Volkswirthsc
der Schweiz
Alfred Furrer
IHartjarti Collrgr Hibrarj)
THE GIFT OK
WILLIAM BAYARD CUTTINCi, Jr.
(CUM o( 1900J
OF NEW YOKK
FOR BOOKS ON SWITZERLANÜ
VoMMafls-LexikoD
der Schweiz.
(Urproduktion, Handel, Indostrie, Verkehr etc.)
• HeransgegebeD und redigirt
▼on
unter Mitwiiknnf
VW Faohkundigen in und aumr 4» BandMVirwalluiig.
A. lle RedUe (fewahrt,
m. Band (Y. Halbband).
■ iirnfiiiaayoo'i»^'»'^'
Bern.
Verlag von Sehmid, Frenoke & Co. (Tom. J. Dftlp'aolw Bnohhandlniig).
1891.
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1 .
Apr. 1" , ■.' ''/■ö.
of
1-1 i*w iork
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Sehifllfer. Die Bohprodnktenktrle v<m Weber & l^mi (.Verlag von J. Warster
& Co. in Zürich) verzeichnet ca. zwei Dutiend Ortechafteh mit Schieferbrüchen,
nSmlith : 14 im Kt. Wallis i BoTcmier. Cliati^lanl, Col!ong*w, Donnaz, I«?frt,
Mörel, ^Nendaz, Or«ieres, Outre-Khüiie, Salius, Salvan, Saviese, Senibiancher und
Vernajaz); 5 im Et. Graubttnden (Fellars, Schleuis, Seewie, SiU und Tinzen);
i im Kt. GUriia (Engi und Matt); 1 im Kt. Bern (Fmtigen) ; 1 in Ob-
walden (Im Schild); 1 im Kt. Uri (Attinghansen).
Auch bei PßfTfvs im Kt. St. Gallen findet sich Sehiefer in ziemlich mächtigen
Schichten. Bei Elm im Kt. Glaiu» war vur dem Bergsturz die Schiefprg^winnnng
bedeutend. Auü^r Betrieb ist femer der frühere Schieferbruch bei .Miilileneu im
Kt Bern imd derjenige bei Thun, wo Tor einigeD Desennien anf fieohnmig der
Bemer B^emsg SchiefBr von großer Feinheit und Hirte unteriidiioh gebrochen
wurde. In Mühlenen («m Faße des Miesen) standen nm 1830 gegen 100 Sobiefer-
brecher in Arbeit.
Die gesammte Scbieferprodoktion wurde auf 6000 Tonnen im Werth
▼on Fr. 500,000 geschätzt (Locher, Katalog der Baumaterialien an der Landee-
anaatellimg 1883).
Der Walliser S<ihiefer ist hauptsächlich zu Dachbedockun«:en, der Schiefer
der übrigen Kantone zu Tafeln, Stiften, Möbeln etc. pppi|»nt t oder verwendet.
Schon im 16. Jahrhundert verschickten Glnnu-r Kaulleuttj hchreibtaleln und
Giitlel vou Schiefer in» Aui^iand. Seitdem blieb immer eiu gewisser Export
(1888 Fr. 37,514, Einfobr F^. 11,075; ferner Schiefer fHr Tiache, Wand-
bekleidnngen etc. für Fr. iy:),()Hr), Einfuhr Fr. 23,993; Dachschiefer für
Fr. 19,240, Einfuhr Fr. 164,862). Nach und narh mehrte sich aber auch in
der Schweiz die AbsatzErtdeg^enheit. Ca. 2(> Firmen in 1» Kantonen liegen zur
2<eit dem Gewerbe der Schieferaue beutung und -Verarbeitung ob. 1880 waren
77 T&felmaeher, wovon 22 Kt. Bern (Fmtigen, Thnn etc.), 26 Kagaz and
PfllTere, 19 Kt. Glaroa, 10 Kt, Wallis. Unter dem Fabrikgeeeta stehen 2 Firmen
m RagaX'Pfitffen nnd 1 in Thnn.
Einfuhr Ausfuhr
« ^ 1 Q
Dachschiefer jiOiTldarobwhn. 14370 16513 19086 5111
Schiefer in Platten . . . „ , l.'.T H'A 6719 20842
Schiefertafeln n. Sehieferstifte „ „ l.'M 368 1257 984
Svhieferkolile. Kohle aus der Quatemärzeit, verwandt mit der ältereu
Brannkohle der Tertilbrformation. Die Ansbente beider Sorten war in der Ost-
aobweis ehedem xiemlioh betrttehtiiidit bat aber in nenerer Zeit sehr abgenommen«
theils wegen Erschöpfung der Gruben, tbeils mangels Rentabilität. Die Gesammt-
produktion von Schifferkohlen betrug im Jahre 1870 18,068 t, im Jahre Ihmi
nur noch ca. 2000 t. Hauptfmulurt war Uznach im Kt. St. Gallen, wo jetzt noch
(18Ö9) zwei Gruben ä 2—5 Fuß Suhichtenlängu im Betriebe stehen nnd eine
^fbrliohe Ansbente Tön 1750 1 liefern. Außerdem sind in der Bohprodnktenkarte
von Weber & Broei als Fundorte verzeiehnet: DUrnten und Unterwetzikon im
Kt. Zürich, K^ebtmbaoh nnd Mtffschwyi im Kt. St. Gallen, Wangen im Kt. Schwys
(überall Tiefbau).
Wamr, Volknrirtl»cb«fto>Lezlkoit der ScbweiB. 1
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Schifffahrt
— 2 —
SchiflEahrt
Sühifffahrt. a. Segel t»c h i f ff :i )i r t. Durch dit« Hiufiilirung der Dnrnpf-
mofichiiie int wolil da und dort der fruhcru Hauptart de» Wa88erveikelir>;, der
SegttlsehiflTabrt, nicht aber dem Tericehr wa Schiff und WtMer überhaupt Eintrag
gethaa worden. Im Gegenthcil : der Dampf hat a»oh die Flathen belebt und anf
den größern Seen die Personenbeförderung um ein Bedeutendes gesteigert.
J^ie Flößerei hingegen mag erheblich einf^ebUßt haben, denn beim Holz-
traiisport ist, wie bei jedem andern Tranaporty oft die iiaschheit der Betorderuog
wiohtiger als die billige Fracht.
Ueber. deo ümfiaing dar FlBßerei dem Lexikon niohle ürkandlichei
und StatiiitiHcbeti vor, während Uber die frühere Segel ^chiiTfahrt und den Beginn
dor DampfachitlTahrt einläßliche Mittheilungen in der „Statistik der Schweiz " von
Max Wiriii (Verlag von Orell Foßü Sc Vn., Zdrich, ISTl) enthalten sind.
Vor der Einführung der Damptuclii Ii fuhrt kreuateu dcu Budcusee (JO
Segelflohiffe, worunter ca. 15 grüße Fabneuge bis an 900 q Tragfähigkeit. Ein
Tbeil der Schiffe veitiah den Dienat auf dem Rhein von Konstanz bis SchatFhauHen.
Auf dem Ziir« hersec fuhren ca.\M)0 Segelschitfe, davon 35, welche der
lV-i3rtlirhf»n (ilber die Kantone Zürich, St. (rallen, Schwyz und Glarus verbreiteten)
Linth-Sciiiiitahrtrigtiiiellticbaft, mit Sitz in Zürich, aufgelöst lb5U, gehörten und
wöchentlich mehrere Male die Strecke Zftrich-Wallenstadt zorilcklegtcn. Die
Übrigen Schiffe waren theile dae Eigeathnm kleiner Sohiffergesellachaften der
gittßern Uferorte, theile eintelner Privaten. Wohl die mieten Schiffe yersahen
Botendienste.
Den Vierwaldstättersee belebten eine Menge Ruderboote. Ihre Zahl
war auf ca. 140 getiohätzt. Die (i grüßten trogen Lasten bie m $00 q, die 8
mittelgroßen Loeten von dO — ZhO q ; etwa 90 kleinere Ruderboote vermittelten
den Kleinverkehr und ea. 40 Weidlinge waren zum Vergnügen und pereVnliohen
Gebrauche gehalten. Auch ein . Pu.stsehiiV', dessen Hcsatxung ans drei Mann
bestand, kiirsirte zwi.seheii Luzerii, Brnnn#'n und Fhuden.
DcD Tlmner- und den Brienzersec bchmUckten ca. 15 , Böcke" für
den Laetentranaport, 30 — Sd kleinere Uadersehiffe für die Beförderung von
Beinenden und je 1 Poatsehiff, das täglich eine Fahrt anefithrte.
Der Zugersee hatte H groG' I.a-t^hitfe. 8 Transport oder Marktschiffe
und etwa 25 kleinere l'ersonenscbuie zu tragen.
Auf dem N euü n burger-, dem Bieler- und dem Murtensee vereahen
12 — 15 Segeleobiffe den Dienst der Waarenbefi>rderong.
Der Genfersee war reich an schweren Barken. Ihre Zahl eoll^swischen
HO und 100 varitrt haben. Tragkraft 400— 90n i
Durch (iie I tiunf.fiMMje mirde dem SegeUchitf der früher schon unbedeutende
i^er^oneutrannpurt nuL.h vullend^ geraubt. Dafür stellte sich für viele Jahre eine
weiientliohe Zunahme des Gütertrausportea ein. Seit aber die Dampfiiehifflfahrt
ihren Höhepunkt erreicht hat, ist auch die Güterbeförderung durch die Segel-
hchilfe wieder geringfiSgiger geworden. Ks erhellt dien danins, daß i\\<- Zahl
der Segelnehirte auf dem Bodensee von 6'» aut ÜU — 4U, anf lern Zürcht-i.-rt; von
ca. 200 auf 70 gestunken ist. Letztere haben eine Gesawmttragkraft vun 2500 t.
Wie oSmlich Herr J. Bir-Sehweiser« Priaident des Bodensee-Segekohiff-
verbandea, dem Lexikon schreibt, unlerhSlt dieser Verband auf d«n Bodensee
gegenwärtig (Uitte 18H'J) 22 Segelschiffe; außerdem sind noch 8 sulche, deren
Besitzer nicht zntn Verhau 1 gehöreu, und mehrere kleinere SegelschilTe von ge-
ringerer Bedeutung. Die Verbaudasohiüe haben eine Tragkraft von 2b — ÖO t
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^ktaifirabrt
— 3 —
(darcLsciunttlicii 49 t); Bie giad zusammen am Fr. 48,500 versichert und ihre
Anschaffungdiostcn betragäu je Fr. 5000 — 7000. Sie sind ganz aas Eicheohols
folwut, tngw «inen Maat tod 30 — 24 m Hohe und Baa-Begel von atarkw Lein»
\v tili nnd großer Qnadratdäche. Keine HUl&segel. Der Verband bat den Zweck,
(i'-n Mitgliedprii bei ScliadenflUIen Unteratatsimg so bieten nod einheitliche Tarife
zur Geltung ssii bringen
b. Dam pfii.cbifffahrt. Dieselbe uabm ihren Anfang in der ersten Uälfte
4er 30er Jahre.
Zwar wurde eehon 1817 in Konateius, auf Anregung des Fabrikbeeittere
üacaire, ein hSlxeme» Dampf boot für den fiodensee konstruirt ; es kam aber nie
snr Verwendung, weil die aus) Kngland bezogene Mancbine den Dienst versagte.
Krjites schw'izeri.Hches Dam]»fbuot war der „Wilholm Teil", 18'>:^ für den
Oenfersee gebaut. Die Maschine hatte nur 12 Pferdekräfte. Ein Jahr später
folgte für den nXmlichen See der „Winkelried* mit 30 Pf.
Ebenfalla 1824 begann die Damplsdiifflrahrt anf dem Bodensee^ doch nieht
von schweizcriHcher, sondern von dentaoher Seite. £e wnr eilieraeitd eine Gei^ell-
Hchaft von Friedrichabafen, welch«' ein Dampf boot nn«? Tannenholz (..Wilhelm")
mit einer Ma^jcbine von 20 Pf., und anderseits Freiherr von Cutta in Stuttgart,
welcher ein tannenes Boot ä 18 Pf. herstellen ließ. Dieses letztere Boot befuhr
«Heh den Wiein bis Sohaffhanaen.
1826 kam der Ntnienburgersee an die Seihe, 1834 der Zürchcrsee, 1835
der Thunersee, 1837 (Ur Vierwaldstätter^'ec und der ANallensLi-, 1839 der
Brienzers^e, 18.^2 der Zngersee, lbö6 der Lagauersee, 18^8 der Hallwylersee,
J889 der Joux-Öee.
Bia 1850 vermehrte sieh die Zahl der Dampf boote bloß anf ca. 25» bii
1860 aber auf ca. 65, bis 1870 auf ca. 75, bis 1889 anf 109, ohne die Boote
anf dem Langensee.
Hievon sind ch HO das Kigenthum sphweizeriKcher Gesellschaften.
Ueber den ÖchiÜfahrtsbetrieb auf dem Bodeneee und dem Ziircbersee gab
die Direktion der Schweis. Nordostbahn dem Lexikon sub 29. Juli 1889 folgenden
Berieht :
Bodensee:
«Die 6 Dampf boote der NordoKtbahn auf dem Boden^ice haben MaechinCiD
von zn<«amnien A'lh Ff. und eine Tragl<raft von 180 t oder 2'.)hO Personen.
l>ie Noniüsth .lin besitzt nuf dem Boden.se.e gomeiuschaftlich mit Bayeru » ine
groüe Iru/tikt-Dunipffuh/c, weiche 2 ilaschineu mit je 100 Pf. und eine Trag-
fiUiigkeit von' mindestens 300 t besitzt. Dieselbe verkehrt anssohtießlich swisdien
Lindau und Romanshom.
An S'-hieppbfloicn besitzt die Nordostbahn: 2 eiserne Trajektkähne mit je
180t Tragkraft; 4 eiserne Sehleppkähne mit zusammen :'70t Tragkraftj gemein-
schaftlich mit Bayern 1 eisernen Schleppkahn von löo t Tragkraft.
Außer der Kordostbsliii besitmn aaf dem Bodensee ^Üssa^ef boote : Die
badisehan Stsatsbahnen 8 Baddampfer; die wttrttembergiseben Staatsbahnen 8 Rad-
dampfer, darunter 1 Salom^ehitT im Bau; die bayerincben Staatsbahnen 6 Had-
dampfer : die österreichischen StaatHbuhnen 4 Raddampfer , nebst 2 kleinen
fik^branbendampfern für Gütertransporte und Manipulationen im Hafen."
Zürcher see:
,Die Zahl der im Besitze der Nordostbahn befindlichen Dampf boote auf
dem Ziirchersee ist 12, nämlich 1 Salondampfer, 7 Personen-Baddampfer, 1 Kad-
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Schifllakri
— 4 —
Schififahrt
dampfer für den Waareu verkehr, 2 PerBonen^Sohraubendampfer, 1 Trajekt-Dampf-
fthre (Schranbendainpfer).
Die Ma^binen diemr ritromtlieben Schiffe reprSmntiren 547 H. nnd «Kmint-
liohe Boote haben zusarameD 1400 t Tragkraft und 5500 PersoneD Tragkraft.
Die Trajekt-Dampffähre verkehrt nur zwischen Wollishofen und Uetikon
und vioe-versa, und zwar zur Bewältigung des öüterverkehrs der chemischen
Fabrik von Gebrüder Schnorf in Uetikon, welohe Firma indeß nooh einen eigenen
kleinen Sduranbendampfer imd Bemoiqnoiir ttir den Verkehr looo Seeetotiooea
und Zürich, so-wio nach Rapperawyl luco und traniit im Besitze bat.
An Schlepp hodtoi besitzt die Nordostbalm auf dem ZUrcheraee : 7 eiserne
und 20 hölzerne Schlepp- und Kohlenachifie mit einer Gedammttragkraft von
700 t.-
Am 2. Kot. 1887 konstitnirte sieb, mit Site in Lachen, Kt. Sohwys,
eine (xesellidiaft für die DampfschiiTfahrt auf dem obern Zürchersee. Ihre Fahrten
begannen am 17. Mai 1888. Die Gesellschaft besitzt den Sohraubendampfer
^Olu^rsee". Tragkraft 20 t, Ma;>chinenkraft lö L. p. Einnahmen aas dem Personen-
trausport im Jahre 1888 Fr. ll,4()i.
Vier waldstättersee und Zugersee:
Die DampAobiffgeBdleohafl dee YierwaldstKtteiwe'e hat yor «nigea Jabreii
ancli den Bebär&brtBbetrieb anf dem Zogeraee ttbemommeo. Sie arbeitet mit
einem Aktienkapital von 3 Millionen Franken. Das Schiffspersonal bestebt ana
119 Mann auf dem Yierwaldetättersee und ans 8 Mann auf dem Zngersee.
Außerdem sind noch ca. 80 Mauu uU Brücken wärter, Güter besläter, VVerfte-
arbeiter und Taglöhner beschäftigt. Das Betriebspersonal und die Werftearbeiter
lind gegen ünfölle vernobert.
Ueber den Schiffsbestand gibt folgende Statistik Aasknnft:
a. Vierwaldtiättcr^^ee.
Käme cl«s SeUffM
de« Brin>ji<
Indixirte Liiage
Prerdukrftft« m
breit«
ni
Inveutarwertb
81. D«cemb«r 189^
1 Stadt Luzem .
1886/87
700
60,00
7,50
1^.
319,501. 50
2. Germania
1872
530
59,40
6,39
«
216,235. 80
o. Itulia
530
59,40
6,39
n
216,235. 80
4. Schweis . . .
1870
480
60,45
5,91
M
207,263. 60
6. Victoria .
480
00,45
5,91
II
207,263. 60
6. Helvetia
335
51,00
5,40
m
132,088. 65
7. Gotthard
1887/P8
350
46,00
5,80
n
181.300. ~
8. Waldstätter
187d
290
43,40
48,00
4,80
T
110,146. 90
9. Wilhelm Teil .
1864
965
4,98
II
99,840. 70
10. Stadt Baml
1859
315
45,00
4,80
«
93,673. 65
11. Stadt Hailand .
215
45,00
4,80
II
?2,r>7'}. 65
12. Rigi ....
1848
155
37,80
4,20
n
62,899. 75
13. Schwan . . .
18G3
60
22,50
3,00
21,875. 40
Fr.
l'96U,UOO. —
b. Zugersee.
14. Helvetia * .
1876
290
43,00
6,00 1
Fr.
46,402. 32
15. Stadt Zng . .
1864
155
39,00
4,75 1
Die Schiff« Nr. 1
— 5 und
7 sind Salon-, »>, 8,
10 und
11
Halb.salon-, 9,
12 und i:^ trHU-rdinliche Eindeckboote.
Die Schiffe
Nr. 1 —
3, '
6, 9—11 und
13 -15 sind von l,M her Wyß & Co., Nr. 4, ö, 7 und 8 von Gebrüder Sulaer,
Nr. 12 vüu Ditclibura & Mare erbaut.
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SchifEUirt
— 6 —
ScbüXBOkit
Die Geaellscbafl besitzt ferner 1 eisernes Schleppschiff mit 150 t Tragkraft,
ferner 1 1 hülzcrne Sohle ppachitVe mit je 10 — 70 t Tragkruft, nebst einer Anzahl
gröi^erer und kleinerer Eaderacliiffe. In der Bilanz figurirt das geflammte Schlepp*
mmteiial mit Fr. 19,150.
Grenferaee:
Dieser See weist die größte Zahl von Dampfbooten (18) auf, indessen aittd
die Maschinen weit kleiner als diejenigen der Boote auf dem Viorwaldstättersee.
Man vergleiche diesbezüglich in der vorigen and in der folgenden Statistik die
Kolonne «Indizirte Pferdekräfte''.
Dunpfiwhiffe de» Genftnee*«:
Dstuiu
Indisirte
L&Dg«
m
Bttlto
Uoot^Blino , . .
1675
120
64,00
7,20
6,71
Fr.
170,000
Winkelried . . .
1970
140
60,00
»
111,000
110
55.00
6,40
2 -'2,000
1 lu
55,00
5,80
m
lf,7.000
Helv^ti© ....
. 1840/72
100
50,00
6,40
9
71,U00
. ltibl/76
90
55,00
5,64
9
88,000
. 1856/74
80
50,50
5,34
m
58,000
. 1857/77
55
4G,00
4,88
a
62,000
60
42,70
5,00
m
100,000
Jura
1878
55
40,00
5,00
p
85,1)00
55
40,00
5,00
•
88,000
OnilUtame Teil . .
. 1852/76
35
38,50
4,30
•
35,000
ViUe de Oeoeye .
. 1856/86
55
40,90
4,57
•
98,480
1875
30
36,00
4,57
»
47,000
Mmiette ....
1875
30
36,00
4,57
•
45,000
Viüe de Vevey .
1876
25
30,00
4,40
*
24,000
Tille d'Evian . .
1874
20
24,00
4,15
1»
10,000
20
24,00
4,15
10.000
Fr. 1*491,430
FOr den ganzen See besteht nnr eine DuttpfBohiHTahrtsgesellsohaft, die Com»
pagnie ginörale de nayigation snr le lac Leman, mit Site in Laanniie.
Thunersee:
6 Dampf boote, wovon 1 (nHelvetia") erst seit April 1889. Lunge der 5
ältesten (über die „Helvetia* erhielt das Lexikon keine Anekunft) 36,6—54,9 m;
Breite 4,27^6,10 m; FL 32—60.
Brienzersee:
4 Darapfboote, a9,»l— 51,8 m lang, 4,10— m bnit, :U1 -70 Pf.
Die Vereinigte DAnipfschititiilirtsi.ft>sell8chalt l'iir den Thuner- und Brienzersee
bat einen Unterstützungsfoud zu buuiiten der Schitfsmaunschaft, welcher Ende
1888 Fr. 85,356 betrog.
Lngaoersee:
Die Soeietli Davigasione e fcrroTie pel lago di Lugano besitst die 5 Personen-
dampfer
„Lugano" a 200 Pf. zum liivt-ntarwerth von Fr. 87,112,
„MUauo- „ 150 „ , , „ 77,010,
.Gereno» , 100 . , « . , 40,754,
.Hdretia'' „ 80 , , . , . 40,754,
,Gea«nNH>* , 150 „ „ , „ . 110,000,
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SehiffEüirt
— 6 —
Schiinkhrt
ferner den Schlepper ^Lampo" a 35 Pf. und 2 Lantbarken von je 60 t Trag-
kraft. Im Jahre 1S88 wurden I97,(il8 Personen und 900 t Gütfr b.fJ.niect.
Der Reingewinn beziitert sich auf Fr. 60 — 80,000 per Jahr, wird aber ab^orblrt
dnroh diu Defisit der Bahften Porlezza-Menaggio ond Pontetroaa-Luino.
Keuenburger- und MurtenHee:
Die jetzige Geeelleebaft gründete üoh im Jabve 1870; allein die Daupf-
echiff&brt begann sdhon im Jabre 1826. Gegenwärtig 4 Dampf boote k 40 bia
50 Pf. nnd eine Bemntuiung von 40 Personen. Im Jabre 1888 wurden be-
f<»rdert 87,177 ReiKonilf uikI ca. 50,000 t (liKer. Einnahmen und Ausgaben
halten Rieh die Waage. Kein Unt«;r8tUtzungMtuud. Inveutarwerth der Schitfe
Fr. -442,267. (Laut Bericht des GeKelluchaftsvorstandes.)
Bieleraee:
Zwei Gesellsohalten theilen sich in den Scbiiffahrtabetrieb. Die ältere der-
selben, gegründet 1877, bat ihren Sita in Biel. Sie bentat das Doppelachranben«
boot „Schwalbe", welches Raum für 80 Personen hat. 33 Pf. Länge 20 m,
Breite 3,20 m. Das Boot wird zu Vorgnilgiinp^fnhrtfn, aiuh für 8(jl(he nach
dem Neuenbnrger- und dem Mnrtf»ns hau|itsai.hlich al»cr nach der St. l't-ters-
insel, benutzt. Bi« i8H6 dieute <lic „Öchwaibe* auch, um für den Aarberg-
lliigneck- nnd den Heienried-Bttren-E[ana] Steine aus den Brttohen 7on Alferm^
and Tüscherz zu bcHirdern.
Die jüngere Gesellschaft, „L' Union d'Erlach-Neuenstadt", gegründet 1885,
hat ihren Sitz in Krlarh. Sie vorfiigt über 2 Schraubenhootp : 1) .T.'T'nion"
mit 24 Pf„ 14 m Länge, 3,20 m Breite, uhne KajUte, Kaum fUr 40 i'erbynenj
2) „J.-J. Bomaeatt* mit 36 Ff.» 1 Kajüte, 22 m Länge, S'/a m Breite, Banm
flir 80 Personen.
Bedienungspersonal auf beiden Schiffen ?> —4 Mann. Zweck der Boote ist,^
den refrflmäßiprn Po-t-, Personcu- und Güterverk'-hr zwi.sr'hün Nenenstadt und
Krlael), sowie Luätlahrten (ebenfalls hauptsächlich nach der St. Petert»iD«el) sa
vermitteln.
Anßer den B Dampf booten finden anf dem Bielersee oa. 10 grSfiere Rnder-
nnd Segelbarketi von 200 — 500 t Tragkraft xam Transport von Steinen etc.,
30 FischerVo >te und etwa 40 LiixiiKboote Verwendung. (Naeh gefl. Mittheilangen
des Herrn Grüring-Dutoit in Biel.)
Vor der Erütlnung der Eit»enbabnlinie Biei-Neucubtadt wurde der Bielereee
von 8 — 11 Dampf booten be&hren.
Lae de Jonx:
Zum Zwecke der Personenhefördemng auf dem Joox See bildete eich im
Dezember 1888 eine Soci^tt' (k navigation Pur le lac de Joux. Sie erwarb den
S( liraiibendampfer „Caprico", welcher Raum fllr so Personen hat Sein Dienst
begaua am 19. Juni 1889. Innerhalb 27a Monaten betcirderte da« Boot mehr
als 10,000 Personen. Es nimmt weder Waaren noch Vieh auf. Ein weiteres,
nieht «aotorisirtce*, altea Dampf boot hält anf dem Jouz-See ein in Vallorbe»
domizilirtr r Handelsmann. (Naeh gefi. IfittbeilnDgen des Herrn Notar John Capt
in Sentier.)
Ha 1 1 wy 1 e rsee :
Die Dampitichiffgesellschaft des HaUwylersce « konstituirte sich im Jahre
1888. Sie hat ihr DomixU in Veieteraebwauden. Das einzige SdktfT der Gesell-
schaft, .Otto*, begann seine Fahrten am 15. Juli 1888. £e hat oa. 3 t Trag-
krall nnd 4 Pf. Zn Fahrten an Sonn- nnd Feiertagen wurde ea im H. Halbjahr
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SchiO&hrt
— 7 —
Scbirmfabrikation
1888 von 2'.\\\0 Pewonen benützt. Weder Vieh- noch GiiteitranBport. Segelschiffe
kuntiren auf dem Hallwylersee nicht. (Bericht des (jreeeUiiuhaftßsekretariates.)
Folgeude vergleichende Statistik pro 1888 gewährt ein Bild
von der Freqnens der gröftern Gewisser dnroh die sohwei«.
ScbifffahrtsoDternehmnngeii:
Warth dar
lluipflMHiila
naapflmo««
Fr. 1*311,000
118,616
Fr. 272.800
239,000
9G,ö97
«
26,000
Zürchersee 13
„ r2yO,n(>(>
790,000
*
1,000
Vierwaldstättersee , 13
. r 960,000
?5äU,139
194,000
285,000
196,156
94,000
, 219,000
105,826
72,000
46,000
57,939
?
Neaenbarger- n. Hartensee 4
. 442,0:)O
87,177
Genfersee 1*^
, 1'49 1,000
783,428
1 :.,s otH')
373,000
197,618
- )
Es ergibt sich aas dieser Statistik, dai> die Schifffahrtsunteruehmung des
VierwaldstätterHee's den grO&ten Personenverkehr hat. In der Zahl der Reisenden
des Oenfersee^B fehlt allwdings die Zahl der Abonnenten; allein dieselbe wiegt
kaum den Unterschied auf. Der Vierwaldsta'ttfrs* e weist auch den größten Güter-
verkehr anf, nämlich (ohne Vieh und Gepäck) im Jahro 1888 40-_>,7:!;i t, der
Bodeti«ee (allerdiugs Nordostbahn allein) 208,095 t, der Uliöiu 53,Oi»<i t. der
Zürchersee ca. 50,000 t, der Neuenburger- und Murtensee 50,000 t, der Lugancr-
see 900 t.
Die Dampfsdiififahrt anf dem Langensee ist aussohließlich italienische
Untemehniang.
W a 1 1 e n 8 c e :
Auf diesem wurde die Dam] fsehilffahrt erHtFitet im . Li lue t'^':>7; «;ie erloHch
aber sehnfi im Jahre 1659 infolge der EröHnung der Eisenb.ilin W erisen- Sargans.
Zwei Üaiiiplbuüte genügten. „Delphin**, das kleinere, vom Zürobersee herüber-
genommen, Torsank in einer atttmusolien Desembemaoht des Jahres 1651 nnd
riß 17 Personen mit sich io den Abgrund; das größere führte snerst den Kamen
„Minerva", später, nacli einer irroßen Reparatur, „Spltigen". Nachfolger des
.Delphin" war der . Linthescher". Henti; verkehren auf dem Wallensee nur noch
wenige Lastbarken, weiche Baumaterialien trausportiren. Nicht selten vergehen
halbe oder ganze Htmate, ohne dafi n^n im Hafen von WallensUtdt oder Weesen
ein befraehtetes SegelachUT sieht. (Gefl. Mittheilnng der Grmeinderatbakandei
Wallenstadt)
Gesetzgebung nnd Verträge.
Die cidg. Gesetzgebung^ betr. die SohiflTahrt ist auf S ;"!.')! im I. Bd. an»
geliitiit. Die Kaiitoue haben Gesetze oder V'eiurdnungen übtr tlie ,Schilifahrt«-
polizei. Zu erwähnen ist noch, daß mit den Übrigen Bodensee- Uferstaaten, mit
Baden betr. die Sehülbhrt nnd Flößerei anf dem Rhein von Neuhansen bis Basel
nnd mit Frankreioh betr. die Sohififahrt anf dem Genfersee Vertrlge bestehen.
Schinttfiabrikfttioil. Die Soh. wird in allen Kantonen, doch in keinem
in großem Maßstäbe, betrieben. Eine gewisM Bedeutung hat sie erst seit den
50eT Jahren erlangt. Laut Volkszcihlunfr vom 1. Der.. 1880 beschäftigten sich
damals 398 männliche und 163 weibliche Fersonen, zusammen 561, mit der
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Schirm rabrikation
— 8 —
Schmalspurbahnen
Schirmmaoherei. Die JahresprodoktioD wurde 1883 auf 400,000 Stttok BegeH'
tehirme im Worth von 2 MiU. SV. gesohltit, der Bedarf auf 500,000 Stitak.
(B. Plnfippi-Stierlin in Basel, Bericht über die LandesausstdhlQg in Ziirioh.} Bei
unserer Schirmfubrikation handelt es sich haupttiächlich nur um die Züsammen-
setznng von allerlei Bentaudtheilen. die größtentheils vou Paria bezogen wtM-deu,
wie Stöcke, Griffe, Gestelle, Guraituren etc. (ümtuhr 1868 fdr Fr. 537,075,
Awfiihr nur Fr. 2333). Baumwollene und eeideiie Stoffe warn üebmBOg HeHart
zum Theil das Inland. Maa nimmt an, daß 200 — 300 Nlthmeaeltinea bm der
Soh. engagirt sind.
Was die Einßthr betrifft, so wird in der Weatschweiz mehr fertiges aus-
ländisches Fabrikat, namentlich seidene ächirme, als in der Ost- und Central-
•ohwma verwendet. Sonnenat^rme werden wegen dem blafigen Weohael der
Miode allgemein von aoewärte, besondece von Frankreleh, benogeo. Die Auagabe
an das Ausland fUr Regen- und Sotmeu.schirme betrug im Jahre 1888 Fr. 443,600
oder netto Fr. 409,040, weil Fr. 34,560 An>ffabr.
Dem P^abrikge^etz sind unterstellt : R. Bauniauü, ächirmfabrikaut in St. Gallen,
und J. 8tiini£i, 8chiruistucktabrikant in Morgen.
SchhM>keneem«nt, Schlaelrenmeh], Sohlaekeneteine, Sehlaekenwolle nebe
«Hochofensohlaoke" .
Schleifsteine. Fumlorte sind : Iberg, TrarhseU'n und Hinter- Wäggithal im
£t. Schwyz; Font und Cheircs im Kt. Freiburg; Bauried im Kt. St. fJallen,
Schlosserei. Zahl der Schlo.'SRer und KiHcnmöbelarbeiter Ende l.sriri ri405.
Sc^hmalspurhahBen. Es bestanden in der Schweiz am 80. Juni 1889
folgende : Sponraito BknUete Luv*
tSchmalsp. Bahnen niil Lokomotivbeineö : ™ "
Appenieller Bahn 1,00 25,441
Birsigthalbahn 1,00 12,572
BrüTiigbahn (theilweiM Zahnradbahn) . . . 1,00 58,000*
Frauenfeld- Wyl 1,00 17,040
Geneve-Veyrier , 1,00 .'1,4 öO
Genfer Sohmakpurbahnen 1,00 1;>,!3U5*
Laneanne-Eoballena 1,00 14,368
Pilatusbahn (Zahnradbahn) 0,80 4,228*
Higi Schoidegg-Bahii 1,00 6,747
Traujelan-Tavaiiutj« 1,00 M,."309
Waldenbnrger Bahn 0,75 ia,750
SdmiatsiK Drahtseilbi^nen :
Beatenbergbahn 1,00 1,610*
Biel-Magglingen 1,00 1,633
Biirgenstockbahn (elektrisch betrieben) . . . 1,00 831
i>rahtseilbahu in Lugano 1,00 248
Gießbaohbahn 1,00 331
Gatdohbahn in Laxem 1,00 146
Marziiibahn in Bern . 0,75 105
Tciritet-GlioH 1,00 599
Zürichbiugbahn 1,00 175*
i>ihmalsjj. Tramwai^s:
Vevey-Chitlon (elekiriacher Betrieb) . . . 1,00 10,347
Total im Betrieb 198,933
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Sclraialq>ttrbaliiieii — 9 ~ Schuhfiibrikation
Im Bau begriffen waren zu der nämlichen 2eit:
. ...... Spurweite Baulieli« Laug«
Bahnen ßr Lokomotwbetrieb : m m
Bemer Oberland bahnen 1,00 24,400
Brenets-Locle 1,10 4,265
Capolago-MontB Generoeo (Zahnradbahn) . . 1,00 9,200
Eoballene-Bercher 1,00 9«480
Genfer SclimaUpiirbahiien 1,00 20,300
Lantlquart-Davos 1,00 43,200
Poiit-^-Clmux-du-Foüdi* 1,00 14,175
St. Gallen-Uais (theilweiäC Zahnrailbahu) . . 1,00 14,OU0
Tup-Zermatt 1,00 34,750
DrtiM$9iibahntn :
Eclnsp-Phn (Xenenb'irg) 1,00 370
Lauterbninnen Griitscbalp 1,00 1,3G0
Paradiso-äan Salvatore 1,00 1,535
EUktrisehe Baku:
GiUteeliAlp-Mtlnren . . . , 0,75 8,880
Total im Bau 180,915
Die mit * bezeichneten LSngen der im Betriebe «tehenden und alle JAogaa
der im Bau befindlichen Linien sind approximativ.
Schneiderei. Diesem Erw^erbszweig lagen am 1. Dez. 1880 34,878 Per-
sonen (22,906 weibliche, 11,972 männliche) = 2,6 7« ft^ier ii^rwerbethätigen
ob. 4257 = 12,2 Ausländer.
Behninergewerbe. BttaaellM wurde rar Zeit der 1880er Volknählong von
19,387 Personen auegettbt — 1,5 «^Uer ErwerbethXtigea. Unter dem Fabrik-
gesetz stehen (Ende 1888) 54 Etabl. mit 810 Arb. in 12 Kautonen.
Sehriftgiesserei. Dieselbe beschäftigte zur Zeit iler Volkszählung vom
1. Dez. 1880 120 Pers. in den Kantonen Bafielstadt (4 7), Blth ^30), Zürich (22),
Schwyz (16), St. Gallen (4), Tessin (1).. Die Etublisüemente gießen mindestens
eben so gut und danerhaft, wie jedes ansländisebe Etablieaement, besitsen aber
nicht darohgängig dieselbe reiohe Auswahl von Schriftstempeln. Die ganz gat
eingerichteten GicßertMen werden von den inländischen Buchdruckern gerne be-
rücksichtigt ; auch sind sie eiLportiähig. Qrölite Konkurrenz aus Deutschland und
Frankreich.
SehnbfilbrikatioB. Die &brikmKßige Sob. wurde in der Scbweis im Jshre
1850, also sur Zeit, wo die sog. BottinMi mit eiostisohen EinsXtsen in Uoda
kamen, fast gleichzeitig durch Frana Bally in Schönenwerd und Job. Hofmann
in Winterthur eingeführt. Die Einfuhrung der Nähmaschinen pah der Fabrikation
einen kräftigen Aufschwung; die Obertlieile konnteu datluroh viel rascher und
doch solid erstellt werden. 1856 kam dazu die Sohlenschraubmaschiue von Le-
mereier in Paris, die noch jetst mv Erstellung starker Waare fttr HXnner vielfaoh
in Gebrauob ist. Von 1868 — 1870 gelangten die amerikania<dien Soblennlh-
maschinen nebst den verschiedensten Hiilfsmaschiiien zur Verwendnriir. voran
durch ilie Firma (j. F. Bally, die ihre Kinrinhtung'^^n den }Uii>'nkauiselieii und
englischen nachzubilden bestrebt war uud dadurch aihuälig das bedeuteudbte
Etablissement auf dem Kontinent wurde. Auch die andern Schweiz. Fabrikun
haben sich mSgliebat konknrremfihig eingerichtet
Im Jahre 1860 war auch eine Fabrik in Ölten (Kunz & Demenga) und
eine xweite in Winterthur entstanden, später kleinere Fabriken in Oiten, Ober-
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Scbtihftd>rfkattofi
— 10 —
Schubfobrikalioa
at^wyl (St. G-allen), Amriswfil nnd Wigoldingen (Thargan), Veltheim (Aargau),
BrUttitiellen (Zürich), Langenthal (Bern), Lausanne eto. Fa^t in Hämmtlichen
QrtBchaften swisohen Aarau und Ölten, aaf beiden Aarafern, wird heate Sch.
betri«ben.
Die günstigsten Jahre waiv ii diejenigen von 1871 — 1874, zum großen Theil
iiifoI^Tf 'h-s Umstandes, du(j ilif d-Mit.sclif ii und franzönischen Konkurrenten durch
den Krieg an (ier Au^'lieutiuig des inläiiilischen Marktes gebindert waren.
Die Fabriken für den inliindiHchen Bedarf pruduziren theils ganz fertige
Sommer- oder Winteraehnhet theils nur die Obertheile (Schäfte), theila Pilzaebob«
mit Holzsohlen, Sooqoes und Stibota (Holsschuhe). Diexdben haben mit der Kon-
kurrenz deutscher, franziiaihcher und österreichiHcher Fabrikate, weiche durch ihre
ßilli;.^keit bchteohen, schwer zn kämpfen. Der größte Theil der nöthigen Roh-
stoiit- und Halbfabrikate muLi vom Au.slaude bezogen werden : Yacbe Inw^,
Croupou8, Ziegenleder, Schafleder, Cberreau eto. aua fingland and Frankreich»
matte« niid laokirtee, satbirte» und obagrintrtea Kalbleder, Bock* und Rofileder,
Schmalleder, Verdeckhäute etc. ane Deutschland. Wic)i.«kalbleder ibt der einzige
Artikel, welchen die ^chnhfaKrikrft pxm im Inlande beschaffen können. Der
Gesammtbedarf au Luder für •Schuhwaaren wird auf den Betrag von 'i'i'/s Mil-
lionen Franken geschätzt, wuvuu ca. '/s auf die Fabriken entfallen wjH. ^J* dieses
Fabrikbedarfa liefert das Aneland. Gttnetiger »teilt sich das yerhlltniß allerding»
hmsicbtlioh dcH Lederbedarfs fttr die handwerkKniäßige Produktion, weldie fiir
schwereres, gröberes Material Verwendung und daher )-!i)'\/o desselben, worunter
fmt Hämmtliche'* Sohürder, im In lande zur Verfti^un^^ hat. Die Stoffe für Ober-
theile: Serge de Bcrry, Tuche, Filzstotfe etc,, deren Bedarf jährlich den Betrag
oa. eioer Million Franken erreicht, liefert fa«t aämmtlich das Ausland; ebenso
für oa. eine IkDllion Franken GammtlSulen für die Rlastiqnefabrikation. Elastiqnes,
Futter und Struppen, ebenfalls ca. eine Million Franken betragend, stellt das
Inland zur B^'reitschaft.
Der Export der sehweiz. Schuhfabriken ist trotz den ungUnhtigcn Verhält-
oiä^n ein sehr bedeutender.
Zmn Zwecke einer 8ehStsnng des jShrlichen Geeammtkoneams von Schaben
in der Schweiz dürfte es keinenwegs übertrieben sein, per Einwohner dnreh-
.--eliniltlicli zwei Paar Schuhe a Fr. S ''Mitte zwisebeu dfiii Preis von einem Paar
Kerrenbottinen und eiiu ni i'uiir mittei^ioljer Kinder.'-eliuhe ) anzunehmen. Die
effektive Bevölkerung betrügt nahezu 6 Miiiionen, die Jahresauülage derselben
fttr Schubwerk wird demnach nahesn 50 Millionen Franken betragen. Davon
zahlt sie laut Waarenverkehrsstati^tik von 1885 — 1888 jährlich dnrobsohnitttich
Fr, 7'776,000 an s Ausland; verbleiben für da« Inland ca. 42 Millionen Franken,
in welche «rh nach der Vrdk'^znlilung vom 1. Dez. 18H0 29,H.')5, jetzt wohl
30,UUU erwerbende Personen der Schuhmacherei theilcn. Rechnet man durch-
schnittlich */* als Arbeitslohn oder Fabrikationsgewino, so ergibt sich, unter
Uinzarechnung von 5 HUlionen Franken (1885 — 1688 jährlich dorchsohnittlidi
Fr. 6*050,000) Export per erwerbende Person und per Jahr ein Durchschnitts-
einkotnmen von ca. Fi-. 'A)fy Erhöht wird danselhe we«entlieh durch die Reparaturen.
Dem mIiwciz. Fubrikgesetz find u'tcrstellt: 22 Si^hii/i fabriken mit 2300
Arbeitern, wovon 0 re«p. I2ü0 allein im Kt. Solothurn ^ die übrigen in den
filantonen Aargan (6h Zttrich (5), in Lausanne, Wigoldingen, Stein a. Bh.,
Langenthal, Liental. 8 Schuhschäftefabriken mit ca. 60 Arbeitern, wovon 2
im Kanton Aargau. .3 im Kanton St. Gallen, je 1 in Amrisweil, Bern nnd
Brttttisellen, 1 a*;huhformeafabrik mit 12 Arbeitern in Baselstadt.
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Schuhtabnkation
— Ii —
Schule
Na«h ^khlaser^i Adraßbnoh von 1885 gibt oi mindestens 7100 Sohnk*
machermeiater nnd 1170 SiibuhlMiidlaDgen.
6ehttliwioll809 ftüHer größtentheilH von Frankreich und Deutechland be-
zogen, wird seit längerer Zeit in wachsendem Maße nnd in guter Qualität von
inläudiscbeu Fabriken geliefert. Eine einzige Fabrik (in Oberhofen, Thurgau)
beiichäftigt über 100 Periionen in und aui^er dem Hauge.
. Sehaldlietreilioiig und Kooknrs. Encheint vielleicht in Supplement.
Bohllle* (Mitgetheilt vom ArohiTbnrean der sehweuc. permanenten flefaaU
auaetellnng in Zttrieh.)
I Qnellen.
Die Bestrebungen, Kich über dm («chweizerische 8chulwe««en ein einheitliche«
und aoaraieliendea Bild au verBchaffen, »ind verUUtnifimlßig jungen Datnmn. Den
ersten Yeisnch m einer nmfassenden OrientiniDg machte 1798 der helvetische
Minister Stapfer, indem er Hämmtlicheu Sehnig der helvetischen Republik ein
Fragenschenm znsnnrlte. Das Antwortmatfrial ging nur allinälip, abi r fast vo!l>titn(lig
ein und ist uuu in einer atattlichen Kt-ihe von Foliobäuden im lielvc tinebeu .Archiv
in Bern aufgehoben. Aber nur theilweiüe ist es biu jetzt verwerthet. Zellwegcr
in seiner Darstellang des Kantons Appeniell (Trogen 1867) war meines Wissens
der Erste, der Tür »einen Kanton Auszüge duraue gemacht bat; ungefähr gleich-
zeitig hat iforf in Htinfm erhttu Band «Zur Bi(»gi apliie Pestalozzi's" (IH*;t<)
Bruchstücke für den Kanton Zürich zur allgemfincn Ki-nntniß gebracht; »später
Kummer in seiner Ge«>vbicbte des Schulwesens des Kantons Bern für diesen (ItiTB),
Broei in seinem Beitrag snr Oeecbichto der Volkssohnle des Kantons Solothnrn
(1880). Systematisch bearbeitet ist das Material fdr die Urkantona durch Jos.
Durrer, „Die Schulen in den Urkantonen der Sehweiz im Jahre 1799", Schweiz.
Zeitschrift für Btatintik, 1879. Eine die ganie Schweiz amfassende Bearbeitung
fehlt zur Stunde noch.
Die Seh weis. Gesellsobaft für Kraiehung, die 1808 — 13 nnter den Auspizien
Pestalonl^s tagte, na<^lier die Schweiz, gemeinnfltzige Gesellschaft, deren Qrtindang
ebenfalls noch in die Mediatiooszeit ^^1810) fällt, haben »ich redlich bemllltt, die
Keontniß des Schulwesens der verschiedenen Landehtlieilt» 7.n vermitteln.
nicichzeitig zogen sy«tenjatische Veröffentlichnngen iiut dem Geidctr (b*r
Vaterlandbkunde auub die Luirisse der kantonalen Scliuluiganisationen an's laicht
der Oeffentliehkeit; zaerst die helvetischen Almanaoke 1802 — 32, die jevreilen
einzelne Kantone zum Gegenstand ibr^r Darstellung machten; dann seit den
30er Jahren die durch eine Reihe von Jahren zur VerJjtlentlichuug gelangten
Bände des , historisch-geographisch stntintii^cht n Gcmähles ?]e,r Sehweiz", die es
indessen ebenfalls nicht zu einem vollständigen (jesanimt bilde brachten.
Koch sdilimnier ging es dem efatm Versnch, speziell nnd «ngehend dio
^nrichtungen der kantonalen SehnlverbÜltniBse darzustellen ; ich meine das
lieferungswerk von Grnnholzer und Mann, «Das Erziehnngswesen der Schweiz",
Zürich 1854, das nach Publikatirin weniger Heftr- einging.
Die Erriilitung eines eidgeui).s>is<'hen statistiHcht;u liureuus, die (irüiiduug
der Schweiz, statistischen GeselbchHlr und ihres Organ» (Ztiti>chrift für schwei-
aeriaohe Statistik), sowie das Bedttrfbiß, für die Weltanssteltungen nach die
Schulverhält niat^e unseres Vaterlandes vorzuführen, führten zu einem erneuerten
Anlauf, der schon in den 60er Jahren begann und in den 70er Jahren feste
Gestalt annahm.
in einheitlicher Weise wurden in der Zeitschrift für schweizerische Statistik
▼on 1865 an Monograpiuen Uber die einzelnen Kantone veröflTentlioht.
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Schule
— 12 —
Scbnk
Der damalige Direktor des statistischen Bureaas, Max Wirth, Ter(5ffentlicht6
eine Allg'emeine Bisclireibung und Statistik der Schweiz, dereii dritter Band
{Zürich 1875) da« Unterrichtawesen b«baudelte^ au» der Feder vun M. Biermann
ytäx die Besflbrdboog des PrimarMbnlweMiiB, Th. Hag «od H. Bendel refisnrtea
Uber das Mittelschulweaen, J. J. SoUegel Uber die Lehrerbildungsanstalten. Natttr-
]i( h ist dit'ses Mftteml jetzt, so werthvoll die Pabiikation dainals war, Uat gÜM*
lieh veraltet.
Für die Weltausatellung in Wien 1873 ließ da» Schweiz. Departement dea
Innern dnrob Prof. Henn. Kinkdin in Basel eine groß angelegte Statietik dee
Unterrtehteweeena der Schweis in Jakre 1871 ansarbeiten, die S3 Blinde Maoa-
akript umfaßte. Yerttlfentlicht wurden aber nur drei Bände : I. Die Gesetzgebung
iiiier fkg Primär- und Sekuiidartiebulwesen, 1873; U. Statistik der PrimaraohnleD,
1ö7ü; V. Die Lehrerbilduugbantitalten (Schlegel).
Au diese Veröffentlichung reihte sich 1873 die Arbeit von J. Wellauer und
J. Httltar, „Die eohweiz. ArmeneniehangaanatalteD* (mit Nachtrag 1678) an.
Inzwischen war die Bundesverfassung revidirt worden, und an däe neae
Militärfirgiiiiiyution reihtpn sich die Rekrntonpriifungen an, deren Ergebnisse, je-
weilen vum eidg statistischen Bnrt'ciu verötVcntlicht, eine vergleiuhendu üebersicht
der Uuterrichtserfulge ermöglichten ; es entstanden die Schweiz, permanenten Schul-
anaetellungen, Ten welchen wenigsteoa die älteste, die in Z^ttrioh, weit 1878 eich
die Beschäftigung mit der Schweiz. Sohnlknnde bewußt zum Ziele setate. Die
Entwicklung drängte rasch auf eine umfatisende Anhandnahme dieser Aufgabe
unter Mitwirkung den Bundes hin, und dm Departement des Innern ließ es seiner-
zeit« nicht daran fehlen, derselben Vorschub zu leisten. Als erster Fühler erschien
anter aeinen Aaspiiiea in der ^itacbrift ^r Statistik 1880 von C. Grub eine
»Berichterstattnng Uber das sohweia. Unterricktsweseo anf Grundlage der im
Jahre 1878 erschienenen ofBaiellen Jahresberichte".
Bereits anch war Weiteres und Bleibendos im Wurfe. Unten» 3. Juni 1880
beantragte der Bundesrath die Krrichtiuig einer Adjunktenstelle im eidg. statistischen
Bureau, speziell zu dem Zwecke, „die zur Vollzieiiung des Art. 27 der Bundes-
yerfiusuDg nöthigen Erhebungen ttber das Sobnlweeen der Kantone zu maohen
und für die regelmäßige und fortlaufende Sammlung, Zusammenstellung, Ver*
arbeitung und VerJtffeiitlirliiiug tlc-r Krgrbul.Hse zu sorgen*. Das Keferendum vom
2H. Nüveuilu-r 18»2, in welchem die lürriohtnng der Stelle eines ..Schulsekretärs"
mit großem Mehr verworfen wurde, gab nicht nur der scbulpolitischen Entwicklung
eine andere Wendung, sondern mußte auch die offiaietle Initiative an neutraler Er-
forsohung der SdialverklUtniaBe fUr die utfohsten Jabre aum Stillatand Terartheilen.
Oittcklioherweise war damala eine ander«- Arbeit bereits in Aktion und konnte
unberührt von diesem ümsebwung durchgeführt werden : die Tür die Landes-
ausstellung iu Zürich IbbS in Aussicht genommene Uuierricbl«>istati»tik für 1881.
Die Leitung derselben wurde Herrn Erziehuugssekretär Grob Ubertragen, und auf
das Datum der Eröffnung der Ansatellung, 1. Ihi 1883, lagen die Resultate
derselben im Drucke vor: sieben Bände, von den n der letzte, die Uobersicbt
über die Schweiz. Hohnlgesetzgebung enthaltend, als Handbiudi dm Schweiz, ünter-
riebtswesens gelten dart. lo Fortsetzung dieses Werkan hat dann Herr Grob unter
Mithülfe des Departements 1886 eine „Sammlung der 1883 — 85 erschienenen
neuen Gesetse und Verordnungen", 1887 eine eolche derjenigen des Jahres 1886
erscheinen lassen, und infolge der Verhandlung der Bundesvert^anitnlung im Sommer
1888 ist dann die zweite Fortsetzung zu einem Jahrbudi de« Unterriehtswesena
in der Schweis für 1887 erweitert worden.
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Schule
— 18 —
Schule
Neben diesen offiziellen and halbuifiziellen Veröfleutlichangen sind eine Reibe
privater PabUkationeii schnlgeaehichtlichea Inbaltes erfolgt. Von den Loknl-
getdiioliifln, die mebr oder weniger eingehend anoh da« Sehnlwesen der von ihnen
behandelten Gemeinden in seiner Entwicklang vorführen, absehend, nennen wir:
Müller, J.^ Der Aargau, seine politische, Rechts- und Sittfng^cschichte. 2 Bde.
1870. Archinard, Gh., Histoire de Tinstruction publique daut» le canton de Vaud.
1870. PcUtpicrrc, A., Un demi-siöoie de Thiitoire economique de Neachätel
(1791^1848). 1871. Kuvmtr, Dr. J., Geaoliichte dee Sehnlwesena im Kanton
Bern. 187». Häberlin-Sehaltegger, Geeohicbte des Kantons Thurgau 17D8 — 184'J.
1872. Der Kimton Thnrgan in seiner Gesammtentwickliiug 1k4!> — GO. 1876.
Ernst, Dr. l'., (Toschichte des zürcherischen Schulwesens bi> geirc» Ende des
16. Jahrhuudertd. Wiuterthur 1879. Kygir^ J.. Ueächichte de« FriuiarschulweseiiB
im Kanton Bern, mit besonderer Berückeichtigung der letiten S3 Jahre. Bern
1879. Iber, G., Geschichte des glarnerischen Schulwesens. IBt^S. Humiker, 0.,
Geschichte der hichweiz. Vulksschule. 3 Bde. Zweite Aufigabe. 1887. Derselbe^
Bilder zur neueren Geschichte der Schweiz. Volksschule. I88y.
Der reichen Zahl der Monographien höherer Bildungtianstalten wird am ent-
ipreehendm Orte gedacht werden.
Die Bilder aar neueren Geeohiohte der «chweis. Volknohnle enthalten eine
Zusammenstellung des gedruckten sohnlgeeohidltlichen Quell enTnaterin!>« (S. 200
bis 1?! 5), soweit dasselbe zur Zeit der Heraoagabe jener Pablikation dem Schreiber
dieser Zeilen bekannt war.
Leider besteht zur Zeit weder eine wissenschaftliche Bearbeitung der Schul-
geaohiehte der ▼erBohiedenen Landeetheile nnd Unterriditsgebtete in aaereiohendem
Maße, so schätzenswerthe Monographien auch in einaeinen vorliegen mögen, noch
viel weniger eine wissenschaftlich ilmehgearbeitete schweiz. Sehulgeschichte. Auch
hier liegen nur Bausteine vor. Wir niilssen uns daher beschränken, Hie geschicht-
liche Entwicklang in kurzem, vielfach lückenhaftem Umriß zur Durstellung zu
bringen nnd doroh Einseibilder ihr Aneohanliehkeit an verleihen, aoweit dies
nothwendig nnd bei dem knapp angemeeienen Baom mSgUch iat.
Ii. Geschichtliche Entwicklung des schweiz. SchnlweHcnp.
^'i. Mittelalter. Die Schweiz wei^t die iiämlicheQ Anfänge des Schulwei>ent»
auf wie das westliche Europa Uberhaupt : Kloster-, Dom- und Parochialschulen
als Idrehtiehe Stiftungen; in den spftteren Jahrhunderten AnfKnge weltlieher
Schulen in den Städten. Vor Allem hat in Bexag anf Rettung und Pflege ge-
lehrten Wissens nach den Stürmen der Völkerwandernng der Orden des luil.
Benedikt hohe Verdienste; spätere Orden, von den ( 'lugiiiazensern an, verfolgten
mehr aszetische Gesichtspunkte und kommen daher für die allgemeine Kultur«
entwkklnng weniger in Betraeht. In der Earolingerzeit ist es die Sohnle des
Klostera anf der Reichenau, von der uns Walafried Strabo (f 849) ein lebendiges
und interessantes Bild hinterlassen hat; im 10. und 11. Jahrb. leuchtete das
Kloster St. Gullen als ein Mittelpunkt gt h^hrter Bildung filr das ganz?* Rfidliche
Deutschland, im hnrguudischen Helvetien ist 8t-Maurice (476 gegründet) uralter
Sitz mönchischer Bildung; neben ihm blühten im 7. Jahrb. Jtomainmutiers in
der Waadt, St-Urtanne nnd Montier^G-randTal im bernischen Jnra empor. Im
alemanischen Helvetien sind neben St. Gallen und Beichenau als Stiftung dea
8. Jahrh. Rheinau und die Prdpstei Beromllnöter, als solche des 10. Jahrh. Ein-
siedeln, des Iii. Jahrh. Engelherg zu nennen, in Rliiilien l)iaeati8 (7. Jahrh
St. Luzi in Chur (7. Jahrh.), Münster (8. Juhrh ). Auch die Domstift« Genf,
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Schule
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Suhule
Lausanne, Konstanz, Cbur haben zeitweilig mit Ernst and Erfolg die Bildung
^er Oeistlichen gepflegt.
Auf die Bliifo der geiHtlichen Bildnng, wtb sie noch in die Zeit der Kreuz-
7A\gp lioreinwirkte, folgte bei den Wirren zwis;cheu Kaiser uiul Paj)4 und den
Fehden der Kleinen wie der GrroGr'n rascher N'ert'iiU 1L>!'^ crklüreii bei Unter-
zeichnung einer Urkunde die Kouvuntualem von Ht. (jallen, daß «le des ScbreibenB
nnkandig seien, and 1335 eoteohttldigte doh die Propstei beim groÜ&en Mttnater
in Zttridb, sie e» Mch um Anzeige einer LentprieBterwahl an den Bischof tod
Konetane handelte, für das Fehlen der Naraensuntersohriften in ähnlicher Weise.
Die Lateinnohnle an dem Stifte besorgte hier wie anderswo nicht mehr der
SoholasticuH unter den Chorherren, sondern ein vom Ötitt besoldeter Lehrer.
Solche Lutcinschulen gab ee in vielen Städten, theile vom Qate der Stifter
und Eirohen, theile von der weltliclien Obdgkett nnterhalten | neben ihnen anch
Schulen in der Muttersprache, SchreibsoholeD, wenn wandernde Lehrmeiati;r wAi
einfanden. Lehrschüd.- soltlu r wandernder Lehrer sind uns aus dem Anfang des
Ki. .Irthrh. in Ba^el uii<l tJ' iit < rh;iltiii. Her Zürcher Kalender von 15ü8 stellt
CN als Brauch hin, dai^ man die Kinder vum ü. — 12. Jahre, ehe sie sich der
Bemfiilehre zuwenden, sobreiben und lesen lebre. Aber aafier den Manern der
StÜdte und Stifter lag jedes Bildungewesen braeh.
Mit der zweiten Hälfte des [:>. Jahrb. hatte der Humanismus auch bei uns
Einzug gehalten, und ihm zur Seite er?>ffnete die Btiehdruckerkunst neue Bnhn^n
der Verbreitung des Wistiena. Durch die 1 iOU begründete buhe Schule und seine
gelehrten Buohdrudier (Fioben, Araerba^ u. s. w.) ragte Baad al» Lenebte der
Wtaseneebaft Allen voran; selber naeb gewerbreidien und geistig strebsamen
Städten wie Zürich ist die Bncbdruckerci erst volle drei Jahrzehnte später ein-
gewandert, während -cifs (ir-nf sicli rasch nach ]?a.st l in Besitz der neuen
Kunst genetzt hat und Beruuiünstcr iunge Zeit den alh rding!» nicht richtigen Ad-
spruch erhoben konnte, daß das erste gedruckte Buch in der Schweiz 1470 Vpn
dort ausgegangen sei.
B J) < K: insscisrhaß dir XTTTdrt' , 1-13— 17fH. Wenige Jahre narh-
dcm mit Kidvlnnig von Appenzell iler Ki' is der regieren<len Ort»* d'-n Umfang
gewonnen, den er bis zum Sturz iler alten Eiiigenosscnhchaft unveräudetl bei-
behalten, kündigen sieh von Zttrieb ans die Bestrebungen für die kircbliebe
Reformation an; die fiidgenoHsenscbaft parteite sich in zwei sohroff geschiedene
Uagi r. deren Gegensatz und Konkurrenz die weitere Kultureutwicklung wesentlich
bedingte. Auch bezüglich der Schul* tritt das kirchlich-religiöse Interesfc wieder
weit mehr be*itiramend in den Vordergrund, als dies in den letzten Jahrhunderten
des Mittelalters der Fall gewesen. Für ihre religiösen Zwecke eraobien den Befor-
matoren die Pflege und Hebung dea Sebnlweaens als nothwendig; am ao mehr
ftthiten sie sich berufen, ihre Autorität dafür einzuHctzcn, als die Beformatioii
wie nlli- ^nlw;i^z^ln^■en zn-Tst eine destruktive Tendenz hervorkehren mußte, in-
dem mit der Anthebung von Pfründen und Klöstern ein Hauptantrieb iür die
Zuwendung zum geistlichen Stand wegfiel und der materiellen Zeitrichtung
Vonohub geleistet werde. Eben darum war das Augenmerk der Reformatoren
zunächst auf die Erhaltung und Verjüngung der Gelehrteneebalen und eine wissen-
schaftliche Biblung der Geistlichen gerichtet, während das Bedtlrfniß der Volks-
liildiing sich auf die Allsrfraeinmachung eines elementaren Kclif^'iunhunterriclites
und der dafür noth wendigen Fertigkeiten (Schreiben und Lesenj konzeutrirte.
Ueberhaupt ward das Sobnlweaeii naeb seinem Werthe fttr die Kirche gemeaaen,
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jkhole
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Schule
in kirchlichen Dienst geiiommen und unter kirchliche re«p. kirohen»taatlicbe Vor-
jnmidaohaft gei>t«llt.
Db Ton der Befoimation nevgegrttndeten oder regenerirten htflieren ^liiik«
(das Lectorium Zwingli's am Großmiiiister ZUrich, die von Calvin 1559 in Genf
fTperiiiulete Akademie) sind zunärlist durchans th* oluirischi- Lrliranstalten ; «loch
wunlen s(;hon 1541 an der zürcheriHcheu Akailcraie ein uaturwis.sen'^chattlicher
Lehitjtuhl gescbaHen und an der genferiächen von Anfang an H Stunden wöchent-
lich für Mathematik und Tln sik verwendet, seltweilig auch eine medisininhe
Profeasiir eingefügt. Das Verdiennt der ReformatioDaBeit besteht hier im Weseot-
liehen in Herbeiziehung tüchtiger Lehrkräfte, in einem orguniHchen Aufbau de«
Oelehrtenschulwpsenp von der Lateinstdnile bis zur Akademie und in Zugänglich-
matbuug de« höheren titudiuins auch für die ärmeren Schichten. Die freie Auf-
fiiaaung Zwingli'a, der die kteinieche Bildung im Anschluß an die frflheren Elorter-
etiftnageo auch der Laodachaft onmittelbtt sugSnglioh maohen wollte (Kappel,
fiüti, Stein), ward schon in der Mitte des Jahrbandwt« der Zeit^^trömung zum
Opfer gebracht; die höhere Bildniif,' gd]t von nun an ali^ eine ^Cuzuräe dfr
Stätten**, und der engherziger werdende Sinn fiilntc im Laufi' der Zeit dazu,
4iie mehr oder weniger auch zu einem Monopol der Studtbürgei zu machen; von
einer eolchen Anaaehließliebkeit waren die katholiachen Lande durdi den freien
Eintritt in den geii^tlicheD Stand und die meinten Stifter einigermaßen gehi hiit/.t.
Die Errichtung der Jesuitenschuien führte eine wohltbätige Konkurrenz zwisclit ii
kiithoHncheuj und proteptantinchem höheren Sfbnlwfsen herbei. Wenn die Schweiz
mit ihren gelehrten Schulen iu den folgenden Jahrhunderten eine nicht unehren-
hafte Stellung einnimmt, ja eine Beibe Männer von europliachem Ruf heran-
gebildet hat, so ist das weniger das Verdienet ihrer Organisation, die der
VerkiiÖcherung anlifinitiel, sondern es war dieser letztern dnreh tüchtige Persön-
lichkeiten unter J>< hi L'rn und Srluil. rn und die freie Luft eines- vej)iil)]ikan)si hen
OemeiuweböUM abgerungen, in wie hohem Maße aber diese let/,teru Faktoren
wirknam waren, das beseugt die große Stellung, die Zürich um die Mitte des
18. Jahrb. unter Bodmer und Breitinger in dem geistigen Leben jener Zeit ein«
nahm, wie denn auch Ewald von Kleist 1752 an Gleim nach Deutschland anrUok-
1n;richtete : „Htatt daß man in dem grol.nMi B.'rlin kaum H — 4 Leute vim Genie
und Geschmack autritft, Undet man in dem kleinen Zürich mehr ak 20 ^0
dertielben.''
WShrend die Reformatoren sieh der lateinischen Schule und der hSheren
Bildung thatkr&ftig annahmen, wissen die Akten fast nichts von einer gleichzeitigen
Förderung der eigentlichen, auf der Muttersprache anfbauenden V^olk-«biMiings-
anstalten zu bericliten. Und dorli treten kurz nachher gerade auf dicHcm iitd iete.
wie in andern Ländern auch, liiu negensreichen Folgen der Anregungen, welche
von der Reformation ausgaigcu, hervor. „Der GlaubensgegonMatz schuf Leben
and das Bedttrfhiß, die heranwachsende Jugend in den Lehren der wahren Religion
sn befastigen. Zur Predigt geselHen sii Ii n gelinäßig Kinderlehre und Jugend-
gottesdienst. Die Verpfliclitun^ znni lii'>n( he desselben dehnte »ich bis zum 1^.
nud 20. Jahre, ja bis zur \' erlicirathuug an»!, J)ic Bibel WHrd Hausbuch, ein
»ehr bedeutender Schatz von Psalmen, Si>rüchen, biblischen Erzählungen Gemein-
gut. Naeh dem Gmndsatne der Reformation, der die ))rie<iterliche Vermittlung
zwiBchen dem Menschen und der Gottheit aufhob, mußte Jeder sich reihst Rechen«
Schaft von der Wahrheit, d. h. Schriftgemäßheit »eines Glaubens geln n kinmen ;
und um ho kräftiger gritf diese Forderun «r ein, als der beständige Streit zwischen
protestantischer und kathoU»cher Theologie und zwischen der kirchlichen Lehre
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Schule
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Schule
und den immer und immer wieder auftauchenden Glaubensabweichungen Geiat-
licbkeit und Volk in Atbem hielten. So wuchs dae Bedttrfniß »tetig, allilberali
die Wertigkeiten des Leaens und Schreiben« ZQ verbreiten* Die Bedentoiig der
Reformation für die Volksschule besteht nicht darin, daß aie den Unterricht in
Methode, Lehrplan u, s. w. verbessert, snmli^n daß sie 'Im über die stätütschen
Mauetyi hinausgetragen, auch ßr die iMudbevfdkeruttg ailyemein gemadU hat."
Wie eelir die Geistliobkeit aus diesen Gedohtapankten die Sorge fUr den
Jngendunterrielit «la intogrixenden Bestandtheil ihrer Ffliohtes, ftlr den man
,w<^ilc-i Mühe noch Kosten sparen soll", ansah, beweist das ßntachten der zUrche*
rischen Synode an die bernischc Geistlichkeit 1562. Der Vorsprung, den das
Volksschulwesen in dt m unmittelbaren und mittelbaren Gebiet d(M- protestantischen
Orte gewann, rief nun aber auch auf Seiten des Katbuiizismuti analogen An-
strengungen nnd Yorsätsen; so bestimmten auf Grundlage der tridentUusehen
Beschlüsse die bischöflich konstansisehen Sjnodaldekrete vom Jahre 1567: „In
allen Pfarreien, besonders den stark bevölkerten, sollen Jugendlehrer sein. In
kleineren Orten aber und solchen, die bisher keine Lehrer hatten nnd wo die
Mittel für einen solchen fehlen, soll einer der dortigen Geistlichen gegen £nt-
s^digung dasu Terpfliehtet sein. Wo aber kmne KaplSue und, haben die F&rrer
dafür an sorgen, daß an diesen Kirchen Personen ab Sigristen angestellt werden,
die Im Stande sind, die Jugend \m Latein- nnd Deutschlesen, sowie im Kirchen-
gesange nnd iiu deutschen Katechismus zu unterrichten. Die Pfarrer wf>r'1*-n eich
mit den Ortsbehörden oder der Gemeinde vei ständi^pn, daß diese JSignstcn die
Stelle als Schulmeister gegen Entschädignng aus dem Kirchenvermügen oder gegen
Beitrüge EInnelner versehen oder daß man ihnen die Sehreiberstelle mitttbertrag».
Die Pfarrer sollen die Schulen monatlich, der Dekan wenigstens halbjährlich
besuchen ; der Synode ist iiier den Zustand derselben jewrilrn ansfiihrlirher Be-
richt zu erstatten. So entstand wenigstens in den demokii tischen Kautuneu der
Urschweiz ein verhuiiuiümüLiig rasch sich entwickelndes Volksschulwesen. Weniger
günstig standen die Dinge in den Landschaften der katholischen 8tidtekantone ;
soweit unsere Kenntniß reicht, war nur die BegiemBg von Solothom weithendg
genug, auch dem Schulwesen auf dem Lande ihre Fttrsorge luzuwenden nnd
tttchtigen Scbitltnrisrern finanzielle Unterstützung zuzusprechen; im Gebiete von
JFreiburg, Luzeru u. s. w., noch niehr aber in denjenigen der gemeinen Herr-
schaften, in welchen nicht ZUrioh und Bern das entscheidende Wort führten, lag
das Landsehnlwesen noch völlig brach und hlieh im Wesentlichen auch hraeh>
liegend bis zum Untergang der alten Eidgenossenschaft.
Daß in den rpe;i'^'*<?Tiden St?idten die Volksschule allmälig ane}i Gegenstand
der ötfentlichen Fiirsürt"' wurde uud wie hier die Zustände sich gestalteten, mag
am Beispiel Ziirichä gezeigt werden, dessen Kath gegen die Mitte des 16. Jabrh.
anfing, sich der deutschen Scholen anzunehmen. 1566 sog derselbe die dentschen
Knabeuricbulen in ein einziges, zu diesem Zwecke eingerichtetes Haus (St. Peter
am Neumarkt) zu!!>ammen. Die vom Rathe bestimmte Kommission richtete darin
drei Übereinanderliegende Sohnlstuben, sowie eine Wohnung filr den Schulmeister
ein. Die Sohulstuben repräsent Lrten zugleich die Sohulstufen. »Inn der untersten
Stuben lerne man das A-B-C iSaen. Dazu werden kleine tSffelin getmokt, item
nammenbttehljr, daruß die ersten Buchstaben, silben nnd stimmen, auch nammen
M läsen und ze lernen sind. — Inn der mittlem stuben lernt man sein yben und
die gründ nß der h GschrifTt; es söllendt nanilich neben läsen getnickter bücher
nnd gschribner brielleu schürie geistliche und nützliche sprich, übcr.schrititeji, aniang
und beschluß allerlcyg sendtbrietfen fürgeschriben werden. — Inn der dritten
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Schule
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Sehlde
nnd obristen etuben soll der Sohnlmeiater ein grUBe Arithmeticnm haben, n& der
er <V\(^, es begeren, leprt^r« söUe; nach vorBchrifft sollend sy leimen rechnnng
uüätellfu, eine rechte Uberüchriift machea, den anfaog und niigaiig mam biietts
uäaetzeU} zyt, jar und kalender vorBtao." Oberstes cmd gemeinsames Lehrfach
war d»btt die Beligion, gowoU in Form obligatoriadieii gemeinaamen Kirchen-
besuche, als besondern TTuterrichts am Donnemtag nnd Samstag Yormittag. Lehr>
buch dcmntersten Kla-sse : kleiner Katechiemns; der mittlem: größerer Kattchinnins
BulUuger'» ; der obersten : Bibel. Die oberste KIai>so hatte Duiuit rstags auch
Psalmensingen ; die uutere Klasse hörte zu. «Andere biicber mögen auch in der
dentsolien Schal gelB««ti werden, als ttttaehe predigen vom tod nnd aterben, vom
bericht der kranken n. s. w.* ThB Eäntrittsalter wurde, wie firtther, im Maximam
auf das fünfte Jahr festgesetxt. Die Zahl der täglichen Unterrichtsstunden betrug
im Sommer sechs, im Winter fbnf; der Schulbesuch im Winter war stärker als
im Sommer. Die Aufsicht führten fUnf Sohulherren, nämlich zwei von den Ge-
lebrten nnd drei yon den Bäthen, welche wenigstens alle FronfiuAen ((Quartale)
die Sohnle einmal betnobra mnfiten. 1a Anwewnkeit der Terordneten Sidinlherren
sollten jährlich zwei Prüfungen abgelialten werden, an die sieh eine 'Zensur Uber
Schuler und Schnlmeister,' «^owie eine Auntheihing; von Preisen an die besten
Schüler anschloli. Gleichzeitig trat eine Veriiuderimg der BesoMunffsverhiiltnisse
ein im Sinne besserer Ausgleichung zwischen den Lehrern und gruüerer Be-
tiieiligung seifens des Staates. Bisher hatte der Staat gegeben 6 Hütt Kernen
{]k oa. 1 fl. = 20 Fr. heutigen Werthes); nunmehr gab er 10 Mlltt Kernen,
dazu freie Wohnung für den obersten Lehrer und 10 fl. an den Haut-zins der
beiden untern Lehrer; weiter flössen aus der Meisen Stiftung 5 fl. Ziilnff filr
jeden Lehrer. Dafür wurd» das Schulgeld herabgesetzt, in der unterbtcn Klasse
(Lesen) von l'/s itnf V«* üi der mittlem (Schreiben) yon 2 fl. eben&Us anf
7t, in der obenten Klasse von 4 fl. anf 3 fl. Infolge Ton Besohwerdeo, daß
durch diese Herabeetsnng einzelne Lehrer trotz der Besoldungserhöhung ungttnstiger
als bisher zu stehen kommen, fiigte der Ruth für jr Ipt! der untern Lehrer noch
3 Eimer Wein bei, für den obersten Lehrer aber noch eine ho bedeutende Pcrsonal-
zuUige, daß dieser sich nun auf etwa 220 Ü. (3500 Fr.) zu stehen kam. Dam
erhielten die Lehrer das Beoht, PiiTatstnndea neben der Sehnle an ertheilen,
einige Einnahmen vom Lehrmittelverkauf und zeitweise auch etwelche Entschädigung
fUr nicht eingegangeneB Schulgeld. — Die lilädchcnsehuleu — Zwingli dachte von
der theoretischen Bildung <les weibJichen Geschlechtes gering — blieben auch
jetzt zurück j die Stadt begnügte sich mit einem bloßen Beitrag an die Besoldung
der Lehrfranen; die dents^ua BeKnien wiesen denn andli 1683 neben 410 Knaben
nur 49 KIdolien an£ Dementspreohend ließ der Bath die Freibeit zur Errichtung
privater Mädchenschulen bestehen, während er dieselbe fUr Knabenschulen möglichst
einschränkte. (Nach Ernst, „GenchichtH H^^s zürcherischen Schulwesens", S, 165 tf.)
Auf solchem und ähnlichem Grunde ist in den zwei folgenden Jahrhunderten
in den städtischen Volksschulen rahig weiter geschulmeistert worden; eingreifende
Nenernngon fanden nicht statt. Je nachdem tttditige MXoner nnd ein etwas
Snaelnsttt Luftzug, wie zu Anfang des 18. Jahrb., ihren Einfluß fühlbar maebteo,
gewann auch das Volksschulwesen, nm bald nachher wieder in den gewöhnlichen
Mechanismus zurückzusinken.
Yon der Beaktion, die der dreißigjährige Krieg mit seineu Verwüstungen
Uber die mittelenroptisehe Knltor braebte, ist unser Yaterland yersehont geblieben.
Dagegen hatten für das Landscbulwesen die sozialen Wirren des Bauernkrieges
theilweisen RfUdcseblag aar Folge ; so beschloß noch im Jahre 1653 die B^erong
Vanw, TotfenrtrttoAallt-LazIlMm der 8^««ls. 3
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Schule
18 '
Scbule
Ton Solothurn, die bis iahin manches für daa Schulwesen auf dem Lant^e gethan :
„Int den BcUiern anheinigestellt, Schulmeister zu haben, aber MGnllHerren werden
uit mehr dazu contribuiren. " Auch in den protentantischen Städteltantonen sind
die Lftudachulordiiungeii aus der ersten HSlfte des lö. Jabrh. unwesentlich ver-
Snderte Kopien der Yerordiinngen aus dem 17. Jahrh. Die Erfolge der Pietisten
auf dem Gebiete der Schule haben bei uns nicht sowohl eine Reform, als viel-
fa^'he Anregung de.s Pflic htgefiihls ftlr die Pflege der Schule und methodische
Neuerungeu gehracbt, die iiideß nicht aUzasehr in die Tietr drangen, wie denn
I'eutaluzzi durch das „Sokratisircu einiger Lehrer" keineswegs sich „tauschen" ließ.
Unter diesen VerhSltnisaen war es wenigstens fttr die nächste Folgeieit kaum
ein Gewinn, daß auf der Landsdiaft die Geistlichen mehr und mehr Ton der
Schulbaltuug sich zurückgezogen und diese weltlichen Händen überlassen hatten;
an Ansehen vor dem Volke gewann die Schule dadurch nicht und dem Wohl-
wollen der leitenden Kreise wurde sie ferner gerückt. Aber als Grundlage für
die Blättere Entwicklung war di^ Yerinderang von Meheter Wichtigkeit. Lehr*
stand und yolkssobnle wurden dadurch Gegenstände eines selhstständigen Interessee,
und die geistige Bewegung der Aufklärung, die der zweiten Hälfte des 18. Jahrh.
ihr Gepräge aufdrückte, säumte nicht, sich der Fr.itrcif dr-r Volksbildung mit einer
Begeisterung und Nachbaltigkeit anzunehun n, die gauz undenkbar wäre, weuji sie
die Volksschule noch lediglich als Appendix der geistlichen Funktionen vorge-
funden hatte.
In der That 7.' igen die letzten Jahrzehnte des vorigen Jahrhundert« das
rege Streben, dem Volkv-^ehulwesen eine durchgreifende Reform zu Theil werden
zu lassen ; wir gewahren aller Orten Ansätze zu einem dur* h eigene Kraft be-
wirkten Aufschwung. Die Reform des zürcberisohen Landschuiwesens 1774 ist
weniger durch ihre unmittelharen Yerbessernngen als dnroh den EiÜNT und die
Einsicht bemerkenswerth, mit welchen Geistliehe und Staatsmänner sieh, am
Bessere zu schatten, in das Studium der vorhandenen Zustände und der Mittel,
denselben aut/uhelfen, v-rtieften. Die lielveti>c1i.' Gesellschaft bot den Bestrebungen
für bessere Bildung Spreclisaal und moralische Unterstützung; das Seminar Ualdeu-
stein-Morschlius zeigte noch vor der Entstehung des Philanthropius in Dessau das
Muster naturgemSßcnr Erziehung aanSehst fUr die höheren Stände. Wie lebhaftea
Interesse Pestalozzi für seine Erziehungsversuche auf dem Neuhofe bei den bcrni-
sohen LaJid^figten auf Seliloß Wildcnslein vorfanil, i'-t ])ekannt genug; in den
Klöstern Kreuzlingen und St Urban wurde die Kinfiihrung der Felbiger'.-ehen
Methode, die Ausarbeitung von Lehrmitteln, die derselben entsprachen, und die
Einweihung strebsamer Lefarkrilfte in dieselbe durch Bildongskerse betrieben. Aber
im VolksBChulwcsen sah und beklagte man mehr die Mangelhaftigkeit des Yor-
handenen, als daß mau sich im Stande fühlte, derselben allseitig abzuhelfen. Im
Allgemeinen war das Schulwesen selbst in den Landschaften der vorgeschrittensten
Kautone zu £nde des Ib. Jahrh. noch auf niedrigerer Stufe als in manchen
deutschen Fllntenthttmem damaliger Zeit; die Landschulen im Garnen auf den
Winter beschränkt« mit einigen wSchentliohen Hatbtagen im Sommer; die Lehrer,
selbet oft kaum im Besitz der dürftigsten Elementarkenntnisse, vom' Pfarrer ab-
hängig, kärglich besoldet und in der Kaji{>tHnehe auf das S< hulireld angewiesen,
das sie fast illMrall Hf]h<\ ein/.ukas^ir(■n luttten, grieUhiL't, durch ein Handwerk
oder kirchliche üedieuhlung den nülhigeu LebensunterhuU zu ergänzen, die Wahl
mehr durch äußere Grttnde (OrtsangehKrigkeit, üntorsttttanngsbedttrftigkeit, Besits
einer ordentlichen, zum Schulhalten ausreichenden und günstig gelegenen Stube)
als durch Fähigkeit oder Kenntnisse bestimmt; an wenigen Orten besondere
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Schul«
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Schule
Scbulhäuser; die Schuktuben oft gleichzeitig dem Haudwerksl^etrieb tinl dem
Anfentbali der Familie dienend — da und dort wechselte aiuh Srliule und
<iamit diü Piiiuht der Verkü^tigung dei» Lehrem in wöchentliuher ^bLebre" von
Hof wa Hof; wirkltehe Dnrehlfthrang einea allgomemea Sohnlbesticlu Bohon znfolgo
der imzulSuglichen Lokalitäten ein Ding der Unmöglichkeit ; von methodiaoher
Krfassting dvs Lehrptoffs, Durclifübrung des Klaseenunterricbts, halbwegs geeigneter
Bestuhlung und pasRcndeii Lehrmitteln kaum die Anfänge — so zeif^t nicb uns
daa Bild dea schweizerischen LandsobulweBens in den Antworten, die dem Minister
Stapfer auf sein Fragenachema vom Jahre 1796 eingingen, nnd in kleineren
Städten waren die YerhältolBee oft keitieswegs heNer.
Der Grund zu aolchem Mißverliiilttuß iwiflcben Wollen und Können lag in
der Anffafsnng der Stellung ilts Schulwesens zum St;iat. Noch das; 18. Jahrb.
hat bei uns wie andersswo d<.ii Stiiat weaentiich al« eine Organisation der äußeren
Ordnung aufgefaßt; die kulturellen Aufgaben, wie die Erziehung, hatte derselbe
Dioht selbst an Hand an nehmen, sondern nntor Wahrnng seiner Oberanfsicht der
Kirche anvertraut. Der Staatshaushalt war in keiner Weise fllr Unterhalt und
Förderung derselben eingerichtet; das Bewußtsein, d;iß er auch hioftir finanziell
einzustehen habe, fehlte allppTnein, und wie sehr der Satz des Wiener Hi)fi1ekrets
vom 13. Oktober 1770, dal» „das Schulwesen ein i'oliticttm sei"", neu war, dafür
haben wir gerade in der Schweis sprechende Bewdse. Statt daß man sich aOnter-
staodoa hätte"» für Schnlaweoke «mm serarinm pnblicnm snne Znflneht lu nehmen*,
was sich „kein gutdeukender Blirger jemals in den Sinn kommen lassen wird, so
lanj^e er noch andere Mittel weiß, seinen nothleidenden Brüdern Hülfe zu ver-
schalien", — \\'orte des Antistes Ulrich von Zürich in einer Denkschrift zur
Hebung dea Landschulwesens 177G, — suchte man das iNötbigste durch Au-
regnng freiwilliger laebeespenden an erhalten, erhielt es auch, 9hcr tiUeb natttr
lieh weit entfernt, eine durchgreifende Verbesserong der Zustände zu erzielen.
Ueber diesen Versnelum mit unziireicbendi ii Mitteln, wenn auch voll guten Willens,
brach die LToße Umwälzung liere.m, wxdche die alte Eidgeuossenschaft in 'rriiinint r
wari uud an ihrer Stelle den helvetischen Eiuheitsstaat, die U^publiijue helvetu]Ud
nne et indi^ble, aufrichtete.
C. Die Zeit der Helveiik, 1708—1S()3. Die französische Revolution hatte
auch für die Auffassung des Verhältnisses der Schule zum Staat eine Umwälzung
gebracht. Es lag das schon als natürliche Konsequenz in ihrer gegen die Kirche
gewendeten Riohtnng, daß allenthalben da, wo ihre Ideen Wand - schlugen, sie
die Hand auch auf das Gebiet der Ersiebnng legte. Haan kam ein Zweites. Sie
empfand sdum in ihrer Wiege das BedQvfiiiß, den mensehheitlichen Grundsätzen
der Anfklärungszeit, der sie ihren Ursprung verdankte, Ausdruck zu verleihen
und den bisherij^en historisrb gewordenen sozialen Eiriricliiungen gegenüber ab-
gerundete systematische Verfdi<.auugtju aufzuhlelleu. Eh wäre eine Verläugnung
der idealsten Strebungen, die sie trugen, gewesen, hätte sie nicht anch in den-
selben die Pflicht der Aufklärung uud damit der Sorge für die Erziehung an-
erkannt. So ist au'h für die Scliweiz, die 171>S iiueh französischem Muster in
einen Einheitsstaat umgeschatlen wurde, gleichzeitig als etwas Neues eine solche
YertasBung in Kraft getreten und in derselben von Seite des Staates die Auf-
klXmng«* Ottd finiehnngspflioht in Anspruch genommen worden. Die erste Formn-
limng in der Ton Ochs der franaBsisehen IKraktorial7erfar>8ung nachgebildeten
Konstitution von 1798 lautet zwar noch sehr theoretisch und abstrakt: „Art. 4.
Die zwei Grundlagen des tfffentliohen Wohles sind die Sicherheit und die Auf-
Schale
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Schule
klärang. Die Autkläining ist dem Woblstande vorznriehen." Zugleich etellte die
Konstitution die Ernennung eines Ministers der Künste und Wissenschaften in
Anaiioht; und wie sehr nementlioh das Wirken dieees UinieterB die etaatliobe
Püiebt mt dem Gebiete der Erziehung dem öffentlidien Bewvfilaein eingegraben
hat, davon legt Zeiigniß ab, daß auch alle anderen der Tim'h wechselnden Ver-
fasaiingsformulirungen dieser Periode des Einheitsstaates der Erziehung gedenken.
Mitten in den schwierigsten Yerhältnissen, da die Schweiz der Kriegsschau-
pkts der fremden Heere war, im Gefolg der letstexn Koth und Elend doroh das
Land sog, die Farteiklmpfe jede bleibende Ordnung nnmdglidi machten, aollten
nnn die Grundlagen eines einheitlichen schweizerischen Schulwesens geschaffen
werden. D&h Direktorium ernannte im Mai zum Minister der Künste und Wissen-
schaften Ph. Alhr. Stapfer von Brn^g (1760 — 184U), und als dieser im Herbst
1800 als Bevollmächtigter der Kegierung nach Paris abging, zu seinem Nach-
folger llelclnor Hohr yon Lnaem, der StapDer*8 Werk in gMehem Sinne fort*
aetate. t,Man muß der Welt beweisen, daß ans unserer Eevolution für wahre
Menschenveredlnng ein Gewinn erwachse," daa war Stapfw's leitender Gesiehta-
ponkt.
Schon am 18. November 1798 unterbreitete das Direktorium mit warmer
EmpiehlDttg den gesetzgebenden fiSthen einen Ton Stapfer ausgearbeiteten «Qe-
setiesvorschlug betr. die untern Bürgerschulen", der die Organisatioo eines ttber
das ganze Land hin gleichiuäßig eingerichteten Elementar^ohuhvesens sich zum
Ziele setzte, auf weiche dann die eigentlichen Bürgerschulen und iibrr ilmen die
reorganisirten Geiehrtenschalen aufbauen sollten j als Abschluß und iu-önung des
Ganaen war eine nationale Cmtralaebnle gedacht. Der Entwurf wurde im Ftfkhr
jähre 1799 in Beratbung genommen, an dne KommissioD gewiesen und blieb
unerledigt. Nichtsdestoweniger legte Stapfer Hand an's Werk ; er hatte sicn Tom
Direktorium bevollmächtigen lassen, wenigstens die dringendstfn Maßregeln in
Ausfuhrung zu bringen; so wurden depn die Wahlen der kantonalen Erziehtings-
räthe uud der Schulinspektoren getrotfen, und Stapfer gab mit Erlaubniß des
Direktoriun» InstruktioDen für dieselben heraus, «ffie und ein aohOnee Denkmal
nicht bloß seiner Begeisterung und pädagogischen Einsicht, sondern anch seinea
durchgehenden Str» ! die öffentliche Meinung für die Schulreform ohne Unter-
schied der Parteien durch grttßtm()gliehe Offenheit des Vorgchcnfs, durch wohl-
wollendes Eingehen auf jede dem intereHbe lür die Sache entsprungene Anregung
au gewinnen, und seiebnen sieh geradesn aus durch Vermeidung allen bnreao-
kmtiaeben Beigescbmaokes.* Die Instruktionen nehmen aneb auf Dinge Besog^
welche erst die Gegenwart in ihrer Wichtigkeit an sohJltmB gelernt bat» so auf
Kontrolirung der hygieinischen Verhältnisse.
Um eich ein klares Bild von den Zuständen und Bedürfnissen der Schulen
Helvetiens zu verschaffen, entwarf er Anfangs 1792 ein Fragenschema, das s&mmt-
liehen Sebullebrem der Sehweia augeaandt wurde; die Antworten liefen bis 1800
fast Tollstfindig ein und bilden flir die Kenntniß des Schulwesens jener Zeit ein
ganz nnf:( hi'tzlian s Quellenmaterial. Bekannt sind die niehrlaehen Vertsuehe Stapfer's,
Lehrerbild ungj^kui-se in's Leben zu lufen, und die Lntf rstützung, die er zu diesem
Zweck seinem bisherigen Sekretär Fischer auf Schloß Burgdorf angedeihen ließ,
bekannt aneh die I^rderung, die Pestaload und seinen Unternehmungen durch
Stapfer's beharrliebe Fttrspraebe seitens der helvetischen Regierang zu Thcil wurde.
„Eh gehört zu den schfmsten Zügen der helvetischen Regierung, daß sie, die oft
nicht wußte, woher das Geld für die nothwendigen Bedürfnisse gewinnen, diesem.
Mann mit einem geradezu unverwüstlichen Vertrauen sur Seite stand. Für daa
. j . i. y Google
Setaale
— 21
Schule
WaimDhan«) in Stans wurde finanziell durohaas ati8reichen<l gesorgt; die helvetische
Begiening i^etzte i;'e-^talu2£i für soiae Versuche an der Elementarsühale in Barg-
4orf eine kleine Besoldung aoa, and ebeo dieser dankte er es, daß er im Schlosse
fHir seine EmehmigBlMfltvebaiigeii festen Sits fend; sie nntersttttad; ihn daselbst fttr
HenabUdaDg von Lehrerzöglingen mit einer fllr ihre Verhältnisse namhaften
Summe, und me ist es, die von 1800 an und noch in den letzten Monaten ihreti
BeHtandes durch Geldvorsuhüsse ihm die Herausgabe Heiner Lehrbücher möglich
macht. So hat sie bei Featalozzi's Werk gewisser maüeu i^athenstelle vertreten,
und was frei von den Seblacken der potttisoben Wirren der belyetischen Periode,
ächter Kern idealen Strebdns in ihr war, das ist Uber ihrem Grabe durch Pestalozzi
für die Nachwelt gerettet und mm Gewinn des Vaterlandes wie der Mensohbeit
Ipe worden."
Aber aach die helvetische Regierang selbst hat wenigstens bestimmte Grund-
steine gelegt, anf welsben die Zukunft weiterbanen mochte. Da« sind die Beeobltteee
▼om 4./6. Desember 1800, mittelst deren jede KnmiipaUütt inr Anweisung nnd
Beheizung eines Sobnlsimmen, sar Bezahlung einer Minimal-Lehrerbeaoldung von
Fr. HO und jeder Hansvater verpSiehtet wurde, seine Kinder sowie allfimigo
Kodtkinder den Winter Uber zur Schale zu senden.
2). Mediatiomgeit, 180S—18in, Die Saat, welehe die belvetisebe Einheits-
rogieruDg auäge8äet, begann in dem ruhigen Jahisdbnt, das der Grablegung der
Helvetik am 10. März 1803 folgte, allmälig zu keimen. Obgh^ich oder gerade
weil die Einheitsform zerbrochen war, machten sich nun die Miinner, welche
Stapter üeert'olge geleistet, in den Kantonen um so eifriger an's Werk, das
Sdwlwesen sn beben. Die mebten der Kantone erUeß» Sobolordnnngen nnd
Sehalgesetse, die gemdniam das Charakteristisehe hatten, daß de an ibrer Spitze,
wenn auch in verschiedener Pormulirang, den Gedanken ausdrückten, daß die
Sorge für die Erziehung der Jugend ^unentbehrlich und einer der höchsten Zwecke
des Staates", „eine heilige Pflicht der Obrigkeit" sei. Man war somit in keiner
Weise gewillt, auf die Neutralität des Staates lo Schuldiagen, wie sie bis 1798
l^berrsebt, svrlleksakommen. Wobl sind die Mittel, die der Staat damals fllr
das Schulwesen glaubte aufwenden an dttrfni, sehr sparsam bemessen ; um so
eifriger legte sich die Bt'_"i' ternng der Privaten in's Werk. Eine große Reihe
von Instituten erstanden zu Stadt und l^and, um wenigstens dem Sohne den v^r-
mögiicben Bürgers nnd Landmanns eine bessere Bildung zu ermöglichen. Pestalo;^! s
Ersiehnngsnntemebmen in Iferten stieg za bOohstem Flor und warde Wallfobrtaort
für EinbeimiBohe und Fremde; anf Hofwyl schuf Fellenherg jenes System von
Anstalten, mit dem er die soziale Krisis durch bessere Erziehung a!Ier Stände
zu beschwören gedachte, nnd in Freiburg führte P. Girard durch den Zauber
seiner Persönlichkeit and die Klarheit seiner Methode die städtischen Schalen zu
einer Htthe, die mit dem Ruhme von Iferten wetteiferte. Aus eigenem Antrieb,
mit großw ffingabe nnd geringer finanrieller StaatsbUlfe erriditeten Landpfiumr
Lebrerbildungskurse, die in beschränkten Verhältnissen höchst erfreuliche Leistnngen
aufwiegen. Auch die höhere Bildaug nahm durch Gründung jugendfrischer Kantons-
schalen (Aarau, Chur) an diesetn patriotischen Aufschwung Theil. Und endlich
trat auf Pestalozzi's Anregung und unter seinen Auspixieu die „Schweizerische
Oesellsehaft fttr Enoebung* 1808 in Lenzbnrg zusammen, um alle diese ▼ereinaelt
wirkenden Kräfte in dauernder Berührung zu halten, und als ihre Mitglieder 181,3
von der fünften Jahresversammlung heimkehrten, geschah es in früher HoiTnung
eines ementen Emporblühens der Gesellschaft and durohaus ohne die Ahnung,
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Schule
22 —
Schul»
daß die Weltereignisse dieses und des folgenden Julirea Dicht nur der Gei!»ell»chafty
sondern aiioii der .Begensreiehen* Uediatiomieit selber ein jKhes Ende bermtea
werden*
E. ReHtturatkmsjseiit 1813 — 1830. Der Sturs Kapoleon'e fUhrte sn einer
NengestaltuDg der politischen VerhSltnisAe der SobweiX} die nnr langsam allge-
meine Zuftimmung fand. Die Souveränität der Kantone wurde nahezu unbeKchrlinkt
wieder hergestellt; eine Entschädiirtmg lug darin, daß dicKPtn maflitlosrn Staaten-
bunde nun auch Wallis, Neuenbürg und Genf bleibend eingefügt wurden. Nach
air den Aostxengungen nnd Beniinthiguugca der napoleonischen Zeit Überwog in
den nficbsten Jaliren das rOokhaltloee BedUrfniß nach Rohe; sie prägen den
Charakter konservatix ( n Htillstandcs und gelegentlichen Rücksehrittes ohne Oppo-
sition der örtentliclicn Meinung in fast iiusnalimsloser IJeiiihcit aus. Aber die
Bestrebungen für Hebung de?? Schulwesens wan n in (irr Meiiiationszeit zu tief
gewurzelt, als daß die bisherige Eniwiclilung hiititi rüokgaugig gemacht werden
kdnnen; nnr darin erfolgte in einaelnen Kantonen ein unzweifelhafter Rttekschritt,
daß die staatliche einheitliehe Besorgung der Schule beseitigt und die Pflege der
letzteren den Konfessionen zurückgegeben wurde (Thurgau, St, Gallen); zu<i< m
riefen die Kungerjnhre 1816 und 1817- ganz andere Interessen als die idealen
in den Vordergrund.
Hit dem Jahre 1619 und dem in demeelben gefeierten Reformationrfest
loderte sich die Ssene« nnd die Begeistemng für die Erhebung der Griechen
vollendete das Wiedererstarken eines freisinnigen Geistes in einem großen Theile
der Eidgenossenschaft. Noch lebten und wirkten in den meibtcn Kantonen für
das Schulwesen die Veteranen aus der Zeit der Helvetik nnd ilediaticn ; die
1810 gegründete Schweiz, gemeinnützige Gesellschaft ward nun der Sprechsaal
flir die Fttrdemng der freien £ntwickUing anf dem Gebiet des Ersiehnngsweeens ;
mit grSßter Lebltafti^rk* It und reichlichem Widerhall in der öir-iitlichen Meinung
wurde namentlich die Frage besserer Lehrerbildung be>iprochen; in der Verbreitung
des wechselsciti^^^^en Unterrichts hottte man, unter Vortritt l*. Guarrl ti, die aus-
reichende Lösung der Aul^abe gefunden zu haben, um mit riparsauieu Mitteln
audi armen Landschaften und Kantonen die Darchfilbruug allgemeiner SchuU
bildnng ku siohem. In einzelnen Kantonen gelangten die Bestrebungen zur Beform
des Schulwesens zu gesetzlichem Ausdruck ; 1829 nahm Nidwaiden, in der ersten
Hälfte des Jahres 18ÜÜ Luzern ein neue» Schulgesetz an. ZUri(h hatte bereits
jahrelang die lievision seines Krziehungswesens mit Umsicht vorbereitet und in
den Hauptfragen zum vorläufigen Abschluß gebracht, als die Julirevolution in
Frankreich 1830 eine TölHg neue Situation schuf.
F. litijeut I iUion, 1830 — 1618. Die cigenthiunliche Brechung, welche die
revolatlonSre Bewegung des Jahres 1830 in ihrem Ursprungslande dadurch erhielt»
daß ee dem gebildeten BUrgerstiinde gelang, der Bewegung Halt -/.n gebieten und
den neuen Verhältnissen seinen Stempel anfzudriu kcu. wiederholte sirli auch in
der Schwei t: ; die H* vn!nti.m wnrde dndnrr Ii /ur Ki tVfrin. An Stelle der bi>brrigen
mehr oder weniger patriarchalischen Staatsorgauisation trat die bewutite Aus-
bildung des Bechtaetaates. FUr die Schule wurde dies nach swei Seiten hin
wirksam. Einmal, indem der Staat das anssehließliohe Recht auf die Gestaltung
der Schule, damit aber auch die tinbeschränkte Pflicht, für die Schule «U sorgen,
inAiiKprinh nahm; dudureli, daß die Stenerkraft des Vi >lkes nunmehr unmittelbar
und ausgiebig für die Schulbedürfni->L' zugezogen wurde, ergnb --ich die Möglich-
keit, ganz auders als bisher durc hg reitende Keformeu zu bewerkht'dligen, nnd das
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Schal«
— 2» —
ächuie
Auäkuofteuiitcel der 20er Jahre, durch wechi^elseitigen Unterricht das Ziel all-
gemeiner Yolksbildong sti erreiohen, verschwindet dieser neuen Situation gegen*
ttber als flberwnndener Standpankt. Andmeita ItthTen die BeatrabtiDgeD saoh
DnrchfUhrung der Rechtsgleichheit Uber die bislierigen Dnteruchiede von Stadt*
und Landschulen, Bürger-, Ni<'tlerju:eliisspneTi und Armensi^hulcn hinnas ; an der
«Stelle der Schranken zwiHcheu Gelehrten- und Volksschule macht sich da« Be-
dUrfuil^ einer organischen Verbindung der Bildungsanstalteu aller Stufen geltend.
Auf diesen Crrandlagen haben die 30er Jahre unsere moderne Miiheitiiehe Tolke*
aehnle and den Organismns eines von der Primaraehnle bis zur Hüchsebnle in>
einandergreifenden Bildungswesene geschaffen. Die«e ganze Entwicklung geht aber
vor sich auf icm Boden ih'< kuntonalen Lebens; noch erweisen sich die Hinder-
nisse zu groß, den Bundetivcrlrag von 1815 durch eine Verfaüsung mit grtil^erer
Zentralisation zu ersetzen; und es bt in der nämlichen Bichtang bemiehnend,
daß selbst in dem ab zn weit gehend verworfenen Projekt einer Bnndesnrknnde
(1832 — 1834) des Schul w( seii.s mit keinem Worte irc «lacht wird und daß die
Bew('<riin^, die darauf zielte, den imti<»nalpn Sinn durch Errichtung rin^r oid-
gt^ni>.->-isch« n Horhschnle zn beleben, schließlich nur zu Schöpfunpm kuiiKniaien
(Jbaraktcr.s führte ^Hochschule Zürich 183H, Bern lö34); partielle Reaktionen,
langjährige Wirren, ja selbst ein Bürgerkrieg maßten erst tiberwanden werden,
ehe nur die Möglichkeit sich darbot, ans dem Staatenbund einen Bundesstaat za
gestalten und diesen zum regnlirenden Aa^angspunkt für eine einheitliche Kultar*
entwicklung zu machen.
Hatten die Kantousverfassungen der Kestaurationsperiode vom Schulwesen
gründlich geschwiegen and dieses Gebiet der Organisation daroh die Verwaltangs*
behörden ttberlassen, so tritt nnn mit Anfang der 30er Jahre hier, entsprechend
dem soeben Dargelegten, ein ümschwang ein. Von den zwölf in den Jahren 1831
und 1832 aiifge>ti'llttMi Verfassnn2:«*n bnbcn nenn die staatliche Ptiicht, fUr die
Volkserziehung zu «urgen, ausdrücklich hervorgehoben.
Selbstverständlich besitzt jeder Kanton für die Gestaltung des Schulwesens
in dw Kegenerationsperiode seine eigene Geschichte. In der einen gelangen die
politischen Wogen rasch zur Glättung and es wird durch Iiis Zussammengehen
aller Wohlgepinnten möglich, ein planvolles, in all' n Theilen li bpuskräftiges
Schulwesen zu schaffen: in andern hindern die Part- i Verhältnisse auf Jahre hinaus
ein solches Zusammengehen, und unter der Kivalität der leitenden Personen kann
die nenn Sehale nur sehr laogsam erstarken ; in dritten bleiben die idealen Fest*
setznngen des ersten Anlaufes lange Zeit nar anf dem Papier and nar gans all-
mSlig treten die Spuren hervor, daß doch eine wirklidie Aussaat Ntattgefnnden ;
anderswo wirkt die Opposition gegen *\>ni fi-ist der nenen Zrit nur mit ver-
stärkter Gewalt jeglichem Fortschritt entgegen. Leber die kantonalen Grenzen
hinaus bedeutsam und maßgebend ist einzig die Organisation des eiircherischen
Schnlwesens geworden.
Die Schweiz besaß im Wirken Pestalossi^s, Fellenberg'.K uu<\ P. Girard's
eine bedeuten'le, auf eiirenem H.nl.-n erwachsene pädagogische Vergangenheit,
üm so mehr ist man übt rra.scht, zu sehi u, daß da.s zürcheristdie Schulwesen der
äOer Jahre, und unter seinem EinlluHse auch theilweise das der andern Kantone,
nioht auf den Grundlagen derselben aafbaut. Im Gegensatz sn einer Kandidatur
anai dem Kreise der P^talozzianer wurde der Wttrttemberger Thomas Scherr,
der wenige Jahre vorher als Iiirektor der Blindenanstalt nach Zürich gekommen
war, Leiter der zürcherischen Lehrerbilduiiyr nn dem neu errichteten Seminar in
KUßnach und für das ganze zürcherische Volksschulwesen die Ton uud Kichtung
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Sdiule
— 24 —
Schule
angebend« PenSnliolikeH. Niobt an Girard, an Scbmr wendeten eidi aadi Icatiio-
lische Kantone um sein Gutachten Uber die einzuschlagende Babn, wEhrend im
Kanton B'>ru Fellenberg, dessen Anstalten auf Hofwyl damals in höchster Blütbe
stHn lcn, Inroh seine Streitigkeiten mit den Mitgliedern der berimohen Regierung
allen KmiiuÜ auf die GrcHtaltung dtju berDischen Schulwesens verlor. Wohl ge-
langten die FeUenbergiadieii Aneobaanngen ttber Yolkeerriehong doroh ednen
Hitarbeiter Webrli, der 1834 ao die Direktion des thurgauischen Lehreneminan
in Kreuzliiigen berufen worden war, zu praktischer Geltung und segensreicher
Entfaltung für die thurgauische Volkuschuie; aber es gelang Scherr nach zwanzig
Jahren, in seiner Stellung als Präsident des thurgauischen Erziehnogarathefi auch
dieeen Antipoden sa beseitigen ^1853). Die fraosOfllecbe Schweis w«Ut kein Bei-
spiel eine* aadi nur annäbwnd eo miehtig Uber die kantooalen Greoaen binane
wifloMiden EinfloeHee anf, wie ibn die Soberfeebe Sobnle fttr die devtiohe Sebweia
gewonnen hat.
Und in der That war die Scberr'sche Volksschule für ibre Zeit und in ihrer
Art eine volleudetu Leistung. Die Klarheit und Einfachheit ihrer Orgauiäation,
die üwte Begrmizung ihres Frograinms anf die geistige Bildnogf die treffliobe
methodiaobe DarchfUhrung, namentlicb anf der Elemenlarntufe, die umsicbtige
Ausrüstung mit einer lüekenloaen, sorgföltig abgestuften Reihe an Zahl und Um-
fang ttbersichtlicher Lehrmittel, — dazu die energische Geltendmachung voller
Unabhängigkeit der Schule von der Geistlichkeit, die Sorge für die Eeohte, eine
geachtete bUrgerliobe Stellung and die vaterieUen Litersesen des Lehratandee and
die Pflege des korporativm Solidadtittegeftthb, ia Allem aogleieh Besobritakang
der Zielpunkte auf das Mögliche und Durchführbare, — das sind die Hauptziige,
welche die Schöpfung Scherr's charakteriairen. Die Zeit hat AbSndernngen, Er-
gänzungen, Verbesserungen aufgebracht; die Dauer der Schulzeit ist vermehrt,
die Lebrmetboden sind vervollkommnet, neue Unterricbtszweige eingeführt worden ;
aber die GrandlagMi des Sebolweeene sind die iribuUeben gebliebea, and wenn
heutantege andere Auffassungen der Aafgabe und der Methode der Schule sich
geltend m irti'-n. Frr>bclHcliulen aufblühen, die Bestrebungen fllr den Handfertigkeits-
unterricht uud Schulnpiele Einlaß begehren, der Konzentration den Lehrstoti'es
gerufen wird und damit die Grandlagen des Scherr'schcn linnm in Frage gestellt
werden, so stehen wir eben doob noeh inmitten eines anau^getrugenen Kampfes.
G. Von 1818 bis eur Gegenwart. Die Bundesverfassung von 1848 Uberließ,
vom Bediirfniß getragen, die Zentralisation anf das Nothwendigste zu bescbrSnkcn,
die Ordnung des Schulwesens auch fernerhin den Kantonen, ohne ein Oberaufsichts-
reobt ia Ansprach «a ndmien, und besehribikte nch darauf, in Artikel 22 die
einbeitUehe Landeekraft fttr Begrfindnag einer üniTersitKt und einer polytedinisoben
Schule in Anspruch zu nehmen. Bekanntlich wnrde beiden beattglicheii Berathungen
in den Jahren 1852 — 1854: seliließlicli aui? dem ^nnd" ein „oder" und dieses
zu GuuHten der zweiten Alternative entschieden (Gründung der polytechnischen
Schule in Züriuh). Die Kantone ihrerseits schritten in der Entwicklung ihres
Schul Wesens nach Maßgabe ibrer politisoben und Kultnrentwicklung vorwSrts;
auch die bisher zurückgebliebenen unter denselben ließen es an Anstrengungen
und Opfern nicht fehlen, da» Versäumte naehznholen, und ert<et/ten ihre theil-
weise noch aus der Mcdiationszeit herrührenden Srhulf>rdfinngen durch neue gesetz-
geberische Erlasse im Geiste der Jetztzeit. So war denn, als zu Anfang der 70er
Jabre der Buf nacb Vermebrnng der Geatralgewalt dareh eine Bundeerevision
Kraft gewann, der Boden gana andere ale 1848 dsfttr geebnet, daß auch beattglieb
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Schule
25 —
Scbttle
des Volksschulwesens allgemeino Normen vom Bunde aas aufgestellt werden konotea.
Der Schulartikel 27 der nach einem veninglUckteD Versuch (1Ö72) am l^. April
1874 in der Tolk—batimmuDg zur Annahme gelugten revidirten BiüideeverfrHiing
lastet:
.Der Bund ist befugt, außer der bestehenden pnlvlechnischen Schule eine Univer-
atii and andere höhere UnterrichLiaastalten zu errichten oder solche Anstalten zu
tmtenrtfltzen.
.Die Kantone sorgen für genügenden Priraanmterriclit, welcher ausschließlich unter
staatlicher Leitung stehen solL Oerselbe ist obligatorisch und in den öffentUchen Schulen
.Die (öffentlichen Si-hulen sollen von den Angfehörigen aller l?ekenntnisae ebne
Beeinträchtigung ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit besucht werden köimen.
«Gegen Kantone, welche diesen Verpfliditungen nicht nachkommwi , wird der
Bund die aOUdgen Verfagungen treffen. *
Die Fassung dieses Artikels ließ manniijfaolie Drntnng zu; inabesondere war
in demfielben nicht klar ausgesprochen, oh die Eidgenossenschaft die Ptlicht oder
auch nur das Recht habe, die Beziehungen, die ihr die Verfassung zum Volks-
ecbnlweeen gibt, dureh ein Qesetx in ordnen. In Jahre 1882 Miteehied di»
Bundesvereamnilung. ein solche« Gesetz in Vorbereitung zn nehmen, und beschloß
zu dicHem Zwer ke die Errichtung der Stelle eines ständigen KrzieluingHsekretÄrs ;
dieselbe wurde aber in der Volksabstimmung mit einer Zweidrittelmehrheit ver-
worfen. So sah eich der Bund veranlaßt, seinen Einfluß und seine MithUlie im
BnielittngBweaen naoh wie tot anf Gebiete an beadurlokeiii die nicht wgentlieh
eine AnafUhrung des Schulartikele der BnndeaverfaMong and« Er anterattttat anf
Grund dcB Artikels 2 (Befördemng der allgemeinen Wohllklirt) seit 1876 die
bestehenden f^chulaussttlhivfpn und hat seit 1884 in größerem Maßstab durch
Subventionen und Kontroie i^ich de» (gewerblichen und landwirthschafllichen
Bildongsweseos angenommen. Auf Grund der Schweiz. Militärorganieatton hat er
1876 Bekmtenprüfimgen «ingericbtot ond Reglemente Uber den Tumunierrieki
der männlichen Jugend nnd Heranbildung von Turnlehrern erlassen. Auf Grand
des Artikels sind die 31ed>S'imfprüfii)itferi durch den Bund einheitlich geregelt
worden (l877/8(.)); auf (Irund des Artikel» 34 ist durch das Fabrikgesetz v<:»m
Jahre 187 7 jede Beschäftigung junger Leute bis zum vollendeten 14. Altersjahr
im Fabrikdienst für den Bereich der Eidgenossensobafl ▼«rboten und zugleich
bestimmt worden, daß Tür junge Leute vom 14. — 16. Altersjahr der nötbige
Schul- und Religionsunterricht in der elfstUndigen Normalarbeitszeit einbegriffen
sein soll. In den letzten Jahren hat der Bund endlich begonnen, sich auch bei
Veröffentlichungen, die zur Orientirung Uber das scbweiz. Schulwesen dienen,
an betheiligen.
Die Organiaation des f^naen IBttelsehnlwesais, des hSberen Scbnlweaens,
abgesehen von der eidg. potyteohniflchen Schule und den Medizinalpriifungen, der
Primarschule innerhalb der Bestimmungen des Artikels 27 der Bundesverfassung
iet Sache der Kantone. Seit 1880 hüben dieselben nun ausnahmälos bestimmte,
wenn auch keineswegs übereinstimmende Grundsatze Uber das Schulwesen ihren
YcrÜMswigcn einverleibt.
IIJL Gegenwärtige Verhältniasc.
1. Die Volksschule, a. Zweck und Vmfang. In der Bestimmung des
Zweeke« der Volksschule macht sich bei Jen kantonalen Schul besetzen eine zwei-
üache Strömung geltend : die Erzieh ungsaufgabe in ihrer Gesammtheit schlechthin
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Schul«
— 2« —
Schule
ancli rtltj Aufgftlic der Sclinlß zu fassen, oder aber die Schale nur als einen Theii-
fuktor »iMiziell zur Duichführuiig der Unterricht*2wecke hinzo8tellen.
Der erstere Weg ward darch Schert betreteu. »Die Volkeschule" — heißt
es im Zürcher Schnlgeiets von 1832, wohl mit Anklanf an ein« Definitioii
Felbiger*s ■ — „soll die Kinder aller VolksklAflieii nach tibereinstimmenden Gnind-
sStzen 711 giistit( ihätijreti, bürgerlich branchbareo und aittlich religif^sen (in
Schcrr s Entwurf: tittÜLh guten) Merhclirn bilden." Theils im Anschluß an diesem
Fassung, theila in freier VV'eiue gebuu ülmliche sittliche ZweckbeBtimmuugeii die
Gesetze von Baselland (1835), Zag (1850), Granhttnden (1853). Bern (1856),
Aargau (18G5), Walli« (1878), InnmliodL-n (hs?-)), Schwy« (1877/78), Nid-
walden (1871)), Schaffliausen (1879). Wie anders klingt e.<, wenn Obwalden
(I87ti) einfach sagt: ,Jrde EinwobruTgenieinde bat die Pflicht, fl;ifür zu sorgen,
daß eH allen üchuipfliektigen Kindern ihre» Kreises möglich geiuacht werde, durch
den Besuch einer Primanchnle die für das gewöhnliche Leben nSthigen EMint-
nisse au erlangen" ; Lusern (1879): .Die Primär« nnd Fortbildungsschnlen haben
den Zweck, in Verbindung mit dem Blternhause der Jugend die für dm Leben
im Ällgf)npin«'n erforderliche Ausbildung zu llbermittelu" ; Basclstadt (IHPOi:
„Die Pi iinaiM'liiile hat die Aufgabe, die Sdiültr mit deu Eleuieularkenntni**en
vertraut zu ujucheii". Die übrigen Kautoue hüben gar keine Zweckbestimmung
der Volksschule in ihre Gesetae aufgenommen, gesellen sich also mittelbar dieser
sweiten Gruppe hei.
Die Dauer der Schulpflichtigkeit i^t in keiner Welse einheitlich bestimmt;
iltTi Kern derselben bildet die Stufe des mittleren Jugendaltert? /wisilit ii ibm
■''irü k^elegten 0. nnd IT) Altorsjahr mit sech« bis nenn Jahr»'skur>eii. In deu
ivatttuiien Freiburg, Aarguu, Tessin, Wallis und Genf sind auch die Kitunkinder-
sehttlen in den gesetsliohen Organismus der Volksschule einbezogen, indeß allent-
halben alB fakultative Anstalten, außer in Genf, wo die Oberstufe der Kleinkinder-
schule die Stelle der ersten obligatori^ichen Elementarklasse vertritt. Nach oben
linden sirh allerorten Aus^ätzf. dureh frriwillig»^ oder ubligatoriKche Fortbildungd-
Bchnlen und Wiederholungskurbe für hitelluugapliichtige die Schale auch auf da«»
reifere Jugendalter atusudehnen.
Die tS^uk des mittleren Jugendalters aeigt in ihrer Organisation:
a. Eine elementare Stnfe» die Primarschule im engeren Sinne des Wortes, di«
als otdigatorisohe AUtagmchnle und in der Bogel als Genajshrsebule ein-
gerichtet ist.
6. Eine obere Schulstufe für alle Diejenigen, die nicht unmittelbar an höhere
Sehnb'n Ubergcbrn. In der lu g' 1 scheidet sich dif ^t« ob. rc Stufe in zwei
Atste ; 1) eiiie gehobene Volksschule, deren Besuch freiwillig i!?l und weiche
mehrere Ganzjahr-AUtagsschulklassen umfaßt (Sekundär-, Real-, Bezirks-
sehnlen); 2) die einfache Fortsetzung der Volksschule, an wenigen Orten
als Alltags>cluile, au dt-n inei^^ten als Ergänsungs- oder obligatorische Fort-
biMnngKNchule organihirt. In einigen Kantonen bestehen fllr diese Stufe
ki iticrl.i o!*!igatnyi^che Einrichtungen mehr.
Die Schulptiicht beginnt mit gcunn oder annähernd /.urückgelegtera 6. Alters-
jahr in Zürich, Bern, Glaru»«, Zug, liunelstadt, Busellund, Schall'hauäen, beiden
Appensell, St. Gallen, Thurgau, Tessin, Genf; in allen Übrigen Kantonen mit
lurtickgelegtem 7. Altersjahi". Der Eintritt erfolgt in der liberwiegenden Mehr-
zahl der Kantone im Frühling; in Appenzell l.-Kh. und Genf im Angu>-t, in üri,
GraabUnden, Tessin und Wallis, in welchen Kantonen meist ausecbließlich Winter-
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Schule
— 27 —
Schule
und Alltfl^s(;hiiIon sind, im Herbet; ebenso in Loiem für Scholen mit seche
g«nzcu Jahreskurseii.
Die ÄlUatjsHchtde ist auf 6 — 9 Schuljahre vertheilt, und zwar:
wai 6 Jfthre: Zttrioh.Uri, Obwnlden, Nidwttlden, Zug, Beeelland, Appen-
zell I.-Bh.;
, 6 — 7 „ Lnzem;
^ 6 — 8 Schaff hausen }
B 6 — 9 n Thurgau}
« 7 » Sohwyz, Glarua, Appenzell A.-Bh., St. Gallen, Genf;
• 7—8 « Solothnrn;
„ ^ « Baaebtadt, Aargau, Teamn, WaHis;
„ 8 — 9 « Freiburg, Graubiitiden :
„ 9 « Bern, VVaadt, Neuenburg.
Bei Zählung der Alltagi«ächul-//a%'MAre ergibt t-ich fulgcndu Ecihenfolge:
6 tJri; 8 Teidn, Wallis; 8— 9 Granbttnden; 10— 12Lozeim; 12 Zttrioh, Bern
(18 X ''-s- 32- 40 Schulwochen, Mittel 1881: 34,4^ Obwalden» Nidwaiden»
Zii«^, Hil^(•lland; 14 Neuenburg (18 X '/* • Ganzjalu - und Temporärschule von
5 Monaten 5 Durchschnitt der Schulwochen is^l: '5tj,».*), Hchwyz, Glams, Appen-
zell A.-Kh., Genf; 14 — la Thurgau} 14—10 JSolothurn, Scbatthausen ; l(i Basel-
atadt, Aargau; 16—18 IVeibmrg; 18 Waadt.
Die Kantone Appenaell I.>B]i. nnd St. Gallen laasen «ich an keinem be*
stimmten Orte dieser Skala unterbringen; Appenzell I.-Rh. hat in den ver-
schiedenen Gemeinden bei (> Si hnljahrcn 12, 36, 2(5 Schulwocben, wän- alnf» mit
6 — 12, St. Gallen bei 7 Schuljahren llalli-, Dreiviertels* «ud Ganzjubrächulen,
wäre ahjo mit 7 — 14 Halbjahren einzutragen.
Reobnet man nnn aber weiterhinein, waa dnreh genauere Bestimmnng des
Schulwochend urchschnitts, der wöchentlichen Stundenzahl nnd iluioh die w> it<-ru
obligntorisc ln II H( liiilver[ flirhtungen der Jugend an Schnlung8Zt>it dargeboten wird,
iiTid vollzit lit die Yergleichung nach obligatorischen Schulwocheitt 30 ergibt sich
für die Kantone folgender Durchschnitt:
I. Gruppe: 1. Appenzell I.-Rh. (178), 2. Wallis (202), 8. Üri (20G), 4. Grau-
banden (208), 5. Lttzern (211);
n. , 6. Nidwalden (247), 7. Aj.p.Mizell A.-Rh. (261), 8. Obwalden
(25'«), 9. Tessin (2G0). 10. Zug (2(;G);
m. n 11. Solothurn (281), 12. Schwyz ^2'J3), 13. Zürich (302),
14. St. Gallen (30t>), 15. Bern (31o), H>. Bahelland (312);
IV. « 17. Schaffhausen (322), 18. Thurgau (32o), 19. Neuenbürg (332),
20. Glarua (335), 21. FnilMHi: (339);
y. , 22.23. Baselstadt, Genf (352), 24. Aargau (360), 2d. Waadt
(377).
Wir mUsiien indei^ ausdrücklich darauf aufmerksam mut litn, daii auch dic^e
Groppirung einen sehr relativen Werth besitzt und ron manniglachen lokalen oder
persönlichen Ausnahmebei^tlmmungen durchbrochen wird, die für die einzelnen
Scholen oder fllr bedeutende Schülergrupprn ganz beträchtliche Modifikationen der
SebulpflichtigkeitHdaner zur FoIl;»^ baheii. aber in ihrer iillgcmoincn Fassung jeder
Berechnung ihrer Wirkung auf den kantonalen Durohschuitt hieb entziehen. Wer
eich Uber die Ti-agweite solcher AusnahmebestimmungcD oricotiren will, den ver-
weisen wir auf die Schulgesetze von Bern, Waadt* Neuenbürg.. bezttgUeh ihrer
Hannigfkitigkrit vor Allem auf die in Art. 16, 19, 41, 42 niedergelegten Be-
atimmungen dea Frimarachnigesetzes von Freibarg vom 17. Mai 1884.
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Schule
— 20 —
Schule
Wenn wir im Yorsteheaden auch die nicht obligatoriaohen niedern Mittel-
«eholeii (SekmiduMihiilQii) in den dm&ug der YolkaeohDl» ^boogra und aie als
^obeoe Yolkwchiileii beieiohnet hftbeo, ao haben wir dat nodh mt einigen
Worten zu begründen. Wir wissen ganz wohl, daß diese Schalen in der Hegel
die Doppelaufgubc haben, eine abschließende bessere Allgcmcinbildnng zu bieten
und als Uiittrbau für die liöhem Lehranstalten bzw. nls decentrulisirende Parallel-
iittitilute iür die untero Klassen der KantuntMchule zu dieneu; nach der letzt-
genannten Seite hin gehen aie Uber den Begriff der YeHtediale bimuie, aind ebm
„niedere Mittelschulen''. Wenn man aber in's Auge faßt, wie hieb die Zahl der
Schüler stellt, denen sie abKcbließende Bildung geben, zu der Zahl derjenigen,
denen sie als Mittelschulen dienen, kann m doch wohl kaum zweiielhaft sein,
daß sie bei der Volkiuchulbildung nicht außer Acht gelassen werden dürfen; wie
nunbill ihre Ansfareitnng sn d^ BemHat der RekrafeenprUfongm beitrügt, das
ist in den Bemerkongen dea eidg. statiatiadien Bnraans ni den Ergebniasen im
Herbst 1888 einleuchtend dargethan worden. Gegenüber dem Einwand aber, dafi,
wenn wir diese Schnleu nach Seite der von ihnen vermittelten allgemeint^n Bildung
in die Vulk^^bcbule einbeziehen, keine bestimmte Grenze mehr zu zicheu sei und
daß es richtiger wäre, sieb für die Abgrensnng an die Linie zu halten, welche
die Anatalten nneh Art. 37 der Bondeaverftttsung unter oder außer Kontrele dea
Bundes stellt, haben wir einfach zu sagen, daß wir uns sehr gerne an diese
Grenze haltt"Ti würden, wenn wir allenthalben sehen könnten, wo sie bindurcb-
iHuft. Die gemeinsamen Oberschulen des Kantons Bern, die Ecoles regioQales des
Kantons Krciburg, die Fortbildungsschulen deu Kanton» Aargau, die Mittelschulen
Ton Appenzell A.-Rh. und die Sekandaraohnton dea Eantona Wandt aind genaa
eolehe MiaebHngc der Primär- nnd'Seknndarschnle, wie die Sekundärschulen der
Übrigen Kantone Mischlinge von gehobenen Yolksschnlen und Mittelschulen. Dort
aber wäre die Scheiduttg noch viel schwieriger zu vollziehen, da sie lokaler Art
aind, — die Oberbtulc bestimmter Ortsschulen hat je für alle Schüler derselben
aololien gemisohten Charakter, — als hier, wo einfach der peraSnUche Bedarf dea
Schillers entaoheidet, aal w^he Ziele hin er die Schule an besnehen gedenkt.
b. Eintheiinny der Volksschule. Die Abgrenzung der Schulstufen, sowie die
Benennung der Abtiieilangen ist nach den Antonen Teraehleden; ebenso dw
Termin« anf weloben hin die gehobene YoUcBaohnle und die höhern Bildnngs-
auHtalten von der einfachen Volksschule abzweigen. Doch laaaen aioh für die «
Gliederung im Ganzen drei verschiedene Typen unterscheiden :
1) Möglichst weitgebende Festhaltung einer nlJQnncinen Yolkssebule, 6 — 7
Jaiircükurse, mit Auschluß der gehobenen Volksschule und der iiöhern Lehr-
anstalten an das 6. oder 7> Sohuljahr: Zürüät, Lnzern, (Tri, Bohwyz, Ob-
walden, Midwalden, Glams. Zog, Freibnrg, Solothnrn« BaaeUand, beide
Appenzell, St, Gallen, Graubttnden, Thurgau, Wallis, Neuenburg, Genf.
2) Einheith'i-Iic (Jcstaltung der gfsammten Primar-AUtagsschule mit möglichst
weitgehentier Erstreckung derselben, aber mit früher Abzweigung der ge-
hobenen Yolksschule oder hühern Lehranstalten: Bern, Schall kauseu, Aar-
gan, Tessin, Wandt.
3) Gabelung in einfache und gehobene Yolkasohttle tu der MiUe der Alltags-
schulp/lkhl : ßanelstadt.
Di<- Primarschulstuff weist durchweg das Klasst-nlchrersystcm auf.
Entweder werden alle schnlpf^ichtigcu Kinder untt-r Einem Ltdirer vereinigt
(Gcsammtschule), oder der Unterricht wird stutenweise von verschiedenen Lehrern
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Schule
— 29 —
Schule
ertheilt (Sacceasivschule), oder es werden die Kinder einer Gemeinde naoli Wolmott
und Geadüeoht getreuit iiiit»m«]itet (PttralleladioleM); MtOrlidi tritt in grOfiern
Ortschaften aiuÄ Panllaluimiig bei Uebenteignog eiiiM Sohttlvmazimnm« per
Abtheilnng ein.
Die njeiffti-n Kantone haben eiue gesetzliche Bestimmung bezüglich der
Maximaizahi von iSchUlern, bei deren Ueberschreituug Theilung der Schule auf
der FrimannfanlBtaf» eiiitntt: 190: Bate11aiid| 100 reep. 80: Zttriob; 80 Solo-
thum, St. Gallen, Aiigftit, Tbttigan; 80 bei getheilten, 70 bei imgctbeilten
Schulen: Bern, Luzern, Schwyz; 70; Freiburg; 70 bei Ganztag-, 50 bei Halb-
tagschulen ; Glams ; 70 unter 1 Lehrer ; Uri ; 70 bei mehreren, (50 bei 1 Lehrer :
Schaffhauaen ; 6U unter 1 Lehrer : Zug, Teasin, Waadt, Nidwaiden 60 : Wallis
(bei ftber 50 Sobttlem Abtrennung der Mädchen) j 62 bei der Elementusohale»
4ö bei der MandavBohide: Basebtadt; 50: Neeenbnrg, Genf.
Einielne Kantone bestimmen «neli fUr die gehobene Yolksachule ein Schuler-
maximum per Abtheilung oder Lehrer, so Zttrieh 50 (proTieoneoh. bei 3ö), Lniem
45, Baselstadt 45, Bern HO.
Bei KlatiBentrenuung zeigt ein Theil der KMitune, betionderb iu der katho-
Ueeben Sobweis, eowie OrtBobeflen grofiatldtiBolieB CfaarakterB Hinneigung sor
Trennung nach Gesehlechtem. Die gemischten Schulen betrugen lö8l zwischen
zwei Drittthcilcn und der Hälfte sännntlicher Primaibehulen in Appeuzell L-Rh.
(<•,(),(•, "/Ol, Nif!wn!'k'n (Ül », Uri (ö7,l », Neuenbürg (56,1 "/o), Freiburg
(54, 1 >), Öcbwyz (50,9 7o); weniger als die Hälfte: Teasin (43 ^o), Zug
(3«,6 °/o), Genf (36,6 7o), Wallis (35,3 Vo), Obwalden (28,9 7o), Baeetatadt
(9(4 wibrend alle oder annihemd alle Primarsoholen gemiaobt waren in
GIaru8(1007o), Thnrgau (lOOVo), Appenseil A.-Bh. (99 «/o), BaaellMid (98,4 ».
Auf der Stufe der gehobenen Volksschule mischen sich Klassen- und Fach-
lehrersystem. Die iÜDoeigang zur Theilung nach Fächern manifestirt sich theils
in den Forderungen der FähigkeitsprUfung fUr Sekundarlehrer (Zürich, Bern),
dieile in der Beetünmung, daß an eoleben Sobalen mindeatena je swei oder drei
Lehrer zu wirken haben (Freiborg, Solothnrn, BaeeUand, Aa^n).
c. UtUcrriihisgeöiei. Die Fächer der Primarschule inkl. Ergänzuugsschuie
eind durebweg:
1) Muttersprache, eveot. mit besondrer Herrorhebtuig dee Aneehaannpnnter-
richtSf bcw. der Denk- und SpreebUbungen.
2) Rechnen und Geometrie; letztere fehlt in Uri, Schwyz, Obwalden, Nid-
walden, Appenzell A.-Rh., NeuenburL' für Mftdcben in Wallis; ist fakultativ
für die Schulen in Freiburg und le^^iin.
3) Realien:
Geediichte nnd Geographie; beide anf die Sebweis begrenst in Uri,
Sehwys, Obwalden, Nidwaiden, Zug, Solothnm, beiden Appenzell, Gran-
hUnden, Tefisin, Genf, im Minimallehrplan von Bfm und Freiburg: ntir
Geschichte auf die Schweiz beschränkt in Luzern, Glarus, Baselland, Wallis
uud Neuenburg.
ÜTatnrknnde; fehlt in Luzern, Uzi, Obwalden, Nidwaiden, AppeaxeU
A. Rh., Wellie, Nenenbarg; ist fokoltatiT Ittr die Sefanlen in Freibnrg nnd
Tenbin.
4) KunHtfjif'hnr :
Kaiiigruphie.
Gesang; £ücaltativ fir die fifohiilai in üri.
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Sehlde
— 30 —
Schule
Zeiohnen; &kalteti¥ fttr die Sohnleii in üri, Frdibiuig und Tesno (hur
in besondern Zeichenecbnlen gepflegt); fefall in Obwalden, Nidwaiden, Appen-
mU A.-Rh., Wallis
Weibliche Arbeiten; fakultativ in Uri
6) Tarnen; nur für £naben in Uri, Scbwyz, Nidwalden, Freiburg, Appen-
lell A.-fih , TeBein ; fakaltatir för Mädchen in Bern nnd Lnxera. Appen-
nell I.-Bh. und Graubtluden haben keine Betttiininuugen in ihren kantonalen
Verordnungen. Dagegen ist der Turnuutcniclit für Knaben vom 10. Alters-
jiilire an durch die eidgeuössiaokeo VororduuDgeo für die ganze Schweiz
gelorUert.
6) Beligion; ist laut Bnndeever&wnng in der gtuuen Eidgenossensehalt fokal-,
aatiyesFaeh; steht außerhalb des Kahmens des Schulorganiamas in Waadt,
Neuenburg und Genf, wird ebenso als Sache der Geistlichen und der Kirche
betrachtet in Luzern, Uri, Obwalden, Nidwalden, katholisch Freibnrg;, da-
gegen neben dum konfessionellen Keligionsutiterricht in der äcbule kon-
feasionalos behandelt in Solothnm und Appenzell I -Rh.
Zu diesem allgemeinen Sohema tret« nnn noch ala Spezialföcher genannt
hinan:
Buchhaltung in Bern (NoruoaUehrplan), Schwyz, Obwalden, Nidwalden,
Glariis (Repetirschule), Solothnrn, GrHubiimlt'n, Aargan, Thnrgau, Wallis j
fakultativ für die Schulen in Fieiburg und Tessiu.
Gesundhcittilehre in Solothurn und in den Mädchenarbeitsschulen Neuen-
bnrgs
Ycrfassungsknnde in Freiburg, Wandt, Wallis, Neuenburg uikI Gttif.
Obstbaunizucht in Obwaldm : (Elemente der Landökonomie in Neuen-
barg; Landwirthschaftslchrp iti Cli iif.
Hauüwirtbschaitalehru tür iMädchen in Freiburg, Solothurn, St. Gallen,
Waadt, Nenenburg und Genf.
Handarbeit für Knaben in Waadt (?), Neuenbürg nnd Genf.
Fremdsprache in GraubUudeu (für Romanen da.s Deutsche), ßaselstadt
(Frarizösi-ch), Genf (nctitseh) ; fakultativ in Bern (erweiterte Oberdohale),
Luüerii, A.irgau (Fürtljilduiif^,s.srhn1e), Neucnbtirjr.
In den Kantonen Bei*n, Freiburg und Tesäiu besteht ein Doppelkura von
FXohem, wie er von jeder Schule durchgeführt werden mnß und wie er erweiternd
von ausgebildeten Schulen er^nxt werden kann.
Die gehobene Volksschule hat ihr Cbarakteristikum gegenüber der
einfachen in der obligatorischen Einfiihning einer Fremdspradie. Die Sicher der
gehobenen Volksschule sind:
Mutterspraciie ; eine oder zwei Fremdsprachen ; Arithmetik (meist in Ver-
bindung mit RiichfUhrnng) ; Geometrio (nur in Teswin nn l Wallis, fUr Mädchen
fakultativ in Luzcrn); Geographie und Geschichte (in einigen Kantonen auch auf
dieser Stufe fast ausschließlich auf die Schweiz beschränkt), mit Ueberleitung zur
Verfaasnngskunde ; Gesang; Zeichnen (in Wallis nur fttr Knaben); Kalligraphie
(in Tessin nur für Knal t n' ; Turnen (infolge der eidg. Verordnungi n fiir Knaben
vom 10 —15. Altersjahre obUgatorisoh, in Aargau obligatorisch Waifenttbnngen
verbunden); Religion (s. o.).
Als obligatorische Fächer treten weiter hinzu; Für Knaheu: Hundarbeit in
Genf; fttr Hidchen: WMbliebe Arbeiten in Lasern, Schwyz, Zug, Solothnm, Basel-
stadt, Sehaifhausen, St. Gallen, Granbttnden, Aargan, Tessin, Waadt, Wallis,
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Schule
— 31 —
Schule
Nenenbavg, Genf; Haoühaltuogskunde iu Luzeru, Schwyz, Tessin, Waadt, Keoen-
bmg; Garteakande in Tessin; PAdago^k in Neuenbürg; Haadialtnnge- und Er*
uekuDgskunde iu Genf.
Alu fakultiitivc FhcIkm- für rtoldie Schnit n tiguriri.'ii : Weitere (alte und neue)
Fremdsprachen ; lerntr : we ibliche Arbeiten etc. (Zürich) ; Waffenübungen (Bern,
Waadt und Neuenbürg;; Elemente der Physik, Chemie und de» Freihandzeichnens
(Freibnrg); Handeldftcher (Bnaebtadt nnd Genf); Instramentalmndk (Aargau);
Jjtndwirth^chaft«- und Ge^undheitslebre für Knaben (Wallis).
In der Regel haben die gehobenen Volksschulen die Doppclaufgabe, eine
abpchlirßeiule bcHsere Allgemeinbildung zu bieten und nh Unterbau für die höhern
Lehranstalten, bzw. ab decentraUiiireude Parallelinstitute tür die untern Klasaen
der Kantonsaobnlen sn dienen ; in einseln«! Kantonen richtet sich daher der Lebr-
plan derdelben geradesn nach demjenigen dar letiton.
In einigen Kautonen wird die sehulmäßige Pflege des Gesanges Uber die
Zeit der regulären Scbnlj'flirhttrrkeit ausgedehnt und fiir die spätem Schuljahre
einer hesondern Singsrliule /.upewiesfu (Ziiricli, Haselland, ThnruMii).
In den Kautuiieu Freiburg, Aurguu, XcK.iin, VV'allitt und Gent sind auch die
Kleinkindersehnlen in den geaetalieben Organismna der Schale inbegriffen,
indessen allenthalben fakultativ belaeaen, außer in Genf, wo die Oberstufe der
Kleinkinderschule die Stelle der ersten obligatorischen £lementarklas.4e einnimmt.
In Wallis schließen sich an die Volkssehule Baumschulen (Pfpinieres
d'arbrea) an^ welche unter der Obhut des Lehrers stehen und von den behülern
beaorgt werden.
Weibliche Arbeitsaohalen. Dieselben sind entweder als Fadi der
weiblichen Arbeiten dem Volksschulorganismus eingeordnet oder stehen als in
besoiidern Gesetzen und KegUnientcn behandelte Anstalten denselben anpepliedcrt.
Wir zeigen in nachfolgender Uebersicht der Kantone, >>h ninl wie weit dieselben
obligatorisch oder fakultativ gestaltet, fiir welche Schuljahre sie bestimmt und
mit wie viel wlJohentliohen Stunden sie bedacht sind:
Zürich. Obligatorisch im 4. — 6. Schaljahr, je nach Beschluß der Gmunnden
schon vom 'A. Schuljahr an irestattet; 6 wöchentliche Stunden; fakultativ lUr
Ergänzungs- und tiekundarj^chiilerinnt ti.
Bern. Obligatorisches Öchuifach der Primarschule; Winter 3 — 4, Sommer
4—6 Stunden*
iMßtm. Obligatorisoh ftr Ffimaradittlerinnen im 8. — 7. Sdiuljahr (3 Wochen
standen) und fiir aus der Primarschule entlassene SchtllevilUien bi> zum erfüllten
IG. Altersjahr f'/.» Tag per Woche); fakultativ im Sommer der drei letzt« n
(VN iuier-) Schulkurse. Für Miidchensekuudarschulen obligatorisch, für gemischte
Seknndarschulen fakultativ, ohne nähere Bestimmungen.
Uri. Zar Einführung den Sohnlgemeinden empfohlen.
Schwji/-. Obligatorisch für I'rinuirschUleriimen des 2.-6. Sdiuljahres (4
Stunden) und für Sekundarfsehülerinnen Stmnlen).
Obwaidcn. OWi<^atorisch für Prionir>clnilrriniu u ; nähere Bestimmungen f'hb'n.
Nidtcaläen. Obligatorisch für das 3. — «i. Schuljahr der Primarsohuie {^2
Standen).
Glaru», Obligatorisch fttr PrimarschUIerinnen im 4. — 7. Schuljahr, Bepetir-
schulerinnoo 8. — 9. Schuljahr; fakultativ fttr Brimarsohttlerinnen des 3. Schul-
jahres (3—6 Stunden).
Zuf/. Obligatorisch für Primarscbüiennuen im 1. — Ü. Schuljahr, sowie für
SaknndarachUlerinuen (letztere 3 — 5 Stunden).
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Schule
— a2 —
Freiburg. Obligatorisob für Frimunaobttleriimen im 7.^15. (oder 16.) Alten-
jabr (8 Stunden).
Solothurn. Obligatorisch ftir Prinmrsilililerinnen im 2. — 4. (4 Stunden) nnd
6. — ^. Sf^hnljahr (6 Standen), sowie für Bezirksachtllerinnen.
BüHilstafit. Obligatorififih für Primarschülerinneii (1. und 2. Schnljfihr 4,
3. und 4. Schuljahr 5 ätunden), SekundarschUleriunen (I. und 2. äciiuijukr 5,
8. und 4. Sdinljelnr 6 Stunden) nnd Schttlerinnen der TSohtereehnle (1. — 4. KIbm»
4, 6. nnd 6. Klasse 3 Stunden).
Basel (aud. Obligatorisch für Primarschülerinnen im 3.- 6. Schnljohr, fakul-
tativ für JiepetirBchülerinnen im 7. und 8. Schuljahr (4 Stunden).
Schaffhausen. ObligatoriBch &1t ElementarscbUlerinnen vom 6. — 9. Schuljahr
nnd Itir Reabdittlerninen (4<~6 Stunden).
Appenteü A.-Bh. Obligntoriflob Ulr FriaunolittlerinneQ im 4. — 7. Scbnl^Jir
nnd fttr UebungsgchUlerinnen im 8. und 9. Schuljahr (3 Stunden).
Appfnecll [.-Rh. Die £rii ht ing von Arbeitsschulen fttr AUtogsscbUlerinnen
hängt ab von der Zahl der Anmeldungen (Minimam 12); Besuch für die Auf-
gonommenen obligatorisch (3 — 6 Stunden).
8t. Mim. Obligatoriioli für AUtagseohllleriiuieii im 4. — 7. und Ar Er
gänzungsschlllerinneii in 8. nnd 9. Behnljalir, sowie Ittr BealMhttlerinnen (3
Stunden).
(jraubänäen. Obligatorisch für Frimarschülerinneu im 4. — 8. Schuljahr
(3 Stunden) und für Fortbildung8(Sekundar-)schUlerinnen.
Aargau. Obligatorieeh fttr Gemeindesohttleriiuien im 8. — 8. Sohnljahr (Sommer
3, Winter 8 Stunden), für FortbUdnngaflchlllerinnett, l.*~8. Slaeee, nnd Beurke-
eobUlerinnen, 1. — 4. Klasse.
Thurt/au. ObUgatoriech fttr PrimaischiÜerinnen vom 9. — 16. Altersjahr
(6 Stunden).
Te»«?h. ObligatonMli fttr beide Abtbeilungen der Primarschule (4 Stunden).
Waadi. Obligatorisch für Primai^ nnd SekundanohUlerinnen (letstere 1. und
S* Klaose 4 — 5 Stnnden).
Wallis. Obligatorisch fUr PrimarstLülerinriPn (1 Stunden).
Neuenburf/. Obligatorisch ftlr Primart*chülerint]eii (1. und 2. Schuljahr 2,
3. und 4. Schuljahr 2 — 4, 5. und ü. Schuljahr 4 Stunden) und tür Sekuudar-
Behttlerinnen im 1.— 3. Schuljahr (3 Stunden).
Ge»f. Obligatorisch fttr Primarschülerinnen (1. und 2. Schuljahr 6, 3. bia
6. Schuljahr 4 Stmulfii), Krgänzungsschülerinnt.i! (1. Schuljahr 3, 2. Schuljahr
4 Stunden) und SekundarsohUleriDnen auf dem Lande im 1. uud 2. Schuljahr
(6 Stundend
Fortbildnngesebulen. Die Abgrenzung der Fortbildungsschule gegen
die Er^bimnga- und Primarechule ist niobt eine einheitlieh normirte, wie denn
der Käme Fortbildungsschule nicht bloß fdr eigentliche ErgänsungeachuU-n obli-
gaturischen Charakters (Obwaldeu), sundem sogar für Erweiterungen der Ober-
stufe der rrimar-Alltagsschule (^Aargau) gebraucht wird. Aiiderwits betitehen für
Schulen mit Fortbildungsscbnlcbarakter noch eine ganze Reihe verschiedenartiger
Benennungen: GewerbMohule, Zeiohenechnle, Handwerkereohule, Sonntagaadittley
AbendHohule, Wiederholungsknrae, Facheehnlen, L I rwerkstätten, Ecoles comple-
mentaircö, Ecoles profes«ionne]!es, Cours du i-oiv, Ecoles de ri'petifion n. s. w.
Wir ver»ti heii nun unter den Fortbildunp«hchulen, von denen wir hier sprechen
wollen, soMte .Sohuitn, m welchen junge Leute des einen oder andern Gcschledtls
mieA VoUendnny der allgemeine SehulpfiniU in beslinmkn mMmÜichein oder
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Schule
— 33 —
Schule
täglichen Stunden neben der B'rufsthätüjknt Unterricht empfan(jm, sei es zur
Erhallunff oder Vermehrung der allgemeinen m/dun</, sei es etir Geicinnun;/
cler für die Ausübum/ drs Berufes nothwendif/en besondern Kenntnisse und
Fertif /keilen.
Thatsächlich weisen die schweiz. Fortbildungsschulen dreierlei Typen auf :
a. Schulen zu beruflicher, gewerblicher und landwirthHchaftlicher Weiter-
bildung. Diene sind ihrer Natur nach freiwillige; ihr konsequenter AuHbau i«t
die an die Berufsbedürfnisse angepaßte und mit der praktischen Berufsbildung in
engsten Zusaniraenhang gebrachte Spezialschule oder Lehrwerkstätte.
b. Schulen zur Ergänzung der allgemeinen Bildung auf dem Boden der
Altersstufe zwischen dem 14. und 20. Altersjahr; ihr konsequenter Ausbau geht
nach Seiten des Obligatoriums.
c. Schulen zum Ersatz mangelhafter I-icistungen resp. Nachwirkungen des
regulären Schulorganismus für Gewinnung eines bestimmten Bildungsminimums
beim Eintritt in's bürgerliche Leben (Kekrutenprlifungen). Diese müssen, wenn
sie ihren Zweck erfüllen sollen, von vornherein auf Zwang begründet sein.
Die Ueberdicbt Über das Fortbildungsschulwesen der Kantone ergibt folgende
1) Kein Kanton entbehrt gänzlich aller Fortbildungsschuleinrichtungen.
2) Ohne gesetzliche oder von der Verwaltungsbehörde auf Grundlage des
Gesetzes normirte Fortbildungsschulen ist nur Appenzell I -Rh.
3) Ausschließlich freiwillige Fortbildungsschulen weisen auf: Zürich, Bern,
GlaruH, Baselstadt (Stadtgebiet), Graubünden, Genf, Appenzell A.-Rh., St, Gallen,
Aargau; in den drei letzten Kantonen vielfach mit Obligatorium innerhalb der
Einzelgemeinden .
4) In einigen Kantonen ist das Obligatorium nur bedingt eingeführt, und
zwar in Schaffhausen für Alle, die nicht acht volle Schuljahre durchgemacht, in
Luzern für Alle, die nicht, abgesehen von der Primarschule, während wenigstens
eines Jahres eine Sekundär- oder höhere Schule besucht haben. In Schwyz, Frei-
burg, Tessin, Neuenburg ist die Verpflichtung zu einem obligatorischen Kurs von
einer Vorprüfung abhängig gemacht.
5) Die obligatorischen Fortbildungsschulen der Kantone üri, SchwjT, Ob-
walden, Nidwaiden, Zug, Freiburg, Appenzell I. Kh., Tessin und Wallis sind
Wiederholungskurse für die waffenfähig werdende Mannschaft, in den beiden
letztern Kantonen allerdings mit der Idee einer allgemeinen Wiederhokingsschule
kombinirt, während Luzern neben seiner obligatorischen Fortbildungsschule noch
in einer Anzahl von Gemeinden besondere obligatorische Wiederholungskurse für
ungenügend vorbereitete Stellungspflichtige eingerichtet hat. Bern besitzt letztere
Einrichtung ebenfalls, jedoch nur als fakultativ.
6) Obligatorische Fortbildungsschulen in mehr oder weniger organischer
Weiterführung des Unterrichtsstoffes der frühern Schulstufen besitzen die Kantone
Solothuru, Baselland, Thurgau, Waadt, Neuenburg.
7) Das Fortbildungsschulwesen ist auch für das weibliche Geschlecht formell
oder thatsächlich organisirt in den Kantonen Zürich, Beni, Luzern, Solothurn,
Baselstadt, Appenzell A.-Rh., St. Galleu, Aargau, Thurgau, Neuenburg und Genf;
in den übrigen Kantonen dagegen sind die Fortbildungsschulen, von wenigen Aus-
nahmen abgesehen, auf das männliche Geschlecht beschränkt.
Der gewerbliche Fortbildungsschiilunterricht steht unter Subvention und
Kuntrole des Bundes. Das Schuljahr l»HS weint für die Schweiz an subveu-
tiouirten Anstalten auf:
Furrer, Vollwwirttuchnfu-Lexikon der Schweis. 8
Resultate :
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_ II
Schale
— 34 —
Schule
1 technische Centralanstalt Te< hnik'im zn Winterthur)
3 Lehrwerkstätten: für Uolsarbeiter in Ztlrich, 1^ Sohreiner und Sohah-
machcr in Bern ^.
2 Webscliuleu t^Ziiiicb und Wattwil); 2 Kurhflecbterächulen (Wiutei Laar •
und Freibarg'); 8 Uhrmaobenohnlen in Biel, Stimmer, Prnntrat, Solothnrn,
Neuenbürg, Locle, Chanx-de-Fouds, Grenf; Z SchnitzIerKchulen (Brienz, Brienz-
wyler und Mriiingen); 9 Kunstschulen und ktin^tgewerbliche Anstalten in ZUriGh,
Winterthur, Bi-rn, Bi. l, Luxem, Bawl, St. Ciallen, Chaux-de-Fonds, Genf \
ü Frauenarbeit«M3buleD (Bern, Basel, Chur).
61 Gewerheecbulen mit Zeiehaen und theoretischem ünterrieht, welche dch
folgendermaßen aaf die Kantone Texiheilen : Zttrieh 11*, Bern 10, Uri 2 ^
Schwyz 2, GlaniB 6, Freiburg 2*, Solothurn 3, Baselntadt 1, Ba»elland 3, Schaff-
ban^en 1, Appmir.ell A.-R)i ! ' St. Gallen 1, Granbttnden 1 Aar^u 9, Thur-
gau 4 '\ Waadt 1, Neuciibnrg 1, Genf 2.
27 Zeichenschulen : Bern 2 Obwalden 3 Nidwaldea 3, Zug 1
St. Gallen 3, Teesin 1$, Keoenborg 1.
Dag Ver^eiehniß deckt sieh indessen, hdbst wt-nn man die acitherige Modi-
fikation mit in Rechninig zieht, nicht vüllig mit dem wirklichen Bestand, indem
es in diesen Kategorien auch Aiistaltcu p^ibt, welche nicht unter Bnndessubvention
und Kontrob stoben (Fraueuarbeitsschale Ztihch, UhrmacberHchule Fleurier). Alle
diese Schalen nehmen ZSglinge der TerBchiedenaten VorbildangHstufen auf; nur
das Technikom verlangt als Bedingung für den Eintritt Answeia Uber vollständige
ScknndurHchulbildung.
1*) Dt-m gewerblichen Forfbihlmig.minterricht parallel, aber weniger verbreitet
und durchgebildet, geht landwirtbschaftlicher Fortbildungsnnterricht. Die in der
»Schweis bwtehenden und vom Bunde ebenfalls subventionirten Fachschulen sind
die landwirthschaftlichen Schulen im Striokhof (Zttrieh), auf der Bfitti (Bern), in
Cernier (Neuenburg) und die laodwirthschaftUehen Wintenohvlen in Snrsee (Latem),
Brugg (Aargau) nvA in LaiisHiine.
1' ri V 11 1 s (■ Ii II 1 n. Neben den .stuntlii heii Hnhnlpn bestehen sowohl mit der
Primär- als der «Sckiindarschuiutuie fat>t allerwarts private Scbulanatalten, und es
ist das Recht zur Erthellong von Privatanterridit und Erriditung von Privat-
schulen durchweg in der Sehulgeeetzgebung der Kantone, unter Wahrung des
Aofsichtsrechte« der Ntaatlicheu Behörden, gewährleistet und regulirt, außer in
Solothurn, dessen Gesetse keine dießbezttgliohen Bestimmungen enthalten.
IL Mittlere und höhere Schulen. Wie schon bemerkt, bilden die
Sekundärschulen in vielen Kantonen Parallelnn''trt1teTi zu dei' eet 'rn Abtheilungen
der Miltelseliulen und werden daher oft auch als „niedere ^iittf-lschnlen" rangirl.
Die höhern Mittelschulen, welche die jungen Leute bis Uber da» 15. AlterKjahr
hinaus in sich vereinigen (ausgebildete ^kandarachulen, Prugymnasien, Gymnasien,
Kantonsschttlen, höhere Töchterschulen, Lyceen u. s. w ) führen entweder bis zum
Anschluß an das akud- iiu-<ehe Sttidium oder schließen schon früher ab. Neben
und Uber diesen stehen die Berufsschulen (Lehrerbildung, Lehrwerkstätten, £uQst>
' Sriili. I rnt-t iii.kMi: Westsobweiz. Technikum in Biel. — • Seit 18H9 tritt hinzu:
Beruf"-rlitilc für Met.ili.iil.rilt-r ;ini fJcwerhemuseuni Wiiitfithur. — ' Seillier eingegangen.
— * hUtl tierselben tigunrl lui ueuesku Vcrzeichrnü tiuc Lcnle des UiiUeurs de pierre.
— Seit 1889: Fachschule liQr Lingerie nnti Dumenschueiiierei in Zürich und < i>uis il>>
modela^e, «le vannerie, de eartnnnajre de l'^cole nuiuiale in Lausanne. — * l.S9(): 12.
— * IbytJ: Nur noch 1. — * lb9Ü: L — » 1890: Appenzell l.-Rh. 1. — 1890: ± —
I8SK): 5. — » 1890: 3. — »• 1890: S. — " 1890: Preiburg S.
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Schule
— 35 —
Scimle
gtmh»-t ThienurBMi«, Adcerbau-, Uhmtacber-, Sehnitiler*, Web-, Fransiurbeit»-
soliiikD), und den Oberbau des Unterrichtswesens bilden die Hocbechiilen, wiMen»
echafkUdien Fakultäten and Fachscbalen. In di(^.«er letztern Abtheilung wei8t die
Schwei« auf: Das eidg. Folytt'< hnikum in Zürii h (t::egrün(let 1n.'>4^; fünf kanto-
nale Hochschulen (ZUrich 183;i, Bern 1834, Basel 14()0, Genf 1^73, Freihurg
zwei Akademien (Lausanne, Neuenburg); zwei Heohtflechuleu ^Freiburg,
Sitten); swd theologiedie kathoUsolie Lehranstalten (LiucerD, Solothnrs) and fttnf
kathulische Fkiesterseminarien (Luxem, St. Georgen bei St. Gallen» St. Lnn bei
Chor, Lugano, Sitti^nV
Wir geben das V'rrzi ichuiü der höheru .Mitttlschulen, Hochfchulen und Berufs-
»chulen unten {snh Vli) mit der Uebe»icht der kantonalen Organisation der Yolks-
«ebole gemeinsebafkUoh. Auf das NSbere der ▼ensobiedenartigen Geetaltangen dseeer
Schulen hier einzutreften, wttrde sn weit fUbren.
IIL Sohnltfkonomie. Kantonale Sobnlfonde beetehw in üri, Obwalden,
ISidwalden, Zug, Solothnrn, Baselland, AppenzeU L*Bb., Granbttnden, Tburgau.
GemeindrM( hulfoiids siiul in weitaus den meisteD Kantonen gesetzHt^h obligatorisch
oder allgemein eingeführt. Die St4iti>-tik de? Herrn C. Grob tiber dus ünterriehts-
wesen der Schweiz im Jahre 1HH1 ^'ibt folgende Tabelle Uber das l:'rimarschul-
ymnögen in den Kantonen (VI. ll.'>):
Zürioh
Bern .
Lnaem
Uri .
Schwya
Obwalden
Nidwaiden
Glarus
Zug
Freibnrg .
Snlothurn
BaseUtadt
Baselland ,
SofaalTeinög<'ii in Kr.
Total }
woluiar
G3
41
23
17
35
29
64
48
52
64
(15
49
20' 103,508
21 '3 17,203
3 061,084
407,903
1*795,175
444,7 U
383,524
2'19t),173
1'097,493
6*530,715
6'165,910
4*231,835
2' 900,235
Sebaffhanscn .
Appenzell A.-Kh
Appenzell l.-Eh
St. Gallen
Graobttnden .
Aargau
Thurgatt
Tussiu .
Wandt
WallU
Neuenbarg
Genf . .
Sebolvsrmflgeii in Kr.
aof I Ein-
wohn«r
76
66
20
62
52
2' 9 25, 159
3'4}9,9r)l
250,t»b4
13*043,726
4*901,221
iri38,884
8'49 1,043
1'223,356
9'654,600
1*687,765
6'575,556
4'856,920
56
85
9
40
19
63
48
Schweiz 137'ö34,697 48
In folgenden Kantonen int die ökonijiniscbe Sorge für die Schulen in der
Hauptsache den (Temeinden Überbunden, un'er Zusicherung von Stant«beiträgeu :
Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwaiden, Glarus, Zug, Freiburg, Appenzell A.-Kh.,
St Gallen, Giranbttnden, Tessin, Waadt, Wellie. Faet gans ist sie ttbeniominen
▼on Baselstadt i die übrigen Kantone etellen ein gemischtes System auf.
Naeh dem Jahrbueb von Grob für 1887 trog im Jahre 1886 der Kanton bei:
K antun n(tm> Snde
mehr als 7« der Kosten in Luzern .
Baaelstadt
swieehen V* ^ V*
Genf
in ZViioh .
Bern
Uri . .
Nidwalden
Freibnrg
279,733 : 166,350
746,820 : 3,102
580,420 : 190,000
r 196,060 : 2'900,H56
1'250,050 : 2'885,869
11,799: 42,000
10,464 : 33,300
181,948 : 350,000
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Schute
— 36 —
Schul«
Kanton
Solutburn .
L'i)7,481 :
400,000
SchafThausen . .
154,063 ;
400,000
AppenieU I.>Bh. .
24,180 :
30,288
Chraubflndmi . .
124,401 :
234,630
Aargaa . , .
442.(1 19 :
1 '354,4 7 7
Thiirprau .
I8f),;5t;3 :
628,308
TesHin ....
163,000 :
315,000
Waadt ....
991,423 :
r4O6,O0O(naCi»IJcgei
Ifeuenburi; . .
S47 J62 :
650,000
weDiger als V« Schwys . « .
5,857 :
125,000
Oswalden .
11,560 :
50,700
Glarus ....
68,003 :
293,673
Zug ....
17,850 :
87,141
Baaelland . . .
25,506 :
219,130
Appeniell A.-Rh.
23,098 :
287,935
St. Gallen , . .
133,039 :
1742,564
Wallis ....
10,806 :
250,000
Der Durchschnitt fiir die KidgODossensciiaft stellt sich uugefähr auf
die Kantone gegen GemeindelMten (6*432,465: 14*846,3 13). Von der «weiten
Gruppe stehen tlber diesem Mittel (al^o ^/i — -'/t Staatslaet) : Zflridi, Bern, Solo-
tbnm, Appenzell I.-Kh., GraubUnden, Te.*^sin.
Von den Gesammtanslagfen filr das üutcrrichtswesen entüelen nach der näm-
lichen Quelle im Jahre 1856 auf einen Einwohner:
unter Fr. 5 . . . . in üri Fr. 2. 50
Bdkwys 2. 80
Wallis „ no
Nidwaiden .... , 3. 70
Appenzell I.-Rh. . . .4. 20
Baselland .... „ 4. 40
Obwaldeii 4. 50
Tessin „ 4. 50
Lnzi;rn « 4. 60
Freibtirg .... ^ 4. 80
Graubundeu ... ^ 4. 80
«wischen Fr. 5 und 10 in Zug « 5. 40
Appensell A.-Bh. . , 6. 20
Aargaa .... ^ ^ '^'^
Thurgau 9. 10
Solothuru .... „ 9. 10
Bern 9. 60
twiscben Ft. 10 und 15 in Waadt , 10. 30
St. Galten .... , 10. 40
Glarus H> Tm
Neuenbürg ... „10,
Genf 13. 40
zwischen Fr. 15 und 20 in Zttrich 15. 30
Schaff bansen ... « 16. 10
. . . in Basektadt 21. 70
Uber Fr. 20
Duroheohnitt für die Eidgenoeaeniehaft Fr. 9. —
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Schule
— 37 —
Schule
Der Unterricht auf der Primarschulntufe der ötTentlichen Schule ist laut
BundeaverfaHsung unentgeltlich. Einige Kantone haben den GnindsatE der Un-
entgeltlichkeit weiter ausgedehnt : Zürich auf die Sekundärschule, Solothum auf
die Benrksschule, Ba^elstadt auf sämmtliche mittlem Schulen.
In neuerer Zeit hat der Staat auch begonnen, behufs Erleichterung der
Schulgenossen, reap. Verminderung der Kosten, die individuellen Lehrmittel im
Selbstverlag erucheinen zu lassen (ZUrich, Luzern, Appenzell A.-Rh.). Unentgelt-
liche Verabfolgung der Lehrmittel und Schulmaterialien haben auf der Primar-
«chulstufe Glarus, Solothurn, Waadt, Neuenburg und Genf, für die untern und
mttiltrn Schulen Baf^elstadt eingeführt. In ähnlicher Weise sind auch manche
Einzelgemeinden, namentlich im Kanton Zürich, bezüglich der Primär- und theil-
weise der Sekundärschule vorgegangen.
Herr C. Grob bringt in seinem Jahrbuch «les Untemchtswesens in der Schweiz
(1887) bezüglich der AuHgabun für das Volksschulwesen im Jahre 1886 folgende
Ausgaben für die Primarschulen Ausgaben f. d. Sekundärschulen
K*iituuo
Gfinciiiileii
Total
Kantone
Gemeinden
Tutal
Fr.
Fr.
Fr.
Ft.
Fr.
Fr.
Zürich . .
901,3W
2'4»i8,866
3*370,226
294,700
431,990
72<;,690
Bern . .
950,150
2,199,678
3' 149,828
299,000
686,191
985,191
Luzem . .
2ä9,7i3
148,000
377.72:{
50,(J4KJ
18,350
68,350
Uri . . .
10.779
40,(MK>
50,779
I.IKX)
2,000
3,000
ScLwyz . .
i,7i2
100,000
102.742
3,145
25.(X)0
28,145
Ühwalden ,
1,900
50,000
51,900
9,660
700
10,360
Nidwaiden .
10.464
32,500
42,964
800
800
Glarus . .
53,093
241,847
294,940
15,000
51,82f,
6<i.826
Zug . . .
11,450
67,426
78,876
6,400
19,715
26,115
Freiburg .
10<..548
300,000
406,548
25,400
50.(XI()
75,400
Sololhuru .
148,789
380,0(X)
528,789
58,692
20,000
78,692
BaseLstadt .
461,978
3.102
465,080
284.842
284,842
Baselland .
12,643
214,855
227,498
12,863
4,275
17.138
Schairiiausen
93,890
3r)4MX)0
4t3,890
60,173
50,tK)0
110,173
Appenzell A.
■Rh.
21,598
234.;l8l
255,979
1,500
53,554
55,0,54
Appenzell I.
-Rh.
21,720
30,288
52,008
2,4<HJ
2.400
Sl. Gallen .
111,0.39
1 '542,564
1'6.5:{,603
22,000
200,000
222.(M>0
Graubünden
124,401
234,«K«J
3.59,031
Aargau . .
321,708
830,877
r 152,585
120,941
323,600
444,541
Thurgau
140,395
549.112
689,507
44.968
79,196
124,164
Tessin . .
113,0(K)
305,(XK)
418,000
4<M»00
10,000
50,(K>0
Waadt . .
379,509
r400,()00
l'779,r)09
11.914
6,0<R)
17,914
Wallis . .
10.H06
2r)0.oOO
2r)<»,80<;
Neuenbürg
195,462
500,(J00
695.462
52.300
150,000
202,300
Geuf. . .
419,674
140,000
559,674
16<J,746
50,0<JO
210,746
Schweiz
4'854,821
12'613,126
17' 167,947
1*577,614
2'233,197
3'810,841
IV. Schulaufsicht. Zur Beaufsichtigung der Schulen bestehen in allen
Kantonen auf bestimmte Amtsdauer gewählte Behörden verschiedeuartiger Titu-
latur, aber nach einem durchgehenden natürlichen Schema : eine kantonale Ober-
behörde, lokale Behörden, ilittelbehörden. In Appenzell I.-Rh. und Zug i.^t die
Inspektion, d. h. die Funktion der Mittelbehörden, in die Hand der Mitglieder der
kantonalen Oberbehörde gelegt. Die Verhältnirtse von Btu'elstadt sind durch den
städtischen Charakter dieses Gemeinwesens bestimmt (Inspektionen der einzelnen
städtischen Schulstufen, gesonderte Inspektion der drei Lau<lgemeindeu).
Die Lokalaufsicht fllr da.s Primär- und Sokundarschulwesen wird durchweg
durch ein Kollegium besorgt, dessen 3Iitgliederzahl variirt. Dieses Kollegium ist
mit Ausnahme von Genf nicht die politische Behörde als solche, sondern hat
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SdLiile
38 —
Schul«
dieser f^egenUber eine größere oder geringere Selbstständigkeit, indem es entweder
als Schulkoiumititiiou de» Gemeinderathes den Detail seiner Funktionen unabhängig
besorgt, meist aber, durcb direkte Vulkswahl als geKonderte Bebürdc ernannt
^bulpfleg«, Sdnüratli), dem GrAmeinderath im Weaentliishen ebenbttrtig kooidiiiirt
sar säte steht.
Die Mittelbehörde wird in Zürich durch Volkswahl (unter Zuzng von Ver-
tretern der Lehrerschaft), in den andern Kantonen durch dir» Oherhehiiide. gewühlt
ODd entweder in erster Linie als VerwaltuugskoUegium aufgefaßt oder durch eia
Inspektorat gebildet; beides neben einander haben Aargan and Solothnm. Da»
System der TerwaltuogakoUflgien (Bezirksschnlpflege, Bezirkeachnlrath) ist nur
noch in Zttrich und St. Gallen in Kraft. In den fibrigen Kantonen herrscht fach-
miLiun.'*clies resp. autoritatives Inspektoratssyptem, sei ef«, daß ein einlieitliclier
kautuuukr Schulinspektor aufgestellt, sei es, daiS eine Mehrheit von Htvirks^chiil-
inspektoren gewählt wird, denen meistens gemeinschaftliche Berathang reglements*
mifiig aar Pflieht gemacht wird. Für die verschiedenen Stufea werden in ent-
wickelteren Schulorgnnisationen gesonderte Inspektorate bestellt.
Die weitestgehende Mannigfsltigkeit weisen die Verhältnisse der lentralen
Oberbehlirde ant":
a. In Graubünden, wie in einzelnen kleinern demokratischen ivantuneu (Lri,
Obwalden, Zug), ist die oberste Elmehnngabehttrde TOn der ▼ollnelienden Staats-
gewalt abgelöht und ihr gegenüber, abgesehen von der Pflicht jKhrlicher Bericht-
erstattung, im Wi st ntlichen selbstständig.
b. In din übrigen Kantonen ist ilie Erziehungsaufsicht zum mindesten da-
durch dem politischen Organismus eiugefUgt, daß der Vorsitz der ülrxiehungs-
behiOrde (üinlehangBrath) einem Begierungsmitglied Übertragen ist. Dahn macht
doh «ine doppelte Biohtimg geltend:
1) Das Schwergewicht der Entscheidung liegt in einem dem GraiehniigB-
dt'jtartement sfitudig beigegebenen Erziehungsrath und die politische Be-
hörde bat mehr mir formelle Kontrole (Zilrich, Luzern, Sehwyz, Nidwaiden,
Freiburg, Soluthurn, Basclstadt, Schatibauscu, beide Appenzell, St. Grallen,
Aargau, T«ttin, Wallis, Neaenburg, Genf).
2) Das Schwergewicht der Entscheidung Tu gt in der polittechen VoUziehanga-
behörde und die Stellung des mit dem ErziehuTig*;wesen betrauten Regierungs-
mitgliedes ist in Folge davon eine persönlich dirigirende (Bern, Glarus,
Baselland, Thurgau, Waadt).
In einwlnen Kantonen iat der Versammlang der Lehrerschaft oder ihrer
Tertreter ^Zürich, Bern, Neaenbnrg, Genf), oder der Schulinspektoren (^hwya
u. a.), oder der SemiDarlehrersehaft (Solothnm) gesetilidier Einfloß auf die aen-
trale Leitung des Schulwesens zugesichert
In den Kantonen Bern, Freit)iiig und Waadt treten auch auf den untem
Stufen der Kontrole die politischen Behörden besonders beattglich der Disziplin
als Organe der Schnlaafricht ein.
V. Sc h u 1 b y g i e n t*. Zur Itegiilirung dt-r schuihygienischen Ycrbh'linisse
(Schnlbanshau, Sübulmobiliar, «anitarisehe Kontrole u. w.^ haben eine liLcilie
von Kantonen (^sowie größere Gemeinwesen) gesetzliche und regiementarische Bc-
etimmangen erlassen, so die Kantone Zttricb, Schwyz, Kidwaiden, Glaros, Freibnrg,
Baselatadt, Schaffhansm, Appenaell A.-Bh., Aargan, Tessio, Waadt, Wallis. Stadt
Zürich u. a.); doch fehlt auf diesem Gebiete, abgesehen yon Baaelstadt, eine
dnrohgreifende prinzipielle Lösung.
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Sehlde
— 39 —
Sehlde
Seit der Publikation der ^üebersioht. der Bchulhygipnisfhpn Gesetzes- und
Verurdiiiiiigöbeutimmungpii in der »Schweiz" (Schweiz. Z<'itsclirift für Statistik,
li*84) bind namentlich tul^eude neue Verurdnungen zu berückHichtigeit : Schtoyz :
NormalTonehrifteii fttr ScfaiilhaiiBbaiiton, 12. Desember 18S8. Zug: Verordniuig
betretfend Schutzpockenimpfung in den Primarschulen, 22. April 1887. Frttimrff:
Reglement general des ^olea primaires, 9. Juli 1886. Si. Gallen: Nomiulien znm
Baa von Volksschulhän'^crn, von Th. Göhl, Kantonfibaumcister, St. Galleu 1888.
Genf: Reglement conceruant Tinspectiou sanitaire de« ^cole», 24. Dezember 188H.
VI. Lehrerpersonal. Die Lelirjiatcute werden von den Kantdoen er-
theilt. Die Ertheiluog t>olcher Lehrpateuiu wird durchweg an die nothigen sitt-
Ueheii BeqiiinteD und ein Altmminimtim gebunden ; sodem geht ihr die Abeolvinmg
einer atutliehen PrUfnng Toraiu, von der indeeien in einigen Kantonen bei ge-
nügenden Zeugnissen abgesehen werden kann.
Die Lehrer an Sekundärschulen haben eine besondere weitergehende PrUfung
zu bestehen. In neuerer Zeit wird auch die Patentertheilung für den Unterricht
in weiblichen Arbeiteeohnlen an vorhergehenden Besnch eines fiildnngBknrBeB,
bair. an den Ausweu Uber bestimmte Vorkenntniase geknttplÜ.
Fast durchweg findet auch das weibliche Geschlecht Anetellnng auf der
Primarsclivilsttife. ist aber hfiuti:: liczii^licb dt r Bt solihuig g^eriTtjC^cr gestellt. Für
die gehubene Volksüchule werden Lehreriuoeo in der Regel nur ab J^'achlehrerinnen
verwentiet.
Keine oder fast keine weibliohen FrimarlelurkrSfte hatten nach der Statistik
von Herrn Grob 1081 die Eantone:
Olarus 0,0 Vo Lehrerinnen
Baaelland 0^ .
AppoiwU A.-IU1. . . 1,0 p
ttber wiegend mftnnliehe Lehrkräfte:
Scbatriiansen . . 8,4 > weibl. Lehrkräfte
Zürich .... S.i .
Graubunden . . 12,^ ,
Aargaa. . . . 13,5 ,
Luzern . . . . 13,8 ,
Baselstadt . . . 28,6 ,
AppenielL L>IUl . 893 • •
ttberwiegend weibliche Lehrkräfte
Thurgau S,7 7« Lehrerinnen
St. UiiUea ..... 3,4 , ,
Solothum 4,5 • •
Waadt
Bern
Freiburg
WalUs
Zug .
Uri .
37,6
38,0
39,7
45,4
4D,2
ÖO.O
/o weibl. Lehrkrifte
Schwyz .
üenf. .
Tcflsin .
. 55,0^0 weibl. Lebrkr&fte
. 56,3 , , «
. 59,5 , ,
.Neii'-iilnirfr
Nidwalden
Obwalden .
65,3
73,7
0 weibl. Lehrkräfte
Die Ge£(ammt-£idgenosseii8obaft wies im Bnrehsohnitt 30,2 weiblicher
I<ehrkräfte auf.
Die gewöhuiiche Lehrerbiidnng wird diircb IjehrerseminarieTi vermittelt 5 doch
ist in einigen Kantonen auch die pätiaguginche, V urbildung der allgemeinen Mittel-
Bohnle zugewiesen (Neuenbürg, Genf) oder wenigstens als pSdagogische Abllieilung
aogebSngt (Solothurn, GraobUnden). Für die Sekuudanchulstafe wird in Zürich
nnd Bern ein mehrjähriger Hochschulbcsuch verlangt.
Der definitiven Anstelltiiig als Lehrer geht in einigen Kartonen eine Probezeit
(Biennium, provisorisches Patent) voran. Die Wahl erfolgt durch die Einwohner-
schaft des Scbulkreifies oder durch einen von ihr gewählten Anasdinß resp« die
Ekdinlpflege. Die Wahlen gelten entweder auf eine bestimmte Zahl von Jahren
odM^ dann auf Lebensdauer. In katholinohen Eantoiu n Ist mehrfach mit kirc1i>
liehen Aemtern auch Verpflichtung zum Schuldienst verbunden.
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Schule
— 40 —
Schule
Der Lehrer wird in der Regel tu einer bestimmten wöchentlichen Stunden*
zahl verpflichtet, in einigen Kantonen auch zum Besuch von Wiederholnngskursen,
sowie cur Betheüigung an Alters-, Wittwen- und Wai8enka«i$en, die vom Staate
dann aueh ■eineninti durch Beiträge geäufhet werden; femer ur Abhaltung von
FortbilduDgasdialen, sor Beeorgung der Schnllokalitäteii. StSrende Nebenbesehifki-
gungen 8iric1 dem Lehrer durchweg untersagt In der Befreiung von Wacht- und
Frohndienaten genießt der Lehrer in vielen Kantonen, im Wallis auch durch Be-
freiung aeines Einkonimenö vou der Stenerpflicht, eine bevorrechtete Stellung.
Die Lehrerbebuliiuiigeu sind au den SukuudarBchulen höher als an den
PrimarBchttlen und werden auf die verschiedenste Art bemeBaen. Einige Eaotone
(Uri, Schwyz, Nidwalden, beide Appensell) beaitten kein attatJidi fealigesetBte»
Besohl II ngsniinimum.
Die mittlere (rrfiammtbesolduog des Primarlebrcrpersonals betrug läSl nach
der Statistik des Uerru Grob:
Unter Fr. 1000 in deftEuitoBen: Wallis 887, Nidwalden 448, Uri 4dl,
Tesain 673, Obwalden 597, Granbttnden 669, Sohwyi 758, Zug 778, Appen-
seil I.-Rh. 882, Freiburg 897.
Zwischen Fr. 1000 und moo in den Kantonen: Aargnu 1207, Bern 1249»
Luzern 1279, Solothurn 1283, Kuuenburg 1356, Bahellaud 1446.
Zwischen Fr. 1500 und 2000 in den Kantonen: Waadt 1514, Thurgau
1652, St. Gallen 1554, Glarus 1610, Sehaffhausen 1628, Genf 1647, Appen-
mU A.-Rh. 1821.
U ber Pr. 2000 in den Kantonen Zürich 2192, Basebtadt 2778 (exkl.
^jeknlldar^clliIl(•n).
Leiutr-Fcnsions-f Alters-, Wittwen- und Waisenkassen. In den einzelneu
Kantonen bestehen hiefttr folgende Institute und Zniichemngen :
Z&rich: Wittwen» und Waisenstiftnng Ittr Volkssehullehrer. Statut vom
24. Dez. 1883. — Wittwen- und Waisenstiftuug für die reformirte Geistlichkeit
und die Lehrersphaft Apv höhem UntorrichtsanHtalten. 5. Dez. 1885.
Bern : YerorduuDg über die Leibgedinge der Primarlehrer und -Lehrerinnen.
3. Juli 1872. — Bernische Lehrerkaaee, gegr. 1818.
Lueeru: Lehrer-, Wittwen- und Waisen^Untentatsangskasse, gegr. 1835.
Si^wjfM: Lehrw- Alten-, Wittwen- und Waisenkasse. Statuten vom 29. Hai
1883.
(ilarus: Lehrer- Altera-, ^^'itt^ven- und W ai^ienkasse. Statuten von 1876.
Zug: Lehrer-Ünteratutisungsvereiu. l'J. Auv. 1884.
Freiburg: Alterskaese der Lehrer (staatlich). Gesets Tom 15. Jan. 1881.
Soiothurn: Altera-, Wittwen- und Waieenkaase (Bothstütong). Gesets vom
3. Febr. 1872.
Bmdstadi: Gettetz betrett'end Pensionirnng von .Staatsbeamten und Staat«-
aagestellten. 22. Okt. 1888. — Lehrer- Wittwen- und Waisenkaase. (jregr. 1838.
Baseila**d: Wittwen-, Waisen- und Alterdaiae und StttrhefaUkaese. Statuten
und fieglemeBt yom 9. Jan. 1861.
Sehi^hausen . Lehrer-Wittwen- und Waisenkasse (nicht obligatorisi Ii).
Äppemell A.-Uh.: Lehrer-Pensionakaisso. Statiiti n vom 3. März 1884.
Appenzell I.-iik.: Alters-, Wittwen- und Wamenkasse. Statuten vom 17. Jan.
1887.
St. Gaiten: Untersttttinngskasse fttr Volksschnllehrer. Statuten yom 35. Okt.
1686.
Graubüud»n: Httlfekasse für Volksschnllehrer. Statuten yon 1876.
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Schule
— 41 —
Sdiule
Aorgau: LehierpeiiuoMvarein« gegr. 1824.
Thurgau : Wittwen- und WoiseiiBtiftung für die VolkaMdmUahreraoliift. GeMts
vom 5. Der. 1861; Verordnung vom 23. Di-z. 1862.
Wandt: Loi mv les jiensiunh de retraite. 1. Juni 1871.
Neuenbürg: Fonds scolaire de pr^voyance. Beglement vom 20. Okt. 1871.
Genf: Odflae de prcvoyaQce dos foDotioimairw de remeignemeDt primaire,
gegr. 1839.
Näheres über diese Institute nnd die auf Pensionirung bezüglichen Ge>>etzes-
bi'Htimmungen gibt der Aufsatz von Scbuldirektor Kiok in Lozem im Ilichweiz.
Schularchiv, Jahrg. IS.st'., Nr. II und 12.
Lehrerkvnferemen. Die Lehrerschatt ibt iu den meiaten KaotoDeo entweder
officiell oder offixiSe organidjrt, eei ee su gegenseitiger Belehrnng, mA ee mit dem
Beobte der Begntaehtong, eei ee endlieh eiieb mit geeetilioli nermirter Betheiligang
am «taatlichen Schalorganismus.
Keine geeetsliehen Beetimmungeo bestehen täi das Lebrerkonferenzweeen in
Glarus.
I. Obligatorisobe Konforensen nun Zwecke der Fortbildung ofaiM Begot-
eehtnngireeht : Uri, Sohwys, Obwalden, Nidwalden, Freibarg, BaaellaDd, Appen-
zell I.-ßh., Granbttnden, Tessin, Waadt, Wallis. II. Mit Begutachtungsrecht :
Zürich, Bern, Luzern, Zug, Solothurn, Baselntadt, Sohafifbausen, Appenzell A Rh.,
St. Gallen, Aargau, Thurgau, Nenenburg, tJonf(?). III. Mit Atttheii an der \N ahl
Staallik^lier Behörden: Zliri(;h, Neuenbürg, Gent.
InUr kantonale Ldirerrercinigmujen : Schweiz. Lehrerverein, gegr. 1849.
Christlioher Lebrerverein, g> gr. 1863. Soci^t^ des ioetituteara de la Saisse ro-
mande, gegr. 1864. Katholisoher Ersiehungsverein in der Sebweix, gegr. 1875.
Schweiz. Armenerzieherverein, gegr. 1848. Schweiz. Turnlehrer verein, gegr. 1>^.')8.
Schweiz. GymnaBiallehrervereiu, gegr. 1860. Schweiz. Verein zur Förderung dea
Zeichenunterrichts, gegr. 1874. Schweiz. Kindergartenverein, gegr. 1881. Schweiz.
Terein von Lehrern an gewerbUehen Fortbildnnge* nnd Fachsoholen, gegr. 1886.
Tabelle über die Zahl der Lehrer und Lehrerinnen an Primarschulen.
(Aus Grob'e Statistik, Bd. VI, S. 109.)
Kantone
Lehrer
Lehrerinnen
Total
Lflirper~ijn.ll
' ISSl
i«n
1871
itiii
Verniehmo^
Zttrioh . .
577
565
53
8
630
573
57
Bern .
1168
109 H
733
504
1901
1602
299
Luzern
263
249
42
15
305
264
41
Uri . . .
86
37
26
9
62
46
6
Scbwya .
64
67
66
44
120
101
19
Obwalden .
10
9
28
26
38
36
3
Nidwalden
10
16
26
17
36
33
3
Glarus .
86
65
86
65
21
Zug . .
32
41
31
22
63
63
Freibnrg .
242
248
169
89
401
337
64
Solothom .
211
187
10
6
221
193
28
Baselstadt .
57
48
22
10
79
58
21
Havelland .
131
III
1
132
III
21
Schati hausen
109
115
10
2
1 19
117
2
Appenzell A.<
'Bh.
101
86
1
102
86
16
Appennil
Bb.
17
18
7
4
24
22
3
Schnl«
42 ^
Schule
St. Gallen. . .
452
406
16
13
468
419
49
GraabiVnden . .
396
388
55
54
451
442
9
Aargau
479
505
76
3;5
554
538
16
Tburgao .
2ü3
240
7
2
260
242
18
Tmmii ....
194
209
286
266
479
475
4
Waadt. . , .
498
539
300
205
798
744
64
Wiillis. . . .
257
281
214
169
471
450
21
Neiifuburg
131
146
247
172
37«
318
60
Genf ....
86
86
III
54
l«J7
140
57
Schweix
5Ö40
6750
2525
1724
8365
7474
891
Tabelle über das Lehrpertonal on
SehmdarsehiOent 1881,
(Aua Grob*a StaÜsUk, Bd. VI. S. 118.)
Kantone
Total
T.elirer
Lehrerinnen jiw, Mktatm
ord.
ord.
Fr.
281
179
85
17
—
475,065
M vi W
1 79
10
78
—
443,685
0 f
27
7
2
1
52,200
ITri
1
t
2
1»700
ocu \v \ /* • « ■
19
12
5
2
18, 1 90
Oh w;i Idi'ii . .
4
1
2
1
1,500
^'idwaliieu
Glanis ....
le
16
1
39,200
Zug ....
24
10
8
6
10,650
Freiburg . , .
36
10
4
44,320
Solotliurn . . .
47
3S
4
1
4
89,280
Baselütadt , . ,
75
45
1
7
15
7
201,035
Baselland .
26
22
2
2
38,554
Sdiaffbaosen . .
39
31
8
77,249
Appeniell A.-fih*
20
15
3
2
44,000
Ap]iPnzell L-Bh,
2
1
1
2,750
St. üulleü . . .
105
70
12
1
14
17-J,t;70
GraubUndeu .
31
20
;i
1
7
2.j,910
Aargau
169
137
25
7
234,006
Thurgan . . .
64
31
30
3
70,030
Testsitt ....
65
26
27
1
11
36,940
Waadt. . , .
7
5
1 1.900
Wallis. . . .
5
3
2
4,900
Kenenburg . .
64
49
16
169,212
Genf ....
48
27
21
104,640
Schweiz
1448
958
244
14
200
52 2*370,180
Vii. Uebersicbt des Vulk88< Ii ul wesens, de» böbern äcbalweaene
und der- \\ e r n f » s e h u I e u.
(ALkürzungeu : sU = slaallich; iuud. — muuizipal; pr. = privat; gem. — Kemischto
Schulen ; tu. SS für das männliche, w. » IQr das weibUche Geschleeht ; a. Htttdacbulen
ohne, b. — MittelscbuJen mit Anachlttft an daa akademische Stadium.)
A. KanUme.
Zttriob. SdiMntnU: Anf 1. Hai snrttckgelegtee 6. Altenjabr.
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mmm^
Schule _ 43 _ Schale
Einftt'he Volksschule: Priraarsrhule mit 6 Alltagsschuljahren, 44 Schul-
wochen. Ergänzuogsschule : 3 Schuljahre, 44 Scliul\v.>chen, wörln-ntlidi H Stmulen
an 9 Vormittagen. Sinjc^chnle: Vom An*«tritt aii>» der Primarschule an 4 Jahre,
1 Stuude wöcheotlich. Freiwillig Furtbiltiuuj;H»chuIen.
Gehobene Vothssckule : Seknndanohnlet im Ansohlaß en des 6. Alltagflsohul-
jahr, 3 (auKnahmeweiso 4) Schuljahre.
Mittelschulen : b. Kantonwchulc (GymnaHium und luduHtrieschule) io Zürich
(st.); höhere Töchterschule in Zürich (nmn V höhere Schulen ((jrymnaBium und
Industrieschnle, höhere Tüchterschuie) in VVmterthur (uiun.).
Bm^mAhIm: Lehreraemhiar m Kttfianch (»t , gem.); Lebrerinnetiseminar
in Zllridi (mon.); Teohnikam in Winterthnr mit knnatgewerblioher Abtheilniig
(lt., iD.)t knn.sttj^cwd bliche Abtheilang am GewerbemoHeum Züribh (mmi., geni.) ;
Lehrwerkstätte i'iir liulzarbciter am Gewcrbemiisfum Zilrirh (mun., m.); Lehr-
werkstätte für Metallarbeiter am tiewerbemuseum \\ intertbur (mno., m.); land-
wirthHchaftliche b'chule im Strickhof-Oberstraß (t»t., m.) ; Thierai-znei&chule in Zürich
(at., m.) ; Lekreneminar IJntentraß (pr.) ; Praueuarbeitwchale Booe-Jegher, Zttrioh
(pr.); Fachschule für Damenaokneiderei and Lingerie, Zttrioh (pr.); Seidenweb«
aehule in "Wipkingcn 'pr.).
Hochschule in Zürich.
Bern. Schuleintritt : Auf .Tl. März zurückgelegtes 6. .\lttrsjahv.
Einfache Volksschule: I'rimarschule mit 9 AUtagsschuljabreu , 32 — 40
Schulwochen. Freiwillige FortbildungMschulen. Freiwillige Wiederholungäkur^
fttr StellnugKpflichtige.
Gehobene Volksschule mtd MUi^eehulen: Gemünaame Prunar-Obeieckalen
(mit obligatorischem Franziitfisch); Sekundärschulen (Bea1^( hllKfIl im l Prugymna>iien)
mit Eintritt naoh znriickgelegtem 10. Alt^Tsjabr und 4 .Iahrt skui-*.en Zu ib n
Mittelschulen zählen wir: a. Knaben-sekundarschule der Stadt Bern, St. Immer;
Progymnafiien Thun, Biel, Neueuötadt, UeUberg; Mädcheusekuudaruchule der Stadt
BerOf Thon, Bargdorf, Biel, St. Immer; gemiechte Hekandareehulen Interlaken,
Wimmia, Langenthal, Herzugenbuchsee« Laogoatt (eämmtlich man.); Neue Mädchen»
schule Bern (pr.). b. Kantonssclmlr Pruntnit mit Literar- und Kf alabthtilung,
st.); städtisches Gymnapiinn Hern (Projryiuna.simii, Handels.Hchuie, Kealschule,
Literarschule, mun.); Lerberschule Bern (Liierar- und Kealabtheilung, pr.).
Berufitschuten : Lehreeaeminarien in Hofwyl ond Prnntrut (st.); Lehrerinnen-
seminarien in Deimberg und Hindelbank (sl.); Seminar der MädchenHekundarfchule
dtr Stadt Bern (mun.) ; landwirthKchaftliche Schule auf der Rütti bei Bern (ht.) ;
Thierarzneischnle in Bern (mit Ansohlnß an die Hoch>rhnle, 8t.); Kunstschule in
Bern (st., gem.); kunstgewerbliche Zeichenschule m Biel (mun., gem.); west-
aehirnieriaeliea Tedmikom in Biel (mnn.); Uhrmacherachulen in St Inuiier und
Pmntrat (man.); SohnitilerBehnlen in Brienx, Brienzwyler, Moringen (man.);
Ldirwerkatätle fllr Schreiner luxl S -huhmachcr in Bern (mun.). Priv aix hulen:
Lehrerseminar niif Mtiristalden bei Bern; Seminar der neuen Mädchenechule Bern;
Frauenarbfits.scliule Bern.
Ilucfisr/iu/e \n Bern.
L 11 z c r II. Schuieiniritt : Auf Beginn des SchulkniNes zurückgelegtes 7, Altere-
jähr ; nach zurückgelegtem Ü. Altersjahr Eintritt zulu»Kig.
Einfaehe Volksschule: Primarachale in 7 Jahrgängen: Elaese I Sommer-
knie, 18 Woeheo; Kkase II— IV Gannjahrkane, 40 Wochen; Klasse V— VII
WiDterknise, 22 Wochen; oder 6 Gansjahrkuiae mit Schnlbegina im Herbet.
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Schule
— 44 —
Schnitt
Obligatorische Fortbildungsschule für Knaben bis zum vollendeten 16. Jahr, 40
Halbtage oder 20 G^anztage per Jahr; MLiJchenf<«rthildung88chulen sind gestattet.
Gehobene Volkaschule : Sekundärschule, 2 Jahre, mit Anschluß an die
FlitnaiMbiile, doeh m>, daß aiuA SohQler, die die letste ElaaM nicht absolnrt
haben, nach Vbrprttfung eintrat«! können.
Mittelschulen: a. Progymnasium Münster; Mittelschulen in Sursee und
Willisau (st., m.). b. Höhere Lehranstalt Lucern (Healechule, Gymnasinm, Lyoenm
u. 8. w.» St., m.).
Berufitaehulm : LehrerBOminar Hitskiroh (at.); Kunstgewerbeeohale Lozem
(et., m.); luidwurthaohaftilohe Wintenohnle Sunee (st.). Theologiadie Lehranetalt
mit der höhern Lehranstalt Luzern verbunden. Priesterscniiiiar in Luzern (pr.).
Uri. S'huleinlnti : Auf folgeuit--- Nfujalir zurückgelegtes 7. Altersjahr.
Einfa he Volh^schffie : i'rimar.Hcluil« mit G Jahreskur^-on. mindestens 30
Wochen zu mindestens 18 Stunden. Kepetitionskurs bis zum zurückgelegten
15. Altersjahr, mindeetens 3 Stnndim wBehentlieh. Obligatoriieher Wiederbolangi-
kan vor den Bekrntenprüfnngen, 40 Stunden.
Geltobene Volksschule: Sekundärschule, 1 — 3 Jahre.
Mittelschule : a. Kantons^chiile Altorf (mit Gymnasial- und Reafahtheilnng, st.).
Schwyz. Schuleiniritt : Im laufenden btlrgerlichen Jahr zurückgelegtes
7. Altensjahr.
Einfaehe Vcßtssehute: PrimarMbule mit 7 Jahreeknnen, 42 Sdiulwoehen.
Freiwillige Fortbildungsschulen. Obligatorisohw Wiederholungekun vor den
Eekrutenpitiftingen, 30 — 60 Stunden
GcMuOenti Vulk^^rhide : Sekundärschule, 2—3 Jahre.
MiUelsdiulen : b. Kullegiuui Mariahilf bei Schwyz (Realschule, Gymnasium,
philoMphieeher Kurs); Gymnaaium Einriedeln (mit Lyceum)} beide pr.
Berufsschulen: I^ehrerseminar Rickeiihacli (st.); LehreiinnettBeminar Ingen-
bohl (["".); Friiut narbeitsschule Ingenbohl i jt V
Obwalden. Schuletntritt: Auf 1. Apnl /.iirUrkgcIcgt«s 7. Altcrsjahr.
Einfache Volksschule: Primarschule mit t» Jahreskursen, 42 Schulwucheu.
ObligatoriBohe Fortbildungsschule, 2 Jahre, 120 Stunden jShrlioh. Freiwillige Fort-
biidnagiochulen. ObligatoriEcher Wiederholungekurs vor den Rekrutenprflfnngen,
40 Stunden.
(rfhohene Volksschule und M'!irf<':hi(hn : &. Kantonsschule in Samen (Gym-
nasial- und iiealabtheilung, st.); Gymnasium Engelberg (pr.).
Nidwalde n. Schuleintriti: Auf Beginn des Schulkurses zurückgelegtes
7. Altersjahr (nach zurOokgelegtom 6'/« Bewilligung snm Eintritt möglich).
Kinfarhe Volksst hule : Primarschule mit 6 Jahreskursen, 42 Schulwochen.
Obligatorische Wiederli h r ,'skurtie llir Knaben, 2 Jahre, 90 Stunden jährlich.
Obligatorischer W iederhuiuugskurs vor den Rekrutenprüfungeu» 60 Stunden. Frei-
willige Zeichenschulen.
Gehobene Volksichule: Sekundär« oder Fortbildungsschulen«
MitteUehtUe: a. Lehranstalt der Eapasiner in Stau (Beel* und l^atein-
klapsen, pr.).
Glarus. Schulcinititt : Auf I.Mai zurtirkfrelpgtrs (i. .Altf^rsjahr.
Einfache Volksschule : Primarschule mit 7 Jahreskursen, 45 Schulwochen.
Bepetirwdiule, 2 Jahre, wöoheotlioh 1 Gans- oder 2 Halbtage. Freiwillige Foft-
bildungMdiuleo.
Cehobew Volkssektik: Seknndarsohalent mit Aneohluß an den 6. Eure der
Primarschule,
. j I. by GoQi^Io^
Schule
— 45 —
Schul«
MUMschuh: ft. Mimdand»il0 Gltfiia (moD.).
Zug. Sl^uiehUrili : Im bürgerlichen Jahr zurückgelegtes 6. Altersjahr.
Einfache Volks si'/tKlt' : Prima rsdiule mit H .TaLreskursen, 4l* SdiulwocheD.
ßepetirschule, 3 Jahre, mit 8 Moimten jahrlidifr lud Stunden wöcht-ntliolier
Schulzeit. Freiwillige Fortbüdongsschulen. Obligatorisciier \\ lederholaagskur« vor
den Bekratenprüftengen.
Gehobene Volksschule: Seknndanohnle, 8 Jehre.
Mittelschule : b. Städtisches Gymnasinm and kartonale Indnstriesohnle in Zug.
Berufsschulen: Freies Lehreneminar Zug (pr.); LehrerinaeiueiDiDai Men-
singen (pr.).
Frei bürg. Schideintritt: Im lautenden bürgerlichen Jahr zurückgelegte»
7. Altergjahr.
SinßKhe Volkisehule: Alltagndiale fttr Knaben mit 9, fUr Hldehen mit
8 JahrcHkursen, 40 — 42 Solnihvoehen. Freiwillige FortlnIdangBSchalen . Wieder-
holungsschule ii, uMitratorisch tür alle nicht der HlIiuIq entlassene Kekrutirungs-
pflirhtigo; Wiiit» rkurse mit :\ — 4 wöchentlichen ätundea und 20 Stunden un-
mittelbar vor der iu^kruteuprUtung.
Gehobene Vi^ksaehukn: SeknndarMhnle naeh aarttckgelegtem 13. Altersjahr,
wenigstens 2 Schnljahre. EnrisBohalen oder icole« rigionalw (erweiterte Primar-
Obersehult-n).
M'llt lo liiiloi : a. Höhere T«chterf«rhnle der Stadt Freihurg. h. College
St-Michel in Freiburg (mit section industrielle, iitteraire frangai^e, iilteraire alle-
maode et o«uKin»|[Qet st.).
Berufeeehulen : Lehrerseminar in HaDterive (et.); Eoole des tailleurs de
pterre (pr.l.
Ihchschule in Freiburg.
Solothurn. SehuleinirÜt : In der ersten Eftlfte des Sohu^jahree sorttok-
gelegtes 7. AltorNjalir.
Einfache Volksschule: i'nmarschule mit H Jahreskursen, 38 — 4U richul-
woehen; fUr das 5. — 8. Schuljahr im Wiatw 30, im Sommer bloß 13 Stunden
wöchentlich. Freiwillige Fortbildangsscholen. Obligatorische Fortbildungsschule
für Jünglinge bis zum vollendeten 18. Altersjahr, November bis nnd mit lUtrz,
4 Stunden wöcheritlioh.
Gehobene Volksschule : Bezirksschuien mit Anschluß an die Phmar»cbuieu,
wenigstenH 2 Jahfeekurse.
Mittehehulen : a. Besirkesehale Olten (st., m.). b. Eantonssohnle in Solothurn
(Gewerbeselmle, pädagogische Abtheilung, Gymnasium).
Benifs^rliii/in : Pädagogische Abtheihmg der Kantonsschule (st.); Uhrmarber-
schule tSulothiirn (mun.); theologische Lehranstalt in Solothurn (mit der KaDtom»-
schule verbunden, ,st.) und juristischer Kurs (ebenso).
Baselstadt. SchuleinlriU : Auf I.Mai zurückgelegte» 6. Alt«rsjahr.
Einfaehe Vi^sehulo: Elemmtarsohule mit 4 Jahreskuzsen, 44 Sebidwodien.
Seknndarschnle mit 4 Jahreeknrsen, 44 Sohnlwochen. Freiwillige, in den Land-
gemeinden obligatorische Fortbildungsschulen.
Gehobene Vo/l 'ischulen und Mdtelsehuten : b. Gymnasium} Bealachnle und
T^hterschule iu Ba.sel (st.).
Berufsschulen: Allgemeine Gewerbebcbule Basel (.st.); Frauenarbeitseohule
Basel (pr.).
Uochtchule in Basel.
Schale
— 46 —
Schule
Bftsellaüil. Schulet itt riti : Vor 1. Mai zurückgelegtes 6. AlterBjalir.
Emfadie Volkischule : AlltagHschule mit ü Jahre^kursen, ca. 45 Schulwochen,
BepetiTBohul«, 6 Stunden wSebentlich, ftlr relormirte Kinder bis trat Eoufirmation,
für katholische bi« mam zurückgelegten 15. Altonjahr; re^p. Ualbtagsschule, 2
Jahreskur^e, 18 wöchentliche Stunden. Obligatorische FortbildungKschulen für
JUnglinge im 17. und 18. AUerajahr, November bis und mit Februar, wenigsten»
4 Stunden wöchentlich.
Q^obeht Volkischule: Benrkaaobnle, 3 Jahre. MSdoheneekundarschiilen.
Schaff hau Ben. SchuleinUriti: Auf 1. Hai sarttokgelegtea 6. Altonjahr.
Einfache Volhsschttle : ElemcntHrschnlei 42 Wochen, mit 8 ganzen oder
G ganzen und 3 theilweisen Schuljahren; in ersterm Fall beträgt die wöchent-
liche Stundenzahl für das 6. — 8. Schuljahr 28 — 33. in letzterm lür das ♦>. Jahr
im Sommer 24, im Winter 30, im 7. und 8. Schuljahr im Sommer G, im Winter
28—33, fttr das 9. Schuljahr wlhrend des Winten IS. Freiwillige Fortbildunga-
8chulen. Obligaiuri-che Furtbildungsschulen für alle Schüler, die nicht volle
8 JahreekurHc durchgemacht haben, im Winterhalbjahr, Kovember bis und mit
Februar, 4 Stunden wöchentlich.
Gehobene Volksschule : KeaUchulon im Anschluß an den 5. re»p. 6. Kurs
der Elementoreohale, 2-3 Jahre.
Mittel ivhule : b. Gymnasiom in Sobaffbaosen (mit hnmaBistieeber und reali-
atiecher Abth.-ilung, st.).
A p ]M' n /. e 1 1 A. - K h. SchuieininU : Au! 30. April zurückgelegtee
ü. AlterHjahi .
Jf^nfaehe Volkusrhule: AlltogMchule mit 7 Jabreeknraen, 48 Schnlwoeben.
UebniigHschule, 2 JahrcKkurse, 0 6 '/a wöchentliobe Stunden. Freiwillige, mehr-
fach von den Gemeindon obligatoriBcb erkUrto FortbildungaMholen fttr jUnglinge
und Töchter.
Gehobene Volkischule und Miiielschulen : a. Mittelschulen (erweiterte Primar-
aebnlen, gem.); Keahicbnien (gem. und w.) vom anrikUge legten 12. Altonjahr an,
3 — 4 Jahre, b KautonttHchule in Trogen mit Progymnasiiim (et.).
Appenseil I. -Ah. SekuteitttriU : Im 1. Schuljahr surttcksnlegendes
7. Altersjahr.
Einfache Volkischule: Alltag)täohule mit 0 Jabretikursen, 42, 36 und 26
Sebalwodi«:! in des vercMthiedeBeii GMudnden. Wiederbolungüschule, 2 Jahre,
1 halben Tag wOohentlicb. Wiederholangskune vor de» Rekrutenprttfuugen.
Gehobene V'olksschule und MUtelsehufe : Realacbnle (1 Jahr) und Pro>
gymnasinm (2 Jahre) in Appcnxell.
St. Gallen. Schulemtrilt : Auf Beginn des SchuikurseH zurUckgclegteb
6. Altenjahr.
Einfache Veikischule: AlltagMtdittte (Jahree- und Halbjahr- resp. Dreiviertel-
jahrschulen) mit 7 Jahreskurtien ; in Hnlbjahrschulen »ind die Kinder im andern
Halbjahr verpflichtet, dir Hepetirschiile 7.n V-^KUchcn. Erpiin7.nng^fchti!e, 2 .lahres-
kurse mit u wöchentlichen Stunden. X'reiwillige Fortbildongsüchulen (in einzelnen
Gemeinden obligatorisch erklärt).
Gehobene Votkusehute: Reahichnle. an den 6. Jehreikun der AlltagaMhnl»
aniohließend, wenigHten» 2 Jahre.
Midi l-chuh n : a. Mäi]clieiifiel<vindnr>!rhiile in St. (tnllen (mun.). b. Kantone*
schule in St. Gallen (tiyniuaMal-, teehaißche und merkantile KlaHscn)
Berufsschulen: Lehrersem itmr in Rorschach (st.); Rcallehramts-Kandidaten-
kun ao der Kantonasehule St. Gallen (^^t.) ; Zeiehensobnle am Gewerbemueeum
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Sclmle
— 47 —
Schule
St. Gallen ; Websohnl« WtttwU (pr.) ; Prieetereeminar St G«org«n bei
StOalleo (pr.)-
Graubiind en. SchuleintriU : Im Laufe des bärgerliolieo Jahres sortlck*
zollendes 7. Alteräjahr.
Einfache Volksschule: Jafaresschulen (Sommenoholen) nod WintenohnleD,
letztere mit 34 Sehnliroohefi, bis snm «rfttllten 15. Alterajahr. Wo keine Jahres»
edhttlen bestehen, sind Kepetirschnlen empfohlen. Freiwillige Fortbildangsschuleu.
Gehobeue Von:<schide : Realschule vom 13. Alterf^jahr an, weniir^t^ns *J Jahre,
MdU'hchult)! : a. Proseminar und FortbildiingBiicbule in Kuvercdu (mun.,
gem.)} Kollegium in St. Anna bei Koveredo (pr., m.): Progymnasium in Dibentiii
^r., m.); IViderioiannm in Davos (pr.^ m.). b. Kantonssohnle in Chor (Qym»
nasiam, Realschule, Seminar).
Btr af ^schulen : Lehrerseminar, mit Avv Kaiitunssdnilfs in Chnr verbumli'U
(st.l; Lf^l'rpr-t'tniiiar in Schiers (pr.); Frauen arbeitbechule in Chor (mua.). Priester-
t>emi;.ur St. l.nzi \\\ Chur (pr.).
Aargau. Schtdeintritt : Auf I.Mai zurückgelegtes 7. AUeittjahr.
Einfache Volksschule: Primarsehnle mit 8 Jahreaknnen, 43 Sehnlwoohen.
Minimum der wUchentlicben Schulstunden in den beiden obt-rsttMt SchulkJasaen
Sommer 14, Winter 26. Fortbildnngsschuleu neben den ;J oder 2 (ixler «<tatt
der 2) obersten Priraarscbulklassen, mit 3 resp. 2 Jabreskurscn (Sommer 23 -25,
Winter 26 — 27 ätunden). Bürgerliche, von den Gemeinden obligatorisch zu er-
kUrende FortbUdungsschnleo. Gewerbliche FortbildangMcboleD.
Qehobene Volk-ischule : Bczirksschule vom 11. Altefsjahr in, 4 Jahre.
Mutelschule: b. KantonsMhale in Aaran (Frogymnasinm* Gynnasiom, Ge-
werbeschule).
Berufsschulen: Lehrerseminar in Wettingen (st.); Lehrerinuenseminar ui
Aaran (st.); laodwirtiieebattUche Winterschnle in Brugg (st.).
Thnrgan. SchuleitUritt : Auf I.April zurückgelegtes 6. Altersjahr.
fache Volkssehule: Alltagssohnle mit 6 Jahreskureen, 40-— 43 Schnl-
Wochen. Gesangschule, 10. — 1 5. Altersjahr, wöchentlich 1 Stande. £rgänzung8-
schule für Knaben mit .3, für Mädchen mit 2 Sommerkursen und je 4 wöili^-iit-
lichen Stunden; im Winter der RrgSnzungssch'iljabre Alltagsschule für Knaben
und Mädchen. Obligatorische Furtbildungsschule für Jünglinge, 3 Wiuterkurse,
bis nach sorflckgelegtem 18. Altersjahr, yom KoTembw bis Ende Febmar wenigstens
4 wöchentliche Stumleii Freiwillige Fortbildungsschulen.
Gehobene V<>lLs<chiile : Sekundarscbuk- mit Anschluß an dss 6. Alitsgssohnl-
Jahr, gesetzlicli 3, faktisch bisweilen 4 Jahresknrfp.
Mitielschult : b. Kuntonsschule in Frauent«'Ul (Industrie- und Gymnasial-
abiheilung).
Berufsschule: LehiMneminar in Kreoslingen (st.).
Tees in. SchuleintriU: Anf 1. Oktober inrttckgelegtes 6. Altarsjahr,
Einfache VolJcischule : rrimarsf linlt; mit 8 Jahreskursen, regulär 9 — 10
Monate, Miniranm 6 Monate. Kcpetirschult- für Jiiiiglini^c von 14 — 18 Jahren,
bei ungenügender Vorprüfung auch für die angebenden Kekruten (19. Alterajahr)
obligatorisch, wo möglich nicht weniger als 2 Monate per Jahr. Freiwillige
Zeicbenschalen.
Gehobene Volksschule : Höhere Schulen (Scuole eleraentari maggiori), Kreis-
schulen, nach den G< sdilechtern getrennt, mit Aufnahme awischen 10. und
16. Altersjahr, 3 Jahreskurse.
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I
Schule ^ 4ü ^ Schale
Mittelschulen (dLmintlicbe st.): a. Technische Schulen (mit litenurkoher Ab-
theiluug) in Locarao, Bellinzona «nd Mendrisio. b. Gymnattvin, Lyoenni nnd
technische Schule in Lugano.
Berufsschulen : Lehrerseminar und Lehrerinnenseminar in Locarno (st.).
PrieitenemiiMur in Lugano (pr.).
Waadt. SehttleinMtt: Im laufenden bBrgerliehen Jahr «nrttckgelegtes
7. Alterejahr.
Einfache Volksschule: Primarschule mit 9 Jahreukursen, 44 Schulwochen.
Freiwilliir»' AbomUchulen vnni 14. Alter.-^jahr an (neben Her obligatorisch' u Schul-
pflicht), übligatürihcht; \S it^dorhuluugssehulen vom 1. Dezember bis 1, März, zwei-
mal wöchentlich, für Jünglinge vom 15. — 19. Altersjahr.
Gehoben« Volkssekttle: Ecolee eeeondairee (Gemeiodesdiiilen mit erweitertem
Lehrplan neben der Oberabtheilnng der FdmaFBohulen) vom 13. Alterqabr an,
2 Jahre.
Miticischnien : a. College.-* coimnunaux t-t eiiole.s t-iii>L'rieures des jeuiics fillea
vom 9. resp. 12. Altcrnjahr auj College cantonal in Lautianne (»t.}. b. Ecole
indnetrielle oantonale in Laoeanne (st.) ; höhere Tüchteradiale mit Gymnaaium in
Lausanne (mun.).
Bcrxßs' fiiili'n : Lehrer- nnd Lehrerinnenseminar in Iianeanne (et.); land«
wirtbschailliclie W'interschul© in LauHanne {ftX
Academie in Lausanne (in Umwandlung zur Hochschule begriffen, umfaßt
gegenwärtig Gymnaelnm, Faonlt^ des lettre«, des «oienoes, techniqn^ de droit,
de theologie).
Wallis. I^uteiniriä: 7. Alter^ahr (ohne nflhere Beatiramnng).
Einfaihe Vo/kafchnfe : rriraarschule mit 8 Schuljahren von wenigsteDn sechs-
monatlicher Dauer. Obligatori>Lhe Wiederholungsschule fiir Kraben vom Kiiriick-
gelegten lä. 20. Altersjahr, 4 Monate, 6 — 8 Stunden wöchentlich. Obligatorischer
Wiederiiolungtikun vor den Bekrotenprüfangeu, wenigstens 16 Stunden.
Ch^tobtne VölkS8<^itle : Sekandareohnle (Knaben Tom 13., Mldohen Yom
12. Jahr an), 2 Jahre.
Mütelschulen : n. f'oll»*g<'<j claswiqnf"-- in Hrieg nnd St-Maurioe (st.)j htfhers
Töchterschule in 8itten (mun.). b. Culltge-Lycee in Sitten.
Berufsschulen: Deutsches nnd franz. Lehrerseminar in Sitten; Lehrerinnen-
seminarien in litten (frans.) nnd Brieg (dentsoh); Gonrs de droit in Sitten (st.);
Priesterseminar in Sitten (pr).
Neuen bürg. Schuleintrid: Im Verlaufe des Schuljahres zurückgelegtes
7. Altersjahr (mit vorangehendem, regutir wenigstens einjihrigem Besneh der
ecole enfantine)
Enifarhi' Volksschule: Primarschule mit Ö Jahreskurseu, 44 — 4Ö Schul-
woehen. Obligatorische ErgXnsangssohnlen, 3 Winterknrse Tor den Bekmten«
Prüfungen k 4 Monate mit je 4 wSohentliohen Standen.
Gehobene Volk->ivhnle und Mittelschule : a, Ecoles classiques inferieures ;
höhere Töchterschule in Neuenbürg (rniin.); Sekundär- nrwl Tn in^triesehnlen, 'J und
mehr Jaiireskurse, vom 13. Altersjahr an. b. Kantotmku Üymuasinm (littöraire,
adentifiqae et pedagogitjue) in Neuenbürg.
Berufuehuien : FMdagogische Sektion des Gymnasiums ond der fa6hem
Tdchterschule in Neuenburg; ührmacherschulen in Iioole, Chaox-de-Fonds, Neucn-
bnri,' nnd Fleurier (mun.); Ecule d'art ««t de gravnre in ('hnnx de-Forids (mun.);
landwirthschaitliche Schule in Cernier (st.); Lehrersemmar in Peseux (pr.).
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Schule
— 49 —
Scliule
Hochschule: Acad^mie in Neuenbürg (Fuculte des lettre», des sciences, de
th6ologie. de droit).
Genf. Schuleintritl: Auf Beginn des Schalkurses zurückgelegtes 6., jcsp.
exkl. Kleiukinderschule 7. Altersjahr.
Einfache Volksschule : Primarschnle mit 6 Jahreskursen, 42 — 46 Sohul-
"wochen. Ecole compl^mentaire, 2 Jahre, obligatorisch, 20 — 45 Schulwochen k
10 — 18 Wochenstunden.
Gehobene Volks- und Berufsschulen: Ecole« professionnelles, zunächst 1 in
der Hauptstadt, 2 Jahreskurse ä 42 — 40 Wochen, zur Vorbereitung auf die
technische Sektion des College und auf die Bauschule. Goars facultatifs für beide
Greschlechter in der Hauptstadt, 2 Winterkurse (st.). Ecules secondaires rurales,
2 — 3 Jahre, 40 — 42 Schulwochen a 10 — 18 Stunden; die Somnierkurse oder
das 3. Schuljahr sind fakultativ; der 1. on<l 2. Winterkurs dienen als obligato*
risohe Ergänzungsschule (st.). Pädagogische Sektion dea College und «ler höhern
Töchterschule in Genf (st.). Uhrmncherschule in Genf (mun.). Ecole des arts
industriels, Genf (st.). Acadetnie professionnelle, Genf (mun.).
Mitttlschulen: b. College de Geneve (untere Abtheilung, obere Abtheilung
oder Gymnasium mit sections classique, reale, p^dagogique, technique) und (a)
Section du College de Geneve ä Carouge. b. Ecole secondaire et superieure des
jeunes tilles (untere Abtheilung, obere Abtheilung mit sections litteraire et peda-
gogique) und (a) Section ä Carouge.
Hochs'^hulen : Universität Genf. Ecole dentaire in Genf.
Ii. Eidtfenossenschaft.
Eidffenössische piilytechnische Schule in Zürich. Die Anstalt zerfällt in
folgende Kachschulen: 1) Hochbauschule, 7 Semester; 2) Ingenieurschule, 7 Se-
mester; 3) Mechauihch-technische Schule, 6 Semester; 4) Chemisch-technische
Schule, für die techni.iche Richtung 6, für die pharmazeutische 4 Semester;
6) Land- und forstwissenschaftliche Schule, 5 Semester; 6) Abtheilung für Bildung
von Fachlehrern, in mathematischer Richtung 4, in naturwissenschaftlicher 3 Jahre;
7) Allgemeine philosophische und staatswirthschaftliche Abtheilung (Freifächer).
Der Eintritt der Studirenden ist abhängig vom zurückgelegten 18. Alters-
jahr, ferner von einem 3Iaturitätszeugniß derjenigen schweizerischen Mittelschulen,
die mit dem eidg. Schulrath bezügliche Verträge abgeschlossen haben, oder einer
Aufnahmeprüfung. (Vgl. übrigens die Spezialabhandlung , Polytechnikum").
VIII. Monographien Schweiz. Mittel- und Hochschulen.
Zürich: Wi/ß, G. von. Die Hochschule Zürich in den Jahren 1833—83. Fest-
schrift. 1883. — Zur Geschichte der zürcherischen Kantonsschule 1833 — 83.
Festschrift. 1883. — Grob, C, Das Lehrerseminar des Kts. Zürich 1832—82.
Festschrift. 1882. — Xehender, F., Geschichtliche Darstellung des öffentlichen
Unterrichts für Mädchen in der Stadt Zürich 1774—1883. 1883. — Ernst,
Dr. U., Geschichte der Mädchenschule Winterthur (Sonntagspost des «Land-
boten-). 1883.
Bern: Bühler, L., Geschichte des oberuargauischcn Sekundarschulwesens, inbe-
griffen die höhern Schulen Burgdorfs. 1874. — I/fuer, A., Schulgeschichte
von Burgdorf. 1875. — Müller, Dr. Ed., Die Hochschule Bern in den Jahren
1834 — 84. Festschrift. 1884. — Fctsi hcrin, VV., Geschichte der Kunlous-
schnle Bern (Schlußbericht derselben). 1880. — Liis hcr, A., Sclilußbericlit
der Realschule der Stadt Bern. 1880. — Mariiy, E., Geschichte tles Lehrer-
Karrar, Volkswlrth*cb*n«-Lesikon dar Schweis. ^
Schule
— 50 —
Schale
Seminars in MUnchenbuchsee 1833 — Ö3. Feftschrift. 1ÖÖ3. — Vautieijf, L.,
Histoire da coUige de Porrentniy 1589—1665. Prantrot 1866. — Br0»ikMx,
G., Kotke bUtoriqoe smr l'tode normaJe des rtguit» do Jura benoiB 1887 — 87. .
PruDtrut 1887. — Griuter, K., Da» LebreriuiieiMeuitiar in Hindelbaok 1838
bis 1888. Fosfschrift. Burgdorf 1888.
Luzcrn: Estermunu, M., Die iStiftsschule von Beromünfiter. Luz&rn 1876.
Sohwyz: Geaehichtliches über die Schule von Eiosiedebi (Frogramm der £r-
siehiiDgnustalt Eineiedeln 1854/55).
Zng: Keiser, H. A., GeAcbichte der zugerischen fDlDtonsschule, zur Erinnerung
an den 25jlÜif3gen Bestand der Anstalt (Beilage cum Jahresberiolit denelban).
1866.
Solothurn: Fiala, F., Gescbichtlicltei^ über die Schule von Soluthura (Pro-
gramm der Kantonaaebule Solothurn 1875, 1876, 1879 — 81).
Basel: Hagenbach, K. R., Die Stiftung der Basier Hochaehule 1460. Basel
1826. — Die theologische Schule Basels und ihre Lehrer 1460-1849 Basel
1860. — Fwr-Aßr, W., Geschichte der Universität Basel von ihrer Gründung
1460 bis zur Üeformation 1529. Basel 1860. — Micacher^ F., Die medizi-
oisehe Faknltit in Basel und ihr Anlsohwung anter Plnttw and Bnibin. 1860.
— Burckhardt- Biedermann, Th., Gesebichte des Gymnasiama an Basel (aar
Feier seines 200jährigen Bestandes). 1889.
St- Gallen: yfpi/cr, V. G., Geschichte der Schule Yon St. GhUlen im Mittelalter
(Jahrbuch für Schweiz. Cxeschichte, X, 1885).
Granbttnden: BaumfforiMr, 0. P., Gesehkbte der j^ehnngsanatalt Seibiera
1887^87. Featflchrift. 1887.
Aargau: Jlattchenstein, R., Ein Blick auf die Schicksale der aargauischen
Kantonsschule (Programm der Kantonsschule). 1835. — Bäbler, Dr. J. J.,
Die Schale zu Brugg im 16. Jahrh. (Neues Schweiz. Museum, IV, 1864).
Tbargan: Walder, E., Gesdücbte der thurgauisohen Kantoosacliule 1853 — 83.
Franenfeld 1888. — Rtbiamen^ J. U., Das Lehrersemioar sa KrensUngen
1833—8,3. Festschrift. Fraoenfeld 1883.
TcHHin: Df-lla htoria del Collegio dei Gesniti in Bellinaona (BoUetino storioo
deila Svizzera itaiiana, IX, 1887).
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Scbuie — 51 — Schule
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Schule
— 52 —
Schule
X» Sobnlergebnisse.
Der einiige Malktab, die Ergeb&iMe der SobulbildaDg festsnstelUn und ca
TWgleidmiy wird durch die eidg. Bekrvtenprttfungen dargeboten. Dieselben wurden
sav eraten Ual 1875 mit der auf 1876 waffenfähig werdenden MannRchaft vor-
genommen. Das erste Regulativ datirt vom 13. April 1875; soithor ist da^Hflbe
unterm 15. Juli lb79 revidirt worden. Die Verbesserungen, welche die l'raxis
nach sich führte, beziehen sich hauptsächlich auf die Ausdehnung der Prüfung
auf DiejenigeB, die bShere ffildungsanetalten beencht haben. Ureprflnglieb konnte
dbpensirt wrrdi ii, wer nur ein Jahr, leit 1879 wer zwei Jahre eine höhere
Schule besucht hatte; peit 1^82 wnrden nur noch Benitzer eines Lehrpatentea
oder eines MHtTiritMt*!zeiignisn«'8 di8pen(»irt, 1K88 auch die^e Dispense beseitigt.
Die iiekrutenprüfungen werden gleichzeitig mit der sanitären Uutersucbung
vorgenommen. Sie umfassen Lesen, Aufsatz^ Rechnen (mündlich und schriftlich)^
Yaterlandakande. 1 iet die beste, 5 die schlechteste Note; die Abetefong der
Noten in den Forderungen für die einaelnen Fächer ist der jiilirlichen Bericht-
erstattung des eidg. Htatistischen Bureaus vorgedrnckt. Wer in raebr als einem
Faelu^ die Note 5 hat, ist während der ttekrutejueit zum Besuche der Fachschule
verpÜichtet.
Wir lassen zunächst die Uebersicht der Ergebnisse für die Kekrutirung der
swSlf Jahre 1875 — 1866 folgen, wihrend welcher den Kantonen eine bestimmte
Rangordnung ausgerechnet wurde. Bei der Diflereuz für das Jahr 1882 zwischen
der in den SfTentlichen Blättern ersrhipn^nen tind der ofTiziellen AuHrechnunjc: haben
wir uns, im Gegensatz zu frliliern Piibiikiitiuneii, un die oftiKielten Zahlen frehalteti.
Für die Ergebnisse von 1875 falleu i'rül'uug und Kekrutirung in's gleiche Juhr
ansammen ; bei den folgenden Jahrgängen ist stets das Jahr der Bekrutirung ein-
gesetst, wihrend die FrUfnng in*s Yorjahr fllllt.
1875 1876 1877 1878 1879 1880 1881 1889 1883 1884 1885 1886
Zttrich . .
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5
2
i)
5
5
4
Appenadl A.<
Rh!
11
14
13
20
23
14
17
15
11
8
8
10
Appenaell I.-
Rh.
25
34
38
35
35
25
25
23
33
34
33
33
St. Gallen
8
11
9
16
18
9
15
14
15
16
13
14
Granbünden
13
15
17
13
16
7
11
9
13
15
16
11
Aargau
16
9
14
17
10
8
6
13
14
11
14
12
Thurgaa .
3
1
3
5
8
4
3
4
8
3
3
3
Tessitt . .
18
20
19
11
19
20
7
17
16
30
23
34
Wawlt
5
4
5
6
5
11
8
12
8
18
6
8
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Schule
- 63 -
Schule
1875 I87(> 1S77 IHTS 1879 IKKri \sSl 18S:2 18S3 ISSi 1885 1886
Wallis. ... 23 2o 24 2a 23 22 25 23 23 24 23
Neaenbiirg . . 7 10 18 14 11 IS 9 11 7 10 10 5
Genf ....232313351832
Smnmirt man die BangstoUen in der üelMnriobtataboUe dieser swVlf Jahre,
«o erhält man naohfolgeode EAngordnoQg, die ab Dnrofaaehnitt lieh der Wirk-
lichkeit am be>:ten annähern dürfte:
Erste Gruppe: 1. Baäelst&dt (16), 2. Geof (28)» 3. Thurgatt (42), 4. Zarich
(A8)y 5. Schatfhauätiu (55).
Zweiie Gruppe: 6. Waadt (91), 7. Solothvm (111\ 8. Nenenbnrg (119),
8. Zug (130), 10. Obwalden (135), 11. Aargau (144), 12. Glarus (155)»
13. Graubiinden (156), 14. St Gallen (168), 16. AppenieU A.-Rh. (163),
16. BaseUaud (171).
DriUe Gruppe: 17. Luzern (192), 18. Bern (209), 19. Tesain (213),
30. lüdwalden (229), 21. Sohwyz (236), 32. Freiburg (254).
Vierie Gruppe: 23. üri (278)» 24. WalliB (283)» 26. Appenseli L-Bh. (285).
Seit der Rekrutirung für 1887 wurde» angeeichts der großen Veraofaiedenheit
innerhalb der einzelnen Kantone, nur noch die Stellung der Bezirke in's Auge
g^efaßt, die bisherige Rangberechnung der Kantone gänzlich fallen gelassen und»
da es vor Allem zn wissen galt, welchen Umfang die Verbreitung einer gC'
nUffeHden Sehuibilduiig habe und wie deh die einselneo Landestheile in dieeer
Besiehung reihen, die Bangstnfe mAt mehr neoh der Geaammtnhl der erthnhen
Idolen, sondern in umgekehrtem Yerhältniß sn der Prozentzahl der NidkimUser^
d. h. derjeni^n Rekruten bemessen, die in mehr als KiTi^ni Fache gans geringe
oder gänzlich werihloBe Leistungen (Noten 4 und 5) aulwei^en.
Indem wir das letztere Prinzip ebenfalb adoptiren, wenden wir ea aur Yer-
gleiehnng der Kantone Ittr die drei letaten Jahrgänge an.
Im Durchschnitt zählte die Sohweiz auf 100 Bekrntmi ftlr 1887 19» fttr
1888 und 1889 gleichmäßig 17 Nichtwisser.
Ueber und auf diesem Mittel standen folgende Kantone:
Für 1887: 1. Baselsladt (4 "/o), 2. Schatfhausen (8), 3. Thurgau (9), 4. Genf
(11), 5.-7. Zürich, Obwalden, Baselland (14), 8. Solothurn (15), 9. Neuen-
burg (16), 10. 11. Glamt, Aargau (17)» 12.— 14. Hidwalden» Zug, Waadt
(18), 15. Appenzell A.-Rh. (19).
Für 1888: 1. Basclstadt (3%), 2. Schaffhausen (8), 3. 4. Thurgau, Genf ('.)),
5. €}. Znjr, Wamlt (l<»). 7. Solntliurn (n\ 8. — 11. Zfirich, Glarn», Appeuzell
A.-Rh., Neuenburg (12), 12. Aargau (13}, 13. St. Galleu (14), 14. 15. Nid-
waldeo» BaeeDand (16), 16. Obwalden (17).
F»r 1889: 1. Bas. lstadt (3 »/o), 2. Thurgau (4), 3. Schaffhausen (7), 4. Nid-
waldeu (9), ;'). Genf (lO), Bamdland (11), 7. — 10. Z'lrich, Glarus, Solo-
thnrn, Neuenburg (12), 11. 12. Appenzell A.-Rh., St. Gallen (13), 13. Wandt
(14), 14. II). Obwalden, Zug (15), 16. Aargau (17).
Unter dem Mittel:
Fttr 1887 : 16. Gniubttnden (22 Vo), 17. 8t. Gallen (24), 18. Bern (25), 19. Luxem
(27), 20. Freibnrg (28), 21. Uri (31), 22. Sehwys (32), 23. Teaian (88),
21. Wallis (39), 25. Appenzell I.-Rh. (52).
Flir IH^H: 17. Fnnbur^ Uy7o), 18. Graubuiiden (20), \ \\. Bern (22), L^i». Luzern
(26), 21. Tessin (27), 22. Schwyz (28), 23. Appenzell J.-Bh. (30), 24. Wallis
(36), 25. üri (41).
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Schule
— 54 —
Sehnte der Mutter
Für 1889: 17. Bern (19 7o), 18. GraobUnden (22), 19. Schwyz (23), 20.21.
Luzern, Freiburg (24), 22. Tewin (30), 23. 24. üri, Appenseil l.-Rh. (36),
26. WalHs (37).
Sehntibauteiifoiids» ei dg. AnläßUoh dee Hoohwaaaere von 1868, von
welohem die Kantone TeeHO, Wallia, ChrattbUaden^ Uri und St Grellen tebroffen
Warden, fand in der ganzen Schweiz eine Liebeegabenaammlang statt. Von Ertrags
derselben wurde 1 Million Franken n\s Scbutzbaotenfonds au8ge«chiedeo, mit der
Beetinunung. dal» au» demselben ziinächst den obgeuanuten Kantonen gewisse
Sniniiion m vonibfolgen aeien, wenn die dnroh dae HoohwHMer nöthig gewordenen
VtrbMiiuigQa Ende 1877 ihre Anafllfarwig gefonden. Zur Zeit (Ende 1889) TOr«
bleibeD in diaHem .speziellen" Schutzbautenfouda noch ca. Fr l.^r),000; ein zweiter,
fiofr. .allgemeiner'* Schutzbautenford, im Jahre 1871 mit Fr. 100,0* >•) angelegt
und seitdem gciiulüct, hat zur Zeit die Höhe von ca. Fr. 250,000 erreicht.
Schutz der Erlinduiigeu s. die Kapitel Erfindungsschutz, Patentschutz.
Schutz der Muster and Modelle. Der auf tieite 567, II. Band, am
flehinne des Artikels «^tentechats* enrXbiite Gesetieeentwnrf betoeffend den
Behnts der gewerbliehen Mnater nnd Modelle hat am Sil. Dm. 1888 GeeetaeK*
geütalt angenommen und trat am 1. Jnni 1889 in Eraft. Dieses Bundesgeaetn
lautet folifCüdtTmHl'yn :
i. Aligcmetne JicatwuiiUuyen. Art. 1. Die eichweizeriscbe Eidgenossenschaft ge-
währt den Urhebern neuer ^eu erblicher Muster und Modelle oder deren Rechtsnaeh*
folgern die in vorliegendem Gesetze bezeichneten Reclile,
AsL '2. Küa.^lleriBche Werke, welche geeignet siud, durch das Huadesgesetz vom
23. April 188.'J betreffend das I rht berrecht an Werken der Literatur und Kunst ge>
schützt zu werden, und gewerbliche Erfindungen, welche unter das Bundesgeselz vom
39. Juni 1888 über Erfindungspatente fallen, werden nicht als gewerbliche Muster und
Modelle betrachtet.
ArL 3. Ohne die Erlaubniß des Inhabers darf Niemand ein inemäß Artikel 9 des
vorliegenden Gesetzes binterlegtos gewerbliches Muster oder Modell zum Zwecke der
Verbreitung und Verwerllnmg henut/en.
Art. 4. Das dem Hinterleger durch dieses Gesetz gewährte Hecht ist durch Erb-
felge flbertrag^bar. Auch kann es Gegenstand einer gftnälehen oder theilweisen Abtretung,
beziehungsuii'^e VerpHlndiinf? bili! n, 'i<*r (Mx/pn^tand einer M/.enz, die einen Dritten
zur Benutzung von Mustern oder Modellen ermächtigt. — Uebertragungen dieses Rechtes
unii Lizenzertheiiungen «ind Dritten gegenOber nur wirtsam, wenn sie nach Artikel IS
diesem G<'^otzL.< cinregistrirt sind.
Art. ö. Die Dauer des durch vorliegendes Gesetz gewählten ausschließlichen Be-
nutzungsrechtes umfaßt, je nach Wahl des Hinterlegers, 2, 5, 10 oder 15 Jahre, vom
Datum iltT IIinterle(runpr an ^rerecliuef. Vv.r die beiden er-^k-n Jahre ist nur eine
HinUrle^'uiigbgubülir zu ttilrichteii nach .\i>iiiui dfr=ell»eu wird die periodisch zu-
nehmende Gebühr ttir jedes etnselne den Schutz fernerhin beanspruchende Muster oder
Modell erhoben. Die Gebühren werden vom Bun«lesrathe bestimmt. — Dieselben sind
zum Voraus mit dem ersten Tage der betreflenden Periode zu entrichten ; der Hinter-
leger kann solche auch lür mehrere Perioden vorausbezahlen.
Art. G. Der aus der Hinterlegung sich eigehenden Rechte geht verlustig: i) der
Hinterleger, welcher die in Art. 5 erwähnten OebQhren nicht innerhalb zwei Monaten
Ton der FälliL'-kfi! liinwet,' enfiirhtet liai. — Das eid|.'<MiM-i<ische Amt für gewerbliches
Eigenthuui wird, immerhin ohne Verbindlichkeit für dasseü*e, den Hinterleger unver-
zQglich vom Verfkll der GebQhr verstflndigen ; 9) derjenige, wdcher das Master oder
Modell im Iidaiid iiirbt in angemessenem riufaii^-'c zur Ausruhrunj.' brin^'t. wrdirend im
Ausland fabrizirte .i\xtikel desselben Musters oder Modelles importirt werden. Hievon
sind ausgenommen die im Veredlungsrerkehr in die Schwmz emgefOhrten Erzeugnisse.
— Die Klage auf Verfall wegen unjrenflgender Ausbeutung kann von Jedermann, welcher
hiefür ein rt < htüelie'^ Interesse nachweist, bei dem für die Nachahmungsklage zuständigen
Gericht (Art. angehoben wi idi ii.
All. 7. Eiiu' bewerkstelligte HuUtrlt-ung ist als nichtig zu erklären: 1) wenn die
hinterlegten Muster oder Modelle nicht neu sind; 2) wenn sie vor der Hinterlegung in
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Schatz der Muster
— 55
Schutz der Muster
gewerblicher Weise bekannt geworden sind; 3) wenn der HiIlterle^'eIl<le weder der ür-
hel)er der hinterle^'teil Muster und Modelle, noch dessen Rechlsnachl'ott^'er ist; 4) wenn
im Kalle der Hinterlegung unter versiegeltem Umsclüa^ (ArL 10) der Uinterlegende einer
falschen Deklaration überwiesen wird.
Die Niehtigkeitäklage steht Jedermann zu, der dafür ein rechtliches Interesse nach*
wetstf und ist bei dem für die Nachahmungsklage zuständigen Gericht (Art. 3&) anzu-
heben.
Art. 8. Wer nicht in der Schweiz wohnt, kann ein Muster oder Modell nur dann
rerhtsgflltij,' hinterlegen, wenn er in 'ler S<hweiz einen Vertreter liestellt hat. Der
Letztere ist zur Vertretung in dem nacli Maügahe dieses Gesetzes slalUindentlen Ver-
fahren, sowie in den den Muster- und Modellschntl betrefTenden Reehtastreitigkeiten
befugt. — Für die in solchen Rechtsstreitigkeiten gegen den Hinterleger anzustellenden
Kla^'en ist das (tericht zuständig, in dessen Bezirk der Vertreter seinen Wohnsitz hat;
in Ermanglung dnes solchen du Gericht, m denen Bexvk das eidgenössische Amt
seinen Sitz hat.
II. Von der Hintrrlegung mtd Eintragung. Art. 9. Wer sich das avisschließliche
Recht der Benutzung seiner gewerblichen Muster oder Modelle sichern will, hat liiefür
beim eidj.'*'ri(Wsi-< ti<'n Amte für gewerbliches Eigenthum ein nacli Formular in einer
der drei Landessprachen abgefuütes Gesuch einzureichen. Diesem Gesuch sind l)eizu-
fßgen: 1) Ein Exemplar Ton jedem Muster oder Moiiell, entweder in der Form des ge-
werblichen Erzeugni^ises, wofür es bestimmt ist, oder in deijenigen einer Zeichnung,
Photographie, oder in einer sonstigen genügenden DarsteUungsweise ; 2) der Betrag der
Gel>ülir (.\rt. öi. - Der Bundesrat!« kaim nnlhigenfalls nocii amlere Stellen bezeichnen,
bei welchen in gleicher Weise, wie beim eidgenössischen Amt für gewerbliches Eigen-
thnm, CSesnphe eingereicht und Muster mtd Modelle hinterlegt werden kOnnen.
Art. 10. Die Musler oder Modelle können ufTen n<lcr unter %-crsiejrelteni Umschlag
einzeln oder in Paketen hinterlegt werden. Die Pakete dürien nicht mehr als &0 Muster
oder Modelle enthalten, auch nicht Aber 10 Kilogramm wiegen.
Art. 11. Jedes Hinlerlegungsgesuch, in welraem die durch die Artikel 2, 9 und 10
Yorgeschriebenen Bedingungen nicht erfüllt sind, oder dessen Gegenstand anstoßiger
Natnr ist, ist vom eitlgenAssischen Amte ftlr gewerbliches Eigenthum zurückzuweisen;
trep-en eine solche Verfügung kann innf r!i;dh der NotfafHst TOn vier Wochen an die
vorgesetzte Verwaltungsbehörde rekurrirl werden.
Art. VI. Die regelrecht hinterlegten Muster und .Mcnlelle werden ohne vorgftngige
Prüfnn«^' der Hechte fle-^ Hinferlc^'er«. oder <ler Richtigkeit seiner .\n;.'alien, regi-lrirt. -
Dem Hinterleger wird ein Hinlerlegungscerlitikat zugestellt, welches ihm als l rkunde di» iit.
Art. 13. Dfis eidgenössische Amt für gewerbliches Eigenthum führt ein !<• ^:i<tfr,
welches folgende .Vngnben enthalten soll: den Gegenstand der Hinterlegung, die Art der
Hinterlegung (offen oder unter versiegeltem Umschlag), Namen und Wohnort des Hinter-
legers und seiner Bevollmächtigten, das Datum des Gesuchs und des Hinferlegungs-
certifikates, den Betrag und die Entrichtung der Gebühren, sowie alle Aenderungen,
welche sich auf die Existenz, den Besitz und den Genuß des Musters oder ModeHes be>
zii-lien. - Reclitskiririt;_M> Urtheile fShw VerfU) und Nichtigkeit sind auf Begehren der
obsiegenden Partei einzutragen.
Art. 14. Die Bezeichnung der hinterlegten Muster und Modelle, die Art der Hinter-
legunp, \anien und Wnhnnrt dir Hititerleger und ihrer f?cv. illiii."icliti;.'tfii. Dalmn und
Nununer der Hinterlegungen werden sofort nach der Einregibtrirung vom eidgenössischen
Amte TerBffentlieht. — Das Amt verOffimtlicht in gleicher Weise Verfall und Nichtigkeit
von Mustern und Modellen <nul jede aof den Beäts und den Genuft eines Musters oder
.Modells bezügliche .Aenderung.
Art. 15. Jedermaim kann von den offen hinterlegten Mustern und Mo4lellen Ein-
sicht nehmen. - Die ve^•Jie^'eIfen rni^chläge, welche die geheim hinterlegten Muster
und Modelle enthalten, werden zwei Jahre nach dem r)atum der Hinterlegung geölfnet,
worauf ihr Inhalt dem Publikum ebenfalls zugänglii Ii i-t \ mi Ahlauf dieser Zeit-
dauer dürfen jene Umschläge nur infolge eines Gesuchs des Hinterlegers, oder einer
gerichtlichen Verfügung, geöffnet werden.
Art. 16. Jedermann kann auf dem eidgenössischen Amte nulndliche oder schriftliche
Auskunft aber den Inhalt des Registers der Muster und Modelle erhalten. — Der Bundes-
ratb wird für diese Mittfaeilungen einen mäßigen GebQhrentarif feststellen.
Art. 17. Die Master un<l Modelle bleiben nach Ablauf der Schutzfrist noch drei
Jahre lang deponirt und können nachher von den Hinterl^ern zurückgenommen werden.
Nach Ablauf des Tiwten Jahres woden die Muster und Moddle, welche nicht surflek-
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Schutz der Muster
— 56 —
Schutz der Musler
rerlangt worden sind, an OSfenttiefae Sammlungen verabfolgt oder so Gunsten d«e eid-
genössischen Amtes versteigert.
III, Von der Nachahmung. Art. 18. Gemäß den nachstehenden Bestinunui^pen
kann auf dem Wege des Zivil- oder Strafproze.s.ses belangt werden: 1) wer ein hinter-
legtes Musler dder Modell wissentlich nachniarht oder ein solches in iincrl.iul)U'r Weise
nachahmt; 2) wer Gegenstände, von denen er wußte oder annehmen mußte, daß sie
nachgemacht oder unerlaubter Weise nadigeahmt seien, Terkanft, feilhBlt, in Verkehr
bringt oder auf s( Iiwcizeri^clif^ Geldet oinTrihrt ; 3) wer bei diesen Handhintren wissentlich
mitgewirkt, oder deren Ausführung begünstigt oder erleichtert hat ; 4) wer sich weigert,
die Herkunft Ton in seinem Besitx beflndliehen nacfageahmten Gegenständen anzugeben.
.\rt. 10. T'nter die Bestimmungen dos vnrsteluMKlen Artikel- fallen nicht : 1) die
freie Bcnulzuug einzelner Motive eines Müllers oder MoUt^U^ mv Herstellung eines neuen
Musters oder Moddta; S) die Aenderung der Bindungen oder det Farbenstellungen bn
Geweben, ausgenonnuen liei Fabrikaten der Jacquard Weberei.
Art. 20. Wer euic der in Artikel 18 erwähnten Handlungen vorisälzlich begeht,
wird zum Schadenersatz verurtheilt und überdies mit einer (jeldbuße im Betrage von
Fr. 30 IVis Fr. 2fX)0. mier mit Gefan^'iiin von drei Tagen bis zu einem Jahr, oder mit
Ueldbuüe und GcluugniJj iiuierhalb der angegebenen Begrenzung bestrall. — Gegen
Rflckfailige können diese Straten bis auf das Doppelte erhöbt werden. — Bloß fahr»
lä.s-sige Uebertrelung wird nicht bestraft; die ZivUentsch&digung bleibt indessen in den
in Artikel 18, SIfer 1 erwftbnten Fällen vorbehalten.
Art. 521. Die Zivilkhi^je stelil .leiienu;inn zu, welcher ein rechtliches Interesse daran
nachweist. — Die Bestrafung erfolgt nur auf Antrag des Verletzten, nach der Straf-
prozeßordnung desjenigen Kantons, m welchem die Ringe angestrengt wird. Diese kann
entweder am Domizil des Angeschuldigten, oder an dem (Jrl.% wi> d;t> Verdrehen be-
gangen worden ist, erhoben werden. In keinem Falle dürfen für da^ gleiche Vergehen
mehrere strafrechtliche Verfolgungen eintreten. — Wenn seit der letzten Uebertretung
mehr als zwei Jahre verflossen -ind, so tritt Verjrdinmi.' iler Kt;l^.'e ein.
Art. 23. Die Gerichte haben auf Grund erfolgter Zivil- oder Strat klage die als
nrithig erachteten vorsorglichen Verfügungen za treffen. Namentlich können sie nach
Vorwci-uii^,' des Hinterligungsalte-ftes eine genaue Beschreilntnp des angeblie!i mich-
gtabudeii iiu>ters oder Modells, der aussckiießlich zur Nachahmung dienent'eu Werk-
zeuge und Geräthe, sowie der Erzeugnisse, auf welchen da.s angefochtene Muster oder
McxTell angebracht ist, und nöfhigcnfalls auch die T?es( hlagiiahme dieser Gegenstände
vurueluuen lassen. — Wenn Grund vorhanden i.st, eine Beschlagnahme vorzunehmen,
so kann das Gericht dem Kläger eine Kaution auferlegen, welche er vor der Beschlag»
nähme zu hinterlegen bat.
Art. 23. Das Gericht kann auf Rechnung und Iiis zum Belauf«; der dem verletzten
Tlieile zugesprochenen Ent^<cliädigungen und der Bußen die Konliskalion der mit Be-
schlag bel^^ten Gegenstände verfügen. — £9 soll, selbst im Falle emer Freisprechung,
wenn nAthig, die Vernichtung der ansschTießlieh zur Nachahmung bestiromtMi Werkseuge
und Ci r.itlie anordnen. — kann auf Kohlen de^ Venirtlieilten die Veröffentlichung
des Erkeunltütises in emer oder mehreren Zeitungen anortlucu.
Art. 34. Wer rechtswidrigerweise seine Gesefaliflspapiere, Anzeigen oder Erzeugnisse
mit eiiiri' nezciclmunp vi-i-ielit. welrl\e zum l^lruilten verleiten soll, daß ein Mtt-t'-r oder
em Modell auf Grund des vorliegenden Gesetzes hinterlegt worden sei, wird von .Vrates
w^n oder auf Klage hin mit Geldbuße von 90 bis 600 Franken oder mit Geflngniß
von drei T:rp-en hh /u drei Monaten, oder mit Geldbuße und Gefrintrnif.; inneilmlb der
angegebenen Begrenzung bestrall. Gegen BücklTdlige kann diese Struic Iiis auf das
Doppelte erhöht werden.
Art. 2r>. Die Kantone haben zur Behandlung der zivilrechtlichen Streitigkeiten
wegen Xacbaliniurit' hiuterlegter .Muster und Modelle eine Gericlilsstclle zu bezeichnen,
welche den Prozeß als einzige kantonale Instanz entscheidet. — Die Berufung an das
Bundesgericht ist ohne Ilücksichl auf den Wertlibotrag der Streitsache zulässig.
Art. 2(j. Der Ertrag der Bußen Hießt iu die Kantonskasöc. Bei Ausfüllung einer
Geldstrafe hat der Richter fiir den Fall der Nichteinbringlicbkeit derselben ebne ent-
sprechende Gefängnißslrafe fe^^tzu^i l;;eii
IV. Vcrttchiedcnes und SchlulibiUimmungen. Art. 27. Die Angehörigen der Länder,
welche mit der Schwei/ eine bezügliche Konventinn abgeschlossen haben, kflnnen ihre
pew. rldicli- ii Mu-ter und M(»delle innerlialb einer Frist vf>n vier Monaten vom Datum
iiirer Hinterlegung ni einem der genannten Länder und unter Vorbehalt der Rechte
Dritter in der Schweiz deponimi, ohne daß durch inzwischen eingetretene Thatsachen,
Schutz der Muster
— 57 —
Schwyz
wie durch eine andere Hinterlegung oder eine Veröffentlichung, die Gültigkeit der durch
sie bewerkstell igten Hinterlegung beeinträchtigt werden könnte. — Dsts gleiche Hecht
wird denjenigen Schweizerbürgem gewährt, welche in erster Linie ihre Muster und
Modelle in einem der in» vorigen Absätze bezeichneten Lftnder hinterlegt haben.
Art. 28. Jedem Urheber eines in einer nationalen oder internationalen Au.sstellung
in der Schweiz ausgestellten Musters oder Modelles wird, nach ErfQllung der vota
Bundesrathe zu be.stiimiu-iideti Kurruiilitüteii, ein ."Schutz v<ui sechs Monaten, vom Tage
der Zulassung des Erzeugnisses zur Ausstellung, gewährt. Während der Dauer ilieser
letzteren sollen etwaige Hinterlegungen oder VeröfTentlichungen den besagten Urheber
nicht verhindern, innerhalb der genannten Frist die zur Erlangung des definitiven
.Schutzes erforderliche rechUgilltige Hinterlegung zu bewirken. — Wenn eine internationale
Ausstellung in einem Lande statttindet. das mit der Schweiz eine bezügliche Konvention
abgeschlossen hat, so wird der zeitweilige Schulz, welchen das fremde Land den an
der betreffenden Aus.stellung betinillichen gewerblichen Mustern otler Modellen gewährt,
auf die Schweiz ausgedehnt. Dieser .Schulz darf eine Dauer von sechs Monaten. v<un
Tage der Zuhissung des ErzeugnLs.ses zur .Ausstellung, nicht übersteigen und bat die
Dämlichen Wirkungen, wie die in vorstelien«lem Ab.satze beschriebenen.
Art. 29. Die Beslinunungen des vorliegemlen Gesetzes finden einstweilen auf die
Baumwolldruckerei keine Anwendung. — Ein ßundesbesclüuü wird den Zeitpunkt be-
stimmen, in welchem die Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung auf die in Frage
stehende Indastrie zu linden haben.
Art. 30. Der Bundesrath ist beauftragt, die zur Ausführung dieses Ge.setzes er-
forderlichen Reglemenle und Verordnungen zu erlassen.
Art. 31. Durch dieses Gesetz werden alle demselben widersprechen<len He.stiinnnmgen
kantr)naler Gesetze aufgehoben. — Muster und .Modelle, die in dem Zeitpunkt, in
welchem dieses Gesetz in Kraft Iritl, vermöge der kantonalen Gesetze noch .S-butz ge-
nielien, verbleiben gleichwohl in den betreflenden Kantonen h'\> zum Ablauf rler ge-
setzlichen Schutzdauer geschützt.
Art. 32. Der BundesraÜi winl beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des
Bunde<«gesetzeä vom 17. Juni 1874, betreffend die Volksabstinunung über Bundesgesetze
und Bundesbeschlüsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den
Beginn der Wirksamkeil desselben festzasetzen.
Eine VollziehungH Verordnung zu dieiieiu Gesetz ist vom Bundesrath
am 24. Mai 18H9 erlasuen wurden.
Schweden «. Norwegen.
Schwefel. Fundorte waren ehedem Montbovon und Bäderhorn. Siehe auch
-Pyrit-.
SchwefelsKurefabrikatlon. Von 1820 — 1850 entstanden Schwefelsäure
fabriken in Uetikon, Horgen, Wädensweil, Winterthur, Käpfnacli und Aarau \
die Rendite wurde aber durch die damals noch hohen Transportspesen ver-
schlungen und der Fabrikationszweig hielt sich bloß im Etablissement von Gebr.
Schnorf in üetikon. Einfuhr 1888: 37,284 q ä Fr. 30 = Fr. 335,556. Ausfuhr
für Fr. 19,000.
Schweinehaltung s. p. 318 im II. Bd.
Schwelzerhosen. Eine im Kauton Wallis vereinzelt vorkommende blaue
Traubensorte.
Schwyz, Kau ton. Areal 908,5 km'* = 2,2 °/o des gesammten Flächen-
inhalte« der Schweiz.
Bevölkerung :
im Jahre 1837 40,0 50 Einwohner = 1,86 °/o der Schweiz. Bevölkg.
am 18./23. März 1850 44,168 „ = 1,84 „ , .
r, 10, Dezember 18G0 45,039 „ = 1,79 , . „
„ 1. , 1870 47,705 , = 1,79 „ . .
, 1. . 1880 51,235 , = 1,80 , „ .
, 1. . 1888 50,378 „ = 1,72 „ , ,
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Schwys
— 5Ö —
Erwerbsthätige Personen :
1860 : 24,539 = 64,5 7o d. BevOlkg. oder 2,2 7o aUeffEmrbsth. d. Sebweix
1870 : 21,171 = 44,4 „ , . • 1,8 ,
1880 : 2d,871 = 46,6 , • . • 1.8 .
1888 : •)
Die Zahl der erwerbstbttUgen Penomm ¥MilieUt sLoh folgendormaüeD Aof
die üaupterwerbflgruppen :
«
pradokdon
VonrftltoDg,
VariMhr
XHnat-
1860:
absolat
14769
6863
1434
306
728
429?
G0,2
28,0
5,8
1,2
3,0
1,8
1870 :
ftbsolat
10724
7777
1194
448
658
370?
C0,7
86.7
5.7
«,1
3.1
1,7
1880:
absolut
103-25
8962
1580
1844
742
418
>
43,3
37,6
6,6
7.7
a.1
1,7
1888:
Die biieTor pro 1860 and 1870 gegelxuen Totalzahlen der erw«rb8thStigen
Personen könnf-n nicht als gant zuverlässig hingLstcllt werdrn, wtil die mit
persönlichen Dienstleistungen beschHftigten Personen nicht genau ermittelt Hind.
Ä.ach abgesehen bievon ist die Zahl 24,529 (pro 1860) geeignet, Zweiiel zu
erregen, indem M nowahrBolieuilic^ ist, dafi 10 und 20 Jahre später, unter
entwickelteren wirthechaftlichen yerhältniaaen, weniger Personen erwerbsthätig
gewesen seien. Ohne Zweifel herrschte 18(10 bei der Zählung zu große ün«
aieherheit in Bezug auf die Begritfe „Beruf' und „firwerbsthätigkeit" .
Trotz aller Ungenauigkeit geht gleichwohl aus dem Zahlenbild unumstößlich
hervor, daß Itubt$iri9t Handel nnd Verkehr der nUgemanen Bewegung in der
Sohweii gdTolgt «ind.
Hantfei, Industrie und Kleingewerbe.
Folgende Grupi^ii ung nmfaßt diejenigen anter dieee Babrik dihlenden Berufte
arten, welchen zur Zeit der eidg. Yolkwihlnng von 1880 '/> und mehr aller
erwerbathitigen Penonen des Kantone oblagen :
Srw«ibMw«le
Zahl
der Krwrrbi-
lCr\if rl'Uthati^oii
" 1. df>r n^mUchen
Iti-rutxkatrgorie
thfttigen
des Kant'jus
d. gsnE«n hchwci»
2404
10,1
3,8
903
3,8
2,1
Handel, eigentlicher ....
831
3,5
1,5
Hutel- und Wirthflehaftiigewerbe
671
2,8
2,2
Schneiderei
548
2,3
1,6
Schreinerei und Glaserei . . .
468
2,1
2,3
482
2,0
1.6
WeißnKherei
364
1,5
.1.3
Wäscherei nnd Glätter ei . . .
296
1.2
2,0
Zimniennannsbandwerk . .
240
1,0
1,3
233
1,0
8,6
LeinoQ'^ und Halbleinenifidustrie .
217
0,9
2.0
177
0,7
1.5
') Dies« Zeile mag später, wann die Hesuilate von 188S bekannt .sein werden,
von den Beatcem des Lexikons handsehriftlicb ansgefOUt werden.
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I
Sdiwyi
— Ö9 —
Scbwjs
Mfturerei und Gypserei ....
164
0,7
156
0,6
5.1
149
0,«
Stroh- und Koßhaarfabrikation . .
148
0,6
l^fetzgcroi und Wanteroi ....
145
0,6
117
0,5
8,7
Fabriken.
Dem Schweiz. Pabrikgesetz waren im I. Semester l i 40 Etublissemente
mit 2068 Arbeitern unterstellt. Mechaniscbe Belriebskralt der erutera =
FfbrdekrXfto. Kur 10 Eubl. und ohne Motoren.
1043 A. and 13 Etabl. gehören der BaamwoUindustrie an;
569 » a 10 , « dem Vervielfältigungagewerbe an;
260 , , 3 , , der SeidenioduHtrie an ;
196 . • 14 H , den Übrigen lodufitrien an.
Eb dnd nämlieh:
4 BttunwoUioebereien mit 564 A.« wovon 1 mit 263 A. in Sohabelbaob, 1 nat
184 A. in Lachen, 1 mit 119 A. in Feuslslerg, 1 mit 8 A. in Schwyz.
6 Baumwollspinnereien mit 436 A., wovon l mit 115 A. in Wangen, l mit
Ö7 A. in Schwyz, L mit 66 A. in Einsiedeln, 1 mit 64 A. in Nuolen, 1 mit
62 A. In Gtlgcnen, 1 mit 42 A. in Freieobaoh.
8 ^iekertitn mit 43 A., wovon 2 mit 83 A. in Laohen, 1 mit 10 A. in
Tnggen.
10 FtnVl. für Buchdruck, Buchbinderei^ Lithoffraphie und Kupferdruckereif
r iuäge.Namuit 569 A. beschäftigend, wovon 8 Etabl. mit 506 A. in £inaiedebi^
je 1 Bjuchbinderei in Euthal nnd Groi^.
1 Ftoretspinnerti mit 137 A. in Gerann, 1 8eidMutinder€i mit 63 A. in
PfiifTikon, 1 Seidenweberei mit 60 A. in Wolleran
2 Glashütten mit 50 A. in Kilßnacht. 1 Blti -herci, Fiirberei und Appretur
mit 42 A. in Wolleruu. 1 Ccmentfabrik mit 21 A. in In^enholil. 2 Zünd-
holefabriken mit 2ü A. in Lachen und Ingenbohl. 1 Zici/elei uiit 12 A. in
Sohwys. 1 Seifenfabrik mit 7 A. in EUfinaobt. 1 Säffe und Sehaehtelfabrik
mit 6 A. in Ingenbohl. 1 Hammer- und Walzwerk mit 6 A. in Hteinen.
1 Mühle mit 5 A. in Gergau. 1 Fabrik chemiecher Produkte mit 4 A. in
Ingenbohl. 1 Schreinerei mit 4 A. in Arth.
IndustriegeMfhichtliches.
(Mitgethoilt von Herrn Darrer, Adjunkt den eid^. btatibtischen Bureau.)
Von den älte«tea AulächlUssen Uber die ErwerbMthätigkeit der Bewohner dea
alten Landes 'Schwjs bietet an« deren schon anfiangs dea 12. Jahrhunderts be-
gonnene nnd dnroh mehr als 200 Jabre bartniekig fortgoeetate Strdt mit dem
Kloater Einuiedeln um die Weiden in den Tbälern der Sihl und der Alp. (Die
ansftihrlichften Nacbrirlitcn darüber enthält in einer sehr poKchätzten Arbeit des
P. Odilo Kinghulz der ^(Teschichtsfreund", 4H. }'27.) Vit!hzn('ht nnd Aipen-
wirthschaft in grülkrem Uuilaiige Hcheiueu neben den treten Bauern auch
die KiSeter Einriedeln, Stmna nnd Hnotathal betrieben sn haben. Danebmi wird
Vilich auch für den Kanton Schwyz behanptot, daß im frtthem Mittelalter dem
Getreidebau im Vergleich zu Wiesenbau uud Viehzucht eine fjriUjere Bedeutung
zugekommen sei als später. P. Gall Morel ( „Gesehitditstreund " lo. JOH) erwiihnt
einer Sage, nach welcher in alter Zeit am Abhänge deH Haken ob Schwyz »o
▼iel Korn gepflanit wurde, daß daeaelbe an den Markt von Lniem Terfllbri
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Schwyz
— 60 -
Schwyz
werden konnte, und G. Meyer von Knonaa («Der Kanton Schwyz") führt die
ähnliohe tJeberli^oning an, daß in frtthern Zeiten der Konipraii Mf dem Mnrkte
in Zng jeweilen ent gefallen tei, wenn das Korn aiu den Sohindlenbäeben, einer
Oegend am Rigi oh Goldau, hergeführt wurde. Dernelbe verweist daneben auf
die vielen Güternamen um Art heram, welche mit -acker zusammengesetzt und
gewiß nur dadurch zu erklären sind, daß früher hier Ackerbau betrieben wurde ;
in Kttfinaek und Steinen eoU die gleiche Eracheinni^ nieht idtaier sein.
IMe Vwaeichniaee von Grondsiaeen im Kanton Sdiwyi, welehe «ich in mnem
Einsiedler Urbar au>? der ersten HSlfte des 13. Jahrhunderts und im babsbmrg-
<5sterreichischen Urbar ans dem Anfange des 14. Jahrhunderts finden, mfJchten
vielleicht annehmen lassen, jene größere Ausdehnung des Ackerbaues sei mehr in
den jetzigen Bezirken Ifardi und Höfe, als im innern Lande Schwyz, hier allen-
faUs abgesehmi Von Art, Torgekommen; aber ron geaohiehtBkandiger Seite wird
versichert, der Getreidebau itei aadi in Schwyz, Ingenbohl, Steinen ein ausge-
dehnttr geweeen, namentlidk aber ~ nnd hier bis in die neaeete Zeit ~ in
KUßnach.
Daß dann der Getreidebau des Kautuus Schwyz bereits im Anfange des
16. Jahrhondert» unter dae Bedttrfnifi des eigenen Landes gefallen war, darf
daraus geschlus^en werden^ daß 1502 die Regierang beschloß. Jedem, welcher
Neuaufbrllcbe mache, solle von Obrigkeit'^ v:r[^>tn die » rste Aussiiat gt'Lr"?>eTi werden.
Daß große Streeken der Allmr-nden in der Thuluieilerun'^ der PÜtinzung von Ge-
müsen und andern Garteutrucbten zu dienen hatten, ist bis auf den Anfang des
16. Jahrhnnderta surttek naehwdsbar. Daneben liinden bis nm .die Kitte dee
17. Jahrhunderts in den Hochthiilorn des BezirkcH Schwy« (Bothcnthurm, Alp-
tbal, Mncjtatlml. llierg' Waldrodungen in grußem Maßstabe statt. In Iberg und
Alptbal wurden eigentliche Urwälder in Weideland umgeschütFen. (Dabei ent-
standen viele Sägereien und eine bedeutende Holzausfuhr. So versorgte Schwys
n. B. aiM den Waldnngai Ton Iberg eeit dem finde des 16. JahrhnndertB yer*
tragtieb wUhreod mehr als einem Jahrimodert die Stadt Zürich mit Brennhols.)
Ueber die spätem SchiokRale und Entwicklungen der schwyzerischen Land-
wirthschaft liegen wenige Angaben vor. Der schon angeführte Meyer von Knonau
theilt mit, daß seit dem Anfange des laufenden Jahrhunderts, zum Theil seit den
Hothjahren 1816 und 1817, in mehreren Gegenden des Kantons wieder grSfiere
Aiudebnnng des Ackerbanee eingetreten sei. Ein neuer Rückgang des letstem,
sich allenthalben vollxiehend nnd vermehrtem Wiesenbau mit Milokwirtbaohaft
Platz niaehend, wird ans nnserm letzten Jahrzehnt beriehtet.
All der Lugaten ob FfUitikon einen Weinberg angelegt zu haben, rühmte
sich der von 1173 — 1192 das Kloster Einaiedeln regierende Abt Werner II.,
und es findet daneben bie in das 16. nnd 17. Jabrbnndert der Weinbau Er-
wähnung in Kttßnaeh, Art, Brunnen, Steinen, in Freienbaoli, Alteodorf, Wangen
n, 8. w.
Einer aus;2:edehnten Pferd ezn cht mit Aii.sfnhr hauptsächlich rrnch Italien
Uieuten seiiou frühe große und weitbekuunte Pferdemärkte iu Steiiieu, iu i:^m-
siedeln und seit 1806 aueh in -Schwyz. Große AusAihr von Bind vi eb naob
dem Tessin und nach Italien, auf die Märkte von Bellenx, Giubiasooi Gomo, Vareee
fand nachweisbar schon im 15. Jahrhundert statt.
*
AU einer der ältesten Erwerbszweige der Bevölkerung des Kantons Scbwyz
kann neben der Landwirtheehaft die Ausbeutung der Steinbrttohe in BiUdi
SU Wollerau betrachtet werden, welobe schon in Ende des 15. Jahrhunderts eine
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Scbwyx
61 —
Schwyz
bedeutende Auedehnting gehabt haben soll und ihren hauptsfichlichsten Abeatz wohl
nach Zürich finden mochte. Letztere Stadt erwarb sich im Jahre 15U1 einen
dieser Steinbrüche zu eigener Verfügung. SteiDbrüche bestanden auch am antern
Bneliberg in dvt Haroh; das Laod Stdiwyi kaufte rieh im Jah» 1577 ciaen
solchen in Merlischachen bei Ettßnach und eröffnete I60ti « inen andern am Kiemen
daselbtat. MaruiürbrUche wardeti im IH. Jahrlmndert in Trachslau bei Kinniedeln
und in PerÜden bei Schwyz ausgebeutet, lb'2'2 wurden von der Regierung Wetz-
steinbrUche im Wäggithal und in Einsiedeln zur Auttbeutung verpachteti und es
wird beridhtet, dafi die letitere anoh in deo folgenden Jabrhnnderten mehr eder
weniger immer stattgefunden habe. 1766 suchten zwei Bi:r<: r v >r der Lands-
gemeinde um die BewilligTinp; nach, am Hußberg oberhalb Steinerberg naeh
Steinkohlen graben zu dürfen. Sic erhielten ein Privileg auf 10 Jahre, lioch
ist über deu Erfolg nichts bekannt und Spuren der Unternehmung haben Hu;h
keine erhnlteD. Itf36 wurde In Wangen eine Schiefbrkohlengrabe exOffliet nnd
deren Ausbeutung begonnen; der Erfolg der letztern wurde noch um 1860 ala
ein guter bezeichnet, erhielt sieh jeduch nicht über die 7üer Jahre hinans. In
Einsiedelu fand den J^. November 1747 der erste probeweise Torfstich statt;
das Kloster hatte sich zu diesem Zwecke einen Torfgräber aus Stäfa (Zürich)
kommen lassen. Ueber weitere Veranebe wird in den Jahren 1749 nnd 1750
geeproehen, nnd ee eeheint, daß dieselben befriedigend nnsflelen. Ein fremder
«Mineralist' hatte 1706 die Landägemeinde mit dem Plane eines Salzbergwerkes
unterhalten, d x h gelangte die hohe Behörde erst im Jahre 1719 dasn« die Un-
ausfuhrbarkeit eines solchen l^lanes einzusehen.
Im £ieenbacb binter dem Sobyen in Iberg anf B isenera an grebeni wurde
1597 einer Gesdilaohaft bewilUgt. Aue Verfllgnngen des Batbes gebt herror. daß
das Unternehmen wirklich in Betrieb gesetst wnrde, doch scheint der letztere
nicht lange gedauert zu haben. "Nichts weiteres bekannt ist UbrT die Schiirf-
bewilliguugeo, welche 1602 Uauptmanu lieiur. Maderano aus Uri vom Käthe in
Schwyz und 1632 ein £ilrger Einsiedeins vom dortigen Abte erhielten. 1610
ward mnw Gesellaobaft «in Bei^pwerk ttbertragen, das nicht niber bezeiobnet
wird, aber wohl dasjenige in Lowerz sein mag Eine Wiedereröffnung des letztem
— Eisenbergwerk und Eisenschmelze — fand 1724 durch die zwei ßaslerbtirger
Job. Linder und Hann Bernhard Burkhard statt, die gleichzeitig auch „Bergherren
zu Uri" genannt wurden. Dan Untepuehmen scheint nicht hinreichend gelohnt zu
haben. Sehon 1737 folgten Schwierigkeiteo wegen rOokstftndigeu Zablnngen ; daa
Geschäft wurde von dem erstgenannten Theilhaber einzig Übernommen und ging
bald darauf ein; eine neue Erötlnung dessellien war einmal um ISGO [danirt.
Von der einen der drei H a ni ni e rso h ni i e d e n , welche 1858 in Steinen im
Betriebe standen, wurde damaU angegeben, daß dieselbe seit mehr als 200 Jahren
bestehe. Auf Staatskosten erbaut wurde im Jahre 1596 «ne Ziegelbrennerei
inibaeh and etwas später eine solche in Art; wihrend die letattere in Gemeinde-
und später in Privatbesitz überging, stand jene, auch wenn verpachtet, im
Betriebe stets nnter obrigkeitlicher Aufsicht. So durfte z. H. ohne Erlaubniß
des Bathes kein Ziegel außer Landes verkauft werden, oder später erst, wenn
nock 10,000 im Yorratb blieben. In der Nibe dieenr Ziegelei wurde im Jahre
1839 in &brikmißiger Anlage nodi eine zweite erstellt. Es iet uns nicht be*
kanut, welohes Alter damit gemeint sein soll, wenn die Erbauung der einen
ZiegelhUtte in KUßnach sagi nhaft den „Zigeunern"* zugeschrieben wird.
Die Hage erzühlt, daß schon in alten Zeiten ^zwischen den Bächen" in
Hothenthurm eine Glashütte bestanden habe, aber wegen Holimangel wieder
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— 62 —
Schwyz
«mgegangen lei. Eine aoloh« wurde in Iberg wenigstem von 1664 — 1667 be*
trieben ; an der Spitze des Unternehmens stand Landammann W. D. Beding. Auf
Wiederholung (Ich Betriebes im Jahre 1739 lassen Eintragungen in ilen Tauf-
büchern von Iberer schließen. Xom Landrathe wurde 1757 zwei Bürgern aus
dem Scbwarzwaldo die Bewilligung ertbeilt, in Aipthal Wald und Land zu er»
werbeo, um dmi dbie OlaabUtte ^nsnriehteD. Wenige Jahre «pttter finden lieh
Sehwyier als Eigenthttmer de§ Unternehmens erwiüint, welehes einige Zeit mit
Ökonomisoher £inbuße betrieben worden sein soll. Die gegenwärtig in erheblicher
Ausdehnung im Betriebe stehende Glasfabrik in Kößnnch datirt ihr Entstehen
erst mit dem Jahre JlböO. Nirgends erwähnt tinden wir die Entstehungrizeit
jener Papierfabrik in BSeh, in deren Gnuton die Obr^^t im Jahre 1780
verardneto, daß Lumpen nnd Hndlen des Landee Sohwy« nicht mehr nach aue-
wärts verkauft, sondern aussohließlich in die genannte Papierfabrik geliefert wwden
sollen. Später nach Wollerau verlegt, wurde dieselbe in den dOer Jahren in eine
Haumwollenspiuuerei utugebant.
Wohlbehannter Sita einer betrichtlieben Setdcnindnetrie war nooh Ter
20 Jahi-en der Flecken Gersau. Deren erster Anfang wird mit dem Jahre 1730
datirt, um welche Zeit S»'i<i''nspinnerei nnd Karterei auch im übrigen Kauton
Schwyz ihren Eingang kielteu. In Gersau hewilligte im g<:nanuten Jahre die
Landsgemeinde dem Altlandschreiber Kigert, auf der Bachstatt nahe am See
ein Httttlein an banaif um darin Seide an föolen and im Mflhlibiohli zu waaeheu.
Mau erzählt, das Fäulen der Seide, welches später solche Bedeutung erhielt, sei
in Gersau durch Zufall erfunden worden. Früher wuri] - ilic Seide nicht gp-
fault, sondern roh gekämmt und der Abfall davon, sowie der St ff, welcher sich
nicht kümmen UeU, weggeworfen. Zufällig habe man an sülchciu als unbrauchbar
weggeworfenen Stoffe bemerkt, da6 er naoh längerem Liegen im Wasser weich
nnd faserig geworden sei und dich verarbeiten lasse. Damit war die Erfindung
^macht. Iq d»n ersten Zeiten wurde in Gerdau und der Umgegend die zum
Kämmein und S|)inneri bestimmte Seide durch Vermittlung von Ferggern aus
Schwyz, auch au» iiivpi>örswil, bezogen, bis in den 176uer Jahren die Fergger
nUmKlig an selbetändigen Fabrikanten sieh entwiekelton, welche den Rohstoff auf
eigene Rechnung ans Mailand, Bergamo, Turin, Lugano u. s. w. bezogen, in Gersan
und den umliegenden Gemeinden kämmein und spinnen ließen und dann als Garn
namentlich nach Basel verkauften. En wird gerühmt, daß die junge Industrie in
diesen ersten Stadien ihrer selbständigen i^iUtwicklung sich wohlwollender Uuter-
attttanng dnroh das Kloster £inaiedeln nnd dessen Propst in Bellens sn erlrenen
gehabt habe. (Da dachte nm dieselbe Zeit der Abt des nahen Klosters £ngel-
berg anders, weloher, um dem letztern ein Monopol der bezüglichen Geschäfts«
yermittlnng zu siehern, den 13. März 1703 für dns dortige Thai, sein SouveWinitäts-
gebiet, folgendes „Maudut wegen der Seide" erließ: „ Also thut unner
Hochw. Gnädige Herr allen und jeden gebiethen und befehlen, daß keiner sich
erfreche, fremde Seide in das Thal an Inringen und an verarbdten und dae Alles
bei Straf der Confiscation nnd festzusetzender Büß." 20 Jahre spiiter wurde
dann diepes Verhiiltniß zwischen dem Kloster und 'fr Thalgemrindc durch einen
Vertrag ^^TtTe^'-dt.) - Die Einführnng mechanisrhrr »Spiiinrreien, durch welche da«
Soideii8piuuen von Haud verdrängt und dessen Furtdauer in der bisherigen Form
als Hausindttstrie unml^lieh wurde, führte dann im Jahre 18:^3 awei Genauer
Firmen aar Yereinignng, ebenfalls eine mechantsehe Spinnerei, nnd zwar in
Brunnen, an erriditen; eine andere Gersaner Firma betrieb seit dem Jahre 11^32
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Schwyz
— 63 —
Schwyx
eio ähoUches Unteroefamen in Worblaofen bei Bern und verlegte dMsdtM iin
Jahre 1839 aaeh dem Gertao nahe Uegenden Baoohe. In Genau edbet aber
erriohteten die Beuitzer jener bei Brnnnen (logenbobl) bestebetulen Fabrik eiuu
ebe;!soli^he im Jabre 1847 und spitter »'ine zweite im Jahre iH.'iT Hie Zahl
tler JSpuidelii beider Fabriken betrug im Jahre 1858 411f), diejenige der m und
außer der Jcuurik ^Kämmelu) beüchäftigteu Arbeitet- wurde z\k gleicher Zeit auf
1600 — 1700 angegeben (bei der Bnocheer Fbbrik anf etwae ttber 300; die
Pabrik in Brunnen war iDCwiaoben in andere Hände übergegangen und der
Banmwollenindu.strie dienstbar geworden). Wir Winsen, daß solcher Entwicklung,
welche noch etwas iib&r ein Jahrzehnt anhielt, alsdann ein eohneller Niedergang
folgte.
ESina vediaDiMsh» SeidenweberM in beeohrSoktem ümfimge war mit der 1856
itt Wangen gebauten Baumwollenfabrik verbunden. Größere Betheiligung nU in
Grersau (es ist dies nach dem Obigen begreiflich) fand in den übrigen Theilen
des Kantons Schwyz aeit den 40er Jahren des laufenden Jahrhunderts die Uaus-
induethe der Seidenweberei. Die Zahl der im ganzen Kanton im Betriebe stehenden
Handwabatakl« wurde im Jahr« 1651 auf »ttbar 1000", im Jahr» 1858 auf
1468 und im Jabra 1883 die Zahl der Weber and Winder aafaiOO angegebeu.
Im Jahre 1858 bareohnete man den bei vollem Betriebe zu erzielenden Jahres-
verdienst im Ganzen auf mehr als 300,00(J und im Jahre 1882 den wirklichen
Verdienst aof mehr als 900,000 Franken (.Hechenschaftsbericht'' von 1882).
* •
«
Zu batrKohtiieber AasdebDung gelangte im Kanten Scbwys die BanmwoU'
fabrikation. (Im vorigen Jahrhundert «oll das bJLnsliohe Baumwollapinnen eine
so verbreitete und beliebte Beschäftigung gewesen sein, daß dabin die Bewirth-
sohaftUDg de« Bodens vernachlässigt wurde ) Eine meühaniüche BaumwuUnpinnerei
wurde 1821 an der Alp in Einsiedeln und 182:.^ — 1823 je eine solche in Nuolen
und BKdi «rriobtet. Anfimg» der 30er Jabre mtetand die Baumwollepinnern nnd
Weberei in Siebnen, 1856 eine Spinnerei in Wangen, und im selben Jahre wurde
durch P. Theodüsin< in der ehemaligen Seidenfabrik b»'i Brunnen eine BaumwoU*
Weberei eingerichtet. Um 1858 wurde eine zweite Spinnerei in Kinsicdeln und
eine Spinnerei und Weberei in Ibach bei Sciiw^z erütluet; ungefähr um dieselbe
Zeit je eine S]ünnMai in Wolieran nnd Yordertbal, sowie eine Webern in
Lachen. Im Jabre 1858 berechnete man für die damals im Betriebe stehenden
oder doch nächstens zur Eröffnung gelangenden Spinnereien die Zahl der Spindeln
anf 40 — 45,000, die Zahl der zu beschäftigendeu Arbeiter auf nahezu 500, die
Zahl der mechanischen Webstuhle in den Webereien üuf ungefähr OOO, deren
Arbeiter anf nngefilbr 360. Bäne neueste Srbehung zählte im Gänsen 63,171
Spindeln in Spinnereien, 550 Spindeln in einer Zwimer^ nnd 920 Webetttble.
Ale ErgiUianng der Notizen ttber die Textilindustrie den Kantons Schwyz
ist noch anznftihren, daß auch der Bestand einer Tuchfabrik und -Färberei im
Kloster Einsiedeln erwähnt wird, deren Anfang spätestens in den ersten D^nnien
des vorigen Jahrhunderts stattgefunden habeu muß; ibr Ende sei in den 1840er
Jahren daroh die allgemeine Konknrrens berbeigefOhrt worden. (1724 nnd wieder
1728 hatte sich auch der Rath in Schwyz mit dem Plane > iner WoUtuohfabrik
beschäftigt und dabei in Aussicht genoTumen, die Arbeit im iUoster Einsiedeln
nnd bei den Jiapuzinern in Bremgarten erlernen zu lassen.)
*
Bekannt int Einaiedeln ala Sitz einer ausgedehnten nnd regsamen ThRtigkeit
auf dem Gebiete der graphischen Gewerbe nnd Kttnste, vornebmlioh
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Schwys
— 64 —
Sehwyx
(Ifis Buchdruckes. Die erste Druckerpresse stand im Kloster; sie wurde dort lßß4
eingerichtet und erhielt sich bis 1798. WcTiip'p Jahre vur letzterem Datum aber
war durch Privathände auch im Flicken eine Buchdruckerei eingerichtet worden,
weteiie neb später in nm Firmen trennte, n denen bald nooh weitere hinsn-
traten; 1835 zfthlte man fünf Drockereien mit sieben Pressen, mit deren einer
auch eine Lithographie verbunden war. 1879 wurde üher die eine, allerdings
die weitaus größte, der damals bestehenden vier Buchdruckerhrmen angegeben,
daß sie die Buohdruokerei mit 14 Druckmaschinen nebst Handpreasen etc., eine
BoohibindenretlBstXtte mit 40 Dampf« vnd Handpressen, die Knpferdriukerei mit
7 Dampfpressen, die Litbograplue nnd Chromographie mit Iß Dampfeehnellpressen,
8 Handprt II und 6 Satinirmaschinen, iIuiRben nodi eine Galvanopiastie, Stereo«
typie, Xylot,'rai>hie, Zinkographie, Dmckphotographie, Koloriranstalt und Spitzen-
bilderfabrikation betreibe. Die Erzeugnisse des Einsiedler Buchdruckes bestehen
bekanutlich zum weitaus größten Theil ans Gkbet- nnd Brbattungsbilchern, welche
tbeils durcb direkten Veikanf an die sablreiohen Wallfahrer (j&hrtieh im Dnroh-
schnitte bei 150,000), tbeils durch ausgebreiteten Handel in alle katholischen
Länder KnmiMis nnd nach Amerika ihren Absatz finden. Der Handel mit Ein-
siedler-Cbrouikeu und dem sog. bliigclweihebild von 1464 wird schon im 15. Jahr-
hundert erwähnt („Gcschichtsi'reund" 43. 158). Daneben beschäftigte in Einsiedeln
von je ber die Herotellang anderer sog. Wallfahrteartike] eine betrSobtliebe An-
sabl von Händen (Wachs! äldnerei, Herstellung von Rosenkränzen, Kru/,ifixen,
Statuen, Med. tili -n etc.). Im 17. und 18. Jahrhundert wurde diese Fabrikation
hauptsächlich vuui Kloster betrieben und dabei im Be.iundetn die Herstellttog der
kleineu thönerncn Marienstatuetten als Monopol gehaudhabt.
Hauptsächliche Q u e 1 1 e n die«*es Artikels waren: A. Kberle: Referat an die
Schweiz, gemeinnutzige Gesellschaft iibi r die Industrie in den Urkantonen (IHi^H);
Gerold Meyer von Knonati : Der Kanton Scliwyz (1.^35), und M. Jhttli»!/ :
Schwyzerische Chronik (1860). Einzelne Berichtigungen und eine Reihe werth-
ToUer Ergänzungen — meistens ans bbher niobt gedruckten Arohivalien geeobSpft
— habe ieh der GeföUigkeit der Herren Kanzleidirektor Kälin in Sohwji nnd
Stiftsarrhivar P. Wh Ringhoig in Einsiedeln >a verdanken.
Urproduktion.
Es widmeten sich im Jahre 1880 der Landwirtbschaft 10,031 Personen,
dem Bergbau 145, der Foretwirthsebaft 108, der fiseherei 36, der Jagd ö.
Land wirthsobaft.
Nach crf'fl. Mittheilungen des Herrn Regierungsrath Sehwnnder ist der
Acker hau unbedeutend. In kleinerem Maße werden Mais« Korn, Weizen und
Hafer gepflanzt.
Die Kultur der Katioffet ist semlicb betrliohtlieb in der Gegend von Ein-
siedeln, Iberg und Rothenthurmi weil dort geeigneter Boden vorbanden ist.
Der Fii((('rl»tH bat r.nr einzif^en Grundlage die Natnrwiesen, auf welchen
alle ini"ii;li«hen natürlichen Grasarten vorkommen. Kein KuiiNffiitt<r.
Htarker Obstbau in den Bezirken Schwyz, Küßnacht, Höte und March.
Etwas Weinbau in den Besirken H5fe und March.
Haupizweig der Landwirthschaft int in allen Kantonstheilen die Vieheiitht.
Ca. 48 "/o aller Hausbaltangen besitzen Vieh. (Vpl. den Artiki l V iehzucht".)
Ks beisteht ein kantonaler landwirthschaftlicher Verein mit vier Sektionen.
Mctirere Käsereigeoosseuschafteii.
Digitized by C'f^
Schwyz
— 66 —
XMe Leistungen des SfaeUes fBr die Landwirthiehaft liesteben in der Aae-
hioga'be von ca. Fr. 10,000 jährlich nur Prftmining von Yiehbesitsem, in der
Subventioiiirung des AiikaulVs von Hengsten (15 — 30 ®/o), in der Subvcntionirung
von Inndwirthscbiiltlichen Lehrkarsen und Vorträgen (bi8 40 " o). Auch trägt
der Staat '/^ ^^t^ Konten, welche das Einüammeln und Vertilgen der ükLaikäfer
veroiwolit
Bergbau.
Die Robproduktenkarte von Weber & BroM (Verlag von J. Warster & Co.
in Zürich) verzeichnet folgende Fondorte Yon inrthsohaftlicb Terwendbaren Roh-
mate i lallen des Erdreichs :
Für Schief tirkohU : Wangen. Für Torf: Einsiedeln, Fen*isberg, Kußuaobt,
PfUffikon, BeiobMiburg, Eotbentburm, Steinbach, Tenfelabrugg, Vorder- und
Hinter-Wäggithal, WUlenell. Für Sehlrnfsieiw : Iberg, Tracbselen, Hioter-
Wäggitbal. Für ftuerfexie Erden : Einsiedeln. Für ^^'//'> IlHjrg, Schwyz,
Hinter- Wäggithal, Gersau Vorder- Wäggithal. Für hi/dnudische Kalke und
Cement: Gersau, Iberg, Schwyz, Staden, Waagen, MorKchach. Für Töpfer- und
Ziegelthon: Egg, Einsiedeln, Küiiuacbt, Ladien, Kothentburmj Sattel, Schwyz,
Seewen. F9r gramUsehe Gesteine: Brunnen, Gersan, Morsobaoh. Für Kalk-
steine: Brunnen, Gtrsau, Schwyz. Jfamor: Uorschach, Seewen, Trachslan.
Für Sandsteine: Bäoli, Biticihriick, Kinaiedeln, KUßnaoht, Nnolen, Fiftffikon,
Scbindellegi, Tuggen, Wollerau. J<'ür Eismere : Seewen.
Verkehr.
Eisenbahnen*.
Auf dem Gebiete des Kantons arbeiten 7 Bahnunternehnrangen. Die LSnge
dca Bahnnetzes im Kanton beträgt 84,G^>^ ni. 23 Stationen.
Die Bahn länge vertbeüt sich auf die einzelnen Unternehmungen and nach
den Konzessionen wie folgt:
Aatgauiaehe Südbahn: Eotwession Tom 80. Nov. 1872 Ittr die Strecke
von IromrnBPn bis zur Kantonsgrenze gegen Rothkrenz, 2435 m,
Gottfi ardbahn : Knnzession vdui 30. Juni 1869 fUr die Strecke Immensee'
Kantonsgrenze bei Sisikon, 26,063 m.
NartUtsibahn: KoniBiaion vom 7. Nov. 1871 fUr die SEor Linie Zllrich-
Glams geböreude Streike von der Kanton^preone bei Biehtersweil bis snr SLantoW'
grense bei Reichenbnrg, 23,169 m.
I{ftpperf!weil-Pfäffikon : BundeHkonzession vom 25. Juni 1874 för die Strecke
von Pfätiikon bis aur KantuiiMgrenze bei Kapperswyl, 2971 m.
Wädenmeü'MMkddn: EoBaesmon vom 22. Juni 1870 tta die Btreoke
von Einaiedeln bis snr Kantonsgrenae bei Samstagem, 10,939 n.
Ärth-Higi-Bahn : Knnzessiou vom 23. Juni 1870 ftlr die Linien Arth-
Rigiknhn (11,557 m) und Staffelhöhe-Rigikuim (1903 m an Vitsnaner Bigi-Bahn
verpachtet;; zusammen 13,460 m.
Miffi'Scheideg(/-Ba/m : Konzession vom 29. Nov. 1872 fUr die Strecke von
der Eantonsgrenze bei Bigi^Fiiat bis Bigi'Sobeidegg, 5661 m.
Straßen
8. den Artikel «Strafien*.
Sebynstrasm« cum graubtlndneriscben Straßennetz gehörend, wurde gcbant
in den Jahren 1868 und 1869. Ihre Länge beträgt 13,5 km, die Fahrbabnbreite
4,2 m. Die Straße führt von Thosis durch den Sohyn nach Tiefeokaaten, ver>
Tanw, VollHwirlhMli»1U>I*Milkoii der Schwulm. 5
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Schyii^iraße
— t»6 —
Seethalhahn
bindet daher die SplUgeu- und BernhardiDstraße mit der Julierstraße, bzw. das
Hinterrheinthal mit dem Albnlatbal und Oberhalbitein. An die BaokosteD von
Fr. 547,700 leistete der Bund einen Beitrag von Fr. 107,300. Bundfsbeaehlaß
vom 2»>. Juli IHHI (A, S. m. Vir, p. 70).
Seereelit- IHe Sclnveiz partizipirt an der internationalen Oebereinknnft vom
16. April 185t) betrelieud das europäitiohe Seerecbt iu Kriegszeiten (A 8. VI,
p. 348), Anßer der Schweis siod Vertragflstaiiten : Frankreieb, Großbritannien,
Ilalien, Ot ^^terreich- Ungarn, Preußen, Rußland und die Türkei. Die Beetimmungen
der Uebereinkonft lauten :
i} Die Kaperei ist und bleibt abgescbadl. ä) Die neutrale Flagge «cfaQtzt die feind*
lidie Ladung!:, mit Ansnahme der Kriegscontrebande. 3) Die neutrale Ladung, mit Aus>
nähme der Kriptrscontrebaniie, kann unter feindlirlier Fla^e nicht als Prii^e erklärt
werden. 4j Biokädeu müsseu. um verbindlich zu sein, wirklich bestehen, d. h. durch
genügende Erftfte ausgeführt werden, um das Betreten der feindlichen KQsten wirksam
XU verhindern.
üeber diese Uebereinkunft Snß*»rte sir-b der BuuUesrath, al« er dieselbe der
BundesversnmTiiInng vorlegte, u. A. folgendermalien (Bbl. IH.*)*!, II, p. 3Ö7/61):
«Das Gesauitntziel dieser Grund!>älze geht dahin, den Handel zur See auch fär
Kriegsaaiten ni «rmOglichen, was der Natur der Sache nach vorzugsweise den neutralen
Staaten zu got kommt.
.Die Schweiz erscheint nun bei disjier Era^je insofern nicht bethefU^'l, als sie keine
Marine und keine eigene Seeschi fTfalirt besitzt. Dapej»en betreibt sie einen starken über-
seeischen Handel und ihre Waaren durchkreuzen die Meere auf den Schiffen der ver-
schiedensten Nationen. Von diesem Standpunkt ans hat sie an dem neuen internationalen
Sei lt rlit allerdinps ein wesentliches Interesse; denn je sicheirr uinl iin-i -lniU'i Schifl-
fahrt und Handel zu Kiiegszeiteu betrieben werden können, des»to weniger uuchtlieilig
wirkt die Kriegsfnhmng dritter Maaten auf sie zurfiek.
,nie Fol-ren des Nictitlititrittes zur Ucbereinlctinff müßten für <li«' Schwei/ ilaiin
bes^lehen, dali sie .sich in künftigen fij-iegstailea auf die Grundsätze <tersell)en mit liecht
nicht berufen könnte. Der schweizerische Handel dOrftc genAtbigt werden, seine Waaren
untf-r df tu \:ini»Mi i'\nfs anderen, ilen Schutz des neuen Seere< htes trenießemlen Staates
zu ucklarnen, wobei er n.cht nur in die unangeuelmie Lage ^erielhe, vuu dem guten
Willen dieses Staates abhängig zu sein, sondern voraussichtlich auch die Nationalitftt
seiner Waaren zu verläuiriien.
,Verptlichttiin:en oiiei irgend welchen Bosclirrinkun|.'t-ii tu Beziehung auf ihre inter-
nationale Stellung unterwirft sieb die Schweiz durch den Beitritt nicht, da sie nicht zu
den seefahrenden Staaten gebort und die Uebereinkunft der Nalur der Sache zufolge
nur die Handlunirswcise dieser letzteren Staaten iu Kriegszeiten berührt. Für die Schweiz
resuitiren demnadi aus dem Beitritt nnr Vortheile und kerne Nachtheile. "
Scctlnilbiihn, a a rgan isch - 1 uze r n i sch e. l)ie.<»e Bahn ist das ünter-
nelsmeii eitier engiif*ehen Aktienj^esnllsrhaft. Der 8itz der Babnverwaltnug befindet
hieb in Huchdorf. Der Betrieb wnnie wie tVdjjt eröilnet: Am 3, September 188^
die Strecke EmmenbrUcke-Beinwyl (27,072 m); am 15. Oktober 1863 die Strecke
Bein wyl' Lenzbarg (16,069 m) nnd am 23. Januar 1887 die Zweiglinie Beinwyi-
ReiniK b-Menziken (30(51 m). Die Seethalbahn hatte Ende 1887 eine Länge yon
4ö,;JU2 in.
Jsiichsler Riickkaut'steruiiii tur «len Bund: 1, Mai r.'OÜ.
Bauliche Verhältuisüc (Ende 1887): Bauliche Länge mit einem IIauptgülei>*e
43,909 m, mit zwei Hauptgeleiscn 1293 m. Auf 1000 m Bahn entfallen durdb-
>ili: ini;(li 1118 m Geleise. Von der ganzen Bahn liejren iil27m auf Diimmen,
5 1^0 m in Kinscbnittcn, .'{I^,.^.'»^ m auf ört'entlicher Landstraße und 11 iii nnf
Hnirken. Von der BrtriebsUinge liegen 2702 ui in der Horizontalen, 42,ti<>.') ni
in fcitciguugcn oder (jcfällen bis zu 37 ^'/oo, 31,011 m in der Geraden und
11,296 m in Kurven bis sn 160 m Minimalradias. Mittlere Steigung der ganzen
Bahn 12,30 ^/oo; mittlerer KrUmmnuguhalbmesaer flir die ganze Bahn 1342 m.
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Soethalbahn
— ti7 —
Seide
Stattoneii 19, wovon die wichtigsten : Lensbarg, Beinwyl, Hoohdorf» Emmen-
brücke, Menaken.
BollmstorUl Ende IHHB : 6 Lokomotiven von doFobschiiittUoh 20B Herde-
krfifteu, 2.') PerM»nen wagen mit 817 Sitsptttien nnd 61 Lastwagen mit 510 t
Tragkraft.
Betriebapersonal im Jahre 1888 : 7-1 Mann.
D«<»>t4wt» Ber&rdrrto R«inertT«g Kam «ad DMdwadm
lahr IMand« üuu>r der Baba
Tonueii Fr, Fr.
43,622 2,73ü — —
1884 168,918 16,986 332 —
1885 , 170,6^1 18,040 4,786 4,000 =» 0,11 > Kapttola
1886 174,249 20,908 2.i,959 12,073 0,40 , . ,
1H87 217,457 24,792 32,409 36,227 = 0,97 , , .
1888 210,533 33,173 47,r,?<4 51,190 = 1,41 , ,
Kapitalbeetanti Kii.l.; isss Fr. ;rti2U,0U0, wovon Fr. 2 'J7:),<)0() Aktien
und bi\ 645,0u0 Uy^jothekaranleilien a 4 7s V^* ^^«i Babnaalagt^a üguriren mit
Fr, 3*041,987 im Baukonto, das Bollmaterial mit Ft. 630,598, daa Mobiliar und
die GerStbsobaften mit Fr. 41,338.
(Die Zahlen pro 18 88 sind dem OtaohXftaberiobt der Bahn, die Übrigen
Zahlen der aehweiz. Eisenbabnatatiatak entnommen.)
Seide, Seidenindubtrie.
Benutzte Literatur.
Jahresberichte der Kaufmänaiscben tieselkcbafl Zürich (1875—88), der Basier Handels
knmmer (1876—88) und des Schweiz. Handels- und Industrievereins (1880—88).
Jahrt sfibersidit' II iK r J^eidetitrorknung.sanslalten in Zürich und U;isel.
Zentralkataiug und Fachberichte über die LandesauasleUungeD in Zürich (1883) und Bern
(1857); Fachbericbte über die Weltausetellungen in London (1851 nnd 186S), Paria
1867 IGesaniintI . li. Iit v.>i> Di BoUej] und 1878), Wien 1873. Beriebt von Baumann*
Zfurer Qiier die beideuiudustriu.
<seschichte der zflreberischen Seidenindustrie, vom Schlüsse des XIII. Jahrhunderts an
hi- in tteuerc Zeit, hu Auflrat'e der Aaf-i<'htskonin»ission der Seidenwebschale
bearbeiU t v..ii Adolf Dürkli-Mejer. Zürich, Dmch von Orell FillSli & üo., 1884.
