehte  gereobnet  werden  mBgen.  Sobald' 
betreibung  und  Konkurs  nicht  nur,  sondern  auch  da*<  weitere  summarische  Ver- 
fahren, wie  das  Befehls  verfahren  etc.  und  die  freiwillige  Geriebtabarkeit  lassen 
wir  hier  auf  der  Seite. 

1)  Dtc  allt/tmtitnen  GericlUe.  a.  Die  FrieUensricMer  oder  VermiiUcr. 
Solohe  gibt  es  in  allen  Kantonen  aaßer  in  Baselstadt,  In  Wallis  heißen  sie 
Gemeinderiohter.  Aneh  in  Bern  finden  sie  sieh  niobt  in  allen  Gemeinden,  indem 
ee  dort  diesen  frei  steht,  Friedensrichter  m  bestellen  oder  nicht.  Sie  sind  in  der 
Mehrzahl  der  Kr^ntone  gemeindeweise  organisirt,  in  Freibur^,  Neuenbürg,  Tes^in 
und  Wandt  iran/Awischcm  Muster  konform  nach  beöonderen  größeren  Kreisen, 
ebenso  in  Aargau,  Baselland,  GraubUnden  und  Lu/.ern.  In  Genf  sind  im  Ganzen 
drei  Friedensriobter,  der  eine  fttr  Civil-,  der  andere  fftr  Strafsachen  nnd  der  dritte 
für  Vormundschaften  ete*,  nnd  in  Inner-Bhoden  ist  Vermittler  für  den  innem 
Laiidestlieil  der  Landammann  (Regierangspriteident)  nnd  für  die  £nklave  Oberegg 
der  dortige  Hauptmann  (BezirkHUüimanu). 

Die  wesentlichste  Funktion  liesj  Friedensrichters  oder  Vermittlers  ist  schon 
seinem  Namen  nach  die  gUtlidie  Ausgleichung  der  Parteien.  Natttrlieh  ist  sie 
beoohrinkt  anf  Privatstreitsachen,  wie  es  die  CSnlsaohen  nnd  gewShnlich  auch 
die  Injnrien  sind.  In  Genf  haben  die  Friedensriobter  diese  Funktion  gar  nicht, 
sie  Hind  geradezu  Üntergeriebte,  und  in  Appenzell  I.-Eh.  nur  filr  die  Injurien. 
Hier  sind  die  Vermittler  hauptsäclilich  Reehtstriebsbeamte  und  wird  die  Ver- 
mittlung in  Civilsachen  von  den  Bezirk^gerichteu  selbst  besorgt.  Auch  in  Aargau 
nnd  Teosin  sind  direkt  an  letstere  die  Vateraobafts-  nnd  Ehesachen  nnd  besw. 
die  Givilstandsstreitigkeiten  tiberbanpt  zu  bringen,  offenbar  weil  dabei  nicht  allein 
die  Parteien,  sondern  auch  das  öffentliche  Recht  und  Interesse  betheiligt  ei"8cheinen. 
Wo  die  friedenarichterliche  Vermittlung  vorgesehen,  ist  sie  sonst  obligatorisob, 
in  Neuenburg  dagegen,  außer  in  Ehesachen,  bloß  fakultativ. 

Kommt  eine  gütliche  Aasgleäehung  niobt  an  Staade,  so  hat  in  der  Hebmhl 
der  Kantone  der  Friedensrichter  gleich  ancb  den  Entscheid:  bei  sebStxbaren 
Streitsachen,  also  jedenfalls  nur  Civilsachen,  die  einen  gewissen  geringeren  Werth  nicht 
nbeisteigen.  Insofern  ist  er  also  üntergericht.  Die  Werthgrenze  ist  verschieden : 
10  Fr.  in  Luzern  und  Thurgau,  12  in  Solothurn,  26  in  Obwalden,  St.  Gallen 
und  Zug,  30  in  GraubüDdeu,  Schwyz  und  Wallb,  3G  (2ä  a.  W.}  in  Fre^uurg, 
30  in  Bern,  Nidwaiden  nnd  Zürich,  60  in  Aargan  nnd  100  in  Waadt.  In 
Frelbnrg  und  Waadt  entscheidet  der  Friedensrichter  auch  bis  snr  hetreifenden 
Grenze  nur  persönliche  und  Mobiliarklagen,  Die  übrigen  Kantone  machen  diesen 
dem  französischen  Recht  entlehnten  Unterschied  zwischen  Mobiliar-  nnd  Immohi- 
liaraachen  oder  -Rechten  fUr  die  Klage  nicht,  jiuch  Wallis  nicht.  Wo  immer 
aber  er  entsehddet,  entsdieMet  der  Früdeosrichter  inappellabel,  sonst  ▼ermittelt 
er  nnr.  So  dM  genannten  Kantone.  Aneh  in  Genf,  Neuenbürg  nnd  Tessin  be> 
sitzt  der  Friedensrichter  entscheidende  Kompetenz,  aber  mit  mehr  Unterscheidung. 
In  TcHsin  entscheidet  er  bis  250  Fr.,  bis  25  Fr.  inappellabel  und  von  da  erst- 
instanzlich. In  Neuenburg  entscheidet  er  inappellabel:  peraönlidie  und  Mobiliar - 


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Rechtspflege 


—   300  — 


Rheinkorrdclton 


klagen  bie  200  und  Hieth>  und  Paefatetreitigkeilen  bis  400  Fr.  Die  Eorapetens 
4or  Genfer  Friedensrichter,  nicht  weniger  als  Untergerichte  wie  sie  sind,  i»t  gar 
auBgebili^'^'t.  Der  Friedensrichter  für  die  Civilsaohen  entscheidet  inappellabel : 
bi«  2ÜÜ  tr.  persönliche  und  Mobiliarklngeu,  bis  300  Fr.  Entschädigung^- 
fordeniBgen  höh  Injurien  und  ThätUchkeiten ;  ferner  alle  EntscbädigungsforderuDgen 
«IM  fHedensriohterliober  Strtlkeinpetens  nnterliegenden  Yergehen  oder  Ueber* 
tretongen  und  die  StreitaMhen  swieoben  HerrBoihaft  nnd  IMenstboten  oder  andern 
Sedlenatefcea  betreffend  den  Dienst,  endlidi  bis  800  Fr.  Hietb'  und  Fachtftirde- 
mngen. 

In  den  welschen  Kantonen  Freiburg,  Genf,  Neuenbürg,  Tessin  Tind  Waadt 
besitzt  der  Friedensrichter  dem  französischen  Rechte  gemäß  auch  strafrichterliche 
Kompetena,  ebenno  in  Solotiram.  Intbeeondere  fllr  Potiseittbertretnngen  nnd  etwa 
Doeb  f&r  geringere  Vetgehen  wie  Injurien,  Drobnngeii  ete. 

Ueberau  sonst  Übt  der  Friedensricbter  seine  Funktionen  als  Einzelperson 
aus.  In  Nidwaiden  aber  hat  or  immer  zwei  Beisitzer,  in  Obwalden  mir  bei 
Entscheiden  und  in  Zürich  ist  er  in  letzterm  Fall  befugt  und  auf  Vevlangfjn 
«iner  Partei  verpüichtet,  zwei  Beisitzer  zuzuziehen.  In  Nid-  und  Obwalduii  sind 
die  Beisitier  bestammtei  mit  dem  Friedemriditer  fUr  eine  Amtsaeit  gewählte 
Pertonen,  in  Zttricb  werdm  sie  Ton  Fall  an  Fall  an»  den  Geeohworaen  des 
Wahlkreises  ansgeloost. 

Neben  den  Einzel- Friedensriobtem  and  in  gleichen  Kreisen  gibt  es  in  Außer- 
rhoden, Krcihnrir,  GraubUnden  und  Waadt  noch  kollegiale  Friedenagenchtet 
in  Außerrhoden  Gemeindegerichte  und  in  GraubUnden  Kreisgerichte  genannt. 
Sie  beateben  in  Freibarg  aus  3,  in  Außerrhoden  nnd  Waadt  aus  6  und  in  Grau- 
bttnden  ans  7  MitgUedem.  In  Freibnrg  und  Waadt  ist  der  Friedensrichter  su- 
gleich  Präsident  des  Priedensgerichte«,  in  den  beiden  andern  Kautonen  ist  es 
vom  Friedensrichter  ganz  getrennt.  In  Graubiindcn  heißt  der  Piäsidtut  de« 
Kreisgerichts  Landammann.  Außer  in  Waadt,  wv  die  Fricdt  ii>^i;crichte  lediglich 
vormundschaftliche  Aufsicht  und  nicht  streitige  Gerichtsbarkeit  uusttben,  sind 
diese  Geriehte  eigentliebe  Untergerichte,  der  Kompetenz  nach  eingesdioben 
zwischen  die  Friedensrichter  und  die  höheren  Bezirksgerichte.  In  Außerrhoden 
bilden  sie  zwar  die  unterste  Stufe,  indem  hier  die  Vermittler  keinerlei  Urtheils- 
befugniß  haben.  In  GraubUnden  tribt  es  sogar  zwischen  Kreisgerieht  nnd  Ver- 
mittler noch  eine  Zwischenstufe:  da.s  Kollegium  von  Präsident  und  2  Mitgliedern 
des  Kreisgericbts.  In  allen  drd  Kantonen  haben  diese  Gerichte  aivil>  und  straf- 
richterliehe  Kompetenz.  Civilriehterlich :  in  Außerrhoden  bis  300  Fr.,  aber  nur  erst- 
instanzlich, in  Freiburg  von  36 — 146  (25  -100  a  W.)  enilich,  und  in  Grau- 
bilnden :  Präsident  und  Beisitzer  von  ^0  —  1.50  cadlich  und  das  j^attjcc  Kreis- 
gericht: von  150  ,''>()0  endlieh  und  von  da  bis  1500  Fr,  erstinstanzlich.  Straf- 
lichteriicb:  in  Außerrhoden  Üebertretungen  und  Privatinjurien,  in  Freiburg 
mttndliche  Beschimpfungen,  und  in  GraubUnden:  PrBsident  nnd  Beisitzer  für 
Vergehen  und  bezw.  üebertretungen,  die  mit  Gefängniß  bis  14  Tage  oder  Buße 
bis  70  Fr.  bedroht,  und  das  ganze  Kreisgeriobt  für  die  schwereren,  sofern  sie 
nicht  einer  andern  Behörde  zagewiesen  sind. 

Rheinkorrektion.  (Br^nzung.)  (o  Bezug  auf  die  Rhcindurchstiche  ist 
die  Angelegenheit  bis  November  1892  nur  so  weit  gediehen,  daß  im  Lauf© 
des  letztgenannten  Mnnat«  eine  Konferenz  zwischen  schweizerischen  nnd  r>ster- 
reichisohen  Delegirteu  stattfand,  welche  Konferenz  zum  Entwarf  eines  Staataver- 
tragen  führte. 


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Rothhornbahn 


—    301  — 


Soiotbura 


BoIhhorulNihii  ^Brienz-Rothborn).  Die  Betricbserötfuuug  fand  statt  am 
17.  Juni  1892. 

RUckzölle.    Keine  Aenderuug  bis  OktuLer  1892. 

Saignelegier-Chaux-de-Fonds-Bahn.  Concedirt  am  27.  Juni  1890. 
Projektirte  Länge  26,649  Mttter.  Sporweite  1  Meter.  Adh&tanebalui.  Noch 
im  Bau  befindliä.   (November  1892.) 

SftlTaloMbaliB.  (Pandieo-Saa  Salvatore.)  Eröffnet  am  27.  USn  1890. 
Banliobe  Linge  1524  Meter. 

Sftls.    (BrgSnzong  des  Artikele  im  II.  Band.)    Die  fttnf  lebweiseriscbe» 

Salinen  produzirten  von  1880--1H9O  jährlich  360,831—394,420  Meterzentner 
Salz;  dnvfm  Schweizerhalle  l.'?J,'J2H— 15.'j,661  q.,  Kaiseraugat,  Kybnrg  nnd 
Kheinfeideo  187, 5(;t;  -  J  15,681  q.,  Bex  18,568  -2.'>,937  q. 
Im  Jahre  1889  betrug  der  Verbrauch  385,132  q.  Kochsalz  und  68,003  q.  anderes, 

1890     p      .        «      8e3,9»l  ,       ,       ,  66,484  .  „ 
Der  Reingewinn  ans  dem  Salxmonopol  betief  sich  pro  1889  auf  Fr.  3,742,907 

r    1890   „    ,  8,837,733- 

=  l"'r.  1.  27  bis  1.  :5()  per  Kopf  der  Bevölkerung. 

Schiiffhausen-Ktzweileu-Bahit.  Noch  im  Bau  befindlich.  (Nov.  1892.) 
Projektirte  Länge  iU,55«)  Meter.  Vgl.  den  Artikel  pMoraturiumalinien'*  in» 
II.  Band  und  im  Supplement. 

Schyjiige-Plutto-Uahn.  Concedirt  am  29.  April  1887,  j:*rojektirte 
Lftnge  7202  Meter.  Sparweito  80  om.  Maximalsteigung  250  V«o.  LokomotiT- 
betrieb.    TSoah  im  Bau  b^dlieb.    (November  1892.) 

Seide.    Ergänsnog  der  Statistik  der  selweis.  Seidenzwirnerei  (vgl.  Seite 


79  im  II.  Band). 

1889  1801 

Zwirnereien   32  33 

Arbeiter:  Fabriken   5,28«  5,499 

Hausindustrie   2.<»I0  2,036 

Total   7.^96  7,.535 

Löhne  und  Salarien  Fr.  2'86(>,370  2777,401 

Spinilehi  fQr  Nähseide:  vorlmnden  St.  23,533  25,988 

,        .        •        Ende  des  Jahres  in  Ii*  trieb  ...      „  23,273  2-2,284 

.  „  Trame  und  Olganzine:  vorhanden  ....  ^  fiO,097  63,409 
,        ,       „      ,           p        Ende  des  Jahres  in 

Betrieb                                                     ,  .ö8,f)82  66^797 

,        Total:  vorhanden                                                   ,  S3,«i30  89,397 

,           ,      in  Betrieb                                                 ,  81,955  78.081 

ProdukttOD:  Organzine  kg  52,135  73,761 

Trame   281.972  258,494 

Nihseide,  Cordoimets  etc.                              ,  120.994  119.351 

.       Tkfatna  vaga  (Stickseide)                               .  16,890  20,318 

Total  Produktion       ,  171,991  471,924 


Bihlthalbahn  (Zürich - Sihlwald).  Die  BetriebserUU'uuug  fand  «tatt  am 
3.  August  1892. 

Sissach-tielterkindeu-Btthn.  Wurde  erütinet  am  18.  Mai  1891.  Bauliche 
LSnge  8268  Meter. 

Solothum.  In dustri egeschiehtliches.  (Mitgetheilt  von  Herrn 
Alfred  Frey,  Sekretär  des  schweif.  Handele»  and  Indiistrievereins.) 

Die  Befähigung  dea  Solothurner  Volkes  zu  gedeihlicher  gewerblicher  Be- 
thätignng  ist  bis  vor  wenigen  Jahrzehnten  noch  von  manohen  Beobachtern  an-i^ 


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Solulhurn  —     302    —  Solothum 

gezweifelt  «rorden.  ist  (lieft  bb  xa  einMi  g*>wuaeii  Grad«  begrciflicsh ;  insowwt 
wenigstem,  als  der  Ausgang  wiederholter  AnlSafe  auf  diesem  Gebiete  nicht  so- 

•weh]  Mangel  am  guten  Willen,  als  am  KSnnen  sn  verratben  schien.  Nun  hat 
Aber  besondere  <He  jüngste  Vergangenheit  bo  viele  Zeugnisse  einsichtiger  Unter- 
nehmnncrslust  und  ei>.prießHchpn  Schatl'euH  beigebracht,  daß  sieh  Solothurn  mit 
jedem  aiiileren  l^audeHlheile  auch  in  dieser  HinHicht  uuge^icheut  nie«Keu  darf. 

Bis  an  der  Zeit,  da  die  ReislSnferei  nnd  das  FeBsionsanwesen  überhand- 
nahmen, standen  in  der  Stadt  Solothurn  neben  dem  Handel  auch  die  Gewerbe 
in  verdientem  Ansehen;  desgleichen  in  den  größeren  Orten  der  Landschaft  und 
biinptsächlich  in  Ölten.  In  diesem  Städtchen  blieb  auch  später,  infoltre  der  stief- 
mütterlichen Behandlung  durch  die  Hauptstadt,  die  industrielle  Krwerbsthatigkeit 
von  den  besagten  nachtheiligen  Einwirknngen  und  von  den  in  der  Amba&sadoren» 
seit  sich  noeh  dazn  gesellenden  siemlioh  verschont. 

Abgesehen  von  den  Überall  nothwendigen  Handwerken,  Mowie  von  Mühlen 
nnd  Sägen,  d-nen  es  an  Triebkräften  nicht  fehlte,  sind  jedenfalls  der  Bergbau 
und  die  Verarbeitnnt^  der  geförderten  Krzc  Gep^enstaml  der  fniliesteu  industriellen 
Versuche  gewesen,  im  gauzen  oberen  Tlialc  der  Dtinnern,  bei  Bahtthal^  Matzen- 
dorf, Herbetswyl,  Weleehenrohr  nnd  Gflnsbrunnen  befanden  sich  Bisenbergwerice, 
welche  im  Laufe  mam  her  Jahrhunderte  bald  be&hren,  bald  verlassen  waren. 
Gegen  das  Ende  des  letzten  Jahrhunderts  unternahm  ein  Solothurncr  Patrizier, 
LudwifT  von  Koll,  die  Konzentration  nnd  rationellere  Ausbeutung  der  bestflii-ndeii 
Werke.  In  Gänsbrunnen  wurde  ein  Hochofen  errichtet,  dem  bald  darauf  ein  welcher 
in  dw  Klus  folgte*  Fir  die  weitere  Verarbeitung  dee  Roheisen«  aus  diesMi  Hoch« 
Öfen  diente  zunächst  ein  Hammerwerk  in  Hatäendorf,  nachher  —  vom  ersten 
Jahrzehnt  des  laufenden  Jahrhunderts  an  —  noch  ein  anderes  in  Gerlafingen  an 
der  Emme.  Hieher  wurden  spSter  ebenfalls  die  Hammerwerke  von  Mai/eiulorf 
verlegt  und  Anfangs  der  30er  Jahre  das  ernte  Walzwerk  zugefügt,  luiwischen 
ging  der  Hochofen  von  Gänsbrunnen  ein  und  au  neiuer  Statt  wurde  derjenige 
von  Choindez  im  benachbarten  bemischen  UOnsterthale  in  Dienst  gesteilt,  wo 
schon  zu  Zeiten  der  RSmer  nach  Eisenerz  soll  gegraben  worden  sein.  Neben  dem 
Hochofen  in  der  Klus  wurde  bald  eine  Gießerei  eingerichtet.  Diese  und  eine 
TOPehanische  Werkstätte  ebendaselbst  erfuhren  immer  größere  Ausdehnung,  während 
man  den  Hochofen  abbrach.  Als  auch  die  Gießerei  in  der  Klus  nicht  mehr  ge- 
nügte, wurde  eine  weitere  in  Ölten  gegründet.  Beide  sind  bis  snr  Stunde  in 
voller  ThKtigkeit:  erstere  liefert  vorab  alle  Arten  von  Bau-  und  Handebiguß. 
letztere  fest  aossohließlich  Masofainengnß.  —  Gerlaßngen  blieb  der  Mitt<>lpunkt 
der  Eisenerzeugung;  außer  dem  vorzüglichen  Holzkohlen- Ivoluisen  wird  du  seil 
dem  Ende  der  Hüer  Jahre  ans  altem  Eisen  mittelst  Steiukublen  auch  billigeres 
Eisen  zu  Gießereizweckeu  hergestollt.  Die  Werke  produzircn  Handelhclscn  aller 
Art  und  seit  einiger  Zmt  auch  Fa<joneiaen  und  Bleche  verschiedener  Sorten^  sowie 
Eisenbahnmaterial.  Für  die  Bedeutung  dieser  auf  Solothumer  Boden  befindlichen 
Anlagen  spricht  wohl  am  deutliehsten  die  Thatsache,  daß  sie  über  1200  Arbeiter 
be<(häftigen.  Dlt  lo<onderen  Verliältnisse  halber  sah  sieh  *ler  .Vhsatz  der  Er- 
zeugnisse vorwiegend  auf  das  Inland  angewiesen.  —  In  diesem  Zusammenhange 
mag  erwähnt  werden,  daß  in  Ölten  ttberdieß  schon  aus  dem  17.  Jahrb.  her  ein 
Eisendrahtsng  bestand,  welcher  seine  Produkte  in  der  Schweis  und  in  Deutech- 
land  verkaufte. 

Gtitcii  l'uf  genospcn  von  ljini:e  her  die  Solothumer  Stfinlniiflie,  Kalklagcr 
uml  Tliongrubeu,  welche  früher  /.u  vier  In.-itaudstellung  ansehnlicher  Steinhauereien, 
Kalkbrennereien  und  Gypsmühlen,  neuerlich  von  Baustein-  nnd  Cementfabriken 


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äoloihurn 


—    303  — 


Sulotiiurn 


Vcranhuwung  gegeben  haben.  Dem  Kumple  mit  der  fitmden  Koukurrenz  ist  vor 
wenigen  Jahnenten  auch  die  alte  Glashütte  GaldeDtha]  erlegen,  deren  fafelgla» 
gesucht  war. 

Unter  den  anderen  älteren  Industriezweigen  verdient  beßonders  die  Strumpf- 
wpberei  hervorgehoben  zn  werden,  welche  zum  besten  Theil  im  Buch^ijaii  au.säÜig 
war.  Ölten  bildete  für  den  Kt.  Solothiu-n  den  Jidittelpunkt  der  Lismerei.  Die 
Bewohner  gegen  dae  Berner  Amt  Wangen  zu  arbeiteten  meistens  im  Lohne  von 
Aairganer  nnd  Beraer  Fabrikanten,  nnd  zwar  verfertigten  »ie  ebenfalls  —  bis 
in  s  dritte  Jahrzehnt  des  19.  .Tahrh.  hinein  —  wollene,  baumwollene  und  seidene 
Strümpfe  und  Handschuhe.  Als  sich  diis  18.  .Tahrh.  zu  Ende  npicte,  hatti-  indeKson 
dieser  ganze  Erwfibszwci','  seine  BliitlifZ''it  schon  hiuti-r  sich,  und  heute  tindcn 
:»ich  Ueberbleibi^el  davon  nur  noch  in  Olteu  und  Gös-igen.  Die  ürsuche  de»  Verfalb 
der  Fabrikation  von  Mtttaen  nnd  Strumpfen  erkannte  man  bereite  vor  70  Jahren 
in  dem  Umstände,  daß  man  nicht,  wie  andere  Länder  thaten,  genttgend  darauf 
achtete,  mit  den  Forderungen  der  Zeit  Schritt  zu  halten. 

Der  vermehrte  Flachtsbau  im  Aarethal  bewirkte  di«»  Ansdehnungj  der  Leineu- 
spinnerei  und  der  -Weberei,  die  sobou  nach  der  Mitte  den  vorigen  Jahrbundertü 
theilweiee  durch  die  BaamwoUenvefarbeitnng  TerdrSngt  wurden.  Die  Baumwollen- 
Spinnerei  verlegte  sieh  ▼orsfiglich  anf  feine  Game  fitr  die  auswSrtige  Honsseline- 
wel  evei  und  sie  deckte  später  zudem  den  Bedarf  der  iwei  in  Solothnm  nnd 
Bali^thal  entstandetien  Kattnnfabrikeu.  Nacli  dem  Vorgänge  von  Neuenbürg  nnd 
Aargau  wurden  gegen  das  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  in  Sohjthurn  zwei 
IndiennedruckereieD  in  Betrieh  gesetzt,  die  für  ihre  Waaren  im  Auhlando  Käufer 
fanden.  Wie  ihre  GbnossinneDt  gediehen  jedoch  anoh  sie  nur  wenige  Deaennien 
und  waren  in  den  30er  Jahren  schon  wieder  anfier  ThXtigkeit.  —  Eine  Zeit 
lang  schien  auch  das  Verspinnen  und  Verweben  selbstgezogener  Wolle  einem 
erfreulichen  Aufschwung  entgpg-enzugshen.  Allein  die  Herstellung  wollener,  halb- 
wollener und  halbleinener  Tücher  kam  trotz  allen  An«tretigungen  über  ziemlich 
•enge  Greneen  nie  hinaus.  Eben  so  wenig  gelang  dies  der  Seidenzucht,  deren 
Forderung  bis  in  die  Mitte  des  vierten  Deaenninms  des  gegenwärtigen  Jahr« 
Jinnderts  wiederholt  eifrig  versncht  wurde,  schiieiUich  aber  gans  aufgegeben 
werden  mußte. 

Gleicherweise  geboten  leider  die  deutwhen  Z?1ille  ein»'r  weiteren  l>ntwiekluDg 
der  Gerberei  Halt,  und  auch  die  TapiertVibriken  Kriegi»tetten  un  1  Mümliswyl  — 
letztere  aus  dem  16.  Jahrh.  stammend  —  vermochten  sich  den  Folgen  der  Kon- 
kurrenz der  modernen  großen  Anlagen  nicht  mehr  zu  erwehren. 

NN'ie  man  sieht,  hat  es  an  Bemtthungen,  an  Stelle  der  durch  die  Ungunst 
der  Verhältnisse  —  vielleielit  ein  wenig  auch  durch  eigene  Schnld  dem  Nieder- 
gange verfallenen  Industriezweige  andere  zu  t,etzeu,  nicht  gefehlt;  doch  blieb  ihnen 
eben  bis  vor  einem  halben  Säkulum  beinahe  regelmäßig  ein  durchächlageuder 
£rfolg  veriwgt.  Da  trat  ein  Wendepunkt  ein  in  den  40er  und  am  Anfang  der 
50er  und  dann  wieder  zu  Beginn  der  GOer  Jahre.  Diese  Zeitabschnitte  stellen 
.sieh  al>  Mr  !.edent?iamsttn  dar  fiir  die  industrielle  Belebung  im  Kt.  ^^olothnrn. 
Sie  t>ezi'iehnen  der  Reihe  nacli  ilas  Eindringen  der  Uhretimaeherei  in  die  we«l- 
licheu  KiuUuD>lheilc,  die  Einführung  der  Schuhfabrikation  im  Outen  und  die  un- 
getahr  gleichzeitige  Grewinnnng  des  DomeokB  für  die  Industrie  Überhaupt,  sowie 
sehließlich  die  AttsfÜhrnng  und  Dienstbarmachung  des  Emmekanals. 

Wie  bis  anhin  in  ihrer  Entwicklung  von  We«ten  nach  Osten  der  Jurakette 
folgend,  faßte  im  Jahre  1^10  die  Uhrenindustrie  in  Grenchen  Fuß.  Die  Anfänge 
waren  freilich  eben  so  bescheiden  aU  beschwerlich,  &o  daß  eiüt  im  Jahre  1Ö56 


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Sololhurn  —    304    —  Solotburo 

eine  zweite  lubiik  für  Ituhwerke  iiöthig  wurde,  wuiaul  Uunn  die  Weitereutfaltuug 
wieder  bis  Anfangs  der  70er  Jabre  in^a  Stocken  gerieth  Von  da  ab  jedoch  drangt 
die  Ulirenmacherei  —  trotz  manchen  bitteren  GeechehnisMii  —  unaufhaltbani  bis 
über  die  Stadl  Solotburn  hinaus  vor,  «lern  ganzen  Gelände  zwischen  Jnra  nnd 
Aare  —  nnd  vi  rwhiedeuen  anderen  Orten  —  Beschäftigung  und  Verdienst  bringenil. 
Die  Fabrik  in  Läogettdorf  zählt  heute  zu  den  grüüten  ihrer  Art.  Wie  die  Berner, 
«0  liefen  aaoh  die  Solothnrner  vonngaweiae  billige  Uhren  und  haben  mit 
jenen  dieselben  Absat^btete  gemein.  Sehon  im  Jahre  1883  «ehJttste  man  die 
Zahl  der  Solothnrner  ührenarbeiter  auf  2()0»)  und  die  jährliche  Produktion  anf 
r}()O,00(  )  Höh  werke  und  IOi  ),000  fertige  Uhren.  Seitdem  hat  die  Xndastrie  noch 
ziemliche  i?\n  t^chrittP  giMuacht. 

Während  »ich  hier  indeiwen  bluü  das  naturgemäße  räumliche  Wcitergrcilcii 
einra  jenseits  der  Grenae  schon  lange  pro8perirenden  Erwerbssweiges  vollzog, 
erwarb  sich  am  anderen  Knde  des  Kantons,  in  SchSnenwerd,  ein  Einzelner  das 
Verdienst  der  Eintührung  eines  neuen,  im  Lande  herum  noch  nirgends  gekannten 
Betriebe«.    Nnrhdpin  Peter  Bally  im  Jahre  in  Schönenwerd  eine  norh  bc- 

utehende  äeidenbandlabrik  gegründet  hatte,  verband  er  damit  von  lc<41  ab  auch 
die  Produktion  elastischer  Hosenträger,  und  aein  Sohn  —  Karl  Franz  Bally  — 
wagte  sich  sodann  im  Jahre  1851  an  die  FabnkatioD  von  Schaben  nnd  elastischen 
Geweben.  Erstere  namentlich  hat  seitdem  unnnterbrocheu  zugenommen  und  geht 
lieute  in  einem  HtaliHssement  vor  eich,  welches  zu  den  bceteingt-riehteten  seiner 
Branche  zililt  und  zur  Zeit  mehr  als  2000  Pert»oneD  bethätigt.  Außer  den  Zweig- 
geschäften im  8oiothurner  und  Aai-gauer  Gebiete  enttttonden  um  dat>  Jahr  1860 
in  Ölten  aelbstständige  Schtihfabriken,  die  sich  bis  anf  den  heutigen  Tag  erhalten 
habMi.  Alle  diese  Werkstfitten  arbeiten  hanptaSchlich  für  den  Export  nach  ttber- 
Heeischen  Ländern.  Bis  vor  wenigen  Jahren  gingen  die  Schuhe  gutenthcil»  nach 
den  La  Plata  Staateti ;  aHein  mit  dem  Waeh«thnm  der  dortigen  Produktion  und 
der  sonst  größer  werdenden  Konkurrenz  begann  eine  Zeit  heftigen  Kampfe»  um 
die  geeignetsten  Absatzgebiete.  Der  siegreiche  Fortgang  desselben  ist  für  die 
Sehweis  insofern  von  Tragweite,  als  dadurch  das  ErdrSeken  des  Handwerkes  anf 
dem  inländischen  Markte  verhütet  wird. 

In  die  40<  r  Jalii  e  fallt  auch  der  Einzncr  der  Seidonmanufaktur  in  das 
Üorueck,  von  Basel  her.  Sie  hat  srither  an  Umfang  gewonnen,  und  es  sind 
gegenwärtig  in  Bilsserach  und  Zullwyl  zwei  Seidenwindereien,  auf  der  Südseite 
des  Paßwangs  —  in  Balsthal  —  eine  Zwirnerei  nnd  in  Mttmliswyl  eine  Band* 
fabrik  im  Gange. 

Dritter  Ausgang^pankt  eines  neuen  Anftehwunges  wurde  der  in  Verbindung 
mit  der  Emmekorrektion  im  Jahre  angelegte  Gewerbekanal,  de8^»eii  Kräfte 

in  rascher  Folge  Verwerthuug  landen.  Zunächst  siedelte  sich  da  die  Baumwoll- 
spinnerei Emmenhof  an,  und  1865  rUckte  die  Papierfabrik  Biberist  nach;  gleich» 
zeitig  ging  die  YergrUßerong  der  Eisenwerke  in  Gerlaftngen  vor  «ich,  nnd 
eohließUoh  kam  die  Kammgarnspinnerei  Derendingen  hinzu.  Diese  kapitalkräftigen 
IfntprnehmPM  orwoitetcrtr-n  sich  ihren  Kifoli^cn  entsprechend.  Die  Papierfabrik 
Biberist  pruduzirt  ^eit  au<h  Ceiluloj-epapier.  und  mit  der  Spinnerei  Deren- 

dingen ist  vor  wenigen  Jahren  eine  Weberei  verbunden  worden. 

Biberist  hat  ttberdieß  seit  den  5Uer  Jahren  eine  Farqneterie  nnd  eine  Cigarren- 
fabrik;  wie  denn  im  ganzen  Kanlon  hemm  noch  manche  Betriebe  zn  nennen 
wKren.  So  hat  Schönenwerd  neben  der  Sehuhfabrikatiou  die  Elastiquewt  lerei 
BUßgedehnt ;  Oltcn  frliielt  durch  dii'  IV-iitialluthn  eine  crroL'e  Re|inratur\vcikstätte, 
und  im  Ferneren  existireu  da  u.  A.  eine  Lampenfabrik,  eine  iiutfabnk,  eine  Filz- 


—  aob  — 


StaaUmoDopole 


tnohfobrik,  eine  WollenspimieTei  und  Halbleiiiwebefei.  Die  Straohgarnspinnerei, 
•owie  die  Henofaktar  ▼on  gem-  und  halbweUenen  Tttohern  hat  neh  im  her- 
gebrachten bescbränkten  Umfange  auch  in  der  Umgegend  von  Solothurn  behauptet. 

In  Mümlibwyl  wird  seit  Anfang  df-r  r.Oer  Jahre  die  Kanmifnbrikation  in  tji:roßfm 
Maliütabe  betrieben,  während  Oen^viugtu  und  Selzach  kleinen'  Ktablisiicmente  dieser 
Art  besitzen.  Balsthal  weint  neben  beiuen  anderen  iaduHtrielleu  Anlagen  eine 
Papier-  und  Holaatofflbibrilc  auf. 

Beilllafig  ist  sdion  der  Gyps-,  Gement-  und  Thonwaarenfabrikatioii  gedacht 
worden,  nn  l  es  wäre  die  Reihe  der  nennenswertheren  Erwerbezweige  etwa  noch 
dorch  die  Krwähnang  der  Bierbrauereien,  Möbelschreinereien,  mechanischen  Werlc- 
Htätten  fUr  verschiedene  Spezialitäten,  der  Buchdraokereien  und  kleineren  Fabriken 
für  Lebensmittel  m  ergänzen. 

Dieee  dürftige  AnfsKUang  epricht  wohl  lor  Genflge  fttr  die  Ent&ltung  und 
die  Kanmg&ltigkät  der  solothamiecben  Produktion,  welche  —  Uhren  und  Schabe 
ausgenommen  —  ihren  Absatz  zum  größeren  Tlieil  im  Inluiide  findet.  Zu  diesem 
Handel  mit  den  eigenen  Erzeugnissen  kam  von  Alters  her  ein  lebhafter  Transit- 
verkehr, auu  dem  früher  neben  Ölten  auch  Suluthurn  schönen  Gewinn  zog.  Die 
kmnmermelle  Bedeatimg  Ohens  war  sehen  in  Ende  des  17.  Jahrb.  dermaßen 
erkannt,  daß  man  emstlich  mit  dem  Gedanken  unging,  die  Znraaeher  Messe 
dahin  zu  verlegen.  Sie  mehrte  sich  mit  dem  Bau  der  Hauensteinstraße  nnd  sie 
hat  nun  vollende  ihre  Höhe  erreicht  infolge  der  £rhebang  des  Ortes  nun  wich- 
tigsten Knotenpunkt  der  Schweiz.  Eisenbahnlinien. 

Staatsmonopolo.  Theilweise  Ergänzung  des  Abschnittes  „Alkoholmonopol 
Behufs  Verwendurg   des  Alkoholzehntels   hat  eine  vom  eidg,  Departement  des 
Innern  einberufene  Kommission  folgende  leitende  Grundsätze  aulgej^ieilt : 

Die  10  "/o  der  Alkoholeinnahmen  sind  za  verwenden; 
In  erster  Linie: 

L  Zar  Ersiehang,  anm  Sebntae,  aar  Bessernng  der  Jngend,  und  awar: 

1)  Zur  Tertiorgung  von  verwahrlosten  Knaben  und  jogendlicben  Verbrechern 
in  entsprechenden  Anstalten.  2)  Zur  Fürsorge  filr  aufsichtslose  Kinder  -  Kuahtm- 
luid  Mädcbenhorte  etc.  3)  Zur  Fürsorge  für  schwachsinnige  und  epileptische 
Kinder. 

IL  Zar  Yersorgang  armer  Irren  in  HeiUnstalten  and  Untersttttsnng  der 

Angehörigen  derselben. 

III.  Zur  Hebung  der  Vulkbernährnng :  Grlindung  und  Unterstützung  von 
Konsumvereinen  mit  ausschließlieb  gemeinnütziger  TendenZi  sowie  von  Volks- 
küchen und  Bpeiseanstalten. 

IV.  Zar  Yereorgung  armer  Schalkinder  mit  kriftiger  Nahrung,  and  aar 
Unterstütsaag  d«r  FerieakolonieD. 

V.  Zar  Belebrang  des  Volkes  über  die  Terheerenden  Wirkungen  des  Alko- 
holisrans  einerseits,  und  über  die  wohlthätigen  Folgen  der  Mäßigkeit  und  Sparsam- 
keit anderseiti^ ;  sowiü  zur  Verbreitung  guter  Schritten  und  zur  GrUudang  und 
Unterstützung  von  Lesesälen. 

VI.  Znr  Grttndang  und  Unterstützung  von  Trinkerheilanstalten. 

VII.  Znr  önterstatiang  der  tf  ftfiigkeitsvereine. 

In  zweiter  Linie  darf  ein  Tbeil  der  10      verwendet  werden:  1)  Für 

Zwangs-  und  Be?Kerung?an'<f alten  oder  für  ünterbringuriir  in  solchen.  2)  Zur 
Unterstützung  entlassener  Sträflinge.  3)  Fttr  NaturalverptiegUDg  armer  Durch- 
reisender. 

FutTcr,  VoUctwinhtchafu  Lexikon  der  ächweix,  ^ 


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SUatsmonopole 


—    306  — 


S(aa(smonop<rfe 


Mit  Ende  des  Jahres  1890  »ind  die  Obmgeldersattaiitprttohc  der  Kantone 

dabiogefallen ;  dem  entsprechend  ist  denn  auch  die  Summe  des  zur  Bekämpfung 

des  Alkoliolismuö  zu  \ erwendenden  Zehntheil>  im  Vergleich  zu  dei;  rwf^i  vorher- 
gehenden Jahren  sehr  gestiegen,  wie  tolgende  Zusummeastellung  ausweist: 

Gesamml'  iimalinK'n  der  Kanione  Summen 

aus  (]t  ni  Ertrage  öi  > 

des  Alk' iholmniiopDls  Alkohol7.e))iitels 

lÖSü  Fr.  4,54(i,667.  70  Fr.    96,578.  71 

1890   ,    6,306,668.  10  .   272,678.  70 

1891  6,018,834.  70  ,   566,132.  26 

Im  Besondern  gestalten  sieh  die  Uonopoleiitiialiiiien  d«r  Kantone  für  das 
Jahr  1891  folgendermaßen: 


Bezogene  Summen 

1.  Zürich    .  . 

Fr. 

618,107. 

74 

ü ebertrag 

Fr. 

3,159,069. 

18 

2.  Bern  . 

tt 

1,061,855. 

71 

u. 

Schaff  hattaen 

69,048. 

92 

3.  Lnzem  .  . 

1» 

359,306, 

80 

16. 

IjipeintO  A.-Kk . 

« 

98,793. 

41 

4.  Uri   .    .  . 

58,173. 

20 

16. 

Apprnzell  I.-Rlii . 

« 

23,524. 

32 

5.  Schwyz  .  , 

* 

91,840. 

39 

17. 

St.  Gallen  . 

418,141. 

90 

6.  Obwalden 

1" 

27,400. 

07 

18. 

Graubiinden  . 

r 

175,438. 

87 

7.  Nidwaiden  . 

22,824. 

28 

19. 

Aargau  . 

II 

353,364. 

34 

8.  Glan»  .  . 

61,607. 

33 

20. 

Thnrgan .  . 

» 

191,688. 
231,435. 

27 

9.  Zug  .    .  . 

» 

42,158. 

83 

21. 

T^n    .  . 

81 

10.  Freiburg 

9 

337,632. 

20 

22. 

^Vaadt  , 

« 

4.')  8, 120. 

85 

1 1 .  Solothurn  . 

H 

229,509. 

25 

23. 

Walli-s    .  . 

185,651. 

46 

12.  Baselstadt  . 

*• 

1.^5,350. 

54 

24 

Neuenbürg  . 

m 

198,777. 

24 

13.  Baselland 

r 

113.808. 

34 

25. 

Genf .    .  . 

n 

88,228. 

98 

Uebertrag 

Fr. 

3,iü9,uöy. 

18 

Fr.  5,651,223. 

55 

Der  Verbniiicli  von  gebranntpn  Wassern  zum  Trinkknnsntn  wird  vom  eid- 
genössischen Alkoholamt  pro  1890  und  1891  auf  ca.  6  Liter  ^r  Kinwohner 
berechnet. 

Aus  den  seit  1890  in  der  Gestaltung  des  Alkoholmonopols  eingetretenen 
Yerlbideningen  flind  bervorauhehen: 

Der  Verkemf  geeohieht  dermalen  (Ende  1892}  doroh  6  D^ts:  Aaran, 

Basel,  Buchs,  Bomanshoru,  Delsberg  und  Burgdorf,  wovon  die  beiden  letztem 
der  Verwaltnng  eigenthUmlich  angehören  und  durch  eigenes  Personal  geleitet 
werden,  während  die  übrigen  nur  Miethdepots  sind,  die  fremder  Verwaltung 
unterstehen.  Der  direkte  Depotbetrieb  wird  auf  1893  auch  in  Romanahorn  ein- 
geführt werden,  wo  ein  heaonderer  Bau  au  diesem  Zwecke  gegenwärtig  in  Aue- 
lUbrung  begriffen  ist. 

In  Folge  eine.-  v<in  der  Bundesvcrpaminlnng  beM'blü??euen  Postulats  liegt  die 
Frage  einer  Erweiterung  dei-  Monopols  durch  Einbeziehung  auch  des  rHativ  dencU. 
Alkohols  für  industrielle  und  gewerbliche  Zwecke  derzeit  im  Studium. 

Im  GeMhäftajahie  1891  (1.  Mai  1891  bia  30.  April  1892)  beliefen  eich 
die  TerkHafe  der  Mooopotverwaltnng  an  gebrannten  Waseem  an  Trinkaweeken : 
auf  70,091.15  Meteraentner  95"  .im  Betrage  von  Fr,  11,798,302.  39,  an 
denaturirter  Waare  zu  technischen  Hanshaltungszweckcn  auf  30,451.3'.'  ^feter- 
zentner  93/95**  im  Hctrage  von  Fr,  I  1 ,7i'G.  20.  Hieven  wnrden  uu.s  den 
Betrieben  der  iulandischeu,  für  ll«ubuuug  der  Alkohol- Verwaltung  arbeitendeu 
Loosbrennerei  beschafft  19,132.77  Meteraentner  Bohapiritaa. 


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StaatsmoDopole 


—    307  — 


StatisÜk 


Die  Betriebsrechnung  erzeigt  im  genannten  Jahre  bei  Fr.  14,473,039.  45 
Finn  ilimen  und  Lei  Fr.  8,469,551.  93  Aufgaben  Mnea  Ueberschaii  der  Einnahmen 
von  Fr.  >>.Oi:5,4H7  o"_\ 

Für  die  Vertuuiiuug  de»  UeborttcUu^^cH  uu  die  Kantone  war  erstmals  maß- 
gebend das  Bnndesgesets  Tom  8.  Jnni  1891,  welches  in  weiterer  AnrfHhrung 
von  Art.  €,  nl.  3  der  Uebergangsbestimmungen  zur  Bundesverfassung  bestimmt, 
daß  zur  Erleichterung  des  Ausfalls,  den  die  Ohmgeldkantone  und  Oktroigemeinden 
durch  Ja.^  Aufhören  des  nach  Art.  32  der  Bundesverfassung  mit  Ende  l.-f'JO 
in  Wegtail  kommenden  Ohmgelder&atzes  zu  erleiden  hätten,  eine  bloß  aUmalige^ 
auf  die  Jahre  1890 — 95  vertheilte  KUrzang  der  betreffenden  Entschädigungen 
etattsuflnden  habe.  Danach  sind  lUr  1891  5/6,  fttr  1892  4/6,  für  1893  8/6, 
für  1894  2/6,  für  1895  1/6  der  «wischen  dem  verhiUtnißmäßigen  Eopfantheil 
und  dem  Ertrag  des  Olungeldes  resoltirenden  Differenz  ans  den  Antheilen  der 
übrigen  Kantone  zu  entnehmen. 

Stanserhornbahii.  (  ii  '  Urt  am  10.  Oktober  1890.  Projektirte  liänge 
3479  Meter.    Spurweite  l  Meter.    Maximalsteignng  6üO  ^jao.  Elektrisch. 

Statistik.  Um  über  den  Ursprung  ^ind  die  Entwicklung  der  StatiHtik  in 
der  »Sehweiz  zw  reteriren,  muß  sich  das  Lexikon  an  die  „Zeitschrift  fiir  «chwei- 
zerische  Statistik",  Jahrgang  1885,  zweites  und  drittes  Uuartalheft,  halten,  allwo 
der  damalige  Direktor  des  eidgenSsusohen  statistischen  Borean,  Herr  Dr«  Knmineri 
die  Resultate  seiner  Forschungen  nach  alten  und  neuen  statiatisehen  Fablikationen 
niedergelegt  hat.  Dieselben  werden  hier  ganz  knra  reemnirt. 

Zeit  vor  170M. 

Als  die  .iltote  Urkunde  statistischen  Charaktere  muß  das  Yolksziihlnngs- 
verzeichoiß  betrachtet  werden,  das  ^uach  Ocsar,  bellum  Gallicum  1  29)  die  Hel- 
vetier  mit  sieh  fahrten,  als  sie  58  a.  Chr.  in  Gallien  einfielen.  Es  wies  einoi 
Bestand  von  868,000  Personen  anf,  worunter  268,000  Helvetier  und  im  Ganien 
92,000  waffenfühige  Männer. 

Weitere,  die  ganze  schweizerische  Bevölkerung  umfassende  statistische  Dar- 
stellungen sind  aus  der  Zeit  vor  1798  nicht  bekannt,  wohl  aber  kunionale 
Volkszählungsrtisultate  aus  dem  17.  und  18.  Jahrhundert;  danebst  auch  kanto- 
nale Erhebungen  betreffend  die  Haushaltungen  und  die  erwachsenen  Hlinner, 
ganz  wenige  betretfend  die  Geburten,  Ehen  und  TodesftUe,  femer  einige  be« 
treffend  dtil  Viehstanil. 

Private  statistisnlur  Arbeiten  ersten  Hani^es  gingen  hervor  aus  dor  Hand 
des  1780  gewaltsam  seines  Lebens  beraubten  zürcherischen  Pfarrers  Waser;  der 
Statistik  bedienten  sich  femer  mehr  oder  weniger  die  Yerftsaer  ein^r  von  der 
ökonomischen  Gesellschaft  des  Kantons  Bern  in  der  sweifeen  H&lfle  des  18.  Jahr* 
hunderts  ausgeschriebenen  Preisschriftcn  und  die  Bearbeiter  von  geographischen 
Beschreibungen  der  Schweiz. 

Zeit  von  1798—1848. 
In  dieser  Periode  wiederholen  sich  die  oben  erwähnten  kantonsweisen  stati- 
atisehen Publikationen  Uber  BevSlkemng.  Gebnrien,  Ehen,  TodesföUe,  Tiehstand 
hKußger:  dann  erfolgt  im  Jalin-  Isr.T  Iti  mangelhafte  allgemein  schweizerische 
Tolksziihhing,  welclie  (lelt-genlieit  von  Baselstadt  zu  der  Neuerung  hon'ttzt  wird, 
Angaben  iiln  r  Alter,  Geschlecht,  Zivilstand,  Bemf  nnd  Heimat  zu  sammeln. 
Etwelche»  nt-ues  Material  von  statistischem  Werth  beginnt  in  den  kantonalen  Staats- 
verwaltinigsberichten  aufeutanchen.  Weil  der  Mangel  einer  eehweiseriscben  Zoll- 
statistik stark  empfunden  wird,  verfilgt  die  Tagsatsnng  1842  die  Veranstattung 


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Statistik 


—    308  — 


ätat).4ik 


einer  allgemein  «diweiieriBoheik  EnqaStey  w«lclie,  hXtte  sie  reuflsirt,  die  wdbSSmt» 
Agni'  and  lodustriestatUtik  getätigt  haben  wWde.  Soweit  in  Besag  anf  die 
amtHohe  Statistik  iVia^^t-v  Periude. 

Die  private  Statistik  faiul  wiederum  ihren  Waser  in  der  Person  des 
Basler  Prutet?suirt  C.  Bernoulli,  der  von  1H27  — 1830  dti«  „Archiv  fllr  Statistik 
und  Nationalökonomie",  1841  das  „Huiidbuch  der  Populationistik",  1843  die 
«Neaeren  BrgebniBee  der  BevSlkerangistetistik*  enoheinen  ließ.  Auf  der  andern 
Seite  de«  Gotthard  verwendete  gleichseitig  der  nachmalige  Bundesrath  Franscini 
seinen  Bii'miifltiß  zur  Abta.ssiing  eines  Btatistischen  Compendiums  („Statistica 
della  Svizzeru")  iiud  er  führte  es  bis  1851  in  einer  Weise  fort,  daß  es  lange 
als  Hauptquelle  für  Sucher  statistischer  Daten  diente.  Ferner  erschienen  be- 
vSlkerangaBtatiatieahe  Arbeiten  von  Genfer  Gelriirten,  1835  eine  ebensolohe  Sohrift 
Ton  Dr.  Titoe  ToUer  in  Appeniell  A.«BIi.,  1838  eine  Statistik  der  Sparkaeeen 
von  Prof.  Candolle  in  Genf,  1847  eine  Statistik  des  Staatshaushaltes  von 
J.  H.  Hottinger  in  Zttnch,  1819  und  1831  eine  «Statistiqae  de  la  Saisse"  von 
J.  Pioot  in  Genf. 

Zeit  von  1848—1874. 
Die  Statistik  wird  in  das  Arbeitsprogramm  der  nen  bestellten  Bandes* 

bebOrde  aufgenommen  und  dem  eidgenOsaiBehen  Departement  des  Innern  (Franscini) 
sugetheilt.  In  Folge  dessen  erscheinen  in  den  fünfziger  Jahren  fünf  Bände 
„BtitrNge  zur  Statistik  der  »chweizcri gehen  Eidgenossenschaft",  die  außer  der 
Bevölkerung,  den  Geburten,  Ehen  und  Todesfällen  auch  die  Altersklassen,  die 
Ausländer,  die  Akti?bürger,  die  Mannschaftskontingente,  die  Geldskala,  die  Post- 
and  ZoUwinabmen,  die  Anawandening,  die  Enltniarteo  ete.  in  ibren  Bereich 
sieben. 

Im  Januar  18<')0  ermannt  sich  die  Bundesversammltnu'  ein  Gesetz  be- 
treffend die  Errichtung  eines  eidgenössischen  Rtatistitschen  Bureau  zu 
erlaiM^ii.  Dieses  tritt  im  Juni  desselben  Jahres  in  Wirksamkeit.  Es  muß,  geniaU 
Bnndesgescta  vom  3.  Febraar  1860,  sehen  im  ersten  Jahre  and  fortan  alle 
lebn  Jahre  eine  Volkszählungsstatistik  erstellen,  was  andi,  nnd  cwar  in  bedeatend 
weiteren  Eahmen  als  früher,  geschieht. 

Kbenso  entsteht  nun  eine  periodische  Viehbesitzstatistik,  auf  Grund  des 
Buudcagüsetzes  von  l^söö,  das  tUr  18(>G  und  jedes  folgende  zehnte  Jahr  eine 
schweizerische  Viehzählung  Torschreibt. 

Im  Femern  dehnt  sioh  die  amtliohe  Statistik  des  Bandes  ans:  anf  den 
Waarenverkehr  mit  dem  Auslände  (seit  1849),  auf  die  AIpwirthschaft  (1864  u.  tl'.), 
anf  den  Post- und  Telegraphen  verkehr  (seit  1869),  auf  die  Auswaiideruug  (seit  IHHSi. 

In  dieser  Periode  entstehen  auch  die  ersten  kantunaien  statistischen 
Bareaux:  Bern  1848,  Waadt  1860,  Zürich  1868.  Andere  Kantone  beginnen, 
einaelne  Zweige  der  Statistik  au  pflegen,  so  Aorgau,  Sohaffhanaen,  ThnrgHU, 
Baselstadt,  Solothnrn. 

Die  private  Statistik  hält  ebenfalls  Schritt  mit  der  amtlichen.  Besondere 
Pflege  Hallt  sie  Inder  Schweizerischen  statistischen  Gesellschaft, 
welche  sich  am  19.  Juli  1864  mit  dem  Vorsatz  konstituirte,  das  Iuteres<^e  des 
Publikums  tüi-  die  Statistik  zu  wecken,  die  amtliche  Statistik  zu  fördern  und 
an  eigänaen,  mit  den  answärtigen  statistiseben  Gesellsobaften  in  Verbindnng  sn 
treten  eto.  Die  Gesellschaft  grUndet  die  „Zeitschrift  für  sobweiaerische  Statistik**, 
welcher  eine  große  Zahl  von  Abhandliuigeu  aller  Art  zuströmen.  Größere  Ar- 
beiten, von  der  Gesellschaft  angeregt,  erseheinen  nebenbei  separat,  so  die  „Gegttu- 
«eitigen  Hültsgesellschaflen  in  der  Schweiz  im  Jahre  1860",  von  Prof.  Dr. 


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SUtUlik 


—    301*  — 


Slatisük 


Kinkelin,  «Die  Sffentlidien  KbHotfaelno  in  d«r  Sohweit  im  Jahn  1866",  ton 
Dr.  Entdt  Heix.  G«meuBam  mit  dem  eidgenSanaohmi  stattitiaoheD  Bunan  wird 

die  Finaoutatistik  der  Hchweizerisohen  Gemeinden  (1869)  gesohaffen  nnd  die 

Armenstatistik  (1872/78)  inazenirt. 

Die  erste  größere  Schnlstatistik,  die  zweite  Hpnrkas.senstatiwtik  und  tlie 
zweite  StaatsbaushaltsütatiHtik  geliöreu  ebenfalU  diei^tir  Peiioiie  au.  Es  Hind  dies 
Arbeiten  der  Berren  Prot  Dr.  Kinkelin  (1878),  Pfkrrer  Spyri  (1864)  und 
F.  y.  Tanr  (1860).^  Die  erstgenannte  wnrde  vom  Bunde  angeordnet  nnd  hono- 
rift,  an  der  zweitgenannten  hat  da»  eidgeu'DBsische  Bureau  mitgewirkt. 

Als  statistisches  Sammelwerk  nehmen  die  vom  früheren  Direktor  des  eidg. 
statistischen  Bureau,  Max  Wirth,  anfangs  der  siebziger  Jahre  herausgegebenen 
nwei  BSnde  „Allgemeine  Besobreibnng  nnd  Statistik  der  Sohweiz*  eine  bedentende 
Stelle  in  der  eobweiseriaehen  Literatur  «in. 

Zeit  von  1874—1892. 

7a\  den  wShrend  der  vorigen  Pcriodt-  entstandenen  periodischen  Aufgaben 
de»  e  i d  g e  u  ii  s  s  i  s  c  h  e  II  s  t  a  t  i  s  t  i  s  c  )i  e  n  B  ii  r  e  a  u  (dezennale  Volks-  und  Vieh- 
statistik) sind  als  weitere  periodit^che  Arbeiten  hinzugekommen:  Je  eine  jährlich 
wiederkehrende  Statistik  der  Bey^Ikernngebewcgung  (Geborten,  Ehen,  Todeeftlle, 
gericbtUobe  Seheidnngen,  Answandernng),  der  p&dagogisoheo  und  «anitariedien 
Bekmtenprttfnngen  nnd  -Untersnehnogen,  eowie  die  Heranegabe  eines  etatiatisolien 
Jahrbuches. 

Nichtperiodische  Arbeiten  wuien  u.  A.  die  SparkusKeuHtatiiiitik  pro 
die  Alkohol- Enquete,  die  Gefängoißstatistik  pro  1885,  Studien  Uber  das  private 
VerBioherongeweeen,  eine  anf  8  iahre  aneged^nte  Unfallstatistik,  eine  Statistik 
der  Armenerziehungsanstalten  u.  s.  w. 

Unabhängig  vom  eidg.  .statibtischen  B-irean  pnbliziren  noch  mehrere  eidge- 
nössische Amtsstellen  regelmaliig  größere  statistische  Arhnitf^n,  so  das  Zolldepar- 
temeat  ^eit  1885  eine  sehr  groU  angelegte  Statistik  des  VVaarenverkehrs,  das 
Eisenbahndepartement  eine  nmfaseende  Statistik  der  aehweiaerisehen  Eisenbahnen, 
die  Post«  nnd  Tel^praphenywwaltnng  eine  Statistik  des  Post-,  Telegraphen-  und 
Telephon  Verkehrs,  das  eidg.  YerMcherungsamt  eine  Statistik  der  unter  Bundes- 
aufsicht gtehendeu  V('rsichernnp'tt;»i>jelKibfiftP"i.  ^  t  =  Finanzdepart^ment  statistische 
Erhebungen  betretieiid  die  EmistnonsiKioken,  da»  Industrie-Departement  eine  Fabrik- 
statistik in  1 — 3jährigen  Perioden. 

Eine  Menge  kleineren  statistischen  Materials  findet  sieh  in  fast  sKmmtUehen 
Jahresbericht!  n  der  eidgenössischen  Departemente. 

Von  den  Kantonen  Zürich,  Bern,  Freiburg,  SclialThausen,  Aargau,  Thurgau, 
Waadt,  Neiirnburi]^  wird  mit  Vorliebe  die  landwirthschaftliche  Statistik,  von 
einigen  derselben  auch  Bevölkerungsstatistik,  Fioanzstatistik  u.  s.  w.  gepflegt. 

Wichtige  statistiedie  Erhelmngen  werden  dem  schwdbMriaeheii  Arbdler- 
«ekretariat  antrertrant  (Unfsll-,  Kranken-,  Lohnstatbtik  etc.)  nnd  die  Jahres- 
berichte des  Schweiz  Handels-  und  Industrievereins,  des  kanfm.  Direktorinma 
St.  Gallen,  der  kanfm  Gesellschaft  Zürich  enthehren  nie  nu^hr  oder  weniger 
uuifa-Hsender  statistis(  her  Darstellungen  von  industriellen,  tinauzieiien  und  kommer- 
zielleu  Verhältnissen. 

VollstHndig  privater  Initiative  sind  die  groß  angelegte  Sohnktatistak  von 
C.  nrob,  geweeenem  Erzieliungssdtrettr  des  Kantoos  ZOrich,  die  Statistik  der 
Wasserkräfte  von  Ini2i;enieur  Lauterburcr  in  Bern,  das  stenerstatistiische  große 
Werk  von  j'rofessor  Schanz  in  WUrzburg  und  viele  andere  nieistens  in  die  Zeit* 
Schrift  fdr  schweizerische  Statistik  aufgenommene  Arbeiten  entsprungen. 


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SUUsÜk 


—    810  — 


Stickerei 


Durch  (las  Zusammenwirken  der  .schweizerischen  statistischen  Gesellschaft, 
des  Bundes  and  der  Kantone  wird  in  den  nächsten  Jahren  eine  neue,  (»ehr  ein* 
ttfiÜeka  AmenattMk  ratotehen,  and  du  «dg,  Kimknnamt  bccdtet  die  jShrliehe 
Hemnagabe  einer  Eonkiinstatistik  vor. 

Die  amtlichen  Statistiker  dei  Btindes  und  der  Kantone  haben  begOAnMi, 

alljälirlifli  wie-loikrlirende  Konferenzen  ribzuhultcn,  um  aus  diesen  Anregungen 
zu  ueuen  Arbeiteu  und  zu  ein/u*itlicher  Belmndlung  ^gleichartiger  Materien  zu 
schöpfen.  Der  Einiluß  dieser  Kuuferenzeti  auf  die  Pupularisiruug  der  Statistik 
maeht  aieh  bereits  in  angenehmer  Weiee  fühlbar  und  der  Zeitpunkt  iet  vorans- 
atisehen,  wo  der  Statistik  von  jeder  höheren  Yerwaltangsbehürde  ein  Ehreupiatz 
eingeräumt  sein  wird,  als  einem  läohte,  das  hineinfindet  in  das  tansendspeichige 
£ad  der  Zeit. 

Stampelsehneidekuiist  s.  im  Artikel  ;,Kanaf,  Seite  195. 

Stcrilisinrng  der  Milch«  Eine  Anstalt  snr  Sterilittrung  der  Mileh  besteht 
in  Kooolhngen,  Kt.  Bern. 

Stickerei«  (Thcilweise  ErgÄn/Aing  der  Statistik  auf  Seite  195  im  III.  Band.) 

Nach  Ermittlungen  dfs  knufmännisciiou  Direktoriums  in  St.  Galli  n  gah  es  iu  der 

zweiten  Hälfte  des  Jahres  1890  iu  den  Kantonen  iSt.  üailen,  Appenzeil  und 
Thurguu 

Kettenstiohmaaehinen  in  Fabriken  168,  Arbeitende  233 

im  Hausbetrieh  839  «  8,729 

Plattsttehmasohioen,  gewöhnliche  10,9 IG  «  84,001 

Schiff limaschinen  642  ,  1,442 

Handstickerei  ;  2,027 

Arbeitende  42,032 

Dem  Stickereiverbande  gehörten  au  : 

Im  Kanton  St.  Gallen  10,630  Maschinen  mit  20,696  Arbeitern 
p       s      Appenaell     3,744         „        „  5,873 


„       ,     Thnrgan  3,587  ,  .  6,969 

Zürich  *>69  ,  ,  2,017 

In  anderen  Kantonen  475  «  »  1.007 

Im  Vorarlberg  2,ö68  «  ,  7,OyO 

In  Lichtenstein  83  «  «  1G4 

.  Baiern  20  .  .  40 


21,375  43,855  Arbeitern 

Außerhalb  des  Verbandes  standen  386  Haaohinen,  wovon  94  Schweiz  (60 
Aargan)  189  Vorarlberg,  3  Liehtenstein. 

Die  hieror  erwähnten  „anderen*  Kantone  sind: 


Granbttnden 

mit 

114  Masohinen  und 

236  Arbeitern 

Glarus 

91 

« 

n 

187 

Schwyz 

67 

« 

149 

Zug 

1 

r 

■2 

Sohaffhanaen 

13 

» 

II 

37 

Aargan 

176 

9 

« 

371 

Holothnrn 

9 

9 

25 

Bein 

« 

5 

10 

495  Maschinen     1,007  Arbeitern 


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Stickerei  —    311    —  Telephon 


Auöi'uki  vou  Stickereieil  1890  und  1891. 
(Naeh  der  Schweiz.  WaarenTerkehnstattstik.) 

Fr, 


Kettenstichstiokereien    .  . 

Betiatzartikel  

TttUitickereien  

Modeartikel  u.  'Bobeo     .  . 
Fttoe  Handstickereien  .    .  . 
f.eiTienstiekereien,  incl.  -äpitxen 
Seidenstickereien,  « 
WoUenstickereie«  . 


9,502,620 
ü7,936,t>49 
575,831 
6,012,302 

351,579 

:1H6,105 
5,308,916 
559,483 

Fr.  90,713,475 
'WOTon 


Fr. 


1891 
8,864,498 
,  56,176,452 
580,702 
,  6,204,465 
264,662 
„  254,897 
,  6,789,985 
635,458 

Fr.  79,771,143 


Kettenatichatickereien 


IMaiMrika 

1891 

5,482,552 


Baeatsartikel   19,993,629 

TlllUtiekereieii   92,518 

Modeartikel  and  Sobeu  .    .    .  2,221,896 

Hana-stickercien     :    .     .     .     .  47,006 

Leincnstickereien,  incl.  «Spitzen  21,670 

Seidenstickereien,  «  «  1,047,491 
Wollemtieker^ea,  ,  , 


Frankreich 

1891 

125,434 
3,522,871 
175,934 

656,865 
125,r.(U 

I0b,:ui2 

1,461,153 
156,094 


Engtand 

1891 
1,565,191 
17,447,621 
227,737 
2,127,136 
9,597 
28,414 
3,294,273 
302,784 


3,996 

Stmmtelui  St.  Oftlien-OaiB.  Wnrde  eriSffiiet  am  1.  Oktober  1889. 
Baaliohe  LBnge  14,048  Meter.  EinbesahltoB  Kapital  Ende  1890  Fr.  1,751,500, 
«OTon  551,500  Aktien,  Fr.  600,000  consolidirte  Anleihen  und  Fr.  600,000 
Subventionen.  Kosten  der  Bahnanlagen  und  festen  Einrichtnngen  per  Ende  ls'*iO 
Fr.  1,445,158  —  102,909  per  Bahnkilometer ;  Kosten  des  Bollmaterials 
Fr.  480,622. 

äüdustbahn.  (Ergänzung).  Die  Strecken  PtUffikon  -  Samstagern  und 
Biberbraoke*Goldaii  wurden  er6ffta«t  am  4.  August  1891.  Bsulicbe  Länge  der 
eratom  Strecke  7957  Meter,  der  aweiten  20,247  Meter. 

Teleplioil.    (^Ergänzung  dea  Artikels  im  III.  Band,  nach  Mittkeiinngen 

des  Herrn  Dr.  WietIi>^baGh.)  Im  Anschluß  an  die  Statistik  auf  Seite  292  folgen 
die  wichtigeren  Zahlen  fttr  die  folgenden  Jahre  : 

■         Stationen  ^  i  „ 


Kdi. 


1888 
18H9 
1890 
1891 


11,811.7 
13,237.5 
17,067.0 
21,358.0 


7,946  8,nr.l'.n'»9 

9,203  7,112,üyO 

10,949  5,181,617 

12,595  6,936,413 


IiifTurt'.- 
ItCuiiraclif 

468,502 
599,737 
587,000 
687,488 


Kiuuühiiivu 
l'r. 

1,188,297 
1,310,081 
1,500,306 
1,683,513 


Die  Ausgahen  geben  keine  mit  den  früheren  vergleickbaren  Besnltate,  da 

seit  1890  das  Rechnnngssystem  durch  Einführung  eines  Bauconto  geändert  wurde; 
sie  sind  daher  oben  nicht  angeführt.  Die  Wirkungen  des  Tclephongesetzes,  wclchr«? 
mit  dem  1.  Januar  18^0  in  Kraft  getreten  ist,  sind  nicht  ganz  in  der  erwarteten 
Weise  zu  Tage  getreten.  Namentlich  war  von  der  „fast  pltttalicken  Zunahme  der 
Stationen*  nioht  viel  zu  spüren.  Der  Abonnementspreis  wnrde  allerdings  durch 
das  neue  Gesetz  ermäßigt,  zugleich  aher  auch  die  frtther  bestandene  Gesprächä- 
freiheit  abgeschafft,  beziehungsweise  auf  800  Lokalgesprächf*  per  Jahr  eingegiiinzt, 
was  Ton  vielen  Abonnenten  anföoglich  unangenehm  empfunden  wurde.  Dies  zeigte 


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Telephon 


—    312  — 


Telephon 


Bloh  in  «nm*  großen  Abnahme  der  Lokelgespräohe.  Im  Jahre  1887  kameo  11S8; 
im  Jahre  1888,  1140  Geeprlohp.  jihrlieh  auf  die  Statioo,  nach  der  EioltthniDg 
dee  neuen  Gettetzes  im  Jahre  1890  nur  noch  473,  und  im  Jahre  1891,  550  6e- 

spi^che.  Die  jährliche  Zahl  der  Gespräche  per  Station  hat  also  xtm  die  Hälfte 
abgeDommeo.  Dagegen  i^t  die  Zunahme  der  Statiunen  von  circa  1200  vor  dem 
Gesetz  auf  circa  1600  nach  dem  Gettetz  per  Jahr  gestiegen.  —  Einen  wenigstemi 
ebenso  grefien  Einfluß  auf  die  raachere  Entwieklung  de«  Telephonwoeens  als  die 
reducirten  AboimementstHxen  hatte  die  Auadehnung  des  internrbanen  Ver- 
kehrs, von  einem  Ttilt-phonnetz  zu  dnem  anderen. 

Beinahe  alle  Telephonnetze  sind  gegenwärtig  untereinander  verbunden.  Die 
Teiephunnetze  der  einzelnen  Ortschaften  haben  sich  zu  einem  Uber  die  ganze 
Schweiz  ausgedehnten  Telephennets  auiammmigeMihloßen.  Nur  Davos  und 
St.  Horiti  im  Kanton  Graubfinden  warten  «noch  auf  dm  Anaohlnfi  an  daa  aU* 
gemeine  Telephonnets.  Außerdem  liegen  im  Kanton  Tesein  die  3  Telephonnetie 
Lugano,  Bellinzona,  Locarno,  <!ie  wohl  unter  sich  verbunden  sind,  aber  \vefi:en 
der  großen  Kosten,  welche  eine  i  i-iephouleitung  nach  i^uzem  oder  Chur  ertuidern 
würde,  wenigsteiiä  im  gegenwärtigen  Moment  noch,  auf  eioe  bulche  verzichten 
mHßen.  Die  interarbanen  Telephon  leitnagen  sind  um  Ewei  Centren  angeordnet, 
von  denen  das  eine  in  Bern  für  die  WeatMhweis  und  daa  uudere  in  Zürich  für 
Nordost-Schweiz  liegt.  Dnrch  zweckmäßige«  Erweitern  und  Vervollüt.indigen 
derselben  wird  nach  und  nach  der  größte  Theil  der  Abonnenten  in  der  Schweiz 
miteinander  in  Verkehr  treten  können}  schon  jetzt  hat  ein  telephonisches  Ge- 
aprttdk  von  St.  Gallen  nach  Qmif  oder  yon  Baeel  naoh  Chur  kdna  Sehwierigkeit, 
w&hrend  von  den  kleineren  Netaen  an»,  welehe  anweilen  noeh  dnroh  drei,  suweilen 
selbst  vier  CentralHtationen  nich  hindurch  arbeiten  mUßen,  um  su  einem  Centrum 
zu  gelangen,  es  schwierig  ist,  die  gewünschte  Verbindung  zu  erhalten,  da  zn 
diesem  Zwecke  alle  die  vercliiedeoen  zvi'^chcn  den  Endpunkten  liegenden  Theil- 
stücke  gleichzeitig  frei  Hein  mtissen;  auch  wird  beim  ir'atwiren  von  meureren 
Centraistationen  die  Lautwirkung  des  elektrischen  Stromes  gesohwteht.  Es  besteht 
daher  die  Verordnung,  daß  in  der  Regel  nicht  mehr  als  drei  Centraistationen 
fdr  eine  Verbindung  in  Anspruch  genommen  werden  dUrfen. 

Auch  internrbane  Telephonverbindungen  nach  dem  Auslande  sind  schon 
mehrere  im  Betrieb,  so  eine  von  Basel  aus  nach  St.  Ludwig  und  MUhlhausen, 
eine  von  Sjwmlingen  nach  Conatanz,  eine  von  St.  Gallen  nach  Bregenz  mit 
Anschluß  an  Lindau  und  Feldkirch»  eine  von  Genf  naeh  St.  Julien,  üeber  dieae 
Anseblttße  mit  dem  Auslande  sind  vom  Bundosrathe  folgende  allgemeine  Gceidits- 
pnnkte  aufgestellt  worden  : 

Die  Kr^tr  llung  und  der  Unterhalt  der  Linien  und  Stationen  auf  SohwWfler- 
gebiet  ist  Sache  der  eidg.  Verwaltung. 

Als  sdhweiseriscber  Antheil  an  den  internationalen  Gespriohstaxen  gelten 
als  Miniraaltazen  im  allgemeinen  die  in  Art.  14  des  Gesetzes  für  die  sehweiae- 
rischen  Leitungen  festgestellten  Ansätze,  in  der  Meinung,  daß  der  erste  Taxrayon 
auf  eine  Entfernung  von  in  km.  zu  haschrSnken  sei.  In  der  Grenzzone  ist  eioe 
Ermäßigung  des  Hchweiz.  Aiitheiln  von  30  Cts.  auf  25  Cts.  gestattet,  falls  der 
Antheil  des  Nachbarstaates  dicHclbe  ist. 

Es  betrXgt  s.  B.  die  Gresprichataxe  mit  Frankreich  fUr  die  Grenmone  50  Cta. 
(Schweizer.  Antheil  25  Cts.),  mit  Deutschland  ßO  ('ts.  (Schweiaer.  Antheil 
3«)  Cts.).  Hin  auf  lf)0  kni.  ist  die  Gesprächstaxe  mit  Frankreich  gegenwärtig 
Fr.  1,  mit  JJeutsohland  und  Oesterreich  Fr.  1.  25  (fttr  eine  Gesprächsdauer  von 
3  Minuten). 


Digitizcü  \:,  <  .'^  v^ 


Telephon 


—    313  — 


Telephon 


I)io  Vereinheitlichung  dieser  Taxen  wird  warscheinlich  eiue  Aufgabe  der 
nichsten  internationaleii  Telegraphenoonferaiz  bilden. 

Die  Amdebniing  dw  Wirkungskreises  de»  Tek'|ihonti  erhöht  natürlich  auoh 
die  Ansprüche  an  die  t  e  ch  n  i  s  o  h  i«  A  u s  f  ü Ii  r  n  n g  iler  Anlage.  Die  Verbindungs- 
leitungen zwischen  den  verni  biedeiien  Netzen  werden  als  Schleifen  mit  Kupfer- 
draht aus  2  und  3  Durchmesser  erstellt.  Als  Microphone  werden  sogenannte 
KohlenpttlTWmikropboiifl  verwendet,  welche  eine  stirkere  Wiiknng  Bolatw»en. 
Bei  den  Ap|>araten  kommt  die  sogenannte  FiirAllelecbaltung  cur  Anwendung, 
wodurch  die  Lautwirkung  bedeutend  verbessert  wird. 

Auch  die  Kabel  itn  InTieren  der  Siädte  i-irul  von  Ptiner  verbesserten  Kon- 
struktion. In  erster  Linie  werJfii  alle  Kalu'lloitungeu  in  Schlrifer.schaltung  ver- 
wendet, ah  Is<datiurisuittel  wird  die  Luft  benutzt,  welche  die  elei^trischen  Ströme 
am  wenigsten  beeinflußt  Da  in  den  größeren  StSdteu  d«  Straflengmnd  snr  Einbet- 
tung von  Gas-  und  Wasserleituogen,  von  Kabeln  zur  elektriscben  Beleuchtung  und 
Kraftübertragung,  von  Schienen  für  die  Straßenbahaen  u.  s.  w.  in  Anspruch  ge- 
nommen wird,  80  ist  es  oft  sehr  schwierig,  ein  geeignete^  freies  Tra^e  ausHnding 
zu  iiiaclien.  Um  diesem  Uebelstande  zn  begegnen,  wird  ein  eigenes  Kanalisationsnetz 
angelegt,  groß  genug,  um  fUr  eine  Ifingere  Beihe  von  Jahren  die  Telephonkabel 
aufnehmen  au  können.  Diese  &näle  bestehen  aus  gafieisemen  Bohren  von  30 
bis  40  cm.  Durchmesser,  welche  in  ähnlicher  Weise  wie  die  Röhren  der  Wasser- 
leitungen verlegt  werden.  Auf  diese  Weise  kamt  die  Verwaltung  auf  Jahre 
hinaus  sich  den  Piatz  für  ihre  künftigen  Kabelanlngen  leserviren.  Daneben  ist 
auch  der  Schutz  sowohl  gegen  mechanische  BeschudigAngen  wie  gegen  die  Ein- 
wirkung anderer  elektrischer  Leitungen  ein  beinahe  vollkommener.  Die  Kabel 
werden  nach  BedUrfaiß  mit  Hlltfe  von  Winden  in  die  BSbren  eingesogen,  and 
es  sind  zu  diesem.  Zweoke  in  angemessenen  ZwisohenrSamen  £imteig4chMchte 
vorgesehen. 

Eine  eigenthümliche  Schwierigkeit  entsteht  fiir  die  Teiephuuaniagen  in 
neuerer  Zeit  durch  die  Starkstromleitungen.  Die  elektrischen  Ströme, 
welche  sur  elektrischen  Beleuchtung  und  Kraftttbertrsgang  dienen,  sind  1000 
bis  l,0()O,()0i)  mal  stfirker,  als  die  zum  Telephoniren  verwendeten.  In  Folge 
dieses  Umstandes  müssen  natürlich  die  Starkströme  von  den  Telephonleitungen 
möglichst  fern  gehalten  nnd  nach  technischen  Hegeln  so  angelegt  werden,  daß 
sie  keinen  elektrischen  ^mducireuden)  Eindiiß  auf  d;e  1  clephonleitungen  ausüben 
kBanen.  Andemftills  entsteht  ein  mehr  oder  weniger  stark  summendes  GerSnsoh, 
welches  den  telephonisehen  Verkehr  beeintrXchtigen,  oder  sogar  auch  gana  ver- 
unmöglichen kann,  namenill  'i  iieini  .sogenannten  Wechsel-  und  Drohstrom.  Mit 
Hiteksicht  auf  den  großen  Unter.-tibied  in  den  Strumstärken  ist  die  Vermeidung 
dif.ser  .Störungen  für  den  Telephontechniker  oft  ein  tichwieriges  Problem.  Dabei 
spielt  die  Isolation  der  Leitungen  von  der  Erde  sowie  die  gegenseitige  Lage 
der  Drahte  eine  wichtige  Rolle. 

Mit  Rilcksicht  auf  die  GefXbrlichkeit  der  Starkströme  fttr  das  Leben  der 
Allleiter  ist  es  untersagt,  an  den  Stangen  der  Telegraphen-  und  Telephonlinien 
iStarkstromdräbte  anzubringen.  In  vielen  Fällen  sind  Kollisionen  beider  Leitungs- 
systeme beinahe  unvermeidlich,  namentlich  im  Inneren  von  OrtsohafteD,  welche 
die  elektrisebe  Beleuchtung  eingeftthrt  haben,  und  es  hat  sieh  daher  als  notii< 
wendig  heran^g^tellt,  das  gegenseitige  Yerhältniß  beider  gasetslieh  an  ordnen. 
Dies  ist  durch  das  „Bundesgesetz  betreffend  die  Krstelhing  von 
Telegraphen-  und  Te  1  e  p  Ii  o  n  1  i  n  i  cn"  vom  2<)  Juni  Ih^bU  geschehen. 
Dasselbe  berechtigt  den  Bund,  ötientliche  Plätze,  Straßen,  Wege,  Kanäle,  FlUase, 


Telephon 


—    ai4  _ 


Uri 


Seen,  und  deren  Ufer,  ebenso  dae  Gebiet  d«r  Babngetellaehalleii  mr  Emtellen; 
▼<m  Telegraphen*  nnd  Telephonlinien  in  Anepmob  m  nehmen,  nnd  DrIIhte  über 

Privateigentbmn  zu  ziehen,  wenn  die  zweckenteprechende  Beniitzang  desselben 
dadnrrh  nicht  beintriu'htitrt  wird.  K'lfnso  hat  er  das  Recht,  Baumästo.  durch 
welche  eine  vom  Bunde  ernclitete  LeituDg  gefährdet  oder  g«»törb  wird,  eventuell 
gegen  Eut*»chädiguug,  zu  beseitigen. 

Vor  der  Anlege  Ton  elektrischen  Lntangen  fttr  StarketrOme  sind  die  PUtne 
der  Telegraphenverwaltung  vorzulegen,  welehe  bei  der  genehmigung  der  Pläne 
sowie  während  des  Betriebs  den  Unternehmrr  der  Starkstromleitung  zu  den 
erforderliuheü  Maaßnahmen  verhalten  wird,  um  die  Telfgraphen-  und  Telephon- 
anlage  gegen  Jede  Gefährdung  nnd  Betriebsstörug  sicher  zu  stellen,  und  die 
takttoftige  Ansdehnung  derselben  nioht  in  yernnmSgliohen  gegenwärtig  gibt  es 
bereits  Uber  200  Starkstromanlagen  in  der  Sohweis,  deren  Leitungen  die  Tele> 
graphen-  nnd  Telcphonlioien  krensen  oder  ihnen  anf  kttrswen  oder  Iftngeren 
Strecken  parallel  laufen. 

Im  Juni  !892  haben  die  cidg.  Rätbe  den  Huudesrath  eingeladpn,  zu  prüfen 
und  dai'über  Bericht  zu  erstatten,  ub  und  auf  welche  Weise  in  den  von  den 
größeren  Verkehrscentren  abgelegenen  Landestheilen  der  Thelephonverkehr  dnrch 
eine  Taxermäßigung  zu  erleichtern  sei. 

In  den  kleineren  Telephonnetzen  hat  der  Lokalverkehr  keine  Bedeutung  und 
die  Abonnenten  kommen  daher  nicht  in  den  Fall,  die  HOO  freien  LokaljreHprärbe 
ganz  auszunützen.  Der  größte  Theil  ihres  Verkehrs  bewegt  bich  über  die  inter- 
Urbanen  Leitungen.  Um  diesen  Terhiltnissen  Beohnuug  zu  tragen,  schlägt  der 
Bnndesrath  vor,  die  Anzaht  der  freien  Lokalgespriehe  fttr  alle  Abonnwten  von 
800  auf  600  herabzusetsen  und  dem  entspreohend  auch  den  Abonnementspreia 
um  Fr.  20  zu  reduziren,  so  d;\ß  der  letztere  im  ersten  Jahre  Fr.  100,  im  Eweiteu 
Jahre  Fr.  80  und  fttr  die  lulgeudcn  Jahre  Fr.  »50  betrafren  würde. 

Von  dieser  Taxermäßigung  werden  in  erster  Linie  die  kleineieu  Netze 
profitiren,  wShrwd  in  den  großen  Netaen  mit  regem  Lokalverkehr  die  600 
LokalgeeprMche  in  der  Regel  ttbersohritten  werden. 

Der  nächsten  Bundesversammlung  (Dezembersession  1892)  wird  eine  besUg- 
liehe  Gesetze« vorläge  zugehen.    (Geschrieben  Ende  Sept.  1MU2V 

Teinperntur.    S.  im  Artikel  „  Landwirthschaft  "  Seite  250. 

Thalweil-Zug-Bahn.  Projektirte  Länge  23  km.  Spurweite  1,431  m., 
vgl.  im  Uebrigen  die  Artikel  « Moratoriamslinien  im  II.  Band  und  im 
Supplement. 

Thunorseebahu  (Scherzligen-Darligen).  Concedirt  am  17.  Juni  1890. 
Projektirte  Länge  21,982  Meter.  Spurwelte  1,43^  m.  Adhäsionsbahn.  Noch 
im  San  befindlich.   (November  1892). 

TkunerMekattal*  Die  Strecke  Thnnersee-Interlaken  wurde  eröffnet  am 
4.  Juni  1892. 

Trnmways.  Das  Tramway  der  Stadt  Bern  wurde  eröffnel  am  1.  Okt.  1890, 
LXnge  3192  Meter.   Anisgekosten  Fr.  2,340,427. 

UnfiiUTersieiieriiiig.  Siehe  in  diesem  Supplement  deo  Artikel  «Ver- 
sicherung 

üri.  (Zur  Wirthschafts^ehehichte  dieses  Kantone,  niitretheilt  von  J.  Dürrer, 
Adjunkt  des  cidg.  statistischen  Bureau^i  Daß  dt-r  Hoden  des  Landes  Uri  bereits  im 
10.  Jahrhundert  iu  ausgedehntem  Maaße  der  landwirthsohattlichen  Benützung  dienstbar 


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Uri  —    815    —  Uri 

gemacht  war,  gebt  diiraus  hervur,  daß  die  Bewohner  dieses  Landes  deo  22.  No- 
vemher  955  sich  mit  Jeni  Kloster  zum  FraumUnster  in  Zürich,  ihrem  Grund- 
herrn, darüber  verständigten,  wie  das  von  den  erateru  gesammelte  Wildheu  zu 
Tentehnten  sei,  ünd  woM  waren  ee  aach  die  BedUrfnisse  der  vorhandeoen  Land' 
und  im  besondetn  der  AIpenwiHhsdu^t  diin^  welche  die  Unter  aelion  frtthe 
veranlaßt  wurdeu ,  bei  der  Bevtteignifiuig  des  Bodens  Uber  die  natürlichen. 
Grenzen  ihrcci  Thaies  hinanszugreifen  :  Uber  den  Klausenpaß  in  das  Lintthal, 
über  (Ion  Kinzigkulm-  und  dtui  Kuosalpcrkiilmpaß  ii»  das  Muotathal  und  Uber  die 
Sureuegg  iu  du»  Gebiet  der  Engel bergeraa.  Kin  Streit,  welcher  zwischen  Uri 
Dod  Glams  Uber  ihre  Landesgrenze  gewaltet  hatte,  wnrde  im  Jabre  1 196  in  der 
Weise  Termittelt,  daß  erster&s  von  nun  an  im  nnangefoohtenen  Besitze  des 
heutigen  „  ürnerboden "  blieb.  „Lange  Mißhelung''  zwischen  Uri  nnd  dem 
Kloster  Kngeiberg  Uber  den  Besitz  und  die  Benützung  der  Alpen  am  AVestabhange 
der  Sureneii  sollte  durch  ein  gerichtliches  Urtheil  vom  Jahre  1275  erledigt 
werden,  erhielt  sich  aber  in  mehrmaliger  Wiederholung  noch  hat  zwei  Jahr» 
hunderte  lang. 