Handel uiiil Iti<lii-Iiie der Stadt BaseL Zunftwesen und Wirlbscbaflsge-^chiclite bis zum
Endo des XVII. JahrhundfHs, den Anliiven dargestellt von Tr;it5vfttf Geering,
Dr. pliil. B;isel 188<>. Druck un«l Verlag von Felix Schneider (Adolf (itering).
Die Kntwickluttg^der Seidenbandfabrikation in Basel, von A. Kflclüin-Geigy (im Basler
Jahrbuch 1885).
Bericht an das englische Parlament ilber den Handel, die Fabriken und Gewerbe der
Schweiz, von Dr. Jolm Howriiig. Nach der ofliziellen Auf*t:abe ans dem Englischen
abersein von Dr. H e, Züriclx, bei Orell Filüli \- Co.. !S;{7.
ffistorisch-geograpbisch-statistische Gemülde der Schweiz. 1. Hand, I, TbeU: Der Kanton
Zürich. Von Gerold Meyer von Knonuu. Zweite, ganz unigearbeitete und stark vw-
mehrte Auflage. 8t. Gallen und bem, bei Huber & Co., 1844.
Oesctaichte der Hnndebchaft von Stadt und Landschaft ZArich. von Rathsherr Schüfiz. 1763.
Statistik tl' s -i lnv^i^. W.<ur< ir. i : li'-brs von 1851 — ^1. 7 i- iniinengestelU auf GruiMlI.iu'e
der ZolitabeUcD im Schweiz. Haudelsdepartentent. Bern, äläuipüiaehe Buchdi uckerci,
1887.
L'art de In SriV. Par M. Natalis Rondot. Deuxiime Edition. Tomes I et U: Lea soiea.
Paris, 1885 et 1887.
Statitik des Waarenverkelirs der Schweiz mit dem Auslände im Jahre 1886. Heraus»
gcp-phen vom Schweiz. ZolKlepartf rnent. ISS.y — SS.
Notizen ülier die Öeideazucht bn Kanton Tfessin, von Herrn F. üerz, Lauloualer Forsi-
Inspektor, Bellinaotia.
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Seide
— Ob —
Seide
Allgemetne«.
Die Seideninduatrie steht unter den Hchweiz. Industriezweigen hinsichtlich
FiodnktioMwerth und Arbeitenah! im sweiten Rang. Die erate Stelle nimmt die
Banmwollindastrie, die dritte diti Uhrenfabrikation ein. üeber das Ineinander-
greifen der Baumwoll- und der Seidenindnstrie vgl. man den Artikel „Buiinnvoll-
indußtrie". Beide nehmen sich gegenseitig theil weise ihre Fabrikate ah «nd sind
großeatheils auch örtlich vermengt, namentlich im Kt. Zürich, dem eigentlichen
indnatrietleii Herd der germaniedien Schweis.
Die Tielarmige Seideninduetrie sergliedert aieh hanptsficfalieh in die Gewinnung
und Zubereitung des Kohstotlee, in die Stoffweberei und in die Bandweberei. Das
Zentrum der iStotfweberei ist Zürich, dasjenige der Bandweberei Basel.
Hinsichtlich des Rohstoffes ist iVn- Seidenraupenzucht nnd die Gre^'eproduktion»
die Organzine- und Trainciizwirticrfi, die Floretspinncrei und, als nicht selbst-
bttimiiger ZsreJg, die Näh-, Stick- und l'osamentirteeideiitahrikation zu untt^rscheiden.
Cocons, (jrege und Organzine pruduzirt heute nur der Kt. Tesain in nennens-
werdiem Umfange.
Trame wird han]»tslcli1idi im Kt. Zttriob geswimt (in Aiuebmicgung an die
Stoffweberei), wogegen die Floretapinnerei, entsprecht ml ilirem engeren Kontakt
mit drr Bandweberei, f^ich in Basel und dessen üniiii i lonzentrirl. Die N.ili-
seidtnfiibrikation gehört liEiuptaäohlirh dem Kt Zürich an. Ein versprengter Pu8tea
ist die Bnuteltuch Weberei in «!eii Bimmwollkantonftn St. Gallen und Api)enzeli.
Eine Uebersicht der Arbeiter^ahl dieser verecbiedenen Brauchen bietet uo-
gefiibr folgendes Bild:
SeidetiwOnnerzucbt und Grögeproduklion . . ca. 2,000 Arbeiter
Seidenzwinicrei und Nähsei<lenfabrikation . . , S.OOO ,
Floretsipimicrei . , 5,iKX) ,
SlofTweberei und HQUIundttstrien • 32,000 ,
Band Weberei , 12,000
ca. 59,000 Arbeiter
Vgl. ferner S. 62/64 des II. Bds.
Dem Fabrikgesetz waren Anfangs 1869 27,000 Arbeiter in 227 Etablisse-
menten unterstellt, nämlich:
1) Arbeiter:
Stoff-
webcrei
B*nd>
ha Kt.
WlBdwvi
fM>ri.
kation
Vifberal
AppraluT
Totia
Zürich . .
. 776
Ul
2197
(ir>08
1206
290
U417
Bern . .
. 773
127
258
303
1460
Liizem . .
466
54
54
37
601
Uri . . .
33
32
Schwyz
. 137
63
59
359
Nidw,iliii-ri
63
8')
71
Solutliuru .
lao
21S
176
534
Btti^elstadt
'. lQ3t
45
469
349
4267
967
154
7183
Baselland .
. 1497
7
90
57
734
3385
St. Gallen .
«
73
48
408
538
Aargau
*
119
568
261
iKi
1431
Thurgau .
66
37U
13ü
586
Tessin . .
! 1981
99
1380
Glarua . .
. AnsrOst
ung von Nahseide:
8
6056
144
1490
3500
7948
6093
3173
444
37855
*> Ztttlmi. IM« aMgm Zettleniab tSoA ia d«r StoBwLwl la.b«gifffni.
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7
Seide — 69 — ^i^e
2) Etablissemente :
im Kt.
Spiiuxerai
Wiudorei Zwlrneroi
w«D«irn
fktai-
Appretur
Total
Zürich . .
6
—
9
iO
61
—
14
109
Bern . .
%
—
ä
1
1
—
—
7
Luzern . .
3
—
1
1
1
—
—
—
6
Uri . . .
1
—
1
Sciiwyz
1
—
1
—
1
—
—
—
3
Nidwaldea
1
i')
Sololhum .
1
—
1
4
4
1
2
4
Jw
V
O
An
Pm-1Iuu(1 .
8
1
1
6
13
Gallen .
%
1
3
6
Aatfuu
3
11
8
6
13
Thurgau .
1
3
6
Tessiu . .
4
6
Glarus . .
. Aiurflstnog von NUndd«:
1
S5
3
13
41
66
31
13
14
117
8 e i (i e n a u c h t.
Die Seidenzocht wird zar Zeit nur noch im £t. Tefisin in uriieblichem Um-
fange betrieben, wo der Haalbeerbaam noch 700 m U. M. gedeiht ; auch in einigen
Thäleon GnabttndtniB (Ubox, Calanca und Brega^kthal) hal aie sich noch einiger-
ina(^a zu erhallen vermucht. Es werden gelbe, weiße und grttne Cooona jiroduzirt.
Heber die Tessmer Seidenzucht schreibt Herr FontinepAtor und Landwirthaohafta-
«ekretär F. Merz in Bellinzona dum Lexikon :
«Die Seidenzucht hat fUr den Kt. Tessiu und namentlich fULr den sUdlichcn
Theil deaselben eine große Bedeatnng, ttbentteg doeh An&oge der 70er Jabre
der Ertrag der Seidenzucht eine Million Franken per Jahr.
„Nachdem die Sfidenraupe und dir Same des Maulbeerbaumes (morus alba)
hchon im ü. Jahrb von China nach Ko lütaiitiiiupel und von da nach GriecheT»-
laad gebrucUt wordcu, trat man die Süidtsuzucht vor 6 — 700 Jahren auch lu
Italien und in der italienischen Schweiz.
^Die hSchste Entwicklungsstnfe erreichte die teaaDiäche Seidenaneht in den
Jahnn 1870 — 71, wo die Coconsprt'ise di<' llölu- von Fr. (1 per kg erreichten,
in wenigen Jahren war der Kanton mit Maulbeerbäumen übersäet und fa^t iu
jedem Hautte wurde die niitziiche Seidenraupe gezüchtet. Im Jahre lb72 kultivirte
der Sottooeneri (Lugano und HeDdrisio) 153*000 kg Goooiw im Werthe yon
Fr. 950,000; der Geeammtertrag nach einer damab anfgenommeaen Statistik
betrog im Kt. Tessin 187,473 kg Cocons in. Werthe von Fr. 1' 144,864.
„Diesen hohen Preisen folgte jedoch bald eine UeberprodnktioD und mit
derselben eine schwere Krisis fUr die tesaiuische Seidenzucht, so dali dieselbe in
einigen Gegenden gana verlassen und, nameotlioh im nSfdliohen l%eil des Kantons,
die Axt an die WnTsel des Maulbeerbanmes gelegt wurde.
«Seit dem Jahre 1887 scheint die Seidenzucht wiederum aufblühen zn
wollen, indem die Preine, welche in den letzten Jahren bis auf Fr 2. 50 per
kg gesunken waren, im Jahre 1888 auf Fr. 3. .30 und im Jahre 1881* gar aut
Fr. 4 im Durchschnitt gestiegen sind. Kach einer 1888 aufgenommenen Statistik
wurden im Kt. Tesstn 117,010 kg Oocods im Werthe von Er. 386,211 prodmcirt,
wovon Fr. 3:U>,G(30 auf deu Sottooeneri entfallen. Im Jahre 1889 erreichte der
Et tn*[^ <!cr Seideosncbt wenigstens Ys Million Franken.
>> ZMOitnL IM« abitgMi Zatitoraim itad ia im Stcffw^tMirel iabegriiltai.
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Seide — 70 — Seid»
„Aiifaugs der 7 Oer Jahre worden aus Japan jährlich ca. 20^000 Cartous
Seidcnraopeneier eingefllbit, au welchen g^n 500,000 kg Cocons in einom
Werthe von l'/a — 2 Mülionen Franken prodnsirt werden konnten.
„Die Seiilenzttchter rechnen im Allgemeinen, daß 1 ünjie (30g) Eier, welch»
mit Fr. 12 — 10 bezahlt werden, 2r) — ib kg Cocons produziren und daß es zu
1 kg gesponnener Seide 12 — 15 kg japanesische oder 11 — 12 kg einbeintibche
gelbe Cooons brenoht.
«Um aioh dn« Tmtellung in machen vom Qnantnm Blfttter, dae die fianpcn
wfthrend den fttnf Woeben bie anr £inpuppnDg verzebreu, sei erwSfant, daß für
je 1 Unze Eier oder flir je 30 kg Coeone oder für je 2 kg gesponnene Seide
800 — 1CX)Ü kg Blätter noth wendig Bind.
mDm größte Binderniß, das nun einer raschen Entwicklung der Scidenzuoht
im Et, Teaiiin entgegensteht, ist der Mangel an Uanlbeerbünmen, da diese in deo
letzten Jahren virlfiich zerstört wurden. Um WUX baMuiiiglithst das erforderliche
Material zu besitzen flu die daherige Bepflanzung der Aecker und Wiesnn, bat
die tesöinische Kegicning J'Hanz^chnlen angrlfgt, in welnhpn diese Biüiiiu' mitge-
zogen, veredelt und duun zu biUigeui l'rei«e an die Stsideuzüchter abgegeben werden."
Im Graubllnden kam früher anob das Pnsehlar in Betraobt nnd Ver-
suche wurden selbet nm Chur herum und im üomleschg gemacht. Es gibt Uber-
baapt wenig Kantone, in denen die Seidenkultur nicht verbucht worden wäre.
Am ausgedehntesten scheint dieß, von Tessin abgesehen, in Genf und Wallis der
Fall gewesen zu sein. In einem eidg. Bericht an die Iranzösische Gesandtschaft
in Bern, v<hu Jabre 1866, wird gesagt, daß im Et. 6enf 25 ZUohter, mdst
franaSeischer Nationalitüt, sowie ziemlich ausgedehnte Uaulbeerbaumpflauzongen
seien . Der Maulbeerbaum gedeiht übi rall, wo der Weinstock und der Nußbaum
gedeiht," heißt ph daselbst. Dieser Krwerbpzwoig -ri indessen in Abnahme be-
grittenj vielen ZUchtern biete er kein genügendes iuukommcu mehr; einzelne
Pflanzungen seien in Wdnbergc umgewandelt worden nnd fttr die ZVehter, welche
fortfahren, sei es immer schwieriger, die nSthigen Blätter au bekommen. Samen
und Cocons au8 diesem Kianton würden übrigr-n^^ im Auslände sehr geschätzt.
Im Wallis züchtete man laut dem glcii bt ii liericht zur selbtni Zeit in Sitten
und Monthey. Der ganze tiefere Theil de<i üaotuns eigue sich dafür; die Krank-
heit habe keine großen Verheerungen angerichtet, wohl aber hätten die Seiden-
baner mangels Absats fdr den gesogenen Samen Last nnd Math yerloren, nnd
diesen zu beben, werde nichts gethan.
Im Kt. Waadt jirobirten eine lieihe von Ortschaften aiu Gonft rsee die Seiden-
zucht, ebenso Payerne und das Gpbirt der Orbe; einen größtiivii Maßstab iialiinen
diese Bestrebungen nirgendu au. Nieiutiud widmete sich denselben im ganzen L m-
&nge seiner Beaitxongen nnd seiner Kraft; Filanden gab es keine; die Cocona
worden nach Prankreich oder nach ZUrich geschickt. Man züchtete hauptsScblich
^pctits milanaiM", später au< b japanische und weiße Hace. Mit der SamRnzucht,.
die haupt.säcblii h botrieben wurde, erzielten Einzelne, nach dem schon zitirten
Bericht, immcthin einen schönen Gewinn.
Ancb in nördlicheren Eantonen wurde mit der Anlage Ton kleinen Manl-
beergSrten manche große Hotfnung geptianzt. Nftheres Uber ältere und neuere
Versuche ist namentlich aus dem Kt. Zürich bekannt. Daß im Mittelalter in
Zürich Seidenwürmer gehalten worden seien, vermutbiu Einige aus mehreren
Erkenntnissen des Ricbtebrieles. ^) In der aweiten üaifte des lU. Jahrh. räumte
*) Heyer von Koonau.
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.Seiile
71 —
Seide
der Rath in Zttricli dem locarauoiieD Fltfehtling Zanino eina dem Spitkl gebärende
Wiese im Selnau uneiitgeltUoh MT Pflanzung von Maulbeerbäumen eiu, ebenso
eine Lokalität im Oilt iil»aih zum Abhaspeiu der r(jron<^ und zum Zwirnen der
Heide. Die neue l'tlan/.uii;; im S« liiau nchit-n, wie BUrkli erzahlt, Anfanirs m
wohl zu gedeihen, daß sich di« in Zürich vcrburgerten Freiherr&u von LUn auf
^ Giiesenberg im Thnrgau su einem ähnlichen Ver»ucb emontern Eefien. AIb Zanino
später eigenmächtig mdirere bedeutende Grundstücke in Wiedikon »pekulatiove»
weise ankaufte, verlangte der Rath die Yerttetzung der Maulbeerbäume aus der
SehiHUwieHe m jene GrundhtUcke und scheint dntluicli Veran!u8,ming zum völligen
Ruin alier Unternehmungen des rührigen Locarneseu gegeben zu haben. Später
bemühte aicb ein ZUrcber, Namens Haab, um den Seidenban. Er Ue6 in «änem
Landgnte sn Herrliberg etliche Hundert weiße IfanlbeerUtume pflanzen, warde
aber, al» rolit- Ltute die jungen Bäume umhieben, von ferneren Vcnaohen ab-
geschreckt. Bald hernach gaben sich mehrere ZUn her. di^- im Bej-itxe vtu GiUern
im Ilard (Außer»ibl} und zu Laud^wein (bei Hüngg) waren, viele Muhe mit der
Zucht der Maulbeerbäume, welchen aber der kalte Winter von 1740 großen
Schaden brachte. *)
Im Jahre 1737 legte das Kaufmännische Direktorium eine neue I'lt.iuzung
im Selnan an und dicj^e wurde im Jahre 1752 von Hann .fuknli l'.^tulozzi
(Pestalutz) zum Steiniiuck ül)örnoraraen. Bin 1780 zog dieser Imlustrii llc unatis-
gesctzt jedes Jahr 5Sti<Jcuwürmer, die er grolicntheils zur Gewinnung vun Samen
verwendete. Aus 1 Loth (15 g) Samen, den er sum Britten aaslegte, gewann er
als Ertrag seiner Ernte 00 — ll4, in besonders gUnstigen Jahrgängen selbst
14" Luth, fUr welche er in Italien guten und leichten Absatz fand. Die Italiener
r schienen diesem Samen, als aus einer nördlichen Gegend stammend und daher
mehr Widerstundtikralt besitzend, den Vorzug vor demjenigen des eigeneu Landes
geschenkt zu haben. Weil aber das Geschäft der Samenproduktion große Sorgfalt
erforderte und nicht selten mißlang, ließ Pestalnts von 1781 an seine Cooons
abhaspeln. Die Gewinnung von Seide wurde nacli »ei'iem Tode (1787) von seinem
Hohne fort betrieben, mit Uuterbruch weniger .lahn hiis 1804. In günstigen Jahren
gelang os, wie in Italien, aus 10 Pfund Cocons 1 Pfund Seide zu erhalten, (im
Et Teesin erhält man heute durobiohnittUch Ton 100 kg frisch ana den Ofen
kon^nenden Cocons 8 kg rohe Seide und 50 kg Abfälle, von 100 kg trockenen
GbeooB 26 kg rohe Seide und 45 kg Abfälle. Die restirenden OtoonshUlsen mit
dem todten Wiirm werden meisten.« gemahlen oder sonst zerkleinert und nh
Dünger verwcudt^t.) Das Maximum der jührlicheu Ausbeute der reotHlut^isclien
Zucht betrug 15 Pfund Seide; es war also, wenn auch als Verbuch einer der
henMrkenswerthesten, ein hOohst uubedentendes Unternehmen.
• 180<i — -0 wurde die Seidenkuitin von einer Gesellschaft in Wädensweil,
ermtintert durch den Ortspfarrer Hriicli, betrieben. Auch in den 30er Jahren
\vur<le)i in mehreren Landesgegenden 8eidcnwürmer gehalten, wuzii den Ant^toß
der Fabniiunt Heinrich Studer in Wipkiogen gab. Dieser war im Besitze einer
r großen Zahl Ton Maulbeerbäumen, zog viele Tausend Wttrmer auf und gewann
beliließlieh um 20 Pfund gute Seide per Jahr. *) Die Baupenzueht bestand im
Kt. Zürich auch kurze Zeit vor der Abfassung des erwähnten eidg. H* rlohtes an
die tranzör^ische Botschaft (ISHT») noch, nnd zwar in den Bezirken Ztirich, Meilen
und Alfoltern. Die Maulbeerbäume wurden infolge der Kaupenkrankheit beseitigt;*
vom KHa» des Kantone wird behauptet, daß ee sonst fast überall günstig wäre.
^) Meyer von Knonau.
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Seide
\ - 72 -
Seide
41
«Der Maulbeerbaum widenteht dem Froete besser als der WeioBtook und gedeiht
überall wo dieser. Einen bedeutenden Vortlicil besitzt anaere Seidenzncbt SU-
dem darin, daß die Temperatur während der Entwicklungsperiode der Raupen
eher niedrig als hoch ist und ohne Nachtheil für die letzteren atif den nüthigen
Grad erhöht werden kann, wogegen in den wärmereu Läudern die große Eitze
Erankheiieii enseugt, welcbe ecbwer ao bekämpfen aind." ^
Großea Intwease wurde der Wttrmerzttoht auch im Aargail von Praktikern
and Theoretikern entgegengebracht. Im aargauischen Rechenschaftäbcricht vom
Jahre 1840 wird namentlich der Bemühungen des Bf /irksurzte« Welti von Zurzach
Erwähnung gethau; es sei ihm von der Regierung aU Anerkennung und Auf-
manterung eine kleine Gnitiftkation anerkannt worden. An der Landetuiuätitellung
in Bern im Jahre 1857 stellten neben fünf Tewinern vnd swei Walliaern auch
awei Ittdnatrielle aus dem Aargau Cocons und Rohseide ans. „On y trouve de
nombrfUst*fl phnitations de muricrs et de« ciiltivatenrn qni s'occnpent de rc-dncation
de« verh H boie avec les connai8»aiice8 et rexperieuce ueceMhüirt'a, " heilit t s endlich
in dem mehrfach erwähnten eidg. Bericht. Ebenda wird die Zahl der Maulbeer-
Utome im Kt. Si Gallen (am obem Sueinthal, am Seegeatade nnd am Wallen-
Htättersee) auf 25,000 geeohfttit nnd Uber den Kt. Baselland berichtet, daß
daselbst 11,000 Maullx^erpflnnzen auH dem sUdlioheo Il^raaknnch importirt und
zum Theil mit Krtolg i^epilfi^t wurdi.'ii seiei\.
In der Stadt Basel hatte der berühmte Prut'esüor Felix Platter (153Ü — 1614)
eine Seidensuebt; man yermnthet, er habe sie auf seinen Reisen im slldliohen
Frankreich kennen gelernt. In seinen noch erhaltenen Rechnnngen ans den Jahren
1558 — 1»>12 stellt dw Notiz, er habe gelöst ans Soiden von wilrmen anno 15"J5
geöchätzt auf 'JU f7' (Fr. 200. 70) und St idenwilrmsamen verkauft um 2 10 ^ •
(Fr. ti). Auch im Kt. Bern widerstand man dem Reize solcher Verbuche nicht.
Im Jahresbericht pro 1867 der Sektion Wangen-Henogenbacbsee der Bemiachen
Yereins fttr Handel nnd Industrie wird bemerkt« daß die Seideniaeht mit dem
MaulbeerKpinncr aufgegeben worden Kci, dagegen aber die Yersnohe mit dem
£ichen8pinuer (.laiua-Mai) fortgesetzt werden.
Alle dieue vielen Bemühungen, deren übrigens da und dort ganz im Kleinen t
auch zur Stande noch angestellt werden, zeigen dentlich genug, daß Cisalpinien
fttr eine wirthsohaftlich erfolgreiohe Seidenaadbt nicht geeignet ist. Wir beben
einstweilen an der Biene ein ln»ekt, das intelligente Bemühungen in unserem
Klima hi'sspr lohnt als der spinnende Immigrant muh dem himmlisrht ii lieioh.
Einfuhr und Ausfuhr von Sfnlencocom. Hierüber gibt die üchweiz. Zoll-
•tatistik lär die Zeit vor 1878 keiue genaue Anskanft, indem sie Coconä uud
Seidenabflille snsammeDwttrfelte. Seit 1878 ▼ariirte die Einfuhr awiscben 1989 q
netto im Jahre 1888 und 5442 q brutto im Jahre 1882; die Ausfuhr zwischen
501 q nett» im Jahre 18Hh und 42oi q brutto im Jahre 1881. Haupteinfuhr
und HauptauHiuUr vuu nud nach Italien.
Gregeprodnkt.ion. ^
Dit: in d( r Schweiz pruduzirten Cocons werden grüßteotheils im Kt. Tet^in
lilirt ^ ab^'ehH8pelt I. Im Jahr<- 1888 bestanden dort drei größere Filauden. eine
in Lugano, eine in Mendrisio und eine in Melano. Alle drei betrfib'^n nuch die
Zwirnerei. Sie besitzen zusammen 6Ö6 Bassine« (BleohbchliKseiu zum Aulweicbeu
der Coeons in heißem Wasser) nnd filiren außer sdiweisariseheii andfai italienische
Cocons. Die Gespinnste bewegen sich in den Nummern 9/10 bis 12/14 (4&0 m *
FadeniMnge = 9ilObisl3kl4 deniera; 20,000 deniers :r= 1 kg). Die
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Seide
— 73 —
Seide
Gesammtproduktion von Griige aita eokweiserudMO und italienischen Cocons beläuft
bicb auf 30,000—40,000 kg per Jnhr, während der Bedarf an Gir-ge für die
Schweiz. Tramenzwirnerei allein diiM iJrei- bis Vierfache (130,000 kg) und die
Grcgeproduktion der ganzen Welt da« 500- bis 700lacbe (18— 20 '000,000 kg)
beträgt. Die Grtge, weldie die Sehweis außer der teaeiiiiMheii itbr ihre TraneD',
I Mäh- und Cordonnetfabrikation, sowitt zur Kohweberei braucht, ist größtentheils
chioesiBche und japanetiiHche, die Keit langer Zeit größtentheilH direkt aus den
Produktionsländem bezogen wird, wogegen sie früher von den Zwischfimiiiikten
London und Lyon b^hatit werden mußte. Von europäischer kommt la erheb-
lidiem Maße nur die italienincfae in Betradit ; genaaeren An&ohlnß hierttber gehen
die nac^hutehenden ZoBammenstellangen ttber die Konditionirung und die Einfuhr.
Die Verwendung von chinesiHcher und japanettiHcher Seide in großem Maßstabe
datirt übrigeuH erwt vom Ende der 50pr Jahre, wie auch die Tramenzwirnerei
in der Schweiz »ich hauptttächlich in diesen Jahren zu entwickeln begann. Aus
den 30er Jahren dieaee Jahrfanndertv berichtet Dr. Bowring, daß für die Tramen-
und Nähaeidenlkbrikation etwas Bohfeide ans Indien heaogen werde, wenig au»
Ghioa^ viel aus Brusc^a, auch etwas aus Frankreich und Spanien, dem Tirol und
dem Kircnenstaat. Aus dem Jahre 1717 liegen nach Bürkli Andcutunjjen über
Bezüge von Tirolerseide (von Kovcredo) vor, von welcher indessen zu vermuthen
ist, daß ide in der Schweiz schon lauge vorher sur Verwendung kam. Am neieten
wurde in den früheren Jahrhunderten Mailttnder- und Berganiaakeneide, welober
die Tirolerseide nachstand, geschätzt und verbraucht.
Im Jahre 170t) galt nach Bilrldi rohe italieni-* he H- ide 15 Guldi n 20 Krenzt-r
per 6 i*iund {k 36 Loth) und 20 Loth Zürcher Gewicht, gleii'h 4 (jul«ien \k Fr. ÜO)
* lU Kreuzer per Pfund oder Fr. 29 — 30 heutigen Gcldwerthes per kg.
Von der italienischen Grege, die man Ittr Tramen benntste, hieß es im
Anfttiig des jetzigen Jahrhunderts, d. h. zur Blüthezeit der Schweiz. Tramen-
zwimerei, gemeiniglich, si«- sei tliciu-r, sobald der Preis \\er I^fmul in z\v<'i Zalilen
angcgeb€n werden mußte, also 10 Ü. (Fr. 45, somit ungefähr der heutige Preis)
oder uiehr betrug.
In der Ztfroher Lohnordnimg von 1673 ist auoh von holUndisoher Seide für
die Florfabrikation die Bede; vermnthlich haudolte es bich um japanesiaohe Seide,
indem die Holländer zuerst von allen Nationen mit Japan verkehrten und lange
Zeit den Alleinhandel mit diesem Lande besaßen .
Am- aud Ausfahr von Grege. Vor iHÜb bildete Grege keine besondere
Position der sohweis. Waarenverkehrestatistik. Nadi den seitherigen Aufkeioh-
nuDgeo varürte die Einfuhr swisehen 4:292 q im Jahre 1885 und 6470 q im
Jahre 188«, die Ausfuhr zwischen l.i73 q im Jahre 18H6 und 1629 q im Jahre
1888. Dtv Einfuhrwerth per 100 kg wird anir''<r-bfn auf Fr. 5)50 -4500. der
Amfahrwertk auf Fr. 3322 — 4038. Haupteiutuhr aus Frankreich, Hauptausfuhr
naoh Deutsdilattd.
Seiden Bwirner ei.
' 1) Organaine. Die Fabrikation von Ketten oder Drganzineseide int in
der Schweiz nie zn großer Bedeutung gelun^^'t. Die litx huil'ung der crfordprliehen
italieuischeu Grege bester Qualität war von jeher mit Schwierigkeiten verbunden
und namentlich auch durch Ausfuhrzölle seitens Italiens cra-chwerl (zur Zeit [1889] _
Fr. 38. 50 per 100 kg). Die Hauptmaane der Organzine für die sehweis. Weberei
ist stets vom Auslände bezogen worden, und zwar zum grOßten Thcil aus Italien.
In 'inr Schweiz befassen sieh namentlich die schon ^^er.tnnten drei Filanden in
Lugano (9148 Spindeln), Meudriaio (13,000 Spindelu) und Melaiio (Zwirnerei in
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Seide — 74 — Seid»
Capolago, 11,000 äpiDÜtiin} mit der Organsinezwiinerei, iiidttiu bie liietiir buwoUl
ihre sellMt prodnarlo als Baoh itaUeniaohe Qihg» yenrenden. JJüb sebwen. G«- .
«UDmtproduktion von Organzine betrug im Jabfe 1687 nach den ErroittlangeD
des Vereins »chweiz. Si-idt- nzwirner 57,300 kg, anno 1H85 64,634 kg. In Zürich
und Basel wurden hingegen im Jitliri- 1,'<s?s rund (j:iO,0(.)0 kg Organzine getrocknet.
in allen europäischen Anstalteu zuäuujmcu 4 600,000 kg, gleich ca. siebeumul das ^
sehweis. Quantom. f
2) Tranie WeeeBtlioh anders als mit der Zwirnerei von Organzine verhält
es sich mit derjenigen von Eiutragseide oder Tianie. Die inländische Produktion
davon kommt dem Bedarf der Schweiz. Stoff- und Bandweberei viel nSher. wobei
aber eigenthiimlicberweise trotzdem da« Verhäitniß obwaltet, daß ein großer Theii '
der inländieehen Trame ausgeführt and riele fremde Trame Mngeftthrt wird, wae^
atsk aam Hieil dadnrch erffllrt, daß die größteo SeideDwaarenfabrikanten eigeoe
Zwirnereien in Italien haben. Die Gesammtproduktion der Schweiz betrug im
Jahre 1887 nach den Krmittlungen des Vereinn Schweiz, Scidenzwirner 25 1 ,*2h3 kg.
Getrocknet wurden hingegen im gleichen Jahre in ZUrich 3Hl,bt26 kg, in Ba^ei
134 »589 kg, zusammen 516,451 kg, aleo ^wae mehr als das Doppelte der eigenen
Produktion.
Die moderne scliweis. Tramemwirnerei is großem Maßstäbe datirt vom
AuKgHng der 50,'r Jahre, um welche Zeit große QuimlitSten chinesischer und j
jupau6«ii<üher Grege verwendet zu werden begannen, weil in Europa die Koh-
hcideuproduktion anter einer heiligen Seidenraupenseuche litt. Auf diesen neuen
Bofasteff, der sur Terarbeitnag ganx anderer Fabrikationsmethoden als der bis
dahin für italienische nnd firanzösisohe Snde gebräuchlichen bedurfte, warf man
sich im Kt Zürich mit ranchem Erfolg: namentlieli wandten sich der Tramcn- ^
Zwirnerei auch die Nähseiden- und t'urdonnetfabnkanten zu. Das neue l'abrikat .
zeichnete »ich vor dem italienischen und französischen bald durch benuaders sorg-
fiUtige Arbeit aas nnd machte demselbea bedeutende Kenkanrena. Der neue
Fabrikationszweig dehnte sich deßhulb bald anch in anderen Kiintonen aus, ao-
niirnentliclj im Aargati, in St. Gallen, Luzern, Solothurn und Basel, und man
nimmt an, daß er um das Jahr 1872 oder 1H73 die hwhste Blütho erreicht
hatte, ohschon sich die Produktion seither noch bti<rk vermehrte.
Im Kt. Zttrioh wurden im Jahre 1872 (nach den Aufoahmen der Kanf»
mlnnieohen Gresellschaft) 120,453 leg, im Jahre 1883 190,746 kg, im Jahre 1885
133.569 kg Trame fabrizirt. Für die ganze Schweiz ermittelte der Verein seliweiz.
Scidenzwirner im Jalire \HH'^ eine Produktion von 250.504 kg Organzine und
Trame zusammeu, im Jahre 1885 227,658 kg Trame, im Jahre 1887 251,283 kg^
Trame, woTon ea. die HSlfls im Inland konsamirt worden sdn dürfte. Das innore
Gedeihen der Indastrie begann von 1872/73 an hauptsBoblich infolge großer
Unbeständigkeit und anhaltenden Sinkens der GregcpreLse za wanken. Der Roh-
stoff ejif wertliete sich incisteTi> während der Verarbeitting nnd dementsprechend
das Fabrikat. Die Trnmenzwirnerei kounte sich, wie der Jabi-cöLericht der Kauf-
männischen Gesellsohcft Zürich Uber das Jahr 1875 sagt, gegen die ausländische ^
Konknrrena nur dadareh aaf dem Kampfplati erhalten, daß sie sieh denlenigen
Sorten des ostasiatischen Rohstoffes zuwandte, welche leicht windbar sind, und
daß sie ferner dir geringeren, billigeren Sorten verwendete, nm ans denselben
durch sorgfältigste \ erarheitnng ein relativ besseres Fabrikat zu erzielen, als es
die ausländischen Kunkurreiiteu aus bessereu und theurereu Sorten herzustellen
▼ermoohten. «Infolge denen ist der inllndische Tramenswirner haaptsMohlieh auf
die leieht windbarra, aber aohwierig zu putienden geringeren Maybash'Gr^en,
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Seide
— 7ö —
Seide
ferner anf die gröberen Chinagregen (Taysaam) und als Spezialität auf die, infolge
ihrer unbequemen Ha^pelweite iii Italien und Frankreich nicht begehrten, gelben
Cbinagregen augewieoen.* Neben der Entwerthung des Kohstoffes trugen aach
die FortHchritte der quantitativen Leistuugefahigkeit der Fabriken und ebenso die
Vervollkommnungen der Stückfärberei, welche daa Färben de» Webgarueu und
I daher großentheil» auch das Zwirnen de««elben tiberili^Ksig macht, zur Herab-
drilckutig der Zwiriiprcise bei ; auch die Kntwicklung der Zwirnerei in d<'n V«t.
Staaten übte ihren Einfluß aus, und zu die8en allgemeinen Faktoren, die mehr
oder weniger auch im AuHlande wirkten, geKellte sich im Jahre 1877 in der
Schweiz noch »|n'ziell da» Verbot der Kinderarbeit in den Fabriken. Wie dieser
Akt von den Seidenzwirncrn autgcfaüt wurde, zeigt folgender Protest im Berichte
der Kaufmännischen Gesellschtifl Zürich Uber diw Jahr 1<S7H:
«Die Umgestaltung roher Seide in gezwirnte/ heißt e» daselbst, «ist an und für
sich keine anstrengen«ie Arbeit, erfordert aber leicht«' und gewandte Münde. UebersiU
und in allen lindern, die sich damit befassen, wie in Ititlien, Frankreich, England und
der S<"hweiz, werden »iafOr fast aussthlieliiich weibliche und vorzugsweise jflngere weib-
liche Kräfte in Anspruch genommen ; der Kinfluü dieser Arbeit auf dieselben ist selbst
bei den jetzigen — allerdings etwas zu weilen Spielraum lassenden — gesetzlichen Be-
stimmungen durchaus kein ungünstiger. Eine Erfahrung von mehr als drei Dezennien
gibt uns hiefür V(»llständige Gewähr; im tiegenllieil haben wir schon Hunderte von
Fällen gesehen, in welchen jugendliche Arbeiter im Alter von 12 10 Jahren sich in
Zeit von 2—3 Jahren ein ordentliches .Spargeld erwarben, das ihnen ermöglichte, einen
anderen, ihnen wünschbar st-lieinetidcii I^bensberuf zu erlernen, und nicht weniger
zahlreiche ¥iÜ\e, in welchen ebenso für die herangewucliseueu Mädchen dius Fundament
für einen späteren glücklichen Haussland gelegt wurde; einerseits durch die gleichen
Ersparnisse, andererseibj aber auch durch Uewnhnung der Leute an denauigkeit. Ordnung
und regelmäßige ThStigkeit, neben welchen eine Mitwirkung an den bfluslichen Arbeilen
' gar wohl bestehen kann. Werfen wir vollends den Hlick auf die zwei großen Anstalten
des Herrn Caspar Appenzeller in Wangen und Tagelschwangen, welche tnehr oder minder
verwahrloste Kinder im Alter von 12 Jahren aufnehmen, um sie nach i Jahren, mit
Fertigkeiten imd Kenntnissen vergehen, welche ihnen ein ehrbares Forlkommen im Leben
sichern, wieder zu entlassen, so werden wir uns erstaunt fragen müssen, welchen Heruf
die Gesetzgebung haben kann, in diese Verhältnisse vernicbtenil einzugreifen, und wie
sie die Lücken, die für Tausende von Personen in ihrem l/cbenserwerb entstehen werden,
auszufüllen gedenkt."
Daß dieser Eingrilf auch heute, nach mehr als zehnjährigem Bestand dea
Gesetzes, noch nicht verwunden ist, zeigt folgender FaasuM im Berichte derselben
GeselUcbaft pro ItiHb:
.Der Zollkrieg zwischen Frankreich und Italien veranlaßle einige Seidenzwirner,
es mit italienischen un«l feinen China-, auch (lanlonseiden, zu versuchen; dm-h sind die
Resultate kaum gut au.sgefallen, indem bei uns der höheren Lßhne und des drückenden
Fabrikgesetzes wegen gegen die billigen italienischen Pa(;onpreise nicht aufzukommen ist.*
Ueber den heutigen Umfang der Schweiz Tramenzwirnerei gibt die unten-
stehende üebersicht der Ermittlungen des Vereins schweiz. SeideuMpinner näherea
Aufschluß. Die Hauptabnehmer der schweiz. Trame sind Deutschland, Oesterreich,
Frankreich, Pitigland nnd Rußland
Die ersten Versuche zur Einflihrnng dieses Zweiges der St idenindustrie in
^ der Schweiz fallen mit denjenigen des locannschen FlllchtlingH Zanino zur Ein-
bürgerung der Seidenzucht ') zusammen, sind also heute ca iU)t) Jahre alt. Mit
voller Sachkenntniß nnternommen, scheiterte dieses erste Unternehmen nur au
dem ökonomischen Ruin, den die Regierung dem spekulativen liocamer bereitet
ZQ haben scheint. Um 15U4 wurde dann Zanino's SeidenmUhle am Oetenbach
von den Grebrüdern Werdmilller um 17ÜÜ üulden gekauft und wieder in Be-
Siehe oben im Abschnitt Seidenzucht.
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— 76
Seide
wegiwg gesetzt. Von da Boiheuit die Tramenzwirnerei beträchtliche AuBdehuung
«rlangt zu haben. Die damaligen Seidanritder waren ttbrii^ne auch fttr Organzine,
Näh- und Cordonneteeide eingerichtet. AI« Beweis dafür, daß man damala mit
dem TrameDzwirnen reich werden konnte, führt Bürkli den Bürgermeister Ritt-
meieter Andreas Meyer im Strohhof, Erbauer des Gute« Bocken ob Hor^^en, an,
der um ItioU von den verburgerten Schlotsaermeistem verklagt worden war, weil
er den EieenbeMhlag für seine SeidenrSder aafierbalb der Stadt inaoben ließ. Die
£ilialtnng der Tramen&brikation lag dem Bathe aehr am Hjaraeii, wie tau mehr»
fachen Verboten hervorgeht^ Seidenräder nach auswärts zu liefemi Trame fttr
Luzeru zu fabriziren oder auswärt« als Seideniniillfr Kondition zu nehmen (dessen
hatte sich ein Johanne« Hauser von Albisheden unterfangen und er wurde dafür
in Acht erklärt).
Im 17. Jahrb. wurde aar ein kleiner Theil der prodaiirtea Tramenaeide
. von den Zuroher Sammetwebern und einige TaiTetfabrikanteii verbranobt. Der
Hanptabsatz war in Tonrs nnd T^yon.
im lä. Jahrb. trat aber als Absatzgebiet Dentschland an die Stelle Fi-ank-
reichs. Die Vertreibung der Protestantea aus Frankreich hatte den Anstoß zu
großer Entfaltang der Sddenweberei in den Rheinlanden gegeben, und da Frank*
reich dem bcbweiz. Handel durch seine Zollgesetzgebung, wie großentheils anoh
lumtc noch, viele Hindernisse !)cr(-itete, war der Absatz, iler si'b in Kllieifeld,
Cret'eld, Barmen etc. ötl'uete, von duppeU>^in Werth. Man pllegte auf der Fraiik-
iurter Meissti vum Kbeingau und vuu Zunch her sich persönlich zu tx^etleu und
bedentende GesobSfte abioacbließen. Dieser Veikebr wurde andi wKhrend den
na}N>leoniaohen Kiiegqahren fortgesetat. Daniel Bodmer, f 1837, beenchte die
Frankfurter Messe {renan 100 Mal ; am Ifing^sten that es die Firma Conrad
Muralt & Sohn, nämlich bis 1864. Auch die Zurzacber Messe wurde von Zürich
aus im lö. Jüiirii. mit Trame beschickt, und zwar mit gefärbter für die zahl-
reichen Poeamenter nnd kleineren Mann&ktttristen in Sttddeutsobland und füv die
Basler Bandindustrie. Von 1830 an eetate sieb Basel fllr seinen Bedarf mit
Zürich direkt in Verbindaiig. Früher verwendete es voraugsweise neapolitanische
Tnuue.
In der Blüthezeit der alten Tramenicwirnerei, gegen Ende des vorigen Jahr-
hondcrts, glaubte der saroberisöbe Seidenbenr am Pfimd Trame einen balben TlMler
oder ca. 3 Franken verdienen au mUsaen, nm von einem b^rindigenden Geschäfts-
gänge sprechen zu können. *) Heute, in der Zeit der Krisi.H und der großen llni-
sütze, wird es wohl beim dritten Tlicile dieseH Prolit'j ^ein Bewenden haben. Im
ersten Viertel diese« Jahrhunderts zahite man nach einer möglichst genauen
Statistik noch 75 Seidenräder, außer denjeuigeu der großen Eschcr'snhcu Crepe-
gamiwirnerei am jtihlkanal. Von diesen 75 arbeiteten 2 für CrSpetmme, die
ttbrigen (mit 13,540 Spindeln) liefeiten jUhrlicb 35— 3t;,000 zweifache Trame,
meistens rnis gewöhnlicher Tiroler- oder aus sekundärer itali- niseber (iii gi' Auf
jede Muhle kam ein Seidenmüller zum Anknüpt'eu der Fäfleri uu>i l iu „liadmeitli"
abi Motor. Um 1830 waren nach Meyer von Kuouau im Kt. Zürich 1400 Fer-
sonen mit der Tramenlbbrikation beschäftigt, wovon ca. 1200 mit Winden, als
HauptverdieUft neben der Landarbt it. Nicht mehr so günstig stand der Industrie-
zweig um die Mitte des Jahrhunderts, denn nach einem bei Bürkli abgedruckten
Bericht sollen damals nur noch ;}0— 33 Zwirmüder gelaufen und jährlich nur
') Siehe bei Bürkli fS. 128) eine Prei~li-to «irr I'^ttM i'-i ln n Fiiin.i \tn \f'UPri!n>f f'Hr
die Leipziger Messe, vom 3ü. März lülä; ebenda (S. lulj eine Uebersicht der Orgaiiiine-
nnd Tramenprdse in ZQrich von 1801— 18S3.
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Seide
— 77 —
Seide
noch etwa 20,000 kg Trame prodozirt worden min. Der Bericht klagt Uber
sohwere Konktirrens mit dem Aiwlaiide, das Toincommenere Wtoan liefere; hin«
•iohtlich der Rohstoffbe^lge vir«! hiinerkt, <ltiß man wegen dem italieni8chen
AnsfiiVirzoll für Gn ge fast ani^fichließlich levantinißche Grt go bezi« lu*. ') So fjing
es mit der alten TrameiizniniHrei bergab, bis sie auf den retti iiden Ballen des
neuen KohBtotfes, den Cliina und Japan in den letzten 5Uer Jahren in ver-
•diweiideriichem Mafie sn spenden begannen, za einer neaen hoben Stnfe der
Leistnngef&bigkeit emporsutmgeD Tennoobte.
Einfuhr und Ausftihr von Orffangine und TVom«. ZoUamtliohe Angeben
bierttber fehlen für die Zelt vor 1885. Für letzteres Jahr wird die Einfuhr
angegeben auf 11,6S0 q ä Fr. 5ino, für IHsr. auf 1-2,633 q a Fr. ÖHOO, für
1887 auf 12,027 f] "i Kr. 5f>nO, für auf I3,83f;q a Fr. 4900. Die ^*<s-
fnhr betrug im Juiue 1885 4U17 ä Fr. 532."», im Jahre 188G 6017 q ä
Fr. 5279, im Jabre 1887 5674 q a Fr. 5187, im Jahre 1888 6551 q k Fr. 4855.
Hanpteinfahr aae Italien, Haaptaasfabr naeh Deutschland.
Einfuhr und Ausfuhr von Rohseide überhatqd (Grcge, Trame und Organzine):
Einfuhr
AuMfkihr
EiBfebrObmelian
1851 54 j^rlicfa durehflchnittlich
brutto
8880
1707
7173 q
18.55 59
ins29
2148
8681 ,
•
llUlU
3917
8002 ,
1805 69
11737
4673
7064 ,
1870. 70 unbekannt
1877/80 jährlich durchschnittlich
17539
6384
11155 ,
1881/84 ,
21866
8376
13490 ,
1885/88
netto
1852i
7iti6
11256 .
Stidsnfrocknuny in der SehumBi
fm Jahrxebnt in der AnnUlt Zürich BmoI Total
1850/59 jabriich durcbschnitUicb 250.152 98.718 348,870 kg
1S60'69 . . 814.981 114,957 4S9,S38 .
1^7 79 , , 539.8» 241.082 780,904 ,
l.NMfSS , . 810,509 35i,'.»!J9 i'l65,r)08 ,
Die 'irncknungsauätalt Zürich besteht seit 1847, diejenige in Basel seit 1. üktuber
1849. Letztere war bis zum lt. Februar 1873 eine Filiale des ZQniber GeschäftesL
Verhehr in 20 europnfschen TrocknunymmUülen.^)
(Aus den JahresObenicbten der Setdentrocknungsaustalt in Basel reprodnzirt.)
3^
Organzine
TtaaM
CM««
»▼ent
Schwati
kg
kg
•<»
1883
4'576,670
r773.359
4089,494
168,170
11630325
9,3
1884
i'gt6,860
2'478,846
4'0:?n.i>57
181,578
10'937,B41
9,6
1885
4'3;J5,760
2'29 1,789
4'3Hb,3Ji>
183,192
11'197,080
9,2
1886
4'6.>M76
2\540.506
4*910.010
22:{,690
12'329,.382
10,2
1887
4'I(I8.311
2"nr>7,597
ir 194. 426
20,9
1888
4o98,262
2''ji;i,.>.57
5'463.3.j .
135,534
12,2
3) N ä h se i 'l e n f K b r i k ft t io n. Diese Branch(! der modernen S-MilonzwirnfTci
ist Ton dem Elsäßer Heitz, der Anfangs der 30er Jahre mit Sammetbandmuäteru
'1 Dr. Bowrinp bemorkt in Ft^infin Berichte ;ms dom Eiiilc der 30er Jahro, daß
man den Kobstoff zur Tranien- und Nähseidenfabrikation hauptsächlich aus Brussa be-
xiehe; etwas komme aus Indien und China, Frankreich, ISpanien, Tirol und aus dem
Kirchen«t.Tat.
•) Ancona, Auheuas, Avignon, Basel, Bergamo, Como, Crefeld, Ellierfeld, St-Elienne,
FlMWKt, LecoOf London. Lyon, Mailand, Paris, Priras, Turin, Udine, Wien. ZSrich.
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Seide
— 7« —
Seide
4i\t BfAnm berebto und tieli in Sttfk am ZürioliMe verheiratbete» gegründet
worden. ^) Auf einer Hradswirnntaeebine für Banmwollfiiden machte er dMellwt
Versuche mit Seide, fubt izirte Nähcordotinets, and da sein Fabrikat p^atmi Absats
fariil, wur.ieri zinuicbüt drei größere MascliitiPti an^eschatrt, welrhe durch etneii
Treiber mitteUt eines Schwungrades in Bewegung gesetzt wurden. Nach diettetu
AnfaDg zur Großindustrie bildete sich die Firma Wittwe Weber & Ueitz in
Stäf» (^später Heits*Weber); ein tttrcbeariecher SeidenbKndler gab den ntfthigen
Kredit für den Rohstoff; durch Geschäftsreisen, die er machte, fand Heitz den
gesuchten Absatz im InlaTide, Später wiirdcii KeistMidc nach Deutsehland, Schl- sirn,
Holland, Belgien uiul Diineniark geschickt und bald erstand « in Fabrikelablist,«-
luent mit neuen und verbet<«erteu Maschinen und mit iJuuipi betrieb, lu ]Sach-
ahmung dieeee lukrativen GeMhÜftes gründeten ach bald die Firmen GebrQdcr
Metz in Freiburg i. B., die Zwiruerei Neamfinater, Tlrllmpy in Glanis, Gnggen-
btthl in Wanisrllen, Dür^tch-r in NV.'tzikon etr.
Ein inneres Kränkeln ntit dem Bf^^Mi Ti (]• r 70er Jahn- hat xheae Branche
mit derjenigen der Trameuzwirutrei gemein und ca liegen dieser Erscheinung auch
die gleichen Uraaohen zu Gründe. Wae sar Erklärung derselbe von der Trame
gesagt wurde, gilt im Weaentliohen auch fQr die Nähseide und ihre Verwandten,
die Stickseide, Fransen-, Posamentirseide etc. Den KohstotJ' dieser Zwirnpiodnkte
bilden die groben chinwischen rirrj^osorten, vr\c Woosie. Chinnnin, Kopun, Kalling
verte, Shautung etc. Der Zwirn wird thcils roh, theib getarbt iu den Handel
gehracht. Für gibt BoUey 10 Etabliwemente f<lr Nähseide an, wovon 7
im Et. Zürich, 1 in Glarua, 1 in Oberentfelden (Aargan) und 1 in Kriens
(Lnaern).
Jm Jahre 1H71 bi-trug die Produktion im Kt. Zürich nach ilen Rrmittlungcn
der Kttufnianui-schen Gc.'^ellschalt 42,0^!.') kg Näh>ieide, hingegen '.)9,'J12 kg.
Hach den Erhebungen dea Vereins Schweiz. Seidenzwirner betrug die Fabrikation
in der Schweis im Jahre Ibäö, ungefähr tthereinatimmend, 102,875 kg im nn*
geföhren Werthe von l' -i — 5 Millionen Franken. Speziell au Nähseide, Cor-
donuets etc. wnrdt-n im Jahre lt<H3 nach der gleichen Quelle G'^, l^'j kg, im
Jahre IXH? hingegen iMi,'.»li*.) kg fahrizirt. Die Fabrikation von Stiekseide war
14,(5ia kg, 18ö7: 17,0:^8 kg. Dieser letztere Artikel wird zeitweisie in
großen Posten von der oetschweiseriachen Stickerei verwendet, wogegen die Nfth-
seide ihren Hauptabsatz iu Deutschlaud, Oe^terreieh und Frankreich findet. Der
Absatz muh Deut*chland, der scho)i durch die Konk 'irren?, di-r sti Mmt^ehen
Zwirnereien {schwierig war, wurde im Jahre ]t>7H ilurcli (Iii' Kinluhnnii; eines
deutschen Einfuhrzolles von 1 Mark per kg eingedämmt luiJ im J aliru iS8."> durch
die Erhöhung dieeee ZoUes auf 2 Hark beinahe vollatäurlig gesperrt. Etwelche
Erleiehteriing gewährt der .^chweiz.-deutsehe HatideUvertrag VOm 11. Nov. I8l$y,
indem er den Zoll auf 1,'jO Mark tixiiie.
Einfuhr tiiid Ausfuhr von Nähseide. Stirksfi<io, (\»r'hjnnet und Posamentir-
seide. Für die Zeit vor sind gänzlich unzureicheiule Angaben vorhanden,
ebenso haben die Angaben seit 1885 mehr oder weniger prablematidoben Werth,
indem seit 1886 weder die gebleichte, noch die geillrbte, noch die Floret-lläh-
«eide inbegritfen ist. Nach Außerachtlassung dieser Kategorien verzeichnet die
Statistik pro 188(;/ös eine jährliehe Eiiduhr von 1 — 11 q ä Fr. 4000— 4b00
und eine jährliche Ausfuhr von 24ü — 'A'SÜ q a. Fr. — 4i>3ü.
'j Wir n«pioduziren im VVcsentlu ticn den Bericht von Friedrich Bodnier üher die
Seidcnzwirneret an der Ijaudesausatelhing in ZQrich, 1883.
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Seide
— 79 —
Seide
Stnti^:lik der Schweis. SridenetVirmrel.
(Ermiltlungeu dei Vereinfl Schweis. Seidenzwinier.)
1883 1885 1887')
2wirn«reien 45 39 35
Arbehor: Fal)rikeu i.sr.O 5,r,-2fi 5,766
, Uau^iadustrie 2.021 2,236 S,289
Total 6,880 7,756 8,054
Löhne und Salarien IV.a'maGl 2709,310 2*621.490
Spindela fQr Nibaekk: vorhanden St. 23.8<iü 24,118 23,180
, • Ende des Jahres m Betrieb , 19>»6 31,444 21,536
, • Tnune und Orgaosine : vorbanden . . , 37,200 71,732*) 62,062
« . , , , Ende d. Jahres
in Betrieb 31,593 63,898*) 48,904
, Total: vnihiinden , 6I.nlf) 95,S!50 75,i!i2
, , lu Bcirieb r)(i,r,7y 6i,;iiii 70,440
PftMiuktioii: Oiganzine I i>-<, ^u. 64,634 57,300
, Tranie \ ^"-«^ 2-27, 658 25I.-2S:]
, Nähseide, Gordonnels etc , 68,109 89,865 96,!j2ü
Trama vaga (Sticfcseide) , 14.821 i:t,olO 17.038
Total Produktion , 333>434 3^5,167 422.550
SB ca. 95 Hillionen Franken.
Für deu Kt. Züricli speziell hat die KautuiaimiBche Gesellschaft folgende
Erhelnuigen gemacht:
1871 — 3501 — - llO.tSOkg 4S,085kg
1872 18 4000 - — 120.453 , 52,819 ,
1881 22 5131 126 Fr. r674,3^G 154,196 , 73,301 .
1883 19 4810 118 , 1*934,605 190.746 , 93.490 ,
1885 16 4}:!n 79 , rr.39, 120 133,569 , 99,912 ,
1889 20 2197 unter dem F;ibnkt.'e!»elz.
Floretsejd«^
i>aä WcKeutlichste hierüber i»t bertil.s im I. Band (Seite fUD/öO) dieiieH
Werkes mitgethnlt worden. Ergftasend sei hier noch Folgendes angeführt: £s
ist nach Biirkli als Hehr wahrscbeinUch anciinehmen, duß in Zürich sohon im
1-1. .Lilirh. Strazzen (Hasjpelabfällo) cjasponnen wurden. IHe Vorbedinguufren für
diese Kuii.stt< rtigkeit lagen in der nachweis1irh«>n K\.ivt( nz der Seidenweberei und
deä KreuipeiiiH uud Spinnens von Wolle, du» damals in Zürich lebhaft betrieben
wnrde. Dor «Biebtebriei" der Borger von Zflrich (Handschrift von 1304) spricht
ausdrücklich von Seide „am Werpfen", d. h. von gezettelter Seide, bestätigt also
die Existenz der Seidon weberei. In einer Urkunde von 133*5 wird ferner jeder
Verkanf de« Seidcnartikels im Zwi^chf'!i/n<^tririi!e. <1. h. von .gewundener " Seide
auf Spulen uud Spindelu uud von „gesponnener- Seide verboteu. Aus diesen
Ansdridcen darf ndt BUricli gesehlossen werden, daß der Abfall, der sich beim
Abhaspeln der Seidenstrangen auf Spulen ergab, irerarbeitet, d. h. versponnen
Word'Mi sei. wozu man die Vorbegriffe und die Kunstfertigkt-it, wie bereit» er»
wähnt, Kchon durcli ilie \\'üll''iispit»tierei besuß. Auch in Frankreich und Italien
wurde im 13. Jahrh. da.s Verspinnen von Seidenubfällen betrieben. ''jf Gegen ülude
des 14. Jahrh. zog das Seidenhandwerk von Zürich weg ; kaum daß sieh in der
XiiegBieit noch die nothwendigere Verarbeitung von Leinen und Wolle einiger-
maßen tu halten Yermochte. Zum sweiten Male hielt die Seidenindustrie und
■i NAob d«r «eaurdMrtoeh«!! P»tolkitatiitlk bcttanden Anfoog« 1W9 «IaSmIcim 41 Zwinwei«a mit
Si>00 Arhüit'TU.
^) MuUtiaMslich xn hocli.
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Seide
— 80 —
Seide
damit auch die Floretepimierei ihren Einaag in Zflrieh mit den glanlkensftttehtigen
Locarnern. Dem Spinnetotf, dießmal in „Coflonflabtallen", iiii ht in Strazze bestehend*
fdlirten diese gewerbethätip»;!) Flüchtling*» nm clt;m Hcrzugthum Mailand ein. Im
Jahre 1587 kommen auch Spuren von Kuh^toti bezii^cn ans Spanien vor, mit
welchem Lande die Schweizer schon lange durch dm St. Galler Leinwand und
den Zürcher Barchent in Verhindnng standen.
Man unterschied bereits Sihappe/fe^piiiiiste (Galeti), d. h. solche aus durch«
bohrten Cocons und auß SeidenabfälltMi, <\u' durch Rösten (Fäulen), gleich dem
Flachs, zum S|nnnen präparirt wnrdi ii, ^) und Funttmeffespinnsti' (Fili»(di, d. h.
Gespinnste au» gekochten Abfallen [tranzöaittche Methode]). Den ersten tabrik-
mäßigen Betrieb eeheiiien die schon im Abschnitt «Zwirnerei'* genannt«! GebrHder
WerdmiiUer in Zttrieh (am 15H7) gehabt zu haben; nie hatten sich Giacomc Dhqc
von Locarao associrt. Zum Farben und Lustriren des Floretgespinnstes mußten
sie fremde (französische i Arbeiter kommen lassen, wozu «ie ein<» Bittschrift an
den Kath richteten j zum Theil wurde die Fioretseidc auch roh in Lyon verkauft.
Den internationalen Vorrang und die allgemeine Beliebtheit, welche die Sehweiser-
flohappe namenttioh im 18. und noch im Anfang des gegenwKrtigen Jahrhunderte
genoß, verdankt sie nach dem Urtheil Sachvertitändiger der vorzug» weisen An-
wendnnp^ dor Höstmethode gegenüber der französisobon des Abkorhens. Erstere
war den Italienern eigen; ein Theil der Abfälle, welche die Zürcher von ihnen
bezogen, waren schon gerOtitet, und speziell diese gerüsteten Abfülle nannte man
Chappet *) wShrend die nicht gerosteten AMftUe gleicher Art Sirusi hießen. Üeher
das Ki58teti, Kämmen und Ver^pinn^ n der Abfälle wurden in einer Verordnung
des Zürcher Käthes, vom Kl. August 1717, minutiöse Bestimmunpen aufp'stfllt.
Vor der pyinführnng der mechanischen Spinnerei beHchaltigten das Fäulen,
üämbeln und die llandgespicnste für Rechnung der städtischen Kaufleute Tausende
Yon Personen am Zttriohsee, in den iletlichen Berggegenden des Kantons, im be-
nachbarten Toggenburg, in Glaruii und bis nach Amden hinauf oh dem Wallenaee^
dann bt'snnilcrs nitr!i im Freiamt.
Von Ziirirh am gelangte die Floret«pinnerei auch nach Basel, wo sie in
neuerer Zeit zu größerer Ausdehnung als dort gelangte.
In den 30er Jahren dieses Jahrhunderts wnrde die Handspianerei alloälig
dnroh die meehaniKche verdrSngt. Im Eichthal bei Homhreohtikon (Kt. Znrioh)
wurde zuornt mit Maschinen gesponnen.
Die Prodnktions und Verbrauchsstatistik der Floretseidenspinnerei s+tcht
leider auf sehr Kohwacben Füßeu, da sie nicht, wie diejenige anderer Industrie»
aweige, methodisch betriehen wird. So weiß man nicht einmal, wie viele tob
den im Fabrikr^gister eingetragenen 25 Spinnereien Floretseide herstellen. 1883
sollen es deren 16 mit 1H(),000 thätigen Spimbdn gewesen sein (Escher-KUndig,
Faohberieht Uber dir T-funlcsfuisHti lIvtTip von 1M8H). Im Jahre hattp, laut
Jahresbericht der Basier Handelskammer, Baf«ei einen Bedarf von 1)50,1)00 kg Floret-
Seide, wovon 755,000 in der Schweis, 195,000 im Anslande hergestellt wurden.
Im Kt. Ztlrieh betrug, gemSß Erhebungen der KaufmUnniaehon Chaelleohaft,
im Jahre 1885 die Produktion 128,836 kg, die Zahl der Spinnereien 5, die Zahl
der Arbeiter 895, der Angestellten 25, die Ldhne und Salarien Fr. 547,371.
■) Am tO. April 161fi verfOgte der Rath, daß das RAslen wegen dem damit ver*
bnndeocu üMcn Geruch nur aulierhalh d. r Sfa.Ü Ii. frieben werden dürfe.
*) Seil ca. 5W Jabren wird die Benennung „Chappe* oder .Schappe" für alle ge-
rotteten SeidenabfUle, sowie fQr die Gespinnste daraus, also auch fttr die Floretseide,
febrauehL
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I
Seide
— 81 —
Seide
Sullteu die Angaben, welche Rondoi fUr da» Jahr 11^60 macht, — 8 Floret*
' Bpinnemen in der gunen Se1iw«lx, j!6,000 Spindeln, Produktion 350,000 bis
800,0(X) kg, — richtig sein, so wäre immerhin ein bedeutende« Wach^thum der
mechanischen Floretseidenspinnorei innerhalb der letzten 30 Julirc kon>;tatirt.
Dieser Fortschritt wird übrigens auch ilnrch dif Thataache bekt^t, ilaÜ sich seit
1851 die Amfuhr von verarbeiteter (haujitMiichlich gesponnener und gezwirnter)
Floretseide von 1000 — 2000 q aof mehr denn 1 1,000 q gehoben hat. Die Gf«-
webe aptelen dabei eine sehr unbedeutende Rolle, denn pro 1(485/88 betrug ihre
Anefobr nnr 8—36 q 4 Fr. 4664—6946 j&hrliofa.
Die sehweiz. tieideui^toüiabrikation ist im Kt. ZUrich und in den angrenzenden
Kentonen konxentrirt, wKhrend ihre Sehweeter, die Bandweberw, in Basel und
den benachbarten Kantonen arg'^iedelt ist. Neben Lyon Und St- Ktienae in Frank-
reich einerseits, Crefeld, Elberfeld und Barmen audererseits ist ZUrich der größte
Produzent von Seidenstoffen. Jedes der drei Länder hat nf»b('n f^pmrinsamrn Artikeln
aller Art seine Spezialität: Frankreich die schweren, kunstvollen Jac^uardstutie,
mit «elohen es an der Spitse aller Seide fabriairenden Länder steht; die Se^mi»
die leiehten, glatten Stoffe und Benteltuch ; Deutschland die Sammetgewebe. Neben
diesen drei Hauptproduzenten koniroeo in hervorragendem Maße nur nurh Eng-
laud, Oesterreich, Italien und die Ver. Staaten von Nordamerika in Betracht.
Der jährliche Prodnktionawerth der schweiz. Seideustotfweberei wird hpute
auf 75 — 80 Millionen Franken ▼mranschlagt. Die Zahl der dabei beschäftigten
Personen ist 3*i,000.
Hanptartikel der Schweiz. Seidenstoffweberei sind heute die ganz- und ha]b>
seidenen sog. Irettenffewehe, als l^atin, Sergf«, Stirah, Cachenez etc. Dann folgen
im zweiten Hange die 8. Z. vorwiegenden glatten Taffetgewebc, als Marceline,
Lubtrine, Faille, Foult de soie. Gros de Naples etc. In Zunahme begriffen ist
die Erstellung Yon Jaoquardartikeln. Ferner hat vor einigen Jahren die Sammet-
und Pelncheweberei, welclic liandwerkBniaßiir schon in früheren Jahrhunderten
V0rüh(M"j^<'li* niI in der Schwei/, betrieben wunl»-, wirder Fuß gefaßt.
JJer figfiitliche Vrsprntut der Schweiz. 8i.i'!*-n\vt.'Hprei i«f In Dunkel gt-]iiillr.
Sicher ist,^ daß vor 500 — 600 Jahren (im 13. Jahrb.) in der Stadt Zürich Flor-
sdileier und Kopfttteher aus rober, d. b. ungeswimter und nngefltrbter Seide
gewebt und bis nach Polen nnd Ungarn, Lothringen etc. vciKiliirkt wurden.
Weniger verbürgt ist die Sage, daß (iic St idenwi ln rci zu jener Zeit auch schon
in Basel betrieben worden sei. ') Wenn man aber annimmt, daß dieses Gewerbe
uacb der Zerstörung Mailands (1162) durch Flüchtlinge nach Locarno und in
die nSrdliehe Sehweis veriiflanst worden sein ktfnnte, so gewinnt auch die An-
nahme eines so frflhen Seidengewerbs in Basel Wahrscheinlichkeit. Der Rohstoff
wurde ans Italien nach Zürich gebracht. Gewoben wurde von weiblicher Hand,
unter der Leittmg von Weberraeisterinnen, die eine Art von HandwerksiDnung
bildeten und weibliche Gesellen bet^chültigteu. Man erklärt sich daraus auch den
Umstand, daß bei der £iol!lhrung der Bmn'Bohen Verfassung (1336) das Seiden-
bandwerk nicht in die Zttnfte eingereiht worden ist. Dasselbe blühte das 14. Jahrb.
bil^aroh,' erlahmte dann inter dem Einfluß der Kriege mit Oesterreich und yerfiel
dem völlij^en Untergang, vor welchem e« die Wegzugsverbote des Käthes von
ZUrich (1400) nicht zu bewahren vermochten; kaum daß aich in jeuen Zeiten
Seidenst off Weberei.
') Vgl. den Artikel .Baselstadt", Seite 144 im I. Band.
Fmrmb ▼olluwlrlliHlMfti-Lastk«« 4«r Schur»!!,
6
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Seivle
— 82 —
Seide
dw allgmociiien Waffenhandwerln in ^trioh nnd andenwo äiet aaentbehriioha«
Leinwand- und WoUengewerb kümmerlich aufrecht eriiielt.
Ihrt^ Wiedergeburt feierte in Zürich die Seidenweberei nacli 150 Jahrrn
mit iiülie der gewerbskundigen Locamer, die ihres Grlaubens wegen ira Jahre
1Ö54 ihre Heimat verlassen maßten. Der Hauptartikel war wiederum Mor;
daneben wurden Hemmet nnd Futtertaffet leiohteeter Qualität gemaelit. Letzterer
Artikel war der Yorlänfer der sog. glatten »Zttreherartikel'*, die vom B^^e
des laufenden Jahrhunderts an bis vor kurzer Zeit das Hauptkontingent der
zürcherischen Seideumanufaktur bildeten. Große Ven'oUkoramnung und Mannig-
faltigkeit verdankt die Tatt'etweberei den eingewaiHleilen Hugenotten (16Ö5)t
von weldrai neben maaob* anderen neaen Industriesweigen naroentlicli auah die
Btmmpfweberei und die Btoffdroekerei eingefttlirt worden ist.
Für die Sammetweberei wurde von dem Locamer Appiano eine Werk-
statt mit sechs Webstühlen eingerichtet, in welcher zwUlt Personen Arbeit fandeu.
iJie uüthige Seide färbtt) er selbüt; .seiu Fabrikat ging hauptsächlich nach Lyon,
lu den fo^nden Jahrhunderten tigurirten viele Sduimotweber unter den Blirgerii
Zttriohs; sie lohetnea aber ihr Oesi^hlft mehr haad werke- ale labrikmSfiig betrieben
zu haben ; jeder von ihnen beedliftigte einige Arbeiter, die nach den vorhandenen
Aufzeichnuugen gut bezahlt werden mußten. Die Elle Sammet galt im 17. !:i}ir]'.
2*/3 — -^V* Gf"''^""- ^ wurde viel davon auf die Znrzaeher Mesüe gebraelit. Im
1^. Jahrh. wur glatter Sammet in grelleu Farbüu uamentlich für Müimerrüoke
beliebt.
Die Hanptartikel der Seidenweberei waren bis gegen das Ende des letzten
JahrhunderlH Flur und Kri-pp (Cn'pun). Wie der Flor, wurde der Crepou roh
gewoben und dann am Stücke schwarz gefärbt, bedurfte aber keines Appret«,
sondern wurde naß gewalzt. Der Zettel desselben bestand aus ferner Grege ; im
£intrag wecheelten swei SchttBse reehts gedrehter grober Beide mit awei SobüMen
linke gedrefator ab. Beim Eititauohen in die heiße Farbflössigkeit krämpelten aieh
die Eintragfädeu in entgegengesetzter Richtung, woraus das charakteristische krause
BiM auf dem Stoffe entstand. In Suddeutschland, Tirol und Nidwalden bildete
dieser Stoff einen Theil der weiblichen Nationaltracht.
Um 1678/79 gab ee 16 Firmen, welche Flor fabrizirten. Li dieaer Blttthe-
seit der Florfobrikation, für welehe eich ZUrioh dae Monopol bis in'e 19. JehrL
hinein bewahrte, wurden daselbst Jährlich mindestens 200 — 300 Ballen Seide zu
Flor verarbeitet. Die Zahl der WcbötUble ftir diesen Artikel mag 1000 — 1500
gewesen nein. In das Jahr UM) fällt die Emiührung dt» äog. Bologneser Flors,
mit Hülfe von Arbeiteiu aus Bologua. Dieter Flor wurde, im Gegensatz zum
alten Verfahren, mtekatusch gekriinelt Dae neue Zürcher Produkt liberflOgelte
nach und nach dae bolognesischo an Billigkeit bei gleicher Ottte. Im Anfang
dieses Jahrhundert« entstand ihm alter eine große Konkurrenz durch Lyon. ')
Anno 1824 gab en nur noch drei Klorfabriken in Ziirieh, dif znsanimen ea. 'M)0
Stühle beschäftigten, in der E8cher sehen Fabrik vertiel mau um 1^40 darauf,
den Artikel auch Ihrbig su eretellen« nnd braehte ee daduroh wieder su einem
Umsatz von ca. Fr. 100,000 im Jahr. Zur Zeit liefert A. Bürkli-Meyer, deeeen
G^hicht« der zürcherischen Seidenindustrie wir diese Notizen huui)t.<iäehrK h ent-
nehmen, ab Nachfolger der Escher'schen Firma nnd letster Fioriabrikant Zuriche
den Artikel noch in redu^irtem Maßstabe.
') Das Gelieimniß der Fabrikatinn soll den Zflrchern von den Lyonern abgelauscht
worden sein, als diese nach der Eiiinuhme und Verwüstung Lyons durch die Revolutione*
armee (1793J in großer Zahl in die Schweiz fleflflehtet waren.
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Seide
— 03 —
Seid«
EiiMn Beaea Zweig trieb die Florweberei in den 20er Jahren dieses Jabr-
bnnderta in Gaslalt dos moderoeD
Benteltncbs. ') Ein Angestellter von Heinrich Bodmer zor Arch (Dnfour),
OrUnder »1er luutigen Firma Dnfour & Co. in Thal, führte die Fabrikation auf
Onind eines aus Holland erhaltenen unvollkommenen Musters ein. Die inrnia
Bodiuer bediente Hieb biefür dor iü den Kellern arbeitenden Appenzeller Weber,
4^ yon der Mowselineveberw her ea eobwere Ltden nnd enge Blftttor gewlHmt
waren. Die Lokale zur Benteltaohfiibrikation müssen kühl und den Einflüssen
■der äußereu Luft möglichst entzogen sein; ein Versuch, der im Jahre 1850 von
-einem Basier Industriellen gema' bt wurde, die Weberei uberirdisch lu betreiben,
soll zum Tbeil an den WitternugdemÜilssen geiücheitert sein, wobei man tdob die
Feudieit dea Gkwehea und den Umstand vergegenwSrtigen mnfi, daß im frinatea
Siebe 50 Kettenftden per Centimeter gehen. Durch die Errichtung der modenea
JCnnstmUhlen vermehrte sich der Bedarf an Beuteltuch wesentlich.
Von den eingewanderten Looamern und ihren Nachfolgern wurde auch
Damast gewoben. Die Zürcher Seiden webschule besitzt Damaatmuster
adkveiaerischen Ursprungs ans den Jahren 1&80^1630, wekhe aof Tonllglioh«
-toftkaifiJi* Ferli^nt schliefien lassen nnd andi gesehmaflikToUe Dessins leprSsea'
tiren. Der Grund iHt meistens roth, seltener grttn oder yiolett, und die Muster,
■die meisten» aas styliHirten großen ^Blumen bestehen, sind mit gebleichtem groben
Leinen- oder Baumwollgarn eingewobea. Von Dam^tgeweben ist auch in der
Zürohetr Fabrikordnong von 1717 die Kede.
Hanptobnehmer der sehwmx. SeidenstoSb war bis an den Zeiten des dreifiig'
jlthrigen Krieges (1618 — 1648) Deutschland; dann im 17. Jahrb.. trotz vielen
ZoUerschwernngen, Frankreich. Im 18. Jahrb. trat an dessen Stelle wiedcrnm
Deutschland. In den 30er Jahren des lfd. Jahrhundert« begann sich das weite
nordamerikanische Absatzgebiet zu öffnen. In den 60er Jahren bahnten die
l&ndelaveitrSge neue Benehongen mit Frankreioh an nnd »hoben dieses Land
trotl seiner eigenen Industrie wieder zum ersten Abnehmer Schweiz. Seidenstoffe.
Das vordem gäiizlicti verbchlossene England trat als zweitgrößter Abnehmer auf ;
«chon im ersten ,Tahre nach Inkrafttreten des Vertrages entwickelte sich ein
üxport dorthin, üer aui 15 Milliouen Franken geschätzt wurde. Heute ist das
Absslafglhaitniß nngelMir folgeadee (WaarenTerkehrastotistik von 1836/88):
Frankreich 34 fiagiand 28 Ver. Staaten 15 Deutaohland 10 «/o,
•ttbrige Welt Ifi 7o.
Die inneren und äußeren Verhältnisse der zürcherischen Seidenweberei, wie
eis Vfia Mitte dieses Jahrhunderts bis in die 70er JaJtfe bestanden, werden von
Herrn Sdiwaneabadi*Zenner in seinen Faohberidit ttber die Laadeeaaartelluig
von 1888 folgeadermafien gesditldert:
,Die fjOer und 6(>er Julire dürfen als die patriarchalische Periode un.serer zürche-
rischen Seidenindustrie beaeichnet werden. £a ^ah damals kaum ein beneideuswertheres
Jietier, als dasjenige eines Seidenfobrikanten war: Jahr aus, Jahr ein dieselben paar
Artikel, Taffetas noir. Gros de Naples, Marceline, Florence, lauter leicliJe T ilTt igcwebe,
för deren Erstellung Zürich damals einen Weltruf und sozusagen das Monopol hatte und
in welchen die Nadafrage in der Regel stärker war als das Angebot. Daneben etwas
Salin de Chine filr Futlerzwecke. etwas Lustrino.? apiirt^d'-es ; damit \<\ die Reihe der
Artikel, welche bei uns in nennenswerthen Quantitäten erstellt wurden, ersciioplt. Die
Fabrik arbeitete theils auf fixe Bestellungen, theils in Konsignation nach New- York,
Rußland und dem (Ment. Verluste waren die seltene Ausnahme, hübsche, theUweise
*) Siehe Näheres unter .Beuteltuch", Seile im l. Bd. Der Flor wurde schun
frflher als Mfillerbeutd Terwendet, resp. spariell ftlr diesen Zweck fabrizirt.
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Seide
84
Seid»
gl!ln2*-n<ie l'rotite inamentiich aul Satio de Chine} die Hepel. Es gab daiiiuls nur euro-
päisch« Sr i.len and solche nur in zwei bis drei Titres. luil welchen die Kombinationen
fnr F.rstclIuiivT sfimmtlirhrr Arlikol ■^'■enincht wunlcii. l'iniiii!i»lbar nach der Ernte ptlepfon
die i'abi ikiiiiteii ihre liuLi>luir-Eu^M;;t^^iin'ii1s für eiuL-u sthoueu Theil ihrer Jahresproduktion
einzugelicii. und von da an war ihre Arbeil eine fu-st rein meclKini-rhe: Beaufsichtigung
des Zetlelris, Wiiidt-ns, ^YL'bens. Kür den Verk.uif und lüe Aufuiihnie der Bestellungen
ließ man die IJencti Konunissionäre lu Zürich, Moskau, New-York i^urt;en, die Verkaufe-
rechnungen und Rimessen liefen in getiöripir Zeit ein, das Frofitchen wurde auf jeder
einzelneu Kisle au^erechnet, und so ging's weiter Jahr aus, Jatir ein, datf es eine wahre
Lust war. Von Aendening der Mode keine Spur.
,Im .Tahrt' 1^6l schien es einen Augenblick, als ob der Aii-brucli des nordaraeri-
kani»;heu Bürgerkri^^eä eine Breche in diese universelie Gemütblichkeit scbieilen walite ;
aber der Schlag wurde abgewendet dnrch die im Jahre 1900 Tollstftndig zum Durchbrach
;,'tkornmene Kreihandelnpiditik Englands, weldic un^.rt'n Fil i ikultn den hörhst be-
deutenden en^liäclieQ Markt erscUIoU. Daiier ungetrübte Forldauer der Frosperität unserer
Fabrik trotz vermindertem Absatx in Nordamerika. Die Verhftltnisee wandten sich noch
mehr zu un<f'rrn r;nn>ton, .1I5 im .Irihre 1S64 Fniiikrcicli, dem Ret«ydcle En;:!ands folgend,
ebenfalls Zolllreiiieit uul iiiiporlirlen .Seidenstofien dekretirte. Ais dann iia Mai IHri'i d» r
amerikanische Bürgerkrieg endlich sein Ende erreichte und ab gleichzeitig oder un>
mittelbar nachher der in's Stocken gerathene Absatz von Seidf nwnaren in dm T'nions-
staaten sieh stark vermehrte, dii schien es allerdings, als ob tl^s tausendjälinge Reich
fQr unsere SeidenstoflTabn kanten heranbrechen wollte, und in der That darf die Periode
von IHfjr» 1SS2 Ii!, eine ta~t ununterl»rochene Kette günstiger Konjunkturen für unsere
Branche bezeicliud werden. Wenn trotzdem viele Fabrikanten nicht oder nur wenig
vorwärts i-^ek lanien sein mögen, so muß die Ursache eben in anderen Faktoren als in
den Konjunkturen gesucht worden.
»Schon Anfangs der 6()er Jahre grestaltete sich die Fabrikation durch mittlerweile
hinzugetretene neue Verhällni?>e etwas komplizirter. Einmal hielt billigere cbinesiscbe
Seide iliren £inzug und sodauu wurde ein Veriohren entdeckt, um Holiseide während
des Prozesses des SdiwarsArbens zu beschweren, Anfangs bescheiden mit 15 anno
1865 schon mit 50 nnd seitdem noch weit hfthwr.*
Der Berichterstatter wirft den Schweiz. Fabriknntcn vor, diese nett anf'-
taiuhenden Mnnietite zu weniir beaclitet, sich mit der Verwrndung des neuen
liohötutir» und di r raschen Aneignung? de» neuen Fax'bverfahreiis zu weuig befaßt
zu haben. Dielj habe »ich iu den TUcr Jahren zu rächen begonnen. .
.Das Jahr 1871 '79.' fUhrt derselbe fort, .war wohl das günstigste, welches die
ziln liei i rlie Si iilciiiiiilu-tric je erlebt bat; ihre Icieblen TafTetgcwebe in farbig und
schwarz, uameuUidi aber in sciiwarz, erfreuten sich überall de:» be^iten Ai>satzes. Es
bildet den Kulminationspunkt unserer Prosperitit. Schon im Jahre 187:2 machte sich
dagegen ein Umschwung /n iin-r-rem Xaflitfteile fnlilhar. AnnTika und Ijerdaiid verließen
nach und nach die glänzenden (lout-cuilj Taffetgewebe und wandten sich scliwereren,
matteren (mi-<'uil) Faillegeivebm in farbig und sehwarz zu. FQr diese waren unsere
leichten Stühle durchaus ungcf i -r . * wer vm) der neuen Konjunktur prritiliron wollte,
der muiilti seine Stühle, Gescluire, Blatter, kurz seinen ganzen Webewerkzeug um-
gestalten.*
Die Aniiitttsung dieser und einer Reihe anderer KoRjnnktnren« die der Ver-
fas-ser der Reihe nacli in Erinnerung ruft, z. B. der halbseidenen Turquoises fllr
Hutgurnituren und Kravatten (1874 — 187»^', der F'ailletiiies p87i; -1^7S),
Satins (seit 1877), Moire fran^aiso (1881 — l.'-^>^2) etc., sei jrweticn entweder
gar nicht oder zu spat erfolgt. Der Berichtersiatlcr tadelt auUerdem das S^>tem
übertriebener Konsignationen nach Nordamerika, den sa grofien Verlaß der Fabrio
kanten auf die Kommissionäre, anstatt häutigerer persönlicher Reisen etc. Unver-
kennbar bat sich seither Vieles in diesen Verhältnissen verändert und verbessert»
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Seide
— 87 —
Seide
Einfuhr nud Ausfuhr von Seide unio ff rn nlhr Art (sri-lfnc, halliseidcne,
floretBeidene). Die Statistik reicht nur bis zum Jahre 1H7U zurück^ weil vorher
die Seideobändtii- mit iluu 80ig. Seideiutoffei) vermengt wareu.
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Dieser Zweig der Schweiz. Seideniudustrie ernährt ua. 12 — 15,000 Peraonen
und prodosirt jShrlieh Waaren im Werthe von 36-~40 MillioiieB Fraakeii. Die
ZdU der Webstühle mag 6000 betragen. Im Jahre 1880 zählte man in Basel-
»tadt 1023, in Baselland 4909, in den Ktn. Aargau, Bt-rn uii.l Sulotlinrn 377,
somit insgesammt 6301) Stühle. Nach der Indnstriekarte von Hermann Schlntter
beschäftigte die Bandweberei nebst HliitKarbeiten am 1883 in Basehitadt 5872,
in BaseU&nd 4973, im Aargaa 778, im Thnrfcan 185, im Kt. Bern 331, im
Solothnroiseben 383, d.i. Tot«! 12,521 Arbeiter.
Eine Vergleichung mit der Fabrikstatistik auf Seite 68 ergibt, daß die
Barrl Weberei zur TTh'lfte Fabiikindustrie, zor Hälfte Hausindustrie i>t. Sie firo-
duzirt, aualog der Svidenatoffweberei, bttuptaäcblioh den leichturtn und billigen
Qenre, namentlioh ans reiner Seide nnd firämwoUe gemieoht. Die Biischang von
Seide und Ghappe iet seit IKngerer Zdt an Guneteo der BanmvoUe in Abnahme
begritfen.
Der Ab>iatz im Inland ist verhältnißmHßig unbcdintetid. Im Ausland kon-
kurriren die öchweizerisclien Bänder hauptHächlich mit denjenigen von St-Ktieune,
Barmen und Cuventry, sowie mit den Erzeugnissen der Ver. Staaten. % ^Il^r
anagefttbrten Binder nimmt England auf; der nKebetbedentende Abnehmer ist
Nordamerika, trotz des Zolles von 50 V Werth. Der Abiata iu deti vier
grüßen Nachbarstauton etc. wird dnreh holie Zölle nnf ein Minimum behchriinkt,
wobei indp*;spn zu bemerken ist, duL) von sehweiz. Finnen im Großhetzopthnra
Baden und im Elsaß zuui Vbeil schon in den ersten Jahren des deutscheu Zull-
vereina Zweigetablinemente gegründet worden sind, die den dentseben Markt, im
Wettbewerb mit den ileutschen Falu iken am Niederrli<'iii. mlf Bändern versehen.
Vor den t^Oer Jahren, d. h. vor dem Bürgerkrieg nnd den hohen Zöllen, nahmen
die Ver. Staaten die erste Stelle unter den Abnehmern ein.
Die Einführung der Bandweberei in der Schweiz ist, wie diejenige der
meisten ttbrigen Zweige der Seidenindvatrie, auf die Einwanderung der ver-
triebenen Looamer (1554) aurUeksuftthren. Einige dieser Imigranten versuchten
in Zürich, Bänder au weben, geriethen aber dadurch mit den vermeintlichen
Interessen der dortij^n Posnmenter in Kollision und wandten .-^ich nach Basel,
wo sie sich zur Betreibung ihrer Industrie bleibend niederließen ; ob andere
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Seide — 8A — Seide
Louurner vor diesen zum gleichen Zwecke direkt nach Basel gegangen waren,
ist nicht bekannt. Ungefähr in den GUer Jatnvn des 17. Jahrh. kamen in Basel
verbesserte Webstühle, sog. Kunststiihlc, auf. über deren Urspninf» sehr aus-
einandergehende Vermutbuugen bestehen. Bis dahin waren die Bänder von den
Bordenwirkern oder Poeaiiietiteni auf kleiuob StilUeD (Soblmelii) verfertigt worden,
iadem die SobüTohra von Hand geworfen wurden. Anf dem nenen Stahl wurden
sie mechanieoh bewegt, mehrere Bänder konnten nebeneinander gewoben werden,
80 daß din Po.sampnt^;r in ihrer alten Fabrikationswei"<e nicht mehr Schritt damit
zu halten vermochten und von der iiegierung das VerUit der neuen Stuhle ver-
langten. Solche exiatirten in Basel nachweislich im Jahre 1660. Es gab um
jene Zeit anch Sttthle dieser Art in Sohaffhansen, Fenert^alen nnd Chor, apit«r
auch in Aarau; in Genf wurde die Etablirung der Bandstühle von Anfang an
flhppwie«en. In Ziiiich berieth im Jahre IGT)!) eine Kommi>»sion des DirektoriiimM
lani^c Zeit über die Zulassung der neuen groüen Stühle und fand, dirse seien bis
jetzt von keinem Nutzen gewesen, die VVaare sei noch von schlechter Qualität.
Im Jahre 1726 war man noeh zu keinem Entacheide gelangt, denn die Frage
wurde in diesem Jahre neuerdings einer Kommiwion vorgelegt. In der Zwischen-
zeit (KIS'J) hatte Joseph Orell mit dvv Ei lauhniß des Abtes von Einsiedeln eine
Bandfabrik in Wciniriircii, unter ZuliiiliV-iialum' eines französischen Emigranten, zu ,
errichten versucht; vom Käthe in Zürich wurde aber die Aufhebung des ünter-
nehmene verfOgt und dem hengtan PrKlaten bedeutet, daß man die Errichtung
von Fabriken anf dem Lande niemals dulden werde. ') Die letzten Versuche der
Bandweberei in Zürich datiren von 17^5; die Konkurrenz mit Ba-sel war aber
bereits zn schwer i^ewordcn. fn letzterer Stadt ging die Bändehuühle au- dem
Kampl mit dem I'usamenterhaudvverk schließlich siegreich hervor und wurde im
Jahre 1681 endgültig in ihre Rechte eingeaetat.
Die seitherige Entwicklung geht hervor ans folgender Statistik der Stühle:
Jahr 1670 ÜhO Sttthle in der Studt BH.sel.
. 1764 I2i2d • in Basel und Umgehung nach amtlicher Schätzung.
Im «Gemälde der Schweiz' werden für das
gl. Jahr 1635 St. angegeben, welche auf der
Landschaft fttr Basler Fabrikanten besohXfligt
gewe.sen sein sollen.
r 17»9 2268^2321 , l«9a St. gehijrten den städtischen Fabrikanten,
'M2 den Arbeitern, 1 16 Fremden. („Gemälde
der Schweiz" und Bowring.)
• 1800 ca. 3000
. 1836 3600 — 4000 , Arbeiter 12—16,000, Ausfuhr lO'TOO.OOO.
^Bowring).
„ 1857 ca. 6500 « Ca. 80 CJeschätte in Kusel, 10 in den übrigen
Kantonen. ^Jt aller Stühle auf dem Lande.
6 — 600 mechanische. (Landesansstellnngs-
bcricht Bern, l^.'»?.)
„ 1867 8700 — 9000 , Arbeiter 2G — 27,001». (BoUey, Ausatellnng
Pari«, lb«»7.)
, 1870 763 1 „ (LandeHauübtelluugsbericht Zürich, Ib^iü.)
*) Orell ging 1694 vor Verdruß nach Berlin nnd fOhrte dort unter dem besond^'en
Schulze dem Cliurfärsten die Kreppmanufaktur ein.
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Seide
— —
Seide
Jahr 1880 6309 Stuhle Baaelland 4909, Baaelvtftdt 1033, Aargau, Bern, Solo-
thura 377. (LandemustttllangsberichtZltrieh, ] 883.)
, 1883 9 , Arbeiter Iti — 18,000. (Landcttusatellongsberioht
Zürich, 1883.)
In die 20er Jahre dieses Jahrhunderts fallen als förderliche Momente die
gänzliche Aufhebung des Zunftzwanges (1823) und die Einführung der Jacquard-
Stühle (1826). Im Jahre 1849 begaun der mechanische Betrieb. An der üelbst-
ständigen Verbesäemng der Sttthle bis in die Nenaeit hat Basel einen hervor-
ragenden Antheil. Dieselben sind von jeher stets von Sebreinern and Ueohanikern
in Basel seihet konstmirt worden.
Gesammt-Einfuhr und -ÄM^hr vfm Seidenbändem aUer Art:
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Slnflvbt AmMa"
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1872 . .
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1873 . .
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. . 471 , 14.042
1874 . .
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1875 . .
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16.293
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1880 . .
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1886 .
. 3013,000 I23'130.000
1881 . .
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1882 . .
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. 3*835.000 37'989.<]00
Die Statistik reicht nur hh zum Jahre 1870 zurück, weil vorher die Seiden«
bän>!( r keine besondere Pusition der Zolltabellen bildeten, sondern mit den sog.
»5eideu8torten vermengt waren.
Organe der allgemeinen Interesncnvertretung
Di« interesbcn der Seideniiidiistri*» W'^rden in Basfl von Ai-r H tn'lelskanimer,
in Zürich von der Kauf'mkuui^viien Gef^eilbchai'i uud HptnAl vuu der 1854 ge-
gründeten „Seidenindußtriegeselisehaft de« Kts. Zürich" wahrgenommen.
Seiden webse hui e.
Die ernte eigentliche Seidrnwebschule bestand von 1856 — 1863 als Privat-
lustitut iu Horgen } sie wurde gegründet und geleitet von J. J. Staub, der »ich
als Fabrikant und Kanfmann schon durch verschiedene Erfind uugeu und Yer-
besserangen venlient gemacht hatte. Theorie und Praxis worden in seinem In-
i«titute iu dreijährigen Kursen gründlich gelehrt. IHG.*) ging da.s.selbe aus Mangel
an Zöglingen ein, indem «ich wiilirend der GesohäftHkrihis, welche der amt*rika-
nisohe Bürgerkrieg verari>achtc, wenig junge l.«eute der Seideninduätnu zuwandten.
Bs daneite 17 Jahre, bis eine neue Sohub entrtand. Die Initiative daxn
ergriff die obenerwähnte Seidttiindustriegesellschaft. Die Schote wurde aus Privat-,
Gemeinde- und Staatsmitteln im „Letten" in Zürich eingerichtet und am 14. NO'
vember 188 1 mit 2 Lehrern und '21 Schülf rn i r?urnf t -, 18M) wirkten an der-
selben 4 ständige Lehrer; die Schuleraahl betrug 33. An der iSjiitze steht als
technischer Leiter ein Direktor, Uber ihm eine von der Seidenindusti icgeHclhichaft
gewählte Kommission. Der ganse Kurs umfaßt awei Jahre. Unbemittelte junge
Leute von Talent erhalten aus einem Fond, der xur Zeit ca. Fr. 25,000 beträgt,
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Seide
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Sekund&rbahnea
Stipendien. Abgehende Sdilller htben bis jetat ah Weber und Weberaeieter
etets ohne Schwierigkeit Anstelhng erhalten. Für Bureaa- und Febrikangestellte
oder Arbeiter, die ihre theoretisch t n und technischen Kenntnisse vervoUstärKÜfren
möchten, Mich aber nicht als eigentHche Schüler aufnehmen lassen können, werden
Separatkur^u iu paasenden Stunden abgehalten und Vorträge veranataitet. Die in
der Sehale fabrisirlen Stoffe ttbemimmt seit der Grttndnng ein sttreheriabhee
Detailgeschäft jeweilen zum Kostenpreitj. Großen Nutzen stiftet die Schule außer
der Ht-ranbildung ein©< wohlgebchulten Fahrikpersonals durch ihre Versuche mit
neuen Artikeln; die Einfuhrung der Sammetweberei z. B. wurde vuu ihr wesent-
lich erleichtert. Bedeutende Erfolge hat sie auch schon durch ihre jährlichen
PrdaaniBohreibongen für Erfindnag eder Yerbeaeerung von Uuehinen nnd Appa-
raten enielt.
Seifenfabrikation. Die S. soll erst im Anfang dieses Jahrhanderta von
einigen ost'^chwfi/erischen Kerzenfabrikanten begonnen worden sein, indem sie
eiuen Thcil des hus der Keraenfabrikation resultirenden Talgs zu weißer nnd
marmorirter Talgseif« yenieden ließen. Yorher deckte die Sohvek ihr Bedllrftii&
Tornebmiieb in Hasseille, aneh in Italien. £ine an Ende der 30er Jahre ent-
standene Kerzenfabrik begann mit der Herste! Iiitig von OleYnseife; dann kamen
in den Jahren 1840 — iHtJo m-'hr. iv kleinere nn'l größere KtabÜHHemente, welche
die Seifentabrikatiun uiufius-sonder betrieben, lieure (1889) gehen aus ca. 60 Ge-
schälten, von welchen 9 mit ca. 150 Arbeitern dorn eidg. Fabrikgesetz unterstellt
sind (Kantone Zttriebf Aargau, Baaelatadt, Sohwys, St. GalleD), die versehiedensten
Qualitäten Seife hervor, insbesondere auch Toilettenseifo. Sachkenner schätzen die
Jahresproduktion auf mindesten^ 60,000 »j im Werthe von 4 Mill. Fr. Da die
Einfuhr jährlich durchschnittlifh 27,000 q (l?5'^ä/88 j beträgt, so muß auf einen
iiesammtverbrauch von 87,000 q Seife im Werth von ca. 9 Mill. Fr. geschlossen
werden. Bei t$7,000 q im Gaioen trifft es anf den Kopf der BevSlkerung oa. d kg.
Es kann alw mit der Reinlichkeit der Bevölkerung nicht allzu schlimm bestellt
sein, selbst wenn man die zu gewerblichen Zwecken verwendete Seite (ca. lOtOOO q
allein in der Seidenfiirtierei"^ in Abzug hrir irt.
Für die Ausfuhr wird ebenfaii» gearbeitet, doch Ubertraf sie nie das Uu<^utum
von 2563 q (1871). Von 18«o bis und mit lH84i bewegte sie sieh awiiohen
«{89 und 1126 q. reep. Fr. öB,000 and 113,000 per Jahr. Hinderlich für den
Export ist, dali die meisten Rohstoffe für die Seitenfabrikation, als Olivenöl,
Rüböl, Falmöl, Coeosf»!, Oleinsäure. Talg, Hnr?,, Soda, Pottn^äche etc. aus dem
Ausland bezogen werden mtlssen. Das Hauptgeschäft der Sciteubranche (in Zürich)
entrichtet lediglich fdr die Verzollung solcher Rohmaterialien Fr. 15—20,000
per Jahr.
Soitorei. Seile, Packstricke, Schuiii« , Bindfaden etc. werden noch von einer
Menge von Hiindwerk^seilern gemacht. Zur Z«-it dvr eidg. Volkszählung von
1880 beschäftigten hieb 1172 PerM^nen mit diesem Erwerbszwcig. Die meeha-
uischo Bindfadenfabrik SchaÖhauseu in Flurlingen (Kt. ZUrichj ist die einzige,
welche jene Waaren in grofiem Maßstäbe fobrikmäiöig herstellt. Dieselbe wnrde
im Jahre 1873 mit einem Aktienkapital von l Mill. Fr. gegründet, ver-
nrbeitft jährüeh cn. .')()()0 q Fho hs. Hanf, Werg etc. (nngefübr die Hälfte der
Hinfuhr dir-.t r Materialien). Sie exportirt auch nach den viMsf-hiedeti^tcn Ländern.
Eauptkonkurrenten sind Deutschland, Frankreich und itulieu, »peziell die Lom-
bardei mit ihren billigen Hanf« nnd Werggarnen.
Sektind&rhahnen« Die S> nnterscheiden sich yon den Hanpthiihn< n [mment-
lieh durch vereinfachten, sparsameren Betriebsdienst, oft aooh durch einfachere
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SeknndirbaluieD
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SUbairuraa
AnuMmtg der Sahn. Ein« offlnelle EintheUnnf der tofaw«is. EUaenbahinn in
Haoptbahneii lud SekasdirlisliiieD beAteht niolit. weßhalb der Umfang dieser
anch nicht genau angegeben werden kann; doch darf man auf Grund der Be-
trieb8verbältniü»>e die Länge der Schweiz. S. wohl zu ca. GOO km oder 20 ^/o
der Gresammtlänge aller Schweiz. Bahnen annehmen. (Vgl. «Schmalspar bahnen".)
Selfketon. Die erste Selfaetor^Sf^iuiHnehiiie in der Sohweis wurde von
J. J. Ki' ti 1 >^ Cu. in Wintertluir-Tüß im Jahn- 1854 gebaut.
Senfi'abrikation. Ca. 16 Geeohifte, die den ipröüem Theil des »ohweiM-
^risohen Bedarfes decken.
Sengereien. 8 Etabl. mit cu. 100 Arb. in den Ktn. 8t. (jallen, Appenzell
tmd ThurgftQ.
Senaerei s. „Mildiwirthsohaft-'.
Sortsniifabrik unter ih-m Fiibriki^esetz : J. Leresche in Ballaignes, Waadt.
Serbien. In der Schweiz. \\'nareu%'erkeh' w-^rntistik fignrirt Serbien ufitt r Ii n
Donauländern. Diecke bezieben ans der Schweiz baupt»tivblich bedruckte Buumvvoil-
gewebe. — In vertfsgliolien BetieliiingeQ atebt die Sobweis mit Serbien dnroh:
1) Die internationale Genfer Konvention vom 24. März 1876 betreffend die im
Kriege verwundeten Militärs; 2) die Handelsübereinknnft vom 29. Mai/ 10. Jnni
1880; '.i) die internationale Uebereinkunft vom 20. Miirz 1883 zwm Schutze des
gewerblichen Eigenthuuis; 4) den internationalen PhyUoxeravertrag vom 10. Ok-
tober ld84; 5) den Weltpoetvereinavertrag von 1878/1 Ö85.
Serge. Beieiebnung einer nebrere Unterarten nnfaeseaden Gattung mebr-
trettiger Ganz- oder Halbseideng^webe. Zürcherischer Exportartikel.
Serpentin. Edler, zu Denkmlilern brauchbarer S. wird am Gotthard, Urner
Seite, gebrochen. Ebenfalls zu Ge Werbezwecken verwendbarer S. äudet sich bei
Gnttannen, Kt. Bern, und im Kt. Tessin.
Servanier. So wird in einigen Gegenden dee Kts. Bern der aebwane
Bnrgander (Weinstoek) genannt.
Siebmachcr. Zahl derselben nm 1. Dez. lH8n
SilbiT wurde ehedem, wie auch Gold, da und dort in den Alpen gefunden
und ausgebeutet. Seit Langem sind diese Adern, die sich nicht iür moderne Aus-
beutung eignen, verlassen und neae sind keine ereehloBsen, ho daß der ffilberbedarf
von nietallreicheren Ländern bezogen werden muß. Die Bleiminen in LOtiehen
(Wallum rnthilrrn mir HO -40 Silber auf 100 kg Rohmaterial,
Silbrr^\ nariMi werden zum weitaun größten Theil von Ftaukreich und
Deutschland ^i'turziieim) bezogen, numentlich was t^iiberncH Geschirr, silberne
übrketten ete. betrifFt. In Genf wird nur die Gotdbijonterie betrieben, wobei
Silber nur aeeeeaoriscb, ab Variation, snr Yerwendnog gelangt. In einzelnen
Kantonen, wo sich noch ländliche Trachten und damit silberner Schmuck erhalten
habt-n. spielt die Verfertigung von silbernen Gttllerketten, Fingerringen, Haar-
nadeln u. dgl. noch eine gewisse JbU)lle, mo namentlich in Bern, Luzern und de»
imiMRi Kantonen. Frttber war die Anfertigung solcher Sobrnnelnaebt^n jedenfaU»
aebr bedeutend.
Wiebtigkeit hat selbstveretttndlich die Fabrikation silbemer Uhrenschale» ,
im Jnra, im Zn^samnienhang mit der ührenfabrikation. Ein gewisser Verdienet
fließt den Goldachmieden von Zeit zu Zeit zu durch die Erstellung der vielen
ailbemen Becher für Schützen-, Säuger- und andere Feste und (ttr die ver-
Bohiedenen AnllUee der vielen Tereine, die in der Sobweis sahlreieber sind ale
irgendwo. Ein guter Theil dieser Berber pfiegt aber von den Qoldeohmiedea
eelbet in Dentnehland bestellt sn werden.
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Simplonbftha
Als Silbdiwaarenfiibrik irt dem Fabrikgeaets unteratellt die Firma J. Jesler
in SchaiThaosen.
SimmenthalRr fteschirr. Eigenartiges Töpferpfsefiirr, dus im 17. und
18. Jahrhundert im Berner Simmenthai und in den Seiteutbäiern, am meisten
iu Bettelried bei Zweiüimmeo, auch iu Därätetten und Wimmis, mit einer ge-
wbwen Kunstfertigkeit angefertigt wurde, dessen Fabrikation non aber nieht mehr
bedeutend i^t
Simplonbahn. Die erstf Kunzession fijr eine Simplunbahn ibt um 4. D< -
zeuiber löbi dem Herrn riiTn -Marie-Jusepb-Ailrien de la Valette in Paris, und^
zwar vom Großen Bath des Kantuns Wallis lür eine Eisenbahn vuu 8ilteu \m
an die schweiaeriseh-Mrdbiscbe Grenze, ertheilt worden, mit der Befiigniß, die-
selbe nur bis Brieg fortzuführen. DeuisL'lbeu Bewerber war schon am 22. Januar
1«53 die Bewilligung ertheilt, vom Hafen von Bouveret (am Genfer See) bis
nach Sitten eine Eisenbahn zu bauen und zu betreil pf). Eh sind iudeusen auf
diese Konzessionen hin nur die Strecken Bouveret Jkiurtiguy ^am 14. Juli ISöU)
and Martign/'Sitten (am 10. Mai 1860) in Betrieb gelangt; der ttbrige Tbdl
derselben blieb fllr einmal unansgentttzt, weil dem Konzessionär die Mittel zum
Weit<jrbau fehlten. Unter diesen Umständen sah der Große Rath des Kantons
WalÜH sich veranlaßt, an Stelle der bisherigen Konzestiionen diejenige vom 6. Fe-
bruar 186() (riiichtenhelt) zu setzen, in welcher die PHicbten des Konzefisionära
strenger gefaßt and die Yenteigernng der Anlagen in Annieht gestellt wurden,
sofern die noch rllokstlndigra Bauten nicht innert der bednngeiien Frist zur
Ausführung kommen sollten. Gleichartig griiiid> tit der Konzessioasinhaber eine
neue G'->'l!-('luifi, die Nouvelh Compaffttie äi' lu lif/ne ifltit/ie, tmter d^ren
Hülfe das Theilätück Sitten-Siorre gebaut und am 15. Oktober istih in Btirieb
gegeben wurde. Da aber auch die neue Gesellschaft nicht genügende ünanzielle
Mittel hatte, so ist ihr im Jahre 1873 die Konaesabn entzogen nnd die Ver>
stei<r -niiig der fiahs im Jahre 1874 verfügt worden. Der Erwerber hatte sidk
den Bedingungen zu unterziehen, welche in d>ri wieflerum neuen Konzessions-
l»e«^ümmuDgen (vom 24. September 1M7M) sirli tan lt u. Der Kaufftpreis für die
nun 80 Kilometer lange Linie samntt dem BeinebHmatcrial, wofür im Ganzen
Fr. 24*084,*i34 verwendet worden waren, betrag Fr. 10,000. Die neuen Er*
werlicr konstituirtcn sich als Simplonbalni<i':>dh' h<ifi ; sie brncbten ein Aktien-
kapital von vier uui ein Ob!i;,Mf i^jmnkapital von drei Millionen Franken auf,
Würaus die noch restirende Stierk«' Sierre-Hrieg erstellt wi-rdt n konnte ; das
letzte Tlieilstiick derselben, Loueche-Brieg, wurde am 1. Juli 187js eröffnet. In
Folge Vertrags ging endlich das ganze Diitemehmen am 1. Juli 1881 an die
Gesellsehaft der sohweizerisohen Westbahnen über, weldie gleichzeitig ihre Firma
in Compa'jnic des <Ji> mitis de fcr de la Suisse oc< identale tt du Simplon
änderte und nun mit neuen Kräften mit di r immer noch rilckütändigcn Aufgabe
der Vollendung der Bahn. d. h. der Durchbrechung des Simplon und Führung
der Lmi^ mittelst eines Tonneis bis zur seh weiserisoh •italienischen Gnnze bei
Isola, sieh befaßte.
Die einlUßlichf-n Studien Uber dieses Bauwerk haben einen gewissen Ab-
jicbluß gefunden durch d -ri Hr-richt einer Expertenkommission, welche die von
dem Oberiiigenieur der Gesellsehalt gemachten Studien und Vurschläge zu prüfen
hatte und sich, in Uebereinstimmnng mit den letztern, für die Erstellung eines
16,070 m langen Tnnnels (mit Scheitelhöhe von 835 m tt. M.) zwischen Brieg
und Isola aussprach. Die Kosten dieses Tunnels sammt den Zulahrtsranipen auf
Schweizer Gebiet sind, Doppelgeleise angenommen, auf Fr. 62,319,600 veran*
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Simplonbaiiu
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Soziale Frage
schlugt, lücht gtifbchiiet Gäl<ibe8üliaÜ'uDg8ko8ten untl Bauziime wahrend der Tor-
Mnielitlidi 8—10 Jaltre langm BanzMt.
Da auf der italienwcheu Seit« die Eisenbahnen nur bi« Domo d'Owola,
24 Kilometer von der italieiiis( h schweizerischen Grenze, gebaut sind, so ist die
Voraussetzung der Ban-Ausftihrung nicht bloß die Beschaffung Hps Bankapitals
fUr den äimplondurchbrucb, sondern eben ao sehr die Zusicherung der italienischen
Rogiemng, ihre Linie bie nur Landesgrense m verUngern.
(Jeher diesen Funkt, sowie darttber, ob und in welchem Umfang Italien aa
die Baukosten de» TuDaels beitragen solle, Bohweben die Verhandlangen nodi
(April 189üV
So lange die vSini[>l(>ueiiienbahn hUben und drüben am Fuße des Borge»
(Brieg) oder am Eingänge zum D£fil£ (Domo d^Owola) Halt macht, bat sie fUr
Italien ao gut wie für die Sehweia nnr lokale Bedentang and wird anoh der
ISrtrag niebt den bisher verwendeten Kosten entsprechen. Die Bedingung der
Fmchtbarmarhung dieser ist die Verbindtm-^ der bciderfieitigen Strecken durch
den Tunnel, womit, abgesehen vom Nachbarverkehr, auch für einen ansehnlichen
internationalen Verkehr die abeolut kürzeste Houte geschaffen wäre, welche da-
neben noeh den VOTtheil haben wird, daß sie yermSge der anßerordentlieh gttnetigen
SteigangererbKltniaBe billigt Tiixeu zu bieten und damit Kreise anzuziehen ver-
mag, welche sonst nach dem Gaaets dar Entfernungen anderen Alpentlbergäugen
sich zuwenden iniißtt n.
Simplonstrusäe (Alpenstralie). Der Simplon ist der eist« der »chwciz.
Bergpässe, welcher in eine Knnetotrafie omgewandelt worüe, and diese ist aneh
in ihrer Anlage die schönste und kostbarste ullcr sdiweix. Alpenstraßen. Ans«
gefllhrt wnrde dieselbe auf Bttchl Xapolcün's 1, in den .Tahren 18U0 — 180.'».
Die I^iinge beträgt vnn Gliz bei Hrieg i^Kt. Wallis) Uber den Simplon (l'aßhühe
2010 m u. M.) bis Domo-d Ossola ^Italien) 6^) km^ 12,1 km liegen aut dem Gebiet
von Wallis. Breite 7,3 — 8,4 m. Die Erstellnngekosten betrugen Fr. 7*686,000,
wovon Fr. 4' 106,600 auf Keohnnng Frankreichs und Fr. ;V471),40O auf Rechnung
der cisalpinischen Republik gesetzt wurden. Der Kt. Wallis betheiligte sich dabei
nicht mit Geld, jedoch mit Frohndiensten. (Vgl. Bavicr: «ätraiien der Schweiz",
Zürich, Grell FllÜii & Co.)
Soiafkbfikatloii. Dieselbe bestdit in der Sehweis nur als AahUngsd der
Sinrenfabrikation. In einer «elbstständigen Indnstrie kann sie sieh wegen Kohlen-
armnth des Landes nicht entwiclnln.
Solothiirn erscheint iiu Supplement.
Soolbäder s. Kurorte.
Soziale Frage, Sozial reform. Gibt es denn in der Schwem andi eine
aosiale fVage, daß das YolkswirthaobaftS'Lezikon genSthigt wäre, anf Thema
diMMT Art Bedacht zu nehmen ? Die Frage ist bejaht oder verneint, je nachdem
man zugibt oder bestreitet, dal.' dif Gegensätze Reichthuni und Armnth, Mnssen-
produktion und Arbeitsiusigkeit, Güterüh -rHuß aut der euien Helte und Güter-
mangel auf der andern Seite bestehen oder nicht bestehen. Ein Streit hierüber
ist nnmSglichi die GegensHtae sind da, wenn aneh nicht so schreiend wie in
Irland, BniUand, Belgien, Italien, Amerika etc., so doch i n ehr als genügendem
Maße, um za einer Aenderung der Dinge, an üner energischen Aktion herans»
zufordern.
Leider fehlt es in der Schweiz an der wichtigsten aller Statistik, der rfozial-
•tatistik, und es kann daher nieht siffermäßig naehgewiesen werden, wie viele
besitslose Bürger dieselbe beherbergt, wie Viele ungenligend genihrt nnd gekleidet,
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Soible Frage
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Studak Frag»
in FBam>, liift* nnd liolitarnioii Wohnvogon antergebraoht nnd, wie Viele ohne
Berufserlernuiig anfwaohselta oder eine ihreu Anluven gänzlich widersprechende
Ausbildung erhalten, wie vinle Msuiuhinet) dem Jllenschon das Recht auf Erwerbung
der KxiHteiizmittei verkümmern, wie viele Fremde den Landeakindern vorgexogen
werden u. h. w.
Eine d««rCige Statistik wflrde nne Alle mit Knteetaen erflllleO) das lebten
einen Jedeu, der tiehen will, die Vorkommnisse in seiner nücbsten Umgebnng.
Ob Ihr in Städten Umsoliau haltet oder in Dörfern, ob Ihr bei den Bauern ein-
kehrt oder bei t'en ij'abrikai beitern - überall »töi^t ibr auf Zustände, die unter
der Wurde eiue» gesitteten, zumal eines republikanischen, demokratischen Staat«-
veiene tind. Da bt keine Arbeit, dort kein Brod, da dient ein fauler Strohsaek
nie Naohtlager, dort hausen Eltern, Kinder und Fremde in einem einzigen, dunst-
erfüliteu Gelaß, da mißhandelt eine lieblose Mutter, ein roher Vater sein Kind
zum Gotterbarm, dort saugt ein Weib ihren Sprößling mit der vSohnapsflawche,
hier systematische i^ucbt zum Beitels, dort unmeniichliche Anstrengung der Arbeits-
kxifke am «inen Lohn, der rieb nur dadnroh vom Almoeeo nntersobeidet, daß er
nieht dnieh JSitten in Wort nnd Bliok erfleht wordt» ist.
Wer aber all* diea nicht mit eigenen Augen sehen sollte, der lese die Presse,
die Berichte von Verwaltungen, Behörden und Vereinen. Er wird aus den un-
zäbligeu Aufrufen um müde Guben für Bedürftige und Verwahrloste, für Kinder
und Greise, aus den Berichten Uber Armenhäaser und Gefängnisse, Uber f ehden
swisdien Arbeitam und Arbeitgebern, Uber Yersobnldang von Grand und Boden,
Uber Niedergang der Wehrkraft, Uber unausrottbare Prostitution, ttber kapitali-
stischen Wucher u. s. f. i rlc* nnen, daß es in der That aiu li in der Sehweiz eine
soziale Frage gibt, d. h. eiue Fratie, welche lautet, wie die gebellhcbaftlichen Ver-
hältnisse zu ändern seien, damit allgemeine Wohlfahrt entstehe und dauernd bleibe.
iiiei« Frage ist sogar eine brennende, äne von Tag an Tag an SehSrfe
gewinnende. -Sie ziebt Stunde nm Stunde mehr Geister in ihren Bann. Aber die
Vorschläge zur LöHung der Frage weichen sehr von einan<ler ab und die Reformer
trennen sich in verfcchiedene Lager. Neben sehr weil ausholeuden Plänen, nach
welchen aUe jetzigen wirtbschaltiichen Verhältnisse von Grund aus geändert, ja
sozusagen anf den Kopf gestellt wttrden, gibt es solehe. welehe nur Stttek um
Btttok, Sehritt unt Si^hritt refomdren wollen; neben internationalen Lösungen
werden rein nationale angestrebt; neben staatlicher Intervention wird rein privat«
Aktir>n gepredigt, neben gleichzeitiger poiitisoher Reform vollständige Außeraoht-
iassung solcher u. s. w.
Diese Mannigfaltigkeit der VoreeUXge beruht nioht zum kleinsten Theil anf
der Tersehiedenheit der Anlfsssni^en Ton den ürsaohan des Uebels.
„Wie sollte eine 80 anqgedeluite Krankheit, als welche die Notblage einer
großen Volksmassc sich darstellt, eine einzige Ursache haben kennen ?•* argumentirt
der Eine. „Und warum denn nicht, wenigstens eine Haup^ursache, wenn die^e
so schwer auf eine ganze VoLksklaase drilckt, daß indirekt die ttbrigen Klassen
in Mitleidensohaft gezogen werden?* replidrt ein Anderer.
Wer will nun diese Differenz entscheiden? Gewiß wäre es am besten einer
mit Intelligenz, Saehverstaiidniß und Unparteilichkeit durchgeführten Sozialstatistik
möglich ; indessen ist eine Holehe nieht vorhanden nnd es tritt an ihre Steile die
individuelle ApprcciatiuD, die je nach den Erfahrungen, dem Wirkungskreis, der
Phantasie nnd Denkkrall des ürtbdleaden so oder anders ansftUt.
So ist es denn in den Augen des Einen die Gewerbefreiheit, die AnhäuAing
des Kaiitals in wenigen Binden, welche alles Unglttok versobalden; ein Anderar
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Soziale Frage
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Soziale Fr&^e
«adit di« Sobald im pvivaleii GnmdbeAts» ein Dritter fai der fiUeeheD Eniehmig
dw Jagend, ein Vierter im Hangel un BeligioritKt nad werkthitager Nficbsten-
liebe, ein Fflnfter im Leichuinn, im Mangel an Sptnankeit, in bemflioher Un-
tOchtigkeit^ in ungenügender beruflicher Or^nisation n. 8. f.
Auf welcher Seite die eine oder andere Ansicht vorherrsche, geht zum Theil
nna den Vorsohlägen hervor, welche sur Beseitigung der soiialen Gebrechen ge-
maobt werden. Dae Lexikon branoht daher nur dieee Yoieoblige eelbet apreohen
na laeaen; t» thot dien, indem ee aie, Howeit ihm bekannt, dem Hanptinbatte
naeb sneammeniaßfc.
Wie andcrwärt«, gibt es auch Inn uns in der Schweiz suwohl syntematisch
orgutabirte 8ozialreformeri8che Parieiett, wie auch vereinselte, aut t^;gene Faut>t
bandehnde oder lehrende SosiaMormer nnd Sosialtbeoretiker.
Die Ersteren haben ihre f()rmlichen Programme, die außer den auf eigenem
Boden gewachsenen Ideen auch fremde, d. h. ausländische oder von Belbst-stündigen
schwinzeriHchen Sozia Ireformern herrührende in sich schlielien. Die Ehre der Vater
schalt der einzelnen Programmpunkte gebUhrt also bald Diesem, bald Jenem, und
ee bilt aebwer, die Vatwaehaft llberall naebmw^een.
Bepnneo wir mit dem Programm, dae den Wtlnaciien der grSßten, an Uit-
gÜedenahl stärksten eozialreformerisoben Partei Anadmek gibt, dem Programm
des schweizerischen GrUtli verein 8. Es lantet, nach gefl. Mittbeilnng
des Herrn Redaktor Vogelsatiger (Januar 1890):
Obligatorischer und uneotgelUicher Volkaschulunterricht (Primär- und Sekundär-
aehule) ; Unentgelttictakett der Lehrmittel auf beiden Stufen ; unenlgdtlidier Unterricht
auch an den höheren Scliulen und Stipendien Tür fTilii;,'»- riibemitfelt«. Arbeitergesetz-
gebung mit einem den Uesellschaflshedürlnissen entsprechenden Normalarbeilslag (£r>
weiterong und Vertiefong des Fabrikg^tzes, Zehnstundenarbeitstag); internationale
Regelung des Arbcitersrhutzc^ : Hart[)niiht für alle Fabrik- und gewerblitlien Arbeiter;
obligatori.sche Kraukeu-. L'utall-, üivalidiläts- und Altersversicherung. Uneittgeltliche
Kraiiken|)t1ege und Uebernalnne der Beerdigungskosten durch Staat und Gemeinden.
Staatliche Statistik Qber die Lage der arbeitenden Kl,i-~'en iHid di»- H«"lrt>v<TscbiiUliinp.
Feststellung der Arbcilslohiie aul die Hübe einer augiinessfuen Existenz inil Berück-
sichtigung der örtlichen Verhältnisse. Durchführung des Grundsatzes, daß das gleiche
uautum Arbeit, ob von Männern oder Frauen geleistet, gleich bezahlt werde. Staatliche
egdung des Arbeitsnachweises. Oetfentliche Slellenvermittlungsbureaux mit billigen
Taxen. Ubligatorische Berufsverbände. Unentgeltliche Rechtspflege. Gewerbliche Schieds-
gerichte (Frudbonunes). Steuerreform im Sinne konaequenter Durchführung der Progree»
non und InTentarisation ; progressive EiiMdiaftssteuem. Verstaatlichung der Versidiemng,
der Eisenbahnen und des Bankwesens (zunäi iist Bundesbank mit Banknoteninunopol).
Talwk-, Zündholz- und Gelreidemonopol. Staatliche Gesundheits» und Lebensmittei-
kcmtn^; eanitariscbe Kontrole der Wohnungen, der Fabrik-, Werkstatt- und Haue-
tndustrie. Studium der Bodenbeaittrefbrm.
So reichhaltig diene« Programm ist und so wenig Anspruchslosigkeit da»-
selbe verriith, so wäre dennoch der Bewei« schwer zu erbringen, daß demselben
von irgend einer Seite uachdrilcklioh Upposition gemacht werde. Nicht daß es
dem ChrtltUverein an Gegnevediaft feidte, aber dieü» richtet tk^ fielmebr gegen
die jeweilige Haltung dee Yenune in poHiisdae» {"kagen, ale gegm seine Tendenzen
auf wirthsohaftlicbem Gebiet. Auf letzterem Boden gewinnt der Verein vielmehr
zu«eliends an Bandesgenossenschaft. l>ie wenigen, aber dafür um so rührigeren
läoziaipolitiker, deren Ideen der GrUtli verein sich zu eigen machte, haben aoc-h
in anderen Lagern zahlreiche Gresinnungbgenossen geworben nnd dem VeretXndniß
fltr die Sozialreform Tbore geOffiiet, welche noeb vor wenigen Jahren in recht
rootigen Angeln lagen.
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Soiiale Frage
— 96 —
Soxial« Frage
Die in nnmeriaeher Hiiuielit sweitstKrlute fiozialreformerUiehe ') Partei ist
die social de mokratigche Partei. Aus Arbeiterkreiseri herausgewachsen,
«Ii ' mir zum kleinsten Thei] dem GrUtliverein angrliöi en, geistig inspirirt und
geleitut von Männern, welche außerhalb de« LolinarbeiterBtaudc.H stehen, igt gie
erst im Jahre 1888 entstanden ^) und zählt zur Zeit (Januar 18'Jü} noch nicht
viele SektioneD, gleiehwohl aber eine betriditliche Zahl von lOtgliederii.
Ihr Programm, Tom 31. Oktober XHSS datin, hat folgenden Wortlaat:
1) In politischer Beziehung : u. Ausbau der Demokratie, rein lieniokratisehe Staals*
form ; 6. Ausbau des Einheilsstaates, Bo.seilipuni; des kantonalen Partikularismus ; e. Un-
«ntgeltlicbe, dem Stande der modernen VVissenschafl entsprechende Volksbildung und
Votksaufklärung im weitesten Mafie, Verweisung aller kirchlidien Bestrebungen in das
Privatleben der Bürger.
Jfi vrirthfichaßlicher Begiehwtg: a. Suceessive VerstflatlichunK von Handel. Vef-
kebr.s\vt -i'ii. ImUij-trir. L.indwirlhschafl und (iewerbe iMniiojin]*- und Staabi-[Gemeinde|-
Betriebe^, unter Befolgung des Grundüatzeä, daß der KrlraK nach Abzug der Betriebs»
kosten und eines die Steuern ersetzenden Betrages für dfreoüiche Zwecke (Schule,
Rechtswp'^on. Verwall uti^'. Prif^'C der Kraiikrn. Aftrn. Invaliden, Miinar etc.) allen Mil-
wirkenden in mögliciist gleichem Mai^e zukommen <oll. HiefOr zunächst: Einsetzung einer
st&ndigen ,Koromii<sion rOr wirih^haftlicbe Gesetzgebung*, welche alle einschlagenden
Fragen zu prüfen, die besten Mittf! ttnd We^'c zur Vn^filhrung der einzelnen V.rstaal-
lichungen zu .nucben und der Bundesversammlmig In-zugliche Vorlagen zu machen hat.
Die Mitglieder dieser Kommission sind vom Volke zu wählen; sie werden vom Bunde
besoldet und -tiil. ii ihre jrnnze Thätigkeil ausschließlich ihrer Aufgabe widTiieu. h. Das
Hecht aller Burj-'i r aut Ailieil ist in die Verfassung anfzunebmen und iluii von den
Behörden in der Weise Nacliachtung zu verscbafl'en, d iii I» liem auf sein Verlangen eint'
möglichst seinen Kriiflen entsprecbende. ausreichenri gelohnte Beschäftigung im Dienste
des Staates, der Gemeinde oder williger Privater zugewiesen wird.
Diese« , grundsätzliche" Programm wird nun noch ergänzt durch diu> ^Arbcitii-
programm" pro 1890. £s lautet:
1) Knergische Propaganda für die Partei und ihre grunds,1fzlichen Ziele. 2) Obli-
gatorisches Referenclum und Initiative. Wahl d< - llun.Ie-rathes durch da.-' Volk. Ver-
mehrung der (iaranlieen der persönlichen iii clile und Kredieilen der Bürger durch die
Verfassung. 31 Eiidieitliehes Strafrecht. l\ Abschaffung der politischen Polizei. 5) Ein-
führung »1er prop(»rlionaleti Vertretung, ö) Utdigalorisclier, unentgeltlicher und konfessinn'--
loscr Volksschulunterriclit bis zum zurnckgelegten 15. Lehensjahre, mit PnlerstOtzuui^
fflr Mnhemittelle. Kinführung obligatorischer Fortbildungsschulen, l'neulgeltlii-hkeit der
l^hrmittei. Stipendien und Freipl&ize für fähige ünbeniittelte, welche mittlere und
höhere Lehranf^talten besuchen wollen. Erlaß eines Bimdesgesetze? nach Artikel f7 der
Bundesverfassung. 7| llnterstiltzung aller gesetzgeberischen Arfieilen fOr .\rbeilerschutz
und Arl>eilerfüräorge, tvowic aller Bestrebungen auf dem Boden der heutigen Gesellscbafls-
ordnnng, welche dem Volke in Ökonomischer Beziehung Erleichterung scIiafTen, immerhin
unt'-r steter Betonuiiu'- d. - Charakters derselben al<- \ m l'Udi'^'er ur)d vnrühergehender
Milderungsmatiregelu der heutigen, in ihren Grundlu^jeu unhaltbar gewordenen Zustände ;
so z. B. ein eidgenOsKisches Uewerbegeseti, allgemeine obligatorische Kranken- und Un-
fallversicherung, Steuerreform, unentgeltliche Krankenpflege u. s. w., Lohnminunum bei
'i Aiistatt dieses Prädikates uimmt die Führerschart der Partei die Bezeichnung
'/r.iWeruluiionär in frie«lliclieni Sinne" für sich in An-ivm- ii. Pie hält sich an die
Iji liidtioneii Lasalle's. nach welchen »Uefonu* nur die Kntwickiung eines besilcheudun
Prinzips. .Bevoluiion" dagegen die Substitution eines neuen Prinzips, gleichviet ob mit
oder ohne Gewalt, wäre.
Das Lexikon, weniger wissenschaftlich «lisponirl, h.llt es nnt der hindiüulititn Auf-
fassung, daß , Revolution* ein plötzliches oder Wenigstens sich sehr rasch abspielendes
EreigniU sei, »Heforui" dagegen eine Aenderurig ruhigen Charakters. DaU übrigens auch
die PilhrerschafI eine sfdehe ruhige Aenderung will, beweist folgender Satz in ihrem
, Aulruf an alle sozialistisch gesinnten Schweizer* : ,Was wir wollen, ist ja nur die Aus-
bildung v<m bereiUi Vorhaudenem."
*) Durch Besehlufi eio» Delegirtenversammlung des «Schweizerisctien Arbeiter-
lagea*.
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Somle Fnfe
— Ö7 —
Sonale Frage
OfTenUicheD Arbeiten, Achtstiintlenarheit fauch für Frauen). Regelung der Gelangni£i-
arbeit etc. 8) Eiscnbahnrückkaul, Huukiiuleu- uud Uankmonopol, slaaUiclier üelreide-
handel, ZündhAlzchenmonopoi. unter Verwendung der Erträgnisse zur Eatlastuiig iUi4
Hebung der lieiiürtligen Srhicbten des Volkes in Stadt und Lnnfl.
Schält man nun aus dienen Programmen de)i Kern der Sache heraus, so
ergibt sich als solcher: Aiif/emcfm Vtrstautitchung Her ErwerbswirlhsdMfi.
Zar BopOnduDg dieser weitgehenden, von keiner anderen sozialreformato-
Kichtnng getheilten Forderung erklKrt die sosdaldeuiokrAtiscbe Partei:
Die houli^;u (iescllsrli.ifts- uiul W'irtli-L-h.ilt.-ortlnun;.' t'piiin^'-t du- rnl i •■iln.-it «Irr
grolkm Ma^so des Volkes uud deren Verblcibeu in ungenügeodeo, keine volle Lebeus-
entifidtlunp ^'e^ttenden Verhlltniswn. '
Da» liouto lierrsciieii<i*' System di-r Loliniulioit ist die (Jrniniurs.irhf i]ry [.'iifrcilK-it ' • t
nnd der ungenügenden Leben^^iugv der Volksiuassä« und kann nur durch die bmlüliruug |
der freien gesenschafUtehen Arbeit aller BQrger beseitigt werden.
Dit.s heute lufrrsclu'iuk! System iUt Lolinarlicil lüLit riicjtMiii-'iMi, wtK lie dun li ihic
Arbeit liaupl.sachlich alle W'erlhe »chaücu, deuuoch nur den kieiu^U;ji llitil diu-ici-
Werthe zuknnunen und macht zudem, daß jeder Fortschritt der ProduktionsfShigkeit
durch Erlindun^'ou, Vorlif-^sei uti^.' i1<t M,i>cliin'j(i u. ^. w , stdt ilt m iirlielti-ii'icn Vulko j
XUlU Se^'en zu ^'ereiulic-n, zur Verringeiunt^ l'<>l'f"" luhI. zun.icli.-t a(-iiii,'sti ii-, ;LUtti *
meiner Vi'i ininiUruntr lU-r Arbeitsgelegenheit fuhrt, mittun ilmi zum t itluil wini. |i
Dit' vorhainkMioii ArlH'itsuiittfl l.i">nufu sfiiwn licutc lan^jo niclit voll aus;-'»-uü1/t ;
werden, .-sondern «la> l'riv.iliuti'res-t> (Jcr Uc^itzci' .Jt'r>t'ltn ii vi rl;iii^'t >ti>t3iuil. bald luebr J
«nd bald woni;,'LT. oini' kiinstlirhL' HemmuoK der ( iüh i (-ivA-uuiuDvr. u iUirend doch noch 1
die pviilM' Mii-s^e lies Vnlke-^ Katlx'tjrongen aller Art cidulütu muü. i
Dio FroduktinnsITiliiizkeit i.-t atier in einor Wei^e ire^liegen und steigt noch irnmor 1
«lerart, duLi (jiHor genut; tnid liltcrj^crm;-' tar einen iill^'eniemen Wotd-t.iml cryeui^'t werden I
könnten, sobald das Interesse Aller und nicht mehr das Interesse Kiozelner die liiiter-
eneuguiig und Gflterrennittlung beherrschen und nach einheitlichem Plane ordnen wQrde, |j
auch die vorliaudeiien Arhcitsmittel der tü'sumnitlieU zur Vei t'n;:mi^'^ -tändeu. i
Der sich stets verschortende wirthbchatUichc Kampl Aller gegen Alle, bei dem Jeder |
MDlttlügt ist, in immer stArkerem Maße auf seinen persAnlichen Vorlheil zu sehen und
(lieJ*en) !?eine beste Kraft zu widmen, enlsiuicht den lieul i;.'en rm ir;di-elivn H'';-'ril{en nicht 1
lyiehr und erscheint als da< "^T'H.'.le Ilinderrnü ueilerer sitdii lier V.ulw icklimg dr r .\h nscijlieit.
U&berÜÜDtiigf zu bemürkeu, daß da» ütsforoiprogramm dui Suzialdüniukratcn, |
^weii «e die atlgemeine Verstaatlichung der Erwerbe wirtbM^aft betrifft, in den
~ ;1ttlfigeii^Sjreiaen der Bevtllkernng anf Zweifel stoßt, welche theils seine innere
- jplereobtigan^', theils seine Zweckmiißigkeit und I >m rchftthrbarkelt in Frago ziehen. '\
'\^^^^a iHt zimäoK ■ ';<j große Ztihl der .s«dh^t>t,indi^en üntenu hmer in Industrie, |
J*'i;^flaijdel und Vtükciir, der he!ljst8tiin<ii^'t'n Luniwirthe, widuht; keine.swegb in eine ;
.^dienende Stellung zum Staate versetzt zu werden wüuücIiuü: da i«t ferner die '
t ^^'^ Zahl -Derer, welobe dem Staate die FKbigkeit abeprechen, mit Vortheil auf -
.9- -^^■^^Jj^^jJ^iftf'ltte zu koukurrireu ; da sind die Philu-itphen und Oekonomen, welche " |
"viüh' einer Zentralisation und ohriijkeitlichen Schematisirung aller Arbeit eine Ver |
flachung der Talente, eine bedeutende Hchwiiehtmg' der Thatkr.itt der ]iiei-^t»n |
Individuen befürcUleuj du wird die Frage aufgcwurleu, ub dur Staat iiuiuer g. - i
nügend Miiiende Axbeit aufxntreiben, ob er wirklich immerfort eeine Bttrger vor
Mangel zu HchiltiM vermöge: dort herrscht endlich auch die Forcbt, daß kein
Mii'lii- .I'T EinkommcnKvertlieihing uud der ( ieschaftsleitung ^'vfimden werden
Jeirin'e, \v. !rhf»r nir-ht eine Quelle lieatündigt.'U Uid'riedens und ijermaneuter litirgcr-
auktt Ware. Summa summarum ditbcr ücdcuktja ; Die VcröUatlicbuui' aller Er--
rerbijwirtniniilil'' bedeutet I>egra<lation der Kation, bedeutet die Annnth Aller,
gedeutet daa gerade Ge^entheil von allgemeiner Wohlfahrt.
Indem das Lexikon dieses Facit aus den ihm l)ckaun{cn anti^oziiildeniokra-
tischen Anschauungen zieht, glaabt es, der sozialdemokrattscheu Partei einige ^
Belege schuldig zu oein.
Fairer, VolkiwIttbicbafts-LcxDttia Uff Äcb»«!*. 7
Soziale Frage
— —
Soziale Frage
Der «obweiMrisdio Sosialtheoretiker Frofioesor SeerUan mbreibt in ieinoii
1889 bei F. Payot in Lausanne erHcbienenen „Etade« sociales" u. A. :
fStilc 1?,). ,nie kollektivistische Ge?;ellschafl würde keine der Versprechungen
haitea, welciie in ihrem Aanieu gemacht werden. Zunächst wurde sie nicht Jeden vor
Mangel .scliQtzen (d*abord eile ne donnerait pas du pain et de la viande ä tout le
monde), seihst wenn man annehmen wollte, daß trotz der t,'ro߀n EntlastuTi,_' l^ r Eltern
ihren Kindern gegenüher die Ik völkerung sich nicht slärlier als jetzt venneiiren würde.*
(Seite 78). .Würde wenigstens die UkgUgjliehe Besdiftftigang ihren regelmäßigen
Gang nehmen V Wir hezweifeln es."
(Seite 79). .Da der Arbeitende nichts mehr ersparen k:önnte, das einen ernslliaflen
Werth für ihn hätte, würde er natürlich seine Anstrengung«! nach annem Appetit
bemessen, d. h. er würde sich möglichst schonen.*
(Seite 80). „Was tms haupteftchKeh bedroht erscheint, ist die intellektnelle An-
strengung, das Talent, die Einndiin^', die individuelle Initiative, olnie welche os keinen
Forlschritl gibt. Wer wird noch auf KomhinationeD, Vereinfacbungeu, neue Erzeugnisse
bedacht sein, wenn er seine Erfindungen nicht für eigene Rechnung ausnätxen, sie nicht
einmal in seinem eigenen Heim, In meiner eigenen Werkstatt crprolien kann, wenn er.
um irgend eine Belohnung, eine Anertcennung zu erhalten, die Prüfung und Genehmigung
der Regierungakommission abwarten muß. Entgegen allen anderen Betheuerungen wftre
der Kollektivismus entschieden das Todesurflieil rier Krfindung, der Sarg des gewerblichen
Genies. Arbeitshaus mit Wächtern, Internat, Kloster, Kaserne - nennt wie Ihr wollt
diesen Aufenthalt, wo alle Bürger Beamte wären, wo alle Gedankenarbeit dem Bureau-
ärhlendri.m überlassen bliebe. Und wohlgemerkt: Der KoUrklivismu-- beabsichtigt nicht,
mit seiner Installation zuzuwarten, bis er sich über die gütize Men-chlieit aur^eiu eilet
habe, sondern liie Nation, welche ihn zuerst annimmt, soll ihre Erzeugnisse mit den-
jenigen anderer Zonen austauschen, soll die Konkurrenz mit dem Auslande aushalten.
Ein solches Vorhaben scheint uns absolut sinnlos zu sein. Ohne die Kapitalien der
Privaten und die Ersparnisse der Individuen, ohne die Konkurrenz im Innern und die
Möglichkeit für Jeden, seine CrÜndungen zum eigenen Nutzen zu verwenden, aehen wir
absolut nicht ein, wi« (selbst bei unbeschrankter Anwendung Ton Zwangsmitteln) die
für eine forb<(iuill liehe «Ic^i'H-cliiift ni^tlii;;i* inlelli'kluelle und merlianisohe Arbeit ge-
leistet Wörde. Wer nicht zuuinmitt nimmt ab, und wer abnimmt, verschwindet. Die
koUeküvisttticbe Gesellschafl kannte den Bedflrl^issen ihrer Glieder nicht genn^'en. Die
Gliicldicit. welciie >ie herheiffdircn würde. \\;ire nicht die Gleiihheit im 1 i-lierfluO.
sondern die Gleichheit in der Huugersuoth. Vor dem Hungertode nähme der Kollekti-
vismus Zuflucht zur Zwangsarbeit, sofern diese Oberhaupt nicht schon vom ersten Tage
an notliu eiuÜK wäre. Von welcher Seite man sich auch die Sache ansehen möge: diese
Urdnurj^' tier Dinge brächte die Tyrannei, den vollständigsten RcRicrungsdespotismus."
Prolesöor HiUy in Bern urtheilt folgendermaßen (Politisches Jahrbuch der
Schweis. Eidgenoasensohaft, Jahrgang 1881), Seite 665):
,ln Bezug auf «len Sozialismus ist die wesentliche Einsicht, die sich vor allen
Dingen in einem Staate wie dem unscrigen, der Urbcrtreihumjm nicht verträgt. Hahn
brechen muL, die, daß es sich niemals im Ernste um eine völlige L'mkehrung des jetzigen
Staats- und Hecbt^wesens handeln kann. Alle Beschwerden, welche der Sozialisnms gegen
die jetzige Staats- und Hechtsurduuug erhebt, sind richtig in einem gewissen Mafi, und
es ist denselben nicht dadurch zu entgehen, daß man entweder ihre Berechtigung leugnet
oder achselzuckend erklärt, es sei nun einmal nicht ander.- in dieser unvollkoinincnen
Welt Ebenso sind die Vorschläge, die der äozialiamus zur Abhülfe uutstellt, richtig in
einem gewissen Haß, nie und nimmermehr aber in ihrer Gesammtheli, und jeder syste-
utatische Versuch würde sieh ai-ITihrbar herausstellen niid hei uns in Bäli].- zu
einer gruyarügen Reaktion führen. Dieses richtige Maß der Beschwerden und dasjenige
der möglichen und durchführbaren Verbesserungen ist also zu linden, und je mehr man
dahci von jeder ,\v i^-'-n-chaftliclK-n" Sy-f. rri itik ali-ic!i1 und dir' Suche mit dem gewöhn-
heben ^'i-unileii .Nk>ii>chen verstand au;.'rt ir(, desto Im-^i-i wud c> gehen."
Die BoäntbeiiUrefoi'mrr endlich uehujcn iu iolgendeu Worteu Stellung gegen
die Sozialdemokratie.
„Die Verstaatlichung der sänuntlichen Produktionsmittel resp, der Produktion selbst
>vürde die individuelle Freiheit vernichten, die uiiermeii^Uchen Krätlc der freieu ludivi-
dnalität im Schaffensdrang und Unternehmungsgeist hemmen, den onnUiigen und trägen
Wirthschafter auf Kosten des fleißigen und tflchtigen prflmiren; die Omnipotenz des
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Soziale Frage
— ya —
Soziale Krage
Soliatetaates wttrde nichts anderes bedeoten ab die ROeUcelir zu mittelalteritdter Un-
-finüheit und Zwang/
Die Bodonbesitzreformer! Ja, bilden denn auch sie einen Faktor,
^len man ernst zu nehmen braucht? Alleriiiugü, werther Leeer, so daß, wer eu
lujute noch nicht glaubten uiug, in wcuiguu JaUrcu uudcrcu Siimei» bciu wird.
Die Bodenbeeitsreformer haben sich im Sommer des Jahres 1889 au einer
«elbatatlndigen eoziuln.'formeriscbeti i'ai-toi kon.stitniit. Str suchen die LL'hrcn eines
Henry Geor-je, eiut-s J)r. Stannii imd eiiu'.s Midiarl Fliii.v hnin auf <!ie K'hwt.-izt:-
iis»ohen Verhältnisse übtTzatraguii. W w — -iis zt-igen uns die im Fchruar 1S'.H>
vom Verüiui-praiiideutcu UculUhit^ir iSohar iu iinbni zuaummuiigc^iiilliou »Gruudl^iit^e
und PoHtnhite'' . Sie lauten :
J. Die so:iiilf Fra<ie vom Stundputiktr dir Jloth nhrsilrr<foi)>i. Der uii vei irn lir-
iMure Krähoden, die Quelle aller wirthschafUidien Uüter, i-t. Lieht und Luit, den
Jdienden Generationen Tom Schfipfer als erste I^istenzbe titi^'iui;^' ^'<-scbenkt« und kein
Mensch lial das Heolit, Inenibcr ais uubc-oLr.iiikU's rnviitt i^'i-nihutu zu vtriiitjt ij. In
<ier Jahrhunderte laugen Verkeunuug und L'nlerdnickuug dieser lundaaieaUüen Walirheit
liegen die Hauptnrsachen der wirthscbafUicben Krisnn und der sozialen Mifistünde der
, Gegenvviirt. l'ie UelieriTiliriunj vnn Gruinl und liixlt ii .ai- dtm l'ri\.ithe>itz in den Bt^itz
■der Volk.-^^'emcmschalL i.sl daliur die witk»ani^tv soziale |{eioini, durcii widi he <ia> l*iol>leui
ider sozialen Frage der l^''i«ung am näßhslen ^•'tührt wird.
Begrthtduny. u. Die licuti},'»; -ozialc I'"iat.'(' i>t tiii ( !i.L't ii>alz zu trnlieicn Zoitm
nicht mehr eine Fraye de^ Man^:ei>. sondcru euu" -nk he <\c> I ' hn ;lns.-,t s ; die Ci^arlie
der sozialen Miljstandi! ilot-'t niriit in d< r Arl und W.-i-«' der CuMluktinn. sutKicrn m der
Verlheihing der Güter, lii-nlf und yan> lu hnu n di n H tu[)1tii< il des ArliLit-prnilnktes
vorweg und der Ariieit lded)l verli;L!tnil.'>inal.;ij: ein zu kleiuci Arillu il am Ati'eit-|iiijWukl.
Die Schmiilerun^' dos Loluis liuK Ii Kente und Ziiis ist ürsaclie nmi \\ irkuti^' i Ajl-
it&ufilDg wtrlhsehafl lieber Güter aller Art in den Magazinen Ud>I dain-nge Veiiiuuderung
<ler Arbeitst'elei,'enbeit einen«eits. di r I nverknufliehkeit jener (lulerv ijrrSthe an die ge-
drückte lind nirlit kaul krallit-'e Mas-e ile- V-dkes amlep rsed-, ! '( lii. rpri>ilukt;i>n, Ver-
Jaiiodeniog der Jiauß&liigkeil und der ArheiUgelegeuheit, allgemeine Handelskrisen, zu-
nehmende Verschnldnng des bäuerlichen Grundbesitzes und Vermehrung des städtischen
ProletariaLs. Konzentration des Kajutals und alle damit zn-aiiiiii<'nliaii-^'endeii -nzjalen
Jüäayiodd sind aliea Symptome einer kraukheil des GeselkchaiLäkürpers, und ihre Lr-
Mehe Hegt in den arbeitsfreien, nicht konsumirten Einkommen : Rente und Zins.
b. Der Ziliü, d. ii. das Tribulreelit des Kapitale aul' tii'' Aibeil i|e> lau »'elneri und
<ler Völker, ttrscheint als die ^uuaciuilhegende Liäachc der uuriciitigcu Güter verlheiluug,
Jonofem d^eer Zina nicht Iconsumirt, sondern zu Anhäufung neuer Kapitalien verwendet
wird. Der progressiven .Anhaufun«; ^Tnßer Kajiitalien dnrcii Ziii> un.l Zinseszins stidien
^'j^enübcr: Niehtverwendharkeit (ier Ariieilspr' idukte, \ eiUimd>'run^' der iUbeil^eleguu-
£nt, Kontrahirun^ neuer Si-hulden von Seile drs Itauem, um di« alten ZU Terziosen
^Uii um dem Kapilalzuvvaetis des Heirhen Vei \vi nduu|^' zu enun^dirhen.
C. üie andere Form des arlieilsti eien Eiriknniinen- i->l diu Heule, 'I. Ii. d>-rieui;,'i'
'iTheil vom Erlrai^ der natürluiten Froduktionsinktiuen iGrund, Boden, Minen. W ihStn-
krälte. Jagd- und Fistbreeblet, welche der Gruüdeigenthümer — in liiiglaud di r Gicii.,-
grundbesilzer. in tler Seliweiz di«: Hanken und der HypothekarRlSunifrer — kratl >ciues
Eigenthum!*redites vom Hebauer jalirlieli erliebt. Die Itciiti' wirkt iti ^■^lei eher Weise wie
~ is; der nidit koubuiuirle Theil derselln ii vermehrt die großen Kapitalien, ver-.
t dagegen die Kaufkraft, die Arbeils^'* l -jenheit and den Wohlsland des Volkes.
Indem der Privatgrundbesilzer die pr^diikl i ven Natur- iirnl Lebrinkrafle u-urpii l. L'.'U ituil
er eine ungeheure Macht über dtejemgeii Menseheu, die geuciLhigt 6iDd, äicii mii ihm
über Arbeib^elegoiiiMi zn velstftndigen.
(/, I i'rrundrenle fordert nielit idnii vom Hel»aüer (!c^ otVcttuii Landes einen jalii -
lichen Tribut, Sündern eben so gut vum Bewohner und Arbeiter der ölädle rn^^e-uiidc
Hietbkaseroen, Wohnun^otb, hohe Hiethzinse, Baustellenwucher in den Städten h.'t)>HU
ihre Ursiacbc in der iiuheu Hente von slädli-idiern H.inu'ninv] : -u hm^'i;, als dir-rlbi' in
die Privaltascbe fließt, ist sie eine BesleiieMin.L; des Stadtebeuuhm.r^ zu (oiii-'eli ueid^'er
Privatpersonen.
l*ie Rente i$t die Ursaehe und die naiurliehe .Siützi' di-.- Zm-e-. Da- K ipiial
kactu nur so lange einen Zins beaiispruclieü, uJa ea sieb ui Furui vun ilj^oUiokoj-aniayeu
nicht nur seinen unverigdoliehan Bestand, sondern auch den durch die Natur- und
Soziiiie Frage
— 100 —
Soziale Frag»
Lebenskräfte bewirkten Zuwuchs Hchem kann. (Aus 100 Hflten werden in einem Jahr
nicht l(th iinders bei Bäumen. TliiiMcii. Weizenkörnern, Wiesen- und Ackerfrüchten etc.)
EoiUiehea wir das uozerslörbaie, selbst Früchte erzeugeade Erdreich und die ^aturkräfle
dem PriTRtkapitai, so muß damit ftuch der rdne Kapitalzins dafainfaUen. Die Ueber«
t'ührung von Grund und nodt n in den Hesitz der V.ilksi.'emein.schart maclit der Zins-
lierr»chafl eia Eade, bebt die scbädigeuden Wirkungen des Kapitals, die sieb selbst
vermehrende Kraft desselben auf, ohne sdne wohithfttige, di* Produktion I5rdcmde
KraH 711 mindern. So wird das Kapital atim Segen der menschlichen Arlieit wirken.
(Flürscbeim.)
f. Die Rente ist In stetigem Waehsthum be^ffen ; denn in ihr kristallisirt «eh
der gesammte Fort«'-Iirill ilcr Kullur. Die GüIit der iiidusfrielleii Produktion werden
durch den Fortschritt der Technik iuuaer billiger; der ud vermehrbare Erdbuden dagegen
miifi mit der Zunahme der BeT((lkerQng, des Verkefars, der Tedinik, der Industrie und
do< riaiidrds. mit d*'r Steip'niiig der ErtragsflUligkeit u. 8. w. immer gesuchter werden
und im Werthe stetig zunehmen.
Diese Erscheinung ist augenOUig in den Städten ; aber auch auf dem Irenen
L«ande w,'!rti~1 (Ho Hento st. tip, frnfz zeitwoili^ji-n Hück^jangs der Gütr-rprcise. I>t nun
Grund und Boden im Privatbesitz, so täill der durch die ^''^suininte KuiturHrin ii aller
Menschen erzeugte ForUchritt und der Zuwachs der Benle dem Privatgrumiliesitzer zu
und führt mit rasrlifii R< liriften zur An^cheidiinp der Meuchen fii Heirli und Arm.
Di^ Unfrertchligkeit kaua nur gehohen werden durch Uebergang von Gruad und Hoden
in den Besitz der Volkspemeins< haft. (H. George.)
g. Die Abgabe des Kenlenzuwacbses an das Gemeinwesen — das zunächst liegende
Postulat der Hodeubesitzieformer - hätte namentlich in den Städten eine außerordent-
liche Tragweite. Die daherigen Einnahmen würden nach und nach alle übrigen Steuern
übertlüssig machen und das Qemeinwesen aniierdem in den Stand setxen, allen an das-
i<elbe herantretenden Au^iraben der Vofkswohtfiihrt zu genügen.
h. Die volle Wirkung der Tiodenli- -ilzieriirin wird erst eintreten, wenn aller Grund
und Boden der Volksgemeinschaft gehörL Wenn die gesammte Grundrente des Landes
in die Gemeinde» und Staatskasse fließt, wenn Gnind und Hoden nicht mehr der Privat-
spekul itiMii überlassen werden, das Privalkapit il ^ein^•r IitMitii.'en unzcr~!nrl);u en Ra-Ms
der iientenaolage beraubt ist und iturch den Wegfall des Zinses seine sich selbst ver-
mehrende Kraft verloren hat;
dann hc>ifzen Si!iat und Gemeinde alle jene immcn-m Mittel, wel.dio lioule als
Rente und Hypdtlu karzinse zum größten Tlieil zur \ ergrftßerung der t'nvatkapitaliea
dienen, und damit k;inn der Staat, olme ^euie liurt,'rr ndt allerlei Steuern direkter und
indirekter Art ZU drücken» seine hohe Mission als Wohlfahrtsstaat in leichtester Weis»
t-[ irdlen ;
dann erwirbt der Arbeiter einen größeren Antheil am Arbeitsprodukt, damit wächst
die Konsumtäliigkeit des Volkes; die sog. üeberpnMiuktion fällt von selbst dahin und
die Arbeitsgelegenheit nimmt derart zu, daG jeder arbeitswillige und arbeiLsfahige Wirth-
sebafter eine auskömmliche Beschätligiing findet;
dann wird auch flas Kapital genOthigt sein, die Arbeit aufzusuchen; es wird «ich
gegen eine bloße GefahrprSmie, oder wo volle Sicherheit gewährleistet ist, sogar un-
entgelllii Ii dem Unternehmer zur Verfügung stellen.
So wird die Verstaatlichung von Grund und Boden einen Zustand der allgemeinen
Volkswohlfahrt einleiten und unserem Volke zu der polUlsehen FVeiheit, die es sidi in
Jahrhunderte langem Kampf errungen, auch die {ökonomische Freiheit bringen.
I. Die Bollen besilzreform ist nicht nur für städtische Arbeiterverhällnisse von
höchster Ued»'utung. sondern sie ist eine dringende Xothwetidigkeit auch für die bäuer-
liche Bevölkerung; iienii der beulige Zustand der liaucrn wird iminer schlimmer und
unhaltbarer. Die Verschuldung wäclist von Jahr zu Jahr, die grol&e Mehrzahl der Land-
wirthe ist (Iberschuldet und daher nur noch Seheineigenthflmer, Pfiehter mit eisernem
Pachtzins; der An fall der Grundrente gegenüber li^ ui Hypnthekarzins kann nur duirh
Absparen vom Munde, durch Hausindustrie und ^ebeuverdieust gedeckt werden. Die
Steigerung des Landwerthes durch Verkehrserleichterungen, Ameliorationen, Zolle, Staats»
hülfe U.S.W, bewirkt '•r('alirun;j-:.-*etii!l!.' nur einr- Steigerung: d.-t Ver-fdiuldutiL.' : Tür di^-
landwirthschaftlicbe Arbeit wird der Antheil am Krtrag derselben immer kleiner. U.iiier
die massenhafte Auswanderung, der Zug nach den Stfldten und Industriezentren und
die dortige Vermeliruiig des Proletariats. Durch Verslaatlichunj; mn nrmul und Boden
wurden die Si;hulden abgelöst, die Beute in gerechter, dem naturliclien Ertrag des
Bodens entsprechender Weise normirt, bei Mißernten u. s. w. erroAßigt; das eigene
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Soziale Frage — 101 — Soziale Frage
Kapital» das heata dar Orundbasitaar zur Ausgleichmig der Differenz zwnehen Ankaufe-
Werth und HypolhekarschuM verwenilen muß und meistens unfrucMitli.ir ist, wir<l fn i,
kann zu Betriebskapital vurweadel uad dadurch die Ertragstäbigkeit des Bodens be-
deutend gesteigert werden. Den arbeitswilHgan and sorirflJtigen StaatspSchter verjagen
keine Gläubiger von Haus und Hof; Mißernte und Hajjplschlag bringen ihn niclit mehr
an den Bettelstab; Tod und Erbtheiiung luhreu aictiL atebr zur Verarmung und lieber-
schuldung des Grundbesitzers; aliea das und der vennehrte Ertrag landwirthschafUldier
Arbeit machen <lfn Iraner wieder zum frt-ion Mann: der massenhafte Zug nach der
äladt hurt aut ; die \'enuinderuug der Konkurrenz tu der industriellen Arbeit wirkt auf
•die Lohne gOnstig und gegen das Anwaelisan des stidtiachen Ptoietariata mnd die Qnellen
verstopft.
II. Die Durchführung (kr ßudenbeaitzreform. 1) Die iCommunalisiruag resp. Ver-
staatlichung von Grund und Boden und alle hieraus resultiranden wirthschanlicben und
sozialen l'iiiKeslaltungen lassen sich auf friediichem Wejre erreichen; keine Aufhebung
<ies EigenÜiums, kein Kommunismus, kein Krieg gegen da--* Kapital (nur ^'e^-i u den Zins),
keine Staatsproduktion, keine Aufhebung der freien Individualität, utterhaupt keine
Acnderung des jetzigen wirth>'chal11ielien Sy-lcms. dalier auch wedi>r T'^ v ilution noch
Umsturz. Die wirthschaftlichen und siUlicben l^rinzipien bleiben nicht nur unangefochlen,
sondern kommen erst recht zur vollen Geltung, eI>enso die flma Konknrmiz ; die Boden-
iMätzreform verlangt nur ein einziges Staat^imonopol, da<:jenige auf Grund und Boden,
nnd das kann sich das schweizerisihe Volk erkämpfen mit dem Stimmzeddel in der
Hand ; durcli ein neues Gesetz, da- den liei uns durch das römische Recht einge-
.actuuoggelten Frivatgrundbesitz aufbebt und, an^bließend an das alte germanische
Redit, die Hntter Erde wieder der Votksgemeinsebaft zurückgibt
2) Die Konunnnalisirung resp. Verstaatlichung von Grund und Boden kann, wie
alle friedlichen sozialen Refi»rmen, nur schrittweise und im Anschluß an die bestehenden
Verhältnisse und Rechtsbegrille erreicht werden ; di« successiven Schritte der iiauzen
Reform sind daher: a. Eine über die ganze Schweiz ausgedehnte Enqui^te über die Ver-
■schuldung des Grundliesitzes» sowie über das Verbältniß der Grundrente zum Hypothekar
^ins; Ermittelnng der Zahl der fiberschuldeten Bauern ; staatliche Intervention zu Gunsten
derselben; (Kompromiß zwi-i lien GlTiubij^er und Schuldner; ver'ratrlirhe Redu' tion des
2instaßes, NachhiU, Ankauf durch den Staat u. s. w.) ; bäuerliche ICreditgenossenscbaflen
(Qr Anlage- und Betriebskapitalien, h. Einheitliche Reform der Hypothekargef^etze ; Ver-
.StaatUchung des KrediU? aufGruud und Boden mid Au->cIj1uG de< Priv itkapitals vnn der
Anlage auf Liegenscballen. c Ankauf der noch freien Baustelleo durch die städtischen
Gemeinwesen, d, StaatUdia Einsrhfttzung der Grundrente zu Stadt und Land, als Basis
für den Rentenzuwachs und dessen Hcsteuening; Besteuerung de- -iruUiseiien Grund-
besitzes, einschließlich Park- und Garteuaulagen. e. Eidgenössische Expropriation der
Wasserkräfte und Mineralschätze, f. Gesetz über die Abgabe des Rentenzuwachses an
den Staat, g. Aufnahtne des Postulates in die Staatsverfassungen : Staat und Gemeinden
dürfen Grund und liudtn ervverlien, aber keinen mehr an Private verkaufen. /*. Expro-
priationsrecht auf Grund der iiei i iischäi/ung ; Vorkaufsrecht des Staates und der Ge-
meinde auf Grund und Buden bei Hatidrm.leninK und Erbtheiiung. >'. Gesetzliche
Regubrung der Verpachtung von Grund und Buden durch den Staat an die Privaten,
«inschliefitich der Verwendung desselben ab Baustelle.
Daß diese in der Sehweu so unerwartet aufgetretenen Bodenbesitsreform»
tendenzen noch nicht in Fleisch und Blut des Volkes fibergegangen sind, ist sehr
begreiflich. Vorderhand bei^gnen sie mehr einem ungläubigen KopfschUtteln als
begeisterter Zustimmung. Sympathische Auwandlungen werden zurückgehalteu
4ureh allerlei Erwägungen und Zweifel. ^Privatbesitz ist Fortschritt", „Eigen-
thnm Aller ist Niemandes Eigentbum« ist Armutli Aller* deklamirt der Eine und :
, Privatbesitz au Grund und Boden Wt nicht ungerechter als der Privatbesitz an
beweglicliem Kapital" der Andere. Ein Dritter fürchtet den äußersten Widerstand
Von Stiite der Bauersame.
Viele könnten sich nur zu einer Vergemeinschattlichurg des slädtiachen
Bodens, der nicht beiurbeitet wird, yerstehen. Ben bäuerlichen Boden dagegen
würden sie im Privatbeeits belnssen und nur das Beleibungarecfat dem Staate
Ubertngen. H«imweseii| die infolge dieses Beleihnngsreebtee dem Staate suflftllen
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Soziale frage
— 102 —
Soziale Frage
tollten, wttrden lio illerdings nieht wieto Tflrkaiitoi, sonddro lediglMli ver-^
pnohten.
Auch die Durchführbarkeit der Reform auf friedlichem Wege wird be-
zweifelt. Professor Hilty f^tellt sie auf gleiche Linie mit der friedliclien Durch-
ftthrbarkeit des von eincin Käub&r beabsichtigten Kaubeü, »ofem der Räaber
wenigstens, bevor er daa Opfer angreift, den Ruf aCruld oderBlat!" aiusustoßea
die Gute habe. Umgekehrl iet ProfMor S&eretan ein warmer Beflbrwwter der
Bodenverslaatlichung, unter der Bedingung, dal^ eine gerechte Expropriatioo etatt-
finde. Doch traut er dem Staate die nötbige finanzielle Kraft nicht zu.
AIö vierte nnd jüngste ^ozialpnlitische Partei muß die Freie Gesell-
schaft schweizerincher Soziologen erwähnt werden. Uiehelbe iht aus
der am 22. Januar 1890 in Zttnch stattgehabten Del^irteDTeraammlung der
katholischen Männer- und Arbeiterv r ine hervorgegangen^ indem bei diesem
Anlaß die von Kanonikus Lon-tz in Winterthur beantragten Statuten genehmigt
wurden. Dieselben lauten in der Hauptsache:
1) Der Verein hat zum Zweck das praktische Studium der sozialen Frage im Sinne
und Geiste der kHihoUachen Kirche und mit besonderer Berfleksiditigtttig der sehwefaES»
tischen Verhältnisse.
3) Zur ErretebunfT dieses Zwedces wird sich der Verein folgender Vittd bedienen r
a. Grüiiilunj; und Aeiifiiunt; einer Bibliotliek, welche die wicliti^rcren Publikationen
auf dem Gebiete der sozialen Frafje umfaßt und den Mitgliedern uaentgeltUcli
zur Verfügung stehen soll.
h. Systetiiati-tlie Tlieilun^' der sozialen Frage in einzelne Gebiete und Zuwei^un^
der letzteren au einzelne Mitglieder oder £ommi.ssic>nen zum Studium derselbeu
und zu entsprechenden Referaten tn den Versammlungen.
e. Freie Konferenzen im Laufe des Jahres zur wi-^-en-chafHirhen Besprechung sozialer
Gegenstände und Entgegennahme von Referaten und Vorträgen.
d. JSbrUche Generalversanimlung der Vereiiismitglieder, wenn möglich im Anschluß-
an eine grAtlere (leiu rnlversamnilung der katholischen M&nner- und Arbeitervereine.
e. Aussrhrpiben Voti rreislrageu.
Iii Mit^di*>d der Gesellschaft ist jeder gebildete Katholik, der durch Anmeldung beim
Vorstände seine l'ebereiustimmung mit der Idee des Vereins ausspricht und einen Jahres-
beitrag von 5 Franken entrichtet.
0) Die Generalversammlung umfaßt jedesmal zwei Thdle, einen gesehfilUidien und
einen wi>«enschaftüchen.
Zum wissenschaftlichen Theil gehört: die R«<preehnng sozialer Gegenstände, die-
Abhaltung von Vorträgen über sozi:Ue Fra^'t n, die Fc-l-t-t^ung des sozialen G< iil» tes,
auf welches der Verein zunäclust seine Aufmerksamkeit richten soll etc., sowie die Auf-
stellung und Ausschreibung alimiig«' Preisfragen.
7) Die Mitglieder d< r freien VeriMni^nuii: wiTdcn -iili iin^-elrijen sein l.i-seii,
nach TbuuUchkeit die Zwecke der katholischen Hämier- und Arbeitervereine der Schweiz
zu fBrdem, besonders durch Uebemahme von Vortragen Ober sonale Gegenstände in
dercti VcrsammlunL'en.
h) Die freie Vereinigung schweizerischer Soziologen wird sich bestreben, mit ähn-
lichen Vereinen des Auslandes in Verbindung zu treten behofs gegenseitiger Mittheilung
wichtiger He.schlns.se. allfälliger ruhlikuti nion n. dir!.
Zu spat hat da» Lexikon Kenntniß erhalten von der Existenz einer Soci6te
cbr^tienne suisse d'dconomie sociale, welche in Geuf von Protestanten streng-
gläubiger Riditong gegründet worden sein soll.
Von den organiairlMi Gruppen tibergehend zu den uuurganiairteD, isolirt nnd
selb^tHtäudig vorgehenden So/.ialpoHtikern, ist wohl diejenige Richtung am stärksten
vertreten, welche da» Hauptmittel znr Lösnng der sozialen Frage ir» der Ver-
sicherung erblickt. Zwei Lager la-nsen sich hier unterscheiden: DiejeDigeo^
welche die allgemeine, fast allen Weebaelillllen des Lebens begegnende Ver-
dcbernog postniiren, und Diejenigen, welche nur einer partiellen Yersiehemng^
aaneigeo. Die Überwiegende Hehrheit dürfte eich auf letatever Seite befinden.
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Soziale Frage — 103 — Soziale Fiage
Der allf/emeinen Versicherung redete wohl zuerst der verstorbene Professor
Walther Mnneimjer das Wort, indem er in einem vor 20 Jahren zu Bern ge-
haltenen Vortrag empfahl, das Erbrecht ho zu refurmiren, daß ein Theil aller
Vermögen einer eidgenössischen Stiftung zufallen müsse, welche entweder zur
Versicherung Aller gegen Hiilfslasigkeit jeder Art oder zur bestmöglichen Er-
ziehung der Jugend zu verwenden wäre. ')
Der schöne Gedanke wurde nicht mit dem Leichnam decsen, der ihn geboren,
eingesargt. Er lebt fort und fand beredten Ausdruck bei bedeutsamen Gelegen-
heiten.
Am ld86er Zentralfest des Griitlivereins zu Grenchen nagt« Nationalrath
Curli :
»Die Ver<icherun(f!!technik insbeson<lt're lelirl uns Schatze heben. Oder ist es elwa
ein verwej,'enes Wort, — ich glaube nicht! — wenn ich sage, daß sich freilich <iie
Armuth ausrotten lietie. wollten wir es nur ernstlich zu versuchen wagen V Wir kötmen
uns gegen die Mißerfolge des Eigenthums- und Ernteverlustes, der Krankheit, der In-
validität, des Alters und des Toiles versichern. Im Großen organisirt, würde die gegen-
seitige Versicherimg zahllose Existenzen retten, unendlichen Kuniiiier mildern und durch
die Verbannung der drückendsten Lebenssorgen auch allen geistigen Kräften, welche in
der Gesellschaft thätig sind, eine größere Spannkraft geben.*
Oberst Frey hinwiederum rief an der St. Jakobsfeier vom 2G. August 1889
dem Volke zu :
.Für un.<er Land erblicke ich das Ziel, auf welchc>s alle Kräfte zu richten sind, in
der gegenseitigen obligatorischen Versicherung. In ihr liegt die S<tlidarität des Volkes
begründet. Durch diesen Gedanken muß diis große Wort : Einer für Alle und Alle für
Einen zum Siege geführt werden. Die Unfall-. Kranken- und Altersversicherung wird
unserem Volke eine mächtige Schutzwehr gegen die Wechselfallc des Lebens schafTen ;
ebenso die obligatorische Feuer- und Hagelversiclierung. Die allgemeine obligatorische
Lebensversicherung aber (vor mehr als einem Jahrzehnt schon von mir betont) ist der
Schlußstein des Ganzen. Mit ihr wird die Besitzlosigkeit aus unserem Volke verschwinden,
durch sie wird unser Volk ein Volk von Besitzenden werden.*
Im nämlichen Sinne sprach an der 1889er Jahresversammlung der Schweiz,
gemeinnützigen Gesellschaft Nationalrath Locher., indem er dem Recht auf Arbeit,
das von anderer Seite in den Vordergrund gestellt worden, die Versicherung ent-
gegenhielt.
Und welch' wuchtige Lanze bricht nicht Nationalrath Forrer fiir die Ver-
sicherung, wenn er sagt :
, Unser Proletariat wächst in erschreckendem Maße. Das Kapital sammelt sich zu
unerhörten Summen. Hs besitzt die natürliche Tendenz, sich immer mehr Kräfte, die
menschliche Arbeit, ja den Staat selbst dienstbar zu machen. Es verfolgt diese Tendenz
mit grauenhaftem Erfolg. Dieser Erfolg ist gleichbedeutend mit dem Elend der Massen.
Sache des Staates und seiner Einrichtungen ist es, dem Kapital den Erfolg streitig zu
machen und dessen Einfluß auf »las gebührende Maß zurückzuführen. Niemand als der
Staat besitzt hiezu die nfithige Macht. Welches ist jenes gebührende MaßV Wo liegt die
Mitte? Kein Mensch soll hungern, keiner der nöthigen Kleidung entbehren, keiner einer
anständigen Wohnung entrathen müssen. Dies ist der Inbegrifl des Nothbedarfs. Dieser
Nothbedarf soll jedem Menschen garantirt sein. Vor diesem Nothbedarf mvß das Kapital
Hall machen. Da es nicht u ill, wird es dazu gezwungen. Und diesen Zwang auszuüben,
dazu ist der Staat da. Alle amleren Potenzen sind außer Stande, es mit Erfolg zu tliun ;
sie können nur und sollen mithelfen: Die Lehrer, die Geistlichen; .Alle, so ps wohl
meinen ; Alle, so humaner Gesinnung sind ; .\lle, so dem Sittenge.setz huldigen. Ein
Theil dieser Staat><'aufgabe ist die Versicherung der Unselbstständiyen, und zwar in
erster Linie der dem Risiko am meisten austreselzten Unselbstständiiren, der Arbeiter,
*) ,OefTentliche Vorträge*, II. Band, II. Heft. Basel, Schwoighauser'sche Budi-
handlung.
Denkschrift über die Einführung einer schweizerischen I nfallversichcrung, ver-
faßt auf An.suchen des eidg. Industrie- und Landwirth-schaftsdeparlemenLs.
Soziale Frage
— 104 —
Soziale Frage
pesren die ünfallschfiilpn. Wir j-MiMnlircn dern Knlppel 'Ipr Arbeit und den fus-l stofs
mittellos Hinterla-ssetieti des urelödlekii Arbeiters dea Nothbedarf. Wir realmren diese
Garantie auf die einzig wirksame Weise : Wir leisten den Nothbedarf selbst und holen
die erionlerlicben Mittel zwangsweise da, wo sie gesdiuldet werden. Und dieser Wir ist
der Staat."
Noch ad sitirt der im wirtbscliaftHohea Organismiis d«* Schweiz so wichtige
Vorort des Schweiz. Handels* und Industrievereins (PrBsident Kationalrath Cnimer«
Frey), der in seinem an das eidg. Industrie- und Landwirthschaftsdepartement
gerichtt'ton Gutachten Uber die obligatorische Unfall- und Krankenveraicherung
erklärt, daß er in der Versicherung nicht bloß eine Schutzgesetzgebang zu (iunsten
der Arbeiter erblicke, sondern eine allmfilige Sichemtellung dea nSlhigen Lebens*
nnterhaltes eines Jeden gegen die äußeren WeohselftUe des Daseins.
Wer die allgemeine Versicherung will, will selbstveratlndlich auch diejenigen
Staatsmonopole, welche dem Staate die zur Versicherung erforderliclien Mittel
zuführen, und es sind daher einige der üben genanoten Männer eiirige Apu-ntel,
wenn nicht die Urheber der im GrUtlivereiniiprogramm erw&hnten Monopolprojekte.
Die partielle Yersieheningt wie obligatorisehe Kranken-, Unfall-, Feoer»,
Hegelveiaicherang, liegt der BegrilVssphäre der Mehrzahl der SchweizerbUrger
nfiher und es gibt wohl Wenige, welebe nicht in der einen oder anderen Hinsicht
voll und ganz zustimmen. Durch praktische V(jr.schläge betretend die obligatorische
Lebensversicherung haben sich uuseres Wissens der ZiUuher Staatsschreiber Hiti/Ji
nnd der Neuenbarger Staatorath Cemae, welche beide einschlägige GesetcentwUrfe
für ihren Heimetkanton aasarbeiteten, verdient gemacht ; der obligatorischen
Krankeiivi-isichernng suchten schon vor Jahren Dr. GiHtishcim in Basel nnd
Sekuudarlehrer Itsrhncr in Neumllnstcr die Wege zu bahnen, und in vier Kan-
tonen zugleich haben im Jahre lüüü dieübezUgUohe Gesetzentwürfe die Behörden
beNohSftigt: in Aargau, Baselstadt, Genf nnd St. Gallen.
Was die Versicherung den £inen, ist die Bernfsgenossenschaft den
Anderen, insbesondere Denjenigen, welche von einer solchen Organisation eine
Betheiligung der Arbeiter an den Gesohäftsgewinnen erwarten. Hoher Beachtung
Werth ist gewiß das Urthcil eines Mannes, der als Industrieller, Kaufmann und
Arbeiterfrewid eine hervorragende Stellung einnahm — des verstorbenen KoU'
mann. Wie schade, daß die Feder der Hand entfallen ist, welche den „ Sommer-
nach tstr an m" ') schrieb. In dieser Schrift entwickelte Eottroann das Bild einer
in Point r Tder schlommemdcn Gesellschaft da^ gesaamien echtoeieerischen Uhren'
induslne, welche
znnflcbst nur Handels$r«9»1ldebaft i5t, zum Zwecke, den Absatz und das Zusammen*
.«pio! der Fabrikationsorjjant- /u vcnnlKtln. Sic i-f auf .\kli.'n jregrfiiidel. irift nur
mit .solchen Fabrikaulen in Verkehr, welche sich gewis.se Vorscbrirteu gefallen lassen,
als : Nur gute, bestimmten AnforderuniKen entsprechende Waare zu liefern ; keine Lehr
liiijre finzu.stellen ohne die Znstimimiti'^' der (fcsellscliafl ; keine Frauen in den Faltriken
zu ver\v»Miden ; die Hausväter so zu bezahlen, dali sie geiifiKend fVir die Familie ver-
dienen; die Arheilszoif auf 10, eventuell weniger Stunden zu reduziren; die Arbeiter
und ni'-il. rf ri A ii^-c-ti Ilten am iitnvinn zu betheni^'in (2ö o); »-inheifli« lir \i lu-ifslrthne
zu adopliren ; die l'.iUrik zu einem im Voraus ven'hib.trleu Preise nach 3ü Jabren von
der Gcitelischafl erwerben zu lassen.
Dapt'gon soll die (iesfllschaft ifino Konkurrenzlabriken erstellen, die Heingewinn-
antheile der Arbeiter ziun Bau von ^je-iunden Arbeiterwuhnungeu, zur DoÜruug von
Kranken-, Alters-, Unlaliversieberungs- und Invatiditätskaflsen, Spetseanstallen. Klein*
kindersrbulen, BilduiiK'svcreinen etc. verwcndeu.
So beKiMisti^'t, w» rdt-n die Arbeiter jene Fabrikanten verlassen, welche nicht zur
(•e.<-ellsrhatt halten woll< n. resp. die Fabrikanten werden, um ihrer eigenen Existenz
willen, der (;<'.sellsrli;i('l l»eilri-lfn.
'J äolothum, Zepiel'sche Buchdruckerei, lb88.
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Soziale Fra^'e
106 —
Soziale Frage
Die GesellscbafI nimmt Ton Anftinp an nnr solche Waare entgegen, welche ihren
strengen Regeln entspricht. Ditsc Waan- wird mit einer Fabrikmarke vi-rsehen und mil
entsprechender Heldanie auf den Weltmarkt gebracht. Die UesellschaA verkauft nur
gegen Baanahlting und nur an Groftbftndler. Einen Theil des Refaifrewhines verwendet
sie zur Fördfruni^ der eigenen und zur Bekämpfung der frrnidcii riirt nindustrie. Sie
eröffnet neue Absatzgebiete und spricht ein gewichtiges Wort bei Handetovertrags-
absehlflaaen. Der Preis der F^rikate wird je nach der Lege des Weltmarktee von Ver-
tretern dpr (lescllschaft und der Fabrikanten bestimmt.
Die Gesellschaft kann stets reichliche Dividenden zahlen uitd die Aktien steigen
beständig im Kurs. Die anfänglich erheblidien Reklamekosten verringern sich nach und
naoli. Das ^rutc Fabrikat, tln« vorerst gegen die hiiligere minder\vert}ii(.'o Wnaro rinon
schwereu Stand luit, wird schließlich einzig' den riatz behaupten. iö.ÜÜi)— 3ü,iX>ü Uhren
werdw täglich auf den Markt geheu, aiistatl 20.(XM). wie gegenwärtig. Die FabrikationS'
firmen, welche für die Gesellschall arbeiten, haben kein Risiko mehr und erlangen
dennoch bessere Preise. Durch die Ruhe und Sicherheit, mit welcher sie arbciltu können,
wird der Reingewinnantheil des Arbeiters reichlich zurOckbezahlt. Treten sie nach
dO Jahren das Geschäft an die Gesellschan ab, so können sie dafür Aktien zum Pari-
kurs annehmen. Die Löhne der Arbeiter steigen um 30 "/o. Konsurndepot.s, von der Ge-
sellschaft eingerichtet, geben die Loh<'ii<riiini l *'tc. zum Selbstkostenprei.s an die Arbeiter
ab. Diese wissen, daß sie in gesunden und kranken Tagen geborgen smd, und strengen
sich deßhalb an, so brav, treu und solid zu bleiben, daft sie ihre Posten Dicht Terlierm.
Der Arbeit or.'folin, der .^ich in der Schule gut gemacht hat, Icann anent(pdtli<^ die böhemi
techni.schen An.stalU'n dt-r I ic-rlUi liaO be*:iii lu-n.
Soweit Kottmann, dem es leider nicht vergönnt war, seinen genialen (ie-
danken, fttr welchen ihm ttber das Grab hinaus der Dank des Sohweiservolkm
folgte SU verwirklichen. Ohne es auttQaprechen, hat er es sich wohl gesagt nnd
hat er wohl tjehutft, daß die übrigen großen Industrien der Schweiz dem Bei-
spiele der Uhrenindustrie folgen würden und daß alsdann die soziale Frage auf
ein Hinitnam reduzirt wäre.
Ein gates Omen flir die Sacke ist es gewiß, daß gleiokiMtig nnd npabhängig
vmn Praktiker, der seine Ideen ans dem lebenswarmen Bot» der £Mahmng artbSpfte,
auch der weniger günstig situirte Theoretiker, der nur wenige Anhaltspunkte zur
Verfügung hat, faat lediglioh kraft seiner Gedankenarbeit beinahe «u dem näm-
lichen Ziele gelangt.
SecrUau^ den wir im Laufe dieses Artikels bereits kennen lernten, erblickt
das Hanptmittel aitr LBming der aoaialen Frage ebenfialU in derjenigen Berufs-
genoesenschaft, welche die Unternehmergewinn e zwi8chen den Arbeitgebern und
den Arbeitern theilt. Ein Haiipttheil seiner „Etüden sociales'' ist diesem Gegen-
stande gewidmet. Ihm ist bekannt, daß eine größere Zahl von Geschälten in
IVankreioh und in der Schweiz (00—80) den Arbeitern einen Theil des Jahres-
gttwinnea sokommen lassen und damit aosgeidehnete Er&hrungen machen. Dieses
System verallgemeinert, mUßte die unausbleibliche Folge der soziale Friede, die
Harmonie der Interessen zwischen Kapita! und Arlteit sein. Doch lasaen wir ihn
selbst sprechen nnd scheuen wir dahei die etwas lunfständliche Au.sführlichkeit
nicht, denn dud Lexikon möchte gerne diejenigen Gedanken zum Gemeingut des
Volkes machen, welebe ihm mehr als nnr yorttbergehende Bedentnng an haben
sdieinen.
Wenn man, >ehriMhl Serrttan u. .\., <\i-n Soziali-um- hiii-lillt als da-^ Ilr-Irelifn.
die Verhältnisse zu egalitiiren, so verurtbeile uud bekämpfe ich ibu ; ist er im (jcgeutbeil
das Bestreben, jedem menschlichen Wesen, welches sich dem Gebot der Arbeit unter^
wirft, die Mittel zu seiner Entwicklung itn-l zu einem aii-;rindi^." ii Gemiti di-s Daseins
zu sichern, so bin ich Soziali.st und der Meinung, dali Jeilermiinn es sein sulite.
Die Betheiligang: der Arbeiter am Gewinne ihrer Prinzipale sclieint roir ein Nittel
zu sein, um zu jonrtn I\o>üllat zu ;:»■!, uiLTn. In ihrem tu". •h-^t'^if f^nen Intere.sH' >(dlleu
die Unternehmer dieses Mittel eiiUubren. Vnx das Mibeiub.ire Upler, da.s »ie sich aut-
erlegsn, finden sie Tollen Ersatz in der Okonomtsdieren, nach QualitAt nnd Quantität
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Soziale Frage
— 10(5
Suziale Frage
hfifaMren Leistung der Arbeiter. Indem jeder Arbeiter sein bestes Wissen und Kötmen
aufbietet, um tl:ts Geschäft vorwärts zu bringen, ist unmftplich, daß die Frinzipale
nicht davon jirolitiren. Gerade aus diesem Grunde milililll dit.- Gewinnbetheiligung jcaeni
Sozialisten, welcher Alles gleich machen möchte. Er sieht darin ein HindemiU seiner
Pläne, während alle Umstände, alle Mai^regeln, welche den Antaf,'oni?mus zwischen der
.Vritcit und dem Kapital verschärfen, Wasser auf seine Münle sind, lu Zeiten von Wirren
würden die Prinzipale, welche ihr Benefiz mit ihren Arbeitern theilen, diese auf ihrer
Seite haben; aber was noch unendJicb metir wertb w&re: Die Gewinnbetbeiligung würde
die Enittehunff von Wirren verhüten.
Hei mir fini|,'ermiiL'>en nermenswerlher Verlireitim^,' des Prinzips würden die Ver-
suche, soziale Fehden bcraufzubeächwören, scheitern, lange bevor die Mehrzahl der
Arbeiter fdr die Fehde urewonnen in^re. Es ist kaum schwer zn befrreifen, daß, wenn
eine Insurrektion keine Anssiclit auF Erfolg hat, sie nicht unternommen wird, imd daß,
um Erfolg zu haben, sie die ganze Arbeitersobafl aktiv oder passiv auf ihrer Seite haben
mafi, während sie absolut machtlos ist, sofern eine irgendwie nennenswerthe Fraktion
der Arbeiter.«rliaf1 zu den Verlheidigem der Ordnuni^ hält. Si. wurden als-o die Tnler-
oehmer, welche iiiren Arbeitern ein Intcresjje am («esriuitt einräumen wolUeu, .sijwuhl
Gefahren von sich und ihren liuiern abwenden, als aueh die öiienilirhe Sicherheit
stützen. Jedes Haus, welches diesen Weg betritt, erwirbt das Recht auf die Dankbarkeit
der ganzen Gesellüchatt und verbessert zugleich .seine eigene Position. Unabluin-ri^ von
der sozialen Gefahr, welche sie beschwört, besteht der Hauptvortheil, den die Gewinn»
bctheiligung dem Prinzipal bietet, in dem Eifer, den sie dem Personal einllößt, und in
der IJelierwachung, welche der Eine über den .\ndern ausübt, wenn dieser durch Nach-
lässigkeit den Nutzen der Andern schmälert. Es ist übrigens zweifellos, daß die auf
diesem Prinzip fulienden Geschäfte bald die Elite der Arbeiterscball an sich ziehen
worden, ohne daß sie ihr höhere als die in jedem Gewerbe durchschnittlichen Löhne
zu bieten hi'dfen. Auch wären sie wfit b»<-cr nl^ die übrigen (^-i-liäfle in der Lage,
den Forderungen um Loimcrböhmigen, welche schon so vielen Unternehmungeo den
Hals gebrodien haben, 2U widerstehen. Tfldtlich den Arbeitseinstellungen und dm In-
MTTckliduen, beseitigt die Gewiiinbetheili^:uni/ den Interessenkampf und setzt an dift
.Stelle des Antagonismus die Uebereinstiramung der Interessen.
, Entgegen wiederholten Bitten hat sich Krupp immer geweigert,* schreibt die
fiibhothrque uviremrlle, „seinen Aiheitern einen Theil seiner Gewinne abzutreten, denn
es wai' liiiu nicht unbekannt, ilaU last alle Versuche dieser Art an den unauf liurlicbea
Einreden (Gonteslations), welche .sie hervorriefen, scheiterten.*
Irfi ;:Iauhe, daß in diesem Sal/i' das Vcrhällniß des MiL'.ünpen? zum Krfol;.'!' weit
übertrieben U:h denke mit dei Firma Billuu ii; Cic. in Gcul, '> dal.) die .Mehrzahl
der gescheiterten Versuche in rückhaltender und unvollständiger Weise gemach! wurden,
so, ;ds ob man den» .\rbeiter viel geben wolle, während man ihm in Wirklichkeit wenig
gab. Ich denke wie die eben genannte, in Sachen kompetente Firma, daß, wenn etwits
die Partizipationsversucbe zu Fall bringen kann, es die engherzige, knauserige Berechnung,
das Unentsdiiedenc ist. Fest steht, daü dic\ienigen Häuser, welche die Gewinnbetheiligung
mit Ausdauer handhabten, auch reOssirlen. Von den 60—80 einigermaßen bedeutenden
(leschrinen. Welche auf dem Prinzip der Gewiiudtelheiligung der Arbeiter organisirl sind,
hat bis zum Moment des Abschlusses unserer Statistik keines Schiffbruch gelitten.
Man ist somit durch die Erfahrung berechtigt, in der Gewinnbetheiligung eine
Garantie de- Erfol;.'t's ^'cschSftlicIier T'idi rneliniungen zu erblicken.
Allein die Einwendung ist sofort bereit, welche sagt : Die Arbeiter, welche an den
&ianziellen Resultaten eines (Jeschäftes interessirt sind, werden dieses auch kontroliren
wollen. Sie werden sich vergewissern wnllcn durch EitT-ichtnahnie der Bücher, ob und
wie die Zusagen gehalten wenlen. l att mebr tiociil ."^ott rn <ie sich überzeugen, daü
die Gewinne gleich Null oder unter ihren Erwartungen sind, werden sie die Ursache
schlechter (JescbäfL^führung zuscbiciben unr! ilneii Antheil an der GeschtilLsführung ver-
langen. Alles wird recht sein, su lauge Alles ^ul geht, aber ein bis zwei ungünstige
Bilanzen — und die Zwietracht wird ausbrechen.
Ich glaube nicht, daß diese ^^chwarzsoherei durch die Erfahrung bestätigt und
durch die Vernunft zu begnmdon sei. Em Arbeiter, welcher den üblichen Lohn seines
Gewerbes erhrdt, der jeden Tag verabschiedet werden kann, der Oberdieß weiß, daß
ihm eine eventuelle Gewinnbetheiligung aus freiem Antriebe, gratis und unter der ans-
drflcklicben Bedingung, daß er sich jeder unbefugten Einmischiing enthalte, versprodien
ist, wird nieht so leicht eine Position preisgeben, welche immer noch jeder andere,
') Vcleh* llu« ArMMr tehOB Mit vMea Jahna um. Osictailltftwiaa batluOist I>. Verf.
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Soziale Franse
— 107 —
Soziale Frag&
die er finden könnte, vorzuziehen ist. Derjenigre, der Unruhe stiften möchte, wird nicht
gehört werden. Der Arbeiter weiß eben so grut wie je<ler andere Hürtjor, daß man das
gegebene Wort baiten muß. So lange die Uewinnbetfaeiligaog die Ausnahme ist, werden
Ansprache der oben enrlhnten Art nldit aufkommen.
Andererseils hält es schwer, zu verhfiten, daß der den Arbeitern zufallende Antheil
nicht ineluuuit und so die ganze Bilanz des Gescbättes verratiien werde. Jede Fabrik
hat ihre besondere Technik, von welcher sowohl die Eigenschaft als die Herstellungs-
kosten ilfrr Kr7.cuj:ni'^><- ;thliant:en. AtiT <iie lit.-lK-liiitiulUiiiv' 'ii*"^<'r lf<'r-t<'lluni.'-k(j-lfii l<'^'cu
die Geschälte groües Uewtciit, und diel» düiHt' « in lliuUi^riaU »ein, um ikiu l'riu<up dtv
GewinabetbeilignDg der Arbeiter mm a]lgem*'inen Durchbrach zu verhelfen ; aber ffir
sehr viele L'iiterneliiiiiiiiK<'n liestfbt dic-fr lliinlcriHi^r.-^'rutnl iiir|i(. Vrrplli<fitini^',
ihre Hiliinzen zu publi/ircii, himiurt .lio Aktit ii^/t -rlls. tiiillcii luchf, ihr *i«'l>it-l iinna-c
mehr auf Kosten der P>inz(.'luiiteiiivliii!nii{;f!i ;((HZiiiitl:iieti : c- imili .il-o Vi>rtlu'ilr i^ebcn,
durch Welch»! «Ii»' Nnohthcile der ruMizitiit wieder HU-i:iv'lifheri \v< rdrii. I)ui Si liuit-rig-
keit ist uiclil uuühcrwindiich und v<-rtli"K-hlij.'t sirli vi>(i solhst. je iridir die Indii-Iric ihre
Bans dmrcii <!if Assoi iMtimi der K.ipit.dini v«'rt>r<'itert.
Der s.heiiibar riihli|/e Kinw.ind oudiich, dai» tkr Arbeiter uii^Ut zur Gewinn-
betheilij^uii^; berediU^M sei, wenn < i nicht auch die Vf-rltistf» thetl*^n helfe, ^^rheini mir
auf einer Verwirruii;.'- der HeprilTe y.n IxTulieii. Die ArUeiter krinneii tVir Verlviste. welelie
eine Verminderung Küpil4ili» »«lud, aus dem einiuchen Grunde nicitl eintreten, weil
rfe kein Kapital haben. Sie werden empfindlich prenupr betrolTeo vom Wegfall der Divi-
dende, von der Hodnktion der L'>hne, von dei ArU« it>l<)^i^:keit, AUer :in dem Verlust
direkt theüneluneu könnten sie nur iu der Mi^jen schalt von Miteigenthüinera, eme Stellung,
m vidier das R^me der Gewinnbetheili^un;.'^ sie wohl führen kann, die ihnen aber von
4en Prinzipalen nicht mir niclit- dir nieiils .an purer (JroGnintli eiii^-'erannil werden wird.
Die UewiuubeLheiligung ist für den Arbeiter eiue Wuhlthut ohne HiatLrlhüriheu
nad besser als ein erhöhter Lohn. Die hohen Löhne werden ofX vorweg in schädlichen
rxder weni^'jjtcns iibertinssls.'en .Au-u'-il'en verl-r-tueht ; .1er jahi lii-he (JewiiHMntlieil du-
Ki^en ist eine KiniialiMie. wvlehe uurili;.' tiracheiul, uu^'clent zu werdet), und welche der
pTOzipal in der Hejfcl -reihst jduznt. u^cm&ß den Statutet^ de- ( i*>-eli,ttle>.
Ich entnehme einem hriete, weh lier vun einem Arheiter ih.-s H;iu-es HiUou it ( Ii«',
aa Pfol'essor Buhrncrt in /.lirich. dei die>e ilulmie clH'nfail-^ uiitei -uehte, ^re-rhrieluMi
wurde, l'olj^'ende Stellen :
,Der Eintlnß der ^«>wilulhetheili^'ang wirkt in mebilachur Weise au! die ukono-
mische Lu^o des Arbeiters ein: Zun.irlist zwinjrt «ie ihn zu Krpparni--^m. die ihm »Iber
ungünstige teilen hinweghelfen. Jede i:r~iKLriii(') reizt ihn neuen Kr -parni— en. llr
bcschncidtst um so mehr sf ine Ausgaben, verbessert so seine Position und sieht der
ZtJktmfl zm'er'ichtnchÄr ent^etfen; denn eine der prößten Ungewißheiten des Arbeiter«
ist unstreitig «eine Zukunll: was wird au-' itim wenien. wenn ei- nielit luelir arjteilen
klHViV üid yewinnbetbeüigung antwortet iliui aiegreicb, deua dank der>ielben sammelt
.dlri^lioii ftb' die Zukunft ein erzwungenes Kapital, vermehrt durch das vom Lohn Er-
'^P^i^bs. Also — ZWunt^'sWL'ise Verliesserun^' liei l,a^:e de> .A r! lei !er-.
^J^.'-,,ln moraüscber Uiiuticht spielt die (iewmnbeihedi^^uti;,'^ leieh eine ^'r'il.iere HMlle.
I^IÄt nnr riditot rie den Arbeiter innerlieh auf, sondern au;^ einem .*>alarirten. .hu.s einer
Art Maschine macht .sie ihn zum A-^sm-ie >eiries rriiizipaN. Kr sai^t inelit nn In : ,leli
genug f(ir das, was man nur /.aUU', suudei ti ; J-- ineUr ich ari'eife. d'-l" mohi'
le ich, denn ich nehme Tiieil atn Gewinne des de-eli iftes'.
,Noch mehr! liuleiu die <jewinnliidljeilij,'nii;j ilie hUei r-senxilidan'at /.\\Hrlirii
'Arbeitern und Arheitgehern herstellt, ver-diwindef der Aula^'uni-um-. K^l^dieli winl
nicht mehr gestreikt, es t^'ild keine Feindseligkeit mtdir zwischen lieidm Kasein. Dis
f^cll 't^fdhl des Arbeiters erhr.ht sieti ; er will sich seiner neuen Verhallmsse würdig
iüi^tu und bessert sein Betra^ren. l>er verh.-n itbcte Arbeiter k:inn -i. h ^cin Hf>im jre-
tnOtblicber gestallen; zieht ihn mein- daljin und ueui;^'i'i- mV \\ irl li~liau-. Ihe Iii wiiui-
betheiltgung ist somit ein vortreliiiches Miitt,l, uin die Arbeiterklasse zu hebeu, ja sie
ist in meinen Augen der einzit^-^c We<r zur I/ö^ng der sozialen FVage.
, Aul 'In: Frage, ob es melit möj;lii-h -ei. die uiiinlii lien f!<v-ull ute bi'i der Stiü k-
arbeit zu erreichen, antwoite ich mit ^ein; denn der Zwang zur Erspurtiiu tebli, uud
wohl die größere Zahl der Slöckarbeiter einen guten Lohn erwirbt, verstehen doch
wenigsten, Geld zu erübrifrcn.
.Was &cbließlicfa> aopti die üraiilikalioneu betnili, .^i ;.'lai;l" i<b, dau dic-s-lLcn,.
weQ ein Institut der Wf^At in der Hand des Prinzipals, EitVi -utht unter den Arbeitern
'Tw.-'ken wQrrleii. indem sich jeiler liintan^-'c-otzt w;Uiiite. (»ie Folge davon wRre ver-
mehrte Unzufrv deitiieit und VerächHiumtu uug der SitudLun."
Soziale Frag«
— lUÖ
Soziale Fra^
Die letzten B«n»rkiii^n des Arbeiten auf die Fragen, die ihm Yon Professor
Böhmert gestellt worden sind, um über die Pallialivmilfel dos Salariats in's Klare zu
kommen, lubren mich zur Prüfung der in Deutschland verordneten Arznei, welche auch
^ie Schweiz zu verschreiben sich anschickt: die obligatorisehe, vom Staate aufgezwungene
und orpanisirte Versicherung. Allein dieser Gegenstand ist keiner von denjenigen, die
man nur so nebenbei erledigt. Sagen wir daher bloß, daß die GewinnltetheiiiguDg, frei-
williges Werk der Unternehmer, die Emanzipation des Ariieilers durch die Vorsicht
(prdvoyance) bedeutet, während die obli{?atnri>Llip Versilberung, wenigstens (iitjoni};e
gegen die unvermeidlichen Uebel wie das Alter, dazu lührt, den Arbeiter der Vorsicht
zu entheben; denn dio Veruntwortung für sein eigenes Schicksal wird von ihm ge-
nommen, waf: ihn mehr und mehr der Masehine unterordnet. Das due System heißt
Befreiuug, da.s audere lieiCt Kuechtschafl.
In Summa: Die Betheiligung der Arbeiter an den Gewinnen der Prinzipale nützt
beiden Klassen und schützt, sobald sie in einer ii^endwie erheblichen Zahl von Etablisae«
menten eingeführt i.st, die Zivilisation gegen die größte sie bedrohende Oeftihr — den
sozialen Krieg.
Wie soll nun die Gewinnbetheiligung eingerichtet sein? Der Chef der Firm«
BillonAGie. will, daß das Recht der ParUzipation ohne Weiteres mit der Zugehdrigkeit
2uni Hau^-e verflocbten und nicht or-t von s|ieziellcn Entscheiden !i Prinzipals abhängig
sei, weil letzteres zu WiUkürlicbkeiton führen könnte. Die Uewiutibetbeiliguug bedarl
einer OrganintioD, welche die vollkommenste Solidaritftt zwischen Kapital und Arbeil
bettnlndel. Jede Herahsetzung iler Lohne nniß aus^'esrhlos'sen sein. Die«e müssen ohne
alle und jede Rücksicht auf die (.iewinnchaucen festgesetzt werden und idien L'n^iit hen
unterliegen, die- eine Aenderung bedingen können. Der Gewinnanilieil n\ni!> t'reigpbi^'
(largcmenl) liemessen werden und nicht l)loß auf eine Höhe, welche denselben illusorisch
maciien würde. Die £rsparnili eiuva Theils des Gewinnes ist obligatorisch. Vermittelt
dieser Ersparniß sind die Partizipanteu so viel als mo^rlich zur Miteigenthümerschafl an
den (ieschäft-saktiven 7uzn1ns«cn : jedes Privütgesehäfl kann in einer Weise eingerichtet
werden, welch«« jene,-, erlaubt. EnilUch =nid die (Jewinnquoten des Kapitals, der leitenden
Intelligenz und der Arbeiterschaft je nach der Wichtigkeit zu bemessen, welche jedem
dieser drei Faktoren im geschäftlichen Mechanismus des Unternehmens zukommt. Die
Oewinnquote der Arbeiterfchafl soll nach der Höhe der Löhne unter die Arbeiter ver»
tlieilt werden.
Das Yerh<niß jener drei Faktoren zu einander ist natürlich je nach dem Unter-
nehmen bald so, bald anders. Leclaire, ein G^ude Anstreicher in Paris, vertheilte 'A
seiner Reintrewinnc und starb als MillionTir; d.ts Haus IJillon & Isaac in Genf vintheilt
50 7«« die Compagnie göuirale d'assurances nur 5 °io, uud doch war das £i|;ebiiift fVat
die Angestelltni dieser drü Untemehmnngen beinahe das gleiche, nftmlicb jfthrlieh 18
bis 907« der LOhne.
W^ir übergehen einige Seiten des Secretan^aolien Kuelus und eilen zum
8chluß-tein seines ganzen Gebäude»*. l)ie Berufsgenossenschaft ist nach ihm nii ht
lix uud fertig, so lange der Arbeiter nicht emanzipirt ist, d. h. so langp er nicht
8itz und Stimme im Hathe des Geschäftes hat. Dazu wird ihn aber die zweite
Etappe dee Gewinnbetheiligongsgystems bringen, welche sweite EtapiK- darin be-
steht, daß die Gewinnbetheilignog nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel
bildet. Eiumal so weit und immer vorausgesetzt, daß die Gewinnantheile der
Ai heiter im Geschäfte kapifalisirt werden, wird der Arbeiter eine Vfrtn'tting in
<ler Gest häftHleitung erlaugeu uud dadurch zu der Würde eines Unternehmers
«utporsttigtQ. „Wo bleiben dann noch die Konflikte» die beute die Welt beim*
ruhigen und die GeseUschafl mit sammt allen firmngenschaflen der Zivilisatton
ans den Angeln zu heben drohen?"
Auf den nämlichen Hoffnungen beruht gewiß auch die vom neuenburgischen
Staatsrath Cornau nm 17. Juni 1889 im Schweiz. Stüoderath gestellte und ▼on
dieser Kammer angenommene Motion folgenden Inhalts:
Der Bundesrath wird eingeladen, die Frage der obligatorischen Berufsgenossen-
^cbaften iu ihrer Gc.<^uiumlhcit und insbesondere in der Richtung zu prüfen, ob nicht
in das ^dg. Fabrikgesetz als Kapitel III a, Art. 16 a, eine Zusatzbestimmung folgenden
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Soziale Fragte
KU)
Soziiile Frage
Inhalts aufzunehmen sei: ,Die Kantone sind ermächtigl, für die Bediirfnisse gewisser
Industrien obligatorische Berufs verbände zu schaffen.*
Herr Cornaz denkt sic h, daß alle Personen, welche einen und denselben zur
Vergenossenschaftlichung geeigneten Beruf betreiben, sich gruppiren und sich ein-
heitlichen Beistimmungen unterziehen könnten und Kullteu. Kr wUuticht, daß es
in jeder Arbeitsbranche einen Verband der Arbeitgeber und einen Verband der
Arbeitnehmer gebe, daß die Beziehungen zwischen beiden Verbänden vertraglich
geregelt werden, daß als gemeinsame Aufgaben anerkannt würden : Die Aufstellung
von Minimallohntarifen und von Preistarifen, die Kegulirung der Arbeitsweise und
der Lohnzahlung, die Kegulirung des Lehrlingswesens, die Anordnung von Maß-
nahmen gegen den Kreditmißhrauch, gegen die Konkurse uml betrügerischen
Abmachungen, die Organisation des Handels und der Auskunttsertheilungen, diu
Entwicklung der Industrie und der Ausfuhr, die Anordnung von Maßnahmen, um
der nationalen Industrie wichtige Erfindungen und V^ervoUkommnungen an Maschinen
und Werkzeugen zu erhalten, die Festsetzung von Strafen, die Beilegung von
Difl'erenzen und die Sanktioniruug von Beschlüssen durch eine Oberkommibsion.
Doch nicht nur Herr Cornaz, sondern auch die Spitzen des deutschschweizo-
rischen Gewerbestandes versprechen sich von Berufsgenossenschafteu solcher Art
sehr viel ; von letzterer Seite wird sogar gewünscht, daß die Anregung des Hen ii
Cornaz nicht bloß auf kantonalem Boden und bei gewissen Industrien, sondern
auf eidgenössischem Boden und für alle Geiycrbe ohne Ausnahme reali>irt werde.
Der Beweis hiefUr liegt in folgender Resolution, welche die Delegirtenvcrsammlung
des Schweiz, Gewerbe Vereins 1889 in Zürich gefußt hat:
.Die Angehörigen des (iewerbestandes sind in Henifsireno-v-jen-si-hafTon der Arbeit-
geber und der Arbeiter einzulheilen, welche unter Aufsicht des Staates die nöthigen
Bestimmungen betreffend ihre Organisation aufstellen un«l über genieinsjime Interessen-
tragen gemeins<"hafllich beralhen. Von der Wiedereinführung unzeitgemüßer Znnftfoniien
ist abzu.sehen. Den Berufsgenossenschaflen sind korporative Rechte (Vertretung der ge-
meinsamen Intere-s^en vor Gericht, Einführung von <iewerbegerichten und Einigungs-
ämtern, Bestimmungen betreffend die Dauer der Lelirzeif, Normalzahl der Lehrlinge
u. s. w.J einzuräumen. Vereinbarungen, welchen die Mehrheit der Arbeitgeher wie der
Arbeiter einer Genossenschaft zustimmt, .sind für die Fachgenossen im betreffenden
Genossenschaflsbezirke verbindlich und genielSen des gesetzlichen Schutzes.*
Eh wäre befremdend, wenn man nicht auch auf Seite der Kirche Vor-
schläge zur Lösung der sozialen Frage fände, denn wer kommt, neben dem Armen-
pfleger und dem Arzt, mehr in Berührung mit dem irdischen Elend, als der vom
hohen Ernst seines Berufes durchdrungene Geistliche? Es mag unter den An-
gehörigen dieses Standes ungemein viel Uber die soziale Frage nachgedacht und
68 mögen im Stillen hunderte von Lösungen zurechtgelegt werden — in öffent-
liche oder wenigstens druckschrifi liehe Aeußerungen werden sie nur in spärlichem
Maße umgesetzt. Der dmstanil aber, daß die Geistlichen sich neben den regel-
mäßigen Pflichten ihres Berufes vorzugsweise gemeinnützigen Unternehmungen
zuwenden, weist wohl darauf hin, daß sie zur Mehrzahl gerade in der Gemein-
nützigkeit, im Gemeinsinn den Balsam erblicken, der die Schäden des gesell-
schaftlichen Körpers auszumerzen vermöchte. Daß das Lexikon mit dieser Au.sicht
nicht allzusehr irrt, beweist das Buch von Pfarrer C. W. Kambli in St. Gallen,
betitelt: ,Dio sozialen Parteien und unsere Stellung zu denselben* (St. Gallen,
Hnber & Cie., 1887). Daselbst schreibt Herr Kambli (Seite 4(14):
,Der freisinnige Protestantismus schafTi die beste lirun<ilage für Lösung «ler sozialen
Frage, indem er einerseits uns die Persönlidikeit hochhallen lehrt und ilamil der Freiheil
Bahn briclit, andererseits den Gemeinsinn weckt, das Bewulälsein der Konsolidariläl
stärkt und damit der Bnlderliohkeit und Gleichheit den rechten Hixlen f)ereitet. Der
Genieinsinn ist noch unendlicher Steigerung fUhig, aber die Menschen müssen dazu er-
Soiiale Frage
— 110 —
Soziale Frage
sogen werdeo. Getneinsinn raildert die Härlen auch unvollkommener, ja fehlerhafter
sozialer Ordnungen, mIiuo Gcrnpinsinn aber bliebe auch dh- vollkommenste und riditigrsl
ausgtdaclite soziale UrUiimij? ciu Leib ohne Geist. Mit der ülLen Selbstsucht im Herzen
und im Handeln läßt sich kein äozialistischea System Tcrwirkliohen, das den aufs H<icliste
«ntwickelten Gemeinsinn, das strengste PDichtgoRlhl und das ticf?te RtnvußLsein der gegen-
seitigen Verantworthcbkeit voraussetzt. Diese Gesinnuugeu zu püegen, ist die höchste
soziale Aufgabe der ehrisükheii Kirche and der beete eociale Dienst, den sie der Mensch-
heit leisten liann.
«Die nftehstlieRende Auf^be ist nun (Qr den Christen offenbar die, an der Armen-
pflege sich zu belhi ili^'cn. d. h. also möglichst viele einzelne Opfer ihrer PHnde oder der
hestehenden sozialen Ordnungen zu retten. Wir denken von dieser Aulkabe wahrlidi
nicht gering, führt sie doch am besten in's Yersllndnitt der grofien soziuen Frage ein
und lehrt iiielit MoC lieileude, >onderii der Xoth Vorbeugende Mittel kennen und an-
wenden. Treue, hingebende Krankenpflege ist wohl für die meisten Pfarrer das Keste,
was f>'\e zur Lösung der srnzialen Frage thun Unnen ; alle nationalökonomlschen Stadien
können diese Thätigkeil nicht ersetzen, noch von der Pflicht dazu entbinden. Aber wie
<iie Aiinenpllege die rechte Vorschule für ein gesegnetes Wirken ist, so wird ein gründ-
liches Studium der Vollowirthschaft') audi hinwiederum bei der Annenpflege die rechten
Grundsätze, Mittel und Wege uns finden lassen, um dieselbe für LOsung der sozialen
Frage wirksam zu machen."
Keine pcmtiyen YoTSoblKge, iber dooh Meinangen, die poritiTen VorsohUigcui
fast gleichkommen, stehen ans von Seite des ftrxtliohen Standes cur Ter-
fiigaug. Dr. Sotiderqfger in St. Gallen spricht gewift denjenigen seiner Kollegen,
welche wenijrer im ^Geld machen", als vif'lraehr im , gesund tnanlu ii'* die wahre
Bestimmung ihre» Berufes erblicken*, aus dem Herzen, wenn er sagt''):
,Wir gestatten dem Kneipwtrthe und manchen kleineren Sandern, die Affentliche
Ordnung', da.- Fainilienleben und den N.ilionahvohlstand k.ild zn schlaffen, nnd zwingen
dann Gemeinden und Staat zu unendlichen Qplcrn für Korruklionsauiitalten des Ijcibes
unil der Seele. Wir beschranken aus guten GrOnden die Arbeitszeit und die Arbeit, aber
eine Wirthshausheschrankung ist für uns so undenkbar, als wären wir Alle ?chon alko-
holisch erbhch belastet. Wir zwingen den M»^n^i ben zur Schule, gewähieii aber allen
in entgt-gt-ngesctzter Uichluug wirkenden Mäi hten vollen Spielraum. Die persönli<;be
Freiheit ( in. s ^chleebten Vaters ist uns heilig, «lie Freiheil tnid das Schick.sal seiner
Faiinlie aber gleichgültig, bis sie physi.seh und moralisch zu Grunde gerichtet ist. Die
.Hchrankenlose Gewerbefreiheit erst^heint — auf beiden Hemisph.lren — als das unbe-
.slrittenste Dogma des Jahrhiui<lerts: ,WeDn nur das Dogma aufrecht steht, ob auch der
Mensch dabei zu Grunde jy'ehl!'
„Der Staat muLi, wenn er bestehen und blühen soll, die Freiheit und das Wohl-
ergehen der Familien sorgfältig pflegen ; muß sich, wie um die Schule, so auch um die
Wohnung, die EmSbrung und die ganze soziale Lebenshaltung der Familien ernstlich
lieküniniern ; das brutale Hecht des Individuums iiiui. durch die Menschenrechte der
Familie eingeschränkt, die Hygiene muU zur Unterstützung der Schule, der Hechts])llege
und der Verwaltung herangezogen werden. Wir mQhen uns ab, die Folgen der physischen
unrl tniirali>chen Vei narhlässigung durch Wiihltliätipkeil-an-t,ilt«'ii und durch Gefängnisse,
selbst durch den Henker, zu korrigiren, sehen alter müssig und gedankenlos, feige und
egoistisch auf unseren Tagesrortheil bedacht, dnfoch zu, wie die Ursachen entstehen
und wirken; geschiebt nns Unrcclir. wenn die Fol'^'eü uii- zermalrneTi?
pDic Parole unseres bürgerlichen Lebens sei : Weniger spekulatives Haubtbier !
Hehr Mensch, gfltiger Mensdi; nach Moses: Ebenbild Gottes!*
Wer möchte »ich vermessen, von diesen W^ orten des hervorragenden Mediziners
zu saget I : Sie sind geistreich, aber nicht wahr!? So aber Eiu' i wäre, der hinter
das eine oder andere Hild »loch noch ein Kragezeichen setzen möehtp, so wird
er sich ducli bicher nickluiltioi. zu den Worten Mnnzhujere^ bekouutu-^j;
'} Herr Kambli versteht darunter hauptsächlich die Erforschung der wirklichen
Verhältnisse.
'-) Kröffnungsrede der XXVIII. Versauitnlnng des ärztlichen Xentralvereins, abge-
druckt im aKorrespondeuzblatt für Schweizer Aerzte, Nr. 12, lbä4.
") Vortrag über das Erbrecht, Heft 11, Band II der Scbweighauser^sdieo Sammlung
öffentlicher Vorträge, Basel 1873.
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Soziale Frage
— III —
Soziale Frage
Da und dort mühen äich edle Meuscbeafreuude Jalire lang ab, um iu Heltungs-
Anstalten ein paar Dutzend ▼«nrahrlosle Kind«r Tor dtm ailtUebea Tode zu retten. Und
in derselben Zeit werden in wenigen Tagen Tausende von Menschen zu Krüppeln ge*
sehoflsen und viel Tausenden von Kindern die ernährende und erziehende Hand in die
Erde gescharrt
Ferner :
Wir entlassen unsere Jugend frühzeitig aus der Schule: dann aber, wann die eot-
sdiddende Frage Ober die Wahl des Lebensbemfes und die Zeit der Auebildang für
denselben beginnt, kflmmcrn wir uns nur ni><li Iierzlidi wenij; um unsere Jungen und
überlassen zu viel der FamiUe, die in Tausenden von Fällen der Aufgabe nicht ge-
wachsen ist.
Wer to apriobt, maß Sozialreformer sein, und dM ist Hnnnnger in der
TJiat. Sein soziales GlaubensbekenntniP) lautet :
Wenn wir ds» Uebei der heutigen Gesellschaft bei der Wurzel angreifen wollen,
so mufi es dnreh Bitdung und BtMithung des einzelnen Hensdien gesehehen. Die vor>
trefTlichsten Gesetze und sozialen Reformen sind für ein geistig und sittlich verkuninK'rtes
Volk, was Gold und Silber für £inen, der in der Wüste verdurstet. «Laßt uns besser
werden, gleidi wlrd*s hesMr sein !*
Und non das Mittel zoni Zweek? Es besteht in nichts Geringweu als in
der Dsientralisation des Kapitals durch eine solche Reform des
Erbrechtes, daß ein Theil der Vcnnni^cn cinfr stantlifhen Stiftuup von all-
gemein hninaneui Charakter sufklleu mUüte, und zwar vorzugsweise einem Yolki-
erzteUuuysfond.
,Was die unermeftliehen GOter der Kirchen und Klöster einst für das Mittdalter
beJouteton,* -ugt Munzinger, »das sollte dieser Erziehungs-Erbfond für unsere Zeit sein,
und gerade darin, daü derselbe durch das Erbrecht gebildet und gespeist werden soll,
liegt, wie mir seheint, ein ganz sehdner und richtiger Gedanke. Der Unterschied der
Menschen in Ki'üten und Aida^rcn bewirkt nntuniothwendig eine Uii^;leicldicil in dem
Besitze äulieier Güter, und diese Ungleichheit hat au und für sich nicht etwa die
Neigung, sieh auszugleichen, sondern im Gegentheil, da, wo sich einmal materielle
Güter um einen Mittelpunkt angesammelt hal)i ii, ^frf-int noch mehr herzu und lapert
sicli um diesen Kern an mit einer mathematis<:lieu Gesetzmäßigkeit, die dem An?«chietieu
der Kristalle gleicht. Nun wird durch das Bedürfniß einer geregellen K u tpflunzung des
Eigenthums nothwendig auch das Erbrecht gefordert, ni-- Kilirecht der Familie und
das Testament sind die Vorbedingungen einer gcsLe%'t;rleu tnärndudlen ThäliKkeit uml
Willenskraft, und diese hinwiederum sind es, die den ForLschritt des Mensclientre-rlili rlites
bedingen. Allein von diesen durch die individuelle Thätigkeit geschalTenen Werthen soll
immer wieder eiü guter Theil als Samenkörner (Iber die ganze Menschheit ausgestreut
werden. Geschieht dieß, so wird dann allüberall auch auf Stellen, die jetzt nackt und
Ade sind, wieder neues Leben emporwachsen und blühen und dann auch wieder dem
Ganzen zu Nutzen kommen, gleich wie in der großen Natur ein ewiger Kreislauf alles
Seins stiUttindet und sti-(s alle Einzelnen erst blühen und leben und dann vergehen,
aber aus ihrem Vergeben immer wieder neues Leben bervori^eht
»Dasselbe kann nun durch jenes Erbrecht zu Gunsten eines VoUcserziehnngsfonds
geschehen. Wenn di-' •j.\\\v nüdun^' üheiall hiiidringt. ;il-so auch in diejenigen Familien
und Kreise, wo die Ariauth herrscht, so geht einerseits von menschlichen Kräileu und
Ffthigkeiten nichts verlorai, und dieß ist zum Besten des Ganzen. Es wird aber auch
der von tier Gercclitifrkeit diktirte Gedanke der Gleichheit zu einer wenigstens relnVivm
Wahrheit erhoben. Es bildet sich nüiidich ein ewiger Kreislauf: Was vom Individuum
errungen worden ist, kehrt zu einem Theile wieder zum Allgemeinen zurück, und hier
wü-kt es dann wieder befruchtend, so daß wieder Einzelne, die sonst verltQmmert wftren,
gedeihen und emporwachsen."
Mit seiuer Auaiuht üLtui' die Schädlichkeit ullzugrußer Kapitalansammlungeu
in einer Hand resp. einer FamiUe befindet sich Professor Munzinger in guter G-e-
sellschaft. Nationaliath Forrer'» markige Worte haben wir bereits im Passu.s über
die Yarheheruug angeführt Professor Hiit^ findet es müsse durob Xdeenwechsel
>) PoUtischcs Jahrbuch 1889, Seite 665.
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Soziale Krage
— 112 —
Soziale Kratze
dftitt kommen, daft man lUk abenao aobEme, HUlionen m hinterlassen, wie man
es jetgt ai» eine Ehre betrachte : denn so viel k&nne iiieht ohne jedes moralische
Unrecht erworben werdeo. Und von NatiooalökoDomieprofesiior JqI. Wolf 'in Zürich
berichtet die «Neue Zürcher Zeitung" vom 19. Dezember 1H8'J, er sei in einem
Vortrage ober die Geschichte der Kolossalvermögen zu dem Schlust$e gelangt, daß
die Besitsanhänfang durch reinen Zo&ll (wie plötalidies Steigen atidluoher Grand«
wertbe) einzasdiraiiken sei and die Duldung von £rw«rbearten anfsubVren habe,
welche, mit allen GrundsStaen einer hVheren Moral im Widersproch stehend, za
Koloesalvciniögcii führen.
Ohne in dieöctu speziellen Punkte die Ansichten der übrigen National-
ökonomieprofessoren in der Schweiz zn kennen, glanben wir doch, an ihrer
grundsStsliehen Ueberebetimmnng nicht zweifeln an dürfen. So wenig weit sie
ibr sozialreforraeriscbes Schwert a'is der Sdieide ziehen — mit offenem Auge
sehen sie dennoch die Schäden der wirthschaftlicheu Organisation und symiath;-
siren vorsichti«: mit den Kpformbt.'t,tiebnngen, weicht; nicIi durch Vernunft und
Gerechtigkeit legilimiren. So umiicher Schwei^ur mag tsich »«chou auf dem Wunsche
ertappt haben, einmal einer ungeschminkten, frischen, firöhlidben Betrachtung der
•dl weiser isch -sozialen Frage aus der Feder eines in der Sebweii wirkenden Ver-
treters der ökonomischen Wissenücbaft zu begegnen. Nun — dieser Genuß läßt
sich ja vielleicht noch erleben, doch wird diese Hortnung bedentemi abgeschwächt
durch die Erwiigung, daß unser Vaterland nicht ihr Vaterland ist.
Staatssoaialiamna. Wenn einmal ein Oeschiehtssehreiber des modernen
eozialTefonnatorisclien Zeitalters, in deren Kindheitsperiode die gegenwärtigen
Generationen athmen, auftritt, so wird er die kautoiuilen Arcbivf diui hstöbern
bis zu den Tagen, da der deutsche Sehneider Weitlin hrrücht igten Angedenkens
seine anarchistische Leachte in Genf, Vivis, Zürich, Neuenbürg, Lausaune auf-
steckte (40er Jahre). Ibm wird es yergSnnt sein, an finden, was das Lexikon
aufausnohen sieb Zeitmangels halber Tonagen muß: alle die gesetzgeberisoben
Erlasse und bebürdlichen Akte, welche die Hebung der unl^mittelten und un
wissenden Klassen lie^weckten. Gewiß werden die Funde einer solchen Sehatz-
gräberei in numen^cher Hinsicht beträchtlich sein, und doch wie unzulänglich lu
qualitativer Hinsicht haben sich bis jetzt alle die ScbtUse erwiesen, welebe gegen
die Hydra „SoaialgebreGben* abgdl'enert worden sindl Mit der Kunstfertigkeit
der Schützen hielt eben die verheerende Produktivität der Hydra mehr ab Schritt.
Unzulänglieh aber nicht unnütz! Denn die große Verbeffserung det« Schul-
wehens, die Arbeiterschutzgesetzgebung, die tlieilweise Verbtaatiichung des Bank-
geschäftes, die staatliche Förderung verschiedener Zweige der Volkswirthschaft
haben das Loos von Tausenden und Tausenden verbesaert. Unbesobreiblich dttster
mußten jetzt die VerbXItnisse sein, wenn nicht jene staatlichen Maßnahmen in
Bzene gesetzt worden wären.
Wir verzichten auf einen rrgehechteii iiuudgang durch die Sozialgesetzgebung
der Kantone und beschränken uns auf diejenige des Bundes, dessen Staats-
soziaJismns endlich recht ordentlich anfzuflackem beginnt, nachdem er etwa
anderthalb Jahrzehnte lang nach verschiedenen Seiten hin Funken gesprüht bat.
Pie.M' Funken bestunden bekanntlich in den Gesetzen betreffend die Hitft])nicht
der Eisenbulin- und Dampfschifffahrtsunteruehmungen (1875), betreffend die Arbrit
tu den Fabriken (^iö77), betreffend den Geschäftsbetrieb der Auswauderiingts-
agentttren (1880, 1888), betreffend die Haftpflicht aus Fabrikbetrieb (1881 und
1887), betreffend gebrannte Wasser (Alkobolmonopol, 1886), betreffend die HUlfe-
kaseen der EisenbafanangesteUten (1889), femer die BnndesbescblUsee betreffend
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Soziale Frage
— 113 —
ikiziale Frage
die gewerbliche und industrielle Berufsbildung (1884), betrefleud die Fürderuug
der Landwirtluchaft dnrch den Bund (1884).
Daß aeit 1848 eine größere Zahl anderer wirthnchaftlicher Gesetze erlassen
wurde, welche auch deu iiothleidenden Klaatten z\i Gute kommen, darf hier nicht
nnerwühnU blinl)f n, aber ein sozialvi f<i< m* riscbes Gepräge tragen eie deßhalb noch
nicht und iulleii al^o hier nicht iu Betracht.
Dagegen qualifidrt aieh als bedeatendttr aotialreformerisclier Schritt der von
Oherat Emil Frey am 30. April 1880 heryorgerofene NationaJrathabeschlnß, daß
der Schweiz. Bnmlewrath mit deo Beverungen d- ! wichtigsten InduKtrie?Jtaaten
Verhandlungen behufs Anbalmung einer internationalen Fabrikgesetzgebung an-
knüpfen möge. Der Bundegrath leistete diesem Beschluß Folge, und eben hatte
er die fremden Regierungen zur Besohickang einer von ihm auf den Monat Mai
1890 Dach Bern anberaamteo intornatiooaleii Konferenz eingeladen, ala die prenßi»
sehe Regierung mit einer ähnlichen Einladung no< hfnlirte, jedoch den Eonferenzort
nach Berlin und ili«^ Konferr-tiz^fit auf den Monat März vi ib jrtc. Im Iiit« r*'ss«>
der Sache verzichtete daraufhin die Schweiz. Bundesregierung auf die Btrruer
Konferenz und ließ sich in Berlin durch die Herren Landammann Blumer und
DepartamentMiekretXr Dr. Kaufmann vertraten. Die Konferena fiißte lant «Bund*
Tum 3. April 18ü<» folgende Blsi hlUnsc (der Kouferenaberathung war rin Pro-
pra mm 7.n Grunde gelegt. wpIoIi.-s io sechs Absrlmitton eint! Reihe von Fragen
enthielt j die Beschlilnse haben die Form von Antworten auf jene Fragen):
/. Betreffend die Regelung der Arbeit in Bertjtnrken.
l) ht die Beschärtigimg unter Tage zu verbieten : a. fär Kinder unter einem
bestimmten Lebensalfer V 6. ulr weibliche Per.-^onen?
Es ist wrm-rlifaswerth ; a. daß die untere (Frenze des Alters, in welcbcni die
Kinder zu den unterirdischen Bergwerksarbeiten zu^ielassen werden dürfen, nach Maß-
gabe der dnrch die Erfahrung festgestellten Möglichkeit allmSlig anf das Ende des
14. lAl>c-n>jabres verschoben wird; jedocb wni<l<' fnr fli» -ihllirlu ii I.ruidoi diese Grenze
auf 12 Jahre festzusetzen sein; 6. daß die iVrbeit unter der Erde den Personen weib*
liehen Geaehleebts verboten werde.
21 IsJ filr Htrpwerkf. in denen die Arlidt tnit Iiesniiifon'H Gefahren fQr die
Gesundhell verbunden ist, eine Beschränkung der Sclii«"htdauer vorzusehen Y
Es ist wOnschen-swerth : daß in den Fallen, wo die Bergwerkstechnik niefat aus«
reichen würde, iim alle Gcfalirrn für die Gesundheit, welche ?ifh aus den ririlürlichen
oder zufälligen Bedingungen der Ausbeulung gewisser Bergwerk*- »Hier gewisser ächächle
«geben, zu beseitigen, die Arbeitsdauer eingeschränkt werde; iio Sorge für die Durch-
führung dioscs B< i:itlinngsergebn!«sp< ;Hif pesrtz;:eheri-;i heni oder Ven\ ulttin^vegc oder
durch Uebeieiukunlt zwischen den ArbeUgebern uml Arbeilnebmern oder anderswie
bleibt jedem Lande tuu h den Grundafltaen und der Praxis jedes Volkes überlassen.
3) Ist es im allgemeinen Interesse möglich, um die Regelmäßigkeit der Kohlen-
förderung zu sichern, die Arbeit in den Kohlengruben einer internationalen Regelung
XU unterstellen V
Es ist wünachenswertb : a. daß die Sicherheit des Arbeiters und die Unschädlichkeit
der Arbeiten fRr die Gesundheit dureh alle Mittel gewährleistet werde, Ober welche die
Wisscii-'chiifl verrüfj-[, unil daU diesellirn uiiU r Stant-^.uif-irlit i^'c-stellt werden ; /y. daß die
mit der Leitung des Unlernehmens betrauten Ingenteure ausschlictilich Leute seien, deren
Erfahrung und technische BefAhigung gebnhrend erprobt sind ; e. dafi die Beziehungen
zwischen den Bergarbeitern und di/n BelrioIi>in;reniL'iircii möi?lirdi-l urnnitlolhar -oit-u,
so daß sie den Charakter des gegenseitigen Vertrauens und der gegenseitigen Achtung
tragen; d. daß die in Uebereinstiinmung mit den Sitten jedes Landes organtsirten
Vorbeugungs- und Hnlfseinrichtungen, welche be-iimmt sind, dm Hfrp'arli. iter und seine
Famihe gegen die Folgen der ULraukheit, der Untalle, der vorzeitigen InvaUdität, des
Altera und des Todes zu sehfltzea, und welche geeignet sind, das Loos des Bergarbeiters
') Die Aufträge, welche diese zwei Del^irteu erhielten, sind dem Lexikon zur
Zeit der DrwUegnng dieses Artikels noch nicht bekannt.
Fvrter. Vollnwlrtlw«b»n»'Li4dlii>n d«r Scbwfii. g
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Soaale Frage
— 114 —
Sociale Frag»
zu hcs-<?rrn. ?owie ihn an seinen Rcnif zu fi\s<i ln. intmer weitpr entwickelt werden ;
e. daß man sieb, um die Kontinuität der Kublenuruduktion zu verbürgen, beuiülie, die
Arbeitseinstellungen zu verhüten. Die Erfahrung Deweist, daß das beste Präventivmittel
(gegen Streiks) darin besteht, daß die Bciywerksuntemelnner tmd ilio Arhtilcr sich frei-
willig verpflicbteo, in allen Fällen, wo ihre Differenzen nictil durcli unmittelbares Ueber-
einkommen geschlichtet werden kflnnen, die &itseheidiing eines SehiedagMriehtee an«
zurufen.
//. Betreffend Regelung der Sünntagnarbeit.
1) bt die Arbeit an Sonntagen der Regel nach, und NothfBUe vorbdialten, zu ver-
bieten ?
£s ist wünscheoswertti, dafi uni>ej$cbadet der in jedem Lande eEforderlicben Aus-
nahmen und des nothwendigen Aufschubs : a. «n Ruhetag in jeder Woche den ge-
Frhüfzfen Personen (Kindern, .iuponfHirhen Arbeiter, Frauen) pcwährl werde ; h. ein
Ruhetag allen industriellen Arbeitern zukomme ; c. daß der Ruhetag für die geschützten
Arbeiter auf den Sonntag verlegt werde und d. der Ruhetag für alle induatrieilen Arbeiter
ebenfalls auf den Sonntag falle.
2) Welche Auüuahmen sind im Falle dt;5 Erlasaes eiueü »ukheu Verbulos zu ge-
sUtten ?
Au«n;ihTnrn ^irid zidässig : rt. mit Rücksicht auf Betriebe, welche aus lechiüsclicn
Gründen die Koiiiinuität der PrudukLion verlangen, oder weiche dem Publikum notii-
wendige Erzeu^'nisse liefrni, deren Herstellung täglich stattfinden muß ; 6. mit Rflck*
sieht auf Betriebe, die ihrer Natur nach nur zu bestimmten Jahreszeiten funktiouiren
können, oder die von der unregelmäßigen Wirkung der Nalurkrälte abhängig sind.
Auch im Kalle dieser Ausnahiiion -oll jt iicr Arbeiter jeden zweiten Sonntag frei haben.
3) Sind diese Ausnahmen durcb internationale Abkommen» dorcb Gesetz oder im
Verwaltungswege zu bestimmen ?
Zu dem Zwecke der Festsetzung der Au^nalnncn nai Ii gleichartigen Gesichts-
punkten ist es wünschenswerth, daß ihre feste Regelung durch ein Uebereiukommeu
zwischen den Tersebiedenen Re^erungen hergestellt wird.
III. Betreffend die Regelung der Kinderarbeit.
1) Sollen Kinder bis zu einem gewissen Lebensalter von der industriellen Arbeit
ausgeschlossen wenlt uV
Es bt wünschenswerth : daü» die Kinder beider Geschlechter, welche ein bestimmtes
Alter noch nicht «reicht haben, von der Arbeit in den industriellen Betrieben aua-
geschlossen werden.
2) Wie ist das LeberiHaMer. bis zu welchem die Aa-wchließung slallünden soU, zu
bestimmen V
Gleich für alle Industriebezirke oder verschieden?
Ks ist wünschenswerth : diiL. diese Altersgrenze auf 1^ .hiliie festgesetzt werde,
mit Ausnahme der siniiii Ixn Länder, für welche dieselbe auf 10 Jahre fallen würde,
daß Hip<o Altersgrenzen tiii alle indtistrielle|i Betriebe dieselben seien, und daß in dieser
Bezieliuug kuin Unterschied zulä^^sig sei.
3) Welche Besdn iuikungen der Arbeitszeit und der BeschfliUgungsart sind fQr die
zur industriellen Arbeit zugelaufnen Kinder vorzusehen?
Es ist wünschenswerth : daß die Kinder vorher den Vorschriften Ober den Ele-
mentarunterricht genügt haben; daß die Kindn unter 14 Jahren wcd< r dir X u lu noch
den Sonntag Ober arbeiten sollen; dfi& in Wirklichkeit die Art>eit8zeil nicht 6 Stunden
ilbersebreite und durch eine Ruhepaui$e von mindestens */t Stunde anterbrocban werde ;
ilaG .lif.' KiihltT Von ui)|-'<--un>]fi Uli'! i/i-nilitlirlu/r nc-i-hriftigung au?t:e^i:lilo:~:son oder doch
wenigstens nur unter gewissen ScbuLxbe<lnigungen dazu zupdassen werden,
IV. Betreffend die 'Rrg''luiifj dft Arh'it jun'jfr J.rnir.
1 ) Soll die industrielle Arbeit jugendlicher Personen, welche das Kmdesaller über-
ediritten haben, Beschränkungen unterworfen werden?
'!) Bis zu welchem Lebensalter soll* n dir Re-rhr.lnkungen eintreten ?
K>s ist wünschenswerth : daß die ju^'i ndli. heu .Arbeiter beider Geschlechter zwischen
14 und 1«) Jahren weder die .\ariit ti<H h den Sonntag Obw arbeiten.
3) Welche Hescbrätiliioji n --ind vorzuschreiben V
Es ist wünschenswertli : daü in Wirklichkeil die Arbeitszeit nicht 10 Stunden täglich
nberscbrtite und durch Ruhepausen von insgesammt mindestens IV« Stunden unter-
brochen werde.
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Soziale Frage
— Uö
Somle Frage
4) ^nd flbr dnielne Indiutrienrsife Abweidrang«» Ton den eiradnen Bestimmangeii
vorzusehen V
Es ist wünscheDswertb : daß für besüinmte ludiulriezwei^ Audoabmen zugeiassen
werden, dafi fOr die ungesunden und geOfarlicbeQ BeeehlTtiganffen Beschrialcungett wt-
p^sehen werden und daU den jungen Leuten zwiscben IR und IS Jahron ein bestimmter
Schutz betreflfend: a. Majümalarbeitstag, b. Nachtarbeit, c. Soaotagsarbeit uod d. bei
Verwendung in besonders ui^esanden und gelUtriidien BescUUUgWDgen gewährt werde.
F. Beirrend dk liegdung der Arbtü wvSbUeker Personen.
1 ) Soll die Arbeil verheirfttbeter Frauen bei Tage oder bei Nedit eingesehrftnkt
werden ?
t) Soll die industrielle Arbeit aller weihlichen Personen (Frauen und M&dcheu)
^wt>-fii Bf.-i-lirüiikutit;en unterworfen werden V
3) Welche Bedchxäukuugeu empfehlen sich in dem Falle?
4>) Sind für einzdne bidtistriezwetge Abweichungen von den allgerodnen Bo-
«timinunf:en vorzusehen und für welche V
Es ist wQnschenä Werth : a. dal» die Mädchen und Frauen über 16 Jahre weder die
Nacht noch den Sonntag über arbeilen ; b. daß in WirkUehfcdt die Arbeitaseit 1 1 Standen
täglich nicht überschreilc und dun-h RuhcpnuFon von zusammen minde-ten- 1' s Stunden
unterbrochen werde; c. duU Ausnabuieo iVir ^ewis^e luduütiiezwtnge zulässig seien;
d. daß fOr besonders ungesunde und geAbrliche ßeschüftigungen Einschränkungen vor-
l^hen werden ; e. daß Wodnierintien nur nadi Verlanf von 4 Wochen seit ihrer Nieder-
kunA zur Arbeit zu^eias^sun wcrd« ii.
VI. betreffend die Amführuntf der vereinbarten Bestimmungen.
1) Sollen Bestimmungen Aber die Ausführung der za vereinbarenden Vorschriften
4ind deren r»'luT\v;icliiiti).' ;,'t.-in)freii werden?
Im Falle die Hetfierungeu den Arbeiten der Konferenz Folge gehen, empfehlen sich
<lie nachstehenden Bestimmungen : a. Die DurchfQbrung der in jedem Staate mit Bezog
auf die Gegenstände der Kuiilerenzlionitliuiitr K'^'f^fTenen Mal^nahmr-n -oll rlurdi eine aus-
reichende Zahl besonders geeigneter und von der Hegierung des betrefTendcn Landes
ernannter FunktionSre (Iberwacht werden, die ron den Arbeitgd»em vnd den Arbeit«
nehmern gleich unabhängig «ein sollen ; 6. die von den verschiedenen Staaten ver-
öfTentlichten jülirlii lien Uerielite dieser Funktionäre sollen von jfdeni derselben den
anderen Hegiei ungen luitgethrüt werden; c. jeder dieser Staaten mjII periodisch und/so
weit möglieh, in ähnlicher Form stati>-ii>tiie Erhebungen f1t)er die in d. n Beriitliun^ren
der Konferenz behandelten Fragen vornehmen; d. die tiieilnehmenden Staaten sulivn
nnlereiiHUidw sowohl diese statistischen Nachweisungen als auch den Text aller Be-
stimmunjren austauschen, die, auf ^'e^ef/pebe^ischem oder Verwaltungswege getroffen,
sich auf Fragen beziehen, welche in der Konferenz behandelt sind.
2) Sollen wiederholte Konferenzen von Vertretern tler hetheiligten Regi^ngen
«bgehalten werden und welche Aufgaben sollen ihnen gestellt werden V
Bs ist wünschenswert h : daß die Berathungen der theilnehmenden Staaten sich
wiederholen zum Zwecke der gegenseitij.'eii Miltheilung von Beobachtungen, welche hei
der Ausführung der Beschlösse der gegenwärtigen Konferenz gemacht worden sind, und
«un zu prQfen, ob AbAndmrungen oder Eigtnznngen der letzteren wflnsehenswerth sind.
Das Gute, das ans dieser Arbeiterecbotskonferens hervorgehen mag, wird
'VOrlllifig den sohweiseriBohen Arbeiterstand wenig erleichtern, und »eine, sowie
die Hoffnungen des ganzen Volkes sind daher zunächst in weit höherem Maße
auf eine rein nationale Maßnahme gerichtet, die, wenn sie flieh verwirklieht,
einen wesentlichen sozialreformerischen Schritt bedeutet. Es ist die projektirte
obligatoriseh« XTofiü]- und Kvwikenvefsieberung.
Bei keiner anderen Angelegenheit vA die Stellnng der BnndesbehSrden cum
aog. Staatssozialismus heller in's Licht gerückt worden. Man vernahm Voten wie
1; ,Die ganze Frage der Arl" iterfnr=orge spitzl sich in die Frapf mo^dichster Aus-
dehnung der Arheilerversicberung mit oder ohne StaatshiUfe zu, und zwar auch nach
der speziellen Seite der Versicherung gegen Arbeüsloaglceil.* (BLlein.)
') Botschatl des Üundcsrathes an die Bundesversamnduug hetrefl'end ElinfQhrung
des Gesetzgebungsreehtes (Iber Unfall- und Knnkenversichming.
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Soziale FVage
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Soziale Frage
2) , Gründliche Abhfllfe bietet nur (ii*- ;<llKeineinc oliligatorisehe Arbeiter^UnfalK
UDd -Krankenversicherung mit staatlicher Beihülfe." fFurrer.)
3j ^Miin wird holTcnllich noch dazu kommeu, dulj jedem iiionjichlichen Wesea
durch den Staat des l^hens Nothwendigkeit verahreicht wird." (Morel.)
4) tVie Einmischung dc<< Staates ia die soziale Crace bat ihre grofien Gefahren.
Sehftdiich ist jeder Staatssoziali.'^muH, der die individuelle Verantwortlichkeit abschwScht
UDd die Bürger gewöhnt, Alles vom Staate und durch den Staat zu erwarten.' (Droz.)
5) «Die nationaiökoaomischen Tbeoriea, nach welchen die Einmischung des Staates
ia soziale Fragen als iVeiheitsin5rderisch betraehtet werden, sind veraltet Die roodemen
Verhältniss«^ zwin^'cn den Staat, das zu fhun.* (Favon.)
6) ^Staat und Gesellschaft haben ein allgemeia anerkanntes Interesse an der Für-
sorge für die Arbeiter. Aufgabe der Oesttegebung ist eft, eine Regelung herbeicuftkhren»
welche iniadi >tcn> alle /xi/inarbeiter pet;en die ökcnoirii-rlien KoI;,'«'n iler sie tretTenden
Uulälle m möglichst weitem Umfange itichcrslellt.'' (Eidg. Industrie- und Laudwirtlischaftä*
departement.)
Darf nun aus obigen Toten gesohlonen werden, daß die Bnodesbehörden
Hark sozialrefonneriDch gesinnt seien ? Keineswegs mit Bestimmtheit; denn vor-
erst ijft das Hndrpsnltat in di-r zur Zeit (Kndt' 1889) noch pendenten Anj^elegen-
heit abzuwarten und zweitens i^t zu berück8icbtigen, daß in dieser speziellen
Frage der Unfall- und Krankenversicherung die Interessen der Arbeiter und der
Arbdtgeber sich keineewege wid^preohen, eo dafi ee aelbst deiyenigen Landes-
TKtero, die sehr ängstlich Uber den Interessen der Arbeitgeber wachen, leicht
werden mag, ihr Ja und Amen in die Urne zu legen.
Al'^o muß, um den Stärkpp:rad dpr >'n3{ialrefürm^ri>i hen Gesinnungen der
Bundes beb ürdeu messen ku können, eine zuverläesigere Stichprobe abgewartet
werden. £s wire erfreulich, wenn die Gelegenheit sn dieser Bti^diprobe steh bald
einstellen wUrde, damit die vielen Augen, welche forschend anf die Bnndesbehörden
gerichtet sind, erkennen könntr-n, ud das Prinzip, nach welchem seit ISIH fini»
Parlament komponirt wird, einer wirksunii n Süzialreform fT^rderüch oder hiiiJt'rluh
ist, ub die Wahlen auch fernerhin vorwiegend iiuch politischen und konfessionellen,
oder aber vorwiegend nach Bkonomisohen Gesiohtspnnkten so treffen seien.
Wettere bnndesbehördliche Akte in aozialreformerisohem Sinne dnd auoh : die
Zustimmung zu der bereits im Abschnitt Beruf-^ijeiiossens'hafteit erwähnten Motion
Cornaz, zn dnr ]\lotion Joos betreffmd ZUndholzmonopol, zu der Anregung des
Schweiz. Gewerbevereimi betretiend Eriali einer scUweiz. Gewerbeordnung (AUes^
noch pemlent).
Vorschläge des Lexikons. «Wenn ee einen Weg gibt, den soüalen
ümsohwung in ruhigen Bahnen an halten, eine allgemeine Katsstrophe an ver-
meiden, 80 ist es die freieete öffentliche DiskuMsion ttber Grondlagen, ffielpnnkte
und Organisation der nach Gestaltung ringenden soaialen fiewegung," rief der
edle Satomon Vöc:i lin dt^m Zürcher Kantonsrathe zu, als ch «ich 1881 darum
handelte, die Abhaltung eines sozialistischen Kongresses anf Zürcher Boden zu
dulden oder zu verbieten. Diese Worte Dessen, der sich auch durch seinen (1887)
in der BundesverMunmlnng gestellten Autrag, das fVibrikgesets anf das Personal
im Kleingewerbe, im Wirthschaftsgewerbe u. s. w auszudehnen, ein bleibendea
Amlenken gesichert hat, dienen anrh dorn T.fxikon als Leitstern. Für den Herans-
geber dieses Buches ist die «o?.iale Fr.t<;e liüuptsächlir-h cini- Fra^rn der Rrziclnings-
reform. Er erblickt dcLibalb die ///iMj)/ursacho «ler sozialen Gebreclieu in der
') Üieti bestätigt un- fnl^ronder Ausi^pnu-h des Vorortes d<'.s Schweiz. Handels- und
industrievereins : ,l>ie Krage, ob wir eine allgemeine obligatori^-be Arlieiter-Unfall-
Versicherang fflr Arbeiter und Unternehmer für nftzlieh und ausfahrbar halten, bejahen
wir unbedenklich.*
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Soziale Fra^e
— 117 —
Soziale Fra^e
4urehaiis luaiigelfaafleii Aasbildung der mraaeUidieii Kräfte im jugeodlieli«!! Alter;
Urmehen Mtoeite» Qradet sind nach ibn: die Schldigang der wirihscheftUcheB
KlaiMen durch das Keiitnertliuiu, das TJeb«rmafi der Masch iaenarbeit und die an-
genügende Vertretung der Arbeiter-Interessen in den Parlamenten.
Gegen diese vier Ctnindiibel hat die Geseilaohafc Stellung za nebmeo. Aber
wie? Das Lexikon schlägt vor:
1) In Betreff der J ugtndereieUung : Cxebt jedem Kinde eine Erziehung und
Ansbildiing, wellte dafiaelbe in den Stand aetst, «iital mit guten Oian^tereigen-
acbaften, tttchtigen Kenntnisven und Fertigkeiten in die Welt, in den Arbeitamarkt
binauflzatrcten Bt pinut zunächst mit der Sorge für sein hörperlidus Wohl-
ergehen; stellt daj-selbe vom ersten Tage seiner Geburt an unter die Obhut von
Btaiitlichca Organen, welche darüber wachen, daß es die den Regeln der Ge-
sondheitalehre entttprechende Pflege, Kabrang u. s. w. bekomme, daß es nicht
verkümmere, wenn die Eltern liebloa, roh and nnwiBaend, wenn dar Vater ein
Trunkenbold oder ein Geizhals ist. Erblickt in den Kindern armer Leute nicbt
überflüssige Möbel, sondern künftige Blir^'cr Staaten, die dip?:em ihron Arm,
ihren Verstand, ihr Herr weihen. Haltet sie also vollständig auüer dem Bereiuh
von schädlichen VerhältnLsaen and Einflüssen, wenn nöthig durch vorübergehende
oder dauernde Trennnng von den Eltern.
Ferner: Gebt allen Kindern mit normalen Geistesanlagen, armen nnd reichen,
den nlmlichen Primär« nnd Sekuu'laniuten icht in öfTentlichen Schulen. Vciscbont
pit^ aber mit sog. Ballast, mit Gedöchtnißkiain aller Art, der in der Aiif-
uuhme von pruktischem, acht nützlichem Wissen beeinträchtigt. Lehit die Kii.ilu n
der Sekundarschulstufe, sich in Handarbeiten zu üben, damit sie bis zum S'^bluß
d«r obligatorischen Schulaeit erkennen, ob sie Lust nnd FShigkoit anm Handwerk
besitzen. Ebenso lußt die Mädchen mehr als bisher in die Handarbeiten ihres
Geschlechtes einweihen, üie Sekundarschulstufe alisnlvirt, lehrt jeihfi Kind, ob
anu uder reich, einen Ltcrnf, Laßt Lehrer, Vater und Kind zu einer ireineni-
Hamcn Konferenz zu.saramentreteu, damit die Meinungen über die Anlagen und
Neigungen des Kindes, «owie Uber den passenden Beruf gegenseitig ausgetansoht
werden. Laßt sohlieJSlich den Entscheid Uber den Beruf dem Inhaber der väter-
lichen Gewalt, aber — irgend ein Beruf muß erlernt werden; es darf Niemund
ohne Bi'ritptt'rlernitnn anfwaf^ffifn. 'i DielJ ist sogar durch die Gesetzgebung vor-
zuschreiben und durcii die Behörden zu kontroliren. Selbstverständlich sind fiir
die Kinder nnbemittelter Eltern die Koetra der Bemfserlemnng vom Staate an
bestreiten; die Lehre maß, wenn es sich um gewerbliche Berufsarten handelt,
in staatlichen Lehrwerki^tStten stattfinden oder bei tjeprüflen Heistern, denen es
zudem unmöglich gemacht werden muß, die Lehrlinge anszubeutt^n. Die Land-
wirtbauhatt muß theils bei tüchtigen Bauern, theils auf staatlichen landwirth-
sobafUichoi Sohnlen «lernt werden. Die Mftdehen, arm wie reich, haben alle
Stafen gat organisirter Koch» nnd Haasbaltuagsschalen, inkl. Kldderanfertigang,
dorchznmacben und müssen mit der Hygiene des Körpers und der Wohnungen
vertraut gemiiclit werden. Fiir die nog. gelelirten Bernfsurten werden die jetzigen
Verhältnisse ebeulalls so zu vervollkommnen sein, daß, wer nicht entschiedene
Befähigung für dieselben zeigt, nicht zu denselben zugelassen wird, und daß für
«Ile fXhi(^n anbegUterten Jünglinge nnd HKdchen die Sladienkosten dabinfallen.
') .Die Berufsl^higkeit in ilie IMUe des armen Mannes zu tragen, d;i3 ist das
Werk der Volksschule," »a^'L sehi- ricliUg die züicherische Staatsreclmun^kommissiun
im Bericht Ober den Toranschlag von 1890.
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Soziale Frage
— 118 —
Sosiftle Frag»
IKflser IKldongflgaiig wird für die wineoMhaftlioheii Beratetoa ca. IG Jabre^
fUr die übrigen ca. 12 Jahre absorbircn. Bis sie auf den Arbeitsmarkt biaana*
treten, werden die jnugen Leute lH — 22 Jahre alt werden. Dann aber int Keine»
mehr, die SchwachbiuoigeD aiiHgenommen (fllr welche selbstverständlich auf aodei e
Weise geeorgt werden muß), von welcbem befürchtet werden konnte, daß es
■langeie Bernlaerlemang arb^telo» werde. Die Geiellsdiafk, der Staate beben ibre-
Pflicht gegenüber der Jugend eifilllt.
Die erste Etappe des menschlichen Leben«; ist zurückgelegt. Es beginnt die
zweite: der Kampf um's Dasein, die Periode der SelbsthUife. Jetat überlaßt der
Staat einem Jeden, seinen Weg selbst zu finden, seine Kräfte bcstroöglichtst zu
▼erwenden. Der Staat ist nnr nocb Besebtttaer gegen Ausbeutung und bVbere
Gewalt. Wie leicht wird es nun dem Staate sein, diese Aufgabe zu erfüllen t
Ist sich doch der Arbeit'T'-trind seiner Kenntnisse nml seiner Wiinli; so bi",vnßt,
daß er unbiilige Zumuthungcn, ungeniigendc f.öline, Auribeutiing iciIlt Art, ilintaji-
isetzung biuter Aluscbiueu und Tbieic von »ich am abweist. Der Arl*eiter wird gottlob
nicht mebr an die Sobolle gebunden eein ; seine Kenntnisse geben ihm den Hntb,.
sein Heil eher anderswo zu versuchen, aLs Unrecht zu dulden. I'er Arbeiterstand
wird altidann eine Maebt sein, mit welelier \ on Seite des Geldkapitals auf dem
Fuße der Gleichberechtigung «nterbHiidelt und verkehrt werden muß.
Dritte Etappe : Alter, Ilülfslusigkeit I Hier tritt das Recht des Armen auf
Untersttttznng ein, welches Beoht der Staat eben so gut Terwirklieht, als seine
Mittel es ihm gestotten.
Bereitet man dem Menschen einen solchen Lebenslauf, so ist die soziale
Frage sicherlich reeht ordentlich gelöst, und «war ohne daß der individuellea
Thatkraft irgend ein Zügel angelegt wäre.
Wie sagt doch gleich Fislaioszi, den viele seiner Zeitgenossen als einen
BeyolntionSr venohrieen:
Die Kräfte und Anlagen der Menschennalur gehen nur durch die Kunst einer ge*
nüpendrn Enlfiiltnnfr und Au-|ii!duntr in FerUgkeilen hinüber, die geeignet sind, dem
Mcii-joheii 1(11 gesellaciiatHiclieu Zustand die Fitlügkeit ZU verschaffen, sie auf eine Wei.-?c
zu gcbraui-ben und anzuwenden, die den armen, eigenthunfisIo.seri Mann im Lande dureli
ihre Folgen al!< ein Ersatz des fOr ihn verloren gej-rin-renen Antheils un dem freien
Abtrag der Erde dienen und von ilim .hdilr annfesehen \v» r<len kennen. Der Anspruch
an genu^ame MiUel zur Entfaltung und Au.^lnlduiig die.ser Kräfte ist also (in6<-
streitbar $nn b»rgerh'ch-gefieUs( haftliches Recht. Der Kunstzusland der Zivilisation hat
ohne die Anerkennung dieses Rechtes der Armen seliger keine rechtliche und keine
mensehliche Basis. (M<nf, Zur Biographie Pestalosä^ I, 178.)
2) In Betreff der Schädigunff der wirthschafUiehe» Klassen durth dar
Rcnhirrthum : Monopolisirt das ganae Bankgeschäft in der Hand des Staates.
SduifTt eini' Rinnlesbank mit Filialen nach den Erfordernis-scn des Verkehres.
Al-i!aan wird ein Theil des arbeitslosen Gewinne^}, den flie Rentner um! Groß-
kapitalisten einheiuisen, dem ganzen Volke zufallen. Große Kulturaufgaben wird
der Staat duroh diese Einkaufte erfttllen können. Er wird einen niedrigen ^ns
zahlen, aoweit der internationale Geldmarkt es gestattet, und, sofern jenes möglich
wird, einen niedrigen Zins fordern. Hat einmal der Bund diese Verstaatlichung
durchgeführt und mit Erfn1<r durchgeführt, so werden andere Staaten seinem
Beispiel folgen. Die Staaten haben es alsdann in der Hand, den Zinsfuß beliebig
SU reduairen; ja sie werden dasu kommeu, nicht bloß keinen Zins mehr zu be«
sahlen, sondern sieh ein Aufbewabmngsgeld aahl«n sn lassen. Denn aneh unter
dieser Bedingung wird der Rentner lieber sein Geld in die sichere Verwahrung
des Staates geben, als es durch Diebe stehlen lassen. Einmal so weit, welche
Soziale Frage
— 119 —
Soziale Frage
£Dtla8tttng für den Bauernstand, für die Debitoren aller iStande, oder aber, wenn
der Stttat deDDOoh einen ordentlichen Zine einnehmen will, weldi* enormer Ge-
winn Ittr den FSskne, für die Geeammtheit des Volkes! Und wahrlich, große
Gewinne bat er nöthig. wenn er die Jngendendehttng ao leiten will, wie ate
vorhin skizzirt worden int.
Die Privatdarleihen auf Grund und Boden, ant Immobilien, Mobilieu and
Garantien jeder Art werden nntersagt und rechtlich nicht geachtttit sein. So wird
ilV daa Kapital, welchea eine sichere Anlage sncht, der Staatsbank mfließen.
Baajenign» wolciu s Wut Hisiko eoheot, winl sich auch fernerhin an induatriellen
und komrrifirzielleu Uttternelinmufrt'n betlu ili/:;LTi
Dif WohnuiigsmietluMi «inkon auf (U-ii Ziiisfiiti herab, «Icn <.\vy Sfiiat tlir ilir
von ihm auageliehenen Gelder fordert, plus angemessene Abnutzangsenttycbiidiguug.
So wird ee im Interesee aller WohnnngsbedUrftigen, die nicht itelbat HSuser-
be»itzer Himl, und Qra der Spekalation auf die BeTttlkerang^^/uiKihme, sowii- dor
miihflosfi) Erwfrhutig UTnuäßigt/r Vci*ini?g('ri zu sfi ueni. l'c^* tzlich h''fohl«-u wcrilen
miiSM^n. Di»^ \V(>hmin|Lr''f'nim- wird ülKuhaiipt eiiu' si lir rittioiicllr Liistuig timlcn. ')
Die Bauüpekulatiou wiiii abiiehmcu, weil sie hich uicUt iiit-hr r«utirl. AisNtatt
Sletnmaesen an HKnsem aufaathVraieu, die ihm nur einen miil.'>i;LceM Zin» abtragen,
winl der Ht-ntmu- s<'in Geld lieber ln-i der Staatsbank uib;v in iiKiti^frirlkTi n-^p.
ktiufuiäiiiiischen Uiitenitbmmigeii unlegen. FIr»rt Jor ['rivatbau auf, su ninlj die
Gemeinde lläui^er crstfllm und .-^icli dir l'rioiitiir (b'r WulHiiiri;.'>iverini(.'thüii;j;
vindlzireu. DiU'au^ wird si^h für bit; uuub die N(»thwuiidigkt5il crgcbtüi, Kuutiule
Uber die Privatwohnnugen anszutiben, theila in dem Sinne, daß keine solchen
beKOgeo w« rdon, wenn passende Gemeindewohnnngon vakant sind, theila in dem
Sinne, dali in dou Privat wolitiunt^m keine Utdi- r!. ' .; Mit-theni luid krin(5
Ucberschrt'itnn|T des gesetzlichen Mi< tl!ziii^< s statttm'1'\ L iiTer solrlieii Verliiilt-
niüsea werden die uitiii»ti;u der rrivutgebünde, weiche zum Zwtuke dt,x Vut uiieihuiig
gebrat wurden, freiwillig nnd billig an die Gemeinden verkauft werden, und die
Bodflnbentarefbrmfrage ist fHr die Stadtgebiete befriedigend gelöst.
.3) Tn Iti'lrtff dc^ rebt:rmafii>. rnn M<i -rlinifiiarb^: CJnterstüf zt die Atfa-iter,
80 viel Ihr könnt, in dem Bestreben, die ilnsrduue zti einem Kutbistan^sniittel fin-
den MeuBchen zu luuulim, deuu zur Htuudc dient ein groLirr Thei! der Muöubinen
. ' aar Bdaatnng, anstatt zur Entlastung. Das heurige ungebührliche Maß von
'Ibflokiimnarbeit hat nicht nur physische nnd geistige Erschlaffung der dabei be-
- ^hiUigteu Arbeiter, sondern auch die l!raelib-<;nntr von taus»;i)d und ab-T tausend
TUCTiBfbHchcn Hüuden, die stetige \ eriiiehriing des rrob'tariaf>, <\v> bettler- ui: l
- Verbrtjcherkorp« zur Fulge. Sind einmal etliche ( ien'. ratiuueri niitev di iii Hrzndiung»-
ti^Btem berangewHcli>en, das wir soeben gi /eichiu.t , so \\'erilen sie «plbst der
*) In ,Arbüiterverlia[tnis:5c der Schuci;/.' (ifisiir Scliuiid, l>7:<i -.-htcMil
Professor BCdiniert: ,EeJ wird von .\ieui<uiUeii! nit-l:f l»e^liillcu. dai^ yciueiuuüUiyc Maiiucr
und Unternehmer die SOStSte Nolli kaum ^ ii k-.iuier bekfimipfen können, als durch die
Sorge für {jule Wolinimfren der nnkren Ki i-s. ii."
„Füllo wie der von Pfarrer Aiidrcs in Mün<-ijenharhwp erzflhlte könnten dann kniim
vorkommen :
»In einer ans vielen Gliedern beklebenden FauüUe starb die UauämuUer. Auf>
Mani^el an Raum mnSte der Hautfrater neben seiner todten Gattin schlafen. Alsendlich
'> I ""irg anlangte, konnte man ihn mit iK-r rlwiv,: in d.i' Kiirlir hiu f ;in iI-mm
kocnherde plaziren. AU ich Sonuta|; Mitla^ä Utu lictreftende Faniiiie Liei^udite, wurdt;
das bescheidene Mitta^mahl Aber dem Sarg angerichtet."
hl ". !■ '^er Volkszähiunf' kann kouslatirt wi-riien, dal., der (d>cii lic-rhnel>^'iK' F.dl
viiü aiicieren noeh weit ^^H}rboteu wud, uud Uuch jjehauplt^u aüb Li^inciudeiülhe, sie
hdtteo ein ^tes Herz fljbK die Amen.
Soziale Fraise
— 120 —
Spanien
KttMihmfliiArbeit di« rechten Zügel anzulegen wiesen. Bie dahin aber mnß anoh
von anderer Seite iu diesem Sinne gewirkt werden. Radttkfion dm Arbeitetagee
auf ein Maß von Stunden, welches die Wiederbeschäftignng nller brauchbarer er-
waohtienen Arheitslosen möglich maohen würde, ist ein sehr berechtigte« Postulat,
aber leider nur international dnrobführbar. Auf diese internationale Haßregel hin»
aoarbeiten, iat Pflicht jedee rechtlich denkeaden Menschen« anch wenn er, wie daa
Lexikon, in so schwer kontrulirbare internationale Abmaohungen großes Mißtranen
h>ctzt, I)ie.-i s Miljtiiluini ist » s, w^^lf lu-8 uns veranlaßt, auf eine Maßregel zu sinnen,
die eiüblweilen, bih die Aendtrun^ de« Erziehnngs«ystems (Inrchgrlührt ist, der
Erzeugung von Arbeitslotiigkeit iSohranken zu »etzeu geeignet wuie. Eä ibt die Ver-
ataatliohnng des Binnenhandela mit allgemein gebrXnchliohen TextUartikeln, wobei
der Staut eB sich snr Pflicht machen würde, nur Han lgewebe, Hand&brikato an
kaufen. Die, Folge wäre, daß die jetzt für das Inland arbeitenden meclmiiisehen
Webstühle, die Strickmaschinen n. s. w. durch eine viel größere Zahl von Uund-
«tUhltitt ersetzt wurden und außerordentlich viel neue Hände Arbeit und Yerdieuat
fänden. Die für daa Analand arbeitcndeo Maschinen könnten natürlich fortbeotehen.
4) In Betreff der ungeniU/endm Vertretung der Arbeiter- Interessen in den
Parlamenten : Aendert die Wuhlsyöteme in der Weise, daß die .stimmberechtigten
Bürger eingetheilt werden in: 1) Arbeitgeber; 2) Arbeitnchnier ; :!) übrige Stimm-
berechtigte. Jeder Stiuunberccbtigte bei frei, »ich in die eine oder andere Kategorie
einschreiben in laaaen. Die Zahl der Wahlkreiae sei bedeutend redntirt» Jede
der drei Wählerkategorien wähle anf je so und so viel Stimmberechtigte einen
Abgeordneten auü der eigenen Kategorie, doch nach Belieben au» dem eigenen
oder Ulis einem anderen Wahlkrciö. So wünlcn vi»r!iu>sichtlich viel mehr Berufs-
kreide und iu^büftoodere die Arbeiter^cbatt viel bcüüer zur Vertretung gelangen
als bisher. Freilichi so lange xn befürchten steht, daß die Absicht auf allgemeine
YerBtaatlichung der geeammten Erwerbawirthschaft bei den Arbeitern diu Ober»
band habe, >u hvi^^o wird »ich die hier skinirte Beform nicht empfehlen. Erst
muß man lie>tiinnit wissen, daß die große Mehrzahl der Arbeiter nur da*; Mög
liehe, VernUnltige will, und dann erst hat e^ einen Sinn, die Axt an den Baum
dea jetzigen rarlamentariämus zu legen.
»
Von diesen vier Üaoptreformen abge^nehcn, befürwortet das Lexikon selbst-
ver^tämllieh auch die j^roßen Cn-dankt-ii der Eibi'fehtHreform im Sinne Munzinger's,
der Eiäenbahnverstaatlichung, dun Tabak- und ZUudholzmouopols, der staatlichen
Versicherung gegen Naturschäden etc.
Ea kann dagegen nicht umhin, Heiner Verwundfurcng darttber Ausdrack m
geben, daß die Welt so alt und so gelehrt wei den konnte, ohne au der Fähigkeit
zu gelangen, Steuergesetzc zu*-« hatfin, welche dei; kindergesegneten Familienvater
glinipf iif'her behandeln, al» den JiiiiirLres'eüen, VN'abrIich, so lun-re dieß der Gipfel
der Süzialreiorui i«t» bo lange sind aueh die verlassenen, verwabrlo»ten Kinder
Torhanden, von denen Nt'iti/ ^agt, daß sie ,alV unser Gerede von Republik und
Demokratie eitel Lttgen strafen' !
Spunicn. l>er Waarenverkehr zwisclieu der Schweiz und Spanien ist nicht
nnbedentt-nd. 1)em Werthe nach variirte er in den Jalirtn 1 HJS;') bis und mit
l."^HÖ zwischen Fr. lU"aüO,27ü und Fr. Il"4l2,(jab jährlich 0,7 7» des
ganzen »ob weis. Außenhandels. Anf die Ausfuhr entfielen Fr. 7*764,735 bia
Fr. Ü'57»,j37 (1,1— 1»4 »» «uf die Einfuhr Fr. l'52M76-.r6 16,087
(0,2 -0,4 llaupt(/(/.s/«/j/artikel sind: Stickereien, Uhren, Gewebe, Maschinen
und Kättc. üaupt(;</#/i(/ii-artikei sind Wein, äUdfrttchte und KorkbohE.
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Spanien
— V2\ —
Sparkassen
Folgende seit 1^48 abgescblo^tsene Verträge bestehen zur Zt^it (Mitte 1889)
zwischen beiden Stauten in Kraft :
Die internationale Genfer Konvention von 1864 betreffend die im Kriege
verwundeten Militärs (A »S. VIII, 52U); der internationale Ttlajiuphen vertrag
von 1875 (A. S. u. F. II, 296); der yiederlaasttnt/svertraff vom 14. Nov.
1879 (A. S. 5, 97); der internationale Metervertra// von 187.') (A. S. n. F. II,
3); der We/iposiverlratf von 1878 neb.st Zusätzen von 188ö und Spezial-
verträgen betreffend die PoststUcke ohne Werthangabe, die Briefe mit deklarirtem
Werth, die Waarenmuster (A. S. n. F. III, V, VI, VII, VIII, IX); der Aus-
liefe rttncfs oertraf/ vom :J1. Aug. 1H83 (A. 8. n. F. VII, 357); der Ifundels-
veriraf/ vom 14, Märs 1883,^ nebst Verlängerung« Uebereinkunft vom 27. Juni
1887 (A. S. n. F. VII undX); die iuteruationalen Konventionen von 1M83 und
188G betreffend den Schule des f/eicerblicheu, literarischen und künat/crischen
Eigenthums (A. S. n. F. VII u. X).
Spurkassen. (Mitgetheilt von Herrn Max Lang, Beamter des eidg. sta-
tistischeo Bureau.) 8. auch Bankwesen Bd. I. S. 119. Die ersten statistischen
Zusammenstellungen des schweizerischen S])arkassenwescns finden sich im ersten,
dritten, vierten und ftinften Bändchen des „Schweizerischen Archiv filr National-
ökonomie und Statistik" vom Jahre 1827 u. ff., herausgegeben von dem Basler
Nationalökonomieprofessor Christoph Bernoulli.
Viel zuverlässiger und ziemlich vollständig sind die Angaben aus dem
Jahre 1835, welche der Genfer de CandoUe einer seiner Arbeiten zu Grunde
legte. Damals existirten in der Schweiz 100 Sparkassen mit 65 Einnehmereien.
C0,028 Einleger hatten darin eine Gesammtsumme von lö'/a Millionen Franken
niedergelegt.
Für da-s Jahr 1852 hatte Pfarrer Spi/ri in Altstätten die Angaben von
den 167 damals bestehenden Sparkassen gesammelt. Die Einlegerzahl war auf
181,172 und ihr Einlageguthaben auf Fr. 60*368,759 angestiegen. Einzig die
Kantone Wallis und Appenzell I. Rh. hatten noch keine Sparkassen.
Im Jahre 1864 erschien der sechste Band der schweizerischen Statistik,
enthaltend die „ Ersparnißkassen der Schweiz* in den Jahren 1H52, 1854, IH5H
und 1862, im Jahre 1875 sodann der 21. Band mit den schweizerischen Spar-
kassenresultaten für die Jahre 1867 und 1X72. Das statistische Bureau des
eidg. Departement« des Innern besorgte die Herausgabe, die Bearbeitung hatte
der obengenannte Herr Pfarrer Spyri übernommen.
Ganz vom statistischen Bureau besorgt wurde die neueste Publikation Uber
das schweizerische Sparkassen wesen, welche als 74. Band der schweizerischen
Statistik am Anfang des Jahres 1889 erschien Sie enthält die Ergebnisse für
das Jahr 1882 mit einem Nachtrag von Ergebnissen aus dem Jahre 1886. Eine dazu
gehörende Einleitung wird später noch nachfolgen. Diese letzte Publikation hat
nicht nur den Charakter einer wiederkehrenden Arbeit behufs periodischer Ver-
gleichungeu, sie ist theilweise auch zugleich die Beantwortung einer im Jahre
1881 im Nationalrath gestellten und erheblich erklärten Motion, dahiiilautend :
„Der Bundesrath ist eingeladen, zu prüfen und zu berichten, ob und wie durch
die Postverwultung die Einlage} von Ersparnissen gefiirdert werden könnte".
Fast zu gleicher Zeit und unabhängig von einander entstanden am Ende
, dea vorigen Jahrhunderts die ersten bekannten Sparkassen in England, Deutsch-
land und in der Schweiz. Die erste schweizerische Sparkasse war die
im Jahre 178Ö vom bernischen Großen Rath gegniiidetc und ^icher gej«tellte
Dienatbotenkasae der Stadt Bern. Sechs Jahre nachher wurde als zweiterste
Sparkassen — 122 — Sparki
sebwdaeriielM SparioMM die «SnBkaiwe*' in Basel ezVfiiet, jedoch 1810 wieder
liquidirt, nachdem die viel zweckmäßiger eingerichtete „Ersparnißkaflse* (ge-
grIlDilet 180','^ «^if« überholt hatte. Das gleiche Schicksal thciUe tüe seit 178Ü
in Genf bestehende „Privatkasne"* und die 1795 von der Genler National-
versammlung errichtete Sparkasse-Pfand- and Leihauätalt. Sie beide erlebten den
Schluß dea Jahrhanderta nieht mehr.
Die Berner Dienstbotenkaase allein aeigto uch durch Einfuhrung verHohiedeaer
zeitgemäßer Aendernngen lebensfähig; bis znm .T.ihre 1849 bestund sie als selbst-
ständige Ka.sse fort, wnrde dann der Vtrwultuiig der bernischen HypotUekarkame
unterstellt und ging Kchiießlich 1878 ganz in derselben auf.
Die Gesohlftagebabrang dieser Institute war von derjenigen der heotigen
Sparkassen wesentlich verschieden. In Bern und Basel konnten nur zweimal im
Jahr Hinzahlnngen geleistet und Rückzahinngen abtrcholt werden. Die Einlagen-
rainima waren sehr bueh; sie betrugen an orbterem Ort 20 Kronen (Fr. 02. r)0),
an ieUterem 50 Pfund (Fr. 86), in Genf 60 Livres (Fr. 140. 90), t*päter
6 Gulden. £ine große Zahl von Vorschriften ttber Rtickiahlnogen, Einlegergnt-
baben etc. machten den Verkdir an einem «ehwerf&lUgen und tragen wenig dasco
htAy das Institut größern Kreisen zugiti<r]ich zu machen.
Es darf hier noch angeführt werden, daß dit Fa br i k spa rk asse n, welche
als eine Schöpfung der neuesten Zeit angesehen werden, bereits schon am End?
des vorigen Jahrhunderts in Basel bestanden. Im Jahre 1798 wurde eine solche
dort aufgelöst und gegen 100,000 Baaler Pfnnd unter die Arbeiter (Einleger)
Tertbeilt.
Eine neue Periode im schweizerischen Sparka.«isenweeen begann mit der im
Jahre 1805 nach dem Mu>ter der Hamburger Sparkas.se gegründeten Zürcher
Sparkasse; «ie ist die ältcs^te Km^^f d^r Schweiz, welche als .<eU)st4ändige Anstalt
ihre Thätigkcit bis heute ununterbrochen fortsetzen koiinte, ihr und ihreu Nach-
folgern erst gelang es durch aweokmäßige Einrichtungen, den Sinn Air mnstrag^e
Spargeldanlagen in größern Kreisen der Bevftlkerung su wecken.
Von den im Jahre lä82 bestehenden Sparkassen wurden gegründet:
1 vor ] 64 von 1850— 1859
IG von IbVH isiy 105 „ 18(50— 1809
33 , 1820 1JS29 189 , 1870— ]882
46 „ 1830—1839 2 unbestimmt.
31 , 1840-1849
Das »cbwdceriHche Sparkassenwesen konnte sich ohne weseutlidie gesetaliehe
üinsohräQknngen entwiek<>ln.
Wir können in den kantonalen Gesetzgebungen drei Richtungen
unterscheiden, nach welchen die^clben in dn,s S[iarkassenweseTi eingreifen :
1) Der Kanton ist selbst Gründer und Verwalter von Sparkassen oder
sparkassenihnllcbett Instituten.
2) Er leiht der gesammten Geschfiftagebahmng ^on Sparkasseninstituten
die staatliche Garantie, oder stellt sie behu& Sioherstellung drs interessirten
Publikumn unter spezielle irrnft?.» (Ietzt»;re« in zwei Kantonen : Btt n durch Ge-
setz vom 31. yi&rz 1847 Uber gemeinnlltzige Ge.seil»ehaften und Fi eibutf/ durch
Oesetz vom 24. November 1862 ttber die Sparkassen).
3) Er l)eschränkt sieb auf die allgemeinen Yoreebriften ttber juristische
Personen, anonyme oder Aktiengesellschalton, Genosseneehaften und gemeinntttsige
Gesellsohaftea.
Google
SparkatMea
Durch die Bnndeagetiützgebung worden dio SparkaHuen iu(K)t'eru berührt,
ab sie unter dtt^*'Tiigoii Titel des sebweiMniaeiien Obligationenreohte Tom 1. Januar
1883 fallen, welche von der Ertheilung jarietiMber Ptasdnlicbkeit und von der
BUduug, der Organisation und der Auflösung von Korporatiimen handeln. Damit
bat die vorher weit verbreitete Uchnng der gogeiiannten Stuatsgenehinigung von
Spar katiseosta tuten kantonalertieits fast ganz aufgehört, nicht zum Schaden der
Siiobe, denn jene Gmebmigung erweukie, ohne eine nennenewertbe Gnnntie ia
neb tu Bcbltefien, beim Pnblikiim ein mebr oder wemijer nnbereebtigtes Sieher-
beitigeftlbl.
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Bern . . .
41,315
41,rM6
1.^,043
16,261
i;:.WK)
5,596
136,271
Luzern . . . .
12,912
13,745
(i.l71
4,942
3,834
1,327
42,931
Tri . . , . .
r»4l
1.375
iV.VA
467
985
3,967
Schwyz ....
1.921
2.388
1,166
1,053
756
999
7,583
Obwdden . . .
9<d
6«4
936
169
84
95
9.159
Nidwaiden . . .
2,726
1.26:^
782
314
184
40
5,309
tilarus ....
7,65Ü
5,279
1,946
1,875
999
215
17,964
Zug
2,515
9.013
889
830
764
469
7,480
Freiburp . . .
2.7()y
2.732
1,089
717
321
82
7,'-'.ft
Solothurn . . ,
8,897
6,875
3,973
3,174
1,789
638
24,<li6
Ba-selstadl . . .
6,796
7,006
2,771
1,S91
1,237
78
19,779
Ba?fllan(l . . .
.■),6<)3
5,325
1,600
766
320
90
13,704
Schatl luiu-stn . .
3,577
3,674
1,093
848
549
218
9.959
Appenzell A.-Rb.
8.3(58
5..S66
1,708
737
99
6
16,7S4
Appenzell I.-Rh.
ti:t
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56
27
4
8t5
St. (ialten . . .
17,'J7ö
■j;{.7(K5
12.5 n
li,839
6.734
433
74,230
GraabOnden . .
4,997
7,.'>f)l
i,047
4(53
122
48
17.2:{8
Aargau ....
17,017
19,818
8.0« 1
.5,581
3,540
1,560
55,597
Thurgau . . .
11,693
11,022
4,352
2,278
742
100
30,187
Tessin . . , .
1,236
3,0r)8
1,596
1,074
W>>\
141
7,771
Waadt ....
U,6iU
14,705
6,128
4,919
3,794
678
44,850
Wallis ....
198
88
98
18
11
1
344
Neuenbürg . .
12,G07
8,3(53
3.:.(>0
3,330
18
30.961
Genf
20,789
10.003
hxm
3.87«
3.325
36
43,067
Schweiz 26^.834
^i>,7y9^
102,004
80.337
49,615
12,698
746,287
In Prozenten . .
33,0
13,7
10,8
6,6
1.7
100
Digitized by Google
Sparkasseti
126 —
Garantie.
Die Sioherlicit, welolie die Kaasen Meten, bernbt niolit alton auf den Reserve-
fonds, <:ondern auf (rArantiekapitalien verscbiedennr Art. Ueber diese YerhIltniMe
gtthen die 82er Angaben folgende Auskunft :
Fr.
Eiuleger
Fr.
Hr. Fr.
514'07R,128 28*676,d94 5,58 117*751,977 22,91 146*426,371 38,49
<}ntliu>>cn der Ein«
leger uud d«t
ttbrigen Qliabiger
998 608,257 28 676,894 2,87 117751,977 11,79 146*428,371 14,66
Dnrobachnittsgothaben der Einleger in den Jahren
1858^1882.
1SS3
184;2 1^7 'i
Kmmm
nn2 187»
Franken
ISSl
Ellrich . . .
. 144
171
249
389
SchafTbau-sen . .
245
349
451
697
Bern . . .
. m
439
787
10:{4
Appenzell A.-Rh.
151
189
259
Lu^t;rn . . .
. 5t5
r»7()
fiSK
841
Appenzell L-Hb.
St. (lallen . . .
110
192
399
Uri . . . .
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;ti."j
1571
436
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591
7i7
Scbwyz . . .
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1072
üraubünden . .
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410
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.
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160
178
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Thurgan . . .
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363
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Glarus . . .
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. 407
399
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Wallis ....
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Solothum . .
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Neuenburg . .
853
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Baselstadt . .
Baselland . .
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382
458
541
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419
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548
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959
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393
Sehwetz
333
371
533
689
Gesammtguthaben
der Öpargeldei II leger,
auf den Kopf d
er
Bevö Ikerun
g vertheilt.
K*Dtone
1S»t
1S61 1S74
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18C2 187t
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1882
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23,3
37,3
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176,7
267.9
Appeiiz. I.-Rb.
2,3
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Uri . . .
. 7,H
21,5
128,9
263,1
St. Gallen . .
34,5
68,2
169.6
Scbwyz . .
. 5,1
10,4
68,4
158.6
Graubflnden .
12.3
28.5
48,5
77,1
Obwalden .
. 2.5
15.3
2H,8
74,1
Aarguu , . .
15,0
41,2
126,5
232.5
Nidwaiden .
. 11,2
29,5
51,7
173,7
Thurgau . .
16.1
38.2
80,9
117,5
Glarus . .
. 17.i
iü.ii
152.7
-isi.i
Tes.sin . . .
18.7
15,8
52,5
Zug . . .
. 23,9
121,2
151,6
462,9
38,9
Waadt . . .
29,2
57,4
79,6
118,2
Freibarg .
. 9,7
16.0
23.9
WaUis . . .
0,3
1.0
Solotburn .
. 20,0
r,_'.o
132.7
219,6
Neuenburg .
111.8
111,7
163,7
195.0
Baselstadt .
Baselland .
. 86.3
109,8
144,0
164,3
Genf. . . .
61,s
59,3
134.2
253.0
. 10,3
«5,7
«7.2
91,0
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■25,2
52,6
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Geaammtguthaben äänimtli« h> r Spargeldeinleger and die
ReBer vefüu d s.
£iiü«g«r«
gnttebm
1852 60*366,759
1862 131'901,632
1H72 288'836,442
1882 514 078,123
loi TfltUllalM
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100,0
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2*744,257
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28676,394
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im VerhAltaia»
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UM*rv«IbBdB in
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4,65
4,54
3.94
5,58
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SparkasMU
_ 127 —
SpemlbaoUel
Die aogegebenu Bemvefonds dienteo niolit «Ueis mr Deoknng der Spar-
«inlofergatbabeii, nndeni m« bildeten anek die Baeerve Ittr die Ubrigen Paasiv*
gewhftfte der Kaasen.
Verzinsung.
Im Jahre 1882 wurden 40,85 **/o der Hpareinlagen mit 4 ^/o verzinst,
27,79 /o mit 4740/0, 7,79 »/o mit 4V8 7o, 2,89 7o mit 5 >. Die niedrigste
Verzinsung betrug 3 '/a 7o> höchste ö 7o. Durchscbnittssine fttr die Geaanunt-
aumme der Spareinlagen 4,12 ^/o, gegen 3,76 */» ^ Jalire 1886.
« «
*
Fttr das Jahr 1886 wardeo dem eidg. atatiftt Barean die Beobnuugti-
ergebnisse von 357 Ka8sen bekannt. Darnaob betrug deren Spargeld^Einlegonabl
002,697, mit einem Gesamratguthaben von Fr. .'>93'724,82'.), was, für die
ffleicheu Ka«8t'u berechnet, gegenüber 1882 eine Vermehrung 116,531
äpargeldereinlegern und von Fr. 120'374,004 ihrer Sparguthaben bedeutet.
Eine Neaerong aobeint aiob in neneater Zeit im aebweiieriaeben Sparkaeaen-
weaen «inbiifgern an wollen, weleha ea aneb dem kleiaaten Hann erm&gliehen
aoll, Spargeld sinstragend anzulegen; es iat daa System der Span» arA-cn, welehea
einige Institute nach Art der englischen Penny-Banks eingeführt haben.
Speditionsge^chHft. Zahl der Firmen oa. 150 mit ca. 900 Personen.
HauptplJJtze Basel, (it nl, Züriuh, St. Gallen, Romanshom, Cbiaaso, Luzern, Chur.
Spenglerei. Ziemlich bedeutendes Gewerbe (am 1. Dez. 1880 3721 er-
werbathätige Penonen), daa aicb mehr nnd mehr vom Analand nnabhängig macht,
auch in feineren Waaren. Die Spenglerwerkieiigfabrikation arbeitet aneh fUx daa
Ausland.
Spezerni- und Gewürzpflanzen werden in der Schweiz zum kleinen
Theil in Garten, an einigen Orten aneh im (iroüen angehant (z, B. Wermnth-
kraut im Traver»thal). Vieles wachst wild und wird auch gesammelt, während
fttr die sog. Drogueupflansen alljibrliob viel Gald in*8 Analand gehl Ea gibt
nameotlioh in den Alpen wildwaehaende Gewttrapflanaen, welche ganz besonders
fein und aromatisch sind. In größeren Mengen werden gesammelt Wermuthkraut,
Gentiane, Iva etc. für die im Jura nnd in dt-n Alpen eingebürgerte Fabrikation
von Wermutb, Absinth, Enziunscbnaps, Ivabitter, Alpenkräuterniagcnbittcr etc.
Speaial bahnen. In der Schweiz. Kiaenbahnstatistik werden die Eisenbahnen
«ingetheilt in die vier Kategorien : X Kormalbahnen, B. Spezialbabnen, C. Draht»
Seilbahnen und D. Tramways. Die Spenalbabnen hatten £nde 1887 einen Um-
fang von 131,860 m Baulänge und 132,755 m oder rund 133 km Betriebslünge.
Zu den Spezialbalinfn wenk'ti fulgenle üntornehuningen gereebnet; Appenzelier-
bahn, Arlh-Kigibahn, Birtsigtliaibahn. Frauenteid- Wyl, (ieneve- Veyrier, Lausauue-
Eohalleuä, Kigibahu, lügi Scheidegg Bahn, Korsohaoh-Heideu, Tramelan-Tavannea,
Uetlibergbahn und Waldenburgerbahn. Femer kann man auch die Drahtseil-
bahnen und die Tramways als besoudere Gattungen von Spezialbahnen betrachten.
INähere Mittheilnngen Uber die obgenannten Bahnen finden aioh unter den be>
tretenden Schlagwtjrtern.
Spezittlhaiidel. Großtheil de» »chwci/.ensohen Außenhandels. £r umfaßt
(nach der Definition des eidgenössischen handelsetatiBtischen Amtes):
a. Bei der EinAdir: 1) Alle beim Eingang sofort venoUten, sowie alle aoll-
freien Waaren im Handelsverkehr; 2) alle aus eidgenössischen Niedarlaga»
hftitsem, Freilagern etc. in den inneren Konsum Übergehenden Waaren«
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Spezialhandel
— 128 —
SplOgenbabn
b. Bei der Anafiihr: Alle azportirten Waaren einheimuclieii Urepnings und
diejenigen exportirton Waaren fremder ProTenieDS, welch« den sehweise*
ris^'hfn l'jüL'angs-'i^oll entrichti t liaben.
Der Öpeziaiiiauiicl betrug in den Jahren lb85/8ö jährlich 1422 — 1508 Mil-
lionen Franken — 97 — 99 dee gesammten sohweiaeriMhen Anßenbandele
(Effektivbandel). Vgl. auch das Kapitel „Waarenyerkehr**.
Spirlrld'^pn k „Miisikdosen" .
Spiülkurtüiifabrikation. Unter dem Fabrikgesetz je 1 Fabrik in Sohatf-
bausen und Ha«lc ^Bern). Son^t aehr unbedeutend. 1880 nur 41 Arbeiter.
Spielzeug wird in großen Heogen in die Sehwets eingeführt (1888 für
Ft. 1 '019,000 = 4076 q k Fr. 2S0): Oidiniies, grobes Holi> nnd Bleiseng
vornehmlich au8 Deutscbland (tpeiiell Thüringen, Kttrnberg etc.), feineres aus
Frankreich. In der Schweiz selbst wird wenig fabrizirt (Ausfuhr 1888 für
Fr. 174,446 = 264 q a Fr. 65'.)). An Bemühungen zwar hat es nicht gefehlt,
der Spielwaarenfabrikation im eigenen Lande größeren Boden m verscbaften.
Sohon 1813 wnrde sie anllßlieb eines Preiaaaaaßbreibena des Eanfmlnnisehen
Direktorinm« in St. Gallen betretfend Einftthrttng neaex Industrien in Vorschlag
gfbrac'ht. Seitdem wiederholt t.icli dieß, unter Uinweisung auf unseren Holz-
reichthum, bei jeder »chicklichen Gelegenheit. In Bern hat die (Tesellschaft für
Kleiuiudufitrie mit der Gründung einer Spiel waarenschule ein bebt- gute» Beispiel
gegeben. Diese Schule wird y»m Kanton Bern nnd Tom Bunde aobTentionirt.
Spiralbohrerfabrikfttion. 2 Firmen in KUsnaeht (ZUrieh) nnter dem
Fabrik- Miz Ca l Dntzend Arbeiter.
Spitzen „Stickerei".
8pitzenklÖppelei. Ehemals im Kanton Neuenburg bedeutend (h. p. 505
in Ii. Bd.), von wo aus sie siob auch dem Kanton Waadt und dem bemtsoheu
Jnra mitgetheilt zu haben scheint, Ist sie Überall daselbst auf einen kleinen Rest
zusammenrjeschrnmi'ft. Anläßlich der Volkszählung von 1880 wurden im Kuutun
Nenenbr- ' nur noch Spitzenkbipplerinnen ermittelt, 26 im Kanton Waadt,
20 im KatiiDu Bern, 27 im Thurgau und 13 im Rest der Schweiz.
SplügettbAhn« Wie im Westen der Schweiz die Eisenbahnen am Fnße
dea Simplon, so haben sie im Osten am Eingang zur graubänJneriaeben Gebirg8<
weit, in Chur, vorlänfig ihren Abschluß gefunden. Und wie dort auf der Süd-
seite der Alpen inzwischen die itulieniselh n Linien bis Domo d'Ossola vorgerückt
find, so stehen die^lben dem graubUndnerischen Gebiet gegenüber bereits iu
GhiaTenna; was der Simplon auf der einen, das ist der SplUgen anf der andern
Seite, das Hinderniß, dessen Behebung doreh Bohrung eines Tanneis und Führung
einer SehienenTerbindung die Interessenten an den beiderseitigen Zu&hrtslinien
neuestens wieder mit allen Kräften anstreben. Wie in der Westsehweiz, so sind
auch iu der Ostschweiz die Bestrebungen für Erstellung internationaler Eisen-
bahnen, wenigstens offiziell, älter, ala diejenigen für den Durchbmch des Gott-
hard; die sentrale Lage dea letstern, wekbe die grtfßte Interessengrappe unter
sich ztt vereinigen im Stande war, kam demselben in günstigster Weise zu statten.
Zudem witren die Anstrcn^mgen fiir einen ost»chweizerischen Alpeudurchbruch
nicht immer aui da« gleiche Ziel gerichtet; die erste Konzespion, welehe der
Kanton Graubünden ertheilt hat \:'m 25. Juli 1857), war diejenige an die
DentMh-sohweiBerische Kreditanstalt in St. Gallen für eine Eisenbahn von Chur
aus durch den Lukm'.inier und das Tessin. Erst am 22. Juni 1869 hat die
Gesellschaft der Ver. Schweizerbahnen die Konzession für eine Eisenbahn bin
sur italienischen Grense auf dem Spiügen erlialteu. Indessen ist bei der Ungunst.
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— 139 —
Slaatsbahnai
dar Zeit und Yerh<nisse anoh diese Konzession nicht zar Aunführung gelangt
und (Ifthingef allen. Erst in nentr^r Zeit haben unter dem Vortritt der Ver.
Scliweizerbahneii and der italienihclioii tTeaelltichaft, ■welche das Netz dar a<lria-
tischeu Bahnen betreibt, wieder erubtlichc Studien und Verhaudluiigen begonnen,
<^iiie daß indeaME heute 'sohon (April 1Ö90) ein beatiinintea Ergebniß ta kon*
atstaren wäre.
Für die Frage, welclier Verlcehr einer interuationalen Verbindung via S'plHgen
zufallen wird, sind nicht allein die Entfernungen maßgebend, sondern eben j-o st;hr .
die Intereat^n der AnBcbiuübahuen und die daraus folgende Tarifpolitik. Die
Verkehnkreiae der Alpenflbergänge, ohne Splügen und Simplon, greifen aohon
jetet BO aehr in einander Uber, daß ein Tarifkrieg nur dnroh veitragliohe Ab*
machungen, in denen die Rechte der einzelnen Geaellschaften so gut als möglich
umschrieben sind, vermieden wird. Kommen die neuen Verbindungen zu Stande,
80 wird schon die Thatsache ihrer Existenz die älteren Eivalen zwingen, mit
iknen liok am vertragen. JedenfkUa wird den Beatrebaagea um £ntollung der
Splttgenbahn aekon deßvregen alle Beaehtnng geaehenkt werden miiasen, weil im
Vergleich dieser Ruute zu derjenigen daidl den Gotthard Zttrieh nnd Mailand
neutrale Punkte sind, d. h. ziemlich ijpmn dieselben Entfernangen (31(5 Kilo-
meter) haben, und der zwischenliegendo Verkehr, welcher der SplUgeiiroute zu-
fallen wird, nicht guriiig geaolültst werden darf. Die Kosten der SplUgenbahn
sind anf 90 bia 160 Millionen Franken veranacUegt.
Splügenstrasse (Alpenstraßel. Dieselbe wurde gleichzeitig mit der Bern-
hardinerstraße (ISIS — 1821) angelegt. Hie fVibrt vom Dorfe Spltigen über den
gleichnamigen Fat» (Paßhöhe 2117 m über Meer) dem Liro entlang nach Ciiia-
venua. Der sehr bedeutende Wuaieuverkehr, de.sseii sich der Splügen in der ersten
HUfte de« Jahrbunderts rahmen konnte, wurde durch die aeitherige Konkarrens
der Brenner-, Mont-Cenis, Guttlianl- und Arlbergbahn anf ein Minimum herab-
gedrückt; dagegen ist ihm noch ein namhafter Postverkehr geblieben.
Sprit 8. den Abschnitt „ AlkoholmonoiK.l - im Artikel , Staatsmonopole .
Stafttsbahnen. Seit die Bern-Luzern-i^ahu, welche Eigenthum des Staates
Bern war, in den Beaita der ftisionirten Jara-Simplon^Bahn-GeseUBohafk über-
gegangen iat (1. Januar 1890), gibt es in der Schweiz, abgesehen von den auf
Schweizer Gebiet liegenden Theilstrecken ausländischer Staatsbahnen (s. Seite 87
im I. Band), nur noch zwei staatliche ßahnnnternehmungen, nämlich die Linie
Jura tieuckdidoii als oeuenburgischea und die Linie Genf-ÄnHemasiie als geofe-
riiobea StaatunonopoL
Bekanntlidi macht aieih non adt nnigen Jahren eine atarke StrSmung geltend^
llmmtliche Bahnen in staatlichen Besitz, und zwar des Bundes, zu bringen. Aller-
neuester Ausilruok (lieser Tendenz ist der am 19. Mai 1890 unter Vorbehalt der
Zustimmung der gesetzgebenden Behörden und eventuell des Volkes vom Bundee»
rath bewerkstelligte Kauf von 30,000 Prioritätsaktien der Jura- Simplon- Bahn.
£äne andere Grundlage rar Terstaatliehang der Bahnen bt in den Rttckkauli»-
▼orbebalten gegeben, welche zn Gunsten dea Bundea in die den Eisenbahnonter-
nehmnngen ertheilten Eonzessionen aufgenommen werden mußten.
Schon das alte Eisenbahn genetz vom 2S. Juli 1*<52 enthielt in Art. 14 die
Vorschrift, daß jeweiiea im einzelnen Falle tlieiis die Zeitfristen festzusetzen seien,
nach deren Ablräf dem. Bunde daa Becht snatehen eolle, die betrefTende Eisenbahn
sammt dem Material, den Gebftnlichkmten nnd den Vorräthen, welche dazu ge-
hören, gegen Entschiidigung an sich zu ziehen, theila die Bedingungen featsuetellen,
unter welchen <ler Riickkanf gtattfinden könne.
Fnrrer, VoUuwirtbacbkftv-Lezikun der Schweix. 9
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I
Stutibftliii^
— 130 —
Staatsbafanoa
DemgemXfl wnide regelmifijj; bei Genehmigung der von den Kantonen er-
theiltcn Konsewonen durch die Bundesversammlung auf den Ablauf des 30., 46.»
HO 7.'). lind 99. Jahres (resp. Ablanf der Konxesaion), vom 1 Mai 1858 an
t: hnet (blüü för die vor 1^^53 ertlieilten Konzessionen laufen die Fristen vom
Zeitpunkte der Betriebseröfiiiung und für einzelne spätere Konzesiiiuncn die eat-
sjmcheod abgeKnderten Frislen voin Datum der Bnndeegenelunigung an), dem ^
Baade da» Ettokkanftirecht im Sinne der vorerwähnten gesetzlichen Bestimmung
vorbehalten, unter Festnet/nn^ einer Ktlndignngsfrist von fHnf Jahren und von
Bedingungen bezüglich Ausmittlung der zu leistenden Kntschädigung, welche als
eben so vortheilhaft für die Aktionäre, wie ruinös für den Bund bezeichnet werden
rnttoaen nnd folgenden Wortlaut haben:
,Kann eine Verständigung über die zu leistende Entx liäiiiirungssnmme nidit erzielt
werden, so wird die letztere durch ein Scbiedsgerielit hesiimmt.
»Dieses Schiedsgericht wird so zusamuicngcsctzl, dal^ jeder Theil zwei Schiedsrichter
wählt und von den letzteren ein Obmann bezeichnet wird. Können sich die Scbiedi-irichter >
über die Person des Obmanns nicht vereinigen, so bildet das Bundesgericht einen Dreier-
voj-scblai,', aus welchem zuerst der Kläger und hernach der Beklagte je eiueu der Vor-
geschlagenen zu streichen hat.
.Filr die Ausmittlung der Entschädigung ppltcn folgende Kestimniungen :
a. iu) Falle des Röckkaules im iJÜ., 45. oder 60. Jahre ist der föfache Werth d^
durch.schnittlichen Heinertrages derjenigen 10 Jahre, die dein Zeitpunkt, in w« Ichem
dvr Rund den Rückkauf erklärt, unmittelbar vnran<:c'hen, im Falle <Ie> Huckk.mfes
im 75, Jahre der 22V«fitche und im Falle des Hückkauies im 9ü. Jahre der äUlkche
Werth dieses RMnartrages zu bezahlen, immerhin jedoch in der Meinung, daß die
EnLschädigungssumme in keinem Falle weniger als das ur^^prüngliche Anlagekapital
betragen darf. Von dem Reinertrag, welcher bei dieser Berechnung zu Grunde zu
legen ist, sind übrigens Summen, welclie auf Abschreibungsrechnung getragen
oder einem Reservefonds einverleibt wunicn. in Aliziv-r zu hrinfren. ^
b. Im Falle des Rückkaufes iut Uö. Jahre i^l diu inuLiiinaüliche Summe, welche die
Erstellung der Batin und die Hinrichtung derselben zum Betriebe in dieeem Zelt-
punkt kohlen uünle, als Entsrbädiunmnr zu bezahlen.
e. Die Bahn sammt Zugehör ist jeweilen, zu weichem Zeitpunkt auch der Rückkauf
erfhigen mag, in Tollkommen befriedigendem Zustande dem Bunde ahautretem.