In  den  Urkunden  des  13.  und  des  14.  Jahrhunderts  kehrt  die  Bezeichnang- 
urneristlier  (irundstUeke  als  „Acker"  so  häufig  wieder,  für  einzelne  Gegenden 
fast  vorwiegend,  daß  man  anfangs  zu  der  Aiiiiubuie  veif^ncht  wird,  es  habe 
damals  in  Uri  auch  der  Ackerbau  eine  große  Ausdehnung  gehabt  und  seine 
Bedentutig  sei  dcrjeBigen  der  Yiehsneht  nnd  Alpenwirthndiaft  niobt  sehr  «nrttck- 
geetanden.  Daß  die  Berechtigung  dieser  Annahme  aber  doch  eine  fragliche  sei 
und  daß  die  so  häufige  Bezeichnung  der  C^rimdstUcke  als  Acker  schon  damals 
mehr  einem  frühern  als  einem  noch  andauernden  5!nstaiide  entsproehcn  haben 
könnte,  dafUr  spricht  der  Umstand,  daß  in  den  erwähnten  Urkunden  und  namentlich 
in  den  noeh  zahlreich  erhaltenen  Ziusrödeln  des  zürcherischen  FraumUnsters  Uber 
ieine  Beeitxoiigen  in  Uri  neben  den  widt  vorhemchenden  Geldziniien  allerding» 
auch  Natui  tlziiihe  genannt  werden,  welche  ane  Erzeugnissen  der  Yiehzaoht  und 
Milchwirthschaft  bestehen,  (Schafe,  Lämraer,  Ziegenhäute,  Wolle,  Käse,  Ziger) 
aber  —  abgesehen  von  Zehntabgaben  — -  niemals  solche  aus  fc^rzeugnissen  des 
Ackerbaues.  Käszinse  bezog  von  seinem  Grund  besitze  in  Uri  auch  dag  Kloster 
Wettingen  nnd  daß  dieeea  in  amgedehnterem  Maße  itattHuid,  als  jetzt  noch 
die  einzelnen  Naehweise  hiefitr  vorliegen;  geht  daraus  hervor,  daß  das  gmannte 
Kloster  es  sich  im  Jahre  1838  von  einem  seiner  urnerischen  Lehentrager  als 
hergebrachtes  Reclit  bezeugen  ließ,  ein  als  »hieben  verliehenes  Hans  und  dessen 
Speicher  jeweiien  als  Käselager  zu  benutzen  für  „ir  (=  W'ettingens)  Mulken, 
daa  sie  kouffent,  oder  inen  von  Zinsen  gevallet  in  Uri,  bis  sie  selbe  vom  Lande 
fertigen  mSgen*.  Macht  ans  diese  ErUi^ang  wohl  mit  dem  eisten  KSsehXndler 
bekannt,  von  dem  sich  noch  beptimmto  Kunde  erhalten  hat,  so  gibt  ein  nicht 
viel  späteres  Schrift.'^tUck  Keuntuiß,  daß  das  gleiche  Kloster  U'cttingen  im  Lande 
Uri  auch  dem  Viebhandel  oblag;  deuu  am  25.  Jänner  l.'l.')4  stellte  Johannes  von 
Attinghaoseo,  Landammann  in  Uri,  die  Bescheinigung  aus,  daß  \Vettingen  ihm 
die  hundert  Cralden  beiahlt  habe,  ^die  si  mir  sehnldig  warend  von  dem  vehe, 
•0  idi  den  vorgenanten  Herren  gegeben  hatt*.  Bri  der  neuen  Lehenertheilnng 
einer  Schweig  im  Sehächenthal,  im  Jahre  1346,  und  einer  solchen  in  Silenen, 
im  Jahre  1383,  wird  der  Jahreszins  zu  Gunsten  des  zürcherischen  Franmünsters 
u.  A.  je  auf  200  Käse  festgesetzt,  <lcren  Gef5ammt^ewicht  beidenort??  40  iiuben 
zu  betragen  hatte  (am  einen  Orte  -ohne  Öack  und  ohne  Seil**,  am  andern  Orte 
hingegen  «mit  den  SScken^.  —  1  Bnben  =  ungefähr  8,8  kg.);  von  einer  Schweig 
in  GartneUen  dagegen  waren  nach  einem  Zinsrodel  von  1370  demselben  FranmQnster 


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u.  A.  50  grofie  Kise  im  GeBammtgewicbt  von  40  Bnben  m  sinieii.  —  Im  Jahre 
1380  verpfändete  ein  Landmann  von  Realp  zwei  seiner  dortigen  Grundstücke 
für  die  Lieferung  von  l^/j  Zentner  Käs  zum  Zwecke  einer  Jahrzeitstiftung  im 
Frauenkloster  P!nu;elberg.  Eine  ungefähr  von  dieser  Zeit  au  beginnende  Heihe 
von  Urkiiuden  zeigt,  wie  unter  mannigfaltigen  Vorkommnissen  die  Beohtarer' 
hSltnisM  der  Alpeawirlhaobaft  im  ürsemth&le  geofdset  worden,  wobei  da«  Streben 
der  (iemeinde  hauptsächlich  und  erfolgreich  dahin  giung,  inr  Bentttinng  der 
dortigen  Alpen  einzig  das  un  Tliale  gehaltene  Yit'h  znzulaKsen. 

^^  iihrend  demnach  Viehzucht  und  ^lilchwirthschaft  neben  dem  Hedarfe  des 
Landes  noch  Gegenstände  der  Ausfuhr  erzeugten  und  in  den  Urkunden  vielfache 
Denkmale  ibres  Betriebee  sarfiekliefien,  wta  die  Beeebaffung,  oder  doefa  die 
Erbaltang  der  Ittr  des  Laad  nStbigen  Eraeugnieie  dee  Aekerbaues  bereits  in 
einer  Aufgabe  staatlicher  Fünorge  geworden.  Denn  als  in  den  Jahren  lil6 
und  1417  Uri,  Lnzern  nnd  XJnterwalden  ein  ewiges  Burg-  und  Lnndrccht  mit 
den  Zeliiitrn  des  Lundes  W'ulü«  abschlössen,  wurde  den  T/etztern  aul  dem 
Gebiete  der  Erstem  im  MÜgemeiuen  freier  Kauf  zugesichert,  davon  aber  Getreide 
«QSgenommen  („nns,  den  genanten  von  Wallis  sOllent  nmb  unser  Gelt  lassen 
angan  und  gen  Saltz  und  allerlej  Eonfis,  so  sie  inn  haben  mögent,  usgenomen 
allerley  Koros,  wie  das  genant  oder  geschaffen  ist^).  Staatlichen  Beschränkungen 
der  (Tetreideausiuhr  über  den  (rotthard  begegnet  man  durch  das  16.  nnd  16. 
Jahrhundert  häufig.  Welche  Bedeutung  die  zur  Zeit  den  K appeler krieges  von 
ZUriob  verbäogte  Kornsperre  Ittr  die  Innerediweia  hatte,  ist  bekannt  und  dnreb 
die  Geschiebte  von  der  Hilcbsnppe  in  Kappel  der  Erinnwang  erhalten  worden.  — 
Auch  im  17.  und  im  18.  Jahrhundert  fortdauernder  Mangel  an  genügender 
eigent^r  Brotfrucht  wird  für  Uri  durch  einen  Landcgemeindebeschluß  von  ir,'>2 
bezeugt,  welcher  vorschrieb:  ^ Jedem  der  das  erste  Mal  ankörnet,  soll  der  halbe 
Theil  Sameu  vou  der  Obrigkeit  gegcbeu  werden  und  er  daun  schuldig  sein,  drei 
Jahre  nach  einander  so  komen ;  anoh  welche  das  ihrige  aofthnn  (anfthnn  =  Wies' 
land  in  Acker  umbrechen),  soll  ihnen  für  jede  Kuh  zwei  KübeeseDS  ausser  Lande« 
zu  wintern  erlaubt  sein"  (d.  h.  sie  durften  als  Vergünstigung  auch  solches  Vieh 
auf  die  urnerischcn  Alpen  auftreiben,  welches  sie  den  ^Vinter  über  ausserhalb 
des  Landes  gefüttert  hatten).  Die  Sorge  für  die  Vermehrung  des  Ackerbaues 
besolAftigte  die  Landsgemeinde  noch  im  Jahre  1699  und  wieder  in  den  Jahren 
1710 — 23,  doch  ohne  fttr  diese  yerhXltnisse  eine  bedeutende  and  dauernde 
Aenderung  schaffen  zu  können,  denn  noch  im  Jahre  1796  schreibt  Norrmann 
Darstellung  des  Schweizerlandes"),  daß  in  Uri  „im  (lanzen  nur  wenig  Getreide 
gezogen  wird"  und  im  wesentlichen  übereioatimmend  Lusscr  im  Jahre  lö34. 
(^„Der  Kail  tun  Uri") 

"War  derselbe  auch  kanm  jemals  von  großer  wirthechaftliober  Bedeutung 
für  das  Land,  so  mag  hier  gleichwohl  auch  der  Weinbau  erwKhnt  werden,  der 
in  Uri  wenigbtcns  seit  dem  13.  Jahrhundert  bis  nahe  an  unsere  Zeit  heran 
bestand.  Im  Jahre  126ü  verkaufte  das  Kluster  St.  Blasien  an  dasjenige 
von  W  ettingcn  u.  A.  einen  Weinberg,  welchen  e»  in  Uri  besaß  und  dem 
Fraumttnster  in  Zürich  trat  im  Jahre  1283  Grcgur  von  Silenen  als  EigcDthom 
ab  M^Uez  daz  gnot,  das  er  het  in  dem  Land  ze  Uren,  ee  sei  Aoher,  Winr 
garten,  AVisan,  old  swie  man  ez  genennen  mag"  ;  von  Weinbergen  oder  von 
AN'cinzehnten  in  Uri  ist  ferner  die  Rede  in  Urkunden  ans  l-  n  Jahren  1284, 
1289,  1330  und  i:>87.  Von  da  an  aber  verzichtet  der  urnerische  Weinbau 
während  Jahrhunderten  auf  schriftliche  Denkmäler  seines  Fortbestehens;  um 
«0  freudiger  wird  man  flberraseht,  in  einer  ürkqnde  vom  Jahre  1750  Uri  immer 


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noch  als  Weinland  —  „fe^\o  in  qua  vinmn  credit •*  —  hezei<'hnet  zu  finden. 
Und  eine  folgende  Erwähuuug  gibt  Aufschluii,  dass  nicht  blas  dieser  ^^'einbau, 
8(iiid«ra  ftufdi  deueD  Erzeugniß,  dar  Weio«e]bfct,aioheiDer  großen  Danerhaftigkeit 
rtthmen  dorfte.  Norrmann  sehreibt  im  Jahre  1796  Uber  Uri:  «An  einselDen 
Orten  kommt  sogar  der  AV'cinstock  fort,  daß  aooh  etwas  Wein  gesogen  werden 
kann,  der  aber  meistenB  herbe  ist  und  erst  bei  oinein  Alter  von  einigen  Jahren 
trinkbar  wird;  man  zielit  ihn  daher  mehr  zum  Vergnügen  f  I )  als  we^j^en  meines 
großen  Nutzen«."  Und  Luaser  (1834);  „Dev  Weinbau,  welchei-  früher  in 
Alfdorf  und  Siaikon  gewesen  sein  soll,  ist  beinahe  yersehwun^en  ....  Nur 
wenige  machen  einige  Samn  Wein,  der  aber  sauer  sehmeckt.* 

# 

Unternehmungen,  welche  die  Uebung  der  mineraitsehen  SckiUee  dds  Landen 
Uri  hesweokten,  werden  im  Laufe  der  Jahrhunderte  vendiiedene  genannt.  Freilich 
noch  sehr  nnbestimmt  lautet  die  folgende  ErwXhnung  ornenschen  Bwgbaues  in 

einem  Tagsatzungsahschied  vom  18.  Oktober  1480:  „Ebenso  bringt  der  Auimann 
TOn  Uri  an,  daß  Heinrich  Koler  von  Nürnberg,  der  in  ihrem  Ber<iwcrk  toohuf 

 "  Mehrere  spätere  Beschreihnngen  Uris  behaupten  übereinetinnncnd,  ih\l\ 

in  früheren  Zeiten  im  Iseuthul  Eiüenauäbeutuug  btattgciuuden  habe  und  weuigtiteiiH 
einen  Anhaltspunkt  hiefiir  hietet  die  Thatsadie,  daß  im  Jahre  1596  ein  Haupt- 
mann Madrano  Tom  Lande  Uri  ein  Bergwerk  im  Isenthal  auf  mehrere  Jahre 
zu  Lehen  hatte  und  ihm  im  nämlichen  Jahre  vom  dreifachen  Landrath  ein 
im  laenthal  liegender  „Tschachen"  (=  Gehölz)  verkauft  wurde.  (Blumer , 
Kechtsgeschichte  2.  Theil  I.  346  und  IL  7ö). 

Im  Jahre  1622  wurde  yon  Hauptmann  Madrauo  (ob  zum  ersten  Maie?) 
die  Eisengewinnung  im  EKtsielenthale  eröffnet,  weldi*  letaleres  von  da  weg  den 
Namen  Madranerthal  annahm.  Im  Jahre  1680  sei  dieses  Kisenbergwerk  an  >:.e 
TJrner  J.  und  F.  Epp  Ubergegangen  und  später  für  die  Zeit  bis  172.')  an  den 
Urner-Landaromanu  J.  A.  Schmid  verliehen  worden.  Um  1724  werden  auch 
die  swei  Basler  J.  Linder  und  H.  B.  Burkhard,  welche  damals  ein  Kisenberg- 
werk  in  Löwen  hm  Sehwys  eriSfibeten,  als  „Bergherren  in  Vri*  heieichnet. 
LandsgemdndebeiehlllsBe  »das  Eisenbergwerk  helangend"  werden  erwähnt  aus 
den  Jahren  1704,  1708,  1709,  1723,  1724  und  1737. 

Den  Eindruck  zu  machen,  daß  Uri  sieh  damals  eines  mannigfaltigen  Berg- 
baues erfreut  habe,  versucht  eine  Daröteilung  uu8  dem  Jahr  1766  {Fäsi  ätaats- 
nnd  Erdbesohreibung).  Nachdem  bereits  gesagt  war,  daß  in  Uri  Silberberg- 
werke  sohon  wiederholt  mit  Vortheil  erSffnet  worden,  daß  namentlich  in  der 
Gemeinde  Silenen  ein  solches  als  „vorzüglich  ergiebig"  befunden  worden  und  dali 
noch  vor  wenigen  Jahren  eine  zürcherische  Gesellsehaft  ein  Silt  i  i  '  ergwerk  in 
jener  (regend  betrieben  hübe,  werden  die  folgenden  verschiedenaitigen  Ausbeu- 
tungen als  dermalen,  also  gleichzeitig,  betriebene  aulgezählt. 

»Da«  Madranerthal  hat  seit  langer  Zeit  daa  Land  mit  nUtalichen  Uineralien 
bereichert.  Am  Gotoemberg  gritbt  man  ein  tiKchtiges  Eisenerz.  Eine  Stunde 
Ton  da  ist  in  dem  sog.  Tieflauithal  gutes  Silberen,  obeoher  ein  Bergwerk  von 
Silber  und  Kupfer.  Nicht  weit  von  da  gräbt  man  ein  anderes  Kupfererz  nml 
nahe  bei  dembelbeu  Bleierz,  zu  Schwarzenberg  und  aut  dem  t^hwarzen  Brzberü^ 
gutes  Eisenerz.  Alle  diese  Erze  werden  eine  Stunde  weit  vom  Dorfe  Amt^tcg, 
jenseits  der  Benß  im  sog.  Graggerthal  (!  Warum  nicht  gar  auf  der  Geaofaener- 
alp?)  gut  gemacht  und  geschmolzen.  Das  Kupfererz  wirft  vom  Zentner  21  (!)  und 
das  Bleierz  32  (i)  Pfund  ab.**  Gleich  daneben  werden  aber  die  .21-''  und  ^^2-* 


Tri  —    31Ö    —  Uri 

proiont^a  Ausbeutungen  wieder  neben  das  Dorf  Arosteg  und  in  das  Jahr  1718 
zorHckversetzt.  Obwohl  nun  je  ein  Tlieil  <ler  liier  aufgezählten  Ausbeutungen  noch  in 
flen  Jahren  1 788  ^ScÄw/V/ Geschieht.:  des  Frei.stuiites  Ury^  und  17'J6  (Xrrrmann) 
als  damals  fortdauernde  bezeichnet  werden,  erbalt  man  den  Kindruck  eines  zuver- 
lifiigWAii  Berichtes,  wenn  Inmer  im  Jahre  1834  sagt:  Berghaa  gebe  es  längst 
keinwi  mehr  im  LÜide  nnd  weiter  angibt,  die  EtMtiansbeiitnng  im  Ifodxanerthale 
habe  im  Jahre  1762  aofgehürt,  weil  damals  die  Eisenschmelae  in  jenem  Thale 
und  der  Eisenhammer  in  Anuteg  durch  eine  Ueberschwemmnng  snrst&rt 
worden  seien. 

Eine  im  Giaggertlial  ub  Inschi  betriebene,  b.  Z.  von  Kittur  Jauch  an- 
gelegte, Unternehmung  zar  Atanngevinnnng  wird  achon  1766  (Fnsi)  nicht  mehr 
erwähnt  und  179G  (Norrmann)  ausdrücklich  als  verlassen  bezeichnet. 

Kine  Neubelebung  des  urnerischen  Bergbaues  hatte  es  nicht  zur  Folge, 
wenn  auch  in  den  Jahren  1840  und  1855  vrm  der  Bezirksgemeinde  die  Bewilligung 
ertheilt  wurde,  das  ei-»te  Mal  auf  Eisen,  das  andere  Mal  auf  Blei,  Kupfer  uud 
Bilher  an  graben. 

Der  Ausbeutung  von  Mineralien  verwandt  ist  die  Gewimuna  von  KrUiaUmt 

odtr  vun  ^Strahlen",  wie  sie  in  der  Landessprache  genannt  werden.  Freilich 
ist  dieselbe  ilir  r  Xatnr  narli  weniger  zu  berufsmäßig  fort  gehetztem,  als  zu  j'-w^üen 
bald  vorübergehendem  Betriebt^  geeii^ct  und  ihr  Erfolg  ist  immer  gröfjteiitheii» 
vom  Zufalle  abbüngig.  Dadurch  wird  die  wirthschaftliche  Bedeutung  des  „ätrahlcns" 
wesentlich  eingeschränkt,  wenn  auch  dann  und  wann  Beispiele  anßergewöhnlich 
großer  ond  gewinnbringender  Kristallansbeute  angeführt  werden.  Willi  nagt  in 
seinen  anziehenden  Schilderungen  der  „Strahler  im  Hochgebirge",  daß  von  der 
Kristal Igräberei  in  Oherhasle  keine  altern  Spuren,  als  ungefähr  an«  dem  Jahre 
1650  erhalten  seien,  daß  mau  dagegen  in  Wallis  und  iu  Ursern  „viel  früher** 
Kristalle  gegraben  nnd  nach  Italien  yerkanft  hahe.  Dazu  stimmt  es,  wenn 
in  den  Verhandlnngen  einer  den  7.  Oktober  1547  in  Brunnen  gehaltenen  drei* 
örtigen  Tagsatzung  von  Jemanden  —  einem  ßellizonescn  oder  Italiener?  —  die 
Rede  ist,  ^der  die  Stralen  gekauft  habe".  Fleißig  erwähnt  wird  in  den  Be- 
schreibungen lies  Landes  aus  dem  vorigen  Jaln  hundert  die  „ Saudbalm ein 
Kristal  Ige  wölbe  im  Aleienthal,  das  schon  „bei  Jahrhunderten^  iu  Ausbeutung 
gestanden  habe  and  in  deesen  seiner  HQhle  nngefBlir  um  1746  nicht  weniger  als 
900  Stttcke  gefunden  worden  seien.  Nwrrmaum  gibt  die  Ausbeute  der  Sandbalm 
auf  über  1000  Zenter  an,  deren  Wertb  man  auf  30,000  Thaler  berechnet  habe. 
Neben  der  Sandbalm  erwähnt  Fii<i  im  Jahr  1766,  daß  „vor  einleben  Jahren* 
in  der  Urschiaui,  ebenfalls  im  Meienthal,  ein  reicher  Berggang  voll  schöner 
Kristalle  entdeckt  nnd  „vor  mehreren  Jahren**  nieht  weit  von  da  in  der  Schttllenen 
ein  anderer  gefonden  worden  sei,  deHsen  rohe  Ausbeute  einen  Werth  von  15,000 
Gulden  gehabt  habe.  Im  Jahr  1834  schreibt  Lussei ,  laß  „vor  wenig  Jahren" 
im  Ftdlithale  über  1 00  Zentner  seliwarze  Bergkristalle  und  mehr  als  30  Pfund  schöne 
rothe  Flußspahte  gefunden  worden  seien.  Aus  unserer  Zeit  ist  als  ein  besonders 
reicher  Fund  derjenige  der  im  Jahr  18G8  entdeckten  Kristallhöhlc  am  Tiefen- 
gletscher bekannt,  wel«:he  S50 — 300  Zentner  Raachtopase  lieferte,  die  anfänglich 
zu  7  Franken  des  Ffund  verkauft  worden,  dann  aber  rasch  im  Preise  sanken. 
Dabei  Ut  allerdings  zu  bemerken,  daß  bei  der  Entdeckung  am  Tiefeogletscher 
L'ri  nur  nl>*  Fundort  in  Betracht  kam,  die  Ausbeutung  aber  von  Oberhaslern 
betrieben  wurde.    («Jahrb.  des  Schweizer  Alpenklub**  6.  Band) 


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Seit  Jftkrlniidertoii  von  der  größten  Bedentiing  für  Erw«r1>  und  Wirth* 
sehaft  im  Luide  üri  war  der  Verkehr  über  den       Ootthard.    Wann  morst 

Cebergänge  Uber  diesen  Berg  dem  Nachbarverkekre  dienten,  das  ist  in  Dunkel 
gebullt;  aber  als  lüiulerverbindende  Straße  zwi'^cben  Deutschlund  und  Italien 
tritt  der  St.  (Trottbard  erst  im  13.  Jahrhundert  in  die  Geschichte.  Seine  erste 
sichere  Erwähnung  findet  sich  bis  jetzt  in  den  um  das  Jahr  1 240  geschriebenen 
Anfkdehnangen  einea  dentaehen  Bompilgers,  der  die  bei  der  üeberBehreitong  des 
„Möns  Klveliima*oder  „Ursare"  bealeiienden£ntfemiingiNi,oderdia-^  wahrsoheinlieh 
filr  einen  Fußgänger  berechneten  -  Tagereisen  von  Como  Uber  Lugano,  Bellenz, 
Luzern  u.  s.  w.  aufzählt.  Daß  diese  Straße  auch  dem  Waarenverkehr  dienstbar 
gemacht  war«  dafür  liegt  bis  jetzt  kein  firöheres,  voUgenUgendes  Zengniß  vor, 
als  ein  solches  ana  dem  Jahre  1293,  aber  versebiedene  ümatinde  laami  Termnthen, 
da6  dieaer  Waarenverkehr  wohl  nicht  erst  im  genannten  Jalure  begonnen  habe, 
aundern  damab  bereits  eine  gewisse  Dauer  hinter  sieh  hatte.  Vom  Beginne  dea  14. 
Jahrhunderts  an  wiederholen  sich  die  Zeugnisse  in  ansreicliendem  Maaße,  nm  die 
fortdauernde  Bedeutung  des  urneriHchen  Alpenpasscs  erkennen  zu  lassen,  dem  hier 
leider  nur  eine  lückenhafte  Darstellung  seiner  gesohicbtlit^hen  Entwicklung  gewidmet 
werden  kann. 

Wem  wir  die  erste  Anlage  der  Gottbardstraße  im  Lande  ITrizu  verdanken  haben, 
wer  sie  gebaut,  davon  spricht  keine  Urkunde.  Aber  da  in  einem  schiedrichterlichen 
Urtbeile  von  1331  Bau  und  Unterhalt  derselben  Strasse  auf  dem  Gebiete  von 
Ursern  und  von  Livinen  als  eine  Pflicht  eben  dieser  Thäler  bezeichnet  wird, 
(^.utraqoe  pars  teneatur  facere  et  reficere  atrataa  et  pontes  auper  sno  terhtorio") 
nad  da  in  mehreren  ürkandm  dea  15.  Jahrhnnderla  (ürtheil  von  1441,  Knnd- 
echaften  von  ungefähr  1450  «nach  1422",  Urtheil  von  1491)  auch  in  Uri 
der  rnterlmlt  der  Straße  als  eine  hergebrachte  und  unbestrittene  Pflicht  dieses 
Lande»,  oder  seiner  hiefür  behitehenden  drei  „Theile"  erncheint,  so  gestattet  das 
vielleicht  die  Mutiimaßuug,  daß  ebenso  die  erste  Anlage  der  Strasse  durch  die 
anliegende  Landschaft  anagefUhrt  worden  sei.  Uri  oder  seine  drei  ,»TheiIe'*  be> 
zogen  von  den  Uber  die  Straße  beförderten  Gütern  eine  Abgabe,  „FUrleite 
oder  Weggeld und  es  wird  diese  Abgabe  ausdrücklich  als  eine  Entschädigung 
für  die  Last  des  Straßenunterhalten  bezeichnet  (1491);  vielleicht  int  es  erlaubt, 
das  daneben  noch  zu  Gunsten  Uri6  bestandene  Becht  des  „zu  Theii  tabrens*, 
d.  h.  daa  Vorrecht,  den  Verkehr  Uber  die  Straße  zu  besorgen,  als  eine  ursprüng- 
lich Terliehene  BntsehMdignng  dea  Aufwandes  fttr  den  ersten  Strafienban  an 
betrachten. 

Der  Ueberprang  der  biHber  dm  „Thcilen"  obgelegenen  Last  des  Straßen- 
unterhaltes auf  die  Schultern  des  ganzen  Landes  scheint  sich  im  17.  Jahrhundert 
vollzogen  zu  haben  j  doch  liegen  hierüber  zu  wenig  bestimmte  Aufklärungen  vor. 
(«Die  Fttrleate  von  ^lleoen,  Waasen  nnd  Gfechenen  laat  Bri^  sind  beatätigt,  im 
gleichen  anoh  die  von  Altdorf  nnd  Flttelen  nnd  sollen  sie  dieaea  Geld  wohin  sie 
wollen  verwenden  mögen",  LandsgemeindebescMüBse  von  1608,  1668  nnd  1727. 
„FUrleite  halber  lasst  mana  beim  Alten,  aber  das  wohl  angewandt  werde", 
Landsgemeinde  von  1726), 

Uebrigens  hat  man  sich  bis  in  unser  Jahrhundert  hineiu  unter  der  Bezeichnung 
«Gotfhardstrafie*  bei  weitem  nioht  eine  Straße  im  heutigen  Sinne  voranstellen ; 
das  Bauwerk  war  damals  bloss  ein  Sanrnw^«  Uber  welchen  die  ^^'aaren  wohl 
im  Winter  mittels  Schlitten,  aber  snn??t  nur  durcli  S.ninien  befördert  werden 
konnten.  „Die  alte  Straße  war  steil  und  holpericht,  auch  nur  10  —  12  breit*. 
(Lusner)  Das  Urnerlocb  wurde  erst  im  Jahre  1707  durchbruehen  und  zwar  damals 


—    320  — 


Uri 


bliMs  in  einer  Breite  von  7 — 8'  nnd  einer  HOfae  ven6 — 9';  vorher  war  hier  die 
Straße  mittek  einer  langet),  in  Ketten  hängenden  Brücke,  dio  schon  im  Jahre 
1303  als  ,,die  stiebende  Brücke"   erscheint,  um  den  Kilchberg  herumgeführt. 
Einen  beschränkten  VerglHch  der  alten  nnd  der  neuen  Gotthardatraße  bieten  uns  * 
beute  noch  die  Bilder  der  beiden  Teufelsbrilcken. 

Die  Anregung  »im  Baue  einer  neuen  Straße  Ober  den  Gotthard  scheint 
von  der  Begiemng  dea  Antone  Tesein  ausgegangen  an  aein,  die  sich  sa  dieaem 
Zwecke  im  Jahr  1817  uicht  nur  an  diejenige  von  üri,  sondern  mit  Hinweis 
auf  deren  offenbare  Vorthei!*^*  auch  an  Luzern  nnd  Basel  wandte  und  sieh  zur 
Erstellung  einer  fahrbaren  Kunst«traße  auf  Tessinergcbiet  bereit  erklärte,  falls 
dasselbe  auch  von  Uri  für  «ein  Gebiet  geschehe.  Nachdem  sich  Uri  die  tinauzielle 
üntcfattttanng  LnaeniB  goBiohert,  and  nachdem  die  Tagsatzung  auch  eine  Zoll- 
und  Weggelderh(5hung  zugestanden  hatte,  wurde  von  der  Landsgemeinde  den 
1.  A[ai  1820  vorläufig  der  Bau  der  Straße  von  Arosteg  bis  Gescheneu  beschlosseD. 
den  fi.  Jnni  desselben  Jahres  durch  den  Bannnternehmer  ('.  Jauch  von  Bellenz 
begonnen  und  im  Herbäte  1822  fertiggestellt.  Seit  dem  Jahre  1824  fanden  zwischen 
den  betheiligten  Kantonen  neue  Yerhandlongen  statt,  welche  die  gänzliche  Fahrbar- 
machnng  deti  Gotthardpasses  nnd  ttlwrhavpt  der  gansen  Linie  Ton  Basel  und  Solotiumi 
Uber  den  Haoenatein  bis  an  die  italienische  Grenze  im  Auge  hatten.  Infolge  der  hiehei 
neuerdings  erzi»']t"Ti  finanziellen  Betheiligung  Luzerns  nnd  der  von  der  Tagsutzang 
auch  für  diese  Strecken  eingeränmten  Zoll-  nnd  Weg:gelderbHhui)g  wurde  von  der 
urnerischen  Landsgemeinde  den  ti.  Mai  1827  die  Fortführung  der  neuen  Straße  von 
Geaehenea  anfwKrts  bis  an  die  Eantonsgrenae  —  nach  den  IMKnen  des  Teaidner- 
Landamraanns  Meschini  —  und  die  Verbeaierang  der  bestehenden  xwtachen  Flttelen 
und  Arosteg  beschlossen.  Die  Ausführung  von  Hospentlial  aufwärt«,  durch  den 
Unternehmer  Colombara,  erfolgte  in  den  Jahren  1828  und  1829,  diejenige 
zwischen  Gesehenen  und  Ursern,  durch  den  urnerlschen  Ingenieur  C.  E.  MüHer, 
in  den  Jahren  1829  und  1830.  Da  inzwischen  anch  Tessin  die  Straße  auf 
seinem  Gebiete  fertig  erstellt  hatte,  iat  somit  die  Ootthardstrasae  im  Jahr  1880 
auf  ihrer  gansen  Strecke  fUr  Raderfuhrwerke  fahrbar  geworden.  Die  Yerbesserung 
der  vorher  bestandenen  Straße  zwischen  Flüelen  und  Amstog  wurde  in  den  30er 
Jahren  nachgeholt.  Die  ganze  Strecke  der  Gotthardstraße  auf  urnerischem  Gebiete 
beträgt  47,8  Kilometer,  ihre  Breite  ö  Meter,  die  größte  Steigung  10  ^'/o;  ihr© 
BankostoD  werden  mit  ungeföhr  l'/i  Millionen  angegeben.  In  ihrem  hanpsHohlidiaten 
Diensie  ersetst  wnrde  diese  Straße  durch  die  den  33.  Mai  1882  erSflbeteGottiiardbabii. 

Ks  geht  schon  ans  den  obigen  Angaben  ttber  die  alte  Gotthardatraße  hervor, 
dalj  dieselbe  nicht  fUr  den  Wagenverkehr  ein r^pr iahtet  war.  "Wenn  wohl  vom 
18.  Jahrhundert  an  dann  und  wann  ausnahmsweieo  eine  Kutsche  über  den  Berg 
befördert  wurde,  so  kam  dieses  nur  so  zu  Stande,  daß  je  7  oder  8  Mann  die 
vierspSnnige  Kvtsdie  an  begleiten,  an  den  sohwioigsten  Stellen  in  ihre  Theila 
an  zerlegen,  letztere  dnieln  binQber  an  befördern  und  jenseits  wieder  ansammen- 
zusetzen  hatten.  Eine  solche  kurzweilige  Fahrt  kam  für  die  Strecke  von  Altdorf 
bis  (tiornico  auf  24  Karolin,  d.  h.  auf  mehr  als  rjiM)  Franken  zu  stehen  und 
soll  zum  ersten  Male  durch  den  englischen  Mineralogen  dreviile  im  Jahr  1775 
ausgeführt  worden  sein  (so  nach  Lusaer;  Ffanadni  sagt,  daß  Ortville  dieaea 
Uebergang  den  35.  Juli  1735,  also  &0  Jahre  frttber  gemacht  liabe,  daß  dem- 
selben im  Jahr  1793  ein  anderer  EagUtttder  und  apftter  mehrere  andere  Beiaenden 
gefolgt  seien). 

Für  die  Waarenbeförderiing  wurden  wohl  im  Winter  Sdilitteu  benutzt, 
sonst  fand  dieselbe  mittelst  Säumen  statt  (ob  vielleicht  uui  der  ThaUtrecke  zwischen 


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Uli  —    321    —  L'ri 

Plüelen  und  Amsteg  aaoh  Wftgen  oder  Kamn  im  Gebnuiohe  waren?).  Zadieaen 
BefOrderungm  wurden  Pferde  und  Ochaen,  von  den  darcbeitnmenden  WalliaMm 

und  Cnrwalchen  auch  Maulthiere  und  Esel  verwendet.  Von  dem  schon  im  Jahre 
1331  erwähnten  Rechte,  diese  Thiere  iSngs  der  Straße  mif  der  Allmeml  weide» 
zu  lassen,  machten  namentlich  die  Walii»>ei  und  Curwalcbeu  einün  ao  aui»gedehnten 
Gebrauch,  daß  daraus  oft  ernster  Streit  entstand  und  sie  mit  strenger  Bußdrohong 
gemahnt  werden  mußten,  ihren  Sanmthieren,  so  lange  es  in  ünem  dnroh  die 
Uenmatlen  gehe,  das  »Ktfrbli'*  anzulegen  (1420).  —  Die  Beförderung  gegen  Ent- 
gelt zu  bpKnrgen,  das  stand  wie  anJerorts  so  auch  hier  zuvörderst  der  von  der 
Straße  durchzogenen  Landschaft  zu,  wurde  aber  schon  durch  das  wiederholt  er- 
'  wähnte  Urtheil  von  IJ^l  fUr  das  diesseitige  Gebiet  auch  den  Fuhrleaten  aus 
Idvinen,  nnd  nmgidcehrt,  eingerttnmt.  Um  die  yerkMunenden  Befl^demugen 
ordDnngsgemftß  absttwieheln,  ^Atr  war  daa  game  Land  Uii  (damals  ehne  Uraem) 
IKnga  der  Strafieindiei  »Tlielle''  «ingetheilt:  in  jenen  von  Flüelen  (oder  Altdorf), 
den  von  Silenen  nnd  den  von  Wasecn  (oder  (leschenen);  Ursern  bildete  für  sich 
Kclbfst  einen  „Theil".  Es  .sind  das  die  uämlichen  Theile,  die  am,  wenigstens  fUr 
die  frühere  Zeit,  auch  als  die  Träger  des  Straßenunterhaltes  begegnet  sind. 

«Allee  Gut,  das  enet  dem  Berg  oder  anfier  dem  See'  herkam,  mußte  «an 
Theii  gehen*,  d.  h.  es  war  der  Beförderung  durah  die  Landlente,  in  üraem 
der  Thallente,  zu  überlassen,  nnr  war  den  Kidgenossen  von  Schwyz  und  Uiiter- 
walden  schon  früher  „aus  Freundschaft"  zugestanden  worden  nnd  wurde  durch 
Urtheil  vom  Jahr  1491  als  Beoht  zugesichert,  daß  sie  ihr  Landgut,  d.  h. 
,waa  in  ihrem  I^mde  widist  nnd  &llt*,  auf  eigenen  Bönen  dmdiltthreii  durften ; 
daa  g^genreehtltohe  Verhihniß  mit  Livinen  oder  den  «Waldieii*,  ist  sehen  oben 
erwähnt  worden.  Während  in  Ursern  nach  einer  ^ Säumerordnung"  von  1363 
die  Zuweisung  der  rxi  Th  il  gehenden  Fuhrstücke,  Sänryc  und  Ballen  (auch  „Fardel'' 
genannt),  an  die  einzelnen  Säumer,  der  Reihe  nach  und  zu  festgesetzten  Löhnen, 
durch  einen  Vorgesetzten  des  Theiles,  den  .Theiler"  stattfand,  scheint  in  Uri 
nach  mnem  Mnnng  der  drei  Theile  von  1888  in  dieser  Besiefaung  unmittelbarer 
Verkehr  der  Kauilente  mit  den  einzelnen  Säumern  stattgefunden  zu  haben.  Nur  durfte 
keiner  der  Letztern  mehr  Säuuie  oder  Ballen  zur  Beförderung  Ubernehmen,  als 
er  mit  seinen  eigenen  zur  Zeit  im  Lande  befindlichen  Pferden  zu  befördern  ver- 
mochte. Hatte  er  mehr  übernommen,  so  war  er  gehalten,  das  UeberschUsaige 
an  andere  Landleute^  die  ihn  darum  ersuchten  und  erforderBohmi  Falles  Sieherheii 
au  leinten  ▼ermoohten,  absntr^en  und  «war  an  demselben  Lohne,  den  a  seibat 
erhalten  hatte,  nur  war  ihm  in  diesem  Falle  vom  neuen  Uebernehraer  für  jeden 
Saum  ein  Plappart  „Weinkauf-  zu  entrichten.  Es  scheint,  daß  namentlich  die 
"Wirthe  in  diesem  Vermitthingsgesehäfte  tbätig  waren  und  sich  dabei  wohl 
auch  etwa  erlaubteu,  den  erhalteueu  Fuhrlohu  nur  theilweise  au  den  iulgenden 
üebernehmer  abzugeben,  indem  sie  den  andern  Theil  der  'Wirtbshausreolinung 
des  betreffenden  KaufmanneM  zuschrieben.  Gegen solehe  Uebervortheilnngen  wurden 
in  dem  erwähnten  Einung  Bußen  angedroht. 

Zur  Erzielung  möglichster  Beförderung  durften,  abgesehen  von  den  Waaren, 
die  nach  dem  Escbenthale  bestimmt  nnd  darum  nnr  bis  Airolo  zu  führen  waren, 
SSoma  nnd  Ballen  nicht  anders  als  aar  Lieferung  von  einem  See  snm  andun 
llbernommen,  rie  durften  auf  der  Straße  nieht  an  andere  Fuhrleute  abgaben 
nnd  anch  nicht  früher,  als  in  Giomico  gegen  RUckfuhr  ausgewechselt  werden. 
Sänmniß  auf  der  Straße,  die  nieht  durch  ehrenhafte  Noth  entsehnldifTt  war,  wurde 
gleichfaUs  ireliüßt.  Zm-  Handhabung  dieser  Voröchriftpn  und  zur  Verzeigung 
vou  t5t  rat  würdigen  war  in  jedem  der  drei  Theile  ein  „  kluger "  aufgestellt. 
Fairer,  VoUitwirtbachafte  Lexikon  der  Schweis.  31 


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—    322  — 


Uri 


Fttr  die  Bentttsang  der  Strafie  war  an  jedon  «Ttml*,  der  dnrclifihreii 
Würde,  eine  Geldabgabe  zu  entrichteu,  .FUrleite",  „Furliite",  oder  „Weggeld" 
genannt.  Dieselbe  hatte  früher  Kreiizj^lappart  und  i  alten  Sechser  fttr  jedm 
Saum  betrageu,  aber  im  15.  Jührlumdert  eine  Ennäßigong  erfahren.  Hievon 
befreit  war  neben  dem  eigenen  Landgut  der  Urner  auü  dem  sohuu  angeführten 
Ghrande  anoh  daajenige  der  Sobwyser  niid  Unterwaldner ;  füx  Kavintaaaagalt 
derselben  degegen  wer  die  Fub-leite  zu  entrichten,  fttr  daigenige  der  Umer 
nur  dann,  wenn  «ie  dieses  Gnt  wieder  weiter  verkauften  (lirtbeil  von  1491 ; 
die  Scbwyzer  und  l  nterwaldner  hatten  sich  beklagt,  daß  ihnen  sonst  ,der 
Frimärkt  abgeschlagen",  d.  h.  die  Konkurrenz  mit  den  Urnern  nicht  möglich 
wire).  Streitig  wer  im  Jahr  1491,  ob  die  Sohwyaer  und  Unterwaldner  anoh 
fttr  Klee  die  Fahrleite  »i  heiahleii  haben  oder  nitht.  Sie  selbst  behaupteten, 
eine  solche  bisher  nicht  entrichtet  zu  haben  und  seien  sie  doch  «mit  einer  merk- 
lichen Sum"  durchgtifabren ;  dem  entgegneten  die  Urner,  daß  diese  Abgabe  schon 
bisher  bestanden  habe,  allerdingti  auch  etwa  durch  List  umgangen  worden  niei. 
Bei  diei>em  W  iderspruche  der  Angaben  üntöchied  da«  Gericht,  dub  in  Zukuntt 
von  jedem  Saum  bei  jeder  Snst  nnr  8  Angster  xn  beaahlen  seien,  statt  der  von 
Uri  geforderten  5  Schilling  für  je  100  Käse,  «die  nngefiibr  5  oder  6  Sanm 
ausmachten".  ^^Da  wohl  auch  hier,  wie  «jiäter,  der  Saum  gleich  ungefähr  300 
l'fnnd  anzunehmen  ist,  so  hatten  die  einzelneu  Käselaibe  von  1491  ein  Gewicht 
von  Ii) — 16  Pfundj  die  weiter  oben  aus  dem  Jahre  1370  erwähnten  .grossen" 
Küae  ans  Gurtnellei*  wogen  je  13 — 14  Pfand,  dagegen  die  im  Jahre  1346  and 
1383  genannten  KXse  ans  dem  Sehlehenthal  and  aas  SUenen  bloss  3 — 4  Pfnnd. 
(JeehM  nimmt  an,  daß  die  letztem  SebafUse  gewesen.) 

Zugestanden  wurdt  den  Schwyzem  und  Unterwaldnern,  daß  eie  nach  alter 
Gewohnheit  Fnhrleite  dann  nicht  zu  bezahlen  hätten,  wenn  sie  ihr  Gut  pza 
Theil  slahtin  und  mit  dem  Theil  fertigen  wollten". 

Neben  der  Fohrlcite  war  aaeh  fttr  die  Bentttsang  der  in  jedon  Theite 
bestehenden  Sust  eine  Abgabe  »n  entrichten,  die  (wenigstens  in  Flllelen)  einen 
Kreuzer  für  jeden  Saum  betrug. 

Dazu  kamen  die  ZfiUe,  die  auf  unserer  Strecke  an  zwei  Orten  bezogen 
Warden,  in  FIttelen  und  in  Gesehenen.  Der  Zoll  in  FlUeleu  kommt  spätestens 
«ehon  1315  und  swar  als  ReirihMolI  vor,  der  vom  Könige  meistens  an  Private 
verBehen  wurde  nnd  anf  diesem  alhnäKg  in  die  HXade  des  Laudee  Uri 

gelangte.  Der  Zoll  in  Gesehenen  wurde  ebenfalls  vom  Lande  Uri  bezogen, 
scheint  aVt^r  vrst  im  15.  Jahrhundert  nach  und  nnrh  «entstanden  zu  sein.  Der 
Zolleiitr;( liumg  war  neben  den  Wanreu  auch  das  \  itih  unterworfen,  beide  jedoch 
zum  iheil  in  verttchiedenem  üiIaaLte,  je  nachdem  sit;  von  Fremden  oder  von 
Eidgenossen  dandigefUhrt  wurden. 

Große  Schwankungen  des  Verkehrs  und  ernsten  Wettkampf  seitens  der 
bUndnerischen  A1)tcnpässe  erfuhr  die  Gotthardstraße  im  17.  Jahrhundert.  Wahrend 
im  Anfange  desselben  die  vom  spanischen  Gouverneur  in  Mailand  am  Comersee 
erbaute  Festung  Fuentes,  die  u.  a.  eben  den  Zweck  hatte,  die  rhätischen  Ueber- 
gäuge  zu  sperren,  dem  Gotthard  reiehliehe  Mehrung  des  Personen-  und  Waaren» 
Verkehres  hraehte,  fanden  sieh  die  Umer  eehon  in  den  Jahren  1686,  1627  nnd 
später  wiederholt  im  Falle,  hei  der  Tagsatsnng  Uber  den  bedauerlichen  Rückgang 
ihrer  Handelsstraße  au  klagen.  Weil  die  Kauüeute  von  Lindau  und  jenen 
(iegenden  vorgezogen  hatten,  ihre  Waaren  Heber  dureh  Bünden  und  den 
Bernhardiu,  als  über  den  Gotthard,  nach  Belieuz  zu  bciürderu,  führte  dieses 
sogar  SU  dem  Antrage,  fttr  die  Znkunlt  Konfiskation  solcher  Waaren  anxadrohen. 


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Lri  —  —  üri 

In  ilev  zwelteo  Hälftü  dei»  Jahrhunderte  buchte  Lri  vielfach  durch  auüergewölinliche 
Zollermäßigungen  eine  YemehruDg  des  YerkdireB  m  «rsieleii.  («Denen  Herren 
OrelU  von  ZUrioli  dea  PriTilegiom  der  GUtteren  Zoll  verwilliget,  wie  den  Herren 
Muller  und  BruDO  von  Basel,  so  lang  sie  ihres  Versprechen  wirklich  halten  werden", 
1670.  ^Die  große  Zollbefreiung  der  Herren  Amonj,  Lorenzi  und  Guidetti 
«utgeliebi,  weilen  solche  ihrem  Versprechen  «uwider  die  GUtter-Stuck  durch  Püntten 
fuhren  iusen**,  1682.  —  „Den  Herren  Amunj,  Lorenxi  nnd  Chudetti  Freiheit»- 
hriet,  minder  sn  zahlen,  igt  einem  Landrath  ttbwlasBen,  su  heetStigen  oder  nieht*, 
1G86.  -  „Den  drei  Häusern  Guidetti  ist  unter  dem  eontraeegno  der  Herren 
Yolpi  und  Amonj  eine  Verminderang  des  Zolle  gethan,  nnn  aber  wiederum  anf- 
gohebt-,  1687). 

Vielfacher  Behandlung  durch  die  Landsgemeiude  und  die  Behürden  unterlag 
im  17.  Jahrhundert  aneh  die  Einrichtung  des  MTheila**.  Sehon  im  Jahre  1627 
wurde  dnroh  die  Landsgemeinde  eine  grundsätzliche  Be«tätigang  der  ttTheilordnuBg* 
durch  den  gleichzeitigen  Beschluß  abgeschwächt,  daß  in  Zukunft  doch  nur  mehr 
ein  Drittel  der  KanfmannsgUter  dem  Theil  unterworfen  sei.  Im  Jahre  1658  wurde 
der  Theil  .,auf  ein  Jahr  lang  zu  einer  Probe  eingestellt",  ebenso  im  nächsten 
Jahre,  dagegen  im  Jahr  1660  und  1675  „der  Theil  laut  Sigel  und  Brief 
beetätigt*,  im  lotsten  Male  mit  don  Znsata:  »aber  jeriger  Zeit  und  Läufen 
nach  eine  rechte  Ordnung  zu  machen,  soll  dem  Landrath  Uberlassen  sein** 
Im  Jahr  1627  werden  an  der  Gottbardstraße  zum  engten  Male  (oder  wann 
trüber yj  ^Faktoren"  erwähnt,  d.  b.  berufemäßige  Speditionsgeschäfte,  die  infolge 
ihrer  grössern  Gettchäftsgewaiidtheit  die  unmittelbare  Leitung  des  Verkehr«  mit 
der  Zeit  so  in  ihre  HSnde  brachten,  daß  neben  ihnen  die  firtthere  Bedentnng  der 
«Theile*  notbwendig  dahinfallen  mnfite.  Dieser  allmSlige  Uebw^mg,  den  die 
erwähnten  LandsgemeindebeschlUsse  erkennen  lassen,  kann  mit  dem  Ende  des 
Jahrhundert«  als  abgeaohlOBsen  betrachtet  werden,  da  in  einer  eingehenden  Ver- 
ordnung zur  Regelung  den  Verkehrs  die  „Theile*  auch  nicht  einmal  mehr  erwähnt 
werden.  £s  scheint  nicUi  gauz  werthloä,  die  in  den  Jahren  1696  nnd  1700 
von  der  Landsgemeinde  anfgeeteUte  nnd  epKter  wiederholt  bestätigte  «Fakt<^- 
ond  SSnmerordnnng"  in  ihrem  Wortlante  kennen  zu  lernen.  Macht  sie  uuh  doch 
mit  Verliältnissen  und  Einrichtungen  bekannt,  für  die  wir,  mit  den  Eisenbabnen 
Aafgewachfcieue,  nur  »ehr  mangelhafte  Vornteiluiigen  und  VovkenntniBSf-  besitzen. 

«Nachdem  U.  G.  H.  durch  nicht  geringe  Milbe  und  Kosten  au  ein  und 
andern  Orten  Teraiutalteten,  daß  die  vorher  von  underm  Paß  abgewiehenen 
Kanfmannagttter  wieder  auf  deneelben  zarttc^ommen,  sofern  die  Kanhente  und 
Gondotieren  durch  ordentliche  beaebcidene  Treue  und  geschwinde  Doxnhfahr  werden 
vergeben  und  bedient  werden,  welohee  U.  H.  den  Kaufleuten  sngeeagt  und 
verHi)ruoben  haben. 

„U  G.  H.  erinnern  und  befehlen  darum,  allen  Bäumern,  Lundleuten  oder 
Angehörigen  tn.  üri,  Ursem  nnd  Livinen: 

«1)  Daß  sie  sich  befleißen,  die  Eanfmannsgütcr  so  in  der  Abfuhr  zu  be- 
i;>rdern,  daß  sie  auf  erstes  Ennahncn  der  l'aktt)reii  jene  Güter  ohne  Aiisred  nnd 
AnLseliub  sowohl  zn  Bellenz  als  zu  Altdorf  aufnehmen  und  laden  und  selbige  in 
4  oder  5  nächsten  Werktagen  von  Altdorf  nach  Bellenz,  oder  umgekehrt,  in 
bestimmtem  obrigkeitlichem  Lohne  wohl  oonditioairt  lidbm  nnd  unterwegs  nicht 
abtauschen  oder  yerweehseln,  bei  Vermeidung  yon  hoher  Straf.  Die  Faktoren 
hier  und  in  Bellenz  sollen  darum  einander  alte  Wochen  berichten,  welche  Gflter 
sie  in  dieser  ^^'oche  nnd  durch  wen  abgesandt  haben,  damit  die  Faktoren  wissen, 
von  wem  und  welche  Güter  sie  zu  empfangen  haben. 


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Uri 


—    324  — 


Uri 


,2)  Falls  vmi  beMgtea  StiMkea  und  Gutem  aitie  grosse  Quantität  zu  Alt> 
dorf  oder  BolI«ns  wlren,  sollen  selbe  anf  die  abwesenden  SKttmer  abgetbeilt 

werden,  erstens  auf  jo  ein  Stab  ßoß  3  Stuck,  auf  5  Roß  2  Stack,  auf  3  oder 
2  Roß  1  Stuck  nn(^  falls  nach  dieser  Abtheilung  noch  Stucke  zu  führen  ri1«riö;' 
blieben,  welilu*  Eilgüter  sind,  sollen  solclie  auf  die  nicht  mit  Stucken  beladenei» 
anwet^endeii  Kulö  ubgetheilt  werden  und  lalls  deren  nicht  genug  vorbanden  wären^ 
sollen  von  den  Faktoren  mehrere  besohrteben  werden  und  die  Sinmer,  weldi» 
anf  der  Straß  sind,  sollen  schuldig  sein,  kommen  aufladen  ohne  Anfnchub.  Die 
Faktoren  sind  bei  gleicher  Straf  an  die  obigen  Vertheilungsvorschriften  gehalten ;. 
laut  Satznngen  sollen  in  erster  Linii?  immer  die  Landlcutc  betrachtet  werden, 
b^nders  aber  sollen  im  Winter  und  wenn  wenig  Stuck  oder  Knufiuann^üter 
▼whanden  sind,  selbe  vorsngsweise  nnd  ohne  Unterschied  jenen  gegeben  werden, 
welebe  sieh  im  Sommer  befleißen,  die  Kanfmannsstnck  Uber  ihr  Oontingent  ÜeiAig- 
zu  führen  und  zu  befördern,  deßgleiohen  soll  jenen,  welche  von  Bellens  hierher 
geführt,  Rugfuhr  yorausgefolgt  werden. 

„3)  Die  Stuok  sollen  in  gebührender  Verwahrung  gehalten,  soviel  möglich 
mit  gnten  PlSken  und  Decken  geschirmt  und  an  trokenen,  sichern,  be-schlossenea 
Orten  abgeladen  und  versorgt  werden,  bei  Abtrag  allen  Schadens,  wenn  durch 
Fahrlißigkeit  von  den  Gutem  gestohlen,  oder  selbe  dnrch  Küsse  besohKdigt 
wttrdea  —  darum  sie  aneh  gebührende  Bargsohaft  geben  sollen. 

,4)  Die  Faktoren  sollsn  mit  den  Kaoflenten  gute  Korrespondent  halten,. 

wo  möglich  bei  Zeiten  von  selben  vernehmen,  wann  viele  Guter  zusammen  au- 
kumnton  möchten,  damit  sie  besonders  im  Sommer  die  Fuhrleute  zeitig  mahnea 

und  bebtelleu  können. 

.5)  Die  Faktoren  sollen  anoh  unter  sich  selbst  gute  Korrespondenz  halten, 
nnd  sieh  anter  einander  wohl  verstehen,  die  saerst  ankommenden  nnd  die  Oon* 
dotta  nnd  EUgttter  voraus  expediren,  kmner  dem  andern  direkte  oder  indirekte 

die  Korrespondenzen  abziehen,  oder  abwendig  maohen,  des  Landes  Nutzen  vor- 
aus berördern,  den  F^ß  /u  vermehren  trachten,  die  SSumer  am  Abtadeort  mit 
baarem  (reUl  bezalilen,  dieselben  auch  mit  Freundlichkeit  znr  Haltung  dieser  Ver- 
ordnung und  Vermehrung  des  raiiue«  ermahnen  —  und,  gleichwie  die  Säumer 
niemals  mehr  fordern  dttriini,  als  den  obrigkdtlieh  bestimmtsn  Lohn,  so  dürfen, 
aneh  die  Faktoren  niemals  an  demselben  abaiehen. 

„6)  Falls  Säumer  dieser  Verordnung,  namentlich  dem  ersten  Punkte  m- 

widerbandeltcn,  sollen  die  Faktoren  sofort  nach  erhaltener  Kenntniß  die  Fehl- 
baren  dem  Richter  allhier  schriftlich  anzeigen,  damit  jene  aar  Rede  gestellt  und 
nach  Verdienen  gehtraft  werden  krmnen. 

„7)  Die  Faktoren  sollen  bei  Vertheilung  der  Fuhren  auf  die  Säumer  nn- 
parteffiwdi  snn  nnd  diene  Yerordnnng  durchaus  getrenlidi  halten)  bei  Vermeidung 
hoher  Straf. 

,.8)  Damit  die  Güter  immer  nnparteiiseh  anf  die  Säumer  abgethdlt  werden 

können,  fnllen  sich  letztere,  wenn  sie  hier  oder  in  Bellenz  ankommen,  noch  am 
gelben  Abend  beim  Kaufmann-Condottagüterfaktoren  melden  bei  Büß.  Die  Faktoren- 
sind  schuldig,  die  Ausbleibenden  zu  leiden. 

„9)  Die  Faktoren  hier  nnd  in  Bellenc  sollen  den  Lohn  Ittr  die  ankommenden 
Waaren  bei  Strafe  Kiemanden  anders  bezahlen,  als  1  «  injciiigen,  der  im  Fahrlohn- 
zedel  mit  Namen  nnd  Geschlecht  als  Auflader  der  ^^ Tiaren  bezeichnet  ist  — 
diese«  zn  besserer  Abbeliung  des  unserra  Land  sehr  schiidlichen  Abtausebens  und 
Wechselns  der  Kaufmannswaaren,  wodurch  selbe  lang  auf  den  Straßen  bleiben.*^ 


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Uri  —    326    —  Uri 

WdlohM  Bild  der  durch  diese  Beatinimungeii  geregelte  Yerkehr  ttW  die 
Oottbardatraße  während  dem  18.  Jahrhundert  in  seinen  äussern  Ersoheinasgen, 
seinem  Umfang  und  dgL  durbot,  darttber  nSgen  die  folgenden  swei  Dantellvngen 

Auskunft  geben. 

Fäst  schreibt  im  Jahre  1766:  «Jüan  behauptet,  daß  täglich  das  ganze  Jahr 
hindurch  1000 — 1200  Saumrosse  besdiSftigt  seien,  die  KaufmannfgUter  ans 
Italien  naob  Altdorf  und  «irtiek  sa  aohaffeD.  Wer  diese  mwkwttrdige  Strsfie 
nur  einmal  bereiset,  dem  wird  es  nicht  schwer  fallen,  dieser  Nachricht  Beifall 
zu  ertheilen.  Es  geht  keine  Viertelstunde  dabin,  da  ihm  nicht  20—30  und 
mehrere  heladenc  Saumrosse  aufstoßen.*' 

Und  Norrmann  schildert  im  Jahre  1796  den  Verkehr  wie  folgt.  «Alle 
Waaraa  werden  auf  Pferden,  Ibnleseln  und  im  Winter  dnreh  Schlitten,  die  mit 
OohsM  bespannt  sind,  Uber  den  Gotthard  geführt.  Der  ganze  W^  von  Altdorf 
und  FlUelen,  wo  die  ans  Deutschland  und  andern  Gegenden  kommenden  Waaren 
in  ein  Magajiin  f;;e8ammelt  werden,  bis  nach  Bellenr,  jenseits  de*  Gotthard,  be- 
trägt 28 — 3ü  Stunden  und  ist  in  4  Stationen  abgetheilt,  deren  jede  das  Pferd 
in  einem  Tage  vollendet,  da  es  dann  abgepackt  wird  und  rnhet,  nämlich  Altdorf, 
Urseren,  Airol,  Imie  oder  Qiomioo  nnd  Bellens.  An  langen  Sommertagen  machen 
gewinaaUohtige  Sinrnnr  den  beschwerlichen  Weg  sogar  in  3  Tagen.  Die  Pferde  oder 
Sanmros.sQ  sind  nur  von  mittlerer  Grüße  und  werden  von  dtTi  Siinmem  p^p wohn- 
lich um  rJ  —  l")  Loaisdor  im  Toggenbnrg  und  andern  Orten  der  Schweiz  gekauft. 
Die  Maulthiere  versinken  mit  ihren  schmalen  Hufen  zu  leicht  im  Schnee  und 
sind  onr  im  Sommeir  brancbbar,  da  sie  bis  auf  4  Zentaer  tragen  und  von  den 
Beilenzem  am  meisten  genast  werden.  Ochsen,  deren  breiter  Faß  besser  im 
Schnee  hält,  gebraucht  man  nur  im  Winter  vor  den  Schlitten,  worauf  2  der« 
selben  <  in*  La.st  v»in  4  Pferden  leicht  fortbringen.  Die  Säumer  selbst  sind  aus 
dem  Urnerliinde,  Urseren,  Livinen  und  Bellenz  NN'er  wenigstens  7  Pferde  hält, 
wird  fUr  einen  vollständigen  Säumei  gehalten  j  Keichere  haben  12  und  mehrere, 
manche  Arme  nor  eins.  Jeder  eingeeohriebene  Säumer  maß  im  Falle  nothwendiger 
und  dringender  Fohren  jede  zweite  Woche  einmal  den  Gotthard  bereisen;  sind 
aber  wenige  Waaren  da,  so  werden  sie  unter  die  eingeschriebenen  SSumer  ver- 
theilt. Die  Last  eines  Pferdes  bestellt  nach  Vorschrift  und  altem  Gebrauch  in 
3  Zentnern,  welches  ein  Saum  genannt  wirdj  die  halbe  Ladung  beträgt  150  bis 
.160  Ffiind.  Alle  Waaren  müssen  daher,  soviel  mOglich,  in  ü^len  oder  FXsser 
von  diesem  Gewicht  gepackt  werden*  Das  Pferd  ist  mit  einem  eigenen  hdlaeniea 
Sattel  belegt,  woran  die  Last,  die  anf  beiden  Seiten  möglidist  im  Glmohgewicht 
sein  muß,  mit  Riemen  und  Schnüren  befestigt  wird.  Kleinere  Stücke  werden  an 
beiden  Seiten  angehangen  ;  ein  groLies  voUwichtigeR  l'iiquet  aber  wird  mitten  auf 
den  KUcken  gelegt.  Mit  dieser  Ladung  gehen  die  Saumthiere  einen  gleichen, 
sichern,  obschon  nicht  schnellen  Schritt  auf  Anhöhen,  Abhltngen  nnd  Ebenen 
gleichmässig  hinter  einander  fort.  Durch  einen  eisernen  Xanlkorb  werden  sie 
gehindert,  auf  der  Straße  stille  zu  stehen  und  Gras  zu  aetzen.  Ein  helles  Ge- 
«ehSlI  muß  die  ganze  Reihe  auf  der  Bahn  erhalten,  denn  der  leise  Fußtritt  ist 
vor  dem  Toeen  der  üeuß  und  des  Tessin  nicht  zu  bemerken.  An  den  Augen 
haben  sie  weitaaastehende  lederne  Lappen,  damit  sie  nicht  durch  geföhrltohe  Ab- 
grtlade  oder  andere  GegenatSnde  geechreckt  werden.  Die  Sanmer  haben  4berhanpt 
ein  bisdiwerliches  Leben,  sind  meistens  annselig  mid  gewdhnlidi  die  rohestcn 
im  ganzen  Urnerlande." 

«In  gewöhnlichen  Jahren  wird  die  Zahl  aller  Kisten,  Paken,  Hallen,  Fässer 
u  s.  i.,  welche  über  den  Gotthard  gehen,  auf  ungefilhr  18 — 20,000  berechnet, 


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üri  —    32  ü    ~  tri 

wornntcr  «ngcAhr  3,500  Bum  Oel  und  $—6,000  Stttok  KMm  «tnd.  Die  Zahl 
der  Pftcde  bereelinet  man  nngefithr  m  9,000,  wovon  etwa  5,000  in  Italien  und 
4|000  in  der  Sohweiz  mit  deutBchcn,  sohweiseriscben  und  andern  Gütern  be- 

ffHohtet  werden.  Der  Transport  der  Waaren,  welche  von  Italien  her  nath  der 
S'  liweiz  und  von  da  zum  Thcile  weiter  "•eben,  erfordert  mehr  Pferde,  als  die 
am  der  Schweis  nuch  Italien  bestimmten  Gilter,  weil  jene  meistens  in  Reis  und 
Wein,  oft  aneh  in  Gefareide  beatehen,  die  b»  dnem  geringem  Werth  einen 
größeren  Raum  einnehmen  und  schwerer  «tnd.  Der  IVaehtlohn  ist  in  den  neueaten 
Zeiten  sehr  erhöht;  statt  4 — 7  Gulden,  welche  man  vorraab  bezahlte,  kostet» 
bis  1785  ein  Saum  von  Altdorf  bis  Bellenz  18  20  Gulden  und  seit  der  Zpit 
ist  er  noch  weit  mehr  gestiegen.  Aach  der  Transito  hat  Überhaupt  in  den  letzten 
Jahren  aehr  angenommen.* 

Bei  genauerer  ErwKgung  erscheinen  sowohl  Fiaia  wie  Kornnanna  obige  An- 
gkhvn  Uber  die  Zahl  der  Pferde  und  der  hef5rderten  Ballen  u.  dgl.  doch  nur 
wenig  geeignet,  den  Umfang  des  damaligen  Verkehrs  etwa.H  bestimmter  er- 
kennen zu  lassen.  Nftcli  Fran>»cini  soll  Boti.^letien  den  Gotthrtr!i\-  rkelir  /.u  Endo 
des  IS.  Jahrhunderts  im  Jahrrsdnrcbpchnitte  auf  40  —  50,U0ü  Säume  augenümineu 
haben  —  freilich  iügi  Frauäcini  auch  den  Schätzungen  von  Bonst«tten  die  Be- 
merkung bei  «wenn  er  aioh  nicht  grSblidi  irrt*. 

Wenn  man  wahrscheinlich  von  der  Eröffnung  der  neuen  durchfahrenden  Straße- 
im  Jahre  1830  eine  sofortige  und  starke  Mehrung  des  Güterverkehrs  erwartet 
hatte,  so  mußte  man  »ich  darin  während  den  ersten  Jahren  allerdinpr?;;  enttäuscht 
finden,  denn  nach  Franscini  betrug  die  Gesammtzahl  der  um  Piattifer  durchgc- 
ftOtrten  Sanmthierlaeten  im  Jahre  1881  =  25,725,  im  Jahre  1832  =  21,733, 
im  Jahre  1833  =  17,249.  Bs  wird  dadurch  veratiindlieh,  wenn  deraelbe  GewShra- 
mann  im  Jahre  1834  achreibt,  daß  die  Liviner  und  die  Crner  miteinander  über- 
einstimmen „Uber  die  neuen  Strafien  loszuziehen".  Die  durclisthnittliclie  Zalil 
der  am  selben  Orte  durchgeführten  KUhe  und  weniji^stens  1  .lahr  alten  ilinder 
betrug  in  denselben  Jahren  j^'  8,274,  diejenige  der  Pferde  zum  Verkaufe  je 
der  Herde  an  Kutschen  je  808. 

Selbstverständlich  forderten  die  Ei'setaong  des  Saumweges  dnreh  eine  Straße 
und  die  Zwecke,  die  man  dabei  im  Auge  hatte,  auch  eine  neue  gesetzliche  Rege- 
lung des  Verkehres  und  der  Verhältnisse,  die  damit  im  Zusammenhange  standen. 
Nachdem  man  sich  während  den  ersten  Jahren  mit  Proben  in  vorübergehender 
Weise  behoUen  hatte,  wurde  im  Jahre  1837  swisohen  den  Kantonen,  die  durch 
die  Handelsstraße  von  Basel  bis  an  die  italienische  Grenae  berührt  wurden, 
eine  üebereinkunft  gegchlossen,  die  —  als  ein  Vorläufer  des  internationalen  Fracht- 
rechtes  —  hier  abgedruckt  werden  ukil'  Ist  auch  das  Schriftstück  he'i«-»^  voch 
nicht  viel  alter  als  fünfzig  Jährt-,  hu  miitiiet  e?«  nm  in  einzelnen  Bestimiuitugen 
doch  bereits  an,  wie  ein  solche»  ans  frühem  Juhrhuuderten. 

Üebereinkunft  in  Transit-Angelegenheiten  des  St.  6otlhardspas=es: 
Die  Kantone  Luzem,  Uri,  SoloUmrn,  Basel  (Stadttheil  nnd  Landsehafl)  nnd  Tessln, 
in  weiterer  Ausführung  und  Entwicklung  des  am  28ten  Weinmonat  182(^  in  AltdorT 
geschiosaenen  KonkonUles  und  auf  die  Grundlagen  der  seitherigen  Verhandlungen, 
sowie  des  naehtHlglichen  Konkordat««  vom  April  1834,  vereinigen  sich  tn  folgenden  vw* 
trflglichen  Bestiinmuni^'cn  : 

§  1.  Unter  'I  rausitgui  wird  jede  Kaufmann«waare  verstanden,  welche  durch  einen 
der  konkordirenden  Kantone  ganz  durchgeht,  es  komme  dieselbe  woher  sie  wolle,  und 
gehe  auch  wohin  sie  wolle. 

$  2.  Die  K/int«jric  beharren  auf  dem  Grundsalz  unl.edinpter  freier  Konkurrenz  zu 
Wasser  und  zu  I>and,  so  daß  es  Jedermann  freistehen  soll,  sein  Transitgui  zu  versenden 


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Uri 


—    421  — 


Tri 


und  führen  zu  lassen,  dnrch  wen  und  wohin  es  ihm  beliebt,  and  werden  demnach  alle 
dWMr  freien  Konkurrenz  nocli  im  VVe^e  stohcnden  Hindernisse  bo*eiiii:en. 

§  3.  Die  Kantone  sorsea  dafQr,  daß  die  Kaufmaimswaaren  zu  allen  Stuodeo,  aa 
jedem  Tage  und  in  jeder  JahrasBeK  ungehindert  und  ohne  Ihitorbmch  Terrnndet  nnd 
fijrtgetuhrt  werden  k("tir,-  r. 

Sie  werden  daher  wo  immer  möglich  im  Laufe  des  iahree  1837  die  übernommeneu 
StraSen-XomHioiiMt  ausfahren  nnd  stetofort  die  Strafie  innert  ihrem  Gebiete  gehArig  nnter- 
ballen,  wovon  sich  die  konkordircnden  Kantone  durch  einen  Untersuch  zu  versichern  und 
gegen  daherige  Plichtversäumnisse  das  Angemessene  anzuordnen  neuerdings  vorbehalten. 

Sie  werdfiD  auch  vorkehren,  daß  die  Fährleute  bei  den  Kaafhioeem  und  Susten 
dnrch  Auf-  und  Abladen  nicht  verzf^jjcrf  werden,  insbesondere  sorgen  die  Kantone  Uri 
und  Tessin  dafür,  daß  der  Durchpaß  auf  dem  St.  Gotthardsberge  den  K&ufmannswaaren 
zn  jeder  Zeit,  höhere  Gewalt  Toraehalten,  olfen  sei. 

§  i.  Der  ?5peditnr  i<i  f"n  <li.;  ihm  zum  Versenden  (Ibergobene  Waare  dem  Eigen- 
thüroer, der  Fuhrmann  dem  öpeditor  verantwortlich. 

Uebrigens  werden  die  Kantone  Uri  und  Te«in  nach  Qbemommener  Verpflieblung , 
die  Schirmh.luser  ;nif  ihrem  beidseitigen  Gehiptc  de-^  P!.  G<ilth;irds.  da-  Iln^pitium  unJ 
die  von  Airolo  zu  verlegende  Sust  auf  der  Höhe  des  Bert^tsä  bis  Knde  Heil>^tu)onat  18.37 
gehörig  einrichten  and  bewohnen  lassen  und  lortan  unterhalten. 

8  5.  Die  zu  versendenden  Waaren  sollen  mil  Frarhtbrieten  begleitet  werden,  in 
welchen  Vor-  und  Zuname  und  Wohnort  des  Fuhrmanns,  die  Zahl,  Marken  und  Nummern 
der  aufgeladenen  Sräeke,  lia-  Kil<»gramm gewicht  <(i\vohl  jedes  einzelnen  Stückes,  als 
auch  der  ganzen  Ladung,  der  Tag  des  Abgangs  und  dif  Fri-t.  innert  welcher  die  Ladung 
ihre  Bestimmung  erreichen  soll,  sowie  endlich  der  Abzug  eines  Drittheils  der  Fracht 
zu  Händen  des  Speditors«  fUIs  die^e  Frist  verspätet  wflrde,  ohne  daß  der  Fuhrmann 
sich  danlber  ausgewiesen  un<l  gerecht fertigef  hfille.  »enau  angemerkl  wenlen  -ollen. 

Die  ganze  Lrfuluug  soll  in  den  Kauthiiaseru  oder  Susten  von  den  Beamteten  uni 
authentischen  Ladkarten  —  enthaltend  die  Anzahl  der  Stflcke  und  das  6esammtgewi<dit 
einer  Ladung      versehen  werden. 

§  6.  Alle  Truri-itgebühren  sind  in  schweizerischem  Fiaukealuüc  zu  berechnen,  wobei 
31  Mailänd(  rliro  zu  sechszehn  Frj^nken  angenommen  werden. 

Es  dürfen  keine  Berechnungen  im  Gewicht  anders  als  im  angenommenen  und  überall 
einzuführenden  Kilngrammgewicht  ausgedrückt  werden. 

^  7.  Das  Maß  und  die  Arten  sämmtlicher  Transitgebühren  auf  der  Straße  von 
Basel  über  den  St.  Gotthard  bis  nach  Italien  bleiben  fär  den  Zentner  oder  50  Kilo- 
gramme  folgendermaßen  bestimmt: 

A,  Zolle  und  Weggelder.  Kp. 
H.i.-i  l  (beide  KantonstheileV  KanlnualzoU  und  Wr-^'.  lil  .    .  9'/' 
Basel  und  Solotbum.  Gemeinschaftliches  Weggeld  über  den 

Hauenstein  für  die  von  der  Tugsatzung  bestimmte  Zeit  6 

Solotluirn  allein    Kanbrnalzoll  und  Weggeld   3 

Aargau.   Kantonalzoll  und  We^ld   3 

Luzem.  ,         ,       ,   tOV" 

Uri.  .  ,        ,    16 

Von  der  Tagsaizung  bewilligter  neuer  Zoll  oder  Wcggeld  33V« 

Tessin.  Kantonalzoll  nnd  Weggold  34 

Von  der  Tagsatzung  bewilligter  neuer  Zoll  oder  Weggeld     33V  i 

Zölle  und  We?Hd<*r:  Hp.  138'/» 

Uiebei  sind  die  eidgenössischen  Eingangszölle,  je  nach  Beschaffenheit  der  W  aaren, 
10  oder  30  Rp.  fUr  den  Zentner,  nicht  inb^ffen. 

B.  Kaufhaus-  und  andere  Gebühren. 


itp. 

Basel.  Kaofhausgebflhren   l3'/s 

LuzeriL             ,    ITi 

Uri.                 ^    12' i 

Schirmhausgeld   l'  * 

Schnt'eliruchgelnlbr   2',j 

Tessin.   Kantbausgcbübren   12'/» 

Schirmhäusergeld   l  V* 

SchnefhrucliKt.dtnhr   -I',* 


Kaufhaus  und  andere  Gebühren:  Hp.  57 'ya 


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Uri  _    338    —  0ri 

Die  Schneebruchgebahl-  wird  uur  vom  1.  Wintenooiiftt  bis  zum  15.  Brachmonat  baofan. 

Die  Kaufhaus-  und  Bestätergebühren,  bestehend  in  7',  *  Rappen  Auf*  und  5  Rappen- 
AbladgcbQhr,  dürfen  von  der  Ladung  in  einem  Kanton  nur  einmal  und  zwar  nur, 
wenn  ein  Auf-  oder  Abladen  wirklich  stattfindet,  bezogen  werden. 

Sollte  jedoch  wegen  vermutbeler  Zolldefraudation  in  ii^end  einem  Kanton  eine 
sonstige  Verifikation  der  Ladung  statthaben,  die  sich  jedoch  nur  auf  das  Gewicht  be- 
ziehi-n  darf,  so  hat  das  Zoliaiiit.  welches  diese  außergewöhnliche  Verifikation  vornimmt, 
die  Kosten  sowohl  des  Aaf>  und  Abladeus»  als  auch  des  Abwägens  xu  tragen,  falls  sieb 
keine  Defrftadalion  etgiebk 

C.  Als  Maximum  der  reinen  Fracht  auf  den  Zentner  oder  50  Kitogramm. 


Von  Basel  nach  Luzt  i  ti  

IJeber  den  VierwaldstStter-See  10 

Durch  den  Kunlon  ['ri    ........  84 

Durcli  den  Kuntou  Tessiu : 


a)  Von  dem  Hospitium  bis  Magadino  .   .  t03'/^ 

b)  Von  dem  Hospitium  bis  Ghiasso  .    .    .  155'/« 
Maximum  der  Fracht  von  Basel  bis  Magadino:  Rp.  292 '/t 

«        ,      ,     von  Basel  bis  Ghiasso:     ,   344'  s 

D.  Als  Maximum  der  Speditionsprovision  vom  Zentner  oder  50  Kilogramm. 

Up. 


Im  Kanton  Basel   15 

,      ,      Luzern   15 

,      ,      Uri   15 

.      a     Tessin   15 


Maximizm  der  Speditionqiroiision ;  Rp.  60 

Das  tfaxinram  der  in  diesem  §  aufgezShlten  Transitgebühren,  seien  ne  Zfflle, 

Wcj.'S'elder,  Kaufhaus»-  und  andere  Gebuhren,  Frachten  und  Spedilionsj^ebühn  n,  darf  unter 
keinem  Vorwande  überschritten,  sowie  auch  gar  keine  andern  Gebühren,  welchen 
Namens  sie  sein  mögen,  von  dem  Transitgate  dürfen'  bezogen  werden. 

§  8.  Die  Zölle  und  Weggeldw  werden  nach  dem  in  den  authentischen  Ladkarlsb 
enthaltenen  Gewichte  sammethaft  an  einer  einzigen  Zollstätte  des  Kantons,  sei  es  am 
Ein-  oder  Ausgange  eines  solchen  —  bezogeu. 

§  9  Vorsfttzliche  oder  durch  Versehen  begangene  ZoUdenraudationen  der  Fnhrieute 

oder  Kaufleutc,  welche  mit  ihren  Waaren  reisen,  werden  von  den  Behörden  und  nach 
den  Gesetzen  des  Kantons  untersucht  und  be^trafl,  in  dessen  Gebiete  der  Fehlbare 
betreten  wird. 

§  10.  Die  Bestrafung  kann  jedoch  niemals  in  Sequestration  oder  Kontlskalion  der 
Waare  bestehen,  und  die  Fortführung  der  Ladung  darf  uur  so  laug  angehalten  werden, 
bis  der  F^lbare  für  die  mutbmalaiche  Busse  Entschädigung  und  Kosten  genügende 
Sicherheit  geleistet  hat. 

§  11.  Andel  e  ^cliuldiife  Kaiifleute,  Spediloren,  WagraeLster,  Kaufhaus-  und  Zoll- 
beaiiiteu  werden  aut  die  Anzeige  der  R^erung,  in  deren  Gebiet  ihr  Vergehen  entdeckt 
oder  untersudit  worden  ist,  von  den  B<m0rden  und  naeh  den  Gesetzen  ihres  Wohnorts 

bestraft. 

§  12.  Andern  Kantonen  bleibt  der  Zutritt  zu  diesem  Konkordate  mit  Zustimmung 
der  konkordtrenden  Kantone  offen. 

§  13.  Gegenwärtige  Uei>ereinkunft,  welche  mit  dem  ersten  J&nner  1838  in  volle 
Kralt  tritt,  soll,  außerordeiitUche  Zeit  Verhältnisse  und  daherige  gemeinschaftliche  Ab- 
änderungen von  Seite  der  konkordireuUeii  Kantone  vorbehalt«-n,  von  dort  an  sechs  Jahre 
lang  unverbrüchlich  fortdauern. 

Die  Kantone  werden  sich  mit  dem  eintretenden  sechsteu  Jahre  Ober  Abftoderung, 
Fortdauer  oder  Aufhebung  derselben  verständigen. 

$  14.  Die  konkordirenden  Kantone  (Ibertragen  der  Regierung  des  Kantons  Luzern 

du.-  Recht  und  (hi-  I'flii  ht.  Tiber  die  gelreue  Vollziehnn;.'  dio'^er  Ueliereinkunfl  sorgfältig 
zu  wachen,  und  \n(<  ^jch  Beschwerden  über  Verletzung  derselben  ergeben  sollten,  den 
betreffenden  Kant(ui  \  oierst  an  seine  vertragagemftfte  Pflicht  zu  erinnern,  fruchtlosen 

Falle?  ;d>ei-  die  ühi  i;.'eti  konki «rdirenden  Kantone  zur  <,7cei!J-nefcii  wirksiunen  Handhabung 
dieser  I  eiiereinkuntt  anzuruten  und  die  übereingekommenen  Maßregeln  auszuführen. 


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—    329  — 


Uri 


fVauMmi  («Nene  Statutik  dar  Sohwtts")  sohreibt  m  dieser  interkuitoiMler 
Ueberoiskonft  lu,  daß  in  den  niduten  Jahrmi  dar  GotthardTarkalir  noh  wieder 
in  der  folgenden  Weise  mehrte:  es  betrog  derselbe  naeh  den  omerisehen  ZoU- 
r^istern 

im  Jahr  1835  =  61,41)8  Zoutuer  (3  Ztr.  ^  1  Saamthierlast) 

,      ,     1Ö36  =  76,580 

.  ^  1840  =  80,976 
„In  den  letzten  Jahren "  —  ho  gehreibt  er  im  Jahre  1847  — -  ^weisen  die 
tesr^inischen  Rechnungen  fUr  den  Gotthard  einen  Darchgangsverkehr  von  unge- 
tf'hr  05, 00t)  Zentnern  Waaren  nach;  dazu  kommt  die  gewöhnliche  Durchfuhr  von 
\  icii  nach  Italien  uml  luuUich  die  bedeutende  Zunahme  der  Reisenden,  haupt- 
«Sehlieh  mittels  der  täglichen  Posten  and  der  Extrapost".  Die  Zahl  der  im 
Jahre  1849  durch  die  eidg.  Posten  Uber  den  Gotthard  befiMerten  Personen 
wird  anf  10,041  angegeben  (a.  a.  0.,  franz.  Ausgabe). 

Ohne  Zweifel  eines  dt^r  bedeutungä vollsten  Ereignisse  in  <ler  ganzen  Ge- 
schichte des  Gntthiirdpasses  war  es.  als  infolge  der  neuen  Bundetivert'aaBUDg 
—  den  1.  Februar  lö50  mit  einem  Malo  dahiulieleu  (d.  h.  durch  schweizerische 
GreossVlle  ersetzt  wurden) :  »alle  nnd  jede  Waarensölle,  YiehsSlle,  Katsoheniittla, 
Weg-  und  Brückengelder,  Fohrleiten,  verbindlieiien  Snst-,  Sdürmbans*  nnd 
iScbneebruch-  oder  sonstigen  Gebühren,  alt  oder  neu,  und  unter  welchen  andern 
etwaigen  Benennungen  oder  Formen  dieselben  bis  jetzt  erhoben  wnrdfi/*  Gleich- 
falls eine  Folge  der  neuen  Bundesverfassung  war  es,  daß  mit  dem  Inkrafttreten 
derselben  aUe  bisher  bestandeneu  Vorrechte  zur  Besorgung  des  Verkehres  dahin- 
fielen  nnd  dem  allgemeinen^  freien  Wettbewerb  an  wmehen  hatten.  War  der 
letztere  auf  der  Gotthardstrafie  flir  den  Wuarenverkehr  sohon  dnrch  die  oben 
abgedruckte  „Uebiriinkunft'*  von  1836  ein^efiihrt  wortlen,  so  ineinte  dagegen 
Uri,  auch  unter  den  neuen  Verhältnissen  doch  ntyrh  un  „KuU^chertheil"  festhalten 
zu  können,  d.  b.  an  der  ausschlieiilichen  Berechtigung  seiner  Landlente,  oder  der 
im  Lande  niedergelassenen  Sohweiserbttrger,  anf  der  nmezisehen  Gotthardstraße 
das  Kutachergewerbe  zu  betreiben.  Durch  Bondesbeschluß  vom  18.  Dezember  1860 
wurde  auch  diese  Beschränkung  als  nnzulSssig  erklärt.  Und  damit  erst  waren 
die  letzten  Ausläufe  einer  Einriehtung  zum  Abschlüsse  gebracht,  auf  der  die 
Gotthardstraße  und  der  Gotthardverkehr  während  mehr  als  lllnf  Jahrhunderten 
beruht  hatten. 


Kin  andere«,  aber  mit  dem  Verkehre  über  den  Gotthard  enge  zusammen- 
hängendes Gebiet  wirthhchaflliclier  Thiiligkeit  bildete  für  Uri  die  S'-hifffdlirt  über 
den  VUrwaldslcUtersee^  nameDtlich  diejenige  zwischen  FlUelen  und  Luzern.  Die 
Yarhältnisse  dieser  Sohifflftibrt  gaben  im  Land»  der  Jahrhunderte  nanShüge  Male 
Anlaß  au  bald  streitigen,  bald  flriedliohern  Verhandlungen  awisohen  awei  oder 
mehreren  der  am  Seebecken  gelegenen  Stände. 

Der  erste  bisher  narbgewiesene  Streit  zwischen  Luzern  und  Uri  „von  den 
verte»  wegen  zu  Fluelou*  wurde  unter  eidgenössischer  Vermittlung  den  16.  AugUHt 
1357  entschieden  —  „vnd  was  der  stos  darumb,  das  die  von  Fluelon  sprachen, 
die  bni^er  von  Luoern  selten  Uber  se  bervs  mit  ir  konfmansehaft  se  leiti  varen 
als  oncb  ander  geste.  Da  wider  retten  die  Bürger  von  Lucern  vnd  sprachen, 
das  si  ve>n  Alter  bar  also  kommen  weren,  wenne  si  mit  ir  koiifmans' h;ift  gen 
Fhii  li.n  kamen,  das*  «sie  dannen  füren  mit  eim  ieklichen,  er  were  vud  Brunnen, 
von  Ku8s<nach,   von  Alpnach,  der  si  als  neclist  dannen  fürte."    Nachdem  diese 


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Uri 


—    330  — 


Uri 


BdiamptQiigeB  durch  ftiwNiolMiide  Zengemuisiafreii  beatKÜgt  worden  waren,  wnrde 
in  firenndlioher  Weise  flsetigesteUt,  daß  die  Lwserner  vod  FlUelen  und  die  Fltteler 

von  Lazem  mii  J^oufmangchaft  vnd  anderm  gute"  JeweUen  ab£fthren  kOnnten^ 
umit  wem  si  aller  nahest  von  ntat  möchten  kommen." 

Welche  Yerbältuisse  sich  bezüglich  der  Kückfuhren  Uber,  den  See  swi»chen 
Luiem  und  Uri  anagebildet  hatten,  zeigt  der  folgende  Eintrag  in  dem  «SchHr- 
meieterlibell"  von  Lnsecn,  der  dem  Anfonge  dee  15.  Jahrhunderte  aogeeehrieben 
wird  (Ardii^  f.  ediweis.  Geschichte,  20,  179).  «Item  es  i»t  ouch  zu  wiewn, 
were  das  i  \n  s^efertt  von  Vre  har  kerne  und  der  schiffmeister  hie  och  ein  ge- 
fertt  hette,  es  were  lütt  oder  guot,  so  m\  der  schifmeiBter  halben  Ion  uemeu  nach 
dem  vnd  dati  tichitt  ist,  ald  er  das  gefert  verdinget  hatt  vnd  eol  das  bescheidenlichea 
te}  len,  dem  aohiff,  den  fcneohten  vnd  onch  jm  vnd  eol  dan  den  andren  halb  teil 
lone  vnd  oaoh  da  gefert  den  von  Vre  laeaen.  Des  geHohen  sollend  die  von  Vre  den 
vnsern  euch  tuon."  —  Es  ist  aus  diesen  BestimTmingcn  nnschwer  zn  erkennen, 
daß  auch  dem  Verkehre  über  den  See  der  gleit-Le  Hechtsge  hinke  au  Grunde  lag,  der 
beim  Verkehre  Uber  die  Landstraße  im  „  Znt  hei  [fahren '  und  in  der  «Fuhrleite'* 
Anadmok  gefunden  hatte:  daa  Recht  aar  Sohififfabrt,  d.  h.  sur  Abfnhr  von 
Leuten  nnd  Waaren  ab  einem  Gestade  stand  eigentlich  nnr  den  Bewohnern 
dieses  Gestades  zu ;  nur  mußte  dieses  Vorrecht  im  Seeverkehr  swisohen  Luzern 
niul  Uri  die  glcifhe  Ahsehvrächnng  erfahren,  welcher  die  einander  entgegenntehendo 
(jleichberecbtigiing  nneh  im  Laudverkehr  zwischen  Fri  und  Livinen  gerufen  hatte. 

Eine  VereinbaruLig  zwii»cben  Uri  und  Luzern  vom  24.  November  1544  ent- 
httlt  n.  a.  die  folgenden  begünstigenden  Vorsehriften  Uber  die  beidseitigen  wöohent- 
lichen  Marktfehrten.  „In  Betretf  des  PtistemHuens  von  Lnaern  und  des  Markt- 
nauens  von  Uri,  die  wöchentlich  zu  Markt  fahren,  ist  verabredet,  daß  vorab  der 
Mittwoch  zu  Luzern  den  Fähren  heider  Orte  frei  sein  soll,  so  zwar,  daß  wer 
auerst  Leute  und  üut  authndet  und  zu  fuhren  verdingt,  dieselben  ungehindert 
abfuhren  mag.  Angenommen  hievon  ist  daa  Theilgut,  weldies  dem  Pflstenianen 
allein  gehdren  soll .  .  .,  weil  die  von  Uri  nicht  Teibnndea  sindv  dieses  Theilgnt 
im  Marktnanen  zu  fiihien,  dagegen  die  im  PAstersdiiff  hiezu  verpflichtet  sind. 
Ebenso  soll  in  T^ri  der  Montag  gehalten  werden,  wie  der  Mittwoch  in  Lnzpfn. 
Die  von  Uri  sollen  auch  am  Freitag  den  Pristerleuten.  wenn  «.twan  zu  riihreri 
wäre,  dieses  nicht  verhindern,  weil  jene,  die  am  DonncrüUig  zu  Uri  am  Markt 
geweeeo  sind,  ohnehin  heim  mttasen  nnd  die  von  Uri  anf  diesen  Tsg  an  fahren 
nicht  gewohnt  sind."  —  Verhandinngen  zwischen  Luzern  nnd  Uri  in  den  Jahren 
1588  und  1592  beschränken  sich  größtentheils  auf  eine  Bestätigung  oder  etwaa 
genauere  Umschreibung  der  hisheri gen  Vorschriften. 

Lehrreichen  Aufschluß  darüber,  einer  welch'  eingehenden  und  in  unsem 
Augen  kleinlichen  Kegclang  die  damaligen  Verhältnisse  bedurften,  zeigen  die 
folgenden  Vereinbamngen  swisohen  Uri  nnd  Schwys  vom  2.  Angost  1627. 

1)  Alle  Lamlleute  der  vier  an  dem  See  liegenden  Orte  können  über  «len  See 
fahren,  mit  weicbejn  ScliilTiminn  --'ie  wollen;  es  Ffefit  ihnen  frei,  nach  je'li  -  Beliehen 
viel  oder  wenig  ScIiiOleute  zu  uehuieu  und  sie  sind  niclit  schuldig  , im  Theil  zu  lahren*. 

2)  Wer  »US  den  vier  Orlen  zu  Hot  daher  kommt,  der  ist  nicht  schuldig  im  Theil 
zu  fahren  uml  einem  Schiffmann  mehr  als  20  Schilling  zu  pehen.  f'«  «et  fnlh  oder  spät 
am  Tag;  für  das  Schitf  haben  die  SchilTleute  ferner  nicht  mehr  zu  tonlern. 

3)  Bei  einer  Bnfie  von  5  Gulden  ist  den  Schin  ieuten  von  Brunnen,  weldie  Leute 
nach  Flilelen  geführt  haben,  verboten.  Leute  auf  die  Kiickfahrt  zu  nehmen  nnd  .tie- 
selben  nicLt  nach  Brunnen,  sondern  nach  Luzern  oder  anderswohin  zu  tühren:  umge 
kdaat  auch  den^  von  FUlelen. 

i)  Kommen  aus  den  vier  Orten  FnUgfinger,  so  können  -ie  fahren,  mit  welchem 
Sc-hitlmann  sie  wollen,  er  sei  von  Flüclen  oder  von  Brunnen,  bind  es  zehn  oder  minder 


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üri  _    aSl    —  Uli 

uad  legen  diese  20  Schilling  zusammeD,  so  soll  man  sie  mit  einem  Schiffmann  lort- 
fllhren. 

5)  Jeder  von  den  vier  Orten  kann  Schifl'Icntc  he-chicken,  oder  sio  warfen  lassen, 
doch  mit  der  Bedingung,  daü  dieselbeo  niemaod  anders  zum  Fahren  annehmen.  Kommen 
etwa  5  oder  6  Fenaaeu  zu  Ftifi»  so  kOnnen  dieselb«n  wohl  mttgef&brt  werden. 

fi)  Wanren  kann  jeder,  nie  von  Allers  lier.  durch  SdiHTl.nil«'  seines  Gefallens 
führen  lassen;  als  Taxe  für  emen  Saum  Wein,  einen  Saum  Käse,  ein  Stück  Kaufmanns- 
gut werden  3  Sehl,  feslfresetzt. 

7)  Personen,  welche  nicht  uns  ileii  \ier  Orten  zu  Rod  lialier  konunen.  suwie  uuch 
Waaren,  sollen  ,in  Theil  gethan*  und  allein  von  denen  geführt  werden,  welche  an 
dem  Orte,  wo  solche  ankommen,  dftheim  sind,  es  wäre  d«in  «daß  dner  in  seiner  Ge- 
sells(  h;in  rorifahron  uml  also  der  Fremde  sich  der  G^llschaft  der  Heimischen  Ton  den 
zwei  Orten  geniessen  wollte." 

8)  Alle  Fußgänger,  welche  eigene  Schiffe  dingen,  sollen  nicht  schuldig-  sein,  im 
Tlicil  zu  fahren:  es  soll  auch  ein  jeder  zu  Roß,  der  nicht  In  den  vier  Orten  daheim 
ist,  für  einen  Schiflinann  mehr  nicht  als  30  Schi,  und  für  das  Schiff  mehr  nicht  als 
4  Sdil.  zu  geben  und  nicht  mehr  als  einen  Sehlflmann  zu  nehmen  verpflichtet  sein ; 
isl  hingegen  keine  andere  Hilfe  zum  Ziehen  vorhanden,  so  muß  er  zwei  Schiffleute  dingen. 

9)  Kein  Sehiff'inann  darf  in  Theil  genommen  werden,  er  sei  denn  von  der 
Ohrigkeit  för  „i^anugsam*  erkannt  worden. 

10)  Alles  Volk  zu  Fuß,  das  nicht  aus  den  vier  Orten  ist,  hat  für  jede  Person 
2  Sehl,  zu  zahlen;  wird  jedoch  weniger  als  ein  Diken  erlegt,  oder  sind  es  weniger  ab 
10  Personen,  soll  Keiner  zu  fahren  schuldig  sein,  wenn  er  nicht  gerne  weniger  nehmen 
will.  Die  Fremden  sollen  allein  von  denen,  die  an  di  tn  <Ie-.ta<lf.  wo  -ie  ahfahren,  da- 
heim sind,  geführt  werden,  .doch  so  es  in  solchem,  his  an  4  oder  5  Personen  käme, 
will  man  sie  zu  beiden  Theilen  biemit  ermahnt  haben,  sie  einander  um  soviel  nicht 
gefahren  und  ilen  Lohn  dem.  so  solehe  L'ffrdnl,  ^ef(»l^;en  lassen  .sollen,  die  Armefi 
aber,  so  um  Gottes  Willen  zu  fahren  hegehren,  sind  liieria  nicht  begriffen.' 

11)  Diese  Verordnung  des  Lohnes  halber,  soll  auch  auf  die  großen  Schiffe  ange- 
wendet werden  mit  dem  Zusätze,  ,daß  jedem  ^.Tfißen  SchifT  rities  SidiifTknechts  Lohn 
erfolgen  solle,  damit  die  gemeinen  großen  Schiffe  mögen  erhalten  werden.* 

19)  ,fis  soll  auch  kein  Theil  leer  auf  den  andern  fahren  oder  ankommen,  auf 
fJefähite  mein-  den  2  Stund  warten;  es  wäre  denn  Sach,  dai'.  Einer  mit  Briefen  oder 
andern  ernstlichen  Befehlen  geschickt  würde,  mag  er  alsdann  etwas  wieder  hinweg- 
fahren":  doch  soll  hierin  keine  Geftihr  gebraucht  werden. 

13)  Den  Schiffleuten  ist  hei  5  Gulden  Strafe  verholen.  etnii?e  .Gefehrlen*  Aber 
See  zu  führen,  wenn  dieselben  nicht  dem  Zoller  angemeldet  worden  sind, 

U)  An  jetier  SchifflSnde  soll  ein  Schiflineisler  aufgestellt  sein,  welcher  Fremden 
und  Einheimi.''«  h*  n  nach  d  eser  Ordnung  zum  Fsbren  behftlflich  sein  und  die  Fehlbaren 
der  Ohrigkeit  leiden  soll. 

15)  Diese  Ordnung  ist  in  deutscher  und  wälscher  Sprache  in  allen  Wirthshiiii'^em- 
und  an  andern  Orlen  anzuschlagen.  —  Jeder  Schiffmann  hat  die  PHii  lit,  diejenigen, 
welche  gegen  diese  Ordnung  sich  verfehlen,  oder  welche  etwas  veruntreut  oder  ver- 
wahrkist  haben,  zu  leiden. 

Wenn  M  auch  nicht  sicher  festzustellen  ist,  ob  diese  Verabredungen  in 
ihrem  ganzen  Umfange  verbindliche  Reehtskraft  erhielten,  es  wurde  z.  B. 
der  ohige  Art.  1»)  vorlänfig  nnr  zu  einfin  einjährigen  Versuche  angenommen  — 
so  dienen  sie  darum  doch  kaum  weniger  zur  Aufklärung  der  Kechtsausohauungen, 
denen  bis  tief  in  nnewr  Jahrhundert  bindn  der  Betrieb  der  Sohiff&hrt  anf  dem 
VierwaldetStceraee  untergeordnet  war.  Denn  ftthrtln  diese  VerhXltnisse  auch  in 
der  FotgeMit  hMnUg  genng  tu  gegenseitigen  ErBrtemngen,  so  handelte  es  sich 
(labei  immer  nicht  um  grnndNÜtzliche  Aenderungen,  sondern  nm  Klagen  iiher 
Mißachtung  und  um  Vorsorge  für  bessere  Ansfäbrung  tler  bisherigen  Bestiumiungen. 

Es  ist  einleuchtend,  daß  die  Engheit  dieser  Verhältnisse  in  höherem  Grade 
fühlbar  werden  mnfite  nach  der  ErSfftmng  der  nenen  Goitharditrafie  im  Jahre 
1830,  nach  der  Einführung  der  Dampfschiff  fahrt  zwischen  Lnsem  und  FlQelen 
im  Jahre  183G  und  nachdem  durch  die  Bundesverfassung  von  1848  Uberhaupt 
einer  freieren  Gestaltung  des  Verkehres  gerufen  worden  war. 


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üri  —    332    —  Üri 

In  W6loher  niileideiittioheii  Weise  sich  namentiich  für  den  Yerkekr  swiadieii 
FlttdAtt  und  Luzem  die  alten  Verhältnisse  den  neuern  Entwicklungen  gegenüber 
zugespitzt  hatten,  wnrde  in  einer  Eingabe  an  die  Bundesbehörden  auseinander- 
gesetzt, durch  welüho  diö  liegierung  des  Kautonn  Luzem  im  Jahre  1848  die 
Herstellung  einer  freien  Schiff&hrt  auf  dem  VierwaldstSttersee  fotderte.  Auf 
dem  Gebiete  de>  Kantons  Uri  eo  woide  behauptet  —  naeben  iwei  Sehiffar* 
geaellaohaften  Yonechte  geltend,  welche  die  Freiheit  des  Verkehres  und  der  Be- 
Tiutznng  der  Wasserstraße  in  hohem  Grade  bf^^rhränken,  so  daß  die  luzernische 
DainpfsL-hiffgehellscbaft  nur  gegen  einen  bedeuteuden  jährlichen  Tribnt  an  jene 
Schitiergeseiischaften  das  Abfuhrrecht  von  den  urnei-ischen  Seegestaden  habe  er- 
wtidcen  kSnneo.  BeaondeiB  naobtihttlig  seien  die  Folgen  diesee  abnormen  TerhUt- 
nines  in  n^neier  Zeit  enebienen,  ala  Mne  iweite  Dampftohiffgesellschaft  jenes 
au£8chlieMdie  Abfuhrredit  aa  sich  gebracht  und  dadurch  die  ältern  Dampf- 
.«chiffe  von  der  Kunkurren«  an  deti  Urnergestaden  aufzuschließen  gedroht  habe. 
Dem  entgegen  habe  dann  Luzern  auuh  den  umerischeu  Schiffergesellschaften  und 
der  mit  ihren  Vorrechten  versehenen  Postdampfschiffgesellsohaft,  letzterer  jedoch 
mit  Aosnabme  yon  Postreiaenden  nnd  Postgegenstladen ,  jede  Abftibr  von 
Penonen  oder  Waaren  ab  den  Lnzerner-Ge.staden  unteraagt.  —  Durch  Bnndas- 
gesetz  vom  22.  Mai  1849  wurden  hu  imf  die  in  Fli-flen,  Brunnen,  Gersan  nnd 
Luzern  hantehenden  Beschränkungen  der  ireicn  Öchifffahrt  als  aufgehoben  cr- 
klärtj  sicherheitspolizeiliche  Verordnungen  vorbehalten  durfte  von  da  au  jedermann 
in  den  an  der  Wasserstrafle  von  Lnaeni  nadi  Fiflelen  gelegenen  Ortsohaften 
Personen  und  Waaran  frei  nnd  nngabindert  anfnebmen  nnd  absetara. 

Die  Jahrhunderte  alten  Einrichtungen  des  Seeverkehrs,  die  mit  diesem  6e- 
setzft  zu  Grabe  getragen  wurden,  hatten  sieh  im  Zeitpunkte  ihrer  Aufhebung 
am  urnerischen  Seegestade  in  der  folgenden  Weiwe  ausgestaltet.  In  FlUelen  be- 
standen zwei  Schiffergesellschat'ten :  die  „Gesellschaft  des  Uriuauens"  und  die 
«TheilfabrendeSohifffahrtsgesellsobafl*.  Der  erstem  stand,  wie  es  seheint,  «insig 
die  Befördernng  des  großen  Markt^chifTes,  eben  des  „Urinaucns"  za,  der  — 
eine  Last  von  1200  Zentner  tragend  und  von  25  -30  Mann  bedient  —  früher 
alle  Montage,  seit  EiütFnung  der  Gotthardstraße  auch  alle  Freitage  und  später 
(seit  183t5V)  wöchentlich  drei  Male  zum  Zwecke  der  Waarenbeförderung  nach 
Lniern  abfobr.  Die  Zahl  der  G«selbehaftMr  habe  jeweÜsn  60 — 130  betragen, 
im  Jahre  1849  waren  es  86;  jeder  Gssellsoballer  war  bereebtigt,  einen  Landea- 
angehrSrigen  als  Mitglied  aufzunehmen;  das  Eintrittsgeld  war  noch  im  Jabre 
!SL>5  auf  IBO  250  Franken  (a.  W.  2^0— 3öO  n.  W.)  festgesetzt  der 
NV'ertli  der  der  Gesellschaft  gehörenden  ScliitVe  und  Geräthbchaften  wurde  im 
Jahre  auf  ungefähr  1800  Frauken  (u.  VV.)  berechnet.  --  Alle  übrige  ge- 

werbsmißige  Sohifffabrt  stand  der  theilfsbrenden  Geaelliehaft  sa,  welebe  im 
Jahre  1809  aus  den  bis  dabin  geiondert  bestiodenen  awci  Gesellschaften:  «der 
Theil"  und  „das  Gefährt"  zusammengeschmolzen  worden  war.  Die  Flotte  dieser 
Gesellschaft  bestand  aus  einem  „großen  Nauen"  (mit  einer  Bemannung  von  t>), 
einem  „Halbnauen"  (Bemannung  7),  einem  „dritten  Sohiöe"  ^Bemannung  4;  und 
aus  „gewöhnlichen  Schifren"  (Bemannung  je  nsob  Entfernung  S  oder  3).  Disse 
Sehiffe  fuhren  nieht  in  zum  Voraus  bestimmten  Zsiten,  sondern  auf  Beitellnng; 
die  einzelnen  GeHellsohaftcr  folgten  sich  hierin  nach  einer  besümmten  Reihenfolge. 
Wem  die  niudi.-te  Fahrt  zustand,  der  wurde  hieven  dnreh  die  aufgestellte  Wache 
in  Kenntniß  geöttxt  (es  wurde  ihm  „der  Theil  angeäagf*)  nnd  er  hiednroh  ver- 
pdichtet,  zu  Uau^e  zu  bleiben  und  den  „ankommenden  Theil  abzuwarten''.  An 
der  Spitae  der  Gssellsobaft  —  dersn  Einriohtungen  nnd  YerblltnissD  durch  obrig* 


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Uri 


—    333  — 


Vei^sicberung 


keitliohe  Erlasse  geregelt  waren  —  stand  der  Sobiffmeister  und  der  Schitlratb. 
Die  G«8el]sohaft  ergänzte  doh  selbst,  hatte  jedodi  sus  wenigstens  30  Mitgliedern 
au  beskehon.  In  FiUeii  vorgekommener  HifllÜ—igkeit  oder  Verwahrlosung  be- 
stand gemeinMme  Haftpflicht.  —  Der  Gresellschait  scheint  neben  den  Ein  nahmen 

aus  den  eigenen  Fahrten,  noch  der  Bezug  ''inor  Ic^ondcm  GrebUhr,  der  „Für- 
]eit«;%  von  allen  KaufmanusgUtern,  die  in  Flueleo  verzollt  wurden,  zugestanden 

zu  habet). 

Eine  neben  den  beiden  genannten  Gesellschftfteo  bestehende  Unternehmung^ 
das  «Fltteler  Botenschiff»,  d.  h.  das  Postschtfl;  wird  wohl  sehon  mit  der  Ein- 
fUltrong  der  Dampfschiffe  ihr  Ende  erreiefat  haben.  Dem  Fährmann  dieses  Schilfes 
stand  indessen  die  Beförderung  von  Personen  und  deren  Grepäcki's  nur  in  soweit 
zu,  als  sioh  erster©  ohne  sein  Zuthiin  anmeldeten;  das  Anwerben  war  ihm  ver- 
boten. Die  Einnahme  von  2  Bazen  \  ==  Cts.)  für  jede  beförderte  Person  hatte 
er  mit  der  thetlfahrenden  Gesellsdhaft  an  äieilea.  Noch  im  Jahre  1809  wurde 
die  folgende  Vorschrift  anfgefirisohfe.  »Jnden  und  ihre  Waaren  bleiben,  wie  bia 
aohin,  dem  Theil  onterworfen  nnd  sollen  uoh  keiner  andern  Gelegenheit  be- 
dienen dürfen." 

• 

(Die  hauptbäuhlichsten  Quellen  dieses  Aufsatzes  sind  neben  den  im  Yerlaofe 
bereits  geoannten:  der  „Gesckiehtsfreund*,  die  „^dff,  Abaehiede'^,  das  „Lancf- 

huch  des  Kantons  Uri^^  Oechsli,  „Die  Anfänge  der  achweia.  Eidgenossenschaft". 
—  Die  Mängel  und  LUrken  der  obigen  Darstellungen,  namentlich  jener  des 
Gotthard verkelires  nnd  der  Schifffahrt,  sind  dem  Verfasser  wohl  bekannt.  Leider 
stand  ihm  nicht  die  i^it  zu  (xebote,  die  Quellen  vollständiger  zu  sammeln  und 
das  Gesammelte  knapper  m  verarbdten.) 

TerkehrsvPrcine,  welche  hauptsächlich  die  Förderung  des  Fremdenverkehr« 
bezwecken,  bestehen  in  Basel,  Bern,  Chur,  Genf,  Glarus,  Interlttken,  Lausanne, 
Locarno,  Lugano,  Luzern,  Bapperswyl,  St.  Gallen,  Solothuru,  im  Tuggeuburg, 
in  Verey,  Zug  und  Zllrioh  (in  letsterer  Stadt,  der  ersten,  in  welcher  ein  Yer- 
kehrsverein  entstand,  seit  13^). 

Versicherung.  (Quelle;  Zum  weitaus  größten  Theil  die  Geschäftsberichte 
de»  t  dg.  Versicherungsamtes.)  Sich  für  periodische  Bezahlung  einer  gewissen  Summe 
gegen  Schaden  an  Leib  nnd  Ont  versiehem  an  kOnnen«  ist  eine  der  beilentendsten 
Errnngeaschaften  der  Zivitiaation*  Ist  sie  zwar  in  ihren  wohlthStigen  V7irkungen 
zur  Stunde  großtentheils  noch  auf  diejenigen  Bevölkern ngskreise  beschränkt, 
dio  Uhi'r  eine  gewisse  Ka]iitalkraft  verfügen,  so  deuten  doch  alle  Symptome  der 
Zeit  daraufhin,  dat^  bei  kommenden  Geschlechtern  selbst  der  Aermnte  iu  irgend 
einer  Wdse  der  Voraorge  froh  werden  wird,  welche  die  Yersiuhernag  an  ge- 
wKhren  fthig  nnd  hernfen  ist 

Allerdings  ronß  die  letztere,  um  in  dieses  entwickelte  Stadium  zu  gelangen, 
in  viel  größerem  Maaße  in  die  Staatswirlbschaft  einbezogen  werden,  nh  c.^  bis- 
her der  Fall  war.  Dieser  Forderung  kann  Geutlge  geleistet  werden,  ohne  daß 
der  Staat  selbst  Uberall  als  Versioherer  auftritt.  Schoo  die  bloße  Ueberwaohung 
des  privaten  Verricbemngswesens,  wie  sie  seit  1886  dnroh  den  Band  stattfindet, 
ist  ein  bedeutendes  staatswirthschaftlic  hes  Moment;  ebenso  die  Förderung  der 
Hagel ver.-ficherung  dureli  Kantone  nnd  Band  (s.  die  Abschnitte  ^Bnndesaafeioht*- 
und  «Hagelversicherung"). 


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—    334  — 


Feaervertiohemng: 

km  der  in  dieeen  Abschnitt  eiDgeschalteten  statistischen  Uebersioht  erhelJt, 
daß  die  meisten  Eantoue  Bclion  io  den  ersten  Jahren  dies  Jahrhundert«  mit  der 
Gebäudeveiaicberung  bugonuen  habeo. 

Die  ältesten  Nachrichten  Uber  kommunale  und  kantonale  Feuerveiäicheruo^ 
liegen  dem  Lexikon  vor  aus  dem  Kanton  Zflrieh. 

In  der  ^Schweizerischen  Zeitschrift  für  Gemeinnützigkeit" ,  Jiihrgang  1881 , 
weist  J.  II.  Liibhart-Labliart  nach,  daß  hcIioii  1  TT), '>  die  Züricher  Bürger  Mathias 
havater  (Zuuftmeiäten  und  Job  Rudolf  Hofmeister  auf  die  Nothwendigkeit  der 
Errichtung  einer  «ireiwilligän  Feuerassekurauz-Kassa"  und  eines  damit  ver- 
bnndenen  ^frdwiiligen  Bürger-HaueprotokoUa*  aofmerkBam  maohteD.  «Waa  damals 
auf  aohweisrariscbem  Boden  angeregt  und  vor  Rath  und  Bttrgem  d«r  Stadt  ZUrtch 
emstlich  verhandelt  worden",  schreibt  Labhart,  „war  im  Auslände  nicht  ohne 
Vorgeherscbaft"  und  er  zitirt  als  Belege  dafür  die  schon  1681  in  London 
gegründete  Gebäudeversioberungsanstalt  ^.Hnnd  in  Hand",  die  1701  in  Berlin 
entstandene  Feuerkuhse  für  die  Mark  Hrandeuburg,  die  „liauptbraudkadsH*^ 
Sacheeoa  vom  Jahre  1729  n.  s.  ir. 

Lavater  und  Hofmeister  erlangten  mit  ihrem  Projekte,  das  ne  mittelst 
eines  40  Seiten  stnrken  Meinovials  bcf^rii mieten,  nur  einen  Achtting-icrfolg.  Der 
Kleine  Rath  iiherwies  die  Hingabe  di'm  Rath  dt-r  Zwtnluindert  und  dieser  einer 
Ehrenkonimission,  die  aber  nur  mündlich  und  in  verneinendem  Sinne  refcrirt  za 
haben  sebeint,  da  sich  keine  Spuren  eines  Berichtes  oder  eines  Beechiusses  er> 
halten  haben. 

ZwVir  Jabre  apKter  (1877)  gritf  Pfarrer  Waser  das  Thema  auf,  indem  er 

CS  zunächst  zum  Gegenstand  eine»  Vurtrag^cs  in  der  Physikalischen  Gesellschaft 
machte  und  dann  in  einem  Buche  („ Bfirachtungi-n  über  die  zürcherischen  Wohn- 
häuser, vornehmlich  in  Absiubt  auf  die  i3randkuti»eu  und  Burgerprotokolle  etc.", 
1678)  ersehSpfend  bdiandelte,  so  ersohVpfend  sogar,  daß  selbst  einige  Tabellen 
über  die  Kaufpreise  V<m  178  Wohnhäusern  aus  der  Zeit  von  anno  1:221 — 1700 
nicht  fehlten.  (Kine  von  der  Physikalischen  Gesellschaft  zur  Zeit  Wasers  ver- 
anstaltete Zählnng  der  Wohnhäuser  Zürichs  ergab  die  Zahl  H8i),  wovon  704 
^gemeine"  Bürgerhäuser  und  482  Herrenhäuser,  erstere  zu  durchschnittlich  2485, 
letatNW  an  durchschnittlich  9144  Gulden  gewertbet.) 

Waser  sah  die  Fruoht  seiner  Saat  nioht  aufgeben  —  er  starb  eines  gewalt« 
samen  Todes  am  27.  Mai  1780.  Andere  jedoch  setzten  das  Werk  in  seinem 
Geiste  fort  und  zwei  fahre  später  war  bereits  eine  zürcherische  ^'er8ichernngs- 
geKellschaft  als  freie,  unter  der  Genehmipting'  und  dem  Patronat  <ler  Obrigkeit 
stehende  Vereinigung  konstituiit.   Die  Slututcu  hütten  folgenden  Wortlaut ; 

1.  Unsere  gegenseitige  ^^^^sekuranz  erstreckt  sicli  nur  auf  Gebäude  innert  den 
Fest un;>'s werken  beyder  Städte  Zürich,  mit  Ausschluß  aller  Waarcn,  Kaufmannsgüler. 
Hobillen,  Fatimaü,  oder  was  sonst  von  Werth  in  denen  Häusern  oder  Nebengebäuden  auF- 
geboben  sein  mScbte.  Was  also  nicht  auf  unserem  Assekuranzbuch  ausdrücklieh  verzeichnet 
und  tuxirt  i-^l.        hat  bei  sidi  ereignendem  Unglück  keinen  Bezug  auf  diese  Assekuranz. 

2.  Wer  der  Brand-Assekuration  beitrpfen  will,  trlbt  »1er  Direktnriul-Ge3ells<^h  iff 
den  Namen  seines  Hauses  und  seiner  Nebiiigebaude,  falls  dergleichen  sind,  mit  deu 
Anstößen.  Dicst  :^  wird  denn  auf  unser  Assekuratlonsbucb  eingetragen,  und  nach  seinem 
Werth  taxirt,  wie  in  S  4        Nähcit  n  Iie-^timnil  i>t. 

g  3.  Das  Assekuranzbuch  ist  jederzeit  ein  Dokument  und  Gewährleistung  der 
Gesellschafl  gegen  jeden  Interessent,  und  die  Sicherheit  des  Interessenten  gegen  die 
O^'scU-cIiaf!,  uml  soll  in  illen  F^iüen.  auch  selbst  bei  etwa  sich  erci^'nendcn  Streitig- 
keiten, vor  dem  Hiebler  güllig  se>n  und  decidireu.  Ueber  das  wird  jedem  assekurirtea 
Wtglied  ein  Schein  zu  Händen  gestellt  des  Inhaltes  (folgt  Formular).  .  .  . 


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Ye^icheriing 


—    835  — 


Vers  chenin 


Die  Assekur.ition  fäii^t  tür  jerien  Kontrahenten  laii  dem  Tage  an,  au  welcheni 
sein  Haus  auf  unserem  Buche  cingetra^ren  worden.  Die  Endschaft  deraelben  aber  ist 
am  ersten  Taj/  Horninif.'.  Mittags  mit  dem  Schl  isre  12  Uhr.  Damit  jinn  die  Sicherheit 
für  die  Absekuiirtcn  nicht  unierbrochen  werde  oder  einige  Wdi  üeii  oder  Tage  stille 
stehe,  so  werden  wir  alljährhch  in  der  ersten  Woche  des  Jenner>,  durch  hiesige  Zeitung 
und  Avis-Blatt  die  Tage  und  Orte  bekannt  machen,  an  welchen  die  Assekuratiunsgeldcr 
uns  überliefert  werden  »ollen.  Würde  dann  Jemand  aus  Vergessenheit,  oder  aber  mit 
Vorsalz,  diese  Zahlungstage  vorübergehen  lassen,  und  nicht  bezahlen,  so  werden  wir 
ihn  in  der  dritten  Woche  de«  Jeaners  dessen  freundlich  erinnern.  Erfolgte  aber,  auf 
diese  Aufforderung  hin,  das  Qelä  nicht,  und  der  er^«te  Tag  Hornung,  Mitlag,  wäre  vor- 
über, so  hat  sich  der  Assekurirte  alles  Rechts  auf  das  In-fitut  zu  begeben,  und  ist 
von  besagtem  Tag  und  Stunde  an  so  lange  der  Gefahr  und  Nichtentschädigung  über- 
lasBen.  Im  lu  aer  Stnnd«»  in  wddier  «r  wirklidt  wledw  fllr  dai  laufende  Jahr  be- 
sabU  hat. 

§  4.  Der  Eigentlinmer  l:i\trl  sein  Hau8  aeUst ;  jedoch  Soll  die  G«8eUM:haft 
dieser  Tuxiition  nii.-lil  ^^escfi.idigt  wcnien. 

§  5.  Wenn  mit  Verlauf  der  Zeit  ein  Haus  durch  schlechten  Unteriialt  baufaUig 
und  also  in  seinem  Inneren  Wert  reilieren  wfirde.  so  hat  die  Direktion,  avf  erhaltene 
Xachrii  ht  Jessen,  das  Recht,  den  Eigenthümer  vor  sich  zu  beruren  und  dessen  Taxe 
proporlionirl  herabzusetzen.  Ebenso  ist  auch  dem  Eigenthümer  sein  Recht  vorbehalten, 
die  Taxe  zu  erhflben,  wenn  er  der  Direktion  anseigt,  daß  er  das  Haua  in  seinem  Haupt- 
gebäude verbessert  habe. 

S  C>.  Derjenige,  der  s^icli  der  Assekuranz  einverleiben  will,  liezahlt  zur  Anlage 
des  Fondd  gleich  beim  Einschreiben  seines  Hauses  einen  Guldeu  von  jedem  Tausend 
der  Schätzung,  und  dann  anllciplrend,  als  gew<ihnlichen  Beitrag,  mit  Janoar  verfallen . 

Von  Wohnhäusern,  als  auch  Nebengcliäuden,  von  jedem  ICHM)  Gulden  der  Schätzung 
30  lureuzer.  Sollte  es  aber  von  der  Konvenienz  einiger  Aüsekurirten  seyn,  ihren  jäbr- 
lidien  Beitrag  ein  fflr  alle  mal  en  Koe  zu  bezahlen,  nm  damit  der  Hflhe  der  alljähr- 
lichen Zahlungen  entholien  zu  sein,  so  mag  es  fiir  jetzD  ^resclielien  :  daß  er  für  jede 
3  11  seiner  Taxe  lOÜ  11  und  so  ferner  in  dieser  Proportion  bezahle.  Damit  solle  dann 
alles  ihm  Assekurirte  IQr  immer  des  jährlidien  Beitrages  entlassen  seyn. 

§  7.  Wenn  der  Besitzer  eines  assekurirten  Hauses  mit  Tod  abgeht,  oder  wenn 
das  Haus  verkauft  wird,  sn  steht  der  neue  Besitzer  in  die  Reclile  seines  Vorfahren,  in 
Fall  das  Haus  durch  die  Bezahlung  einer  Assekurationssumme  en  bloc  des  jährlichen 
Beitrages  liberirt  ist.  Außer  diesem  Fall  aber  soll  der  KSufer  oder  Ert>e  sich,  bei  Ver> 

lust  seines  Rechts  auf  die  Assekuratlon,  innert  fi  Wochen  in  das  Assekurations-Cucli 
einschreiben  lassen.  Einstaud-Geld  hat  er  dann  keines  zu  bezahlen,  da  der  erste  Asse* 
knrant  solches  selwn  bezahlt  bat. 

§  8.  Da  die  (vesellschafl  den  Bedacht  darauf  gcnomtiien,  nach  und  nach  durch 

die  Heiträi^e  der  As<?eknrirten,  durcli  die  daraus  flielieiiden  jährlichen  Zinse,  und  viel- 
leicht nocii  dun  h  andei  e  \\  e^^^e  ein  solches  Kat>ilui  zu  sammeln,  aus  welchem  luil  der 
Zeit,  wenn  uns  Gott  Jalue  lang  vor  Brand  bebfitet,  unsere  brandbeschfidigten  Glieder 
ohne  Extr.i-Zuia;.'e  der  Mitglieder  entschädigt  werden  kannten,  so  ist  nothwendi^.'.  daß 
diesem  Fonds  Zeil  gegeben  werde,  innert  welcher  er  außer  Gulalu  bleibe,  durch  ein 
einziges  Unglück  ganz  erschöpft  zu  werden.  Wenn  demzufolge  innert  dem  ersten  Jahre 
von  der  Be.slandnehmung  des  In-tituts  an,  jemand  aus  uns  durch  Feuer  verunglückt 
wurde,  so  bezahlt  der  Fonds  nicLl  mehr  als  die  HäUle  des  Schadens,  und  die  zweite 
Hftlfte  bezahlen  alle  Hitglieder  der  Assekuranz  in  ordentlicher  Repartitiun  und  Pro> 
portion,  wie  jeder  nuf  unserem  Tlaujitbuclie  taxirt  ist  Vnrn  Zweiten  bis  zum  Drillen 
gibt  de»  Fonds  drei  Viertel  des  V'erluates,  ein  N'ierlel  aber  geben  die  MitgUeder  alle, 
wie  im  ersten  Fall.  Ueberstiege  aber  innert  <liesen  zwei  Jahren  eine  Entschädigung  die 
Summe  von  10,000  tl,  so  würde  sich  die  Direktion  an  II.  G.  H.  H.  und  Oberen  wenden, 
Hochdie^lbeu  um  Rath  und  Assistenz  billeu,  auch  nöthigenfalls  um  Bewilligung  einer 
Offentiiehen  Steuer  fOx  die  Gesellschaft  selbst  oder  das  Institut. 

§  9.  Die  Gelder  dieser  Kassa  sollen  niemals  anders  als  zur  Entschädigung  der 
durch  Feuer  verunglückten  assekurirten  Häuser  angewandt  werden,  und  soll  für  ein 
ganz  abgebranntes,  oder  auf  hochobrigkeitlichen  Befehl  zur  Abwendung  größerer  Gefahr 
und  Srh.ideiis  niedergerissenes  Gebäude  die  Assekurationskassa  den  Bietrag  der  ver- 
sicherleu  Summe  in  Zeit  von  vier  Wochen  zu  bezahlen  haben. 


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VoriclMning 


—    336  ^ 


§  10.  Die  Direktion  besorgt  alle  Geacbille  uoeotgelUich  und  best  ihres  Vermögen.« 
unter  dem  Präsidlo  eines  von  Ü.  G.  H.  H.  verordneten  Herrn  des  Kleinen  Raths.  Sie 
l)e.siehl  aus  16  Herren  und  Bürgern,  davon  die  Hnlfle  weder  des  Raths  noch  Hej.'injeiit8 
und  unter  diesen  4  sein  sollen,  die  ihr  Handwerk  uiu\  Gewerbe  an  eine  gewisse  Zualt 
bindet.  Wenn  ein  Milt<lie<!  der  Direktion  abKoandert  wird,  so  sohlageil  die  fibrig^eil 
U.  G.  H.  H.  ein  anderes  an  •^eine  ."^talt  zur  Genehmigung  vor. 

§  11.  Die  eingehenden  Gelder  werden  unverzüglich  bei  der  Zins-KoumissioD, 
wenn  sieh  nicht  sogleich  ein  anderer,  vortheiihafterer  und  zugleich  s^icherster  Anlaß- 
seigt,  zinstragend  gemacht.  Die  darum  errichteten  und  auf  die  Rrand-Ässekuranz  ge- 
stellten Obligationen  werden  auf  dem  Rathhaus  in  einer  eisernen  Kiste  mit  drei  Schlo.«sen 
verwahret,  zu  welchen  die  Schlflssel  drei  verschiedenen  Schlüsslern  übergeben  werden. 
Alle  Jahre  wird  mit  Anfang  Merzen  eine  Hecbnung  gestellt  und  dieselbe  an  dem  Ver- 
sammlungsort, nachdem  sie  vorher  bei  den  sämmtlichen  Herren  Direktoren  zirkulirt, 
hn  Heysein  s.ininitiicher  Panner-Hauptlculen  und  Pannor-Herren  der  Stadt  abgenommen. 
Vier  Wochen  lang  stehet  die  Einsicht  davon  jedem  Mitglied  bei  eigens  dazu  zu  eruenaen- 
den  Direktoren  fret  U.  6.  H.  H.  wird  jedes  Jahr  von  dem  Fortgang  des  Instituts 
Bericbl  entaUet. 

§  r?  ^^^  nn  die  assekurirtc  Summe  4  Millionen  bclrä^'t,  und  der  F<ind.^  auf 
10,000  11  augewachsen,  soll  der  jäbrhche  Beilrag  auf  15  Kreuzer  vom  tausend  herunter- 
gesetzt werden,  wenn  er  aber  anf  150.000  fl  anwachset,  gftnzUeh  anfhdren ;  es  wire 
denn,  daß  dureh  T'n;;l;lck  der^-elhe  j.'o-.  ]iw;u  ht  und  auf  l^-n/KW)  11  zurückkommen  wflrde; 
dann  sollen  die  jährlichen  Beiträge  bezahlt  werden,  bis  er  obbemeldete  Stärke  wieder 
erhalten.  Sollte  die  aasekurirte  Summe  höher  steigen,  so  steigt  audk  der  Fonds  in 
obiger  Proportion. 

S  13.  Mit  Anfang  JAer/.pn  werden  diejenigen,  .so  dieser  A--5irKialion  I>eilreten 
wollen,  ersucht,  die  Schätzung  ihrer  Häuser  auf  die  eigens  dazu  errichteten  Scheine 
einzutragen  und  innert  14  Tagen  einzusenden,  damit  man  dieselben  auf  die  Bfleher 
eintrajren  könne;  sobald  dasselbe  be^chehen,  werdf^n  pippnp  Tage  öffentlich  bekannt 
gemacht  weiden,  wann  man  die  Einstands-  und  Vorschuti-tielder  auf  dem  Rathbaus 
abnehmen  wird. 

§  14.  Sollte  es  aber  wider  Vermuthen  geschehen,  ))aß  dch  Leute  fänden,  die  sieh 

7.um  Au{»pnmerk  genommen,  erst  nach  einem  oder  mehreren  Jahren  -ii  h  a>sekuiiren 
zu  lassen,  um  dabei  der  Gefahr  der  Assekuranz,  wie  sie  in  §  8  bestiitaiil  ist,  auszu* 
weichen,  so  sollen  dieselben  nebst  dem  Ein^tandsgeld  so  viel  bezahlen,  als  ein  von 
anfang  assekurirles  Mit^j^lied  zu  dpni  Fond?  bei^'elrappn ;  es  beträfe  denn  Jemand,  der 
bei  Errichtung  des  Instituts  nicht  sui  juris,  uder  aucli  kein  Kigentbümer  eines  Hauses 
gewesen,  und  also  frQher  nicht  mit  uns  kontrahiren  konnte. 

Diese  in  mehr  als  ein^  Hinsidit  jntereatante  Yoraidierungsgnindlage  be- 
wührte  sich,  denn  die  Institution  löste  sieb  nicht  nur  nioht  auf,  sondern  fdhrte 

zu  einrr  Verallgemeinerung  der  Gebäudevernieherung  zu  Stadt  und  Land,  indem 
im  Jahre  1  .SOS  vom  Großen  Rath  das  Übligaturiam  für  den  ganzen  Kanton 

be«ühlü:iäeu  wurde. 

Auch  Uber  die  Kantonsgrenzen  hinaus  ward  die  zürcherische  Feuerversicherung 
bald  bekannt.  Im  Jahre  1788  setzte  die  Oekonomische  G-esetlsohaft  in  Bern 
einen  Preis  von  50  Dukaten  aus  flir  dis  beste  Beantwortung  der  Frage  : 
„Welchen  Nutzen  eine  Bramiiisseknranz  fttr  den  Eanton  Bern  haben  würde,  und 

wie  eine  solciu-  einzurichten  wäre."' 

Nach  diesem  getichl<-ht liehen  Rückblick  lassen  wir  eine  üeberHicht  der 
Kantone  folgen,  in  welchen  die  obligatunsche  Gebäudeversicherung  besteht.  Die* 
selbe  ist  dem  Berieht  des  eidgenSssiehen  Tersieiherungsamtes  pro  1890  entnommon: 


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Versicherung 


-    a37  — 


VersicheruQg 


K  a  u  l  u  II  e 


1.  Zürich  . 
%.  Bern 

3.  Luzern  . 

4.  Nidwaldeo 
&  Glarus  . 

6.  Zug  .  . 

7.  Freihurg 

8.  Solotfaurn,  i 

9.  Baselstadt  .  .  . 

10.  BaseUaod  .   .  . 

11.  SchafFhauscn  .  . 
13.  Appeiuell  A.-Rh. 
13.  SL  Gauen  .  .  . 
14»  Aargau  .... 
16.  Thurgaa   .  .  . 

16.  Waadt  .... 

17.  Neoenburg    ,  . 

Waadt  


*  .  3  " 
5  i  £  ~ 


Davui  rückversichert  bei  rrtmlPti- 
«chweiBoriscbcn  atulAndMcheu  einnaltm« 

Ar  I8H> 


Reitervcfoiul« 


1808 
1806 
1810 
1884 
1812 
1819 
1810 
1800 
1864 
1807 
1833 
lSt2 
l^ti 
1807 
isor> 

1806 
1811 
1810 

184Ü 


PitTatgMeNieluiflaa 

s 

Fr.  Fr.  Wr» 

I.  Für  Immobiliamraicliening. 

805  o74,050        —  - 
33'240,653 
13<3aO.S81 


6562,130 
3418,826 


r390,000  - 


747'951,7O0 
200*623,880 
17443,533 
o6'375,815 
42755,^50 
108463,315 
106H)73,914 
817,175 
226*252,300 
84*{i00,600 
7n'493.n()0 
83905,300  — 
416*338,100  168*678,835 
2i6T.2f).<l85  — 
174784,530 
676*841,539  — 
240-448,800       —  144'260J8D 
II.  Für  Mnbiliarversicbenug. 
334"()8ü.i8H  — 


185,415 


86770,676 
86*460,181 
847,175 
169'689,225 
140,000 


17'653,100 
8  797,900 


Fr. 

805,581 
974,91 1 
mKi'i'2 
19,188 
28.187 
42.707 
184,388 
348,869 
2,999 
136,339 
33,960 

90,999 
606,338 
443,714 
178,619 
600,384 
310,661 


BechnniiH*' 
Fr. 

r5n.r.9i 

1'43!>,144 
208,591 
66,06»; 

2*085,400 
135.931 
461,056 
392,216 

765,780 
439,465 

rOS.5,27.1 
3175.889 
446,970 
116,806 

1*463,313 

160,377 


308,588  695,295 


Total 


4*542'780,087  216*725,174  524*607,443  5*101,192  15'668,155 


•  741*332,017 

Auch  im  Kanton  Genf  war  die  Gebftadeversicherung  während  einer  Beihe 
von  Jahren  (1837— -1864)  fitaatswelie. 

Im  Kanton  ^Neuenbürg  werden  geigenwärtig  (1892)  Boetrebangen  nur  Yor- 
Staatlichnng  der  Mobiliarversichernng  gemacht. 

Die  Immobilicn-Braudkasaen  von  Beru,  Freibuit:,  Appenzell  A.-Rh.  und 
Neaenbarg  waren  anfänglich  freiwillige.  Freiburg  ging  lölii,  Appenzell  A.-Rb* 
1841,  Nenenbarg  1849  znm  Obligatorinm  Uber.  Bern  aeh1o6  erst  1852  di« 
fremden  GeaeUaehaften  und  1881  die  Itlnineni  kantonalan  Geielladiaftett  von  der 
Konknrxwa  aas. 

Ton  der  staatlichen  Versicherung  sind  ansgeschlossen : 

Im  Kanton  Zürich:  PolvermUhlen,  Pulvermagazine,  sowie  alle  abgelegenen 
und  einzelnen  stehenden  GebSade  im  Werthe  von  weniger  als  200  Fr. 

Im  Kanton  Bem :  a.  Fnlvenntthlen,  Fbnerwerklaboratorien«  Falvev-  und 
Pynamitmagazine ;  b.  ohemiiiefae  Fabriken  mit  Benützung  oder  znr  Bereitung 
Rclbstentzündlicher  oder  explodirender  StoHV  Die  Eigenthüraer  der  unter  litt,  b 
angeführten  Gebäude  sind  befugt,  die  Aufnahme  in  die  kantonale  Anstalt  zu  ver- 
langen, wenn  eine  Rückversicherung  möglich  ist.  V'on  den  mit  einem  versicherten 
Geblade  verhandenen  medbaniMhen  Eiarichtnngen  Mnnen  nur  die  eingemauerten 
und  die  niet-  nnd  nagelfesten,  fUr  bleibend  dazu  gehSreaden  BestandtfieUe,  wie 
WaeMTilder  nnd  Turbinen,  ])amplkeaBel  und  dgl.,  vermdiert  werden. 


Anmerkungen  zu  der  Hubrik  Ro^^ervefond.s :  •)  Bei  den  Kantonen  Zürich, 
Lnxem,  Glarus,  Freihurg,  Solothurn  und  Neucnburi;  ist  die  im  Umfange  des  tolgenden 
Reehnungsjabres  za  benefaende  JahresprSmie  bereits  als  eingenommen  beredmet 

')  B*  i  Aar^Mu  und  Waaill  (GcIiJlude)  ist  vorausgesetzt,  daß  ein  Thcil  der  Schäden 
des  Jahres  erst  durcli  di«  Prämien  für  das  folgende  Jahr  zu  decken  sei. 

Faner  Volkswirtlitcharu-Lexikon  der  Scltwei«.  22 


Venticberimg  —    BdS    —  VersidieruDis 

Im  ivautuu  Lueern:  Pul  vertu  iihleu,  Pulvermagazine,  Schmelz-,  Gluä-,  Ziegel- 
uad  Hafiierhtttten ;  ferner  Gebände,  deren  KiU^renicherung  wegen  nUsn  grofler 
Feticrsgefahr  sich  entweder  gar  nicht  oder  nar  mit  bedeutendem  Hieiko  für  die 
kantonale  Brandasoekuranzanstalt  bewerkstelligen  läßt. 

In  Nidwaltif'n :  Puh'ermUhlen  nnd  Magazine  zur  Aufbewahrung  von  Pulver, 
Dynamit  und  anderer  explodirender  Stoffe,  eventuell  andere  besonders  teuer* 
gefährliche  fiiaiken. 

Im  Et.  Glarusi  Alle  indnetriellen  BtftblieeementB,  nebst  den  mit  deneeiben 
in  unmittelbarer  Yerlilndung  stehenden  Grebäulichkeiten,  femer  Pulver-  und 
Dynamitmagaziiie,  Ziegelliiitten,  Seniiliiltten  ohne  gehörig  gemauerten  üauchfang 
die  an  solche  SenTihUtteii  unmittelbar  angebauten  Ställe,  einzeln  stehende  Gebänlioh* 
keiten  im  Werthe  von  weniger  als  100  Fr. 

Im  £t.  Zuf; :  1)  Der  100,000  Ff.  liberrtolgende  Werth  einer  Gef^ehkeit, 
2)  PoWermttblen  y  Pulver>,  Petroleum  <•  und  Dynamitmagasbe,  Dampfalgen, 
a)  Gebäulichkeiten  unter  300  Fr.  Werth,  4)  Bestandtheile  bei  MUhlen,  Fabriken, 
Badetablißsementen  oder  andern  mechanischen  Wi  rken,  wie  Trotten,  Pressen  u  «^gl. 
Im  Kt.  Freibitro:  Gebäulichkeiten  im  ^\'ertlle  von  weniger  als  iUJu  Fr., 
-  htüdtische  WäUe  und  deren  Thürme,  Pulvermüblen,  Fabriken  chemischer  ZUud* 
htfbehen,  SehwefoleKure&brikea ,  Gaefabriken,  Pottaechefiibriken,  Glashütten, 
Salpetersäurefabriken,  Kalrinirhatten,  Etablieeemente  mit  SehmeIxOfen  und  IhnUohe 
gerährliche  Risiken. 

Im  Kt.  Solothurn:  Kohlenscheunen,  Pnlvermühlen,  Glasfabriken,  Hochöfen  eto. 
Die  Versicherung  mechanischer  F/inricbtuuge'u  ist  nicht  oblis^atorisch. 

In  Basellaiid:  a.  Kirchen,  welche  dem  Staai  gübüreu,  b.  von  Ortschaften 
entfernte  GebSaliehketten,  deren  Schätanngewerth  weniger  als  800  Fr.  betritgt, 
e.  PulTermühlen,  Fenerfrerklaboratorien,  Pulvermagazine  und  Theater. 

Im  Kt  .  S  fiaffhamen :  Pulvermagizine,  Fetiorwerklaboratorioii,  Gasfabriken, 
chemische  Fahriktiu  mit  Benützung  otlor  B^^roitung  selbstentzündlicher  odor  explo- 
dirender  Stoffe,  ferner  Lack-  und  FiruiÜkochcroien,  Potrolrafüneneu,  Magazine 
für  selfotenMlndlHdie  und  explodirende  Stoffo. 

tn  Appeneell  A.'Bh.:  Palvermtthlen,  PutvermagaBine,  Gasfabrlkm,  liber- 
haupt  alle  ausschließlich  zur  Fabrikation  und  zum  Aufbewahren  von  expledir» 
baren  Stoffen  bestimmten  Gebäude,  nud  diejenigen  Gebäoliebkeiten,  deren  Werth 
weniger  als  'JiK)  Fr.  beträgt. 

Im  Kt.  Si,  Gallen:  Gebäulichkeiten  unter  100  Fr.  üauwerth,  Kuüieu- 
brennerhütten,  Gasometer,  Glas-,  Salpeter-  und  Pottaaohefiibriken,  Vitriol-,  Sala- 
und  SalpetemKnre&briken,  ohemisebe  Fabriken  mit  Bentttmng  selbstentsttndlieher 
oder  explodirbarcr  Stoffe,  Firnißkochereien,  Pech-  und  Theersiedereien,  Pulver- 
miihlen  und  Magazine,  Schießbanmw  oU- und  ZUndwaarenfabriken,  AetherdistiUerien, 
Holztriii  kiK-rfien  ohne  Damptlieizung. 

Im  Kt.  Aatyau :  Gebäude,  in  denen  Gewerbe  betrieben  werden,  die  in  er- 
höhtem Grade  feuergeführlidi  sind.  (TbateSehlioh  ist  von  dieser  Bestimmung  bis 
dato  (Aug.  1890)  kein  Gebrauch  gemacht  worden.) 

Im  Kt.  Thurgau  :  Pulvermühlen,  Pulvermagasine  und  abgelegene  GebäuUeh- 
keiten,  deren  SrhfitTJungswerth  weniger  als  2U()  Fr,  betrügt. 

Tra  Kt.  Waadi :  Mobiliar  und  Waaren  Uber  40,000  Fr.  Werth  und  betindlich 
io  Papierfabriken,  Sägen  mit  Wasserbetrieb,  Kerzenfabrikcu,  Seifenfabriken,  Leim- 
fabriken,  Brennmaterialienmagasinen,  mechanischen  Webereien,  Gießereien,  meeha> 
ni sehen  Werkstätten,  Färbereien,  Ziegeleien,  Drainirröhrenfabriken,  Kalkbrennereien, 
Zementfabriken,   Kasernen,  Bahnhöfen.  Femer   Mobiliar   und   Waaren  Uber 


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Versiclieruug 


339 


Versicher  uu|; 


30,000  Fr.  Werth  und  befindlioh  in  Theatern,  Mühlen  mit  mehr  eis  2  Paar 
Mahlsteinen,   DistUlerien    (nieht  Undwirthschaftliohea) ,  9ffentliehen  Getreide- 

dre&chereien,  Sägereien  mit  Dampfbetrieh,  Spinnereien,  "W.ittefabriken,  Oeleicien, 
Parqueterieii,  (ilasliUtten.  Fabriken  chemischer  Produkte,  Ziintiholzfabriken,  Maga- 
zinen und  Nii^'k-ilagen  (Mithrtlteuil  Petroleum,  Essenzen,  Piruiaae,  äpirituweu  und 
andere  leicht  eatzüudbare  Subütauzea. 

Laut  gefl.  Mittheilnng  der  Brandassekoranskan^lei  ist  ein  nenes  Versieherungs- 
^esetz  projektirt,  da»  weniger  Ausi$chlüäse  statuiren  wird. 

Im  Kt.  Neiienburf/ :  Pulverfabriken,  Pulver-  und  Dynamitmagasine,  6e* 
bitilichkeiten  im  Werthe  von  weniger  als  400  Fr. 

V^olle  Versicherung  des  Schatzungäwertbes  findet  stHtt  in  den  Kantonen  ZUnoti, 
Bern,  Luzern,  Nidwaldeo,  Zug,  Sulothum,  BaseUtadt,  Baselland,  Scbaifhausen. 
Aargau,  St.  Gallen,  Thni^aa,  Waadt,  Nenenbnrg. 

Glarus  veraiohert  Vi«»  Freiburg  V««  — 'A"i  A|ipen«ell  A.-Rh.  7«- 

Der  Schatznn^Hwertli  besteht  meistens  in  der  geriogeren  Summe,  welche  sich 
nach  dem  Bauwerth  oder  dem  Verkehrswerth  ergibt. 

Lebens  Versicherung. 

Wi'it  schwieriger  als  die  Sjichenversicherting  ist  für  den  Staat  die  Personen- 
icnsicUtrainj.  Es  .sind  deßhalb  bisher  nur  lu  zwei  ii.uncuuen  Versuche  gemacht 
worden,  die  Lebensvexsiebemng  sa  verstaatlichen.  Am  27.  Fehruar  1878 
unterbrmtete  der  Begientngsraih  des  Kantons  Z6rieh  dem  Eantonsrath  den  An« 
trag,  en  sei  die  Uebernabme  von  Versicherungen  auf  das  Leben  des  Menschen 
ein  Gest  häftszweiir  der  Kantonalbaiik  einzuführen.  Der  Kantom^rath  lehnte 
jedoch  auf  ein  bezügliche}*  Gutachten  des  Bankrathes  hin  jenen  Antnig  ab,  und 
dabei,  ist  es  bis  heute  gebliebeu.  Im  Kanton  Neuenbürg  hat  das  Justizdeparte- 
ment im  April  1889  einen  Gesetzentwurf  betreffend  obligatorische  Versicherung 
auf  den  Todesfall  publizirt,  doch  erlangte  derselbe  bis  heute  (August  1 892)  keine 
Gesetzeskraft.     In  dcutsclu-r  Ucbei-setzung  hat  er  folgenden  W«.>rtlaut : 

Art.  1.  Es  wird  im  Kauluu  Neuenbürg  eine  obligatorische  Versicherung  auf  den 
Todesfall  gegrQndet. 

Art.  ±   Di&se  Versicherung  ist  in  den  Obliegenheiten  des  Staates  inbegnffenp  gemäß 

Art.  16  der  Verfassung. 

Art.  3.  An  dieser  Versicherung  haben  »eh  za  betbeiligen:  1)  Alle  Neuenburger, 
alle  Schweizer  nnd  iille  Fremden ,  welche  der  Steuerpflicht  unterworfen  sind;  2)  Die 
KoUektivgescUschaTteu,  Kouimandilgeseilscbaften,  anonymen  Gesellschaften  und  Genossen- 
eehaften ,  welche  ihren  Sitz  im  Kanton  haben  oder  daselbst  Filialen  besitzen ;  3)  Die 
Korporationen,  mit  demjenigen  Theil  ihrer  GQter.  n  elelicr  nicht  von  öffentlichen  Wofal* 
lahrtsaustullen  oder  gemeiauützigeo  lusütutioDen  iu  Anspruch  genommen  wird. 

Art  4.  Es  wird  zu  Gunsten  der  obligatorischen  Veraeherung  auf  den  Todesfhll 
)irr  ein  Franken  VermOgeus-  uud  Einkommenssteuer  15  Rp.  Zuschlag,  zahlbar  an  den 
ätuat,  erhoben. 

Art.  5.  Der.  ErtrsK  dieser  Zuschlagssteuer  soll  nicht  mit  d^t  Qbrigen  Einnahmen 

vermischt,  sondern  für  «ich  abgesondert  l>ei  «ler  neuenbnr;:i-chen  Kanlonalbank  (^cponirt 
werden.  Da.s  Finanzdepürlemenl  ist  beaullragt,  auf  Grund  der  ihm  vorzulegenden  Aus- 
weispapiere die  .Auszahlungen  zu  bewerkstelligen. 

Art.  G,  Die  uMi^Mlorische  Versicherung  liquidirt  jedes  Jahr  die  Rechnung  ihrer 
Kinnainnen  uud  Ausgaben.  Ist  der  Ertrag  der  Zuschlagssleuer  einmal  ungenügend,  so 
darf  im  nächsten  Jahr  der  Ansatz  in  dem  Maaße  erhöht  werden,  daß  das  Defizit  ge- 
deckt wird. 

Art.  7.  Wenn  im  Gegentheil  die  Hetiuiuuj^  ainvs  Jalires  einen  Einnahmenüber- 
schuti  aufweist,  soll  derselbe  verwendet  werden:  Zur  Hfilfte  zur  Gründung  eines  Heserve- 
funds  für  die  Fälle  au  licrgewOhnlii  hiT  Stfrlilirlikcit.  inul  zur  tffiinc  /.ur  Vi-i 'lu/iluitf:  ;ui 
die  gegenseitigen  Versichcrungsvereine,  welche  sich  benn  btaaLsratb  darui»er  ausweisen, 
daß  sie  aut  rutionsller  Grundlage  basiren  und  genügend  gOnstige  Aufhahrosbedingungen 
stellen. 


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Versicheruiig 


—    340  — 


Versicherumf 


Art.  8.   Der  Reservefonds  wird  gebildet:  a.  Ans  den  EnwafameObersehfincn,  nach 

dem  vorerwähnten  VerhSltniß:  b.  Aus  dern  Erfrag  von  SubscripUonen,  Geschenken  und 
VermäcbtnisseD.  Er  wird  bei  der  KantoDaiiiaak  depooirt.  lieber  seine  Inaosprucbnahme 
entscheidet  der  Staatsrath. 

Art.  9.  In  den  Genuß  diesi-r  Versiclierung  gelant,'en:  1)  Die  neiienburgischen 
Familienchefs,  welche  bei  ihrem  Tode  ein  oder  mehrere  unmündige  oder  gebrechliche 
(inflrmes)  Kinder  htutertaflsen ;  2)  Unter  den  gleichen  Bedingungen  die  Ftmiliendiefe 
schweizeristhor  oder  fremder  NationalilSl ,  sofern  sie  seit  wenitrstens  fünf  Jahren  im 
KanloD  domizilirt  sind.  Die  Wittwen  und  geschiedenen  Frauen,  welche  Kinder  zu  er- 
ziehen haben,  dnd  den  Pamilienehefe  gleichgestellt 

Art.  10.  Heim  Tode  eine^  Faniilienchef^  witd  den  Erben  innerhalb  drollig  Tagen 
.eine  Summe  von  fQnf  hundert  Franken  verabfolgt 

Art  11.  Tom  Gennfi  dieser  VerBicherung  sind  diejenigen  FanülienchefS»  ausgeschlossen,, 
welche  im  Moment  ihres  Tode;*  mit  mehr  als  zwei  Jahreszahluugen  im  Riu  kstand  sind. 
In  den  übrigen  Fällen  werden  die  rückständigen  Beträge  von  der  den  Erben  zufallenden 
Summe  abgezogen. 

Art.  12.  Die  Domizilperneinde  kann  vom  Staatsrath  angehalten  -^v-  r  ^  n  die  Zu- 
schlagsteuer für  die  obligatorische  Versicherung  zu  entrichten  an  Stelle  derjenigen  Nenen«- 
burger,  welche  sich  zußUlig  oder  permanent  in  der  UnmOgliehkeit  faeflndra,  der  betreffen- 
den Pflicht  selbst  nachzukommen. 

Art.  13.  Wenn  das  Finanzdeparlement  bei  dem  Tode  eines  Famiiienciiet  die  PtHcht 
zur  Auszahlung  der  Tenicherungssumme  bestreitet,  kann  die  Angelegenheit  vor  das 
Kantonsgericht  pezopen  werden,  welches  nach  Anhörung  der  Parteien  kostenfrei  urtheilt. 

Art.  14.   Die  Versicherungssumme  darf  weder  abgetreten  noch  gepfändet  w^erdeu. 

Art  th.  Jede<  Ans{)ruchsrecht  auf  die  Terndiernngssumme  reijftfart  nach  fQnf 
Jahren,  mm  Datum  des  Tud(s  an  gerechnet 

Art.  IG.  Refertnduiabklausel. 

Die  Lebensversicherung  bestand  in  der  Schweiz  zuerst  in  Form  der  gegen- 
seitigen Httlfeleiitnng,  wie  sie  doroh  die  auch  beute  nooh  bestehenden  Wittwen«  und 

Waisenkassen,  Httlfs»  nod  XTntersttttzungsvereine  ausgeübt  wird.  Aus  diesem 
engen  Raliiuen  ficranszutreten  unternahm  den  ersten  Vers'uli  iie  Grmrinnützig.? 
Gesellschaft  in  Zürich,  im  .Jahre  IBIiO.  Ihr  damaliger  Präsident  I'rof.  Dr. 
Bluntsohli  und  der  Mathematiker  Professor  Rabe  entwarfen  den  Pl&u  zur  Grrttu- 
dung  einer  auf  Gegenseitigkeit  boMrenden  Sehwwxertaehen  Renten-  and  Lebens* 
venicheningS'Anstalt. 

Die  Prämien  fUr  Alters-  und  Wittwenxenten,  sowie  für  Kapitalsammen  anfe 
Ableben  waren  sehr  hoch  berechnet;  vom  Gewinn  sollte  die  Hälfte  in  einen  Sicber- 
heitri-Reservefonds  fallen,  die  andere  Hälfte  au  die  Verrticherten  ;  und  um  den 
Versuch  eber  wagen  zu  künuen,  sollte  uooh  ein  baranticfonds  vou  100,000  Fr. 
a.  W.  mittelst  600  Aktien  sn  200  Fr.  insammeDgelegt  werden^  weteber  fllr 
Rückschläge  haftete,  jedoch  nur  für  die  ersten  fünf  Jahre  der  Anstalt.  Die 
2^icbDang  der  Garantie-Aktien  in  den  gemeinnützigen  Kreisen  der  Schweiz  ging* 
etwas  mühsam  von  ntatten,  doch  waren  bereits  312  Aktien  gezeichnet,  als  im 
September  1839  die  bekannte  politische  Bewegung  kam  und  damit  aocb  daa. 
Projekt  einer  Schweizerischen  Renten^Anstalt  begraben  wurde. 

Im  folgenden  Jahre,  «t  Ende  1840,  wurde  in  8t.  Gallen  vom  Kftnf^ 
männi.sclien  Direktorium  die  Schweizerieobe  Erb-,  TVittwen»  und  Alterskass« 
gc.-icluitfen.  Dieselbe  schloß  VersicTierungen  ab  für  Kapitali^  nnmen  auf's  Ableben, 
sowie  fUr  Alters-  und  Wittwenrenten ;  die  Präinientarife  waren  ziemlich  hoch. 
Aus  dem  Jahresgewinn  sollte  ein  Sicherheits  -  Reservefonds  gebildet  werden. 
Die  weiteren  UebereebOsae  fielen  »don  KnnflnKnniscben  Direktoriam  als  ünter- 
nebner  m  früw  VerlUgnag  anheim*,  indem  dasselbe  ans  seinem  etgenen  Yer- 
mSgen  mit  einer  Snmme  von  100,000  Galden  für  die  Yerpflicbtnngen  der  Ver~ 
fiicbernngttknsee  h.Tft'^tf\  Nach  mebriShrigem  Bestände  der  Kasse  wurde  d'^r 
Geschäftsbetrieb  eingestellt  und  später  im  Jahre  1862  die  nooh  bestehendea 


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Veraicbenuig 


—   841  — 


Vwaicheniiig 


Policen  an  die  inzwisohea  (lti&7)  in  Zttrioh  gegründete  Sobweinrisohe  Aenten- 
«nstalt  Ubertragen. 

Darauf  folgte  in  Bern  die  Gründung  der  Schweizerischen  Kational-Yorsioht«- 
kaeae,  die  im  Jahn  1846  die  BteaHiolie  Seoktioii  eriiielt.  Diaae  Kaaee,  an  ihrer 
Spitze  als  Gründer  und  Direktof  Großratii  C.  A.  Cunier,  betrieb  naoli  fran- 

y.ösitjcliem  Vorbild  die  Aasateuerversichening  in  Form  von  Jnhresklassen,  an 
welche  nach  Ablaut'  von  5 — 20  Jahren  die  Ergebnisue  ausbezahlt  werdeu  fiüllten, 
und  als  Nebenzweig  auch  noch  Altersrenten,  die  mit  den  steigenden  Jahren 
annehmen  sollten;  Eapitakammen  aafa  Ableben  worden  also  nicht  versichert. 
Fttr  getreue  Yerwaltnng  haftete  ein  Aklienfbnda  von  100,000  Fr.  W.  und 
es  aoUten  die  Yerwaltungskosten,  sowie  die  Dividenden  der  Aktionäre  gedeckt 
werden  au«  4  °/o  der  Prämien,  welcher  Betrag  von  jeder  Police  für  die  siimrat- 
licben  Vertragsjahre  zum  Voraas  erhoben  wurde.  Die  Aiiösteuer-  oder  Kinder- 
veri^itiheruugoQ  dieser  Kasse  fanden  in  der  Schweiz  ^loüe  iheilaabme.  Es  wurden 
36>5d4  Policen  fttr  18'469,ö93  Fr.  Yeraieherungssumme  abgeaehUMMn  nnd 
dannf  an  Primien  4*702,456  Fr.  einboiahlt,  sowie  74,000  F^.  Kapital  fttr 
Beuten.  Nun  wurde  um's  Jahr  1862/53,  in  Folge  eines  größerr  n  Darleihens 
nach  St.  Urban,  in  der  Presse  die  Befdrchtuug  laut,  Verm<'>g:en  der  N^tional- 
Vorsichtiikasse  sei  gefährdet.  Es  bildete  »ich,  mit  noch  anderen  erheblulien 
Klagen,  eine  allgemeine  Bewegung  unter  den  Versicherten  in  der  Schweiz  und 
kam  nioht  aar  Rohe,  bis  der  Große  Rath  von  Bern  mittelst  Dekrets  vom 
30.  März  1866  die  Kasse  in  Liquidation  erklärte.  Diese  wurde  von  einer  durch 
<lie  Regierung  von  Bern  bentellten  Kommission  mit  großer  Sorgfalt  dnrchgefdhrt 
und  es  ergab  ßicli  au.s  dem  Schlußbericlit  vom  .Juni  1861,  daß  auf  den  Kapital- 
anlagen der  Kasse  gar  nichts  verloren  ging  und  daß  den  Versicherten  ihre  Ein- 
lagen mit  4V<B  ^™  inrttokerstattet  werden  konnten.  WUirend  der  Liquidation 
kamen  atudi  versohiedene  Projekte  für  JEfcekonstmktion  der  yeraiohemngskaue  in 
Vorschlag,  aber  bei  dem  aufgeregten  Mißtranen,  das  allgemein  nm  sich  gegriffen 
hatte,  war  keine  Verständigung  nnd  Einigung  möglich. 

Da  wurde  io  Zürich,  nachdem  auch  in  Basel  im  Jahre  eine  Anregung 

voll  Direktor  Speiser  (in  der  Geselhtcbaft  zur  Beförderung  des  Guten  und  Gemein- 
nützigen) fttr  Grttndnng  einer  Alterskaase  in  Folge  seines  baldigen  Ablebens 
ohne  Ausftthrnng  blieb,  im  Jahre  1857  der  .Entschluß  geiiiftt,  eine  nene  schwel- 
zerische  Rentenanstalt  ins  Lebon  ni  rofeni  deren  HanptBweig  Bnn  aber  die 
Kapitalversicberung  aufs  Ableben  sein  sollte.  Die  Idee  ging  au«  von  Finanz- 
direktor Dr.  Sulzer  und  von  C  Widmer,  welch  letzterer  sich  mit  «ien  erforder- 
lichen Arbeiten  für  die  Gründung  belaßte.  Man  hätte  auch  damaU  dieoe  Anstalt 
gleich  von  An&ng  an  am  liebsten  anf  die  Basis  der  reinen  Gegenseitigkeit  ge- 
stellt, aber  man  fand  allerseits«  daß  bei  dem  I^Iißtranen,  welches  die  Liquidation 
der  Vorsichtskasse  verbreitet  hatte,  auf  Grundlage  der  bloßen  Gegenseitigkeit 
eine  größere  Theilnalime  nicht  gewonnen  werden  könnte,  und  ein  Garantiekapital 
aut  Aktien  wäre  nach  jenen  Vorgängen  und  bei  der  damaligeu  allgemeinen 
Finanskrisis  ebensowenig  au&ubringen  gewesen.  Unter  solchen  Umständen  nnd 
weil  man  die  Grttndnng  ohne  eine  starke  Garantie  nicht  wagen  za  können  glaubte, 
wendete  man  sieh  zunächst  an  die  Hypothekarbank  Leu  &  Cie.  in  Zürich  mit 
dem  Wunsche,  daß  sie  mit  ihrem  Aktienkapital  die  Garantie  für  die  neue 
Renten  anMtalt  Ubernehmen,  das  Einlagevsrmögen  der  letzteren  verwalten  und  ftx 
zu  4  ^J'i  verzinsen  möge^  so  daß  das  Aequivalent  für  die  Garantie  in  der  Zins- 
differena  bestehen  sollte,  um  welche  Leo  &  Cie.  die  Gelder  htther  ab  an  4  7o 
ansnlegen  wttßten.  Leu  &  Cie.  lehnten  jedodi  den  Vorschlag  ab.  Darauf  wmidete 


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Versicherung 


—    342  — 


Versichernng- 


luan  sich  an  die  „Schweizerische  ( "reflitanFtalt",  o\r\p  Handelsbank  in  Zürich 
mit  15,  später  mit  20  Millionen  voll  einbezahltem  Aktienkapital.  Hier  fand 
nun  der  G«d«ike,  unter  Würmer  Befürwortung  daroh  Profenor  Dr.  RiltttmMin, 
beoaemn  Anklang.  Die  Creditanstalt  entschloß  eicht  ivit  ihrem  ganzen  VemiSgen 
die  unbedingte  Garantie  für  alle  Verpflichtungen  der  Schweizerischen  Renten» 
anstalt  tn  tibernehmen  and  die  allfälligeTi  Rechnnr'L'M-Rikkschläge  zu  flecken  gegen  die 
Znsicherung  hinwieder,  daß  ihr  von  den  allfiiIligenUeber.Nchiie(?eu  der  Renteiianstalt  '/lo 
vnkommen  «ollen  ond  daß  sie  das  Verwaltnngsbureau  der  Hentenanntalt  zu  wählen 
habe.  Auf  eolcher  Omndlege  reichte  die  Grcdititnatalt  mittelut  Eingabe  vom 
12.  Oktober  1857  die  Crrlindung^tatuten  der  Bentenanstalt  bei  der  Begiernnj^ 
von  Zürich  ein  und  mit  Rehlußnalnne  vom  21.  Oktober  1857  ertheilte  der 
Kegierungsrath  der  Schweizerischen  Kentenanstalt  die  Autorisntion  und  juristische 
Persönlichkeit.  Am  1.  Januar  1858  wurde  der  Geschäftsbetrieb  der  Anstalt 
et^et  unter  der  Direktion  Ton  C.  Widmer,  dessen  eigenem  Bericht  vom  Jahre 
1884  wir  die  yoret^enden  Hittbeilnngen  entnommen  haben. 

Die  Anstalt  hatte  Glflok  nnd  die  Garantie  der  Creditanstalt  mußte  niemals 
zur  Deckung  angerufen  werden  Infolge  dessen  rednzirte  letztere  im  Jahre  1862 
ihren  Gewinnantheil  zu  GuuRten  der  Vei'^icberten  von  *,io  auf  '/jo,  im  Jahre 
1880  auf  '/««>  f""*  Jahre  spater,  nachdem  das  Vermögen  der  Rentenanstait 
anf  20  Millionen  Franken  angewacbeen  and  dadnroh  jede  anderweitige  Garantie 
ttberflttsiig  geworden  war,  auf  1  ^öo  derjenigen  VeraiehemngMnmme,  fllr  welche 
vuti  einer  kleine  Anzahl  Yersieherter  noch  die  Fortdauer  der  Garantie  vbV' 
langt  wurde. 

Von  185b  bis  Ende  1891,  somit  innerhalb  33  Jahren,  betrugen  bei  der 
Schwdserischen  Keotenanatalt 

Die  anebesahlten  Sterbe-  nnd  LignidationMummen    F^.  29'00l,993 

r         »         Aaeeteaenmmmen  «  rHö6,245 

^  ,  Renten  ^  5'824,422 

r,  Gewinnmenten  ......      »  2'777,983 

Die  Fonds  der  Anstalt  betrugen  Ende  1691  .    .     ^  29^763,732 

« 

Das  Lexikon  hat  in  Erfahnuig  zu  bringen  gesucht,  wann  die  ausländischen 
Gesellschaften  begonnen  haben,  in  der  Scliweiz  zu  arbeiten  nnd  e.s  ist  ihm  bekannt 
geworden,  daß  die  älteste  dieser  (leHellachaften,  die  im  17.  Jahrhundert  gegründete 
,  London  Union  A^ekuranz  .Sociatät"  ihre  erste  schweizerische  Police  im  Jabro 
1858  abgesobloeeen  hat,  daß  aber  damale  aneh  aobon  firanxSeiiiche  Geseltechaften 
eingeführt  waren. 

Heute  (1892)  beeitBeo  folgende  25  Lebcnsversicberung^geeelUichaften  die 
eidgenösitische  Konzession  zum  Geschäftsbetrieb  in  der  Schweiz  : 

a.  Sch  weizerische  ;  1)  Schweizerische  Rentenanstait  Zürich, gegr.  IÖ.'m  .  H; 
2)  La  Suisse  in  Lausanne,  gegr.  1858;  3)  Basler  Lebensversichei  ungsgesellscbaft 
in  Basel,  gegr.  1864;  4)  La  Genevoise  in  Genf,  gegr.  1872;  5)  Bemieehe 
kantonale  Alters-  nnd  Sterbekasse  in  Bern,  gegr.  1874;  fi)  VendeberangSTerein 
der  eidgenössischen  Beamten  nnd  Bediensteten  (mit  Sitz  in  l>rt<e]\  gegr.  1876; 
7)  Schweizerische  Sterbe-  und  Alter^ikaase  in  Basel,  gegr.  ]^xi. 

b.  Deutsche:  Lebeusversicherungsbank  filr  Deutachland  in  Gotha ;  Lebens- 
vernoherongsgeselleohaft  Leipzig  ;  Allgemeine  Versorguug>«aDätalt  iLarlsruhe  \ 
Xentonia  Leipzig;  Concordta  GVln;  LebeneverBicherung«-  nnd  Ersparnißbank 
Stattgart;  Germania  Stettin. 


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Veraicherang  — ~    343    —  Veraicberuiig 

c.  Fr  an  z  ööi.sche  ;  (Jorapagnie  d'assurances  generale«;  L'Uoion  ;  La  Na- 
tiuoale ;  La  CaiBse  paternelle ;  LePhe&ix;  L'Urbaine  ;  Le  Soleil ;  La  (jonliaDce. 

d.  Englische:  TbftViikni  Soeiety  in  London;  Tlw Northern  in  LtadoD. 
0,  Amerikanisohe :  Th»  OemtanU  in  Kew  York. 

Die  folgenden  fttnf  C^eMUaohaften  besaßen  die  Eonzession  ebenfalls,  baben 
jedoch  auf  dieselbe  verzichtet  and  stehen  bis  znr  Abwickluitg  der  Geschäfte  unter 
Buodesanf^iicht :  L\'\igle  in  Paris,  La  Fonciere  in  Parif>,  La  Providenoe  in  Paris, 
The  Kew  York  in  New  York,  The  Equitable  in  New  York. 

Der  Bcbweiserisohe  Vmeherungsbestand  gKmintUoher  90  Geaellflehafleii  war 
am  81.  Deiember  1890: 


Schweizeriadie 

QeaelkchafteD 

KftpitalTmiclMiniagea : 
PoUe«n  Fnnkmi 

38,042  174,194,437 

ItMitMivmfclivraafln : 
PoUe«B  Fnmk«i) 

2,384  957,390 

Deutsche 

« 

12,009 

H8.43n,931 

29,311 

Französische 

15,039 
2,526 
1,660 

141,011,012 

4Ü2 

372,733 

Englische 
Amerikanische 

23,625,550 
21,278,753 

2 

123 

2,250 
90,604 

70,176 

449,846,683 

3,03 1 

1,452,288 

Die  PrSmieneinnabmea  aus  den  in  der  Schweix  abgeschloseenen  Veniehemngen 
und  die  an  aobw^serisohe  Yerndierte  geleisteten  Zahlungen  betragen  im  Jahre 
1890 : 

Priicnienlietagc         Zablungra  un  Verliehene 
KraiikpD  Kranken 

Der  sclnv.izerischen  tiesellachaften  0,()8n,r,i>8  4,478,9ö9 

„  deutschen                  ,  2.7^0,367  1,411.790 

„  französischen              ^  5,431,ul9  3,ö27,432 

.  englisehen                „  791,983  730,000 

„  amerikanischen          «  970,824  283,635 

16,654,821  10,731,827 

Zirka  70,000  Personen  sind  fUr  sirka  425,000,000  Franken  Kapital  nnd 
Beaten  verriohert. 

An  Anrogangen,  die  Lebensversicherung  für  die  ganze  Schwei/,  obligatorisch 
zu  machen,  hat  es  ebenfalls  nicht  gefehlt.  Wir  verweisen  diesbezUglicli  auf 
unsere  Mittheilungen  im  Arlikül  „Öo;uale  Frage"  (Seite  103,  III.  Band)  uud  auf 
die  im  Jahre  1Ö92  erschienene  Broschüre  :  „Ideen  zur  Initiative  fiir  schweizerische 
BnndesTersicherung*  von  G.  Widmer  (1892,  Heyer  &  Zeller,  I^rioh),  der  som 
würdigen  AbschluÜ  seiner  33jiiln  igen  Thütigkeit  als  Direktor  der  Schweizeritdien 
Bentenanstalt  dem  Schweizervolk  folgenden  laitiativvormhlag  unterbreitet: 

Artikel  34  a  der  Bundesverfassung  : 

,Der  Versicherungsbelrieb  in  der  Schwei:',  ist  Bundessache. 

Doch  kann  der  Band  einxelne  Zweige  unter  seiner  Aufeicht  aueh  dem  Privat- 

betrioJi  n!M-rla-;>'fn.M 

Jeder  einzelne  Versicherungszweig  iui  Buii«lesbelfieb  bildet  eine  Stiftung,  mit 
eigenem  Vermögen,  das  bie  selbstsländig  verwaltet. 

Der  OiukI  leistet  den  Versirheit>'n  bei  den  im  Bundeshetrieb  beGndlichen  Ver- 
sicheruiigszvveigeu  liaraalie  für  ErfüUun^j  der  Verlr;ij.'spnichlen  der  Stiftung. 

Der  Bundesversicberungsbetricb  steht  unter  der  obersten  Aufsicht  des  Bundes- 
rathe-s.  Zur  ijtetigen  Ueberwachung  und  Oberleitung'  wird  ein  eidirenössisches  Ver- 
sicherungsamt aufgestellt,  aus  drei  Mitgliedern,  gewählt  von  der  Bundesversammlung. 

Die  weitere  Ausführung  des  Art,  34a  oder  der  Bestimmungen  liber  den  Bundes- 
rersicherungsbetrieb  erfolgt  auf  dem  Wege  der  Gesetzgebung.  Dabei  kann  das  Gesetz 

*)  Widimer  empfiehlt  hiefar  die  Transportversicherung  und  die  Rfld^versieberung. 


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Versicherung  —    344    —  Veräidierung 

dm  Beitritl  rar  Bnndesveniehwuog  aUgeraein  oder  fOr  «insdne  Theil«  obßgatorifleh 

erkl&ren. 

Der  Bund  trägt  die  ersten  Einrichtuagskosten  der  Buadesrersichenuig,  sowie  die 
Kosten  des  eidgenOasisdieii  Venlehemngsamtea. 

Im  Kriegsfall  ist  der  Bund  vf  rpilichtet,  die  versicherten  Schäden  —  in  Verbindung' 
mit  den  zu  gleichen  Zwecken  »oosiwie  belebenden  Stülungsfonds  (Invaliden-,  Grenus-, 
Winkelriedfonds  n.  s.  w.)  und  andemtheib  mit  den  Selbstleistangen  der  betreflbnden 
Bundesversichr'ni:v_'szweig:e  -    von  sich  aus  ergänzend  zu  decken. 

Der  Bund  wird  die  Hültstoodä  der  einzeluen  Bundesversicherungszweige  mit  freien 
Beiträgen  unterstützen.* 

Als  Bandesversiohernngszweige  denkt  sich  Herr  Widmer  die  Feuerversicherung, 
die  L^bensvenfichcrting,  die  Unfall-,  Alters«  und  Invaliditftteyereicheran^,  die  Hagel- 
versicherung, die  Viehversioheruog. 

Unfallyersioherang  and  KrankenTorsiolieriing 

Die  Unfall versicheiung  trat,  wie  das  eidg.  Versichemngianit  in  einom  seiner 

GeÄchäftsbericbc  ausfülirt,  zuprst  bloß  nh  ReiKuvtTslchernng  nuf  und  erweitert»» 
sicli  alBtlaim  zur  Unfallversiclierung  (für  den  Einzelnen)  auf  längere  Termine. 
Es  iiamun  hiezu  die  Versicherung  gegen  die  Dritten  verursachten  Unfälle  (daroh 
jmsrde  und  Wagen  etc.),  die  EoUeklivretBioliennig  und  aooh  aidere  ifonigwr 
bedeutende  YeraidiennigMurten. 

Die  EntwickeluDg  der  Unünllversicherung  und  numentlicb  der  Kollektiv- 
ver^icherung  hängt  wesentlich  von  swei  Faktoren  ab:  der  UnfaUstatistik  und 
der  Uafallgesetzgebnng. 

In  England,  wo  schon  von  1840  an  die  Tödtungeu  und  Verletzungen 
regiiitrirt  und  publisirt  worden,  wdoke  die  EiMubalmen  in  d«b  Tenebiedeoen 
Gmppen  dea  AihnpersMials,  unter  dem  reisenden  Publikum  nnd  nnter  niobl  bo* 
theiligten  Dritten  herbeiftthrten,  nnd  wo  um  die  gleiche  Zeit  auch  die  Civilstanda» 
Statistik  die  gewaltsamen  Todesfälle  zu  recristriren  und  711  klas.sifiziren  b<>gaTin, 
entstand  bcliou  im  Juhre  1649  eine  Versicherungsgc^elUchaft  fUr  Eisenbahn- 
reisende und  1856  eine  Versicherungsgesellschaft  gegen  Unfälle  überhaupt,  welche 
beide  nouli  ji-tzt  in  ThStigkeit  eind. 

Da  das  eugiisclie  gemeine  Recht  zwar  jeden  Arbeitgeber  für  den  durch  seine 
Schuld  oder  die  Nachlässigkeit  den  Arbeitern  und  Dienstboten  erwachsenden 
Schaden  verantwortlich  innebt,  fiir  den  durch  die  Angestellten  verursachten  Schaden 
cduch  nur,  insoweit  derselbe  nicht  Mitarbeitern,  sondern  Dritte«  zugefügt  wird, 
so  trug  die  englische  Gesetzgebung  (von  dem  seit  1880  aufgestellten  Special- 
reeht  abgesehen)  nur  Entwiekelnng  der  UnfiillverBicIiening  weniger  bei,  als  die 
Statistik. 

Anders  an f  dem  Kimtinent.  In  den  Vorselirifteu  des  franz.  Code  eivil  (Art.  1382 
bis  l.'i8»5')  wird  da«  in  diesem  Funkte  bisher  von  römischen  Keehtsauschautingen 
beherrschte  gemeine  Recht  mit  den  Anforderungen  des  modernen  Erwerbs-  und 
Y^ehrslebens  in  Uebereinstimmiing  gebraoht.  Der  Bürger  haltet  nicht  nar 
Dritten  gegenüber  fUr  die  doroh  seine  oder  seiner  Angeh5rigen  oder  Angestellten 
Sohnld  ▼enmaohten  Scliäden,  sondern  ebenso  unbegrenst  anch  ednen  Arbeitern 
gegenüber,  wenn  nicht  nachweist,  daß  er  das  Geschehene  nicht  verhindern 
konnte  (Art.  Ii>b4),  Die  immer  strenger  werdende  GerichtspraiLis  auf  diesem 
Gebiete  rief  daher  Hchon  in  den  Sechzigerjahren  in  Frankreich  und  Belgien 
Unfallversieherungsgesellschaften  in's  Leben. 

In  Dentschland  und  in  der  Schweiz,  welche  beide  das  gemeinsam  haben, 
daß  das  weiter  gehende  französische  Recht  und  auf  dem  iiltern  Standpunkte 
stehende  Fartikularrechte  sich  in  das  Landesgebiet  theilen  und  daß  die  politischen 


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Yeraicherunp 


—    a45  — 


Venicherung 


Verhältnisse  die  Vereinheitlichung  des  Rechts  aufgehalten  haben,  mußte  den 
modenieii  VerkeUrsbedürtnisseu  durch  Spezialgesetze  begegnet  werden.  In  Frenßen 
trat  Mlion  1888  du  GtMtt  in  Kraft,  wdttbM  die  EiMabahiigMelladiafteii  filr 
alles  den  Beiaenden  oder  andern  Peraonen  Ternraaolitea  Bobaden  erBatapflielitig 
«rkUlrte,  »ofern  sie  nicht  beweisen  könneQ»  daß  dieser  Beiladen  durch  die  eigene 
Schuld  des  Beschädigten  oder  duroh  einen  unabwendbaren  inficipi  Zn&U  bewirkt 
worden  ist. 