Sollte dieser Verpllichtung kein GenO?e '^'cthtm werden, so ist ein Terbftitniß*
mäßiger Betrag von der hückkaufäsumme iu Abzug zu bringen. !
«Streitigkeiten, welche hi^rOber entstehe mflehten, sind durch das obenerwUinte
Schiedsgericht auszutragen.*
Vom Jahre 18ß9 an wurde die litt, b weggelassen und an deren Statt in
Ett. a für den Rückkauf im 99. Jahre der löfache Werth des Durchschnitt«- ^
reinerteagee als maßgebend beieiehBet. Kodli apCter fimd de» 8fteni die Beetimmong
Anfhahme, daß im Falle dee Bttckkaufes bei Ablanf der Eommnon nur noch der
Betrag der muthmaßlichen Erstelinngekoeten im Zeitpunkte dea Btlckkaufee ala
Ectschh'dignng zu bezahlen sei
Diü auf den Rückkauf bezügliche Bestimmung des früheren ist unverändert
in das neue Eisenbaliiigtit^etz vom 23. Desember 1672 (A. S. a. F. XI, S. 1 ff.)
ttbergegangen, mit der Enreiternng bloß, daß eventuell den Eaatonen das Bllok-
kaufsrecht vorbehalten werden solle für den Fall, daß der Bund davon keinen |
Gebntueli iiiHclieii würde. In den hierauf vom Runde, in df'ssen Hand durch dag
neue (iesety. die Kihcubahuhoheit ausschiieUliub gelegt ist, ertheilten iionzestilunen
fand nach Maßgabe der sog. Normalkonzcssion (Thun-Konolfingcn, vom 17. Sep-
tember 1878, E. A. S. I, pag. 137 ff.) wibrend einer ganzen Reihe von Jahren
nnTerSndert eine Ruckkaufsklausel Aufnahme, welche sich von der früheren nicht
wcpcTitlich unterfielieidet Und speziell für den Buud keine giin>tigrcren Bedingungen
enthält. Diese RUckkauijiibei$timmttngen der Normalkouzession lauten wie folgt:
^StaaUbaimen
131 —
Staatsbahoea
,FQr die Geltendmachung den HQckkaufsrechtea de» Uutules oder, wenn er davon
lieiiien Gebrauch machen sollte, des belheiligten Kantons gelten folgende Beslimmungeo:
a. Der Rilekkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da an jederzeit erfolgen.
Vom Eutsclilulj lies RQckkaufes ist der GesellschaR drei Jahre vordem wirklichen
Eintritte desselben Kenntniß zu geben.
b. Durch den Rückkauf wird der Rückkilufer Eigenthümer der Bahn mit ihrem
Betriebsmaterial und allen übrigen ZugeliAren. Immerhin bleiben die Drittmanns*
rechte hinsicliÜich des rcri^^ioiis- uinl riilerstfil/uri^'-^liuid- vm iK-h ilti ii. Zu ueU lioni
Zeitpunkt auch der Rückkauf ertolgeu mag, ist die Bahn samml Zu^bör in voU*
kommen befriedigendem Zustande dem Bünde bzw. dem Eanton abzutreten. Sollte
die.ser Veriithclitutifr kein (leiiOi^e ;;c1li;in werden urul sullte ancli die V-Twenduni?
der JbroeueruDgs- und heserveiondä daiu nicht ausreichen, ao ist ein verUäiüuii«
m&fiiger Betrag von der ROekkaofssumme in Abzug zu bringen.
«, Die EntM'huhjiun^' lur lirn Hiickkiail' hetraj^t, sntvni Iclzlen r l>i> 1 M;ii l'JlS
rechiiikrullig wird, den 25lkcheu Wertli des durchr^clmittiicheu HemerU'ageii der*
jenigen zehn Jftbre, die dem Zeitpunkt, in welchem der RQckkauf der Gesellschaft
notifizirt wird. uiiruilU lh.ir \ (iratit:<-lit'ii ; - snfern <ler Rrickkiuif zw i>ch» ii licna
I. Miii r.ilS und 1. M;ii l',>:;;{ ertot't, den i>'J /.titr heu Uerlii , — weun der Rück-
kauf zwischen dein 1. M ii V.i'SA mu\ dem Al'l.iuf der Konzession sirii vnli/.ielit,
den üOt'.icheu Werlh des *.l>en iie-chrit-lienen lleini'rtr,i>;e-^, — iniiturhin in der
^ciuuu^', dati die Entschädit^uiigsauiuuie in k< ine[ti Fulli' weni^'cr als die uucb*
^wieseiieii rrstMiah^'en Anlagekosteu der l>e-trli)-n<!tn Kinrit htiinKoii, jedoch Unter
Abzu}? de« Betra^'es dos Kmout-run^'s- und Hf-crvft' lud-, lietra^'cn darf.
Bei Ermittlung; dfc Aal<i;.'i-ku>teH und d--- Hcitnji tra;:es dai l l<-di;:licli dii' ihn-cU
diesen Akt konzedirte IvseuliahnuiUrrnchnuini.', tuiI Aus.^i-hlul.1 aller anderen etwa
damit verbundenen Geächält^zweigef in Betracbt und Berechnung gezogen werden.
'd. Der Reinertrag wird jrobildet aus dem gesammten Ueberschuß der Retriebs-
einuahtuen i'il>er die Dctriclpsaus^'abeti, zu wclcli' l'-1/.trr<'ti auch di«.'ji'ni^:en SiuimieQ
ztt rechnen sind, weiche auf Ab$chreibuo|Fsredmuug getragen oder eioeni iieserve-
fondfl einverleibt wurden.
9. Im Kalle des lliickkaut'es inr /('il[tunkl des Aldaiites der Kon/.c^^i.ui ist nacii der
Wahl des UücJikitulerä entweder der Betrag der eräLmaligeu Aula^ekuäteu für den
Bau und Betrieb oder eine durch bundesgericbtliche Abschätzung zu bestimmende
Summe iih Entsrliadit^un;.' zu bezahlen.
f. Stveiti'^^keiten. «he ül)cr den Kiii-kkaut und damit /us.iiaiiu'nliaii^'endr Era>:.'ti ent-
stehen müt-hten, unterlic/en der Enlsclu-iduu^' des Hundc-^-ern litc-..
„Hai der Kanton den lluckkawt di r Halm licaerksftdli;.'t. <n i>t der Hund nuiits-
destoweniger belügt, sein ihihoriL/es Hecht, wie es hievor d(.dinirt. wurden, ji-dfr/.eit ausi-
zuüben, und der Kanton lial milt-r den i^didrhen Hechten und iMhchleii da- Halm dem
Bunde ahzutreten, wie letiiterer dieii von der konzeasionirten Geselläcbaft zu fordern
i>@recixti^t ijcwtüieu wäre."
In neaenr Zeit erst wird regelmKßig die Bestiamung in litt, daß die
.fotsebidigungsaumme in keinem Falle weniger als die nachgewiesenen erstmaligen
Anlagekostcn der bestehenden Kirr- l'^ungcn hetrutjcii dürfe, wci^ijelassen und als
•erster RUckkaufstermin l!)!.') festi^eiset/f , unter ents|>r(chcnder 11 inausnickung di-r
für die Yeräohiedene Bereoiinuug der Eiitbchüdi^ung nach dem Keinertrag .mai^-
.^Bb6iideii Temioe (auf 1930 statt 1918 und 1946 statt 1933). Ferner sind in
•«Hk^JCp^^ Ittr einselne Speiial- und Straßenbahnen untergeordneter Be*
ueutung von der Nomuükonsession abweichende Bestiaiinttiigen Uber den Rttok-
. Jiip£ ^ptr.'dTen worden.
Im Jahro IBöÜ waren die eidirenös,wisohi-n Küthe, berufen, /um ersten Male
._y.ber, die Frage deb konzesbioiiämäßigeu Kückkaute« der mci«tcü 5>ekweizeritw;hen
l$irttp|>|lJ>nnn ' eisen Bnteohetd sa treffen, da in dieeem Jahre die Kündigung mit
.'^Rezug auf die am I. Mai l^irtH zum Rückkauf lalli^tn Linien hätte ertol^in
^vUfisen. Der Puirlo-Tath gelau^^fe in seiner be/iif:;liclicn HoTsdiaft vom (1. Mar/
1^**^3 (B.-B. i, pug. 2<.i7 luu'h einl;iliiich«-u Uutuieuehuugea zu dem
^iilüs^e, daß zur Zdt auf deu kuiiz<^iuui>geuiäßeu EUckkaul der Bahnen nicht
■eingetreten »hjä^' ohne den Bund großen finanziellen Gefahren preisen-
— 132 —
Sliiatiiiioiiopole
geben, und beantragte daher, tob dem Beobto des KttekkanliM der aobweiseriicben
Eisenbahnen zur SSeit keinen Gebreodi zn machen. Im Nationalrathe stellte zwar
die Mehrheit der znr Vorhemthimg nie'h'rgefctzten Kommission den Antrag?: 'len
Baudesratb mit der Abkundnog der JxoQzet>^ioutiu für die Zentralbaha und deren
Gemeinschaftsbahnen zu beauftragen; allein die Mehrheit der Bäthe trat der Anschauung
und dem Antrage des Bandesraihes bei nnd eo nntarblieb ittr einmal der RttcUouif.
Seither liat es sich im Jahre 1888 darum gebändelt, auf dem Wega des
Vertrages von der Nordostbahn ihr gesammtes Unternehmen fllr den Bund zu
erwerben. Das bezügliche Kaufsanerbieten des Enndesrathes wollte aber von den
Aktionären niuht so wie es lautet«, sonderu nur unter gewissen Bedingungeu
angenommen werden nnd fiel infolge deasen dabin.
Staatsbeftinte s. im Supplement MBnndeebeamte*.
Stimtsmonopolc und S t a a t s r e g a 1 i e n. (Mitgetheilt von Herrn.
Dr. A. Huber, Statistiker des eidg. Departements des Auwwärtigen,)
Monopole und Regalien in der Schweiz.
IKeselbea aiiid tlieik eidgenöBsische, theilfl kantonale* Die ietatmrim 4nd
meiztens Rlter alz die erzteren, weil die fädgenoesenschaft bis zum Jabre 1848-
(von der kurzen helvetischen Periode abgesehen) die Regelung de« Wirthschafts-
lebens vollständig den Kantonen Uberließ. Umgekehrt überwiegen nun die eid-
genössischen Monopole und Regalien dusch ihre Zahl, denn die Umwandlung der
Eidgenoflzenzobaft vom Staatenbund nim Bondeiztaat bat nkdtt nur das politische
Sobwergevicbt, eondem aneb die Kraft rar LSsang großer wirtbzohaflKeber und
sozialer Probleme au;^ den Kantonen in die Kidgenosaenschaft verlegt. Daher am^
der Uebcrjrnnp: von ehi-malö kantonalen Regalien, wie Zf^lle, Müuzcmj, Post, Pulver,
au den Bund, daher auch die anstandslos« Verleihung des Telegraphen- und
Telephonregalrechtes an die Zentralgewalt, die Aufpflanzung des Alkoholmonopola
anf mdgenBfldaebem nnd niobt auf kantonalem Boden.
Eidgenössische Monopole nnd Regalien.
Wie vorhin ^esaj^t, hat der Bund mehrere Monopole von df^n Kmitonen
übprnommen. Mit ihnen hat er den Anfang gemacht und sich die biziig:lKht ii
Kompetenzen durch die Verfassnug von an<;t'eignet. Diu Artikel 23, 33,
36, 38 erklKren die ZSlle, das Poetweeen, die U Unzprägung, die Fabrikation nnd
den Verkauf des Sobießpnlvers als Bundessache. Daz Telegraphenregal folgte erst
im Jahre 1851 als gfinz neue öffentlicho Einrichtung, die Telephonie im Jahre-
1877, das Alkoholmouopol 1885/H7.
Ueber ailu vorgenannten Regalien hnden sich in diesem Lexikon au den
durch daa Alphabet bedingten Stellen Spesialabbandlnngen, ao daß ea Zdt- nnd
Baumversohwendnng wäre, hier näher auf dieselben einzutreten. Dagegen iat daa
Alkoholmonopol noch an keiner anderen Stelle beeproeben worden nnd ge*
langt deßhalb hier zur DarsteMtin^.
En tsteb ung d es A Ikoholgesetzes. Nachdem die schon im Jahre 1878
in der BundesTeraammlung aus fiakalizcben Grttnden angeregte httbere Bestonerung
▼on Tabak nnd Sprit in dem ZoUgcsetse vom 20. Juni 1879 einen Torlftufigen
Abschluß gefunden hatte, wurden unterm 23. Dez. 1881 bü Gelegenbeit der
Barathmig d<s Bndjrtts pro 1882 die f'ostulate ie^estellt nnd angenommen*}:
1) Der Buu<l>'-i illi witd euigtfladrii, von der im Uunde&ge^i I/. vorn 20, ,luiü
Art. '2, erhaltenen Kniuichtitfung betr. EThöhung dea Eingcmgezolh^ nuf limtixtirt in eic.
bald tbunlicb'-! in ^x i;. neter Weise Gebrauch zu machen. (Geschehen durch Bundes-
beschluIS vom 12. und 17. .Mai 1S82.)
^) Botschaft des BuadesrutUes an die Bundesversammlung betr. die Alkohollrage,.
vom ISO. Nov. 1884.
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Staatsmonopole
183 —
Staatsmonopole
2) Der Bundesrath wird eingeladmi. zu prüfen, ob nicht auf dem Wege der Ver-
ständiguni^' mit den Kanton<:refipnint7fr! Maßregeln zu ergreifen siml, um d'-m <ricÄ
Mteigernden übermäßigen Genuß von Alkohol zu steuern, und darüber Bericiit und Au-
trftgtt TOfndegen.
läne von d«r Schweiz. gemeinnatngeD Geselkohaft, welche uch in ihrer
Jahresver-^nTTinilnng von l^?^! ibenfalls mit dieser Frag^c befaßt hnttc, rv. difsfm
• Zweck eiiige.setzte und beauilragte Kommission faud die Uraache der xuneliiuendeu
TrunkAucbt in der Zunahme der Wirthschaften, welche wiederum eine Folge davon
-aei, dafi dnroli die bterpretatlon des Art. 81 der Boiideaverfiusiuig der GmndntB
■der Nonnalialkl, welcher vor 1874 den meieteii kantonalen Wirthsohaftegeeetion
zu Grunde gelegen habe, beaeitigt worden, and beantragte daher in einer Eingabe
▼om Mai 1882:
Es sei entweder durch eine authentische Interpretatiun des ArL 31 der Buudes-
Ywfassung oder, wenn nöthig, durch eine Ergänzung desselben den kantonalen Behörden
der endgültige Entscheid Qbcr die Amübu$tff de$ WwtlwAaßsgewerheB wnd dt$ Klein'
handeln mit Branntwein zuzugeätelien.
Femer wurden anterm 30. Joni 1882 zwei Poetolate angenommen, welche
-weniger klar den einxnaoblagenden Weg andeuteten.
Diese Postulate und eine Reihe von Petitionen veranlaßten den Bundesrath
zum Studinra der Frage. Ea erschien 1SK4 im Begleit der einnchlätrigen Bot-
schaften eine umfangreiche, vom damaligen Adjunkten den eidg. statifätiMchen
Bureau und jetzigen i)irektor der Monopol Verwaltung, Herrn Milliet, verlaiite
•offizielle Schrift: «Yergleiehende Bamtelloiig der Oeeetae und Erfabmngen
•einiger u i l in lischer Staftten"; die Bundesversammlung nahm unterm 24* Jam
l8l$5 die MotbvTi ridic; j^pwcrdene Abiinderui)^' der Bundesverfassung vor.
• Diese Ahäudernni; be.Ntaiid in der Einsclutltinin; (»iTiirrpr neuer Stellen in den
Art. 31 der Verfassung unJ in der Aufstellnug von zwei ganz neuen Artikeln.
Im folgenden Abdniok der betreffenden Theile der Bondeirerfraning ist das Nene
-dnroh 8dailffs<^riß kenadioh genuwdit:
Art. .?/. Die Freiheit des Handels und der ricweibe i-~1 im ganzen rnif.in^.'e der
Eidgenossenschaft gewährleistet. Vorbehalten sind: a. Das Salz- und Pulverregal, die
^idgenOflsiflchen Zölle, die RingangsgebOhreo von Wein und andern gei.stigea Getrftnken,
•sowie andere vom Bumle au>drnr klicli anerkannt!» Vei biauchssleuern, nach Maßgab»- des
Art. 3'L b. Die Fabnkatiun und der Verkauf gebrannter Wasser, nach Maßgabe des
Art. $9^. e. Das Wirthnchaftawegen und der Kleinhemdel mit geistigen Getränken^
in dfm Sf'nnr, daf» di' Kmifunf auf (Jim M'iijr (ift Grsrfzi/ihuiKj die Ausühumj d'^s
Wirthschaftsgewerl/ts und dts K h nihutidtls riiif geistigen Getranken den durch dun
•öffenilic-he Wohl geforderten Besdimukungen nnti ruerfen können, d. Sanitfitspolizeiliche
Maßregeln ge<ren Epidemien und Vieh.seuchen. e. Vcrffigunpen Hher Ausübtm? von Handel
und Geweiben, über Besteueruug des Gewerbebetriebes und über die Benutzung der
•Straßen. Diese Verfügungen dürfen den Grundsatz der Handeb- und Gewerbeft«ibeit
selbst nicht beeinlrru liligen.
Art. ä2. Die Kuulone sind befugt, die im Art. 31, Utt. a, erwähnten Eingangs-
l^flhren Ton Wein und anderen geistigen Getränken unter folgenden Beschrfinkungcn
zu erheben: o. Hei ilrm Bezug (!< r-L'lben soll der Tmnsit in keiner Weise belä'-flgt und
der Verkehr überbaupl so weuig al.s möglieh geheinnil und mit keinen anderen Gebübrcn
• belegt werden, b. Werden die für den (iebrauch eingeführten Gegenstände wieder aus
drnr Kiiiitou au-nelnlirt. s(i ^^irid <lie In'z.ililfcn Einjjangsj^'i-Iiühren ohne weitere Belästigung
zurückzuerslaUen. t. Die Lrztuguisse scb\veucri.-scben ürf*prungs sind mit niedrigeren
■QebOhrtn zu belegen als diejenigen des Auslandes, ä. SiagangsgebOhren von Wein imd
anderen geistigen Uetrftnken .schweizerischen Ursprungs dürfen da, wo sob be sebon
bestehen, nicht erhöht und in Kantonen, welche noch keine beziehen, nicbi eingeführt
Werden, e. Die Gesetze und Verordnungen der KantDne über den Bezug der Kingang.«-
ffebübren sind der Bundesbebörde vor Vollziehung derselben zur Gutheißung vorzulegen,
damit die Nicfatbcadituttg Torstehender Gmndsftize verbindert werden kann. — Hit Ab*
lanf des Jahres 1880 sollen alle EingangagebQhren, welche dermalen von den Kantonen
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dtaatsmonoptrie
— 184 —
Staatsmoni^ole-
erhoben werden, >:owie ahnllfJie^ von diueliiMi Gemeiiideii bcngene QebOhren obne-
EntsfhädiKun^ dalimrallen.
Art. s-j^i». Der Bund ist bt fugt, «m We^ der Cfe»etMgebung Vornchriften viber
die Fabrikation und den Verkauf (jebranntcr Wasser eu erlassen. Jhi dieser Gesetz-
gebung sollen diejenigen Erstugnissc, tceldtc cnttceder amgtführt icvräfn oder eitte
den Genuß ausschiiefimde Zubereitung erfahren haben, keiner Besteuerung unterworfen
werden, hau Brennen von Wein. Ohst und d'ren Ahfälhn. von Enziunu urzeln, Wach—
holderbeeren und ähnlichen Stulf'en fällt betreffend die Fabrikation und Besteuerung
nicht unter die Bundesgesetzgebung. — Nach dem Wt ijfull dtr im Art. 32 der Bundes-
verfeuaung erwähnten Eingangagebührtn auf geistigen Getränken kann der Handel
mit solchen, foeleht nicht gebrannt sind, von den Kantonen keinen besonderen Steuern
unterw orfen icerdcn, nueh anderen lU'si hrankumjm aU denjenigen, welche zum Schutze
vor gefälschten oder gesunäheits^chääitdien Getränken nothwendig sind. Jedoch bleiben
hidtei in Betreff des Betriebs von Wirthsdtaften und des Kleinverhaufs von ^uanivfote»-
Wtter :u<>i Litr die dun Kantonen nach Art. .'il zusteht ndf n Kompetenzen vorbehalten,
— Ihe aus der Besteuerung des Verkaufs gebrannter Wasser erzielten Jteineinnahmen
vertie^ien den KanUmen, tn welcAen sie mm Beeng gelangen. '— Die SeineinneJmen
des Bundes aus d^r inJündiseJun F"' r;'- >' , j , 7 < (.1? dem » ntsprechenden ZoUzu.^chlag-
auf eingeführte gebrannte Was.'^er werden unter äie summtlicheu Kantone nach Fer-
häUniß der durch die jeu t dirje letzte eidgenössische Volkszählung ermittelten fakU»^en
Bevölkerung rn-theilt. Von dm daherigen Einnahmen hahni die Kantone irniiijstens
10 %i zur Bekämpfung de.^ Alkoholismus in seinen Ursachen und Wirkungen zu ter-
wenden.
Art. 6 der TJeherganfi^hestimmunrien. Wenn rar Ende de.s. Jahres 1890 ein Bundes-
gesetz im Sinm des Art. äii'"" lutycfuJiri wird, au falh n schun mit dessen Inkrafttreten
die von den Kantonen und Gemeinden nach Art. 32 bezogenen Eingangsgebühren auf
geistigen Getränken dahin. V — Wenn in diesem Falle die auf die einseinen Kantime
und Gemeinden berechneten Antheüe an der eur Vertheüung kommenden Summe nicht
hinreirhrn u iirden, um dir dah ingefallenen Gebühren auf gt iMigen Getriiiiki n nach
dem durchschnittlichen Jährlichen Nettoertrage in den Jahren 18S0 bis und mit 1884
SU ersetsen, so wird den betroffenen Kantonen und Gemeinden bis Ende des Jahres
1890 der daherige Ausfall aus derjeniijt n Summe gedeckt, let h he deti übrigm Ktmtanen
nach der Volkssuhl gukommen würde, und erst der Best auf die letzteren nach ihrer
VolkssaM vertiteHt. — Außerdem ist auf dem Wege der Bundesgesetzgebung su 5«^
m'rken. dnß denjenigen Kantonen oder Gemeinden, für nclehe das Inkrafttreten dieses
Beschlüssen etne iiskaltache Einbuße zur Folge haben kann, diese Einbuße nicht auf
einmal in ihrem vollen Umfange, sondern nur allmdlig bi$ tum Jahre 1895 erwachse.
Die Ititzu . rfordfrli'hrn Entschädigungssummen .'<ind vorweg aui den im Art* 32^^»^.
Alima 4, Oczetehntten Beineinnahmen zu entnehmen.
Ueber diese BensioD der Baiideeverfassung fand die ytflkaabetimmiiiig am.
25. Oktober 1885 «tatt. 230,250 Stimmende erklärten aieh für, 157«463 gegen
die RevuioD, nlmlieh:
Im KaatOB
Fflr
Gcgrn
Im Kantaa
FOr
43.260
10.656
Obwalden . . .
2,054
4.55
Appenzell A.-Rb. . .
4,939
5,024
St. Gullen . . .
. 21,390
15,672
App'»nrell 1,-Rh. . .
76»
1.143
SchalThausen . .
3,654
2,739
Bu.sellaQ(i . . . .
5.144
i,439
4.3(56
1,354
Baüebtadt . . . .
2,371
Sulutbum . . .
2.734
8,391
Bern
23,633
37,r)f;ri
Ti'^<in . . . .
11,151
1,577
Freüjurg
(i.530
7, in 7
«5,295
Genf
2.054
8,008
Uri
1,796
1.175
Glarus
1,194
3,660
Waadt . . . .
26,967
3,618
(JrauliQniJcn . , .
5,853
8,139
Wallis . . . .
12,955
668
Luzem . . , . .
11.141
2.861
31,219
31,693
Neuenbürg . . . .
8,759
3,4U
2ug
1,957
442
Nidwaiden . . . .
t,381
319
230,250
157.463
') Oemftaa dem ertU-n Abiats dieses Art. 6 und Buudesratbiil>e«clilut-< v. m 1', .Tuli l.rtr d'n
Bucccisirtfu Vollziig drr einzelnen TheUe de» Bundengrsetzei Tom 23 l>ca. 3s>' lA. ^. d. I' , 1:1 X, ■ n fl.,
115 ff.), «inrt die Ton A^n Kaistonrn und flfmf irj^lfTi narh Art der Hundrs^ i rf;i^-iiii^; ht-ZfL'cu' n 1 . lu k'iiu k'r-
gehOhren muf B«i«ti«f'ii firtniukcn mit iIi rn 1. ^. pt. I^s. ihihlnirerBlIrn. I>iiiiiit ?iinl Art. ■•■2 iwl Art.
litt, o, MW«it si« »ich au/ Kingiuigagebahreii ftu Wein uad «ndu« geiatige GeUkiU.e bejBiehen, «nsver
Kult «Mctek
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Staatsmonopole
135 —
Staatsmooupule
£0 verwarfim somit die KantoDo AppenziU, Ben, Freibiirg, Genf, Olante,
Graublinden, Solotluirn. Ditse Vorweffenden waren von verscliiüdenen (rründen
geleitet. Bern und Sulotburn, als HaiiptquartitTe der Schnapsbvennerei, muchteu
ibre Privatint*?resKen niclit preisgeben; Gmif fürchtete einen AumUiII in seinen
FinaozuQ; Appeuzeü folgte beiocai beliebteu „J^üz ueu^" uud die Ubrigeu Kuotoue
Stenden anter der Forekt vor der Vertheaenitig des GlXeohens des armen Mannee.
Wie sich ans den hievor mitgetheilteo Revisiottsparagrapben eigibt, war der
durch sie verfolgte Zweck ein mehrfacher, uanilicli ;
a. Ein poliiisckcr, weil der IJund damit kurzer Hand die Absicht kundgab,
duß er für Löbuug dicker allgeuieiueu Frageu lüeme Uübeit^reuhte im weittiütou
Umfange geltend machen wolle;
b. ein dikcinamiseher, infolge des bedeatenden Interesses, das die Eidgenossen»
Schaft an drr Vw'- Iniekung der letzten kantonalen Zollschranken haben
mußte, um die freie Zirkulation all(>r Waaren im Inneren der iSchwciz zu
ermögliüb&Q, »owic inlolge der Küüksiebtnahtnc; auf das relu utttiouttie lo-
teresse bei allfölliger Negoziation Ton HaDdelsverträgeQ ;
e. ein fiskalisehert weil durob Auibebnng der internen Eonsumgeb&hren die
Möglichkeit gegebeu war, die beattgliohen Greiizzölle inn^ gewisser
Schranken -/n erhidien, um sich cvent. vermehrte Kitiiiahnien zu verscIialJeii ;
d. ein sozialpolitischer, bzw. h/fft'rntavlHif, wegen der Bekümptuag der i^'olgen
des ttbcrmäiiigen Alkobolgermüseg.
AofUngUch war man im Zweifel darüber, ob man sich bloß aaf eine Eegle-
mmünuig des Wirthi^cbaftsgcwerbeij beschränken oder t)b man ttberhau|it weiter-
geben wolle. Man entschied sich zu h;tztereni, in der Krwiignng, daß die Vor-
Wüstungen, welche der Alkoiiu!isn)Us iu gewissen 'J'heilen der Schweiz aiirielilete.
uicht uur vom übermäßigen Geuuß des Alkohol», öüudern auch von der sebkuhtüu
QnalitSt desselben berrtthrten, und daß diese ihren Grand in der unvollständigen
Aui^rürtung einer großen Ansahl Ton kleineren Brennereien, sowie in der Panlseherei
des Zwisclienhand(ds liatte.
In diesen koneitatirten Thatsachen, im Zusammenhalt mit den oben angefühlten
Zwecken, ergaben bieh denn auch <Ue nülbigeu Direktiven für den Bund zur Jie-
Imdlung und LOsnng der Frage. ')
Die Aufgabe des Bnudes war :
1) Eine Verminderung <ies Brauntweinkonsams herbeizuführen;
2) eine bessere Qualitiit dieses (ictränkes zn sichern;
die Utibeiatünde zu b^eitigen, welche mit dem privateu Breuuereibetrieb
. qihL BranntweiuTerkanf verbunden waren;
"'1^'^^ finanzielles Besnitat au eraielen, welches gen'dgend sei, um den in
0. Art, 82*'* der Bundesvei fassung und Art, f. ihrer Ueb-rgungshestimmungen
' übernommenen Veri)flichtungen zur Eniia&tung der nicht gebrannten Ge-
tränke gerecht zu worden.
... Aufgabe sollte aber gelöst werden unter müglichi^ler Siclicrung der
^fin^jea^iiääi^ dee Bundes, femer sollten die in der Brennerei liegenden land* und
.jfiduMtrie'wirät^baftfiohfln Interessen gewahrt werden.
V'y\ nun die neuen Verfassuiigshcstimmnngfn (Art. ?>2"" und Art. u der
UebergangKheKtimmungen) zur Ausführung zu bringen, legte das i idgcniis-is« he
jartemcnt desi Inueru alü Ergebniß seiuer bezügüuhcu Studien drei vurbcbiedeue
dk auf Tersohiedenen Wegen das vorgesetzte Ziel 2u er-
das Bondcsrathes vom 8. Oktober 1886.
StaatsmoDopole
136 —
Staatsmonopole
Entwurf I Heß die privatwirthaeliallliobe TUttigkeit im Gänsen ftei, maelite
aber das Brenntreigewerlt« koniewionspflichtig. Kur ein technisch rationelltr Bo»
trieb, iler tRglirh mindestens zwei Hektoütnr .-lO ''/o-hnltigen Sprit zn erzeugen
vermag, wird gestattet. Nur rektitizirter 8prit darf in den Verkehr gebracht
werden. Pro Hektoliter absoluten Alkohols sollten Fr. bU Steuer erhoben werden,
wobd dem inlXiidiaelieii Fabrikat 10 ^/o Sokwnnd in AnreohnnDg gebraoki würden.
Fttr das iiilSndiaolie Fabrikat benlüte naob dem Entwurf der Brenner die Steuer,
für den importirten Sprit der Importeur in der Form eines Zollzuscblages zu einem
ZoU, welcher die Konkurrenzf(ibi|;keit den heimischen Fabrikanten möglich macht.
Nach Entwurf II können unter denselben Voraussetaungen Brennt reien ge-
bildet und betrieben werden, wie nach Entwurf I. Der gesammte Rohsprit geht
aber in die Hand des Bundes Uber, der ihn snr Beinigang an konieerionirte
SektifikationBeiistaltea abgibt. Der Bund ist bereditigt, bei drobender TTeber-
Produktion Betriebsbeschränkungen durch bestimmte Eontingentirung anzuordnen.
IHe Brenner find gehalten, gegen einen bestimmten Normalankanfspreis von
Fr. bü — 70 ihr ganzes Produkt an den Bond abzuliefern. Dieser ist auch der
einzige Importeur. £r gibt seinen Vorratb an einbeimieober vnd ausUbidiMiher
Waare gegen einen mm Voraus normirten, den Stenersosdilag in sich entbaltenden
Verkaufspreis an konzesMionirte Reinigangianstalten ab. Die letzteren bringen das
Produkt nach stattgehabter Raffination in den Handel zu den vom Bnnde^rath
genehmigten THrifsätzeu (Fr. 160 — 170 per Hektoliter). Dieser Entwurf kuusti-
tuirt also das Großhandelsmonopol. Immerhin sind gegen die ungesunde Bildung
privater Großbandelsmonopole bestimmte Kailtelen Torgeeeben. Kleinhandel und
Anssdiank sind, wie in Entwurf I, an einige gewerbepolizeiliche Maßnahmen der
Eidgenossenschaft und an die fiskalischeii Anfordeningen der Kantone grbunden.
Bfi F,}!ftviirf III wird die ganze private Brennerei beseitijjt und die Brauut-
weinbrenuerei zum Bundesmonopol gemaclit. Der Bund kann danach st'lbst die
Fabrikation Uberiiehuieii oder sie in Pacht geben. £r kann sie aber auch im
Inlande ganx unterdrücken und den Bedarf durch Import decken. In jedem Fall
hat er Sorge zn tragen, nur entfuselten Branntwein zum Konsutn gelangen au
lassen. Der Großhandel ist, wie bei Entwurf I. tinter Vorbehalt gewiaser Ein-
und Auflfuhrbedingungen in seiner jetzigen Form unangetastet gelassen. Klein-
handel und Ausschank &iud uualog i und- Ii geregelt. Es steuerte dieser Entwurf
auf eine allmSlige Beseitigung der inlKndisehen F^duktion bin nnd geht von der
Yoranssetning aus, die inländtsdie Produktion habe keine hohe wirthschaftlidie
oder Überhaupt keine Berechtigung: auf Fortexistenz.
Bei Kntwurf 1 ist dem inlaudisehen Produzenten durch die Einiubi ziUie,
bei Elitwurf II durch die Abnabmeptiicht des Bundes für sein (jewerbe
Sobuta gewKbrt. Das Departement des Innern hatte Projekt II in Vorschlag ge-
bracht, der Gesanrnt-Bundesrath einigte sich aber auf das amendirte Projekt X
und legte der Bundesversammlung durch Botschaft vom 8. Oktober 1?586 einen
bp/H;;]iehen Gefetzesentwnrf v ir In der nationalräthlichen Kommission von elf
Mitgliedern wurden die vorgelegten Projekte in lebhafte Behaudiung genommen,
und sie ging am Schlüsse ihrer Verhandlung mit keinem der vorgelegten Projekte
einig, sondwn stellte ein eigenes Projekt auf Bssis der Projekte Ui und II auf.
Die Majorität der EummitjHion fiirohtete, daß die Anwendung .sehr huher Einfuhr-
zollanwitze und h du F.il i ikatsbesteueninj^ aueb zu großer Defrande Anlaß geben
und daher ein zaUlreicheä Aufsichtspersunal nothwendig machen wüide.
•) Bnndesblatt 1886, Bd. IB, S. 4SI ff.
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Staatsmonopole
— 137 —
Staatämonopole
Im F«ra«ren Milien ee der SominiBaon, dafi di« hoben Anforderungen tta
clie einseinen Brennereien ein faktisohee Fabrikations- bzw. Verkaufsmonopol kon-
f^tituiren wilflfii. Sie entschied sich daher in endgültiger AhstimmiiTig (^>^»'b(in
gegen drei Stimmen) auf eine KombiDation von Verkaufs- und jb^abrikatioDtimonopol
und suchte im Uebrigen die hauptsächlichsten betheiligten Interessentenkreise, die
Landwirthaoliafl ond die Brennernen, vod swar beModen Meh die kleineren
BrMuereien, auf der einen Seite, Howie die Komnmenten und den Fiskus anf
der anderen Seite, in gebührende Beril(;ksiclitigung zu ziehen. ')
Dieser Kommiesionalvon^chlag wurde von der Bundesversammlung im Prinzip
angenommen und zum Gesetz erhoben. Es passirte am 15. Mai 1887 die V'olks-
«betiaimiiiig, wobei eidi 367,12S Stiminen für die A&adiiiie und 138,496 Stimmen
fOx die Verwerfung eigaben.
Dae Qeeeti hat folgenden Wortlaut:
Art, 1. Das Recht zur Hor«Jfllim^' und zur Einfuhr ^ohrannter Wasser aiT; Sfoffen,
deren Brennen der Bundesgesetzgebuuj; unlerälelU »lehL au^hließiich dem Bunde
zu. Der Bund ist verpflichtet, dafür xu sorgen, daß die TQr Verarbeitung zu Getröoken
bestimmten ^reftrannten Wn<;«pr ^enrij/rnd (rpreinigt seien. Suueit der Bedarf durch
inländische i'rndukUou geiltckl werden soll, rtberträgl der Hund die erforderlichen
liefenui^'on an die Privatthäti^rkeit nach Maßgabe von Art. '2.
Art. 2. Annähernd ein Viertheil de«* Bedarfes an gebrannten Wassern wird durch
Lieferungsverträge beschafft, welche der Bund mit inländischen Produzenten abzu-
srhlieUen hat. Die Lieferungen werden vom Bundesrat lio, nach F eststellung des Pflichten-
heßes, in Loosen von mindestens löO und höcbsieus lOÜO Hektolitern absoluten Alkohols,
fBr Üebemahnie ansfeschrieben und anf Grund der Ar die einzelnen Lno^e eingelangten
Angebote an Diejfnii-'fn ver^ielnii, welche bei zureichtiuhr iJaraiitie dif günstigsten
Bedinf ungen stellen. Bei der Vergebung ist das Brennen einheiini^cbcr Rohmaterialien
und der Brenobetrieb in Form landwirtbsehaftlicher Genossenscbaflen vorzugsweise zu
berücksichtigen. Keine Brennerei erhätl tiietir als ein Loos zugeschlagen.
Art 3. Die Eintubr von Qualitätsspirituosen wird zu den vom Bundesratb auf*
xusleUenden Bedingungen und gegen eine feste Honopolgebflhr von Fr. 80 per Meter-
zentner Bruttogewicht nebet Elngaogszoll, ohne ROcksieht auf den Alkoholgehalt, auch
Privatpersonen ijestattet.
Art. 4. Die gebrannter» Wasser werden vom Bund in Mengen von mindestens
150 Litern gegen Baarbezahlung abgegeben; <ier Verkaufsiu<i- wird vom Bundesrath
zettweise testgeselzt und iiu Buude.sblatt veröffentlicht. Derselbe soll per Hektoliter
«bMjluten Alkohols, ohne Gebinde, nicht weniger al» Fr. 190 und nicht mehr ab Fr. 160
betragen.
Art. 5. Bei der Ausfuhr von Erzeugnissen, zu deren Her-;tellung steuerpflichtiger
Alkohol verwendet wird, ist die Menge desselben nach dem Verhältnisse, in welchem
«r bei der betreffenden Fabrikation Verwendung findet, zu ermitteln, und es ist für den
«ntspredienden Monopolgewinn am Ende des Reehnung«ijahres HQekvergütung zu leisten.
Diese Rnckverpiltuni? wird vom Bundesrath nach MaG:,'alK des durchschnittli. Ik ii T'ul. r-
schiedes zwischen dum Verkaufspreis und dem Anschaffungspreis der eiugelührtcn ge-
brannten WasMO* Ooeo Magazin) berechnet. FQr AusAihrmengen unter SO Litern wird
die Rückvergötung iii< hf jrelr>i-ief.
Art. 6. Zur Verwendung fQr teclmische und Haushallungs-Zwecke werden die
hiezu geeigneten, in der Regel den wohlfeilsten Vorräthen zu entnehmenden gebrannten
AVasser aus den M ii-'azirieii .le- Hunde- in Men^'en von 15() Litern au zum Selh^tko-ten-
preis, bei impurlaler Waare unter Hmzureelinung des betrefVendeu EuigangszoUeä,
denaturirt abgegeben. Der Bundesratb wird die Bedingungen ond das Verfahren fest-
stellen, denen die Denaturirung unlerw«n leii
ArU 7. Das Hausiren mit ^'ebniiuiteu Wassern jeder .Art, sowie der Ausschank,
von solchen und der Kleini n 1 mit denselben in Brennereien und sokiien Geschäften,
in denen der besagte Aus.-« hau k und Kleinhandel nicht im natilrliehen Zusammenhang
mit dem Verkauf der übrigen Hiindelsarlikel stehen würde, sind vet boten. Vorbehalten
bleibt der Kleinhandel mit denatttrirtem Sprit and der Kleinhandel aus Brenn««iea
nach Art. 8, Alinea 4.
') Beric ht, Protokoll. Gesetzesentwurf der Kommission des Nationalralhes; Bundes-
blalt 1^86, Bd. III; Beilage zu .Nr. 47 des Bundesblaltes.
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I
Staatsroonopole — 13b — Staatsmonopole
Art. H. Der Verkauf von ^'cbriiunteu Wasser i I i Art in Qunnlit.ilen v<in rnirKle^
f?tons 40 Litern ist ein freies (u «'*;rb<' t^iroliliiinciel). Der Hainit'l init klciiiern (Juiintitaten
(Klcinlian<{eli zertälll in: It <it'ii Aus-cliaiik zum (icnuU aa Ort und Stelle: i>i «len
Kleifivcrkaof ül»er die (ia<<«-. Die Hewilli^'un^-tu zum Ausschank und Kleinverkauf
werden von den kaiiloiiulen Hehtuden erthoill und siüd an eine der Cirolic iin<i dem
Wortlif lies ( nisalzes ettl>j)re< !H'M<le Verkanfssleiier ZU knfiiden. welche l>i< zum Krlaß
i'ines Huiides^resetzes von den Kantonen fest^'esetzt wird. Uretiiier jedocb, welche ita
Dämlichen Jabre höchstens 40 Liter nicht hundeasteuerpflichtigen Branntwein darstellen, ^
dflrfen ihr Erzeuji^iß in Qaantititten von mindestens 5 Litern frei verkaufen. Die 6e*
fBfte der Scliaiik>ti-lli-ti -ind ei» liptliiditi^r.
Art. ^. Die Kantone äind verpUichlet, die Auüiicht über den Handel mit den vom
Bunde abg^geljeneD gebrannten Wassern, sowie Ober die Fabrikation und den Verkauf
des niehl liimdesst.eiieiiilli'-ljtit-'eri Rrauntwein- zu ü\>vu.
Art. Ii». l)n- Duiclitüluunj,' den ütiafcLzeü in seinen ril>ri^en Thcdcn lie^'l dem
Bundesrathe ob. welcher bieMr die nOthigen Volli!ehun^?erordnunfen erlassen uod
die ertordf rlirtitin Or;:.in<' li<Zficlin<n uird. iKr Huti<it'si atli kann die Milwirkunj,' der
Kaotuue iieausprucLcu, in weli liein Fallt- <!ensell>tiu lidclu-vwi. setic Kosten zu vt r^Mileo
sind. Der Bund wird die zur UurohtiilirunK des Gesetzes eif'urderlicben Sumnu'n der
.Mono|>oivri'waltun<.' vur-<'iM*-L.en, weUtie diesulbea ZQ verziaaea^ beäehangsweise in an-
fcrenif.-seiii'u ZejLi aiinKMi zu amorti-iren hat.
Art. H. D«r Hund bezielil von allen ein^'diUu ten Spirituosen die betrelVfndtjrt
Zulkadiiiliren und bat die kosten d*-r Mouopolverwaituiiv' und die der Zollverwaltung
durrti da^ Monopol vemrTOchten Mehrkosten in Anrcchnnni^ zu brin;;en.
Art. Die Hcineiiinahnien der Monopolvt,rw;iltuntr werden, vorbehaltli« ii der
Vorschhttea im Artikel 6 der üehergangahestimraungen zur MundesTerfanung, unter die
s&mmtlichen Kantone nach VertiSltniß der durch di< jeweilige letzte eidgenössische
Volk-z.'ililiiii^' ermittelten t'aktisrhen HeviilkeruDg Terlheilt. Der RechDUDgsabscbluS
hudet jeweiieu aul den 3i. Dezember statt.
Art; 18. Die Kantonsregieruogen haben Ober die Verwendung der zur Bekftmpfnng
ik> Alki liiolisniu-j nai h Al l. ^t-J'"" der Hund» rta»ii!iy he^timtnti ii 1<) ■ > ihrer Km-
uahiueu jedetj Jahr au den liutides^ralL Iktncht tu er^lalieu, und es »lud die bezüglichen 4
Berichte der Bundesversammhtng gedruckt vorzulegen.
.\rl. l t. W* f lim Htstininiiiu^icn diesis Gesetzes zuwiderliandelt, indetn er un- ^
betiigtcr Weis*- ^.'ehraiinl.' W ism i erzeugt, oder die beiu^ler WeisiC erzeuj^te Meniie an
solcher Waare nidit voll-t indi/ abliefert, oder «leb eine ungerecMfertikde Hnckver-
pitun;„' Ziiwetiilet. uiler deii.itunrt lu-zi'^'eiie VTaare zu antU-rn als den >^es!;lHelefi /.wecken
verwendet, micr aut unreclitm.'iL.i^'e \Vei-e -ich /ehranule \Vas=cr ver>cltain, ist mit
einer (leldlmi.ie /.n heje^'eti, Welclie das FflTif- Ins Di eil.'ii;-daclie der <leni Staate unter-
scij|a;_'eneti Suiiiine lielra^'t Kann die letztere nicht errninell werden. <n tritt Geld»
Itui.ie von Fr. hi- In.OOO ein. Befindet sudi der Fejilltaie im Kuckf.ille. «»der bestehen
orscbweri^iide rm-tiinde, so kann die (leldltuLa; verdupjielt und lUtcrdte-^ aut Getinigniß
bis zu »echs Moualeu erkannt werdeu. Der Versuch der iii diesem Artikel mit Strafe
hedrohlpn Handhmfren wird der Vollendung f?le!rh prehallen.
Art. I'>. AuLier den im vorii.'en Artikel trenaiinten Fällen wird .jeile Uebertretunff
dieses (iesetzes oder der zur Auätühruug dei^ibeu erlameueu Verordnungen mit tield-
bttfie von Pr. 90 bis 500 bestraft Die Buße belrSgt Fr. öO bis 1000, wann der Fehl-
bare di(! Vornalmie der andliclien Kootrols ZU verhiudem fssnchl bat. Vorbehalten
bleibt Artikel 47 de» Buudeüätnifrecilts.
Art 10. Von den Bufien und Creldstrafen, welche auf Grund dieses Ciesetxe» be-
zo^'en werden, kommt ein rhilltlieil dem .\nzeij^er. ein Dritttheil dein Kaiitnn und eni
Dntttüeii dei' Gemüiude 2u, in ueicliur die Wider hiindiun^ i»tattgei'uudeu buU Wu kein
Ariste iger ist, f9Ut auch der .An/« itrerantheil in die Kantooskasse. In Fftllett, wo die-
llelterlrelun;.' durch Beamte ')der B<'dieii>lcte der /ollverwaKuni^ ermittelt Wird, geschieht ^
die Vertiieilaug uactt AiU ü7 de» Zollgcj^cUeä vom ^7. August Ibol.
Art 17. Mit Bezug auf das Verfahren bei Uebertretungen dieses Gesetzes oder
der /.nr AustülirnniT desselben erhisscnen Veii)iiirnue,.'en trilt d-i-^ Bimde-^ije-etz voiIJ
üAt. ium Ib^ beireliemU da« Verlahreu bei Lebertretungen Ibikaliächer und polueibeber
Gesetze.
Art. 18. Die Ei;„'eiitli inner der bestehenden Brennereien werden von dem Bunde
für den Minderwerlli eul4?ebädigt, welchen ihre zur Fabrikation von gebrannten Wassern
verwendeten Gebäude und CinrichUiDgen durch die Vollziehung des Art. 1 diese- Ge-
setzes erieiden. Bei der Ausmessung dieser £ntschftdtgung darf der bisher durch di«
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Staatsmonopole
— 139 —
Siaaüfiinonopole
Brenn««! erzielte CSewinn nicht in Rechnnni^ gebracbt werden. Der Anspmeh auf
Bntschfldigunji; ist auf dipjenipon Eigenthünicr heschrlnkt, deren Brennereien vor dem
tt. Oktober 1885 errichtet und bis zu diesem Zeitpunkte betrieben wurden und welche
flberdies auf die durch Art 91^ der Verfasong gestattete Fabrikation verxidbiten. Wa
eine gfitliche VersflHiidI;.'ung über die Höhe der Entsrli"idii.'iini,' nirht stattfinden knnn,
bat die Ausnüttlung derselben durch Schätzungskomini^iuuen zu i>fe»cheheu. Diese
Schätzungskommiflsiooen sollen aus je drei Mitgliedern bestehen, wovon das erste dureh
das Bunde^pprirht, das zweite durch den Bundft<r;i)li, das driltt- dnn h die Regierung
desjenigen Kuuluns zu erncimeu ist, in de.<:sen Gebiet die zu eul.'it luitligende Brennerei
sieh befindet. Gegen den Entscheid der Schätzungskomraissioti kann jeder Bctheiligt&
innerhalb JiO Tagen nach Zustellung des Ent'^cheides beim Bundesgericht Beschwi-rde
fahren. Geschieht dies nicht, so i«it der EuLscIieid der Schätzungskommission als in
Rechtskraft erwachsen anzusehen. Das von dem Bundesgericht und den Schätzungs-
kominissionen einzuhaltende Verfahren wird durch eine besondere, von dem Bundes-
gericht anf^stellende Verordnung geregelt, für welche das Gesetz vom 1. Mai 1850,
betrefTend die Abtretung von I'nvatrechten, als Grundlage zu dienen hat.
Art. 19. Der Bund hat das Recht, die bei dem Infcrantroten des Gesell. < im
Lande befindlichen, über '/«Hektoliter betragenden Voiralbf monopolisirter gebrannler
Wasser gegen Entschädigung an sich ZU ziehen, insoweit die Eigenthflmer solcher Vor-
räfhe es nicht vorziehen , dieselben gegen Entrichtung der betreffenden Steuer zu
behalten. Erklärt der Bund die Uebeniahme di?r Vorrütlie. so sind die Besitzer zur
Anmeldung verpfh« hlot. Verheimlichung der Waare hat Konfiskation derselben und
Bestrafung nach ArL 14 zur Folge. Oer Uebernahmspreis wird durch Kommissionen
von SachveratAndigen festgestellt, weiche der Bunde^^rath zn diesem Zwecke zu bestellen
hat. Bfi Fesl.sielluiig der nach diesem Artikel zu übernehmenden Spirituosen haben
die Kautone gegen eine nach der Zahl der Äbgeber und der Gesamintböbe des Ueber-
Babmsprelses Mmeeeene VergQtung dem Bund auf Verlangen ihre Mitwirkung za leisten.
Daa Geeets wnrde mit dem 27. Mai 1887 ala ToUstebbar erkUit, und swar
in dem Sinne, „daß dt r Bc-^ion der Wiiksarakeit für die einzelnen Theile des
Gesetaes durch .spätere Schlußnuhmen des Kutidpsrathes fc8tzxisetzen sri. ') Die
effektive Invollzugaetzung im tiinne dieses Beschlusses ließ nicht lauge auf sieb
warten.
Dnreh YerVffentliobttngm im Bnndesblatt, Anfangs Jnni 1887, worden die-
jenigen Gewt-rhetreibeuden, welobe in ihren Grewwben denaturirten, d. b« mm.
Trinkgebrauch untau;^li(;h gemachten, Alkohol verwendctm, ♦■ingchulcn, fiir even-
tuellen späteren Bezug sich beim eidgenrwsischen Fiiianz'lcpartt'inent auzuniehloa
und dabei zugleich die gewünschten Dcuaturirungsmethodeu auzugebeu, um e»
dem betrefTeoden Departement an ermöglichen, Art. 6 des Geaetaes reglementB'
mäßig auszufuhren.') Am 29. Juni 1887 wurde der Bundesrath ermMditigt,
für die Durclifiihi ung des Alkoholgesetzes eine Anleihe im Maximalhotragc von
Fr. 10' ÜUU, 000 autzunehmen, welche Befugniß durch Bundesrathsbesoliliiü vom
16. August IböT dem Finanzdepartement dolegirt wurde. ^) Am 10. Juli 18Ö7
ondlicb erklärte der Bnndesratb das „BundetgesHt beireifend gebrannte Wamr"
als in seinen banptslchlichsten Bestimmungen in Kraft bestehend.*)
Danach wurde am 20. Juli 1887 begonnen, alle Brennapparate, welche bia
dahin monopolpflii htige Rohstoffe (Getreide udiI Kartoffeln) gebrannt hatten, unter
Siegel zu legen, und an demselben Tage wurrlen auch die fTrenzeii i'Wr die
Öpnteinfuhr geschlossen, bzw. den Uuaiitätsspirituosen eine Kmtuhr Monopol-
gebtUir TOB Fr. 80 per q aufier dem Zoll auferlegt. Gfoidizeitig wnrde daa
'i Bundesblatt 1887. Bd. III, S. 20.
*) Bundesblatt 1887, Bd. III, S. 338: Sehreiben an die bemisebe Regierung.
') Bundet^Matt 1887, Bd. lU. S. 23. ISI. 3iS, 50r,. <;|2. (>51. tjS7, 718, 738, 758.
*) Bnadesblatt 1887, Bd. III, S. 628; Botschaft S. i78-480.
*) Bandesblalt 1887, Bd. in, S. 813.
• •) Bundesbktt 1887, Bd. DI, S. 687.
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Staatsmonopole
— 140 —
SUtatemonopole
FinaosdofMiTteiiient «nnäohtig^ daiinli im Betrieb befindUehe Breiiii«raeii, welelie
sieb verpflichteten, da« ganze Erzengniß dem Bande abmliefera, hin zum 1. Ok->
tober 1887 weiterarbeiten zu lawsen. Der kantons- und ^meituleweiso Bezng
von Eingangsgebilhren auf geistigen Geträuken hörte am 1. September 18^7 auf.
Unterm 2. September Übernahm der Bund auch das Verkaufsmonopol und modi-
forte damit einigennafiea seine Sddnßnahme vom 16. Jali.
Bevor wir nun auf die Beapreohung des materiellen Inhaltes des Gesetzes
übergehen, ist es nöfliig, nich einen Ueberblick Uber das bezüglich der Getränke
innegehaltene tiükalt^'he Regime, sowie über den Stand der Brennereien und den
Verkauf der geiotigen Getränke iu den Kantunen zu machen.
Was die Belastung mit Konstimtteneni anbetrifft, erhoben 16 Kantone nnd
Halbkantone solche, theilweise unter Anwendung eines Differentialtarifs fUr ans»
ländische Provenienzen. Diene mit 1. September 1887 weggefallenen kantonalen
«nd lokal.-n Oliintrelder natteii einen Betrag von Fr. 3'6OO,00<) jährlich abge-
worfen, iu Ib Kantunen und Halbkantonen waren ferner die Wirthschafteu und
Sehsnkstellen'Patentgebttfaren unterworfen.
Die Produktion der ca. 1400 Brennereien irnrde auf etwa 50,000 hl ver-
anschlagt und war in der Hauptsache da« £rzeugniß au« Cerealien und Kartoffeln.
Der Gesammtkonsum wurde auf 150,000 hl, die Verminderung des Konsums in-
folge des AlkoholmonopuU auf 20 ^/o berechnet, so daß sich der Jährliche
Eoosnm aof 120,000 hl gestellt Uttte, woTon wuk äem Alkobolgesetz '/«• ^Im
^0,000 hl, dnroh die «inbeimisehe Prodnktion gedeckt werden sollte.
Nach diesen einleitenden BeaMdrangen, die ftr das Verständuiß der ganzen
Frage als nothwendig erschienen, treten wir anf den materiellen Inhalt des Ge-
setzcs ein, indem wir im Einzelnen auch die im dZusammenhung damit erlassenen
Yerordnongen und Keglemente in den Bahmen der Besprechung einbeziehen.
Haterieller Inhalt des Alkobolgesetaes nnd der bexttgliohen
Verordnungen, a. Fabrikation. Durch Bundesrathsbeschlnß vom 15. Juli
1887') wurde nun das Einfuhr- und Fabrikationsmonopol als auf den 1."». Juli
in Kraft erklärt und die W-rniegi hing der Brennereien unter Beihülfo der Kaiitoua
regierungen bis zum JO. Juli bewerkstelligt,^) nachdem tür die Versiegelung ein
Kurs der kantonalen Eichmnster in Bern »tattgefunden hatte. Man begann mit
der Versiegelung der im Betriebe befindlichen Brennereien, die noch nicht Uber
-die Fortsetzung ihres Betriebes mit dem Alkoholauit sich in's Einvernehmen
gesetzt hatten, und liörte mit den nicht im Betriebe betindlicben auf, fl5r welche
der Versiegelungüitermiu auf den 'Jb. Juli hinausgeschoben wurde. Um etwa 38
im Betriebe befindliche Brennereien (l> Spritfkbriken und 29 KleinlNremiereieD)
nicht vur dem Ende der Kampagne, 30. September, aufhören an IsMen, schloß
die Alkubidverwaltung mit der Mehrzahl von ihnen Lieforungsverträge ab, im
Genammt betrage von cn. 7030 hl, wovon etwa r»:»4() hl an die grolien, fabrik-
mäliigcn Brennereihetriebc zum Preise von Fr. 65 per Hektoliter und der Best zu
Fr. 90 per Hektoliter an die kleineren Brennermen vergeben wurden. Die Betriehe,
welche mit der Alkoholverwaltnn^ in diesem Sinne paktirt hatten, wurden daanuntem
1. Oktober unter Siegel gelegt. Während dea Monats Oktober blieb jeder Betrieb
ruhen. Diejenigen Brennereien, welche nach dem 1. Oktober n < b weiterarbeiten
wollten, wurden durch Kreissch reiben vom 15. Juli eingeladen, ihre Absicht
') Hundcsblatt 1887. IM. III. S. 675.
*) Bundeslilall 1887, Bd. IU. S. 679 — 681 : Kreisschrei liuu an dic Ivo^ulon-ret'ieruiiytn
vom l.'i. Juli.
'i P.midesblalt 1887, B.? III. S. 675, 67*): BekaauUnachung iietreffend die Durch-
tühruii^ einiger Theile des Alkoholraonopols.
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Staaläluonopole
— 141 —
Staat9inonopoi&
bis cum 19. JoU kondsageben. üntcm 9. Septomber wurde dann das „Pfliohteo*
heft iMtreffend die Vergebnng der in Art. 1 nnd 2 des BandeBgesetiea Uber ge*
brannte Wasser vorgeaeheDeii Brennloae* *) pnblizirt. Der Termin fUr die Ein-
reichung doj bezüglichen Eingaben, der nrsprünglich tiuf den 15. Septem b»'r
fäütgtH^etzt worden war, wurde infolge dettben aui deu 15. Oktober verschoheu,
und nach diesem Zeitpunkte schritt die Alkoholverwaltung zur VertheiluDg der
geaetimSlKg lllr die innere Prodaktioo vorgesehenen Quanten Die Alkobolverwaltong-
hat dann 188 AbechlUme zum Durchschnittspreise von Fr. 80 per Hektoliter
gemacht. Das Pflif htcnh ft ^) enthält die haupthächlichsten auf die Fabrikation
bezüglichen Bestimmungen und ee soll deßhalb näher auf dasselbe eingetreten
werdea.
Als monopolpfliehtig erklXrt ee in Art. 1 alle Deetillate, welehe nieht ans*
sohließlich aus Trauben, WeintreHtern (Träbem), Weinhefe (Drusen), Kern- oder
Steinobst, Obstabfiillen, Wachholderbeeren oder Enzianwtirzeln hergestellt sind.
Durch das Fdichtenheft vom 23. Mai 1888 wurde, da sich wegen dieser nicht
gerade sehr präzisen Fassung dieses ersten Artikels Schmuggel und Defraudation
aller Art henierkbar gemaoht hatten, folgende Fawnng festgestellt:
«Ale monopolpfliehtig gelten aUe DeetUlatei welehe nieht anesebllelUioh ans
einheimischen Bohstotfen hergestellt aind : Tranben, Wein, Weintrestern ^Träbem}»
Weinhefe (Droeen), Kern-, Stein- oder Beerenobetii ObetabiftUen oder £nnan<'
WUrzehi)."
Mit anderen Worten: der Bund monopoUsirt deu Alkohol ana Getreide^
Buben, Zucker und Kartoffeln.
Nach der Aufzählung der persönlichen und rechtlichen Anforderungen für
die üebernahme Ton Brannloosen (Art. 2 — 4) werden die Torsehriften anr An-
meldnng, sowie die Anforderungen an den Betrieb, Eiureichang eines Planee der
Brennerei-Kinrichtungen, Trennung der Brcnnereilukalitäten von den übrigen
Wirth><chaft.Hräumen, ünterHteüung der Brennereien mit mehr als vier Arbeitern
unter das Fabrikge^etz, Fe»tsteUung der Kampagne auf lö. September bis 15. Mai
anfgeführt. Fttr Brennereien, welehe Getreideprefihefe erseugen, kann das eid-
genSsuMhe Finansdepartement die Brennxeit anf das ganze Jahr ansdehnen. Die
Brennereien werden nämlioh unterschieden in Brennereien mit Winterbetrieb, d. h,
Brennereien, welche nur in der Zeit vom IB. September eines Jahres bis zum
15. Mai des nächstfolgenden Jahres arbeiten, und Brennereien mit durohgehen-
dwn Jaltresbetrieb (Preßhefefabriken), d. h. Arennerei«i, weldra tob 1. Jannar
bis Bl. Dezember in Thitigkeit sind. Beehnang nnd Berieht der Alkoholrer-
waltung umfassen aber die Kalenderjahr und so ist denn ohne Weiteres verständ-
lich, dni'j b»'ide mit Bezug anf die vom Ii». September bis 1.'). Mai arbeitenden
Betriebe jeweilcn Bestandtheüe zweier verschiedener Winterkampagnen in sich
schließen müssen.
Bs ist jedem Betrieb nur ein Brennloos, dae im Uinimnm anf 150 hl, im
Uaximnni eni 1000 hl Prodnktion im Jahre geht, snsntheilen (entopreehend Art,
2 des Alkoholgesetzes). Die minimale Alkoholstärke für einheimisehee Eneugniß wird
auf TO'^Tralles festgesetzt. Die gleichzeitige Verarbeitung von monopfdpflichtigen
neben nicht monopolpflichtigeu Materialien durch denselben Betrieb ibt untersagt.
Die Kontrakte werden auf 3 bis 6 Jahre fe»t geschlosseu. Landwirthschaftliche Ge-
noesenaohaften, die sieh an Brennereixwecken bilden, sollen bei der Yergebong
') ßundesblatt 1887, Bd. IV, S. 17 ff., erseUl durch lUm Füichtenlieil vom 23. Mai J 888.
>) Bnndesblatt 1888, Bd. B. S. 673, 848» 973, 997.
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Stttatsmonopole
— 142
SUatomonopote
'Von Brennlooaen bevonngt werden, damit die Schlempe (das Nebenprodukt der
Brennerei) leichtere Verwendung als Viehfutter findet. Bei der Vergebung ist
das Brennen einheimischer Rohmaterialien vorzn(2:t;wei8e zu berücksichtigen.
Wie sich nun die Heranziehung der inläuditicben Produktion auf Grundlage
des oben skixsirten Pilichtenhefte« gestaltete, ergibt sich aos nachfolgenden Ueber-
«lohten.
Nach der Größe und nach der jnridiechen Qualiükation der Loosinhaber
▼ortheilen sich die l.nosr pro l880/i*n in nachstehender Weite:
OwMManschaften
Einielbreaner
Total
Llefemngspreise
Lp
OM «es
u
'AB.
Lisferungs-
<f «twi
M
An-
Liafonuiip»
U
(^UAXktlUU
U
Im Qaoxeu
far hl
160
—200
2
400
85
5810
37
6210
616,160
8S. 12
201
—400
10
3750
3
1135
13
4885
379,565
77. 70
401
— 7< >0
12
7850
1
700
13
8550
651,500
76, 20
701
— lOUO
H
aoüo
2
2U00
5
50U0
.SC. 1,7 50
72. 35
Znnmmen 27 15000 41 9645 6Ö 24645 1'908,975 77.40
Jfeterzentuer 12952 9132 22084 perqä95<> 86.44
Die auf Grund de** Pflirlitonhoftrs vnm 23. Mai 1888 Vf^re'iiiliarten Liefernngs-
kontrakt« wurden in der Kegt«! atif tJ, mit 1888/89 beginnende Brcnnkampanjnen
abgeachluH^eu, immerhin mit der Bedingung, noter bestimmten, im PÜtchtenheft
•oder Vertrag normirten Voranssetzungen die Loose achon vor Ablauf der VertrKge
kttnden oder das vertragliclic pKKliiktionstjtiantam rednsiren za können.
Abgesehen von der voben beMprochenen Kampagne 1888/89 hat die Alkohol-
verwaltung dermaIcTi (Mai 1890) bereits für die folgenden LieferoQgsaeiten,
Lieferungsmengen und Preise Kontrakte in Händen:
Kampagne.
GenuHMen«
aohaften*
Eimel»
bronner.
TotaL
LMrugsprelso.
LieferunKs-
quanta. |
Lieferuugs- ,
quanta. |
Im Ganzen.
Per Hekt
1890/91
i Ib94/Ü3
1893^94
1 lS9t;95
, 1895/96
1896/97
Hl. absol.
Alkohok.
15.000
14,650
14,t>50
14,650
1,750
1,000
1,000
Hl. absol.
Alkohols.
8,645
2,400
2.400
2,400
1,000
Hl. ab'^ol.
Alkohols.
23.645
1 17.050
17,050
17.060
2,750
1,000
1,000
Franken.
l.a^6,150
1,293,550
1.293,550
1,293,61»
199,675
73,750
73,750
Franken, i
77. 65 !
75. 87
75. 87 ,
75. 87
72. (51
73. 75
73. 75
1 Totel
63,700
16,845
79,546
6,ü(ia,ü75
, Durchsclinitt
pr. Xampai^ne
8,957
2,407
11,364
866,282
76. 23 1
Meterzentner
1 k 95«
7,683
2,064
9,747
Per Meter-
zentner ä 95*
88. 87
Wie dem iMimb sr«ithlichen Bericht über *iiü Gcschäftätührung und Rechnung
der Alkobolverwaltuug pro I8t<9 (vom 9. Mai 1890) zu entnehmen ist, betrug
der Landeabedaif an monopolpflichtigen Sprit, Mo) en und Hauvnis godt im Jahre
1889 96^39 hl. nXmlich:
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Staatsiuuuopolc
— 143 —
Slaabmonopole
67,243 hl Sprit Trinkkonsam
31,497 • gttbmint« Wanser zu technischen und Haughaltungszwecken (24,929 hl.
Import durch Private, 6568 hl. Verkäufe der Alkokolverwmltimg),
98,739 hl. wovon wieder 1,800 hl. ins Ausland gingen.
Kach Art. 2 des Alkoholgesetzes >oll annähernd \'i dieses Bedarfs, d. h.
«iae Menge von ca. 'J4,*i35 hl., durch Liefern ngsvcrträge mit inländisrhen Pro-
duzenten beticbutit werden. Das pro 1889 thatsächlicb ülieruoiuuiene (c^uantuiu
beträgt indeweD nnr 22,326 hl.
Nach der Qualität vertheUt eich die inländiiehe F^odnktioii, wie folgt:
literproxeote. » Meterzentner. Ueb«iiahnispre».
k 96 Fr.
Fe&neprit . . . 2,602,484o 2,146,so 190,851. 50
Rohepiritne . . 19,802^«t« 16,986,«t 1,531,809. 05
Uoyen goftt . . 7,foy« 6,6i 254. 35
Mauvaiegoftt. . 13,m7» 11,3* 4h4 25
"22,326,3065 19,l'5(M2 r,72;'.,;V.»li. 15
Ueber das von den Brennern verwendete Rohmaterial geben die nachstehen-
den Zahlen etwelche Auskunft. Es sind nämhch vom 16. September 1888 bis
15. Mai 1889 in den Winterbetrieben und in den Jabreebetrieben saeammen
snm Terbraoefa gelangt:
Meterzentner.
Einheimiache Äcpfel 1,052
Kartotfeln 8,010
Körnerfrüchte 12,907
Aoeländiedier Maie 47,102
Dan 788
Darrmalz, Provenienz nnbestimmt 1,2H9
Koggen und Gerhte zu GrUmaalz, Provenienz unbestimmt 10,776
b, Einfuhr (Gesetzes-Artikei 1 und 3). Unterm 20. Juli 1887, wo die
Brennereien unter Siegel gelegt wurden, wurde femer die Einfuhr gebrannter
Waaeer, mit Anenahma Ten denatnrirter Waare und Ton QualitätaBpiritnoeen,
Jedem Privaten verboten. Dagegen wurde das Finanzdepartement ermächtigt, gut-
tindenden Falls in die nachweislich vor der Publikation des bezilglicheii Bundes-
rathsbeschlusses abgesehlossonen, alter noch nicht ctiektuirten Lieferung« Verträge
inländischer Importeure mit aublundicicheo Lieferauten einzutreten (sofern abo die
Absehlftaee beweismälMg vor dem 16. Juli atat^elhnden hatten. ^) Trotz der bd
dieser Maßregel beobachteten Vorsicht war es der Spekulation in den fUnf Tagen
vnr ?5<^hliftßuiig der Grenze möglich gewesen, noch etwa 10,tt001il in die Schweiz
einzutiihren. Diese Menge, suwie die infolge des drohenden Monopols noch ver-
stärkte Produktion mußte die aufauglich erwartete Ergiebigkeit des Monopols für
den An&ng in Frage stellen. In didr That hat daeaelbe denn aueh fttr den An>
fang die erwarteten Resultate nicht ergeben, eben weil der Konsum noeh lange
durch die monopolunhelastete Waare gedockt werden konnte.
Die Einfuhr von Qnalitätsspiritiiosen (Arrac, Rhum, Cognac etc.) war
gegen eine feste Monopulgebühr von ttO Fr. jedem Importeur freigegeben. Ein
B. B. 6. vom 17. Aug. 1887^) bezeichnete als nidit monopolpflichtige Qua-
') Bekanntmadiuug des Bundesrathes betreffend die Durchführung einzelner Theile
des AlkoholmonopoU vom 16. Juli 1887, Bd. UI. S. 675, 679.
^ Bnndesblatt 1887, Bd. Ol, S. 817.
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Staatgmonopold
— 144 —
Staatamoiiopole
litätaspiritooaea alle reinen Oestilkkto ans WetntraalMo, Treatorn (TrSbeni)^
Wemhefe (Trusen), Obst (Steinobst inkl.) und dessen Abfällen, Wachbolder-
beeren und Enzianwnrzßln. Solchen Importeuren (s. Art. III des ß. B, betr.
den eaccessiven Vollzug dts Alk. -Ges., vom 15. Juli 1887) von Qualitätsspiri-
tttoeen, welche zur Ueberaeuguug dea Zolldepartements nachgewiesen haben, daß
sie rein aaa nicht monopotpAichtigen Stoffen gebrannt und seit dem Brennen
oliae alkohoHscbo ßeimiscbang geblieben sind, erhalten indessen den Betrag der 'aa
der Grenze geforderten Monopolgebiihr nnverkUrzt zurück. Die Gdtt^ndmachung
von Rilckvergiitnngsbe^phren hat nnter Beig:abe der Faktur' j nach amtlich
beglaubigter Buücbeiuiguug der Uebereiusüumung derselben uut den Geschäfts-
bUohem zu geschelien.
Aber anch diese Maßnahmen genttgten nieht gegen die sich breit-
machende Umgebung der Munopolgebiihr, so daß auch (B. R. B. vom 11. Xuv.
1887^) die bezUg^liche KückverL'^iitDng auf 1. Dez. als hinfällii? erklärt wmde
und unterm 5. Dez. schlug der Bundesrath der Bandesversaumiung vor, Art.
33^ der B« V. in anfhentiiolier Wdee dahin ca intcgpretiren, daft tie Tor-
geeehene' Mooopolgebtthrbefreinng bloß aof die einheimiaehen Frodnkte An-
wendung finden solle.'') Diese Anschauung wurde TOn der Bundesvenamm-
luog am 20. Dez. 1887 durch Bei^chluss zu der ihrigen gemacht.*)
Durch Art. 19 des Ge«. war der Bund auch ermächtigt worden, die
beim Inkrafttreten des Gesetzes im Lande befindlichen Yorräthe über '/^ ^ ^^'^
monopolieirter Waare gegen EateehtUügnng aa die Brenner, Kanflente und Pri-
vaten an sich zu ziehen. Der Bnndesrath verzichtete aber daranf, von dieser
Ermächtigung Gebrauch zu machen, da er kein Interesse daran haben konnte,
(iif iiu Lande vorhandenen Vorräthe theiier aiifkanfen zu mubst.'n, wenn er sich zu
auiterordeiitlicb billigeu Preintiti ^damals 33 'ys Fr. per hl) in Deuteicblaud damit
vendien konnte. £r geetattete daher den Inhabern der Vorritthe, dieselben in
freier Weise abzusetzen, nicht ohne denselben unterm 15. Juli die Möglichkeit
geboten zu lialu n, dem Bundh ihre Vorräthe zu einem von ihm fi.\irten Preise zu über-
lassen. Kufiirlich entsprach von Seiten der Brenner Niemand dieser Auiforde-
roDg, wohl aber die Importeure, denen etwa 780U hl gegen eine Bonifikation
▼on Fr. 2. 50 per hl abgenommen worden.
So atellen sieh denn die TerhSltniiae beaUgUoh der Eünfohr dermalen (Mai
1890) folgendermaßen:^)
Bei der Fi n fuhr werden gebrannte Wasser jeder Art als monopolpflichtig
behandelt. Diese .Moiiopolpflicht wird in der Weise zur Geltung gebracht, daß
der Import von Ji^piritus oder Sprit jeden Grades den Privaten gänzlich unter-
sagt ist und nur an die Adresse der eidgenüesisohen Alkoholverwaltung statt-
finden darf, während die sogenannten Qnalititaspiritnoeen, d. h. alle Trink-
branntweine, welche sich nicht als einfache Mischungen von Spiritus oder Sprit
mit Waaser, sondern als Produkte eines eigentlichen, besonderen f abrikations-
') BetchlosB vom 6. Oclober 1887 betr. die Rackvergütung der MonopolgebQhr für
nicht monopolflichtige Quaiitätsspirituoscn. BundesUatt 1887, Bd. Iii, 8. 134— 13&
«) Bundesblau 1887, Bd. IV, S. 481.
•) liolücbaft des Bundesralhes vom 5. Dezember 1887. Buodesblati 1887, Bd. IV,
S. 697—699: Bericht der Minderheit der stfmderathlichen Koramissioo vom 19. Dezbr.
1887 : Bundeshlatl 1887. B<1. IV, S. 934 44.
*) Geselzes-Saiiiiidung n. F.. Bd. X, S. 420—421.
'I I?<'richl des Bundesrathcs an die Bundesversammlung betreffend die Geschüfls-
iiiiiruuif und die Rechnung der AlkobolTerwallung pro 1887 — 1888; Bundesbiatt 1889,
Bd. Ul, pag. 110 ff.
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Staatsmonopole
— 145 —
Staatsmonopole
pcroMMW darstellen, gegen Entrichtung einer feeten« für alle Alkohobtfirken
gleioh Unliendeii Xonopolgebtihr von Fr. 80 p«r q B^ttogewieht von Jeder^
inaon in die Schweis ^geführt werden dürfen.
Kine Anstmhme von dieser Hegel bildet der xnr Kategorie der Sprite ge-
hörende sogenannte Alkohol abHolutus: derselbe wird Heines speziellen Charak-
ters and Heiner beschränkten Verwendung wegen vorlaulig wie die UuaUtiiU«-
eplxitnoeen besteuert
Eine weitere Änsnabme besteht für die nir Denaturiruttg bestimmten Sprite.
Di' !hen durften unter Reobacbtnng der erlassenen Vorschriften Uber die Dena-
turirung bis zum :5. Juni 1889 noch von Privatpersonen importirt werden. Durch
BondesrathflbeHchluß vom 31. Mai 18bd warde der absolut denaturirte Alkohol
vom 8. Juni gleieben Jahres an in das X<niopol einbezogen.
Keben Spiritus, Sprit und ^nalitätsspirttnosen worden Eiaft der Handels-
vertrRge und nach den aus ausländischen G(»etzen, wie aus unserer frtlhem
Ohmgeldgesetzgebung geschöpften Analoj2:ien anch gewisse Rohstoffe, die zur
Bereitung gebrannter Wasser dienen (Weiutreber, Trusen, eingestampfte Kir.-chen,
Zwetschgen oder Pflaumen), sowie eine Anzahl von Produkten, die mit Alkohol
hergestellt sind (pharmaaeatisohe PrMparatei PaifllmerieB, koemetisehe Ifitldt
hoehgradige Weine, mit Alkohol znbereitete Fraoht-nnd Beerensäfte, iMkb nnd
Firnisse etc.) der Monopolpflieht nnterstellt.
Da es aber unbillig erschien, diese Stoffe und Produkt^» insgesamnit ohne
ßtloksicht anf die mögliube Alkoholauübtiute, bezw. den Aikuiiolgehalt mit
Vr, 60 per q Brnttogewidit an bestenem, so worden da, wo es die Verhiltntsse
reehtlertigtett, reduairte Monopolgebttbren festgesetat In Folge dessen aahlen
Monopol^'cbühr
Wermnthwein bis anf 18,s*
A.ndere Weine zwischen 15 n. 25^ Air jeden Jüehrgjrad über 15 hinaus
Ein ^stampfte Trauben
Treöter
Drusen
längestampfte Kirsohen
Endaawnrieln, frische .
, trock'^ne
Mit Alkohol znbereitete Frucht- und Beerensäfte
Pharmazeutische Präparate bis auf 25 ^
FnichtKthw nnd FnüthtStberessenaen zur Bisonitlabrikation (frtther
Fr. 10, ab 15. Uibi 1890 Fr. 30)
Glycerinseifen
Fimisfe nnd Lacke
Khuni und Cognac über 72**, för jeden Mehrgrad
Als monopolfrei gelten bloß diejenigen Destillate, welche ausschliel^lich
aas folgenden einbeimisohen Rohstoffen hergestellt sbd: T^ben, Wein,
Weintrastem (Mbein), Weinhefe (Tmsen), Kern-, Stein* oder Beexwiobet, Obst-
ahlKlten, Wachholderbeeren oder Enzian wnrseln.
Wein (Trnnbpn- oder Obstwein), der an« importirten Trauben, Trocken-
beeren oder Obbt-ortün in dm' Schweiz hergestellt wird und Trester, die
aus importirten Trockenbeereu oder Obstsorten gewonnen werden, gelten nicht
als dnbeimisehe Bohstolfe*der Brainerei; dagegen werden Hefen (Tmsen), die
fvrar, TolknilrthMli»ll«>IiMilRm d«r Sekmii. |0
»r q.
brutto.
Fr.
»0.
•
80
m
70
f
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«.
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Staatsmonopole
— U6 —
StaaUmow^k
aibh «Dt importirten T^ben- «dar Obatwdn oder ans Tranbeii- oder Obst-
wein von importirten Trauben, Trockenbeeren oder Obstüorten oder endlich ans
Mi«rhnngen von solchen Weinen mit inländischen "Weinen in <!pr Schweiz
treibst gebildet haben, vorläufig den nioht monopolpflicbtigeu oiuheimischen
RohstoCfen gleichgestellt.
Deiwlbeo GleiobateUoiig sind dnstweUen unter gewiaseD Bedingungen die-
jentgeD analfindischen Trauben vod Traabentrester theilhaftig, welche als £r>
Zeugnisse von in der Grenzzone gplp'„'*'nen Gnindstücken nach Maßgabe dea Zoll*
gesetzefi von di?r Entriclitung des KingangszoUes befreit sind.
Das Muchen der ab monopolfirei bezeichneten Rohstoffe, bei der Destilla-
tion, mit nieht denatariiten monopolpflichtigen oder mit monopolfreiea ge*
brannten Wassern und das yermengen der ans derartigen Bobatoffen gewonnenen
Spirituosen mit solchen gebrannten WaHnem ist gestattet; dagegen wird das
konihtnirte Brennen vün monopolfreira und monopolpfliohtigen üobatoffen als
moQopoiphicbtig angesehen.
e. Kauf nnd Tarkauf (Artikel 4 dea Gesetaes). Der Verkauf der
Hbnopolwaara ward« erst vom 1. September 1887 an vom Bande ttbemommen,
weil die Alkobolverwaltang erst auf dieaen Zeitpunkt in den Stand gesetat
wollen wfir, ihr»' Di'jHjtf» zn org'ani*iren und reit titüi nöthigen Vorräthen ZU
verseheu, um allen Anlurderungen der Koneumenten entsprochen zu können.
Daneben bestand aber der für einstweilen nach Art. IV des VollzugBbeHchluäi»es
yom !&• Jnli 1887 gewährleistele freie ffiuidel noeh fort, aUerdings nnter der
BedingQug, daß £e dortaeitig verkanften Waarea nicht mehr als 2 7oo alkoho«
lisohe Verunreinigungen enthalten sollten, üm mit Erfolg gegen die Kinikurrenz
der Vorräthe des noch frei gelas-senen Handels konkurrireii zu können und um
die Spekulation zu verhindern, allzu bedeutende Grewinue auf Küsten des Bundes
an realiriren, setste die Alkobolverwaltang die Freiee per hL anf Fr. 120. 15 fUr
lUnsprit, Fr. 124. 45 fUr Primasprit, Fr. 130. 45 fttr Weinsprit Ibst,') die in-
dessen mit RttokHicht auf die der tliouer arbeitenden Inlandsproduktion gewährten
Yero-ilnstignngen und auf den nothwendigen fiskalischen Ertrag des Monopols
duroh Beschluß vom 17. Jan. 1888') erhöht wurden auf 167, bezw. 170,
b«nr. 175 Fr. per q und 95*^, wobei an bemerken ist, daß di« Alkobolver-
waltang die Babnfraebt vom Lagerhana bis an dw vom Beataller vo^^esoitriebenen
Best i nun ungsstation trägt.
Die Anzahl der Depots, welche anfangs 4 betrug, worde dnroh bandes-
räthliehe Schlußnahme vom 21. Oktober 1887') auf 11 erhöht.
Von den 7 in Basel, Buchä, Zürich, Aarau, Ölten und Burgdorl gemietheten
LagerbXnsem wurden 1889 dasjenige der Baaler LagerbansgeseHsobaft in Klein-
Basel und der Lagergeselbchaft in Zürich aufgehoben.
Alle beRtehenden Depots dienen dem Verkauf von Monopolwaarc. Nach
besonrlern Mittheilungen koU die Anzahl der Depots verringert werden so daß
vielleicht HchließUch in Komaushorn, Basel, Uelsberg, Burgdorf, Aarau, Genf und
etwa in oder bei Lanaanne Depota beeteben bleiben dttrften. Ym dieaen Depots
wttrden dii^enigen von Basel nnd Genf wesentlich nur dem lokalen Bedarf e
dienen, diejenigen von Bomanahom, Delabei:g, Bargdorf und Aaran hanptsMohlioh
') 13unfiesralhsl.(><r liluü vom 2. September ISST ; llumlcsblatt Hd. III, ü. 876 fr.
*) Bekaiiiilm;u hunj{ betr. Frachlverliiillnisse, (ii-bimle, 1 'reLsnomirttng Vom 21. Jan.
1888; Bundesblatt Bd. I, .S. 312—215 uiui eine bezügliche Verordnung vom 17. Jan.
1888; Bundesblatl 1888, Bd. I, S. lüO— lUb.
*) Bandesblatt 1887, Bd. DI, S. 136—188.
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^taatsnionopole
— 147 —
Staatsmonopole
•die Oit-, Wflit- niid Mittefaoliwdx TOrsorgen und «idliah dai Dopot in oder bei
Lftmanne dm Verkdtr «af der Simplonbaliii und der- Strecke LaaMnno'Geiif
▼ermittela.
d. Ausfuhr. (Art. 5 des Gresetzes.) Durch den cit. Be^chlufi TOni 16.
Juli war festgestellt worden (Zirt' V\ daß über dies*' Materie vor dem
1. Januar 18t>ö lagiferirt werden tiullte, um die bezl. Bestimmungen auf jenen
2^tpnnkt in Kraft treten zu lassen.
Artikel 5 ist in das Gesetz aufgenommen worden, um den Abeatx von im
Lande kergeiitellten beaieren BranntweinBorten naoh dem Analtnd na begünstigen.
Die Abeintbüibriknnten kennen also naoh wie vor ihr Produkt ungehindert
nach dem Ausland absetien; dagegen ist durch das Monopol eine Verbreitung
der Ab.sinthpest von Westen nach Osten gllioklich vermieden worden, denn das
Monopol hindert jene durch die Gebühr von 80 Fr., aus dem Auslande billigen
Sprit zu beziehen und so die Steuer zu umgehen.
Die bei jeder Verbrauchnbestenerong gewöhnlich eingeführte Bilckerstattnng
im Falle der Ansfnhr nnd der damit im Zusammenhang stehende Anreis flür
•den Geschäftsmann aar Umgehung des Geseties maohte nun in raseher Folge
«ine Beihe von Erlassen noth wendig:
Reglement vom 4. Nov. 1P87,') vom 17. Jnn'iar 1HH8,') vom 10. Febr.
ls^H_^) vom L>. März 1888,*) vom 14. Sept. ihb'i/) die theila die Zoll- ttnd
Traü.^|»>l tiibt'ertigimg, tbeils die bezügliche Kontrole bettcblagen.
e. Denaturirter, zum Trinken unbrauchbarer Alkohol. (Art. 6 des
GesetBee). Durah den Vollziehungsbettohlnfl vom 15. Jnli 1887 war der Be^
gmn der Wirksamkmt vm Art. 6 auf 1 Januar 1^88 festgesetst worden.
Durch B. B. B. vom 2. September 1887®) wnrde die Einfuhr von denaturirtem
Alkohol jt-dermann gestattet. Die Dennt irirnno'. ") »ii«' eine ab.sobite oder rt'bitive
sein kann, wird anf Verlangen des Wuarenführerri oder Deklaranten vürgeuümmeu.
Der Eiutuhrzull iu die Schweiz beträgt 7 Fr. per q. mehr eine Denatnrirungs*
gebühr von 0,50 Fr. per q; letatere darf aber Ar eine Wagenladung 5 Fr.
nicht Übersteigen. Die relative Oenatorirung kann von der Zollverwaltung den-
jenigen Industriellen gewiOirt worden, welche dieselbe in ihren InduKtrieu nötbig
haben. Die StoÜe zur Deuaturirung werden von der Zollverwaltnng abgegeben.
Das geschilderte System war bis Ende 1888 in Kraft. Dasselbe brachte es
mit sich, daß die Alkoholverwaltung sich sozusagen nur mit den einschlägigen
Prinaipienfragen an befassen hatte, ^ Darohftthrung der getroffenen Erlasse nnd
Verfilgoqgen aber den ZoUbehtSrden anhetmfiel.
Der Import von Denaturirungswaaro seit Einftthrung des Monopols hatte
sich in nicht vorausgesehenen Proportionen rennehrt. Es wurden anm Denn*
turiren importirt:
') Bunde-blatl 1S87, Bd. IV, S. 225-230.
») Buüdesblatt 1888, Bd. l, S. 108.
*) BnndesMaU 1888, Bd. I, S. 398.
*) Bundesblatt 1888, Bd. 1, S. 474.
») Bundosbktt 18S8, Bd. IV, S. 109.
«) Bundesbhilt 1S<S7, Bd. lÜ. S. 871.
') Die Denatuirung findet im Ailgemeinen slull durch Beimiächuug von Stein-
kohlentheerOl und «nes Farbstoffes ^w. eine Anilinfarbe).
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StaatsmoQopoIe — 148 — Staatsmoaopolfr
Vor
Einführung des
Honopols
jahre»dorchschnittlich 6Ub3
Meterztiutiier.
Meterzentner.
188B 6,189
1884 6,704
1885 6,179
1886 7,481
1887 I. Semester 4,873
Kftoh Einfllhningr 1887 n. « 15,612 1 jahresdarchschiutttlich 25,201
diiBellwii' ( 1888 32,190 j Mdtermitiwr.
Oer weitaus grVftte th^Sl dee de&atarirten Sprits wird in Hanslialtaiigeiir
und iiidastriellen Etablissements sum Brennen Terwendet. Für diesen tritt die^
sogenannte absolute Denaturirung, d. Ii. die Veraetzung init einem in allen Fällen
gleioiien Stotle ein, welcher den Trinkgenuß der Mischung thuniiohst ausschließt,,
ohne doch dem Brennzweck Abbruch zu thun.
Nur für einen verbältuißmäßig kleinen Theil, Ittr denjenigen nämlich, der
bestimmten Fabrikationsiweeken, der Herstellung von Essig, Laeken, Fimlaeett»
Polituren, Farben eto. dient, greift die relative Denatnrimng, d. h. die Yer»
Setzung mit einem von Fall tu Fall nach den Bedürfnissen der betreffenden.
Industrie gewählten Stoffe (Essigsäare, E&mpher, Terpentinöl» flolsgeist, Anilin'
blau etc.) Platz.
Für die absolute Beaaturirung wurde das vor Einführung des Muaopolü^
ttbliebe Terlhliren (BeisaU 7on 1 Liter SteinkohlentheerSl auf 100 Bmttokilo-
Alkohol) beibehalten. Die mm yerstftrkten Sobats der fiakalisohen Interessen
angeordnete weitere Beimiscbnng von ^) (xramm Anilinroth auf je circa SOO»
Liter Alkohol wurde auf faVitnirbe Beschwerden des Pnhliknms über die mit
dieser Färbung verbundenen lukonveniensea am 1. August lb88 wieder auf-
gehoben.
Die enorme Znnahme des Imports TOft Denaturirungswaare, die sich in obigen
2äffem knndgibt, litßt indessen stark Terrnntben und Eriiahnmgen beweisen es,.
daß das in Anwendung stebendt- a1>su1ute Denatiirirungsmittel seinen Zweck nicht
erfüllt, daß vielmehr ein namhafter Theil des damit l^inturirten Sprits entweder
tale quate getrunken oder renaturirt wird. Durch BiuideKrathisbeöchluß vom 31.
Mai 1889 ') int ia Abänderung und Ausführung eineä B. £. B. vom 31. De-
zember 1887*) verfllgt worden, daß mit Beginn des 3. Juni 1889, das Beobt
Sur Einfuhr gebrannter Walser zu Zweeken der abfluten Denntnrirang ftus*
schließlich der eidgen. Alkuholverwaltang nistehen solle.
Von d(-m erwähnten ZcitpuTikt an kann aus dem Lagpr der eidgen. Alkohol-
Verwaltung in DeUberg von jedennann abHoIut denaturirte Waare in Menge von
130 kg an zum Freise von einstweilen Fr. 40 per q und Ü3 ^ Tralle«^) (Fr. 35,40-
per bl «beoloten Alkohols 10,000 Literproieot) belogen werden, im Jahre 1890
ftn<di ans dem Depot Bomansbom.
Um den Uebergang ia das neue Verhältniß zu erleichtern, trat die Alkohol-
verwaltung in die von Privaten nachweislich vor dem 1. Juni 1889 abgesclilossenen
und noch nicht abgewickelten Geschäfte unter gewissen Bedingungen ein. Dem
gemäß hatte dieselbe folgende Frivatkoutrakte zu übernehmen :
*) Bondesfalatt 1889, Bd. m, S. 135-137.
*) Bundcsblalt 1888, Bd. I, S. 4 und 5.
') Erhöht auf Fr. 50 (bezw. Fr. 44. SSO c) durch Bundesrathsbeschlnss vom ^. Aug.
1889; Uundesblatt 1889, Bd. ü, S. 107t.
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^ 149 —
Stoatsmonopola
Alkohol. Uebemahnupnis loco Schweizergrenze
Htfkunflsort Meterzentner im Gänsen. per Meterzentner.
ä 94». ft. Fr.
Prag . . . 11,050. 00 813,887. 50 S8. 26
Wien . . . t,600. 00 65,500. — 26. 20
Pilaen . . . 200. 00 4.146. — 20. 7.3
Total 13,750. 00 »81,983. 50 27. 78
Da durch, diese Uebemahmen der Bedarf an HOgi^nanntem Alkohol — Alkohol
ist der kommerzielle Ausdruck für den bei der Kektitikation von Rohspiritua
•oder von Xaimie gofii aioli ergebenden Ubjen gofit — ani längere Zeit gedeckt
war, wurden im Jahre 1899 keine dir^len Kinfe ttber Denntnrirnngvwaare
«bgeeohlMsen.
Wie wir dem bandesräthlichen GßschSftsbprifht pro 1889 entnehmen, wurde
;gleichzeitig mit der Einbeziehung dieiiee neueu Getschäfts/weige» in das Monopol
■nnoh das frtlher angewandte, in dem Beisatz von 1 Liter Steinkohlentheeröi auf
100 Bruttokilo Alkohol beateheode Verfkliren wax abaolnten Besatoiirung «nf«
Dm ffmKchet nngewendete Denatnriran<^mittel beatend ans:
60 ^/o Steinkoblentheerül,
20 7q Pyridinbasen,
20 Vo Alkohol.
. Zur Baekung dea ttblen Gemohs der Fyridinbaaen worden je 100 latem
•der Mischung 10 Liter Rosmarin- oder Lavendelöl beigeaetzt. Der auf diese
Weise gewonnene Ueimturiningsstoff wurde dem zu denaturirenden Sprit im
Terhältniß von 1 zu 100 beigemischt. Später wurde der Zusatz auf 1,2
•erhöht. Die obige Stnaammenaetinng dea Denaturirungsmittela ana Theertfl,
PTridin nnd Alkohol wurde anooesaive veraohiedenen Modifikationen naterworfen.
Den nen gewonnenen Typen wurde jeweilen so viel Rosmarin oder Lavendel
•beigegeben, als zur Verbesserung des O^ruchs^ erforderlich schien. Von den ao
gemachten Misobungen erzeigte folgende den hiichsten Zusatz an Pyridin:
40 7o Theoröl,
40 Vo Pyridinbaaen,
20 7o Alkohol.
Das fiskalische Interesse ließ ea wUnschbar erscheinen, einen dem Dcna-
"tarirungsmittel bcizufllgendeu Stufl zu tindcn, dessen Eijrenscbaften den Nachweiü
einer stattgehabten iwenaturirung selbst dann noch ermöglichen, nachdem der
reaatnrirte Alkohol zo GetrHnken Terarbeitet worden ist. Ein derartiger Stoff
darf in dem im Handelsverkehr zirkulirenden Alkohol oidit ohnehin als regel-
mäßiger Begleiter vorkommen, und sich aus dem denatarirten Alkohol durch die
-Operationen, welche gewöhnlich zur Renaturirnng vorgenommen werden, nicht
entfernen lassen; auch muß sein Vorhandensein in irgend welcher Mischung
eelbat in kleinen Dosen noch leieht und nnzweideatig naohznweisen sein.
Daa au dieaem Zwecke in Oeaterreiob-Uagam beatttate Phenolphtalein erwiea
aioh bei den dieabeaUglioh von dem Chemiker der Alkoholverwaltnng angestellten
Versuchen als ungeeignet. Schließlieh ,ü;eliing es, aus der langen Reihe geprüfter
.Substanzen zwei herauszuündeu, welche voraussichtlich allen billif^en Anforderuniren
-entsprechen werden, lieber die endgültigen Resultate der eia-^uhlägigeu Experi-
«aente Terlantet für dnstweilen nooh nichts.
Der zum Verkauf zu Hauslialtungs- und techniadiea Zwecken beatimmte
Alkohol wurde im Jahre 1889 beaohafft, wie folgt:
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StaatsmoDopole — 160 Staatsmonopole^
HeLerzentner
1) LieferuDg ioläDcHächer Brennereien an Moyen goüt (7,7074 hl. zu
im Ganzen Fr. 254. 35) 6. 81
3) Ergebnlß der BektifikatioD y«« iBlKodiidMiii Robspiritiu und
Maavais goftt (869 ,042« bl. h Fr. 76. 69 per hl.) .... 768. 41.
3) Einkauf von ausländ ii^cbeTn Sprit und Alkohol (4576*91 q.
ä 94<* zTi im Ganzen Fr. 137,618. ;i9) 4,646. 76
4; Vuu dcii Abuebmern zurück erhaltene Waare ...... 20. 88
Zusammen 5,442. 86
6) Uebotrag TOm Moyen goftt wu dem Jahre 1887/88 (585 q.
Ii 95* m im GMien Fr. 23,400) 603. 04
Total ~G704or 90
deren BeRchafTung^kosten auf den Betrag von Fr. 293,644 oder auf Fr. 48. 39*
per Meterzentner ariKtiegeu.
Der Abaatz dcnatunrter Waare im Jabre 1889 war 5807. 48 Meterzentner
i 93*^ mit einem CksemmterlSs tob Ft. 261 «424. 61 oder eineni Dnrchsohnitt»-
erlQt« I)er ([. von Fr. 45. 05.
f. Kleinbandel und AusBcbank (vergleiche die Art. 7 — 9 deg Ge-
getzes). l>i^> Art. 7 — 9 sind als gpexiüsohe Sioheningen gegen den Ubermä^gen.
Branntweiugenuß zu bezeichnen.
Dieaelben sind anch Tortiieilhaft tat die Obel- ood Weinbauern. Sie «chaffen«
diesen noeb beiMM Beohte ak der Alkoholartikel der 7erfkgaang. Denn es ist
eigens festgesetzt, daß die Laadwirtiie ein ans nicht monopolpflichtigen Rohstoffen
produzirtes jährliches Maximum von 40 1 Branntwein ohne jede VerkaufygebUhr
verkaufen dürfen. Eb wurde zwar beigelügt in Quantitäten von mindestens
5 1, damit aof dem Lande nicht faktisch eigentliche unpateutirte Branntwein-
eehenken entstehen. Im üebrigen ist der Anasohank von Qnantititea unter 40 L
an besondere kantonale Bewilligungen, Patente, geknüpft. Die Kantone sind,
nach Art. 9 verhalten, den Handel mit den vom Bunde abgegebenen gebrannten'
Wassern, sowie Uber den Verkauf und die Fabrikation des nicht bundeasteuer-
pflichtigeii BruuQiweins zu wachen und die bezüglichen V^erordnungen vom.
1. Januar 1888 an in Kraft treten m lassen.
Von den oben genannten konzessionirten Verkäufern ist eine kanitmale
Yerkaufsklassen^tener zu erheben. Die auf die bebandelten Materien besttglichen-
kantonalen Ge.setze und Verordnungen ^ind ausnahmslos erlassen.
f/. Expropriation (Art. Ib) und Entschädigungen. Der Schweiz.
Gesetzgeber ist iah klar gewesen^ daß, wenn er die AoiMlbung einer gewissen
Lidnatrie antecMge»') dfo dadnrdi benaohthMligten Industriellen in billiger-
Weise schadlos za halten seien. Davon handelt nun Art. 1 8 des Gesetzes, sowie
die bundesgeriohtlicbe Verordnung betr. die Aosfllbrung dieees Artikels Tom
*) Der Nationalrath hat am 21. Juni 1888 eine Motion seines Mitgliedes Hoch-
stras^er in njirhstehender Fassunpr angenommen : , Der Bundesrath wird ein^rpladcii zu
prüfen und ßerichl m erstatten ob nicht das in Art. 8 des Buiulesgesolzcs vom 23.
Dezember 1886 betr. gebraniitt- Wrisser festgestellte Minimum von 40 L, bei welcher
Prnductiiin ein Brenner in riuantitätcn von 5 I. verkaufen darf zu erdrihon >v\* . Ült
beziigUche Bericht das Hundcsratlis (Bundesblatl 188D, Bd. 11, S. 6U ü) vum ^i. Mai
1889 trug auf Abweisung an. Die Bundesversammlung trat dieser Auflassung bei.
*) Kreisscbreiben des Bundesraths an sämmüiche eidg. .Stände betr. den Verkauf
von gebrannten Wassern vom 27. September 1887. Bundesblatt 1887, Bd. Iii, S. 61—62.
*) GesctMasanunlttUK n. F., Bd. X, S. 66. Bundesblatt 1887, Bd. m, S. 678^
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StaatsmoQopole
— 151 —
Stuatsmonupole
SO. SaptonW 1887| ') fttun dar B. R. B.batr. die Anmeldung von finteeldldigungs-
UMprttoheii Mr Mioderwerth yon Brenmenien vom 18. Oktober 1887. Der
Art. 18 geht von der VorauFeetzung ans, daß die Ausübung eines Gewerbes
kein Hecht konstitnire, und daß anoh die Brenner von diesem Standpankt aas
kaum einen Entsohfidigungsan^pnioh erheben dürften.
Die großes Spritfabriken, welche zum Tbeil "«b BektifikatieiiMUialalteii
iMantet wwden, sowie die etira 40 mittel{^fieii Betriebe, welche anm Brennen
dte iMlUHIlilftcn ViertclH des Hchwi'izcriscbeii Konsums (ca. 2*), 000 hl) heran-
gezogen wer^i II. l aben ihre Befriedigung in der Thatsache des buiideHgemiiß
kontrolirten VVeiiorbctriebs zu finden. Ks bleiben dann fiber noch etwa ')50
Brennereien, welchen e« nicht möglich geweseu it't, an den Licferungbkontiakten
gn partiii|»tren, fÄr die AnsmittlnDg von EstsohMdigaiigen ▼orbehalten.
Die Verordnung des B. Ger. vom 30. September l^Hl st-tzte einen Monat
vom Zeitpunkt der Publikation derselben an gerechnet fest für die Einreichung
von Ent-f 'rldigungsRnsprlichen, verlängerte aber zugleich den Termin noch ein
halbes Janr darüber hiuauü, nach Ablauf weicher Friüt kciue Au^j^rilche m^kr
bflrteknolitigt werden soUteii.
' Be irt klar, daß in einem EntBobldigungsanspracli konkladeoter aooh die
Erklärung de- AinprecherH InbegritTen iat. dftß er gemäß Art, 18 AI. 3 des
Gesetzes auf die durch Art. 32'''^ der B. Y. gestattete Fabrikation venichte.
Da» i'flichtenheft vom 23. Mai l^tib betr. die Vergebung der in Art. i
und 2 des Gesetxea vorgMehenea Breonloose setzt außerdem in Art. 35 fest, daß
eBtiahidigle ESgenthllmer von Brennereien weder Einsellooee ttbemelanen kennen,
noch in BrennereigenoKsenschaften eintreten dürfen. Fü i BrenDerTArt. 8<i eil.), weiche
bis dahin über 1000 hl abholuten Alkoholn iui Jahre erzeugten und web-lie ein
Breonloos erhalten, bleibt die Krago einer theil weisen Knt.'iebädigung eine otlVne.
Im Ganzen wurden 1370 Hnt.Hchädignngüforderungen eingereicht, wuvuu bis»
BMfe 1889 1171 doroh Zahlung erledigt, 36 durch Ahschlnß von Ueherein-
kiinften zur Brledigosg vorbereitet, 163 zaxttdKgeiogen, 22 ahgewieeen worden
i^ld und 2 noch pendent .sind.
'öie detinitiT erledigten 1171 Fülle beanspruchten folgtinde Summen ;
■ • An Zahlungen gegenüber den Fonleriuureu :
Fr. ' Kr.
1887/88 2,B7;i,.-)ltL). 35 5,261,378. 58
1889 l,()43,li71. 40 2,251,613. 23
3,717,270. 75 7,512,U91. öl
ffievon ab 62,175. 27*) —
Bleiben 3,655.095. 48 7,512^991. 81
\) Gesetzessammlung n. F.. Bd. X. S. 269 S.
«) Bundesblatt 1887, Bd. IT, S. 117-190.
*) Bundesralhsbeschluss belr. .XnineLlung von Entschädigungsansprüchen für Min-
derwerth von Brennereien vom 18. October 1887. Bundesblatt 1887, Bd. ill, S. 117 IT.
*) Die in Abxag gebrachten Ft. 0147ß. S7 sind nachstehender Weise zusammeoResetzt :
Fr. Fr.
Netlo-Erlös aus dem Verkauf von Altmetali 18«7/«8 . . 157,739. 35
1889 ... 51378. 55
Werth des Altmetallvorrathes 5,340. —
21i,3ö7. 1*<J
Weniger :
Tcnraltunsskosten 1887/88 106,613. 33
, 1889 45,569. 40
_154,181. 63
68.175.97
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Slaatsmonopole
— 16« —
StaatBuionopol«
Was die pendenten und die duroh Verträge xur Erledigung vorbereiteten
30 Fälle betrifft, so werden nach ScbStzung des B. R. asor Liquidation der-
selben nooli ca. Fr. 475,000 aufzuwenden sein, so daß die G88ammtauf>lage für
Expropnatiuaen vorau««iuhtlicli Fr. 4,130,000 betragen wird. Dieselbe bleibt
•onaeh wesentUoli unter den Beträgen, welohe hü BerftthuDg dee Konopol-
geeetzes angoaommen waren.
h. Wegfall der kantonalen und lukaleu Konsumgebilhren.
Art. 6 der Ueberganj^bestimraungen der rediv. Verfa.SMung von 187-i «et«te
fest, daü im Falle der EiDfUbmng eines B. G. im Sinne des Art. 32*'^" vor dem
Jeihitt 1890 die Ton den Eantoiieii und Gemeindee gemäß Art 82 der B. Y.
bfldMgenen Gebiluren mit dem Inkcalltreteii dǤ beiBgUolieD GeietM dfthiDfallen
sollen. NaohSfferXI des YollziehniigebeBchliiiies vom 15. Juli 1887 hatte dieser
Gebiihrenbezag vom 1. September l^?fi7 an aafzuhören und die interessirten
Kantone und Gemeinden sollten daaacb auf dem Fuße des Durchschnitts ihrer
Einnahmen der Jahre 1880 — 1884 entachildigt werden and zwar schon vom
1. Beptemlier 1887 an; die AlkoholYenraltoiig hatte daher ihr Budget mit dner
Summe von Fr. 3,581,008 zu belasten.
Die en li^Tilti^r'' Ablösung der Ohmgelder, wie »u'. durch Art. 12 di-« Ge-
setzes angeordnet worden ist, hält nicht nur die Fiuaozen der Ohmgeldkantone,
welche sonst im Jahre 1890 durch deren Wegfall ersuhüttert worden wären,
•nfireoht, sondern sebafifl anoh fttr die Nioht>Ohmgeldkantone, wetebe bisher
niebts erhielten, dieselben Vortbole. Dann wird dnrdi die Aufhebung der
Konsumgebilhren in den Kantonen, wo die gegohreiten Getränke hoch verzollt
werden mußten, die Einfuhr erleichtert und das gute Getrünk billisrer gemacht.
Die Beineinnahmea dos Bundes aus dem Alkoholmonopol wuideu anter die
sdmnUiiidten Xaatooe onoh Maßgabe der Bevlttkerungszahl ▼erthdH. £• lasaeit
•iqli damit entweder neue Enltnian^ben iSien oder — Stenererleiohtemngeii
einführen. 10% dieser ISinmhuen dnd von den Kantonen speziell ftr die Be-
kämpfung des AlkoholismuR zu verwenden. Verni'ithlich wird dies geschehen
durch die Anlage von Trinkerasylen, von BewahruuMtalten für Kinder von Ge-
wohnheitstrinkern, donli den Ban von Geaellschaftshäusern, die Unterstütinng
▼OD Volkakttohen, SnppeaKBstalten und Koehknfeen, dareh Milehknren, Bad-
a II stalten, oder durch m^ prSveiktive Maßnahmen wie Untentiltrang der Bildmiga*
and Erziehungsbestrebungen.
Einstweilen (1887 und 1888) gr:m;.rt. n die Reineinnahmeu (Fr. l,'.» 5 7, 841)
des Bundes aus dem Alkobolmonopul kaum zur Schadloshaltung der Ohmgeld-
kantone (Fr. 5,423,020). Weil non aber die Probejahre fttr den Bnnd vorttber
sind und die künftigen Reineinnahmen grOßer sein werden, durfte der Bund da4
Fehlende (Fr. 1()5,179) vorechießen, um die OhmgiMkantone in den vollen
Besitz ihn r (juthaben gelangen zu lassen. 1881) konnten bereits auch an die
Nicht-Ohmgeldkantone Beiträge von zosammen 884,565 Fr. ausgerichtet werden.
Die den Ohmgeldkantonea und Okfaroigemeinden pro 1889 ausgeriohtelen
Ersatwammm fttr dahingefikllene kantonale nnd kommunale £iiigang^b<lbren
ergeben nadi der Abrecfaniing pro 1889 fUr:
Kanton Bern
Fi. 1,071,101. 83
* XU««».-«-.
„ Obwalden
M Crlama
Latum
TTri . .
Nidwaiden
37:),f)L'l. 54
62,7J1. (»2
13,678. 11
19,859. 60
45,897. 50
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Staatsmonopole
— 163 —
Staatsmouo{>ole
JCantmi Zog . .
, Freibofg .
„ Solotbarn
„ Baaelstadt
« Baaelland
f, GranbllndeD
, Aargatt .
, Tessin
^ Waadt
, Wallis .
Cremeiiid« Qen£ .
, Oaroiige
Fr. 17,710. —
356,151. 76
^40,270. 43
47.373. 40
5l,4i*4. 52
155,882. 99
186,400. 85
161,139. 10
326,381. 40
36,632. 96
386,619. 02
38,994. 61
N«dita]ilaDg«ii an die Eftntoae üri
Uri pro 1888
Tesrin pro 1867 ... Fr. 282. 07
. 1888 ... . 139. 10
Total
und Teadn:
. Fr. 400. —
Fr. 3,680,880. 68
421. 17
821. 17
BttoknUmig der Gemeindo Genf pro 1888
Fr. 8,581,701. 70
380. 98
Znaammen Fr. 3,681,320. 72
488. —
3,58l.«0ti. 72
Spezialent8chädi|piDgeii an frühere OhingeldbezUger ....
ütssammt-Total Fr.
i. Finanzielles. Die Betriebsrcchnnng pro 1889 ergibt an Einnabmen
Fr. 11,494,511; an Auagaben Fr. 6,245,458, an EinnahmeUbersohuß Franken
5,249,068.
Die Einnehmen eetsen lidi »mininen am
Fr. 9,942,901 für den Verkauf von Sprit nnd Spiritus snm Trinkkonenm
and zn technischen Zwecken etc.
„ 575,438 für MonopolgebUhren anf Qnalitätsspirituofen eto.
» 767,874 Werth der Lagervorrathe Ende 1889.
p 99,467 für den Verkauf von Holzgebinden.
« 108,841 Ittr KorBgewinne, Akttrsinee nnd Anderee.
HaDptnniga])epoateii abd:
Fr. 2,313,167 lllr den Ankauf von anslSndigchem Sprit.
,» 1,777,G51 m » « inläntli'-f hf'Tii ^
w 148,829 „ ^ „ ^ Holzgebiiiden.
n 165,032 . die Rückvergütung von Monopolgebühren.
, 206,600 , TeranBiing der featen Anleihe.
Sohlnß. Man hat «a dem Alkobolgeiietae aum Vorwurf gemacht, daß
es den Zweck der sittlichen Beeserong de« Volkes mit einer rein öakaliflohen
JTaßregcl vcrqnickt habe. Wenn auch diesem Vorwurfe im Stadiiiin der t^esetz-
geberischen Thätigkeit etwelche H rüchtigung nicht abgpvprochen worden kuimte,
Bo hat doch der bist anhiu erreichte Erfolg jenen Gegnern nicht Hecht gegeben.
Wi» ea niinüieb icheint, haben aehon die eraten swei Jahre der Wirknunkeit
dea Alkoholmonopole den Konanm der gebrannten Waaeer nierklieh anrttekgehen
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Staatsiiioiiopole
— 164 —
StftatnDoiKipole
husen. Wenn sndb di« CfarHiide davon kann in der tiefen Eueicht der bieherigen
konsamirenden Yolksklueen sn snohen emd« eo mag dodi das fektieohe S^rfebnilfr
befriedigen
Der Berieb i de« Bundesrathes über die GeKchäftsfHhrung und Kechnang
der Alkoholverwaltuug pro 1 887/88 läßt »ich dariibei luigeudermaiien vernehmen
Wir begnügen nnt, an tagen, daß wir an» den ttbereinstiimmenden Beriobten,
welche nne ans vendiiedenen Lande^genden geworden Hind, nnd aoe den Be-
obachtungen, welche tinsere Verwaltung selbst zu machen iu der Lage war, die
üelierzengiing schöpfen mußten, es habe dr-r Triiikkonsum der monopolisirten
gebranuteu WaHt»er in der Xliat tmit EiutiihruQg des Monopols eine namhafte
Ywminderang er&hren.
•Der Jabreskoneum der nnnmebr monopolisirten Branntweine wnrde fttr die
Zeit vor Annahme des Monopolgentaee anf 150,000 U abeolnten Alkobole oder
rund 12ö,(»Ü() q gCKchätzt.
Der Unißatz der Alkoholverw<ung pro 1887/88 dagegen belänft sich,
wie oben angeführt, auf nur 78,750 q. Dieser Umsatz bezieht sich hinsichtlich
der Qnaliataspiritnoeen anf die Zeit von 17'/», hineiebtlieh des Sprite anf die
Zeit von 16 Monaten, betcigt ako, proportional anf ein Ealenderjabr redosiTt^
bloß 52,875 q.
Wir kHnnen und wollen nicht behaupten, daß der Landeskoni<um i:i'brannter
Waftstr un\ die DilTerenz zwischen dieser Zitier und derjenigen von I2ö,l>00 q^
anrttokgegaugen eei.
Kinerseita bat der Ruckgang des Verbrauchs monopoliairter Branntweine
durch eine Steigerung der Produktion nnd des Verbrauchs monopolfreier Spiri-
tuosen eine nicht näher zu bemeasende, jedenfalls aber beträchtliche Kompensation
gefunden, anderseits erschwert der Grenzschmuggel, wie er vor und nach dem
Monopol naeh innen änd naeb anßen tbätig war, die Feststellnng des tinMkdi-
lichen LandeekfNisnnu, endlioh aber ist seit Inkraftsetsnng des Monopole ein
außer allem Zweifel bedeutender Bruchtheil des denatnrirten Sprits in gesell-
widriger Weise zur Fabrikation von Trinkbranntwein verwendet worden
Trotzdem bleibt die Thatsache einer eingetretenen starken Yeruiiuderung
des Sehnapsverbrancbs bestehen."
Bei diesem Anlaß soll niobt nnterlasaen werden, das TTrtbei] araaftthrsD»
das ein bervorragender deutscher Kationalökonom und aufmerksamer Beobsobtar
unserer Schweiz. volkswirthRohaftliehen Verh;iUiiiHse, l'rof. Conrad, tlber unsere
legislatorische Bethätigung in der vorwUrügen Frage gefällt hat. ')
«Wie in Schweden hat das Streben, dem Alkoholismus enl^iregenzuarbeiten, die An-
.regung zu dem ganzen Vorgehen gegeben, und die Einmütbigkeit, die man in der
„Bevölkerung, der Regierung und den vorarbeitenden Kommissionen in dieser Hinsiebt
«findet, die ruhige Sachlichkeit, die überall den festen Vorwitz bekundet, Parteiinter essen
,\vie alton Vururtlieileii ent^'f^rfiizulrflcti, nuu'lit t-inon iiht-raus wohlthuenden F.indnick,
„um so mehr, wenn man dem gegenüber an unsere deutschen Verhältotsse denkL'
II. Kantonale Monopole und Eagalien.
Mit Ausnahme des Salzes, das es allen Kantonen ohne Ausnahme anpethan
hat (s. Seite 6^7 u. ff. II. Bd.\ sind nur noch die Kohle, der Schiefer, der
Alkohol nnd der Eisenbahnbetrieb Gegenstand kantonaler Begalien.
Koblo. Als einsigeB Koblenbergwerk in der Sohweis, das regaliscb von
Staatswegen abgebaut wird, ist dasjenige in EKpfnaob, Kanton ZüruA, an nennen.
') Bundesblatt 1889, Bd. Hl, S. 226.
*) Gomrad's Jahrbflcber fttr Nationalökonomie nnd Statistik. N. F. Bd. Xn, S. 975.
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Staatsmonopole
— 155 —
StaalsnioDopole
Schon im Jahre 1063 sollen die ersten Spuren von Steinkohlen da«elbBt
«itdMikt worden Min, wenigstem wurde dMnab 10 Penonen bewilligt, 8 Tage
lang darnach zu ^'r ibeo. Im Jelm 1708 wurde von einer RathakommiHHion
nach stattgefundener ünter«Tif}ning Uber das Vorhandensein von iSteinkohlen
berichtet. Im Jahre 1750 wurden die beiden Gruben su Käplnauh (benannt
.Grube des Lande» und äaohsengrabe") von dem fremden Bergmann Köhler
nntenoeht. 1768 worden die Stnbeokneclita auf den Zünften ttod OffentUohea
Qeeellaohaften durch BathebeeoUaß angehalten, aw« BBhrli Steinkolilea n nehmen
and damit die Oefen zu heilen; im nlmlichen Jahre wurden durch eilien gewisaen
Herrn v. Valtravera von Biel, einen Cajtitfiin Brown und einen andern Engländer
Versuche angestellt, mittelst Bohrens dm üuhlenlager zu erforschen und die
Steinkohlen mehr zn gebrauchen und zu benutzen. Auch wurde ein Ealkofen
eniehtet, der aber bald wieder einging. 1784 erging ein Beadilnfl dee kleinen
Rathen, daß in Eäpfnach ein Steinkohlenbergwerk an erriohten aei. Nooh ift
dMnselben Jahre wurde der Anfang damit gemacht.
Weiter*» Versuche erfolgten 1787 im RietUhof im Aeagsterthal ; 178!>
wurde in Haut ein Stollen erbaut, um jedoch in» folgenden Jahre wieder ver-
iatisen zu werden. 17d2 erblickte eine „Steinkohlen - Kommission* von 9 Mit-
gliedern daa Udit der Welt nnd in ihrem Gelbige kam ein fürmliehee Proto-
koll über die Bergbanantemehmungen zn Stande. Sodann wurden auf staatliche
Veran la>>RU ug hin Spuren von Steinkohlen entdeckt bei f'bertsweil, Teufen,
Buch, Jiu kereQ (Tößthal), Alten-Landenberg, im Suhwandel, bei Tenfeubaeh, am
Lipperschweudi-Gubel , bei Lanzen, im MUhlentobel, bei Fägsohweil. Im Jahre
1803 war neuerdings eine Bcrgwerkekommiieion tn beetellen, nnd daa
Jahr 1805 endlich braohte ein Bergwarkageaati wdehea alle im Schooß^
der Erde vorhandenen nutzbaren lilineralien (Metalle, brennbare Mineralien nnd
Salze [Steine, Gips, Thon, Merg«!, Torf nicht inbegriffen]) als Eigenlhum de»
Staates erklärte und deren Ausbeutung au eine ausdrückliche Konzesi^iun der Re-
gierung knUpfte. Seit Erlaasung dieses Gesetzes hat der Staat von sich ans einzig-
daa Bergwerk m KB^^taeh ala regaliaoben Betrieb Ibrtgeaetsfe. Eine Beiha von
Privatversuchen auf Bergbau-Mineralien fand bia ^um Jahre 1830, jedooh ohoa
irgend welchen Erfolg htatt. In diesem Jnhn- wurde der pyrotechnischen Gesell-
schaft ein Sehn rfnch ein auf den ganzen Kanton ertheilt, 1831 trat an die
Stelle der früheren Bergwerkskommission das dem Finanzruth untergeordnete
Bergwerksdepartement von 4 Mit^edern, daa indeß im Jahre 1889 anf-
gehoben wnrde. Der bis in die 30er Jahre hinein betriebene Detailhandel
des Staaten mit Schiefer kohlen hörte Ende «lerselben auf.
Einzig dsi* Kohlenbergwerk in Eäpfnach ist seit «lern Jahre 1784 beständig
im Betrieb gewesen. Derselbe nahm bald größere, bald kleinere Dimensionen an.
Die Ausbeute mag bis zum Jahre 1879 ca. 3,411,000 q gewesen weiu, ein
Ergebniß, da» dem Kanton Zttrioh sehr an atatten kam. 1888 betrug die Aus-
beute 15,441 q StOekkoblen, 1716 q Kohienklein, 1326 q Koblangriea, finmer
Mergel u. s. w., alles im Werthe von Fr. 37,000, Benefice für den Staat
Fr. 665. Die Käpfnacher kohle .««teht der guten avmliindischen Kohle in mancher
Beziehung nach, weil sie einen großen Aschengehalt und tciu eingesprengten
Bdkwefelkiee seigt. Das war der Grund, daß sie verdräng i wurde. An die Stell»
der abgedziagtan Konmimenten trat nan der Staat, der Anfange der 80er Jahre
') Hemorabiiia Tigurina oder Chronik der Denkwürdigkeiten der Stadt und Land-
schaft Zürich pag. 53, 265. ZQrich 1841.
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SlaaUnionopcrte
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Staatomonopole
dniolk Minen Selbstkonsam ca. 32 — 35 7o des frflheren Absatzes aafnahm. Mit
dem Bergwerk, d. h. mit der Steinkolilt^nfördernng im Zusammenhang besteht
ein Cemeotgcschäft seit dem Jahre 1874. Die VeranlaBsang zur Einrichtung
«ine» aolchen lag in der Thataache, daß sich im Abbaufelde ein thoniger, dolo-
nitiadher Ealkstoui vor&nd, weUshor die Eigaoicliaft beutet, iiaeh d«ii BremiMi,
mit Waaeer aDgemaeht. «owofal in der Luft als nrter Waaaer sa «liIrteB; HiMi|it*
absatzgebiet des produzirteu Roman-Cemeuts sind die Kantone Zürioli und Glanu.*)
Gewinn für d»>n Staat im Jahre 188« Fr. 'Jl,4H4. Im Jahre 1888 warfen beim
Kohlen berg wer kübetiieb beschäftigt 17 üuhieahäuer, 2 Uement- und KaikHtein-
Vneoher, 3 Förderer, 3 Kläaber, Total 25 Arbeiter. Bei der keramischen
Fkodidctioii (Kalk« und ComeotgeeidiSft} bestand das Arbeiterpersonal ans
43 Hann, wovon 10 Sefaiibr.
Schiefer. Der Kanton Glarae beeitst ein Sohieferbergwerk im sogen.
Land esplatt en bc rg in Engi.
Wie schon aus Protokollen auü der Uittc dos ii>. Jahrhunderts zu entuehmea
ist, hatte der Kanton den Plattenberg stets als Begal bebandelt, indem sich die
lAndesobrigkeit jedenelt das Hoheits- nnd VerfUgungsrecht wahrte, ohne indessen
die SchieferauHbeutung regalisch zu betreiben. Am 3. Sept. 1833 nun entschloß
eich der Kath auf Drängen eines großen Theils der Bevölkerung von Matt und
Engi, den Betheb des Battenbergs auf Kosten des Landu» zu bewerkstelligen.
Seitdem stehen aXmmtliche Anordnungen nnd Yerfttgungen poliieilidiM>, adi^Bi-
strativer und teohnisdier Natnr, sowie aneh die Tarifirung der Platten nnd der
Fuhrlöhne dem Käthe zu, der auch die Besäten des Bergwerks ernennt und die
Oberaufsicht über di^ Haushaltnogskommission führen läßt. Die unmittelbare
Leitung des Bergwerks ist einem Direktor, einem Verwalter und vier l^latten-
schaueru zur Kontrole der Platten waaren Ubertragen.
Ihurch Beeehlttfi der Glamer Landsgemeinde von 1857 wurde der Betrieb
des kantonalen Schieferbergwerks hoheitlich genehmigt , dagegen auch Grund-
besitzern die freie Verfügung über die von ihnen auf eigenem Grund und Boden
gebrochene W'aare gewährleistet, wodurch eine Bresche in die 1833 gegründete
Institution gelegt wurde.
Doroh Beschluß des Bathes vom 13. Jannar'l85S wurde das Betriebs-
kapital der Plattenberganstalt auf 60,000 Fr. festgesetzt. Die Uebersohttsee
über diesen Betrag werden als Reservefond ausgeschieden. Aus dem Reserve-
fond wurden zu Gunsten df r Platte nbergarbeiter Fr. 10,000 als Kapitalgruud-
atock erhoben zur Bildung eines U uterstU tzungsf ondu. Zur Aeufnung
dieses Fonds soUten demselben 25 '^/o des jäbrlichMi reinen Yoraohlages der
Plattenberganstalt für so lange angewiesen werden, bis er den Betrag von
Fr. 30,000 erreicht habe. Durch ein Reglement vom 9. Dezember 1874 wird
des Mähern die Verwciidinig des Unterstützungsfondes bestimmt, ersetet wurde
dasselbe durch einen weitern Erlaß vom 21. Juli 1880.
Durch Beschluß von Landammann und Rath vom 21. Juli 1880 wurde
das Betriebskapital aof d«r bisherigen HShe, Fr. 50,000, der Beeervefond auf
Fr. 20,000, der UnterstUtsungsfond für die Arbeiter auf Fr. 30,000 belsssen,
dagegen wurde 7ur Erlialfuns' dieses letzten Fonds und Erleichterung seiner
Autgabe und Zw rrk^rstimuiung ein Keserveunterstützuiigsloud angelegt aus jähr-
lichen Beiträgen von Fr. 1000 aus der Kasse der Bergwcrksverwaltung und
beginnend mit dem Jahre 1879.
'j Zürcher Amisblatt 1880, pag. 657 ü. Expertenberichte Ober das Bergwerk in
Klpfiiach.
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Staaüimonupole — 1Ö7 — StaaUnionopoie
Dm Bedinnngi^crgebiiifi des Landesplattaobwgcs ist tin verliltttiiißnlfiig
bescheidenes. In der djSlirigen Amtobericbtsperiode 1881 — 1883 «»Mite der»
selbe einen Gewinn von Fr. 9000, in den folgenden 3 Jahron 1884 — 1886
Fr. 19,600, 1887 Fr. 6239 nnd 1888 Fr. i'yOO.
Der Landetiplattenberg ist Air den Staat nicht bloß eine, wenn auch be-
■oheidene Eimiftbsuqnelle, aondem bietet der Thalachaft (der Seruft) eine »ohSn»
Srwerbegelegenbelt und iat eodtno eine bltlige BesQgeqiielle fflr Sohiefear.
AlkoboL Ba$el8iad( bat den KleioTerkaaf Ton gebrannten WasBem,
der nach § 8 des Bundeegesetiea von Bewilligungen der kantonalen Behörden
abhängig ist un<l einer Steuer unterliegt, mr>nopoligirt. Eine regiemngwfttbliobe
Verordnung» vom 4. April 1^88 sagt (liirüht'r n. A. i
Dem kantonalen Aikoholmonopol mitf^rliegt :
o. der Kleinverkauf von nicht denaiurtrtem Sprit (Feinaprilj in yuantitäien
unter 40 Liter;
6. der Kleinverkauf V"n Trinkhranntirn'n jeiirr Qualität, her{re=fpllt auf dem
Wege der Mischung Yon Suril mit Wasser, Essenzen, Elxtrakten oder Gewürzen,
in Qnantit&ton unter 40 Liter, offen oder in Flaschen.
Dem Monopol unterliegt nicht der Elonveilcanf von Onalitüteepiritnoeenf
doch kann dieser Verkauf nur in geschlossenen, versiegelten oder verkap<?elten,
mit der Bezeichnung des Inhalts verseheneu Kia-^chen geschehen} and unterliegt
der polizeilichen Bewilligung und einer Patentgebuhr
§ 3. Fttr den Kleinverkanf des dem Monopole nnterliegenden Alkobol»
werden im Kantone die dem Bedürfniß entepreobende ZabI von Verkanftetellen
errichtet, welche möglichst gleichmäßig zu vertheilen sind, aber dift Zahl 30
nicht Obersteigen sollen. Die Verkauftistellen werden vom Regiernngsratbe anf
Antrag des Finanzdepartementes nach ötfbutlicher Auäsciireibung vergeben.
§ 3. Diesen Verkanfsstellen wird der Sprit nach Bedarf vom Finans-
departemeate in den von der eidg. Alkoholverwaltnng geliefarteii Qualitäten ab>
gegeben gevcen Bezahlung dee von der eidg. Verwaltung bereobneten Preises,
mit einem durch den Regierun g>»r:tth festzuKtellenden Zuschlage. ^) Die Verknufs-
stellen dürfen von keiner anderen Seite als vom kantonalen Finiinzdepartement
Sprit oder Trinkbrauutwein beziehen ; auch ist ihnen untersagt, mit Sprit oder
lÜnkbranntwein anf eigene Beohnnng Handel an treiben.
§ 4. Die Zubereitung des Sprits zu Zwecken des Konsums ist bis auf
weiteres Siiehe der Verkaufsstellen 8ie soll eine mttgUobat gleichmftßige sein nnd
unterliegt der Kontrole des Finanzdefmrteuieutcs.
§ 5. Die Verkaufepreise sollen für alle Verkaufsstellen die gleichen sein
ttnd werden vom Finanadepartemente ÜM^eetellt; die Yerglitnng an die Yer-
kanftstdlen Ittr Znbereitang nnd Verkatf beeteht in dem Uebersobnaie dee Er-
löees tiber den Ankaufspreis und den Zuschlag.
§ 6. Die Verkanfsstellen haben fiir die richtige ErfillUnig der von ihnen
tlbemummenen VerpÜichtuugen eine Kcalkaution vou Fr. 500 bei der Staats-
kaaae sn leisten; im übrigen wird das VerliäUnlß derselben zu der öffentlichen
Verwaltung dnroh ein Ffliehtenheft geordnet, welobee das Finanidepartement mit
GenebmiguDg dee Begierungrathes anfeteUt.
') Je nach der Größe und dem Werth des Umsatzes:
a. Für den Ausschank an Ort und Stelle durch Wirthe und Konditoren Fr. 30—100;
b. FOr den Kleinverkauf Aber die Gasse Kr. lOf) h(M).
*) Derselbe wurde am 12. Mai 188» auf 12 Fr. per ItX) kg netto und 95* Tralles
festgestellt.
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Staatsmonopole
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StMtowlrlliseluft
Eisenbahnen. Zwei Eutone hnbra gewisse Streoken ihn» Eiaenbahn-
netzes verstaatlicht. Es sind diw Genf und Neuenburr/. Die verstaatlichten
Strecken beißen: „Gtmeve - Anoemasse' und „Jura Neucbatelois*. Das Nähere
über letzterü Strecke ist auf Seite 102 im II. Band zu lesen. Mit 1. Januar
1890 gingen die Bernischen Staatsbahnen (p. '216 im 1. £d.) in das Privat-
•Ogenthnm der fnoonirten Westsebweis- nnd Jurababngeeellaehalt Uber.
Banknoten. GemKß Art. 39 der Bnndesverfaasung darf der Bund keinerlei
HoDopo! fir die Ausgabe von Banknoten aufstellen. Als nun der Kt, ZUrich
im Jahr- 1^77 ein Gesetz erließ, welches da.s Heeht zur Notenausgabe der
Kantonaibauk reservirt wissen wollte, wurde dieses Gesetz als bundesvertassungs-
widrig erklSrt und kam nicht snr AnafBhmng. Im tt. gallisohen €i;raßea Batfae
imrde s. Z. ein Antrag anf Einführung des kantonalen Notenmonopols verwerfen»
Spielkarten. Das gleiche Schicksal der Unzulässigkeitserklärnng wurde
«ach dem h. Zeit (vor 1874) Tom Kanton Teesin gebandhabten Monopol des Handels
mit Spielkarten za TheU.
Niobt onerwKbnt seien hier ferner die ab Zeiohen der Z«it bedentsanen
Bestrebungen mr Verslaatlidning des G-etre idebandele.
Staatswirthschaft. (Verfasser: Herr Dr. Tr. Geering, Oief der soluvei».
Handelsstatistik.) Als letzte Reste mittelalterlicher ].Mkrxl>;n?ivrränetät nnd aus-
geprägter germanisch-centrifugaler Eigenart ragen die 2.) Kantone iler heutigen
Eidgenossenschaft wie Denkmäler aus einer tremden Welt in die neue Zeit des
Zneammensohlttsses der Nationalitftten nnd der Qrofietaatenbildnng herein. Es
sind aber keine Rninen. Viel eher mag man sie jenen alten kirchliciten Bau-
wexken vergleichen, -welche über ravcnnatischer oder romanischer Uranlage nach-
einander die MHmmtlicheii )>päteren Kunstweisen zur Schau tragen uml noeb h«ute
iin Leben der Mitwelt ihre Stelle mit Ehren behaupten. Su sind an unsern
kleinen Staatswesen niobt spnrlo«t aber ohne an dieeiforsttditigbewadite Antonomie
sn tasten, die poliÜBoben Stürme dw Jahrhunderte vorftbergebranst.
Primitive Zustände wie die altgermanischen kennen statt der heutigen sach-
lichen Staatslasten nur die jiersönlicben Le^^^tungen der allgemeinen Ding- und
Wehrpflicht. Mit dem Herabsinken der Aitfreien in den Stand der Hörigkeit
vom 8. bis mm 11. iahrhnndert verloren jedoch diese persiiulichen Leistungen
ilire Allgemeinheit. Sie blieben anssobließliches Reeht der Freien. Die sD"
nehmende Masse der Unfreien leistete dieser herrschenden Klasse Ersatz fUr den
gewährleisteten Recht'^scliatz in der Korm jirivat rechtlicher Natural lasten. Frohnen,
Grundzinse, Zehnten etc. blieben dann auch die ntaatswirthschaftlichen Grund-
lagen der hieraus entwickelten Territorialberrscbatten des späteren Mittelalters
und der neueren Zeit, nnd die eigenthllmliehe Vemusehnug privatreebtliober
und öffentliche! Elemente, die Lösung staatlicher Aufgaben mit privatreohtliob
begründeten Mitteln ist fiir viele derselben charakteristisch Nur .«spärliche Reste
der alten Geineinfreiheit vermochten sich dieser mächtigen Kntwickhing gegen-
über zu halten und bis auf unsere Tage zu retten. Das sind die ionerschweizeri-
eohen Üandagemsinden, deren Budget sieh deshalb anob in den denkbar kleinsten
ZUr«ni bewegt
So eioiaoh war die Entwicklung der Steatswirtbsebaft in den ISndliehen
fiedrken.
Eine andere reinere Kurm und kräftigere Entwicklung nahm der Staats-
gedanke in den Städten. Bei dem engen Znsammenwohnen, dem regen wirth-
ecbaftlieh«! und politisohoi Leben ergaben «ch gans von Reibst komplimrtere
Beobt«« nnd Gesellsehaftsiustftnde, welohe der staatUeben Be&ät^ng neue Gebiete
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Staatswirthschaft
159 —
StaabwirOudiaft
«rtfllnetes. läitipfMlieBd privatwirÜwdiafIliolMii Arbeitotheilnog wurden
große gememaame Aufgaben, weil durch eiiiheitHolie Organe oder mit vereintar
Kraft be«wer zu lösen, dem Kinzf^lnen entzogen und der Gesamiutlieit, resp. einer
Behörde übertragea. Der udentiiclie Haushalt der inittelaltertichen Städte hat
swar nicht in der Ausdehnung ueiner Leistangen, um so mehr aber in der Art
ihrer LSrang mamihe Aefanliehkeit mit deo Anfllngea dea modernen Staatea.
Die Toranssetzungen ftir dieses Vonoseilen waren: 1) Die Kleinheit des Ge*
biets and die dadurch «.'cgebene Einheitliclikeit und Klarln-it der gemeinsamen
Interesnen. 2) Der stei^reiule Wohlstand, der die Mittel reiclilicli darbut. ^) Der
Tursprung, den die geschättskundigen Burger in jener Zeit des Uebergangs von
der Nataral« so? Geldwirtliaehaft vor den Füraten, Überhaupt vor dem Lande
TOrans hatten, bei Realisirung des Kredits.
Die glänzende Entfaltung der italienischen Städterepubliken ist bekannt.
Die Handelscentren nördlich «l» r Alpen gaben ihnen nnr wenig nach. Uti l zwar
i»t bisher, mangels gleich eiudriugeuder Studien an andern Orten, das klassische
BMapiel der deutschen Geschichtsforsohnng eine sobweizerisohe Stadt, Basel. Um
ihr Territorium an erweitern und au behauptes, um nameatUeh die hoheitliohen
Rechte der Bischöfe zu gewinnen (ca. 1357 — 1430), war ihr kein Opfer zu groß.
Sie scheute auch öffentliche Schnhh^n nicht. Vom Anfang ihrer überlieferten
Buchführung an (I3t>l — 62) ist, durch das Schwanken der Ac^^jaben bedingt,
das jährliche Anleheu für die sohwebeude Scbuld sowohl, wie die Ausgabe von
Zina* und Leihreaten» rein auf OflientUoheii Kredit, ohne VerpfKadung von Otttem
«der Rechten, eine atändige Finantoperation. Das Anwachsen der Schuld —
aeitweise betrug .sie bin zu '/s des gesaromten PrivatbeMitze.s der Kinwoliner.sehafl
— treht Hand in Hand mit der Ausdehuunix der staatlichen HüUeitsreclite und
des lerntorioms und erscheint so recht als die jährliche türaftprobe des ötie.nt-
liehen Kiedita des jungen Staataweaena.
Bei dieser erfolgreiehen Staataaehnldenpolitik kamen der Stadt allerdbgt
zwei besondere Umstände zu statten. £rstens die zunehmende Geldfeilheit,
welche fortwährend günstige Konversionen gestattete. Der Zinsfuß bewerte sich
umgekehrt proportional zum Anwachsen der Schuld, er sank 1362 — 142.) von
7—10% auf ö, ja oft 4^0« eine Höhe, auf der er sieb dann annähernd ge-
halten bat bis an don Kapitalttberfluß der «bereeeiaehen Compagnira im 17.
Jahrhundert (27970).
Ihren mächtigsten Impul« erhielt aber die Stnat-Kschuldenpolitlk Basels ans
der ermuthigenden Rentabilität ihrer ersterworbriii n lloheitBrechte. Dfr Transit-
soU, den ihr Kaiser Karl IV. 1367 gegen 200ü Ü. verpfändete, liui gleich im
Aa&ag öftere jihrlieh mehr abgeworfen ala die Pfaudaumme betrug.
Immerhin lieferten die Zölle nur etwa 207» ordentUehen Staats^«
kiinfte Die eigentlichen Hauptquellen der Einnahmen waren die indirekten
Steuern von Mehl, Wein und Salz, welche schon 1361 — 62 ca. Hb**/o der ge-
sammten i^inoahmen ausmachten, seit £r Werbung der Zölle etwa noch 7^"/o.
Direkte ftaneni wurden nur im Notii&tt, d« aUerdings häufig genug eintrat,
beechloaeea und awar aowohl Penonaleteuem wie VermOgenaeleuem, letatere
durch Selbetein^^f b ätz ung und mit obrigkeitlichcui Ankaufsrecht zum fatirten Werth.
Die übrisjen ordentlichen Einkünfte, ca. "/o der Gesaiunitelinialiineu, waren
GrundziiiHe und dgl., wie sie bei den läudliehen (iebieten vorherrschten (s. 0.),
in der städtischen Wirthschaft traten sie sehr zurück.
iPptDieBee Vorwiegen der indirekten Steuern und der Zölle iat nun Überhaupt
jpSkteriatiaoh fttr die mittetolterliohe Staatswirthachaft. Nieht wirthaohallUche
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Staatswirttudnft
— 160 —
StutnrjrthBcbaft
oder aOBslpolitiadie, tondeni lodiglioh fishtUigche und atraertocliiiiielie Bttokdoliteii
wsren im Stenerwesen des Mittelalters i iP^r-bend. Nioht ratiunell oder gerecht,
sondern möglich>;t leicht und erfolgreich «uchte man zu besteuern. DHrans prrrab
sich zunächst die Progression nach nuten, — am «rreifbarsten t^ben in der That«
aaoliA, daß die einzigen ordentlichen * Steuern indirekt von ueu unentbehrlichsten
Lebmimittdn «rhoben wurden; in die gleiche Linie gehSrt die Behatang durch
die Einfuhrzölle, welche jedoflii tum llieil weniger unentbehrliche GegenstSade
betraf. Aber auch bei den außerordentlichen direlrton VcrmBgenK- nnd Er-
werbsstenern ging im mittelalterlichen Ba»ei die Degression von 6 und mehr
bis '/> "/o, und dieselbe Erscheinung verbirgt sich selbstverständlich in jeder
KopÄtener. Ein Ezietensminimiini oder eine Erleiditerang des nnfimdirten Ein>
kommen 8 kennt m&n nieht, im Gegenüieil, die Beeitiloeen tragen mit l'/s
ihres Verdienstes einen guten Theil der gesammten Steuerlast. Wie jeder mit
seinem eigenen Leibe den ehrenvollen Wacht- und Kriegsdienst vers^ah. m «eilte
auch der Aermste in der Besteuerung sein Theii zum gemeinen Besten beitragen,
und wenn er ee tkHi tun täglichen Brod abkargen mußte. Mt proportionaler
Beeteaemng wnrde swar anno 1376 ein Versnob gemadit («jeder eoUe geben
nach Bescheidenheit und nach seinem Gewerbe« jede Zanft soll ihto Hitglieder
edlMtsen**), er steht aber ganz vereinzelt da.
Die staatlichen Ausgaben und Leistungen hetrefl'end ist zunächst darauf
hinzuweisen, daß sowohl im persönlichen Wacht- und Kriegsdienst des Einzelnen,
wie in der Selbstr^^iemng, im Tersammlnngs« nnd Wahkecht der Zttnfte nnd
des Bathes die alte Gemeinfreiheit in neuer städtischer Form wieder erwacht
war. Demgemäß bestanden zahlreiche Ehrenämter. Dieselben vertheilten sich
auf die vurseliiedeuen Zünfte, denen ein grußer Theii der l»eute staatliehen oder
kommunalen Aufgaben überlassen blieb, während das Armen wesen Sache der
ffirche ond im Zusammenhang mit deren System, der persönlichen IDIdthatigkeit
war. Immerhin nahmen die Gehälter namentlich der Verkehfsbeamten (Zoll- nnd
Kaufhaus) bereits 10 — 15 7» ordentlichen Einnahmen in Anspruch, und
selbst die Rathsherren bezogen in dem demokratischen Gemeinwesen seit 1429
ihre Taggelder. Die wichtigsten ordentlichen Ausgaben aber sind, dem Charakter
der Zeit entspreeheiMl, die Kosten der etindigen Kriegsbereitschaft : 1) Die Aus-
gaben .an dier Stette hnw", d. h. die Erhaltung nnd ywbessemng der Stadt-
mauern, der Kheinbrücke u. s. f. 2) Die Löhnung der stehenden Söldnertruppe.
Jf' lpr dieser P»st( n partioipirt an den gesammten ordentlichen Aasgaben mit
mehr üh einem Drittel.
Unter den außerordentlichen Ausgaben stehen in erster Keihe die bereits
erwähnten für firwerbnng der Hoheitsredite nnd des Territcrinms, sodann die-
jenigen ftr dwen Erhaltung, die Kosten, welche ans der Bolidaiität der StSdte-
bttnde erwuchsen, die Tagleistungen und dgl.
Von besonderm volkswirthsehat'tlichem und zollpolitipcheiu Interesse ist das
Eintreten des Staatskredits für das gemeine Wohl in Fehljuhren. Die Gefahr
der Hongersnoth, welehe heute sosnsagen nieht mehr besteht, war bis vor wenigen
Jahrzehnten eine beständig drohende. IMe SofaweifKlUgkeit des Verkehrs erlaubte
den Transport von Korn und Wein nur auf kurze Distanzen nnd verthenerte
dieselben in unerhörter Weise. Daher bei jeder lokalen Mißernte, bei jedem
Fall von Kriegsnoth eine Preiskonjunktur für den Getreidebau der benachbarten
Landstriche. Es genügt, in dieser Hinsicht an den außerordentlichen Aufschwung
dw sohweixwisehen Landwirthsohaft während des 30jährigen Krieges sn erinnern.
Der sohweiieriisehe Bauemanfruhr um 1650 ist wirthsohafUioh betrachtet niehts
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Staatswirthscbaft
— 161 —
SlaatswirUiücUail
«ndeiw «Ib der Btteictolilag der ersten Friedenejfthre : da die ebhweiserisehe ISbeiie
▼om Kriege so gat wie unbertthrt blieb, bette sieb wXhreed deseelben der
schweizerische Land a irth der höchsten Korn- und Viehpreisc zu erfreuen gehabt.
Die nnnmehr sinkenden Preias sind im tiefsten Grunde hIs di»- Ursache jpner
allgemeinen Unzufriedeuheit de^ Landvolks anzusehen, welche die Scituld aii der
angenblioklichen Noth dem herrschenden Kegimente zuschob, während daei»elt>e
dodi genau ebeneo nnaeheldig denn wer, wie die Begiemegen viieererTege aa
der Konkurrenz des amerikanischen nnd osteuropäischen Weiieiie und dem da^
herigen Darniederliegea d«r westeuropäischen Landwirtheobaft.
Der Theuninffsnoth im eigenen Lande gnchte man zn betrep^nen durch lioh©
Ausfuhrzölle, ja Ausfuhrverbote auf Kurn, Wein, Vieh, Salz ete. un<l durch die
Anlage staatlicher Kornhäu-ner und Rathskeller. Wo dann die aufgenpeiciierten
Ymiitlie den Ausfall der theuren Jahre nicht deckten» brach der Staat der
grSfiten Noth dadurch die Spitze ab. daß er mit seinem Kredit in die Lücke
trat und den Bürgern für Brod zu niäßig-'ui Preise hcsorg^t war. Das hiezn
aufgenommene Anlehen wurde in den nächsten Jahren durch auüerordeutliche,
meist direkte Steuern getilgt. So wurde die akute Noth, welcher viele kleine
Ibdetanian bitten erliegen mttssen, anf mdirere Jahre Tertheilt nnd dadurch
ertfigHeh genaeht.
Diese Operation» welche in der wirthsohafüiohea Verwaltung und Fttreerge
des Staates im alten Aegypten ganz wie im Mittelalter und bis nahe an unsere
Tage eine so hervonaLn^nde Stelle einnahm, war wie bemerkt, lediglich «ine
Folge des unentwickelten Verkehrswesens der früheren Zeiten. Durch den enormen
Au&hwiing, welchen fSaenbahnen und Dampischiffe im Gttterauetanach der
76Ik«r bewirkt haben» ist» Iftr Europa wenigstens, die Gefahr der Thenrung im
fttflwria Sinne beeeitigt, oder doch ihr Schrecken weeentlich gemildert.
•
Die Territorial- und Staatenbildung des 16. — 18. Jahrhundert», welche die
städtischen und kleinstaatlichen Schutzzollinseln zu größeren wirthhchaft liehen
und politif-rhen Einheiten zusammenschloß, ist an den sehweizerischen Städten
und Orten fast spurlos vorübergegangen. Erst die Bundesverfassung von lö-kb
hat die KnaeaaSUe beeeitigt und damit daa rtSrikete Henmnifi der ^en wirtii-
sehafftlichea Entwicklung im Innern hinwegräumt. Nach der Niederwerfong der
Bauernunmhen der Reformationsieit und besonders seit der blutigen Dämpfung
der Erhehung der 165()er Jahre waren das IH. his 18. Jühi hundert für die
schweizerischen Orte eiu<$ Zeit furtt^ciireiteuder Knechtung des Landvolks durch
die Herren in der Stadt (wovon eine letzte Folge die Trennung der Landschaft
Baeel 1633). Die Staatswirthsohaft wurde geleitet nach den Prinzipien dee aof<
geklärten Despotismus. Der Hendel» die aufblühenden „Manufakturen" (Industrien)
und größeren Gewerbe blieben ausschließlich in den Städten konzentrirt Wurde
das Landvolk iu der Industrie beschäftigt, so geschah dies doch nur in ih r Ab-
hängigkeit von einem in der Stadt re^idirenden Prinzipal» in dessen Händen sich
der gewonnene Reiehthnm eanunelte. AUerdioge wurden seitens der arietokrati-
eohen Regierungen eine Anzahl groAer gemeinnütziger Aufgaben nicht unwesentlich
gefördert. So namentlich in den protestantischen Kantonen der Schulunterricht,
das öffentliche Armen - und Kirchenweeen , das die Reformatinii auf Staut und
Gemeinde übertragen» die Errichtung von Spitälern und Wai^^enliauKern, die An-
ftuge dee ZuchthaueweBens ; auch die Straßenbanten dee vorigen Jahrhunderte
wiren sn erwühnen. An die Stelle der früheren Staatesohuldenpolitik trat eine
Farmr, TolkOTrlrthiebafti-Lfxikao 4«r Seliwcit. |1
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Staatswirtbächaft
— 162 —
Stua w irthschat t
oaoh den Frinsipien privater Wirtbaduftliolikeit leitete Staatawirthtchaft mit
dem Ziele möglichst intensiver Sohatabildong, Die fransttfiiaehe BeTolation £uid
in der Schweiz gefüllte Kassen vor.
Zu den früheren Staatseinnahmen und dem Ertrage der immer weiter aus-
gedehnten Domänen gesellte tüch im 17. Jahrhundert das PoBtregal, dessen Ein-
trfigliohkeit Üllr die Slldte mnd die handeltvribendeu Kantone aus der Abstufung
der EntBcMdignngagelder des Bundes anno 1852 snr Genüge erhellt (a, noten,
■owie den Art. Post, bes. Bd. II. 618). Nur der Kanton Appenzell hegoSgte aioh
bis zum Jahre 1848 mit dem althergebraobten mittelalterlichen Botenweeen.
# *
•
Dies waren die Zustände, unter welchen die aufgeklärte Aristokratie der
größeren Kantone die Schwelle der neuen Zeit betrat. Die Revolution, für die
Schweiz also die Helvetik, hat mit dem alten ^liystem gründiioli aufzuräumen
Twaneht. Gleiohateilong Aller, EinfUhmug allgemeiner Stenern, £rwerlM- und
VerkehreCraheit, Ablösbarkeit der Gmndlastent waren die Haiptforderungen.
Dem entsprechend enthielt die V'erfassung der helvetischen Bepnblik folgende
Artikel betr. die Stuatswirthechaft, in denen »ich bereite ein loasialpelitisehea
Steuerprogramiii ausspricht.
§ 11. Die Steuern müs<ien zum allgemeinen Nutzen angewandt werden. Die
Auflai;en müssen mit dem Vermögen, den Einkünften und der ESnnahme des Steuerharen
im Verhältiiil. sli Leu ; jedoch kann (lit -t's Verh;iltniti nicht ^nm '„'en;ni sein. FCine all-
mgioßc G( ii;iuij.'k(nt wurde Ursache seiu, JaLi «lie Aiillagen tirücketid, da<! Einsammeln
derselben kostspielig und da«! Ganze dem Glück dtr Nation nachtheilig würde.
§ l± Die Besoldungen der oflenUichen Beamten sollen mit der Arbeit und den
Talenten im Verh.iltnili stehen, welche ihre Stelle erfordert; es muß darauf Rücksicht
genommen werden, inwieweit es gefährlich ist, solchen Leuten Stellen anzu vertrauen,
die sich leicht bestechen lassen könnten; «nch muß mau hindern, daß sie nicht das
ausschheßliclie Eigenthum der Reichen werden. Die Besoldungen sollen in Früchten
bestinunt und so lange ein B<'.tiiit(-r .iii sciiu r Stelle sein wird, nicht vermindert werden.
§ 13. Kein liegendes Gut kann unveräuiierlich erklärt werden, weder für eine
Korporation oder fQr eine Gesellacbafl, noch für eine Familie. Der Gnind und Boden
kann mit keiner Last, Zina oder Dienstbarkeit besehwert werdni, wovon man sich nicht
loskaufen könnte.
Vermögen und Schulden der Kantone wurden nun Staatsgut und Staats-
sohnld der hdvetiaehen Bepnblik. Die geiatliehen Güter wnrdok ^tlariairt,
die Abschaffung der Feudallasten und die volle Handelsfreiheit nnter den Kan-
tonen proklamirt. Sulz, Pulver, Bergbau und Po^t wiirderi zu Regalien erklärt,
dpr AtisMchank i::^ei.stij^er Getränke mit 4 ®At heleirt. die llandänderungsfrebnhr
auf 2"/o festgesetzt. Die Stempelbogen wurden obligatorisch. Ei lischaften bezahlten
nach dem Grade der Verwandtschaft — 4, Vergabungen 5 "/o. Auch diickte
Vermögens- nnd Einkommenetenem worden nunmehr eingeführt* Sie betrugen
2 "/oo der zinsbaren Kapitalien und des lieg«;nden Privatln -itzes nach Abzug der
Schulden und 1 **/oo von allen Wohnhäusern. Die Kaufleiite hatten von ihren
Geschäften '/< , Fabrikanten, Spediteure, Rankiers etr *2 *'/r> ihreH Gewinns zu
entrichten. Endlich bestand ein gunzert System von Luxusäteuern tür das iialteu
von Dienetboten, Knteohen, Pfierden und Hunden, fUr daa Tragen einer goldenen
Uhr, n. a. f. Man sieht, e» waren eine ganze Reihe von Forderungen der
neuesten Zeit in ein fertiges Sy.stem gebracht
Kinnahmen nnd Ansgaben der helvetischen Republik winden ,-ich nach
diesen Bestimmungen auf etwa 14 Millionen alte Kiauken belaufen liaben. Faktisch
sind dioM^lben aber nie zur vollen Durehführung gelangt. Vielmehr kam sehr
bald und immer drohender ein richtiger Staatsbankrott in Sieht: viele Beamte
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'.Stutswirtludmft
— 163 —
Stutswirthsehaft
blieben sdtwMM ohne GeiiAlt und es sammdte sieh «ne immer Mbweren Sebalden^
ket. Änfittr den direkten Steuern stieß namentlich die AblÖ8ung der Grimdlaston
auf ungeahnte HinderiiiHse, das bezügliche Gesetz mußte wieder zurlickgenotumen
werden, und schließlich stellte Napoleon durch die Mediutionsurkunde vom 19.
Icbruar lbü3 die kantunulcn Stuatjiwirthschdtieu wieder her unter Kontingtju-
tinmg ihrer Beiträge zu gemeineidgenösainehen Zwecken naeh nnten folgender
Scala. Die Regelung dee Zollwesene (§§ ö und OK wonach nur die äußeren Grens»
kantone eigentliche Zölle behielten, welche jedoch der Genehmigung der Tag-
eatz.ung unterlagen, während die innern Kantone nur noeh Weg- und Brücken-
gelder bezogen und das Strai>enwe»en eidgenosmiacher Kontrole unterlag, erhielt
«ine Interpretation, wekhe ihre gnten Wiricnngen ginilidi illnsoiiMli aiadite.
Faktifloh blieben <be Binnen- und Tnuiaitzdlle so fortbeatehen wie vor 1798,
(vgl. neuordinga HubeTf D'. A..* Die Entwicklnng dea £idg. ZoUweaena bia 1848.
.Bern, l.s'.»0).
Neben den Zöllen waren die Haupteinnahmen der Kantone Salz, Pulver,
Post u. Stempel. Der 3Illnzfuß wurde eioheitiich geregelt (auf 1 '/j Livret» touruuis
= 127 %Q Gramm fein Silber per Franken), doch blieb die Mttnsbobeit
kantonal. «Bnroh aorgföltige und einfaobe Verwaitnng, doroh mlfi^ Beaoldnng
der Beamten suchten sich die Kantone Ton den Anstrengungen der letzten Jahre
JEU erhüleu."* Die direkten Steaern wnribn, je nachdem es die üiustände er-
laubten, beschrankt oder ganz aufgehoben. Die Finanzen der Kidgenosseu-schaft
als solcher beliefeu Hich auf nicht mehr als ca. 60 — 70,000 alte Franken jahr-
lich iür die diplomatiaehen Agenten in Wien, Paria nnd Huland (ea. 40,000
Franken), aowie fiir Kaoslei, ArohiT eto.
Der Btindesvertrfig vom 7. August 1815 enthält ungefähr die n;imliehen
Bestimmungen Uber StaatHwirthschaft, wie nie unter der Mediation gaiten. Neu
hinm kam jedoeh mit der aarttckgegebenen Selbatändigkeit dee Landea ala erste
große Aufgabe der Eidgenoaaemohaft: das Bnndesheer. Das ordentliebe Budget
des Bundes wuchs dadurch auf das Doppelte bis Dreifache seines biaberigMl
Betrages. Dazu nahm besonders in der ersten Zeit die Bildung des eidgenHsMi-
sehen Kriegsfonds die liiiäsigen Mittel stark in Anspruch. Die Höhe desselben
wurde ursprunglich auf 2, 1820 auf 4 Geldkontingent«, 1835 auf 4,277,000
Franken featgeaetst, weldae mit Ananahme von Ii Million Fr. ainatragend angelegt
wurden. Die regulären Kinnabmen der Kldgrnossenachaft beistanden in den Eiu-
gangsgebUhreo, deren Reinertrag von lL'7,r)7ii Fr. anno 1821 auf 173,188 Fr.
anno 1831 und auf 240,t)OU Fr. anno IH41 stieg. Auß*»rordent liehe Ausgaben
wurden gedeckt durch di« Geldkontingente von 1803, vermehrt um die ßmträge
•der Kantone Wallia, Neuenburg und Genf (a. d. Tabelle).
Die Geldaeala aollte gleich dm lUnnadiaftakontingenten von 30 zu 20 Jahren
leTidirt werden I8r>8 wurde sie dann so gerogelt, daß die Kantone je naeh
ihrem W<jhlstan<l pro 3Ianu ihres Kontingent* eine Steuer von 5 (Urkautone und
Innerrhodeu) bis 25 (Genf) und 30 Fr. (Ba.>*ei^tadt) bezahlten. Nach der Volks-
zählung von 185U wurden die Beitrage mit Ii» Cts. (Uri) bis 1 Fr. (Baselstadt)
pro Kopf der Be^Slkerung bemessen, aber nie mehr wirklioh erhoben. Zur
iUnatxution dea Woblatandea und der Leistnngsföbigkeit der reradiiedenen Kantone
Jaasen wir aKmmtliche Seelen hier folgen.
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StaatBwnrfhselwIt
164 —
Staatswirtbschaft
SldgenSsstBcbe Geldseal» für die Koattagente der KatttoBe.
r ~
1SU3/15
1838
1851 !
' AbuU
Gfld-
Alte
TT II II
VoUcszahl
ZKSflkontingenl
1 proKopf
Iri^ntinffAnt'
1
Franken
Ungenti
Alte
18S0
Alt« Fr.
, Franken
Al\9 Xtp.
Zürich ....
77,löa
231,576
70
• fiI.I>-HP
250,r.98
50
125.349 1
Beru ....
407,913
20/10
IJM \'Ui
i^s.üUl
50
229.151
Luzon * * .
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124,521
16
117 ^Kil
132,843
40
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1,184
13,519
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14,505
10
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Schwyz . . .
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44,168
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30,213
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7,553
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18,691
91,145
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39,956 :
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63,196
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134,321
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40
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40
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1 loner Rhoden J
1 9,796
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40
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12,000
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89,895
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17,979
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20
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199,852
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Tluirgaa . . .
15
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18,099
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22,784»
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30
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« 1 * 1 ■
VVaadl . . .
183,.tH2
20
73.440
IU'J.575
50
99,788
1 Wallis . .|| .
9,«00
7f»,.-)90
7',
11.490
81,559
20
16.312
■ NctienburgJ-- .
2fi,000
58,616
20
23.440
70,753
65
38.914
lienl" . .1 ^ .
15,000
58,666
2&
29.825
64.146
70
44,902 ,
Total
640,107
2,190,258
' 707,740
2,392,740
Neue Fninkien
1,019,146
Faktisch
1,041,061
An die militärische Aufgabe dos Bundes schloß sich die trigoDometriäche
LandeüYeimeaaiiiig und die tupugiuphiache Aofbahmc*, die Grundlagen zu den
glSnaenden kartographiadiea Ldatnngen, auf weldie die Schweis heate mit Beobt
Btolc ist.
Neben diesen HauptleiHluiig:i'ii der ersten Periode eidgentteiBcher Staat«-
wirthschaft wfireu noi h die Anfänge der VertMiilu itlichnTii^ von Maß und Gewicht
zn nennen (s. den betr. Art.\ Dagegen blieb howohl die Münzverwirniii^', wie
auch die ganze Misere der Binnen- und Transitzölle mit ihrer Zertiplitternog
der baodekpolitiachen Ifitereaaen, trots der ansMhUefiliohen Befugniß des finndes
zum Abeohluß von üandelsverträgcn, bis aaf weiteres besteheilt mit wenigen
rtthmlichen .\usnahmen (Ztlrich, Nenenbarg)» wo freiwillig »ttf die bez. Intraden
Vensicht geleistet wurde. —
Bei der Gcrinpfil^iErkeit de.« eidg. Budgets nimmt die Staats wirthsrbaft der
Kuntune während der ersten Hälfte det» Jahrhunderts unser Hauptinteresse in
Anspruch.
Viel von dem, was die Bevolation im Starm gescbafibn, fiel bei dmr Wie-
derkehr rubigerer Zeiten dabin. Im Kanton Bern and anderwärts wurden di»
direkten Stenern wieder abgesebafft, dagegen Zehnten nnd JSodensinse bis anm
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165 —
StaaUwirUiäcbim
Sturz des aristokratischen Regiments (1Ö31) wieder beigestellt. Die Steaern,
«ekihe ddi die dmbliNii Kanton« mr TkAnng d«r Xfie^oaten «nlbrlegt, and
,gai» ebenso die vorttbergebenden StMtiMbulden infolge der Tbeurungsjahre
1816 — 17, htelieu finanzgescbichtlich genan auf dereelben Stufe wie die direkten
Steuern und Schulden des 15. Jahrhunderte.
Hauptsächlich zwei Momente haben dann wiihrenJ der Re>*tÄuratiön8»eit
als Ferment aaf die schließliclie Neugestaltung der eurupäiHchen Stallten <»eit
1848 hingewirkt: das Erwachen de» [>olitischen Bewußtseins und den wirth-
«shaftlieheD Neehdenkens. Fttr die sebwwMriaehe Staatswirtlnobelt bt apetiell
•die beginnende Publizität der Staatsrechnungen von Bedeutung geworden. Allen
voran ging darin der durch die Revolution neu kreirte und von der Bevormun-
dung Berns befreite Kanton Waadt. Vornehmlich aber waren es zwei junge
Ifäuner, welche diese Diskussion anregten und eröffneten, der spätere Bundesratb
Fianaeim in seinen mUmoben statietiBoben Sobriften, nnd der benrorragendate
unter den lltenn tobweizeriadien NationalSkonomen , der Basler Cbristopb
'Bemoulli in seinem „schweizerischen Archiv für Statistik und Nationalökonomie"
I — VI ("Bas?! 1827 — löHu). Ihnen schlir^ßt ''ich unmittelbar vor ATibnieh der
neuen Aera, die bezügliche Literatur für die rückwärts liegende Zeit auf s würdigHte
abschließend, der langjährige Kauzler der alten Tagsatzung J. U. Hottinger an
(»der Staatahanahalt der aobweiaeriscben Bidgenoeaenaebaft nnd ihrer eiaaelnen
Bepttbliken", Zttriob 1847).
Was diese Männer in der frischen Begeisterung neu erwachender Erkenntnifi
zur allgemeinen Charakteristik der schweizerischen Staat.Mwirthschaft vor und
60 Jahren heigetragen Iniben, gilt großentheils wörtlich heute noch. Au ihrer
sichern Hand ist es nicht schwer, ein völlig zutreffendes Bild des Finauzwcseua
■der acbweiaerieeben Kaatoae wSbrend der ersten Hklfte ^eaei Jahrhunderts an
entwerfen. Im Ganzen steht dasselbe noch wesentlich auf dem Standpunkt der
.früheren Jahrhunderte. Zu den indirekten Steuern des Mittelalters sind ak reguläre
Einnahmen nur die ErtrHge de«; in den letzten Jabrbundorten ge&nfnet^ Staats-
guts, sowie das PustrcLTiil hinzugekonimeii (f. o.).
llottniger schiitsit auuo lö4ti das ätaatbvermügen der Kautuue in^gesauiuit
auf 8U — 120 Millionen, den Ertrag desselben auf ca. 3 Millionen alte Franken,
•den Ertrag des Salsregali auf 2^/* Uillionen, den dea Postregala anf 1 Million,
Handändemngs- und Erbsebaflsabgnhen nahezu ebenso hoob, den Stempel, welchen
die meisten Kantone von der Hplvetik li« r beibehielten, sowie die Gericht«?-
gebühren zu Händen des Staats ^ira Gegensatz zu den sehr ansgedehntcn Spnrtrlu
der Beamten) auf je '/s Million; — den Ertrag der direkten Steuern auf nur
17« Million Fr. inägcnammt, Ohmgeld nnd Genfer Aooise auf 1*/» Million,
•die Übrigen Eonsamstenem auf 180,000 Fr. (Bern: Tabak; Glaros, Zag, Gran*
bünden, Tessin); den Ertrag der Zölle endlich auf 1 57 Million Fr., (mit dem
eidg. Grenzzüll o^t Million) zusammen auf Is* Million, brutto jedenfalls 2
Millionen 8 Gatzen pro Kopf). £r kommt damit zu dem Schluß, ,duU die
Abgaben im weitesten Sinne des Wmies in der Schweis im Yerbältniß an den
meisten Staaten sei^ niedrig lind*. BemonlU bereefanet die Einaabmen pro Kopf
in 11 Kantonen, womnter alle nroblbabenderen, wie folgt:
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StaaUjwirthschaft
— 166 —
St aatswirthsc haft
Znrich 1827 .
Bern 1S25
Luzern 1828
„ , 1816-25
Basel j^j-
I>i« SUdt allein
Solothurn 1828
Schaffhausen 1829
St. GaUen 1829
Aargau 1827
Waadt 1825-26
Genf 1825 . .
GraubOnden 1829
:1
Staatseinkünfte
. 920,000 Fr.'
. 2,10t,0(X> ,
. 413,000
. 420.000
. &22,O0O
430,(100
. 290.000
130,00<3
, .{30,000
850,(K)0
1,080,(K>0
. 470.000
. 225.000
Bevölkerungsziffer Quote pro Kopf
218,000
3Ü0.(KX)
116,000
52,000
18,000
59.000
31,000
150,000
150,000
170,000
52,000
88.000
4« Fr.
5e ,
3« ,
8 ,
10 »
25 .
5 ,
4> .
2. .
57 .
6i ,
9 .
2» .
ohne
mit
ohne
ohne
mit
mit
ohne
ohne
ohne
mit
mit
ohne
ohne
_2
C3
■5
a
ea
a
alte Schweizerfranken
Diese 11 Kantone 7,232,000 Fr. 1,446,000 5 Fr. —
Für alle 22 Kantone wurde die dnrchschnittliche Belastang auf 3 — 3'/tFr.
pro Kopf geschätzt, während die Ausgaben pro Kopf in andern Staaten um.
1830 betrugen:
in Großbritannien ... 45
, Frankreich 21
, den Niederlanden . . 18
, Bayern 14
, Preußen 12
„ Würtemberg .... 10
, Baden 11
, Frankfurt a/M. ... 20
. Lnbeck 17 ,
Diese Verglei<;hung ist selbst verstand lieh mit größter Vorsicht aufzunehmen,
da einerseits der Umfang der kommunalen Leistungen in den verschiedenen Staaten^
sehr abweicht, namentlich aber die Lasten eines großen Staates uothwendig auch
pro Kopf gr(ȧer sind als die eines kleinen.
Die» Verthei hing der Staatseinkünfte auf die wichtigsten Einnahmequellen
beleuchtet folgende Prozenttafel Bernuulli's :
Zlkrich Soloth. Lnzt-ru Basel Bern Ot-nf Waadt .St.Call. Aargaa
1837 1838 1838 1816 3» 183} 1N3& 1836/37 1829 1837
■
«
*
[Kapitalzinse etc
•jDninänen
I Zehnten und Grundzinse . . .
(Gruntlsleuer
lEinkiimniens- u. Veniiögenssteuer
Erlwcli.ilt
Handünderung
Stempel
Sulz
Fleisch
Ohmgcld
Post
Zölle
9V» 7'/« -
9Vt — -
21 16 -
- — 20
15'/, _ _
10
19
15 -
9'/» —
30 V, —
— 13'/,
- \l\t
6 -
16
6'A
6V«
8 -
18\« 25
27',, 23
— 4'
Ii
10«/« — 20
— — 6
lO'/i I5Vf 12V»
6'/« — —
10 12
12 V« 3 6
29
23
5'/,
10
15
5
7V« 23
5Vj
6
4 17V4 7 8V» 13
13
6V«
17' I
23
19
8'/«
3
15
'tv
4
7'^
87 V»
Total 83 83V« 76 V, 85"/4 »27« 86» 4 95 90
Es bestätigt sich »fomit, daß die Staatswirthschaft der Kantone wesentlich
noch gleich wie im Mittelalter aus dem Ertrag der indirekten Steuern oder aber
des Staatsvermögens alimentirt wird. Nur in relativ wenigen vorgerückteren
Kantonen sind daneben die direkten Steuern von etwelchem Belang.
Unter den Ausgaben der Kantone nehmen die für den Straßenbau mit
2» — 35 Millionen Fr. oder '/^ — 7* Jer Gesammtausgabe (ca. 14 Millionen alte:
, II
Staatswirthscbafl
— 167 —
ätoaUwirtU^chuft
Fnuken) den bnüailoii Baum ei«. Dm ButattbMr, 64,000 Mwin oder 'iVs >
der BetOlkening, beeneproeht» It — 2i Miltimieii jährlieh, Juetis nnd Polizei
1« — 1» Millionen, die Schule Is — U Millionen, fast ebensoviel die Kirche,
wobei jptiocli zu beacf'.ten, daß di»- meisten Kantone, ihre kir('bUfht<!\ Bedürfnisse
aus Soparatfuiid» uder auü dem alten Kirchengut deckten. Die Be^olduugen der
fiegieruDg and Centralverwaltung sind in den einaelnen Kantonen nehr ungleich
ftbgeetnft, in Lmem betregen aie V*t ^ Aaigeu ner der Gewmmtaite-
gahen. VoUmids die inneiBohveiMrieQheii Demokretien kennea tlberha«iit nur
£hrenSmter.
Beachtenswerth sind di»^ hohen Po«»ten flir da« Straßenwesen. In dieHem
Pankte nHhern .sich die kiintonalen Finanaen hereit» der heuti^^en StuutKwirth-
«chaft. Napoleon tielbi»t hatte hier dat« Ei» gebrochen, indem er iui Simplon die
erste fehrhüe Alpenstrefie der Sehweis eretollte. Ee folgte denn nidi BUndeo
mit seinem Straßennetz iitid doreh die Interensen des Basler Handels gentUtSt,
der Gütthard, welcher die Hudgets aller Kantone, die er berührte, in Mitleiden-
schaft zog. Daher die zeitweiligen ätaati»8chulden der Kantone TesHin (1H46
noch 2 i Millionen Fr. = 20 Fr. pro Kopf), Uri (Gotthardschuld : 1 s Millionen
Fnnken = 80 Fr. pro Kopf, 1846 sv Hllfte getilgt), Zttrieli (1846 t Sm Hill.
Franken = 8 Fr. pro Kopf), Glenis (1846 : 230,000 FV.). Schulden anderer
Art hatte eigentlich nur Baselstadt inf<dge der Trennung von der Landnchaft
1833. Alle»! in allem hatte Huinit die S<l.weiz den Staatskredit nur wenig, der
Bund nnd die große Mehrzahl der Kantone nooh gar nicht in Anspruch ge-
nommen.
Angesichte der großen Opfer, weloke im Strefirabau dem Verkdireweeen
gebraebt wnrden, mafite die Ersohwerang deieelben durch die wirtbacheftlieh
und fiskalisch gleich nnvernttnftigen Binnenzölle doppelt unstatthaft erscheinen.
Aehnlich stand es mit dem rein fiskalischen Betrieb de« Postwewns und noeh wpit
schlimmer mit der Milnzverwirrung. In diesen Stücken brachte rawcher «1« man
es zu hoffen gewagt, die i)undesverfa.H««uug von 1818 gründliche Abhülfe. Und
heute, naoh 40 Jiüiren, erleben wir auch dta Wegfoll dea letiten jener wirth«
•ohaftlich nnm^glicben AuewUehee kantonaler SonderintereMen , des Ohngeldee*
•
Die Mitte des Juhrhiiiiderts wurde für die sohweizeriufdi« Staatswirthschaft
zu einem bedeutsamtiu Wendepunkt zunaclist durch die äußere Thatsache der
politiBobeo fiegrOndung der beutigen EidgenoBseniehaffc, Rodann durch die allge*
meine Entwicklung vom Beohta- snm Eulturetaat Von einer selbständigen
eidgenüs»i^chen Staatswirthscbaft kann eigentlich er^t von dem Augenblick an
gesprochen werden, wo mit einem größeren Kreise von Staatsnnfgaben zugleich
finanzielle Hoheitsrechte der Kantone, namentlich die Verkehr8recltte Zoll, Pust
nnd Mttnae an den Bond Übertragen werden, wenn auch vorläufig noch mit
theilweieer B^artitionspflicht des Ertrages an die Eantmie («. n.). Wie sehr
diese drei Gebiete schon aus rein wirthscbaftUchen und verkehr^techniHchen Rück-
sichten auf Vereiiibeitliehung liindriingten inmitten der anltrochcnden großentheils
noch unverstandenen neuen Aera des Verkehrswenen^f, wurde soeben berührt und
geht auch aus den bezüglichen Artikeln dieses Werkes genügend hervor.*)
') Son>>li'gc Liti'ratUT für die Periode ts ls^t><[iO . Die Budgets, Staal.sroohnunffen
und Kechenschaflsberichte des Bundes und der Kantone. — Zahlreiche Abhandlungen
und Notizen in der Zar. f. scbweis. Statistik, besonden Jahrgänge 1865 -71, 1874—79,
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SUalsvrirtlisdiaft
— 168 —
StaatswtrtbMliaft
Von weBentlioh flsbaliwsiher, somit ätaat^wirthsohaftlicher Bedeutung für daa
Bund wurde eigentlich nur die Zollhoheit. Hierin gleicht Ja^ Eidg. Finans-
wesen sowohl dem der Vereinigten Staaten, als auch dem den Deutschen Heiches,
nur daß die tiohweiz bis zu der Notbwehr der letzten Jahre das Banner des
Freihandels hochgehaltea bat. Das Fostregal, bislwr «ine der eintrigUohaten
Emnahne^ndlen der Kantone nnd rein flskalisoh aufgefaßt, ^ betrog doeli noeb
1846 das Briefporto von Genf naob Zürich infolge der beben Taxen durch Bern
un(i Wandt mehr aln das von Genf nach Algier — wurde mit der Uebertragnng
nn (ku Bund auf vulkswirthschaftlichen Boden gestellt: e*> war nun nicht mehr
sowohl Einnahmequelle als vielmehr Institut zur Forderung des Verkehrs. Gans
rein trog diesen Cbarakter toh Anfiing an das Httnsweeen des Bandes.
Wenn nun eineraeita dieae veitbersige wMhgdtafllH^e Yerwallang Ton
Fest und Zoll an sich t^ehon dasn angethan war, den Verkehr und dadurch die
Bundesein na Innen zu lieben, so geschah dieti in ungleich höherem Maße durch
die ^^roßiirtige Ausbildung der Verkehrsmittel in den letzten 40 .TaViren. Mit
dem Aufschwung von Handel und Industrie verband sich eine Zunatime des
Woblstiindea and der Yolksiahl in den sebweiseriscben StKdten, was gleicb-
bedeutend ist mit Zunahme der Bedürfnisse und des Konsums.
Eine so Überraschende Entfaltung aller derjenigen Kräfte, welche geei<;i)et
waren, gerade den Ertrag jener beiden Verkehrsrechte so raäehtig 7,n stärken,
wie dies inzwischen geschehen ist^ konnte sich auch der 8charf»ichtig:itc Politiker
und der begeistertste Anbinger des Einbeitsgedankeos beim Beginn des Bundes
nicht trlnmen lassen. Der Bruttoertrag der Zölle ist von 4 Millionen anno 1850
anf S7Vs Millionen anno 1889 gestiegen; fUr das laufende Jabr 1890 dürfte
er sich Uber 30 Millionen erheben und M'lhnt netto die*« iSumme annähernd
erreichen (Gewinnungskosten zirka 2 Millionen). Der Reinertrag von l^ost und
Telegraph, ehedem nur 1 '/s Millionen, bewegt sich in den letzten Jahren zwischen
S — 27s Millionen Fr. (der Bmttoertrag ist dem dar ZSlle nngefübr gleich).
An Stelle der bisherigen Abl^ngigkeit d^ Bandes von dem guten Willen
resp. den Geldkontingenten der Kantone trat damit mehr und mehr das Ilm*
gekehrte VerhSltniC : die Kantone erhielten einerseits formell (bis 1874) einen
fjnten Theil ihr«'r bishe-igen Hinnahmen, die Post- nnd ZollertriiVnisse, von der
Bundesverwaltung zugewiesen. audei'»eits erwarteleu hie nbcr aueh uut Grund des
Art. 21 der BnndesverÜMsang ans den reieben Mitteln des Bandes BeitrSge an
den verschiedensten Zwecken.
T)ie Normalentschädigung des Bnndr.s an die Kantone für das Postwesen
betrug J?>. 1,48»),5G1. d. h. den durchticbnittlichen Keinertrag der kantonalen
Posten während der 3 Jahre 1844 — 46 (s. I. Bd., pag. 310 und Ii. Bd., pag.
618). Die faktisch atnsbesahlten BetrSge beben während dieser gansen Periode
den geaammten Beinertrag der Sädg. Poet in Ansprach genommen. Dagegen
1S82— 84. — Sodann: r. Taur: Der Staatshaushalt der .schweif. Eidg. 1849— .58. Cliur
18G(). Pßster: Abriß der s^taatliclien und slalib^tiseheu Verhälttiiss«? der Schweiz. Ln/eni
1861. — Berlepsch: Sclttceizerkunäe. Braunscbweig 18G1 — 65, Kap. X : Vogt, Finanz-
we$wn (pro 1862, auch separat mid in*s PranzOsbcfae Obersetzt M. 6. Vogt: Les finances
Av ];i Suis.se. Strasbourg 1866). — Stößtl : Die Aus^'alien des scbweiz. Buii-l^ s und der
Kantuue auuo 1864. Bern 1865. — Max Wirtit: Statistik der Schweiz. Zürich 1871—75.
Bd. U, pag. «51—66,^ (pro 1868). — Cohn: Die Finanzlsge der Schwefe. Zflrieh 1877.—
i/Mi/j^r; Basel s Staa'-i'iiiMahiiirn um! Sleuerverllieilung 1878—87. Hn-i l issfi. E.-it hir:
Die Fiaaoziage der Zürclieri-sclien Gemeinden. Zürich 1881>. Nach der beendigung dieses
Artikels ist erschienen: Schatu: «Die Steuern der Schwei« in ihrer Entwicklung seit
Beginn des 19. Jahrhunderts*, 5 Binde. Verlag von i. 6. Cotta, Stuttgart 1890.
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ä taatä w i r Ihäciiall
— 169 —
StaatswirÜiscbaft
fiel der volle Srtng der Telegraphen ▼on deren Entetehen an der Bnndee-
kaeee eu.
Die ZollentschädigiiDg an die Kantoae konnte schon deshalb nicht nach dem
hiflherigen Ertrage bemessen werden, weil einige Kantone, so Zürich und Nenen-
barg, einsichtig ond weitherzig genug gewetsten warea, von hich auü ihre Binnen-
nOUb sn beeeitigen. Be eihielt dahü' jeder Kanton pro Kopf der Bevi^lkemng
<naoh der ZShlvog von 1888) 58 Centiniee jllirliohe EnteohXdigang. Da wo der
hiaheirige Beinertrag größer gewesen war, wurde die finlnobAdigung bis uuf
dessen Höhe nachgebessert. I>ie nn-^lezahlten Entschädigungen sind mitgetheilt
Bd. I, pag. 32h. AIh jährliche Jiurinalent.schädignng für Post und Zoll von lb4b
hin 187-1 mögen folgende Ansätze hier ihre Stölie ünden:
Zfll-
«biliidisiiiir
total.
1
1876.
«iUrii/U • « •
. 232,130 4-
8
JWFII • ■ ■ •
. 249,252
5>
57,956
■ « , f VW
llts
•
Uri ....
29,771
77,143
106 914
5O7
2,857
£ •>, f 0«'
Oß rLQO
9
% Inara Iii An
343
7
9o
rd 1 1\ nrnl/l An
229
v^vo t
U, 1 0 u
53
W
Olame
10,330
17 186
27 466
Dt
m
3,286
A ^ 1 M Q A
7
n
Frctburg
20,320
68,598
—
88,918
—
3»
•
Solothurti
10,491
45,714
—
50,205
r—r
6
Jiaselstadt .
. 119,005
148,571
267,036
10
Baeelland . .
16,759
64,857
81.616
12r
«
Sehaffhausen
3,182
65,714
68,896
15
•
Appenzell A.-Rh.
14,286
23,986
38,272
97*
«
Appenzell L-Rh.
343
5,720
6,063
ti
II
St. Gallen . .
89,085
100,722
255,807
137
»
Oranbilnden
33,549
300,000
333,549
34«
1»
Aargan . . .
. 148,694
152,857
299,551
13i«
1»
Thargaa . .
2.5. ir..')
04,286
877
*
Teaeio . , .
14,909
284,200
299,109
21«
Waadt . . .
. 207,813
220,187
428,000
10
Wallis . . .
20,488
105,902
132,390
IO2
Nenenbnrg . . ,
74,676
34,225
108,901
5t7
*
Oenf ....
97,282
43,458
140,740
8a
LiotbsOUe .. .
15,143
15,143
1,486,561 + 2,483,196
3,919,757
10
7*
Die ywr Hillionen Franken, welche so der Bnnd jährlich an die Kantone
Ablieferte, nachten von deren Geeammteinnahnien in jener Zeit 22 — 10 % ana,
bei einzelnen allerdings weit mehr. So bezoL'' GraubUnden, das mit unzähligen
alten Tnmsitlastcn IlbiTsärt war, einen guten Drittel seiner Gps-.untntt'inkUnfte
(1862: 315,000 Kranken von 931,000 Franken, dazu noch 1.).t,<»0U trunken
«ttßerordentUohe Sabventionsrate für Straßenbau) ans der Bondeekaase, Uri hogar
mehr ala die HftUte.
Die Poet- nnd Zollenteehidigung von 1848—74 bildet nur den wichtigsten
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Staatewirthsehaft — 170 — Staatswvtlncfaaft
«nd «Inen regelnd&l&gQii BandetMtng mImb «iaar kngen Beihe von Snbvtntioneii
des Bundes an die Kantone. DieaeK BandesHubvention^wesen wnnelte um so-
tiefer, als in den ersten Jahrzeliiiten die BtindesverwalttiTig noch gar nicht Ver-
wendung h&tt^ tur ihren vollen Reinertrag an Zöllen etc. Da die Zölle Eskalitich
gesprochen nichts anderes sind als indirekte Steuern, welche von allen Landes«
tii^D, namentlidi aber Ton den Chrenskantoiien und den großen Indoetrioientren
derselben getr<)geii werden, so erecheint oiohts gerechtfertigter als ein Znrtt<&-
flicßen Icr Bundosgelder ZU Zwecken, deren Dringlichkeit nach einem höheren
gemeiiieidgeuösaiscbeu Maßstabe bemessen wird. Die-se Subventionen vertreten in.
der Schweiz die nicht unwichtige Stelle der fürstlichen Subventionen in monarchisch
regierten LKndenu Wir werden nnten den dnrolt die TenoUedenlmt der Yer-
£u8ung bewirkten Unterschied schärfer ta markiren haben.
Von den älteren Bundessabventionen sind hervorzuheben: der Erlaß der
KriegAkosten an die äonderbnndskantone anno 1852 mit 28 Millionen Fr., und
die Unterstützung der von Oesterreich aus der Lumbardei vertriebenen Tessinur
1658 - 56 mit 3:^0,000 Fr. Wiohtiger nie diese politieeheii sbd seit 1861 dio
wirthsehaftlioben SnbTentionen an Hufikorrektionen nnd «rtrategieehe* Älpen-
Btiaüen geworden, wofSr auf die betreffenden SpezialartÜEel verwiesen wird.
Ansgeeililossen von der Betheiligun^'' dt'^; Bundes hlifdien nnr Bank- und Bahn»
wesen, AktiengeKellschaften, sowie das liebiet der reinen Wohlthätigkeit. Der
Kreis und die Höhe der Ansprüche und der Leistungen hat sich dann nament*
lieh seit dem Hinfill der Zoll- nnd PoetentscbSdigang anno 1874 enorm erwMtert.
Das Budget für 1890 sieht an Subventionen etwa 5? Millionen Fr. vor, wOTOn^
2 Millinnfn fiir (''".-^-'i-si vkorreklioneii und Uber '/•.' Million für Alpenstraßen,
je 8 — yUÜ,OUU t'r. tür Hebung der Landwirthschaft und für £rt'!>-tige Zwecke
verschiedener Art (Inneres), halb >io viel für Gewerbe und Industrie, u. s. f.
Anoh hiefilr kann anf die «peaiellen Artikel dieees Werkee ▼erwiesen werden.
Immerhin sind diese Ansprtiche noch bescheiden gegenttber dem mächtigen
Anwachsen der Hon.stigen Anforderungen au die Bundeskasse, namentlich der
Militärausgaben. Wenn die Eidg. Finanzen geraume Zeit der neueren Finanzlage
der Vereinigten Staaten glichen und wenn sie bisher trotz der verzwanzigfachten
MititiLraasgabe ohne erhebliche Aenderang der verfasHangsmäßigen Kompetenzen'
des Bnndee hinreiehten, so bembt dies vor allem aal der. oben gekennzeichneten
großartigen Entfaltung des Verkehrswesens.
Mit dem laufenden Jahre (1S!>0) geht nun allerdings die Eidgenossensclmtt
als solche einem Defizit entgegen '). Und auch die Eidg. Staatsschuld (frühere
Entwicklung s. Bd. I, pag. 315 und 321) wurde anno 1889 von 40 auf 60
Millionen Fr. erhSht, hanptsSohlich nm die Nenbewaffhung mit dem gehSrigen
Naohdmok durchführen zu können. Aber die Schweiz „hat sich schon glüeklich
aus größeren Verlegenheiten gezogen, ihf Kredit ist intakt und ihre HülfNmittel
sind groß, so daß eiue richtige T,!>fnTig mit Zuversicht erwartet werden kann"..
(kochliu-Geigy im Bericht der Basier IJaudelskanimer 188Ü, pag. 47.). —
'< In FrjnnzmK' v n S. I, 3 folgen hier die Brutto-Einnahmen Uttd -Aosgaben dos^
Bundes seil 1885 in lOtA» Franken:
Einnahmen. Ausgaben. Differenz.
IS,S5 , iSoJS ifwT» — 2m I
1886 . 61o»T 58utT -j- 3"so
18S7 . 59j8r &6mp -|- 275»
1888 . 59^«s 58jj» — 1«»?
1889 . ü5»;a ÜUm +
Budget 1890 . 7S»m 86mt — ISw
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Staatswirtbscliaft
171 —
Staatswirtlischaft.
Da der Bund hU 1H74 den .stt;iiri'nden Keinertrai: der Post ganz, den des
Zoll» wenigsteus bi» zur Höhe des bisherigen Normalertragiit (2^8 Millionen in
toto) an die Kantone repartirte, so waren die Finaniafl deräelben vorttofig nicht.
gar m empflodliclL alterirt. Gleichzeitig stellte ihnen aber die soziale Ent»
Wicklung der Zrit n^ue Aufgaben namentlich knltoroller Natur, zu deren Deckung^
51«'' :nit" neue Eiunahmequellt'i) angewiesen waren. Für die Auswalil derselben
wurde die gewaltige Entfaltung der wirthüchaftlichen Kräfte, das Ait\vacb«ea
des lY. Standes, da« Interesse der hervorragendsten industriellen Kantone an
hiUigeo Prodtiktioiisbedingttngett entscheidend: der nothwendige Lebensunterhalt
durlte nicht vertheooitt somit konnte an eine tinaiiziell wirksame AuMdehnung'
der indirekten Stenern nicht gedacht werden. Damit wurde aUo das seit Jahr-
hunderten geltende indirekte Steuersystem l)ei Seite gedrängt. An dessen Stelle
ruckte iu den ersten Kaag der mudernen Staatüeiunuhmen die alljiihrlich wieder-
kehrende ordeatUehe direkte Steuer, hauptsSchlich die Einkommenstener, wie sie
in den großen IndustriezeotreB Basel, Zürieh , St. Gallen « Genf etc. »ehon neit
geraumer Zeit angehalint war. Der Au^<hau 1 ^* -.stenis von der proportionalen
Besteuerung zu immer weiter fort<^chre)teiider i'rogrehsion wurde gleiehfallH durch
die indu&triellu und soziale Kla^eubildung vurgezeiehnet. Erleichtert wurde
den^be doreh die BewegUohkeit der siaatswirthschaftlichen Entwicklung in
nnaem Ueinan Staatengebilden unter dem unwiderstehHohen DrKngen des all-
gemeinen Stimm rechte.
Wie mehrfach angedeutet, ist dieser Kntwiekhmgsgang keineswegs ein gleif h-
mäßiger in allen Kantonen. Glei( h i«t nur die überall zu lrruiid(! liegende Strömung.
Im Uebrigen gilt gerade infolge der Hast der Entwioklang auf den vorgerückte-
eten Punkten, nmtatis mntandis, was Hottinger schon 1846 beobachtete: Bine-
lajnige Wellenlinie zieht sioh YOn ünterwalden nach Ba^el.^tadt oder Genf: Dort
nur geringe Einnahmen aus dem Salzregal und einigen Zin<en uiiil (nltiihren,
nur auf besondern Beschlnlj hin — heute noch ganz wir in den Stiidtestaalen
des Mittelalters — wird eine direkte Steuer erhoben. Demeutsprcchend die
Ausgaben anf das bescheidenste Maß beschrilnkt. Hier direkte Stenern, nach
aoflalpoliÜsolien Gesiohfspunkteu veranlagt, mit hochgeschrauhtcr Progression und
,irrn :rf /"^Tiliber ein ausgebildeter Bt:aTiiten>tand, außerordentlioh starke Budget»
XUr ölientliche Bauten, für das Schulwesen, u. s. 1".
Dan uuägeprügtei»te Merkmal moderner Stuatäwirthbchüft ibt jedoch auch in
dar tiehnreis das Dffentliohe Schulden wesen. Was hier seit Beginn des Jahr^
.hmidittB am Straßenbau erprobt worden war, das sollte jetzt, seit der Ent-
siehnng der Eisenbahnen, seit der Entwicklung des Bankwesens, überhaupt des
rn"i'1('m»^n Kr'llt^. prst recht zur Geltung gelatigrn. Iininerhin ttnterschi'iden
Sich die »cbweizerisclien Staatsschulden von deneu audrer LündiT selir wesiuitlieh :
.Durch ihr Milizä^>tem ei-spart die Schweis die schwere Last eines steheudun
'flesär^ Jbaher hat eie mit Ausnahme der neuesten Eidg. 2ö« Millionen -Anleih»
'.Ton 18^^ lÄttne militarisehan, s.indern fast nur produktive Si holden /nr Anlage
von Bahne'i nud Gründung von Banken, zum V>\ui v -n Straljen und Sehuleii etc.
"Ritir uijgefähre Idee von dem Kntwi'-klungsgang , Hlleriliti«rs nur m Iii' ini
iioheu, uiöj^en folgende beiden Uubersiehten der kanlunalon iiudget-3 und Vcr-
! 'jb ^ letaten 40 Jahren geben. Dieeelben beruhen grSßtentheils
^tischen Angaben der kantonalen Finanzbehtfrden. > iiese Quelle
versagte, worden die Staatsreelinungen zugezogen ; ihieh kurinte tht il^ \ve;i;en der
Lttckfn'haftigkeit dieses Materials, theils aus Mneliliehen Gründeii nieht iimner ilus
10. JiiUi eingehalten werden. So iat nameatliuh piv IbOO ImI uinigeu Suudui-
Slaatswirthschaft — 172 — Stttatawirthschaa
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'StaatswirthfldiAft
— 174 —
Staatswiiibscfaaft
landlkaatafnen, deren Badget and Schnldenetat darch die Laftt der Kriegskosten
um 1850 in hohem Grade alterirt wurde, das letzte Jahr vor Ausbrach des
Krieges (1845/46) zur Vergleichiing eingesetzt. ( üeber den eidgenössischen
^huldeoerlaß Ibb'Ji niche oben.) Aus analogen Gründen wurde in einigen andern
Fftll«n atstt 1860 dAs Jahr 1861 oder 1A62 gewShlt. Statt 1888 wurden,
.aoweit erreuhbar« die Ziffern Ton 1889 bentiUt (kornve Schrift), b«m Bnnde
daa ordentliohe Budget und die Finanzlage auf 1890,
Wer sieb nun je mit Fiiiiinzstatistik befußt hat. weiß wie prekk'r eine Ver-
gleiohuug von 26 verschieden aageiegteu Staatüieuhuuuj^eii nothwendig sein muß.
In der That würden die 600 Ziffern buchstäblich jede einzelne für sich einige
■Zeilen oder anoh Seiten der ErlKuterang erfordern. Ea kenn daher vor ober-
Jliohliohem Gebrauoh derselben nioht genug gewarnt werden. Es sei nur er-
innert an die verschiedenKrtige Deutung, welche der Begriff des Staatsvermögens
zuUißt. Neben dem eigentlichen Staat^vermögen bestehen uameutlicli in der N<jril-
und Dntschweiz durchweg sehr beträchtliche Separatfonds. Dieselben betragen
<anno 1890) bei Zliriah 30,411,000 Fr., bei Glaraa 3,960,000 Fr., bei Grau-
bünden 1,197,000 fV., bei St. Gallen 8,419,000 Fr., bei SohalfhaiifleD 10,678,000
Franken, bei Bern 14,150,000 Franken u. s. f.
"FAm rnnstergUltige schweizerische Finanzstatistik, auf Nettoeinnahnien und
Nettovermögen bereinigt, hat das Eidg. atatist. Bureau pro 1876 geliefert (e. Zsr. f.
^weiss. Stat. 1879). Ee wttrde au weit fUhren, die tabeltarMehna Beenltat»
derselben hier an reprodnairen. Es brauoht nur hingedeutet au «rerden anf die
Niedrigkeit der Militärausgabe, auf die Höhe des Aufwandes für Schulen und
Bauten, auf die Theilung der indirekten Steuern «wischen Bund (Zölle) und
Xantonen, etc. etc
Infolge des Ausbaues der Verfa-nsung von 1874 hat nun freilich inzwischen
Tielee geHndert. Der Viertel der Geeammtauagabe, den anno 1876 das UiUtitr«
bodget noch nieht erreiehtc, ist inzwischen weit ubcrHchritten, pro 1890 dtirfto
dasselbe ausmachen. Sodann haben namentlich in den vi rkt hrsreichsten und
wohlhabendsten Kantonen die Staat HHchulden und im Zusammenhang damit die
direkten Steuern gewaltige Fortschritte gemacht. In Zürich machen die direkten
iStenem ^'^ gesammten Einnahmen aus, in Baselstadt gteiehfaUs mehr als
die Hälfte. Und die Verzinsung der Staatsschuld nimmt da, wo sie nicht wie
bei Bern und Zürich durch einen entsprechend hohen Ertrag des produktiven
Staatsvermögens gedeckt ist, einen unverhältnißmäßig breiten Kaum im jährlichen
Budget ein, bei Baselstadt 20 ^o, bei Genf 1888 sogar 22 '/a "/o.
Nur die Bundesfinanzen aliroentiren sich (kat ausschließlich aus des indirekten
Stenern. Sie geddihra dabei ▼ortrefflioh, indem rieh duroh die vereinte Wirkung
des steigenden Verkehrs und der seit Ende der 70er Jahre «ntotandenen und
gegenwärtig hen lu l len kämpf-, ja schutzzöUnehschen Strömung zwanglos immer
größere Erträge ergeben.
Bei der Vergleichung der Kantone unter sich wäre es selbstverständlich
unzulässig, Überall den gleichen Maßstab anznlegen. Ist doch gerade die An-
passung des Staatshaushalts an die besondern Verhältnisse der verschiedenen
Lamlestheile die beste Seite aller Kleinfitaatprei. Was sich liaher ein Kanton als
Erningen«phaft anrechnet, ist deshalb für andere imrh nirlit immer i^rstrebens-
werth. Sodann sind aber auch die Zahlen der iiudgets an »ich gar nicht durch-
weg vergleichbar. £s sei nur daran erinnert, daß Freiburg in seiner Staats-
rechnnng sozusagen keine (1888: 8000 Fr«) Ausgaben für die Kirche aufführt,
während der Kt. Waadt bei viel bescheidenerem staatBkirehliehem Bedttrfniß
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^Staatswirthschaft
— 176 —
SUuUwirÜisclialt
Jährlioh etwa '/* IGUioH oder Ii ^/o seiner Geeftnmtaaaipibe dafOr verwendet
md das Budget von Baeelland mit Tollen '/* ^ «Kirohen- und Schulgat"
beschlägt. Aehnliche Differenzen bestehen vielerorte im Armen-, im Schul- und
im Straßen wespfi. NaTOcntüch geräth man bei V»T?leiehungen Schritt für Schritt
in Kuoiiikt mit der ungleichen Bedeutung der kuinmunalen gegenüber den Staat«-
finanzen. So erklären dich die hohen Budgetaiffem von Baeelstadt etwa zn einem
Vierthoil an» der vttlligm YereinigoDg des etSdtiedMn GeneindeliMiehilte mit
dem des Rtaatea aeit 1675 >).
Yielfitch besteht das Oiaraktoxiatische der kantonalen Budget« gerade in
dem, was nicht verbucht wird, und es giht die Hilhe dvT staatlichon Subvention
nichts iinilercs an als den Grarl der BediängniÜ eines Lebeusgebietes infolge
mangelnder privater und kommunaler Förderung. I>er hochentwickelte Gemein-
einn, die krüftigo FdvatinitiatiTe eu ee ^meiner, od es tob YorBinoo, Zünften etc.
■m gemeinntttsigen Zwenken ist ja Überhaupt das erfrentiohate Symptom der
-aehweizerischen Autonomie, und diese patriotinche Opferfreudigkeit steht bekannt-
lieh in der Regel im «ragekfhrten Verhilltniß zur Gr?5ße ihre« Wirkungskreises ;
für Baselhtadt nind aniui 16><2 die jähriichen Lei«tungän der Vereine auf 3« Mill.
Franken berechnet worden, d. h. naliezu ebenso viel wie das damalige Budget
des Kantone.
Ans analogen Grttnden eraokeint ee mehr als gewagt, unsere Zahlen mit
denen anderer Länder an vergleichen, nmeomdir da wie bereits bemerkt, ein ao
kleines Land mit weniger Aufwand gut regiert werden kann als eine Großmacht,
ein Binnenland als ein Rees^taat, in militärischer Hinsicht ein kleines Kernland,
dessen Existenz vier grolkn Isachbarn unzählige Keibereien erspart, an dessen
Erhaltung dieaelben somit ein vitale« Interene babeo. — Trotidem kann heute
niokt mehr wie vor 30 und 40 Jahren behauptet werden^ daß die Sehweis mit
geringeren Htaatlichen Lasten auskomme als andere Länder. Den zirka lÖO
Millionen Franken, um welche Einnahmen und Ausgaben der Schweiz balanciren,
und den zirka 3 15 Millionen Frauken Staatsfichulden stehen von Ländern mit
annSbernd gleicher Kulturstufe und Größe gegenüber (Budget» in Millionen
franken) :
Ausgaben Schulden
* ^ s/ "'S
i' JOft. pro Oha* ai'/i Fr.i>.
opf AnCbeil rp„.., (1. ipei. d.mMii- KopCAatball _
am Baioht- — otM ^ 4, Beldu- - ^
bvdget Mbald Mliiild
= 89 26 + 54s= SO
- 95 485 59 -|-
=^ 1175 542 535 -1- 69 122^
= 204 817 67 \- 110 = 177
=s 433 1677 273 4-107 = 460
84 271 49 - —
282 22535 — — —
MOL dettpM,
Blaw. IiMdM
Elsafi-Lothringen .
Is
58 -
- 31
Baden , . . ,
1«
63 "
- 82
Wtirtemberg . .
2
775 -
40
Sachsen ....
ds
140 -
- Ü4
Bayern ....
54
325 -
- 10«
DSnemark . . .
2
Holland. . . .
46
Belgien , . . .
6
In der Tbat
hat
die Schwei?' ihr
322^ 2180 ^
Lastf-n Vioreits eben
hui'h n^fspamit
wie andere J^äuder, immerhin ist sie damit noch lange nicht an der Grenze ihrer
Leistungsfähigkeit oder ihres Kredites angelangt, da sie nücbrit ILdland unbe-
') T'ehtT lias VorhältniC d^ r kommunalen ('V:) zu den aatlirlien (■/•) Leistungen
im Schul weisen s. den Artikel 6chuk in diesem Werke B<i. ill, pag. 3511. — Ebenso
iOr'8 Straßenwegen den bes. Artikel.
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Staatswirthschaft
176 —
Steingut
denklioh ab das reiobste nnd leistnngslUiigato der genannton Länder beseidtnet
werden darf.
Sollen die charakteribtischeii Punkte der schweizerischen Staat^gwirthschaft
gegenüber andern Ländern bezeieluiet werden, so ist in erster Linie immer noch
die relativ geringe Militärlast hervorzuheben, und zwar fällt wirtbschattlich die
ksiM DwDstseit weit mehr m*s Oewiebt, ak die dadoreh mitbediogte relativ»
Niedrigkeit des Militärbndgeli. Immerbin ist dieee letater» von großer fiedeatnog»
QBimentiich auch fUr das Wesen der schweizerii<chen Staatsschulden (s. o.).
Neben dieser Haoptersparniß Tritt dip in der Staatsform begründete, das
Fehlen der Aufgabe für daa Staatsoberhaupt, sehr zurück, nm hu mehr, wenn
ihre wirtbecbaftliche Tragweite allseitig in Erwägung gezogen wird. Ka fehlt
der Olans eine» Hofes, ee fiBlilen damit jene großartigen konsentrirten Uttel»
welche anderwärts zur Förderung der »chönen EiinKte und der Wissenechaften,
für königliehe Akademien, Museen, Theater flÜRsig «ind, und ohne welche eine
lebenskräftige Entwicklung hauptsäehlieli der bildenden Künste und des The-
aters nicht möglich ist — abgesehen von der Anregung, welche Hochbau,
Kunstgewerbe, Theater eto. der individnellen Banlast nnd dem Knnatabn geistig
hervorragender Fürsten verdanken. Nur das eidgenössische Polyteduiikam kann
sich mit jenen fürstlich dotirten Anstalten messen. Die höhern Gebiete der
Geisteskiiltur finden zwar vielerortK Pflege, die^-elbe ist aber den beschränkten
kantonalen Mitteln und namentlich der reich entwickelten privaten und Vereins-
thfttigkeit anhcim gegeben.
Im Ganzen ist daher die in den demokratisoben Prinaipien begründete
Richtung aufs Praktische vorherrschend. Freilich steht rach auf volkswirth- *
schaftlicliem Gebiete der rationellen, [danmäßigen Lösung großer Aufgaben die
kantuiialeZerdpUUerung der Mittel und der Machtsphären vielfach hemmend im Wege.
L'm so besser eignet sich der Boden zum Versuchsfeld für die huuianitäreu uod
sonalpolitiflcben Fortschritte, welebe die Hauptaufgabe unserer Zeit bilden. Hier
ißt es gerade die lokale Soaderung, die relative Finheitlichkeit der Interessen-
kreise, ihr geringer Fmfang und die entsprechend geringe Tragweite von Reform -
ver^nchen, welehe uns eine große Ela-xtizitat verleihen und selbst allfallige Miß-
gritie keinen allzu grüßen Schaden stiften lassen, hin kleiner Schweizerkanton
war es, der sohou anno 1848 im Beginn der modernen ümgestaltttqg der Pro-
duktion, der sich ändernden Sachlage folgend, den Grand legte sn der heotigeii
sozialpolitischen Industriegesetzgebung. Ks ist dies nicht nur bezeichnend,
sondern auch Weg weisend. In der i'flege dieser Richtung liegt offenbar für die
nächste Periode der Beruf der Schweiz inmitten der Völker (vgl. „Steuern").
Stahlfedern. Der jährliche Verbrauch von St. ut von Lehrer Bernhard
Wyß in Solothnm auf 130 Hillionen Stilok, die Ausgabe dafttr auf Fr. 1,300,000
berechnet worden. Hr. Wyß schlug \f<f<'S auf die Schindler-Escber'sche Preis-
auswjhreibung hin die Kintubrung der Stahlfedernfabrikation vor. Seitdem ist
diese von der Firma Flury frt res in Biel eingeführt worden.
Stahlwalzwerk uuter dem Fabrikgesetz: Aug. Mathey, tils, iu Lea Brenets.
Stenrin kommt hanptsiohlich ans Belgien und Frankreich. Schweiierisehe
Produzenten sind die Firmen Berthold Ziller & Cic. in Ba-* 1 und J. Streult in
Winterthnr. In LunKanne und Taruuge war früher auch etwelebe Steariufabrikation^
Stecknadel fahrik unter dem Fabrikgesetz: Job. Wirz in Eeinach.
Steine s. Backsteine, Bausteine, Marmor, Sandsteine etc.
Steingut« Die Fabrikatton von weißem Steingut, Fayence eto. hat sieh
seit ungefilhr 20 Jahren namentlich in der Westschweis entwidtelt. Die Roh<
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Stoingat
— 177 —
Steuern
materialieii müssen zum großen Theil vom AuHlande bezugejj wertien, so ver-
sohiedene Arten Thon, £aülin Uuarz, Feldspath etc., deren Tranöportkuäten zum
TheiL melur al» d«r Ankaniapre» betragen.
Steinkohlen. Fandort solcher Kohlen ist Semsales im Kanton Freibuvg.
Nähprps übtT Ausbeute etc. konnte das Lt-xikon trotz Anfrage hei der Gemeinde-
behörde S. nicht in Erfahrung bringeu. Vielfältige Versuche sind geuiacbt wor-
den, in der Schweiz Steinkohlenlager zu entdecken, alle mit keinem oder zu
geringem Erfolg.
StenAFB. Herr Max Lancf, Beamter des eidg. stadstischen Bureau , ' hat
es unternommen, au» den Verwaltiingsberichten der Kantone eine Uebersicht der
Staatssteuern in der Schweiz herzustellen. Die mUhevolle , zeitraubende Arbeit
gelangt in der nachfolgenden ersten Tabelle zum Ausdruck. Der Herausgeber
de« LexikoDs hat eeineneito die Reanniraiig der wichtigsten BesÜimnnngen der
kantonalen Stenergeaetigebangen an Hand genommen und alle kantonalen BeldSrden
um einen gef>chichtlichen Abriß ihr(s Hteuerwesens ersucht. Von mehreren der-
selben ist dem Gesnch bereitwilligst entsprochen worden; die betreffenden Arbeiten
aber, sowohl wie die erwähnte Kesumirung müssen fUr da« Supplement zurück-
gelegt werden, da das Hauptwerk mit der 25. Lieferung abgeschlossen werden
mn6 und der Banra nnr nook fttr wenige größere Artikel ansreioht.
Wer vor dem Erachnnen des Supplementes das ßedürfhiß hat, sich Uber
das schweizerische Steuerwesen einlrißlichpr r.n orientiren, dem kann das im .luni
l.'^OO prscbipnene Werk des Würzburger Professors Dr. Scha<ie, „Die Steuern
der Schweiz in ihrer Entwicklung seit Beginn des 19. Jahrhunderts", 5 Bände,
Yerlag der Cotta*«ehen Bnohbandlung in Stuttgart, bestens empfohlen werden.
£b behandelt die Materie mit einer Gründlichkeit, die das Lexikon eicb jetat
und Rjtäter versagen muß. Eine Rekapitulation der Kapitrliiberselniften nnr des
ersten Bandes wird dem Xieser dies einen ungefähren Begriif von der Kinläülich-
keit des Werkes geben.
I. Theil: Die Staatsstenern. 1. Ahaehniü: Die Stenern vor der
Helvetik; die helvetischen Steaergesetze; UeberbUek der Entwicklung nach
Atisgang der Helvetik; die Steuerbelaatu i ^ 'er Schweiz; die Steuern und die
V( lkKrechte. 2 Ahfirhiiilt : Die Struktur der direkten Steuern in der Schweiz;
das Vermögen als Maaßstab der Steuer; die Normen als SteuerpHicht ; die Er-
mittlung der Steuerkapitalien; das Steuerkapital der &)kweis. 3. AbschuiU:
Die Wehretoner, die HansirBtenem , die Banknotenstener, die ErbedMltB- und
Schenkungsstener, die Verkehrsabgaben. /. Afmknitt: Das Salzregal; die Ge-
tränk'^} '> ^■•,er^npr, die Tabakbestenernng, die ZQIle, die Luxuaabgaben, die Jagd*
und F::^ciiereii»atente.
IL Theil: Die Gemeindesteuern. Die Gemeindesteuersysterae ; dio
Gemeindestenerlast und die wichtigsten sie beeinflussenden Faktoren; das Ge-
meindcvermögen; die Anfgabenthcilung zwischen Staat ond Gemeinde (Straßen,
Schulen, Armenwesen) ; Gliederung der Steuern in sammtlirben Kantonen in den
Jahren 1856, 1866, I87fi, ins*;; Besteuerung des tundirten und nnfnndirten
Einkommens, proportionale und progressive Steuerskalen. Steuerlast einiger Schwei-
ler Städte 1888.
Als fernerer Beweis, welch' wichtige, bisher von keiner anderen Seite in
80 umfassender Weise gesammelte Daten das Werk des Herrn Schanz enthält,
mögen die Auszüge dienen, welche wir der Tabelle des Herrn Lang folgen lawen.
Fomr, Votka«lrtlM»b«fl««l<Mikon d*r Sehwrlm. 12
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steuern
— 178 —
Steuern
Steuerarten
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aus Ho:;ali(Mi
horgwtM'k
iMiliureiral . . . . .
F'ul vt'Me(/;(l . . . .
J'O'-l
T<'lf;.''r;iph . . ; . .
TeiepiioD
SttMK'nrclMihroii
Bf'rirtpiiii, Wahiiiiit/mi;.'
W .i--t'r t i'cljbZlUst . .
J.i-d
Fisclicrei , . . . -
Jlaniiaini(Tun;.'-i.'rl)uljr.
Erw "■[•Usjiiitciiii/i'hriiir,
Ueb ng o s i « ■ u t- )• ^'t' I > II }i I".
Markt- u. llaa-irpaleule
SteiiipolsUiiK'f . . .
BOrsensteuer ....
Bftnknoten!»t©Tier . . .
(iv IUI«! Verbruuclb)-
auflagen
>=aIzi<'Stal
Zölle ......
Alk.»!ioliiinnopol. . .
Kuusiiitio^ebäbren . .
iluudesteuer ....
Tabarkvprtanfstetter .
Sl-tlUt>!IIIIi;<ll
(Diiektu Sleueruj
Hilitftrpflichtenatx . .
AktivLüiver- u.Kopfs1'u-r
Fcuct wi hr^toucr . .
Vermftgftnsteuer . . .
EittkoiiiiiJt'iJ-iJ.I'irvK rli>>l''Ufr
Erb-?<-han ii.S. h'nkiiPi^MkiiK
LuxussteUiT . . . .
Total
hcti cn'iiilj p. Kopf der
Ikvölkoruii^' . .
StaatäeiBDahmen . .
0ift Steuern m "J» der
StaatBunnabmen
Fr.
i>i,r»'.H. S.Iii
2, t ■)',», I7G
159,488
150.320
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294,913
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—
51,801
5»605
16,634
[ lbl,lö4
987,404
1 87,939
394,105
7,s
1,700,000
448,000
383,000
B8»i
1 77.*
Anmerkung: In obiger Tabelle koiimit das Steuerwesen der Kantoiu* als
Wirthschaftseinheit zum Ausdruck, die Steuer- und Abgabelasten der eiozelneu Uemeinde«
hausdiaHe sind durdiaus unberflcksiehtigt ; es ist somit nicht ges.igt. dafi in den Kan-
tonen liei w. l, Ikmi eine Abgabeaii Dlehl vertreten bt dieselbe dort nicht bekannt sei.
So ßUlt z. B. die Hundesteuer in Bern, St. Gallen, Aargau etc. in die Gemeindekassea.
In Baselland wiederum wird eine Vermögens- und Einkommensteno' von den Gremeinden
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— 179 —
Steoera
Obwaldcn
Nidwaiden
1886
Glarus
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—
33.049
1,826
8,851
l,t31
7,493
17,224
736«
97,004
—
33,971
173,381
13,619
9,35s
14.581
99,951
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^,311
9^7
40.470
90,717
963,797
108>976
106|484
135,916
22,429
24,946
50,455
6,4U3
32,316
5.136
387.315
18,419
67,888
14,974
189,000
16,000
73.nr.r,
6,620
3,487
9^17
60,S91
18,S60
847,161
10,818
4,750
68,649
14. 670
2,031
47,608
815,823
33,345
—
170,913
66,117
33 940
9:n.7lN
I , f J i>
542,736
90,590
—
4,51S
56^914
89^
486,156
1 177,911
9.097,369
501330
4.90&918
986,598
3,«
7,1
14.4
1 7,T
17,0
5.»
56,«
4,«
145,000
1&0,000
774,000
276,000
1 3,171,000
1,794.000
5,968,000
728,000
a9,t
69,«
64^
1 63,t
70,4
39,t
bezogen, vom Kanton nur zeitweise zur Erfüllung aullerordenllicber Aufgaben. Die
Erbsehafls- und Schenknngssteuer besteht in GraabQnden and Nidwaiden als Gemeinde-
Steuer, in Freiburg ist sie in der Summe der Il.intirindpnrnp^pehfihren mitenthalfon.
Von dem Nettoertrag des Alkobolmonopors fallen Franken 3.170,109 als £ntscbüdigung
«n die Ohmgddkftntone.
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steuern
— 180 —
Steuern
lusen
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Erwerbseinknnfte
Fr.
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Ft.
aus Regalien
Pulverregal ....
Steaorgebühren
R^rirbiiii Waldnutzuntr
—
—
—
7,436
3,96&
JarfH - -
1 380
{ 1,322
+,195
lo,öoo
23,557
9 910
J
4
2 564
HandänderungsgebOhr.
—
—
18,998
Erwerbspatentgt Inilir.
—
88,805
—
—
00,918
Bibrkl* u. Hausirpatente
(?)
9,044
9»
Sf'ni(iclsleuer . . ,
—
50,564
36,070
BörsensLeuer ....
—
—
—
—
Banknotensteuer . .
ISvOOO
—
101,000
20,000^
Cie- und Verbrauchs-
ftiiff]«9ea
23^46
103,804
167.000
245,105-
Zölle
Allcotaolinonopol . .
329,814.
Kon-utii' 1^,'elinhren . .
92,822
147,338
Hundesteuer ....
■ — ■
—
—
—
Tabackverkaufsteuer .
—
—
—
—
—
Schatznnfcn
(Direkte Steuern)
Militärpfliclitersati . ,
lo, l 1 ♦
S3,396
8,775
105,885
47,379
85,828
Aktivliürger- u.Kopf»U«fr
18,578
25,533
Feuerwelirstt'uer . .
—
—
—
VermCgensteuer . . .
Ginkomnicn-ii.Erurrlisilriitr
/ u,i>v>y
j 20i,753
( 116,166
772,955
195.866
475,581
121,754
{401,937
Erbscban iicbtnk«ig»tttiifr
2Ü,5U5
30,Ü8&
Luxuasteuer ....
Total
335,441
960,41S
197,154
1,577,774
1,018,318
1,197,921
BetrefflDiß p. Kopf der
BevOlkerunff . . .
8,*
6,»
10.7
6.t
StaatseiuoabmeQ . .
1,185,000
468,000
152,000
3,959,000
l,7Jü,U0U
2,725,000
Die Steuern in 7* der
Staatseinnahmen . .
»,«
56^
83,«
53,1
67.»
44/»
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Steueni
— 181 —
Steuer a
.9
I
S
«
3
2
c
_ C
-c c
c o
= c
_
e2 S
Fr.
6,531
i.iin
8«401
18,736
16,U00
^7,990
j 384,253 ^
73,576 1
Fr.
Fr.
377
10,458 i
19,030
30,457
46,983
23,890
13,316
585,412
64,192
15,815
288,015
190,000
3,291
6,030
13,8iS
122,976
36,630
13,589
95,005
44,661 314,507
18,872 i 4,736
365,400
3 48,636 ,
34,509
35,764
188,269
36,191
6,160
40,218 ; 38,268
95,939
447,462 2,448,626
53,838 —
47,414 1 501,946
26,698
1 291,699
51,932 1 —
Fr.
Ft.
Pr.
4,630
150,000
6,225
1,6«J9
159,766
43,200
142,147
345.225
617,r)3l
S81,712
4,sio
84.112
8U,0ü2
754,3:11
260,454
— 1 144,978
794,848 1,225,936
i.833,000
43^
9,^
9,066,000
50^
4,873,392
19,4
6,S30,000
71.*
843,072
8,.
1,246,000
67.T
1.74S,802
2,846,000
61,t
62,881
86.796
[i,60s\r,')n
923,000
87,215
4,050,935
38,^
6,344^000
76,0
159,285
54,948
187,687
♦U,t;96
1,910.776
388,175
3()U,t'hG
1,591,121
37,510
558,562
3.760,702
3,834,658
231,055
35,764
1,339.010
234.199
3^.94^)
[^20,760,481
3,090,779
_ U5,990
39,512,037
13,»
77,611.000
50.»
Fr.
4,630
18,949
155,905
21,591,832
2,459,176
1,099,108
159,285
54,948
187,687
61,096
1,910,776
540.663
300,ܻG
1,591,121
37,510
708,»82
3.760,702
25.s4<j.0r,:.
4,957,S41
3,834,658
231,055
35,764
2,G78,3iii<
23 i. 199
32,940
20,760, iNl
3,090,779
145,990
97,283.075
33,»
150,568,000
64.«
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Steuern
— 182 —
Steuera
Steuerkayital der Kantone.
WnkiiMiölkeraDg terBÜgtHMttaer- Ttni«^ii»icitr- Gnrundirlet
1888 b|iti] 1» liff UpiUl BiflkoniBfi
. 1887
70 TRI
Fr
f r.
Fr,
buu,uUü,uuü
Kr
* t ', 1 11 H L J Uf ti \
i. Genf. . .
. (V)
10o,9do
Do4,WX),ÜO()
3. Waadt . .
. 1^87
z4y,oo9
5176
i,zol,-Hf),yicJ
15,lrZb,l9o
4. Scha£fbauseD
. 1&8Ü
37,798
40OT
4 KCl r\' >^ i
10Z,()>(»,N"J!5
7,462,747
8S»S4o,40»'
5. Neuenbürg
. 1886
IÜ7,U35
o715
6. Glarus . .
. 1886
do, ozo
llU,/oü,oOÜ
7. Aargau . .
8. Freibnrg .
. 1886
iyo,7üo
34,372.835
. 1886
2787
9. Bern . .
. 1886
5oo,l9l
aoio
t A OO f Or\ J TiA
l,4a3,lo9,49a
97,992,600-
10. Obwalden .
. 1886
lO,\nf»
aolAJ
4U,WJU,tJUÜ
11. Appeni. I.-Rb. 1887
IZ.OQO
32,02:5,100
12. Uri . . ,
. 1884
I7,dlo
4z,ol9,zUU
492,000-
13. Zug . . .
. 1886
33,013
S4o4f
56,472,800
3,479,800
U. Zürich . ,
. mr,
2zoo
owO.zoO.iOO
4 / , / 0&..1UO
15. Graubüudeu
. 1886
Ol ROR
9171
(;oQ 101)
16. Nidwalften .
. 188S
2199
97,029,913
17. Baselland .
. 1887
1985
122,886,971
7.901,804
18. WaUis . .
. 1887
lü3i,35JÜ
1832
187,516,658
') -
19. Luxem . .
. 1886
135.396
1807
2*4,806,592
116.906.015
20. Thurgau .
. 1885
104,Slf)
1804
189,(»S3,772
*) 94,896,000*
21. Appenz.A.-Kh. 188ü
54,145
1703
92,205,700
79,863,121
22. Schwvz . .
. 1885
50,3<j3
1586
23. St. Gallen .
. 1886
22S.3IG
1419
323,982,000
ca. 24,000,000
S4. Tessia . .
. 1888
li!y,l5ä
1196
152,263,820
ca. 15,000,000
S6b Solotbnm .
. (?)
85,783
m
8;K6,946378
(?)
Bei Äppenedl JT.-JRA. nnd A.-Bh. ist daa YermSgftneütenerkapital gans, nicht
xn Yt und */» gerechnet, wie e» in br-i<!en Kantonen geschiebt; aaoh bei Schaff-
hnusvH wurden riebt Ih ^'/a des GrundwertheR , sondern der {^nze Grundwertli
ppriH-hnet; bei Wallis dagegen wnrde der Ansatz von -/a bei duu Liegen.stbaftea
belassen, weil der Schuldenabzug fehlt. Da die Leihkapitalien bcfionderü iu An-
eats gebraeht aind, ist der Wertb derralben znm Tbeil doppelt gwedinet (Niebt-
abzog heim Schuldner, Ansatz beim Gläubiger). Die Berechnung zu ^/s bildet
eine Art Kompensation bi-linfs Yergleichnng. Für G>')if \<i\. das StentTkapifal
api rtixiniiitiv bt'rinbiu't und zwaf so, diiß tür das Mobiliarvermögen ü6ö Millionen
JbVaiikeu augeaummen sind; der Werth der UDüberbauten Liegenschaften berechnet
sieb auf Gnind der Steuer anf etwa 309 HUlionen Fr., der GebXnde anf 434^
Millionen Fr., das sind sosammen 633,s Millionen Fr., hievon sind aber noob
keine t^chulden abgezogen ; rechnet man die Hälfte des Werthes hiefür so er-
g«-ben sich 316 Millionen Franken. Das Gesanimtvcrmöf^^en 368 -| := 6Ö4
Millionen Fr. In Basellanä beträgt das steuerbare Einkommen ll,sa Millionen,
darin uod nidit enthalten Zinsen von Leibkapitalien, wobl aber Zinsen und
Ertrag von eonstigein YenaOgeo. Sechnet man hiefllr 4 7«» ^ ergibt sich als.
weiterer Abzugsposten 3,424,873 Fr , um das unfondirtc Flinkonnncn zu erhalten,
in Bem sind nach dem Stenergesets die Zinsen von JNichtpfandkapitaäen der
') rias zu 10 und 90 kapitalisirte Einkommen von BesoldanBen nnd Renten betragt.
4,686,116 Franken.
') Beruht auf ungefAbrer Berechnung des Kantonabudihalteri.
') Wahrscheinlich ist das zu viel; da bei dem Mobiliarvermöyon nllc Sdnilden ali-
gezogen werden dilrfen, so ist schon dieses durch einen großen Theil der Hjrpothek-
scbuden gekürzt
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steuern
— 1«3 —
Steuern
EinkonuMnuteiier «i&TMrldbt, in olngw ZwainDeMtellniig aber za 4 % kapitalitirt
dem Vermögen sngerechnet. Die AniXtse für Basebfadf beraheo auf Berechnung;
die offizielle Zahl wttrde (Vr das YermSgen 576 Millionen Fr. betragen. Die
Gri'ßf für (las Einkommen int pewonnen nach Ahzn)? einer 4 **/iiigen Vermögens-
reudite. In Freibvrff besteht dm Einkummen bioi» aus Besoldungen und auch
hier mit Abzügen für die Familie von — V*<'- OOwaldcn und Appen-
sdi Ä,-Sh. iet das Einkommen nicht angegeben; im erstem Kanton wird das
Einkommen ufHziell nicht mitgetheilt; aiuii ist dasselbe vielfach mit im Ver-
mögen in Anschlag gebracht: in Appenzell A.-l\h. grschieiit dien fat^*^ (Inr-hwcfr.
I )as Vcrni(>genspteuerkapital weist gruiäe Unterschiede aul; von ^ 1 '.U) t r. pro Kupt
in Baselstadt mit seinen III Millionären, sinkt es zuletzt auf 119ti br. in Tessin.
Um die großen Difflsrensen sieh m erkttren* muß man all* das, was im Vorstehen-
den ausgeführt worden, nebst vielem Detail (das in der Einzeldarstellung des
Scbanz'schen Werkes eutlialtt n ist) sich vergegenwärtigen. Nur zum kleineren The l
möchte der Unterschiid in wirklichen Wohlhabenheit^iititerpchipden beruhen. Sehr
einfluüreich ist natürlich die größere oder geringere Ausdehnung der Steuer-
freiheiten. Es bedeutet s. B. schon einen großen Ausfall» wenn die Fahrhabe
ganx oder snm Thetl steuerfrw ist. Wird doch der Sehweizer Viehstand allein
anf 350 Millionen Fr. gewertbet, und die Hobiliarzwang^versichcninj^ in Wandt
ergibt einen Mobiliarwerth von l'Mx Fr. pro K(i])f (im Ganzen 326 Mill. Fr ),
und in Glarns wurde derselbe (ohne Viali) neuerdings auf 1280 Fr. pro Kopf
(im Ganzen 43,20 Hill.) berechnet; man sieht, wie dieser eine Faktor die Zahl
leicht nm Vs oder 7« erhöhen kann. Ebenso kann die Steuerfreiheit oder Stener-
pflieht von Ckmeinden sehr einflußreich sein; niolit minder die mancherlei Ab-
zilge und Existenzminima, die zugelassen sind. In Waadt z. B. wilrd • das Ein-
kommen, wenn nicht für jede Person 4U0 Fr. Existenzminimum zu rechnen
wären, von 16,43 Hill, auf 114 Millionen steigen, in Zürich drückt das Steuer
freie iSxistensminimnm das unfundirte Einkommen 7on 83,4 anf 47,« Hillionen
herunter. In Neuenburg sinkt das Einkommen infolge der AbzUge von zirka
32 ^ill. auf 22 Millionen. Außer der Steuerpflicht hängt die Höhe der Steuer-
kapitalien hauptsächlich davon uh. inwieweit es der Steuertechnik gelnrif^en ist,
die Steuerkapitalien wirklich an s Licht zu bringen, wie also Deklaration, Kon-
sole und fänschätamg fiinktioniren.
Das ganxe VermOgensstenmdwpital der Schweiz, ansgenommen Solothnm,
belauft sich auf ungefthr 8,9< Milliarden Fr., w«"ni<; mehr als der Werth der
in der Schweiz {»e^en Bnmdschaden ver^it•llerten Gfhände und Mobilieu,
der laut Bericht des eidg. Versioberungsamtes T^s Milliarden oder pro Kopf
2600 Fr. betrug.
Für eine Beihe von Kantonen ist es möglich, das fnndirte und das nnfundirte
Einkommen su vergleichen, wenn man fttr das steuerbare Vermögen i^o rechnet.
twtüiim lisUnni lifinlirfei Biik«MMi
üri . . . .
Bern . . .
Graubflnden .
Zu? . . . .
SchaÜ hausen
Basdstadt
Äargau . .
BaseUand . .
FT. Fr.
l,Tu KttHonen 0,4» Hillionen
Fr.
2,1 M naUonen 2-2
9t. Gallen
57,«s « 27,»»
8,«4 • 6,«
%*t» a 2,4»
6,0« a 7f'4
U,y , 34,0
21,»« , -Mm
4,1? , 7,»
1S,M . 34/1
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steuern 184 ~ Steueni
ÜMMi itticrkaiw UütM Iwtrift
Einkouea iu mfmfiri»
Fr. Fr. Fr. %
N(uenl urg>) . . 19,0 Millioiieii 'Mfi HaiionftD 48,o Millionen 67
Waadt") .... 51.24 , IIV , l(}5.o . 69
Zftrich«) .... 34,4 , 83,44 , 117,« , 70
Tesnn . . . , . G.i , 10,0 , 21,1 , 71
Lu2eiti 9,76 , Uli,« , lü^B.e» , '.i'i
Ea ergibt ttioh keiue feste Relation zwischen fuudirtem und unfundirtem
EtnkoBimmi. Je nadideiii die Sohddelinie swiadien beiden Eiakoinneiiiejrten
gesogen ist and je naohden die arlMitenden nnd indaatriellen KUaeen stark oder
weniger stark vertreten sind, imd je nachdem die Steuerbefreinngen in beiden
Eate/rorien eingreifen, muß die i>ro/entuale Vertlieilnng sich verschieden etcllcn.
Daneben kommen dnun noch bewundere Gründe in Betracht. 8o iät in Bern
and GraubUnden der Prozentsatz dea unfundirten Einkommens nur 33 und 44 '^/o
des genami Einkommens, weil der landwirthsdhafUidie Erwerb frw ist; in Üri
ist TermntliHell die Handhabung des Gesetzes so, daß er thaMtdilioli frei ist.
In allen übrigen Kantonen beträgt das unfundirto Einkommen niebr als das
fundirte, freilich in Abständen von 52,8 **/n bis 92 "/o. Ks liegt darin der
sprechendäte Beweis, wie wichtig heute der pei*0ÖnUche Erwerb gegenüber dem
Vermögenaerwerb geworden ist (selbst in einem Lande, wo der Mittelstand sehr
stark vertreten ist) und riohtig die Schweiz durch Hinsufttgung der Einkommen-
steuer zur Vermögenssteuer gehandelt hat. Es macht fast den Eindruck , als
ob man du, wo crroße Existenzrainima allgemein stem-rtVüi gelassen werden, die
Einkommen sorgfältiger eruirte (vgl. Zürich, Waadt, Neuenbürg); in Luzern
liegt die bedentende HShe in der sebarfen meebaniseken Erfassung des landwirtk-
sehsltliolien fSnkommws, wogegen Sehaffhansen in dieser Hinsieht sehr müde
verfährt. Der feine ünternchied zwischen fundirtem ttttd unAindirtenk £änkommen
wird durch die Praxis Uberhaupt wohl etwas verwischt.
Berechnet num endlinh den Kopfbetrag des GleeammteinkommenSi so ergibt
sich auf den Kopf in rundem Betrag :
io Luzem . . 930 Franken in Aargan . . 290 Franken
Biiselstadt . 790 , Baselland . iüO ,
Waadt^j . 670 , Zug ... 300 ,
Neuenbürg*) 444 , Bern ... 160 ,
Uri . . . :{8ü , Tcssin ... 160 ,
Scbaffhausen iiöU , Graubünden löO .
ZOricb . . 350 »
Einnahmen des Autde» nnd der Kantone nns den Staatsstenem.
1856 1866 1870 18H6 1888
Fr Fr Fr Fr. Fr.
I. iUlgemeine direkte Steuern 4,8U7,5U4 ö,i05,72i 14,90(1,770 18,184,217 20,7üO,48l
U. a. Direkte Spezial- und Er-
gm/IUI^ steuern . . . 629,456 1,163,166 1,904,848 2,375,593 2,682,906
b. BundesantheU am Militär-
pfliehtersatz 965.764 1,834.808 l,389,«i0
n. a. und b. zusammen 629,436 1,163,156 2,170,612 3,710,401 4,022,265
•) Das wirklidie steuerbare Einkommen ist nicht R9, sondern 22,«4 Miliinnen Fr.,
infolge der Abzüge für Familien. •) Da- lu-il iie Kiiikoinnit n i-[ nicht 114, sondern
infolge der Abzüge 15,4t. ^) Das steuerbare Einkommeu betrügt infolge des Abzüge»
47,T» Millionen Franken.
*) Die Abzüge beim Einkimimen für Existenzminimum ?iiid eiiitjrre( hnct. Mit Ab»
zug würden z. B. für Waadt 270, für ^'euenburg 350 Franken herauskommen.
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stemm
— 185 —
Steuern
18S6 im 187G 1886 1888
Pr. Pr. Pr. Pr. Fr.
III. EIrbschafls- II. ScfaenkongB-
steuer 521,077 1,031,S08 2,246,043 3,054^ 3.09U.77U
IV. Verkehnabgaben . . . 1,739.394 3,353,563 3.453»378 3,943,091 4,633,480
V Luxussteuern 119383 339,687 395,155 343,565 377,045
YL a. Kautonale Verbrauchs-
Stenern 8,063,617 9,543,636 13,390,398 9,363,029 13,588.965
h. Beim Bund verbliebene
Netto Zollcinniibineri . i,883,78r, Ty,m,U^ 15,831,är.;{ 20.r>l j;iSi 23,9n5J}69
VI. «. ttuU b. zusammen . . 10,937. i(W 14,715,875 28,121,651 29,774,413 3«.544,3;i4
Total 18,704^7 37.788.101 51,193,609 59,009,340 69,43334
ProMütulw Terhlltiilfls «bl^wr KftUvorioi s« etauider,
1856 1866 1876 1886 1888
I. Allgemeine direkte Steuern 35,« 29,8 39,i 30,» 29,t
Tl. Dirt kte Spezi;il- und Ergänzungssteuem ... B,* 4.« 4,s ü,» 5,7
III. £rb<(challs- uud Schenkungssteueru .... 2,s 3,7 4,9 5,i 4.»
IV. Verkehnabgaben 9,s 8,i 6,9 6,7 6,t
V. Luxussteuern 0,« 0,» 0,« 0,« 0.»
VI. Kant Yerbrauchästeuern und Zolle des Bundes 58,s 5.3.0 54,» .50.4 52,:
100 100 100 100 100
steter per Kopf.
185»; ISGG lS7n 188f. 18H8
Fr. Fr. Fr. Fr. Fr.
L AUgemdne direkte Steuern 3,qi 3,ai 5.«> 6,40 7,«r
n. Direkte Spezial- und Ergänzungssteuem . . . O.if, 0,«« Ost l,so 1,»7
Iii. ErbscbafU- und Schenkungssteuern 0,i} 0,*i 0,»« l,oi l,o«
IV. Verkehrsabgaben 0,n 0,«« l,*t 1,»9 l,n
V. Luxussteuern 0,o6 Om 0 u 0,i« 0,is
VI. a. Kantonale Verbrauchssteuern 3,m 3,^« 4,»? 3,m 4,«»
b. Beim Band Terbliebene ZftUe 1,m 8.m 5,ti 7,s» 8,it
7^ 11,1* 19,03 20,7. m,»
Zu den Einnähmen am den StatUssiemm pro 1856 — 86 bemerkt Dr. Sehens:
«In die ante Onip^ (Allgemeine direkte Steuern) aind VemSgeoB , ]^kommens-,
Grund-, Gewerbesteuer und Personaltaxen eingestellt; in die eioe/le (Spezial- und
Ergänzungsstenern) Militiirpflicbtersatz, Patente der Aktiengesellschaften. Markt-,
Hausir-, Medizinal-, kantonale Buiiknuteneteuer, Senealenpatente : die ilnttr ( rvn\>]n-
enthält bloß die Erb»chaft^- und Schenkungsetenern ; die vierte ^Vevkehttiabgabeu)
nmÜBißt HandBndeningsabgaben, Einregistrirung, Stempel, Bttrsenetener; die fUnfte
Kategorie (Luxussteuern) Hunde-, Pferde-, Wagen- und Bedientenateurrn ; die
sfrjtstr endlich (Verbrauchsauflag. n) 7/>\h\ Olmigeld, Wirthschaftspatente, Tabak-
ateuer. Es entspricht der ganzen Entwicklung und dem Wachj^en der Abgaben
spesuell, daß der Haushalt der meisten Kantone ganz Uberwiegend auf Steuern
flieh gründet*. — Die Zahlen pro 1868 eind vom Bearbeiter der Haupttabelle,
Hemi Leng, angefttgt. Das Maaß der Steigerung 1 welche die 1888er Zahlen
gegenüber den früheren Zahlen aufweisen, berechtigt zu der Annahme, daß beide
Herren bei ihren Ermittlungen nach den nHinliehen Grnn'lsStz*»n verfahren sind.
In der Summe der kantonalen Verbrauchssteuern ist pro 18jSb der Alkoholertrag
inbegriffen, denn er wurde vom Bund zu Händen der Kantone an Stelle dee
früheren Ohmgeldeii erhoben.
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Steuern
Steuern
Direkte AenieliMleeteiieni In 20 Kantonen mmH HHlUftirtonen.
Kantone t864
Kr. t'ii.il I r ffnKogtVt.
Baselstadt 174.661 511,371') 6,i»
ZOrich 1,264,587 6,409,589«) 19,»
Genf (?) 9:ii>.:!<;'j 8,t>
I4euenburg (?) 1,597,310 (iSS7) Ujn
Waadt S86.961 2,176.251 8.m
.SU Gallen 898,697 2,»r.r..!»78'H18S7) 12.. .
AppeuzeU A.-Rh 453,160 658,019 (1882,87) l2,i»
Bern 1,7M,863 4,&02.850 (1889) 8,to
Freiburi; 184,683 600,000 ' 5.oo
Scbaffhausen (?) 271,493 (1885) 7,m
Glan» 74,117 181,656*) (1885/87) 5^«
Aätv.u 795.273 2,146.2i9«) ll,io
:<chwyz 131.864 444.220") 8,««
Luzern 991,934 1,391.512 10,m
Zu-/ 59.481 173,492 7,&o
Ba=tiland 94.062 537,784") (1887) 8,6o
Nidwaiden Vf) 608;«)»)
.»Jololliurn 56,643 555,417 (1885) 6,w
Obwaldea 31,563 80,749 (1888) 5,w
Uri (?) 84,07» t,«*
8,092,546 36,211,218
Die indirekten Abgaben spielen quantitativ eine Xußerst geringe Rolle im
Gemeindehaushftit : in einigen Fällen >^\nd »ie übrigens mit in den direkten
Steuern enthalten, z. B. im Kauton Waadt. Für die ganze Schweiz rotigeu die
direkten Gemeindestenem etwa 3 t Millionen Fr aut^macheu (Scluim).
Yeri^lelchuuK der Steuerlast in 2«; sohwelzerlseiieu Ortücbaftea ^)
in der Voraussetzung, der Steuerpflichtige habe drei schulpllicbtige Kinder, 3000
Pranken Jabreaerwerb und 60,000 Fr. Reinvermögen, wovon 20,000 Fr. an Qt"
bänden, to.OoO Fr. an Grundatttcken, 30,000 Fr. «p Gewerbeionds nnd anderem
Kapital, Allea pro 1888.
Ort: »inkltlbaciidtit. DinUeStntiiL T«Ul pftüfrO *«^T«nMnns
TV 1»V Kr
1. La Ii lenburg (Aargan) . . . 41»! 65 45.65 91. 30 6.33 818
2. HiK. l 40. — 118. - 158. - 37. 50 70,309
3. Lie>^tai 186.— 39.— 225.— 15.42 4,927
4. Solothurn 225.10 — 225.10 19.50 8,305
5. Brugg 1.S2.60 45.65 228.25 24.20 1,583
6. Glarus 188.-*) 126.25 314.25 45.86 5,401
7. SchalVhausen 221.62 94.80 316.42 26. 2.', 12.360
8. Aarau i73.90 45.65 319.55 38.01 6,710
9. Biel 182.— U1.30 323.30 16.83 15,407
*) Es j^in l hier 487,79« Fr. .städtische VermApetissteuer und 23,575 Fr. Steuern der
Landg^^nieinden 7.ii>iUnmenK**'''"' li"*''- *) Inclusive KIn hcn-trupm.
^) Bloß Schul- und Aruicnsteuern. *) Indusive Kirchensteueru und Steuern für
ortebOrgerliehe Zweeke. *) Bezirks- und Gemeindesteuern. *) Inelueive Kirchen- und
S^iesialsteucrn.
') Entuonimen dem Rechenschaftsbericht des (xemeinderathes von Aarau über die
(SemeindeTerwaltung pro 1888. *) Armensteuer und Schulgeld inbegriffen. *) Einrnhliefi-
lieh Schulf^eldcr für Primär- und Sekundärschulen ; nicht berücksichtigt Nachsteuern und
Kircheusteuero, ebenso nicht Ausstände des Rechnungsjahres, wohl aber eingegangene
RfickstAude Tom Vorjahr.
Die Zahlen pro 1864 sind Max Wirth*8 Statistik der Sebweis entnommen.
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Steuern
— 187 —
Stickerei
Ort:
HirrkU Üfafiini«»!.
Itirrktf Siuiiil.
TtU
ff» ii>f{
Fr.
Fr.
Fr.
Fr.
20> Lmcm
. . 296.—
40.—
336. -
28. 3-2
20.:!01
162.-
364. 10
30
6,849
, . taf. —
162.—
384.-
33.47
45.944
13. Baden
. . 3nr.. 20
45. 65
410. 85
31. (»7
n.S15
45. 65
410.85
36. 10
J.457
45. 65
410.85
34. 54
4,450
16. Enge bei Zürich . .
. . 328.60
197.30
ri'J5, 90
97. -
5.112
17. Biesbach bei Ziirich .
197.30
545. 30
47. 4-i
18. Unter^traft bei ZArich
. . 360. ~
197. 30
557. 30
2H. 72
4,177
l!f7. 20
r)69. 30
93. 45
27,631
iJU. Flunlern bei ZüricJi .
. . 375, 50
1"J7.:!Ü
:>l± .so
47.
3,578
174.80
573. 30
45. 93
28,037
197. 30
.581. 70
35.71
7,000
23. Wintcrlhur ....
. . 420. —
197. 30
617.30
57. 69
15,811
2i. Auliersihl bei Zürich.
. . 480.—
197.30
677. 30
12. 65
19.757
ib. ObcrstmÜ bei Züricb.
. . 4»6.—
197.30
693.30
18.40
4,197
26. WiedikoD bd Zarich .
. . 496.—
197.90
693.30
19.65
4,658
Stickerei. Der Unprang dieaee mlchtigsten Zweiges der sohwdierisobei»
BaumwoUiiidustrie fuhrt örtlich in die Stadt St. Gallen, seitlich in die Hitt»
dp.<? vorigen .Jahrhnndt rtH zuriick. Durch einen Kinr^ewuTulerteTi, Petor BioTi, war
in St. iTiiUeii. dem Zentrum der alten Leuiwatiilindu.'-tri'', irn dalire 172 1 dan
Weben von halbleinenem Barchent begonnen wurden; Animgü der äüt?r Jahre
hatte Bion*s Naehfolger, Peter Gonsenbaob, die sog. gemUggelte Leinwand auf-
gebrackt, Anfang» der 40er Jahre war man aar Fabrikation der ersten, ganz.
baumwollenen Tücher, 17'>() zur ErKtellung der ersten Mousseline-Stiieke g» langt.
So hatte sich nach und nach der Ueberj^aug von der ausgetretenen Lrinwaad-
tabrikatioD zur neuen Baumwoliweberei augebahnt und war bcbon bedeutend
Totipescbritten, ala im Jahre 1753 das Haas Gonsenbaeh snu ersten Ha! ost-
indiselie Hona^eline theils im Voralbezg, theila in der Stadt selbst bestieken ließ.
Damit wurde der Grand zu einer netien Industrie gelegt« die so roi^ch gedieh,,
daß sie nach wenigen Jahrzehnten zuHauimen mit dr-r nenen BanniwolUuch-
und Monsseline- Weberei an Stelle der schwindenden Leinwaudlabrikation fast alle
verfügbaren Hände der Stadt und Umgebung sowohl, aU auch der angrenzenden*
Gebiete des V<Nralbergs nnd des Sehwabenlandes (wo die Arbeitsldhne billiger
waren als im Stadtgebiet) bet^chäftigte. Die unmittelbare Veranlassung zu den
ersten Versuchen der Stickerei wird verschielen erzählt; für die glnnbwürdigste
hSlt Dr. Hermann Wartmann ') die folgende Darstellung, welehe er di tu auf
der Stadtbibliothek liegenden Manuskript einer ^ Beschreibung der Stadt St. Gallen''
entnommen und die den Dr. B. Wartmann, der im Jahre 1791 sehrieb, snm
Yetfuser hat:
,Annf> 1751 kamen nach Lyon zwei türkische Frauenzimmer, 'lie aui iIit Maschine
(Trommel) mit der Sticknadel Blumen auf Seidenzeug von verscliiedeuea Farbt;n, wie
auch von Silber- und Goldfaden «stickten. St. gallische Kaufleute, die in Lyon etablirt
waren (aueh das genannte Haus Gonzenbach hatte eine Vertrelunt? dicselbst) und den
Handel mit Leinwand und Mou.sseline trieben, saben die türkische Arbeit und kamen
auf den Gedanken, daß die gleiclie Stickerei auf (.dattc Mousseline statthaben könnte.
Sie ließen ein Frauenzimmer diese Arbeil erlernen und sandten es darauf nach St. QaUen,
um daselbst andere zu unterrichten. Die^e verfertigten dann einige Stfieke MoiMsdine-
für ein einzelnes Handelshaus; die Waare wurde gebleicht, gewalkel und appretirt und
nach Lyon gesandt, woselb.«t solche begierigen Abgang fand.*
Lange Zeit stickte man in St. Gallen nur auf ostindische Mousseline, bis
die einhelmieehe (appenaellisehe^ den nOthigen Grad der YenrolUiommnnng er*
*) Industrie und Handel des Kantons SU Gallen. 1870.
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Stickerei
Stickerei
rekjht hatte, mn theilveiae als Bmti d«r mtereii su dienen. ,Di« Arbeiterinnen
^er Dlheren Umgegend«* eebreibt Dr. Wartmuin. .erhielten ihre Bestelloogen
nnmittelbar von den Eanfleuten; der Verkehr dagegen mit den voralbergiuclien
und bald auch (bni sfliwlibischen Stickern und Stickerinnen, die immer zahlreicher
ia st. gailiache Dienste traten, wurde durch sogenannte „Ferj^ger" (Fertiger) ver-
mittelt. Dieüe holten in St. Gallen ihre Aufträge, uahmeu die mit Mustern be-
-druekte Honsseline nnd daa anr Aasftthrang der Master erfordernde Garn in
Empfang, verthellteu dann die Arbeit unttr ihre Landsleute und brachten die
Stückf niiob ibrer Vollendung nach C illen zurück, um bicr zugleich mit neuen
Auftrügen auch die Bezahluni: in Kmptiuig zu nehmen. Was in der Stadt, der
fürstlichen Landschaft, dem Appenzeiieriand und dem Bheiothal an Weilktickereien
«negearbeitet wurde, war in Becidiniig aaf Quantität jedenlhlU nnbedentend im
Yergleidhe zn dem, was dnreh die HSnde der Fergger über den Bbein nnd den
See ging und ge-«ch\värzt von den rauhen Fingern der ländlichen Künstler und
dem Winterquaim ibrcr niedrigen Hütten nach St. Gallen zarllrkkam, 'im dann
«rst in der Walke, auf der Bleiche und bei den Appreteuren zur Verwendung
«uagerllatet su werden* nnd nun, naeh den Worten des damals noch sehr jugend<
liehen Ebda ^in jener blendenden Weiße wa enoheinen, wodnroh dieser Zeug
«vsschließend der 6chön8te Gewänderpnta wird, io welchem das Weib dem Aug«
nnd der RinbiMungskraft des Mannes so überaus reizend er.-cbeint. Da^.gcn
waren es die feinsten Weiß^tickereien vermuthlich besonders diejenigen auf
«stiudiächer Housseline nnd die Stickereien mit buuter Seide, mit »Silber-
nnd Goldfaden, die mit der grtfßten Sorgfalt nnd Beinliebkeit behandelt sein
wollten nnd die Wasch- und Walkarbeit nicht ertragen mochten, — welche in
Appenzell A.-Rh. und in der Stadt nnter den Augen der Kaufler.te riadi deren
selbst jrfwiihlten ndcr nae)! herstellten Mustern von geschickteu Arbeiterinnen
«usgefiilirt und natlirlicb aiuli h(!sser bezahlt wurden".
In gleicher Weise vollzieht sieb im We«eutlicheu auch beute nocb der
Arbeitsverkehr der gesammten st. gallisohen Stickerei, nur daß die Kettenstich*
Stickerei, um die es Bich früher ausschließlich bandelte, nun, von der Hasohinen-
Stickerei in Plattstich weit übcriiolt, in bedauerlicher Weise znsammengeschrumpft
ist und zugleich vorwiegend auf der Ketteiuitichmascbine statt von Hand betrieben
wird.
Außer den Stiekem und Stickerinnen, die täglich 86 — 60 Ereaaer verdient
haben aollen, beschäftigte die Stickerei, wie heute, noch aahlreiche Hände mit
dem sogenannten Ausschneiden (dem Beseitigen der zwischen den einzelnen
Blumen etc. auf der Rückseite gespannten Fäden), wofür der tägliche Verdienst
30— 50 Kreuzer betrug, und mit liem sogenannten Yerweben (dem HaohbesHern
•der bei dem Bleidien nnd AnsrOsten beschädigten Stolleu).
Nadi Seihwaben und Tyrol sollen naeh Ebel für Baamwollspiuneu, be-
sonders aber für das Besticken der Vonsieline, vor der AranzOeisohen Revolution
von St. Gallen nnd Appenzell jährlich 1 Million Gulden au Arbeitslöhnen be-
zahlt worden t^ein. l>ie Zahl der allein (\\r die st, gallische Stickeiei beHcbSftigten
Personen wird in einem KatbsprutukoU im Jahrtj 1773 auf GOiK) angesetzt.
£ioe bedeutende Ausdehnung erfolgte in den bOer Jahren, wo eine JUenge neuer
Ferggereien in Sehwaben errichtet wurden; um daa Jahr 1790 arbeiteten für
den Handel St. Gallens noch snverUssigen Angaben 30 — 40,000 Stickerinnen
^) Schilderung der Gebirgsvdlker der Schwau. Leipzig, 1798— 180S.
Sückerei
— 189 —
Stickerei
und in den gtfiMtigeten Jahren wurden bin 50«000 Sttteke gestickte Mottseeline
aoflgefidirt.
Die französische Revolntioti tind die napoleoDiFche Zeit mit ihren wechsel-
vollen Geächicken und Nachwirkungen lähmten den Schwung dieser IiKltistrie.
Mit der Kontineutalsptrre und der Schließung deü französischen Marktes ent-
stand an Stelle des früheren Wohlatanded und Ueberflusses völlige Verarmung
nnd Hnngersnoth. Einige Nahrung gewährten der kttmnerlieh fertiregetirenden
Industrie während den trübseligen zwei ersten Jahrzehnten dieses Jahrhundeita
die ßUdeuroph'ischen Markte und die Levante durcli fortwährende Bezii^^e von
gestickten Koben, Htil.s- nnd Ums-chlagtilciieri), laufen Schleiern mit gestickten
Burdüreu, weiU und bunt gestickter Mousseline für Turbane etc. Zur eigent-
lichen Bettung ans der Neth that sidi aber am Ende dieeer Drangperiode Nord'
omeriha auf Mit dem Bezug weniger Kisten begann dort um 1820 die Nachfrage
nach st. galler Artikeln, wuchs dann von Jnhr zu Jahr und brachte im Laufe
des dritten Jahrzehnts durch einen in's Massenhafte strebenden Begehr ein un-
geahntes neues Leben in die st. gallisch-appenzellische Stickerei. Den wichtigsten
Artikel bildeten zunächst die sogenannten Triangel, dieiecinge, in den Ecken
gestickte Monsseline-Halstttdber, thdlweiae auch von TbU, welcher Stoff fttr
dieeen Artikel zum ersten Mal in der Stickerei Verwendung fand.
Ein kcknischer Wendepunkt ti-at Hir diese Industrie mit den SOer Jahren
ein. Die Stickerei beruhte bis dahin fast ausschließlich auf der Anwendung des
sogenannten Kettensticbs. SehnupftUoher und Manobetten, Schtirzen, Roben nnd
Shawls, Weaten nnd Halsbinden, ebenao auch StOckwaare, wie Hille-flenra,
Bonquets, Ramages zum Möbel- und Zimmerschmuck etc., wurden sSmmtlich nach
dieser Methode, zum Theil mit f:;^roßer Feinheit und Kunstfertigkeit ausgefilhrt,
Air dieser Artikel liemächtigte sich vom Ki)de der 20er Jahre an allnrilig die
sogenannte Plattstichstickerei, die sich aus anfänglich wenig beachteten
Yersnchen einiger Bttrgersfrauen entwickelte nnd bald eine grolÜe Ansdehnnng
gewann. Sie wurde u. A. l ^sonders durch den Umstand begini-tigt, daß einer-
seits infolge Ausstei beiis der Handspinnerei, welclie weit und breit Tausende von
Personen beschäftigt luttte, sich ihr viele gewandte Arbeitshiij^df zur Verfügung
stellten nnd daß anderseits die Kettenstichstickerei sich unter dem Eintlusse des
massenhaften Begehrs von Amerika qualitiv bedeutend verschlechtert und daher an
Beliebtheit eingebüßt hatte. In dem Grade wie dies geschah, vervollkommnet»
sich hingegen die Plattstichstickerei und bemächtigte sich nach und nach der
meisten oben genannten Kleidungs-- und Modeartikel der KettenNtichstiekeret. Für
diese ältere Technik bürgerte sich, bezeichnend genug, bald «lie volksthUmliche
Bezeichnung Grobstiekerei ein, während für jene die Benennung aU Feinstickerei
entstand, nnter welchen Namen in der Folge jede der beiden Branchen ihre
eigenen getrennten Wege ging.
Mit der Plattstichstickerei wuchs infolge einer Erfindung vnn Cniira l Alt-
herr in Speicher ungefähr gleichzeitig die scgeuannte Plattstich(tv6rrc* heran,
welche die StUckwaaren des Kettenstichs, Mille-iiears und Bouqucts etc., imitirtu.
Dank der Billigkeit ihres Fabrikates begann diese neue Technik der Kettenstich-
stickerei auch ihren letzten Hanptartikol zu entziehen. DafUr begann sich dieser
das Gebiet der Vorhangstükerei fiir Fenster- und Mn1)el.schmuck zu erschließen.
Nene Bet-chäftigung an Stelle der verlorenen Artikel hatte sich der (irtdistiekerei
zwar schon in etwelchem Maße durch die vermehrte Verwendung von Tüll,
welcher Stoff sich f&r die Feinstiekerei nicht eignet, zu Halstttohern und Schleiern,
vid ferner dnrch die Fabrikation bunter, theilweise reicher Stickereien fttr den
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StidLerei
Stickerei
Orient geboten. Einen eigentlich nenen und großartigen Schwung verlieh ihr
aber erst die Hentellung abgepaßter, mannigfaltig, zum Theil 8ehr reich und
geschmackvoll g( mustprtpv und geformter F'enwtervorhiingc auf Tüll und ^fousseline.
IMeser neue Zweig dt-r Ktttenetichfitickerei hat nun wieder neine eigene Gescliichte
raaoben Aufblühen», großer VcrvoUkoinmiiuug in Zeichuung und Ausführung, all-
mSliger Tendenz zu MafiBenproduktion &uf Kosten QualitSt und endlicher
fiedrfingniß. Von zirka 6 im Jahre 1835 war die Zahl der bedeatenderen Ri-
-deauxfabri kanten bis 1866 auf 35 gcbtiegpii
In diesen Z('it[)uiikt, in welihcm bereits eine gewiss«^ Yrmarhlässigiing in
den Mtistern einznreiljen begann, lallt die Erfindung der in Furni und Prinzip
der Nähmaschine pich nalierndeo KdUm(i> haticknuischnie, die wohl zur Fabrikation
in grSfieren Uaanen und au billigeren Preieen, nicht aber zur Verfdnerung
des Artikels beitrag Die gestickten Vorhinge verloren daher ihr Terrain zu«
fiebends an die weit weniger noliden, dafür aber auch viel billigeren, dabei hikhst
•effektvollen und Hch"tii {rcnnisterten. gewebten Noftinfjhamer- Vorhänge, mit welchen
sie zur Htunde noch ira Kampfe liegen. Einen vorübergehenden Wiederaufbchwung
gab zwar der Yorhangstickerei in diesem Jahrzehnt die Brfindung der anßer-
-ordenüieh wirkangmllen sogenannten Spa^d^ekerti (mit neliartig ge-
Bpaniit< II Fädi-n in den durchbrochenen Stellen). Anfangs »ehr solid und mit
entsjM t u hendera Erfoli: betrieben, so daß sie dazu bestimmt schien, eine dauernde
Rolle zw spielen, wurde diese neue Technik leider in kürzester Zeit bis in's Ab-
surde verschluclitcrt und in den Augen der Konsumenten faat gewaltsam dittkrcditirt.
Zur Zeit hat diese Spachtelstickerei indessen durch neue Kombinationen (Ver-
bindung von Tüll und Mousseline) wied* r einigen Aufschwang erlangt und den
Nottinghamer-SpitzenvorhSngen einiges Terrain abgewonnen.
• «
*
Zu einer j?roßarti<jen Indu.^tric entfaltete f^ich die Platts«! ich- oder Fein-
stickerei. Ihre Produkte bürgerten sich bald besonders in Frank reicli ein, was
indessen nur durch einen von französischen Unternehmern wohl organisirteij Schmug-
gel möglich war, denn die hohen ZSlle veronmöglichten jeden offenen Verkehr. Große
Pariser Häuser ließen durch die besten Zeichner Muster anfertigen, schickten
von Paris und Nanry ans die mit iliesen Mustern bedruckten Stotfe als „.Stick-
böden" an st. galÜHchc und appenzell isehe Stickereige.McbKfte und empfingen dann
«chließlich das fertige Produkt. Es wt einleuchtend, daß diese Fa^onarbeit im
Dienste Frankrdchs nicht nur sehr lohnend, sondern auch sehr bildend war und
<las Gedeihen des neuen Industriezweiges tlberhaupt außerordentlich begünstigte.
Sein AufblUhen und den schließliehen Uebergang zur Masohinenstickerei schildert
Dr. Wartmann in den Hauptzügen wie folj^t :
,Die tecboisviie Fertigkeit besonders der inuerrhodiscben Arbeiterinnen in An-
eignung der verschiedenen Stiche, des Hahlens etc. wurde bald erstaunlich, und
während Frankreich seine Bestellungen auf MouclKiir> hutti-tts, ('.o\s, Mattchettcs, feine
Entredeuz und Bandes von Juhr zu Jahr vergrößerte, fanden die gleichen, immer reicher
Ausgestatteten Artikel Eingang in allen übrigen lindern und Plltzen der alten und
neuen Welt, so visW. der Einfluß ili r Pariser Mode reichte. Man wußte die Arbeiter
nicht mehr aufzutreiben und j-'nuidele eigene Schnipn. um ihre Zaid mOgliclisl rasch
zu vermehren. Auf Grund der neuen Industrie Icriifligte sieb auch der st. gallisdl-
appenzellische Handel nevier.lins?s. Du« fünfti« nnd -erliste Jahrzehnt ilelzleres bis zur
Krise von ISä/j unsere» Jalirhunderls werden ai?> eigentliche Bblthezeil und als Höhe-
punkt der feinen Handstickerei zu betracliten sein. Durch die Mode begünstigt und
olm»" prn«Jli<{ie Konkurrenz L iUen ihre viel bewunderten Produkte allüberall als un-
euibehrlicUer Zubehör der leinen Damenloilelte (die feinsten gestickten Mouchoirs und
CSols wanderten hftnflg als Briefemschluß nach Paris). Die reichsten und kostbarstaa
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Stickerei
— 191 —
Sstk-kere
Stickereien auf feiiieii leichten und diditen Geweben (Monsseline, Xanzouc, Tofle und
Battbte) zogen Frankreich uinl Eiii.'l.iii'I an sich; die größten Massfii verlin^'ten die
Vereinigten Staaten von Amerika. Auc li die tiluIiEiger Jabre iielk'n sich für die feine
Handstickerei noch keineswet^ ungünstig an; besonders kamen damals die gestickten
Krägen in Aurnnhino. Dodi bf/aDri sied <r]\on »U-r EinnuC der französi'-cli. ii Stickerei
TOD St. Quentin und noch mehr der auUerordentlicli hillig arheilenden ücholtischen und
sächsischen Stickerei fShlbar zu machen, die bei uns zur massenhaften Anfertigung
billiger un l onlinSrer Waare und «lamit zur Enlwerlliung der feinen Artikel führte, in
deren Krsttllun^' tlndi ^jcrade die Ueherlegenheit unserer Stickerei über die schottische
nind siii h-i><-lH.- Kriiikiirreuz beruhte. Zudem zeigte sich die Mode der Stickerei weni^r
günstig, indem sie !;ich wif><!»>r melir den Spitzen zuwandte. Ein allmäliger Rückgang
der ;>t. gallisch - appenzelli-i iit a Stickerei war nicht zu verkennen, und mit Hesorguiß
4tahen ihre Unsichtigst* -ti ViTlreter der weitern Entwicklung der Din^'>- iiit^'t i.'en. In
dieser pespannleii Lage traf die große amerikarii-i lio Krimis von lS"i7 uiis^ rc iniiorlirh
schon nicht iiielir recht gesunde feine Handstickerei uiul warf ihr islolzf- (n-bäude unl
einem gewaltigen Schlage in Tn'nnraer. Aus den 'I : i n: lern dieses linln-triezweigs in
seiner bisherigen Form erhob sich aber mit Maclil du schon lange im Stillen trepflegte
Erfindung der Maschinenstickerei in Plallstich, uelciic gerade um die Mitte der 50er
Jahre nach vielfachen Versuchen denjenigen Grad der Vollkommenheit erreichte, der
4ie nur allgemeinen £hiführung des mecbaniscben und fabrikmäßigen Betriebs befähigte
und damit eine rasche, gnindlidie Umwandlung und einen neuen, ganz großartigen
AuCschwuii;,' der uhcn noch unter der Ungunst der Zeit und Verhältnisse h-idenden
Feinsückerei einleitet«. Gewiß ist es richtig, daß gerade dieser Aufschwung der Maäcbineu*
«tickerei es der zu Bodra liegenden Handstickerei in Plattstieb unmöglich machte, sieh
wieder zu erliühn, und ihre bleibende Xl. dt rI a^je \i.IIendete; ebenen i irtiti;,' alier ist es,
daß Solches nicht geschah, ohne für das Verlorene mehr ak vollen Ersatz zu gewähren.*
Heate mag der Produktionawerth der feinen Handstiokeni höchstens 7* Mill.
Franken betragen. Die feine Handstickerei ist^ wie das Kanfmännieobe Direk"
lorinm im Beriebt über das Jahr 1 887 schreibt, kaum mehr als eigener Industrie-
zweig aufzuführen ,Ihre gtiten F^rzen^nisse sind tw theuer, um bei jedem
Wechsel der Mode wieder weggeworfen lu werden, Sie bleiben daher vernach-
lässigt und werden wohl in absehbarer Zeit gänslich vom Markte verschwinden;
Stt nnserm lebhaften Bedaaem, denn diese dorob Generationen überlieferte Kunst-
fertigkeit wird nioht sobald wieder erweckt, wenn sie einmal begraben ist, und
sie war sicherer vor Verschleppung ani andere Crebiete als jede Uandhabong
noch so komplizirter Maschinen."
Die tStickmaschine wurde schon im Jahre 1828 von Josua iieilmatin in
Ktibansen erfanden. Im Jahre 1829 erwarb ein Herr Frans Hange in 8t. Gallen
Tom Erfinder zwei Maschinen, wobi i ih m Letzteren die Verpflichtung überbunden
ward, seine Erfindung in der Schweiz und 20 Stunden um dieselbe ohne Er-
laubniß des lierru Alangt! uiobt weiter zu verkaufen. Haid hernach wurde die
Maschine Ueilmauu s aber auch nach Saclu>en verkauft, wo sich sj ater die Stickerei
in ShnKcber Welse wie in St. Gallen, wenn anoh in weit geriu^rerem Umfang,
entwickelte. Die ersten Maschinen, die nach St. Gallen kamen , erfuhren die
seltsamsten Wandlungen durch Besitzwcchsel und technische Umänderung. Die
Produkte derselben waren im Vergleich zu denj^ni^jen der hentig^en Maschinen
sehr unvollkommeo, so daß von einem geschäftlichen Erfolg lauge nicht die Hede
war. Der gensBBte Herr Mknge xicbtete «iie kldne Werksfltte vax Twnahme
Ton Verbesserangeii ein und setste sich aodi mit der meohsiniaoben WerkstStte
von Weniger & Cie. bei 8t. Georgen (heute eine Aktienge ellsc haft) in Verbindung.
Diese Firma erhielt von ihm unter gewissen Tledin^nnp^en das Keeht, ireilmann'sche
Stickmaschinen ebenfalls zu beziehen und auch für Drittleute auzulertigen. Die
Maschiuen des Herrn Maoge gelangten im Jahre 1839 an dessen Schwiegersohn,
Herrn Bardtolome Itittmeyer und damit an dasjenige GesehäftebauSf welches das
Tnrdienst hat, die Sttokmaschine naeb mehr als sehnjährigen Yerandien mit
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Slickerai
— 192 —
StKkerei
Beihtilfe des Mechanikers Vogler zuerst auf denjenigm Grad der Leistungsfähig-
keit gebracht zu haben, welcher erfordnrlieh war, wm die ProflnktH i iij^cntlich
marktfähig zu mafhen. Die erste Stickfabrik wurde vom Haust? Kitfmeyer
Antung8 der 50er Jahre errichtet; im Jahre 185G war die Zahl der Maschinen
ümm Hauses, die anillnglieh nur 12 betrog, berwU lutf 100 angewaobeen. Die
darauf fabrizirten Stickereieu begegneten swar iminer noch einer großen Zurück-
lialtung und manchen Vorurtheilen, machten aber immerhin Hllmalig vit le Ge-
schäftshäuser aufmerksam. Zunächst sah sich die oben angeführte Manchincn-
werkbtätte St. üeorgen veranlalit, ihre alten Modelle wieder hervorzuholen und
za. yerbesaern. Mit den y<m ütr geliefarteo Masohinen wnrde nach und naok
von 1852 an der Qmnd an Teiaohiedenen Fabriken in der Stadt nnd im Toggen-
burg gelegt, die sich rasch erweiterten, während das Haus Rittmeyer seinen
eigenen Weg verfolgte und in den 60er Jaliren auch das Problem des Dampf-
betriebet) der Stiokmaschine löste, aber ak Geheimniß bewahrte.
Das erste Gbbiet, in welchem die nenen Stickereien in größerem Maße Fall
an fassen vermochten, waren wieder die Vereinigten Staaten von Nordamerika,,
also das^clbf^ Gebi( <!as auch den neuen Produkten der KetteCHtichstickerei, den
Triangclu < tc., Anfangs der 20er Jahre zuerst Aufnahme gewährtf und damit
den fifjiMit liehen Wiederanfschwung der durch die Drangsale der zwei ersten
Jahrzehnte gelähmten und darniedergclegenen st. gallitichen Stickerei - Industrie
überhaupt bewirkt hatte. Im Jahre 1853 erschien nKmlich sam ersten Male der
Hambarger S. Hamel als Einkäufer eines New- Yorker Hanses in St. Gallen und
wagte e«*, die ersten Masehineristiekereieii tinter dem Namen „Hamburghs'* auf
den amerikaniHcheu Markt zu bringen. Der eig< iitl iimliche Name wurde gewählt»
am Konkurrenten über die eigentliche Bezugsquelle des neuen Artikels irre zu
führen. Der Absatz mehrte sich yon da an erheblich und damit aoch die Zahl
der Fabrikanten und Masohinen. Zu dem riesigen Umfang, welchen sie in der
Folge erlangte, wäre aber dennoch, wie Dr. Wartmann urthcilt, die Maschinen-
stickerei mit Plattstich wahrticheinlich nie gelangt, wenn ihr nicht die Erfindung
der Nähmaschine Anfangs der tiOer Jahre zu Gute gekommen wäre. Diese
erleichterte nicht bloß im Allgemeinen die mannigfaltige Verwendung von gestickten
Einsätsen und BcbStzen aller Art, sondern rief auch eine gans neue Fabrikation
von feinem Weißzeug hervor, welche fUr die Entredeux und Bandes, die all-
mälig zum Hauptfabrikat wurden, eine mas?etiliafto Xaehfratre veraulaßfe. Mit
der Einwirkung der NHliuia>ehiiitj verbim l sir Ii die Oelinuug de.s Imh auhin durch
hohe Zölle verschlossenen englischen uiul französischen Markts in Folge der
HandelsvertrXge vom Jahre 18fiO, um der neuen Indnstrie einen neuen mBchtigen
Schwung zu verleihen.
Die Sticksllihle hielten naeli und nach selbst in TTuttcn atif dem Lande
Einzug — nicht ininu-r zum Vurtheil der ländlichen Unternehmer, die selber
meistens nicht viel von der Sache verstanden, sondern mehr oder weniger auf
die Redlichkeit nnd Saehkenntniß der angestellten Sticker angewiesen waren.
Die Stickerei dehnte sich außer der Stadt und Umgegend von St. Gallen sehr
ra^ch auch im Toggenbnrg nnd Rheinthal, im Appenzellischen und in den Kan-
tonen Thurirau uml Zürieh, sowie namenrüch auch im benachbarten önterreiehi-
schen Grenzgebiete des Voraibergs aus. Die Gesammtzahl der Maschinen in der
Schweis stieg von 10,237 im Jahre 1876 auf 18,990 im Jahre 1889.
Außer den Bandes nnd Entredeux (Einsitze), welche auch heute noch die
große Masse der Stickerei&brikate biMi haben im Laufe der Jahre eine Reihe
mehr von der Mode abhingender Kebenartikel eine voräbergehende, tbeilweise
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Stickerei
— 193 —
Stickerei
aber dennnoch sehr bedeutende Rolle gespielt, 80 nanipntlich gCKtickte Roben,
Ueberwürfe ^All over«), Volantes, CravatteOf uainentlicb die su^en. Lavnllieres,
SehllriMi, vd% UeUUfitdeo gesti^te G«loiie, Kinder-^XMtiimeri, Moowtiohetioliei^Mi
ete. etc.
Dit^se Artikel wurden zam Theil farbig auf weißen iiDd fitrbigen StotTen
gestickt, wobei neben der Baumwolle auch Wolle und Seide einen bedeutenden
Autheil haben.
Beeondere Erwähnung verdient die Tttll- und Spachtelatickerei und die sog.
Lnftetickerei. Die Tflllatiokerei , deren Hanptartikd rohe nnd farbige Ueber-
würfe zu farbigen Damen k leidern (die obengenannten All overe) sind, kam um
1880 in Sm lisen auf und bildete sich dann auch in 8t. Gallen zn großer Be-
deutung mit Hiilft' <!pr von dfr Hpnhie stickenden, soni'eiKuintfn HdiitVlimuhcbine
au», ging über iti Folge aulialteiider Ueberproduktiun und Uuauuitüver.schlechterung
nach wenigen Jahren fast gKnalieh ein. Die Lnftstickerei entstand am 1883;
sie beuteht aus 8pitzenartiLr«-i' Stickerei auf h-iditLMi Seiden-^ WoU* oder ailob
ganz leichten BaumwolUtotiV'n, d e nach di iu liesticken weggeätzt werden, eo daß
nur ein netzartiges Gespinnnt übrig bleibt, da« bei sorgfältiger Ausführung sehr
wirkungsvoll ist. Durch allmälige YerschlechteruDg verlor auch dieser hervor-
ragende Nebenartikel, der an die T^hnik der Maitcbineoatiokerei die btfchsten
Anfordemngen stellt, die Gunst des kavÜMiden Pablikama.
Die rasch wechselnden Modeartikel sind das eigentlicb bildende und er-
zieherische Element, in welchem sieh P'rtiTidtinfr^geist und Geschmark in jeder
Hinsicht frei betbätigen können und die Stickerei vor dem tecbniseben Verfall
bewahren, während der ständige Haupt- und eigentliche Maseenartikel in unver-
mindertem Ibße Absatx findet und die quantitative Bodentang des Indnatrie-
aweiges der Maschinen^itickerei aufrecht erhSlt.
Einen großen AnthiMl an der Erhaltnn;,' dieser Landes -Industrie hat seit
einigen Jahren der Stickereiverband der Ost^chweiz und des Vorarlbergs.
Anhaltende Ueberproduktion und Uualitätsverschlechterung hatten in der ersten
Hälfte der 60er Jahre einerseits den Absatz in stets sunehmendem Maße erschwert
und zur Ansobwellung großer I^ager der Stapelartikel geftihrt, anderseits auf
die Dauer unerträgliche Lohnverhältnis-;p r^fHchaffcn. Um dieiiem bedroliliclu n
Zustande des Industriezweiges ein Ende zu machen, vproiniirten sinh im Sf)miner
des Jahres 18^5 die Eiozelsticker , Fabrikanten und Kautieute zum genannten
Stiokoreiverband, dem sieh nachher aitch ein Sehwesterverhand in Sachsen mit
dem gleichen Ziele zur Seite stellte.
Es wurde eine allgemein verbindliche Maximalarbeitszeit und ein Minimai-
Stichpreis fe>^tf,'esetzt, wozu sich später noch dio Aufsteünng eint-.s Fachschieds-
gerichtes und eines Mustersohutzreglemeuts , l iner Verkaufüstelle für lictuur-
waaze etc. gesellte. Dem httohst thatkräfitig geleiteten Verbände traten in knraer
Zeit fitst sXmmtliehe Maschinenbesitaer des schweicerisdien und voralbergischen
Indnatriegebietes größtentheils freiwillig, theilweise zwungen bei, indem die
orgnni«atorische Grund bestimmung des Verbände-; jedem Mitirli' d nntcr.'-a;^!. mit
Arbeitern und Arbeitgebern, die dem Verbände nicht angeliüreu, iigtu*! welche
Beziehungen zu unterhalten. Diese großiirtige Vereinigung, die heute 13,369
Hitglieder zählt nnd 21,702 Maschinen umfaßt'), bewirkte schon im ersten Jahre
die gewünschte Verminderung der rruilnktinü der Massenartikel und bessere
Preis- and Lobnverhältnisse. Der Verband steht beate in großem Ansehen and
') Außerhalb des Verbandes stehen Ende 1888 nur SOS MasehinenhesiUer mit
S6() Maschinen.
Furrer, Volks wir UuchafU-Loxikon d*r SelmreU. 13
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Stickerei
— iy4 —
Icker ei
luit bn jolik der Indiutiie der Oitaaliweu nnaohitibare Dienste geleistet. jBr
Übte «nob einen moralischen Eii^aß auf andere Indnittriesweige ans nnd er-
muthigte z. B. namentliob an der Grilndang der F4d£ration horlogice in der
Westüchweiz.
Aeltere Ver<liet)8te um die Stickerei der Oatticbweiz hat daij Kauf-
männische Direktorium ia St. Gallen durch die moralische und pekuniäre
ünterottttsnng, welehe es von Anfang an Erfindungen nnd YerbeesernDgen aller
Art, der Erridltang nnd Krhaltuiif? von ZeichnungHschnlon, Nachstickerschulen,
MuhtersamminDgeii etc. lieh und durch die seltene That kraft, mit welcher ob die
Interessen der Stickerei beim Abschluß vou ll!indt-l.<verträ^en. hm internationalen
Anständen, bei Gesetzesberatiiuugeu etc. vou jeher zur Geltung brachte.
Das Hauptabsatxgebiet für Stickereien, namentliob für die Hassen*
artikel derselben, sind immer noob, wie von Anfang an, die Vereinigten Staateo
von Nordamerika; ihnen zunächst folgen England und, beeondeze für {einera
Waare und die Modeartikel, Frankreich.
Als ivuhätotfe konunen haupttiäohlich Tüll und MouüseUne fiir die Ketten-
■tiebstiokerei, Cambric, Henseeline and Jaoonat für die PlattBtiobiitlok«rat in Be-
tracbt. TttU nnd Oambriiß wurden Irtther fast ansecbließlidi von England be-
sogen ; heute werden diese Stoffe, namentlich Cambric, zu einem namhaften Theile
von itiUiiidiscltt'n Webereien geliefert. Die Ciimbricweberei hat sich iiameütlich
im Kauton Zürich au Stelle der verminderten ErHtellung von BaumwoUzeugen
anm Bedrucken entwickelt. Die verwendete Mousseline ist fast auuüchließlich
einbeimiaebes Fabrikat; ebeneo das nStbige baumwollene Stickgarn, sowie die
Stick^eide und die seidenen Grundstoffe.
Die Stickmaschinen werden faHt i^ämmtlich in den Kantonen St. GaHrn,
Tburgan und Zürich fabrizirt. Es werden meistens Plattstichmaschinen vo - -^-iiier
Etage verwendet; die ia Saclueu vorwiegendeu Doppel maach inen {2 uud luühr
Etagen) haben in der Schweis wegen ibrer sobweren Handbabung wenig Eingang
gefunden. Die weeent liebsten Verbessrrun^'en, welche im Lanfe der Jahre an
der Plattaticbstickniiischine ungcbrüiht worden Hin], waren fschweizerische Er-
findungen, HO namentlich der Bohra pprirat nud der Featonapparat, welchen die
Kasühiuenstickereien die eigenartige Mannigfaltigkeit der Muster und vielseitige
Yerwmdbarkfiit verdanken. Die von der Spnble «tickende , Schiff limaaobine* ist
die Erfindung des Meobanikei^ «Gröbli" und wurde epeiiell in den Werkstltten
von J. J. Rieter & Cie. in Winterthur, Saurer & SHhne in Arbon und Muitini-
Tanner in Frauenfeld kouKtruirt und verbessert. Das Proldem des Dampfbetriebs
der Stickmaschine ist, wie bereits erwähnt, schon in den »jUcr Jahren von der
mehrÜELch genannten Firma Rittmeier in St. Gallen gelöst, bis heute aber geheim
gebalten worden. In neuerer Zeit soll der Dampfbetrieb in selbetändiger Weise
auch von der oben erwShnten Firma Saurer konstmirt worden eein, doch iat
derselbt uoch nirgends praktisch ausgeführt.
Die Kettenstichmaschine ist nrrspriinglieh die Ertiudun^' de*« Franzosen
Boissonnas, wurde aber allmälig nach den verüchiedensten, ein- und mehrnadUgeu
Systemen modifisirt.
Bedauerlich ist es, daß die Maschinenwerkstätten, durob ihr momentane*
Selbötintere8.se getrieben, in der Schweiz und in Sacli.sen ihr möglichstes thun,
um die Stickmaächine auch in anderen Landern emzubürgenj. Haben auch die
bisherigen Versuche, die Maschiuentstickerei in Frankreich, in England, in den
Vereinigten Staaten, in Bußland, Italien etc. einaaftthren, zu keinen grolien nnd
bleibenden Erfolgen geftthrt, so bildet doch der Ibscbinenexport eine atXndige
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Stickerei — 195 — Stickerei
-Gefaiir, welche ia dem Orade wächüt, als die Maschine vervollkommtiet und die
nothwendige Bedienung danh Menaeliftiihaiid dabei erleiditert nnd rediudrt wird.
StatistiBchee. Die Zahl der dnreli die Stiolcerei beflchiftigten PeTsoDea
betrug zur Zeit der eidgenössischen VolkuShlaiig von 1880 36|698 (vgl. den
Artikel ^Imliisn-it*'). Dan Resultat der neueren Volkszählnng von 1868 ist im
Jiomeot der Drucklegung dic«ps Artiki ls noch nicht bekannt.
Die Zahl der Maschinen iu der TlaUätichstickerei betrug
im Kanton
1882')
1886
1887
1888
1889
. 9,168
11,119
11,998
11.917
11363
. 2,293
2,669
2,671
2,730
2.781
. 2,482
3,506
3.5ä!
3,588
3,658
. (?)
790
SOG
854
874
- (?)
118
119
im
92
. (V)
. (V)
12«
120
IIU
122
Uebrige Kantone . .
71
116
134
110
.(U.033)
18,405
18,675
18,751
18,990
Vorn r! barg . . .
3.566
ä,646
3,794
2,809
Bayern
41
31
93
33
Württemberg . .
*
Sl
95
97
95
21,043
21.377
9U95
91347
Anafahr von Stickereien in den Jahren 1885 — 1889.
S^Mh der ichwoizpiisolicti \Vaun'nv(>rkphr8«tuti>itik.
1885 1886 1887 1888 1889
ICettenstickstiekeraien ... Fr. 5,793.844 5,709,000 4,078.976 4,440,5»9 7.351,698
BesaUartikel ,76,647,471 79,187 000 80,827.756 76,011.041 Tf) (;()-2.079
Tüllstickereien ^ 731,976 1,511,000 664,359 716,3il 602,977
Hodeartilcel und Roben . . « 5,135,495 3,19D/)00 1^48,179 4,543,948 6,971,948
Feine Handstickereien . . , 218,391 959,000 186,2.37 3i :5 ?<!ä2 343.291
Leinensückereien, iall. .Spitieu . , 16:^,073 114,800 163,158 18Ü.J79 265,172
Seidenstickereien , 1,099,223*) 79.5,000 984,715 l,887,,5r»7 4,«27.244
WoUe09ticker«ien, iikL Sfitan . , 284,622 250.000 146,263 293,685 »)852,1.30
Fr. 90.(X)4.<>28 91.i:^8.0rK) SS,S9S,'.)43 88.423, -247 I>i,r).3'.)
Die '^roCiii DirtVrenz zwi^rhen den Wn-thsinninen V'.n lö89 und den frühem
Jahren aoil nach dem Urtheil äachverstäudiger haupt«ächlich darin beruhen, daß
im Jabre 1889 die WerAddclarationen (infolge neuen Tedkbren) >ioht% oder
AonSherad riobtig» in den frttberen Jabren hingegen sn hoch gemaobt wurden.
Aaafiibr Ton Stickereien im Jahre 1889.
Nacli il' r v< iiwoizoriiscb«a WiumaTwkaluaatatMIk.
K.4tensticbstickereien IV. 4.190,ir)S 912,155 180,777 2.0r,s,3o8 7,351.698
BesatzarUkel 34,727,560 14,661,687 4,954,568 16,358,264 60,603,079
Tai)9tiekereien . . .
M 1 iitikel und Roben
Feine Haudslickereien
Leinmatidiereien . .
Seidenstickereien . .
Wollenstickereien . .
59,569 999,969 76,517 174,656 609,977
1,540,3.54 2,691.956 799.147 1.240,191 R,271.948
34,687 13,896 196,942 97,766 343,291
34,385 95,719 111.007 98,971 965,179
511,436 2.412,375 1,23S.495 664,938 4,827.244
30.212 432,637 19*i,4.3r. 192,846 .S.V2.130
31.128,344 21,44-2.977 7,7.")3.978 20,791,240 M.110..'j39
') Mach den Annahmea von Konsul Herrmann Schlutter zum Zwecke einer schweize-
riicben Industriekarte filr d!e sehwdraisdie Landesausstellang von 1883.
Die Zahlen pro l>v^() S9 -in l len JahresNorirliten des Zentrah ci li.mdes der Ort-
äcbweiz und des Vorarlbergs entnommen. Sie gelten Je für den 1. Januar.
^ Spitaen mbegriffen. Ohne Spitxen.
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Stickerei
196 —
Strafhausarbeit
Atttfuhr von Stickereien nach den Teiwinigten Staaten von Nordamerika in deik
Jahren 1864 — ^1889, nach der amenkaniaohen KonenlarHtatiHtik.
Fl.
Fr.
Fr.
1871
10,2U3,787
ll.4;)7,t74
1881
90,059,905
1866
3,936,138
1879
1889
98,439,798
1867
iH7n
10,85^;?^)
18S3-
31.2-i7,r.(il
1868
1874
16,403,314
18S4
29,766,806
1869
3.896,701
1875
15,9t9.S19
1885
33,169.541
1870
6,961,403
1876
lt,5>io,roi
1886
35,024,181
1877
l(>,19.v»02
1887
32,908,184
1878
16.690,107
1888
30,428,a51
1879
is,92:ir,;!r,
1889
81,508,008
1880
22,549,195
Slrafhttasarbeit. (Mitgetheilt von Herrn P. Bei eben in Zürich.) Seit
einer Reihe von Jahren wird von Seite de» Handwerkerstandes lante Klag»
crhobcu Uber den schädigenden Einfluß der Stfafhauarbeit auf die Exifttenz und
Konkurrenzfähigkeit des freien Arbeiters.
Thatsache ist, daß auf Handwerk nnd Gewerbe ein .sehwerer J)niLk laustet,
als naturgemäße Folge einer gänzlich veränderteu Zieit- und (Teschmauksrichtung^
nnd einer durch die gewaltigen Fortiebritte der Technik, der Yerkehrsmittel»
sowie die Allgewalt des Kapitals ▼6Uig umgestalteten Frodnktionsweifee. Es ist
daher VollstKndig zu Ix-^^reifon und rechtfertigt stoh als ein dem Trieb der Selbst-
erhtiltnni» ZMznsehreilifiuiiT Akt der i^othwehr, wenn ^gen die Bt , infrächti-rung-
der iVfii'ti Arbeit durch dw Konkurrenz der Zwaiiix-iubrit, als ciiicii Kainpl mit
völlig ungleichen Waffen, EinKpruche erhoben und zum Minderten uut Abhülld
der griSßten Mißstände gedrungen wird.
Nun aber stehen sieh hier swei bocbwichtige Faktoren gegenüber. Auf
der einen Seite die Pflicht des Staates tind die wirthschaftlicbc Nothwendigkeit,
Gevvi-rbe und H.iriflwerk in siiiuT Exi.striizlx-rerhtigun«» zu schntzf^n und vor
weiterem Niedergang zu hi waliren, auf der unclern St-ib- aher das unabweisbare
Gebot, die mit der menschlichen GeselUchaftaordnung iu Kollision gcrathenen und
daher ihrer Freiheit seitweise heraabten Individuen mit produktiver Arbeit au
beschäftigen.
Um nun einigermaßen nach beiden Seiten Gert « litigkeit üben und eine
Ver^;»h^l^Ii2' der sich widerstrebenden lTitereH«en herlieiiiiliren zu können, f^iveheiiit
e^i al» nuthwendig, daß untersucht wird, inwiefern die Klagen des Handwerker*
Standes wirklich begründet sind, worin die Schädigung besteht tind welche Qe-
werbsxweige namentlich unter dem gerügten Uebelstande au Inden haben, ander»
seits aber aucbt ob wirklirli die Strafarbeit der Detinirten, ohne Verletzung der
Strafprinzipien, in einer \\ ciüe regulirt werden kann, daß sjp anfhört, die Exi-
utenzl'ähigkeit de« ehrlichen, freien Arbeitern zu beeinträchtigen. Kh ist wohl
anzunehmen, daß auch hier wie so oft in andern Dingen der Autuiühuunghiiunkt
in die Mitte gel^ werden mnß in dem Sinne, daß snvBrderst die Konkarrena
der Strafhausarheit gegenüber derjenigen des freien Handwerkers in das wahre
Licht gewtellt tind nicht nach einzelnen ZnrMÜigkeiten und Mißstimmungen ge-
würdigt wird, anderseits aber, wo wirkliche Uebplsätiinde sieh zeigen, die Duti-
nirtenarbeit ho regulirt oder umgestaltet wird, duij »ie ihren schädigenden Cha-
rakter verliert.
eradieint als unabweisHche Ptlicht der StaatsbehSrdeii) diese Prttfnng der
Yerhnltnis^'^ v r/tinfhnien nnd wonttthig eine Aeuderung resp. Aufhebung der
Mißstände zu veranlassen.
:Strafbau8arbeit
— 197 —
Ölralhausarbeit
Die auf die vurliegeude Frage bezüglichen Klagen des Handwerkerstandes sind
^wed»r neu, noeb etwa auf mwer kleiDes Land beschrftnkt, im Gegentheil, sie
■flind längst in viel höherem Maße in unnorn großen Nachbarstaaten in allen Ton-
arten zum Ausdruck gelangt und, wie bei uns, Gegenstand eingehender Erbebungen,
Prüflingen, Erörterungen gewesen. So hat z. B., gedrängt durch fortgoKetzte
Klagen der Gewerbetreibenden, bereits im Jahre 187Ö der deutsche Handeistag
«daFQh eine SpenelkommiaiioD eine EnqiiSte vennBtaiten Lüsen, um Uber den Ein*
£nß der Gefilngoil»arbeit auf den freien Gewerbebetrieb aiek volle Klarheit in
verschaffen. Das Ergebniß dieser Erhebungen war jedoch kein so ganz be-
fripdiirendes, wenn auch eine vielfache Begrllndr-thL'lt der Ehigcn konstatirt werden
konnte und Beschlüsse gefaßt wurden, die auf Beseitigung gewisser Lebeistände
•abiielten, im Großen und Ganzen aber auf andern Voraussetzungen und Verhält-
aiiseen bemben, ale wie ue bei une vorkommen. Weit sohlimmer etebt
•ee in Oesterreich, wo der Mißstand geradezu kraß genannt werdin kann. Die
Gewerbetreibenden erhöhen im Jahre 18s,') einen wahren Nothruf in Wort und
Schrift, in Versammlungen und amtlichen Eingaben an die Staatsbeliörden. Ein-
gehende üntersuchu Ilgen lieferten ein trauriges Bild von Begriti's Verwirrungen
und Korramption, von einem Eonkurrenskampfe der traurigsten Art, der binter
Mauer und Eiegel gegen die freie Arbeit geführt wurde und sieb von der primi*
tirsten Handwerksarbeit bis tief in die Sphäre de^ feinen Kunstgewerbes hinein
■erstreckte, so zwar, daß an gewi*^en Ansstellungen wahre Kunstwerke hervor-
ragenden Banges ausgestellt wurden und ihren Inhabern Bewunderung und Lob
•elnbraobten — ohne daß v»n ahnte, wohet ne etaBunten.
Solehe Uebeletitnde eind natttrlieb nar in einem großen Staateweaen rnftgliob,
-wo ungeheure Gentralgefängniaee taueende von Detinirten umschließen «nd Uber'
dies Verhältnisse obwalten, in politischer, sozialer und sittlicher Beiiebung, von
•denen der freie Schweizer für gewöhnlich keine Ahnung hat.
Was in Deutschland und Oesterreich den Nothruf erweckte, ist der fabrik-
mäßige Betrieb einzelner Gewerbszweige, sei es durch die Strafanstalten selbst,
ee dnrdi Verpaehtung der BKame und Einriobtnngen und d$r ÄrheUakräfle
^ gewimiBtiditige üntenehmery die anf dieee Weise in den Stand geeetst werden,
•Mn billiges Produkt in Masse anf den Markt zu werfen nnd den Lobn des ehr-
Jicben freien Arbeiters auf einen Hnngerlohn herabzudrticken.
Wenn nun anch von alledem bei uns nichts zu finden ist, m liegt es nichts-
destoweniger in der moralischen Pflicht und wirthäcbaftlichen Aufgabe des Staates
und aller maßgehenden Organe, dem üebel anch da entgegensntreten, wo es sich
:im Kleinen findet. Es hat daher in richtiger Wttrdignag dieser Ansehaunng
der Schweiz. Gewerbeverein beschlossen, durch eine womöglich auf die gesammte
^Schweiz ausgedehnte Erhöhung den Kinfluß der Gefängnißarbeit auf den freien
•Gewerbebetrieb zu erforschen und an Uand de» gewonnenen Materials der Frage
näher zu treten, wie allfällige Uebcktünde dauernd und ohne Beeinträchtigung
•der beiden Faktoren beseitigt werden kSonen,
>7^*: Der „Schweis. Yerein für Straf* and Geftngnißwesen*, dem eXmmtltche
Schweiz. Strafhausdirektoren angehöien, hat berate in seiner Jahresversammlung
in Freibnrg im September IHR 7 die iierechtigung vieler Beschwerden des Ge-
werbestandcs anerkannt und den Willen zu möglichster Beseitigung fler ITeb»«!-
stände kund gegeben. Die iiesolutiouen, weiehe in der erwähnten Versammlung
-«uf Grand aiuffihrlieher Bsiarate kompetenter Mi^lieder geüsßt wnzden, sielen
4ahia :
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straf hansftilwit
— 198 —
StrafhftttBarfaeit.
pEs soll die inilustriolle Arbeit in Regie oder für lUchnung der Besteller unter'
Leituini staallicher Ange.-<telller ges<chehen. Wenn außortrewöhfili< Iie Uui<irinil<' (lic Ver-
gebung an einen Unternehmer nölhip machen, so sind die VWiktührur vua der liigie-
rung zu bezeichnen. Es soll ferner die Konkurrenz der Strafanstalt mit den freien Ge«
werben so viel aJs mögtich vermiedea resp. gemildert werden, indem der UersteUang-
Ton GegenMllnden, welche m den vom Staate unterhaltenen Anstalten Verwendung
finden, der Vorzug ;.-rlien wird. Die Art der Arbeil soll ver^'Lieden und auf eine
große Zalü von Märkten vertbeüt, der Lobn des gefangenen Aibeiters annähernd auf
der Rohe desjenigen des flreien Arbeiters fehalten werden. Jede Besch&ftigungsart der
Gefangenen wird urn -^o besser sein, je mehr die Möglichkeit bietet, die Aufgabe
der Stral'aostaiten zu erfüllen, weiche darin besteht, die moralische Umwandlung der
Strafgefangenen herbeiztifDhren und deren individttdler GeschicUidilEeit Rechnung zu
Ira^'^n. daß <s den?(M!>en nach Veilinß\infr der Strafe mO|^ich wird, selber durch
Arbeil It ii lit ihren l'iilerhalt zu erwerben etc.*
Wenn solchergestalt von Seite der Strafhau^organe ein Entgegenkommen-
gezeigt worden, «o 1»t «• Ahu loliweii. Geweitevttrdii angezeigt geaehienen,.
auch aoineiBeits vom Gewerbeataad yanchlXge aar Ahatallnnf der garVgten Uebel-
•finde an verlangen and diea^hen la begutachten.