Dieser  Grundsatz  muÜtu  s^jatcr  aul  liah  ganze  Keiuh  auügedehut  und  zugleich 
den  bei  andern  grolSen  üntemehmnngen,  namentUoh  den  Ber^gwerken,  nt  Tage 
getretenen  UebelatKnden  begegnet  werden.  Während  jedoeh  das  „Deutsche  Haft- 
pflichtgeaetz  vom  7.  Juni  1871*  in  §  1  an  dem  Grundsatze  festhält,  daß  im 
Falle  von  Tödtungen  oder  Verletzungen  beim  Betriebe  von  Einenbahnen  der 
Betriebsunternehuicr  für  den  dabei  euibtandenen  Schadeu  liaftet,  tjutoro  er  nicht 
beweist,  daß  der  Unfall  durch  höhere  Gewalt  oder  durch  eigenei<  Verschulden 
dee  GetSdteten  oder  Verletsten  Tenmaeht  iat,  werden  in  §  3  umgekehrt  die 
Unternehmer  von  Bergwerken,  äteinbrttehen,  Gräbereien  und  Fabriken  nur  dann 
Ladbar  erklärt,  ^renn  ein  Bevollmächtigter  oder  ein  Repräsentant  oder  eine  zur 
l^eituüg  udei'  Eeaufsiehtigtmg  des-  Betriebes  oder  der  Arbeiter  angenommene  Person 
durch  ein  Verschulden  in  Ausführung  der  Dienstverrichtungen  den  Tod  oder  die 
Kdrperverletsung  einet  Henediea  herbeigeführt  hat  Der  Eraatz  soll  nach  §  3 
die  Kosten  der  vennehten  Heilung  nnd  der  Beerdigtmg  nnd  den  Yermdgene- 
tiachtheil  decken,  welchen  der  Getödtete  oder  Verletzte  oder  Diejenigen,  zu  «leren 
Unterhalt  der  Gefödtete  udur  Verletzt«-  verpflic^htet  war,  an  Erwerbseinkoramen 
erlitten  haben  und  erleiden.  Nähere  Angaben  iilu*r  die  Höhe  der  Entschädigung 
macht  das  Gesetz  nicht.  Dieser  Umstand,  t«uwie  die  Uebertragung  der  Beweislast 
•nf  den  Arbeiter,  namentlioh  aber  die  Beiehiänkung  der  fintadiädigungspflidit 
«nf  den  Fall  der  erwiesenen  Sohnld  der  Betriebaleitnng,  führten  eine  Menge 
von  Unzuträglichkeiten  herbei.  Die  Arbeiter  beklagten  sich,  daß  sie  der  an  die 
iStello  de.s  Arbeitgehers  getretenen  Versicherungsgesellschaft  gegenüber  auf  dem 
Prozeßwege  den  Schnldbeweis  führen  mußten  und  daß  nur  in  '/^  Fälle 
eine  Entschädigung  erhältlich  sei,  die  Arbeitgeber  Uber  die  unbegrenzt«,  stets 
atrengar  interpretirte  Haftpflieht  Hiera  kamen  allerlei  yorwOilb  gegen  die 
Un&llversicherungHgeeellechaflen,  daß  sie  vom  Intereaae  großer  Dividenden  sich 
leiten  lassen,  nicht  Garantien  genug  bieten  etc.,  was  Alles,  nebst  noch  einigen 
politischen  Gründen,  die  nunmehr  bestehende  obligatorische  Vorfiieheruug  gegen 
alle  Unfälle  unter  Betheiligung  von  Arbeitgebern  und  Arbeitnehmern  herbeiführte. 

In  der  Sdtweä  nahm  die  Spezialgesetzgebung  einen  weeentlioh  andern  Terlanf. 
Das  Bundeegesets  betreffend  cUe  Ibftpflicht  der  Bisenhahn-  nnd  Oamp&ehifffabrts- 
unternehraungen  bei  Tödtungen  und  Verletzungen,  vom  1.  Jnli  1875,  steht  auf 
demselben  Standpunkt,  wie  §  1  des  deutschen  Gesetzes  von  1^71;  diese  Unter- 
nehmungen haften,  sofern  sie  nicht  beweisen,  daß  der  Unfall  durch  höhere  Gewalt 
oder  durch  das  Versehen  und  Vergeben  der  Beiseuden  oder  dritter  bei  der 
Tranaportanstalt  nicht  angestellter  Pwsonen  ohne  eigenes  Mitversehnlden  oder 
dnreh  die  SMinld  -des  Gettldteten  oder  Tertetitmi  seihst  vemn«eht  worden  ist. 

Dieser  selbe  Standpunkt  ist  aber  auch  im  Bundesgeseta  betreffend  die  Arbeit 
in  den  Fabriken,  vom  28.  MSrz  1877  (Art.  5),  tV^tir^-bMlten  worden:  der  Fabrikant 
haltet  außer  bei  Verseliuldung  des  riifall^,  aiir'li.  wenti  ohne  ein  spezielles  Ver- 
schulden, durch  den  Betrieb  der  Fubiiii.  ixurperverletzuug  oder  Tud  eines  Arbeiters 
«der  Angestellten  herbeigeführt  wird,  sofern  er  nicht  beweist,  daß  der  Unfidl 
dnrcb  höhere  Gewalt  oder  eigenes  Verschttlden  des  Verletaten  oder  Getödteten 


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Versicherung 


—    34«  — 


Versicherung 


erfolgt  ist.  Fällt  dem  Yerletsten  uder  Getödteten  eine  Mitachuld  zur  Last,  so 
wird  dadiiTch  die  ErMlspfliobt  des  Fftbnkanten  Mgunautm  redndrt  Der  Bondes- 
nth  bezeiehnet  ttberdie»  dk^igco  IndiiBtrieii,  die  erwieaeuer  Maßen  «nd  txa- 
eebließlieh  bestimmte  geftbrliohe  Kraokheiten  eneugen,  auf  welebe  die  HRftpffiofat 

auacndehnen  ist. 

Das  AusHihrungsj^esetz  vom  '2'^.  Juni  IHSl  hält  an  diesen  Grundsfitzen  if^X, 
wenn  et)  auch  aln  weitem  Eotla^tungbgrund  deb  Unteruebnierä  Verbrecheu  otler 
Vergehen  dritter  Permoen  (welcbe  niebt  beim  Unternehmen  betbeiligt  sind)  hin« 
mfUgt.  Es  normirt  die  Entschädignngspflicht  etwas  bestimmter,  wobei  als  Maxi» 
mum  der  Entschädigung  die  Summe  von  6000  Franken  aufgestellt  wird,  und 
arbeitet  indirekt  auf  die  Vers^icheriing  gegen  alle  Unfälle  hin  dnrch  die  Vor- 
flchrift,  daß  bei  gemeinschaftlicher  Tragung  der  Vereichernug  durch  den  Arbeiter 
und  den  Unternehmer  die  Leistung  der  yerdoberungsgesellächaft  von  der  auf- 
erlegten EnteobSdigong  in  Absag  gebracht  werde,  wenn  der  Arbeitgeber  wenig» 
Btens  die  Hälfte  der  beiahlteti  Prämien  geieintet  hat  and  die  Veraidievung  alle 
Unfiille  tmd  Erkrankungen  umfaßt. 

Ein  ferneres  Bnndesgesetz,  vom  26.  April  1887,  briny:t  Bestimmungen  behufs 
der  Sicherung  der  Wohlthaten  der  Hattpliicht  (Verschärtnng  der  Anzeigeptiicbt 
dee  Unlemdimers,  Kontrole  der  Aneföhrung,  Armenrecht  de»  Verletsten  bei 
Streitigkeiten)  nnd  dehnt  die  Haftpflidit  auf  andere  gefllhrHohe  Betriebe  ans, 
namentlich  auf  andere  Transportanstalten  (Bau  und  Betrieb),  auf  die  Baugewerbe, 
Bergwerke  und  Gruben,  i^nft^rn  in  diesen  Unternehmungen  diirehsebnit*lifb  wenig- 
stens fünf  Arbi'itf  r  boschüttigt  sind,  ferner  allgemein  auf  die  üewerbe,  welche 
explodirbarc  StoHe  gewerbsmälSig  erzeugen  oder  verwenden. 

Diese  C^eeetaeabestimmnngen  bilden  die  Grundlage  der  Yertrltge  mit  dei» 
Verttcherangsgeadlschaften. 

Ein  anderer  wichtiger  Faktor  in  der  Entwicklung  der  Tnfallver sicher nog 
ist.  w5o  prhon  l>emerkt,  die  Unfall'itatistik,  welche  für  dieselbe  nicht  wenigMT 
nothwendig  ist.  als  Mortalitätstabellen  fiir  die  Lebennversicherung. 

In  dieser  Beziehung  waren  die  Unfallversicheruiig.-^gtjsellschaften  so  ziemlicli 
anf  eich  selbst  angewiesen.  In  England  versehafite  allerdings  die  Eisenbahn* 
Statistik  einige  Daten.  Eine  der  Aufgabe  der  Versioherang  genOgende  Statistik 
bracbff  indf'Rspn  erst  der  Verband  deutscher  Eisenbuhnverwaltungen  peit 
zustande;  die  Resultate  sind  seit  1876  von  Hehm  bearbeitet  und  publizirt.  in 
ähnlicher  Weise  wurden  die  Ergebnisse  der  preußischen  Kuappschaftsvereine  in 
den  Siebensigerjahren  dnieh  die  Zeitsehrift  für  Berg-,  Hätten-  nnd  SaUnenweeen 
vnrwerthet.  Betreffend  die  übrigen  Indoatrien  besaß  man  vor  1880  nicht» 
Brauchbares,  als  die  von  Dr.  Engel,  dem  um  die  Unfallversidierung  verdienten 
Direktor  di^s  preußischen  sfafistischen  Buieair>8.  gesammelten  nnd  boarb*  iteten 
pTödtliclien  und  nicht  tödtlichen  Vcrunglilckun^-on  im  preußischen  Staate"  in  den 
Jahren  18ö9 — 79  j  wenn  auch  in  den  hiefür  von  den  Gemeindebehörden  gelieferten 
Daten  nnr  die  schwereren  ünglttcksf&lle  einigermaßen  vollstitndig,  die  leichtern 
jedbch  nnr  sam  kleinsten  Theile  mitgetheüt  sind,  so  gaben  dieselben  doch  der 
ün&Uversicberung  werthvolles  Material  zur  Taxirung  des  Kisikos  der  verschie- 
denen Berufsarten.  Die  cnglisrbc  »ind  die  ibrr'm  A'orbildfi  folgfiub'  ,<fdnvrizeri.*chc 
(yivilstand.sstatistik  brachte  erst  um  die  Mitte  der  Achtziger  Jahre  nach  Berufs- 
artcu  geordnete  und  berechnete  Ergebnisse  der  Mortalität  in  Folge  von  Uurällen. 
8o  ist  es  denn  nicht  sum  Verwondern,  daß  der  Einführung  der  obligatorischen 
Unfallversicherung  in  D'entschland  eine  besondere  Unfallzüblung  vorausgeii«  ii  mußte 
und  daß  man  auch  nach  Darcbfahrnng  der  letatera  sich  genSthigt  sah,  in  der- 


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VerricheniiiK 


—    3i7  — 


V«r8ieherung 


neuen  VersirliTim-^sform  das  ümlanrevprfahrpn  (statt  de»  Decknngsverfahrcns^ 
anzuwenden,  ^vKll  tTstlicli  die  üntallzählung  aul  die  haftpfliehtigen  Bernfnarten 
be^hränkt  war  und  auch  iu  diesen  tbeilweitse  noch  zu  kleine  Zahlen  eibielt  and 
weil  ferner  ein«  ünfallveTnehftrnngsgMellscIiaft  nicht  bloß  das  Risiko  der  ver- 
sichei-ten  Arbeiter,  sondern  anob  das  durohnehnittliche  Alter  und  die  dnroh- 
Hcbnittliche  Anzahl  der  bei  einem  Unfall  zu  entHchädigenden  Personen  kennen 
muß,  wenn  nie  zum  Vor;nm  berechnen  will,  welche  Eu($ten  die  in  einem  Jahre 
unter  den  Versicherten  eintretenden  Unfälle  verursachen. 

Diese  statistischen  Daten  fehlten  den  Unfallversicherung»geHelIsohaften  im 
Anfange  ibrer  Wirksamkeit  fest  volUtindig.  Bei  der  Haflpfliohtversiebemng^ 
waßten  sie  nicht  einmal  zum  Vornua,  welche  Maxima  sie  im  SchadeulaUe  an 
beiahlcn  hatten  und  unter  welclu:n  Umständen  die  Haftpiliclit  tdntrnt. 

Wie  war  en  da  andere  möglich,  als  daß  diese  Versichern nu'^^fu  t  /ii  Konflikten 
swiscben  Versicherern  und  Versicherten  führte  V  Und  diese  Kontliktc  waren 
nieht  allein  fttr  die  Yenioberten,  soikteni  anch  fttr  die  Veniioherer  Existenz- 
fragen !  Manebe  ITnfalWersicherangsgeeellaebaft  ist  an  diesen  8cbwierigkeiten  xxl 
Grunde  gegangen;  auch  die  Uberlebenden  erzielten  in  der  Regel  und  durchschnitt- 
lich nicht  eine  dein  RiNiko  entsprechende  Verzinsung  des  einbezablten  Aktien- 
kapitals. Noch  uni^'iin-Jtiger  iils  die  Aktiengesellschaften  Htnndcn  ge«renfleitigen. 
Weil  die  rentablere  Einzelversicheruug  die  Gesellschaften  mit  tixcv  I'rämie  vor- 
siebt.  Hit  weleben  inkammensnrablen  Faktoren  die  Haftpflicbtversieberung  va 
thun  hat,  ersieht  man  daraas,  daß  die  (gegenseitige)  Leipsiger  Unfall versicberangs- 
bank  ihre  Prämien  innfnt  den  ersten  7  Jahren  auf  das  4-  bis  (5 fache  erhrdieu 
mußte;  auch  die Chemnitz-  r  Unfiillrersichcrungsgeno.^isen'schafT,  wi  lch  -  ilir  -  Prämien 
von  Anfang  an  höher  benitis^en  hatte,  mußte  für  die  gefahrlieheien  ßerufsarten 
(1881)  eine  Steigerung  derselben  eintreten  lassen.  Bei  alledem  hatten  auch  dieftO 
anerkannt  loyal  operirenden  Geaellsohaften  mit  den  Arbeitern  lablreiebe  Prozesse 
zu  bestehen.  Daß  die  gegenseitigen  Gesellaobaften  aber  anch  mit  Mitgliedern» 
welche  der  Niiclisrlmßprticlit  nieht  nachkommen  wollten,  Prozesse  zu  fdbren 
gezwungen  wurden,  ist  aus  den  Berichten  des  „  Prometheu!*"  zu  ersehen. 

Kommen  wir  nun,  nach  diesen  Auseinandersetzungen  über  die  der  Unfall- 
TerMoberang  gebotenen  Eustenrikedingungen,  sa  den  in  der  Sohweiz  operireaden 
Gesellsebaften. 

Im  Jabre  IHHf)  arbeiteten  in  der  Srhweiz  licbt  wenig.  r  als  24  UnWl- 
▼ersichernngsgesellscbaften.  IT»  derselben  bewarben  ?ich  um  die  Buu  ieskonzession» 
9  erhielten  Rie,  2  wurden  abgewiesen  und  3  zogen  das  Konze^sionsgesuch  zu- 
rück, als  sie  die  vom  Gesetz  geforderten  Au^wel«e  beibringen  sollten. 

Die  9  konzcsrionirten  Gesellsebaften  sind:  ^l^loiae",  „Zürich*'  seit  1873,. 
„Winterthur'  seit  1875,  «Rbenania*,  » Kölnische"*,  «Preservatrice",  „Soleil- 
Securite  generale",  „ürbaine  et  Seine*,  „Frovidenoe*,  also  3  scbweiierische. 
2  deutsche,  4  französiRcbe. 

Die  Bäloise  betreibt  nur  die  Kinzelversicherung,  seit  188.». 

Diese  9  Aktiengesellschaften  erzielten  im  Jahre  1Ö90  in  der  Schweiz  eioe 
PrttmieoMnnabrae  yon  3,585,031  Fr.  =  17,3  *'s  ihrer  Gesammtpramien-Ein- 
nahmen.  An  Schadenver^tnngen  batten  sie  in  der  Scbweis  zu  befahlen  2,571,451 
Franken  =  71,7%  der  Prämien. 

Neben  den  konzessionirten  Aktiengesellschaften  he'^tehen  <»  GegenscitigkeiN- 
Unfallversicherungdvereine,  die  insgesammt  963U  Mitglieder  ziihlten  und  Franken 
16t),237  PrSmien  einkaasirten.  Diese  Vereine  sind:  1)  Der  Tersicberangdverein 
et.  galliseber  Bantwebereien,  g^grttndet  1878;   2)  die  Kranken-  und  UnfislN 


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Versicherung  —       348    —  Versicheruii^ 

kerne  der  Bauarbeiter  von  Zttrioli  and  Umgebung,  seit  Itai  188b ;  '6)  der  Ver- 
ein achwaiiaiMher  BiiDhdmolnr,  weleher  seit  Jenaer  1889  UnbUTmiobenm^ 

^währt;    4)  der  Unfallversichernngsverband  sehveizeri«»cher  Speqglermeister, 

in  Wirksamkeit  aeit  1.  August  IH'.'O;  5)  die  Unfallversidiernagsgenossensohaft 
HchweizeriHcher  ÖohUtsenvereine,  seit  Jauuar  188b ;  6)  der  scbweixeriache  Sohtitaan- 
verein,  seit  1890,  gegen  Unfall  Versicherung  gewährend. 

Diese  strei  lets^geoMOkiiten  Vereine  stehen  nntwr  Bnndesaofsioht. 

Das  UnsnlKngliche  der  Haf^ioht,  die  Ton  Tag  in  Tag  wnehsende  Sof^ 
um  das  Wohlbefinden  der  arbrntenden  Klessen,  die  Beherrschung:  der  Geister 
durch  lit*  (Soziale  Frag:e  führten  zu  der  Erkenntniß,  daß  die  ünfallversichertxng 
7.U  eil  t  i-  I  lomäue  der  Staat^swirthschaft  erhüben  werden  mU^.  Einer:  mächtigen 
Impuiä  dazu  gab  auch  die  ioi  Deutschen  Reiche  vorausgegangene  Kranken*  und 
üofsUversioherungsgesetzge b ung  ( 1 888 — 1 885). 

Der  erste  Yerkttndiger  des  neoen  socialen  Gebotes  war  io  den  eidgenttieiaohen 
R&then  Nationalrath  Klein.  Mehr  als  irg^  nd  ein  anderer  war  er  dain  bemßm, 
die  Stimme  für  <\n<:  Wühl  der  arbeitenden  Klas.sen  zu  erheben,  da  er  als  ge- 
weöcner  Fabrikmspcktor  (1879 — 1881J  die  iiedürtuisse  de<*  Arbeiterstandes  hin- 
länglich kennen  gelernt  hatte. 

Am  20.  JUtn  1886  stellte  er  in  Verbindung  mit  10  Kollagen  folgende 
Motion  im  Nationalrath : 

Dlt  Bundc^ralh  wird  eingeladen: 

Ij  .Die  Gesetze  Ober  die  HaApflicbt,  vom  1.  Juli  1875  uad  vom  25.  Juni  1881, 
im  Sinne  der  Ausdehntinir  der  Haftpflicht  vmä  van  Zwecke  der  firleicbteriinf  der  Gdtend- 

mai'Jiung  der  Entschildi^'ungsansprüclie  einer  Revision  zu  unlerslelh'ii. 

3)  ,Die  Frage  zu  untersuchen  und  darüber  Bericht  zu  erstatteu, 
ob  nicht  eine  all  (rem eine  obligatorische  Arbeitern nfallversichernng 
an  anstrebe  II     i  " 

Die  Motlun  fiind  einen  sehr  sympathischen  Wiederhall  in  den  Räumen  deti 
Bundespaiain  und  bei  den  Berathungen  über  den  Gegenstand  fiel  manches  herz* 
erfreuende,  von  Menschenliebe  zeugende  Wort, 

Herr  Klein  selbst  begründete  n.  A.  seinen  Antrag  wie  folgt  (lant  National- 
rathsprotokoll): 

....  ,Da  dränge  sieh  vor  Allem,  ab[;esehen  von  der  Frage  der  Ausdehnung  der 
Uuflptlictit,  die  Frage  der  allgemeinen  obligatorischen  Arbeiter-Unfallversicherung  auf, 
welcnp  nach  dein  Vurgnngo  Deutschlands  auch  bei  uns  an  die  Hand  genommen  werden 
müsse.  Nach  Ansicht  hervorragender  JurisiLii  könne  die  Angelegenheit  nach  Erlaß  des 
eidg.  Obligationenrechts  ')  nur  durch  den  Bund  an  die  Hand  genommen  werden  und  sie 
sollte  es  in  einer  Weise,  daß  auf  eine  eigene  Versieherangsanstult  hingewirkt  wilrde. 
I  )i<'  jetzigen  Versicherungsgesellschallen  seien  für  die  Arbeiter  so  viel  wie  nichts  wertb; 
ihr  Feldgeschrei  sei  der  Gewinn,  ihre  Parole  die  Ghicane,  und  da  kumine  der  Arbeiter 
selten  oder  nie  zu  seinem  Recht  Die  ganze  Frage  der  Arbeiterfilrsorge  spitze  mek  in 
<lie  Frage  möglichste:  Ausdehnung  der  Atix  iterversieherung  zu  und  zwar  auch  nach 
der  speziellen  Seite  lier  Versicherung  *s'Pjrfn  .\rl>eit'<losigkpit.* 

Nationalrath  Furrer  vur«|irach  »ich  gründliche  AbhUlte  nur  von  dur  ali- 
gemeinen obligatorischen  Arbeiter-,  Unfall-  und  Krankenveraichenrng  mit  staat- 
lioher  BeiblÜfe.  Das  fiiohtige  sei.  das  deutsche  System  in  seinen  OrnndzUgen  su 
adoptiren  und  unseren  republikaniach-demokratischen  Prinnipien  gemäß  umznge» 
stalten.  Wir  versichern  nur  die  Abhängigen  und  Dienenden,  nur  die  Arbeiten- 
den. Wir  geben  eine  pekuniäre  Staatsbetheiligung  .  .  . 

')  All.  clil  schreiltt  vor,  ilaU  der  Arbeitgeber  die  mit  ihm  in  liäuslielier  Gemein- 
äehafl  lebenden  Dienstboten  bei  unverschuldeter  Krankheit  auf  eigene  Kosten  veit»Oegen 
und  ärztlich  behandehi  lassen  mOsae. 


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Versicherung 


—    349  — 


Versicherung 


KoTol  von  Uwenbarg  gab  der  Hofibnng  Avidmok,  daß  «ine  Zeit  «a- 
brechen  wwdet  in  welcher  jedem  Menechen  dnroh  den  Stent  dee  Lebens  Kotb- 

wendigkeit  verabreicht  werde,  und  wenn  das  zu  erreiohen  vorderhand  noch  nn- 
möp-lir^h  sf'i  fo^  sei  übrigens  gerade  im  Gebiet  der  sozialen  Frage  schon  Viele» 
möglich  geworden,  wns  früher  unmöglich  geschienen  hab(t),  ho  ^^''i  (lo<  li  >U'x  Ge- 
danke der  obligatorischen  Verüiuheruug  ein  nicht  lebhaft  genug  zu  begiüüeuder 
Sehritt  anf  dem  Wege  «i  jenem  Ziele. 

FaTon  Ton  Genf  besetobnete  die  natioiial5konomießben  Theorien,  naeh 
welehen  die  fiinmindrang  des  Staates  in  soziale  Fragßn  als  freiheitsroörderisch 
betrachtet  werde,  als  veraltet.  „Die  modernen  Verhältnisse  zwingen  den  Staat, 
das  zu  thun,  und  nirgends  kann  er  es  in  fruchtbarerer  Weise,  als  ger'ade  hier. " 

Wahrend  solche  Bekenntnisse  im  obersten  Rath  der  Eidgenossenschaft  laut 
wurden,  traf  eine  von  drei  großen  Arbeiterverbänden  der  Schweiz  verfaßte 
Kundgebung  ein,  welche  zunächst  zu  der  schwebenden  Revision  des  Haftpflioht- 
gesetiee  SteUnng  nahm  nnd  dann  die  ijrbeitenrendchemng  in  den  Vordergrond 
stellte.  Der  Sehluß  jener  Knndgebmig  lautete: 

«Fassen  Sie  aber  zu;:!  !,  h  die  Frage  der  Arbcilerversichcrun^'  an  Stelle  der  Haft- 
pflicht selbst  in's  Auge  und  aberzeugen  Sie  sieb  durch  das  Studium  derselben,  daß  sie 
das  HiUd  zur  richtigsten  Lösung  aller  besOf lieben  Sehwierigiceiten  bietet!  Wir  ver- 
stehen darunter  ein  Tn-titul,  da^  untrr  lor  Leitung  des  Rundes  die  rftrc/fc(e  Versicherung' 
der  Arbeiter  und  kleiner  Unternehmer  gegen  Unfall  besorgt,  auf  dem  Grundsätze  der 
G«H|^nseitigkeit  bwuht«  fQr  möglichst  weite  Kreise  obligatortsch  ist  nnd  im  Wessntliehen 
durch  Beitrage  der  Unternehmer  und  Arbeit^'f-her  alimentirt  wird.  Durch  eine  geeignete 
Organisation  der  einzelnen  Industrien  und  Arbeilsbranchen,  Vertbeilung  derselben  in 
bestimmte  Gefahrenklassen  mit  abgestuften  Prfiraienansätzen  und  unter  Anwradnng  des 
sog.  Deckun).'s?iysterns  i#t  es  mOglich,  dem  Privatkapital  die  häßliche  Spekulation  auf 
das  Unglück  der  Arbeitskraft  zu  entziehen  und  kleine  Unlernehiuer  gegen  alle  Folgen 
von  Unttllen  sichennsteilen/ 

Die  XotioB  Klein  wurde  vom  Nationalradi  angenommen  und  ihre  Ausführung 
lag  nun  zunächst  dem  eidg.  Handelsdepartement  ob,  dessen  damaliger  Chef  (Herr 

Droz)  sich  als  ri»>gner  der  staatlichen  TTnfallvt^rHiclierung  wie  Überhaupt  des 
Staatssozialismns  bekannt  hatte.  Nach  dem  Protokoll  des  Nationalrathes  hatte 
er  sich  nämlich  bei  der  Berathung  Uber  die  Motion  folgendermaßen  ausge- 
sfiroehen: 

.Was  die  Fra^je  der  Unrallvcrsiclierung  belrefTe,  so  sei  vorab  festzustellen,  daß  die 
obligatorische  Versicherung  nicht  auch  gleichzeitig  die  staatliche  sein  müsse.  Das  finan- 
rielle  Risiko  der  letztwen  sei  derart,  daß  es  die  Behörden  anderer  Lflnder,  so  z.  B.  die 
Frankreichs,  ^'nlndlich  zuröckgescb reckt  habe.  Auch  Deutschland  kenne  sie  nicht,  es 
kenne  nur  die  auf  Grundlage  der  Berufisgenossenschaflen  durch  den  Staat  zur  Pflicht 
gemaehte  Yermchemng.  Aber  auch  die  staatliche  Beihfilfe  habe  ihre  Bedenken,  und  sie 
sei  z.  B.  vom  österreichischen  Gewerbeausschuß  fast  einstimmig  verworfen  worden. 
Wenn  man  nicht  eine  die  Privatge^Uschaflen  ausschließende  Versicherung  einfahren 
könne  nnd  das  Icönnen  wir  nient  —  so  Wörden  die  guten  Risilien  den  letzteren^ 
die  schlechten  dem  Staate  zufallen.  Darin  liejje  aber  eine  enorme  Gefahr  für  die  Staats 
finauzen.  Der  Staat  sei  übrigens  ein  schlechter  Versicherer.  Seine  Tarife  können  sich 
nidit  genug  den  jeweiligen  Konjunkturen  enpsssen,  seine  Angestellten  geben  sieh  auch 
nicht  die  Mühe  der  Agenten  von  Privatgesellschaften. 

.Die  Einmischung  des  Staates  in  die  soziale  Frage  habe  ihre  grollen  Gefahren. 
Scbftdiich  sei  jeder  Staatssozialismus,  der  die  individuelle  Verantwortlichkeit  absebwftche 
und  den  Bürsrer  RcwShne,  Alks  vom  Staate  und  durch  den  Staat  7u  erwarten. 

»Vorsicht  sei  geboten.  Der  Gang  der  Entwicklung  in  diesen  Dingen  sei  der,  daß 
das  Socialgesetz  sich  nach  und  nach  zum  geroeinen  Recht  erweitere.  Man  imisse  nur 
einen  ersten  Srhritf  in  dieser  Richtung  machen  und  der  zweite  und  (iriiie  folge  mit 
logischer  iNothwendigkeit.  Warum  gegen  die  Krankheil  versichern  und  nicht  gegen  das 
Alter?  gegen  den  Todesfall ?  Warum,  wenn  man  den  Arbeiter  gegen  Art>eitsloslgkeit 
versichere»  nicht  auch  die  Fabrikherren?  Eines  rufe  dem  Anderen. 


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Venicbcning 


—    S50  — 


Verswheninif 


»Die  Fassung  der  Molioii  Klein  .scheine  uiigcfälirlicli.  Immerhin  sei  sie  geiijnet, 
Uoffnungea  zu  wecken  und  Illusionen  zu  nähren,  welche  schwerlich  ihre  haldige  iix- 
fSUting  flnden  dOrfteii.* 

Dieser  antistaat«iozialiBtische  Standpunkt,  der  huifentlich  durch  die  kllnftigeii 
KrfuhrungL'n  widerlegt  wird,  schimmerte  mich  durch  in  der  Botschaft  zum  Ent« 
wuri  eines  Bandeagesetzes  betreffend  die  Ausdehnung  der  Haftpflicht,  d.  d.  7.  Joid 
1886. 

In  derselben  beißt  es: 

«Namentlich  die  Frage  der  obligatorischen  Versiclierun^:  erfordert  noi  Ii  hinge  Vor- 
arbeiten, um  in  dem  einen  oder  anderen  Sinne  entschieden  werden  zu  können,  da 
man  die  Grundlagen  suchen  muß,  auf  welche  diese  Entscheidung  zu  basiren  wäre.  Wir 
machen  nur  darauf  aufmerksam,  daß  schon  die  Frage,  welches  System  bei  uns  einge- 
ffihrt  werden  könnte  (obligatorische  Versicherung  bei  den  Versicberungsgesellschaflen 
mit  fakultativer  staatlicher  Kasse  zur  Regulirung  der  Prämientarife,  bei  «ßerufsgenossen- 
schaften"  oder  bei  einer  .staatUchen  Kasse  VJ  einer  gründlichen  Untersuchung  bedarf; 
mau  muß  sich  wohl  hüten,  folgenschwere  und  mit  der  Wohlfahrt  des  ganzen  Landes 
verknüpfte  Schritte  aufs  Gerafhewohl  za  thun,  was  wir  namentlich  Denjenigen  in  Er- 
innerung rufen,  welche  mit  Vorwürfen  über  Ver^^ehleppun^  der  Sache  gleich  bereit 
sind  und  auf  eine  aus  ihren  vorgefaülea  Meinungen  entsprungene  Lösung  hindrängen, 
ohne  die  fQr  ein  sacbgemftßes  Urtheil  erforderliehen  Kenntnisse  zu  besitzen. 

,E.s  kommt  hinzu,  daß  wenn  nach  Vi)[Ien<lun;.'  der  noihigen  Studien  das  eine 
oder  andere  System  der  obligatorischen  Versicherung  für  die  Schweiz  gewählt  würde, 
eine  Revision  der  Bundesverfassung  unvermeidlich  wAre.  Diese  Operation  erfordert 
tfir  sich  allein  schon,  wie  bekannt  (mit  den  Berathungen  in  der  Bundes versanuulung 
und  der  Volksabstimmung),  einen  längeren  Zeitraum ;  dann  würde  erst  die  Ausarbeitung 
und  der  Erlafi  eines  Gesetzes,  sowie  die  Organisation  des  gesaromten  Dienstzweiges  folgen. 

,All<  s  zusamnienj^'enöinnien.  ist  es  also  offenbar,  daß  in  der  Versicherungsfrage 
in  nächster  Zeit  keine  EnUcheidung  getrofl'en  werden  kann ;  wir  haben  die  Verhältnisse 
weitifiufifrer  auseinandeit^esetzt,  um  mit  gutem  Grund  niit  dem  Ansuchen  an  die  Bundes- 
Versammlung:  zu  üelani^eii.  uns  eine  etwas  längere  als  die  ursprünglich  vielleicht  ange- 
nommene Frist  für  die  Vorbereitung  unserer  Anträge  bezüglich  Ziffer  2  der  Motion 
Klein  bewilligen  zu  wollen." 

Der  diesen  Gegenstand  vorberathenden  Kommission  des  Nationalrathes  war 
jedoch  ein  rd'-'  li'^Tes  Tempo  erwünscht  nnd  sie  befand  sich  damit  unstreitig  in  Ueber- 
einstimmung  mit  der  öiientlichen  Meinung.  Sie  formnlirte  daher  folgendes  Postulat: 

Der  Bundesruth  ist  eingeladen,  beförderlichst  Bericht  und  An- 
trag betreffend  die  Einfü  bru  ng  der  allgemeinen  obligatorischen, 
staatlichen  Unfallversicherung  der  Arbeiter  den  Käthen  zu  unter- 
breiten/ 

Außerdem  schlug  nie  vor,  in  die  Uaftpflichtnovelle  eine  Bestimmung  folgen- 

den  Inhalts  aufzunehmen: 

«Der  Bund  kann  Genossenschatlen,  die  sich  aus  besonders  gefährlichen  Gewerben 
zum  Zwecke  der  Kollektivversicherung  bilden»  unierstQtz«!.'' 

Das  Handelsdepartement  holte  vom  Yersiobernngsamt  ein  Gataobten  Uber 

Ict/trrii  Antrag  ein.  Dieses  Gutachten  wurde  am  6.  August  erstattet  und  fiel  in 
alilehuendem  Siime  aus.  Die  nationalräthliche  KommisHinn  kleidett»  daher  ihren 
Grundgedanken  in  eine  andere  Fassung,  welche  die  Bundcsunterstlltzung  zwar 
nicht  nnsschloß,  aber  doeh  weniger  betonte,  idbnliob: 

„Der  Uutidesrath  wird  eingeladen,  die  Bildung  von  Genossenschaften  oder  Ter* 
«inen  zum  Zweck  <l(  i  Kollektivvcr-icherun?  nn^uregen  und  zu  fördern." 

Diese  Mutiun  wurde  vom  >iationalratii  in  seiner  Sitzung  vom  1.  Dezember 
I8ÖB  nach  Sohlnß  der  Berathong  Ober  die  Haftpflicbtnovolle  angenommen  nnd 
ebenso  das  vorhin  zitirte  Postulat.  Dem  letztem  stimmte  am  14.  April  1887 
auch  der  Stiindcrath  zu;  er  lehnte  aber  die  Motion  ab,  so  daß  als  Wegleitung 
für  den  Bundesrath,  nachdem  am       April  1Ö87  die  Haftpflicbtnoveile  unter 

')  Im  Wortlaut  mitgelheill  auf  Seile  20^/4  dieses  Supplcmentsbandcs. 


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Versicherung 


—    351  — 


Versicherung 


Dach  gebracht  und  bomit  der  «rat«  Theil  dur  Motion  Klein  erledigt  ward,  nur 
noeh  das  von  beiden  RSthen  acoeptirte  Poetiilat  ttbfig  blieb. 

Mit  Anfan^::  Jen  Jahres  wechselten  di*  eidgenössischen  Departomeiile  ihre 
i'hefs  und  die  WeiterfUbrung  der  Angelegenheit  ging  auf  den  gut  bozialrefor- 
raeri-srh  gesinnten  Herrn  Bundesrath  Deiicher  Uber.  Kiner  energischen  Anhand- 
nähme  der  durch  das  Postulat  bedingten  Untersuchuugtju  »tand  nun  nichts  mehr 
im  Wege.  Zu  diesen  gehörten  in  entmr  Linie  eine  Ermittlung  des  neuesten 
Stande»  der  Bevölkerung  nnd  Erbebnngen  betreffend  die  vorkommenden  üsföUe. 
Demgemfiß  ordneten  die  Bandesbehörden  an,  1)  daß  die  Volkszählung  schon  1888 
anstatt  IH'.JO  htattzutinden  habe;  2)  daß  die  während  drei  Jahren  (1.  April 
1888  bis  'M.  März  1891),  sich  ereignenden  Uiitalle  statistisch  verarbeitet  werden; 
Ü)  dali  die  speziell  auf  Mitglieder  der  Kranken-  und  Hülfsvereine  entfallenden 
UnfKlle  und  EntschSdigungen  vom  ediweixertMben  Arbntefeeknlnmt  etatiitisob 
sttaunmenmCMsen  und  m  rabrixiren  seien.  Auch  die  Erstellung  einer  Lohn- 
«tatistik  wnrde  dem  Arbeitersekretariat  übertragen.  Es  ergab  sich  ans  den 
fcolr1ipr>v'eise  veranstalteten  Rrhebungen  unter  Anderem,  daß  in  der  Schweiz  jähr- 
lich uinuiestt-ns  27,ni)i)  Untälle  vorkommen,  welche  Personen  im  Alter  von  mehr 
als  14  Jahren  zustoßen.  1100—1300  verlaufen  tödtlicb,  weitere  ö.'>u — 1250 
haben  theil  weise  oder  gfinsUohe  Inyaliditit  sur  Folge,  die  übrigen  vorflbergehende 
Krankheit  von  mehr  als  Gtfigiger  Dauer  (vom  1.  April  1890  bis  31.  HSrx  1891 
wurden  sogar  28,635  solcher  Fälle  gezählt).  Von  den  mindestena  27,000  Un« 
fSlieo  ereignen  sich  zirka  21,000  bei  der  Ausiihnng  des  Berttfes 

Während  einerseits  die  hier  erwähnt^en  Maßnahmen  von  den  betretlenden 
Organen  durchgeführt  wurden,  legte  anderseits  das  Xndustriedepartoment  Hand  an 
die  LSsung  der  konstitutionellen  Seite  der  Frage  und  versehaffte  sieb  versebiedene 
Ciutacbten  Uber  die  Organiijatiuu  i  id  den  Umfang  der  pr»jektirten  staatlichen 
Versicherungszweige.  Solche  Gntachten  verfaßten:  Ueber  dse  Frage  im  Allge- 
meinen die  Herren  Natioualräthe  Forrer  und  Kinkelin,  spezitll  nur  über  die 
Krankenversicherung  die  Herren  Ständerath  Göttisheim  und  Fabrikinspektor 
Schuler.  Sachbezüglicho  Eiiquüteu  wurdm  anoh  ontemommen  von  den  Handels-, 
Oewerbe»,  Landwirthschafts'  nnd  ArbeiterverbKnden  der  Schwein. 

Im  November  1889  konnte  der  Bandearath  den  eidgenössischen  Rätheiieino 
Botschaft  betreffend  die  Aufnahme  eines  neuen  Artikels  in  die  Bundesverfassung 
vorlegen.  Derselbe  sohlng  für  diesen  neuen  Artikel  folgende  Fassung  vor: 

«Der  Bund  ist  belügt,  im  Wege  der  G^etzgebung  die  obligatorische  Unfallver- 
sicherung einzurichten.  Er  ist  im  Weiteren  befugt,  Aber  die  KraDkenverakherung  ge- 
setzliche ße>timmungcn  zu  trefTen  und  für  särnmt liehe  Lohnarbeiter  den  Beitritt,  m 
einem  Krankenkassenverband  verbindlich  zu  erkUiri  n/ 

Wenn  jemals  eine  bundesräthliche  Vorlage  fast  das  ganze  Volk  für  sich 

hatte,  so  war  es  diese.  Darum  konnte  der  Bnndesrath  in  seiner  Botschaft  auch 

mit  vollem  Recht  bemerken: 

.Alle  politischen  Paileien,  die  Arbeilgeber  wie  die  Arbeitnehmer,  verlangen  in 
seltener  Einmuth  die  Einführung  der  obligatorischen  Versicherung  und  die  Frage  wird 
in  den  weitesten  Kreisen  der  Bevölkerung  ab  eine  sehr  dringliche  angesehen !  Ja  der 
Ueberzeugung,  daß  von  ihrer  [ifi<iti\en  Erledigung  alles  Heil  kommen  werde,  ist  s«  all- 
gemein, daß  bei  späterer  Nichterfüllung  zu  hoch  gespannter  Hoflhuugeu  leicht  ein  Rück- 
schlag sich  einstellen  kann,  der  aber  nur  den  Uebergang  zu  weiteren  Fortschritten 
bildLii  winl.  Jedenfalls  ist  die  Sliöntung  nun  einmal  vorhanden,  und  es  wäre  vergeb- 
liche Mühe,  derselben  entgegenzutreten;  die  Sachlage  ist  derart,  daß  dieser  Theil  der 
Sozialgesetzgebung  jetzt  an  die  Hand  genommen  werden  muß.* 

Speziell  in  Bezug  auf  die  Krankenverskherwtff  kennseichnet  der  Bundes* 
ratb  seinen  Standpunkt  wie  folgt: 


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Vaikfaeraiig 


—    352  — 


VenidieraiiK 


.Die  Refcluii^'  der  KmikmTersicherung  wird  allerdinif^  einen  anderen  Charakter 
haben  als  (He  U[ifaliversicheriin<.'speselzgebung,  nAmlich  insofern,  als,  nach  aller  Vor- 
aussicht, die  KraokenTersrichet  unp  nicht  in  einer  staatlichen  Organisaüoa  aufgehen, 
sondern  auch  in  Zukunft  auf  den  bestehenden  freien  und  Artlichen  Verbänden  beruhen 
wird  f)ie  zahlreichen  lokalen  und  kantonalen  Krankenkassen  dOrflen  also  prinzipiell 
erhalten  Iticiben  und  bei  der  verallgemeinerten  Krankenversicherung  mitwirken.  Der 
^rnUe,  verderbenbringende  Mißbrauch,  welcher  mit  letzterer  getrMban  werden  kamk» 
führt  es  mit  sich,  daG  sie  möglichst  flezentralisirt  werden  mulS,  denn  nur  äo,  beigepren- 
i<eititj:er  Ueberwachuug  im  engern  Kreis,  gelingt  es.  Diejenigen,  welche  von  Anfang  au 
eine  Krankheit  nur  simoliren,  oder  sich  länger  krank  stellen,  als  sie  es  in  WitUkhkeit 
sind,  mit  ihren  unberwhtiglen  Ansprüchen  fernzuhalten. 

»IKe  oicht-staatlicbe  Krankeuversicherung  bietet  den  femern  Vorzug,  daß  sie 
weniger  bOreaukralisch,  billiger  und  administrativ  einfacher  ist.   Allerdings  wird  die 

fJcsetzpcbttnp  die  Vorschriften,  nach  denen  sie  sich  zu  rirhten  hat,  aufstellen,  wa«  nrn 
so  nöthiger  ist,  als  die  bestehenden  Krankenkassen  nicht  selten  auf  technii'ch  ganz  ver« 
fdilter  Grundlage  beruhen  ;  jene  wird  auch  bestimmen,  ob  und  eventuell  bis  zu  weldio* 
Grenze  die  kleinen  Knfälle  den  Krankenkassen  überwiesen  werden  sollen.  Es  ist  jetzt 
schon  anzunehmen,  da£  diese  Unfälle  den  Krankenkassen  zufallen  und  damit  das  äußere 
RindegUed  iwlsehen  der  Unfall-  und  Krankenversicherung  hMTSlellen,  90  daft  die  eine 
nicht  getrennt  von  der  andern  behandelt  werden  kann.*  — 

Aus  den  Beruthungen  der  Bundesvergammluog  ging  der  neae  Artikel  der 

Bundesverlassung  in  folgender  Fassung  liervur: 

(Art.  :{4''i»):  Der  Uund  wird  auf  dem  Wege  der  Gesetzgebung  die 
Krankcn-undUnfallversichertingeinrichtenunterBerücksichtigung 
der  bestehenden  Krank  enl<a<)4en.  Er  kann  den  Beitritt  all  ge  mein  oder 
für  einzelne  Revölkeruugnklassen  obligatorisch  erklären.* 

Nachdem  dieser  Verfassungsartikel  vom  Volke  genehmigt  war  (mit  283,000 
Ja  gegen  92,000  Nein),  betraute  der  Bnndeerath  Herrn  Natiowürath  Forrer 

mit  der  Aufgabe,  ein  Versicherungsgesetz  auszuarbeiten.  Derselbe  hat  diese 
Arbeit  Rowt  lt  durchgeführt  (Oktober  1892),  daß  die  leitenden  Gmndiätae  dar- 
aus hi'  r  nutgethtiitt  werden  können.  Sie  lauten  wie  folgt: 

a)  In  Bezug  auf  die  Unfallversicherung: 

1)  Die  Anstalt  ist  staatlich;  ihre  Organe  sind  ein  eidgen.  Unlallversicberungsamt 
und  kantonale  Bezirksbeamte.  l>er  Bund  Obemimmt  die  Rosten  der  ersten  Einrkmnng 

und  der  Verwaltung  der  Anstalt. 

2)  .leder  Arbeiter  f  ines  wirtlischafliichcn  Retriebes  und  jeder  Dienstbote  ist  mit 
Bezug  auf  jeden  Unfall,  insofern  er  ihn  nicht  vorsätzlich  herbeigeführt  oder  durch 
gröbste  Fahrlässigkeit  verursacht  und  insofern  der  Unfall  den  Tod  oder  einen  bleibenden 
körperlichen  Nachtheil  oder  eine  mehr  als  vier  Wochen  dauernde  Krankheit  nach  sieh 
gezogen  hat.  bei  der  Anstalt  versichert 

3)  Kleinere  UnfUIe,  welche  eine  Krankheit  vtm  weniger  als  vier  Wochen  zur  Folge 

liabcn.  und  längere  UnfallskrankheifLii  rn'l  auf  die  ersten  vier  Wochen  sind  von 

der  Krankenversicherung  zu  eutschädtgt^u.  Dte^e  i^t  glcictizeitig  mit  der  Unfallversicherung 
von  Bundes  wegen  zu  organisiren. 

4)  Die  Anstalt  ersetzt  zwei  Drittel  <le-  versicherten  Unfallschadens  regelmäßig 
mittelst  einer  Rente.  FQr  die  GrAße  ist  der  bisherige  Jahresverdienst  maßgebend  soweit 
er  2000  Franken  nicht  übersteigt. 

5)  Die  Krankenverekherong  wäre  an  die  bestehenden  Krankenkassen  «nculehnen ; 

die  Versicherung  wäre  für  alle  Arbeiter  in  wirthschafllichen  Betrieben  sowie  für  sämmt- 
liche  Dienstboten  obligatorisch.  (Nach  Angabe  des  statistischen  Bureaus  beliefe  sich  die 
Zahl  der  zu  Versichernden  auf  ca.  750,000  .unselbstftndig  Erwerbende*.) 

B)  In  Bezug  auf  die  Kranken verstcberang : 

1)  Alle  unselbständig  erwerbenden  Personen  beider  Geschlecht'  i  ,  velehe  auf 
schweizerischem  Gebiete  bei  einer  Transportanstalt,  oder  in  einem  industriellen  gewerb- 
lichen kaufinännischen  oder  in  einem  industriellen,  gewerblichen,  kauiuuüinischeu  oder 
landwirtsciiafllichen  Betriebe  angestellt  sind,  sowie  alle  Dienstboten  inländischer  Haus- 
haltungen, vom  zurilckgeleglen  14.  AUersjahre  an  mOssen  gegen  die  wirthschafllichen 


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Veisiolieruag 


—    36d  — 


V«rsieheraDf 


Folgen  der  Krankheit  ven>ichert  werden.  Die  obligatorische  Verüicherutig  aller  dieser 
Personen  bildet  einen  Bestandlheil  der  Arheiterschutzgesietzgebunf. 

2)  wenlen  Je  nfich  der  Yolksdichtigkeil  Ver-icljerun|j:.shfzirke  unil  Versichern ngs- 
gemeinden  geschatfen.  Jede  (iemeiade  snll  (>ine  gut  orgauiäirte  Krankenka%>se  haben; 
djeselbe  bilcnt  di«  Grundlage  (Qr  den  AufLiiu  der  geaammten  Institution.  Für  die  Bitdong 
von  Versicherungsgemeinden  wird  auf  ein  Minimtim  von  1500  EinwohaerD  abgestellt; 
kleinere  Gemeinden  wflrden  zusammengelegt. 

3)  Zu  möglichster  Ausgleichung  des  Risikos  werden  Versich eningsverb&nde  fe- 
schafTen;  dieselhen  baairen  wie  die  Kassen  auf  dem  Prinzip  der  Pelbstverwaltunjr.  wo- 
durch namentlich  der  Simulation  entgegengewirkt  wird.  Die  Thatigkeit  der  Verbände 
wäre  auf  gewisse  Zwecke  zu  beschränken,  z.  B.  gemeiiisaiuer  Betrieb  von  Kranken- 
anstalten, Sanatorien  etc.,  Uebernahme  des  Risikos  für  Epidemien  oder  andere  aufter> 
ordentliclie  F.ille. 

4)  Die  Or^'anisation  der  Krankenversicherung  umfaßt  drei  Arten  von  Kassen :  die 

Gemeindekriinkenkassen,  die  Betriehskr;\[iketika«i«ien  und  die  freiwilligen  Kr;inkenkns!'en  : 
die  erstem  bilden  die  Normaika&j4Bn.  Vou  den  Ireiwilligen  Kasten  wird  verlangt,  daU 
<ie  wenigstens  das  leisten,  was  für  die  offiziellen  Kassen  vorgeschrieben  ist.  Die  Betriehs- 
kraiikeiikassen  f«ind  die  Krankenknscen  <U'r  Fabriken,  der  Eisenbahn-  und  Dampschiff- 
geselldcliallen  ;  dieseüjen  sollen  unter  nui^lichsl  guter  Organisation  bestehen  bleiben. 

5)  Die  Gemeindekrankenkasse  wird  alle  Personen  umfassen,  welche  nach  Maßgabe 
des  Gesetzes  dem  Versicherungszwanp:  unterlic^'en  und  nicht  einer  Bezirkskraiikenk.mse 
oder  einer  zulässigen  freiwilligen  Kais^e  angehören.  Für  öeHi-trunli;.'  Erwerbende,  welche 
sich  freiwillig  versichern  wollen,  muß  eine  gewisse  Alters^rm i  io  i.'j  Jahre)  nebst 
dem  EIrforderniß,  daß  sie  nicht  krank  seien,  aufgestellt  werden.  Der  Eintritt  der  nicht 
selbständig  Erwerbenden  findet  ohne  Rücksicht  auf  flas  Alter  und  den  Gcsundlieits- 
xnstand  statt. 

6)  Die  Letstuugen  der  Kassen  bestehen  einerseits  in  Uebernahme  der  Kosten  für 
Arzt  und  Arzneimittel  im  Krankheitsfalle,  andererseits  in  dem  theilweisen  Ersatz  des 
ßkonomischen  Ausfalls  infolge  der  Krankheil.  Für  die  Dauer  der  Unterstützung  wird 
vorläufig  ein  Jahr  angenommen ;  für  die  Höhe  der  Leistung  zwei  Drittel  bezw.  70  75  "/o 
des  Erwerbsausfklls.  Hinsichtlich  Rechte  und  Pflichten  beim  Aus-  und  Eintritt  resp. 
Wechsel  im  Aufenthalt  soll  der  Grundsatz  der  Frei/tügigkeit  gelten.  Bei  Unfällen  mflssen 
für  die  eisten  sechs  Wochen  die  Krankenkassen  aullcommen. 

7)  Die  Bezahlung  der  Prämien  geschieht  Seitens  der  Arbeitgeber  und  Arbeiter  zu 
l^'leichen  Tiieilen.  Die  Arbeiter  sollen  mit  RiUksickt  auf  die  in  ilen  wirthschafllichen 
Betrieben  meiu:  oder  weniger  vorhandenen  Kt  inkbeitsgefahreu  zur  Beitragsleiatung  an 
die  Krank«iversicberung  ebenfalls  herangezogen  werden.  Die  Nbrmalprftmle  wird  auf 
3Vj  ^"  des  Lohne>  veransolilagt.  Sind  die  Kosten  gerin;.'er,  sn  werden  die  Prämien  bis 
auf  Weiteres  nicht  reduzirL  sind  dieselben  höher,  so  werden  die  Arbeitgeber  fOr  das,^ 
Mehr  belangt.  Sollte  ein  Uschlag  von  I  V»  nicht  genügen,  so  werden  die  Qemelnde- 
kassen  einstehen  mfissen;  hei  außerordentlichen  Verhältnissen  iE(>ideniien  etc.l  müßte 
die  Geeammtheit  eintreten.  Eine  L«stung  des  Bundes  an  die  Krankenversicherung  soll 
nicht  ausgeschlossen  sein. 

S)  Or;.'ani-ali(in  der  Krankenkassen.  Die  Gemeindekrankenkassen  stehen  unter  der 
Aufeicbt  der  Bezirksverwaltung  (Verbände) ;  diese  or^nisiren  Schiedsgerichte.  Dann  gibt 
e«  <wel  getrennt  berathende  Generalversammlungen,  die  eine  von  den  Arbeitgebern, 
die  anilere  von  den  Arbeitern  gewählt. 

Au  der  Spitze  des  Ganzen  steht  das  schweizerische  Versicberungsamt,  dessen  Haupt- 
ariieit  in  der  Kontrole  und  Stattrtik,  sowie  in  der  Untersuchung  und  Entseheidong  von 
Beschwerden  etc  besteht. 

Eh  würde  naiie  liegen,  hier  aiu  h  die  GrnndzUge  der  vielfachen  von  amleren 
Seiten,  Verbünden  und  Einzelpersonen  veröffentlichen  Gutachten  und  Kund- 
gehmngtttt  sa  nattmlna.  Wir  vendohton  jedooh  dmmn^  weil  «IIa  diese  Galaobten 
und  Kandgebungen  vom  Verfower  des  GesetnntwnrfiM,  Herrn  Forrer,  bereits 
gewürdigt  worden  sind  und  das  Beste  derselben  woiil  ebenlails  in  seinen  Vor- 
Schlägen  sun  ▲osdmek  kommt. 

•  * 

Anf  unsere  eohweiiwisohen  Bestrebungen  xur  Terstaatlichung  der  Unfiill-  und 
KrankenwrBichemng  wirkton  aoAerordentlich  belebend  das  vom  Dentsoben  Reiche 

Fnrnr,  Tolkiwbrtluchafla  Lcstkoa  dar  S^weii.  03 


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Versicherung 


—    354  — 


Versicherung 


und  Oesterreich  gegebene  Beispiel.  Schon  18d3  hatte  das  Deutsche  Reith  ein 
Gesetz  betreffend  die  Erankenveraiohening  der  Arbeiter  erlaaaen.  Im  Jahre  1884 
folgte  ein  Gesets   betreffend  die  UnfilllTerneherangf  im  folgeaden  Jahre  ein 

Gesetz  Uber  die  Ausdehnung  der  Unfall  und  Krankenversicherung,  und  im 
Jahre  l^fiH  sowohl  e'm  Gesetz  betreffend  die  Fürsorge  für  Beamte  und  Personen 
des  Soldatenstandes  bei  Betriebsfäilen  als  auch  ein  Gesetz  betreH'eud  die  UufaJl- 
und  Krankenversicherung  der  in  land-  und  forstwirthsobafüichten  Betrieben  be- 
aebXfUgteD  Panonen.  Tom  11.  Juli  1887  datirt  eia  6«Mts  betreffinul  die  Ünfkll  - 
▼efeiehernng  der  bei  Bauten  beaeiilftigten  Fenooeo ;  ▼em  IB.  Juli  1887  ein  auf 
die  Seeleute  bezügliches  Unfallvereicbeningiigesets  nnd  vom  28.  Jani  1889  ein 
Gesetz  betreffend  die  Invaliditäts-  und  Altersversicherung. 

(hi^terreicli  besitzt  seit  28.  Dezember  1887  ein  üe.set/  betreliLud  die  An- 
faUversicherung  der  Arbeiter,  seit  30.  Mars  1888  ein  Gesetz  betretfeud  die 
KraDkenvenioberung  der  Arbeiter,  und  seit  4.  April  1889  einen  Kachtrag  m 
letaterem  Geeets. 

In  beiilen  Staaten  wird  die  Tragung  der  Kosten  den  Arbeitgebern  und 
Arbeitern  überlassen.  In  Deutschland  bestreitet  der  Staat  die  Unfallversicherungs« 
kusten  tiir  die  ötaatöbeamten  und  Staatsangestellten  bis  znm  Soldaten,  ebenso  für 
die  staatliehen  Baggerei-,  Binnenschiffahrts-,  Flößerei-,  Kahn-  und  Fährbetriebe, 
sofern  die  betreffende  Staatsbehörde  nicht  verfUgt,  daß  diese  den  Bemfagenodsen- 
Schäften  angehören  sollen.  Die  nicht  staatlicben  tJnfallversicherungsjiflichtigen 
sind  in  Berufsgenossenschaften  eingetheill.  Für  die  Krankenvereieberimg  bestehen 
Gemeinde-,  Orts-,  Betriebs-,  Ban-,  Inmingskassen,  sog.  „eingeschriebene"'  Hülfs- 
hassen  und  „Undesreohtliche"  Eüliskasseu.  Ein  Beiohsversicherungsamt  administrirt 
das  Ganse. 

In  Oe^erreieh  bestehen  die  TTnfallversiohernngsorgane  in  länderweise  er« 
richteten  Yersioheningsanstalten,  welche  sSmmtliohe  vert^icherung.spflichtigen  Be- 
triebe mnfas5?cn.  Die  VorKtände  sind  zu  '/a  aus  Vertretern  der  Betriebsunter- 
nehtner,  zu  '/s  aus  Vertretern  der  versichertet!  Arbeiter  und  zu  '/s  ans  Vprtr<^tcrn 
des  Ministeriums  zusammengesetzt.  Für  die  KraukenverHioherung  bestehen  Gericht«- 
beairkS'Krankenkaesan,  Baukrankenkassen,  Betriebekrankenkassmi,  Genosaensohafts- 
krankenkaseen,  Braderladenf  Veieinekrankenkaasen. 

Die  Organisation  der  deutschen  und  österreichischen  Unfall-  und  Kranken- 
versicherurtg  näher  zu  bc  f  breni"n,  ist  dem  Lexikon  in  Anbetracht  des  für  diesen 
Supplementb  ind  knapp  zugeiueKsenen  Huumes  nicltt  gestattet.  Es  verweist  dafür 
auf  das  treffliche,  der  buudesrüthlichen  Botschaft  \om  26.  November  1689  bei- 
gefügte Gntachten  des  Herrn  Nationalrath  Forrer,  welchem  Gntaohten  das  Lexikon 
selbst  yide  Stellen  entnommen  hat.  Behufs  Orientirung  Uber  die  Bestrehnngen 
der  schweizerischen  Kantone  in  Sachen  der  Krankenversicherung  empfehlen  wir 
die  üenksebrift  des  Herrn  Ständerath  Göttisheim. 

Diese  kantonalen  Bestrebungen  haben  zu  gesetzlichen  Erlassen  geführt  in 
den  Kantonen  Bern,  St.  Gallen  uud  Appensell  A.-Bh..  an  GesetsentwttriBn  b 
den  Kantonen  Baselstadt,  Aargan,  Genf  und  Zfirieh.  Es  ist  aber  nur  ein  kleiner 
Bruchtheil  der  Bevölkerung,  welche  vun  den  gesetzlichen  Erlassen  der  Kantone 
Bern,  St.  Gallen  und  Appenzell  A.-lili.  betroffen  werden  (Bern  die  dürftigen 
Kranken,  Arrnenge«etz  von  1857  8t.  Gallen  die  Aufenthalter,  Gesetz  vom 
19.  Januar  1885;  Appenzell  A.-Eh.  ebenfalls  die  Aufenthalter,  Verordnung  vom 
22.  März  1887.) 


^}  Vgl.  «Hittheiluttgen  des  bemiseben  statistischen  BoreanV,  Jahrg.  1891,  L%.  1. 


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Versicberun? 


—    dS5  — 


Venidierung 


Ii  i  f  p  r  a  t  u  r  .  > .  1 1 1 1  e  die  Ii  e  r  t;  i  t  -  im  A  r  t  i  k  o  1  e  r  w  ii  h  n  1 1  • : 

E.  Wutulerly •  von  Muralt^  Zürich,  lieber  Haftpflicht  aus  Fabrikbe- 
trieb und  Einfahrunf  d«r  allgemeinen  Unfallrersicherang.  Vortrag 
gehalten  am  4.  Dezember  1S85  in  der  «Kaufmftnsiscbeil  Geseilschaft  Zflrieh*.  Zfliich, 

bei  Zürcher  &  Furrer,  1S85.  26  Seiteu. 

Schweizerischer  Spinner-,  Zwirner-  and  Weberverein  (Verfasser: 
F.  Bertheau-Hürlimann  in  Rappei-wt  ili.  Gutachten  über  die  prnjeWirte  weitere  Aus- 
dehnung und  Verscliärfung  der  Haftpflicht  ans  Fabrikbetrieb  und  über  allgemeine 
Unfallyersicherung  der  Arbeiter.  Wetzikon,  Aktiendruckerei,  1885.  83  Seiten. 

N.  Droz,  Bundesmtb.  Die  Opfer  der  Arbeit  und  die  obligatorische 

Unfallversicherung.  Bern,  bti  K.  .1.  Wvß,  1885.  50  Seiten. 

Otkar  Seüer^  stud.  jur.,  Zürich,  lieber  Unfall-  und  Kranken  ver> 
eicherting.  Im  Zofinger  Gentraiblatt,  Jahrgang  1885/86. 

H.  Scherrer,  gew.  SL  Gallen.  Gentraipräsident  des  sehweiz.  Grütlivereins-.  D  ie  o  b  1  i- 
^'a  torische  U n f a  11  v e r s i c h p  riin pr ,  Referat  am  schweizerischen  Gewerluchafls- 
KoDgreÜ  zu  Bern.  Zürich,  bei  C.  Coiuelt,  lbä6.   10  Seiten. 

Dr.Simmt  Kaiser,  Solothum.  Bericht  Aber  die  Eiorichtnng  der  staat* 
liehen  und  ob I  i u ii  tor i s c h cn  ünfallTersieherung  in  Denlacbland. 
Bern,  bei  W.  Bü.-lii.-r,  ISSR.   Ifi  Seiten. 

Gro.  H.  Page,  Cham.  Utleiie  Antwort  aut  die  Fragen  des  schweizerischen 
Hui.icls-  und  Industrie-Vereins,  betreffend  die  Ausdehnung  der  Haftpflicht  und  die 
Kiniiiliiung  einer  obligatorischen  Arbeiter-UnfaUversichemng.  Zürich,  bei  Qrell  Füftli 

&  Cie.,  1886. 

Bureau  der  kaufinänmse^  GeaOUdMfi  Züriehj  Haftpflicht  aus  Fabrik- 

betrirli  und  o  b  l  iga  to  r  i  sc  he  ITofallversichening  der  Ar  beiter.  Ztlridi, 

bei  Schrott  r  und  Mcyrr,  1886. 

Ed.  Suhtr-Zicgler,  W  iült;rtliur,  H  a  1 1  p  i  1 1 1;  Li  t  und  U  n  Tu  1 1  v  e  rs  i  c  h er  u  u g, 
Vurtrag,  ^'ehalten  in  der  Generalversammlung  des  Vereins  schweizerischer  Maschinen- 
industrieller  am  27.  Mai  1887  in  Zürich.   Zürich,  hoi  Herzog,  1887.  25  Si  iten. 

Nationalrath  «T.  /.  ^eJ^er,  Fischenlhal.  Die  soziale  Frage,  Haftpflicht- 
gesetc,  obligatorische  Arbeiterverf^icherung;  Vortrag,  gehalten  den 
«.  Februar  1887,  in  Dürnten;  Wald,  bei  H.  Heß  1887. 

Natirtoalrath  R.  Oallati,  Qlarus.   Haftpflichtgesetze  und  Unfallver 
Sicherung,  Vortrag  in  der  Kreisversanimlung  der  Grütlivereine  des  Kantons  Glarus 
am  29.  April  1888  in  Ennenda.  Glarus,  bei  Bäschlin.  28  Seiten. 

Nation. ilr:illi  v.  Steiger,  Bern.  Haftpflicht-  nnd  T' n  fa  1 1  v  o  r  s  i  c  h  e  ru  ng 
für  die  Lau  d  w i r  t  lisch  a  fl ;  Vortrag  am  zentralschweizerischen  landwirtbschaft- 
lichen  Kurs,  14.  Februar  ls89.  abgedruckt  in  den  Bemlsrhen  Blättern  fOr  Landwirth' 
Schaft  1S89,  Nr.  Vi  20  und  '2[. 

C.  Bodenheimer,  alt  Sländerath,  Straßburg.  Lea  Mgurano  s  ouvrüres^  in  Hilty's 
Politischem  Jahrbuch  der  schweizerischen  Eidgenossenschaft,  Jahr- 
gaiH'  1888,  B.'iii.  I.pi  K.  J.  Wyß.  pap.  199  305. 

Mermann  GrctUiehf  sehweiz.  Arbeitersekretär,  Zürich.  Vortrag  Ober  die  Noth* 
wendigkeit  und  praktische  Bnrcfafahrung  der  Unfall*  nnd  Krankenversicherung,  insbe- 
f-uiuL  r.»  rrir  landwirthschafllioh*-  .\rl>oiter,  gehalten  am  7.  Juh  1889  in  der  Tonlialle 
Zürich,  vor  der  GeneralTersiuamlung  der  katholischen  Männer  und  Arbeitervereine  in 
der  Sdiweiz. 

C.  Bodenheimer,  all  Sfänderath,  in  SlraßlMUi.',  ni(TrrLnre<  h  apporler  dans  l'or- 
ganisation  de  Tassurance  äuivant  que  les  iucapacit^  sont  de  cuurte  oa  de  longue  duräe, 
eine  der  Monographien  des  Gongr^  international  des  aeeidents  du  travail,  vom  9. — 14. 
Sep!  TU  I  'i-  1  '^s9,  in  Paris. 

Kiuukeu-  und  Unfallversicherung  mit  l>esouderer  Berücksichtigung  der  Land'  und 
Forstwirthschaft.  Bericfaterstattang  an  den  Vorstand  des  schweizerischen  landwirth- 
«^chatllichen  Vereins,  von  Theodor  Felber,  Oberfftrster.  (Aarau,  Buchdnickerei  Emil 
Wirz,  1892.) 

Die  Unfall»  und  Krankenversicherung,  von  E.  Nftf,  Kantonsstatistiker  in  Aarau. 

(Separatabzug  aus  ilcrn  Archiv  für  .-nzialc  f!( tZp^olamg  und  Statistik.  IV.) 

Allgeuieiue  Schweizerische  Versicherung  gegen  Krankheit,  Unfall,  Invalidität  und 
Tod.  Von  Julius  Zuppinger.  (Zürich  189S.  Verlags-Hagazin,  i.  Schabelilx.) 


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Versicherung 


—    356  — 


Veisiclierunjf 


Die  KrankenTemcbemiig  der  Arbeiter  in  der  Schweiz.  Voo  Dr.  Carl  Eberle, 
PHLsident  der  Vereiin>iing  schweizeriscber  Soaalpolitiker.  Verlag  von  K.  Obcrhober» 
Baciidruckerei.  Uznach  1891.) 

RaUtaehlag  und  Entwarf  betreffend  eine  obligatorische  Volkssparkoi^  zum  Zwecke 
der  allgemeinen  Kranken-  und  Altersversicherung  (eventuell  auch  InvaUdcn-  und  Unfall« 
▼ersichcninp),  von  J.  Hirzcl,  Stadtralli,  Winterthur.  f?:epternher  1891.   Rfibst Verlag.) 

Staatliche  uyigatorisclie  Kr,ii)konversicluruiig,  Ilet'erat  gehalien  am  Centralf^l  des 
Schweiz.  GrOtliverein«:  in  Gren<  Ikmi  nm       Jnni  1880,  von  Jb.  Itscbner,  Sekuodarlelirer 

in  Neumin.sfrr.   f?:t.  Gallen,  Th.  Wirlli  .1-  Ci<-..  1R86.) 

(jrundzüge  der  Kranken-  und  Unfallversicherung  für  die  Schweiz.  Von  Iiiiklaus 
Benziger,  Nationalrath.  1890. 

Ideen  zur  Initiative  für  schweizerische  Bundesversichci  1111;.%  vini  C.  Widmtr.  1892. 
Verlag  von  Meyer  Sc  ZeUer.  (Feuer,  Landwirtbschaft,  Hagel,  Vieh,  Leben  incl.  Unfall, 
Alter.  Invalidität.) 

De  L^Assnranee  obligatoire  contre  les  aecidents  et  les  maladiee  spteialemettl  en 
Snisse,  par  Einest  n«^r6sole,  docteur  et  licencie  en  droit,  (1892,  Lausanne,  F.  Rouge.) 

Eri(>i<-fp  rilir-r  die  .'^'t.'Ihinpn.ihniP  der  Arheiter-cliiifl  /.nr  Bundesgosctzfcliuiip  lie- 
trefTend  Kiankcu-  und  Lnfallveisicheruug,  vom  Schweiz.  Arbeitersekretariat,  (Zürich 
1891,  Druckerei  des  Schweis.  GrfltliTeretns.) 

Der  Bund  und  das  Venicheniiigswesen.  Von  H.  Stflasi.  {ZQricb  1899.  Alberl 
Mällers  Verlag.) 

Die  Viehversioherung. 

Die  Viehversichernng,  welche  Friedrich  der  Große  im  Jahre  1765  iu 
Schlesien  einführte,  war  nicht  eine  Vorsicherung  nach  dem  hcntigen  (im 
Grunde  ganz  uupatiscnden)  Sprachgebrauch,  sondern  eino  wirkliche  VerHicherungH- 
kaase  gegen  das  Umsioltgmfeii  von  Senehen,  eine  Krleg^ka^äe,  um  den  Kempf 
gegMi  Seaohen  au  f  Obren,  ebenso  die  nacb  «einem  Beispiele  in  andern  detttaehon 
Staaten,  in  Holland  und  Belgien  ^'egründeten  Viehversicberungskassen.  Die 
Schäden  werden  nach  ganz  niidern  GrundKützen  bezahlt,  als  bei  der  Vieh- 
versicbernng  im  heutigen  Siüue  des  Worte».  Di^c  zahlt  keine  Ent-schfidigung^ 
für  abäiuhtlich  getödtetus  gesundes  Vieh ;  die  offizielle  Viehvert^icheruag  dagegeu 
benhlt  gmide  dieae  SohKden  toII,  wenn  dan  geeaede  Yieh  ana  prophylaktiaeher 
Serge  für  daa  Geiammtwohl  gesohlachtet  wird,  denn  auch  an  Seuchen  gefallene» 
oder  wegen  der^selben  ges^chlagenes  krankes  Vieh,  wenn  der  Biisitzer  den  polixci* 
liehen  Vorschritten  betrottend  sofortige  Anzeige  c:c.  nachgehbt  hat. 

Dieses  Motiv  der  Bekämpfung  der  Seuchen  im  Interesse  des  Gesammtwohtas^ 
hat  vom  Anfang  dieaea  Jahrhunderts  an  die  obersten  Behörden  dar  meisten 
Kantone  der  Schweis  Teranlafit,  aolohe  yiebverfioberanga»  oder  Tiehaettohenlnwaea 
in*«  Leben  zu  rufen  und  in  den  betreffenden  Gresetzen  und  Verordnungen  gleieb- 
zeitig  Vorschriften  üher  das  Verhalten  der  Beaitaer  und  der  Behörden  beim  Anf- 
treten  von  Viehseii'licn  aufzustellen. 

Da  in  diesem  iiam^te  das  vereinzelte  Vorgehen  der  Kantone  nicht  geuUgende 
äidierbeii  gewährte  und  au  onnOthigen  Plaökereien  swiacben  den  Kantonen 
ftthrte»  80  worde  im  Jahre  1653  von  fivllioh  nur  aobt  Kantonen  ein  Konkordat 
abgesdilcascn  behufs  gemeinsamen  Torgeheoat  «nd  in  der  Folge  durch  ein  Bandes^ 
p,-,f/  vom  8.  Fcltruar  1872  dicsefs  gemeinjinme  Vurgclicn  allen  Kantonen  znr 
Ptlieiii  •.'•"nr.>''lit  iiud  unter  die  Leitung  des  Bundes  gcsttdlt,  dessen  atisfiilirendö 
Behörden  auumehr  die  Kantonsregierungeu  sind.  Das  Tüdten  kranker  oder  der 
Krankheit  yerdlohtiger  Tbiere  iat  bei  RLiderpeat,  LangenMeuohe,  Rots  und  Wnth 
anadrttoklioh  vorgeaobrieben;  lUr  auf  Anordnung  der  Behörde  getödtete  Thiere 
Oller  die  Zerstörung  von  Fütter,  Stroh,  Dünger  oder  Geräthschaflen  behufs  der 
Bekämpfung  der  Seuobe  werden  bei  Rinderpest  und  Luogemteuebe  Bandeabeiträge 


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Yersichemiig 


~    S67  — 


Yenicheriing 


in  Aussicht  ge**tel!t,  bei  Rinderpest  die  Hälfte  der  von  den  Kantonen  ht^zahlten 
£ntächädiguDgen,  sofern  diese  für  gesund  geschlachtete  Thiere  den  vollen  Schaden 
und  bei  Beseitigung  kranker  Thiere,  «owie  von  Fatter,  Stroh  eto.  '/<  ^  Soliadens 
vergütet  haben.  An  die  Kosten  der  Bekimpfiing  der  Lnngensenche  siobert  der 
Bund  eitlen  Beitrag,  wenn  große  Opfer  erforderlich  waren.  Von  der  den  Elan- 
tonen  durch  den  Grei)zs("1intz  erwachsenden  Konten  ttbernitumt  der  Bund  die 
Hiilfte.  Da  dieser  Grenzschutz  hie  und  da  zam  Schaden  der  (resjanimtheit  von 
einzeluea  Kantonen  ongenUgend  und  zu  wenig  einheitlich  aut^geübt  wurde,  so 
WQide  dnrch  Bnndeageaets  TOD  1.  Jnli  1886  anoh  dieeer  Greossohnts  -wid 
namentlich  die  Untersuchung  der  eingefUhrfeen  ladete  dau  Bunde  ttbertrageii ; 
aus  dem  Ertragt-  der  durch  seine  Grenzthierärzte  ao^gestellten  Gesundlieitsscheine 
werden  vorerst  diese  Thierärzte  seihst  bezahlt ;  der  Ueberschuß  dient  zur 
AeufTnung  eines  eidgenössischen  Viehseuoheofonds,  welchem  alsdann  die  Bundea- 
beiträge  entDommeo  werden  sollen.  ') 

Bei  Bindwpeat  und  Lnngeneeoohe  find  allen  Kantonen  gans  bestimmte  Lei* 
etungen  vorgeschrieben,  hinter  welchen  sie  nicht  zurückbleiben  dürfen ;  bei  andern 
SeiK-^<';i  l>  r:;:>n  sie  sich  größere  uder  geringere  Opfer  für  Schiidcii  und  Desinfektion 
auf.  I'lmige  Kantone  ertbeilen  auch  Vei  bedeutenden  Vieliverhiston  durch  gewön- 
liehe  Krankheiten  oder  Unfälle,  namentlich  gegenüber  armem  Eiuwohuern,  Ent- 
echidiguiigen  in  kleinern  oder  größern  Quoten;  einige  ertheilen  auch  Beiträge 
an  die  Kosten  dar  InpAnigen  gegen  Pocken,  Milabrand  nnd  Baoflohbraad.  BAe 
Kantone,  welche  bereits  größte  Fonds  angesammelt  haben,  Hlrderu  ans  ihrem 
Ertrage  aueh  andere  Bestrebungen  der  Landwirthe  durch  Beitrage  an  die  gegen- 
aeitijje  Vieh  Versicherung,  an  Viehleihkassen  und  ati  Viehprämien. 

Diejenigen  Kautone,  welchen  für  die  Erfüllung  der  Buudesvorschriften  noch 
keine  Fonds  ta  Gebote  stehen,  mOasen  die  HttUamittel  der  Staatskasse  entoduneii. 
Da  jedoch  die  Bekämpfung  der  Sendien  hie  und  da  ganz  außerordentliche  Httllb- 
mittel  in  AuHpruch  nehmen  kann,  so  haben  die  meisten  Kantone  Fon.ds  ge« 
sammelt;  die  bezüglichen  Gesetze  weisen  diesen  Fonds  in  erster  Linie  die  von 
der  Viehpoiizei  selbst  gelieferten  Mittel  zu,  den  Ertrug  der  von  den  kantonalen 
Behörden  ausgestellten  Viehgesundheitsscheine  und  der  Bußen  wegen  Uebertretnng 
der  Vorsehriften  der  Gesundheitspoliaei ;  einige  Kantone  erheben  aach  you  den 
Viehbesitzem  alljährliche  Beiträge  per  Stück  oder  nach  dem  Werthe  des  Ter* 
sicherten  Viehes  ;  die  meisten  Seurhenknssen  beziehen  oder  besogeo  bis  EU  ihrer 
Erstarkung  einen  jährlichen  Beitrag  der  Kantonskassc. 

Wir  verweisen  Diejenigen}  welche  sich  Uber  die  Entstehung,  die  Organi- 
sation nnd  die  finannellen  Bfgebnisse  dieser  SeuehenkaaBen  einlKßUoher  an  unter- 
richten wttnschen,  auf  dnen  in  der  ZeitBohriit  für  sohweiaerisohe  Statistik 
(Jahrg.  1891,  S.  448 — 465)  enthaltenen  öffentlichen  Vortrag  des  Direktors  des 
eidgenössi<-rhen  Versicherungsamtes  und  bescliränken  uns  hier  auf  den  Abdruck 
einer  im  Statistischen  Jahrbuch  der  Schweiz')  erschienenen  Abhandlung. 

')  Analoge  Einrichtungen  besitzen  onsere  Nachbarstaaten.  Ein  tiesetz  des  nord- 
detilüchen  Bundes  vom  7.  April  18(39  sichert  den  Einzclstaulen  Beiträge  un  die  Ent- 
schädigung tur  wegen  Rinderpest  getödlete  Thiere ;  dsus  Verfaliren  bezüglich  der  andern 
Seuchen  regelt  das  Reichsgesetz  vom  23.  Juni  1880,  wobei  die  Landesgesetzgehung  för 
die  nöthigen  Miltel  sorgt.  Das  Gesetz  der  französischen  Repnbtä  vom  21.  Juni  1881 
behandelt  alle  Thierseuchen,  sichert  aber  nur  htÄ  Abschlachtungen  wagen  Rinderpest 
und  Lungeaseuche  Slaafsbctträjje  zu. 

'}  Herausgegeben  vom  Kidgenossischon  ;>tatLstischen  Bureau ;  Verlag  des  Art.  Insti- 
tutes Orell  FfifilT. 


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Yersichenuig  ^  —  Versicherung 

YiehsenotienkasBeii,  itaatliohe.  Ei  bestelMii  solobe  laut  «StatistiteheB 
Jalirbnoli  der  Sohwoi*  rom  Jahrgang  1892. 


1  Tnti»r  ilpn)  \  u  im^ii 

\J  iJ  In.  A     UITIIJ     ^1  Kill«.  II 

**V  1 1 

Mit  V<'rn»ögeD  am 
öl.  De/.  IS90 

Mit 
t  iir  \' 

1  i  1         I JMMV  1 

1890 

Zürich 

Viehstempelfomis 

i8oa 

r  r. 

H  O  0  7  1  O 
O^ii,  1  l  £ 

Fr. 

22,124 

Bern 

Viehentscbgii  i    n  E^skaue 

1804 

n 

14,350 

Pferdeschein  kasftu 

m 

QU  A 
öiJ,440 

T 

1,903 

Luzem 

yiehentscbädiguDgskfuse 

1888 

m 

» 

2,321 

Mwya 

ViehkssBafonda 

1866 

9 

n 

1,728 

Glaros 

ViehTenicherungsk&sse 

1857 

9 

M 

.^,200 

Viehentschädigungsfüiids 

1870 

» 

tt 

1,166 

freiborg 

Kindvichvereichcr .- Kasse 

1827 

o  1  f  ob 

n 

7,812 

n 

PferdeversicherungHkasoe 

1884 

n 

Ol  Q>);i 
^*>,V7  Ja 

» 

2Ö0 

n 

Gaiaw  de  polies  samteiie 

1873 

Bolothvm 

ViehTeimoliemngakasBe 

1867 

18ir,94D 

„ 

7,989 

Batielland 

Viehsenchenkasse 

1873 

• 

2,330 

Höh  Uffhausen 

Viehseuchenfonds 

1889 

« 

n 

96« 

Appenzell  A.-Kh. 

Fonds  f.  Viehseiujheü 

1873 

r 

f)  4,304 

n 

— 

8t.  Gallen 

Vieh«euchenkasse 

1867 

n 

360,411 

1,052 

Aargan 

ViehentBobSd  ig  u  ngskasae 

1869 

« 

333,072 

12,357 

Thargan 

Viehseaeheafonds 

1838 

II 

243,970 

6,151 

Waftdt 

Reserve  Banitaire 

1886 

• 

30,924 

Caisf?e  d'assiirance  du 

Uetail  Vaccine 

n 

639 

2,550 

Keuchatel 

(Jaiwe  des  öpizooties 

1869 

58,a06 

f» 

£idg«MM8Misoluifl  Fonds  des  6pin>oties 

1887 

n 

197,847 

» 

436 

Fr.  4,348,273    Pr.  88,686 

Es  wurden  ferner  aus  diesen  Kasasn  and  F<»ds  bestritten  Fr.  613  Ans^ 
gaben  ftkr  Desinfektionskosten,  Fr.  19,714  fUr  Dmek  Ton  Yiebgesundheit»- 

Bcheinen,  Fr.  149,829  (Bund  allein  Fr.  130^000)  fttr  Viebgesnudheitspolizei. 
kosten,  Fr.  ♦■)7.132  Beiträge  an  Viehschauen  und  Viehprämien,  Fr.  1382  für 
Impfstoir,  Fr.  IS, 097  als  Beiträge  an  Viehversicherungsvereine  (St.  Gallen 
14,831,  Freiburg  3266),  Fr.  2328  Yerwaltangskosten,  Fr.  1330  an  Viehleih- 
ksssen  (Thurgau),  so  das«  die  Ans|^ben  der  Kantone  fllr  Viebsehlden  sogar  nm 
Fr.  47,677  geringer  waren  als  die  Übrigen  Ausgaben. 

Wir  mußten  diese  Daten  vorausschicken  ;  denn  diene  Vorsorge  für  Seuchen- 
in  der  Schweiz  und  in  den  Nachharländern  begietizt  nun  die  der  Viehver- 
Bicheruug  im  gewilhnlichen  Sinne  noch  verbleibende  Autgabo.  Das  Schwerste  i«t 
ihr  abgenommen. 

IMesem  Umstände  ist  es  ttuosohreiben,  dafi  bei  uns  die  Versieherung  gegen 
gewdbnliche  Viehschäden  in  der  Hau})tHacbe  durch  lokale  Vereine  besorgt  werden 
konnte.  Wir  zählen  solcher  Vereine  mehrere  Hundert;  einige  derselben  bestehen 
fichon  über  hundert  Jahre.  Ihre  Organiaation  ist  überaus  einfach,  die  Kossteu 
der  Verwaltung  äind  gering  und  nicht  allein  aus  diesem  Gründe,  sondern  auch 
infolge  der  strengen  Kuntrole  und  der  bescheidenen  Entschädigungen  die  Opfer 
der  Mitglieder  nDbedent«ul«  Hanehe  dieser  Vereine  besohrftnken  sich  darauf, 
bei  einem  Viehverluete  das  Flttscb  des  gearhlachteten  verdicherten  Thieres  auf 
die  Mitglieder  zn  vertheilon,  welche  dafiir  zu  Händen  des  Beschädigten  einen 
etwas  unter  dem  Jifarktwerth  stehenden  Preis  bezahlen  j  dieselbe  Berechnung 


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Versicherung 


—    a5Ü  — 


VerbichtTUiig 


find«!  statt,  wttmi  du  Keiflch  unbnuakbar  kt  Wo  bShen  Enteelrildigung  zuge- 
«ichart  ut,  wird  imtBrliob  der  Werth  dee  Fleiaehee  und  der  Haut  von  derielbea 

in  Abrechnung  gebracht.  Um  den  Besitzer  an  der  Sorge  für  suin  Vieh  interessirt 
WOL  erhalten,  wird  nur  Veraicherting  für  einen  kidnern  oder  größern  Theil  des 
WertheB,  '^/^i,  '/«,  '/lo,  gewährt.  Bedingung  des  Rechtes  auf  Entt^chädigung 
ibt  Hurgbauie  PÜege  des  Thieres  und  Erlüllung  der  reglementariscben  Yorschrilteu 
bei  ein^  Unliill  oder  einer  Erkrankung  deMelben.  Beiekt  die  YorprUmie  niokt 
ana,  so  kann  bia  tu  Mnem  gewissen  Betrage  ein  Naakeobnß  erhoben  werden ; 
ist  dieser  Kredit  end^pft  und  ebenao  die  TerfUgbare  Beeerve,  so  tritt  Redaktion 
der  Entschädigang  ein. 

In  der  Regel  beschränkt  eich  diö  Vcrt^icherung  dieser  lokalen  Vereine  auf 
das  Rindvieh,  sogar  mit  Ausschluß  der  Ochsen. 

Bei  dieaer  Sachlage  genügen  diese  Vereine  denn  doch  dem  Bedilrfnine  nach 
Veraichemng  lange  nicht. 

Größere  schweizerische  Gesellschaften  für  die  gewöhnliihc  Versicherung 
hatten  bisher  nnr  eine  vorübergehende  Daner,  so  eine  18H0  im  Aargau,  eine 
andere  1846  in  Basel  gegründete  Gesellschaft  auf  (iegenneitigkeit.  Die  durch 
Gesetz  vom  5.  Dezember  1846  im  Kanton  Freiburg  gegründete  kantonale  An- 
atalt  fttr  fakultative  Viehyerncherung  (neben  der  obligatoriiehen  gegen  Seuchen) 
hatte  von  Anfang  an  geringen  Zuspruch.  Da  von  1853  an  Niemand  mehr  zur 
Yertiicherung  sich  anmeldete,  wurde  eie  1856  förmlich  durch  den  Großen  Bath 
aufgehoben. 

Unter  diesen  Umständen  müssen  wir  mit  fremden  Gesellschaften  auf  Gegen- 
eeitigkeit  vorlieb  nehmen,  auch  wenn  «e  finanneU  beeoheiden  ausgestattet  aind. 
Zu  den  «ohon  frUlrär  konwirionirten  GewllMhaften  «SlehaiMhe  Tiehver* 

sicherungs-Bank  in  Dresden",  «Badische  PferdeversichertingMUMtalt  Earlemhe*, 
„La  Garantie  f6d6rale  in  Paris"  ist  erst  Kn<\(>  1891  &U  vierte  die  „Centrnl- 
Vieh-Versieherungsgesellsehaft"  in  Berlin  hinzugekommen.  Wabrciul  die  drei 
erdterwübuten  Gesellschaften  vürherrt$<-.head  oder  auüHoiiließlich  »ich  mit  Pferde- 
veraieherang  hefaaeeo,  betreibt  dieee  nicht  allein  die  Verdchernng  von  Zug-  nnd 
Zuchtvieh  jeder  Art  gegen  gewöhnliche  Viehaohäden,  sondern  eventuell  auch 
gegen  Verlust  durch  Operation,  durch  Transport  oder  Verlust  infolge  der  Sohlaoht- 
viehpolizei ;  endlich  betreibt  sie  auch  die  Fnhrnnfallversicherung. 

Der  VerHicherungHbestand  der  konzessionirten  Gesellschaften  in  der  Schweiz, 
welcher  Ende  1886  nur  eine  Versicheruogssumme  von  Fr.  455,355  aufwies, 
eraeigt  1890  bereite  eine  solche  von  Fr.  8,311,573. 

Alle  vier  Gesellschaften  sind  gegenseitige;  Aktiengesellschaften  Itir  Viek> 
versiclienmg  kommen  auch  in  Deutschlund  und  Frankreich  nicht  vor. 

Eine  Darstellnng  des  Inhaltes  der  Statuten  und  Versicherungibedingungen 
dieser  vier  Gesellschaften  würde  uns  zu  weit  fuhren  und  dem  Versicherten  ein 
Studium  derselben  doch  nicht  ersparen ;  einige  Hauptpunkte  mttasen  wir  indeeaeo 
herauabeben. 

Von  der  Versicherung  aind  diejenigen  Schäden  ausgeschlossen,  welche  durch 
die  ötrentlichen  Seuchenkasssen  vergütet  werden,  elienfalls  solche,  welche  der 
Versicherte  durch  grobes  Verschulden  herbeigeführt  hat.  Diu  verschiedenen  An- 
staltea  versichern  sümmtlioh  nicht  den  vollen  Werth,  die  Garantie  federale  gu- 
rantirt  höohatena  */i  dea  Schadens  mit  Bedution  der  Entschildigung,  wenn  die 
durch  die  Statuten  angewiesenen  Mittel  nicht  ausreichen,  die  sSchsische  Anstalt 
74  bis  zu  einem  Maximum  von  900  Mark  für  ein  Stück,  mit  Keduktion  auf 
die  Hälfte,  sofern  die  Mittel  nicht  ausreichen.    Die  beiden  andern  Anstalten 


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Venicherung 


— .  860 


Versicherun 


hwMit  an  die  Stelle  der  Beduktion  den  Naolicohuß  tareteiif  weidier  jedooh  bei 

der  Berliner  Anstalt  aaf  1  '^/o  der  VersioberungReumme  -beigveait  Jet  tiiid  In 
erster  Linie  von  den  im  Rechnungitjahre  Entschädigten  bezogen  wird.  Aber  auch 
diese  zwei  Anstalten  stellen  die  Ver«ichprungMumme  nicht  auf  den  vollen  Werth, 
die  Berliner  versichert  (gegen  gewöhnliche  Viehscbäden)  nur  '/i  doa  Werthes, 
die  badisehe  bei  Umetdien  der  Thiere  7^«  Tödtung  wegen  Unbrauchbar- 
keit  Alle  Aoetelteo  evfier  der  badia<^eii  legen  bei  der  Etateeb&dignng  des 
Tbiereü  den  Werth  desselben  zur  Zeit  des  Scli  l  i  i  s  zu  Grunde  und  ziehen  von 
der  eo  ftetgeeteilten  Bntachädtgang  den  Werth  der  Ueberreste  de»  Thiere»  eb. 

Hagelvereiehernng. 

Auch  aef  dieeen  Gebiet  sind  aiuMe  Naebbaretaaten  tmd  Engend  der  flehweis 

vorausgeeilt.    Schon  um  .  die  Mitte  de»  vorigen  Jahrhauderts  entstanden  in  einigen 

Departementen  Frankreichs  Vereine  7ur  peg^nseitigeii  Triige1ver«icht'rting,  in  den 
80er  Jahren  solclie  in  England,  1797  der  ersti-  in  DeutHchiand  uad  1822  aaoh 
eine  Hagel versifherangs- Aktiengesellschaft  (in  Berlin). 

Da»  fremde  Beispiel  wirkte  anateckend  und  die  Ockon«>mi6ohe  GeKellscbaft 
de»  Kantons  Bern  ergriff  die  Initiative  aar  GrUndnng  eioee  bemiachen  Hagel- 
vereiebernngevereing.   Die  Regierang  genehmigte  die  Statuten  de»  letcteren  am 

9.  März  1825.  Noch  im  nämlichen  Jahre  traten  dem  Verein  696  VerBioherange- 
nehmor  bei.  Balii  bildeten  sich  in  den  übrigen  Kantonen  Zwei«^vereine  und  im 
vierten   Jahre  als   sich   der   Verein  in  eine   „Schweizeriische  Hagel- 

versiclierungsgesellsohaft"  umtaufte,  war  die  Zahl  der  Versicherungsnehmer  auf 
Uber  3400  (in  12  Kantonen)  gestiegen. 

Der  Tarif,  den  die  Geaellsehalt  anwendete,  enthielt  swei  Qebhrenhlaaaen, 
nlnilirli : 

1.  Klas.se:  Getreide,  Hülsenfrüchte,  Klf  sanifn  u.  «Igl  ;  II.  KIiinso:  Wein- 
trauben, Hopfen,  Tabak,  Hanf,  Flach«,  Spätobst.  (^Gräser  und  Klee,  wenu  nicht  zur 
Samengewinnuog  bestimmt,  ferner  Kraut  nnd  Haekfirttcbte  waren  ausgesohlosseti.) 

Fttr  die  erste  Klasse  konnte  ein  Maximum  der  Prttmie  von  3  ^/o,  für  die 
zweite  ein  solches  von  8  Ve  per  Jahr  bezogen  werden,  die  Hälfte  dieses  Be- 
trages als  Vorprämie,  von  drr  nndern  Hälfte  so  vif),  als  zur  Denkung  de« 
Srhadens  noch  nothwendip  war.  liricliti-n  b'-im  Bezug  der  vollen  l'riiniie  die 
Mittel  nicht  hin.  so  wurde  die  Kntsehädiguiig  reduzirt ;  es  sollte  jedoch  au$  einem 
allDtlligen  Uebersehosse  in  den  swei  folgenden  Jahren  der  AnslsU.  soweit  ab 
mttgliob  gedeckt  werden.  Bruohtheile  unter  */i9  wurden  nieht  eutaehKdigt. 

Eioe  RIaHsiHkation  nach  der  lokalen  Hagelgefahr  wurde  nie  gemaekt  und 
nie  angestrebt,  überhaupt  die  Ha^i^plstati'^tik  nicht  jerepHegt. 

Jedes  neue  Kalenderjahr  begann  ohne  Mitirlieder ;  auch  konnte  mun  den 
Jrlintritt  so  weit  in  den  Sommer  hinein  verseliiebeu,  als  man  wollte.  lu  un- 
gefKhrlidh  scheinenden  Jahren  fielen  manohe  HitgUeder  wieder  ab ;  ebenso,  wenn 
noch  Entsehttdignngen  fttr  frühere  Jahre  au  bezahlen  waren  und  die  betre^fond•n 
Mitglieder  nichts  nachzufordern  hatten. 

T'fi  der  ungenügenden  Prümie  und  der  M^i^liclikeit  iles  Rücktrittes  zn  jeder 
Zeit  war  es  natürlich,  daß  in  den  dreißiger  und  vierziger  Jahren  in  dur  Kegel, 
wenigstens  in  den  Fällen,  wo  die  Schäden  fühlbarer  waren^  nur  '/s  bis  die 
Hälfte  denwalben  vergütet  worden,  was  die  Versioberang  sehr  nnpopullr  mashte. 

Die  geringe  B^rücksichtigaog  der  Vers«  hie  luheit  des  Risiko*»  der  Objekte 
und  die  giiuzliehe  Ignorirnng  der  lokalen  Hagelgefahr  hatte  ferner  znr  Folge, 

die  Ij«ndwirthe,  weldieo  die  Prämie  das  wabrMheinliohe  Hisiko  zu  Uber- 


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YerakdMniiig 


—  '661 


Versicberuitg 


akagta  aehien,  mehr  und  mehr  wegblieben;  um  so  geringer  fielen  aUwUuiii  die 
JSntacbädigangen  für  die  Versiolierfcen  der  bftgelffofiUirliohen  Gegenden  aus. 

Zu  diesen  Uebektünden  kam  noch  der  fernere  hiiusn,  daß  die  Versicherten 
einzelner  Kantone  Bich  absonderten,  weil  nie  in  einer  auf  ihr  engens  Gebiet 
beeehr<iakt«u  Get>eUt>oiiaft  ihre  Rechnung  besser  ;fiu  finden  glaubten. 

Im  Jahre  1836  wurde  im  Kanton  LnaMrn  eine  aparte  nUnterstUtzungs- 
geeeUeebaft  Ittr  HagehMsbiden*  gegrtladet  mit  dner  tutteieehiadelMen  Prttmie  von 
1  ^/o  ohne  NachHchüsse.  Diese  Gesellschaft  hatte  eine  Dauer  von  21  Somniern 
Im  Jahre  184H  bewilligte  die  Regienuit;  eiut  n  Staatsbeitrag  von  Fr.  1200  (a.  W.), 
vom  Jahre  iH.'iC  an  wurde  ein  jährlicher  Blaatsbeitrag  von  Fr.  20(»U  (n.  W."^ 
sugesiohert.  Die  Biitgliederzabl  blieb  gleichwohl  ungeftihr  dieselbe :  darchscbnittlich 
676.  Wtthroid  der  31  Jabre  betrugen  die  Schäden  durobaobnittlieb  per  Jabr 
Fr.  17,068,  die  Entiiebjtdigangen  dorebeohnittlieb  per  Jabr  Pr.  5284,  also  niebt 
•in  Drittel  der  Sohäden.  Die  EntsdlUdigung  fiel  natürlich  am  kleinsten  ans  in 
schweren  Jahren,  in  einem  solchen  sank  sie  auf  7''/4  ^/n  des  Schadens.  Nach 
diesen  Ertulgen  st(  Ute  die  üegierung  ihr  Unterst Utzungasystem  ein  und  die  An- 
stalt löste  sich  aut. 

Im  Jabre'  1847  trennte  aich  aneb  die  freiburgiMibe  Sdction  von  der 
«chweizerischen  Gesellschaft.  Die  «frdbnrgiecbe  Hagelyereiobeningegeeellacbaft* 
behielt  im  All^meinen  die  Einxichtungen  <It'r  s( hweizeriKchen  bei;  nur  hatte  sie 
xwei  ganz  getrennte  Klassen  für  1)  Getreide,  Hiikenfrücbte  und  Oelsaaten,  und 
2)  fttr  Weinreben 

Bei  der  ersteren  betrug  die  Jahiespräraie  ein  liir  alle  Male  ^  o,  bei 
der  zweiten  3 

Ee  ging  der  Ge^ellediaft  längere  Zeit  ertritglioh;  in  den  seolisiger  Jahren 
wagtt'  man  sogar  in  der  ersten  Abtbeilung  derselben  die  Prämie  auf  1*.  herab- 
«nsetzen;  um  ho  schlimmer  erging  es  den  Versicherten  in  den  siebziger  Jahren, 
ebsohon  man  die  Prämio  auf  2  erhöhte  und  die  Deckung  der  Schäden  au- 
ungilnetigen  Jabren  während  fUnf  Jahren  einfahrte.  Die  Entschädigung  eank  bie 
anf  40  ^  0  dea  Schadeni.  Ein  Appell  an  die  Staatskasse  wvrde  abgeiriesea,  das 
gegeu  der  Gesellsobaft  für  den  Kanton  Freibarg  das  Monopol  erthetlt.  Sie  ISste 
sieb  18H0  aif. 

Kehren  wir  zu  der  sfhwfMZPrischcn  AnHtalt  zurück.  Ihrr  Kt-sultate  be- 
Iriedigten  so  wenig,  daÜ  bchon  im  Anfang  der  vierziger  Jahre  ihr  Versicheiungs- 
bestand  unter  une  Uillion  Franken  sank  (von  fast  B  HiUionen  Franken  alter 
Wührong  im  Jabre  1828).  Als  die  im  Jahre  1854  gegründete  Magdeburger- 
geeellschaft  auch  in  derSobweis  anklopfte,  wurde  sie  nicht  bloß  in  den  Kantonen 
Zürich,  St.  (Tiillcn  i-te.,  fiondern  nnch  in  den  Kantonen  Lnzern  (1H56)  und  Bern 
{livaTi  kon/.rssionirt,  in  letzterem  Kanton  fiuf  dir  Knij)fehhiug  des  Ausschusses 
der  Oekonomischen  Gesellschaft,  welcher  eine  Kuiikurreaa  durch  eine  solide  Ge- 
sellsobaft wQnsebbar  hielt.  Die  AvflQsung  der  sohweizerlseheu  Qeselleebaft  maß 
gegen  ISm  erfolgt  sein  (die  Beehensobaftsberiohte  der  Kantone  enthalten  hier- 
über keine  Auskunft) 

Neben  der  Magdeburg-ischen  erhielten  noch  andere  dentsehe,  f>«iterreifhische 
und  Iranzüsischc  Gesellschalteu  in  eiiizeiueu  Kantonen  die  Konzession,  in  den  achtziger 
Jahren  scheint  indessen  die  Magdeburger  die  einzige  in  der  Schweis  opeiirende 
fremde  Gesellsehaft  gewesen  an  eein. 

Noch  bleibt  eine  fernere  schweizerische  Gesellschaft  zu  erwfthnen :  Le 
l'aragrele,  line  im  Jahr«  1^75  gegründet^  und  noch  hef^tfhende  neinniburgiMdie 
iTesellsohaft  zur  gegenseitigen  Versicherung  der  Weinreben  gegeu  Hagel. 


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Versicherung 


—    362  — 


Versicherung^ 


Unter  solchen  UnieitHnden  war  nunmehr,  wie  seiner  Zeit  in  den  letzten 
Jahre»  der  ersten  eohweiMrieolien  HagelvevrieherangsgesellaolMill,  Mne  Konkorrenx- 
MMtalt  wüDsohbar  nnd  »«n  fhreiite  sieli  «UgemeiD,  aJs  im  Jahre  1879  in  Zttriok 

mne  solche,  und  zwar  eine  „Schweiseiiadie  Hagel versicherungs-GesellHchaft",  anf 
Gegenseitigkeit,  zu  Star^de  kam.  Vereine  nnd  Behörden  leigten  sioh  sofort  bereit^ 
die  ersten  Gründunirskuston  derbelbeu  tn  decken. 

Sie  hat  bisher  inulir  böse  als  gute  Jahre  gehabt  uud  iüt  deßhalb  genöthigt, 
auf  staatltohe  Snbventiouen  sq  reflektiren.  Es  haben  denn  auch  m  ihren  Gunsten 
die  eidgenü^äi.schcn  Räthe  im  Jahre  1881  folgendes  Fostalat  angenommen: 

»Der  Buiidesratli  wird  eingeladen,  die  Frage  zu  pnifen,  ob  der  Bund  sich  bei 
Beiträgen,  mit  welchen  die  Kantone  die  Prämienzahlung  (in  Ha$!:elver»ieheruag  unter- 
rtfitzen,  betheiligen  soll.* 

Nachdem  der  Bundesrath  über  diese  Frage  verschiedene  Gutachten  <  ingehult 
hatte,  legte  er  mit  Botschaft  vom  23,  November  18H8  der  Bundesversammlnng 
seinen  Bericht  und  Antrag  vor.  Der  Bericht  ging  dahin,  es  sei  die  im  obeu 
aitirten  Postulat«  MÜnltene  Finge  an  bejahen,  «ofwi  in  demselben  die  Wort« 
«PrKmieoaablung  fllr*  ausgelassen  werden.  «IGt  BeitrBgen  an  die  Prttmien- 
aahlnng  allein  (heißt  es  in  der  bundesräth liehen  Botschaft),  selbst  wenn  sidi  die- 
selben  auf  die  mindest  bemittelten  Landwirthe  beschrrinken  sollten,  kann  zu  weni|^ 
erreicht  werdm,  und  würden  daraus  vorwiecrend  liablidien  Bauern,  welche  bis 
jetzt  erfahrungsgemäß  fast  allein  verhichern,  UuterHtutzuugen  verabfolgt,  no  dürfte 
das  weder  im  Sinne  des  Oesetzgebers,  noch  in  demjenigen  jes  Volkes  ge- 
handelt sein.* 

Am  6.  April  1889  faßte  die  Bund*  sversammlung  folgenden  Beschluß: 
«Insoweit  der  Stand  der  Bundesfinauzen  es  gestattet,  wird  für  die  Jahre  1890, 
180t  und  1899  in  dem  Voranschlage  der  Ausfraben  der  schweizerisdhen  Eidgenossen- 
scbafl  unter  .Ahtheilun^'  Landwirthscliafl'  jährlich  ein  Posten  auf>;t  iiommen  für  Fr<r- 
derung  der  Ua^versicberung.  —  Aus  diesem  Posten  werden  denjenigen  Kantonen, 
welche  die  Versicherung  der  IVldfraebte  gegen  Hagekcblag  unterstiltsen,  Beitrag^  ver- 
abfolgt ini  Maximum  bis  zur  Höhe  der  }»elrelTenden  kanton.iU  n  Lt  i-tunj:.  —  Der  Bundes- 
rath vrird  die  Bedingungen  betrell'eud  die  Bewilligung  und-  Verwendung  dieser  Beitrftge 
festsrtsen.' 

Diese  Bedingungen  sind  in  folgendem  Bundesrathsbesohluß  yom  8.  April  1890 
formnlirt : 

Das  Lttndwirthschart:»departeraent  wird  heauttrugt,  den  Kantonen  Beiträge  aus 
dem  Kredit  für  FArderung  der  Hagelversicherung  unter  folgenden  Bedingungen  m  Au«> 
flicht  zu  iitellen: 

1)  Die  Bundesheitra^'e  dürfen  unter  keiner  F«»rm  zur  Subvenlionirung  von  Hagel- 
versiclieruugsgesellschaflen  verwendet  werden,  auch  dann  nicht,  wenn  infolge  solcher 
Subventionen  tine  G«^nleistung  erhültlieh  wäre,  wie  z.  B.  Aufhebung  des  Ausschlusses 

neuer  Versifherungen  in  wpf»nanntpn  fretTihrlit  lu  n  Gei^einirn. 

2)  Die  Bundesheilräge  nulsscu  im  Laufe  des  Rechnungsjahres  verwendet  werden 
nnd  dfirfen  nicht  zur  Aeuniung  kantonaler  Fonds  dienen. 

3)  Beitrage  an  Policekosten  dürfen  aus  den  Bundesheiträgeu  nur  unter  der  Be- 
dingung ausgerichtet  werden,  dati  die  betreffenden  Gebühren  durch  die  Versicherungs- 
gesellschaften nicht  erhöht  werden. 

Ii  Bei  Ausrichtung  der  Beiträge  ist  namentlich  auf  die  kleinbäuerlichen  Verhältnisse, 
bexiehungsweise  auf  die  Vermögensverhältnisse  der  Versicherten  im  Sinne  vorzugswetaer 
Unterstfltzung  Minderbemittelter,  Rflcksicht  zu  nehmen. 

5)  Die  Bundest»eiträge  werden  im  Maximum  Wis  zur  Höhe  der  kantonalen  Lei-tun^' 
vorabfolgL  nachdem  von  letzterer  di^enigen  Summen  abgezogen  worden  sind,  welche 
lilr  snb  Ziflier  1  und  S  genannte  Zweue  allflUlig  verwendet  werden. 

Infolge  dieser  venohiedenen  Beschlüsse  haben  die  meisten  Kantone  Sammen 
iiir  die  Untcrsttttaung  der  Hagelversiehcrnng  in  ihre  Budgets  aufgenommen,  so 
Zürich,  Bern,  Luaem,  Freibarg»  Solothurn»  BaseUand,  Scbaflfhausen,  Aargau, 


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Versicherung 


Versicherunjf 


Thurgau,  Obwahieu,  Kidwaiden,  Zug,  Baselstadt,  Appenzell  A.-Rh.,  St.  Gallen» 
Wiadt,  Neiienbnrg. 


KechnungsergcbuiäHe  der  Schweiz.  Hagel veriticherungs- 
ge«6llaehaft  seit  ihrer  Grttndang. 
Bin  nahmen. 


Jahr 

Voipvllmien 

KagbaobttM- 
abi.  BtnbltMB 

Andvn 
KinD«hn«s 

Btrafi'riiiiii«^'n  ete. 

SwttM 

d«r 

Fr. 

Ft. 

Kr. 

Fi. 

1880 

104,215. 

93 

308,431.  86 

6.630 

S7 

319,278.'  16 

1881 

138,861. 

61 

6,519. 

60 

185,381.  31 

IAA  11  R 

5,045. 

90 

1  77  ^»iJ. 

III  fOOt'  UO 

188S 

139,332. 

90 

5,839. 

64 

14  5,172.  54 

1884 

146,609. 

25 

49,543.  2t; 

5,675. 

201,827.  51 

1885 

140,193. 

30 

206,645.  25 

50 

353,065.  05 

131,467. 

10 

t  o  tno 

13,728. 

03 

135  185  13 

1887 

111,361. 

60 

- 

5,418. 

20 

116,773.  80 

1888 

115,347. 

90 

J,2z5. 

25 

117,;i73.  1;> 

18.S9 

1lH),943. 

30 

i>,ö09. 

DÖ 

124,802.  95 

i8yo 

205,273. 

40 

— II  I" 

3,892. 

00 

209,10.).  90 

1891 

282,128. 

30 

o,al  O. 

61 

285, 64J.  91 

Total 

T,76~2,141. 

19 

490,712.  80 

68,570. 

25 

2,321,424.  24 

2,252,853. 

99 

A  II  ^  7  A  Ii  1*  n 

Jahr 

vergtttuBfMi 

Tttwaltung 
und 

liewinti 

V«riiurt 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

18Ö0 

244,741. 

80 

45,874.  — 

28  662 

36 



1881 

133,249. 

95 

39,813.  61 

27,682.  35 

127,472. 

65 

46,278.  05 

3,804. 

23 

1883 

in6,r,87. 

80 

40,802.  11 

2,317.  37 

1884 

152,047. 

95 

44,675.  46 

5.104. 

10 

1885 

273,133. 

15 

46,ö32.  — 

33,099. 

90 

1886 

37,5G4. 

70 

30,914.  63 

66,705. 

91 

1887 

164,047. 

66 

32,945.  99 

70,219.  74 

1888 

52,190. 

35 

27,194.  91 

38,187. 

89 

1889 

137,663. 

45 

35,611.  30 

48,474.  80 

1890 

129,507. 

30 

40,  r.  7(5.  87 

38,i»M. 

73 

1891 

2O3.10H. 

60 

f)  1,456.  80 

31,083. 

51 

Total 

1,741,410. 

25 

4ö3,078.  62 
Proient  der 
PrSmien  31,44 

245,629. 

63 

148,Ü'J4.  26 

rroz^t  Oer 
Prftniien  77.30 

Gewinn;  Fr.  96,935.  37 

Trans  portveraiohernng. 

Innert  12  Jahren  (1858 — 1870)  gründeten  »ich  in  der  Schweiz  nicht  weniger 
iih  sechs  solcher  (aresellschaften,  welche  »chou  ans  tet^hTiivclu  n  Gründen  sich  nicht 
auf  das  fichweizerische  Geschäft  beschränkten.  An  die  »Stelle  oiiier  von  der  Tranw- 
port-Braiiche  zurücktretenden  Gehellächuit  ^Zürich),  trat  sofort  eine  andere,  die 
EidgeiiSMiMhe  TransportTenw^erangsgeseihidhaft  (1881);  an  die  Stelle  doe  in 
Liquidation  getretenen  Sohwelaerlechen  Lloyd  der  Neue  Schweizerische  Lloyd 
(1883),  so  daß  wir  noeh  immer  sechs  sohwetserisehe  Gesellschaften  aählen,  neben 


Yenidiaruiif  —    364    —  V«nidi«niiig 

weleben  miiD  (1892)  Boob  8  amttndiioii»  (6  dontRolie  vaA  2  englifloh«)  iriMiteii, 

renp.  die  BundeBkooieasioii  besitzen,  nämlich:  „DüBBeldorfer'*,  gegründet  1845, 
,Schlef»ischc"  in  Breslau  (1848),  „Norddentscbe"  in  Hambarg  (1857),  „Rheinisch- 
Wcbtphäli.schcr  Lloyd-  in  M. -Gladbach  (1867),  ."Rhenanis-  in  Köln  (1872), 
„Maunheimer"  (1879),  „Marmo*  iu  London  (1836),  , Union'  lu  Liverpool  (18Ü3). 
Die  sehweiaeriadien  Ivstitate  Bind :  «HelTetja"  in  St.  Gallen,  gegründet  1866/69, 
Rasier"  (1864/65),  «Sehwois*'  in  Zttnoli  (1869),  .Neachäteloise"  (1870), 
„Eidgenössische"  in  Zflinoh  (1881),  «Neaer  sdiweiMnriaoher  Lloyd'  in  Winter« 
tbnr  (1883). 

Die  von  den  schweizerischen  Transportver^icherungs-Gesellschaften  bezahlten 
Dividenden  variirten  (in  ^/o  des  einbezahlten  Kapitals) :  bei  der  Helvetia  von 
5  bb  62.6;  bei  der  Basier  von  6  bis  40;  bei  der  fiehweb  von  2.5  bie  30; 
bei  der  NeuchäteloiHe  von  5  bis  12.5;  bei  der  EidgenSansehen  von  6  bie  10; 
bei  Keaer  echireiser.  Loyd  von  5  bis  10. 

Wasser  leitnngBversiohernng. 

Die  1886  gegründete  Frankfurter  Versicherungsgüselisohaft  gegen  Wasser- 
leitongsschäden  hatte  ihren  Ges-  liüftsbetrieb  auch  auf  die  Schweiz  ausgedehnt  und 
zu  diesem  Zwecke  1887  die  i^undeekonzession  erhalten.  Sie  war  einige  Jahre  lang 
von  keiner  Konkurrena  behelligt.  Auf  Ende  1889  trat  sie  jedoqh  ihr  sehr  be- 
sehddeoee  Sohweisergeeeb&ft  der  «Union  Saisse"  in  Qenf  (GlasveniehenntgS' 
gesellsebaft)  ab  und  veniohtete  anf  die  BandeekooteiBion. 

Glasversiohernng. 

Im  Jahre  1888  arbeiteten  in  der  Schweiz  9  auslKndiseke  Qeiellaobaften  und 

1  schweizerische  —  die  Union  Suisse,  8oci6t^  d^aastiraoce  oontre  le  bris  des 
glaces  et  vitres,  in  Genf,  gegründet  1887.  Zwei  der  ersteren  haben  auf  die 
Schweiz.  Konzession  verzichtet,  so  daß  im  Geeiuhäftsbericht  des  eidg.  Versicherungs- 
amtes pro  1890  noch  8  Gesellschaften  ßguriren. 

Rückversicherung. 

Folgende  Gesellschaften  haben  die  eidg.  Konzession:  1)  Die  Schweizerische 
fittckvcraicbernngB-Gesellsobaft  in  Zttrieh,  gegründet  1864;  2)  die  Basier  Rttok- 
verflioheninge-Gesellaehaft,  gegründet  1669;  8)  die  Pnidentiain  ZUiioh,  gegr.  1876. 

Bandeaanfsiobt. 

Die  Bundesaofsicbt  ttber  den  OesdiEftsbetrieb  der  privaten  VereieiMrange- 

anstaltcn  besteht  seit  1.  Juli  1886,  in  Ausübung  des  Art.  34,  a1.  2  der  Bnttdee- 

vchfHsjsjUfifr.  wpIcIu'  lie>timnit,  daß  „der  Geschäftsbetrieb  von  Privatuntemehmungen 
im  Gebiete  des  Versicherungswesens  der  Auisicbt  und  Gesetzgebung  des  Bundes 
unterliegt". 

Das  Lexikon  maß  es  meli  leider  raummangelshalber  versagen,  den  fint> 
wioklnngBgang,  den  die  ans  dieser  Verfassangsvorselirift  bervurgegangene  Oeseti- 

gebung  genommen  hat,  darzustellen,  und  es  muß  sich  darauf  beschränken,  den 
Wortlaut  des  nm  2").  Juni  1885  erlassenen  Bnnde^gesetzes  mitzutlif'ilf'n 

Art.  1.  Die  im  Artikel  ;54,  Absatz  2  der  RundesverfftKsung  dem  Üunde 
übertragene  Aufsicht  über  den  GcHchatUbetrieb  von  Frivatuutcraebmuugeu  im 
Gebiete  des  Vernoherungswesens  wird  vom  Bnndesvathe  ausgeübt,  and  es  ante  - 
liegen  deraelben  alle  Privatunternebraungen  auf  dem  Gebiete  dca  Yereioiieniap- 
wesMis,  welche  in  der  Schwitz  Geschäfte  beireiben  wollen. 

Vereine  mit  fhtlicb  beschränktem  i^escliüftHbetriebe^  wie  Kranken kaMCO, 
äterbevereine  u.  s.  w.  fallen  nicht  unter  dieses  Gesetz. 


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Versidwnlog 


—    965  — 


Venicherang 


J)en  Kantonen  bleibt  vorbebalteu,  tiber  die  Feuerversicht^niDf^  polizeiliche 
Yor^ohritten  zu  erWüeu  und  den  Feuerveräiohei'unga-LJuterueiiiuungeti  mäßige 
BeitrSge  m  ZwaekM  der  Fenerpoliaei  und  dM  F«Mflltaohw«MnB  «iiikiierlegeD. 

Beschwerden  ge^o  YerfttganipMi  ItHtorar  Art  ostcnrliegAii  dem  Eoteoheide 
des  Bundesrathes. 

Bezug  auf  die  kantonalen  Ycrt^icbemni^neteiteo  bleiben  die  geeetilichen 
Bestimmungen  der  Kantone  vorbehalten. 

Art.  2.  Um  in  der  Schweiz  Geschäfte  betreiben  lu  können,  haben  die 
priTfttea  Vereichwani^ntenielimiiogea  folgende  Erfordemiaee  su  erfOllen: 

1)  Se  sind  den  Bnndemtbe  diejenigen  tfffentlioli  aosg^benen  Dokament» 

einzureichen,  aus  welehen  die  CTrundbestimmangen  nnd  die  allgemeinen 

Veraißheningsbedingnngen  der  üntfrnphnMin"-  pntnomraen  werden  können, 
nnd  überdies,  sofern  diese  schnn  vor  dem  Inkrafttreten  dieses  Gesetzes 
Yersioherungsgeschäfte  betrieben  hat,  diejenigen  Vorlagen  zu  machen,  aus 
welchen  der  biaherige  Stand  der  IJnterMlininng  in  den  dnrch  Artikel  5 
bis  6  beseiebneten  ffiehtangen  sa  erkennen  ist  (Statuten,  Proapekte,  Tarife, 
BeolMnachaftsbeciolite,  Jahresrechnungen  n.  a.  f.). 

In  Bezug  auf  die  Grundbestitnnumjr'M!    und    iiV    allgemeinen  Ver- 
ficherungshedtngnngen  soll  insbesondere  genau  angegeben  werden: 

a.  bei  Aktiengeaellschafteu :  wie  grüß  die  Anzahl  nnd  da«  Kapital  der 
gezeichneten  Aktien,  wie  viel  davon  eiobezahlt  itit,  und  welche  V'or- 
eehriften  besQglieh  der  wettern  Hnflberkeit  der  AktioiAre  beateben; 

b,  bei  gegenseitigen  Geeellaehnften :  ob  ein  GrUndnngsfond  besteht,  nnd 
mit  welchen  nühern  Bestimmangeo,  ob  die  Yersichertcn  oder  Ver« 
Sicherungsnehmer  für  den  Geaammtachnden  der  Jehrearechnung  haften,. 

und  in  welchem  Umfange. 

2)  Ferner  sind  dem  Bnndesrathe  mitzutheilen  : 

a.  von  den  Lebensversicherungsgesellsohafteu  :  die  Mortalitütstafel,  dar 
Zinafaß  nnd  die  Nettoprfimien,  anter  Angabe  der  Znaohläge  oder  der 
Bonatigen  Bedcnng  der  Verwaltunga'  und  Betriebakoaten;  die  6mnd* 
lagen  und  die  Methode  der  BeeerTeredinnng,  aowie  die  Methode  für 
die  FrÄmieniiberträge ; 

b.  von  den  UnfallversicherungHgescll'ichaften :  die  tenhnisehen  <  ri  iindlagen, 
im  Allgemeinen  der  Umfang  und  die  Art  der  Haftung  (Kapital,  Renten), 
die  Hethode  der  Reeervebereohnnng  für  beatehende  Bentenachnldpfliebtoo, 
für  angemeldete,  aber  nooh  Dieht  liqnidirto  Sehiden,  nod  der  Prtnüen» 
ttbertrige  fttr  noch  nioht  abgelaufene  Yersichemngen ; 

C.  von  Feni-r-,  Hagel-,  Transport-  und  andern  Yer8icherMn'r-t-V"'fllH«'haftcn 
gegen  .S.icbbewchiidigting :  die  zur  Anwendung  kommenden  Grundsätze 
bei  Bereehuung  der  Reserve  iür  die  am  Schlüsse  des  Rechnungsjahres 
bekannten,  aber  nooh  nicht  vollatiadig  erledigton  Sebiden,  aowie  der 
PramienttbertrSge  flir  noch  nicht  abgelaafene  Vendchernngen  nnd  Ittr 
vorentrichtete  Prämien. 

3}  Ausländische  Unternehmungen  haben  zudem 

a.  den  Nachweis  zu  leisten,  daß  sie  an  ihrem  Geselhrhaftssitz'^  auf  eigenen 

Namen  Rechte  erwerben  oder  Verbindlichkeiten  eingehen  können  j 
fr.  ein  Hauptdomiail  in  der  SehwMZ  nnd  einen  (leneralbeTollmilehtigten  sn 

beseiehneii,  aowie  eine  .'Xbechrift  der  demaelben  an  ertheilenden  Toll- 

macht  voraclegen. 


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Versicherung 


—    aöG  — 


Versicherung 


4)  Sftnuntlidie  PrivatTendoherongBiiiitonieliiiiiiBg^n  nnd  gehalten,  in  jedem 
Kanton,  in  deaaen  Gebiet  sie  GeaebJtfte  betreiben,  ein  Beehtedomisil  an 

verzeigeu,  iu\  welchem  «$ic,  sofern  der  Versicherangsvertrag  nicht  den 
Wohnort  den  Klägers  als  (rerichtsstand  vorsieht,  bezüglich  der  mit  Ein- 
wolmern  d»?  betretlenden  Kantons  abgeschloBsenen  Versichernnfjjs vertrüge 
gleich  wie  an  ihrem  schweizerischen  Uauptdomizile  belangt  werden  kuunon. 

üeberdiee  eteht  es  fttr  Aneprftebe  ans  YenioherangeTerträgen  gegen 
Fenenehaden  dem  KlSger  Itm«  den  Geiiohtietand  der  gelegenen  Saehe 
ananrnfen. 

Sie  sind  ferner  gehalten,  alle  ihre  Verbindlichkeiten  im  Domizil  de« 
Versicherten  zu  erliillen,  sofern  nicht  der  Versicherangsvertrag  das  kantonale 
Dütuizil  der  Unternehmung  als  Erfüllungsort  vorsieht. 

Beetininrangen  dee  TeniehernngsTertrages,  welche  mit  diesen  Yor> 
Schriften  im  Widerspruch  stehen,  sind  ungültig. 

5)  Die  Privatversicherungs-Untemehmungen  haben  zuhanden  des  Bandesrathee 
eine  vun  diesem  festzusetzende  Kaution  zu  leisten. 

Art.  3.  Der  Bnndesrath  ent«cheidet  auf  Grund  der  vorgelegten  Ausweise 
«nd  aUftlKg  anderer  Ton  ihm  ennittelten  thatsKchliohen  Verhältnisse  Uber  die 
an  ihn  gelangenden  Gesnehe  nm  BewUlignng  des  Geschäftsbetriebes. 

Ohne  die  Bcwilligang  des  Bunde-srathes  ist  |)rivaten  Unternehmungen  die 
Vornnhme  von  Versicherungsgesehäften  in  der  Sehweiz  gänzlich  nntersagt.  Vor* 
behalten  bleibt  die  im  Artikel  14  enthaltene  lTelH'r^anf^.Hhestimmnng, 

Art.  4*  Treten  später  Veränderungen  in  den  unter  Artikel  2,  ZilF.  1  bis  3, 
beaeiohneten  VerhXltnissen  ein,  so  ist  von  denselben  dem  Bnndeerathe  sofirrt 
£entttniß  m  geben. 

Art.  5.  Jede  private  Versichemngsnnternehmung  hat  alljährlich,  innerhalb 
seehe  Monaten  nneh  Ablauf  des  Rechnnngsjahres,  dem  Bumiesrafh  den  Rechen- 
öchaftöbericlit  einziin  ichen,  aus  welchem  für  jeden  Hauptzweig  der  Versicherungen 
(Lebcu,  Uoiall,  Fouer,  Trausport  u.  s.  w,)  und  bei  der  Lebensvereicherung  für 
jede  Versieheruogsart  dentlioh  an  entnehmen  sind: 

1)  Der  Versiohenngsbestand  au  Anfang  dee  Beehnnngejahres ; 

2)  bei  der  Lebensversicherung  der  neue  Zuwachs  und  die  freiwilligen  Aus- 
tritte (Verzicht,  Ablauf  Rlickkanf  n.  s.  w.)  während  des  Rechnnngsjahres, 
bei  den  übrigen  Versicherungszweigen  die  der  Främieneinnahme  des 
Bechnungsjahree  entsprechenden  Versioberungssummen  oder  Versioberungs- 
yerf^ichtnngen ; 

■B)  die  Anzahl  der  im  Bechnungsjahre  eingetretenen  Scha  Ich  Hille  and  die  daftlr 
bezahlten  nnd  reservirten  Beträge,  und  dazu  bei  der  Lcbensversieherung 
das  Verhältnilj  der  SterbefUUe  zu  den  Wahrscheinlichkcitsi  rwartungen  ; 

4)  der  Versicherungsbestand  am  Schlüsse  dw  Rechnungsjahres,  sowie  die 
territoriale  Ausdehnung  des  Versieherangsbetriebes; 

5)  die  Verhfiltnisse  der  BttckTmohemng,  d.  h.  ob  and  wie  viel  die  Gesell- 
schaft von  ihren  Rihiken  in  RUckversichemng  gegeben,  nnd  im  Weitem, 
ob  und  wie  viel  sie  an  Ktlokveraioherangen  von  andern  Geeeilsohafltea 
übernommen  hat. 

Art.  ti.  Mit  dem  Rechenschaftsbericht  ist  auch  die  Jahretirechnung  einsvr 
reichen,  welche  enthalten  soll : 

1)  Die  siimmtiichen  Einnahmen  und  AuBgaben  des  Jahres,  nach  den  oinselnen 
VersicherungKzweigen,  nnd  bei  der  Lebensversichernng  aneh  nach  ihren 
Arten,  wobei  insbesondere  anfsuftlhren  sind: 


üiyiiizeü  by  GoOgI< 


Versicfaerang 


—    367  — 


Versichnniiif 


($.  die  an  Prämien,  Zinsen  und  SoDstigem  vereinnahmten  Beträge ; 
6.  die  für  FrätntenrückvürgUtuugen,  BUckversicherungen,  Schäden,  Provi- 
ätaum  und  TerwftltnngKkoeten,  sowie  Somtiget  ▼emusgabtm  Beträge. 
2)  Bie  Bilans  «nf  Etehlaß  des  Beehnnngejahree,  wobei  insbeeondere 

a.  nnter  den  Passiyen :  die  Re§erven  nach  den  eittielnen  VersichemiigB- 
zweigen   und   bei   dfr  Lcbensveivicliernnj^  auch  nach  ihren  Arten  la 
unterscheiden  und  die  I'raniienilberträge  separat  eiaBOstellen  sind; 
6.  unter  den  Aktiven  aufzuführen  »ind: 

die  Immobilien,  Kapitanlagen  and  Werthpapiere  nacb  ihren  Arien 

und  ihrer  Wertbung; 
die  Organisationskosten  und  ihre  AmortisationeweiM,  soweit  solobe 

iiherhfiii]>t  unter  den  Aktiven  liguriren ; 
die  Aussttiiide   bei  den  Agenturen,  wobei  der  wirkliche  Heohnungs- 
ealdo  aus  l'rämieninka«so  u.  s.  w.  sn  unterscheiden  ist  von  dem- 
jenigen Betrage,  der  etwa  an  Provision  nnter  den  Titel  Ton  Ans» 
ständen  zur  Amortisation  verlegt  ist. 
Die  Bilanzen  der  Untemehmangen  sind  im  schweiserisohen  Handelsamtsblatt 
SU  verötfentlichen. 

Yersicherangs-Untürnehmangen,  welche  statutarisch  ihre  Bilanzen  nicht  jähr- 
absosdilieien  pflegen,  kann  der  Bnndesrath  fttr  Eiurdohnng  dersalben  einen 

enispreohend  erweiterten  Termin  ansetien. 

Art.  7.   Gleichzeitig  mit  der  allgemeinen  Jabresrechnung  sollen,  ebMiUls 

nach  den  einzelnen  Versichernngszweigen  und  bei  der  Lebensvenaohemng  aueh 

nach  ihren  Arten,  inittretheilt  werden  : 

1)  die  zn  Anfang  und  um  Schlüsse  des  Rechnungsjahres  laufenden  Versiehe* 
rnngen,  soweit  sie  ans  dem  in  der  Schweis  erzielten  GesebXfte  stammen; 

2)  die  im  Reehnnugsjahre  in  der  Schweiz  eingenommenen  Prämien; 

3)  die  im  RechnungHjahre  in  der  Schweiz  fällig  gewordenen  Versicherungsbeträge. 
Aus  die.sen  Angaben  nach  Ziffern  2  und  3  soll  das  in  jedem  Kanton  erzielte 

Resultat  ersichtlich  «iein. 

Art.  8.  Auf  Verlangen  haben  die  Versicherungsnnternehmungen  und  deren 
OeneralbevolImXchiigte  (Artikel  2,  Ziffer  Zb)  denn  Bnndesrathe  noeh  weitere 
Auskunft  zu  ertheilen,  sowie  Eänsioht  in  die  Bttoher,  Kontrolen  n.  s.  w.  Aber 
alle  Theile  der  Verwaltung  zu  jjcstatten. 

Art  9.  Der  Bnndesrath  triflft  jederzeit  die  ihm  duroh  das  alltrtineine 
Interesse  und  dasjenige  der  Versicherten  geboten  erscheinenden  Verfügungen. 

Wenn  der  Stand  einer  Untemebmnng  (ttr  die  Yersieherten  nicht  mehr  db 
nothwendige  Garantie  bietet  nnd  die  üntemehmnng  nicht  innert  der  festgesetzten 
Frist  die  vom  Bundesrathe  verlangten  Abänderungen  an  ihrer  Organisation  oder 
Geschäftsführung  vominunt,  so  hat  der  Bundesrath  derselben  die  BewilUgang 
zum  Abschlns-»e  weiterer  (.leschäfte  zu  entziehen. 

Im  Falle  de»  Rückzuges  einer  Konzession  soll,  gleich  wie  in  demjenigen 
einer  freiwilligen  Tersichtleistung  anf  dieselbe,  die  Kantion  erst  anf  den  Maohweis 
der  ünternebmnng  snrflokerstattet  werden,  daß  sie  alle  ihre  Verbindliehkeiten 
in  der  Schweiz  bereinigt  hat,  und  nach  einer  Bekanntmaohang,  welche  dreimal 
innert  serhs  M  riat'  n  atif  Kosten  der  Geselkehaft  in  den  vom  Bundesrathe  be- 
zeichneten Blättt-ni  crscliienen  ist.  Die  Belhei listen  haben  dem  BundeBrathe  innert 
der  in  dieser  Bekuuutuiüchung  festgesetzten  Fristen  ihre  Kutspracheu  einzureichen 
nnd  die  Bttckerstattnng  der  Kantion  wird  nur  erfolgen,  wann  keine  Einsprachen 
vorliegen,  oder  wenn  diese,  gtttlidi  oder  rechtlich,  snm  Aastrage  gelangt  sind. 


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Veraieherung 


—    366  — 


Versictierunt; 


Art.  10.  Der  BuDiieMruth  i«t  befugt,  gegcu  Unternehmungen  oder  dereu 
Vortreter,  welohe  den  Ton  ihm  erhtneiMn  Verfttgungen  naA  Veroidnungen  (Art. 
ü  und  15)  snwiedcrhandoln,  Qrdnang^bii&eii  bis  auf  daa  Betrag  tob  1000  Franken 
aiuinsprecben. 

Art.  II.  Von  Amte^  wegen  oder  aal  Klage  hin  werden  den  kantonalen 
Gerichten  zur  Üebtraiuug  überwiesen : 

1}  PersoDen,  welche  in  der  Schweiz  unbefugt  Versicherungä'URteroeljQiungen 

betreiben  oder  dasn  faehttlflich  eind; 
2)  die  verantwortlichen  Leiter,  (reneralbevoUmächtigten  und  Agenten  einer 
Versicherungs- l'nternehmungr,    welche  in   den    dem    Bundesrathe  mitzu- 
theilenden  Vorlagen.  Ausweisen  und  Au&ohlusi^en  die  GenchSftsverhältnis^e 
der  Unternehmung  uuwuhr  darätelleo  oder  verschleiern,  oder  welohe  an* 
wahre  Mittbalnngen  (Prospekte  n.  e.  w.)  verSfientiidien. 
Gegen  die  8diatdigen  ist  auf  Geldbuße  bis  anf  5000  Franken  oder  auf 
Gefiingniß  bis  zu  sechs  Monaten  zu  erkennen.    Mit  der  GeflbogniAatrafe  kann 
anch  die  Geldbuße  bis  auf  gen;umtfn  Ht  trot?  verbunden  werden. 

Da-H  TTrtlieil  des  Gerichts  kann  <teiiienigen,  w<1(1r*  Hich  Uebertretungeii 
dickiuä  Gesetzes  haben  zu  Schulden  kommen  lassen,  jede  weitere  Thätigkeit  in 
Bezug  aaf  Yereiisherang^gescbiifte  anf  dem  Gebiete  der  Schweis  nnteraageo.  Die 
naob  Mafigabe  dieses  Artikels  ▼erbingten  Bußen  fiillen  den  Kantonen  anhnm. 
Das  Gericht  wird  eine  AKsohrift  des  ITrtheils  dem  Bundesrathe  roitthellen. 
Den  Pintt'i'fi  .steht  ?egen  Knt^eheidungen  der  kantonalen  (v-richte  Uber 
Anwendung  lies  gtgenwärtigt- n  Artiki  Is  der  Keliurs  an  das  Bundesgencht  ofFen. 

Für  solche  Rekurse  gelten  die  lietitimuiungen  des  Bundesgesetzes  vom  30. 
Jnni  1849  Uber  das  Verfahren  bei  Uebertretnngen  fisikaliiscber  ncd  poliaeilicber 
Bnndesgeaetee. 

Vergehen,  welche  nicht  unter  Ziffern  1  und  2  dieses  Artikels  fiiUen,  sind 
nach  dem  einschlägigen  ks^ntonnlen  Strafgesetze  zu  behandeln. 

Art.  12.  Der  Bandcirath  veröHentlicht  alljährlich  über  den  Stand  der 
aeiner  Au&ioht  nnterstellten  Versicberaogsuntemehmungen  einen  cinlässlicben 
Benoht. 

Der  Bundesrath  wird  die  zur  Ausführung  dieses  Gesetses  erfonierlichen 
HUlfskiäfte  beiziehen.  Als  Staatsgebilhr  und  zur  Deckung  der  Verwaliuiijr''ktist 'ii 
wird  von  den  Vereichernngsnnternehmurjgen  eine  vom  Bnndesrath  zu  bej^timmeniie. 
verhältniUmäßigo  Uuotc  ihrer  jUhriich  in  der  Schweiz  eingenommenen  Prämien 
bezogen,  welche  immerbin  1  vom  Tausend  nioht  UbersobreitMi  darf. 

Art  13.  Alle  Streitigkeiten  privatreohtlioher  Katar  swiscben  den  Unter- 
nebmnngen  unter  siohi  oder  awiseben  denselben  und  den  Versicherten,  besiehings- 
weise  A%T8tr>hernngsoehmei'n  —  anek  im  Falle  des  Konaenionsentsuges  —  ent- 
soheidet  d^r  Hiehter. 

Art  14.  Diejenigen  privaten  Versicherungsunternehmuugen,  welche  bisher 
sebon  in  der  Srhwds  GescbXfte  betrieben  haben  und  dieselben  fortsnftthren  ge- 
denken, sind  gehalteni  binnen  »echs  Monaten  nach  dem  Inkrafttreten  dieses  Qesetieat 
dem  Bundesrathe  die  im  Artikel  2  bezeichneten  Ausweise  einzureichen. 

Bis  zum  Kntselifide  de^  Binilcsrathes  über  die  nachgesuchte  Bewilligung 
zum  Fortbetriebe  bleiben  die  biwiurigen  kantonalen  Konzcssionen,  sowie  die  bealig- 
lichen  Gesetze  und  Verordnungen  der  Kantone,  auf  die  betrelTenden  privaten 
Versicher u n gs - Uoteriiehmungen  anwendbar. 

Diese  Bestimmung  findet  ihre  Anwendung  aueb  Utr  den  Fall,  als  der  Bnndse* 
r»th  die  nachgeaiiehte  Bewilligung  Ablehnen  oder  wenn  eine  Untemdimung  eine 


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Veracberong 


369  — 


Vidge-Zennattbahn 


solche  nicht  einholen  and  sich  auf  die  Auatiagong  der  beim  Inkrafttreten  dieses 
Oewliefl  bwtolieiiden  VertragsrerlilltaiMe  besohrlokeii  tollte. 

Art.  15.  ÜDter  Vorbehalt  der  Bestimmimgeii  dee  TorcteheDden  Artikele 
dnd  die  kantonaleu  €kaetze  und  Verordnungen,  welolie  dem  gegenwärtigen  Bünden- 
Ueset^»'  wiftdersprechen,  mit  dem  Inkrafttreten  dieses  letztern  aufgehoben. 

Demgemäß  ist  den  Kautuueii  vom  Tage  der  Iiikrafttretun^'  dieses  Gesetzes 
an  untentagt,  privaten  VerHicherungti-  Untiiniehmungen  Konzessionen  zum  Geschäits- 
betoiebe  in  ihrem  Gebiete  lu  ertheilen,  bestehende  Komeesionen  sn  vwlttngern, 
oder  den  Geschäftsbetrieb  dieaer  Unternehmangen  an  irgmd  welche  besondere 
Bedingungen,  Kautionen  oder  an  die  Entrichtung  besonderer  Taxen  /u  knüpfen. 
Dagegen  bleibt  den  Kantonen  vorbehalten,  von  diesen  Yer.sicherungs-Unt«.rnehm- 
ungeu,  ihren  Bevollmäohtigtea  und  Agenten  die  ordentiicben  Steuern  und  Ab- 
gäben zu  erheben. 

Art  16.  Der  Bondesrath  ist  mit  dem  YoUsnge  diesee  GeietieB  beAnftragt 
und  erlleet  die  erforderlichen  Vollzugsverordnnngen. 

Art.  17.  Der  Bundesrath  wird  beauftragt,  auf  Grundlage  des  Biindes- 
>;e8etzes  vom  17.  Juni  1S74,  betreffend  die  Volksabstimmung  über  Bundesgesetze 
und  BundesbeschlUsse,  die  Bekanntmachung  dieses  Gesetzes  /.u  veranstalten  und 
den  Beginn  der  Wirkaamkeit  deeaelben  feetsneetsen. 


Außer  diesem  Bundesgesetze  bestehen  noch  lulgende  auf  diese  Materie  be- 
xttgliohe  gesetiUohen  Brlaeae: 

1)  YerMdmiiig  yom  12.  Oktober  1866  Uber  die  Knntionen  der  Tenicherange- 
gesellscbnften. 

3)  Regulativ  vom        Oktober  1886  Uber  die  von  den  Yeraicbemngagesell- 

«chatten  zu  bezahlende  Staat8gebübr, 
3)  Allgeraeiue  Konzessionsbedingungen. 

Kesume  der  vum  Schweizervolke  in  den  Jahren  — lä9U  an  die  kon- 

MRiioBirten  priTaten  VenichernogefUMtalteii  «ttriohteteii  PrKmien: 


V«nioheniagt>  P  r  S  n  i  •  a 

sw«i«e  laW  1887  18S8  1«89  18!K> 

Vk,  ft,  9wt  Vte.  9t, 

Leben.svens.   .    .  13,150.427  14.131.206  It. 075112  in,f-;530ni  16,654.822 

Unfallvers.     .   .  I,438.ö51  1.804.054  2.4üU,Ü89  2,U73.64ä  3,085,316 

Fenervers..   .   .  5,765,047  6^017,515  6,108.157  6.379,758  6.449.666*) 

Gla-svers.    .    .    .  84.001  46.143  55,988  59  406  70,210 

Wasserleit-Veia .  ^  —  1,336  1.965  3,386 

Viehveis.  .   .   .  16,931  41,181  76,148  107,833  196,837 

Hagelvers..    .    .  l^ir»?  11I,3G2  115,348  120,0«  205.273 

Transporlvers.    .  I,47;s,ijd3  1,593,191  l,64:i,78h^  l,'Jl(i.5S9  l^ü.7!2:2 


Total    22,004,697      23,745J52      2ö,0G9,996     27,123:140  28,807,732 

Auf  einbdmiwhe  GeseUsehaflen  entfeilen   FV.  16,146,963 

,    fremde                  ,               .    »  12,661,469 

,   Aktien-                 ,    ,  21,154,251 

.  Gegenaeitigfceilfl-      •            •    ,  7,668,481 


Ti^g^Zem«tt1mlin.  ErSffnmig  der  Streeke  Yi^Stolden  nm  3.  JnU 
1890,  der  Strecke  Stnlden-St  Niooles  am  38*  Angut  1890,  der  Streeke 
St.  Nioolee-Zermatt  am  18.  JnU  1891. 


Duo  Fr.  <,363,1M  rraaaiea  der  k»utou«lea  FeuerversIclierungBUituUeu ,   abzüglicb  Kücliv«r- 
•tdieruuK  i«l  koii]«Mlonlrteii  prl««i«a  y»nl«hM-iiiicMaa««lt«». 

Fatwr  YonnwlTtli«fc»ft«<L«s<h«ii  der  Schweis.  S4 


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ViehsettcheDpolüei 


—    370  — 


Viebseucbenpolizei 


Viphseucheiipoli/ci.  Mitgetbeilt  von  Herrn  t'.  Mililer,  Cbef  der  Land- 
wirthschtiüüabtkeilung  de^  eidgenössischen  Laodwirthhchaftsdepartementes.  Ge- 
schrieben Anfangs  Juli  1892.)  Durch  das  „Bundesgeselz  vom  3.  Februar  1872 
über  pohseUiehe  Maßregein  ffßffen  Viehseuchen''  wurde  die  Tidueoohenpolini, 
welche  bidher  Saehe  der  Kantone  war,  zu  einer  Angelegenheit  det  Bande«.  Seit 
1853  bestand  zwar  zwischen  den  Kantonr-n  Zürich,  Bern,  Luzcrn,  Zug,  Frei- 
burg, Solothurn,  Aargau  und  Neuenburg  ein  y,Konkordai  belrc/fend  ffcmein- 
schafllichet  polüeHidte  Ma/Jregein  gegen  Vieimeuchen^  ,*  dasselbe  sah  aber  keio 
gemdseeliaftUebeB  MiefiliMDdes  oder  beanlUdbtigeiidei  Organ  vor,  eonderD  rer- 
einbarte  nnr  Vorsohriften  und  Maßnahmen,  deren  AusfBbrnng  and  Anwendoog 
jedem  einzelnen  Kanton  oblag.  Diesem  „Konkordat**  wurde  auch  das  Bundes» 
gesetz  nachgebildet,  welches  heute  (18M1)  noch  in  Kraft  steht.  Letzteres  wendet 
sich  gegen  die  Rinderpest,  die  Langensenehe,  die  Maul-  und  Klauenseuche,  den 
Hotz  und  die  Wuth  und  es  behalt  dem  ßuiuicsrath  das  Kecht  vor,  auch  gegen 
andere  Thierseucheu,  sofern  dieselben  einen  gemeingcnibrlichen  (Äarakter  an- 
nehmen, die  zn  ihrer  Bekämpfung  und  Tilgung  notliwendigen  Haßregeln  vorzu- 
schreiben. In  Folge  dieser  Vollmacht  sind  dann  der  Milzbrand,  der  Rauschbrand, 
der  Rothlauf  der  Schweine,  die  Schaf-  nnd  Ziegenräude  und  die  Poken  der 
Schate  und  Ziegen  ein  die  Kategorie  der  Seuchen  mit  gemeingefährlichem 
Charakter  eingereiht  worden. 

Am  19,  Jufi  1873  «hielt  das  erwittinte  Gesetz  eine  Erginmng  dnroh  da«i 
„Bundesgesetz  beirrend  ZusatzbesUniminuicn  ~nrn  Bnntle><iti$eiß  über  p<Ui0ei- 
liche  Maßregeln  gegen  Viehticm  hen^ ,  welches  den  hlisenbahuen  untersagl,  un- 
gereinigte Viehtransportwagen  in  Verkehr  zu  bringen  oder  weiter  zu  befördern. 

Am  l.  Juli  1SS6  erschien  dann  noch  das  ^Bundeäge^eie  betreffend  eine 
Amderung  des  Bundesgesetees  vom  8.  Februar  1&T2  über  poli0eilieke  Maß" 
regeln  gegen  Viehseuohen''f  welehes  yorsehreibt,  daß  jedes  in  die  Schweiz  ein- 
suführendu  Thier  dm  Pferde»,  Bindvieh-,  SchwMB-,  S<iAiaf-  und  Ziegengeschlechts 
an  dtir  Grenze  durch  einen  vom  Bundesrath  ernannten  patentirten  Tli-eivirzt 
uuter.suelit  werden  müs.se.  —  Eine  biindesräthliche  Vollziehnngsvcrordimn::  iuni 
Yiehseuchengesctz  erächien  erstmalig  am  25.  Wintermonat  1872;  bic  viurdo 
dnroh  diejenige  yom  17.  ]>eaemher  1886  nnd  diese  wiederam  dareh  diejenige 
vom  14.  Oktober  1887  ersetzt.  Za  dieser  letzten  Yerordnang  erließ  dann  der 
Bundesrath  am  1.  Auguei  1889  noch  eine  „Instruktion  betreffend  daa  beim. 
Auftreten  knd'igiöser  und  infektiöser  Ihierkranhhiitcn  zu  beobachtende  Z)«S- 
infehtionsrcrfaUren  und  die  anzua->:iidenden  d)L'stnf<;ktio!ismdich . 

Diese  ganze  Gesetzgebung  beruht  aut  der  Voraussetzung  oder  vielmeiir 
anf  der  Tbatsache,  daß  die  Verbreitung  der  Tfaiersenchen  dnreh  Ansteeknng, 
d.  h.  durch  Uebertragung  eines  fttr  jede  Krankheit  spezifischen  Ansteckungs- 
stoflTes  erfolgt.  Bei  Rinderpest,  Lungenseuche,  Maul-  und  Klauenseuche,  Rotz  und 
Wuth  ist  spontanes  Auftreten  im  eigenen  Lande  nicht  j)achweisbar.  Die  An- 
steckung ist  stets  direkt  oder  indirekt  auf  Einfuhr  des  Anstedt nngsstoffcs  aus 
dem  Ausland  zurückzuführen,  wenn  auch  der  Weg,  den  derselbe  genommen  hat, 
nieht  in  jedem  Fall  aktenm&ßig  nachgewiesen  werden  kann.  Obwohl  bei  den 
mmsten  seuchenartigen  Thierkrankheiten  der  AnsteckungHstoff  als  kleinstes  Lebe- 
wesen (Mikroorgarusmeii ;  Coccen,  Bacterien  oder  Bacillen)  erkannt,  dargestellt 
nnd  seihst  gezuehtct  wurden  ist,  gibt  es  immer  noch  Leute ,  welche  die  An- 
steckung leugnen  und  die  Seuchen  auf  andere  Ursachen  zurückzuführen  suchen, 
wie  z.  B.  auif  die  Wittemng,  auf  den  Dttngungszustand  des  Bodens,  beriehunga» 
weise  auf  Mangel  an  ^osphor  im  Futter,  auf  Mangel  an  Reinlichkeit  n.  A.  m. 


Vielueochenpolizei 


—    871  — 


Viebseucbenpolizei 


Ks  kann  nicht  geleugnet  werden,  dali  derartige  F.inflllss»'!  auf  die  Vcrbrei- 

von  Seuchen  wirken  können.  Schleclite  Futterjahre  haben  schon  die  Folge, 
daß  die  im  Viehstand  enttitehende  Lücke  »puter  einem  grüßern  Vieh  verkehr 
ruft,  welcher  der  Seuohenverbreitang  TorBohnb  leietet.  Darob  AuttrodtBeti  naaaer 
Stellen  auf  Alpen  und  Weiden  eind  Fälle  von  Rauscbbrand  erfahrungHgemäß 
vermindert  worden.  Die  Sonne  seheint  ebenfallH  desintizirend  zu  wirken.  Kegen 
kann  den  AuHteckungsstoff  fortspiilen  oder  bis  zur  Unschädlichkeit  verdiinnen. 
Immer  aber  kann  eine  ansteckende  oder  seuchenartige  Krankheit  bei  einem 
Thiere  nur  entstehen,  wenn  der  specifisobe  Ansteckangsatoff  auf  daaaelbe  Über- 
tragen wird.  Die  ViehModienpoliMi  muß  deshalb  dahin  etreben,  die  Einaohlcppnng 
und  die  Verbreitung  des  Ansteckungsstoffes  nach  Möglichkeit  zu  verhindern. 
Als  oberster  Grundsatz  gilt  das  Verbot  i.hj.i  Verkehrs  mit  Ifanstli>fren^  welche 
an  einer  ansteckenden  KrankhrU  hiden,  oder  <!ur''U  Beruhrun'j  mit  S'4chen 
die  Trai/er  eines  Änsieckunysstoffeif  sein  können.  Damit  dieses  Verbot  gehaitd- 
habt  werde,  eehreibt  das  Gesell  die  AtuetgepfiM  und  die  beiitfindige  Komtraie 
des  Viehverkehrs  vor.  Die  Ei^thlimer  von  Hanstbieren,  die  TbierXrste,  die 
Viebinspektoreii,  die  Fleuuheebaaer,  die  übrigen  Gesondheitspoliceiorgane,  die 
Pohzeiangestellten,  sowie  alle  Diejeni'j*  n.  welchen  die  Obhut  und  Pflege  der 
Hmisthiere  Uberbunden  ist,  sind  verpliiehtet.  d(»r  Gemeindebehörde  »lr«j  Wohn- 
ortes suiurt  Mittbeilung  zu  maciien,  wenn  uuler  dem  Viehstand  ein  i:uil  einer 
aneteelcenden  Krankheit  auftritt  oder  wenn  das  Yorhandenaein  eines  eoleben 
Falles  vermutbet  wird,  ebenso  wenn  Vieh  in  direkt»  oder  indirekte  Berttbrung 
mit  einem  infizirten  Thiere  gekommen  ist. 

Jedes  in  den  Verkehr  gebrachte  Thier  des  Pferde-,  Rindvieh-,  Sehwein-, 
Schaf-  und  Ziegengeschlechtes  muß  von  einer  amtlichen  Urkunde  begleitet  sein, 
welche  darthut,  daß  da»  betreffende  Stück  oder  die  Heerde,  wenn  es  Kleinvieh 
oder  Sömmerangevieh  betrifftf  ans  Ortaehaften  kommt,  in  welchen  keine  poli- 
zeiliche Beachrinkang  des  YiehTerkehn  besteht.  DicHe  Urkunden,  Gesundheiis-' 
oder  Ursprungischchie  genannt,  werden  von  den  Viehinspektoren  ausgestellt, 
haben  eine  beschriinkte  Gültigkeit  von  14  Tagen  für  die  Thiere  d«H  Pferde- 
gesohlechtes  und  von  G  Tagen  für  die  Übrigen  Thiere {  sie  verlieren  bei  kland- 
Jindernng  wenn  dieselbe  niebt  auf  einem  Sffentliohen  Harkte  gesehieht  — 
ebenfalU  die  Gültigkeit  und  sie  mttssen  binnen  swei  Mal  24  Standen  dem  Vieh- 
inspektor  des  Kreises  abgegeben  werden,  in  welchen  die  Thiere  eingeführt  wurden. 

Jeder  Kanton  ist  nämlich  in  Inspekilomkrchc  eingctheilt  mit  jis  einem 
Viehinspt'ktor  und  seinem  Stellvertreter.  iJieser  Beamte  htellt  nicht  nur  die  Ge- 
sundheit«- oder  Ursprungsscheine  aus,  sondern  er  nimmt  dieselben,  sowie  die 
von  den  eidgenSssiseben  Grensthierftnlen  angestellten  Passirsebcine,  wie  oben 
henerkt,  auch  ein  .und  fahrt  Uber  den  Aii^pmg  und  den  Eingang  eine  gMiane 
Kontrole,  Der  Viehinspektor  braucht  nicht  nothweudig  ein  Thierurzt  m  sein ; 
wenn  immer  mllglieh  ernennt  man  indeß  Thierürzte  zu  Viehinspektoren. 

Wenn  ein  Fall  vuu  auHteckender  Krankheit  der  Gemeindebehörde  zur  An- 
zeige gebracht  oder  ein  solcher  Fall  vermutbet  wird»  so  muß  sofort  das  Gutachten 
eines  Tbierantes  eingeholt  und  müssen  unvenO|^ieh  die  geeigneten  Ha0aahmeii 
sur  yerhindemng  der  Ausbreitung  der  Krankheit  getroffen  und  der  Viehinspektor, 
sowie  die  zuständige  Polizei-  oder  kantonale  Sanitätsbehörde  hie  von  benach» 
rieht  igt  werden. 

Die  kranken  und  verdächtigen  Stücke  werden  unverzüglich  abgesondert 
oder  abgesperrt.  Die  kantonale  Behörde  bat  Uber  die  Ausdehnung  dieser  Maß- 
nahmen xn  entscheiden,  indem 


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Viehsenchenpolizei 


—    87Ä  — 


Vietueuchenpolizei 


1)  dunli  BuMetsnng  aaer  „enUn  h^MonaMOAC**  9a»  Absosonclenideii  und 
»bsittpwrttiidmi  StiUle,  Otftlidhkwtem,  Weiden,  Alpea  and  W«ge  b«mkh&et 

werden; 

2)  7!or  Verhinderung  der  Ausdehnung  der  Krankheit  um  diese  Zone  herum 
eine  weitere  HOgeuaaute  ^Schulz-  oder  Skherheitszone"  festgesetzt  winJ. 

Bot  ViehrttMd  der<  xwmtoi  Zone  darf  weder  ans  der  betrelDnideii  Ortacbafl 
Ibrtgelldirl  noch  feilgeboten^  wohl  aber  za  den  landwirtluicbaftlicheQ  Arbeiten 
▼ernrendet  und  auf  die  in  der  Nähe  der  Gehöfte  liegenden  Weiden  geführt 
wpf^pn.  Der  Transport  znr  Schladithank  i-^t  unter  der  Bedingung  gestattet,  da& 
dertieibü  unter  polizeilicher  Aufsicht  etattündet. 

Thiere,  welche  in  Folge  einer  kontagiöaen  oder  infektiösen  Krankheit  ge- 
Bohladitet  worden  oder  nmgeetanden  eind,  mttaeen  dnreb  Thierbste  se^drt  ond 
eyentaell  oiiter  thierärztlicher  AnCsitdit  beseitigt  werden 

Die  Heilung  eines  jeden  Falles  an  Maul-  und  Klauenseuche,  Rothlauf  der 
Schweine,  Rände  und  Pocken  der  Schafe  und  Ziegen  muß  ebentalls  durch  einen 
patentirten  Thiemrzt  konstatirt  werden.  Erst  nach  dieser  Feststellung  and  nacb 
einer  Frist,  deren  Daner  von  der  Art  der  Erkrankung  abhängt,  können  die 
Thiere,  die  mit  denselben  in  Berfllirnng  gek<Hnnienen,  Gegenetinde  nnd  Weikseuge^ 
und  die  OOTtlichkeiten,  in  welchen  dieselben  sich  befanden,  gereinigt,  drshifigiri 
und  die  gesun  üu  itspolimiliohen  Haftnahmen  (Sperre  pBann],  Abeonderang) 
aufgehoben  werden. 

Es  würde  zu  weit  führen,  auch  noch  die  „Besonderen  ge{/en  die  cinzeimn 
Xrankkeilm  mu  treffauh»  Mi^huikme»''  darebanbespreciien.  En  mag  nur  erwihnt 
werden,  daß  bei  Binderpeat,  Lnngeneew^  Bola  nnd  Bantwnrm  nnd  Wnth  keine 
Heil-  oder  Impfversuebe  gemacht  werden  dürfen,  »ondem,  daß  kranke,  ai^e- 
steckte  und  yerdRehtifre  Thiere  sofort  zu  bcHcitigen  sind.  Zum  Schutz  geg'en 
Rauschbrand  wird  in  mehreren  Kantonen  das  jung!'  Wt  idvieh  geimpft.  Dagegtu 
kommen  Impfungen  gegen  llikbraud  und  gegen  Rotblauf  der  Schweiue  nicht  vor. 

Monatlieh  swei  Mal  bttiditen  die  kntonalen  Sanitiltsb^Brden  an  das  mit 
der  YiehHaoitXtBpolizei  betraute  eidgenösdeohe  Landwirthschaftsdepartement  tiber 
die  im  Kautonsgebietc  konstatirten  Fälle  ansteckender  Krankheiten,  deren  Ur 
Sprung,  das  Ergebniß  der  Untersuchung,  den  Yerlatif  d»^r  Krankheit  und  die  za 
ihrer  Bekämpfung  und  zur  Verhinderung  der  Ausbreitung  getroffenen  Maß- 
nahmen. Außerdem  soUen  diese  Berichte  oder  ViehseuchenbuUetins  die  Angabe 
der  Gesetnstlbertretangen,  sowie  die  Angabe  der  verhängten  Bnßen  enthalten. 

Aus  diesem  Material  wird  das  eidgenössische  Vieh»€«ehenbuUtHn  gebildet, 
welches  ebenfalls  monatlich  zwei  Mal  in  je  ca.  9000  Exemplaren  nnd  in  den 
drei  Landessprachen  erscheint. 

Es  bestehen  dann  noch  besondere  Vorsobriften  Uber  den  ViehTerkehr  auf 
E^eHbeiknen  nnd  anf  M9r]U$n,  Ea  dflrfen  nur  Thiere  mit  QeenndliätBtelidnen 
(Pferde  aufgenommen)  anf  den  EiaeobahmNi  Terladen  werden.  Eiembahnwagen,. 
Rampen  etc.  sind  nach  jedesmaliger  Benutzung  sorgfältig  zu  reinigen  und  zu 
dcsinfiziren.  Die  öffentlichen  MHrkte  .sind  durch  patentirte  Thierärzte  zn  beauf- 
sichtigen, welche  alle  Thiere  ohne  Rücksichtnahme  auf  ihre  Herkunft  beim 
Zugang  zum  Markte  zu  untersuchen  haben.  Jedes  Thier  muu  iiberdieß  von  einem 
gültigen  Geenndheita-  oder  Pasaireohein  begleitet  aein.  Handrhandel  mit  Bind<^ 
vieb.  Schafen,  Ziegen  und  Schweinen  iet  verboten. 

Kranke  und  verdiehtige  Thiere  werden  an  der  Grenze  dnrch  die  Grenz- 
thierärzte  zurückgewiesen;  ebenfalls  diejenigen,  welche  Dirht  mit  den  Torge- 
schricbenen  (iesundheitsscheinen  versehen  sind.  Es  kommt  leider  nur  zu  oft  vor» 


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Viehseucheiipolizei 


—    373  — 


Viehseucbeapolizei 


daß  Thieie,  welche  den  Ansteckungsstoti,  tlie  Krankheit  im  Zustande  der  Inku- 
bation bei  ttiüh  tragen,  bei  uns  eingeführt  werden.  Sind  derartige  Fälle  sahl> 
reioh,  m  muß  die  Einfuhr  von  Tieft  bmehrUnki  od«r  «erfto/e»  w«rd«ii.  Auch 
wird  die  Quarantäne  am  Bestimmungsort  vorgMohiMbsii.  IMe  dieser  QuarantSne 
«u  unterwerfenden  Thiere  müssen  direkt  von  der  Grenze  weg  an  den  Bestim- 
mungsort gebracht  werden  und  dort  mit  dem  gesammten  Yiehatand  des  Besitzern  eine 
beatimmte  i^Vist,  in  der  Regel  10  Tage  lang  dem  Stallbann  (Gehöftsperre)  unter- 
liegen. Zur  bessern  SeBofticlitigung  dieser  Maßregel  werden  di«  dcör  QittraatKiM 
SU  unterwerfende  Hindvieb  und,  die  Schweine  mit  dem  Dttnmbrand  und  die 
Sohafe  mit  einem  Farbstempel  gekennzeichnet.  • 

"Wenn  die  Vorschriften,  wclrhf  Gasetz  und  Verordnung  aufstellen,  überall 
genau  befolgt  werden,  so  sind  Seucheneinschleppungen  zwar  nicht  zu  vermeiden, 
wohl  aber  Seuchen  Verbreitung.  Die  Kontrgle  des  Viehverkehrs  stempelt  nämlich 
die  adiweumrisdie  QewtigttlNing  mr  besten  die  ee  gibt. 

Mit  der  Anafllbrang  steod  es  leider  frllber  melit  ttbemll  am  besten.  Bieee 
ist  nämliob  Sache  der  Eantone,  indem  der  Bund  wohl  legiferiren  und  Seuchen- 
kommissäre ernennen  nn<l  abordnen  kann,  aber  mit  Ausnahme  der  Grenzthier- 
ärzte keine  andern  Orgaue  der  Sanitätspolizei  besitzt. 

Früher  waren  eine  große  Zahl  Kantone  vom  Vorkehr  mit  ausländischem 
Yieh  wenig  oder  gar  nicht  berührt  und  Seuoheneinechleppungen  deshalb  lelfen, 
folgUoh  das  Intere!«e  an  der  Viehseuchenpolizei  gering.  Seit  ErOffhung  des 
Gotthard-  und  Arlbergtannels,  seit  der  gewaltigen  Vermehrung  und  Verbesse- 
rung der  Terkebrnmittel  hat  sich  ebenso  gewaltig  der  Viehverkehr  vermehrt 
und  damit  die  Ansteckungsgefahr. 

Am  besten  dürfte  wohl  die  Seuchenpolizei  in  den  frtfliem  Konkordats- 
kantouen  gehandhabt  worden  sein.  Das  Bedttrfoiß  «ner  aolohen  madite  sioh  in 
diesen  Kantonen  auenst  gelteud;  die  Formalitäten  lebten  sich  dort  seit  längerer 
Zeit  ein  und  der  Nutzen  wurde  von  den  Yiehbesitzern  schon  länger  anerkannt. 

Das  Gesetz  und  die  ursprüngliche  VoUziehungsvcrordnung  von  machten 
noch  Unterschiede  in  den  Maßnahmen  je  nach  dem  Herrschen  und  Nichtherrschen 
voa  Seuchen.  Dies  ereehwerte  auch  sdir  die  Yolliiehung  und  es  muß  als  ein 
großer  Fortschritt  betraohtet  werdeD^  daß  die  VoUsiehungsTerordnnng  vom  14. 
Oktober  1887  keine  „seuchenfreie"  Zeit  mehr  anerkennt,  sondern  in  Besug  auf 
die  Gesundheitsscheine  und  die  Dauer  ihrer  Gültigkeit,  die  Untersuchung  an 
der  firenze,  die  Reinigung  und  Desinfektion  der  Transportmittel  u.  s.  w,  stets, 
zu  aiicu  Zeiten  und  unabänderlich  die  gleichen  Mai^uahmcn  vorsieht. 

Yersohieden  je  naeh  dem  Grad  der  weeheelnden  Gefthrliobkdt  ist  nur 
die  Behandlung  des  attsUttdisehen  Viehes.  Aber  aueh  bei  diesem  würden  sioh 
dauernd  strengm  Maßregeln  reditfertigen.  Als  die  zweckmäßigste  wäre  wohl 
die  Quarantäne  am  Beslimmnnesort  für  alles  fremde  Vieh  zu  betraehten.  Das 
Schlachtvieh,  au  welchem  einzig  ein  Einfuhrungsbedürfniß  vorliegt,  würde  durch 
diese  Maiiregel  nicht  betroffen,  indem  die  sofortige  Abschlachtung  desselben  nicht 
nur  nicht  verboten,  sondern  erwttnsdit  iai.  Die  Quarantäne  wttrde  aber  den 
Verkehr  des  fremden  Viehes  auf  den  UKrkten  ttberhanpt  so  lange  verhindern, 
als  dasselbe  anstecknngsfähig  ist. 

Je  dauernder,  gleichmäßiger  und  vernünftiger  oder  vielmehr  verständlicher 
die  angeurdneteii  Maßnahmen  sind,  desto  eher  kann  deren  Volbiehuug  erwartet 
und  erwirkt  werden. 

In  neuester  Zeit  hat  die  Seuohenpoliiei  in  der  Schweis  wesentUdie  Fort« 
schritte  zu  verzeichnen.  Dies  ergibt  eich  schon  aus  der  Vergleiobung  nneerer 


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TiefaseuehenpoUzei 


—    374  — 


Viehaeuchenpolizei 


äftucheufltatistik  mit  derjenigen  der  angrenzenden  Länder,  namentlich  aber  auch 
ans  der  Tlmtsaclie,  daß  in  sehr  wenigen  Kantonen  die  8euehenfdlle  sic)i  jeweilen 
Uber  mehrere  Stiiiie  einer  Gemeinde  verbreiten.  Fast  immer  kann  die  Krankheit 
lokalisirt  und  auf  je  mimii  bis  swei  StSlle  beMfavKnkt  werden. 

Za  wlinsohen  wSre  nodi  in  vielen  Kantonen  nne  genauere  üeberiraelinng^ 
der  Viehverkehrskontrole  Kantons-  oder  Bezirkfithierärzte  sollten  regelmäßig 
diese  Kontrolen  bei  der  Vieliin,s|>ektion  prüfen ;  denn  die  Viehverkehrskuntrule 
ist  die  Grundlage  der  Seuchen polizei.  Der  g:ewiRsenhafte  Viehinspektor  wird  nie 
einen  UrBprungsschein  ausstellen^  ohne  sich  uut»  seiner  Kontrole  zu  versichern^ 
wann  und  mit  weldiem  Sebein  dae  betreffende  Thier  in  «einen  Kreb  eingefttbrt 
oder  ob  es  in  demselben  geboren  und  erzogen  wurde.  Eigentliche  Viehftauds^ 
kontrolen,  wie  solche  einige  Kantone  der  französischen  Schweiz  eingeführt  haben^ 
lind  in  welchen  jeder  Viehbesitzer  und  Viehhändler  sein  eiprenes  Kont«  hat» 
waren  freilich  den  bloßen  Vieh üer^cArö kontrolen ,  welche  nur  über  den  Aus- 
gang und  Eingang,  soweit  es  den  Verkehr  jedes  Yiehbesitzera  mit  andern  In- 
spektionekreiaen  betrifft,  an«  mehrfachen  GrUnden  vorsuzieben. 

Da  laut  Art,  3  des  Gesetzes  „rfer  Verkehr  mit  llnusthier^n,  die  an  einer 
ansieckenden  Krtinklirit  leiden  oder  durch  f/e>'-Jichene  Ilrühnt nrj  wlt  s  thhctty 
TriUjer  eines  Anstei-kii)i(is>(offes  sein  können,-  v  e  r  b  o  t e  n  ist,  so  sollen  die 
Uebertreter  dieses  Verbotes,  namentlich  Händler,  welche  kranke  oder  angesteckte 
Thiers  eingeführt  oder  solohe  im  Lande  Terbandelt  haben,  darch  die  KOetibidigen 
kantonalen  Behitrdeii  erapfindlidi  gestraft  werden.  Bandeerath  and  Bundeever- 
Sammlung  haben  kürzlich  (1891)  darch  Abweisung  des  Rekniees  eines  für  ein 
derartiges  Vergehen  vom  Kleinen  Rath  des  Kantons  Graubllnden  mit  500  Fr. 
gebüßten  Händlerf«,  den  Kantonen  au^sdrUcklieh  dieses  Recht  zuerkannt.  Wenn 
alle  Kautonc  vorgehen  wie  Giaubüuden,  so  würden  Seucheneinschleppungen 
und  Yerechleppungen  jedenfiiib  seltener  ▼orkommen. 

WUnscbbar  wSre  ancht  daß  die  Viehinspektoren,  denen  neben  der  Vieh- 
seuchenpolizei noch  je  länger  je  wichtigere  Aufgaben  anf  dem  Gebiete  der  Thier- 
Bucht,  wie  Bezeugung  von  Geburten,  Bcanf-iphtigung  von  Zucht registern  u,  A,  m. 
Überbunden  werden,  eine  höhere  Kntschiidigiing  erhielten.  Die  Viehsoheingebühren 
sollten  hiefdr  ausreichende  Mittel  liefern  und  es  ist  offenbar  besser,  mittelst 
dieser  Gebühren  tllefatige  Organe  fllr  die  Sanitätspoliaei  an  gewinnen,  welche 
Seuchen  verhüten  helfen,  statt  damit  Voraugsweise  Senehenfonda  an  Snfnen  nnd 
die  Prophylaxis  zu  vernachlässigen. 

Es  .sind  schon  Fälle  vorgekommen,  daß  in  eineni  trüber  verseuchten  Stalle 
sp&ter  die  Seuche  neuerdings  auftrat,  weil  nicht  oder  nicht  genügend  desinüzirt 
wurde.  Es  ist  dies  ein  strafbarer  Fehler  des  behandelnden  und  beamteten. 
Thierantes. 

Auch  auf  mangelhafte  Deainfoktion  von  Eisenbahnwagen  sind-schun  Seoehen- 
fälle  zurUcligeflihrt  worden  Da  können  nur  DesinfektionsHtationeti  helfen,  wo 
der  betreffende  Dienst  zentrali<irt  und  koutrtdirt  werden  kann.  Gegenwärtig, 
wo  jede  Ausladstation  die  Desirdektiuu  vurnehmen  muß,  ist  eine  ausreichende 
Ueberwachuug  dieser  Arbeiten  unmöglich. 

Sehr  zu  wttnschen  läßt  vielerorts,  namentlich  auf  dem  Laude,  die  Fieisch- 
schau.  Eine  Besichtigung  des  zu  schlachtenden  und  des  geschlachteten  Thierea 
durch  Thierärzte  würde  wahrscheinlich  hin  nnd  wieder  Seuchenfaile  und  Seuchen- 
herde aufdecken,  namentlich  bei  den  Schweinen  (RothiHuf). 

Ob  früher  oder  später  noch  andere  Krankheiten  auf  das  Veraeichniß  der 
sanitfttspoliaetlich  an  bekämpfenden  Benchen  gesetst  werden,  ist  natttrlieb  nicht 


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Vidiseuchenpcrfizei 


—    376  - 


VolkfrariTthschaft 


voraaBZURagen.  Es  wird  vou  verschiedener  Seite  dies  für  die  Tuberkulosis  ge- 
wÖTischt.  Leider  be«itzpn  wir  norh  kein  Mittel,  um  diese  Krankheit  am  lebenden 
Thier  mit  Sicherheit  zu  crkcriiien.  Die  tinanziellen  Folgen ,  welche  allfällige 
Tilguugsinaüregelu  dem  Staat  und  dem  Yiehbesitzer  bringen  werden,  sind  noch 
niolit  genügend  gewürdigt  wordea.  Eine  radUnto  Beklmpfuug,  wie  dies  bei  der 
Lungenaenohe,  der  Rinderpest,  der  Wath,  dem  Rots  o.  «.  yorgesdirieben 
und  durchführbar  int,  ist  bei  der  Tuberkulosis  jedenfalls  unmIJglioh,  weil  der 
Ansteckungsstotf  niemals  vollst;indii^  beseitigt  weiden  kann,  indem  ja  der  Mensch 
selbst  denselben  stets  wie^ler  verbreitet.  Die  ;imtliche  Bekämpfung  der  Tuber- 
kuloäiä  muß  uüthweadigerweise  der  allgemeiueu  obligatorischen  ViebversicheruDg 
rufen. 

Mit  den  größeren  Forderungen  in  Besag  auf  Hisodhabong  der  Seuchen« 
polizei,  welche  der  Bund  an  die  Kantone  in  den  letzten  Jahren  stellte,  sind 
auch  dessen  Leistungen  gewachsen.  Seit  188G  ericheint  das  Viehseiichenbulletiu 
in  bedeuten«!  verbesserter  Form.  Dessen  Zuverläs.sigkeit  wird  dadurch  garantirt, 
daß  es  allen  kantonalen  Sanit&tabehörden,  allen  Thierärzten,  allen  Yiehinspek- 
toren,  allen  Zmtnngsredektionen  und  Privaten,  welehe  dasselbe  wttnsohen,  allen 
Abonnenten  des  Bnndesblattes  und  der  Schweiz,  landw.  Zeitsehrift,  d.  h.  mehr 
ala  i)000  Le-;crn  tmentgeltüch  zugestellt  wird. 

Der  Hund  unterstützt  Kurse  für  die  In.-struktion  der  Vif-hinspektoren,  gibt 
B^iiträge  an  die  Besoldung  neuer  Kantousthierarztstellea,  an  Uuarantäne^tälle  in 
der  NMbe  d«r  Greese  n.  A.  m.  Bei  AbsehlaehkoBg  von  sew^eoverdaehtigeBii 
Vieh  in  FSllen  von  Lnngenseiiefae  ist  die  Bandeskasse  eher  bereit,  beisntrsgen 
wie  früher. 

Dieses  Entg(»2;pnkoramen  wird  erleichtert  durch  den  eidgenössiseln-n  Vieh- 
seuchenfond, welcher  seit  1888  au«  den  LIrberschUssen  gebildet  wird,  weNlie, 
Uber  die  Kosten  der  eidgüiulssischen  thieriirztlichen  Grenzuntersucbung  hinaus, 
▼on  den  betreffenden  üntersuchungstaxen  verbleiben.  Am  1.  Jannar  1892  be- 
trog dieser  Fond  Fr.  229,685.  59.  . 