Was nun die Arbeit der Strafge&ngenen hetrifit« so aerföllt dieselbe zu-
nächst in AbtheiluDgen : in Landtoirihschaß (filr das eigene BedUrfniß der
Anstalten), in Lohnarheit (z. B. Teppichklopfen n. d^l.) und in Gewerbebetrieb,
aubgedtihut auf alle möglichen Bemfisarten. Immerhin wird der größte Theil dcr
Detinirten dem Strafiiweoke entspreehead innerhalb der Anetaltimanem beschäftigt,
da die Landwirthschaft dnrcbschnittUch liidit sehr viele Individuen beachKftigeik
kann un«l dif Lohnarheit weder eine ausgedehnte noch im Allgcin<?incn nutz-
briugeude ist. Von den auf 1. April 18H7 in 25 Schweiz. Strafanstalten vor-
handen gewesenen 1721 Detiuirten wurden nur 471 im Freien besobtUtigt, die
ttbrigea 1350 sKnimtlidi im Inaera der Anstalten. Weberei, Tisehlorei, Sefanaterei,.
Schnttderei, Sattlerei, Wagner-, Schmiede- und Soblosserarbeit, Bachbinder- und
Cartonagearbeiten, Strohfleohterei, Kt^rbflnchten und Holz^ipalten, sowie bei den
weiblichen Detinirtcn die Hansfjeschafte, Waschfn, HliittfU, Nh'hen und Put7:en,
bilden überall die Uauptbeachättigiitig. Naturgemui» wird in allen Anstalten zunächst
für den eigenen Bedarf gearbeitet, allein es liegt auf der Hand, daß Oberall die-
TotalitXt der vorhandenen Arbeitskrifte weit Uber die tnm ßgenbedarf nöthige
Arbeitsleistung hinaosreicht and deßhalb für eine ])Ienge Hände, die nicht nutz-
bringend d. h. produktiv beschäftigt werden kftnnen. Arbeit von Außen be«ichafit
werden muß. Dies könnte auch dann nicht vermieden werden, wenn man den
Strafzweck ganz allein im Auge behielte, ohne Rücksicht darauf, daß sich eine
fltrafkostalt so wmt mOglioh aelbst erhalten sollte.
Es liegt nnn avf der &nd, daß a. B. in der Weberei, Sdinsterei, Tisohlerei
und namentlich Bachbinderei uteta KrBlte übrig bleibeu, die iii« lit zum eigenen
Bedarf mehr verwendet werden können. Da bleibt natihlieh der Verwaltung
nichtH anderes Übrige, al^s itbcr den Eig**nbpdarf hinaus zu produ/iren, d. h. in
Begie arbeiten zu lassen und die W^aare zu verkaufen oder Kunden zu suchen,
die auf Bestellung arbeiten hissen. Aaf diese Weise tritt dann die Strafurbeit
auf dem Arbeitsmarkt in Konkurrenz mit der freien Arbeit; wcgleitend sind
Preiswürdigkeit, Solidität und £leganz der Waare. Das eigentliche Kampfmittel
ist der Prei«. Nnn nber hat die Strafanstalt einen mächtigen Vortheil. Ihre
Arbeit darf in der Kegel den Anspruch auf Solidität erheben und zwar sowohl
hinsichtlieh der verwendeten RokaatMialieii als anoh der Zaaammensetaang; an
den Produkten gewisser Arbeitsawdge fehlt auch die Elegant nicht nnd der
hanptBiohlichste Punkt ist die Möglichkeit, biUiger an arbeiten, als dieaea der
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— 199 —
StrafhAUiwrbeit
fnie Handw«rk«r TeniMg, «it dm das looile Leben ganz andere AmprUehe
eieUt. FttUbar wird diese ätrafhausarbeits-Konknrrens sameist nur iu der nSchsten
TJmgebnn^ (hr Anstalt fStadt und Stadtbezirk) und ganz besonders in denjenigen
Füllen, wo gewiüMe Arbeiten auf dem SubmiHsiooswege Ter^^beQ werden uod die
Aiiet^lt »ich glaubt daran betheiligen zu müssen.
Empftndliek wiikt die Koaknrreu der GefXognißarbeit anoh dort, wo es
sieh in gewissem Sinne am eine MaKseniiroJuktion handelt, wie z. B. bei Car- ►
tonagearbeiten, Papienlütf'n Schulheitefabrikation u. dgl. und wo eine Menge
geringe Arbeitskriitte, d. h. zahlreiche Hände Detinirter, die zu wenig Anderem
tauglich »iod, noch Verwendung tinden können. Bei größefn Anstalten, die eine
Henge Ludividnen umschließen^ welcbe bei den spesiellen IBbuidwerken nieht
nnteraabringen und deßhalb ab ttbeischttssige Arbeitskräfte zn betraobten sind,
iat es unabweislich noth wendig, entweder gewifwe Artikel in Regie auf Vorratb
zu verfertigen nnd an Private oder Gpschäftslfnte abzusetzen, oder aber derartige
Aufträge von Kunden aufzusuchen und augzutübren. Beide» ist nur dann möglich,
wenn der Preis des abzusetzenden Frodnktes oiut der Arbeitsbhn fttr die aus-
mfabrMide Arbelt Seitens der Anstalt nicht hSher bemessen wird, als dies von
Seite des freien Arbeiters oder Produzenten geschieht. Im Gegentbeil, der Wnnseb
im Strafhauüe arbeiten zu lassen oder Arbeitserzeugnisse ans demselben zn be-
xieheo, stützt sich zumeist, wenn auch nicht ausschliefilich, darauf, daß dort
billiger gearbeitet werden könne.
IMes ist nnn in der That der Fall, da die Strafarbeit nv>ht Erwerbssweek,
sondern hauptsächlich sittlicher Zweck ist und eine Men^ Faktoren, die bei der
Preisberechnung der freien Arbeit in Berechnung fallen müssen, hier keine An-
wendung Hnden. Allerdings sucht jede Strafanstalt vom staat.^ijkonomischen
Standpunkte aus ihren Erwerb so hoch als möglich zu steigern, um die Zuschüsse
dee Staates yerringem zn helfen, aber sie mnß nicht nothwendig den Arbeits-
werth der Detinirten auf die gleiche Höhe bringen mit dem ijbeitswerth des
freien Arbeiters. Handwerkers oder Gewerbetreibenden. Die b^tgeleiteten An-
stalten ergeben für die WerkHtätten- und Zellenarbeit nur einen mäßigen Ver-
dienst per Individuum und per Tag. Während z. B. die beiden Genfer Anstalten
per Kopf und Tag nur 5 — 10 Rp. erzielen, Waadt 56 Rp. nnd Freibnrgs
KorrektioiiiaiistaU 40 — 60 Rp., iMriagt es die Anstalt in Baselland auf 70 Rp.
bis Fr. 1. 80, Bern-Stadt auf 80 Rp., Freiburg-Zuchthaus auf Pr. 1, Liizern
anf Fr. 1 Tessiu auf Fr. 1, Zürich auf Fr. 1.08—1. 10. Aargan anf Fr. 1.09,
Wallis auf Fr. 1. 20, Thurgau auf Fr. 1. 20—1. 50. ^t. (^alhii auf Fr. 1. .^3,
SchafFhausen auf Fr. 1. 49, Basel auf Fr. 1. 50, Uri auf Fr. 1. 50, is'euenliurg
anf IV. 1. 74 nnd Sehwya anf Fr. 2. 60 durcbsebnittlich. Die bevSlkertsten
Strafanstalten erzielen im Dnrchsobnitt kanm Fr. 1 per Kopf nnd Tag. Daraus
ergibt sich denn auch von selbst, daß der Verdienstantheil eines Detinirten, also
das, was ihm auf den Tag seiner Freiwerdung gt;wis-crniaüen als Ersparniß aus-
bezahlt werden kann, gewöhnlich nur gering ist und beim allerbesten Arbeiter
im günstigsten Falle SO Rp. per Tag nicht ttbefstefgen wird.
In der Schweis ist die Beeintriditigttng des freien Gewerbes durch die
Geföngnißarbeit nicht im entferntesten so fühlbar, wie in den Nachbarstaaten.
Großer fabrikmäßiger Arbeitsbetrieb findet nirgends statt nnd ein Herunterdrücken
der Arbeitspreise dnrch billige Kegieerzeugnisse oder Arbeitslöhnung kann im
0roßen nnd Gamm nudit koostatfart werden, so wenig als dw yereinzelte, ge-
wissermaßen nothgedmngene Betheiligang an SSentlidien Sabmiasionen schwer
«npfanden werden dtti^. Daß an einaelnen Orten UebelstKnde Torkommen
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Strafhaimrbeit
200 —
Stnßen
mögen, kann nicht bestritten werden. Ucsomlcrs b.nachtbeiligt fühlt ^]rh ;uif
einzelnen Plätzen in der Nähe von Strafaiistalteu das Scbreiiierhamiwtrk, die
Scbuhmacberei, tbeilweise aucb die Tucbwaaroiifabrikatiun und ganz besonders
die Bnchbiad«rei mit Gonvertfl« und Dttteofabrilution. . Die Klage riobtet rieh
Hpeziell gegen den Einzelverkauf fertiger Waare an Private, gegen allzuni^drige
Preise im Y< rhiiltniß zur Solidität der gelieferten Arbeit, die oft LedLiiteml unter
dem Marktpreise »tehon und bei der letztgenannten Brauch»" namentlich auch
gegen die vertragliche Uebernahme dauernder Lieferungeu zu wahren Schleuder-
preiMD.
Btranfnfilbrikation. Je ein Geschäft in Bern und Bnripdorf.
Strassen. (Zum größten Theil verfaßt von Herrn Dr. Traugott Geering.)
(Vgl. den Artikel „Alpcnstraßon", sowie die Artikel über die einzelnen Straßen,
ak: Albula, Axen, Bcruhar<lhi, Beruiua, BrUuig, BuUe-Boltigeo, Fiuela, Furka,
Landwaaaer, Lakmaiiiery Herligen - Neuhana, OWalp, Obere Strafie [Jiitier und
Haloja], Ofenberg, Bapperswyler'Seedainm, St. Bernhard, St. Gotdiard ete.;
Gewässerkorrektionen.)
Kin Rückblick auf die Rntstehuni; des lieutigen Straßenwesen« hat vor Allem
Klarheit darüber zu »chatfcu, daß diu großen heutigen Bahnlinien ganz ebenso
wis die Hauptverkehrostraßen früherer Jahrhunderte fast durchweg den römischen
Straßenanlagen folgen. Liegt doch allem Transportwesen das gleiche Bestreben
zu Gmnde, die kürzesten und leichtesten Verbindungt^n 1lerzu^^tellen. Hierin ist
aber nie wieder so viel Uebiuig und Sicherheit entwii ki It worden, wie von den
Feldherren and Proviozialverwaltungen d<-r rÄmischen Kai^erzeit.
1) Hömerstrui^u.
Die Haaptrerkehrflader der SchwetE war bis sum Bau des Gotthardtnanela
die Straße vom schwühi-^clKMi Meer nach Südfrankreich. Parallel der Richtung
des Gebirgs zog sie «ich von Bregenz und Arboii über PTyn, Winterthur, Baden,
Windisch, Ölten i^AarbrUcke, Oensingen), Solothurn, Tribay (bei Büren), Aarberg,
Avenches, Payeroe, Entreroches, Sarra und Xyon nach Gent, üur von Windisch
bis Oensingen und vom Payeme bis Kyon war dieae Linie nicht zugleich HilitSr*
Straße. Die heutigen Abweichnngen des Verkehrsetromee verdank«! die Städte
Ztlrich und Lausanne erst ihrer kirchlichen Bedeutung im Mittelalter. Das später
gegründet»' Bern vermochte nur mit Mühe ireg-^'u Knde des Mittelalters einen
Theil des .schweizLrischen Verkehrs von der Hauptstraße abzulenken
Die Verbindung der großen mittelschweuserischen üoute mit dem Rheine
(Attgst, Kerns, Straßburg) wurde durch die Millt&rstrafien Uber den Bölsberg
und über den obern Ifauenfiti iu lu ii^trstcUt. F>ine wichtige Linie ging von Windisch
aarabwärtt« naoli «b in vcrki hr^i < ielien Zurzaoh. welchen '-•■ine Bedeutung aK Mark
und als Rheiniibtjrguug i r>t <lur<'h die Verkehrsverschiebung der Fi^enbahneu in
unst'rm Jahrhundert verluren hat j von da Uber Schieitheim etc. nach Kottenbarg.
Von Psyerne ftthrte eine Militärstraße nach Moudon, Vevey und Uber den
großen St. Bernhard; eine andere umgürtete das ganze Nordtier >b s T.eniau,
wäbiriHl 1 ine dritte von Lunsanni' aus-, dip Handelsstraße bei Entrcroches kreuzend,
über Orbe und N'nllorbes, oder Yverdou und äte-Croix nach Pontarlier, Besan^on
und Langre« fUhrtH.
Von den Nebenwegen der Westsehweis verdient der Simplon sowie das
reichverzweigte Straßennetz der Waadt und d>>^« Seelandes Erwähnong (Avencbes).
Von Biel führte eine Linie durrh die Pierre-Pertuis naeb Delsbcrg und Pruntrut,
um bei Delle auf die groÜe Ueerätraße von Kerns (bei Basel) nach Besan^on
einzumünden.
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Straßen
— 201 —
Slraßen
In d«r Otttadhwtts waren die linien BadeB*Zllrich-Sargftii»-Chttr und Sargans- ■
Bheineok von etweloher Bedeutung. Die große Heerstraße dagegen führte rechts-
Tlieiiiitich vüu Bregf-nz, wo sich die Linien von Salzburg iinil Ang-Hliiirg trafen,
nach Chnr, vun wo aus bämmtliLhe vier Bündnerpäuse nach Italien olleu stuurien,
ivie denn überhaupt alle heutigen AlpenHtraßen außer dem Gotthard auf
Beste des römischen Unterbans und am S^timer beute noch «ichtbar : «Die
Fahrbahn nntenoheidet siob von der heutigen nur dnrch ihre geringere Breite
(2y2 — m ), war jedorh im Uebrigen meist solider als heute. Sie hatte durch
viegs einen wohlgepflasterten, leichtgewölbten Unterbau auü großen Steinen, welche
mit lagerichteten Bandsteineu eingefaßt waren. Alles zusammen bildete einen .
fotten, beinabe nnMratBrbaren Verband. Anf diesen Unterban wurde eine feine*
meistens mit thonhaltigem Sand ald Bindemittel vermischte Kiesschiebt aufgetragen
und festgeHtainpft, wie dies noch heute hei den makadamisirten Straßen der Fall
int. Es bildete sieh hiedurcli eine feste und glatte Oberlifiches, von dpr das Wasser
ablief und welche daher i«tetä trocken blieb. Freilich ist im Laufe der Jahrhunderte
die Kieedeeke vereebwunden.
«Die Anlage (da.s Trace) der römischen Straße im Gebirge war die, welobe
man auch heut(- wieder bei Birg-traßen immer mehr als die beste und zweck-
mäüigt^te erkennen lernt. Sie wurde selten und nur in Nothfallen tief in den
Abhang eingeschnitten, vielmehr luögiichist ma demselben herausgetragen. Sie
folgte den wun^iren Lagen der Berge, schmiegte sieh dabei dem Terrain an und
vermied grofie ^nialtLberglnge. Hiednreb wurde die Unterhaltung anfierordentlieh
erleichtert. Es kamen viel weniger Zerstörungen durch Abrutschung, durch Wild-
bäche und durch Steinsehlaf» vor, als dies heute zum Theil infol<re der Abholzunj^
der Fall i(it. Die Kehren waren namentlich am Septimer sehr bequem, schön und
eolid angelegt Auch war für die Waseerableitung neiet gut gesorgt, woyon
am Bernharden noch Spuren ▼orhanden sind. Ebenso finden sich noch «ahlreiehe
Meilensteine nnd anob Wegsäulen aU W^pireieer bei bohmn Schnee. " (Bavier,
die Straß<»n der Schweiz, p. ö — 7.)
Das beredteste Zeugniß für die vortreffliche Organisation des Verkehrs im
römischen Weltreich ist die römische Postkarte mit eingezeichneten Distanzen,
die sog. Peutinger^seht TaftU von welcher n. A. auch die Berner Bibliothek ein
Exemplar mit der Jahrzahl \v.)?, hewahrt. Der die Schweis betreffende Tbeil
derselben ist bei Bavier als Tafel II reproduzirt.
2} Die Straßen des Mittelalters
Ueber die Zeit der Völkerwanderung ging mit der römischen Frovinzial-
wirthsehaft bei dem Stoeken jedes Yerkehrs ancb die regelrechte Strafleabanknnst
der Römer verloren. Die Straßen des Mittelalters glichen auch in der Ebene
vielfach breiten Saumpfaden, welche jedes Jahr neu ausgetreten und ausgefahren
werden mußten. Noch mehr gilt dies von den Alpenpässen. Hier war in der
Schweiz bis in unser Jahrhundert von einem Wagen verkehr überhaupt nicht die
Rede. Das Sanmdiier war das einzige Vehikd. Die ttlteste FahrstnUSe Uber die
Alpen ist die Ober den Hont Genie, erbaut 1758 ; die erste in der Sdiwe», der
Simplon (1805 ff.), verdankt ihre Bahnung nicht einmal dem Verkebrt>iiitertHHe,
sondern gleich den rttmieeben Anlagen der milit&riaohen Staatsraison des fransö-
eiüchen Diktators.
Im früheren Mittelalter waren großer St. Bernhard und Septimer die b»*
Uebtesten AlpentthergKnge überhaupt. Etwa seit der Wende des Jahrtausends
tritt neben dem leliteren der bequemere Brenner stärker in den Yordergmnd,
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Strafien
—
Int endlicli im Laufe <les XIII. Jahrhundert« im Gotthard die kürzeste Liuie
zwi?5cheTi Mailand und dem Rheine erkannt wird. Die Bemühungen des BiHchofn.
von Chur, den Verkehr am Septimer fefätznhalten, seine Zolkrmüßigungcn für
Zürcher und Luzemer Kaufleate (127ti und V2dO) mögen uns die Zeit der
regeren Bontttemig des Gotthud bMeiohaen; von da bu smn Ban des TanneU
lind es genaa 600 Jahre. Die wirthschaflliche Regaamkeit« der materielle Auf-
Schwung in den WaldstXtten gewinnt an Bedentung als Hintergrund der gleich-
seitigen politischen Vorgänge: die Eröffnung eine« neuen nicht römischen Alpen-
passes steht in der Wirthschaftsgeschichte ebenso einzig da, wie in der politischen
der glückliche Erfolg der eidgenössischen Freiheitskämpfe.
Umgefthr m derselhen Zeit (1272 und 1291) snehto der Bisoliof von Sitten
den oberitalieDischen Verkehr nach den Rhein und nach Frankreich über den
Simplou zu leiten urv] '-ielleicht auf diese Weise den Verkehr, den der Gutthard
nothwendig dem St. Bernhard entzog, seinen LSndern zu erhalten. Aber ohne
dauernden Hrfolg. Es scheint, al« sei der Simplou, da er nicht südnördlicbe
Biohtnng hat, rasch toii seinem Zwillingebrader, dem Gotthard, todt gemacht
irorden.
Splüjren, Maloja und Julier, obgleich alfe Römerstraßen, lagen im Mittel-
alter brach. Die beiden letztern hat erst unser Jahrhundert wieder zu Ehren
gezogen. Dagegen erfreut sich der äplUgen scbuu seit mehreren Jahrhunderten
der eorssamsten Pflege seitens der Osterreidaisehen Yerwaltasg. Seine Sperrung
durch die Spanier im XVII. Jahrhundert kam neben dem Gotthard haaptsächlich
dem Bernhardiu zu gut, der zwar schon längst bekannt und begangen, aber bisher
durch Septimer und SplUgen in den Schatten gestellt war.
Im Ganzen kann der Stptimer, vom XVII. — XIX. Jahrhundert der Spliigen
als der schwäbische, der große Si. Bernhard, seit dem XIII. Jahrhundert der
Chtthard als der rheitUsehe Paß Oberitaliens beieiehnet werden, wKhrend der
Verkehr mit Venedig Uber den Brenner, sum Theil auch über Besahen und Arl«
berg ging
Die spezitisch eidgeuössifeche AljTenRtraße war der Gotthard. Wie er mit
der Kidgeno-ssensebaft zugleich seinen Ursprung genommen, so erfreute er sich
durch alle Jahrhunderte hindurch in besonderm Maße der Aufmerksamkeit der
Tagsatsung, um^omchr, da die Lande jenseits^ die ^ennetbirgischen Vogteien",
unter gemeineidgenössischer Verwaltung standen Tind die .\bgeürdüeten Jahr für
Jahr nicht umhin konnten, auf ihrem Kitt den Weg aus eigenster Anschauung
kennen zu lernen.
KBchst dem Ban der TeofelHbrtteke und der CTmgttrtung des Silcbbergs
durch eine hölzerne Galerie („stäubende Brücke*) sind die Meliorationen üria
und der Eidgeuosseukcbaft bei Dazio grande am ^Platifer" (Monte Piottino) und
am Trniser Stalden im XVI. Jahrhundert hervorzuheben. Üa« Umer Loch wurde
erst im Jahre 1707 durch den Kilchberg gesprengt. Und erst 1Ö20 — 1830
wurde der Gotthard fhbrbar gemacht
Die Tenfelsbrlloke wird uns schon im XVI. Jahrhundert so geschildert, wie
sie wohl die Meisten von uns noch gesehen haben: «nicht über 5 oder B Schuh
breit, ohne Lünen oder Nebenwänd", wns ditmit erklärt wird, daß das Landvolk
alles Bau- und Nutzholz, „was sie in der Wildurseren (Ander)natt) nud Hospital
brauchen, die Schöllenen hinauf Uber die Brücke schleifen müssen'.
Die monehen Trümmer dieses altehrwilrdigen Zeugen von der wirthsohaft-
liehen Entwicklung de» Landes, und was mehr, von der höchsten 3Iachtentfaltung
der £idgenossei}iohaft im XV. und XVI. Jahrhundert, verdienen der Nachwelt
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Straßen
2ü3
Strafen
erhalten tu bkiben. Ueber sie laihm floh jen« Sohaaren ergub^en, die den hentigeu
Kanton Teesin der Eidgenoaaenaehaft enrarben nod in sahlliMfen Kämpfan imd
Gre&hreD behauptet haben.
Im flchweizeri§chen Vorderland war, wie bemerkt, die Ilauiitverkehnjader
die Bonte vom Bodenaee zum Crenfersee, mit ihren nördlichen Zugäugen : von Ulm
bar Uber Zanada nach Brugg, Uber Sobaffbaosen nach Zürich; vom ELsaO (der
EomloMimar der Sobweiz) und von Basel ber, eineneita Uber den Bützberg nach
Zürich, anderseits Uber den oberen Hauenatein. Der nnlere Hauenstein, der die
Hauptroute bloß kreuzt, verdankt sein Emporkommen erst dem <T ttthard verkehr
im XIII. Jahrhundert, dem er ftussi'hlieülich dient lieber die Strecke Zürich-
Zug, sowie die Sust in Zug handelt da» Zuger Neujahibblatt 18t56.
Ein wiebtigea Sküek mittelalterliehen Straßenweaena lind die Brücken-
bau ten. Noch am das Jahr 1200 existirte von Konstanz abwärts bis zum
Meere keine L-iuzigo RheinbrUcke. Um 1225 bat diiiin der Basier JUschüf Heinrich
von Thun die alte, bis in die letzten Jahre ein-'i^^p Basier Brücke er.-<tellt und
damit die wirthsohaftliche Bedeutung Basels Murkt, als Verkehrsgelenk der
linke- nnd rechtarbdniaoben Wirtbschaft^gebiete erat recht begründet 1300 — 131 &
folgte die RheinbrUcke von Schaffbaaaen, bald darauf (1347) wird die von Laufen-^
bürg erwähnt. Und auch die 1300 m lange ZUrichseebrUcke bei Kapperswyl
wurde bereits 1358 — 1360 dnrch HerzAn^ Rudolf IV. von Oesterreich erbaut.
Drängte der schlechte Zustand der ätraüen den Verkehr ohnehin auf wenige
Oinptrouten inaammen, so war er vor Allem aadi die ünaclte der atarfcen Be>
ntttsBDg der natttrlioben Yerkdirawege, der Waaaeretraßen. Nirgenda e»
sehr wie darin dokumentirt sich die Anapmoba- und Bedttrfnißlosigkeit des mittel-
alt*'r)ir,hen Verkehrs: der Rhein vom Bodensee, die Thür von Weinfeldrn, die
Limmat vom Waliensee, die Renft von Luzern, die Aare von Thun an waren
im Mittelalter regelmäßige Verkehrswege.
Die Sehwierigkeiten des Rbeinfalla bei Sobaffhaosen und der Stromeehnellen
TOB Lnofenbarg überwand man durch Beförderung der SchitTslaMt per Wagen bia
zu einem unterhalb g:ele>:eneti I/adeplntz. Die leeren ScbilTe wurden in ähnlicher
Weise Jiber Land geschleift", dur<b den Laufen w(<bl auch durch die sog.
„Laufeukneciite'* (je 15 oder mehr auf jedem Ufer) an zwei Tauen thcils im
WiMeiTf ÜNih Uber die Klippen emporgehoben, durdi die gefthrliehe Stell»
hindnrchge.scilt.
Die Schiffe hat rnau ^ich lang und schmal, dabei sehr fest mid beträchtlich
größer zu denken, als die hente üblichen. In Lanfenburg verkehrten Glarner
und WaUenstadter Schiffe von 70' Länge, Tiefe und 300—500 Zentner Trag-
knfl; dfeBaakr Sebiib waren bia m 100' lang und bia V tief, ibre Tragkraft
bia 1000 Zentner (00,000 kg) nnd sie erforderten fünf bia eeoha Maua
Bedienang.
Die Wasserwege dienten hauptsächlich der Thalfahrt, während man aufwärts
vorwiegend ritt resp. säumte. Der Wagenverkehr war hierzuland der wenigen
fahrbaren Straßen wegen äußerst bebchränkt, diente jedoDfaUs nur dem Waareo-
tnnaport. Wagen für Penonenbefbrdemng kannte man kaum. Beiaen und Seiten
iat dasselbe Wort, und au< dem atarken Gebrauch der Pferde erklärt sich die
große Red( utnng g^ewisser Verkehregewerbe im Mittelalter, wie der Boßteuaoher^
der Haischmiede u. dgi.
3) Straßenweseu der ueuereu Zeit.
DnrdigrNfDiide Aenderuugen braehte erst jener allgemeine Anfbohwnng dea
Vorkebra infolge der Entdeckungen, welcher — yerbnnden mit doi geistigen^
Strafien
— 204 —
Straften
zum Tbeil «ozialen ümwBkungen doroh Buchdruck nnd BafomtAtion — dffin
XVI. Jahrhundei^ so große Aehuliclikeit mit dem XIX. verleiht. Der eteigende
Wohlstand erweiterte in ungeahnter Weise den Kreis der Bedürfnisse. Es ist
4ie Zeit der HeoaiRsanoe. Die Behaglichkeit, an die man sich im gemeinen Leben
gewShoti forderte mtn ancb auf der Reise. Bei Gesunden ond Kranken wurden
Baddcaren und Semmerfrisehen ein alljXhrlidiee, als selbetreretindliob wieder^
kehrendes BedttrihiO. 1555 sehreiht der OberetsKÜcr Jörg Wickram sein Boll-
wag^nbüphlein, d. h. es existireu nicht nur periodische Fahrverbindungen, die
fcog. Landkutttcben, meist von Wirtben nnd Metzsrern organisirt, sondern bereits
auch Rei.Helektilre zum Zeitvertreib. Den gesteigerten Anfurdeningen de« V^erkchr»
«ber kamen Dank dem Anftchmug von Handel nnd Wandel in gttnstiger Weise
Termelirte Zolleinnahmen der einaelnen Territorien entgegen. Man yergleldie
Attch die KtTtstehung des Postwesen« im Artikel Post.
Seit dem Ausgang des XV. Jahrhunderte wird vovfiebmlicb dem Gotthard
<lie HorgtmmHte PHege zu Theil (siehe oben). Daran ochUeUt sich im Norden die
Fabrbarmaehuug der beiden Hanenateine (149H/I563), im Süden die Verbeaseron^-
projekte fttr den Monte Ceneri (1588, 1590, 1596), der aber naoh wie vor
«Is ein „gächer und böser Berg" gilt.
Auch im BtraOenweNpn der scliweizeriftchen Ebene mvl FortHcbritte l»eraerkbar,
die sich jedoch vorerst mehr nur in einer reichlicheren Verzweigung des StraÜeu-
netsce knnd thun, wthrend es alleidings mit der Qnalitiit dieser Straßen noeh
eehlimm genug bestellt ist. Die Tagsataung muß sKnimtliche Orte wiederholt (1569,
1;'>71, 1583) mahnen, die Wege bes^ser in Stand zu halten, Stauden und Aeste aus
<lcn Strnt'ifn zu hauen u. 8. f. Aber (■cbon der ünifitand, dviR die-* bemerkt und
gerügt wird, zeigt, daß im Verkehrswesen eine neue Zeit mit neuen Bedürfnissen
«DgebrochcD ist.
Dies Inßert ddi u. A. auch im BrBokenbau. 1541 wird die Brücke von
Lanfenborg anf steinerne Pfeiler gesetzt durch einen Werkmeister ans Brugg
im Aargau. welcher sfdrhe „kilnstliebe Brücken" auch über dit- Aare pemaebt
batte. Als hervorragendes Werk der Brürkt tibaukunst galt auch der mächtige
bteiijerne Bogen (134' Weite) Uber die Hhone bei St. Maurice. ALj erste Ent-
enmpfnngsarbeit mag der Dttnnemkanal erwibnt werden. Er wurde 1537
<laroh die BUrger Ton Ölten ansgeftlhrt und es wurde dadurcb yiel nnfruohtbarea
Land verbessert.
Dank den vermebrtt-n und verbesserten Wegen und Tran?jportmitteln wurde
im Personen- wie im Güterverkehr des XVI. Jahrhunderts die 8chidsfracht zumal
auf anaem reißenden sobweizeriscben Str&men durob den Landverkehr mit Wagen
nnd Pferden verdrSngt. Man bentttit die Wasserstraße nar noeh, wo sie der
irehirge w* gi rj die kürzeste und leiebteste, oder wo sie vollkommen -vidier und
bequemer ist. als dfr I^andtransport, uanientlich auf Seen. So wird auf dem
Budensee anno l.'>79 jeden Donnerstag ein Fracbtschitf zwischen Buchhorn (Fried-
richshafen) und Konstanz eingerichtet, während der Hheio unterhalb Sohaffhauaen
last nnr noeh snm HohcftSßen bentttst wurde wie hentautage. 1609 taueht datin
ein Projekt auf, den Rhein vom Bodensee bis Basel zu regulir» n durch Sprengung
der F»>l-en im Kheitifall, im Lnnfen- und im Höllenhak- ii Aber ohne Erfolg.
Von dem Projekte <les sog. Kntreroches-Knnals ''l>i37) zwischen Neuenburger-
uiid Geufcrsec wurde nur ein kleines Stück (öOal KUttter) bei Yverdon aus*
geführt.
Der stärkste Verkehr in achweisarisehen Landen entwiekelte sieb vom XTI.
big inm XViU. Jahrhundert jeweils auf den Zursaebermeasen. Namentlieb vom
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Stratieu — 205 — StralSea
Vereriaiuurkt wird ücliuu im XVI. Jahrliuudert gt^tiihiut, er bei „eiu iierlicher
und in der EidgenoaBenscbafl der grOste Jahrmarkt, da gar niSchtig viel Volk»
hinkommt und eine stattliche Summa Waaren ans England, Niederlande Frankr«
Lothringen. Burgund, Italien und gans Deateehland hingeführt und verhandelt
werden".
Der dreibigjäbrige Krieg, so sehr er in i>eutscliland allen üaudel und
Wandel l&hmte, Termoehte dem eohweiaerieohen Verkehr nur wenig Jffintrag tu
thnn. Grimmebhausen*« SimpIioierimiiB glaubt sich, wie er den neutralen Sohweizer-
boden betritt, in ferne Zonen, nach Brasilien oder China versetzt. Denn «da
sähe ich die Leute in dem Frieden handien und wandten, die Ställe stunden
voll Viebe, die Baurn-Uöif lietfen voll Huuer, Gäns und Endteu, die StniL'en
wurden eidker von den BSisenden gebraucht, die Wirthshäuser saßen voll Leote^
die deh lustig machten ; da war ganta keine Foroht vor dem Feind, kmne Sorg
yor der Plünderung und keine Angst, sein Gut, Leib noch Leben tu verlieren }
ein j< ilt^r lebte .'sicher unter seinem Weinütock und Ft i^'t'iibamn, und zwar, trj^pen
andern Teut.schen Ländern zu rechnen, in luuter W'ulluttt uml FtlmuI. iilso dal',
ich dieses Land vor ein irdisch i'aradis hielte, wiewoln es vou Art rauch gnug
an eeyn aohiene*.
Dagegen riefen die politischen Verhälti i - Oberitaliena au Anfang des
XVII. Jahrhunderts wichtige Verschiebungen im Alicnverkehr hervor. 1603/4
sperrte Fttentes durch den l?au seiner Fcstiintr die Bundner Pässe vollständig ah.
Die nothwendige Folge war, daß sich der gesammte Personen- und Güterverkehr
dem Gotthard zuwandte, was die Tagsatanng durch den Bau der GravedonaetraOe
vom Gomeraee naoh BeUinzona (1608) noch weeentlich untersttttzte. Als nun
die Schwaben znm Ersatz für den gesperrten Septimer und S] lügen den Bernhardin
zu ktiltiviren begannen, forderten die ftitif inneren Orte lf>2.') L*t'. den Strnüetjzwiing
für den Gotthard. Die Tagsatzung emptahi ihnen statt de»'sen Herabsetzung
ihrer internen Zölle und enti^rechende Erhöhung des Zolls zu BeUinzona auf vier
gute Batzen von jedem eehwSbieehen Sack, der Uber den Bemhardin geht. Dae
spanisch-rhK tische BUudniß von 1039 gab dann den Verkehr Uber die Büudner-
päshC wieder frei. Weitere Acnflernngen fanden im XVTII. JfilnlmndLrt >tatf,
indem nieli der büudnerische Verkehr durch künstliche Zwangsmittel Oestreichs
vom Septimer ausschließlich dem SplUgen zuwandte.
Vom Bpfttem Mittelalter bis in unser Jahrhundert gelangten die bttndnerieohen
Fürleiti (Geleits-), Stull- und Sustenrechte (Ladstellen) in den Besitz der sog.
Portensgemeinden, welche da^ anssehlii Tdiche Recht de> Transports von Waaren
und Reisenden in Anspruch nahmen und dafür den StraC.tMmnterhilt besorgten.
Derartige Porteusgemeinden bestanden am Ende des XViii. Jahrhunderts noch
14, nSmlioh: 6 auf der untern Straße von Cbur bis zur Teesinergrenze, 4 auf
der ohem Strafe von Oiar bis Bergeil, 2 Uber den Bemina, vom Engadin nach
Puschlav, 2 von Chur bis Maienfeld. Völlig erloscheji sind ihre Rechte erst
durch den Bundesbeschluß von iRfU, nachdem sie gegenüber der Churer Speditions-
gesellschaft von 18 eine bedeutende Lockerung erfahren hatten.
4) Der moderne Straßenbau«
Bei allem Bisherigen haben wir noch nicht an kunstgereohte, makadamisirte
Straßen im heutigen Sinn oder auch wie ^ur Riimerzeit zu dei kt n Der moderne
Straßenbau der Schweiz beginnt überhaupt erht im Ittzt'n Jahrhundert. Allen
voran ging Bern (1740 tf ), dessen altes Patri/.ierregimeut seiner ^Groümachts-
politik" in den prächtigen Baumallccn des Stadtgebiets wie in den stolzen Straßen-
hauten des Kantons dauernde Denkmäler gesetzt hat. In erster Linie sei erwähnt
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SlraCeu
— 206 —
die impoeacte Anlage des Aarganentaldena mit 33 m Breite, mäum die Stnßen
nach Thun, Bnigdotf, Solothurn, Biel (-BsmI), Eirohberg^HeRogenbiteheee*HDrgen'
tbftl (-Zürich: lO^-^lS m Breitu), endlich die Wegebesserangw iu den Unter'
ihaneiilaiiden : Horgenthal - Lensborg, Sarthal • Aarbttrg und Hoadon-Yverdon,
Moudo u - Vt; ve y , Cull y-Oron .
Das Beispiel Bern»« fiind in mauelien Kantonen Nachahmung. Aber weitaas
-ditt meisten heutigen «Lftndstraßen* Terdanhen ihre Entetehung erst unserm Jahr-
Imndert. So nüimtitlich alle Alpenstraßen. Zwar befuhr den Gotthard schon
anno 177") ein Kngländer. Allein vr brau<-hte dazu 78 >fnnii Be<]ieming, welche
sein Fuhrwerk mchrmalB aiweinandeniehmeu und tragen nuiUten. Das Abenteuer
beweist somit mehr für den britiHcben Thatendrang aal dem G-ebiete des Berg-
aporta, ala ftr die Fabrbarkeit des Gotthard. In der That war derselbe gleich.
<den andern «Reicfasstraßen* über die Alpen bis zom Anfang dic^eH Jahrhunderts
nichts weiter aU ein Saumpfad, der ganz wie im XIIT. Jahrhundert nur mit
B Zentner (150 kg) Last pro Thier begangen wurde. Dies schließt nicht aus,
daü angebende Spediteure auä Basel, Luzem oder Mailand bei den Patres des
Ootthardhospizes eine vortreffliche Handelssdiole darchmaohen konnten (siehe
-Gethe, «Dichtung und Wahrheit," Buch 19).
Die große ümwXLcting im StralSenbaa der Alpen verdankt die Schwei«,
wie Eingantrs bemerkt, erst der Frunzosenzeit. Der Simplon, erbaut 1800 flP.,
ist nicht nur die erste, soudern auch die nchnnste nnd kostbarste aller schweize-
rischen AlpenstraUen. Ihr sind in don zwanziger Jahren die Hauptrouten, Gotthard,
Beruhardin, SpUigen und Julier gefolgt, während die übrigen Linien erst in den
■aediaiger Jahren erstellt wurden.
Für den Ban der großen l^dnerpSsse war die Vereinigung der Erifft«
-entscheidend, welche der Churer Speditorenstand anno 1818 vornahm, indem er
eich als Aktiengpsf'llschaft kon»titnir*f' Di«" GdttLanlstralU' verdankt ilifc Durch-
führung hauptsächlich der Förderung durch Basier Kapital, wie sie denn auch
baupt«iichliih dem Verkehr Italiens mit dem Rheine diente, während den Bttndner*
pKsaen derjenige mit der Ostschweix und mit Sdiwaben anfiel. Den sUrksten
Waareuverkehr weist von den Ründnerpässen nach wie vor der Splügen auf
(185G : 271,000 Zentner), während Maloja nnd Julier mehr nur bei übermäßigem
Waarenandrang als Supplement lür ihn dienten. Seit dem Bau der Mont r.pnis-
und der Breunerbabn, vollends seit Erötihung dos Gutthavdtunnels, schmolz der
Waarenverkehr aller dieser Pisse rasch ansammen nnd es trat seither der Peraonen-
transport (Gotthard 1876: an die 70,000 Personen} umsomehr in dtn Vorder-
grund, als mit den erleichterten Reisegelegenbeiten der Touristen- und Fremden-
verkehr nngi ahnte Dimensionen annahm. Ihm vor Allem danken die zum Theil
nur in westöütiicher liiobtung verlaufenden sekundären Linien der sechziger Jahre
ihr Zustand^ommen. Hitfolgende üabernoht mag den Gang der Entwicklang
illuatriren :
Bkopcrtod«
LtagB
Breite
Bottkovlen
Fr.
Bettende
L jRbr« 1S76
m
Bimplon . .
Bernhardin .
Splü^jeu . ,
1800-1806
IS 18 is-vj
1S18 ibIS
9750,000
733,000
:«).20ö
13,081
19,191
69,517
•iOlO
Ä)G7
ill7
2287
1811
21U
»)4700
103,0 5,0
123,7 6,0-7,5
r384,(X>0
4*400,000
(iottbard. , . . 1810—1830
£tUlseiioch . . . 18i0— I8ä&
I) OMterreichlieh-italleniMb.
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Straßen
— 207 —
Bauperiode
Lang«
km
BMfte
m
Fi
i. J«br» 1676
m
Albola ....
isoo —
1500
40,6
3.6 -4,Ä
9,874
2313
4 Cef
97,0
4.«
454,500
6.900
BprninH ....
1 V 1 0
t OAl.
40,:?
r,4 1.000
5.265
2:tt0
18fi7
77.4
4,:i-0,0
1 »iöO.UUO
2,675
2430
Obenlp ....
I86:J-
mi
31,7
4,8
638,000
11.866
9063
Axenstraße . . .
1860-
18<)4
11,1»
6,0
•)or).o<XD
Ofenpaß ....
1871-
1.S72
40..S
3,6-4,2
4Ui!,;j(M)
2148
Lukinanier . . .
1871-
1877
r,i,3
4,8-6.6
1,985,000
1917
BrQnig ....
1858-
186-2 73
.')l.7
r.,3
y,")4,0i)0
ii4,288
1004
Landwasser . . .
1871"
1873
;;,6
5ai,ooo
Bulle-Boltigen . .
IST-J
1877
32,5
4,8-6,6
1'4 17,000
1606
Merligen - Neuhaus
18h;i-
1884
8,i
4.8
507,300
Nirht minder reichÜch hat sich im Lanfe des Jahrhunderts, deti geringeren
Scbwierigkeiteit eiiUpreuheud, der Bau guter StraUen im Thal- und Uügellande
«uflgedelmt. Direkte Anfragen bei den kftBtonaleii Behörden haben zu folgenden
Mittbeilungen geführt (wo nach dem NUMD des Kantons der Buohatabe B steht,
ist die Angabe dem W erke Bavior's entnommen, mangele direkter AnAnnft von
Seite des betretfenden Kantons) :
1} Xiänge der kantonalen Straßennetze, ohne Faß- nnd GUtenregOf
im .jähre 1889.
Aargau : Landstraßen öuy km, Gemeiude-(0rt«verbindung8-)Str.
746 km 1267,000 km
AppenieU A.-Rh. : I. Klasse 37,7»s km, II. Kl. 52,o«s km, III. Kl.
66.490 km 176,170 9
Appenzell T.-Rli. : Landstr. 15 km, Gemeindestr. 29,6 km * . 44,eoo «
Baselland: Hauptatr. I2ü km, Verhindungsstr. 277 km . . . 4()0,oüo ,
Baselstadt: Gepflasterte 14 km, makadamisirte 110 km . . 124,ooo «
Bern : Staatastr. I. Kl. 382 km, II. Kl. 746 km, III. Kl. 1036 km ;
Gemeinde^tr. ? 2066,000 «
freibnrg : Kantonsstr. I. KL 60,os6 km, IL Kl. 166,<44 km, III. KL
203,79 7 km 433,42«
Genf: Kantonsstr. I. Kl. 34,s km, II. KI. 20,i6 km, IIL Kl.
66,00 km, lY. Kl. 82,t« km; Qemeindestr. ? 20d,t»o •
Glaras: Hauptstr. 80,8 km; Gemeindestr. mit Staätssabvention
21,3 km, idem ohne Stuiitssubvention ? I02,ioo «
GTRubiinden (B) : Huuptstr. I. Kl. 576,j km, übrige Kl. 230,& km 606,700 «
Lu2ern : Kantonsstr. 272 kmj Gemeindestr. mit stadtlich besoldeten
Straßenkneehteo 77 km, idem ohne staatlich besoldete Stcatoi-
koeohte 413 km 762,ooo «
Neuenburg: Kantonsstr. I. Kl. 107,» km, IL KL 119 km, III. KL
156.8 km; Gemeindestr. ? 383,ioo n
I^idwalden: I. Kl. 27,8 km (5,7 km von Obwalden gebaut), II. Kl.
44,0 km 72,700 „
Obwalden: Staatastr. I. Kl. 82,»» km, II. Kl. ia,M7 km; 6e>
meindestraßen 89,»7 km 141,o»7 „
St. Gallen: Staatsstr. 366 km, Gpmeindp.str. 645 km .... 10ll,ooo ,
Schaff hausen : Landstr. 73, 31 km, Viciimlstr. 112,io4km . . . 185,ii« „
Schwjz (BJ . Hauptstr. L Kl. 147,:« km, übrige Kl. 87,i km . 234,30o r
jSoloÄom: Kaatonsstraften 661,i»i „
Tessin ; Kantonsstraßen 284,«S4 km, Kreisstraßen (Strade droolari)
468^ km 743,t7o „
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SlraLHeu — 20Ö — ' Slraßca
Thurgau : I. Kl. 812,aH kv, ILKl. 359,081 km, III. Kl. 1287,0» km 1958,»so kia
üri (B}: Hauptstr. I. El. 64,» km. Übrige E!. km . . . 86,ioo «
Wnadt: Euntuntistr. (ab 1. Januar 1890) 1957 km, Stadt- und
Dorfotr. 124 km 2081,ooo ,
Wallis (Ii) : Hauptstr. I. Kl. 285,i km, übrige Kl. I73,i km . 4ö«,aoo ,
Zürich : (Oboe die Städte ZUricb und Wintertbur) I. Kl. 621, »es km,
II. El. 767,»n km, UI. El. ? 1889,raT .
Zng (B) : Haaptotr. I. El. 45 km, ttbrige KL &8,t km . . . 103,9oo •
Total 15,806,4Mkm
Eine Yergleiohimf der Total-Kilometenahlen unter sioh nnd mit Bavter*»
StraÜenstatistik von 1878 (p. 118/19) ergibt, daß da» schweizerische Straßen-
netz in Wirklichkeit vi^>l liinirpr sein mv\\. als hie vor angefjeben. Die meisten
Kantone verzeichneten nur ihre nug. Haupt-, Staat«- oder KautonsstraÜen, ver-
matblich, weil aioh ikni Eontrole nur anf diese erstreckt. In welch* bedeutender
Weiee aber das StaatsstraOennets durdi die Gemeinde* und GttterstraOen erginzt
wird, seigen einige Ni«ti/.« n in Bavier's Werk. Dort i-t z. B. von Freibnrg
{»PNatrt, seien aiil'er dm Ml km Hauptstral' ' ti i'>hen \'.VS) noch ca. 1517 km
(jcmeinde- und GiitcretraLien vvtii 4,2 — 4,8 m Breite vorhanden; ebenKO luunirt
Genf auUer 273 km Huupt«traüen (oben nur 203!) noch ca. lOO km Straßen
von 3 — 6 m Breite.
2) Breite der Strafleu. "SJ«?"
Aargatt 7,2 m
AppenceU A.-Rh.: III. Kl. 4,2^4,8, II. Kl. 4,8—6, I. El. 6—7,2 m 7,2 ,
Apy enTpll I..Rh.: II. El. 4, L Kl. 6— 6,6 m 0,6 ,
Bafetliand 7,5 »
ßaselstadt: Die Uaupttstr. mindestens 9 m 27,0 »
Bern: StaatHstr. I Kl. 7,2, II. El. 5,4, III. El, 4,8, Gemeindeetr.
IV. Kl. 3,r> m 7,2 ,
Fr<ilairg; Die alten Sir. 6, die neuen 4,8 — 5 m 6,0 „
Üeni: IV. Kl. G, Iii. Kl. II. Kl. 10, I. Kl. 12 m 12,0 ,
Glaruü ♦».3 „
GratibUndeD (B) : I. Kl. 4,2—6, II. El. 3—6 m 6,0
Luaern: Alte Str. unter 6—10, neue Str. 6 m 10,0 ,^
Neuenburg; HI. El. 4,8, II. El, 6,4, I. El. 7,2 m 7,2 „
Nidwaiden 6,6 ,
Obwalden: II. Kl. 4,5, 1. Kl. 6,3, üemeiudeKtr. 2,25 — 4ra . . . 6,3 „
St. Gallen : Mimmalbreilen ; StaatiMtr. mit großem Verkehr 6,.% mit ge-
ringem Verkehr 5, HanptgemeindeHtr. 4,5, untergeordnete Gemeindestr.
3, Nebenstr, 3, Hau(>tgUterHtr. 3, Nebenglltoristr. 2,5 m, Fußwege
vcr8chieden, mm\t Breite der wichtigerisn Str. im Minimum . . . 6,5 »
Sehart hau^eü : Uau]»tätr 8,0 ,
Scbwyz (ß/: Kantonsstr. 4,8 — 8,4, Bezirks- u. Gemeindestr. 3,6 — 7,5 m 8,4 „
Sololhnm 7,2 „
Te»ihiu : Normalbr. der Eaotonwtr. 7, ansnahmsweiM bi« 9, Gemeiudeetr*
.". :> ni . . 9,0 »
iln.r-au: lü. Ki. 3,6 — 4,2, II. Kl. 4,5—6, 1. Kl. 5,4— 7,2 m . . 7,2 „
Vn (Bj 6,0 ,
Waadt: Haaptetr 7,2 „
Wallia (B): I. El. 4,2—8,4, II. El. 3—5 m 8,4 „
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Straßen _ 209 — Straßen
hntto
ZUi'ioh: Miiümalbreite für 1. Kl. 5,4, für II. Kl. 4,5, für Iii. Kl. 3,6 m;
das Hasimom der Kronenbreite betrSgt bei den Str. I. Kl. 7,8, der
Gebietsbreite 10,2 m 7,8 m
2ng (B) i 1. Kl. e— 6,6, U. Kl. 4,8^6,4 m 6»6 .
MaximalsteigUDg der StraÜen.
Aargau: Neue Str. 7, alte Str. 16 7o 16 7o
AppeDiell A.-Rh.: L Kl. 7, H. Kl. 9, III. Kl. 11 > 11 .
Appennll L-Rb. : 1. Kl. 8, IL Kl. 4 */o 8 «
Baselland: Hauptatr. 6«
BaseUtadt : Hanptstr 6 ,
Bern: Staatsbtr 12,
Freibarg: ELantonsstr. 7,5 "/o in der Ebene, iO ^Jo im Gebirge . . . 10 „
Qenf: fianpUtr. aoenahmsweiae 6, aonat nidit Uber Ö V« 6 «
Glarae • . . 10 ,
Grauliilndcn ,
Luzeni ; Kantongstr. 8, Gi-nieiudestr. 10 **/o 10 „
Neuenburg: üauptbtr. in der Kegel nicht über 7, ausnaluneweise 10 10 ,
Nidwaiden ' 5«
Obwalden: LEI. 9, U. EI. 13, Gemeiodeetr. 15 > 15 ,
St. Gallen: Staatsstr. 7, GremeindeMtr. 10 10 „
Schaff bauaen : Fttr lieu- Anlagen 6, alte beetebende Hauptstr. 13 *Vo • 13 ,
Schwyz ?
Solotbarn 10 .
Teeein 14 »
Thnigan: I. Kl. 7, U. Kl. 10 10
TTt*i ,
Waadt : Thalstr. 7, Bergbtr. lo 10
Wallis V
Ztlricb: Gana ansnabmeweiBe Uber 6
Zug ; . . . ? ,
StrassenbrUdlien.
hU MabUig« fiMilnili
Aargan . . . Landstrafienbrücken 88 173in.(Rbeinfelden). . 9,»m.(Aaraa)
Ortsvorbindun^'sstr. . 378
Appenzell A/Rh. Grüiiei e 64 100 , (Hundwylerlobei) 6,o ,
Appenzell I/Rb. OiOfiere m , (?)
Baselland. . . 71 41,«, 9,t ,
n
Boselätadt
Bern . .
Freiburg .
Genf . .
Glarus . .
GraabOnden
Luxem
Neuenburg
Nidwaiden
Obwalden
St. Gallen
17 250 . (JohuBitcr Rhtiabriek«) H,« ,
des Staates . . . G70 224 , (kirch«iifeldkri(ke Ben) 14,t . (SjdKlkr. B<rii).
Hauptstraßenbräcken Ibti £46 , (lili(thrick« Ifniktfg) . 8,4 , (ü^w 4ir <Uiii>
Stadt Qenf. ... 6 190 , lü.o ,
93 47 . 5,4 ,
(?) (?) (?)
Kantonaatrafienbr. .Uli 146,t, (Seebr. Liiiem) . lö,o , (Seebr. Lni.)
Hanptfltnfienbrack. 28 54 , (liullmdttttiMBMbt) 7.« , (P.itSimini)
27 7a,s 6,0 .
Lftndfltrafienb.Li.ll.KI. 27 51 . (flb. d. Scbtiere) . 6^ »
St i >tH tiaß(^nhrack. 79 174 , (kitkrk. ShMkinH) . 8^1 . (Sttterbr.St.)
Gemeindestraßenb. . 97
H6k. BbeinbrQrken. 13
WwtrVf Tolfeiwlrtli«obftfti-L«xlkoB der a«hir«is. |4
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Stratten
— 210 —
Zkht Or Amm tOag» GrtoM Unit*
SehalThauMii
55 114 «
7^ ,
(?)
äoiothum
n\ .
1U,J •
TcMID ...
. SchAtmng ....
1-24 290 ,
(Aaoona) . . . 7^ ,
TTjurgaa . .
S6 133^.
9a .
Lri ....
f?) (?)
(?)
Waadt . . ,
(?) (V)
(?)
Wallis . . .
CO et)
(V)
ZQrich . . .
Slraaeobrfick.L-aKL
936 m ,
(Rheinbr. Plaaeh) SO .
(V' (V)
:{39H re^. unter Berflckflichtiguog der Kantone»
welche keine Angaben machten, rund 4000.
Baako«(t«n ier Stnisen«
flaipUtran«!
.Uii:r.d.NlMtfi
.Udilitfl
K a u t u n e
h\t hü
ia iiti
Uli • h\s
llkW-l^
Fr.
Fr,
Pr
Fr
r r.
Aargau ....
(L
Kl.)
8.665,100
219.400
460,300
9,350,800
Appenzell A.'R1l
(seit 1850»
369,000
8,716.000
4,500,000
A(ipen2«Il l.-Rb.
a
Kl.)
373.51X1
iV)
DiUeiiaiKi ...
-2,618,000
2iä,7^i
74,244
Basebtadt . . .
(I.
Kl.)
1,357.000
856.000
minim
S.S13O0O
B*-rn . , . .
51,1<j8.'xk^)
3,1"-» "f'M
riS.:nn,7(>f)
Freiburg . . .
(I.
Kl.)
b,b.^l.000
1,991,820
431,000
11,273,!S20
Genf
(I.
KL)
5,748000
4.370,937
(?)
10,018,337
fJIririH ....
l.l'r.fitf»
(?)
I,i75/K>0
Graubiiudeu . .
13, < .t.>,.'Ali>
(?)
(?)
13,75:i.;u;<>
Luxem ....
(I.
Kl.)
4,533.000
74,153
115.9K4
4.723,1.37
Neuenburg . .
(I-
Kl.)
2,554,r)00
l,ii3.o«i(;
81,-2-2tl
,3,74,S,792
Mdwalden . . .
9-2-2, KX)
Io«;,0(jo
2<j,0(j(j
1,054.400
Obwalden . . .
2r..r»06
92,990
1.113.790
St (iailen . . .
(I.
Kl.)
r).7_'2,ooo
.390,(X)0
2.200,1100
8.3I2.0f)0
.S<;hafIhauseo , .
(1.
Kl.)
l,3ti7.30u
2.5-2.000
109,187
1,788,487
Schwyz ....
4,(hJr.,iMW>
(Vi
(V)
i,o20,00()
Solotburn . . .
(I.
(I.
Kl.)
3,r)Sl.»J00 ca. 126,554
ca. 126,000
3.936.5.54
Tes-siu ....
Kl.)
10,025,700
350,000
350,000
(?)
10,72.5.700
Thurgan . . .
(I-
Kl.)
.38 503
0,045.r>03
Uri . . . . .
2,757 ,<J00
Cf)
(?)
2.757,000
Waadt ....
60 210,rK)0
3,335,515
1,137.199
64,982,71t
Wallis ....
10,OS(t.".<HI
m
l(),t>sii.,'i(»0
Zäricb ....
18,986,U00
646,000
693,841 0.1.100.000
20,779,M1
Zug .....
(?)
646,000
2.")9,(i-25.M7
Band, Subrentionen an Alpen« and Militflrstrafien 4.-2(J<).(kj<j
ToUl 263,8^,817
Anmerkungen: Aanfau. Der Staat bctheiligt sich beim Bau vun Land-
straßen in diT Kf^p"! 'Inn h Fcbcrnahme von '/s der Kosten : dio ülirig^en
fallen den intereH8irten Gemeinden zur Last^ von den Kosten der Ortuverbindungs-
Btraßen Uberuimmt der Staat V** Oemeinden */&. Die Erstellung von Fuß«
nnd Faknregen iat gKoslieh Sache der Gemeinden. <— App9n§M A.^JRh. § 4 dee
Straßcngcsetze*- vm 1881 ; Der Bau von Straßenlinien, Mamutt der Entellnng der
nöthit^'en Brlickenbauten, liegt den Gemeinden ob, auf il reu Gebiet sie zu erstellen
»ind Apptmi'U I.-Tth. I>if Baukosten der Land»<tralj.*n wt-nlcii pnn?: vom Sta.ite
bestritten; bei der Erstcilung von neuen (jreujeiude>traljt;ü partizijiirt der Staat
mit Vs ^ BankMten. — BaieUuHd, Der Staat bestreitet ^ Gemeinden
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«trafien
— 211 —
SlraOen
der BankoHtpn. — Ba-iclsiadi. Die Ar1:iL^.- von Btraßen ist in finanzieller
Beziehung ganz Sache des Staates. Den Luudgüineindeu liegt nur die ErsteiiuDg
TOD Fddwegen ob. Stadt und Stut Ba«el nnd in Boing ftof das StrafiMiwMea
identiMh. — Bern. In die Kosten der Staatsstraßen L, II and HI. Klasse
tbeilen pich Staat und Gemeinden ungefähr zu gleichen Uülften (1877 — 1888
der Staat Franken 1,208,600, 'Ii- Gemeinden l,2iiJ,300 Franken); die Leistungen
der Gemeinden bestehen meist^iid ui der Uebernahme der Entschädigungen an Grund-
besitzer. An den Kosten fttr die Korrektion bestehender Staatsstraßen partisipirt der
•Staat mit nrka */<> Gemeinden mit airka '/« ; an die Baakosten Tun Stiaßea
IV. Klasse (Gemeindestraßen) leistet der Staat zirka '/s, die Gemeinden xirka
Ltieern. Bei Anlage, Erweiteruni;^ orler Korrektion einer G.^mtinilestraßo
Übernimmt der Staat 1) die Projektirungsarbeiten ; i?) die Kiuihtbiiuten, als Butt
der Brücken und Dohlen über 45 cm Breite und Höhej 3) die Lieferung der
«tforderKolten Strafienmarobsteine und Wegweiser; 4) die Leitung nnd Beanf-
stobtigong der Arbeiten durdi vutu Staat bezahlte Aufseher. Die HerbeischatTung des
sSmmtliohen Materials zu den Kunstbanten, die Zufuhr und das Setzen der Strußen-
marchsteine und der Wegweiser, sowie alle übrigen Kosten und Leistunircn fullwn
den betreffenden Gemeinden zu. Nr. 1 und 4 Übernimmt der Staat, obwohl ge-
-setslidi bieau Didit verpfliehtet, auf ein diesbezügliches Qesn«tb hin amob bei
-^ffentlidien Gttterstraßen. Bei sehr bedeutenden Bauten oder an IJkonomisdi
aehiraclw Gemeinden kann der Große Rath ausnahmsweise Staatsbeiträge be*
willigen, welche jedoch den vierten Theil der Kosten ninht flberstoigRn dürfen.
Für Gemeindestraßen mit besonders beschwerlichem Unterhalt kann der Kegierungs-
rath mit Genehmigung des Großen Rathes einen oder zwei Straßenkneohte auf
Becbnang des Staates anstellsn.
Neuenbürg. Diu Gemeinden betheiligen sich am Bau neuer Kantonsstrafiea
mit der Staat mit "/♦• — Nidwahlrv . Der Staat bezahlt an die Erstellungs-
kosten der Gemeindestrnßen die Hiilltt-. St. (rullen. Der Staat unterstützt
den Gemeindestrußtiubau u. durch uneutgeltlichü Anfertigung der wichtigeren
6trftßenprojekte ; 6. dureb flnanrielle Beitrüge, wenn die betheiligte Gegend
1 11 1 lie Bauten allzusehr belastet würde oder w< nn ein allgemeine» Bt diSrfniß
den Bau einer Straße wünsobbar erscheinen läßt. Bisher beliefcn sieh diese Bei-
träge auf 20 — 40%. — Schaff hanften. Der Bau von Straßen 1. Klasse ge-
schieht ganz auf Rechnung des Staates, derjenige von Straßen XI. Klaase zu
^pleichen 1%eilen iwisoben Staat nnd Gemeinden. — Soloihurn. Die Gemeinden
partizipiren an den Siraßeiinenbanten mit zirka öO 7ot i^od umgekehrt der Staat
am Neubau von Gemeindestraßen mit 50 ^/o. — Waadt. Die Gemeinden zahlten
*/io an die Baukosten der Straßen I. Klasse und */to an die Straßen II. Klasse.
ITon 1890 an ist das Verhältniß für alle Straßen "/t» >i"(l V'o- Am Bau der
^meindestraßen betheiligt sich der Staat mit ^/lo der präsumtiven Kosten. -~
'E&rich. Der Ban der Straßen L Klasse ist Sache des Staates, angenommen den
'Transport der dazu erforderlichen Materialien (Erdtransport nicht inbegritfen), die
Entfernung des Abmiimes, den Schneebnich, die Stellnng von HUlfsarbeitern nnd die
Anbringung von Wegweisern und Schneezeichen, welche Lpistnngeu den politischen
-Gemeinden obliegen. Der Bau der Straßen II. und III. Klasse ist Sache der»
Jenigen politisoben Gemeinden, duroh deren Bann sie sieh aieben. Fttr die Straßen
II. Klasse übernimmt jedoch der Staat auf seine Kosten die ersten technisoben
Vorarbeiten und die Bauaufsicht; ferner iilicrnimmt er */« — der Baukosten.
Außerordentliche Anlagen wie Trottairs, StraßenpEaster, Abzugskanäle etc. lallen
,giaa den betreffenden Gemeinden zur Last.
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Straßen
— 212 —
Ausgaben fttr den lanfendeii ünterhRlt der Straßen, 1888 oder jährlich.
(Landstr. 131,700; OrtsverbinauQgastr. 130,m)
Aargau ....
App«nzell A.-Rh.
Appenzell L*Rh. .
Ba.selland . . . 66,483
Baselstadt . . . 106,000
Bcra 660.000
Freiburg . . . 144,000
Genf 175^
14H,;iOO 113,700
130,000 ca. 30,000
10.570
44^78
nnbed.
(?)
(W
(?)
65,434
15,<J<J0
H.073
465,000
47.500
34.751
±,000
3,100
Glarus
Graabündeo
Luxem . .
Xf'uonburg .
Nidwaiden .
Obwalden .
St. Gallen .
Schall hausen
Schwyz . .
Solothurn .
Te^in . .
Thurgati
Uri ...
Wtiaill . .
W.illis . .
Znrich . .
Zug . . .
Anmerkttiigea. Aargtut,
77,691
218,313
1S4,700
(?)
352,300 (?)
310.413 ca. 80,000
Staat '/s, Gemeindon */*•
Den Landgd. liegt nur d. Unterh. d. Feldwege ob»
Staat samt nidiO an die Gemaindestraßen.
Sehneelvnch nicht geredmet *
Nur für Kantonastr., th« l BHctti, f tlm »lt. {\l,m Fr.V
Die Gemeinden imtorlmlten nur <lic Viciiialwece.
Staat zahlt den (.iemeinden im Maximum 50 70,^
270,000 Fr. Staatsstr. : 195,000 Fr. f. Gemeiudeslr.
D«r l'al«rhilt itt Und- sod Vicio^ku^ivstD ist iitit Sack« in Stiatdi.
.Vur für K;inton«.-tr., Staat '^ n, Gemaindeil
Kür die Staats- uud Kreisstraßen.
Für Str. 1. u. 0. Klane, bkgrifa Km. jttri. H^h^
FQr Straßen I. u. IL Klasse.
Für Straßen L u. IL Klasse.
Der Unterheit der Landatrafien wird dorok
den Staat besorgt« ebenso der ünterhftlt der Brücken nnd ConÜBsen. Die GemeindeiK
haben dem Staate nur die Kosten für Fuhrl'-^tnn^en (Kicsauffuhr und Schutt-
abfulir) rückzuvergliteu. Der Uiitcihiilt der ürtöverLiiidungHstraßen mit den
Brücken und Coulissen ist Saclie der Gemeinden. Der Staat betheiligt sich dabei
nvt ditieh EroeDOung nnd Besoldung des. AttfaichtspersonaU und den üatnrhalt
des WerkgeaehuTB. — > Appenzell A.-Rh. Der Unterhalt der Straßen aller dr«
Klassen, sowie der betreifenden Brücken, ist Sache des Staates. — Appenzell
I.'Wi. Der Unterhalt der Landstraßen ist ausachlielilich 'Mchv. des Staates. An
den Unterhalt der Gemeindestraßen leistet der Staat 6 — 7 Rp. per lautenden
Fuß bei Straßen von U— 16 Fn6 Br^te, 4— ö £p. bei eohmäleren Straßen. —
Basfltittdt. Alle Straßen, Feldwege in den Landgemeinden nieht inhegriffen,
werden vom Staat unterhalten. — Freiburg. Die (Jemeinden partizipiren am
Unterhalt der Kantonsstraßen und der Staat mit */& am Unterhalt der Gcmeinde-
straikin. Die ansnnhmsweise hplanteten Gemeinden erhalten besondere Subsidien.
— liuzern. Die Kantunüstrai^u werden durch den Staat unterhalten. Die
Gemeinden, daroh deren (Gebiet die Kantonsetraßen führen and denen dieselben
eine Gemeindestraße ersetzen, sind jedoch zu einer Beitr8|^eistang verpflichtet,
welche dem Unterhalt einer Gemeindest ruße von gleicher Länge entspricht. Die
Gemeindestraßen sind durch die Gemeinden allein zu unterhalten, die (UFentlichen
GUterstraßen durch die Gemeinden uud die Anstöl^er gemeinsam* — Neuenburg.
Der Staat anterhXlt alte Eantountraflen, die Gemeiaden ihre Vioinalwege. —
Nidwaiden besahlt an die UnterhaltnngekoBten der Gemeinden im Maximum
die HXlfte. — St. Gallen, Die Staat«.straßen werden vom Staat nnterhalfen.
Da, wo Gemeinden auf dem Straßenzuge einer Sttiatsstraße ein Gns^pnuda'ster
erstellen, leistet der Staat der Gemeinde einen Beitrag, gleich den Kosten dea
Unterhaltes einer gleichen Straßenstrecke ohne Pflaster. Der Unterhalt der
Gemeindeatraßen in der ganzen Ausdehnnng dea Gemeindegebietes ist Sache der
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Straßen
'213 —
Straßen
^litifloben Gemeinden. In demMlben iet inbepito die Oeffhong bei Anblafang
Ton Schnee. Denjenigen politischen Gemeinden, in wekhen die Kosten des Unter-
haltes der Straßen II. Klasse neben den anderen Geroeindelasten eine anfsnahme-
weise Höhe erreichen, ohne daÜ ihn<>n dnrrh die Erhebung cinzflner Straßen «u
StiiatMstraßen eine Erleichtert) ng vert^chatit wird, leistet der Staat an die Unter-
hallakeeten einen nngemeeaenen Beitrag. (DieebenBt^die jShrliehe Anagabe in den
ietiten Jabren 10,000 Fr. — 8eheiffkau8»n. Der Staat nnterbXlt Bovohl die
Land- als die Yicinalstraßen. — Solothurn. Am Unterhalt und am Ausban der
•Gemeindestraßen betheiligt sich der Staat mit */s, di»^ Gemeinden mit '/s. —
Tcasin. Seit Ibbd fallen sämmtliohe Stroßenunterbaitungäkosten dem Kanton zur
Last. — Thurgau. Die Geneindw bebw ihre Straßen (III. Klaeee) ganz auf
•Mgene Koeten so tmterbalten. — WaaäL Die Geneindea beCbeiligen sieh am
Unterhalt der Kantonsstraßen II. Klaaae mit Zufuhr von Material. Der Unter-
halt der nicht kla^sifizirten Straßen li^^et L'anz den Gemeinden ub. — Zürich.
Der Staat hcHurgt don Unterhalt der Stniiieii 1. Klasse (den Gemeinden liegt der
i'uhrdienst objj die Gemeinden denjenigen der Straßen II. und III. Klasse, doch
bestreitet der Staat die Beeoldnng der Straßenwirter anf den Straßen II. Klasse.
An Gemeinden, deren Straßen IL nnd III. Klasse dnroh Abfnlir von Holz ane
den Stuatswaldiingen oder Ansbentnng von Staatsbergwerken erheblioh gesohSdigt
werden, zahlt der Staat eine angemessene Entschädigung
Die Verwaltung des Straßenwe^ns ist in allen Kantonen so ziemlich
Aach dem gleichen System geordnet, indem entweder Baudepartemente oder die
JtegiemDg a]« aoldie ^e AnlUobt fttbren. Fttr die direkte Leitung nnd Beanf*
.auditignng des Straßenwesene sind Oberingenieure, Straßeninspektoren und das
const nöthige technische Personal angestellt. Die Eidgenossenschaft führt laut
Art. 37 der Bundesverfassung die Oberaufsieht im Besondern tiber die Jr'ost-
■«traßen und Uber die internutinnalen AlpenpSsse (h. Band I, Seite 34).
Es bedarf keiner weiteren Ausführung, daß die Bedt utiiiig manf her Straßen
für den Verkehr seit dem Ausbau des reich verzweigten Mchweiz. Eisenbahnnetzes
snriloktrittk Namentliob wird der Gütertransport sosnsagen gana Ton den Eisen«
babnen aufgesogen. Dagegen ist an beaobten, daß die mlohtige Ansgestaltnng
des moUrnen Transportwesens den Güteraustausch onorm gesteigert hat, so daß
der Aiinfall der Straßen am großen Güterverkehr durch den Nahverkehr mit
den Bahnstationen vieltach mehr als aufgewogen wird. Der i'ersonentrauMpurt
■aber bat sich aus denselben Ursachen weit Uber das früher gewohnte Maß aus-
:gedebnt, so daß die Erstellnngs- nnd ünterbattnngskosten selbst der großen
Alpenstraßen, etwa mit Ausnahme zeitweise des Simplon, des Bernliardin und
des Gotthard seit der Vollendung des Tunnels, durchau« ni.lit als unwirthschaft-
liche Ansingen anzusehen sind. Das zeigt sich neuerdings darin, daß man sieb
•ernstlich mit dem Bau einer GrimselstraLie beschäftigt.
«
'■"V'iVon den Wasserstraßen handelt der Artikd , Schifffahrt*.
''''^ Literatur? Seit dem monumental angelegten Hauptwerk von Ingenieur Bavien
„Die Straßen der Schweiz" (Zürich. Orell FiiÜli \- (Vuy. 1878) werden die Forlschritte
•der Forscbnng durch folgende Werke bezeichnet: für die Römerzeit: i. Näher, „IHe
^dmisduH Mäitärstre^en mnd Handehufege in der Sdtweiä und in SüdteeitdmUeh'
Inn!" (2. Aufl. Straßburg. Noiriei ISSS»; für Mittelalter und X. uzcit: die vnrlrefTlichen
Abhandlungen von Oehlmann im ^Jalirbuch für SchtceizergtadUdde 1878 — 79"^ die
sorgfältige Untersuefaung von CamUh Fewre, «b«fMia t88H, zusammenfassend und weifer-
fübren'i : (rcering, yllandd und Industrie der Stadt Band" (Basel, Schneider IS--»»),
.baupt!<achhch Kap. III und VUl. Als populäre Darstellung verdient C Veyer^ „GtHchickte
«ies Betten* m der 8<lKwtis* (Basel. DeUoff 1886) Erwähnung.
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Straßenbahnen
Strike»
Stni8S6IllMthnen. Unter dieser Benennung Nind solche Ekenbahiu n zu ver-
fitehen, deren Gelei^io auf ötfentlichen Shalien liegen. In Eozng auf die Bau- und
BütriebsvL'rhiiltniHse ik-r Stiäßenbahneu zcrfallL-n diese zunaohbt in sug. Tramway»»
oder atäiUiHobe &>traß«ubHhnea und in Straljeubuhnen, welche nach Bau und Be>
trieb SU den Normal- oder Spesialbahnen gerechnet werden. Naohstehend folgt
daa Yerzeichniß der siAweiz. Stmlknbahnen mit Angabe der vun denselben be-
nutzten Straßenlänge und der Eiutheüong der Linien in der Eiaeqbahnatatiatatc
nach dem Bestand auf Ende 1M87; ,
BaUmuaUroehiiituig
ätrMII(>D>AUg0
F.iiitheiinng
33584 m
Normalbahn,
Krieufl-Lmtem-Balin . . .
1998 ,
•
Spenalbaihn.
Birsigihalbabn . , . • . .
2571 .
Fraiieiifelil Wyl , , . .
14610 ,
*
Geiieve-Veyrier ....
24.->(; „
Lauaanne-Echallons
1ÜJ<17 .
Waldenborgerbalui . . .
lOOOG «
•
Gknfsr Tramways ....
9221 .
Tramwaya.
Tramway in Biel ....
4*? 72 .
•
Zürcher Tramway . . .
Knio ,
Gesammtlange
9Ö57U m
Sfrickorei. Dieser IXausindustrierwei«!: parexeellenre b*'s;rliäftij.,'t nfiln»/.ti ilOOO
Pernunen. gibt ziemlich viele Fabrikanten, weiche 2u — 100 Persoueu be-
acl)äftigen. Das meiste ht Maschinenarbeit. 18t>7 wurde die er^te Strickmaschine
(auB Amerika) eingeftthrt, dann kam eine dentiolie. Anfangs der 70er Jahre
entstand indeß eine Fabrik iu Scliafflmusen (Firma Angst & Schneider), welche
viel leistungsfh'hiiTcre Maschinen luratellte und vorzüglich damit reussirte, Ihr
iblgte eine zweite Fabrik in Cuiivct (Neuenbürg). Vgl. „Wirkerei".
Strikes. (VerfB««fr: Hr. Werner Krebs, Sekretfir des Schweiz. Gewerbe-
vercins.) Die Bezeichnung der Arbeitseinhteliaugeii ^tiauzösiüch Gr^ve) mit dem-
engliaoben Worte „Sirike'* (s^ Schlag, Streich) hat sieh aach in der deatschen.
Sprache HO mein eingebürgert, daß sich eine der englischen Ansvpraehe ent-
sprechende Schreibwei.sc enipfii'hlt. Trotz dieser eiiji^liselien Wortabstammnng dürfen
wir die S^^reiks nicht als ein aus Kn^^laud resp. Amerika importirtes tremHnrtige«?
GuwHcbs in unserm wirtbschal^liohen Leben bezeichnen. Zugegeben auch, daß-
nirgends wie in dieeen Ländern die Geschichte der Streiks eine so große und
bedeutsame Boll» spielt, so lehren doch die Chroniken der acbweixerüchen und.
dentsehen StVdte zur Genüge, daß daselbst sohon int MiUekUier Khnliohe £r-
scheinangen zu Tage traten.
Fast jede gewerbsame deutsche Stadt hatte frühe wchou ihre Uandwerkcr-
unrubea, Gesellenauszüge, Aassperrungen, Yerrufserklärungen von Meistern u. s. w.
Die Menge der deßhalb erlassenen BMchagesetse nnd Besohlflsse teugt hinlänglich
Jon dem Unifange nnd der Tiefe des üebels. Jene Ktihe.'^törungen hingen en^e
mit dem Zuufitoesen zusammen, nie waren damals wie heut( (mik- Knu ht der
sozialen ZeitverhnltnisHe; sie verschwanden mit der Auflösung der Zünttr, um
unter der Herrschaft der Gewerbefreiheit, unter der Herrschaft der groljindu-
striellen Gntwicklung in modemer Form wieder anfrnleben.
Schon im XII. Jahrhundert sind Streitigkeiten swisohen Handwerksmeistern
und Gesellen dnrch die Zunflgeriohte entschieden worden ; schon damals bestHnden>.
neben den ZUnften der Meister geheime €h)sellenverbSnde, welohe viele Arbeits^
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Strikes
— 215 —
Strikcft
einstelluDgen bewerkstelligten und defibalb durch ZonftbesoblOdM, CresetM und
.Polizeigewalt, oft fruchtlos, aafgelüst und verboten wurden.
Laut „ Volkfäwirthsphafts-Lexikon^ [I. Eil., p. IJOG) liatte Basel im Jnhre
1471, iilso kurz uuch Kiiifiihniiijt,' der Hiirl\druckerkunf>t. rinou liwlidni' kerstreik.
Noch Irliliere Urkuudea diet^er lubtituuun sind im Archiv «lor Stadt Baden zu
finden :
,1+21. (loa 9. Heuinonat. Burgermeister und Rätbe der Stadt Zilricli thun kund,
daß swiscbeo den ZunAmeistera. Meiiftem, Zünften und GeseUschatlen der Schuhaiacher
einestheils und den «Sehohkneehten* oder Gesellen andemtheilit in den Stftdten Kon-
stanz, T't herIiiii.'oii, Sohaffhausen, Winterlhur, Luzern, Aar:iu, BrtMii^^nrti'ii, Builon, Bni(.v,
Kaiserstuhl und Loffenherg (Laufenhurg) Hißhellungen wegen augebUcher Lasten, die
den Gesellen von Seiten der Mevt«* zngemuthet wurden« bestanden, ele. Die Sdiuh-
knochte hieltfii ilireri ^Mayfii* f'n-(IltMiV('r>aint!iInn^''i in Zürich und übertrugen, im
Eiüverbtäiidnitö mit den Meistern, den gütlichen Entscheid dem Ralli der Stadt Zürich.
Die.ser vei^lich dahin, daß kfinfti? aller Hader vergessen und die Gesellen von den
MoI-Iltii hülifj behnntit'lt worden sollten; die Krsforn «mllon ihro Klapen nur \>v] lirr
Zuuft oder den Wdliiisilztiehurdcn anbringen, nicht aiier bei auswärtigen üerichteu
Recht suchen; das Höht, tinen .Mayen' zu hallen, einen «KAnig*, aS<^httltbei6* und
pWeibel' zu wählen. lilciM den Gesellen gewährleistet.*
müssen aber die 8treiti^k>^it*'n mit 'h n Schuhknechten fortgedauert haben,
denn ein vom Augmtt 1428 datirter iSpruchbrief de« Rath« zu Kheinfeldun be-
stätigte den TorerwShnten Entscheid mit AusnAhme des Beohts der Gesellen,
«Mayen* in halten« »König, Schultheiß und Weibel* sn wShlen. Die Schuh«
knechte mußten schwören, im Uehertretunfsfalle als HMneidige das Leben ver-
wirkt zu haben.
14.^1 saßen in Baden mehrere daselbst in Arbeit gestandene deutsehe GUrtler-
geaellen gefangen, „weil «ie sich Uber Meinter und tieselleu ihres Handwerks eine
Geiichtabarkeit, die nur dem Ratbe zusteht, angemaßt und ihre Mitgeeelien will-
kttrlich mißhandelt hattra*. Sie mußten Urfehde schwören.
Ein Streik dmr Schmiedegesellen in Baden im Jahre 1475 beschKftigte selbst
die eidgenöHsische Tagsatzung, welche hierauf eine Verordnnng ttbei* das
Verfahren hei solchen Streitigkeiten erließ.
Ein Streik der Kolmarer Bäckergesellen, in welchen auch die kirchliche
Brüderschaft der Basler Bäcker verwickelt war nnd der sich schließlich von
Basel über daa ganze Elsaß und Breisgau erstreckte, dauerte von 1495 bis
1505, also 10 Jahre! Stadtbehörden und Gerichte konnten nichts ausrichten,
erst die groß<i beidseitige Noth zwang zum Friedensschluß, der durch ein Sdiieds-
gericht f iriiuilirt wiinU-. Di«; Bückerzunft von Kolmar hatte nach heutiger Währung
Fr. 1U7<) Koitti» m zahlen.
Frankrt'ich, Kiuflnjul, Italien hatten im Mittelalter älmliche, zum Tiieil
weit bedeutendere Störungen. Die Forihrungan jener Zeit waren von den heutigen
wenig verschieden ; sie sielten auf Yerkttnuog der Arbeitszeit, Lohnerhöhungen,
Yerbeesernng der Verpflegung, Anaschlufi der Frauen- und Kinderarbeit.
Insbesondere zu Zeiten der Theurung kam 7.u vielen Streitigkeiten, wie
denn ülicrhaupt die Geschichte der Streiks in allen Ländern leltrt. daß sie mit
den l^ctiverhalhti-stin und der hidiern oder geringem Arhul-thntnikfit enge
susammeuhangen ; ihre Zahl und ihr Verlauf geben zum Tht-ii eiu Spiegelbild
der wirthschafilicken Lage. Enden die Streiks überwiegend za Gunsten der
Arbeitgeber, so Ittßt sich auf Abnahme der Arbeit — nehmen sie dagegen einen
den Arbeitern gOnstigen Verlauf, so läßt sich auf eine wachsende Nachfrage
schließen.
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Strikes
— 216 —
Strikes
Die Schweiz iet in den letzten 50 Jahren von vielen Streiks heimgeendlt
worden; eine genaue objektive Geschichte oder Sfafis^tik derselben, wie sie z. B,
in Nordamerika durch das statistische Arbeitsbureau in Washington und in Frank-
Ttkok betrheitet wird| exMirt bd nni nieht; ne wHrd« «dir viele intarewente
Beiträge waae vaterlftndiecben Knltargeaehiehte liefern kSnuen. Ana der Zeit bis
1875 hat sich in dieaer Materie unseres Wissens nur Virior Böhmert in seinem
Werk „Arbeiterverhältnisse der SehweiT:'' bethätigt; außerdem mußten uns die
Tagespresse und die Arbeiterliteratur als y,uellenmatprial dieueu ; eiue objektive
Berichterstattung wird durch diese oft sehr einseitig gehalteueu Notizen ziemlich
enohwert; noch weniger wird es mifglich, eine volistänäige Btreikchronik der
leisten 25 Jahre sn bieten.
Selbst uTiKere größten nnd andancrndsteii Arbeitseinstfllungen '■iii'l im Ycr-
hLiltniü zu den bedeutenden Streiks in Amerika und Eugland nur Bagatelle ;
dort wird die Großindustrie mit ihren rie^igeu Fabrikstädten, bei uns aber
banptaielilicb da« Handwerk und Kleingewerbe von diesen Stttrefrieden
der Arbeit beunruhigt. Die weite Verbrwitang der sebweizerischen Industrie Uber
das Land, den Wassorläufen entlang bis za den höchsten Bergdörfern am Fuße
der Gletscher; der Mangel an großen Fabrikstädten mit einer Massen- Arbeiter-
bevbikerung \ die groi^ Versohiedenheit der i'roduktiun.saiittel ; die Ansässigkeit
■0 vieler Arbeiter, welche an die Scholle gebunden sind und ihren Kohl in Rohe
pflanzen wollen; die liooh entvridmlte Eanaindnetrie, namentlich in der Textil-
brandie, in welcher die Hausarbeiter ihr »ft kostbare* Arheitsgeräthe selbst be-
sitzen ; das im Allgemeinem günstige, fast patriarebalisehe Verhältniß zwischen
Fabrikbesitzer und Arbfiter — utid andcr-j wirtlischafilicbe VerhSltnisse erschweren
das Zustandekommen von Koalittontn. Gewerkschaflen sind unter den Fabrik-
arbeitern der Schweiz selten ; fhst alle Vermiche früherer nnd jüngster Zeit sind
an obigen Umständen gescheitert; gewerkschaftliche Vereinigungen aber bilden
fast immer das Fundament der Arbeitseinstellungen; für diese ist dabt-r der
Boden deH Kleingewerbcf^ in den großem Städten oder gewerbreichen Bezirken
weitaus günstiger, und hier finden wir auch weitaus die meisten Streikfälle, die
bestorganieirten und nhlreiehst«! GewericsohaftMi.
Die Geeetsgehnng des Bundes und der Kantone bietet den Arbeite-
cinsteliungcn nicht jene Schwierigki itcn, wie sie nnderorts bestehen* Dae Polizei-
Straigesetz des Kts. Jhisd^iddi bestimmt in s> 1(M :
,Wer Andere durch Zwang, Drohung', EhrvcrlcUung oder Verruf!*erklät uug be-
stimmt oder zu bestimmen sueht, an Verabredun(;en zum Behuf Erlangnti^ v^ünstigenr
Lobn- oder Arijrit-bedinpiinpen. besonders durch Einstellun^r der ^Vrbeit oder Entlar^sung
von Arbetleni, Tbeil zu nehmen, ebenso wer durch sob-he Mittel Andere Iiiudcrl oder
zu hindern sucht, von solchen Verbindungen zorfiekzutreten, wird mit Haß (bis zu
TaperO bestraft.*
Diese (wahr.-elieinlich in der Schweiz eiuzig duhlebeude) lie.stimmnng fand
u, A. in den Jahren lb84 und 1^86 Anwendung gegenüber den streikenden
Seidenarbeitern nnd Schreinern.
Im cidg. Pabrthf/esctz isodann setzt § 9 die ordentliche KUndigungsfri.st auf
14 Tage ffst nnd liedroht in ^ ü' Zuwiderhandlungen mit Bußen von Fr. 5
bis Fr. 5t>U. Es ist uns jedoch kein Fall bekannt, daß diese Bestimmung bei
Arbeitseinstellungen, wo die Kündigungsfrist nicht eingebalten worden war, An-
wendung gefanden bfitte.
Um eine gedrängte, wenn auch leider nicht vollständige Uebersicht über
den Verlauf der in den letzten Jahrzehnten in der Srhtceiz stattgefundenen
Streiks geben zu können, mUasen wir im Allgemeinen die historische Keihenfolge
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Slrikes
— 217 —
Strikes
beobachten, mit Ausnahme von solchen Fällen, welche vermöge ihres Charakters
und ihrer lokalen oder gewerblichen Natur enge zusammengehören.
Wie wir schon angedeutet, geben die Häutigkeit nnd rasche Folge, die
Entstehung und d&n Resultat der Streiks ein ziemlitth genaues Spiegelbild der
wirthschattlichen Lage ihrer Zeit. Wir werden im Folgenden sehen, daß in den
«og. „guten Jahren" die Streiks häufiger auftreten und 5fter zu Gunsten der
Arbeiter als der Unternehmer endigen.
Eine der ältesten, wenn auch unbedeutenderen Arbeitseinstellungen unserer
Zeit war die in der Tuchdruckerei Egid. Triimpy in Glarus im Jahre lb37
«tattgefundene. Streiturhuche war die Einführung einer Arbeitsglocke, welche
.sich die Arbeiter nicht gefallen ItiHsen wollten. Nach 14tägiger Arbeitspause
■war Friede der Glocke »erst' Geläute".
Nun müssen wir volle 20 resp. 30 Jahre überspringen bis zum nächsten
uns bekannten B'all; wohl mögen die politisch so stürmischen 40er Jahre nicht
ganz ohne Störung des sozialen Friedens abgelaufen sein !
In den Juhren 1857 und sodann wieder 1867 fanden unter den Schuh-
machern Zürichs Bewegungen statt, welche theils gegen die früher gebräuch-
liche nSuppenkost", theils gegen die niedrigen Luhnansätze gerichtet waren; der
im Jahre J8ö7 vereinbarte Luhnturif wurde 10 Jahre spater für unzureichend
befunden. Die Meister waren geneigt, den Arbeitern entgegen zu kommen, und
schlugen ein Schiedsgericht vor; diu Mehrzahl der Arbeiter trat aber auf die
vereinbarten Ansätze nicht ein; der „Putsch" verlief zu Ungunsten der letztem;
^ie „Suppenkost* wurde zum Theil weiter verabreicht bis 1871, wo nach noch-
maligen Verhandlungen die Meister ihrer Abschaffung beipflichteten und die ge-
forderte Lolinerhöhung von 10 — 30 "/o dem „freien Ermessen" anheimstellten.
Erst im Jahre 1873 kam eine definitive Uebereinkunft (Lohntarif, elfstündiger
Iformalarbeitstag, allwöchentliche Ausbezahlung) zu Stande.
Wegen einer vom Gewerbeverein Chur für die Stadt erlassenen „Gewerbe-
ordnung" brach am 5. September 1859 daselbst ein Streik aus; die Arbeiter
verlangten beim Polizeipräsidenten Hückzug dieser Verordnung; er wies sie auf
den gesetzmäßigen Weg. Die Gewt^rbeordnang wurde pro 1. Januar 1860 in
Kraft erklärt.
Im Jahre 1867 fand eine erste, im Jahre 1872 eine zweite Arbeits-
einstellung in der Buchdruckerei Georg hfidel in Lausanne statt. Beide Male
bandelte es sich um Einführung einer Nornuilzahl von Lehrlingen ; das erste
Mal streikten 22, das zweite Mal 18 Arbeiter; beide Streiks wuren erfolglos,
es wurden sogar noch mehr Lehrlinge angestellt und ein Setzeratelier für Frauen
eingerichtet. Der Typographenbund erklärte deßhalb die Otlizin für seine Mit-
glieder geschlo.ssen. Wegen AusKch reitungen gegen die weiter arbeitenden Ge-
hülfen wurden vom Gericht Geldstrafen verhängt. Der zweite Streik endigte
zudem mit einem Preßprozeß gegen das Verbandsorgan „Le Gutenberg", welches
wegen Veröffentlichung der Namen der 10 Nichtstreikeuden kriminell zu Fr. 250
Entschädigung, Fr. 100 Buße und den Prozeßkosten (zusammen ca. Fr. 800)
verurtheilt wurde.
Die folgenden 6 Jahre sind reich an Arbeiterbewegungen.
Eine Ende 1868 in Basel begonnene Arbeitseinstellung von 600 Seiden-
färhern verlief nach wenigen Tagen vollständig zu ihren Ungunsten, weil aus
Zürich und Lyon genügender ?>Katz an Arbeitskräften eingetreten war. Die
wieder antretenden Arbeiter mußten schriftlich die Verpflichtung eingehen, „an
nichts theilzunehmen, was auf das Geschäft störend oder hindernd einwirken
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Strike»
318 —
Slrikeft
kann, Vit i ernenerten Arbeitseinstellungen »ich nie mehr zu betheiligen und all-
fälligc autreizende WahrnchmnTi^n unter drn Arbeitpfn sur Kenninm der Meistor
zu bringen". Viele Arbeiter wurden bleibend brodlos.
Im ::reptcmlier 1870 «tollten wiedvr 46 Arbeiter einer Febrik wegen Lobn-
lordening die Arbeit ein; die Fabrik konnte wlUureiid de« 3 Wochen danernden
Streike fortarbeiten. Dag Civilgericht verurtheilte die Arbeiter zur Fortsetzung
der Arbeit und zum ScliadLMursiitz, da« Polizei ;^ericht wegen Vertnifrslnuh zu
Fr. 5 Buße. Sie nahmen die Arbeit wieder auf und die Fabrik gewährte hierauf
einige Konzesdoneu. Der Streik kostete die Arbeiter Fr. 12,000.
Von 1868 bie mm Anebraeh dee dentsch-fininsSeiaohen Krieges war Genf
der Schauplatz zahlloser onlkogreiclicr und anfragender Streiks; die «Inter-
nationale' wird al« deren er''istige Ui"lifh*'riu bezeichnet.
Im April bf>g;iniieu die Maur* r, Steinhauer, Zimmerleute und SchluMser
zu streikeil ; tsie verlangten utatt zwöifbtuiidiger zehnstündige Arbeitszeit und eine
Lohnerböhnng von 20 <*/o ; nach 5 Wochen kam dnrcb Vermittlang von Staate-
rath Camperio und Armand Ga-gg ein Vergleich in Stande, wonach elfstündige
Arbeitszeit und 10 "/o Lohnerhöhung bewilligt wurden. Die Graveure und Typo-
grapheii streikten je 3 Monate; über den Verlauf dieeer beiden ötreike konnten
wir nicht« mehr erfahren.
Die grttßte wohl jemab in der Schweis etattgefnndeoe Arbeiteeinetellung
war diejenige des geaammten Bauhandwerks in Genf vom 9. Juni bie 16. JiiU
1870. Schon vorher hatten die Gypserarheif r zu streiken begonnen Die Meister
der verschiedenen Bauhandwerke t rk;iiiutcii, daß es fioitens der Internationale
darauf abgesehen sei, ein G- wnk nach dem andrru in einen Streik zu verwickeln;
eie kündigten deßhalb an, daß ihre sümmtlichen Werkstätten am 11. Juni ge-
aohlossen wttrden, wenn die Arbeiter bis enm 9. die Arbeit nicht wieder auf'
nXhmen. Letzteres gCHchuh nicht und der allgemeine Streik begann. 1200 Arbeiter
reisten ab und *J0(H) iuidere blieben arbeit>i.;s. Vt ruiittliingsversnclie .--eltritcrten.
Der Ausbruch (!••> Krieges zwiscbeii TK-ntschiand und Frankreicli allein veruiuchte
Frieden zu stifteu in Genf; ohnedies waren die Hülisnutiel der Arbeiter erachoptt j
sie nahmen am 17. Juli die Arbeit an den alten Bedingungen auf.
Die Opfer der Arbeiter für dieae Streiks waren sehr beträchtlich ; da»
Bondeskomite Kchätzte >u- auf Fr 82,417 (Graveure Fr. 12,00<>, Bauliaielw . rkar
Fr. 13,862, Steinliauer und Maurer Fr. 25()ö, Tvpographen Fr. iy,öo0 u, 8. w,).
Das Komite erklärte ,dio erreichten VortheUe aulk'r Yerhältoil^ su den gebrachten
Opfern; ArbeitseineteUungen sollten nicht ohne Beservefonds nnd nnr in khur
bestimmten Fällen« nsoh FrachSpfung aller gfitiichen Uittol, begonnen und nie
durften awei Ein.stellungcn zu gleicher 2^it erklärt werden".
Ein im Jahre Woehen dauernder Streik der Lausannor Bau-
handwci ker kostete die Arbeiter Fr. H.'iOO.
Im Dezember lbü9 stellten in Zürich von 47 i/i<e/< 6i«c/<;;gehlÜfeu 38 die
Arbeit ein; sie verlangten bemere Besablung nnd Termindernng der Arbeitszeit
auf 10 Stunden, erzielten aber niidits. Die SOUAldemokratische ^Tagwacht*' be>
merkte zu diesem Streik, daß man -ii !i \\i\t<-n solle, zum Zwecke höherer Löhne
einen Streik horvorzuinfen. wenn meiit ein sicherer Krfolg voransznsehen <c'\.
„Alles in Alicm ist ein schlecht vorbereiteter oder geführter Streik mit seinem
gamen Aergerniß nnd gegenseitigen Hsß der Arbeitersache so schftdlieh, da&
man sieh davor wie vor dem firgsten Unrecht hüten solltu.**
Gleichzeitig wogten in Cha u x - d e - Fo n d s und Loele mehrere Lohn-
kämple. Beim ersten im Juli 1^69 aufgebrochenen Streik liandclte es sich am
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Sinke«
— 219 —
Stfiko»
Dor^fithniDg eines Reglement«, welobes die Gfopmir« fttr ihre Yerbftndeimtglieder
aufgestellt hatten. Durch Vermittlang der Suciet^ oommerciale et : 1 tiielle kam
nach 3 Wocht^n »ine Vcr.^inbarung zw Stande, wonnrh die AfUjitszeit auf 10
Stuaden norinirt wurde. Im Juli 1870 begano der Konflikt von neuem; zwei
Patrone hatten obige Vereinbarung gerietst, die GraveurvereioämitgUeder weigerten
sieb defibalb, bei ihnen m arbeiten, and sehließlieh mußten «rstere naohgeben.
Der aweite, bedeutend größere Streik begann im April 1872. Die Graveur-
gehiHfeii verlan{z:ten 20 " V, Lohnerhöhung ; die Patrone wollt»-!! 10 " o gewülirt n,
sofern «licso Erliiihiing aucb uiitlernort« durchgeführt werde und die (iehiilten
nicht m^hr für eigtiiie Ivechuung zu Hause arbeiten wollten ; letztere hielten diese
Bedingungen fttr nnannebmbar. yemuttlungsversoobe nnd eine weitere Oflbrt»
der Patrone« 15 V« ^ gewähren, eoheiterten antünglieli am Wideratand den
Graveurvereinp. Als später letzterer mit dieser Otterte sich begnUgen wollte,
zogen die Patrun«" f^ie znrUck. Ks blieb dt^ßhalb den GehHlfen nach zweimonat-
liobem Streik nicht» übrig, als zu den trUhern Bedingungen die Arbeit wieder
neftwinaiiineii. Beide Ptrteien hatten aehr gelitten; einige Atelietn waren ein-
gegangen; die GehttUen zeigten eieh «fatignie dee gr^vee*; die von ihnen be>
absichtigte GrUndang einer Produktivgenoeeenechaft aoheiterto an den hohen
Aniagekoeten.
Den Emailmal^rn, weli;he ebenfalls mit einem fcjtreik drohten, wurden "/o
Lohnerhöhung bewilligt, dagegen eine Lohnerhöhung tür die Uhrfederumacher
irtnrweigert*
IKe nach Beendigung de» deotaoh'fransttitiecben Krieges beginacu K- groß-
artige Entwicklung der Piodiiktinn, die sog. „Grtiniler/Ait", hatte auch bemerk-
baren KintiiiÜ Huf die L<jluit'nige ; UIxthU machtt- sich in der Arbeitersohnft daa
Bestreben nach Verbe«Berung ihrer Lage geltend j die Nachfrage uaoh Arbeita-
kriften stieg, die meisten Fordemngen wnrden ohiie erhebliehe Kämpfe bewilligt
oder dann siegreich erstritten.
So erlaugten im Jahre 1871 40 streikende 6VAi<Amf/f7jerrgesellen in Winter
thuv nach dreiwöchentlichem Streik Einführung des Stücklohnes nnd eines ge-
regelten Lubntarifos \ die Meibtet konnten »ich nicht einigen und unterlagen. Eine
swMte, im Febroar 1872 aui^gebroohene Arbeitseinstellung von 40—60 meiat
fremden Arbeitern der drei Sehuhfabriktn in Winterthnr dauerte bis anm Juni;
die Arbeiter forderten Lohnerhöhung um 15--25 7o, welche anfängliob bewilligt
wnrde; nur weigerten sioh die Fubrikarteii. dm Tnrif zu untttrzeichnen, wfßhalb
der Streik fortdauerte und schließlich mit Erhöhung von 10 — 20 **/o endigte.
Die Fabrikanten waren sehr geschädigt, weil sie übernommene Lieferungen nicht
hallen konnten und die tttehtigsten Arbeiter ohne genügenden Eraata verreiBten f
hIl hätten sieh diesen Schaden durch Üntemiohnung dee ihnen genehmen Tari&
leicht ersparen können.
Vom Iii. Juni bis 15. Juli IMl beschäftigte ein «^rölSfrer Streik dpr
Appreiirer in St. Gallen nicht nur die dortige Bevölkerung, sundern die
gt >ammte Industrie der Schweia und selbst des Auslandes aufs Lebhafteste.
Gl> i< bzeitig wurden verschiedene Handicerke, nameatUoh die Schreinerei, in
deustlhen verflochten; die Gesammt/tlil der Streikenden wiid auf ca. IJOO ge-
schützt, wovon 114 Appretirer. Hie verlangten haaptaäohiioh Keduktion der
Arheitazeit von 12 aut 10 '/'i Stunden.
IMe «Litematioimle'' soll hauptsäohfieh Anregung un4 Unterstützung gegeben
haben. Die Bevtflkemng smgte sich den Forderungen der Appretirer so lange
gendgt^ bis der den Streik unterstützende Arbeiterverein sich als Glied dea
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Sü-ikes
220
Strikes
^iaternationalen Arbnterlmiidc«* erkUtrIe. Deßhalb vereinigten sieh die meirteii
Arbeitgeber za dem BeedilnMe, alle Mitglieder jenea Bandes aaszaspeireii, wie
groß»; Arbeiterdomonstrationen, Proteste, Verhandlungen mit der Kantonsregierung
zur Folge hatte. Ein von letzterer angebahntes Einigungsamt wnrde von den
Arbeitgebern zurückgewiesen. Mitte Juli kehrten die Arbeiter allmälig in ihre
Werkstttten vnrttek; die Arbeitsnit wurde auf 11 Standen rednort, die lV>-
•ettttkdige Uittagapaoae und die liohnerbShQng siurflekgewieeen* Beide Theile wurden
geschädigt; die Arbeiter opferten ca. Fr. 5400 an Unterstützungen, di*' F/iuLußen
an Arbeitslohn nicht gerechnet. Erhebliche Ruhestörungen fanden nicht statt.
Wenn auch mit der Kofortigen Arbeitseinstellung ein Kontraktbruch verbanden
war, 10 wurde ikm keine reehtUebe Folge gegeben.
Die Eomminion dee infemationalen Arbeiterbandee gab naob Sehlaß des
^Streiks die Vffentliehe Erklärung ab, ,daß sie nach reiflicher Ueberlegung und
knraer Erfahrung zur Islinaicht gekommen sei, daß die Maßregel der Arbeits-
ti lotcUuntfen seilen die geieiln.<fehten Ki-fnUfe erzirle" . Der internationale
Arbeiterverein selbst, vorher zahlreich und mächtig, zerüel nach dem Streik.
In Terecbiedenen HandMmhen der Stadt St. Gallen eetsten sieh die Lohn-
bewegungen mit theilweisem Erfolg für die Arbeiter fort bis Ende Oktober; bei
den Schreinern handelte es sich liauptsirlilich um AbschntTnng drs Stücklohnes.
Ein im Uktober IhTl gemachter Versuch, in der Ma»4<:liinenwerkstatte Sankt
Georgen bei i:Jt. (Tallen die zehnstündige Arbeitszeit einzuführen, mißglückt«.
Ebenso nißglllekto eine kane Arbataeinstellang in der ^eweArfabrik in
Kenhansen bei SchaiThaasen wegen relativ vermindertem StUcklobn, der aber
4ureb verbesserte Maschineneinrichtung mit Mehrproduktion aufgewogen wurde.
An einer Arbeitseinstellung der Weher in der Wollfahrik Flecken^tcin-
^hultheiß, welche in Wädeusweil 114 und in Feldbacb (Kt. ZUrich) 86
Arbeiter beeeliäftigte, betheiligten sieh im November 1871 am letztem Orte nar
14 Arbeiter wSbrend swei bis drei Tagen; diese forderten LohnerhShang am
14 ^IQ and Vermindemng der Arbeitsaeit, ohne £ifolg. Die Urheber des Streiks
wurden entlassen.
Ein im Jahre 1872 in der Grlaruer Druekindustrit infolge des neu er-
fundenen Düppeldruckes entstandener Streit, die sogenannte „Türkenkappeu-Frage",
hatte ohne eigentliche Arbeitneinstellung die bedeatsame Folge, daß das Glamer
Volk an der Landsgemeinde die Fahrikarbeiteseit von Id auf 1 1 Stunden herab-
eet/.te ddiiiit ilt-n Anfami zu einer J'dhrihfresetzffebtiufj in der S.hweie machte.
Ertulglos blieb im .luni 1m7I5 eine 1 ' jtHgig«' Arbeitseinstellung von 420
Arbeitern der iSptnnerei und W eberei Barth. Jeuni (Jo. in Haslen (Kt, Glaroa),
welche LohoerhShnng verlnngten.
Ebenso seheiterte im Janaar 1873 ein pl9tsUoh und planlos begonnener
Streik von 300 Arbeitern der Spinnerei, Weberei und Zwirnerei Job. Wild
in Wetting e n fAargaiO; die verlangte Lohnerhöhnnj; v<m HO ''/o und Revision
^er Fabrikkrankenkasse-Statuten wurden entschieden abgelehnt \ am dritten Tage
kehrtra die meisten d«r Streikenden (mrka 000 hatten sidi nicht betheiligt) sur
Arbeit zarttok und nur etwa 20 blieben fort oder worden entlassen.
Von Bedeutung waren ein zehn wöchentlicher Streik der Schreiner und ein
nehtwöcheiitli« Ii. r der F- hmicdc und Wn'tner in Zürich im Jahre 1n72. Am
«rstttren belhciligteii !?ich mehrere iiundert Arbeiter; hi« verlangten xchiiHlUiidig©
Arbeitäzeit und, einen Minimaltaglohn von Fr. 3. Die Meister wollten nur auf
eine LobnerhOhang am 15 — 20 'Vo, eine ArbeitszMt von 10*/« Stonden eintreten,
gleich einem Taglobn von Fr. 2. 50 bis Fr. 3. 60; auch hielte sie am StOok-
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Strikas
— 221 —
SUrike»
lohn fest. Vermittluno^svfr.siiche scheiterten an der Leidenscliaftlichkeit der beid-
seitigen Führer. Die Arbeitgeber verschiedener Handwerke betichlosseu auch,
eine allgeineine UntenltttiuDgBkai«e tnr gegcnHoitigen Hfllfo und xnm Sehntse
TOT Gewaltigung zu bilden ; dietse Kampfgenossensohnft soheint »ich jedoch nicht
verwirklicht zu haben. Am 1«. Mai 1872 kam eine gegenseitige üebereinkunft
zw Stande, wonach die Stiindenarbeit freigestellt, die Normalarbeit.szoit auf zehn
Stunden festgesetzt^ eine Lohnerhöhung von 20 °/o bewilligt, der Miuiaial-Taglohu
von Fr. 3 und «n Minimabtondengeld von 30 Cts. angenommen worde.
Beim Strrik der Schmiede und Wsgner betheiligten rieh sirka 100 Arbeiter,.
Ton denen ein Drittel beim Beginn des Streiks sofort abreisten. Sie forderteik
ebenfiülls zehnstündige Arbeitszeit und 20 ®/o Lohnerhöhung, Kost auswärts und
Ansprache mit „Sie". In t-inigen Werkstätten kamen Kuhe^itörungen vor, die
polizeiliche Hülfe nüthig uinchten. Die Arbeitgeber gründeten einen Verein und
▼erpfliehteten doh na gegenseitiger Anahttlfii. Endlich mußten die Arbttter nach-
geben, es fhnd gegenseitigeB £n1;gegenkommen statt und die Arbeitsaeit wnrde-
auf elf Stnndm normirt.
Ein im Jnni 1872 drohender Streik der Sehreiner in Bern mit ähnliche»
Fordemnp^en wie in Zürich wurde durch eine gemischte KommiRsion von Meistern
und Arbeitern zu beiderseitiger Befriedigung rasch geschliclitet. Die Arbeiter
üeßen die Forderungen der Arbeitsaeit-Rediiktion und eines Minimal'Taglohnes-
Ton Fr. 3 &llen, wVhrend die Meister in andrer Form LohnerhShnng bewilligten
Ein eigenartiger Streik war deijenigo mehrerer Mitglieder des TonhtUU^
Orchesters in Zürich im Winter 1^*72/73; die Hauptforderung betraf sofortige
Lohnerhöhung, worauf die Verwaltung nicht eintrat; einige Mi^lieder traten ans-
oder wurden entlansen.
Der deutsch-französische Krietr hatte nuraentlich der Geufer llijoulerie
einen außerordentlichen Aufschwung gebi-acht; infolge dessen brach im Winter
1873/73 ein vier Monate danemder Streik ans. IXe Arbeiter betrachteten die
noch allgmnein flbliche Taglohnarbeit unter ihrer Würde und verlangten Stücklohn
nach einem zu vereinbanMiden Tarif, sowie ntMiustiiniH<:e Arlx'itszeit ; ^ie konnten
ihre Forderungen nur zum Theil durchöetzeii. Dif.-^er Luhnkampf ko.stete die
Arbeitersohaft Fr. 4y,000j Fr. 13,000 gingen von Genf, Fr. 12,000 von aus-
wlrfs äß jSssehnnk, femer Fr. 21,000 als Darlehen ein. Znr Tilgung dieser
Schuldeidpil maßte jeder in Genf besehiftigte Goldarbeiter swei Jahre lang ein»
Wochen.'^teuer von Fi. 1 entrichten.
Die Bw hdruckerstreüea der siebziger Jahre werden am besten im Zusammen»
hang behandelt :
la der Brodtmann'schen Buchdruckerei in Soh äff hausen stellten im
Jaanir 1872 nach vorheriger Kündigung sechs Oehttlfen die Arbeit ein; sio
Terlangten 25 — 30 ^/o Lohnerhöhung, Yermindemng der Arbeitszeit und Ein-
setzung eines Schiedsgerichts. Durch Vermittlung den Zentralkomites des .Schweiz.
Typographenhundes wurde schließlich eine Lohnerhöhung vbn lö'*/© und Ver-
minderung der Arbeitszeit um Va Stunde vereinbart. Der Streik dauerte sieben
Wochen und kostete beide Theile große Opfer; die Streikenden kamen nidit
wieder sum Eintritt.
Eine Arbeitseinstellung in der Offizin LSrti^chor in Vi vis im Juni 1873
war ohne Belang. Dagegen wnrde bedeutungsvoll für die Zukunft ein erbitterter
Lohnkampf, den die Zürcher ßurhdntrker[)nx)z\pii\n \uv\ -Gehiilfen führten —
bedeutungavoll deßhalb, weil hinter beiden Parteien das gesammte organisirte
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— 322 —
Strikes
Bachdrnckergewerbe der Schweiz, der Verein hwrizerisrher Rnchdruckerei-
besitstr einerseits nnd der Schweizprir^rhe Ty|"»gra|ihbiibuud anderKeit« Htand.
Ende 1Ö69 war zwinchen Bucbditickerpnnzipaien und -Gehülfen von Zürioli
«an Lobntarif vereinbart worden, der eine Verbewerung von oe. 16 — 85 % in
«oh aohloß. Im Herbst 1873 verlangten die Gehülfen in einem revidirten
TTarif weitere Lohnt rhöhung n von ta. 25 ^/o; die Prinzipale wollten auf Grund*
lag«i lie.s friil)ern Tarif« nur 10 ®/o gewähren. Mir ^Typographia" Zürich fand
diewe Odert« für ungenügend, erklärte die Oftizin Orell Füßli <Sc Co. für Bundes-
mitiglieder gesoliloiaen nnd warnte vor Zusng nadi Zttridi; in einer apitem
Yersammlnng erklärte aie, diese „Blokade" aufheben zu wollen, wenn ein
Schiedsgericht zur Entacheidnng der obwaltenden Streitigkeiten bestellt werde.
In der Folge kam durch Dek;;ijirte ein vereinbarter Lohntarif mit 15 *'/o Lohn-
erhöhung zu Stande, dur am 1. Dezember 1872 in's Leben treten sollte; er
wurde aber von der „Typogruphia'* mit geringem Mehr abgelehnt, ebeneo ein
nener Entwarf der lelntani von den Prinsipalen. Die «Typographia'' betohlolS
in Folge dessen am 14> I>ezember Vertagung der Tarif revision nnd Sistirnng
aller ReiseunterHtnt7nn£»en an Zuwandernde, d. h. die Gehülfcnrahl wnrde da-
durch möglichst redn/.irt, daü der Platz Zürich in Blokadezu^taud verheizt, jedem
Mitglied die Auimhme einer Kondition daselbst verboten und Abreisende mit
J^. 30 Beieegeld nnter^tUtst worden. Der von den Prinsipalen aufgestellte
Tarif trat am 1. Januar 1873 in Kraft, die Frage seiner Anwendung ftthrte
jedi'eh zu solchen Drtferenzen nnter den GcliiUfen, daß 41 Mitglieiier i von etwa
in,s) den An^tritt aus dem Typn^rrapheabunde erklärten. Die nachKten drei
Monate verstrichen ohne bemerkeuHwerthe Ereignisse; im April jedoch wurde
4ie Blokade seltene der „Typographie* emenert; am 11. Juni verlangten
26 Hitglieder ans d Offizinen eiue neue Tariferhöhung um 10 ^/o nebst ver-
«cliieden(!n Forderungen bezüglich Arbeitszeit, Kündigungsfrist, Schiedsgericht u. s. w.
und erklärten im Falle der Ni«;htannahme auf den 14. Juni die Kündigung.
Dieselbe eiiolgte denn auch in Folge Ablehnung der Forderungen durch 25
Bttndeamitglieder.
Das Zentralkomite de« Vereins scihweia. Bnchdmekereibeaitser in Bern, an
welches sich die Zürcher Prinzipale gewandt hattei., theilte 8choTi am l5. Juni
die Li-tr drt- Strcikenil*'!! Nänimtlichen Buchiiruckcreibesitzern der Schweiz mit
der Aufforderung mit, keinem der genannten Gehülfen bis auf Weiteres Kondition
2U geben, weil «es sich um einen ohne tiefem Grund herauf beschworueu Streik
handelt, wie er mnth williger noch selten vom Zann gerissen worden* sei. Den
25 Streikenden, welche zum Theil sofort die Arbeit verließen, schlössen sich
im Verlauf weitere 7 r;r r vierten Otiizin an, wi il iliese den andern Aushülfe
geleistet hatte. i)er Streik verlief für die (iehiilfen ohne jeden hrfolg, die
Streikenden sahen .<iich, soweit sie nicht in dt^r bundesgetreuen Genossenschafts-
bnehdruekerei Besohifftigung fanden, smr Abreise geswnngen, und so endete im
Angnst 1873 der im Oktober 1872 begonnene Kampf zwischen den beiden Be-
rufsvereinen mit einer empHndliehen Niederlage für den GehUlfenverein, der auf
wt niirr Mitglieder redusirt wurde und erst nach langen Jahren sich wieder etwas
erholte.
An einem Streik in der Buchdruckerei der ^Libertö" in Frei bürg im
Mai 1874 beteiUgten sieh elf Gehlllfen.
Eine Tarif bewegnng in Bern im Febmar 1876 endigte nach zweitägigem
Streik in der Mehrzahl der Oifizinen, an dem sich ca. Bundesmitglieder be-
teiiiglen, uiit vollstäudigür Anerkennung des bereits zwischen weujigeu Oilizineu
»
Strikes _ 2.23 — Slrikes
mit ihren Gehillfen vereinbarteu LohntariCs; derselbe brachte eine Lohnyerbeeeening
TOD 10 — 25 "/ii. wTx hciitlichr AiitizabluTif» n. ^. w.
Nicht liu güuhtigeii Erfulg für die Gehiüftia hatte der rasch folgende Buch-
-druckerstreik in Baticl, welcher ebenfalhj eine Luhuaufbeaserang bezweckte.
Es betiieUigteD sich ca. 60 Gelittlfen ; die Fordemngen wurden nieht «nerkanntt
4ic Streikenden wurdi'n in der Uehnahl arbeitolOH, die Ty]>ogra}ihia büßte den
größern Theil ihrer Mitglieder ein nnd die erpsanimtr Gi liiilfi n-^chaft opferte über
Fr. 10,000 ohne Erfolg. Auch dieacr Streik war uube»oiweu und ungesohiokt
begonnen, wie der Zürcher.
Die erste Folge der Niederlage war die Bildang einer Geuossenaehafti»
bnchdruekereif am wenigstens einen Stamm von Bunde8mitgliedem auf dem
Platze Basel zu erhalten ; dicKelbo ging epKter in das Eigenthum den Typographen-
buiidet« Uber, der sie noch jetzt unter eigener Leitang als Vereinabacbdruckerei
betreibt.
Als weitere Folge bmder Sireib ist der Beaohlttfi des tdtmeiä. Ti/pof/raphen-
bundes, der ältesten und best organisirtra (Sewerksohaft in der Sehwds, an
betraohteni wonach dem Bundesvorstand größere Uachtbefugninse bei Arbeits-
einstellunfjen wälirt tind ihm die Yerpflichtung auferlegt wiiid.\ daß er nnr
nach ernstlicher unparteiischer l^rUfung aller Umstände entscheide, ob eine Arbeits-
einstellung stattfinden dürfe oder nicht; würde entgegen einer bezüglichen In-
stroktion dennoch ein Streik begonnen, so maßte er der Bnadesuntersttttcung
entbehren. Dem £ntiolieid vorgüngig hat der Bnndesvorstand eine Vermittlung
der Parteien zu versurhen. Hei finem Mißlingen diMst-ll.en ist iniinnhin iHi- Zu-
stimmung von ' 4 dor Scktiuiismitglieder und di^ sclirit't liehe Verplliclitung aller
vom Streik Bitruilenen erforderlich, die Arbeit nicht ohne Geachmigung des
Voratandes aofhehmen zu wollen. Diese Bestimmungen hindern ein nnbesonnenes
Vorgehen und die Terrorisirung der Minderheit durch eine unbedeutende Mehr-
heit. Es ist denn auch infolge dieser Vorsichtsmaßregeln seit lH7ü in der Schweiz
keine bedeutendere, v»»m Typographenbunde unter»tUt?:t*- Arbeittieinxtellnng vor-
gekommen, obwohl die zu diesem Zwecke seit gebildete und durch regel-
raSßige WoohenbeitrXge sSmmtlioher (oa. 1000) Mitglieder gespiesene BundW'
JReserv0ka8se (Streikkaase), abgesehen ro» den faeaondern Lokal-Reservekasaen
einzelner Sektionen, zur Zeit ca. Fr. 20,000 Vermögen boitzt. Es ist auch zu
hoffen, dnß in B'ildi' durch Vereiiil>.iru!ig des .srhweiz. Typo{^raphenbundf'< und
des Vereins «chweiz. Buchdruckereibchitzer, welche in den letzten Jahren iu niehr-
lacher Beziehung gemeinsam wirkten, ein Kiniyunysamt für das gesummte schweiz.
Bucbdmekergewerbe geschaffen werden könne, als wmterer Sehritt znr Hebung
und Verbesserung desselben auf friedlichem Wege.
Auch die „Sociele ftderative de.i fi/}H>;/raphes de la Suis^ie rcmfiit'l'-^ , ein
mit dem Typogrnphenbnnde «olidarisch verbundener Bruderverein für die Irau-
zQsische Schweiz, kennt iu Bezug auf EinschriiHknny der iStieiks ähnliche
Beatimuangen wie die oben erwähnten : Eine Arbeitseinstellung darf nicht erklärt
werden, eke die Gründe dafür dem Zentralaus.Hchuß mitgetheilt wurden; dieser
übersendet dieselben mit seinem Gutachten sämmtlichen Sektionen und diese ent-
scheiden, ob die Arbeitseinstellung stattzufinden habe oder nicht. Eine solche
daii auch nicht verhängt werden, ehe alle <iiUlichen j)/<Y^c:r erschöpft sind;
namentlich soll jedesmal snvor eine Ywmittlungskommisflion ernannt werden,
welche die friedlicke Einigung zu versneben hat.
Wie diese beiden Ba< h l nickerverbände, so führten, durch herbe Erfahrungen
erfolgloser Streiks gewitzigt, auch andere sohweizerisohe Gewerkschaften vor-
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Strikes — 224 — Slrike»
beugende Bestimmungen ein. £» schreiben z. B. die Statuten deu im Jahre 1674
gegründeten Sehuhmaekerwrbandea vor:
,Wenn in einer Ortschaft st iU us der Mitglieder des Verbandes ein Streik beab-
sichtigt wird, so hat der Zcntralvorstand zu untfrsuclieii, ob dersflbe gerechtfertigt ist
und wie er alädauu zu unterstützen sei. Nur solche Streika sulieu unterstützt werdeiv
welche vorher engeieigt und Tom ZentralTorstand g^illi^ «Ind.*
Die »1 dieaem Zweck verfügbaren Mittel des Schuhmacberverbandes scheinen
allerding-fi {*ehr gering zu sein, nntsprecheiid <len bescheidenen Beiträgen der Mit-
glieder. In ähnlicher Weise bestimiuen die Statuten des 1877 gebildeten Spoifflcr-
verbandea, daß Sektionen, weiche eine Arbeitseinstellung beabsichtigen, miudeätens
▼teraelm Tage, ehe die Fordeningen den Heistern eingereicht werden, dem Zentral»
yoratand genauen Bericht ühi r die Sachlage einsenden müssen. Die endgttltige
Entscheidung darilber, ob eine Arbeitseinstellung stattzutinden habe, hat die
Vorortssektion. Endlich hat die „Federaiion de<t prnveurs ei ffuilloiheurs^ der
w^tschweizerischen Ubreuindustrie, 1868 gegründet, die EDtsoheidong über den
Beginn einer ArbeitceinateUnng in denelben Weise der C^eauumtlieit der Sektionen
▼orbehalten, wie der romanische Bnebdrattkerverband (vergl. oben); die seitens
der einzelnen Sektionen an die Feiernden xn leistende ÜnteiatOtmng bemißt aieb
nach der Zahl ihrer Mitglieder.
Wir folgen nun wieder mehr der chronologischen Ordnung der Streiks.
Wie oben schon erwöbnt, war besonders die erste Hälfte der 70er Jahre mit
ihrer vermehrten Produktion nnd vertheoertm Eonsnmation reich an Lohnkimpfen
nnd Streiksi wXhrend die folgenden sehn Jahre fast einem Waffenstübtand
glichen. Es sind aus dieser Zeit zn erwHhnen : Ein Sc Uuhmanher streik in
S cha ff h u u N e n im Jahre 1.^70, vom Hchweiz. Schuhmacherverbnnd (Arbeiter)
unterstützt und mit theil weisem Erlolg begleitet; ein erfolglu^er Streik der
SehHftsed^r in Lausanne wegen Lohntarif im Febraar 1877; ein Spcmjler-
gtreik in Zttrich im Jahre 1878 zur Verwirklichung der zehnstündigen Arbeits-
zeit, nach zweimonatlicher Dauer mit eim r vollstfindigtn Niederlage der Arbeiter
endigend; ein Burhdrnckerstreik in Luzern im Januar iss'H^ ein Streik in
der größten Uhrenfabrik von Locle im November 18^4 wegen Lohnherabsetzung
n. s. w. Eine halbtägige Arbeitseinstellung in aSmmtltchen BueMrui^tereien
Chur*s am 18. Febraar 1884 endigte dnrch Yermittlang des Zwtealkomite dea
Bohweia. Typographenbundes mit Ancabme der meisten Forderungen der Gehttlfen.
In den letaten Jahren (1886 — 1889) nahmen die Arbeitseinstellungen wieder
in besonderm Maße Uberhand, nicht sowohl infolge wesentlich veräml» rter Pro-
duktionsverhältnisse in Industrie und (iewerbe, als durch vermehrte Organisation
und Thätigkeit der beidseitigen Berufs verbände; auch handelte es sich in diesen
Kimpfen weniger nm LohnerhShnngen, als nm Abwendung von Lohnredoktionen,
sowie l^aonders nm prinzipielle Interessenfragen, wie Regnlirung der Arbeitszeit»
Einführung von Werkstattordnaugen und ArbeitsbttoherUi nm die Frage: «Stttok-
oder Zeitlohn" n. s, w.
In den tjUer und 70er Jahren hatten die Arbeiter vielerorts den Stücklohn,
die Akkordarbeit mit sohwOTen Kimpfen dardageeetst. — Ende der 80er Jahre
Torlangen sie Abschafl'ung Irr Akkordarbeit und Minimaltagltthne. So rascb
ändern sieh Verhältnisse und Ansichten !
Die Gewerkschaften der Holzarbeiter (Möbel- und Baiiselirelner, Zimmer-
leute, Klavtermaeher, Wagner, Drechsler und HolzbiMluiuer'i zeigten sii h besouders^
thätig auf diesem (icbiete. Die verschiedenen Lokulvcrcine bildeten im Jahre
1886 den «obweis. BolMorbeiterverband mit den ansgesproohenen Zwecken : Ein-
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Strikes
filhrang eines höcluitens zehustUndige» Arbeitstages und eines deit Jeweiligen Ver-
biltniflsen entspreohenden Lohnes; Reohtncbute der Mi^lieder gegenüber den
Arbeitgebern; Einfahrung von Scliiedsgerichten fUr die Streitigkeit in aus den
bestehenden Avbeittivtirtr;i;u:en ; Aufnahme statistischer Erhehnngfii fll>er die Lage
der Holzarbeiter an den verschiedenen Orten der Sdiwtiz; Gi iin<liiii^ eines
Streikfonds; Beseitigung der Akkord- und Sonntagi^urbeit. Bei der li^rkuaiplung
besserer Lffbne und kttnwrer Arbeitnmt gedadtte der Verband s^temaUich auf
Ornnd seiner statistischen Erhebungen diejenigen Städte der !Reihe nach durch*
zunehmen, in denen die bezüglichen Yerhältnisäe noch am ungünstigsten stehen.
Er schloß »ich auch der Schweiz. Rdicrvef.-nsse (s. unten) an.
Zar Abwehr der weiter drohenden Kampfe gründeten im Sommer lbö7
die Arbeitgeber einen Gegeiipart, den „SchweiM, Sehreinermei^terverein**.
Im FrttJy'abr 1886 wurde der Kampf fast gleichseitig in Basel, St. Gallen
und Lausanne begonnen; Uberall handelte es hiich um die zehnstündige Arbeits-
zeit. Die vereini«:ten Hulzarheiter in Basel, ea. nOO Mann, von denen 100
sofort abgereist waren, erreichten ihre Forderungen bezüglich zeiinstüiidif^er
Arbeitszeit nicht. Au UuteratUtzuugsgelderu gingen ein l'r, 1556. Der Streik
•ndigte nach vier Wochen am 23. April mit einer Niederlage der Arbeiter. Er
hatte noch ein Nachspiel vor dem Folizeigerioht Basel; dasselbe verurtheilte am
21. April von IH angeklagten Arbeitern eines Möbelfabrikanten 'A mit 'M\ 20
und 10 Fr. Bußen wegen gesetzwidrigen Verlasscns der Aihfit, ft rinr l Arbeiter
wegeu Drohungen und Gewaltthätigkeiten gegen Nicht^treikeude zu 24 Stunden
Haft (vergl. oben den § 164 des Basler Strafgesetzes).
Die Sehreiner von 8 t. Galten dagegen aelzten nach 14tSgigem hitaigem
£ampfo am 16. April die zehnstündige Arbeitszeit durch. Letzterer Aasstand
warf seine Wellen auch nach den benachbaiten Orten Herisau, Rorschach
und Komanshorn. In dem am 23. Harz begonnenen Schreinerstreik in Lau-
sanne negUn bald die Forderungen der Baiiscbrdner (zehiistUu«lige Arbeitszeit
nnd Minimalstnudenlohn von 45 Rp.). 55 JHiSfte/sohreiner dag^en maßten den
Kampf bis Ende Mai fortsetzen; die zelinstiiudige Arbeitszeit und 45 Cts. Minimal«
stnndenlohn wurden bewilligt, die gänzliche Abschatlung der Akkordarbeit drang
nicht durch. An Uiiiisgeldern gingen in Lausanne ein Fr. 1361, 50, die Ue
Bammtausgabeu betrugen Fr. 2167. 35.
SHmmtliohe Arbeiter der Faßfisbrik GUSbei in Aiißersibi (18^20 Mann)
stellten im Mai 18H6 die Arbeit ein. Nach der pArbeiterstimme" hatten sie
bei vierzehnstündiger Arbeitszeit eint ii Taglohn von 2 — 4 Fr. ; «ii; erreichten
aehnstiindige Arbeitszeit und die Haltte der verlangten Lohnerhöhuiif;.
Einer der bedeutenderen Lohukämple der Schweiz war der Schrcitiersli ak
in Bern (6. Juni bis 1. September 1887 = 86 nnd für einen Theil sogar
113 Tage). Er bildete gleichsam eine Fortsetzung des vierwSchentlicben Streiks
vom Jahre 1873, nach dessen Absohlnß eine Uebereinkooft geschlo*vsen worden,
welche seither öfter zu Verhandlungen «r^ lVihrt luitti«, n(» z. B 1H7!>, nnd
188;V. Die Forderungen der Arbeiter lauteten nunmehr: Kinfiibrung eines Minimal-
taglohnca von Fr. 3. 80, nebi^t ullgenieiner Lohnerhöhung um 10 Abschaffting
der Akkordarbeit;- Bednktion der Arbeitsseit auf 10 Vt Standen mit Zuschlag
von 30 **/o Lohn fllr Geberz- itai heit. Die Abschaffung der Akkordarbeit wurde
bald fallen gelassen-, von den übrigen Fordernnt^en leisteten di« Meister nur dem
Miniraaltaglohn Widerstand; statt des.sen sollte ein Durchschnitt.slohu hi-timnit,
rcMp. ein Arbeitstarif vereinbart werden, eutsprechend der geforderten Lubn-
«libhang von 10 *^/o* Die Diiferennn varen somit geringfügig; der bald mit
jH^vrror, Vo1lu«irt]iM^ftt*I<«slkoB 4«f Sohmli. 15
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Strikes
•Uor LddeiisdMfl und GdHangkeat gdtihrte Eami^ l^tte bei beidseitigem Bnl^
gegenkomiDeii im Beginn geeehliditet werden kdnneo. Hehrere große Versamm-
luiigi^n, in denen z. B. eine Reduktiun der Forderangen als „mit der Würde
der Arbeiter njfht vereinhar"* erklärt wurde, eine Demonstration auf dem Kirchen-
feM, beleidigetide Zeitungsfehden u. 8. w. schürten da» Feuer, so daß es erst nach
meiirmaligen Yeräuchen dem Stadtpräsidenteu Oberst Otto von BUren gelang, eine
Vermittlung anxubahnen. Des langen Haden mtlde, einigten sieh am 81. Angoet
die Parteien auf folgende Vereinbarung: Lohnerhöhung um 10 ^/o, Arbeitszeit
10' /j Siundt'n, Mininialtaglohu von Fr. 3. 30 wiilireml vior/chiitägiger Probezeit
lind nachher von Fr. 3. 80, Lohnznnchlag hin l't l'crztntiirbeit 25 "/o, Sunntag.s-
arbeit 50 "/oj Beibehaltung der Akkordarbeit nach Tarif; bei tarifirter Arbeit
wird kmn Hinimallohn garantirt; Einführung eines LohnbttchleiiM } Anschlagen
dieeer Arbeitsbedingungen in jeder Werkstatt; Ajimfang einee Sehiedegeriehtes
bei AnstSnden.
AuH der gemeinsamen oflBziellen Bekanntmachung der Meister- und Arbeiter-
kommi'>>9ion Uber Beilegung des Streik? ist folgender Schlußsatz bemerkenswert h :
,Aur diesem Wege war man endlicb nach fast dreimonaüichem Kampfe wieder
aaf demjenigen Boden angelangt, den man niemals hftlte veHaasen sollen, nftmlich:
,I)ie uiil)i'i"ii)tU]i..(e Unte rhaiidlung zwi««* hfn Arbeitjiebem um! Arheilnchmern". Sol>;iM
die beiden Fachkommidsionen nach ilirein Ermessen handeln konnten, war die ganze
Angelegenheit in drei Atzungen zu beidseitiger ZufHedenhett erledigt. M6ge dieser
•Streik, dessen bcklapcnswertlic Folgen sich erst nachträglich im ganzen T'nilange be-
messen lassen werden, auch seine guten Früchte gezeitigt haben. Eine genaue Statistik
über Nutxen und Schaden wird kQnftig Aber viele Phrasen und Trugschl(h«e binw^
helfen/
Von 215 vor dem Stn ik beschäftigten Schreinerarbeitern stellten 18') die
Arbeit ein, worunter verheirathete ; die Ledigen reihten sofort abj ca. 75
blieben zu nntersttttien; sowohl die Heister- als die Arbeiterpartei zählten einige
Abtrünnige. An Httlfegeldem gingmi den Streikenden ein Fr. 15,011 ; 137 StreÜEende
wurden für 4877 Tage mit Fr. 12,937. 70, 0 Gemaßregelte mit Fr. 3ör>, 204
Zu- und Altg< i<-iite mit Fr. 770. ii,'> uiitn-iliitzt ; GfHnDMiit '.'issfaben Fr. 15,002.47.
10 Streikkoiiiiiii>si()iisiiiitglic(i<'r Mielx'ii mich nach FnL;dt'USf*cbluß nrbeitn]o«.
Die gleichzeitig ansgehrochenen Arbeit3eiii!?tellungen der Glatter in St. (jallen,
Zttrich und Winterthnr stehen aaoh ursächlich in innigntem Zusammenhang.
In allen drei Orten handelte ee sieh seitens der Arbeiter um den Widerstand
gegen eine vom neugegrUndeten eehweiz. Gla8ennei8terverein (Sita in St. Gallen)
aufgestellte Werkstattürdnnng, sprzicll gfgr-n die darin vorgesehene Kinfiihrung
der Arbeifsbürhor. Als diese Wci k.sfattordnung in <:h'i\ ( i laserwerkstätten St. Galleu's
angeschlagen wurde, bescblo.ssen die verciuigtiu (rlaj^crarbcitcr der drei Städte
die Verwerfung, erklärlen sich aber bereit, gemeinschaftlich mit den Heistern
eine Wcrk.stattordnung zu benithen. Ea kam jedoch keine Einigung zu Stande,
weshalb die Arbeiter St. Gallenn am 8. Augu^t 1887 nach vorhergegangener
KüFidigung die Arbeit finsicllten. Am 12. September folgten ihnen die Zürcher
Genossen, nachdem wiederholte Vermittlungsverbuche durch die Zentral Vorstands-
mitglieder des schweit. GewerbeTereine, HH. Begiemngsrath SU^l und gtadtmth
Koller in Zürich, fruchtlos geblieben. Den Glasern von Winterthnr war von
Seite der Meister wegen Nichtannahme der Werkstattordnung auf den Sep-
tem?ift ;:ckiindet worden. Als jedoch die Züreher Meister rtm 21. September
nacligegcbeii, d. h. auf die Einführung der Arbeitöbiichleju Verzicht geleistet,
war auch in St. Gullen und Winterthnr das Eis gebrochen und wurde am
96. September die Arbeit wieder aufgenommen. Es wnrde auf der Basis beid>
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StrikM
seitiger Verständigung eine allgeuieine VVerkMtattordnuiig einj;< führt. In St. (rftllen
.fingen für den sieben Wochen andauernden Streik Fr. 2111 au üültsgeidorn ein.
Von größenr Bedtntang war der Streik der Mmm«4«uU in Zttrioh.
Vom 5. Hai bia Ende Jani 1888 dauernd, hat er dareheolinittlieb ea. 120 Mann
•arbeitBlos gemacht. Die Forderungen des Zimmerfaohvereins zielten sowohl nach
besserem iiolin als gering^erer Arbeitszeit nnd muUteu nach hartnäckiffem Kampf
schließlich zugegeben werden. Der Bau einer SängerfcKthUtte in Kiet>bach wurde
durch auswärtige Arbeiter unter polizeilichem Schutze ausgeführt. Nachdem am
1. Joni 18 Heister den Faehvereiii der Ztmmerlettte prinzipiell anerkannt, dessen
Forderungen bewilligt und sich Überdies verpflichtet hatten, fllr die renitenten
14 Meister keine Arbeit zu tlbernehmen, noch ihnen Mannschaften zu stellen, sowie
vorzugsweise Streikende zu he5irhKftin;en — kam am 27. Juni, also nach T'/i
Wochen, eine Vereinbarung z\i Stande: Die Arbeitszeit ward auf zehn Stunden
für den Sommer, anf acht bie nenn Standen fifr dva Winter normirt, die Sonntage»
arbeit prinzipiell abgeschafft, der Hinimaletundenlohn auf 4o Cts. mit 16 Cta.
Zuschlag für Ueberstunden festgesetzt, nebst entsprechenden Zuschlügen für aus-
wärtige Arbeit, Wasser- und Nachtarbeit. Die Foiibrung einer Abschieds-
bescheiuigung wurde von Seite der Meister fallen gela^ssen, dagegen ein D^mpte
im Betrage von drei Taglöhnen angelaseee.
Ab Naohepiel dieser Arbeiteeinstellnng ist su erwähnen eine P^ion von
Jlrbeitgebem der Baugewerbe an die Begierung,
,es möchten nuf dorn We,re der Verordnung' oder Gesetzpehnnp Vorschriften
zur bessern Wiifinin^: der personlichen Freiiieit und speziell Ufa Heehtes zu
arbeiten, !ür die /iikunfl aufzui^tellen ."^cin - mit Rücksicht darauf, daß in den
letzten Ai ln-itsciü-stellungen der Kr'"'''f'' Tlieil der Arl>eit<T, die arbeiten wollten,
der Verfolgung, Mißhandlung, Ürohung, f?chniaiiuiig und Belfi-sligung von Seite
der Streikenden ausgesetzt gewesen, und daß in ähnlicher Weise gegen Diejenigen
vor(re<;nii(ren werde, die, von Attfien kommend, hier in Zflnch engagirl waren
oder Arbeit suchten".
Dieee Petition fand aahlreiohe Unteraehriften — wie nicht minder eine
*Oegenpetition der Arbeitemhaft, wetohe in aoefllhrlieher Begründung »gegen
-den Erlaß von Ausnahmebestintmungen gegen die Arbeiter für StreikfUUe, wie
aolohe die Petition der Baugewerbemeister verlangt," Einsprache erhob.
(Tleichzeiti|!; mit diesem waren bei den Schreinern in Zug und Luzern
Differenzen ausgebrochen; an letzterm Orte nahmen sofort 21 von il7 Arbeit-
gebern die sehnstUndige Arbeitsaeit an. In Zug streikten 30 — 40 Mann{ ihre
Forderangen: tehnetUndige Arbeiteieit, Minimaltaglohn Vt, 8.50, AbsehafiPung
der Akkordarbeit, eventuell Erhöhung der bisherigen Arbeitspreise um 15 ^/o
und Garantie des Minimallohnr s, Regelung d*r Htreitigki-itcn durch S<'hiedN-
perichte, Lohnhneh u. s. w., wurdi-n abgesf;hlii;^^'ii und blieben ohne Erloig.
Die Leidenschaft zwischen beiden l'arteien stieg aufs Höchste; der Tod eines
Arbeiterfahren im Zugereee worde sogar einem Baoheakt der Meisterwhalt
.augeschriebe II.
Der Frühling 1881» weckte im Holzarbeitergewerbe neue Streikgedanken.
Wohl ermuthigt durch den Erfolg der Zürcher, stellten fast gleich?.' i'ic: 'Üe
Zimmerleute von Luzern, Winterthur und St. Gallen gleicbhuiieude
Forderung«! an die ICebter: sehnstUndige Arbeiteseit und 45 Cta. Minimal*
.Stundenlohn. In LuBem aeigten sieh die Arbeiter und Meister nachgibig, ee
kam bald zu einer Verständigung; Stundenlohn 4t> — 50 Cts. je nach Leistung,
Arhritsx.eit 8 Stunden im Wint- r, ](> Stunden im Sommer. Whtterfhnr und
Gallen mußten lauge und harte Kämpfe bestehen, obschon bei gutem Willen
f
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Stnkes
eilie Veroläotiigung leiebt gewesen wäre. Die Meistor ron Wiuterütur erklärten
•ieh eofort ' lu einer Lohnerbtthnn^ bereit (43 — '44 Cts. eis Kittollobo^, wiesen
jeiluch Mluimalbbn r>od Zehustundenarbeit entschieden zurück. Am 9. Miirz er-
folgte seitens der Arbeiter allgemeine vierzehntägige Kündigung und am 2'A. Miirz,
trotz Ansbezahlung der erhöhten Löhne, die Kinstelhmg der Arbeit thireh 16
Manu^ nur Wenige arbeiteten iort. Mehrere Vermittluii<;»vcrHUcbe det» Stadt-
prlsidenten, Herrn Nstionalrath GeiUnger, sowie weitergehende Offerten der-
Arbeitgeber blieben erfolglos. Auch an Drohangen nnd Gewalttbitigkeiton der
Streikenden gcgeriUber den Arbeitenden fehlte es nicht. Erst nm 2'-». April,
nach fünf Wochen, kam durch Herrn Geilinger folgende Ucbereitiktiiift zu Stande:
Arbeitiizeit von Milte März bis Ende Olctober lu Stunden, >iovember bis Mitte
Win 9, respektive wenigstens 8 Standen, MinimiilstnDdenlohn 45 Cts. ; Znseblag^-
lllr Ueberstnnden 15 Cts., fUr Wasser-, Nsebt» und SeuDtagiarbeit doppelter
Arbeitslohn; schied^gericlitlichc Austnigung aller Lohndifibrenseo mit einem.
Richter als Obmann und je drei Vertretern jeder Partei u. s. w. — An Unter-
stUtzungsgeldern gingen ein 1500 Fr., woxun aus Winterthur allein Uber 900 Fr,.
Terheiratbeto Streikende erbidten 3 Fr., ledige 2 Fr. tägliche Unterat&tzung.
In St, €htUen braeh der Streik Anfangs April ans; ee betbeiltgten eicb<-
zuerst ca. 80, später noch weitete 40 Arbeiter; auch hier kam es zu Aus-
schreitungen der Streikenden gegpniiber den Arbeiteiul n Neben den f-chon-
erwähnten Forderungen hajidelte e« sich auch um prinzipielle Auerkennuiig^
reepektive um Auflösung der Holzarbcitergewurktichaft seitens der Meister, welcbe-
ketnen Streikenden je wieder einstellen wollten und aoewKrtige Arbeiter zu be-
ziehen suchten. Durch Vermittlung der Kantons- und Gemeindebehörden wnrde-
Mitte Mai der Friede geschlossen auf folgender Grundla^^e : .Minimalntundcnlohn
43 Cts.. mit Gestattung von AuKnalimeu tür alte oder gebrechliche Arbeifer;
zehnstündige Maximalarbeitszeit im Sommer, im Winter nach BedUrfniß und
Witterung; Znsoblag vwk 16 Cts* ittr Uebeneitarbeit und 60% für Sonntogs-,
Kaebt- nnd Wasserarbeit o. s. w. — somit gegenüber Wintortbnr eine klnn»^
Differenz. Die Vereinbarung wurde von den Meistern sowohl wie VOU» Faeb-
Terein zu Hander» deni Gemeinderathes unterschriftlich anerkannt.
Ein Zimmerleutenstreik in Vevey im Mai 1869 scheiut bald beglichen,
worden zu sein.
Ein im April 1889 drohender Streik der Schreiner in Ztlrioh kam nieht
snm Ansbrnch; die Forderungen der Albeiter betretf'eud Normalarbeiti»tag und.
Minimallubn wurden dnrrli <lu-^ neu erricbteto städtische Einigungsamt (siebe'
, Schiedsgerichte", Seite 1'66) geregelt.
Air diese zahlreichen Streiks der liolzarbeiter in den Jahren 1880 - 89
gingen Tom sobweizeriseben HoharbeUerverband aus, dessen Zweck wir oben,
bereits erwShnt haben. Sein Hauptziel : Einfuhrung eines sebnstiindigen Maximal-
arbeitstages, scheint er nach Vorstehendem maTielicrorts erreicht zu haben; denn-,
nielit überall fflhrte die DtirclHctzuncf desselben zu einem Streik. Bemerkens-
werth iHt, diiÜ dieser Verband .sich konsequent vom großen schweizerischen
Gewerksebaftsbund ferne hielt und auf eigene Faust Krieg führte. An seiner*
Spitse «tunden u. A. der %ls Folixeispion berüchtigt gewordene SohrMer und
der wegen Unterschlagung von Vertdnsgeldern bestrafte Agitator Pifan, trewesener-
Kedaktnr des Hulzarheifcr'* , welche beide der Urhebersehaft vieler der vor-
geuannten Streiks verdächtig sind.
Ans den in den Übrigen Gewerben seit 1686 stattgefundenen Ansständen
ist in erster Reibe der bedeutungsvolle £oAia«ser«<fe(£ in Zttrieb vonnfttbren..
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Strikfis
Auch liier handelte es sieh um piiozipielle Frageu, um Anerkennung dea Schlotiaer-
r&divereiiis Mitent der Mekter and Einlttlming der lehnetfindigeii Arbeiteseit.
Yom 10. Hai bis 21. Juli ftthrteD oa. 85 Arbeiter den erfd^oeen Kampf, der
■^benfaUe echon üb Beginn bei gutem Willen beideneita hitte gescb lichtet werden
k^iniien, ehe bedauernswerthe Preßfehden, Zänkereien und schließlich blutige
8ti'iißunraulereien daraus entstehen mußten. Veniiittluiig8ver8uche Uni)arteiischer
hatten den beaten Verlauf genommen, wurden aber im letzten Stadium durch
fremden Einfluß vereitelt, eo daß etat! der Reehistngn die MtK^tin^ rar
■Geltung kam. Ein gutorganisirtes ständiges Schiedsamt würde yktl Haß, Leiden-
Schaft und pekuniiire Ojifer erspart habpii. Die MeisttT hatten sich bei Kon-
vftifionalbiiße von 2lK) fcV. verptiichtet, vercnnzdt nioht nachzugeben, üiae Ver-
iüguug der kantonalen Polizeidirektion vom 9. Juni,
«daß fortab das Belagern der Werkstatten und die Verfolgung der einzelnen
.Arbeiler auf dem Wege von und natli den Werkstritlon zum Zwecke, Zuge-
»sländuisBe von Seite der Arbeitgeber zu iiewirken, uatemgt sei und daß
•Zuwiderhandelnde Strafis . . . u. e. w. an gewftrügen bitten,*
uM)wie ein seblbrfereB BegleitMshreiben dee Poliseihauptaianna, wurden von den
Arbeitern gesetzwidrig erklärt and mit offenem Protest beantwortet. Ee fonden
in ih r Folge mehrere Verhaftungen, auch von unbetheiligten Biiritrern, statt, die
zu Handgreiflichkeiten mit der Polizei und schließlich zu einem Straßeukrawall
führten, bei dem mehrere Bürger und Foiiziüten verwuudet wurden. Die nach-
folgenden StrafjproseMe und Yerbandlnngen in den Behörden erregten noob lange
nach Schluß des Streiks, der mit volUtändiger Niederlage der Arbeiter endigte,
die Gemüther und beeinflußten auf die Dauer die kantonale Politik. Der
Schlosserstreik, welcher 7758 Fr. an HUlfsgclth-rn ver^el!^aIlir, gab auch Ver-
-anlassung zur Bildung der schweizerischen Arbeiterreservekasfio (-iehe unten).
Vor desaen Abschluß noch brach ein zweiter Streik in Zürich aus: Die
>8ehnknuK^ Terkagtea Abeebaffong der Bonti^uegelder (Mietbe fflr Arbttte-
-plats) und unentgeltliobe Lieferung der Foamitnren (gleich einer Iiohnerbttbung
-von MU 2 F^. wSobentlich). Diese als billig und gerecht erkannten Forderungen
wnrden von den Meistern bewillig;! bis auf vier der grijßten {ie>ehitfte, wo sodann
Arbeit eingestellt wurde. Der siebeuwöchentliche Kauipt endigte mit einem
theiiweisen Siege der Streikenden, der Fr. 1583. 5Ü kostete.
An einem Anaetand in der SohuhfaMk SteinbXnaer de Aukenthaler in
Lausanne vom 11. Februar bis Mitte April lä88| wegen ungeMlI^ender
Bezahlung, betheiligten sich vierzig Arbeiter ohne einen wesentlielieii IXolg zu
-erzielen. An HUlfsgeldern gingen Fr. '^A'2*:i ein. K e u e ii h u r g halte im Mai,
Biel im Juli, Bern im November 18i>8 je einen kleinern partiellen Schuh-
vuteh«if'9ir€ik; erstgenannter wnrde dureh Yergleicb beigelegt.
Ana dem Schneiderffewerbe sind in den letzten Jahren drei Streike zu
notiren : In der B e r n e r Filiale des Berliner Militäruniformengeschäfte«
Mohr & Speyer brach ein Streit aus wegen Erhöhung der Platzgelder und
Mascbinenentschädigung ; 24 bis Mann führten den Streik vom 12. Februar
.bia 11. Mira 18B7 mit Erfolg dnroh. Der Streik kostete Fr. 1041. 80, an
Httlfegeldem gingen Fr. 979. 60 ein. Ein «weiter Utigiger Streik fand im
April 1886 bei der Konfektionafirma Wulfsbruck & Kehl i /' i r i c h, ein
•dritter im Juni 1887 in Luzern statt, beide ohne wesentlichen Erfolg.
Aus der Grossindustrie, die iu der Schweiz seltener unter Arbeitseinstellungen
leiden hat, üiud zu erwähnen : Ein Lohnkampf in der Bindfudentabrik
;Sch äff hausen im April 1887, der recbtaeitig dnrdi die BMervekaaae-
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Strikes
2ao —
Strikes
Eommimion begUohtn wnrcie; ein erfolgloser Streik von 38 SadmarbeUem
bei Keck in MSnnedorf and Hng in 8täfa von Mitte August bis Ende-
I>ezeinber 1888 wogen Lolmreduktiun uml Gewerkvereina-Mitglie*! schaff, welcher
21 Arbeiter brofUon machte, große Noth erzeugte und die Arheiterrschaft Fr. 3600
kobtete; sodann zwei (rK^j^crstreiks: In Nctstal im Februar 1887, in Uz-
wyl vom 9. Jali bis 31. Angntit 1887; enterer wnrde bald durah Vv^
mittleramt geecbliofatet, letxtorer, eine Lobnredoktion betrefiFend, trots Ver-
mittlungsversuchen der ReservekasHe-KomniisHion ohne Konzession der Arbeitgeber
mangeU Untfersttltznng aufgehoben ; zwölf Gewerksphaftsmitfrlicdpi- hlii'ht'n arln its-
los. Nach einem dreitägigen AusKtand der Spemjler in der Kmaüfabrik in
Zug (Mai 1886) wurden die Forderungen der Aibuiter bewilligt.
IKe Stiekerei-Indmtrie hnt in jttngster Zeit swei FSlle wa veneiohnen..
Der Streik der Sticker in Ziel bei Appenzell im Jahre 1886 hatte einen
sensationellen Prozeß vor Kantonsgericht zur Folge, indem dieses den Fabrik-
besitzer veritrtheilto, die Jahre lang von den Arbeitern bezogenen Bußen im
Betrage vou Fr. h'ii'22 der Stickerkran keuka»i:«e rüokzuvergUten. in der Firma
Tobler in Rheineok waren die 60 Streikenden, tu denen eieh eplter weitere
40 gesellten, mit der angekündigten Lohnrednktion um 2 Cts. per 100 Stiek
nicht einverstanden und bescblosHen trotz Opposition violer Genossen Ende August
1888 die Arbeitseinötellung. Erst am 10. Oktober kam es, nachdem die Noth
unter den Familien der Streikenden angewachsen, zu einem vom Fabrik inspektor
angebahnten Vergleich, wonadi statt dem ndniirten Anaatx von 20 and 24 Cte.
für 100 Stich nnn 21 und 25 Cto. beahlt and die ttbrig«n Klagen der Stieker
befriedigt werden Bellten. £ine FOnferkonimisdon erhielt die Miasion, da« früliere^
gute Einvempbmpn zwisehen Prinzipal. h"»hfren Angentollteti und Arbeitern
wieder zu erreichen und zu erhalten uiul alles Schadenbringtiude zu beseitigen.
Sieben Streiks in der l.'hreninduslrie im Jahre 1887 haben ebenfalls
mehr oder weniger innigen Znaammenbang. Seit 1886 haben die Uhrenarbeiter
der Westschweiz begonnen, »eh in Gewerkschaften für die ver>ichiedenen.
spezialisirten Arheit^zweige 7.n orpanisirnn Es be>*tunden vorher einzig der Bund
der Graveure und Goillocheure mit ca. 11 Sektionen und einige lokale Gewerk-
schaften; nun bildeten sich die nationalen Oewerkvereine der Schalenmacher
(montenrs de bottes), der Bepasseurs und RemanieurB, der Faiseun fF4ehappe-
meutSt der &fferbfaUarbeiter, der Faiseurs de $ecrets n. a. m. Diese Grewerk-
vereine zusammen konstituirten sich als Schweizerin her Uhrenarbeiterbund
(federation horhahfi <ittf-isfi nvi^riorf) mit Über 12,i)ii<i .Mitgliedern, welcher
hauptsächlich die Kcgelung des Lehriiugswesena, der Normalarbeitszeit (zehn- bis
elistttndigen Arbeitetag), des UntomtlitningBwesen« nnd der Lohntarife bezweckt,,
letstere mehr im Sinne einer AiUfgleiehnng naeh Mafigabe der Konkurrena-
TerhMltnisse als einer allgemunen Iiohserhöbnng. Diese Forderungen, so maßvoll
sie auch andern gegenüber erscheinen, erregten nicht bei iiUeii Fahrikanten die-
selben Sympathien. So glaubte denn aueii ein Fabrikant iu 8 e i z a c h ^Solothurn)
Anfang Mai 1887 seinen Arbeitern den Beitritt zu einer Gewerkschaft verbieten
SU können, was zn einem Streik fUhrte, der um seiner prinzipiellen Gfmndlage
willen dit; gesammte organisirte Arbeiters diu ft der Schweiz zur Hithttlfe reiste.
Es gingen denn auch in kurzer Zeit cu. Fr. 5700 im Unterstützungfgeldern
ein \m<\ die 148 Arbeiter fliegten. Ueher den Ausgang ein«-s inn's Neujahr 1887
autjgebrocbenen Streiks von 2uo 6tctnbuhrern in Biel wegen geringen Lohnes-
fehlen uns nlhere Beriohte. In Sonoebos stellten vom 9. bis 13. Febrnar
117 Arbeiter nnd 103 Arbeitwinnen der Ebancfaesfabrik wegen Maßregelnng:
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Stiik.es
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zweier OenooMo die Arbeit ein; der UhnuMltexfBdenitioii gelang die Tennitt-
Inng. Eine vierte Arbeitennstellnng fand von 15. Juni bis Anfange Jnli in
einer Uhrenfabrik in Münster (Bern) statt wegen Lobnreduktion von 15 "/o
für Remontage. Darob scbiedi^genehtliehpn Spruch ward eine Lohnaofbeaaerang
von 2 **/o und Amnestie der Ötreikenden erzielt.
Ueberhaapt machte neb in lieiden OrgaDiaationen der FabrUcanten nnd der
Arbeiter daa Bedilrfniß geltend, im gegenaeitigen Interesse wettern Konflikten
Torsttbeugen durch Bildung einer Schieils - und Einignngekammer
ftr die schweizerisch Uhrt-TiiuduHtrie. Am Hl. Juli konstituirte eine Delegirten-
▼erHummlnnp der Arbtntgeber und Arbeiter der verschiedenen uhreugewerblichen
Bezirke eine die Organisationen beider Parteien vereinigende Gusellschaft, deren
Zentralvoretand daa Einiguugsamt ttbernahm. Dasselbe hat nioht sowohl Streitig«
keiten aus beatehendMH Arbeitsverhältnis^ als vielmehr eoleho über die kunft igen
Arbeitsbedingungen zu beurtheilen. Die Einiguugskammer besteht aus hieben
Fabrikanten und sieben Arbitern, sowie au» einem von d^r Kammer gewühlten
unparteiischen Vorsitzenden, der weder Arbeitgeber noch Arbeiter »ein darf.
Bi« Entsehndnngen der Kammer und (Ur die Betheiligten verbinülieb. Leider ver-
iSgerte sich die definitive Konetitnimng der Gesellschaft und der Einigungekammer.
Am 5. September 18B7 brach infolge Differenzen bei Inkrafttreten eines
neuen Lohntarifs auf dem ganzen (rehiet der Uhrenindustrie »in Streik der
Ziffer blaiiarbeiter, cä. bOO an der Zahl, ans. Die dem Verband angehörenden
Fabrikanten wollten den Lobntarif nicht einfuhren, bis alle übrigen Fabrikanten
dem Verband beigetreten seien. Eine Verbandaversammlnng in Chanz-de-Fonda
anwkannte den Tarif, vurpflichtete aber die Arbeiter, nicht bei eolohen Fabri-
kanten zu arbeiten, welche den Patronaltarif unter lüpten.
Ditst^tn Strt'ik folgt« bald, am 7. Oktober lS.s7, scclistpr in dor
Uhrenfabrik ^Sucicte d'horlogerie" in G renchen infolge Lohnabzügen, der bei
einer Betbeilignng von ca. 200 Mann 35 Tage andauerte und die Arbeiterschaft
Fr. 8738. 75 kostete. Die Krtmmission der aohweizerischen Rest i vekns^e in
Bern hatte dt^n Streik begründet erklärt, entgegen der An>i( ht dr r FVJrration
horlo|t;('re (Uhrenarbeiterbund welche ihn als ,uiiniitzf uml hcilaut rlicii«' Aibeitw-
unterbreohung, durch ein 3iißverständoiß verursacht und durch die Keserveka^se
weiter geführt*, taxirte; daa ZentnUkomite der entern wie» jeden Zusammen-
hang mit der Reservekaase ab. Nach Zusieherung der Arbeitgeber, bis snm
Entscheide des Sdliedegwiciite die alten Lohne zahlen und keine Maßregelungen
eintreten lassen zu wollen, wurde am 2. November die Arbeit wieder auf-
genommen. Der Schiedsspruch ließ noch längere Zeit auf sich warten. Ein Ende
Oktober in einer Fabrik von Pruntrut ausgebrochener Streik wurde durch
Bewilligung der Arbeiterfordemngen rasch beigelegt.
Ohne größere Bedeutung sind: Ein Streik von 14 Maschinenmeihtern in
der BK' hdru' kcn;! Gelir. Benziger in Einsied ei n im August 1886, wflt lio
menschenwürdigere Beiuiiiilhmg verlangten und zum Thcil arbeitslos wurde»; lerner
ein Holuher in einer UtUzin St. Gallen« im November 18öü wegen „nicht
tarifmäßiger Hesahlung, Nichteinhaltnng vereinbarter Abmachnngen und konttta-
tirter offenbarer SchmutzkoTikurrenz", waf die „ BlMkirunir-* dieser Otlizin, d.h.
Schließung für Mitglieder de^> scliweizerihchen TypographenbundeH zur Folge hattn;
eine Arbeitseinstellung von tirei Schriftsetzern in Will in an im November lHf<6 ;
eintägige Arbcit«eintitellungen in Burgdorf und B i -> c h u i k z e 1 1 im September
1889 wegen ßinführnng eines Lohntarifee; die Forderungen der Geholfen wurden
bewilligt
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Strikvä
— 232 —
Strikes
Nooli liiid drei kleinere Fllle ane dem etreUneidirteii Jahn 1887 n
notiren: Id der KansumbOekcrei Basel eetiten im September die Arbeiter
wegen zu Htrenger Arbeit und Lohnreduktion einige Tage lang die Arbeit aas.
Ein Ausötiind in einer piößcrn Jhtihhinderei Berns im Mai dau»rf<^ vwr drei
Tage. In Überwyl (Baseiland) weigerten sich im Juli die Arbeiter der
Birsüjthalbahn, weiter zu arbeiten, weil ein Unternehmer die Löhne nicht ans-
beiahtte; die Baageselleebaft ttbemahm deshalb selbst den Ban des betreffenden
BahnstUckes.
Im April 1888 verlangten die Hafner Zürichs einen einheitlichen Lohn-
taril" mit 55 Ct« Stundenlohn und zehnstilndis:er Arbeitszeit; die Mpistcr wollten
letztere anerkennen, aber nur 60 Cts. bezahlen. Der drei Wochen dauernde
Streik wurde dnrob Yermittlnng d^e Hrn. Stadtrath Koller tbeilweise an Gonsten
der Arbeiter entsohieden. An Httlfsgeldern gingen ein Fr. 2d45. or>.
Auch im ersten Semester des Jahres 1889 sind wir von Streiks nicht ver-
schont geblieben, und zwar scheint diese Pflanze im S(!h8nen Mai besonders gut
zu gedeihen. Der angedrohte &'c74^osji«rstreik in Luzern wurde durch Entgegen-
kommen der Heister beigelegt ; sechzehn Meister, worunter die Inhaber aller
größeren WerkstKttm, erklärten sieb bereit, der Forderang der Arbeiter oaek
aebastflndiger Arbeitszeit bei gleicher Löhnung zu entsprechen; dagegen kam es
zu Diffprenzen befrefFend Anerkennung der Werkstattuiiliuing (l.*?. Jnui'i. Dia
I)aclHit:(:ker<fetcllen ijuzerna setzten ihre Fordoriing nach einem Taglühn von
Fr. 4. 20 bis Pr. 4. 00 (^die liandlauger erhalten J?'r. 3. 50) nach kurzem
Streik ebenfkUs dmrcb. Ebenso worden die Forderungen der Spenyler in Luxer n
betretfend zehiistiindigei Arbeitzeit und Minimaltaglobn von Fr. 4. SO wenige
Tcij,'e nach Ausbruch des Stniks (22. Juli) zugestanden; dagegen blieb oino
Werkstiitrcrdiumg Gegenstaml weiterL-r Verhandlungen. Anfangs Juni streikten
in Biel zehn Spengler für Keiuktion der Arbeitszeit und Lohnerhöhung.
Etwas nnabgekttrt lauten die Berichte Ober den Sltetiiftatf erstreik in Bern
im Hai 1889. Schon Anfangs April sobeint kat Hidferuf des Steinbanervweins-
Yorstandes Bern in der «Arheiterstimme" ein partieller Ausstand von ca. 50
Arbeitern auf zwei Bauplätzen ausgebrochen zu sein, der Ende Mai einem
allgemeinen, mit 140 Streikenden, sich erweiterte; es handelte .nioh um einen
Lohntarif für Akkordarbeiten. Verschiedene Vermittlungsversuche dea Stadt-
praddenten Oberst £. HttUer n. A. m. blieben «folglos bis aam 38. Hai, wo
eine Verständignng ersielt werden konnte; am 31. Hai wurde die Arbeit wieder
aufgenommen
Etwa 50 Arbeiter der Wolldriicktrr» MitliMli ^Kt. (ilaru<) V('rwri(:^L'rten
Alitti* Mai die Arbeit, nahmen sie jedoch zum großen Theil nach wenigen Tagen
zu den alten Bedingungen wieder anf.
Die letatc aber nicht geringsti> .\rbeits.störung ist aus der aargauischen
Ctf/urren- und Tubukindastrie zu berichton Im 0 be r w y n e n t h a 1 (Keinach
und Menzikrn) hatte sich längst eine Krbitterupf; (b-r ArVi-Mter g'Pirini ein will-
kürliches Hnlieus^bteni geltend gemacht; die Cigarrenniacliergewerkschaft bestrebte
eich, dasselbe an beseitigen und überhaupt bessere Lobnverhlltnisse einaufttbren.
Der Cigarrenfabrikantenverband anderseits snehte die Gewerksdiaft au sprengen ;
den Vorstandsmitgliedern wurd«? g«--kündigt, die Arbeiter wurden aam Austritt aus
derselben v^'rjiflichtet Am 1 7. Juni begann die Arbeitseinstelhntfr : eji bctiieiligten
sich 4 27 Arbeiter und Arixitet iuntui. Bt^ide Theile behaupielt-n, den Streik ein
Vierteljahr aushalten zu können. .\us.schrcitungen kamen nicht vor. Gleich nach
dem Ansbrucb venrachte Hr. Kantonsstatistiker N£f im Auftrage der Hegierung
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Strikes
Strike«
an ▼ermittBln und ein Eiuigungsaint zo bilden ; der erate Yersach schlag feU.
Em Bveiter und dritter Veraach durch einen Stthnanflsohaß, bestehend tae den
HH. Lanrkmmann Eonrad, NationalrSthen Künzli and Kurz and StSn()^r&th
Haberstich alg Vermittler und je arlit Vertretern der Fabrikanten und Arbeiter,
kam ebenfalls nicht zum Ziel ; di<- Köpf** waren eben noch zu hRrt und ea
brauchte längerer Arbeitsstürung, um sie mürbe zu machen. Eine Anzahl Fabri-
Icanten allerdingB hatte aioh hkid mit den Arbeitern Tentlndigt, ho dnfi aioh
der Streik nur nooh auf vier größere Fabriken besohrt^nkte, walebe ea. 830
Cigarrenmacher und 210 Wickehnaoher, mit den HUlfsarbeitern zusammen etwa
Arbeiter beschäftigen. Gerade wrs die Arbeiter um keinen Preis opfern
wuiiten, die uneingeschränkte und ungehemmte Theilnahme an einer Arbeiter-
Vereinigung, wurde ihnen aeitena der Fabrikanten am entschiedensten beetritten;
andern verlangten letztere die EinfOhrnng eines Zengmßbttehleins, das die Arbeiter
bekämpften Das Vorgehen der Fabrikanten hatte einen Boykott ihrer Fabrikate
durch die schweizer ische Arbeiter*ichaft znr Folge, d. h. die Einstellung des
Konsnms aller aarfrauisehen 'rubakfahrikate. Der VolksverHn Reinach beschloß
«instimmig, der Gtimeiude verdamm luitg die Errichtung uud den Betrieb einer auf
Beehnang der Gremeindc getVibrten Tabakfabrik zu beantragen; die Gemdnde
beschloß die Errichtung einer Art GenossenHchafks^Tabakfisbrik, der sie die
nöthigeu Mittel vorstrecken wollte. Die Bevölkerung stand somit auf Seite der
Arbeiter. Ihre Löhne wurden als zu gering befunden; sie betrugen fiir Cigarren-
macher Fr. 1. 38 bis Fr. 1. 97, für Wickclmacher Fr. 1. 08 bis Fr. 1. 28,
wobei indeß an beachten, daß diese Arbeiter sieh nebeabid mit Landban be-
aohiftigen oder Hau^esefaXfte besorgen. Gigarren&briken der Ost« nnd West-
BChweiz zahlen höhere Löhne. Endlich konnte Ende Juli der Streik durch die
Vermittlnng des Hrn. Fabrikinspektor Nüsperli ge^cliliebtet werden An den
Statuten der Gewerkschaft sollten einige Aeudurungeu vorgenummen werden, die
Entschädigungen fiir zu viel gebrauchtes Material sollten der Kraukenkasse sn-
flteßen, die Lcriinabsllg» fOr einige Hnl&arbeiten anfgehoben nnd die Ordnnngs-
bußen im Interesse der Arbeiter verwendet werden. Mit 15. Oktober wurden die
ArbeitHlöhne um 5 "/o erliTiht ; im Falle genehmigter Z<dlermäßiirnng auf Roh-
tabak sollte eine weitere Lohnerhrihung stattfinden. Die Lohnzab hingen linden
vierzehntäglich statt, mit sechstägiger Decomptc. Die Arbeiter können ihre
frühem Stellen wieder einnehmen eto. Am 1. Aagast wurde die Arbeit wieder
anfgoiommen, jedoch in zwei Fabriken am 6. August theilweiae wieder ein-
gestellt, \Yei\ einige Gewerkschaftsmitglieder nicht mehr angenommen, andere
chicanirt worden waren.
Ein Anfangs August in einer großen Fabrik Schaff h a usens drohender
Streik konnte durch die Bemühungen des vom Arbeitgeber als Vermittler be-
mfenen Fabrikinspektoxs verhttt^ werden.
• #
«-
Wie schon bemerkt, kann diese Streikclironik nicht auf Vollständigkeit und
absolute Oenauigkeit Anspruch machen; die Sammlung des Materials und Ge>
winnuog snverlSssiger objektiver Berichte bietet eben allzugroße Schwierigkeiten,
namentlich wenn awischen dem Ereigniß und der Berichterstattung Jahre yer-
strichen sind.
Seit Anfang issd haben nach vorstehenden Mittheiiungen wirkliche Arbeits-
einstellungen ^bloße Differenzen, Lohnbewegungen etc. fallen aulier Betracht)
«tattgefunden: 1886 12, 1887 20, 1888 12, 1889 (L Sem.) 12.
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— 234 —
Qewiß wäre eine genaue offizielle SkreikstiüisUk aooh fUr die SehweiM ein
Terdienstliebee Werk. Die Sticiks wUrJen richti^r beaitheUt und bchaudelt^
wenn'man sie melir uls bisher in ihrer Ge«ammtbeit wissenMcbaftlich beobachten
uud mit dorn kalten aber i." r-M-bten Licht der Zahlen beleuciitcu k-rnte. Wt^na
nicht dui eidg. äUitintische Bureuu Hulbtst, so durften vielleicht die eidg Fabnk-
inspektorate als geeignete Organe eraoheioen, das Material Ar eine eolohe Statiatik
n sammeln.
In Frankreich hat man zum ersten Male für die Jahre 1874 — 85 eine
aiiitlifhe Statistik der Arbeitseinstellungen veröffentlicht; sie erstreckt sich auf
804 Fälle, dereu Verlauf von den Frätekturen dem Ministeriom des ELandela
mid der Indoatrie beriebtet war «nd die im «tatiatischen Zentrallmreaa atatistiaQlL
analyairt wurden. Die 804 Stnnka vertheilen sioh auf die einaelneu Jahr»
folgendermaßen: 1874 21, 1875 27, 187*? ÖO, 1877 30, 1878 34, 1879 &8,
1880 65, (V), 1882 182, 1H83 144, 1884 90, 1Ö85 108.
Von 1881 fehleil ilie Antjfiben. Wie in der Schweis! und andernwo, ist auch
in Frankreich beubüchtet wurden, daß die Monate März hin Juli, iuHbesoudere
April diü höchste Ziffer als Anfangszeit der Streiks eiTeicben; die Arbeiter der
Baugewerbe halten in dieser Zeit voller Beschäftigung ihre Arbeitakrafk für
weniger leicht eraetsbar.
In Frankreich ergeben sich als Crsarhe der Streiks: in 44 ^/o Forderung
der Lohnerhöhung; in 22 "/« Abwehr der LDlinn dtiktion ; in 11 '^/o Beschwerden
gegen Arbcitsbe iing^ungen ; iu 5,5 Forderung kürzerer Arbeitszeit; in 17,5 ®/»
diverse andere Ursachen.
In Beang aaf die Dauer der Streiks wurde in Frankreich konstatirt, daft
mehr als die HÄlfte 1 — 10 Tage. '/■> 11— 20 Tage, nur 1,7% über 100 Tage
^viilirte. Der Sattleretreik in Paris 1877/78 dauerte 15 Monate; doroiMohoittUche
Dauer 1(5 Ta-re
Die Zahi der beihcttif/lrn Arbeiter betrug iu 52 "/o der Fälle unter 100,
die mittlere Zahl 323, der große Streik der Eohlenarbeiter von Anxin umfaßt»
10,160 Arbeiter. Die Zahl der verlorenen Arbeitstage betrug bei 629 Strmka
5*509,367, oder 8664 für einen Streik und 27 Tage Wr einen betheiligteri
Arbeittir. Von den ire«<«mmten HOi Arbeitseinstellungen in Frankreich enttielen
3i> "/o auf die Ti;xlilui<lusirie, 17% auf Berg- und Huttenwerke, 15*^/0 auf
das Baugewerbe, G "/o auf die Lederindustrie, 5 auf die Bekleidungsindustrie
und 18 ^/o auf andere Gewerbe.
Von 753 Arbeitseinstellungen in Frankreich, Uber deren Ausgang Angaben
vorlagen, hatten 27 % fttr die Arbeiter günstigen, 16 ^/o theilweisen Erfolg^
57 ";o dagegen blieben erfolglos.
In Amerika hatten nach den bezüglichen Ergebnissen 45 % ganzen. 14
theilweisen Erfolg; 40 % blieben ertulglos für die Arbeiter. Die giuiHtigsten
Jahre für <lie streikenden Arbeiter waren in Frankreich 1876 und 1884.
Nach dem hücbat Interessanten, vom Statistischen Bureau voq Nordamerika
erstatteten ausßlhrlichen Bericht Uber Streiks und Bhnliohe ArbeitastSrungen in
den sechs Jahren IbSl-lHHd fanden 1881 471 Streiks in 2i)28 Etablissement»
statt. IM82 454 Streiks in 2105 (rcscbäften, 18«3 47s in 2759 Gesohäffen,
lh84 443 in 2367 Geschätten, 1HS5 646 in 22H4 Ge-r hatt. ii, KsS6 1412 in
98D3 Geschäftcü — zusummea 3U03 Arbeitseinstellutigeu iu 22,336 Betrieben.
Am meisten mit Streiks und •Lockonta* war New- York gesegnet, wo nieht
weniger als 10,775 Geschäfte betrolTen wurden. Das BaugeKchKft hinwieder
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Strikes — 235 — Slrike»
lieferte das reichlichste Kuutiiigeut für Arbeiterzwistigkeiten ; denn auf 8eia&
BeduMing allein konmieii 6060 GbMhäfle.
An dcD sämmtlichcn Streik« waren 1,318,624 Mann beiheilifft von
1,662,045 Arbeitern in den betreffenden Geschäften. In Folge der Streik»
worden 103,03S neue Arbeiter angest-^llt ; doch kamen von ihnen nur 37,4b4
von auswärt«. Arbeitseinstellung seitens der Unternehmer (Loekout) fand während
der Jahre in 2182 GresohKften »tau In ihnen waren 173,995 Personea
vor der Ebetellnng beeeh&fligt, naobher 169,486. Ym den letstem waren
13,976 neu und 5682 von answKrts zugewandert. Nach Geschlechtern gc-thcllt
waren mh 57 *^/o der Streiker männlichen, ll,!M "/t) weibliclien Goschlechts. D'u^
meisten Arbeiter- Trubel fanden in den Staittt-u New -York, rcnusylvanien,
Masi^achusetts, Ohio und Illinois vor. Sie umfatweii 74,71^ ^/o der Streiks und
90,80 % der «Lookonl»".
Von den 22,337 GeaeUllen, in welchen Zwistigkeiten zwischen Arbeitgeber
und Arbeiter stattfanden, ging der Anlaß zur ArbeitseinKtcIlun^ in 18,342
Fällen = 82.r2 "/o von den Arbeitervereinon aus, wogegen in 2182 Fällen die
Fabrikanten die Arbeit einstellen ließen.
Die duohflcbnittUdie Dauer von Streiks betrog 23 '/lo Tag, bei .Loekoato*
28 T^. In 10,407 Fällen (46,59 7o) fliegten die Arbeiter vollständig, m
3004 Fällen (13,35 7o) theilweiwe. Sie unterlagen in 8910 Fällen (39,89
Bei „Lücküuts" gewannrn die Fabrikanten in 564 Fällen (25,85 **/o), in 190
Fällen (8,71 ^o) verloren sie theilweise, in 1.305 Fällen gänzlich.
In Bezug auf die Anlässe zu Arbeitsstüruugcu klassiüzirt, wurden 42,45 ^/o
dnreh die Forderang höheren Lohnee yeranacht, 19,45 ^/e dnroh die Fordemng
kürzerer Arbeiteieit, 7,76 % darch die Forderang höheren Lohnes and geringerer
Arbeitszeit.
KiiH- anerkanntermaßt' n mir annähernde 84'hätzung ergibt für dif ttrrikrndm
Arbeiter einen Vtrlust von 51,816,165 DoUaru und von 8,Ki2,717 Doilai» in
Folge von Loekont ^ das heißt etwa 40 Dollars für jeden an den Wirren
betheiligten Arbeiter. Die Arbeilgeber erlitten einen Verlast von 34*164,614
Dollars.
Die von den Arbeitsstörnngen am meisten hetrottenen Industrien waren :
Baugewerbe 606U, Tabakgenchäfte 2959, Bergbau 20(i0, Kleidergeschäfte 1728,
MetaUindnstrie 1585, Traosportgeaohäfte 1478, Speieeaabereitung 1419, UQbe!
491, Kttferaien 484, Ziegeleien 473, Steinarbeit 468, HolzgeMshäfte 395, Sohoh-
waarengeschäftu 352.
Pro Berichtsjahr 1H87'8.'^ wuiilen für die Union die Ver1ii>fe der Arbeiter
auf 20 Mill. Dollars, der Arbeitgeber auf 150 Hill. Dollarh j^V) geschätzt.
39,12 7« der Fälle hatten ganzen, 11,07 theilweibcn Erfolg; 49,81 *^Jo gingen
fttr die Arbeiter verloren.
Von allen in England von 1870 — 1885 beobachteten Streiks entfiel die
größte Zahl auf da« Baugewerbe (50H), fli.- zweitgrößte auf die Textilindustrie
(440 , die •Irittgrößte auf die MetalUudubtrie (390), die viertgrößte auf die
Kohlenwerke (3;^9).
In der Union herrschte von 1870—1873 Überall Naehfrage naeh Arbeits*
kräfteu, 1874 begann die Rednktit)n derselben und erreichte .im li in England)
ihren Höhepunkt 1876/77, Die Zahl der Arbeitslosen stieg im Jahre 1877
von '/a auf 2 Millionen, nahm von Ismo an s^tetig ab und zugleich "ticg die Ziihl
der für die Arbeiter erfolgreichen Istreik» und die Höhe der Lohutordeniugeu.
Seit 1886 sollen die Streiks in der Union nadi Angabe des KommisrilrB Wright
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Strikes
236 —
Slrikes
iluDMi BSiMpVBkt abenebritten haben. Der frttbeete in dar Union brannte
Streik wurde 1741 von den NeW'Yorker Bäckergesellen in Snne geteilt.
Powdedy, der Großmütter des großen Ordens der ^Ritter der Arbeit*
■(knighta of labor) erklärte 188G, ea könnten */io aller Streiks leicht durcb
Srhied^'ämier gesclilichtet werden. Im ersten Quartal 18HG seien 350 Streitig-
keiten iu dieHer Weis« beglichen worden. Ein Gesetz Pennsylvauiens schreibt
■die Scbiedtiümter vor (siehe auch „Schiedsgenohte").
»
Die Erkenntniß von der Schädlichkeit der Streikt im Allgemeinen
nnd der Notlnventligkeit ihrt-r Vorbiiigung kommt immer mehr zur Geltung
ancli in den Kreisen der organiKirten Arbeiterschaft. Wir haben bereits eine
beuerkeuswerthe Stimme der ,Tag wacht** bei Anlaß des Zürcher Bucbbindorstreiks
«tirt. Aehnliobe Knndgebungen finden sieb zur Genüge in andern Arbeiterbifitteni ;
aber eben so oft wird hiebei die Nothwendigkcit einer ge^ichlossenen aatgedt hnton.
f/ewi.-rkscIiiifUi' hen Onjauisation, als bestes Mittel zur Verhütung nnmotivirter
•oder unvorbereiteter und daher erfolgloser Arbeitsciiistüllungen , hervorgehoben.
2n[ achstehende Resolution einer größern Arbeitervernammlung in Bern mag den
allgemeinen Standpunkt der Arbeiterschaft ziemlich getreu wieder^piegeln :
«Streiks sin<l als solche nicht unbedingt zu verwerten, sie können ein berechtigtes
nnd wirksames Mittel werden, um die Lage der Arbeilcr zu vorbi'ss<^- ii ficr sie sollen
xticbt in Szene gesetzt werden, wenn nicht eine Orgaui-s^itioa Uer (jrwirk-riuiticu da
ist, um sie wirksam durchzurahren, und wenn nicht Geld da ist, um die Heinttltigten
zu unterstfltzen. Als Grunclbeilinpunp'en einer jeden ricMij^eu nr;:Mnisation der Gewerk-
schallen sind zu bezeichnen: V} Obligatorischer Eintritt jedes Aiboiters in die Gewerkt
■Schaft seines Berufes; f) Abschaffung de^ Akkordsyslems; 3) Aufbietung aller Mittel
und aller ThilktaR, nm eine kürzere Arbeitszeit zu erhalten; 4) Sammlung eines
Reserve-{Streik-iFuiids. Die Organisation soll nicht bloß eine lokale, sondern die ganze
Schweiz nrnfsi^sende und wo möglich darüber hinaus gebende sein. Um unberechtigte
Streike zu verhindern, soll die Frage, ob ein Streik zu beginnen sei, jewcilen einer Art
Tribunal, das aus Vertretern der Oewerkschafleii zu bestellen ist, vorgelegt werden,
und erst wenn dieses die Veranlassung als triftig, ilie Organisation zur Durchführung
4es Streiks als genügend ^festigt und den Reservefond ak der Sachlage angemessen
hoch genug erklärt, soll ein Streik inszenirt werden können."
Man bst früher geglaubt, Streiks und Überhaupt alle Störungen des sozialen
Friedens durch sog. Koalitionsverbutc verhindern zu können; die Erfahrung bat
diesen Irrthum deutlich gcofTfuluut. Allenliogs lehrt sie, daß h'"(ililiovxt'rretne,
— seien es nun kirchliclir Brüdcrscliaftfu oder zUnftleriscbe (ie«ellenverhände
<ie.H Mittelalters, seien e» die „Trades üuions ' Englands, die „Ritter der Arbeit*
in Amerika, die Arbeitersyndikate Frankreiebs, die Hirach-Dunker'sohen Gewerb-
Yereine oder sozialdemokratischen Gewerkschaften Deutschlands, oder radlich die
Avbt'iterfachvereine und „Federations ouvrieres" der Schweiz, oder seien es ünter-
uelunerverbände irgend welcher Form und Benennung, — drtf.' snlcbe Vereinigungen
in den meisten Fällen <iie intellektuellen Urheber von Ötreiks sind und dali da
-weniger StreittUlle vorkommen, wo die Arbeiter oder Unternehmer fudkt orga-
nisirt sind.
Trotzdem kann ein nnbefangeneir und fleißiger Beobachter sdiweiseriseher
ArbeiterverhSltnisse die Bildurg nnl Kntwijklung zahlreicher Ge werksohaften
nur ht'>irilß(:n i denn die weit v. rhri iit tr An>iclit, daß solche Vereine nur dazu
beruleu seien, den KbissenhaÜ zu predigen, »Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern
und Arbeitern anzuzetteln und Uberhaupt rein materielle Bestrebungen zu vor«
folgen, beruht auf Vomrtheilen. Ansnidimen TorbebalteD, wird der beraf Hohm
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Stribes
— 237 —
Slrikes
und allgemaiiiai BUdang der Ktf lieder, der üntenttttsong in FlUea des Todes,
der Inyalidität, Krankheit oder ArlmtBlodgkeit große Beaehteng geeohenkt,
Spesidl in Bezug auf die Mitwirkuag solcher Gmverkächaften an den Streiks-
muß anerkannt werden, daß ihre Or^rani^sation sie befiiliigt, zahlrpiche Streitig-
keiten zu veriueiUen oder in richtigen Schranken zu halten, (ierade die un-
gerechtfertigten, umtb willig provozirten, schlecht vorbereiteten oder sonHt miß-
Ivngenen Streiks sind meisteiiB tod nicht organisirten ArlMitem «aagegangen.
Gewerkeehaflemilglieder haben in der Regel mehr Erfahrung und Dit^zi; lin, sie
ziehen ihre mühsam znxammengesparten Kassen nicht ohne Onuid in Mitleiden-
fifbafr, sie sind vursichti^t r nud beginnen selten einen Streik, ohne vorher ge-
hörig sondirt und mit ihren Arbeitgebern verhandelt zu haben. Streitsüchtige
Hetxer and BidelBfUhm haben weniger Gewalt nnf ftltere, gut fnadirte Gewerk-
«ehalten, als auf unerfahrene, nnorganisirte UaMen, die nichts in Terlieren habea
und ihre St&rke eiusig in der Opferwilli^eit nnd Solidarität Andmr m finden
hoffen.
Die Erfahrungen, welrbr* in den letzten Jahren auch in der Schweiz ij^mncht
wurden, bestätigen ferner, daß Yermittluug»versuche angesehener Staatsmänner
and Beamter mehr als früher Stattfladen und gerade htA den GewerksehaltaD und
Heifltervereinen heisere Aufnahme finden; daß dss üriedliehe ZusammoDwirken
der Arbeitgeber und Arbeiter, die gemeinsame Förderung der Berufsinteressen in
dem freundschaftlichen ständigen Verkehr der beidseitigen Berufsverbände ihren
sichersten Anker linden und dai^ e.n daher für die Anfrechterhaltnng des sozialen
Friedens kein besseres Mittel geben kann, als ein reger Verkehr zwischen den
Arbeitgeber* und Arbeiterrerb&nden einee Bemfes au bestimmten gemeinsamen
Zwecken (Lettung von Pachsohalen, Fachkursen, Lehrlingsprüfungen, Arbeits-
V' rinittlungsstellen, ünterstUtsnogskassen; Organisation Ton Schiedsgerichten und
Eiiugungsämtern).
Ahgesehen vou den liiiauziollen, direkt fühlbaren Opfern eines Strtiks sind
als ciieu 80 schwer wiegende Nachtheile dieses sozialen Lehels zu betrachten die
oft lange nach Friedensschtnß anhaltenden, dnreh die erregten Leidenwhaften
bewirkten feindlichen Acußerungen ; das Mißtranen ist waofagerufen ; Trotz und
Gleichgültigkeit einerseits, Plackereien und Maßregelungen anderseits sind die
üblen Folgen der Streiks. >fan hat ihnen, iiaincntÜch in Kngland, zu begegnen
gesucht durch die Errichtung vou KininuntisamUrn, welche, au^ einer gleichen
&hl Vertreter beider Parteien beBtehend, jeden Stnntfhil su verbttten oder su
sehlichten, jede auftanchoide Forderung auf ihre innere Berechtigung so prUfen
und den gegebenen Verhältnissen ents[)rt ( henit endgültig, für beide Theile ver-
bindlich, zu t.eiirthcilen hüben ;[s. aneh «ien Artikel ,Sehiedsgerichte"\ Dip Kinigungs-
iimter haben viel Großes und Gutes gewirkt und verdienen, auch in der Schweiz
mehr als bisher gewürdigt zu werden ; denn es ist wohl zu beachten, daß atiindige
Einigungsämter mit aum Yorans gewählten Yertranenamännem des Berufes und
einem unj^Uteiischen, weil unbetheiligten, Obmann rascher und richtiger schlichtca
und richten können, als ein im Sturm und Drang des ausgebrochenen S'tieites
ad hoc bestelltes Schiedsgericht. Solche Kinignng-^ämter, das anerkannt heile
MtUel gegen Streiks, haben aber zur uuthwendigen Voraussetzung die yewerk-
tehaftliehe OrganisaUon der Arbeitgeber und Arbeiter *) schon deßbalb, weil
nur diese letstem die VfAlBiehui^ der Urtheile ttbemehmen und allfölligen Wider-
') Vergleiche Organisation des Einigungsamtes für Baugewerbe in Zwrich, unter
«Schied^eriehte.*
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Strikes
— J3Ö —
Strikes
«taiid Binselner abaden kSnnen. D«nim und die berafliohen Vo'b&iide, gute
OimMiuatioii und verständige Leitniig vorhehalten, im Interesse des nozialen
Friedens nur 711 begrüßen, auch wenn sie soheinlMr oder wirkJiok dia eigentliohaii
Urheber (!"r Streiks sein soUtt-n.
Erwähnung verdient noch, daß die Generalversammlung des Sobweizerischen
l^ographonbandM am 9. Juni 1689 ea abgalabnt hat, bei NichteinAlbniiig der
«ebtatfindigen Arbeitszeit für Bnchdrackereien bia Ende 1889 im Jahre 1890
einen allgemeinen Buchdruckerstreik fUr die ganze Schweiz zn inszeniren, —
and daß der internationale Sozialist€nkougreß in Paris im Juli !b8*< den Antrag
■auf einen aligemeinen Streik in allen Ländern ebenfalls &in wideröinnig ver-
-worfea hat.
Einer OrganiMtion haben wir noch an gedenken, die eben&lla theila ab
HUlfs-, theila als Gegenmittel der Streiks betrachtet wird, der Reserve- oder
Streikkassen. Mehrere GewerkKohaften der Schweiz, inshesondere der Schwei-
zerische Ty|iugraphenbund, behitzen solche Kaf»3*en zur UnterKtützung strrikemler
oder gemußregelter Genossen. Anläßlich des Zürcliei- Schlosserstreiks im Summer
1886 empfand die Arbeitenohaft darf Bedlirfniß, die flnanaiellen Httlfnnittel wa
aentralisiren und auch für Diejenigen aorgcn zu können, welche gatfundirter
Reservekaspcn nicht theilhaftig sind. Die (iriimlimg einer alhicmctnrn s(hive/2c-
rischen Arbeiter- ItüservekaasCy vom GriitUverein Jyansanne beantragt, wurde an
der Delegirteuversammlong des Schweiz. Grütlivereins den Juni 1886 in
Orenchen beeohloeaen und aodann vom Aktionekomite dee aohweis. Arbeitertagea
und vom Schweiz. Qewerkschaftsbande notentUtzt. Laut den ersten Statatm irom
Oktober 1886 hatte diese Beservekasse den Zweck, „bei drohenden Arbeits-
«instellnngen und bedeutenden Anständen zwischen Arbeitern und Arbeitgebern
eine genaue Untersuchung der Verhältnisse anzuordnen, Vergleiche mit Arbeit-
^bern oder sohiedsgerioblliohe Austragung der Differenzen anzustreben und^ nach
Yenagung aller andern Mittel, bei geeigneter Sachlage eine Arbeitaeinatellang
TM genehmigen und die Betheiligten subsidiär aus der Reservekasse und durch
^ifientliche Sammlnnpren zu unterstützen". Im Fernern hatte sie die spezielle
Aufgabe, «die gewerkschaftliche Organisation der Arbeiter nach Kräften zu
fördern*.
Die Grnndlage der in^a KuideUregiater eingetragenen ^Genoacensobaft*
bildeten: 1) Der Schweiz. Grütliverein mit einer GrÜndangaeinlage Ton Fr. JiiOO
und einem ordentlnht n Jahresbeitrag; von Fr. 1000, 2) das sog. „ Aktiunskomite''
mit einem Jjihre«beitrag von Fr. M>o und 3) der Schweiz. Gewerkschaftsbnnd
mit Fr. 400 per Jahr. Als Grundstock der lieaervekasne war iu Aussicht
genommen ein „onantastbarer Hinimalfbnd* von Fr. 5000; elM dieaer Jedodi
auf Fr. 10,000 angewaehaen, eollten alle Streike nur dnn^ freiwillige Samm-
langen unterstützt werden dürfen. An der Sj^tee der Genossenschaft stand eine
anf zwei .lahre gewählte neungliedrige Kommission mit entsprechender Vertretung^
aller Vtnbtinde. Sie hatte, dem gennnnteu Zweck entsprechend, die Berechtigung
der Streiks zu beurtheilen, VergleichsverhandluDgeu mit den Arbeitgebern un-
snbahnen, die Streikkomitefi zu abenracben, die Unterstütsungagelder entgegen
zu nehmen und aa vertheilen, llülfemfe zu erlassen, die Beendigung dee Streike
SU proklainiren u. s w Gewiß keine Icirhte ,\nfg!iln !
Der Vorort kam zuerst nach Jitsrn; ilie Kuiiiiüi.'<,siuu trat im Feltruar lb87
in Funktion. Ihr erster VcrhandlungsgegenHtuud war ein Streik iu Bern selbst,
ihr swetter die — ^alutenrevisiont die eiob gleich b« Beginn ab nolliwendig
erwiea, jedoch infolge Arbeitsttberbäufung bia in*a SpKtjahr Tcrschoben werden
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Strikes
Strikes
mnßto; denn aehoo im ersten Beriehfaijabre waren 15 Eonfliictei von denen meh
6 zu Streiks entwickelten, zn behandeln. In SchaiTbauseD gelang ihr ein ^'er•
mittlungsversnch ; über der Schreiu-Tstreik iu lU-rn iiisbeHüiid» r(' pnb der Kum*
mission viel zu schBtfen ; sie konnte den Arbi?itpebern keinen Kespt-kt ah;;o\viiinen,
um einen giitlichen Vergleich zu erzielen. Ho lange die Kasse keinen Fond besaß,
fdilto ihr atieh jeder Einflnß, jede Haeht. Schon nach dem Inslebentreton U-sten
^roße Anfordeningen an die Kaaee heran, denen sie von fisrne nicht genttgen
konnte; von Ansammlang des MiDimalfondu war keine Rede. Obwohl im ersten
Jahre diircb freiwillige Beiträge ftllnin ca. Fr. 28,000 anfgebracbt wurden,
reichte doch diese schöne Summe nicht au8, um alle die Streiks, welche die
Genehmigung der Kommission erhielten, in entsprechender Wüse zn ontersttttien.
.Avch die Lokalreservekaseen wurden arachSpft, die OplSerwilligkeit der Partei«
^nossen ward aufs Aeußerste angestrengt, und demiocb buttfii die Streikenden
— biut Bericht der Kommission seil st — in der Mehrzahl der Fälle mit bitteren
Entliehrungen /ti kämpfen! Kur/, man hatte sich arg getänKcht in den Kr-
wartuugeu vom Erfolg der Kästle und verrechnet in Bezug auf die eigenen
Httlfequellen. Uan sah sich vor die Nothwendij^eit Tereetst, die bisherigen
freiwilligen and nur im Streikfall erfolgenden Beiträge durch regelmäßige Geld-
mittelzufnhr zu ersetzen, eine Erweilernnf,' des Reservekasseverbandes und die
Festsetzung eines Maxirauraf d«^r Unterstützung durchzuführen; man hatte die
fortwahrende bettelartige (rewinnung von freiwilligen Beiträgen durch Aufrufe
in der Pregae satt. Die bestorgantsirten und *fandirten Qewerbchaften, der
-Schweis. Typographenbond nnd die Föderation horlogire, waren der Beservekasse
fem geblieben aus Liebe xnr SelbststXndigkeit ; sie spendeten dag^n reichlich
fireiwillige Beiträge.
Die geplante Reorganisation mit bedeutend vermehrten liülf»quellen scheiterte
jedoch, indem der ca. 14,000 Mitglieder zählende Schweiz. Grütliverein durch
Urabstinimnng den obligatoruwhen Woehenbeitrag von 10 Bp. (es lag aneb ein
zweiter Antrag auf 20 Kp. per Honat vor) verwarf, was die bisherige Kommisniioa
in Bern zur Demission vraulaßte. Der Wochenbeitrag von 10 Rp hätte im
«rsten Jahre schon bei 1S,()()0 Mitglieth-rn einen Fotni von Fr. 100,000 ge-
stiftet, während die Kommission eine durchschnittliche L'niersUUzuityssumme von
¥r. 30,000 per Jahr berechnete. Das Bondeskomite des Gewerksehaftsbundes in
Ziirieh übernahm die Leitong nnd arbeitete einen neuen Statntenentwnrf ans, der
im März 1H89 angenommen wurde. Nach diesem zahlt nun der Schweiz. Grütli-
verein alljährlich aus der Zentralkasse Fr. 2000 fixen Beitrag, der fiewerkschafts-
bund einen obligatorischen Monat«beitrag vou 15 Rp. per Mitglied. Letzterer
Mit» £nde iaS8 3360 Mitglieder und besaß einen Kassasaldo von Fr. 1900.
Ln Jali 1889 ttbemahm Zürich den neuen Vorort der Reservekasse.
Bemerkenswerth ist folgende Erklärnng der «Arbeiterstimme* (MXrs 1889) :
,Mit dem Streiken muß so ri'l nh tiur mögjiiji zurfirkfrehalteTi werden, denn die
Reservekasse muß er.«;l einen betriicbtlicben Fond be^iilzen, elie sie Linlerslülzungea
^wälircn kann. Streiks, die nicht durch die Reaervekasse ihre Billigung gefunden, sind
auch nicht durch frfiv iUi(i( \\v]U"i^^ zw unler-fützen. Ex in\tß > intrial Ordnung in die
Geschichte kommt n, -onst iiiuderl du.-» uiidi-süipiinirte Vorfc'elieii Uu-^ üuüjvvcndige plan-
mäßige.*
Auch das Konnte des Gi werksehat't-bnntles und die provisorische Reserve*
kassekommission sahen sieb im März 18H9. im Hinblick nuf die unter den l-?au-
Laudwerkern verschiedener Schweizerstädte damals in Fluß beliudlicben Lohn- und
Arbeitsieitbewegungen, an der Erklärong veranlaßt, daß in jüngster Zeit Streiks
beschlossen and begonnen worden seien, ohne daß vorher das Bondeskomite des
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Strikeä
— 240 —
GtewerksohaflBbttndeB und die provisorisohe Rttsenrekaasekommürion vom geplanten
Streik in Kenntniß gesetzt worden wären. Es sei durchaae nöthig, im Interene
einer Regelung den StreikweHenä, dalö kein Streik beuchlo^Ncn und begonnen wcrde^
ohne daß die Htreikenden Vereine etc. sich mit der org^nnisirten ArbeiterKchaft
in*8 Einvernehmen gesetzt und ihre Zuhtimmung erlangt haben Im Be»onderen
»oUte aatdi die BeMrr^MaekomiiiiaitOD und ^ BandeakoBiite ▼orent begrttSt
werden. Andernfalls aehen mcli die genannten Komitee geswungen, einem auf
eigene Faust begonneaea Streik ihre moralische and finanzielle UntentUtsung la
versagen.
Die Gründung der Arbeiter-Htnei v^kiciiani hatte anläüliob des iSchreinerstreik»
in Bern auch eine Gegenbewegung zur Folge. Der Handwerker- und Gewerbe-
verein Bern hatte folgende Resolution g^fiißt;
,Der Handwerker- nwl (lew t rln vi-rein Ikin, in Erwävrmi^': 1) daß seil Iftngerer
Zül die Ziele der Arbeitervereine dahin gehen, dem Arbeitgeber alle möglichen Schwierig-
keiten zu bereiten und ihn durch Aufhetzung und beleidigendes Auftreten in seiner
Autorität zu schädife'en ; 2) daß durch die Bildung der '^T>j;^ Arlicitrr-RexTvekasse sich
die Verhälluisse zugespitzt haben, daß ein gedeihliche Verhältniß sowohl der Arbeit-
geber als der Arbeiter darunter schwer leidet; 3) daß die Arbeiter im Vertrauen auf
die Macht der nc^erveka.««. wpirhf hauptäächlich (.'clciti t wird durch rfr-Anlichkeiten,
die dera Haniiweikei- uu<i (ieweri>estanil ferne stehen ujnl dm Verhiiitnis.se gar nicht
oder nur manKelhafl kennen, zu übertriebenen Fordorun(.'en verleilet werden, — be-
sr-hlirß! : K< <im iter V'orslan«! def Schweiz. G^nverlx vcirin- zu beaullragen, zu unter-
suchen, wie den voraussichtlichen ferneren Stituks zu l»egegnc'U und ob nicht der
Arbeiter-ReservekajK« eine Ar In tlgebtr-Jieserirkasite gegenüber zu stellen sei.*
Der Zentralvorstand de« »cbweiz. Gewerbevereins legte diesen Antrag den
Sektionen zur Begutachtung; vor, mit folgenden Gpj^eiibemei kunfren :
,Die Grilndung einer Meister-Mcservekas.sc zur L nterstülzuug dvr von Arbeils-
einsteltungen beti offenen Arbeitgeber dürfte jedenfalls kein leichtes Werk sein, weil
Organisation, regehnäUige Speisung und richtige Verwendung ihrer Mittel ohne Zweifel
mit vielen Schw ierigkeilen verbunden wSren. Es fehlt zur Zeit nodi eine umÜMsende
Vereinigung der Meisterschaft; die wenigen iMeisterfachvereine genügen kaum. Eine
Anzahl von Gewerbe- und Handwerkenrereinen werden vielieidit als solche an einem
derartigen Institut nicht theilnehmcn wollen. Der Zentralvorstand könnte nach unserer
Amicht höchstens die einleit« n<K ii Schritte tfaon, die KonstUuirang und Verwaltung
müftte wohl selbslständig erfolgen.
«Eine festgefügte Organisation wftre aOerdings erforderlich, nicht bloß eine in
iiioMu iifarier Vci lt t.'r'nh< it in aller Eile geschaffene Ka^-c uhiie (laucrmlf Hnl('~qut!len.
ßei eintretenden Arbeilseinstellungen wäre schnelle HAlfe doppelle Hülle. Die Reserve-
kasse mOßte einen stftndigen Fond von mehreren tausend Franken sofort zur VerfOgung
haben iiiid rc^'elmäßig gcspiesen vM-rdi ii. Frpt\villi;rr Sammlungm k An nten nur SU spär-
liche Hülfe leisten und meist würde auch die^e Hülfe zu spät kommen.
«Die Berechtigung der Metsterseliaft, der Artteiter-Keeerrekasse eine gleiche Ein-^
richturig frrpcurihpr zu «^teilen, ist allerdings nnbeslreithar. Nur wird es •-ich fragen,
ob eine soirlie Ka^.•.e auch das richtige Mittel sei, den vom Handwerker- und tiewerbe-
verein Bern angestrebten Zweck — Verhütung fernerer ölr» iks — wirklirh zu eVreichen,
AI'^'''-< ii< u (1 (lafi ilir Arln'iler r{<"-ervekasse von schon Luifror hp?tclicni!en Vereinen
11)11 i-'H'Ulj MilgUt'dcizahl untei IkiIIlü wird, ist ihr Fortbestand mtdi kcule^urgs gesichert.
Ihr /.ueck sollte sein, ttt Verhüten, daß Arheilseinstellnngen idine gehörige Prüfung aller
Verhflitnisse beschlossen werden, ^fal•h den F,rw.1gungen der Berner Sektion ist man
allerdings zu glauben versucht, daß die ReservekiLssekoininission keine besondern An-
i^t^engungen genuichl habe, um den Schreinerstreik zu verhüteti. So viel wir unseraetts
in Erfahrung bringen konnten, war das Vorgehen bei der Arbeitseinstellung ein zu
raiiclics und speziell die Forderung betreffend die Art der Bezahlung von Akkordarbeit
eine wenig überlegte; allein es ist kaj^ni zu gewärtigen, ilaß in die-«em Falle oder über-
haupt Streitigkeiten zwischen Arbeilgebern und Arbeitern leichter und rascher beseitigt
werden, wenn eine Meister-Reservekasse gegründet wird; die Gegensätze werden »ich
eher verschärfen. Wir glauben nicht, daß dies der Wunsch der Berner Sektion imd
anderer Gheder des Schweiz. i>ewerbevereins sei. Die Anregung zielt gewili auf Ver-
hfltung der Streik» ab, und dieses Ziel zu errdebeo, ist auch unser ernstliches Bestreben.
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Strikes
— 241 —
Strob^aarenindustrie
»Stall der Bil.liing einer Mt- ister-Reservekasse roOcbten wir die KintTihrunf,' von
pewniMichen Schiedsgerichten oder Einigungsämtern befürworten, welche in nihi^rer
ZciL urganisirt und aiii? Vertrauensmannern der Arbeitgeber und Arbeiter geluldel,
schnell und sachkundig alle vorkommemlen Streitigkeiten schlichten, bezw. endgidtig
und filr beide Theile verbiihllich Iteiirtheilen würden. Zur Orgatii-utinii -aicher Schieds-
richterämter «ind wohl in keuitäu Kanton neue gesotzliche Vor-^rhritleu erforderlich.
Werb^tattordnungeii. Fahrikreglemente oder freie Vereinbarungen kennen Meister und
Arbeiter zur Einhaltung bezüglicher Bestimmungen verpflichten. Derartige Facfagerichle
auB freiem Uebercinkommen bestehen bereits anderwärts.*
Die Sektionen traten ansnahmslos der Ansdiaanng de« ZentralvoistAndes
bei. £s ist denn anoH jeder Versuch der Bildnng einer allgt incinen Arbeitgeber-
Reservekasde bis jetzt unterblieben. Dagegen hat u. A. der Verein schweizerischer
Bnchdruvkereibp'tUser eine ciffcne Reservekasse, als Gegengewicht gegen die-
jenigen der beiden GehUllenverbäude, Heit Jahren geäufnet.
Die Arbei^eber lürditeii in einer Beeerve- oder Streikkme das Mittel zur
Verseharfüttff der Interesseng^entäite ; die Arbeiter erhoffen ans eben derselben
die Aufrtchterhaliuwf des soeialen Friedens. Wer Reeht behält, das mag die
Znliunft lehren! (Abgeechln^'^pn im Herbst IdH'.»).
Strohwaareniniltistrie. Die schweizerischp Strohindustrie zerfällt örtlich
in drei Theile: Die aargauische, freiburgische und tessinische. Die bedeutendste ibt
die aaigHui.-)ch6, die sich auch in die benaehbarten Kantone Lasern und Zürich
erstreokt.
An iltesten ist wahrscheinlich die Strobflechterei im Kanton Tessin, wo
sie vermatblich von dem europäischen Mutterlande dieser Indostrie, von Italien
her, Eingang fand. Heutt^ 'vir-l sie noch im >! nnsernone ansf^fillit. Die größte
Ausdehnung hatte xie in diei?eiu Thale in der l't-riode US.'jU — is7.'>, während
welcher jährlich für 300,000 — 400,000 Fr. produzirt worden sein soll. Seither
ist der Industriesweig« infolge der ohinraischen nnd japanischen Konkorrensgeflechtef
im Tessin wie im Freiburglschon und Aargauischen, stark zurückgegangen. Flechter,
die früher 1 '/a bis 2 Fruiik' ii ji'deii Tag vcriü'-nten, sollen es beute kaum auf
50 Rappen bringen. Das Mit^rial ist, wie im A;irj^an, Kor^f^cnstroh, das W('i^.'n
seinem dunkeln Gelb meist nur in gefärbtem Zustande verwendet werden kann.
Die Braeugnisse werden grOfitentheib in den ICarktoxten Looo nnd Unsso verkanft
and im Lande selbst sn Hilten verarbeitet; eimges geht nach Italien.
Größere Ausdehnung und einen wesentlich anderen Charakter hat die frei-
bargische Strobflechterei. Das Material ist dort das weißere Weizen-f mh, das
nur vuti «lern englischen an Schönheit ilbertroHen wird. Die 8trohtleclitt ivi riatirt
im Kanton Freiburg von der im Jalir ItilO durch die Erfolge der aargauischen
Fabrikation veranlafiten firriohtung von Fleohtsohalen im Greyerzarlande her und
es wurde lange Zeit fast nur für HKnser in Wohlen fabrizirt. Zirka der Pro-
duktion geht auch heute noch auf Rechnung von Aargauer Industriellen, Vic im
Kanton Freiburg direkt kaufrn ndcr dasclböt Filialen errichtet haben. Kin diickter
Export bahnte sich Anfangs iler 40er .Jahre nach Frankreich, luigland und Nord-
amerika an. Die damalige Produktion wird vom Freiburjer Historiker Kuenliji
m 550,000 Stttok a xirka im Werthe von 280,000 alten Franken per Jahr an-
gegeben. Im Jahre 1856 existirten 100 Kontroleore, welche da»» Maß 1er fttr die
Ausfuhr hrstinunten Stücke zti prUfen hatten ; es wurden von denselben im ge-
nannten Jiilir <in2,667 Stücke zur Ausfnlir gestempelt. Der Werth dieser Stücke
und derjenigen, welche der Koutroic entgangen, oder für die einheimische Stroh-
Iratthbrikation gebrandit worden sein mögen, wird auf 800,000 Et. geschStat.
Ihren HShepankt erreichte die Freibnrger Strohfleohterei in den Jahren 1859/60.
Fnmr, Toiktwlrtlnebftfta-Lsintoii d«r Sehwris.
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Strohwaarenindustri«
— 242 —
Slrohwaarenindustrie
umnittelbftr vor dem Aufbruche ile» für tde TerbängnißvoUen nordameiikaDiscIien
BUrgerkni'<jr' s ; dt-r damalige Ftihrikatiorihwert wird auf 1,800,000 Fr veraoscUlagt,
wov'in nut die Bezirke (tniv-fe SiKJ.OOO Fr., ^Tlftne .ln(>,(>(>ft Fr., Singine
»iOO.iMK» Fr. eutlallen. Kach einer von der fmburgi>cben l>irektioii deä Innern
veröti'entlichten SUtiatik beschäftigt« die Strohinduatrie im Jahre ISÖä in fünf von
BtebeD Bezirken zeitweise 7300 Personen (Omyere Sarine ISOS, Stngine
rj:iu, Glane 553, Veveyse .')_'.')). Wie Tessin besebrankt sich Freiburg im weaent-
licben auf die eigentlicbe Hamlet r. 'hHochterei nud etwas Hntfuli ikatinn.
Zu niannigf;t!»i{r*'rf'n und ilieil wei^c uniil'ertroiii-tieu l^cislungen im weiterrn
Gebiete der Strobiudustne bat es der Ktintun Aargau gebracht, wo der Haujdtjitz
der Fabrikation in Wehlen ist.
Jakob laier daselbst, der Gründer einer jetzt nurh flMrireiiden Firma, hat
um 1790 zuerst den Gedanken erfalit, Strobg«irieclite, die im Fniamt verf« itigt
wurden, zu^aniinenzukaufen und damit Harrdf»! nae}i dem Schwar/.walde zu tn iin u.
Der Erfolg dioocr ersten Yersuche führte zur Krriclitung mehrerer anderer Firmen,
sowie zm Grttndung von Fleohtachnlen in den Wohlen benachbarten Aargauer
and Lnzemer Gemeinden. Anfänglich machte man nur vierhalmigea G^edit; die
Einführung des 7- und llhalmigen wurde alt» eine wichtige Neuerung bezeichnet.
Anfangs der 20er Jahre wurde die Weberei von Stroh mit Sei 1- iizettel auf dem
einfachen chinesischen Webstuhl eingvlVihrt. Im Jahre Ib'.il existirten in ^^ ohlen
neben melxrereu kleinen acht grulie Firmen, in anderen Gemeinden drei. Das
Abaatcgebiet hatte eich Uber gans Europa ausgedehnt; die größeren HSaeer
hatten Filialen nnd Agenturen in Wien, Pari'., l^yon, London und Iluvre. NV'eil,
wie Kchon angedeutet, d.is im Aargau erhültlifhe R'>jr|?f*H8trüh mit seiner diiuk' lu
N(ifmff fiir Arlikid, diu weiß sein sollen, nicht geeiL;n''t ist, tr'diingte man bald
zur Fabrikation farbiger und gemiHchter Getiochte und damit zu den aogcuauuten
Phaniasit-Arükdnf die den eigentlichen Weltruf der aargauiBcben Strohindustrie
begründet haben and heute noch unterhalten. Ks kommen hiebei in erster Linie
die Strohdr'ihirhnt und die Bordüren (Gewel>e'f in Betracht, für wvdche Artikel
das Koggenstroh liesunders- verwendbar i'-t. Die 8lrohgewebe hatten einen Un-
geheuern Erfolg, dör noch dadurch gesteigert wurde, daß New- York in den
40er Jahren als direkter KKafer dieser Artikel auftrat. Es wird angenommen,
daß zur Zeit der HauptblUthe des Bordllre«Artikels, in den Jahren 1845 — 55,
hii« zu 15,000 Hnndweb>tUhle in Arl» it -taiMb ii In der Saison lsö0/.')l betrug
naeh einem Mitglied der schweizerischen Jury lür die \^'e]taua8tellnng in Tjmdon
der Umsatz der Aargauer Lidustrie mit letzien lu l'latze allein zirka öO,UUi)
Uebcrproduktiou und die L'ebel in deren Gefolge trugen Hchließlich wesentlich
KU der New- Yorker Krisis bei, die im Jahre 1857 Uber diese und andere Industrie-
Br«»ncheii hereiiibnudi.
Die Fabrikation der i'hanta.sie-Artikel führte allmälig naturgemäß zur Ver-
wendung auch anderer Materialien als Stroh, namentlich Bast, Seide, Roßhaar,
Manilahanf, ßanrnwolle etu. Auch begann man Artikel zur Verzierung der Uilte
anzufertigen} die sogenannte Gtarnitur und das OrnwMnL
Die Strohflechterei ist ausschließlich Hausindustrie und es werden sn dieser
leicditen Besehiiftignng selbst venjtandlich auch Kinder verwendet. Die Eififtthrong
der J{ordürenwelT>rei frnh Anlaß zum Fabrikbetrieb. 1 r namentlich dann zu größerer
Aufcdehnung gelangte, al« man, Anfangs der lOer Jahre, anfing, auf sogenannten
Lacetsttthleu l'/träehaai f/eflechit' berzustellen. Diese Spezialität erfreute sich, mit
kürzeren Unterbrechungen, lange der besonderen Gonst der Mode, ist aber seit
gänzlicher VernaehlSssigung anheimge&llen. In ihrer Blttthezeit beschäftigtie
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Stroh waarenindustrie
— ä43 —
SlrohwaareniDfluslri«
sie zirka 2r)00 Arbeiter bei den StUhleu, eben8oviel für das Knüpfon des Roß-
haars iJii<l verarbeitete 3'/2 bis 4 q dieses Kohinaterials, dac miiii haiipt.säohlich
aus Kul^IaQci und Hüdamerika bezog. £»• wiirdcu jährlich zirka 7.'>u,OUU Stück
im Werth« tob 37« bis 4 Hillionen Franken prodnurt.
Nach eiiieoi langen StUUftend infolge dee amerikanischen Bürgerkrieges begann
eine Bafieret rege Periode dank der Ertindimg dt r Ilanminil/hnnJcl <.der Flotten,
zusammengeleimtem, gebleichtem oder gefärbtem Baumwollgarn, das in dieser
FüiTu wie feingewebte Streifen erscheint. Gleichzeitig lebten auch ilie iilteren
Artikel wieder auf. lo dieher höchsten Gesofttiperiode, die hin dauerte, gab
«8 35 Hineer im Aargau (21 in Wehlen), 4 im Kanton Luxem und 3 im Eantun
Zürich; der Werth der Ausfuhr in der Saison 18(J7/«j?< wir«! auf lf>'/2 Millionen
Franken geschätzt. Xach dem scbweizerischen liericht \i\n-A- 'Vu- Loinli ii^r Auu-
«tellung von 1862 würden um die.se Zeit zirka ;J Millionen Stück Gellechte im
Werthe von hi>ch«tens 1)00,000 Franken j>er Jahr produzirt wurden sein.
£än neuer Artikel ftlr den Fabrikbetrieb wurde 1872/73 eingeführt, die
BaumicoUspäztn oder Tiipcs, die sich solclur Xacbfrage erfreuten, daß davon von
187<> bis 187H jährlich zirka 1 Million Stiu k, fabri/.irt wurden, die 1 000 Arbeitern
BeschäftigiiTifr traben und 120,000 — l.')0,uu*» Pfund (inrn erforderten.
Die Rückkehr zu den alten guten BurdUro-Zeiten sebieueu die Jahre 187li/t:^l
bringto in wollen; dooh wurden die Erwartungen eo hoch ge^^pannt und so große
'Quantitäten erseugt, daß der nur mittelmäßige Konsum su der Produktion und
den Vorräthcn nicht im richtigen Verhältnisse stand. Seit der ra.schen Keaktion,
die rtei'halh entstaml und zu einer lürsgercn Stagnation führte, ist der Geschäfts-
gang der aargauihclii II Strohindu«trie ein auläerst unbeständiger , jnit dt-r Mude
wechsseluder geworden. Der Export beträgt durchschnittlich per Jahr noch zirka
5 Millionen Franken, der freiburgische zirka l'/2 Killionen Franken, wogegen
die teasinisehe Produktion kaum iL n Werth von ;UK),()00 Franken j>er ,Iahr über-
j^teigt. llinen dauernd ungünstigen Einfluß übte die Konkurrenz U i < hinfhisohen
Geflechte. Der namentlich durch die Kiiiführung fiutn iihiürtscliiut i In f:nij-tiir'o,
massenhafte Andrang dieser äußerst billigen Geliechte hat die glatten Aurgauer-
geflechte allmälig verdrängt und gleirh/citig auch die ahnlichen Specialartikel der
Italiener so schwer verkKnflich gemacht, daß diese geswungen wmrden, sich mehr
ilen atargauischen Phanta^jic-Artikeln zuzuwend^-n.
Als theilweiser Ersatz für die «liinesis^rhe und japanische Konkurrenz fließt
indessen dem Aargau etwelcher Gewinn ans dem Handel mit dietien Artikeln,
'dessen er sich zu einem namhaften Tbeile bemächtigt hat. Die chinesischen Ge>
deohte werden zu diesem Zwecke meistens yon England und Lyon bezogen, im
Aargau, wo die Strohbleichevii auf <l<-r höchsten Stufe der Vervollkommnung
^r<•ll^ gebleicht oder pef^rbt iiinl dann L'ri'ßtcntlieil« nnverarbfitet cxporlirt. Die
\ ermehrung des Iniports von Strohgcllechten. d>T vnn IST'.» bis It<^4 von 644 q
Äuf 1959 q »itiegj im Jahre 1885 aber auf li'41 (i zurückging und im Jalir
1889 nur 1095 q betrug, ist vornehmlich auf Rechnung dieses Zwischenhandels
mit fremden Geflechten zu setzen, dem Übrigens durch Krhilhung des Zolles von
4 Fr. auf 10 Fr. im Jahre 1884 erheblich Eintrag geschehen ist, ohne d C wegen
•die beabsichtigt»? gUn.stige WirktnifT auf die Freibur^er Strohproduktion auszuüben.
Was schließlich die Strnliliuiiabnkation betntlt, so hat dieselbe in der Schweiz,
obsohon sich albnilig vermehrend, nocb keine große Ausdehnung erlangt. Die
Zollverhlltnifise mögen hieran neben den schwierigen KookarrenzverbSltnissen im
Aligemeinen ihren Antheil haben. Größere Hutfabriken exisliren in den Kantoneu
Oenf, lieuenbiirg und Tessin, Aargau, Bern, Zarich und Schaphausen.
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Strobwaan-iuiiduslne
— 244 —
Südostbahn
Staiittisobes. Mit der Stroh- und Boßlttarflw^tarcd bafiifitm «ioli mr
Zeit der eidg. Yoltrssithlung von 1880 12,226 Peraonen = 9.« Vm aller Er-
werbsthätigeD (vgl. den Artikel „Industrie"). Das diesbezügliche Resultat der
Volkszählung von Ibbd ist im Moment der Dmoklegnng dieeea Artikels noch,
nicht bekannt.
Aasfohr and Einfithr von Strohwaaren.
Ansftthr Einführ
1885 1886 1887 1888 1889 1880
Fr. Fr. Fr. Fr. Fr. Fr.
Geflecble 3.596,055 3,743,000 2,873,019 3,481.003 3.600,536 448,950^
Danienbute aus Stroh nicht
aus^,'ern.st»^t*l 186,(X)0 HOn.'tSf, 512,400 390,t>()-2 .Mis.'.iK)
Andere nicht aii$ger. üöte . 648,979 403,000 480,191 541,822 581,426 11 2,3U8
Andere feioe Waaren . . . 97,799 288,000 970,461 748,896 1,912,888 15,400
Grobe Waaien 6,908 14,000 5.338 8.808 8.840 97,00»
Anaftihr nach LSndem im Jahre 1889.
D<^it»chl. VCaakx. KngUnd Ver. Staaten Rnt Tot.il
Fr. Fr. Fr. Fr. Fr. Fr.
Geflechte 357,589 545,346 659,006 645,164 703.433*) 2,609,536
Dam« nliüte aus Stroh nicht
aii>,.'enistel ') 9,t90 318,112 15,414 429 16,927 390,203
Andere ni. ht au.^. HOte . . 11.517 234,464 107,557 165.470 69,418 581.426-
Andere feine Wi.aren . . . 162.011 6<)4,265 1.30,769 93').or.n 85,787 1,912,888
Grobe Waaren K981 857 2.170 1,1 So 2,652 8,840
542,S66 1,733.073 814,915 1,742,299 070,217 o,5(J^,89»
Strnmpfirirkerei e. »Wirkerei \
Stfiekfftrberei* Man versteht darunter gemeiniglich nnr da» FIrben toa
fertig gewebtsr Seide, das einen Fortsohritt der modernen Seidenfirherei darstellt,
während dan Färben von Banmwollo, Leinen und Wolle am StUck keine mo-
eig^nlliiiiiilit h." Stliwierigktiten wie bei der Seide darbietet. Bi« j>tzt haben
wich nur wenige bchweiz. Seide nfiirbereien auf dm SttlckfSrbfn im (iioljen ein-
gerichtet ; die Hauptmasse der betreffenden G^ewebe , httuptisäeljlich Sarin (sog,
Satin teintft en pike), der im Kanton Zürich in großen Mengen gewoben wird»
muß nach Lyon lam FXrben geschickt werden.
SUdafrikaaisehe Republik. Mit dieser Republik hat die Schweiz am
28. Ajuil 1 >i^7 fincn FTf^nn tsrliHfts-, Niederlfissungs- und Handelsvertrag ab-
ge^chlussen und zwar nach dem l'iiiizip der Meistbegünstigung (A.S.n. F. 10, 2i?3).
Ueber den beidhuitigen W'aarenverkelir beHtehen keine äUitiütiachen Auizeiehnungen.
— Schweizerisohes Konenlat in Pretoria.
Südostbahn. Die SchweizeriNche Südostbahn ist das ünternehmea einer
Aktienge^sellHchaft mit Sitz in Rapperswyl. Die Konstitoirnng erfolgte am
5. November 18<i0. Da« Unternehmen ist hervorgegangen ans einer Verntändigung
der Ei-'^enbahugefifllsf-haft Wädensweil-Kinsiedeln mit der Ziiiichsfe-nDtthari^balin,
sowie den beiden Initiativ-Komiteti für den Bau einer Linie i'tälhkon-Samstugeru
oder Schindelegi and Biberbrttek-Goldau.
Die Konzessions-Uebertragongen fttr diese 4 Linien auf die Schweiz. SM«
Ost bahn »ind durch Beschluß der Bundeerersammlung vom 19./20. Dezember
188U perfekt geworden.
*) Der Werth der au^erClsteten Damenhüte ist nicht bekiinnt.
') Davon 187.049 Fr. lUlien, 185.485 Fr. Oesterreich.
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SQdostbahn — 245 — Suisse Ocdd^nlale-SimploD
Die Sildostbahn umfaßt somit zunächMt folgende Linien:
41. Die Linie Wftdensweil-Eiiuiedeiii, im Betrieb «eit 1877, Be-
triebslänge 17 Kilometer
6. Die Linie Rappenwyl-Ffitfifikoo, im Betrieb eeit 1878, fie-
triebdingo 4 »
•C. Neu zu ertitellen sind : 1) Pfäffikon-Samstagern oder Schindelegi.
2) Biberbrllck-Qoldau. Beide werden durch das MitteUtilck
<ler Wädensweil-Einsiedelnbahn zu tiiuT durchgehemien Linie
l'faftikun-Guldau verbunden, dert;u etiekte BethebHlänge ist 35 ,
zut>ammen Kilometer
Der Bundearath sagt in seiner Butscbaft vom 16. Dezember 186^ anläßlich
^er EoiUE688iont-Uebertragung folgendes; «Die ISngst angestrebte Yerbindong
«bringt einem nicht uiibi ilcutt iKlea Thei! der Ostschweiz, insbesondere der Maroh»
^dcn KMiitoiit n niarns, Graublinden, dem Rheinfhale und der Arlbergruute gegeu-
^über deui jetzigen bedeutenden Umweg ii!>pr Ziinch-Altutfttpn-Zui^-Rothkreuz
^eine direkte Verbindung mit der Zentral- und WeMtseliweiz einerseiti« , wie
«anderseits mit dem Gotthard «ad Itatien. Vieht weniger wird die neoe Linie
«dem lokalen Vwlcehr des Kantons Sehwys au gute kommen, indem ide dessen
^einzelne Theile unter sieh niid mit d<>tvi Kantoasbauptort in Verbindung seist
«und den Verkehr mit Eiusiedeln erleichtert.
«Mögen auch gewisse Faktoren die Leiatung^ifuhigkeit des neuen Verkehrs-
«weges be^ntrichtigen, so sind andererseifcs dieVortbeile doch so in die Augen
«springend, und liegt unter allen Umstünden in der neuen Verbindung eine so
, beachtenswortbe Verbewemng und Erleichterung, welche weKcutlich erhöhte
, Bedeutung ;2:ewinuen wird, wenn da^ zur Znt ventilirte Projekt der »Stellung
, einer flin-ktL'n Schienen -Verbiudtmp zwi>rhin dem Toggeuburg oder sogar
«Sl. Galleu und liajiperswyl zu Htande kemnit."
Der Ankauf der beiden im Betrieb befindlichen Linien kostet 5,072,000 Fr. ;
■die Kosten der neuen Linien sind auf .'),34fS,000 Fr. veranschlagt. Die Verkehra-
«innahmen sind auf H60,000 Fr., der Keinertrug auf 20-2,500 Fr. .'>V* %
Dividende berechnet. Da« (te^icllschaftskapital besteht aus 10,5UO,()UO Fr,,
-wovon 5,500,000 in Ol.li-ariuiu n :i 4 % und 5,000,000 iu Aktien.
Suisse Ocvideutttie-Miiiiplon. Die weotschweizeriächeu Eisenbahnen mit
Inbegritf der Simplonbahn sind das Eigenthum einer Aktiengesellschaft mit Sita
in Lausanne*). Die Geaellscbaft wurde ursprünglich (1864) behufs Uebemahme
'des Betriebes der Eisenbahnen Üuesi-Sidsse, Franco-Suiase, Latisauue-?yeiburff-
Bcrn und Genf-Ver^oi r t^f gründet. Naehdem der Betrieb dieser Linien vom
1. Januar 1^1)5 an durch die Gesellschaft der Luisse Occideutale für üeohnung
der bisherigen Eigenthttmer f»tattgefuuden, traten die drei alten GeieUsohaften ihr
Eigenthum an die Betriebsgesellsohaft ab, welche vom 1. Januar 1872 au den
Betrieb säromtlicher Linien fikr eigene Rechnung wclterfQhrte« Das eigene Nets
der Suisse Occidentale hatte auf liirsen Zeitj»nnkt rin»' Ausdehnung von .31 .'),!' ui
baulicher Län^e und iJiiU km lieiriobslänge. letztere mit inbegrilf der {^epueliteten
Strecke Üei n-8eu»ebrUcke bei Thörishau;*. Im Laufe der folgenden Zeit kamen
durch Ankauf oder durch Neubau noch folgende Linien hinzu : Am 12. Juni 1876
die Strecke Murten-Kantunsgrenze bei Fräschels (12,413 ni): am 25. August 1876
die Linien Pal^zieux^Murten (5ö,03ö m) und Freibarg^Payeroe (20,540 m); am
*) Dies wurde geschrieben, bevor die Fusdon mit der Jurabahn (1. Januar 1890)
«tattfand.
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Suiäät: OccideDtaIe*Siinplon
— '2U
Suisse Ücckleulale-Simploa
1. Jannar 1677 die Linie Gossonay-Grense bei Vallorbes (29,260 m) dnrdi Kauf
voll der Ge^iellschaft Jottgae^Eelipena ; am 1. Febraar 1877 die Linie Pajerne-
Yv( nloii (27,:^ö4 m); am 1. Juli 1861 die Linie Bouveret-Brigue (116,865 m)-
durch P^usioniruug mit df*r Simplonbahn und am 1. Jani 1886 die Stroeke
Bouveret-Grenze bei St. Gingolph (3082 m). Ende 188G hatte die Suisse Occi-
dentale^Simpton-Bahn dnen Umhog von 580,703 m Baal Inge tind G03 km
BetriebelSnge.
Die nächsten Rttokkanfstermine für den Bund waren vor der Fu8sion
anf Grund li r Konzessionen folgi tuie: Palt-zieux-Grenze bei Frascbels (67,44b
am 25. -ViiL' t-t lyubi iUle übrigen Linien am 1. Mai 1903.
In F. tigr der Fusion kann der Rückkauf durch den Bund frühesteiisi auf
den 1. Hai 1903 und von da an jederaeit erfolgen, wenn er der Gesellschaft
jeweilen drei Jahre vorher angekllndigt wird.
Der Kaufpreis wird nach dem iluiLlisrhnittlii heu auf der Gesamintlieit der
Linien erzielten Keinertrap^ (lerjcnigfii lo K;ilen<lerjahre bestimmt, welche dem
Jahre, in welchem der Kuckkaul angekündigt wird, vorausgehen ; er beträgt deu
25fachen Wertb des Reinertrages, wenn der ROckkanf innert den Jahren
1903—1918 Btatthndet, den 22 Vtfachen Betrag innert den Jahren 1918 — 1933»
den 20fachen innert den Jahren 1933—1948 und den 17Vsfaclieii von 1948
bis jsurn Kr!'"--chen iler Krin^e-^sion.
In allen iliesen Fällen darf der Kaufpreis nicht weiiiirfT aln die nach-
gewiesenen Antagekosten der bestehenden Einrichtungeu betrugen, jedoch unter
Abing des Betragee des Emeuernngs- nnd Reservefonds.
Insoferri der Bund den Bau der Linie von Brieg bis an die italienseke
Orfrizi' lischlifCit, hat er aurh vdv ih-ni 1. Mai 11>0:') ieihTZ''it das T\<'cht, auf
eine eiuinlirige Kündigung hin dcu Rückkauf zu verlangen. Der Kautpreis wir<l
nach dem 25fachen Werth des durchschnittlichen Reinertagus derjenigen zehn
Jahre beetimmt, die dem Ettndigung^ijahre voraosgehen, darf aber nicht weniger
als die nachgewiesenen Antagekosten der bestehenden F.inrichtnngen, jedoch unter
Abzug des BetraL'e- des F.rneuerung8- Und Reservefonds hetmi^en.
r^aulieliB Verhältnisse: Bahnlänge mit einem Haujitgeleise 487,194 m,
mit zwei üauptgelei»en 03,508 m. Auf 1000 m Hahn entfallen dorchächuittlich
1331 m Geleise. Von der ganzen Balm liegen 348,100 m auf DSmmen, 219,733 m
in Einschnitten, 8165 m in Tnnnehi (größter Tunnel bei Tanderena 922 m lang)
und 4704 m auf Brücken (größte Brücke bei Freiburg 333,8 m lang). Von der
Betrif'bsläni^ liegen 151, '»55 m in der Horizontalen, 45n.:)46 m in Steigunp^en
oder Gefallen bis zu 24 "/oo, 35«>,220 m in der Geraden und 245,881 m in
Kurven hm zu 240 m Minimalradiud. Mittlere Steigung der ganzen Bahn 5,9U ®/oa f
mittlerer Erttmmungahalbmesser fttr die ganse Bahn 1614 m.
Stationen Ende 1887: 132, wovon 2 gepachtet und 2 mitbenutzt. Die
wiehtig.sten Stationen sind r Genf, Nyon, Rolle, Mur<»e.s, Lausanne, Vevey, "Mon-
treux, Aigle, Bex, Sion, Chavornay (Orbe), Yverdon, Neuoh&tel, Eomont, Frei-
burg, Bern (mitbenutzt).
Bollmaterial Ende 1887: 109 Lokomotiven von durchschnittlidi 312
PferdekrSften und 37,4 t Leergewicht. 327 PerBooenwagen mit 13,007 Sita*
platzen uml 2045 Güterwagen mit 19,643 t Tragkraft.
Bet rie bsper'^on a 1 im .fahre 1887: 3142 Personen für den Betrieb von
648 km Bahn oder 4,ü7 per Bahnkil.
Beförderte Reiaende im Jahre 1887: 3^993,000, 1886: 3'923,lld>
1885: 3*802,121.
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Suisse OccidenUle-Simplou
Syuilikat^kainmerQ
Beförderte Güter im Jahre : 044,81^5 1, ; 87G,ar»a t, 16^.'»:
896,183 t.
Reinertrag im Jahre 1887: Fr. 6*ld9,5$9t 1886: Pr. 6*084,431,
1885: Fr. 5'»>24,502, 1884: Fr. 5'637.704.
Verhältnis des Beinertrages zaiu Anlagekapital lt:i87 : 'J^bS ^'/a, 188U :
2,54 >, If^Sb: 2,34%, 1884: 2,35 «/o.
Kapitalbestand 1887: Fr. 239 465,437, wovon Fr. »9*102,000 Aktien,
Ft, 188*845,300 kooMlidirte Anleihen. Infolge der Fniiion betrSgt das Kapital
oa. 280*000,000 Fr. wovon h 0*000,000 Fr Akt;< n
Zinse und Dividenden im Jahre 1?<S7 Tr. 5';m;i j-n.'. — 2.4 •> '^'o
des Kapital«. 1H86 : Fr. 5'971,520 ^ 2,49 %, Iböo : k'r. 5 G2G,Hi5 — 2,35 %,
1884: Fr. 5 627,937 — 2,35 «/o.
Bankonto per Ende 1887: Kosten der Bahnanlagen nnd fe»ten Ein>
richtnngen Fr. 159>94,440 = Fr. 275,347 per Bnhukil. ; des Kullniatoriüls
Fr. nr545,0r>0 = Fr. 24,«80 per Buhnkil.; des Mobiliai-s nnd der (icrätlj-
schaftcn Fr. 1037,274 Fr. 1786 per Bahnkil. Totalkosten Fr. 177'476.774
= Fr. 302,013 per Babnkil.
Snlgea*G«saMi. JHe Eisenhalmlinie von Snlgen nach Goßau war da»
Eigenthnro der Bisehofiiieller-Bahngesellsohaft. Die Strecke Sulgen-Btsohofissell
(10,129 m) wurde am l. Februar ls76 eröffm t und bis zum 4. Juli (l»'.''S(db«>n
Jahre« durch die Xi Dlo^tltabn Vnv Rechiiunsr 'i'-r 1 Ji;entliUnu'rin betrifbon. Am
5. Juli 1876 wurile die Strecke Bii«chofn7,eil-Goiiau (12,541 m) eröiVnt't. («leich-
zeitig überualun die Nordostbahn den Betrieb der ganzen, rund 23 km messenden
Bahn fttr eigene Beohnnog gegen Beiahlong eines vertraglich fetttgesetzten jähr»
Hohen Pa htzinneH. Am 1. Angost 1885 ist die Bahn Snlgen-Goßan in*e Eigen»
thnm der X' T 'iostbahn iihert^egangen.
Superphosphat und andere künstliche Dilusjcmitlid werden in der Schweiz
au mehreren Orten und in immer größerer Menge t'abrizirt, aber uhue daß biu
jetzt dem noch in größerer Proportion steigenden Bedarfe der Landwirthachaft
durch die heimische Produktion Genttge geleistet werden ktmnto, so daß no(!h
eine sehr bedeutende Einfuhr davon Mtnttfindet. Man erhält tliese Produkte
we>pntlich durch Aufschlieliung von Knoehenmehl , Knochenkohle, Phosphorit
und anderen phoHphor^äurehaltigeu Materialien, mit SchwefelKHure, hUuüg uutur
Znsatz von kalihaltigen nnd stickstoffhaltigen Substanzen, wie Staßfnrter Selsen,
Chiltsalpeter, schwefelsanres Ammoniak, mit Schwefelsäure aufgesehlomenen Leder>
nnd Haarabfiillen etc.
Siimh die Bezeichnn»>i^ von niebrtr»^fti<rf ii Ganz- r.tler Halbseidi'nrirftki«!n,
die je nach ^ler (lualitftt für KUi'it r, Hesatz, Putz oder Futter verwendet wri den.
Die^e Artikel werden im Kanton ZUreich seit Ende der 70er Jahre in großen
Mengen fabrizirt.
Syhancr, grüner. Eine sehr fruchtbare, in der Blilthe nicht empfind-
liche, mittelfrüh reifende, gute Wein- und Tafeltraube, die au den helljrrünen,
runden Blättern leicht zu erkennf>n ist. In der deutschen Schweiz findet sie sich
meist nur vereinzelt ; in der franzöäiitchen Schweiz dagegen, namentlich im Kt.
Wallis, finden sieh größere Pflansnngen derselben. Sie ist dort anter dem Namen
Gro$ Bhin bekannt nnd seheint gut zu gedeihen. — Der «blaue* Sylvauer ist
von der vorigen nur durch die Farbe der Traube verschieden.
SyiiflibntskainniPrn i^chambrp«? syndicales). (Mitgetheilt von Hrn. W Kn lin,
Sekretär des Schweiz, itewerbevereins.) S. bcsfelicu nach frimzi'sischem Vorbild seit
kurzer Zeit in Genf und bezwecken, ähnlich den Einiguiig.^amtern in England,
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Syndikalskammeni
— 248 —
Tabak
dift Yeiiitttuiig, eveot. Sohliehtang von Ärbeitseinsiellunffen. Bereite haben aioh
Uber 25 Gewerke (corpH de meticiH) Uber die Hauptfragen einer gemeinsamen
Ol gaiiisation verständigt: Jedes Gewerk hat eine Syndikatskammer zu bestellen,
in welche die Verbindungen (associatinnfj) der Arln-itgeber nnd Arbeitnehmer zu
gleichen Theilen ihre Vertrau enamönner ernennen Hauptaulgabe der Syndikat»»
kftmmerD Ut die Anfiitellung gemeiiieoliftftUelMV Lobnterife «nd Werlntattordiiiiiigeii
oder Arbeitwragiilatiye, welche nacli allseitigem Eiarerstltiidiiiß der BemfBgenoweii
rechtsverbindliche Kraft erlangen, sofern der Große Üath keine fegen die
ölfentUohe Ordnung und die Staatogeaetze widersprechende Beetimmnngen darin
findet.
Tabak (vgl. „(Jigarren**). Am ausgedehntesten Ist der Tabakbau in den
Kantonen Waadt nnd Freiburg, hauptsilehUeh im Thal der Broye, von Tverdon
mul Moudon abwärts, in einem V2 — 2 Stunden breiten Strich illu r P» terlingen,
Wifflisburg, Muvttn sidi liinziehend. Wann \nh\ wie (Wext- Kultur in jene
Gegenden gekommen, weiß man nicht. Dia erste Nachricht Uber ihr Vorkommen
in der Schweiz datirt aus dem Jahre 1565.
Dr. Ooro, Arzt in Angaburg, schickte damals an Dr. Konrad Geßner in
Zttrioh Blätter, von welchen er meinte, dafi es Tabakblätter sein kannten.
Letzterer Hchrieb die Neuigkeit an Professor Aretius in Bern , welcher ant-
wortete, daß er auch schon TabakpHanzrn in seinem Garten hübe. Er sandte
Geßner eine Zeichnung, mit dem Versprechen, ihm bald auch Tabak»iamen zu
schicken. Jeden&lls wurde aber der Tabakbau n jener Zeit obrigkeitlich nicht
sonderlich bsgttestigt; wenigstens wurde in Bern, unter dessen Oberhoheit das
Broyethal stand, noch im Jahre eine Aufsichtskommission unter dem Namen
„Tabaktrerielit" {uifgeKtellt; eine Polizeiverordnunp, in der Fnrm von zehn Ge-
boten, untersagte das Rauchen. Im Jahre 1675 wurde diufte Verurdnunn; durch
Androhung von Bußen, Gcfängniß und Pranger verschärft. Solche Tabak verböte
waren su jener Zeit ÜMt Überall an der Tagesordnung. Yerrnnthlieh war aber
die Polizei selbst nicht die Kaste, die zuletzt von diesem Kraut besiegt wurde.
Am Anfang des 18. Jahrhundf it> hatte jenes Berner Tabak^ericlit bi-rcits ciiie
starke Metamorphose durchgeni.ulit ; war beaut'i rag't, <lif Kultur nnd Fabri-
kation des Tabaks zu überwachen und den Zehnten davon zu erheben. Am
23. Juni 1 747 schrieb dieses Gericht an den Landvogt Tayel in Payerne , es
seien Klagen darltber eingegangen, daß man an Tersohiedenen Orten die „Geizen**
(Tabakschößlinge) mit den Blättern mische und so der Waare, wie auch dem
Bfiden schade. Dieser und nndern A'crurdnungen folgten noch viele, besonders
wurde verlangt, daß man die Ptlanzen nicht la hoch wachsen und Samen eut-
widketn la&se; auch solle man die kleineren Bl&tter an der Erde nicht mit den
großen Termisohen, da dadurch die Qnalitit beantrSchtigt werde.
Zweifelsohne hat nach alle dem der Tabakbau am Anfange des vorigen
Jahrhunderts im Broyethale biMcits eine beträchtliche Ausdchnvmg gehabt.
Tn nentrcr Zrit hnt .luios Fro<!*iard in Payerne (Waadt'l viele Verbesserungen
eingcfubri und sa-h um den Tabakbau in der Westscbweiz bedeutende Verdienate
erworben.
Dieselbe Firma schreiht dem Lexik mi : „luh habe seinerzeit eine Tabak-
baustatistik filr die Kantone Waadt und Freiburg angelegt. Im Jahre 1870
ergab »^ich ein Ernfprc'.nhat von 12,(HM> tj (Zentner a 100 kg) für das ganze
Broyetlial. Seitdem hat sich die Produktion kaum vermehrt und die Zahl li*,UUO
kann jetzt noch als maaßgebend betrachtet werden. Speatiell auf den Kanton
Waadt entfallen pro laut amtlioher Landwirthsohaflsstatistik 7|869 q, so-
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Tabak
— 249 —
Tabak
mit wlirdea iiir Fmbarg 4,131 q verbleiben, eine Summe, die weoig von der
WirUicbkdt abweichen wird. Dagegen ist der m beaagter Statiatik angegebene
Durchaelimttapreie von 60 Fr. per q au niedrig. 70^76 Fr. per 100 kg
ist genauer."
lu kleinerem Unifanr,' i^t der Tabakbau zu Himsp in den Kantonen Bern
(Seeland), Tburgau, Aargati, Tessin, Graubiluden (Puschlav), 13a»elland, Zürich.
Nach geA. ICittheilaDgeQ des Herrn Lehrer Deutsch in Luatorf kommt im Thurgau
die TÜlMtkpflanse vor seit 1873. Die ersten Versnohe wurden dnreh Herrn
Schweizer in Oberkirch bei Frauenfeld gemacht. Im Jahre 1875 pflanzte die
Lotzbeck'sche Tabakfubrik zirka 20 Zeutner. Vom Jahre 18mO au wurde der
Tabakbau in den Beziikin Frauenfehl, Dießenhufen, .Steckborn, MUncliwrilen
und Weinfelden eingeliiiirt. — 188i> belief sich der Ertrag im üaMinum
auf 700 Zentner, 1869 nur noeh auf 90 — 100 Zentner. An dieeem Bückgang
ttnd Mißjahre und die fremde Konkurrenz schuld.
Herr Esclimann-v. Merhart in Gnadenthal berichtet Uber den Aart/au: „In
Folge vieler Mißjahre ist die Talüikkultur au manchen Ortf*n eingegangen. Heutn
wird Mie noch gepHegt in den (iemeindeu Tegerfeldeu, WUretilingen, Eadingea-
Lengnau, Nenelnback-Gnadentbalf Laii£fo1ir, Windieoh, Brugg, vielldelit noch
Kalm. Pro Jucbarte kann man bis 14 Zentner 1^ 50 kg rechnen. Freie 30 — 42 Fr.
je nach Qualität."
Ans der trefriicVirii LandwirthKchaftsstatintik des Kanton- Zürich, .Tabr-
gang 1888, geht hervor, dali iu diesem Kanton viele Tabakbauversuche wioier
aufgegeben worden t>iud, theils in Folge mehrerer Mißernten, theils in Folge der
AbflatzNchwierigkeiteD. Eine Gemeinde inaehte die Mittheilnng, daß pro 1888
der Ertrag per Jucharte 11 Zentner, pro l ^ ^T 22 Z-titner betragen habe.
Das stati^tif+che Hurc.m fitiilet, dif II;iui>t»chwieri.'keit liege in r i lit-
zeitigen Gewinnung d- r Sttzlin;,"'. So Lunre |fd<T Tabakplianzer seine Sttzliu^'e
selbst ziehen wolle, weide die Schwierigkeit nicht gehubcu. Die Aussaat des
Samens sollte schon Anfiings bis Hitte MKra stattfinden nnd awar in eigens her^
gerichteten Treibbeetent wo die jungen Pflanxen vor raschem Temparatnrwechsel
geschützt werden köunen.
In dieser Weise wird ii. A. in den Kantonen Aar^fui, Thurgau und Baael-
land verjähren. Es bestehen daselbst, laut gell. Augaben des Herrn Alt-Profeasor
Anderegg, Tahakhanvereine (der aargauische seit ]Ö4:(1, der thnrganische seit
1883, der basellandschaftliche seit 1885), welche eich mit der Anlage von
VerBUchfelderu, der Abgabe von »Setzlingen, der Abhaltung von Lehrkuraen,
Wandt rv ortrh'sren nnd l^pt zialuaastellungen befassen. Es wurden ihnen seitweise
Buudt-suhvt'iitiouen verabfuigt.
2Hach dem Obgesjagteu darf man auuehmeu, daß iu der ganzen Schweiz,
Waadt nnd Freiburg ausgenommen, nicht mehr als 2000 q Tabak produtirt
werden, so daß die GeaammtnQ>rmalernte 1 4,000 <( betragen wird. Den Durch»
liiiittspreiK zu <»;'> Fr. angenommen, ergibt »ich ein Brutt«>\vt-i tb von *.tlO,OUU Fr.
Angaben über den Reinertrag finden sich in Aiidereggs Fachbcrielit über die
Schweiz. Landesausütollung von 1883, Abtheilung Hundelspflauzeu. Durt bezitl'ert
die oberwähnte Firma Frosrard das Rein<Tg« bniß | ro Htsktar auf 522 Fr., die
aargauische Tabakgeselkchaft auf 695 Fr., Lehrer Deutsch in Lüntorf auf
38;i Fr. Daa Mittel aus diesen dn i Summen ergibt Fr., und da nach
Andereegs Fnrhhfricht ca. 1000 Hektaren mit Tabak Hngepfliinzt .«^ind [luVl Waadt,
332 Freiburg, 41 Bern, 21 Graubüudeu), ho zieht also die Schweiz aus der
Tabakkultur netto eine halbe Million Franken.
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Tabak
— 2.")^ —
Ttobak
Emfuhr Ausfuhr
Rr'Iimntfr'.il
Falirikat«
K<.ihllllrri;il
Fukrikit«
ISöl
ö9 juhrluh clurchschüiUlkfi
1 brutto
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1885-
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Werth
Fr,
2,319,090
369,459
3,796,54:2
Die Einlahizülle lietrUKea nat li iliu ZulUarilen von
1849 ISöl 1884*) 1887
Fiir Tiibak in Blättern, per lüü k>r . Fr. 4. 7^0 7. — 25. — 25, —
, Rauch-, Schnupf- und Kautabak , l.\ — 16.— 50.— 75.—
, Cii-'arrcn , 30.— 30.— 100. - 150.—
Von den Z"pllen abgesehen, .•ipielt der Tabak zur Zeit in fi.«ikali>irher Hin-
sicht noch eine nnlipflfnt« n !e IJolle in der Schweiz. Einzig der Kanton WaaJt
bezieht eine Tabakverkaui-stencr (s. Seite 181 im Iii. Band). i?'reiburg belastet
den Tabak mit einer etwas höheren Geverbestener als diu anderen Handels*
und Gewerbebranchen (ö ^/o des Reinertrage, anstatt 3*/«— 4 ebenso Wallis,
das den Tabakverkauf mit 10—100 Fr., die Tabakfabiikation mit 100—2000 Fr.
behistet, während dem Liqui^nr-Aii'j'irhank rmr — .')0 Fr., den Gasthfifpn
I. Ranges nur 100 - lOtJt) Fr. Gewerbesteuer auterlegt nind. In dfn andev'-n
Kantonen und auch auf eidgenössischem Boden ist es bisher iu Bezug aut Tubak-
besteuerong bei bloßen Anregungen verblieben. Alt^Bundesrath Challet-Yenel be-
fürwortete schon 1870 die EinfHhrong einer so hoben Venollung (z. B. 1000 Fr.
per 1*1' > k;; Cigarreu), daß sich an-^ ihr ein Ertrag von zirka 2 ' s Millionen
Franken hatte ergeben niiisseii. N ithwendige Folge dieser Maßregel wäre die
Autliebuug des inläudischeu Tabakbaues güwet>en. Der bernische Kegierutigsrath
Bodenheimer vermochte im Jahre 1877, als Mitglied der ständerSthl. Konmission,
welehe Uber die Her.stellung den finanxiellen Gleichgewichts im Bnndeshaushalt zu
refcriren hatte, folgende Stelle in dem betrelTendea Kommis»ionsbericht anxnbringett:
Alle Xatioiialukonomen sind darüber einig, daß kein eiuziger Konsumpegenst.inl
sich besser als der l'.tluik zur Besleut-rung eignet, und au»di in der Schweiz ist diese
Frage nicht neu. In den meisten LAndern wird <-r tl.iiier zur Steuer herangezogen, und
zwar nach verschiedenen Systemen, weklic sieb wir f flft resAiniren lassen:
I. Vom ausläridisilien Tabak allein:
1) Der .<taat \e^:^ einen Zoll auf den ausländisilien Tabak, verbietet den In-
liindiscben Tabakbau, gibt die Fabrikation frei, erhebt jedoch von den Händlern eine
Lizen/trebOhr ; Eiujlnnd.
•ii D t st.i.ii l. pt einen Zoll auf den ausl lien Tabak, und gibt Anbau, Fabri-
kation und Haudel frei; Bdgkn, Holland, Sdnvtu.
II. Vom ausb^ndischen und inb^indischen Tabak. .
1 ) Miltolsi eines Einjrangszolles u. einer Produktionssteucr für den Bau dos Tabaks über
eine gewisse Uodenfläche hinaus; im übrigen Handel und Fabrikation frei; DeutschlMui.
2) Außer den Ein^^an^szöllen besteuert der Stnat die Fabrikation und den Verkauf,
indem er die Tabaktabrikate mit Banderollen und PaketstempLln belebt un I di ii Bau
kontrolirt, wie Mußland, oder. aui>cr den Verkaulseliquetten, noch die £iahuluog be-
sonderer, mit Steuern hcle;j;ter FabrikationsKzenzen oder Patente vorschreibt, wie die
Vereinigten Sf-inttn f>n Aunrika.
3) Der Staat allein baut, fabrizirt und verkauft Tabak. Produktions-, Fabrikatioas»
und Handelsmonopol : Frankreich, Italien, Oetterreieh, Portugal, lUmänten.
Der Erlrag i>t sehr verschieden. Per Kopf der BevidkernuK wird er beziffert netto,
das heiUl uucli Alizug der Hezugskusten. oiler der Re|.'iek«isten beim System der Fabri-
kation und des Verkaufes durch -ien Sinat. auf 4-'j Hp. in Dpub>chlnnd ; Fr. 7 in Frank*
reich : Fr. 4. 70 in England ; Fr. 2. ^t> in Italien : liber Fr. i iü Nord imerika.
Die Sch\veiz bat bisher den Tabak iu seineu verschieiienen Varietäten bloß beim
Eingang, in der Form des Zolles, besteuert. Wir schlagen auch eine innere Bestenerung
*) Die'?e ZOUe galten schon vom 3. Oktober 1879 an.
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Tabak
201 —
Tabak
yor. Insofern es dem Gefühle des Scbweizenrolkes nicht allzusehr widerstreben wOnle*
wäre ein B'^gif- Monopol ila.s Produkt iv-tf fnr d. n eidgenn-^-i^i h. n Fi^kUs, und /.ugleich
das Vortbeilba tiefte IQr die Tabak-Koaäuiuenlen. Letzterem t)cdarr eiuiger Erklärung.
Bei irgend einer hohen Besteuerung der Fabrikation und de:* Verkaufe««, weiche von
Privaten bptripl>fn werden, nehmen ilies^lben daran Anl.ilö. um Anfuf f inf si in
scblecbte Waare zu bietea oder im Preii»e unverhältuiUniaLii}; autzusc-hlagen. üeuii Hegie-
Honopol hingegen kommt dem Staate, außer der Steuer, das Benetiie der Fabrikatiim
und des Verkante- zu trute. und so ist er in den Stand gesetzt, den Konsumenten, den
Haucliern. Schauiilcru etc., eine allerdings flieure, aber auch {;ute, ja hisweilen vor-
züjfliche Waare zu bieten. Als verj^leichendes Beispiel fflliren wir an. daß während
die französi»i.'he Ta!),ik-tetier tTt«^hr altwirft als ilie engü-^ch.', rranz(lsi.s<.'lie CiKan> ti und
tranz<isischei Tabak uueudlii.ii viel hejiser sind als englische Cigarren und engiiM iier
Tabak. Bei einem .V'Y^o-Ertrag eines Regie-Monopols ;i Fr. !2 per Kopf der Bevölkerung
kr.itrite die Schweiz ihre Jahreseinnalimcn um h Millionen F'r.inken vermeliren. wohei
tifiüch die EIrträguisse der ersten Jahre auf den Loskauf bestehender Fabriken und
vielleicht das Tabakbaue.^ verwendet werden müßten; Der Gedanke eines Regie-Monopols
ist indes-sen noch nicht in weitere Kreise gedrungen, und vorerst dürite man sich mit
der Einfühnmg einer Verkaufssteuer begnügen, welche in <ler Weise aut'jrelegt und
bezogen würde, ilaß alle Diejenigen, welche mit Tabak oder Cigarren han<leln. einer
Fatentgebühr unterworfen wären. In den Patentgebühren gäbe es natürlich nele Ab-
stufungen «wischen einem Maximum von z. B. Fr. 1000 und einem Minimum von Fr. 90.
Die Zahl der Tabakverkäufer h» tr:i;.'t gegenwärtig wenigsten- StMiO. \ngenommen. es
würde sich dieselbe, nach Eintülirung der Patentsteuer, auf ö(X)0 reduziren, so genügte
eine mittlere Yerkaufssteuer von Fr. 900, um den Jahresertrag von 1 Million Fr. za erzielen,
und zwar niU unbedeulenden, kaum ^ / Prozent lui-^machetiden Bezugskosten.
]>afi war, wohl bemerkt, im .lahre 1877 sreschriebeu.
Auch seinem Ileimatkauton suciue ilerr BodeuUeimer die Talmkbestcuerung
beizabringen. Er aehlug 40 Patentklassen i 20 — 1000 Fr. vor und berechnete
den Ertrag auf 200,000—250,000 Fr. Die staatawirtbMbaftUche EommisaioD
des zürcherischen Kanton^ratheu empfahl in ihrem Bericht vom 1.5. Miirz ls^'8
ebenfalls die Krbehtin^ einer TabakverkaufsjtateotgebUhr, die dem Staat jahrlioh
36,ÜUO Fr. abwerfen würde.
Yoü großer Zugkraft i«t momentan (1890) der Oedanke des Ta])akmoMO/>o/s.
In diesem erblickt man diejenige Finanaquetle, welche dem Bnnd die Realisirung
der obligatorischen Unfall- nnd Krankenversioherung ennöglichen scdl. Im Kanton
Walliü bestand da» Tahakmonopol von 181. 'i ISIS. Die Bundesverfassung von
1848 machte aher i» ni>f ll m. gleich wie allen anderen Monopolen (Salz und
Pulver au*!genommen), ein Eude.
Dem Fabrik ge setz waren anfanp 1889 anterateltt
im Kanton
Arbeiter
Elablissemente mit Pfk
Irl
w
Total
... -21
13
34
1
369
527
12
3t
Luzem
. 43
14.-»
18S
U
Glarus
... »
13
1
... 30
43
9
... 6
i5
31
1
... 16
6
29
1
6
■. . . 5<7
149
-2 Iii
4
68
Sl. Gallen . . . .
... 15
7
'ii
3
... 3
33
96
4
95
1693
2758
58
35
... 3y
41
80
3
90
... 56
714
770
6
6
Waadt
. . . 'Iii
1993
1515
14
Wallis
100
193
3
ü
... 7
19
19
1
... 23
30
53
•>
■ 1
15
Total 1823
4üti(>
65U9
135
241
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Tariürimg treinüer Münzen
— 252 —
Tarüwesen der Eisenliabnen
T^riflrung fremder Mfinzeii. Aoilindisislie Httimn wurden «eil dem
Bestdien des neuen Bandee stim ersten Hai als fesetslicbe Zahlnngsmittel in der
Schweis anerkannt daroh den Bundesbeschliiß vom 31. Jan. 1860. Der Besdilnß
betruf speziell: 1) Die franzf^sischen Goldmünzen, welche im Verhüttnilj von einem
* Pfund fein Goid zu fünfzehn und einem halben Pfund fein Silber Ausgeprägt
waren und in Frankreich zu ihrem Nennwerth gesetzlichen Kur» hatten. 2) Die
von anderen Staaten in voUiconimener Üebereinstimmnng mit den entsprechenden
fran2:5.>ii>;chen MUnzsorten ausgeprägten Goldmüasen, Ein weiterer Beschluß vom
2. März 1860 machte bekannt, daß obigen Bedingungen cntsprapheii : Mit wenigen
Aufnahmen die framösiichcn 100-, 50-, 40-, 20-, 10- un l Fünffraiikenatttoke,
sowie die sunltn'sdten 100-, HO-, 50-, 40-, 20- und Zthufrankcustucke.
Am 30. Juli 1H70 worden die englitichen Öovereigns und Halbsovereigns,
«m 10. Angoat 1870 die Yereinigten-Staaten-DoUars tarlfirt, jene tu Fr. 25. 20
xesp. Fr. 12. 60, ietstere zu Fr. &. Id.
Am 22. Dezember 1870 setzte die BondesTersammlung den Knrs der Sovereigns
auf Fr. 25. 10 re«p. Fr T2. 55 herab, und sprach die VergUtungspflioht des
Bunde»< an^ ftir die Dillert iiz •gegenüber dem früheren Kurs. Der Soveroign
mußte da« Gewicht von 1,\)3H Gramm, der Ualhsovereign das Gewicht von
3,969 Gramm haben. Aefgehohen wurden diese der Kriegsseiten wegen getroffibnen
Maßregeln: für die Dollars am 28. Oktober 1870, für das englische Gold am
26. Juli 1871.
Die heHnpstigenflen Kriegsperüfhte des ersten Halbjahres l-ssy vernnlaßten
neuerdiugH einen liiaidesbochlaU betretf'end TaiüÜrung fremder M Unzen, doch kam
derselbe nicht zur Ausführung. Gesetalichen Knrs hätten nach dem:>elben erhalten
sollen: 1) Die englischen Sovereigns and Halbsoyerdgns, 7,938 Gramm resp.
8,969 Gramm schwer, ä Fr. 25.20 le-ji U. CO; 2) Die deutschen Zwanzig-
und Zehnmark.'^tü( ke, 7/Ji.'(; re-i) 'AA^ii'A (iramni schwer, ä Fr. 24.70 resp. 12.35;
3) Die Vereinigten ■ Staaten •FiintdollarsätUcke in Gold, 8,310 Gramm schwer,
a Fr. 25. 'JO.
Tarif\>'eson der KLsenbuhneu. (Mitgelhcih von Herrn Girtanuer,
Adjunkt des administrativen Inspektorats des Schweis. Eisenbahndepartements.}
Allgemeine gesetxliebe und reglementarisehe Grundlage.
Das erste Schweis. Bundesgeseta Uber den Bau and Betrieh von Eiseobahnen
im Gebiete der Kidgeno8.sen^i liaft, d. d. 28. Heumonat 1852, überließ die Anf-
fitrlluriji; der Kutizes^ionen mul \'iTtr;ttje iUn-r die Er>t«-lluii;r und den Betrieb von
Eisenbahnen fast triinziich den kantonalen Behörden, der KidsjendjiHetHehaft nur
das Püstregal, den öffentlichen Telegrapheudien.st, sowie die Wahrung der miii-
tftrisohe« Interessen vorbehaltend. IMe Genehmigung konnten die BnndesbehSrdea
nur solchen Konzensionen verweigern, deren Ausführung den militärischen Intereüsen
des Landew schädlich oder getalirlich zu werden drohte. Bezüglich der Vorschriften
Uber das Tarif- und Trauf^portwesen stand der FirlgenosMensehaft weder ein Fent-
«tellungH- noch ein Eiu^prachereobt gegenüber den von den kantonalen Behörden
aufgestellten Normen zu, sofern eine Niohtbeaehtung des Bundesgesetzes Uber das
Pontregal vom 2. Braehmonat 1849 nicht konstatirt werden konnte. Die Folge
die.ses Mangels war, sobald es sich um eine mehrere Kantone durchziehende Bahn-
linie handelte, ffsiTiz nntMV-rf rnäß eine Lrroße Ungleichheit der denselben Gef^i nst.md
l)eseh lagenden \ urschntten, und zwar nielit nur mit Bezug auf die Hidie der
bewilligten Taxannätze, sondern auch in prinzipieller Beziehung, trotzdem den
meisten Konzessionen und Eisenbahnverträgen die Pfliehtenhefte der franzöäigchen
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Tarifwesen der Eiseubaboen — 253 — TftriAretttiderEjsenbabiieik
Bahnen ab Muster mid Grnndlage gedient batten. Dieae yersobiedenbeit exbtirt
sowohl bei den den Personentrantfiport, als auch bei den den Giitertran8))ort
lietn tTtMul- n BcstinimtirippTi, tritt alier lu'i dt-ii letztern in w>it stärkorm Mußt;
hervur. Su i-ufhiilt lifispii-lswei.se da« i'tiichteiiheft lür den Üuu »lul Betrieb iler
Lioie Gent-Morge» auf dem Gebiete des Kantons Genf (vom 2. November 1855)
eine Eintheitnng der Güter in vier remohiedene KlaMen, für deren jede ent-
sprechende Maximaltuxt n ft stg&setzt siivl, während der KonzeaHionflakt Tom 10. Juni
1853 für das Gebiet des Kant uns Waadt einfach die Aufstellung von vier Klassen
ohne nähere Zuweisungen verlangt und auch nur die Taxen normirt, welfhe die
höchste und niedrigste dieser Klassen nicht Ubei-schreiten dürfen. In andern Kun-
Mnieiien wird einfiiob die An&tellitng ven Elaaaen verlangt, ohne Feetietxuug
einer beatimniten Ansahl (Simplonbahn ete.); wieder andere eehreiben diesMIe
gar nichts vor und setzen nur dai abeolote Maximum fest, das nicht Überschritten
wr^rJcn darf (Broyethal Transversal bahn im Kanton Freiburg), und endlich i^ibt
es noch solche, weiche die Festsetzung der Taxen einfach dem Ermessen der
Bahnverwaltung überlassen, mit der Einschränkung, daß die Taxen die auf andern,
in Kbnlichen VerhSltnimea eioh befindliohen Bahnlinien bestehenden Haxima nicht
flbenchreiten dürfen (Horschach-Chur-Wallenstadt).
Neben den Vursrhriften Uber die H<">he der Tax.'n siml in den meisten alten
Konzessionen anch noch solche betreffend die Fristen, innerhnU' wrlclicr «iii; ge-
änderten Taxen zu publiziren sind, und hetretfeud die gleich maitige Auwendung
derselben enthalten. In einielaen Fällen hatten sieh die Eantonsregierungen das
Genehmigongsreeht der Tarife und Reglemente, in andern Pillen nur dasjenige
der Kcglemente Yorbehalten, während in ▼enehiedenen Konzessionen gar keine
derartigen Bestimmungen vorhanden sind.
Eine eingreifende Aenderung und die Grundlage zur einheitlicheu Beordnuug
der das Tarif- nnd Transportwesen beschlagenden Fragen fUr diu Zukunft wenigstens
wurde erst im Jahre 1672 durah das neue Bnndesgeseta vom 23. Deiember 1872
ttber den Bau und Betrieb der Ei-^enbahnen auf d^ Gebiete der Schweiz. Eid-
•jenoss-iMischaft geschaffen, wnilnrch der Eidgenossensclutft das I'ccht der Auf-
stclliiiig und Oenchmi^uni; der Konzessionen für den Bau und Betrieb der Eisen-
bahiieu, bowie die Verjjliiohtung der Kontrole über den Betrieb zugetheilt wurde.
Die Artikel 35, 36 and 38 dieses Bnndesgetetses, welche sieh spesiell mit dem
Tarif» und TreDsportwesen beseluiftii^en, lauten folgen <lermaßen :
Art. 35. Dem Bunde -teht •iir KdUtrnl.- hIi.t .la^ T;irii'\vf«:f>n zn. Kr li.it ila- Recht
der Einsichtnahme von i^äiiinitiicht ii hiciaul bu^ügliciien Akten mid Verl i ii;-«'ti dur Balin-
verwallun(;en. Bei dieser Kontroh» sind namenllicli fol^nde Punkte zu berricksichli|7en :
1) Die Tarife müssen sich innerlialh der in den Konzessionen bezeiehnctcn Schranken
bewegen. 2) Ks darf keine in den Konz«'>sionen nicht vorgesehene Taxe für die den
Bahngesellschaften konzessionsgeniäl» obliegenden Verrichtungen bezogen werden, welche-
nicht vom Bundesrathe ausdrücklich genehmigt und von der Bahn Verwaltung öffentlich
bekannt gemacht worden ist. ,3) Die Taxen sollen überall und für Jedermann gleich-
mäßig berechnet werden. Die Eisenbahnverwallungen dürfen .\ieniandem einen V'orzng
in irgend welcher Form einräumen, den sie nicht unter gleichen L'msländen allen
Andern jreslatten. 4) Die E^senbahnrerwallangen haben einer ihnen zu beieichnenden
r?umlt>»-tilli' von iilKn allLM nieinen und speziellen Tarif änderungen sowie von Bück-
Vergütungen rechtzeitig Kenntoiü zu gehen. Dem Bundesrathe steht von sich aus oder
auf BMchwerde Ton Betfaeiligten, nach vorheriger Anhflrunjr der betreffenden Bahn-
gf<ellsiliant'ii lüe Bon-i litigung zu. die Aufhebung ■ i'lcr MmlÜik ifion solcher Differential-
tarife oder Bückvergütuugsversprechen zu verlangen, welche dem iu Ziffer 3 dieses
Artftels enthaltenen Grundsatze der Gleichberechtigung zuwideiiaufea. 5) Jede Aenderung
arii Tarif oder an den Tr.m-portreglementen s<dl gehörige VerölTenllicbung Ivknmrri' ri,
erstero in der Regel mindeütens 14 Tage vor ihrem lukrafltreleu. Wenn die üeseilschaft
es {Qr angemessen erachtet, ilire Taxen herabzusetzen, so soll diese Herabsetzung in
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Taniwescn der Ei&eni>Hhnc'U
—
Tarii vve!>tia der Eiseubaiinen
Krafl bidben iniii(ie«>teiis drei Monate fQr die Personen und ein Jahr fDr die Waaren.
Je«le Frhriljuii}.' von Taxen ^^oU \veni|:-1> i;~ (li' t Monate vor ihrem Inkrafltrelen fmliHzirt
werden. In Fallen, wo vun einer Ue^elbclialt ein aus Hcrabt=elzuugeu und Erhöhungen
gemischte» Tarifsystem neu eingeffibrl werden will, Icann der Bundesrath diese Fristen
vprknrren. Diese Fri-ten tindcn kerne- \nv:ont\\iu'^ nitt" ^(•■<:. \ fv^nn^nri'^zü-^p odor aus-
naiiuisu i-i^c Verfrnnsligunt.'en bei bti-^oudern Aniäx-en. Der Dunde.-5i.it Ii wird Anordnungen
tretTen, um die Beachtung ul>iij:t>r, in den ZÜTern 1-— 5 bezeichneten Grundsätze bd Auf«
stellun): der Tarile und deren Anwendunj; sorgfältig kontrulii ni zu hi>scn.
Art. 30. Der Dundesrath wird daliin wirken, daß aul lI« ti m liweiz. Ei.HeuLalinea
niü^xlichst übereinstinunende Veikebrr-- bezw. Transporfre^denu nN t in^-eführt werden,
den.-n (ienehtnit;un^' ihm zusteht. Sofern e-^ sich in dt r ri)I->> ulrt wünschenswerth litinus-
slelk'U sollte, ist der Buudt^rath be recht ij;!. nach Aiiliui uiiij; der Bahngesellschaflcii, ein
einheitliches Verkehre- betw. Transport re^denient in »ler Weise aufzustellen, dati »larin
gewisse Hauptbcstiinmungen tixirt werden, welche jede Schweiz. Eisenbahnverwallung
dem Publikum als Miniraum gewähren muß.
Art. 3S. Di»' Biinde'>:es«'tzgebung wird die erforderlichen Bestimmungen aufstellen :
l) lieber die Hechlsverhältnisse de$ Frachtverkehres und der Spedition auf Eisenbahnen
und auT andern vom Bunde konzedtrten oder von ihm selbst betriebenen Transport-
anstalten ( Dampfs^diiflon. Tosleu) und -'1 Alle Vorbehalte und Verfü|K'un|;en der
Ue»«lischalten in Üegiementen oder Fraclilbriefen, diu-ch welche t^ie die Hatlhiarkeil ganz
oder theilweise ablehnen, siind bi« zum Erlasse des bezQglichen Bnnde^esetzes dem
Runde^rathe zur Genehmigung vorzulegen und fallw dabin, sobald der Buodesrath Ihnen
dieselbe versagU
AI» erste Folge des neuen EiaenbahngesetEM wurde vermittjelat Botschaft
vom 10. Juti 1873 der BundesTMraammlnng ein Schema Tormelegfc und begrttndel,
welches filr die Zukunft als Norm für neue KoDm$asionen ZU betrachten «ei und
das sieh thunliclist au die b'-tehendcn Konzessionen an.schloß. Pie auf daa
Transport- und Tarifweüen bezugiichun Artikel dieser ^Normalkunzession" niud
die folgenden :
Art. 13. Das niindc>l<Mts drei Monate vor der Betriebser'jlTnung dem Bundei^ratbe
vorzule^'ende Transportrej/leirM-nf - 11 nicht vctr aii';'_'<"^pM'f!iencr Genehmigung in Vollzug
gesetzt werden. Jede Aendeiuui. dcs-elbcn uiiti'iUei:l cbcnfaUs der Zustimmung des
Bundesrathes.
Art. ITi. Die Ge-^elNchaft wird ermächtigt, fOr den Transport von Personen Ta.ven
bis auf den Betrag folgender AnsSlze zu beziehen : lu der ersten Wagenklasse 10 Rp.,
in der zweiten Wagenkla>-c 7 Rp.. in der dritten Wagenklasse 5 Wp. per Kilometer der
Bahnlänge. Die Taxen für die mit VVaareoziigen beförderten Tersoneu sollen um mindestens
20 7<* niedriger ^.'estelll werden. POr Kinder unter drei Jahren, sofern fflr solche kein
besonderer Silzplatz beansprucht wird, i<t nichts, fflr solche zwischen dem dritten und
dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen ^^'agenklasso^ zu
zalüen. 10 kp de« Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden
im IVr-i"i<'ii\\ :iL.''-n uiitiTgcbrach? wciilen kann. Vili das ülc i/c lU-i- nei-enden
kann eine Taxe von höchstens 2';» Rp. per 50 kg und per Kiloineler bezogen werden.
Fflr Hin- und RAckfahrt am gleichen oder folgenden Taire smd die Personontaxen
riiind'^'i ii-- :}0 . uietlriger anzusetzen al- ffir einfache \ind rinm.ili;.'»' Fahrten. Für
Abouneificüt-tdllete zu einer iniadeälcnä zwölfmaligea Benutzung der gleichen Bahn-
strecke für Hin- und Rückfahrt wShrend drei Monaten wird die Gesellsebaft einen
weitern RaS.iiI I>l•\^ illi-«'n.
Art. IG. Anne, welche als solche durcii Zeuguiii zustüntiiger IJehürde sich für die
Fahrt Icgitimircii. -ind zur Hälfte der Pei-sonentaxe zu befSrdeni. Auf Anordnung eid-
genössischer oder kautiiiialer Poli/.i i~l. !1t-:i -ind rus.'h .\rrf"'.tantpn mit lior Fisenbahn zu
spediren. Ein vom Buiulesrathe nacii Auliörung der bethedigten Kantone und der Ge-
i»ellschaften zu erlassendes I^eglement w ird die Delailbestunmungen fiber den Ttensport
der Annen und der Arrestanten enthalten.
Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügen «lürfen Taxen bis auf den
Betrag folgender Ansfttze bezogen werden: Per Stück und per Kiloirieter für: Pferde.
Haulthiere und über ein Jahr alte Fohlen Ifi Rp.; Stiere, Ochsen. Kühe, Rinder, Esel
und kleine Pohlen 8 Rp.; Kalber, Schweine, Sch;ife, Ziegen und Hunde 3 Rp. Fflr die
Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 *> zu erm.ätiigen.
Art. lö, Waaren sind nach Klassen zu laxircn. wovon die höchste nicht über
0,8 Rp., die niedrigste nicht Über u,5 Rp. per 50 kg und per Kilometer betragen aolL
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Tftrifwesen der Eisen baiineo
2öb
Tarifwese(i üer EUenhaimeo
Eine (rnnze Wajreiiladunj; (d. h. iiiiiidestens ^MK» kü i»ler h Tonnen* hat j;e^'eriüljiT den
Sti rk-enihmgeii Anj>prucli aul' Hahatt. Die der I^.m Uvirtli-oliiitt und Industiit- li.iupt-
i^achiicii zudienenden Hohstofle, wie Kohlen, Holz, Kize. Ei^en, Salz, Sit uie. Uiinjjuug»-
inittel n. 8. w. in Wagenladungen «sollen möglichst niedrig (;>xirt werden. Fiir den TraDsport
von baareni Oelde und von Kostbarkeiten mit deklarirteni Werthe !?oll die Taxe >o be-
rechnet werden, daü ITir lütX) Fr. per Kilometer li'Vh-lpn> 1 llp. zu bezahlen ist. Wenn
Vieh und Waaren in Eilfrachl traiisi*orlirt weiden sollen. s.i darf die Taxe bir Vieli um
ttnd diejenif^e für Waareu um UX)" o de.< gewöhnlicheo Ansatzes erhöht werden.
Traglasten mit landwirthschafliirhen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Trä^'er,
wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzi.v;Ln lnai>| u lirt iiinl am Be
slimmun^ort sogleich wieder in Empfang genommeu werden, ^ind, !$o»eil sie diu» 6e-
wicht von 25 kg nicht übersteigen, frRchlfrei. Für da^ M«'hrg»'wirlit ist die Taxe mit
0,8 Rp. per 50 kg und per Kil<jiiio!ir zu bezahli-n. Die Goelix liall i>i l>t rt>t litigl. zu
be^linunen, daß VVaareuäeuduugeu bis auf kg Grewicbt sriela m EiUrachl beiordert
werden soUen. ebenso, für den Transport yon Fahrzeugen aller Art und aulSergew(ihn-
lichen Gegenständen Ta.xeu ii n !i < ip'> ticm Erme-sen leslzusetzi n. Das Minimum der
Transportlaxe eines einzelnen s^tucke^i kann auf io Hp. fe-t;;e>etzt wenlen.
Art. 19. Bei eintretenden Nothständen. insbesondere bei ungewöhnlicher Tlieuerang
der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport V'Ui Getn ide. Meld.
Häiseahrücbten, KartoAeln u. 6. w. zeitweise einen niedrigem öpeziailaril einzulViUren,
dcssan Bedingungen vom Bundesrafhe nach Anhörung der Bahnverwalttmg festgesetzt
. werden.
Art. SO. Bei Erhebung der Taxen werden Bruchtbeiie einva Kilomelen^ fiir einen
ganzen Kilometer gerechnet, Sendungen bis auf S5 kg für volle 3o kg. Da^ Hehrgewicht
will! bt iei'hnet l>ei Eilgut umi Hei.sendengepäck nacli Einlieiten von je ü kg. l»ei ge-
wölinlicUexu Gut von 25—50 kg für £5 kg und über 50 kg Uinau.s ebeufaii» nach je 5 kg,
wobei jeder Bruchtbeil von 5 kg fftr volle 5 gilt. Bei Geld» und lfVert)u«cndungen reprä»
senliren r?rurhf heile vmi Fr T,i¥\ volle Fr. ''<»(). Di,- Taxen sind jeweilen auf 5 Rp. ab-
zurunden, ao dalj Bruchtbeiie von 1—5 Hp. Iiir volle 5 Bp. gelten.
Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimiuun^'en beschlagen
bloß den Transport von Station zu Station. Die Waareu <ind von rien Aufgeliern an
die Slationsiadplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bu^timmungK^tation ab-
zuholen. Auf den Hauptstationen bat jedoch die Ge$eli!<chaft von «ich aus die gehörigoti
Einri> hliint:t''n für das Abholen und ilie Ablieferung der Güter im l)oinizil des Ailressaten
zu treffen. Das Auf* und Abiaden der Waaren i&t Sache der Gesellige liafl, und e« darf
eine besondere Taxe dafür In der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind
nur Ullier Zti-tiiumiiiij do- I'midesrathes zulä-sig für eiiui'hn- Klassen von Wagen-
ladungsgütern, für lebende Thiere und andere Gegeuätäude, dureu Verladung mit be-
sondem Sehwi^gkeiteo verbunden ist.
Art. !22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Reglemente
und Tarife aufzustellen.
Art. 23. Die sämmllichen durch diese Konzo:>sion goforderleu Tarife »ind miudeäleas
secb^ Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bunde^rathe zur
Genehmigung vorzulegen.
Art. 25. Sofern die Ge;$ellschatl eine gruadsälzliche Aenderaog der Tarife vorzu-
nehmen beabsichtigen sollte, so hat sie ihr daberiges Projekt sammt dem neuen Tarife
der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.
Im Laufe der iSeit erlitten diese Vor^^ lii iften nur ganz wenige At ii' I i untreu.
So wurde in Art, If^ die Taxe von auf i Kp. p^-r 50 kir uiH |m ]• Kiii>;ii 'ter
erhöht, sowie vorgeschrieben, daÜ das Utbcrgcwicht der landwirtk-chattiichen
Traglasten Uber 25 kg nBch dem Tarif für Waaren in gewöhnlicher Fracht zu
taxiren »ci. Endlich wurde die Berechtigung der Bahnen, Sendungen biä zu 2.') lig
in Eiliracbt zu spediren, geötrichen und in Art. 20 da.s Minimalgewicht jeder
Sendung (Eil- und gewöhnliches Frachtgut) auf 'JO kg reduzirt, bei einer Auf-
rundung de« Mehr;;> \vii;hte.s von je 10 zu 10 kg.
Für Bahnen, deren Steigungsverhültnisse das gewöliniiche ilaU über&chrciteu,
' tritt gegenüber den obigen Aneatzea eine den Steigungsverhältnissen angemessene
ErliObiing der Taxen ein.
Tarif wesen der EiaenlMihnen
— 25G —
Tarifwesen der Eisenbabnen
Dvrch die tietu- Biin>lt-svet-ta.s.suiit: voni Jj. Hai 14^74 wurde aodann dem
Bniule gnn/ allgemein das Hecht der £i8«itUihng«aetq^biuig «lerkannt, indem
der Art. 2»» derst lbeu lautet:
Art. 26. Die Gesetzgebung über den Bau und Beirieb der EisenbaijiRii i>l liuutie»-
sache.
Im folgenden Jahre wurde dann die schon im Eiaenbahngesetz vorgesehen©
bundesreclitliehe Ordmiiif^ der da.s Transportwesen betreffenden Reehtsverhfiltnibse
zwii^chen dem l'ublikum und den Traasportan^^taiten durch Erlaß des liundes*
geeetse« betreffSmd den Transport auf Eiseabafanen vom 20. HSrs 1875 getroffen.
Dieses GeMte konstatirt die allgemeine Verpflichtung der konzedirten Ei^^enbahnen«
den Transport von Personen und Gütern auszuführen, für direkte Abfertigung^
innerhalb der iixanzen Schweiz und mit dem Auslände zu sorgen, letzteres, soweit
die ausländischen Bahnverwaltangen hiezu bereitwillig oder gesetzlich verpflichtet
aind. Femer stellt es die Normen anf Uber die bei Benutzung der Bahn xu er-
fttlleoden Formalitäten, ttbeir die Form des Tranaportvertragaabschlnaiea, Uber die
Re<Ült6 Bud Pflichten der Bahnen als Frachtführer und des Pabliknms uls Transport-
geber tind speziell ni.rh über den Ersatz des Schadens, welcher dem Publikum
durch Verschulden der Bahu oder ihrer Organe beim Transportgeachät^ er-
wachsen kann.
In provisoriRoher Weiae wurde vom Bundesratli das Tranaportreglement der
schweizer. Eisenbahnen flir <len diicliten Verkehr vom 15. März 1862 als in
Kraft bestt heiid erklilrt, unter 'J. ui Vorbehalte t iiiiircr Abänderungen, bis da»
nf«Me, von Icn Haliiu-n dem Bundesrath vorzulegende Transportreplement aus-
gt^arbeitet war. Diese« neue Keglement, da« dem Betriebsreglement iür die deutschen
Bahnen vom Jahn» 1874 nachgebildet ist, soweit nicht gesetsliohe Yortfchriften
nnd bisherige Uebung Abwei' Inm^^en erforderten, trat am 1, Jnli 1876 mit
bundesräthlicher Genehmigung in Krait. IHesa^ Reglement, das zur Zeit noch
gültig ist, hat seither durch zehn Naclitrii^'e uikI verschiedene Bundesrathsbesrhlih'.p
vielfache Abandctungen und Ergänzungen erfahren, so daß die Neuauagabe in
niitht allzu langer Zeit erfolgen dttrfte. Das Transportreglement erstreckt sich
Aber alle einschligigen Terhältnisse des Transportes von Fotsoiwb, von Reise»
gopäck, von Letchettt von Fahrzeugen und au ß<irge wohnlichen Gegenständen, von
lebenden Thieren und von GUtern nnd enthält die flir die Abwicklung der \'er-
kehrsbeziehungen zwiüchen Publikum und Bahuunternehmung nütigeo Spezial-
Torschriften.
Personentarifwesen. Im Allgemeinen gilt im Personentarifwesen dio
Regel, daß der Reisende entspreeheod dem von ihm wirklich änrchfahrencn Weg^
seine Taxe zu bezjihlen hat. Dasselbe Prinzip findet aucli Hlr die Gei>nekabfertiijung
Afnv»*ndung. Jede Üahn liat die konzession.-ni;iL>ige Verplli* litniig, Hillete für ein-
maiijrf Befahrung einer Strecke und solche für Hin- und Küekfahrt auf derselben
Strecke anssttgeben (exkl. der Simplonbahn). Diese Retoarbillete gewMhren
gegenüber zwei Billeten einfacher Fahrt eine Ermäßigung von 20 — 30 */o« Ur-
sprünglich waren die Billete (dnfaeher Fiilirf nnr für den Tag ihrer Ausgabe»
diejenigen für Hin- und Rückfahrt ttieüwi ise nur ftir den Tag der Ausgabe,
theii weise noch für deu darauf folgenden Tag gültig, immer aber erlosch die
Gültigkeit mit Mittemacht des letzten GBltigkcitatages. Auf t. Januar 1886 trat
dann in dieser Hinsieht fUr die ganze Schweiz eine oinheitliche Regelung in
Kraft im iSinne der uachntehenden Bestimmungen :
a. Die Personenlnilete liir einfaclie Fahrt haben mit den nacli^leliend bezeichneten
Ausuahuien nur für den Tag ihrer Ausgabe Gültigkeit ; die Abgabe solcher Billete
darf daher in der Regel nur nach solchen Stationen erfolgen, welche noch am
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Tarifweseu der Ekeabalioen
— 257 —
Tarifwesen der Eistiiü'ahaea
gleichen Tajje (bis Mitternacht) erreicht werden können. Eine Aufnahme hievoa
machen die Biilel«' na« Ii Stationen, welche mehr als 200 km von «ler Ausgahe-
station entferat s'mdi diente Hdleto haben Gültigkeit för den Tag der Ausgabe
und bis Hittemneht des Tolgenden Tages.
b. N«b«n den einfachen Billelen werden, soweit das Bedftrfniß dafOr rorliegt, auch
direkte Billeto für Hin und Hackfahrl (Relourbülete) ausfegeben. Diese Billete
haben folgende (niltigkeit>«dauer :
Für Distanzen von t— 100 km 2 Tage,
m—2m , 3 .
201-300 , 4 ,
m » m 301 u. mehr • 5 .
Die Distanz wird nach der einfachen Entfernung von der Ausfrabe- zur Be-
-•fitiiiiiun^rs^tation gerorlnu t. Dit Tap i]cr Au>K';iht' ist al^- »TsfiT ^:ari/,<'r Tas; in
der Gültigkeitsdauer inbcgrilTen. Dieselbe erli.Hcht also um Milteruochl des darauf
folgenden ersten, bezw. zweiten, dritten, vierten Tages.
e. Hin- and Rflckfalu-t^billete, welche am Tage Tor Sonn- und Festtagen gelöst
werden, haben in allen Fi^Uen auch am närliHtfoIgendcn Werktage Gültigkeit.
Dies gilt auch dann, wenn ein Sonntag und ein FestLig unmittelbar aufeinander
folgen.
AN Fi -ttape gelten Neujahrstag, Charfreitag, Auffahrlstag und Christtag.
d. Wird ein einfaches Billet auf einen .Vachtzng gelöst, oder mit einem Retourbillete
die Rückreise mit einem Nachtzuge angetreten, oder wird innerhalb der Gültigkeits-
dauer des einfachen oder Retourbillets die Reise mit einem Nachtzuge fortgesetzt,
. ohne daß die Bestimmungsstation vor Mitternacht deä letzten Tages erreicht werden
kann, so ist das Rillet zur direkten und nnonterbrochenen Fortsetzung der Reise
über Mitternacht hinaus im bt'tix'ftViKl' ii Nachtzuge und in den anscbliefienden
Zügen gültig, welche die unmittelbare Fortsetzung desselben bilden.
Neben (\er\ ffp wohnlichen Rillet^n, deren Taxen im Allsrfnnf'inrn auf Grund
der konzeHsionsmälitigen Maximaltaxen berechnet werden, wozu auch die nach dem
Woitlaat einiger Konieanonen btt BefBrderang der Rdsenden mit GtltersQgen
aiu»igeb«Bden fiilleto zu ermißigten Preisen zu cKhlen sind, werden von den
meisten ediweis. Bahnen noch einige Serien von Spezialbilleten ausgegeben, näm-
lich: 1) Abonnementsbint-tc ; '2) (T.'seH^chafts- lunl Sclnilfalirtliilli-t« ; 3) Lust-
und iUmdlahrtbillete; 4) Sonntagsbillcte und Billete zum Besuche von Wocheu-
markten; 5) Arbeiterbillete.
Zur Auugabe von Aboniiement»biUeten zu reduzirten Taxen sind viele Ver-
waltungen dnreh ihi« Eonsesstonen Terpflicbtet. Bei diesen Abonnementebilleten
hat man in erster Linie swüchen Billeten auf den Inhaber (an portear) and
solchen auf den Namen einer oder mehrerer Personen lautend, zu unterscheiden.
Die erstem genießen immer einen geringem Rabatt als die letztern. Die Ab-
stufung der auf Falirtt n im Abonnement gewährten Ermäßigungen ist sehr ver-
schieden und varirt, abgesehen von dem bereits erwähnten Unterschiede, je nach
der Gttitigkeitedaner und tbeilweiae noch je naeb der LKnge des auf einmal ge-
kauften Abonnenx iits (Kilometermarken). Beispielsweise gelangen auf der «ohweix.
Ceniralbahn folgende Abonnements zur Ausgabe :
1) Inhaberkarten für 24 einfarh*« Fahrten, wiihrend 3 3Ionaten gültig, mit
5 **/o Rabatt auf der Hin- und Kiu kfithi tstaxe. 2) Persönliche Abonnements zur
beliebigen Benutzung aller fahrpianumliigeu Züge zwitschen zwei bestimmten
Stationett, bei einer Gttltigkeitsdaner von
3 Monaten mit bO^/o Rabatt auf der Taxe für 90 Retourbillete j
6 f, „ 60 „ „ „ „ ^ „ 1<S0 „
12 n „75„ , 360 „
Fvrar, Ton»wMluielMfla-L«lkoii der Schweis. 17
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Tarüweseu der tliaeübaUoen
Tarifwesen der Eisenhahoen
3) SchaierabonnementBkarleD mit einem Extraraliatt von 25 "^/o auf den snb 2
genannten Karten. An Sonntagen sind diet^e letztern Abonnements nngttltig: da-
gegen wird da» Jahr nur zu 300 Tagen berechnet.
Die sclnvciz. y<>rdostbalni bringt folgende Ahonneiiient*.liiIlete zur Aufgabe,
deren Rabatt nucli <\i*r Dintauz, auf welche alionnirt wiid, varirt:
1) Per."»öalicbe Abuuuement« für eine i'ersou und eine beNtiminte Strecke
bei 12 oder 30 Hin« und Httckfahrten in 3 Monaten. 2) rerbünliche Abonne-
menta fttr eine Person nnd eine beatimmte Btreeke bei 30, 90, 180 nnd 360
Hin- und RUckfiahrten in 1, 3, 6 oder 12 Honaten. 3) Pers&ntiche Abonnemente
für eine PtTnon zur Befahrung Je> ganzen Nctzos-. 4 ) Karten zur gotronnten
oder i^'ltnchzeiti^en Benutzung von eiiit r oder meiirereu i't-rsonen einer Firma
oder einer Familie, mit 33'/» '^/o Zufcblag gegenüber persüulicheo Ab»>nuement8.
ö) SchUlerabonnementa mit einem Extrarabatt von 33 '/a '^/o auf den anb 2 ge-
nannten Billeten.
Am wenigsten Verbreitung haben auf den Schweiz. Eisenbahnen bisher noch
die Eitometerabonnemenfs gefunden, welche im Auslände sich in kUraeüter Zeit
eine groüe Beliebtheit errungen haben.
Auf den wichtigeren achwdieriaohen Kornalbahn«D wurde in jllugister Zeit
ein gemeinsamer AbonnementsUuif eingeführt, laut welchem gegen Zahlung einer
je nach der Wagen klapse veiH6hied«mi Grnndtaxe Karten ausgefolgt werden,
welche w Miniul eines Jahre« sum Besag von Billeten zur halben tarifmäßigen
Taxe bt-reclitigen.
Für die Beförderaug von Geselbcbaften und Schulen besteht auf den uieiHieu
seh wein. Eisenbahnen mn gemeinsamer Tarif, datirt vom 1. Januar 1877, dessen
Erniitßigungen je nach der Theilnehmerzahl, der Länge der durehfahrenen Strecke
und der Kat< /rorie, zu welcher die Reisenden gehören, vaiiren. Die Eintheilung
und die Xaxgruudlage ist die folgende :
Für jeden der ersten 40 km Für jeden weitern km
Kinra(k< Fahr!
llia- B. F
Eisfitht Tslirt
Ilm- g.
lürkfahrt
Gtstllfichaflen :
KJaaue
U
UJ
II
II!
IJ
Ul
11
Ul
Theiinehmer 16—60
Rp.
6,5
4,5
9,5
7,0
5,0
3,5
7,5
5,0
61—120
«
6,0
4,0
9,0
6,5
4,5
3,5
6,5
5,0
121—180
6,5
4,0
8,0
6,0
4,0
3,0
6,0
4,5
Uber 180
II
5,0
3,5
7,5
5,5
4,0
3,0
5,5
4.0
l'i III' ttncliulen :
Theiluehmer hin 60
3,.')
2,5
5,0
3,5
2,5
2,0
3,5
2,5
, 61 — 120
a
a
3,0
2,0
4,5
3,5
2,5
1,5
3,5
2,5
. 121—180
•
3,0
2,0
4,0
3,0
2,5
1,5
8,0
2,5
über 180
«
2»5
2,0
4,0
3,0
2,0
1,5
3,0
2,0
Mittelscfiuhn :
Theiloehmer bis 60
4.5
3,0
6,5
4,5
3,5
2,'.
5>"
;;,5
, ü 1—120
l<
4.0
3,0
6,0
4,0
3,0
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4,5
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, 121—180
II
4.0
5,5
4,0
3,0
2,0
4,0
, über 160
w
3,5
2,5
5,0
3,5
2,6
2,0
4,0
2,6
Hochschulen i
Theilnehmer bis 60
n
.'),')
4,0
H,5
6,0
4,"
3,0
6,.',
4,5
, 61—120
0,0
4,0
7.5
5,5
4,0
3,0
6,0
4,0
, 121 — 180
5,0
3,5
7,0
5,0
4,0
2,5
5,5
4,0
, Uber 180
n
4,6
3,5
6,5
5,0
2,5
5,0
4,0
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Taiitwcsen der Eisenbuhnen
— 269 —
Tarif iresen d«r Eisenbahnen
Für Fahrten in L Wagenklasae werden die doppelten Taxen der Iii. Wagen-
isla^ne erhoben.
Von jeder der grüßern Bahtiverwaltungen werden verschiedene ein* and
mebTtSgige Lust- und Hnnd&brtbillete ausgegeben mit einem fiabatt Yon 85 bia
40 % gegenüber den normalen Taxen. Das gleiebe YerbXltniß besteht auch für
die SonntagH- und Marktbillete, welche dann aber nur von je eintägiger Gultigkeits-
daiKT nind. Die ErmfilSisrnncr der Taxen kann hier bis 8U "/o gegenüber den ge-
wöhnlichen Hin- und KUckfuhrt^billeten betragen. Sehr wenig ausgebildet «ind
■auf dem scbweiz. Eisenbahnnetze noch die sog. Arbeitcrbillete, welche den Ar*
beitem, die in großen Yerkehrszentren BeaobXftignng finden, wo die Wobnnnga-
verhältnime oft ^ehr ungünstige sind, die Möglichkeit gewähren grillen, in den
Vororten r.w Lillifren Preiwn Unterkunft zu finden. Bezügliche Tarife bestehen
2. Z. nur Itir dt n Vt-rkebr der Yen iuigten Schweizerbahnen, der ^ordostbahn,
der Gottbardbabn uini der J ura- Bern Luzcrn- Bahn.
Für die Beförderung von Armen und für Pulizeitransporte wurden vom
aehweia. finndesrath am 9. Jnli 1881 besondere Reglement« erlaaBeo, welefae für
«immklidie aohweis. Eiaenbahnen verbindlieb sind.