YiehvenIclieriiBgf*  S.  den  voraasgegangenen  Artikel  «  Versicherung  " . 

Yoies  6tr«itei  de  OeniT«.  Es  wurden  erGffiiet:  Am  1  Jani  1889  die 
laoie  6eneve*St- Julien;  am  11.  Jnni  Genive«6ernex ;  am  21.  Juli  1889  Bernez- 

Laconnez;  am  5.  August  1889  Geneve-Lancy ;  am  H.  September  1889  Genive- 
St-Georges;  am  15.  ^fai  IR'JO  neneve-Ferney  nni  Geneve-Clu'itelaine ;  am 
1.  Juli  1890  Cbätelaitie-V'ernier ;    am  August   1890  Laconnex-Eaumorte  ; 

am  16,  OIctober  1890  Geneve-Curiiier,  am  8.  Dezember  1890  Eaumorte  Chancy  ; 
am  29.  Dezember  1890  Corsier-Veigy  \  am  30.  April  1891  Gen^ve-Vandesuvres  ; 
am  8.  Juli  1891  Yeigy  Donvaine ;  am  2.  Oktober  1891  Vandceiivres-Jnsiiy. 

VoIkswirthsohAft«  (Yerfasser  Herr  Dr.  Trangott  Geering,  Chef  der  Schwei* 

zerischen  Handelsstatistik).  Wenn  hier  beinahe  am  Schluß  des  Werk  »eh 
ein  bcKOnderer  Artikel  unter  dem  Titel  „Sehweiz  V(dks\virth, schaff  stehen  sull, 
so  kann  die  Aufgabe  desselben  nur  in  der  Zusammenfassung  der  in  allen  bi.s- 
herigea  Lieferungeu  zerstreuten  Elemente  zu  einem  wohlgefügten  Bau,  zu  einem 
sjrstemataseh  gegliederten  Obersichttiebeo  Anfriß  der  Schweis.  Vblkswirthsehaffc 
bestehen.  Dabei  wird  ttaßerate  Knappheit  nm  so  mehr  gereohtfertigt  sein,  als 
für  das  meiste  Detail  ein  für  allemal  auf  die  Spesialartikel  dieses  Werkes  ver- 
wiesen werden  kann. 

Ganz  wird  die  Autgahe  ffilieli  auf  Grnnd  der  hier  nitdergelegteii  Daten 
nicht  zu   lüseii  »ein,  eiuöslheiis  del^halb,  weil  seit  ilem  Erscheinen  der  Irüh-iren 


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Volkswirthächaa  —    S76    —  Volkswirlhschaft 

Liflfemngeii  mehrtre  Jahre  Terflotaeii  sind,  in  denen,  großentiieil»  augeicgi  dar  oh. 
das  Yolkswirthsohaftoleztkon  und  nof  demselben  fafiend,  eine  «chSne  Zahl  werth> 

voller  Spesifttunteraachongen  ersohieoeQ  sind,  von  denen  einige  der  neuesten  hier 
wenigstenfl  genannt  sein  sollen') ;  anderseits  aber  auch  deßhalb,  weil  das  Lexikon 
seiner  ganzen  Anlage  nach  in  verschiedener  Hinsicht  LUcken  läßt.  Zunächst 
fehlt  —  nicht  Uberall,  aber  vielerorts  —  die  historische  Fundirung.  Diesen 
Mangel  hier  in  heben,  wttrde  Tiel  an  weit  llihren.  Es  mag  dies 
besonderen  Darstollnng  um  so  eher  vorbehalten  bleiben,  als  das  Volksinrtbsehefts- 
Lexikon  doch  in  erster  Linie  dem  aktuellen  Bedürfniß  der  Gegenwart  gerecht 
werden  will.  Auch  ist  das  Feld  für  eine  zusammeofasseude  sohweixeriaohö  Wirth- 
sohaftsigesohichte  noch  nicht  reit  zur  Ernte. 

Sdiwerwiegendair  ist  fOr  das  Bedllifnift  der  Gregenwart  der  Kangel  an  ITer- 
gleiohnngen  mit  den  entspreohendeo  Yerhkltniseen  des  Anslandea.  Fllr  den  Zweck 
dieses  Artikels  ist  derselbe  doppelt  fühlbar:  denn  ohne  diese  Parallelen  erhalten 
wir  nur  eine  relativ  leblose  Flachmalerei  ohne  [l-üff  ml  ohne  Modellirnng. 
Nur  durch  den  Maßstab,  den  wir  aus  der  Vergleicuung  mit  dem  Au<4lande  ge- 
winnen, kann  uusre  eigene  wirthschaftUche  Lage  ins  richtige  Licht  treten.  Diese 
Ltteke  maß  daher  im  Folgeoden  —  mit  Answakl  nnd  mit  Beedirttukong  anf 
das  Köthigste  nnd  auf  das  wirkliek  Charakteristiaehe  —  seviel  wie  mSgliok 
gededit  wurden. 

Es  würden  nun  eigentlich  an  diese  Stelle  längere  Auseinandf rsctznngen  Uber 
die  kSchwierigkeit.  ja  Unmöglichkeit  der  Lösung  der  Äufgiibe  hergeh  aen.  Wir 
verweisen  btatt  detisen  aui  die  bez.  Ausführungen  frof.  Krämer»  im  Artikel 
Laadwirthachaft,  Seite  320^,  II,  welche  in  ihrer  vollsten  Ansdehnnng  fttr  die 
Würdigung  der  Schweis.  Volkawirthschaft  Uberhaupt  Geltung  haben,  und  stellen 
hier  kurz  zuaammen,  was  aar  Zeit  in  Mhweiaenaoher  Wirtbsehaftsatatistik  ge- 
leistet  wird. 

Die  wirthscbaftliche  Statistik  der  Schweiz  bleibt  im  Vergleich  zu  dem  Stand 
der  Sache  in  anderen  LSndern  weit  anrttck.  Abgesehen  von  den  fikr  alle  volks* 
wirthsehaftliohen  Nachweise  gmndl^ndea  10>,  beaw.  8-jKhrlichen  Berafe-  und 
Viehzählungen  wird  nur  der  Verkehr  in  seinen  wichtigeren  Aeußerongeo 
auswärtiger  Handel,  Bfinkwesen,  Eisenbahnen,  Posten  und  Telegraphen  von 
Bundeswegen  f\\r  das>  ganze  tiebiet  der  Schweiz  ermittelt.  Dagegen  figuriren 
in  jeder  volki^wirthschaftUohen  Gleichung  fiir  unser  Land  2  unhekauntc  Größen : 
Prodaktion  nnd  Konaam.  Nor  ftr  einige  wenig  belangreidhe  Eneognisse,  für 
Pnlver,  Sprit  und  Sals  liegen  aufolge  bei.  eidg.  nnd  kantonaler  Monopole  iesto 
Daten  vor.  Im  (Jebrigen  ist  die  wirthschaftliolie  nnd  speziell  die  Pruduktionastatiatik 
dem  kantonaien,  komunnalen,  korporativen  nnd  individuellen  Interesse  ttberlaaseo. 

*)  Georg'  Baumberger,  Geschidite  des  Zeniralverbandes  der  Stickerei-Indostrie  der 
Ostsrhweiz  und  iie<(  Vorarlberg  und  ihre  wirthsehafU.  nnd  80sialp<dili8dien  Ergebnisse. 

St.  Gallen.    Ha^selhrink,  1891. 

Emil  Frey,  die  schweizerische  Handelspolitik  der  letzten  Jahraehnte,  in  den  Sehriften 
Vereins  für  Sozi  ilpolitik  XLIX :  die  Handelspolilik  der  wichtigeren  Kulturslaaten  in 
den  letzten  Jahrzehnten.  Hd.  I,  Nr.  IX,  S.  451— 5U.  Leipzig.  Duncker  <^  Humblot. 

F.  Mfdlcr.  die  Tuberkulös«-  des  Rindviehs  und  die  Viehversicherung.  Bern.  1891. 

Dr.  FI.  Ilüe^'g,  die  Wirkungen  der  Sankt  Gotkhardbahn.  Ijeipsiger  Disaertation. 
Leipzig.    Duuc-kei  A'  Huuihlot.  1891. 

Dr.  R.  V.  Tavel,  die  wichtigsten  Aenderungeu  in  der  LebonstiHltung  der  schwei- 
::eri<;rhnn  Hnrhgehirgsbewohner  im  Laufe  des  XÜL  Jahrhunderts.  Heidelberger  DisseT' 
talioii.    Üern.  1891, 

sowie  die  neuesten  statistischen  Auftoahmen  der  Stidkerei,  der  Baumwoll-  und  der  Seiden- 
Industrie. 


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Vülkswiltiiscbaft 


—    377  — 


VollütwürUiäcbaft 


Waa  die  Kantone  leiaten,  nird  mAI  2  Jaluea  Tom  Eidg.  Stat,  Bnrean  im 
stet.  Jafarbach  der  Sehweia  geaammelt.  Es  ist  faat  aoaadiließlioh  Agranfeatiatik  der 
Kaotone  !9tri€h  und  Üern,  Aargan,  Tfaurgaa,  Freibarg,  Waadt  und  Neueobarg, 
Übrigens  von  ebenso  ungleicbem  innerem  Werthf^,  wi?  verschiedener  AnRdclinnngj 
der  Ermittlungrtgebiete.  Außerdem  haben  einigt  [Iuu[)tindu8tnen,  wie  die  ost- 
scbweizerische  Stickerei,  die  Seiden-  und  Bauiuwuliupiunerei  und  -Weberei  zu 
▼ersehiedenen  Halen  und  in  den  aUerletxten  Jahren  wiedw  gate  eigene  Er- 
bebungen veranstaltet.  Für  andere  Exportindnafariai  geben  die  AuefubndffiHm 
der  Handelsstatistik  wenigstens  Anhaltspunkte,  so  namentlich  fttr  die  Uhren- 
indastrie  und  die  Seidenbandweberei,  währenr!  die  handelsstatistischen  Einfubr- 
äffern  fdr  eine  Beihe  autdändiscber  Artikel  Suhliiäiie  mi  den  Schweiz.  Consum  er- 
lauben. Endlieh  liegen  yon  verschiedenen  Seiten  mehr  oder  weniger  zutreffende 
SdiStsnngen  des  Bedarle  und  der  Produktion  Tor»  welche  rasammengehalten  mit 
Ein-  und  Ausfuhr  Schlüsse  auf  die  Leistungen  und  in  letzter  Onie  anf  die 
innere  Kraft  und  Gesundheit  der  Schweiz.  Volkswirthschaft  erlauben.  Besondere 
Erwähnung  verdienen  unter  diesen  privaten  und  korporativen  Schätzungen  und 
Bereohnangen  diejenigen,  welche  anläßlich  der  ZUroher  Landesausstellnng  1883 
▼enaoht,  in  den  btt.  Faehberiohten  niedergelegt  nnd  aeiüier  zam  Thttl  wmter 
geführt  worden  «iod. 

YoUstSndiger  und  ihrer  symptomatischen  Bedeutung  halber  vielleicht  nodk 
wichtiger  sind  die  Daten  aus  dem  Gebiete  des  Sparkassen-  und  Versicherungs- 
.we.seuM.  Freilich  geben  dieselben  nur  für  gewlssL-  Kreise  der  Bevölkerung  einen 
Malistab  zur  üeurtbeiluug  der  wirthschaftlichen  Lage.  Die  eigentliche  Kapi* 
talisation  der  sehweia.  Volkswirthaohaft  iMßt  rieh  absolut  nioht  anders  messen 
als  vermufbangswmse  nnd  nnr  gana  im  Allgemeinen  nach  drai  Stande  der  aaa> 
ländischen  Wechselkurse,  weiche  seit  1889  Tom  Inspektorat  der  aohweis.  Emis- 
sionsbanken  genau  verfolgt  werden. 

So  bleibt  es  denn  für  den  Schweizer,  trotz  der  geringen  AuHilehuuug  des 
Xjandes  und  der  relativen  Eiufaubheit  der  bchweiz.  Volkswirthüchaft ,  viel 
sohwieriger,  als  beispielsweise  für  unsere  4  Nachbarn,  ein  Bild  von  der  wirth- 
schaftlicbeu  Lage  des  I«andes  und  von  der  gesammten  Leistungsfithigkeit  unserer 
Volkswirthscbaft  zu  gewinnen.  Jeder  derartige  Versuch  wird  mit  approximativen 
iiebsungen,  ja  mit  Schätzungen  zu  rechnen  haben,  und  wird  anoh  davon  abge- 
sehen Lücken  und  Mängel  genug  aiifwei(^en.  Doppelt  prekär  wird  der  Abscfaluii 
dieser  Arbeit  gerade  im  gegenwärtigen  Augenblick,  wo  die  Resultate  der  BeraÜB- 
zihlung  Ton  1888  nooh  nicht  bekannt,  aber  ihrem  Abschluß  gans  nahe  sind. 
Wenn  wir  trota  dieser  entmntbigenden  Sachlage  eine  Losung  wagen,  so  geschieht 
es  mehr  nnr,  nm  die  Frage  in  dieser  Allgemeinheit  Uberhaupt  in  Fluß  zu 
bringen.  Und  wurde  auch  nur  der  Widerspruch  derer  geweckt,  die  es  da  und 
dort  im  Lande  herum  in  manchen  Interessenkreisen  besser  wissen,  go  wäre  dieser 
Zweck  erreioht 

* 

Der  soeben  geschilderte  Zustand  der  wirtlischaftlichen  Statistik  der  Schweiz 
ist  nicht  liur  bezeichnend  für  das  vorherrnchende  Interes-f  an  der  Ermittlung 
wirthschaitlicher  VerbaltaiüMe,  sondern  Überhaupt  schon  an  aich  charakteristisch 
fUr  die  Eigenart  der  schweiaerisdien  Yolkswirthaohaft.  Die  bmden  Haupttheile 
der  wirthsohafkliohen  Bundeastatistik :  Yiehxählangen  einersoita  —  Handels-  und 
Terkehrsstatistik  anderseits  -  betreffen  oder  beleuchten  ^eichneitig  die  beiden 
mächtigsten  Grandpfeiler  der  sohweizwischen  Yolkswirthsdiaft.    Aus  der  Yieh- 


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Volkswirtbschafl. 


—    378  — 


Volks  wirlhscba  ft 


Haltung  fließen  Ys  der  ge^iamteD  landwirthschaftlichen  Werth prodnktion,  währead 
die  Verkehrsstatistik  die  expansive  Thätigkeit  der  scbweizeriBohen  Bevölkeran^ 
iHiifltriTt^  dnroli  die  aOein  du  kleine  reUtiT  wenig  ergiebige  Land  eine  so  groß» 
Einwohnerzahl  emShren  kann. 

Wir  treten  nnnmehr  den  einzelnen  Hauptgrappeo  wirthecbaftUcher  Thätig« 
keit  näher. 

/.  Die  urproduktiven  GmtuUoffen, 

Der  BodMi  bietet  der  Bevölkerung  außer  dem  Bau-  und  Bindematerial  nur 
/s  —  '^'^68  Salzbedarfs  nnd  auch  das  erst  sf>it  den  1830er  Jahreu.  Dagegen 
fehlen  die  fandamentalf  n  industrieUen  Rohstoffe  theils  von  jeher  K  ihle),  theils 
infolge  Erschöpfung  und  Unrentabilität  der  Lager  (Silber  und  Kupfer,  Nickel, 
Blei  ete.,  in  dw  Hanptaaobe  auch  daa  Eiaen).  Die  Kohlen-  nnd  Eieenpro- 
daktion,  ▼oUends  die  der  andern  Metalle  ist  yersohwindend  klein  gegenttber 
dem  Bedarf. 

Die  Vegetation  würde  bei  ausgiebigerer  Varwerthung  in  erster  Linie  ge- 
nii^':''!!'!  Holz  für  den  Bedarf  des  Landes,  ja  einen  erheblichen  Ueberschnß  znm 
Export  darLtieteu.  Doch  fehlt  es  noch  an  <\pu  nJithigen  Verkehrsmitteln,  um 
alles  Wachsthnm  zu  verwertheu,  zumal  im  Jura  und  in  den  sttdliclieu  Kantonen. 
Anoh  die  Yerwerthung  de»  Holzes  durch  Rednktiim  des  Yolamens  anf  Kohle  ('/«) 
st  noch  nicht  in  dem  wilnschbaren  J^laße  au^ebeutet. 

Von  den  Handelsgewiichsen  ist  vorläufig  nur  der  Tabakbau  von  rtwehli.-r 
Bedeutung.  Er  liefert  '/s  —  V*  ^''^  Landesbedarfe  Dif  Seidenkultur  rentirt 
nar  in  gewissen  Theilen  des  Kantons  Tessin.  wäre  dort  al)er  wohl  noch  größerer 
Amdehnang  filhig.  üanf  und  Flachs  werden  wenig  mehr  gebaut  und  aneh  das 
FJeehtatroh  wird  großentheile  vom  Aoslande  bezogen.  Ebenso  der  Landesbedarf  ui. 
Ocl.  Iloffnungsvolle  Anfänge  der  Obst-  nnd  Gemilseverwerthung  reifen  im  vordem 
Wallis  und  aiKlerwarts  horan.  nu'l  neuestens  wird  der  Harschboden  des  Itbone« 
deltas  der  Kultur  der  Zuckerrübe  unterworfen. 

Doch  das  sind  Anfänge,  deren  Krtolg  erst  abzuwarten  bleibt  Bisher  hat 
sich  die  Bodenkultur  in  der  Hauptsaebe  weniger  anf  die  ^ndelspflanzen  als 
vielmdir  anf  den  Fntter-t  Getreide-,  Kartoffel-,  Obst-  und  Weinbau  erstreckt 
nnd  zwar  tiberwiegt  deu  natürlichen  Bedingungen  des  Bodens  und  des  Klimas 
zufolge  VOM  jeher,  namentlii  h  aber  in  den  letzten  20  Jahren  seit  der  starken 
Konkurrenz  dt  s  russischen  und  amerikanischen  Weizens,  der  Puttarbnu  durchaus. 
Von  der  gesauimteu  über  500  Miil.  Fr.  betragenden  .lahresproduktiun  der  Schweiz. 
Xiandwirtbsehaft  bringt  die  Henproduktion  ttber  7^  {M'2i,  besw.  brutto 
392  Mill.  Fr.),  während  auf  den  Getreidebau  nur  14  "/o  (70  Mill.  Fr.\  auf 
d.  n  Wein  9  7o  (46  Mill.  Fr  ),  auf  Kartoffeln  7  «/o  (85  Mill.  Fr.)  und  anf 
Obst  4  %  (21  Mill.  Fr.)  entfallen. 

Aus  diesem  Thatbestand  ergiebt  sich  folgende  Gestaltung  der  scbweizerischeu 
Ernäbrungsbilanz. 

Der  einbeiniische  Getreidebau  reicht  nicht  einmal  mehr  fär  die  Hilfte  des 

schwei/frischrn  Bedarfes  hin.  Ebenso  in  den  letzten  Jahren  die  Weinpr  iduktion, 
während   der   laufende  Jahrgang  1892  stark  Bediirfes   decken  dürfte. 

Dapeiren  wird  der  Bu-darf  an  Kartoffeln  und  GemUse  nahezu,  der  an  Obst  sogar 
reichlich  durch  die  eigene  Produktion  gedeckt.  Die  jährliche  Einfuhr  vou  Kar- 
toffeln und  Gemttsen  macht  gegenttber  der  eigenen  Prodnktion  nnr  wenige 
Prozente  ans.  Und  der  Obstertrag  giebt  in  mittleren  nnd  guten  Jahren  einen 
betrSchtlichen  Uebersohuß.    Anno  1890  ist  derselbe  anf  mehr  als  300,000  q 


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Volkswirttisebaft 


—  379 


Volkswirthscbafl 


im  Werthe  tod  4  Mill.  BV.  gestiegen»  anno  1892  dürfte  er  aich  noeh  htfher 
Stollen. 

Wäbn-nd  wir  somit  in  den  Aktiven  der  Bcliweis.  Erukhruugsbilauz  gegenüber 
dem  Audkudtt  im  bebten  Fall  eioeo  durchschnittlichen  Export  von  Bodenprodukten  im 
Betrag  von  5  Hill.  Fr.  m  veneichnen  haben,  «tellon  sieh  Jahr  für  Jahr  Passiva 
ein  im  Betrag«  von  ca.  100  Mill.  Fr.  allein  für  Korn  und  Mehl,  von  30  Hill.  Tür 
Wein,  von  20  Mill.  für  Zucker,  von  10  Mill.  fiir  Gerste,  Malz  und  Hupfen, 
von  8  Mill.  für  Hafer,  von  2  Mill.  für  Kartoileln,  von  1'  ?  Mill.  füi-  (i  'iiiüae 
u.  e.  f.  Alles  in  Allem  beträgt  das  Netto-Puä^jivum  der  Schweiz.  Nahrungäbiianz 
allein  an  Bodenprodakton  ea.  150  Mill.  Fr.  Daia  kommen  noch  ^liebliche 
Posten  von  Kolonialwaaren,  üi  erster  Linie  Kaffee  mit  15 — 20  HiU.  Fr.,  sodann 
Thea  und  Oaoao^  SttdfrUchte  n.  a.  m. 

Dem  steht  nun  seitens  der  Verwerthnnc;  des  Futterbnues  iillerdiiig.'i  iiueh 
ein  Aktivuui  gegenüber.  Aus  den  70 — 80  Mill.  q  Ueu,  welche  die  Schweiz 
alljährlich  produzirt,  werden  nicht  nur  für  annähernd  150  Mill.  Fr.  Mileh  und 
Milohprodnkto  nnd  ht  nngefilhr  denselben  Betrag  SehlachtTieh  an  den  eigenen 
Konsam  abgeliefert,  sondern  darUber  hinans  für  50 — 60  Mill.  Fr.  Milobprodakte 
and  für  ca.  10  Mill.  Fr.  Nutzvieh  zum  Export  erzielt. 

Tiifütge  der  hochentwickelten  Milchwirthhchaft  reicht  aber  die  eigene  Vieh- 
zucht luir  etwa  zu  für  die  Mast  des  einhpiinis(;lun  Fleischbedarf»?  hin.  Und 
der  Schlachtviehimport  fügt  den  bereit«  genannten  Passiven  einen  weiteren  Fa^ssiv- 
posten  binsn,  welcher  je  naob  dem  Grade  der  eigenen  Schlachtung  in  schlechten 
Fatteijahren  30 — 10  Mill.  Fr.  beträgt»  am  in  guten  Heujahren,  wo  die  Tendena 
der  VenaehrQDg  des  Yiehstsades  vorherrscht,  anf  50  Hill.  Fr.  nnd  höher  an- 
znsleigen. 

Nimmt  man  noch  den  Bedarf  der  Schweiz  an  fremdem  Wildpret  und  Fischen, 
Geflügel,  Eiern  etc.  hinzu,  so  vermag  die  Ausfuhr  der  Schweiz.  Vieh-  uud  Milch- 
wirthsohafl  der  Einfohr  allein  an  animalen  Nahrangsmitteln  kanm  die  Stange 
zuhalten. 

Wenn  somit  die  Erträgnisse  des  Ackerbaues  und  der  Viehzucht  fiir  die 
B«di5rfnis8e  der  Bevölkerung  lange  nicht  hinreichen,  so  stellen  sie  dennoch,  auch 
in  unserer  hochinduHtricUen  Zeit,  immer  noch  den  fundamentalen  Kern  der  vulks- 
wirthschaftliübeu  Kraft  der  Schweis  dar.  Dies  gilt  insbesondere  vom  Grasbau 
nnd  von  der  daranf  basirenden  Yiebaocht  mit  ihren  300 — 400  Mill.  Fr.  jähr- 
licher Erträge. 

In  dieser  die  rjnnzc  schweizerische  Volkswirtliscbiift,  alle  ökonomischen 
Kriitt«  (It's  Landes  zuisamnienfus.'^etulen  und  gegen  einander  abwägenden  ErJ^rterung 
muß  dies  um  eo  schärfer  betont  werden,  da  die  Leistungen  der  Lundwirthsehaft 
in  ihrer  Bedeutung  filr  den  Natiomdwohlstand  noch  immer  alteuoft  bei  Hoch 
und  Nieder  unterscbätat  werden.  Man  ist  geblendet  nnd  man  läßt  sich  selbst 
in  maßgebenden  Kreisen  gar  an  gerne  blenden  durch  die  großen  ZilTern  der  in- 
dnstriellen  Produktion  und  namentlich  des  industriellt  ii  Exports,  welehe  ja  freilich 
seheiiibar  noch  weit  hoher  in  die  100  Millionen  gehen,  als  l*roduktion  und 
Export  der  Landwirthschaft. 

Dabei  wird  aber  eben  ttberseben,  daß  alU  schweiaerischen  Hauptindnstrien  r 
Stickerei,  Seide,  Baumwolle  und  Wolle  sowohl  wie  Uhren-,  Maschinen-  und 
Farbindustrie  ihre  Bohstotfe  vom  Ausland  beziehen.  Die  Produktion  der  Land- 
wirthschaft dnpegen  gehört  in  ihrem  vollen  Betrage  von  einer  halben  Milliarde 
in  die  jährlichen  Aktiva  der  sehweizerischen  Volkswirthschaft.  Sie  ernährt  direkt 
fiber  40  "/o  der  Bevölkerung  uud  liefert  überdies  weiteren  ca.  30^0  der  Gesammt- 


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Voiksirirthachaft 


—    3b0  — 


Volkswirtlisctiafl 


bwjllkening  den  Bedarf  an  den  unentbehrlichsten  Lebensmitteln,  sowie  eine  Ani&iii 
wiehtig«r  Kobifoffe,  wie  Hols  und  Hänte. 

In  W&hrheit  kann  mit  d«r  landwirtMuiflfiolien  Fkodnktiaii  nur  der  Werth- 

zu wachs,  den  die  Industrie  auf  ihren  meht  MfliSndifloben  Robstoffen  daroli  Uiii> 
formung  und  Veredlang  bewirkt,  verglichen  werdf>n,  md  dann  tritt  die  Bedeutung 
gerade  der  Großindustrie  fbr  die  gesammte  schweizerische  Volkswirthschaft  neben 
der  der  landwirthschaft  weit  zurück.  Dies  hindert  nicht,  daü  der  Gewinn  der 
Indntlrie  im  G»nien  genomnien  mit  weniger  Aufwwd  ▼on  Arbeit  enielt» 
<iua1itativ  also  ökonomischer  und  für  die  Eepitalbildnng  der  sebweiierilohoD 
Volkswirthschnft  ungleich  fruchtbarer  ist  als  der  Nutzen  aus  der  landwirtfi- 
Mchaftlichen  Produktion,  znmal  in  der  gegenwHrti^pn  ]'f'n'o(!p  d(  -  T>arnipdfrlief^en8 
der  europäischen  Laudwirthschaft,  an  dem  auch  dm  Schweiz  ihren  Antheii  hat. 

Bewirkt  ist  dieses  Darniederliegeu  bekanntlich  durch  die  Entwicklung  der 
Terkabrittittel,  welehe  die  enüegensten  «beneeisohen  Gebiete  dem  alten  europä- 
ischen Kahnrboden  auf  wenige  Tagereisen  geniert  and  dadurch  einer  nngeabnten 
Konkurrenz  und  Preisbaisse  der  wichtigsten  Nebrnngsnutlel  nnd  anderer  land- 
wirthschaft lieber  Produkte  gerufen  hat. 

Etwaä  besser  als  andere  Länder  stellt  sich  immerhin  die  Schweiz,  weil  sie 
dem  Schlage  von  An&ng  an  theilweise  auswich  durch  ausgesprochenen  Ueber- 
gang  vom  Getreidebau  gor  Gras-  Yieb-  nnd  MildiwirUisobaft.  Es  sind  hente 
viel  weniger  als  sonst  allerwärts  —  und  frliher  auch  bei  uns  -  die  Getreide- 
prmse,  welche  über  Wohl  und  Wehe  der  schweizerischen  Landwirthsohaft  ent- 
f-cheiden,  sondern  der  Küseexport.  Ks  ist  eine  Thatsache,  daß  der  Exportkiüso, 
obgleich  nur  7« — '/^  der  gebammten  Milchproduktion  des  Landes  reprä^entirend, 
dennoch  der  gansen  Sehweii  Hiren  MUohpreis  dikürt  nnd  damit  alljihrUoh  den 
Aassohlag  gibt  Uber  den  Werth  des  Hanptpradnktes  der  sohweinerisiAen  Land- 
wirthsohaft. 

Diese  letztere  steht  daher  auf  einem  wesentlich  andern  Boden  als  die  Land- 
wirthsohaft anderer  Länder.  Denn  der  Schwei^prkÜRe  ist  unter  allen  landwirth- 
öchaftlicben  Produkten  einer  der  wenigen  ausgesprochenen  Luxusartikel.  Der 
Bedarf  des  Weltmarkts  an  Käse  ist  kein  so  konstanter  wie  der  an  firod,  Fleisch  nnd 
Wein,  er  hängt  vielmdir  anfk  engste  meammon  mit  den  «gotsn  nnd  schlechten 
Zeiten"  in  den  großen  Industrie- nnd  Handeloentren.  Auf  das  jeweilige  Schicksal 
der  schweizerischen  Landbevl'dkerung  wirkt  somit  hier  neben  dem  Ausfall  der 
Ernten  ein  ganz  und  gar  auLierbalh  dem  Bereiche  der  LandwirtliHelmfi  gelegenes 
Kleravnt  bestimmend  ein.  in  Zeiten  industriellen  Aufscbwungn  mag  die  starke 
Naohfrage  nach  KSse  den  Ansfall  landwirthBchafUicher  Fehljahre  dedien  helflNi, 
treffen  aber  Hißemten  mit  scMechten  Zeiten  für  Industrie  nnd  Handel  zusammen, 
so  ist  die  Bedrängniß  der  schweizerischen  Landwirthsohaft  doppelt  hart. 

Deßbalb  und  wegen  der  immer  zunebraendeii  Ausdehnung  der  Vieh-  und 
3iilcUwirthscbaft  in  andern  Ländern  wird  vtm  den  Berufenen  neben  aller  Pflege 
und  Hebung  der  EKsefabrikation  doch  auch  immer  eindringlicher  der  BUckzug 
▼on  der  allzn  einseitigen  Orientirung  der  schweiserischen  Landwirthschalt  aitf 
die  Ifilohproduktion  gepredigt,  nnd  einerseits  stärkerer  Exportviehzucht  und 
Mästung,  anderseits  der  Einführung  der  sogenannten  Zwischenkulturen  und  IIandel^^- 
[>flnn7:en  das  Wort  geredet.  Mit  beiden  sind,  wie  bereit«  bemerkt,  Anfange 
gemacht.  .Nicht  ohne  Belaug  sind  auch  die  oben  erwähnten  Erfolge  des  Obst- 
«Sports. 

Fttr  die  niehste  Znknnft  der  sohweiaerisehen  Landwirthsohalfc  Terdienen 
aber  namentlich  die  meteorologischen  Yeilndernngen  die  ToIIete  Aofinerksamk^t. 


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Volkaivirtbschafl 


—   381  — 


VolkBwirtbMhBll 


Es  ist  eine  anleagbare  Thatsache,  daß  die  ttberwiegendo  Pfleg»  der  Hildiwirth- 

scbaft  in  der  letzten  Zeit,  dank  den  Witternngsverhältnisgen  der  IRSOer  Jahre, 
besonders  gute  Chancen  hattf ;  die  starken  Nicderyrliliige,  welche  die  Mehlfrüi  hte 
in  ansem  Längen  kaum  zur  Hartreife  gelangen  ließen,  waren  dem  GraäwuchH 
und  somit  der  Mildiwirthscbsfl  außerordentlich  gUnatig.  Voraussichtlich  (oaoh 
Penck  nnd  Brttokner)  gehen  wir  nan  in  den  nlohaten  Jahren  einer  längeren 
Trockenheitäperiode  entgegen,  ansoheinend  »ind  wir  bereite  mit  dem  laufenden 
Jahre  1892  in  flirsflbe  eingetreten.  TriHt  diese  Voranssage  zu,  so  liegt  darin 
ein  Grund  mehr  zum  Aufsehen  für  die  sehweiTierisrhc  Landwirthscbaft  und  zum 
Anpassen  der  Kulturen  an  die  Witterungsverhältnit»^  der  neuen  Aera.  Freilich 
rw  «iner  Bttekkehr  in  größerem  Hafotabe  »m  Ktoierhan  daif  man  ndi  nioht 
alknviel  Tersprechen.  Da  die  eoliweizerisdie  Hanpthrodfrnoht^  der  Weisen,  in 
lUen  Klimaten  gedeiht,  die  bebaubaren  Flfichen  in  Amerika,  russisch  Asien  und 
Indien  noch  lange  nicht  alle  eiHchlos^en  sind,  und  der  Silherknrs  durchaus  noch 
nicht  auf  seinem  tiefsten  Stande  an^'elangt  zu  sein  neheint,  so  haben  dit-  ^^Vi^ell- 
preise  auch  bei  gilutitigerer  uieteorolugischer  Coustellatiou  keinerlei  Aus»icbt,  tur 
Mitteleiiropa  je  wieder  »o  lohnend  zu  werden,  wie  ee  Wein,  Seide,  Tabak, 
Ztidner  oder  Kartoffeln  sind.  Die  Vorgänge  auf  dem  Weizenmarkt  in  den  beiden 
letzten  Jahren  lassen  darüber  für  jeden,  der  sehen  will,  k  'inen  Zweifel  mehr  zu. 
Ebensowenig  wird  von  trockenen  .Tahren  für  die  Obst-  und  GemUsekaUur  oder 
auch  für  einseitige  Pflege  dee»  Futterbaues  zu  erwarten  «eiu. 

Heben  der  Auswahl  geeigneter  8onnenkaltnren,  steht  dato  ein  rationellerer 
Anshaa  der  Betriehaorganiution  im  Vordergründe;  allgemeiner  selbst  ale  bei  der 
Indttstriebevölkerung  ist  heute  bei  der  echweizeriscben  Ikuersame  der  Rnf  nach 
Zusammenschluß  der  gleichen  Interessen  zur  Vereinfachung  und  Vcrbilligung  der 
Ankäufe,  in  diesem  Fall  nhn  der  Samen-,  Kraftfutter-  und  DUngerbeschafTung, 
zur  Ermöglichung  der  Haltung  edler  Zuchtthiere  und  auuh  schon  zu  solidaribüher 
Preishaltnng  im  Absata  der  Produkte  (Klae,  Obet,  etc.).  Diese  Bestrebungen 
werden  durch  die  Kantone  nnd  von  Btmdeswegen  nntersttttat  dureh  FlaßkorrektioDen 
und  Entatimpfungsarbeitcn,  im  Hochgebirge  durch  Lawinen-  und  Wildbachver- 
bannnn^en,  dureh  Aufforstungen,  durch  Erleiohteruiig  des  laudwirth^^chaftlichen 
Cn-dits  etc.  Bi'i  der  großen  Bedeutung  der  Viehzucht  sind  aber  besonders  die 
Maßregelu  zu  deren  Schutz  und  Förderung  zu  betonen;  die  Kinrichtuug  der 
agriknltnrchemiaohen  nnd  der  Samenoontrolatation  am  Eidgen.  Polytechnikum, 
die  Einftthmng  Ton  Einriohtnngen  zum  Nadiweis  der  Beinzucht,  die  Prämirung 
schöner  Zochtthiero  und  guter  Weiden,  die  Unterstützung  landwirthschaftlicher 
Sehtileu  und  Wanderv<»rtrage,  eine  strenge  Seuchenpolizei  im  Innern  sowohl  wie 
gegenüber  dem  Auslände,  miigli«  hster  Ausschluß  von  minderwertigem  fremdem 
Zuchtvieh  durch  hübe  NutzviekzüUe. 

Leider  fehlt  zum  rationeilen  Aueban  des  System«  dn  widitiges  Glied,  um 
dessen  Besitz  wir  alle  unsre  Nachbarn  zu  beneiden  haben  ;  die  Möglichkeit  einer 
nationalen  Tarifpolitik  der  Eisenbahnen  im  Sinne  von  Ditferenzialfrachten  zu 
Gunsten  von  lulandnvieh  und  andern  landwirthächaftlichen  Erzeugnissen.  Durch 
die  Abstimmung  vom  6.  Dezember  1891  ist  die  Beseitigung  dieses  Maogels  von 
neuem  ad  Ealenda»  graeoas  verschoben  worden.  Nicht  bo  lange  wird  hoffentlieh 
die  KrOnung  des  GebKudes  dtueh  Organiaation  der  Viehvereicherung  ÜHt'b  gante 
QeMet  der  Eidgenostienscbaft  auf  sich  warten  laezen.  Damit  wäre  dann  gleich- 
zeitig, statt  der  bisher  ze Imjiihrlicben  und  stets  anormalen  Viehzählungen,  die 
Möglichkeit  jährlicher  Ermittlung  des  Viehatandee  zu  der  £Ur  jede  Gattung 
charakteristiiMihen  Jahreszeit  gegeben. 


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Vdkswirtbschafl 


—    382  - 


VolkswirUisehaft 


Vit  Hebnng  der  Skonoinisohen  Lage  des  Landvollu  Uraucht  dch  aber  nicht 

auf  diese  rein  landwirthHchaftliclieii  Maßnahmen  zu  beHchränkeo.  Immer  kate- 
gorisdier  fordert  die  Zeit  elue  Ergänzung  der  landwirthschaftlichen  Betriebsamkeit 
durch  anderweitigen  Nebeu-  uud  Wiutererwerb.  Drängt  doch  die  ganze 
Katwicklung  der  modernen  TroduktioQ  grundaStslich  auf  immer  ra^chereu,  häutiger 
wiederholten  Umeats.  Yon  allen  Erwerbearton  «etat  alleio  die  Laadwirtbschaft,  dem 
«nabltliderlichen  Kreislauf  der  Jahreeieiten  zufolge,  ihr  Kapital  nur  einmal  jähr- 
lich um.  Bei  der  jährlichen  Gefahr  von  Mißernten,  wird  ihr  Stand  Jahr  für 
Jahr  schwieriger.  Mehr  als  je  erfordert  nie  ein  Correctiv  durch  regelmäßiger 
fliesiiende  Verdienstquellen  mit  rascherem  Umaatz  der  Produkte.  Und  wo  die- 
selben nicht  darcb  Yiehhandel  oder  Fremdeniadostrie  gegeben  sind,  da  ist  in  der 
Kegel  die  Herannehung  de«  Landvolk«  cur  indnatrieilen  Produktion  am  Platze. 

Bei  der  Auswahl  solcher  Erwerbearten  ist  fUr  die  Schweife  von  vornherein 
die  sonst  so  weitverbreitete  und  belangreirhe  Gewinnung  mineralischer  Roh- 
stoffe -  mit  Ausnahme  der  Baumaterialien  —  sozusagen  gänzlich  ausgesrhlosBon 
durch  die  außerordentliche  Armuth  des  schweizerischen  Bodens  an  Mineralien. 
80  empfindlich  dieser  Mangel  Ittr  das  Ganze  der  sobweiaerütchen  yolkswirthschaft 
iüt)  80  wenig  wollen  wir  ihn  im  Interesse  derjenigen  IXndticben  BevOlkemngs* 
kreise,  aus  denen  «ich  eine  schweizerische  Knappschaft  in  erster  Linie  rekrutiren 
nüi.sste.  bedauern.  Wohl  iniis^cn  wir  Eisen  und  Knhb'n  dem  Ausland  heute  noch 
teuer  bezahlen,  und  namentlicli  die  Frachtvertf iienint!:  der  Kulileu  unterbindet 
vielen  suhweizerischen  Industrien  einen  regereu  Wettbewerli  aiU"  dem  W  eltmarkte. 
Dalttr  kennt  aber  auch  die  Schweix  glQoklioherweise  nicht  das  Uassenelend  des 
Kohlen-  nnd  Eisenbergbaas.  Und  unser  Standpunkt  darf  hier  nmaomehr  der- 
selbe sein  wie  gegenüber  dem  Getreidebau,  als  die  Schweiz  in  ihren  Wasser» 
1  r'ift»?n,  vereint  mit  der  eleklristhen  Kraftübertragung,  einen  Ersatz  für  die 
iremdc  Steinkohle  und  damit  einen  Schatz  besitzt,  der  ganz  ohne  soziales  Massen- 
elend der  Hebung  harrt,  einfach  durch  eine  stärkere  Anspannung  der  ohnehin 
schon  bltthend<m  schweizerischen  Haechinenindustrie.  Das  Vorgehen  der  Stadt 
Genf  sollte  in  dieser  Bi^ziehung  bahnbrechend  und  wegweisend  fU.r  die  gesammte 
eohweizcri-<  In  Yolkswirthschaft  sein. 

Di "  rn  btige  Ergänzung  des  landwirth-^ehaftlichen  Erwerbs  dürfte  nach  wie 
vor  am  ehesten  zu  suchen  sein  in  der  Hausindustrie,  im  Sinne  der  Ver- 
edlung und  Umformaug  indttstrieller  Rohstoffe  oder  Etalblsbrikate.  Ohnehin  hat 
ja  die  Hausindnstrie  schon  seit  Jahrhunderten  in  der  vorderen  Schweis  und 
Sttddeutscbland  vielleicht  ihre  stärksten  Centren  gehabt.  Und  neben  oder  ent- 
gegen  einer  mäohtigeu  Zeitströmung,  welche  heute  theils  als  Konsequenz  der 
mechanischen  Betriebsweise,  theils  ganz  im  Gegentheil  im  Namen  der  sozialen 
Gesetzgebung,  die  örtliche  Concentratiou  der  industriellen  Produktion,  die  Opterung 
der  ISndliohen  Haueindostrie  fordert,  besteht  auch  heute  noch  seitens  einsi<^tigar 
nnd  anfrichCig  gutgesinnter  Fabrikanten  die  bewosste  Tendenz,  die  Hausindustrie 
auf  dem  Lande  selbst  mit  Opfern  aufreclit  zu  erhalten,  als  lebendigen  Protest 
gegen  die  H(»zialen  und  pittlii  lien  3Iilistäude  de^J  ungestümen  An\vai  h>rns  des 
städtischen  Proletariats  und  zu^'leieli  als  ökonomisLlib  Wohithat  lür  die  läiidlitdu* 
Bevölkerung.  In  beiden  Beziehungen  wird  uittu  den  positiven  Werth  dieser 
Tendenz  rOekhaltlos  anerkennen  mttssen,  und  vom  Standpunkt  der  Landwirth- 
schaft  aus  gesehen,  muss  die  Erweiterung  bestehender  oder  die  £infUhrung  neuw 
ländlicher  Industrien  unbedingt  gefordert  werden. 

Unleugbar  sind  damit  nnehtheilige  Folgen  für  die  soziale  Lage  der  städt- 
ischen Fabrikarbeiter  verknüpft.    Die  bescheideneu  Ansprüche  der  ländlichen 


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VolkswirLfascbafl 


VolkswirthscIiaJ't 


Industriearbeiter  an  Loim  und  Behaglichkeit,  Überhaupt  ans  L&ben,  häogeti  sich 
fltets'  wieder  nea  wie  ein  Bleigewicht  «d  die  wohlbereohtigte  Standesbewegung 
der  Arbeiteracliaft  in  den  Städten.  Auch  erregt  die  Unkontrolirbarkeit  der  Haaa> 
indnstzie  iobezug  auf  Fmnen-  nnd  Einderarbeit,  auf  sanitarische  VerhältniHse 
etc.  gerechte  nedenken.  Vom  Stiuidiiiinkt  der  Landwirtbschaft  aber  muß  das 
alle»  weit  zurücktreten  hinter  der  viel  dringlicheren  Fürsorge  für  Hebung  des 
ökonomischen  Niveaus  des  Landvolks.  Denn  so  tief  aach  die  durchschnittliche 
Lebenebaltang  dea  hansindnatrielleii  Landvolk»  nnter  derjenigen  der  etldtisdien 
Arbeiteraohaft  steht,  so  hoch  erhebt  aie  sich  Uber  diejenige  industrieloser  Gegenden, 
zumal  bei  schlechten  Ernten.  Diese  fortdauernde  Differenzirung  der  städtischen 
und  ländlichen  Lebenshaltung,  die  Thatsache,  daß  das  Gros  der  Landhr völkrnnig, 
obschon  es  dank  der  eigenen  Bodenkultur  oder  Viehhaltung  nicht  gerade  ver- 
hungert, eben  doch  viel  schlechter  ißt  und  trinkt,  wohnt  and  sich  kleidet, 
und  dabei  noch  weniger  erttbrigt  als  die  stBdtiseben  Arbeiter,  kann  gar  nicht 
eoharf  genug  betont  werden.  Wenn  irgendwo,  so  ist  zuerst  hier  mit  staatlicher 
Fürsorge  einzusetzen.  Insonderheit  muss  die  soziale  Gesetzgeltunf^,  mtissru  Unfall- 
und  Krankenversicherung,  hoffentlich  bald  auch  die  Alters-  und  Invalidenver- 
sicherung, diesen  unzweifelhaft  am  meisten  leidenden  und  am  bärtesten  geplagten 
Theil  der  GesammtbeTQlkerang,  der  die  gewerblichen  nnd  indostriellen  Produceaten 
an  Zahl  weit  übertrifft,  anbedingt  in  ihren  Wirkangekreta  etnbexiehen. 

Eine  gnt  g  l*  itete  und  sozialpolitihch  Uberwachte  Hausindustrie  ist  Übrigens 
nichts  andere?  als  der  organiwche  Ersatz  für  den  vor  der  Großindustrie  immer  mehr 
dahinschwindt  ndf'n  uralten  „  Hau.stleil.'»"  der  Fr;iuen  und  Mädchen  auf  dem  Jj  Ui  ie. 
Infolge  des  billigen  Angebots  der  Fabnkwaare  werden  Spinnrad  und  iiaiid- 
webstnhl  fUr  den  eigenen  Bedarf  in  sohweuEerisohen  BaaembSnaern  immer  seltener; 
bald  dürfte  auch  die  Stricknadel  dieaee  Schickaal  theüen,  ohne  daß  ein  ebenso  allgemein 
gültiger  Ersatz  an  die  Stelle  getreten  ist.  Wahr  ist,  daß  der  intensivere  Land« 
wirthschaftsbetrieb  der  Neuzeit  auch  irn  Winter  mehr  Arbeit  i'rfMril«M't  Jeden- 
falls  aller  bleibt  je  nach  der  Ko|d'zahi  der  l'^iunilien  nnd  dtMii  l mt'.itig  ihrer 
Laudwirtlisehatt  und  ihres  Viehstaudes  eine  Lücke  ulieu,  welche  unter  den  heutigen 
ProdnktionsverhKltniaaen  durch  gut  geleitete  Hausinduatrien  am  vortheilhalteaten 
aosgefllllt  wttrde. 

iriit  dem  regelmäßigen,  das  ganze  Jahr  hindurch  fließenden  Verdienst,  auch 
in  lan'lwirthschaftürhfn  Feliljahren,  bringt  zudem  die  Han^ndustric  nnmentlich 
in  die  <  :rl)irg>hövülkeruug  eiueu  regeren  Erwerbssinn  —  ein  nicht  zu  uuteracimlzcndes 
Element,  das  dem  auf  sich  selbst  abgeschlosseneu  Landwirth  über  dem  jährlichen 
Warten  auf  den  Bodenertrag  sonst  gar  na  leicht  abhanden  kommt. 

Wenn  sich  viele  Hausindustrien  aar  Verbindung  mit  der  Landwirthschaft 
n.  a.  auch  deshalb  eignen,  weil  sie  im  Sommer  zur  Zeit  der  Ernte  in  der  Regel 
schwächer  gehen,  «so  daß  «jieh  also  beide  Thätigkeiten  gewissermaßen  ahlHwpn 
und  aufs  beste  erganxeu,  so  ist  das  gerade  Gegentheil  der  Fall  bei  der  Fremdeu- 
industrie,  die  so  oft  leichthin  gepriesen  wird,  als  die  Fee  mit  dem  Zauber- 
staby  als  die  wahre  Skonomiache  Crlttcksqnelle  IHr  die  Gebirgsbewohner.  Schon 
aus  dteeem  Grunde  kann  sie  kaum  als  Hülfe  und  Stfitze  der  Landwirthschaft 
gelten,  sondern  vielmehr  als  ihr  Feind.  Die  Hauptursache  dafür  liegt  aber  in 
dem  totalen  Gegensatz  der  Erwerbsnrt;  gcra  le  die  schwerste  nnd  driiiiiendste 
Landarbeit  im  Hochsommer  leidet  außerordentlich  an  der  entki\iltciideu  Kon- 
knrrenx  des  relativ  mtthelosen  nnd  unverdienten,  mehr  oder  weniger  zufälligen 
Erwerbs  von  den  Fremden.  Hur  wenige  landwirthachaftliche  Produkte,  Hilch, 
Obst,  Eier  etc.  finden  mit  etwas  besseren  Proben  Absata.  Dieser  Nntsen  fOr  die 


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Volkswirtbadiaft 


—    384  — 


VoUnwirtlischafl 


Landwirthschaft  wird  aber  eben  bei  weitem  aufgewogen  durch  den  Schaden,  welcher 
daraus  entspringt,  daß  die  uatürlicbe,  printitive  Beschäftigung  und  Lebensweise  nait 
ihren  aller  bescheidensten  Bedürfnissen  alljährlich  für  wenige  Wochen  oder  Monate 
onterbrooheo  irird  daroh  «ioe  Period«  fltlastger  Grelder  und  weitgelmiArter  Aneprttiiiie 
BaA  Leben,  eia  Vißverhältniß,  welches  das  Bergvolk  wirthscbaftlich  wie  moralisch 
in  seiner  innersten  Existenz  ersebllttert  und  den  Kinzelnen  in  diesen  beiden 
Beziehungen   nur   schwer  mehr  das  verlorene  Gleichgewicht  wieder  linden  läwst. 

Wegen  dieses  ihres  intermittirenden  Charakters,  wegen  der  knrzen  Dauer 
mild  der  felativen  Unwiitliaoliaftliolikat  des  doreh  sie  Teniiittelteii  Tarfiflutei, 
tarweist  ddi  die  Fremdraiindiutrie  ab  wenig  geeignet  nr  Er^iang  der  Land- 
wirthaohaft.  Faktisch  wird  die  letztere  viel  eher  von  ihr  untergraben  Gate 
Kräfte,  gerade  die  intelligenteren  Leute,  werden  der  Landwirthschaft  entzogen 
und  wenden  sich  dem  leichteren  Erwerb  der  Gasthaus-  und  Verkehrsgewerhe  zu. 
Ein  großer  Tbeil  des  Gewinnes  aus  diesen  Gewerben  fällt  aber  überhaupt  weder 
der  Landwirthechaft  noeh  der  LandbevSlkerong,  eondem  etftdtiBcheii  Eapitaliaten 
nnd  Untemduneni  m.  — 

Mit  der  Hang-  und  FremdeBtndmtrie  atehen  wir  bereits  auf  dem  Boden 
der  industriellen  Produktion  nnd  oommeroielier  DienatleiatiUDgeii.  Wir  fassen 
zunächst  die  erstere  ins  Auge. 

In  die  Weiterverarbeitung  der  von  der  Urproduktion  de«  lu-  uud  Auslandes 
geliefSnien  Bobstoffe  m  fertigen  Verbravehaartikein  dieilt  sieh  der  Kleinbetrieb 
fttr  den  localen  Bedarf  mit  der  Industrie.  Di«  Uebergänge  Bd.  L  S.  732  f. 
Gegenüber  der  500  Millionen  Fr.  betragenden  Werthproduktiou  der  Landwirth.^chafl 
mag  der  durch  das  Gewerbe  bewirkte  Werthzuwachs  nnf  300  Millionen,  derjenige 
der  Industrie  aut  400  Millionen  Fr.,  wovon  300  Millionen  Fr.  zum  Export, 
▼eranaohlagt  werden. 

II.  Dag  bewerbe. 

Das  sebweixeriaobe  Gewerbe  hat  in  den  letxten  Jahrzehnten  schwere  Krisen 
dnrehgemacbt.  Die  stolss  Entwicklnng  der  Industrie  schien  der  individuatistisohen 

Manchestertheorii'  Recht  zu  geben.  Die  sttnftigen  Formen  wurden  ohne  Ersatz 
ahgppchafrt  und  die  Beseitigung  dieser  Schranken  von  Hetlieiligfen  vielfach 
im  Sinne  einer  falschen  Freiheit  verstanden ;  nur  nach  ihrer  negativen  Seite 
wollte  man  die  neue  Freiheit  in  vollen  Zügen  kotzten:  man  brauchte  keinen 
BeiÜhiganganadiweis  mehr,  slso  brancbte  man  ttberhanpt  niohts  Solides  mehr  m 
lernen.  Dieae  yerlottemng  des  Lehrlingswesens  ließ  das  sohweiserisohe  Hand* 
werk,  früher  ein  Glied  der  großen  Zunftgemeinschaft  deutscher  Zunge,  hinter 
d^'in  der  "Naehbam  weit  zurilek  bleiben.  Besonder.s  schwierig  ist  ceinc  Stellung 
gt'geuiiher  den  beiden  Mutter iiindcrn  unserer  Kultur,  Deutschland  und  Frankreich, 
geworden.  „Als  Deutsciiiaud  die  Gewerbcireiheit  durchführte,  besaß  es  bereits 
vortreffliche  Fortbildnngsaohnlen  und  Frankreich  hatte  dacn  eine  mehrhandert« 
jKbrige  gewerbliche  BlUthe".  Deutschland  gegenüber  ist  ferner  an  bemerken, 
dass  die  Pause  der  Organisationalosigkeit  in  der  Schweiz  viel  länger  andauerte 
als  dort,  indem  sowohl  die  Abschattung  der  Zünfte  früher  gcf^ehah,  alt)  auch 
das  Aufsuchen  neuer  gesunder  Formen  später  in  Angriti  genommen  wurde. 
Hiezu  kam  der  Yerkehrsaufschwuug,  der  die  internationale  Konknrrenx  in  HU» 
geahntem  Hasse  begllnstigte.  Haltlos  and  lersplittert  in  eine  TJntahl  kleiner 
und  unter  sich  rücksicbtsloser  Konkarrenten  vermochte  das  schweiierisohe  Hand- 
werk weder  Stand  sa  haltm  gegenttber  der  Ueberschwemmnog  mit  dentscheii 

')  Die  Redaktion  theilt  diese  Ansichten  des  geehrten  Verfassers  nichL 


Ligiiiz^od  by  CjOOöle 


Volkswirthsrhatt 


—    3«5  ~ 


Volkäwirthscbail 


tiod  fransüaiaohen  Eneagnisada,  noch  auoh  gegenüber  dem  EindriDgen  leistuugd- 
IKliigerar  auliii^flolwr  Blemente,  wlhrend  gteioliMitig  «in  Erwerlmweig  moh 

dem  andern  dem  induBtriellen  Groasbftmb  anbwmso&llen  drohte. 

Da«  alles  2:ilt  natürlich  weniger  von  den  ürhiintfwerken,  Bäckeru,  Metz- 
gern etc.,  als  fiir  Suhuster  und  Schneider,  sowiü  für  die  mechanischen  und  die 
Baugewerbe  im  weitem  Sinn,  besonders  für  die  Herstellung  der  verschiedensten 
Hansgerftthe  aod  «odeni  Gebiaaolii*  und  AnMt»ttangHgegen«tlade.  Anf  dieeem 
Gebiete  kommt  a)a  enkohwerendee  Moment  nooh  der  ümieliwang  in  Betrübt, 
weleher  in  den  Anforderungen  des  Publikums  an  geschmackvolle  oder  wenigstens 
moderne,  d.  h.  bald  jährlich  wechselnde  Formgebung  stattgefunden  hat.  Für 
die  lohnende  Uerstellong  vieler  aolcher  „Modeartikel"  muli  man  uine«  weiten 
kaufkräftigen  Absatzgebietes  sioher  bein.  Bei  uusern  immerhin  „beschränkten' 
Verbftltniaaen  bet  der  einielne  Heister,  KunsteohreiDer,  KnnetseUoeaer  etc.,  anoh 
wenn  er  Tüchtiges  leistet,  einen  schwuren  Stand  gegenüber  den  tonangebenden 
Fabriken  in  den  ausländischen  Besidenxen.  An  die  Herstellung  feinerer  6Ias- 
und  Porzellanwaaren  hat  man  sich  in  der  Schweiz  noch  kaum  gewogt,  and 
bolbst  in  Thonwaaren  sind  wir  theilweise  aufs  Ausland  angdwici^en. 

Sollten  benaere  Zeiten  kommen,  so  mußte  vor  allem  mit  der  Phrase  von  der 
abiolnten  GewerbdMheit  anfgerftnmt  werden.  Der  eehweiseneohe  Gewerbeverein 
hat  schon  seit  geraumer  Zeit  den  Ruf  nach  der  so  nothwendigen  Sanunlang  erhoben. 
Man  hat  einsehen  gelernt,  daß  man  mit  der  falnchen  Freiheit  des  puren  Indivi- 
daalismos  dem  völligen  Ruin  zusteuert,  daü  ein  gemeinsames  SichanfraflFen  un- 
erläßlich ist.  Natürlich  tauchten  sofort  auch  Stimmen  auf,  welche  einfach  wieder 
in  das  alte  Fahrwaaier  der  Zwangsinnnngen  sartlcketeuern  mOditen.  Dagegen 
beweist  das  Bebpid  der  Tjrpographia,  was  ein  solidariseher  Znsammensebluß 
auf  dem  Boden  der  Freiwilligkeit  vermag.  Freilioh  darf  der  Vorband  der  Zukunft 
nicht  nur  dif-  TiifpresKen  der  GehUlfenschaft,  sondern  er  muß  auch  die  der 
Prinzipale  zur  (ieltung  kommen  lassen,  etwa  nach  Art  des  ostftchwcizeri.schen 
Stickereiverbandes.  Er  darf  überhaupt  nicht  den  Kampf,  sondern  er  muß,  bei 
klarer  Anerkennung  des  WiderstrMts  der  Litereesen,  die  VenShoang  derselben 
anf  seine  Fahne  schreiben. 

Man  hat  ferner  gelernt,  daß  als  Vorbild  und  Bildungsstoff  das  Allerbeste 
nnd  Schwierigste  gerade  gut  genug  ist.  In  Basel  und  Genf,  in  Zürich  und 
St.  Galleu  etc.,  sind  für  verschiedene  Branchen  gute  Ateliers  und  sind  auch 
kunstgewerbliche  Bildungsanstalten  unter  tüchtiger  Leitung  entstanden,  die  von 
Bund  nnd  BjiDtonen  immw  ausgiebiger  gefördert  werden* 

Aber  auch  die  Ausbildung  in  der  Werkstatt  wird  wieder  ernster  genommen. 
Man  kommt  wieder  darauf  zurück,  daß  vom  Lehrling,  allerdings  aber  anch  vom 
Meister,  Rechenschaft  über  die  Lehrzeit  gefordert  werden  muß  Gute  Lehrlings- 
arbeiten  werden  prämirt.  Auch  eine  rationelle  Kosten berechuung  lernen  die 
jungen  Leute,  nnd  die  heranwachsende  Generation  der  Handwerksmdater  wird 
fdoh  ohne  Zweifel  fttr  Baanahlnng  nnd  knne  SSahttennine  empftnglieher  seigen 
nnd  den  Wegsnr  Bank  im  Geben  nnd  im  Nthmen  öfter  finden,  als  die  absterbende. 

Tu  (leTi  neuesten  Zolltarifen  hat  emllich  auch  die  sclnvi  izerische  Handels- 
politik dem  heimischen  Gewerbe  einen  mäßigen  Schutz  zu  geben  gesucht. 
Grössere  Sicherheit  und  neuen  Sporn  verdankt  es  ferner  dem  Obligationenrecht 
nnd  dem  Uitgenaß  am  Erfindungssehnts.  Und  naehdem  mncelne  Kantone  mit 
gewerblichen  Sehiedegeriohten  nnd  mit  dem  Sohnti  der  Arbeiterinnen  voran- 
gegangen sind,  durfte  endlich  auefa  die  Zeit  für  eine  gemeineidgenOssisidie  Gewerbe- 
ordnaog  gekommen  sein. 

Pnmi',  Tolktwl«tlucli«ft«-I<«dltoD  d«r  8ebiv«ls.  S5 


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VollcnrirUMehaft 


—    386  — 


VolkswirUuehan 


BesoBderM  G«widit  Ist  uf  die  TheUnahme  des  Gewedies  an  den  Wohl- 
tbaten  der  Unfall-  und  Krankenveraicherung  za  legen.  KepriMDtirt  doch  da» 
(Tp\v(»rbe  ca.  23  ^^'c'"  Erwerbenden,   die  InduBtrie  dagegen,    welche  im 

Grunde  die  ganze  heutige  Sozialpolitik  ins  Leben  gerufen  hat,  nur  ca.  18  "/o. 
Jene  2'6  '/a  ®/  »ind  überdies  ijualitativ  für  die  Gesundheit  untieres  sozialen 
KKrpeni  ungleich  belangreidier,  weil  eie  weit  mehr  FamiUen  repriBentiren  ale  die 
FabrikarbeiterschafI  nnd  weil  rie  weit  mdir  aelb»tllndtg  Erwerbende  anfweieen, 
60  daß  der  Mittelstand  ans  ttlchtigen  Elementen  des  Gewerbes  am  meisten  für 
seine  Eekrutirung  zu  erwarten  hat.  Gleich  der  Landwirthschaft  verdient  daher 
daa  Gewerbe,  trotz  seiner  vielfach  unrentableren  Production  wegen  seiner 
sozialen  Bedeutung,  vor  der  Industrie  staatliche  Fürsorge,  zwar  nicht  durch 
BegUnstigang  aohwai^er  Leistungen,  wohl  aber  dnroh  Hebnng  des  NiTeans  seinw 
ProdaotioQ  und  auf  Grand  davon  adner  Iiebenshaltung. 

Oekonomisch,  wie  ethiisch  nnd  f;ozial  das  wichtigste  Kapitel  der  schweizer- 
ischen Gewerbepolitik  harrt  noch  großentheils  der  öHentlichen  Pflege:  das  ist 
die  gewerbliche  Frauenarbeit,  besonders  das  gemimmte  Gebiet  der  Gonfection, 
für  welohe  wir  bisher  noch  Dntwede  von  Millionen  jährlich  ans  Anstand  bezahlen. 

Anfiüige  Star  Befreiung  von  diesem  Tribut  sind  in  ▼ecBohiedeeen  schwelser«' 
ischen  B^nptstMdten  gemacht.  Und  die  jüngsten  Zolltarife  gewähren  den  betr. 
Produkten  etwas  mehr  St-hutz  als  die  früheren,  obgleich  un.sero  Zölle  auch  jetat 
noch  weit  hinter  denen  de?»  Attalandes  zurückbleiben.  So  s(;hwierig  denhalb 
unser  Stand  gegenüber  der  Blutkonkurrenz  der  eure;  iiisi  hen  GroU^cädte  auf 
diesem  Gebiete  ist,  so  wichtig  ist  die  Saehe  fttr  die  physische  und  ethisdie 
Chesundheit  des  Volkes,  ünd  daß  die  Vertreterinnen  dieser  Gewerbe,  durdi 
Geschlecht,  Jugend  und  Vereiuaelimg  zurückgehalten  und  vielfach  eingeschüchtert, 
ihre  berechtigten  Ansprüche  weniger  laut  und  energisch  geltend  machen  als  die 
geschlossene  niaiuiliclie  Arbeiterschaft  der  Großindustrie,  da.s  muß  ftir  den  Staut 
ein  Grund  mehr  sein  zu  entschiedenen  und  durchgreifenden  Mal^nahmen  zuui 
Sehnts  and  sur  Skonomtsehen  Sicherung  auch  der  Tereintelten  Arbeiterinnen  und 
der  „Lehrtöchter*,  gleichviel  ob  in  großen  oder  kleinen  Betrieben.  Denn  hier 
geht  die  Ausnutzung  bis  aufs  Blut,  des  schwächeren  Widerstandes  wegen,  notorisch 
weiter  als  sonst  irgendwo  Und  es  ist  eir>e  des  Staates  unwürdige  Haltung, 
nur  da  zu  handeln  und  Besserung  zu  erzwingen,  wo  er  mit  mehr  oder  weniger 
Frechheit  dazu  «getreten"  wird.  Sein  Einschreiten  maß  in  erster  Linie  da 
gefordert  werden,  wo  das  sosiale  Unrecht  am  größten  ist. 

Außerdem  muß  freilich  die  Gesellschaft,  die  öffentliche  Meinung,  eine 
entsnhicdcne  Wendung  zu  Gnn^ten  dickes  einlieiniisclien  Erwerh^zweisrcs  und  seiner 
Vertreterinnen  vulLziehen,  wenn  auch  siel  leicht  mit  ökonomischen  Opfern.  Sollte 
eine  solche  Wendung  nicht  eintreten,  so  wäre  der  Zusammenschluß  der  Bedrängten 
XU  sosialistiseben  Franenvereinen  dringend  gebotra. 

Die  allgemeine  Lage  des  schweilerischen  Gewerbes  kdnnen  wir  dahin  sn> 
sammenfassen,  daß  es  aus  einer  hinter  den  Nachbarn  zurückgebliebenen  Stellung 
mit  aller  Energie  auf  gleiche  H'ihe  mit  denselben  «ich  emporzuarbeiten  bestrebt 
i?>t.  unter  Nntzbarmachunix  der  dort  gesammelten  Krt'ahrnngcn  und  womöglich 
unter  Vermeidung  der  Fehlgride  und  der  hukiuIcu  Schiideu,  hu  dcnou  der  moderne 

Gewerbebetrieb  s.  Z.  anderwärts  krankt. 

III.    Die  Industrie. 

So  übel  die  erste  Periode  der  allgemeinen  ^Gcwerl»itreiheit"  unserem 
schwci£cvischt}n  Guwcrbu  mitge«picU  hat,  t»u  stolz  hat  sich  gerade  in  dieser  Zeit 


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Volkswirthschaft 


387  — 


Vulkäwirüischaft 


4as  eigentliche  Kind  Uer  Gewerbefreibeit  und  des  erleichterten  Verkehrs,  die 
Indnttrie,  entwidcelt.  Nach  tonen  liefreite  der  eidgenSasiBolie  Bnnd  seit  1848 
Mine  Glieder  von  der  Kclbstmörderi^chen  Last  ihres  enticke::dea  Bmnenzollpan:^erB, 
während  er  gleichzeitig  die  Grundlagen  alles  Verkehrs:  Münze,  Mnß  nad  Gewicht, 
einheitlich  regelte  und  das  Postwesen  rationell  betrieb.  In  derselben  'Atxt  entstanden 
4ie  ersten  schweizerischen  Eisenbahnen.  Der  gewaltige  Auftichwung,  welchen 
Handel  und  Verkehr  daranfhin  nahm,  wurde  zwar  unterbrochen  und  gehemmt 
4arok  die  große  Krisis  von  1867  nnd  in  dtti  ersten  60er  Jahren  doreh  die 
■Stockung  des  Überseeischen  Absatzes  während  des  nordamerikanischen  Bürger- 
krieges.  Dafür  schaffte  dann  d'u'  A^^ra  der  napoleonischen  Handel8verträ|;e  Ranm 
zu  einer  neuen  Kraftenttaltung.  für  die  prhweizerische  Industrie  uniKomehr,  da 
hier  eben  eine  starke  Industrie  bereits  vurüanden  war  nnd  nicht  erst  beran« 
gezüchtet  werden  .nnfite. 

Dies  aliea  muß  man  sich  ^ergegen wirtigen,  nm  die  nooh  lebenden  fie- 
präsMitanten  jener  Zeit  des  Aufschwungs  mit  ihrem  starken  Glauben  an  die 
Prinzipien  der  ahsolnten  Handels-  und  Gewerbefreiheit  beute  norh  zu  verstehen. 

Inzwischen  hat  ein  voll.standiger  ümschwnng  in  der  europiii.schen  Hand»;!«- 
^ulitik  stattgctuuden.  Die  uupüleoniücbe  HandelNfreibeit  wurde  aufgegeben,  zuerst 
Ton  Oesterreick,  Dentaokland  und  Frankreieh,  dann  ist  allmählieh  die  ganxe  eniO' 
päisoke  Stantengeselisehaft  mit  Ausnahme  von  England,  Belgien  und  der  Schweis 
nachgerückt.  Immer  höher  werden  die  2^11e  geschraubt  und  wenn  auch  äugen" 
blicklich  durch  das  theilweise  Einlenken  des  Dreibundes  nach  dieser  Seite  etwa« 
mehr  Luft  und  Bewegungsfreiheit  gewonnen  ist,  ho  waren  doch  die  80er  Jahre 
eine  wechselvolle  Zeit  schwerer  Prüfung  für  die  schweizerischen  Industrien. 
Sie  haben  ihre  alte  Kraft  bewährt,  nnd  anch  der  leiste  nnd  sohwerate  Sehlag, 
•die  Mac  Kinley-Bill,  ist  heute,  nach  zwei  Jahren,  glfleblich  überwunden.  Ab- 
-Sttwarteu  bleibt  noch,  wie  sich  unser  Verhältniss  zu  Frankreich  gestalten  wird. 

Immerhin  sind  VV'ecbsel  und  Verschiebungen  in  Menjje  hervorf|;erufen  worden, 
-und  wir  gehen  künftig  vielleicht  noch  rascheren  Ablösungen  entgegen.  Die 
iieutige  Beiheniolge  der  aohweisttisdien  Industrien  ist  eine  andere^  als  die,  welehe 
Emminghaus  neeh  vor  30  Jahren  avfitnftthren  hatte.  Zahlreiche  nene  Zweige  hat 
der  I))U(  k  und  die  Notb  der  Zeit  her\ orgetrieben.  Frtther  weniger  bedeatende 
Krwcrh.iigebiete  sind  7.u  an5:elin!irhem  Umfang  gediehen,  alle  frciluh  immer  noch 
um  viele  Kopflängen  überragt  von  dm  vier  alten  Hiinptimlustrieu. 

Voran  steht  die  Seide  mit  mehr  als  2UU  Müiiuncu  Fr.  Jahresproduction, 
—  wovon  Va  Zttroher  Rohseide  etc.  nnd  Basier  Sehappe  nnd  V"  Zürcher  Gewebe 
und  Confection,  Basler  Bänder  etc.  — ,  die  Eitzte  nnd  ehrwürdigste  aller  Groß- 
indmitrien  deutscher  Zunge.  —  Oekonomisoh  der  werthvollste  schweizcriHche 
Erwerbfezweig  ist  die  St.  Galler  Stickerei.  Zwar  reprSsentiren  ihre  Pruducte 
kaum  den  halben  Werth  derjenigen  der  Seidenindustrie.  Datür  bergen  sie  aber 
an  die  bä^'/o  oder  ebenso  viele  Millionen  Franken  direkten  und  indirekten  Ver- 
dienst der  schweizerischen  Produktion  in  sich,  während  von  den  200  nnd  mehr 
Uillionen  der  Seidenindu^trie  durch^ühnittlich  etwa  V>  ^cn  Bohstoff  und  nur 
der  Rest  von  ca.  7Ü  Millionen  Fr.  auf  den  ^Forrawerth"  zu  rechnen  sind. 
Auch  die  übrige  Baumwollindustrie,  Spinnerei  und  Weherei,  Färberei.  I)nirkerei  ete., 
liefert  ansehnliche  und  nicht  zu  verachtende  Beträge  an  den  Nutionalverdienst, 
wenn  auch  der  Qesammtwerth  ihrer  Produkte  hinter  dem  der  beiden  ersterwähnten 
Industrien  snrttckstebt.  An  der  ca.  100  Millionen  Fr.  betragenden  Produktion 
•der  westschweizerlscheii  Uhrenindustrie  endlich  mag  der  frennle  Rohstoff 
•und  der  eohweiaerisohe  Formwerth  angefthr  gleichen  Antheii  haben.  Selbst- 


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Voikswirlbschalt 


—  666 


Vulkäwirtbscbat't 


vsnttttdUdi  ktaon  nundbaib  so  grofinr  Kompitxe  die  vmf^Mim&o  Acbfliteii. 
gttBS  vdmbjgdeiie  Forawvith«.  raprItotDtiiieii.  Ein  feiiiw  Uhrwerk  birgt  natttrlidi 

weit  mehr  Arbeitsverdienst  als  die  fertige  goldene  Uhr.  Bei  der  SteiiMofaleifereL 
ToUeods  schmilzt  dt^r  AnthRÜ  des  Rohstuffes  beinahe  aaf  Noll  atiflammen 

Gleich  der  Hauptpniduktion  der  schwoizerischen  Landwirthschaft  liefern  die 
genannten  4  Uauptiuduntrieu  lauter  L u  x  usprodukte,  und  da»  ist  für  die  Schweiz 
in  vieler  ffinsieht  von  Bedeutung.  Ihr  Absatz,  größfeentiieils  naoh  dem  AneUnde, 
iet  mehr  als  der  Bxport  anderer  Länder  von  den  gaten  and  eohleohten  Zeiten 
und  von  der  Mode  abhängig.  Jede  Depivs  iuo  des  Weltmarkts,  jede  Abwendung- 
der  Mode  wird  der  schweiEerischen  InduKtrie  besonders  rasch  und  intensiv  fühlbar. 

Aber  auch  nach  andrer  iiiehtung  ist  die  Auswahl,  man  möchte  mgpn  die 
«Zuchtwahl"  der  schweizerischen  Hauptindostrien  charakteristisch.  Als  einzigem 
mitteleuropilieehes  Binnenland  iet  die  Sehweia  dir  den  Bmog  der  Rohstoffe  sowohl 
wie  für  den  Absatz  der  Produkte  auf  lange  Eisenbahnfrachten  und  zwar  anf 
a  n  8 1  ii  n  d  i  s  c  1)  e  II  Bahnen  angewiesen.  Dadurch  steht  sie  allen  auswärtigen 
Konkarrenteii  gegenüber  auf  unpl'  icheu  Produktionsbedingungen.  Hiezn  kommt 
die  theure  Fracht  für  Kohlen  und  iur  Lebensmittel,  die  ihr  der  eigene  Boden  ver- 
sagt. Die  rbunkehe  Indmitrie  bearäht  dieselben  Kohlen  heate  sa  100  Fr.  per 
WagoUf  die  wir  mit  3Ö0  Fr.  beaahlen,  und  rnssiseher  oder  amerikanischer 
Weizen,  der  in  Liverpool,  Antwerpen  oder  Botterdam  16  Fr.  gilt,  würde  in 
Basel  mindestens  '20  Fr.  k<(8ten.  Diese  Ungleichheiten  muß  die  schweizerische 
Industrie  möglichst  zu  vermeiden,  wo  sie  nicht  zu  vermeiden  sind,  anderweitig 
einzubringen  suchen.  Neben  der  Niedrigkeit  ihrer  Zölle  und  der  relativen 
Billigkeit  des  Unterhalts  kommt  dabei  in  erster  Linie  eben  jene  „Zuchtwahl" 
der  Hauptindnstrien  in  Betracht.  Es  werden  ersteae  anr  ttberseeische 
Rohstoffe  verarbeitet,  für  derra  Bezug  wir  der  langen  Seefracht  wegen 
auf  annähernd  gleichen  Preisbedingungen  mit  dem  AuBlande  stehen  "Rs  werden 
femer  gerade  die  kostbarsten  Kohstotre,  Seide,  Gold  und  Silber, 
bevorzugt,  für  deren  Prebbildung  die  FraulUverteuerung  in  Bezug  und  Absatz 
nberhanpt  nur  wenig  in  Betraeht  ftllt.  Die  Stiekerei,  theilweise  auoh  die  Uhren» 
Industrie,  liefern  bei  kleinstem  Vulumen  die  feinste  und  kostbexste  Arbeit,  hei 
welcher  der  Rohstoff  nur  wenige  Prozente  des  Wertbes  ansmacht  nnd  die 
FraoktK[iesen  daher  gleichfalls  gänzlich  Nebensache  sind. 

Wo  diese  Bedingungen  nicht  zutretfeU}  so  bei  der  Baumwollspinnerei-  und 
Weberei,  bei  Färberei  nnd  Drnckerei  ete.,  da  sehen  wir  seit  der  allseitigen 
Konknrrena  nnd  den  SebulaaSllen  der  Nachbarn  unsere  schweixerisehe  Prodnktion 
viel  empfindlicher  bedroht  und  in  die  Enge  getrieben  als  jene  Luxusindustrien.  Eine 
schwere  Gefahr,  l)e.sonders  für  die  letztgenannten  Theilc  der  schweizerischen  fiaum- 
Wollindustrie,  birgt  außerdem  die  hoffnungslose  Aussicht  für  die  Zuknnft  de« 
Silbers,  weil  gerade  nach  den  Silberländern  ein  großer  Theil  unsrer  farbigen 
BanmwolltUcher  ging,  nnd  in  Indien  dazu  ooeh  eine  eigene  in  jedw  Beaiehuig 
billiger  arbeitende  Konkorrena  entstanden  itit. 

Neben  diesen  4  Hauptindustrien  sind  nnn  in  den  letzten  30  Jahren  eine 
ganze  Anzalil  kleinerer  älterer  Krwei b^zwe  ge  zu  starken,  wenn  auch  jenen  nicht 
ebenbürtigen  (Troßindustrien  .•lusgewuchsen.  so  vor  allem  die  Maschineiiindiistrie 
nebbt  der  Feiumeehauik  mit  ca.  40  Millionen  Fr.  Jahresproduktion,  ihr  ver- 
heissen  die  nenesten  Fortoehritte  in  der  elektrischen  Kraftübertragung  gerade  in 
der  Schweis  eine  grofie  Zuknnit.  Die  hohen  Kohlenprdse  der  letzten  Jahra 
und  der  Stillstand  der  kleineren  W»s-erkrätie  in  dem  kalten  Winter  1890/91 
haben  die  Schweix  nachdriioklioh  auf  den  £rsatz  dea  Dampfes  durch  elektrische 


Voikswirthscbaft 


VolkswirLhschaft 


Uebertragung  koDstanter  Waaserkräfte  hingewieseo.  Sie  hat  sich  denn  auoli  dieser 
PtublfliM  Ton  Anfang  an  mit  allor  Kraft  bemKolitigt. 

Eiökt  ohne  seitweiaea  BA«kgang  dMr  neaerding»  wiciler  reoht  «rfrvalidi 

gedeiht  die  Strohfleohterei.  Aehnlichea  gilt  von  der  ornltan  Bohweizerisohen 
Pajtierindustrie,  welche  durch  die  Holzatoffbereitnng  eine  wesentliche  Erwei- 
teruug  ihres  Produktionnkreisfö  erfahren  hat.  Der  durch  dir  überseeische 
KoDkurreaz  ^chwergeprüiten  »chweizeriHchen  tierberoi  »uüht  der  ueueHte  ZoUlanf 
«twM  mehr  Halt  auf  dem  einheinuMhen  Markte  m  gebwi.  —  Unter  tlarkeni  Zell- 
«chuta  erhreat  sich  die  Tahakindnstrie  vorläoüg  noch  ihree  freien  Gewerbebetriebe. 
Doch  Stenern  wir  den  sozialen  Finanzbedtirfniseen  der  Zeit  zufolge  anausweiohUoh  Aer 
Ablösung  durch  ein  Biindesmonopol  entgegen.  —  Genf  kultivirt  neben  der  goldenen 
Ubrkette  neuerdings  mit  gutem  Erfolg  die  Diamautdchleifertii.  MuBikdo^en  bind 
«ind  durch  die  Hac  Kinley  Bill  hart  betroffen  worden.  Weniger  die  Holznchnitzereiec, 
deren  Terkanf  aioh,  gleiek  wie  der  Abeati  der  Genfer  Bijonterie,  grofieniheUe 
•ohne  Schwierigkeit  durch  die  Fremden  eelbet  an  Ort  und  Stelle  vollzieht. 

Nebeu  diesen  mehr  uder  weniger  »tark  exportircnden  Tudnstrien  arbeiten 
fiir  den  internen  Konaom  die  Fabrikation  von  Tbonwaareu,  die  Bierbrauerei 
u.  V.  a.  m. 

Ken  entstanden  iat  die  «ehweaaeriMdie  Farbindnatrie.  Beae!  annal  hat  an 
der  Entwiokhiag  der  modernen  Farbchemie  einen  ebraio  ehrenvoUen  wie  Ökonomiaoh 

glänzenden  Antheil  genommen.  Za  Bhnliolm  kraftvoller  Entfaltung  i.st  bis  n 
den  südamerikanischen  Wirren  der  letzten  Jahre  die  schweizerische  Klastiquc- 
und  Schnhindiistrie  (begründet  IHöU  dorch  C.  F.  Bal!y>  gelangt.  Seit  lHH(i/(i7 
datireu  hotiuuugtiVüUe  Aufängti  der  ^schweizerischen  KammgarnnpinDerei-  und 
Weberei.  In  deraelben  Zeit  hat  Henry  Neetl6  die  atattliehe  Ezportindiiatrie 
seines  fi^indermehla  b^rttndet,  1873  ebenso  Fb.  Sachard  die  achweiaeriacbe 
Ohocoludefabrikation,  1875  Page  die  Milchcondcnsation,  welche,  nach  starkem 
Rückgang  seit  1887,  infolge  des  Zuokerrückzollj»  fier  letzti  ii  ;;  Jahre  eine  Preis- 
hesserung  in  genau  demselben  Betrage  (.'>  Fr.  per  q.)  und  dank  demselben  eine 
zuvor  nicht  erreichte  Höhe  der  Produktion  und  des  Exportes  aufweist.  Erwähnung 
verdient  femer  die  kräftig  aniisteebende  Wirkwaarenindnatrie.  Endlich  die  Pro- 
duktion von  hydranltaehem  Ealk  und  von  Portlandoement  nnd  aeit  1889  die  Aln- 
mittiumindustrie  von  Kenhausen. 

Die  hchweizerisclie  InduHtrie  ist  vou  langer  Hand  her  natürlicher,  gesunder 
und  normaler  gewachsen  als  die  der  meisten  andern  Länder.  Sie  ist  auch  den 
großen  Fortaohritten  der  modernen  Betrtebaweiae  Schritt  für  Schritt  gefolgt,  in 
vielen  Sttteken  als  Pionier  Torangegaogea,  so  namentlieh  anch  in  dem  noch  gegen« 
witrtig  sieh  vollziehenden  Uebeigang  ein«  textilen  Produktion  nach  der  andern, 
nenerding»  selbst  der  Stickerei,  zum  meehani.schen  Betrieb,  ünsere  4  ITaupt- 
industrien  Htehen  aut  so  festen  Füssen,  daß  sie  bis  in  die  letzten  Jahre  nicht 
nur  dem  auswärtigen  Wettbewerb  mit  Erfolg  die  Spitze  boten,  sondern  sich  selbst 
darob  gegenaeitigea  Unterbieten  scharfe  Eonknrrena  maoliten.  Immeiliin  aind 
gerade  die  ökoaomiaeh  wichtigaten  Zweige,  Stiekerm  and  ührmindnatrie,  seit  der 
Depression  dw  ansgelienden  70er  nnd  der  mittleren  hOer  Jahre  eingelenkt.  Man 
hat  sich  vereinigt  zn  gemein«amer  Fentaetzung  der  Löhne  und  Regelung  der 
Piodiiktiuu  im  Interesse  der  Arbeiter  sowohl  wie  der  Unternehmer,  und  nament- 
lich im  unt^^chweizeriscbeu  Stickerei  verband  it,t  eine  für  die  allgemeiuu  ladm^trie- 
geschiebte  hoehbedeatsame  Bildung  ins  Daaein  getreten.  Freilich  werden  Eartelle 
nur  in  denjenigen  schweizerischen  Indnstriea  Boden  zu  fassen  Termttgen,  deren 
Produktion  wie  bei  Uhren  and  Stickereien  den  Weltmarkt  mehr  oder  weniger 


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Volkswirlbseliaft 


—    31)0  — 


VoikairiHliseiialt 


behemcbt.  Im  UbrigeD  sind  die  Kartelle  Kinder  dee  Selratnalb.  Deshalb  wmnth 

auch  anaIog:e  ßestrebangen  der  eobweberischen  „Kakospinner",  der  Papier- und 

der  Schuhfabrik: anten  von  geringerm  Erfolge  begleitet.  Und  seihst  jene  wplt- 
beherrachenden  Indostrien  der  und  Westschweiz  sehen  ihre  Syndikate  seit 

der  KriBis  von  1890/91,  hauptsächlich  infolge  der  Mac  Kiolej  Bill  schwer 
bedroht. 

Was  die  eigentUehe  Arbeiterfrage,  deo  G^egeoBats  swieoben  Kapital  nnd 

Arbeit  anbelangt,  so  äußert  eieh  derselbe  in  der  Schweiz  in  relativ  milder  Form. 
Di«  AuswUotisi-  lies  modernen  HroßbetriebH  finden  in  der  Schweiz  eine  Schranke- 
an  deni  «tegretchen  Vordringen  der  demokratischen  Grundsätze,  an  der  gUdch- 
maiiigureu  LebeobhulLung  und  Werth»chätzang  der  verauhiedeuen  Stufeu  der 
QeBellaehaft.  Wenn  anoh  große  etldtiMtbe  Proletariate  auf  der  einen,  enorme 
Vermögen  auf  der  andern  Seite  entstanden  sind,  au  treten  doch  die  soziaieD 
Unterschiede  zwischen  Kapital  im  1  Arbeit  viel  weniger  schroff  zu  Tage,  als^ 
dies  in  den  treibhauaartigen  Produktionsverhältnissen  jüngerer  Indnstrievölker  der 
Fall  ist.  Weniger  als  auderwärtH  werden  vorliandene  Mißstände  vertuscht.  Von 
Staatswegen  wird  ihnen  im  Wege  der  Fabrikgesetzgebung  gesteuert,  namentliob 
wird  die  Qleiehbeit  vor  Gerioht  unerbittlich  hochgehalten.  Die  sdiweiaeriieh» 
Arbeiterschaft  erfreut  sich  einer  strammen  Organisation,  sie  hat  ihre  eigene  Presse- 
und  ist  in  allen  gesetzgehenden  Körpern  vertreten.  Durch  das  Organ  des  Arbeiter- 
sekretariats  besitzt  sie  Fühlung  und  Kiofluß  hei  den  höchsten  maßgebenden  Landes- 
bebördeu.  Von  Bundeswegen  zeigt  man  gerade  den  Forderungen  des  Arbcitor- 
etendes  gegenüber  ein  sehr  Hhensles  Entgegenkommen,  nnd  bereits  wird  von 
mancher  S^te  die  Klage  laut,  dafi  infolge  der  sozialpolittschen  Lasten  der  Stand 
sohweiseriaoher  Industrien  gegenüber  der  aoslindisohen  Konknrrens  nnhaltbar  nnd 
die  ÜTittrnRhmnngHkraft  geschwächt  wird. 

(xegeuwärtig  steht  direkt  bevor  die  Eiuführnng  der  Unfall-  uml  Krituken- 
▼ersicherung.  Zu  wünschen  bleibt  neben  der  allgemeinen  Alters^-  und  lovaliden- 
versicherung  ein  stärkerer  staatlicher  nnd  sosialer  Sohntz,  weniger  fttr  die  In^ 
dustriebevölkerung,  als  fttr  die  gewerblidie  Fmnenarbeit  nnd  für  die  bedrSogte 
Landwirthschaft. 

Die  Indnstrie  bildet  recht  eigentlich  seit  J::hrhunderteM  die  G-rundlage  des 
schweizerischen  Wohlstandes.  Durch  ihre  concentrirtc  und  deshalb  in  besonderm. 
Maße  ökonomische  und  stark  rentirende  Produktion  bat  sie  das  Meiste  zur 
Kapitalbildang  in  der  schweiaerisdien  Volkswirthsebaft  beigetragen.  Hente  würde 
die  Qbrige  Produktion  der  Schweiz  nur  etwa  für  7«  Bevölkerung  hinreiehen» 
So  gewaltigen  Import  von  Korn,  Wein,  Vieh  und  unzähligen  {Gebrauchsgegen- 
ständen wurden  wir  nicht  zu  bestreiten  vermögen  ohne  den  intensiven  Nutzeik 
der  Exportiiidustrie.  Brutto  beträgt  derselbe  Uber  500  Millionen  Fr.,  netto  — 
naeh  Abzug  der  importirten  Bohstoffe  —  wenig.stens  noch  300  Millioimi  Fr., 
so  daß  damit  die  Einfuhr  von  Lebensmitteln  vollauf  beiahlt  wird.  Wir  werdei^ 
darauf  im  folgenden  Ahsiohnitt  zurtiekkommen.  Den  Gegenstand  desselben  bildet 
der  schweizerische  Handel,  welcher  gans  and  gar  auf  den  Schultern  der  Schwei'- 
zeriacheu  Industrie  steht. 

IT.  Handel  und  Verkehr. 

Im  Jahre  1890  hat  der  sehweiserische  Außenhandel  mit  954  Millionen  Vt^ 

Einfuhr  und  703  Million  u  !>.  Ausfuhr  (ohne  gemünztes  Edelmetall)  seinen 
Höhepunkt  errcn'cht.  Als  Norm  dürfen  ca.  900  Millionen  Fr.  Einfuhr  und  ca. 
üÜO  Millionen  Fr.  Ausfuhr  angesehen  werden,   was  auf  annähernd  3  Millioneu 


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Yulkäwirtbschait 


—    391  — 


Volks  w  11  Ütöcbaft 


£iQw«>lmei'  vertheiit,  etwas  über  300  Fr.  Einfuhr  und  230  Fr.  Auufulir  pro 
Kopf  auemacht.  Nor  Holland  weist  doppelt  so  hohe  Veri^ltoifizahlen  auf 
(1890:  &90  -(-  496).  Großbritaanien  (1890:  278  -f  217)  und  Belgien 
(1890:  231  -\-  201)  erreichen  die  schweizeriscbeo  Ziffern  nicht;  Frankreich 
(1890:  116  ^  97)  und  Deutschland  (1890:  105  -f  84)  bleiben  weit  zurück, 
lind  alle  übrigen  Länder  erreichen  kaum  100  Fr.  per  Kopf,  Ein-  und  Ausfuhr 
suBammengenommen. 

Das  will  indeß  nicht  m  viel  besagen,  ab  es  anf  dra  ersten  Bliok  sobmnen 
mOohte.  Liegt  doch  in  der  Nator  der  Dinge,  daß  größere  Länder  Uber  mehr 
vcrschieilenartige  Krzeagiiisse  verfügen,  wirthschuftlich  überhaupt  nich  .selbst  allsei* 
tiger  zu  genügen  vermögen,  als  kleinere,  zumal  bei  der  heutigen,  sehr  bewußt  und 
intensiv  durchgeführten  Verselbständigungspolitik  durch  ÖchutzaUlle  nach  außen 
und  DidfoientUttuifo  im  Innern.  Für  äm  voriundeneii  Lflekeit  des  einen  Landes- 
theiles  findet  sieh  naturgemäß  um  so  eher  Emata  in  einMn  andern,  je  grdßer 
das  ganae  Gebiet  überhaupt  ist. 

Wenn  nun  vollends  ein  kleines  Land  an  dem  allgemeinen  Kaiturf  ortschritt 
der  Zeit  Antheil  nimmt  und  in  den  verschiedenen  Lebensgebic-tcn  aneh  nur 
einigermaßen  auf  der  Höhe  zu  bleiben  trachtet,  so  wird  die  Maniiigtaltigkett 
seiner  Bedttrfmsse  stets  einen  regen  Gontact  und  Verkehr  mit  den  größeren 
Knlturrölkern  und  deshalb  reladv  hohe  HandelssiSern  zur  Folge  haben.  Die 
einzigen  puncto  Handelsenergie  mit  der  Schweiz  wirklieh  vergleichbaren  Länder 
sind  daher  Holland  und  Belgieu.  Hollands  Handel  ist.  wie  wir  sahen,  pro  Kopt 
doppelt  80  stark  als  der  der  Schweiz,  und  wenn  ilei  belgische  um  etwas  weniges 
hinter  dem  unsrigen  zurückbleibt,  so  ist  dabei  nicht  zu  vergessen,  daß  die 
Sohweia  so  große  konsnmnnlSbige  Arbeiterheere,  wie  sie  die  belgisoben  Kohlen* 
und  Eisenminen  repräsentiren,  nicht  kennt.  Die  Kehrseite  davon  ist  der  völlige 
Mangel  nn  mineralischen  Robstofien,  weloher  unsere  Einfuhr  aHjtbrlioh  mit 
60—70  Millionen  Fr.  belastet. 

Die  eigentliche  Hanptursache  der  hohen  schweizerischen  Handelsziffero  liegt 
aber  anf  einem  andern  Gebiete,  nämlich  in  der  bereifeB  erwShnten  Auswahl 
der  schweiserisehen  Hauptiitdastrien  und  in  der  Starke  ihres  Exports. 

üm  über  die  hochzivilinirten  Nachbarländer  hinaiiswirken  zu  kSnnen,  und 
in  üb:irsfei-ieheii  Gebieten  mit  den  Producten  derselben  koiikurrenxfahig  zu 
bleiben,  muli  die  Fracht  des  Mchweizerischen  Exports  auf  ein  Minimtuu  reduzirt 
werden.  Deshalb  repräsentiren  gerade  die  Producte  der  drei  größten  schweizer- 
ischen Ezportindustrien,  Smde,  Uhren  and  Stickereien,  bei  kleinstem  Volnmen 
dnen  sehr  hohen  Werth.  Aehnlich  eine  Ansabl  secnntorer  Exportartikel,  wie 
Bijouterie,  Schabe,  Farben,  Cigarren.  Chocolade  etc.  etc.  Es  sind  nun  sperieU 
Seide  und  [''(iren,  nebst  der  Bijouterie,  welchp  nicht  nur  die  Aiisfahr,  nondern 
durch  ihren  Uohstotl'bedarf  in  starkem  Maße  aucti  die  KinfiihrzitTern  des  si-hweiüer- 
iscbeu  Handels  in  die  Höbe  schrauben,  in  keinem  andern  Lande  sind  diese 
beiden  boehwerthigaten  Industrien  im  VerbllUniß  inm  Gesammtverkehr  auch  nur 
annähernd  so  stark  vertreten.  Ohne  dieselben  wäre  die  Einfuhr  nm  nnbeau 
300,  die  Ausfuhr  um  ca.  300  Millionen  Fr.  jährlich  geringer. 

Der  stark  entwickelte  Export  erfordert  und  enn?'» glicht  aber  nicht  nur 
hohe  ZUfern  des  ßohstotf-,  sondern  auch  des  Lebensmittelimports.  Nach  diesen 
beiden  Seiten  wird  der  schweizerische  Handel  wesentlich  alimentirt  durch  die 
Exportindnstrie ;  nur  durch  sie  errmoht  er  so  hohe  Geaammtsiffem.  Die 
Elemente,  aus  denen  sich  der  ^clnveizerische  Waarenverkehr  «nsammensetst,  sind 
Jahr  fUr  Jahr  angef&hr  folgende  (iüU.  Fr,): 


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Volbiwirtlisehaft 


_~    392  — 


Volkswirtincbaft 


Einfuhr  Ausfuhr 
RohstofTe   .    .    320  85 
Lebeusmittei  .280  75 
Fabrikate  .    .    300  520 
m.  a.  W.  die  Aaafnhr  der  Fabrikate  und  d«r  Lebetumittel  (Käse,  condeosirte 
Hiloh,  Yieh  etc.)  reicht  gerade  ongefthr  hm  inr  Benhlnog  dee  Imports  von 
Lebensmitteln  und  Roh»toffen.  Auf  diesem  starken  Export  bemben  eonit  Vs  des 
Imports  und  '/4  des  <Te!<aiTimthan(lels. 

Ks  verbleiben  1^**0  ilillioneu  Fabrikateniniport,  nur  zu  -/t  gedeckt  durch 
die  Ausfuhr  von  Rohbtotfen,  und  die  Gesammtbilanz  des  schweizeriticben  VVaareii- 
▼erkelun  eehliefit  Jahr  für  Jahr  mit  einem  DeAnt  Ton  200~SöO  Millionen  Fr. 
oder  ca.  36 '''/o  der  Einfuhr  ab.  Selbst  angenommen,  daß-  die  EinfnhrwerthA 
theilweise  etwas  zu  hoch  sind,  die  Ausfuhrwerthe  eher  etwas  zu  niedrig  an- 
gegeben werden,  ho  verbleibt  doch  eine  durch  den  £zport  nicht  gedeckte  Ein« 
fuhr  von  200  Millionen  Fr.  jährlich. 

Die  Frage,  wie  dieser  jährliche  Tassivsaldo  beglichen  wird,  gehört  sn  den 
beaehtenewerthesten,  allecdinge  aber  anoh  «i  den  meietometrittenen  wirtfasehalt- 
liehen  Problemen  überhaupt.  Viele  halten  für  ausgemacht,  daß  die  Bezahlung: 
nicht  mehr  bloß  au«  den  laufenden  Einnahmen  der  schweizerischen  Volkswirth- 
schaft,  sondern  nur  durch  EingritT  ins  Nationalvermögen,  durch  Aushingabe  von 
Ersparnissen  besserer  Zeiten  möglich  sei,  daß  wir  mit  anderen  Worten  der 
Verarmong  und  VeTBCsbnldong  entgegentreiben. 

Demgegenttber  wird  mit  Beeht  darauf  hingewiesen,  daß  mtk  dieselbe  Er« 
scheinung  bei  zahlreichen  andern  Völkern  zeigt,  und  zwar  gerade  bei  den  wirth- 
schaftlieb  stärksten  und  vorgeschrittens^ten  Frankreich  hat  14  iC^/o,  Deutsch- 
land seit  dem  Anschluß  von  Bremen  und  Haiüiiurg  etwas  über  2i}°/o,  Kngland 
ca.  25  ^/o  weniger  Auüiuhr  als  Eiuluhr.  Für  keines  dieser  Länder  wird  des- 
halb auf  Verarmung  oder  Yenehnldung  geschlossen  werden  dttrfen.  Vielmehr 
weisen  uns  diese  Thatsachen  einfiich  darauf  hin,  daß  die  Zahlungsbilanz  eines 
Landes  durchaus  nicht  identisch  ist  mit  dem  Verhältniß  seiner  Wasren-£in-  und 
Ausfuhr,  sondern  daß  der  internationale  Verkehr  außer  diesen  handiT^^iflichsten 
und  sogar  statistiytch  erfaßbaren  Größen  noch  ganz  andere  Verdienattiuellen  er- 
sohlieSt,  daß  neben  jenen  beiden  Hauptadern  noch  unzählige  Arten  größerer  und 
kleinerer,  mehr  oder  weniger  verborgener  KanSle  existieren,  durch  welche  einer 
hochentwickelten  Volkswirthschaft  Wohlstand  und  Reichthum  zuHiessen. 

Besonders  darf  von  Jedem  Uandelsvolk  behauptet  werden,  daß  seine  V^'aaren- 
bilanz  in  der  Regel  [>apsiv  ausfallen  wird,  da  es  meinen  Bedarf  nicht  ausschließlich, 
vielleicht  nicht  einmal  vorwiegend,  mit  dem  Export  seiner  Produkt«  bezahlt, 
sondern  stets  mehr  oder  weniger  mit  wirthschaftliehen  DIenstlelstnngen ,  die  eo 
andern,  mmal  weniger  entwickelten  Volkswirthsohailen  erweist. 

So  fttgen  die  meisten  europitisehen  Länder  zu  dem  ursprünglichen  Produktions- 
werth ihres  über«peischen  Imports  und  Exports,  soviel  irgend  möglich  den  Werth 
des  Seetransport«  durch  die  eigene  Rhederei  hinzu.  Dieses  Klement  der  Zahlungs- 
ausgleichuug  fehlt  der  Schweiz  völlig,  man  müßte  denn  an  den  Crewinn  einzelner 
schweiserischer  Handelshänser  ans  dem  Besits  von  Schiffen  oder  eehweixerischer 
Gesellschaften  ans  der  Transportversicherung,  sowie  an  den  in  gewissem 
Sinne  analogen  schweizerischen  Transitverkehr  denken,  welcher  den  schweizer- 
!»;ehet(  F^isenbahnen  für  n>islündi«che  Güter  und  Reisende  je  oa.  *>  Millionen  Fr. 
jiilulich  eiiit)rli;;;en  inaL'.  hi\  übrigen  ist  die  Schweiz  als  BinneniauJ  dazu  ver- 
urtlniit,  l^ruduktiuu.>-  ^ilu^  T  r  a  u p  a  r  t  kosten  ihres  ganzen  ausländischen  Yer- 


A  -    ,         ^  Digitizedb- 


VoIk^wirUischafl 


—  393 


Volkswirtbscbatt 


kehrs  dem  Auslande  ta  bezahlen.  Dies  alieiu  würde  genügen,  die  schweizerische 
Handokbilans  um  10 — 30  ^f^  ongttnstiger  sn  gMteltn  ftls  diejenige  anderer 
Lander. 

Dllfür  besitzt  die  Schweiz  auf  anderem  Gebiete  einen  gewißen  Ersatz,  nSm^ 
lieh  in  der  FremdeninH^stri(^,  welche  ihr  nicht  nur  einen  guten  Theil  ihres 
Luxus-  und  Lebensmittelimporte«  bezahlt,  eondern  außerdem  den  Verkehrsanstalten, 
dem  Gasthofpersonal,  den  Führern,  Trägern,  Kutschern  eto.  für  persönliche 
DiMitto  je  tind  je  erkleokliehe  Summen  in  Baar  hhiterlißt. 

Dm  Lexikon  (Bd.  IL,  8.  318)  TeiMM^legt  den  Brattonatnn  der  log. 
Aendenindnelarie  auf  126  Millionen  Fr.,  dabei  ist  aber  der  Antkeil  der  reisenden 
Schweizer  viel  zn  gering  veranschlagt.  Außerdem  ist  für  unsern  Zweck  Irss 
jB^iize  (liesfin  Aktivam  entsprechende  i'asBivum,  ilic  Ausgaben  schweizeribcher 
Ktjiüeiider  im  AuHlund,  iu  Abzug  zu  bringen.  Hechneu  wir  aber  auch  nur  100 
Millionen  Fr.  ale  Bmttoverdienst  ▼on  dM  Fremden,  so  ist  demit  b^te  ein  starker 
Betrag  der  IJnterbilanz  des  WaarenTorkehn  beglioben. 

Freilich  bleibt  diese  Eechnung  nothwendigerweise  äußerst  unsicher  und 
problematisch.  L^nd  ähnliche.^!  gilt  von  den  übrigen  Elementen  der  Zahlnngs- 
bilanz  vom  gesammten  Valoiunverkebr,  von  den  Zinsen  aus  fremden  Staats-, 
Eisenbahn»  and  Industriepapiert^n,  von  den  Einkünften  schweiseriseher  Kapita- 
listen und  Indnetrieller  aus  fremden  üntemehmangen  oder  eigenen  Filialen  im 
Anslaade.  Ueber  die  Hiilir  «lieser  Beträge  wollen  wir  mit  niemand  atniteu.  JESs 
sei  nur  erwähnt,  dali  Frankreich  seine  bezüglichen  Einkünfte  aus  fremden  Titeln 
auf  minde?»ten8  1  Milliarde  schätzt.  Kür  Kiiirland  sind  dieselben  nucb  hf>flentend 
h^ber  zu  veranschlagen.  Die  Kapitalverluste  Englands  an  dem  jüngsten  Kuck- 
guug  der  argentinischen  Werte  worden  beispielsweise  anf  mdir  ab  1  IBDiarde 
Franken  berechnet. 

Die  Schweiz  glauben  wir  nnn  immer  noch  an  den  wohlhabenden  und  gut 
wirthschaftenden  Ländern  zählen  zu  dürfen,  welche  nicht  so  unsschlii  ßlit  h  darauf 
angewiesen  jiind,  von  der  Hand  in  den  Mund  zn  leben,  für  die  vielmehr  der 
Grundtiatz  gilt:  wer  da  hat,  dem  wird  gtigebcu.  Für  die  furtdauerndu  Gesund- 
heit and  Zahlnngskraft  der  sohweiaerisohen  Tolkswirthsohaft  erbUoken  wir  einen 
nntrttglichcn  Beweis  in  dem  Vertraaen  des  Attalandes,  wie  es  sieh  in  den  ans- 
wUrtigen  Weehselkarsen  manifestirt.  Wahr  ist,  daU  die  für  uns  wichtigsten 
Kurse  —  Pari«!,  London,  Frankfurt,  Berlin  -  in  den  Jahren  18!10  und  lu-soudera 
IM'I  gestiegen  tiiud  und  ei«  itit  gar  nicht  au&geKchlosaen,  daü  dabei  neben  be- 
bondem  Yerhältnit^sen  des  Geldmarktes  die  außergewchnlioh  starken  Unterbilanzen 
des  Waarenverkehrs  der  letalen  Jahre  mitgewirkt  haben.  Im  laufenden  Jahre 
aind  die  früheren  günstigen  Kurse  aber  wieder  hergestellt.  Und  das  ben  ehtigt, 
sofern  es  dabei  bleibt,  zu  der  Annahme,  daß  der  Ueberschuß  aller  Rchweizerischen 
Zahlungsverpflichtungen  über  die  Forderungen  des  Aunlandes  iu  der  Kegel  hinreicht, 
um  da»  Delizit  des  schweizeriscbeii  W  aarenverkehrs  ohne  Eingriff  in  das  Nationai- 
yermSgen  aa  decken. 

Den  einzelnen  Lindem  gegenüber  darf  bei  Benrtheilnng  nnserer  Waaren- 
bilansen  nioht  mrehaniaeb  nach  der  Werthgröße  der  Ein-  un  I  Ausfuhr  überhaupt 
vorgegangen,  «ondern  es  mnß  nach  dem  Wesen  hauptsächlich  der  Einfuhr  iu  jedem 
Falle  verschieden  genrtheilt  werden  Die  Ausfuhr  hat  ihrer  allgemeinen  Zusainmen- 
Hetzung  zufolge  ziemlich  überall  denselben  Charakter.  Nach  allen  Ländern  gehen 
vorwiegend  l^brikate  einsehließlich  der  Milohprodtikte.  Dabd  ist  aber  gemSß 
dem  obea  (S.  379  f.  nnd  387)  Gesagten  je  naoh  dem  Wwthantheil  der  schweize- 
rischen VolkswirthsehafI  wohl  an  vntersoheiden. 


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Volkswirthsehafl 


—    394  — 


Tolicswürtbflehaft. 


Der  Einfahr  nach  sind  scheiobar  unsre  passivsten  Bilanzen  die  mit  Italiea 
für  Seide,   Woin  und  Gel,   mit  Oestorrpich-UDgarn  und  Rußland  fdr  Korn,  mit 
Aegypten  für  Baumwolle,  mit  Brasilien  für  Kaffee  etc.  etc.    Wollten  wir  hier 
an  der  Einfulir  oparen,  so  würden  wir  uns  offenbar  ins  eigene  Fleisch  »choeiden. 
Daß  mnre  BotumdeDbeittge  nioht  einen  Yerlast  bedeoten,  eondem  dank  nnereir 
£xportindu8trie  einen  internationalen  Gewinn  ermöglichen,  liegt  klar  anf  dw 
Haod.    Noch   mehr  gilt  dies   von  der  Baumwolle.    Aber  fast  ebensosehr  voa 
unserm  Korn-,  Flrisch-,  Wein-  und  Oelimport:  das  alles  nind  Betriebskapitalien, 
welche  uns  die  fremden  Vulkswirthschaften  Jahr  für  Jahr  durbieten,  wenn  auch 
nidbt  gcluugüct  werden  soll,  daß  unser  Konsnm  von  Fleischt  Wein,  Zucker  und 
andern  nicht  unentbebrlichen  G^ennfimitteln  aehr  hoeh  ist»  nnd  eine  nttßige  Be- 
aolurttnknng  ohne  Nachtheil  mOgtieh  wäre. 

Wesentlich  andrer  Natur,  qualitativ  luissiver,  sind  unsre  Bilanzen  mit 
Deutschland  und  Frankreich:  hier  überwiegt  der  Imj)urt  von  Fabrikaten,  dewen 
Ursachen  in  früheren  Abschnitten  bereits  hervorgehoben  wurden,  wahrend  statt 
deaeen  der  Ronenni  unerer  eigenen  Produkte  daheim  nnd  draafien  weiterer 
Sfeeigerang  fthig  wäre.  Lange  hat  aioh  die  Bdiweiz  gmndri^lslich  nnd  praktieeh 
g^jon  SohntszOUe  gesträubt.  Aber  Schritt  für  Schritt  ist  sie  durch  die  Höher- 
spannnufr  der  Zollschraube  bei  den  Naolibarn  zur  Nuthwfhr  <2^edrängt  worden. 
Ihr  heutiger  Generaltarif,  obwohl  noch  äußerst  mäßig  gegenüber  den  Zolltarifen, 
der  Nachbarn,  hat  sich  in  den  Verhandlungen  mit  den  Dreibundmächteu  als  das 
lichüge  Gegengift  erwiOMn  nnd  gute  IHenste  geleistet.  Gegenüber  Frankreieh. 
wird  die  Schweiz  vielleicht  nothgcdrungen  zur  eigentlichen  Prohibition  fdr  eine 
ihr  gut  scheinende  Auswahl  von  Waaren  schreiten  müssen.  Bis  zum  Erscheinen 
dieser  Zeilen  dürften  die  Würfel  gefallen  und  JKMheree  darüber  bekannt  gein. 

•    .  • 

Die  starke  Entwi<^lung  des  sohweiaerisehen  Handels,  verbunden  mit  dem, 

bedeutenden  Fremdenverkehr,  hat  das  sch weizerische  V  e  r  k  e  h  r s  w  e  s  e  n  in  uUen 
seinen  Tin  ilen ;  Straßen  und  Kisenhahnen,  Post  und  Telegraph  etc.  auf  eine 
Höhe  gebracht,  die  ihresgleichen  sucht.  Als  Spezialität  der  Fremdenindustrie 
sind  die  Bergbahnen  hervorzuheben.  Im  Uebrigen  sind  diese  Dinge  bekannt 
genug.  Es  soll  nur  darauf  anfineiksam  gemacht  werden,  daß  bei  dA  Vergleichung^ 
mit  dem  Auslände  allanolt  außer  Acht  gelassen  wird,  welche  Bedeutung  fllr  den 
innern  Gtiteraustausch  sowohl,  wie  für  den  internationalen  Verkehr  der  Binnen- 
schifTfahrt  auf  Flüssen  nnd  KanSjen  z  B.  im  deutschen  und  besonders  im  fran- 
zösisclien  Flachlande  zukommt,  und  welchen  Vorsprnng  diese  Länder  durcli 
die  Ersparnis  gegenüber  der  Bahufracht  genießen.  Diese  billige  Beförderung 
verbietet  sieh  in  der  Schweis,  mit  Ausnahme  des  Verkehrs  anf  den  Seen,  fast 
▼dllig  durch  die  Kainr  ihrer  Berge  nnd  Flttsse.  Dafür  dftrfte  die  Zeit  nicht 
mehr  ferne  sein,  wo  die  ungestüme  Kraft  unsrer  starken  Ströme,  meohanisoh 
gebunden  und  elektrisch  Ubertragen,  einen  großen  Theil  der  schweirerischen 
Eisenbahnen  treiben  wird.  In  der  MonopoHsirung  der  hiefür  am  beHten  qualiti- 
zirten  Wasserkräfte  läge  zugleich  der  günstigste  Ausgangspunkt  für  die  Wieder- 
aufiiabme  der  vor  Jahresfrist  gescheiterten  und  doch  fllr  die  wirthsebaftlicher 
Autonomie  des  Landes  so  dringend  nötigen  Verstaatlichung  der  Kisenbahnen.  — 
Nicht  minder  empfindlich  als  der  Mangel  einer  nationalen  Tarifpolitik  i^t 
der  einer  einheitlichen  schweizerischen  Di^kontopolitik  nnd  einer  zentralisirten 
Notenemission.  Immerhin  scheint  die  Einheit  im  Zeddelbankwesen  in  näherer 
Aussicht  zu  stehen,  als  diejenige  der  Eisenbahnen. 


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VolkswirttiscbaR, 


395  — 


Volkswirthschalt 


Die  innere  Distribution  soll  hier  nur  insofern  b«riihrt  werden,  alu 
sie  »ich  von  der  Distribution  andrer  Länder  unterscheidet.  Solche  TTnteraehiede 
aind  durch  die  Besehaffenheit  de«  l«nde«  in  2  Kehtnngen  gegeben. 

ErstenB  macht  die  Gebirgsnntar  mit  ihrar  weitverzweigten  Besiedelung  da« 
Hansirgewerbe,  in  den  Niederungen  vielfach  cxnp  wahre  Landplage,  lUr  weite 
Gebiete  fast  unentbehrlich,  m  daß  die  Anschauungen  übtr  dessen  gesetzliche 
Znläsäigkeit  und  Behandlung  sehr  weit  anseinandergehen.  —  Als  Kuriosum  mag 
in  diesem  Znaammenhang  die  Bevorzugang  snslSndiee^  vor  «lifaeimieoheD  Handels» 
reisenden  in  Besng  auf  die  Patonttexen  erwShnt  werden«  welobe  erst  yor  Kunem 
beseitigt  warden  ist. 

Sodann  veranlaßt  der  Frenidenstrom  alljiihrlich  für  einige  Monate  an  son?t 
verkehrearmen  Orten  ein  scbnelllcbiges,  tlietires  Angebot  hauptsSchlich  der  feineren 
Landeserzeugniüse  und  ausländischer  Luxusartikel.  Für  eine  Auzuhl  mittlerer 
oder  kleineresr  Industrien  ist  dieser  direkte  Absatz  Ton  wesentlicher  Bedeutung,  se 
namentlich  fdr  Holcsohnitsereien,  Bijouterie,  Hnsikdcsen,.  Spitzen,  feine  Thon- 
waaren  u.  a.  m. 

Mit  der  Fremdenin  ln^trie  im  Gebirge  verbindet  sich  eine  weitere  Rigetn- 
thlinilicbkcit  der  ßchweizensclien  Volkswirthschaft :  Hie  relativ  große  KoUe  der 
pertiönlichei.  Dienstleistungen ;  da»  ganze  Heer  der  Führer,  Träger,  Kutscher,  des 
Gasthofpersonals  im  wmteaten  Sinne  käme  hier  in  Betracht.  £s  ist  darauf  schon 
anllßlieh  der  ErklSrung  der  HandelsbilaDS  hingewiesen  worden. 


Damit  sind,  abgesehen  vom  Hauslieiß  des  Einzelnen  and  der  Familien  und 
den  Dienstleistangen  des  Hausgesinde«!,  alle  materiell  produktiven  Elemoite  der 
sohweiserisohen  Yolkswirtbsofaaft  beriicksiditigt.  Und  wir  gelangen  snm  Schluß 
vor  die  Hauptfrage  nach  der  Gesam mtlage  und  dem  Ge snndheitssastand 

der  schweizerischen  Volkswirthschaft. 

l)ie  jährliche  Werthproduktion  flpr  Schweiz  wird  man  auf  ca.  1  ?300  Million<Mi 
Fr.  veranschlagen  dürfen.  Davon  stammen  ca.  500  Millionen  aus  der  Land- 
wiithsehalt,  300  aus  dem  Gewerbe,  450  aas  der  Xndostrie,  350  aus  Handel  und 
Verkehr  (Eisenbahnen  80,  Post  etc.  30,  sonstige  Fremdenindustrie  120,  sonstige 
innere  Distribution  120  Millionen  IV.)  80  Hillionen  ans  andern  DienKtleistungen, 
Hausfleiß  etc..  120  Millionen  von  answärts  arbeitenden  oder  angelegten  Kapitalien. 
Von  diesen  IHOi)  Millionen  brauchen  wir  700  zur  Bestreitung  unseres  Netto- 
imports  (ohne  den  veredelt  reexportirten  Rohstoflfimport) :  500  Millionen  heften 
wir  an  unsere  ExportprodokUon,  200  Millionen  begleichen  wir  auf  anderm 
Wege. 

Es  versteht  eich  von  selbst,  daß  das  alles  subjektive  Schätzungen  sind,  und 
gerade  der  letzterwähnte  Posten  beruht  auf  sehr  nnsichcrn  Anhaltspunkten.  Wollte 
jemand  statt  120  Millionen  Fr.  Ertrag  von  auswärts  angelegten  Kapitalien  100^ 
oder  150  Millionen  setzen,  ho  wilrde  das  Gegentheil  schwer  su  beweisen  sein. 
Obige  Zahlen  aollen  nur  «eigen,  wie  man  «ich  etwa  die  einigermaßen  greifbaren 
Posten  einer  sohweiaerisoben  Wirthschaftsbilanz  vorzustellen  hätte.  Es  muß  aber 
gleichzeitig  betont  werden,  daß  sich  unmöglich  alle  Leistungen  einer  ^olkwirtli- 
Kchaft  messen  und  in  Zahlen  ausdrücken  lassen ;  hieftir  kummen  noch  ganz  andere 
Kräfte,  kommt  vor  allem  der  Schatz  an  Intelligenz  uud  geistiger  üegsamkeit 
ttberhaupt  in  Betracht  Wichtiger  ab  solche  richtig  aufgehende  Bechenexempel 
ist  der  Kredit,  den  ein  Volk  kraft  seiner  wirthsehaftlichen  Energie  und  IntegritSt 
besitz.    Dieses  Vertrauen  des  Auslandes  in  ihre  Zahlungsfähigkeit,  d.  h.  in  ihre 


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Volkswirthschafl 


—    39e  — 


VolkainrtlMeliaft 


wirthschafUiolie  Tüohtiglnit  und  IntolligM»  besitit  die  Sehweis  in  »oiraiebeDdem 

Maße. 

Wir  brauchen  aber  auch  gar  nicht  ao  sehr  darnach  zu  fragen,  waü  dsui 
Annlnnd  von  mn  liUt.  Daß  mmr  Land  niokt  fcende  am  Yeramen  ist,  das 
bewcimn  niharliegende  gvnfbaro  Thataachen  anr  Ctenllge. 

Ünaere  klainan  and  mittleren  Leute  balran  alldn  anf  Sparkaaeen  nur  Zeit 

etwa  600  Milliunen  Fr.  angelegt.  Vertreter  de«;  Mittelstandes  sind  bd  in-  und. 
ausländischen  Ge^eüsf haften  fWr  annähernd  500  Millionen  Fr.  Kapital  verwichert, 
und  die  eigentliche  Kapitalif^irnng  dürfte  allein  m  ausländiachen  Werthen  mehrere 
Milliarden  betragen.  i)ad  Gebammt vermögen  der  KchweizeriBchen  Volkswirthschaft 
aehätste  Prof.  ErSmer  anno  1686  (Bd.  II,  S.  276)  auf  14  V*  Ißllwrden  Fr.,  wovon 
5a  Milliarden  auf  das  landwirthschaftliche,  8?  Milliarden  nnf  dan  übrige  Kapital 
der  schweizerischen  Volkswirthechaft  entfallen  Letztere  Ziffer  ist  ala  ein 
Minimnm  au  betraokten«  ea  werden  mehrere  Milliarden  jnehr  angenommen  werden 
mttsaen.  , 

Dieae  hohen  Kapitalbeträge  enthalten  aber  nur  die  Faonltlt  der  Produk- 
tivität. Bntaeheidend  iet  ftr  nnaern  Zweek  die  Art  ihrer  Verwendung.  Ihre  Be- 
fruchtung durch  die  nationale  Arbeit  haben  wir  eingehend  erörtert.  Der  Ertrag 
dieser  Arbeit,  seine  Verwendung  und  seine  Vertheilung  ist  nun  derjenige  Pankt, 
auf  welchen  eigentlich  alle^  ankommt.  Vom  Sparen  war  soeben  die  Rede.  Viel 
stärker  aber  drUckt  es  sich  im  Verbrauchen,  in  unserm  »guten  Leben",  d.  b. 
eben  in  unaerm  relatiT  atarkw  Konsum  aua^  dafi  die  Sohweia  nicbt  am  Verarmen 
iat.  Wir  laaaen  darüber  folgende  Zahlen  (Kilo  baw.  Liter  per  Kopf  der  Be- 
vUlkerang)  epreehen: 


Urud- 
flruehc 

Km- 
toffiiin 

Fi«i*«b  ^•^iif » 

Tilb»k 

Wftla 

ni»r 

Brannl 

100» 

Schweiis  .... 

.  lyo 

614 

35 

1 

12a 

2, 

70 

44 

3 

-Großbxitannien  .  . 

.  160 

174 

43 

6 

32a 

Oat 

2i 

120 

2» 

Vereinigte  Staaten  , 

.  146 

88 

30 

(10?) 

24 

la& 

2«7 

81 

24 

Frankreiob  '.    .  . 

.  269 

290 

2(> 

0 

125 

Oat 

92 

22» 

4s 

Peutaobland  . 

.  180 

530{, 

1» 

lOs 

1» 

9< 

106 

6 

Oesterreiob^Ungam  . 

.  184 

300 

10 

4 

ÖS 

1« 

22« 

34 

4a 

Italien  

,  139 

23 

a 

2 

3& 

07  .-i 

ii.lOO 

0« 

Oa 

150 

13 

3 

7j4 

2i 

37 

186 

5 

Holland  .... 

478 

12 

3 

105 

34 

26 

34 

:> 

Selbätverstäudlioh  sind  diese  Landerzidern  nicht  ohne  weiteres  beweisend. 
Die  Untenebiede  dea  Klimas  und  dea  Bodens  beatimmoi  großentheila  die  Ana- 
wähl  der  widhtigaten  Nahnngamittel.    Im  Horden  henaebt  ala  Brodfraeht  Arn 

Koggen  vor,  daneben  die  Kartoffel,  von  Getränken  Sprit  and  Bier.  In  Italien 
und  Spanien,  wo  drr  Wein  viel  billiger  ist  ;ils  Bier,  erreicht  der  Weinkonsum 
die  höchsten  Zitieru.  Die  Schweiz  nimmt  nun  otieubar  in  dieser  Hinsicht  eine 
Mittelstellung  ein.  Einer  so  harmonischen  3iischung  besonders  im  Konsum  geistiger 
OetrKnke  erfreut  aieb  kein  anderea  Volk.  Nebat  Wein,  Bier  und  Sprit  iat  auflk 
noeh  der  starke  Konenm  von  Obstwein  (35  Liter  per  Kopf)  anmal  in  der  Oat- 
•ehweiz  zu  <^wftbnen. 

Weist  ntin  Hchon  die  Auawahl  di»'ser  beiden  Ilaii|itkategor!en  von  Speise 
und  Trank  (Weizen  und  Wein)  auf  eine  ziemlieh  hohe  Lehenshaltung  hin,  so 
wird  dies  vollends  bestätigt  darch  den  btarken  KonHum  von  Milch  (200 — -250 
Liter  per  Kopf)  und  Pleisob;  mit  letiterem  kann  sieb  nur  derjenige  der  reiebatea 


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Volkäwirlhschaft 


—    397  — 


Vultuiwirthscbaft 


und  stärksten  Konsumentea,  England  uod  Nordamerika,  messen,  wälirend  alle 
mitlelearopKiNlmi  Staaten  im  Kontiun  diewr  koftbanten  «od  aabilHilloBteit  Leben«- 
mittel  Weit  hinter  uns  zuiackbleiben.    Dte  Gleiche  gilt  vom  Znoker;  doeh  isl 

hier  zu  beachten,  daß  England  (hbcbster  Eonsam)  gar  keinen,  die  Schweiz 
immer  noch  einen  viel  geringeren  Z-»!l  t-rhebt  als  alle  übrigen  Länder.  Auch 
bei  dem  atarkea  Wein-  und  Tnbakkousum  der  Schweiz  ist  der  niedrige  ZoU  ein 
wesentlicher  Punkt. 

Wichtiger  Booh  aU  die  abeolate  Stftrke  des  Eensams  ist  seine  soziale  Qualität, 
■eine  Verthttlang  auf  die  venohiedeiien  BeTOlkerungaschichten. 

Luxus  im  groJSeo  Stil  —  im  Grobem  —  kennt  die  Schweis  eigentlich  kaum. 
Unsere  relativ  ntarken  Consamziffem  rtthren  weder  von  großem  Aufwand  der 

oberen  Zehntausend  noch  von  dem  Konsum  der  Fremden  —  der  letztere  kann 
unsere  Diirehschnittsziffern  kaum  wesentlich  beeinflußen,  da  den  IIUO  J^Iilliotien 
KouiiumUigen  der  schweizerischen  Bevölkerung  nur  6  Millionen  Fremdentage 
gegenahentehen  —  «ondem  vielmehr  von  einer  allgemeinen  relativ  hohmi  Leben«- 
haltang  breiter  mittierer  und  unterer  Yolksklasaen.  Wein,  Zncker  n.  a.  m. 
wollen  in  der  Schweiz  dnrohaoa  al«  noth wendige  Lebenemittel  taxirt  «mn. 

Auch  in  Bezug  auf  andere  Bedürfnisse,  wie  Wohnung  nnd  Kleidung,  Gelegen- 
heit nod  Mittel  zur  AuHbildung  der  körperliohen  ,  ästhetischen  und  inti'll»""t'i'  nfn 
Fähigkeiten,  geht  die  Tendenz  —  der  7)oliti>chen  liichtung  und  der  Ivleuihi'it 
des  JLande»  entsprechend  — -  weniger  auf  auLerurdentüche  Leitttungeu,  aU  auf 
möglich»te  Verbreitung  eine«  fttr«  praktische  Lehm  branchbaren  Mittelmaße«  in 
breiteu  Schichten.  Ordentliche  Schnlbildnng,  gnte  Lektüre  etc.  wird  womSglidi 
einem  Jeden  zugänglich  gemacht. 

Auf  allen  Lebensgebieten  sind  die  Anforderungen  in  regelmäßigem  Steigen, 
und  zwar  sind  es  gerade  die  mittleren  und  unteren  Schichten,  welche  mächtig 
aufstreben  zur  Theilnahme  an  einer  materiell  und  geistig  behaglicheren  Existenz. 
Ed  ist  dies  öne  Konsequenz  der  sozialistischen  Grundstrümung  uuserer  Zeit. 
Und  wenn  die  Stirke  dieser  Strömung  speriell  in  der  Schweis  einen  Hemm- 
schuh der  durch  die  Zollverhältnisse  ohnehin  eingeengten  sohweizeristdien  Industrie 
bildet,  so  i^t  (bxh  die  Indu.strit'  nicht  gerade  diejenige  Productiousart,  welche 
weitere  Opfer  zu  Gunsten  ibrt^r  Au<rehörigen  nicht  bringen  könnte.  Ueberdies 
ist  solchem  Kleinmuth  gegenüber  an  den  groi>en  Vortheü  zu  erinnern,  dessen 
sich  die  Seh  weis,  nnd  swar  besonder«  die  «cb  weiserieche  Indnstrie,  trots  der 
Niedrigkeit  nnsrer  ZSlle  nnd  sonstigen  Militftriaaten  dnrch  den  Mitgennß  an  dem 
nnschfttsbaren  Gute  des  europäischen  Friedens  erfirent.  Sind  wir  in  dieser  HiuHicht 
gUnMtiger  ge>tellt  als  andere  Länder,  so  dürfen  wir  uns  nvtoh  ilcn  Oj)firn  nicht 
entziehen,  welrbc  die  Zeit  auf  auderm  (lebiete  und  fUr  tiilere  Aulgiil)»  n  wahren 
Fortschi itta  von  uun  l'urdert.  Die  Schweix  hat  viel  schwerere  Ztüteu  glücklich 
ttberwnnden.  Sie  wird  «ich  auch  hente  nicht  die  Ehre  rauben  lassen,  in  den 
sozialen  Kfimpfen  und  Neubildungen,  welche  unsere  Zeit  am  tiefsten  bewegen^ 
in  der  vordersten  Reihe  zu  bleiben. 

(Abgeechloseen  November  1892.) 


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VolkttAhluof  —  d98 


yolk8fShlniif9erg«biiiss6  vom  1.  Dciember  1860. 


Schweiz 
Kanton 

Bezirke 

c 

-n 
c 
'S 

Bewohnte 
Häuser  j 

Haushaltungen  ! 

• 

c 

l 

Wohn- 
bevölkerung 
im  Ganzen  ! 

iScbweiz  

i.  Oä. 

'j  \J\J  A  «rf  L 

637835 

2933334 

2917764 

:    1.  Zttriofa  

11 

200 

43746 

74446 

339056 

887183 

£t  •     JJd  U       ■        «        •        •  ■ 

3U 

5üU 

68229 

110142 

539405 

536679 

ij .     XJ\k4t^M.  II          *        •        *  • 

5 

109 

15950 

27207 

135722 

13:»3  GO 

i    4   Uli  .... 

1 

20 

2599 

3655 

17285 

17249 

A   RaIiwvs  «... 
ß  ObwaldaD .... 

6 
1 

30 
7 

6820 
2402 

10937 
3440 

5037» 
15030 

50307 
15043 

7  Kidwaiden    .    .  . 

1 

1 1 

1659 

2884 

12520 

12538 

1 

28 

6105 

8705 

33794 

33825 

9    Zuir  .... 

1 

1 1 

2846 

467U 

2312.) 

-»;iU29 

II)    Frpihnrff  .     «    .  • 

7 

2«1 

18557 

24776 

119529 

119155 

II.  8olothttrn . 

5 

132 

10917 

17842 

85709 

85621 

12  Basel-Stadt  .    .  . 

2 

4 

5534 

15880 

74245 

73749 

13.  Baael-Landsdiaft 

4 

74 

7140 

12220 

62154 

61941 

14  Sohaffhauaen  . 

6 

36 

5473 

8815 

37876 

37783 

15.  Appenzell  A.-Rli. 

.3 

20 

8213 

12899 

54192 

54109 

16.  Appenzell  I.-Bh. 

1 

6 

2112 

3163 

12904 

12688 

1  17.  ät.  tiallen    .  . 

15 

;)4169 

50845 

229367 

228174 

18.  Graubttnden  . 

14 

223 

17326 

22343 

96235 

94810 

19.  Aareau 

11 

249 

27033 

41601 

193834 

193580 

20.  Thnrgau  .... 

8 

212 

18070 

22760 

105121 

104678 

Iii.  Tcshiii  ..... 

8 

265 

24570 

3.j()82 

126946 

126751 

22.  Waudt  .... 

19 

38» 

35195 

5.-4  17 

251297 

247655 

;  23.  Wallis  .... 

13 

165 

15461 

22051 

101JS37 

101985 

!  24.  Neaenbimr 

6 

64 

1028b 

22746 

109037 

108153 

25.  Genf  

3 

48 

9408 

28279 

106738 

105509 

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-    3«)  9  — 


Volkszähluag 


(Vergl.  den  Artikel  , Bevölkerung".) 


a 

ij 

Katholiken 

J3 

J3 
u 

a 

a 

ä 

v 
o 

cd 

Andere  o< 

unbekanr 

JZ 
V 

9 

Französis 

Italienlis( 

m 

'S 

<a 

E 
o 
QC 

1716548 

1183828 

] 

8069 

9309 

2083097 

634613 

155130 

38357 

6557 

293576 

1349 

24  oo 

331697 

m 

1241 

466785 

1195 

1  ß1  9 

449668 

K'i^  1  Q 

OOO  XV 

1  '24 

7734 

1  07<l'^fi 
l £  4 OOO 

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134297 

4*^7 

497 

21 

105 

365 

IVO  1  O 

1 

17027 

184 

lü 

2 

1023 

40077 

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49732 

1  Sil 

MSO 

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12 

335 

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ItI  I  \Jy) 



9 

14702 

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12116 

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25950 

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33458 

51 

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22749 

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37434 

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84207 

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•1444 

53757 

7  1 

240 

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673 

12213 

— 

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12849 

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920H7 

135227 

544 

3  1 1> 

225583 

471 

1461 

267 

51937 

42797 

n 

&^ 

43671 

173 

13721 

37036 

209 

106351 

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1051 

192859 

4ß'» 

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74219 

30210 

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104078 

195 

271 

I^i 

1033 

125279 

9 

430 

1843 

2A2 

124502 

II 

im 

224999 

21472 

603 

581 

23873 

218358 

3398  i2 

1977 

825 

101108 

1 

51 

32471 

68602 

8«3 

2ii 

94449 

12456 

740 

508 

22579 

83762 

1498 

295 

50975 

52297 

701 

1 

1536 

12317 

891 11 

! 

2579 

91 

i 
1 
1 

1405 

1 
1 

1 

WaarcDverkebr 


—    40Ü  — 


Waarenverkehr 


Waarenverkehr.  Die  folgenden  statitttisohen  Darstellungen  erheben  nur 
den  Anspruch,  den  Lefler  flüchtig  in  einigen  Richtungen  Uber  den  Außenhandel 
der  Schweiz  zu  uiientiren. 

I.  Spezialhandel  der  Schweiz  in  Millionen  Franken : 

Einfuhr  Ausfuhr  Tutal  Unterbilanz 

1885:              717             670  1,387  —    47  =    (ie  Vo 

1886:              776             669  1,445  —  107  =  13»  % 

1887:               823             672  1,495  —  151  =  I84 

1888:               821              674  1,495  —  147?—  18  7o 

1889:              954             711  1,665  —  243  -r-.  255  7o 

1890:            1,002             724  1,726  —  278  =  2775  7o 

1891:              98  2             7  04  1,686  —  278  ==  288  Vo 
oder  richtiger  ohne  dai^  gemlinztc  Edelmetall  (erst seit  dem  1.  Mai  1888  ausgeschieden) : 

1889:               905              695  1,600  ~  209  =  23a  7o 

1890:               954              703  1,657  —  251  —  263  "/o 

1«91:              932             672  1,604  —  260  =  27»  "/o 

II.  Spezialhandel,  zusammengestellt  nach  volkswirthschaftlichen  Kategorien  : 
Einfuhr  1889  ",o  1890  >  1891  "/o 

Lebensmittel.  262,168,615  28m  295,80  5,219  3  1  304,159.54  7  3  26j 
KohstotTe  .  .  300,489,188  387*  3  54,791,8  9  6  3  7i»  322,281,031  34»? 
Fabrikate.    .    292,029,684_  32i7    303^,67jy  61  _3l8»    305,950,560  SSsi 

Total      .    .  904,687,4»7  100  954,273,276  100  932,391,138  100 
Ausfuhr 

Lebensmittel.      73,216,996  10:,3  78,822,491  lUi  80,000,257  II91 

Kohstotfe.    .      94,3  63,129  1  357  85,781,981  l22i  80,432,806  II97 

Fabrikate.    .  527,942,925  759  538,208,514  7658  511,433,872  76i« 

Total  .    .    .    695,523,050  100      702,812,986  100      671,866,935  100 

III.  Spezialhandel  der  Schweiz  mit  den  cinz>;lnen  Ländern  im  Jahre  1891: 

Einfuhr  aus:  Ausfuhr  nach: 

Deutschland   293,623,081  164,045,041 

Oesterreich   86,214,092  36,246.312 

Frankreich   214,035,946  124,979,356 

Italien   135.990,152  46,996.689 

Großbritannien   46,102,915  113,095,835 

Uebriges  Kuropa  93,021,986  61,799,996 

Vereinigte  Staaten      .    .    .     .  30,562,912  71,700,449») 

Uebrige  aui^ereuropäische  Länder  32,807,054  53,003,157 

Total   932,391,138  671,866,935 

Infolge  abgeänderter  Verordnung  Uber  die  Deklaration  der  Herkunft«-  und 
Bestimmungslän  irr  (siehe  nachstehend)  werden  die  Ländertafeln  künftiger  Jahre 
erhebliche  Aenderungen  aufweisen  im  Sinne  stärkerer  Entlastung  der  Grenzländer. 
(Vergl.  Jahresbericht  und  Werthtabelle  der  Schweiz.  Uandelsstatistik  vom  Jahre 
1891,  pag.  25). 

Verordnung  vom  13.  November  1885: 

Art.  5.  .Vis  Land  der  Herkunft  i.st  dasjenige  Land  anzusehen,  au« 
welchem  die  gekaufte  VV^aarc  zur  Versendung  gelangt;  als  Land  der  Bestimmung 
da^jenige,  in  welches  die  VVaare  verkauft  wird. 


'1  .Nach  der  amerikanischen  Konsular^tatislik  beträgt  die  Ausfuhr  77*/«  Millionen. 


Waarenverkebr 


—    401  — 


Waarenverkekr 


Verordnung  vom  12.  Januar  1&92 :  • 

Art.  Ö.  Alt  Land  dtr  Horkmift  itt  dasjenige  Land  aonisehen,  in  walahen 

die  eingeführte  Waare  erzeugt  ist ;  al«  Land  der  Bestimmung  daijeuige, 

für  dessen  Konsum  din  ansgerülirte  Waare  bestimmt  i.st.  Wo  das  Eiue  oder 
das  Andere  nicht  hiiiliiuglich  Bieber  ist,  soll  das  entfernteste  bekannte  Durch- 
gangsland, bezw.  der  eurupäit^che  Zwi^iobenbandels-,  Laadungs-  oder  V'erschitfungs- 
plutz  mit  der  Beseiohnnng  „Tranatt*  deklarirt  werden  (z.  B.  ParuhTreiMit,  HaTre> 
Tranait,  Hambur^-Tranait  eto.) 

Art.  9.  Die  Deklaration  erfolgt  Hchriftlicb  durch  den  Waarenf ii  hrer 
ntirli  einem  vom  Zoll<!'*(> irteniPTit  aufzu-telleuilen  Formular;  bei  der  Aiisfnlir  kiinn 
der  Versender  zur  AuHsteUung  der  Deklarationen,  bei  der  Kijjfnhr  der 
Empfänger  zur  Ergänzung  bzw.  Berichtigung  mangelhafter  Dekiuraiiunen 
angdialten  werden. 

IV.    Wichtigste  EiolUhrartikel  in  Jabre  189  t  nach  dem  Wertbe  geordnet 


bis  zu  1  Million  Franken 

Getreide                                                               Fr.  110.1 78,:J8i 

Hievon:  Weizen   87.406,783 

Hafer   10^,4iG9 

Mais   6,:i84,801 

Gerste    3»252,09e 

Reis,  ungescfailt   1.13I.&36 

Seide  and  Floretaeide,  gezwirnt   69,825,.3;32 

Gold  und  Silber,  unbearbeitet  und  in  MttnMn    ....      •  68,00  L470 

Hieron:  Gold-  und  SilberraOnzen .   ........       ,  49,855,200 

Steinkohlen,  Conkn,  Briquettes                                           »  39,571,961 

Hievon:  Steinkohlen   29,292.576 

Briquetes                                                         .  r).2()ö,378 

Coaks                                                               ,  3,789,256 

Braunkohlen   1,024,751 

Baumwolle,  roh  und  Abfalle   ,  34,G4*J,644 

WüUgewebe,  gebleicht,  gefärbt,  bedruckt  etc  „  29,.">7.'i,00(> 

Oohaen  und  Stiere   24.G:K).315 

Seide  nnd  Floreteeide,  roh,  nngeswint  »  23,6GU,3&3 

lAffe,  roh   18,961,580 

Maschinen  (mit  Ausnahme  der  Lokomotiven)  «  15..M'i8,l):^9 

Mehl,  Graupe,  Gries,  Grütze,  fieie,  geeobllt     ....      „  15,148.2^6 

Hievon:  Mehl                                                               „  8,640,525 

HaKweizengries                                              ,  3,906,490 

Reis-,  irescbalf    1,750,116 

Bijuutene,  Uuincaillerie,  gemeine  und  feine  „  13,7ii4,208 

Hievon:  Bijouterie,  echt                                                 .  6,589,755 

Quincaiilerie,  gemeine  und  Snnwaaren    ...       ,  5,8l4,2.öO 

Bijouterie,  falsch   1,023,002 

Eisenbahnschienen,  FagoueiNen  etc.,  grobe  Dimensionen     .      „  13,06u,026 

Peignee  (gekämmte  Floretseide)  •  13,771,200 

Bohzucker,  PiK,  Abfalbncker  ,  12.199,838 

Leder  aller  Art  ♦    .    .      ,  10,63(;,7i>() 

KleidungsstUeke  etc.,  aus  Wolle  und  Halbwolle     ...      ,  9,850,4<  mj 

Seidencocons  und  Seidenabtalie  «  9,0h4,(20 

Mala   8,533,929 

Bebweine  nnd  Ferkel  ,  8,116,5&5 

Pelrolenm  nnd  andere  Mineraloele  «  8,05G,987 

Banmwollgewebe,  glatte,  geköperte,  roh  ,  7,977,912 

Twter  y«Umflrtli«chaft»>LraIk«n  4«r  i^wtls.  f6 


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Waarenverkehr 


~    402  ~ 

4 


WaaTenverkohr 


Bücher,  Karten,  Musikalien   Fr,  7,933,030 

Wolle,  roh  nnd  gt;wftschen;  Abfälle,  KuDötwolle    ...  ,  7id27,d80 

Bauuiwoligeweb«,  gebleichte,  gefärbte,  bedruckte    ...  ,  7,398,410 

Gewebe  aus  Seide  und  Halbseide   ,  6,750,1 76 

Oeie,  niobt  mlnemluche,  in  EKfiern   ,  6,198,505 

Waaren  ans  SchmiedetMn  eto.,  gttmfiine,  xoh  etc.   .    .    .  ,  5,990,900 

Eier   5,792,720 

Leinen-  imd  Jutegewebe,  feine  ♦    .  ,  5,655,810 

Pferde  und  Maultiere   ,  5,186,797 

Binder  und  Powmentirwaaran  von  Seide  und  Halbseide  .  ,  4,727,517 

Eiaenbleoh  anter  3  «im  Dioke   ,  4,692,960 

EUhe  und  Rinder   ,  4,622,701 

7nrk,r,  rarinirt;  in  HUten,  Platten,  Bldeken     ....  ,  4,627,222 

löchuhwaaren,  feine  uiit  Ledersohle   ^  4  40(1  976 

Bruchsteine,  Gyps  und  Kaikäteine,  roh,  Lehm  etc.  ...  ^  4,444,526 

Bohtabak,  Abfülle,  Sanoen   ,  4,414,960 

Tasehenahien,  fertige  Werke,  Sehftleu   ,  4,251,787 

Kupfer  und  Messing,  gewalzt,  etc.   ,  4,194,000 

Gemusterte,  broehirte  und  sammetartige  Haumwollgewebe  .  „  4,01)0,920 

Bau-  uud  Niitzliol/,  geäägt(eicheueiiU.Füuriiire  ausgenommen)  „  3,963,514 

Geflügel,  getüdtetes  und  Wildpret   ,  3,842,210 

Butter   ,  3,b38,735 

KleidungHHtttcke,  etc.,  aus  Baumwolle  etc*   „  3,835,600 

Stroh,  Bast  etc.,  gefärbt,  gespönnen  etc   „  3,7*)8,()80 

Putzmachervvaaren  und  ausgerüstete  Hüte   „  3,744,029 

Eisenbahnschienen,  Fa<,oneiRen  etc.,  feine  Dimuaäioneu,  de- 

capirte  Bleche   ,  3,722,616 

Wollene  BBuder  und  Pommentirwaaren   ,  3,714,314 

Alkohol  etc.  i:  1  ;  .ern   „  3,702,850 

Brennholz,  Turf,  Gerberrinde  eto.  ........  „  3,696,444 

Roheisen,  Alteisen   „  3.540,615 

Wolle,  gemalen,  gefärbt,  gekämmt   „  3,523,500 

Wirkwaaren,  genäht  und  nngenähr,  aas  Wolle  .....  .  3,448,700 

KleidungBBtttoke  eto.«  aus  Seide  und  Halhaeide  ....  .  3,236,110 

GaoAobohnen  und  Caoaotchalen   ,  3,087,904 

Wollgarn  (Streichgarn  und  Kammffarn),  gebleioht,  gefKrbt  »  2, t1 7 1,955 

GemÜHe,  frische,  andere  als  Kartollcln   „  2,940,048 

Kartotlcin   „  2,930,577 

Anilin  und  Anitinverbindungen  zur  Fftrben&brlkatioQ  .    .  ,  2,865,900 

Jungvieh,  ange«ohaufelt    .   ,  2,820,840 

Fleisch,  geränohert  eto.,  auoh  in  Biteheen             ...  ,  2,721,920 

Südfrüchte   ,  2,698,845 

Waaren  aus  Schmiedeiscii  eto,  tV-inc  t  tc   „  2,673,461 

Häute  und  Felle,  rohe   „  2,639,085 

Lederwaaren,  fertige.  (Suhnhwaiiren  ausgenommen)  ...  «  2,636,963 

Feine  Teppiche    ^  2,571.275 

Torgearbeitete  Masohinentheile   ,  2,561,360 

Schweinepf^hnial?;   „  2,517,519 

Abfälle,  anim.,  vegctab ,  mineralische;  Kleie  etc.    ...  „  2,421,216 

KUDstliohe  Farben  aus  Steinkohlentheer  etc   «  2,408,100 


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Waarenv«rfc«hr 


—    403  — 


WtareiiTarfcebr 


<jrMwirntfl  BanmwoUgiinie,  roh  nad  gebleicht    .....  Fr.  9,389,300 

•Geeohnittenes  Eiehenholi  und  rohes  Fafihols     ....  ,  2,215,340 

Hievon  geschDittenes  Eächeobob   »  1,930,704 

Schafe  und  Ziegen    ,  2,IS0,338 

Baumwollgarne  auf  Spuhlen  und  mehrfach,  gerürbtin  Strängen  «  2, 1  öti^^bO 

Waaren  aue  Scbmiedeisen,  etc.,  ganz  grobe,  rohe   ...  «  2,151,900 

Nicht  besondere  genannte  nibereitele,  chemieehe  Httlftetoffe  „  2,131,050 

^ifen,  gewiUinlichc    «  2,033,520 

Papier,  mehrfarbige« ;  Tapeten,  Etiquetten,  etc.,  CoaTerts,ete.  «  2 ,0 1  :> ,1) 0 

Fleis^ch,  ftirtcli  geschlachtetes   «  1,U6U,0Ö0 

Bube  cbembche  HulfsütoiTe,  (Gummi,  Harze,  Schwefel,  Tbeer, 

Peeh  etc.)   1,902,724 

Shawle  nnd  SchKrpen  etc.,  ans  Sanmwolle»  Seide,  Wolle.  1,950,690 

Dreehalerarbeiten,  polirt,  bemalt  etc.,  ond  Holieduiitaerden  „  1,947,960 

Cigarren  und  Cigarretten   „  1,945,600 

Feldgewafh^p  etc.,  frische;  Sämereien   „  1,916,551 

Truubeu,  tri«che  und  eingeatampite   „  1,863,591 

M5beL  etc..  pcUrt,  gepolstert,  etc.   »  1,861,150 

Beataudtbeile  von  Tasehenuhren,  Bohwerke   «  1,813,680 

Kaue   1,802,350 

jZaeker  in  Würfeln  und  fein  gepulvert         .....  «  1,776,367 

Wissenschaftliche  Instrumente  und  Apparate   „  1,768,375 

EisenrUhreu,  gezogene,  rohe   1,699,880 

Wirkwaaren,  genSht  and  nngeniht  ans  Baumwolle     .    .  •  1,690,830 

Ainlung,  Dextrin;  StSrkefabrikate  etc   ,  1,688,316 

Handelödüngpr.  aufge.schlosaen   »  1,678,3'J'i 

Heu,  Lnub,  Schilf  Stroh   *  l,6t;8,4S'.t 

Friüche  Fische   ,  1,659.000 

Sehahwaaren  ane  Leder,  grobe   »  1,636,200 

Pack  nnd  LOaebpapier,  gemeines,  Waohe-  und  Theerpapier; 

Druck«  ond  Schreibpapier,  Seidenpapier,  einfarbig  .  »  l,5.s7J20 

Feine  Töpfer waan  n  n  feines  Steingut,  Fayence  u.  Porzellan  „  1,557,940 

Backsteine,  Köhren,  Fliesen,  Platten  etc.,  roh,  feuerfeste  Steine  „  J. 529, 928 

Hupfen   „  1,526,760 

•Glatte,  rober  BanmwolltttU  .    .    ,   «  1,526,000 

Bau-  und  Natzhols,  Fleohtwmden,  roh,  Rebetediea     .    .  „  1,481,250 

Parb.stoffextiakte   ,  1,469,220 

Bettfedern   „  1,420.200 

KleiilungHitilcke  etc.,  aius  Leinen   „  1,408,600 

Zinn  in  Barreu  etc   „  1,389,050 

Bier  nnd  Halseztrakt  in  Flßem   „  1,341,026 

Buchbinder-  und  Cartonnagearbeiten   „  1,336,400 

Wein  in  Fla.schen   ,  1,319,780 

Paraftiti.  Sehwefeläther,  Arsensäure  ete   .  1,315,860 

Baum  wo  Ii  eile  Bänder  und  Posamentirwaaren   „  1,298,400 

Handüchobc,  lederne   „  1,293.200 

EisengnUwaarea,  grobe   ,  1,278,690 

Federtriebahren,  Maukwerke  nnd  fertige  BestAudtheile  .  „  1,270,213 
•Obst,  gedörrt  oder  getrocknet;  eingestampfle  Früchte  znr 

Destillation   «  1,253,810 


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WaarenTerkebr  —    404    —  \Vaart:iivt;rkLhr 

Talg,  Thran»  Degraa  etc.,  Walrat                                        Fr.  1,245,930 

Knpfenohmied-,  Roth-  und  Gelbgießerwtann    ....        «  1,237,540 

Zink,  gewalzt  etc  ,                                           «  1,229,908 

Farberden,  FarbhSlier,  Farbbeeren-,  Aindan«  a.  Wnneln  «te., 

roh                                                                           ,  1,226,408 

Blasen,  Därme,  Käsekb                                                      ,  1,20.3,000^ 

Flachs,  Hanf,  Jäte,  etc.,  roh  etc.                                        „  1,193,265 

FacktQcb  ans  Leinen,  Hanf;  Jnte  etc   1,191,860 

Spielnug   1,181,000 

Denntnrirter  Sprit                                                                     „  l,171,0h<4 

Lebendes  GeHUgel                                                                   ,  1,163,.t60 

Obst,  genießbare  Beeren,  frisch                                            ,  1,12H,304 

NShMide,  Stielteelde,  Goidonnet  eto.    1,061,387 

Portlandoement                                                             ,  1,055,680- 

Seidene  Stickereien  nod  Spitaen                                         p  1,0.55,35a 

üntrarTiirtf-  Hüte                                                                    «  1,049,505 

Grobe  Leinen-  und  Jutegewebe                                                *  1.035,210 

Hulzticbottte,  Stiche,  Phutugraphien,  Gemälde  etc.    ...         «  1,027,660 

Handelsdünger,  etc.,  roh;  AbfallsdiwefeltiXiire    ....  1,007,762 

Wichtigste  Ausfuhrartikel  im  Jahr  1891. 

Ta«cbenuhren  und  BestandtheUe  Fr.  97,40«,  135 

HieTon:  Silberuhren                                                        ,  i<),rus7.7U 

Gol.luhrrn   34,113,685 

Nickoluhrea     ...                                                   ,  14,695,365 

Chrom i^'raphen,  Repetiruhren  etc                              •  1,044,143 

Fertige  Werke  für  Taschenuhren                               ,  2.7'2i.7.W 

Fertige  Gehäuse  tür  Taschenuhren                             ,  l,177,äU7 

BestandtheÜe  nnd  Rohwerke                                .  3.034,095 

Seidengewebe   86,713,913 

Hievon:  Reinseidengewebe                                                *  65.907,993 

HalbMidenfrewebe                                                ,  I5379.0fl& 

Roulclluch                                                           ,  4,382.6.58 

Stickereien  und  Sj.itziMi  allpr  Art                                            ^  79,915,177 

Hievon:  Daumwollene  Ma^-hinen»lickereien                              ,  62,961,643 

KeiteDstich-Stiekereien                         ,  8.864.498 

Stidenstickereipn                                                      „  6.684,477 

Seide  und  Floretseide  gezwirnt;  Nähseide  etc,.  roh      ...      „  50,176.956 

HisTon:  Orgaozine  und  Trame   S7,2&8.047 

Fkmtseide  gsswimt   20,995,202 

Klse   38.613,946 

Edelmetall,  ungearbeitet  oder  gemünzt  ,  37,120,117 

HieTOn:  Silber  in  Münzen                                                  «  29,712,419 

Gold  in  Mfinzon                                                         ,  2,277.2i9 

Baamwol  Ige  webe,  geblcicüte,  bantgewebte,  getärbte,  bedruckte      «  34,66t5,753 

Hieron:  bedruckte   16,905.958 

bnntgewebte   11.929,4^19 

Seidenhander                                                                        .  31,628  10») 

Hievon:  Halbätidenbändcr                                                   ,  26,716,175 

Masehinen  nnd  fertige  Tbeile   20,119,148 

Hievon:  Malierei-  und  landwirUisrhaaiirlie  Maschinen     .   .      ,  3,198.620 

Webstühle  und  Webereimaschinen                              ,  1,964,185 

Banmwollgame,  einfach,  roh  »  16,958,2M6 

Hievon:  ^Tobe   10.619.589 

Condenairte  MUob                                                   .    .      •  14,855,914 


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I 


WaarenTerkdir  —    405    —  Waarenverkehr 

Thcerfarben  Fr.  9,791,451 

Kühe  und  Rinder  ,  9,613,494 

fiaumwüUgewebe,  rohe,  glatte  ...    ^  .....    .      «  8,805,288 

Hievnn:  groiie                                                                    ,  6,251,115 

Wollenes  Kammgarn,  roh   8,086,460 

HHate  and  Fille,  roh«  ,  7,700,639 

Wirkwaaren  all^r  Art   7,278,720 

Baamwollene  Plattstichgowebe,  broohirte,  gemusterte  u,  aammet- 

artige  Gewebe  ,  5,532,383 

&ide  und  Floretseide,  gefärbt   5,466,647 

Fteiaoh,  friwsh  geacUMhtotoa   4,431.2.'>0 

tieide  (Gr^ge)  und  Florotwide,  einfaeh  ,  4,386,937 

^huhwaaras,  feine,  mit  I«edenohle                                     .  4,250,800 

Baumwollgarn,  geiftrbt  ,  4,022.607 

Bijütiterie,  echt                                                                          „  3,515,704 

Tressen  aus  Stroh   3,367,904 

Feine  dtiohwaaren   3,321,746 

BOoher  ,  8,801,168 

Musikwerke   2,992.426 

O^Ht.  genießbare  Beeren,  friaoh   2,883,546 

♦Seiiienabtiille  und  Cocons                                                          „  2,867,885 

Kiudermöbl   2,736,203 

<}otd  nnd  Silber,  gewabt  eto   2,729,496 

Wolle,  ruh,  Abfälle,  Ennatwolle  ;    .      ,  2,537,015 

(jbocolade,  Cacaopulver  ,      ,  2,523,556 

i^hawls  mifl  Schärpen  etc.,  aus  Baumwolle,  Seide,  Wolle     .      ^  2,507,710 

EiastiHche  Gewebe                                                                   «  2,365,145 

Leder  aller  Art  „  2,257,200 

Bretter,  weiolihSlieme   2,189,950 

Alkohol  etc.,  aneh  in  Flaaohen  ,  2,151,127 

Hieven:  Wermuth    .    .'                                                     ,  1,Ü01,985 

Liqueurs                                                                ,  022.?>1H 

■Schmiedeiserae  Waaren  etc.,  gemeine,  roh  etc                           «  2,01i.>,.^->2 

flolcatiofae,  Sobnitte,  Genillde  etc   2,075,069 

Cigarren  nnd  Gigaretten   1,960,934 

Jungvieh,  ungeschaufeit   ,    .      ,  1,800,953 

Wi.llgewebe,  gebleicht,  gefnr'üt,  t)ddrttckt  „  1,860,567 

K  Iridiings^JtiSckp  Ptc,  aus  Seide  etc                                                „  1,852,448 

Faserstulle  zur  Fa|>ieif;ibrikatiuu                                                  „  1,741,812 

FloretMide,  gekfimmt  (Peignee)   1,719,930 

Mehl   1,703,360 

Farbatoffextrakte  •.    .    .  I,nn4,s'22 

Baumwollabfille                                                                      ,  l.4;"'.t.H41 

WisBtin.sohatiiiube  Instrumente  und  ApparaUt                                „  1,47U,321 

Pferde   1,458,025 

ührensteine   1,277,628 

Alumininui                                                                           ,  1,251,096 

Bau-  und  Nutzholz,  roh                                                         ,  1,234,258 

Klpie  und  andere  ILraMntter                                                 .  1,207,4  08 

Butter   1,100,820 


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Waarenverkehr                          —    406    —             Wasserkräfte  der  Sciiweiz. 

Zuckerbäokerwaaren  and  andere  feine  Eeiswaaren    ....      „  1,08:^:^60 

Oduen  uod  Stkro  „  1,007,490 

Barnn Wollgarne,  geswirnt,  fob,  «.  geblttoht,  einläoh  n.  gaswiint     «  988,1 95 

Wollgewebe,  roh                                                              ,  951,320 

BreTinholz  nnd  Holzkohlen   944,711 

Hüte,  garairt   90(;,466 

Asphalt  ,  903,602 

Hute,  uogarnirt  ,  901,667 

Uhrecmaoberwerkaenr   893,094 

Wein   884,4  71 

Lumpen    ,   ,  872,878 

Uuincaillene  und  gemeine  Kurzwaareo                                      „  832, 580 

fiaumwoUene  Bänder  und  Fosamentirwaaren   822,200 

Holsaohnitnreieii  nnd  Dreohslerarbeiten   811,832 

Seide  und  Floretaeide  euf  Spohka  eto  «  774,034 

Alcaloide                                                                                .  761,4  38 

TreibriemeD  und  Kratzen                                                     h  Hsl*.:*!  l 

Bier  ,  „  6.">«>,97.'> 

Leim  und  Gelatine  ,  656,749 

Sehmiedeiaerne  Waaren  ete.,  feine,  polirte,  verniidcelte,  emaal' 

Ufte  eto.   630,140 

Drurl<-  und  Schreibpapier  eto.,  einfarbige  ,  «126,228 

Leincnguwcbe,  feine                                                                   ,  ö4 1,286 

Wollgarne  auf  Spuhlen  etc.,  gefärbt   52'.»,  195 

Kupfer-  nnd  Ueasingbnieh                                                „  504,800- 


Wasserkräfte  der  Schweiz.  Mittelst  folgender  Eingabe  vom  FrUbjuiir 
1891  hat  die  SohweistriMhe  Gteelboball  »Fm-Lend«  bei  den  Bnedeabeharden 
die  Monopoliairnog  der  Waaaerkr&fte  angeregt: 

1)  Wir  erwarten  eine  gründliche  Besserung  der  sozialen  Mißstfinde,  ein  .dlm^iges 
Verschwinden  der  wirlhschafllichen  Krisen,  und  eine  gerechlere  Yerüieiiuug  des  Nutzens 
aus  der  Produktion  nur  von  der  UeberfQhnm|r  der  Naturkräfle  aus  dem  Privatbesitz 
in  das  Rigentbumsrecht  der  Volksgemeinschaft.  Wenn  nun  die  Ueberfflhrung  der  Rente 
von  Grund  und  Boden  aus  den  Händen  der  kleinen  Zahl  von  wirklichen  Privat- 
Grundeigenthamem  und  der  Hypothekatgiinbiger  an  dva  Staat  ans  naheliege rulen 
Gründen  noch  in  weiter  Ferne  liegen  mn^,  so  müssen  wir  um  so  melir  die  Durch- 
führung unserer  Prinzipien  bei  jenen  natürlichen  ProdukÜontitkktoren  anstreben,  die 
jetzt  noch  ungescbinrilertcs  Ri^enthuiu  des  gesauunten  Schweizervolkes  sind,  utul  biezu 
gehören  in  erbtet  Linie  die  Wasserkräfte  «oweit  dieselben  nicht  jetzt  schon  darch 
Konzessionen  an  Privat-Unteraehiner  übergegangen  sind. 

1)  Diese  Wasserbtfte,  welche  nach  einer  Statistik  lies  Herrn  Hob.  Lanterburg  in 
Bern  viele  Millionen  von  Pferdekräften  darstellen,  hahen  infol^'e  der  neuesten  tech- 
nischen Fürtsthriite  auf  dem  Gebiete  der  Kraftübertragung  jniltels  Elektrizität  und 
Druckluft  eine  Tür  die  wirthschaftliche  Entwicklang  der  Schweiz  hochwichtige  Bedeutung 
erhalten  Die  Narhricht.  daß  an  der  elektrischen  Ausstellung'  in  Frankfurt  a.  Main  die 
Triebkraft  tür  die  ausgestellten  Maschinen  von  einer  185  Kilometer  weit  entfernten  Ort- 
sehafl  im  Neckarthale.  —  auf  eine  Entfernung  gleich  derjenigen  von  Andermatt  nach 
Basel  elektri«?ch  gleitet  werden  soll,  daß  es  ferner  in  Oerlikon  gelungen  ist,  mitte!« 
bochgespannter  Kruftströme  die  motorische  Kraft  des  fallenden  Wassers  ohne  namhaften 
Verlust  auf  größere  Distanzen  zum  Betrieb  von  Maschinen-  und  Beleuchlungszwedten 
zu  beniitzen.  endlich  die  gelungene  KraflQbertragung  und  Kraftvertheilung  durch  Druck- 
luft in  Paris  —  alle  diese  Thalsaclien  müssen  jedem  denkenden  Menschen  die  hohe 
Bedeutung  der  sdiweizerischen  Wasserkräfte  klar  madien. 

Bislang  w.ir  unser  Land  arm  an  Mineralschätzcn ;  wir  besitzen  kein  ausbeutungs- 
fähiges Lager  an  Steinkulden.  Wir  sind  darauf  an^^ewiesen,  die  motorische  Kraft  zum 
B^ebe  der  SisenbahnMi.  Eriken  mit  Ihenram  Oelde  Tom  Ansland  za  beziehen. 


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WuKrkr&fle  der  Schweis 


—    407  — 


Wasserkrilie  der  Schweiz 


Erreichte  doch  die  EHnfohr  von  SteinkohleD  im  Jahre  188i)  die  äumme  voa  28  MillioneQ 
Franken.  Aber  anch  abfewh«i  von  dieiMni  enormen  Tribut,  den  unsere  Industrie  und 

unsere  VerkehiaaüDStalten  jährlich  an  das  Ausland  entrichten  müssen,  sind  wir  durch 
diesen  Umstand  in  ehie  abbftxiKige  Stellung  zum  Ausland  gerathen.  Störungen  des  inter- 
nationaieo  Verkehrs,  Strikes  von  Orabenarbnteni,  Ausbruch  von  Krieg,  Termfigen  sogar 
unsere  Dampfmaschinen  und  damit  Verkehr  und  Industrie  zum  StillsUind  zu  bringen. 

Mit  einem  Schlage  üfi'uet  sielt  nun  die  Aussicht  auf  einen  noch  gant  unübersehbaren 
Zuwachs  unseres  Naiionalreichthums  in  der  Nulzbarmaebung  der  immensen  Wasserkräfte 
und  damit  eine  gänzliche  Verschiehunp  der  Bedinpunpen  zur  pfsammtcn  wirth  -hatl- 
lichen  Produktion  zu  Gunsten  der  von  allen  Seiten  durcb  »ciiwerc  ZoUschranketi  ge- 
hemmten und  bedrohten  Schweiz.  Wenn  es  wahr  wird,  daß  die  nie  versiegende  gewaltige 
Kraft  unserer  AlpenstrAme  durch  Turbinen  gefesselt,  mittels  Dynamo-Maschinen  in 
Elektrizität  umgewandelt  und  Ibr^eleitet  und  an  einem  entfernten  Ort  zum  Beirieh  von 
Fabriken,  ja  selbst  von  Lokomotiven  verwendet  werden  kann,  wenn  es  thatsSchlich 
mOglicli  ist,  7..  B.  die  Wasserkräfte  der  Reuß  von  AnHprmatt  bis  Fhlolen  in  den  industrie- 
reichen  Städten  der  schweizerischen  Huchebene,  n.ich  Z('iri<'h  und  Basel,  zu  leiten  und 
daselbst  technisch  sn  verwerthen,  dann  gehört  ja  unser  Land  plot^liidi  su  den  reichsten 
der  Erde.  Dann  werden  die  ungezählten  Stromschnellen  und  Abstürze  unserer  Qebirgs- 
flösse,  die  stillen  Alpenseen,  die  bis  jct^t  nur  das  Auge  des  staunenden  Wanderers  zu 
entzflcken  vermochten,  zu  eben  so  vielen  Quellen  unseres  Nationalreichtlmm.«  Wir 
sehen  die  Zeit  kommen,  da  ilie  elektri'='  h'-n  Krafileitungen  unr^eren  Erdlmden  durch- 
ziehen werden,  wie  jetzt  die  Telegraphendrahte  die  Luit,  die  üas-  und  Wasserleitungen 
den  Untergrund  der  Städte,  da  jedem  Handwerker,  Gewerbtreibenden  und  Fabrikanten 
die  Mßgliciikeit  geboten  ist,  mittels  Druck  auf  den  clektri-:'-h>>n  Knopf  die  ihm  noth- 
wendige  und  nützliche  Kralllei^tuuij  zu  erhalten.  Lallen  zu  heben,  Maschinen  in  Be- 
wegung zu  setzen,  Vehikel  mit  elektromotorischer  Triebkraft  zu  versehen  u.  s.  w. ; 
denn  noch  ganz  unübersehbar  mu\  die  Fortschritte  und  Umwälzungen  auf  dem  Gebiete 
der  Industrie,  besonders  der  Metuliurgie.  welche  durch  die  elektrischen  Kraftströme 
herbeigeführt  werden,  sofern  dieseibrat  fiberail  «riine  grofie  Kosten  xur  Verwendung 
kommen  können. 

3)  Allein  dieses  schöne  Zukunftsbild  droht  verdüstert  zu  werden.  Angesichts  der 
entfesselten  Privatspekulation,  welche  sich  infolge  dieser  neuesten  Wendung  der  Dinge 

auf  die  .\usbeutung  der  Wasserkräfte  wirft,  i?5t  für  jeden  vvaliren  Patrioten  die  Frage 
wohlberechtigt,  ob  dieser  neueste  Fortschrill  deä  meuachlichen  Erfinduugsgeistes  dazu 
dienen  wird,  das  ganze  Schweizervolk  zu  beglücken  oder  ob  derselbe  auch  nur  —  wie 
die  Erfindung  der  Dampfmaschine,  der  Eisenbahnen  —  bewirken  wird,  dafi  nur  wenige 
auf  Kosten  des  ganzen  Volkes  reich  werden  ? 

Es  ist  sicherlich  die  höchste  Zeit,  daß  die  kantonalen  und  eidgenössischen  Vertreter 
und  Führer  des  Volkes  jetzt  schon  mit  aller  Energie  zu  verhüten  suchen,  daß  der  Reich- 
thum, der  in  den  Wasserkräften  hegt,  in  die  Hände  ge\\ innsHchtiper  FrivaLspekulation, 
an  das  tributheischende  Großkapital,  an  die  Hi'M-se  veräußert  werde,  mul  alles  aul'ideten, 
daß  dieser  Heichthum  dem  {ranzen  Volke  für  alle  Zukunft  erhalten  bleibt.  Wohin  in 
solchen  Dingen,  das  „Laisser  taire  et  laisser  aller*  führt,  hat  das  Schweizervolk  ia  den 
letzten  vierzig  Jahren  genügend  erfahren.  Es  giebt  heute  wohl  keinen  einzifen  Staatsmann 
und  Patrioten,  der  ni'h'  einsähe,  daß  es  ein  pewaltiper  Fehler  war,  a!?  man  den  Rau 
und  Betrieh  der  Eisenbatmen  der  Frivalapekulatiun  überlassen  hat.  Die  ungezählten 
Millionen,  welche  un?  diese  Erfahrung  gekostet  hat,  sollten  uns  nun  auch  davor  be* 
wahren,  bei  der  Nutzbarmachung  der  Wasserkr.Tfle  in  den  gleichen  Fehler  zu  verfallen. 

4)  Im  Verzuge  hegt  Gefahr.  Fast  in  jeder  Zeituagsnummer  erhalten  wir  Kennlniß 
>on  neuen  Gesuchen  um  Konzessionirung  ton  Wasserkräften,  mit  wddien  einzelne 

Private  und  Aktiengesellschaften  bei  den  Kantonsi  epierunpen  und  Gemeinden  einkoinmen. 
Mögen  auch  als  Gründer  solcher  AktiengesellschaHten  unsere  eigenen  Liandsleute  sich 
nennen,  sieher  ist  daß  hinter  denselben  milchtige  Kapitalgeselkehaften  des  Auslandes 
stehen,  die  den  Aupenblick  kaum  erwarten  mögen,  Ids  sie  ihre  luächtipe  HatuI  auch 
Aber  diesen  Landesreichthum  geschlagen  haben.  Ljeider  sind  nun  die  kantonalen  Gesetze 
aber  das  Wasserregal  sehr  mangelhaft.  Fast  flberall  sind  die  Wasserkräfte  herrenloses 
Gut,  jeder  Kanton  resp.  jede  Gemeinde  schaltet  und  waltet  dan'dier.  wie  es  ihnen  gut 
scheint,  die  Konzessionen  werden  gegen  einige  schützende  Vorschriften  nach  den  Wasser- 
baupolizeigesetzen und  gegen  ein  Linsengeneht  «ner  jährUchen  Konzessionsgebfihr,  in 
oinipen  Kantonen  so^rar  unentgeltlich  losgeschlagen ;  und  so  pr  ht  Stock  um  Stück 
unserer  schweizerischen  Wassergefälle  auf  ewige  Zeiten  ~  nur  wenige  Kantone  haben 
die  Konxession  auf  eine  bestimmte  Zeit  beschränkt  (Aaigau  auf  90  Jahre)  —  in  die 


Wasserkräile  der  Schweiz 


—    408  — 


WftaserkrHtle  der  Schweiz 


Hftnd«  der  Privatepeknlttion  tlber.  Und  wenn  einma]  die  Zett  kommt,  da  das  grase 

Vnlk  iiii>i>-  n.'scticr.k  ziiirick vi  rli^ngl,  dann  wcriien  i]ip  Inhal)eV  von  , verl)rieflen  uDii 
wohlefwori>t)Qeu  Hecliten'  äprechea  and  sich  aur  liegen  große  Sununeo  dieselben  ab- 
kaofett  lassen. 

Welches  ist  nun  die  Folge,  wenn  unst  re  kantonalen  nnd  eidgenössischen  BahÖrden 
diesem  .Verschachern*  unseres  Nationalreichthums  müßig  zii5?chauen  V  Es  ist  dies  wohl 
nicht  schwer  voraus  zu  sagen,  wir  haben  die  bitteren  Erialiruiigen  eines  solchen  Geheu- 
tassens  im  Eisenbahnwesen  vor  Augen.  Vorerst  wird  die  Ausbeutung  der  Gefälle  eine 
durchaus  irrationelle  sein ;  statt  einheitlicher  Anlagen  nach  wohldurchdachtem  Plane 
nichts  als  eine  verkömmerte  Zerbröckelung  der  Gefalle.  Aber  dies  ist  ja  nur  ein  unter- 
geordneter Nachlheil  der  Privaten  Ausbeutung  der  Wasserkräfte.  Der  Hauptschaden 
trifit  das  ganze  gewerbetreibende,  produzirende  Volk,  das  fQr  jede  Kraftleistong,  für 
jede  elektrische  Giahlarope  jenen  Privatbesitzern  der  Wasserrechte  eine  Steuer  bezahlen 
muß.  Die  reirhcn  Kapitalisten  sichern  ^ich  den  Besitz  der  Aktien  und  erbeben  von  der 
Arbeit  einen  Tribut,  warmuV  weil  sie  ja  Aktionäre  sind,  und  weil  ^  im  Jahre  1891 
noeh  keine  Gesetze  gab,  welche  die  Verschacberung  der  Wasserkräfte  an  Private  und 
Aktient^esellschaflen  vorliinderten.  Sollte  der  g^roGarti^fc  technische  Fort.schritt  auf  ilem 
Gebiete  der  elektrischen  Kraftübertragung  nur  nach  dieser  Richtung  ausgebeutet  werden, 
dann  wftre  der  Gewinn  des  Schweiservolkes  an  demselben  ein  ganz  minimer,  ja  geradem 
ein  illusorischer  :  der  Unterscliied  pe^en  jetzt  wäre  etwa  der,  daß  der  nc\verbetrciben<le 
per  Fferdekrafl,  welche  er  iu  seiner  Fabrik  oder  VVerkstfttte  ben&tzt.  eine  Kleinigkeit 
weniger  bezahlen  mflfite,  als  jebct  bei  Dampfbetrieb,  nnd  dafi  die  gewaltigen  SaranoAn. 
welche  wir  heute  für  Sleinkuhkii  in's  Ausland  Schicken,  am  Ende  des  Jahres  nur  in 
Form  von  Akliendividendcn  nach  Berlin.  Frankfurt,  Paris  und  London  abflössen. 

Von  Vergrößerung  des  Nationalreichdiums,  Förderung  der  Prodnktion,  Erleidbtemi^ 
der  Konkurrenz  unserer  Industrie  auf  dem  Weltmarkte  ehenso  wonig  eine  Spur,  ils 
von  einer  allgemeinen  Besserung  unserer  wirlhscbaiUicben  und  sozialen  Zostände.  Sollte 
es  darum  gesdieben,  daß  unsere  obersten  Behörden  den  'gflnstigen  Augenblick  verpassen 
und  der  privaten  Ausbeutung  der  Was^rkraftr  ni  iit  ii^n  Riegel  stecken,  dann  wHre 
uns  b&M>er,  daii  die  tosenden  Wasserfalle  noch  weiter  uugefeaselt  am  Felsabhang  zer- 
stäubten und  die  reifiendoi  Bergströme  ungehemmt  Ton  Felsblock  zu  Felsblock  sprängen. 