Maob den Yoraehriften der besttglioben Eonneaaionen dttrlm die meiaten
«chweiz. Buhnen folgende Maximaltaxen Air die Beförderung von Penonen und
(arepfiok erheben:
Fer.sonen Gepäck
Per Stunde I. Kl. 50 Bp. H. Kl. 35 Bp. III. Kl. *2b Bp, P. 100 kg 24 Bp.
„ Kilometer 10 „ 7 ^ 5 „ 6 r
bei Normalbahnen, dagegen bei Sekundär- und Bchmalnparbahiieu
per Kilometer 10 Rp. 7 Bp. 5 — 6 Bp.
Die Maximaltaxen der letztem Kategorie von Bahnen weihen aber ent-
«preebend den Ortlioben VerbKltniaaen vielfache Abweiobnng«t im Sinne der
JSrhehttng der Taxen auf.
Für einige Lokomotivbahnen, wie Borschaoh-Heiden Bahn, TJetlibergbahn,
Yitznau-Kigi-Bahn, die Linie Arth-Goldau, Kriens-Luzem-Bahn und Pilatusbahn,
sowie fllr die Drahtneilbahnen bestehen nicht tdlometriaohe SätzOt sondern ein»
heitliche Taxen t^ilr die ganze Tran8|>ortstrecke.
Wollten die Tarife genau nach den konzei»sionfimä£igeu Grandtaxeu gebildet
werden, ao wBrd« di« Erstellung deraelben lebr komplisirt und nnttbernditlich,
wie diea wirUidi bei mebreren Yerwaltnngen der. FaU ist. JHo ediwek. Aihnen
•erbeben thataSehliob die IblgMiden Taxen im Penonenverkehr (einfache Fahrt):
Hu«> LKL XLKl IILKL
eiDli«{( Bp. Bp. Bp.
Ver. Schweiterhahnen und Toggeabttxgerbahn . . Stunde 60 35 2.T
Wjüd-Rüli-Bahn km — ' 10 * 7,2
Rapperswyl-PflfBkon , — 13 8
jrortVo,H^//(j/ui exkl. die n;iclislcheiid ;.'fii;tiinteti Linien , _ 10»4 7,8. 5,8
Niederglatt-Oteltingen, Ziegeibrack£->äreb, Ularus-
Linthtbal , 10 7 5
Tößtfutlbahn , 8,i Ü
OtHtralbahn exkl. nach-stebcude Linien « 10,75 7,5 5,375
Basier Vwbindnngshahn T . , tO 14 10
A;irgaui!*che Südbahn , 10,4 7.3 5,2
VVuhlea-Bremgarten — 8,4 6
Emmenthalbahn , 16,7 11,7 8.3
Jura-Btm^lAUitm'Bah»*) exkl. naclisteh. 3 Linien Stunde 50 35 25
«
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Tarilweseu der Eisenbahnen
— 2GU —
Tarifwesen der ElsenLabuea
I. KL IL XL HL KL
•iniMit Jtp. Bp. Up.
Bern-Lazern km 11,44 8,03 5.72
Branigbahn: Rrienz-Alpnach . 20 lö 6
Alpnauh-Luzern , 10 7 5
Bödat^akn — 19 9
Jura neuc'hätelois ^ 18,76 9,9 7,3|^
SuÜ8e-0ccidentah-:^im jilvn . *J tienl- Versoix , Vaumar-
cus-Lnu<anne-Sl-Haiirice, Bussigny-Coppct . . , 10,41 7,3 5,3
Neuonstadt-Vaumarcus, Auvernier-Verri^res-Grenze , 11 8J& 6,5
Siuiplonlinie , 12 8 tt
CoMonfty -V.illorbes -Grejize, Lausanne - Freiburg-
B*»ni (Kte- Waadt und Bern), Brovethalbahn
iKt. Waadt) Stunde 50 35 25
Lausanne-Freiburg-Bcrn (Kt. Freibiirg) . . . . , 55 40 30
Broyothalbahn (Kt. Freiburg) fiO 40 30
Traversthalbahn km — 8,5 0,5
Bulle-Hoinont-Bahn Stunde 60 40 30
PoDt-Vallorbes-Bahn km ~ — 10
Ootthardhahn exU. nadistehende Linien .... , 10,416 7,291 5,208
Ersüel.l Bi I . t, GiabiaMO-TaTMiM , 18,228 12,761 9,114
Citdenazzo-Pino 10 7 5
App^neetterbohn , — 10,8 7,2
Ap]>' »:(}hr Straßftibtihn (SLGaSlim'QaiB) . . , , — 12 10
Landnuarl-Davo$-Bahn « 80 20 8
Frauenfad-Wyl'Bahn — 10 7
Wädmtweü'Evtmeddn-Sahn ^r.ln'^r.'cr.'ur ~ 7,3 5,2
Wdld'nburg'BahH km — 10,5 7
S''' >J"tIhahn — 10,5 7
JuKinties-Tramelan-Bahn , — 10,5 7
Laueanne-Echallcm-Bahn , — 12,G 8,6
K. hallens-Bercher , — 12,6 8,6
I't/Hts-Sagne-Chaux-ck- Fonds , — 10,5 7
Bir»igthalb(ihn , — 10 7
Lmgenthal-HuUuril-Bahn , — 10 7
Für die Beförderung des Gepäckes wird von den meihteu Bahnen 5 Rp. per
100 kg und Kilometer erhoben; Ausnahmen heetehen nur hei einigen Seknndkr-
and Sehmal'- purhiihiien, auf weichen (j Rp. per 100 kg und Kiloinetrr erhoben wird.
Zur \ • rn;l.<ichnng sollen hier noch die Taxen einiger NaohbarlSnder an'
irefiihrt wt^rdca: « » u
* L KL IL KL m. El.
1) Badische Staatsbahnen, Würitemb. Staats- P^nook»
bahnen, Bayrrifche Stnatsbahnen .... Pfennig 8 5,3 3,4 5,6
ZiL-chlatr tür Schnellzuge , 1,1 1,1 1,1
f) Eeich»- Eisenhahntn in Jsitsaß- Lothringen . 8 6 4 5
Zu«:rhlat; filr SchneUzftge 1 0,67 0,67
3) Ofstrrrrnhinihe SioaUbahnmf*)
Schnellzü^'B Kreuzer 4,5 3 1,5 2
Personenziige , 3 2 1 2
4) FTamnamhe 0»thahn Gts. I2,;?2 0,?4 6,77« ^^?,r^'i
h) Paris- JAfon-Mediterranee , 12,32 »,24 6,776 4,4352
6) liahetMche Bahnen:
SchnHhn-e „ 12.43 8,71 5,6r> 4,52
Personetiziige 11.30 7,91 5.09 4,52
*) I(u Laufe de.s Jahres IS'.Ni weiden die (iruiidtaxeu für die l^inien der frOherea
Gesellschaften der Suisse-orcidentale-Simplon-Bahn und der Jura - Bern -Luzcrn« Bahn
{w(kl. Brflnigbahii ' rinl.» Iii;, h iiif diejenigen der Jura-Bern-Luzern-Bahn rcduzirt.
•*) Zur Ik'rechnung der BilK tproise werden Z«inen gebildet für welche je dieselben
Fahrpreise gelten. Die Länirc di<'ser Zonen sind Iblgendermaßen feslgei.etzt : 1 50 km
zu je 10 km. M km ;^ti y- 15 km, 81—100 km zu je 20 km, 101—200 km zu je
25 kui, 2ul km und weder zu je 50 km.
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TarifwescD der Lbenbahneo
— 2G1 —
Tarif Wesen der EiscuLaliuen
Otttertarifwes«!!. Die regen Yericelinberieliungen, weldie swieoheii den
«inMinea Linien des sebweis. Hetses sieb anebildeten, erforderten von aicb aus
■eine möglichst einfache und einheitliche Beoi'dnung der Vorschriften Uber den
Transportdieni»t und eine einheitliclu" WaarenklaKgifikation. Die schwt'i?:. Bahnwn
hatten sich zu diesem Zwecke bereits im Jahre 18t>H auf solche einheitliche Vor-
scbrifteu geeinigt, welche am 15. Oktober 1863 in Kraft getreten waren. Nacb
^eaen Traaaportyondirilten und Waaronklaanflkation wurde der Tarif in folgende
JClaaBen getbeilt:
1) Eine Silgutklasse ; 2) drei Stüokgntklaasen 1» 8 und 3; 3)- drei Wagen.
iadungsk lassen A, B und C*
Der Kilgutklasse waren alle Sendungen iiberwie«en, welche mit rothen Fracht-
briefen zur Aufgabe gelaugten, ferner xämmtliche Waaren»endungen bis znm Ge-
wichte von 26 kg und endlich diejeiiigeu, deren deklarirter Werth mehr als
Sr. 3000 per 100 kg betrug. Zu dem Taxen der Stliokgutklaaseii 2 nnd 3, «owie
4er Waganladungaklaweu A, B und 0 wurden diejenige Gttter befördert^ welebe
■dnreb die Waarenklaseifikation diesen Klassen speziell sngewie.sen waren; die
übrigen nicht besonders in der Klassifikation namhaft jErem;icl)tt n Gi1tf»r waren
4er StUckgutkltt»*© 1 zngetheilt. Für die Anwendung der Wugenladungsklasse
war noch die Auflieferung eines bestimmten Ifinimalq^uantums, erst 4000, dann
epSter 5000 kg, Torgeeobrieben. Nicht alle Gttter waren wagenlad ungsföhig, d. b.
genossen bei Auflieferung in Mengen von wenigatena 4000 rv>\). öOOO kg eine
biüi^fre Taxe als Stilckgutsendungen. Die Taxen wMnlcii berechnet bei Hilgiit
im Minimum von 25 kg nnd bei Frachtgut von 50 kg nnd das Mehrgewicht von
5 zu 5 kg aufgerundet. Die zur Erbebung gelangende Minimaltaxe richtete sich
nach den Yoiachrilien der Konaeaeivnen der Anfgabebahn. Daa Auf- nnd Abladen
4er Eitgüterf der Guter der aämmtlicben Stttokgutklaeaen sowie der Wagenladungs-
klasse A wurde von der Bahnverwaltung auf eigene Kosten besorgt, wähffnd es
für die beiden Ubri^ren Wafj»*tilailunp'-kl:isHpn dem Versender nnd Em]ifanL'' r "blag,
resp. dafür der Bahnverwaltung bei Besorgung durch ihre Leute besondere Knt-
«cbkdigung geleiatet werden nufite (7 Rp. per 100 kg). Für Goter, welcbe zu
den Taxen der Wagenladungsklasaen B und C transportirt wurden, beans|trncbten
die Bahnverwaltungen eine Verkürzung der regleraentarischen Transportleistung
von l'iO km jum- Ta;,' auf 00 km. Tm Jahre" 1885 trat in ilcii obi':<'ii N'orscliriften
inisoferu ein*' AciKlcruiig ein, als <li i Zwang zur eilgulmüLiigeii Beiönlernng von
Sendungen bis zum Gewichte von 25 kg aufgehoben, das Minimulgewicht filr
Eilgut und Frachtgut auf 20 kg nomirt wurde und die Gewicbtaaufrnndung von
10 SU lO kg erfolgte. Gleiohaeitig wurde die Minimaltaxe einbeitlioh auf 40 Bp.
festgesetzt.
Im Jahr»» 1872 wurde dif Einheit des Schweiz. Tarifwef«*ps atifgehoben,
indem die hi'i U-u ost;<rhwi*izeris< |ii'ii Vf-rwaltunf^eii <!er Nurdc-ätKalin und df*r Ver.
fichweizerbahneu für ihren internen und direkten Verkehr die Taritvorscluitleu
und ElaseiAkalion der etlddeutschen Babne» aur EinfUbrung brachten« Das neue,
Am 1. Jnni 1872 in Kraft gesetzte Tarifsystem unterschied aicb von demjenigen
von 1863 im VVesentlicheu in folgenden Punkten:
Der nrur Tarif hatte statt d' r dr* i nur zwei StQckgutklassen (I und II),
•Wflchen (Ül- (iiUi'r durrh i\\ti \Vaarinkla^>i!ikfition /n!r**tbfilT wurden. An
•ijtelle der drei VVagenladungsklassen für Mcngt-n vüu 5UUU kg wurden fünf
Wugenladungsklassen geschatl'en, nümlich drei (A, B und C) fdr Güter, welche
in Mengen von 5000 kg per Wagen aufgeliefert wurden und durch die Waaren-
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Tarifweeen d«r Eisenbahnen
— 2C3 —
Tarifwesen der EisenLahneik
kla&sifikation einer dieser drei Klassen zugetheilt worden waren, und zwtA Klassen
(D und E) für Güter, welche in Mengen von 10.000 kg per Wagen znr Aiif^^abe
gelangten. Die Klasse D kam zur Anwendung für gewinne in der KlaMt^itikation
ihr «penell siigewieMne Guter der Klaaie C, die in Mengen von 10,000 kg per
Wagen aufgegeben wordaa; ferner fttr die Guter der Klasse E, wenn ne in
geringem Mengen ala 10,000, aber wenigatois in Qnantitfiten von öOOO kg per
Wagen zur Auflief^^rnng: j^relaTi^^tf-n Die Klasse E kam filr Güter in Sendungen
von 10,000 kg per Wagen, welche ihr in der Klassifikation sp'^ziell zugewiesen
wurden, zur Anwendung, FUr die auf Grund der Klajisen i> und E beförderten
Guter behielten sieh die Bahnverwaltungen besondere VemtBndigungen bezüglich
der Lieferfrist vor. Das Aof- und Abladen der Güter dieser beiden Klassen wurde
dem Versender bf/.w. riem Empfänger Überbund» ii. Dio im Juhre IHSii am Tarif<
System von 1M(5;5 vorgenommenen, oben aufgezählten wesentlirhon Aenderungen
hatten auch für das System von 1Ö72 Gültigkeit. Die Tarif Vorschriften und
Waarenklaenftkatiott von 1872 waren nicht aliein fttr den internen nnd direkten
Verkehr der ostschweizeriachen Bahnen unter sich maßgebend, sondern fanden
auch ausschließliche Anwendung für den Verkehr der ost<«chweizerischen Bahnen
mit den central- und westHchweizerifK'heu. Die Gültigkeitsbereich? der beiden
Tarifsysteme waren mit liezug auf den internen Verkehr folgendf i inußen begrenzt v
1) Turifsystem von IHOH: Centralhahn, Jnra-Hmi-Liizeni-Iiahn, BHdelibalin,
Emmenthalbahn, Suisse-OccidentÄle-Hiiupl"!!, Bulle- liomuiit- Hahn, TraverstlialtaUn.
2) Tarifuystem von 1872: Nordostbahn, Bötzbergbahii, Aargauinche SUd-
bahn, Wohlen-Bremgarten, Ver. Schweiserbahnen, Toggenburgerbahn, Rapperswyl*
PfMSkon, Wald-Bttti Bahn, Tȧthalbahn, Gottbardbahn, Borachach-Heideo-Bahn,
WMdensweil-Einsiedeln-Bahn, Appenzellerbahn.
Dabei ist noch daran zu erinnern, daß das Tarif^ystem von 1872 Tür den
direkten Verkehr der sub 1 genannten Bahnen mit denjenigen sab 2 ebenfella
zur Anwendnnff gelangte.
Durch (Uesen Duulibmus, der bobonders auf den central- und wcstschweize-
lisdhen linfon sowie an der Grenie der beiden Sjsteme sieh ftthlbar machte,
wurden bald ße«»trebnngen zur ementen yereinheitltchnng der Tari&ysteme wach-
gemfen Die daherigen mühsamen und langwierigen Verhandlungen, welche ini
Jahre 1870 erörtnet wurden, führten aber für einmal zu keinem Resultate. Zudem
trat dann bei den deut*«hün Nachbarbahnen ebenfalls eine Bewegung zur Neu-
beordnung der Tarif Verhältnisse ein, deren Kesultat wegen den vielfachen Kou*
kurrensverhititniiieen, in denen sie namentlich an den oatMhweiaerisehen Linien
standen, erst abgewartet werden mußte. Die in Aussicht ntf hetide Eröffnung der
Gotthardbahn nn 1 ilie IJierige wesentliche Vermehrung der intt ruatidnali ii Be-
ziehungen mit lugten dann die scbweiz. Hahnen snecessive zur Annahme des
deutschen HeformtarÜjtystems. Den Anfang machten die Nurdostbahn und die
Ver. Sobweizerbahnen sowie die Gottbardbahn im Jahre ihnen folgten im
Jahre 1883 die Centralhahn, die Jura-Bem-Luzem-Bahn und die Emmenthalbahn
und endlich im Jahre 18?^G, nachdem in der Zwischenzeit drei verschiedene Tarif-
systemo in der Schweiz gleichzeititj in Kraft bestanden hatten, noch die Gesell-
schaft der Suisse-Oocideutale-SimploQ nebät den von ihr betriebenen Bahnunter>
uehmungen nach.
Die ersten Reformgtttertarife enthielten folgende Klassen : 1) fiilstttckgutklasse
2) Fracht-StUckgutklassen 1 und 2; 3) allgemeine Wag^Iadangsklasseu A' Und B;
4} Spezialtarifklassen I, Ii und III.
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TurifWeaen derEnwnbfthneD
263
Tarifwcsen der Eiaenbahnen
Eilgut in Wagenladungen wird zu den doppelten Taxen der allgemdnen
WagenladiingHklassen taxirt, ohne Bttoksiclit darauf, ob das Gut in der Waaren-
klassilikafion einem Sppzialtarif zn<?ewie«pn «Ji-i oder nicht. IMe zweitf FrH»^)>t-
Stückguiklasse ist für diejenigen (jiiter in Mengen von weniger &U öOOu kg
bestimmt, welche dnrch die Waarenklasaifikation einem SpezialUiif zugetheilt
werden, die ertte Fraclit-StttokgntklaMe für alle andern Qttter in Einiebendnngen.
Die WagenladnngsgUter werden in vier Klassen eingetiheilt und je nachdem sie
in Mentren von wenigstens 5000 oder 10,000 kg per Frnr li(1»ii(>f ninl Wagen
aufgelielert werden, verschieden taxirt. Die W'naronklassifikation »Mitli ilt «lirjenifjen
Güter, welche bei Aufgabe von 1Ü,0Ü0 kg den Spezialtarifen I, il und 111 zu-
getheilt sind. Diese Guter werden bei Aufgabe in Ifengen von nur 5000 kg {»er
Wagen nach der Klasse A* tarifirt, und zwar ganz ohne RUck.sicht darauf, welcher
Spezialtarifklasse sie angehören. Alle übrigen in der WaarenklaHsilikation nicht
besonders benannten Güter jrehf^ren den allgemeinen Waf^pnhidnnj^sldasspn mi, utnl
zwar bei Auflieferung von üOOU kg per Wagen der Klasse A' und von 10,UU0 kg
der Elawe B. Der Znwinmenlad von Gutem veiachiedener TarifkkaBea (aho die
Bildung von Sammelladungen) wird ausdrflcklich geetattet, und hat jederseit die
für den Vernender günstigste Tarißrung einzutreten ; dagegen haben die Bahn-
Verwaltungen sich Husilrneklich das Roelit f^f^wahrt, Zuladungen vornfhmpn 711
dürfen, wenn der \ crtieiider weder den Laderaum, noch die Tragfähigkeit des
W^ens gaoz ausgeutttst hat. Güter, welche im Verhältnis zu ihrem Gewicht
einen außergewöhnlich großen Raum fUr die Verladung beanspmdien, sogenannte
„sperrige Güter'*, werden bei Aufgabe in Einzelsendungen nach dem anderthalbfachen
wirklii'li' ii Gi wichr, li- i Anfpabr in Wagetilndmip ir dagegen auf Gnm l des einfachen
wirklichen Gewichtes, luiudentens abe;- für .)000 kg, mit wenigen Ausnahmen nach
den Taxen des Spezialtarifes III taritirt. Der Auf- und Ablad der Eilgüter, der
FrachtstHckgUter sowie der Wagenladungsguter der allgemdnen Klassen wird von
den Bahnen unentgeltlich besorgt, derjenige der WagenladungKgllter der Spexialtarif"
klassen liegt dagegen dem Versender resp. dem Empfa'nger ob. Die Güter der
Spezialtarif kla^tsen werden, niit Attsnahmt' der in einem bt^-nr.dern Vi rzcichniß
namhaft gemachte», alle in unbedeckten Wagen betördert, und hat der Versender,
sofern er gedeckte Beförderung wttiudit, entweder 10 ®/o Fraohtaaschlag sn ent-
richten (bei Stellung eines gedeckten Wagei») oder die reglementarische Decken-
miethe au bezahlen (bei Verwendung von offenen Wagen mit von der Bahn«
verw«ltiiii(» i?tdieferten Decken). BonütTit di r \'«m scridt i ei::» iii' Decken, so werden
ihm dieselben frachtfrei zurUckgeliefert, dair' L'i 11 ^nt '!t r Hiiiiahrt wi^ dip Waare
taxirt. Das Minimalgewicht betrug erst fiir Eiigui 20, für l'iachtgut öi) kg, und
fiind die Aofrundung dca Mehrgewichtes von 5 su S kg statt, zudem wurden
äämmtliche Sendungen von 25 kg und weniger ohne weiters als JBilgut befördert.
Die Miuimaltaxe war im direkten Verkehr auf -lU Kp., im internen dagt'gen mit
wenijren Ausnahmen auf 25 Rp. per Sendung fes^ti^esetzt. Spater wurde der
Ellgutzwang aufgehoben, da-n Minimalgewicht allgemein auf 2U kg lixirt, das
Uebergewicht von je 10 au 10 kg aufgerundet und die Mtnimaltaxe überall auf
40 Bp. erhöht.
Dieses Tarifsystem, wie es vorstehend skizzirt wurde, unterscheidet sieh nur
wenig Vom diMitsehen Ret" irrnirütertarif. Die Hrttiptrthwrirhniig besteht in der
Bildung einer zweiten StUckgutklaAse. Im Laute der Zeit wurden aber durch die
apeiielleii Schweiz. Yerbttltnisse noch weitere Abweichungen nöthig, so die Er-
weitemng der zweiten Stttokgutklasse durch Zuweisung der landwirthschaftliehen
Produkte, welche bei Aufgabe in Wagenladungen den allgemeinen Klassen zu-
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TarifwesttDd«: Eisenbahnen — 264 — Taxifwesen der Eisenbahnen
gehören, wie Wein, Käsß etc. Ferner wni^e die Klasse A" für Güter der KÜmmt-
liclu'u Spezialtarife In i Aiif|tral)e in Mengen von 5000 kg gctln ilt, ^;o daß fUr
jeden Spczialtarif eino Alif liciliing für öOOÜ und „6" filr 10,000 kg ent-
htaud, mit jt entsprechend ubgCNtuftt-n Taxen.
Neben den Yürschriften und der Güteikltt*s«itikatiou für die Nornialtarile
bestehen fttr den Schweix. Gttterrerkehr noch eine Reihe allgemeiner Ausnahme-
tarife und Keglemente, die theilweise als Ergänzung der Tarif Vorschriften nnd
Gttrerklassitikation angeschen werden mUs-sen. Die wichtigsten davon Kind:
1) Der Aui^n.ilimetarif Nr. 1 für den Trausport von Bier in fäiisern als
Stückgut uiul Wa^enladuTiL' von 5'>00 kg.
2) Der Ausnalmiötarif Nr. 'A für den Transport von Lebensmitteln als Stück-
gut und VV agenladuogeu vüd 5000 und 10,000 kg.
Diese beiden Ansnahmetarife sichern die Beförderung der betreffenden
Guter als Eilgut, ohne Verpflichtung für Einhaltung der entspredienden
Eilgnt-Lieferfristeu, zu ganz bedeutend ermäßigten Taxen zn.
3) Der Ausnahraetarif Nr, 4 für die Berirdi^rnng von Lwkomotivf ii, Tendern
und andern Fahrzeugen, die auf (Ut Bahn auf ihren eigenen Kadern laufen.
4) Der AuMtiahraetarif Nr. 5 für die Beförderung von unverpfirkteni Kä.se in
Wagenladungen. Durch diesen Auäuahinetarif wird die Gruudtaxe der
Klasse A schon bewilligt, wenn der Wagen nar mit 2500 kg beladen ist
oder Itti dieses Gewicht die Fracht bezahlt wird.
5) Der Ausnahinetarif Nr. 6 fUr den Transport von Getreide, HUlsonfirttehten
nnd Oflr-aaten in Wagenladungen vni 10,000 kg
6) Der Ansnahmetarif Nr. 7 fih- den Transport von riehiefertafeln und (jriÜeln
als StOckgat und Wagenladung von 5000 und 10,000 kg. Hiednrcb wird
das Gnt in den Spesialtarif II verwiesen.
7) Der Aasnahmetarif Nr. 8 für den Tran.sport von rohem Eis in Wagen-
ladungen von 10,0 )0 kg. Dtirch di'^sen Tarif wird die l ilgutmii faige Be-
förderung, ohne VwruÜiehtuni: zur Einhaltung der bezüglicheu Lieferfriaten,
SU reduzirtcn Taxen zugesagt,
8) Der Ansnahmetarif Nr. 9 fUr den Transport von landwirthsohaftliehen
Prodaktt>ii als Stückgut. Hiedurch werden B.tuinnÜ^M-. Bntter, Gemüse,
Ka.^taiiicn. Kü^e, g*^Iörrtes Obst, Most, Trauben und Wein ans der ersten
in^die zweite Stüokgutklasse verwiesen.
9) Der Ausuahmeturif Nr. 10 für den Transport vou Flüssigkeiten in Reservoir
und Cisternen wagen.
10) Der Ansnahmetarif Nr. 11 für den Transport von Heu und gewöhnlichem
rohen Stroh in Wagenladungen von 500<> kg
11) Der Au.sualinK'tarif Nr. Ii' fdr Im Transport von roher, ungemahlener
(jerberrinde (Borke) in Wagt-ulmlungcn von 5000 kg.
12) Der Auäiiahmetarif Nr. l '.i für den Transport von Gyps, Kalk und Cement
in Wagenladungen von 10,000 kg.
13) Der Ansnahnietarif Nr. 16 für den Transport tou Geld und fidelmetallen
in Eilfraelit.
14) Der Ansnahmetarif für den Ei^port von Holz aus der Schweiz in Wagen*
ladungen von 10,000 kg.
15) Der Ansnahmetarif fUr den Export von Papier ans der Sohweiz in Wagen-
ladungen von 5000 und 1 0,000 kg.
16) Das begulativ über die Gewfihrung von Taxerm&üiigungen ittr Ausstellungs-
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Tarifwresen der Eisenbahiieii
— 265 —
Tarifwesen der ^senlMihiieit
gtIteiistSade, wodurch für unverkauft gebliebene Gitter der freie Riiok-
transport von der Ausstellung augesichert wird.
17) Bio fiestimmungen über Norninljr''wichtsKtze unl Prub.'wägiingeü für dio
GewichttibeHtimmuog von Sendungen, welche auf Öiatiuneu ohne Geleise-
waage aufgegeben werden oder welche nach den Vorecbriften de« Trausport-
regleuientee aof Gmad eoldber Yorflohriften rafgegeben werden binnen.
18) Dae Reglement uud der Tarif betretfend den Bezng der Neben gebühren.
Dieser Tarif enthält dir Vorschriftt n und Taxen Uber die Aliwütjung dpr
Guter, Uber den Bezug von Lud-, Stand- und I^irerpr«*biilirtii, üher <lio
Wagenmiethc fUr die Besorgung der Schweiz. Zulituruialitateu durch das
Penonal der Eiaenbahnyerwaltungen anf den Grenzstationen, eto.
Anßer dicüen für den ganzen Bereich der Gültigkeit des Befornktarifea ge-
meinsamen und einheitlichen Ausnahmen von der, resp, Ergänzung zu der normalen
Taritirung der Guter bestehen noch viele einzehie, nach dem Bahngebiete ver-
schiedene Auanahmetarife, wie z. B. ftir Salz, für Milch beim Transport im
Abonnement, für Steine, Sand, Mergel und Thon, Steinkohlen, Wein (bei den
wcetsohweixeriachen Bahnen), Torf, fttr den Camionnagedienst eto. Sofern es sich
nur um Transporte eines Gute8 zwischen zwei oder wenigen bestimmten Punkten
handelt, werden in der Kegf 1 nicht Atisnnhmetarife er^t. 11t, sondern Ausnahme-
taxen, oder es wird da« Gut zuerst in gewöhnlicher Weise taxirt und dann auf
dem KUckeratattuugnwcge ein Theil der bezogenen Taxe auf gestellte« Ansuchen
hin Bortlckgegeben (Ditaxe», Befactien).
Im (liitertarifwesen wird, im Gegensatz zum l'ersonentarifwesen, die Fracht
iiU.T die billif/ste Schweiz. Route liereclin'-t, nnil Mrit.f i.-< Am B;ibnen dann
freigotellt, das Gut über eine aii'itTL' liDutc zu traiisiK.rf irni, nur dirt' (iic der
kUrze>Un Route entsprechende Lieferfrist nicht überschritten werden. Zur Regelung
der dahtfigen KonkorrenzrerhSlbiiase haben die grttßern sohweic. Bahnen exkl.
der €rotthardbahn sich zu einer Yereinigong znsammengethan, der „Union com-
merciale". In den Fällen, wo zwischen zwei Punkten nicht nur eine Schweiz.
Transportliuie in Fraire kommt, sondern auch eine anriere, welche ganz oder
theilweiäo im Auslande liegt, und wenn dietio billiger i«t als die erstere, so werden
die FrachtsStse dieser letztem ganz oder theilweise anf die Schweiz. Boote ttber>
nomtnen. Den an der Instradirongsroiite rUoktiegenden Stationen werden dabei
nicht dieselben Ta.\en gewährt wie den weiter abliegenden, sondern höhere, welche
der wirkliehen Konkurrenz oder, soweit nie billiger sein sollten, den intrinalen
Taxen über die Schweiz. Linie entsprechen, in Fallen, wo es sieh um eine von
den Bahnen ohne nachweisbare Konkurrenz ausläudischer Konten bewilligte Tax-
redaktion handelt, hat dagegen in der Regel die rednzirte Taxe auf den sämmt«
lioheo Verbindungslinien ho weit rüokzuwirken , bis die normalen FrachtHütze
niedriger sind als der bewilliirte Ausnuhinesat/:. Da die Sehweiz in sehr starkem
Maß« von fast parallel di r (tri n/f sich hinziehenden ausländischen Bahnlinien
umgeben ist, so gewinnt die Heduktion der normalen Taxen infolge der erwähn-
ten Kooknrrenzhaltung eine sehr große Ausdehnung, sowohl im Schweiz., als
anch ganz besonders im internationalen Verkehr.
Soweit die Bahnvt rwaltuugen rhis Kefurnitarifsysteui nicht angenommen haben,
sind die Tarife in eint'ai h>t< r Weise den lokalen Verliiiltnissen entsprechend mit
zwei bis vier Klassen erstellt worden, meist unter Erhebung der kouzessiuns-
mäßigen Maximaltaxen.
Nach den Konzessionen sind die Bahnen berechtigt, die folgenden Maximal-
taxen per 100 kg einznheben :
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Tarif Wesen der Eisenbahnen
— 266 —
Tarifwesen der Eisenbahnen
Ki^ Bpk Bp.
Biel-GonTers-Soneeboz-Detsberir-Pnintrut>6ascl, ' )
Emnn.-Rfhali»aiiu Stande 14,00 10,00 —
VersoLx-Morges/j Muiges-Yvcrdun-Liuisanne,") Val-
lorbes • Grenze • Gossonay - Eclipens, ') Lausanne-
St-Maurice, *^ Yv. r Inn Vauraiircus, *) Broyethal-
balin*) (Kt. VVaaJii, B*;rn-Biel-Neut'nstadt, Basel-
nlt.ii-WöscIiau, Olten-Luzern, Olfen-Bern-Thun,
, Bern-Thöri>li iii^.Hi i zogenbuchsee-Sf)lotljnrn F?ip|,
ülten- SuluUiui u - LvÜ, Pratleln - Schwcizerhalle,
WBechau-Aarau . '. , 16,00 8.00 5,00
Lavisannt)-FreiburK-B< ni • i ( Kle. Waadt u. Fi ediurg) , 16,00 8,0, 7,0 6A 5,0
Aargauische Södhahn iKt«-. Aarguu und Schwyz),
Bot/horgbaho, Winlerthur-Koblenz (Kt. Aargan). » 16^00 10,00 . —
Suhr-Aarau
Gümügen-Luzern , 19,20 12.00 —
Aarau - Zürich, Turgi - Koblenz, Zürich - Winlerthur*
Romanshom , K<Uli^tunz•Kot^allshorn-R^rschal-h,
Winterthur-SchafTbausen, Ofrlikon-BOlach-Diels-
dorf, Zürich-Zu-ff-Ltizern. Zürich-Glarus ') (Kte.
Zürich, Schwyz u. Glaruüj, Winterthur-Kohlenz *)
(Kt. Zaricb). Baden -xNlederglatt (Ki Aargau),
Wilii.rthur-SinKen-Konstanz'MKf. Ziricb), Winter-
Ihur-Siageo-Kouälanz (Kte. Schairhuuseii u. Thur-
gauK Sulgen-BiMrhofszell, Effiretikon • Huivpil, ')
Win'i i lliiir-H'>rs<-bach (Kte. Ziirit-h un^l TImi L';iit\
Happerswvl-Walliiielleu, Gotlhardbuhn (Kantone
Lttzern, Zag, ScbwTZ und Uri), WSdensweil-Ein-
^i-iMii , SOpOO 10,00 —
Brovethal-L<)ngitudinall>ahn [Kt. Freiburg), Pruulrut»
Delle, i.Tß-mseheU 90,00 20,00 1S,00
Rnllt-l;uinr,nf 2t,00 -Jo.iX) —
W intorllaii -Baunia, Baunia-Wald , SO.OO 16,00 —
Basier Verbindungsbahn , 32.(K) l(i,00 10,00
Brovelhal Transver;>albahn (Kt. Frcibur;:) . . . , 4<MH) 20,()0
Genf-Versoix km 3,20 2,0, 1,8 1.«, l.i
Vetriires-Grense-Neuehiltel-Neuenstadt, NeuchAtel-
Vauniarcus 3,0ü 1,8, 1,6 1,4, 1,0
TraviM>fhall)alin , 3,t)0 1,80 1,00
Simplonbahii ^ 4,00 2,00 l,fß
LangenUial - Hullwil - Bahn, Aapp'auische SQdbahn
(Kte. Zug u. Luzern). Badcn-Xieder^Hatt (Kt. Zürich »,
Glariis-I.inthllial, Winlerthur-.<uhr-Zotingen . . , 4,00 2,00 1,00
Zürich-Glarus *) (Kt. Öl. Üailen), Cadenazzo-Pino . , 4,00 2,00 —
Wohlen-Bremgarten , 4,80 Ä,40 1,20
Bapper^wvl-Pfjimknn , 6,00 8,00 l.iO
Wold-Riiti, Locle-Ohaux-de-Foudä 6,48 3,34 1,62
Chaux-de-Fond^Neuehätel , 6,80 3,40 1,70
BfnlelilMhii , 7,00 3,60 —
Scfethalbalm , 8,00 4,00 3,00
Pont-Vallorbes: Stückgut, Streckentaxe .... . 9,60 6,60 —
Kxpeditioiisgebühr ... 30,00 30,00 —
Wagenladungen, Slreckentaxe . . « — 3,40 —
KxpeditioDsgebflhr .... — 90,00 —
Brit nz-MeirinK'en, f)iecbterHnatt-f,n/. rn .... , 1,00 2,00 1,00
Lklu^anne-£ehallenH, Ek^hallens-Bercher • 7,80 5,20 3,90
Appenzellerbahn, Meiringen-Diechtersniatt ... , 8^00 4,00 9,00
') i<itgu( Kt. lia^eiland lü Itj». — *i 5>cljw( iüfrweiu 6 Bp. — *> Steinkohlen und KobeUen 2,4W Kp,
plxt» i Fr. Zncfbla« p«r Wim«D. — *t St«itik«lil«it ud Boh«l««B e,U Bp. pim > Fr. Zuichtaf p«rW«i8«tu
— *) vtu Sieignngm. tod obw 2h «il«pr»e1u«4a Erhohniif .
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Tarifwesen der Eisenbabnea
— 267 —
TarifWeaen derEuenbabaea
M.M- EUrat Frachtgut
«><wii*n Maximom Miniinam
Up. Kp, Bp.
Wiililenburgerbulin, Üirsigthalbalin, Tavaiuies-Tra-
iiiohiii, Fraueiifeld*Wyl , Pbnts-Sagne-Chaux-de-
Fonds 8,00 4.00 3,00
St. Gallen-Gais lü.UO 5.00 i'.uO
Landquart-Davos 11,00 6.00 4,(X)
Genf-Veyricr, <;> nfer Schmalspurbahnen .... , — fi.OO 4»00
Arth liigi-Üahii, Kigi-Kaltbad-Scheidegg-Uiihn . . , — 30,00 —
Bei einigen wenigen LokoBfeotiYbahnen wurden in den Konseanonen fixe
SKtse für den Transport dea Gutea ttber die ganxe Linie aufgeetelU, mit der
Vorfchrift, daß, sofern Zwiechenstationt n t iNtellt werden, die Taxen proportional
zu berechnen seien. Kh betrifft dies »Ii»- folgenden Unternehmungen: Roi-schach-
Ueiden-bahn, UetJibergbahn, Rigibahn, Kriemt-Luzern-Baho, PilatUHbabn. D&h-
aelbe Sjatem besteht auch für den Gttterrerkehr der Seilbahnen, welcher natnr«
gemäß nur ein aehr besebrinkter lein kann.
Die Tarife nach den Tari&ptemen von l>i<V.\ unl 1872 waren vielfach den
verschiedenen k<iiize-si(»n«niäßi^;»'ii M.i^imaltaxcn der ein/.flm i) Si-ktionen angepaßt,
80 dnß tiir ein und dieselbe (jesellhchaft mehrere Tarif banhne e.\i.Htirten (Jura-
Bern - Luzern ♦ Bahn 7, Suis»e-Occideiitale-Simpion ö). Theilweise wurden diese
Tarife nach dem StaffelHystem konatmirt, d. b. ea hatten Transporte auf größere
Distanzen eine geringere kilonietri»)i;he £inheit»taxe, bezogen auf die ganie dnroh-
laufeiie Län^e, zu bezahlen als solche auf kleinere Entfernungen.
ßt'i einzelnen Verwaltungen betraf der St^iltVl die sümiiitlichen Tarifklassen,
bei andern dagegen nur einzelne. Neben den mit der Traoaportätreoke waohi>on-
den Taxen worden noch auf einzelnen Linien für alle oder nor für einselne
Klaaaen dea Tarifea fixe ZnachlSge erhoben. Diese fixen Zoachlfige waren nicht
immer konatant, sondern wurden vielfach nur für Sendungen eingehoben, welche
nur eine kleinere Entfernung zurüi kzulegen hatten (12 Stunden), bei größeren
Entfernungen wurden dann liiese üxen Zuschläge ganz aufgelassen. In Folge
der Verschiedenheit der ost- und zentral-, resp. weatschweizerischen Tarifdysteme
lUr den internen Verkehr waren die Bahnen des Systems von 1863 gen6thigt,
für den direkten Verkehr mit der O^itsohweiz ihre internen Taxeri zu konibiniren,
um sie ilor Kiiitheilung des S^sti nT« von IhTu* <inzn;ias<5en , was dann natürlich
wieder vietlache Unreg^dniä RiL-^kciten in der Tahtiruug ergab.
Einheitliche Grundtuxea lur das ganze Netz einer un'l der^elWn G«»sf ll>( liaft
wurden erst durch das Ueforratarifa.yt»tem gei-cbaflen, und zwar nicht nur für ein
einxelnea Netz, sondern fUr eine ganze Gmppe von Linien. Anoh in Bezog auf
die Koßere Hildungsweise der Taxen trat mit Kinfühntng des Reformtarifsystema
eine ganz bedeutende Aenderung ein, indem die Transporttaxen ganz allgemein
aus zwei Theilen zusammen ^"^etzt wunlen, nämlich aus dem von der Transport-
Strecke abhängigen und ihr pr<>iK>rtionalen Theile, der Streekentaxe, und dem von
der Traosportstrecke nnabhiiugigen fixen Zneohlago, der llxpcditionsgebtthr. Im
internen Verkehr filr Dintanaen bi« zn 30 km Botfemong wird in Abweichung
dea vorstehend Gksagten die Expedition>;gebUhr abgestoft in der Weise, daß fUr
die ersten 20 km mir in fivev Iinir!itheil derselben erhoben wird, welcher
allraäiig bis zum .io, Ivilometer j>rop*jrti«»iial der Entfernung wächst, bis bei der
letztern Grenze das Maximum erreicht wird. Bis zuiu Jahre Iböi) war diese
Orenze einheitlich (Ur sXmmtliohe Reformtarif bahnen auf 30 km festgesetzt nnd
wurde dann vom Bundesrathc fiir alle Bahnen, ansschließlich der Nordostbahn,
aof 40 km vorgerttckt. Die KxpeditionagebUhren werden im direkten Verkehr
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TariftraM» der Eisenbahtien
— 266 —
Tiurirweseii der Eisenbahnen
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Taritweseo der EiäCDbabaea
— 209 —
Tarifweson der Eisenbahnea
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Tahfwesen derEiseobaboea
270 —
Tarifvresen der £iseiibahn«ii
nur einmal berechnet, »juii zwar je hälftig voq der Au%«iüe- und der Empfangs
bahn. Im Trausitserkebr Uher eine Bahu wird nur die Streekentaxe berechnet, so-
fern Aufgabe- und ESmpfangsbahn «ohweizerisohe Babnen tdnd. Im Verkehr mit
dem AuKland kommen die vollen ExpeditiontigebUhren zur Einrccbnoog. Von der
vorstehend geschilderten Konstruktion «ler Taxen <lfs K 'fornitarifsystcms machten
nur (liL> ersten Tarife der ostschweizcnsclu'n Bahm-n vom Jalirc lh>S'J eine Au8-
nabine, indem diu Strei'keutuxeu riuch iiacli dem Statfekystem konntruirt waren
und die Ezpeditiolugebiihren theilwei«e wenigstens dafür fehlten. Diese Tarife
nmfiten aber im Jahre 1883 durch reine kilometrische Tarife ersetzt werden.
Die in den Jahren 1883/84 erstellten Tarife hatten im Wesentlichen diet«elbeu
Grundtaxen, wie die z. Z. in Kraft bestehenden, mit Ausnalimc der Strcckcntaxen
fttr Eilgut und Stückgut, welche um 0,1 reep. 0,05 Ct». hüber waren. Auf
Ende 1889 war sodann wieder eine Umarbeitong der Tarife nach dem Keform-
ayatem nothwendig« am der erweiterten Abatnfnng der Bxpeditionagehttbren und
der Bedilktioo der ExpedituHisgebUbren fUr Eilgut Beohnung so tragen, und
liegf'Ti den neuen Tarift^n diu folgeudcn Taxek-mente zn (rnmde , wobei zn be-
acbtt-n ifit, daß hei einer Reihe von Jialuien die be.stehen<ieii Srheinataven auf
Grund von Tarit kilometern zur Anwendung gelaagtai, deren BiidungsweLse an-
merkongsweiee aufgeführt ist. (Die Taxen «ind in Bap])en per 100 kg angegeben.)
Siebe die Tabellen auf Seiten 2(i8 — t>V>.
Es gehören zur Zeit 95,« "/o der bchweiz. Lokornotivbahnen dem Reformtarif-
uystem an uml nur 4,2 haben eigene Tarifklassitikationen, welche meist von
einander ganz verschieden sind und bich mit Bezug aut die Taxen den kouzei^^iona-
mißigen Haximaltaxen anadiließen. Ea aind dies die folgenden Bahnen : Uetli-
bergtMhn, Rigibabn, Rigi-Ealtbad-iMMidegg-Bahn, Arth^Kigi-Bahn, Pilatoabahn,
Siiens-Luzern^Bahn, Genero^obuhn, Birsigthalbahn, Waldcnburgerbabn, Tavannes-
Tramelan, Lausanne-Echallenn, Ectinllenü-Bercher, Genf-Yeyrier, Genfer Schmal-
spurbahnen, Eisenbahn Viege-Zermatt.
Im Verkehr mit auttländ ischen Bahnverwaltungen werden die
beidaeitigen Tranaportreglemente, Tarifroradiriften und Gttterklasaifikationen kom-
binirt, um ein einheitliches System zu erhalten, das von demjenigen für den
iatemen Verkehr der beiden Länder möglichst weni^' aliweieht lYu-s \>t der Fall
fWr den Verkehr mit Deutschland, Oesterreieh-Üniraru, Belgien und den Nieder-
landen. Im Verkehr mit Italien gelten im Wesentlichen die iuteroen \ orschriften
jedea Landes dieweita und jenneita der achweiceiieeh-italieniachen Orense. Mit
Frankreich bestehen wegen der großen Veradiiedenheit der beidaeitigen Tarif-
systeme keine direkten Klassentarife, sondern nur Reexpeditionstarife bis und ab
den Grenzpunkten, welrhe den jeweilijrcn internen Vorschriften unterworfen sind.
Wau die Taxen anbetritlt, so sind die^tdben im Allgemeinen im internationalen
Verkehr, aoweü das adiww. Gebiet in Frage kommt, gleich denjenigen dea inteni
aohweiz. Verkehre«. Abweiehungen finden nch nur, wo die Konkurrens fremder
Bahnverwaltungen Uber außerschweisorische Linien zur Gevrinnung des Verkehres
die Ermäßigung der internen Taxen erforderlich macht, sowie im Verkehr mit
Italien via Gotthard. Im schweizeriach-italienihchen Verkehr berechnet die Gott-
bardbahii für den ihre Linie transitirendeu Verkehr die Streckentaxen der
preußischen Staatabahnen, im Minimum 0,33 Cts. pro 100 kg und km, die
übrigen schweizeriselien Bahnen aber die normalen Grundtaxen, während im
deutsch-italienischen Verkehr von den siimmtlichen seiiweizeriscben Transitbalmon
die Strerkentaxen der preußischen Staatabahnen, im Aliuimum 0,3 Ct«. pro lüÜ kg
und km zur Verfügung geutelil werden.
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Tari/nesen der £kenl>abiiea 271 — Tarifwesca der Liä»aliahu«Q
larife für den Transport lebender Thtere. Die regleuieutarUcben Be-
atumnmigeii für deo Traosporfc lebender Thiere ettttieD «oh im Weeentiltehen auf
die §§ 53 — 6h det^ »chweiieriaohen Trausportregkments vum 1. Jali 1876«
re»p. seine« Nachtrages VI vom 1. Juni IbSS, sowie auf die bunde^rSthlichen
Polizeivorschriften ftSr den Thiertransport, ebfnfrill< vom 1 .Tiini IMH^S. Auf den
«^ämmtlichen schweizeriächen Normalbahnen und aut einem iheile der Sohmal-
i>pur bahnen besteht ein nnheitliohea Reglement und Tarif für den Thiertransport,
das folgende KUuBen nntefeehndet:
I. Slaese: Pferde, Manlthiere, größere (Uber 1 Jahr alte) Fohlen;
II. „ Stiere, Ochsen, KüIk-, UiiKlcr, Ivscl, kl» iuere Fohlen :
ni , Kälber, groiic (mthi uU ÖU kg wiegende) Schweine, Uunde;
i \ . „ Schute, kleinere Schweine, Ziegen.
Die Grnndtoxen variren je nach der Stttcksahl d«r Thiere derselben Klasse,
welohe snsammeu aufgegeben werden, und der Entfernung, welche der TniM«
port znrtlrklt'gt (Staffel tarifl ^^'erden die S.'n.luiiijcn in Eilfraoht befördert, so
tritt eint? Erhöhung von 40 o gegenüber den Tariltaxen ein.
Die alten Konzessionen der Buhnen enthalten meist <lie Vorschrift, daß vier
Elamen aufgestellt werden mttssen, die neueren verlangen dagegen nar drei Kimen.
Die Maximaltaxen neigen einige Schwankungen, doeh sind sie nicht so bedeotend,
wie bei den GUtem. Fttr den grOfiten Theil der sohweiaerisohen Eisenbahnen
betragen sie:
Klasse I U III JV
pro Stunde und Stück . . . . fip. 80 40 15 10
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pro Kilometer und Stttok • • * * { g 3
Dem Tarife f&r lebende Thiere liegen dagegen die folgenden Taxen an
Gntnde:
Taxen pro Kilometer in Rappen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Stück; Wagenlad 1
X. Kiaase
1 — 50 km
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10
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51 — 100 ,
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Einige Sohmalspnrbahnen haben besondere, den KonMssionsTorschriftcn genau
angepaßte Tarife, welche auf Wagenladungen mdst einen Babstt von 20 */s
gegenüber den Taxen fUr Einzelsendungen gewähren.
Tarife der ausländischen Bahnen. Was endlich die Tarifsystenie
und Taxen für den rrüterverkehr der NaehharlSnder anbetritft, so bestehen
dort z. Z. in großen Zügen die folgenden Verhaltnisi>e :
1) Aof den deutschen ^dinen gilt ebenlklb das RefermtaritHystem wie in
der Sehwais, aber mit einigen Abweiebnngen wesentUoher Katnr. So kennen die
deutschen Bahnen eine zweite StüokgutUasse eben so wenig wie diverse Klassen
für die Güter der Sp( zialtarifein Meniren von 5000 Kilogramm. Hievon macht
einzig die Spezialtarilklasse III eim^ Ausnahme, indem die ihr zugetheilten liUter
bei Aufgabe von 5000 kg nach den Frachtsätzen des Spezialtarifes II befördert
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Tarit'wesea der EUenbiUinen
— 272 —
Tiirifweseii der Eisenl)abnett
wwäsn. Dam Mangel «kr iwMtan Stil^qpttklBste Word« theilwebe dureh Stshaffang
Ton AaniahmetArifen fUr Stttokgllter abgdiolfen. Im Weitem liegt der Verlad
der «ämintlicheii Wageiilii<!tiiigsgUter aiif den dentschen Bahnen dem Versender
nntl KniplÜiigi r u\<. Au. Ii in dt-r (TÜt<'rkl;ij<sifikation bestehen verwchiedene wichtige
Abwt'irlmnp'ii ^wlNcbeu den deutschen uiiil Schweiz. Vorschriften, für Holz,
ObHt, SaJz etc. Für Holz des SpezialtarifeH 11 be»teht in Deut^chUud eiu uü-
gemeiner Aoeoahmetarif.
Die Grundtaxen der Gtttertarife der vier deutnchen Naohbarbalinen sind
in Pftitinig jiiii 100 Kiliogramra auf .Seitf "273 verzeichnet.
Neben den normalen Tarifen bestellen auf den deutschen Bahnen noch zcihl-
reiche AuenahmetarLfe, und wird vou denttelben in neucHter Zeit namentlich den
ExpoTttftrifea für firseugniaae der «inhetiuieoben Industrie die grSßte Anfmerk*
aunkeit geeobenkt.
2) Etwas abweichend vom deutschen Reformtarifttystem ist dm auf den
{Sstcrreichisrhen Hahnen (> xkl. Siidbabn) in Kraft bestehende Tanfayatem»
Diui«»eU)C unterHcheidet folgende Kia«sen:
Eilgut: gewöbniiohes £ilgut;
ermftfllgtes Eilgut (Lebonamittel und dem raaehen Verderben unter-
worfene Güter);
besonderH ermäßigtes £ilgttt (leere, gebraoebte EilgntembaUagen und
Gefäß.«V
Frachtgut; StUckgut Kla««e I (Nuimaik lasse);
« Klasse 11 ;
Wagenladnngklasse A fUr Mengen von 6000 kg;
„ B und (' fiir Mengen von 10,000 kg;
Spezialtarif klamme 1, 2 und Ii t'nr Mengen von 10,000 kg.
Die Zutheilung der Gäter zu den KWsen II, A, B, C, 1, 2 und '6 gettobiebt
dnreh die GttterklassifikAtioii. Sendungen der ElaiMn A — C and 1 — 3 im Oe-
wiobte von weniger als 6000 kg werden in der Regel der Klasse II augewieeen,
solche der Kla88en B, C, 1 nnd 2 in Mengen von wenigstens 5000 kg der
Klasse A. N'idit alle Gilter genießen bei Aufgabe in Qnantitfiten von 5000
oder 10,000 kg gegenüber Kinzeltienduiigen Ermäßigung, (iüter , welche im
Verhältniß zu dem von ihnen beanspruchten Laderaum ein geringes Gewicht
anfweieen, werden im Allgemeinen naoh der 1 V* faehen Taxe der Klasse I taxirt.
Der Anflad der Güter der Klassen A — C, 2 und a liegt den Versendern
ob, während die Bahnverwaltungon den AMa 1 f>äramtlicher Güter besorgen mit
Ausnahme derjenigen des Spczialtarifcs ;{ und der besonders im Tarif namhaft
gemachten. Die Taxberechnung erfolgt immer fUr eine Minimaldistanz vou
6 Kibnnetem. Neben den Normaltarifen bestehen nooh eine große Zahl von
Avsnabmetarifen sowohl fUr den allgemeine«! Verkehr als Mich speidell fttr den
Bxportverkehr.
Die Tarife df^r festen *iihi^chen Staatfbahnen t-ind nach dem Staffel 8yf<tem
konstruirt und zerfallen die Grundtaxen iu Streokensiitze und ExpeditionsgebUhreo,
hier Manipulationsgebtthren genannt.
8) GKnslieh abweiehend yon den yorstebenden awei Tarifigrstemen ist das-
jenige der i t n I i II i s c h e n Bahnen. Dasselbe besteht aus zwei verschiedenen,
nebeneinander bostt Ip ii len Theilen, <!« ni Normaltarif und den Spe/iali -rif n. Die
Normaltarife sind verhaltuißn>äßig einlach kuuhtruirt, haben ah'v wciuge Kla^sen
und ziumiich hohe Grundtaxeu, die Spt-zialtarife , deren es mehr aht 70 ver-
sehiedene gibt, weieen einen viel kompliiirtern Bau anf, gewähren sehr billige
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Turifirewn dM* EiMiabaluien
273 —
TarifvveseD der Eisenbalinen
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Tarif Wesen der Eiseobahneu — 2i4 — Telegrapii
Trauaporttaxen, verlangen abur dafür, dai> der Traimportgöber auf die Einhaltung
der reglem«iitari*di«n Lieferfrist yerndite und beatimmte Uebenebreitungen der-
»elbeil gestatte.
Der Xoriuultarif zerföUt in den Eilgnttarif mit einer Klasse und den Fracht-
guttarif mit H verschiedenen Klassen. Gr"'ßerc Mengen genießen gegenüber Einzel-
Hcndungen im Normalutrife keine Ermäßigung. Die Zuweisung der Güter in
di« einzelnen Klassen get»chieht durch die besondere ElaMtfikation. Der Auf-
ond Ablad der Güter aller Klauen wird in der Begel von der Bahnverwaltung
besorgt. Wird der Verlad dem Pabliknm ttberlaaeen, 80 tritt eine entepreeheode
Kürzung der festen Gebühr ein.
GüttM-, deren Gewicht pro m' weniger ah 150 — 200 kg beträgt, werden
aU (»purrig bezeichnet und erleiden dles<;lben einen Frachtsu^jchlag von 50 ^/o.
Der Normaltarif lerfdllt in Streekentaxen , welohe für jede Entfernung
proportional der durchlaufenen Strecke bleiben und in fe^te Gebühren.
Im Gegensatz zu den Normaltarifen sin l die Spezialtarife nach dem StatTel-
8y8tfm konstrnirt und gcwühri n in TJ Kntfernunghstufen bei Transporten auf
großen Distanzen ganz namhafte Taxreduktionen. Auch hei den Spezialtarifeu
wird neben den 8treekentazen vaat feate Gebfihr bezogen. Um eidi in den
Genuß der Spetialtarife lu eetseot ist nothwendig, daß das 6nt in einem gewiteen
Mioimalquantum zar Auflieferung gelange, das z\vii«chen 3 und 12 Tonnen varirt.
4) in ähiilieher Wei^^e, wio dii- Tarife 1er itcilieniHchen Bahnen, sind aneh
diejenigen der franxöhischen Bahnen kunstruirt. Ks tinden sich bei diesen ef eii-
fallti Normaltarife und eine grol^ Zahl von Spezialtarifeu. Bei der Paris- Lyon-
MtUdntecrbahn zerfallen die Normaltarife in den Eilguttarif und in 6 Fracht-
gnttarife (Serie 1 — 0). Fttr die Spezialtarife l.e>tehen noch 0 besondere Tax-
bareme (A-F). Die Klu.ssen der Normaltarife sind auf die ihnen zugewiesenen
Guter ohne (Tewieht>beilingung anwendbar, w^ährond die Spezialtarife 8) wohl
für Einzelsendungen aU uucli fur Wagenladungen Taxen enthalten. Zudem weisen
die Speaialtarife noob eine eebr grofie Zahl von Aasnahmefraehteatzen anf^
namentlich anch fttr den ExportTerkehr. Die Grundtaxen der Tarifberein«r der
Normal- und Spezialtarife zerfallen in Streckentaxen and fixe Gebühren. Die
er^^tern nehmen mit der Entfernung ranch ab, während die letztern konstant äind.
Die Tarife der ausläudiijcheu Bahnen für den Transport von lebenden
Ihieren weichen von dem aohweiseriachen in prinzipieller lliiuicht ganz bedeutend
ab. Wfthrend die deutschen Bahnen die Taxen nach dem Quadratinhalt der
Bodeufläche des verwendeten Wagens berechnen, erfolgt auf den ositrreichnchtit
Bahnen die Taxre>?hnnng nach dem gewöhnlichen Gütertarife auf Gnml von
Normalgewichten für die einzelnen Thierkategorien. Die il(ilh'}t<>''h(n IJahnen
tuxireit die lebenden Thiere nach verhchiedenen Khutsca auf Gruud der Stückzahl
in der Weise, daß die Einheitstaxen mit annehmender Stückzahl rasch &llen.
Auf den fr i,tii)si'<thm Bahnen ist ebenfitlb die Stückzahl (Ur die Tarifirnng
maßgebend, die Eiuheitsta.xen nehmen aber mit der Entfernung ah.
Tplppraph. (Mitgetheilt von der tit. Hchweizeri^ehen Telegraphen-
direktion.j Die ruäche Entwicklung der elektriiKihen TeUgrapheu in dep. um-
liegenden Staaten fid gerade in (tie Zmt, wo die neue ecbweizerkohe Bundes-
Organisation ihre ersten Erfolge aufzuweisen hatte und wo namentiich die
Zentralisation des Postwet^ens bereits ihren wohlthätigen Einfluß auf BLandel und
Verkeil) i rkennen ließ. Es lag daher nahe, daß die Vertreter des Schweizer-
volkes itelcü ileui roütdienttte auch die Erbtcliung von elektrischen Telegraphen
in's Auge faßten.
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Teleicraph
— 275 —
Telegrapb
In der That wurde nchon am 23. Dezember 1851 <'\n BundeH^esttx
^rlaKsen, welches liie (jruiiiiiagea tUr die er^te Erstellung und ÜrguiUHHtion teut-
setite, wubei nacli dem Beispiele der meisten auswärtigen Staaten da« Tele-
^rapbeoweseD zuai Staatsr^l erhoben warde, in der Meinung, daft dasselbe
nur unter einheitlicher, von aller Spekulation treier Oberleitung einer gesunden
und für die gesamnite Bevölkerung vortheilhaften Entwicklung fähig spj. Immer-
hin warde aber fUr besondere Fälle, wo <iie Erotellung von Telegraphen nur
einem bestimmten, besc^rftnkten Zwei^ dient, die Etrtheilnng Ton KonaessiQneii
Mvate od«r Gesellschaften vorgesehra.
Dieses Bandesgesetz bestimmte im ^^ i! rn die ersten Stammlinien des Tele-
gr«i'benTit!tze9 ) unJ b eauftragte den Bundcsiuth mit der Ausführung, der prnvisori-
schcn Dienstorganisation, Festsetzung der Taxen, ErUiii der Betriebsreglemente etc.
Der Buudesrath entledigte sich dieses Auftrages in der Weise, daß schon
im Frftbjahr ldö3 mit der Erstellung der Linien und der Instruktion der Beamten
l)egonnen werden konnte; im Laufe des Sommers lt<ö2 standen bereits einige
Linien und Bureanx ntm Betriebe bereit und am 5. Dezember des gleichen
Juhres wurde das luhtitul mit 34 Biireiuu dem öffentlichen Verkehr übergeben.
Diese Bureanx waren: Aarau, Airolo, Altstätt^u, Baden, Basel, Bellenz, Bern,
Biel, Bnrgdorf, Chauxdefonds, Cbur, Frauenfeld, Freiburg, Genf, Glarns, Hersogra-
-boohsee, Lausanne, Loole, Luzern, Neuchatel, Bagaz, BappMVWjl, Bheineek,
.Sicbter^^wü, St. Gallen, Sohatf hauten , Sohwyi, Solotbnrn, Spttgen, Usnaoh,
Vevey, Winterthur, Zofingen und Zürich.
Gleichzeitig wurden Unterhandlungen mit den aiigrriutjndeu Staaten über
den gegcuncitigen Anschluß der Telegraphen Ii nien gepüogen und es kamen im
Jahre 1852 besttgtiche Verträge mit Oesterreich and Frankreich, im Jahre 18ö3
■solche mit Sardinien und Baden zu Staude.
Die Organisation der Telegrapheuverwalt'nie:, wie ^ie im .liihre 1^52
vom Bundesrathe provisorisch te.stgi sotzt wurde, erlitt im Verlaufe der Zeit keine
wesentlichen Aeudeiuugeu. Der Buudesrutii behielt sich vor, die Hichtuugen
•der Linien und die Orte, wo Bureaux erstellt werden sollten, sn bestimmen and
die Telegrapheiilii amten zu wählen, Übertrug dagegen die unmittelbare Oberauf-
sicht über das Telegraphen weoeii dem Postdepartement, welchem zur Besorgung
der bezüglichen Geschäfte ein Direktor der Telegraphenverwaltung mit dem
nöthigeii Hülfspersonal beigegeben wurde. Einer Werkstätte wurde die Be-
schaffung und Reparatur der Apparate, Batterien, etc. ttbertragen. Das Tele-
4;raphennets wurde in 4 Kreise eingetheilt, nimlidi:
I. Kreis: Kantone Genf, Waadt, Wallis, Freiburg und Neuenburg
II. , „ Bern, Sulothurn, Basel, Aargau, Lusern, Schwya
und ünterwaUlea.
III. „ „ Zürich, Zug, Schaffhausen, Thurgau, St. Gallen,
Appenaell und Glame.
IV. „ , üri, Graubttnden und Tessiu.
An >U-r 8[-itze jedes Krei>r^ stand ein Inspektor (mit Sitz in Lausanne,
2oiingen [von Oktober iüb'.^ au in Bern], St. Gallen und Bellenz), dem innert
') a. von Rheineck (Iber St. Gallen. Frauenfeld, Winlertbur, Zürich, Aarau, Bern,
Lausanne nach Genf, mit Zweiglinien von St. Gallen naeii Herisau, von Wintertbur
nach Schaflliausen, von Herzogenbuchsee nacli ."~!(dolliurn, von Murten nach Freiburg,
von Murten nach Neueoburij:, Chaux-de-Fonda und Locle, von Lausanne nach Vivis;
b. von ZOrieh Ober BeUinzona nach Cfaiasso, mit Zweiglfnien nach Glarus und
Chur, und von Bellinzona naeh Locarno ;
e. von Basel über Zutiiigaa und Luzern zur Verbindung mit der Linie Zürieh Beilinzoua.
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Telegraph
— 276 —
Telegrapb
»einem Gebiete der Bau uud Unterhalt der Linien, die b'eberwacbung des-
DieiMtflS, die BedurongafBlining und die Vonchlige Ar die Beamtenwahlen ob-
logen. — Der Telegraphendienst war mit dem Poatdienete vereinigt und nur ia
den bedeutendem Ortschaften wnrflen den PoHtbeamten noch besomlere Tele-
graphistcn heigegeben. — Die Ueberwachung des Beoiiaungs- und loTentarwe^Qt
wurde von der Ober-Postkontrole besorgt.
In Folge der raaolien nnd gnna nnerwnrteten Entwioklong des Inatitate-
nnßte dieee Orgnniiintion noihwendig einige Aenderungen erlmden. Vorent
wurde die Werkstätte, den ii Lieferungen flir die Verwaltung nachgerade nur
mehr » inen kleinen Tht il ihvtr Aufträgt' bibl^>t^ n im Jalire 1 HfJO von der Trlc-
grapheiiverwaltnng abgetrennt und als bebondertM Institut dem Finanzdepartemeut
zugetheilt, von wo aie endlich mit Aofaug 1865 in PrivatfaÜDde überging. Ai>
deren Steile wurde bei der Telegraphendireiction ein Hiateriattmreou errichtet^
welches den Verkehr mit den Lieferanten, Innpektionen und Bureanx in Besng
auf Apparate. Batterien, Linienmnterial etc. zu besorgen hat. — Ferner wurde
die Ueberwachung des Rechnunghwestus einem besondern Kontrnlbnrean Über-
tragen, welches nebenbei auch die Krledigung der Heklamatiuuea und eine Reihe
von etatiatisdicii Arbeit«! beeorgt. Die Zahl der InepeoHonekreise mußte voa
4 auf 6 vennebrt nnd apftter jedem Inspektor «n Adjnnkt beigegeben werden.
Die 6 Kreise sind, geraKß Bnnde^beschluß vom 17. Jali 186B:
I. Die Knntonu Genf, Waadt. Wallis und Fretburg, aragenommen den Sense- nnd
Scebezirk; Inspcktioiissilz in Lausanne.
II. St'nse- und Seebezirk des Kantons Freiburg mit der Stadt Freiburg, die Kantone
Nouenluirtr. Bern, mit Ausnahme der Amtsbezirke Münster, Oelsberg, Priiiilrut und
Lauten, tlif sololhuriiisclieu Aemler Bucheggberg, Kriegsletten und Solotburu-Leijorn;
]nspektions>itz in Horn.
III. Die berni»!beii Bezirke Münster, Oelsberg, Pruntrut und Laufen, die so\o-
tharnischen Aemler Bablhal. Dorneck-Thierslein und Olten-Gösgen, die Kantone Basel,
Aargau, Unterwablen imM Luzern, au.sgenommen die auf dem rechten Ufer des Vier»
waldst&tleniees und der Keuß gelegenen Landgemeinden; lospektionssitz in Ollen.
rV. Die reehtsnfrigen luzernisehen Landgemeinden, die Kantone Zürich, Zug, Schwyz,
Uri und SchalTliau-' M. mit Au-nalim-' dos Brziiks Sleiu a. Bh.; Iiispektiunssitz in Zürich,
V. Der sctuifl'hausiäche Bezirk äleiu a. iih.; die Kantone Thurgau, St. Qall^^
Appenzell und Olams; Inspektionssitz in St. Gallen.
VI. Die Kanton« Graubünden und Tessin. — Gem&B einer SpeaalverfOgung residirt.
der Inspektor iu Chur, äcto Adjunkt in Bellinzona.
Im Weiteren bedingte die Vermehrung dea Yerkebia, der Linien und Appa-
rate die Abtrennung einer Aniahl Bureaux von dem Poetdienate und tiberlianpt
gilt die Vereinigung mit dem letztern nnr noch als allgemeine Regel, von der
je nach Umstanden vielerorts abgewichen wird. — Daß endlich da.s Personal
der Zeutralverwaltung auch in der administrativen und technischen Ablheiluug
eine der Ausdehnung des Netzes nnd der Zunahme des Verkehrs entsprechende
Vermehrung erfohren mußte» ist MlbetveretindliclL
Wie siel) unter dieser Organisation die sohweiMrieolie Telegraphie entwickelte^
ergibt sich aus der angefl5gten Tabelle.
Da« L i n ie n b a n s y s t f m hat eine Reihe von Wandlungen durchgemacht.
Der bau der ersten Stammlinien, weiche sich ohne Aufnahme längs den Land-
«trafien hinzogen, erfulgte unter der Oberleitung eines auswirtigen Ftohmanne»
mittelst Stangen von in Fuß (.'>,4 m) Länge und 3 Zoll (9 cm) mittlerem.
Durchmesser, auf welche die großen, aber verhältnißmäßig schwachen Glas-Isola-
toren direkt atifgegipst waren. Ks wurde dnmit allcrdinfrs f-ine m?)gliehst rasche
nnd billige Erstelbiiig, jedoch ohue Hilcksicht auf die spatere Entwicklung des
Netzes und auf die Unterhaltungskosten, erzielt nnd es ließen in der That die>
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Telegraph
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Telegraph
naehthdligen Folgen dieser tbektigebnwlitfta Oekonomie niebt lange auf rieh
warten. Die Stangen vennooliten dem Zuge des Drahte«, den Einfluß y<m
Wind und Schnee nicht zu widerstehen; der Draht war vermöge seiner niedri«
gen Lnge allen möglichen Beschädigungen auHgesetzt nml die Iüol;it.>ren wnrden
in Folge des Öchwindeus und Aufqnellens des Uolzeü entweder luHgtiri»»ea «der
«ersprengt, ap d»6 die Linien aohon nach weuigen Monaten ihrem gänzlicben
VerÜRll entgegengiageD. Sehen im Laufe dee Jahres 1653 mußte dieses Ban-
«yetem anfgegeben werden und man ging dam m Stangen Ton 34 Fnß (7,2 m)
Länge nti ! 4 Zoll (12 cm) mittlerem DnrfhmpsKer Uber, an welchen die 7.war
kleinem, aber um so solidem Isolatoren nicht mehr direkt, sonderu mittelst
«ist^tüer Träger beiehtigt wurden.
Die allmllig» Yermehrung der Drihte Keß aber bald aaeh dieses Bau*
«ystem als unzureicheud erscheinen und die im Jahre 1855 aufgestellte neue
Instruktion Uber den Linienban setzte die Länge der Stangen anT '.\0 Fuß (9 m)
und deren mittleren Durchmesser uuf 5 Zoll (15 cm) fest. Der Tr.i^'er für den
obersten Draht wird von oben in das Mark der mit einer eisernen Zwinge ver-
sehenen Stange eingetrieben und für weitere Drihte worden gebogene eiswne
Triiger seitlieh in die Stange eingeaehraubt.
Dieses System hat hicIi im Wesentlichen bis auf den heutigen Tag erhalten,
bietet aber den Nai htheil, diili dir« Stangen, welche mit Aufnahme gewi<!ser
Berggegenden aus gewöhnlichem Tanneubolse waren, nach weuigüu Jaliren über
dem Boden abfaulten und dadurch erhebliche Reparatur- und Ersatzkosten ver-
uTsaobten. Dies flihrte «Aon im Jahre 1857 au dem YenMiohe, längs den Eisen-
bahnen, wo eine grOßere Erhebung der Drähte Uber dem Boden nicht geboten
war. eisernf Stanj^cn zn vprwpnd^»n nnd zwar vorerst mit Wiukelei>^'n, später
mit zylin'lri>«-hen, aas 2 oder 3 Stücken ztiHammengfsohraabten Köhren und
endlich mit konischen, in einem Stück gezogenen Höhren, welche Form sich
lange Zeit erhalten hat und noch jetzt vielfaeh längs den Bahnen sn sehen ist.
Im Gkoßen und Ganzen hat die Verwendung von Kiscnstangen ziemlich gUnstige
Ergebnisse geliefert; immerhin sind Anlage und ünfirhalt ziemlich theuer, die
Zahl der anzubringenden Drähte hesehränict und 1» ;i Bruch von Isolatoren starke
Stromverluste, resp. Dienstatörungeu unvermeidlich.
Femer wurden seit dam Jahre 1863 Versuehe mit imprägnirten, d. h.
mit KnpfSirvitrioUSsnng durohtrKnkten Holmtangsn gemacht und damit so gttnstige
Erü:'>hnm9e erüelt, daß diese Stangengattung schon seit einer Raihe Von Jahren
fiir NeucUilrttjen und »rröß^re Ki p ir ituren fast auHs^cliließlieh zur Verwendung
kommt. Nur in d«ü abgelegen- n B rg^egenden, wohin die Zufuhr solcher Staugen
sehr theuer zu stehen käme uud wo übjrdie^ iu der Kegel andere dauerhafte
Holzarten (Lärchen, Bergfthren, Kastanien) aar Verfügung stehen, wird eine
Auiiuahme gemaoht. Nach den bisher gemachten Erfahrungen lial en die impräg*
nirten Holzstangen eine Dauer von wenigsten^ !.') .Tahi on, ^rlllndad gewJ'hnliehe
Tannenstangen durchschnittlirsh nach ä Jahren rr-etzt werden mU>^spn. Kivilich
ist der Preis der erstem annähernd <lcr drcilache, so daii die BeschuH'nng unge-
fihr gleich hoch an stehen kommt; dagegen reduairen sich die Arbeitslöhne auf
^en dritten Theil and die Anlagen sind weit weniger Störungen ausgesetat.
Die imprägnirten Stangen werden je nach den (»rtlichen Verhältnissen und
der zu gewärtigenden Drähtezahl. haupt.sächlirh in Längen von H'/j, H und
10 m, ausnahmsweise wolil auch von 12, 14 und 16 m verwtubt und die
Montirung der Drähte erfolgt in der oben für die 30 langen Stangen angegebenen
Weise. Die Stangen werden 1 — V/t m tief in den Boden eingegraben! mit
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Telegraph
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Telegraph:
Stdbwii Itefearigt ond bei atBrkera Winkeln noch mit Ankerdrilhten oder impritg*
Birten Holzstützen verschen. Boi sehr großer Driilitezalil kommen Doppel*
Stangen (je 2 etwa 1 m aui^einanderstebende, unter sich durch 4^aerhtflxer oder
i:aBeubtäbe verbundene Stangen) zur Anwendung.
Ah IsoUtoren wurden anfunghch, wie schon ang^eatet, große, direkt
auf die Stangen anfgesetato Glasglocken verwendet« die rieb aber als nnzweck'
mäßig erwiet^ien und daher schon im Jahre I8ö3 durch kleinere aber HoHdere,
mittt Ist Eisenträger an den Stangen befestigte Glasglocken crst-tzt wurden. Da^
diese aber immer noch ziemlinh hrnchig waren, ^m^ man im Laute der sechsziger
Jahre allmälig zu den auch im Au^iande last ullgfiucin gebräuchlichen Forzellan-
ieolatoren Uber, welche je nach Umstünden in einfaoher oder DoppeUGlockenforn»
anr Verwendung kommen. Diese iHolatoren sind im Innern mit einem Sohranben-
gang verselii n, mittrist welchem sie auf eine nm die Spitae des eisernen Trttgers
gewickelte Wergschicht geschrauKt werden
Ala LeituDgbmaterial diente in den eniten Jahren gewöhnlicher Eisen-
draht von 3 mm Onrchmesser, weloher aber für grSfiere Entfernungen nicht di»
genttgende LeitnngsfBbigkeit besaß nnd daher für Iftngere, namentlich inter-
nationale Leitungen durch solchen von 4 — 5 mm ersetzt wurde.
Um 'Ifii l>raht vor dem zu «chtiellfn Yerro^-tcji zu schlitzen, versuchte man
vorerst einen üidlarbunstrich und, als diesen Verfahren sich nicht bewährte,
das Tränken in heißem Oel, welches ziemlich gute Ergebnisse lieferte. Nach
und nach gelangte «her die Herstellung von galvanisirtem (verainktem) Draht
zu einer Vervollkommnung, welche die frühem Bedenken gegen denselben
(Sprödigkeit nnd Ii<>1h r Pr* is'i LTänalich beseitigte, so daii dieses Material nu»
auseclt ließliehe Verwcmlung tiii'lft.
Das Befestigen des Drahtes erfolgte während lauger Zeit durch 2— i^maiiges^
Umwickeln desselben um den Hals der Isolatoren. Dadurch wird der Draht
aber leicht brüchig und bei dickerem Draht ist dieses Verfahren ohnehin nicht
anwendbar, weßhalb in neuerer Zeit der Draht einfach an den Isolator angelegt
nnd mit dllnnem wfifhcra Bindedraht an dfin^elben befestigt wird.
Auch die Verbindung der einzelnen Drahtstucke unter sich hat eine wesent-
liche Aenderung erlahren. Sie erfolgte anfitngiieh mittelst messingener Klemm^
schrauben, die aber, namentlich bei nicht gana vollkommener Kmatruktion oder
unrichtiger Behandlung keinen gesicherten metallischen Kontakt bewirken und
lib'-rdifS leicht zn I>rnh( vir«'iik!i)n*ri'M Anlaß ccbcn, Narb einifr^n Vt-rsiichen
mit mehreren andt-ni System, ii wnd nun allgciiniii tim' Liitbung angewemlet,
in der Weise, daß die beiden Drahtenden rechtwinklig umgebogen, auf etwa
5 cm Uber einander geschoben, mit dUnnem Bindedraht fest umwickelt und daa-
Ganze mit SchnelUoth metalliHch verbunden wird. Die Klemmschrauben kommen,
nur noch bei provisorischen Verbindungen vorübergehend zur Anwendung.
f'ntertrdisr/ie Teleirrai>ln»!'.!init n hes»ehfn in der Schweiz mir ausnahmsweise
und auf kurze Strecken, wo die Anlage von Luftleitungen entweder unausführ-
bar oder auf die Daner nicht gesichert scheint, wie s. B. im Innern der Städte,
durch Eisenbahntunnels, bei Lawinensligen u. dgl. Die Kabellinien bieten aller-
dings den Vortheil, daß sie den Eindiisseu von Wind und Wetter, sowie den
Beschädigunfr^-n dnrch Lawinen, Baatii'I-t-- , MMthwillen etc. gar nioht oder
wenigstens in viel geringereiu Mui*« aiiBgesciiit sind und daher im Allgemeinen
eine größere Sicherheit bieten. Dem gegenüber bestehen aber auch gewichtige
Kachtheile in den sehr hohen Anlagekosten, in der Unsicherheit in Besug auf die
anfäoglich eintolegende Drähteaahl; in der Schwierigkeit, eintretende Störungen
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Tdegraph
(die ja durch Erdftrboitan, Einwirkang von Chemikalien, fttmospbilriache £nt>
ladungen etc. vorkommen können) zu finden und zu ht^hvn und in di-m Umstände,
daß eine Störung ^f^wtJhnlioh alle oder doch die Mehrzahl der Drähte filr längere
Zeit auikr Dienst setzt.
Darob die im Jahre 1852 mit den Kantonen abgeschlonBenen VerlrKg«
▼erpAiohteten sieh dieselben, die BräteUang der TelegrapbmiUDien iSogs den
Straßen und auf son^ttigem öffentUohem ESigenthnm nnenfgeltHch zu gefitatten
nnd dir.mdbcn durch das Stnißf'nptTr'OTial üherwachen und unterhaltt>n zu lassen.
Im gleichen Sinne liiutet die bmidcHrithlii liQ Verordnung vom 6. AugUtjt lbG2,
welche mit Bezug auf die Linien noch heute in Kraft besteht. En bleibt jedoch
tn bemerken, daß diesen Obliegenheiten nur in wenigen Kantonen nach*
gdcommen wird und die Terwaltnng daher größtentheil» aelbtit für den Unter*
halt zu sorgen hat.
Wa« die Linie liinc^s den Kisenbaiinen betrifft, m lio^t die Uebervruclitiug
und der hiuiende Uaterhalt den ßahugeiwlUchaften ob, wahrend die erste Er-
stellung nnd die größeren fieparaturen auf gemeinBobafUiohe Kosten fallen.
Diese VerfalQtnifi«e sind durch einen besonderen Vertrag geregelt.
Apparate. Der Morse'sche Drnrktehifraph, welcher von Anfang an
einj^efUhrt wurde, hat vermöge seiner Einfachheit und leichten Handhabung bis
atif den heutigen Tag seinen Vorrang behauptet und es ist derzeit nicht abzu-
t»ehen, daß er so bald verdrängt werde. Die im tianfe dar Zeit eingetretenen
Konstrnlctionsinderiiugen beschränken sich auf den Ersats de« das Bäderwerk
treibenden Gewichtes (hirch eine Feder (IS.'jt») und den Ersatz des die Schrifl-
zeichen in ein^n Papierstreifen eindriicki inlini Schreibstiften durch l in Farlr.'Mcli.'n
(iJüSbB), dessen Eunktionen viel wi iiiger Kraft erfordern und daher der iruhern
Lokalbatterien saramt Helalü nicht mehr bedürfen.
Die mehr oder weniger yeninglttckten Versnehe mit dem Wpp*schen Bechen*
apparatf dem M^fer^eehen Mutiipelapparal, sowie mit der Verwendung des
Indnktion.istromes mögen hier nur der Vi.ll-tündigk«?it wcg«in er'vHhut werden.
Seit dem Jahre 1H70 wurde nach vielfachen Vprsncheii auf eiticr Anzahl
von Leitungen der sogenannte Itahealrombtlricb eingeführt. Bei dieser Einrich-
tung geht ein kontinnirlicher Strom durch die Leitung und das Qeben der Zeichen
erfolgt dnreh die tTnterbrechnng desselben. Man erzielt dadurch den \'ortheil,
daß wnr eine gcmeüiBehaitliche Batterie (die aber auf die beiden Endpunkte ver-
theilt wird) nufgi st»^nt wpvdt^n muß und daher die Stnmistärke immer die gleiche
bleibt, ob nun diene oder jene Station spreche, während bei der gewöhuliehcn
Arbeitsstromeinrichtung jede Station ihre besondere Batterie hat und sieh in
Folge dessen leieht Differenven in der Stromstärke ergeben, die den guten Gang
dee Dienstes beeinträchtigen ,uen. liOider läßt sich dieses System nicht all-
gemein anwenden, weil dahei ilif (Jebertritf^nn*; der Zeichen auf Zweiglinien
komplizirte \'orri( htuugen ertordt-rt, Dehandiung und üeberwachung den
Beamten der kleinern Bureaux jiicht uuvertriiut werden darf. Ende l.^bö war
der Buhestrombetrieb auf 74 Leitangen mit 684 Apparaten eingeführt.
Die Leistungsfähigkeit des Mörse-Apparates ^»-i ht bis zu etwa 25 Tele-
grammen per Stunde; der Verkehr zwischen den bedeutendem Städt-n und mit
dem Auslande hob sich aber nach nnd nach rn viel höheren Zahlen ut)d da
es nicht angeht, immer wieder neue Drähte anzulegen, mußte filr diese Fälle
anf aehneller arbeitM^e A]^rate Bedacht genommen werden. Zu diesem Zwecke
wurde bereits im Jahre 1869 ein Versuch mit dem damala neuerfandenen
Xypendruoktelegraph von Hughes gemacht, welcher statt der beim Morse
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Telegraph
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Telegraph
gebrftachliohen konventionellen Sohriftseichen wirkliche Drnckbuchatabeu zu Papier
bringt und nngefthr die doppelte Zahl von Telegrammen au befördorn Tevmag,
als der Morse. AUeiu acino vortheilbafte Bedienung erfordert »in längere»
Studium und eine äußerst koniplizirte Konstruktion hat ziemlich häutig»' Stöningea
zur Folge, .so daß <leswn Anwendung auf die großeni VerkebrHpuakte beschrankt
bleibeu iuul>, um du mehr, dessen V'urthuile nur bei vollständiger Ausniitzuug
zur Geltung ]n>mmen. Ende 1888 standen 34 solcher Apparate im Betrieb.
Batterien. Die ersten in der Schweiz eingeführten Batterien bestanden
aus winzig kh inr-n DaniellVcben (Zink-Kui^fer-'^ Elemeuteu (neben denen als
Lokalbatterien allerdings größere Zink-Kohlcn- Kiemente verwendet wurden), die
sich bei der aUmäligen Vermehrung der Bureaax und Erstellung längerer Linien
als nnsnreiohend erwioBeii und Überdies für ihre Instandhaltang viel Mühe nnd
Kosten ▼erarsaditen, so daß sich die Beamten auf den m««ten Bureaus fast m^
mit der Batteriereinigung als mit dem Apparaten dienst an befassen hatten.
Dieselben wurden daher schon nach wenigen Jnhren atifgegeben und dtirch
größere Zink-Kohleu-Elemeute (mit Salzwasser oder verdiiiint^T Schwefelsäure)
ersetzt, welche, obgleich nicht konstant, durch ihre Billigkeit, eiuiachü Kou«
straktioa und Dauerhaftigkeit vollkommen befriedigen nnd noch heute auf den
Arbeitsstromlinieii fast allgemein im Gebrauohe stehen. Auf den Kuhestrom-
leitungi-n dagegen bidurftf^ es l^unstanter Batterien und man wählte hiefUr
Danieühche Elemeiite nach den Konstruktionen von Meidinger und lallaud. In
neucMtor Zeit kommen mehr und mehr die Elemente von Leclanch^ ^Zink- Kohlen
mit Brannsteinplatten und Salmktksala-FBllung) sur Terwendnng, welche bei
gleicher Stärke and Dauerhaftigkeit im Unterhalt viel einfacher nnd billiger sind.
Die Beschaffung der Apparate und Batterien erfolgt«, wie nchon angedeutet,
dnrch eine der Telegraphendirekti.in beigegebene Werkstätte, nachdem die eisten
Apparate als Muster vom- Auslande bezogen worden nnd ein»- Lieferungsaus-
schreibnng unter den echweiaerischen Mechanikern ohne Erfolg gt^hlieben war.
Diese WerkstStte besehrilnkte sich aber bald nicht mehr nur auf den Bedarf
der schweiserischen \'crwaltung, sondern tibernahm nach und nach auch grSßere
Liiferungen für das An-,Iaiid, sowie die Fabrikation von aiiderii elektrisohen
Ai)}iar8ten (Läntewcrke, clt'ktri^chel Uhren, Galvanometer etr^ und ilies fHhrte
zu Uebclständtjü und Diflereuisen, die »ich mit der Zeit so «eharf herausbildeten,
daß die WerkstStte mit dem 1. Januar 1660 Ton der Verwaltung abgetrennt
nnd dem Finanzdeparteim nte zugetheilt wurde. Aber auch unter dieser Ober-
leitnng kam es bald zu Mißhi lliLrktitpn nnd die Werkstätte ging dann auf dm
1. Januar l^r..') durch Verkaiil in Privathäiide Uber, so daß die ACrwaliuug
von da ab vollkommen freie Hand hatte, ihren Bedarf zu decken, \vu und wie
es ihr beliebte. Immerbin bezog .sie ihren Bedarf soweit als möglich nnd bis
auf den heutigen Tag von den inländischen Fabriken, die seitfaer da und dort
gegrihHlet wurden.
Bure an X. In Bezui: auf die 'IVIcc^ra; henbnreanx enthält das Bundesiresetz
vom 2H. Dezember lööl die Bt^^timulung, daß dieselben an denjenigen Orten
zu erstellen ueien, die sich vermöge der Wichtigkeit ihrer Uandelsverbältnistte
oder ihres Verkehrs oder durch ihre Bedeutung fttr staatliche Zwecke hiefttr
eignen nnd zu angemessenen Beiträgen sich verpflichten. Durch die auf dieser
Grundlage mit den Kantonen abgeschlossenen Vcrtrlifri' mußten sich die betrelFen-
den Gemeinden zur unentgelliichen Lieferung der nJiihii:. n Käumlichkeiten, sowie
xur Entrichtung eines je nach der Bevölkcrunghzuhl größeren oder geringereu
)Shrlichen Baarbeitragee mit einem Minimum von Fr. 200 verpflichten. Fttr
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Telegraph
die später erriobteten kleinem Bureaux wurde dieses Minimam cur Begel gemaoht,
ttbexdiea aber noch ein einmaliger Beitoag in Geld oder Stangen mm Ban und
Unterhalt der Linien gefordert (». bundesräthlicbe Verordnung vom i\. Augunt 1863).
FUr viele Ortschaften jedoch, welche in ik-r F*>lge das Bediirfiiiß nach diesem
Vprkehr»mittel tuhlteii. erschieni'n <iie erwähnten Leistungen zu schwer und der
Buiiilefiratb modidzirte daher im Jahre 1ÖG7 die genannte Veruiduung in dem
Sinne, daß das Hinimnm d«r jKhrliohen Beitrige Fr. 100 betragen solle, vw
dann auch eine ganz bedeutende Venuehrung der BurMOX Bor Folge hatte.
Etwas stabiler blieben die Leistungen für die sogenannten Privatburearx,
welche, obschnn dem allgemeinen Pnhlikum zu-^äni^lich, doch hauptHächlich nur
einem einzelnen Etablissement ^(iasthof, Bad, Fabrik etc.) dienen und somit
nicht ejgentlioh im Sffeotliohen Intereaae It^n. Fttr diese wird immer nooh
der frfilwre Hinimalbeitrag von Fr. 200, sowie die üebemahme der Ban- und
Unterbaltung-skosten der Linie beansprucht Der Inhaber kann dagegen das
Bureau nach Belieben das tranze Jahr «>der nur wKhrend eines Theils des«'elhen
offen halten. Ende 1888 betrug die Zahl iler kunitudirten rhvattelegrapben 3U7
mit 326,8 km Liuieulänge und 4t>G,G km Drahtlänge.
Fttr eine dritte Kat^rie von Bnreanx, die Eisenbahnteieffraphenbureauii,
wird in der Begel von den Gremeinden keinerlei Lei>t i l: rlangt, indem sich
die Verwaltnn«» ftir die den Babnge*fell';rhaften gewährte Dienst ver|i;iUiing; «lureh
eine für jedes aufgegebene Telegramm bezogene Znsrhlag^taxe von .'»U Ivp. deckt.
Jedoch steht es den Gemeinden frei, diese Zuschhigtnxe mittelst eines jährlichen
Beitrages von Fr. 100 absnUJsen.
In neuerer Zeit sind nun noch an Stelle von Telegraphenbnreaux sogenannte
Gemehide-Tclephonst'itionen errichtet worden, die «ich von entern nur dadurch
unterscheiden, daß die Telegramme telephoni^ch nn das nächstgeletrene Telegraphen-
bureau Ubermittelt rttep. von demselben emptaugon werden. Für diese Stationen
'haben die Gemdnden einen Bdtrag (gewShuHoh die Hilfte^ an die Linienhau-
kosten und die unentgeltüohe Dienatbesorgnng tu abernebmen, kennen dagegen
für jedes aufgegebene Telegramm eine Umitirte Zuschlagtaxe in eigenen Händen
beziehen.
Endlich besteben neben den eigentlichen Telegraphenbureaux, und zwar
namentlich auf Eisenbahnstationen, noch sogenannte Aufijabcbureaux, wo die
Telegramme gegen einen Taxzuschlag von 50 Rp. abgenommen und durch Boten
an das Telegraphenbureau der Ortschaft bestellt wer h n
In Bezog auf die Dienstseit zerfallen die Telegraphenbureaux in 4
Klassen, niinilich:
1) Bureaux mit ununterbrochenem Dienste;
8) Bureaux mit verlängertem Tagdienst (von Morgens 6/7 bis Abends
10/11 Uhr);
3) Bureaux mit vollem Tagdienst (von Morgens 7/8 bis Abends 9 Uhr);
4) Bureaux mit bf>''chränktem Tagdienst (Morgens 7/8 — 12, Nachmittags 2 — 6
und Abends b — H'/^ Uhr).
Einzelne Bureaux der vierten Kategorie, welche zeitweise (z. B. im Sommer)
einen bedeutendem Vericebr aufweisen, haben wKhrend dieser Zeit gegen an-
gemessene Vergütung vollen oder um 2 Stenden erweiterten Dienst zu mnrhea.
Abgegeben von den T'urf^anx mit nn unterbrochenem Dirrist luihen die von
'./e^-ondern Telegraphisten licdicntci: Bureaux (Haupt- nnd Sji<-7.ialliiir<-Hiix) einen
theiUveisen Nachtdienst, indem ein Licamter auf dem Bureau sehlüft und vom
Publikum mittelst einer gewöhnlichen Glocke, von den andern Bureaux mittelst
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TelegrapU
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Telegrajjli ^
euMs elektruoben Wecker« in den Dienst gemfeu werden kann. Aach die
kleineren Bnreanx »in«], 8oweit die Lokal- and PerRonalverhiltniMe es geetatteo»
mil Weckern für Im Nachtdienst versehen.
P»>r.sunul. In Bezug auf das l'prsonftl ist bereits mitgetheilt worden, daß
nach dem Bundt-fejjesetz vom J3. Dezember 1851 der Telugrupheodieuät den fost-
bMmten Übertragen und den letsterD nor in den bedeutendem Ortechaften noch
besondere Telegraphiaten beigegeben werden eollten. Dtsmgemiß wurden im
Frühjahr 1852 eine Anzahl Postbeamte nebst einer Anzahl Aspiranten auf be-
sond. Tf T(leicrn]ihistenstellen zu einem theorctisclu-u unl praktischen Lehrkurso
einbi ruttu, nach desncn Beendigung sie dann gröliteutheils mit der Einrichtung
der Bureaux und Instruktion der übrigen Postbeanitea verwendet wurden. Au»
der Vereinigung de« Dienetea mit der Post ergeben »tcb jedoch auf den großem
Bureaux von Anfang an Schwierigkeiten mancher Art, so daß bereits im Jahre
183.'{ 11 Buri'anx vom P«istdienhte aWiretreniit und Ite^nndcrn T«'N t;i aphisten mit
je einem Bureau Chet unterstellt wn irn mußteJi ^ llaupitini caux i. Im Verlaufe
der Zeit, als sich Linien, Apparate und Verkehr aliniiiiig vermehrten, zeigto
«eh das Bedllrfniß der Trennung vom Poetdienste aneh bei einer Anisahl von
Bureaux xweiteu Ranges, die dann von einem (t^päter bis auf 4) henonderen
Telegraphi.xten bedient wtinlen (Spezialbnrcau). Die übrigen Bureaux (Zwi-eben-
burL-anx^ hli- ben w^ihrcnil längerer Zeit obligat»»riseh mit d*"r Post \ ri lniuilen,
hin tiich auch hier ähnliche CebeUtände zeigteu, indem gewisse i'oätbeamte sich
Sur Erlernung des Telegraphendienstee ans irgend einrai Grunde nicht eigneten
oder denselben sonst nicht gerne ttbernahmen, n. s. w. Durch die Verordnung
vom 1. Män 1867 wurde daher die obligatorische Dienst Vereinigung aufgehoben,
in d'T Meinuncr, »biß lUf'^ell"^ iinm«'rb!n ah Regel 7,u betrui hteti und sich die
beiden Verwaituugea in jedem einzelnen Falle zu veibtanUigen haben. So blieb
tu bis auf den heutigen Tug.
Die Art der IhranbUduitg de* Personals ist mit einigen unwesentlichen •
Ifodifikationen von Anfang an die nämliche geblieben. Für die eigen!!!' li^-u
Telegraphisten (Beamte der Hau]»t- und Sp<^zialburcaux) werden je iiarli lle liirf-
niß durchschnittlirb alle 2 — 15 Jahre LelnkurHC angeordnet, zu welchen junge
Leute von lü — 2.'> Jahren, mit genügenden Vorkenntuisseji (Sekundarschulbildung
and Kenntniß wenigstens sweier LandesBprachen) und geeigneter KSrperkonsti-
tution sngelas^en werden. Der Lehiknro besteht gegenwärtig auK einer Lehr-
zeit von einem Jahre, wovon die erste Hälfte (ohne Bezahlung) mehr dem prak-
tischen, die /weite H'üfte mit einem Tafr^'^bbs von Fr. 2) mehr dem theoreti-
schen Unterricht gewi*ltuct ist. >iach Schluß diober Lehrzeit, welche auf den
Haupt» und Bpezialtelegraphenbnreaus stattfindet, werden die Asfiiranten xu eimm
gemeinschafklicheo ächlußkurse von 3 Wochen einberufen, an welchem Übrigen«
auch andere, mit dem praktischen Dienste vertraute Personen Theil nehmen
können und der 'iazri l>e-tiiiimt ist, il.i-^ utif den Bureaux fTclcrnte zu wi -.lerholen
und zu vervidlständigm. An ilieheu Schlußkurs anschließend folgt die Patent-
prüfung, deren betriedigendes Bestehen zur Bewerbung um freiwerdende Tele-
graphistenstellen berechtigt. In der Zwischenzeit kUnnen die Aspiranten je nach
ihren LeiHtnogen und nach Maßgabe de« Bedürfnisses als provisorische GebttUSen
verwendet werden
Seit fb m Jiiir - ISiJT wer'b'fi rn diesen Lehrkursen auch weihürhe Personen
zugelassen und ch wurde hievon naeii uno nach eiuäo uulfaü^eoder Gebrauch gemacht,
daß in neuester Zeit dem Andrang des weiblichen Personals, welches sich zu ge-
•wiemn Dienstverrichtungen nun einmal nicht eignet, £inhalt gethan werden mußte.
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Telegraph
— 2d3 —
Tele^niplt
Die SesciäuHg dieser Telegraphisten, welehe inibigfioli IV. 1000 — 1300
betrug, mußte mit der Vertheueniug dts Lebensunterhalte« nach aud nach auf
das gegenwärtige Maxirnnm von Kr. 3L'i>tt, welche^ abt-r or<t nach 1') DiL-iist-
jahren und bei gutem Verhalten erreieht wird, erhrdit werden. Die Chcl» der
Hauptbureanx erhalten eine Zulage bis ani Fr. öOü, so daß deren Maximal be^sol-
diuig Fr. 4000 betrügt.
Die Inatruktion der Beamten der kleinem Bureaux geht natürlich nicht sehr
weit, sondern besrlninikt >\>\\ mif das Cii licii uinl Kmpfnngen der Telegramme,
Reguliren der Apparate, Behandlung der Batterien, Rechuungs und Tarifwef«en.
Sie erfolgt entweder an Ort und Stelle durch einen patcntirten Telegraphihten,
weleher gleiehxeitig das Bureau einrichtet, oder auf einem nahegelegenen größeren
Bureau, in \s t h hem Falle der r.u instruirende Beamte eine entj<prechende VergtttQng
erhält. Die HiMildung dieser Zwigcheubureauxbeamten besteht gegenwärtig nwa:
1) einnn jahrlichen Fixum von Fr. 200 — 400 (je nach Dienstalter und
Leiijtungeu),
2) einer Provision von 10 Rp. fttr jedea Telegramm, worin daa Vertragen
bis auf einen Kibmeter Entfernung inbegriffen ist.
Hat da» Bureau vollen oder erweiterten Tagdienati 80 wird flberdiea eine
jfthrliehe Zulage vtn Fr. 120 i> |(> «usgerirhti f .
Auf den KiHeiibtiiutteiegrajthenbiireaux bezahlt <Ue Verwaltung keiuüu tixea
Gehalt, sondern lediglich eine Provision von 25 Rp. fllr jeden Telegramm.
Nebet den definitiv angestellten Beamten und den patcntirten Aspiranten
verfügt die Verwaltung noch Uber eine Anzahl provisorischer GehUlHnnen, welche
bei r'iiUlrfiiiß [ Arbeitsvermehrung, Kl■aukllt•it^^il].' ii. dgl.) vorübergehenil zum
Dieii-tr liei I' i^'czKiren werden können und mit rinmi Taggeld von Fr. 3. 50
entschädigt werden. Diesct» Institut wurde im Jahre 18G'J in s Leben gerufen,
namentlich zn dem Zwecke, dem Verkehrsandrauffe während der Fremdensaiiaon
begegnen zu können.
Für das Vertragen der ankommenden Telegramme sind auf den Haupt-
hiiri-.ui-v b-'sondere Bott>n ange.stellt, welchen auch da.« Rrinifjen der Lokale, der
Unterhalt der Batterien etc. obliegt. 8ie beziehen gegenwartig eine fixe Be-
soldung von Fr. 4»0 — 1200 und eine Provision von 5 Rp. fUr jedes Tertragene
Telegramm, womit sich die Gesammtbesoldung (at^eachen von der Dienstkleidung)
im Maxiraum auf Fr. 2100 »stellt.
Auf «Ich ■'i 'lhiiveuux hat der H*aiiite für die Vertragung rn sorgen und
zwar gegen cijiu Vergütung von l»i Up. für jedes zu vertragende Ttdegramm.
Auf den Zwischenbureaux und Kiaenbahntelegraphenbureaux ist die Ver-
tragungsgebllhr in den ProvisionMi inbeirriffen.
Für den Nachtdienst werden fulL-^-nde besondere Vergütungen ausgerichtet:
1) auf den Bureaux mit ununterbrochenem Dienat Fr. 2 fUr die ganze Kaoht
mit Dienstfreiheit filr den fo!p-ndon Tufr:
2) auf den übrigen Haupt- und 8pezialburt au.x Fr. i.» per Monat nebst einer
Vergütung von 60 Rp. bis 1 Fr. für jede wirkliche Dimstleistnng;
9) auf den Zwischenbureaux Fr. 1 — 2 für jede wirkliche Dienstleistung;
4) für das Vertragen der Telegramme (auf allen Bureaux) 50 Rp. bis auf 1 km.
Taxen. I)if Tplp/rraphentaxen haben im Verlaufe dtr Z<*it we.sentliche
Aenderungeo erlitten. Die provisorische Verordnung vom Jahre 1S52 setzte
dieselben fest wie folgt: Von 1 — 20 Worten Fr. 1, von 21—50 Worten Fr. 2,
Ton 51 — 100 Worten Fr. 3, welcher Tarif damals im Vergleich zu den aus-
wbtigen Verwaltungen ein finßerst niedriger war.
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Telegraph
— 284
Telegraph
Durdh den Bundeibeadilttß yom 16. DeBomber 1854 erlitt dieser Tarif nur
inBofern eine Aenderung, aU die Wortmhl fttr das einftohe Telegramm von 20
«nf 25 Worte erhöht wurde.
Sodann bestimmte ein Bundesbeschluß vom 22. Januar 1859 die Taxen
wie folgt: 1—20 Worte Fr. 1, 21— -30 Worte Fr. 1. 25, 31—40 Worte
Fr. 1. 50 u. 8. f. für jede Serie von 10 Worten 25 Rp. mehr.
Als aber im Jahre 1866 die belgische Verwaltung die Taxe für 20 Worte
auf 60 Bp. herabgesetzt hatte, fiel audi in der echweiterischen BundeAverMmm*
lung ein Antrag im gleichen Sinne und wurde in der That. trotz den Warnungen
dos Biindesrathes, unter i'.cm 17. Juli l^'HT mit Inkrafttreten auf 1. Junuar 18G8
zum Beschluß erhoben. i)ie Folgen liei^ii aber nicht auf sich warten; wenn
aich auch der Verkehr mehr uii^ verdoppelte, f^o sticken gleichzeitig diu Aungubei)
anf dne bedeniende HUhe, so daß die BedunngscrgebniMe ungünstige worden,
die 7erwaltttDg sieh nnr kümmerlich auf eigenen Fußen halten konnte und tit
Neuerungen und Verbesserungen keine Mittel verfügbar blieben. Dieser uner-
quickliche ZuNtanil danerte beinahe 10 Jnhre und erst mit dem 1. Oktober 187 7
trat ein neuen Gesetz in Kraft, welche» auf Grundlage des inzwitiühuD im Aus-
lände Tiel&ah eingelfihrten Worttarife Hasteetite : a. eine fixe Grnndtaze von 30 Rp. ,
b. eine Worttaxe ron 2V> Bp. (mit Anfrnndung auf Ö Rp.), welehe Taxen snr
Zeit noch in Kraft bestehen und bei welehen die Terwaltang oinen besoheidenen
Beingewinn erzielt.
Diftie Ta.tSnrlernnp gab auch Anlaß zur Beseitigung des Markensystems,
welehe.>« neit 1868 bei^tandeu und eine Reihe von Uebelstäuden ergeben hatte,
die sich unter den neuen Taxen noch vermehrten. Mit dem 1. Oktober 1886
wurde der Gebraneh der Telegraphenmarken eingestellt und die Baarsahlung
wieder eingeführt,
Verträge. Mit den Telegraphenverwaltungen des Auslandes Warden, wie
schon angegeben, bereits in den Jahren 1S52 mul IS.').*] Untprlian(llnnt»fn über
den gegenseitigen Anschluß dpr Tflegra|ihciilinieu geptiogen und bezügliche Ver-
träge abgeschlossen und es fulgteu dann im Laufe der Zeit verschiedene Ver-
«inbarongen zwisehen grSßern und kleinem Staatengruppe u i nameotlioh in Turin,
Bern und Friedrichshafen i, welche bereits die meisten europäischen Verwnltungdii
umfaßten, bis endlich im Jahre 18Gö der erste allgemeine internationale Tele-
gra|ihenvertrag zwischen 20 enropnisehen Staaten zu Stande kam Dieser Ver-
trag stellte einheitliche müüige 'ia.\.en und gleichtörmige Bestimmungen über die
Behandlang der Korrespondenzen fest und erfirente sich sehon in den nlehsten
Jahren des Beitritts mdirerer anßerenropKischen Staaten und Privatgesellsohaften«
Er wurde periodisch revidirt und zwar durch die Konferenaen von Wien I8t>8,
Korn 1872, St. Peter>l)nrg 1875, London 187'.» und Berlin 1885, bei welchen
Aiilä.sHen mehr und mehr auf Ermäßigung und Vereintachung der Taxen hinge-
arbeitet wurde und immer zahlreichere Beitritte ert'olgten, so daß dieser Vertrag
heute so siemlieh den ganien Brdkreis umfaßt.
Anf der Konferenx von Wien wurde unter dem Namen ^ Internationales
Bureau <h r TelcgraphcnverwaUiingen" ein Institut gesehaffen, wetehes die Auf-
gabe hat. den Y- rkehr zwiHchen den verschiedenen V«»rwaltungen zu vermitteln,
die Tarife zu entwerfen, zweifelhafte Vertragsartikel aufzuklären, eine allgemeine
Statistik aufzustellen, eine telegraphische Zeitschrift herauszugeben etc. Der
Sehweia wurde die Ehre an Theil, dieses Bureau bei sich zu organbtren und
es begann dasselbe seine ThStigkeit mit dem 1. Januar 1869. Die Kosten das-
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I
Telegraph — 2Ö5 — lelegraph
■dlben werden nach einer hiefür aofgestellteu Skala gemeinsohaftlich von den
sSnmtlioben Vertragiyefwaltnpgen beitritteD.
Nebst ilem allgemeinen TelegrapheikTertrag beKteben nocb Separatabkommen
zwiäcbeii il)-r Schweiz uud den angrenzenden Staaten« hauptaiUüiliich im Sinn»
weiterer Taxermäßij^ungen nnd Diensterlfichterungen.
Direktoren: Als provi^oriscber Dirigent des Telegraphen wesen» wurde
im Januar 1852 vom Post' und Baudepartement einberufen Herr Leo Baum-
gartner ^ Ton Altütätten, der aber schon auf 16. April 1858 zarttektrat. Ihm
folgte als erster definitiver Direktor Herr Professor Kar! BrHnmr, von Bern»
der dann im Juli 1807 einem Knf nach Wien folf^te und durch Herrn L<>u^>t
Curcitod, von Crissier (Waadt), bis anhin Kreisinapektor in Lausanne, ersetzt
wurde. Nach dessen Wahl zum IKrektor des intenationalen Bureau tvat im
Febmar 1869 an dessen SteUe Herr KaH LeiuU^ Ton Wallenstadt, Kreis-
inspektor in Lausanne und seit 1864 Adjnnkt des Direktors. Dieaitm folgte
nach dessen Wahl zum Direktor des interQationa1«»n Burean (an Stelle des zurück-
tretenden Hr. (Jurchod) im Juli 1<S72 lierr Atu/usl Frey, von Ölten, früher
Krebiuspektor in Bern und seit 1869 Direktionsadjunkt. Nach seiner Beftirderung
»um Direktor des internationalen Telegrsphenbureau, an Stelle dea im Jahre 187S
wieder in geine frtfhsire Stelle eingerückten und im Oktober 1889 verstorbenen
Hrn. Ciirchod ;;in^ die Direktion der schweizerischen Telegraphen im Februar
1890 uuf Hrn. I»r. Kothen über.
Entwicklung des Verkehrs. Ueber die alhnälige Entwicklung des
telegraphischen Verkehrs gibt folgende Statistik Auskunft. Dieselbe beginnt mit
dem Jahre 1863, da der Dienst ent im Deaember 1852 erOflnet wurde.
Eine zweite Statistik leigt den Ünteraohied in der Frequens des Telegraphen
in verschiedenen Staaten.
Znm Schlüsse möge noch bemerkt werden, daß di«» Eisenbahnverwaltungen
ZOT Regelung ihres Betriebsdienstes besondere Telegru|ihenleitungen benitzen^
welche aber meistens mit staatliohen Leitungen an den gleichen Stangeu ange-
bracht sind. Diese Leitungen werden fest anssohliefiUch dnroh Morse^Apparate
bedient; erst in neuester Zeit wird auch, namentlich bei Seknndärbahnen, daa
Telephon verwendet. Daß eine Anzahl von PfiVintelegruiihenf-tationen «ueh dem
öffentlichen Verkehr zugänglich sind, ist bereitt. ubeu erwähnt worden. In
dringenden Fällen, wo die Telegramme bei Beförderung durch den Staatstele»
graphen ihren Zweek nicht erreichen kSnnen, sind ttbrigena alle Bahnstationen
ermächtigt, Privattelegramme zur Beförderung aniunehmen, in welchem FH;
sie die gesetzlichen Taxen zn ITanlen der staatlichen Verwaltting und Überdies
eine Zuscblagtaxo von 60 üp. zu Uauden der Bahnverwaltung zu beziehen haben.
Tüegraphenstatistih
1853
1873
1889
Xittnge der Linien in km .
1,942
3,192
5,843
7,151
, „ Drähte „ ^ .
2,400
4,960
14,168
17,872
Zahl der Staat^ibureaax
70
200
800
1,253
p Eisenbahnbureaux
6
85
94
, , Apparate . . .
128
308
1.106
2,090
„ des Personals . . .
inr,
322
1,327
1,890
Telegramme: Interne .
74,09ä
2^8,778
r 64 1,07.5
1*912,500
Internationale
8,491
116,212
550,886
ri94,677
Traositirende
41,881
330,048
&0»,364
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Telegraph
— 2«6 —
Telepbou
1853 1863 1873 1889
Dieiistliohe . 2,246 11,523 47,784 120,361
Total . . . 64,832 468,394 2'4«V.».7l)3 :V7:\'2,*M)2
Einnahmen in FrankeD . 144,645 671,^85 1"71 1.597 3 991,925»)
AutigabeD . . . 289,120 570,846 1 750,640 3'4l7,6i^3*)
Vergleichende Telegrammstatistik pro 18m7 IPSR.
Zahl der TeleKraiiiiMf jx i Kmw ohner.
Totstl Inlrrne liislän'liürlit TiaüMitr*-ntlf Ihensilieb«
Großbritauien und Irland . .
1887
132
16
1
Schup^
1888
120
62
38
16
4
Frankfeiek (Gontinent n. Korsika)
1888
99
74
13
3
9
1888
85
43
30
10
2
Deutschland
1888
51
34
14
2
1
Oesterreich (ohne Ungarn) .
1887
31
17
8
3
3
1888
31
24
5
1
I
Telephon. (Mitgctheilt von der Schweiz. Telegraphendirektiun ȟb 14. Sep-
tember 1889.) Ab im Jakro 1877 yon Amerika herllber die Kunde naek Europa
gelangte, es 8ei ein elektrischer Apparat erfandeo worden, niittelat welchem man
durch einen Metalhiraht auf gröfio-re Entfernungen mit einander sprechen könne,
wnnl»- diese Ertiudung vielfach angezwpif. lt oiler wenigstens als eine bloße wissen-
schaltliche Spielerei ohae jede praktische Beiieutung betrachtet. Aber dien« Zweifel
waren yon knner Dauer, denn es folgte bald die Maehrickt, daß man fieh in
Amerika bereits damit beTaase, diesen ApfMirat, «Telephon" genannt, sam mUnd-
lichtMi Verkehr zwiseken den Bewohnern einer nämlichen Stadt und deren nächster
Urntrebun;:: nutzbar zu marlifn, und zwar in der Weise, daß dir» vtTschiedenen
Wühuungeu oder Geschältslokale mit einer Zeutralbtelle verbunden und durch
diese auf Verlangen unter steh io direkten Verkehr gesetzt werden können.
Bei dieser Sachlage war es angezeigt, die Frage zu prüfen, welche Stellung
^er Bnnd als Inkaber des Tel^rapkenmonopols mit Bezug auf die Telepkonio
einzunehmen habe, und es konnte kaum einem Zweifel unterliegen, daß die Tele-
phonie a\s t ine bloß« Abart der Tfdegraphie zu betracliten tnid in Folge dc>srn
dem staatlicln-ii ^luiiopol zu untertilcllt-Ti sei. Von diesem 8tan'lj>nnkt»* ans frliuß
die Telegraphendiroktiou bereit*» am 7. Dezember 1877 ein Kreidjichreiben, mit
welehem ikre Organe darauf anfinerksem gemaekt wurden, daß alle Telepkon-
einriohtun^'i n, insoweit sie sich nicht auf das Privateigenthum des Erstellers
beschränken, der staatlichen Bewilligung bedürfen. Am 23. Februar 1878 folgte
tiodaun ein Hnndosrathslipsrliluß, welcher, vom gleichen Standpunkt ausgehend,
die allgemeinen Bedingungen tür die Koiize^iuueu feststellte. Gegen diesen ße-
soklnß reknrrirte ein Industrieller an die Bundesversammlung, indem er geltend
mackte, daü einerseits die Telephonie als wesentliek versekiedMie Einriebtung
nicht ohne Weiteres unter da.s Tclegraphenregal falle und daß es anderseits nicht
in der Kompetenz des Bundesrathes liege, bif lübfv rn fiittscheideti. Die Bundes-
versammlung erklärte aber <len Rekurs als unbegrüudot und bestätigte damit in
definitiver Weise die Kegalität de« Telephon wcsens.
Bei diesen ZwischenfSUen blieb die Frage unerürtert, ob der Bund eventnell
deo Telephonbetrieb selbst ttbemekmen oder auf dem Konsessionswege der Privat-
indttstrie Überlassen solle. Erst als im Jakre 1879 ein Konzeseionsbegekren fUr
') Telephonrechnung inbegrififen.
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Telephon
— 267 —
Telepliim
Erstellung eines Telephonnetzes in Zürich einlangte, mußte hierüber ein Entücheid
getroffen werden. £a war damakt nooh keine Rede von Telephonverbindnngen
auf größere Entfernungen und man konnte daher voraassetaen, daß i-lvh Uaeer
Dienst iii ili-r So"hwi'iz anf die größern Stäilt*- nnd deren niiehste üujjfebung
beschrüiiken werde ; auch wurde in Amerika und England die Kinrinhtung und
der Betrieb der Privatinduätrie UberlaiMen, hu daß der Bundesrath such veranlaßt
fand, Torlfinfig wenigstens den gleichen Weg einzuschlagen vnd die verlangte
Konfeasion, immerhin anter Vorbehult des Btlekkanfos, am 20. Juli 18bO au
gewähren. Aber noch im gleichen Jahre glnjr aus Amerika die Nachricht ein,
daß in Foltrf KrfiTuhnig eines neuen verhf's«ert(*n S'prerhHppnratfs, ^Mikruphon "
genannt, der telephonihche Verkehr auf weitere tntternungeu gesichert 8ei und
daß bereits Yerbiudungen zwü^chen verschiedenen Städten erstellt werden. Damit
trat die Telephonie in daa Stadium einer Konkurrensanstalt mit der Tel^raphie,
sowohl in Bezug auf den Hnanxiellen Betrieb, aJa auch hinsichtlich der Benutzung
von StraßiMi und Eisfuliiihiifn zur Er^^tellnnp '1er Linien, und e« fllhrt** dies
nothwt'TnÜL' zu dem Eut*chlu8»e, die weitere Ausdehmmg ton Staats we<ivn an
die Hand zu nehmen. Demgemäß wurden bereits iui Jahre lÖöO die Vor-
berMtangen für Brstellang von Telephonnetsen in Basel, Bern und Genf getroffen
-und. die beiden efMtett Netze gelangten im Jahre l^tM zur ErÖflhung mit 181,
resp. 144 Abonnenten, wahrend Genf, wn sieh anfänglich keine genügende Be-
theüipung zeigte, erst im Jahre 1^82 mit 12*' Abonnenten nachfolgte. Im gl^iehen
Jahre wurden auch die er:iteu Netzverbmdungen ZUhoh-Winterthur, Zilrich-
ThalweiUHorgea in Angriff genommen, nachdem vorher langwierige Unt«r*
handlangen mit der Zürcher Telephongesellsohaft in Betreff des gegenseitigen
AoachlMBes stattgefunden hatten. Von da an verbreitete sich die Telephonie mit
einer ungeahnten Schnelligkeit fast über dn^ gftn/e Land. Das Zürcher Telephon-
netz ging mit dem 1. Januar 188ti um die Öumuie von 298,t)55 Fr. käuflich
au den Bund über. Es waren bei der üebergabe IU4 Stationen im Betrieb.
Heute steht die Schwds mit Besug auf diesen Dienstsweig und im YerhKltniß
SU der Bevölkerung an der Spitze aller europi 1 n Staaten.
Das sclnvi-izcrische Ti l''i'liü!iwef*en int aber zur Stunde noch nicht ge-
setzlich organibirt, sondern wiirdf in provi>orisi lu r W» i(,e dem Teiegraphenwenen
beigeordnet, wie es übrigens in allen andern L<ui«leru mit Staatsbetrieb der Fall
ist. Unter der Oberleitung des Bundeeratbes trifft das Post* und Eisenbahn-
departement die auf diesen Uienataweig bezüglichen Verfllgnngen und die Aus-
führung derselben liegt der Telegraphendirektion ob, welcher zu diesem Zwecke
in provtsori-rlirr Weisp das nöthige HUlfsperMinal bcigfgfhen wurde Die Tele-
graphendirektiuü verkehrt direkt mit den TclephoncheJs, welche die größern Hetze
nebet den omliegendeu kleinem Netzen in administrativ«*, tecbnisoher und finan-
aieller Hinsicht su verwalten haben. Unter diesen Telephonehefs, welchen je nach
der Größe der Netze noch Gehiilfen beigegeben werden, stehen einerseits die
Telephonisten, in der Regel w^ll'Uche Personen, wd« li. n (Iim- Utiiscbaltdien>f auf
den Zentralstationen dblit-gt, aiMlri-.s. iti die Aili-'iter, wcluliu den Bau und Unter-
halt der Linien, t.ü\vie die länrichlung und den Unterhalt der Abonnentenstationen
£a besurgeii haben.
Die He^oiduDgen der Tclephonbeanjten sind in provisorischer Weise fest-
gesetzt und betragen gegenwärtig :
Die Telephonchefs je nach der Größe der Netze, Leistungen und Dienstalter
bis auf Fr. 4800.
Die Telephongehulfen bis auf Fr. 37^0.
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Tdephon
— 2»« —
Telephon
Die TelephoDifltimien der größeni, felbstotKodigen Zentraktationen bb auf
Fr. 1500.
Die Telephoiiisten der kleinem Zentralstationen, wildut in der Kugel mit
den Po»t- und Telegraplienbureaax verbunden sind, erhalten eine nach der Zahl
der sa bedienenden Stationen berechnete YM>giitung im Uaximnin von Fr. 30
per Station.
Die Arbeiter werden im Taglohn (Fr. B — 6) besahlt.
Einzelne mittelgroße Zentralstationen werden von Telegrajiln-ten verwaltet,
wplrhe dafUr eine Zulage bis auf Fr. tiOO su ihrer Telegraphi^tenbesoldung er-
haken.
Im Uebrigen aind die Telephonbeamtmi den f^eiohen BiflaipUnarToradiriften
nntenteUt wie die Telegraphenbeamten.
Neben Jeu eigentlichen Abonnentenstationen bestehen iu den grüßern Netzen
noch öllentliche SpreciiNtatiouen, von denen aus Jederinaun .sowohl mit den Abon-
nenten des nämlichen Metzes, aie mit denjenigen der ange»chlo(i8enen Netze ver-
kehren kann.
Sowohl von den Abonnentenatationen, als yon den Sffentliehea Spreehatationen
Mia kSanen durch Verniittlung der Zentralstationen schriftliche Anftrige (Fhono-
gramme^ an beliebige Personen der Ortschaft bestellt wer ]f'n.
Ferner können in denjenigen Netzen, deren Zentralntatiunen mit den Tele-
graphenbureaux vereinigt odw telephoninch verbunden sind, von den Abonnenten-
atationm ava Telegramme telephoniach angegeben nnd empfangen werden.
Bndlich bestehen noch in Ortachaften ohne Telephonnetz sog. Gemeinde-
stationen, welche entweder mit einem Telejxraphenburean verbunden sind und in
diesem Falle nur znr Vermittlung von Trlegnimuieu dienen, oder deren Leitung
in eine Telephon-ZeutralHtation einuiiindet, nu dai» neb^t der Teiegrauimverniittlung
aueh der mündliehe Yerkehr gegeben iet
Die Telephontaxea waren bia jetit ebenfalls noch nieht geeetslieh ge-
regelt, sondern provisorisoh dnrdi den Bnndeerath fcatgesetxt wie folgt:
1) Jährlicher Abonnement«preiH fUr eine einfache, mit der Zentralstation
verbundene Abonnentcustiition bi- auf die Entfernung von 2 km Fr. ir)0, mit
einer Knniiljigung auf Fr. loO fiir ütf'entlichc und gemeinnützige Anötulten. Di©
sämmtliclien Ersteilungs- und üuterhaltunghkosten, sowie die Bedienung der
Zenttalatationen werden von der Verwaltang Übernommen. Bei weitem Ent-
femongen werden fllr je 100 m Hehrdiatanx Fr. 3 per Jahr angeschlagen.
Zweigstationen bezahlen immer bis anf die Entfernnng \ un 2 km Fr. 70 oder
Fr. 100. je nachdem dieselben dem Abonnenten selbst oder einer andern Person
dienen »oilen.
2) Die Taxe für Gespräche zwischen verscbiedencn Netzen (interurbane
Gesprftohe) betrügt fttr je 5 Hittnten Daaer: 20 Bp. bia auf 100 km j 60 Rp.
Ar größere Entfernungen.
3) Bei den 9ffenfliohen Sprechstationen beträgt die Taxe 10 Hp. lUr je
5 Minnten lllr Gespräche im Innern des nSmlichen ITetaea; fir interurbane Ge-
sprSchc gelten die unter 2) bievor genannten Tasen mit einem Zuschlage yod
10 Rp.
1^ Die Phonogramme bezahlen 10 Rp. fix (auf den öffentlichen Stationen
20 Kp.) nnd 1 Rp. per Wort.
5) FUr die telephonische Yermittlnng eines Tdegramms (abgehend oder
ankommend) werden 10 fip. berechnet.
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1
Telephon — 289 — Telephon
6) Für die Gemeindeätationeu, welche lediglich cur Telegrammsvenntttlong
dienen, bezahlen die betreffenden (icmeindfn einen einmalipen Beitrag an die
LiuieubaukuHteu (in der Kegel die Hälfte) und bt^orgen Ucu Diuiust uut-ntgeltlich,
können dagegen für jedes abgehende Telegramm einen Zuschlag bis auf 25 Kp.
SU den geeetsliehen Telegniphestaxen bcsiehen.
Dii iit iib< v die Station gleichzeitig auch zum Sprechen, so bezahlt die Ge-
meinde den Ubiiclifu Abonnementspreis samtiit Di^,tallzztlscblag und btzielit für
Gespräche eine Taxe von 10 Rp.. wovon dw, Hälfte an die Verwaltunir abzu-
liefern ist Die Teiegraiumsvermittlung erfolgt unter den gleichen ücUiugungen
wie bei den übrigen Gemeindestationen.
Ein GeeetK Uber da» Telephon weeen« welches Ton den RXthen am 27 Juni
1880 erlassen warde, setTit abgeänderte Taxen fest, von denen als wesentlich nur
folgende erwähnt werden mögen :
Ad 1 Der jährliche Abonnementspreis beträgt; für das erste Jahr Fr. 120,
fttr das sweite Jahr Fr. 100, vom dritten Jahre an Fr. 80, wobei jedooh der
Abonnent nnr Anrecht anf 800 GesprSehe hat, während der UeherechnO an Fr, ö
ftlr jedes Hundert besonders bezahlt werden muß.
Ad 2. Die interurbanen Taxen werden betragen : .MO Rp. bis auf 50 km,
50 Bp. von 50 — 100 km, 75 Kp. für größere Enttevuungen, nach der Luftlinie
gemessen und für je 3 Hinaten Gesprächsdauer.
Ad 6, Alle Gemeindestationen werden gleichgestellt nnd besahlen einen
AbonnementHpreis von Fr. 120 nebst DistanzzuHchiag.
LTeber dm Bau der Te 1 e [> h o ii 1 i n i c n f:ilt im AUgemeineu das schon im
Artikel ^Tele^Taph" Gesagte. Iininerhiti sind folgende Abweichungen zn er-
wähnen : Die Telephonlinien in Städtuit fuhren iu der Regtl viel mehr Drähte
als die Telegraphenlinien, nnd als Stutzpunkte kennen nicht Stangen verwendet,
sondern es müssen besondere Gerüste anf den Iliiusem errichtet werden. Schon
b» im Bt ginn der schweizerischen Telephonie im Jahre 1H81 hat die Telegrapheu-
verwaltung EisPtikonHtrukt!f>nen in .\nwendnng fn'hmcht nnd dadurch den Anstoß
gegeben, daß auch in andern Staaten t\ach und nach die HolzgerUste dun h eiserue
ersetst wurden. Wegen den nnregelmltßigen nnd bbweilen sehr großen Spauuuugcn
war die Yerwendnng weichen Eisendrahtes von Tomherein aucgeschlossen nnd
es wurde als Leitungsmaterial 2 mm dicker Patentgußstahl Iralit von 440 kg
Tragfähigkeit gewählt. Die in der Telegraphie gebrüncliüfhen l'or/rlhxn-lsolatoren-
modelle eigneten sich wegen ihrer Gröüe nicht gut für die Stadtntjtze; es wurden
daher spezielle kleine Porzellau-Isolatorea koiistruirt, aufänglich mit einfacher,
seit 1888 mit Doppelglocke, damit das Anseehen der Drabtgestelle auf den
Biebern nicht ein allzu schwerfalligt s werde.
Seit wird der 2 mm Stahldraht in den meist« n i'älh n durch Hart-
kupfcrdralit von 1 mm Durchmenfier ersetzt, weil ersterer, *jiiglei(h galvanisirt,
von dem den Kuuiinen entsteigenden K^iuch rasch zerstört wird, weil ferner der
dünnere Hartknpferdraht die Drahtgeatelle nnd die DScher weniger belastet nnd
weil endlich die Keinheit der Lautubertragung um etwn.<j Weniges erhöbt wird.
Die Telepliitulinien außerhalb der Städte und von Netz zn Ni tz U bnen sich
in ihrer Koustruktion schon mehr fi?i die Telegrnphenünifn : immerhin verlangen
sie eineu sehr sorgfältigen Bau, möglichst gute Isolation der einzelnen Drähte,
daher Verwendung der besten Sorte von Ponellan-Isolatoren. Alle längem
Tclephonleitnngen sind mit ä oder 8 mm diekem Hartknpferdraht gebant, weil
bei großem Dlrtanzen Eisen oder Stahl als Leitungsmaterial die Reinheit der
Lant Übertragung zu sehr beeinträchtigen würden.
Famr, VolluwirtbMb«fto-L«xlkoo der Schweix. 19
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Tdephon
— 290 —
Tfliephon
Neben den Luftlinien bejttehen in Genf, Zürich utnl Bern Kabellinien für
die Telephonie, die sich dadurch von deti Teiegraphenkabalu unterscbeideii, daß
mne größere Anzahl, 27, in einem Strang vereinigt sind, und 4aß besondere
Vorkehren getroffen werden mnfiten, nm die Induktion von einem Draht nnf den
andern zu beseitigen. Die ente Kabellegung mit 370 Adern zwiscben der Zentral-
utation Gent uiul LongemaHf' erfolgte im Jabre 18H6, im darauffolgenden Jahre
wurde der Kabelntrang nut 864 Adern zwischen d?r Zentralstation Zürich und
dem Zentralhof gtslcgl und im Jahre 1888 folgten zwei weitere K.abelleguugen
hl Genf nnd eine in Bern.
Bei der Wahl der Apparate kamen im Jahre 1881 das Edison-, Blake-,
ThMler-, Oowley-, Gower- und Locht-System in Frage und die Telegraphen-
verwaltun^ entschied sich nach längern Yersiichen für l-^ Theiler-Sy^t^'m und
den Batterieaufruf und brachte dasselbe im Netz Basel zur Verwendung, verließ
es jedoch schon beim xunäcbst in Angriff genommenen Netz (Bern), um definitiv
nnm Wechselatromanfhif mittelst Hagnetindnktoren llbentigebon. Bei vorwiegender
Vorwendong des Blake^Hikrophone kamen gleichwohl auch andere Hikrophon-
Kysteme in Gebrauch, namentlich das Ader-, Theiler- nnd Berliner-System. Zur
Krgänznng de« Mikroplionstromps werden ausschließlich Leclanch^-EIemcnte in
ihren verschiedenen Formen verwendet, weil sie sich besser als irgend ein anderes
System fttr diesen Zweck eignen.
Das Telephon im engern Sinne, welches anfSnglioh sowohl znm Sprechen
als anm HSren diente, wird sMt der Erflndong des Mikrophons anssohlieftlich
nur zum Hören verwendet und hat die von seinem Erfinder Bell gewählte Form
und Koiii<truktIon beibehalten, während das lükropbon (Sprechapparat) sehr Ter-
schiedeuartige Modelle aufweist.
Für die ümschaltuDg auf kleinen Mittel»tationen konstruirte die Telegraphen-
verwaltung besondere Nummerkästcheu , welche auch anderswo angenommen
wnrd«i.
BehnÜB Verwerthnng dnes einsigmi Drahtes für mehme Stationen wnrde
ein von Ericsson und Cedergren in Stockholm erfundener automatischer Umschalter
eingeführt, der von der Zentralstation aus gestellt werden kann und den Anschluß
von fiinf A btinnenten vermittelst eines einrip^en Drahtes gestattet, ohne die AboTt-
neuten mit irgendwelcher be«ondern Manipulation zu belasten und ohne da» Be-
lauschen der üesprSche eines der fünf Abonnenten dnroh die andern an ermög-
lichen. Dieses System gewannt namentlich dann besondern Werth, wenn es sich
um eine kleiue Gruppe weit ab vom Zentralpunkt eines Netzes liegi iuler Abon-
nenten bnndf-lt, die dadurch den Anschluß mittelitt eines einzigen Drahtes ohne
eigentliohü Mittelst-ation erlangeu ki-nnen.
Für die ZcntraLitationen wurden zuerst theils Wechselgestelle nach dem
Gilliland-System, theils nnbeholfene Kachbildnngeo desselben verwendet. Dnroh
•inen Besnch der Pariser elektrisehen Ausstellung von 1881 worden jedoch der
Telegraphenverwaltung die vorzüglichen Standard- Wechselgestelle der Western
electrie (Vinipany in Chicago bekannt und von jenem Z»»it|innkt an kommt nur
dieses Sy-ti-ui in V'erwendung. Dasselbe zeichnet sich vor allen übrigen auch
seither aufgetauchten Systemen durch kleine Dimensionen, große Sicherheit in
der Umschaltnng und Redaktion der Uanipnlationen auf ein Minimum aus; es
gcKtattet daher neben prompterer Bedienung der Abonnenten eine namhafte Re-
duktion des Personals der Zentralstationen. In der That hat es sich auch nach
dem Vorgang der Schweiz in andern Staaten Bahn gebrochen.
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Telephon
— 391 —
Telephon
Mit dem Anwachsen der Abonnentenzahl einer Zeatralstatiou werden jedoch
•die Yerbindnngen von Gestell wa Geetdl immer hKufiger nnd schwieriger; sie
Teriangen eine Iteeondere Anfsieht und Itlhm demnaoli m manehen Irrthtimeni.
£e wwiee sich daher ah BedUrfniß, flir Zentralstationen mit mehr als 400 Abon-
nenten, nnter BiMl"<»!iRltiuig der Vorzüge de« genannten Wech.sclgeßtells, eine
Vurric'htuii^ iinztibrmgt'n, durch welche die Verbinduiitr von Gestell zn Gestell
überliuiisig wird. Dieti iut mit den Multipelgei>telleü erreicht, welche I8titi iu (ieuf,
1887 und 1888 in Zttrteh nnd Basel aalj^tellt wurden. Dieselben sind derart
^ngericbteti daß jeder Telephoni§tin 100 Abonnenten zur Bedienung mgetheilt
irerden. Eine solche Bi'umtiu hat Jalier nur den Anrufen der ihr zugewiesenen
100 Abonnenten Folge zu geben; sie kann jedoch, wenn einer dieser Abonueuten
•eioen solchen verlangt, der einer andern Beamtin zugewiesen ist, die Verbindung
-direkt herstellen, ohne die andere Beamtin in UitMdensöhaft m aidien oder ihren
Plate m verlassen. Der Gewinn ist ein aufierordentliolier nod Tersohieden£Mdier :
•die Bedienung des Abonnenten wird noch mehr beschleunigt und das Personal
verträgt eine weitere Reduktion, der Dienst der TelepbonipfiTinen wird angenehmer«
aie kSnnen denselben sitsend besorgen, die Irrungen werden seltener und es tritt
in den Zentralstationen eine Ruhe ein, die aufs Angenehmste mit dem frttheni
GerttuNoh kontrastirt.
FOr die Yerbindnngen von Zentralstation zu Zentralstation wurde im Jdire
1886 ein Versuch mit dem van Rysselberghe-Sysienk awischen Genf und Lau>
■sänne, 1887 ein solcher zwischen Basel und ZUrich gemacht. Dieses System
ermöglicht, die schon vorhandenen Tclegraphendrähte gleichzeitig auch tilr den
telephonischen Verkehr von Stadt zu Stadt su verwenden, indem einerseits den
TelegraphirstrGmeii der direkte Weg in die Telephonapparate dnreh Kondensatoren
■abgeschnitten und anderseits ihr indirekter Einfluß durch Elektromagnete toh
hoher Selbstinduktion abgeschwächt wird. So sehr das System in theoretischer
Hinsicht Bewunderung verdient, ho wenig hat sich in der Praxis bewährt,
und mußte auf den erwähnten Linien wieder verlassen werden. Gegenwärtig
besteht es nur noch in beschr&nktem Uaße nnd mit nnbefriedigeudem Erfolg
swisohen Genf und Nyon, Lausanne nnd Morges, Lausanne und YoTej, Zürieh
nnd mtnnedorf.
Da, wo mehr als eine interurbane Leitung auf ein und demselben Gestänge
angelegt wurde, mußte, um der Imluktion zu begegnen, di / v . ii und dritte
Leitung mit Doppeldraht ohne Lrile iuisgcführt werden, was zur Folge hatte,
<iaß die Abonnenten nicht mehr direkt, sondern nur vermittelst luduktious-
epnlen, sog. Translatoren, mit d«r Schleife Terbunden werden konnten. Die
Lautttbertragung wird durch die nnvenneidlichen Zwischenglieder etwas ab-
geschwächt. Gegenwärtig kommen solche Schleifen zwischen ZUrich nnd Winter-
thur, Zürich und Atfoltern, Zürich tind Rilti, Biel und Neuenstadt, Sonceboz
und St. Immer, Sonceboz und Tavannes, Sonceboz und Tramelan, Courtelary
und St. Immer vor.
Ueber die allmäiige Entwicklung des Telephonverkehrs gibt die
«udislehMide Tabelle Anfrebliß, wobei bemorkt werden maß, daß die Zahl der
Lokalgespräehe, d. h. der Gesprlohe awutehen den Abonnenten eines nSmlichen
Hetaes, woftir keine besondere Gebühr zu entrichten it^t, erst seit dem Jahre 1885
notirt wird und daß im Jahre IHSl noch keine besondere Tclephoiirechnung
geführt wurde, sondern die Einnahmen und Ausgaben iu der Telegrapheurechuung
inbegriffen waren.
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Telephon — 292 — Telepbua
Auf J.h«.. M»«« Mowl««
ZmI ocir
Zahl der
ZUl dM
fn<le
in Liuir.n
der DrAht«
Stationen
Vtrional« *)
64,0
282,4
2
385
11
167,9
804,8
3
1053
17
1888
494,5
1913,6
14
2052
45
1884
3079,9
27
3175
65
1885
1374,9
4370,9
35
4105
86
IHÖö
1804,1
6135,6
41
5834
125
1887
2480.1
7761,8
58
6944
153
1888
3437,2
9732,3
71
7946
172
LokAl-
luterarbane
EtaulnBai
K nsgabcB
Einnahnien-
Fr.
Fr.
• 1882
256,424
274,013
386,669
—17,589
188:5
— 0
a. 19,000
372,752
—13,917
1884
— oa. 85,000
338,000
405,137
—67,137
1885
3'5 13,585
146,386
t;33,745
461,704
172,041
180(5
6'478,}4y
244,260
960,411
1JH,416
löbl
7'82y,ab7
340,127
1' 195,610
b5b,97ü
3:J6,634
1888
8'O59,609
468,502
1'188,297
979,791
208,506
Efl ist gans nnsweifelliafk, daß mit dem Inkrafttreten des oben erwähntea
TdephongenetmB, wakhes eina Mheblielie Enn&fiigaog Abonnementaigebttliran
vorsieht, eine filst plötzlit^he btdentende Zunahme der Stationen eintreten wird..
Xebst den eigentlichen Xetzi-n beHtehen noch eine Anzahl unabhängiger
Tt'l('])buiiverl>indiingen fiir (b*u Verkehr zwischen jf zwoi bestimmten Punkten,,
z. B. zwiiicbeu eiiier j^'abrik und dem Comptoir, einem Geschäfbilokal and der
Wobnang ete. Diese in obiger ^belle niobt inbcgritfenen Verbindungen und
ibeils im Abonnement, tbeila avf dem EonzegKioimwege t rstellt worden.
Zum SchlusKe möge noch erwähnt werden, daß daa Telephon auch vielfach
im Eihenbahndieuäte Verwendung findet, und zwar namentlich an Stelle de*
Telegraphen zur Kegelang und Sicherung dett Betiiebes auf Sekundärbahnen,
aowie aum Yerkebr swiecben dem Wkrterpwnonal asd den Stationen aaf Kormal-
babnen.
Wartlaul des Ttlcp/ionf/eseUe^ vom 27, Juni 1889:
Art. 1. Die lj-ricbtun{f und der BLirii l» von Telephonanlagcn bildet einen Theil
des Teiegriipheiiwfsens (Art. 36 der buiulesverfassunt?) und wird dem üeschäflskreis-
<ler Telegraphen Verwaltung zugewiesen — Die iiuf d.i- iVlfgrapiienwesen bezüglichen
Bestinnttunv'en drs Hunil' S-lr.ilVeohfi'h' finden iincli auf d.is Telephonwc^en Anwcndun*^.
Art. '2. Fiir die Veriialllung des teiephouischen Vcrkelirs sind besliuirat : a. die
lelephonnetze der einzeloea Ortschaften; b. die Gemeindestalionen; c. die Netzrer-
bindungen.
.Art. 3. Jedermauu hat das Hecht, den Beitritt zu eincai bc^ttliendt u Telepliun-
netz zu verlangen, insofern die Errichtung und Verbindung «ler verlangten Station auf
dem dazu bezeichneten Grundstück ungehindert und unentgeltlich erfolgen kann. —
Nene Netze werden erstellt, siobald die Uebernahme der Stationen durch schriftliche Ver-
pilichtung der Tiieilnehmi-r gesichert ist. — Oeflentliche Sprecbslationeti werden in
einem .Netze errichtet» wenn nax^ dem Ermessen des Bundesratbes das bedürfniii liie-
für vorhanden ist. Die Statioosinbaber werden dnrcb einen vom Bandesrath zu be>
stininien icti .\nthcil an den Taxen fOr die UeberlRssung des Lokals and die Dienst»
besorguni; enlschädigt
Art. 4. Gemeindestationen werden in Gemeinden ohne Telephonnelz im An^ehluft
fin <hi? T*-tfp!i(iiini:' tz <u\rv rin d;is Telr^^TapIiculiureau eiri'T .nni-Tii Gcnifiii'Ic unter
lulgcndeu Beditigungeii errichtet: a. Die betretende Gemeinde bezahlt eine lixe jälirlicbe
Gebflbr von läO Pranken nebst elUUligem Distaazzuscblag (Art IS A, 4, und 13)w
>) ATl»«ltefp«noml nlehi iBbagrltin.
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TdephoQ
— 293 —
Tdephoa
^. Üie stellt ein geeignetes Lokal zur VerfQgung und läßt durch einen auf ihren Vor-
«ehlag Ton dem Post* und Eisenbahndepartement zu ernennenden Angestellten den
Dienst auf ihre Knuten besDr^fn. c. Die ^'i'Setzlicli vorgeschriebenen Taxen uenlcn
ZU Uauden des Bundes bezogen und verrechnet d. Die Gemeinde erhält als Entgelt
ihrwr Ausgaben einen Tom Bandesrath festzusetzenden AntfaeU an den bezogenen Taxen
und ist im Weilern hereolilij^f, von jedem abgehenden Tele^rriimm neben der gesetz-
lichen Telcgraphcutaxe und der in Artücel 13, litt. B, b, und Art. 13, litt, c, btjzeichneten
<vebtthr einen Zuschlag von 15 Rp. zu eigenen Händen zn erheben. Ankommende
Telegramme sind vorbehaltlich allfälliger Expre-uengebühren unentgeltlich ZU bestellen.
Art 5. Der Bundesrath entscheidet Ober die Frage, welche Netze unter sich ver-
bunden werden sollen. Er ist berechtigt, von Gemeinden, welche eine solche Verbin-
dung wünschen, die Garantie eines iiesiimmlen MinimalertrafTes der Veridnduogslinie
zu verlangen. — Netzverbindungen dürfen nicht erstellt werden, wenn dadurch der
Verkehr auf den bestehenden Linien oder der Bau noch ausstehender wichtiger Ver-
-bindUDgen iieeinträeldiKt wird.
Art. 6. Die aus der Aufnahme in ein Telephonnetz hervorgehenden Hechle und
Pflichten beginnen mit dem Tage, welcher auf die Uebergabe des in betriebeflUiigem
Zustande befindlichen J^tntiun^iqjpuriite^- folgt. I'nter der Bedinvrung einer nionatlidien
Voranzeige kann jeder Theilnehmer seinen Rücktritt erklären; erfolgt derselbe im Laufe
des ersten Jahres, so ist eine EntsehftdifQng von Fir. 40, im zweiten eine solche von
Fr. 20 zu bezahlen. — Beträgt die Entfernung? zwischen einer Station und der Central-
«tatiou mehr als 2 Küometer, so ist nebstdem eine Entschädung für die Linienaniage
XU bezahlen, und zwar un «rsten Jahre Fr. 30, im zweiten Fr. 10 fOr je 100 Hetw
Mehrlflace'
Art, 7. Jeder Theilnehmer h.it das Hecht : a. zum Verkehr mit den Stationen
^es eigenen Netzes; b. zum Verkehr mit denjenigen der angeschlossenen Xetze; c. zur
Bf'<ielhinp von Miltlieilun<;pn, welrhc der Telephon-Centralslnfioti telephonisch aufge-
tra;.'en und durch Bolen schrittlich an den Adressaten bestellt werden (^Phonogramme);
d) zur Aiju'ahe und zum Empfang von Telegrammen dureh Vermittlung der Central*
^Station, insofern diese mit dem Telegraphenbureau verbunden Ist.
Die Verwaltung verpflichtet sich dem Inhaber einer Station gegenüber weder
für den Fru tbestand der übrigttn Stationen, noch fQr denjenigen der Netzverbindangen
<htt a und b),
Art. 8. Der Theilnehmer ist verpflichtet, die ihm auTertrauten Stafionsai»]) iratu,
sowie die im Innern der Wolmuni.' heniidliclie Leitung gegen jede l]eseh.iili;.'un;^' zu
«chützen, und hat für den Schaden zu haften, welcher der Verwaltung durch sein eigenes
oder eines Dritten Verschulden erw&chst
Art. 9. Die mit einem Telephonnelz verl)nndenen Gemeindeslali'men, sowie die
-öffentlichen Sprechstationen stehen Jedermann für den gleichen Verkehr zur Verfügung,
welcher den Inhabem dar fibrigen Stationen des Netze» gernftfi Art 7 zuztebt — Die
übrigen Gemeindestatirmen haben, wie die ofTentlichen TelegFapbenblireattX, die Abgab«
und den Empfang ^ler Telegratnme zu besorgen.
Art. 10. Die Netzverbindungen dienen zum Verkehr mit den einzelnen Siationm
der unter sich verbundenen Netze (Art. 7, litt. b). Für Anstände und Stf5nint:en. die
daraus entstehen, dali eine Netzverbmdung verlangt wird, welche durch Zwischen*
-Stationen geht flbernunmt die Vwwaltung keine Verantwortlichkeit (Art. 16).
Art. 11. Die Gesuche um Benillzun^' der öffentlichen Stationen, sowie der Go-
meindestationen und der Netzverbindungen (Art. 7, litt 6), werden nach der Reihen-
folge der Anmeldungen erledigt. — Wenn wdtere Anmeldungen dritter Personen Tor-
liegren. so darf die Dauer eines Ge*:prrirlie< nicht mehr als drei Minuten betragen und
-die gleiche Person bei nicht mehr als zwei Gesprächen nacheinander betheiligt sein. —
Amtudien Hittheilungen politbdier und polizeiUcher BehOrd«! mnG auf Verlangen der
"Vorrang vor allen übrigen, =o\vie nnhfschränktc Zeitdauer eingcnlumt werden.
Art. 12. Die Inhaber von lelephonstalionen haben folgende Gebühren zu
-entrichten :
A. Für den Verkehr zwiselien «ien Pfntinnen eln.'< Telephonnet7,es (Art. 7, a) be-
trägt die Jahresgebühr: a. vom Zeitpunkte des Hejlrilleri (Art, 6) bis zum Beginn des
nächsten Kalendcrbalbjalires, uml in gleicher Weise während des ersten duraiiffolgenden
Jahres: Fr, 120, b. für da-^ zweite ,Ialir Fr. 100. r. für die folgen Jalne Fr. 80.
Diese Gebühren werden halbjährlich aul 1. Jauu-ir und 1. Juli vorau^bezahlL Die Ge-
bühren für die bereits vorhandenen Stationen werden je nach der Dauer ihres Bestandes
im Sinne von htt 6 und c hievor ermäßigt In folgenden Fällen werden jährhche
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Telephon
— 294 —
TeLephoa
Zuschläge erhoben : d. Wenn die Staticjn mehr ab 2 Kilometer voa der CentralstatioQ
eotfernt isl, für je 100 Meter Mehrlänge Fi . 3. Der Bundeiirath wird in jeder Orlacbaft,
unter Berücksir htii'ung der InU-ressen der Mehrzahl der Einwohner, den Au<«gangspunkt
für die Berecbiiuii|i der Eairuraungeu Itusbelzen, e. Wenn die von einer Station ver-
langten und ausgeführten Verbindungen mit andern Stationen die Zahl von 800 flber-
steigen, so beträgt der Zuschlag für jedes weitere Hundert Verbindungen, sowie fDr
Bruchtheile dieser Zahl Fr. 5.
B. a. Die Gebühr für Abnahme und Zustellung einer jeden Mittheilung an Dritte-
(Phonogranune) (Art. 7, c) beträgt für jedes Wort 1 Rp. nelxst einer fixen Grundtax»
Ton fO Rp. mit allftlliger Aufhindung des Gesanuntbetrages. Bei Entfernungen von
mehr als einem Kilometer werden überdies die für den Teletrrapheuverkehr festgesetzten
Zuschläge erhoben. 6. Für die t«lepbouiscbe Abgabe und die Empfangnahme eine»
Telegrammes (Art 7, d) 10 Rp.
Die jährlichen Gebühren und Ent-chädif,'uiigen filr he>;nndore Einrichtungen (Um-
scbaltTorrichtungen, kombinirte Verbindungen, Zusatzapparate u. dgl.). sowie diejenigen
fOr konzedirte TelephonTerbindungen und Stationsrerlegungen weraeo vom Bundesrath
festpescfzt. Die von den Telephnnlieainten ^reführten Verzei' Imi- e Hher die Verbin-
dungen litt, e), die Phonogramme {B htt. a) und die Telegraiume (B litt b) sind
onter Vorbehalt des Gegenbeweises fOr die Berechnung der Gebflhren maSgebeod.
Art. 13, Auf den Geineindcstationcn und öffentlichen Sprechslationen werden
folgende Gebühren erhoben; a. Die Gebühren für den Verkehr mit den Stationen des
eigenen Netzes (Art 9 und Art. 7, a) werden nadi der. Dauer der Verbindungen be-
reclinct, in der Weise, ilaß für eine Dauer von drei Minuten oder eitlen Uruchtheil
dieser Zeit 10 Bp. erhoben werden, b. Für Mittheilungen an Dritte gilt die Bestimmung
des Art. IS, J3, a ; e. für die Abgabe von Tel^rammen diejenige des Art. IS. B, b.
Art. 14. Die Gebflhr lllr die Benutzung der Net z ve r b i n 1 u n n zum Zwecke
des Verkehrs mit den Stationen an§r«'«chlossener Netze (Art. 7, litt, b und Art. 9) beträgt
für je drei Minuten oder einen Bruclitheil dieser Zeit : 30 Rp. bis auf eine Entfernung
von 50 Kilometer; 50 Rp. bis auf eine Entfernung von 100 Kilometer; 75 Rp. fÖr
größere Entfernungen. Die Entfernung wird nach der Luftlinie bere<*hnet.
Art. 15. W^enn der Erlrag des Telephonbetriebes es erlaubt, soll der Bundesrath
eine Ermäßigung der Taxen eintreten lassen. Er ist ferner ermächtigt, im lnterc*<o
der Verbindung entlegener Landestheile mit giößern Verkehrscentren eine TaxemtälU-
gung eintreten m tasoen.
Art. IR. Die Verwaltung sorgt in eigenen Kosten für die Erstellung und den
Unterhalt der Telepbonanlagen, sowie für die sofortige Uebung von Störungen des Be-
triebes. Dauert die ohne Verschulden des Inhabers eingetretene Störung des Betriebes-
einer Station (Art. 8) länger als fnnf Ta^'e, .so wird die bezahlte Gebü& (Art IS) im
Verhältnis der weitern Unterbrechungsdauer zunickbezahlt.
Art. 17. Di« Beamten und Angestellten der Verwaltung sind verpflichtet, den
lelephonischen Verkehr geheimzuhalten. Die Ueberlretung dieser Vorschrift wird in
leichtern Fallen disziplinarisch geahndet, in schwereren strafrechtlich verfolgt. Der
Bunde^th ist l erei htigt, die Fehlbaren zu entlassen.
Art. 18. Der W oilhiut der zur Bestellung an Drille eingebenden Mittheilungen
(Art. 7, c), wie derjenige der Telegramme (Art. 7, d), ist vom Telephonislen sofort
niederzuschreiben und an den Aufgeber mit der Aufforderung zu allfllliger Berichtigung
telo|)}inni<i ii mrückzumeiden. Die Zustellung an den Adressaten darf erst nach erfolgter
Aoerkcauuiii.' der Richtigkeit stattfinden.
Art II). Wenn die BedOrftiisae des Vericehrs die Umgestaltung eines Netzes oder
einzelner Verbindungen notbwendig machen, ist die Verwaltung jederzeit berechtigt,
bestehende Verträge auf monatliche Voranzei^je bin zu künden. - Die Verwaltung i.sl
befugt, eine Station ohne Entschädigung jederzeit Hufzuheben, wenn der Inhaber einer
AuUorderung zur Bezahlimg schuldiger Gebühren nicht innert Monatsfrist Folge leistet
und eben»), wenn derselbe, ungeachtet erfolgler Verwamunp, da.s Telephon zu Beleidi-
gungen von Telephonangestellton mißbraucht oder niiübrauchen läßt. Die Aufhebung
erfolgt in letzterem Fall nach stattgehabter amtlicher Untersuchung durch das Post*
und Eisenbahndepartement
Art. 20. Der Bundesrath ist In fu(.d. für die Erstellung telephonisch» r Verbindungen,
welche von der öffentlichen Telephonauälalt unabhängig änd und deren Benutzung
auf bestimmte Personen beschränkt wird, Konsessionen xa ertheOen. — Wird ftir die
Anlage iiii r nit lien Verhind:ing kein Eigenthum Dritter in Anspruch fenommen, so
ii<l emc Konzession nicht erforderlich.
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Telephon
295 —
Texüiituhistrie
Art 91. Die Ertbeilung einer Konzession sehließt keinerlei Rechte In Beiiur anf die
Benutzung fremden Eigenthnmc, ?ei ik-s Staate?. <!er Gemeinden oder von Privaten,
in sich, und es bat somit der Konzessionär die bezügliche Bewilliguni; von den Eigea-
thOmern selbst einxobolen und sieb in Betreff einw allftlligen EntBehftdignng direkt mit
ilinen ubzurmden.
ArL Eine Küuze>-ion winl nur Wami ertlR-ilt. wenn durch diu Ausführung
derscllu-n die öffentliche Telei^raphen- und Telephonanstalt neder in ihrem Bestände
und Betriebe, noch in der weitern Eutwickhing beeinträchtigt wird. Solche Koniewionen
sind jederzeit ohne Entschädigung widerruflich.
Art. 23. Der Bundeanth wird über die Auefübrong dieaes Geeetxes die nöthigen
Verordnungen erlassen.
Statitttifichea per Ende 18^9:
1) Neige: Zahl derMlben 78, Abonnemente 8006, Stationen 9203, Länge
der Linien 3923 km, Länge der DrShte 13,237 km.
8) ItoUrie Teiepkonsteiieu : Abonnemente 22, Stationen 47, Linien 34 lun,
Drähte (58 km.
3) Personal: Chefs und GehUlfen 18, Telephonistinnen 91, nur theilwei^e
im Telephondienet 34 Telegraphieten nnd 50 Penonm aadner
Bera&arten.
4) FerJfcffAr: Lokalgespräche im Jahre 1889: 7' 11 2,090, interurbane Ge*
spräche .509,737, Phonogramme 10,994, ▼ermittelte Tele*
gramme 158,233.
Einnahmen und Ausgaben sind in der Telographenrechnnng inbegritTen.
Temperatur e. Seite 250 im IL Band, nnd im Artikel „ Vegetation* den
Abeohnitt Alpenregion.
Tflrrittet-01!on<Rahn. Drahtseilbahn, Eigenthum einer Aktiengeaellschaft
mit VerwaltungHsitz in Territtet. Banlänge 699 m, Spurweite 1 m, Maximal-
steigung 57U " 00. Motor: WaNserg»'wicht. Konzessionirt am 21. Juui 1881.
Ablanftermin der konzesision 30. Juni i'J61. Höhenlage bei Gliun bJU m, bei
Territtet 388 m Uber ICeer. Anlegekoeten Fr. 468,991. Beförderte Beisende
80,248. Betriebseinnahmen Fr. 71,835. Betrieb:Miusgaben Fr. 29,853. RL-in-
ertrag Fr. :*;'> 'J^r> - 6,1»% ^ Kapitale. (Nach der amtlichen Biaenbabn-
Statistik pro
TessinkorrelLtion. Sie beginnt 2 km unterhalb BeUinzona und endet
bei der Einrnttudang in den Langimeee. Die Korrektion dieser Streoke in einer
LSnge von 11 km bezweckt, den hoohgradig verwilderten Laof deeFluaees« der
fortwährend bebantee Land in Angriff nimmt und verwüstet, einsndtomen, nnd
weitern Verheerungen Binhalt zu thun. Zur Ausführung gelangt ein Doppel-
prolü mit einem 60 m breiten Mittelprotil filr die ganze Strecke; die Höhe der
Oberkanttm desselben beträgt 1,50 m Uber Niederwaeser, bei einßli^ger Bösohnng.
Die HinterdXmme werden gegen den See an, nm die dnroh hohe Seeetitnde her->
vorgemfene StauhSh«; zu verringern, weiter aneinander gelegt. Das Gefall von
Anfang der Korrektioti bis zur Eiscabühnbriicke, in einer Länge von 7,5 km beträgt
2,35 V"" t)is 2,63 ^/oo, dasjenige von der Kisenbahnhriicke bis znm See 0,98 "/oo.
Die Arbeiten wurden anfangs 1888 begonnen und sollen im Zeitraum von
10 Jahren vollendet sein.
Der Kostenvoranschlag betrigt Pr. 3.039,000. An diesen Kosten betheiligt
sich der Bund mit ,^0 "/o ^ Fr. 1,520,000. (Bandesbeeohlaß Tom 17. Juni
1885, A. S Bd. Vlll, N. F. pag. 130.)
Textilindustrie. Gesammtheit derjenigen indostrien, welche sich mit der
Verarbeitung von Gespinnstfasentoffen be&asen, als Spinnerei, Zwirnen», Weberei,
Stiokerei, Wirkerei ete.
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Textilindustrie ^ 296 TlialweU*Sihlbiacke'2ug^Bafan
Nach der Berufsstatistik von 18K0 beacbüfUgta die iDdostarie ilUgeMiiimt
550,824 Personen ; davon entlielen auf die
(jruppe Textilindustrie 156,290 P. = 28,4
, Heratelluog von . Kleidung und Pntx . 131,019 . ss 23,9 ,
, Bau und mniiehtnng Ton Wohnungen 117,073 . = 21,2 .
„ Maiichinen- uti<l Werkzeogfnbrikntion . 80,422 « = 14,6 «
„ Genußmittr Ifabrik ition 39,685 , = 7,2 „
, Chemische luduhtriuii ix, 402 „ = 3,3 ,
„ Typographische und verwandte Gewerbe 7,934 , = 1,1 „
10U,0 ^/o
Innerhalb der Grupp<^ Textilindoetrie dominirt wiedernni dieBanrnwollbraiMhe
mit 79,000 Arbeitern, darauf folgt die Öeidenbranche mit 63,000 Arbeitern, die
I<einenbi;inchp, mit 11,000 Arbeitern, die Wollbranche mit 3500 Arbeitern.
Noch mehr tritt die Bedeutung der Tt-xtilindiii^trie hervor, wenn man ihren
Antheil an der Aimfuhr ins Auge faßt. Er bi träpt äf) <'/o (1889).
Die Textilindustrie ist fast ansfjcbließlich in der germanischen Schweiz zu
Hause; nur wemgc Am^laufer erstrecken »ich in die rumaniHchen L»ande8theile
(Tgl. Seite 64 im XL Band). Obgleich in der germaniaehen Schweiz die ver-
schiedenen Textilbranchen ineinander ilhi r^'reifen, und ihre Gebiete weniger den
Grenzen der Kantone ah bestimmten TbalHchaften folgen, hat doch fast jeder
größere Zweig einen gewissen Kanton al« Hauptsitz; mo die Stickerei den Kanton
St. Gallen nebst Appenzell und Thurgau, die übrige BanmwoUiuduMtrie den
Kanton SKlrieh, nebet St Gallen nnd Aargau, die Sei^enrtoirweberd den Kanton
Zterieb, die Seidenbandfabrikation den Kanton Baael, die Leinenindtutrie den
Kanton Bern (Emmenthal und Oberaargan).
Die schweizerische Textilindustrie wird ungefähr znr Hälfte fabrikmäßig
und zur Hälfte als Haut$ii)dustriu betrieben. Fa8t ausschließlich ilausindustrie ist
die Mousseline- und Vorhangweberei, die Leinenweberei, halb Fabrik-, halb Haus-
indnatrie iat die Stickerei, Seidenweberei und Strnmpfwirkerei ; vorwiegend oder
aueeohlielUich Fabrikbetrieb haben die Spinnwei, Zwirnerei nnd Wolleaweberei*
Thalwcil-Sihlbrü(*ke-Zu^-Bahn. Der Schweiz. Nordoetbahn wurde für
dieses Bahnprojekt am I'.K L*.'). Juni 1890 von der Bundc8ver^»ammlnng die Kon-
zession ertheilt. Ablanl der Konzession am 1. .Tnunar 1969. Die Läntjc der
Bahn wird 23 km, die Spurweite l,m m, die Maximalsteigung 12"yoo betragen.
Bis zum 1. Jannar 1891 sind dem Bandesrathe die vorBohriftsmäßigen teohniaohen
und tinanziellen Vorlagen einsureichen. Am I.April 1891 sollen die Tnnoel-
und Erdarbeiten biginnen Am I.Januar 1894 soll die Linie dem Betrieb über-
geben werden. Der liitt kkauf erfolgt mit demjenigen der Bahn.strecko Zürich-
Zug-Luzern (Keppisch-Linie) in der Weise, daß beide Linien ein einheitliches
Rlldckanfiiobjekt bilden. Der Bttekkanf kann Mheetone auf den Zeitpunkt, mit
welchem die linie 10 Jahre in Betrieb sein wird, nnd von da an jederaeit er-
folgen. Vom Kntachluß de.s Rückkaufes ist der Geeellscbaft 3 Jahre vor dem
wirklichen Eintritte demselben KennttuG zn geben.
Die Ent^tchädigung für den Rückkaut beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai
1918 rechtnikrüftig wird, den 25fach6n Werth des darehdchnittlichen Reinertrages
derjenigen 10 Jahre, die dem Rückkauf unmittolbar vorangehen; sofern der
Rückkauf «wischen dem 1. Mai 1918 und I.Mai 1933 erfolgt, den 22V2fachen
Werth; — wenn drr Küekkanf zwi-ehen dem 1. Mai l'M)^ nnd dem Ablauf der
Konzession sich vollzieht, deu 20favhen Werth des oben beschriebenen Reinertrages.
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Tbalweil-Zog-Goldaa-Bahn
— 297 —
Thiar* und PflanseiMdiats
n«lweil-Ziig<^ldatt*Bali]|. Sisenlmhiiprcjakt, flir velehat an IS. Juli
1888 die BiindeskoQzcssion naohgemcht wurde, irt in Folge Komowionining der
Thalweil-Sihlbriicke-Zug-Bahn dahin^efallcn.
Theert'arbstoffe. Die Theerlarbenindu»trie itst eine ilur jiiugjsten liraiuhpii
des schweizerischen Gewerbefleüies. Die im Jahre 176^ gegründete Firma
Job. Rud. Qeigy in Basel, welche im Jabre 1 856 die Farbholaextrakt&brikatioii
und im Jabre 1659 die Tbeerfarbenfiibrikation aufnahm, bildete den Kern, um
welchen sich nach und nach eini^ andere, große Fabriken in und nni Basel
ansiedelten. In La Plaine bei Genf hatte eioh außerdem im Jahre 18G8 die
Firma P. Monnet & Cie. etablirt.
Die gt^ammte Jahreeprodnktion dieeer Firmen belief rieh nm 1883 laat finnitt-
langen, welche bei Anlaft der Zürcher Landeaanntellnng Ton ihnen eelbet yeraa-
ataltet wurden, anf IG, 120,000 Franken, gegen ungefähr 115 Millionen Franken
der Gesamml Produktion Europas. Die inländischen Färbereien koHHumiren un-
gefähr die Uällte der schweizerischen Produktion; der P2xport künstlicher Farben
m Stdokoblenlbeer betrug im Jahre 18$9 8>ä4Ö,U6 Fr. (11,590 q). die
Einfobr 1,669,200 Fr. (1949 q). Die Rauptabeatigebiete rind üeateobland,
Fraakreidli England und die Vereinigten Staaten von Amerika. Namhafte Ab-
nehmer sind auch Oe*iterreich, Italien, B»'lfri<'n, S[i;inioii, Rußland, Ostaaien und
briti'^oh Indien. Die zur Einfuhr bcnUhigtin Faibeii, worunter hauptsächlich
Alizarin, dessen Fabrikation in der Schweiz nahezu aufgegubeu ist, werden zum
weitoue größten Theil au» Dentiebland bexogen. Die genannte Induetrie beeohftftigto
im Jahre 1883 892 Mann, die 1,090,000 Fr. Löhne bezogen. Der Eohlenver-
brauch war 19H,nO q (Heizfläche ItiOl m-'), fiir Fr.iditen wurd.Mi 4iU),H78 Fr.,
für Zoll 248,764 Fr., für Staatsabgaben (SaJzsteuer) 1^4,000 Fr. gezahlt.
Die schweizerische Theerfarbenindustrie wetteifert mit der deutschen, franzö-
aiüchen und englischen niebt nur in der SebSnbeit der dargeetellten Produkte,
enndem anob in deren Erfindung. Trota dem Mangel einer acbweiseriedien
Patentgesetzgebung für chemische Erzeugnisse, welcher Umstand ihr die Aus-
beutung oder Nachahmung fremder Kntilfrkungon und Erfindungen erleichtert,
eind von den schweizerischen Firmen einige wichtige eigene Erfindungen gemacht
und Tiele anderwärts erfundene, aber nur in kleinem Maßstäbe bereitete neue
Farben anra»! fabrikmäßig dargeetelU worden.
Ee ist unbestritten, daß die Schweiz Uber eine ungewöhnliche Menge von
positivem chemisüliem Wissen verfügt, und zwar wesenflich dtink dem eidgenr»ssi-
schen Poiyteehnikuoi, dessen (iründung fast unmittelbar die Kntderknnp^ der ertöten
Theeifarbc folgte. Das genannte Institut schwang sioh Hot'utt iu den alleivor-
dereten fiang verwandter Anstalten empor und stand lange Zeit wohl als ernte
derselben da. Von Anfang an bis zum heutigen Tage ist sie im elieniist Iien
Fache zwar eine A Urbild ungsntätte für Gelehrte aller Kulturvölker der Erde
nicht nur solcher Hchweizerischer Nationalität gi'wesfn, rloeh h?it diese Schöpfung
der Eidgenossenschatt weitaus die segensreichsten Folgen für die Schweiz selbst gehabt.
Tlli«r^ und PÜAiiseiisdliits. (Mitgetbeilt Ton Herrn Ernet Anderegg,
eand. pbii. in Bern.) üeberall in der belebten Natur herrsoht ein Kampf um das Leben;
und »Thiere verzehren, Pflaosw ernähren", ist ein gauz unzutretfendes Sprichwort,
denn auch unter den Pflanzen werden Krippe und Gefechte geführt, Triumphe oder
Niederlagen errungen. Gerade aus dem Kampf um das Dasein sind aber nach Jahr-
tau^nden auch unsere vervollkommneten Lebewesen bervorgeganguu, gut. aus*
gerttstet, nm sieb in ihrer Art In diesem Kampfe fortsaeihalten. üngemein
mannigfaltig ist Am unseren Lebewesen durch die Natur gegebene Sehuts,
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Thitr- und Pflanzenschnts
— 29« —
Tbier* und Pfianzensehuts
Mi er nim direkt, daa «SioluelliBtbeaehlltMn'' entweder aktiv (Vertheidigong)
oder passiv — durch mechanische, mechaniech-ohemische oder chemische Mittel,
oder sei er indirekt, das ,Gesr!i*!t7t werden* durch FarbeoanpassoDg oder Formen-
nachahmung (der sogen. Mimicry) oder Aufstellnng von Sohildwachen. So würde
in der Natur von selbüt ein Gleichgewicht ihrer Wesen bestehen — Störungen
konnten e&neneits in Folge der Torhandenen Bedingungen für die Mtblreieb»
Vermehrnng nnd anderMita in Folge der wirkenden yielen Yemichtnngsfaktoren
(Witterung etc.) nur vorübergehende sein, wenn nicht wir Menschen in den
Natnrhanshalt eini^^riffen. Wir snchen ja diejenigen Wesen, welche uns Nahrung,
Kleidung, ArbeiU>kraft etc. spenden (meist durch Zuchten oder Kulturen), au
vermehren und fUr diejenigen, welche nne in^ekt Kntien bringen oder uns an-
genehm nnd der Natnr znr Zierde atnd« mOglichat Arderlieh au aein (positiver
Thier- und Fflaiiseaachuts) ; dag^en stellen wir allen denjenigen Weeen naoh
oder halten sie weni^tens fern, welche, unseren Interessen ent^^f^en, dit^ nntr-
baren und nützlichen bedrnhen (negativer Thier- und PflanzenscbuUi. Einigen
(freilich von unberem Standpunkt aus lueibt nut;^baren oder nützlioben) Wesen
bat swar vor une andi die Natur Sehuti gegeben, ee igt diea der flebnts
dureb Aberglaube. Dieeen haben vielerorta z. B. die Tannen —
»Vater, ist's wahr, daß auf dein Bf^r^re dort die BSume Muten, wenn man einen
Streich d'rauf führte uiit der Axt V der Meister Hirt erzälilt's ; die Bäume seien
gebannt, sagt «*, und wer sie schädige, dem wachse seine Hand heraus lum
Grabe." (Teil, III, 3) -
temer die Obstbäume, welche an Geburtstagen gepflanzt n orden sind un 1 U
„Schicksalsbäume* nngeRchen werden, sodann die Hclnvulhen und Rothkelilciiön,
weil ein \' ergeben gegen dieselben Unglück in s Haus oder in den Stall bringe. In
derartigem Glanben liegen Ueberreate jener Ansieht naiver Naturvölker, daß die
Weaen, welche imponirende Eigenschaften beaitaen, mit ttbematttrlioben ErKffcen
ausgestattet seien.
Die ersten Anfange des von Mouschen mit BeioufSUein an Thiere und
Pflanzen verliehenen Schutzes sind Rfdun in »innere prahistorischu Zeit zu verlegen:
die Piauibauten-Bewohner waren schon Viehzüchter und trieben Ackerbau; die
in den Hanaatand erhobenen Hnfthiere, die scharfiiinntg aufgcspähteu Pflanaen
mit in die Augen springenden Vbnttgen (Gramineen uud — vielleicht sohon
vor diesen — Obstbäume) konnten aber nicht bloß gepflegt, rie mußten unbe-
dingt gegen die Angriffe ihrer Feinde vertheidigt werden.
Heutzutage gehen die wenigen r/roße» Haubthiere — üeberliefertes aus
dem alten Urwald — ihrem Untergang entgegen; Behörden zahlen auf ihre
Erlegung Schußgelder. Wie labbreidi Baubtbiere noeh im vorigen Jafarbnndert
s. B. in bttndnerisoben Gebii;gen angetroffen wurden, ist emiohtlieh ana den
'Jahrearcchnungen der Bundesschreiber des Gotteduwabundea, naoh denen nicht
selten 2 — ÜOO fl. für erlet^te Raubthiere aasgegehen wurden, ans weleher Summe
auf Erlegung von acht Bären und doppelt so vielen Luubhen und W ulfen zu
Bclilieikn ist. Im Herbst 18^9 geht nun die Notiz durch die schweizerische
Presse, „die Büren drohen im letzten Gebiet (Unterengadin) ausauaterben, so
daß von mehreren Seiten schon eine — Barennaehsnebt angerathen wurde'.
Aueli die fiefährli^hrn R<tubvötiel müssen in dem gegen sie geführten Vernich-
tungsliampf schließlich erliegen. Die Kremotter (Kupfernatter, Pelias Cerus,
Mcrr.) und die im Jura sich zu ihr gesellende gleich giftige rbedische Viper
(Vipera aspis L.) werden immer mehr vom kuttivirten Boden inrttokgedrihigt,
man hört nur etwa rar Zeit der Heuernte noeh von SchlangeDbissen.
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Thier- und FÜHiizeni>cbulz
— 299 —
Thier- uod Pflauzenscbutz
Wir kat$m $$ unter den Feinden der Pftaneen und Jkiere M fMAr mU
kleineren und kleinsten Wesen mu thun. Dahin nind elmmt Nager und diejenigea
Eleintliiere zn zählen, welche mao insgesaioint Ungezi^t r nennt. Zur Be«
känipfung einzelner dieser Sfhädlinj^ sind Maßregeln jft'troffen worden So be-
»tebeu Kaotonsverordnüngen und Konkordate für Vertilgung des Maikäfers, die
wohl besser nachwirkeo, ala jene gei«tlichea oder weltlichen Gerichte in früheren
Zeiten, wie etwa daa 1473 dnroh Biaohof Benedikt ven Laoeanne tther die Enger«
finge im Grebiete der Stadt Bern abgehaltene, es vermocht haben. Ferner hat
der Bunde^rath gegen einge<!chleppte KulturfeinJe Terordntmgen getroffen vcrrrL
.Reblans" pag. R43, II. Bd. und „Blutlaus- png. L>yu, I. Bd.). Solche lu u
auftaucheudti KuUurfeinde rufen jeweilen auch einer ganzen Literatur, wio
es denn flberhanpt aohon bei einiger Geihbr vor Einaohleppnng «nea aenen
Feinde» nie an Belehrungen fehlt (w» s. Z. Uber den Kartoffel- oder Colorado-
käfer, Chryomela decemlineata, Lrc).
Geflihrliclier als das meiste Ungeziefer sind die (Ento-) Pa ra s i t e n unserer
Nuti^Thiere und -Fdanzen (die durch »^ie hervorgerufenen Krankheiten wurden früher
nnr zu gern der Hnerm iqgetohrieben), denn viele dieeer Faraaiten lind ao klein,
dafi aie erat bei stlrkater YergrQiSening oiohtbar werden^ andere wieder nahen
anf eohwer an Turfolgenden SohlMohwegen. UebertrÜger von Parasiten sind z. B.
ana dem Thierreioh : Fliegen, Ratten (Hauptbrutstiitten von Trii hinen), Hund»
(von <ien größten Paratiitenberbergen] ; aus dem Pdanzenreich : Berberia vulgaris L.^
Juniperua Sabina L.
HinaiohtUoh Vorkehren gegen eolehe sind wir andern Lindem noch an-
rHok* So hat Deutachland er^t neuerdings die Vorschrift eingeftlhrt, daß 10 m
weit von Gctreiiie- und Grasland keine Berberitzen (Triiger des Getreide- oder
Grasrosts Pucciuia graminis) stehen dürfen, und eine Warnung erlasnen, gatödtete
Batten zu vergraben. Gegen gewisse plianzliche Parasiten bestehen gesetzliche
Maßnahmen oder Vonchläge znr BekXmpfung. So haben wir anm Schntae
der Hansthiere vor Bakterien die et<^efl09i(t^oAen SeticAen^^^setoe, weldie
die Bannlegung, Schutzimpfungen, Quarantänen beim Vieb verkehr etc., seit
August lt<^d auch die DeMinfektionsverfahren bestimmen nnd die Einsetzung von
Grenzthierärzten zur Folge hatten (vergl. .Viehseuchen*'). Daa neue Verfahren
aber snr Heilung von Infektionakrankhuten durch ^^mpfenlaaeen der Bakterien
(die Bakteriotherapie) ist durch den St. Galler Dr. Gairi weeentlioh befördert
worden.
Zum Schutze der Kartoffeln vor Peronofspnrn infestans ist
vom Buudesrath im Sommer löSU ein Bespritsongs- Verfahren mit Kupfervitriol-
lösung empfohlen worden.
Yoraäilflge aar Bekitmpfung von Pilskrankheiten sind sonst besonders ron
Vereinen ans gemaeht worden, wie vom sfliweiz. Ob>t- und ^^'«•inbauvt•rein.
Audi Hilter den ffriinen Pflamen giebt es solohc die sclui den, Hci es un-
mittelbar duroli F)iit7.ug von Nahrnngssaft an Knltnrptlan/.en twie z. H. die Mi-tel,
Uber deren Lebensweise sich in allen Luhrbuehern Uber Obstbau genaue Erörte-
rangen finden) oder dnroh giftige Wirkungen an flanethieren, sei ea mittelbar
dnrdx Wegnahme von Baum, Licht and Nahrung an Nutspfluinm (wocn dann
oft noch Erscl^wemng der Bodenbearbeitung kommt). Aus früheren Zeiten sind
Erlasse gegen das „Insamenschießen" v o n ü n k r ü n t e r n h*^kannt, die
Strafen vorschrieben. Heute kann man sich vor unkrauthaltigera Saatgut durch
Bezug des Samena von Handlungen sichern, welche unter der (anf Grund einer
1875 von Beg.-B. Baumgartner im Nationalrath gemaehtra Anregang errichteten)
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Thitf ' und raanzenscüuU
— 300 —
Thier- und Pflanzenschutz
Schweiz. Samenkontrülstation läteheij, beöondörü vor der „Kleeseide" (Ouscnta Var.
Trifolii Bab.) etc. Kenatniß ttber neue Bekämpfangsarten geben jeweilen die
laodwirtbMhaftlichen Zeitongen.
Im Kampf geg«n Knltorfeinde stehen uns diejenigen Wesen bei, die solohe
zu ihrer Nahrung bedürfen. Das größte Kontingent zu diesen unseren Gehülfea
stellen die Vö;jel und es rechtfertigt Kich so die durch Dr. Friedr. v. Tschudi
in Fulge seiner Schrift „Die Vögel und daa Ungeziefer" vom Jahre 1858 nicht
nur in der Schweiz, sondern auch im Ausland bewirkte gesetzliche Schonung der-
jenigen Arten, welche ttber ihren weitam größeren Hntsen keineaZweifel ttbrig lassen.
Während auf diese Weise in unserem Land fUr VogeUchnta gesorgt ist,
wurden für denselben nach Außen Hchon internationale Verträge angestrebt (so
1873 durch den schwciz. G"<andten H v. Tschudi auf dem Kongreß der Land-
uud Forstwirthe in Wien, 18'5i durch die Schweiz, ornithologische G^ellächaft
auf dem inteniatioiialen Omithotogenkoagreß in Wien). Zweck jener in den .
lettten Deaennien entatandenea Voffeitohuü^e^eige, bei deren AnfrteHung nieht
bloß die Landwiräuelukfl, sondern auch die tibrigen Hauptinteressen ton-Gruppen
(Porstwirthschaft und Ja^dbetrieb) haben oder hätten berücksichtigt werde'i niU^^sen,
soll die Bekämpfung einer Massenvcrtilgnng nützlicher Vögel und die Weckung
des Sinns für Thierschonung beim Volke sein. Das eidgenössische Vogelschutz-
geseta (vergl. pag 53, II. Sd.) geht nun aber aa weit, so daß es nieht in der
ganzen Strenge befolgt werden kann. Es kommt ja bei vielen Vi'^gt In anf die haupt*
sächlichste Bijdenbewirthschaftung einer Gegend an. ob sie al^ GehiiltVn zu betrachten
sind; unser Gesetz nimmt darauf nur bezüglich U'eiuf^iirton Kiieksicht Der Staar,
von Alters her in Getreidebaugegenden ein beliebter Vogel, was die dort viel-
fach aogebraehten .StaaTklsten* bezeugen, ist — als Beispiel — nieht nnr in
Wein^ürten, sondern aaoh in Eirsohbaumpflanzungen sehr verhaßt. Landwirthe,
die ja am Ende unbedingt sich selbst die Nächsten sind, suchen gf^gen die schäd-
liche Wirksamkeit solcher Vögel auf jede mögliche, nicht immer mit dem Gesetz
übereinstimmende Weise einzuschreiten, und leider gebrauchen sie hiezu oft die
Baben; vielen Vögeln wird dann aaoh bloß wegen vermdntliehem Schaden
naebgeeteltt, und erst recht- and echotslos stehen oft »eitere &ehiüfen da. Httoie-
vertilger, Ungeziefervertilger, Unkrautsamenvertilger sind Verfolgungen bloß ans
Avitipatliie (wie z B. die Kröten) oder ans abers^lHnbischen Vonirtht ih n (wie
die Fledermäuse und Eulen) oder aus bloßer Uukeuntuiß (wie z. B. die als gribe
Hülsen Weißlingsraupen bedeckenden Schlupfwespenpuppeu, die teblernden Tauben)
ansgesetat. Andern Gehttlfen wird aber ancb des angenehmen Wesens, das lie
als KUigthiera gedgnet macht (wie Nachtigallen), oder des Wohlgef^chmacks ihres
Fleisches wegen nnrhj^efitcllt. Die P» i>|iit»le, wo nach dem in den Sechszigerjahren
durch F. Anderegg in Waiizw\ 1 (Obtraargnn) gegebenen Vorbilde die Lrehrer
Schüler -Vereinigungen zum Schutze nützlicher Thiere bilden*), sind bis dahin
selten geblieben, and haben solche erst jüngst in Bentsoliland Hadiahmer gefunden.
In versehiedenen Gegenden ist jetzt den Schülern Gelegenheit geboten, in MSchnl-
gärten" nützliche und schädliche Thiere in ihrem Thun und Treiben zu beobachten,
80 auch die Hninniel nnd Biene als Vermittler der Blüthenbestäubung bei vielen
Kulturpflanzen und die iiegenwürmer als fleißige Arbeiter bei der Dnrchluttuug
des Erdreichs. Wir sollen jedem Wesen, das durch irgend einen Nutzen einen
Bereohtigangsgrnnd fi&t sein Dasein hat, dieses Dasein auch gOnnen, sanen all-
*) Ver(?l. Statuten des Scfaülervereins Wanzwjrh ,Beru. Blätter für Landwirth**
Schaft* lSü:2.
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Thier- und PQanzenscbuU
Thi«r- und PllanzcnschuU
flüüg ni Tage tretuDden Sohaden in irgendwie humaner Art absnwendeii «nchen»
Znr Abwendung des Schadens stehen uns meist viele Mittel zur Verfügung, so
MeDDige oder Scheuchen gegen Vogelschaden in An^^aaten, Querhölzer iin Pfählen
gegen Abbruch junger Btiume durch Vügel, Dornenkriiuze tin HauiUHtÄmuien gegen
Plündern von Nestern höhleubrUtender V^ögel durch behaarte» Kaubzeug. Uebcr»
haapt wird hinslebtUch der eigentlichen Httl&tmppe, d. h. derjenigen Thiere,
deren Nutzen uuzweifelbaft ist, in den letzten Jahren doch mit einem grOfiereo
Yerständniß gearbeitet als früher, namentlich dadurch, daß man Gehtilfen in be-
stimmte Gegenflen zn fesseln sucht. Es werden von einsiehtigen Landwirthcn
Flächen, die zu Kulturen ungeei;j:net sind (wie Baine, Stein bruchränder), mit
niderem Bnsohwerk bepflanzt, von „ VerRohttneningsyiereinen'' in der Nähe vieler
Stidte fttr parkartige Anlagen geiiorgt, von fortsohrittliohen Gemeinden (MoHt-)
Obstbaum-Alleen an den Ackerfluren durchziehenden Straßen angelegt. Neben
natürlichen Wohnstätten werden den höhlenbriltenden Vögeln unter dcö Oehttlfen
auch kiluätliche (Nistkästen) ungeboteii.
Viele wildlebende nutzbare Thiere — Gewild und Fische — stehen
sehen lange unter dem Sohuts des Hrasoben, Indem er ffir eine Yermehmng der-
selben durch Sch( 1 7 iten und «orte Sorge trägt. So wurden x. B. aohon im
XVI. Jahrhundert Jiigdgetsetze erlassen, die eine Schonzeit meist von der alten
Fastnacht bis Joluuiui vorschrieben. Auch erklärten die Glarner schon im Jahre
1539 die Bergkette zwischen GroU- und Kleinthal als Schonrevier. Fischerei-
gilden größerer Orte sorgten im Mittelalter dnrob strenge Verordnungen und
gewiesrabafte Handhabnng derselben, durch Anlage geeigneter Laiehatell«i lür
eine gtite Bevölkerung ihrer GewSäser. Fischerei- und Jagdbetrieb erhielten
sodann durch die Bundesverfassung von 1874 eine einheitliche Gesetzesgrundlage.
So sind nun im eidgen. Fischereigesetz (vergl. pag. 631, I. Bd. und die lievision
desselben vom Jahre IHHS) die Minimalmaße fttr den Fang und die Laioh-Schon*
seit der Fiaehe bestimmt und sieht das adgen. Jagdgeaets (vergl. pag. 63, II. Bd.)
Freiberge fttr EiTbaltlUIg dos Hochwilds (mit Wildhütorn in diesen Bannbezirken)
voraus. Fih' gebührende Nachaelifunn- des Jui^d^'tsetzes sorgt nelieu kiintuniileQ
Jügervereinen der 1882 in's Ia-Ik-ii ;.;erut"tni' »chweiz. Wildschutzverein Diana.
En ist eine bekauiite Thutsuche, daß wir den Werth gewi&ser Wesen erbt
dann sohätaen lemoi, wenn wir dieselben, snr bemerkbaren Abnahme oder gar
Ausrottung getrieben haben. Wir suchen in diesem Falle kiiM>tlich eine Erhal-
tung und Verinebmng. Wir sind dadurch auch zur künstlichen Fisch- und Krebs-
zucht irekoiumen, und immer mehr wird dabei die Wnhrheit des Spruchs eingesehen»
daß „das Watuer ebenso reich iat als das Feld, wenn man es gleich den Aeckeru
bestellt*. Kaehilmi der Steinbode aae aneerem Wildstand VMvehvtinden war^
anehte man mit großen Kosten seine Wiedereinföhrung in Oranbttndea (8teinboek-
Kolonie an der Strelakette, Schnnfigp», wie ornithologische Vereine die W^iedcr-
ve<"breitung von Nachtit^allen ilureh Ankauf und Aussetzen, ün'^ere edlen Jiigd-
thiera (Gemsen, Kirsche, Kehc) werden übrigens an verschiedenen Urttjii besonder?»
gepflegt, wie im zoologischen Garten von Kasel, iu den Waldungen der Sihl bei
Zürioh, im Hirsehengarten bei Bern, in den Faros der Gorges de la Reuse
(Neuenburg). Ebenso hat man in neuerer Zeit auch Pflanzen — namentlich
Arzneipflanzen (wie im Jnra gelber Enzian, (icntiana lutea, L.) — in Kultur
genommi»u. Die charakteristischen Schweizerpiianzen werden in der Schweiz viel-
fach in botanischen Gärten kultivirt (so in Bern, Zürich, speziell die Alpenpüanzen
im 1889 üsrtig gestellt wordenen Garten des Entremont-Thals an der St. Bem-
hardstraße). Damit die seltenen Pflanzen aber aneh noch wildwaohsend erhalten
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Thier* uud Pilanzeuschutz
— 3u:i —
Thier- und Fllaiizenschutz
bMImi, hat tidb auf AnreganK Tön Dr. H, Q«ndet and H. Gorrevon am 29.
Januar 1883 in Oeuf di« JhBodaUan pour la prüteedon des pianies gebildet.
Sind ja doeh daroh Sammelliebhabereien seltene Pflanzen schon von verschiedenen
Stellen verschwanden, obs^hon manche Lfhrfr, liherhaupt g»'<;ren das viele unnütze
Fflanzeuausreißen eifernd, Fundorte vor allzabegieiigen SchUiem verheimlichen;
zwar finden wir daa Verheimlichen auch bei Poetillonen und Kondukteuren
Fremdm gegmiQber, bei dieeen aber anf eigenen Gewinn beredinet. Jeoe Asm»
ciation zählt bereits 600 Mitglieder, neben Schweizern zahlreiche Ausländer.
Auch wurde durch die Sektionen Oberaargan ntid Zofingeii des schweiz. Alpen-
kl'ib-', nachdem Direktor Rob. Mej'er in der Klus auf d-irri;;'? Abnahme, seltein-r
i'lianzun auhnerksam gemacht hat, darauf gedrungen, duü die ii.ni\vohnergemeinde
fiabthal ]flS5 folgende BeeoblttHse annahm:
1) Es dürfe im Genieindebann Baisthal kein Gärtner noch Botaniker Daphne ctieo«
mm L (dn^ ^Klnsner AlpenrösU") and alpina L.» Primola auricula L. (»Flne-
blümli*) sammeln ;
'S) ebenso dürfen Ton den Einwohnern Babtfaal's und Umgebung die Bitthen dieew
Pflnnzpn nicht gepflückt werden ;
3) es äoiicn au günstigen Steilen Verbote aufgestellt werden mit BußandroUung.
Und ähnlicbe Beeelilasae faßte sp&ter auon die Gemeinde Oensingen, io deren
Gebiet z. H, die KavoUmfltth mit Ib^ ris saxatilisL. liegt. Gegenwärtig ist - — besonders
durch die Bestrebungen von Fischer-.Sigwart — die Anssiclit vorhauiieu, daß der
Schweiz. Aipenklub sich die Planzenschutzfrage zu seiner Aufgabe machen wird,
wie derselbe ja schon fUr Schonung von , Wettertannen* sorgt, und so werden
denn die Bni^ fttr Erbaltong von Jura* und Alpenpflanzen (wie s. B. von Edel^
weiß) in der Presse nicht unerhört bleiben.
Wälder im Gebirge genießen seit Alters besonderen Sobntz, namentlich
solche, die in den Alpweiilen, an den (irenzen der Waldregiun liegen (uft
bedrohten Statuten deren Schädigung mit dem Tude)j denn mau erkannte ihre
Bedeutung und wußte wobl, daß ein Kaobwache bat nnmVglioh sei. Der dnrcb
Nai-B. Dr. A. v. Planta angeregte Gedanke, der Bund solle die Oberaufsicht
über die Forstpolizei im Hochgebirge führen, wurde zum Bundesgesetz erhol»en
(vergl. pag. 651, T. Bd.) und kann nun, auf Grund de*!3f»lben, verderblichen
Elementen Einhalt gethan werden (Rufen, Kutuchungen). Waldi^chutz vor Ziegen
und jSdufen (Bergamaiker) wird jetzt durch geregelten Weidgang «reieht ; ein
üebel besteht in Graubttnden noch im Allmendweaen, in der eehldlicben freien
Azuug (vergt. „GraubHndcn" I. Bd.).
Aus den ungemein zahlreichen Wiesenpflanzen wurde in den letzten Dezennien
das Beste vom Guten lierausgefunden, um mit demselben durch den Kunstfiitter-
bau die Thierproduktion zu steigern; so sind nun wcrthvolle Futterpflanzen
in beeondereo Sohntz gekommen.
Obechon gegen Vergehen am Eigenthum die kantonalen Pulizei^trafgesetze
bestehen, hört man doch ■-tets Klagen über Feld- und besonders Obstfrevel,
weßhalb auch hcliun im hcrni^chen Großen Rath die Motion auf Krluß eines Gesetzes
fUr strengere Bestrafung dcö-selbeu ge^tellt, 18Ö8 in der bernischen Obstbaukommission
der Entwurf einee Heg lernen ts gegen Obetfrevel besprochen wurde. Eine Mneter»
verordnuDg für Einwohnefgemeinden, yon denjenigen des Amtes Bargdorf ange-
nommen, ist nun 1889 von einer Kommisaion unter dem Prtteidium von Ghroß"
rath F. Affolter in Oes( hberg herausgegeben worden.
Gewisse Kulturen genießen Zollschutz. Andere Kulturen hat allerdings
die Landwirthechaft, seit ihr die Industrie zur Seite steht, aufgeben müssen (wie
Fftrberwaid, Krapp).
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Thier- imd PflaiueoschaU
303 —
Tliier- und PflanzenächuU
Uao machte die Boubauhtuug, daü Haunthiere noch vielerurtti roh be«
bandelt werden, und daher theten eioh MKnner fosunmeo tm Bilduag ron frei-
willigeo GreaaUfldiaften, welohe noh die schöne Aufgabe stellen: 1) jeden ihnen
bekannt gewordenen Fall von Tbierqualerei sur Anzeige bez. gesetzlichen Be-
strafung (nach den kantonalen Strafgesetzen o(!er entstandenen Dekreten Uber
Thierquälerei) zu bringen, 2} das Volk durch populäre Flugschriften Uber die
richtige Behandlung der Haustiiiere in belehren, 3) lilr fiinftthrung puaender
ZnggeBebine, Fehraenge ete., fHr Yerbreitnng von Pttnen eoleher Stallni^seii,
die den sanitären Anfonh rangen enti^prechen, sowie fllr eehmeraloae Tödtung ein-
zutreten. Der er^te. derurtige „Tli i e r sc h ii t z vfrei n" entstaiK^ in Zürich,
dank dt^u eoergiüchen Bebtrebungen des Pfarrers VVoitf in Weiuiugen \ Statuten:
1075). Im Jahre 1885 wurde eine Konferenz der schwoiz. Thierschutzvereine
in Bern anter dem Pritaidinm yon Wolff abgehalten and aaf dieser folgende
Staftnten aogeoommeo :
§ 1. Die Schweiz. Thierschntzvert'ine uml tlit- Alithoilungon uiultM-cr Vcrt-inc, die
den Schutz der Thiere zum Zweck haben, stehen mit einander in organischer Ycrbiu-
dang und bilden in ihrer Gesainmtheit den «eftweir. Zentratverein ttm SchmiM der
Thiere. — § 2. Jeder T.okalvcn in wird nach seiner Konstituinini^. nach Meldung beim
Zentralvorsland und durch Annaliiue dieser Statuten Mitglied des sdiweiz. Zentralvereins.
Er behftll in seinen inneren Beziehungen und zu den anderen in- und auswilrtigen
Vereinen eine durchaus selbstständige Stcllunir. - - § 3. Spätestens alle zwei -luhre findet
eine ordentliche Versammlung von Abgeordneten der Vereine statt. DieMi nehmen
die Rechnungsablage entgegen und wühlen filr die näch.^ten zwei Jahrs den Zentral-
Vfir^laiiil, bestehend aus Prä-idinl umi Vizepräsident, drei Miftrliedern und außerdem
zwei KtThaungsrevisoren. Akluariid uud (^)uü.slorat besorgt der Vorstand des Vereins,
welchem der Präsident angehört. — S 4. Kine aufierordentliche Abeeordnelenversamm-
lung wird vom Vorstande einberufen, sobald die gemeinsamen Angelegenheiten und
Interessen es erfordern, oder drei Vereinsvorslände unter Angabe der firOnde eine solche
verlangen. Bei den Abgeordnelenversammlungen li it jciler Verein durrh seine Dele-
girteu bis zu 100 Mitgliedera zwei Stimmen, für 200 Mitglieder drei, 300 vier u. s. f.
Mehr als sieben Stimmen darf kein Verein abgeben. — S 5. Der Zentral vorstand hat
die geraein>aiiien Angelegenheiten und Intt r. ssen der Schweiz. Thierschutzvereine zu
leiten and zu wahren, insbesondere die Bildung neuer Thierschutzvereine im Schweiz.
Vaterlande anzuregen und zu fSrdem. — § S. IMe GeschSftsleitung des Zentralvorstandes
\üt unenf^relllicli. Daj-'et-'en l>e/iehen die Mitglieder dräveUien, -nwie der Aktuar und
Quilslor bei noUiweudi^ gewordenen Sitzungen und Reisen in gemeinsamen Thierscbutz»
Angelegenheiten die Vergütung der Reiseauslagen und ein Taggeld von FV. 8 fflr den
ganzen und von Fr. 5 für den IhIIku Tag aus der Zenlralkasse. — § 7. T)ie Zi-ti1ral-
ka^ wird gebildet aus den Beiträgen der einzelnen Vereinskassen, welche Beiträge
▼om Zentrdhrontand (je nach Bed&rttail) ffir die gemeinsamen Angelegenheiten und
nach eingeholtem Gutachten der Vcroinsvorstände in Fällen von p:rn(.'crer finanzieller
Tragweite) im Verhältniß der Mitglicderzahl und zum Vermögen der einzelnen Vereine
und Abtheilungen (§ 1) festgesetzt werden. In Källea von sdiwachen finanziellen Ver-
liällnisscii einzelner Vereine ist es dem Zentrah ' n -lande ^rc^tattet, billit-'c Hn( Jv-:chten
wallen zu la-ssen. — § 8. Jeder Verein bat d.i> Ue.hl, aus dem Verband auszutreten.
Bei Nichterfüllung der durch diese Staiaten auferle,,'ten Pllichten kann ein soldier auch
durch die AI>^'ef)rduetenversaminhin'^' vorn Zentralverein ausgeschlossen werden.
Gep:euwiirtig bestehen in 14 Kantonen Thier«ehutzvereiiie, und zwar in
Zürich, Bern (seit 1888 mit dem Antivivisektionsverein verschmolzen), Biel,
Burgdorf, Langenthal nnd Thun (diese fünf hernischen bilden seit Hai 1889 den
kantonal- bernisoheo ThiersctbntsFerbaod); Lnzern, Glems (KantomilverNn), Frei«
bürg, Solothurn (Kantonalverein), Baselntadt, St. Gallen nnd Toggenbnrg, Chur,
Aargau (Kantonal verein), Thnrgan (Kantonalvereiu), Lanaanne, Nyon nnd Uolle,
Neuenbürg und Grenf.
Im (ranzen sind es 21 Sektionen, th. lokale, th. kantonale. Der deutsch-
aohweizerische Zentxalverein gibt keine Jahresberichte heraus. Das seit 1889 nnier
Thier- und Fflaozeiutcbutz
— 304 —
Thoniasschlake
der Kedaktion von Em. Xaef bei Wirz-Christen in Aarau sechemal im Jahr er-
sobttnende Organ «Der Thierfreund " (früher «Sebweüer ThknohnteblStter") gibt
Kunde Ton dem« was geHchieht. Hanptfi«gen waren bisher der Viebtranaport» daa
Schächtverfabren und dieüundebespannang; sie kamen theils auch an f internationalen
Thier»chutzküngre«8en zur Sprache. So referirte Bezirktüverwalter A. Keller von
Aarau Itibö auf der durch F£r., Woltf Obmann geleiteten Konferenz in
Httnoben und 1889 auf der in Dresden Uber die Viehtnuuportfrage. Gegen
TbierquiUerei beim doblaehtgcachifte erließ adhon 1884 der Tbienrahntsvereia
Zürich mit den 13 aedern damals bentehenden Vereinen (Bern, Burgdorf, Langen-
thal, Luzern, Solothurn, Basel [ThierschutzkommiMion drr g«m. Gch- IlKf^haft],
Aarj^u, Thurgan, Toggenbnrg, Grlarus, Waadt, Neuenbürg und (ieufj einen Auf-
ruf an das sohweiz. Volk mit folgender Bitte:
1) ,Man wolle tu Stadt und Land darauf sehen und balten, dafi das Sdilachtett der
Tliicre nur durch sa<-fiknndi;;e uml <lazu geeignete Personefk vorgenommen ward«
(Nüthfälle selbstverständlich ausgcuommen).
S) llan wolle bei den Sehlaehtnngen darauf sehen und hallen» daß yor der eigenU
liehen Töiilun^: «lurdi lüntrnizioliutiK ein»:' vnllige Betäubung der Thiere durch
&k:hlag oder aut andere .iiigeniessene Weise vorausgehe.
3) Man wolle dazu helfen, daß diejenigen SchlachtmethoileD, wddie bis jetzt al»
die den Anfordt'riinj?f'n dor Menschlichkr-tl und (!er m^frlicli^t schnellen und
srlinttiv-loseu Tödtung entspreehondsten ci tDiidcn worden, mehr und mehr überall
eingeführtwerden; da ^leht in t rster J.inie die Schußniaske, welche durchaus
iior den momentanen Tod des Thieres bewirlit und die völlige Verblutung in
keiner Weise hemmt.'
Seit Herbat 10ä9 hat der Thiersohnttverein Bern für Abtddten von Hunden»
diejenigen von Biel nnd Bern fdr das TOdten yon Marktgeflttgel Einiicbtungen
getroffen.
Dil- Thifrschutzvereine dehnen ihre Schutzbestrebungen auch «nf andere
als HauhtliicrL' au>, besonders auf die Vogel. Daa Zentralkoniite hat nich
gchriitlich an den PapNt Leu Xlli. gewendet und um «»eine Vermittlung in Sache
des Maaeenmords von YSgeln in Italien gebeten. Tbiersehtttavoraine erlassen
jährlich Aufrufe in der Pret^ser für zweckentjsprecbende und den Arten angemf8t>ene
Fütterung der Vi. gel im Winter Der Thierechutzverein Bern sorgte 1889 für
billige Verbreitung von Di'. Th. Liebe'» , Winke betr. da» Aufhangen der Niat-
käMtcn tiir Vögel". Leider habeu die Thierüchutzvereine noch immer gegen
Gleichgültigkeit und Yomrtheile ansukKmpfen, die Theilnahme fttr ihre Be-
strebungen ist noch lange nicht beim ganzen Publikum geweckt
Neben Thierschutzvereinen treten auch Viehzucht«vereine und die kan-
tonalen T.andwirthschaftH-Direktifmen fiir humane Behandlung der HnuMthiere ein.
Es wird für Unterkunft von Galtvieh in den Alpen gesorgt durch Bauen von
praktiiicben Ställen, lu den Alpen werden an getührlioben Stellen Scbutzwebren
errichtet.
So gehen der freiwillige (von Vereinen ond Privaten durchgeführte) und
der stantlirhe (eidgL^uossische inid kantonalel Thier- nnd Pflanzen!<ohnt:5 Hand in
Hand, sei er nun positiv, ein InM Initznehnien der um nutzbaren, ntitzlifdu-n und
angenehmen Wethen, oder negativ, ein Abbaiteu der natürlichen Feinde und der
SohKdlinge derselben.
ThoniHSSchlake. (Mitgetlieilt von Herrn Müller, Chef der Landwirth-
ßchaftjiabtheilung des eidg. Industrie- und Landwirthachnftsdepartementps.'i Um das
Koheisen vom Phosphor zu hefreien, welcher dasselbe „kaltbrUchig" und damit
Sur Suhmiedei^en- und zur StuhÜuLiikation untauglich machte haben die Cng-
Utnder Thomas und Oilchrigt folgendes Verfrhren erfhnden: Das geachmolseno
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Thonuagchlake
— 305 —
Tbttrkonreküon
BdliMMii wird in ein oben offenes, birnförmigee, mit nnem aiebartig durehlttoherten
Boden versehenes Gefäli (Convert« i ' 'u>snn; dem flüssigen Metall winl un^eflthr
lf)**V. Kalk zugesetzt m\ä dunh dt-ii Siflibuileu Luft durchgepreßt. DtT S'ttif>r
8U)tl' der Luft verbindet sich mit dem Fhu»|>lior zu Pbo-sphorsuure und die^o mit
dem Kalk zu photiphursaurem Kolk. Dieser phosphorüaure Kalk und die andern
Umoinigkeiten des EiBens bilden an der OberflSobe des GonTerler eine dnnkle,
glasartige, blasige, schwere Schlake, welche Thomatitichlake genannt wirl. Diese
Schlake wird in Kugtlininilm fein gemahlen und kummt dann als Thomwi-
Schlahe um ''■Iii in Handel, welche» 10 bis 31), durchsi hnittlicU 16 — 1? ^ja^ Phoipkor-
säure und 70 — sogenannteti Feinmehl i iithiilt.
JÜie Phosphorsäuro der Thomasflchlake *i»t je nach dem B'eingehalt ver-
biltnißmftßig leioht Idslicb nnd damit den Pflanxenwoneln zugänglich. Die IjV««
lichkdt wird durah den Humus und namentlich durch die UumuH.^ore der Turf-
möser wesentlich gefördert. Da zudem die PhoHphorsäure des Thomasmehles in
die Schweiz geliefert auf 28 bis 36 Rp per kg, somit mehr hU di»» Hälfte
billiger zu stehen kommt, wie die Phosphoruäure des Superphosphates, so ist
dieses Sohlakenmelil «in sehr empfehteoswertlier Dünger, der sidi namentlich dasn
eignet, den Ackerboden mit einem fttr alle FlUe anareichenden Gehalt an leicht
löslicher Phosphortänre an versehen. Za diesem Zweck sind Dün^'ungeo von airka
1000 kfi;" ThomaiMjehl per Hektare tu empfehlen, welch'- später — wenn der
Boden sich mit l'lio.>phorsäure angereichert hat — entsprechend vermindert werden. -
Wird das Mehl iut Herbst in den Boden gebracht, so kann nach den klassischen
Yemichen Prof. Dr. Wagners in Dannstadt darauf gerechnet werden, daß die
mäfte der PhosphorsKare eoboii im darattifolgeodeu Jahr den Pflansen srogänglich
sein wird.
In der Schweiz wird kein*> Phi^masschlake gewonnen } es besteht aber »eit
1890 eine Schlükeamühle m U uillingen.
Thoik\\aaren s. Töpferei.
Thunerseebaiin. Eiäenbahnprojekt, zu dessen Realisirnng sich am Ii. Aug.
1890 eine Aktiengesellschaft gegrttndet hat. Die ünie soll die bereits bestehenden
JBahnstationen Scherzligen und Därligeii, resp. die Linie Bern Thun mit der Bödeli-
bahn verbinflen Em wird eine Rentabilität von 6 ®/o des Anlagekapitals in Aussicht
^enunimen. Der Bau ist an die Firma Pilmpin und Herzog um die Pau>chal-
»umme von 4,7OO,00f) Fr. vergeben und soll bis 1. Juni 1803 ausgeführt werden.
Tiuirkorroi^liuu (Kauton Zürich). Dieselbe erstreckt sich von Vcldi (Thür
gauergrenze) bis zum Rhein, in einer Länge von 22 km. Anf der 4,5 km langen
Grenzstreoke awischen Zürich nnd Thargan Uberflathete das Hochwasser das Thal*
gelände mit mehrem Ortschaften auf etwa 1 km Breite. Diesem entgegenzu-
treten werden Dämme angelegt. Auf der Übrigen Strecke fließt die Thür theils
zwischen hohen Ufern, uder ist in der Thalniederung so tief eingebettet, daß die
Hochwasser nur selten übertreten nnd wenig Schaden verursachen. Der Fluß
wird hier nvr soweit regnlirt, am dem weitern üferahbroch Einhalt au than.
Hiezu werden Traversen verwendet, die in Abständen von ca. öO m vom erhöhten
l'fei \n< an Jas Nitilerwasserprofil reiehen und, wo nothwendig, in der UtVr-
linie mit uiederu Lungswuhren verbunden. (S. Tößkorroktion.) Die ProlUbreite
beträgt im ohern Theile 50, im untern Theile (»0 m.
Der Kostenvoranschhvg flir diese Korrektion beläuft sich auf Fr. 1,200,000,
wobei die Kosten fttr die anschließenden Bheinnfer bei Rttdtingen inbegriffen sind.
Ftfr die im Betrage von ca. Fr. 297,000 vor dem Subventionsbegehren ans-
rarrer, Vol1nwtrt1uehBtU*L«itk«B An Scbmls.
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Thiirkorreklion
30U
Töpferei u. Tiionwaaren-lntlustrie
geführten Arbeiten wurde keine Subvention bewilligt, weil im Widerapruche
mit Art. 5 de» Bundeiige«etzea betreffend die Waseerpolisei im Hochgebirge.
(S. Gewä-serkorrekfiunen und Wildbachvcrbauuiigen.) Der Bnndeiibeitrag beträgt
einen l>riftf ! f!«r wirklicheu Kosten, resp. im Maximum einen Drittel der Vor-
au60lilagssiimnie B. B. v. 'Jf^. Juoi A, S. Bd. VI, pag. 21?^.
Töpferei und TJiouwaaren-Iiidustrie. Das Tüpfer- oder Hafnerhand*
werk muß in der Bebweiz schon yor 4Ü0 — 500 Jahren auf hobor Stufe kflnst>
leriiwber Vollendung gestanden sein. Auf dem (Trenzgebiete der Kantone
Lüzeni, Aargau, Bern und Solothnrn sind seit Jalirzelmten zahll<ts(^ Fimde
von itruamentirteii B(irk>teinrn gemacht worden. I.riii«ri; nur für zutiillig ver-
mauerte Bruchstücke gehalteu, wurden sie erst dureb neuere Üuidtjekuugen aU
Zeugen einer alten Technik erkannt, deren Centram im Kloster St. Urban ite
suehen iat. Einer Ueherlieferung gemäß soll dieses Bauwerk im XÜI. .laUr-
liundert zum größteu Tlieii au^ Ii irki^tcincn ernchti't worden -ein und m>]1( ii die
Brennereien dieses Klosters in der Folge eine weite LJni2:'*Vning mit ihr u Pro-
duklen Verbürgt haben. Die get'uudeneu Stücke, Vutieu und «Sauienkapitäie, Keil-
steine, Theile von Fenaterlritiiken etc. «eigen meisten« die Formen des romanisch»
gothischen UebergangHstiles; Blöcke bis an einem Meter LKnge nnd entitprechender
l)i( ke sind mit einer Kunstfertigkeit gehrannt, welehe selbst die Bewunderung der
Techniker der Jetztzeit erregt; zudem geli'ireii die aufge|)re(jten Reliefverziertnisren
(Wappen und Thiertiguren) zu dem Besten, was die dekorative Kun.'^t aus der
BlUthezeit des romanihcbeu Stils hinterlassen hat. Am meibteu \vX indessen die
aitsebweizerische Töpferei durch ihre kunstvollen Kachelöfen bekannt gowordeOf
deren Erstellung in der Schweiz und ihren nächsten (f renagebieten schon Kehr
früh, wahrscheiiilieh siIi mi im Xlli. Jahrhunderl, i>( i^onnen haben muß. Zu
bes<iiiden;r Berühmtheit waren die W'/niorUftrcr llaluer gelaiijrt (l)ekatinteste
Gc-schleehtür ; Erhart, l'fau und Graf), deren Erzeiignisiie vom Ausgange de.s
XVI. bis etwa in die Mitte dos XVIU. Jahrhondert« (im XVII. Jahrhundert*
waren in der Stadt Winterthur circa 20 zUnftige Meister etablirt) von SDd-
deutsehland bis in tlie Thäler (Tranbündens Absatz fanden und in unseren Tagen
Allen, die sieh mit der WieiUTbelebanir der Kunsthafnerei befassen, liiiisiehtlich
der Form und der Technik zum Vorbilde dienern. Neben deu Oefeu haben die
Winterthnrer auch Schüsseln mit Wuppen, Allegorkm und erhaben gearbeiteten
Fruohtstücken, Sohreibsengo, Uandgießen nnd Geföße aller Art, Kalenderrahmen etc.,
auch ganze Böden von bunlglüsirten Fliesen geliefert. Mit ihnen konkurrirtcn
namentlich einiire Schatrhau.scr Ti'pfer und die MeverVclh n .Ateli. :n Steckborn.
Kine eigenartige l\tui«if töj.fcr'M be.saü der Kanton Bern im iSuaineuthale , in
Langnau und in iieimberg. In größtem Ansehen stand da.s Heiuiberger Geschirr.
Eine Eigenart desselben besteht in dorn stark erhöhten Auftrag der Farben, die
von ti< f>'u [{andiinien umrissen sind, was die Schärfe der Zeichnung verstärkt
riml zugleich das ücberlließen der Töne verhindert. Mit der Zeit trat in dieser
Fabrikation eine Versrhli'fbteriiftg ein, so daß man in neuerer Zeit Mühe gehabt
hat, Kuiiätsiuii uud iOkUnstfertigkeit de*» jungeu Gesehlecbtes wieder etwas zu
heben und die Produkte wieder xn einigem Anaehen au bringen. Vereinzelte
Fayence« Werkstätten, die durch ihre Produkte zur Berühmtheit gelangten , waren
diejenigen von Andrea» Doldcr in BerO'MUnster im Kanton Luxem, J. J. Frey
in Lenzburg tut ! Atitnine Blavignao in Genf, die alle in der zweiten UiUfte
des vorigen Jahrhunderts existirten.
Besondere Erwähnung verdienen in reichem Maße auch die Zürcher nnd
Nyoner Porsellanmanufakturen ans der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhanderta.
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Töpferei u. Thonwaarcu-indusCne — ;jt»7 — Toplerei u. TbüuwaartiU-lHdusüie
Das Zdreker Porgeilau worde im «og. Solwren, einem beute noch Sbuliehem
.Zwecke dieoendeD GehSfte swiachen Bendlikon und ROsohlikon, fabrisirt. Die
Fabrikation begann im J. 17G4 iluroh ( ine Art Aktieug< sellacbaft, wozu aaoh
der Maler nnrl Dichter Salomon Geßucr und der HatliNherr Jolumn Murtin
Usteri güliürtt.i» ; man nimmt an, dali vom erstcrün die Anreg;img zum ganzen
Uutermdimeu ausgegangen aei, wie er auch stdlwit «ehr hervorragende ^Lalereion,
namentlioh Landsebaften, datn lieferte. Laat einer, im helvetisehen Kalender
von S. Geßner (Ziirii h 1780) verötlentlichten Empfehlung der P'ahrik, mit Preis-
angaben, waren die Fabrikate sehr mannigfaltig, aber verliiihnißmaßig /.irmruli
theuer. Ein Lihiu gemaltes, vullHtändigeH Theesf-rviee von feinem Pi»rzellau wird
z. D. zu 10 Fl. 1^1 Luuiäd'or), ein Holches mit Land^haften ohne Vergulduag
zn 41 FI., mit Vergoldung au 54 Fl. notirt. Unter mehrfachem Beützweohsel
dauerte die Poraelianfabrikation bis 1B03, in welchem Jahre sie rou einem
neuen Erwerber (PiiliiideDt H«. Jakob Niigeli von Bt-ndlikon) als unrentabel ein-
«I'i'st'dlt wurde. X-ir die Fayonrefahrikation \\ urdf fnrtL,'^M l/t, wobei aber die
kuabllerisehe Autituhrung in den Hintergrund trat. Die hnanziellc l'i'o^perität den
UnternehroeD8 war nie bedeutend; vielmehr brachte daaaelbe den Betheiügten
in späteren Jahren erhebliohen Verlast. Der ünansielle Mißerfolg der Fabrik
wird hiuiptsaclilicl» dem Umstände zugesehrieben, daß kein gutes Material ver*
wendet ^^ ;rl ; es kommen in den Erzeugnissen viele Fehler, wir krumme
Stücke, Brandrissc und Verunreinigungen der Masse vor. Im Uebrigen / ielmeten
hieb die Produkte durch einfache, aber elegante, gefällige Formen und unuber
troffene Landschaftsmalereien a^s. Das Porsellan der sahireich erhaltenen Stttoke
iet nie sehr weiß, sondern besitzt meistens einen warmen, gelblichen Ton, der
einen treiflicbeu Hintergrund für die Farben bildet.
Die \i/i)jir)- J'iir::rluii)iuatii<l(iltur wurde durch eiium Pariser Künstler,
Nameuä Maubrtie, gegründet und dauerte hin leil^, von welchem Jahre an nur
noch guwi^hnliche Thonwaaren febrisirt wurden.
Mangel« genügend großer Absatsgebiete konnte die Konkurrenz mit dem
franzr»siv( h< n Porzellan nicht aufrecht erhalten werden. Die Fabrik , welche
namentlich aucb «jroße Prunkstücke von hervorragender Vollendung lieferte,
genoß während laiigerer Zeit einen bedeutenden Huf. Die selir schönen Malereien
wurdcji größtcntlieils in Genf besorgt. Heute werden in Nyou wiedw weiße
Fayeiicegeschirre zum Kttehen- und Ti«chgebrauch , auch dekorirte Stücke und
solche mit bemalten Relief Verzierungen gemacht. Ferner bestehen kleinere
Fabriken zur Herstellung feiner Fayence in Genf und Carouge, Winterthur und
•Sohatlliausen
Ein eigeutlichea Wiederaufleben der schweizeri-scheu Porzcllan-Indubtrie wird,
naeh dem Urtheil von Fachleuten, abgeeehen von den Zöllen dee Anelandee,
hauptsächlich durch den Mangel guten einheimischen BohmaterialH gehindert,
unter weichem auch die alte Indu-strie zu leiden hatte. Die Einfuhr fremden
Materials kommt zu theuer zu stehen , als daß dann die Konkurrenz mit dem
Auälaude noch möglich wäre. Die Erätellung kunstsinniger Töpfcrgt^üchirre aus
gewöhnlicher Fayence hat hingegen beute noch eine bemerkenawerthe Auadehnung
in den alten Mittelpunkten der TOpfera, Heimberg und Wintertbur. In eieterem
Orte und dem nahen Thun beschäftigen sich heute circa 20 TVerkstStten mit
feinerem. Inmt' tu GeMhiiT, nMm"ntlirh Majolika et'-., indi-m sie sieh, unter An-
lehnung an die Icchniscbe und stylistische Eigeuart der allen lleimberger, der
möglicliätcu küustleriüchen Fort»cbritte befleißigen, ihre verhältnißmUßig billigen
Produkte erraogen an der Parieer Weltausstellung von 1878 einen bedenteoden
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Töpferei u. Tbonwaaren'Ihdustne — 30^ — Töpferei u. ThoDwaaren-Iodustrie
Elfolg und werden io nicht nnerhebliehem Maße expoitirt, baben aber seit
einiger Zeit wieder eine Abnahme de^ B-gehrs zu verzeichnen. Um 1879
bestanden {\'2 Hafnerei. n mit durchMchnittlicli jti Ii! Brän<l' ii ä 300 Fr. im Jahr,
also einer Gennmmtproiliiktion von 220, noo Fr. pro Jahr.
In Winttrthur i-t seit eiiiifr''i" /^•i'^ bf'>onders die ErsteUnng kunstvoller,
farbig gla><irter Defen wieder aulgebliiht. Durch die luitiative des Töpfera
Hanbart wird dort aneb in der Erzeugung von dekorativem Gesdiirr wieder
Hervorragendes geleistet.
Gewöhnliche, weiße und bemalte Oefen werden fast in allen größeren Orten
kon.struirt. Im Alljremeincn weir'ht aber der gewöhnliche heimelige Kachelüfeu
immer mehr den gefütterten und ungefütterten Eitteuöfen. Auch findet eine
bedeutende Einfobr von Kadiel]}fen ans Deutmobland »tatt.
Im Jahre 1889 beetandro 74 Hafiner^en mit 366 mSnnliabeB Arbeitern^
10 Dampfmascbinen mit 80 Pferdekräften nnd 10 Wassermotoren mit 26 Pferde«
krKften. Dan Bctricb.skapital betrag oirca l'/s HÜllionen Franken, die Jahres-
Produktion (*)72/h>o Fr.
Solides, braun giasirtes KarhcHgeschirr von rothem Thon wird fabrikmäßig
in Schatrhausen und ßamdland gt-macht.
Eine ziemlich ausgedehnte Kochyeschirrta.\}xika.\XovL findet in BonfoL (Beruer
Jnra) statt. Deren Braeugniase, ans vonttglicher Tbonerde erstellt, sind infierst
fenerfest ond erfreuen 8ioh anter dem Namen Prnntenter Ge^shirr im Inlando
eines sehr guten Uufe».
Ueber Bacluteine, Ziegel und Cementwaareu siehe die Artikel «Backsteine*^
und Ccment.
Dnrck die Tolkssühlang von 1680 wurde die Zahl der erwerboiden Personen
aller in die Thonwaarealndostrie einscbUtgigen Branoben wie folgt festgestellt;
Kalk- and Ziegelbrenner 3922
Asphalt- und Cementarbeitfr 829
ThunwHnrcn- ivud Steiugutfabrikatioü . , . , 2354
Oefeu und andere Ueizeinrichtungen .... .53 ß
7641
Wfp !((• ii uti nd die Kinfnhr von Thonwaaren die Ausfuhr übersteigt^ zeigt
folgende ZuHauiiia'ii&teilung für duf* Jahr 1Ö89 :
Werth
Ausfuhr Einfuhr
Fr. Fr,
Backsteine, Röhren, Platten« Fliesen 108,005 811,708
Feuerfeste Siein«*, Trottoirsteine ans gemeinem Steimeeog . 6,477 487,739
Dach/Ü tr,!. ^rewöhnliche 26,201 422,499
Dachziegel und Backsteine, gedämpft, geschietert, glai*irt;
ßalui>tre« und architektonische Verzierungen. . . . 4,918 23,450
B8hren, Platten, Fliesen, Ofenkacheln, geölt, glasirt
oder aus Stninzong, nicht bemalt, bedruckt oder ge«
8chli[fen, glatt oder gerippt, ohne Beliefveniernng . 11,218 568,697
GaHnt.rtin . 4,101 ö,99ö-
Gemeine Töpferwu.utMi mit grauem oder rothem Bruch,
glaidrt oder nicht; gemeine SteinEOUgwaaren : Tiegel,
irdene Pfeifen 82,199 309,90a
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Töpferei u. Thonwaareo-Industrie — 30'J — Tößkorreküou
Werth
Ausfuhr Einfuhr
Vr, Pr.
Platten, Flieeen, Ofeokacfaeln, bemalt, bedraokt, ge*
Bohliffen, mit Reliefvenieniiigeti; arehitektoniMhe Vw*
zifntngen, glasirt oder aus Steinzeug 6,808 112,960
Topferwaaren mit wt-ißt n! odt r gelblichem Bruch, i""a\ «mk?«,
feines Steingut, Panuu, liisuuit, Terracotten und audere
Töpferwaanm 13,250 741,520
Poraellan aller Art 273,8:^6 561,080
536,153 4,048,341
Näheres Uber die Schweizer. Thonwaaren-Indu»trie enthalten der Katalog
über alte Kunst an der Landesausstellung in Zürich, 18H3, sowie die Fach-
berichle über Keramik und Banmaterialipn. niid <ler Sjiezialkataiu:: über die
letzteren, welchen Publikationen obige Mittheilungen /.um Theil entnummen elndj
ferner die Jahresberiehte de« Schweix. Handele« und Indnetrie-Yereine, der Eanf*
männiHchen Gesellscbaft Zürich und de^ Schweiz. Gewerbevereina.
Tösskorrektion (Kanton Zürich). Dieselbe (zur Zeit, Mitte 1890, zum
sproßten Theil volleiidctl nmfaßt die 4*2,5 km lange Strecke von Steg- Fischenthal
bis Blindensteg bei Dättiikon und bezweckt die Eini^chränkung de^j Flusses auf
eine angemessene Breite, nm dw YerwBetuug des Thalgeländes Einhalt zu than
Was das Alignement betrifft, besohrjCnkte man sieb, in Anbetaeht der sehr starken
Gefklle der Töß, welche bei Lippenschwendi oberhalb Bauma 9,5 ^/oo und nach
succesöiver Abnahme noch 5 "/©o bei Wintorthur und 4,4 "/oo bei Dättiikon
hetraj^en, nur auf ein« Reglung des bestehenden FliiJ.'diettes , ohne wesentliche
Abkütziiug «inrch Ab^chueidung von Krümmungen, lu BetretT des Korrektions-
eystems wurde ein ])<>ppclprotil angenommen, bestehend ans dem innere oder
eigentlichen Flußbette, den aof beiden Seiten befindlichen, etwas geneigten Ber*
men und den das Profil auf H )t hwasser absehUeßenden Dämmen. Auf der ober-
sten Strecke beträgt die Breite zwischen den Kronen der Hochwasserdämme '^(} m
und zwischen den Oberkanten dos inneru Profils 18 m, auf der untersten Strecke
48 m iwisohen den Kronen der Hoehwasserdümme nnd 28 m swiseben den Ober*
kauten des innem Profils. Das neue FInfibett wird naeh diesem Profil künstlich
TOllatliidig hergestellt ; die innern Böschungen werden mit einem Faschiuenwithr
und einer vorgelpgten Si iikwalze als Fniidanu nt versirhr'rnng gedeckt, die Berraen
uud Dummböschungen mit Hasen liekleidet; auiierJi iii biKien Traversen, welche
in der Ebene der Bermen liegen, eine Sicherung gegen die AbspUhlung der
tetatern. Anfier diesen Baubestandtheilen ei^ben steh nooh vorbereitende Arbeiten
zum Zwecke der Verbanang des verwilderten Flußbettes bis auf die Korrektioos«
linieii. Dazu dienen Traversen, welche von letztern, wrvm'iirlifdi ansteigend, an die
mehr oder weniger weit zurUckgelegen»»n Bruchuter zurii< klaiit"t'u und indem sie
die Geschwindigkeit der Strömung brechen, Kolmatirung bewirken. Dieser, hinter
der Linie der Hochwasserdämme liegende Theil bleibt nur so lange iu Funktion,
als letztere nicht erstellt sind.
Der Kostenvoranschlag für diese Korrektion beläuft sich auf Fr. 4,000,000.
{Die Konten der Verbauungen im Q,uellgebiet oberhalb Steg, am Steinenbach,
Tobeibach eto. mitberechnet.) Für die im Betrage von ca. Fr. 2,873,000 vor
4em Bubventionsbegehren ausgeführten Arbeiten, in obigem Voransohlage inbe-
griflene Summe, wurde keine Bandeaenbyention bewilligt, weil im Widerspruche
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TAfikorrektioa
— 310 —
Toggenbans^bahti
mit Art 5 des Bundeagesetze» betreflSond die Waaserbaapolizei im Hocbgebirg»
(Siehe „Gewänwi rkorniktionen" und „ Wildbach verlaunii'^en'' ). FttrdenTvr-l b^iuft
sich der T^tindeslicitia^'- auf einen lirittt l der wirklichen Kosten, resp. im i^laximum
einen Dritttheii der Vuran^ehlngKiiuiuiije. Buodc^be^hlul^ vom 26. Juni 1882,.
A. S Bd. n. V. VI, pag. 21«.
Töästhalbaliu. Verbiuilet die 15 Stationen Wintertbnr, Grttse, Seen, Senn-
hof-Kyborj;, KoUbronn, Rykon, Zell, Tarbentbal, Wyle, Saland, Bauma, Steg,
Fißchenthal, Gibswyl-Hied, Wald. Höhenlage der Stationen -141,« m hin 7')«, 7 m
üht'r Meer. Bauliche Lüjitje der Rnliti :5'.t,li'(; in. I5i*tricbsliinge .')50 ni Datum
der Kon?:i*«sirtiicu : Für die Strecke W inti rrhui-Baiimu -.') Oktober l^T". fsir die
Strecke Bauma-Wald üO. Oktober IfS ii. Näuh.ster Riickkauitjtormm : iiir die
Strecke Winteitbur-Bauma 22. Uexember 190:^, fttr die Strecke Baama-Wald
1. Febraar 1905. Ablauftenain der Konxeasionen 31. I>ezember 196H.
Verwaltungsbitzder Bahngeeeltttchaft: Winterthur. Anlagekapital 7,56 1,919 Fr.
aUes einbezahlt. Davon Aktien <J,9^)^>,0(^0 Fr , kon^solidirte Anleilun r»0-J,3l9 Fr.
VerwHftd't für Bahnaulagen und tV<t(» Kim i(litiin2;t'n 6,»>') t,*.l?< 1 Fr. \l*y'M~
per Bahukilometer, für lioUmaterial 620, öl>.) Fr., für Mobiliar und lierathscbaften
78,432 Fr. Total 7,399.918 Fr.
Lange der DSmme 25,152 m, der Einscknitte 13,44-1 m. Kronenbreite dea
Erdplanums 5,2 m. 1 Tunnelf» mit inage.sauunt 231 m Länge. 42 Brücken. Länge
der horizontalen Strecken 4,02') m — 12,45 ®/ , der geneigten Strecken M I ,r,2.> m
^ iSTjjS ^/n Länge der geraden Strecken 21,1) }'.' m = hö.s "/«, der gekrununtcu
Strecken 17,001 m = 44,i **/ü. Neigung der Bahn im Maximum ;iO "/oo, im
Darchmhnitt für die ganie Bahn 11,«» im Dnrehücbnitt ülr die geneigten
Streckru 1 r>,.,r, '\.M<. Kriinimutig!<radias: Minimum 215 m, Durschecbnitt fttr die
ganze Bahu Tu.'» m, für die geki iiuinten Strecken i}40 ro.
Stan l des Rollniaterials : 5 Lokouiotiveti mit ini-ge.'iainnit ?^'>>.' I'fk., i:? IVr-
sonenwagen mit iut^geiMiuimt Ü07 Sitzplätseu, 9ü La«twugcu mit iubgc^iamuit \)Ö6
Tonnen Tragkraft.
Verkehr: Beförderte PenoneB 225,281, beförderte Gfitcr (inklnaive Tbiere
nnd Gepäck) 64,146 Tonuen. Betriebseinnahmen: Für den Pereonentranaport
133,250 Fr. — l.'i.sa *V", t»r drn (lilt.Mtransport 157, IIS Fr. = 5l,ii "/o,
Uebri«r< H r.,32« Fr. Total 340,(372 Fr. Betrieb.«.auKgaben : 277,ü.S(» Fr. Personal
90 3]ann. V'ermögeuerbetitand der Uuter^tUt^ungtikaääe 52,141 Fr. (Allc8 uach
der amtlichen Eisenbabnatatiatik pro 1888).
ToggeDbttrgerbfthn. Verbindet die 8 Stationen Wyl, Batseobaid, Latie*
borg, Btttachwy], Dietfurt, Liobtenateig, Wattwyl, Ebnat-Kappel. Bauliche Länge
25,217 ni, Betriebslänge 24,h52 m, Datum der Konzessionen: Für die Strecke
Wyl-Batzeuhaid 24. .lafuiar für di*^ Strcckr» Bat/eidiaid-Ehnat IH. .hmi
Nächster Kückkaufstermin für beide Theilslrecken 24. Juni IBOO. Abiaulstermin der
Konzessionen 23. Juni 1969. Höhenlage der Stationen 573,8 bis 632,» m ttb. Meer.
Verwaltnitgisita der Bahugeselbohaft: Wattwyl. Betriebi«Ieitang dnroh di»
Vereinigten Scbweiserbahnen in St. Gallen. Anlagekapital 4,000,000 Fr. in
Aktien. Vervendetes Kapital 4,000,000 Fr., wovon fHr die Bahnanlagen und
fe-^trii Fi irif ht»in?en 3,573,400 Fr. - 141,706 Fr. per Bahnkilometer, fUr das
Kollmaterial 37 2,530 Fr,
Länge der Dämme 17,070 m, der Einschnitte 7,722 m. Kronenbreite des
Erdplanuma 5,16 m. Keine TttttDela. 13 Briioken. LKoge der horizontalen Strecken
9538 m = 38,M 7^, der geneigten Strecken 15,314 m = 61»«t ^o. LSnge der
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Tog^eiibur^erbaUn
— 311 —
ToarisleD- und Fremdeuverketir
geraden Strecken ir).6ü3 in — ü2,98 gekrütnmteu Strecken 9,IH9 m
2^7,0« V« Neigung der Bahn: Dorohsohnitt fttr die ganse Bahn 4,,i 7<'o> Dnreh*
s( hnitr für <lie geneigten Strecken 7,:u ®/«», Maximum 10 '/oo. KrümmoDgvradiuB:
Fttr die ganze Bahn 1,240 ra, für die gekrümmten Streckten 4r»9 ni, Minimum 2 10 m.
Stan ! des Kollmaterialtj : H Lokomotiven mit zusammen I)f< i l'fk., ferner
14 Kercunenwageu mit zusammen 528 Sitz|)lät£en und 54 Lüätwagen mit zu-
sammen &d2,B Tonnen Tragkraft.
Verkehr: BeFttrüerte Reiaende :^ 63,629, beförderte Gitter (inkl. Thiere nnd
Gepäck) ^»9,582 Tünnen. Betriebseinnahmen: Ertrag des Personentransportes
JS»; Fr. 'V". Krtrag des (Tatt rtr!Hi<p.»-r 124,5i)fS Fr. :— l.'J,? '7<).
Uebriges 1481 Fr, Total 2.S»;.. ■)(;') Fr. lictneb^auNguhen : l)S«,G47 Fr. Kein-
ertrag I00,ü84 Fr. Ertrag der Aktien 2'/3 ",o Vermögi-usbefctaud der L'nter-
sttttsungMkafme 'i,784 Fr. (Alles nach der amtliehen EisenhahnAeati^tik pro lt)88).
Torf, nie Tiuflager sind in der Seliweiz sehr zahlreich. 31an zählte deren
am Anfang dieses JahzehutH 88. fietreifend die Vertheilniig auf die Kantone
a. pag. r.'ii im 1. Bnri'l.
Touristen- und 1 remdeuv«rknhr. Es gibt unter den die Schweiz betr.
virthnehaftlichen Fragen kaum eine kontroversere als diejenige: „Von «elcher
ökonomischen Tragweite ist der Tonristen verkehr?*
Indem zu einer sicheren Berechnung all« (V^t -n Grundlagen fehlen, ist den
Mnthmaaßuniren und Wahrsehf iiilichkeits - B> i • i lu.ungen der weiteste Sitielraum
geUuiHen. Lebertreiüungen wuchern in diesem Beete eben so gut al» die Unter*
eohitaungen«
Auf was fußt sich heispiehiweise Koch von Bemeck, wenn er in seinem
Handbuch , Rundreisen der Schweiz" die Zalil der in unserem Lande verkehren-
den Fretu'leii Miif jährlich durch-. !ii ittlir!i l,r)(H),00<> beniiGt? Und begreift er
in dle^er Summe nur die Touristen und hLuranten, oder auch alle anderen Be-
sucher der Schweiz?
Aus welcher Quelle schöpft ferner der Vereintgten-Staaten-Konsül Georges
Catlin in Zürich, wenn er (1888) der New- Yorker „World Travel Gazette*
berichtel, die Zahl der jährlich nach dem Mekka der Alpen pilgernden Keimenden
betrage ungefähr 2.'><>,000 und die Schweiz könne während der äommersaison
etwa 15U,U0U Persoiieu über JJaelit beherbergen V
Angesichts der Differenz von 1,500,000 su 250,000 wollen wir venrachen,
der Wahrscheinlichkeit selhststfindig nahe su kommen.
In dem von Herrn Kd. Guyer-Freuler in Zürich verfaßten Faclibericht über
Gruppe 11 d< r I,;Ul<i(•^^ul^>tl■IIuül; vnii l!SS;j, da.s Hotelwesen rciir.'isriitirend, wird
gesagt, der schweizei ische Ga."»twu thevcrein habe im Jahre l!->^{> Krlielningen
über alle Gasthuf-EtablibHemeute vorgeuommen. welche in Beziehung zum Fremden-
verkehr stehen. Aus den möglichst sorgfSltig gemachten ond einlMßHcli geprüften
Zu.saTiiin- n<tellungen habe sieh ergeben, daß fttr die Beurtheihing des eigent-
lichen Fremdenverkehres 1002 Etablissemente mit Ö8,ld7 Betten in Betracht
zu xieheu seien.
Seit lÖÖO hat sich das Gasthot- und Bensionswe^en in der Schweiz erweitert j
anoh werden viele Privatlogis in Ansprach genommen, so daß man hente (1890)
wohl 62,500 Betten in Berechnung sieben darf.
nievon entfallen ca. 7200 auf die Winterstutionen, so daß 55,300 für die
tlbrige Schweiz in Betracht fallen. Von denselben mOiren bot normaler, mehr als
mittelmäßigen, aber nicht ausgezeichneten Saison täglich und durehijehiiittlich in
Ansprach genonmeD werden:
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Touristen- uod Fremdenverkehr
— 312 —
Tourl-ilen- und Fremdenverkehr
Im Mai Vi» »omil; 31 X 11|060 == 842,860 UeberDMhtende
^ Juni Vio » 30 X 22,120 = 663,600
, Juli Vio , 31 X 38,710 = 1,210,010 ,
, Ängnst Vio . 31 X 44,240 = 1,371.440 ,
„ September ^lo „ 30 X 22,120 - 603,000
Total 4,251,510 Uebernat hterido.
Auf 4 — 4'/« Millioru'n üfbpruachtende, jedoch flir das ganze Jalir nu<] für
die ganze Schweiz, kommt aucii Herr lud. G-iiyer^ indem er eine nüttlen* Saison-
d»ner von 65 — 75 Ta^^u annimmt, und die Zahl der Betten (58,137) mit
65—75 mnltiplimrt. In der That er^bt 58,137 X 75 = 4,360,275. Maltipliart
man nur die von uns für die ganze Schweiz ohne die Winterkurorte berechnete
Zahl Bcttt'n (r)5,300) mit 75, «o kommt man auf 4,14 7,')0<) Logistajje. Die
Dilterenz ist alno nicht bedeutend, und mag beweisen, da die zwei Berechnungen
unabhängig von einander nnd oaeh Teieohiodeneu Methoden gemacht wurden,
daß weder daa Eine nooh das Ändere atark yon der Wirklichkeit abweidien
wird. Zu obigen 4,251,510 Logiatagen kommen nnn noch diejenigen der Winter-
kurorte.
In Folge eiiKT an llcrrn Ami Clirssex, Besitzt-r und Dirigent des Grand
notel des Alpes in Territtet gerichteten Aiilrage wissen wir, daß die Verhältnisse
der Gegend Vewjf'MwUr^tx und ümg^unff folgendermaßen aufgefaßt werden
dttrfen.
Betten 3500, inbegriffen Privtttlogis. Tägliche durchschnittliche Frequens
derselben :
Im August */io homit 31 X 1.400 = 43,400 Uebernachtende
, September - 30 X 3,150 = 94,500
« Oktober */>•> • 31 X 3,150 = 97,650
, Novbr., Dejshr,, Jan. Vio „ 92 X 2,450 - 225,400 ,
„ Februar, MX» ^fio , X 2,800 = 1H'>.200
„ April V«« 30 X 3,150 = 'J4,:>00 ,
, Mai «/lo , 31 X 2,100 =a 65,100
. Juni, Juli Vi» , 61 X 700 ^ 42,700 ^
Total 828,450 Uebemaehtende
Die FremdenTerkehnTerhlÜtniBae im Teatin sind so nahe mit denjenigen Ton
Montreux -Vevey verwandt, daß nach Analogie der letzteren auf jenen Kanton,
iler jedenfalls niiude.stenH 1500 Betten aufweist (1880 waren ea laut Guyeca
Fachberioht 1405 1 355,050 Logiatage entfallen.
Bavos beherbpfirte , laut gell. Mittheilungen des dortigt^u Knrvereius, im
Jahre ixx'J ü,872 Besucher*} d durchschuittlich 42 Tage Aufenthalt. Dies gibt
288,624 Logistage.
ÄndermaU, Orindelwald e<c., Uber d<»wn Frequenz im Winter wir nieht
orientirt sind, laasen wir außer Betracht, und rekapttuliren nur die hieror er>
mittelten anderwMtigen Ergebnisse:
•) Die monatliche Diirch-chriifNrn qi:* ti7 war im Jahre JS*<r': .fanunr 1^11»;. Fi^bruar
134<i, März l-ir>S, April tsU}, Mm 4i;i. .hiui ;»U.">, Juli r.l2l, Auku>1 «4(i, .>t'(»lLiui.ir islQ,
Oktober 884, .Nitvember 1215, Dezeuiher Uli. Im Frühjahr 1S*.)0 zahlte man in Daves
außer ca. 110 Gesfll-rhansräuiiien 1690 Kremdoiizimnier mit 2040 Bellen. Iti F^li-'f <ler
diesjährigen Neuhauien «erden csi Ende de^ Juhres ca. 1800 Zimmer und ca. 2400
Betten sein.
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TourisLeD« und Fremdenverkehr
— 313 —
Tourlslen- und Fremdenverkehr.
Davü» 2?Sö,(i24 Lugintage
TesdB 356,050
Vevey - Montreux 828,450 „
Uebrige Sollweis .... 4,251,510 ,
Total" 5.723,G^4~o(1»'r r^d 5,724,00(3
Logistage. Wir bedürfen dieses Faktors, um zu ermitteln, welche Geldsumme
durch den Touristen- und Fremdenverkehr in Circulatioii genetzt wird.
Indem Gnyei« Fwdilierielit 4 — 4V« Millionen Logi^tagc und Bratto«
Ebnnlime der Fremden - Etsbliasemente Ton 53,800,000 Fr. TeniMolinet, ergibt
eiob pro Tag unl P.'rt«üu eine Einnahme von Fr. 12. 42, rund Fr. 12 50.
Dieser Betrag erscheint so f;laribwürdi;L,', liuß man sich der Mühe entheben darf,
ihn zu analysiren. Denselben also ohne Weiteres auf unsere 5,724,000 Logistage
■angewendet, ergibt sich eine Brutto- Einnahme der Touristen- u. Fremden-Etablisee-
mente won 71,545,430 Franken. Nnn veraaagabt der Tonriat nnd Knrant
bekanntlich auch für Eisenbahn, DampfHchilf, Wa^en, Führer, Vergnügungen,
Arzthonorare, Einkäufe et«, l in schönt".-, Htüi k G«'I<1. Bei manchem wird diese
Ausgabe die Flotelrechnung übertn ilt n, 1)^1 dou meisten unter derselben bleiben.
Wir schätzen sie daher nicht höher als lu Fr. im Durchschnitt, was zu einer
Summe von 57,240,000 Fr. (Ubrt 71,545,430 xa 57,240,000 addirt, ergibt
rund 128,785,000 Fr., welche der Toaristen» und Prenidmverkehr brutto an
die schweizer. Volks wirthschaft entrichten würde, wenn alle Tonristen, Kuranten
etc. ans dem Auslände kämen Tau Th^il derselben gehört aber d^r Schwei/, an.
Diese l^tuote kennen zu lernen , müssen wir zunächst so gut als möglich fcat-
ateUen, wie groß das Tonriaten' nnd Fremdenkontingent überhaupt ist. Zu diesem
Zweeke gehen wir wieder von der Zahl der Logiatage ana. Sie iat 5,724,000.
In Davoa entfallen je 42 Logistage auf eine Person. Fttr die übrige Schweis
schätzen wir die dtirchschnittlirhe Anfenthaltsdan»'r p^^r Person auf nur 2 ' Tage.
Die Summe der Logistage durch die Summe der Aufenthaltstag© dividirt, muß
die Höhe des Touristen- und Fremdenkontingentes ergeben :
Logi»tage Davos 288,624 : 42 = 6,872 Personen
n ttbrige Schwei» 5,435,876 ; 20 = 271,769
Logistage ganie Schweia 5,724,000 278,641 Personen.
Nun wiasen wir aus An&eichnnngen, welche der Betiitaer dea Gasthofe snm
Schwanen in Luiem geführt hat (nie sind in Gayen Faohberioht reproduzirt),
daß von je 1000 im Jahre 1882 sein Etabli.«s('iii* nt frequentirenden Personen
nur 'M Schweizer waren M872: 72, 1862: l'.<;i). Das nämliche Verhältniß
noch für heute angeuunnuen, können von den obgeiinunten 278,<'»41 Personen
9474 als Inländer betrachtet werden. Es verbleiben somit 268,107 Fremde.
Die tägliche Dareheohnitteaasgabe per Person ist auf Fr. 22. 50 berechnet worden.
Der Inländer verbraucht jedoch durchschnittlich kaiim mehr als 15 Fr., so daß
auf das Schweizerkouto nicht mehr als 3 Millionrii Fr. i^.\-t t/.t wi'rd<Mi dürren.
Dies von 1 28,785,0(^0 !ih*r<*zogen, siud 12i>,7S.'i,000 Fr. als Brutlo-iiettrag des
Auslaiulcs au die Schweiz zu betrachten, gleich 469 Fr. per Person. Den NettO'
Beitrag aasznmitteln, getrauen wir uns nicht. Wir beschi^nken uns darauf, an
erwähnen, daß Hr. Guyer in seinem mebrerwähnten Fachbericht bei 52,800,000
Franken Brutto-Einnahmen <ler Ilotrlji und Pensionen ein Benetice von Franken
16,000 hcrausgerechnet hat. [Jiisfr \{echT)i\n^';iPT'j;phmß. auf thoilweise verämlrrte
YerhältniiMe gestutzt, läßt die Annahme eines (jewinnes von 21,680,000 ^für die
Hotela nnd Penmonen an). Dies ist selbetvefatSndlieh nur der kidnere Theil der
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Tournten- und Fremdenyerkehr
— du —
Reineinnahme, denu wie die fIotrI>, rrziekm auch wieder di«« Lipferanten di r-
f^eiben ihr Beiit^tico, bekommen dit? Angesiellteu ihre Löhne, die Wageu- und
Frendenftlhrer, die Adrzte, die Bedienton der Transportanstolteii etc. ibr Arbeits-
entgelt, die Aktionäre nnd Obligationäre der Eisenbahnen, Damp&cMffe nnd Banken
einen Theil ihrer Dividenden, n. .s. w. Wir getrauen um* somit, das Benefic^\
weirhes die sehweiz V(dswirthKehaft ans dt n nbrrwiihnten 1 2.'),7>S.'),UUO Franken
JBrutto- Einnähmen enciett, am' mindestens 60 Aliilionen anzuschlagen.
Die Bedeutung des Touri^leu- und Fremdenverkehrs wurzelt in den lieizen
und klimatischen Eigenschaften nneereM LandeK, im modernen Verkehrsweaen, und
in der Fähigkeit des Vulke^, den An^l<^^■u lnn fremder Ik'sncher gerecht zu werden.
Vor ü() Jahren standet» laut Olivers F iehbericht im Kanton (4eiif 1 :*.0 Fremden-
betten, im Kaiitctn Wnadt 4.'>(>, im Kanton GraubUnden 56. zn-^ammen «irif); heute
hiud e«« in den niiuilichen Kantonen mindestens 15,000. Im Jahre weilten
in Daves 2 Kurgäste; im Jahre 1B90 rom 1. Januar bis zum 12. September
7&19! Also aaflfallendes Waehsthnm anf der ganten Linie! Und die fiußerste
Grenze ist noeli nieht erreicht. Jahr um Jahi l ii liti-t sieh die Schweiz besser
auf den Empfang ffp'md^^r Gä.ste ein, Jahr um Jahr Inetet sie ihn^'n m*d)r an
Naturgeuüwscn, Bei^ucnilicbkeite'! und Zerstreuungen 5 dafür dringt ilir Huf immer
weiter ron Mund au Mund, wird das Intereiwe an ihr von Jahr zu Jahr all-
gemeiner und der Wunsch, den Diamanten unter den Ländern zu sehen, brennen*
der und unwidersteb lieher.
Tniinwnvs. Es bestehen in der Sehweiz drei l- ittcrnehmiingen diej^er Art,
niimlieli die 1 ramwa^s suisses in Genf und Biel, daü Traniway electri<^uc Vevey-
Montreux-Chillun und die /AirelKr Tramwayts.
{y\o Genfer Trnmways führen einerseits von Carouge Uber Genf und CliSne
nach Annemasse, anderiieits vom Place du Holard in Genf nach dem Bahnhof
Cornavin. Oie Bieler Tramways führen von Biel riafh Nidau nnd Boujean. Die
Zürcher Traniwriys einerseits vom BalinhofpIatÄ Ziirich nach Enge, anderseits
von Tiefctilnunncu durch die »Stadt nach Auliersiibl.
Die Bieler und die Genfer Tramways sind Eigenthum einer und derselben
Gesellschaft.
liiel Oenf Vevev Züridi
Konz. -Munirt 17. IX. 187» 27. III. 1 «79 Ä2. III. ISSf 1. 1862
Ablaunermin der Konze&«lon . Sil \ I l'.>27 31. XII. 1927 «1. III. iwb^ :iO. I. 1932
Baiiliilie Läti^'e . . . .
i.li72 ni
t-2,fUI n.
10.371 m
8610 rn
Anlai^ekosten Fr
6H3.932
1,012,156
Davon Bahnanla^e Fr. .
1«>U.I89
l.sH..s:U
7S8.359
l'ft rtle und Bollinaterial
Fr. '.
65.2H2
482.711
iiä,34rt
2üti,674
\h
112
102
, . I . k »mntiren . .
5
^ , 1 Visonenwapen .
• ■ •
7
53
10
, , belVirderlen Hci.«ij
uden
256.126
3.496.560
320,412
2,222.320
Betriebscinnabnieti Fr.
1 1.1. 56
.■.il,51t
66.979
299.175
40,öU5
415,691
49,82:i
237,900
Aktienkapital Fr. ...
* •
1.000,000
1,(M)0,<H>Ü
1,000,000
l.V,\i]-,Vi<)
10(i,2üU
41,983
15
124
52
89
Unlersiatzungskasse Fr. .
69
5,861
(Alles nach der anitlicheu £4i$eubahii2«tutistik pro 1888.)
Im ^u begritfen ist eine Tramwaylinie in der Stadt Bern. Dieselbe wurde
koncedirt am 12. Febr. 1889. Die projektirte Lange beträgt 2fW km, die
Spurweite 1 m, die Maxtmalsteigung A6,6 ^m. Als Motor soll komprimirte
Luft zur Anwendung kommen.
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Transit
— 315 —
Traiait
Transit. (Mitgetheilt von Herrn hr. Tr. (reering.) Vor der »*i<lg:. Zoll-
eüiiguiig vun 1848 Uiachteo diu /.ahinucheo kantonuleu DurcbgaDgügebiihreii jeden
Aiifeoliwung des Tranaits HBmöglicli , ja sie drohten so Tcrniehten, was davon
etwa aus besseren Zeiten noch ttbrig war. Der deut4^ch-itaHentKche Yerkehr wurde
dadurch auf den Bremirr. It rjfuige aus Schwaben und selbst aiin der Ostsehwei/-
nach SUdfruTikreieh auf tlus Isadische KhiMTUifcr niifl auf das El-al' .ibgedriingt.
Zahlen für den damaligen Uiufang den schweizcrisciien Transit« iasseu nich um
so weniger geben, da derselbe höchstens kantonaweifiO m enuitteln wMre, üumit
die Ein- und Ausfuhr der Übrigen Kantone jeweilen mit umfa^^eD würde.
Fttr die Jabre 1851 — 84 siebe den Artikel Dur^fuhr. Die «(«itherigen
Ziffern waren:
1885 ca. i.tiMt.iMM) br. lö,t "/o d^» Speicialhaudel»
1886 , 4,040,110 , « 15,s , ,
1KS7 , , = 15.« , ,
188.S , 4,844,i;2y , — lb,i ,
1889 . 5,191,322 , = 15,s ,
Der Werth des Transits betrug in den lefüteii Jahresi et\va>. ilb r Yg Milliarde
Franken oder ca. .'{3 "/o des scliweizv-rischen Spe/.ialliandel«. Nacli Menge und
Werth steht dainir die Schweiz als Diirehgaiigslanfl in den vordersten Reihen.
Nur Belgien konant ihr in die»>er llin-'-icht gleich, ititulgc «ler Bedeutung dt»
Hafens von Antwerpen. Der Transit betrug
des Spezialh^ndela pro Kopf
durch
Menge
Werth
Fr.
die Schweiz . . .
Is87
15,4» >
37,115 ",o
155,«
Belgien
issr,
Holland
ISS.-,
7:{.&
Deutschland . . .
ISSiJ
4,7 -Vo
21.3 "/«
36
Frankreich ....
»88ti
8,* "/o
7,HS 7o
6,n
Oeslerreich-Ungarn .
ISsG
8^ 7»
10.»
England ....
1886
4 " «
6,s&
Italien
1886
i,«7 7o
Seit der Einftthrung der schweiaerischeD Handelastatistik (1885) sind auch
die Ermittelungen über den schweizerischen Transit in ein neues Stadium getreten.
Seit 1^87 wird für die ea, 730 Waareiiposten eine quadratische üi bersicht nach
Jiänderpaaren d< r Ifi rkuiift iithl Bestimmung publi/it t, m.« welcher die Bedeutung
der Schweiz als internutiunaies Durcbfuhriaud und namentlich der entscheidende
Antheil der Alpendnrchsticbe an der Hcbnng des sohweiaerischen TranKits zur
Evidena hervortritt. Entsprechend den in Band I, p. 465 a. ff. mitgetheilten Daten
zeigt sich, daß der Gotthard allein ca. 70 ^/o des schweiaerischen Transits ver-
mittelt und zwar (1887):
Deutsches Eisen und Kohlen 3C\fi %
Deutsdia Hasdiinen 4,3?
Anderes deutsch» Gut 7,«»
Suniuia de- i1<-iil-i [ii>n Goitliardverkehrs iS.s.s
Belgischer und eun^lischer Goltbardverkebr 8,1« ,
Italienische Radcfincht nach Deutschland, Belgien und England . . . . 9,m* y
Total des sdiweiz. Transits durch den Gotthard : Minimum 66,« 7*
Dazu jedenfalls zum grOfiten Tbeile der franzOdsch-italienische Verkehr mit 3,» ,
Also rund 7() "/a
Die niederi' Ziffrr der italienischen Rückfracht erklärt sieh aus dem Wesen
derselben ; sie besteht aus relativ leichten und kostbaren lirütern, hanptsachlich au»
Seide, Südann aus feineren Lebensmitteln, Chemikalien und Farbstotien.
Transit
— 816 —
TOU
Dem Gotthard gegeuUber tritt der Arlberg mit 15,«^ "/^ (wiederum Minimum:
nur Oesterraoh'Frankreioli u. a.), wornator 13 ^/o uugariaflheB Kom und Wein,
SsterreichiBolMfl Vi«h nnd Holx (Hole allein 8 ^'^^ F^kreioh, aohr mrttok.
Immerhin Uberragt er alle andern Verkebrsrichtungen weit, indem für deren
-GeeammtlD'it nar muh 1 7,ii % des sohweizerisohen Tranüts ttbrig bleiben (davon
4,14 **/o Deiitfehlautl-Frankreich u. u,).
Auf Grund diasea Materials berechnet sich der Frachtverdienst der hchweizer.
Eiaenbahnen ans dem Transit auf ca. 6 '/t Millionen Fr. jlUirlieb oder oa. 14 yo
ihrer geäanunt ü Finnahtnen aas dem Güterverkehr (darchaohnittlicher Fbrooan:
260 km; durcLsclmittlicher Frachtsatz jipr Tonnenkilometer : 5 Ct^}.
Transport. Die idyllischtMi Zeiten liei^cn nicht weit hinter uns, in denen
Alles, was von Ort zu Ort, von Land zu Land zu befördern war, mlihtielig per
Karren, Lastthier, Lastacbiff und Boten von der Stelle gebraebt werden mußte.
War das ein eintrMgliclies Gesefalft fttr die Gasthäuser an den Land- nnd Fahr-
straßen, die tausend und abertausend nistlu-diirftigen Reis*enden und Fuhren zu
beherhergen und zu b»4(t'-tigen ! Wie halUü dan Land wider von Peitschenknall,
PoHthorn, Singen und Fluchen! Und jetzt? Auegestorben, öde sind die LandtitraÜen !
Hie nnd da ein Mullerwagen mit hochgethUrmten Mehlsäcken, ein Holzkarren
mit gefSllten Tannen, im Herbst ein Sanserwagen mit Blnmenbouquets erinneni
noch au die alte Herrlichkeit. Aber hängst Du ihr traumverloren ein weni^ nach,
gellt I>ir dicht iiL-lHiian i-in LokoniotivptifF in's Ohr und bringt Dir »um Bewußt-
sein, daß Du in cin- r gunz neuen Zeit lebst, in der Zeit des leichtbeschwingten
Dampfes Ei hat, in die Lokomotive und 8chitrsmaschine gebunut, mauoh'
heimelige gemilthliohe Einriehtnng der Yoraeit hinweggeft^gt , dafür aber anoh
aufgeräumt mit der Gefahr der liungersnoth, die sieh ehemals so leicht und so
oft einstellte. Und wie sehr hat das moderne Transportwesen das Erwerbsleben,
die E^pjenseitige Annäherung der Men^rben, den Austausch der Meinungen, die
Aufklärung gefordert! Welch' kurze iSpunne Zeit hat ferner geuügt, die Kisen*
hahnen zu der widitigsten aller Transportanstalten zu machen. Vor 50 Jahren
noch keine Spur derselben in der Schweiz, nnd heute eine jKhrliohe Einnahme
von 81 Millionen Fr., die Post dagegen nur eine solche von ca. 22 Millionen,
die Schitl'fahrt von ca. 5 "Trillionen. Die Memje der von den schweizerischen
Transportanstulten befonlertcn Personen und Güter zu bezeichnen , ist ein J>ing
■absoluter Uomüglicbkeit. Wohl enthalten die amtlichen Statistiken Rubriken mit
der Aofschrilt: «Beförderte Reisende*, «beförderte Güter*, wohl sind diese
Babriken mit Zahlen ausgefüllt, aber wie oft eine und dieselbe Person, ein und
dassrll,e ( «illu mehrfach gc/.ählt ii^t . weiß man nieht. Man nniß sich ileß-
hulb, um eine Yorstellnng von der (Quantität iveu Bedeutung des Transportdienstes
zu machen, an den Zahleu betreffend die Einnahmen genUgcn la^en.
Tfill. Dieses Maschengewebe bildet einen der hauptsHehlichsten Rohstoffe,
walcher die schweizerische Stickerei-Industrie bedarf. In erster Linie dient er
zur Fabrikation gestickter Vorhänge, ferner aber auch zu derjenigen gestickter
Kit(s'it?:ft, UeberwUrfe und der*rleichen. In Folge der abnehmenden Mode der Tüll-
vorhänge und einiger anderen äpozialitnten ist der ehemals sehr grüße Bedarf
bedentend zurückgegangen. £än kleiner Theil desselben wird seit 1884 im Lande
fabrisirt, den Rttitt liefert England. Die Einfuhr von baumwollenem Tttll betrug
im .Tahre 1^<H"J löDa q im Werthe von 1,093,000 Fr.; \%Hh belief sich die
Einfuhr nneh auf 2408 q im Werthe von (),(t*JO.()00 Fr. Im Inlandc wurde
früher, mit Ausnahm*' verunglückter Versuche iji deu 20er Juluen dieses Jahr-
hunderts, gar kein Tüll labrizirtj diese Fabrikation erfordert einen großen Betrieb
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TüU
— 317 —
TürkiscLrolb färberei
nod deahftlb «inen iwlir bedentend«B Kapitakufirftiid. IMe wenigen Firmen, die
audi heute mit der TuUweberei befoesen, fabriaren grofientbeite für den Bedarf
ihrer eigenen StickereifaLrikution.
Türkischrothftirberei. Ha- Kotli und Blaufärbcn leichter bnumwollcner
Garnp nnd TUcher bildete in der Schweiz schon seit den f<0" Jahren des
vurigtsii Jahrhundert» einen sehr bedeutenden, aelbstständigen Induatriezweig,
ganz verBchieden nnd getrennt von der Bontftrbmrei nnd eigentlichen Lohn-
färberei. Niicli Adolf HUrkli : ^Zürich:* Indieane-Hanufaktur und Tnrki^rln oth-
färberei" (Zürich lÖHO) ist die rirrmdung der ersten schw- izi Ti-clun TürkiKch-
rothfärberei auf fol^^ende Vorgänge zurückzuführen. Bis in die erste Hälfte des
18. Jahrhundert« hinein galten die ächten indihchen Tücher, welche von den
Englftndeni in London importirt wurden, für gani unerreichbar; doch kannte
man damale die Methode, das Xohte indische Roth zu erstellen, sehen im gaosen
Oriente bi« nach Griechenland. Im Jahre 1747 li> ß> n dann französische In-
dnstriellc Färber aus (rriochenland kommen und errichteten TiirkierhrothRrb'Tf'ifn
bei Kuueu und in Langutjdoc; die neue Farbe wurde von ihnen Rouge des Indes
oder Rouge d'AndrinopIe genannt. Nachdem im Jahre 1766 Jean Alheu in
Avignon den ersten Krapp angebaut hatte, dessen Wnnseln fttr die nene Industrie
den Farbstoff lieferten , entstanden neae Färbereien in Avignon und Nfmes.
Daselbst nun fami ILMTirieh Zrllcr von Ziiiich die Gelegenheit zur Krlernung
der nemii Fiübmetliode uud veranlagte, nach Hause zurückgekehrt, seinen
jüngeren Brudm, nach Nimes zu rcitien und die neue Fubrikatioo dort ebenfalU
ta lernen. Im Jahre 1784 errichteten die Genannten dann die RothfUrberei im
«DrahtBohmidli** in Zürich. Diese Garn- und Kattunflirberet entwickelte sich
rasch und wurde von Sohn und Neffe mit großer Energie fortgesetzt. Zu der-
selben gesellten sich nach und nnch die Färberei in d«^r Walche und <liejenige
am ätampfenbach. Die neue Gnrntärberei kam namentlich der Schweiz. Bunt-
weberei (roth, blau nnd weiß gewebte Nantttcher u. dgl.) gut an statten, die
damals in Toggenbnrg schon eine betrSchtliche Ansdehnnng hatte. Die Bantweber
mußten vorher ihren großen Bedarf von türldschrothem Garn in Marseille, Bönen
und Tri<'st kaufen, bekamen aber häufig' sclilcchte Wnnre, so daß sie anfingen
das Garn roh im Inland zu kauten uud dann nach Marseille zum Färben zu
schicken. Nicht selten verlief aber auf diese Weise ein ganzes Juhr, bis sie
ihr Garn wieder hatten. Unter diesen ümstKoden besogen sie nno selbstver-
ständlich gerne das neue schweizerische Produkt. Wie den Bnntwebi rn Ii nette-
Garnr;irl)erei, kam den Druckern die Calicotfärberel für den Bezug türkischrother
Tücher zu tu Aufdrucken anderer Farben oder zum Roth- und Weißmnstern durch
theüweises Wegätzen des rothen Grundes sehr zu Gute. Eine Reihe anderer
fiothfarbereien entstanden seit Anfang dieses Jahrhnnderts im Kanton Zürich and
den benachbarten Kantonen Qlaras» St Gallen nnd Thnrgan, groOentheila in
Verbindang mit Druckereien.
Von allen diesen Geschäften cxisliren heute nur noch wenige und zum
Theil in iselir veränderter Form. Die meisten dersellii-n sind den Schwierig-
keiten erlegen, welche ihnen die allmälige Zurftokdräugung der Kationaltraehten
in Italien, Oesterreich, Deutschland ete., Stockungen in den Branchen der Bunt-
weberei nnd der Druckerei, femer die Einführung mA Verschärfung der Zölle
in den ijenannten Ländern, und ganz besonders auch die in den 70*' Jahren
ertV)!i;te Krfiiulung des Alizarins, des kiiii:^tliehen Ersatzes der Krappwurzel als
F'ärbuiutei'ial, bereitete. Die genannte Krtindung erleichterte den Färbeprozeß
in einer Weise, daß dem Produktionsbedttrfniß dnroh eine geringere Zahl von
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Tdrkischrothförberei
— 31« —
Uhrenindiistrie
Etabliaaeni enteil genOgt wenl« n kuimte. Die Konkurrenz, zu tler es im Kampfe
um (Iiis Pi-'-in zwischen deu danials noch oxistironden Geschäfteu kam, drückte
nnf d> n i'ic is des Fabrikats iu einer Weit!«, daiS roehrore dadurch zur Lit^uidation
vcraniatit wurdeu.
Nach dem Berichterstatter de» Schweis* Handels« und Industrie- Vereins be-
standen im J. 18t)6 noch 5 selbatstündige Tttrkischroth-TUcherßtrbereien. Bei einer
Produktionsfähigkeit von 1 0,(11)0 q im Jahr wurden circa tfOOO q Tucher ge-
färbt, worin abiT dio Produktion innif»er GKirTvr I )i iirkii fim. wt Icli- zn^'leich
liirben, nicht iubegntlen ist. Garn w rd nur nucii in i i i*>tabii>,>«niefilen liirkisch-
roth gefärbt and dieae produzireu kaum die Hälfte dctiscu, was sie leisteu köuuten.;
Das Garn und die Ttteber sum TiirkischrothfSrben werden fa«t nur vom Inlande
bezogen. Vom Ausland kumnu-n, WL-nn nicht ganz ausnahmsweise Konjunkturen
eintret(Mi, nur Damast und dii lite Tücher, für deren Produktion in der Schweiz
k'ine VVebtir spi^ziell eingerichtet sind. Man rechnet, daß die Türkihchrotb-
tarbereieo jährlich da» Produkt vod circa 120,000 Spindelu uud circa lÜOO
Webetahlen verwenden. Der Werth der gefärbten Garne und TQcher wurde
im Jahre 1886 auf circa (i, 250,000 1 r. ge«ichätzt. Die Zahl der bebchäftigten
Arbeiter betrug circa 4r)0, ihr .laliroluhn circa :MO,000 Fr. Fast die HSlfte
der Unkosten di r Tiirkischrothiarberoien entfallt auf den Farb>toti'. das Alizarin,
von welchem circa lÜOO kg verweudet werden. Zur Zeit wird dieser Fuibstotf
fast aussehließUch von Deutoebland bezogen. In den Schweiz. Farbenfabriken
wird dieser Artikel nicht mehr produ^irt.
l>tHh('r|:balin. Figenthum einer AktiengeoellNchaft mit Ver%valtuiig8sita
in Zürich, Führt von Zürieli (Seliiau) über Wi • lilo ii vnul Waldegg auf den
Uetliberg (<S1 6 m über Meer). Bauliehe Länge 9106 .\leter. Jietrielisliinge '.)Oir,
Meter. Konzes-sionsurkundc vom 22. Oktober 1872. Nächster Kückkaolsteriiiiu
1. Mai 1903. Ablaufstermin der Konsvwion 30. A])ril 1972. Bt^triebitcröffnung
am 12. Mai is?.'». Atilagekapiial 1 ,r,oo.000 Fr., wovon l,OO0,rMi() L'r. in Aktien«
()00,<JOO in Obligationen. ^' rum ; t l,;57(>,r»20 Fr. für die nahnanlagen und
festen Fiiirichtungen, 1;")O.OH1 Kr iiir das Hollmaterial: 10,OÜb Fr. fvir Mobiliar
und Gerathöchuftcu. Total l,äc5f^,.'>7'J Fr.
Länge der Dämme 6356 m« der Einschnitte 2686 m. Eronenbroite des
Erdplannms 4,8 m. Keine Tunnels. 6 Brücken. Länge der horizontalen Strecken
7Ü7 m, der geneigten Strecken 8,279 m, b r geraden Strecken 4,181 m, der
gekrümnileu Strecken 1,8(1.') m, Neigung ilalm im Maxim'im 70 im
i)urchr,«;hnitt für die ganze Bahn 44,0(1 "/oo, im iJureltsehnitt tiir die geneigten
Strecken 4s, 80 "/«o. Krümmungsradius im Minimum Meter, im Durch.-^chuitt
fttr die ganxe Bahn 380 m, im Durchschnitt für die gekrUmmten Strecken 204 m.
Stand des Roilmaterials : 3 Lokomotiven mit insgesammt Ü45 Pfk., 0 Per-
sonell wagen mit insgesammt iiSO Sitzplätzen, 3 Laatwagen mit insgesammt 22,5
Tonnen Tragkraft.
Verkehr; Beförderte Iveii>endc öU,tjÜ7, beförderte (iUtcr iukl. Thiere und
Gepäck 360 Tonnen. Betriebseinnahmen: Für den Fersonentransport 85,612 Fr.,
für den Gütertransport H,280 Fr., Uebriges 442 Fr. Total 90,938 Fr. Betriebe-
au.sgaben : r)H,4.');< Fr. Reinertrag 2'.M09 Fr. Personal l'J Mann. Vermögens-
bestand der Unterdtiitzungskaase 7,493 Fr. (Nach der amtlichen Eisenbahuatatistik
pro 1Ö8«).
Uhrenliidiistrie. (Hitgetheilt von Hmm B. Studier, Priüident deä Kauf-
männischen Vereine Bern.) Ein wichtiges Ereigniß war die 850 v. Chr. von
Aristoteles gemachto Erfindung des Zahnrades als Bew^iungsmechaniamua, Sie
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Uhrenindustrle
— a 1 u —
Uhrenindustrie
war die Qrandlage zur Erfindung der Rädemhr. Wer der letstem Schöpfer
gewesen, wo und wann >i ::ilebt, ist uns niebt ttlit^rliefert worden; as wird
jedoch iingenomm'*n , daß die Kreiirfnlirfr die ersten Käderiihren nacli Europ i
gebracht haben. Die Sonnen-, VVa8ser- und Sanduhren blieben aber noch lauge
Zeit (liü nahezu uussAchlieülich verweudeteu. £r»t iiu H. Jalirhundurt tiaden
wir bestimmte Kunde von Ubren mit Hemmung und Unrabe. Der franzSsisohe
SSnig Karl Y. berief einen deutsehen Ührtnacber Namens Heinrioh von Wiek
nach Parin, wo derhclli vi»n 13tJ4 bis 137Ö eine Gewiobtuhr mit Sehlagwerk
baute. lickun Aug-Inn^' die erste Kiiderthurinnhr Um dir Mitte den
16. Jal»riinndert8 waren tStubeiiuhreu, Wecker und Tascdienuhren bereits nicht«
Neues mehr. Als Erfinder der Tasebenubr gilt der Nürnberger Peter Hele (1500).
Sein Werk, dessen ünrube von einer Scbweinsborste im Gang gebalten wurde
Und das — seiner plnuij^en Form halber — unter dem Namen „Niirnl t i i:< i -Ki*
.bekannt f^'-worie-i. bedurfte noch sehr <lcr Verbesserung. Deutschland lieü ihm
dieselbe zuerst angedc-ihi'u. Im 1(5, und 1 7. JahrhundtTt genoß Di-utHchland den
Kuf, welchen heute die Schweiz iuue hat. üeberall iu der bekauuteu Welt
sandte man reparaturbedürftige Uhren nacb Dentscbland. Indeß auch England
und Frankreich hattin schon damals btideuteude Künstler im Uiireafache auf-
zuweisen. Ui.')7 erfand ein holländischer Physiker, Namens Huyghens, die
J'en lrluiir, 1G7*> eiu Barlow die licpetirnlir und d n BemUhungen di - «^ntrlischen
.Mini.ilcrmmä, seiueu bedeutenden Prei&au<*i!chrfil)iingeu verdaukcii wir die Ent
stehung de« ersten brauchbaren Chronometers (Harrison 1772).
In die Schweis wagte die ühreniudnstrie ihren ersten Schritt 1587. Ein
Charles Cnsin von Autun ließ sich in (renf nieder uud beschüftigte sicdi mit
der Uhrenfabrikation. Zwei Jahre K[täter bil'^ ti i! die Genfer rin iuarinr Vicreits
einen Fuchverein uud .stellten daa Krbtliugsregknni'iit auf, «lahiugt'iu ud, es niih^se
ein Uhrmacher, um bei einem Meister in Genf Anstellung zu finden, eine H«ib8t-
angefertigte Taschenuhr und eine ebensolche Stubenahr vorlegen. Im Jahre 16S5
ziililte Genf UK) Fabrikanten mit 'MH) Arbeitern und einer .lahreyproduktiun von
o<H)o Stück. Einen giößern Vufsehwdriir aber nahm die Hi nfer Ulirenindu>trie
im IH. Jahrhundert. Ihr Kuf verbreitete sich im Auslande. Im Jahre 172,'>
beateheu JSÖ Genier Uandelohäuser in Koustantiuopel, 17oU beschäftigen sich in
Oenf 4000 Personen mit der Vhrenfabrikation.
Sehr würde man aber irren , wollte man muthmaßen , die schweizerische
Ulircnindustrie habe nich hauptsächlich von Genf aus entwickelt. Nein, auch in
Neuenburg und aueh in der Waadt hat sie ihre b«'^f>nfler'' Ent>tc!nnic:s- und
Aubbreituugsgebcliichto. Im Jahre wurde in Locie von einem i'crret aus
Renan die erste jurassische Uhr erstellt; 1679 aber brachte ein PferdehKndter
eine Taschenuhr aus England heim in die neuenburgischen Berge. Das Auf-
sehen, welche« die.si.s Wunderding in der 'ganzen Gegend erregte, iSß^t sich be-
greifen. Die langen Wint» r dieser bochgele;^eneii Thiiler, der niflirer«^ Boden,
der in achiiiuuien Jahren tiicht einmal Korn oder Hafer zur Keile l>nngt, das
waren Faktoren, welche die Bewohner .schon in den ältesten Zeiten veranlaßt
hatten, im Hanse selbüt Erwerb zu suchen; die Fabrikation von eisernen Acker*
geräthen, von BchlQssern und von Waffen war ent.standen und nach 1630 be>
faßten sich einige Scliuiicde und Schlosser mit der Konstruktion von Stiiben-
uhren. Bei solchen Leuten nun mnßk die Taischenuhr dem regsten luteresse
begegnen. V^on weit hur eiltou bie nach den paar Uäuöcrn, La Chaux-dc-Fonda
genannt, um das Kuriosum und seinen Besitzer ansuatannen; da blieb eines
Tages daa Kleinod stehen, guter Rath war thener. In La Sagne lebte damals
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UhrentiMhetrie
— 320 —
Uhmijiidiistrifr
ein l4jXhriger Schmiedelehrling, Daniel Jean JUchard mit Namen, sonst aneh.
„Hrossel** geheißen. Derselbe al» ein TansendkÜDstler und sollte jetzt den
Sehaden heilen. Er fand amb wiikürli beim Auseinnndcm .Imien den Fehler,
zeichnete jedoch die säTnintliihen Bc^itainltheile vor firm ineirmnih-rrngen ab, fest
eutschloäüen, selbst eine M>Iche Uhr herzustelleu. Ein Jahr, reich aa Hinderni&sea
aller Art, verfloß, bis er sieh die nSthigen Instrumente angefertigt. Noch Mn
hiilb.'s Jahr, und tickeiid erfüllte <li te Taschenuhr des Jura ihre Aufgabe.
Wit' mag da« Herz in der jugendlichen liruKt glücklich geschlagen haben, als
endlich nach all' den untuigbaren Mühen die Zeiger von Zahl zu Zahl snh liehen!
Zahlreiche Bestellungen waren die nächste Folge dos Gelingens. 1705 verliei^
Daniel Jean Biehard La Sague, um sieh in Loele niedersahsBen. Hier nnter-
richtete er seine 6 Söhne nnd eine Anxahl jnnger Leute der Umgegend in seiner
Kun^it und als er 1741 starb, hatte die junge Industrie in dem fruchtbaren
Rrdrtich kräftig»- Wurzeln entwickelt. Zehn Jahre später existirton in den jnran- .
sisi'hen Thälern bereitn Uber 400 Uhrmacher und von da an dehnte sich die
Uhreniudnstrie unaufhaltsam Uber den Jura aus, bis sozusagen kein Haus mehr
ohne Uhrmaoher geblieben.
Da man so oft von den weltberühmten Automaten des Pierre Jaquet
Droz von La Clianx-de-Fonds (1721 — 1790) und -diit r. Sohnes erzählen hört,
sei ihnen auch hier ein Plätzchen angewiesen. GroUcs Auf'jfhen erregte der
„Zeichner" j er stellte eiuen Knaben dar, welcher, sobald vr autgezogen, Zeich-
nungen auf das hingelegte Papier warf, den ansgefllhrten Strichen naobblickte^
den Staub wegblies etc. Die «Klayierapielerin", ein anderer Automat, soll an
Natürlichkeit ebenfalls nichts zu wünschen übrig gelassen haben. Eine „Schäferei"
wurd«' an den König von Spanien geliefert; nie galt als Hexerei, Ihr Ersteller
rettete sich mit Muhe vor dem Flammentod auf dem Hchcitörhaufen. GroiSer
Sehar&inn gehörte zu der Schöpfung der komplisirten Kunstwerke, aber auf die
Entwicklung der Uhreoindustrie haben sie keinen Einfluß anagetlbt, yielraehr
dieselbe auf Irrpfade gebracht; denn >;ai Planchen ließen sit^ vergesran, dal^
die höchste Bestimmung der Uhr darin besteht, ein mbgliobst genauer Zei>>
messcr zu sein.
Die Uhreniudnstrie der WeuuU datirt aus dem 18. Jahrhundert. In der
ersten Hklfte desselben etablirte sieh in Kjon ein frannSflisoher Uhrmaeher nnd
nahm einige Schüler an. Bald breitete sich die neue Industrie bis Rolle, Yeyey
und JVloudoQ nm. 1740 wurde Saniael 01ivi<^r Meylan von Clienit im Vall6e
de .lonx. Lehrliuir in Koile. 1748 erhielt er in Moud in (it-n .Meisterbrii^f und
etabiirte sich nun zu Hause im Jouxthal^ wo nach uud nooii die Uhreuindustrie
au großer Bedeutung gelaugte.
Bald war in den schweizerischen Uhrmacherzentren die Arbeitstheilang in
hohem Mußt entwidvtlt und schnell ist sie zu einer Ausdehnung gelangt, wie
keine aTidere Indiistrie sie kennt. Als Illustration hirfilr diene, nachstehendes,
im Jahre Iböt) im Almauach Neuchätelois verötientiichte Tabieau der einzelnen
Zweige der ührenindnstrie;
Anfertigung von:
1. rioViwerki^n
^ Ankergün^en
3. Ankerechapperaents
4. C y Hnderechapi * r in r n t >
5. Kloben für (llt- l imihi;
6. Zahnrädern
7. Hh'Ii rn und Einschnitten fOr Gftnge
8. Getrieben
9. verschiedraen Bestandtheilen
10. Korrekt ionsxeigem
11. Federn
12. Spindeln nnd Spindeluhren
13. Spiralen
Ii. Springfedera und Scbließvorrichtungen
fOr Damenuhren
15. Kellen
it). Balanciers
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Ubrenindustrie
— 321 —
ütireaiiiiiuätrie
17. Anker- und Cylinderbestandtheilen
18. Zeigern
19. Gebäut»eb(lgelD
80. silbernen, mit Goldr^ TM'adMiMn Gtt>
liäusen
Sl. Staubdeckela
9i. Platten fOr emaülirte ZUSwblUter
23. Zinr. rliirtttirii aus Metall
%i. etnaillirlea Zifferblättern
95. Aasdrehen d. Zifferblatter f. d. Sekunden
26, Malen von ZilTerMättern
37. AbäcbleU'ea d. Werke vor d. Vergoldung
88. Vergolden
Grnvirfn
ÜU. Guillucluren
31. Buchslabenpraviren
32. (iraviren und Guillochiren cogleicb
33. W alzen
34. Finisairen
'ib. Fertigmacben von (ieliäu-secharnieren
3i>. Poltr«a der glatten Stabtetttcke
37. , , Zapfen
38. , , Schrauben etc.
39. , , Räder
4Ü. . p Staubdeckel
41. Repassiren und Remontiren
12. Reguliren
43. Einsetzen <ler Zifferblätter
44. , , abgebrochenen Zapfen
ir.. , , Sfkunclonblälf'^r
46. p , Flacb- und Hublgläiser
I 47. p , Werke und Gehäuse
48. Flicken
40. Steinhandel und Steinmetzen
lyi). l'hrmacher
51. Hr.ii.ll. r
52. Veranlwortlicbe l'rubirer
53. Eluisfabrikanten
Die natürliche Folge diefier Arbeit»theilung war, daß der Kinzelne in seiner
Branche rine bedeufinil»- Fii fi^'kfit »'iliingtc. Die Vollkommenheit der einz-'liien
Stucke aber ist die (iniiuilage lür ein gutes Werk und hat die Schwciztiiilir
in den Stand gc&etzt, den Kampf mit der aubwärtigeu Konkurrenz aufzunulimen.
Die Anerkennung fehlte nicht, die Absatzgebiete wurden auMgedebnterf die'Ge«
Schäfte gingen gut. Da, als geigen Kndc des 18. Jahrhunderts die franzSsieohe
Kevolution ausbrach, drolite die Kchweizerische Uhrenindustrie in die Brüche za
gehen und, al» endlich die lipHenkliche Krise ilhtr^tauden war, n]> mnn neuen
Math und neue Uollnungen taßie, kiim die KoDtinental»perre und machte wiederum
viele Hände hiodloe; doch ftuoh sie ging vorttbwr, daa Sobiffldii wnrde wieder
flott. Während der Kontinentalsperre betrieben beschäftigungsloee Jünger der
Uhrenmacherei die Anfertigaag von mathematiHcben und physikalischen Instra«
menten uu'l legten so zu einem neue» rndnstri«»7:weige den Grrund. W. Bär
benutzt diese Thatsache, um in seinem Ih.'jH ersthienenen Buche: „Die Industrie
der Schweiz, ein Spiegel fUr Deutüchlands Staatsmänner und Philister," auf die
Hnngersnoth in Schlesien während der großen Weberkrtsis und die achreeklicfae
Bathlüsigkeit der \Vi Ix-r liii /iuvi i^en, bei welchem Anlaß er die InteUigenc
nnserer Uhrmacher in heilem Lichte strahlen läüt.
An der eristen VVeltausstellun^ (fiondon 1851) leistete die Schweiz hrrf its
den Beweis, daC ihre Uhreniiidustrie aller au.slSndischen Konkurrenz wm* hnen
sei. 16 bchweizcriscbe Uluen-AosKteller wurden prämirt, und au uei Welt-
anaatelliing au Paris (1855) 53.
«Wie ist das mOglich?* rief das erstaunte Ausland, «die kleine Schweis,
einge.Hchlossen von mächtigtii Xichharn, fern vom Meere, ohne Rohprodukte,
ohne Kohle, ohne stehendes Ueer, un<l <iie««e GtiwcrbKthätififkeitVI"
Ja es war sch(m ein wenig zum Verwundern! Wie war in ihren Anfangen
die UlireniTubistrie ahhä!>t'ig gewesen vom Ansland! Immer mehr hatte man sieh
omunzipirt; nur di« Werkzeuge waren nocli vom Auslande bezogen worden, und
ala man im eigenen Hause heimisch geworden war, kamen die Erfindungen.
Endlich fing man an, auch die Werkzeuge selbst zu erstellen; dabei machte man
Erfahrungen, welche Vervollkommnung and neue Erfindungen brachten, so daß
bald das Ausland begann, Werkzeuge ans der Schweix SU besiehen. Die Schweiz
wurde die hohe Schule der Uhrmacherkuust.
Während Neuenbürg, Bern und die Waadt möglichst vollkomuMOe Werke
Vnnvr, T«11uwlTtlM6li«fti-Ii«xikoB dar Schwel«. 81
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i. iii eiiiiitiustrte
— ;522 —
Lbrenindustrie
ZU «n»lellen atrebton, verlegte eich Genf iiumer mehr auf die F^brikfttton ▼on
Lnxasubreo. Die 1776 in Genf gegrttndete „Soei^ti dee Arte" leistete hierbei
t ' 1 r 1 Wesentlich». 1824 b^nn in Qenf die er«te eehweiterieebe IThrmadier-
bchulti lias i'Xsti} Sflmljalir.
UuMere Uiircniudustrie halte sich als Haanindustrie entwickelt. Lnter Mit-
verdienst der Fanulienglieder arbeitet der Uhrmacher in seiner Häuslichkeit.
Der Werkieuge Entwiolctang und theitweiMe Umbildung in Maflohiaen erhöhten
in allen Zweigen die LeistnngMfähigkeit. Die jährliche Froluktion stieg in un-
geahtitfr Weise. Dtjr „vc-ritable Mi-HHf\2^<>r boiteux de Neuchätel pour l'aii de
graoe 1 s M " Rrzühlt, cn scion um 28. September 1833 im Atelier des Herrn
Philippe- lleuii Robert zu «Punts de Martel** — mit Ausnahme des ebaucha —
sSmmtliehe Thetle einer goldenen ühr angefertigt and sosammengefugt vrorden.
Der genannte Herr war die Wetr- 'iagegangen, in einfui Tage eine goldene
Uhr zu fabrizin n, Mortons 5 Uhr des erwähnten Tages ging's an die Arbeit
und Abends \) Uhr wur d r Hang der ühr reglirt, die Wette gewonnrn Dt^r
Fall erregte Aufsehen und kann hier aU Bild des damaligen Standes der
Industrie di<men.
Werfen wir «nen BJiok in die ührenabtheilung der dritten echweiserisehen
rnduötrieuus*itellung (Bern IH.'jT), so find«?n wir da 100 Vertreter au.«* dt-n
Kantonen Neuenburg, V> vn. (ti r.f, Waa lt, SrliaiThan-^en etc. Es hätte wohl
wenig Zweck, hier die zahlreichen mit Prämien bedaciiteu Taschenuhrenfabrikantün
aufiKufUhrun. Anders verhält es sich mit den prämirten Repräsentanten der Stubon-
.uhrenindustrie. Dieselben mnssen hier anr Veransehauliohnng der damaligen Lage
dieser Richtung Revue pa.Nsiren:
Die Firma Jean Leuenbergor, Sohn, in Sumiswald erhielt die silberne
M^'daillr für ihren Regulator, der auf siiiinntliclu ii Stationen des eidgenössischen
Teiegniplieiinctzes Verwendung gefunden. J. Kapp in SchalFhausen wurde für
seine httlsemen Uhren mit metallenem Räderwerk, einen neueingefUhrten Industrie«
sweig darstellend, mit der bronzenen Medaille bedacht. Eine £hrenmeldaog kam
dem Aussteller Samuel llofstetter in Albligen %xk für 8<ane drei Pendulen im
Genre des Schwnrzwälderfabrikat'*.
Hervorgehoben sei ft^rner, daß der Ausstellungsbcricht befürwortet, man
mSehte die ecbweizerisehen Konsnlate in den Uafenatädton anffordem) die dortigen
Marine-Verwaltungen zur Annahme von Specimen unserer Chronometer zu ver-
anlassen; da diese letztem zur Zeit im Stande seien, mit englischem Fabrikat
zu rivalisiren.
Die in der Uhrfnindustrio beschufligteii Personen beidöilei Geschlechts
schätzt der mehrerwähute Bericht auf 40,000. Von ihnen seien drei Viertheile
in eigener HSuslicbkeit und ein Viertheil in Fabriken thütig. Das Jabree-
einkonunt-n des Pabrikarbi'iters varire zwischen Fr 1000 und Fr. ÖOOO. Der
>Vi rth der jährlichen Fabrikution ist auf 5<> Millionen Franken geschätzt, als
J Iau[>tausi'uhrlan<l die amerikanisch«« l'nion hezeiehnet und die Zahl der 1856
fabrizirtcn Uhren auf 1,100,000 Stuck veranschlagt.
Viel mußte es zu der raschen Entwicklung der sohweiz. Uhreninduerie bei-
tragen, daß man verstanden hat, allen Anforderungen nnd Geschmaeksriehtungen
Rechnung %\\ tragen. In Luxusuhren \\ ißte besonders Genf Mannigfaltiges zu
leisten; Armspungen, Fingerriii^e nnil uitlcre Setsmackgegenstände machte es zu
Trägern von Uhren. An der Pariser Weltanssteliiing von l8öö erregten in der
Schweiz konstrairte, große und phantastisch ausgestattete Uhrwerke Aufsehen,
welche für den Kaiser der Chinesen und «eine Mandarinen bestimmt waren.
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Ohreainduüti'iö
Uhreuiodiu^trie
England nad Holland lieban BoliwvFe, einfache, Italien nnd Frankreioli lieriiolief
güldene Uhren; Spaiiiet^ will GehStue und Zifferblatt mit Emaille nnd Perlen^
<der Orient diest;lbün mit phantastinchen Arabesken ver/i«rt sehen; das Alles
wurde in der Schweiz immer mehr berücksichtigt. Und nun »Tst d»»r Prei«!
Wer sollte zwi-^chcn Fr. 5 und Fr. 70()0 nicht aui h steine Norm linden können VI
Aus vielen Ländern kamen in den öUer Jahren Händler iu die Schweiz,
um möglichst billig ihren Bedarf tv decken. Ende 1859 bildete »ich eine Export»
gesellschat't unter dem Namen „Union horlogere". An Hand eines Kapitals von
einer Million Franken errichtete sie in Singaporo nnd Japan Comptoirn, deren
Hauptaufgabe die Zahlungsvermitthing tiir d^n Nohwciz Uhrenexport bildete.
Diese Comptoin* wurden von eminenter Wichtigkeit und haben viele der grofi-
■artigsten Geschäfte vermittelt, Die Abeatsgebiete erweiterten sieh susehends. Im
Heimatlande aber war man bestrebt, Garantien zu bieten und so sich diese
Absatzgebiete zu erhalten. In Neiichätel und Fleurier gründete man neue Kontrol-
bureaux, welch»" dir Ulir.schalfn auf ihren Feingehalt /n ]>riifen hatten Kr^tere«
wurde am I.April lfi()6, letztere« am IT). Mai Lr<k'tl erotinet , während die
Errichtung dm Genfer Bureau schon iu die Zeit der Genfer Bischöfe, diejenige
der Bureanx in La Cbaux-de*Fonds nnd Locle aaf Ende 1775 föUt. Zugleich
war man bestrebt, bülig au arbeiten; Amalgamirwerke wurden eingeführt, die
0<'l(!ab«;;iftgc wieder verwendbar zu ninolicn, N.u li Paris s[ir .lii ti^ man in Fä>sprn
Gangwerke, die als Pariser Uhren aut den Markt gt l:iiit:!< ii 1H()7 konnte in
Paris die dritte Weltausstellung den Huf dtm Schweizer l alirikatct» nur befestigen.
Kenerdings fing man an, die Frsge der GrUndung von Uhrmaoherschtileii
VI Studiren. Die Schulen von Genf Qnd Locle hatten Kich bestens bewährt. In
Yverdon war 185*2 eine Uhrmaclierschule erötrnet worden, die jedoch nach zwei-
jähri;.:«'r Thntijrki-it niederKirannte ; da wurde endlich in lia ('haux-de-Fonds
eine weitere Ührmacherschnle in's Leben gerufen, welcher die Schule zu
St. Imier, 1866 diejenige d«r Stadt Neuenbürg folgte.
Im Jahre 1870 organisirte die Sociiti de« Arte in Genf ihre Seotion
d*horlogerie, welch* letstere i;s7G das „Journal .sniase d'horlogerie" sehof.
Ungefähr nm diese Zeit, d. Ii. Anfang» der Siebziger Jahre, t>f'<raTin sich eine
Krisis zu entwickeln, welche ab- nnd zunehmend die Gemüther bewegte und die
nocli heute nicht zum Abt-chluß gelangt ist. Wohl hatte 1^13 in Wien eine
Weltansstellung die Ueberlegenheit der Schweis anf dem Uhrengebiete nener-
dingH bestätigt; des.sen ungeac^btet blieb :il< r die Lage gedrückt; das Haupt*
Rusfuhrgebiet, die Vereinigten St .ati n vnu N u ilairif rika, erschwerte durch Schutz-
z<"t!!f !iis anf 2h "/n den Absatz, uini hIn ui Philadelphia .-ichon 1876 wieder eine
Weltaurtsttliung autmarscliirte , sali die Schweiz sich einem Feinde gegenüber ^
der mit unheimlicher Macht, unter Pomp und Prangen, sich auf dem Weltmarkte
einführte; es war „die amerikaHtsche Konkurrenz'^ . Die Anfänge der amen«
kaiiisihen Uhrenindustrie fallen in die Fünfziger Jahre; in der kurzen Spanne
Zeit eines Vi^ rt -Ijahrhunderts war sie eine der Schweizer UhrenindiistrH' b-.1ri)hlifh
gcgeniibertr«;teiiiie jUacht und eine Hauptursache häutiger Krisen im scinveizerischeu
Uhrengeschäft geworden. Indeß waren i^olcbe Krisen auch schon früher vor-
gekommen.
Sehen wir uns nur in diesem Jahrhundert nm , so entdcc'ken wir zuerst
die Sjinren eir.fr Kri-is in Arw I )reiUiger Jahrf'n ; im Jalire 1 s;!> wur ;)- bfispiels-
weist: i-iii'- Pi titiuii au dii- Gculer Brhr>rden gci irhtrt, die Bitte eutiiulteud, es
möchte eine gruudliehe Untersuchung der Sitimiiun der Uhreuiudustrie vor-
• genommen und Mittel und Wege zur Besserstellung erwogen werden. Daß die
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Uhrcnindustrie
— H24 —
Ulxrenindustrie
politiMheo Bewegungen von 1648 nnd 1849 alle Gesohäfte eohwer eobSdigen
innßteD« liegt auf der Hand. Damal« 8uchte man zunächst durch Lumnirnng-
einer schwt izt ripchen Gewerbe- und IniluötrieAUöxtellung in Bern ein Auflebea
der Industrit* im Allgemeinen zu verunlaesen. Im Jahre 1002 weist der Umstand
auf das Vorhandenaein einer Krüifi hin, daß in Genf Preise aui«ge8chrieben
wurden für gute Abhandlimgeii Uber die Frage, wie die UhteDindnathe gehoben
werden könne. In seinem Berichte Uber ^e Uhrengrappe der Färber Welt-
ausHtellmig Tcm 1867 |^bt uns Dr. Hirsch von Kenenborg Kenntniß von der
Existenz einer EriMS in der Tin »-uind«»trie. Was nun die Krisis der 70er
und 80er Jahre betrifft, au kann nicht geleugnet werden, daß 2u ihrer Be-
kämpfung viel unternommen worden ist. Im Jahre 187(3 hat der Genier GtuUe
Baih eine Unteranehnng der Lage der Uhrenindastrie angeordnet, das Journal enin»
d^horlogerie entHtand, und in Biel und Flenrier wurden neue (ThimachenichaJea
gegründet. Als 187^ wieder eine WcItauHetellung in Szene ging, machte man
frr'>ße Angtrenfrnng^i:;!!, ilem guten Rut des Schweizer FabnkHtn größere rK ltuiig
zu verschaffen ; Hugar tM;hüchterne Versuche gemeinsamer Reklame wurden be-
merkbar. 163 Schweiler Anasteller fanden sich neben 363 Frannwen, 11 Eng-
Iftndern nnd 6 Amerikanern (I)eutächland war bekanntlich dieser Weltavsstellang.
fern geblieben). Der bezügliche Bericht des Herrn D. Perret räumt auch hier
nach der Schweiz den ersten Rang ein; von 20 zur Verth«»ilung; crcliin/xten.
goldenen Mcdailk n tielen 9 auf die Schweiz. Neben den französischen Uhrmacher-
sebnlen Cluaeä (gegründet 1848) nnd Besiinvuu (gegründet 1862) hatten die
Schweiz. Schulen Gimf, Neoeh&tel, Bienne^ Cbanx-de-Fonds, Loole nnd Fletirier
Arbeiten auHge^itellt, denen hohe Anerkennung zu Theil wurde. Besonders ans-'
gezeichnei beuitlit ilt* n ilit; F'xperten die schweizerischen Chronometer.
AiK'h uu der Weltausstellung in Melbourne, welche schon 2 Jalire spiiter,^
im Jahre 1880, abgehalten wurde, hielt sich die Schweiz auf der eroberteu iiühe.