5)  Aber  muß  es  denn  h>  sein,  daß  die  Gesetzgebung  hinter  dem  technischen  und 
sozialen  Fortschritt  um  Jahrzehnte  zurückbleibt?  l.st  es  denn  nicht  m&giich,  die  kantonalen 
und  eidgenössischen  Grundgesetze  derart  umzugestalten,  daß  die  Fortschritte  der  Wissen- 
schaft und  der  Technik  zu  Nutz  und  Frommen  des  ganzen  Volkes  ausgebeutet  werden 
können?  Wir  glauben  ja  und  haben  den  Beweis  vor  Augen.  Es  giebt  in  der  Schweiz 
eine  Anzahl  von  Gemeinwesen,  wie  Genf,  Bern,  Luzern,  Brugg,  u.  a.  0 ,  welche  die 
Wasserkräfte  in  ihrer  Gemarkung  selbst  ausbeuten  und  die  motorische  Kraft  an  Private 
zum  Zwecke  des  Machinenbetriebs  der  Beleuchtung  u.  s.  w  gegen  einen  Pachtzins  ah» 
tfaten.  Aus  dem  Reinertrag  dieser  stSdlbchen  Unternehmung  deckt  Genf  heute  schon 
einen  Tht  il  t^einei^  Staatshaushaltes.'  In  gleich  rühmlicher  Weise  ist  der  Kanton  St.  Gallen 
—  wenigstens  im  Prinzip  —  vorgegangen,  indem  er  in  §  18  seiner  neuen  Verfassung 
besüromt : 

.Dcui  Staate  steht  das  Hoheitsrecht  über  die  Gewässer  zu.  Die  Benutzung  derselben 
«doli  auf  dem  W«^e  <ier  Gesetzgebung  geregelt  und  gefördert  werden.  Uiebei  kann  die 
«elektrisdie  Weiterleitung  von  Wasserkrllflen  als  Staatssache  erkiftrt  werden.  Die  Vor^ 
«schritten  des  Bundes  sowie  allfällitre  Privatrechte  bleiben  vorbehalten.' 

Auf  dem  Wege  von  kantonalen  Verfossungsrerisionen  und  GemeindebeschlQasen 
kommen  wir  aber  nie  zum  angestrebten  Ziele  einer  rationellen  Verwerthany  der  Waaser 
kräfte  im  Interesse  des  gesammtcn  Volke-.  F/mrnal  würden  darüber  Jahrzehnte  verloren 
geben.  Sodann  ist  eine  nach  Kantonen  oder  Gemeinden  zor:itückeUe  Gewinnung  det 
Wasserkrftfte  ein  Unding.  Niebt  allein,  daß  die  Kanton^^nzen  der  rationellen  Wasser- 
werkanlage hindernd  in  den  We^^  irelen  -  wir  erinnern  nur  m  den  Fall  'Aür.rh- 
Aurgau  belretTend  Wasserkräfte  der  Limmat  —  auch  die  elektrische  KiaflQbertraguog 
wird  und  muß  eine  interkantonale  sein  und  daher  durch  den  Bund  geordnet  werden, 
^V('IllI  die  Leitung  durcfi  \  cr^r hiedene  Gemeinden  und  Kantone  nichl  unliogrenzten 
Schwierigkeiten  begegnen  und  zu  endlosen  Streitigkeiten  führen  soll.  Au^:  all  di^eo 
Schwieri|H^eiten  heraus  hilft  uns  nur  das  Bundesmonopol.  FQr  dasselbe  spredhen  noeb 
weitere  l'mstiinde  :  Lnnt  Bun«lesvcrfassung  hat  die  Eid;^cnü--eii<('!iart  die  rflicht.  den 
Kantonen  in  der  Verbauung  von  Wildwussern  und  in  der  Entsumpfung  von  Landes- 
strecken  zu  helfen,  und  es  hat  der  Bund  zu  <ticsen  Zwecken  seit  18w  Qb^  40  Millioiien 
Franken  verausgabt.  Sollte  es  nun  dem  Bnnde  nicht  auch  zustehen,  die  Wasserkrftfte 


Wuäseriü-äfle  der  Schweiz 


—  409 


Zündtiökchea 


■All  sif-b  zu  zieheu  und  zum  \S  uiil  und  Nutzen  de>  gatuen  Volkes  zu  exploitireo  i  — 
Ferner  hält  matt  in  Fachkreisen  die  Verwendung  von  Akkumulatoren  zum  Betrieb  voa 
Lokomotiven  nur  noch  für  eine  Frage  der  Zeit.  Wenn  nun  der  Bund  den  Betrieb  der 
Eisenbahnen  abemimmt,  soH  er  denn  nictiL  auch  gleichzeitig  dafür  tturgeu,  dui»  er  die 
dun  Döthige  Betriobskraft  niebt  tpftlar  einn^l  von  (ler  PüTOttpukiilatinn  um  Uwuns 
Geld  zurückkaufen  muß. 

Auä  allen  diesen  Gründen  treten  wir  mit  der  Bitte  an  Sie,  Sie  möchten  bei  Anlaß 
■der  Revinon  der  Bnndemiiiuniiiig  fiilgendai  Artikel  ■■fhehmen  t 

.Sammtliche  noch  unbenutzte  Wasserkräfte  der  Schweiz  sind  Eigenthum  des  Bundes. 
»Die  Gewinnung  und  Ausbeatuag  derselben,  sowie  deren  Fortleitong  duivh  Elektrizität» 
, Druckluft  tt.  s.  w.  nnd  Bundeasaefae.  Ueber  die  OarcbfQhnmg  dieses  Moiiopoi&  sowie 
.über  die  VertlieUung  des  Reijwrtmge  aus  demselben  wird  eiD  Bnndeagaeetz  das  IfOth%e 

^bestimmen*. 

In  Folge  dieser  Petition  hat  das  eidg.  Departement  des  Innern  dm  Kauiuus- 
i'egierungen  um  ihn  AoaiiAten  and  um  Angaben  betreffend  die  bisherige  Ver- 
wendung der  \\'a>scrkrKfte  angefragt.  Die  Antworten  sind  in  Ifoneat  der 
Druoklflgang  dieses  Bogens  nurh  nicht  bekannt. 

(Statistik  der  Wasserkräfte  Seite  410. 

WengernalpliakB.  Coneedirt  am  37.  Jnni  1090.  Noch  im  Bau  beftndliok. 

(November  1892).  Projektirte  Länge  18,251  Meter.  Spurweite  60  obl  Zahn- 
radbahn. MaximalstMgong  250  7oo.  (November  1892). 

Yverdon«$te*Cniix*Bahn.  üonoedirt  am  27.  Juni  1888  Projektirte 
Lingtt  21,270  Meter.  Sparweite  1  Meter.  Noch  im  Bmi  befindlioh.  (Nov.  1892). 

ZSlIe«  Da  im  Moment  der  Drucklegung  dieses  Bogens  sowohl  das  Handels- 

abkommen  mit  Frankreich  als  auch  die  Revision  des  Zollgesetzes  von  1851 
pundent  sind,  wird  d^  n  tit.  Abonnenten  dieses  Werkes  vermatJüioh  ein  Extra' 

x^achtrag  über  die^e  Materie  zugeben. 

Zug-Walchwyl-Goldau-Bahn.  Conc>dirt  am  23.  .Tnni  1869.  Projektirte 
Länge  15,f30n  Metiu.  Spurweite  l,4ss  Meter.  Adbäsioa^ib&ha.  Lokomotivbetrieb. 
2^och  im  Biiu  Ijetindlich.    (November  1892). 

Zucker.  Zum  Zwecke  der  Fiibnkutiun  von  Kohzucker,  rathnirtem  und 
anderem  Zuoker«  konstituirte  sich  im  Dezember  1891  eine  Aktiengesellschaft  mit 
^it*  in  Montbey  (Wallis)  nnd  einem  Kapital  von  1  Million  Pranken. 

Zündhüizchcn.  In  Frankreich,  wo  die  Zündholzfabrikation  ein  Monopol 
deh  Staates  ist,  hat  man  berechnet,  daß  jede  Ter-ion  im  Durchschnitt  täglich 
T)  Zttndhölcohen  branobt.  Aaf  die  BevSlkwungszahl  der  Schwei«  angewendet, 
würde  die^  einen  Jahresbedarf  von  rnnd  6  Milliarden  Stück,  oder  per  Tag 
l.'j  Millionen  Stück  ergeben.  Weitaus  der  größte  Theil  die.ser  ansehnlichen 
Uuantität,  du-  dem  (iew'u  hrn  von  ptwa  200  s^rol.'en  Känmen  entspricht,  wird  in 
der  Schweiz  selbst  tabrizirt.  Obige  Berechnung  stimmt  nämlich  annähernd  mit 
der  Geaamuitproduktion  der  schweizerisohen  Ziindholzfabriken  ttberetn,  die  auf 
etwa  119,500  Kisten  s«  50,000  Hölxchen  gerechnet  wird.  Der  Engros* 
wertli  dieser  Jahresproduktion  bel.iuft  sich  auf  ca.  sOO,000  Fr.,  der  Worth  im 
Detnilverkauf  auf  1 — 1 '/»  Millionen  Fr.  Der  Jahresverbrauch  wird  von  den 
i'abrikinspcktoren  auf  20,895  Kisten  phosphorfreic  nnd  101,<)Hi  (xelbphosphor- 
höizchen  berechnet.  Die  Einfuhr  beträgt  durchschnittlich  940  die  Ausfuhr  5()9  q, 
somit  die  Hehr-Btnfabr  431  q  oder  3448  Kisten  per  J^r.  Im  Jahre  1886 
standen  28  Zttndboltfabriken  im  Betrieh,  welohe  dnrchsohmttlich  650  Arbeiter 
beschäftigen ;  im  Jshre  1888  waren  nur  noch  24  GesohSfite  mit  300—400  Arbeitern 


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Wasserkräfte  der  Schweiz 


—    410  — 


Wasserkräfle  <ler  Scliweij. 


Statistik  (Abdruck  aus  der  „Zeitschrift  tür  schweizerische  Statistik*^ 

(Jhrg.  1891),  Aonuy  aiiN  dner  von  Bob.  Laoterbnrg,  (ngenienr  in  Bern,  Ter^ 

üdktti  großen  Arbeit  ttber  die  WtMorkxSfte  der  Sobweis). 

Allgemeine  Bemerkung.  Wegen  der  Komplikation  tler  bald  nur  einseitigen, 
bald  doppelseitigen  Angrenzuag  der  Kaotooe  an  die  Stromläufe  und  der  l&ngs  der  aus- 
Iftndfsefaen  Grenze  nnr  tbeilweimi  Verfd^arkeil  der  temeinfldteftUdMn  nofimaeennenge 
koniif  r  n  die  hier  ausgesetzten  sonuuarischen  Waasemftfle  nnr  mit  anaSbernder  Genatiig- 
keil  berechnet  werden. 


Kantone 

Ungefähre 
IfnfttMtltraft 

Bemerkungen 

1    1.  Zürioh  .... 

30496,1 

5,27 

« 

2.  Bern  .... 
1    d.  Lnsun »    .    .  • 

73926,16 
8020,35 

12,68 
1,37 

OnwMs  StCMSgeM««,  mittel^ M«  Wm« 

1    4.  Üri.  ... 

5.  Schwyz     .    .  . 

23128 

4667,7 

3,97 

0,80 

Kleines  Areal,  ziendich  gro«s«  WMser- 
nugsB^n^  durchwegs  stArkc  QfrfUH#». 

6.  üUwalden  . 

2336.5 

0,40 

7.  !Nidwaldeo     .  . 

3288 

0,56 

8.  Glamg  .... 

11078,5 

1,90 

Wto  bei  Uri. 

9.  Zag  

1582 

0,26 

Vw  dia  Loiw  la  Bctiacfat  ^nogtn. 

10.  Freiboif  .    .  . 

11.  Solotbnm  .    .  . 

12861,2 

15016,95 

2,21 

2,58 

UrolirntheiU  ti«feinK>  iiclir.ittptif  (iuda- 
strit^ll  uDxugäDgUcliej  Flattlftafe. 

^<tarko  WaMomMm,  «her  kWiM  G«- 

fnUe. 

12.  BaHel-Stadt     .  . 

4671,2 

0,80 

wie  obcu. 

K^.  Basel- Land 

4GU9,2 

0.79 

W'if  oben. 

14.  Schaff haoaen  .  . 

14401,6 

2,47 

Wl*  olMB  und  itarkM  Uefill(Bli«iBCftll  i  ' 
M«itt  iii>iwigtogM<J»e  StromitnekeB.  g 

15.  Appeniell  A.-Bb. 

757,7 

0,13 

16.  Appeniell  L-Bb.  . 

462,6 

0,08 

17.  St.  Gallen  .    .  . 

18057,8 

3,1 

18.  G-raabttnden   .  . 

125138,1 

21,46 

QttmM  BtnmvMn*     stiito  e<Aiie 

19.  AariEjan      .  ^ 

68625,8 

11,78 

SaBBMiatallt  ▼on  Aui^  X*aw,  Ltounat 
und  Bh«lB. 

20.  Thiirgau    ,    .  . 

1 1123.3 

1.90 

21.  Tenin  .  \    .  , 

28b25,d 

4,85 

ätorke  Gefätle,  mittvlaroti«  Wauar- 

22.  Waadt  .... 

14944,9 

3,34 

2a.  Wallis  .... 
24.  Nenenbnrg     .  . 

87368,5 
3044 

16 

0,51 

Cro.otes  StroingtbMt  dad  meist  atMiie 

(tefalle. 

25.  Genf  .... 

I44ii:'.,i 

2,43 

KlclaM  Mroeiffelifot  «bar  pom  WMwr« 

Total  HP 

682,834,26 

100,— 

üiüitiztediay  Google 


ZaadhAlseheo 


—    411  — . 


Zfindhöiachett 


im  Ganpe.  Sic  vertheilen  («ich  auf  verschiedene  Kantone.  Ihre  größte  Konzentration 
hat  die  ludustriü  im  beruischeu  Frueigtbal,  wo  die  Schachtelnfabrikation  allein 
1100 — 1200  Fentonen  beschäftigt.  Der  Lohn  ist  äußerst  karg  nnd  der  Aufeotkalt 
in  d«i  Fabriken  im  hVohatMi  Grade  geanndkeitnehldlicli.  Eine  mit  der  Fabrikation 
von  gewöhnlichen  PhoRphormlindhökchen  verbundene  Krankheit  ist  die  bekannte 
Phosphoriiarkciöf,  weh^he  eine  Folge  der  Phosphorverdnnstnng  ist.  Vor  mohreren 
Jahrzeliiiten  Hchou  erließen  verschiedene  Kantone,  namentlich  Zürich  nnd  Bern, 
eine  Reihe  von  gewerbe-  und  sanitätspolizeiiicher  Vorschriften  tUr  die  ZUndhols- 
fabrikation,  nm  deren  verderbliehen  Einfloß  anf  die  Gesundheit  der  damit 
beachKfligten  Arbeiter  vomnbengen.  Sogar  von  der  nitohstbetheiligten  BevSl- 
kemng  selbst  erging  der  Ruf  nach  amtlicher  üeberwachung  dieser  Fabrikation, 
80  von  einer  Anitsversaranilmip  in  Frutigen  im  Jahre  I8fi2.  Die  bedenklichen 
Zustände  in  lien  betreffenden  (iegenden  erregten  schließlich  m  Allgemeines  Auf- 
sehen, daß  von  Hundeswegen  eingeschritten  and  durch  Gcüetz  vom  23.  Dez.  löTd 
die  Yerwendnng  des  gewt^hnliehen  (weißen  oder  gelben)  Phosphors  aar  fientelinng 
der  Zündhölzer  gänzlich  Terboten  wnxde«  Sanitarlech  war  diese  Maßregel  nn- 
sweifelhaft  das  Richtigste,  Qkonomiseli  aber  yernrnachte  sie  einen  waliren  Knäuel 
von  Soihwierigkeiten ,  der  so  verwickelt  ward,  daß  er  schon  im  Jahre  1S>?2, 
nach  kaum  einjähriger  Wirksamkeit  deH  Ge^ctzey,  gleich  dem  gordisehcn  Knoten 
durchhauen,  d.  h.  durch  plötzliche  Aufhebung  des  Verbotes  gelöst  werden  mußte. 
ZnnSehflt  hatten  sieh  dnrch  daa  letxtere  die  YorrStbe  von  PhospborfaOlsQben  ent> 
werthet ;  dann  entstand  ein  endloses  Pröbeln  mit  Rezepten  zur  Erstellung  phoephor- 
freier  Hölzchen,  naeli  schwcdiwcher  Art  sowohl,  als  zum  Entzünden  an  beliebiger 
Reibüäcbe*,  diese  neue  Fabrikation  erforderte  mehr  oder  weniger  kostspieliije  neue 
Einrichtungen,  und  doch  erwiesen  sich  die  meisten  neuen  Hölzchen  aU  unzweck- 
mXfiig,  sei  es,  daß  sie  sieh  in  schwer  entzündeten  oder  aber  zu  leicht,  so  daß- 
sicb  die  Zeitungen  bald  mit  Beriehten  Uber  leiehte  nnd  «diwere  Verwundungen 
dur<dl  Explosionen  zu  füllen  begannen  und  in  der  Westschweiz  der  Spottname 
^Allnmettes  federale.s''  entstand.  Dazu  trat  eine  bedeutende  Kinsehmugt,'i"Inng 
fremder  Phosphorzüudhölzehen  und  geheimer  Verschleiß  derselben  im  Innern, 
begünstigt  durch  die  Vorliebe  des  Publikums  für  diese  alten,  vertrauten  Feuer- 
tspender  an  Stelle  der  onheimliohen  und  zudem  etwas  theueren,  explodirenden 
Keulinge.  An  die  Stelle  dee  Phosphorrerbota  setate  das  berührte  Bnudesgesets. 
vom  22.  Juni  1882  die  Befugniß  de»  Bundesrathes,  von  sich  aus  alle  Maßregeln 
7.n  treffen,  welche  er  f(ir  die  Fabrikation,  den  Transport  nnd  Verkauf  der  Ziind- 
hölzchen  für  nöthig  erachte.  Mit  Reglement  vom  17.  Oktober  18iS2  «teilte  der 
Bnndesrath  dann  auch  bezügliche  Vorschriften  auf,  die  im  Wesentlichen  die  Ein- 
sehrlDkung  gewisser  Kanipulationen,  speaelle  sanilftre  Binriohtun;;en  ete.  betrafen. 
Die  abennals  entstandene  Schädigung  der  Fabrikanten  durch  Entwerthung  der 
Vorräthe  an  neuen  Hölzchen  etc.  hatte  zu  erfolglosen  Entschädigungsforderungen 
an  den  Bund  geführt.  Bald  nahm  die  Fabrikation  im  Großen  und  Ganzen 
wieder  ihr  altes  Gepräge  an.  Verschiedene  Fabrikanten  hatten  sich  jedoch  auf 
die  Erstellong  von  ZtUidhölzchen  nach  schwedischer  Art  mit  besonderer  Reib- 
flSehe  geworfen  und  in  Brugg  entstand  selbst  ein  größeres  Etablissement 
dieser  Art 

Um  der  fortwiihrenden  Preisunterbietung  der  inländischen  Zündholzfabrikanten 
durch  Auf>tH!lnng  von  Minimal  preisen  und  gemeinsame  Produktionsbe-schränkungen 
entgegenzuwirken,  vereinigten  sich  die  bedeutendsten  Fabrikanten  des  FrutigthaU 
im  Jahre  1886  an  einem  »Znudwaaren^Comptoir'*.  Den  ▼ereinbarten  Ereisen 
schlössen  sidi  sämmtliehe  Fabrikanten  der  Sehweis  an,  indem  sie  sieb  verpflichteten^ 


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ZandhAlzftlieii 


—    412  — 


ZOrkli 


Hiebt  nntor  denielben  ta  verkanfea.    Der  nun  in  Soone  gMetste  FreiMQfwblag 

wurde  von  den  Konsumenten  ohne  Murren  ertragen^  weil  die  bessere  Qmlittt 

der  Hölzchen  Ersatz  bot.  Die  llauptproduzeuten  von  Frutigen  gingen  unter 
»«ich  die  Verpditthtung  ein,  wücheatUoh  nicht  mehr  aU  ein  gewisses  Quantam  zu 

labn/.iren. 

Dieser  kräftigen  SelbHthilfe  fulgte  deuu  auch  —  zum  erntun  Mal  nach  lauger 
2flit  —  eine  befriedigende  GeeohSftsperiode  auf  dem  FoBe  oadL  Aber  fiut  so 
«ohnell,  wie  sie  entstanden,  brach  die  Yereliiigang  wied«r  »iBamnien,  indena  »•chon 
iiu  folgenden  Jahre  einige  Koutralienten  vertragsbrUohig  wurden ,  sobald  ihnen 
ein  Verkauf  unter  der  Limite  von  Nutzen  schien.  Seither  ist  der  Fahrikatione- 
zweig  in  diu  alten  Schwierigkeiten  surückgeöuukcii.  die  Pbo  phumekrasc  fordert 
immer  neue  Opfer  und  die  Bundesbehörden  stehen  neuerdings  vor  der  Frage, 
wie  der  gesnndheitemörderiaoben  Indnetrie  beinakominea  ad.  Geetfttit  auf  vor- 
bchiedene  Gutachten,  welche  sich  daa  eidg.  Industriedepaitement  vom  Fabrik- 
itispcktorat  einholte,  und  in  Befolgung  einea  Bandesbeaohlnesea  vom  1.  Juli  18B6, 
luatend : 

„Der  Bundesratb  wird  eingeladen,  zu  untersuchen,  in  welcher  Weise  der 

l'hosphor-Nekrose  wirksam  vorgebeugt  werden  könne," 

sowie  eine«  von  Nationalrath  Dr.  Joos  provozirten  Nationalrathrathsbraoblnase» 
▼om  16.  Deionber  2889,  lautend: 

«Der  Bandearatb  wird  eingeladent  die  Frage  sa  niiterMieb«!  nnd  darüber 
Bericht  an  erstatten,  ob  nidit  die  Anfertigung  und  der  Verkaof  von  giftigen 
Fhosphor^ndhölaoben  wieder  an  verbieten  «eit* 

ist  der  Bundesrath  dazu  gekommen,  mittelst  Botaehaft  vom  20.  Hov.  1889 
die  Einführung  des  Ziindhölchenmonopols  zu  beantragen.  Die  BundeeveraammlQDg 
hat  darüber  noch  nicht  entschieden.    (November  1892.) 

Zfirieh.  Indnstriegeeobichtliches.   (Von  Dr.  J.  Strtckler  in  Bern.) 

I.  Die  Indttstriegeschicbte  mnes  Gebiets,  in  welchem  sich  nach  und  nach 
<)ie  verschiedensten  Zweige  menschlicher  Arbeit  entwickelt  haben;  dessen  Volks* 
zahl  und  Wohlstand  iramcr  we^^eutlich  von  dem  Gedeihen  der  Tndnstri«!  ahhingen; 
wo  nicht  bloß  die  innere  Verwaltung  vielfach  durch  die  BedilriniHiie  deä  Gewerbe- 
Standes  geleitet,  »ondern  selbst  die  auswärtige  Politik  Jahrhunderte  lang  durch 
Handelsintereasen  beeinflnßt  wurde,  verspricht  eine  große  Fülle  von  Thateaohen 
nnd  theoretischen  Ergebniasen  zu  lief)  i  n.  venu  sie  ihrer  Aufgabe  genUgt,  indem 
hie  zeigt,  waa  für  Umstände  die  Entwicklungen  der  einzelnen  Arbeitszweige 
legün^tijfti'u ,  wie  sich  <leren  Betrieb  verbreitete,  welche  sozialen  Verhältnisse 
derselbe  herausbilden  half ;  wie  die  Arbeit  sich  spezialisirte  oder  technische 
Httl&teiatungen  an  tdeh  zog;  wie  die  Staatagewalt  daa  Anf kommen  der  Gewerbe 
l^rderte  oder  hemmte,  die  Intereeeen  einer  Gemmnde  oder  Bfirgerkhiase  bevor- 
zugte oder  eine  vnparteÜHche  Stellung  behauptete;  wie  die  «Schule"  nich  dem 
^Li-hcii"  unhe<{uemte,  i\.  h.  den  Hrwerbszwecken  dieiiHtbar  wurde,  und  dies  alles 
aui'  die  Gesittung  der  verschiedenen  Volks-'chichten,  den  NutiDualireist,  den  Fort- 
Mihritt  der  menschlichen  Kultur  zu  wirken  vermochte.  Ks  wäre  miiloig,  weitere 
Ansprüche  an  eine  solche  Geaehichte  m  atellen,  da  deren  ErfÜllang  noeh  nioht 
ito  bald  an  erwarten  ist.  Daß  sie  aber  nicht  grundioe  sind,  aeigen  aahlreiohe 
Versnche  vod  Handels-  und  Indoatriegeaohiohten  verschiedener  Länder,  die  immer 
wenijr«tens  einzelnen  Postulaten  entsprechen ,  und  nnz.ihlige  Schriften  Uber  ab- 
goüöudcrte  Fragen,  die  umfassende  Darstellungen  vorbereiten.   Auoh  der  Schweis 


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Zürich 


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Zürich 


fehlt  an  einschlägiger  Literatur  nicht  ganz;  doch  iä&t  sich  der  Eindrack  nicht 
verhelil«!!,  daß  der  bekannte  «Venaoh  einor  Gesehichte  der  Handelaolnift  der 
Stadl  nnil  Ludiehaft  Zttrick'  (von  S<^iiii)«  der  im  Jahre  1763  erschien  ^) 
mehr  Naehfolge  hfttte  finden  eoUen.   £rfit  die  jttngsten  Jahrzehnte  haben  erhebliche 

Ldstnn^vn  tw  verzeichnen.  Viele  Reiträtr»^  (rnh  das  ,  Historisch-p^eoprsiphisch- 
statistisclie  tieuialik-  der  Schweiz",  m  dem  die  Mehrzahl  der  Kantone^)  behandelt 
i8tj  Studien  von  Zellweger,  Beyel  und  eidgenöttsiticheD  Kommihsionen  ergänzten 
oder  verwerdi^n  dieedben  fttr  praktische  Beetrebnngen ;  ents^preehende  Dar« 
Btellnngen  f&r  die  Ton  Max  Wirth  geleitete  «Statintik  der  Schwei//'  (isii  f.) 
kamen  dagegen  nicht  zu  Stande;  Aufzeichnungen  wurden  indeß  anläßlich  der 
Theiliiahme  an  Weltaiis8tellungen  in  den  bezüglichen  Berichten  resp.  Katalngen 
oder  Kartenwerken  niedergelegt.  Die  wichtigsten  Werke,  vun  Dr.  Ucrnaanu 
Wartmann  für  den  Kanton  St.  Gallen  (nebst  Appenzell  etc.)  und  Dr.  Trau- 
gott Geering  fQr  Basel,  haben  inawisohen  Tenehiedene  Kenner  sn  ihnlicben 
Stadien  ermuntert,  unter  welchen  die  von  Adolf  Bürkli  pnblixiTten  hervor- 
ragen. Diese  Forschungen  sind  denn  Hueh  dem  , Lexikon"  zu  gnt  gekommen, 
wofiir  eine  Reihe  von  Artikeln  zeugt.  Da  in  denselben  bereite  alle  we^ntlichen 
Industriezweige  hifitorisoh  und  statistiach  beleuchtet  sind,  ho  liegt  nahe,  auf 
diese  Beitrltge  einÜMh  zu  verweisen,  wem  sowohl  der  knappe  noch  Übrige  Banm 
aU  der  verspKtete  Auftrag*)  an  den  jetiigen  Berichtentatter  drängen;  dennoch 
gl  i  il  '8  die  Jftedaktion,  eine  besondere  Skizze  nicht  entbehren  zu  kennen,  und 
muß  (iaher  versucht  werden,  da»  erwähnte  l^fciterial  wo  nicht  zasaniniettsnfassen, 
doch  wenigstens  durch  etliche  Fäden  zu  verliinden. 

IL  Zwei  Gründliigeu  sind  zn  nnter-ieheideii  :  Die  eiiifiiehfn  Kunsliiluuigen, 
welche  da«  aUgemeiuti  Bedürfiiiß  i^chou  iu  der  Vorzeit  entwickelt  hatte;  die 
Zubereitung  der  Wollen-  und  LeinMifsMr  bis  nur  Fertigung  von  Garn,  Geweben 
und  NShfadeii,  die  Verwerthang  von  Tbierhäuten,  als  Fell  oder  Leder,  die  Ver- 
arbeitung von  Nutzhölzern  zu  Gefä^Hen  und  Geräthen  sowie  zum  Bau  von  Zelten, 
Wohnungen,  Ställen,  Speichern,  Brücken  etc.,  die  Ucr8tellung  von  Watfen  und 
Geräthen  au8  Metallen,  diu  Aul'ängü  der  Töpferei;  nur  vereinzelt,  in  den  Höfen 
der  Großen,  wurden  auch  Edelmetalle  verarbeitet,  kostbare  Gewebe,  kunKtreiche 
WaffenstBeke  oder  andere  Luznsartikel  eneugt  Diese  hShere  Technik,  die  in 
unserem  Gtbiat  gewiß  lange  anbekannt  war  oder  ein  Fremdling  blieb,  bezeichnen 
wir  als  da»  zweite  Element;  dcsMcn  Einbürgerung  hing  von  Zunilleu  ,  von 
ättß^rRn  Umständen  ab  und  hatte  denn  auch  mit  lÜuderniHaen  mancher  Art  zu 
kämpfen,  biä  C8  feste  Wurzel  faßte. 

Zttriehs  Lage  begünstigte  einen  verhSltnißariUKg  frOhen  Verkehr  mit  Italien» 
wo  sich  viele  Ueberre^te  von  alter  Kultur  erhalten  hatten  und  aUmilHg  wieder 
erblühten.  Die  Besammlung  von  Reichstagen  in  Zürich,  die  Theilniihiiic  an 
Heerfahrten  über  die  Alpen,  die  Hut>ehaften  ans  dpin  Süden  fiihrten  vi>'liMlei 
neue  Dinge  herbei,  die  theils  Arbeit  und  Gewinn  einbrachten,  theiis  den  Kuo»t- 
fleiß  weckten.  So  wird  denn  glaublich  vermuthst,  daß  besonders  die  Ze.'htöruug 
Mailands  (1D!2)  dureh  Friedrich  Barbarossa  filr  Zürich  gttnstige  Folgen  hatte, 


*)  Das  Buch  gibt  viel  mehr  ab  der  Titel  erwarten  IftBt;  freilieh  ist  auch  manches  nur 
berfihrt;  ein  umfassendes,  grOndliches  Werk  bleibt  dalier  für  Zürich  noch  zu  wünschen. 

')  Hier  kommt  bnuptsrn  hü  b  .1er  I.  Band  dess  Werkes  Über  Zaricb,  bearbeitet 
von  G.  Meyer  von  Knonau,  Vater,  iu  Betracht. 

*)  Infolge  Abldinung  seitens  eines  Mitarbeiten  wurde  der  Verfasser  dies  erst  im 
November  d.  J.  um  AusfBtlang  der  LQcke  angesprochen. 


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ZOridt 


-ohne  daß  darüber  genaue  Angaben  gemacht  werden  können.  Sicher  ivt,  daß  im 
13.  Jahrhundert  schon  veruchiedeije  Hmu  1  werke  für  die  Julirniiirkte  und  Ausfuhr 
arbeiteten,  während  ein  Theil  der  Bevölkerung  der  Stadt  noch  für  die  Bedärf- 
nisse  der  Abtei  zu  arbeiten  hatte.  ZUoftu  bestanden  in  der  ersteu  Hälfte  des 
Jahrhunderte  nedi  sieht,  wohl  aber  ml^gen  die  von  der  Aebtiiein  abhän^^igeo 
Uewerkvereine,  je  mehr  die  Abtei  dem  stftdtkdheD  Rath  gegenüber  an  Einfluß 
und  Macht  verlor,  sich  befestigt  und  ihr  Beispiel  Nadifolge  gefunden  halx^n, 
wobei  an  ähnliche  Bewegnngen  in  anderen  Städten  zu  erinnern  ist.  Einzelne 
Hiuidwerker  eri*oheinen  auch  sclion  vor  Kndt;  de**  Jahrhundertf?  als  „Bürger**, 
z.  B.  Goldschmiede,  KupferüuUiuiede,  Küracbuer,  Pfister^  andere  wenigstens  ab 
Beeitnr  eigener  Hftneer,  während  die  große  Kehnahl  noch  nieht  «nr  Gemeinde 
.gesKhlt  wnrde.    Wiehtiger  als  diese  politischen  Verhältniase  sind  für  uns  die 
Satzungen  des  „Richtebriefs'',  einer  Art  Stadtrecht,  das  von  Konstanz  entlehnt, 
aber  umgebildet  und  ergänzt  worden  war;   die  zweite  Ansfortigung  desselben 
(v.  J.  liiU4)  enthält  nämlich  mehrere  Vorechriften  über  .leu  Aukauf  von  Seide, 
wobei  vorausgeiietzt  ist,  daß  solche  von  Fremden  zugebracht  werde,  sowie  Uber 
die  Besehaffenheit  von  WoUentttchem,   Zwiloh  nnd  Leinwandgeweben,  die 
Gerberei  etc.    Bezüglich  der  Seide  ist  ferner  zu  bemerken,   daß  ein  Artikel, 
der  von  Verpfindung  redet  (V.   107),   die  Seide   an  Spulen,   Spindeln  und 
Werpfen  davon  ausschließt,  was  zu  der  Annahme  führt,  daß  Seide  in  Zürich 
versponnen  und  gewoben  wurde.    Spätere  liathserlasse  (133t>,  13(i3)  zeigen, 
wie  die  Obrigkeit  die  fertigen  Gewebe  (Bänder,  Sohleier  oder  Kopftttcher)  vor 
dem  yerkanf  beriehtigen  ließ,  besttmmte  Maße  fbr  die  gebränchliehen  Artikel 
vorachrieb,  nnd  zwar  je  nach  den  Abiatz<^i-biett>n  (Lothringen,  Schwaben,  Polen, 
Ungarn  etc.)  verschieden.    Ebenso  wurden  Vorschriften  filr  die  Wollengewebe 
aufgestellt.    Letztere  Industrie  scheint  indcß  k'-ine  erheblichen  Fortschritte  ge- 
macht  zu  haben,  während  sie  anderwärt»  sich  machtig  entwickelte. 

III,  Die  Brunieohe  «Revolntion"  von  1336,  die  dem  Handwerkentaad  oder 
Sleinbargerthum  einen  gesicherten  Antheil  an  der  R^ierang  des  Gemeinwesens 
verschaffte,  haben  wir  nur  soweit  su  beachten,  uIh  sie  das  Gewerbeleben  betraf. 
Da  ist  denn  voraus  zu  bemerken,  dass  Kauflpute,  welche  größere  Geschäfte 
betrieben,  wie  Tuchhändlcr,  „Sulzlente",  Kornhiiiidler,  \\  echsler,  Goldschmiede, 
zu  der  vornehuieru  Klasse,  der  „Konstafel",  gehörten,  in  den  13  Zünften 
aber,  die  je  eine  Hälfte  ^  Bathe«  au  besetxen  hatten,  eine  Menge  anderer 
Bernibarten  vereinigt  wurden;  sieht  man  von  der  Rangordnnng  und  der  theil* 
weise  zufälligen  Verbindung  verschiedener  Gewerbe  ab,  «o  erscheinen  hier  Ki  iimer, 
Grempler,  Viehhändler.  Uolzkäufer,  Weinschenken.  Weinrnfer  (Handelsagenten)  etc., 
dann  Wüilscilläger,  (irautncher,  Wollen-  und  Leinenweber,  Bleicher,  Hutmacher, 
Sattler,  Seiler,  Gerber,  Pergamentcr,  Sohuhmadier ;  Metzger,  Mttller  und  Bäcker; 
Schmiede,  Sohwertfeger,  Glockengießer,  Zinngießer,  Spengler;  Zimmerlente, 
Wagoer,  Fassbinder,  Drechsler;  eudlich  Rebleute,  Gärtner,  Oeler,  Sehiiflente, 
Karrer  und  Träger,  Fischer,  Scherer  und  Bader.  Die  Zünfte  erhielten  ihre  eigenen 
Fuehgerichte  und  bildeten  sich  in  der  Kolge  zu  förmlichen  Korporationen  aus  ; 
üie  vertraten  ihre  Beriitsinteressen  in  deu  üätheQ  und  übti n  ihren  EinÜuU  nicht 
weniger  in  der  „Gemeinde*  aus;  sie  bildeten  derart  «n  Organ  der  Staatsgewalt 
und  eine  Sttttae  Ittr  politische  Zwecke.  —  Die  Begierde  und  das  Bedttrfniß  nach 
Landerwerb  (seit  0.  1350)  machte  sich  bald  in  Yorschiedenen  Richtungen  geltend; 
dif'  Krvveiternng  des  eigenen  Gebiets  bt-giinstigte  natürlich  den  Handel;  der  Markt 
nahm  zu  unil  besehattigtr.  der  iiütiiweiidigen  Aufsicht  wegen,  eine  Menge  von 
Leuten;  allein  die  Zutuhr  von  tremdeu  Handwerkserzeugnisseu  drohte  auch  den 


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Zfliieli 


-Oewinn  der  stldtUchea  Arbeit  zu  sohnlUflm,  was  die  Obrigkeit  ra  besdirSnkenden 

Jfafiregeln  gegen  die  Landschaft  beweg.  Wie  die«er  Gegensatz  in  der  Zeit 
Waldmann's  (e.  1470—1489)  sich  durch  Mißgriffe  verschärfte,  ist  bekannt; 
Hin  Beiüpiül  der  obwaltenden  Tendenz  fuhren  wir  nor  dan  Verbot  vom  Jahre 
1485  an,  Baumwollengarn  an  Fremde,  d.  h.  außerhalb  der  Stadt  zu  verkaufen, 
was  beiläufig  bewaet,  daß  die  Baumwoilspinaerdi  auf  der  Laodscbaft  bereite 
4iekannt  and  m  eioiger  Bedeatoag  gelangt  war.  Die  Weberei,  die  anfiUiglich 
noch  Leinenzottel  verwend^tp  und  vorzllglirh  „Bombasin"  (Barchent)  «itzeugte. 
«chloß  sich  an;  doch  fällt  es  schwer,  genaue  An2;;t!)f'ii  bpi/nhrinfren.  Iti  der 
i^tadt  hatte  sich  unterdessen  (seit  c.  1470)  eine  Papierlabrik  uugi-8icdeit,  die  sich 
l»iB  ia  aiwer  Jahrhiindert  erhalten  hat;  daa  BeiMrftaß  nach  ahapyr*  maahte  nah 
eben  tiberall  ftthlbar ;  beretta  hatten  ja  aueh  einige  Budidnieker  ihr  folgenreiohee 
^werbe  in  der  Schweiz  versucht.  Uebrigens  fehlte  es  dem  Eunntfleiß  und 
Wetteifer  nicht  an  Oelegenheit  zur  Eutfaltung;  die  Vermehrung  der  Steinbauten, 
namentlich  für  Kirchen,  Klöster  und  Herrenhöfe,  gab  Kinheimischen  tui'l  Kremden 
reichliche  Arbeit ;  dabei  gediehen  auch  die  Gewerbe  der  Ziegler  und  Kaikbrenner 
4iQf  der  Laadechaft;  desgleichen  &nden  Zinmierlente,  Banaehreiner,  Tiaehler  and 
fiolasohntticr  ihr  Brod.  Die  zahlreichen  Kriege  in  mgener  Sache  nnd  die  Theil- 
nahme  an  auswärtigen  Fehden  (als  ,. Reisläufer ")  steigerten  den  Bedarf  an  Waffen, 
Harnisi'hen  etc.,  obwohl  Vieles  der  Art  erbeutet  wurde;  ob  Spit'ß-  und  Halb- 
arteuscbmiede,  Armbruster,  Büchseuachmiede  und  Stiickgjeber  unhalleiKi  be«ichäftigt 
waren,  länst  sich  treilich  nicht  sagen.  Messerschmiede,  Töpfer  (ilafiier)^  Wagner, 
43chiffmacher,  Ktlftr,  Drechsler  etc.  ycmiochten  bei  der  anwachsenden  Bevölkerung 
ihren  Erwerb  vermuthlich  aut^/.udelmen.  AUdies  dlitfte  einigermaßen  auch  fUr  die 
Landschaft  gelten,  wobei  nur  in  Betracht  zu  ziehen  ist,  daß  dort  die  Bauart, 
<lie  Kleidung,  die  Lebensweise  Uberhaupt  im  Ganzen  einfacher  und  ärmlicher 
waren  und  die  Handwerker  meistens  nur  für  ihr  Dorf  oder  für  seltene  Märkte 
«rbeiten  kennten.  Oing  nun  awar  die  gewerbliche  Arbeit  nie  völlig  ein,  so 
weisen  doch  allerlei  Wabmehnrangoi  anf  die  sch&d liehen  Folgen  der  Kri^  nnd 
des  Reislaufens  hin.  die  genugsam  geschildert  worden  sind  nnd  endlich  eine 
dnrohgreifende  Umkehr  erheischten. 

IV.  Die  Reformation  begründete  ein  neues  (Temeinwesen ;  die  Autliehung 
der  Klöster  und  anderer  geistlicher  Stiftungen  heferte  Mittel  tUr  die  Armen 
und  ErankcDpüege  wie  fttr  Verbessernng  nnd  Yerniehrung  der  Lebraostalten ; 
landen  nun  lahlreiche  StadtblIrgOT  ein  beseheidenea  Anskommen  in  nenea  Aemtem, 
so  wurde  anderseits  die  Arbeit  wieder  gmndsfttzlich  an  Ehren  gezogen.  Unmittelbar 
Ijewann  durch  die  geistige  Bewegung  dieser  Zeit  nur  der  Buchdruck,  den  die 
Firma  Frosehaner  in  rühmlicher  Weise  vertrat;  in  seinem  Dienste,  aber  auch 
selbständig,  entwickelte  sich  eine  künstlerische  Keg»anikeit,  diu  iu  der  Glas- 
malerei glUnaende  Leistnngen  hinterließ. ')  Indessen  wirkte  der  oberwKhnte 
BBokgang  der  Gewerbe  noch  einige  Zeit  nach;  zu  Stadt  und  Land  machte  sich 
bei  dem  in  allen  Ländern  konstatirten  Steigen  der  Preise  der  Mangel  an  Existenz- 
mitteln fühlbar;  die  herküaimliehen  Spenden  der  Almosenärnter  und  Spitäler, 
die  sich  ubnehin  großenthtilH  ab«  8cbädlich  erwiesen,  kuuiiten  nicht  anf  dem 
alten  Foße  fortgesetzt  oder  gar  vermehrt  werden.  Eine  Folge  dieses  Nothstandes 
erkennen  wir  schon  an  den  Tielorts  von  1550  an  gefaßten  Beschlossen,  die 
Anfnahme  yon  Bttrgem  za  beschrScken,  d.  h.  an  erschweren ;  Zürich  wollte 


')  Hierüber  zu  vergleichen  dio  gründiidic  Arl  oit  vun  Hi  rm.  Meyer.  <lie  schwel». 
.Sitte  der  Fenster-  und  Wappenscheukuug;  Frauent'cld  lö^4;  ^bes.  S.  177 — 305^. 


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ZQridi 


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ZOrich 


fortan  nnr  Prr'-'nnfn  nntnehmou.  »leren  Kunst  und  Handwerk  dip  Stadt  br-dUrfte. 
oder  die  durch  ihr  Vermögen  empfohlen  wären.  Diese  Umstände  preist  Hchiim 
(p.  145,  14(>)  als  glttckliche,  indem  er  bemerkt,  dam  die  Leute  arbeitbbegierig 
und  gelehrig  geworden,  Fleift  bei  dem  Yolka  eingewiinelt  seij  „bd  m» 
haben  die  thaiureD  Zeiten  d:e  seligeten  Folgen  gehabt,  da  htngegen  die  wohl- 
feilen die  Arbeiter  trüge  gemacht  und  die  Laster  vermehrt  haben*.  Derselbe 
Autor  erzKMt,  wie  die  Obrigkeit  die  Weberei  «u  hetrün^tit^en  und  den  Verkehr 
durch  eine;  reichliche  Prägöuf!;  neuer  MHnxen  zu  beleben  veraucht  habe.  Eine 
wichtigere  Förderung  wird  aber  mit  Recht  der  £inwandening  von  Locamer 
Familien  (J.  1555)  zngeaohrieben,  die  am  des  0fauibetui  willen  ans  der  Heimal 
verstoßen  waren ;  ihnen  nämttch  verdankt  man  Rinriehtangen«  dnroh  welche  die 
Seide  gezwirnt,  geförbt  nnd  zu  »cbweren  Stoffen  (Sammet  etc  )  verarbeitet  word-  r 
konnte:  sie  brachten  Walkmühlen  anf.  verbesserten  die  Färberei  tur  die  L»Mnf'n- 
und  Baumwüiiengewebe  und  vemucbten  auch  die  Seidenzucht  nnd  die  Kultur 
Tou  FSrbepflmisen  einzubürgern.  Die  Anregungen  dieser  OSite  wirkten  anxweifel- 
haft  ancb  in  der  Landschaft  wohltiiltig ;  es  entwickelten  rieb  Talente  fttr  feinere 
Arbeit  in  Spinnerei  und  Weberei;  viele  Familien,  namentlich  in  den  Seegemeinden, 
lernten  ihren  Unterhült  hos  »olcber  Beschäftignng  erschwingen  Seit  ir)85 
legten  unternehmende  Stadtbiirger  (Gebr.  Werdmiiller")  eine  Fabrik  fiir  Bur.it- 
oder  Crepe- Stoffe  an,  welche  rasch  in  Italien,  Frankreich,  Deutsch iand  und 
England  lohnendeti  Abwts  fandm. 

Je  mehr  nan  diese  Industrie  erstarkte,  desto  lebhafter  und  konsequenter 
bemtthte  sich  Zttridi,  im  Ausland  Zollfreiheiten  su  erhuigea,  was  besonders  Fraok» 
reich  gegenüber  allmälig  scbwiprijnfer  wurde.     Df-r  /.nnehmende  Verkehr  ver- 
aiilaßte  die   Orrilndung  eines   ^kanfmiinni^^chen    i>irekturiura,s '  das  nun 

den  Puf<tJien«t  durch  Verträge  mit  uiideru  Städten  ordnete,  das  Fabrikwe«en 
ttberwachte,  irichtige  Fragen  bei  der  Regierong  begutachtete,  n.  s.  w.  ')  Modi 
häufig  stSrten  anhaltende  Kriege  im  Ausland  die  Berechnnngen  der  Fabrikanten 
und  Händler;  die  Arbeitslosen  zählten  in  solchen  Zeiten  nach  Tausenden  und 
kosteten  die  Gemeinden  wie  dir»  obrigkeitlichpn  ..Aemter"  große  Summen;  allein 
der  Friede  pÜegte  die  Verluste  bald  wieder  gutzumachen.  Bedeutende  Forticbritte 
der  Produktion  knüpften  sich  au  die  Einwanderung  fransösiscber  „KefugiantM* 
(von  1680  an),  die  unter  Betkeilignng  einheimischer  HKoser  (Hitt,  BOmer,  •Steiner 
etc.)  Wollen-  und  Seidenartikel  verfeinerten,  die  Strumpfwirkerei,  die  Mousseline* 
Weberei,  die  Indienne- Druckerei  und  die  Fabrikation  von  O  dd  und  Silber  Ir.iht 
einführten,  den  Hundel  belebten,  aber  auch  den  Neil  kleinlich  denkender  Ort*- 
bUrger  erweckten,  dem  die  Mehrzahl  (seit  1699)  weichen  muüte^} 

V.  Solche  Eifersodit  machte  sieh  aneh  der  Landaehaft  gcgenttber  immer 
schirfer  geltend.  Dabei  stimmten  aber  die  Absichten  der  Zttnfter  und  die  der 
Obrigkeit  nicht  durchwee  zusammen;  letztere  hatte  denn  doch  ein  Interesse, 
in  den  Landbezirken  dem  Miiüisitjanf;  rn  wehren  und  den  Untcrthanen  einigen 
Verdienst  zu  lassen;  von  der  Schonung  der  Armengiiter  abgesehen,  konnte  ja 
die  Stadt  bei  dem  Wohlstand  der  Landbevölkerung  nur  gewinnen ;  für  KapitaUes 
fand  atch  leichter  Verwendung  nnd  eine  «icliere  Verainsung,  wenn  dse  Volk  niebt 
darbte,  etc.  Ks  mußte  aber  ein  Augenmerk  der  Bcgicrong  sein,  eine  gewiüsf 
Sbnderung  festenhalten,  eine  wirksame  An&icht  su  ttben  i:nd  soweit  möglich  fBi* 


')  Vgl.  Zilrcher  Taschenbuch  1883,  p.  30  -  63:  Aufsatz  von  Adolf  Bürkli. 
"]  Die  Indiennc-Manuraktur  und  die  Türkiscbroth-F&rberei  beleuchtete  A.  Burk 
im  Zflrcher  Taschenbuch  18-0,  p.  193—211. 


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Znrich 


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7«aridt 


den  Fiskus  einigen  Ertrag  zu  erzielen.  Dieie  Verhültnifse  w«rd«ft  gewtttmlieb 
blos  unter  dem  Ge6i<^tBpankte  der  Bevornmndnng  bcurfhdltf  weil  ea  nie  an 

Klagen  der  Vt-rküi/ten  fehlte;  es  müssen  aber  «nch  andore  M>mente  gewUrdigt 
werden;  Ii-iilor  i^t  ilas  nia-sseuliafte  Material  der  Archive  iiucli  nirgtMid"^  verarbeitet'). 

Wir  berühren  zuerst  die  Handwerke.  In  der  Ausbreitung  und  Ent- 
wicklung deraelboB  zeigen  sieb  erhebliche  Untereehiede ;  in  einigen  Gegenden 
kamen  venig  neuere  auf,  während  andere  sich  einer  aoeehnlichen  Manigfaltigkeit  er- 
freuten; dieu  bezieht  sich  namentlich  auf  Marktorte,  war  daher  mittelbar  eine 
Konzession  der  Obrigkeit,  die  solche  Rechte  nicht  zu  verschwenden  pflegte.  Eine 
Reihe  von  Gewerben  blieb  iudess  an  Ehehaften  gebunden,  d.  h.  Hie  durften  nur  in  be- 
stimmten Lokalitäten,  deren  Zahl  die  Begierun^  festsetzte,  ausgeübt  werden; 
dann  iSblten  ScbmiedeweikitXtten,  Hliblen  und  Sägewerke,  «Metsgen",  Gerbereien 
und  Lohstampfe  II,  Oeltrotten,  Badstuben,  da  und  dort  auch  Bäckereien,  (in  der 
Stadt  selbst  die  Buchdruckereieni,  von  d<  n  Tavernen  zu  schweigen.  Der  Zuwaelm 
bestand  nun  theils  in  der  Vermehrung  der  Ehehaften  eines  Fachs,  theils  in  dem 
Auftreten  anderer,  mehr  oder  weniger  freier  Professionen.  Es  begegnen  uns 
Zweige  der  Baugewerbe,  Glaser,  Maler,  Uhrmacher,  Sattler  and  Seiler,  Dreobsler, 
Schiffbauer,  Bttobsenacbmiede,  Draht-  nnd  Nageleohniiede,  S^dilcenr;  selten  kommen 
Hammer-  und  Kupferschmiede,  Hafner^)  und  Färber  vor,  und  meistens  erlagen 
solche  bald  den  Anfechtungen  der  Zünfte.  Während  StadtbUrir -r  si  -li  heinühtcn, 
auf  der  Landschaft  Wasserläufe  für  gewerbliehe  Anlagen  zu  benutzen  oder  sich 
sonst  zu  etabliren,  strebten  sie  im  allgemeinen  die  Konkurrenz  der  „  Landmeister " 
aoBsniQbliefien ,  was  bM  mehrera  Beratet«i  dttieh  förmliche  EinTerleibung 
gesohah,  wodarch  die  stldtiacben  Satxnngen  auch  für  das  Laad  wirksam  wurden* 
Weißgerber,  Knopfmacher,  Zinngießer,  Gold-  und  Silberschmiede,  Ba^drucker  eto, 
durften  nur  in  der  Stadt  ihr  Geschäft  betreiben,  -wulici  zu  erinnern  i««t,  daß  die 
Freizilgigkeit  immer  mehr  beschränkt  wurde.  Im  (Tegrn.satze  zu  diesen  Vorrechten 
war  di»  Erzeugung  von  Hoizwaaren  ^Reile,  Kelleu,  Scheven,  Rechen  etc.)  frei- 
gegeben, aber  die  Korbfleobterei  (die  nur  in  groben  Borten  arbeitete)  den  Aerneteii, 
sonst  BrotloMO,  fi^mlieb  Torbehalten.  Auch  die  Ziegelfabrikation  galt  ala  ein 
freies  Gewerbe;  indessen  griff  die  Regierung  in  deren  Betrieb  durch  Reglemente 
ein.  Weitere  Notizen  sind  Überflüssig;  ähnliche  Beschränkungen  bildeten  sich 
Uberall  aus,  wo  Zünfte  oder  Innungen  einigen  Einfluß  besasf»en,  und  ihre  Gehässig- 
keit steigerte  sich  noch  in  der  Mißhandlung  der  „Uintersäßen". 

Via.)  In  der  Qeaehiebte  der  Zttroher  «Induetrie"  spielt  die  Landschaft, 
wie  schon  angedeutet  ist,  eine  so  große  Rolle,  dass  bezügliche  Nachriohten  hier 
nicht  fohlen  dürfen.  Von  dem  inländischen  Bedarf  ist  dabei  nicht  viel  zu  sagen, 
(hi  er  sieh  vorv(riegend  an  geringe  Erzeugnisse  hielt,  und  gerade  darüber  am 
wenigsten  Auflehnungen  vorliegen');  es  gentigt  die  Erinnerung,  dass  neben 
dem  Flaobs  auch  Hanf  und  geringe  Wolle  yerwendet  wurde,  ^e  Arbeit  sich 
imuMT  mehr  theilte,  indem  sich  ein  Theil  der  Landlente  begnttgte,  Werg  zu 
fertigen,  des  dann  von  Andern  yeroponnen,  von  Dritten  in  Gewehe  ver- 
wandelt wurde,  welche  wieder  Andere  aur  AosrUstong  Ubemehmen,  sei  es  der 


'  i  Eine  j^'ute  Sammlung  enthält  indei»s  A.  Burkli's  ^FiibrikgesetzgebuQg*  (1884^ 
Lin  kurzer  Dar^leliungsverduch  ist  in  der  Geschiclite  von  Horben  {gemacht. 

Die  Geschichte  des  Hafnerhiiudwerks  in  Winlertliur,  wo  es  bekanntlich  zu 
edler  Blütli«  gedieh,  die  von  ZOrich  beneidet  wurde,  erzählt  Alb.  Hafner  in  zwei 
Neujahrsblättern  der  dortigen  Siadthibliothek  (1870,  1877). 

')  Ein  interess  antes  Kapitel  würde  immerhin  der  Kampf  mit  dem  KleiderlujuiB  bilden. 

Famr  YoUutrirtbscbafta-Lexikou  der  Bebweis,  2f 


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Zilricli 


—    418  — 


Zaricb 


Walker,  der  FSrber  oder  Appretenr.    Die  Leinwandweberei  sodite  die 

Obrigkeit  insofern  an  die  Stadt  zu  binden,  als  sie  den  Verkauf  des  Zwilchs  and 

ähnlicher  Fabrikate  nur  in  Zürich  —  unter  dem  Helmhaose  —  gestatten  wollte, 
wo  diewelben  einer  amtlichen  Schau  nnd  allfällig  dem  Ausfahrzoll  nntt-rworfen 
waren  (seit  1620);  die  guten  StUcke  wurden  gestempelt,  die  schlechten  zer- 
schnitten. 

litt  dem  Leinenatoff  konknrrirte  die  Baumwolle  anfilnglieh  meht;  sie 
verbanden  sieh  vielmehr  in  beliebten  Gkweben,  und  der  Wetteifer  der  Talente 

bildete  dii^^f  n  Zweig  erfolgreich  aus.  Die  Obrigkeit  erklärte  die  Raurawoll- 
spinnerci  und  Weberei  —  den  „Tiichligewerb"  —  im  J.  1553  ausdrücklich 
frei,  behielt  äich  indeß  vor,  bei  erwie!>enem  Gedeihen  deäselben  einen  Zoll  daranf 
zu  legen;  eine  Scbaa  wollte  eie  niobt  einfuhren  nnd  dem  Ennstfleiß  tlbtfbaapt 
ToUen  Spielranm  laaien;  dagegen  —  oder  demgemSfi?  —  ließ  A^  aioh  anf 
keine  Zumathung  ein,  bei  dem  (oft  eintretenden)  Mangel  an  Rohstoff  Hülfe  la 
selmtl'iin.  Schon  1584  wurde  bemerkt,  dass  der  Yerdieu?!t  der  Baumwollenspinner 
bereit«  „die  größte  Unterhaltung  des  allgemeinen  Volkes"  sei.  Nachdem  es 
Laudleuteu  gelungen  war,  einzelne  Sorten  G^ewebe,  z.  B.  Wiener  Schleier,  selbst 
auMurttsten  nnd  anf  fremde  IfiErkta  «i  bringen,  erwachte  in  der  Stadt  das  Ge- 
lüste, dieses  Gewerbe  an  einem  ,Begal*  an  maoben,  m.  a*  W.  die  Weber  an 
awingen,  ihr  Fabrikat  roh  nach  Zürich  zu  liefern  (1620  f.)  Bereits  hatten  sich 
an  die  Geschäftstheilnng  Mi^sbränche  geheftet,  welche  in  diese  Frage  hinein- 
Hpielton.  Der  Rohstoll  wurdi»  nämlich  großentheils  im  Kleinen  verkauft  und 
dabei  vertheuert  resp.  zu  hoch  verrechnet,  der  ä|)iniicrlohn  dagegen  betiühiiitteii 
and  gewdhnlich  in  Lebensmitteln  oder  BaamwoUa  entrichtet;  die  Weber,  die 
das  Garn  kanfen  mossten,  hatten  daboi  Uber  Wncher  von  Anfklnfern  au  klagen ; 
endlich  bezahlten  die  Kanflente,  welche  die  Gewebe  an  sich  brachten,  einen  Theil 
des  Preise-4  in  Kohstutt'  (1(118).  Schon  gab  en  auch  Zwischenhändl^'r  fiir  die 
„Tuchlein",  und  auch  öie  mus^ten  sich  solchen  Druck  gefalleu  la»seu.  Auf 
diesem  Wege  wurde  die  Arbeit  der  Spinner  und  Weber  eingestandenermai^n 
erheblieh  sehlechter  gestellt.  Nach  vielen  VerhSren  nnd  ätreitigkeiten  fend  die 
Obrigkeit  rKÜilioh,  Ordnung  zu  schaffen  {  die  Lieferung  schlechter  Baumwolle 
sollte  aufhören,  dagegen  alles  Gewobene  nur  an  Stadtbürger  verknnft  und  von 
diesen  bnar  bezahlt  werden  (1662);  Ankauf  von  Baumwolle  und  Verkauf  de« 
Garnes  sollten  frei  sein,  doch  kein  iiausirhandel  mehr  statländen.  Bald  ging 
man  weiter;  die  Tttoher  sollten  nnr  roh,  weder  gebleicht  noch  gefärbt,  in  die 
Stadt  kommen,  bei  sehweron  Strafen  (1662,  1670,  1693).  Dennoch  brachten 
es  einzelne  Landleute,  z.  B.  in  Horgen  nnd  WSdensweil,  zu  blühendem  Ge- 
schäftsgang, Im  J.  1717  bestimmte  ein  Fabrikmandat,  soweit  es  möglich  schien, 
die  Spinner-  und  VVeberlöhne  für  die  gangbureQ  Sorten.  Die  sog.  Träger,  dio 
ihrerseits  et  welchen  Unfug  getrieben  hatten,  wurden  eingeschränkt,  der  Aukauf 
von  fremdem  Garn  untersagt  Diese  nnd  andere  Verfügungen  worden  im  J. 
1781  von  der  Fabrik-Kommisnon  in  einer  Kundmachung  snsanunengefaaet,  die 
kaum  eines  Kommentars  bedarf.*) 


')  Das  Wesentliche  lol-^rt  hier:  1.  Keiner  uri-(M*ei  An;;'ehörigen  auf  der  Lniid?rhafl 
Süll  vun  uieinaudem  .  .  .  als  nur  von  unseren  Vcrburgerlen  in  der  Stadt  rohe  Baum- 
wolle zu  erkaufen  sieb  untenitehen.  3.  sollen  unsere  Dinner  nnd  Weber  von  niemand 
kriie?  f'l  I?.iHMi\v. illr  nrv  Ii  f?;iurnwollent:.irn  nm  den  T.<tliit  zum  S|)innen  oder  zum 
Weben  annehmen  als  nur  von  unscrn  Burgern  oder  von  dergleichen  Laiidleuten,  die 
ihre  Gespunst  oder  Tücher  hieher  in  die  Stadt  liefern  nnd  an  biesige  Raufleutc  rxler 
Fabrikanten  verkaufen.  3.  Ebenso  bleibt  bei  schwerer  Verantwortung  und  Strafe  ver« 


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Zürich 


—    419  — 


Zürich 


TechoiBch  hoben  sich  liie  LeiaLungeu  immer  noch  j  von  Hand  warden  Game 
erteugt,  die  eiDe  Weile  aellwt  dem  engliBohen  MftsohiiieDfabrikat  Stand  hielten  ^ 
(Löthligarn,  Sohnellergern) ;  das  Spinnrad,  das  seit  Ende  des  16.  Jahrhunderts 

da  und  dort  in  Gebrauch  gekommen  war,  verbesserte  im  Ganzen  die  Erzeug- 
nisse nicht  (Radgrtrn  1.  Die  Ausdehnung  des  BaumwoUengewerbs  erhellt  aus  der 
im  J.  1787  veranstalteten  Zählung  der  Weber  und  Spinner  5  Mousseline-Web- 
btühle  tauden  sich  43Ü2,  indienne- Webstuhle  2087,  Spinner  34075  i  dabd 
wann  die  Aemter  WSdeosweil,  Horgen,  Grttningen,  Stftfo,  Meilen  und  Greifen- 
see am  stärksten  betheiligt.  Unter  den  Spinnern  sind  übrigens  viele  Kinder 
mitgezählt,  deren  kleiner  Verdienst  den  Eltern  lieber  war  als  die  dürftige  Schul- 
bildaog  jener  Zeit. 

VI.  b.  Früh  bildete  sich  der  Vorsatz  aus,  die  Wollenfabrikation 
völlig  in  der  Gewalt  der  Stadt  zu  behaupten  ^  selbst  die  Yerarbeit  des  KKmbelas 
sollte  nnr  dort  oder  in  dem  Umkreis  von  ^ner  Stunde  Entfernung  verriolitet 
werden;  die  damit  Beschäftigten  wurden  anfgesohrieben  und  genau  überwacht. 

Doch  versuchten  immer  einzelne  Unternehmer,  auf  der  Lanilschaft  wohlfeil 
arbeitende  Spinner  zu  linden  ;  als  Vermittler  dienten  auch  hietUr  dir  Träger,  die 
dabei  wieder  für  ihren  Vortheil  sorgten;  zeitweise  hatte  die  Obrigkeit  zu  über- 
legen, ob  rifl  diese  Agenten  nicht  absdmta  sollte;  sie  begnügte  sich  aber,  mit 
Bttoli^t  auf  die  herrsehende  Theurung  (1699),  die  Löhne  etwas  zu  erhöhen. 
Vielfach  hatte  sie  mit  der  Neigung  zu  kämpfen,  einen  Theil  des  Kulr^tofTes  zu 
unterschlagen;  noch  mehr  aber  hielt  sie  darauf,  daß  die  zur  Ausfuhr  bestimmten 
Gewebe  (Bwrat  etc.)  nicht  auf  d<  r  r,!ind.schat't  hergestellt  werden  dürften;  sie 
verbot  den  Verkauf  von  VVollengaru  außer  Lands,  wollte  dagegen  auch  nicht 
fremdes  Garn  isolassea;  sie  hinderte  den  A\  egzug  von  Arbeitern  und  die  Ausfuhr 
von  Werkzeugen  und  schritt  in  einseinen  Fällen  gegen  Ungehorsame  oder  Ver- 
dächtige mit  autfalleii  ler  Strenge  ein.  Auch  Stadtbürger,  welche  auf  dem  Lande 
wohnten,  durften  dort  nicht  fabriziren;  desgleichen  wurde  unter!*.Ti,'t,  auf  Be- 
stellung von  Fremden  zu  arbeiten.  Wiederholt  (ltiiJ4,  17U(),  17o4  etc.)  erklärte 
der  Bath  den  Grundsatz,  daß  Landleute  nur  Arbeiter,  nicht  Theilhaber  an  den 
Handelsgeechüften  der  Bürger  sein  sollten.  Indeß  konnte  er  auf  die  Daner 
nislit  venrehren,  daß  ein  Theil  der  Arbeit  andi  in  das  Gebiet  von  Zug  ver- 
geben wurde. 

Einen  ähnlichen  Gang  nahm  die  Entwicklung  der  S  e  i  de  n  i  n d  ust r  ie. 
Zunächst  int  an  Floretseide  (Schappe)  zu  denken ;  später  wurden  auch  be«6ere 
Sorten  italienischer  Seide,  endlich  auch  «holländiache'^  (japanische)  verwende 
Seit  Ende  des  16.  Jahrhunderts  nahmen  Laudlente,  besonders  in  den  «See- 
gemeiriden",  thdt  an  der  Arbeit  (Kämbein,  Spinnen,  Winden);  Veruhtnuiing 
schlich  sich  auch  in  diesem  Gei^chafte  ein  und  gab  den  Fabrikanten  wie  den 
Behörden  viel  zu  schaffen;  den  Heiz  dazu  verracbrtcTi  übrigens  die  geringen 
Löhne  und  d&s  Interestie  herumsohleichender  Händler,  im  Jahre  1674  mußte  die 
Obrigkeit  die  LohnsStK  r^liren,  um  größerm  Sdiaden  vorzuhengen ;  denn  voa 

boten,  keinerlei  (!)  verarbeitpte  Wuare,  es  sei  Gespunsl  oder  Tücher  und  Mousseliuc, 
anders  als  an  unsere  in  der  Stadt  wohnendf;  Verliurgeite  zu  verkaufen  oder  zu  ver- 
tauschen, ...  (4)  and  endlich  im  den  i^o  ^  lu  isisenen  Tflchlcrn  nrul  Trägem  nach« 
drucksamst  anvesinnft,  nur  in  ihren  eigenen  Hausern  und  von  einzahlen  Spinnern  Garn 
einzunehmen,  auth  ihre  rohe  Baumwolle  nur  an  einzi-lue  S|)iMuer  zum  Verarbeiten 
auszugeben,  jegUehsni  ihrer  Arbeiter  ab(  r  einen  billichen  und  rerlitmässig  proportio- 
nirlen  Lohn  so  zu  bezahlen,  da'--  re.lli  lie  und  arme  Leute  keine  (gerechte  Klage  zu 
IQbren  (Jrsacli  haben  raogetr  .  .  .  lAndrohuuy  von  Kouliskalion  uebsl  Geld»  oder 
Leibessbrafen). 


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Zaricb 


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Zfiricb 


all«!  SeiteD  drohte  die  Gefahr,  daß  geaohickte  Arbeiter  weggelockt  and  danüt 
eine  Konkurreni  begründet  wurde,  welche  schwer  zu  Uberwinden  war.  Desto 
ängstlicher  hüteten  die  Behörden  die  technischen  Mittel,  die  sich  im  Lande  ana- 
gebildet  hatten,  und  noch  mehrmals  besserten  sie  die  Löhne  auf  (1675.  1692, 
1705 — 17).  Wie  sie  die  Qualität  der  Fabrikate  zu  heben  suchten,  kann  hier 
nicht  ausgeführt  werden  j  erat  1710  gab  der  Rath  zu,  daß  Arbeiten,  für  welche 
•ich  im  eigenen  Gebiete  keine  tauglichen  Binde  fänden,  answIrtB  besorgt  werden 
durften.  Für  weitere  Daten  ist  auf  die  angezeigten  Schriften,  re.sp.  Artikel  zu 
verweisen;  wir  bemerken  einzig  ikx'Ii,  ilaß  aiu-h  die  Weberei  sich  ullmlilig  iu  der 
Landschaft  verbreitet  haben  muiS,  da  im  Jahre  17S6  die  kleine  Gemeinde  Hirzel 
61  3eidenweber  zählte}  eine  den  Kanton  umfassende  kStatistik  fehlt  indeß. 
Ein  besonderes  Kapitel  könnte  der  Industrie  Ton  Wintert hnr  gewidmet  werden, 
die  mtthaam  gewisse  Yorreohte  behauptete.  Als  besonderer  Zag  sei  nur  noch 
erwfthnt,  daß  dort  im  Jahr  1681  eine  Fabrik  für  Gold-  und  Silberdraht  entstand. 

Wie  die  Regierung  öfter  in  den  Kampf  der  Interessen  eingrilf,  ist  oben 
vermerkt;  eigentlich  hatte  sie  mit  diesen  Dincren  fast  ohne  Unterbrach  zu  thnn, 
nur  nach  verschiedenen  Seiten;  bald  maüte  üem  Ausland  gegenüber  die  bean- 
spruchte Zollfreibelt  soweit  möglich  vertheidigt,  bald  das  eigene  Zollsystem  ver« 
Hadert,  bald  «ne  Untersuchung  gegen  Fehlbare  darebgeftthrt^  bald*  irgend  eine 
Satzung  „erläutert",  bald  für  sichere  Zufuhr  Ton Brennstoff  gesorgt  werden,  etc. 
Daneben  dürfen  wir  noch  zwei  Punkte  als  wesentlich  betrachten;  die  grnnd- 
B&tzlich  freie  Einfuhr  für  Rohmaterialien  einerseits  und  die  »Kornpolitik'*  ander- 
seits, die  durch  verschiedene  Mittel  erzielte,  daß  der  Preis  der  Getreide  so  billig 
und  gleiehraftßig  btieb,  als  es  die  Zeitumstände  nur  immer  erlaubten* 

yn.  Indem  sich  zu  den  Vorrechten  der  hauptstfidti^^chen  Handwerker  das- 
jenige de«  Kapitals  gesellt  hatte,  das  sich  einem  großen  Theil  des  Landvolks 
fühlbar  machte,  gab  die  Industrie  vielfachen  Anlaß  zur  Verstimmung  bei  den 
Zurückgesetzten.  Die  Ideen  der  französischen  Revolution  erweckten  denn  auch 
&tth  die  Absißhl,  der  Obrigkeit  eine  Aenderung  des  Monopolsystems  zu  empfehlen, 
was  sieh  aber  veraSgerte  und  dann  an  ungltteklichen  Ereignissen  führte  (1794 — 9b). 
In  den  Berathungen  tibcr  die  knndgewordenen  Wünsche  des  Landvolkes  bildete 
die  Ermäßigung  der  Handels  Vorrechte  den  schwierigsten  Punkt;  die  von  außen 
drängende  Gefahr  beaeiiigte  aber  auoh  diesen  Stein  (1798),  und  die  bald  hernach 
in  Kraft  getretene  Vertaasung  der  helvetischen  Republik  hob  alle  Vorrechte  von 
Orten,  Burgerklassea  und  Personen  auf,  was  ein  Geaet»  vom  19*  Oktober  1798 
bestKtigte.  TliatsKdilieh  wurde  dadurch  nicht  viel  gewonnen,  weil  andauernde 
Kriegsnöthen  den  Handel  niederhielten;  erst  mit  dem  Eintritt  der  Vermittlungs- 
akte (1><03)  kehrte  einige  Ruhe  und  Sicherlieit  wieder.  Man  hatte  nun  aber 
gewinsermaßen  neu  anzufangen.  Für  da»  Baumwollengewerbe  war  seit  einem 
Jahrzehnd  der  Absatz  durch  die  englische  Maschinenspinnerei  verkümmert;  dieu- 
seita  mußte  man  sieh  daher  sur  Errichtung  yon  Ibsohinen  entschließen,  wofür 
auch  Versuche  seit  1800  gemacht  worden  waren;  ein  EnglKnder  (Travies),  der 
sich  1802  zu  WillAingen  etablirte,  hatte  indess  wenig  Erfolg;  erst  die  von 
Hang  Kaspar  Escher  in  der  „Neumiililc"  I^Ziiricli")  er.-.te]|ten  Werke  bewährten 
sich;  von  1^<07  an  verbreiteten  sich  dieselben  utark  und  vcrscliafl'ten  der  Spinnerei 
einen  Autt>uhwung,  der  infolge  vielfacher  technischer  FortscUntte,  bei  viel  Aliß- 
gesohiok  emzelner  Unternehmer,  Stand  hielt,  wozu  die  Verwendung  der  reich« 
lieh  vorhandenen  Wasserkräfte  das  ihrige  beitrug.  Fttr  diesen  Umsehwung  ist 
an  die  große  Thätigkeit  des  „Spinnerkönigs"  Heinrich  Kunz  zu  erinnern  (1815  f.). 
Seitdem  kann  auch  beinahe  fUr  jede  Gemeinde  eine  besondere  Chronik  der  Industrie 


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Zürich 


—  42t 


Züricbseebabaen 


geschrieben  werden,  was  freilich  nicht  geschehen  ist.  Allerdings  dauerte  der 
Kampf  zwisohen  Adm  Alton  nad  Nftuen  «tliolie  Jalusohndo;  die  beBttbwde  Kluft 
baleuohtote  der  «ütterbniid''  (18S2),  eia  Ausbraoh  der  YervwaiflnBg,  is  tcim^- 

hafter  Weise.  lodessen  hob  sich  auch  die  EMdenindaalfie  zu  Stadt  and  Land 
and  übernahm  einen  Thoil  der  entbehrlich  gewordenen  Hände,  indem  sie  maoig- 
faltige  Arbeit  erforderte,  welch«  sich  ftlr  ungleiclie  Talente  und  VerhSltnisse 
eignet  und  zeitweise  mit  andern  Berufnarteu  verbinden  läßt.  Ueberdies  erhielten 
Sohieiiier,  Dreehaler  ete.  lolrattsde  BawhSftigang;  da«  Bedttrfnias  Dach  Italtea 
Wohnungen  nöthigte,  die  alten  Fenster,  namentlich  die  kleinen  nnd  traben  Band- 
scheiben, durch  moderne  zu  ersetzen.  Ueberhaupt  verschönerten  sich  die  gewerb- 
reichen  Ortschaften  seit  den  Vierzigerjahren  daroh  Neubauten  bedeutend,  was 
der  Industrie  i.  w.  S  zu  statten  kam. 

Die  freie  Bewegung,  welche  das  19.  Jahrhundert  auszeichnet,  bekundete  »ich 
ferner  in  der  Anfbahme  anderer  ladnetrienweige.  Zn  Bohweigen  yon  dem  Hand- 
werk,  das  zeitweise  einem  unhaltbaren  Zunftzwang  anheimfiel  (1803 — 82),  aber- 
bald  durch  die  Entwicklung  der  ^laschinenteehnik  auf  neue  Bahnen  gewiesen- 
wurde,  erwähnen  wir  nur  der  starkim  Ausbreitung  mechanischer  Werkstätten, 
die  auf  einzelnen  Plätzen  sich  zu  Fabrik  komplexen  fUr  Masohlnenbau,  Gießerei, 
Elektroteohnik  oder  Workzeugfabrikation  erweitert  haben ;  der  vwatdiiedenartigen 
ohemisefaen  Gesdiäfle  nnd  der  stark  ▼ersweigten  «graphiadhen  Kttnate",  die  sich 
an  rühmlichen  Leistungen  erhoben.  Die  einzelnen  Zweige  und  ihre  technischen 
Erfolge  herzuzählen  ist  nicht  Aufgabe  einer  solchen  Uebernchan ;  es  genügt  zn 
konstatireu,  daß  die  industrielle  Strebsamkeit  f-i(  h  mehr  und  mehr  den  Bedürfnissen 
des  Landes  augejiaßt  und  die  Mittel  zu  weiterm  Fortschritte  gesichert  hat. 

Wie  der  Staat  aneh  an  diesen  neoen  Entwicklungen  b^eiligt  ist,  bedarf 
nur  einer  knnen  Erinnemng.  Interesse  nnd  Fwratändnis  der  leitenden  Personen 
fnr  das  Gedeihen  von  Gewerben,  Wissenschaften  und  Künsten  mnßten  Howohi 
die  Gesetztfcbnng  ul-<  die  Verwaltung  beeinflnswn,  der  Arbeit  eine  erspricL*>liche 
Freiheit,  dem  mittellosen  Talent  die  nüthige  Unterstützung  versehatVen  ;  den  Vor- 
kehr erleichterten  große  Opfer  des  Kantons  und  der  Gemcindeu  für  ätrul^en  und 
Eisenbahnen;  die  Forderung  eioaelner  Geschfiftsswuge  ttberoahmen  besondere 
Behörden  (Kommissionen  etc.);  im  weitesten  Sinne  belebend  wirkten  aber,  nnd 
zwar  zumeist  in  den  jüngsten  Jahrzehnden,  die  wireenschaftlichen  und  gewerb- 
lichen Bildungsanstalter.,  die  Sammhingen  und  Ausstelhingcn,  die  reiihlich  ge- 
währten „Stipendien-,  die  in  Amts-  und  l.^rivatkrei.sen  durcligedruiigeiie  Einsicht, 
daß  der  Thiitigste  und  Tiiciitii^ste  .sich  uuv  längsten  behaupten  wird. 

(Landwirthschaftlichos  auf  Seiten  422  und  12  3.) 

Zürichbergbahn«  (Drahtseilbahn).  Führt  vum  Limmatquai  Zürich  bis 
zum  Polytechnikum.  Wurde  eröffnet  am  ü,  Januar  lbä9.  Bauliche  Länge 
171  Meter. 

Zttrichseebahueu.  Projektirte  Länge  der  rechtsufrigen  34,940  Meter. 
Spurweite  1,4t«  Meter.  AdhSaionsbahn.  LokomottTbetrieb.  Näheres  im  Artikel 
sHoratoriumslinien '  im  II.  Band  und  im  Supplement,  ebenso  betreffend  die 
sog.  linksnfirige  Z.  (Thaiweil^Zog). 


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Zürich 


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Zürich 


Laudwirthöcliaftliches. 

Nach  .Statistisches  Jahrbuch  der  Schweiz',  Jahrgang  1892,  dessen  Angaben  den  .Sta> 
■isUsehen  Mltbeilungen  betreten«]  den  Kantnn  Zürich'  ;  bearbeitet  vom  zflrchMisebeii 

kanfonaku  ^latistisclien  Bureau,  entnommen  f^ind.) 

i.  Die  Geireidearten,  Ilach  fr  achte,  tuiterkräuter,  da^y  Heu  und  das  BiecUattd, 

nach  den  Erhebungen  von  188ö  und  1889. 


Gattungen 

Bebaute 
FIXche 

Ernte 

Geldwerth 

G«treidetirt«n 

h». 

1885 
6,191.6 

V/O.V 

78,730 
32,920 
47,600 

28,610 
443,700 

P». 
1889 

1,535,220 
641,980 
761,620 
ixi  ,eifu 
486,410 

t.949,340 

15,491.9 

639,090 

6,501,910 

Hackfnichte 

.  Mit  Rftben  ab  Nacbfimcht  besteUt 

6,1790 
1,003.2 

1C7.8 
3,149.5 

322,990 

265,?50 

■riJ,Z/u 

S9.060 
35l,160 

2,307,120 

noi,t>5() 

90,750 
401,810 

7,678.1 

1,014,730 

3,470,485 

Futlekräuler 

Klcegrasmischung  

188» 

3  4Sfl  *-t 

0,300.0 

1,327.8 
2,366.8 
991.1 
162.2 

XW,Wf  u 

86,250 
178,32<' 
77,0»  M> 
8,390 

1  AlU  OlA 
1,MU,9«U 

531,310 

MOä,r,:jo 

182,360  ! 

r>:j,i70  j 

9,086.S 

615,630 

3»8184llJ9g 

Heuernte  | 

Geringes  Heu  

1885 

20,225.5 
9,059.3 

3,355,!^ 
1,289,530 
395,200 

21,745,yuO  1 
7,406,880 
1,586,190 

67,811.8 

4,970,570 

30.738,970 

Jtiediand  | 

Streuland  

1889 
447.5 

6,936.9 

s.  12,530 

q.  349.610 

69,240  1 

1.766,510  1 

ToUl  Riedland 

7,:i83.U 

1,835,750  J 

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ZQrich 


—    423  — 


ZOrieh 


Bebland   ha 

Ertrag  per  ha   hl 

Total-Ertrag   hl 

£othes  Gewächs   hl 

WeiHses     «    U 

GemiMhtes  •    Iii 

Qeldwarth  pr.  hl  rothes  G«wl«h«  Fr. 

•          •    •   weisses      ,  , 

,    „  gemischtes  ,  „ 

Total- Güldwerth  der  Weinernte  .  - 


1889 

5516.1 
20.7 
114,236.4 
21,516.4 
66,462.6 
24,357.4 

r»3.  — 

32.  — 

Hl.  m 

4,732,180 


Der  durchschnittliche  Weinertrag  per  Hektare 


In  Jahr* 

1875 
1876 

1877 
1878 
1879 


u 
112 

72 
59 
50 
14 


Fr. 

2612 

2062 
1796 
1444 
470 


Im  Jahr« 

1860 

1881 

1882 
18ö3 
1884 


Ilt 
20 
46 

15 

25,4 
27,1 


Fr. 

717 

1363 
449 
S75 

1100 


1888 

5516.1 
24.0 
132,647.2 
19,552.4 
88,149.5 
24,945.3 
42.  70 
20.  60 
23.  80 
3,248,440 

war: 

tn  Jftbra  M 

1885  '  48 

1886  23,7 

18H7  28,8 

1888  24,0 

1889  20,7 


Apfelbäntne 
Birnbäume 
Kirschbäume  . 
ZwetsobgenlAiiipie 
NaasbSaintt  .  . 


479,423 
477,434 
67,289 
97,646 
15,701 


Obstbau. 

Ertrag  — 

.      2,48»i,660  Fr. 
509,200 
326,710 
121,890 


« 

1» 


0 


1887 

5516.1 
2S'.8 
I5s,!n9.3 
29,599.1 
95,793.5 
38,526.7 
47.  60 
24.  40 
31.  — 
4,781,570 

Fr. 

1400 

746 
867 
589 
757 


218,675  q 

16,800  , 

17,371  . 

3,789  „ 


Total  der  Obatbftiima:  1,137,493       1889:  3,444,460  Fr. 

1888  :  8,338,890  „ 


256,635  q 
1,879,087  , 


MUiAwirihsekafl, 

1889  1886 

  292  286 

512,826  559,662 

11.  05  11.  36 

,      5,668,140  6,355,050 

An  Private  verkauft  q         67,207  60,270 

Zar  Käserei  verwendet    ....       445,619  499,392 

Geldwerth  de«  prodiinrten  Klees  Fr.    3,279,370  3,207,960 

«      der       .      Butter   ,     2,806,350  2,683,890 


Zahl  der  Käsereien  

£iDgUef(Mrte  MUeb  q 

Dnrohsohn.  IGIohpreia  per  q.  Fr. 

Geldwcrth  der  Milch  . 


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Berichtigungen  und  Hinweise. 

Die  Berichtigungen  zu  Band  I  und  II  »ind  jeweilen  am  Schluß  des  betreffenden 
Bandes  angebracht. 

Eichstätten  (Suppleraentartikel).  Unter  St.  Gallen  sollte  es  heißen 
hölzerne  statt  eiserne  Flüfsigkeitsraaaße.  In  der  dritten  Linie  von  unten  sollte 
es  heißen  die  GaseichstäUttn  in  Hasel  und  Zürich  .  .  .  statt  nur  die  Eicbstätten. 

Fremdenverkehr,  siehe  auch  Seife  383  im  Artikel  „ VolkswirthHchaft*. 

Gewerbe,  ,      ,       ,    384  „      ,  , 

Gotthardverkehr,  siehe  den  Artikel  Uri. 

Handel,  siehe  auch  Seite  390  im  Artikel  „ Volkswirthschaft" . 

Hausindustrie,  „  ,  „  382  „  ,  , 
Industrie,  „      „        „    386  „  ^ 

Konsum,  .      „        „    390  „       ,  , 

Produktion,  „      „       ,    395  „      „  , 

Verkehr,  ,      „       .    390  . 

Versicherung.  Auf  Seite  337  soll  es  in  der  dritten  Textzeile  heißen: 
In  den  Kanionen  Neiienburf/,  Zürich  und  Sohthttrn. 


Schlusswort. 

Viele  Mitarbeiter  sind  mir  in  so  liebenswürdiger  Weise  entgegengekommen, 
daß  es  mich  drängt,  ihnen  an  dieser  Stelle  meinen  herzlichen  Dank  auszusprechen. 
Auch  die  Pres.se  hat  mir  durch  ihre  wohlwollende  Haltung  große  Freude  bereitet. 
Ich  wußte  dieses  Wohlwollen  um  so  mehr  zu  schätzen,  als  ja  der  Kritik  nicht 
entgangen  sein  kann,  daß  da.s  Werk  nicht  frei  i«*t  von  den  Mängeln,  die  den 
meisten  Krstlings-Ausgaben  von  größern  lexikalischen  Werken  anhaften.  Außer- 
dem trägt  dieses  Lexikon  den  Stempel  der  besondern  Schwierigkeiten,  mit 
welchen  schweizerische  Verlags-ünternehmungon  zu  rechnen  haben.  Diese 
Schwierigkeiten  sind  aber  doch  nicht  so  untmuthigend,  daß  man  nicht  wagen 
sollte,  Hand  an  die  Erstellung  eines  zirka  .500  Bogen  starken  „Schweizerischen 
National-Lexikons"  zu  legen,  das  alle  auf  die  Scliweiz  bezüglichen  Materien  von 
einigermaßen  erheblichem  Interesse  umfassen  würde.  Irgend  ein  angesehener 
Verein  oder  ein  wissenschaftliches  Institut  (Polytechnikum?)  würde  gewiß  die 
Leitung  des  Werkes,  und  der  Bund  die  Redaktionskosten  übernehmen.  Einem 
Verleger  oder  einem  Konsortium  von  Verlegern  würde  somit  nur  die  Bestreitung 
von  Druck  und  Vertrieb  zufallen  -  ein  betichcideues  Rihiko  im  Verhältniß  zu 
der  Gunst,  mit  welcher  eine  so  werthvolle  literarisclie  Gabe  aufgenommen  würde. 
Zustimmende  Mittheilungen  wären  dem  Unterzeichneten  sehr  willkommen. 

Der  tit.  Schweiz.  Statistischen  Gesellschaft  und  den  h.  Bundesbehörden 
gebührt  besondere  Anerkennung  für  die  Unterstützung,  welche  sie  dem  vorliegenden 
Werke  angedeihen  ließen. 

Bern,  im  Dezember  1892. 

A.  Furrer. 


K-^^.  ^^^^ 


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