1881 wnrde unter dem Schatze der 1878 gegründeten .Soeiiti d'^mnlatiott'
industrielle" eine «Exposition nationale et internationale de machines et outils
eniployes en horlogerie" vorbereitet und am 1. Juli mit .^.lO Aasstellern in
Li» Chaux-de-Fonds erölVnet. Die Krisis schien zurückgehen zu wollen und freudifr
sah man bereits der Landesausstellung in Zürich (188«)) entgegen; bei Anlaß
des Abechlusses eines neuen Handelsvertrages mit Frankreich aber wnrden die
Klagen Uber die gedrückte Lage, Uber Konkurrena nnd Krisen wieder sehr laat.
Die Landesausstellung von IHH'A gestaltete sich zu einer imposanten Demon-
stration der gesammtcn Landesinduntrie. Ein jeder Zweie der letzteren wollte
die Frage beantwortet wissen; „Hast du Schritt gehalten mit <ler vorwärts-
achreitendeu Zeit?" Für die Uhreniudustrie fiel die Antwort befriedigend ans.
Alle Zweige waren würdig vertreten und vereinigten sieh au einem harmonieeheD-
Gauzeu. Die UhrmacherHchnlen von Genf, Locle, Chaux-de-Fonds , Biel und
St-Imier bewiesen, daß rlit Tmliistric auch von ihnen Schönes für die Zukunft
erwnrten durfte. Da« Total <ler Au>>teller war 278. Von denselben iu-l'erte
Bern 88, Neuenbürg 77, Gcuf 04, VVaudt 27, Solothurn 8, Ba^cl 3, Aargau 3,
Zürich 3, Teesin 2, Sehaffhanseni Thnrgau und Wallifi je 1 Aussteller. Der-
Bericbterstatter der Uhrengrappe, Alexis Favre, konstatirt^;, daß die Sehweis
den ersten Rang zu behaupten verstanden habe, trotz aller Anfechtung und trotz
dem Hemnisehnh vorUbergehenfler Kri'^eii uu'l innerer Uehel.st'inde. Die Zahl der
Arbeiter schätzte er auf 4r),(H»U, wovon 97^4 in \)1 dem Fabrikgesetz unter-
stellten Fabriken arbeiteten. (Am 1. Des. 1880 waren es laut eidg. Volksafthlungs-
statUtik 39,367.)
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iJhremndustrie ~ 825 — Uhrenindustrie
Unter dem Fabrikgetietz »tanden 1889 durcluobnittlioh 12,409 Arbeiter in
191 EtobliaMmentSf bkl. Bijoaterie, die in maDoheD EtabliMeaeiits zagleieh neben
4er Horlogerie betrieben wird.
Einen weitem intercttsanten Beitrag zur Erkenntniß der Lage der IndnBtrie
bot eine ebenfalls 1H83 verötfentlichte Schrift, die „ Botsebnft dt's Ikiniiesraths
an die Bundetiversammlung Uber die gewerbliche Enquete''. Die^^elbe i^t ain
20. November genannten Jahres erschienen ala Folge dcä Postulats der Bundes
Teraanunlang vom 26. April 1883, lantend:
.Der Uundesrath ut eingeluden, eine Untersuchung über die Lage derjenigen In>
dustricn und Gt wt tiip zu veranstalten, welche sich über (iit- n;i!nlt_'!s\ t ifrä^'f Ixschweren,
uud zu priileu, iü welchem Maalje zur liebung dieser hidu^-liitn und dc^ ILmdwerks
beigetragen werden könnte, sei es durch die Um:iri*eitutig des Z'dlt.nih, sei es durch
Untersintzung von Handwerker- und Kunstgewerbescüulen, sei es durch andere Mittel*
(s. Seite 756 im L Band dieses Lexikons).
In Ober 4000 ExempbreD war ein Fregensobema an eKmmtliobe Eantons-
jegierangen, an den Schweiz. Handels- und Industrieverein , an den Kchwtiz.
Gewerbeverein, an die -{chweir f;emeinniitziLrt' Grsdlsrhaff , an den Schweiz.
Orütliverein und an kompetente Private zur Vertheilung gtlini'zt.
In BeantwortQog dieses Fragenscbema's sind viele Anreguttgen eingelaufen ;
in den Uhrendistrikten aeigte sieb niobt so großea Inleiesse, wie Tielleicht an
erwarten gewesen. Die Regierung der Wandt betonte, daß es in erster Linie
Hache der Betheiligten selbst st i, die Initiative zu ergreifen und BesM^mn^^rn
anzustreben; daß man ferner uns rietn wcuigon Interesse, das der Eirqui'le erit-
^cgengebrauht werde, schlieben könne, die Nothlage in der Waadt sei nicht so
groß, wie anderwirte. Der Staatsratb von 6enf bemerkte, die eingeleitete Enquete
sei gleichgültig aufgenommen worden und habe zu keinem Resultat geführt I
Die „Socii'tt' industrielle et commerciale dt- la Vallee de Joux" wollte theoretische
Knrse iib< r Uliriiiaohprei eingerichtet wissen. Die ,Soci6te des jennes Commergants
de Lau.saniie' befürwortete Ertbeilung eines allgemeinen Berufsunterrichts , £r-
riebtang von ScbaU und Postsparkaneo , Begünstigung der LebensTersieheraog,
Einfährang des Erfindnngasebutäes und der gegenseitigen Yersiehernng gegen das
Risiko aus Fallimenten, Vereinfaobang des Gerichtsverfahrens etc. Die ,8ociet4
suisse d'horlo<»frie, Fal'rii|ii.' di' Mt)ntillit'r " «Mullich konstatirte den schlimmen
Zustand der blaeuindustrie und be/.eichuete als dessen Grund Ueberproduktion«
sowie zu lange und zu huhe Kredite.
Die EnqnSte hatte lur Folge, daß dem Bnndeeratb ein Kredit von
Fr. löU,(>Oü erötfnet wnrde, um nach Gutfinden durch Bundesbeitrlge gewerb-
liche nii i iiidusti ii Ilf Rildnni^, Wandervort rage und Preisarbeiteu zu unterKtiitzen.
Di« Jaiire l.^^Sl und ISHrt sahen die La»j;e nach innen tmd auß^n iiiiiufr
unbehaglicher werden. Zu grolie i-abrikation, zunehmende Konkurrenz, unreuile
Konkurse, erschüttertes Zutrauen auf die Fortdauer des Friedens in Europa
und das Fallen des 8ilberwerthes lasteten schon lange schwer auf der Industrie
und veranlaßten iri erster Linie ein Herabgehen der Preise und Arbeitslöhne.
Eine vielerorts auf die verderbliche Bufnis fn-iiidfii Mif.i.nsnhicks ^f^irründete
Konkurrenz im eigenen Lande zeigte, daß das gemeinsame Interesse verkannt,
bei maneh^ Einem der Patriotismne in Sackpatriotismus ausgeartet war.
Doch wie es au jeder Zeit Männer gegeben hat, die aus üeberzengung und
Liebe zu einer Sache selbstl.)- n d mit persönlichen Opfern fiir dieselbe ein«
gt;stauden sind, so fandfii «ich sid(lie nucli bif-r ('l.wiz besonders waren e« da
die Sektionrn ttnd das Zrnt i alkitniite der „iS<iclele iiitercantonule des indu.'rtries
■du Jura", welche eine VN'raduug dieser Zustände herbeizuführen bestrebt waren.
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Uhrenindiulrie
— 32« -
ührauDdustri»
Vor allem galt e«, den loterewienteii der Uhrenuidaetrie selbst die Angen su
ötVuen, ihnen einen B»;grilT zu geben von der Gesammtlagc, ihnen klar zu machen^,
daß ilic Feindschaft /.wisilicii Arliriirr und Arbeiti:el>er ein riuling sei, daß im
Gegeiitlieil die Interetfäea beider Tbeile ein friedliobea ZusammeogcbeD gebieteriüch
furdern.
Mitte Februar 1686 braebten die Zeitungen der weeteebweiBerifloben Kantone-
etneil Anfmf. Derselbe nugte, die UhreninduKtrie, Ernährerin der n;r;)ijtQa
Zahl von Arbeitern, sei über 10 Kantone verbreitrt, mit einer Jahre^i-ro luktion
von rund 4 Millionen Uhren im Gesammtwerth von wenigstens lOÜ iMülionen
Franken und verdiene größere liUckttiiht und Beachtung, alti ihr bis dato eut-
gegengebracht worden sei. Er erklärte ferner » heutautage werde die Uhren-
fabrikation anf zwei Arten betrieben: 1) in Fabriken, wo mit Dampf- oder
Wasserkraft sämmtliche oder die meinten Theile der Uhr t r-tellt werd< n m d
2) bei „Fabrikanten**, welche die einzelnen Hestandtheile bei Spezialisten h>--
Htellen, sie zu einem Ganzen vereinigen und dasselbe regliren. Nun konstatirte
der Aufruf zugleich, daü die^e beiden Systeme eich eine Konkurrenz machen,
welche «eit nngefithr 15 Jahren den Werth der Uhr sowohl als den der Arbeit,
um i)0'*/i\ verringert habe and daß, um dieaes Sinken der Preifle aufzuhalten,
auf den HO. Januar ixHt] eine YcrHammlung nach Biel einberufen wordtn -ei,
welche, r»00 Mann Htnrk, die /.eitfru^fn der Uhrenindustrie in loyaler und
ruhiger Wei«c erörtert uud endlich ein» KommLüsion bestellt habe, welche weiter
die Art vnd Weise einer BeMemng der Lage Ktndiren sollte. Zum Sehlnsse gab
der Aufruf bekannt, daß diese Kommission die Preisfrage stelle, welches die
Ursachen des SinkeuH d(;r Preise ^^eien und wie dieser £rscbeinttng TOn den veiv
achiedfiien Seiten e!itp«>g('n gearbeitet werden k^5nIle.
<iix Arbeiten waren aut diesen Aufruf eingeliefert worden und am 25. Juni
1886 wurden 8 Preise und 4 Ehrenmeldnngen za vortheilen beschloflseu. Den
hitehsten Preis (Fr. 160) erwarb »ich die Arbeit dee Herrn Jnlee Gfeller in
Bern. Iva Juli 188(3 sodann löste sich die Kommission auf, nachdem ihr Vor«
schlag acccptirt wurden, der dahin pinp, es mJjehto die „Societe des f.ihricants
et chefs d'atclicrb U horlogerie de Biuiine-* beauftragt werden, als Sektion der
«Societ«^ iutercantonale de» industricä du Jura" die Ideen, welche in den ein-
gelangten Arbeiten enthalten seien, aaszabenten, besonders die Chrttndnng von
Syndikaten anzuregen und fUr das Ertindnngasehntzgesetz Propaganda zu machen.
Die Uhrmaeher der Ostschweiz (RepArateurs und Uhrenhandelt reiUeule) be-
saßen tür ihre Interessen bereit« seit 1.^7^ ein Fachjournal, die in Konumshorn
erscheineude ^Schweizerische Uhrmacher-Zeitung". Auch in den Fabrikation»-
Zentren, d h. in der romanischen Sohweia, war dieses Bindemittel zum Be-
dttrfniß geworden. Es erstand in La Chanx^de-Fonds die «SoUdarit^ borlog^r«*^
in Biel Knde 1886 die „Föderation horlogire", beides Fachzeitungen , welehe
den Sehutz der gemeinschaftlichen Interes?*pn des UhrmacherBtandcH anfH Banner
schrieben. In Genf wirkte das „Journal suisse d' Horlogerie" als technische
Fachschrift durch Aussobreibuug von Prei^aufgaben etc. anregend und fördernd.
Der in 8t-Imier erscheinende «Almanaoh des horloger»*' trSetete fUr*s Jahr 1886
seine Leser mit folgenden Eröllnungen:
^Die Welt fabrizirt j'üiilidi .".nt^O.OOO Uhren. Seit der Erfindun;i df>r
Uhr mögen 200,<M)O Odo »Stück fabn/.irt worden sein; dem gegenüber aber ziihit
die Welt 14ÜU Millionen Menschenkinder, von welchen mau füglich 500 Milliouea
als Uhrabnehmer betrachten darf. Padt: Es bleiben noeb 800 Hillionen Uhren
an fabriziren, bis jeder Mensch, der anm Uhrtragen Anlage hat, mne solche besitzt.*^
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Uhrenindustrie
— 327 —
Chr«nindii8trte
So ward« denn auf allerlei Weise gepredigt and experimentirt , am eine
Wendung sinn Bessern herbeizuführen. Und nie kam, dank der »eit 18b 7 be-
stellenden p F (' <1 ('• r a t i n n Ii orlogctre In t iiu m Zmti alvt-rband iMihen die
entstandenen Syndikate und GenoHsenschaftf^n .Hchrtn lüiigst den einzigen Anaweg
aus der Kribii«. Eine große Aufgabe war diesem Zentralverbaiid zujri'danht.
Zunftcbflt die Beorganieation des Lehrlingsweeens. Dann die Einftthrung der
lOstUndigen Arbeitsseit, die friedliche Agitation für soeoesBive Erhöhung der
L?iline, auf welche Weise man die Ueberproduktion auf einer Seite einzudämmen
hodte Dann richtete sich drr Kampf gegen die Zwischenhän ll< i , wf lrhf di»*
Noth de» Fabrikanten ausbeuten, beiue Waare xu äpottpreisen kaufen und, die
«elbe wieder unter dm .GnteUangakoatim verKnßernd, eine Sehmutikonkarreni
erOfflnen, welehe der ganzen Industrie xu aohwerMn Sehadeo gereicht. Zudem war
noch i^r manohea ,.&ul im Staate Dänemark". Der Verkehr von Fabrikanten
mit Trödlern, Bazarinhahem Abzahlungsgeschäften und Ffandlrili.ui^f.ut -ii. die
durch Speiche \ ermililung im eigenen Lande auf den Markt gehtoljcn« billige
Schund waarc, der zu hohe und zu lange Kredit, das Alles mußte, sollte die
Lage besser werden» versehwinden.
Am .') ] . Juli lSb7 itst das Kind der vi« I> ti Krw-artangen und Hoffnangen
durch Vermittlung der ^Societe intercantoiialc den industries du Jura* aus der
Taufe gehoben worden. Ein Kongreß hat ati dienern Tage in Neuenbürg den
Zentralvereia unter dem Namen „Föderation horlogcre'* gegründet.
Am 1. Januar lt$87 ein eidgeniissisohes Gesetz zur Regelung des Handels
mit Gold* and SilbemblilllMi , dann die Kreirnng von Kontrolbnreanx fttr die
Prüfung de« Ganges der Uhren bei verschiedener Lage und Temperatur in
Chaux-de-Fonds. Biel, Neuenburg und (ifrif, am 10. Juli 1MH7 tuu li s< hwerer
agitatorischer Vorarbeit eine Volksabstimmung, welche mit l'.Mi.Oüt) Ja gegen
ö7,0()0 Nein den Bundesverfussungsartikel betretend den Erfindungsschutz an-
nahm, am 29. Juni IfiSS das Patentgeeetz selbst, am 81. Jnli 1887 die GrUndnng
einer «Federation horlog^re** — jetzt mußte es besser kommen I
Die Fuchzeitung „Federation horlo^rri'" war am 1. Miir/ 1887 mit der
„Holidarite horlogcre" verschmolzen und uaili dir (niitiduii^ dfs Znitralvrcins
als detisen Vereiusorgan erklärt worden. Der Zentrulverband wählte zu seiner
Lidtnng ein Zentralkomite, bestehend ans 7 Arbeitgebern, 7 Arbeitern nnd einem
permanenten Sekretär, der tngleioh einem Handels- und IndiHtriebnrean (Ane-
kunftsstelle) vorsteht. Das so zusammengesetzte Zentralkomite hat gegebprif-n
Falls auch als Schirdsf^pricht zu fungirr-n und alljährlich eine ordentliche
Delegirten Versammlung der Syndikate einzuberufen. Eine beachtenswerthe £e-
stimmmig in den Statuten geht dahin, daß Mitglieder, welche ohne Wissen und
Wollen des Zentralverbands einen Strike anheben, ohne weiteres der Hirg1ied>
Schaft verlustig guhen. Ende 1887 schon zfthlte die «P^d^tion horlogere*
mehr als 12,0*)0 Mitglieder.
An» 19. Januar 18H8 gab der Sekretär der ^Federation horloger«'" ^^iue
Demission. Arbeitslast und persönliche Opfer waren ihm, dem gleicii/eiiigen
Sekretür der „Sodöt^ intereantonale des industries dn Jnra", zn grol^ geworden.
Hit seiner Demission wurden die Sekretariatsarbeiten nnter die Sekretariate der
„Federation" und der „Soci^te intereantonale" so vertheilt, daß dem (»r.steren
die Arbeiten betreffend da« innere Programm . d. h. die Beziehungen zwi-'dicn
Arbeiter und Arbeitgeber, dem letzteren das Auakunftsbureau und die Kegeiuug
der Übrigen GeechKfte anfiel. Am 25. August 1888 erSffnete die «F^d^ration
horlogere'* in Biel ein Stellenvermittlungsbnrean, das die ihm mitgetheilten An»
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Uhrenindustrie
— 328 —
Uhrenindustrie
gebot« von Stollen oder ArbeitekrttfteD im Veroinaorgan jeweilen TertfAentlieht
und dagegen vom Arbeitgeber eine Taxe von 50, vom Arbeiter eine aoldie von
30 Ct9 vcrlaiir^t.
Ktlutig und mit unverkennbarem Erfolg hat so, obschou auch AofeiodaDgen
nicbt fehlten , das junge Unternehmen vorvlrta m aohrdton begonnen; nicht
minder kann dies aber aaeh von der swar aohon ant 1883 bestehenden, oat-
aohweizerificben Fedt'rution, der »Schweix. Uhrmacher - GenoHHenachaft" gesagt
werden. Lttzt.iL- strebt dahin, r.n wnr(li^"n T'reisen ihren Mitgliedern ffute
Waare zu lietirn^ sie verpflichtet die Mif^rlieaer. keine Schnndwartr« fpil zu
bieten und über anderwärts bezugene, zum Verkauf im Laden bestimmte Artikel
der Genossensobaft ein detaillirtes Yerseichniß Mnsaltefem. Im fernem hat sie
die Lehrliugiq»r11fnngen fflr alle Lelirlinge ihrer Mitglieder obligatorisch erklärt.
Unbemittelten, vertra^enswiirdi^'t;Il Mit;;Uedcrn will sir an die Hand gehen;
Alteri^fund» und 8terbf*ka>se ninil ihre nächsten Pläne für die Zukunft.
£etraohteu wir e« ab gute« Omen, daß die schweizeriäohe Uhrenindut»trie
mit 148 Aosstelleni als KoUekUv-BUd an der 1889er Pariaer Weltansstellnng
anltrat, mit ihren Eraeugnissen die Bewandemng der Welt erregte, nnd seitdem
einen bedeutMiden Zuschoß von Arbeit erhalten hat.
Die Ubrmacberschulen. F*s hcstf^hen deren 9, nämlich in je eine
in Genf, Cbaux-de fonds, Locle, Neuchatel, Fleurier, Biel, St. Iraier, Pruntrnt
und Soluthurn. Fleurier aubgenommen, ünd alle vom Bund »abveutionirt, 1889
mit msammen 54,145 Franken
AuHwKrtige Konkurrenz. Größter Konkurrent ist Amerika. Yor
lö.')0 gab es noch keine ameriknnische übrenindustrie; alsdann Tvnnlen ilie hei
uns zur Verwendung gelangendt ii Masehinen auch in d<-n \eieuiigten Staaten
eingeführt und ein Vierteljahrhuudert 8j>iiter hacte sich eine amerikaniische Uhren-
indnstrie bis sum gefttrehteten Feinde entwickelt. Die Einwanderung aus der
Schweiz mag dm Ihrige zu dieser ThatKarlie Vieigetrageo haben. Dazu betäubt
eine fahrlhafte, raftinirte und immer wechselnde Reklame das Publikum. Dies
nöthigte die Schweiz, ebenfalls die Lärmtrommci zu rühren.
Gcmein.saniü dauernde Reklame ist dm wirksamäte Gegengift. Zwei
Pnblikation^organe sind bebofs gemeinschaftlioher Beklame gegründet worden,
nftmlich: ^Observador-Sod^Amerioano'^ nnd ^La Industtria Saixa*. Beide Blätter,
das erste portugiesiacH in Sohaffhausen, das zweite «panisoh rerHLnrt nnd in Basel
erscheinend, gelangen !rr!\ti< r.nr Yertheilun^ nnd nullen in l'drtu^Ml. Brasilien,
Spanien und SpüniNeh-Anierika »u^erer übrenindubtrie Freunde werben.
Von der cnilischcn übrenindiLstrie wird behauptet, dieselbe habe ihren
Gipfelpunkt bereits hinter sich; der Huf exakter nnd feiner Arbeit, besonders
für SchinKchronometer , ist ihr aber bis heute geblieben. Ein Sensationsartikel
der i.on ioner _I'all-Mall-Gazette'* vnni K* De/embcr IHrtG entwirft ein Bild
engÜMiher Zu^tändf, ilas zwar dunkler gehalten ist als die Wirklichkeit. Der-
selbe 8agt vor alkia uns, die englische Uhreuiuduntrie aei in traurigem Zustande j
alsdann behauptet er, englische Häuser, die früher jährlich an die 3000 Uhren
fabrizirt hätten, bezögen jetzt den ganzen Stodc aus der Schweiz; eine große
Anzahl englittcher Chrmacher hätten anderen Krwerb suchen milden und einige
seien .sogar zu gewiduiliehen lliindhiiipt-rn herabgesunken. Ferner wiiren in den
^eiöien englischen Uhren Schweizerwerke, während die englischen Werke von iu
England arbeitenden Fremden erstellt seien. Der Gewährsmann der ^Pall-SUll*
Gazette" ist John Bennet, eine kompetente nnd wohlbekannte Persönlichkeit in
ganz England. £r sagt in dem mehrerwKhnten Artikel weiter, seit der Londoner
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Uhrcnindustrie
329 —
ührcnindustrie
WeltMiflsleUnDg tod 1851 habe das eogliflohe Fabrikat aetneo Huf d«r üii«rrei«h-
barkait an die Schweiz ausgeliefert nnd nachher sei ea rttokwärts gegangen.
Heute aber pt i ili' Si I wi izi^nihr besser nn 1 dabei 40 °/o billiger als die t ii^'lische.
Zu alledem betont er, wahrend 35 Jahren seien ihm Tausende von Schweizer-
Uhren durch die Hände gegangen und unter ihnen habe er keine schlechte ge-
fanden. Jobn Bannet begnügte aieb aber niobt damit, den EnglUndara tin Klage-
lted in singen; er aeigt ihnen aneh, wie nach «einer Amdoht ein Umsohwnng
bewerkstelligt werden kSnote. „ Verblendung und Egoismus", mit er dem eng-
lischen Volke zu, „tragen die Schuld dieser Li^'" • ^"H t'^^ besser werden, so
«cceptiret die KchweizeriMche , erprobte FabrikatiouMjnethode; vureinUchtjt die
Werke, ziehet Frau und Kinder hinein in den Arbeitskreis, fördert die Bildung
•das Uhrmaohera und es muß beflseml**
In Frankreich ]at die ülirenfiibrikation am verbreitetsten im Departement
4u Douhs und in Savoyen. Parin i^t das Zentrum der Pendulenfabrikatif>n. In
Paris, Besan*^on und Cluses bestehen ührmacbersrlittleii. I>}** Infercssan d*?r L lireu-
iudustne Frankreichs sind den uuseru verwandt und Hhuliobe Bewegungen, wie
in der Schweis, kennaeiobnen ihre letaten Jahre. Wir wollen bier nur als
Beinpiel erwähnen, daß laut dem »Moniteor de la bijouterie et de rhorlogerie*
im Jahre 1888 in Frankreich ein Zentral verein unter dem Namen „Union des
fabrieantn bijoutiers, joaillerB, orfevres et (\<-i^ indtistries qni «'y rattachent** ge-
gründet wurde, welcher aus G Vereinen ^SL-ktionen) besteht uud tHJO Mitglieder
in «ich Bchließt, die Tausende von Arbeitern beeohäftigea. Gleichzeitig bringt
besagte Zeltnag die Naohricht» daß behafa Zentralisation des Informationswesena
in Paris ein «firanaSsisebes Haadelsburean* gegründet worden i.st, daa seine
genauen geschäftlichen Informationen Uber in- und Ru-^HindiRche Firmen gegen
©in jiihrlicheH Unterhaltungsgeld von 20 Fr. zur Vertiigung stellt.
In Ucaluchlanä endlich hat die Taschcnuhrenfabrikatiou keine Aulagen zur
Auabreitung. Verschiedene von der Regierung unteratDtxte Versuche, diese
Industrie zu fördern, schlugen fehl. In Sehwemming« n. Triberg etc. >in'\ s. Z.
Versuche zur Gründung von Etablissementen ges' heilt rt. Wir tindeu die Ta-chen-
. uhreninduKtrie bauptsächlich in Sachsen. Die dortigen Obren erfreuerj sirti |(uukto
Uualitüt eines guten Kufes, gelteu aber aU ziemlich theuer. in (jla.Hhlitte
{Sachsen) besteht sdt dem 1. Mai 1878 eine ührmaeberschnle, welche im
Schuljahr 1887/88 von 6U Schülern besucht war und wKhrend der 10 Jahre
ibres Bestehens die srhöne Zahl vou 314 Schülern beherbergt bat. Das Schulgeld
betrügt jährlich 120 — IHO Mark per Schüler. Ausländer bezahlen 20 "'n mehr.
Die Schule ist vom „Zentral verband der deutschen Uhrmacher" gegründet und
wird von einem Aufsichtsrath geleitet. Dieser „Zentral verband" hat unstreitig
Vieles aur Besserstellnng der dentBchen Uhrmacher beigetragen. Als bedeutendste
Fachzeitschriften nennen wir: „Das allgemeine Journal der Uhrmacherkunst"', in
Halle von i bi'ti diti-^em Zcnti ;tIv<'rVi;ind h'^raM-^'j^egeben und alsdann tlic in Berlin
erscheuietide, im l'.i. Jahri^ani^' stehende „Deut.scbe Uhrmacher-Zeitiuii;"' ,
Werfen wir noch einen kurzen Bück auf die weltbekannte Seliwarzwalder
ührenindnatrie. Der Beginn ihrer Entwicklung datirt aus dem Anfang des
18. Jahrhunderts. 1730 wird zum ersten Mal der klassische Kukuk auf-
gepflanzt und 1750 das hölzerne Räderwerk gegen das metallene vertauscht.
1S1(> — 1830 wnr die < llnnzppriode der Srhwarzwälder Ubrenindustrie. Von da
an kamen gedrückte Zustände und »Ührteu bald die Gnindung der „Uhrmacher
schule Fnrtwangen** herbei. Jetat werden jährlich an die 200,000 Stttok Uhren
im Schwarawald angefertigt. Erstattnlich ist ihr billiger Preis. Die hansirenden
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UbreDiodiiatrie
— 330 —
Uhrenindiutrei
Uhrenmänner d&s HcliwarswaldeB ^nd nemlich ▼tm der BiHfläche verHchwunden
und h«Mif.* kiimpft mHn aiu-h in den hadiscben Ber!;»>n gegen die Verpfuschung des
Handwt rks und gegen das L'nweaeii der Zwihchenbändler. Die „großherzoglich
badi.schc ührniachortichule in Kurtwangen", welche zur Hebung der Industrie
Bedeatendas lebtet^ steht gegenwärtig im 12. Sohnljahr. Im 11. Sohuljahre
arbeitete nie mit 5 Li-hrern and Schülern unter einem Tglicdrigen Aaf8i<Ate-
rath. Das Schuli;.'!.! hotriigt pt-r SrlnUler 25 Mark jährlich. Im Jahre leiHS h:\t
diese Anstalt riue Fiu;:.>iliriu hfiMustjf^gfeben, betitelt: ^Vorsrhlag zur flebung
der Hausindustrie de« Schwarzwaides". Wir eatnehiuen derselben, dal» die Er-
haltung der Uhrenfabrikaüon ala Hausindusirie die erste Bedingung zu deren
gesunder Entwieklnng ist, daß es an dem Sohritthalten mit der Eonknrrens fdilt
and daß das Yerhältoiß zwischen Fabrikant und Händler g^r leicht zum Nach-
theil des erstem ausgebeutet werden kaon. Die Schrift empfiehlt Sohuts der
gemeinsamen Interessen mittelst Bildung eines Vereines.
Dem schweizerisohen jfabrikgesetz waren Knde l88fi unterstellt;
o6 Uhrmn'^hrrf'ien . mit ()4*J4 Arbeitern, mecb. Bctnebakraft 511 Pik.
:i9 Uhrschalentabriken «1120 « . • , 244 .
17 Uhrwerkfabriken . . „ 23üU „ . < 274 ,
S Uhrglitoer-u.Zilferblattfabr.« 40 , ^ 15 ^
5 Zeiger-, Feder- u.Spiralfabr. . 12 (> , , , !8 .
27 Uhrensteinfabriken . . „ 933 „ ^ - 13ö .
l Uhrmachcrwerkzeiigfabr. „ 170 ,» • • 27 „
2u Geschäfte f. d. Hei'stellung
▼ersoh. Ubrenbestandtheile „ 577 , „ , 118,
17U EtabliHȊt iiientH . mit 1 1 (>U9 ArbeiJern, mech. Betriebskraft 1376 i'fk.
Die Etablis»emente und Arbeiter vertbeileu sich auf die Kantone wie folgt :
Ziiri<"h 1 ThuriTinhrfahrik mit 8 Arbeitern*.
Brrii Uhrmnchereien / 3294 ,
1 2 2 L'hrschalenfabr. l 621
) 9 ührwerkfabr. ) 954
'* (> ührsttinfabr. ****** ^ i 166
6 Bestandtbeilfabr. | 308
1 ? * 18 ,
Luzern 1 Uhreusteinbohrerei k7 ,
Freibarg 1 Uhrmacher ei 400 «
Snlothorn / 6 Uhrmacbereien / 997
I 5 Uhr.ichrtlerifabrikeo l 13G
' ?, l^hrwerkfabriken ^^^^ ) 9»Ö
1 L'hrgläserfabrik »29 ,
7 Uhrsteiiibohrereieu I 7Ö .
. 2 Fabr. f. Bestandtheile \ 112
Baselland 1 Uhrmacherei 115 „
„ 1 Uhreristeinbohrerei 99 . „
äobadhaUMen 1 Uhrinaclicrei 88
f, 1 Uhischalenfabrik 52
Aargao 1 Uhrensteinbohrerei 17
1 ? 12 ,
T«8idn 1 Uhrwerkfabrik 81
n
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UhreoiDdujstriti — > ^31 — ühreniuduälrie
WMUlt i 1 ührmaehdrei | 138 Arbeitern
« of^ UhreiMteinbohrerekii I 311 ,
^ j Iv-Undtheilfabrikrn ^^"^ \ 51
Jleucnbnrg j 12 Uhrmaeht-n icn 1 lOtXJ „
ö Uhrgchäueefabriken I ItiC
, 3 Uhrwerkfiabriken , „ , , / 2ft5
^ 3 Uhrateinfabriken J 14
5 Betitandtbcilfubrikeii I 63 »
, 2 Uhrninrhorweikzeugfftbr. 50 ,
Genf j ö Uhrniacliereien j au.ii
, l 6 UhrgebaosefabriokeD [ 142
) 1 ührwerkfabrik | 30
24 , 4 UhreDäteinbobrereien 825 ^ 176
i) Bestandthfilfabrikfn 1 44 »
1 Uhrmacberwerkzeugfabrik | 47 r
4 Zeiger-, Feder- n.Spirallabr. 78 „
Die Ein- und Ausiubr der Uhren und UhrenbeKtandtbeile wurde von
1851—1884 nnr nach dem Gewicht venEeiohnet, und swar:
Ausfuhr. Einfuhr.
Im Durohechaitt der 9 Jahre 1^51/50 je 800 q brutto 301 q brutto
, 10 , 18Ö0/Üy „ 1414 q , 565 q /
^ 10 , 1870/79 „ 1300 q , 1005 q ,
, 5 , 1880 84 , 1630 q . 1157 q .
Da die Einfuhr grOfitentbeils aas Wanduhren besteht, die Ausfuhr größten-
thf'ils au-' Ta-clh-nuhren, ko läßt «irb aus (>hic;«>n ZahlrTi nicht« andfTps als rlii-
beidscitit:.' Stcigfriiiif^ f^rseheu. Die wirthsrluiftli«li<' ]!(';l-;i'.tniii.' iLt »inen und
andern Kicbtuug erhellt besser aus den H'eW/*zahleri der W aurciuorkebnsstatistik
pro 1885/89.
Es betrug im Jahr. 1885 18S6 lgS7 I^^S 1889 dun-bs« Im,
d. Werth d. Ausfuhr Fr. 82.025,763 82.796,U00 8r..2iH,773 83,939.294 98.743,194 8t;.75(>,ÜOO
d. Werth d.Einftihr , 5,SS2»619 5.070.000 5,:n 4,606 5,861,088 6,441 ,5S8 5,588,000
Die Bepartition auf die eiinelnen Branchen der Uhrenindnetrie ergibt pro 1889 »
Aasfuhr. Einfuhr.
Wanduhren Fr. 23,979 Fr. 563,385
Uhrwerke „ 3,086,993 , 156,856
Standuhren 33,102 . 179,005
Spieltibren und Musikdoflen 3,069,338 „ 64,400
Taschenuhren 88,467,587 , 1,844,216
Gebän<e für Taschenuhren 1,360,082 „ 1,497,599
Bestandtheile 2,543,178 „ 2,123,000
Chronographen, Repetiruhren . . . . „ 144,010 „ 12,600
Pedometer 14,925 468
Fr. 98,743,194 Fr. 6,441,528
Zn den Eitiihhraiunmen betreffend die Taachenahren, Gehäuse und Bestand-
theile ist zu bemerken, das» ein gromer Thcil auf Rt'tourwaare entßllt (s. Retuur-
verkebr\. 27 der Ausfuhr von 1889 entfie! aüein auf Deutschland, 1 1.:^ "/o
auf England, 10 % auf Oesterreich, 9.3 ^/o auf die Vt^r. Staaten v. Nordamerika^
7,4 7» Frankreich, 6 7» auf Italien. Der Rest (26 7o) vertheilte aioh auf
die Tereehiedenaten Iiänder.
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Untere Straile
— 332 —
V^etaüoD
Untere Strasse (Alpenatraße) fuhrt von Chnr Uber Beiehetm, Tbusis,
Spittgen und den Bernhardin nach Bellinsona. Die Streeke Ghnr-Lnmino (Teaeiner*
grenxe) 126,5 km lang und G m breit, warde in den Jahren 1818 — 1823 erbaut;
die Stm;ke Luminu-Moe'-a, 'A.'J 1cm lang und 7 m breit, im Jahn- 1S21. Die
erste Streoke kostitt- H.llt7,4<>(» Kr. (Oe>iterreich und Piciuont leirtteten Gc-ld-
l*ejtrüge); die ssweite Htreck« lt»0,UOO Fr. Vgl. Buvier, ^Dia Jitraücii der Schweiz",
Verlag von Orall Fttßli & Cie., Zttrioh.
Unterengr^diu-Strasse 37,5 km lang, 4,3 — 5 m breit, ftkrt von Ardei
n^h Martin^brUck. Sie wurde in den Jahren 1860 — 1865 erbant vnd koatete
ca. 57:3,000 Fr. Der Bund leistete einen Beitrag von 193,300 Fir. Bondea*
besehluß vom 26. Juli 1861. (A. S. Bd. V!I, pa^-. 70^.
Vegetation. (Von Dr. II. Christ in liuscl.) Die PHauzenwelt unseres
LandtM zeichnet Mch au» durch eine Mannigfaltigkeit auf kleinem Baum, welche
in Earo|>a wohl nicht Übertreffen wird, und dereo Unadie zam kleinem Thdl
die geegraphiaebe I<age nnd znm grSfiem daa Relief bildet.
In Besug anf die Flora nimmt die Schweiz Theil an dem großen Floren-
gebiet deti uurda!>iati$ch-enropnis('hen Wu/Uyebitte-'i, welches von ÜMt-Aiiien bis
7.n den Pyrenüen durchgeht nnd nörd!i<^h von den banmlosen Moowbenon (Tundren),
ttUdlich Vi») der ebenfalls kahlen Steppe Zeutralasienä begrenzt wird. Diese Flora
nimmt den größten Theil <ler Schweix, namentKeh «naere Hochebene und die Yot-
berge ein.
Die Gebirge, namentlich die Alpen selbet, beherbergen die Alpenflora, welche
pich wifdenun spähet in die nonlisrh -alpine, welche Ii- iite noeli i lu n-^owold im
hohen isorden als m den Alpenhöhen lebt, und in die endemibch-alpine. welche
den Alpen aubttchließlich eigen ist.
Am attdlichoi Alpenabbang, aber auch an einigen andern bevorsogten
Stellen, namentlich in dem großen Walliser Thalkessel tritt ein fernerer Floren-
bentandthcil auf: die Mdti hi> i } {lora. Sie bietet einige Bäume, bo.'-üiuli rs div* edle
Kastanie und eine zietiiliche Anzahl von Strsinrhern und Stini'lcu, darunter selbst
immergrüne. Endlich iit wcnigstenis in Spuren ^Gruseni, Leguminosen) die Steppen-
finra dea mittleren Asien« nnd Ungarns an den trockensten Orten der Kiedemng
und hie und da in den Hochalpm nachwei>bar.
Im Aufsteigen nach der UOhe ergeben sich i»ach den in der Vegetation
beobachteten Veränderungen für die Alpen folgende Repionen:
1. Die rnitrre littjion bin .')50 m im N. und 7(10 ni im W. und S. der
Alpen, bezeichnet durch den Anbau der Kebe und das Vorhandensein von
Pflauxen ana der Uittelmeerflora. Hittlwe Jahrestemperatur »,70 C.
2. Die BeftioH de» iMubwaldes: der Buche hie 1350 m im N. der Alpen,
der Kastanie bin 900 in im S. der Alpen. Mittlere Jahrestemperatnr 5,J0C
'^. Die Jii;/ton liis X<t'l' 'ic/hles, nämlich der Kothtanne im N. der Schweiz
bis 1?<00 in, der Lärche uud Arve iu den Zentralalpeu und S. : bis 2100 m
in Gruubiiuden uod 1800 m iui Tesain. Mittlere Jahrestemperatur 2,00 C.
4. Die Alpenreffiont die der waldloeen GebirgshShen, bis mm ewigen
Schnee, in den nördlichen Alpen nnd Tessin 2700 m, in den südlichen Zentnil-
«Ipcn bis :]00<) m.
Diosi; Grenzen sind bedt iit^nd höher als die der benachbarten bayrischen
Alpen, mit Aufnahme der Buchengrenze, welche dort etwas hf>her steigt, während
die dc^ feiidwestlich angreuzendeu i'iemont und Dauphiue nicht wesentlich höher
liegen ala die des Wallis.
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Vegetation ^ 333 V^taÜon
Im Jura siDk'-n (fit' tirenzea: flic dt-r Ixt^lw auf -ihO ni, ilcr Buch»* ;iuf
700 m, der dort dumiuireudeu Weil^taiine uui i3lK> m, iler Uothtanne auf
1400 n.
Für die Gluurakter*PflanMo der bilhern Begionea ergeben «ich untere Grensen:
Die Rotbtaune geht im Innern Wallis kaum unter 1000 m hinab, die Lärche
kaum unter 1200 m, die Arve in den nördlichen Alpen nicht unter IBOO m,
die meisten Alpenpflanzen halten liich inuerhalb ihrer Kegioa Uber lÖOO m,
nnd eiae besondere Gruppe: die hochalpinen Arten, gehen nioht unter 2800 m.
I. Untere K u g i u u ;
In Bezug auf die Flura ist ein im S. und W. bedeutender, im N. der Alpen
schwacher aber immerhin spürbarer Einschlag von Pflansen der Mittelmeerflora
ebarakteristisoh.
a. Die insuhrische Zone. Sie umfaßt die Gestade der italienischen Seen
{Lan^^enHee 1!>7 m ü. M., Comersee 213 m, Luganersee 272 m), und die gegen
äie mündenden Alpenthäler. Sie gewinnt ihre Bedeutung durch die Wirkung
der steilen Süd- Alpen wand als iSobranke gegen die Nordwinde and das Klima
Nord'EnropBs, und ahi ein gegen Sttden esponirt«» Spalier, dem aafter starker
Sonnen Wirkung namentlich der gewaltige Niederschlag Toa Feuchtigkeit au Gute
komnit, wtrU'hf dem Mitti-lmeer entsteigt.
Temperatur; lieiuiizdjia 229 ni, Jahr 12,;'), Wintt-i Frühling 12,7,.
Sommer 21,7, Herbst il,t>, minima — t>,Ö. Locaruo miüima — 3,6.
Niedereehläge, Tessingebiet, Jahr 1698 m m, Winter 204, FrUbliog 438,
SoDiriH r iriS, Herbst 697.
Trc t/ der hohen Nie lersofaläge herrseht eine sehr starke Klarheit der Lnft
(Freiheit von Wclki-n) vor.
Kegentage Lugano Jahr 45,0, Winter 7,3, Frühlhig U),7, Sommer H,l,
Herbst 13,7. Gana wolkenfreie Tage: Logane 13'J, ganz bedeckte 75.
Eine spcraelle Begünstigung der nnmittelbaren Ufer der Seen liegt in der
Verdunstung der Oberfläche des Wassers, welche die nächtliche Abkühlung bindert.
Hulzgewächäe dieser Zone: ZUrgelbaum (Celtis australis), Baumh* i<l>- (Erica
arhorea), Ciistrose (Ci»tu(j i^alvifoliu»), Blumeuesche (Fraxiims ornuii), Zerreiche
(tiuerftts rerriH), Ho|>fenbuche (^Owlrya carpinifnliH), Geißklee (CytisUB Laburnum),
Feige wild oder verwildert. Zwiticheu dieue etldliche Vegetation steigt mit den
Bachen di« Alpourose bi9 gegeu den Band der Seen hinab and hSlt sich Term6ge
dcff stets befeuchteten Standorte. Eingewandert ist die raittellSndisebe Flora in
diese Zone vum iidriatinoheu Meer her längs dem warmen Fuß der Ostalpen,
wie deren abnehmende Dichtigkeit vron den venetianischen ThiUem sum Gardasee,
Comernee und Langeiifiee beweiMt.
Ueberau sind, gemäß der hohen Feuchtigkeit, Farnkräuter und Moose vor-
handen nnd bullen aneb Hauern nnd Wege in ein grünes Gewand. Naoh oben
schließt die^e Zone in der Re';:el zwiHcheu GOO und 800 m durch eine Thal-
sehlnrht ab, ohi'rlialb welcher die [iiiirii .^ioti beginnt. Kulturpflanzen wind: die
Hv\n- in f^niLvT Fülle und gutem Kitia^-, ni' ist Kothwfiits. von starkem Tanrnn-
gehalt, docii aulk-r einigen Lagen im itaiienihchen Vcltlin ohne besondere Feinheit.
Sie wird vorwiegend an Bäumen (Feldahorn) oder Lauben gezogen, sodaß der
Boden noch daneben mit Feldfrttchten besfiet wird. Tessin hatte schon 1876-
7488 Hektaren Weinberge.
Der weiße l^laulbeer für die Sei<h tizuf-ht, so hoch als dif liebe.
Der Muis, welcher die allgemeine VolkHiiuhrung (rolenla) lielert.
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Vegetation
— 31*4 —
V^tation
Dann unsre gewölmlichen (jetreiciearten und vielfach auch Buchwekeu (grano
«araoeno). Tabak wird hie und da mit Erfolg gebaut.
D«r Oelbaum spielt keine Bolle nnd wiid kaum gesehen; Feige und nnare
Obatarten doiuinircn.
Die slidliehen Bäninp (Ma{;:TUilia grandiHora, Cv]ire.~'-f'. Cameliia, Azalt'a und
Eucalyptus) halten aus, ilm li sind Frostschäden in Perioden von etwa 10 Jahren
nicht unerhört. Citronen uud Orangen gedeihen au Spalieren mit Winterdeckung.
b. Shoneffebiet. Der Spiegel des GenferRees, 357 m, zeigt eine gewisse
Ansahl von Mittelmeerpflanzen, die aus dem Küdlichen Rhonethal in allroiitig ab-
nehmender Zahl hicher gelangt hind. Die mittltre Temperatur Genfs ist Jahr
0,70 V.., Winter l,:?, Frll}lliIl^' :»,5, Sommer is.u, Herbst 9,8, alno niedriger
als die geringe Höhe der Stadt erwarten lieÜe, weü sie in einem von kalien Hoch-
gebirgen nnd deren Winden beainflaßten breiten Thal liegt, ohne daß sich die Insolation
von TfaalwSnden geltend machen könnte. Regenmenge 780 mm» also bedeutend
weniger als in der italienischen Schweb, dw Sommer ist klarer ala in der n5rd-
liehen Sehweiz.
Bis 111 die Jura«ehlucht unter (xenf und an der Salcve gehen der klein-
blättrige Ahorn (Acar moiiäpesäulauum), der Geißklee (Cytitiu^ LaburuumJ, der
Mftttsedom (Busens), der Blasenstraucb (Colntea).
Thalaufwärtä ist das bemerkens wertbeste Phänomen die Zunahme der Tem
pi'rntnr nnd des südlichen Charakters trotz der hnhern Lage. (Montreux ii'^S m
hat 10,40, Sion 536 m 10,)>1 Jahrestemperatur), während Lausanne in Folge
der Verdunstung des oiTeuea Seebeckens kiihlcr i»*t (U,0) und namentlich im
Frühling noch mehr winterliche Temperatur besitat, aber immer noch südlichen
BSnmen (Prunns lusitanica, Cjpresse, Zeder), sehr gttnatig ist.
Die Weinkultnr am nördlichen Ufer des ganzen Leraan-Bogens ist die
intensivste nnd weit:nisfr;ed('hnteste der Schweiz. Sie genießt den Schtitz des
Spaliers des Jorat uud volle südliche Expotiition, geht bi^ 600 m aufwärts und
deckt zirka 6000 Hektaren, die ütetig vermdirt werden. Es ist fast auH^chließ-
lioh weißes Produkt*
Bemerken 8 Werth ist der Gegensatz des südlichen savoyischen üfers. wo die
BergpÜanzen und der AVnId bis an den Spiegel des Wassers hinabgehen und
der Wein viel schwächer und saurer ist.
Privilegirt ist Montreux 385 m, Temperatur Jahr 10,54, Winter 2,11,
Frtthling 10,40, Sommer 1B,69, Herbst 10,65 nnd sehr starken Niederschlügen
(1280 m m). liier ist die Kastanie herrschender WaldbanUi aber nicht in der
Höbe, wie im Tossin, sundern bis an den S» e<.|iiegel.
Das Tlial des inTu-rn Wallis beginnt klimatisch erst mit der Wendung bei
Martigny, während die Strecke von Bex bis Martiguy wegen der Enge der
waldigen Schlucht eher der Bergrcgion angehört.
8ion bei 536 m, Jahrestemperatur 10,61, Winter 1,2, Frflhiing 11,3,
8ommer 19,3. Herbst 10,5.
Walli< zrii hie f sich ans «lurrh liohr ATi*»tr'> "knnnir der Tha!>.ihle, indem
die Niederschlage erst in der kühlen höhern Bergregion ertolgeu und der
aufsaugende Thalwind dasQ kommt, Im Thal von Glys bis Martigoy föUt
nicht mehr als 750 bis 610 m m Regen, wShrend anf der Grimset 2260 m m
nnd dem Bernhard 1210mm beobachtet sind. Dabei ist der Himmel äußerst
klar. Martiguy hat 145 ganz helle, G9 ganz bedeckte Tni,'r : ;,l-u giinsti;;er als
»-«Ibst Lug:»n«?. Daher hat die Vegetation dsT untern li<*gion des Wallis deu
Churaktcr einer »ehr südlichen, die selbst an die Steppen des Orients oder
niriiti7er| bv GoOglc
Vegetation
335 —
Vegetation
Spaniens erinnert. Der Gliuiuierütaub des Rhunehetts üb»srgießt die Halden; nur
J'öhren und stachlige Sträucher bilden den Baumwuchg, wo nicht direkte Be-
w&aaerang sageleitet ist; der Anban der Beb« isfc nur mSgUeh dareh die Waeiier-
leitODgeD aitB den Gietscberbächen (Bin) and da» Getreide i^t nchon in FrUh>
sommer ausgereift. Diese trockene K^i^ion steigt im Uiui])ttlml bis znm Fiexcli-
waM 1051 m. und geht selbst in die südlichen Si iti iitlialei- hinauf. Auf dem
J?iußge8chiebe der Khone fallen Weißpappcln (i'opuius alba) und Waldungen von
Weiden (besonders Salix alba) mit TranbeDkireche (Pmnus Padun), auf Maasen
yoD Sanddom (Hippophag) bedeekeo den Sand. Auf der Felsenbeide am Fuß der
Berge herrschen Schwarzdorn (Prunus »pinosa) und Weichsel (Prunus muhuleb);
8umach (Rhu8 Cotinus) und Sevenbaum (Jnnip; rus Sahina} sind mit T**»^nniiTii>s(>n-
«träucharn (Ononis etc.) verbreitet. Die nackten Felben sind weiß bekleidet mit
Wemintbartou (besonders Artemiria vakeiaca), die einen Ausfubrertikel anr
Liqneurfabrikation bilden, und Federgras (Stipa in 2 Arten) wie in Ungarn.
An den Felsen von Vulere kleben Mansen von CHctus (Üpuntia vulgaris) und
Iris; auch die Mandel und die Feige sind nn -In Frl-t n wild, in Gesellischaft
der Iluuslauburten (Sempervivum), die aus dun Alpen herabsteigen. Niflit un-
bedeutend ist die Ausfuhr der Wurzel de» Sauerdorns (Berberis) als Farbmitkl.
Der Wetnstock, weiß nnd roth« in vielen Sorten gemiseht, wird niedrig ge-
kalten und besteht ausschließlich durch die künstliche Bewässerung. Er erreicht
die größten Ili-hirii In-i Visix-rterbinen llOO rn. Das Produkt i-t stark und sehr
«romatisch, niul lial eine L'toße Zuknntt. Der Tabak ist auf der R!ionf*<4)ene
versucht worden. Das Mais gedi iht vurtic-ü'lich ; das Obst ist das schmackhattet-te
der Sohwela, namentlich Zwetschgen, Aepfel, Ffindche. Hie und da wurde noch
nnltogst anr Wllne der Speisen Safran gebaut.
c. Das Thal des Jura oder vielmehr die Depression der Hookebene, welche
di-m O-^t Fuß des Jura fol-rt, und im iniitK i- 'Ti Theil die Seen von Neuohutel
und Biel zeigt (435 m) Neucliatel JahreHienupeiatur i>,3i, Winter Ü,ö, Frühling 9,$,
Sommer 18,6, Herbst i),3, minima —12,2, maxima 32,2.
Die Euistanie geht in Gruppen vom Uenfersee, wo sie (ob Nyon) sehr ent>
wickelt iat, bis in die Gegend von Neuveville, der Bohncebullblättrigc Ahorn
(Acer opnlifidiunri, der Berggeißklee (Cytisus alpinus) bis in den Berner Jura,
die Fliininrii he (iliuTfUH pubescens), der Burhs bis Baselland. Die Rebe dehnt
sich fuät in zusMiumenhüiigendem Weinberg längs der ganzen Linie hin ins Aargau
kinanf aas (Kt. Nenohatel 1296 Hektaren, Aargan 2376 Hektaren) nnd der rodle
ViTein erreicht im Kt. Nencbfttel bemerkenswerthe Gote.
(/. I)ie Föhn- und S' czone am Xordfuß der Alpen. In den tief in dio N<tid-
abhänge der Alpenkette eindrin<^enden Thälern, ilrren Becken mit Seen aus-
gefüllt sind, sind privilegirte Winkel gegeben, deren Klima und Vegetation auf-
IftUend südliches, fast insnbriscfaes 6eprfige haben. Eine Hanptnrsaehe liegt in
der Einwirkung des FShn, der als ein vom Platean der Alpen herabfallender,
sich im Falle durch Dnn k uu 1 Reibung erhitzender lokaler, aber sehr konstuuti^r
^^'iJldstl•onl jene Gebirti- triOt und bed'Mttfiiil crw.iriTit, uinl h r sond^r-. im Frühling
rasch die Schneedecke wegnimmt. Auch durch das Weglegen der Wolken utuI
die dadurch gesteigerte Insolation und schließlich durch die ihm folgenden
etarken Niederachlfige, wirkt er günstig auf die Vegetation ein.
Yierwal Ut ittPi-see: Gersan 460 m 10,o7 nur 5 Zehntel niedriger als
Montreux, mit einer Januarteinpcratnr über null (0,»!).
Die Kastanie ist in wuhiartiger Ausd^'hrnn^c vorhanden, am Secarm von
Brunnen kommt der Blasenstrauch (Colutea;, die PimpernuÜ (Staphylea), der
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Vegetation
Vegetaüoa
bmtblKttrigtt SpindelbMim (Ervnymus latifotins), ^as Fedargnu (Stipa), der Sevra*
bäum (Juniperus Sabina) und die Feige vor. Die Obfltbanmzucht erreicht hier ein»
b«hr starke Auadelmnng nnd be8oiu'.trii die. Birnbäume rieeenbaften Wuchs. Der
Zu2^ersee Tiimtnt starken Antheil an dipscr Föhnregetation ; der Waüenstattersee
und das Thai von (rlarus haben, in weit schwächerem G^rade, einige Anklänge
an täe avfiiBwaisen.
Der Tbnner* and Brienianee dagegen und bedeutende Gebiete derselben.
Intorlaken 571 m bat 8,7, Brieos 586 m 8,8 Jahrestemperatar; die Bebe wird
sogar noch in einiger Ausdehnung am südlich exponirtes Kordrand des Thuner-
Sees fr^pflanzt. Der Kirschlorbepr (Pmiins Laurocerasus) gedeiht merkwUnlig gut.
Vom Thunersee dringt dii'sf Zone >njrar l,is liiniiul' in du- Sfhlunht von Bulti^'t.'ii vor.
e. J>ua liiittnthuL Mit Wallis verglt:iclil>ar, Ix-wirkt die HiMun;:: des großen
AlpeetbalH bei Chur ein ähnlichea Klima und uiauche Aelinlichkeit in der
Pflanzendeeke. Chur 603 m bat 9,6 Jabrestemperatur, Winter 0,3, Frühling 9,5,
Sommer 17,4, Herbst 9,3, aber starke minima ^ — 14,4^ und raaxima ^31,1) Regen*
niritge grrinj^: 880 m m. Klarhoit des Himmels groß. Von Chur bis Sargans
(270i> Hektaren) ist die Lage für den Weinbau nuKgezeichnet und die rotht^u
Weiue gehören zu dea besten der Schweiz. Die Katitauie ist uicbt selten, doch
nicht einheimisch. Aae der wilden Flora sind Blaaenstrauoh, Wermnth (Artemisia
absynthium), Federgraa, dbaraktmsch. Wihrend die breite Flttche des Bodenaee»
grüße Feuchtigkeit (1000 m m KtM^en) nrid ein etwelche« Sinken der Temperatur,,
glrioh dem Geufersee zur Folge hat, tritt im engern Thal von Schaff bansen
wieder eine sehr begünstigte Flora auf. Schaffhausen 398 m hat Jahrestemperatur
8,94, Winter 0,1, FrUbliug y,L', Sommer 17,8, Herbst 8,4, maxima, minima und
Begenmenge nngefthr wie in Chur. Die Bebe nimmt einen gesobloseenen, sehr
beträchtlichen Raum ein, von wenigstens 1260 Hektaren, das Produkt freilich
ist im Vergleich zu dem des bUndiierisf heu Rlu intlials vorherrsclit nd säuerlich
und viel i*chwüeher. Der Spcit-rlincf ' Sorbns duuieslica), der ELdsenfanlKanm
(Rhamns saxatilis), die Sauerkirsche ^t'ruinis Cerasus), der schwärzliche (jt-iliklee
(Cytisus nigricans) und mehrere fistlicbe (ungarische) Pflanxen (s. B. Cienista OTata)
des Donaugebietee haben sich hier gehalten.
Die Gegend toq Basel 348 m Sffnet sidh unmittelbar gegen das lange
mittlere Rheinthal das Elsaß und ist demgemäß warm: Jahr 9,ö(>, Winter 1,0,
Frühling 9,7, Sommer 17,9, IL rl*st 9, 2. ji doch trüben Iii- Nebel das Stromthal
in hohem Maß, sodaß die In.solation lange nicht die Rolle spielt wio in Schaff-
hausen und weiter aofwärta. Flaumeiche, Buchs, Kronwicke i^Coronilla Emerus),
wilder Weichsel (Prunns Mahaleb) bilden sttdUche Einsdüäge in die Flora, welche
im Eliafi noch annehmen, woselbst Blftstinstrauch und mehrere ganz mediterrane
Ptiarzen von dem milden Westen Frar.kreichs her eingedrungen sind. Bei Basti
beginnt die au^i^^ drhute Sunipi- und Feldflora Deutschland *), die in die Schweiz
nur sparsam eingtdrungen ist.
Die Gegenden de» Schweiz. Plateau berührt unsere er.ste Region nur in
Spuren; das Klima ist tu rauh. Dagegen dringt vom Kanton SohafThansen her
die Ribe in die nSrdliche Gegend des Kantons Zttrich und an den Rand des
Züricher Sees vor, und zwar in bedeutender Ausdehnung (Ö400 Ilektar-ir.
Ebenso geht vom !^odensee aus die Rebe in den Kt. Thuriran hinein (201ö H« kt )
und seihst am liallwyltr-Sce sind einige Weinberge. Alle diese Gebiete geben
einen Wein, der meist mit sttdenropäischen Weinen oonpirt in den Handel
kommt.
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Vegetation
— 337 —
Ve^etulion
II. Bttgion des Laubwaldes.
ürsprUnglich dnrehans mit Wald bedeokt, ist aie heat» doroli die Feld-
uid Wiesenknltar fast überall gelichtet, wo niobt die AbbSnge ni stal waren.
Der dominirende Baum bt die Buche (Fagus eilvatica), die von der weHtlichen
Grenze Rußlands nnd dem EaukaauB bis in dip slHlichen Halbinseln Europa'«!
durchgeht uud also bei uns ziemlich im Zentrum ihres Vorkommens auftritt.
Sie steigt in geBehloseenem Wald bis 1300 m und gemisobt bis 1500 im
Jon jedoeb wird sie »obon Ton 900 m ao darob die Weißtavne verdrlngt.
Ebenso fehlt sie in den Thälern der Zentralalpen : Hie nähert sich dem St. Gotthard
nicht Uber Wasen, den GmuLnndner Alpen fehlt sie über da*- mittlere Prättigä«
und über Flims hinauf und ins Wiillis dringt sie nifht viel über Martigny ein,
während sie in den Tesäincr Alpen bis 1300 m vorkommt. Eä i»t deutlich, daß
das extreme Klima der ZentiilalpeD : starke minima und masdma nnd deren
trockenes Terrain ihr entgegen rind.
Die Biielie erreicht hei uns nur selten ihre walire Größe, denn sie wird
in raschem ümtrieb fast ausschließlich auf Brennholz benutzt.
In den untersten Lagen nnd im oil'eneii Lande mischt sich ihr die Wmß-
bnobe (Hagbttdie Oarpinoe Betnlns) bei, steigt aber v^l Hbw 800 m. Seltmer
und ebenfidls nidit ttber 1000 m anfateigend ist der Spitcahorn (Acer platanoidee).
Vun den GebUsohen des Bochenwaldee bt die Stechpalim lies AqnifoliiUD,
(in den Höheuthülcrn zu wahren Bäumen erwachsend), zu nennen.
Die Eichen ^Quercus pedunculata und sessili flora) sind nur zer8trent bei
uns vorhanden und nahmen in den letzten 100 Jahren sehr ab. Einzelne Bäume
der Stieleicbe finden sieh bis 1300 m* and sie ist die am weitesten verbreitete.
Art. Die Steineiche rieht die warmen I<agen, des Rbonethals, des Jurarandes vot.
Die Esche (Fraxinn«* excelslcH-") ist ein verstreuter Raum der Th.ili r und Gehänge
bis 1300 m, ähnlieh wie der Ffldaliurn (.\cer eauipestre ) die Ulme (Ulnius ciimiips-tris)
und die Linden (Tilia platypliylla und parvit'olia), die nur als Einhchlag in
den Bnobenwald nnd besenders da ersebeinen, wo Faltungen des Terrain oder
Fdsboden Anlaß zu einem lokalen Znrilektreten der Buche geben.
Die Erlen (Alnus glutinc^a nnd incana) halten sich streng an den Lauf
der Bäche in den Thälern und Mulden. Letztere Art dringt in den hohen
Alpenthälern bis gegen die Gletscher vor, ähnlich den h^hem Weidenarten, auch
die Pappeln Populus nigra und alba sind BSune der Wasser ftbreadeii Unter-
lage, ^emliob häufige Einstreuungen im Bnobenwald sind die VogelkirMihe (Prunus
avium), der Apfel- nnd der Bimbanm; seltener ist dia Bisebeere (Sorbus
tonninalif«). Die Weißbirke (Betula alba) ist in der Schwei?; ein eher seltener,
noch am meisten im Wallis uud Tessin bis 11 ÜO m auftretender Baum.
Die Führe (Pinns silvestris) spielt ebenfalls bei uns eine schwache Holle
und nur im Waltis, im Bttndner Bheinfbal und hie und da am Jursrande er-
scheint sie in waldartigen Gruppen, aerstreut soirar l>is 1800 m Hohe.
f. Da< Gebiet des Plateau. Einf:;et,'-renzt zwischen die Voralpen, den Jura
und das Kheinthal, erhebt es sii Ii alhniilig ffcgeu die erstem und zeigt tiborall
eine merkliche Faltung nach FluLthalern, Bachbetten und Mulden mit oft ziemlich
steilen HllgelkSmmen dazwisoben. DemgemSß ist die Vegetation nne Art Park«
land, Waldung auf den KSmmen nnd den stdlen Abhängen und Kulturland, be-
sonders Wiesenland in den Depressionen. Die Cerealien stehen erst in zweiter
nnd dritter Linie; neben Weizen i>*t vorherrschend Spelt iTHticum Spelta),
Roggen (Secale) und als seltenere Arten werden Einkoni (Triticum monococcum),
Aemmer (Triticum dicoccum) und Tritionm tuigidum L. gebaut. Weinbau ist in
Wvme, Ttriknrlitbicliaifli-Iiwlkoii d«r Schwei». 32
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Vegetation
— 338 —
VegelaÜon
der Regel auegetfblossen. Dagegen ist die Obstzucht auagiebig und wttrde^ besser
Tertitanden und ermotbigt, wesentlich zur Uebung der dainiederliegcnden Land-
wirthschiift beitragen, denn wir leiden unter den Folgen einer allzu ansselilicßlich
auf JdUchvvuihhchaft ein|^erichteten 0«kooomie. Bern hat eine Jahrc8tcmi>eratur
von 8,13, mit minima Ton — 15,6 und maxima von 30,7.
In den obenten Lagen des Plateau, da wo es bereit» direkt an die Alpen
anlegt, kommen nocb einzelne größere Torfmoore vor, so im KL FrdbQIg und
bei Eiiisiedeln. Hier ist das Klima, bei blos i<üO m Hölie, sehr strenge. Jahr
5,0, 3 Monate unter null, minima 1H,0, maxima 26,3, uuti als Bäume herrsehfu:
EbeieHche (Serbus aucupuria), Sumpi'birke (Betula pubesceDs), die Suaipilorm der
Bergfbhre (Pinae montana uligiaoia), welche einen ^bbanm mit schiefem
Stamm und herabhängenden Aasten darstellt und zv^ischen dem Krummholz der
Alpen und dem Hochstamm der B» rgfölire dit- Mittt hält. Diese Form ist .mf
der bayrischen Hochebene und in drii imttt I- und norddeutschen Oiebirgen sehr
verbreitet. Als Büsche der Moore treten auf die schwarze Heckenkirsche (^Lonicera
nigra), niedrige Weiden ^Salix repene, aurita), mehrere Heidelbeerarten and
■elbet die hochnerdieehe Zwergbirke (Betnla nana) kommt vor.
Im iura sind bei 800 und 1000 m H5he ganz ähnliche Moore („Sagnes
Mouilles"*) mit derselben nordischen Vegetation zahlreich vorhanden, und werden
aum Torfstich ausgebeutet. Der Untergrund dieser Juramoore wird aus dem
eementfibnlicb bindenden alten Moränen -Schutt des am Jura einst gestauten
Alpengletsebors gebildet, der die tSdtliche Einwirkung dee Kalkes, aus welchem
der Jura sonst besteht, auf das Torfmoor dureh hermetisohen Abschluß Ter-
hindert und gleiclizeiti;; das Wasser staut.
Ueberall auf dem Gebiet des Plateau finden sich >\iv tSpur^n der alten
Gletscher in Schutt sowohl als uufgeptiauzten Blöcken, und e» Huden sich au
diesen einzelne Kolonien echter Alpen pflansen erhalten: so Gruppen von Alpen-
roeen im vordem Theil der Hochebene de« Kt. Aargau (Sehneisingen).
b. T)/e nf^rdlichen Äipenthäler. Eine besondere Statiun wird gebildet aus
den oft niüclitigen Sand- und Geschiebmassen der Thalsohlen. Hier bilden Weiden,
besonders Salix purpurea und incaua, Tamarisken (Myricaria germanica), Sand-
dorn (Hippophag) und Erlen die U&rTegetation. Die febigen Hänge bringen,
vermSge der starken Insolation, manohe sttdlieh ankli^ende Fflanse bwrvor. Das
Gyelamen, die Feuerlilie (LUium bulbiferum) sind Zierde dieser Standorte. Be>
vorznirt «ind die von Osten nach -ten gerichteten Thälpr, indem auf ihrer
dem Süden zugewandte Nordseite sich für Feld- und ObstkuUur sehr günstige
Lagen bieten. In den Thälcrn von Glaru», Schwyz und St. Gallen wird, eine
Seltenheit, .der Sohabxigerklee (Melilotus ccerulea) als Znsats cum GUmer KrSnter*
kXse gepflanzt.
f. Die Süithiifir dir .M}iei/. K'wr wiid die Rfgion des Laubwaldes fast
ausschließlich von der Kastanie (^Ca-itauea vcpcaj cingenotumen. Er strigt bis
1000 m lind selbst etwas höher, und gefällt sich auch an sehr steilen Halden
und auf dem fehtigsten Boden, doch nur im tiefgründigen und lockern Detritos
dee feldsfMtrdchen ürgebirgis; auf Kalk ist er weit weniger schön. In Savoyen
ist er sehr verbreitet und dringt gruppenweise bih ins mittlere und obere Wallis
wie auch läng» dem Jura und zum Yierwaldstättersee vor, allein in vollster
Schönheit erscheint er erst in den Thälcrn von Pieinout, TeiiHiu und Veltiin.
Hier liefert er einen Yiambaften Theil der Volksnahrung durch seine im Oktober
reifen Früchte nnd erreicht ungebenre Dimensionen (bis 13,5 m Umfang). Das
Holx dient an Fässern und zu Eebstttcken.
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Vegetation
— 33Ü —
Vegetation
Tüj» Kastanie bedarf milder Temperiitar und starker Kiedenchllge; die
maxima ihrea Beairka im T^asin gehen nioht unter 7,0^
In den tiefem Lagen de« Kastanienwaldes tritt hie und da im Tessin die
Zerreiohe (Queroua Cenia) auf, die steh im Westen dea Jura in JVankieich
wieder findet.
Die Ränder des Kagtanienwalde« habea ein itiiches Buschwerk vuu Legu*
jninoeeD, namMoUicb die Pfrieme (Sarothamnne) nnd gegen 8 CytiatMUrten.
III. K V g i <i n (1 (' H N a (1 (' 1 w ii 1 d e|8.
Sie niinint über (lein Laubwald da.«. Areal bis 2U l)^i)<) in, im Wallis und
Engadin bis 2UüÜ m ein, soweit es nicht durch einst kiiastlich duruh Rodung
liergeiitellte WeideflHehem oder Sohlnditen and an Tbge geliendea Qeatais ein-
^genommen iat.
Der Hauptbaum ist die Rothtanne (Fichte, Picea exoelsa). Sie geht zerstreut
und einzehi bis auf die Hügel des Plateau hinunter, und bildet von 800 m an,
meist aber oberhalb der Buche eine völlig getichlos^ene Waldung, und nur in
den Zentralalpen treten Lärche und Arve mit ihr auf. Im Jtna ist lüe erst
^oberhalb des auf die Bnehe folgenden GttiMla der Weißtanne bemohend und
bildet die Waldgrimze. Ueberall tritt sie als einzelner Baum Uber die allgemeine
Waldgrenze als Hchirm- oder Wettertanne aof ^ie offene Alpenweide binana,
meist in großen alten Stämmen.
Die Kulhtaune ist unner Bauholz, uud dicut, auch noch hie und da im Jura
mißbrftnohtioh aar Hangewinnnng.
An der obein Gh^nse dcH Raumes in den Alpin kommt er zerstreut in
einer sehr gedrungenen Form mit kleinem randaahnppigen Zapfon vor (P. ezeelaa
V. medioxinia).
Die Weilitanne (Abies pectinata) bleibt mehr in der halben Höhe der Alpen-
-tbSler nnd kommt nnr neaterweiae von 700 bia 1500 m atfHsolien Bnobe nnd
Boditanne vor.
Anders im Jura, wo sie eine geschlossene Waldung Uber der Buche bildet,
bis zu 1 300 m, und die Buche tief unter ihre natttrliobe Höhengrenae, bia 700 m
Jherabdriickt.
Im Jura bildet auch sie prachtvolle Wetlertannen, oft in Eandelaberform.
Die WaldkrSnter dea Tannenwaldea nnd sehr sahlimob nnd dnrob ihre oft
mKehtigen Blätter merkwürdig. Lnnaria, Halgedium, Fetaaitea, Adenoatylea,
-Se&ecio gehören hieher.
!)aK H>'igahorn (Accr psendo-platauuR) geht von der unteren Grenze «1er
Rutiitaune bit> hoch in die Mitte ihrer Zone und höher (1000 — lüOO m) uud
Uberateigt die Bnehe nm 800 m. Er liefert einea der adiSnaten, feinsten nnd
werthvoUsten NntabSlier fttr HVbelfabrikation und Schnitzerei und erreicht auf
günstigem Boden ungeheure Dimensionen, (8 m Umfang) , besonders auf den
TrümmerhaMen am Fiisse der felsigen Thalwlinde, die er berriich einrahmt. Es
ist um liäutigstcn auf der Nordseite der Alpen und bildet hier zuweilen Wäld-
chen, im Allgemeinen aber steht ea sehr mratrent, woran seine geflügelten nnd
flngföhigen Samen Antheil haben.
J)ie Lärche (Larix europaea) bildet mit der Arve eine norduHtatische
Ornppe, während die hei len Tannen Europa angehören. Die Lärchr i-t der
Baum der Zentralulpen und der sehr hohen Lagen, gegen die sie durch ihre
Laublosigkcit im Winter geschützt ist. Sie bedarf lichten Stand und steht daher
immer seratrent Reine LSxohenwftlder finden sich nnr im Ober- Wallis, besonders
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V^taüoa
— 340 —
Vegetatioik
im Z«fmatt- imd SaftstliAl, wnist itt ide iMi mit Botlituiiie oder Ar?e gemischt.
Vom Wallit vnd Teerin, wo rie dominirC, strahlt sie in die hintearen Waadt*
länder-, Berner - Oberländer- und Uniti - ThKler ans; von Oranbttodteo, wo si»
ebenfalls tibfrall vorkoniint, in die St. Gallischen Alpen bis zum Gäbria. Die
Lärcbe liebt Sonne, trockene Luft und genüge NiederHcbliig^e, sowie extreme
Temperaturen : daher ihre Vorliebe für die Zentralalpen, die man ialächlich einer
Jffoigung fttr das kalkfreie Urgebirge msohrieb. Der Baum etreioht in den
Alpen enorme Grössen (8 Fuss Darchraesser) and treibt weite horizontale Aeete.
Die TrefTlicbkoit seines KeriiholzeH im "Wasser nnd der Erde sind bekannt. Der
Baum t't");::^ um 100 und zirka 200 m höber als die Tanne; «ie geht als Wald
im WaiUä hin 1900 m, im Engadin bis 2100m und einzeln bis 2300 m, am.
SteWio aelbat bia 2400 m. Die Arve (Pinns Cembra) iat der Baum der grSfiten
Bttben, den man &st ebensogut der eigentlieben Alpenregion sdalblen kHnnte.
Er ist in starkem Schwinden begriffen nnd emeat sich selten befriedigend, da
die meisten Samen auch im Boden von MSnsen und Insekten gefressen werden.
£r ist am häutigsten im Ober-Walliit und Granbündten, strahlt aber einzeln in
aUe Theile der Alpen, bis zu den Churfirsten und in die Freiburger Alpen aus.
Die ArrenwlQder an der Soheideok im Börner Oberland, in Gadmen, an der
Engstion sind solche isolirte Gruppen. Der Baum will frischen Stand und Über-
läßt die austrocknende Sonnenseite der (Tchiinc^e stets der Lärche. Er steigt
nicht unter IHOO m und im Mittel bis '2200 m, am Wormserjoch bis 2426 m.
Dam iiiMekteuHichere, in Tyrol zu 8chnltzwerken hochgeschätzte, Uolz wird bei
uns meist als Feuerung in den Alpenbtttten verwendet, die Wipfel der eßbaren.
Nttsse wegen zerschlagen.
Die Bergfbhre (Pinns montana) in ihrer aufrechten Gestalt als Hochstamm,
ist bei 1500 — 21uOm tsebr zerstreut in einzelnen Gruppen von den Waadt-
länder Alpen nach Uber -Wallis, Südseite des Lokmanier and BUndten; ein bis
Üef berab geisteter ki^ellBrmiger Banm, dtmem süflllose Zapütm aiob dnroh den.
Glans ibrer backigen Sebnppeo sebr yon dw FBbre der Ebene onteraebeiden^
In den SUd-PyrenIton bildet dieser Baum grosse Wälder.
Die StrSucher nnd das Unterholz des Nadelwaldes bestehen am Waldrund
aus vielen Kui^enarten, deren Früchte im Tessin dem Vieh verfüttert werden ;
im Wald selbht aus der Eibe (Taxus baccata) die hie und da in der unteren
Hüfte der Zone nblreiob auftritt (Waadtllnder Alpen, KU Sobwya, Jara) nnd
einigen andem, jedoch auffallend wenigen kleinem Arten.
Die Kultur steigt in die Borgregion je nacli dem Bedttrfniß des Menschen
empor. Es sind Rngp^en und Sommergerste, welche die olinr.stcn Felder bilden.
Sie gehen mit dem Flachs auch in den Nord-Alpen bis 12^;) m, die Kartotlei
bis 1560 m; die letaten Gemüsegärten sind bei 1878 m (Grimeel) und 2066 m
(Gemmi). Im Obw-Engadin geben die Getreidefelder bis 1829 m (Campfer), im.
Ober-Wallis bis 8100 m {Ilndeln).
TV: Die Alpenregion.
Sie nimmt die offenen Höhen des Gebirgs ein, in welohe der Wald nicht
eindringt, und wo nur die Grasnarbe und 8tauden mit einigen Gebttadiformett
herrsebeni um nach oben allmilig sieb in Schnee und Eis au verlieren. Die
untere Grenze der Alpenpflanzen kann auf 1900 m angenommen werden, doch
briTijren steile Schluchten ganze Kolonien von .Alpenpflanzt n oft sehr tief lierali,
unti im besonnten Lärchenwald steigen sie natürlich tiefer abwitrl*«, als wo Schattea-
btfume die Waldgrenze bildm. Eine absolute obere Grenze ist dem Pflannenleben,,
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Vegetation
— 341 —
Vegetation
flelbfit der Blüthenpflansen, nicht gesogen; denn bis auf onaere höchsten Gebirgs-
gipfol fziwt u einselnon geeigoeten Stellen der Boden Aber Tag lange genug
«iif, um kldne Alpenpflansen sn ernlhreik. (€Kpfel d« Finateraaritorne hti 4270 m
Banuuculos glaciali« in Blttthe.)
Die Temperatur der Alpenregion ist folgend«:
St. Gotthardt 2093 m Jahr — 3,7 Minim. —22,4 Maxim. 17»6
St. Theodul 3333 m ^ — 5,6 , —21,4 , 16,6
Dm. Jmi, F«b. Min April Mu Juni Juli Ang, Sept. OkL Not.
Sl.Bmibnl— 6,5 — 8,2 — 6.4 — 7,0 — 1,6 2^ 5,0 8.7 7.3 6,1 — 0.0 — I.S
St. TlwodBl — (i.S - — lo.fi _|-:,7 — T,^ — (5,1 ft.O 1.1) U ij — .5^4 _;.6
also 7 bi« 8 Monate unter null. Dfthpi ninkt ftist jede Nacht das Thermometur
auf null oder tiefer (Tlieudul im Sommer uur II Nächte Uber null und minima
bb — 10 *^ [4. AuguHt ]). Dieee Qngttiutigen VetliSltDiiae werden komponmrt dnroh
die Insolation, die Erwärmung der OLerilüche dnroh dio Sonnenstrahlen, welche
bei der verdünnten Luft eiue vielfach größere ist als in der Ebene. (Mont blaue
bei 0,2° Lufttemperatur 87® an der Obertiiiche.) Hie HochalpRupflanzen sind
lUr solche klimatische Zustände gebaut: ihre Epidermis ist dick and die Arten
troekeiier ^ndorte «iiid dindi dkbte Hitare gegen die InmlatioB geieklitzt, ihr
Zellinbelt aohr leet, aleo mne Zerreianmg daroh Froefe anageioliloeaen. Diese Ver<
JiKltnisae beatimmen Moh den Wuclis der AIpoU|MflblimL Fast alle sind perennirend
und vermehren sich vorwiee'eüd d'ireh Sprossen, denn die Reife der Samen ist
nicht gesichert. Ueber 2400 m sind unter 337 Arten nur 12 einjährig. Die
Internodien sind klein und der Wuchs wird rasen- und polsterfÖrmig, denn bei
Naobt, wo die Stengel in die LSage waebeen, ist dies duroh den Fngt iiam8g>
lioh imd der Sebnee drückt sie nieder. Die Blätter vieler Arten sind steif und
überwintern, um im nächsten Sommer den ßllUhenstergeln die Nahrung ab-
ZTipfeben uml dann zu welk*'n. Die Alpenpflanzen entwickeln sich uud hlUhen sehr
rasch, denn ihre Vegetationsperiode über null dauert wenige Wochen. Sie sind
bScbat empfindlich gegen die Anatrocknnng dea Bodens, daber t&t aoob, in die
Ebene Tttpflaast, meist durch diese im Sommer mivermeidliche AustrookniiQg
zu Grunde gehen, und nicht durch die Luhe Temperatur. Von 300 Alpenarten
der Schweiz sind zirkn circumpolar (im hohen Norden verbreitet); und 36
finden sich in einzelnen Distrikten des Nordens, namentlich den Gebirgen Nord-
AeitfU) wlibnend 7> ausiudiließUcii den AlpMi angehören. Bin Tbeil (Astragalue,
Oxytropia, ^dysamm, Saaasurea, aneh das Edelweiß) gebSrt den Steppenformen
an. Rhododendron, Erioa oamea, Polygala ohaniaobuxus weisen auf südliche
€entren hin. Die Frn£?e, wie das Auftreten jeii'^r ino nördlichen Artt n in
uuRern Alpen zu erklären sei, und die Heimathsfrage der Alpenflora überhaupt
ist verschieden gelütst worden. J. Ball nimmt an, diese Flora sei sehr alt und
habe sioh ans der StetokoUenseit her auf den BergbShen erhalten. Dieae Theorie
iflt aber unhaltbar angesichts der sehr neuen Erhebung der Alpen (nach der
Tertiärreit"^, und der durchgehenden absoluten Vernehiedenheit dler Alpenflora
mit den in den Steinkohlenlagern erhaltenen Ptlanzenre.sten. Eorbes und Hooker
und nach ihnen Heer halten die Alpenflora fUr eine im skandinavischen Norden
sor Ausbildang gelangte, die eich mit der Abktthlnng wtthread der lUeseit bis
in unsere Qebirge verbreitete nnd dann dareh die Erwinnnng der Ebenen vom
Norden isolirt wurde. Allein auch diese Ansicht trifft nicht den riohtigen Aus-
l^angspnnkt. Allerdings war zur Eiszeit eine Einwanderung von nordi!5Phen
Alpenpflanzen nach SUden im Gang, was am schlagendsten die Pflanzen darthun,
welche nicht mehr in die Alpen eelbsi, sondern nur noch in die dentaoken Ge>
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Vegetation ^ 342 — VegeUüoni
birge "^ftlungt sind, (eo sind auf dem RiPBPngphirge Rubu« cbameemorus and Saii-
fraga uivalis stecken geblieben), allein der wahre geraeinsame Ausgangspunkt so-
wohl für die AlpeuÜora äkaudiiiavicns als die unserer Alpen waren die nord-
•uatiaehen Gebirge, webhe eine Menge anaerer Alpenpflansen bemtsen, die gar
niolit nach Skandinavien gelangt sind. Umgekehrt sind auch eigenthilmlicbe-
Arten der Alpon nfich X(H-den gewandert ((iciitiana purpnrea nach Norwegen,
Frimuia minima nach dem Kienengebirg«', Nigritella und Paradisia bis in den Ural).
Die Physiognomie der Alpenflora wird bestimmt durch deren Kleinheit und
Gedrungenheit. Sie bietet einige holzige Strlnober, aber ihr Grundstock beateht
ans perenaiFMiden ZwergatrXuoblein und Standen von nwig>polBtrigem Wncha^
die von einigen strammen aufrechten höhern Stauden ttberragt werden. Nicht
zn verge»spn int, daß eine niclit unliedputendr Zahl von Pflanzen der tiefen
Begiuu die Fähigkeit haben, bis in die Aipenregion hinaufzusteigen und hier mit
den eigentlichen Alpenpflanzen »ich in da« Areal zu theileo. namentlich da, wo
Dflnger Terbreitet wird. Selbst in der nivalen Region (ttber 2400 m) Inlden
Ebenenpflanzen Gesaniutiabl der Arten. Diese Ebenenpflanzen nehmen,
aber großentlieil.s den gt-drungprien Wiidis der Alpenpflanien und höhere Farben
au, erlangen auch die Kigcnschaft, l"riihi»r zu blühen.
Die Btraucher der Alpi'uzone Hiud : Finu« muutana var. i'umiliu, die Leg-
föhre oder Krmnmholx, welolie dem hoben Norden fehlt. Sie sieht daa Kalk-
gL-birg vor, und tritt als mannshoher oder kleinerer Zwergbaum auf, densen.
Wiittcl ausgebreitet, nnd dessen Zweigo abwärtsgebogcn und Schlangenart ig ge-
wnndeu sind. Er ist Snßerst harzreich, mit dunkelgrünen Nadeln bis zu vier
Jahrgängen tief herab bedeckt und meist mit bleibenden kurzen BtUcheln von.
Zipfen beladen. Seine Zone liegt Ton 1600 bis 2200 m, geht aber auf den-
XalkflQhen des Jura bis 700 m (Eallflnh Et. Basel) hinab. Er ist es, welcher
der Alpenwirthscbaft das beste nnd meiste Brennholz liefert, auch ist er un*-
schätzbar für Befestigung der (iferöUhalden der Kalkfonnation, die seine Lieblings-
stationen bilden.
In gleicher Höhenlage, eher etwas tiefer, herrscht anf den feuchten Ab-
hingen dM Urgebirgs die Grttoerle (Dros, Alnus viridis), die sich aneb im Polar'
kreis Amerikas und Asiens findet. Er bildet aufrechte, mit zahlreichen anf-
strebtiidcu Kuthenzweigen hederkte Büsclu', dunkelgrünen breiten Laubes, und
leistet ähnliche Dienete, wie die LegfUhre, namentlich auch in Bestocknng lockerer
üunge.
Die rostfarbige Alpenroro (Bhododendron ferrugineum) bildet an vielen-
Stellen der Alpen in der Höhenlage von lüOO bis 2500 m stundcti weite Basch-
massen, die in der Blilthezeit der Landschaft einen herrlichen Sehniu(k ver-
leihen. Die ganze Pflanze ist drüsig und mit einem bittern. harzigen Stoti ver-
sehen, der aber viele Vögel nicht hindert, sich von den Knospen zu nähren,
wie denn aneb namentlich die AipenhUhnerartm in diesen Dicddehten Sohnts
finden nnd ihre Nester anlegen.
Seltener, niedriger nnd schwächer im Wnohs ist die, namentlich anf Kalk
erscheinende behaarte AIpenro>f ^"Rb. bir=^ntnni)
IW Zwergwachholder (.Iuni]ienis luuia) hewohnt die gleichen Hohen, und
ist gerade in den höchsten Hütten und tür Bivuuaks als harziges und sehr stoff*
reiches Brennmaterial werthvoU. Er liegt polsterartig dem Boden angeschmiegt
nnd bn itet sich ftcherfbrmig aus.
Weitere, wenn auch winzige Büsche der Alpen sind die gemeine Heide
(Callana volgaria), die Aipenheide (Erica carnea)^ die Ueidelbeerarten, namentUoh.
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Vcgetaliuu
— 343 —
VegeluUou
die Btämmige Sumpfbeere (Vaccinium uliginohutui uiiU mehrere knie- und liand-
hobe Weidenarten (Salix hastata, Arlrasonla, Lapponum, bis retorn und berbacea),
die znimltii, besonders im Urgebirg, beträchtliche Maasen bilden. Der Seidelbast
(Daphne niezereum) ibt häufig, 8»'ltt ncr dir kleine Mehlbeere (Sorbus chainwinespiluH),
Die ei^entüchpQ AI]»enstandtn und Kiiiuttr zeichnm sich durch kurzen Leib,
bedeutende Verät^telung und verhültnißmäßig grüße BiUtben aus, sodal^ ea Arten
gibt, an denen die Blfltbe der grdßte Tbeil der gansei» Fflanie anamacbt (Gentiana
acaulifi, Phytenma paueifloram, Campoonla eenisia). Man bringt diese auffüllende
Größe der Blume in Verbindung mit der Nothwendigkeit, die wenigen Insekten
der Alpenregion anzuziehen, um die Befruchtung zu vermitteln. Die anffnliind
satten Farben nicht nur der Blüthen, «ondern auch der Kelch und anderer Theile
der AlpenpiiaDzeQ sind auf die starke Iiisulatiou zurUckzaruhren. im übrigen
berredit Weift entschieden vor, auch bei Gesohleehtern, die in der Ebene farbige
Blumen haben (Papaver, Ranuneulu» etc.).
In den Weidefläelien, die regelmäßig mit Vi.^h l>etaliren werdt-n. macht
sich eine Zuuahme der Granirneen auf Kosten der eigentlichen Al|ii-nptianzen be-
merklieh; die fehiigen Standorte sind bei weitem die reichsten. Sehr häufig sind
Sümpfe tud kleine Heehmoore, anf denen Wollgritaer (firiopboram) and Seggen
(Carex) Torberrechen. Besondere Arten, die stob durch Zartheit und Kablhelt
auszeichnen, wachsen dicht am schmelzenden Schnee und folgen ihm nach : (Crocus,
Soldanella). Da.s Steingeröll wird wieder von bestimmten Arti n mit s. hr lang
ausgreifendem W nrzelfäoher bewohnt {Thla8()i rotundiiolium, Linaria alpioa). Die
kleineten mid sngleieh grofiblRtfaigeten fiadea aich anf den obersten Gräten und
FebabeKtsen yon 9400 m an (Nivalfl<»a}: Androsace gladiatis, Fhytenma panci-
flornm, Eritricbium nanum, Potentilla frigida etc.). Ln feinen GletMchcrschutt
leben T?annneuhi« j;luciali.-i, Campannla eenisia. Saxifrapa oppo-^itiffdia etc. Einen
autfallenden Kontra.*t mit diesen kleinen Formen bilden die hohen, sie weit
überragenden Geutianeu (lutea, purpurea), Disteln (Cirsium spinosissimum) ,
Säsenhut (Aconitum), die aieh oft bis in die KShe der niyalen Flora hinanfwagen.
Der Zerrissenheit des AreaU duidi tiefe TbBler mit warmem Klima ent-
Hprecliend, sind die Standorte vieler Alpenpflanzen sehr beschränkt, und inner-
halb der kleinen Ausdehnung d*^r Schweiz sind eine Menge von Ost- und West-
grenzeu für Alpenpilanzen uaoiizuweiseu, ja sogar mehrere, die innerhalb anderes
Gebiete lokalieirt iiind (Campauula exciaa Sstlich vom Honte Boea).
Oekonomisch haben die Alpenpflanzen ihre Bedentang als Nabmng der
Heerden, und Grundlage unserer Milchwirthschaft im Gebirg. Bimelse AfSDM-
pflanzen werden beiuilzt (Arniea. lokal aneh Artemisia Mntellioa n. a.) aus den
Wurzeln der Gentianeu wird Branntwein gewonnen, und aus der Jva (Achillea
moscbata) Licjueur bereitet.
Statistteebee; Die Sehweii beherbergt 3213 Blttthenpflansen , ron denen
tirka 300 zur Alpmiflüru gehören.
Im Kinzelnen zeigt sich, daß je mehr ein Lande»*theil Antheil an dfr
Alperitiora und zugleich an der Flora der warmen Refjion nimmt, er auch um.
so artenreicher ist; daß mithin die Kantone, die auMschließlich dem i'latcau un-
gehören, am artenKrmaten «ind. Thnrgan, vorwiegend auf dem Plateau gelegen,
hat bei 17,9 [^-Stunden nur lOO«; Arten, dagegen Schwyz, mit 16,;') Q-Stunden,
schon 1137 Arten. Das Berner Oberland, 60 Q«Stunden, hat bloß 1281 Arten
und Tessin, 51, T) Q-Stunden, 1504 Arten.
In der nivalen Kegion ^von 2300 m aufwärts) sind noch im Ganzen
837 Art«) Bltttheopflanseii beobachtet, davon sind eigeniUehe Alpenpflanaen.
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Vegetation
344 —
Vereinigte Scliweizeriiiihnen
Litteratur. Ball, J., Od the origine of thc flora of the Europ. Alp^. Proeeed.
Roy. Gcopr. Soc. 1879. Christ, H. , Verbreitung der Pflitizen der Alpenrepion in
DenkscbrittcD schweiz. nalurf. Gcscllscbaft 1866; I'flajuealeben der Schweiz I88i. —
Uebo' di« Pflanzemipc kc des Juragebirges 1868, - Observations sur l'origine des wp.
jurfl,«siques in Bulletin de la soc. hol. dr Frnnce, 1869. De Gandoüe. Alph.. caii«es
de l'iuögalc distributiou des planlagtä» nires de la cbalne des Alp^ 1875. Forbes. Re port
onthe nieeting of the Uritish assoc. Cambridge. Heer, 0., Veijetationsverbältnissc des
sfidflstlicbea Giarus 1835; — Vegetation von Zürich in Verb. Schweiz, naturf. Gi s. Zürich
Jahresbericht 1864. — Urwelt der Schweiz 1865. — Nivale Flora der Schweiz ui Denk-
schriften. Schweiz, naturf. Ges. 1884. Hookcr, Outline.« of the düHribution of arctic
Planta 1861. Kastbofer. Bemerkungen auf einer Alpenreise über den Susten 1882;
dito Ober den Brflnig. Martins, Cb.s., Climat et v^g^tation des lies Borrom^es in
Annalt s S( it nf. liort. di Vn-ntuli, IsCiti. Observ ation sur l'origine des tourbifcres du
Jura in Bulletin de la soc. bot. de France, 1871. Schröter, die Flora der £iszeit ISSi.
Thunnann, J., Essai de phytoatatique appliqa4 Ii la chatna du Jura, 1849. Wahlenberg,
Q., De vegetat. et elimate Helvetiae septentrionaüis, 1813.
Vpredhuit^sverkehr t '!_'! iin Supplement.
Vorpirii^l«' Srhwpizorbahueii. Eigenthiim einer AktiengesellRchaft mit
Bits in St. Gallen. Dan N» tz der V.-Ö.-ß. umlalit folgende Linien : Winterthur-
Bonohoch, Rorscbaeh-SargHus-Cbnr, Sargans-Happersweil •Wallisellen, Weesen*
Olarns.
Unter der BetriebHleitung der Y.-S.-B. stehen: Die To^enbnzgerbahn, die
Wald-Rüti-Bahn und die Kappersweil-Pfiffikon-Bahn.
Die Konzessionen wurden in folgender Eeihentölge ertheilt:
Am 14. Jnni 1853 fttr die Strecke Borachaoh Wjl (ohne das thurg. StUok
Sehvanbaeh-Wyl), BanlXnge 46,050 m.
Am 21. Deiember 1853 für die Stiecke Winterthar-Aadorf, Baallnge
13,423 m;
Am 2. Januar 1853 für die Strecke TWeM ii-Mühlehom, Baulänge 7856 m,
und für die Strecke Näfela- Giarus, Baulüuge ll,;iUÜ m.
Am 8. Jenaer 1853 fUr die Strecke Cbttr-Ragas, Benlänge 19,784 m.
Am 15. Januar 1853 für die Strecke Ragaz Rorschaoh, Beulinge 70,698 m,
nnd für die Strecke Sargans-Wal! n t dt, Baulänge 13,50fi m.
Am ly. Januar 1853 für die Strecken Walleüstadt-ilUhlehorn , Baulänge
9692 m, Wee^sen-Kappersweil, Bauläuge 28,411 m, und Weesen- j^äfels , Bau-
länge 153 m
Am 9. März 1853 die Strecke Aadorf-Wyl, Baelänge 13,147 m, and die
thnrg. Strecke zwischen Schwarzenbach mirl Wyl, Baulänge 1929 m.
Am 29. .luni 1^5.'^ die Strecke Walliselien-Uster, am 20. Dezember 1866
die Strecke Uüter-Uüli, am 9. Juni 185G die Strecke RUti Rappersweil.
HibAster Bttekkanfatermin : Für die Strecke Rorschach-Wyl (ohne thurg.
Stttok) 35. Oktober 1901; fttr die Strecke TTster-Keppereweil 15. Febmar 1904;
für alle ttbrigen Strecken 1 . Mai 1 903.
ni'^riuinitbanlNitire aller nlfrenanntm Linien 'jr.ST^I m. Gcrtauimtbetrieb»-
läiige '2n,h'27 lu, incl. die mit der ^^ordostbahn gemeinsam benutzte Strecke
Wallisellen-Zürich (ö368 m).
. Anlagekapital 71,340,357 Pr., 40,800,000 Fr. durch Aktien, 40,784,126 Fr.
durch Anleihen aufgebracht. Verwendet 85,607,227 Fr., wovon für den Bau der
Bahnanlagen 63,324,019 Fr., für das Hollmaterial 9,521,637 Fr., flir Mobiliar
1,194,738 Fr., total 74,010,:V.>4 Fr., für Kmif5^ion^ve^htste auf den Aktien
2,114,100 Fr., für zu amorn.iirende Verwendungen 9,446,733 Fr.
Baolttnge de^ gesammten Netxee 368,781 m, BetriebelBnge 277,537 m,
Llnge der Geleiiie 367,890 m, LKnge der Dümtne 308,839 m, der fiiiwehnitte
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bereinigte Schweizerbahneu — 345 _ Yereiui|^ Staalea v, xV'ordamerika
^6,1 17 m, der horizontalen Strecke 65,288 m, der geneigten Strecken 2\2,-ja\) m,
4er genAtn Streohen 194»545 m; der gekrttmiDtan Strecken 8d,982 m. Neigung
dar Bahn : Idi Maximnn 20 %o, im Durchschnitt für die ganse Bahn 5,06 *yoOt
im Durchschnitt für die geneigten Strecken 6,62 "/oo. Krouenbreite de« Erdplantui:
Für die zweiöpnligt n Strecken 8,75 m, für die einspuligen Strecken 5,31 — ^5,46 m.
10 Tunnel« mit inngesammt 1841 m Länge (größter Tunnel 437 m), 167 BrUuken,
•66 Statton«!!.
Staad d«8 BolhDAiffrials: 61 LokomotivM} mit iBigceainnit 16,268 Pfk,
187 Personenwagen mit insgetiammt 8868 SitipUttien; 916 Laftwagen mit ina»
^amnit 9672 Tonnen Tragkraft.
Verkehr: Beförderte PernuneQ (nur auf dem eigenen Netz) 3,77rt,2oy,
beförderte Güter 904,081 Tonnen. Betriebseinnalimen : Aus dem Peräonen-
tranaport a«26:I/i93 Fr., aas dem Gütertransport 4,520,591 Fr., Uebrigea
531,087 Fr. Betriebsausgaben 4,412,202 Fr. Reinertrag 3,405,564 Fr. -
4,245 7<) lies Kapital«. Bezahlte Zinsen und Dividenden 3,340,32:) Fr. Personal
1804 Manu. Vermögensbestand der Untersttit711ng8ka8.se 591, .M)!» It.
Die Gesellschait der V.-S.-B. besorgt, tbeiis für eigene Kechnuug, theila
für Bechnuiig Dritter, den Betrieb auf fönenden Ltmen: 1) Anf dem eigenen
Netz; 2) auf der Toggenbargerbabn ; 8) auf der Linie Wald-Bflti; 4) auf der
Linie Walil-Rnti. (Alles nach der amtlichen Eieeobahnstatiätik pro 1888.)
V(*r<*inif?le Stauten von Nordamerika. Unter den Absatzgebieten der
achweizerischen lixporterzeugnicse nehmen die Voreinigton Staaten von Nord-
ameiika dersait den vierten Kang ein. £8 betrag nämlich, nach der sohweix.
Waarenverkebnetatiatik, der Werth der Anefobr
im Jahre 1885 1S86 mi 1888 1889
nach Deutschland Fr. 157,6äiO,7ül 159.850,487 164.867.86U 164.486.898 184,606,337
. Frankreich , 145,363.344 139.255,357 180,616,581 l4S,009.7t5 142.281,034
, England , 99,39ü,i42 104,033,160 lOM.Mnoyo« l()l.7:r,,37t! 10:.,9r)0,072
, d.Ver.Slaaten , 77,723,462 87,146,844 80,877,278 87,035,740 76,139,040
Qans Atirika, Asien und Anstralien abeorbiren zuaaromen nicht so viel
achweizerisehe Erzeugniaae wie die Vereinigten Staaten.
Es war eine Errettung ans wahrer Noth, als sich im Anfang des dritten
Jahrzehntes die.'^es Jahrhunderts der nordamerikanische Markt den schweizerisehen
Siickcreien und Seidengeweben ölTuete, am nach und nach auch Uhren, Musik-
doaen, Käse, Strohgeflechte, BaumwoUgewebe, Anilinfarben n. h. w. anfninehmen.
In welchem JCaafie dies gelang, seigt folgende, von den in der Schweiz
residirenden Handeldicoiianlaten der Vereinigten Staaten seit 1864 geführte Statistik
<8. d. Tabelle p. 346).
Die Einfuhr au.s den Vereinigten Staateti het»teht vorzüglich ans Koh-
«toSeu für die schweizer. Industrie, und belief sich dem Wurthe nach im Jahre
1889 anf 25,288 468 Fr. wovon 18,300,000 ittr rohe Banmwolle, 1,978,000
für Petroleum, 1,0»;6,000 für Sehweineschmalz, 196,000 auf Farbhölzer.
Die Fabrikat-Zölle der Vereinigten Sonnten h;ilit ii wie imilirwärts ver-
schiedene Wandinngen durchgemacht. In den ersten Jahi zrhnti ii dieses Jahr-
hunderts durchgängig sehr hoch, wttnlen viele derselbeu im Lauie der dreißiger,
vierziger und fÜnMger Jahre mehr oder weniger modifisirt, nm nadiher wieder
den ausgesprochenen Charakter von SohutKiSUen anannebmen." Daß trotzdem die
Einfuhr schweizer Fabrikate bis 1882 succe.sive .stieg, hat seinen Grund in dem
außerordentlichen Waclisthum der Bevölkerung des neuen Kontinentes. Mehr und
mehr schwindet nun aber die Bedeutung der Vereinigten Staaten als Abi^atz-
roarkt schweizerischer Erzeugnisse, denn die Lidnstrie hat dort selbst bedealende
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Vefeini^ Staaten t, Nordamerika — 346 — Vweini^te SUatea v. Xordanierita
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4» 4- 5. C. X C iO -.C -X li V' 4- 31 rs Ii i; — /, X — 4» — 1' X
«: 5". i; Ci i' — ci X ^ C X -» y C _ 1- C /■ C C 10 ü C -
u ti. y — -1 i' X 4~ j^i X — c i: S — r. — »j, li tt -o: — ~. 4'
\s '<£ X Vi '•'i -1 i' -1 4- i" Ii x '— o "- 1 r. r - 1 — — - > —
ii^ -j— ^1 »r, /-^ "-i *- 'r — " — ^ -*r -
i4»»*r05i>-ff-i — :,'-.CCi»<C'JÄCo — — ciOir» — ^ii'i<*-o
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Vereinigte Staaten v. Nordamerika — 347
Vielibeuchelt
Dimensionen angenommen und gebt, unterstützt Ton einer konsequenten Schutz-
loUpolitik ODd von der stetigen Einwanderong arbeitaknndiger , sowie kapital-
krSitiger Elemente einer Entfaltuiii:: entgegen, welche mit der Zeit den Zoflaft
■qbweizerischer Fabrikate auf ein iliniinnm rcdtiziren wird.
Wir fuhren hicuuch die Zölle einer Aiuabl unserer Hauptabsatxartikel an«,
soweit uufi das Material zu Gebote steht.
Taschcnu/uen um 127« Cents'), Ib-kl 20 "/o Wertbes,
1842 7Vs Cents» 1846 10 ^o, 1857 8 1861 15 V»* 1868 20 7. , 1864
25 7o, 1870 25 % 188S 25 «/o, 1890 25 7o ^.
Käse um 1824 — 25 9 Cents per Pfd., 1846 :50 1857 24 »/o, 1861
4 CenU per Pfd., 1870 4 Cents per Pfd., 1883 4 Cents per Pfd., 1890^
6 Cents per Pfund
Seidenstoffe um 1824 — 25 25 »/o, um 1830 30 von 1832 10 "0,-
1842 2U - 30 7o, 184G 25 ^o, 1857 19 7o, lÖÜl 20—40 >, 1804 50 7o,
1870 50 7o, 1883 50 7o, 1890 50
SHdenbäHdur 1861 30 7o, 1862 40 7o, 1864 60 7«, 1870 60 7o, 1883-
50 7«, 1890 50 7».
Seidene SiiehereieH und Wirkwaaren 1890 60 7».
BaumwMickereicn um 1824 — 25 25 7o, 183G 24 7o, 18 U 23 %, 184.*}
3070, 1846 30 " : 1857 24 " ^ 1H(;i30 7o, 1862 3 f. "/o, 1870 35 7o,
1872 31'/« "/o, 18ö;i 35 »/o, 18'JU ÜU CüdIh per Pfd., plu» 15 7o vom Werth.
Slrohyelkchie 184«> 30 0/0, 1H57 24 7o, 1861 30 7o, 1862 35 7o, 1870
35 7ü, 1872 3lV* >, 18.sa :V,y "/o, 1890 30 7o.
Schuhe von Leder um 1824 -25 307o, 1836 28 7o, 1841 26 7o, 1843
35 7o, 1846 30 7o, 1857 24 7o, 1861 30 7o» 1862 35 7«, 1870 35 7o,
1872 31V2 7o, 1883 35 7o, 1890 25 7o,
Bijouterien 1890 40 7 .
Verträge. Zwisclicn der Schweiz und den \'ei «inii^ten Stfiatrn von
Nordamerika besteben V<i trägt- über: 1) Die iTreizügigkeit der beidseitigen
Staatsangehörigen, vom Jahre 1847 ; 2) die Auslieferung von Verbrechern, die
Handelsbesiehungen (Meistbegünstigung), die MilitKrdienstbefireiung und die Nieder»
laseoiig der beidseitigen Bürger, alles vom Jahre 1850; 3) ttber das Konsular-
wesen, vom Jahre 1871. Ferner sind die Vereinigten Staaten betheiligt an der
Genfer Konvention vom 1. März 1882, am internationalen Metervertrag vom
20. Mai 1^75, an den internationalen Postverträgen, und an der internationalen
Konvention betr. den Selintz des geweorblidien Eigenthnmsi d. d. 20. MSrs 1883.
Verfassungen s. im Snpplement den Artikel „Bundesverfitssnngcn".
Terkflhr s. die Artikel Eiaenfanlinen , Post, Seliiff fahrt, Telegraph, Tele»
phon, Transport, Tonristen- nnd Fremdenverkabr.
Versiohenmg folgt im Supplement.
Viehhauptmängel s, -len Artikel „Gewähr der Viehhauptmängel". Von
dem daselbst erwähnten Konkürd.at sind zurllekgetreten ; der Kanton St. Gallen
am 1. Juli 18H7, Ai>])enz( Il A.-Hh. am 3. Mai 1888 nnd Appenz'-ll T. Uh. am
9. Juli 1890. Das Konkordat besteht somit nur noch unter den Kantonen Zürich^
Sohwyz, Baselstadt, Baselland, Aargan und Tburgau.
yiehaeueheii folgt im Supplement.
') Der Cent gleich ca. 5 Rp, -) Seil ti. Oktober.
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Yiehzuclit
— 348 —
Viehzacht
Tlehsuoht benehaDgswMM Bindviehsnobt. (Kitgetlmh tod
Hliller, Chef der Landwirtluchaftsabthälnng det «idg. Industrie- and Land-
wizfhaolitftedepartemeDtes.) Die letzte schweizerische YiebiShlitng vom 21. April
1886 veraeiotinet nachfolgenden Bestand au Rindvieh :
mm bU
na
Jiuiiih
Eiiivr lekm t«
Stiwi
Ochm
Kantone
tir
71 III 1
1 MIX
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1 Iii 9
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Aifurbt SehlttblcB
Jahr
Janrtu
1 Jihr
Jabrfn
2 Jahr. 3 Jahr«
Zflrich ....
7,702
3,103
7.003
830
10,227
6,705
5.50
i,529
Bern
34.«K)Ü
9,«:i2
22,647
3,368
38,048
4,911
1417'.<'.i
473
1.455
Luzeni ....
10,2tJ.->
2,861
6,949
952
11,731
2,665
48.5S:2
.MO
1,302
Ilri
142
1.480
171
2,04 1
116
5,943
11
1
Schwyz ....
4,753
397
3,212
i:{0
8.501
IJl
13.08*)
.58
103
übwalden . . .
1.737
133
596
l-JH
J,185
18
.5,520
23
17
Nidwaiden . . .
7i-2
80
49i
90
1,455
14
4.520
36
39
(ilarus . . . .
i,(.;(jo
189
644
112
1.758
10
6.881
3ß
17
7avj:
597
226
519
1:29
1
•;:!
7,:]".i7
11:!
137
Freiburg . . .
13.158
7.049
1,247
13,462
4.579
3,174
37.424
222
570
Solothom . . .
3,605
904
3,090
2S
346
1,255
19,498
163
465
Haselstadt . . .
49
12
1 7
99
114
I.Sl'O
16
20
Basellandschaft .
l,äl6
6ü7
l,i297
1.106
i90
1,879
879
11,164
129
309
SehalThausen . .
876
fl6
45
1,131
995
6,810
60
967
Appenzell A.-Rh.
851
1,693
835
2.>t
1,884
U7
19,864
5f,
155
Appenzell L -Rh.
533
505
409
114
910
10
5.113
15
13
8t Gallen . . .
10.S84
9.354
5,830
1.024
15,000
1.344
51.297
308
voo
^jraulifinden . .
16.334
518
7.2r.s
rr.n
19.614
2,129
.30,3s3
174
804
Aar^au ....
7,654
1,141
10,318
44 >6
8.294
6.226
39.1.56
464
983
Thnrfan . . .
2,195
1,997
3,629
428
5.364
2.100
28,(t81
217
3.231
IVfpin ....
1,100
4,338
425
7,22'*.
-jsj:;:,
i<;
717
Waadt . . . .
lU,315
1 , < Si
5.r>4+
897
14,116
,>.-J-i>.*
M!tp7
;S59
2,441
Wallis . . . .
9,68 t
8:^6
6.460
1,389
13,071
,1.»/
;;7.(i.>6
398
638
Neuenbuiir . .
586
1,684
207
2.851
1,189
13,106
80
616
<jenf
190
246
215
66
301
64
.5,736
24
345
Schweiz 1886 150,276 32,823 102,6 tl
Ein Vergldcb dieees Bestandes
«ohweixeriflohen ViehaSblongen ergibt fblgendee Bild:
13,820 186,983 41,192 663,102 4571
mit dem Ergebniß der beiden
17,130
Irttberen
1. K.^ll'f-i- '• i .lahr all
o. Zur Anr/\iiht
h. Zur ScblachUiank
150,276
33.823
9. Jungvifh von V« his 1 Jahr alt. . . . 102,641
Hin^ler über 1 Jahr alt ... . . 186,983
3. Külu! ,
4. Stiere von 1 bis 9 Jabxe alt 13^
Stiere Ober 9 Jabre alt ... . ^ 4,571
5. Ochsen vnn 1 bis 3 Jahren 41,192
Ochsen Ober 3 Jahre alt . . . 17,130
1886
1876
1866
183.009
138.795
130.534
289,624
241,ü'.t..
■in, 105
603,102
592,463
552,427
18.391
10.396
10,309
58,322
52,751
52,527
Total 1,2 12.5:18 1.035,930 9V»2,895
Von 186Ö bis 1876 rermehrte »ich somit der Vielwtuud um 43,035 Stück;
Ton 1876 bis 1886 dagegen om 176,608 Stttok. Im Jahre 1866 war da« Ver-
hSltniß der ZabI der Kftlber som Oeaammtnebstand wie 1 : 7,e , im Jahre 1876
wie 1 : 7,4 und im Jahro 1886 wie 1 : 6,e. Die«e Abweiobling von dem mitt>
leren Verhiillniß (l : 7,5) der beiden ersten Vi» lizähUmgen mag zum TIilü davon
herrühren, daß in Foli^'o größern FleischkonsuuiH der Umsatz de» Vielibtstandes
«in fortschreitend grölieier geworden iat, mit andern Worten, d&ß die Thiere
frilher anf die Soblacbtbank wandern, dafi deßhalb die Ramontimng des Vieh-
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Viehzucht
— 34U —
Viebzaehi
irtandet eine grSfiero Ztlil vwa Zoolitkllbeni erfordert Die Haiq^twiBMlie des
engern VerhSltniaaea swuchen der Zalil 4*r Kälber nnd der Gkeammtnhl des
am 21. April 1686 vorhandenen Rindviehes liegt in der geriugen Futtererate
de« Juli re« 1H85, welche eint-, lleuriotli hervorrief, der die entbtdirli( list>'Ti Thiere
zum Opfer tielen. l)iö»e Anualiuie wird be»tärkt durch die auüerordeutlieh
geringe Vieheinfuhr während des Jahrea 1885 — 86 und durch die geringe Zahl
der im Frtthjahre 1866 ▼orliaiidenen Bltem Zuohtstiere, deren Haltung doch durah
eidgenOeneche nod kantonale Prämien nicht nnweBentlich beglinetigt wird.
Dem Tiiit*]eren Verhältniß zwischen Eülberzahl und G^e^ammtviehstand voa
l : 7,5 würde ein Gesfirniutviehbtand von ca. I,ii73,00() Stück nnd eine Ver-
mehrung im Jahrzehnt lö76 -86 von ca. 337,000 btUck entsprechen, utatt einer
iolohett TOD nur 176,608 Sttlok, wie lie dnrdi die yiehzKlilung nacUgcwieBeo
worden iet.
Nach den Berechnungen Prof. Dr. A. Krämer's (debe Volkewirthschafte-
Lexikon II. Band, 311 ft".) hat der Viehstand der Scliwiz ein durehachnittliches
Lebendgewicht von 371 kg per Stück, im Gauzeu aoiuit ein Gewicht von
4,498,516 q. Er bedarf per Tag und per 1000 kg. Lebendgewicht an Futter
26 kg, TroofceneabBtanz, fblglioh |lhrlich 43,689,906 Trookenenbetans, ent-
Bpreohend rand etw« 50,000,CMX) q. Hen und £nid, nnd liefertdaittr ebenfeile jKhrUoh :
14,521,934 hl. Milch k 12 Fr Fr. 174,26j},805
&12,16d q. Schlachtvieh für den inländischen
Markt a Fr. 105 per q. . . . „ 53,775,750
an ArbeitsleiHtiiug , 32,803,200
Export an Vieh und Fleieeh ^ 84,399,849
Tütal Fr. 2~857S43;Ö04
Da der gleiche Avtor (si^e Y.'W.-Lexikon, IL Band, Scnte 320) die firtrflge-
der gerammten Viehhaltung unseres Landes auf saeammen Fr. 392,236^946 be-
rechnet, fallen fsomit 72,2 *^/o dieser Erträge auf die RindviehhaltMnjr, während
der Pferdeziulit 17.9 "In, der Hchweinezucht 6,4 7« i Schafhaltung 0,ö "/o-
uud der Ziegeuhaltung 2,2 ^Jo eutHtauimen.
Wenn auch dieee Zahlen nicht auf abeolnte Genauigkeit Anspruch machen
kVnnen, so ergibt eich aas denüelhen doch die gans überwiegende Stellung der
Bindviehhaltung in unserer LandwirthsohafL
*
Zieht man eine Linie von Ronianfshorn am Bodenscp über Winterthur,.
Wohlen, Sursee und Brienz an die Dufourspitze der Monte lio8a-Grup|ie, ho be-
zeichnen wir damit ungefähr die Grenze zwitKihen dem Braunvieh und dem.
Tledevigh^ in welche beide Bassen oder Hanptschläge sich unser Bindviehetand
scheidet. SüdöetUeh dieser Linie ist das Land Tonugsweiae yon Brannvieh, nord-
östlich derselben vorsugsweise von Fleckvieh bevölkert. Die Grenae zwischen
den beiden Schlägen ist indeß nichts weniger als scharf irezogen , sondern es
besteht eine mehr oder minder breite Zone, innert weicher beide Schläge ver-
miaoht gehalten nnd leider auch untereinander ge' oder Tielmehr wrsttchtet.
werden. Eine Ausscheidung der Schläge nach Art und Zahl iet deßhalb nicht
locht und der br t reffende Vei-snch anläßlich der letzten cidg. Yiehaihlnng wird
deßhalb auch ansilrUcklich als mißlungen befrachtet.
A>ififi'lili,;i:Jirli ]',rtnn>rifh wird <,'rztii htet in den Kantonen Uri , Schwyz,.
ünterwttlden, Glaru», Zu<^, Appeii/.ell A.-K., Appenzell L-K., St. Gallen, Grau-
hllnden und Tesein.
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TiehzucUt
— 350 —
Viehzucht
Vonciegend Braunviek halten dio fi^ntone Zürich , Laaero nod wahr-
«ohsialiob anoh der Eanton Thnr||;aii«
AwisdiiießUch Fleckvieh wird in den Kantonen Solothurn, Basellaud^chaft,
Schaphausen und in ilcr französischen Schwei/, mit Ansnabnif des Kantons W iIHs
H^zUohtet, allerding» mit dem Vurbehalt, daü in den KantontQ Waadt und Genf
die maBMohaiten Kreuzung»produkte mit attsllDdischea Schlägen ebenfalls zum
FleokTieh goreehaet werden.
Vorwiegewl Fleckrieh züchten die Kantone Bern, Aargau ond wahraoheinlieh
«nch das eigenartige Viehschläire besitzende Wallis.
Wc'tnwi am mdsffft Flrdu-ich züchtet der Kt. Bern (Uber 200,000 Stück).
Nur im Oberha«le wird Bruuuvieh gehalten.
Eine ZaeammeYrnteUiing der BindviehbestSnde dieaer Landeetheile rechtfertigt
4ie Yennuthang, <iiU'i beide Hau{>tra8.sen in unHcrem Lande wahrscheinlich gleich
Rtark vf>rtreten nind und dal' jt^^ilenfaUa das Uebergewieht der einen ttber die
■andere kein beflctitendes nein kann.
Keben dem Braun- und dem Fleckvieh tindut sich im Wallis nnd zwar
Torzugti weise im Eriugerthal (val d*H6rens) ein kleiner, karskö{>ligcr , atark'
knochiger, kastanienhranner Viehsohlag, welcher keiner der beiden Hanptraasen
zugetheilt werden kann nnd welcher von einigen Forsohem als Bos üiurus
braohifcephalus bezeichnet wird.
Wann und wie Hich das Land mit diesem Yiehüchlag bevölkert hat, da«
rttber bestehen nnr Vermuthungen.
In den Bohweiserischen Pfahlbauten worden die Enoohenreste von swei gans
verschiedenen Kinderstäramen gefunden. Der eine derHi.dben war klein, zierlich,
knrzhornig (Ros Tiinnis l)riii hv"i ero<) ; er stimmt in Bcziit: auf G-röüß und Form
<ier Schädel mit dem heutigen Braunvieh, das auch zum HrachyceroHfitamm ge-
rechnet wird, ziemlich Uhcreiu, so daß man annehmen darf, das Braunvieh
stamme von dieser Pfahlbanten- oder (wie sie von Rttttimeyer nnd Studer ge-
nannt wird) von der „Torfkuh" ab.
Daneben linden aioh Skelt-tttheile 'Ics wilden und dos gezähmten Ur- oder
Ancroohscn (Bos Tatinis priraigcnius), von welchem das Holländer«, überhaupt
das JSiederungs- und das Steppeuvieh abi>tammen soll.
Von dem jetzigcu Fleckvieh, das snr Stammform der groOatirnigen Rindei
{Bos TaunM ftontosus) gerechnet wird, finden sich in den Pfahlbauten keine Schädel vor.
Dr. C. Ntfmer-Dorotheenthal, (Das Fleckvieh der Schweiz, Berlin 1 hh8)
welcher nid» um di^ Krfor«chunj? der Geschichte dos Fleckviehes ciot'e Mühe
gegeben bat, faLUe die Kesultate seiner Untersttohungcn in folgende Thesen:
1) Das (rejs'eriwärti^^ in der Schweiz lebende Fleckvieh gehört der FrotttoeuB4la88e
an. Dasselbe ist als eine Kullurras9e, die sich sUmälicb im Laufe der Jahrhunderte
herangebildet bat, aufzufassen.
x) Das Fleckvieh stammt in erster Linie von dem Vieh der Pfahtbautenbewobner
all. \\\\'\ w,ir itie (Ininill.i;.'^ -lossclben «las dihiviale F^nllt^>^us-Rind. Ektrh haben auch
Krcuzuugeu mit andern Hassen, m mit Brachyccroä, die zum Theil schon in der prä-
historischen Zeit stattfanden, dazu beigetragen, den Frontosns in seiner (,'et'enwärtigea
Gestalt zu scIialTcn.
3J Die Uniwamilung von Primii?enius in Frontosus gcschali mit Hfdfe der Trocho-
cerosfonn. Sie ging hauptsächlidi während der langen Periode der Steinzeil vor sich.
Die Frontosus-Rasse bestand daher in ihren Anfilngen in der Schweiz bereits vor dem
Auftreten der Helvctier.
ii Vt rniiscliuntruii d<'s aus dem PrimiKcnius hervor^'eyangenen Pronlosus mit dem
Vieli, wcli lies die in dit^ Scbwciz cintrcwanderlen V^ilke! -rlnaren der Cinibren, Ala-
iiiuuneu, Durguudioueu etc. mit bich fülirleu, mögen bestunden haben, jedoch schtiinl
demtelben kein wesentlicher Einfluß auf die Bildung der heutigen Fleckviehrasse bei-
zumessen zu sein.
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\iehziichl
— Üöl —
Vielizuclit
6) Von der Schweiz et» hat eine Wanderang des Frontofluis (Tielleieht mit dem
BennthiereV) ^'e^^'on Kiiil»- <!f'r i!ilnvi;i!«'n Ti-riode narli Norilcii >ta1ti^i-rundfn \m<\ ist
•diese Rasse hiebei nach SkautiinavieQ, als dasselbe noch ira Zusammenhange mit dem
Kontinente stand, und nach England gelangt. Dementqireehend kAnnle man die Sehweii
.als die Urheimat des Fronlosus an;iprerhcn.
0) Die Grundfarbe des Fleckviehes u ;u- früher rothbraun und zwar einfarbig oder
mit kleinen wciLien Abzeichen. Er^i s|Mt(>r traten gröliere weilte Flecken auf.
7) Die Freiburger Schwarz-scheken scli. iiH n durrli » iiu- Ktviiziing der urnprOngliefa
roth gefärbten Thiere mit scbwarzgeilecklt:ui .Niederungsvieli tHilslanden zu sein and tst
hierauf ihre schwarze Farbe, sowie die Abweichungen in der Körperform I so namcntlidi
der Kopf et( .\ wodurcli :<ie sich von dem Berner Rothachekschlage (zu dem der Simmem-
thaler gtliört) uulerbcbeiden, zurückzuführen.
8) Die (fegcnwärtige gelbe (Mode*) Furbe der Sinunenthalw seheinl ihr Entstehen
-einer Blutmis<;hung der ursprünglich rotb^efleckten Thiere mit Braunvieh zu verdanken.
9) Der Frontosus ist gegenwärtig in Skandinavien, ebenso wie der Primigeaius in
•der Schweix ausgestorben.
Diese Thesen sind wohl meistens Hypotheken, denen von anderer Seite
■wieder andere entgegengesetzt werden. Wir können und wollen nns daniit nicht
weiter beachfiftigen , ebensowenig als mit der seitherigen Geschichte anderer
Bindviehüchläge , tlenn die Urkunden, so weit sie bekannt sind, wie auch die
Literatur bieten hiefUr n wenig Anebeate. Die Ittnner der Feder scheinen sich
zu keiner Zeit gerne mit der Rindviehzucht beschäftigt zu haben ; gibt es ja
Jetzt noch Amtstitcllen , welche bei Erwähnung einer Kah oder eines andern
StUcke^ Rindvieh ein „s. v." vorsetzten.
ßet'aüäen wir uns daher mit ucn ifeijenwartitjcn Zuständen unserer Kindvieh-
jraeht und awar vorab mit der heikeln Chare^terMik der beiden Hauptvi^
schlägt. Den augenscheinlichsten Unterschied zwischen denselben bildet die Patb^.
Das Flti h cith ist, wie der Name andeutet, getieckt; d. h. auf einer den ganzen
Kör|ier glcichmäüig deckenden grauweiß^»» oder falben Grundfarbe finden sich
■scharf aber aoregelmäßig abgegrenzte, mehr oder weniger zahl- und umtangreiche,
-entweder schwante oder dann hellere und dunklere, braunrotibe Fleeken. Die
«ohwar^fleckten Thiere sind im Abnehmen begriffen; sie komraon swar im
gansen FleokTiehgebiet vereinxelt Tor, am meisten aber im Kanton Freibarg und
iiesonders im Bezirk Greyerz.
Bei den Uotb- und Falbflecken ist das Flotzmaul Üeischfarben, die Hörner
«ind wachsgelb mit branner Spitze, die Klauen hell und die Suhwanzquaste ist
weiß. Schwane Fledcen aaf dem Flotzmanl, dunkle Homepitxen, dunkle Haar-
büschel in der Ohrmuschel denten auf Btntmischung mit achwarafleokigem oder
jnit braunem Vi« Ii
Beim Jiruunoielt weeliselt dif Färb»' des lliiai'kli-i(k'.s je nach dem Srhlitg
und der Landesgogeud vom dunkeln suhwar/braun bis zum hellen silbergrau.
Aach beim einseinen Thier bt die Farbe im Herbst nnd Winter dunkler als
im Sommer und Frühling, auf der Alp dunkler als beim Stallvieh. Der Stier
ist dunkler als die weiblichen Thiere seines Schlages. Die Farbe der Stinie,
des Stirne>chopfe>», des Ringes um die Augen, des Rlif^kens, des Bauches, der
innern Fläche der Beine, de« Milelispiegels ist stets heller a,U die Farbe der
Flanken und der KnOern Sohenkelfläclien. Das Maul ist mit einem weißen King
•eingefiißt; das Innere der Ohren ist gelblickw^. Die verschiedenen Farben
und Farbennuancen gehen ohne scharfe B^ensnng allmälig ineinander über.
Das Flotzmaul, die Uomspitaen, die Klanen nnd die Sohwansquaste sind stets
■dunkelfarbig.
Schwieriger als die Unterschiede in der Farbe sind die Unterschiede im
JCdrperöau der beiden Bassen festznstellen, weil dabei nnr das Charakteristische
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Vielixudit
— aü2 —
and niobt die GrtfOe oder die mehr eder weniger Terbreiteteii Kttrper^ beaebtuige-
weise ZUchtiragefebler in Betracht kommen dürfen. Solche charakteristische Uuter-^
fichiede werden vo;^ den Forscliern in erster Linie am Kopf oder S -hddil gesucht.
Die FleckfiiHse wird von densellien als f,nulusu:>, d. h. groi'stirnig, bezeichnet^
da« ürttuuvieh als bracitycerua oder kuiaibornig. Bei ernterer sitzen die Horn«
sapfen an Honuitieleii, wXbrend beim BrannTieh die Homsapfen direkt aus deiü
Schädel heraus waehsen. Die Hörner sind beim richtigen Braunvieh im Quer-
schnitt Uberall rnnd ; die Hörner des Fleckviehes sind an der Basis und auf dem
gröL'ten Theile der Lunge etwa;< nhfreplatt«t und es ist folglieh deren Querschnitt
oval. Ueber die KopfmaUe gibt beistehende Tabelle AulschluÜ. Es wurden nämlioh
iSmiatKohe Thiere, welehe im Jahre 1887 an der ediweiierisdien landiriräi-
aohaftlidien AiUBtellnng in Keneobnig anageetollt waren, durch due unter Leitung
dee Herrn Kantonsthicrarat GiUard von Lorle stellende gut inatruirte Abtheilung-
gemessen. Die Anleitung zu dieser Maßabnalune und die Erklärung der Maß«
üudut man in den »Punktir- und Meßtabi Ut-n-' für da» sehweiz. Braun- und
Grauvieh von J. Jneichen (II. Aufl., Ji. J. Wyü, Bern lÖ8ö).
Das aohweiaeriaehe LaadwiithB^aftadepartement bat die ErgebniMO dieser
in seinem Auftrage gemachten Maeeongen nach veii«chiedenen Richtungen ver>
arlieitet. Für unsern Zweck kennen wir hier nur einen kleinen Theil des sehr
reichen Mati riale» verwenden und nur so weit dasselbe die Kühe betrifft, weil
sich Vergleiche zwischen den einzelnen Schlägen nur an aasgewachsenen Thieren
maehen lanen. Die Tabelle gibt nur die Grundma&e in Centimetom an. Als
Hauptgrundmaß gilt die Rnmpfiftnge, d. h. die wagrechte Entfemnng von der
vordem Fläche des Buggelenkes bis zur hintern Fläche des Sitzbeinhöckere. Als.
GrundmaU für die Kopfmessungen ist die Kopfliinre, al>j solches fl5r die H^hen-
maße die WiderriMthöhe und als solches fi)r die Breitenmalte die Hüftenbreite
angenommen. Alle Maße werden auf diese Grundmafie bezogen, d. h. in Prozenten
deraelben ausgedrSekt. Üadnroh gewinnt man ein aoaebanliohea und sni Ver»'
glMohungen geeignetes Bild der Körperverhältnisse (Proportionen) der Thiere.
Die Talielle auf pag. 351 und 355 enthält nun links iXw Mai'e und Maß-
verhältnisHe der Kiiho der Fleckviehrasse und rechts diejenigen der Braun- und.
Grau V iehtich 1 ägc .
Zn den EleokTiebeebllgen zShlen wir auch die Eringerktthe dee Kantona.
Wallis, ohne damit eine eigentli'he Ivassenzugehnrigkeit behaupten zu wollen.
In der zweiten Kolumne «ind die Maße der 4 Kühe des sog. Lötschensehlages-
enthalten, welcher Schlag entschieden mit dem übrigen Fleckvieh vcrwamlt ist.
Dann folgen die Maximal-, Minimal- und Durchschnittsmaße der Ö Kühe des-
großen FlMkviehaehlages, welche yom Preisgeridit als die geringwerthigsten be-
xeiebnet wurden ; dann die gleioben Maße für die ana 5 Kühen bestehende hSohst
pirltmirto Grupi^e tind endlich die Maximal-, Minimal- und Durchschnittaniaüe>
aller nu'igestellteu Kühe de-^ groRen Fleckriehschlageg, GO an der Zahl.
Die Mcssungtiergebnisse der KUbe de» großen Brauiiviehschlages t«iiid gleicher-
weise aufgeführt. Die Beurtheilung dieser Abtheilung mittelst des Puuktir-
▼erfiihrena enntfglichte, noeh die Maße der beeten nad der 5 Bcblecbteaten Miloh-
kilhe anzugeben Diesen folgen die Messungsergebtiisse von 9 Kühen des braunen,,
von 8 Kühen des grauen und von ',\ Kühen <L'.s kleinen Grauliiiniinervielies,
nnd den Hrhluß bilden die Maße von einigen Uruer- und braunen Walliser-
Kühen (^Cunches).
fietraohten wir nun die HaßverhKltniese des Kopfes, so ergeben diese offixiell
an auserlesenen Ktthen bdder Bassen und in genügender Annhl vorgenommenem
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— 353 —
Viebsueht
Messungen keine bedentemlen L'nterecbiede, jedenfiills keine, welch«« von bloßem
Allste als Ka^^se^u^ter^^■hie^l(• erkonnhar wären. Der Kopf der Fleckkühe des
großen ticblagen ittt durohHohnittliüh 1 cm läuger aln derjenige beim eigentlichen
Bnimvieli. Auf di» BnmpflBiige belogen ist aber der ^pf der Fleokkuh eher
kleiner. Audi die Breitendimensionen der Btirne sind bei den Braunen größer
als bei den FKoken und in Prozenten der Kopflänge ausgedrückt gleich groÜ,
80 daß man iiiclit recht begreitt, warum den letztern das Prädikat .prroüstirnij?'*
(frontofius) als Rasse nbezeichaung beigelegt wurde. Eber dürfte behauptet werden,
Btifne lei beim BnumTieb welliger, das Ange mehr naoh Tomen gerichtet,
der Blick lebhafter und intelligenter. Doehi diese Eigensehaiten sind nieht
meßbar und defihalb ist die Richtigkeit der Bebaaptuiig schwer zu beweiseo.
In RezMi? auf ilie iibriiL,'en Körperverhältnisse zeigen die Messnngserp^pbnisse
etwelche kleinere Unterachicdc, welche aber nicht als RasseneigenthUmliclikeiten,
sondern als Folgen der Zdchtung angesprochen werden durften. So sind z. B.
die ausgestellten Ktthe des großen Plecksohlages darohsobnittlich 9 om. bSher
und 13 cm. länger als diejenigen des großen Braunviehs(dil&ges. Die längste
braune Kuh ist iiulel? nur zwei Centimcter kUrzer als die längste Fleckkuh. Im
Allgemeinen sind die Brunnen im Verhalmiü zur Länge etwas höher als die
Flecken ; bei erstem ist die Brust tiefer und breiter , ebenso sind die Uüften
und Leuden der Braunen TerhKltnißmäl^ig breiter, während sich das Hintertbeil
(Hiiitgelenke und Gesäß) stärker TerachmSlert als bei den Fleoken. Bei erstem
sind Vorhand, Vorderrucken kürzer, die Mittelhand, namentlich aber die Lemle
länger als bei letztern, entsprechend der verscbärfteren Zuchtrichtunn; nnf .Milch-
ergibigkeit. Ab cbarakteristisoher Unterschied zwischen beiden Rajs.sen in Bezug
tivd Körperbau könnte vielleicht am ebeeten die Schwanzwarzel angeführt wer-
den. Beim Braunvieh ist dieselbe TerhlÜtnißmäßig dttnn nnd sobtank und sie
legt sich gut xwisehen die beiden Sitzbeinhöcker. Beim Flcekvieh , anch bn
den mittleren und klHnf^vn Sehlägen kommt der riirentlirhr- TL m h^i Invunz, wo
die Brhwanzwurzel sich bug«3iilijrmig nach oben krümmt, uueh zit^uilich allgemein
vor und auch bei dem veredelten Simmenthalervieh, bei welchem diese häßliche
Form sdt Jahren weggeattebtet ist, legt sich der Schwans nur selten so „ge-
scliIoK^ea** an den KSrper an, wie dies beim Braunvieh ziemlich allgemein der
Fall ist. Me<!snngen und Ver^j^Ieichuncren an WirbelkuMclien der Schwanzwnrzel
beider Rassen, welche Verfoääer vor Jahron vornahm, führten indeß sa keinem
brauchbaren Ergebniß.
Wenn es una nicht mSglieb ist, ans den erwKbnten Messangsergebniasen
wesentliche üntersebiede im Efirperbau unserer beiden Hauptviebrassen heraus-
znlesen, so ist es noch weniger möglich, unterscheidende Merkmale bezligli(;h der
drei in Nenenburg; iuis<;estellten Schläge von GraubUndnervieh heranszuHmlen.
Der Kopf der ausgestellten Kuhe des Bündner Braunviehschlages ist etwan Ungur
und schmäler als derjenige der großen ^annviehrasfie durchschnittlich ist; da-
gegen sind die Sopfmaße beim grauen Schlag etwas günstiger. Die Brast ist
bei beiden Graubündnersohläpr n kürzer, weniger breit und weniger tief nnd die
Hinterluuid ebenfalls in allen l)iin(Mi':ion*»u weniger entwickelt al-; die^ l /im ans-
gestellten Brauiivieh durchschnittlieh der Fall i.st. In Folge <!< s>, n i>t iie Mittolliand
entsprechend länger. Vergleicht man die Maße der Biludnerschlage mit denjenigen der
großm Rassen, so findet man leicht heraus, daß erstere sich den M&fLen der letzt»
piümirten Gruppe n&hem, ohne jedoch so günstig au sein wie diese. Das Gleiclie Ifißt
fiel) vom Urner- und vom Walliser- Braun vieh an Hanii der Me^isHTig^n ^rbnisse
nachweisen. Damit soll diese Gegenden kein Vorwurf trelTen; denn weil gebirgig,
Farrer, VolluwirllwcliafU-LexikoD der Üobweis. 23
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Viehzucht
— 3S4 —
iUm .Sihiiir«
Fleck -Vieh- Kühe
^ J J J UUIfräiirt» tinHM (kttfriairU Ufoppe
° - ^ ~ Ton 6 KHihvn jj ▼od » KObm
.4 K.
Xnia. Xwhi. ftutoililMbi.
(itau Abilieilttaf but.
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lUii«..Miiiii.Jjl>ic|i>
KopflAnge in Cenlimeler .
, in ^0 der KBupflänee .
ZtriKhfnbniliiii ia "/o L Kuipf liner
, in " 0 der Kopflänge
Stim^ngi* in 7"» der Kiitiii'fiäasf
, in 7o (i<sr Kopl länge
Stfmhrefte in der f niprtHos:«
, in "/o di r Ki>pf!ange
Wugtihicktr ii "jv der KmupfliRj^e .
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Rumpf im Ganzen in cm. .
Vnrhuru! in " o der Rsnpflinge
Mitlelhand in der ,
Hinterhand , ,
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Widerrist in CeiUimeler
, in 'V' der RüBipflüiipe .
irabfin-Voranssitlrnk ii "/'< drrKunpfl.
, in 'V« 'It^r Widfrrisihöhe
Torderkniu in 7« KainpniiL'<>
a in der Hidtrrb(h<'>bc
Itdtir tMvBwirkl h Rrapfl.
, in "/o der Widerrisihohf
Lad« i«r dea kitiakii ^rfciBpfl.
M in *A der Vidfrrhthih»
Kreiubein in 7« »'er Kui"] niii.-
a in 7« der Widern MiiältF
Idnranuntt ii */» ia linpflin?«
2$pruB^'b«uhücktr in der ilinpfl«ii»
, in 7* der Wilcrniihibe
Bmsttlcfe in 7'o der Rompflänin
, in 'V« «ler HiderrislhHh(
Brritenmnße
i>iuu i. ti. l'U;^':^i.!(ui' u iu " u d. Kumpfl.
, in "/o der Hiifl breite
BfUl liiittf d. Sdiilirr in" Diirr Kiinpfl.
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, in 7»^ "iT Hort breite
Hüllen in Cenlimeler . .
, in ",.0 d. Huniy)flänge
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Yieh2ucht — 355 — Viehzucht
Braun - Vieh - Kühm
Großer Schlag
flniUiiMr Ulli»
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106,9.102,2 105.1 1
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106.9 101.5 104,4
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43.7 43,5 43.1 43,9 46,0 43,8
54,5 r»;{,l .52,S 52.0 55,7 .54,1
21,5, 22,2, 21,6. 22,H 22.4 22,5
27.1' 27,3i 26,6 26.9 27,0 27,1
- ^2.0 81,3 fU,I 81.8 S2,5
lOO.i 100,7, 99,7 99,7, 98.0! 99,6
82.7; 84,7| 84,3| 87,1!; 86.11 8«.6
103.0 1o:J,9 103,2 103,2 103,3 104,6
83.7 85,7 84,5 m,% 87.2 87,7
104,4;i05,3 103,6 104,6.104,5 105,9
83.5 84.8 S3,2 ST.*^ 85,1) S7.0
104.1 104,2 102,6 104,0 103,0 105,1
29.7 .30,7 31.1 33,2 32,6^ 31,5
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43,9 42,5, 42. Ii 42,8 42,1, 42,5
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Viebxucht
— 356 —
Vkhmebt
rind eie mehr auf die TleliftiifiEadit ale auf die Vidtontsong angewiesen. Ee
müssen dort somit vorab die eigenen Kälber aafge^.ogen werdeu ; «ler Züchter
hat folglich nicht eine so große Auswahl, wie der Bauer im HügeUand. Von
dem aufgezogenen Vieh mttß in drr Ke^el dasjenige verkauft werden, welches
am lueiHten ge»«ucht und am theuerMteu bezahlt wird, niimliuh Am beste. Ferner
IXßt die genfigende ErnKhiung, die Grasdlage der Thiennelit, in vielen FKllen
zu wünschen ttbrig, »ei es in Folge der WitteniDg, sei es in Folge yoo. alt-
hergebratlitPn mA zäh festgehaltenen Einriohtangen wie Qemeinatanng, ttber>
triebenc Al[>l;ulnng n. s. w.
Man könnte den Vorwarf erheben, daß aus den Meßtabelien weder aU&
morphologiscben noeh weniger die physiologiscben fligeneebaften der Thiere Waae-
geleeen wwden kSnnen nad daß das n^nnliobe Zucbtniaterial nioht berttckeiohtigt
worden »ei, obwohl da« männliche Thier mehr das Individuelle, das weibliche
mehr das Universelle vorstelle, bcHonder*^ lla«aeneigenthümliclik('il(Mi somit durch
daü männliche Thier stärker zur Geltung gebracht werden, al» durch dai^ weib-
liche. Alle diese Vorwürfe halten wir für gerechtfertigt; aber ein vergleichendes^
Stadinm der geaammten Ueesangeergebniflse, welebee hier zu weit fähren würde,
leigt doch, daß auch bei Berücksichtigung der Zuchtstiere wirkliche Etisx n-
unterschit'ib; nur zwischen den schon <\\\yc\\ liii- Farbe iretrcnnten schweiz. Vieh-
schlägen erkennbar sind, diiß es aber äußerst schwierig ist, innert der Farbe
noch besondere Unterschiede zu entdecken, welche eine Abtheilung in Bassea
rechtfertigen dürften.
In welchem Maße und in welchem Yerhältniß die eigentliche Viehaufzucht
in den Kantonen betrieben wird, darüber gibt die Zahl der zur Aufzucht be-
stimmten Kälber und des Jungviehes von ^ «1*^ ^ Yerhältniß sor Zahl
der Kühe Aufschluß.
KMlhi^ big
V.' Jalir
Jungvieh
*i% bit 1 Jahr
alt
Auf DM) Kflhe
^-1^ konamcu Kftlber
bin «uf 1 ,laht
zur Auf/iioht
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1,105
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Appenzell I.-Rfa. .
St. (};i(l«-n . . .
. . (ysA
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5,8:50
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51.297
31
Gi;iubümJen . .
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2.3,602
30,383
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17.972
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252,917
663,102
38
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Viefazncfat
— 357 —
Viehzadit
"Nehmen wir an, daß 4 Kiiht« tlurchschnittlich jährlich 3 lebensfähige Kälber
zur Welt bringen, «u trifft es auf 663,102 Kühe rund 497,000 Kälber; wovon
zirka die Hälfte oder 24b,500 Stück mftnuUcben uod ebensoTiel iraibUeheB
GeaohleditB.
Laut ViehsSUnng werden jlthrlieh eraogen 13,820 Zncbtstiere
oder rund 14,000
Oohsen 41,192 : 2 oder rund 21,000
zusammen männliche Kälbuv 35,000
Vun deii Aufzucht bestimmten 252,917 Stück Jungvieh unter 1 Jahr
«It sind folgliok sirka 317,917 weiblichen und sirka 36,000 m&nnliohen Ge-
eehlechta, und t» verfallen somit jshrlioh ilrka 30,500 weibliobe nnd 213,000
männliche Kälber <ler Schlachtbank.
Auf 100 Küht- tiitrt es sotnit jiihrlich zirka 75 Kälber, von denen ungefähr
ö männliche und 33 weibliche aufgezogen, und 32 männliche und 4 biü 5 weib-
liebe geecblaebtet werden.
Wir fuhren diese Beebnung aas^ einerseits nm in zeigen, daß die Sohweix
gi nug Jungvieh besitzt, um ihreu Viehstand zu ergänzed und daß das vom
Buiidt' eingesjchlai^ene System, die Veredlung der Rindviehzuclit ausschließlich
durch dan männliche Thier anzu.streben, das aliein richtige iet, weil die meisten
weiblichen Thiere so wie so zur Zucht aufgezogen werdi», eine Auswahl eamit
nnr bei dem männlieben Greaebleebt mSgliob iat, anderaeite nm an beweisen,
daß jeder Kanton, welcher mehr als 42 Kälber auf 100 Kttbe nachzieht, ge-
zwangen ist, den diese Znbl üheisteij^ieiKlcii Bedarf aus andern Kantonen za
krtuffii. In fUesem Fallrj betiii k-n sich laut vürt*teb<*ndpr Tabelle Uri, S<!hwy7.,
I Froiburg, Obwalden, WuIÜh und ganz besonders Graubiiiiduu. Schon aus diesem
Grande kann nicht von versohiedeDen Bassen oder eigentlicbee Schlägen innert
der gleieben Farbe gesprochen werden, weil die stetige Bewegung des Andels mit
Kälbern aus dem HUgellande in die Berge und mit trächtigen Rindern und jungen
Kiihen ans den Bergen in das Hügelland stet»? bestrebt war und fortwährend
darnach strebt, allfälligo Kassenuuterschiedo innert der gleichen Ras^entarbe zu
Terwiecben. Unterschiede im Körperbau nnd namentlieh im Körpergewicht swiachen
Thieren versehiedener Gegenden wird es zwar immer geben ; dieselben sind bedingt
4arol] die verschiedenen Ernährun/fSverhiiKntsse.
Man könnte vermutheii, daß anrh verschiedene Zi htr/'hiiimfrn derartige
Uitteiöchiede herbeigeführt haben. Die Thiere müssen nämlieh verschieden gebaut
sein, je nachdem man von denselben vorwiegend Mäch oder hauptsächlich
Fteiaek und Arbeit verlangt. Eine derartige Zachtriehtang naoh einseitiger
Leistutig ist aber in der Sohweia nirgends scharf zn erkennen. Als allffemcin
geltendes Zuchtziel darf mnn darrcgm die Erreichung (jroßer schwerer Körper
bezeichnen. Der Züchter Irugi liei (l' iii jaiv^'^n Thiere in erster Linie nach der
Wü' hsü/keä. Schwere Nutzthiere erzuden, auf das Lebendgewicht bezogen, unter
gleichen Omständ«! bedeutend höhere Preise als mittlere nnd kleinere.
Auch unsere Mes8ungiiergebiii.s.He be»<tätigen das Bestehen dieser Zu<-htri< htnng.
Das in Neuenburg 1887 ausgestellte Rindvieh war sorgfältig ausgewählte Wa u e,
somit so ziemlich das beste von dem. wn^ irii Landi* vorhanden war. Die Preis-
gerichte für die beiden Uauptrassen wurden vom schweiz. Landwirthschafta-
Departement fast ansaeblieOlidi ans d«a Vorständen oder den hervorragendem
Mitgliedern der kantonalen Viehsehaakommissionen gewählt. Wie die beiliegende
Tabelle zeigt, weisen bei beiden Rassen die erstpräniirten Gruppen bedeutend
h&here abeolnte Maßziffem auf als die nachfolgenden Klassen.
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Vietuuchl
356 —
Viehzucht
Fast noch üchäri'er tritt dit: Bevurzagiing der grüßern und scbwerereo
ESrper hti Am MgoiMainteii Gebii^vieb awf, obwohl genide der ünitend, da&
das Gebirgsvieh betUglicK der Größe nicht mit den Schlägen des UttgeUande»
kookurriren kann, znmeist die A\ufstellung difscr Kategorie in Neuenburg ver-
anlaßt hat und obw(jhl da» betreßleiide Frei^^eiioht aus YertraueiuimäQiierD der
betheiiigten Kantone bestand.
IMe Tenohiedmea Landesgegendw haben ee in Verfolgung diewr Zneht-
xiehtitng ▼eredueden weit gebfaeht, die Fleckvidisilohter dnrchechnittlich weiter
ala die Braunvlchzttdlter. IXe Simmentbal-Saaner und die Greyerzer namentlich
dürfen sicli rühmen, in Enropn das schwerste Tith zn zUchten. 3Iittlero Ge-
wichte weiben der Frutig-Adeibodeu- und der Juraschlag auf. Ihr kieiuste Fleck-
viehschlag ist der LOtechenschlag des Eantone Wallis.
Das sehwerete Brannvieh findet «ich in den Kantonen Schwys, Zng, Lnzera
nnd dem südöstlichen Theil von Zürich.
Mittelschwero Körp<<r züchten: Ob« nnd ^idwaldea, Glarne, Appenselly
St. Gallen und Granhüiideii.
Da» kleinnte Brauuvieh besitzen : Beru (im Iluslethalj, Uri, Graubiiudeu^
Teuin und Wallis.
Die Unterschiede in Bezug anf das erwähnte Zuchtziel zeigen sich nicht
nur örtlich, sondern auch zeitlich. Alte StÄlle sind zu klein für die heutigen
ViehwhlSp^f. \'orfa8ser besitzt z. H. noeh einen solchen Stall aus dem Ende des
sechszehnten oder Anfang des siebeuzehnten Jahrhunderte, welcher seit wenigstens
hvndeit Jahfoi nnbeniltit steht nnd aooh nidit mehr ▼erweodet weiiden kannte,
weil das heutige Vieh nicht darin Fiats fBnde. Aneh der ümatand, daß dio
meisten Alpen nicht mehr so starkem Besatz gcnUgende Weide bieten, wie vor
Altem, i-t <i'hr <>ft, wenn nicht durchweg, darauf zurUck/.uftihren, daß das Vieh
heute schwerer gezüchtet wird und deßhalb mehr Futter bedarf. Die Erfolge
in dieser allgemein erstrebten nnd wirthschaftlich berechtigten Znohtrichtung sind
ja hanptsSohlich bedingt durch eine reiche oder doch mindestene genttgende Er-
nKhmng. Die Zuchtwahl hat dabei gewiß eine hohe Bedeutung, aber ein Kalb
ans der sdiwernten Vieliheerde kann seinen Körper mimöju'lich his zn dem von
der Natur ihm genpannten Kahnu n uuisbilden, wenn es auf alifreschabter Allmend,
auf zu «turk besetzten Alpweiden und bei einem zu kleinen lieustock sich durch-
hnngern nnd schon mit kanm iVi Jahren eine LeibesCradit mitemKhren muß.
Ifan hört nnd liest oft die Meinung, die kleinen BindersdiUge seien noth-
wendii', wm die höchsten, unwirthlichen Alpen auszunützen, wo schwerere Thiere
nicht mehr weiden und nicht mehr genügend Futter finden können. Herr IHrektor
Bieler, Berichterstatter über die Abtbeilung Gebirgsvieh der Neuenburger Aus-
BteHang, möchte die kleinen Binderschiäge in Znaammeohang bringen mit der
geringem Menge atmosphärischer NiederBeUftge der betreffenden €regenden.
Es mag im Wallis und Tessin Alpweiden geben, welche genllgsame Weide-
thiere zur Voraus-setzong haben; in den andern uns besser bekannten (Ifgcnden
abtT sinfl rite Verhältnisse fast überall derart, daß wfnig'steus mittelschweres
Tieh ganz gut gezüchtet werden könnte und was die atmosphärischen Niedcr-
eehlBge betrifft, so ist es geradeso eigenthümlieh, daß die kleinsten ViehscblSg»
um das Gotthardmasaiv herum zu finden sind, welches uiclit mit Unrecht die
Brnnnstube Europa'« genannt wird. Nicht minder eit^t iithiimlich ist es, daß im
Simmenthai das schwerste Vieh Furopa's gezogen wird, im henaohbarten Hasle-
thal dagegen fast das leichteste, während die klimatischen und hydrographischen
VerhSitnüue beider ThSler nicht so dnrohaus verschieden sind. Gi90er sind di»
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rwhzwlit — 359 Viehsttcht
geologificlieii oiler vielmehr p^ogooBtiscbeo Uiitcrscliicde und es Ut klar, daß die
Yerwitt('run^'>piuduktc <les Uranitea und des (iueißcs nicht einen «u Iruchtbarcn
£^den biUeu wie iliejcuigen des Flyscb im Siiniutiuthal Je fruchtbar^' <ler
(Sodon, desto üppiger nod gehaltreushor die Y«fetetio& nnd desto beaeer die £r-
qUirung der Thiere. Die geognoHtiHche Grundlage einer Gegend iat deßhalb gewiß
von großer Bedeutung für Jic Thierzucht; aber nicht niiinUr einflulireich sind
die wirthüchaftspolitischen Eimii htungcn und Sitten. Der uatürlii li ri.-ich'ite Boden
wird eben our küinmorliches Vieh hervorbringen, weim er al» Allracmi schrankeuloa
^Llleu xnr Verfügung hteht, weldie ihn anenutieD wollen, wSbrend dnrdi eox^
lame Wirtluehaft aneli unter ungünstigen YerhillniBaen eich gute firgebotMB er-
vielen Usaen.
Ein zweites allL'eraein verfolgtes Znchtzicl '\>t möplichst große M'h:h( njihkf-
heil. Hierin Ktehi liat» braunvieh dem Fleckvieh entschieden voran, sowohl vvaa
^ Heage Milch pro Jahr und Stück betrifft. aJa in Beeng auf den Ertrag pro
Zentner Lebendgewioht nnd pro Jahr. Von nittelflehweren Ktthen der Braiu^-
viehraase mit einem Lebendgewicht von 480 bis 5*25 kg. erzielt man liei ans?
RchlicBlifhcr Füttertinj^ von GruH, lleii und Emd durohschnittlich jährlich mimltstens
äÜUU k<r. Milch l'iesir Durchschnittsertrag ist wahrschciulirli lu-i (.U-iu ^twaa
leichtern Unterwaldnervieli, welchea wir für da« bebte Milchvieh halten, uedei4eiMl
l^her. Durch Zngabe von Kraftfutter anr Winterflltteruug kann d^r Jahreaertrag
erfahrungsgemiß auf 8300 bis 3600 kg. im I)ur< ftschnUl gebracht werden. Dieae
Milchmeugen werden von dem schwereren Fleckvieh mir in ausgewählten Vieh-
beetänden erzielt, während wir beim Braunvieh von DurchsclmittHleistun^en nprechen.
Es ist indeü» anzuerkennen, dali beim Fleckvieh die Zucht aul größere Milchleiatuog
stetige Fortsohritte macht, was anch bei den bessern Tiehettmq^ ^qa ^immei^
thikles von Ausstellang su Ansstellung mehr hervortritt
Waa die Qualität dtr Wirk anbetritTt. sr» besteht ein Unterschied zwischen
beiden Kassen vi Ut. Den BeweL-* für die^f Bt^hauptung liefert un» die Anglo-
8wü>M-(/ondenäed Milk Co., welche eine Milciisiedcrei in Cham und eine solche
io DUdingeu, Kt. Freihurg, beaitzt. Nach Cham wird nur JSJiilch von brauQej{,i
Kttheot naoh Dttdingen nur solche von Fleckvieh geliefert. Die Generaldirekticsp
schreibt uns am 12. Desember 18Hi): „Unsere tUglichc Untersuchung hat idp
Durchachniit in eh irrer Jahn' für die Milch in Cham einen Fettgehalt von
3,58 "/o und für tlu jidige in Diädingen einen solchen von 3,54 '^/o ergeben.
Daraus iat aber nii ht zm schließen, daß die erwähnte, aUerdiugs »ehr uabedeutende
Differenz ni Ungunsten der Fledcvieh-Hilch stets vorhanden sei. In den einaelnen
Jahren wechselt das Resultat, so daß bald die eine, bald die andere Milch etwaa,
wenn auch ganz unbedeutend, fetthaltiger ist."*
Mit diesen beiden Zuchtzielen ist die Erzeugung von Ffrisi-h und Arbeit durch
daa Rindvieh nicht ausgeachlosaen. Die srhwiren Kürper begünstigen im Gegen*
theil diese Produktion ; denn bei llbrigeus gleicher Körperkonatitution liefert d^s
schwerere Thier noehr Arbeit nnd schließlich mehr Fleisch als das leichtere.
Eine Kuh, welche viei Milch gibt, maß nothwendigerweisc anoh die Eigenschaft
besitzen, avißtrhall» di-r Laktatinnf^ppriodi" viel F<tt anzub-giii.
Da ila.s Fleckvieh dem Braunvieh in Bezug auf Körperschwcro im Allge-
meinen Überlegen ist, su iüt ersteres durchschnittlich geeigneteres Arbeitsvieh
und es liefert eine größere Menge Fleisch. Es werden auch bedeutend mehr
Fleckochseo als Braune aufgesogen, was Übrigens damit zusammenhängt, daß
beim Brannvieh die Aufzucht von Kühen rentabler ist und daß im Braun-
viehgebiet weniger Ackerbau betrieben wird, somit weniger Zugkraft nöthig ist.
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^ehzadit
— 860 —
Viehzttdit
Daß auch da» Braunvieh gutes Arbeitevieh liefert, beweisen die grauen Ochsen,
welche früher mehr ali^ liHnte von den Italienern aufgekauft wurden, tind difZng-
leistangea der Zucht^ture und KUhe, die man täglich beobachten kann. Dan
SimmonthalttTTieh li*t seine HwtfShigkeit and seine Arbeitsleiütungen auf den
Berliner MaMebansstellnngen und bei den Zagproben der deutaehen Landwirlli*
schaftsgeaellaobaft n. a. m gegenüber einer internationalen Konkurrenz aiegveieh
2ur Durstelliinj:!: f!:pbracht. Was die FMschqualitäf liütiilTt. so bestellt nach dem
Urtheil der ertahrensten Metzp(*r l.tiii l'nterschied zwiHchen Thieren gleicher
Kondition beider Kassen. J^an darf eben nicht Fleisch von ThiereU) verHcbiedenen
Geecblecbta oder yerMbiedenen Alters miteinander vergleiehen.
Speziell nur Arheitsihiere in einaeitiger liichtang werden in der Schweis
nicht gezüchtet. Im Hügellande des Braunviehgebietes werden zwar (früher mehr
al« jet'Ät) Zwitter (Zwike) aufgezogen, nämlich die anseheinend weiblichen Thiere
bei Zwillingsgeburten beiderlei Geschlechtes, Diese , Zwike- t,ind unfruchtbar,
werden bedeutend sehwerer nnd grOßer als die Ktthe nnd ha1)en eine schneller«
Gangart, ttberhanpt lebhafteres Temperament als die Ochsea ; sie eignen sich deß»
halb als Arbeitsthiere vorzttglich, werden aber von den Metzgern nicht {>ehr gesacht.
Kbf nsowenig wie cioseitig anf Arbeit, wird einseitig aaf Fleisch beaw.
Frühreife hin gezüchtet.
Iii der Westschweiz, namentlich in einigen Gegenden des Waadtlandes, hat
man awar englische Znchttbiere, Torsttglich der Dnrhamraase, eingeführt, tun
dnroh Kreuzung aus dem Landvieh frühreifere Thiere zu endelen. Die ersten
Kreuzungen befriedigten so ziemlich, die fnlL:enden Generationen aber »»ebnn nicht
mehr. Diese Erfahrung kann nicht befremden, >>eit man weiß, daß Fnilireife.
keine Rasseneigeuschaft ist, sondern das Ergebniß einer mit entsprechenden Thiereu
von Jngend anf darohg^tthrteu , unnnterbrochenen intenaiTen EmShrong bei
mäßiger Bewegung. Dadoreh wird ein ununterbroehcnes Wachsthum, eine raschere
Ausbildung des Knochengerüstes oder vielmehr eine flohnellere Verwachsung de«
Mittelstuckes der niitMlerknochen mit deren Endstücken (Apophys(m) erzielt,
welche drei Stücke im jugendlichen Alter durch in siedendem Wa.s.ser lösliche
Enorpelmasse verbanden sind. IHe Gliederknooben kennen nur so lange wachsen,
als noch diese Knorpelmasse vorhanden ist. Bei frtthreifen Thieren sind deßhalb
die Knochen, namentlich die der Glieder nnd des Schädels, kleiner und die Wirbelsäule
kürzer al^ bei spätreifen* das Gebiß entwickelt sieb bei erstem eli'nf.ills selnieller.
Die Anlagen zur Frühreife können allerdings ererbt nein. Die sclion bei
der Geburt kurzglicdrigen „gestokten" Kälber werden von den Mästern den
wttchsigen, schlanken Thieren für die Milchmaat vorgewogen. Die Frühreife selbst
ist aber stets das Ergebniß einer ununterbrochenen eiweißreichen Ernührnng.
Unser Fleckvieh würde sieh vorzüglich auf Frühreife züchten und aus-
nützen lassen und es i.st al^^olut unnöthig'. zu diesem Zwecke nach fremden Vieh-
schlägen zu greifen. Auch aus Braunvieh und zwar von den miluhreichsten,
feinsten Kttben hat Verfosser in den sechziger Jahren, ohne es sn woUetti früh-
reife Rinder eraogen, welche in ffane merkwürdifter Weise dem Körperbau
nu'-h (U-m Durhamvieh nlim-Uoi. Damals lag die einschlSgige, lAndwirthsehaftlichs
Wissensehaft noch in den Win lein und die Lehrbiiebcr *Mnpfablen noch allgemein
möglichst reichliebe Ernährung der jungen Thiere. Durch Befolgung dieser lichre
erhielt er, wi« go.iagt, frühreife Fleischtbiere, welche zur Arbeit nichts und als
Milohthiere, trotz Abstammung, nicht viel leisteten. Die Aafsuohtskosten waren ent-
sprechend größer nnd der ErlBe die Hülfte geringer, als wenn diese BasRenkälber in
laudesübiioher Weise zu guten schweren Müchthieren anfgezogen worden wären.
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— »Bl —
Das zuverläHöigste Kennzeichen einer guten Milchkuh findet man, caeteris
paribus, an der WirbeUäule. Je iSrger und feiner die Wirheiknochen und die
zwischen denselben, uamentlich an der Schwanzwurzel fühlbaren Vertiefnogen
«ind, desto länger ist der Bnutkasten, desto breiter sind die BippenswiMlMn*
rSnme and desto noharer kann mui das Iwtreffende Thier ak ein gatos Milch-
thicr ftnBprocheii. Ein solcher Bau wird aber bei fbrtwRhrend sehr intensiver
Ernährunf?, wir wir oben geselu n luiben, creradezn verunmöplioht. es sei denn,
es werde damit sehr viel Körperbewegung verbunden, wie dies beim Weidgang
auf ileu Alpen der i'all ist. Beim Weidgang ist über eine strtü/e reiche Er-
nShmng schon der Witterungs- und VegetationsTcrbSltnisse wegen ausgeschlossen.
An vielen Betspielen aas der Erfkhmng könnte nachgewiesen werden, daß
es möglich ist, //ro/v», srhioere, milchrekhe tind arbciijtfähif/c Thierkörper zu
/.lichten, d. h. hohe Milch-, Fleisch- und Arbeiti'prodtrktion in einem Thiere zu
vereinigen und wir betrachten diese Vereinigung ul» das richtigste Zuchtziel, sei
•w für den eigenen Bedarf, sei es fttr dm Export , denn derartig gezogenes Vieh
muß dne gnte, gesunde Eonstitotion haben nnd es eignet sich in alle VcrhKlt-
niese. Frithr^fe dagegen IKßt sich mit diesem Zuchtnel nicht verbinden; sie
kann nber erreicht werden, wenn die Verhältnisse diese einseitige Leistung sweck>
mäßig er»cbeiucn lassen.
Thiere , welche bei guter Fiitterverwerthung möglichst hohe Leistungen
nach diesen drei Richtungen versprechen and welche auch anf Frtthreife erzogen
Verden können, seigen fol^rndi n Kru [) rl^ciu: Kopf leicht, namentlich kurz, Hörner
leicht. Enistkasten nnd Iliiiterliaiid iiaeii allen drei Dimensiorieri möglichst stark
entwick'dt, Lenden iireit und nicht zu lanr, Sehenkd lan^j: iiiid tleisehif^, Hprnng-
gt^loiik breit und flach, ächienbein und Klauen kurz und krutiig, Haut uicbt zu
dttnn aber weich, Haar fein nnd glänzend. Die Heßergebnime in Verbindung
mit den Pnnktirtabellen zeigen, daß die Preisgerichte mit dieser Anschauung
einverstanden sind, und die Maße der angeblich besten und der tjchlechtcstcn
Milchkühe beweisen, daß ein breiter Brnstkn^ten kein Rinderniii fiir die Miich-
ergibigkeit ist, wie das noch hin und wieder Ltdiauptet wird.
Thiere, welche die obenheceichneten Eigenschaften und Anlage snr Miloh-
«rgibigkeit besitzen, nennt man mit Becht »chün ; denn sch5n und gut. besiehungs«
weise zweckmäßig sind bei dem richtigen Thierzttchter gleichwerthige Be-
griffe. Es ist Tinn merkwürdig, daß Ix nie Massen auch in Bezug auf die
Schönheit der Thiere ho stieuilieh in gleichem Hange stehen; denn di*» eidg. V'or-
sehaukommissionen für die Neucnburger Ausstellung fanden unabhängig von ein-
ander bei beiden Bassen fast genau gleich viel aussiellungawttrdige Thiere, nfimiich
Je 247 — 250, während für jede Basse 300 Stttck Tom Ansstellnngskomite vor*
gesehen waren.
Man könnte z.v.ir einwenden, es wiiren noch iiunderte vuu aui*«tellnng8-
wUrdigeu Stücken im l^ande vorhanden gewesen, welche aus diesem oder jenem
Orunde dm Torschnukommiseionen nicht vorgestellt worden seien. Dies kann
nicht bestritten werden und wird wohl fiir beide Ra^i-xen ziitrefTeo, namentlich
aber fiir das Brannvich, dessen Gebiet weiter vom Ausstellung>urte entfernt lag
nnd fiir welches das Aosstellen entsprechend größere Opfer erforderte als beim
i'ieckvieh.
Sehen wir uns noch schnell die Fehler an, welche die beiden Vorachaa-
fcommiesionen bei unserer Viehzucht haupt^hlich vorfanden. Der Bwieht aber
die Vorschau beim Fleckvieh findet in der Nordost- nnd Zeutralsehweiz mehr
Formen-, in der Westsohweiz dagegen mehr Kasscofehler. Unter den Formen-
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'662 —
Viehzucht
fehlem sind es anersoycHn, uümeutlich der Senkrücken oder Nierenttchlag,
eine Folge der FUtterung avu hoben uod schrägen Raufen, dann geriuge Muakcl-
nod SehneiiMitwicklttiig in Folge tod Sohkmpeltttterang. Ab angeborene FehUar
Migen aioh bäuilg hoher SohwMiMiuats, so wenig brätee und fladiee Sprung-
gelenk, zu 8cliw< i e Köpfe.
Bei der Bniunviehzucht spielt, die Farbe bekanntlich eine groüc uder viel-
mehr eine zu große Kolle. 13 "/o der für die Ausstellung aiigemuldi^ten Thiere
worden wegen m&Qgelhafter Farbe at^ewieeen. Unter den Körperfehlem bilden
sobleoht genchlossene, steile Schaltern, flache Rippen, eingeschnürter Gurt und
t-chwacher Rücken in vielen Fftilen den Grund auf Abweisung. Ueberbildung-
in der einseitigen Zuehtricbtting auf Milchfrgibi«ikcit i^t die Ursache die^rr Fehler.
Das Zentrum der beeilen Flerkvichsuchl ist das äimmen- und SaanentUal
im Bemer Oberland. Das beste Braunvieh wird im Kanton Schwyz nnd in eeiaBr
Umgebnng aofgeaogmi. In beiden Gegenden leigen gleiehe Ursachen, gleidie
Wirkungen. Die Wahl der zur Aufimcht bestimmten Kälber ist eine sorgfältige;
neben der eigenen Zucht finden sowohl im Siromentbal. wie im Kanton Sch'.TA'Z.
die Züchter eint; reiche und gute Auswahl au Kälbern in den lieuachbarteu üe-
bietcn. im Frühjahr werden die fetten Tliulwieüeu abgeweidet^ dann steigen die
Thiere in die Yoralpen, nachher in die Alpen, ^on da wieder snrttck in die
Yoralpen, um schließlich auf den Tbalwiehen, wo inzwischen das feioe, krafdge
Aetzheu und da:« Kmd geemtet wurde, noch das Uerbstgras abzuweiden.
Die jungen Thiere erhalten somit während des glänzen Jahre« ein überaus
leicht vcrdauliohosi weil atets junges und damit ein sehr nähiHtoiVreiches Futter, ver-
bunden mit viel langen* ood kitrperkräftigender Bewegung im Frden. Ein
konzentrirtes« leicht Terdanliobee Futter mit nel Körperbewegung ist aber absolut
nSthig, nm Thiere mit dei j« iiiL'cn Körperbildong zu erhalten, welche wir oben
kurz geschildert haben und welche kotubinirte ^-oße Leistnnfjsfihigkeit verspricht.
Bei voluminösem, schwer verdaulichem Futter weitet sich die. Mittelhand auf
Unkosten des Brustkastens und der Kachband zu stark aus, der Körper wird
nngenttgend emSbrt, erreicht somit nidit die mögliche Aosbildung. Auf diese
Weise kann man wohl Milchvieh aufziehen; die Ktfrperkraft, das Kdrpeigewicht
Ond die Widerstandsfähigkeit leiden al>er darunter.
Auf Seite 2 ist angefllhrt worden, daß Protej^sor Krämer den Kxpdrt an
Vieh uud Fleisch aus dem Kind Viehbestände der Schweiz aut Fi*. 24,Ii^ii,84d
oder auf ca. 8,s 7o jährlichen Geeammtuutmu dieses Bestandes berechnet.
Ueber den Export an Jüttdiri^ gibt die amtliche Waarenverkduastatistik folgen-
den Au&ohluß:
o.
£zporl von Scblachtvieh im Gewicht von 150 kg uud darüber
nach
1885 1886 1887
1888
1889
Deutschland
Slnctc
lö.rrvt 14.1)36 10.4:53
11,295
1 1 .2?'^
I2,«)r.I
Werth Fr.
6,477,0-10 6,810,000 ü,76^,H4t 4,i3äfi4:i 4,326,023 4,707,48»
Oesterreich
Stocke
m 168 53
33
5
84
Werth
n
4n,220 47,000 iijm
^,üü8 2,297 1,310
14,420
1,430
23,200
Frankreich
Slficke
402
323
1,38»5
Werth
ff
1,001,988 826,000 488,35S
134,608
117^5
5l3JU',r,
Italien
Stücke
Hl :i,m i/>H7
20.")
1.759
Werth
m
148,626 1,021,000 1^48,8'JO
247,000
67,485
516,720
Belsen
Stocke
70 ^ -
Werth
»
6^60
Holland
Stücke
Werth
n
l^OO
240
Total Stacke
I8,»;!2'J -J(».Si«J 15.883
12.3S(»
11.7(i8
15.894
^ Werth Fr. 6ß96j868 7^704^00 6^38,018 4fi86^170 4fil4^23 6,790,075
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Viehzaclii
— 363 —
Viehzucht
Diese Ausfuhr bettteht zum weitaus größten Theile aus Kühen. Im Jahre
1880, wo die Position „Schlachtvieh vou löO kg und darüber" getrenot wurde in :
1) OohsM nd Stiere geiekuifUt nnd 2) Kilhe and Binder geechanfelt» bertuid
d» Ausfuhr der 1. Kategen« «ae mir 1198 Stfiek, der 2. Kategorie dagtgen^
Mt 10,448 Stttek.
0. Export von Nutzvieh im Gewicht von 150 kg und durüber
Bmttu
1885
1886
1887
1888
1889
■WHISBUnUlU
•J.ÜK)
G.625
7,597
9,113
8,154-
Werth Fr
ww www A r *
Sj666jS00 SjOSLOOO 2,478,666 2,631,472 3,654,769
2,876,r>oi
Oesterreich
Stücke
783
893
1.58.3
433
244
787
W.rfh ,
29.^^.018
319,000
52r>,():i>;
Ü8,6t7
275,844
Frauiu-eich
Stücke
8.129
7,407
5.396
5,290
5,355
6.311
Werik ,
3,270,918 2,840,(m 2,ttt,9M 9,091,958 2,135,734 2,489,908
n»IieD
Stru-ke
22,486
7.*;33
10.172
7,335
11,342^
Werth ,
öt46öJli8 1,70$,000 lfi50M54 aj6jt,614 lJB96Mt 2/f94^6
Belgien
Stfieke
t8
4
Wtrth ,
iBfiOO
.1,6 iV>
Spanien
Stücke
97
105
128
171
lOO
Werih ,
90fi00
6B,0OO
89,999
RnOand
Stücke
2
:)
Werth ,
10,000
2,000
2,40Q
Yer. Staaten
Stücke
4
Wrrth ^
lopno
ifioo
Centr. Auierika Stücke
3
18
66
17
Werth ,
8fiOO
»4J00
BrasiUen
Sfückfc
2
9
2
Werth ,
1,000
7,600
1,72Q
iilinlkm.lMi
r Stücke
m
13
Z
Werth ,
8,400
1,680
Total Stücke
39,557
2r.,971
21,290
23,512
22,300
20,727
, Werth Fr. 11,774,054 7,988,000 6,847,431 7,637,893 7,792,661 a,i08ßl8
Naeh Italien nnd Spanien geht anudiließlich, nach Frankreich Torwiegend
Biaunvieh. Kach Deatsohland nnd Oestenreich wird vorwiegend Zachtvieh der
Fkckvi.hr.isse, aber auch — namentlich nach Deutschland - braune.vi Milch-
vieh exportirt. Die Ausfuhr an Braunvieh überwiegt auch deßhalb diejt^nige
an Fleckvieh, weil von ersterem nicht nur Zuchtthiere, sondern vieltach ältere
am Kalben eteheode nnd fiiadiabgekalbte Hilehkflhe tSx die Milchversorguog der
StSdte gesnoht werden. Die Anefohr nach Spanien besteht £ut aoHohließlicK
ans Ilteren Kfihen.
c. Export von Rindvieh im
Gewicht von 00 —
150 kg (Jungrieh)
nach
1885
1880 1887
1888
1889
Deutschland
Stücke
7.1fi7
7,i3*> (i.aaa
5.858
6,306
0,571
Wtrth Fr,
66J,:ns
727,000 648,706
635,676
795,788
693,7fia
Oesterreich. .
Stnrke
314 199
285
292
271
Werth
n
31,109
35,000 24,613
. 52 027
49,809
o8,048
Frankreieh . .
Stacke
4,135
4,031 1.072
1,971
«.790
2,920
Werth
•
610,415
r,:!Rf>00 193,275
23/,iir,
378,536
37f),268
Italiea . . .
Stücke
4,720
liM'tl 933
1,'J76
3.0O5
2,7iO
361,931
Werth
■
691,893
976,000 tS0^9
947,904
509,988
Holland . . .
Stücke
12
33
9
Werth
»
4,000
6J600
1,960
Spanien . . .
Stücke
WerÜi
•
100
90
Andere Lftnder
Stacke
18
4
TFerA
•
19JB00
9,690
Total
Rfückti
13,832 9,137
10,125
13.071
12.495
Werth Fr. 1,799,545 1,576,000 996,963 1,172,521
1,7416,721 1,458^50
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inebzncht
— 864 —
Viehsncht
d. Export von Kälbern bis 60 kg Gewicht
nach 1885 1886 1887 1888 1889 DircliKbft
D«iitseMand .... Stfieke 6.740 7,900 7,64& 9,994 9,576 8,373
W^rih Fr. 170,973 807,000 163,673 206,772 197rs-j f^>'.' 'J2n
Oesterreich Stücke 1,174 950 547 382 i.y 703
• Werfh , ait894 26,000 16,688 10,147 186,668 43,977
FVanknich Stücke 5,231 5,969 i.Sfir, 5 0nR l.ili 4,378
Werth , 174^65 191,000 153,454 62,sy8 140,440 1 44,410
ItaUen Stücke 608 337 188 75 43 930
Wrrifi , la^l 7,000 3,492 1,708 1,103 nj.*i7
Spanien Slii*ke 15 16 28 — 11 14
Werth , 710 1,000 720 — 230 532
Total Stürk.' 13.077 15,172 12.773 12.5()7 14,3G(i 13. ('.98
Werth Fr. 889,968 482,000 887,027 281,620 476,128 383^7
Rekapitulatioil der durchsdinitllidien Jiilire>,iu^:fuhr pro 1885—89, Werth
Sctolactotrieb NnUvieh Juugrioh K Alber Total o;„
Ob« tas k« ttbwifiokv ao-isok« u« so k« wmu
D(ulMlil;iti<l . . Pr. 4,707.489 2,876,501 fi'.>:!,70.'? 189,220 8.406.913 52.7
Oesterreich. . . , 23,200 275,Si4 ob.tii.S 43.977 381,009 2,4
Frankreich .... 513,066 2,4S9,9(>8 370.2<i8 144,410 3,518,252 21.»
Italien 540,720 2,694.585 351,231 5.1S7 3,597.723 22,4
Uebrige Länder . „ .5.600 71.180 4,.')00 532 81,812 O.e
Total Kr. 5,796,675 8,408,018 1,458,350 383,327 16,046.370 100,o
*/• 86,1 59.« 9,1 S,« 100,«
Staatliclie ferdevuiig der Bindviehsnekt. Das Rindvieh, wie
die meisten Haustbiere, lebt in Felygamie; der Einfloß des Zncbtatieres anf die
Zucht ist deßhalb am so "'Hei mal größer als derwelbe mehr Kachkomraen erzeugt,
als il:i.s weibliche Thier. Die Aufzuchtskosten des Zuchtstieres sind höher als
die de» weiblichen Thieres; «eine Haltung ist gelahrlich. Neben der Zucht-
leistuQg, welche nur gering, nämlich mit ein bis itöciislcns drei Franken per
Sprang besaUt wird, bietet der Stier aar Nutxen als Arbeitstbier; sein Fleisch
ist nicht beliebt; dasselbe wird meistens an WOrsten verwendet. Trotz der
giußi ii Zahl männlicher Kälber, aus denrn mnn aiiswählni küiiii, trelin^'t es vcr-
haltnii.iniiiljig selten, annähernd tadello>i' Zuolit.stier»' inifzuzicben; tiir.-elhen «ind
deßhalb im zuchtfähigen Alter sehr gesucht und sie werden zu hohen Pieiäen
in's Ansland abgeführt.
Diese YerhiUtniBse und der sehr aertbeilte Grundbesitz unseres Land« s, welcher
es nur ganz wenigen Landwirthen ermöglicht, die Zeugungski äff tiiug Thieres
fiir ihr pipfrifs Yieh voll auszunützen, la^jien die Zuchtstierhaltuiit; überall als
eine mehr oder weniger große Last erachinnen. Schon im Mittelalter »orgtea
deßbalb die Landesherren and kirchlichen Stiftungen fUr die FSrderung der Thier-
sacht} indem sie selbst die männlichen Tbiere (den «Wuocher") nt Gunsten ihrar
Untertbanen und Lehensleute hielten oder, indem sie Lehonhöfe (die sogenannten
Kehlhöfe) mit dem Hervit t;te belasteten, fllr die Umgebung Uengste, Zuohtstiere,
Eber und Böcke zu halten.
Wenn der moderne Staat die Haltung der männlichen Zuchtthiere duroh
Gesetie, Verordnungen nnd Geldprämien begünstigt, so folgt er somit nar in
anderer Form dem Beispiele seiner BecbtsvorgXnger ans der Feadalseit.
In Ii ■ Aufgabe der Förderung der RindTtehzucht theilen sich 1 i ms der
Bund, die Kanione, (IcmeindeH^ und in neuerer Zeit auch (i - n-'^sscu^' halten.
Bs würde zu writ fiilirfn. wenn wir hier die Wirk^-miiki it il<r Kuif/me
auf dem Gebiete der Kiudviehzucht auch nur in großen Zügen zur Darstellung
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Tiefaracht
— 865 —
Vidimefat
bringen wollten. Es mag genügen, zn sagen, daß mit Aasnahme der beiden Städte-
kantone Basel uihI (ieuf, iu allen übrigen Kantonen <\\c Haltung von guten Zncht-
• ütieren mit Prämien unterstützt wird, daß in vielen derbelbeu nur mit Htaatlicli auer-
kannten Stieren gesttobtet werden darf und daß einige Kantone ihre Gemeinde»
gesetzlich verpflichten, eine bestimmte, im Verhftltniß sum weiblichen Viehbestände-
stehemlt^ Anzahl geeigneter Zuchtstiere zu stellen. Die meisten Kantone ^Smiien
ebenfalls jährlich die schönsten KUhe und Rinder.
£iu größere» Interesse bietet die Thätigkeit dos Bundes auf diesem Felde,.
w«l dnreh dieselbe die Wirksamkeit der Kantone weseatlieh beeinflnftt worden ist«,
Wenn wir absehen von den intemationalen Yidiaaiatellnttgen, deren Besnch
unterstützt wurde, von den schweizerischen landwlrthschaftlichen AtMSteUnngen^
für welche die Prämiengelder geliefert wurden und von den Prämirnngen dps
Gebirgsviehes , so hat der Bund erst seit dem Jahre eigentlich in die
Förderung der Kind Viehzucht mit eingegritfen.
Im genannten Jahre stellte die BandesTersammlung dem Bnndesrathe einen
Kredit von 30,000 Fr. zur „Hebung der Bindviehzaeht* snr Yerfligung. Auf
den Antrag einer Kommission von Fachmännern, worunter wir uls AntnigstelltT
den vielverdienten Lnndammann />r. Fri>tlrK-h vnn TsThnrli/ sei. vmi St (Tiillen
hervorheben, wurde beschlossen, es sei diese Sumiue nach Mußgabe der Zahl der
Zaolitstiere denjenigen Kantonen in Anssioht an stellen, weldko' einen nündestens-
ebenso hoben Betrag für die Prämirung der besten Zoohtstiere verwenden und
anter der Bedingung, daß diese Zuchtstiere mindestens 10 Monate yom Tago-
der Prämirnng an gerechnet zur Zucht im Inlande verwendet werden.
Die Wirkung dieser sehr bescheidenen Summe und dieser an ihre Aus-
händigung geknüpften ungemein einfachen Bedingiing war sofort eine derart
gOnstige nnd allgmnein aoodEaante, dafi im Jahre 1884 die Bundesversanunlang*
in den BundesbcMohlnß betreffend Hebnng der Laadwirthsdiaft folgenden Artikel
(ö) aufnahm:
,In das eidgtaiüttJiische Budget wird alljähriich ein Posten zur Hebung und
Yerbesserung der Hindviehzucht von mindestens 100,000 Fr. aufgenommen werden.
Deraelbe soll haaptsXohlich aar FSrdemng einer geordneten Znohtstierhaltnng^
in deti Kantonen, aunuahmsweise auch zur Untersttttsnng einer schweizerisehea
Betheiligung an au?<ländiachen RiniK iehausstellungen verwendet werden."
„Der ßunilesnith wird die liedingungen feststellen, unter denen die Unter-
stützungen aus dem genannten Kredite verabfolgt werden."
Diese vom Bnndesrathe anfoustellenden Bedingungen blieben sieh in der
Folge und iu der Hauptsache gleich. Es wird verlangt, dal^ die Kantone ein»
mindestens ebenso hohe Summe wie der Bund für die Prämirung derjenigen
hebten Zuchtstiere verwenden, welche vom Tage der Prämirung an mindestens
während 10 Jllonatea zur Zucht im Laude verwendet werden.
Die mto meßbare Wirkung dieser Kaßregd war eine bedentoudo Yer-
mehrnng der Zahl der Zuohtstiere, welehe sieh sohon bei der Konkorrens auf
den Schauplätzen durch die vermehrte Auffuhr seigte. WShrmid im Jahre 186G
I0,3i')2 nnd im Jahre 1876 10,326 Zuiditstiere gezählt wurden, ergali die eidg.
Viehzählung anno Ibö*» li5,^U)l Stück oder nahezu eine S'^erdoppiung der während
20 Jahren fast gleich gebliebenen Zahl.
In allen Kantonen ohne Ausnahme ist das Yerhältniß zwischen den Znoht-
stieren und den weibliilieii Thieren ein bedeutend engeres geworden. Das allein
i.st ein ganz bedeutender Vortheil Tür die Landwirthsehaft , denn der Nutzen der
Kühe hängt bekanntlich daron ab, daß sie regelmäßig trächtig werden.
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Tiduttcht
~ 366 —
Viehxaeht
Je inrlir Ziiclitstiere vorhanden sind, desto größer ist die Wahnolieinlich-
Iceit, daß die Kühe und Rinder fruchtbar bedeckt werden, desto bessere Auswahl
unter erstem kann man treft'en und desto eher ist es möglich, tingeeigaete Stiere
Ton der Zucht auszuschließen. £8 darf behauptet und kann an Hand der eidg.
yiebzKhlangen meiigewieBen werden, daß je enger das Verliältniß «wischen der
Zftbl der mSiralteben und der weiblidieii Binder, desto hiAier der Stnid der Vieh-
mxht einer Gegend ist. — AUerding i t dieses enge Verhältniß sowohl üraacbe
als «ugli'ic h auch Wirkung einer gehobenen Vielizncht , indem viele und gute
Zuchtstiere eine gnte Zucht bedingen, nnderseits auH einer guten Zucht die Zucht-
stiere gesucht und folgliuli deren uitihr aufgezogen werden.
Bond verlani^ ferner, daß die Icantonale und eidgenOseiedie Frtnrie
Snsammen per Stier mindestens 60 Fr. betrage. Diese Sedingnng ist antgwteUt
worden, weil in einigen Kantonen die Priiniiengelder gar zu sehr verzettelt wurden,
Wühl in der irrthüinUchen Ansieht, man könne durch bloße Anfmnntening helfen.
Der Zweck der Zucbtstierprämirung ist nach der Auffassung des Bundes nicht
•der, die Zttolitor fitar ihre Znehtergebirisee m beloliDen: denn dadnrdi wtirde
•demjenigen «der hat, noch gegeben*. Der Bond will eonfiidi, daA die besten,
bexiebnngsweise die theuersten Zuchtstiere dem Lande erhalten bleiben. Diea
können nur sehr hohe Prämien bewirken, denn der schönste Znchtstier, fWr
welchen im Alter von 1 7* Jahren vielleicht Uber 1000 Fr. erhältlich gewesen
wttren, ist später hei der Abgabe an die Schlaobtbank nioht mehr wertb, als
das gewShnliehate Thier von gleichem Gewichte. Der Besitser mnß folglich ein
bedeutendes Risiko tragen nnd an dem Werth des Zuchtstieres jährlich große
Abselireibungen machen. Nur entsprechend hohe Prüinit n siml im Stande, den
Züchter zur Aiifzneht von vielversprechenden Htierkälbern zu veranlass-en. welche
sonst geschlachtet würden. 8ind die ätierkälber aber einmal aufgexogeu, so
mOflsen sie mr Zndit verwendet werden, weil sie nar dadareh etwas einsabringen
im Falle sind und da diejenigen mittlerer und geringer Qualität nicht in's Aus-
land exp ortirt werden können, besteht absolut kein Grund, sie noch staatlich zu
präuiiren. Die Erfahrung be^ltMtigt aurh das GesHgte, indem diejenigen Kantone,
welche die höchsten Stierprämien verabfolgen, z. B. Bern, Scbwyz und Zug, auch
4vb gehobenste Yiehauohi anfweisen.
Ver&sser ist der Ansicht, daß bei den schweren YiehschUgra beider Hassen
Stierpräniien nnter 150 Fr. vörkttugslos sind. Wenn der Bund bei .Aufstellung
des Minimums» nieht so hnch gegangen ist, so geschah die« mit Riiek-^ieht auf
die kleinen (iebirgsviehschläge, wo die Verhältuitoe wcsentlieh anders liegen.
Höhere I'rämien haben dann aber auch zur Voraussetzung, daß sie iudivi-
daell, dem Werthe des einxelnen Thieres entsprechend ansgeriohtet werden. In
grBßern Kantonen, wo es nicht angeht, sämmtliche Zuchtstierc auf einer Schau
zu vereinigen, theilt man in der Regt-I die Prämien und die Thiere in dici. höch-
stens vier Klassen. Es kann dabei nielif v< rmieden werden, daß in »"iner und
derselben Klaj^se Stiere gleichhohe Prämien erhalten, zwischen denen ganz bedeutende
Warthnntemshiede bestehen.
Seit in dem sogen. „Pnnktiren* ein Benrtheilungsverfahrw gegeben ist,
welches — man mag dagegen einwenden, was man will — von tüchtigen , un-
befangenen Faehmünncrn angewendet, erfaltruuf/sf/cmäß zuverlässige Ergebnisse
liefert und welches zudem für das Ürtheil des Richters ein Kteliil crtiguDgs-
nnd fär den ZUchter ein Belehrungsmittel ist, wie es kein zweites gibt, besteht
kein ausreichender Grund mehr, an der Eintfaeilnng der Thiere nnd der Pritmien
in Klassen festsnfaalten.
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— 367 —
Yiehsadit
Damit die Kühe iii\rl Kinder wälireiid der TViirrfiitterung kalhfin, beginnt dip
jährliche Ziichtuii'jsperiüde je nach der Höhen lajije (]er betretfenden Gegend itn
Januar oder Februar und sie erreicht auch ihren Höhepunkt in diesen und den
DSobatfolgendtfii Monateta. Naeh Mitte Septem bei* und hu Oktober finden die
BAnptriehmMrkte und auch der Hauptviehexport etfttt IMe Znchtatien -aolhe
man deShalb vor der jährlichen Znchtungsperiode piXininin, damit der Znchter
weiß, wohin er sich mit seinen Kühen und Rindern zn wenden hat. Ferner
Follte man verhindern, daß die besten jungen Zucht«tiere auf den Herbutvieh-
jnSrkten fUr das Ausland aufgekauft werden. Diese beiden Ziele sind nur durch
-die Pritmirung im H«fb8i m errciohen. Der Bund bat defihalb ecbm wieder-
holt den Wunsch ausgefiproohen, die Kantone möchten Herbetachaoen einflihfeil,
lim die staatlichen Beitrüge zu Gunsten der Viehzucht wirks;nmcr zn mnchcn.
Fast alle Kiinton*« siii'i tüespin Wunsche bereits entgegengekommen und die wenigen
Stände, welche noch i ruitjuiirsschauen haben, dürften diesem Beispiel in ihrem
eigensten Interesse wobl bald folgen.
In onserem Fledc> nnd Brauinrieh haben wir zwei Viehrassen, welche allen
vernünftigen Ansprüchen vollkcpnimen genügen und welche durch sachverständige
iSüchtung und Haltnng noch auf eine bedeutend höhere Stufe durchschnittlicher
Leistungsfähigkeit gehoben werden können. Das Fleckvieh dürfte unter Bei-
behaltung seines Gewichtes and der gaten Formen noch mehr in der Hichtung
anf lÜldhergibigMt veredelt werden. Beim &aanvieh ist m Terbttten, daß die
vielerorts etwas einseitige Zucht auf Milch nicht TJeberbildnng und Mangel an
Widerhtandskraft zur Folge habe. Die Beobachtung und die Meßergebnirtse zeigen,
daß beide liUüseij genügend Elemente ft!r die Veredlung in der angedenteten
Richtung durch Inzucht enthalten und dult weder Kreuzung beider Bassen unter
«icb, noch mit fremdem Vieh nttthig ist.
Die Gtenze zwischen dem Braun- ttnd dem Fleckvieh ist, wie schon Ein-
gangs bemerkt, keine scharfe Linie, sondern <inc ziemlich breite Zune, innert
welcher Minn- nnd planlos gekreuzt wird. Kreuzuiig^:tbiere kfl^nnen zwar ebenso
^ute ^'utztliiere sein wie reinrassige ; es darf sogar die Vermuthung ausgesprochen
werden, daft die sehr geenchten hellfarbigen Thiere beider Bassen nicht ohne
eine gewisse Krenzong entstanden seien.
Der Züchter in den Alpenkantonen kauft aber nur reinrassige Kälber und
•der Fremde sucht bei uns ebenfalls nur reinrassiges Zuchtvieh, weil Kreuzungs-
produkte keine Gewähr für gute Vererbung bieten. Die Kreuzung liefert daher
nnr geringwerthige Nachzucht, beziehungsweise die Kreuzungsprodukte sind für
■die Nachancht Terloren.
Der Bund wünscht deßhalb, die Kantone möchten dafür sorgen, daß wenig-
sten!« die prämirten Zocbtetiere nnr fUr Ktthe nnd Binder der gleiohen Farbe
benutzt werden.
Die Eriülluug dieses Wunsches ist durchaus nicht so schwer, wie es den
Aniehein hat; aber sie TcrlaDgt Zeit nnd planvolles Handeln, wenn man nicht
bedeutende Privatinteressen unnöthigerweise stark schädigen will. Das ganze
Verfahren läuft nur darauf aus, die Grenze zwischen dem Fleck- und dem Bruiin-
vieh möglichst ecLarl zu ziehen. Jede der beiden Rassen enthalt genügend Thiere
für die verschiedensten Nutzungszwecke und für die verschiedensten Besitz- und
YermSgensrethältnissc. Wenn das Brannvieh im YerhSltniß aom Körpergewicht
dnrchechnittlich etwas thenerer beaahlt werden mnß als das Fleckvieh, so steht
dem htthem Preis ein erhöhter Milohnntzen gegenüber ; es besteht nomit kein
Ornnd ittr einen Landvirtb im Gebiete der Brannviehzucht, Fleckvieh ansoschaffen.
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Viehzucht
— 36Ö
Viehzucht
Aber auch der Lan>l\virtlt in der Nähe der Käsereien und der größern Ort-
sdwIteiL dee Fl«okvibhg«jbieteB findet FleoUtlihe genug, welche im Milchertrags
den Braunen wenig nacfastehen.
Eine örtliche Abgrenzung beider ßas.sen kann somit niemanden ernstlich
schädigen, wenn sie mit Schonnutr ''.'nrh^i-fülirt wird; liüchstens wird hin und
wieder Privat liebbaberei für den einen oder andern 8<"hla/r dem allg^emeinen
Nutzen geopfert werden mü&äen. Dicker Nutzen bestellt aber hauptHächlick daiiu^
daß diejenigen Gegenden» welche ihren gemischten Yiehetand gegenwärtig nar
im Inland imd zwar nur auf bcHchrünktem Gebiet verhandeln konnten, ein üandcl^
der dattelbst fast ausschließlich in Uänden der Juden liegt, nacliher dem Groß-
handel und dem Export orten stehen werden und daß die Kuhkälber an die
Züchter in den Alpgegeaden zu ei)t»prechendeu Preisen zur Aufzucht verkauft
werden ktSnnen. £• ist gewiß nidit gleichgültig, ob neh der ErlSe aus den Kuh*
Ulbern Terdiei- bis Terfttnffacht, abgesehen von dem bOhern Werth defsetben
fUr die eigene Aufzucht. Haben die kantonalen Behörden unter Zuruthehaltung'
aller Umstände nnd Verhältnisse die ideale Grenze zwischen beiden Ramsen ge-
zogen, SU besteht die erste Maßregel« um diese Grenze nach und nach zu einer
realen zu gestalten, darin, daß auf jeder Seite derselben nur mehr Zuchtthiere,
Zncfat&milien und Zuohtgenossenscliaftsbeetihide der betreffenden Farbe prftmirt
werden. Später werden alle Zuchtsticrc entgegengesetzter Rasse von der Zucht
im bi treflenden Gebiete ausgeschlossen und schließlich kommt das V« rS"t der
Kreuzung mit Verhäitgung entsprechender Hiilien im Uebertretnng^lalle. Immer
aber muß die Belehrung der Zlichter über die Nuthweudigkeit und die Nütz-
liohkeit dieser Maßregeln nebenher gehen; denn es ist nicht au vergessen, daß-
am wenigsten in der Hepublik wirthschaitliohe Aenderungen, seien dicbclben
noch 80 gnt gemeint. dmeligLführt werden können, wenn das Volk nicht damit
einverstanden i-^t Der Buud hat denn auch bis jetzt unterlassen, seine Wilnsrhe
als Bedingung an die Abgabe seiner Beiträge zu knüpfen, wohl weil er hoüea
darf| dieselbe werden ohnedies in absehbarer Zeit in ErfOllung gehen, weäl st»
von allen Sachverständigen als voUatlbidig gerechtfertigt angesehen werden.
Gegenwärtig beträgt der Beitrag des Bundes für Beiprämien an Zuchtstiere
8 Fr. per Stück oder im Ganzen für 18,391 durch die Viehzälihmfr vom 21. April
IH^6 uu«gewieseue Zuchtstiere 147,128 Fr. Kievoa können aber jährlich etwas
über 10 '^jo nicht zur Auszahlung gelangen, weil stets eine Anzahl prämirter
Zuohtstiere vor Abfaraf der aasbedungenen Haltefirist von 10 Monaten durch Ver-
kauf und Tod abgeht. Der Beitrag der Kantone zum gleichen Zweck ist etwaa >
hHher; dersrllu- hetruj» im Jahre 1889 lVi^>J)?>'^ Fr. Es werden mit diesen
Summen jalirlicli 2nuu bis 2100 Ziichtstiere priiinirt. \'un den Kantonen werden
noch jährlich über 50,000 Fr. für die Pramirung von weiblichen Thiereu verwendet»
Obwohl der Bund sich bei den Prämien mit naheau der Hälfte der be*
treffenden Summe betheiligt, ist die Prämirung selbst ausschließlich Sache der
Kantone. Tüchtige, mit der nöthigen Fachbildung, vor allem aber mit angeborener
Beobachtungs- und K<traf)inatiniistrahe und mit Formen- und Farbengedäehtniü
ausgestattete Facbojänuer, weiche im Stande sind, die Prämien so zu vertheilcn,
daß eine Hochzucht, wie die unsrige, dadurch wirklidt noch weiter gefördert
wird, sind so äußerst selten, daß die Frage wohl erlaubt ist, ob sieh in allen
Kantonen die nöthigen Kräfte für die Preisgerichte linden und ob es nicht au<^
j^'czeifrt \yl\r<\ interkantonale ,Tnrv'- aus den tt'irlitig>ten Kennern und Ziiehtern
zu biiUeu. Kieiiim- IvLUitune und hultdie, in dmen die \'ieliziirlit nwh aui eiuer
tiefem Stulc steht, düilien jedenfalLs gut ihuti, djese t rüge urn^llich zu prüfen.
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Viehsoeht
— 869 —
Einem aafinerkBamen Beobachter wird es nicht entgehen, daß oft MilSgriffe ge-
macht and Zuchtstiere prämirt werden, welche vuu der Zucht eher autizuschließeo
wären, iodeß suidere an wesentlicher Aenßerlichkeiten wegen leer audgeheu, ob>
««hl in flmen das Fnndameiit fttr wmatliebe YerbeMerang dar Zndkt TOfhanden
ist. Die Yiehsnclit ist ttbcrhanpt ein Gebieit, auf dem der tOditigele imd erliümiirte
FachmaDQ immer noch zu lornrn hat.
Seit 1HS5 stellt der B nnl den Eautonen Beiträge für dir Prnmir^tnn dt>r
bcshn ZNrhtfnmif'cn znr \ t, ! fügnn«;. Damit Avird bezweckt, in der Folge Zuoht-
Hticre zu eriiaiteu, dereu AUotummuug auti »chöneu, gesunden uud leiatungs-
flliigen Znohten nadigewieeea werden kann nnd welehe deßhalb voraoanebtUoh
ihre Formen und Eigenschaften treu verarben. Von 1890 an werden flr dieae
Prämirung per 100 Stück des gesammten Rindviehbestandes 5 Franken und im
Ganzen 60,626 Fr. zur Verwendung gelangen. An die Verabfolgung hat daa
eidg. Landwirthschaftfidepartement fulgetnlc Bedingungen geknüpft:
Im laufenden Jahre können die Prämien den besten Zuchtfamilien nur zugesichert
werden. Die Axiszahlnng erfolgt erst im Jahre 1891, wenn bei der alsdann stattfinden-
den Zurhlfiiiiulienprainirnn^i: von <len BetreffeiKlen wiederum eine, mit der in diesem
Jahre prämirtea verwandte, prämiiiuigswürdige Familie aufgeführt und ein zuverlftasig
gefOhrtes Znchtbnch Torgewiesen wird.
Bereits präniirte Zucbtfninilion dQrn ti nur dann wieder prftmirt Werden, wenn für
dieselben ebenfalls ein Zuchtbuch richtig geführt worden isL
Von den zum ersten Male konkurrirenden Znehtfamilien ist ein Nachweis Aber die
AbstamnniniJ nder über die Verwandtschaft nicht nbsolut nothwendip.
Die Rindvieh -Zuchlgeuossenschalten haben mit ihren Tbieren um die Zncht-
familienprftmien /.u konkurriren. Es darf deßhalb kein Maximum fOr die Zahl der
ThifTP vr)rpr''si liriL'l>cn worden. nn< welcher eine ZuL'litf;iiiiiIie he-tehen *(>II. Es bleibt
im Gcgeullicil den Kaiitntit u Ireigestellt, die Kunkurn-n/. um ZuclittUmiiieuprämien auf
die Zucbtgeno~-fu-( li iiii n zu b&schrAnken.
Tlii«Tc, \vi l- |j,- mit crlioblirlien, namenthcb ini! erldii hen Mänfrfdn hf^la'^tet sind,
müssen von der l'ruuiir iin;j zurückgewiesen wenlcn. Für die Beurtlieiiung der als
zuchttiiuglich unerkannten konkurrirenden Zuihttamilien und Zuchten der Zuchtg« iio<-en-
st h iften ist das Punktirverfahren anzuwenden. Fuiiulien, welche nicht eine bestimmte
Miaitiialpunklzabl per Thier erreichen, sind von der Prämirung auszuschließen. Je größer
die Zahl der bereits prftmirten Generationen ist, von denen eine Familie oder die Glieder
einer solchen abstamuieu, eine de^to höhere Anzahl Punkte soll denselben für ,Nach-
gewiesene Abstammung" in der Punkllrlabelle Kegeben werden.
Tni die Bilduni.' j,'roL>er Zuchten zu be^rrinsti-^'eu , ist die Pramicnsurnrno im Ver-
hältniß zur erzielten Gesammtpuuktzahl auf die prämirung^wOrdigen Familien zu
Terthdlra.
Die PrXmimng Ton ZnehtfiuniUen hat ttherall YentindnilK nnd allgeneme
Anerkennung gefunden. Leider kA ea nnr grOßern Grundbesitzern mtfgliob, Zneht-
familien zu griinden, welche genug an«gezeiclinefe Tliiere zahlen, um anf die
Dauer bentehen zu können. Kleine Zuchtlaniilien sind der Gefahr baliügen Kr-
löachens ausgesetzt. Aucii darf erw^ihut werdeu, daü die Zuchtregi^Ccriubrung,
namentlich die Anfseiohnnng der Leistungen der Thiere eeitene des Kigentbümere,
der dabei in höchstem Grade interessirt ist, nicht diejenige Garantie bietet, wie
die ZuchtbuchfUhruug durch einen Unparteiischen.
Da-s Ziel, welches durch die Prämirung von Zu( htfamilii n Einzelner erreicht
werden will, würde df^her viel besser verfolgt durch die Prämirung von Familien,
welche gröJiern Vereinigungen von Zuchtern oder sog. ZuchUfeiMssenar/iaften ga-
bSren. Der Band eetst deßhalb Primien von 100 bi« 300 Franken fttr die
Gründung derartiger Genoesenechaften ans und er wird wabrsoheinlieh das Zu-
standekommen und die £rfaaltung derselben in Zukunft noch mehr begünstigen,
indem die Konkurrenz um Zuclitfamilienprämien auf die Zuchtbestände von Ge-
Teirtr, Tonuwlrtbietafta^LMdkoii d«r Scbml*.
84
Viehzucht
— 370 —
Viehzucht
niMUHeoscbaftBu beHcbränkt werden dürfte, was zu beschlieikn die Eaotoue bereit»
jBUt flohon beroohtigt dnd. 6«genwlirtig werden die Beiträge für Qrttnduug
▼on ZnohtganoeMfiedbsften an folgende Bedingangen geknüpft:
Ojp Zuchtgenosppn«chaftrn welche im eidp. Handflgregister pinpelragen sind und
sieb um derartige Beiträge beweuieii, haben sicii durch Vermittlung^ der belreßcDdeQ
Kantoiisregieniii|{eii bei dem eid^'. Landwirthschailsdepartement anzutaeldea. Der An>
meldnnp: <Tind die StatoteD, das MitgUederreneictuiill und das Zuchtbuch der Genossen«
schall beizulegen.
Die betreffenden Genossenschaften haben mit ihren im Zuchtbuch eingetragenen,
mehr sih oin Jahr alten Thieren jährlich um die Zuchtfamilieni)räiiiieii ihros Katifons
zn koiikurrircn. Die Höbe des Buudesbeilrages an die Koslea der Gründung richtet
sich nach der Zahl und nach der Qualitüt der bei dieser Konkurrenz prämirten Tliiere.
Genossenschaften, welcbe sich vor dem fQnflen Jahre nach Empfang des Bundes-
beitrages wieder auflösen oder deren Zuchten innert dieser Frist bei der Zuchtfamilien-
Sr<1minin^^ nicht mehr präniirt werden können, haben diesen Beitrag unter soUdariscber
iaflbarkeit der Genossen wieder dem Bunde zurückzu vergüten.
Statistik der Einfuhr und Ausfuhr von Rindvieh.
Nach der schweizerischen Waarenverkelubstatistik
sohnitt der Periode 1851/59 1860/69
die Einfuhr von Vidi nach Siüekxahl
bis 40 kg Gewicht Stück 20,0:^2 7.710
betrug im Jahresdurch-
1870/79 imO/'Si 1885/89
über 40
bis 60
von 60
über 150
über IfiO
Ö3,bü3 77,423
2,001
106,4^6
993
115,083
bis 150 kg Gewicht
(Schlachtvieh) . .
(Nutzvieh). . . .
4.340
34,133
39.&39
Jahrlich Total Stück
die Ausfuhr von Vieh nach Stückeahl
bis 40 kg Gewicht Stück
Ober 40
bis r,()
von 60
über 160
Ober 160
73«99& 85,m 108,497 116,076 93,670
bis 150 kg Gewicht
(Schlaebtvieh) . .
(Nutzvieh) ....
6.3U
61,645
7,751 11,845 9,766 —
66.788 70,969 80,330 —
_ _ _ n.n93
- - — 12,495
— - — 15,884
" - - 16.717
Jährlich Total Sfr k 57,956 73.539 8J,797 00,096 68,814
Die Einfuhr von Vieh nach dem Wtrth und nach Bezngsl&ndcrn
im Jahre
ans Deutschland Fr.
, Oo^t erreich ,
, Iraiikreich ,
, Italien ,
_ übr. Lfmdeni ,
1885 1886 1887
8,588,573 11,0:22.000 7,888,570
4,094,247 14,y7:{.(MM> n.473,2r>0
6,411.223 7.3(K),{MR> 14,222,730
1,442,512 3,771,000 3,100,310
4.550 3,000 5,0<X)
1888 1889 Durcbschn.
5,30:il32 4,77»J,453 7,515,746
7.076,863 12,IMni'-. in,()7!).r.7r,
8.400,823 10,9l»6,2t)l 9,4(;7.3U."i
1,163,365 4,566,116 3.206,683
926 — 2, '195
Total Stücke 22,141,105 37,069,(KIO 36,r,S9.860 22,951.109 :^5,r,ni>,896 30,272,194
Ausfuhr {s.p. 36314) 20,659,430 17,700,000 13,714,487 13,628,104 14,02^,828 16,046^70
Einfahr von Vieh im Jahre 18^
Sehlachtvieh
Nutzvieh
Jungvieh
Kahii-r
aus Deutsehl. Oesterreich Frankreich
Italien
Total
1 Stück . . .
1,609
11,161
13,509
7,783
45,061
1 •
47,0
30,0
17,2
l Stack . . .
8,101
6,131
6,531
1,418
11,391
17"....
36,7
27,H
6,4
1 Stück . . .
4,717
1,743
15,452
1,391
14.304
1 «0 . . . .
11,3
e3,e
5.7
1 stück . . .
225
172
4,' 1 -
166
4,681
1 ....
4,9
3,8
til ,7
3.6
Total Stücke
ir..7r>3
3O,;{07
39,.'ilO
10,769
96,339
Total Werth Fr. 1,776,453 12,181,016 10,996,201 4,556,226 32,509,896
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'Volkswirthscbafl
— all —
Waldbau
TolkswIrtlwelMft folgt im fliip|^leme&t| weil bis dahiii mOglidunraise dia
aenaiten BernfincKUiingMTgBbiiiaie yerwerlhlMur werden.
VoIkszKhlun^eii siehe den Artikel «Bevölkerung".
\Va»r(M)verk(^hr mit dem AuslandA folgt im Supplement. Siebe «aeh
<lie Artikel Auäfulir, Einfuhr, Handel.
Waldbau (im Gegensatz zu Feldhau, Grashau etc.). Verfasser: Herr Pro-
ieaeor Dr. A. Bttbler in Zttiioh. Unter den EtseagDiMMn des Waldee nimmt
das Hobe die wichtigste Stelle ein. Im Hoobgehirge alli nliiigs wird die Wald-
weide nnd Waldhtreu vielerorts höher veranschlagt als die Hulzproduktion, wril
bei den großen Waldflächrn dns Holz oft im Lieherfluß vorluiuden ist und daher
theilweise im Walde v.erfault, weil ferner der Absatz des Holzes iu entferntere
^fegenden dnicb die boben Traneportkoeten eebr enebwert, für viele Lokalitäten
unmöglich gemacht iet, Andereraeit» bildet die Yiehzncht den Haupterwerbraweig
•der Gehirgshevölkernng. Die natürlichen Verhältnisse des Gehirges beschränken
aber die Ausdehnnng des Gras- und Weidelandes, so daß fHr ^nele Gebirgs-
gegenden die Nutzung der Waldweide bew. der Waldstreu eine Exihtenzbedinguug
bildet. Es ist also, nicht wie in andern Ländern, die Erziehung von Holz au8>
eeblielUioh der Zwedc dea Waldbana, aondern wobl fllr die Hllfte aller aobwei-
-Serleoben Wälder muß die Erhaltung und Verbesserung der Waldweide, in ge-
ringerem Grade der Waldstreu eln iifulls als eine Aufgalie des Waldbaus bezeichnet
werden. i)a aber die VV'aldweidf und Waldstreu an das VorhandensBin eines
Holzbestaudes geknüpft sind, t>o muii aar W^ulilbau auf Erzieliuug von Holz
■aocb dort geriebtet aein, wo die Waldwaide oder Waldatreu vor dem Boke
den Vorzug erhalten.
Der Waldbestand dient endlich in manchen Gegenden dem Schutze vor
Lawiiieu . Steinschlägen , Abrutschurtgen ?md Ueberschwemmungen ; ja diese
achützendn Eigeiu»chaft des Waldes kann manchmal so wichtig werden, daß die
Produkte nnd der Ertrag dea Waldea voliatKndig in den SKnteirgrnnd treten.
Diese verschiedenen Zwedke des Waldbana — Eraabung von Hiola, BegUnatignng
der Waldweide und S' h tz gegen Terderhenbringetide Naturereigniaae — prägen
sich in der Technik de« Betriebes ans. fliege ist jedoch hier nicht Gegenstand
der Besprechung, sondern die nationalökunumiscbe Bedeutung des Waldbaus, der
nur ein Zweig der Bodenkultur überhaupt ist, soll im Nachstehenden erUrtert werden.
I. Die Ein- und Anafnbr von HoIe.
Für die Richtung und insbesondere die Intensität jeder Produktion, so auch
der Holzproduktion ist das Vc^rliältniß zwischen dem Vorrath und dem Bedarfe
maßgebend. Ks erhebt sich daher vor allem die Krage, ist die Schweiz im
^»tuiide, ihreu Bedarf au Huiz selbst zu erziehen; hat nie vielleicht gar einen
üebersobnfi von Hob: oder iat aie umgekehrt auf Zufabr der NaehbarlSnder an*
gewiesen ? (Daß nur Holz, nicht auch Weidegras etc. beim aaawftrtigen Handel
in Betracht kommen kann, bedarf keines weiteren BeweiscH.)
Die nachstehende Tabelle 1 weist die Mnn;ie der Einfuhr und den Werth
der Aua fuhr für die Jahre 18.51 — nach, wie sich dieselbe nach den Ver-
dflSBntliobungen dee eidg. ZoUdepartementa ergibt. Die nenere Klaasifliirnng im
Zolltarif liwt dob, von kleinen und nnweaentlieben Positionen abgesehen, mit
der vom Jahre 1851 an üblichen vereinigen , ho daß die Uebersieht einem
.'59jährigpn Zeitraum umfaßt. Leid«r ist Ids 18?Sö bei der Ausfuhr nur der
Werth, nicht aiu h das Gewicht erhoben wurden, so daß für frühere Jaiire keine
ganz genaue Bilanz zwischen Holz- Einfuhr und -Ausfuhr gezogen werden kann.
In der Tabelle ist nur daa Bobholz aufgeführt, da die verarbeiteten Holzwaaren
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Waldbau
— 372 —
Waldbau
dem Gewichte nach nur einen unbedeutenden Bmchtheil (2 */^») der Einfuhr
bilden. Dagegen sind die äteinkohlen in der Tabelle beigefügt, da sie vielfach,
aa dia StaUe daa Brennholaoa ^tretaa aind und tKglioh daa Qebiot ihrea yer>
braaebea aiah anadebnt.
EioMr 1851-1889 AufUir 1851-1889
In
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Zusammen
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931.MI7 576.:ti'.i' 1...I18.U.7 251. 3r,l 53,617 124,395
1.002,937 '^5,11411 I.H^17,977 :i07.996 59,1 82 1 1 20,367
1.12('.,S<i7,7'i5.lNO I.S31,9'«7 :'(i5.33l 6|-,,412 94,035
l,3r..'..:i|0 s-Jl.HS!» 2.19<1,N29 3r.5.13H 7S.11<I 101.5.-.O
1877 1,127, .'.1.' 1.44.331, 1,771. H48 295, 'KW S(i..!h0 h4,I68
1878 I,16,'.,|57| •s*<.2i;4 1,745,421 290.903 61, 15«* .56,905
1879'l,389.Sl5' .94.3.59 1.984,174 3.30,695 ,52,M5 65,O10
1880'l,35\8;,tV5;^>.205 1,949,06« 324.843 48.H49, 85,870
18K| 1, 204,44s 573,(>IH 1,77VIH76 2;>6,.344 51,783! 76,19
1882 1.142.320
1883 1,1 -.<i,240 523,681
IBM l,2.56,89:i 574,236
136,260
lt".2,5j:.
15:1, (115
2 1 5.662
244>,352
278.940
391,860
.',45,475
7W»,652
1,135,4>'.".
l,6<>4.ol7
1,765,762
1.772,325
2,16,3,757
2.647,312
2,615,917
2,541,577
2,8 "6,162
2,795,335
3,20<»,797
3,928.2;8)
4,59I,2(MJ
4,239,464
4,628.774
4.913,729
5,748.371
5,422,W«
.'>.220.M>4
5.65«,7(»3
B,5.S2.623
5.991.842
526.81 3 1 ,669.1 33 278, 189
1.673.921 278,987 51,660
1,8^11,131 S0»,188 S3,230
18»7 l,aS7,7W 680^SS l,01S,0S8;3.-)ß,XI9 76^06
IWSll^fiO^ 706,830 a,209,860,38S.310'Sa^9
58,592, 67,7UÜ, 6,602,801
53.716
72,011
76,900
71,156
56.010
60,064
67^7
83,806
7,365,317
7,595,863
7,827,334
Bj062,334
«,»93,267
9,308.132
1K51 1.5::..9t;b 595,446 2,171,409 — 1851
1852 1,474,055 2,402,900 3.876,95.» 501,6121 1853
1H53 1.555,966 3,691.815 5,247,781 378,734 185.3
1854 l.H:t»»,780 3,7.'i7.469 5.5^^249 482,2671 1854
1855 l.!i77,r,s.s 2.(.r.6.529'4,643.217 52<i.48o! 1»*55
1856 2,24:<.:i:.7 4,2l6,9-lr,!6,46O.30:i :.(h..217'l856
1857 1.9911.. .4s ^,'.iMi,;<7(l 4,979,918 69ii..lit.t, 1857
1858 l.8."i,4Hi, J.444.,7(M 4. ;<;i4,9in »,74,306 1858
1859 1.752,7i II J,n:i7.t;33 3.7:M>„i93 4iiii,t;.-.l 1S59
Ist» 2,J2h,t,.,2 .Vt''2,riS6, 5.009,218 489,328 18*30
l-«i.I •^,G!l^l,^■.-4 J,:(8f,,ii57 6,685.881 501,858 1 8G1
l*>b2 2,722,:iai 2.596,:i09 5.3 18.809 52n„tH<l 1H62
1K63 2,H3(..4:i(> 4,14<,,lii5 6.9s2.,.4I 511,786 1 s63
1864 2.694,,'i80 :t.061,370,5.7,".,,.7 ' . 1 ' 26,260 1864
lft65 2.963,0;>9 3,595,900 f.,5 .s ". I9,!t<,5 IS65
isr.r, 2,83H,933 3,201, 13.i (;.(k1ii,n. 1; hN,4o9 1866
1867 2,870,629 2,826.977 5,6'.i7.6ii6 4o5,277 1867
1868 3.525.441 :(.941.82ii 7,467. 2i'.l :::5,25-. 1868
iHf.n 3,891.5'».; J.s .'.,8.(4 1, 728,426 41(j,3S4 lst',9
1870 3,11211.26*1 ,;,i,4i.,4;,] .-,,i;C6.7 1 I 5(>S,,Jbl 1 ><70
1S71 i.555,25H 1,139,21»".> 4.994,5", . :i57,:i»;! 1871
1872 3,611,571, 2,277,097 5,8.'»8.67:i 285,535 1872
1873 3,4i;,',.:tV4 1,913,317 5.375.681 4t:'.,lo6 1873
1874 3.45»,32-,' 1,5*98.668 5,4.56.997 295,"'73 1874
1875 3,366,928 l,7f>i ,621 5,l:i3,5t9 24 1.964 ls75
1876 3,588,391, 2.121. M4 5.910,240 273,083 1876
1877 3.:*43,7m l..Vl4.74ii 5,17^,534 199.657 1877
1878 3,68fl,h:<2 1,876,450 5,557,142 202.481 1878
1N79 4.320,605 ,3,40',952 7.728,557 236,801 1879
ls^«0 .5,219,177,2,821,286 8.040,463 197.751 l»"«©-
18M r..259,a3a 3,2B4.]58:7^MSl;3t4,939 1881
1882 4.836,148{X,363,3S4,8,078,483 18*,5e9 188»
1883|5,300,946 3,315,448 7.516,394 348^37 188*
1884 4,976.055 3.325,98217,202,037 1H5,4I« 188*
188514,742.000 2.160,00016,903,00(1 337,000 18W-
1886 4,086.000 1.488,0001 5.574,000,363.000*1888.
1887 4,373,305,1,385.383 5.758.587.300.515, Isar
1HK8 3,990^175 1,337,535'&,317,700 384.13311888-
1689i3,641,789,U83,909 4,806,093 848^ 188»-
1888|1,671,830 881,3«7ja,353,9S7jS7A«4«9|80<408 78,3I0|10,803,178
D r ^^''erth der Ausfuhr hat m hon unbedeutenden Schwankungen von Jahr
zu Jahr .sich «o ziemlich auf tler.sL'lben Höht' <j;ehalten, nur die .\usfiihr von
Holzkohlen zeigt einen erheblichen Ruckgang, Größer »ind die 8chwHnkun/,,'en
bei der Einfuhr, welche insbesondere seit 1871 einen namhaften Anfschwung
erfahren hat.
Im Durchschnitt der ^9 Jalire 1861 — 1869 betritgt die jShrliclie Einfuhr m
Brenn , Ban- und Natzbolz q 945. 0S5
Brettnrn q 4n,s,H;',0
Zusauinicn 1,353,9 1.'>
oder Festmeter (a ÜOO q) 225,653
Gerbrinde q 39,065
Holzkuhlen . . , q 74,G88
SteinkobleD q 3,873,942
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— 878 —
WaMbMi
Der Werth dor jllurliehen Aiuliilir für den feunnton Zsitcnua bflnelmet
bei
Holz, gt^sägt, gesohnitten auf Fr. 3,2H3,691
Hüls roh , 2,571,366
Zusammen auf Fr, 5,835,057
Hokkohlen auf Fr. 370,327
Die £la8«ilizirung der Em- und Ausfuhr von 1877 bi» 1ÖÖ9 gestattet
lünbBck in die Handeleobjekte, wie eie eneh die Yergleieliang
von beiden erleichtert.
Im Durehflohnitt der 18 Jahre 1877 — 1889 betraft die jährliche Kii fnlir von
Brennholz Feetmeter 171,368 =: 54 7» ^^^^ ganzen Einfahr
Baa- und Nutzholz ... , 43,008 = 14 , „ • .
Banbote Torgearbeitet, Bretter „ 100,175 =s 82 . » . »
Znaamuen , 814,662
Der Werth der jlhrliehen Anefiihr im gleichen Zniranm bettnft sieh
bei Brennholx anf Fr. 489,994
, Bau- und Nutzholz, roh • • 2,116,697
. Baohoia, vorgearbeitet, Bretter .... „ . 4.226,010
Zusamrat'n auf Fr. »1,784,709
Setzt man den Werth pro q bei Brennholz auf 2,0 Fr., bei rohem hau-
holz auf 4,0 Fr., bei Brettern auf 8,0 Fr. an, und rechnet man femer 6 q
^ nnen Feetmeter, eo enteprieht obigen Werthen ein Aaafnhr-Qiiantani
bei Brennhols von 86,666 Featmetem
, Banhoh, roh 88,279
, „ vorgearbeitet , 88,042 „
Zusammen von 2 12,1» 87 Festmetem
und bei Yergleiohung von Einfuhr und Auafuhr würde aich ergeben
eine Kehr-£inAihr eine Metir-Ansftthr
bei Brennhols von 184,702 Feetm. —
, Bauholl, roh — von 45,271 Fastm.
, , vorgearbeitet, Brettern , 12, LS 4 „ —
Zusammen 146,836 Featm. 45,271 Festin.
Es würde ako in den genannten, für den Handel und die Waldwirthschaft
virichtigHten tiortimenten sich eine jährliche Mehr- Einfuhr ven 101,565 Featm.
berechnen.
Fttr die 5 Jahre 1685 — 1889 wird in den Zolttabelleii sowohl das Ge-
wicht, als der Werth der ein- und ansgeftthrten Waaren naohgewteaen, so da8
für diesen Zeitraum die Yergleicluing von Ein- und Ausfuhr sieh <^enau durch-
ilihreri läßt. Nach demselben betrug durobsohDittUoh jährlich bei Brenn-, Baa-
nnd Nutzholz
die Etnfohr 2,036,490 q im Werthe von 8,725,428 Fr.
„ Ausfuhr 1,423,223 q , , , 6,776,491 .
so daß verbleibt eine Mehr- Einfuhr von 618,267 q oder 102,211 Feetmeter im
Werthe von 1,948,937 Fr.
Die Einfuhr kommt su weitaus Uber wiegendem Theile aus Deutschland, in
^oriugerem Grade ans Oesterreieh. Yon der AuiAihr erhilt Frankx^ob den
grVfiten Theil, withrend Italien fiut alles ausgeftthrte Brennholz nnd die meisten
fiolskoUen besieht.
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Waldbm
— 874 —
Die Antfohr erfolgt ans den Eantonen Graabttiiden, Teerin, WalUe naoh
Italien, aus den im Jnra gel«fenen Kantonen von Wandt bis SehaffltniMen naeb
yrankrt'ich .
Die Killfuhr t-rlialten fast ausschlioßlicli die im Norden nnd Nordosten der
Schweiz gelegenen Kantone St. (jalleo, AppenzeU, Thurgau, Zürich, sowie Baself
geringe Mengen werden in die Kantone Zog nnd Lünern eingefilbrt.
Die Schweiz aerflfllt demnach in das Einfuhigt bier des Nordostens und da»
Ausfuhrgebiet des Südens nnd Westens. Die hohen Holzpreise in Frankreich
nnd dit^ hillige Waaserlcraft dortbin bringen dem Westen höhfr«» Erlöse, aln
wenn das Holz in den Nordosten der Schweiz mit theuren Eisenbahnfrachten
tnunaportirt werden mllfite. An einen Ausgleich von üeberfloft mnd Mangel
innerhalb dtur Schweis selbst ist aneh delUialb uiebt sn denken, weil einerseits-
die Süd uinl WestfJthweiz das werthvolle Nutzholz als geringwerthigeres Brenn-
holz in die Nur lostkantone liefern müßte, während diese ai>der<»rBpit;* das Brenn-
holz zu viel niedrigeren Preisen in Deutschland kaufen und um niedrige Fracht-
kosten beziehen können.
Die Aufgabe der sehweiseriseben Waldwirthsobsft besteht in der sorgCftltigeii
Nutzung des vorhandenen Holzes und in der Steigerung der Produktion, Eine
solche ist im Laufe der letzten Jahrzehnte an vielen Orten bereits herbeigeführt
■vrordun. Wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, so hätte bei der Zunahme
der Bevölkerung und der Ausbreitung der Industrie die Einfuhr weit größere
Dimensionen annehmen mUssen.
2. Die Bewaldung der Schweiz.
Die heutige Vertheilung des Waldes Uber die Schweiz ist das Ergebniß-
eine«« Prozesses, welcher sieh während mehreren Jahrhunderten auf dem Gebiete
der Bodenkultur vollzogen hat.
JKe Kitesten Zeugnisse froherer WaldbansnsÜtnde bilden die Ffoblbanfunde,
welche nicht nnr an den größeren, sondern anob an fast allen kleineren Seen,
in neuester Zeit gemacht wurden. Die Holzarten, welche die uralten Einwohner
Helvetiens zu ihren Bauten verwendeten, sind alle heutzutage in den schweize-
rischen Wäldern noch vorhanden. Ob zur Pfahlbauzeit auch diü nicht an den
Seen gelegenen Oertlichkeiten schon besiedelt waren, steht dahin Daß um die
Seen die Bodnng des Waldes sum Zweok des Ackerbaus vorgenommen worden
sein mußte, beweisen Ueberreste von FeldfrOchten eto., welche in den P&hlbaotea
gefunden wurden.
Die Römer haben um die Zeit vun Christi Geburt einen nehr großen Theil
der Schweiz kultivirt und vom Wallis bis au den Bodensee zahlreiche Nieder-
lassungen gegründet. Im eigentU^dien Gebirge, mit Ausnahme einiger Haupt-
straßen durch Granbttnden, scheinen sie auf die Daner sieb nicht festgesetzt
zu haben Die römischen Schriftsteller der Kaiserzeit berichten, daß Bauholz,
und Harz aus «lei Si liweiz nach Italien eingeführt werde. Die ehemals römischen
Niederia&buugeu belamien sich größtentheils iu der Nahe der heutigen Dörfer.
Die meisten römischen Funde wurden im Aekerfelde, nur wenige im Walde
gemacht Daraus darf wohl geschlossen werden, daß zur rttmisehen Zeit in der
llanptsai bc der WbM an sriuer jetzigen Stelle sich befand und daß das heute^
kultivirte Land vielfaeb hon zu römischer Z<'it iiTit< r d' in l'tluge stan l. Dies
um so mehr, als im liiig'I- und G-ehirgslnndc die 'l'.rr:iiiiv'M-|iä!tni«se iu erster
Linie die Wahl des Ansiedln ngsort es bedingen. jSach dem Fall der KönierherrschalL
war das Schicksal der Sttd- und Sadwestschweiz ein anderes, ab dasjenige der
Kord-, Ost- nnd Zentralschweiz.
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Waldbau
375
Waldbau
Borg^der vaA BOmer theilten suii dort in den Boden und anoh in den
Wald und kalipfton in allen VerhältniRsen in«^hr oder weniger eng an dio
römittche Kultur an. Im deutschen Theile der Schweiz führten die jahrhunderte-
laogen Ringkämpfp zwischen Römern und Alamannen zur Verwüstung und Ver-
wilderuug det« Luudet« örtlich der Anre. iieiui Eintritt ruhiger Zeiten mußte
dae heutige deutadie Gebiet wieder großeathdls neu kultiTirt werden. £ine
große Zahl von Ortaohaften hat ihren Namen Tum Walde entnommen, weldier
zuvor gelichtet und gerodet wenleu maßte. Hierlier gehören alle Ortsnamen
mit — wald, — hard, — holz, — nnite, riiti, ^Tüt, — ochwand, brand, Hang;
nodaim die Ortsnamen, welche mit Eiche, Buche, üasel und anderen Baumnameu
inaammengefletit iiind.
Die Bodefiknttnr erreichte schon bald einen h<^n Stand. Au« den Kapi-»
talarien Karin den Großen, aus den Schenkungaurkiinden des Klosters S. ICaurice
im Wallis, des Praumiln'^terklortters in Zürich, des Klosters St. Gallen. auH dem
Temtaraent de» BischütV» Tello von Chur (76d), aii» Verzeichnissen vom VerraögenK-
und Guterbefitz (um 80ü) und aus zahlreichen Urkunden bei Kauf, Verkaul, bei
Streitigkeiten ttber die Ausdehnung der Nutsungsreohte können wir entnehmen,
daß qualitativ die Bodenkultur Hohon VOr 1000 Jahren der Schweis den vielfach
bis zum heutigen Tüg iihalten gebliebenen Charakter aufgeprägt hat. Bei der
Gründung von 8. Maurice (ölti) werden dem Kloster Weii»berge, Wälder, Oliven-
haine, Felder, Wiesen, Weiden mit ihren WasHerläufen geschenkt. Die Insel
Ltttaelan im oberen Zttrdiersee trag, als sie dem Kloster St. Gallen (744) genchenk
wurde» Felder, Wiesen, WTeiden, Wälder, Gärten und Obstgärten. Dieselben Kiltnr-
arten werden erwähnt im 8. und *J. Jahrhundert im Rheinthal, bei Bttrglen und
Silenen im unteren Renßthal, l^ei Cham und zahlreichen anderen Orten.
Die damaligen Graten, Fürnten, Herzoge und Könige machten Landschenkungen
an KlQeter mit dem aUüdrttckUoh erwähnten Zwecke, daß die Wälder gerodet,
das Land kultivirt und besiedelt und auf diese Weise die Einkünfte aus dem-
selben vertuehrt würden.
Die Rodungen wurden manchenorts so eifrig betriehen, daß sie .selbst am
Sonntag nicht au$ige8etzt wurden. Diireh besondere kirchliche Verbote wurde
deßhalb die Waldrodung am Sonntage uutersagt.
Auf Grund des heutigen Quellenmaterial« können wir den Fortgang der
Rodung noch nicht im einaelneu nachweisen. Dagegen läßt sich für die deutsche
Schweiz aus dem Verzeichniß der Pfarrdörfei des ehemaligen, fast die ganse
dentsehe Scliweiz umfassenden Bistlmms Kon.stanz (1274) und ebenso für die
französische Schweiz au.s dem Verzeichniß der Pfarreien der ehemaligen Diözese
Lausanne (1228) entnehmen, daß tun die Mitte des 13. Jahrhunderts schon tagt
alle heutigen Pfarreien als solche bestandMi. Ferner ist aus den Urkunden
nachweinhar, daß eine große Zahl von kleineren Dörfern, Weilern und von
Einzelhfifen ?chon vor jener Zeit vorhanden war. Fndlieh ist festgestellt, daß
eine nicht unbedeutende Zahl von Weilern und Höfen abgegangen ist aud das
Land wieder mit Wald sich bedeckt hat.
Für die BeurtiieQong der Ausdehnung dee Waldes in Slterer 2eit kommt in
Betracht einerseits, daß die Ortschaften noch nicht die limtige Ausdehnung und
Einwohnerzahl hatten, andererKcits, daß die damuligc Landwirthschaft mit ihrem
Weidebetrieb große Flächen gerodeten Landes erlordf-rte. Neben diesem Weide-
laode wurde ferner Uberall der Wald noch zur Weide benutzt. Ware Weide-
land genügend Torhanden gewesen, so hätte man wohl auf die geringwerthige
und entlegene Wald weide TerBicbtet. Es ist daher ansunehmen, worauf auch
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376
Waldbaa
^ (tUerdiag» noch m wmiig erfenshteii) Flnmameii lündeittaa, daft Mhon in
firtther Zeit d«r grOßte Thdl dea mm Luidban tanglicben Sodwn gwrodet
wofden ist.
Hfilt man sich die«e aufgeführten ThatKaohen und nnsere Kenntniß d>'s niten
LandbauH vor Augpn, so kommt man zu dem Krgebnihse, daß im Groiien und
Gaozeu Hcbon um die Mitt« det» iü. JahrhuudertH der Wald aui tteiiien heutigen
ümfuiig beiefarinkt war. Die aplttenn Rodongen, die sidb jn faie auf aneefe
Tage herein fortsetzen, haben an einzelnen Stellen vielleioiit griSßere Ac^ndt^rungen
in den Kultnrarten herbeigeführt. Die haoptsächliehstfn Lichtongen und Kodongen
üklieri aber in eine Zeit, welche etwa GOO Jahre hinter un» znrttrkreirht.
Wean nun die heutige Bevölkerung an der Vertheilung der Kulturarten
nur »ehr wenig zu ändern nich veranlagt siebt, wenn die Vertheilung zwitichen
Wnid nnd Feld nnoh den jetzigen Anfnrdernngen nnd Ansehnnungen entepriolit,
wenn die Prodakte des LMidbane nnd des WaldlMitts der Kwptflache nach anf
denselben Flächen erzogen werden, wie vor Jahrhunderten, eo muß die Auswahl
der Feldfläche auf einem Motive beruhen, das seine Wirksamkeit beibehalten hat.
Dies ist die Wahrnehmung und Erfahrung, daß der Feldbau nicht auf jeder
FlSohe dkonomischen Nutzen gewährt. Wenn die Fruchtbarkeit des Bodens zu
gering, die Lage deeeelben an schattig nnd m kalt, seine Neigung zn steil sind,
.so i.st Rc-iiie landwirthsefaaftliche Bebauung zu theuer und nein Ertrag im Ver-
halt 1 1 1 C zu den Konten zu niedrig. Auf solchen Flachen, dem sog. absoluten
Waldboden, ist nur Waldbau möglich. Die>ier Kulturart werden die-selbfn <l;iher
vuu der Bevölkerung zugewiet^eti, nicht ohne daü vun Zeit zu Zeit kleine Grenz-
rsgnlirangen noeh vorgenomnen würden. Bald findet der Latidwirth, daß das
lam Felde geiogene OrandstUck nicht anf die Dauer fruohtbar bleiben könne,
dann gibt er es wieder der Waldkultur znri5ck. An anderer Stelle erweist sich
umgekehrt ein Stuck Waldgrunl tauglich zum Feldbau, diene« wird abgeholzt
und gerodet. Durch die.su alljährlichen Auiforstungen und Rodungen ändert
ndl die WaJdflIohe stetig. Aber selbst, wenn die im Gebirge vorgenommenen
Anfforstnagwi kahler Fliehen hiiumgereebnet werden, so wird noch nieht 1 7*
der Waldfliebe von diesem Vorgänge berührt.
Den gegenwärtigen Stand der Bewaldnn|f der Schweiz weist Tabelle 2 fbr
die einzelnen Kantone und die ganze Schweiz nach. Rctretf^ der Flächeiiungaben
ist daran zu erinnern, daß die Detailvennei^Mung der Waldungeu nuch nicht
ttberall vollendet ist, daß also die späteren definitiven Zahlen kleinere Ab-
ibiderongen gegenüber den jetzigen ergeben werden.
Von der GeeanuntBBebe der Sehweis mnd also 20 **/o dem Waldbau sage*
wiesen, während in Deutschland 20 , in Oesterreich>Ungarn 30 ^/o , in Italien
dagegen nur 18*^/o, in Frankreich 17'* » d^r Gle^immttiäche bewaldet sind. Ver-
gleicht man kleinere Bezirke in DeuU^cbland und Oe.stcrreich mit solchen in der
•Schweiz, so ui-gibt niuh ierner, daß dort in einzelnen Gegenden die Bewaldung
bis 70 yo beträgt, wahrend sie in der Sohweii 40 V* ^^^^ Übersteigt.
Diese allgemein ttbliehen Gegennberelellungen der Bewaldnng versohiedener
Länder geben nur dann ein zutreffendes Bild, wenn die natürlichen Verhältnisse
zieinlirh übereinstimmende sind. Nun haben jene Xachbartänder der Schweiz
weit weniger unproduktive« Land, als «lie Schweiz iiier -ind durch (iletscher,
Seen, Fiiisse, Gebäude, Wege, Felsen und Schutthalden 2ö,il ^/o des Gesammt-
amls nnprodnktiv, wfthrend Dentsohland 6, Oesterreidi 8, Frankraieh 18
nnprodoktivee Land haben.
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Waldbau
— 877 —
Waldbra
Die WaldflM« Sehweii iii ikr YerUlinta nr «flSMDBtllide,
zur produktiven Fläche und zur Bevölkerung.
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E« dftrf daher bei Vergleiohang yerflohiedener LSnder inoht das Geeaniint-
«real, aondern nur die produktive Flache zu Cinirnl g«;legt wenlun. Die Schweis
widmet nnn 28 **/o des produktiven Lamles dem Waldbau, Deutschland 27 und
Oesterreich 34. Es steht aUo die Schwei» hinter Oesterreich etwas xorUok,
wäiireod »ie Deutsch laud gleichkommt.
Innerhalb der Schweiz schwankt die Bewaldung in weiten Grenzen. Die
mi dem Jnra gelegenen, die der Ereideformation der ioBereo Sohwelz nnd den
GebirgesHgeii Graabandens angebtfrigen Gebiete aeigen die beste Bewaldung; am
schwächsten ausgestattet sind die dem Molassegebiet angehangen HUgelgegenden
der Nord Kr I hweiz. Tm ,Tura verbieten die langen und steilen Px rghJlngc den
Feldbau, wahrend das wellige Terrain der Melasse nnd des SchuttlandeH den-
«elben Überwiegend begünstigt. Die geologische Formation bezw. die jeder
Formation «igenthfimliehe Geataltnng der BodenoberflKoha bedingt Aberhaapt in
erster Linie die Vertheilung zwischen Wald nnd Feld , das Verschwinden dea
Walles oder seine Erhaltung in großen K')inp'<^\"n oder kleinen Piirzellen.
Der Mensch benutzt da.s Terrain zu derjenigen K.ulriirart, welche ilun die ein-
träglichate zu sein suheiat. Ltt dasselbe aut' weite Flächeu hm dem Feld- und
Wiesenbau günstig, so wird eine grollt Ebene entwaldet ebenwi gat. als wenn
die Fläche nur wenige Alan nmfaßt* Eiann er dagegen in großen Wal lgol)i( tcn
Iceinaii lUr die Anaiedlung tauglichen Plata fiadent so meidet er dieselben und
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Waldbau
378 —
Waldbatt
de erhalten mAk dnrok die Jahrhunderta hindnrah aU geadiloMene, qabewoluitfr
Waldkomplexe.
Dif Ansstattung d^r Bevölkerung mit Wald ist wegen der ungleichen Ver-
tbuiluDg deMNelbuu, Hodauu in Folge der wechaeluden Dichtigkeit der Ansiedlnng^
eina aehr bunte. Ea iat inabeMmdere die NordoatBohweix, in welehor die Wald-
Ittohe im Verhältniß zur Bevölkemng aelir klein ist. Die Jura- und Gebiri^-
gegenden sind in dieser Hinsicht besser bestellt. Schon oben sind xia» diese
üntemchiede begegnet. Die Nordostkantonc ftlhrcn Holz i in , die West- und
Sudkantone geben ihren Ueberschuli an die Nachbarländer ab. Daß die Kantone
dea Uoobgebirgea troti der nieht aebr bohea Bewaldung — die schweizeriHcbea
Alpenfbeüe aind weit gerioger bewaldet, ala die üranaOiiubMi oder gar öeter-
reinhischen — noch Holzausfobr unterhalten können, ist nur erklärlich durch
die überaus Hchwache Bevölkerung (von 6 — 8 Einwohnern pro km^), und durch
das Fehlen größerer, holzverbraucbeuder Indostriezweige. Dieser Uiustaud in
Vorbindung mit den hohen Transportkosten, hält natürlich die Hulxpreise auf
niederer Stufe, dril<^t die ReDtabititKt der Hoissacht herab und ftthrt rar
Crerings^chätzong und tl^ il vi isen Verst hweadong dea Holzes. Der Wald erhiilt
Werth hauptsächlich durch die Waldweide, wovon oben liereit.s gesprochen warde.
In di-n N(»rd<)stkantonen , welche eine erheblicht^ Kinfiilir von Holz aus
Dentschlaiid und Oesterreich unterhalten, kann dem Walde nur ein unbedeutendes
Areal durch Aufforstung bisher kahler Flächen gewonnen werden. Die ausge«
debntee Sebntthalden, Ton denen nn großer Tbeil bewaldet werden kann, liegen
im Gebiete der Alpenkette. Baa Hocbgebirge iat es also, welches dareb Erböhnng^
der Produktion und Steigerung der Anafiibr die Hobcbandekbilans der 8cbweis
wird günstiger gestalten müssen.
ii. Die Benutzung und Be w irthschaftung der Wälder.
Die Produkte des Walde«, welche der .Mensch zur Befriedigiing seiner ße-
diirfnisse aus demselben entnimmt, sind stets dieselben geblieben. Qualitativ hat
aiob in Lanfe der Geaebidite die Waldnutsong siebt geändert. Nach dok
Urkunden vom 6. und 6. Jahrhundert an lieferte der Wald damala Bau*» Zann-
nod aonatigea Nutsbolz. BaamfrUchte, Rinde, Weide und Streu, wie in unserea
Tagen. Wenn sich im Zu>^nnimi n!uing mit dem St;indc der Land\virthBchaft und
der Volkswirthschaft überhaupt Atuderungcn vollzogen habeu, so bestanden diese
darin, daß die Nutzungsweise quantitativ sich änderte. Die Mast, welche bi»
Ende dea Torigen Jahrhunderte große Bedeutung hatte, wird jetat nieht mehr
geschätzt. Daa Holl bat an Werth gewonnen, während es frtther vielfiu)b im
Walde verfaulte u. s. w.
Die ältesten Gesetzt' (lex Burgundiontim von 491 — 516; lex Langobardorum
von (513 1 enthalten Bej»timmungfn iilur die Nutzung von Mast und Weide,
ebenso wie über den Holzhieb. Wenn das um dieselbe Zeit verfaßte Gesetzbuch
der Alanannen dea Waldee gar nieht gedenkt, ao deutet dies darauf bin, daß
damals (6liJ -t52H) der Wald in der deutschen J??i li\v< iz noch so viele Produkte
lieferte, daß eine Kegelung der Nutzung ni« ht nothwendig erschien. Zweihundert
Jahre später hatten f^irb j» ioeh ■/ B. im Gebiete des Klosters St. Gallen die
Verhältnisse schon so geändert, daß die Nutzungsrechte des Landvolkes in den
Kloaterwaldungeu genau umaobrieben wurden und ein Förster die Beobachtung
der Beatimmungen Überwachen mußte.
Daß der Wald in früheren Zeiten werthloe geweaen sei, i»t eine zwar
allgemein Terbreitete, aber gleiobwobl irrige Auffawung, Die ilteaten Xachriobten
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Waldbau
— 379 —
WaldbaiL
aus dem 6. und 7. Jahrhundert lasnen die Sorge für die g»;naup Begrenzunf?
der Wälder mit Steinen uud eitigescliuitttiDou Kreuzen (528) erkeunen. Schon
selir frflhe (667) wurden in den königlichen Wtidangeii V6ra«wntigeii angeordnet.
Die fieechUtznng vor fremden Eingriifen finden wir von Karl d. Gr. wiederholt
eingeschärft. Endlich weisen die zahlreichen Urkunden, in welditii bei Käufen
oder Schenkungen die Wälder t>peziell aufgeführt werden, darauf bin, daß die
Waldungen nicht al» werthlosea Besitzthum betrachtet wurden.
Mit dem Jabre ld48, ia welelmm «der aehwarie Tbd* etom eeibr großen
TbeU der BevOlkemng dahin raffte, trat eine Aenderong ein. Die Waldunge»
faimen in Zetfalli wie aus den Klagen vom 15. uud 16. Jahrhundert hcrvorg^t»
Der wieder angewanhsenen Bevntkt ruii^' konnten di*» v"rnachlä*«igtini WaMunpren
nicht geoUgen. Die Bestimmuugüu über dm Banueu dt-r Waldungen zum Zweck
der Verjüngung, wie eie tM:hou 1257 in Grange», 12tiO in St. Maurice erlassea
werden warenv worden erneuert ond ▼ereohärft Die fiedite der Dorf- md
Hofgenoesen wurden in Dorf und Hoforduungen (WeisthUraorn) niedergelegt, W»
welchen die späteren Wald-, Holz- und Forstunlimugen hervorppgTin|i;cn sind.
Du- iiltt-steu NutzungHregulirungen sind aus deui Wallis bekannt geworden;
von rit. Maurice 1598, Leuk liiOO, Birchen 1345.
Das Ueberwiegen des Gemeindewaldbeeit^ee in der Schweis und die
repoblikanisohe Yerfasaang führten xn gemeindeweben Verordnungen, während
im benachbarten Deutschland im 16. Jahrhundert die versuch iedenen Herrscher
ihre fUr grössere G-ebiete gelten<l<'r! Forstordnuugen erließen. Diese bildeten
vielfach nur den Abs^chlnß des Prüzea.<t^, in welchem die Wälder vieler Frivateu
und Gemeinden yem Monarchen allmälig in königlichee besw. StaatKeigenthuia
ungewandelt wurden. Der Bauernkrieg blieb in der Hanpteaohe auf Deateehland
beschränkt. Allein die von den Bauern dt .s Klosters St. Gallen und de» Bischofs
von Konstanz nm jene Zeit erhoheneu Klagen beweisen, daß auch in der Schwei'/,
da und dort dati Streben dahin ging, dem Landvolke den Waldbeaits unter den
verächiedeusten Formen zu outziehen.
Die ursprüngliche Eigenthumsfonn am Walde, der Oemeindebesitz hat sieK
im grüßten Thidle der Schweix, insbesondt re in allen Gebirgskantonen erhalten.
In den Nordoßtkantonen rühren die vielen Privatwaldungen von Theilnngm her,
welche Kmle des vorigen nnd im Anfang diene« Jahrhundert*» vorgenoniniftt
wurden. Die heutigen Staat^waldungen endlich sind fast aut«Hchließlich in Folge
der Aufhebung von Klöstern und der £iniiehung ihres Vermögens in die Hand
des Staateri gekommen.
Die Gemeinden und ihre Vertreter bestimmen heute noch vorherrschend den
Charakter der Waldwirthsehaft. An die weitesten Kreise hat sich die forstliehe
Belehrung von jeher ni der Schweiz gewendet. Gelehrte Gesellschaften, wie die
naturfor»ohende Gesellschaft ii^ Zürich, die ökonomische Ge^elUchaft in Bern,
haben die Pflege des Waldes durch beeondere Sobriften schon um die Mitte de»
vorigen Jahrhunderts empfohlen. Die Si hrift von Göttschi über Behandlung der
Wälder, Anweisuijg für du.s Landvolk (ITli.')) gehört zu ilen be-ti'ti Leistunjr*^n,
welche das vorige Jahrhundert auf dem (ieldete der Fiir>tliteratur .mtzuweisen
hat. Den gleichen Weg der Belehrung und Aufklärung betrat lt<'Jf^ kusthofer.
Sein «I^ehier im Walde* nennt sich auf dem Titelblatt „ein Lesebuch für
sphwei*. Landsolinlen, Landleute nnd Gemeindeverwalter, welche Uber die Wal-
dungen zu gebieten haben."
Die staatliche Neuordnung im Anfang dip«*»« .Tfihrhnnderts führte auch zum
Erlaß von Gesetzen auf dem Gebiete der Waldwirthschaft. Die ersten Forst-
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Waldbau
— 080 —
WaMbaa
gmtaib «liieltHi W&lli« 1803, Aargaa 1804 and 1805, Waadt 1810, Luaeni
1824. BemarkeDswertb ist, daC schüii das Walliger Gesetz alle Fälle gesetzlich
norinirt, in welchen der Waid Schutz gegiw Lawinen, Erdabrutschnngen, üeb^ir-
«ohwemmungen otu., gewährt. Eine Beihe von Forstgeaetzen wurde nach dot
poUtiaiihaii Bewegung von 1890 arlamn (in BMalland, Solothnm, Lasern, Bern,
jälrioh, GlariM, Gimnbttiideo, Ttena). Aach die palitiaoheQ Erd|;aiaae des Jahraa
1848 and der I860«r Jabr» gaben a« aeaer get>etsgeberiHcher ThStigkeit Anlaft.
Die Hev!>*ion dnr BundeaverfasHnag von 1HI74 eudliob ebnete einem eidgenÖKbiHchen
i^orätgenetz den Weg, demzufolge die Waidungea de« Hoobgebirges unter die
OberaaCaicbt dea Bundes gestellt wurden.
Die geMtsgeberische Thätigkeit im Gebiete der Waldwirtbscbaft ist enge
▼erknilpft nut den politiaehea aad oationaldkonoaüadMii StrOmoogen, welobe aiber
sachlich ztitretTemle und zweckmäßige Beefeiiiimangaa früherer Getietze nnberOblt
ließen. Eini ^'ftrgleichun^• (h^r Gresetze aus den vemrbicdenen Zeiträumen ergibt
nämlich, daü ihr Inhalt in den wesentlichen Punkten ein Übereinstimmender ist.
Dagegen ist in den neuen Gesetzen größerer Nachdruck auf die Ueberwachnng
der Aaeftthnrng der Geeetaa durch eia teehusch gebildetea ForetperMoal geli gt.
In Folge dieeer Gesetagebnng sind in OMbreren Kantonen dee Hochgebirges
technisch gebiMeto Forstwirthe angestellt worden, wihrend vorher die Wald-
wirtlHchaft ftv^t p^nz den Gemeinden ttberlasHf-n nnd vom Staate höchstens daroh
»eine politischen, nicht technisch gebildeten Organe überwacht worden war.
Der I örsterstand reicht übrigens sehr weit in die früheren Perioden zurück.
Insbesondere in den küniglichen Waldungen, die in den Kantunen «St. Gallen,
Zttridi, Granbflnden, Bern, Waadt etc., in den llteateii Zeiten genannt werden,
hatten »ehon »ehr frUh Förster (foreatarii) die Anfticbt an ttben. So q^ridit
schon 697 Childebert III. von Förstern (forestarii nostri"), welche im Staat«walde
(der Wald wird als fiscus aufgeführt) den Schutzdienst ausübten. In den
Kapitularien Karls des Großen wird den Förstern die PÜicht auferlegt, eine
Jabreareobnung su stellen. Ende des 9. Jabrbanderta ttberwaobt der Förster des
Klosters 8t. Gallen (forestarias sanoti) die Ansttbnng der Hntanngen der Dorf*
bewohner in den Waldungen des Klosters. 1087 wird anläßlich einer Schenkung
an da« Kloster Allerheiligen in {^chaffhausen fe««tgestellt, welche Abgaben der
Waldwürtcr (cn.stos silvae) in Malans zu entrichten habe, 1257 nennt da;?
Kloster Lu/.ern neben andern Bediensteten aueh die fureotairi. 12(30 werden in
Hör bei Zttriob nemorarü sen vorstarü genannt; 1263 wird der «vorster* er*
wähnt. Diese Benennung hat sidi bis heute im Kanton Zürich nnd St Gallen
erhalten, wo der Förstt-r im Volksmnnde ,.For>iter'' heißt. Aus dem 14. und
15. und den späteren Jahrhunderten haben wir in^hpHondere Naobriobten aus
den Vogteien Uber die Anstellung und Eutachädigung der Fürster.
Di^ Förster hatten vielfach nicht einmal empirische Bildung, ho daß der
fiatrieb der Waldwirthaohaft nieht als ein taehmaoh geregelter angesehen werden
darf. Erat in der naneren Zeit erhalten dieselben in versohiedenen Unterriohts-
kursen eine besondere Aosbildnng.
Wissenschaftliche Bildung unter dem Forstpersonal tritt erst Ende des
voriffen Jahrhunderts auf. Einzelne talentvolle innf^e Männer — unter ihnen
der ijiekannt und berühmt gewordene Kasthoter — wurden an deut&cbe Schulen
und Universitäten geacbickt. Diese Uebnng, vorberrsobend in Dentsoblandt besw.
Frankreioh die forstlidien Stadien an niadien, erhielt sich bis aar Gründung der
ddg. Forstficbale am Polyteohniknm in Zttridi.
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WftUbau
— »81 —
WaldbBB
Diö wisseuHchaftlich gebildeten Forstwirthe treten weit überwiegend in den
Dienst des Staates. Als Staatsbeamte haben sie in allen den Kantonen, in welchen
keitto Staatowaldnngeii Torbandmi nnd, d» Änfinelit Vlier die Gemmnde- besw,
die Privatwaldnugen zu fuhren. 38 Oemeinden haben besondere, technisch nnd
wissenschaftlich gebildet« Forstwirthe angestellt. Ueberiill ist jeducli die Wald-
wirthfMjhaft in die Hand der Gemeinde i^elegt, welche dieselbe durch besondere
Kommissionen ausübt. Der Unterschied beateht nun darin, daß die Ausführung
aller Arbeiten in jenen 88 Gemeinden dnidi einen wiaHenaohiidioli gebildeten
Techniker, in den andern dnreb einen emptriaeli geeoliallen Banawart geleitel wird.
Von jenen 38 G^meiudt n, welche wissenschaftlich gebildete Techniker an-
gestellt liiiben, besitzen 16 Gemeinden bis 500 ha, 10 Gemeinden 501 — 1000 ha,
9 Gemeinden 1001—2000 ha, 8 Gemeinden über 2O0O ha Wald. Bei kleinem
und selbst sehr kleinem Waldbesitz lohnt sich die Anstellung eines Technikers,,
weil die beben Erträge dee Waldee und die MQglielikdt der feineren Wirth-
Schaft die Anagaben illr die Beeoldnng reicUicb erBetsen.
Da der Waldbetits der meisten Gemeinden aelten 100 ka ttbersolireitet, e»
ist eine Vermehrung des wissenschaftlich gebildeten Penonak anr dadurch zu
(>rreir}ien, daß mehrere Gemeinden einen Forstmann gemeinBoliaftUob zur Be«
wirtlibchaftUDg ihrer Waldungen berufen.
4. Der Natu raier trag der Waldungen.
Ein Nachweis über den Ertrag der Waldnngen im Ganzen läßt sieh nicht
geben, üeber den Ertrag an Wald weide, W^aidstreu werden la«t nirgends Er-
kebungon gemacht. Es kann daher aar der Ertrag an Hols fUr einzelne Kanton»
hier mitgetheilt werden. Die in Tabelle 8 enthaltenen Zahlen sind den amtliokea
Jahresrechiumgen entnommM, stellen abo die wirklick und nachhaltig geoutstea
Holzma»sen dar.
Vorerst muß sich der Nachweib aui einen Theii der Waldungen beschränken.
Lediglich anf SohUtanng berahende Angaben kttnnten bei der Unsicherheit aller
in Bedacht an mehenden Faktoren nnr sehr bedingten Werth heansprachen,
llntzungen, welche 9 Festm. Ubersteigen (Aaran, Lenzbarg, St. Gallen) ge-
hören zu den höchsten, welche bis jetzt bekannt geworden sind. Andererseita
sind die niedrigHten mit 1 — 2 Festm., welche im Gebirge angegeben werden,
in der norddentöchen Ebene über sehr weile Flächen hin nieht einmal erreicht.
Die großen Ditlerenzen im Ertrage der verschiedenen Kantone rühren vun
mehreren, ansammenwirkenden Ursaches her, die snr ErlKttterung spesiell tech-
nische Ansfithrongea erfordern würden. Was ans ihnen aber nnxweifelhaft her-
vorgeht, ist die Schlußfolgerung, daß die Waldnngen noch nicht ttberall die
höchst möglichen Erträge abwerfen.
5. Der Geldertrag der Waldungen.
Von wesentliehein Kinfliisse auf den nclilrrtrag der Waldnngen sin^l die
Holzprei^e. Die^e nehmen in den verHohi*"deneu (legenden ganz verschiedene
Höhen ein, welche nur durch ausführliche und detuiliirte Tabellen nachgewiesen
weüden konnten. Von solchen maß aber Umgang genommen werden.
Der Kachweis des Geldrohertrsgs nnd des Geldreinertrags, welcher nach
Abzug dei A I -al l II sich ergibt, gewtthrt einen Einblick in das Kdiließliche
Resultat, welches durch das Znsammenwirkeri der natürlichen Faktor* n d< s Ilnlz.
wai h^thtimn und der sozialen B'aktoren der Freise, des Absatzes und der Bewirth-
Schaltung entsteht.
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Waldbau
-- 382 —
Waldbau
Jährlicher Holsertra^ yon 1 ha, Qesamiatflaühe.
- 1
X a
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—
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5 «
OVBllZOSKridl
^ 1
Desiizesnrieii
* 4
g .
Q
9 3 1
M * 1
K0«tniet«r
•
Pettinel«v
1. AirgaiL
XII. Nidwmiden.
StaatswalHtinppn .
16
4,79
ta. 6,79
25. Alle Gemeinde- u. Kor-
2. Alle Gem.-Waldungeo
6
4,4i»
parat Inn sw.ild untren .
5
Z,<>/
3. Sladt Aarau . , * .
8
9 »i»;
4. Stadt Lenzboi^. . .
39
9,53
XIII. Obwalden.
26. Alle Gem. -Waldungen
4
2,44
II Ann AnvAllaAllflflAVphml AM
II. Mpp6n2vii*MUi9ürrnvuon*
d. Alle Gemeinden u. Kor-
XIV. Schaffhausen.
pnrnf innen ....
4
—
3,7 i
27. .SiaatswaldungvD . .
9
4,88
III. Appenzeü-Innerrhoden .
28. .SiadlwaldungT.SchAff«
5,13
6. Alle Staats-, Gemeinde-
29. Spitalwaldung v.Schaff-
u. KorporatioDSWAld-
liausen
25
441
6
2,06
—
30. Alle Gem. -Waldungen
0
—
4,16
IV. Basel-Landftchaft.
XV. Schwyz.
7. Gemeinde TJe«ta! . .
5
5,53
31. Alle Gemeinde- u. Knr-
V. Basel-Stadt.
porationswaldttugen .
8
2,z2
8. bladt Hasel ....
6
2,28
XVI Sololhurn
AVI« WlUitfUI II»
VI. Bern.
32. StaiLtswfttdDnmi
5
—
5.08
33. Alle Geni.*Waldan9en
5
JL M
*»»
9. Staulswiilduugeu
13
XVII. St. Gallm.
10. Oberland
11. Mittelland
4
4
4
3,51
5,21
5,38
34. Sla.if<\val«lunt:en . .
35. Alle üem. -Waldungen
36. Stadl St GaUen . . .
10
10
4
—
- - -
7.41
ö,08
a AI
7,*/
13. Alle Geni.-Waldun^n
A
3 77
XVItl. Thurgau.
Nach Bezirken:
37. Staatswaldiinaen . .
37
1^ Ott
o,vo
1 ( nhorhinil
XIX. Uri.
ib. Miltdlaiid
6
—
4,73
3
4. iV)
*,l).J
38. Alle Gemeinde- u. Kor-
VII. Fr«lbw|.
porationswaldungen .
7
l,2n
•
17. StaatswalduHKen . .
14
—
5,46
XX. WaadL
18. Alle Gem.-Waldoogea
10
4.08
39. Staats Waldungen . .
5
3,56
1
40. Stadt Lausanne. . .
37
7,13
VIII. Glarus.
1
19. Alle Gemeinde- u. Kor-
XXI. Wallis.
poration^waldungen .
9
1,53
41. Alle Gemeinde- n. Kor-
IX. GraubUnden.
poretionswaldungen .
6
0,96
XXII. ZOridi.
i>or:i t i nriHW aldilliiieti .
i/vji i 1* '11-7" ■aawHHW# •
5
1,62
42 Sl.'ir(f'^\vnl<liintren
22
6,18
^l. Stadt Chur ....
3,78
43. Alle (.iomeiude- u. Kor-
X. Luzern.
poralioDswaldungen .
44. Sta.M Wiiilorthur . .
i «
5,74
;i7
1
6.84
SUalüwalduiigen . .
8
6,37
45. Stadt Zürich ....
•10
7,88
*23. Alle Gl iiiriiide- u. Kor-
pot ;iiioii<\v;ddungen.
4
7»»7
XXIII. Zug.
1
1
46. Alle Gemeinde* u. Kor*
f
XI. Neuenbürg.
pora t ioi 1 - \\ . < M 1 1 n yen .
il
4,74
34. StaaUvvuliiungeu • .
i 7
4,60
47. Korporation Zug . .
i 4,89
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Waldbfttt ~ 383 Waldbau
Tabelle 4 gibt eine Uebemcht über die jährliches Brutto Einnahmen aus
1 liA Wald, witt de ana verkauftem Holl und ans dem Erlte an Kebenprodoktea
{Orai, Streu etc.) eieh siuammeiieetMii.
Die Brutto - Siimahiue pro ha. der GreeammtflSohe beträgt:
Zshl der
1. Stadl Aarau If 175,5
3. SUdt Zürich (inkl. Verarbeilung) . S3 152,6
3. Murten 16 153,6
4. Sladt Wintertliur *0 ir)0,+
5. Stadt St. Gallen 4 141,5
6. Stadt Lenzboj^ 23 135.5
7. Äargau, Staatswaldiingeii 23 100,5
8. Zürich, , 23 100,1
9. Stadt Lausanne 37 100,1
in. Tlmr^au, SlaaL^waMunfrpn . 23 88,0
11. SlinU Waldung von Schaß hausen ^2ö 80,9
12. St. Gallen, Slaalawaldnngen ä5 78,0
13. Sachsen, , 25 — 70,1
U. Württemberg, , 25 — 65,4
15. Freiburg, , 25 65p3
16. Spitalwaldung von SehaiThausea 35 64,4
17. Neuenburg, StaaUwaldungen 23 63,1
18. Baden, , 18 — dl,«
19. Bern, , 33 62,5
30. Solothnm, . 4 60,3
21. Sta.lt Chur 20 r,0,l
ii. Stadl Liestal 6 59,6
33. Sdieffhausen, Gemdndewaldungen des IL Kreiflai .... 8 B&,5
24. Eisaß-Lutbringen, Staatewaldttngmk 13 64,0
25. SchafThausen, , 23 53,5
26. Waa.lt, . 33 80.3
27. FreilnirK'. Gemeindewaldungen 23 i(i,2
28. S«;biill"hiiusen, Gemeindewaldungen des 1. Kreises .... 8 45,4
29. St. Gallen, PrivaLschutzwaldangen 7 37.4
30. St. Gallen, Gemeindewaldungen 7 33^
31.,Preulkin, StaaUwaldungen 19 — 33,8
Die Anagaben, welche für FXlIung nnd Transport des Holne, für Weg-
banten nnd künstliche Terjttngang der WXlder, fiir ßeioldangen dcc Foret-
pereonala, fttr Boreaakoeten etc. erwachsen, sind in Tabelle 5 xvaammeoge&ßt.
Die flümmtlidien Ansgaben pro ha. der jGhwammtflIche betragen:
ZftU dar
1. Stadt Aarau 12 90,3
2. Sladt Zürich 33 76,9
3. Stadl St. Gallen 4 73,4
4 SUdt Winterthur 20 39,8
5. Murten 16 39,6
6. Thurgau, Staatswaldnngen 23 34,1
7. St. Gallen, , -lA 31, (i
8. Stadt Lenzburg 2;{ 31,3
9. Aargau, StaaLswaldungen "IH 29,1
10. Württemherg, , i3 — 27,8
U. Bern, , 23 -27,8
12, Neuenburg, , 23 27,7
13. SUdt Liestal 6 27, (i
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Waklban
— 884 —
Waldb«it
Zahl der
14. Stadt Chor SO S7^
15. B8d«n, Staatswaldungen 18 — 96,&
16. Klsaß-Lolhrin^'en, StaatswaldmigeD 13 — 96^4
17. Zürich, SUialswaldungen ...... 33 25,8
18. .Spitalwaldungen Ton SchnfffaaiUMl S5 95,1
19. Stadtwalduti^'t n von SchafThaiiSMi 25 24,9
90. äolotbura, Staatswaldungen 4 24,5
91. Sehafflmitwii, « 19 94,1
92. Waadt. , 91 99,0
93 Sachsen, • 93 — 91,8-
94. Schaffbausen, Gemeindewaldnufai des ü. Kreises .... 7 91,6
95. Freiburv. Sf;iat.«wa1ihingen . . 98 17^
96. SchatVhauscu, Gemeindewaldungen des L Kreises .... 8 17,0
27. Stadt Lausanne 37 16,1
98. Preußen, Staatewaldnogen 19 — 11,1
Tabelle 6 endlich enthilt die BeinertrSg« der Waldangen, wie sie wth.
den amtliaheii Jahresreobnniigen endelt worden eind.
Es betrugt der Beinertrag pro ha. der Gesammtfllohe:
ZM d«r
Period«»' Frankea
Jahre -
1. Mvrten . 16 113,9
9. Stadt Winterthar 90 110,6
3. Stadt Lenzburg 93 93,8
4. SUdt Aarau 19 85.9
5. Stadt Lausann« 37 84,0
f.. Sta.lt Züri.l. 23 75,7
7. Zürich, Siaal< Waldungen ^ 73,5
8. Aargau, , 93 71,3
9. Sta.il Sl. Gallen i 09,1
10. Slatltwaidung von Schaffhausen ä5 68,0
11. Tlmrgan, Staatswaldungen 23 64,0
12. Sarli^pn. , 23 48,4
13. Freiburg, , 23 47.8
14. Sl. Gallen „ 23 itJ.4
15. Spitalwaldungen von Schatlhausen 25 39,3
IG. SchatThausen, Gürueindewaldungen des IL Kreises .... 7 38,0
17. Württemberg, Staatswaldungen 23 — 37,&
18. Baden. . 18 - 37,6>
19. Solotbum, , .......... 4 36,6
20. Xeueobnrg, » 23 35,1
31. Bern, , 33 34,7
99. Stadt Gfanr ' 37 39,8
23 Scbairiuiusen, Staatswaldungen 19 32,6
24. Sladt Liei^taJ 6 32,0
95. ScbaflThausen, Oemeindewaldungen des I. Krdses .... H 98,3
26. Waadt, Sta.it-wriliiniiv-^ri 21 27.7
27. Elsali-LotbriDgcn, Staatswaldungen 13 — 97,3
98. Ptenfien. , 19 - 11,7
Die Vergleiohang dieser letzten Tabelle Iftfit die großen Unteisehiede im
Rrtrage leicht erkennen. Es lohnt sieb im Tolkswirthschaftlichen Interet<tie der
Schweiz, diese Unterschiede näher zn unterauchen und derfn Ursachpn anf-
zukliircn. Es int nicht zwf"ifelhaft, daß durch Verbes-serung der Wirth.schaft iJio
Erträge noch an manchen Orten gesteigert werden könnten. Andererseits zeigt
die Zttsaounenstellnng, daß die Krlrftge einselner schweiserisdier Waldungen die
aus anderen Landern bekannt gewordenen weit ttbertreffen.
^vu-jm> Digltized by Google
Weinbau
— 885 —
Weinbau
Weinbau. (^VerfiEuaer : Herr Krauer- Widmer, Dozent für Weinbaa am
eidg. Poijrtechnikum.)
L Are»! und Verbreitung.
Du gSBammte Rebanal der Sobweix betrigt lirka 83,046 Hektaren, welobe
neb auf die einselDen Eantone vertbeilen, wie folgt :
Aai^n . . . .
2,524 Hekt.
St. Gallen (1886) .
674
Appenzell A.-Rb. .
10
«
SchafThausen . . .
i,ioa
Basflland . . .
700
«
Schwyz . . . .
200
Ba^elstadt
60
m
Sulutburn . . . .
130
Bern , , . . .
ÖOO
it
Tesain . . . .
6,640
Freibnrg . . . .
280
m
Tburgan ....
1,820
Genf
1,980
m
6.600
Graubunden . . .
320
Wallis
2,340
Lnz**rn . . . .
eo
fi
Zog
70
ücueüburg
1,250
n
Zürich
5,.'>16
«
*
Total wip oben 33,046 Hekt.
Die weinreicbsten Gebiete tiind das Sottocencru iiu Kuutua Tc^äin und die
HHgel- und Berglandsobaften am Genfer-, Neoenburger-, Bielcr-, ZOricber- und
Bodenuee. Dann folgen dae Rbonetbal im mittleren Wallis, die AbbSnge des
Jura in den Eautonen Aar^^'un, Ziirich und HcbüiniaiiHen, namentlich in letatemi;
ferner da« nntfrc Ajir- uud Limmatthal, das tmtrrc Tößthal, das nuftlere und
untere Thurthal uud das Rbeiutbal von Cbur bis Sargan« und von Forsteck
bis zum Bodensee.
Die Erhebung der Weinberge Uber Heer rarürt sebr. Die tiefbt gelegenen
fiuden wir bei Locarm» und Umgegend, zirka üoi» m, du,] bei Basel, 270 m. In
der Hochebene z\vis( In n GtMifer- und Bodensee erhebt sich der Wi instiK k an lUm
slUlMehen, s1i(lnsili( hcn und südwestlichen Abhängen bis zu 5nO, ja (iO(i m und
darüber; iu den Alpeiithälern steigt er bedeutend höher, so au der Porta Konmna
bei Ragai bis 710 m, bei Tomik im Domleeebg bis 970 und bei Vispertenuinen
im Nikolaithal sogar bia 1210 m.
II, Erziehungaarten (Sehnittf ormen).
Im wesentlieben kann man deren fünf anteraobetden. Jede denelben gibt
an ihrem Orte, je uacb Rebfiorte, Boden im l Klima, gute Renultat«; keine aber
kann als die absolut beste, für alle V'crhültnisso pjwsende bezeichnet werden.
1) Zapfensi hnUt (Stiftschnitt). Drr Stamm wiivl haM kurz, als sog. Kopf,
bald lang ab Schenkel gezogen. Auf d« ihm ILl-h .■^chiu idi t man 2 bis 4 Zupfen
von je 2 bis 4, höchstens 5 Augen, umi unter jedem derselben ein tle«»erve-
etiftehen ron 1 bia 2 Augen. Eine Modifikation dieeer ErziehnngHart iet der
Bog. lioiks'hniU in der franzö.^ischen Sehweiz. Der Stamm iat kurz, 15 bin
25 cm hoch, mit 8 bis 4 Schenkeln (cornes), auf weloben Zapfen von 1 bie 2
Augen stehen.
In der deutschen Schweiz kommt der Zupfenschnitt zumeist beim UualitStB-
bau zur Ausführung, in der franzSaisoben Sobweiz wird er fast anaschließlioh
angewendet und liefert da nicht nur guten, sondern auch viel Wein.
2) Rundbi^enschniü. Findet sich bauptaftchlieh iu der deotnchen Schweiz
und zwar hei deu Htarktriebigen Rebsorten, bei welchen mehr auf die (Ttuuntität,
als auf die Qualität gesehen wird, üocli werden in einiir»'fi (irirHn it'n aru h
edlere Sorten, wie z. Ii. schwarze Burgunder, in dieser Weise erzogeu. Auf
Farrtir, Volk»wirtluckafU>Laxlkoa d«>r .Hchweisu 25
i^iyuu-cd by Google
Weinbau
386 —
Weinbau
einem Stamme voa wechselnder Lauge wird eine Trdgrebe von 4 bis 20 Augen
angeKclmitten uaA sodann kreufifrmig gebogen. Etwas tiefer steht ein Zapfen
von 2 bbt 4 Augen und mitunter möglichst nahe am fioden ein B^rv^tift
von 2 Augen. Sehr kräftige Weinsttfoke erhalten in einigen Gegenden swei
solcher Bogreben nebst Zapfen.
ii) Sireck- oder Siecköof/oiS' ImiU. Derselbe unterscheidet »ich von dem
Torhergehenden bloß dadurch, daß die Tragruthe horizontal gestreckt und mit
der Spitze entweder m «nen knnen Ffiahl, resp. an einen Diiiht befestigt, oder
aber einfaoli in den Boden gesteekt wird. Diese Eraehungsart ist eigentlioh
identisch mit dem renonutürteo Sjatkne Guyot in Frankreich und mit dem s. Z.
in schwindelhafter Weise angepriesenen Hooibr^-nkVoheu System. S'ut iat in
der nördlichen Schweiz zu Hause und liefert bei gleicher Menge bessern Wein
als der Eundbogenschnitt.
Als Untersttttsung dienen bei den genannten Formen in der Begel Pfahle;
Brahtanriehnng kommt in der Schweis selten vor.
4) Hohe oder üaUeniMke l^aidmngsaH im Kanton Tessin und in den
südlichen ThKlem des Kantons GraubUnden. Nicht an todten Fflthlen, sondern
an lelK-ntlfii Bänmpn (FftldahormMi) wird der Weinstock gezogen und liänfig
sohlinj^en sich die Tragrebeu in Form von Gnirlandcii vun pinem Baum zum
andern. Oefter auch Uegen auf hölzüruea Stützen oder geujuuerten i'leileru m
Mannshöhe horisontale Qneistangen und die Bebe Utnft lanbenartig Uber diese
Gerüste hin, wKhrend daronter andere Knltnrpflansen gebant werden.
5) DU alte Wallt ser Ereiehnnijsart. Die Reben werden ganz niedrig
gehalten urid die ZwlI^'c derselben flattern firei über den Boden hin, wie im
südlichen Fraokreioh und Spanien.
HL Terjttngnng.
Die Dauer des Weinstockes hüngt von Sorta^ Sdinitt und Boden ab In
leichten Böden altert derselbe früher, als in schweren, und starktriebige Sorten
bleiben liinger fruchtbar, als schwachtrifhigp. So kommt es, daß in vielen
Gegenden die lieben ein fruchtbares Alter von 40 bis 60, ja 70 Jahren er-
reichen, während in andern sdmn aadi 10 bis IS Jahren verjüngt werden maß.
Die Yeijttngong wird auf yerachiedene Weise vorgenommen. Im Kanton Waadt
nnd in einigen andern Weingebieten der französischen Schweis reutet man die
nlten Heben ans, benutzt den Bodtn während einiger Jahre mittelst anderer
Kulturen und nimmt daun die Wieder bepüuuzung mit Wurzelreben oder Blind-
reben (chappons) vor; letztere werden am häuligsten verwendet. Auderwurtf*.
namentlich in der deutschen Schweis, werden die Beben Tergrubt*), und swar
bald nur einselne Stöcke, bald ganse Parzellen. Da, wo ansnahmsweiHe Wein-
berge gerodet werden, benutzt man zur Wiederherbtellung derselben statt Würz-
lingen hänfig" alte SUicke, wie man wie oft beim Vpriünpren der Riben durch das
Vergruben criialt, liog. Setzreben, mitunter auch die beim Schuitl in Wegtull
kommenden alten Bof^ben.
*) Da* Ver^^rubeii wird folgender Mabeii ausjreführl: An dem zu verjüngenden
Stocke läßt man ein bis zwei einjahrigt- Schosse stellen, die äbri;?en werden beseitigt
Dann räumt mnn die Krde um den Slock herum Im- auf den Wurzclkranz wc,:, nnu lit
einen Graben l»ts zu der Stelle, wo die jun^»e l'iiaii/' :^tf-hon soll, bic^jt n .litt u Stock
unter möglich.'-ler Srlionung dc;> Wurzelweikts in il* n (i:,tli(-n nieder, zii li! ui der be-
zoiolincffti Sifl!'' is notdi vorliandeiie eiiij'iMi 'L <■ ]\<^:■ -i iikr> i!it in Ale Höbe, so daß
einige Austin ril»er das Niveau des Bodeos hervorragen und Jülll den ürubeu xmi Erde zu.
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Weinbau
— HH7 —
Weinbau
IV. Sorten.
Was die Bebiortea anbelangt ao werden deren hanptiioliHch vier im
Großtiu gebant, nämlich Gntedal, filblil^f, BXmohluig nnd bUtier oder aehvafier
Borgunder.
Die Guteilelsurten, Chassela-i, bilden den Hftnptsatz in den Kantonen
Genf und Waadt^ sowie am Neuenburger- und obern Bieieiiiee; foruer tritit man
ide in ganzen Complexea im Wallia und in den Juragegenden, spesiell in den
Kantonen Baael nnd Aaxgao; in den ttbrigMi Weingellndea der niirdliohen und
•Satlichi n Schweif finden Hie äich mehr Tereinselt. Ihrer großen Verbreitung
wegen besitzen sie viele Lokalnamen, wie Dachtraube. Elsaßer, Fenf];n>t, Gut-
lauter, Junker, Klöpfer, Most, Scheukeuberger, Weiülauter etc. AU koustante
Varietäten können unterschieden werden:
1) Der weiAe Eraehgatedel oder Pendant nüt swei weitem Spielarten:
a. Der in der Blttthe nicht empfindliehe Fendant ronx oder TOBt&rhige
Kracbgutedel.
h. Der grüne Krachgutedel Fendant vert), kräftiger und mehr Wein
JUefernd aln der erstere, aber in der i^iütbe empfindlicher.
Der Jnragatedel. Sehr fnuhthar, jedoeh empfindlich.
3) Der weiße Gutedel. Vom vorhergehenden nur schwer zu unterscheiden.
4) Der rothe Gutedel (Cbasselas rouge), fast die fruchtbarste aller Gutedelaorten.
5) Der Pariser Gutedei (Uhasselaa de f ontainebleaa), mit dem Fendant ronx
nahezu übereinstimmend.
6) Der KSnigsgatedel (Chanielaa royal), deMMi Beeren ndi gleidh naeh
-der BlBtbe violett &rben.
7) Der Kaakatgutedel. Der Stock bt «chwaohwflobaig nnd empfindlich,
•die Tranbeu aosgezeichnet von Gesrhmack.
Hin.sichllich der ürziehungsart find die Gutcli l nicht wählerisch ; man kaun
sie auf Zupfen oder Bogreben schneiden. Dagugt^n machen sie gewisse Ansprüche
■an den fiöden. Eiee« nnd Sandboden sagt ihnen nicht in, sie verlangen an
ihrem Gedeihen einen reicheu , nicht zu trockenen Lehmboden. In solchem geben
sie sehr große l^Irträge, durelisschnittlich 55 bis 70 Hektoliter pro Hektare. In
ganz guten Jahren .steigt in einigen Gegenden des Waadtlaudes , so z. B. bei
Morge», der Ertrag aul 27u bis öüü Hektuliter, bei Bevaix am Keuenburger
.See sogar anf 430 Hektoliter.
Die Tranben sämmtlicher Gntedelsorten sind grofi, reifen ürtth nnd eignen
■sich durchweg gut für die Tafel.
Der Elbling ist die vorherrschende Weißweinrebe im St. Gallischen
üheiuthal, in d^n Kantonen Tburgau und Öchadhauseu, im uurdlichen Theile des
Kantons Züridi und in einigen Gegenden des Kantons Aargau; ferner findet er
sieb auch in Baselland, Solothurn und Bern, sowie sporadisch in den franaSnscben
Kantonen. Der großen Verbreitung desselben entsprechen auch eine ünaahl
von lokalen Namen, wie z. B. Burgiiner. Biirger, Dick weiß, Eibele, Elben,
Grausilber, Grüusilher, GroGhiirger, KUiiiViurL'er, Knoller, Kurzstieler, Schulden-
zahlcr. Er wird bald aut Zapfen, bald aul Üogcu geschnitten; die Hauptsache
ist, daß man viel altes Holz stehen UIßt; je iKnger Stamm nnd Schenkel, desto
größer die Frachtfaarkeit und desto sicherer die Bltithe. Der durchschnittliche
Ertrag kann zu 60 bis 70 Hektoliter angenommen werden. Die Trauben reifen
mittelfrüh, faulen bei niusser Witterung etwns leieht und geben einen leichten,
nicht gur sauern Wein, der sich zum baldigen Verbrauche beb»er eignet, als auf
<daa Lager.
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Weinbau
— '6H>i —
Weinbaa
Dem Elbling nagt trookener, schwerer Boden am besten zu; dock kommt
er anch in Ejea- und 8andbttden- fort, ist in denselben aber in der BlUthe etwaa-
empfindlieh. In naPHcm Boden geht er häidig 7,11 Grrundo.
Man niitt'iscLoiilel drei Spielarten, den gelben, grünen und rutlu ii Klbling.
Der ersten- lictVrt di-ii ht^ssprn Wein, al> dir zweite. Lk'r Hotlielbling unter»
scheidet nich von den beiden audern bloß durch die Farbe der Trauben.
Der große BSueehling (Kneller, Thnner, weißer Welseher, Zllrioh-
rebe) hat seine Herrschaft am ZUrichsee und im zürcherischen Limmatthal»
aufgeschlagen, wird indesRcn anrh in den übrigen Weingeländen der Nordobt-
Bchweiz und am Thunernee kultivirt. Der Rchstork ist kräftig und verlangt,
da die untersten Augen nicht fruchtbar sind, unbedingt langen Schnitt. Er
gedeiht so riemlich in allen Bodenarten, widersteht der WinterkShe gut, i^t
riemlich dauerhaft in der Bittthe und trügt viele große, etwas spKt reifende
Trauben. Ale Durdkechnittsertrag kSnnen 60 bis 65 Hektoliter pro Hekt^ire
anpr^'n^^nimen werden. Oelnnfren die Trauben zu voller Reife, so piebt der RäuBch-
iing einen guten, kräftigen, lagerhat'ten Wein; iu fiohlechteu Jahren zeichnet eick
dieser durch ein Uebermaß vou Säure aus
Der sohwarae Burgunder (Pinot noir). Wie alte stark verbreiteten
TranlveoHorten, ho hat auch diese verschiedene Lolnttnattien, wie Arbat, petit
Bonrgnignon, Oortaillod, petite Dole, Gutldau, Klevner, Klevinger. blauer Sylvaner,
rotbtT Sylvaner, Sulvagnii!, Servanier. Alle bessern Kotbweino der Schweis, mit
Ausnahme derjenigen von Mihux, Tesain und einigen Wallitiern, htammeu voql
sehwarten Burgunder.
Es werden Tersehiedene Spielarten unterschieden :
1) Der kleine Burgunder, welcher den feinsten Wein liefert, aber in der BlUthe
etwa» empfiodlioh ist, kleinere Trauben hat, und quantitativ nicht besonders-
ausgibt.
3) Der große Burgunder, l^üftiger und fnehtbaver als Nr. t und doolfc
einen reebt guten Wein liefernd. Die empfehlenswertheste aller Bnrgnndersorten.
3) Der Brunläubler, der etwas spater reift, bei voller Beife jedoch einen.
würzigen Wi>in pht.
4) Die iJodeu>eetniube. Mittelfrüli reilend, von den vorhergehenden durch,
die im Herbst eintretende rothe Verfärbung der Blätter verschieden.
Der durchschnittliche Erlrag des kleinen Burgunder kann za 30— 35 Hekto-
liter, derjenige der folgenden drei Yarietftten au 40 — 46 Hektoliter angenommen
werden.
Da der schwarz«* Burgunder sowohl an <ien untern, als an den obern Angen
fruciitbur ist, kann er kurz oder lang ge^^chnitten werden. Ki» hndeu auch in
dieser Beziehung große Unterschiede fitatt. WKhreud man in Neuenbürg, an den
Abhfingen des Jura, im Kanton St. Gallen, im bttndneriächen Weingebiete und
bei Winterthur, Neftenbach u. d. E. den Buri^ mder auf Zapfen Kchneidet, erhalt
der.'.elbe in der (leckend zwischen Thnr und Kliein und niidcrwi'irtM fiin* bi.s zwei
BoL'rehen. Wie dt in KIbling, ho sagt auch ihm langes alten Holz vorzuglich zu.
Der Burgunder kommt iu allen Bodenarten fort, mit Auttnahme der schweren, naseen
ThonbSden in denen er nicht lange auithSIt.
Aniier den vorntelicnd besehric! :i n II iiiiitLjewaehseu werden noch sehr viele
Sorten kultivirt, welche fUr einzelne Gegenden oder Lagen von bestimmtem
Wert he sind.
Von \\'eiß wei u tra übe n i.*t hier zunächst der Cyw/)^«?^«/" oder die weiße
Malanatraube au nennen, die im Thurgau unter dem Namen «Lindaner* und auL
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§
Weinbau — — Weinbau
ZUriobaee aJa «Züriohrebd* vorkommt. Der Stock ist sehr robust, die Trauben
reifen aber sptk. Den weißen Heuniteh (Httnach) trifft man noeh hie und da;
■er ist sehr kräftig und fruchtbar, der Weüi indessen sehr schlecht. Der tccJße
Mus< atdler ist als Spaliertraube in der ganzen Schweiz verbreitet, als Wcinberg;«-
rebe kommt er nur im Kanton Wallis vor und gibt dort die bekannten lieblichen
Muskatellerweine.
Hw weiße Burffunder, im Kaßern flabitos dem aekwaraeii com Verweebaetn
JÜmUch, kommt nur vereinzelt vor. Kr zeichnet sich durch eine gröl^ere Wider-
standsfähigkeit gegen die Blattkrankheiten aus, ist fruchtbar iintJ gibt einen sehr
guten Wein. In der französischen Schweiz heißt er Finot blanc und Epinette.
Der roihe Buryunder (Grauklevner, Mosler, Eothklevner, Kuländer, Petit gria,
Pinot griel kommt sdten in reinen Beetindsn vor, bSofig aber gemieobt mit dem
«obwarsen Burgander, von welehem er abetammt und in weldien er KKnfig lorllok*
schlägt. In der Fruchtbarkeit ist er dem letztern mindestens gleich, in der Reifezeit
etwas früher, und aus den jrvaurotbi'n Trauben wird ein sehr feiner, kräftiger VVein
gewonnen. Er verlaugt etwas schweren Boden und eher Bogen als Zupfenschnitt.
Der graue Tokajer (Malvoisie) wird von vielen Ampelographeu mit dem
RnlSnder identifisirt, von andern für eine besondere Spielart gehdten. Er gedeiht
auch im Kiesboden und der Wein ist noch feiner, als der des rothen Burgundttca.
Ganze Komplexe desselhpn trifft man im Wallis uud in den Umgegenden von
Schaphausen, sonst findet er sich zerstreut in den Burgunder- Anlagen. In der
BlUthe ist er etwas empfiodlich. sonst aber sehr fruchtbar ; in guten Jahren steig;
•der Ertrag bie anf 120 Hektoliter.
Der rothe Tramuner (Gfontil dnret ronge, Grie ronge« Halden ronge, Salvagnin
rooge da Jura,) ist gchwachwUchsig, verlangt kräftigen Boden und laugen Schnitt.
Die Trauben reifen etwas spät, haben aber äußerst wcnii? Säure; erlangen sie
die völlige iieife, so zählt der VV^eiu zu den vorzüglichsten. Der loei/oc Iraniimr
(^>etite Arvine, Halden blano, Salvagnin blanc, Sohleitheimer) ist dem rothen sehr
Shnlieh. Beide kommen meist nnr sporadiseh vor, ganze Beet&nde sind selten.
Der weiße Weslhvfy von dem die vorzüglichen Rheinweine stammen, wird
int Wallis unter dem Namen Johannisberg und (»etit Rhin knltivirt und gibt dort
eüeutalls feurigen Rüßen Wein. In den übrigen KebguUinden der Schweis ist er
nur selten zu treiien.
Der grüne S^tvaner^ in der fransSsuohen Sehveiz Gros fihin nnd Plant du
Bhin, ist sehr fruchtbar und reift seiue Trauben mittelfrüh; der Wein i^t gut,
kommt aber denjt iiig« n des Rieslings nicht zu. Der rolhe Si/lvaner, der aber keinen
Kothwein liefert, unterscheidet sich vom grünen bloß durch die Farbe der Trauben.
Dur yelbe Orllieber (Kuipperie, kleiner Käuschling) fiiidet sich nur sporadisch.
Der Bebetock ist krilftig und gedeiht in allen Bodenarten, sowie in den windigsten
Lagen, ist ttberaas frnchtbar und nic^t empfindlich in dw BlUthe. Dagi^en leidet
er vom Tranbenvnrm, und die kleinen, gedritngten Trauben faulen bei nassem
Herbstwetter sehr rasch. Der Wein i-^t von mittlerer (Qualität,
Der weißti iudluftpiler ist erst in neuerer Zeit importirt worden, zeichnet
«ich durch Widerütaudsfähigkeit gegen schädliche EiuÜilsse aus, i^t namentlich in
der Blflthe ganz nnempfiDdlieh nnd sehr fruchtbar. Leider reifen die Trauben spät
und es paßt daher diese Sorte nur für die frühsten, hetßwten Lagen.
Iv ■ t Ii w e i n s r t e n. Längst eiaheimiseh sind in gewissen (iegenden der
Krknbtirher , der Mörsch oder Morchel, der liikffler und der Jhtzf:h-'hner —
^hr robuste uud tragbare Sorten, welche von den verschiedenen i!k.raukheiteu
wenig heimgesueht werden, aber spät reifen und saure, jedoch baltbare Weine liefern.
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Weinbau
W«nbattt
Der Gros Rouge Savoyard (Mondeuse) \»i ebenfSalls «ehr robu»t uaa tragbar,
abmr «neh ipKtreifend; kommt in der framtfoiicheii Schweis yor.
Bedeutend edler ist der aus Burgund »tammende Gamay (Gamet, Liverdon)^
doch lange nicht «o edel als der schwarze Bnrgnnrler oder Pinot. Er gedeiht in
schwerem Buden benser als in leichtem, ist unemphodlich gegen Kälte und NSsse
und sehr fruchtbar; verlangt kurzen Schnitt. lu der deut>tchen Schweiz tri dt man
ihn nnr voreinielt; im Kanton Nenenbnrg wird er bei Epagnier und St. Blaise
im Großen gebaut und im Wall» findet er aeit einiger Znt ab 9r<me IMe^
immer mehr Yerbreitimg. Dort irird deseen dnrchaolimttlieher Brtrag an 7S Hekto-
liter angenommen.
Die MUlierrebe (Enfarin^, Meunier), mit dem blauen Burgunder verwiiiidt.
leiohnet sich durch große Remstenz gegen Winterkälte ond Spätfröste aus und
taugt daher yonttglieb in niedere Lifen. Itegegen iat sie dem Sehwarsbrenaer
und der Peronuspora sehr unterworfen. In schwerem Boden gedeiht sie besser^
als in leichtem. iJic Tranben !«ind von mittlerer Größe, reifen mit denjenigen den-
großen BnrgnnderH und geben einen guten Kuthwein.
In neuerer Zeit wurden impurtirt der Blaufränkische (Limberger), der blaue
PiHrtuffieser (TOelaner) und der St. Laurenl (Lanrentiuarebe}. Der entere iet lehr
Kt&rkwUchsig und frimbtbar, treibt aber irHh aus und exfriert deßbalb Jeieht.
Die großen schwarzblanen Trauben reifen etwas spSt; die Hebe paßt daher nnr
für die besten Lagen. Der Schnitt muß knr^ gehalten werden Der Wein int
dunkelfarbig, kraftig, aber herb. Der Poriugieser ist ebenfalls fruchtbar; die Trauben
und groß, reifen ftlA und geben einwi friißen, dunkeln Wein; da indessen der
Stook im Winter leicht erfriwt und die grttnen Theile der Bebe «ehr vom Schwan*
brenoer leiden, so hat diese Sorte keine grofie Verbreitung gewonnen ; vielmehr
sind viele Neuanlagen wieder ausgehauen worden. Per Sf. ]Aiureitt gehört mm
Gescblecbtti der Burgunder, i^t wtarkwtichMg und »ehr liucditbar, in der Bliitho
von mittlerer Dauerhaftigkeit. Die großen und großbcerigeu Trauben reifen vor
denjenigen des großen Burgunders , der Wein ist kräftig und hat eine sohOne
Farbe, erreicht jedooh die Gute der Burgunder weine nieht gans. Leider treibt
der Stock fHlh ans, paßt folglich nicht fttr tiefe Lagen, wo SpjitlMIste hftufig
eintreten.
Der Kauton Wallis besitzt einige demselben eigenthUmUchc Gewächse^
die hier kurs besohriebeo werden RoUen.
a. Wetßweinsorten. PeUU Atm^€^ eine spittreifende wmBo Traube, die
durchfichnittlich einen Ertrag von 45 Hektoliter liefert. Grosse Aroine, gibt guten
Wein; Dnrchschnittsertrag 65 Hektoliter. Blanchier, dem rha.-^selds ähnlich, mit
großen Trauben. Humoffne, eine der ältesten Sorten mit weißlicb-geiben Trauben,
lieferte vor Jahrhunderten den sog. Yinum hnmanum. La Jolaa komntt nur selten
vor und trigt spStreifeode, gelbe Trauben. Malwniie &tot>e)ke de Martiffnjß Stoek
von mittlerer Stärke, Traube klein, gelb und von mittlerer Reifezeit. Peiit WUu
hlmir de .}f<irfirfni/, sehr kräftig, dauerhaft und fruchtbar; die Trauben von
mittlerer (TföÜe, grllngelber Färbung ui d snät reifend Nicht verwandt mit dem
Biesling, der im Wallis ebenfalls petit Ütun tunÜl. litee verte. Wird seit langem
kultivirt und ist «ehr geechStst. Stodc krlfüg, Trauben mittelgroß, weißgelb.
Diese Sorte liefert den berühmten Gletscher wein. Krtrag 70 Hektoliter. lUgeJaune,^
Spielart der vorhergehenden. Ertrag i)5 Hektoliter.
Roth weinsor ten. Goron rrmnr frother Gnron). Kommt haupt^'ü hlioli im
deutschen Oberwallis bei Saigesch vor. Stock »taik, fruchtbar, Trauben v«»n später
Beifeieit, Wein ^ae hart, aber von guter QualitKt. Ertrag 96 Hektoliter.
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Weinbau — 391 — Weinbau
nmge (KhhurUh), Ja^ Bpftter als Oamay und Pioot, wird «ber reif. Der
Stoek ist krSflig und trSgl regelmißig ; der Wein ist gut. Ertrag 80 Hektoliter.
6t08 Mouge, 48 Hektoliter. Rouge de FuUy. Der Stock iat kräftig, die Trauben
Ton mittlerer Größe, der Wein sehr ge«cliStzt. Urhe oder P'ant (VAn^te. Bei
Brocart hinter Martigny. Sehr kräftig, fruchtbar und früh reifend. Verrei oder
Vegret rougc, sehr selten.
Im Kanton Tessin, sowie in den attdiidi von den Alpen gelegenen TbElen
des Kanion» GHrauhündmn werden italienisohe Reitsorten knltivirt, wie fiondola,
Pignora, Cardana, Pa|>agone, Canina. Brogoolo, Martesana, Hosnera, Rosario,
Bondola biancu. RoMnella, Barbera, Spamia oder Nehbiolo und LiiLrliatica. Daneben
^wiimt im Tesöin die zur Vitin Labrusca gebörige letabeila (Ischia) iuimer mehr
au Terrain; dieselbe liefert zwar einen schlechten Wein mit Fuchsgeschmack,
widersleht aber namentlich in den fenehten Niederangen den Terschiedenen Kls'
krankbeiten viel besser, als die einheimisohen Sorten.
V. Der Weinbau in den einselnen Kantonen.
1) Aargau, 2534 Hektaren. Am stirkitten Terbreitet ist der Weinban im
Ltmmatthal, Aarthal. Frii kflial und untern Rheintfiali dann folgen das fieußthal
und die Gegend am Hallwylersee. Die tiefHtgelegenen Weinberge find bei Angst
(280 in) und Kliugnau (325 m); am höchsten geht die liwbe bei Thallit ini
(oUO m) und bei Ehreudingen (600 m). Von den verschiedenen Rebsorten werden
kattptsichlich der Blbling, der weiße Gatedel (Schenkenberger) nnd der schwane
Bnrgander oder Klevner in seinen verHcbiedeoen Spielarten kultivirt. Der Elbling
herrscbt vor am Bützberg, im obeni und untern Prickthal, 8tellenwel>t' au(>h in
der Scegct^t-nd : der (liitedel hat nein Revier im obern Aarthal, im Limraattbal.
Seetbal uud am Bützberg^ der Klevner im untern Aartbal, Limmatthal, Beuß-
khal und mehr oder weniger im Seethal nnd am B9tsbei^. Als sehr gut bekannt
sind die Rothweine von Baden, Wettingen, Birmensdorf, Brestenberg, Lensbnrg
nnil Kaiserstuhl (letztere wachsen jenseit« des Rheines auf badischem Gebietet
und die Weißweine von Thalheim und Kasteln. Im Mittel von uechzig Jahren
beläuft sich die jährliche Produktion auf ca. 7U0U Hektoliter (.31,1 Hektoliter
p. Hektare) md der Worth derselben anf mindestens Fr. 2,300,000. — .
Nach der Statistik vom Jahre 1887 beträgt der Katasterwerth des Reh«
landes IV. 11,144,1&5. — , glewh Fr. 4415 p. Hektare. Am aiedrigsteii steht
der Prei.s in den Bezirken Rheinfelden (Fr. 2678. — ) und Muri (Pr. 2693. — ),
am höchsten im Beairke Baden mit Fr. 6258. — (goldene Wand Fr. 16 — 18,000. — ).
2) Appenzell A.-Rh. besitzt bloß 10 Hektaren Weinberge bei der Ort-
schaft Lutzenberg, in der Hübe von 630 bi» 650 m
?i) Basel land, 700 Hektaren. Ton ."^OO m bei Binningen stei<,'t der Wein-
Ktock bis 5 l<) m l)ei Rnthenduh und <i20 m bei Lauf'i^lHiii^rn. 1:; der Ranpt-
weingegend bei Liestai und von dort abwärts trifft man vorwiegend weißes
Genritohs (Elbling nnd Ontedel) nnd Mer bratet sich der Weinban Yielfaoh ins
flache Land ans. Im ohem Ergolsthal, sowie hei Wintendngen nnd Maispraeh
werden VOnOglieh £leyn«r gebant. Der Rothwein von Maispraeh ist berühmt,
nnd ferner wird der Weiße von MnneheiiJtem als ani^^ n-bm ^i^escbatzt. — Der
Ertrag der Reben int der häutig eintretenden Spätfröste wegen etwas unsicher.
Nach der Statistik vom Jahre 1851 beläuft sich derselbe im DurchHohoitt anf
24,000 Hektoliter oder 84,3 Hektoliter p. Hektare.
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Weiaba« — . 892 — Wetnban
4) Baselstadf hat 80 Hektareu W«iabeige Biehen, wo der Gntedel
einen beliebten Wein liefert.
5) Bern, 800 Hektaren. E& sind vier Weingeläude zu unterscheiden:
1) am Thunersee, 2) im Hog. Seeland, 3) an den Abhängen des Jura nnd am
Bielersee, 4) im BirathaL
Am Thttaeiaae, wo die Bebgelände von 560 m am Ufer bä 660, ja an
«inigan Stellen 720 m anateigen, werden Qutedel, ElbUnge, Bftaaohünge and
Kleyner (Servanier) gebaut; im Seeland begegnen wir den nämlichen Hutten,
bald rein, bald gemischt. Am obern L^fer des Bielerneea, 437 bis »ilO m, do-
minirt der trutedel und m wrird au» demselben bei Twann, Ligerz etc. ein sehr
guter Wein erzeugt j weiter abwärts, bei Biel und gegen Pieterlen, ändeu wir
den Elbling, wefihalb ancb der Wein geringer iat.
Der durchschnittliche Jahretjertrag sämmtlicher Rebgellbide wird zu 40,000
Hektoliter (50 Hektoliter p. ITi^ktare) angenommen, was einen (leldwerth von
Fr. l,;')00,Oi»(», — repriisetitirt. Der Kapitalwerth der Weinberge wird nach
der Statistik pro L666 aut Fr. 6,040,yyü. — beziflert. (Fr. d045. — p.
Hektare.
ü) Frei bürg, 280 Hektaren. Die Hebgelände liegen am Neuenburger-
nnd Murtenaee, in der HSbenlage von 440 bis 560 m, und eraeitgen keine
hervorragenden Produkte.
7) Genf beeitst 1930 Hektaren Weinberge mit der Minimalh4^e von
960 m bei Cbaney und der Muximulhöhu von m bei Chailly. Ea werden
vorzüglich Gutedel (Feudarits) gebaut, daneben auch der Gros ronge Savdvard
(Mondeuse). Die durclisclmittliche. jährliche Eniiti' belh'nft sieh aut ca, 'J4,Uü0
Hektoliter (48 Hektoliter p. Hektare) im Werthe von Fr. 3,750,000. — .
Der Kapitalwerth der besten RebgelSnde betrügt im Mittel Fr. 13,300. — ,
derjenige der mittlem Fr. 9000. — nnd derjenige der geringem Fr. 5400. —
p. Hektare.
H) Glarua prodnairt gans wenig Wein bei Niederamen, Ennenda nnd
Sehw&oden.
'.)) GraubUndeu, 320 Hektaren. Im ciyalpinen Gebiete dieses Kautons
gedeiht der Weinstock vornehmlich im Rhrintliil von Fläsch nn tiullaufwärt«
bin Kms. Die Erht;bung Uber Meer ist betmchtlich. Die niedrigst gelegenen
Weinberge, bei Fläsch, haben immerhin eine Höhe von 500 m; das Rebgelände
von Mayenfeld liegt swischen 520 und 590 m nnd dasjenige von Jenins zwieoben
6'M) und CiöO in. Trotzdem liefert in den letztgeuanuten drei Gemeinden. Kowie
bei Chur und Malans (1< r fa>t au.s,s( hlieülich kultivirte schwarze Hiu 'ijiinder vorzüg-
liche liothwfiiie, die weit Uber die Grenzen des Kantons hinaus geschätzt sind.
Sehr berühmt iat ferner der feurige Compieter, der an einer einzelnen Haide
bei Malana wSchst und aua der weißen Traube gleichen Namens bereitet wird.
Im Oomleaohg wird ebenfalls noch etwas Weinbau getriebeti und es steigt die
Reb« bei Tonii!> I i-; 070 m. .lenHeitd der Alpen, im äiidHchfn Mi<ox nnd bei
Brusio tin i' II tüük italienisebe Sorten, die auch nach itaUeniacher Jücthode ge*
zogen werden.
Dan ge«>auimte Hebgelände repräsentirt einen Verkehrswerth von Fr.
4,600,000. — (Fr. 14,375. — p. Hektare), und der durohBehnittliohe Jabres-
ertrag beläuft sich auf 12,500 Hektoliter (39 Hektoliter p. Hektare) im Werthe
von Fr. (>4ä,000. — .
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Weüliluu
— 393 —
Weiubau
10) Lnsern hat bloß 60 Hektarttn Bsbluid, wovon d«r pBßte Tbeil im
Hitikircher Thale, 500 bis 580 m, und nur ein anbodeatonder Weinberg bm
Weggis, 440 m In eruterer Gegend kultivirt man etwas Klevner und die nach
•dem Dorfe Hitakiroh benannte robuste, saure, blaue Traabensorta.
11) Nenenbnrg, 1250 Hektaren. Am Neuenbnrjarersee fiinleu wir Heben
yon 440 m am Ufer bis zu <il5 in. Das ganz« Gestade bildet Hoziisagen rinm
Weinberg, wovon weiUes und '/^ rothes Gewächa. Emteres besteht haapt-
«Koblich ans Gatedeln (Fondant ronx nnd Fondant vert); danoben kommen aoeh
grttne Sylvaner, weiße Bargaader nnd BnUnder (Pinot gria oder Petit gris) tot.
Die Gutedelweine sind kräftig und angenehm nnd rivaliHtren mit den bensern
•der WaurU; der Pinot gris gibt f>in<»n fotiricr^n Fbischenwein. Den Hiiuptsatz
für Roth weine, von welchen namentlich diejenigen von Cortaillod und aus der
Umgobuiig der Stadt lileuenbnrg selbst sich eines ausgezeichneten Rufes erfreuen,
bildet der schwarze Bargundoff hier Noirion noir genannt. In den «ohwecen
Boden von St. Blaise und Epagnier wird au(b der Gamay kaltivirt; deeeen
Ertrag ist >:rößer als derjenige dee Burgunders, der Wein dagegen bei weitum
nicht 80 gilt
Der ixapiial Werth der Weinberge beträgt im Mittel Fr. 13,800. — p.
Hektare, was flir den gansm Kanton den Betrag von Fr. 17,430,000. —
«ninnacht. Die Hektare ertrügt im Durchschnitt r>3 Hektoliter, das ganze Reb>
«real folglich 6G,2.Tf) Hektoliter luul der Durchschnittspreis stellt sich auf
Fr. 33. — für <len weißen und Fr. .>8. — für den rothen Wein, ao daß sieb
ein Totaiertrag von Fr. 2,394.()i»0 -- ergibt.
12) St. Gallen, 674,2 Hektaren. Am meinten Kebeu linden wir im unteni
, nnd obem Rheinthal nnd im Bezirke Sargans ; dann folgen der Seebezirk, die
Umgegend tod Rorschaeh nnd Wyl. Die tiefsten Lagen sind bei Thal nnd An
im nntern Rheintbul, 410 m, mid am Ufer des Ziirichseeti, ebenfalls 410 m;
in der Gegend vnn "SVvU steigt der Weinatock von 480 bis zu 570 m, bei Wyl
bis 640 m, bei Oberisebiuin-Wartau bis 670 und an df^r Porta Rumana unter-
halb rfäffers bis 710 m. Mit Ausnahme der Liuth- und Seegegend, wo der
Räneehliog dominirt, bildet der schwarze Burgmuler den Hanptiiats der Wein-
berge, doch wird im Bheinthal auch der Elbling kultivirt. Die Rothweine des
nntern Rheinthaies, namentlich die vom Buchberg bei Thal und von Berneck,
zeichnen sich durch «j^nte Qualität ans. ebenso diejenigen in der Umgegend von
Rurschacb; noch hoher im Preise stehen die aog. Oberläuder, d. h. die Weine
Tom Wallensee nnd Sarganserland.
Der Verkehrswerth des Reblandes betrKgt imdi frtthem Angaben Fr.
^,825,000. — , oder rund Fr. 10,100. — p. Hektare. Gemäß einer im Jahre
1886 angefertigten Stati.stik käme der.selbe jedoch beibnitend höher zu stehen,
nämlich auf Fr. 8,797,446. — , oder rund Fr i;i,ouO. — p. Hckiaro In
einigen Gemeinden stünden die Preiiie gauz außerordentlich hoch, so in Sargans
Er. 20,000. — , in Wartan Fr. 3<2,000. — , in Viltere Fr. 39,000. — und
in Sevelen sogar Fr. 1,000. — . Alles p. Hektare. Es muß aber bemerkt
werden, daß diese Stati.stik nicht publizirt wonlen i.xt. gerade weil man bezüglich
der Angaben über den Verkehrswerth an maßgebender Stelle Zwt-ifel hegte. Der
durchi*chnittliche Jabresertrag beläuft sich auf 33,2o0 Hektoliter (^44 Ucktuliter
p. Hektare) im nogefSbren Warthe von Fr. 1,500,000. — .
13) Sehaffhanaen, 1102 Hektaren, hat im Verhältnis aam Geaammt-
ÜKoheninhalt den anagedehntesten Weinbau von allen Kantonen; nnr wenige Ge>
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Weinbau
— 394 —
Weinbau
meindea nnd oboe Beben. niedi^al gelegeoeB W«nbeife mit 390 m
MeereHhöbe sind bei Nenhauaen, die blScbaten bei SchleiAdm, bis 600 m, and
bei Lohn, bip ^540 m. In einigen Gemeinden des Klett^aues, mimentlicli nber in
Scbleitheim, kamint noch die Kupferziehung de» Weiostockes vor, während in
weitaus den meisten Weingegenden der Sulienkelschnitt dominirt. Die Schaffbauser
Rotbweine, fast aaaaebließlich ▼om schwarzen Bargnnder atammend, werden eebr
gettchätzt; die beste» wachsen in der Umgebung der Stadt Sdiaffhausen, bei
Oi^terfingen, Stein. Unterhaliau und Thayngen. Neben dem Klevner gewinnt der
Tukayer in einigen (Gemeinden mehr an B<xlen; er liefert vorzügliche Weißweine.
Für die gewöhnlichen Weiiiweine bildet der gelbe Elbling den Hauptsatz, der
BKosobliog kommt weniger bKnfig vor, dagegen in einigen Gemeinden noeh der
Heuniacli. Als gute Elblingweine sind bekannt diejenigen von ffiblingen (GiBen-
halder) und von LiJhningen (Abendhalder).
Der Kapitalwerth der Weinberge beträgt nach der Statistik für da« Jahr
iHt>y im Ganzen Fr. 9,523,533. — , gleich Fr. 8642. — p. Hektare (beste
Lagen in Unterhaliau Fr. 22,000. — ). Der Jabreaertrag stellt eich im flinfand-
awaaiigjSbrigen Mittel auf 65,270 Hektoliter (52«3 Hektoliter p. Hektare), and
der Werth deeeelben aaf Fr. 1,525,181. — (Fr. 1418,70 p. Hektare.)
14) Sohwyz, 200 Hektaren. Nur in der Gegend am Zttriohaee wird Wein*
bau getrieben. Vom üter an Bteigt die Rebe bis 4 SO m in der dem Kloster
Einsiedeln gehörenden Lent<jrhftn, md bis .')40 m bei Woilerau and am Buoh-
berg. Der Leut'^chenweiu ist weiihin leriomiuirt.
15) Solothurn hat 130 Hektaren Weinberge im Amte Dornach, 290
bis 450 m, bei Mariaetein, 490 b's 580 m and bei Erlinabach an der aar-
ganiedien Ghreue, 400 bin 550 m. IXe herraehenden Bebeorten nnd der weiße
£lbling (OrUnsilber, Trilbsilber) und der weiüe Gutedel (Mo^t); daneben kommen
noch vor RnlSnder (Aesehgrau, Moseli), Rothelbliiig (Laiuburt) und Klevner. Der
Ertrag wird namentlich ini Bezirke Dornach als ein »ehr guter bezeichnet.
16) Tessin, 0040 Hektaren. Von 20.5 Gemeinden treiben r.t'.t Weinhan.
Der Schwerpunkt deR-sellu ti liegt im Sottocenere; doch reicht er weit in die
Alpcnthäler hinein, so im Blegno bis A^uila, im Thale der Maggia bis Bignasco,
in det Leventina bis oberhalb Giomico. Dadurch ist nne große Verechiedenheit
in der Höhenlage bedingt. Während die tiefst gelegenen Weinberge in der Ri-
viera sich hluli ca. "JOO m über Meer erheben, steigt die Rebe am Monte Cenere
bis Uber 15o m, im Centovalli bis gegen 500 m, in Onsernone bis OOfi m. ia
der Maggia bis 72ö m bei Broglio, in der Leventina bis Aozonico 942 m, im
Blegno bia 746 m oberhalb Aqaila, in der Mesolcina im Weinberg bis Verdabbio,
730 m, dnieln bis 850 m bei Arvigo.
Im Bezirke Lugano herrt^cht die amerikanische Isabella (Iscbia) acbori seit
vielen Jahren vor; in den anliTn Bezirken haben die einheimiseben, »\wn S.
aufgezahlten Sorten die Oberhand, weichen jedoch allmählig, wenigstens theilweise,
der Isabella.
In den Thilem Blegno, Leventina, Biviera nnd im ITallemag^a ist die Per-
golata, d. h. die Erziehung der Eteben als Dach altgemein üblich; im Sottocenere
und in der ümgebnnir von Locamo h'^tehl iimli die uralte ifaruiiische Kr-
ziehuugsart nn lelteinb n Bäumen, und in der Gegend von Bellmzüna wird der
Weinftock älmlich erzogen, wie m der Übrigen Schweiz.
Der Kapital« reap. Yerkehrswerth des Reblandea variirt bedeutend je nach
der Gegend. Im Beiirke Lugano beiSaft sieh derselbe im Darebschnttt auf
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Weinbau
— 3y5 —
Weinbau
Fr. 4—5000. im Bezirke BeUinzoiia auf Fr. 10—15,000. — , und in der
Leventina bei Gioniieo anf Fr. 20,000. — . Nimmt man ab Mitfei Fr. 6000. —
für die Hektare an, so ergibt sich ftr den ganzen Kanton in runder Summe ein
Grundkapital von Fr. 40,000,000. — . AIh durclisohnittliohe Jahresproduktion
können 132,800 Hektoliter (20 Hektoliter p. Hektare) nnd ala Werth der-
aulben Fr. ;i,o20,()ÜO. angenorumeu werden.
17) Thurgau, 1820 Hektaren. Im obern Thurgau mit den Kebgelüuden
von Arbon bis Romanehorn aui der eineu und bis Suigen auf der andern Seite
wird snm größten Theil rotbee Gewäcbs, Klevner, gebaut; ebenso an den Ab-
hängen des Ottobergee zwischen Berg und Mär^tetten nnd im Gebirgsbezirke»
sowie aui Seerückf'n von Soutersweilen bis Xnßbaumen. Das weiße GewSch'?,
zumeist Klbling oder Knoller, ferner Kausohling nnd etwa« Completer < Lindauer)
und Crutedel, herrscht vor am üutersee von Ermatingeu bis Mamraeru. Ge-
mieebten Sats haben das ObereeegelSnde vm üttweii bis Tägerweilen nnd da*
Bbeiitthal Ton Eeohens bis Dießenhofen, sowie das mittlere nnd untere Thnrthal.
Die geringste Erhebung über Meer finden wir bei Ueßlingen, 380 m, Krens-
lingen, 403 m, nnd Dießenhofen. 407 m ; die höchst gelegenen Weinberge er-
reichen 610 m bei Kalchrain, m am Ronnenberg und bei Lustorf, 640 m
bei Bettwieeen nnd 650 m im „Immenreioh" oberhalb Weinfelden. Gute bis vor-
sUgüehe Bothweine gedeihen bei Btettfbrt, Eppishaneen, Wincelieberg, Grietenbtthl,
Arbon, am Otlüberg (Weinfelden), bei Bacbtobel, EartbauB Ittingen» leeliebei^.
Steinegg.
Der mittlere Jahresertnig beziriert sieh auf rund 8.'),()(K( Hektoliter (46,7
Hektoliter p. Hektare) im ungefahrei Werthe von Fr. I,y00,00ü. — . Nach
der Statistik vom Jahre 1859 hat daa geeammte Rebareal des Kantons einen
Yerkehrswerth von Fr. 6,471,000. — , also Fr. B&ö5. — p. Hektare.
18) Waadt, 6600 Hektaren, nimmt htnriohtlieh der Weinprodnktion nnter
allen Kantonen den ersten Iliing ein. Von der genferitichen Grenie zieht sich
das ge'.valtiL'e Rebgeliinde längs des (Tenfers<»e'8 hin bis Yillenenvf nnd von da
im A i [X II L,'i biete bis Bex, vom Seespiegel (.'JT.'i rn) bis zur Hidie von GOO m, an
emigen Urteu noch höher üteigeud, wie z. B. bei Chailly oberhalb Lausanne
bis 620 m, bei Grandvanx bis 660 m nnd bei Fenalet ob Bex bis 700 m. Aneh
im Norden dea Kantons, in den Btjzirken Orbe, Gfrandson nnd Yverdon, wird
Weinbau getrieben. Weißes Gewäelis (Feudant roux und Fendant vert) herrscht
fast ausschließiieii vor, das rothe (schwarzer Burgander nnd Gros ronge Bavoyard)
fipielt eine viel unbedentendere Rolle.
Wie hinsichtlich des Satzes, so besteht auch mit Bezug auf die Kultur-
methode Gldehartigkeit, indem ttberall der Booksohnitt aar Anwendung kommt.
Dem Bebbane wird die grVßte Anlmerksamkeit geschenkt und alle Weinbergs-
arbeiten werden, ganz besonders im Lavanx, mit einer Sorgfalt nnd Genauigkeit
ausgeführt, die ihres Gleichen nicht so leicht finden dürfte. Dieser gnten Be-
handlung, nebst den günstigen klimatischen Verhältnissen, verdankt die Waadt
hohe Erträge und gute Qualität des Produkte«. Die weißen Waadtländerweine
mnd in der gansea Sehweis bekannt nnd anerkannt. Montrenx, Villenenve nnd
La Cdte (d. h. die Gegend zwischen Goppet und Lansanne) liefern gute Tisch-
weine. Die feinsten Qualitäten aber wcrilen im T.avanx, d. h. in der Gegend
von Gully bis St. Saphorin (beste Marke '!i-r Üezaley), sowi*» h^^i AiL"le und
Yvorne erzeugt. Unter den Rothweineu hauen diejenigen von St. Saphoriu und
St Prex einen guten Namen.
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Weinbau
ayü —
Weinbau
Das gcsammte Rebland bat nach der Statistik vom Jahre 1889 einen Ka-
tasterwerth von 108,543,587 Franken, waa auf die Hektaie rund 15,700 Fr.
bringt.
Nach dem Mittel der letzten zehn Jahre (1880 bis 1880) belSuft sich der
jährliche Ertrag auf riind M3 1,000 HpktolittT (]>. Hektare auf öO Hektoliter)
und der Werth der ganzen Weiupruduktiou auf 14,790,540 Krankon (2,240 Fr.
\). Hektare).
Wenn aber in Betracht gezogen wird, daß jene Jahre zum gittfiem Thell
zu den schlechtesten zählen, so begeht man kanm einen Fehler, wenn man den
jäbrlirhcn Dnrchschnitt bedeuteti ! höher, zu 55 bis 60 Hektoliter aoninunt. £ia
dreißigjähriger Durchschnitt wunie eine noch hilhere Zahl ergeben.
11»'' Wallis, 'Mo Hektaren, Dieser Kanton hat von allen daa ^llnstig:stc
Kirnia lur den Weinbau und es int daher letzterer in steter Zunahme begrilien.
Am Sudabhang der Bemeralpen von Branaon bis Naters and gegen HSrel luldet
der Weiostock innerhalb der Region von 462 und 811 m bei weitem die
Hanptkultnrpflanze, die sich an einigen Punkten noch ziemlich Uber die genannte
Höhengrenze erhebt, so bei Chamoson bis 011, bei ('hateau les Places oberhalb
Ht. Leonard bis '^dO m. In den penninischen Alpen wird die Hebe vornehmUoh
bei Hartigny and femer in einigen Seit«ntbfilem knltiTlrt. Da geht sie oberhalb
Stalden bis 1150 m und bei Viaperternilnen , wo TOm Traauner der berühmte
Heiden wein gewonnen wird» sogjir bis 1,210 m.
Wegen der exces^iven Trockenheit der Sommermonate wird hier an vielen
Orten das Hebfrelande tiewässort und es bestehen zu diesem Zweeke eine Unzahl
vuu Wasfeerieitungeu ^Bis), welche das Wasser von den GletHoheru herlühren.
Vielfach finden sieh noeh kriechende oder fliegende Beben ohne irgend welche
Unterstützung , doch bricht sich die waadtllndieche Kaltormethode immer mehr
Bahn. Neben den spezitischen Walliser Trnnbensorten , die weiter oben , Seite
:?90, beschrieben worden sind, zieht man noch den Feudaul roux, den Malvoixie
(Tokayer), den rutheu und weißen Trnmiuer tHaiden, l'ayen), den Heunisch
(Gouay), den grünen Sy Ivaner, den Biesling (Petit Bhin oder Johannisberg}, den
weißen oder gelben Maskatelier, alles weiße Sorten; von blauen Sorten den
schwarzen Burgunder unter den Namen Petita D$le und Pinean de Fernand,
jowie den Gamay als Gro-ne l'Ale. Die Weine wind im Allgemeinen 8il(.^, aro-
matisch und feurig und haben njtlir Achuhchktit mit spanisehen als mit mittel-
europäischen. Als vorzüglichste gelten die von Sitten und Siders, die aus der
Rese bereiteten Crletscherweine , die b den kahlen Kellern der Bergdörfer von
Anniviers gelagert werden ; ferner der HVllenwein von Salgeach und der Lamarque
und Coquempey von Martigny.
Der Kapitalwerth des gerammten VVeingeländes littrigt 21,»)77,(>00 Fr.
{'J,L'50 Fr. p. Hektare) und die mittlere Jahresproduktion 90,000 Hektoliter
(:)8,4 Hektoliter p. Hektare) im Werths von 4,500,000 Fr.
• 20) Zug, 80 Hektaren. Pvodasirt Wem bei Bliekenstarf, Steinhausen, in
der Umgebang der Stadt und bei Walchwyl.
21) Zttrich, 5,516 Hektaren. Dteiter Kanton weist ver8<Aiedene, mehr
oder wenig< r von einander getrennte Rebgebiete auf. Das größte derselben befindet
•sieh an beiden UlVin «b s Ziiiich.sees, wo <l<'r Weinstoek vi.[i 110 m bi-^ (l."]0 m
Wetzweil uberbalb Herrliberg) i^teifrt. Der lii h-atz Im .steht der Hauptsache nach
«US großem Käuschling, daneben kommen auch h^lbiiug. Erlen bacber und schwarzer
Burgunder vor. An dieses Gebiet schließt sich dasjenige des Limmatthales an.
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'Weiubau
— 397 —
Weinbau
ebenfalls zam größten Tbeil mit Riiuachling beptiauzt. Nördlich davon, in der
Q«geod vom K**<{?'W« bis gegen Baden, treffen wir nebst den Ränaobling vor«
sttgHoh robnete, Miue Sorten, &^lenbacher, Rriegler, MOnob, während an den
benachbarten ättdabbXngen derLKgem, sowie im Webothal, £lbliiige, Käuschlinge
und schwarze BnrjrnndtT , bald in rpin«*in Satr.p, halii gemischt gebaut werden.
In der Umgegend von Wititertliur und im uiiteni Tüüthai dominirt der 8chwarze
Burgunder, desgleichen im sogeuannten Weinland, d. h. in der Gegend zwiacben
WinterChnr, dem Rhein nnd der thnrgnniiMthen Grenie; doch finden doh nach
da eiuige Gemeinden mit vorherrschend weißem Gewächn. Im oborn Theile des
ßafz<'rft'l(les, nördlit h vom Rhein, Kowic I t i E^xliNun. wird hauptsächlich Kothwein, im
untern aber Weißwi in produzirt. l)u«» Grus der Weinberg»- lii'g't zwisrhrn 12<>
nnd 520 ui, doch gibt es auch Lagen, die unter 400 m bieibeu, wie %. B.
Egliaan mit 336, Rbeinnn mit 364 m, während anderwärts die Bebe viel hVher
gebt, so bei Itegensberg bis 610 m, bei £lgg ebenfhlls bis 610 m nnd bei
Waltentitein bis 630 m.
Die weißen Zurchcrweine, namentlich die vom linken Ufer des ZllrcherHees
gelten im Allgemeinen fdr sauer j am rechten Ufer und im Limmatthai gibt es
jedoch Gemeinden mit guten Weinen, wie x. B. Stäfa» Meilen, HerrUberg, Uöngg,
Weiningm n. a. m* Die rothen Klevnerweine des .Weinlandes" nnd des nörd-
lichen Kantonstheiles überhaupt kommen den rothen Schalt hauserweinen im Großen
und Ganzen ziemlich ti.ihe, wo niclit g;leiidi. V(>rzü;;li(hL' Rothweine, meistens
Auslesen, liefern einzelne Lngen um rechten Seeufer, wie i. H. Krlengut zu
Erlcnbuch, fei'ner Winterthur, Neftenbach (der Neftenbacher gilt als der beste
des Eontons), Tenfen, Freienetein, Rheinen, Goldenberg bei Dorf, Eigenthal bei'
Flaach, RegenHbcrg.
Der Kapitulwerth der Reben stellt sich nach den neuesten Erhebungen auf
48,01<»,I94 Fr. oder 8,700 Fr. p. H'kture. Anch hier zeigen sich große
Unterschiode je nach der Gegend. Währentl in dem bezirke tliuweil die Hektare
bloft einen Verkehrswerth von 4,817 Fr. hat, kommt dieselbe im Besirke Andel-
fingen auf 7,945 Ft., im Besirke Horgen auf 10,977 Fr. und im Bezirke Meilen
anf 11,907 zu stehen.
I)pr diirrhsrhnitfh'rlic Weinertrag während der Jahre 1874 bis lHS>f beziffert
sich auf 2iM,y»l Hektoliter im Werthe von Fr. 0,834,324 p. Hektare auf
42,6 Hektoliter im Werthe von 1,239 Fr. Auch Mva würde nch, wie bei
Wandt, eine bedeutend grSßere Durchschnittssahl herausstellen, wenn eine längere
Reihe von Jahren hätte berlioksiohtigt werden können.
*
VI, Volkswirtbaobaftiiche Bedeutung des W^einhauea.
Auf (irund der vorliegenden Erhebungmi und an der Hand allgemeiner-
Erfahrungen im Wi inbau der Schweiz ist es tschließlich nun auch möglich, ein
zalilcnmäßi<jes' JJild von dem ökoiiomihchen Erj^iduiisse diesea Zw*'i«ji*H d«*r vater-
ländiwcheu Bodenkultur zu entwerten und auf diese Weise einen Beitrag sur
Beleuchtung der volkswhihschnfU'chen Bedeutung desselben stu liefern.
Das im Keblande angelegte Grundkapital erreicht nach den oben vf)r<;*>nihrten
Schitsnngen den Betrag von rund 300,000,000 Ft. oder von 9,uOO Fr. p.
Hektare. Aus den binherigen Krmitthmgen in den verschiedenen Landestheilen
eriril't sioii ferner, dtiß der jährliche Brutto - Kvtra^ sich im örtif hfn und Z' it-
ItJttn Mitld auf l,3f<2,Uü6 Hektoliter Wein im Werthe von 49,240,000 Fr.
oder p. Hektare auf 42 Hektoliter im Werthe von 1,490 Fr. beläuft.
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Wdnfaan — 396 — WclaU«
Auf der Gewinnung dieses Brutto-Ertrages von .... Fr. 1,490. —
lantt n aber im Xhurahsobnitt folgende jährliche BetriebriuMten per
Helitare :
1) Laufende Knlturarbcit Fr. döU.
2) Vergruben oder Betrag der periudiHohen Er-
nesemiig der Anlage 55. —
3) DUngung • 800. —
4) Pfähle und Schaub ,70.—
■5) Unterhalt der Anlage, ächntzkoflten, fiekämpfaiig
von Parasiten .... » 40. —
6) Lese &0. —
7) Keltern (Gebäude, Gerätbe, Arbeit), Kosten der
Fa88nng, Steuern und Zinse ▼em Betriebe*
kapital « 145. —
Fr. 1,140.^
^mit verbleibt ein durcbschnittlicher Reinertrag oder eine durch-
scbnittlicbeüente vomGrrundkapitaldesKeblande8(Grandrente)
von Fr. 350. —
Nimmt man nun an, daß da» Grundkapital im großen Durchschnitt eine
Bente Ton 4 ^/« abwerfe, so würde jener Bdnertrag des Reblandes im Betrage
von Fr. 35U einen Grund werth per Hektare von ^b^t X = 8,750 Fr.
4
und filr das gesammte Rebanal der Sibweiz von rund 280,000,000 Fr. rcprä-
«entiren, Zahlen, welcb«' von ilun oVitu angegebenen niclit allzuselir abweicben.
Nach V(irliHo;enJ("r Berechnung erreicht der jährliche l intViid«- Aufwand für
den Kebbau ttuuiiberud 7 7 "yo vom Geldwerthe des Bruttu-Ertiagei».
Unter Berufung auf die Eingangs dieees NacbwMses erwähnte Voraussetzang
und um jedem Mißverständnii»e zu begegnen, muß nun allerdings ausdrücklich
hervorgehobfii werden, daß es sich in der gegenwärtigen Darstellung — da die-
selbe die Bedeutung zeigen will, welche der Weinbau, in t^einer Gesamnitheit und
im WeohHol der Jahresergebnit^e für Land und Volk besitzt — in der That
nur um ein«i ffftmen Dureks^nät handeln kann. Die yorgeftthrt«! Zahlen g^ben
daher nidit etwa nur das Bild der Erfahrungen der beiden letzten, im Allgemeinen
recht ungünstigen Jabrzebnte wieder, sondern erstrecken sich auf einen ans«
gedehntem Zeitraum, welcher anrh (He Erfolge gesegneter Jahrir'inge in sich
schließt. Und .selbstverständlich können dieselben auch nicht mehr baau.sprnchen,
lokale EigenthUmlichkeiten und Ahetafuugen in den Elnricbtungen und Ergebnissen
des Weinbaues sum Ausdrucke zu bringen.
Im Uebrigen aber ist zu bemerken, daß in den angenommenen Etnhmts-
preisen von 580 Fr. für laufende Kulturarbeiten den allerdintrs' erhobliehrn Unter-
schieden in den einzelnen Weinbaugegeiiden des Lan'les, zughtich mit KiirK.-iiht
auf die Flächenausdehniing des Kebareals in lii iist Hnn, IJechnung getragen wurde.
V on jenen jährlichen Betriebskosten im Betrage von . . Fr. 1,140. —
p. Hektare entfallen annähernd:
Auf die Anwendung von Bau und Betriebskapital Fr. 390. —
« „ , „ Handarbeit ■ ' • 750. —
Wie oben Fr. 1,140. —
Die Arbeitskostsn im Beaondem vertheilen sieh hiebei, wie folgt:
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Weinbau — 399 — VVeiabau
Laufende Enltararbeit F^. 680. —
Proben . , . , , 66.—
XTateilialt, Sohate, Bekttmpfang Ton Pamheo , 30. —
Le«e 50. —
Keltern 15. —
Dttnguog « 20. —
Summa Fr. 760* —
Dieses Ergebnil^ liefert zugleich einen sprechenden Beweis fttr die BkonomSadw
Tragweite der Bebkoltar biosicbtlieh der Antheilnahme derselben an dem Arbeits-
Einkommen der Bevölkerung. Bezogen utif ilas gesammte Kebareal der Schweiz
«rreiclit der <i'!-^ l'^m Weinbau resnltirende Arbeith verdienst den enormen Betrag
von Fr. 24,750, QUO, eine Summe, welche uui so mehr ins Gt-wieht fällt, als
dieselbe zum nicht geringen Theile aus Vernuhtuugen fließt, welchen sich anoh
aahlrnohe, sonst nicht regelmKßig und anhaltend zu besohifkigende Personen anter-
aiehen kSnnen, durchweg aber anf Arbeiten entfällt, welche eine uube-tritten
wohlthätige Rückwirkung auf das physische und m oralische Verhalten der ihnen
obliegenden Landbev5lkerung ansUben. Es gibt, außer etwa beim Hopfenbau,
notorisch keine landwirthschaftliche Kuiturart, welche sich in diesen Beziehungen
dem Weinbsa an die Seite stellen kSnnte.
Bei der Beroehnnng der oben gefandenen Grundrente ist yon dem Stand»
punkte eines Bewerbers der Rebkoltor ausgegangen, der diese auf ^gsnem Grund
und Boden unter Ziihiilfcnahme annschließlich fremder oder pfemietheter , d. h.
gegen bedungenen Lohn crworhont r Arbeit betreibt In die»em Falle erscheinen
daher die Arbtjitslöhue in dcäiiiiivem Betrage unter den Betriebskosten. Ein
«olches Yerhtltniß bildet aber in der Schweis bskannttieh nicht die Regel. In
der Hauptiache ruht der Weinbau in den Händen kleiner öftterbesitzer, welche
alle oder doch du- "Mehrzahl der Hau iarbeitsverrichtungen mit ihrt^r Familie
selbst besor<^P!n. Hierauf beruht wiederum, daß die Kigenthümer von liebland
den Besitz desselben zugleich als eine Gelegeuheit oder als ein Mittel au^asaen,
für den in der Familie einmal vorhandeaen, oder in der Oekonomie doch erforder«
liehen Grandstock von Arbeitskraft die Zahl der nntsbaren Arbütstage im Jahre
ohne erhebliche Steigerung der Konten der Arbeit im Ganzen zu vermehren,
oder einen weitern Spielraum in der Anwendung der Arbeitskraft zu erzielen.
Eine solche Stellung des Kebenbe^itzers gibt allerdings der Rechnung desselben
tlber die EentabilitSt der Rebkultur eine eigenartige Gestaltnng. Denn wenn
im gegebenen Falle ein Theil der Bandarbeit, soweit diese als Neben- oder Füll-
arbeit auftritt, relativ wjhlfeiler bestritten und daher mit einem entsprechend
niedrigem Kostenbeträge in Anschlag gebracht werden kaun so bedeutet das eine
ebenmiißipre Erhöhung dess RtMnertrages vom Grundkapital. Und thatsächlich
<lrUckt »ich dieses Verhaltailj rückwirkend darin aus, daß der Kleinbauer im
Erwerb von Bebland bis sn demjenigen Eapitalbetrage herangeht, welcher ihm
nach Absttg der ZiiuHinsprttche desselben und d«!n Anfordernngeu des Betriebs-
kapital« vom Knh rtrage noch einen den T'm^t iti-b n angemessent^n Arbeit+iver-
<lien8t gewährt. Hierin lif»£^t denn auch der Grund für die KrfahrnTiLr, daß
Rebland unter sonst gleichen Bedingungen gerade im Kleiubesit^ am höchsten
befahlt zu werden pflegt.
Vll. Förtleniiifr des Weinbaues.
Bei der hervorragenden BcJeutuug, weleiie «Ica» Weinbau in land- und
▼olkswiithfichafÜicher Besiehnng ankommt, ist es selbstverständlich, da£ sich der-
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Weinbau — 400 — VVeiDba«
ielbe einer weitgehenden •taatUcbeti Fünorge erfreut, und daß aoeh von Seite
der Fhidmenten aelbet, insbesondere aof dem Wege genoesenediafiUcheo Zo'
Kaniineo8cliIas8e8, aa der Hebung und Förderang desselben stetsfort gearbeitet wird.
Was zunächst die einsch!i{g'i>ren Mal'nahm*^n Bundes- nnhelnng-t, sind
dieselben mit denjenigen zur Forderung der Landwirthsehutt überhaupt im GroUea
nmsclirieben in dem «Bondesbescblaß vom 27. Juni löö4, betreffend die För-
demng der Landwirtbsobaft dnreh den Band*, deesen Lit. D. «Uaßnabmen gegen
Schäden, welche die lundwii thschaftliche Produktion bedrohen" sieh speziell
auf den Weinbau bezieht. Au.s diesem lefzterri Ab.><'hnitt ^ei*•?l hier nur die ße-
stimmungen hervorgf'hobf'n , daß der Hnnii (Icnit iiigen Kantonen, welche zur
Bekumpfnng von Sch<tJliugeD und Kruiikheiteu der lauJwirthschaftlichen Kulturen
Ifaßregeln ergreifen, üntenttttanogen bis znm Betrage von 40 % von ihnen
gemachten Ausgaben zukommen lassen kann, nnd daß er ermächtigt ist, eine-
gehörige UeberwachuDg der Weinberge, sowie die erforderlichen Schutzmaßregeln
gegen die Verbreitung der Reblaus und ander -r S(had!ing"e anznordoen, die
Einfuhr, ZirkulatioD und Ausfuhr von PÜanzen, Stötten und Produkten, welche
Triger der Beblans oder eines andern die Landwirthscbaft bedrohendMi Sdiäd-
lings sein können, sn verbieten nnd Strafbeatimmangen aafsnstellen, welche für
üebertretungcn dieses Verbotes RuMeD bis zum Betrage von Fr. 1000. vor-
sehen. Im Weitern ist hervor/uliebeu di-' Intrrajitionale l^hylluxf>ra-üebereink unft.
vom 3. Nov. 1881 zwischen den V«irtragä»»taatüu liolgiuii, Deutschland, Frank
reich, Luxemburg, den Niederlanden, Oesterreich- Ungarn, der Schweiz, Serbien
nnd Italien, sowie das VoUgiehungsrefflenieitif betreffend Vorkehrungen gegen die
Beblaus vom 29. Jamiar 1886, (siehe „Beblans").
Außerdem sucht der Bund namentlich auf dem Gebiete des Unterrichts-
uestiis fordernd einzugreifen. In dieser üinsicht ist in ers^ter Linie die land-
wirth:<chattliche Abtbeiluug am Polytechnikum zu neunen. An derselben werden
Vorlesungen ttber Weinbau gehalten, nnd sMt awei Jahren ist ein Ver^nehsfeld fUr
Rebban mit der Schule verbunden. Sodann kommen swei andere Institute in Be-
tracht, welche der Bund mit namhaften Subventionen unterstützt, nämlich die waadt-
ländische Verfiuc!i>-tiition im Chami) de-l'Air bei Lan^Hnre nnd die interkantonale
Schule und Versuchsstation für Übst-, Wein- und Gartenbau in Wädensweil-
Zlirich. Letztere wird mit Neujahr 1891 ins Leben treten, erstere besteht seit,
dem Jahr 1686. Sie befaßt sieh mit allen in den Weinbau einschlagenden Fragen,
ganz besonders mit der Bekämpfung der verschiedenett SohSdliogo, und sucht
durth Herausgabe einer eigenen Zeit-fchrift, der ..Chrouique agrieole < t viticole'
belehrend nnd anregend auf ein weitfn.s ruhükum zu wirken; auch besitzt sie
eine eigene Sämlingst-uhule vtm amerikanischen Reben. Ferner erireuen sich einer
bedeutenden üntersttttzung von Seite des Bundes die kantonalen landwirthschaft-
liohen Schulen im Strickhof i)ei Zürich, auf der Ruti bei Bern, in Cernier-
Neueiiburg, sowie die Winterschulen in Lausanne und Brugg, an welohen allen
aQch Weinbau gelehrt wird.
Kodlich gibt der Bund Beiträge an die Kosten von Wandervorträgen und
von kaisem Lehrknraen (kantonale nnd interkantonale Weinbaukurae, Reben*
pfropfkurae etc.), welche von den Kantonen oder von den landwirthsohaftliehen
Hanptvereinen veranstaltet werden.
9nri>- Th'itigkeit dr^^Kt -i -h vielfadi mir derjenigen der Kantone. I>as Anf-
tinU ii der Keillaus in mehreren Kantonen, sowie die bedrohliche Verbreitung
des falhclieu Mehlthaucs der Kebc haben verschiedene Regierungen zu bezüglichen
gesetaliehen Maßnahmen veranUßt. So erließen die von der Beblans heimgeauebteft
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Weinbau
— 4U1 —
Wirkerei
Saatone Vollsiehungtiveroxdnangeii wo. dem BundeBbeflchliuM betr. Maßnahinett
gegen SohSden, welebe die landwirtluohaftliobe Produktion bedrohen. In den
gleichen Kantonen bestehen Rebsteuergesetze, 'su-lm ^KeLlaiiK"^i und die Kaotone
Waadt, WalÜ!^. Zürich und Aar/j^au haben fiir die Bekämpfung den falschen Mehl-
thaues das Obligatorium eiiigt-führt.
Die Kosten der genannten interkantonalen und kantonalen landwirthscbafb-
liohen Bildnngs* nnd VenaeheanBtalten lasten zum gif^ßten Theil auf den Kantonen.
Wu keine landwirthschaftliohen Vereine bestehen, werden Knrce nnd Vor-
träge din'kt von Jen Rej^tcnmj^en angeordnet.
In das Gebiet iler L'rivatth.itigkeit fallen die Bedtrebiingea von Vereinen
iiod Genuüsenschatten. Von solchen L>t zunacliät zu ueuuen der deuttfch-suhweizeriücbe
ObHt- und Weinbanverein, welcher kantonale und interkantonale Bebbankörae ver-
anstaltet, eine eigene Monatsachrift herausgibt und auch im Gebiete der Ampelo-
gruphie thätig ist. In der französischen S<;hweiz finden wir iu der Fediration des hoci^te»
d'A g^ricnlture de la Snisso romand« ebenfalls einen interkantonalen Verein, dessen Sek-
tionen sich auch »pezieil mir dem Weinbau befasften. — Der Kantuu Aargau hat eine
eigene kantonale Weinbauge»eUsohaft, nnd in den übrigen ^ntoneu, »ipeziell in
den fran^eiech sprechenden, bestehen eine Menge von lokalen Weinbau- oder
Winaenrereinen. Deren ThStigkeit bezieht gich hauptsächlich auf die Veranstaltung
von Kursen, besonders in der deutiscben Seliweiz, aber an oh im Wulli»!, wo die-
selbeu für Lehramtskandidateo und Phuiarlehrer ubligaturisch mui. Feruer finden
Kebeninspektiouen und Winzerprämiirungen ötatt, in welcher Richtung die Vereine der
franzOsiseben Schweiz ▼oranskehen ; in der dentsohen Schweiz ist diefifalla der Wein-
bau verein Winterthur anzuftlhren. Einige Vereine, wie z. B . die aargauische Wein bau-
gesellschaft und der Weinbanverein Wintertlmr, besitzen Rebschulen, aus welchen
Würzliri'^t' von bewährten Sorten abgegeben werden, Hfier sei bemerkt, ifi&
auch iler Kuntun Zürich in neuester Zeit mehrere Wur^lingsschulen und das
landwiithachaftliche Departement des Kantons Tessin üw Saat- und Pflansschnle
von amerikanischen Reben angelegt hat.) Ueberall finden neben Kursen auch
kleinere nnd grSßrare Aosstellungen und viele Wandwvortrttge statt. ^)
Wirkerei. Das Stricken i;llt vorläufig noch als eine spanische Erfindung
vom Anfang des 16. Jahrhimdet In. Wäre dies richtig, so müßte sich die Technik
äußerst rasch Uber ganz W^eslcuropa verbreitet haben. Schon 1535 wird in
Straßburg sowohl von Hand, als an Rahmen nnd Gestellen gestrickt. Iu Basel,
wohin die Technik wahrscheinlich durch burgnndiscbe «Paretlimacher* gebraobt
worden war, existirt gegen Ende des Jahrhunderts ein Handwerk der ITo^en-
ILsmer als wohlangesehenps bihi^erHebes Gewerbe. Zu AiifaiiL'' des 17. Jahr-
hunderts liegt dansellte in unaui' börliehtr Kelide mit der vurib-riisterreiehischen
Bruderschaft des „Paretiiu- und Hosenstriekerhandwerks"* im Elsaß, Sunt- und
Preisgau.
Das „Liemen", wie in der Schweiz heute noch vielfach der Ausdruck lautet,
blieb jedoch nicht auf das zttnftige Handwerk beeohränkt. Die geringe Schwierig«
') Anmerkung. Hier seien noch mit Dank die Nanieu derer genannt, welche mich
bei meiner Arbeit unterstützt haben. Es sind dies die Herren C. Borel in CoJIpx bei
Genf, Redaktor Bücbi in L)ozweil-Tburt,'au, J. M. de Cbaslonay in Sinn. Dr. Jean Dufour
in Lausanne, A tiicot in Landeron, K^.-Sekretär Gsell iu St. Gallen, Keg.-Halh Uug
in Schaffhansen, Staatsschreiber KoHbrunner in FraucnfeM, Professor Dr. Krfimer ra
Zriti<li. Fiii-lin-peklor Merz in Bellinzona, Refj.-Hatb Rebin;inn in I/t slal, Dozent H.
Schneebeli ia Zürich, Nationalralh Vogler in Hordort-Aarguu, A. Zmimermanu-äibeu-
mann m Aarau nnd Reg.-Ratb Franz in Marenfeld. Der Verfssser.
Famr, VollwwIrtlMtbAftvLezikOTi d«r Seil««!«.
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Wirkerei — 402 -— Wirkerei
keit gab der neaen Kun^t raaoh eine viel weitere Yerbreitaiig ttod Badeatnag.
Sehon in der iweiten Hälfte dea 16. JahrhanderU war dae Stridken mancher*
ort» ganz ebenso heimisch wie noch in uiisern Tagen. Am Hessen z. B. wird
berichtet, daß Weiber und Mai^ llein den ganzen Tas^ „allweg Wüllen Garn und
Strickstöck" (grobe hölzerne Ötrioknadeln) bei üieli fahren, um „Hrjaen" (im
heafagen Sinn: Sirllmpfe), im> tie woA andere tragen, an atriokeo . . die sie
dann ohn Unterlaß mit großen Sammen andern ErSraem verkanfen.
In manchen Gegenden der Schweiz war niclit riel anders. Während
des dreißigjährigen Krieges erfahren wir, daß „bald jede> Kind dieses Handwerk
treibe", namentlich aber allenthalben auf dem Lande „Manns- and Weib.sleut,
jung und alt** üich damit befassen. Wie nioU dtm Landvolk bisher sein Garn
«elbet geaponnen nnd an Tnob oder Leinwand Terwoben, eo stellte es sieh jetat
einen Theil seiner Kleidung mit der Stricknadel her, welche vor dem Webetohl
den groGt n Vorzug der Billikfkcit nnd dsr leichteren Beweglichkeit voraus hatte.
Gleichzeitig wurde aber aach in den Städten das schmiegsame und elastische
Tricot bald modern für die verachiedenstun Theile der Kleidung. Nach dem
Vorgang Frankreiobe fiind die Stmmpfboae nm die Wende des Jahrhanderts
anoh in den sch weiser. Stidten Eingang, wie sioli ja flberhanpt sowohl Mode
als aach Technik des vorgerüokteren Westens durch den beständigen Zufluß vor«
nehmer Kefugiatitrn ra*5rh hH uns einbUrf^erte. Außer Strumpfen nnd Hosen
waren aber auch ge^trickte Handschuhe, Mützen und Hemden im Gebrauch. Und
die große Beliebtht^it, deren sich die neue Art, sich zu kleiden, alsbald erfreute,
wurde die Grundlage an einer der bltthenduten sohweiaerisoben Großindustrien
des 17. nnd 18. Jahr!] m lerts.
Der erste j^^nnr. große ITnternphiner begegnet ttns zur Zeit de>) dreißigjähriq'en
Krieges in Basel. Rudolf Hummel setzte seine Produkte nicht nur nach Zurz u li
Bondern auch nach „Augsburg, Grate, Wien uud andern weitgelegenen Orten"
ab, tbeils dnreb direkten Verkauf, theils dureh Lieferungen in Kommission.
Die wichtigsten Fortschritte dürften sich an die Erfindung des Wirkstahls
durch William Lee in Cambridge 15i<9 knüpfen. Da sich Lee in seiner Heimai
nicht nach Wunsch gewürdigt sah, wandte er sich anno 1B08 mit seiner Rr-
üodung nach Kouen. Und an muß dann der Wirkstuhl bald auch bei uns Aat-
nabme gefunden baben, in Basel yielleidit ELomliob gleiehaeitig mit der ersten
«^ndelmüble*. Scbon in den 1670er Jabren erscheint die Stnunpfwirkerei
auf Stuhlen unter den landlichen Hausmanufaktttren jener Zeit als eine der
auRgobildetsten. Es werden zwei Baslfr Tläiispr genannt, deren jedes ea, MOO
ytiilile im bischöflichen und im Sulothuruer Biet beschäftigte, fclin dritter Betrieb,
für welcheu hauptoächliuh im Suluthornischen gearbeitet wurde, hatte noch bedeutend
grttßere Dimensionen. Als seine 8pesialitäten beseiobnet der ünternebmer, Hs. Hr.
Gernler, die Kinführung des feinen drei- im 1 , ii rfuchen Gespenstes und für die
Handarbeit, mit welcher er die Kinder im Waisenbau« beschäftigte, das Stricken
von Strümpfen auf fünf Nadeln.
Gleichzeitig erfahren wir, daö auch von den Bemer uud SchalThauAer Unter^
tbanen viele hundert arme Leute und Kinder durch Stricken ihren Unterhalt
finden. Dagegen veriiielt sieh Zürich vorläufig ablehnend gegen die Einftthmng
dieser neuen Industrie. Erst als sich bei dem Widerruf des Edicts von Nantes
1080 die glaubensflüchtigen Brüder Johann und Jakob Bonrgnet mit ehenso
überzeugenden Intelligenz- wie Geldmitteln ausgerüstet, um die Einführung der
Fabrikation der Strumpfhose von „Seide, Floreti>eide und WoUengarn nach
englischer Fayon" bewarben und die Bewilligang datn erhielten» konnte die
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Wirkerei
— 403 —
Wirkerei
AVirkerei in größerem Maßstäbe daselbst Fuß fassen. Immeirbin hält sich die
Produktion nach heatigen Begritfcn in bt m helilenen Grenzen. Der Roh-totT-
verbrauch der trebrtider Bourguet betrug anliiiigs 20 — 30. später bis gegen 100
Zentner jährlich. Absatz fanden ihre i'rudukt*: huuptsächlich nach Italien. 1689
wurde TOti derselben Firma in G«stasegna (Graobttnden) eine iwnte Fabrik
gegründet. Leider war jedoch diese erste Periode xüroheriielwr Striekera-Indostrie
nur von kursM* Dauer. Trotz den unverkennbaren Aufblühens derselben gab der
Zürcher anno 1700 dem kleinliclKU Drängen der einheiraisrhen Kaufleute und
Gewerbtreibeadeu nach unU veruiilaiitu die liuurguet üauuit allen übrigen französi-
achen Geschäftaleuten mit »elbüt^täudigen Betrieben zur Aaswanderung. Die
Boargnet siedelten naoh Bern Uber. In Zttridi varUieb nur noch ein klein*
ailnftige» Strumpfwirkerhandwerk.
Für diu glk'n/.LMidc wcitcio Kntwieklang namentlich der Easler Strnrapf-
manufaktur war vun Bedeutung einmal da« Aufkommpn der bereits erwiihuten
viel reutablereu Seideiiätrümpfe resp. Soidenhusen, wie mk, uutcr Ludwig XIV'. in
Frankreich Sitte wnrden. Sodann der ananfhOrliche Zuaug ge^ohiekter franaUa-
soher Ansbreiter und Appreteure. 1G99 sShlte man 104 Welsohe, als an der
Basler Strumpfwaaveu-Industrie betheiligt. Gehobeu und getragen wurde diese wie
alle andern schweizer. Industrirn dnrch die Geschäftsaicherheit und Konkurrenz-
lusigkeit, deren sich die Schweiz während der Kriege Ludwigs XIV. erfreute,
hanptsSdilioh ameh dareh die CShaaeeo, wah^e der spaaisdie ^bfolgdLrieg dem
schweiaerischen Exporte darbot. Da die fransQsiaohea Waaren im Baiohe Ter*
pönt Warden, ohne daß Deutschland genttgeode «gene Prodnktion besaß, so
erschloHnen sich den scliweizer. Industrien ganz von selbst neue und dankbare
Absatzgebiete im Wurden und Osten, auf den Frankfurter Messen, wie in Bayern
und Oesterreich. Die Baiiler Strumpfwirkerei steht in der er.sten Uülfte des
Yorigen Jahrhunderts nemlich eb«abttrtig neben der stärksten Export-Industrie
Beeels* der Bandweberei.
Um die Mitte di-s 1.'^. Jahrhunderte befanden sich Strumpf- und Haml.scliuli-
webereieu auch in den Kantonen Bern, ZUrieh, Aargan und Suluthurn. Der
Absatz ihrer Produkte dehnte sich in entfernte linder aus. Die Strümpfe wiirtlen
auf sogenannten Knllirsttthlen Terfertigt. Das 1760 gegründete Ezxu J. H. Kägeli
in Bern soll im Jahre 1780 bereite den verhältnißmäßig hohen Jahresanisats
von .')(),( Hl«) Fr. gehabt und in der Stadt bei 100 „Gesellen", auf dem Lande
ca. 400 .S'.ruinpfwfber und Strumpfweberiunen beschäftigt haben.
Die KriegHwirreu am Ende des vorigen und Anfangs dieses Jahrhundert«,
aowie der allnrilhlige Abgang der Eoiehoecmtraoht legten diesen Lidnstrieaweig,
wie yiele andere, lahm. Später lebte er basonden in der ümgegend Ton Olteo,
SchSnenwerd, Brugg, Borgen, Wüdensweil, Zürich, St. Gallen, Bischofszell,
Tägerweilen etc. wieder auf. Baumwollene, wollene und floretsriilen«^ Striinipfe
und Zipffilniützen wurden im Aargau, seitlcno Haudnchuhe und Aerniel m Zihicb,
Horgen und Wädensweil, baumwollene Strümpfe, Unterkleider und ^anuskitttjl
mit cingeldtmmter Wolle im Thnrgan und in St. Gallen gemacht. Die ältesten
Finnen dieser Art sind Jost Brun in SchSnenwerd, G. Leuthold & Söhne in
Horgen (jetzt iti Zürich) und Koorad Birnnstihl in St. Gallen (gegründet 1822),
wobei zu bemerken i«t, daß die beiden erstgenannten jetzt norh an der Spitze
dieser Branche sind. Damals wurde der größte Theü der betretenden Produkte
noeb auf den Messen und Jahrmärkten abgeeetat.
Ein allgemeiner Aufeohwung und eine Ausdehnung der Fabrikation in's
Große folgte um die Mitte dieses Jahrhunderts der Erfindung der Bondmasohine
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Wirker«
— 404
\\ irkerei
and der ycrbesserten Kettensttthle und damit zosammeDhingenden HttUsmaaidiiiien,
7on welchen die erstgenannteD besondere aus Troyes and Stuttgart, die letsterea
au8 Sachsen bezogen wurden. Was Kpeziell die thurgauische Fabrikation betrifft^
üo verdankt sie ihren heutigen Umfang der Initiative des politischen Pliichtlino^jj
Jos. Sallmann, der 184b aus äach»en kam und aas einigen vorgefundenen Au-
ftngen «n bltthmdee .GeadiMit sa «itiriokeln vemtand.
Mt der allmiligen Entfoltung einer großen Yielartigkeit der Prodokto ist
die gante Wirkerei- Industrie bis heute stetig in die Brnte gewachsen, besonders
be<^fin«tigt, wie viele iinderc Branchen , 'Inrch die ei;:^enartigen Verhältnisse der
70er Jahre, aber auch gehemmt durch die vielen Zollerschwerungen der 80er
Jahre und die Uausircrkonkurrenz französischer und deutscher Geschäftsjäger.
Jhren stSrkslenlnipnls aber, ebenbürtig demjenigen doroh die firanfOeieche Strampf-
hüse iiu 17. Jahrhutj jt^i t. hat die Branche ohne Zweifel erhalten durch die er*
folgreiche Agitation des WoUtricotapostels Professor Gustav Jäger. Die immensen
Gewinn»? der Weltfirma Benger in Stuttgart enthielten sowohl für die große
sächsische VVirkwaaren-Industrie , als Tür die boscbeidenere schweizerische dea
stärkaten Spern zat NaefaeiferaD|;. Unter der Gunst der Anabreitang der Trioot-
Mode in allen £rdtheilen ist die eebweiaeriaehe Wirkmi in den letiten Jahren
wieder zu einer recht ansehnlichen Export-Indoetrie aofgeblQbt.
üm so wichtiger ist dieser Erwerbszweig, als er zum größten Thei! auf
häuslichem Betriebe beruht. Seine hauptsächlichateu Artikel sind die verschiedenen
Unterkleider (Leibchen, Uemden, Unterhosen, Strümpfe, Jupons, Corsets etc.),
Damenjaolttn (sog. Tricot-TatUen) nnd Damea-Aermel, UmschUgttteher, gaaaen
Kinder*Kostiims etc. Die Produktion beläuft sich uut cu. 10 Millionen Franken,
wovon im Jahr 1889 nach der Zolistatistik 5,1' )7, 1 .')"2 Fr. auf dk- Ausfuhr
entlielen. Die.st' liudet hauptsärhlich (ra. 50 ^/n) n;u !i den W-reini^teu Steinten
und britisch Nordamerika, sowie nach Frankreich und England btatt. Die Ein-
fuhr Yon Wirkwaaren kam im genannten Jahre nahem der Anefnhr gleich, in»
dem »ie 4,487,580 Franken betrog. Zirka */i dieser fremden Wirkwaaren wird
aus Dr Titsehland eingeführt. Einen genaueren £inbliok gewfthrt die folgende
üeber.>>i(;ht :
^Iirit-'f Werth
Kinfahr Ai»libr HiDfihr kvifkt
q q Pr. Fr.
410 :>.'>! Baumwollene Strumpfvraaren obbe Nftharbeit . 5(;*.<,^i-J0') 706,004*)
1 3 Leinene , • » • l.SüO 5.755
5 148 Seidene , ... 35,000 7U.ri9i»')
502 Dül Wollene , , , . Snli.KX)*) 2.332,44)3'')
378 ölü Genähte Wirkwaaren von Baumwolle .... 517,8(iO'^) ü<K>,«71')
1,406 197 , . , Wolle oder Halbwolle . ^,:m,^) 4ö9,8S3')
_15 61_ , . , Seide oder Halbseide . '30,000 481,638")
3.793 3,406 4,487^ 5.ä07.16i
Nach der SchlatterVcbt n Industriekarte Yon 1883 bes( li;ifti-.'ti'u ^ich um
jene Zi'it IHhti Personen mit der Wirknn i, wovon im Kanton Bern 772. Thurirau
;i73, Zürieh 217, Neuenbürg lOO, St. Gallen 130, Aargau 107. Nach dem
') 487.720 Fr. an Deutschland, *) 34r>.503 Fr. Vcreinitfle Staaten, 120.0»>9 Fr. Frank-
reich, ') 302,585 Fr. britisch Nordamerika, 224,177 Fr. Fraukreich, *) 545,700 Fr. Deutsch-
liin.l, 1.0."):!,270 Fr. Vereinigte Staaten, 711,076 Fr. Frankreich. 358.895 Fr. England,
") i:{:.,t;t!i) Fr. Oeutschlan'i, t Jj :. Iii j Fr. britisch Indien, 1 l'.t.ijr.? Fr. U.stiudi« ii. tw,159
Franken Frankreich, 1,780.700 Fr. Deutschland. 567,800 Fr. Frankreich, 20l,i96
Franken Frankreich, "*) 203,078 Fr. Frankreich.
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Wirkerei
— 405 —
Woliindustxie
Bericht Uber die Wirkerei an der 8cb weiter. Lui)(le8au8NteUuug von 1883, welchem
die ▼orliegenden Uütheilnngen großeniheiU entnommen sind, ist aber die 0»-
Bammtsahl der in dieser Brnnehe thKtigen Personen lilr jene Zeit za 3000 mit einem
Jahres verdienst von etwa 1,300,000 Fr. anzunehmen. Seither mag sich diese
Zahl erheblich vermehrt haben Nach demselben Bericht waren zu genannter
Z«it ca. 3200 Maschinen in Thätigkeit, worunter ungefähr 350 Eundstühle,
100 Kettenatühle, 30 Knllir- and Walsenstühte, 2000 Striokmaeeliinen , 100
gewShnliehe Webettthle für GrSpe de sanU eto., 600 NShmaachinen, 30 Spnl-
maschinen etc.
Der jährliche Verbranrh von Hülfsfabrikiitcn wurde 1883 auf den Werth
von 37« bis i Millionen Fr. geschätzt. Dioselben sind, soweit es Baumwolle
und Seide betrillt, fast nur inländisches Fabrikat j Wolle und Vigogne wird hin-
^^en grOßtentheils ans Denteehland, einiges ancli ans Frankroieb, Belgien nnd
England biv.o^ n. Im Inlande wird nur Kammgarn fabrizirt.
Auüer (li?n Strickma^ichiuen, in Silia'Tli iiisüii und (/ouvet in beträchtlicher
Zahl fdr das in- und Ausland fabrizirt weriien. iniis-if>n dl« nöthigan Mii^schinfin
vom Auslande bezogen werden. FrUher wurden die einlachen Kuliirstühle im
Lande sellMt gebant, heate Vffird^Hi diese seither rorbeaaerten ond sehr kompli«
strten Ibaehinen mdstens von Troyee, Stofctgart, Ltmbaeh and Apolda beschafft.
Nach einer Zählung vom 31. Dezember 1888 standen im Jahre 1888 34
Strickerei-Etablij^s'emctite mit durchscli'Mttlu'h 185 männlichen und Js-Jt weiblichen
Arbeitern unter der amtlichen Fabrikkoutrole , außerdem 3 Etablifi-semcnte für
Gesundheitscrepe, mit 128 Arbeitern und 2 Etablissemente für ^.Bonneterie" mit
zDsammen 61 Arbeitern. Diese Fabriken besaßen snsammea 106 Motoren^ wo-
von 63 mit Diuiiiif, 25 Wasser, 18 Gas.
Wolliiiilustrio. Die Wollenartikel, wf^khe in dfr Srhwci/ in ^'rMß"rrm
Maßstabe fabrizirt wcrliMi. f*ind Kunstwolle, Kammgarn, h«lbwoliene '^mit liaura«
wolle gemischte) und bulbleinene (Leiuenzettel, Wülleneinschuß} Stoffe, Militär-
tllcber, Wirkwaaren nnd Stickereien. Glatte Giviltnohe, ganswollene, fa^onnirte
StoüV. Teppiche, Decken, Shawls, Filz, Watte, Posamentirwaaren etc. werden
grüßtentheils vom Auslurxl (-ingi'fiihrt ; t ])iMi'0 fast au-srliließlich der Rohstoff
für die einheimische Fabrikation. Die Einfulir r uber und gt t irliter Wolle, nebst
Abfällen, Scheerwolle, Kunstvolle und Kammzug erreichte im Jahre 188^ daa
Oewioht Yon 46 772 q. im Werthe von 14313410 Fr., wovon 3,8 Hiltionen
ans ESnglandf 1,» Ifillionen ans Anstralien, 1,« Millionen ans Dentsohland nnd
1,0* Millionen Fr. aus Belgien.
Die pfsten Yerfiiche zur Fabrikation von Kansiwolle in der S'^hwciz fallt»n
in die Jahre 1800 — 54. Die erst« Verarbeitung wollener Lappen zu Kuustwolie
fand Anfang:! der 40er Jahre in England statt. Die Fabrikationsanfünge in
Derendingen, Serriire, Basel» Herder, Landqnart eto. maßten naeb nnd nach
sltmmtlich wieder aufgegeben werden. Knr eine bedeatende Fabrik in Bargdorf
vermochte sich zu erhalten. Nebst derselben bestehen eini;»e iipuero Etabli>j.semente
von kleinerem Umfange; ilie Gesammtprodnktion ist auf l '/i Millionen Kilogramm
im Werthe von ca. 2 Millionen Franken zu veranschlagen. Die Hadern etc.
werden größtentheils 7om Anslande bezogen ; deren Beeehaffung wird aber tbeiU
weise durch einen hohen Ansgangszoll erschwert, der in Italien Fr. 8. 80, in
Oesterreich 4 fl. beträgt, während hingegen beträchtliche Quantitäten inläudischer
Hadern, besonder«? ans den Grenrkantonen, zollfrei aii«irpr,nirt w- rden. Für 1 -'i
Absatz des Fabrikates sind die Kunstwollfabrik aiit<>tt ebentalis tatst ganz auf aa^»
Ansland angewiesen, indem das Inland nnr wenige KonstwolbtcffiB erzeugt.
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Wollindustrie
— 4UÜ —
Wollindustrie
Die K^mgarnspinnw^ wurde von 1666 tnf 67 loent in zwei Etabliwe-
menteo in Sohaffhatnen eisgeftthrt. Anlkngs der 70er Jahre vnrden die großen
Geschäfte in BUrglen unrl Derendingen errichtet. Die Tier ezistirenden Spinnereiea
haben ca. 55,000 Spindtlii in Thätipkeit und proi^nziren jShrlich ca. 10 — 12,000 q.
im Werthe von 10 — 12 l^lillioneii Franken. Fü»t die ganze Produktion von
Webgarn geht maugel.s einer erheblichen schweizerischen Fabrikation eineclilügiger
Stoffe, wie CSaobemira, Merinos, Zanellae ete., in*8 Amland. Striok* und Bikk-
garne kauft hauptHächlich die einheimische Wirkerei- und Stickerei-Industrie.
Die Ausfuhr belief .sich iin .Jahre loSO auf 1 l,3s'l q. im Werthe von 10,223,147 Fr.
Rtrei' hfiarn wird wenig produzirt Die Fabrikation desselben erfordert
wegen der Beschränktheit de» Absatzgebietes eine zu große Zersphttening, d. h.
eine sa große Mannigfaltigkeit der Sorten. IHe größeren WbtlenCabrikcu,
namentlieh in den Kantonen Zürich und Glame, ▼«reinigen übrigeag alle Mani*
pulationen vom Rohstoff bis zum fertigen Fabrikat, also Wa^dierei, Färberei^
Strciehgarn, Spinnerei, Weberei und Appretur ; die aargaoisohen HalbwoUweber
hingegen bezieben ihr Garn meistens aus i^elgien.
Die Fabrikation halbmlteimr Stoffe i«t in allmäliger Abnahme begritlV;!!.
Sie bestand aohon im Torigen Jahrhnndert ale Hansindnatrie in den Kantonen
Zürich, Bern, Glarus un ! Anrgau; ein erhebliche Theü der Fabrikate wurdo
nach Italien exportirt. In I i; Kriegszeiten vor nnd nach der Wende di*s .lalir-
hnuderts verlor diese Industrie ihre Bedeutung. Öie erstand aliniälig wieder
in den 20er Jahren. Mitte der 30er Jahre kam bei>onders die II alblein- und
CasBinet&brikatton anf. Diese nneoheinbaren Artikel werden ihrer großen
Solidität wegen mit Vorliebe von der LandbeTülkinnij; r^atra^n u. bei weleber
sie aber heute annehmend von diu liillii^eren und mif-i-hnlicheren h : 11 1 lumwollenen
Stoffen verdriinirt werden. Anfangs der 40er Jahre fing mnn an, FruuRnkleidrr-
8totle aus Streichgarn herzuütelleu, welcher Artikel bia in die tiOer Jahre stei-
genden Absatz fluid ond reichen Gewinn bot. Bis . 1868, d. b. bis zur Er-
richtung von Prohilntivzttllen im Ausland, war neben der Schweiz selbst auch
Italien ein sehr bedeutender Abnehmer solcher Halbwollfabrikate. Seither wird
nur noch wenig exportirt. Im Jahre 1880 erreichte der Kxport aller WoU-
und Halbwollgewebe zusammen nur den Werth von 2,403,326 Fr. (excl. Decken
nnd drgl.)
GiMßwoUenes Twth wurde (wie aneh halbleinenes) namentfioh in Bern und
Zürich nachweislich schon im 14. Jahrhundert labrizirt und war lange Zeit
hindurch ein b^deut-nder Exportartikel. Vom sog. „Bemtnch" wird nns denfc
15. Jahrhundert ln-rirlitet , daß zu jener Zeit wohl in wenigen StHdten der Welt
ao dauerhafte wollene Tucher verfertigt worden sein dtirften wie iu Bern. In
Zfirieh wnrde xneret «granes Tech*, „Berower* (zottiger, wollener Mantelstoff,
die«er auch mit liOinenzettel) nnd „schwarzes Hosentuch " geniaeht ; später spielte
auch der Wollen-Bnrat eine Hauptrolle; H»7Ä frab es 30 Wollenfabrikanten.
Die rohe Wolle wurde grolSentheils „mit schweren Kosten aus fremden Landen*'
bezogen; das Garn ward im Inland bereitet und e» durfte davon nichts aulier
Landes Terkanft werden. 1692 wnrde der Bezug von »geUlmmter Sehwaben*
wolle" nnd «weißer Leipaiger- Wolle* verboten. (Die sahlreiohen Terordnnngea
seit dem Richtebrief von 1304 siehe bei Adolf Bürhli, »Die zürcherische
Fabrikff-^^etzgebnng vom Be^nn de;* 11. Jahrhunderts an bis zur schweizeri^eh'-n.
Stuatsumwaizang von 17^^" im Anhang zum Handekbericbte der Kaufmännischen
Geeelkobaft Z&rich Uber das Jahr 1883.) Von den Bernerfabrikanten stand
lange Zeit aneh das sog. «Fmtigtnch*, ein Bftrgentoff fOr die weibliche Land-
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WollindiwUie
— 407 —
Wollindustrie
bevtflkernng in allgemeinem Anseilen. Gegen das Ende des lotsten Jakrhonderte
Kcheint die eigentliche Fabrikation von Wollentaoh außer der Haasweberei auf
dem Lande nnd in den Tliälern einjjegangen zu sein.
Die neueren Versuche der i;'abrikatioQ ganzwollener Störte datiren von
den 30er Jabren i^e^ Jabrhnnderts an. In den 40er Jahren wurde im Kanton
Bern der Bedarf von Ifilitlrtttehem bereits Tonngeweise Ton Bemerfabrikanten
gedeckt ; in andern Eantuneu scheint das staatliche Entgegenkommen hiefiir
damals noch gefehlt zu habeo. Heute ist nun die schweizi risdie Tin liwebtroi
dahin ^'tdangt, fast sämmtliche Tücher fiir die Armw-, l'oNt- und Kitwjnbahn-
vcrwulluiigeü etc. üu liefeiu, und zwar sehr billig und in einer (Qualität, die
derjenigen jedes firemden Fabrikates dnrobaos gewaebsen ist« Ganawollene Civil»
Stoffe werden hingegen immer noch zum weitaus grttliten Tbeile vom Aunlande,
vornb von Deutschland, bezogen. Die Aiifnrdt^rangen an die Mannigfaltigkeit
und den Wechsel der Muster sind in dieser Branche so groß und das inländische
Absatzgebiet ist hingegen so klein, daß es bisher nur wenigen i?abrikanten
gelangen ist, ein mäßiges Arbeit«f(dd au behaupten.
Ganawollene Streiohgamstoffe werden gegenwXrtig auf etwa 800 meehanisehea
Webstählen und 100 HandwebstUhlen, halbwollene und ganzwollene Kammgarn-
stoffe auf ca. 350 mechaniischen Webstühlen gewoln n. Für halbwollene Streich-
garnstotfe »ind je ca. iiOO mechanische und AOO Bandwebstühle in Thätigkeit.
Die angegebenen 1350 Stühle vertheiien sich auf oa. üO Geschäfte.
Was die Wirkerei and WoUenstideerei betrifft, so sind diese Branchen
unter « Stickerei" und «Wirkerei* nftber bebandelt.
Tcppirhc und Decken w«*rden nur in einer Fabrik in La Sairaz i'Waadt)
gemacht; es liandelt sich um ;,'au/, billige Waare auH Kunst\v(dlf. Zift;«-u- nnd
Rinderhaaien u. drgl, fUr den Export. Die vor einigen Jahren vun St. Gnlieu aus-
gegangenen Versuebe mit der Teppichknüpferei hatten keinen nachhaltigen Erfolg.
FÜB nnd Watte werden eben&lls nicht in großem UAßstabe« yon den
wenigen Fabrikanten aber in durchaus hervorragender Qualität fabrizirt.
Ein großes Ilinderniß für grfißert^ Ausbreitung der Wollenindustrie in der
Schweiz Idldt t theilweise der Man^jel an großen, auf der Höhe der Zeit stehenden
Kamnujarnpirbcrtten. Verschiedene neuere Bemühungen mit staatlicher ünter-
sttttsnng haben in dieser Hinsicht wesentliche Fortschritte angebahnt. Einstweilen
sind die bestehenden Fabriken hauptsSeblich anf ausländische Färbereien (namentlich
Elberfeld, MUhlhnusen und Paris) angewiesen. Im Großen und Ganzen beruht
dif Hoffnung der achwoizprisclien Wollenindustrie auf einer endlichen kräftigen
Zoiierhöbung zum Schutze gegen die drückende deutsche, französische und
englische Konkurrenz. Die bisher stattgefundenen, verhältuißmäßig sehr geringen
ZollrerscbSrfnngen sind an diesem Ende ungenttgend. Der Verkehr mit dem Aus-
land geht des nfthoren ans folgender ZosammoiiBtallang Ar das Jahr 1889 hervor:
Men^ro Werth
Einfuhr Ausfuhr Einfuhr Ausfuhr
q q fr. Ft.
39,546 1S,581 Wolle roh utid ^ew..^ eben, Abfälle, Scheer-
öocken, Kunstwolle 9,688,770 2,451,95i
7,296 155 Wolle gemahlen, geOrbt, gek&mmt: Kamm-
zuj,' 4.624,6iO 60,055
4 3 Watte 3,G00 2,232
ä,198 81 Streichgarn 1.341,105 .53,932
3,75.5 11,381 Kammparn 3.406,320 10,223,147
S20 568 Garn auf Spuhlen, in Knäueln oder kleinen
Strftngen, für den Detailmkanf . . . 832,950 417,779
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WoUindiMtrie
— 408 —
Zeu^rucker«!
Menpe Werth
Einruhr
Ausfuhr
Einfuhr
Aosfuhr
q
q
Fr.
Fr.
405
Tiii"hen>lf'ii fLeislen) ........
79i
770
728
3ü8,ÜüO
800,598
«7,835
1,14S
Gewebe, gebleicht, gefirbt, bedruckt . .
80,618.500
1,601,624
SlO
1
T.;islings(Sr I >lc Berry) z. Schuhfobrikatioo
1.104
1,537
l.05:i
l,(J00,7üü
184.471
328
7
1,705.600
13,002
615
1
Räiiilpr
1,470 rton
1,1.35
502
961
Slruiuplwaareu ohne Näharbeit ....
8.'):i,4oo
2,332,103
76
185
258,400
852.130
39
Spitzen
Ui',,Hm
2.S'.Mi
492
43
Sliawls und Si linp'-n
984.(XK.»
311,219
2,224
47
Teppiche
2.828,425
51.952
453
2
S' huhe aus Tuclicnden
208,3^0
923
351
8
201.S2Ö
4.892
6S6
13
Filzwaaren roh, geffirbl, bedruckt . . .
720,700
20.178
163
7
Hüte, nicht ausiferüstet (ungarnirt) . . .
4S9.(J{K)
12.310
14S
174
Pilzlücher zur Papiertabrikatiou ....
117.1.50
lHi.695
384
Kleidun^rsstOckc uDd ändert fertige Waaren
9,306,600
856..331
e
1
9,000
1,386
1.406
197
S^,900
459,882
Total 73,692.465 20.883,094
Wie sich die Ein- und Ausftihr seit 1850 quantitativ entwickeU hat, zeigt folgender
Auszug aus der ZoUstatiütik :
Einfuiir Ausfuhr (q)
1851 1861 1871 1881 ISSO 1851 1861 1871 ISSl 1nS9
5.784 (V) (VJ 26,824 46,772 Wolle, Abfälle elc.l«K,« 2,539 6,520 9,158 12.736
2,342 3,515 6,04t 4,360 6,773 Garn f'*^'"* 63 4,153 8,810 12,080
14,935 17,001 32,277 26.999 29,220 Gewebe .... (?) (?) (?) 1,711 1,877
Unter der Kontrole des eidi,'. Fabrik'/p^-r tzes standen Ende 1888:
Etablii>äe-
Arbeiter
Betrieb'
jkrafl
mente
WtiUich t
Enwwi
Wiwr
hrnit Mlriiittt Zn.
10
528
719
1247
1106
300
110
1516
Tuchfabrikation . .
. . 24
779
i(m
1807
971
347
60
1878
4
115
189
804
149
80
23»
HannvoIlw("iii'r>'i . .
. . 7
35
56
»1
ll.s
118
Filztuchfabrikation
. . 1
14
55
69
50
6
56
. . 1
14
6
20
15
16
47
1485
2053
8688
2394
748
170
8812
Zeugdrackereü IMe Zeug- oder Stoffdruckerei auf BanmwoUe wurde in
der Schweiz im Jahre 1888 laut der amttidieB Fabrikkontrole in :!7 Etabliwe-
raenten betrieben, welche durchschniftlif h 3878 Arbeiter, wovon 1771 weiblich,
beachäftigten. Die iiiei-liauisclic Bi'trifhskraft derselbpri hrtrug 889 Pferdekräfte
\Va«ser und 420 i'lenlekräft^ iJ^mpt. JJio u»uif«ten Geschäfte (21) befinden nich
im Kanton Glaru»; von den Übrigen entfallen B auf den Kanton ZUrich, eiu
kleines auf den Kanton Bern, *i anf den Kanton St. Gallen.
Die Ausfahr, welche beinahe die ganze Produktion in «ich faßt, indem die
Schweiz selbst mir ra. .3 — .'> % dersell cii aufnimmt, betrug im Jahre 1889
22,833 q im Werth,- v<m 1Ü,649,954 Franken.
Es wird zum gröljeru Theile von Hand gedruckt. Die Konkurrenz mit den
gcwdhnUchen, &at unglaublich billigen, einfachen Boaleandmck- Artikeln, die in
Deutschland^ England, Holland, Oeaterreioh, Italien, Spanien etc. in großen
Etabliasementen mit vielen Maschinen, reep. stark koncentrirter Kapitalkraft
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2eugdruckerei
— 409 —
Zeugdrackerei
Abiirirt werden, ist nur hin»iclit1ich weniger Artikel möglich; die ichweiser.
Drucker haben sich daher h injit iii hlich auf Artikel geworfen, welche wegen der
komplizirten Farbenkomposition odtT dem -croßen TTmfiinp sirh ftir (hn Mniw^hinen-
druck nicht eignen. Den liiiuptartikel tlie.ser Art bilden die Kopf- and Umnchlag-
tUcher fdr die Donauländer (Yasmas, Tetitemeld etc.), die Türkei (Kalemkiars),
Indien etc., Amen und die europSieche Türkei zusammen nehnen Uber ein Drittel
4e8 ganzen Exports auf. Von den europainchen Ländern kommen nußer der
Türlfti in erster Liiiir Otstcrrciph nnd die Donauländer mit 3,4 Millionen Fr.,
•dann Italien mit 2.8 Millionen Fr., nodann Frankreicli mit 1,5 Millionen Fr.
in Betracht. Die genauere Vertlieilung zeigt folgende Uebersicht :
Aasfuhr glatter, beärueüer Baumwollgewebe 1889.
Menge nach Werth
q Fr.
4,189 Italien 2,764,338
3,361 Don.iuirm.l.T i'Riimamen, Serbien, Bulgarien) . 2.i51.r>r,.>
2.304 Europäische Türkei 1,769,000
9,m Frankreich 1,5S9,160
I J'H ( >. ^NTreich-Ungam 91K.03S
1)70 Spunien 536,484
565 Deutschland 416,714
27^2 Grieehenland 219.I3R
594 üebriges Europa 423,174^
15,467 Etiropa 11.018,044
2.59") Britisch Indien 1, 838.91 »0
2.048 Halir,nili-cli hnlien l.r)8I,96()
l.löO Asialisihe Türkei l,(X)ri,445
420 Ostasien _^79,61j5 •
6,213 A9ien ' 4,706,926
200 Algier 154.070
177 Oslafrika 145.980
171 Aet,'vpten 13-2.359
12 Westafrika b,768
506 Afrika 441,177
583 Amerika 479,767
tr Auafralien \.<>U\
-Sijm ToUl 16,649,954
Die Hanptschwierigkeit der schweizer. Dt*nckerei-Indu8trie bilden die Zoll-
Verhältnisse. Den ersttm Schlag in dieser Hin-^icht erhielt sie durcli die GrUiidnng
des deutschen Zollvereins, dessen hohe Zölle ihr ta^t pli'.tzlith eines der gröl.iten
Absatzgebiete verschlos.sen. In den üOer Jahren fulgtea prohibitive ZuUerhohuugen
in den Vereinigten Stuten. nnd in Italien, welefae frtther weit größere Mengen
bedruckter Tücher als bente von der Schweiz bezogen. Ein anßerordentlidieB
Hemniniß bildete besonders auch die Thatsache, daß die zollfreie Veredlung aus-
ländiscluT Gewebe in der Schweiz zum Zwecke der nachherigen Wiederau.sfnhr
über beliebige Grenzen (admission temporaire) mit dem schweizer. ZuUgeaetz von
1861 nidit vereinbar i«t, wogegen andere Linder, beeow!«» Frankr^eh und
DentscUand diese Admisrioo temporaire edion frllbseitig gestattet haben. Es ist
dadurch namentlich der ungeheuere Aofsehwnng der Elsässischen Drttckerei-Indu-trie
möglich geworden, die anfänglich hinter der s( lnv«izeri«chen weit zurückstand
und ihre Modellstecher nnd Drucker einst von Zürich kommen ließ. Durch die
admiflsion temporaire wurde es ihr Aufttng.s der 60er Jahre ermöglicht, die ebenso
billigen als guten sohwetseristthen Baamwolltttoher zollfrei tn beriehen, welche
«eitbw jährlich in riedgen QuantitSten (fUr ca« 6 Millionen Franken) nach dem
Zengdnickerei
— 410 —
Ebal^ geUDgen, um dort geftrbt oder bedrockt und nachher in sllen m^liehen
Richtungen versendet zu werden. Die schweizerbeben Drucker waren hingegen
nur auf den Ketourveredlangsverkehr mit Deutschlanil In s* hrätikt. der bei seiner
r>rtli( hfii Beschränkung noch durch allerlei liintin^e umi kti>-tsj)i( ligc Kontrulformali-
tateu erschwert wurde. Erst heute, leider zu tspät, ist eiue Aeuderung de» ZoU-
geaetsee im Sione einer unbeeohräokten admiaeion tempondre zum Bedneken in
bestimmte Aussicht genommen. Für den größten Theil ihrer Produktion bedienten
-ich die srdiweizer. Druckfr ebenfalls schweiz.'riselier Koli- Gewebe; nur für den
javauLöchen Spezinlartikel „Battiks", desaen Fabrikation von ;> (Ihirnischen Finnen
tast autjäcbließlich betrieben wini, werden die Gewebe (wie Aim auch die hollündi-
icken ^nknrrenten thnn) wegen der aafierordwtliobw Billigkeit nttiatens tod
England bezogen. Seit einigen Jahren ist von einem Etabliseenent im Kanton
Glarns mit Erfolg auch die Wollendruckerei an Hand ^eiMmmen worden.
Dit» Einführung in der Schweiz verdankt die Baumwoüdruekerei den fr in^ö^j.
schen G lau bens- Emigranten. Zuerst gründete Fazy eine Indienuedruckerei in Ueuf;
ihm folgte im Jahre 1689 Jacques Deluze mit einem Etablisäement in NeuchateL,
das bis in die Mitte dieses Jahrhnnderte bestand.
In Zürich wurde die erste Druckerei von Römer & Kitt im Jahre 1701
errichtet. Dieselbe befaßte sieb außer den großmustrigen IndienncH mit den sog.
PersiennoH, (iewebe mit einfachen kleinen r)es'»in'.-. Die Kohireweb« konnten vom
ziirclieritichen Laudgebiet bezogen werden. Zwei Mal wöchentlich eruchieuen zu
jener Zeit die «Tttehler' mit dem Zürcher Uarktsohiff in der Stadt, verkanflen
ihre Waare den flrbera nnd Dmekero nnd kauften dagegen von den Kauf lenten
das nöthige Garn.
Unter den rnseli nacljfolgenden ziiri berifschen iJruckern R. Zimmermann,
Eaöpar Holzhalb, üeinrich Rurdorf, David Stadler, Paulus Meyer sind besonders
Hans Jakob Hoimeister und David Eßlinger (der frtthere PastetmbKcker) apKter
, David & Melehior Eßlinger* hervorxnheben. Diese Geschäfte gelangten m gans
besonderer BlUthe and Ausdehnung. KUUnger setzte im Jahre 1785 eine Million
Kranken um und beide Häuser beschäftigten in guten Zeiten Uber 1500 Arbeiter.
Die von Eßlinger mit Act/.druck auf tUrkisch-roth geiarbten Geweben hergestollten
Moucboirs waren uauientlich in Italien unter dem Namen «Fazzoletti d'Essliuger'*
bertlhmt. In Glarus wurde das Dmeken im Jahre 1740 dnreh Fatio ans Genf
eingebürgert. Im Anfang winden, zum Unterschied ron Zttrich, fast nur indigo-
blane Schnupftücher mit einfat iien Dessins fabrizirt.
Die Erlindung des Walzen- oder liuub'iiuxdrneks gegen Ende des vorigen
Jahrhanderts, sowie der Perratine im Jahre ItiiJ^i, die das 40 — 50 fache der
Leistung des Handdruclme au prodnmren vermag, braehten im Betrieb der
Dmckereten eine UmwSlaung hervor, welche im Verein mit andern Schwierigkeiten,
wornnter namentlich die schon erwähnte Gründung des Zollvereins zu erwähnen ist^
verschiedenen älteren Etablissementen verderblich wurde Das Haus Eßlinger,
das beim üanddruck verblieben war, liquidirte im Jahre 1^37, nach 120-jäbrigem
Beetande. Hofmeister liatte sich hingegen anf den Walaendruok gewcvfen und
arbeitete schon im Anfange dieses Jahrhunderts mit einem vierhltadigen Ronlean,
d, h. mit einer ^T.isehine, welche vier Farben anf einmal zu drucken im Stande
war. Sein (reschäft das sich lange anf der Höhe der Zeit erhielt, hatte bis 1867
Bestand. In der W'estwchweiz , wo sie ihren Anfang nahm, ist die?»e Industrie
seit mehreren Jahrzehnten ganz erloschen; in Stadt und Kanton Zürich, wo sie
ehemals am ansgedehnteften war, ist sie von eimgen 20 anf 3 EtabUsaement«
inrttckgcgangen ; sie eharakterisirt eieh heute als Spesial* Industrie des Kantona
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Zeugdruckerei
— 411 —
ZuUwesca
Gluru», wo 8ie last am fepiitt;«)teu Eia^aug (and. Zu erwähnen ist Adolf BUrkli's
Monographie: ,Z<lriohsIndieime-lfanii&ktnr und Tlirkifiob-Rothfilrberei*« Zttricli
1880. Laiifeiide Miltbeilnngen siehe in den Handelsberichten des Sohweiaer,
Handols- and Induitrie-Vereina und der Kaafmännisohea Geaellechaft Zttriob.
Zollwesen. Verfasser: Für die Zeit hi« 1848 *) Herr Dr. A. Huber,
Handelsstatiätiki^r im eidg. Departement des AuswSrti^« n : fdr die Zeit seit
1848 Herr Sater, I.Sekretär der echweiz Oberzolldirektion.
Zollwest-n vor iTi*.^.-)
Die Zollverhältni^ise der alten EidgenuHi^eiiitulmtt waren in Folge der beinahe
imbeex^ränkten SoaveiilmtXt der Kantone das Reenltat twl lokaler Konveniens
and der verschiedenaten Interessen, bestimmt durch die Eatwioklung und den
Gang des Handels in den einzelnen Landesgegeudeu.
Das Zollwe!<cn, dem somit jede innere Ucbereiu^fimmun«^ und allgemeine
leitönde Gedonkeu abgingen, bildete das denkbar bunteste Gemälde sowohl rliok-
eiehtlieli des Ursprungs, der Bezugsweiae nnd der Bemeasungsgrundlage der ZSlle.
Bei einer Betrachtmig der Zolltarife in den Kantonen der alten Eidgeaoasen-
schalt lassen sich drei Huaptcpocben ihrer Entstfhung unterscheiden.
In dir* crstt; IlpurlH-, d. h. die Periode tK s i\ritteliilters, ;;i'}ir/ren die Be-
nennungen Geleit, Fuhrleitcu, ümgeld, Pfund- und Marktzoll, Trattungeld, wclclie
Bezeichnungen sich übrigens noch in den Tarifen bis zum Jahre 1848 erhalten
haben; eodann datiren ane dieser Periode diejenigen ZtSUe, welche kraft kaiser«
lieher Pririlegieo, dunOi Vorpfändungen oder durch LcIk u an die Besitzer ge-
kommen waren, endlich die Judenzolle, wonach die .linlen / llmäijii; stärker
besteuert wurden als die Christen Die^e letztere Zollart hat sieh i\m längsten
in den Tarifen aus den Kantonen Solothurn, Aargau und Luzern erhalten. Die
mittolalterliohen ZSlle tragen alle das Gepräge sehr mKßiger Abgaben, obechon
sie 7MT Zeit ihrer Aufstellung wegen, dea damals Terhältnißmäßig hohen Geld-
werthes durelischnittlich viermal größer gewesen sein mögen als am Ende des
letzten Jahrhunderts. Diese mittelalterlichen Tarifirnngen tragen in hervor-
ragender Weise das Gepräge des damaligen Handels, der in der Haupt^uiche ge-
werblioher Auetaaadi war. Im jPernem ergibt sieh ans der mangelhaften Durch-
filhrnng der Tarifirang die Dürftigkeit wiMensehaftUoher Kenntniraet hingegen
auch das Zutrauen in die Kechtlichkeit der Bürger. Denn es findet sich in den
ZoUverordnungen ans jener Zeit keine Spnr von Strafen wegen ZoUdefrandationen.
Die Signatar der Zölle jener Zeit war, die Unkosten zu decken, welche uns
der Sicherung des Kaufmanns und »einer Waaren gegen die Raubgier der
MKchtigen erwuchsen.
Di' Z ille der folgenden Kpoche erlitten keine betrüchtliche Veränderung,
bis man in Folge des wac^hsen len Verkehr« in der zweiten Hälfte de^ 18. Jahr-
hundert« mit dem IJau der Kiuiststraßen begann. Deren Benutzung verminderte
die Fuhrlöhne. Auf der andern Seite mußte aber für die bedeutenden Bau-
und Unterhaltskoeten in den Weg- und BrU^Eengeldern ein Ersati getmeht werden.
Und swar bildete sich die Hmnoog heraus, daß diejenigen^ welche die Straßen
benntzten, in einem bestimmten Zeitraum durch Leistung von V(^eg- und Brücken-
geldern die Baukosten, an einigen Orten sogar noch unter HiazafUgung der
') Vergl. darüber: Dr. A. Huber, ,Die Entwickhin;/ des eidgenfts.'^iseheu Zullvvesens
▼Om Be^'inn der ersten Tarife bis zur Bundesverfaiisunt' <i' - •lahre« ISIS*, Bern, 1890.
') TheUwei^ nach einem Berichte des eidgen. Zoll - Revisors J. C. Zellweger (1823
bis 1833).
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ZoUwe^en
— 412
Zolhvösen
ZinMn, abmtragen hlttten. Die Rdckmobtaabnie sof KonknrreiiMtraßen yerbot
aber eine allzu hohe Steigening der Gehilhren.
Der B(;ginn der dritten Koo'^lip, tXWt auf das Eiiile de-- letzten und den
Anfang ansercs Jahrhundert«. E-i zeigt sich in diiser Zeit in den Tarifen in rkhiir
der 1iikaU.<tch6 Geist. Dieselben erstreckten »ich auf mehrere hundert Gegen-
stände» und die Verordnangeii befehlen Visitationen an. In den OesebRen ist die
griJßte Wachwmkeit ge^n üebertretnngen, das grOßte ICßtraaen in die Zoll-
pflichtigen, das grüßte Zotranen dagegen in die Beebtliebkeit des ZollperaonaU
Mchtbar.
Ein Blick auf di« am Ausgang der alten fiidgenoRMenschaft in Kraft be-
etebenden Zolltarife zeigt ans, daß mit RUckxioht auf die ZoUbemcssQngsgruudlagc
ein ganzes W^rterbnch aller ersinnliehen QnantitXtsbeseichnnngen ersobSpft worden
ist. So kam es vor, daß anf der nämlirhrn Straße für den ffl^iehen Wagen
bald nacli Ledi, Fud r, Karreten, Last, Faß, Röhrli, Kiste. Balle, Sanm, Rtiirk-
zahl oder Gewicht, bald nach Eimer, Lägel, Sack, 31alti'r, Mütt, zuweilen auch
vom Längenmaß oder vom Werth verzollt werden mußte.
Die meisten alten Zolltarifs waren daher dermaßen unklar und nnsweckmaßig,
daß sie beständig erlKntert nnd vn ändert werden mußten, um der Willkür noth-
dürftige Schranken zn setzen. Außerdem stipulirten eine Reihe derselben förm-
liche Ungerechtigkeiten. Kam os doch vor, daß z, B. im Kanton St. Gallen
die verschiedenen Theile desselben durch den ZoUbe/.ug ungleich belaHtet wurden -
wahrend die Bauptetraßen und wichtigsten Eingangsstationen stark beetenert
waren, genossen einige Qner- nnd Nebenstraßen, Bewohner gewimer Beiirke nnd
Naebbarkantone große Privilegien und mitunter Zoll- und Weggeldsbefreiung.
Gewisse Straßpnrrplder z. B. mußten bloß v>in T.tf!:frrnl)nrgprn rntrichtet werden,
ja es kamen Tarif« vor, wo sieb die Ansätze verschieden abstuiten, je nach der
Heimat des Fuhrmanns.
Diese Zollrerblltnisse waren dazn angelJian, das heutigen Tags nooh fühlbare
Absonderungssystein zwinchen Kanton nnd Kanton, swischen Volk und Volk
darchzuflihren und damit den Schweizer dem Schweizer zu entfremden.
Der Systemlostcrkeit in der Masse der verschiedenen Tarife, die „einer
Sammlung von Trünunern" glichen, mußte ein Ende bereitet werden.
Als erster Zielpunkt einer Beform im ZoHwesen mußte die Uebermoht der
faktisch bestehenden ZoUbereohtignngen nnd die Untersuchung der rechtliehen
Grundlagen in Aussicht genommen werden.
Alle Bestrfbnnp^en zur Ri fnrm de« Zollwwens in der evKten Hälfte unseres
JahriiundertH bewegten sich denn aach beinahe ausschließlich in diesem eng-
gezogenen Rahmen.
Die ZolWerhältnisse von 1798^1848.
Helvetik und Mediation 179B — 1813. Die Helvetik hatte die Ver-
bpsfernnjr df^s Zollwesens natürlich auch auf ihr Programm genommen. So ver-
langten Gesetze vom 4. März und 4. Dezember 1799 die Aufstellung eines neuen
Zolltarifs. Durch Dekret vom 8. April 1801 wurde der VoHziehungsrath er-
niXehtigt, einen Tarif fttr die Hanthen nnd Zollgebtthren in der gamen Republik
nach einem einheitlichen System, allerdings unter BerUokeiobtigung gewisser lokaler
Verhältnisse, festzn-setzen.
Die Ein- und Aufsfuhrirebithren «sollten G ®/o ad vaLneni nicht übersteigen.
Für die Transitzölle sollte die durch die Transitgüter durchlaufene Strecke und
die RUoksichtnahme auf anslandisobe Konkurrensstraßen maßgebend sein. —
Lebensmittel vom ersten Bedttrfniß^ sowie Rohstoffe fttr die Fabrikation \m der
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ZoUwesen
— 4ia —
Zollwesen
Einfuhr and ebeiuo Exportartikel durften mit Ausnahmd einer Kontrolgebflhr
von im ^luximum 7« ®/o ad ralorem keinen Zülleti unterworfen werden.
Alle diese Erlasse standen wohl auf dem Papier ; allein e« wurde deu-
sielben in keiner Weixe Folge ge£fehen. so daß, als die MedkUv^noikte im Frtth*
Jahr lbU3 iu'a Leben trat, das Zullweüen faktinch unverändert war.
Die das ZoUwesen besehkgeoden Artikel der^lbea lantetea:
Art. 5. Die ehemali^'en Zugs- und Abzugarechte sind abgeschafft Der ft«te Ver-
kehr mit LcIh ri-mittein. Vieh und Handelswiian ii \-\ u' '^v.ilu ielsfi^i. Im Inn rti dt r
Schweiz könneu keiue urtlichea oder ailgemeiueu Eingaogi-. ÜurciipaU- oder Zoll
gebflbren eingeführt werden. Die Äußern GreuzzAUe gebfiren den an das Ausland
stoßenden Kantonen, jedoch sotten die Tarife der Tagüatsanf; zur Genehmigung vor*
gelegt werden.
Art. G. Jeder Kanton behält die Zölle bei, die zur Ausbesserung der Wege, Heer-
straGon und Flußufer bestimmt und. Die Tarife bedörfen ebenfalls der Genehmigung
der Tap-'-iit/'.nng'.
Ith- liickx'hriti lirlif Ti'iidfnz, durch wrlrhi; die Mediationszeit gegenüber der
Helvetik gekennzcichuet wird, zeigte sich selbstredend auch auf dem Gebiete den
ZoUwesens. Alle Kantone beeilten sich, nach Belieben neae Zölle und Gebtthron
einzuführen. Daß dabei nicht allgemeine nationalökonomieche Interes^ien, sondern
gegenseitige Konnivenz den AuiMchlag gaben, war bei den damaligen Verhältniseen
nicht anders* zu erwarten.
Die Mehrheit der Tagsatzuug wollte deu Artikel 5 nur auf die Einführung
nener Zßlle angewendet wiaado, während hanptritohliob Glarna und Thurgau
Ittr eine weitherxigere Interpretation des Artikela kftmpften, wonach sie das
sohweizerische Zollwesen der nackten > klaren Bestimmung der Yerfassungs-
vorschrift, welche kantonale Eingangssölle als onzuUßig erklärte, angepaßt
wissen wollten.
Artikel G lautete allerdings: , Jeder Kanton behält die Zölle bei, die zur
Ansbessernng der Wege« Heerstraßen und Flnßnfer bestimmt sind.
Die Tarife bedürfen ebenfalls der Genehmigang der Tugsatzuii;^ Durch die be-
schränkte Auslegung des 5, Artikels war dann natürlich auch der luluih des
Ü. Artikels präzisirt, uud es wurden darrmnh difi zollartigen Gebühren aus der
alten Eidgenosäenscbaft unbesehen als den Anforderungen du^lbea eat^^precUeod
betraohtet and in die Medial^onsaeit hinfibergenommen. Die wohlthätigen Be-
stimmungen von Art. 5 und 6 blieben demnach toter Bachstabe.
Die auf der ersten Tagsatzung der Mediation zur Berichterstattung ein-
geladene Kommission sah «ich nicht in der La^r*', sifinrntlinhe Tarife zu prüfen
und bezügUohe Vorschläge zu hinterbringen. Es wunle daher die endliche Be-
richtigung des Zoliwftsen« auf die Tagsatzung de« Jahres 1804 verbchoben und
bis dahin die Regierungen and Korporationen im Genasse der ans der alten £id-
genoseensohaft herrtthrenden Zölle, Geleite, Brucken- und Weggeldsbereclitigungen
belas-'pn. Inzwischen sollte jede Neuerung im Zollwesen unterbleiben, bis d-T
einstweilen beibehaltene Status quo definitiven gesetzlichen Verordouugen gewichen
sein werde. Diese wurden aber faktisch nie erlassen.
Die Tagsetzang trug zwar dem Sinne de« 5. Art. der Mediationn-Verfassung
inriowuit Rechnung, daß sie eine Sammlung der Tarife aller in den Kantonen
besteheiulLii Zölle, Weg- und Brückengelder veranstaltete und ferner Anstand
nahm, die von den Ständen vorgelegten Tarife der :ilt ;rn '/ »üc tj^crndezu zu ge-
nehmigen. Sie b&Mhränkto sich darauf, die Tarife jeweilen uut ein Jahr zu be-
etätigen, indem sie sich das endsobaflUohe Urtheil und Eintreten darüber jedesmal
aof ein folgendes Jahr vorbehielt.
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ZoUwesen
— 414 —
IMesur Vurbeimit einer all^t>ineinen ZolIrevkioQ, richtig nnil woblbegrillldet
er an und fiir sich war, warde durch dun hänfigen Grebraiich, den man alle
Jahre davon hci Rnvilligung von Zöllen machte, ohne daß in;in sicli nln r die
Art uqd den Zielpunkt einer sulüheu Kevinigo je klar wurde, zur leeren Formel
nod führte gans natttrHoh sar Anfreoliterltiiltung oder Wiederherstellnng aller
alten Mißbrüache.
Von einer einheitlichen Zolllinie, hervorgegaij';i;ii durch Uebereitikunft aller
Stände, konnte luitiirlich unter solchtii Fiii>tiinden keine Rede sein; wohl aber
mußte eine solche gcschadea werden infolge de« Haoht Wortes des t'raazösincheo
Protektors, Napoleons I.
Engiuiid, dai« sich stet« mit Krfulg abwehrend gegen dm wachsende Ueber-
^wicht Frankreichs ▼erhalten hatte, aoUte nvn drnoh Gewalt, durch die Ver-
Dichtung aeines Handel«, aar Unterwerfaag gebracht werden.
Kapoleon yerhSugte an diesem Zwecke im Jahre 1806 eine Sperre gegen
die Produkte des englischen Handels, das System der sogen. Kontinentalsperre.
Ein Prohibitionstarif machte die Einfuhr derselben in die einzelnen Länder un-
möglich.
Iö08 verschärfte er das Verbot und ließ eine Menge englischer Waareu
verbrennen. Trotsdem, daß Hatidel nnd Verkehr dadurch ttberall gewaltige Ein
büße erlitten nnd Tlieii runi^ entjit;ind, handhabte Napoleon die Spt^rre in rink-
f?ichtslo»ester Weise. Zur Ueberwachung de« Handels wurl*' « im- militärische
Pnlizei pincfnfhtpt, welche die Noth durch Hohn und Gewaitthat um so peii.-
lieber machte. Auf eine unzwcid<-utige Aulforderung des französischen Mediators
hin beeehloß die eidgenSssieohe Tagsatzung unterm 5. Jnli 1806, die Einfuhr
eoglisoher Mannfakturwiuiren und aller in den englischen Besitzungen fabrizirten
Baumwollentücher und Mousselines zu verbieten. Um die durch den Beschluß
vom '» Juli 1M06 nöthii: fr ^wordenen Kosten für die Grenzbowachung hf^treitei;
zu kuiuieu, wurde 1 Kreuzer EinfuhrgebUhr vom Pfund maMchinengcsponnenem
Banmwollgam erhoben, and eine Viyagebiihr von 3 Erensem anf die Übrigen
-eingehenden Knnfmannawaaren gelegt. £a aind also diese KontrolgebQhren al«
die ersten eidgenössischen Ghreni^ebiihren zu bezeichnen. Mar das für die schwei-
z»^riisthe Piaumwülleuindustrie unentbehrliche Batimwollgaru war von der Prohi-
bition aufgenommen. Die Einfuhr und der Tmnbit aller Kaufmaunswaareo wurde
auf cinisre bestimmte Eintrittsorte beschränkt.
Der BeM:hluß vom ö. Juli 1H06 wurde bis zum Jakie 1810 aiijiibrlich
von der Tagsatsnng emenert nnd dessen Anwendung braehte begreiflicher Webe
eine bedentöide Hemmung in den bis anhin beinahe freien Waarenaustauttch, be-
sonders mit den siiddeut«chen «Staaten, und zwar um 8o mehr, als dieselben eben-
falls Zoll- und Mautbnrdnungen zu erlassen hatten, um dem durch Napoleon in
diesen Staaten ge»chatteneu vermehrten iriskalbedurfoiß ein GonUge leisten zu
kQDnen, nimltch fttr die vermehrten Auslagen der Staatsverwaltung unter den
dnroh den Bheinbund verluderten Terhültaiasen nnd die ateta wadfaaenden mili-
täriai^iem VerpAichtnngen.
Die auf Grundlage des Beschlusses vom 5. Juli 1806 erriohtete Zolilinie
und dip Grenznus-talten gegen da« Ausland waren im proßt-n Ganzen eine rein
kantonale Institutiou. Als dann aber Napoleon sein KontinentaUjatem durch den
Tarif von Trianon vom 5. August lölO verschirfte, wurden dieselben eid-
genSesisidier Verwaltung nnd Aufsicht unterstellt durch die Verordnung dea Land-
ammanns der Sehwetz vom 9. November 1810, nachdem demselben eisfaoh
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ZoUwesea
— 415 —
Zollwesen
ein Tarif zur Aust'ühraDg Ubermittelt worden war. Der Kontinental'^jierrtarif
fär die Schweiz vom 9. NoTwnber 1810 enthielt die folgenden AnuBtee*):
per Zi iitner
Fr. Btzo,
Baumwolle, brasilianische, von Cayenne, Sarinam, Demerary, langp 260. —
— Icvanlinische. welche über Land kömmt .... 40. —
— aus audera Ländern, ausgenommen neapolitanische
und rrtmische IIK). —
Zucker, rnlit^r 80. —
— geläuterter (sucre Ifete et terr*) 130. —
Thee, Haysan S90. -
— yriiner 11>0. —
— Qbrijje Sorten 4ö. —
Kaffee 130. —
Indigo . 29D. —
Cacao 3iO. —
Cochenille ftaO. —
Pfeffer, w ii er 190. ~-
— scimarzer 130. —
Zinunet, ordinärer 150. —
feiner ^50. —
Gewürznelken lÜU. —
Muskatnuß 630. —
Holz, Aeajou 15. -
— Femara buk 3.j. —
— Gamoeche- oder Blauholz 40. —
— Farboolz, gemabienes oder geraspeltes 30. —
Pbtaache, Amerikanistdie 10.
Hftute, rulic. amerikanisdie . (" i ^'trirk i. —
Fischöl, Tbrao per Zentner S. —
Mnllefisch , , 3. —
St<,rtf-Tlt , , 2. —
Klfcnbciu , 130. —
ScIiildlcrAtenscbalen , . per Zentner 495. —
Perlenmutter ............. „ , (»0. —
Heiii, amerikanisches , , (i. —
(lachou oder Kateehuerde « , 190. —
Vanille per Pflind 19. —
■^11 rriiit. Ii ^ n 9«
Ingwer , , y. —
Piment per Zentner 130. —
€as,sia lignea (ordinari Zimmetj , , 450, —
(n(--,i Oller Cunepus . , , 45. —
Hoeou, Roucou, Orseille , . 65. —
Curcuma „ , 40. —
Gummi: Senegal, arabischer, Tnrquiei Tuneaer,
Gayac, Gopal , , Ä). —
Gummi: Lack iu Blättern, elastisches Harz, Am-
moniak, Sagapenum , „ 60. —
Gummi, elemi , , 160.
— f utte , , 190. —
— oppoponax , , 130.
Holz, Gayac, Cayeuuisches, satinirtes, Quercitron,
PcUiaander , , 9. 5
Holz, rothes, St. Martinsholz „ , 45. —
— — Sandel ^ 6. —
— Aloi' , , f60. —
— nf'])liriti8chea , , iCrO. —
— Kodes , , Üü. —
— gelbes Sandelholz 80. —
*) Siehe auch Hilly: Politisches Jahrbuch 1885, p. 423 und iit.
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— 416 —
ZoUweaen
per Zerilner
Fr. Htm.
Holz, Tamaris per Zcutner 45. —
— Bnisilienholz und Spftne ........ ^ 4. —
— Caliiatour , , 4. -
Die Tara wurde bestimmt, wie folgt: Für Zucker in FSssem ir>''/o; für Kaffoe,
Gacao. PfelTer in Fässern 12 " o; fi'ir Baumwolle 8"/o; für übrige VVauren in Ballen 10" o.
In Folge diener hohen Z<3lle war die Krrichtuog einer Menge von Mauth-
bureaux notUweudig gewurdeu. Ala deren Auf^ber wurde im Jahre 1810 Land-
namaon Heer von GJariu amftQiit, Die Colonulwaaren, welche auüwärto nach-
weisbar schan bezahlt hatten, wurden an der 8ohwei«er Grenze mit einer Veriß-
haUons<icbiihr von 6 Kr. per Zentner belegt. Sodann wurde eine PlomOarfeifebÜhr
von S Kr. per Stück oder Collo festge-setzt und ili<' hen its im Jahre IHOü anf-
geütellte VisiMjebiÜtr von '.\ Kr, auf allen nicht taritirten Waarcn erneuert.
Die Ereignisse auf dem europäischen Kricgstheater, die von ItllO an .sicU
drängten: der unglflekltohe rnssitiohe Feldzug von 1812, die begeisterte Erhebung
Dcutächland.s im .lahre 1813 und die folgenschwere Schlacht bei Leipzig
(16, — lÖ. Oktober 1H13) vfiiiiilirten aiiclj «lic Verhältni.sse in der Schweiz.
Mit dem Vordringen der aüiirteii Miichtc wurde die Kontinentaleperre, die
wie eiu Alpdrücken auf Europa latitele, iiuL>er Kruft erklart.
Die ecbwdseriscbe TagMhsuDg in ihrer anfierordenüichen Sttsuog vem
16. — 26. November 1813 hob deßbalb ftm 26. November die biaherige ZoU-
verordnung auf. Zugleich beschloß sie, daß zu theifweincr Bcstrcitnmt der
att<i ih-r (rrfmbesflzunff zur Aitf/'f /iferfi a'tioHr ifrr yrttfr'ii'!''!! mrn'-ßtsenden
Kosuten tine Emf/ungSfitbühr von alien eeiilrdenäcn Waurcn an den btsUüvigen
Qrengbureaux er^vn w^äm soUe.^)
Bie Bohnf dadurch fttr die Eidgenosseneohaft eine ZentralhUIfiiquelle, welche
den Kantonen die große La^t der Geldkontinge&te in jenen schweren kriegerischen
Zeiteil !..d' nt--iid crl.'ichterte.
L)ie l'loujbagegebühr und die Zcrtiiikate wurden aufgehoben, hingegen wurde
dio Visagebübr auf allen Waaren, welche nicht ausdrücklich belegt waren, bei-
behalten, ferner wurde eine Tranaitgebtthr von 1 Batmn feetgeeetst. Die Visitation
der Waaren sollte nur im Verdaohtsfalle vorgenommen werden. Die Anzahl dw
ZuUbeumten und Polizeiangebtelltrn win de bedeutend vermindert; hingegen wurde
der Oberaufsehcr der Grenzanstalten beibelialten.
Der der Verordnung vom J»!. November 1813 beigefügte Tarif enthielt die
nachstehenden Ansätze, die per Sporcozentner Markgowicht verstanden sind;
Baumwolle, aniei ikani.'^i be Fr. 6. —
— levantiniäcbe, neapolilanische , 3. —
Baumwollen-Mascbinenjram ,10. —
- Handgoy]iinii~l , 3. —
BaumwoUenlücber und StoHo, weiii oder gedruckt .... ,10. —
— gemeine grobe ....... 3. —
KifT.*» , (i.
Zucker, rober • (i. —
— i^elAutert oder rafflnirt , 8. —
Tliee. Zimmet, Hoskatodsse» Gewarznclken, Gacao, Cochenille , \± —
Indigo . , 8. —
Pfeffer, Piment, Cureuma , 5. —
Fn^nver. Gummi. I* .rron. (Jrseille , , 3. -
Farbliulzer, (JueiciUon, Suinacü, Thran ^ 1. —
') His beute isl djs VprhällniÜ zwiseben Militärans^Mben und Zolleiniiabiiicii das-
»ollic gebliebeu, mit deui AiivvacU.->eu der letztem And auch die er.->lcrn üucce-ssive
gestiegen.
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Zollwesea
— 417 —
Zoll Wesen
Alle oben nicht genannten und im folgenden Artikel nicht namentlich aug-
genommenen Kanfmaniiewaaren, eo auoh alle Transitwaaren, batten per Bratto-
aentner einen Batxen sca benhlen.
Als Kauftnann^iwaaren wurden nioht befcnuditet and waren demnaoli von der
£ingangsgebühr betreit:
Frucht, Mehl, 8troh, Heu, Dünger, Vieh, Holz, Holzwaarcn, Bretter, Gips,
Kalk, Ziegel, Wein, Bier, Bntter« Eisen in Stangen, Platten oder Gnfiwaaren,
Flachs. Hanf, Leinengarn nnd Paoktnoh, so offen eingeführt wird, Zinn und Blei
in Blöcken, Wotzsteinkisten, Lein-, Hanf-, Klee und Oelsamen.
Es if^t dies der crsic si'hweizerische Zolltarif und bietet in dieser F<>rni
eine Reihe schutzzollneriAcher Momente Er wurde auf 1. Dezember 1813 in
Kraft erklKrt nnd dauerte bis xnm 31. Juli 1814.
Der Ertrag der Z5Ile war in den Jahren 1806—1810 auf Fr. 25,000
bis Fr. 45,OlK) jährlich angestiegen und wurde den betreffenden Kantonen für
ihre Kosten überlangen. Nach den spätfrit X t rsehürfiingm des Zolltarifs uml der
TJiitt i>.tt)llung dfT Zollanstalten untur eidgeuöäüiäche Leitung warfen die Zölle
jährlich ungefalir 100,000 Fr. ab.
Durch den Beaohlnß vom 26. Kovember 1813, der in seiner poKtiflehen
I>eilentnii^ im! igwttte oft unterschätzt wird, hob die Tagaatzung eigenmächtig
den Tarif von Trianon und die ihr durch diis franzf^sischr Kotitinentalsystem
aufgedrungenen Mauthanstalten auf. Diese Thatsarh'» zeigt zur Kvi/lcnz, daß man
in den eidgen. Tagaatzungskrei^eu die Herrschaft Napoleon't« alti d tiuitiv vuriiber-
gegaogen betraehtete, nnd «ie bildet den Markstein fttr die Hinneigung der ofti-
eiellen Schweis au den Atlürten, welche den Start aller weitern Einrichtungen
Napoleon'« in der Schweiz, vor allem der Mediationsvorfassung selbst, zur Folge
haben mußte. Ein Konkordat vom 2'J. Dezember hob danii dip Mfdiations-
verfaüüuug und damit dos politische Werk der französischen Ucbermacbt auf.
Die Reataorationsseit 1813 — 1830. Nach der Aufhebung der Media-
tionsrerfasenng machte sich die RilckstrSmnng zur frtthern unbedingten Kantonal*
Souveränität allaeitig derart geltend, daß dieser auch die onterm Nuv.
zu Grünsten e'iwr eidgen. Kriegskasse heihi'haltciioii Kingan<js7,ölle, die als niiiljiire
Finanzzölle au <iie Stelle der ProhibitivauHütze auf die K.uloniaiwaaren getreten
waren, baldigst zum Opfer fallen sollten.
An der Spitze der Agitation gegen die GrenzzVlle stand St. Gallen. Von der
sogen;imiten „langen Tagsat/ung^ wurde dann 1^14 von den Ständen Uri, Baeel«
• Schalfhausen, St. Gallen, (irauliiindeu, Appenzell A.-Rh., instruktionsgemäß deren
Aufhi biing' v«'rlaiigt, „wf il in Folge der ganzlichen Anfhehnng der Kontinental-
sperre, ai»o unter verhäituiljnuiüig ungünstigeren Vcrhültnissen ala im November
1813, der scbweuterisobe Handeleetand ale empfindlich belastet nnd in seiner
Konkurrenzftbigkeit mit dem Ausland gehemmt ersehene*. Die Tagsatzung gab
diesem An.suchen die gewünschte. Folge utid erklärte nnterra 20. Juni die
s'^htcei-' fischen Ei»ffang^isbiHirm von Kolonialwaareo auf 31. Juli 1814 ala
aufyehoötn.
Die großen kriegerischen Ereignisse, die ihren Abschluß dureh den ersten
Pariserfrieden vom 30. Mai 1814 fanden nnd die Restauration der Bourbonen
in Frankreich im Gefolge hatten, nöthigteu die Schweiz zur Aufstellun<^ großer
Tnippenkontin;j:enf ' an der Grenze. Für diese vermochten die Kauf. ;i • die
nötiiigen Geldkontingente kaum mehr aufzubringen. Man kinn daher von iseliist
vvietler auf den Gedanken, einen Theit der Ausgaben auf dem indirckteu Stcuei-
wege, durch den Fortbezug der GrenzgebUhren, zu erheben.
Wvmtf T»11uwirthadiall»'Loxtkon dar Sidiwaitt 07
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ZoDwcMD
— 41b
Zoll wetzen
Allein die Tagsatzung konnte ron sich ans Aber ditae Frag« m. keinem
richtiges Beaehlnaee gelangen.
Unterdessen waren die europäischen VerbältnisHe durch den Wienerkongreß
festgestellt wordrn. Am 20. März I8I0 hatte derseUit; Jio Selbständigkeit und
Neutralität der Schwi iz auerkiiniit uii.l am 7. Augusl 1^15 wurde der unter
dem mu%ebendeu Einiiuß der AUinuzuiüchte zu »Staude gekoiumeuo neue Bunde:)-
▼ertrag beschworen, der anch die Frage der GrensgebHhren regelte.
DL'tselbf setzte in Art. 3 beattglioh der Gren^h&hren nnd der Beatrntong
der Kriegskostt n folgendes lest :
«Zur Bestreituntr der Kriegskosten soll überdies (außer den kaatonaleo Geld-
,kontmgent«n) eine i^emcincidgenfl<»isehe KriegAkasae errichtet werden, deren Gehalt
.bis auf den Uelrag eine;» doppeltrn Of^ldknnfiiigi fil- unwach-cn ^oll,
, Diese Kriegskassc soU ausschlieUlich nur zu Mihtarkostou bei eidgenAssiscbea Aus-
«aOgen angewendet und in sich ergebenden Fällen die eine Hälfte der Ausgaben durch
.Einziebunt; eines Geldkontingents nach der Skala bestritlen und die andere HSlfle aus
,der Kripir«kasse bezahlt werden.
^Zur luidung duser Kriegskaue 80U ein»^ Eingangtg^ähr üuf Waaren gdegt
„werden, dU- nicht su den nothu-endi'gstev B dürfnisiif^n rjrhnrt'n.
, Diese Gebfdiren werden die Greuzkanloae bezieluii und dur Taj^^aUuiig alljahr-
,lich darübt'! It' cbDung ablegen.*
,Der Tagsatzung wird überlassen, sowohl den T.irif fli(«i r iy;n?nii-.'»rl)riiir IVsf-
, zusetzen, als auch die Art der Hecbnungsfüliruuy darüber uud diu .M.iuu.ihun u zur
«Verwahrung der bezogenen Gelder zu bestimmen.
Die Idee der Gründung und Aeufiiung einer eidgenössisclü ii Kri. .r-l<a>s»?
dur( h Abgaben von eingehendein liandclsgute, die erstmals durch den Zolltarif
Vom 2ü. November 1813 verwirklicht wurden war, hatte also auch in den
Bandesvertrag von llil5 Eingang gefunden; allein die Grenagobtthren von
ein nnd zwei BaUen vom Zentner, die im Jahre 1^16 zu 6nnaten der KriegH-
kasse eingeführt wurden, konnten doeh nicht mehr als eigentliche Zölle mv\ als
wirkliche Belastung von Uaudel und Tndnstrie jjelten. K^; sind also diese durch
den Bunde« vertrag vorgegebenen Eingungsgebühren auf Handeläwaaren als rein
fiskalische KontrolgebUhren zn beseichnen, denen das anderweitige Gharakteristi"
koiB der ZBlle, wirthsohaftUche Regulatoren für die nationale Prodnktion und
das Erwerbsleben Uberhaupt zn »ein, vullständig abging.
In Auf-nihrntig vrm Art. ?, drs Kunde><vertrag!i wurde unterm 1. August
181<I eine Voliziehungsv >■» ordnung erlaHädu. Die^e erklärte als nuthwendige Be-
dürfnistie, die von der Eiiigang^gebUhr befireit waren:
Getreide, HttlsenMchtOt ErdSpfel, Mehl, Sah, Butter, Vieh, Hen, Stroh,
Bau- und Brennholz, Bretter, gemeine Hokwaaren, Kohlen, Baumrinde, Kalk,
Gips, Zii p'l.
Voll alK ii übrigen über die Schweizergrenze eintreten U'Ti W'aaren, «eien si«!
nun zum Transit, ZwiäGheuhaudel oder Innern Konsum bebtimmi, sollte eine Auf-
lage von ein*) oder zwei*) Batzen («Grenzhatzen") per Zentner eriioben werden.
') Baumwolle, Wnllr, FarMn'l/er und Farl)kr;iuter. Slnis-<a und Strazza, rohe Hilute
Hanf. Flachs, Eisen- und Kiscnwaait-n. Blei, Ky[der, /inn. Gel, 'liiran, Wein. Bier, Heis
getioi'knete Früchte und alle öbrigen Waareti. die nicht in die Kla.sse des § 3 gebün-n
bezahlen eiruTi Jfafzcn vom f^porcozenlnor Markgewicht. Bei Bererhtnnig der Gebühr wird
wa-s mehr ab äu Fluad wiegt, für einen Zentner, was 5ü Pfund und darunter wiegt,,
für ' v Zentner l)erechnet, das gleiche soll bei Colli, die weniger als 1 Zentner wiqien,
beobachtet werden.
') Alle Erzeugnisse fremder Weltlbeile. die nicht sub 1 namentlich benannt sind,
alle fabrizirten und verarbeiteten Waaren, Bauniwollengarne und StolTe. Seide roh <ider
verarbeitet, Droguerien und Farlümericn, Liqueur», gebrannte Wattser, Wein in Bou-
teillen, Tabak bohlen 3 fotzen vom Sporeozentua' Ifaritgewieht.
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ZoUwesen
— 41» —
Zoliweflon
Dor Be2u^ der Grenzgebilhren war den Greuzkdiiu>ueii iiberbuuden gegen
«ine pKmnon von 6 V« ^ Bratleertrag«B, die dttrch Ta^MtanngebeeoliliiA von
38. Aiigoat 1817 m£ 8 ^/o eriiSM wurde, mit der Verpfliehtiiiig der jihfliobeik
ReduiniigB«tellang an den Yorort und der Entschädigung für den vermehrten
Mttbewalt ihrer Gren/.beamten. Der Anfangstermin für den Bezug der Eini;ang8-
gebuhreii au der ganzeu Grenze der Eidgenostienschaft wturde auf den I.Oktober
1816 festgesetzt.
Dieee Grensgebltturen aliraenturten die wrfiuiwitgvnäßige Kri€fffka$stt di«
ein Bi-standtheil der eidgenosälschen Kriegsfonds war, die aus den finutaSeiachen
Kriegäki Titrn>ntiiinen von :> Milliunr-n Fr. ^rbiMct wurden nntl flf^r Schweiz von
den AlUirtcu zugewieuen wurden waren. Sie soHteu so lange f()rthez')g(!n werden,
bis der verfasäung^mäUige Kriegsskassabetttand auf da8 vierfache Geldkuntingeut
«ngewaeluen w&re (2,157,100 Fr.).
Neben diesen Grenzgebiihren bestanden alle iuMm Zölle, Weg- und Brücken
gelder als bedeutende Ileiumnisse de» Verkehrs nnangetuchten fort. Die Bundes-
urkunde von 1815 hatte in Artikel 11 bezüglich der Zolle folgendes festgesetzt:
^Die dermalen be«tahendea, von der Tag^Mtzung genehmigten Zolle, Weg-
nnd Brückengelder TerUaiban in ihreni Beetend. Ea kttuMn aber oliM G«*
nehmigaag der TagMtaiiiig ««der neue errichtet, noeh die beelriiendea erhffht,
noch, ihr Bezug, wenn er auf bestimmte Jahre beschränkt war, verlängert werden".
Ks wurde dieoe Fest>itellung in dem Sinne verstandim, daß die seit 1798
und durch die Mediationsakte auerkauQteu ZüUe ua widerruf lieh feststehen sollten.
Im Jahre 1816 wurde die eidgen. Kanzlei Ton der Tag^atzung mit der
Sammlnng and Klaaetlikatioa der bedtohenden ZttUe beaoftragt.
Die Fortführung der bezüglichen ünterguchangea, welehe ak Graadlaga für
eine Elevisi m der innem und Tran^ititfUe dienern soUtan, wizda MMnt Laad"
ammanii Ueer von Glarns übertragen.
Man war aügetuetii einig, daU mit der iieviiiioa der TraositzöUe der An-
fang gemacht werde, am den Waarensng, der daa Sehweiaeiigabiat sam Tbeil
gemieden hatte, wieder aaf Sohweizergabiet zn lenken.
Mit der Fortsetzung der Untorsnehnngen über das Zollwesen wurde nach
dem erfolgten Ableben von Laudammanu liaer J. C. Zellweger von Trogen be-
traut, der dem Auftrag unverweilt die wohlerwogenste Folge gab und der Tag-
aatsung dee Jahree 1838 ein ToBatindigas Varaeiehait aller kantonalen ZSUe
«iaraialito.
Dia Gründe der oben berührten Ablenkung dea Waarenaage vom Sehweixer-
gebiet waren ver^schiedeno. Einmal hatten die süddentschen Staatt-n die Transit-
zölle erniedrigt uad, mit Bezug mit Zuilentrichtuug, Niederlagen etc. alle mög-
lichen Erleichterungen eintreten laaeen ; sodann hatte Frankreich neue Kommerüal-
etfafien mid sohiffbava KaiilQe aa Aer Bobwaiaergreaa» aagelegt, eovie leiiia
Transitgebtthrea erniedrigt.
Zellwegers Aufgabe war also, snrcessiv« in den verachiedenen Tin il n der
Schweiz ein be»sereä Verhältniß zwischen den in- und aoaländischen Frauiitea
b^utellen.
Er lagto daher 1834 taeret eiaaa ,Ven«li)ag aa etaeia Zolkg^ten
^fftr den Traant der Waaren, die auf dar KommeraaUitrafia vw Rocaehadt hie
„G«nf oder den nördlich derselben liegenden Straßen spedirt werden", der von
den an diesem Straßenzag betheiligten Kantone zum Konkordat erhohen werden
eoUte. Nachher wollte er auch den Straßenzag tiimpion, die Gotthardroute und die
dflnielheB Hatliok liegenden Straßen in Belwodlttag aieheo. AUain da» Baealtat-
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Zollwesen
— 420 —
ZoUwesea
der bezttgUobea Tagsatzung iberathung war btitrilbend und niederacblagend, klein
and erbinnlioli; das egoutisoh« EantottalinteroMe y^nminöglichte jede ZoUeinigung.
Belehrt duroli die Sehwierigkwten, welche «ich dieeem Konkordat entgegen-
gestellt hatten, versachte nno Zellweger eine Begalirang des Zollwesens aiif
modifizirter Crnmdlage. Er suclite nSmlicli dasjenirpe, was er vorher durc^h ehi
Konkordat zwipchen allen bei der grüßen Straße von Rorschach narh Genf und
den dieser Straße nördlich liegenden bctheiligten Ständen vergeblich zu erreichen
geboit hatte, nun dnrt-h ewei besondere Vereitiiffunffen unter dem großen Thtil
der im Mhern Eonkordateentwurf einbegriffenen Kantone an Stande an bringen
nnd zwar
1> ZwiscluTi Basel, H(-rn. Solothiirn, Preihiirg, Waadt, Wallis. G-enf. znr
Erleichterung des Transits von England , den Niederlanden und Deutschland
nach Italien.
2) Zwischen St Gallen, Appenzell, Zttrieh, Aargatt, Bern, Solothnm, Heven«
bürg nir den Woarentraneit dnrch die Sehweix zwischen Frankreich und den
deutschen Staaten.
Diese partiellen Konkordate schienen den einzelnen Kantonen be^^ser zu behagen.
Das unter Rati&kationsyjrbehalf abgeschlossene Konkordat fUr den nördlichen
Straßenzag wurde von allen Ständen mit Ausnahme von Basel ratifisirt. Das-
selbe weigerte .sich auch fernerbin, das Konkordat zu ratilkiren, so daß Zell-
weger im Oktober 18i{i) ein neues Projekt vorlegte, worin Basel besser berück-
sichtigt war. Allein die politischen Ereignisse des Jahres 1S'60 verhinderten
eine Beruthung durch eine Konferenz der bethciiigten Stände.
In Anlehnung an die berührten Bestrebungen auf dem Gebiete des Transit-
wesens fanden sich I i Kantotie /,n einem K'^nkor lüte zusammen, das als erster
und hauptsächlichster Seln itt in der Richtung der Zollrevision bezeichnet werden,
muß (Konkordat vom 12. Juli IHÜO).
£ä kam leider wegen der kantonalen Autonomie niemals zur Ausführung.
In demselben wurde der Grundsatz anerkannt, daß alle Z511e und soll-
artigen Gebühren (Weg-, Brtteken% Thor* nnd Pfiaatergelder, die Waaghaua-,
Suat- oder Hallgebiihren, Waa^^- oder Krahngelder, Auf- nnd Abladegebtthren
und Sf^hnf^bnieli ) nach der Stückzahl oder dem Gewicht, bezw. nach einer be-
htiuiniten Leistung, also auf einfacherer Bemessungsgrundlagc, berechnet werden
solltun. — Außerdem wurde vereinbart, daß die in Zukunft aufzustellenden
Tarife in ihrer Anlage mSglichst einfach seien, das heißt auf das fiskalische
Tarifprinzip sich sttttzen sollen. Auf Grundlage von Schtttaungcn der Artikel
eines einheitlichen, vom ZoUrevi^or aufgestellten WaarfnvfrzeirhniNses in ver-
schiedenen (TrenzpfCgi iideii sidlte der:^e1be den Plan y.n oiiiein allircmeinen Tarif
ausarbeiten, um ihn den Ständen /u näherer Prüfung vorlegen zu können. Grau-
bttnden sprach eich mit Beaug auf das im Wurfe liegende Berisionswerk in dem
Sinne aus, daß es „niemals Hand dazu bieten könne, daß eine Person oder gar
eine Kommission bleibend mit der Bevidirung der Zölle oder des Transitwesena
beeuftra^rt werde."
Unterdessen war das wcchseivolle Jahr 1630 vorbeigeeilt. Ein frischer Wind
von Frankreioh her hatte in Folge der JulircTolution Uber daa'restaurirte Europa
hinweggefegt nnd die schweizerischen Regierungen ans ihrer Zuvendchtlichkeit
aiifgeriittelt. Revisionen in den Kantonen folgten sich auf Schritt und Tritt und
8f;hlufi;en ihre Wellen auch hinüber auf B in L st,' ddet. Z llwefTT glaubte nun den
/•«itpunkt gekommen, in etwas radikaleröf VV'cif>ö, als dies in den verschiedenen
vorbereiteten Konkordaten geschehen war, an die Revision der innem Zölle
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ZoUwesea
— 421 —
Zollwcsen
^hea xa kINinen, in der festea Znvemiolit, daß es in den Wttiuehea ver-
sohiedeoer Sßlnde liegen kSanto, statt bloß bei den diet&Ue in den Jahren 1829
und 1830 konkordattiweise angenommenen Grundsätzen zn verbloiben, au8 Rück-
sicht auf den bedeutenrlen .schweizprischen Zwischenhumlel eine größere Gleich*
förmigkeit in den Zolleiorichtuugeii und ZoUanHätzen zn verbuchen.
Auf Grundlage eine» von ihm aufgearbeiteten KonkordatsprojekteH, dae anf
einem einheitliehen Transitsoll, WeggeldanuHta and BlantonalioU fnßte, und das
«ich durch große Biufachheit auszeichuete, waren außer den beim Konkordat vom
12. Juli 1830 bethoiligten Stünden noch Freihur^' un 1 S 1 rhnrn zu einer Kon-
fi*renz zusammenirRtreten . um ilie „ gemfMnveniLTbli« he Schciaewand* der vielen
V'erkehrshemtiiuugcu vvegiuräumen, allein ohne in irgend welcher Richtung zu
einer Einigung zu gelangen.
Die dem Konkordat vom 30. Juli 1850 beigetretenen Stände waren durch
den Vorort eingeladen worden, dem Zollrevisor bis 1831 eine genaue Angabe
über (h'u JahiPi^ertrag ihrrr Zollgebühren in Verbindung mit dem Gewicht der
verzollten Waaren zuzuutellen. Aber die Kantone waren lax in der Au&rdhrung,
nnd so blieb denn die Sache aneh im Jahre 1833 anf sich beruhen.
Im Jahre 1833 wurden die beaUglichen Beratbnngen nicht mehr fortgsetst,
da die ganze Zollangelegenheit im Falle der Annahme der revidirten Bnndes-
verfasunng (."utschicilrn wcrilmi .sollte.
Einen bcciondera AustoÜ tür die eben berührte Unter«uchung der Zollverhält-
nisse und eine gründliche Revision derselben hatten die Erfahrungen anläßlich
des sogenannten BetorBionakOHkordates geffen Framkreieh vam Jahre tB22 gegeben.
Frankreich hatte nämlich seit Beginn des Jahrhunderts den Absatz sohweiieri-
scher l'rodiiktc nach Frankreich durch fortgesetzte Erhöhung ^^einf'r landwirth-
Hchattlicht n tin l iu lustriellen Zölle und allerlei Zollfhir ancu beinahe verunmög-
licht, so daU sich die Schweiz aohließlich zu RepreH^alien gegen den franzö*
ttisohen Handel genöthigt sah, die allerdings ent nach leidensehaftlidhen Kämpfen
in der Tagsatzung 'm\ Werk gesetst werden konnten.
Das bezügliche Zollgesets enthielt nach der £rk1ämng der Handelsfreiheit
die folgende Kestriktion :
,Uci;en diejenigen Staaten, welche die schweizerischen Erzeugnisse und Fabrikate
mit hohen ElnfühnflUen b<dft8ttgen oder verbieten» bebAlt nch die Schweis die Anwendung
schützender Mui'regeln und einer gerechten ReaprozitAt, nach ihrer beeondero Lage und
Konvcnieaz vor*.
Der beigefiigte Taril enthielt im großen Ganzen recht be»ci»eideue Ausätze
«uf die wichtigsten Binfohr -Artikel ans Frankreich, wie die nachfolgende Zu-
sammenstellung ergibt:
Es waren zu bezahlen für:
Bier. FHg. Obstwein, Wein in Fässern per Berncrniaß 15 Hp.
Weiu in Flaschen, Körben, Kisten, per lirulluzentiit r Murkgcvvicht . , . . 2U Fr.
Gebrannte Wasser bis 20 Grad (nach Beckseben» Aräometer) per Bernermaß f> Btz.
Gebrannte Wasser über 20 Grad (niu h Ueck'schem Aräometer) per Bernermaß 12 .
Liqueurs etc. vom Bruttozentuer Markgewicht :J0 Fr.
Oele exkl. Fischthran » , , 6,
Unschlittkerzen « • 5,
K8se , , , 4 ,
Leder, fregerbtes , , 20,
Leder, verarbeitetes , , , 40,
Schweine, per StQek 4 ,
Fcrkt!, . , 1 ,
Leinwand, per Zentner 35 ,
Banmwollfwrikate, roh, gebleicht, gelÄrbt, bedruckt 40 •
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Zollw«sen
— 423 —
SSoUwesen
Wollentücher 30 Fr.
Hüte, per Stück 1 ,
Seidenfabrikato aller Art, un vermischt oder Twnüacht 110 ,
Papier and Spielkarieo, per Zentner . . ^ 10 ,
Tahakblfttter 2 ,
Tabak-Canitten 6 ^
Hauch- und Schaupftahak IG ,
Zncker, rolBiiirter 5 ,
Den Tonollten Artikeln war die nngebinderte SQrkulation im Innern ge>
sichert. Die Einftllir alK-r Arten Getreide, M< ]il oder Brot in die Schweiz wurde
verboten, eine Maßregel, die idcb aus deu iaktiaohen Verbältaieaen sehr Jeidit
erklären ließ.
Der Transit sollte auf alle Art erleichtert werden. Für Uobertretungeu
und Sehmuggel waren beeondere Strafbeetiiiimnngen getroffen.
Dei Bezug der Zölle und die Grenzpolisei war den Grenshantonen unter
eidgenössischer Oberleitnni::: und Aufsicht zugewiesen.
Was die Fünfuhr der Getränke anbetraf, so war mit Rücksicht auf die
Ohmgeldkantone diesen der Betrag der Abgaben, und der Gren^aiiHtalt bloß 1 **/o
davon für vorläufige Eontrole zuge^cbieden. Der Zollertrag war, nach Abzug von
4 Vo fiir den betreffenden Gr^Mdcanton ala Vergütung fttr die Kosten seiner
Grenzanätalteu, nach der cidgenössiHchen Geldukala unter die Stände zn vertheilen.
Dieser Kntwurf wur.le der Berathung der Tagaatznng unterwürfen und erlitt
eine Reihe erheblicher Modifikationen.
Da« endlich aus den mühtjamcn, zweimonatlichen Berathungen hervorgegangene,
«ehr abgesohwSchte sogenannte Betonionskonkordat vom 38. August 1822 wurde
bis snm festgeaetsten 20. Oktober 1822 von 13*/« Kantonen ratifi»rt:
Bern, Lnsern, Uri, Nidwaiden, Glarus, Zug, Freiburg, Solothum, Schaff*
hauten, Appeuzell, St. Gallen, Aargau, Tliurgau, Waadt. Definitiv abgelehnt
hatten die H'/j Kantone Zürich, Schwyz. Obwnlden, Basel, Granbiinden, W illis,
Neuenburg, Genf, Tensin, da« zuerbt das Konkordat unter liatitikationovorbehalt
genehmigt batte. Es trat auf 1. November 1822 in Kraft.
Die NichtkonkordatsstXnde ergingen aieh sofort nach dem Znstandekommen
des Retorsionskonkordate« in kleinlichen AngritVen und Anklagen gegen deu Kon-
koi i^at-sverbund, ho daß er ftich, nadi lt m .^ich die Aufrechterhalttnif» desselben
ain »ehr schwierig hcrausgei-tellt hatte und nachdem im Herbste Luzern
und tri aus dem Verein der konkordirouden Stände uuiigetreten waren, auf
1. Oktober 1824 auflSste.
Es ist da» Retorsionskonkordat h i er>ti auf «chweiseri^chein Bo<h n und
aus ei'];t-ner Initiative entstandene Versuch der Bildunp eiritN sdiu eiz« i istdien
Z<>!!ir''liiets mit einer einheitlichen Douanenlinie an den Grenzen. D' i tViihere
Zusammeuschluß der Kantone in der Mediationszeit zu einem Zollgebiet war bloÜ
die nicht zn umgebende ErfttUnng des Macbtgebots des französiscben Protektors
gewesen. Has Retursionskonkordat hat um so größere Bedeutung, weit es anch
der er.^te wichtige Sehritt einer selbständigen Ii weizeri^chen Zoll- und Handels-
politik war. Allerdings war es infolge der (^)hnmacht de« damaligen Föderativ-
körpers nicht von dem wünsch baren Krfolg begleitet.
An die allgemeine Durchrühruug de» Retoräionskunkordath hätte t^ieh zweifeU-
obne anch die Aufhebung der Eonsnmsolle in den einseinen Kantonen angeacbloRsen,
wie sich ans einer Zusicherung des hauptsächlich interessirten Standes Bern er/ibt.
Bei dem damaligen verhiiltniljmäßig geringen Fiskalbedürfhiß der Kantone wäre
eine Aufhebung der Konsumateuem eher möglich gewesen, als in den spätem
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ZoUwesen
— 423 —
Zollweseo
JakrtelinteD. Im Uumtti wire durch diese firllfaseitige Aufhebunf einer ohieuriteen
YerkdiiHliemniiiog iwiiehflo den Kantonen der Eidgeooflsenacbeft muiehe kritieohe
Situation erispart geblieben. I> l 'rifft vorab zu für das Revisionswerk des Jahres
ISlN', (lein endlo.se Schwierigkei"' :i t»f,soii(lt iN auf den miitL-rifll^-n Verwaltungg-
gebieten sich entgegenstellten. Ais ciöteK eidgeDoHHiüche« Zt>lige»etz, das der
Schweiz eine dem »pätern deuttjchen Zollverein ganz ähnliche ZoUverfamtiog sicherte,
und wenigstens den Waaren« weldie den Grensabgaben nnterlagen, nadiher im
Innern der Schweiz durchaus freie Zirkolatlen gewKbrte, bezeicboet ee im Yer*
gleich zu ilt-i) damaligen Ztiständr^n einen gewaltigen Schritt anm Beesem und
schien deshalb einer eiiigeheuderen Betrachtung wohl werth.
Die Kugcuerutionszeit 1830 — 1848. Nach dem denkwürdigen
Jahre 1830 folgten doh in den Kantonen Scbiag auf Sohlag VerfiMsnngsibidernagen.
Eine Revision des Bnndevrertrags von 1815, der das rödernligtische Prinrip
in zu einseitiger Weise angewendet hatte, war daher zur Nothwendigkeit gewor-
den, um so mehr als auch auf wirthschaftlichem und hand(ilspoliti''rhem Gebiete
die nachtheiligen Wirkungen der bi»behgeo geringen Bundet»kompetenz sich zu
▼ersebiedenen Malen besonders Itthlbar gemadit hatten.
Der von einer Tagaatsongskommieslon (insbesondere Yom Genfer Profaseor
Pcllegrino Roasi), aasgearbeitete Verfassnngsentwarf behandelte das sohweiaerieehe
i5oilw«<'n in seinen Artikf ln 11 — 25.
In Art. 15 wurde Ans Recht der Zollbewilliguug, d. h, der GrenzgebUhren,
der Straßeugelder der Kautouu mit InbegrüT der Brückengelder und Niederlags-
gebnbren nnd der Zttlle anf den Waseeratraßen, dem Bunde ▼indizirt, der das*
selbe unter Zugrundelegung von Gewi< ht und Entfernung, Zahl und Spannung
von Wairpii , Wiitron, Reisenden und Vieh, sowie unter Berücksichtigung der
Bau* uiul Cntt-rhaltiingskuitten der Straßen, Brücken und ^iederlagsstätten aus-
üben sollte i^Art. 18).
Art. 19 sah sofort nach eTentueller Annahme des Bundesvertrags eine all-
gcniuine Revision des Zollwesens iu allen Kantonen vor und es sollte dureh
Kintbeilung der Strußenzilgo in bestimmte Stationen mit Zollbezagärecht Rfiokaicht
auf die Leistungen der einzplnen Kantone für das Straßeuwfsen genommen werden
Ebenso btipuUrte er im BedüriuiÜtall eine ZuüatzgebUhr zu den 8tratjeugel<l(Mn
fUr den (lebraueh der Brtteken und Kiederlagsetätten. In besonders kräftiger
Weise sollte auch dem Waarentraneit dnrdi eine Revision unter die Arme gegriffen
werden (Art. I9r und Art. 20).
Privatrc litlieh vf'r!iii<-ftr' Zr)lle sollten nur pe^en l]nt>r]i;I lip-unf^ von seite
des Bimde.H autgehobeu werden (Art. 2J). i)er ZoÜbezug holltc derart tiugeurdnet
werden, daü keine Ladung ohne Noth aufgebalten würde (Art, 22). Dem Bund
war des Recht der Aufsicht Ittr die Straßen zugestanden, anf welchen Zollgebühren
belogen werden (Art. *2ö).
Danach war eine ganz bedeutende Ansdelmung der Kompetenz des Bundes
in Zoll^neheu in Aussicht LT- noinnu^n , die natürlich die Oppoi^tion der ständisch
Gesinnten in der Tagsatzung in hubum Grade erregte.
Das nach Zuratheaiehuog der einzelnen Standesinstrnktionen in der Tag-
Satzung des Jahres IH'S'S abgeänderte Bundesvertragsprojekt vom 19. März 18*t3
hatte auf die engherzige Kantonalität in verschiedenen Beziehungen die größte
itiicksicht genommen.
Dieser Bundesvertragsuutwurt" setzte niimlieb bezüglich der Zoll- und Uaudtsis-
verhältnisae in Art. 16 und 17 tulgendes fest:
„Art. 16. Der Bund allein besitzt das Reekl der Zollbewilligung. Die dermalen
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Zollwesen
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ZoUwesea
bestehenden, von Jt^r T;i;:s.ilzuii|.' genehmigten Zölle, WY;?- um! Br"icken;,'elder verbleiben
in ihrem ij^tand. Es darf aber unter keinem Vorwaod ohne Genehmigung der Tag-
Satzung in irgend einem Ranton der Transit durch Einfahrung neuer oder durch Erhöhung
dt-r lif-ti'lK'ndfn Z'iIK-, Wt.-p- iiiiil l^rürkcni-'i-lilcr •T-clnvert, noch deren Bezug, wenn
er auf bestiminle Zeit beschränkt war, verlängert werden.
Durch die in diesem und dem vorherfrehenden Artikel enthaltenen BesUmnrangen
soll dem Rechte de-s Bundes in H. zit'Imn? ;uif den Abschlul* von Zoll- und Handels-
vertrftgea keinerlei Eintrag geschehen ; in diesem Fall aber muU äidt der Bund mit dem
betreffende Kanton Aber eme billige Entschädigung verstandigen.
Art. 17. l'm iVn- (iftwißlipil zu t-rlan^-fii. daß in den Kantonen Vduv Zöür. Wi-t;-
und Brückengelder, welche nicht von der Tagsalzung genehmigt worden sind, bezogen
werden, ist von Bundeswegen eine Untersuchung der bestehenden Zfllle, Weg^ und
Brörkf ti^'elder anzuordnen*.
iJadurch war für das Gebiet des ZollwesenR das seit etwa I fi JnhrtMi mühsam
Errungene und zur Yerbeüserung Vorbereitete venüchtet, ja für die Zukunft jede
Hoffnung auf Abhülfe fUr die uuieidlich gewordeueu i^uUverhältnisäe au$»icbtäloä
gemacht.
War der Bund von 1815 für das ZoIlwe.>^t n ein KUckNchritt von der Mediationa-
akte gewesen, «o waren die Ariikel nml 17 flu Kücksrhritt von d'-m, was
durch einzelne Beschlüsse und WrtViji;ung:' n seit Iblö erreicht worden war und
welches der neu abzuHchließende iiuud zum wenigsten aU Ausgang^grundiage
für weiter voriunehmende Beformen hätte aoftiebnien sollen.
Nachdem die Frage der Bevision des Zollweisen» durch den Bundesvertrag
erfolgloe im Sand ▼erlaafen war und nach den gemachten Erfahrungen die hundes»
rechtliche Regelung des Zallwesens als aussichtslos erschien, wurde der Gedanke
cl^r Revision wieder Idihaft von ^Irn fortgeschritteneren Kantonen aufgegritl'en.
Allein die versuchten Konkordate :->cheiterten ebeufalU wieder an der bekannt-.u
engherzigen Kantonalität. Ddgegen begann nnn eine Beihe van Kantonen von
Mich aui ihr Zollweaen auf freisinnigerer Grnadlage neu an organiairen, nttmlich:
Zürich dareh Zollgosetz vom 17. Dezember 1835; Bern suchte in verschiede neu,
jeweilen verworfenen Zn1lL"^-^et/"-prniekren (lern eidtxt nö^sischiu Revisiotisj^edanken
zu entsprechen, so in den Jalir. a IHHi, 183,'), 1h:H (zwei Entwürffil, 1841.
endlich tixirte es sein Zollvvcsen in tjesetzUcher Weise durch das Gesetz vom
28. Febraar 1842; Lnxem durch Gesetse vom 15. Hornung 18.37, modifiairt
durch das G.iit:t/ vom i;4. November 1838; 8t. Gallen durch Gesetze vom 1 Mai
1837 und 13. Juni 1839; Tessin durch Gesetze vom 2G. Jammr tnnl 21 Februar
1813; Aargau durch l^ekret des Großen Raths vi»tn 11. Juni 1834; Wandt
durch Gi}<>etz vom 20. Dezember 1833 uml Zoll Verordnungen vom 14. August
18äÖ und 15. Hai 1836; Neuenbürg durch Geseta vom SQ. Mai 1836; Genf
dnroh Geseta vom 8. Juni 1838.
Nur verhältnißmäßig wenige Stände blieben ohne beträchtliche Verbesserung
ihre-i Zollwesfiis. Vorzüglich war dureh die kantonalen R-vi^ionen der Transit
begünstigt worden, ao daß alle Straß mztige vou Badeutuug durohiohuittlich aul
die Hälfte der firtthem Laoten erleichtert waren.
Zudem begannen die jeweiligen eidgen. Vororte, die den Gedanken größerer
ZentraliaatioD im Zollwesen immi:r hoch gehalten hatten, alle durch Art. XI dos
Bundcsvertrags garantirten Z tlllvrechtigungen durch rine Kommission genau an«.-
mittein zu lassen. Durch Tagsutzuagsbeschluß vom 17. Aug. 1H40 wurden die
von der Tagsatzuug eioverlaugtea revidirten Ueborsichteu der ZoUbezilge einer
griSßern Reihe von Kantonen g^a^hmigt nnd der Vorort zngleioh eingeladen,
mit den Vorarbeiten t'iir eine allgemeine Revision do^ schweizer. ZoUweseos fort-
aufiihren. Durch fernere Beaohlttaae (16. Aag. 1841, 13. Aug. 1844) wurden
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Zoilwesen
Zollwesen
dADO auch die Uebersichten der ZOlie der ttbrigea Kantone ab reobtsbeetSndig
anerkannt.
Die Bedtätigung der ZoUiibersichten durch die Tagsatzung war ein liberam
wichtiger Vorgang, da jene üeberHichten die reohtliohen Q^modiageu fiir die ZuU-
ablöäung im Jahre 1Ö4Ö abgaben.
Die Tegeatznngen der Yierzigerjahre beediüftigtea sich all|ttir1iob in theoreti
«eher Weise , ohne Anlehnung an ein konkretes Zentraliaationsbegehren , mit der
Frage der Bildung eioeä einheitlichen schweizer. ZollgebieteH witer Verlegong
aller Z'.»ll^t5])iilirpn an <\\<^ ^f!hweiz♦»^. Grenze und si«- bildoto tm verschiedenen
Malen Gegouatand vou Lutersuchnngen, Berichten und Autragon , uhae daß damit
übrigens jemak ein nenneaswerther Erfolg erreicht worden wäre. So wunig
praktischen Erfolg dieee Diskanionen anoh anfiranreieen hatten, so sllndeten sie,
weil in ihnen der Revisioofigedanke nicht mehr zur Ruhe kommen wollte, doch hin-
-autj in's Land und leckten dem Volk dt j Nuthwendigkeit eint-r i^rriß^Tii wirth-
«chaftlichen Einigung vor Augen. Da aber nach den gemachten Erfahrungen
die buude^mäßige, voli»tandigc Zentralieiation de« Zoilwesen^, d. h. die Bildung
eines eioheitlieben achwetser. ZoUgebiet«, Torläuflg keine Aussicht aaf Erfulg hatte,
versachten ^verschiedene Kantone anter sich die Bildung kleiner^^r Zollgebiete.
So kam am 10 Januar 1847 untt^r Ratiiikationsvorbehalt ein Zollvereiuigungs-
vertrag zwischen den Kantonen Bern, Holuthurn und Ba.selland zu stände. Allein
Havelland verweigerte demselben in letzter Stunde die Katidkation und ed zer-
solllug äioh daher dieses Projekt einer Zolleinigung.
'- Im SpXtherbst 1847 beriethen mit der gleichen Abneht einer durchgreifenden
interkantonalen ZoUeinigunj* auf die Einladung Bern'» hin 12 Kantone in Aarau ein
Konkordat, um <!» ii Inkotivenienzen des hi^iln rii^cii Sy>tem8 «'in Kriil»» zu
machen; alleiu an wiuduu die daherigen Berathuugen durch den Aufbruch den
lüxekutionsfel'Jzuge'* gegen den Sonderbund unterbrochen. Es <liente da>seIbo den
Berathnngon der Revisionskommittsion des Jahres 1848 bei Regulirung der Zoll-
fiuge snr Grundlage. - Es ist neben dem Retort«ionskonkordate von \>^-2J der
konseqiipnt»'str ^'rrsllch l iner radikalen Zentralination des »chweizer. Zollwt'xenH
auf ilem Konkordats wege und soll deßhaib in seinen hauptsäohiicbsteo Bdütim-
mungen skizzirt werden.
Dieser Zollvereinigungrtvertrag*), der sich sum Zwecke gesetst hatte, eine
«chweizeriHche Vereinigung in Zollsacben ansobahnen und dm Gesammtgebiet der
Kantone Zürich, Bern, Glarus, Solothurn, Ba.sel»tadt, Ba^ielland, Schaff hausen.
Appenzell A -Rh., 8t. (r.iUen, Granbihiden , Aargau, Thnrfr;»u umfassen sollte,
«etzte fe<it, daU alle Grenzzölle zwittchen den Vereinskantoneu, sowie alle im Innern
derselben bestebimden Land* und WassersGlIe, Geleit-, Weg- uod Brückengelder,
«owie die obligatorischen Kanfhansgebüliren aafgehoben sein sollten (Artikel 2).
Unter Vorbehalt der zu den Staat.smonopolen gehörigen Gegenntlinde (.Salz und
Piih r) war I ri « in/. lrif>n Kantor «-n ier Beaug von Steuern und Abgaben irgend
welcher Art an ihren (irenzen untersagt.
Durch Artikel 3 wurde der Fortbezug der liaueusteinzölle , die Straßen-
ftrSmien des Kantons Graubfinden (Splügen und Bernbardin), von der Tagnatzung
gewährleistete Brückengelder von Privaten und Korporationen, einige Kaufliaus-
gebiihren, ^^owie der fernere Bezug einer Konsumabgabe auf Tabak und Getränken
*l Siehe das gedruckte Protokoll der «Konferenz zur Absrbliessungr eines Zoll-
ver('ini)_nint:-vi rtrar'i -; twisohen den Kantonen Zürirh. Bern. Glarus, f^ololhnrn. T' i^flstailt,
Ba^ellaud, Schutf bau!>en, Appenzell A.-Rh., St. Galleu, Graubüuden, Aar^uu und Thur^'au,
vom S7. und S8. September und S. Oktober 1847' (Bern, bei Jenni, Sohn).
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ZoUwesen
— 426 —
fttr diejefdgen Kantone, weloli« bis «nliin diese swet Yerbfftvcüuetoaeni an ihren
Grensen erhoben battent gevrShrleutet.
Sobald die Eiunahmen Mia der ZoUvereinakasae es dem betreffenden Kanton
ermöglichteD, war d< r>ethc xor angemeaeenen Ermäßigung der erwähnten Gebühren
und Abgaben verplluhttt.
An Stellt; «Ut uut'^'t;huU;ueii Zölle fsollteu ati den Grenzen Eingang»-, Aus-
gangs- und DurcligaugHzölle bezogen werden (Art. 4 — 7). Alle im Spezialhaudel
eingehenden Waaren waren nach einem Klusentarif 8 Abthoilungen mit
Andttzen von 6, 4, S, 1 Fr^ and &0, 10, 5 Kp. nebst Stttokioil an belegen.
PQr Provenienien au Niebtvermnskanfconeii sollten Ursprangetengnisse gefordert
werden.
Ferner waren zum Sohntze einitrer einheimischer Prodnktionszweicje Ausfuhr-
/ülle, sowie filr alle Aunfuhrwaaren eine KoutrolgebUhr von 2 '/je Kappen vom
ßruttozentner festgesetzt.
Die Durchfuhrzölle waren mit wenigen nach der Stückzahl zu verzollenden
Ausnahmen za '/a Rappen fUr jede zn befahrende Wegstunde vom Bmttosentner
angesetzt.
In Artikel 10 — 13 Warden die ZoUbefreiangen, ferner die Erleichtemngen
''es Markt- und MeftTerkehrv, des landwirthschaftUoben Grenzverkehrs, des Yer-
kehnt mit Vieh cur Sttmmerang oder Winterung namhaft gemacht.
In den AnfiriohtsFsib sur Leitnag des Zollwesens hatte jeder der 8w5lf Kantone
alljährlich ein Mitglied zu del^ren. Demselben stand die Acndernng der Tarife,
die Bentimmung *li r Z iliNtätten und der Besol luiiix 'h-r Bcimt«!» zu. ferner die
Aufsicht Uber das ZoUwesrti lui allgemeinen und die Pnifang und Abnahme der
Rechnungen des Rex'.hnuugöamtes des Zollvereins (Artikel 13, 14).
Den Ivantonen wurde die Wahl (Artikel 14) der Beamten zugestanden,
die Übrigens als Beamte dee Vereins bloß dessen AufsichtHbehürde verantwortlich
wuren (Artikel tH).
Die Reineinnahmen der Ein- und Au^fubrxUlle oollten nach dem Maßstäbe
der Bevölkerung, die Keineinkttnfte der DurchgungszöUe hingegen nach dem Maß-
stäbe der hiinge und dt r Frcijuen/ der Trantiitittraßen unter die Verein^kantone
verthfilt werden (Artikel l'J. 20).
i'rivatf Entfichädi^'u iiL'^^hesrehren scdlten einstig den bezüglichen Kaatun be-
Iretrou. Der Zollvertrug war aut die Dauer von G Jahren vorgesehen (Artikel 24)
und nahm auch Reinem Zwecke gemfiß andere eidgenössische Kantone in den
Zollverein auf (Artikel ^5). Für Veriinderuugen des8elben wurde Einstimmigkeit
*\i-r K«)ntrah«!nt»*n verlangt, im Falle der Nothwendigkeit von KampfzöUen konnten
von ^/a der Stimmen fih- iilh^ verbindliche Beschlüsse gefaßt werdert ( Artikel 23).
Streitigkeiten sollten sihiedsgerichtlich (Artikel 'Jti) ausgetragen wcriN ii.
Den oben dargestellten ulls? jtig'Mi Kevisionsb stri^biiTiir«"n aul dem Gebiete
des Zollwesens kamen dann die Bc-^linimungeii der Buudesveilassuug des Jahrcü
iai6 entgegen, die iniolgc der Gestaltung der innern und äußern poUtinchen,
national- nnd weltwirthschaftlichen Verhältniiwe eine nnabweittbarc Nothwendigkeit
geworden war.
Wenn wir schlief/dich nncli dem fiskaliiichen Ertrag der 2^11e fragen, so
betragen nac^ annähernder Berechnung:
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Zollwesen
— 427 —
ZoUwesea
a) DI« kMtoaaiea Zölle umI ZttDgeMUireit :
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Weg« und Braekengelder
35,000
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165.000
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12,000
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8
ZOrieh . .
Bern Z5Ue
Luzera . .
üri . . .
Srhwyz .
Unterwaiiien
Claras . .
ZuK . . .
Freiburg .
iNilolliurn .
Bnsflstadt .
Baselland .
Sehaffhausen
Appenzell A.-Rh.
Appenzell I.-Hh.
St. Gallen .
Grau bänden
Aarj.'uu . .
Thuryau .
Te3»ia . .
Waadt . .
Wallis . .
iVeuunburg
Geof. . .
h) Die »ekweiMiMiflB GreufebikMii tob 1817 — 18M«
(Nach deo TaKsatzungsabsphieden un<I Stephan Fransciui's .Beiträ^'on zar Statistik der
schweizerischen Eidgenossenschaft", V. Tbeil.)
Bnaike>
Einfuhr
1 1... h.-M .■
IriUirtP
B«vOU(e-
Gren. <jt -
bOhrcr.
Jahre
raniitiaM
I> .411^ .t ■
seataar
»It«
Schirei-
Jahre
rungsiah:
(approxi
Tn.-,~:t 1
nutlT)
ken
ftftnkMt 1
1817
I12.0-2'>
1835
: Isis
liit.TOT
2 is, •;].">
i«iy
1890
1«4.7«8
1831—1837
2,100,000
1,602,000
1S2I
]:^-2,
1 m:i
2,200,000 ! 1,800,000
1817— 18M
1,750,000
1.009.000
1838—1839
228,139
I2i,inn
IsiO
l.s'jO.rur.
;•' r; t
i+7,.itji>
is-i:,
iir,,iM,
1843
2,200.438
264.113
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1849
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1S145-1849
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1 1 s:ii
l'.»:i,7i!r.
Die kantonalen Zölle und die cidgenössipchen Giv.u/geblLhreu errtichteu dem-
nach Cnda der vierziger Jahre beinahe 2 3lilliuneii hr.
Weitere ^ MiUionen Fr> kommen hinzu, wenn man die Konsumgebüfaren der
einzelnen Kantone« die in den obigen Summen nicht berDckaichtigt waren, hinzufügt.
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Zollweaeii
— 428 —
Zallweaep
Das ZolIwe«en seit 1848.
Erst duroh die BundeRverfaiBang ▼om 13. Hwlistinoiiat 1848 ward« dte
Zoll A < n der ScWeiz uls Bundesrtache erklSrt.
J)ie sogenannten Zollartikel lauten :
Art. ä3. Das Zollwesea bt Sache des Rundes.
Art. 24-. Dem Bunde steht (his Recht zu, die von der Tagsatzung bewiHigten oder
anerkannten Land- oder Wasserzölle, Weg und Brückengelder, verbindliche Kautliaus-
uad andere Gebahren dieser Art, mOgcn die^^elbeu von Kantonen, üeuieinden, Korpora*
tionen oder Privaten bezogen werden, gegen Entschädigung ganz oder tbeilwebe auf
zuhehen. Diejenigen Zölle und Wt-ggelder, w. ii hr .lufilcra Traa-il laufen, sollen jedenfalls
im g:aiizea Umtauge der EidKenoäseoscbafl. und zwar gleichzeitig eingelöst werden.
Die Eidgenosnenschaft hat das Recht, an der schweizerischen Grenze Eingangs-,
Ausgjings und Durchgan;.'-/''!!.- zu erheben.
Sie ist berechtigt, gegenwärtig lür das Zollwesea beetimmte Gebäulichkeiten an
der schweizerischen Grenze gegen EnteehSdigung entweder als Eiffenthum oder mielh-
weise zur Benutzung zu übernehmen.
Art. 25. Bei Erliehuug der Zölle sollen folgende Grundsätze beachtet werden:
/. Ein<jan<js<jchüliren : a. Die fOr die in]9ndi.sche Industrie erforderlichen Stoffe
sind im Zolltarif möglichst grrin;.' zu taxiron. b. Ehcn^n die i:nm notliwendigon Lehens-
bedarf erforderlichen Gegenstaii<lf. c. Die Gegen<l;inde <ies i^uxus unt' iiit'tron der höch-
sten Taxe.
2. Durch(f(tngs(jrf>ithren und in der auch die Amgattgi^buliren sind mOg^
üchst möLiig festzusetzen.
n. Durch die Zollgesetzgebung sind zur Sicherung des Grenz* und Harktverkeihrs
geeignete Bestimmungen zu treffen.
Dem Bunde Mcilil immerhin das Bcchl vorbehalten, unter außerordeuüicheu Um-
stäiiden, in Abweichung roo vorstehenden Bestimmungen, vorQbergebend besondere
Maßnahmen zu treHen.
.\rt. fß. Der Erlrag der Eingang'-*-, A»-^;rangs- und Durchgangszölle wird folgen-
dermaßen verwendet :
a. Jeder Kanton erhält 4 Batzen auf den Kopf uacb dem Maitetab der Gesanunt-
h«y5lkf>ning, welche nach der VolktzAhlung von 183A berechnet wird. b. Wenn ein
Kiirittui lii'TdiircIi für die nach .Art. -2i aufgehobenen (Ji-lirilinn ni. Ii! Iiliilän^-Iich gedeckt
wird, so hat er noch .so viel zu beziehen, al$ erforderlich ist, um ihn für dieselben
Gebflhren nach dem Durchschnitt des Reinertrages der fünf Jahre 1849 bis und mit
1846 zu entscli'n!";.'. II, r. f)'' Mdireinn ihtrn- riltl in die Bundcskri--i'.
Art. 27. Wenn Z«)lle, Weg- und Brückengelder für Tilgung eines Haukapitals oder
eines Theils desetelben bewilligt worden sind, so hOrt der Bezug derselben oder die
Entschädigung auf. sobald das Kapital oder der betreffende Theil nel -t Zin-t ii gedeckt ist.
Art. '2s. Den in bt n-its abgest'hlossenen Eisenbahnverträgen über Transifgebührcu
enthaltenen Verfügungen soll durch gegenwärtige Bestimmungen kein Abbruch gi.'scbehen.
I>:(<:c;.'cn tritt der Hnii l in <li>' >!m< Ii s^dche Verträge den Kaotoneu in BeziehuDg auf
die Transitgebühren voriicballeneu Hechte.
Art. '29 gewibrleintet den freien Verkehr zwischen den einzelnen Kantonen,
vorbehältlich der Regalien, Eonsumgebttbren, polizeilichen Maßnahmen eto.
Art. 'M — '^^^2 enthalten Beetimmaugen tlber Konsum- und anderweitige
den Kantonen noch gestattete Gebtthrm mit dem Verbot der 2}eaeiufUhrung von
solchen .
In xirt. 5 der Uebcrganysbcdimmungen eadlich wird testgesetzt, es hab«
der Bezug der sobweizeriechen Qrensgebtthrai (nach bielierigem Tarif) so lange
furtzudanem, bis die Tarife der neu einanfiibrenden OrenzzSUe ihre Vollziehung
finden
Das BnTuies£re*"^t7. Uber die Organisation und den (reschäftssran^ des Bunde.**-
rathe» vom it>. Mai 184U bezeicbuotc in Art. 22 ab seobüteä Departement da&
Handels- und Zolidepartemenf,
Demselben lag naob Artikel 28 die Vorberathuag und Beeorgong folgender
Gettchltfte ob:
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— 429 —
ZoUwesea
1) Beförderung des Handeln- und Gewttrbewesens im AUgemoinen ; 2) Hand-
hftbnDg de» Urcien Verkdm ün Innern der Schweix; B) HtDdels» und ZoUver»
träge voit dem Andande; 4) KegnliniDg den ZollweHens, Aiwndtlliing der Ent»
M.-li.i(Iigninff>'s"TnTncn an ilie Kantone für dahcrigt' BiTftchtigungen, welfh«' vom
!v!Ti'!<^ Ubernominen werden; [>) Ueberwacliui.;^ di r den Kantonen znra Fort heznir
iiberia-suenen Gebühren; 6) Bezug der (jreuzzullgebühren und Stellung gehöriger
Answebe; 7) Uebernchtliohe Anemittlang des l^dels der Sdiweiz; 8) Beaof»
ciehtignng des Bezuges der den Eaatonen bewilligten Verbruohasteaern.
Es mußte unstreitig eine der ersten Aufgaben der ueu geschaffenen Bumlfs-
behörden sein, die Organisation dieses wichtigen Vprwaltung.szweige'J an die Hand
xa nehmen, die , verworrene und zu den vieltaltigtitea Klagen Verantaü«uug
gebende ZoUorganiaation der Kantone anfsubeben nnd dadnroh den Verkehr im
Innern der Sobwds cu erleiebtem, sodann aber aneh dem Bande eine Einnahme •
quelle cur Bestreitung seiner Ausgaben zu öffnen". Die Yersohiedenheit des
VerHihrf^n« in d^n Kuiitonen, die liMleiiteinifii Anforderungen, die wenigen
Erfahrungen, die widersprechenden öHeutliehen »Stimmen, welche tht'ils nach
unbedingter Haudeläfreiheit, theiU nach Schutz der innem Arbeit riefen, boten
für die Vollziehung der Zollartikel große Schwierigkeit«»!.
Es entstunden aber auch noch Schwierigkeiten Uber die Auslegung des
Art. 24 der Verfassung selbst, resp. über die Frage, W( Ich»» Zölle aut-ivli-jhi n
werden sollen, indem sich einerseit^s die \n<icht gtdtend machte, daß niciit alle
i^lle, Mindern iediglicb nur die auf dem TrauHit lat^tcaden abgelöst werden sollen,
während hinwieder anderseits die Meinung vertreten war, daß dorch die Ver*
legung der 2^11e an die Grenze die schon iKngst gewünschte Befreiung den Innern
Verkehrs zur That und Wahrheit gemacht werden wollte und daß im Hinblick
nuf die der Cptitralisation der Zölle von jeher zu Grundf trtlegte Idee eine
Interpretation von Art. 24 in oben angedeutetem Sinne absolut hinfällig sei,
daß also nuiht nur die auf dem TinuMit lastenden Zolle und Weggelder, sondern
Uberhaupt alle und jede von der Tagsataung bewilligten Land- und WasserzSlle,
Weg- «nd Brückengelder und dgL von Bandeswegen gegen Entsehfidigung auf-
treliohen werden sollen, immerhin in der Meiftnntj. daß Weg- und Brnrkpt?-
geldt r gebe, welche sich auf ausnahmsweise lokale Vcrhitltnis&c beziehen und ohne
irgend einen Nachtheil für die freie Bewegung des Verkehrs fortbestehen können;
daß femer da, wo Verbrauehasteuem mit den auszultisenden Zollen vermischt
Mn i . verhältnißmftßige Absllge an den den betreffenden Kantonen m leistenden
Entschädigungen gemacht werden sollen.
Eine weitere Tür die Bemessung der Zollgebühren aus^chlatr/rfbinnb' Frage
war die, ob die regelmäßigen Bundesausgaben, insoweit hietür Kapitalzinse und
Regalien des Bundes nicht hinreichten, lediglich durch das Ertrttgniß der Qrens-
stfUe gedecktf oder ob nicht su diesem Zwecke regelmäßige direkte Geldbeiträge
(Geldkontingente) von den Kantonsn (Art, M»y der Bundesverfansung) erhoben
worden soUeu. Dieses letztere System erschien denn doch wenig empfehlens-
Werth, weil vorauszusehen war, daß es uUgemeiue Mißstimmung hervorrufen
würde und daß die gedeihliche Entwicklung der staatlichen Verhältnisse darunter
leiden mttßte. Man wollte daher in der HCnjoHtSt ein Zollbudget aufstellen,
dessen (Jeberschüsse hinreichen würden, um dem Defizit dM allgemeinen ordent-
lichen Budget:^ zu hf'jTf tjnr-n. Mit einrr Nntt o - Rinn ihmi? von einer Million Fr,
ft W. glaubte man damals diesen Zweck zu erreichen, wobei auf zirka (J00,000
Kranken Bezugs- und Verwaltungskosten gerechnet wurde.
Dem System der Protektion sollte trota einer nicbt unbedeutenden Gegen -
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ZoUwesen
— 4aO —
•tr9maDg fern geblieben unfl «idi in da* «reitem AnsAhrung ullee yermieden
werden, was an ein DooeneeTiitem erinnern wttrde. Beneichnend ist dieafiills
die Aenßerung in der Bvtsohnft snm bnndeeritbliebeo Geeeteee-Entmirf.
Dieeelbe lantet wörtlich:
.Einzelnen Industriezweigen aix-snahinswci-c -^njßt'rn Srlmtz al- andern zu gewähren,
Ist nichl zulässig, weil die Bundesverfassung nach ihrem Sinne und (ieist alle Bürger
gleicbgehalten nnd alle Vorrechte Einzelner abgeschafft wissen will. Zudem nioß man
nichl Bürger vcraula— rn. ilir-- Zeif, ihre K'nifle und ihre KapitjUien Erwerbszweigen
xnzuwendeu« die nicht durch :;ich seU^:it, ohne fremde künstliche Mittel im Lande bestehen
können. Ein solch' künstlicher Schutz wftre in einer Republik ein gar zu unsicherer,
weil «ler gesunde Sinn der M<'lirz;ihl bald die nii>nahnis\voi-i n Vortheile einsehen würde,
die man einigen Begün»ligten auf allj^euieine Kosten zuwendet. Sie müßten fallen und
mit ihnen fiele «lie geschützte Industrie; Geld, Zeit und Kräfte derjenigen wflren ver*
loren, welche sich damit liesrliritli^rtcn. Aber auch allen äußern Einflüssen sind -olrhe
künstlich (repfle^te Gewerbe unlcrworten, in keinem Lande mehr aiä in der Schweiz, die
in ihrfiii IniH-rn nicht den genügenden Harkt für ibre Gewerbserwagnisse findet, sondern
ihn im \ Unlande au«ben maß*.
Darüber war man indessen nieht im Zweifel, daß, wie in allen ;inileren
Staaten, su auch in unserem Lande der Durchfuhr der ^^^lll^en Jr de nur mögliche
Erleichterung geschaffen werden mlUae, ludern mit liecht die Aubicht sich geltend
machte, daß die Herbeixiehung eines lebhaften TranntvOTkehrs dem Lande von
großem Nutzen werden kljnnc. wühntnd bisher die kantonalen ZoUpftthle für die
Dorübfuhr ein äußerst liwtigec Verkehrsliemmuiß waren.
In Betreli' der Zollbelastun? der rinTiflnen Waarenartikel waren durch
Art. 25 der BundcäverCasauug bestimmte ^Soroien gegeben, allein schon damals —
und wir legen einen gewissen Werth darauf« dies hier ausdrtteklich au betonen —
galt die Anechaauog, es seien dieselben nicht so absolut bindend^ als daß man
nicht auch andern Erwägungen, wie z. B. betreffend den Werth der Waare,
die Lage der betheili^te!) Intlnstrien, die hi*ibenge Zollbelastung, gr">ßere oder
geringere Entbehrlichkeit, die Eigenschaft als Gebrauchs- oder Luxusartikel, die
Konknrrena eines Einfuhrartikels mit inländiacher Indnstrte oder inUndisches
Gewerben u. s. w., die geeignete Berücksichtigung xu Tbeil werden lassen kannte.
Nach diesen Prinzipien wurden auch die vielen damals eingelangten Peti-
tionen, die Zollansätze betrctfond, beurtheilt und behandelt, denn schon damals
gab es mit Bezug auf einzelne Artikel unversöhuliehe Widersprüche.
üeber die Höhe der Ansätze waren die Moinuugeo ebenfalls getheilt.
Niedrige ZSIIe wurden namentlich von denjenigen befürwortet, welefae ^e ZolU
erträgnisse nioht zu einer FinanzqucUe des Bundes machen wollten, soudern
direkte Bundesuteaern bezw. die Einhebung der Geldkoutiu^^ente von den Kan-
tonen cmpfMblen. Die Festhaltnng von Zöllen, deren Ertrag zwei Millionen
Franken Ubersteigen würde, hielten die Vertreter dieser Amücht einfach aU un-
denkbar.
Unter diesen Auspicien kam das erste Bandesgesetx Uber das Zollwesen
nebet Tarif vom 20. Jnni 1849 in Stande, folgende Hauptabschnitte enthaltend :
A. 0€84Üf.
l, Zollpflioktigkeit nnl Ausnahmen von der>elbeü; II. Berechnung der
Gebühren; III. Eintheilung dös Zoilirebietes; IV. Krrichtnng von Zollalütlen and
Nietlprlai^hänHern : V. Vorschriften t(ir die Kin-. Ann- und Lhirchtuhr;
VI. Organi.sa.tum der Zollverwaltung ; Vli. ZüUpolizei ; Vlii. Zulltibertretung and ihre
Bestrafung; IX. Aufhebung bisheriger ZSUe; X. SehkiftbestiiimuDgen.
L Als aollfrei erklärt das aeneta:
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ZuUweäea
— 431 —
1) AUe zam Grabntnohe, nicht xnm VerkAufe besfimniten Gcgenstftnd« für
die bei der EtdgenoswHMChaft beglaubigten fremden Gesaadten und Kun«ale,
Gegeoreckt des betretfenden Staates vorbehalten ; 2) Effekten von KeiHendeii, zu
dwren f»!t»en«m Crehraach bestimmt; 15) Reise- und Lastwas^en, wt'l<'h'' in fler
Scbweiz verfertigt wunien, oder, wenn atuländiHches ErzeagniÜ, entweder Hcbou
eiomal die ächweizensobe EingangsgebUhr besaUt Hatten oder nicbt dazu bestimmt
waren, in der Schweix sa Terbleiben; deegleiehen die dangebSrendeo Pferde;
4) Araienfuhren und deren Gepäck; &) Rohe Laudeserzeugnisne von demjenigen
Griin'l>itii<'k(Mi inißtirlialb der Sihweiz, welche Einwohner '1er Eid^enoHsenscbaft
iunerhalb einer EiUfiTiuing vuii h'lclHtpnH 2 Stunden, von der l.aiideHgroDZf lui
gerechnet, selbst bubduen, Nowie die Thiere, Ger.it b^icbatten uud Anderes, was
bei dw Bebauung Koleher Gmndstttoke ▼ervendet wird; 6) rohe Laadeserzeng-
ntase von denjenigen Grundslflokttn. welche niobt mehr aU zwei Stunden land«
einwiirtK in der Schweiz liegen und von ihren annwärts wohiiiMi-Icn Ki^nthUmeni
»tdbtit bebaut werden, sowie rhifre, Geräthachaftf n und Anderes, wa« bei
der Bebauung solcher Grundstücke verwendet wird, alle« unter Vorbehalt des
Gegenrecbtes ; 7) Postpakete bb a«kf 1 Pfand Gewidht; Gegenstände, dt«
aua der Schweis durch das Analand wieder in die Schweiz gehen.
Fernere Aasnahmen wurden Torbehalten und dem Ermetiseu des Bundesratheü
anheimgegeben für den Verpdlun<»^v»'rkehr uud für Vieh, welches aar S&mmernng
und Winterung eiu- bezw. ausgeiübrt wird.
Zollfrei wurden ferner » rklärt :
Het ikr Einfuhr: Gegenstände, welche von einer Person eingebracht
werden, die hSchstenfl 2 Pfand Waaren mit ^h trigt oder von der Geeaumtbeit
derselben nteht mehr als i''/« Rp. Zoll tu entrichten hätt«;
Straßenmaterial, Kic8, Sand, Schlacke, rohe gewöhnliche Baastetae, robrr
lingebranntf'r Gyps und Kalkstein ;
Laub für Streue und b'ütterung, Dünger und rohe Düngmittel ^
Qemttnst^ Gold and Klber.
Bei dar Ausfuhr: QegenatSnde von derselben Penon getragen and im
Oesammtgewichte von anter 80 Pfand; rohe Steine.
II. Die Verzollung soll nach dem iSHiftogewicbte geschehen. Bei mangelnder
Iuhult8anp;a!)e hat der hocb>te Zollansatz in Anwendung zu kommen, bei zwei-
dftutif?er Iiihalt«angabe lnW-iistr (icliühr nach Afaßgäibe der Art der Waare.
Ungenügende Angaben über zuHummeugepackte Wauren verschiedener Gattung
zogen die Venollung den ganzen EVachtatttckea zn demjenigen Ansätze nach sioh,
die ee nach der am hlSehsten belegten Waare hStte bezahlen mOssen.
III. 1^ Grenia der Sohweis wurde in 5 Terwaltangsdistrikte besw.
Zollgebiete eingetheilt, anter bei^onderer iUlokaiditiiafame aof geogr^hisohe and
•a||rachli(-he \'iTbältni88e, nämlich :
1. (xtbiet: Bern, SoloUmrOf Basektadt, Ba8clknd, Aargau, mit Direktiou
in Basel.
2. (TeftM: Zürieh,^ Sehaffhanaea «nd Thoigaa, mit Direktion in Sohaff-
haosen.
3. G-thici: St. (Tallen und Graubüoden, mit Direktion in Chor,
/. Gebiet: TesHiu, mit Direktion in Lugant».
5. Gebiet: Wallis, Waaat, Genf uud Neuenbürg, mit Direktion in Lao«aune.
iy& Dem Bondatrathe blieb Torbehaltea, za beatimmen, an welchen Grenz-
pnnkten Haapt- and Mehenzolbtätten zu errichten stten. Zur Erleichterung des
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Zu 11 Wesen
— 432 —
iioUweseo
Zwiaohcohandelfl war das Inatitat der eidg. Niederlagsbftiuer (soUfreie NtedM*-
lagen) Torgesehen.
V. In Hinsicht auf die Zollformalitäten galt möglichste Erleichterung aU
erster Grundsatz, dauehm aber immerhin die Verpflichtunc" ft5r den Waaren-
flihrer, über die einzuführenden Waaren vor ihrer Verzollung einen getiaucu
Ausweis sn lebten, vrie Überhaupt die Anmeldepilicht fQr alle ein- oder auazu-
ftlhrenden Gegenstände, ferner das Bevisionsreoht der Zollverwaltung.
In Betreff der Durchfuhr: Högliobute £rleiolitemng, jedoch unter aehiitsenden
Garantien.
BchchränkuMg der ^sietierlagsfrist auf die Dauer eines Jahre*'.
VI. Dem Bunde^rath als obersten vullziehcnden und leitenden Behörde war
nuob das Becht xugestanden, unter aufierordentlichen Unutttnden besondere in den
lJundesvorschriften nicM vorgesehene llfoßnahmen su ergreifen, nnter dem Vor-
belialt, der Bundesversamnilung bei deren nächstem Zusammentritt Bericht xa
erstatt' n und di« «jotr(»fff^n*^n Jfaßnahnipn ihrer Genehm isjonfir anheinixiisteilen
Dieäe Bestimmung, der Hogeoannte Kampfartikel , nollte dem Bundeärathe das
Mittel an die Hand geben, seinen dem Auslande gcgenttber za stellenden Be-
gehren in Zollsaehen eveninell den nSthigen Nachdrack m verleihen.
Der Bundesrath entschied ferner (und entscheidet beute noch) endgü!ti>r in
Tarif fiaLr*"!!. Die nnmittelbare Aufsicht über das Zollwesen wurde dein Handels-
und Zoüdi'pariement übertraji^en und für die spezielle Leitung dvo Dienstes eiu
Oberzolldirektur vorgesehen, dem die Gebiet«direktionen untergeordnet sind.
Aof jeder ZoUstfttte bandet sidi ein Einnehmer. Bei den HauptzolUtStten
kann demselben ein Kontroleur beigeordnet worden. Die Nebenzcllstiitten stehen
unter der zunächst «»elegenen Hauptzollstiittp. Dt-n Zoühtaniten sr.II nulit ge-
stattet seil), ein andere« Gewerbe ohne Einwilligung des Bunde^rathes zu be-
treiben.
VII. An Stelle eines eidg. Grenzwächterkorps hatten die Kantone gegen
Entschädigung der dadurch entstehenden besonderen Auslagen den Zoliaehnts
durch die kantonalen Polizeiorgane ausüben zu lassen.
VIII. Dieser Abschnitt be-timmte diejenigen Delikte, welche nnter den
Begrid' der Zollübertretung (Uuturlasäuug der Anmeldung zur Verzoll'iug, un-
richtige Gewichtsangaben, unrichtige InhältsbeBeidiDttng etc.) follen^ und normirte
das daherige Strafmaß, 5 bis SOfacher ZoUbetrag, mit angemessener Verschärfung
im Wiederliühingj^falle bis auf den G(> fachen Betrair und unter besonders er»
schwereiulen Uiii>taiHU-n (T^■f;^ll^'Ili^JstIa^e bis atif ein .hihr.
Bei Witierhamllung gegen die Besünimungen betrelle.nd die Diirclifuhr war
die doppelte Eingaugsgebühr zu entrichten. OrdnungsbuCeu bei bloßen Koutrol-
nmgebungen bis auf 4 Franken. Von den bezogenen Bußen soll je '/s dem
Verleider, dem Kanton und dem Bunde zufallen.
Xr. Alle i'n Innern der Kiilirfuissciisilinft bestehenden Land- und Wasser-
zJ'dle, \^'« ir und Briiekeni^eM: i . K.iuthaus-, \\ aag-, Geleit- nnd andere (iebühren
hörten mit dem Zeitpunkte der Inkraftsetzung der neuen GrenzzöUc auf, mit
Ausnahme der vom Bnndeerathe zu bezeichnenden, deren Fortbezug der Ge-
nehmigung der Bundesversammlnng unterlag.
Di< a]-; EntschtSdigting an die Kantone für sich und zu Händen von Ge-
nieinden, Korporationen und l'rivaten zu zahlenden Abtiudungssummeu waren
ebenfalls von der BuudesverNammliuig zu genehmigen.
Sofort und ohne Entschädigung holen diejenigen Gefalle dabin, deren Bezug
iiie von der Tagsatzung bewilligt worden, auagenommen die Konsumgebtthren
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Zoilwesea
433 —
Zoll Wesen
(Ohmgelder) auf Wein und andereti geintigeu Getrünken (Art. 32 der Bandea-
Ywfassnng).
Der Bezug von Zöllen, Weg- und Brückengeldern fUr Tilgung eines Bau-
kapitals bezw. die hierfür zu gewährende Entwhädigong erioedi mit Deckung
des betreffenden Kapitals nebst Zinsen.
X. Dem Bundenrathe war anheimgegeben, dem Zeitpunkt dea Inkgafttgeteaa
des Qeeetaee in lieatimmen.
Dies sind die ^aptpnnkte dea ersten «dfenössischen ZoUgesetzes. auf daa
wir seiner kiatorieohen Bedentang wegen etwaa n&her glaubten eintreten au
solle n.
B. Der Zolilarif.
Im Einfohrtarif ab der HaupteinnahmaqueUe wurden die Waaren nater
möglichster BenickHichtigang ihrer Art, ihrer Nothwendigkeit, ihres Werthes
und ilires Zweckes in Klassen zusammengestellt. Die Ansätze derselben mußten
80 hoch gestellt werden, daß deren Krtrii^^nili hinreichte, um die Entschäiliirn'it?
an die Kantone, die Bezugskosten und einen Theil der Bundusauslageu zu decken.
Als YenEolinngseinheit wurde zu Grmnde gelegt:
a. Die Zngthieriaat {= 15 Schweiaeraentner) für grobe Artikel, namentlieh
des Grenzverkehrs und für Gegenstände zu Sohauatellongen ;
b. die Stückzahl für Tliiere und Fuhrwerke;
c. der Werth für Mühlsteine, Schiffe und Schlitten 5
d. der Sohweizeraentner Bruttogewicht für alle andern Waareaartikel.
Kat. a aerfiel wieder in 3 Klasaen an 1, 3 und 20 Bataen; Eat. b in
8 Klassen mit '/s, 3, 20, 40, 120, 200, 400 und l)00 Batzen; Kat. g in
3 Klassen mit 2, 5 und 10 % ad valorem} Kat, in 9 Klaasen mit 1, 2, ö,
10, 15, 20, 25, 50, lUO Batzen.
Aehnlich klassirte der Tarif für die Ausfuhr, d. h. :
a. Nach Zugthierlasten für grobe Artikel, mit 1 und 3 Bataan Zollf
b. nach Stückzahl für Thien mit '/4, 5 und 10 Batzen Zoll; c. nach dem
Werth (3 und 5 ^/o) für Holzkohlen und Mol/,, ruh, und Schuittwaaren ; (/. nach
Schweizerzentner Bruttogewicht mit 1 Batzen (alle nicht besonders genannte
Waaren), 5 Batzen (Gerberlohe, Felle, Häute), 10 Batzen (Baumrinde) und
16 Batzen (Lumpen).
Für die Durchfuhrgüter galten folgende Taxen:
Die im Einfuhrtarif nach Zngtbierlasten klasüirten Güter wie für die Einfuhr ;
Thiere für Strecken von 8 Stunden und wenip^er '/^i ^ ^ Batzen, für jede
längere Strecke 1, 5 und 20 Batzen; Holz 6 und 5 % ad valorcm; alle andern
Waaren rom Sohweiserzentner brutto für Strecken von 8 Stunden und weniger
y«, für weitere Strecken 3 Bataen.
Zugleich mit diesem Gesetze (30. Juni 1849) erließ die Bundesversammlung
das Gesetz betreffend das Verfahren bei Uebertretungen fiskaliseher und poliaei'
lioher Bundefpresetze, welches heute noch zu Kraft besteht.
Unterm 4. Oktober 184U sodann erließ der Bundesrath eine Vollziehung»-
yerordnang nehst Speaialinstruktion fttr die sehweia. Zollbehörden.
Vorgängig aber der Vollziehung der neuen Zollgesetagebnng hatte sl eh der
Bund zunächst mit den Zollablösungsverträgen zu befassen. Dieselben kamen
zum Theil erst nach mühevollen Verhandlungen zu Stande, waren indessen in-
sofern befriedigend, aU einerseits nur wenige innere Zuilbezüge fortbestehen
Uieben, und anderseits die fftr den Loskauf veranschlagte Summe von
Fr. 1,700,000 a. W. nicht tthersehritten wurde.
Fnrrar, VelkmlrthMhkfM-LiKikoD der Schwall. ^8
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4
Züilweseu — 434 — Zoliwesen
Diese aul unbestimmte Zeit jährlich sich wiederboleade Ausgabe war freilich
keine geringe Last; aber die Befreiung von eioer Uniahl innerer ZOUe und
Weggelder im gnoteo Gebiete der Eidgenoesemchaft ersdiien ale eine der er-
freulichsten ErruDgendchaften der neuen HuDdeeeinrichtuDgen. Die im Jahre 1838
io ein(?ni Uber das ge<nmmte »chweiz. Zollwe^eu an die Tagsatzuug prstitteten
Berichte gestellte schiiohterae Frage: «Wird die Zeit kommen, wo mau daran
denkt nnd dannf hinarbeitet, die innem ZQlle ganz zu beseitigen und dafür
mSfiige, nach gerechtem, billigem TerhSltnisse n Terlheilende OrenottUe ein-
■ofÜhren?" hatte nun. Dank dem eneri,nHehen nnd zielbewußten Vorgehen des
Bundes, ilirc L'likk liehe nni! f üflgiiltiL,''- Lö«nng gefunden. Seinen nar-hdruck-
8ameu Bemühungen war e« auch gelungen zu erwirken, dal^ du- heilungene Lo»-
kauf^umme weniger betrug, ab der durchächuittliche Reinertrag vom Jabre
bis und mit lft46 (Art. 26, litt, b der Bimdeeverfiusnng).
Anf den Betng von 4 Batzen per Kopf waren folgende Kantone angewiesen,
mit denen ea daher eines he^onlem Vertrages nieht bedurfte:
Kopfzahl liOtk:iur«umni<^ \ i Kopfzahl Lotknafüiiinme
ZOrich .... 2i31,r>7b Fr. 92,«)3(). 4^) i ! Zug 15,322 Fr. 0.128.80
Luzem. . . . 124,521 , AppenieU A.-Rh. . 41.080 , I6,m -
Schwyz .... 40,Gr)0 , l»i,2»J(). - A™,.n f n». o 7Qft Q Olli in
Obwaiden. . . 12,:{68 , 4,947. 2ü ^PP«^«" ' ^'^^ • 3,918.40
Glems. . , . t9,3i8 , 11,739.90 Neuenbürg . . . 58.616 , 23.446.40
Yertrige worden abgeeohlowen mit:
KopfzJilU
Nid Waiden 'j .
. 10,20:{
Fr.
4.ü81.2()
, St. Gallen . .
15^,853
Ff. 118,000.—
Bern ....
. 407,913
■
i7b,im. — i
\> GreobQnden*) .
84,506
, 910,000.
Uri^) . . .
, 13,.')19
54.0<K». —
' Aar;.Mu "■') . . .
183.7.55
^ lOT.OfX). —
Freiburg *) . .
. 91,145
n
37, (m. —
1 Thurgau . . .
1 Tessin *) . . .
Sl,124
4Ö,U00. —
Sololhurn *) .
. »j3.19ß
T
32,(XJO. —
113,923
. 1«.M>,000.—
Baselstadl . .
. 2+.;321
»
104.()0(). - -
! Waadl") . . .
183.582
, 15ä,«K». —
BaseUaud ') .
. 41,103
45,400.™ i
1 WaUis") . . .
7«i,590
, 70,000. —
Schaffhaosen .
. 3S.S8S
•
46.000.— 1
1 Genf»*) . . .
58.666
. 30.000. —
Die üauenMteinsöUe waren jährlich mir Fr. 2.'S.98'i den Ständen Solothnm
nnd Ba^elland lange zn vergüten, bie da« Kapital sammt Zia» getilgt war
(oa. 12 Jahre V
Die Liuthzölk wurden mit jähriicii Fr. 10,600 entschädigt.
Die Berechtigung zum Beenge von Konsnmogebtthren anf Wein nnd geistigen
€^trKnken behielten die Kantone : Bern , Luzem , Uri , Obwalden , Nidwaiden,
Glarus, Zug, Freiburg, Solothurn, Ba.»*elsta(lt , .Schatfhansf n , St. rmlim , Grau-
bünden, AarjjHU, Thnrü^an, Waadf, (Jenf, Tessin, welchem üherili« s durch Sppzial-
vertrag die Erhebung von ivonsumogubUhreD an der italienischen Grenze nach
M Mit fk'srliriinkun^' der Knlscli:iili;.n]ii;.' auf i B.itzen \»-r Kopf. -) Wovon IT.f'OO
Franken bis zur Tilgung des ;>lr.iL»enhiiuJiapilals der StraUe von Gü^-bcaen, Fr. 15,000
bis 1. Dezember 1864. *) Mehl inbeKriflen der BrAckenzoU der großen Drahtbrflcke,
weK'licr bis zum Ablauf der von der Ta;r-at7iing Keu**hniigten Konze8!?ion hrrop-cn wor-
den durfte, ') Mit AusHcliluß der HauensLciuzuile. ') Franken 120,0<K) auf uul><L^liuunle
Zeit, Fr. 15,2:^0 für Struüt-npramien bis zur Tilgung des Aktienkapitals, Fr. 4i,780 bie
zum Jahre iS'lo, Bewilii^'uiig der Forldauer vorbehalten. Mit Forttit -Ianil der Bnu ken-
zölle in Aaihurp, Laufcuburg etc. und der Kaufliausgebührcn in Zui^uü. ') Mil Aus-
o-liliii, des Brückenjreldee von llelide. Aii.-^geiu>mmen die Brückengelder zu Chessel
und (loloiiihcy. ') Ai!«'.'enoniraen die Brüekengclder zu Che?>rel und <Iolomhey, Bac
d Uler^iirt, iMa-ssoiigey, La,vi,v, Outre Rliöne. Braniois und das Weggeld nach Leukerbad.
Ausgerioiiiinen die Bnu kengelder St. Anluine und des Paiiuis, de Beiair ä la Gonlou-
vrii^rc, des Terreaux du Temple, über die Uolzbrücke Ober die Arve, die Ffthre von
Cbaac).
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Zollwesen
— 435 —
Zollweaen
dorn frlibern (xesetz (gewisse Artikel ausgeiioiuiaeQ) bewilligt wurde und zwar
in Anbetracht der finanziell ungünutigen Lage des Kantons, des kostüpieligeD
Unterhaltes der Bergatrafien, für deren erste Erbaniing damals nooh eine Schnld
TOn S'/i Millionen Schweilerfranken bestanden hat.
IVr Schneebroch nuf der Gotthardstraße warde Tom Bande ttberaommen
und daiiurcb T'ri uikI Ttssin entlastet.
Parallel uiti den Luterhaudlungen mit den E^ntonea über den Loäkauf der
ZBlle u. 8. w. gingen die Vorbereitungen des Bundesrathes ftb* die InTollzog-
setaang des ZoUgeaetzes, wie Erlaß der erforderlichen Verordnungen und Instruk-
tionen (s. liicvur'i. Bezeichnung der Zullst.ittfn, BesclialTung der nöthigen Lokali-
täten, Braiiitt'riwalilcn ii. h. w, und am 12. Januar Is'A) faßte dattn derselbe
dun Beäcblaß) daii das Zoligetietz vom '60. Juui 1641) mit 1. Februar 1850 in
Kraft stt treten habe. Glebhwtig enoMenen Verordnongen betreffend die ftlr
Binfhhr xollpfliohtiger Gegenstände erlaubten Straßen nnd Landangsptetae, sowie
l)etreS(attd die Regulirun<; der Bheinschifffehrtszölle, welchen, unterm 1. Febroar
1850, eine solche über die Lagergebühren für die Niederlagshäuser folgte.
!)iir(h Biindesbeschluß vom !7. /on. April 1850 wurde dann der Rtindcs-
rath ermächtigt, den Zollloskattf» vertragen im Namen des Bundes die Batifikation
zu er th eilen.
Von den naehherigen Erlassen sind zu erwähnen:
1) Die Verordnung des Bundesrathes betreffend die Regelung nad £rlei(Ate-
rang des landwirthschaftlichen Grenzverkehrs vom '2. Mai 1850.
2> Da^^ Dekret dc^ Bundesrathes betreffend Aufhebung des Holsansfahnolles
in Uri vom 13, Mai 1850.
3) Die Verordnung de« Bandesrathes lam Oeseto Iber das ZeUweeen vom
.5. Angost 1850 dahingehend, daß die fireie Ansfiihr ins Sinne von Art. 6, Lenuna 1
des Zoll^resetzes nur auf solche Artikel anwendbar an, deren Anaflihraoll 1
Batzen per Centncr beträgt.
4) Der Bundestieschliiß vom 2. Dezember 1H50 betreffend die Bildiinfl; eine*?
VI. Zollgebieten mit Hauptsitz in Genf, durch Abtrennung der Kantone (lent" und
Wallis vom bisherigen V. Zollgebiet und zwar aus Rücksichten auf die liandels-
verhältüMse Genfs, deren Vortreter diese Vergünstigung mit allem Naohdrnok
▼erlangt hatten.
5) Die Verordnung betreffend das Ueberschreiten der Grenze mit BoUpflioh*
-tigen Waaren anßer den Zollstunden vom 25. Januar 1851.
Die Vorbereitungen für ein neuea MUnzgeeets legten en dem Bundesrathe
nahe, in Verbindung damit aaeh dne Beriiioii dea ZoUgesetzeB, bexw. des Zoll-
tarife mit Umwandlung der bisherigen Anältie in neue Sehweiserwfthmng anm-
bahnen, und nachdem am 7. Mai l85o jenes Cbsetz erlassen worden, stellte der
Bundesrath am darfuiffolgenden 10. Mai einen revidirten Gesetze<äentw^irf über das
Zollwesen fest, in welchem neben Einführung der ueuen Währung auch einige
Mängel beseitigt wurden, die im Zollgesetz uixd uameutlich im Tarif zu Tage
^letreten waren. Anoh sollte der revidirte Tarif etwas hShere Zollerträgnisse
liefern, die sa 5 Millionen Franken n. W. veransohlagt worden.
In der Hauptsache entluelt der Entwurf folgende Modifikationen gegenttber
•dem alten Gesetz :
Zollbefreiun«^ fnr Transportschiffe, welche vorübergehend auf schweizerischem
Gebiet sieh aufhalten, unter den gleichen Vorauüsetzuugen, wie die Reise- und
Lastwagen.
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ZoQwtMo
— 436 —
Zollweseu
BeecbiVokung der Zollbefreiaiig f&r rohe Landeeenengnieie im Qrenxverkehr
in der Weine, daß ErzeugnÜBe von GrandätUcken außerhalb der Schweis aar
von dem Einfahr- und olche von Grundstücken im schweiierischen Grenzrayou nur
vom Ausfnhrzolle befreit sein sollen, während bei etwaiger Wiederaus- bezw.
Wiedereinfuhr der entsprechende Ausfuhr- bezw. Einfuhrzoll zu erheben ist, ia
der Heinniig immerhin, daß die znr Behanvog der GmndelBeke nöthigen Thiere,.
GertthRohaften u. A. etete hei zirkuüren dürften.
Statt 2Vs Bp. a. W. worden 6 Ep. n. W. ak MinimalanUhetrelbiA anf-
geuonunen.
Als soUfrei wurden femer bexeichnet:
Hfleli, j^r, friadw Feld- und Gartengewieliee eto. im kleinen Marktrerkehr,,
wekhe Beetimmong die BnndeeTereammlniig im frühem Geeetseeentwarf» geetridieiL
hatte.
Zollbefreiung bei der Ausfuhr wurde vorg'eHehen fHr Gregenatände, welche
von eiiu r und derselben PerBun getragen werden und deren Ausgangszoll weniger
ala 10 Kp. ausmacht (anstatt welche zusammeu das ^aximalgewiohi vuu 80
FAinden nicht enraiehen).
Die Bestimmung betreffend die eidg. Nit derlagöbäuser wurde in dem Sinoe
erweitert, daß der Bnndesrath ausnahmsweise NiederlagshänHer in solcher Form
bewilligen ht'mne, wie sie den Interessen des Handel« am angemeweneten eind^
ohne diejenigen der Zollverwaltung itu gefährden.
Die neue Fassung sollte den verschiedenartigen Verbal tuifUicu der Schweix.,
flandelsplitae Heohnung tragen itnd es ermOglicheni den naohgewieseoen Handels*
intereaien nach ihren lokalen Bedürfeiflsen, in der denselben angemeseenatea Form.
and Weise, entsprechen zu kSnnen. Die frühere bestimmtere FusüUQg: „Der
Bundesrnth errichtet" eto. hatte zii vt r*^ebiedeuen diesbezüglichen Begehren Anlaß
gegeben, die der Bundesrath ahlehiun muLite. theils weil das BedilrfniLi nicht,
genügend nachgewiesen war, theils aus Alatigel au den erforderlichen Mitteln,
wobei er den Bewerbern freieteUte, nnter Leietong der nttthigen Gkurantien an
den Bund, selbst ein Niederlagshans zu erstellen, wogegen den Interessenten die
MagLiziniruntrsgebiIhren überlassen werden. Ks ist divs der n 'im liehe Standpunkt,,
den der Bundesrath in dieser Sache auch heute noch einnimmt.
Eine fernere Bestimmung betrifft die Verbleiang von Transitgütern auf
Verlangen des W aareufuhrers, welches Verfahren im ersten Gesetze nicht vor-
gesehen war.
Die Strafbeetimmiingen wurden prfinmr gefoßt, eo namentlioh becttgliob de»
Befahrens nicht erlaubter Straßen — die erlaubten «ind ansdrtteklioh ab solehe
bezeichnet und mit daherigen Tafeln versehen.
.-\n('h ist im neuen Gesetz nielit mehr die Rede davon, ob eine Zollüber-
tretung absichtlieb oder unabsichtlich begangen sei, suuderu die Tbatsache der-
selben wird als strafbar bezeichnet. Dagegen sind Nachlässigkeiten nicht dem.
Strafverfkhren, sondern Ordnungsbufien bis auf den Betrag von Fr. 10. •—' unter-
worfen. „Die Erfahrung hat bewieeen, — eagt der Bandesrath in der bezüglichen
Botschaft — daÜ unser Zoll^setz im Allgemeinen .'if^hr gut von den Leuten
gekannt ist; denn in den meisten Fälbln kann vom Zollptlichtigeu alles was zu
seinen Gonsten spnciit, daraus angeführt werden ; c«i i»t daher nicht auzuuehmeo,
daß er die YerpiUchtungen nicht auch ebenso gut kenne, die es ihm aoferl^.*
Das Strafverfahren wurde übrigens insofern gemildert, als das neue Gesets.
dem Bnndesrathe die Befugniß einräumt, die Buße zu ermäßigen oder selbst
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ZoUweMm
— 437 —
Zollwesen
Ijliislidi nMhsnlaaattn, aoleni es aich «tgibt, daft dar üebertreler nidit die Ab-
riebt hatte, eine Zollverschlagniß za begehen.
Im Weitern wird der Zollverwaltung das Recht vorbebnlten, (regenstiinde,
■deren Werth bei Berechnnng dos zn entrichtenden Zollbetrugen m Anschlag
kommt, gegen Vergütung de« deklarirteu Werthet» plu8 10 ^/o des letztern an
«icli m tiehen, iD welchem Falle jedooh nkht Bocb tiae Stnfrer&lirai wflfeo
ÜoUttbertretung (anriolitige WerthdekJaration) eingeleitet werden daif.
Im wurde folgende Gebühren^^cala anigeeteUt
/. Einfuhr,
A. 7om Stuck, 4 Unterabtheilungen mit Ansätzen von 10 Kp., 50 Kp.,
Fr. 3. — und 6. — ;
B. ▼om Werthe, 3 ünterabtheihiagen mit Anaitien von 2« 5 nnd 10 ^ o ;
C. vom Gewicht: a. nach Zugthierlasten (— 15 Zt i t r"*) 3 ünterabthei-
Inngcn mit 15 und 60 Kp. nnd Fr. 3. ~ ; b. nach Zentnern (= 1(H) l'fund) 9
Unterabt heiiungen mit Fr. — . 15, — .30, — . 50, — . 75, 1. 50, 2. — , 3.50, 8. — ,
15. — .
IL Ausfuhr.
A. vom Stück, 3 Unterabtheilungen mit Fr. — . 05, — . 60 und 1. 50;
B. vom Werthoj 2 Unterabtheilungen mit '^ und 5 "/o;
C. vom Gewichte, a. nach Zugthierla-nten .'i U(iteriilitheilun_'"n mit Fr. — . 15,
— . 30 und 1. 50, 6. nach Zentnern 4 Unterabthoiluugcu mit Fr. — . 10,
— . 80, 1. — und 2. — .
///. Durchfuhr.
A, Vom Stück : a. für jede Strecke von 8 Stunden und darunter 3 AnsSlze
Yon 3, 15 und 30 Bp.} 6. für längere Strecken 3 Ana&tze von 15, 76 Bp. und
Fr. 3. — .
B, vom Werthe, 2 AniXtie mit 3 und 5 ^/o.
C, Tom Gewiokte: a. naob ZngtbierliMten 4 Ansätxe Ton 10, 15 und 60 1^.
und Fr. 3. — ; b. nach Zentnern, 5 fllr Strecken Ton 8 Stunden nnd darunter,
30 Rp. für längere Strecken.
Mit Beginn dci» Jahren 1873 iai der Zolltarif, wie er Hich nach den bil
WH diesem Zeitpunkte eingetretenen Mutationen gestaltet hatte, in einer neuen
Aoegsbe erschienen.
Dieses neue Ge^^t t^ mit Tarif wurde TOii der BundesTeraammlnng am 27. August
l'^'5t erlassen nnd i?Ht, obwuhl sehr revi'-innfibednrftig. bi'< znr Stnndf flsfSO)'
imch in Knitt ; der Tarif liatte (icituni; t>iji Ende 1Ö^S4, wenn auch intuige späterer
Erias»«, sowie vou Huiidei^vertragen, in wesentlich veränderter Gestalt.
Von den VertrSgen sbd namentlioh xn nennen derjenige mit Sardinien (1851),
durch welchen lie Eidgenoasenachalt sieh verpflichtete, den ans den Provinzen Cha-
blais, Genevois un l Faucigny und aus dem Herzogthura Savoycn herkommenden,
für die Versorgung des Kantons und der Stadt Genf bestimmten Lebensmittel und
Verbrauchsgegenstäude zollfreie Einfuhr zu gestatten; der Handelf*vertrag mit
Belgien (1862), in weldiem Iwidseitig eine Anzahl von ZoUermäßigungen ein-
gerSnmt wurden; der Vertrag mit Frankreich (1864), in welchem behu& Er«
languug der von Frankreich in den Verträgen mit England, Belgien, Preußen
und Italien eingerSumten Krleiehternngen Ermäßigung einer Rf'ihe di r uhiuhin
niedrigen Zollausätze zugestitn li n \v< rden mußte; (b-rsflbe stipnlirte überdies be-
4iondere Erleichterungen für die vuiu Wiener Kougrclj 1815 mit Kücksicht auf
ihre geographische Lage und ihre Verhftltntsae rar Schweis in die Bonanelinie
won Frankreich nieht eingesdilgsRene Landschaft Gex; ferner der Vertrag mit
Zollwesen
— 438 —
ZollweaeiL
Oesterreich (1868), in welchem einige Erleichteningen für den engern Grenz-
verkehr, s^owif Aufhebung der bereit« im Jahre 185Ü bfdciiten<i crmäßii^tea
schweizerischen Durchfuhrzölle zugestanden waren; der Vertragsabtichluia mit
dem d«iitec1iQD Zollvemn endlioh {14)69) verpflichtete die Schweiz zur Frei'
gebang einer Reihe von Gegenstitnden, welche bis dahin sollpflichtig geweeei»
waren.
Die in den Yoit rügen mit Bt ljrien und Frankreich ^tipulirten Z(»llerni&ßi-
guugeu wurden sofort ^um Theil infülge der Meistbf>günstignngsklansel in den
Verträgen, zum Theil gestützt auf gegenseitige Zunicheruug der MeiKibcgünsti-
gnng hie nt definitiven Yertrageabseblttflsen für alle Waaren in Anwendung
j^'ebracht, welche übi r die Nord-, West- und Sudgrense apr Einfuhr bezw. Aqr-
fuhr gelangten, während die Verzollnnji; der iibi r die österreichische Grenze ein-
bezw. ausgeführten Waaren bis zmti Jnkrutttreten des Uandelevertragea mit
Oesterreich nach dem Tarif vou 1801 stattzuüuden hatte.
Von Erld.sben au» den Jahren 1851 — 1873 sind bemerkenswertb :
1) Verordnang vom 21. Jnli 1653 betreffend Yerbleiang der Zollgüter;
2) BundcKbcschlaß betreffend Verzollung von fiisenbahiimaterial, vom 19. Juli 1864,
in Abänderung von Art. 3 de» Bondesgesetzee ttber Ban nnd Betrieb der
Eisen !>ahne7i ;
3) Yollziehungsverordiiuug zum Zoligesetz von 1851, vom 30. November 1857,
in finetsiing derjenigen vom 30. Jnni 1849;
4) BnndeBbeschlaß betreffend theilweise ErmSßigang dee DurohfahraoUes , vom,
12. Januar 1859;
6) Bondesgesetz betretlend die Vereinfacbnufr der Zullf »rnuilifiif en für Transit-
güter, vom 24. Juli 1867 und Bunde^^rathäbeschluß betretiend Vollziehung
dieses Ge.setze», vom 14. Augn»t 1867 ;
6) BnndeiibeechlQß betreffend Herabsetaiing der eidg. ZsUe aof Eisen, vom 6. Jtili
1867;
7) Verordnung- betreffend die Vei-zollong von Kanfmannagtttem im Freihafen voft
Genf, vom 21. Februar ISTO.
Die neue K u n de» v e r f a >. s ii n g von 1 8 74 enthält foi^remie Zidlartikel :
Art. 28. Das Zollwesen i.^l Sache des Bundes. Dt'r»ell)e hat das Hcchl, Eiu- und
AusführzAlle zu erheben.
Art. 29. Bei Erhehnnj.' der Zölle sollen fol^retide Gmndsätze beachtet werden r
1) Eingangsgebübrea : u. Die für die inländitHibc ludustric und Landwirlb^chaft
erforderlichen SlofTe .sind im Zolltarife möglichst gering zu taxiren. h. FJn'uso die
zum n«i(higen Lel)ensbedarf erforderlielien Gegenstände, c. Die Gegenstände de« liiixus
uaterliegen den höchsten Taxen. Diese Grundsätze sind, wenn nicht zwingende Gründe
entgegenstehen, aueh bei Absehlieftnng von HandetevertrAgen mit dem Auslande zu
befolpren.
i) Die AusgangsgebQhren sind luöij'lichsl luiliig festzusetzen. Durch die Zollgesetz-
gebung sind zur Sicherung des Grenz- und .Marktverkehr- -et i-nt te Beslininiungen zu
trelTen. Dem Bnnde bleibt iminerbin das Hecht vorbehalten, unter außerordeatlichea
üinsländen, in Abweichung von vorstehenden Bestimmungen, vorübergehend bemndwe
Maßnahmen zu trcflcn.
Art. 30. Der Ertrag der Zölle lallt in die Bundeskasse, Die den Kantonen bisher
bezahlten Entschädigungen für die losgekauften Zölle, Weg- und Brflckengwlder, Kanf^
haus- und andern Gebühren dieser Art fallen we(j. .\!isn;ilun-wei-e erhallen die Kantone
Uri, GraubQnden, Tessin und Wallis, mit ftacksicht auf ihre inlernationalcn Aipcnstraßen«
eine jährliche Entschädigung, welche, in Wflrdigung aller Verhiltnisee featfrestelU wird
wie folgt: Uri 80.(X»0. Graubünden 2()0,<«K>. Tcssiu 20fi.fXX) und Walli- r>n, 000 Franken.
Für Besorgung des Schneebruclies auf dem St. Gotthard erhalten die Kantone Uri und
Tesain eine jftlirliche EntscbSdigang von zasammen 40.000 Franken fOr so lange, als.
die Straße aber den Bergpafi nicht durch eine Eisenbahn ersetzt sein wird.
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ZoUweseu
— 439 —
ZoUweoen
Art 31. Dio Freihrit f\o^ Hanilcls nnd der Gewcrlx' ist im ganzen t'mfange der
Eidgeoosseoscbaft gewähr leiätet. VorhehniteD sind : u. Da^ Salz- und t^uUerregal, die
eidgenössischen ZAile; die Eingangsgebülircn von Wein and geistigen Gelränicen, sowie
andere vom Bunde an-dnlrklich uiu ikannte Vcrbrauchssleuern , nach Maßgabe des
Art. 32. 6. Sanitälspulticüiche MaUregelii gegen Epidemien und Vit lHL-nrhen. c. Ver-
fügungen über Ausübung von Handel und Gewerben, über Besleuei un^' des Gewerbe^
betriebes und über die B* nut?:un;: dr r Straßen. Diese VerfOgungea dürfen den Grundsatz
der Handels- und GewerbelVLuheil uiclit l>ceiuUürhligeD.
Art. 33. Die Kantone sind l>ei'ugt, die im Art. 31 LiL a erwähnten Eingangs*
gebühren von Wein und iukIii ii treistigen Getränicen unter folgenden Beschränkungen
zu erheben : a. Bei dem liciw^ derselben soll der Transit in keiner Weise belästigt und
der Verkehr überhaupt so wenig als möglich gehemmt und mit keinen andern Gebühren
l)el^t .werden. 6. Werden die für den Verbrauch eingeführten Gegenstände wieder aus
dem Kanton ausgeführt, so sind die bezahlten Eingangsgebühren ohne weitere Bellstigun^'
zurück zu erstatten, c. Die Ei-zeugnisse schweizerischen Ursprungs sind mit niedrigem
Gebühren zu bellen als diejenigen des Aaslandes, d. Ein^ngagebühren von Wein und
andern geistigen GetrSnicen schweizerischen Ursprungs dOrfen da, wo solche bestehen,
nicht erhüht, und in Kantonen, uclchf k''in<' bezieben, nicht eiatjefülirt werden,
e üte Gesetze und Verordnungen der Kantone über den Bezug der Eingang^ebühren
sind der Bundesbehftrde vor Vollziehung derselben cur Gntfaeißang vorzalegen, damit
die NirliUieacljtiiim voi^tehonflor Grun'lsritze Vfrliiiiili-rt ucrilmi kann. Mit Ablauf des
Jahren 189Ü sollen alle Eingangügebübren, welche dermalen von den Kantonen erhoben
werden, sowie ibnliche, von einzelnen Gemeinden bezogene (SebOhren ohne Entschlldi-
gung ^inrallen*.
Schon zur Zeit der VcrlniniHnngr)! ühfr die Vt rfajjsnng^srevision von 1872
wnrde einer itüg^nieiiii-n Rt'visiün de« Zolltarifs gerufen, dereu Wünsch ha rkf^it sich
theÜH mit UUektiicht auf die Entwicklnug von Handel und Industrie nud die da-
duroh veriaderten TerhSltnisse hmsjcbtlkli des Besnges und der Verwendung
zahlreicher Erzeugnisse, theils Vom fiskalischen Standpunkte des Bundes ans
geltend machte. Infolge Kündigung der Handelsverträge mit Frankreich und
Italien stelltp sinh die Frage auch von diesem Gesicbti>punkte aus in deii Vorder-
grund, und zudem brachten die erhöhten Anforderungen, welche seit Inkrafttreten
der Bandeeverfassung von 1874 an die Finanaen des Bond» hsrantraten, die
unabweuliohe Nothwendigkeit mit siohf dem Bande neue Eianabmiiqnellen su
edialTen, welche im Wesentlichen nur durch einen neuen Zolltarif mit entsprechend
geeteigerten Ansätzen gefunden werden konnten.
In der Dezembersession der eidjj:. Riitlu- von IHH) wurde der Bundesrath
eingL'ladt ii , mit aller Bf't'inif ruug eine Hevisiun der ZoHtarifc vorzulegen nnd
mit Boti^chalt vom 16. Juni 1877 ist der BundeHrath dieser b^iuiadung nacii-
gekommen.
Am 2d. Juni 1878 erfolgte Seitens beider Räthe die Annahme des aus der
ersten Berathung hervorgegangenen Tarifgesetzes, jedoch unter dem Vorbehalt
einer zwcitt n Lpsnnir. womit die Fortsetdnng der Bevisionsarbeit auf unbestimmte
Zeit verschoben wurde.
Zwisolmthinein fKIlt der Erlaß des Bundeegeeetzes Uber die Erhöhung dea
Tabakzolles vom 20. Juni 1879, einer neuen VoMehungaverordnung zum Zoll-
gesetz, vom 18. Oktober 1881 und der AbaehluiS neuer HandelsTertrSge mit
Deutschland IHKl und mit Frankreich 1SS2.
Die Ratifikation des lf't/^f>i n durch die Buiide8ver.sHmmlttnff veranlaßt« dann
einen Be.schluß vom 28. Aprjl 1882, durch welchen der Bundesrath eingeladen
wurde, noch im Laufe des nämlichen Jahres seine Vorschläge behufs endgültiger
Bereinignng des Zolltarifs eiazureiehen.
Auf Grundlage der vom 3. November 1882 datirten bnndesräthlichen Bot-
schaft begann hierauf die zweite Berathung, aue welcher das Tarifgesetz vom
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Zollweflen
440 —
ZoUwesen
36. Juni 1884 (Generaltarif) hervoiipng. Danelbe, naeh Waareokateforian auf
gestellt, trat am 1. Jannar 1885 in Kraft, jedocb mit Beeehlinkiing seiner
Wirkung auf die yertragUoh nicht gebandenen Waarenartikel.
Mit der yolhdebnng diesett Grmctzes war zugleich die EinfUhrang einer zoll-
amtlichen Wiuirenstatistik verbunden, bezüglicher welcher vom Bundesrathe eine
Spezialverordnung erlassen wurde (s. den Artikel nU^ndelsstatistik'').
Naobdem bereits beim Tarifget»ets von 1884 HcbntlSllnerische Tendenzen
sieb in yerschie denen Brnnchi'n Gi-Itun? v^rHfh'ifft hatten, ergriff diewe Strömung
nach und nach die Mehrzahl der produziremien Industrien nnd Gewt^rbe, und
aogar die Landwirthschaft , von welcher biHher iu allen TarittVagen ein mehr
paasivea Verhalten beobaohtet wurde, ließ aich von derselben hinreißen. Kaum
war das Tarifgesetz von 1884 vollst^bar geworden ala neuerdings Stimmen laut
wurden, diese oder jene Zollansätze zn erhöhen. Der Stein, einmal ins Rollen
gerathen, konnte nicht mehr aufgehalten werden. Die Z^jlltii Ii ranken de« Aus-
landes einerseits and anderseits der Umstund, dai^ die Schweiz infolge ihrer
niedrigen Zollanslltse für die anawärtigü Ueberprodaktion ein willkommenea
Absatagebiet geworden, hatten auch thatslehlieh für einen großen Theil der
schweizer. Produzenten eine Nothlage geschaffen , welche nur durch geeignete
Gegenmaüregeln gehoben werden konnte. Namentlich hatten sieh ffewia««« Nach-
theile, welche der (Jonventionaltarif mit Frankreich in Verbindung mit der
Meifitbegünstigungsklausel in den Übrigen Handelsverträgen mit sich brachte, für
▼ersehiedene Industrie» nnd Gewerbeawrige in sehr empfindlicher Weise fttblbar
gemacht.
Es begann der Kampf der eiuaeben Interessen, nnd ▼orab war es die Idtnd-
wirthflohaft, die nun mit allem Haohdrnak ihre Begehren geltend au machen
bestrebt war.
Schon anterm 19* November 1886 richtete der BiinleHrath eine Botschaft
an die Bundesversammlung betreffend Abänderung des Tarifgesetzes von 1884
cinerseita in Erledigung der zahlreich eingelangten Petitionen , underpeits im
HinbUok auf die Erneuerung der Handelsverträge mit Oesterreich und Italien
und den Absehlnß eines Zusatsrertragea mit Deutschland. Dieser Botschaft folgte
ein Kaehtrag TOm 6. Miai 1887. An« der Berathnng dieser beiden Vorlagen
ist die Tarifnovelle vom 17. Dezember 1887 hervorgegangen, dnrob welche « ine
große Zahl von Tarifposition"! Silber löO) Aenderunsjfin erlitten, rnmetst im
Sinne der Erhöhung der bifttieiigan Ansätze, dann aber auch solche von bloß
redaktioneller Bedeutung. Mit diesen Berathungen wurde auch die KüokzoUfrage
▼erflochten, welche dann dnrdi den Bnndesbeschluß vom 7./ 27. Juni 1689
mit der Gewährung eines Zuekerriickaolle.s für den Export yon oondensirter ICleh
ihre vorl&ofige Erledigung fand (s. unter BUckxoU).
Am 1. Mai 1888 trat die TarifnoveUe von 1887, soweit nicht Gonven-
tionaltarife i iif^'e;,'en^tanden. in Kraft. Zu diesem Knde hatte das Zolldepartcment
auf genannten Zeitpunkt einen neuen Gebrauchstarif herausgegeben, der neben
den Tarifgeaetzen von 18S4 und 1887 auch die Conveatioualtaritc Howie. da«
iiutibtibcbe Waarenverzeichniß und die Spenalenfesidieide umfaßt. Dieser Aus^
gäbe folgte 1889 ein Supplement enthaltend die Aenderungen infirfge der 7er-
tragsfibsehlüsse m it Oesterreich 1888, Deutschland 1888, Italien 1889, sowie
die seit Mai 1888 getrotfenen Spesialentaoheide.
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ZoUweseu
— 441 —
Zollwescn
i
Der Einfohrtanf enthält folgende Haoptrabiiken :
Anzahl Po«it innen
dcbrasdu-MAtutii
Ccnm- Ein- und
tiMulaik. kuluiu
L Abßlle und DOngstofliB 7 7 11
IL Chornikalien:
a. Apotheker- und Drogueriewaaren ' . . . 7 12 14
b. Chemikaliea für fewerblieben Gebrauch 14 16 76
c. Farbwaaren 13 13 20
III. Glas 12 17 17
IV. Holz «7 30 46
V. LiiiKluirUi-chaflliche Erzeugnisse 8 8 11
VI. Le<l«r y 11 12
VII. Literarische, wissenschaftliche und Kuostgegenstände ... 11 Ii 17
YUL Mechanische Gegen ■^truiflo :
a. Uhren . . . 3 3 19
b. Maschinen und Famxeuge 9 9 SS
JJL Metalle:
a. Blei 5 5 6
b. Eisen 17 18 tO
«. Kupfer 6 7 9
d. Nickel 3 3 3
e Zink 4 4 4
f. Zinn 4 4 4
0. Edle Metalle 5 6 11
1. Erze und Mi talle Terachiedene 3 4 4
X. Mineralische Stotle S7 30 36
XI. Nahrung»- und Genaflmittel 73 83 101
XII. Oele und Feite 9 10 12
XUL Papier 11 15 18
Xiy. Spinnstuffe:
o. Baumwolle 18 20 37
b. Flaclis, Hanf, Jute elc 22 25 35
c. Seirle 11 13 25
d. Wolle 25 27 36
e. Kautschuk und (riittapercha . 5 5 8
f. Stroh, Rohr, Ba.<t etr 6 7 10
_g. Confektions- unü Modewaaren IS 13 S7
XV. Tliiere und Ihierische Stoffe:
a. Thiere IS 12 15
b. Tbieriwhe Stoffe S4 25 26
XVI. Thonwaaren 7 9 10
Xm Versehiedeae Waaron _ ^ _
Total 436 493 7^'
Im Ansfuhrtarif sind drei Hauptrubriken unterschieden:
L Thiere 9 9 ~
n. Holz 3 3 —
HL Andere Waaren 7 7 —
Total 19 19 —
Die AiiM lirril.mit,' für die Aus!fuhr-t.iii>tik dagegen hat naeh den nfimlicben Grand-
.aätzen au tjesclielien \\ i.> für die Einfuhrstatistik.
Anläßlich der Katitikatiou der löö6 erfolgten VertragsabMchlUihie mitDcut^icb-
iand und Oesterreich erließ die BandeeveEeammlung im Einblick anf die bevor-
«tehende Ernenening der anf 1. Bebrnar 1892 ablnofenden Tarifrertt^g» an den
Bnndearath die Einladung, reohtzeitig eine Bevieion dee ZoUtarijb ansvbahnen und
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ZoUweseD
— 442
ZollweeeA
über dieselbe Bericht and Antrag Torzolegen. Die Bundesvemmmlimg war anf
Grund der bei den letzten Vertrugsabschliisaen prf^macbteii Krfahrnngen zur üt^ber-
zcngung gelangt, daß die Tarifgesetze vun 1884 and lbÖ7 noch keine hinreichende
Ba«i8 tur künftige Vertragjiunterbandlungen bilden
Der BandiMratb hftt mit eeiner Vorlage vom 3. Mai 1890 den TerMluedeiieii.
in Betraeht faUendeo Faktoren ntSglioliat gerecht n werden getraehtet, ohne noh
von der ausgeaprochenen Schutzzoll pulitik gewisser Interessentenkreise allzusehr
beeinflussen zu lassf^n. Immerhin glaubte er anch. anf die Rinnahmen des Bundes
Rücksicht nehmen zu tiolien, und dies hat ihn dann bewogeu, auch flir verschiedene
Vcrraucheartikel mSßige Erhöhungen in den Entwurf aufzunehmen. Der National-
ratb, weUdier den Entwarf in der Juni- und anfierordentlieken Herbataemdon 1890
durchberathen, hat sich im Allgemeinen dem vom Enndesrnthe eingeschlagenen
MittelwejTf nnpe-( hlo!-si n, il.iffefyen he'i einer Anzahl von erhöhten Ansätzen auf
gewissen KunKumatiünsartikrln Kniiiißigung anf den hisherigen Ansatz eintreten
lassen, während hiuwitjder bei audern, namentlich Konfektiom>artikeln, nicht un-
wesentliche ErbShnngen, gegenüber den Aitträgeo d|^ Bondearatheat beaohlonen
wurden. Der Entwurf harrt nun nooh der Berathang durch den Stitndetatib^
welche voraussichtlich in der Dezembersession 1890 statttinden wird.
Hendent sind ferner die bunde^räthlichen Vorlagen Uber Ntuorrjanisation der
Oberzolldirektion (Botschaft vom 23. Sept. 18U0) und die Revision des Zoll-
geaetzea von 1851.
Die HandelaTortrKge.
Beeondem Einfluß anf daa Zollwesen der Schweis ttben bloß diejenigen
Handelavertrfige mit ausländischen Staaten ana, welche Von den allgemeinen Ge-
aetaesvorschriften abweichende Bestimmungen enthnltpn.
Es betrifft dieß vor allem die Tarifverträf^. . durch welche geguustiitige Zoll-
ermäitigung auf den Genoraltarifen zugestanden wird, sodann überhaupt diejenigen
VwtrKge mit angrenz«idon Staaten, welche beaondere Yminbamngen in dieser
oder jener Hinsicht enthalten. Tarifverträge beatohen gegenwärtig mit Frankreich
(18M2), Spanien (IKM3), Deutschland, Zusatzvertrag (1888), Oesterreich-Unparn
(IHSH') nnd Italien (ItibU). Der wichtigste aller Verträge iat derjenige mit
Frankreich.
a. Der HandeUvertrag mit I^nhreiäk, Einen weaentliohen Umaehwaiv
in den Handela« nnd ZollTerhSltniasen d«r Sehweiz hatte der Abaohluft eine»
Handelavertragee mit Frankreioh 1864 cnr Folge.
Nachdem zuerst unter der Republik, nachher unter dem Kaiaerreioh nnd
spSter unter der Ri'-t nnatiüM das luitzzoll- und Prohibitivsystem 7n immer
größerer Entwicklung gelangte nnd dcllhalh schwrizeriseherseits .die Frage der
Ergreifung von KetorsioiiHmaßnuhmeu ernsthaft in Erwägung gezogen worden
war, nachdem selbst nnter der Begierang Lonis Philipps nnr einige wenige
Transiterleichterungcn erhältlich waren, während der franz^aiaehe Markt den
Schweizerprodiiktcn hcinahe vrrschlossen blii'b. hat (Midlich da> neue franzÖsiaiÜlA
Kaiserreich einer freisinnigen Handelspolitik in Frankreich Bahn gebrochen.
Ihr verdanken wir auch den Abschluß eines Handelsvertrages, der, unge-
achtet der ti^ eingreifenden Forderungen FraniureichSf den achw^Mriaehen Pro-
dukten den franaOaiBohen Harkt geöffnet hat.
Dieaer Vertrag hatte die gegenseitige Bindung einer großen Zahl TOik
Tarifpositiouen, sowie die Zollermäßigong avf einer Reihe von Artikeln znr
Folge, nachdem die aohweizehscheraeita proponirte Znaicherang gegenseitiger Be-
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Zollw«fl«n
— 448 —
ZollweMü
hMidliuig anf dem Fnfie der ftm meuten begttnstigtoQ Nation von Frankreich
abgelehnt worden war.
Durch diesen Vertrag wurden nänilifh fiiin/nsi^rherüeit», gegenüber der
Schweiz, alle Aus- und Einfuhrverbutu aufgehubtio und d^r Mitgenuß au den
England, Belgien, Freußeu und Italien gewährten Zollerleichteruugeu zugesichert ^
•ohwttserifloberteits. neben beaondern ErmXfiigiuigen anf den Kin« and Aosftihr-
wUaneiätzen, Frankreich der Hitgeonß an den a. Z. Belgien eingerftnmten Ein-
ftlhrzolleniiäßigunp^cn zn^restandm.
Mit He/,ug auf die französitchu Lunäschnff (rf.c, welolie intVilge der Ver-
tiiguugeu doa Wiener Kongreti»'''a vou 1815, mit Kucktiicht aut ihre gcugraplusche
Lage und ihre VeThJUtmiwe aar Sehweis in die Doaanenlinie Fndkreieh« niobt
eingeachlofleen wnrde und daher eine Art zollfreie Zone bildete, fand, in [Er-
weiterung einer frühern im Jahre 1853 abgeschlossenen üebereinkunft, eine be-
»ondere Vereinharnnjc: statt, in welcher die Schweiz, in besonderer Berlh ksichti-
gung der Lokalbcdürtuibfie Genfs, für eine £eihe von Artikeln, wie landwirth-
ecbaftliche Froduktei Banmaterial, M»wie femer für gewiase Fabrikate und Halb*
fabrikate Zollbefimnng oder ZoUermSfiignng eingerSnmt bat.
Ett fehlte damulü nicht an Stimmen, welche daa Beetreben, in ein Vertrage*
verbältnii' zu dem mHcbtigen Nachbarstaat© zu treten, verurtheilteii, im \'f'rtr:uien
Hilf die eiL,'eiie Knift, weiche, allen HinderDi«8eu zom Trotze, büther unaere LnduHtrie
zu einer gruLicn Bluthe gelangen ließ.
Dem gegenttber mn£te einlenohUm, daß dnroh die HandelsTertiiLge, weldie
Frankreich bereit» mit England, Belgien, Italien und mit dem deutschen Zoll-
verein abgeschloHHen, die Bedingungen der Konkurrenzfähigkeit auf den innerhalb
dieser Liga liegenden Märkten eine auüeruril''iitlic}ie Veriinderung erfaliren hatten.
Allerdings wareu die Yertragsfundamcuiti ungleich; auf der einen — der
achweueriechea Seite — ein Xnßerst liberaler, anf dm I^nsiinM dea Freihandel»
bemhender Zolltarif^ anf Seite Frankreieba dagegen, trots «einer enteobiedenen
So hwenkung zu freisinnigem Anschauungen, prohibitive Schutzzölle.
Diese Situation war von vornherein eine für die schweizerischen Interessen
äußerst fat4tle und hat Frankreich ermuntert, von der Schweiz Konzessionen an
▼wlangen, die ganz anf andern GeMeten lagen, resp. mit den Ausatxen des
Zolltarifii wenig oder gar nicht» tu thnn hatten. Alterdinge vnrde der franaOeiaoh»
Markt verschiedenen schweizerischen Industrien geüiTuet, so namentlich der S^MI*^
branche, der Uhrenindustrie. Stickerei, Bijouterie, dann ferner der Str^diwaaren-
manufakttir, Gerbej'ei, Papierfabrikalion. Schuhwaaren, Kaiitschukgewebe, cheniiseliö
Produkte, umtheuiati»che iuhtrumente, iiuch- und Kuusthandel, landwirthschaitiiche
Produkte n. s. w.
Dagegen hatte aber die Schweiz neben einer Reihe von Zollermäßigungen
und den besondern Erleichterungen für die Waareneinfuhr aus dem Pays de Gex^
das Hecht der Niederlassung frnnzösiKcher Israeliten (ini Xiederlassuugsvertrage),
ferner gewisse Zugeständnisse hinsichtlich des kautuualun Ohmgeldbezuges, des
Sdintaes des litterarisohen, kflnstlerkohen und gewerblioben Eigwtbn»» einau*
rinmen, wovon namentlich letalere au ernsthaften £r5rterungen in Betreff dev
Eingriffes in die Kantonalsouver&netfit geführt haben.
Der Tarif für die Einfuhr nach der Schweiz zeigte aber in der Folge den
sehr großen Uebektand, daß die Schweiz für alle Waaren ohne Ausnahme ge-
bunden war, was dieselbe verhinderte, sich Einnahmen selbst auf solchen Artikeln
an veieobaffen, welche Frankreich in keiner Weise intwcMirten und daß er somit
jede Aktionafrrihttt fUr Unterhandlungen mit andern H&chlen hemmte.
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ZoUwesen
— 444 —
ZoUweaen
£iiie Bevisiaii d«r Twrtrlg« tod ld64 enoMm dilMir naeh den genAohten
Erfahrungen sowohl im Interesse der eidgeniinsischen FinanMUi wie in demjeiiigen
unseres Exporthandels unerläßlich, und im .T ihre IR81 begannen die vorbereitenden
Uaterbandlangen fUr einen neuen VertrugsubhichluU.
Ale ünterhandlnngsbaäis schweizerischerseits diente der Zolltarif vom 28.
Jnni 1878 (1. Lesung), franaOeiaohecieits der am 7. Mai 1881 promnlgirte
Generaltarif. Beide Tarife wurden indeeeen im Laufe der Yerhandlongen in einer
Afizahl we.sentlichiM- Positionen anf die Ansätze von 1864 zurückgedrängt. Die
S Ii i'iz vcrlimgti- vor iilleiii Tariffreiheit fiir alle Artikel, wcIcIk; für den üandel
raukreichti mit der Schweiz von keinem besondern IntereuMe sind und en gelang
■aveh, ebe bedeutende Aniahl, sowohl in yolkswiitheehaftlieher, als in fiskaliselier
Hinsicht wichtiger Artikel Ton der Bindung auszunehmen. Für andere Artikel
(Wi'iii, Alkohol, Kisenwaaren, Leder und Lederwaaren, Wollgarne, Wollgewebe etc.,
Töpferwaaren) war die Streichung ans >l.'ai Konventionaltarif nicht erreichbar;
•dagegen konnte für dieselben eine Zollorhobung and zugleich sachgemäßere Tarifi-
mng ausgewirkt werden.
Die yertiagacliließenden Theile kameii im Weitem dahin fiberein, daß die
VertragHbestimmungen auf solche Waaren, welche in dem einen oder dem andern
-der beiden Länder den Gegenstand von Staatamonopolen bilden oder bilden
würden, keine Anwendung zu finden haben.
KonvetUion, betreffend die Zollverhälinisse ewischcn Genf und Ilochsavoym.
In BertteksiehtigvDg der bei den ZollBtSttra des ehemaligen Herzogthame Sa^
voyen und der Provinzen Chablais, Genevois und Pancigny gewährleisteten, noU-
freien Ausfuhr von Lebensmitteln und VerbrAiicli<<rr'pcnsf ^inilcn. für die Vt r>orgting
der Ötjuit nrtd des Kantons Genf bestimmt, hatte sieh die EidgeuossensL-liaft im
Handels vertrag von mit Sardinien (Art. IV) verpflichtet, eine Heihe von
im Harktverkehr eingehenden Enengnissen, sowie Ton Wein, zollfrei eimsalaesea,
lint«:r Beschrünknng immerhin auf gewisse HaximalqoailtitKten.
Bei den 1860 erfolgten Gebietsabtretungen Italiens an Frankreich blieben
diese Erleichterungen unbeanstandet, wurden jedoch er<t durch Abschluß einer
Konvention zwischen der Schweiz und Frankreich vom 14. Juni 1881 vertrag-
lieh neu geregelt. Diesdbe gewShrt sohweisensohenrnts folgende Erleiehlerangen:
1) Zollfreie Einfahr in den Kanton Genf von 10,000 Hektoliter Wein.
2) Zollfreie fiininhr im Marktverkehr einer Reibe landwirthschaftlicher
Erzeugnixsf» nnter ^^ewissen BcHchränkim|r<»n, ferner von GerberrindOi
Brennholz, Bausteinen, Dachziegeln, Kalk und Gyps u, s. w.
3) Zollermäßigung (auf ' .») für 2äO q Sohl- und 100 q Schmalleder.
4) Zollfreie Aosfiibr ans dem Kanton Genf, in die Zone von jShrlioh 600
rohen Ilänten nnd 6O0O rohen Fellen
Fninkreirfi dnire?«?" verpflichtet sich u. A., kein Ausfuhrverbot fttr die fSr
den Markt verkrhr von (ienf bestimmten Leliensmitf e! zu erlassen.
b. Der Handels vertrm/ mit Spanten vom 14. iliirz 18H8 ist insofern be-
sonders bemerkenswertik, als dnroh den dem Vertrag beigeHlgten Tirif einige
triehtige sohweicerisohe Export produkte, welche bisher im spanischen Zolltarif
nicht besonders aufgeführt und daher der Gefahr arbiträrer Taxirung ausge^setzt
waren, n'inmehr dem offiziellen T.irif einverlfibt werden konnten. Die schweize-
rischer.ieit.-i eingeräumten Gegenkonzessionen betreifen inabesondere Olivenöl. Kork-
waaren nnd Südfrüchte.
c. Die Verträfe mü dem deutsehen Reieke. Der Vertrag mit Deatsoblaiid
yon 1881, eine Ernenerong desjenigen von 1869 mit dem dentscheo Zoll« nnd
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Zollwesea
— 446 —
Zollwesea
Handelsverein, ist ein MeiätbegUabtiguugsvertrag, io welchem überdies eine Reihe
▼DU Specialbestimiiiiingeii ttb«r die gegenseitigen HAndelsbexiehnngen niedergelegt
sind. Bemerkens Werth vor Allem sind diejenigen, betreffend den VeredlnngeTerkehr,
Artikel 6, dessen Worllaat seiner Bedentong wegen hi^r in ezteneo wieder*
gegeben wird:
Zur Regelung des Verkehrs zum Zwecke der Veredlung von Waaren 7mis< ht^n
den Gebieten der vertragschließenden Theile wird festgeselil, doii bei ikr Rückkehr
ans dem Veredlungslande von Eingangsabgaben befreit bleiben:
o. Gewebe und Garne, weiche zum Waschen, Bleichen, ') Färben, Walken, Appre-
iiren, Bedrucken und Sticken, sowie Game, welche zum Stricken,
' Gc.^piniiste lein^chließlich <ier ertorderlldien Zutbeteo), welcbe ZOT Heisldlung
von Spitzen und Posamentirwaaren,
c Garne in geseheerten (auch geechlicfateten) Ketten nebst dem erfordo^cben Sehnfr»
frain. ucli-hc zur Ht.-rsielluiis von Gewebeni
«L Seide, welcbe zum Färben, ")
e. H&Qte und Felle, wdehe zur Leder- und Pelzwericbereitung,
f. Gegensfin'it'. welche zum Lackiren, Potiren und Banalen in das andere Gebiet
ausgeführt worden sind;
ff. sonstige zor Ausbesserung, Bearbeitung od<H' Veredlung bestimmte. In das andere
Gebiet gebrachte und nach Erreichung jenes Zweckes unter Beobachtung der
deßhalb getroffenen besondem Vorschriften zunIckgefCthrte Gegenstände, wenn
die we!?entlichc Beschaffenheit und die Benennung dccsetben unverändert bleibt^
und zwar in allen diesen Frillen, sofern die Identität der aQ8> und wieder etngefüfartra
Waaren und Gegenstände außer Zweifel ist.
Außerdem kann bei Garnen und Geweben die Zollfreiheit von dem Nachweis der
einhcifnischen Erieugung der zur Veredlung ausgeCOhrten Waaren abhSngig graiacbt
wcrdfcu.
i\usgangsabgaben dürfen von Waaren, welche nach erfolgter Vtfedlnng in das
Versen diingssl and zurückgeführt werden, nicht erhoben werden.
Der Vertrag (Anlage A) etipnlirt im Weitern gegenseitige ZoIIbefreinng
für eine gröikre Zahl von Bohprodukten, Abfällen, Dünger cto., sodann für
Knnstsaoben zu 5ffeatlieli«i Zweeken« Handebmuster, ITebeededlnngs-, Erbeobafts*
nnd AuBsteuergegenstfinde, fiir Beiseeffekten; ittr Fahrteoge ond Bespannungen,
welche bloß vorübergehend eingebracht weiden n. s. w.
Anlage B endlich enthält bindere Bestimmungen über den grenzuacb-
barlicben Verkehr und daherige vormerkliche Behandlung der in Betraoht fallen-
den Gegenstände.
Dnrch die mit I. Jnli 1885 eingetretenen ZoUerhöhangen Deutächlauds
wnide der sobweiaerisebe Export, namentlieh für übren, Seidengewebe^ Baum-
wollzwim, Stickereien, Holz und Vieli derart beeinträchtigt, daß die Schweiz
sich genöthigt sah, mit der deutschen Kegierung über eine j^p'j'eTiHeitige Ver-
ständigung Unterhandlungen anzuknüpfen, welche nach längerer üntt'rhrec liung
und nachdem durch die schweizerische 2k>lltariiiiüvelle vom 17. Dezember lö87
eine für die sehweizerieeben Interesaeii günstigem Basis gewonnen war, am 11..
November 1888 durch Vereinbarung eines ZosatsTertrages zum Vertrage Toik
1881 ihren Absoliliiß fanrlen.
Den Hau;itbestan(itbeil dieses Zusatzvertrages bilden rlie luiilerseiti<:en Ver-
tragstarite. Deutscherseita sind Reduktionen eingeräumt fUr baumwollene Stickereien,.
Bohseidenzwim, Seidenwaaren und Benteltuch, gewabtes Gold nnd insbesondere
fttr Tasebennhren; eohweizeriseberseits für Fortlandoement, Kaffeesnrrogate, Bier^
Fttpierwisdte, BaumwoUaammet, elastisobe Gewebe, feine Streb», Rohr- nnd Bast^
^) Zusatzvertrag von 1889: Zwirnen.
*) und Umfärben.
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ZoUweseu
ZoUwesea
waaren, baumwollone uad seidene Konfektion, Lampen, nebst einigen Bindungen
iMstehender AnsKtse.
d. Der Vertroff mit OeHterreich-JJngam. Der am 23. November er-
folgte neue VertragfiabsichlnW mit Üesterreicb-Unj^arn, an Stt^He de« Meistbegiinsti-
gtingsvertrageH vom 14. Juli 1HG8 war aus ähnlichen Motiven geboten, wie sio
oben mit Bezug uuf den gcUweizeriacb-deutscheu Zusatzvertrag kurz skizzirt ttind;
w^n der ZallerhOhimgen OeeterreicbSi wetebe nameDtlioh mit dem Dahin&Ueii
des UeterreiohiBoh-itelienischen HandelsTertoages und der daherigea aach vx)n der
Schweiz mitgeno8»enen Zollvergünstigungen (Kä«e, Seidengewebe et«.) fttr deo
.«chweizerischen Export gefährdend zu werden drohten.
Neben verschiedenen Erleichterungen, betreffend den grenznachbarlichen
Terkehr (Zollbefreiung fttr Arbeitsrieh a* «. w.) eiad beeundera erwtthnenawertb
die YertragBbestimmnDgen betreffend:
1) Zollfreiheit im Reparaturverkehr, welche swiseheil der Sebweis ond
Ot'Htt'n-cich }iisb«>r iiipht hrstanden hatte ;
2) Den zuiifreien Stiukereiverlichr zwj-clicii der Schweiz einerseits und Vor-
arlberg und Liechtenstein anderseits (Art. 4) au Stelle Am» bezüglichen
bloßen Yermerke im SoblnCprotokoll dee frUbem Vertrages. Unter diesen
Yerkt lir fallt jedoob lediglich die im Vorarlberg and dooi FttnitoDtbnm
T.icchtenKteiu selbst veredelte Waare.
In Betreff den Tarife mi(\ von Hi-iti u Oestt»rreirhs Ermüßi^iitr' ii zugestanden
für Chocolade. condeusirte Milch, iviudiimehl, Baumwollgarne und -Grewebe,
Stiokereien, gefärbte Seide, Benteitaoh, Seidenatoffe und BKnder, fHr gewiaae
Uaachinen u. s. w.; von Seiten der Beb weis für Mineralwaaaer, SptegelglaM,
fiaa* und Nutzholz (eichenes ausgenommen), vorgearlxiitete llolzwaaren, sogenannte
Wienermolif;!, {»•♦'wisse Papiere, S«-i'li nkr>nfektion, g-arnirt«* HtTronhUte, Pelzwerk
und gewisse Stofischuhe, ferner tiir Vieh, frisches Fleisch und Butter, eingemachte
Früchte, Matz, Bier, ^ehl etc., neben einw Ansah 1 Ton Bindungen beatebender
AnaKtxe.
Von den Hund(!l.serleicht(*ruii<r( ii der Grenzgebiete ist iiucli besondere nennena-
werth nw /•dlfrmaloiLrnng laiit" Fr. I .'>' fiir jährlich .Meterzentner grobe
Tyroler Strumpfwaaren aus dmi PatznauiuT- uiid »Stauser-Thal,
e. Der Vertrag mit Jtalitn. l.>it; iitiudclsbeziehungeu zwischen der Schweiz
nnd Italien waren bis snm 1. Mltn 1868 dnroh den am 32. Mirs 1883 ab-
geschlossenen Vertrag and durch ein Naebtragaprotokoll an demselben geregelt.
Die Uebcreinkunft enthirlt neben den textuellen Bestimmungen einen iillerding^
nicht sehr umfangreichen Konventionaltarif unter gleichzeitiger Zusicheriiiii; dt r
Meistbegünstigung. Vom 1. Marz IbSö hinweg behandelten sich beide Staaten,
infolge eines daberigen Notenaostaasebes, auf dem Fnfie der meistbegünstigten
Nation, nachdem vorber aogekiitpfite Verhaadlangen Uber Absohlnli eines neuen
Vertrages infolge der gleichzeitigen erfolglosen Unterhandlungen Italiens mit
Frankreich, welchr- bekanntlich den franzitüfioh-italieoiaGben Zollkrieg veranlagten,
gescheitert waren.
Am 23. Januar 1889 endlich kam dann ein neuer Vertrag zu Stande,
weleber beidseitig, namentlich infolge des Nichtinstandekommens eines italieniseb*
französischen Vortrages ziemlich weitgebende Konventionaltarife mit Ermäßigungen
n-d Bindungen enthält. Krmäßiiiiinf^f'u wurden eingeräumt von Italien für:
Kmderriit'lil, ('hokolade, Baumwoilzwiin, Haumwollge^chp nnd -Stickereien, baum-
wulleuv; Konfektion, FWr.r, Kupferstiche, Litho^rapliieu etc., Transmissionsriemen,
Dynamo-Maaobincn, kupr^rne aod andere A.pparate, Kardengamitnren, Eisenbahn-
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Zollwcsen
— 447 —
Zolhvesea
-wagca, gewmlstM Gold nnd ffilber, Bijoatorteiii UmikdoMii, UlmiifoiiTmliiien,
Kilehextrakt, E8«e, eUstiMhe Gewebe und Bfoder; von der Sehweiz Ar: Sttß-
holzsaft, BuEuaKÖl, Marmor, Eier, Geflügel, NViirstwaaren, Tafeltrauben, Orangen
und Zitronen, Kds, Tt>igwaaren, Wermutii, Otiveottl, gtttwimte Seide nnd Flovet*
aeide, Strubhüle und Pferdebaare.
Italien übernimmt auch die Verpflichtung der zollfreien ZulaosuDg (admissiou
temporeare) von rohen acliweiseriiiolien Benmwolltttehem, welche in Italien be-
druckt und wieder aungefUhrt werden sollen.
lu besonderm I'rotukall ist man sodauii lieidseitig übereingekommen, daß
späteKtens drei Monatt^ narii Aiistaxwch dv.r liiitilikationsurkmi'lfn wt'itere Unter-
handlungen über die Frageu beti*6irend den Grenzverkehr und den Schmuggel
eröffnet werden mllten. Die Delegiiten beider Staaten und dann aaoh b dw Folge
■MO. Bern snsamniengetreten; allein die ünterhandlongen gelangten nicht zum Ziele,
da die Schweiz der Forderang Itatiena auf Eingehung eines 2jollkartells nicht
folge leisten konnte.
8peaiai Verträge mit angrenzenden Staaten,
a. Deutsches lieich.
1) Uebereinkunft mit Ikidt n vom '21. Juli 1852 über gegenseitige ZoU-
freiheit auf kurzen Verbinduugdätreckeu u. ». w.
2) üebereinkunft mit Baden vom 12. Jnli 18Ö9, betre£Pend die sollamtliche
Abfertigung anf dem Bahnhofe zu Waldahnt.
3) üebereinkunft vom 24. September 1862 zum Vollzug und in Erweite*
rung de« Artikeln 10, des Vertrages vom 27. Juli mit Baden Ubt-r
die Weiterluhrung der badischen £i«enbahD durch da» schweizerische
Gebiet.
a) In Besng auf die ZoUabfSBrügnngsetellen anf den ifolinhdfen Sobatf-
hanseu nnd Thayngen ;
b) In Bezug auf die schw'piOTrische Z«dlstätio mif der Station Erzingf"n,
4) üebereinkunft mit Baden vom 27, Miirz 1S();5, iutretli nd Regelung der
ZoUverhältuisse auf der Wie^enthalbabu /wüschen Basel und der badisehen
Ghrenze.
6) Üebereinkunft mit Baden vom .'». Si ptetnbor l.si;4, betreffend die Auf»,
hebnn<r dfr Brückengelder auf den Brücken bei Säckingen und Laufenburg.
t>) üehereinkunlt mit Baden vom 7. Juli 1870, betretfend Erstellung einer
zulliimtlichen Niuderiage auf dem badischeu Bahnhufe zu Basel, mit VoU-
zugsbestimmncgen vom 8. Febroar 1876.
7) Ueberetnkttull mit dem Dentschen Reiche vom 7. August 1673, betreffend
die Errichtung einer deutschen Zollabfertigangastelle am B^nhofe der
Zentralhahn in Ba^el, mit Nachtrag vom 23. Oktober 1876.
%) Verein [jnning vom 19. Februar !8h4 über die Zollabfertigung im budischen
Bahniiote in Basel und regulativ betreöend die Zollbehandlung von Wagen
einheitlicher Ladung bei der schwdierischen SSoUst&tte im badischen
Hangirbahnhofe daselbst.
b. Frankreich.
1) Üebereinkunft vom 10. August 1877, bctrett'end die Kontrolirnng des
Verkehrs mit Getränken zwischen der Schweiz und Frankreich, mit Zu-
11. September
satserklämng wm v,-—- r- 1Ö63 und NachtrSgen von 1884, 1885,
Itf. .^ovemoer
1887 und 1889.
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ZoUwcsen
— 448 —
2) EottVttntion vom 14. Jaai 1864 tber die ZollTerhSltaiMe zwisehen dmn
Elanton Genf nnd der fMen Zone von Hoohmyojen («. auch oben unter
AbBohnitt HandolsyertTäge.
c. Oesterreidi' Ungarn.
Uebereinknnft vom 2. Augast 1872, betreffend den Zolldienst auf den
EiaenbehnstetioiMa Boohs und St. Margrethen.
d. Italien.
ü»'^*•rf■ink^Tlft vom i'j. Dezember 18'-' 2, betreffend den ZoUdienst auf de&
internationalen Babiiliülea Chiasso und Luiuo.
Erlasee seit 18 7 4.
Unter den von 1874 — 1890 erschienenen Erlaseen, das Zollweeen betreffend^
sind zu erwähnen:
1) Bandeanthebeaohlaß betreffend die Zellvergiinstigung für die diplona»
tisoben Yertreter dea Anelendes bei der sebweiMrieehen EidgenosMDiebaft» vom
36. April 1875.
2) Bunde^rathnbe-Hcliluß betrefTend die StrafkottpetemE der Zolldizektionea
bei Zollilbertretungen, vom 16. April 1877.
A) BttndesbeHchlaß, betreffend ausnahmsweise Anwendung des neuen Zoli-
«anfr, ▼om 28, Jnni 1878.
4) Inetmktioo fttr die ObersoUdirelction vom 18. April 1879.
5) BnndesgesetB betreffend ErbShaog dee Eingangsiolles anf einsdnen Waareo-
gatt II Ilgen (Tabak und Branntwein), Tom 20. Juni 1879 nebet sudienendemi
Bandesbescbluß gleichen Datums.
G) BnndeürathsbeHchluß betreffend die soUfreie Bttokkehr von Sohweiser-
waaren, vom 27. April 1880.
7) Bundesbeschluß betreffend den EiickzoU auf Tabak (Ablehnung), vom 25.
Jnni 1881.
8) YoUaeliuigsrerordnung sum Zollgeioti yom 18. Oktobor 1881.
9) Bnnde8l)e80hlii6 betreffend die in Folge dee neuen HandeleTertrageH mit
Frankreioh proviiorieeb ein^tenden Ab&ndemngeu dee Zolltarifs, Tom 30. Juni
1882.
10) Bundesgesetz betreffend einen neuen schweizerischen Zolltarif, vom 26»
Juni 1884.
11) ßundearathsbescliluß betret^od die Beitittmang des Begriffes «Grens-
▼erkehr" mit Besug anf die Waarenetatistik, vom 20. Februar 1885.
12} Beyidirte Yerordnnng betreffend die Waarenstatistik, yom 13. November
1885 (an Stelle deijenigen vom 10. Oktober 1884).
13) Bnndeigeeetz, betrenvud die Organisation der Bureaa-Abtheilung für
Handelsstatistik, vom 22. Dczt niber 1886.
14) Bundesgesetz vom 17. I)>-zeniher 1887, betreffend Abänderung dee-
ZolltarifgeHetze» vom 2*'). .Tmii 1>^H4 <Nr. 10 hievor).
1.5) "Verordnung betrctlV^nd di<^ Ft-ntsetzung der Provision für deu Zoll-
bezug auf Postsendungen und die Bezugs bereohtigung für diese Provision, vom
5. Januar 1888.
16) Bnndesbeaehlnß betreffend GewShmng eines Blicluolles auf Zuoker beim
Export von kondeneirter Hilch, vom 27. Juni 1889, nnd VoUmehungaverordJianip
an demselben vom 28. Desember gleichen Jahres.
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Zollwesen
— 449 —
ZoUweeen
17) Bandesrathsbeschliiüse betreffend Abänderongen der VoUziehangsTerord-
nong znm Zollgesete (vom 18. OktoW 1881):
vom 24. November 1882 (Art. 45), vom 12, Juli 1889 (Art. 43),
, 17. , 1883 (Art 96), ^ 10. Jaaiur 1890 (Art. 43),
, 25. Jainiw 1887 (Art. 6). . 7. UXn 1890 (Art 119).
, 30. April 1888 (Art. 43)»
AnmerTcuixg. Niehl aufgezählt sind die Gesetze und Verordnungen über Alkohnl-
wesen, Yiehseuchenpolizei, Reblaus, Jagd- und Vogelschutz, Fischerei, Maaß und Gewicht.
Ztodhatoeben etc., mit deren theilw^r Volliiehnng die Zollverwaltung beanftragl ist
Das Zollweeen im Jahre 1890.
OrganUaUon.
Die leitenden Behörden älnd. i H r Bandesrath, b. das Zolldepartement,
c. die Oberzülldirektion, mit Amt >-r/ m Bern; d. die Direktionen der 6 Zoll-
gebiete (Direktioussitze : Basel, iischailbausen, Chor, Lugano, Laosaone, Genf).
Die Zollabfertigung besorgen:
Im I. Zollgebiet: 61 Zollatätten, wovon 13 HaaptiolktKtten, 6 Nieder-
lagehänser und 43 NebenzoUntätten. Hauptzollstätten: Goumois, Pruntrat, BoB>
court, Basel, S. C. B., Pet. Vit., G. V. und Wolf, Basel, bad. Bahnhof (Haupt-
babnhof und Rangirbahnhof), LisbUchel, Riehen, Rheinfelden, Laafenbnrg, WaldR
hut. Niederlagsbäuser : Basel S. C. B., Aaran, Lenzburg (für Malagaweine und
Cognac), Luzern (fUr Weine)« Artb-Goldan (fttr Pelrol). NebenioUatStten : Bian-
fond, La BouSge, La Goole, Glairbii, Chaufonr, La Hotte, Conrtemaielie, Breasan-
court, Damvant, Recl^re, Grandfontaine, Fahy, Lugnez, Beumev^sin, Bonfol,
Miecuort, Charmoille, Jiiicello, RoL^L'<-nburg, Eleinliitzcl, Burg, Rodersdorf, Flühen,
Beuken, Schonenbuch, Allsrlnwl, Burgfelden, BuhcI Kbeinzoll, Wj^f»n brücke,
Kleinhliningen, Bettingeu, üoru, KaiiteraugKt, Wallbacb, Mampf, Säckinger brücke,
Gtzgen, Klemme, Jilppen, KoUena, Zortadi-BarB nnd -Burg, KaiaentnU.
Im II. Zollgebiet: 46 ZolUtätten, wovon 8 HauptzollstätteOf 1 KieckrlagS'
hans, 'M Nebenzolktätten. Hiuipfzollstätten : Erzingen, Schaffhausen Bühnhof *),
8chatfb:iusen Khein. Thayngen Bahnhof, Singen, Stein a. Rh., Constanv:, ßomans-
horn Xicdcrlag^huus: Zürich. Nebenzollstätton: Wildlingen, Unterhallau, Schleit-
heim Beggingen, Waaterkingen, Httntwangen, Bnchenloo, Wyl, Rafz, Bfidlingen,
Bheinan, Dorstgraben, Bargen, Herishaiiaen, DBrflingen, DieAenbofen, Thajmgen
Dorf, Altdort, Hofen, Buch, Rielasingeu, Ramsen, Hemishofen, Mammem, Steck'
bom, Berlingen, Mannenbach, Erinatingen, Gottliebcn, Tägerweilen, Ülmmishofen
Kreuzlingeu, Aitnau, Ke£weil, Uttweil, Arbun, üom.
Im m. Zollgebiet: 33 ZolbtStten, wovon 8 Hanptiollstätten, 1 Nieder-
lagehana, 24 Nebemollatittten. HaaptsoUetStten : Roreehach*), St. Margrethen Bahn-
hof, Monstein-Au, Buchs Bahnhof *), Martinsbruck, Campocologno, Gaetaeegna,
SplUgen. Niederlagshan^ : St. Gallen. Nebenzollstätten : Staad, St. Margarethen-
Straße, Hhpiinpck, Au-Oberfahr, Schmitter, Ki iesern, Moutlingen, Oberried, Büchel,
Uuug, Bucha Straße, Sevelen, TrUbbach, Luziens^eig, St. Antonien, Compatsch,
Hanaa, Uanster, Sta Maria, Cierfe, Zemetz, Scanft, Pnschlav, Madria..
Im IV. Zollgebiet: 40 Zollatätten, wovon 6 Haiiptzollstätten, 34 Neben-
zollstätten. Hauptzollstätten : Lugano, ') Fornasette, Chia«B0 Bahnhof, Chia.*iso Straße'),
T/<>carno, ') F.nino. Nebf^nzollstütten : Scareglia, Gandria, Arogno, Morcote, Büro,
Figino, Termini, Astiiiio, Poute-Cremeuaga, Puute-Tresa, CaHlano, Scudeilatc, (Jabbio,
San Simone, Seeeglio, Novassano, Brnsata, Stabio, Ligornctto, San Pietro, Beeazio,
') Zugleich Niederlagshaus. *) Zugleich Gelreideniederlage.
Farrer, VollwwirtlucbftfU-LeiLjkua der Scbweiz. 29
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Zollvveseu — 4öU — .Zollwesen
Anot AscoDft, Briflsago, Ihdoims di Pmite, I^inelU, Magadioo, Indemini, San
Antonio, Bedretto, Comologno, CnmedOf Maoeagno^ Pino.
Im V. Zollgebiet: 3l Zolltit.Htten, wovon 10 iluuptzollstätten, 1 Nieder-
lagHhauA, 20 Neb«nzo!lstättßn. Hauptzollstätten: Vevey, *} Otiohy, Morj^es, 'i
Nyon, Vallorbös Bahnhof, Vallorbea Straß«, Verri^res B.ilinhof, Meudun, Koolo,
Col des Roches Straße. Niederlagnbaus : Lausanne. Neböuzollätütten : Villtiiieuve,
Vernezt Cnlly, Bolle, *} Chavnanes, Cramder, La Bippe, La Gore, BnuiMia,
Charbonnieres, L'Auberaon, Lea Bochetten, Loh Places, La Etonde, L'Rcrenaz, Gol
dea Roche» Station, Cernenx-P^quignot, Les Brenets, Siut du Doub.s. La Ra.^se.
Im VL Zollgebiet : 50 Zollntätten, wovon 11 Hauptzollstätten, 2 Nieder-
lagühäuäer, 37 NubtinzoILitätten. iiauptzollotätten : Gondo, Bouveret, St. Gingolph
- Genf See, G^nf Bahnhof, Petita Vttesiie und Grande VitessOt Genf Bahnhof Eanx-
Viyes, lioiUeaalax, Perly, Meyrtn Straße, Sacconnez. NiederlagahKaser : Grenf
Rive et Genf Cornavin. Nebenzollstätten : Ulrichen, Binnen, Saas. Zermatt, Bourg
St. Pierre, Praz-de-Fort, Forclaz, Chätelard, Champ^ry, Morgins, Hermance, Versoix,
Chcne, Mon ldee, Coraier, Gy, Moniaz, Cara, Thunex, Veyrier, Troinex, Croix
de RozoD, Bardonnex» Soral, S&ieguiu, Dardagny, Malval, Gboully, Bourdigny,
ICategnin, Ghanoy, La Plaine, Satigny, Meyrin Station, Viralonp, Boaay, Sanverny.
Total :
.')6 Haaptzollätlittr>n, wovon 10 mit Zollniederlagen« 10 Niederiagshftttser«
195 ilebenaollatätten uebHt 24 Zollbezitir^poston.
Beistand de» ZollpersoualB :
Mc Killte B«4li*IMtet«
Oberzolldirektion, ei nsr^bließl. 19 Beamte der handeltibtat. AbtheUg. 32 —
Zollgebietttdirektionen I — VI 47 6
Zollatittno 567 158
' GIO
Grenzwachimannsohaft (Cheib inbegriffen): eidgenSariache . . 365
kantonale ... i " '
Total loyö Mann.
Der Buridesrath ist die oberste vollziehende und Ititi-iide Bidiörde Er
mtsrhridet in Ictzt'-r Tüstanz über An-tiindc betrefTend die Anwendung der ge-
tietzUchen Vorachritten Uber das Zoilwe^eu, m namentlich in Tarifsacben. Die ge-
richtliche Jurisdiktiott kann somit in dergleichen Streitfragen nicht angerufen wwden.
Er trifft die Wahl der Zollbeamten und hat inaheüondere die Befngnift» unter
besoiidi iii T^in>tSnden, namentlich bvi TerkehrsbcHchränkungen seiteaa de* Ana-
landes, dir ihm gut acheitreiidt ri Mal'.üahmen zu trelTr ii, für deren Fortdauer immer-
hin die Gutheißung durch die Bunde-svorsamuilnng erforderlich i.'^t (Kampfartikel
dea Zollgeäetzeä). Er unterbreitet der ßutnleaveräammlung seine Anträge für ge-
aetsgeberisehe Erlasae betreffend dea ZoUweaen.
Das Zulldepartemeat bat die unmittelbare Oberaafaicht dea geaammten
Zollwpsetts; ihm 1if£r*»n inshesondt're ob
a. Die VortK r.ttlmng der Gesetze nnd VerordnaDgen Uber Organiaatiuu, Tarife
und Verwaltung des Z<dlwesens;
6. Alle Bntaohetdnogen prinzipieller Natur, aoveit dieaelben nieht von höherer
Behörde anszagehen haben ; '
C. Die Mitwirkung bei den Vorarbeiten und dem Abschluß der Handelsverträge.
Die Oberaolldirektioniatdie dem Zulidienote direkt rurgesetzte Behörde.
*) Zugleich Niedwlaif^liaus. Hit einem Niederiagshaus für Wein.
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2olIwesea
— 451 —
Zollwesen
Sie erläßt alle für den Zolldienst erforderlichen Ingtraktionen Uber deu Vollzug
■der Geaetsft und YerordnuDgen betar^end de» Zollweeen^ der Tkrife, HandelsTer'
trttgO) Wa&reiMtatistik , gowie bezüglich sämmtlicher Materien der Bandeflgewtl-
gebung, bei welchen die Zollverwalrung mitzuwirken hat (Alkohol, Viehseuchen,
Jagd und Vogelschutz, Fincherei, Keblaus, Maaß und Gewicht, Zündbö!z^'h«n,
«idg. und kantonale Kegale o. a. w.), und sorgt für deren richtige VulizichuDg.
Sie erledigt alle Geenche, Reklamationen n. e. w. besOglieh Anwendasf^er^lCrift
«owie der allgemeinen Gesetzen- und VerwaltimgevoMicluift#ltV t>b#feit diene £rledi-
gtutg nicht durch die Zollgebietsdirektionen erfol^n kann, und besorgt die Rech-
nnng88tellung der gesammten Zollverwaltang. Unter ihrer Oberleitung steht auoh
der gesammte Greuzbewachting:idien8t. *'
Die Zollgehietadirektionen besorgen die Leitung des ZolMienates in
ihren mp. Gebieten und und ver&ntwortlieb fttr riehtige Vollxiehttttg der ober-
behördlichen Weisungen, sowie Uberhaupt dor sämmtlichen allgemeinen und spezi-
ellen Vorschriften, welche auf den ZolMirnst im betreffenden Gcbiett* Bezni; Iialx'n.
Ihre Vollziehungsorgane »ind die Haaptzolhlulten und ^ebcmollsiaUm, letztere
<lun erstem untergeordnet und mit beschränkter Abfertigungsbefugniäa.
Die Zollbeamten leisten FerMualkaution gem&ß einer Tom Zolldepartemeiit
«afgestellten BUrgschaftsskula. Eine grosse Zahl derselben ist dem sehwttiierisoheu
Amtsblirgaohafts« Verein beigetreten.
Das Zollubferligunffs- Verfahren.
Der Verkehr mit zollpflichtigen Gegenständen über die Grenze der Schweiz
ist aa die erlaubten Zollstraßen (vorunter sftmmtliehe Eisenbaholinien) und Lau*
dnngsplatze, sowie an gewisse Zollstanden gebunden. Abfertigungen außerhalb der
ZolLstunden sind statthafti unterliegen jedoeh einer besondem durch Verordnung
festgesetzten GcMlhr.
Je nach der W aarenbestimmuug unterscheidet man folgende Abtertigungsarten:
0. £iuluhnrer»>11ung fllr Waaren, welche zum innem Konsum bestimmt
sind; 6. Geleitsoheinabfertigung fttr Waaren, welche entweder: 1) zum direkten
Transit, 2) nach einem cidg. Niederlagshaun (Freilager) bestimmt sind oder 3)
als eogenanntp Partiegüter mit Transitfrist auf ein Jahr angemeldet wt^rden ;
c. Geleit«cheiiilüsthimg^, mittelst: 1 ) Durchfuhr (Wiederausfuhr), 2) EiuiagL-ning
auf Freilager ; d, Ausfuhr j c. Fieipaljabfertiguug für Waaren, welche aus- bezw.
«ingefahrt werdm, um naoh beetimmter IVist wieder ein- besw. ausgeführt zu
'Warden ; f. Freipaßlöschung bei Wiederein- bezw. ^Vi -derausfuhr solcher Waaren.
Für jeden ALfertii^'ung-^modus besteht ein beson lori a Deklarationeformular,
das der Waarenfuhrer vorschriftsgemäß auszufilll'-n hat.
Die Abfertigung gotiubieht auf Grund der Deklaration, vorbehaltlich des
Revisioosreobtee.
Die Deklaration bildet ebensowohl die Grundlage für die Zotlbereohnung
bei 2^11bezag und Zollhinterlage im gebundenen Verkehr (bezüglich der Zoll
ausätze s. unter Einfuhrzölle und Ausfuhrzölle Bd 1., S. 71) u. 481 ; lie seit-
herigen Aenderungen werden in einem spätem äapplemeut erscheinen), wie auch
für die Waaronstaüatik (s. „üaudelsstatistik*). IHeselbe hat folgende Angaben
SU enthalten:
a. Gattung der Waare, nach der tarifgemäßen Benennung;
fß. Waarenmen'xe (Brutto- und Nett wicht, Stilek« oder Litenahl, je nach
Vorschrift des statistischen VVaur* lu t- rzr i' ImisseB) j
0. Verpackungsart (Kiste, Faß cic.j\
d. Zeichen, Kümmern, Anzahl der Waarenstttcke ;
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ZoUwesen
452 —
ZollweseO)
6. HerknnfMaod (Sinftdur), Herkunll»- und BcattmnmngsUuid (Geltttaidieiii),
Bestimmongslutid (Aasfoltr), HarknnftilaBd und Iiand dar ^rObeiigttliendeifr
BoBtimmung (Freipaß);
f. Werth: 1) bei Einfuhr- und Geleitächeiuabfertigung, Einlagerang aaf
Froilager : für AbiäUe vou Edelmetallen^ wisseoschaftliohe oad KuQvtgegeustäode,
ftd ftloram ▼«nwUtwre Admgeiitii«, Fuhrwerke, Schiffe, edle Metalle end
Waeren wm ioleheii, fsine Quinoullerie, 2) bei ÄnifahrahfortigUDg: Ittr alle
Wearea, 3) bei Ontihfiiihrabfertigang (Geleit8oheinl9achung) : für die nach dent
Werth verzollbaren, sowie fiir diejpnigen Waaren, deren ÄriHchreibung nach dem
Werth im Ktuti^tixchun Waaretiverzeichniß speziell vorgeBohriebeii ist, 4) bei
Freipaßabferüguug und Freipaßlöschang : fiir die eii^efiihrten, nach ätm. Werth.
Tenollbann Waami;
g. BeMiohiniBg der Truisitfriet« der AmguigBiolletitte <^er dee Niederlage-'
haoses (für Geleitscheinabfertignsg) ;
h. EtntrittHzollstätte, ICammer nnd Datum dee GeleitsoheiDee (für Einlagwnng
und Dorchtuhrlöschang) ; **
i. Genaue Angabe des Zwecke« der Freipaßabfertignog (V'eredlungä verkehr,
Bepamtorverkehr, AoMlellnng, TorObergeheoder Oebrandi, Handelamnater n. s. w.)*
bei Freipaßdeklarationen;
k. bei der Ausfuhr für die einem AuHfahnoU nnterworfmeo Waaren die
Kammer des Ausfuhrtarifs nebst ZoUsatc;
/. Unterschrift des Deklaranten ;
m. DataiD der Aimtellung.
Für die Controlirung, der die achweicerische ZoUgrenie QberMdireiteiideib
Waaren ist eine statietisohe Gebühr xn entrichten, welche gemXß dem.
ZcUtarifgeeets vom 26. Jani 1884 dennaleD beträgt:
1 Rappen per q für dif nat^h f'.'^m (T<!wi(;hte
1 „ r Fr. 50 für U- II .eh dem Werth©
1 . , Stuck „ „ «der Stückzahl
m deklarirenden Waaren, wobei indessen fHr je eine Abfertigung nicht weniger-
ale 5 Rappen zu hexiehen ist.
Die Entrichtung der statistischen Gebühr gt's(]iifhi dnrcl» Aufkleben VOIL
Foetwerthzeichen im prforderlichon Bptrac^e auf der Deklaration.
Von der Bezahlung derselben sind ausgenommen:
a. Waaren, für welche ein Zoll entrichtet wird ;
d. Waaren, welche im Grensverkehr oder im kleinen Harktverkebr eingehen«
(eiche Verordnung des BnadeMrathea vom 18. Noyemher 1885, Art. 8, litt, a,
h, e, f, g, h, 1 und n);
c. Postsendungen ;
d. leere Fä^r, Säcke n. dgl. nach Art. 119 der Vollaiebungsverordnnng
zum Zollgeaets.
Als Abfertignngsansweiae gelten:
a. Die ^nfkihrzollquittang fHr die rar Einfahr vemollten Guter; b, der
Geleitschein für Güter, welche zum Trauhit oder nach ( inem ndg. Niederlage*
hause angemeldet wurden; c. die Ausfnhrzollquittung für die an< i'in innorn
Verkehr zur Ausfuhr gelanp^ten Güter, soweit solche einem Ausfuhrzull« unter-
worfen sind; d. der Freipaß für Güter, welche im Vcredlungs-, Reparatur-,
AnMtelInngs-yerkehr n. s. w. mit Bestimmung anr Wiedereiofahr aosgeffthrt
besw. mit Bestimmang anr Wiederansfnhr eingeltthrt worden ; e. der Dnrohlhhr-
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Zollweseii
— 453 —
ZoHweoan
«ebeiii htmw. Nied«rlifiMlMia Ittr Tnimt- und Niederlagagttter, wekli« au-
^treten besw. in ein eidg. NiederUlgabans eingelagert worden sind.
Bei abweichender Anbcliaunn;,' ?:wi^c!i(vi '/ollstätte ntii WaarenfUhrer hin-
sichtlich fif« anzuwendenden Zollsutze« hat erHtere unter Eiuncudung eines Muäter»
die Euiaclieiduug der Oberbehorde einzuholen, wobei indetM^en dem WaarenfUhrer
imuMriiin aoheimgestellt iat, Uber die Watre, g«geii fiiohenMlaDg des hUhern
Zolle«» ohne Weiteres zu verfügen.
I>ie ZoMorgane haben das Recht, jede Waarensendnng auf die Richtigkeit
der abgegebenen Inhaltsangabe m untersuchen, auszapaoken und abzowägea, wobei
<ier Zoilptlichtige %ar Uilieleistung verpflichtet ist.
Der V«rM>r mU OeMüekein (TraniUMumdlung).
Den mit Goleilaobein reuenden Wntren iek eine Friat beetimmt, innorhalb
welcher sie das Land wieder zu TerlasMO heben nud nwar, von den beaondem
lokalen Verhältnissen ahgpsehen,
a. auf 1 Monat für Trausitstiicke ohne sollamtlichen Verschluß, deren Trans-
port ganz oder theilweii>e per Bahn vermittelt wird;
6. anf 2 Monate für Steinkohlen und anter noUamtUoheu Yersohlnft abgeifertigle
IKTaarenfsendnngen ; *
r. auf 12 Monate, auf Verlangen de« Deklaranten, fllr Waarengattungen,
welche durch den Bundesrath zur ZoUbehandlung als F&rtiegUter sugelaseen
werden. Dermalen (Okt. 1890) sind es folgende :
1) Mit einem Gewiohtananimam Ton 500 kg.: BanmwoUe, rohe; Banrnwoll*
abttlle, genpunm-ne und ungesponnene ; Blei in Barren, Blöcken, Platten; Blei-
rfihren ; Eisen in Ma.-.seln; FarWiöIzer und Fftrherdeii, ruhe; Gallapfel und Knoppnrn;
Garancine; Getreide, d. h. VV^eiaen, Kom, Koggen, (ierste, Haler und Mais;
Kaffee; Krapp; Mehl; Neoiin; Oele, fette, nicht mediziulHche; Petroleum and
Kaphta; Reis; Seh weinefett, amerikanieohes; Seide, rohe, auoh Floreteeide and
Seidenabfillle ; Snmaoh; Wolle, rohe ; Zwkvt ; Zweteobgen nnd Pflanmen, gedSirte,
in SKcken.
2) Mit einem Gewichtsminimnin von 200 kc^. : Cacaobohnen und -Schalen;
Eisenblech unter 3""" Dicke, roh, verbleit, verzinnt, verzinkt, verkupfert, ver-
nickelt; Fische, getrocknet, gesalzen, marinirt, geräuchert, oder anderweitig zu-
bereitet, in Ballen, FitKem, n. a. w., von 6 kg. nnd mehr; Kanteehak nnd
Guttapercha, in Kut;-1n, Platten, Blättern. Eicmen, Ffiden, SchlXuehen, RShren;
Kupfer oder ^le^-sing, in Bnrren, Blöcken oder Platten, gehämmert, gewalzt, ge-
zogen, in Stangen, BKrli, Köhren, Draht; Mineralwasser, natürliches und künst-
liches; Kohstahl in Blöcken oder gegossenen Stäben; Rotiinen (Korinthen) ; SUd-
frttohte, andere; Weinbeeren; Zink in Barren, BlOckenoder Platten; Zink, gewalzt,
gezogen, Blech, Draht; Zinn in Barren, BlOoken oder Platten; Zion, rein oder
Iflgirt (Britanniametall), gehiimraert, gewalzt, Blech, Staniol, Draht.
Mit einem Cfewir'ht-.minimuni von 100 kg. : Decken, wollene, mit nnd
ohne Näharbeit; Gewebe aus Baumwolle, sam metartige; Korkteppiche (Linoleum).
4) Mit einem Gewiditiminimnm von 50 kg.: Korkholz, roh in Platten;
Theo; Waechsohwimme.
(/. auf je einen Tag fdr je 20 km : für den übrigen Transitverkehr nach der
vom ZolIfl( |);irt''ment aufgestellten Geleitscheinfristtabelle, wobei die Traii>if fri-^t
über hcliweizt'rii»ebe Alpeupässe vom 1. November bis 31. Mai um die Uäitte
verlängert wird.
Mit der OeleitscheinlOechnng ftllt die dnroh Baarhinterlage oder dnrob Bfirg-
aohaft geleistete Sieheretellnng des anf der Waaro haftenden Zolles dahin.
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Zollwesen
— 454 —
Zoltwesen;
Wird ein Geleitüchein nicht innerhalb der in dern^clben vi»rgemerkten Friai:
mi Löschung vorgewiesen, so TerföUt die darauf haftende iüuterlage der ZoUkauNe»
In Betreff der
Niederl{igshäuser
wild avf den Artikel „NiederUgsTerkehr" im II. Bande dea Volkawirthaehafla»
lexücons verwiesen. Demselben ist bloß beizufllgen, .daß das Niederlagshana im.
Baluihuf Korschach mit 'M. März IHHs aiifp hoben wurde; dagegen besteht da*
Getreidetratifritlafrer im Kornhaus !v)r^ 'lin/h ninerändert fort; in 8t, Marirreth«-*n
beisteht keiu Niederlagshaus, wie irxiimniiiuli augegeben. Neu entstamlen sind
dagegen Niederlagen in Arth'.Goldao (für Petrol) nnd in Lensburg (für attd-
ländische Weine). Da» NtederUgRhaite Genf-Coruavin int seit 1890 mit den
nämlichen Erleichterungen ausgestattet, wie das Entrepot Rive (früher Port
frane). Beide sind Ei^enthum des Kantons Genf, der den Betrieb de,rsplben einer
Aktiengesellschaft übertragen hat. Die VerioUung der zur Einfuhr ange-
meldeten! ihm Bofiem Verpacknng entklmdeten Waaren geecbieht in den
Genfer Entr^ta nach Ihfigabe der bnndearlitlilidieD Verordnnng vom 23.
November 1884 resp. mit Tarazuschlägen von 10, 16 nnd 20 ^/ für ein»
Reihe von Waarenartikeln. Die in der V' trurdnnn;:: nicht «ufKi fülirten Waaren
haben keinen Zuschlag zu entricliteu. Die enteprechcnden Tarazuseliliiire für das
Eutrepüt Lausanne betragen 15, 20 und 30 "/o ; für die Wuareugattungen
der Übrigen Tarifpositionen, sofern diese Waaren in Kisten, Pässem, Kttbetn
n. 8. in das Niederlagshaus gelangt sind, wird die üälfte der im statutiachen
Waarenverreieliiiiß vorfremerkten Taraannätze in Anrechnung gi l. rächt.
Der (iebtihrenbi'zui; in den eidgen'<«f^ischcn Niedcrlagshauseru geschieht narh
Maßgabe des Buude.srathsbeschiu.'^Httj vom 7. September 1610 und des vom Zoll-
departement in weiterer Ansitthrung dieses Besehlnsses aufgestellten Tarifs.
Frapaßverkchr.
Zollpflichtige Gegenstände, welche aus der Schweiz nach dem Au8landc oder
aus dem Auslande nach der Sebwei?: «rehen, um nach eiuer bestimmten Frist
wieder ins Uerkunitsland zurückzukehren, ki/nnen von der Entrichtung des Zolles
durch die Anmeldung snr l^raipaßabfertigung withoben werden, immerhin gegen
Hinterlage oder Verbttrgung der besögliehen Zollbetnfihiaae, weleke mit der
BVeipaßUiHchung dahinfällt.
Dil" Freipaßabfertif^uni]:; kann bewüli.'t werden:
1) im Veredlung«- oder Keparaturverkehr ;
2) im Ausstellungsverkühr;
3) im allgemeinen Marktverkehr;
4) für verkSufliche Waaroimaster;
6) fiir Gegenstande, welebe zum vorübergehenden Gelnnueh aus-, bezw.
eiugetiihrt werden, z. B. für gebranohte JUaschinbu und Weriaeage von
Bauunternehmern u. s, w.
6) ittr sehweiierisohes Yieb, das auf auri^ndisehe nnd für analSndisohea
Vieh, das auf sokweiseriselie MSrict» getrieben wirdj ftlr SSmmerangs-
oder Winterungsvieh und für Arbeitsvieh, das aas- bezw. eingeführt wird j
7) für Waaren, welche ans der J^ohweiz übt-r ansländisches Gebiet direkt
wieder nach der Schweiz veri)racht werden.
Zar Ansetellung von Freipüssen für Waaren sowohl als fftr Vieh sind
simmtliche Zollstätten, sowie die HiederlagshKuser an der GreosOt sur AnastellDnip
von Freipässen fiir den Vcredlungsverkehr jedoch nur die Haaptsollstitien nnd
die Niederlagshäoser an der Grense ermächtigt.
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ZoUwesen
— 456 —
ZoUwMen
Die Freipaßabfertigung ist übrigens nur Tilr solche Gegenstände znlSßig,
deren Identität aoUamtlioh: ohn» alba grolie äohwierigkeiten fe(»tgeatallt werden
kann.
Wird ein Freipalj nickt innerhalb der eingeräumten Fnut zur LQsuhung
▼orgewiesen, so yerliert er «eine Wirkung, nnd allfftllig darauf haltende Zoll*
gehflhrea TerfaUeii der Zollkaaee.
Z>te ZoUhekanMung von PasUen^i^en
erfolgte bisher in Gemäßheit der Inetraktion vom M. Hai 1883 (F4)8tamtablatt
18h 3, Nr. 7) durch die mit den ausländischen Transportanstalten in direktem
Verkehr htehondcn PoHthureaux (Auswechslungsbureaux). Die Nothwendigkeit
einer schärfereu Kontrole veranlnßte im Jahre lHt*G eine Moditikatiun in dem
Sinne, daß die Postbureaox uugcwieaen worden, eine gewisiie Zahl ron Post*.
Btttcken dem nSchatgelegenea Zollamte sur Bevisioo znznleiten. Aber auch dieies
Verfahren bot, wie die Erfahmng lehrte, nicht genügende Garantien gegen De*
fraudationen mittelst unrichtiger Waar»Mih«'?:»MrhnMn<r, und es inl deshalb im Laufe
des Jahres 181)0 ilif Neuerung eiiigt filhrt worden, daß die sämmtlichen Z<dl-
deklarutiunen der zur iiliufuhr bestimmten, d. h. an einen Adressaten in der
Schweis eingehenden Postsendungen der dem betreifenden Answechslnngaboreau
XanKchat gelegenen Zoll^ti llc zu überliefern seien, wcMil- «len zu erhebenden Zoll-
betrag festsetzt nnd diejenigen Vi>\\\ Ittztiohnet, deren Revision sie als geboten
erachtet. J)as BpMtreben drr \ Crwa Itiuii; geht dahin, eine möglichst große Zahl
yon Postsendungen zur zuUamtlicben Kevision heranzuziehen, indem erfakruo^-
gemSß nur aaf diese Wdee den Yereaeheii an imriebtigeii Inhalteerklkmngen
mit £rfolg entgegengetreten werden kaon.
Die Zollbeträge werden von den Postbureanx auf den Sendungen nacbge*
nommen und mit entoprecUundeu Bordereatix monatlich den Zollgebietskaesen
zugefdhrt.
Aitftn'ili tnt'ii von ilf'r ZollplhrJit.
Außer den im Zollturit' als zoUiVei angeführten Waarenartikein sind vom
Cingangszoll durch Gesetz oder Verträge befreit :
1) Alle zum eigenen Gebrauch der bei der Eidgenoeranediaft beglaubigten
diplomatischen Vertreter des Auslandes und des von den betreffenden Landes-
regiernnc^en ernannten offiziell* ii Gi sHu lf^chaftsperHonals dienenden und nicht zur
Wiederveraußerung bestimmten ( ■ egenstäude, inaofern von dem Staate, den sie
vertreten, Gegeurecht gehalten wird ;
2) Gebrauchte Hausgeräthe und Effekten, gebrauchte FabrikgerSthschaften
und gebrauchtes Handwerkszeug von Anziehendes zur eigenen Benutzung;
3) Auf besondere Erlaubniß: Ausstattnngsgegenstiinde (neue HauHgerSthe
aller Art, >;owic KlfMun^r^stiicke, Wäsche und sonstige Efft'kti ti) von Angehörigen
fremder Staaten, welche sich aus Veraulaoaung ihrer Verheirathuug in dem Ge-
biete der Schweiz niederlassen;
4) Gebrauchte Hansgerftthe nnd Effekten, welche narhgewiesen als Erb-
sohaftsgut eingehen ;
5) KeisegerJith, Kleidnni^xtiif Icc, WaM lie u. dgl., welches Reisende, Fuhr-
leute und Schiller zu ilireui ( i<-lir.iui In-, .nif h Handwerkszeug, welohes rt'iseJide
Handwerker, sowie Geräthe uud InsLrunienie, welche reisende Künstler zur Aus-
llbwig ihres Berufes mit sieh ftthren, sowie andere Gegenstände der bezeichneten
Art, welche den genannten Personen vorausgehen oder nachfolgen ; Verzehrung«-
gegenstinde zum Eeiaegebrauohe ;
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Zollwesen
— 456 —
ZoJlweeen
6) Wagen von Ausländern, einschließlich der Eisenbahnfahrzeuge anslän-
diticher Baku Verwaltungen, sowie autiländiiHihe Wasserfahrzeuge, welche beim Ein-
gang Uber die Grenze zum Personen- und Waarentransport dienen und nicht in
der ScJiweb TerUeibeD; leer jmraekkehreiide £iaeiibabn&hnwage inlftodieoiier
Bahnverwaltangen ; Pferde und andere Thiere« welche Bespannnagen von
Beise- oder La<«twAgen eingeführt werden und SOT Wiederauafolir bestiBunt find}
7) Ariuetiluhreii mit ihrem Gepäck ;
8) ZullpÜichtigü Gegeuätätide, für welche der ZoUbetrag nicht mehr als
5 Bappen ausmacht;
9) Un^eiteiiifliohe Waarenmoeter (eoldlie Ton Tenebrnngflgegwiatäiideii aus-
genommen) ;
10) Leere FSsser, Säcke und Gefäße, welche in die Schweiz eintretpn, um
gefttllt an den AbHender zurückgesandt oder für dessen Rechnung an eiue andere
fieitimmong im Auslände wieder aasgeführt sa mnden, sowie Bolehe, welche an
den nrsprOnglielien Absender in die Sehweix mrttolckehren, nachdem sie gefüllt
ausgeführt worden;
11) Kiinstgegenstände fUr fSffctitlicbe Zwecke, sowie Naturalien und ge-
werblich-technische Gegenstände, welche nachweislich für öffentliche Sammlangen
eingehen ;
12) Tbiere, Gertthsohaften nnd andere GegenstKnde, die von InlKndem nr
Bewirthachaftnng auf ausländischem Gebiete, jedoch nicht Uber 10 km von der
Landesgrenze entfernt gelegener Grnndstüeke an^n;, führt wnrden und innerhalb
einer bestimmten Frist wie(i»'r in il;e S<'!i\vci/, zuriickktiliren ; de.sjjleiehen solohe,
welche von Ausländern zur Bewiithöch.ifiiing aut schweizerijjchcm Gebiete, jedoch
nicht über 10 km landeinwfirtb g(degener Gnindstflcke, eingeführt werden und
nur ▼ornbergehend in der Schweiz verbleiben, Gegenrecht vorbehalten;
13) Die ruhen liodenerzeugnisHc von denjenigen auf ausländischem Gebiete
innerhalb der Grenzzone von 10 km ^«leij'enen Grundstücken, welche Einwohner
der Eidgenossenschaft (Besitzer, Nutznießer oder Pächter) selbst bebauen oder
anf eigene Beehnung dorch Drittpenonen bebauen lassen ;
14) Hiloh, Eier, frische Fische, Krebse, FrSiche, Sehnecken, frische Feld-
und Gartengewächse u. dgl., insofern Ue^e Gegenstände für den Markt« oder
Hausirverkehr lic^timmt sind nnd von dm Feilldrten den in «lie Schweiz getrac^n
oder auf kl' iuen tiandwägt Ii lien L,'''fnhrt werden. Immerhin ist hiebei die Ein-
haltung der Zollstraße und Auuiuldung auf dem GrcnzzoUamte erforderlich;
15) Waarea und ^eh schweiserisehen Ursprungs, welche unverkauft ans
dem AuMlande an den ursprünglichen Ah-' n ler in der Schweiz zurückkehren.
In idh:n unter 1 — 15 aufgezählten Fallen sind die nähern Bestimmnngeii
und Kontralnialiiiahmen der Verwaltun|j: vorbehalten.
Für Wauren, die zur Einfuhr verzollt werden, welche aber wegen An-
nahmeverweigerung oder aus andern iLonveniensgrttndea an den nrsprUnglichen
Absender im Auslände zurttokgehen, kann unter gewissen Bedingungen (Art. 120
der Vollsiehuogsverordnung zum Zollgesetz) Zollrttckvergiitnng erlangt werden.
(hi'/izfH'ivachitruf.
Wie bereit« unter „Grenzschntz" (s Band 1) mitgetheilt worden, wird die
Grenzbewachung durch eidg. Grenzwäohter besorgt, ausgenommen in den Eüan'-
tonen Bern (Jura), Aargau und Graubttnden, wo aufolge bestehender Yertrige
kautotialc Landjäger gegen besondere Entschädigung an den betreifenden Kanton
der /.ollverwaltung znr Verfügung gestellt sind. Diese LandjÜL'er haben in
erster Linie — ein Theil derselben ausschlicliUch — dem Grcnzwachtdieust ob-
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Zollweaen
— 467 —
snliegwi; ne erhalteo die hienmf besttgüohen Befehle toh der direkt vorgeaetsteD
Zollbehörde, Bind dagegen in DiaapliBuiaelien der kantonalen PoliseibehOrde
nnlerstellt.
Die diUg. Grenzwächter sind mit Kepetirkarabiner (System Vetterli) uod
AuCsteckaäbel (Yatagan) bewaffnet , welch' letzterer aU Seitengewehr getragen
wird. Ihre ÜDiforn beetebt aus dnem WafFenrook too aohwangraaem Taeh
mit scharlachrothen YoMtifßen, Knüpfe gelb mit dem Gärige eieee etdg. Kreuiee,
«iner Dienstjacke ans gleichem Stoff, BeiukUidern von eisengranem und einten
Mantel (Kapnt) aus dunkelblaumelirtcn Tuch ; ^Ifit/« aus dem nämlichen Stütl"
"wie der WatieDrock, Modell der aciiweizer. Uilizicrboititze, ohne Auszeichnung.
lÜe Unterofikdere, Abtheitungiebefii (Waehtmeister) nnd Brigadiers (^Kuiporale),
tragen die nSmliohe Gradanaseichnnng wie die schweizer. Artillerie. Als ofGxieUee
Dienstzeichen trägt jeder im eidg. Diens| stehende Grensfriehter (beav. Land-
jäger) einen silbernen Schild mit eiilg. Kreuz.
Die eidg. Grenzwachtmaniischaft eines jeden iiebietes steht unter einem vom
Bnndeerathe gevKhlten Chef, der hinwieder direkt der Zollgebiete- Dln^ion
untergeordnet ist. Den Grenzwaohtohefe ist gestattet, sofern dieselben in der
Armee eine Offisiercharge beldeiden, in Uniform die ihrem Grade entsprechenden
Abzeichen, sowie ien Ordonnanz ■ Offiziem&bel zu. tragen. Andernfalls haben ne
<den Rang eines Adjutant- riiteroffizipff.
Die Stärke dt;r GreuzwachLuianuhchatt ist unter Abschnitt n^fgäui^tion"
angegeben*
Bechnungawesm und ßnantidle Ergebnisse,
Das Bechnongswesen aerföllt in awei Theile: a. Anistellang der Zoll* *
•qnittnngen ; 6. Verreohnnng nnd Ablieferang der Zollbetrftge nnd sonstigen Ein-
nahmen der Zollverwaltung.
n. Zo!!i]uittuugen. FWr sämmtliche in die Zollkri'«'<R fallenden Einnahmen
: Ein- und Ausfuhrzölle, Niederlagsgebühren, BuUenautheile und Urdnungs-
boflen, Waaggebühren, Untermiethen und andere nnvorhürge^hene Einnahmen
werden Quittungen verabfolgt, welehe die Basis der BeehnungefUhrung bilden.
An den Hanptzollstätten werden diese Quittungen vom ßinuehmer und vom
Kontrolciir unterzeichnet, nach ansjres'Hngttner Revision nnd allfänijj;cr Richtig-
stellung. Fax- die Richtigkeit dtjis Zoübezuges haltet in «rntcr Liniu der Einnehmer
«Is Bureauchef; der Kontroleur ist mitverantwortlich. Bei Zollstätten mit zahl-
rnohem Gehttlfenpersonal kann die Revision der Zollquittungen unter eigener
Yeraotwortlichkeit des Einnehmers auch einem Gehttlfen abertragen werden.
b. Verrechnung und Ablieferung der Zolleinnahmen. Auf jeder Zollstätte
wird ein ad hoc eingerichtetes Ka-ssabuch geführt, in welchem siimmtliche in die
Zollkri^se fallenden Einnahmen an Hand der Znllqiiittnncrcn chronoloiri'^ch mit
taglichem Rechnungsabschluß eingetragen werden. Eine von einem andern Be-
amten der ZolUtittte ebenfalls auf Grandlage der verifizirten ZoUquittnngen ge>
führte Kaesakontrole dient aar titgliehen Ausmittluog allfKUiger Differenzen, weldie
■sofort rkditig au stellen sind.
Die Ablieferung der Zollcinnahmcn erfolgt:
1) Monatlich seitens der Nrhcnzo!l>ti[tten an die zuständige Hatipt/rdl-tattc ;
Hinnahmen von über Fr. luo eind indessen schon vor Ende MonutH abzulietern ;
2) Dekudenweise, d. h. je am 10., 20. und letzten Tage de« Monats von
den HanpCaollstfitten an die Hauptkasse des Zollgebietes. Diese Ablieferungen
werden vom Kontroleur verifisirt und im Kassabuoh gemäß Befand beseheinigt
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ZoUwesen
— 458 —
ZoUweaen
Von diesen Ablieferungen erhalten die Gebietsrevisorate jeweilen direkt»
Mittheilung.
Am Sohlium eines jeden Monats hellen eUmmtliolie ZoUatKtten die Monats-
recbunng über ihre Einnahmen und Ausgaben aufzu.stt'llen und Hammt dem
kompleten Ke(-hnung8materinl (Zollhefte, Deklarationen etc.) der Gebietadirektion
einziiRenden. l>it^ materielle i'riifnnp' dieser Rechnungen nebst Bele<»^n und die
Aui'utelluug der Ue«ammtreüluiuug dtm ZuUgebietes besorgt du8 Grebietarevisorat
nnter Anleitung nnd üeberwadinng daroh den G^bietsdirektor. Das Reohnnnga-
resultat hat mit den bei der HaaptjeoUkasee einu;<'i;angenen Beträgen Übereinzustimmen.
Dio Ablieferungen der Hauptzullkassen geschehen direkt au die eidg. Staatskasse
bezw, an die von letzterer bezeichneten Stellen. Für Deckung der Ausgaben der
Zollgebiete leisten die ÜAuptzollkatitien den Gebietsdirektoren die erforderlichen
YovBdiQMO. IMe Beohnungcn ttber Einnahmen und Ausgaben der Zollgebiete
sind aUmonatlioh der ObenoUdirektion einanreichen ; das Obenollrevisorat prüft
dieselben nnd wstellt die Generalreehnnng der Zollverwaltmig, nmfassend:
a, die sKmmtliohen Zolleinnahmen, getrennt nach Rubriken nnd Zollgebieten ;
b. die GeKammtantgaben dt r Zollverwaltung für Gehalte, Reisekosten nad
Expertisen, BureaukoHtt*n, ^Mobilien und Geriitb>chaften, Grenzschutz und ver-
echiedene Ausgaben (ZollrückvergUtuugeo, Eutschädigaugen für Aushilfe, Dienst-
kleidungen etc.).
Nach Kichtigbefund der Gebietsrechnungen durch das Überzollrevisorat er-
halten die betreffenden HanptsoUkassen durch regelreebte Zahlungemandate Deckung
der geleisteten AusgabenTorsehttsse.
Die vom Vorsteher des Zolldepartements zu genehmigende Generalredbnung
wird sodann der eidu'. Finanzkontnde Ubermittelt.
Bei <ler cidg. Htuatskas.^e ht die genaue Prüfung der Resultate ttber Ein-
nahmen und Ausgaben der Zollverwaltung ermöglicht :
1) dfireli die zehntägigen Anzeigen der Hauptzoilkassen Uber die Einnahmen
und die Ablielcruiigcu ;
2) durch die vierteljährlich vom OberzoUrevisoraf; anzufertigende und an
die Finanzkontrole m Händen der Staatekasse ta ttbermittelnde Zusaramenstellang
der Einnahmen sämmttioher Zollgebiete nach Dekaden;
3) Dureh die anr Deckung der ordentlichen Ausgaben der Zollverwaltung
vom Zulldepartement ausgestellten Zablungämandate, deren Totalsumme dem Be-
trage der Gcsammt ausgaben genau entsprechen muß.
Auf Jahresschluß wird vom OberzoUrovisorat eine die Einnahmen und
Ausgaben des gauzen Jahres umfassende, 8ummarisi:he Generalreehnung atH^^«»st«llt,
welche einer» integrirendon Bestandtheil der cidgenö.s.sischeu Stiuitsrechuuiig bildet.
Ebenso wird alljährlich eine detaillirte Rechnung Uber sämratiiche Jabres-
eiuuahmen der Zollverwaltung ausgearbeitet und swar in Betreff der Ein- und
AusfohrsOlle nach Mafigabe der einaelnen Tarifpontionen. Diese Reohnnng wird.
jeweUen in den Jahreshand der schweiaeriBohen Zollstatistik aufgenommen.
Noch sei beigefügt, daß die Kassu-Inspektionen bei den Nr1). nzu]l-tätteii
durch die vorgesetzte Hauptzollstätte Ik'zw durch die Gebiet-direktion, bei den
Hauptzüllstätten durch die Gebietsdirektiun und hei den ll;iuptzollk;i-i<?'ii (ZoM-
gebietskasticn) durch den ZoUgebietsdirektor sowie durch die eidg. Fiuanzkontrole
vorgenommen werden.
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Zolhvesen
— 459 —
Zollwesen
Das YerwAltiiiig»budget pro 1890 ireist folgende Hanptriibrilmi auf:
Ä. Einnahmen.
a. Einfuhrzölle . . . .
Pr.
15,578 000
U, AUslutirZOlie . . . .
c. Statistische Gebühren.
120,000
d. .Xied. rliigs^ebahren
•
:ii).(M)0
e. Butionanl heile . . ,
•
' 10,000
f. OrdnunpshuUen . . .
»
1.500
g. WaagffebQhren . . ,
•
3.000
h. UntermietbeD . . .
•
25.(KX)
i Terscbiedenes . . .
Fr
^f;,U<,KJ.( H.HJ
B. Ausgaben.
I. Gehalte
II. Beisekoslea und Exper-
tisen ,
UL BureaukiisItMi. inkl. Mie-
lhen,bruricsiichen etc.
IV. Mobilien und Gerllth-
schaflen .....
V. Grenzschutz ....
YL Verschiedenes inklusive
ZuckerrflckzoU u. s. w.
Fr. 1^7,000
so.ooa
, 223,000
20,000
7(^0.000
343,000
Fr. 2;()(>8.000
Die Robcinnabmeu beliefen sich Ende September 1890 (I. — III. Quartal)
bereits auf Fr. 22,800,000, wogegen hinwieder Naebtrag»krediie fttr Verwat-
tusgeausgaben im Betrage von Fr. 132,000 bewilligt worden.
Wir lassen hiemaoh eine Ziisammenatellang folgen
a der Roheinnahmen,
b. der Ansgabeo
der eidgenSssisehen Zollverwaltang fUr den Zeitraem Ton 1850 — 1889.
1850
1851
1852
1853
1854
1855
1856
1857
1858
isno
1860
1861
1862
i8tia
1864
1865
1866
1867
1868
18G9
Robeinnaiimrn
FV.
4.02-2.»; t7
4.892.644
.5,716,014
5.884.372
5,5-"A),574
.5.726. 136
>i,l<lö.240
6,41)4,635
6,874.807
7.tfn.lor,
7,765,Ui5
8,137.834
8, 15»;, 157
8,540.483
8.73Ö,i74
8,723,309
8,699,518
8,331,1.54
9,051..TtS
8,9r>;j.ib'2
Fr.
614,216
637 333
639,4'
665.909
686,046
731,286
773.179
898.097
Rtroir,
867,609
913,340
904,677 ,
957,179
1,006,116
1,018.569
1,035,662
1,041,391
1,028,387
1.072,J»2Ü
Total
Pr.
;{.t(;>i.430
4,278.428
5.078.681
.'..244,879
4,884,664
5,040,088
5,428,954
5,721.456
6,046.709
r,.r)r)7.i50
6,898.316
7.234,593
.7,2ri4,780
7,583,304
7,729.158
7,70k7in
7,6(j;j.b.').'>
7,289.763
8,023,011
7,882,355
1870
1871
1872
1873
1874
1875
1876
1877
1878
1879
1880
1881
1882
1883
1884
1B85
ias6
1887
1888
1889
Roheinnahmen
Ausgaben
Netto-Eianabmeu
Koiieiaualiueii
IV.
8,565.0<)4
10,^32,791
12,515,986
14.349.361
15,322,392
17.135.948
17,376,54 1
l.'>.728,223
15,661,348
16,825,8.59
17,211,482
17.436,405
18,603.985
20,121,993
21,486,577
21,191.433
22,395.167
24,632.285
26,086,1 14
27,63ii,U.'»i
Fr. 504,937,796
, 48.!^2:i:rn
Fr. 456.U4.465
Pr.
1.0.S9.996
1,133,378
1,1.50.948
1.416.271
1,420.310
1.943,935
i..'ar.,i!M>
1,418,243
1.410,464
1,11,3,560
1,504,537
1,5.39,256
1,548,986
1,627,338
1,678,063
1,861.067
1,882,783
1,983,599
2.i:in,77ä
2,252,1 3i
NeH«-Erft:l>Bi»i.
Pr.
7,475.098
9.699,412
1 1 ,365,037
12,933.089
13.902,082
15.1Vt2,()i3
ir, ^
14,309,980
14,2.50.883
15.3r,-2.209
15,706,944
15.897,149
17,054,998
18,494,655
19,808.513
19,330,.365
20,512,38:i
22,648,685
2:!.'.i5r-,.368
2.5,383,917
ZoUüberiretufigitu und deren BeHrafunff.
Eine Zollttbertretnng begeht:
a. Wer zollpflichtige (Jegeustände ein-, aus-, cUirchführt, oier ans den Nie-
derlagahäusern abführt, ohne die Leistanges, welche dae Geeets hießir vorschreibt,
erfüllt zu haben ;
6. Wer ohne Bewilligung zollpüiobtige Gegenstände auf einer für den Zoll-
verirehr nicht erlaabten Straße, oder Uber einen zur Zollabfertigung nicht be>
reehtigten Landongapiata ein- oder ausbringt;
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Zollwesen
460 —
ZolIwe«en
c. Wer von dner NebenzolUtätte m eber AapteoUstStto gewMMii, d«a
TorgeschriebeneD Weg nicht einhält;
d. Wer mit zoIlpfUchtigeo GegciistSnden mehr als hundert Schritte i'^er
eine GrenzzoUstütte hinan«- oder bineiafäbrt oder geht, bevor er vou selbiger
-abgefertigt worden ist ;
e. Wer seine Waare ganz oder theilweise zur Verzoilang ansnceigen unte^-
f» Wer seine Waare nuriohtig benennt und dadurch , den 2k)llbetrag ver-
Icttnt;
ff. Wer eine Gewiebtsaagabe maohtj die nm mehr «1» Auf I^ooent sn niedrig
ist, oder wer eine Werthangabe aaebt, die nm mehr als aebn Proient an niedrig
ist, und dadnroh den Zollbetrag verkQrst;
h. Wer mit zollpflichtigen Gegenständen zu geschlossenen Zollstunden in die
8fihweiz eintritt oder diest'lVre verläßt, ohne die von dem Bundesrath diesfalls an
erlassenden, die Zolientrichtung sichernden Vorschriiten zu eriUlien.
(Artikel ;')0 des Zollgesetzes von 1851.)
Die Entdeckung einer Zollübertretung zieht die Einleitung des Strafver-
fahrens nacb Hattgabe des Btmdesgesetses betreffend das Verfahren bei Ueber*
tretangen fiskalischer oder poLiaeilieher Bundesgesetze vom 30. Jani 1849 nach
sich, wonach Uber das Delikt unverzügliche Protokollaufnahme zu erfolgen hat.
Sind zur Konstatirung einer ZoUtibortretung Hausnntersuchungen uüthig, iso darf
eine solche nur unter Zuziehung eines Gerichts- oder zuständigen Gcmeiude-
beamtein Torgenommen werden. Das Protokoll, enthaltend den Thatbestand der
üebertretnng, ist sowohl vom Yerleider, wie vom Beklagten, und im Falle der
Zuzuhuii^' L'hies GLrithts- oder Gemeindebeamten auch von diesem zu unterzeichnen,
im W eithin liat der Beklagte zu Protokoll zn erklären, oh er sich dem Straf-
ausspruche der Zollverwaltung als AdmiiiistrativbehÖrde freiwillig und ohne jeg-
lichen Vorbehalt unterziehen wolle oder nicht. Bei sofort abgegebener Unter-
xiehnngserkUrnng kann alsdann ein Drittel der ZoUbuße, bei ünteraiehang
inni'i hulb einer Frist von acht Tagen ein Viertel nachgelassen werden (A.rt. 13
des Fi.skalsti iif^i ^cstzes). Zolldelikte unterlifgen da« ernte Mal einer Busse vom
f, — 30fachen Betrage des umgangenen Zolle», welche im Kiicktalle his anf das
Doppelte dieses Stratmalies verschärft werden kauu, unter besonders erschweren-
den Umstanden in Verbindnng mit Gretängnißstrafe bis auf swei Jahre. Rttek-
ftllige sind Überdies von der Geaetseswohlthat des theilweisen Strafnachlasses
(ein Drittel bezw. ein Viertel) au?*ge8chloHsen. Krgibt es sich, daß der Ueber-
treter nicht die Absieht hatte, eine Zollverschlagniß zn begehen, so kann die
Buße erroäl^igt oder selbst gänzlich nachgelassen werden (Art. 51 des Zoll-
gesetzes). Hehleiaohaft oder BeihUlfe wird wie die Tbätersdiaft bestraft. Von
den anngesprocbenen ZoUbnßen fiUlt je ein Dritttheil dem Verleiter, der Bnndes-
kasae nnd dem Kanton su, in welchem die Üebertretnng konstatirt wurde.
Hat der Beklagte si« Ii <lem Strafansisprucho der Zollbehörde nicht unter-
zogen, so hat letzere bei 'lern zuständigen kautonulen Gerichte Stiafkla^'e ein-
ziireiehen, welches nach Eruirung der Thatsachcn nut h Mal^gabe der Stral Ix stim-
muugen des Zollgesetzes sein Urtheii lallt, sei es diircii Bestätigung der admi-
nistrativoi Strafrerfiigung oder Modifikation derselben, sei es durofa Freisprechung.
Die Appellation gegen ein geriohtliohes Urtheii ist nor dann anlnßig, wenn es
sieh um eine Buße ttber 50 Franken oder um eine Geftngnifistrafe han-
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ZoUwesen
461 —
ZoUwesea
delt. Gegen die aosgefällten Urtheile kann binnen 30 Tagen beim eidgenösai-
Mben Kaaaatioiugericbte da« Beohtgiiiittd Avr Ksssation geltend i^aoht werden.
Die EaBoation iat aber nur salUUg wegen Inkempeten deo nrtheileoden Geriobtee,
eder wenn das ürtheil gegen bestimmte geaetzUohe YorMbriften yentSfit, oder
wmn wesentliche Formfehler unterlauffn sind.
Dit) Verjährung tritt ein : nach Ablauf eines Jahres, wuno die Uebertretung
nicht vorher entdeckt worden ; naoh 4 ^naten, wenn die Klage während dieser
Friet tiei dem kompetenten Geriebte nieht angebraoht wird.
FUr Bezahlung der Geldbußen und Kosten haftet als bevorzugtes Unter*
pfaud des Bundes das mit Beschlags /u belebende Corpus delicti, »nbchchadet des
Rechtes auf die flbrigen Guter des Uebertretefs. Freigabe erfolgt nur gegen
Baar-Uint«rlage uder solidarische Bürgschaft.
In FlUen, wo die Bnße gar nieht oder nnr mm Tbdl erhUtlicb ist, er-
folgt Strafumwandtang in Grefangenschaft, wobei ein Tag G^fangniß sechs Franken
Bnße gleichkommt. Die daherigen Kosten fallen zu Lasten des Bundes.
Ist der Uebertreter unbekannt geblieben, ao haftet ledigliob die eaiairtfr
Waare.
Pie Zabl der jKhriieli aar Anzeige gelangenden abaiohtiioben nnd unabsieht-
lichen StraflUle Ut bedeutend; sie betrug in den letaten Jabren jeweilen Uber
tanaend.
Schlußbemerknng.
Die Entwickhing des Verkehrn und die fortwährend sich erweiternden Be-
ziehungen der Schweiz mit dem Auslände machen eine Neugtmtultung dt;r zoU-
dienatlichen Einrichtungen zur absoluten Kothwendigkeit. Das gegenwärtige System^
auf dem Gkeets Ton 1861 bemhend, ist naeb ▼enehiedenen Biebtnngen yeraltet..
Bereita ist von den flodgenSHiieben Rathen die Errichtung interner ZollSniter
postulirt; der Veredlungsverkehr drängt mit Macht Uber die vom Gesetz von
1851 gezogenen Schranken hinan«: die VVaarenabfertigting ist nach aUeu liioh-
tongen kompiizirter geworden, ücbcrdieü hat sich der Wirkungskreis der Zoll-
verwaltung bedeutend erweitert. Abgesehen von der mit 1885 eingeführten
Waarenstatistik, deren Publikationen allj.ihrlioli in Q,uartalheften und in einem
Jahresbande erscheinen, verlangt der Bund, wie bereits erwiihnt, die Mitwirkung
der Zollorgane für Vollziehung der BundesgesptzgehTing über verschiedene andere
Materien, wie Alkohol, Viehaeuohenpolizei, Jagd- und Vogelschutz, Fischerei, Maaß-
und Gewicht, ZttndbObdMB, femer für VoUaiehung der Tonebriften betreffend
die Beblana* sowie der eidgenifadaohen und kantonalen Begalien u. a. w.
Unmittelbar bevor stehen die Revision des Zollgesetzes, die Einführung eines
nenen Z<dltarifs, der Alischluß neuer Handelsverträge mit d» m Auslände, an
Stelle derjenigen, welche mit dem 1. Februar 18Ü2 ablauten, sowie die Reviaioa
einer großen Zahl von Vollziehungsvorschriften und Spezialinstruktionen.
Daa Jabr 1892 dürfte aomit aller Wahraobeinliebkeit naeb ftr das sohwei-
Mriaobe ZoUwesen ein epoobemaebender Wendepunkt werden.
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JZollwesen
— 462 —
Bumniariaehe ZusammensteNuig der Bin- nad Aasfnhr 1850—1884
nach den amtliehen Tabellen.
fiinfahr
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1850 )
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1869
18 786.328
940,229
213,688
1870
21,175,701
637,733
180,274
1871
25.450 358
1,043,991
256,568
1872
■ 31,494,139
1 786.188
266,614
1873
34 821.259
2.726 306
257,013
1874
34j,4i7,31ö
3,397.909
217,297
1875
40 330,160
3. 1 68 3 II
263,642
1876
43,322.071
mttr. Zentner brutto
2,585,920
289,394
1877
19,679,494
895,580
360,253
1878
18,398,187
453,870
310,921
1879
19,593,503
445,659
268,246
1880
21,285,764
527«201
243,693
IHSI
19,910,291
611,070
254,997
1882
20,621,066
1,217,098
243,360
1883
21,710,629
1,515,828
254,548
1884
22,222,177
462,275
316,414
') HObbteine, Schiffe, PflOg«, Schlitten und tob 1852 an: Wafen, inkl. Eieenbehn-
wagen.
*) Tbiere ; die in den Zolllabellea gelrennt aufgefübrtcn Bienenstöcke sind bier weg-
geliu>gen.
*) Bis zum Jahre 1875 sind Masehinenreparaturen inbegriffen.
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2oUwesea
— 463 —
ZoUweeeo
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1,208,656
1,273,416
2, ii 1,998
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65,393
1853
4,878,568
1853
1,166,106
5,626,515
59,633
1854
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6,070,517
62,370
1855
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1856
1,558,258
6,966,518
108,936
1857
1,617.864
5,670,220
86,833
1868
1,476,115
5,009,217
84,436
1859
1,435,351
4,251,045
RH, 498
1860
1,451,508
6,098,546
9 0,2 Hl
1861
1,721,236
7,187,738
84,716
1862
2,054,186
5,839,249
111,550
1863
2,078,088
7,494,336
101,530
1864
1,988,274
6,382,010
89,616
1865
2,188,990
7,108,963
123,412
1866
2,330,533
6,428,475
119,239
1867
2,486,668
6,102,833
120,418
1868
3.609,138
2,785,325
7,802.515
137,681
1869
7,144,810
132,376
1870
3.372,492
6,055,092
108,653
1871
4,OMfi,f;4n
5,351,940
127,490
1872
4,349,474
3,612,936
6.174,207
122,375
108,697
1873
5,818,787
1874
4,053.594
5,753,070
114,624
1875
4,051,724
5,375,5 1 3
116,921
1876
•
4,453,979
■etr. Zentner brutto
6,183,323
106,782
1877
2,222,849
5,378,191
169,192
1878
2,242,268
5,759,623
116,089
104,853
1879
2,230,344
7,965,358
1880
2,493,433
8,238,214
113,828
1H81
2,639,683
7,758,420
ior,,2on.
1882
2,793,082
H.2HC..()51
122,643
1883
3,048,346
7,7i14,Sl'1
120,431
1884
3,426,896
7,387,453
102,751
1) Hok und Holzkohlen.
*) Thien.
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Zollwesen
— 464
ZoUweseii
Uebersiobt des Waarenverkehrs der Schweiz mit dem Aosiande
WaarengattUBg
1885
1886
Wcrtli
L Abfälle und Dün^offe .
IL Chemikalien:
A. Apotbdcer- 1. Dr^fritw. .
B. Chtnibiien f. geiraiL Mnith
C. Farbwaaren ....
IV. Holz
V. Landwirtbü. ErzeugDiße
VI. Leder
VII. Liferai., wissonscliafll.
und Kuiistyegeüislände .
Vm. Medi. GegeDstSndc :
A. Ubreu \
i Uhren . . .
IX. Met;tUe:
A. Blei
C Kupfer
D. Niokel
E. Zink
V. Zinn
G. Wie Metalle ....
H. Erze i. Metalle, fmcbitdenc
.X Mineralische Stoffe . .
XL |jahrungsi.6ena6mittel
Bier, Weiu, Branntwein,
Sprit m Fäfiera . . .
Xll. Ode und Fette . . .
XTIT. Papier
XIV. SpinnslolTe:
A. Baumwoll'' ....
B. Flachs, Hanf, Jute etc.
il Soidc
D. Wölb'
£. Kautschuk uti Qutlaperelii
P. Stroh. Rohr, Bast etc.
G. Konfektion.«- u. Modew.
XV. Thiere u. thier. Sloflc :
B. Tbieriscbe Stolle . .
XVI. Thonwaaren. . . .
XVIL Verschiedene Waaren
Total { Stücke
1 Liter
Total Wertb«
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408,184
S3,196
334.034
81,364
61.552
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172.209
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13,933
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14.071
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5,223,985
Liter
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1,170,026
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23,586,310
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1,063.258
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283,5.30
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4,654.951
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11,373,610
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1,897,950
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24,294,900
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2.583.104
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5,679,856
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62,499
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71,804,759
Fr.
6,474,909
8,206,496
17,470,070
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13,637,100
5,249,876
24,881,780
8,520,780
1,960,600
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907,098
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19,366,450
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31.661,944 <
. 1 756,253,164
799,230,060
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ZoUwesen
— 466 —
ZoUwesen
in den Jahren ld86<-1889 (Spexiaihandel).
a. Einfuhr.
1887
1888
1889
Menge
1 Werth
Meu^e
Wertlk
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Fr.
q netto
Fr.
486 HiU
5 165 177
54'8 706
8 628 718
561,296
6,474,808
■33,07 1
3.3:^8,450
20.714
2,919.670
22.122
3,135,940
19.533,776
379,637
18.924.058
400.241
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84,708
7.109.itO'
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7.3.59,042
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60.252
2,383,664
2,120,997
14,4< »3,657
2,389,9(>8
16.293,223
2.397.982
16.9.55.397
374,515
6,472.S5,S
416,.371
7.461,789
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29,012
19,536,150
30,467
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9.353.877
16.063
9.304.220
17,303
9.041.003
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1 869300
594
1 839 8(»0
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3.123 0(X)
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1.021.288
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4,318,528
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9,107,706
97.184'
13,516,851
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14,677,913
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1,049J31
8.435'
609,454
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897.348
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1.180,469
21,064
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29,283
1,389,881
1,297.144
30.187.527
1.311.471
31.614.382
1,427.504
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4,892,275
18,946
5,211,950
29,609
6,221.440
1.098
618,175
1,113
611,125
1,268
683.8.50
17,SiS5
1.129
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ZoUwewn
~ 466
Uebersiobt des Waareaverkehrn der bcbweiz mit dem Ansiande
I. AbfBlle mid Dflngstoffe .
II. Chemikalien :
A. Apotheker- 1. I>rigi«rit«. .
B. rhHrilaltM r. f ««<rU. MnMh
n. Furbwaaren . . . .
III. Glas
IV. Hol«
V. T,;in<hvirtlt8. Erzeufnifie
VI. Leder
VII. Literar., wfaaeiMchafll.
und Kunätgegenstände .
VIII. Mech. Gegenstände: .
A. Ubren i ,^
1 iThren . . .
IX. Metalle:
A. Blei
B. Ei.sen ......
C Kupfer
D. Xicki'l
E. 7i!il
F. Ziüi.
G. Kdl.- Metalle . . . .
!I. Kr/.« D. Molalle, Tcrüchit^foc
X. Miueralische .Slofle . .
XI. NahruDKs- «• Genußmiltel
Hier, Wein, Branntwein.
Sprit in Fftßem . . .
XII. Ocle und Fette . . .
XIII. Papier
XIV. SpiniiMlnffe :
A. liiiuiiavolle . . . .
B. Flachs, Hanf, Jfuto ete.
C. Seide
D. Wolle
E. Kautschuk und UaUa|itr(ha
F. Stroh, Hohr, Ba.sl etc.
<t. KonlVkliona- u. Modew.
XV. Thiere n. thiw. Stofle:
A. Thiere
B. Thierische Sloflfe . .
XVI. Thonwaareu . . .
XVn. Verschiedene Waaren
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Total V Stücke
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1,8,54,141
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der Schweiz.
(Urproduktion, Handel, Industrie, Verkehr etc.)
r
Herausgegeben und redigirt
▼OD
unter Mihnrkiuig
von Fachkundigen in und ausser der Bundesverwaltung.
Alle Rechte getoahrt,
lY. Band (VI. Halbl»aiid), Supplement
Aardfcomktloii bis Zflrla]iseebali]i«a.
Bern.
Verlag von Schmid, Francke & Co. (vurm. J. Dalp'sclie Buchhandlung).
1892.
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Aarpkorrpktion. Für die Korrektion der Aare zwiHcben Interlakeii nud
Thuuer»>ee iht dem Kaiitou Bern ein liuudeisbeitrag von Fr. 153,iiOU = 'ya der
Yonsschlagannime (460,000 Fr.) zugt-sproohen worden. Die Ziisioheriuig dieses
BaDde8beitrages tritt erbt inKr It nachdem von Seite des Kantons Bern sowohl
die Ausfiiliriing (icr Korrektion als auoh des durch die Dam|ifscl)if}'fahrt.sgebelli?chaft
des Thunertiee ii m erstpllenden HchitltahrtskanalH gesichert sein wird. Von da an
soll die Ausfiihrung der Arbeiten innerhalb 3 Jahren Rtattfiaden.
Alkuhulmonopol »iehe im Artikel „StuaibiuuDo^ole" Seite 132 u. if. des
ni. Bandes.
AUmeildeii (Allmein, Allmend, AUment, Allmet, Allmy, Allmig, Greraeind)*
Daß Allmenden, d.h. Allgemtingut von Gemeinden und Uffentlichen Korporationen
an Grnndbefiitz schon vnr dem Ende der Römerzeit in der Schweiz voik nm n, also
ror dem 4. Jahrhundert, ist hibturi.«>rh nachgewiesen, denn auf Seit« 22 'J, Ii. Bd.
dieses Lexikons spricht Fritz Rödiger von LandscheniiUQgen, die Seitens der
rOaiflohen Gewaltbaber im Watlis m AUmendxweoken gemaehl worden seien.
Allmenden mnß es ttbrigens Torlier edion gegeben haben, denn die VolkMtKmme,
welche in yorbistorischer Zeit in der Schweiz hauBten, lebten ohne Zweifel in
Gruiidhesitzgemeinschaften, die sieh nach und nacli mit dem Ainvachsen dt-r Be-
völkerung in kleinere Theile zeri^plittertea. Aber diene kleineten Theile waren
immer noch grüß genug, um jeder fUr sich recht große Allmenden zu bilden.
Und daneben gab es immer noob herrenlosen finden genog, so daß, als die
Helvetier naeh ihrem vernngliickten Zng naeh Gallien in die Heimat zurück-
gekehrt waren, die Römer leicht etwas zn vertheilen vorfanden. Die Römer
machten aber auch Grundbesitzschenkungpii an Kinzelppr'^onen (ausgediente Militärs,
Günstlinge der Kegenten etc.), so daß mit Sicherheit anzunehmen ist, es sei damit
mehr ali> je zuvor der Anfang zum Priirateigenthom an Grand und Boden in
der Sehweis gemacht worden. Auch die Grttndung von Städten dnreh die Börner
hatte eine weitere Ansbildnog dee PriTateigenthums und Sohmlllerung des Gemein-
eigenthums zur Folge.
Diese Zersetzung machte jedoch kaum große Fortschritte, nachdem die Herr-
schaft der Bdmer zu £nde gegangen nnd die Schweiz zum Theil von Alemannen
heT^kert wurde; denn diese huldigten der Mark*, Dorf- und Hofrariassttng, d. h.
einer dem Allmendprinzip ähnlichen GrundbesitsgemeinBchaft. Dan Wort Allmend
ist noch überall gebräuchlii h. wo sich Alemannen angesiedelt hatten. Auch kommt
an seiner Statt oft das Wort Gemeinmarch vor.
Die Allmend veriitiltnisse der deutschen Schweiz sind von Prof. A. v. ^liaskowi^ki,
wlttirend er an der UniversitSt Basel wirkte, sun Gegenstand sorgtültiger Unter*
snchungeo gemacht worden. Das Resultat derselben ist in einer langen Abhandlung
Digitized by Google
Allmenden
— 2 —
Allmenden
niedergelegt, die im IL Band des 1879er Jahrgangs von Sohmollem .Staate-
und sozial wissenschaftliche Forschungen'' abgedruckt ist unter dem Titel «Die
Bchweizei AUmenil in ihrer geschichtlicli'-n Fntwit kl-t'iL'' vom 13. Jahrhundert
bin zur Gi ■nwart'* (1876). Unter den vielen Uuelleii, deren sich v Mia,sku\vtiki
bedienen mußte, hebt er als die bedeatendsteu hervor: Blumer » ätaat«- und Rechts-
geaohiohte der eehweisaiisohaii Demokratien; A. HeaeWe AnfiriCtse ilb«r die Beeht«-
verhXltnigae am Gemmnland in Untt rwalden, in Band X der Zeitschrift fiir
gchweizerischea Recht; F. v. Wyß' Aufsätze über die schweizerisolieD Land-
gemeinden, im I. Band der Zeitschrift für schweizerisches Hecht.
V. Miaskowski unterscheidet folgende Arten der Allmend:
1) Sog. Pflansland, d. h. Gcmfiia- und Obstgärten, Aeoker and Wemberge,
welolie, floweit sie in Gebirgsgegenden Torkommen, gewOhnlieh in den ThSIem,
anf sanften Bergabkttngan und niedrigen Bergplateaux gelegWk sind;
2) Wiesen, meist an denselhen Orten, aber auch (wie z. B. die Wildheu-
hezirke) un >teileu und schwer zugänglichen Gebirgslagen, „wo Kuli and Kalb
nicht mehr hinkommen;"
d> Weiden, früher den größten Theil aller Allmenden amfaisflod, kommen
gegenwärtig nnr ausuahmsweii^t; iu der Ebene, aber regelmäßig auf den Alpen
vor. Diesp sog. Gemeinalpeu, im Kaiituu Schwyz auch Hochallmenden genannt,
macheu einen hauptsächlichen Theil d^ Gemeingut« in Sohwys, Uri, Obwalden
und anderen Gebirgskantonen aus;
4) Wilder, die das Brenn-, Ben- nnd Katehols liefern;
5) Waldbodeo, mm Boden und snr Urbarmaohung;
6) Boden, zum Anpflanzen von Bäunen;
7) Boden, zum Bau von Häusern;
8) Moore, Torfgründe, Fischteiche, Streurieder, Strand- und üferboden.
Es gibt auch AUmendgenoesensohaften, die ala aog. «Bargemntien'* dw Ge-
noeeen Lebensmittel, Geld, Ziegel, Geaangbfloher verabfolgen.
Die Nutzung der AUmendgenossen war früher nn ist eine gemeinschaftliche
in Wald und Weide. Nur allmälig, namentlich seit der Refurmationszeit. beginnt
auch die Sundemntzung einzelner AllmendstUcke, als Gärten. Aecker, Reh- und
Wiesland, größere Dimensionen auzunehmeu. in der Gegenwart kommt die gemein
iohalllidie Nnteang in der Ebene nnr sehen tot, wKhrend sie sieh in den GebirgS'
gegenden, namenÜich an den Gcmeinalpen, durch an?erlnderliche, natürliche
Verhältnisse bedingt, noch in großartigem Maßstäbe erhalten liat. Auch hat
neben der Benutzung der Allmend durch die Gcnieindegenoissen ihre Verwendung;
an Zwecken der politischen Gemeinde immer mehr Verbreitung gefunden. Im
Znannuenhang mit der verladertea Art der Kntznng steht aueh die theUweise
yerlindemng des nraprUngUohen (finna, den man mit dem Ausdrooke Allmend
verbindet. Während nämlich nrsprflnglich alles Gemeingut, als dasselbe zugleich
der Regel nach von den Genossen gemeinsam genutzt wurde, Allmend hieß,
wurde im Laufe der Zeit derjenige Theil der früheren Allmend, welcher fortan
theils direkt, theils indirekt (als Erwerbsquelle) zu Gemeindeaweoken yerwendet
wurde, allgemein yon dieser Beaeiehnung ausgenommen. Als die Sondemntenng
sodann immer mehr Verbreitung fand, wurde der Begriif der Allmend in einigen
Gegenden auf diejenigen GeineindcgUter eingeschränkt, die nach wie vor in ge-
meinsamer Nutznng der Genossen gebliehen war, während er in anderen Gegenden
wieder eiue Beschränkung nach einer anderen Seite ertuhr, so daß der Umfang
') Verlag von Duncker und Humblot, Leipzig, 1879.
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AlimenUeD
— 3 —
Allmenden
des AUmendbegritfs gegenwärtig in den verschiedenen Tbeileu der äohweis ein
«ehr venohiedener iat.
Der arsprÜDgUch weitere Sinn wird mit dem Ansdracke Allmend noch gegen*
wärtig hauptsächlich im Kanton Schwyz verbunden, wo die im Eigenthume der
Gemeinden und sonstigen Tlffentlicben Korporationen befindlichen und tast aus-
nahmslos von den Genossen genutzten Wälder, Weiden im Thal, auf den Vor-
bergen imd Alpeo (Hett' oder HMinkohweiden und HoobaUmendea), die Strea*
und Torf iKndereion, Wiewn, Aecker nnd Oirten (letstere beide Kateforien auoh
als Pfianzlaud bezeichnet) m. t. w., gleichmäßig cn den Allmenden gerechnet
werden, so daß man hier, um die einzelnen Species des Genus Allmend zu unter-
scheiden, von Boden-, Mittel-, Hoch-, Waldallmenden u. s. w. spricht. Neben
dem regelmäßigen Gebrauche des Ausdrucks Allmend in dem eben besprochenen
wwtern Sinne lu»mmt ireilioli anob in Sohwya annuüunsweiae der Gebraneh deaeelben
und namentlich des Ausdmokfi Allmy in dem engero Sinne vcn in Gemeinnutzung
befindlifhem Gemeingut vor, so daß in diesem engeren Sinne unter den Allmenden
nur die Gemeinweiden verstanden und dann Rowohl dem Gemeinmärk, d. h. dem
in äondernutzoug befindlichen Korporationsbesitze (Garten, Aecker, Wiesen) als
Attoh den GemeinwSldem entgegengesetst werden.
Wlhrend dieser letztere Spraohgebranch aber im Kanton Schwyz nur ans«
nahmsweise üblich ist, bildet er im Kanton Uri die Begel. In diesem Kanton
dient die Allmend nur nuHnahnisweisf zur Bezeichnung der fiSniratlichen ira Eigen-
thume der Bezirk^jkorpurationen beHndlichen Nutzungsguter, der Allmenden in
.Boden nnd Berg", indem die Gemeindewälder, daa gemeine Pflann- und Wiea-
land gewlflinliob nicht an den Albnenden gereobnet werden.
Ein anderer Sinn wird den Allmenden in den Kantonen St. Gallen nnd
Glarus untergelegt, indem unter denselbeo nur die im Thal gelegenen Gemein-
weiden verstanden werden, so daß man sowohl dan Pflanzland und die gemeinen
Wälder, uLs auch die Alpen nicht als Allmenden bezeichnet. Im Kanton Unter-
walden dagegen wird bisweilen ttberbanpt das im Tlial gelegene Qwneingnt,
gleichgültig ob dasselbe als Pflanzland, Wiese oder Weide benutzt zu werden
pflegt, und im berni.schen Amtsbezirk Oberliasle nur daa im GemMnei|^tbnme
befindlicbo l'Hanzland im Thale als Allmend bezeichn'^^^.
Eine ganz singulare Bedeutung haben die Allmenuen im Kanton Baselstadt,
wo man unter denselben die Ar jedermann offen atebwiden res pnblieae, wie
Brucken, Sffentlidie Wege o. a. w. ▼ersteht.
In neuerer Zmt werden auch, namentlich in den Kantonen der Ebene, die
Alimenden ausschließlich oder doch vorzugsweise als bürgerUebe NntsangB|gtt,ter
nnd ihre Nutzungen als Blirgeruutzungen benannt.
Alles das als « Allmend" aufgefaßt, was sich als Liegeusohaft im Eigenthum
Ton Gemeinden nnd SfientUehen Korporationen befindet» ttbwtiaf im 13. und 14. Jabr«
.hundert der Um£u|g der Allmenden bedeutend den Umfang des vom Sondereigen
und Erbe eingenommenen Gebiete«. Mit diesem Satze bestätigt v. Miasl;w^ki
unsere weiter oben ausgesprochene Ansicht, daß unter den Nachfolgern der Kianer
das Prinzip des PrivatgruudbesitKes geringe Fortücbritte machte. Ja es muü sich
sogar zeitweise eine rttcUinfige Bewegung geltend gemacht haben, denn Ueber-
tragungen von Soudereigenthnm an Kirchen und Klöster sind aus dem s. Jahr-
hundert urkundlich nachgewietjen (Abtei St. Gallen). Seit jener Zeit freilich,
schreibt Miaskowski, läßt sich da.s fortwahn'nde Umsichgreifen des Sondereigen
auf Kosten der Allmend quellenmäßig nachweisen, obwohl bis zum 16. Jahrhundert
sowohl die gaaoaseoaebaftlidbe Autonomie, Mwie die Gesetzgebung einer solchen
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Allmenden
4
AlpwiribschaÜ
Verringerang des AtlnendgebietM widentrebto, indem aie die ümwandliinf toq
Allmend in Sondereigen, ja selbst die Ersetsung der gemeinsamen Nntsnng dorch
Sondernntznng wiedeiholt verbot. ^Aber nichts destüweuiger schritt der einmal
eingeleitete Proz>*ß unaufhaltsam fort, sei es, daß Gemeinde nnd Staat durcii ilie
ÜMcht der Lniätunde genüthigt waren, daa «iovachen" und „inscblagen" voa
AllmMtdstndBeD aosnalunfl weise eu gestatten oder dafi die Eioadnen in fhtadem
logia oder dooh nnbekttnunert am die Verbote AUmendtheiJe in Sondematcnng-
nahmen nnd längere Zeit in Sondemntxiuig behielten, woratin Klch dann im Lanfe
der Zeit häufig das Son<lereifren entwickelte. Seit dem Ib. Jahrhundert, nament-
lich ab^r im Anfange unserem Jahrhundert», ätelleu sieh dann Staat und Gemeinde
selbst an die Spitze der Bewegung, welche eine Einsdiitnkang der Anmend be»
swecktf indem der Uebergang einselner Theile in Privateigentbam oder in ledig-
lich fiskalidchen Zwecken dienendes Oemeindeeigenthom bogUnstigt wird." Sehr
viel liaben dnzu die kriegerischen Ereignisse nm die Wende des Jahrhundert»
mitgewirkt, so daß /,. B. die Regierung des Kantons Lnzerü das Gesetz vom
28. Brachuionat lb03 btstreü'eud Vertheiluug der Gemeindegüicr mit den Worten
begleiten konnte: «Weil die Pflioht der R^wang erheiadit, besonders in den
gegenwärtigen bedrKngten Zeitumntänden für eine bessere Kultur des Bodens an
sorgen" — eine treffende Illustration des Lehraatxee, daß PriTateigenthum zu
höherer Thätigkeit anspornt als Gremeineigenthnm.
Alpwirthscbaft. (Von Herrn Fritz Rod ig er, Kulturtechniker, Solo-
tbnm. Verweise auf Sohatamanns gleichnamigen Artikel, Band 1 des volksw.
Lexikons, nnd auf meine Abhandlnng Uber Gesehiohte «der sobweia. Landw.*^
Seite 228.)
Wer ein Gewerbe oder eine Wis<;ensc]ifitr irriindlich erfassen will, der uiuli
zuvörderst dtssen Geäduv/ilc kennen lernen. Auch die Alpwirthscbaft hat nicht
zuerst Bluthen und Früchte getragen und die Wurzel suletst angesetzt. Die
Alpwirthsobaft (vorwiegend Weidewirthsebaft) ist der ilteste Zweig unseres Land-
baues, da in den Gebirgsländern die Landknltur und mit ihr auch die Geiste»*
kultur von den Hülien (Alpen und Bergend In i it zu den Tluib rn stieg, nicht
umgekehrt. — Mit dieser Erscheinung im Kaiii(>if uni s Dasein, in und auf dt*n
Alpen, iritt auch die eigentlich und hauptsächlich treibende Ursache zum Betrieb
der Alpwirthsobaft auf: die ViehgueM^ (ViehYormehrnng, Erbaltnng, Nntxung
und Handel), neben dem nOthigen nnd damit nnerläßlieli verbundenen Ackerbau.
— Schon zur sogenannten Rcnntfiierzeil, welche auch in Hidilen Jis .lura s und
der Alpen ihre dentlichen Spuren hinterlassen hat, (Höhlen zu Thayngen Herb-
liogen, Freudcnthal, Kaltbrunnenthal [bei GrellingenJ, Thierstein, Liesberg ua
der Birs, Yeyrier [Salfi^e], ViltenenYe [Waadt], Domleschg [Bünden]) stellt sieh
sui^rdent, neben a. dm itenntluery b. das Pferd ein, o. das 8eh»em nnd d. das
Bindy in Knoobenfbnden nnd a. b. c. sogar in Abbildungen (Qraroren auf Knochen),
wie wir sie nicht heRser bis zum Schlüsse de« Mittelalters wiederfinden. Gestalt
und Gewicht mußte selbstverständlieh noch unvollkommen nnd gering sein. Schon
in der zweiten Zt^itabtheilung von Bedeutung, zur Pfahlbauten zeil^ (wie viele
Jahrhunderte dazwisohea liegen, wissoD wir niobt) ist das Rind das hemohende
Thier; da.s Rennthier, (das firtthste Alp- und Nutztlner') ist ausgewandert, das Pf«>ril
nach dl ni Hintergründe verdrängt, da.-* Schwein in doppelter Ge>talt vorhan den
und dazu treten Sdiaf und Zietfe. — Das Kind erscheint bereits iu zwei Kacen,
ab graae, kleinere Gattung (Bos iaurus) und als grüikre und tleckige, wie die
Knochenkenner behaupten. (Bos primigtnius). — Den Hundf der treue Begleiter
der üirten, finden wir sehon anr Renntfaienmt, wenigstens in den sohwäbiscben
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AlpwirÜiacliafl
— 5 —
Aipwirt hschafl
filttilAn; er wird <i***t*^i« aieb den eehweiserieohen nidit gefSdilt beben. — Dea
Pferd hatte sieb, wenigefame in den Thälern, bereite weeentlioh vergi^fiort» Diefi
Alles bestätigen sodann die Römer und Griechen — handsohriftliob — nooh
bevor erstere Helvetien und Rätieu, die jetzige Schweiz, eroberten; denn sie er-
aählen, daJi bie aas den Alpen gntee, wenn auch kleines Milchvieh (Rinder)
belieben^ sowie Käse, Felle, Leder, WoUe, Fett und Fleisch, Honig, Holz, Han*
bOberne FÜMer (etwM gras nnbekaantes in r0mi8<dien Landen) «Ce. Später, all
die Börner Herren im Landt; geworden warwi, bevorzugten sie für ihre Reiterei
vorzüglich das kleine, dauerhafte, g;ewandte und ebenmäßig gebaute Pf<»rfl Ratten«,
von welcher Rasse wir heute noch in Graublinden (besonders Lugnez) gerngekauft«
Formen vorEndeu, uad ebeoüo gern vert»ut'gteu die Römer ihre Legionen mit
rStiaebem nnd belvetiaehen, gerilaohartom Sobweinefldaeb ana den Bwgan. Dnrdi
di« Blfnier erfahren wir andi die einlkohe Bauart der Aelplar-Wobnnngan, die
meistens Blockbütten waren von geringem Umfang, wie da, wo sich geeignete
Steine vorfanden (wie in einem großen Th»'i]f Graubündenn, Wallis, Tessin),
überall von Trockenmaaern mit Plattendachern (etruskisch). Hier erüahren wir
«nah dnrob bintarbnene Inaobfiftan nnd Auikaiohnangen, daß die fiSmar die vor-
geftindanen Qaa-, B>aU-, StadtbenilBB- nnd OorftinibMlnngan, walohe «ia vnr>
nnd gut fimden, beibehielten — nnd Alpen, wie Weiden (spätere Allmenden),
als Gemeingnt erklärten und an (renogsenschaften (w l^bp bereits in df'Ti nlter-
grauetiten Zeiten die Keltogermanen kannten an Gemeinden, Kolonieen und
Privatpersonen abtraten und behufs ihrer Steuerbedürfniase aufs Neue ver-
meieen Uefian.
Von dan 8taU»ng«» fltr das Alpvieb besagt nne freilieb kein geeobriebenea
Dokument etwas. Auch hier müssen wir uns auf die Tiaditiuu und auf Ruinen
verlassen! Denn daß die Alten zu jener Zeit gnr keine Stallungen gehabt haben
sollten, um die Thiere vor Sturm mid Wetter, wilden Thieren und menschlichen
Uebertiillen, und im Winter vor üaite und Schnee, in der Nacht vor Absturz und
Yarirrnng siokar an etellen, iKßt aiob niebt denken, da ja einsig im Yiab ilir be-
wegliches Yerm^lgan bestand ; und so finden wir denn in den Alpen, Vorbergen nnd
Jura heute noch manche ehemalige Erd- und Felsenumwallung, manche Bingrabung
in lockere Felsen- und feste Bodenarten, welche leicht zu tiberdachen waren und
die heute noch die sehr bezeichnenden Namen : Thiergarden (nicht Garten), Herren-
looh (Haerdanloeb), Brühl, Sutlli, Sän-, Geiaen-, Schafbabel nnd CMben etc.
(romanieob: Sdievanrtroba) oder knnwag Burg tragen, die wabreoheinlieh bis weit
ins Hittelalter berein im Gebrauch blieben nnd deßhalb ins Deutsche Ubersetzt wurden.
Mitten in di«aen ümn';tll';T)gcn oder an libernll sicbt])arer Stelle befand oder befindet
sich heute noch ein Kegelwaü (Erd- oder Felsenthurm), auf welchem zur Nacht-
zeit das Feuer brannte, zur Verscheuchung der Bären, Wölfe, Liichse etc., welches
die Hirten, welche ibre Htttto innert der Umwallung hatten, fortdanamd unter-
bidtan, wenn gefährliche Thiere in der Nähe waren (wie ich es selbst noch
einmal im ünterengadin erlebte, wo freilich nur Feuer und Stutzer ohne Um
Wallung abwehrtt ii, immerhin das Feuer auch auf einem Hügel brannte). T">ieae
üm Wallungen umtaDten meistens auch ioiueiien resp. Trinkwasser oder war solches
wenigateaa naba — wie noeb baute araebtlicb — gana ao, wie man damale der-
Vi S. Ansichten Ober die keltischen Alterthfimer von Cbr. Keferstein. L Seite
XXVII. Halle, 1846.
-) S. meine Abhandlung über «die Geschichte der Schweiz. Landwirthschaft*.
OalKer nnd Helveter kannten die Vermewnng fHiher schon. D. V.
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AlpwirUndiaft
AlpwirUiaefaalt
«rtife Anlagen *) (d!b wvk im AmUnd „Banernbnigwi* graaiint) im Thal hatte
ftr die weithin aiMfedahnten AllDenden!
Aua den vorgeschicbtlich^'ii nn<\ römischen Zeiten huhen sich in den Alpen
aofitreitig auch eine aicht unbedeutende Zahl von FrivatätAllungeu erhalten, wie
ja in den Yoralpen und Th&lern auch (römiBche bei Pfunds im Tyrol, nahe der
GteoM TTnterengadiiifl, liai Samnann), veldie dnzoh das Hittelalter hindnrch« his auf
unsere Tage gekommen sind. Was artibkn ne nns? — Daß noch bis in unser
Jahrhundert herein — die Alpthiere, vor allem die Rinder, Kühe und Stiere
viel kleinere Ställe bedurften und viel weniger Siallranm! Ja, wir linden
die dauial» üblichen Stallungen (Stailbriiken) selten viel länger, aU 1, hüch»teus
1»2 H«ter. Diese Tbattaebe finden wir allttberall bestStigt, etwa mit Anenahme
der Freiburger, WaadtUtnder und eines Theiles der Berner Alpen. Das Vieh
war demnach, noch zu Anfang dieses Jahrhunderts, bedeutend kttxzer, iLleiner
nnd, nach unserem heutigen Geschmack, tinsehSner.
Da kam die neuere Zeit mit ihren mannigfachen Errungenschaften und lenkte
ihre Anfinerksamkeit besondezi anoh anf däi nrkrttftige Alpenvieh, als Grund«
ibge einer allgemein befttrworteten Anffrisehnng. Dieie Aera begann haaptBMdlUob
mit der Begründung der landwirthschaftlichen Akademieen (Hbehidralen') um 1812
in Peiittichland, Marffh'n, Jena, Bonn, Hohenheim u. a. m. «nd wnrde mächtig
gefordert durch das glanzreiche Kmpoi'bltthen Jfofwijls. Tun da an stieg die
^«achfrage dauernd aus aller Herren Läudern und iu allen Thälem, und ich
werde kaum «n bocb greifen, wenn ieh bebaapte, um 200 bis 350 Prosent. Das
Tieb wnrde bald von den Händlern, resp. Kinfem selbst in unsern Thäleru
gCRiicht und die Wt-lsclilandfalirten nahmen nach und nach ab. Die Abnehmer
bezahlten immer hoher steigende Frei.se für schöneres Vieh, und der Viehzüchter
begann sich bald nach dem Grescbmacke seiner Abnehmer zu richten, obgleich
dadnroh manobe Grundeigentbttmliobkeit des Gebirgeviebes cnrttektrat. Im Ver-
knfo weniger Jabnebnte nahm das Vieh an Schönheit nnd TJm&ng «n, fast in
aUeiB Thälern* Sogar die kleinsten SchlSge suchten sich zu strecken. Auch sie
wurden, im Verhältniß zur alten Zeit, viel höher bezahlt und eifriger gesucht.
Lange bevor es noch einem landwirthschaftlichen Verein einfiel, welche übrigens
zu Beginn der Entwioklungsperiode noch selten waren, lange bevor noch ein
Staat resp. Ktnton daran dachte, die Vid»acht regelreeht an nntersttttmn, be-
gann der von mm bertthrte Aufschwung. Gleiebseitig begannen sich auch die
Alpenkff-frpien allmSlig nielir Geltung zu verschaffen mit ihren Produkten und
bereiteten ihren .•-•iegr eichen Vormarsch vor herab in die Vorberge und Tiefthäler,
Die Paarungen der Zuohtthiere wurden vorsichtiger betrieben, auch unterm Klein-
vieh, besonders bei den Sohafeik (was letateree natOrlieb mißlingen mußte) — nebst^
dem hatten tüchtige Männw nnd geistliche Stifte ^) in nnd an den Alpen, sowie
im fnra eine berühmt gewordene Pferdezucht anfgebaut.
In Graubünden wurde das kleine Urpferd jener Berge erhalten; unl neben
ihm traten allmälig, bis in unsere Tage herein, die £inaiedier, Erlenbacher»
Fniberger (Jonsner), Freidui^er und Waadtlftnder, ab halb« und ganisehwer»
^) Im Jura, Hügelland und Alpen sind deren noeh manche in ihren Ueberresten
zu sehen.
*) Die ^tilstiicben Stitie, welche im Mitlehtller bis Schluß des vorigen Jaht bunderts
und noch in diesem d«f Pferde- und Viehzucht, wie überhaupt der Alpwirtbschafl, muster-
bafl vorangingen, waren baupü;ü<-blich IM-sculis. St. Gallen. Pfrifr' i-, Zürich, IJri. Muri,
Säckingen - Glaru-s, Einsiedeln, Engelberg, Mariasteiri - Beinwil, Homammotier, St. Bern-
hardin, St. HoriU u. a. m.
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AlpwirUiscbaft
Alpwirthschaf
Bot-, KutMihfln- mtä Fnohtpferde in den yordergrand, w«il mit dm Aik iam«
mdir atudehnenden, iMMeren Stnfien, dM Umm Reit- und Sansuoft den fest*
koochigern Wagenpferde weichen maßte; am aleobald darauf von der Hindvieh»
saoht wieder an dio Wand gedrückt zn werden. — Za Auffing dieses Jahrhunderts
und bis in die neuere Zeit trat der uigenthümliche Irrtbum ein, veranlaßt durch
die Erfolge großer Schäfereien im Aualande mit spanischen Schafen : die Alpen-
aehaft ebeo&lls dnroli Krewang mit Merinos lieben sa wollen; statt die ein^
heimisehen Bacen dnrob eine vernünftige Inzucht anfinbaaen, wie ea aUttbeiall
in den vorgerückteren Alpenthälern mit den Hindviehracen und Schlägen geschah.
Da« Vorhaben konnte in den Alpen nicht Boden fassen. Aehuliohe Fehlgritfe,
wie gegen da» AlpeuHchaf, das ja bekanntlich die schwere Aufgabe bat, die
hSohstgelegensten nnd mobesten Alpen ansinntttien, obne Stall und Wall, weß*
balb man ja dazu kein vevfeinertes Blut braooben kann, — that man anob gegen-
über dem Alpenachwein, zuerst von Italien her, — obgleich das zähe Alpen-
schwein durch seine Dauer, FrnrhthHvkpit nnd größere Gesundheit, hei einigpr
guten Pflege, genugsam darthut, daß wenigstens in die Vor-, Mittel- und Hoch-
alp kein Schwein ans milderen Klitnaten paßt. Glttcklicherweise schien, trotz
aUen Yenuohen, der gefilbrlicbe Wechsel wenigstens in den höheren Regionen
nicht gelingen zu wollen ; mit AiL'^nalime der italienischen Lodirace, welche sich
in den südlichen AlpthSlern und Al[)en vielfach »'iu;,'ebürgert hat. (lieber die
neueren Versuche mit der fremden China- l'oland-Kaet? läGt sich Sicheres noch
nicht sagen. Es muß wenigstens ein Jahrzehnt abgewartet \s'erden.)
J>M Alpenthgw waren dann nnd wann ebenfklU in Geishr, nnter eimm von
Kiehtälplern und manchen Forstmännern laut gepredigten L-rthume schwer zu leiden»
als seien sie eine ernste Gefahr fiir die Gehirgswälder. Dieser Sturm hat sich
wefientlich gelegt. Man hat mildere Saiten aufgezogen. Anßerdem hat die Alpen-
zicgc im letzten Jahrzehnt an Ansehen, trotz Allem, beträchtlich zugenommen,
am einerseits vom Anstände her als Baoenanihriseherin bemfen zn werden, statt
dessen man noch vor wenigen Jahren den Fehlgriff begeben wollte, answSrtige
Ziegen, aus milderHU Gegenden, ins Alpenland einzuführen. (Man TOrgleiohe
darüber, wie bereits oben bemerkt, S. 243 des %n)lk«w. Lexikon.)
Auf den Alpen stiegen, nur in den letzten siebenzig bis achtzig Jahren,
hunderte ron Torbesserten, vergrößerten nnd neuen MpacMrmhüUen, Stallut^en
wnd Wohnungen ans dem Boden empor; selbst sogar in den Hoohalpen (Wildenen),
wo die Alpheerden meistens mr swwl Monate des Sommers sich Mif halten. In
felsigca llochtliälern hat man wohl auch da und dort dafür gesorgt, daß die
Thiere unter überhängenden Felsenlninken und Grotten Zutltichl üuden, selbst
da, wo der abgehärtete Aelpler noch in eigentlichen „Steinhaufen" (ungenügenden
Steinhutten) banst nnd seinen wttndgen BÜs kocht, oder in Hohlen, als modwner
Alpentrochlodit. Geht man noch einen Schritt weiter nnd kehrt zur alten Zeit
norück, wirft passende Wiille auf, Ktampft Hie fe.st zusammen (Pis^), welche man
mit einem leichten, aber festen Dache ül)ers|iaiint (nnf?ere Eisenzeit bietet dazu
{janz be(|ueme8 und wohlfeiles Material !), eo würden auf den Hoch- und Mittel-
alpen sich ganz gctiügende Sohirmbtttten nnd Ställe Achten Isssen, die des
Winters Lasten ebenfalls gebührend ertragen. Man ttberwOlbt anch passende
Felseneintiefungen (GHlnge) mit Trockenmauern, wie ich im WaUu sah, — allmn
— dann muss man dem Gewölbe eine Cementdecknng geben, Honst kommen die
Thiere in Morast zu stehen, wie ich es leider auch sah. — Für Schmal und
Klmnvieh existiren, besonders im Oberwallis, hie und da auch noch in die Erde
eingdgrabene StallbQhlen, ähnlich wie man in den Gebirgen Mitteldeutschlands
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Alpwirthscbafl
Alpwirtii Schaft
derartige KeUerUkthor anlegt snr Aofbewabmng
Erdlittttoii» in den norddantteben Haiden.
Die Mpwege haben ebenfalls im Allgemeinen viel Qnade geftinden vor den
Angen der Aelpler, trotzdem in diesem Punkte allerdings noch sehr viel zn
wUnschen übrig bleibt und stetsfort übrig bleiben wird, da hier die Natarereig-
nisse weit mächtiger sind, als die Menschen, nnd so ein «rechter Alpweg", wie
man rieh eolclien nnten in den TiefthUem yorctellt) vielfiMli melir kooten würde,
ab manche Alp wertb wäre. Einsicht und Rechnen lehrt, warum man dort
ohen sehr oft „fUnfe grad'' muß «ein lassen! Für «teile Alpwege bleibt immer-
hin das uralte System der „Bsetzi" (Pflästemng) das Beste, da wn man hierzu
die uüthigen und passenden Steine gewinnen kann, wie mau tu nouh am häuhgHten
im Wallia findet, wo der Weg oft anch gleichzeitig «WasMrfabxe* sein mu6.
Im Granzen iat ea in den Alpen viel leiehter Wege an banen, ala de an nator^
halten !
Viel ist geschehen betreffend Wasscn nsorgung ; manchen Orts ott zu viel,
weil allzu lange und allzu kostspielige Wasserleitungen zur Beschallung von
Trinkwasser, im Snne des Thalee, an große Anlagekapitalien beansprneben und
einen eatspreehenden Mehrwerth nioht gewSbrwit was bei d«r nieht allsn hohen
Bodenrente der Alpen wohl zu beachten ist. Besser stellen 814^ da die Jnrassier»
Sennberginhaber, mit ihrem einfachen, aber vorzilgliclu u Zhternrnsifstem, welches
noch durch die von mir erfundenen KtinsUjuelieny welche ebenfalls in dieses
Gebiet gehören, wesentlich verbesaert werden kann.
Die alten Sditirmbäume gdien viel&oh «ans dem Leim*. Man läSt statt
ihrer den nahen Wald bimUtzen oder pflanzt eigene Schirmwäldchen. Erfehiene
Aelpler jedoch haagen den Wald ab, auch wo die Thiere nicht schaden können,
well die Thiere bei warmer .lahrcHzeit sich viel zu lange im Walde herumtreiben,
um den Fliegen leichter wehren zu können und dabei dai> Weiden mögliehst lang
▼ergessen, folglich ungenügend fressen nnd saufen und so den Ertrag scbmSlera,
Schon aus diesem Qrnnde maß man auf allen Knhalpen die HwMÖger in Ehren
halten, weil der dort stets wehende, frische Luftzug die Bremsen- nnd Fliegen-
plag-e möglichst abhält. Der vernlhiftigc Wfideioechsely am besten der monatliche,
oder doch wenigstens anf vierzehn Tage gestellte, hat in den letztvergangenen Jahr-
si^ten sehr viele Anhänger gewonnen. Man muß daa Graa nidit allzu jung
ätten lassen, wenn man Erträge und ffesundes Vieh haben wäi. Nach meiner
Ansicht hat man nieht »im mindowi Theile die nnvertilgbare Maal> nnd Klauen«
rteuche der alirn jnrjren Weide zu verdanken. Ich werde zwar nur noch von
wenigen, wenn auch tüchtigen Sachverständigen unterstützt hinsichtlich dieser
meiner vieljäbrigen Beobachtungen ; die Zukunft durfte mir aber doch Recht geben.
Alpwiesen, xnr Besebaffong des Kothbenes für bSse Wettertage, werdwi mebr
und nuhr angelegt, da wo kein billiges Wildhen SO beben ist. DU Lager zu
solchem Zwecke umzubrerhen, wie neuerdings angcrathen wurde, nm dieselben
in „Alpeukunstmatten" zu verwandeln, wird von wirklicht n .-Velpk-rn niemals
geUbt werden. Einige Versuchsjahre werden geniigen, um die „Kunstalpen wiese"
ans Absebied ued Traktanden fiülen an lassen. Man vergleiebe hierttber Band I
des volkswirthsobaftlioben Lexikons, Seite 38, was Sohatsmann darttber sagt nnd
Seite 13 meiner Schrift: „Rad und Hemmschuh'*. Läger oder Stofel nennt man
die gedüngten Plätze einerseit« in der Nähe der Alpenhütten, anderseits die
vom Vieh selbst »lark gedüngten Hoch- und Tief läger (Lagerstätten), welch'
erstere bei schönem, letztere bei schlechtem Wetter, immer die gleichen, bentttat
werden I
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AlpwirthscbafL
Aipwirthschafl
Auf dm nur swd odear vkr Hmwie bentttiten Alpm werden rteto der
naiMiehe IHhig» nnd die iVoMto der VenHümmg^ wekh» ndrt Ins leiin
Ifonate laii|f in Gegtalt von febem GerSlI, Hand, Staab, Simereien, WuMor,
Erdanschwemmungen, Pflftn7<»Ti aller Art etc., fortwährend, auch im Lanf© des
WinteiB, Ersatzmittel herbeiBchatien, die entsciitiiienden Grundbedingung' n der
Fiiichtbarkeit bleiben und wird hier oben deßbalb da» SchreckgeHpenfit dur Kaub*
wirthMhaft nnd des Verftillee, ww man eo oft als Anihlngesebtld bentttik, nneli
den Begriffen der intn iv bewixtfaaoliafteten Thäler und Ebenen, aoßerordentlich
ubertrieben, wie durcli die von uns aufgerollte Geschichte der Alpwirthscbaft
selbst schlagend nachgewiesen wird. Bessere Futlerpflanzcn mittels Versuchs-
ffärlen auf deo Alpen verbreiten zu wollen, ist, wie alle biaherigen Versuche seit läl6
gelelirfe haben, das von Zoit au Zeit immer wieder friacbgeiegte «Eolombnaei",
das sieh abw nie auf die Spitie ilelten lasten wird. Biwben wir beim Prak«
ÜMÜien! Weitere Versuche mdgen immerhin reiche Leute oder Koipoiationen
anstellen, sie werden deßhalb nicht einen Liter Milch mehr oder irgendwie
schöneres Vieh erzielen, wenn die Versuche unter kritischer Beleuchtung gehalten
werden. Was nützen wohl air die geprietieiieu schönen und meter- oder gar
swei Heter langen im Vermtekiffarten enielten Oriaer, wenn sie das Tieh
auf der Weide bereite bei Centimeterlünge abätzen muß? Was ntitzt dem
Aelpler ein Grasbogen voll des besten Versuchsgartenhene«, pro 50 Kilos zu
3 bis 4 Franken, wenn er eine ganze Planke (Haide) -Wildheu umsonst haben
k'iuu? ,Der Winttir Inijt zudem, was der Sommer pdanzt!" so hieß es schon
1818, als man die ersten Vwanehe von 1816 anfgab, nnd dieß wird in dieser
Biebtnng im großen Ganzen so bleiben, so lang« es Alpen gibt.
Hauptsache ibt : Unhaltbares fallen ru lassen, dagegen an die gegebenen
Verhältnisse anzuknüpfen und zu bessern, praktisch bewährte Betriebsweisen
amurtfien. Dieses Anregen aber hat sich hauptsächlich mit dem Menschen zu
beschältigen. Man mvft lliebtdenkettde d«*il;en, Nichterkennende btobaißUenf
Znrttokhaltende reden lehren, allen Beschetdenen eniUn^ man ihr Wissen und
JÜLdnne», Zaghaften gehe man entgef/en, verborgene, selbst kleine Verdienste,
ziehe man ati^s Luht, belobe die Thiitigkeit ^uche die allzu Btramme
Anhänglichkeit an die auBÜbende That mit dem (leJanken zu vernöbneu, daß
man doch auch von Andern noch etwas lernen könne I Man suche lebendige
GtgenseiUgkeiUsektden in's Leben an rnfen, statt Einseitigkeitstheorien ohne
Naturfundamente. Deßhalb I iTte denn aoob der alpwirthscbaftliehe Verein e. Z.
(ISHC)— 1 RS'f)) die alten, ; ' il hten Kurse ab, die in wenigen Tagen ganz un-
mögliche Belehrungen an junge Leute abgeben wollten, welche noch dazu allzu
wenig Vori»chule genos.sen hatten, und wandelte sie in Wanderrei^en um, mit
ftlteren nnd schon mehr geschulten oder bereits in der Praxis stehenden Aelplem
oder Alpenfk«nnden, nm das mit einigen Zügen soeben angedeutete Programm
einmal zu versuchen. Aber auch hier heißt es: «fHiin Versneh ist kein Versnob I*
„Vom Schneider lernt man nicht schmieden!"
Ein nicht minder wichtiges Ziel für die Al])wirth8cbHft ist in unserer Zeit
das Suchen nach Mineraldünger im Bereiche der Alpen ; vor allem Andern aber
andi das Snehen naeh TorfBtren, da wir, nach meinen Erfiüirnngen anf den Alpen,
vielen Orls Hoos- und Fasertorf antreffen, das man viel zu wenig beachtet
DUngervermehrung besehäftige &opf uod Aoge. Ueber die Anwendung bedarf
es keiner Worte.
£ineu sehr willkommenen und tur das Landeüwuhl äußerst wichtigen Er-
weiterungszweig hat innert den Idbztrergangenen drei bis vier Jafarmi das md-
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Alpwirtfasebaft
— 10 —
Aipwirtbschall
goDSfdflohe landwirUisdiailliclie Departement eingvfUirt leli mciM die tm-
greifende Forderung raiioneller PferdeeUpen, am allmSlig die violett b^ammernS'
werthen tBoßweidem (Alpen mit eanren Gritsern und braunen i^nmpfen)
SQ verdräogen. Ujid so schließt denn der vieltansencijülirige BetriebsamgaDg
«naever Alpwirüuchaft, am Ende dea oeoiizehiiten Jahrhunderts, wieder mit der
ernenerten hoehwiehtigeii Pflege dea aoliViiataii tmd edekten Thiene, dea Pferdea,
neben dem ntttriidhaten» dem Riude, wie die Geschichte der Alpwirthiobaffc, die
allerbeattt Lefarenn miaerer Alpwirtiie, tot Bennthieneit begonnen hat.
Feaaen wir mn alle errnngeDen Fortaofaritte maammett, ron den enten
Anfltngen der AIpwirthaohaft an bis zur Gegenwart, und zithlen wir von dort
an, natürlich in weiter auseinander Hegenden Perioden und da wo Gelegenheit
dazu gegeben ist, das Alpen vieh, sowie die Thierprodukte, so erkennen wir —
trotz der oft bedentendeu Kückschläge in Kriegs- und biS«en Futterjahren —
den&ooh, da& die Geaammtviehsacbt^ an welcher ja hanptätdiUoh ÄLe Alpen-
kantone betlieiligt aind (da auch aus den TiefthSlern and Hllgelgelftnd aUaOnunerlieh
und je länger desto mehr Heerden nach den Alpen zi< licn) in den letzten Jahr-
zehnten einen mächtigen Aufschwung genommen hat i'.-iehe Viehzählnii(j:"n'' trotz
dem üückgange der tiohaizucht und Schafhaltung. Betrachten wir gleichzeitig
den nur in den leisten fttnf bis sechs Jahrzehnten gestiegenen Werth und Preis
der Thiere, an deren Zaohtf&higkett, Fleisdi- und Hilohproduktion, aowie die
Ausdehnung ihres ALsiitze^, was wir, Alles zusammen genommen und im Durch«
schnitt, wohl auf 100 bis 150 "'o ansetzen dUifen, und fügen wir hinzu, daß
alle unsere Thiere, laut gefundenen Knochen aus vorgeschichtlicher uikI geschicht-
lichur Zeit, sowie nach vorhandenen Notizen aus dem Mittelalter und der neueren
Zeit, — ieh metne hier luraptaSohliob die Sohlaohtthiere — nnd nach den
Lingen der Stallbrüoken (uralte Ställe and deren Eingangsthlircn) durchschnittlich
um 100 j*^ in manchen Thiilern um 150% durchschnittlich schwerer nnd
thenrcr geworden sein müssen. Erachten wir ferner die außerordentlich vielen
Bauten und sonstigen Verbesserungen, welche mit den mächtig und weit in die
AlpenthKlnr hinein aich anadehnenden Yerkehramitteln, der immer waohacnden
Maohfrage und der sonehmenden Denkkraft der Aelpler ^«ehaam ^ dem Alp*
hoden heranawaohsen. — gedenken wir noch des Rietentüerkea der Watt^rkanäle
eines fingü/en Alpenkantons (Wallis), da« im Verlaufe von Tausenden von Jahren
äte eigene Kraß der Aelpler geschaffen hai uhnv alle StaaUihüUe, und nicht bluLj
erstellt, sondern auch erhalten hat, was viel wichtiger ist, und immer weiter
anadehat, am dnrob die h^ate iBehruehtong ihrer Wieeen eine mOgUchat rentable
AIpwirthaohaft zn ercielen, — ao mnfi man in der That staunen, und feierlichst
dagegen protestiren, wenn man von Leuten, welche nich füi- Alpwirthschafts-
reformer ausgeben, die unwahre Behauptung iuinur und immer wieder hf>rt:
„Die Alpen seien krank**, während sie, Gottlob, die strotzende Gesundheit seihst
aind nnd aeit Jahrtanaenden aelbet ihr beater Arst waren und aein mußten, um
aich zu erhalten. Und warum sollim dieae Alpen krank sein? Weil hier und da
eine Halde, ein Grat oder ein Berg zusammenbricht oder herabrutscht, ein tttch-
tigos Sttlck Alp verschüttet, verwittert, Ubersandet oder begrübt? Das kann ja
in Alpen gar nicht anders sein. Darin liegt ja eben die Natur der Alpenwelt,
und wird dieß Niemand jemals Indem! Die VergUngliehkeit heißt hier Verwit-
temng. Aber wachsen nicht gerade ana diesen Yerwittemngen heran«, die sieh
ttbrigena gröfitentheUa gans ohne Gewaltachlag, &st tinmerkUdi, Tollmehen, ail-
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Alpwirtbscbaft
11 —
Afp Wirt hschaft
JtiurKoh, ruhig und KeUieb, Tauende von Hektaren neue A^Mf Banden «ob
nicht Milliooea scharfer Klippen ab, die sich alabald mit herrHohem Ghün über*
lieben, wie man ja an Milliarden großen und kleinen Steinen auf Schritt und
Tritt bewandern kann, die an nicht allzu strengen Halden durch ihr*» «igen©
Schwere langsam und behnteam herabdrängen und ihre Hpnreu, wie die Giet.scher,
deatlrah aoroiBklaMn, um «eh am Soiilttaie ihrer Laufbahn selber zu begraben?
Bant aieb so inebt, und in taiiead andern Geilalten, in den AJtptn noabliasig eine
nengeborene Welt anf« und blüht nicht gerade dort oben am allerkriftigBten ein
Ti»>üf"< Lehen aus Ruinen? Bewundern wir nicht unzählige wunderbare schöne
Alpen da, wo getichichtlicb vor 100. 2Ü0, ja oft vor 1000 Jahren die entset%-
licbbten Bergstürze und GletscherbrUcbe Alles weithiu begruben? Die Alpeu, als
€^birge, waren bebanntlieh dereiaeleos viel hSher, ala der kandebige Mensch rieh To^
stellt ; sie müssen, wie alles Irdische, ihre Beetimmong erfüllen, sie müssen, wie
Alles, allmälig — verschwinden. Inzwischen aber werden sie den Menschen-
geschlechtern noch unschätzbare Heicbtbümer gewähren, frohe Stunden bereiten^
aber auch noch manch' düstere Schlacht verebnen, manche Alp verderben^
manohen Bee anffUllen, manchen Fluß ▼eraanden, maaohea Thal versompfen, um
ee epttter wieder in frnohtreiebe Q«ftJde m Terwandehi. ZenUtrong nnd Anfban
gleichen sich aus. Schon in unserer Zeit gewann der Aufbau die Oberhand.
Um das zw „ergründen", bedarf wuhrhaftig keiner großartigen ,ErtV>r hnrnr^-
expeditionen - (Enqueten) auf Staatskobteu von Nichtälplern. Das alloa kenne»
die Adpltr am besten, und Beobacbtungsorgane aus ihrer Mitte schauen in
Saeben am klarsfen; die kennen ihren «kranken Mann* am besten. Ebenso
unhaltbar ist ein rweiter Vorwurf, 6.m man fortwährend unKcm Alpen macht,
und den man sogar oft von Aelplem selbst hSrt : (uDie SUii^e (Kiihe-'.<^>:n) werden.
von Jahrtflmd eu Jnhrz>-hnd wenhiei . fhhfl,rh die Alpfläihen kieinfr tnvi ge-
ringer!» Warum nicht ? Da» mag bei muacUer Alp seine Richtigkeit haben
ans vorbesagten Orttaden. Aber gibt es nicht aneh andere Alpen, die bei gleich*
gewichtigem Vieh au Stösen annehmen^ wo Alp und Mann lusammenstehen in
fleißigem Thun? Wie viel von ersterwähnter Erscheinung auf die zerstörende
Natur, wie viel auf die Uuthätigkeit und Kurz.sichtigkeit des Menschen kommt,
lül^t sich schwer entscheiden. Die Haupturklaruug aber für die Abnahme der
StOse, da wo solehe vorkommen, liegt, ganz abgesdMn von den vielen Henalpen,
welehe allmKhlig von den Vor- und Uittelalpen abgeschnitten worden, beha&
Stallftltterang im Thale, und abgehen von den zunehmenden Umwaldnngen und
Einwaldungen, welche gar manchen Orts die Alpgrenze wenig streng einhalten,
endlich abgesehen von den Umänderungen vielen Weidwald, Witwalde«, in Wald-
weiden — liegt die Haupterklärung, sage ich — in den beständig und ail-
mähliff grüßer d. h. gewiektiger imd wohtgen&hrUr werdenden Mpthieren^
Man vergleiche nnr, wie bereits oben angedeutet, die alten und neuen Ställe
und Stalleinrichtungen, man beachte, wie traurig wohl sich das jetzige Vieh in
den alten Stiillc.n befindet, wie erbarmungt>los die kurzen Steinbrücken die Hufe
und Hintertheile der Thier« bearbeiten, und mau muiS sofort erkennen, wenn
man ein wenig xa beobachten versteht, daß die StallflSehe iKngst nicht mehr
zusammenpaßt mit dem lieben Vieh. Warum soll nnn die weit wiehtigeTe Alpen-
fläche zu diesem Vieh noch passen? Nimmt jetzt z. B. Professor Krämer ein
Durchhieb uittsge wicht pro ein Haupt zu 3,70 Meterzentner — 7.40 Zentner
(^vergleiche Schw. Volksw.-Lex., S. 349) au, so darf man vor nur hundert Jahren
getrOstliob ein gntee Drittel» vor siebzig Jahren noob ein Yiertd weniger
Gewicht annehmen, nnd wenn da, bei einer nicht alhra sorgsam behandelten
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Alpwirttuehaft
— 12 —
AIpwirthfclMfl
Alp, welche lialb an YerwittenmgB'« halb an Thätigkeitsaobwindaaeht leiden
sollte, von damals hundert 8tösen nnr noch achtzig zur Geltuug kämen, welche
Bt'iHpiel*' doch nur höchst igelten in dicj^em Maße auftreten werden, so ist jn die
Alp immerhin nicht schlechter, sondern noch beaaer geworden, im Verhaitniß
TOB 277,0 «1 296; tob dea hShen Hüoh* und Flekoherträgen der Jetitieit
gegen daviaU gar naeht m reden.
*
Unsere Alpwirthschaft i»t jedoch auch noch im weiteren Sinne aufzufastien,
ale nnr nie Weidwirthschaft, welche ett einsig mit der f nttereraeugung and
-direkt mit der Tiehiaoht m thnn hat, anf iltren vier HanptsolianpUUaeD; 1. der
Weidallmend (allgemeines Atzttng!sr«H ht im Thüle), 2. der Voralp (Mayen, Mayen*
hȧ), 3. der Mittelalp und 4. der Hochal]). Die Alpwirthscbaft hing von jeher
und hängt auch noch heute vielfach mit dem Acker- und Gartenbau zusammen.
Wie man Uberhaupt vuu der großeu ALebrheit des Volkes, auch von vielen
Landwirthen selbst^ den Getreidebau immer and immer wieder nnterBohStHo
hört, sogar Ton den meisten laodwirthschaftlichen Blittem nnd Vereinen, so
übersieht man fast so viel wie ganz die hohe Bedeutung des Acker- und
(jartenbaues in den Alpentliiilern und sogar in den Alpenregionen^ der noch
in sehr beachtenswerther Weise in den Kantonen Graubiinden und Tessin, in
nu^gedelinteeler Weite nnd in nrllteeter Gestalt I» Wallia getrieben wird,
in allen drei Kantonen bia an Höhen von 1550 Metern nnd darttber; wie wir
aber auch in den Uhrigen Alpenkantonen Bern, Freiburg, Luxem, Waadt and
Zug den Feld hau als Alpennachbar antreffen und zwar oft mit Früchten, wie
wir sie im Thale vergeblich sucheu, wie z. B. im Guggisberg. Ebenso in aus-
giebigem Maße verbindet der Jurasennberg den Ackerbau mit der Weidwirthschaft.
Die Aelpler wiesen wohl warum. Sie rechnen aber nicht, wie man so oft im Thale
unrichtig rechnet, den Ertrag ihres Feldbaues nnr nach Marktpreisen^ sundem
nach den viel höhern und wiehtigern WerÜien, welche die sellisterbauten Ge-
treide-, Hack- und Gartenlriichte für sie an Ort und Stelle haben, für Haus,
Familie und Stall. Wir tinden deßhalb auch noch in jenen Hüben und bis weit
herab in die ThBler das nrohige Sehwanbrod neben einer idohliohen Milch-,
Käse- nnd Fleischkost; denn auch hierin rechnet man nicht nach Preisen, sondeni
nach Werthen ; wie sie auch zu ihren Kleidern die nicht englische Wolle ihrer
heimischen Schafe verwenden und damit sehr wohlbcstellt und zufrieden sind,
Ihre nöthigen Baarvorräthc ziehen sie aus dem Vieh, und aus der Einfachheit
und Bescheidenheit ihrer sonstigen Lebenabedttrfiuase. Ihre Lebensmittel beaahlen
«ie mit ihrer und der ihngea Arbeit, neben d«r Alphantirung nnd das ist die
Hauptsache. Man könnte in dieser Richtung viel vom Aelpler lernen! Man
wird nun vielleicht auhrufen: «Der kann wohl. Er hat nein Land, (rrund und
Unden, wohlfeiler, wie d(;r Bauer im Thale, nnd ihn erdrüeken nicht die ..gran-
Humen' Hypothekziusen, wie sie die „meistea" (V) Thaibauern drücken!"
Klagen über den Druck der Hypotheknnsen h5rt man aUezdings in den
Alpengegenden sehr wenig. Entweder sind sie in der That nicht drückend oder
man läßt «ie nicht drückend werden, oder die Hypothekargp?;ctze sind der Art,
daß man das Land nicht überbürden kann. Datrtigen die Jjandpreise ntehen in
den Alpengegenden im V'erbältniß viel höher, als in den eigentlichen landwirth-
adiaftliehen Gegenden. Kaa li5rt da oft von ganz •rstannlidien Preisen, nnd aie
werden Tielfach haar betahlt. So will ich nur ränge Beiapiele aus den Alpen-
dörfern im Wallis anfuhren, aber nicht bloß aus den eigentlichen WohndOrÄm,
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Aipwirllischafl
— la —
Alpwtrthschaft
aoiideni «ndi mm dan DM», welahe nun nur im Sommer «Sbrend der Alp-,
Hea- nnd Fetdieit bentttst. Ee wird dort WieeenUnd. die Qaadratrathe (100
QnmdratHchnh) mit 2 bis 15 Franken bezahlt, aUo die Juchart ini? 800 bu
1200 Franken« je nach Güte. Ackerlaiul : 1 bis 2 Franken fiir die l^uiidrat-
ruthe — 400 hin 800 Franken per alte Juchart. tiartenlund abar bis «u (>
und Frauken, aUo die Juchart 2400 bis 3200 Franken. £ine ganze Juchart
wSre ttbrigens gar nicht m haben. Natttrtidi ist daa nioht in allen D5rfem
gleich. Mattenpreiee im Simmeotbal dürften dagegen den Gartenpreisen im Wallis^
meist gleich zu stehen kommen, ja dieselben noch UbertreflFen, En ist daher in
den Alpen an ein Sinken der Landpreice nieht sn denken. Die L. nte befinden
sich bei ihrer einfachen, extensiven BetriehnweiMe viel wohler, ab Viele in
landirirduohaftliehMfc TieMiXlero mit ihr«n KnnatAitterban nnd waa dran nnd
dran hängt. Darum möge man derartige «BodenverbaMwangen* Ton den Alpen
fern halten!
Dil- (rcrdthc und \Verkzen(ie znrn Betrieb des Ackerhanes in den Alpen
Biad ebenialis sehr einfach und wuhlfcii geblieben, meint uralter Herkuuft und
iSndlich — sittlidi. leb. habe in mmner Abhandlung „Uber die Gewihiehte der
LandwirtJuebaft** im Behweiaeriaohen VoIkewirthschafle'Lezikon, Beite 230, dar>
anf anfmerknam gemacht. Auf den Aeckern, welche im Wallis dem Zeigzwang
unterworfen sind (1. Kogpen oder Gerste, 2. Bro^ hf' gt-diliigt, ^5. Geräte; oder
Koggen), pflanzt man nur Getreide, hier und da wendet mau dun Seliat'pferch
an, jedoch nur aiuinahauweise. In den Gärten, weiche zunfichst am Dorfe liegen,
meist unterhalb deßselben, baat man Eartoffbin, leider mit Tiel an knner Vege*
tationsperiode, und treibt «ehr anerkennenswertfaen GemQsebaa. Wägen gibfa
nicht. Alles wird in di»; Di.rfcr von den Thi-r-r; ^etraj^en, wosa aooh Stitr^
Kui* und Jiind iu ausgL'ilehutein Maße hpiiüt/! wird (Wallis).
„Wohin fahren sie aber dort obw sMuuiif^ hör' ich tragen, „wenn es so
kräftiges Hanabrod gibt?* Die jUpenmiUtlen sind kleüe kasteaartige, viereckige
Gebinde, mit Laden eingwandet, wo man dieß fttr n^hig hftit, und einem iMohten
Dach, inwendig ein einfacher Mahlgang und das Triebwasser fällt durch ein Ge-
rinn (Kiinel) oder einen griißern Deuchel auf da« kleine kunstlose Wasserrad. Mei-t
beuützt man dazu die „ VV^ast^riuhren" i BewäHkterungäkanäle). Die Steine maclu n
Mehl und Gerste (Graupen). Freilich ist der AlpmiiUer kein Millionär, aber
Sehntsaoll bedarf er aneb nieht. So klein die Mtthlen sind, so haben sie doeh
oft nieht genügend Wasser, da, wo die Wasserfahren nicht von Gletaohern gespelüt
werdf^n, \ii Graiibüiiden tritt diese Mühienbaukunst in den Alpen noch viel
einfacher aul und dennoch zugleicli mehrfacher. Der Mnhlgang nnd das Wasserrad
sind nicht einmal stark eingewandet. Dagegen arbeiten da mancbma! an dem-
selben BSohlein Uber« odw nnternnander vier bis fünf solcher Mahlgänge, gans
fthnlieh, wie solche Dr. Ferdinand Keller, der Alterthnmsforscher, im Zürcher
„Anzeiger fUr Alterthumskunde" seiner Zeit als uralt (römisch) abgebildet halte
(1877. Nr. 1, S. 72h). PVeilich ist das Mehl auch nicht ganz staubfein, kleien-
rein und weiü wie Märzeuscbnee, wie man e« heut zu Tage drunten in den
TiefthXleru gerne anf die verwtthnte Zunge nimmt; aber es ist nrkrtftig, nnd
das Brod von solehem Hehle IXßt sieh Monate lang aufbewahren, ohne grau
und geschmacklos zu werden. Bis gibt GegendMl (am Mol^son), wo man es
8eheiben-(kuehen-}artig bäckt mit einem Loche in der Mitte, um es bis zum
Bedarf ,aii den Nagel hängen zu können", wie den Ilohlöffel. immerhin beginnt
aucb hier oben längät Kchon das Weiübrod h.oh allmählig Bahn zu brechen, wie
es ja in den Appenzeller, St. Qaller nnd Glarner Alpen iXngst schon su Hause ut^
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Alpwirthsehaft
— 14 —
Alpwirthachaft
da die BodUrfniase der ThalindaBtrie aaoh die Aipwirthsoliaft a«iteeken. Eine
betnerkenswcrthe Aasnahme macht hierin beaonderei der Ba«ler Jura, wo sich
bis heute, zu Brrp und Thal, iiorli ein kenihaftes SchwarzbruJ behau ptef, trotz
-der Seidenbandinduätrie, welche durt in ta^t allea Sennbergen friedlich bei den
Sennen wohnt nnd gerade von diesen mitgeUbt wird, während den weltlichem
Theil des Jura die UhrMiindoetrie ttbenog« ohne dem alpirirtheohaftliehen Ge-
präge jener Oegenden Eintrag gethan zu haben
Eine g^anz ähnliche Erscheinung, wie die Alpeninilhle, ist die AIpnKärfr,
natürlich ebenfalls nach uraltem (jeflige eingerichtet und nur Blöcke (Stiirkf'i
vuu etwa zwei Meter Lauge schueideud, da der Traiiüpcrt auf den Saumwegen
inV Thal. hinab keine größere Länge saläßt; denn Wagen und Karren gibt e«
in den eigentlichen Alpendörfern nur sehr ausnahin.swei«e, ') aus ganz natürlichen
•Gründen. Verbreiteter sind die Wagen in den Hochdiirfern GraubUndens; leicht
und treMich gebaut, ihren Kutsch- und Hohlwegen angepaßt, mit stark ver-
längerter Deichsel, woran der Wagenlenker sein Jochgespann (Ochsen) leitet
«nd gleichzeitig das Sohlagen der Deichiiel gegen die TMere mögliohrt mildort.
Dos JbcA wird dort aber noeh lange nieht abgeschüttelt werden, hemcht es
■doch auch notdi in weit ebeneren Landen, schlechten Wegen sehr angepaßt.
(Heber die Pferde- und Maulthiergeschirre s, Schweiz. Yolk,<w.-Lex , S. 230.)
Zur üebfirwültigung der Traglasten dient bei allon Thiereu der bekrtuule hüUerne
TragHuttel (Bast); ftir umfangreicheres Material, wie Holz, Heu, Streu, NesBcln,
Blaelcien (Sohweinefntler nach den Alpen), Haosrath ete. bedient man sieb passender
nnd leiditer Anhänggestelle am Bast, in Bogenform w oder in Form eines rttmisohen
Fttnfo V zu beiden Seiten.
Im Wallis rüekt in einzelnen Tliäleru ^Visperthal, Visperterbinen) sogar der
Weinbau in die Nachbarachaft der Yoralpen. Aber auch wu dieü nicht der Fall
ist, beeitsen «ehr ^iele Aelpler unten im tiefen Thale (Yisper- oder Bhonethal)
JUheny da der Walliser ohne seinen guten Tropfen nicht sein kann. So haben
wir denn auch die wohl einzige Erscheinung in der Alpenwelt, daß der unter
Pflph sorgfältig gepflegte Trockendflnger meist wohl Schaf- und Ziegenmist,
in Würfelform auf dem ßUoken des Saumthieres zu Tbal steigt, um drunten, gar
manehmal drei und Tier Stunden weit vom flmmathsdorfe, die Beben in beleben
und m kriftigeii Ittr den Herbst, neben und mit der nnerläßlioheo Bewässerung.
Im Fa/^ (Legel) kehrt der Würfel am Bast im Herbst mrttckl Dieser »Raabwirth-
schaft" gegenüber drücke .lederm;iTmia'li''^i ein .Auge lu. Teires und Bacchus sind
«Ite Bekannte, und der heilige Wendelm, dt-r üeschützer der Alpeo, ist ebenfalls
ab tolerant bekannt. Willst du einen guten Tropfen in jenen Hochdbrfern trinken,
und kannst kein Wirthshaas flnden, wmI keines vorhanden ist (doeh aneh sie
werden moderner), so kehre beim Herrn Pfarrer ein, wie üblich!
Der mäehtige ünif-r rliis d in den Gebt'iulichkcilcii und Wohnurtf/sverhält-
nissen unserer Aelplei w irde eigentlich eine ganz selbstständige Abhandlung
fordern. Derselbe ist vuiu geschichtlichen wie vom gewerblichen Staudpunkt aus
intttHNMUit. Vom Korden angefangen, wird der gesammte Juia vom Tiereokigen
mKrtelmanerigen Stelnhus ttbersfit, schmucklos, meist mit einem Stoekanfisats ver-
eeheo. Die StBUe auf den Bergen sind längliche Vierecke, meistens sehr umfangreich,
mit graublauem Schindeldach und sehr zweckmäßigen Dünger-, Reinignngg- und
Aufbewahrungäeioricbtungen. — Die Freiberge aber bilden in di^er Richtung
'j Ja im Wallis gab uiu liot;UlUal, das bis iu die neueste Zeit iierem nicht
•einmal Ssumlhiere hatte, sondern alles auf Menaehenrfidcen tranportirte (Sasserthal).
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Alpwirthschaft
« 15
Alpwiith^cbafl
wieder eine ganz eigenthflaiUohe Oaee. Hier ftnden wir unstreitig das beqaemete
Atlf^rhaus der Schweiz, sehr wahrschoinlich der ganzen Alpenwelt. Alles unter
einem breiten, behaglich Platz und Schutz bi tenik-n D.uht;; d;izu ein ummaoerteH
Hötkin für die Schweine, Schate und Kälber, heitu liehe, geräumige Wdhnstube
und Schlafräume; dann die prächtige, bochgewölbte FamiiieukUohe, meist mit einer
g(»wiolitagen Siale in der Kitte, und ftir Koelien, Eben, Eesen und Plaadem in vier
„Himmekgegoideu'* MDgetheilt. Die Ettolie ist das Hers dieses stattliolifln Hamee,
von ihr aus fuhren die Wege zur Wohnung, zu den Schbtf kammern, hinein zu den
Ställen, hinauf zum Heu und in'» Freie. Die Stalle sind geräumig, reinlich und
wiirm. Im Vorraum die Schweineställe. Nach AuUen grillt die breite Giebekeite
mit dem mächtigen steinernen Bogenthor, das so eigentlioh. das Wahneichen aller
inrasleiiigebSade bildet, Bller mit Namenssttgen und Wappen gesehmttekt Neben
dem Hause, einem HUiiengrabe Khnlioh, meist von einem Qlrtohen umgeben, erhebt
«ich die wa««erKpen(UMide Zysteme, da die LatifhniTinen meist günzlich fehlen,
und der Schöpfbaum, der den Eimer hinabtauciit und wieder herauf bringt, er-
innert an die upti^ohen Telegraphen vergaugeoer Zeiten.
Die Form der SttUe dee Bemer Oberlandes haben wenig SbnUobes; sie
sind meistens von Holz und werden im Winter nicht bewohnt, wie dav Seanen«
palaat der Freiberge, daher auch viel unentwickelter. Die älteren Alpstallungen
bieten nur eine kleine Wohnung mit kleinen Fenstern, jedoch einen großen
Vorraum zum Holzen und zur Aufbewahrung alles Röthigen. Dazu eine geräumige
Ettcbe, aber allee looker und dorebaiahtig; di« StUk eng nad finster, die Um-
gebungen hKnfig kotbbepflastert Andere jedodi die neoeven. Damnter fand ieh
walire Musterbauten, besonders im Simmenthal und Saaoenland. Alles von Holz,
die kleinen Wohnungen mit Kammern fein und blank; die Ställe aufs rationellste
eingerichtet, bequem, der Größo den großen Viehes entfspreehend, jedem Sttick
seine eigene Troggrippe j^Napf) bietend, an welchem et», ungestört vom Nachbar-
stttok, behaglidk sda HKbwlein geniefien kann. Das ganxe GabKud« thront auf
trockenem Hügel ■ die Vorhalle zu den Ställen ist am Boden gebohlt mit Pflöck-
lingen und ebenso der Gang zum laufenden Brunnen nm den langen und breiten
Trog herum. Kingsum Haag und „Legiuen", welche daH Vieh nach den zwei-,
oft auch dreifachen Wechselweiden hinausfahren. Ich traf sogar auf wetter-
geflOirlieheii Hutten den atoliw BÜtiableiter. Das heißt man daam mit OedMik«i
Xlplen, aber anch mit — Eapitall In der Centralaehweia finden wir meistens
Holabanten, banernhausartig eingeriehtet. Dia StallbrUckeu »ind in den neuern
oder erneuerten Stitllen 2,3 m lang. Hier beginnen sich die Schweineställe und
Speicher schon vom Hauptgebäude zu trennen. Der PachorrdUnger geht in GUUe,
in Gttllekästen Uber Statt den Einzelkammern unterem Dache, erscheinen gemein*
aame Lagersffttten am Boden einer großen, gemeinsamen Earamer in den Hlteren
Hutten. — Hofförmig, nur nicht mittels einer Umfiusnng vereinigt, erscheinen die
Gebäulichkeiten auf den Glamer Alpen, vriudemra ein Centraitypus für eine be-
deutende ostschweizerische Alpengruppe; Stall allein, Milchkeller und Speicher
besonders und ebenso KäsekUche, Uber welcher die Lagerstätten der Aelpler sich
befinden (.der Trttel"). Die GebKude sind hier wieder too Stein. Glama hAt
auf yielen Alpen in den Hutten seinen bekannten, nicht sehr aomnthigen Original-
geruch, „das Ziegcrgschmäckli". Auch finden wir auf vielen Alpen eine sinnreiche
Luftkühlung eingeführt. Ganz eigenthtlmlich schließt sich Urt an mit seinen
kleinen steinernen Wohnhäusohen, um im Sommer mit Kind und Kegel und
allem Vieh nnd Vehlein die Besirksalp besncheo an kSnnen. Wer die Alp ge-
niefieii will, muß anf der Alp wohnen, wihrend der Nutaieit Auch ^rohe,
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Alpwirthflclult
— 16 —
Alpwtrth0cfaaft
FAurhtrr nnd ~- WirtlishaiM irt da whudQii, wie s. B. auf dem Unierboden
und gegen das Sohächenthal. An Glinis and Uri achließen Bich min die Alpen-
dörfer von Graubüiiden und Wallis an, meint von Holz, und wenig Neues bietend
als wan wir acbon berührt. Graubünden hat aber auch noch gar manche Ge-
meindealp mit umfassenden Steingebäuden, ähnlich stehend, wie im Glarner Lande.
In dienem fijuiton tritt wiederum, hesmidere avf Gemelndeelpen, der Hirte und
eeim Hund in seine altmi Bedkte «n, dem wir auch schon hier nnd da in Uri
und Glams, dort nur als Geiser, im vollen Ornate, begegneten.
Das Kngadinerhaas, das wir als naho an den Alpen liegend, wohl her-
vorheben dürfen, i»! wiederum ganz eigenartig gestaltet. Alles von Stein, mit
•ehr dioken Maveni, dem «dicken Winter* dort entspreolieDd. Die Winter»
•ttUe kBonte man Oeaelleohaftszimmer benennen, oben gewölbt, mit einer oder
mehreren Säulen, am Boden gedielt, an den Wänden ringsum die größeren und
kleineren Thiere förmlich eingeschachtelt (holikastenförmig), die Krippen tief,
der ganze Stall ziemlich hell, am Abend mit einer Hängelumpe verBehen, wohl
auch mit Tisoh und Sttthlen, pulsirt in ihm des Aelplers Geselligkeit während
dee langen Winters. Vom Stall, meiat kellerartig unter der Wolmung gelegen,
nach oben führen einige Steinstnfen mit senkrecht nadi oben ▼orstehenden Sclnefer-
(Gneis) rändern, woran sich die Thiere bei Winterglätto anzuhalten vermögen
mit ihren ft'l.>rgt;wühnten Klanen. Di<- Wohnungen der Mensehen Bind ebenfall«
äuliemt behaglich; nicht hoch, aber mit einer geräumigen gewölbten Vorhalle
versehen, im Sommer kHhl, im Winter warm. — IMe an Granbttnden, Uri und
Wallis grenKenden Teesiner Alpengelände tragen mehr oder minder «ks Nachbars
Gepräge; nur treffen wir da ileuplaaken rait Heuhäuschen, die <h\^ Futter anf-
bewahren für hinab inK Thal. Originell nind die oft gruß«'n Schirraliuttf^n, statt
der Ställe, natürlich mit nicht den saubersten Fußböden, weder gedielt noch
besetst, nicht ataric f dt Buhe und JSrwSrmung einladend. Noeh origineller sind
die Melkhitten nnd Plitae von einer Maner umgeben, wo der Alpeninhaber daa
Vieh nielkrn muß, damit von der betreffenden Alp fremden Thalbewohnern der
Dünger des Alpviehes gesamniplt und im nahen Bach hinab zum Thale gesehwemtnt
werden kann, um damit die Wief^en, tief unten, zu bewässern und zu düngen.
Daa iat nun allerdings eine Art von Alpraubwirthschaft, wie man sie wohl nicht
leieht in andern Alpen antrifft. Allein sie iat gut verbrieft nnd versiegelt nnd
nicht zu ändern, als durch Auekanf — und der hält schwer.
Interessant und gar nieht unpraktisch sind ferner im Te.ssin die kleinen
AlpenhäuRchen, wo eine udt-r mehrere Fainilit-n, jede für sich, aipnen. Sie be-
stehen lediglich auti Truckenmauer, von prächtig passenden Gneisschiefern, ohne
jeglioben USrtel, mit Gnetsplattendaob. leb nenne dieae Bauart, nach welcher
anoh die SchirmliUtten errichtet sind, etruskisoh, da man derartige Mauern an-
erst in Etrurien fand. Die Häuschen sind oft kaum 1-5 m im Q, die Seiten-
wände kaum 3 — 3,5 m hoch, die Wände 70 — 80 Ceutimeter stark, un i <l.r
innere Üaum enthält alles, was der Mensch hier bedarf, einen Feuerraum mit
Kessel (<dme Ummaimrung) — eine etwas «mche* Lagerstätte, einige Melk-
stttUe, eine Bank al» „T^ehlein dedc dich* nnd sonst nodi viele ,Nipptascb-
gegenstände", die für den Salon einer Tessiner Aelplerin unentbehrlich sind. Das
Steiuplnttcndai li wird von Ktarkcn, vielfach ungezimniertcn Hülk-'u getragen.
Dieser Ueberbliük über die Aelplerwohimngeii und Alpenstaiie der Sehweizer-
alpen ist natürlich nur ein sehr unvoUkommeneht Gerippe, wie man es hier nicht
aosfdhrlioher geben kann. Es dürften kaum in einem andern Lande von so ge-
ringem Umfange so anßerordentliob verschiedene Einrichtungen auf den Beigen
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AlpwirthscUaft
— 17 —
Alpwirilischaft
in finden sein. Man erkennt darans, daß unsere Alpen seit den frühesten Zeiten
Tummel* und oft Jahrliiuiderte laug, Schauplatz der ver»chiedonartignteu Volker
gewesen lein rnttseen.
Ohne einläßliob daniif dniatreton» maß ieh doeh noch *iif eioign Dtage
hbweisen, welehe snr Alpwirthscbaft gelrikreo, hier aber nur nominell abgewandelt
i^er^'^T) können, <1h meine Abhandlung sonst ihre natiürliokeii Grensen an weit
ttberac breiten würde. Hierlier gehören :
I. Alpenbäder (Badorte), deren gibt e» immer noch viel, früher mehr;
meiet für die nmliegendoi Bergbewohner gehalten.
IL AlpetuUehtfeunsty Yolkadiohtung, Gesang, Theater, lebt in mnielnen Alpen-
nnd Juragegenden in aosgiebigem Maße. Theater habe ieh nnr in einigen
Jura und Alpendörfern (Wallis) getroffen. In den meisten Gegenden int
Alles, auch betreffend Gelang, auffallend stumm. Selten ein Jnchzpr oder
Jodel. Der Yolkagesang wird auch hier mehr und mehr vom Kuust-
geaang der ThUer verdrlbigt. Am MUknt« hSrCa ioh denaelben in den
Alpen TesBins.
III. Alpenfeste gibt es in allen Alpen, als Ghilbenen, Fahnenschwenken,
Gränneten, Kugelwerfen, iScbwingen, Steinwtoßen, Tanz, Wallfahrten etc.
lY. } chet (Abendsegen). Dasselbe, durch den Milchtrachter (Volle) von
eiuem gutgewählten (akuatischen) Hügel au«, mit klarer ncböner Stimme
und im richtigen Tone vorgetragen, macht einen tiefen Eindruck.
y. Alpenkrieye (Kämpfe) gab es awisohen Grenteindea nnd Beaiiken seit ur-
alten Zuten, welche oft in fttrmliohe Soharmtttiet ansarteteo, bei denen
es Todte gab, um Recht, Besitz, Grenzen, Antheil etc. — Hierher ge-
hören auch die mehr nnd mehr verschwindenden Kämpft der Heeni-
kiihe (KönigskUhe), um Führung und Vorrecht.
VI. Alpenmusik. Uebers A Iph or n a. voiksw. Lexikon. Noch hat sich von
den alten Instmmffinten erhalten: das Hackebrett (Zimbal), in Appen*
zeU I.- and A.-Bh. nnd Wallis hanptsKehlioh. Hanltrommel (üri);
die Schalmei (alte Hirtenpfeife) lebt nur noch in einigen Mu^n.
Zithern gibt's zweierlei; die (Tlurner Zither, gleich der alt-
bayrischen oder Tyrolerzither mit Ii) — 14 Saiten, nnd die viersaitige
(vier Doppelsaiten von Stahldraht [mandoUnenartig]). Erstere hauptsäch-
lich im Et. Glams nnd Toggenbnrg, letztere in den YoralpeD nnd Jara.
Die Hand - und Ziehharmonika (letztere auch Handharfe genannt)
verdrängen die alten Instrumente mehr und mehr.
VII. Alpenscf/en. Derselbe wird in katholischen Landeatheilen alljährlich ein-
mal entweder vom Orts- oder einem Ordensgeistlicheo, meist von einem
Kapnainer, den Alpen gespendet nnd in der Bogel Sittels eines Anken-
ballens ,gnt gemaoht*.
YIII. Alpenspeisen bestehen zumeist ans Milch, Nidel, Anken, KäH, Zieger,
Mehl und Brod und erfahren die mannigfachsten Kamen nnd Znbereitunga-
arten.
IX. Alptmteine (Heiden-Ztsicheu oder SchaaleDöteiae), LTeberreste vorgeschicht-
licher, keltisoher und gallischer Wegweiser, Sitnationszeiger, Marebsteine«
Plline etc. linden sich noch yiele TOr, besonders in den Walliser Alpen,
im und am Jura. (Wurden von mir enträthselt und werde ich solche in
einer eigenen Schrift mit erläuternden Abbildungen herausgeben.) Wichtig
für die VortfciichicUic der Alpen.
i
Alpwirth!<cliait ^ lg — AlpwirLbschaft
X. Aipemchenkcn und Wirihshäuser gihts hie xxnd da, selbst in behr ab-
gelegenen Thälern and Gegenden mit blühendem Viehhaodol. Man kann
daselbst aach ttbemaohten.
XI. MpeiuAnfte, Üralte GenoBWOSchafteD, welche Uber Alp- und Yiehnutznng
wachen und ibre alten, aelbstgegebeneo Satssngen (Seibbtteber) aufrecht-
halten.
XII. Der alpwntlnidiafiiichen Bücherei oder Literatur rnUsseu wir aber doch
schließlich noch eine eingehendere Würdigung zu Theil werden lassen,
da hierin in neuerer Zeit eebr viel „RomantiBcheR", der hauebaekenen,
liraktieohen Alpwir !i iaft oft nicht sehr Entsprechendes, geleistet wird.
Halten wir uns auch hier an das Bewährte, VolksthUmliche uud Krreich-
bare. — Besagte Mterafiir ist nicht so dickleibig, wie die allgemeine
laudwirthschaftliche, mit all ihren Neben- uud Hüitszweigen. Immerhin
hat eie aber doeh reeht beaohtenswerthe Blttthen getrieben. Die meisten
älteren Werke nod Werkoben bat Scbatsmann bereits (S. 5 yolksw.
Lexikon) angeltthrt, uud ich weiß itiobts Besseres und Gründlicheres zn
empfehlen in erster Linie, als Schatzmann^ siinimtliche Schriften
hierüber (Aarau bei Christen). i^Lan kann sich damit manch' „neuere
firruogemsohaft" ersparen, die Schatsmanu entlehnt ist. Ein zweitbester
AlpwirtliBobaft-Scbriftstelter bleibt der alte Tyroler Kaplan (Kurat).
TrientI, der bereits vor Dr. Schild Trefflidies und Praktisches über
AlpendUnguug, Alpstatistik, auf Vermrssimq; und Kataster hLusirt,
und über Tyroler- AI penbauten geschrieben hat, was Alles lieut' noeh von
sehr gutem Werthe ist (erschienen zu Wien oder Innsbruck). Vuu ülteren
Sdiriften müssen wir nooh als ein wahres SobatskMstlein hervorbeben für die,
welche es zu lesen verstehen : das sonst vielfach veraltete „Gemälde
der Schweiz" (Bern und Zürich, zwischen — 1H40). Hierher
bezüglich 1) Appenzell (beide) von Dr. (raliriel Kiiesrh. 2) Glarus
von Professor Dr. Oswald Heer. 3) GraubUnden von Prof. W. Köder.
4) Nid* und Obwalden von Aids RniRger. 5) Sobwyz von Gerold
Meyer von Knonan. 6) Solotbnrn (Jora) von Peter Strohmeyer*
7) Tessin von Stefano Fransoini. 8) üri von Dr. Karl Franz Lusser.
y) Wandt von L. Vuilliemin. 10) Sogar Zürich von Gerold Meyer
von Kuonau. (üeber Wiesen-Weiden -Vieh elc. • V"»] ""^ Berg-
gemeinden, sehr bemerkenswerth !) In diesen Eantonsbeschreibungen
findet der Xieser gleiobzeitig kune nnd hiofig sehr gediegene Ueber-
sicbten Uber die geographischen, zoologischen, botanischen und
forsf wirthsehaftichen Verhältnisse, welche meist nuch lieute unserer
Alpenfrage getröstlicii unterlegt werden dürfen! Modernere Werke werden
dann leicht Fehlendes ergänzen.
Nützliche Schriften für solche, welche sich ^rrfindliclier Ober Alpwirthschaftsfragen
onterrichten wollen, sind noch außerdem:
F.Andtrvgp, I'rof., Bern. 1) ÄIpw. Aufsätze im ^volksw. HIattV 75- 83. 2) Gespräche
Ober A. 3) Rationeller Wiesenbau im Gebirge (Stuttgart 79). 4) Aipw. Berichte Aber
34 Alpen Bündeiis (Chur). 5) Ueber das Bündner Grauvieh ((Ibur, 82). 6 t Alpenrogle-
mente (188äJ. 7) Die Schweizerziegen. II. Aufl. Bern lii67. S) Die Viehzucht im tiriudel-
wald» 1889 (im Gleteebermann). 9) Weidgang in Bünden, bezüglich der Bergamosker^
sehafe u. a. tn.
Berlepsch. Schweizerkunde. II. Aufl. Mit Illustrationen. Braonschweig 187ä.
Btotnüzk^^ Oberinirenieur: Beni'SgsemngskanSle im Walli». Hit Abbildungen. Bern.
J. Clin-, cidg. For'^tin-jirHor : IMr- I.auinpii -ler S.Iiwoiz. Hrrn.
F. Fanlhamfr, tlcänon .Vdjuukl: Die Bedeutung der ZiegcnwirltischufL. Bern.
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AlpwirtUichall
— 19
Arbeiteivcliutz
Ober»t Flückiger, Aarwangen, Präsident der AlpgenossmMchaft .Ami*: Mono-
graphie über (He Sinimpnth.ilor Vifhra«>' Bern.
Pater Ftirrer: Ge-chidite uml Slalistik voii WiiUi.-^. II. Sitten.
Albert -hthn, Bern ( AUarchivar , : Der Kanton Bern, deutschen Tlieil'- ; l rge-
schichto l»t tr. Alpen. Bern uml Zurii h, \ShO. — Der Kantun Bern, Chronik deaaolben,
bezilglich der Alpen und Alpendörler etc. beru und Zürich, 1857.
Jostf Jans, Pilatusbaner, LitUa-Luzem : Der praktische Viehvftrter und Pferde-
Wärter. Aarau. 18HI.
Knlteiugt/' I , I'rof.. Brixen (Tvrol): l elier das Alpvieh (das iberische) — auch der
Schweiz, 1880."
Kasthofer, Oberf5rster, Bern: lieber Kultur der Kuhalpen. 1818.
Kdthreiner, Oberförster: 6 Berichte über die Obwaldner Alpen. Samen.
Johnnn Ktttiger: Landwirthschafllicbe Zustfiiide in Baselland. Liestal, 1857.
Pater M. Kiem: Alpwirthschaft und Agrikultur in Übwalden (geschichüich). Ein-
siedeln.
Dr. von Kieme. Alpwirtbschaft im Frir-lftithuin Liclitfiisliin. Stuttgart 1879.
E. LandoUi Bäche, Scbueelawiuen und Slciuschlägc. Zürich.
Dr, Ming: Blfttler des Obwaldner Bauemvereins. Samen.
Dr, P.C. Planta» Professor, Cbur: Daa alleRhfttien. Staatlich und knlturhistoriflcb.
Berlin.
FrHs SMiger, Weierhof, Bellach: 1) Alpenbewäaserung im Wallis. I. u. II. t) Be-
richte über Graulifmilt n. I. u. II. 3) Uelwr die ölarner Alpen. 4) Ueber Appenzell I.-Fib.
Alpen I.U.II. (Apnenzell). 5) Ueber Solothurner Juni Sennberge l. II. lU. u. IV. 6) Be-
<Ientung der Quellen nnd Bäche fQr die Alpen (Maniuskript i. 7) Alp, Wald, Gewitter,
Hapt'l. Si Ilä^rc uml Zäune der .\lpen, Alp^n- uml Jurochronik. 3 .lahrrflnfrp. W) ür-
.sacheii und BekäiiiptuuK der Maul- und Kiaucns^f^uche, mit besonderer Berück^^icitligung
der Alpen. Zürich. 11) Uelwr Werth der Weidwirthschaft in Baselland. 12) Alpen-
drainirunp. Au- iler .Si invtizer Bauernzeituni»*. 13( \\% ith der Ziegen für Fa?riitie
und Haus. Ziunh i Si liiiidl..r-E:5cher ). 14) Rad und Hemmseludi oder: Praxis und Dilel-
lantisinus in der Alpwirth.'^chafl. (II.) 1S!X) (Selbstverlag).
NB. 1., 2,. ;{., 5., 7., <S., '.l hfl ('hri'Jten in Aarau erschienpti.
Dr. Friedrich ron J'schudi: Üas Tiiierleben der AlpenwelL V. Autl. von Dr. Prof.
Keller fortgesetzt. Zürich. I..eipzig, 1891.
Dr. M'ilketm: Di<> Schweizer Alpen. Wien, 1880.
ZaMer: Abhandlung über Viehzucht und Veredlung der Hacen. Bern, 18S6.
Annemasse-Genf-Bahn. Eigenthum de« Staates Genf« auf dessen Rechnung
betrieben von der Paris-Mittelmcerbahn. Bauliche Länge von Genf (Eaux vives)
bis zur Grenf.e 4177 m. Bankofiten pn« Fmlc ii, 196,488 Fr. Betriebs-
einnahmen im Jahr 1889 35,128 Fr., Betnebskosteu tl7,903 Fr., Defizit 32,775 Fr.,
wovon der Staat Genf 7*i <üe P. L.-M. '/* zu tragen hat.
Appenxellerbahn* Am 16. Aogust 1H86 wurde die Strecke ümSsoh-
Gontenbad, am 29. Oktober 1866 dleStieokeGontenbad-Appenzell eröffnet. Dadnrdl
ist die bauliche Länge der canzen Bahn auf 10,84:5 m., die Betriebslänge auf
10,f>'2'.' m. gestiegen. Siehe im Uebrigen „Eisen bahnen" im Supplement.
ArbeiterlÖhne« Im Auftrug de» eidgenöjjsischon ludubtrie- und Laud-
wirtfaschaftsdepaHemeiits hat das sohweiMrische Arbeitersekretariat Erhebnngen
fiber ArbeitslShne zu machen. Das Lexikon verzichtete daher auf BelbstSndige
Ermittlungen. Ueber frühere Löhne in verschittlenen Indutitrien, Gewerben und
landwirtbsrhaftlichen Betrieben findet sich ein reichhaltiges, an diffäpr Str-Ilr aber
schwer zu benutzendes Material in Bohmerts Werk Uber die Arbeiterverhäitnisäe
und Fabnkeinriditiiiigttn der Sehweis. (1673. Caesar Sehmidt Zflnoh.)
Arlieitor-ReserTekasBe a. im Artikel «Strikes* Seite 288 n. ff., sowie
im Supplement den Artikel „Arbeitervereine".
Arhr"itor.schiitz. Im Artikel , Fabrik wesen", Settf 5^8 u. iX. des ersten
Baude», iöt vuu Hrn. Dr. Kaufmann, Sekretär des eidg. lndufttriedepartemente.s,
über die seit 1815 getrotfenen gesetzgeberischen Maßnahmen der Kantone und
dos Bundes einIXftlioh referirt worden. Es erübrigt uns somit nur noch| einiges
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Arbeiterscbulz
— 20
Arbeiteiächutz
ans früheren Zeiten aaehsoholen und dasjenige zu regiBtriren« was seit dem Ab*
Schluß jenes Artikels in SacluMi gesebehen ii^t, Mrobei wir dag spesicU auf die
.Fabriken" BezflglicLc wieJeiuin uuter djm Schlagwort „Fabrikwesen* anbringen .
Als Uuelle fiir die älteren Zeiten dient uns Professor Bncher'8 Darateilung
im „Handwörterbuch der Staatswiüseaäohaftea" (Verlag von Gustav Fischer in
Jena, 1890). Herr BttoW berichtet daselbet:
Die Arbeitersohntageaetigebnng reicht in der Sehweix weiter sorack als in
den meisten anderen Staaten. Sie nimmt ihren Ausgangspunkt nicht wie ander-
wärts von den gesundheitlichen und sittlichen üebelständen, welche «irh bei
konzentrirtem Großbetriebe der Industrie (dem sog. Fabriksystem) für den Arbeiter
und sein Familienleben ergeben, sondern sie knüpft an die theilweiae noch
schwereren wirthaohaftliohen Gebredien an, welche mit dem deieiitralisirten Groß*
betriebe in der Hausmauufaktur verbunden sind. Sie ergreift hier Hchoti in der
zweiten Hälfte der 17. Jahrhunderts mit sii herer Hand und praktischem Geschick
Probleme, an \vcl(;he sieh selbst heute, in dem Zcitaitt^r der ^Sozialpolitik", kanm
noch «ler Theoretiker de«» Arbeiterschuizea wagt, und sie tritt von diesem Gebiete
erst snrttek, ab in diesem Jabrhnndert die Entwidtluug des konsentrirten Betriebe»
auch in der Schweis nm rieh greift, obwohl dieeer gerade hier das ältere „hane-
indu.-.triille" System weniger an verdrängen vermookt hat ale in den meisten,
anderen Industriestaaten.
Die kantonale Gesetzgebung zum Si hutze der Hausindu^triearbeiter liegt, so-^
weit de sieb snr Zeit Ubereehmi läßt, hauptaXcUicb vor in den , Fabrikmandaten "
der arietokratiaehen Begierangen von ZiMeh und Bas^ aoa dem 18. Jahriumdert.
Dieeelben beliehen sich im Kanton Zürich auf die Verhältnisse in den verschiedenen
Zweijren der Textilindintrie (Seiden-, Biinrnwollcn- nnd Wollenmannfaktnr^, im
Kanton Basel auf die Seidenbaudtabrikation, deren Betrieb unter der Landbevölkerung
»chon damals sehr verbreitet war. Es sind die beim hausindustriellcn Großbetriebe
noch ttberall hervorgetretenen IßfietHnde (tiefe Herabdrttcknng der Ltfbne, wiUkitr-
liehe TiOhnabsttge, Abhängigkeit der Uausarbeiter von den Fer^^rn und ähnlichen
Zwi^schcnpersonen, die vielfach zur Ausbeutung fuhrt, Trnek, ans^cUbt von Seite»
der Verleger oder Fergger, Auszahlung der Arbeiter mit .srhleclittn MUnznorteu),
welche in Zürich wie in Basel das Einschreiten der Geset/.gebung liervorriefeu.
Die letztere erstreckt sich gew9hnlidi anoh anf andere Theile des Arbeitsverhältnisaea
(Abapannnng von Arbeitern, Unterschlagung von Rohmaterial, Eontraktbrach
u. dgl.); sie wendet sich in scharfen Bestimmungen gegen das Auswandern der
Arbeiter, die An.«fnhr von Arbeitswprkzengen nnd Maschinen (in Ba<?e! namentlich
vou Bandstühlen), die Annahme von Aufträgen niohtlandesangehöriger Verleger
nnd verleugnet in dieser Huamoht den merkantiltechen Ideenfareis meht, den die
gleichzeitige Hann&ktttrgeeetq^ebnng anderer Staaten seigt. Aber sie hebt sich
von der letzteren entschieden ah durch ihre Fürsorge für die Arbeiter. In Zürieh,
wie in Basel waren es anfänglich die ge^en F'nde d(> 17. Jahrhunderts be-
grün It-teu kaufmännisclien Direktorien^ später (iu Zürich seit 1717, in Basel
seit 1738) besondere Fabrikkommissionen (Fabrik hieß hier jeder Industriebetrieb-
Ulr auswärtigen Absate im Gogensats aam Handwerk), denen die Yorberathnng-
ditst^r Gesetse, sowie die Ueberwaehung ihrer Ausführung, die Bestrafung \ )n
Uebertretnngen und die Schlichtung von Strmtigkeiten awisehen Verlegern (,,Fabn-
kanten") nnd Arbeitern oblag.
Am meisten ausgebildet war diese alte hausindustrielle Arbeiterschutzgesetz-
gcbung in 2ttrich. Dieselbe begann daselbst in den Jahren 1674 und 1675^
mit Lohnfesisetinngen für Florweber auf dem Lande, die Seidenkämbler, Seiden»
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Arbeiterscbutz
— 21 —
Ari>eUei-srhuU
«piimer mid Seidenwinder, weldie infolge von Besoliwerdon der KraMrbeitef duroh
das kanfinSnniMhe Birektoriam getroiTen und vom Rathe bestätigt wurdeni «nxn
dem iiDbiIHgen nnd onohristliohen Beginnen etlicher ilerjenigen Handelsleuten vor-
aubeiipen, welche eine Zeit her die armen Arbeitslent mit Schmälerung ibrrs
Löhnli hart beschwert haben." Drei Jahre später (1678) wird bereits des Triickd-
«ystenu gedacht in einer vom kuAnSunnoliMi IXfelctoriimi r^Biirten Verein-
bamng von 36 WoUenfikbriliiuiten, deren enter Artikel dabin Inntete, «dafi jeder
Fabrikant «eine Arbeiter ehrlich zu behandeln nnd ihren Lohn ohne allea Auf*
drängen von Wnare in gutem haaren Gelde ausrnhezahlen hat." Neue obrigkeit-
liche Lohubestlmmungen erfolgen, tlieils uut' Anregung der Fabrikauteii, theiU
auf BeHuh werdeil der Arbeiter, iu den Jahren 1()87 für das Florgewebe, IGtid
für das Weben seidenor Halstttoher, 1698 für die Wollen- nnd Seidenmanuikktur,
wobei besonders die Reduktion der Löhne für die Träger (Fergger) z\i Gunsten
der Spinnerinnen zu beachten bt. 1705 werilen in der Ordnung für das Winden
der Seide die Winderl5hne erhöht, weil aeit IHTT) das Winden „böser und schwerer
geworden" sei. Dieser Gesetsgebung von Füll zu Fall folgt eine durchgreifende
Begelung der ArbeiterTerbältnine, insbesondere der Lohne in der Ft^rikordnung
▼on 1717, welobe eich auf alle «Fabriken und Manufakturen* watreokt nnd bie
zur Staatsnmwälzung von 1798 in Kraft blieb. Das Gesetz behandelt jr.uerst die
Arbeitslöhne in ftlnf Abschnitten: 1) für die Wollenfabrik, 2) die Seidenfabrik,
«^) die Gold- nnd Silberdrabt- und Ge8panBt£abrik, 4} die BaumwoUenfabrik, 5) die
Strumpffabrik; sodann folgt ein besonderer Abschnitt Uber die Träger, welche
den Verkehr nriechen den Verlegern in d«r Stadt nnd den Hanaarbeitem auf
der Landschaft vermittelten, femer eine Reihe allgemeiner Vonohrifien ober den
Betrieb und zum Sclihiß Bestimmungen Hber die Handhabung des ganzen Gesetzes
durch die Fabrikkummission. Im Einzelnen ist hervorzuheben: 1) die Löhne,
weiche in jedem Zweige der Textilmanufaktur für jede Art von Arbeit nnter
genauer Formnlimng der Verpflichtungen von Arbeitern nnd Fabrikanten bestimmt
werden, sind nicht, wie die Lohntsxen in den gleichzeitigen Handwerksordnungen,
Maximnllöhne, sondern Minimallöhne (es heißt, der T/Ohn solle „weniger nicht
äIs" .... betragen; 2) es wird bestimmt, in welchen Fällftu Abzüge vom Lohne
nicht gemacht werden dürfen und in weichen Fällen der Lohn und um wie viel
«rhttiit werden mnß (s. B. wenn ein Fabrikant «extra bBae Seide windMi laaaen
wttrde"); 3) es wird Ittr verBohiedene Arten Ton Geweben Gleiohheit der LXnge
YOrgeschrieben ; 4) es wird bestimmt, ob bei den verschiedenMI Arten von Ge-
weben der Fabrikant oder der Arbeiter das Geschirr unterhalten muß: 5) jede
Art de» Tracks wird verboten: Die Arbeiter buUen nicht mit „verrufenem un-
gangbarem Gelde, oder statt des Geldes mit Aufdringung essiger oder anderer
Waaren abgefOhrt werden.* Der Baumwollspinnerin «soll es freistehen, die
BawnwoUe bei dem Fabrikanten zu kaufen, der ilir zu spinnen gibt, odi r aber
wo sie sonst dieselbe am wohlfeilsten findef*; 6) ,Wcil wir denn der Zi-it her
gewaiiret, daß der Triiger halber merkliche und den armen Arbeitern sehr n;ich-
theilige Unordnungen vorgegangen, so ist diesfalls zur Verhütung alles Alißbrauchs
unser ernatUeher Will nnd Meinung, daß die TrKger so viel als mSglieh abgeschafft
nnd daß näher ak 8 bis 4 Stunden weit von der Stadt keine Träger angestellt
werden," Es wird sodann für die einzelnen Arbeiten der Trägerlohn, den der
Hansarbeiter zu zahlen hatte, sowie die Entfernung, auf welche Triiger überhaupt
zuläßig sein sollten, festgestellt. Zur Verhütung von Lohnunterschiagungen durch
die Trttger werden Lohnaeddel eingefilhrt. «Die TlrSger sollen aueih weder Bäcker
aodh Krilmer sein, sondern den Arbeiten den ihnen gebtthrenden Lohn an baarem
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Arbeiterschulz
— 22 —
Arbeiterschutx
iinv6rnif«n6m und gangburem Geide, nidit aber in Waaren oder Speisen inatellen.'^
„Ee sollen die Herren P&rrer auf der Tr*ger Thun eine fleißige Aufsicht halten.**
7) Der Fabrikkommiaeion wird aufgetrageo, „auf Alles fleißig zu yigiliren, was
wkIpv diese Ordminc erlaufen raBchte." Sie soll sich wöchentlich einmal zur
Anhörung von Beschwerden der Arbeiter versammeln." .äie sollen ferner auch,
alle Fabrikanten einmal des Jahres auf das Bathhans UMammenbanifiin, ihnen
die diesfkUige Ordnung vorlesen lassen nnd sie n fleiCUger and getrener Hand>
habuDg derselben eriDnern; dabei aooh Ton den Falvikanten vernehmen, ob in
dt n Fabriken der Liihiie halber Abänderungen vorgekommen oder ob neue Fa-
brikate eingefiiltrt worden seien, filr die der Lohn noch zu bestimmen wäre."
Die Fabrikurdaung vun 1717 (durchgeiM^heu uud erneuert 1727) wurde später
in etnielnen Punkten vorvoUstSndigt ; insbesondere wurde 1766 verordnet, dal^
die Fabrikanten, ^dic ihnen nicht anstlbidig fabrizirten Seidenwaaren* den Ar-
beitern nicht heimschlagen, sondern «gemäß der Fabrikordnung Klage gegen
solche Arbeiter l>ei der FabrikkommissioQ erheben'* sollten. Ueberall ist es hier
das Verhältniß zwischen dem kanfmänuischen üntemehmer und dem Hausarbeiter»
das die landesvSterliohe FHnorge der Bdiörden wacbrufl. Aber die letitere greift
anoh eebon larttber hinons, indem sie das weit isxtere TerhKltniß zwischen
Eltern und Kindern ins Auge faßt, das durch das sog. .Bastgeben*. d. h. da»
Vcrbältniß. Vt-i \vel<-)i<'!ti die Kinder Kost nnd Wohnung seihst ans ibrem Ar-
beitöverdienst bezahlen, getährdet erschien. Durch das Mandat vom 25. Marz.
1779 wird das Rastgeben noch schulpflichtiger Kinder gänzlich untersagt; von
der Entlsssnqg aus der Sohule bis zur Konfirmation ist dasselbe nur in der Ge-
meinde und, wenn es hei Fremden geschieht, nur mit Genehmigung der £ltem,
des Pfarrers luifi f?e« Kirchenvorstandefä gestattet und aiub ^]>äter darf es nur
mit Genehmigung der Ortsliehürden uod unter pfarramtlicher Ueberwachung io
einer fremden Gemeinde erfolgen.
Die Bas 1er Gesetzgebung ttber die Band&brikation trilgt in weit gerin-
gerem Grade einen soxialen Charakter. Ihr Hauptsiel ist, die Induatrie im Lande
zu erhalten, die ländlichen Arbeitskräfte nur den einheimischen Unternehmern
dienstbar zu machen, Betrug und ünterschleif der Hausarbeiter zu verbtUen. Doch
werden auch hier bereits in einer Verordnung vom 23. Juli 1738 Festsetzungen
getroffen über den Mindestbetrag des Arbeitslohnes fltar die vwschiedenen gang-
baren Sorten von Seidenbindrarn, deren Lftnge obrigkeitlieh vorgesehrieben wird,,
mit dem Bdfl^n, ,.daß die Herren Bandfahrikanten benannten Arbeitslohn je-
weilen genau nnd in allen Punkten zu observiren gehalten sein, keinem Arbeiter
einen gerini^erfn als den jetzt stipulirten Ix>hn auf keinerlei Weyse, auch unter
was Vurwaiid es immer sein möchte, auzuuehmen, zuzumuthen, obligiren und
Moringen.* Eine Xhnliehe, nnr weit umfiuigreiehcve «Taxordnung des Arbeits-
lohnes" wurde 1753 erlassen zugleich mit einer «erneuerten EllenmaßtabeUe*
nnd Kuf die Uebertretung derselben durch die Fabrikanten eine iStnife von hun-
dert Speziesthaiern gesetzt. 17(50 und 1768 p.'ritionirten die Fabrikanten um
Herabsetzung dichcr Lohntaxen, beide iMale vergebens. In den letzten 7ücr Jahten
finden sieh Klagen von Fabrikanten gegen Fabrikanten wegen Besahlens gerin>
gerer ArheitdShne, wogegen dkse sich damit entsdiuldigten, daß die einzelnen
Nummern der BXnder jetzt schmäler gemacht würden. Dies hatte den Erlaß^
eim-r neuen Kllenmaßtabone (I78n^ zur Folge. 1788 wurde die Errichtung einer
Aruieukübbc ziua Bexten der l'asHamenter auf der l^andschaft verfugt, zu welcher
die Letzteren nach dem Verhältniß ihres Lohnes (vom Pfund Arbeitslohn 1—2
Rappen) beizutragen hatten, und welche in Zeiten 6st Arbeitslosigkeit ihneik
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Arbeitemditttx
— 28 —
Arbeitenehttiz
ütttonttttsongen gewlhrai «ollto. Diow HilftkisM bestud bis 1798. Ver-
gleicht man diene Dirrtellung des Herrn Bilcher mit der Arbeit des Hezrn
Kanfumnii über die neuere Fttbrikgesetzgebung', so fällt sofort <\^'r (Tegensatst auf,
daß dort von keinen Schutzbestimmungen zu Gunsten der Geüundheitsverhältniwse
der Arbeiter die KeUe iüt, hier aber die erste Stelle einnehmen. Die Erklärung
Hegt nahe: Dort war die iniiiBtrielle Arbeit in die PriTatwolinnngen gebaon^
hier zur ffiJfte in Fabriken resp. MassenJoklle mit meobani<)chen Vorrichtungen.
Dort warpn die gesundlieit^Bcliäilliclieu Momente, wie ungesnnJe Lokale uud Ueber-
an««trengung weniger leicht zn erfassen, ein Umstanl, der ja aueh heutt- noch
die Gesetzgebung verhin lert »ich in die hausindustrielleu Verhaltuiiise zu mischen,
obwdil dieee notorisoh manchmal sohlimmer sind (man denke an gewiaae Webe-
keHeTf L<Me von Einaelnstiekem, Haadwerkerboutiken etc.) als dieFabrikrer'
blltnisHe.
Ximmt also heute die Gesetzgebung mehr Rlicksicht auf die G^undbeit
der Arbeiter als vor 100 und löO Jahren, so unterläßt sie es dafür gänzlich,
dem Beispiel der früheren obrigkuitlichen Verordnungen pnnkto Lohnerhöhungen
zn folgen. Sie heeohrKiikt «oh daraof, den Arbeiter vor nnrechtmSfiiger Kttr-
znng des zwiaohen ihm ond dem Brodfanvn Terttobarten Lohnes in eohtttaen.
Dem jetzigen Schulzwang ents[>rechend, ist die neuere Gesetzgebung auch
strenger hin«iehtHch der Kinderarbeit; ferner ist die jetzige Hnft[i(lieht aus Fabrik-
betrieb ibei Unralleu) eine Maßregel« auf welche zu verfallen die alten Obrig-
kexttiu viel weniger Anlaß hatten.
Mit dem eidgenifariachen Fabrikgesets sind fireitioh die Aufgaben dea Arheitei'-
aohntzea nidit erachSpft. Nicht nur umfaßt dasselbe bloß die «Fabrik* arbeiter,
sondern e? gewährt aueh diesen keine Alters- und Tnvalirlenversorgung. Indessen
geht das Bestreben des Volkes und der Behörden dahin, eine Kranken- und
Unfallversicherung einzuführen für alle Arbeiter, welche bei industriellen, gewerb-
lidien, landwirthsehafllkshen Betrieben nnd Traaiportnutemehmnngeti beMihättigt
abd. Bereits ist dem Bnnde die Kompetenz znm Erlaß eines bezUgliohen 6e>
setzes eingeräumt worden, indem die Bandeaversammlung sub 13. Jnni 1890
folgenden, vom Volke am 2!. November 1890 bestätigten Zusatz zom Art. 34
der Bundesverfassung tormulirte:
«Der Bund wird anf dem Wege der Gesetzgebung die Krenken- und UnfkÜTermdMH
rung eiririchleu, unter Berück.^^iehti^^unj; der la-stehenden Krankenkassen. Er kann den
Beitritt alli^'euieiu oder für einzelne Bevölke^ungskla?^?en obbt:atorisch erkiiiren."
Möglich, daß das Lexikon unter dem Schlagwort .Krankenversicherung"
oder «UnfiillverBioherung* etwaa NSheres über die Materie ndttheilen kann.
In diese Eateforie des Arheitersehntzea geht^rt aueh das Bandesgesetz he-
treffend die Arbeitszeit beim Betriebe der Etsenbahnen nnd Transportanatalten,
d. d. 27. Juni 18D0. Dasselbe limitirt die tiigliohe Arbeitszeit der Beamten,
Angeptellten und Arbeiter der Eisenbahn- und Dam pfsehiffTahrt Unternehmungen,
der Postverwaltong und andere vum Bunde konzessionirteu oder von ihm selbst
betriebenen Transportanatalten auf 12 Stunden. Dem Maschinen- und Zugsper-
sonal muA eine onunterbrocbene Ruhezeit Yon 10 Stunden, dem übrigen Personal
8 — 9 Stunden gewährt werden. Die Arbeitszeit ist so einzurichten, daß nach
der Hälfte wenigstem^ eine Stunde Ruhe genoßen werden kann. Ms miiss» n jedem
Beamten, Angestellten nnd Arbeiter 02 Kuhetage i)er .lahr, angemessen vt rtheilt,
bewilligt werden, und mindestens 17 derselben müssen auf Sonntage fallen. Ferner
ist mit Rtteksicht anf das Personal an Sonntagen der GHlterdiwist anf Eilft'aeht*
Qttter und Tieh besohrftnkt.
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Arbeit^schutx
— 34 —
Arbeitenchoti
Im Eisenbahngtsetz von 187S waren nur 17 Ruhetage per Jahr vorge-
Kchrieljeu (je der dritte Sonntag; von 1878 an durfte der Freieonntag durok
einen Freiwerktag ersetzt werden).
Der Kanton Baaelstadt hat durch Gesetze vom 11. Februar 1884 und
83. April 1888 in den Arbeiterwshats einbeiogea die Arbeiterinxieii in ollen den
Gewerbebetrieben, in weldien drei Franenepersonen oder melur gewerbsmSßig ar"
beiten, oder Mädchen unter 18 Jahren als Arbeiterinnen und Lehrtöchter b^
f^chäftigt werden. Eh gelten fUr die^^elben die Bestiramtingen des eidgenössischen
Fabrikgesetzes Uber die Dauer des Maximalarbeitatages (11 Stunden), über die
Sehwangeren, Uber die Ettndungsfiriek nod die Bossen. Aach ist die Sonntags-
arbeit ▼erboten.
Dieam baselstädtisohen Gesets tevohten auch die Kantone Luzern und Zttriflli
nachzukommen; diesbe^iügliche Geaetzesprojekte sind bei ihnen schwebend. Ferner
wirkt auf die. Kuiitont." atisteekend ein ebenfalls von Basel dnrch sein Wirth-
bchaftäge^elz vum Id. Dezember 1887 ge<;;ebeDeä Beiäpiul, dem Bedicuungsperboual
in Gastwirthsehaften gegen Ueberanstrenguug zu nohem. «lÜddien unter aeht*
sehn Jahren, welche nidit aar Familie des Wirthes gehören, dürfen nicht zur
Bedienung verwendet Averden. Der Betrieb der Wirthsehüft su einzurichten,
daß von 21 Stundei; mindestens 7 Stunden unnnterbrochene Selilafzeit dem ge-
sammten im Dienstverhältnisse des Wirthes Btehenden Personal gesichert sind.
Daa Personal hat Anapmdi anf mindeatona 6 Standen Freiseit an einem Nach>
mittag.*
Zum Schata der Lehrlinge wird ein schweizerisches Gewerbegesetz angestrebt.
Obwohl im allgemeinen Arbeitersehutz, den das tidgenössiselie Fabrikgesetz
gewährt, inbegriffen, haben doch die Arbeiter d^r ir-fäUrlicUeiJ ZUndholzin-
dustrie seit 1879 eine spezielle Beriioksiohtiguug erfahren. Zunächst wurden
auf 1. Jatinar 1881, dareh Gesets yom 23. Dezember 1879, Fabrikation, Ein-
fuhr und Verkauf von Zündhölzchen nnd Streichkerzchen mit gelbem Phosphor
verboten. Dann wurde, dnrch Regulative vom (]. April und 25. Mai 18S0,
die Fabrikation von Zlindhnlzchen und .Streichkerzchen von Vorschritteu abhängig
gemacht, welche zur Verhütung von Gefahren für Leben und Gesundheit der
Arbeiter als nothwendig erschienen. Bin Bnndesgesets ▼om 32. Juni 1882 hob
zwar das erste Gesetz von 1879 auf, beließ aber doch dem Bondeerath die Kom-
potenz, vermittelst Regleraenten alle diejenigen Maßnahmen zu treffen, welche er
fUr die Fabrikation, die Ver]iacknng, den Transport und den Verkauf der Zünd-
hölzchen für nothwendig erachten sollte. Demgemäß erließ der Bundesrath am
17. Oktober 1882 ein Reglement Uber die Fabrikation nnd den Verkanf Ton
ZUndbölscben. Es ertheüt dem Bundearatb die Befngniß, die Anwendung von
Fabrikationareoepten zn untersagen, welche an besonderer Gefährdung TOn Ar-
beitern und Konsumenten Anlaß geben.
Als Scbntzmaßregel gegen Verluste von Ersparnissen qualiüzirt sich das
Bundcsgctietz vom 20. Dezember 1078 betreffend die Sicherstellung der Krauken-,
ünterstOtsnnge-, Pension», Depositen- nnd Erepamißkassen und der Kautionen der
Eisen bahn- Angestellten; 2) das Bnndesgesttz vom 28. Juni 1889 betreffend die
fittlfskassen der Eisenbahn- und Dampfschifffahrtgesellschaften.
Das erste Gesetz verlangt, daß die betretl'enden Gelder vom Vermögen der
Get<ellhchaften ausgeschieden und gesondert verwaltet werden j das zweite Gesets
sorgt dafür, daß die der InTaliditftts-, Alters- nnd TodesverBicberang gewid-
meten Httlfskassen den Gmndstttsen der Yersichernngetedinik gemäß fnditionireft
nnd gegen fremde Eingriffe gesditttit sind.
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Arfaeitendmtx
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AiiwitenelcntariAt
BdEanntlidi gibt es auch außerhalb d«r TraiupoTtanatalten UnteniehniQngenf
deren Chefs Ersparnisse ihrar Arbeiter in Obhnt nehmen, und iwar bisweilen
zum Schaden der letzteren, dennoch ist die Bnndesg» t^etzge^nng diesen Unter-
nehmern gea^nUber nicbt in gleicher liatcgorischer Weise vorgegangen. Eh hat
sich der Bondesratii uuruuf besühiankeu mtisneu, die KantoDcregierungen durch
Kieieschmben eincDladen, dafür so Borgen^ daft die Gelder der I'abrikkiaiilceii-
fcaieeii ihrem Zwecke nicht entfremdet und den Arbeitern eichergeelellt werden.
DieFeni Kreieschreiben sind mehrere Kantonsregieningen oaobgekommen.
Weitnns rationeller als dief-e Fabrikkrankenkassen, selbst wenn sie solid
angelegt sind, itt die vom Kanton Baselstadt durch Gesetz vom 4. Juli 1887
eingeführte Krankenversicherung der Arbeiter. Auch die im Kanton St. Gallen
durch Gesets yom 19. Juni 1885 gesohaffme Einrichtung, daß in jeder Ge-
meinde eine für die «AnlBntlMlter'' obligatorische Erankenkine an bestehen hat^
ist den freiwilligen Fabrikkranhenkassen Tormziehen.
Soweit in Bezug auf den offiziellen Arbeiterschutz, der sich leider nicht
einmal innerhalb seines beschränkten Urafanges tadellose Geltting verHchaffen
konnte. Noch kommen viele Mißachtungen der den Unternehmern überbandenen
Pflichten vor, was die Freude Uber die sonst so vielen guten Früchte der staat-
liehen ArbeiterfHrsorge erheblich trtlbt. Unbillig wäre es indessen, tu Ter-
schweigen, daß es auch Untttvehmer gibt, die tn Gunsten ihrer Arbeiter mehr
thun, als das Gesetz von ihnen verlangt. Uiese weitergehende Fürsorge äußert
sich hanptsäehlii'h in der Einräumung gesunder bequemer \Vohnungen, in der
ßeduktion der Arbeit-szeit auf lU Stunden, in der Errichtuug von Arbeiterküchen,
Badesimmern, Kleinkindergärten etc.
Zum Schluß sei noch erwähnt, daß die Schweis an der internationalen
Arbeiter!4chutzkonfereuz theilgenomraen hat, welche im März/April 1890 in Berlin
stattfand. (Vgl. Seite 113 im III. Bund l
Arhoitcrsekretariat. (Verfußt von Hrn. Dr. Riser.) Der Errichtung einea
Schweiz. Arbeitersekretariates lag derselbe Gedatike zu Grunde, welcher sehon bei
Gründung der vom Bunde unterstützten ständigen Sekretariate des Schweiz. Handels-
nnd IndustrievereinSf des Schweis. GewerheTcreins nnd der landwirtiisohaftlichen
Vereine der Schweis das leitende Motiv gewesen, nämlieh ein Institut su sohaffm,
dessen Aufgabe es wäre , die schweiz. Arbeiterverhältnisse zu studiren und zu
verbesj^ern, die Interessen dieses Standes zu wahren, wie Handel und Industrie,
Gewerbe und Laiidwirtliselialt dnrch ihre stiindigeu Organe es für die Ihrigen thun.
Die Schaffung des schweiz. Arbeitersekretariates hat folgende vorbereitende
Fbuen durchgemacht:
Mit Eingabe vom 28. August 1886 stellte das Centralkomite des Grtttli-
Vereins an den Bundesrath das Ghsuch, ent^preehend den obengenannten bereite
bestehenden Sekretariaten ein solches für die Arbeitersf haft durcli eine angemessene
BundcKSubvention ermöglichen zu helfen; von vornherein wurde erklärt, daß der
Arbeitersekretär weder för die Vereiosverwaltung, noch für politische Arbeiten,
sondern lediglich cum Studium der wirthschaftlicheu Aufgaben verwendet werden
solle. Das eidg. Handels- nnd Landwirthschaftsdepartement trat mit Schreiben
Vf)m 7. Sp[>t(mber IRKH ih-m Begehren unter Vor!)eliult der Zusfiminnng dea
Bundesrathes und der Bundesversammlung grnndsntzlich bei. Anläßlich der Budget-
berathuug gelangte die Frage vor die eidg. Küthe. Nachdem einem Vorschlag
im Sehooße des Stilnderathes, dahin gehend, es möge das geplante Arbeitsamt
in die Bundesverwaltung einverleibt werden, lebhaft widersprochen, weitere Be-
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Arbeitersekretmiat
26 —
Arbeitersekretariat
Schlüsse jadodi nicht gefaßt worden, lag es in der Macht des Bimdesrathei, in
Saehen des Arbeitersekretariates die ihm gutscheinenden Schritte zu thun.
Iiizwischeu hatte auch «las Ceiitralkomite des schweiz. GrUtlivereius dem
Bandesrath die Erkläruug abgegeben, duü es von der einseitigen Aoffassang des
geplanten Bekreinviates und von deeeen ansBdUießlieher Beecblagnalinie für ibren
Verein sorflokgekominen sei und daß es nun ein allgemeines Arbeiteraekretariat,
welches sämmtUche Arbeitervereinigungen in sich schließen solle, im Auge hab&
Crleicbzeitig Ubermittelte es auch eine Anzahl Zu*itimmnng5erkläningen zu dieser
nenen Vorlage. Die Petition wurde demnach dahin ergänzt, daß auch die übrigen
aehweai. Arbdterveninigungen in ganz gleicher Weise, wie der Crrtttliverein,
•iok bei der Organisation des Sekretariates bethetligen nnd naob der Zahl ihrer
Mitglieder Sitz und Stimme im leitenden Kuinite habeu werden. Der dieebesQg-
liche Bcschhiß des TJuuJcsrathes vom 20. lu-^fuiber 1886 ging nach dem An-
trage des eidg. liaudelbdeparttjuients dahin, er werde zur Bbsoldung eines stSndigen
Arbeitersekretärs einen Bundesbeitrag ausrichten, ohne für «lie Dauer der Subventiou
irgend welche Verbindlichkeit am Obemebmen, und mit dem Vorbehalte, diejenigon
Abänderungen des erwähnten Reglemcutes zu Teranlassen, welche von ihm für
nöthig befunden werden «ollteii. Der Bundesrath selbst werde sich in keiner
Weise bei der Wahl betheiligen, viehuehr dieselbe durchaus den betheiligten
Arbeiterverbändeu Uberlasseu. Folgende Bedingungen wurdeu an die Gewährung
dieser Bundesanbveiition geknüpft:
1) «Daß ein Eomite gebildet wMrde, in welchem alle sohweis. Arbeiter-
Terbände im Verhältniß ihrer Mitgliederzahl vertreren sind;
2) Daß der Arbeitersekretär von diesem Komite ernannt werde and von
demselben die Arbeitsaufträge und näheren Weisungen erhalt«;
3) Daß jährlich ein Voranschlag der muthmaßlichen Einnahmen und Aus-
gabra des Arbeitersekreteriats and jeweilen im Anfang eines jeden Jahres die
Rechnung Aber das abgelaufene Jahr mit Belegen dem Departement eingesandt
werde;
4) Daß dem Handelsdeiiartenient anheimge'jtellt Kei, sich an den Sitzungen
des Komites durch einen Dolegirten unt berathender »Stimme vertreten zu lajiüeu.*
Aehnliebe Bedinguiigea waren s. Z. auch an die Sabyention der vor*
erwähnten Sekretariate geknft]tft und buttglidie Bestimmungen in die Statuten
aufgenommen worden.
Nachdem das Departement mit Schreiben vom 22. Februar 1887 das Zentral-
kouiiie des Griitli Vereins noch darauf aufmerksam gemacht hatte, daß sich bei
den gegenwärtigen Vorbereitungen fttr die Errichtung des sohweis. Arbeiter-
Sekretariates fremde Elemente breit tu maoben seheinen, der Bund jedoch seine
Unterstützung der Sache nur dann leihen könne, wenn die vereinbart« Bedingung,
daß Organisation und Leitunir jener InstitutiDn aussrhlicCIieh in den H.inden der
national-schweizerischen Arheitervtrhiindtj liege, htiikte festgehalten werde, wurde
vom Zentralkomite des Grütlivereins ein in diesem Sinne gehaltener Statuten-
entwnrf eingereicht und pnblinrt. Laut demselben sind Organe des Schweiz.
Arbeiterbundes :
1) Die Delegirtenversamrolung. 2) Der Bundesvorstand. 3) Der leitende
Ausschuß. 4) Der Arbeitersekretär.
Jeder selbi^tändige Verein hat das Becht, einen Delegirteu abzuordnen;
jedoch kommt nur 500 lü^lieder ein stimmberechtigter Delegirter. Kleinere
Vereine haben sich nach freier Wahl behufs Erlangung des Stimmrechtes an
der Delegirteu Versammlung an gruppiren. Der «Bundesvorstand" besteht aus
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ArbeiterseJueUi iat
— 27 —
Arbeitersekrelariat
11 Mitgliedern und 5 Enatnnlbinern, irelohe rm der DelegirtenTenaiitmlnng auf
je 3 Jahre gewählt werden. Mindestens 8 Mitglieder und 3 Ersatzmänner müssen
stimmberechtigte SchweizerbUrger sein. Der „leitende Ausschuß" besteht wc»
3 am gleichen Orte wohnendeu Mitgliedern des Hundes Vorstandes, wirri voa
letzterem auf '6 Jahre gewählt und bildet dessen Bureau. Der „Arbeiter»
selcrettr' wird Tom Bnndeevoratend nnf je d Jtia» gewihlt. Der Delegirten*
TenMunmlaiig «teht das VorHchlagiweelit ta.
Einigen nuBollnedenen Arbeitern war jedoch diese Verstltsdigang nicht reeht.
Zwei Strömungen machten sich geltend : Indem die eine für Errichtung eine»
rein wi.«8enwhaftli(;l;-politischt'u Arheit.siimtes mit vorwiegend statlHtischt-m Arbeits-
prograuim und mit KoDzeutratiou auf die näohstliegeiideu Vorarbeiten für eine
•taatlidie UDfallTerneherang eintrat, tendirte die andere naeh allen mttgliehei»
wie nnm&glicheu Obliegenheiten, denen sich der Arbeitersekretär /n nnterziebeit
hätte, so z. B. Mitwirkung bei der eidg. Fabrikinspektion und der Arbeiter-
presse, Anbahnung einer internationalen Fabrikgesetagebnng nnd Yermittlnng bei
Strikes etc.
Der Bundesratii verlangte bei der Wahl des Arbeitersekretlrs die Anwendung
folgender Grnndsfttie;
1) „Die Vereine, welche die Delegirten sn wählen haben, sollen wenigsten»
in ihrer Mehrheit ans Schweizern zusammengesetat sein* Stimmreobt bei der
Wahl der Delegirten haben nur Schweizerbürger.
2) Bei der Wahl des Bundesvorbtandes und beim Vorschlag für den Arbeiter-
Bokretar dttrfen in der Deki^rtenvenammlnng nor Sdiweizerbttrger mit?rirkon.
3) Die Hitglieder des Bundesvorstandes, sowie der ArbeiteisekretSr mttisen
Sehweizerbürger sein.''
Mißtrauen nnd Vornrthcil gegen die bundesriithlichen VerfUgungt-n hteigerteu
die Hitze der Gemüther nur noch mehr, ja mau ging so weit, die Hubventions-
bedinguugen des ßvndeerathes, welehe vom Zentralkomite des GrtttKverein»
pnblixirl worden waren, als erfnuden nnd als dessen eigeDes Msehwerk zu er-
klären ; namentlich wurde die Forderung betr. die Zusammensetanng dos Komitee
nnd die Wahl des Sekretärs durch dasselbe hart angefochten.
Der Bundesrath hielt jedoch an den gestellteu Bedingungen unbedingt fest
nnd erklKrte dieselben als durchaus im Interesse des zu gründenden Institutes.
Dem Entwurf des Zentralkomitee stand der «Antrag einer Vrasammlnng von
Delegirten der Arbeitervereine der Stadt Bern" gegenüber. Dieser Antrag hält
in seiner Begründung die Organisation eines sclnveiz. Arbeiterbundes nicht für
nothwendig. indem ein solcher „die freie Bewegung, die Selbständigkeit und Be-
deutung der in ihm künstlich zusammengeächweiÜten eiuzelueu Arbeiterorganisationen
beMatrSohtige", die Arbeitervereine vom Sekretariate trenne, lelzteree für den
Bundesvorstand resp. Ansschaß gleichsam monopolisire. Diese Ansicht fand
Ansdruck in einer anonymen Zuschrift vom 6. April 1887 an das eidg. Handels-
departt inent, betitelt „Antrag einer Versammlung von Delegirten der .Arbeiter-
vereine der Stadt Bern", worin Wahl des Arbeitersekretärs durch die Delegirten-
Versammlung an Stelle des Komitee nnd Sitx desselben in Bern verlangt wurde,
län Ansschnß von drei Mitgliodem, von der Delegirtenvermmmlnng gewKhlt,
sollte die Ueberwachung des Sekretariates, die Anordnung ordentlicher nnd
außerordentlicher Delegirtenver*>nmmlnngen, die Entwerfung von Arbeitsprogrammen
nnd die Verwaltung der Kasse übernelunen. Die Eingabe wollte sich hierbei auf
eine vom Departementsvorsteher abgegebene Erklärung stutzen, wonach di&
Delegirteaversammlnng, einaelne Punkte ausgenommen, vollkommen frei sein
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Arbeiteraekretariat
— 28
Arbeitersekretariai
4K>Uto. Diesem anonymen Antrag gegenüber bestütigte das Departementi um
falschen Anslegungen vorzabengen« dem Zentralk omite dea GrHtliTereins die ihm
schriftlich abgegebene ürklKning und bcxeiehneto sie Madxttoklich als die allein
gültige.
Die allgemeine Schweiz. Arbeiterversammiung fand dann am 10. April des
gleieheo Jahrea in Aavaa statt; etwa 100»000 Arbiter halten dttreh Abordnong
von Delegirten an derselben thmlganommen. Nach Yerlanf der Bentiiang würden
die Statuten einstimmig aogenummen. § 1 des Statuts lautet: „Zur gemeinsamen
Vertretung der wirthschaftlichen luterefsen der Arbeiterklasse in der Schweiz
bildeu die Arbeitervereine des Landes einen Verband unter dem Namen schwei»
zerischer Arbeiterbnnd". Der leitende Ansscbnfi wurde dem Zentralkomite des
^rtttlivereins ttbertragen. Am folgenden Tage, dem 11. April, war Sitinng dea
Bundesvorstandes; das ReglemMftt fttr denselben, wie für den leitenden Ausschuß,
wnrde berathen und angenommen, wie auch dasjenige flir den Arbeitersekretär.
Drei Bewerber filr das Arbeit^-rsekretarjat hattcu sich ^renieldet, von denen zwei,
Seidul und Greulich, müudliüh ihre l'rogramme eutwickelten. DuMjenige Scidel's
Terlangte Tom sehwdx. ArbeiteMekretariat vwt allem ans die Wabmng mid
Förderung der Arbeiterinteressen auf wirthsohaftlichem Gebiete, so minientlich
^as Studiaui der Kranken-, Unfall-, Alters- und Invalidenversieherung. Auf-
stellung einer Luhnetatistik unter Mithülfe von Arbeiterverbiindcn der ver-
schiedenen Arbeitszweige und unter Zuziehung des eidg. statiMtiscben Bureaua.
im. Wmtem die Dorobfllhnuig von Enqntten, Yorarbsiten für das Untevsttttsungs-
wesen Am Arbeiter, Fibdentng der intemationalea Fabrilqreaetigebung, Stadium
des Lehrlingswesens, Entgegennahme von Aufträgen Uber Gutachten wiaaensohaft-
lieher Natur seitens der Behörden und Arbeiterverbände, Abfassung einen Jahres-
berichte Uber die wirthschaftlichen Bestrebungen und Erfolge der schweizerischen
Arbeiterschaft.
Grenlioh beieiebnete in dem von ihm anfgestellten Programm ala erste Anf-
gabe dea Arbeitersekretariats die Vorarbeiten zur Einführung der UnfallTereieherung,
•einer Lohnstati^tik , oinc Schweiz. Fabrik- und Gcrwcvl e.statistik nnd andere
Arbeiten volkswirthschaftlicher Natur. Dieses Programm wurde vom Vorstände
mit wenigen Abänderungen genehmigt und Greulich als Arbeitersekretär gewählt.
Der sehweta. ArbeiteraekretXr ist nnn seit 1. Jnni 18B7 in Thätigkeit, die
eidg. Subvention wurde von 1888 an bis auf Weiteres anf Fr. 10,000 fest-
gesetzt und für das Jahr 1891 wurde eine Subvention von Fr. 20,000 be-
willigt, damit il cm Sekretariat ein besonderer Beamter ftir die französische Schweiz
zugetheilt werden könne. Als nächstliegende und wichtigste Aufgabe wurde vor-
«i^t eiue .Erhebnng Uber die von den Erankenkaasea bei Unfällen ausbezahlten
Untersttttsnngen* an die Hand genommen, welohe Erhebung nnter dem Titel:
, Unfall-Statistik. Darstellung der Körperverletzungen und Tödtungen von Mit-
gliedern Schweiz. Kranken- und Hilfskassen im Geschäftsjahr ISHB" im .Auftrage
des Schweix. Industrie- und r^andwirthschuftsdepartements im .lalire IbÖU im
Druck erschienen ist. Diese Lulall-Statistik wird auch für die Jahre 1887 und
1888 fortgesetxt nnd bearbeitet. Andere Studien, wie die Erbebung und Be-
arbeitung einer Schweiz. Lohustatistik . sind noch nicht zum Abschlüsse gelaugt.
Als wichtigste Anfuabe für die nä( li-fe Zukunft wird sein: Das Studium der
allgemeinen Kranken- und Unfallversicherung, uud die Stelloognahme der Arbeiter«
«chaft zur Erweiterung der FabrikgeöetzgehuDg.
Das vom Vorstand dea Arbdterbundea erlassene Reglement fttr den
Arbeiteraekretär lautet:
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ArbeitersekreUriut
Arbeitervereine
§ 1. Der Arbeitenekretür hat alle Pflichten sa erfttUen, weldie ihm im
AUgemeinen durch die Stataten des Schweiz. Arbeiterbundee, im Besonderen dnroh
Beschlüsse dos Bundesvorstandes und des leitenden Ausschusses einerseits, oder
durch Aufträge des zuständigen eidi^. Departements anderseits Hberbunden werden.
§ 2. Insbesondere beschäftigt er sich mit Erhebungen Uber schweizeriäohe
Arbeiterverhältnisse nnd mit sozialen Stndim und fertigt bezügliche Arbeiten
nnd Gataohten. Er legt jlhrludi dem iMtenden AneBohaß au Händen des Bundes*
Vorstandes einen Jahresbericht über das abgelaofene und ein Arbeitsprogramm
fiir diis folgenilu Jahr zur Genehmigung vor. Der Sekretär führt Buch über
seine Verwendungen und legt je auf Kude des Jahres belegte Rechnung ab.
§ 3. Der Sekretär hat regelmäßig täglich acht Stuudeti auf seinem Bureau
TO arbeiten. Er darf keine stftndige beiablte Nebenbeschäftigung annehmen.
Für ausnahmsweise Abwesenheit von mehr ala zwei Arbeitstagen in Privatange*
legenheiteti liat er eine ürlaubsbewiliigung vom leitenden AUiSOhaß einzaholSD»
Alljährlich sind ilim vier Wochen Ferien zu bewilligen.
§ 4. Der Hekrctär wird unter möglichster Berücksichtigung allfälliger
VoraohlSge der DelegirtenTersammlung vom BnndesToratand auf drei Jahre fest
gewählt. Der Sita des Sekretariats wird yom Bnndesvoratande bestimmt. Der
Sekretär bezielit einen jährlichen Mimmalgehalt von 4000 Franken mit monat-
lichen Auszahlungen. Für Bureauanslagen, Bibliothekanschaflungeu nnd Spesen
erhält er Vorschuss. Dia Bureaulokalitaten und das Mobiliar stellt der Verband
zur Disposition.
§ 5. Vorübergehende Boreanaushilfe stellt der Sekretär nach eigenem £r>
messen ein. Fur dauernde AnstellnngeD nnterbreitet er dem Bnodesvorstuid
seine Vorschläge.
§ 6. iJer Öekretiir steht unter der direktf'n Aufsicht den leitenden Aus-
Bchosses. Er verkehrt zur OurchfUhrung seiner statutarischen Autgaben und
Arbeiten direkt mit BehVrdeo, Vereinen und Privaten, unter Verantwortlichkeit
g^nüher dem leitenden Ausschasse nnd dem Baadesvor<ttand.
Arbeitervereine. Nach der sehr einläßlichen Abhandlung, welche der
vormalige Baaler Professor der Nationalökonomie, Herr Karl Bücher, in der
Tübinger üi^itsohrift für Staatswisseuschaft (viertes Heft, Jahrgang 1088} Uber
die schweizerischen Arbeiterorganisationen veröffentlicht liat, bestanden in der
Schweis bis cum Auftreten der «Internationale* ') drei Arten von lokalen Arbeiter«
Verbindungen: 1} I> utsche Arbeitervezuine, 2) Sektionen des Gratliyereins^
3) Katholische Gesellenvereine.
Die Deutschen Arbeitervereine diitiren ihrp erste Entstchnng schon aus den
dreiijiger und vierziger Jahren, i^ie sind ursprünglich dazu bestimmt gewesen,
den zahlreichen, die Schwwz besnohenden deatsohen Kuidwerksgesellen einei»
geselligen Mittelpunkt nnd Gelegenheit zur Fortbildung zu bieten, hin und wieder
atich durch Errichtung von Krankenkassen und noch öfter durch Unterhaltung
Von gemeinsamen Speiseanstalten ihre materielle Lage zu verbessern. In den
vierziger Jahren wurden dieselben zum Agitationsherd der kommunistischen Propa-
ganda und hatten dafür, namentlich seit 1848, mamdkerlei Verfolgungen durch
die kantonale Polizei zu erdulden. Li den ersten sechziger Jabren unterhielten
sie Verbindungen mit den Schnitze -Delitz'schen Arbeiterbildungsvereinen in der
Heimat, um später mehr und mehr in das Lager der Internationale und is
neuerer Zeit der deutschen Sozialdemokratie überzugehen.
^) 1864 in London gegründet.
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Arbeitervereine
— 30
Arbeitervereine
Die Ka(holi8^e» Qesellenvereine der Schweis siod mm Tlieal «ebon in den
letslen fttnfiiger Jahren entahuadeii.
Anfiodwlb der drei ^'euannten OrgaDisationen scheinen eigentliche Arbeiter-
T^ine bia mm Auftreten der internationnlen Arbeiterassoziation in der Schweiz
nicht bestanden sa haben. Divh änderte sich jetzt sofort, Job. Phil. Becker,
ein in Genf lebender Deatscher, die Lehren des Bundes adoptirte and die Ans*
bteitneg denelben nnter den Arbeitern in die Hand nahm. Ee ist weit mehr
das Wirken dieses einen Mannes als die Abhaltung der ersten Eongresae in der
Schweiz (Genf 1866, Lansanne IHHT, Basfl 1809), was hier der Internationale
den Boden ebnete. Die vorhereitendtMi Schritte fallen noch in die Jahre 1864
und 1865; im folgenden Jahre gründete Becker den »Vorbote", den er bis 1H71
redigirte und der für die Gtoeehiohte der Internationale in dleaer Periode eine
Hauptqnelle bildet. Die erste Sektion der Internationale wurde noch 1864 in
Genf gegründet, welches von da ab den Herd der Agitation nicht bloß fUr die
franzöniHche, sondern nnch für die dputschr» Schweiz bildete.
Die Internationale gritt bis 1Ö70 um sich. (In der welschen Schweiz allein
waren nach und naeh 52 Sektionen entstanden); dann entstand Zwietracht in
ihren Reihen und 1873 erfolgte die AnflUsang.
Von 1867 an hatte de auch in einer Anzahl Arbeitervereine der dentechm
Schweiz Bodfti gefaßt. „Ff>llris»^o" und .Tagwuplit" seligen Angedenkens waren
ihre l'reliorgaue. kam e*i seiteui* eines Theilen dieser Vereine zur Gründung
eines n^cntralkoniitu zur Organisation einer «ioziaideuiukratischen Partei in der
^ehweis'^t das in direkte Verbindung mit dem Londoner Generalrath der Inter-
nationale trat. Die nächsten Jahre waren Zeugen mehr und mehr wachsender
Bestrebtino;en, alle Arbeitervereine der Schweiz in einen Gesamrntverband zu
brinL'pn J>ie Bundesverfassung^revisionpbewegung war jener Hestr*'liiing günstig.
Ziwar kam es noch nicht zu einem allgemeinen Arbeiterkougreß, wie er von
einigen Suten geplant war, aber doch wa aahlreiohea Massenversammlungen
(15. Oktober 1871) an welchen ein vom Zentralkomite des Grtttlivereins (dieser
hatte sich als Gesamrntverband der Internationale immer fem gehalten) fonnulirtee
Arbeitsprogramm für die Bundesrevision besprochen und angenommen wurde.
Dergestalt einander näher gebracht, reifte nun rasch die Idee eines Schweizerischen
Arbeiterbnnde» und dieser wurde in den ersten Tagen des Juni 1873 an einem
Arbeiterkongreß in Ölten gegründet. Die an diesem Kongreß vertretenen Organi-
sationen umfaßten rund 10,000 Mitglieder. Darunter befanden .'^ich die Grütli-
vereine mit 4000, 35 Gewerkschaften au« 18 Berufszweipen mit zirka 3100,
13 deutsche Arbeitervereine mit zirka lUX», M gemificbte Arbeite rvereine mit ;'>3.5,
ein kantonaler und ein lokaler Arbeiterbuud mit hlh, die Jura-Fcderatiou mit
408 nnd 5 internationale Sektionen mit 198 Mitgliedern. Das den Berathangen
SU Grunde gelegte Programm war von den Leitern der Internationale in Genf
entworfen und von einem Ausschüsse Torberathra worden. Mit geringen Aendernngen
angenommen, lautete dasselbe:
Der Zweck des schweizerischen Arbeiter! nnuies ist die Vereinigung alloi Aibeiter-
gesellschaflen, um sich Ober die Mitld »ur ein-tweiligen Verbesserung des Arbeitorlooses
zn verständigen und zu endlicher Kriietzun^ des Arbeits!«»hni ^ dun Ii den Arbcil.-iertrag
iuiltel»t Produkt! vi^enussonschaften und damit zur Aufhebung; aller Klassonherrschafl zu
gelangen. Demzufolge unterstützen seine Mitglieder in geeigneter Weise alle auf die
gei»lige nnd materielle Hebung der Arbeiterklasse gerichteten Bestrebungen und suchen
femer durch Gründung von ailgemeinen Gewerkschaften Nachstehendes zu erreichen:
1) Verminderung der Arbeilszeil auf ein iler Gesundheit und der geistigen Knt-
wicklung zuträgliches MaaU. Einfährung eines Normalarbeilstages im Maximum von
10 Standen und einer doi^len Bezahlung fOr Ueberstunden.
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Arbeilervereiae
— 31 —
Arbeitervereine
2) Feststellung der Arbeitslöhne auf die Höhe einer angemessenen Existenz mit
Berücksichtigung der örtliclit-n Verhältnisse.
ä> Möglicbste Beschränkung der Kinderarbeit in Fabriken.
4) Durcfafnhmng des Grandsaties, dafi das gleiche Quantum Arbeit, ob von
Nfinnern oder Frauen ;,'t'leistet, ;,'leich hezabll ucnif.
5) Gründung von Produktivgeno^nscbaften, die Eigenthom der beUreilenden Ge-
werkschaften sind.
ü) GröndiiiiK von Ai ht-itsiiaclnvcisuii^'^tuireaux in den HAnden der Arbeiter,
7) Gründung einer Arbeiter- und Arbeiterinneu-Kranken-, Invaliden- und Sterbekasee.
8) Schutz der Arbeiter gegm Unterdrückungen von Seite der Arlidtgeber.
9) Maßrf^eln zum Srhutz der r>esiindht'i1 und ile« I>el»i'n-: '1er Arhfiter.
10) Statistische iürhebungen üt;er die aligemeine Lage der Arbeiter mit besonderer
BeracksichUgfong des VerhftUnisses der flblidien Arbeitslflhne zum Preise der Lebens-
bedürfnisse.
11) Gute technische Ausbildung der Arbeiter uiui Lehrlinge, daher Gründung
technischer Bildungsanstalten diindi die Gewerkschaften selbst.
\ü) Publikation von Arbeiterorganen fOr die im Bumlr vertretenen Lande5sprachon,
welche die Interessen der Arbeiter in jeder Beziehung vertreten und Eigenthum des
Bundes sind.
Diesem Arbeiterbund trat der Großtheil des Griltlivercins erst näher an-
läßlii h der Agitation für dan eidg, Fabrikgosetz. Die Befreundütig gelang soweit,
daß sicli die Verbände im 1 s77 in Neuenburg als So:mhiemokraiische Partei
der Schweiz konstituirteu. Damit war keineswegs ein Aufgehen beider Organi-
sationen in der neaen poIitiBohen Partei in Aussicht genommen, «ondem nur ein
„Allianzver^g*, dnreh welchen die beiderseitigen Yerbandsleitnngen in daneimde
Verbindung gesetzt. gemeinf<ame Delegirtenkommissionen und Kantonalverbäiide
der Sektionen beider Verbindungen ermöglicht werdtn sollten. Allpin diese formelle
Verbindung wurde auf der Delegirtenvensammlung des Grütlivereins in Luzem
1878 abgdehnt, und es gelangte nur ein gemeinsames wirthschaftlich-politische«
Programm cur Annahme, das der SelbstXndigk^t beider YerbSnde keinen Ab-
brach that.
Dasselbe lautete:
I. \hv >uzialdeni()kratisclic Partei in der Scliweiz erstrebt die Wahrung und Förderung
der Interessen des arbeitenden Volkes in jeder Beziehung. Sie ist sich bewußt, daß die
IBefreiung der Arbeitcrklas:-, dun li die Arbeiter selbst errungen werden mxiü.
II. Der Kampf für die Hetreiung der Arbeiterklasse ist kein Kampf für Vorrechte
eines Stamdcs, sondern für gleiche Rechte und gleiche Pflichten, und fOr die Abschaffung
ailer Klassenberrscliafl.
III. Die '"tkonomische Abhän^'igkeiL des Arbeiters von den Kapitalisten bildet die
Hauplgrundl.<^'<' di;r Klassenherrschaft und es erstrebt deshalb die sozialdemokratische
Partei die F.rselzung der jetzigen Produktionsweise (Lohnsystem) durch die genossen*
schatlliche Arbeit.
Als die nrichsten Forderun'^en ^ i 1 in der Agitation geltend zu machen:
a. Vom Standpunkte der Gesetzgebung:
1) Vollständige Durchfnhrung der direkten Gesetzgebung durch das Volk
(obligatorisches Heferenduni und Initiative) im Bund wie in den Kantonen.
Abscbaflung des Sttänderathes.
3) Einfahrung der Proporlionalvertretung.
4) Rechtsprechung durch das Volk und nnrnf,zeltliche Reclit-jifl./;;! .
ö) Unbeschränktes Scbweizerbürgerrecht und uniiedingtes Stimmrecht für alle
schweizerischen IGtbürger in kantonalen und Geroeinde-Angelegenhettcm.
Uebertrntrun? di-r AMn(_-ni)ik'^;f an di«.- EinwohiuTu't'nMMnde mit auareichender
Beibüife der belretf enden Landeslheile und des Staates.
6) Obligatorbdier, unentgeltlicher und weltlicher VoUcsschulunterrieht bis zum
zurückgelegten In Li liensjnhre mit fortschreitenden Jalireskursen. so datJ
Sekundär-, resp. Bezirksschulen und Gymnasien uiientfreltlich und ol»hga-
torisch, und erforderlichenfalls mit Stipendien für l'nl»emitUclf den Kindern
des Volkes ofTen -t< lien. Einführung oblii^Mlorischcr Fortbildungsschulen
bis zum mihtärptlichtigen Aller, l'neulgeltlicbkeit der Lehrmittel. Unent-
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Arbeitervereioe
— 32 —
Arbeitervereiae
{reiflicher Untmicht auch an alten hfiher«n staatlicfaen BUdungsansUlten»
Stipeiidu II rni rUii^«' l nbendttelte, wdche mittlere und höhere Leiir-
aDätalten besuchen wollen.
7) Arbeitergesetz, mit etneui den OeseUschaflsbedürfnissen entsprechenden
Xnrrnalarheif''?;!'/. Verlmt der rulirikrnätiigen Kinderarbeit bis zum zurück-
gekgten i5. Aller^jalut-. Haftpflicht für alle Fabrik- und gewerblichen
Arbeiter.
8) Uncnf'^'eltlicbc Krunkeni)flege.
9) .Staatltclie Statistik liber die Lage der arbeilenden Klasse.
10) Gesundheits- und Lebcnsniittelpolizei, sanitftrische Kontrole der Wohnungen,
Fabrik-, W(>rk-i;iH- ut.ii Hausindustrie.
11 J Steuerreform iiu .•^iniu' der konsequenten Durchführung der Proj;ession und
Inventarisalion. Progressive Erbschaftssteuer bis zu fi« " < des Xacblas^es,
baupt<ächlicli zu Erziehuuffszwecken für arme Kinder. Abschaffung der
indirekten Steuern.
12) Uebernahine der Ei?enb.ihnen durch den Bund.
13) Bundesbank mit Bauknuleomonopol {alleiniges Hecht zur Banknotenausgabe).
14) Regelung der GefSngnißarheft.
15) Volle Selbstverwallung für .illf Arbeiter-, Hilf- und UnterstQlzung!?ka<sen.
16) Verbot alier Fabrikbulien und Döcomptes (Lohnzunickbebaltuug ab Kaution).
h. Vom Standpunkte der gewerkschaniicfaen Bewegung:
1) Grniidiin? vdti flfnvrrk^rhaflt'n , wf/lche üikmi Miffrlirdorn TiPflif^st^butz
gewähren und für die ökonomische liesserslelluug derselben eintreten.
8) DurehfDhrung de» Grundsätze», daß da«« irleiehe Quantum Arbeit, ob von
Männorn oder von Frauen pclci'^iot. .^birh Ix-zalilt werde.
3) Errichtung von Auskunfls- oder Arbeitsnachweisbureaux in den Mauden der
Arbeiter.
4) Feststellung der .Xrbeitslöhne auf die Höhe einer angemessen«! Existenz,
mit Berücksichtigung dnr örtlichen Verhuilniase.
5) Gründung von Produktivgenossensebaften, die Ei.-t ntlmm der betreflenden
Gewerkschaften sind und nur ai!<nahins\v( i-r L"linai lieiier beschäftigen.
Weder dieses Prograrara nonh dasjenige dea Arbeiterbundes vermochte in-
de^eOf den letzteren dauernd am Leben zu erhalten. Nach 7 '/sjährigem Bestände»
im UToTMiber 1880, IQste «ieh detMlbe tat and m frateii an i«iiie ^Ue folgende
drei VerbSiide:
1) Der Allf/emeine Gewerkschaftsbund für Arbeiter aller NationaUHUe».
2) Die StK'ialdemokrafiar'he Pnrtt'i der Schweix tüi Sohweiserbttrgor mar
Verfolgung der iandeepolitigchcn Interessen
3) Die Deutsche soeialdemokralische Fartei in der Sctmeis, aua Angehörigen
dea dentacbMi Seiches bestehend, hanpMohlioh cor üntersttttzung der Sonid-
demokrutic in Deutschland.
Alle drei waren als Föderationen von Lokalvereiiieii und zentralisirten Vereinen
für bestimmte Zwetke gi.dacht. Der Grtippirmi;.; war damit ein sehr weiter Spiel-
raum geboten, indem die Zugehörigkeit einea Vereins zu einem Verbände die
Kitgliedschaft bei einem andern nicht ausschloß. Der allgemeine Gewerksdiafts»
bund und die eofialdemolcratisohe Partei der Schweiz toten noch in eine nShere
Verbindung unter einander, indem sie an Stelle d* r mit Auflösung des Arbeiter-
bundfts eingegangenen „Tagwaoht" ein pemeinpanjes otüzielles Organ, die „Arbeiter-
Stimme'^, schufen, während die deutsche sozialdemokratiaohe Partei in der Schweiz
in dem internationalen Organ der Sozialdemokratie dentscber Zunge, dem .Sozialo
demokrat**, ihr gegebenes Organ fand.
Keine der drei Organiiwtionen gelangte in den n&ohaten Jahren zu einer
rechten Entwiiklimg, so daß schon im September 188.'5 ein neuer Arbeiterkoiigrcli
(unter dem Niime!' . A llLn'ineinpr Hrhwpi^.pnsclu-r Arbcitertag-) stattfand (in Zürich),
der nun bet»ohlub, duu die iu der Schweis bebtehendeu b sozialittliticheu Organi*'
satiooea: der Grtttliverein, der Gewerkaoballsiiand, die dentsdien Ärbeitarvereine^
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Arbeitervereine
— —
Arbeitervereiae
die sohweizorischen Sozialdemokraten und die deutschen Sozialdemokiateu behufs
wirkMunen Yorgeboiia in allen aonaJen und wirthsehaftUeben Fragen, unter voller
Wahrung ihrer Selhaffindigkait, eine Verbindung eingehen aoUten, weleher die
einzelnen Sektionen jener Verliilmie beitreten könnten. Ein ans je zwei Mitgliedern
der genannten ftlnf Yerbändf be.stekendes Aktionskomit> sollt*; di»; weitere Aas-
fdhrung des Pianen an liand uehiHun. Außerdem wurde eine Keihe vuu Bescliliissen
über tächwebende Fragen der Sozialpolitik (Haftpäicbt, Arbeiterversicberang, inter-
nationale Fahrikgeeetsgebnng etc.) geftifit und eine Hotion angenommen, durch
welche der schweizerische Bundesrath au^g|efordert ■ r-ile, in Bern ein Bureau
für Arbeitastatistik nach dem Muster der amerikanischen 7.\x gründen.
Unter die Fittige dieses „Aktionskomites des schweizerischen ArbcittTtfiges"
stellten sich im nämlichen Jahre 1500 Griitlianer. Mitglieder di utNcluT
Arbeitervereine, 730 Gewerksohaftlur, öOO deutocLe umi 300 Kchwoizerische
Sosialdemokraten, somit inageaammt 3680 Anhänger. Deren Zahl hob sieh bis
April 1887 auf 0000. Im Sommer 1887 wurde der Sita dieses Aktionskomitea
von Zürich nach Bern verlegt.
Aus dem Zusammenwirken desselben mit dem Grtltliverein und dem Gewerk-
ßchaftsbuud entstand löbü die AVnrmrine i^rhtaei serische Arbeiter- Reset vckasse ^
Uber deren damalige Organisation und Ziule folgeudcr ätatuten-Auszug Auskunft gibt.
Der !<chweizori:<clie (in'Uliverein. die dem Aklii)nskomite dos Arbeilerfayos unlcr-
stehenden selbstämlij^en Verl>;indi' und der schweizori>'c-lie Gewerlcschallsbund t»; nidrn
eine Gonn*(S€Uscbaft mit der Firma , Allgemeine schweizeriiin lie Arbeiter-Heserveka&^e",
unter der Ii«itung eines aus den drei Verbanden konibinirten Komitee.
Der Zweck des Institutes ist: Bei dntlienden Arbeitseinstelhinj^en und |)edeutenderen
Anständen zwischen Arbeitern und Arbeitgebern eine genaue Untersuchung der Ver-
hftltnisse anzuordnen, Verpleicbe mit den Arbeitgebern oder sehiedsgeriehtlidie Ans*
tr.iL'uti- d. r DilTt renzen anzu-ln ben, nach Vf i-aL'uii;^ aller anderen Mittel l)t;i ).'eeii;neter
Sachlage eine Arbeitseinstellung zu genehmigen und die Belheiligten aubsidär aus seiner
Reserve und durch ftffentliche Sammlung zu unterstfltnn. Die Reservekasse-Kommiasion
bat dir >)iezieUe Aufgabe, die gewerkschafUiche Organisation der Arbeiter nach Krftflen
zu fördern.
Zu der Genossenschaft gehAren: Alle Mitglieder des schweizerischen GrAtlivereins,
dir MiV.diedr»r d* r dem Akfionskonutf^ iinterofidimden ^(dh-tändigen Vrihnnd«-' nnd die
sanmilliehen AiitKlieder des schweizerischen Gewerksciiattsbundes. Dureli iie<!chlulA der
Kommission, «anktionirt durch Urabstimmung, können auch noch andere Vereine nn«l
Verbände in dir nt^nosscnsehafl aiif;r''iif>mrTii n werden. Di^ pfT-■f■^tdi^ hf HafHinrkcif der
einzelnen Mitglieder für die Vcrbiudliclikeileji der GenossenscliaU wir 1 nusdrütklicb aus-
geschlossen. Alle Mitglieder des Reservekasse- Verbandes sind, soweit sie ihren Pflichten
gehörig' rin tikommon. niirh unter.st(\tzunt'sbece(dititrt. Xiehtmitglieder kOnnen aus «leni
ErgebiiiL» trciv\ illi^-er Sammlungen jeder Art unterstützt werden, sofern sie am Streik
Iheilnebmen und sich sofort einer »ler bestehenden Organisationen anschließen. Das
Komite wini eiit-scheiden. inwieweit Mitglieder, welche infolge der Betheiligung bei einem
Streik nach BeendiguU',' desselben ,gematiregell' werden, notdi weiter zu unterstützen
sind; vorausgesetzt, daß hiezu überhau})t die fmanziellen Mittel nicht fehlen. MitgHeder
und Sektionen sind pflichtig, über bedeutendere Anstände aller Art welche zwischen
Arbeitern und Arbeitgebern existiren, geriauen Rapport zu erstatten, und so das Ein-
schreilen der Reservek.isse-Konimission zu ermf»glichen. Generalversammlungen linden
nicht statt, außer es werde die Zusammenberufuog von einem Zebntlheil der Mitglieder
▼erlangt.
Dir Kasse wird in rid-rnilrr Weise gebildet: a. Der schweizerisebe (.Jrütliverein
hestiiuinl eine Summe von 2000 Fr. aus seinem Fonde fOr den genannten Zweck. Durch
Zinse, freiwillige Sammlungen und allfiülige Zuschüsse aus der Zentralkasse bringt er
ffir ilrii gleichen Zwc-rk jährlich mindesten- wri'ri,- lontt Fr. .mrund sucht seinr I.. i-f'in^
über dieses Minimum hinaus nach Möglichkeit zu steigern, b. Das Akliouskonüte des
Arbeitertages legt per Jahr im Minimum 800 Fr., c. der Gerwerkscfaaflsbund in der
ptf it Iirn Zrit im Miiiiminn l(>f> Fr. in die lle-^ervekasse. Die Feststellung der n.Tlieren
Bcstiuiumugeii Itir die Aufbringung der Gelder ist Sache der belreil'en<len Verbände.
Kurifr, Volkawii thscbnflü-Lüxikiiii dor Srliwciz. y
Arbeitervereine
— B4 —
Arbeiter V erei ae
Zur Au:»chreüjuuii von Exlra^teueru bei Streiken von größeren DiineasioneD bedarf es
der Zustiininniig der Komites der sab. liL b. und e. genftonten Verbünde.
Die Summe von r»000 Fr. jrilt als unantastbarer Minimalfonil-. Auf die einzelnen
Verbände verleg:!, beträgt derselbe für den Grülhveiein einstweilen HÜÜÜ Fr., für das
Aktion«komite 1200 Fr. und für den (iewerlcsohansiiund 800 Fr. Ehe der Fonds 10,000 Fr.
beträgt, wird die l'nterstidzung lediglich aut dem Wege freiwilliger Sammlung besorgt.
Die föderirlen Verbände wählen die Heservekasae-Kommiasioa von U MitgUedem,
von denen der GrStliverein 5, das Komite des Arbeiterta^ 3 und der Gewerksdiafts-
bund "i entsendet. Jeder Verband wählt eine gleiche Anzahl Stellvertreter.
Die Hiscrvckii'^sO'Konimission uirii vom F'r.i^iilt iifen nach Pi-ilfirfniß einberufen.
Sie ist mit 7 Mjti,'lifilein beMliluülähig, wenn jedci Uer fftderirtea Verbände durch
mindestenis ein Mitglied vertreten i.st. Sie vertritt die Genossenschaft rechtsgültig» voll-
zieht die Statuten, verfügt innerhalb des GenossenschaAszweckes Aber die Kassen und
besorgt alle Geschäfte.
Die Kommission faßt ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit. Für die Genehmigung
eines Streiks, srnvie filr die Bescblnßfassung betreffend Geldanwendongen sind iwei Drittel
der i^timmen nöthig.
Die speziellen Kompetenzen der Beservekasse-Komroission sind folgende:
a. Entgogennidime der Anzeigen von beabsichti;_'ti'ii Sin'iks, von Lohnkonflikten
and anderen Streitigkeiten zwisciien Arbeitern und Arbeitgebern.
5. Untersuehwig der Sachlage durch tflcbtige Genossen an Ort und Stelle oder
diirili .\bordnunpt-n. iintlii;ji nf;il!- unter Rcizui,' vnti ?,n li\ cr-frindigen.
c. Leitung der Vergleichäverbuudlungca mit den Arbeitgebern eventuell Versuch
einer scbiedsgerichtlicben Austragung des Streites durch ein aus Arbeitern
und Arbeitgeliern gleichmäßig zupnnimcn^e'^ctztt-"; Ocrichl
d. Beschlußfassung über Zweckmäßigkeit undBc^rüniietbeit einer Arbeitseinstellung
und allfSIIig anderAveitiger Klagen auf schriflhehen Rapport und naeh genauester
l'rrifung der Thalsachen und des llntersuchungser?f>l>fii«e?'.
e. Ordnung des Unterstützungswesens, Regulirung der Beiträge an die Streikenden,
Eriasee an die Komites der föderirten Verbände zu Zahlungen und eventuell
zu Avoifprer fiiianzioll- r I iitiTstiltzung mittelst Hilfrruft n, Versammlungen elt!.
Der KrluLi von HiUciukii durch Mitglieder, Sektionen und Lokaiverbäude ist
strengstens untersagt.
f. Verfri;jntiL;('n betrellend Fernhaltung des Zuzuges und Abreise von Streikenden.
g. Bes< iiluL.t.issung über Beendigung der Streiks.
h. Einfonlerung von detaillirten schriftlichen Berichten über jeden Streik, Samm-
lung des bezüglichen Aktenmaterials, allfälliger Erlasse von Behörden und
wichtigerer Publikationen der Pres?*e, und resömirte Berichterstattung in den
Organen der Verbände unter gleichzeitiger Rechnungsablage.
I. Publikation von Jahresbericht und .!ahre*«n»i tintin^' ;uif dcm^elhcn Wege.
Eine Arbeitseinstellung darf nidil lit^wüligl vvciidtii, wcua nit lil uiindehlen.s ' * der
betheili^'t'Mi Arbriter damit einverstanden sind. Erst dann untersucht die Kommission
den Sachverhal! nrirli den vnr-^tehend aufgestellten Grundsätzen. Wird eine Arbeits-
einstellung trotz uiaugeliuler Bevviihgung dennoch inszenirt, .so wird die Reservekasse-
Kommission ftlVentlicli bekannt machen, daß ihre Zustimnnmg fehlt. Die Unterstützung
bei genehmigten Stu ik- Iiti/inid in der Regel erst nach Ablauf der ersten Woche von
der faktischen Ein^lelluu^' der Arbeit an. Bei gesetzwidrigen Au.sschreitungen seiten.s
der Streikenden oder Nichtliefolgung gegebener Vorschriften kann die Unterstützung
ganz oder tbeilwetse eingestellt werden und ist einer diesfailsigen Weisung sofort nach-
zukommen.
GegenVerfügungen imdBeschlüsse der Beservt k;i--e Ki)iniiii--i'Mi k inn in wlclili^'eren
Fällen an die drei Komitee der Verbände rekurirl werden. Die Verhandlung und Ab*
Stimmung geschieht schriftlich und unter einstweiliger Leitung des Grfitli-Zmtralkomitee;
es entscheidet die Mehrheil der Stimmenden. Der Rekurs hat aufschiebende Wiiiiung
nur dann, wenn ihm dieselbe von der Hekursinstanz beigelegt wird.
In gleicher Weise steht den drei Komites der flJderirten Verbände ein Einsprüche*
recht gegen Bet<rhlQ8se der Reservekas-f Kommission zu.
Diese Stntnten sind liciitc (IS^l) geändert, die Reservekasse i«t an den
Gewerkschaltsbund uberi:L-^'unireii, da? hievor melirfach erwähnte Aktionskomite
des Arbeitcrtuges besteht nicht mehr, Htatt de»beu aber eine rekonätituirte (kleine)
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Arbeitervereine
— 35 —
Arbeitervereine
«hwekeruehe mnialdemokratiiche Partei *) and — für die Arbeitemohe sehr wichtig
— ein neuer «Sohweiflerieoher Arbeiterbund Das Nähere darftber ist ernohtlieli
«US dem bereits vorausgegangenen Artikel „ Arbeitorstkrf tnriiit", sowie an» der
nachfolgenden, dem Lexikon von Herrn Nationalrath Vngelsanger und dem
Sekretariat des Gewerkschattabundes gelieferten Skizze Uber die Arbeitervereine.
Trolx den Wiederbolungen T<m beorüt» in obigen Aotiiig ans Bflehsr*» Abbaadlung
besagtem gelangt die Skine au «BTorkBntem Abdmek.
In einem tio aiisgepi^ten Iftdnstrieitaate wie die Sobweis mttfiton, wie man
glauht, die Arbeitervereine eine gM\7 hpdeiitende Stelle einnehmen. Dies war
jedoch bi» in die neuere Zeit hinein aus mehrfachen Gründen niclit der Fall.
Kleinheit der Industrie und der politischen Verhältnisse ; die politische Bewegungs-
freiheit, welche die Bespreohting tob Tageefragen im engeren Kreise tob Standea-
genoBsen nicht als dringendes BedUrfniß erscheinen ließ; ein bis in die neuere
Zeit hinein anfiaticrndes Vorherrschen der HatisiiKliiHtrio, welche iilierall der Bildung
von Arbeitervereinen hinderlich ist, Npraohiiche Verschiedeuheittn etc. alle
diese Gründe standen der Bildung von Arbeitervereinen en^geu. Wenn mau
■allerdings den Begriff »Arbeiterverein* aneh anf Krankenkassen anwenden will,
wKre die Schweis sehon frttbseitig mit solchen reich gesegnet gewesen. Denn
unser Krankenkassenwesen j^teht in hoher Entwicklung. Hier handelt es sich
aber in der Hauptsache um Arbeitervereine in eng-erem Sinne und die Kranken-
kassen haben bei unserer Arbeit unberttcksichtigt zu bleiben.
Wenn die schweiserisehen Arbeitervereine ein von den aoslttndisoben ganz
▼emchiedenes GeprBge tragen, so Hegt die Sobnid wiedemm an den oben an-
geführten Gründen. Im Lande dw fireien Meinungsäußerung muß die Art der
Mitglieder von Vereinen pi>Hti'.''her oder gewerkschaftlicher Natur eine andere
sein, als dort, wo der Meinungsäußerung wie der freien Vereinsbethätigttng
iJchranken gesetzt sind.
In nenerer Zeit, im Yerlanf der leisten 10 — 15 Jabre bat die sehweinertsebe
Arbeiterbewegung bedeutende Wandinngen durchgemacht und es ist das Vereins-
wesen auf eine früher ungeahnte Höhe gebracht worden. Zu diesem Aufschwung
trugen verschiedene Faktoren bei. Rr war sowohl eine Folge fluten Geschäfts-
ganges als nachfolgender Krisen, wobei die dui-ch letztere bedingte Nothlage die
Arbeiter antrieb, sieb inr Erlangung beaserer Zostiinde gegenseitig ni verladen.
Als im Jahre 1838 der sehw^serisobe Grtttli verein gegrttndet wurde, be-
standen in der Schweiz keine andern Arbeitervereine mit Ausnahme von Turn-,
Oesang- und andern ünterhaltnnsrsvereinen. Auch der GrUtliverein wollte lange
Zeit nicht gedeihen, da Vorurtheile aller Art ihm gegenüberstanden. Erst in den
letsten swei Desennien ist er zu einer bedeutenden Macht angewachsen, so daß
er 1890 in 320 Sektionen sirka 16,000 Mitglieder stthlte. In seiner heutigen
Znsammensetzung ist er allerdings nicht ausschließlich Arbeiterverein, da er eine
große Anzahl Kleinmeister nnd Beamte zu Mitgliedern zühlt, doch gehört immerhin
der bedeutendste Theil der Mitglieder dem eigentlichen Arbeiterstande an.
Die üOer und 70er Jahre sind die Geburt öjahre der schweizerischen Arbeiter-
bewegung nnd es bat dieselbe seithw, also in verbSltnißmKßig ktirser Zeit, be-
dentende Fortschritte gemacht. Im Jahre I87d wurde auf einem Kongresse zu
Ölten der Sch/rcizerische Arbeilerbund gegründet. Er zählte anilingliih bloß
einige wenige Berufsvereine, neben einer Anzahl deutscher Vereine und inter-
nationaler Arbeitervereine. Man schenkte den Berufsvereiuen in jener Zeit auch
*) Vgl. Seite 9« im III. Band.
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Arbeitervereine
— 36 —
Arb«itenreremft
▼OB Sttte der Aarbeiter noch wenig AnfmerkBamkeit und vermengte die gewwk«
gchaftlicbe und politisobe Bewegung. Erst ab an den Kongreosen des Arbeiter-
bnndes in Basel, Bern, Ölten etc., die Xothwetidigkeit der g^eworblicben Organi-
t^uti()n der Arbeiter immer mehr in den Vordi r^Tund gedrängt wnrdf, kam die
gewerk^cbaftlicbe Bewegung in Fiuü und i^t seitdem ein Htet«», wenn auch uu-
gleicbes, nickweiees Wacbeen deraelben sn veneiohnen.
Lange Jahre tastend vorgehend, das Richtige «oehend, sind hente die Arbeiter*
vereine zu einer Macht im Staate gr^worden, dip zielbewußt TOfsngelien and ihre
Forderungen zu formuliren und zu verfechten wissen.
Waren die Arbeitervereine früherer Perioden größtentheils sogenannte gegen-
•eilige Elilfavereine, Krankenkasaen, Eonsnm- und Sparrereiae etc., ao unter-
aoh^en deh die bentigen ganz gewaltig von jenen dadaroh, daß «ie der An-
schauung huldigen, es sei Pflicht des Stanti , alle die Hülfs- und Schqtmilltiohtungen
zn trcircTi, welche für das Wohl der aibeitenden Klasse nöthig seien; ein wehr
großer Theil geht noch weiter, bekennt sich zu den Grundlehren der Sozial-
demokratie nnd verlangt: Ueberfübruug aller Produktionamittel an den Staat
oder die Geselladhaft.
In neneater Zeit machte aich wiedemm das Bestreben geltend, die bestehenden
Arbeitervereine zu zentralisiren. und es sind nach and naoh entstanden und bO"
sonders bemerktn^wiatb folgend« Verbände:
Der Si hweieerische Tj^pographenbund. Ein «»lark entwickelter Berufsstolz»
ein den Übrigen Arbeitervereinen geistig überlegenes Personal, maoben denselben
zu einem der bestorganit^ii t* n und hervorragend segensreich wirkenden Verbände
Im Jahre löüH gegründet, also 20 Jahre nach dem GriitHverein, hat «Icrsclbe
unter seinen Mittrlicdern al'^ Kranken-, Invaliden-, Heise- und Viatikumskasse,
sowie ak Gewerkverein zur Kegelung der Arbeitsbeduigungen und des Lebrlings-
weaana viel geleistet. Aach finanziell ist der Typographenbund der loistuugs-
fthigate aller achweiieriaehen Arbeitervereine. £r besieht hente «laen wS^ntlkhea
Beitrag von 1 Fr., wozu noch die Sektionsbeiträge kommen (in Zürich 50 Cts.).
Er zählt in 22 Sektiidu n IHM) Mitglieder, nnd besitzt ein Vermögen in »••einer
Kranken-. Sterbe-, Invaliden- und Keinekasse von 107,000 Fr. Im Jahre IbHV»
nahm derselbe an Woehenbeiträgen rund 4ti,000 Fr. ein and in den Jahren
18^0—89 345,447 Fr.
Der in der welschen Scbweia bestehende Typographenbuud, „ Societe Federative
des Typograpbes de la Suis.se romande", beruht auf ähnlicher Grundlage, doch
ist er bedeutend kleiner; er zählt in ö SektKimn zirka Mitf^lieder. Kiite
endliclie Verschmelzung beider Verbände, welche von vielen gewünscht wird,
dürfte immerbin noch einige Zeit anf sieb warten lassen, der Charakterverschieden-
heit der welt^chen und deutschschweizerischen Arbeiter wegen.
J^er Stitkereiverband. Derselbe ist nur zum Theil Arbeiterverein, da er
anch KiUtflente nnd Maschinenbesitzer zu Mitgliedern zählt, dagcp-en ist «1er
Verband der Fabrtkattcker ausschlicßUcb Arbeiterverein. Er ist aber noch klein
und c&hH in 94 Sektionen dut etwa 800 Hi^Ueder. Die Stickmündostrie be>
BohiHigt swisohen 36 nnd 40,000 Menschen, wovon angefthr die Hfilfte auf die
Haus- und die andere Hälfte auf die Fabrikindustrie entfallen, ebenso je die
Halft.' auf ni.iniilicht' iiud weibliche Arbeiter. Ks ist also die Prozentzahl der
dem »peziellca Arheiti rverhande angehörenden Arbeiter in der That klein. Heute,
nachdem die Stickcrlöhue gegen frllhcr um ein bedeatenden gefallen sind, werden von
versohiedenen Seiten Anstrengangen gemacht, den Verband der Arbeiter sa fördern,
um in der Organisation einen Schnta gegen die immennehr lunehmende Yer-
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Arbeitervereine
— 37 —
Arbeitervereine
gohliniiBening der Indnatrie wa gewinnen; mit weleliem Erfolg, wegen wir niobt
so eagen. Der Beitrag der Uitglieder iet ein selur kleiaar, 50 — 70 Bp. per Monat,
die Opferwilligkeit aleo nioltt so entwickelt wie bei den Buchdruckern; defihalb
mußte fwirh das eigene Orpan (h'-r Verbniides vor kurzer Zeit cing'ehPTi, was ein
bedeutsames Zeichen ist zu einer Z«it, wo der i^'achpresse allüberall die größte
Beachtung geschenkt wird.
Die Uhrmacherwrbindungen. Ein geeeUoMener Verband eKmintliefaAr Gruppen
der Uhrenindustrie existirl nicht mehr. Er wurde vor Jabren gegründet und
yerbiind die Tcr^^chif•de^pn Abtheilungen der ührenindustrie :
Föderation des graveurs et guillocheurs, F6d6ration des monteuis l»- lioiteg,
repasseurs et remonteurs, faiseurs d'echappements, faiseurs de cudrans, laiäeurs
de aeorete ete. %n einem Bond, der sieb Föderation horlog&re snifloes onTri^ nannte.
Derselbe ist untergegangen, doch sollen gegenwärtig Studien für Neubildung einee
ähnlichen Bundes im Werke seiu. Die Zahl der in der ührenindustrie beschäftigten
Personen wird auf zirka 40,000 geschätet, in Gewerkvereineu organifdrt sind
aber bloß aürka 14,000.
Der Holtarbeiiert/erband, gegründet im Jabre 1886, aKblt beute 19 Sektionen
mit nrka 9000 Hitgliedern.
Neben diesen Verbänden, welche für sich allein ohne Verbindung mit andern
leben, bestehen dann noch die naclif dgeuden. die allerdings auch Selbstverwaltung
haben, aber mit all ihren Sektionen dem schweizer ischen Gewerkhchatts-
bunde augehören. Es sind dies: Gießer, gegründet 1887 (Sektionen 9); Spengler
1877 (6); Metallarbeiter 1889 (12); Tabakarbeiter 1889 (7); Mflller 1889 <7);
Schuhmacher 1874, dann eine Zeitlang aufgelöst, nengegrUndet 1890 (10); Hafner
1S89 (S); Buchbinder 1S90 (4); Schneider 1S89 (12); Steinhauer 1888 (:>);
Muler \h>*9 (r>); Glaser 1890 (1); Korbmacher 1889 (?). Die Mitgliederzahl
dieser Verbände ist sehr verschieden ; der Korbmacherverband zählt zirka 50, der
Tabakarbeiterverband dagegen etwa 800 Mitglieder.
Diese letztgenannten Verbände bilden also mit einer größeren Anzahl einzelner
Vereine (allgem. Arbeitervereine und Vereine diverser Berufsarten) den Schweiz.
Ge werkschaftsb n V d Eh ist dieser g^Lr^'r^vürtig, wenn nicht der größte, doch
der einßußreichate Berulbverband in der Schweiz.
Der eebweix. GewerbehaftBbnnd iat ane dem firlUiem adiweis. Arbeiterband
entstanden. Lange Jahre bindnreb sehr klein, hatte er mit allerlei Schwierigkeiten
sn kämpfen. Am Kongreß zu Ostern 1887 in Aarau zählte er in 54 Sektionen
rnnd 3000 >fitij:li»M!er, beute in l'M) Sektionen rund 5000, welche 14 Verbünden
und einer Anzahl Einzelvereinen angehören, worunter 11 allgemeine Arbeiter-
vereine sich beünden. Der Verband hat mehrfache Wandlungen erfahren, und
erst in dieeem Jabre (1891) hat er sein Kleid total geändert, d. h. erweitert,
indem er die seit 1886 bestehende Arlieiti i-Re.serveliahse in sich vereinigte.
Diese Reservekasse, ein in ibrsr .\rt einzig dasfebt ndes Institut, wurde 1886
gegrUnrh't vom pcbw«»!?.. Grütliverein auf Veranlassung von Disziplinausächreitun^en
von Streil{.enden, Buwie von taktlosem Einschreiten der Polizei bei einem Lohn-
streit. Es machte sich die Nothwendigkeit geltend, b^ den organuirten Arbeitern
eine BehVrde zu besitsen, welche vor dem Streik «wischen XJntemehmerthnm nnd
Arbeiter vermittelt, sowie auch während dem Streik ein Bindeglied zwischen
den Streikenden und der übrigen Arbeiternchaft bildet und die üntcrstUtzungsfrac;?,
diese Lebensfrage bei Streiks, regelt. Die Reservekasse ioollte nach der Meinung der
GrUnder nicht mrStreakunterslüisunf/s-, sondern hauptsächlich Streikt?erAtnd[«rMn<7«-
kasse nein.
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Arbeitervereine — 3ö — Arbeitervereine
In*«Lel»an gwmftn dorohfinenBMiAlnßderGftttUvenla-DelegirtenTerMiBiiiliiBg^
in Qieiuihen, wurde sie dardi die dxei Yerblade Grütliverein, Gewerksohaftsbnnd
nnd Aktionskomite des BchweizeriBcben Arbeitertage» (damals bestehende politi^be
ArbeiterverbiTidnng) in Plan nnd Statut geregplt. Der Vorort würde Bern über-
tragen. Eine auü GUedem obiger Verbände bestehende 7gliedrige Kommission
hatte die schwierige Aufgabe, dieaea neue Institut iii*8 praktische Lehen einxufUhren,
Die Eaese wurde gebildet aus Beitrugen der drei Verbinde, die Gelder aber
blieben in Selbstverwaltung derselben, bis die Samrae von 10,000 Fr. beisammen
sei. Die Kommission konnte also keine materielle, sondern nnr moraliRche Hülfe
leisten, doch hat sie ganz gute Resultate erzielt. Ks erwahrtc sieh, -was die
Arbeiter in Grenchen behaupteten : nicht die materielle Macht det; zu bildenden
Fondes werde die Hauptsadie sein, sondern das Bewnfitsein, daß hinter dw
EommiBSion so und so viel tausend Hann stehen, welche bereit lur Hülfe seien.
Die Idee war gut, weniger die Ausfuhrung, die Organisation. Es wurde
bald das ReorganisationsbedUrfniß empfunden und im Jahre 1888 schon wurde
in Bern, anläßlich des Arbeitertages, an -welchem sich das Aktionskomite zu
Gunsten der sozialdemokratischen Partei der Schweiz auflöste, die Keorganisation
beeohloesen in dem Sinn, daß nicht mehr KoUektivbeiträge, sondwn Einseiauflagen
der Hitglieder erhoben werden sollten. Gleiehzeitig wurden Stimmen laut, der
Gewerkschaftsbund solle die Reservekasse ganz allein Übernehmen, da man aber
den GrUtliverein nicht bei 8eitt^ lassen wollte, blicli das VerhültniLi bcnn alt-'n,
Vorort wnrdf Zürich. Hier bestanden nun zwei KoiuHUhsionen : Buudefkomit« des
Gewerkhchaftäbundeä und Reaervekassc-Kommiäsiüu. Um beide Kommissionen
riohtig SU besetien, mangelte es oft an geeigneten Personen und die Funktionen
der einen Konimisäion griffen in die der anderen über. Mit 1. April wiid dies
ändern; gemäß Urali.^itiramtingsbeschluß des Gewerkschaftsbtiudes wird die spezielle
Ileserveka»se-K.ommission auf diesen Zeitpunkt aufgehoben, ebenso die eigene Kassa-
verwaltong und die Reservekasse geht au den Gewerkschutt^ibuud über. Nach
dem nenen Statut ist ferner ein Beservefond von 16,000 Fr. rorgeseben, ehe
denelhe beieinander ist, darf keine Streiknntersttttznng ausbeaahlt werden.
Damit ist der Gewerkschaftsbund in ein neues Stadiom seiuer Entwioklung
getreten und zu dem geworden, was seinen Gründern TOTSOhwebte: eiu Zentral-
bindeglied für die gesammte sehweizerische Arbeiterbe wegiing. 1>>t Gew<;rkschaftH-
bund ist aber nun auch zu einer Macht geworden, und wird e^ noch uieiir werden.
Wenn ein Artikel seines neuen Statutes ausgeführt ist, welcher bestimmt, es sei
von einem gewiswn Moment an ein stXndiger SekretHr fOr den Verband ansnstellen,
der französisch und deutsch sprechen und schreiben und, natitrlich — agitatorisehes
Talent besitzen muß. Dieser Moment dilrfte in Balde eintreten.
Den Yerliiinden, die dem (iewrrkscliaftslainde angehliron, sichert auch da»
neue Statut ihre vollf Selhstiindigkcit in inneren Angelegenheiten zu. !>ir Aut-
iagen sind pro Mitglied und pro Jahr auf ¥r. 2. 40 festgCöClzt. ilievuu fallen
2 Fr. in die Beserrekasse, der Best wird fttr Verwaltung und Agitation ver-
wendet. Bei der jetst bestehenden Milgliederzahl wird dies oinen Betrag von
12,000 Fr. jährlich ergeben nnd treten, was in Aussicht steht, auch die Verbände
der Holzarbeiter, fler Typogruphen, eveutnell Stieker und Uhrenarbeiter bei, müßte
der fUr Unterstützung and Agitation xerfügbare Fond eine ansehuliche Höhe
erreichen.
Die Ziele der gewerksehaftlich organisirten Arbeiter lassen sich in folgende
Punkte ausammenfassen :
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Arbeitervereine
— 39 —
Arfaeitervereine
1) 8teatU«h6 Anerkenimiig der Geumrkechaltaii und ihrer BeMhlttaee für Bernlii-
angelegeiibeiteo.
2) Arbeiterkammern für die Kantone und <lie Kidgenopsenschaft, welche in allen
Arbeiteraugelegenheiteu vun düu Behörden zu hören sind.
3) Begelung des Arbeitsnachweises durch die Arbeiter-Gewerkschaften mit stMt»
lieber Untonttttsong.
4) Regelung des Lehrlingswesene,
5) Gewerbegericlitr und Einlgung^äh'mter, in denen frei gewählte Arbeiter und
Gewerksinbaber zu gleichen Theib n sitzen, mit .-«tHatlich geschützter Geltungs-
kralt ihrer Lutscbeidungen für alle IkrolHangehörigen des Bezirkes.
6) Festeetinng ein«« KtHrmalarbeitstages, der alä nSefaete Grenie 10 Btnnden
haben, aber durch geeignete Wirksamkeit auf 8 Stunden verkfirzt werden koII.
7) Festsetzung von Minimallühnen, die den Preisen der ünterhaltsmittel nnd
den Mindestforderungpin an ein menschenwürdiges Dasein entsprechen.
Ö) Staatliche Arbeiterversiohenug, unter Mitverwaltungsrecht der Arbeiter.
Daneben anerkennt ein aabr grofier Thflil der HitgUeder dea 6«werkiohafUi>
bnndea dai» aoiialdemokrakiidie Programm, welobea die UeberfHbmngdef Prodnktiona-
mittel in die HXnde der Gesammtheit anstrebt.
Neben dieser Berufs-Zentral5>:ation niaehte sich noch ein weiteres Betreben
geltend, es ist das der lokalen Zeutrali»atiou, die Bildung lukaler Ntädtischer
Arbeitersekretariate. ZUrich ist darin vorangegangen, am 1. Februar 1JS89 trat
ein Statnt in Kraft, welches die 40 Arbeitervereine von Stadt nnd Umgebnng
zu einem featen Verbände vereinigt und einen geschäftsleitenden Sekretär kreirt,
der Tür seine Arbeit entschädigt wird. Es ist di-'s ein Zriiher: vun int>'n-iver
ThKti{i:keit der Ari)eiter und von Opfermnth, und es briti;^'t <li.' Schaltung solcher
lokaler Zentralstellen denselben nicht unwesentliche Vortheile. Der betreffende
Beamte maß aber recht vielseitig sein und ist dorobans nicht auf Bosen gebettet.
Er mnß Vorträge halten, Vereinagrttndnngen an fi[and nehmen, Anskniift in Fabrik*
und gewerblichen Fragen ertheilen, die BeschlilsKe der Delegirtenversammlungen
vollziehen, Eingaben an Behörden und Private machen, und allem Thun und
Lasseu seiner Vereine Aafmerksamkeit Mihenken.
Im Herbet 1B90 ist Bern nachgefolgt und gegenwärtig studirt man in Basel
die VerhjQtnisse, am eventnell ebenfiüls ein lokales Sekretariat in schaffen. Andere
StSdte werden Uber knn oder lang nachfolgen. Wo ein städtisches Sekretariat
nicht erhältlich 7m maf^ben ist, da sollen kantonale Aeniter einireführt werden,
nnd in ZUrich ist davon die liede, das lokale Amt ebenialU uat der Zeit in ein
kautonales zu verwandeln. Die Folge dieser Einrichtungen sind uatUrlich erhöhte
Beitrüge, allein die Arbeiter gewöhnen sich nach und nach an dieselben. So
beliehen eine Ansahl Vereine, welche früher :;0^ 10 Cts. Monatsbeitrag bezogen,
heute 70 — 1 Fr. und werden im Laufe der Zeit, den vermehrten Anforderungen
entf^prechend, noch höher gehen müssen. „Dies Geld trägt \xm reiche Zinsen,"
hört man aus dem xMund der Arbeiter sagen.
Basel sKblt Arbeitervereine sirka 24, Bern 40, Zttrioh 40, Winterthnr Iti,
St. Gallen 22 n. s. w. Alle diese Städte besitzen lokale Yerbindnngen, welchen
diese Vereine angehören, an Arbeit fehlt es also einem solchen Sekretär nicht.
Wenn bisher des (^rfißten sehweiz. Arbeiterverbandes, des S hwi'iz. ArheitfM"-
buudes noch nicht gedacht wurde, so geschah es, weil derselbe nicht aus^uhlicbiich
Aibeitervereine im Sinn dieses Artikels aufmmmt, sondern nebst Berufsvereinen
and Verbunden aller Art auch Krankenkassen nnd katholische M Sonervereine (welche
so wenig wie der GrOtliverein eigentliche, anjmohließUche Arbeitervereine sind).
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Arbeitervereine
— 40 —
Arbeitervereiae
Bei seiner Gründung 1887 in Aarau zählte er rund 100,000 Mitglieder, heute
120,000. Dem Arbeiterlmnd gehören immerhin weitauM die meinten Arbeitervereine
der Schweiz an. So die ^'erl)^in(le der Uhrenmacher, Sticker, Typograplien-,
Gewerkschaftsbund u. h. w. Eh haben albu die eigentlichen Arbeiter dunu die
Mehrheit.
Eine agitatorieohe Thätigkeit kann weder der Arbeiterbund, vörmSge seiner
Zui+ammonsetznng', nocb das Arbeitersekretariat, in Anbetracht seiner genau um-
schriebenen Arbeitsgrenze und der liundessubvention, entfalten. Die Agitation
wird nach wie vor den einzelnen Verbänden Uberlassen bleiben. Und daß man
ee da eniat mit der Saehe niiiunt, bewelaen eine Beihe ▼on ErsoiieiDangen, be-
weist dae Itlrar den Qewerkanhaftslmnd und die lokalen Arbeitenakretariate G«-
sagte. Anoh die gegen früher bedeutend entwickelte Opfenrilligkeit der Arbeiter,
welche nie an Vereiusl>eiträgen ganz bedeutende Summen .zahlen läßt, ist dafür
Beweis. Ein Mitglied des Grütlivereins l. B., das noch einer Gewerkschaft an-
gehört, bezahlt pro Monat (obne Krankenkasse) im Dnrcbschnitt Fr 1. 50 — 1. 80.
Die Statuten des sohweiseriscben Arbeiterbundes lauten :
^ 1. Zur gemeinsamen Vertretung der wirthsehaftlichen In(er««sen der Arbeiter*
kht-se in der Schweiz bilden «lie Arlicilt rvert'iiu- 'Ic- L-iihIi'- imikmi Vim I>.itiil imicr dem
Hainen »Schweizerischer Arbeilerbund*. Beilrillsberechügt ist jeder Verein, der in seiner
Hehrzahl aus schweizerischen Arbeitern besletit und Arbeiterintereasen TertriK, oline
üntei -•<'liied seiner politischen oder relij^iüscn Hiehtnng.
Die dum Bunde beigelreleuen Vereine verpilichten sich, bei allen l ntersuchun^en
und ^«tatislimhen Erhebungen fiber ArbeUerverhIltnisse mitzuwirken und Auskunft zu
erUieilen.
$ !2. Die Orirarie des sehwn/. ri-rlien ArboiU rlnuKles sind: a) Die Deleüirlcu-
veiTwunmlunp, h) der HundesvLU-i.itnl. > } . 1er leitende Ausschuß, d) der Arbeitei^kretftr.
§ 3. Alle drei Jahre fnult t die ordenUiche Dele},'irlenver>'rimmlunK statt; die
Delegirten werden von den verbündeten Vereinen, welche dem fichuei/ensclien Arbeiter-
bund angehören, >?ewäblt. Jeder sclbsi iiiiiiLe V(n in hat das Herhl, einen Delegirlen
abzuf>rdnen; jedoch kointnt nur auf 25(3 Mitglieder ein stimmberechtigter Delepirter.
Stimmrecht bei der Wahl haben nur Schweizerbfirger. Kleinere Vereine haben sich
nach freier Wahl behufs Ili lini^-ung des Stimnn'echts an der Delegirtenversaininlun^ zu
(rru|)|<iren. Ort und Zeil der Delegirtcnversainmlung wird vom Huiulesvnrstand fest-
geseizt. Außerordentliche Dele^rirtenversanindungen kflnnen durch Beschluß des Bundes-
vorstandes oder auf Bekehren von Vt-reineii welche einen Zebntheil der im Bund ver-
tretenen Mitglieder aufweisen, einberufen werden.
9 4. Der Bundesynr stand besteht aus 23 Mitgliedern, welche von der Delegirten-
vi i - iiiiiiilunt.' iiul .!'' ilrei liilire ;,'ewählt werden. Die Mi!i.^^ti*" ], r müssen Schwei/ei ln"ir-t r
und mindestens zwei Drittel derselben Arbeiter sein. Im Bundesvorstand sollen soweit
mftglieh nach Verbfiltniß vertreten sein: Die dem Bunde angeh/irigen Verbände, die
Landessprachen, dii itii Bunde wesentli Ii v< tti' '<.n< ii Industrien und Gewerlie. Der
Bundessvorsland versammelt bich ordeuthcher Weise jalulich zweimal. Cr ist bcächluü-
fllhig, wenn "'s der Hitglieder anwesend sind. Von den Sitzungen des Bundesvorstandes
ist Jeweilen vorher detn vu-täTuligen eidg. Departement Kenntniß zu geben» damit steh
dii.sselbe vertreten bissen kann.
Der Bundesvorstand hat das Recht, zu seinen Sitzungen Beamte, Fachmänner und
Vertreter besonders in Yxw^y- knnmiender Industrien und Gewerbe einzuladen, welchen
bei.illiende Stimme verliehen wird.
5? r». Der leitende Ausschuß besteht aus drei am gleichen Ort oder de^^aeu
riii;.'obun}j' wulinenden Mitt:liedern des Bunde-vorslandes iPräsid» ril. Akluar und Quästor),
wird von letzterem auf drei Jahr«- gewäbll und bildet dessen Hiin- iu, sowie die Ver-
tittiiim des scbweizeriscben Arbeiterbundes nach Außen. Ei v iil/.i.ht die BeschlQsse
Ut:^ Huuilcsvoistandes und verwaltet die Mittel und Schriflstüclce de<« Bundes.
Der leitende Aussi-huß bat die Traktanden der Delegirtenvcrsamndung festzustellen
und rechtzeitig bekannt zu ;:eben. Er eröifhel die Delegirtenvenammlung, die im übrigen
ihr Bureau aus freier Wahl beslelll.
Seine Ge.sehüftsordiiuu^', tu welcher auch die Frage der Verantwortlichkeit za
regeln ist, hat der leitende Ausschuß dem Bundesvorstand zur Genehmigung vorznleeen.
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Arb«lteiTa«iDe
— 41 —
Arbeiterverain«
$ (>. Der Arbeitersekrttär wird vom BundevTorstand auf je drei Jaiire gew,^hit
und muß Scliut izerltflrger f«ein. Der Delegirteoversammlung steht daü Vorschlagsrecht
zu. Soini" uiLilliflien Befugnisse uml Pfljohten werden tlurch ein vom Bundesvorsiand
aufzustellendes Hrglemcnt iir>timmt, dessen Genehmigung auch das Arl)citsprogramm,
sowie das Budget und die Beelinung des Arbeitersekrelariats unterliegt. Die unniitteU
bare Aufsicht fiber die (ieschäflslöhrung des Arbeitersekrelariats liegt dem leitenden
Au-^schuLi ob. Der Arbeitersekret.ir sieht sowohl den Vorstanden des Schweiz. Arbeiter-
bunües, wie dem Schweiz. Buodesrathe zu ailen aageordueleo L'Dtersucbungen, die
Arbeiterfrage betrefTenf), statisttscben Erhebnni^n und Bearbeitungen, sowie Begut-
achtun^'en zur Vf iTii^Min;:. Er li;<t das Hecht, sicti l>rlinr- Aoflkuilfiserbuigling llllinittelbar
an Behörden, Verbände, Vereine und Private zu wenden.
9 7. Die Sttbrention des .scbweizeriscben Bunde^ratbes ist ausschließlich ftlr die
Ko'^l'-'ii de- Arl'ritrr-rkretiirials zu vr-rwriidi ii unt! i-( nbr-r ilio Vf ru » n'luM;.' ilcin üuinlc--
raüio detuUhrte und bele^^te Hechnun^ zu steilen. Alle übrigen Kosten, insbesondere
diejenigen für DelefHrtenversammlungen,' die Sitzungen des Bundesrorstandee und die
Geschärisführinit' «iis leitenden Ausschusses sind von den Verbuitdeii iirnl Vereinen für
ihre Vertreter seiiul zu trauen, Knlschädigungsiuisprrirhe auf die Huiides-.ubvention siml
unzulässig.
S iS. Als amtliche l'uhiikniiunsmUtfl des scbwrizf^ri^chm Arlicilrrhundes werden
der ^tinitiianer*. die , Arbeilerstuiime", die ,Voi\ <lti |i. u|il.' ' und tlie Organe der
Verbfinde und Vereine betrachtet, welche dem Arin ih imiikI aiiti^ehören, sofern und so-
lange dieselben alle aiiillicb« ti MiKlieihingen des Bundes^ m -audes, des leitenden Aus-
8<'hus-es und des Arbeiterseki liai i.ites unverändert und ^wiil-^ in ihrem Texttheil auf-
nehmen. Die Liste der Fublikalituismittel wird den Verbünden und Vereinen durch den
leitenden Ausschuß bekannt gegeben und gelten die in densellK>n veri^flentlif ht-Ti aiut-
lichen Mitlheilungen als zur KenntniU aller Mitglieder des Schweiz. Arbeilerbundt h gt bnu-lil.
S Der Eintritt in den schweizerischen Arbeit «r ii u ni . -uwie der Au;*-
tritt aus demselbenf geschieht durch sctirilUicbe Miltbeilung au den leitenden Au&schuß.
^ 10. Dieses Statat tritt mit sdner Annahme durch die Delegirtenversammlung
in Ki afi. 'i durch MehrbeitsbescbiulS der Delegirtenversammlung kann an jederzeit revidirt
werden.
erübrigt lus noch, ein Wort tiber die Arbeiterinuenvereine m
sagen. Eig«nt1i4die ArbeiterinnesTereine« walebe nur weibliche Mitglieder Ter>
scbiedener Beruft*arten aufnehmen, bestehen in der Schweiz erst seit einer kleinen
Zjihl von Jahren. Die Uhrenarbeiter. in deren Gruppen Arbeiterinnen beschäftigt
sind, nehmen solrhe in ihre Syndikate auf, ebeuho die Tabakarbeiter: die Gewerk-
schaft der letzteren im Wynen- und .Scethal beutaud 1890 beinahe zur iiallte
aus weibliohen Mitgliedern. Auch einige Stiokerrereine (Fabfikstioker) nabmen
weibliche IGtglieder auf. Bei allen diesen Berufen beHteht die Tandena dar Minder-
belatitung der weiblichen, also der Nichtgleichberechtigung derselben mit den
männlichen Mitgliedern. Eine Ausnahme machen uenerdinp^s einige neugegriindete
allgemeine oder Fabrikgewerkücbaften , welche voilstäudige Gleichberechtigung
aller Mitglieder einfttkrten. Ueber die Zahl der organiMrten Arbeiterinnen siod
leider keine Angaben Torkanden. Die ZakI der in Fabrik- und aogenannten all-
gemeinen Gewerkacbaftcn urgaaieirten Mädchen und Frauen mag nach SchKfcBung
eines Faehmannes zirka .'iOO betragen, die Zahl der Arbeiterinnen in di-n Arbi iterinnen-
vereinen Ba.sel, Bern, St, Gallen, Wintcrthur und Zürich etwa ;iUti. Die »tädlischen
Arbeiteriunenvereinc haben natUrliuh am allermeisten mit dem Vorurtheil zu
kämpfen; hSlt ea sehon schwer, die mSnnlioben Arbeiter aurammen an halten, so
ist dies bei den weiblichen, aus ganz natürlichen Gründen, noch viel mehr der
Fall. Die Leute wollen prakti.scbe Repultate > lit n al- Frin hte ihrer Theilnalime;
bleila'n solche au«, so schwindet die Frendc am Mitwirkeu. So groß die Noth, ho
klein i.st die Geduld dieser Leute, ganz gleich wie trülier bei den Arbeitervereiuen.
ÜDter den Arbeitern wird allseitig die Nothwendi|i^keit einer Organisation der
') 10. April 18i>7. Prü^^ident des Hundcsvorst:in<iej>: Fürsprech H. Scherer in
SL Gallen.
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Arbettenrereine
42 —
ArbeiterwohnungttD
ArbeiteriniMii anerkannt und der letzte Gewerkschaftskongreß in Zttrioli am
25. Januar 1891, an welchem darch 74 Delegirte 38,000 Arbeiter vertreten
waren, gab dieser Gesinnung Ausdruck durch Annahme einer Resolution, welche
es den Gewerkschaf tea cor Pflicht macht, die weiblichen Arbeiter ihrer Branche
mit in die Organieatioa aofcondimeD und «war aU gleiehhareohtigte Jlütglieder.
Als «ine weitere Gruppe von Arbeiterrereitten durften noch die katholisohen.
Gesel I envereine an nennen sein, deren Zahl in den letzten Jahren, veranlaßt
dnroh eine Agitation aus den Kreisen der katholisch*' n Vereine, bedeutend
zugenommen hat. Immerhin ist ihre Zahl noch ziemliüh klein, und auch die
größten unter ihnen machen sich kaum bemerklioh, da sie aich .statutengemäße
von allen politisehen und gewerksoballllohen Fragen ftrnhalten. Sie sind ebenfiüla
sentralisirt nnd gehSren in ihrer Gesatnmtheit dem Schweiz. Arbeiterbnnde an.
So bilden die Arbeitervereine einen bedeutsamen Faktor im wirtlisclmftlichen
und olTiiitlichen Leben, und es ist hochinteressant, ihren Eutwioklangegang za
vertu Igen.
Arbeitenrobsniigeii. Aus dem Werke von D' Viktor Bvhmert: «Arbeiter^
Verhältnisse nnd Fabrikeinriohtungen der Schweix*, pnbiizirt im Jahre 1873^
(Verlag von Caesar Schmidt Zürich) geht hervor, dass gerade die Zeit, in welcher
das Werk erstellt wnrde, sehr reieh war an privaten Bestrebungen, im Interesse
der sog. Arbeiterklasse billige Wohnhäuser zu erstelluu. JSloster, an welchen
diese Bestrebungen Anbaltspnnkte &nden, waren iwar bereits in gr^erer Menge
vorhanden, denn niaht nur hatten schon viele bedeatende Fabrikfirmen durch die
ErsteUnng einfacher WohnhäuHer in der Nlhe ihrer Etablissemente mehr oder
weniger gut für dan Olidiichbedürfiiiss der eigenen Arbeiter gesorgt, sondern es
war auch die Wirksamkeit mehrerer Aktiengeselisohaftcn, Genossenschaften und
gemeinnütziger Vereine bekannt, welche in den 50er und UOer Jahren die Städte
Basel, Loole, Zürich« Lausanne, Genf, Bern durch «billige* Bauten erweitert
hatten. Die meisten dieser Gesellschaften führten in ihrem StliiM dio Devise
„für die Arbeiter." Sie betrnügten sich mit einem Miethziiis, der dem Baukapital
H*/2— 5'*/o Interessen eintrug; auch stellten sie 80 glhistige Verkaufsbedingungen,
da.HH manches Häuschen in den Besitz weniger bemittelter Leute überging.
Von den erstoi 70er Jahren an vermehrten sich die , Gesellschaften fttr
den Bau von Arbeiterwohungen'^ in den industriellen Kantonen niNcb, und die
Grosszahl der vom VolkHwirth.schaft*-Lexikon auf Seite 21, I. Bd. erwähnten
187 Bau- und Vt^nniethtingsaktiengepeüsrhaften bind Gründungen jener Art. Hie
vertheilen sich aul folgende Kantone: Waadt. Neuenburg, Genf, Bern, Zürich,
Freiburg, Granbanden, St. Gallen, Basel, Sohaffhansen, Lasern, Obiralden, Wallis.
Der Bau von Arbeiterwohnungon in oder bei Stildten hielt aber nicht Schritt
mit dar Vermehrung der BevSlkemng; im Verhältniss der letzteren stiegen die
Miethen und Kfinfpr<>i*»e nnd aus den anfänglich ^htüigeu Wohuungdu"' wurden
nm li^^'erado «ehr theure, um so theurere, aU iliedslben eben doch viele?» zu wunscheu
übrijj lie^jsen, viel Brenumatedal erforderten u. s. w. Desshalb ist immer voa
neuem «Arbeitervohnungen** gerufen worden und swar solchen, welche nicht
l)li»s^ BarakuD sind, gut genug ti I n Sommer, aber schimmelige Höhlen im
Winter. Diesen unbefriedigenden V.-rhiilfnissen ist e, zn/ir^elireiben, dass es
geradezu Sensation erregte, aln im PViilijuhr 1 von den Herren fci. und < ', Hehindler
in Zürich eine Preisau^chreibung für Haue zu einzelnstehenden «Klein aber Meiu"-
HKuschen erfolgte, die auf dem Lande au ungeföhr 4000 Fr. erstellbar
sein sollten. Die Auschr«lbang hat Erfolg gehabt, die Herren Schindler haben
die ihnen eingegangenen Pläne nebst Anleitangea im Buchbandei veröffentlicht,
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Arbeiterwuhnungeu
- 43 —
Arbeilerwuhnungeik
und die .Klein aber Mein" «Flagge wird seitdem da und dort im Lande ge>
•ohwimgen.
Unstreitig ist das Problem der Arbeiterwohnnngen am besten voa dm I'abrik»
besitzern gelöst worden, die ein Interesse daran hahf ?!, ihre Arbeiter an sich zu
fesseln. Die Fahrikorte, wo auf Kosten der Industriellen selbst Arbeiterwohnungeu
erstellt wurdeu, «lind uaoh Wist>en deti Lexikons:
Jm JTaNton ZOHeh: Aathal, AdliBweil« Bauma, fiftretoveil, Bubikon, BBlaoh,
DUmten, Freionstein, Grattikon, Gibsweil- Fischenthal, Glattfelden, Girenbad-Uin-
weil, Hansen a. A., Höngg, Reropttbal, Eullbrunn, Langnau, Neftenbach, Nieder-
uster, Oerhkuii, Oberuster, Oberstrass, i'lnngen, Richtereweil, Horbas, Kykon-
Zell, Bennhoi-Kybarg, Tbalweil^ Töas, Uetikou, Uuterstraes, Uster, Veltheim,.
Wald, WalUMllMt, Wldonswail, WeisBentlial-Kyburg, Wetaikon, Wiedikon, Wintor-
thnr, Wollishofen, WttUlingen, ZwiUikon-Affoltem.
Im Kanion Bern: Felsonan b«i Bern, Bnigdorf, GreUingoo, Hecsogeabaohseev
Kirchberg, Reconvillier.
Im Kanton Lueern: Ennenweid, Hergiswyl, Kheus.
Im Kanion Schwyz: Schindellegi, Naolon, Siebnen.
In (Hfwatden: WügtBfryl,
Jm Kanion Glaru$: i^Mlen, Linttlial, LaelMOgen, Holli«, Netetall, Biederen^
Schwanden, Ziegelbrücke.
Im Kanion Zug: B;uir, Cham, Unteräircri.
Im Kanton SoloQiurn: BibtiriHt, (jlud, Emmenhol, Schünenwerd.
Jm KaiUon Baad: Arlesheim, Basel, Hfincheiutein.
Im Kanion SchaffUansm: Neuhausen, Schaffhani«i.
Tin Kanion St. Gallen Azmoos- Wartau, Brüggen, Biitschwil, Degersheim,
Dietturt, ßscbenbaeh, Ebnat, Furth- Mogeisberg, Flutns, Ganterswyl, Gohs iu, Henau,
Jona, Kappel, Kirohberg, Lichtensteig, Mels, Murg, Niederuzwyl, Kapperswyl,.
Bhaineek, Tablat, Uxnaeh, Wallemtadt, Wattwyl.
Im Kanian QraiUtünden: Landqaart, Sil«.
Im Kanton Aargau: Baden, Spreitenbach, Turgi, Wettingen, Win lisch.
Im Kanton T/iKn/an: Bischofszell, Fisi hingen, Grttneck, Jakobsthal, Matt*
weil, Murgtbal, Murkart, VVeiutoldca, Wengi.
Im Kanton Neuenbürg: Serrieres.
An den mdston Ortao worden diese Wohnangen nur vermiothet, an einigen
wofdoL sie den Arbeitern auch käuflioh abgetreten. Die Miethe ist durchgängig
billiger gehalten als hei Hrivatbauten.
Gewöhnliche, d. h. nach einem Rpezii'llen Sj'stem flir Arbeiter f^a-baute
Wohnungen sind von 1" abrikheeitzern vermiethet in Ballaigues, Graadbun, Montier-
GtandTal, Rondohfttel, Senuales, Soncebos.
Die laudwirthschaftlichen Arbeiter wolinen, so lani^e sie uuverheirathet sind,
in der Kegel beim Dienstgeber. Aus d ir Forstwirths Hüft iat ein Beispiel be
kannt, das Analogie mit den ArboiterdörtVrn jrewisfer Fabnkorte hat: Die For>;t-
yerwaltung der Stadt Zürich hat seit 30 Jaltren für ihre Arbeiter im Sihiwald
43 Wohnangen erstellt, die «e k 1 Franken per Woohe Yermiethet Zn jeder
Wohnung gdtören 5 Aren Gemttseland, wofttr i»er Jahr ö Franken Miethe yerlangt
wird. Bewohnt sind diese Wohnungen zur Zeit (März lö91) von 167 Personen.
Vermöge der Eisenbahnen und Dampfschitre können viele Arbeiter, welche
in Städten beschattigt sind, auf dem Lande wohnen. Die Auslagen tUr tägliche
Hin- und Herfahrt, im Abonnement erheblich unter den Normaltaxen, lohnen
eiidi reichlich durch den üntersohied der Hüetikkosten.
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Arbeibeinslellungen
— 44 —
iVrbeilsnachweisbureaux
ArMtseiBBteUungen den Artikel „StrikW auf Seite 214 n. ff. im
m. Bend.
ArbeitshütteB. Um TerdieiMtloeeii Leuten vorilbergeliend etwas Erwerb
<lurch Arbeit (Holzspalten) zu venjchaffen. bestehen in Bern und Genf je eine
fiog. ArbeitehUtte. Erstere wird vom Kaufmann Laaterbarg*Jäggi in Bern unter»
halten, diejenige in Genf von einem Verein.
Arbeitsiiaehweisbureaux. Solche Anntaiteu, theiU von Gemeinden, tbeils
von gemeinnttixigen GesellHobaften gegründet und nnterhalten, bestehen in Bern,
St. Gallen, Baar nnd Zürich. In Basel ist ein staailkhes Arbeitsnacbweiaburean.
Von allen diesen Anstalten ist diejenige in Zürich die älteste (gegr. 1885).
Sie ist mit dem freiwilligen Armenverein verhuntlpn und be^tcbt aus gesonderton
Abtbeilungen für männliche und für weibliche Arbeiter. Mit der männlichen
Abtlieilimg hat das Bnrean Jceine gnten Er&hmogen gemadit. Es hat sioh
geaeigt, daß der voll leistnngsfiihige Arbeiter sowohl wie der Arbeitgeber sieh
nnr bei Anenahmsvarhälttiissen an eine Nachweisstelle wenden , welche aogleidl
Armenzweckcn dient. Zwar sind die Meister auf dem Lande das ganze Jahr
hindurch mehr oder weniger auf da« städtische Bureau anj^ewiesen, weil die
Arbeiter nur dann aufs Dorf gehen, wenn sie absolut keine Aussicht mehr
haben, in der Stadt anaakonimen; aber ganz tilohtige nnd solide Arbeiter
gelangen erst nach anderweitiger erfülgloser Umschau an das Bureau. Bessere
Resultate zeigt die weibliche Abtlicilung. Dieselbe hat sich den Charakter einer
kleinen Arbeitsbörse wahren kümien und wird von Juhr zu Jabr mohr bcniltzt.
Die ArbeitKnaebwcisan^tult in Bern ist Gemeinde- Institut. Gegriiiitk-t durch
ätadtruthsbeschluij vom '6. August 1888 ist sie der Leitung einer Kommission
nntexetellt. welohe ans IGtgiiedem des Gemeinderalhes, des Hftndwerkervereins,
des Griit Ii Vereins und des allgemeinen städtischen ArbeiterTereins besteht. Mann-
lidie und weibliche Abtheilnng. Vermittlongsgebttbren sowohl vom Arbeitgeber
wie vom Arbeitnehmer:
Bei <te ftr
Nachfragen und Angeboten betreffend ^füLuil?^ "SlmM'
1) Erdarbeiter, Ktndlanger, AnsUufer n. s. w. . 10 20
2) Dienstboten und Wirthschaftspersonal :
a. wenn der Lohn 20 Fr. monntlich übersteigt 40 40
b. wenn der Lohn 20 l?'r. nionutlich nicht über-
steigt .... 30 30
r, , . I Arbeitaachende ..... 30 50
,{ Handwerker -n
I Arbeitgeber &0 oO
4) Lebrbnge öO 50
ö) Angestelite, Handelsleute u. «. w 80 80
Uf>berdi('s sind der Anstalt die gehabten Baarauslageu l'dr Inserate, Porü
u. dgl. zu vergüten.
Kommt eme Arbmtsrennittlang nidit xn Stande, so ist lediglieh die An-
meld^btthr in entriohten.
Gesuehsteiler, welehe nioht in der Gemeinde Bern wohnen, bezahlen die
doppelte Gebuhr.
fn besonders schwierigen VerhüUnisseu können höhere Gebühren zum Voraus
auHbcdungen werden.
Fttr ganslioh Arme, deren Armnth vom stKdtiseben Armendirektor oder
«inem Bealrksvorstdier, oder von der städtischen Poliaeidirektion beseheinigt
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ArbeiLjüucUweibbureaux
— 45 —
Areal »ler Schweiz
wird nad walobe von denselben mv anentgeltlielien Arbeitgyermittlnng empfoUen
werden, wurd keine Gebühr berechnet.
Do8 staatliche Arbeithij teil weißbureau in ILiHel bcHteht in Folge Großraths-
beschlnsses vom 9. Dezember IS.'^U «eit 1. Juli l^i'JO. Der leitenden Komminision
müssen angehören: ein Mitglied des fiegierungsrathes, drei Arbeitgeber, drei
ArbäUMlinieY nnd drei andere Pentöuliobketten, adle vom BegierungMnth gewählt.
Fmaenkomit^ fttr die weibiiohe Abthnlnng. Bei ArbeitseinstoUnngen kann die
Anstalt ihre Thätigkeit für das hetreflfende Gewerbe oder den betreffenden Werk-
platz sofort und bis /.iir definitiven Kiledigong dee Streitee unterbrechen. Tarif
*fUr Arbeitgeber wie fur Arbeitnehmer:
Bei der Einschreibung für:
vom Arbdt- vom Arbeit-
1) Erdarbeiter, Handlanger, Auslfiofer, wehenden geber
Fabrikarbeiter, Tagltfhner und Tag>
löhnenn nen . 20 Cts. 40 Cts.
2) Uandwerkslehrlinge uinl (iegellen . 30 „ (iO „
B) Dienetboten, Wirtheohalt s|)er»onal, Han-
delelehilinge und Angestellte . . . oO „ 1 Fr.
Auswärtige Gesuchsteller zahlen die doppelte Taxe.
Die Gebühr ist bei der Anmeld nni: zn entrichten und wird auch dann
nicht zurückvergUtet, wenn keine Yermittlung »tatttinden kann. Dagegen »iud
die Arbeit- «ider IKenetniohenden bereehtigt, während eines Monats dreimal um
offene Stellen sn kenknrriren, ohne eine nene Taxe an beaahlen, die Arbdtgeber
dagegen können für die einmal bezahlte Taxe Zuweisung von Arbeitern Ter*
langen, bis lie bei ihnen offene Stelle besetzt ist. Vitu fbri dem Bureau von d*;n
stüdtibchen und freiwilligen Armenanstnlten oder den Geistlichen Uberwieeenea
Gesuchstellern ist keine Ta.\e zu beziehen.
Für die Arbeitgeber werden Abonnementekarten an 5 Fr. ausgegeben ; die-
aelben haben 20 Coupons ä 25 Cts.
Ein fester jährlioher Beitrag von 10 Franken befreit von der Beaablnng
jeder Taxe.
Das Bureau wurde im ersten Halbjahr seines Bestehens benutzt von 1Ü2Ö
Arbeitraobenden nnd 1408 Arbeitgebern. Die Arbeitsnoher waren : 6^ Sohweiaer,
469 AnsIKnder, 360 Sdiweiaerinnen, 439 AnaUnderinnen. Von den nUnnlicben
Arbeitsuchenden ^v^Irde^ 44 ^/o plazirt, von den weiblichen 53 '^o. Den Dienet»
bioton-uchenden (188 Herrschaften kuunte in 412 Fällen entsprochen
werden, den übrigen 720 Arbeitgebern in 495 Fällen (6y "o). Diese Resultate
werden yon dar leitenden Kommission der Anstalt als sehr erfreulich bezeichnet.
Man hatte erwartet, mit der männlieben /Vbtheilnng ebenee eohleebte Erfabrangen
an machen wie anderwärts nnd sieht sich nun angenehm enttäuscht.
Die .\rbeitsnachweii<bnre!inx in St. Gallen und Haar entsprachen dem Wunsche
des Lexikons um Zn<^endung von Statuten und Geschäftsberichten nicht, und es
kann daher hier uicbt« Uber sie mitgetheilt werden.
Areal der Sehweiz. Die Tabelle anf Seite 70 im orten Band weiat ein
Gesammtareal von 41346 Quadratkilometern auf. Eine Aendemng des Geaammt-
areals hat selbsivtrständlich nicht stattgefunden, sondern es kann sich nur das
^ erhiiltnili zwi^ehell dem produktiven und dem unproduktiven Boden verschoben
haben. Um wie viel, ist zu sagen absolut unmöglich j denn eine neue allgemeine
Vermeesung hat niebt stattgefunden. Ohne Zweilftl hat sieh der nnprodoktive
Boden Tormehrt, der produktive yermind«rt; denn ee haben bekanntUeh die
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Areal der Sdiweiz
— 46 —
Armenweeea
^StXdte und viele Ortsdbaflan an Umfong gewonMo. Will man deimodi die
Statistik ergänzen, so kann es Hieb nur darum handeln, von einigen bekannten
Ycrriruierungen innorbalb des proiluktiven Bodens Notiz zu nehmen. Es liegen
Hlljäbrlich neue Angaben vor in Bezug auf die Waldungen und das Kebland.
lodem wir nan diese (pro 1890) berücksichtigen, modifizirt eich darnach der
Beet de« produktiven Bodene. Fttr den unproduktiven Boden mflaaen wir die
2ablen von Seite 70 beibehalten und aaf dieselben venreleen.
Prodaktiver Boden, km' Wobabe«-. uu 1. XILM
KMtOB
per 1 km*
p«r 1 km*
Wald
Total
prod. BodpQ«
Oes^-Anal
Aargaii
430
25
886,7
1,341,7
144
138
Appenzell A.-Kh.
48
0,1
187,0
235,1
230
224
Appenzell I.-Bb. .
33
129,»
162,«
79
73
Basel land .
147
7,0
251,«
405,6
153
147
Baselstadt . . .
4
0,8
25,6
30,4
2,426
2,060
Bern ....
. 1,400
8,0
8,917,7
5,385,7
100
78
Freiburg . .
279
2,8
1,187,8
1,469,6
81
71
€renf ....
29
19.»
184,«
232,»
458
378
Olaiiie ....
124
324,6
448,«
75
49
-Graubilnden . .
. 1,260
3,a
2,588,4
3,851.»
25
13
Luzern ....
;joo
0,«
1,068.4
1,369,0
09
90
Neuenbürg . .
225
12,6
334,8
572,8
189
134
Aidwalaen
69
148,»
217,9
ob
4o
Obwalden . . .
122
277,»
399,4
37
32
j3t. Gallen . . .
385
6,7
1,321,8
l,7l3,s
133
113
SchntfhaoMn .
117
11,0
153,0
2Sl,o
134
128
SLhwj'z
163
2,0
495,2
<i60,a
76
55
Solothurn .
289
1.»
436,2
726,5
118
108
TeBsin ....
557
66,4
1,256,8
1,880^
67
45
Thurgau . . .
182
18,s
635,4
835,6
125
106
Uri . . . . .
108
369,7
477,7
36
16
Waadt ....
730
1 ,9.S2,H
2,728,«
9!
77
Walli« ....
660
23,4
l,72(j,5
2,409,9
42
19
anrieb ....
495
55,1
1,057,8
1,607,4
209
195
Zug
40
0,7
1 53,6
194,3
119
97
Total Sohweii 6,358
330,0
21,049,«
29,637,»
99
71
ArmenweBen. Wie reiob iat der Bund, wenn ee aiob darum beadelt,
Wünschen von Gebildeten und Reichen um Kr^tellung eines LandesmaseaniB, um
Ankauf alter Gla«gemälde und .'ionstigcr AlttTthiimer, um Subventionirung von
Gi si'Ilsclmften, deren Mitp^lieder iilicr ^lilliunen verfügen, um Subventionirung von
ÜiiduughanHtalten, die besonders von den Söhnen vermöglicher l^eute frequentirt
werden, an entspreeben .... und wie arm »teilt »ieh der Bund gcgunUber den
Annen. Fttr di^e sind seine sonst so woblgespickten Kassen leer. Der Wobl-
fabrtsartikel der Bundesvcrfiia.Hung *), der mit Erfolg fUr Zwecke angerufen
wurde, bei welchen die Bundeskompetenz fraglit^h war, besteht für die Armen
nicht. Diese nind die einzige Schicht der Bevölkerung, fUr welche io den Tigeln
der eidgenössischen MttnswerkrtStte kein Metall aohmilxt.
*} Art. 2: Der Bund hat zum Zweck: Behauptung der Unabhängigkeit des Vater-
landes gegen Außen, Handhabung von Ruhe und Ordnung im Inneren, Schutz der
Freiheit und der Rechle der Eidgenossen und Beförderung ihrer gemeinsanien WohliabrU
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47 —
<Vriueawc«en
Nan mnthet swar anoh der HerautgeW dieaee Lexikons dem Bunde nioht
stty daß dieser Almoflenbareaax orgHniäire, aber er glaubt, das» der Bnnd (ge-
rade auf Grnnd des WohlfahrtsartikelB) die Mission habe, »anirend in die Armen-
pflege der Kantone einzugreifen, besonders in dem Sinne, daß diese befähigt
werden, der Verarmung anoh vorzubeugen, anstatt nur bei bereits eingetretener Verar-
cnung Hülfe m bieten. Ate das wirksaaiste Torbengungsmittei dttrffee lieli der Berafs-
erlemangsswang erweisen, denn die Ananth ist in den meisten Fällen die
Folge nngunUgender Ausbildung der Arbeitskraft, die Folge des Mangels regel-
rechter Berufserlernung. Dir fm Mangel sind die mpi.ittin Kindor tnibeinittelter
Eltern anpcesnt/.t. Sie erwerbfu nur geringe Fertigkeiten, unterliegen früh-
zeitig iui Kampf ums Datteiu und werden der HUlfe ihrer Mitbürger benöthigt.
Solohen VerarmnngsfUlen kann dnroh den Bernfterlemongsawang, ans welckem
fttr den Staat die Bestreitung der Kosten für nnbemittelte Kinder sich ergibt,
vorgebengt wcrripn. w daß die Arnieiibehürden nur noch mit solcher Armutli 7m
schatTen haben, welche aus Charakterlehlern und Mißgeschick entstanden iht. Der
BerofserlernungRzwang, für alle Kantone gllUig, kann nur vom Bund ausge-
«prochen werden, und fttr die Berofterlenrangskostfin ÜDbemittelter vermag nur
«r die lOttel su besohafTen. Leider ist die Anasicht« daß diese Ansobannngen
bald von den ßundesbehOrden getheilt werden, gering. Rascher dürften sie in
gemeinnützigen Gesellsrhiiftcn zum hurohbrucb gelangen, daher möge an dieser
Stelle folgende Anregung Platz üuden :
Die Schweizerische gemeinnützige Gesellschaft, die sohon so grusne Werke
geschaffen hat, erklKre es als ihre Ao^be, mSgli^st vieien, von den AruMn-
bdiSrden nicht berUcksichtigtea Kindern unbemittelter Eltern die regelreehte Er^
lernTing pines ihren Fähigkeiten zusagenden Berufen zu ermöglichen. Sie ersuche
den l^und, (gestützt anf die BundeRbp^ehlnsse betrellend die gewerbliche und die
kommerzielle Berufsbildung) »uwie die Kantone um angemessene Subveutioneu und
«rriohte ein stSndiges besoldetes Sekretariat, das die einsdilSgigen Arbeiten beeorgt.
Legate nnd Geschenke von Privaten würden vermathlidi nicht ausbleiben and
so könnte die Gesellschaft eine Thätigkeit entfalten, welche dem allgemeinen
fierafiierlerauDgszwaag mit Macht die Wege ebnen würde.
♦ #
Das Einzige, was sieh in Armensachen der Bond bisher den Kantonen gegen«
Uber erlaubte, war, dafi er ihnen durch Gesetz vom 22. Juni 1875 die Pflicht
«uferlegte, IntVir zu sorgen, daß unbemittelten Angehörigen anderer Kantone,
welche erkraakcu und deren KUukkehr in die Heimathkantone ohne liachtheil
fttr ihre nnd Anderer Geeondheit nicht geschehen kann, die erforderlidie Pflege
nnd fintUehe Behandlung and im Sterbe&il schickliche Beerdignng au Tbeil werde.
Im Uebriiren ist CS den Kantonen gemS6 Art. 45 der Bundesverfassung gestattet,
die Niederlassung Roleheu Armen zu verweigern, welche dauernd der öfTi-ntlii hen
Wohlthütigkeit zur Last fallen und deren Heiinathgemeindii oder Heimathkauton
trotz amtlicher Autlorderung keiue angemessene Unlertitiitzung gewährt. Ja die
Kantone mit territorialer Armenpflege diirfbn die Gestattung der Kiederlassang
an die Bedingung der Erwerbsfähigkeit knüpfen.
Fäne charakteristische Erscheinung im Armenwesen ist es bekanntlich, daß
viele Gemeinden ihre Armen abzuschiehen, städtischen Gemeinwesen autzuburden
«ucben. Daß dieselbe indes« nicht erst aus neuerer Zeil datirt, beweist ein Tag-
«atsuDgsabBchied ans dnn Jahre 1561, der verordnete, daß jeder Ort, jeder Fleck,
jede KirohhVri die verarmten AngdiOrigen selbst erhalten und andere Orte nicht
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Armeuwei^en
— 48 —
Ar »neu Wesen
mit denselben beschweren solle. Um diese Weisung besser sa verstehen, muft
man wiesen, daß (in Folge der Reformation) die Aufhebung vieler Ktttster voraas-
{gegangen war, so daß s\d\ iHe Arm mi 'laselbst keine Unter.stlitzungen mehr holen
konnten. Die Bettler hcgabt'n sich auf Reispii, resp. wurden auf K(*i>en ge-
schoben. Dies und der erwähnte Tagsatzuügttbedchlutis gab ihid zu einer Menge
Ton obrigkeitUohea Bettelverordnungen Anlaß, die tnr Folge hatten, dafi theils
die Verwandteehaffc. theils die Gemeinde «ur Untersttttzang verpflichtet wurden.
So waren in Appenzell A.-Rh. am F.iulc des 15. Jahrhunderts die Verwandten
bis zum achten Orail nnterstiltzungaptiichtis?, in Uri noch am Anfang di's H».
JahrhuDiiertci bin zum fünften Grad. In Niiiwaldeü lag vor IMl der Armeu-
unterhalt ganz auf den Blutsverwandten. In St. GaUen kannte man vor 17Ü8
dne obligatorische AnoMiuntarsttttsuiig dareh die Gemeinde nicht. Umgekehrt
sind auch Beispiele von Gemeinde Armenpflegen Hcohn au8 dem 16. Jahrhundert
bekannt Dif» bptretfpnflen Gerneindon hatten das Recht, Annpn.<teiiern zu erheben»
und es bildete Mich ilamit dif l>l)liübkeit des Geniinndebürgi rreolite« aus.
Die Helvctik kousilidirtc die Gemeinde-Armenpflege. Bie bestimmte dui'ch
Oesets vom 13. Febroar 1799, daß diejenige Greeellsehaft in jeder Gemeinde,
der bi^er unter dem l^amen „Bttrgenchaft* die Verpflichtung znr Unterhaltung'
ihrer Armen obgelegen, diese Pflicht auch ferner zu erfüllen habe, und daß keine
Gemeinde ihr Arraengut vertheilen dürfe. Dtireh diesen Satz wurde das orts-
bürgerliche oder heimathliche Armenversorgungsprinzip proklamirt und es ist
heute in allen Eantouen ohne Baaelstadt, Bern und Keuenburg in Geltui^. (In
Genf in der Weise, daß in Armeneaehen der ganae Kanton als mne einzige Ge-
meinde gilt). In Baselstadt ist dae Armenweseu rechtlich gar nicht geregelt,
flondi rii bt-niht auf Stiftungen und Freiwilligkeit, ohne indessen unergiebitror zu
sein hIö auderwärt». Im Kautou Neuenbürg und im Kanton Bern, di'utsihtir
Kantonstheil, ist die Armenpflege Sache der Wohngcmciude (T e i i ito r i a 1-
prinsip), im jurasoschen Theil der Freiwilligkeit, unter administrativer Mit>
Wirkung der Behörden.
Es liegt im Wesen des ortsbtlrpprlir'hen Prinzips, daß in der Regel au( h
die außerhalb tior Heiniathgemeinde wohnenden verarmten Bürger von ihrem
BUrgerort au» unterstützt werden, umgekehrt müssen die außerhalb der Heimath-
gemeinde wohnenden stenerfiihigen Bürger an die Armenlasten des Bürgerortee
beitragen, es sei denn, man wohne außerhalb des Kantons und hesttse nicht an»
gleich in der Heimathgeroeinde reales Vermögen.
Beim territorialen Prinzip kommt dii-se?i Ucli(T«rroifpn in atidpre Gemeinden
nicht vor, dafür aber macht die Armenptlege keinen Unterschied zwischen Orts-
bUrgern und niedergela«eenen KantonsbUrgem. Außerhalb des Kantons wohnende
Verarmte winden entweder in die Heimathgemeinde aurflckgenommen (Kanton
Neuenbürg) oder erhalten Unterstützungen vom Staat (Bt rnl,
Aus dem bisher Ge*>agten ersif litlit Ii, daß mit Ausnahme von Bastdstadt
und d*,'m Ht-mer Jura die Armenpflege ülM-rall *;cst.'t7,li(di rt gulirt i'jt, Sie i»*t es
jedoch Mudir im Sinne einer bloßen Humauitätsptlichi der Gemeinde als im Sinne
eines klagbaren Rechtes auf Untersttttzang, das geriohtlicb geltend gemacht werden
könnte Befichwerden an OberbehSrden wegen Untersttttxungsverweigerung sind
awar zuläbsig.
Die üblichsten Formen der TTntcrstützung sind die direkte Verabfolgung von
Geld uud Naturalten, die Versorgung bei Familien und in Anstalten.
In allen Kantonen ohne beide Appenxell kUnnen die Gfemeinden auoKcdist
Verwaudte der UntenttttmngsbereobtigteD m Beitragsleistungen heranitehen; im
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ArmcDwe&en
49 —
Uebfigen dttrfen rie die UotesatlltBiagraiittol dnreh 8p«iieUe Steuern aufbringeii
odier deo allgemeinen Steaer-EinkttiiftMl entnehmeD. In der Mehrzahl der GLan*
tone iat auch die Verwendung von Staatageldern für die Armenpflege zaläiwig.
BuBien, Legate, Schenkungen bilden ebenfalls Einnahmen der Armenverwaltungen.
Die an volljährige PerHoueu verabfolgten UnteratUtsungen sind fast von allen
Amen-G«Betam ab I)arl6ii«n beliaiidel^ denn Bl^entattnng (ohne Zinsen) ver-
langt werden kann.
Die bürgerlichen Folgen der ArmennnterHtiitzüng bestehen meistens in Be-
Rcliränkiuig des Stimmrechtes nn«] r1«'r Wählbarkeit, in BescbrÜnkong der elter-
lichen Gewalt und im Wirthshausverbot.
Die amtliche Armenpflege wird wohlthuend ergänzt durch die private Wohl-
tbätigkeit vieler Httlfsvereine. Dieee haben in der Begel lokalen Charakter
and ihre TUEtigkeit wendet sich mehr den Niedet^^laaemen nnd Aufenthaltern
als den der amtliclieii Armenpflege nnterötellten Ortsbürt^'f m zu Ueber größere
Gebiete erstreckt sich die Wirksamkeit kantonaler und national er ^'crbttnde, als:
Schweizerische gemeinniltzige Gesellschaft, kantonale gemeinnützige Gesellschaften,
inteikantonaler Verband fitr Verpflegung anner DnrehreiBender eto. Jene ceiehnen
eidi insbesondere durch die Grltaidang von Anstalten ans.
Nach einer im Jahre 1 870 Ton der aohweiBeriBehen itatiftaedhen Oeiellaohalt
veranstalteten Armenstatistik
worden damaln von der amtlichen Armenpflege unterstützt 31,379 Kinder.
n ' f> 9 • » 93,187 Erwachsene.
Das Vermögen aller Armenfonds betrag 133,832,624 Frenken.
Die JahresMunahme der Armenverwaltnogeo 13,781,090 ,
, Juhref^osgabe „ 12,11 4,
Die freiwillige ArmenpÜege unterstützte 7,'JUv) Kiiidrr.
m „ m » 84,376. Erwachsene.
VermSgen der fhreiwiUigen Armenvereine, Anstalten etc. 18,1 16,163 Franken.
Jahreseiuuahme 2,218.962 ,
Jahrewausgabe 2,01I>,184 „
Die' Zahl d. freiwilligen Vereine Fonds n. Anstalten betrug h'JÜ
Die Mitgliedenahi der Vereine 42,470
AmlKiider Im der Seliweis. Facli den Tom eidg. itatiatiidiep Burean
▼erttffentliditen « VorUhiÜgm Ergebnisien dn* eidg. Volksiihlnng vom 1. Desember
1888" (die definitiven Ergebnisse sind znr Zeit, Februar 1891, noch nicht
bekannt) hat Bich die Zahl der Ausländer seit 16S0 von 211,035 auf 238,313
gehoben, also um ca. 27,000 vermehrt.
Ausstellungen. 1) Allgemein schweizerische. Eine solche
hat seit der Landesansstellung von 1883 nidit mehr stattg^unden. Wohl warde
im Jahre 1886 in Genf der Plan gefaist, daselbst eine Landesausstelhin^' für
das Jfthr Is'^M zn veranstalten. Ein Subventionsgesueb wnrde an die Hiindes-
hrli '.rile gerichtet, wa.s tiieser Veranlassung gab, die AngeleL'-enheit einer Komnii'^sion
zu unterbreiten. Letztere rieth mit KUcksicht aul die Puriner Weltausstellung
von 1889 von dem Unternehmen ab, und da die BundesbehVrde die Zosioherung
gab, dass sie eine im Jahr 1893 stattlindettde Landeoausstellnog ebenso unter-
stützen wolle, wie zur Zeit die Ausstellung von 1883, verzichtete Genf auf sein
Projekt, um dasselbe erst im Jahre resp. 1H95 zu realisiren,
2) Landwirthschaftliohe Ausstellungen, allgemein 8 chwei-
aerisehe. Eine solohe (die fttnfte seit 1873) fand vom 11. — 20. September
1888 in Kenonbnrg statt. Sie zerfiel in folgende 11 Abtbeilnngen :
Psinr, ▼«lknrlfthMihsfl»4h«lkaiB 4«r S«h«8is. 4
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Ausstellungen — 50 ^ Ausstellungen
1) FortBohritte J«r Landwirthaehaf t ; 2) Pferde; 3) Grone» Rindvieli imd
Gebirpvieh; 4) Elfinvieh; 5) Geflügel; 6) Bienen; 7) IßlehwirÜMoliift;
8) Weinltuu; 9) Gartenbau; 10) MaKhiiien; 11) Produkte.
Abtheilnnpr I, Fortschritte der Landwirthschaft, umfasute :
a. Thatif/keit der Behörden himicMUch Gesetegebung und Verwaltung:
1) G^tze« Dekrete, ImtraktioBen, Bevidite, Memoiren etc. ; 2) Landwirthschaft-
liehe Statistik; 8) Angewandte Maasregeln zur ünterattttanng nnd Ermnthignng
4er Laiulwirthschafl.
b. Thni'xjhi.it der landwirih^' hftf}!" hrn < r^nosstenschaften und Stfndikate:
1) Rtatuten und Rt-[^lenientt> ; 2) :Studieu, Eu(^uäten, KonkurrensatunohreibaDgen,
JahreHberichte, \'erträge, literarische Werke.
e. Unternehmungen der Kantanet Chmemden, K&rportUionen, Si^ndikate
und Privaten vut Terbesserang und zum Schutz des Bodens: 1) BewSaserongs-
und Entwjuwcrungsvorrichtungen etc.; 2^- Kfjrrektionen und EindiimiHnngen von
Wasserläufen; 3) agronomische Karten; 4) 8chutzarbeit«n an dsu Weinbergen
ZOT Abwehr der Hcblau»; ä) Bestrebungen gegen die Zer^tückelnng des Gmnd-
besitiea and fttr die Znaammenlegung der Gniitdatnoke ; 6) Terwertkang nnbebanten
Bodens; 7) Pline und Eostenbereohnnngen landwirÄielkaflljetier Bauten ; 8) Ver-
schiedene Verbesserungen.
d. Ktiltnrit' Itiiisi her Vnterrlf hl und Vcrsuchs^ittitionen : 1) Kollektionen
von Material, Zeichnungen undLehrmitteln ; 6) Mittel und Wege, um den Land-
wirtheu die agronomische Wi>wenschaft beizabringen; 3) Arbeiten und Resiiltate
der Yersvebsstationen, landwirthsebaftlieke Kolonien nnd Orpkelinate.
e. TTtäiiffkirii der Privaten: 1) ökonomische Betriebsmetbodan und neue
Betriebsverfaliren : '2) laadwirthscbaflliclir BuchfWhnin«?
f. Mnßrcniiti und Vorrirlitttiuicn zum S' hnts ilrr Thicrf. 1) wissenschaftliche
und andere Publikationuu, den Thiert^chatz betröllentl ; 2} Instrumente und Apparate
der Veterinäre, Scblaektapparate, Vorriebtnngen suis Bedhmen nnd Fuhren der
Thitri', Viirrichtungcn zum Füttern und Melken der Thiere; 3) Vorrichtungen,
wekhe den Zugthieren die Arbeit erleichtern, Zuj^^^escbirre und Zubehör, Fuhrwerke;
4) Neui runp:en und Verbesserungen (Modelle und Zeichnungen) in den Stullen. '
Das i'reisgericht zählte 74 Mitglieder, nebst 3 Schiedsrichtern.
£a waren ansgestelU:
51 Znehthengste, da^on an^jeaeicbnet 44
9 Hengstfohlen, « , 1
46 Zncbtstnten, in der Schweiz geb., davon au*<gez. 20
22 , importirte, davon ausgezeichnet . . 13
69 Stutfohlen, davon aut<gezeichnet 44
10 Watlaeheo, , , .... • 6
Total 207 Pferde, davon ansgexeieknet 134
105 Stiere der FleckTiebrasse, davon mit Geld prttmirt 65
99 Kühe , , . • . » 60
116 Binder „ , , , • , 64
Total 819 Stück, davon mit Geld prämirt 179
95 Stiere der Braunviebrasse,
78 Kühe ^ ,
77 Rinder , •
Total ^üO Stttek, davon prSmirt 184
Total 12 Znchtfamilien Brannvirii» Prltmienbetrag , Fr. 1900
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Jiuästeliung4;u
— 51 —
Ausstellungen
9 8tiere Gcbirgivieh«
36 Kühe
86 Rinder
Total 80 Stück Gebir^fsvieh.
54 Eber fremder reiner BasTn.
70 Mutterschweine fremder reiner Uu^^sen,
1 Eber gekreuzter Rasaen,
S4 Mnttenohweioe «inheimjsolier gekronster Ranen,
Total 149 Stttck Schwein«.
Ferner 142 Ziegen (28 Böcke),
86 Schafe, einheimische,
385 Tauben,
zirka 70 Paare Kaninchen,
, 60 BienenetOcke.
Prämien. Dieselben waren folgendermaßen bemessen:
«. /-Vir Pferde: Hengste 100 400 Fr., Stuten 100 -200 Pr., Fohlen &0 bis
150 Fr., Fm'A Ins 200 Fr., Manlthicre 100 Fr.
b. Für JtindvieU: Stiere 100— 300 Fr., KUhe 50 — 200 Fr., Kinder 40 bts
200 Fr., Zuchtfamiliea 100 -300 Fr.
c. FAr Khinvith: Sehweine 20—100 Fr., Ziegen 40—100 Fr., Schafe
40—80 Fr.
•d. Für Bienen : 30 — 100 Fr., für Bienenwobnungen 5 -30 Fr., filr Infstrn-
mente 10- 10 Fr., fiir Honig 10—20 Fr., ftlr Wachs 10—20 Fr„ für
wishenNchattliche Arbeiten und Lehrmittel 30 — 40 Fr.
e. FSW Käst und Butter: Emmenthalerklise 50 — 100 Fr., GieyenerkXie
50—100 Fr.« SpalenkXse 50—100 Fr., andere KXse 10— SO Fr., Bntter
10—50 Fr.
Die Summe der verabfolgten GeMpramicn betrug 79,410 Fr., wovon
15,(j65 Fr. für Pferde, 21,320 Fr. für Fleckvieh, 20,925 Fr. für Braunvieb,
4,500 Fr. für Gebirgsvieh, 3,000 Fr. fUr Schweine, 520 Fr. fUr Ziegen,
490 Fr. Ittr Schafe, 2,740 Fr. fUr Geflagel, 2,310 Fr. fOx Bienen, 8,940 Fr.
für Käse und Butter, 2,140 Fr. fUr Obst und GeraUsd, 2,000 Fr. für andere
Produkte. Der Werth der verabfolgten Medaillen und Dijdünif belief sich auf
11,460 Fr., somit betrug di^- GesammtsTininie der Auszeichnungen '.tl,()O0 Fr.
An dip G-enammt 11 u «gaben im Betrage von 323,966 Fr, leistete der
Bund einen Beitrag von 110,723 Fr., die Kantone 24,000 Fr., verschiedene
■Gemeindett 12,507 Fr.; die Eintrittsgelder beliefen sieh auf 102,066 Fr. Die
Hentelinng der (iebäuliebkeiten abeorUrte zirka 13,000 Fr., die Transport-
•vergütung für nicht prämirte Thiere 4,745 Fr. Defizit 12,167 Fr.
Urtheil Uber die A u s t e 1 1 n n g. Das Organisationskomite i'aßt sein
Urtheil über die Ausstellung im AUgemeineu in folgende Worte zusainni» ii ;
„Einter dem glaozenden Schauspiel, das die Ausi^tellung bot, oti'enbarte »ich das
-stets Torwürtstreibende BedQrlktiß des Landwirthes, seine Existenz dnreh bessere
Bewirthsohaftnng des Bodeos, dnreh intensiirere Brodaktion nnd durch Benutzung
-der wissenschaftlichen Forschungen zu verbessern. Ohne noch alle Vortheile,
welche die WisHeiit^cliaft bietet, gentlgcnd zu verstehen und zu schfitzen, begreifen
unsere Landwirthe doch, daß ihre Lage einer Wendung zum Besseren bedürftig
nnd fBhig ist. Sie beginnen, die gewohnheitsmäßige Routine zu durchbrechen,
4m Mißtrauen gegen Kenemngen sehwindet, nnd die Last zu sehen, sieh unter-
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Ausstellungen . \. ' — 52 — (Auswandeiiux)^
richten zu lassen, sich dem Fortschritt anzupassen, nimmt überhand. Diesem Um-
stände irt der Erfolg der Avsetelliing banptriloblioh sn Terdanken. Nie, glauben
wir, iet eine ediweiserische landwirthscliaftliche Ausstellung zahlreicher besncbt
worden von Leuten, welche sich von den FortHchritten der Bodenkultur Keohen-
echaft ablegen wollten. An keinem andern landwirthschaftliehen FeBt bat man
ebensoviel Besucher, Beiegirte von Genossenschaften und Vereinen, Lehrer vom
Lande, Grundbesitzer und Plohter beobaehten kitnnen, welehe mit Anfinerksam'
keit alle EinzeUieiten d«r Avaatelliing «tndirten, Notisen machten n. a. w. Dies»
einzige Thatsaebe genligt, nm zu zeigen, wie nützlich die Wiederholung solcher
Aosstellnngen ist, wie sehr sie <Vw Kenntniß neoer Betriebemetboden verbreiten
nnd den Forti^chritt im Allgemeinen fördern'*.
Auswanderung. (Ergänzung des Artikeln auf Seite 104 u. tf. im l. Bd.^
mitgetheilt von Herrn Karrer^ Chef der kommissarischen Abtheilung des eidg.
Departementes der anewitrtigen Aogelegenbeiten.) Wir nntereebeiden :
1) eine nur ;e'ez/u7e//((76 (periodiscbe) Wanderung von Seh Weizern in'8 Aus»
land für die Dauer einer bestimmten Jahreszeit mit darauffolgender Rückkehr ;
2) eine Auswanderung, deren Reiseziel irfiend ein andeie<. enj-opäiHf'hfS
Land ist, zum Zwecke einer längeren oder bleibenden Niederlassung dauelbst^
3) die i^erseeiaeke Anawamlerang.
Die entere bildet eine iSgentbOmlioltkeit Toraogswetse des italieiitseb
sprechenden Theiles der eohweiz. Bevölberang und ist z. B im Kanton Tesein
von hiilclier Bedeutung, daß sie bisher sogar die .Stimmrechtsverhiiltni.^se nnd die
daherige kantonale Gesetzgebung wesentlich zu beeinfius.seii vermochte. Nament
lieh sind es Bauarbeiter, sowie auch Handwerker anderer Berufsrichtungen^
welche den Sommer Uber in*B Ausland geheu, um dann bei Eintritt dw an-
gümtigen Jabresteit mit dem ersparten Gelde in die Heimat sartteksakebren.
In iilinliclier Weise gehen nach altem üerkommen alljährlich im Frühling j n
Leute und besonders Knaben aus dem Kanton Graubiiuden nach SüddcutschlauU^
um sich dort gegen bescheidenen Lohn für die landwirthschaftüchen Sommer-
arbeiten zu verdingen nnd im Spätherbst heimsnkehren.
Die Anewanderang der eweittn Kai^orie ist in der Schweiz von grußer
Bedentong; denn ee giabi kanm eine Bernfsetellnng, welebe dabei niebt be>
tiieiligt wXre. Sie wendet sich namentlich den größeren Verkebrszentren zu,
wovon zahlreiche SchweizergcseHsohaften Zengniß ablegen, aber auch den land-
wirthsfhaftiichen Industrien (Kiiberei, Butterbereitung), auf welchem Uebiete sie
dem ileimatlande eine sehr spürbare Konkurrenz hat scharten helfen.
Die dritte Kategorie aber, die iUterseeische Auswanderung ist es, welche
nnaere Anfinerksamkeit bier besonders in Anspmeh nimmt.
Eine ordentliobe Statisiik der iAeraeeieehen Ättswanämtnff bestebt in der
Schweiz erst seit dem Jabre 1879. Einzelne Kantone ziblten zwar schon früher
ihre nnr-h Überseeischen Ländern nii-wRndcrndeii Bürger, und im Jahre 1867
beauttragte die Bundf«ver8ammiuiig den Bundesratb, eine Answandprerntatistik
anzulegen. Allein einige Kuutoue eutHpraciien dem daberigeu Begehreu gar nicht
oder nur ungenügend, bis die Vorbereitung sa einer Bundesgwetzgebnng Aber
das AttHwanderungswesen eine genaue Statistik absolut unerläßlich machte. Ee
zeigte sieh dabei sofort, daß die Zahl der übersef iseh Auswandernden weit stärker
war, al» man vermuthet hatte und Schritt hielt mit der Zahl derjenigen Schweizer,
welche nach anderen europaischen Staaten gehen, um sich dort bleibend nieder-
BulssiiMi. DieaMr Geummtanswandernng entspriebt die Einwanderang von Ans-
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Auswanderung
— 53 —
AuswaQileruQg
ttaden in die Sdnrdi ni dn» Zahl, velclie su dar Amthme benditigt, daß
^innähen^d jeder wegäkihmde 8ehmi»er durch ehten Ausländer ertetef werde.
Die BA^tmirkunff der Auewanderunif auf die Mtiomalökonomischcn Vo-
häUnisse «nseres Landes findet eine sehr verschiedene Beortheilnng. ^V''iihrend
die. Einen darin einen uner^etzt bleibenden Verlont an Arbeitskraft und Kapital
erblicken, halten die Andern die Answanderung ftir einen aWoblthuenden Ader-
laß,* eine «Erleiehtenrng fibr das antiüekbleilMDde Volk« und Anderea nehr.
Diese Urtheile sind nur zum kleinsten Theile richtig. Viele verlassen das Ijand,
weil sie mit Rprht oder Unrecht glauben, dasselbr biptn ihnm keine StStte mehr
für eine ausgiebige Entfaltung; and BeechKftigung ihrer ivratte. Andere, welche
hier durch Armuth oder Unglück gebrochen oder aus andern Gründen sich nicht
mebr ale leistuigsfllhig aofweiien, Allee aber ym eiaer auf neae GmiidlageB
anbobanenden Rxisteos erwarten, können fftr dai Heimatland keinen wesentlichen
Verlust von ArbBitukraft reprSsentiren. Dagegen verliert das Land alljährlich
eine beträchtliche Anzahl junger Leute, welche jenseits der Meere ihr Glück
verbuchen wollen, and es ist der bleibende Weggang mindestens dieses Theiles
unserer Answandernng «ne wiiklieiie Vemindennig der Bradoktiona- nnd De-
fennTkraft des Lande«. In wie weit dieee Terlnste qualitativ doxoh die Etn«
Wanderung Fremder enetrt werden, läßt sich kanni auch nur annShernd be-
stimmen. Wer das auswandernde Kapital als einen empfindlichen Verlast zu
beklagen geneigt ist, mag nich daran erinnern, daß auch die Einwandening
bleibendeä Kapital mitbringt, mancher Ausgewanderte später reicher heimkehrt,
«b er fortgieng, manche» den Anagewanderten früher oder apKter naehfolgcnde
Erbtbeil daroh wiederholte Spenden an die Zurückgebliebenen aufwogen wird,
nnd nach nnzweideutigen Zeugnissen Überseeischer scbweiz. Kaufleuie die Aus-
wanJeruag einen wenn auch nicht «ehr in die Augen springenden direkten oder
indirekten Antheil hat an der Förderung schweizerischer Handelsinteressen. In
ZaUw Iftßt aieii dießbeBOgUeh nidita ffieberee darvtellen.
Wie den aaeh »ei, die Sohw«a kann nnd wird die Aoawanderong adion
aus Achtung vor der Freiheit ihrer Bürger nicht verhindern wollen. Ebensowenig
aber kann sie in irgend einer Weise dieselbe f^trdcm. ohne vor ihren eigenen
Interessen die Aogen au verscbließen oder ihre werthvollsten Prinzipien sa
verläugnen.
Die Anewandemng beeehSftigte ab und an achon im vorigen Jahrhandert
die anfiwhenden kantonalen Behördm^ doch nnr, wenn außerordentliche Er-
scheinungen anf diesem Gebiete eine allgemeinere Anfregung zur Folge hatten.
Mehrmal« kam es vor, daß Regierungen, welche mit nnswnrtigen Fürsten sogen.
Militärkapitulatioueu unterhielten, teindüelig und hindernd gegen die civile Aus-
Wanderung anftraten. Ifonoberlei Eraobeinungen aber tragen allmälig dam bei,
den Gedaukcn an eine Schutautufsicht Uber da.H Auswanderungswesen wachzurufen;
so ganz betjouilers die betrügerische Ausbeutung der Auswiinderer in den See-
häfen, die unglücklichen Schicksale vieler derselben im fremden Lande, und eine
oft in schamlosester Weise betriebene Propaganda fUr gewisse Auswanderungs-
xiele.
Zueret bflaobüftigte «ob an# die Anregung benrorragender IfÜnner die
Schweiz. ffemeinnfUsiffe Gesellschaft in den zwanziger Jahren lebhaft mit dieser
Frage, und wenn damals und in den zunächst folgenden Jahrzehnten nur wenig
dabei herauskam, so lag die Schuld weniger in einem allgemeinen Mangel an
Mitgefühl für die scheidenden Mitbürger, als in der allerdings unbegründeten
Befitrehtung, daß dureb die Organisation einer aoloben Sdintsanfriobt die Aua-
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Auswanderung
— 64 —
Auswanderung
wMidedniiig' nkht «nweaefitlich gefordert werden kSnnte. EiuM^ne Kantone fiogot
indaetn an, in dieser Richtung etwa« zu thun, Indem sie geaetsliche oder auok.
nur voTi den AdministrativbehJirden ausgehende Vorschriften darüber erließen.
Zum ersten Mal aber wurde- im Jahre 1846 in einer von 12 Kantunen be-
schickten Konferenz die Nothwendigkeit gemeinsamer Maßregeln zum Bchutie
der ▲vewaadtrer in ffivB« einer «oheMii und büligemii Beförderung und einer
snvwUtangen Berathiuig dereellM» Iber die Beiae nnd die Anewandernngesielfr
bt'Hprochen. £b war eine zwar nicht direkte, aber doch ans der ntattgefundenen
Anregrnn^ hervorgcgainj:ene Frucht dieser Konferenz, daß die eidff. Icufsatznnr;
noch in ihrer letzten Session vor Inkralitreten der Bundesverfassung von ittlö
dem Vorort den Auftrag ertheilte, durch Kreirung einei cidy. Amwanderungs-
burta» unter der Leitnng und Anibdclit dea aehweis. EonMits in Hivre vorttber
gellend für den Schutz und die Sicherheit der «ohweis. Auswanderer so sorgen.
Weitriiis der größte Theil der schwei:^. Answanderer wählte von jeher die
Vereinigteu Staaten von Nordamerika als Ziel ; die übrigen vertheüen i*ich, wie
Tab. 2 zeigt, auf SUt!- und Centralamerika, Australien, Nord- und Südafrika und
Anen. Es giebt kanm ein Land mit anoh nvr balbwege enropXteeher (JiyiliMtion^
in welchem man nicht aneh Sehweiser yorftnde; jedoch nur Wenige derselben
begeben sich in solche Gegenden, welche vom Verkehr weit abliegen und vom
Ansiedler Pionierarbeit der primitivsten Art fonlern. Die Meisten überlassen diese
Arbeit mit Recht den bereits acclimatisirten li^wobnera des Emwauderungsiandeü
und Boeben mSgUohit anr^läßige Anhaltejmnkte in älteren odw neu eich bilden*
den yerkehmentren auf, um dort mit ihrer Arbeit, hiaweilen anoh mit Beihttlfe
einee bescheidenen Kapitals, sich eine selbständige und bleibende Existenz zu
erringen T>:;hei bilden die ni>fh writr-rcr F.ntwi<'khing fiihigen An^it;•dI^ngt'n früher
ausgewanderter Schweizer bertüudcre Anziehungspunkte, und überaus zahlreich
sind in jenen ferneu Gegenden die kleineren oder größeren Sciiweizergesellschaften,
in welchen die Liebe enm alten Heimatfahmde einen wohlberechrigten, idealen nnd
werkthätigen Kultus findet. Denn auch in der Fremde bleibt der Schweizer ein
Bürger f-ein»"- f fiinuithlandes, su lange als er nicht freiwillig auf sein ange-
stammteti Bürgeriocht Verzicht geleistet und die Entlafisosg aus demselben von
den heimatblichen Behörden nicht erhalten hat.
Daß die scbweis. Auewanderung den Vereinigten Staaten von Nordamerika
den Vormg ^ebt, hat aber «einen Gmnd nicht nur darin, daß sie dort zahl-
reichere heimatbliche Elemente vorfindet, sondern weil sie dort im Allgemeinen
konsolidirteren Verbältnissen, einer ihr weniger fremdartigen Bevölkerung, als
z. B. in spanisch-amerikanischen Ländern, und einem Klima begegnet, welches
der Gewohnheit und körperlichen Konstitution des Sebweisere angemessener ut
als dasjenige eubtropisober oder tropischer Gegenden, oder als die langen nnd
harten Winter von Canada.
!^ehon wiederholt ist die Anregnng uud der VevNuch genmeht worden, die
Schweiz. Auswanderung, so weit sie nicht selbstgewiihlte Ziele aullsuehen will,
in einer Kolonie zu sammeln^ welche groß genug und geeignet wäre, um
wBbrend einer langen Reibe von Jahren sehwehserischen Ansiedlem eine eweite-
Hcimath und ein gedeihliches Furtkummeii. die Erhaltung ihrer nationalen Eigen-
thüuilichkeit und einen innigeren Kontakt mit dem lleiinathlHiide zu .sichern.
Dit^ser Gedanke lag z. B. der (Triiniluuir v<in üighland, Neu-Glurus, Teil City,
Grlitli (Teuneasee) und einer Keibe von anderen Kolonisationsunternehmuugen,
namentUoh aueh in Südamerika, su Grnode. Alle diese Unternehmungen wäre»
aber von Anfang an su klein bemessen, und es misohten sieh in denselben bald
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Auswanderung
^ bSt —
Auswanderung
imoh ftemde ElMMato mit den aoliwaiserischen. En« Anngong zu einer wirklidh
großen flohmis. Eoloi^iAtion ging im Jahre 1859 von Natiooalrath Dr. Joes
in Schaflfliansen an«, w«!cher dem Buirlesrath einen Vorschlag, betreffend Er-
werbang und KoioniHirung zentralamenkatuiiuber Ländereien ontarbreitete, und,
nach Ablehnung dieses Yorsoblago« seitens des Bundesrathest der aohweix. 6e-
meumlttBigea GoBellaohaft einen mit der Beg^iemag von Coeka Biea abgeaehkneenen
SohenkllDgevertrag Uber Re^'ierungHländPvoit n im BeUulg TOn 100 Uuadratstnnden
vorlegte, mit der Kiii[:fi hlung, diese Sclienkuug anznnphmen und bei der BumlcK-
versammlung einen Kredit unter dem Titel eines AnknheiiH zum Zweck der
Schntzanfsichtsorganisatiou und Leitung der diettt^ lieiäeziel watilendea Auswanderer
nadunifiidien. Aber auoli die BondesverBammlung trat ans etaatsreditlicben, poli*^
tischen und nationalökonomischen Gründen nicht darauf ein und die Gemein-
ntttzige Gesellschaft gab in der Ful;:;e Jas Projekt auf. (Betr. Kanstan t s ^Ktinsf
Die beiliegende Uebersicht III gibt Auskunft darüber, wie sich die Auswanderung
auf die Geschlechter ^ äus Alter und die einiselnen Berutarichtunyfn repartirt. In
letsterer Besiehang ist herversnlieben, daß die landwirthsdhaftliebe Bertikerwig in
hervorragender Weiae daran theilnimmt, aber auch das Handwerk stark dabei be>
theiligt ist. Sa lange aber die von der Statistik nachgewiesene Thatsache fortbesteht,
daij für jeden auswandernden Schweizer ein Nichtschweizer zu uns einwandert, sowie
daß nicht sowohl die «tarkbevölkei teu, «ondern verhiiltnilimäßig weit mehr die spär-
licher besiedelten Gegenden den größeren Prozentsatz von Auswanderern aafweiücn,
kann man nicht mit Becht behaupten, dafi der Grand unserer relativ starken Aus-
wanderung in derüebervölkerung zu suchen sei. Die »Schweizer scheinen von Altres
her ein wandfrlustigCH Volk zu sein ; zu vielen Tausenden ginj^a'u sie früher, in ge-
ringerer Zahl uoch heute, in fremde Kriegsdienste , nvA sdion das vorige Jahr-
hundert, sowie zu wiederholten Malen das gegenwärtige, weist civile Masseu-
answanderungen anf, bei denen sieh jeweilen mehrere Tansende betheiligten;
so naeh Neu^Freiburg in Brasilien (1819), in die brasilianisi he Provinz San
Paulo (1854 und 1855), nach Chile (1883 und 1H84). Im Allgemeinen sind die
Ursathen der Austvanäcrnntf zn suchen:
1) In den persönlichen Anlagen, Neigungen, Verhältnissen und Beziehungen
des Auswanderers;
2) in den volkswirthsehaftlichen Verhältnissen des Heimathlande« ;
3) in den natürlichen und künstlich geschaffenen Vortheilen, welche die
Einwandemngslfinder gewähren und durch Spekulationsliteratur und ge-
heime Anpreisungen den ungünstig situirten Volksklati^en zur Kenntniß
gebracht werden.
Die Bundesverfassung v&n 1648 enthielt noch kdne Kompetenz für den Bund,
anf dem Wege der Gesetzgebung etwas zu Gunsten der Auswanderer zu thun.
Gleichwohl griffen die Bundesbehörden wiederholt ein, wenn eine Dringiif^hkeit
hieftlr vorlag, indem sie Inild gewisse Auswanderungsziele verboten, bald einzelne
Kantone zum Aulseben mahnten, überseeische schweiz. Hültsgeseiischaften untor-
sttttxten nnd in dnam Falle sogar einen anßefordentUebeu GMendten mrn Sehntie
ausgewanderter Schweiler nach Brasilien abordneten. Eine Bestimmung Uber den
Answan^rerachnti wurde erst anläßlich der Revision von 1871 in die Bundes-
verfassung anfgenominen, mit folgendern Wortlaut: „7>»r (h.schii/lsbeir^'^' von
Äuswandtruntjmijmturen unterliegt der Aufsicht und (Jesetzt/ebunf/ den JJunäea.'*
Im Frühjahr 1881 trat das hierauf sich gründende Bunlai/eseiz vom 21.
Dexember 1980 in Bjraft, welches die Aufsicht Uber die Gesohäftsftthrnng der
Answandernngaiigetituren dem Bundesnth unter Mitwirkung der Kantone übertrug
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Auswandtfttiqr
— 56 —
Auswandern ng
und den BttndMratfa ermäohtigtfti dieae Aufsicht dnrch «um seuwr D^pArtemente
antttben zu laHsen. Die Wirkungen dieaae Gesetzes waren sofort als sebr wohl«
tbStige erkennbar. In<1pRM«!n ergab es sich doch im "Verlaufe der Vollziehung
desselben, daß eine Anzahl von Betitimmaagen einer Vervollständigung, theilweise
einer VeraohKrfiing bedürftig seien, und daß namentlich auch ein eigentliohee
Bareao geeohafliMB werden sollte, welchem neben einer anegedehnteo An&ioht ttber
den Ge«chi{ftsbctrieb der A,genten und der xu ihlreiflh gewordenen ünteFigeiiteil
die Pflicht auferl^^t würde, den An^iwauderem auf gestelltefi B!'i::;rhren Rath,
Auskunft und Empfehlungen zu ertln ili n, und sich mit den Schweiz. Konsulaten,
den Transportgesellschaften etc., ■/.am Zwecke eineti ausgiebigen Answanderer-
aohutn» bis an den Beedmmungäort, in Verbindting wa setcen. Diese Bestrebungen
fanden eine wirksame Ühteistlitinng in mehreren Postnlaten, welche von den
eidg, Rathen beschlossen wurden, sowie durch die Ergebnisse einer vom Bundes-
rathe angeordneten einläßlichen üntersuchnDfr dc^^ £^esammt^n schweizerischen Aus-
wanderungswesens. Ein neuer Uesetzesentwun wurde hierauf den eidg. Kammern
vorgelegt und von denselben nadi reiflidMm INaknssloDen am S2. MMtz 1888
in folgender Fassung cum Gtoseti erhoben:
Art. 1. Die im Artikel 34, Absatz 3, der Bun(]csverfa8.siing vorgesehene Aufsicht
Ober den Geschäftsbetrieb der Auswanderangsagenturen wird vom Bundesrnthe nnter
Mitwirkung der kantonalen Beh/lrden ausgeflbt.
Den letztem liept insbesondei i' oh : ;i. di»' Vi rprüfung darüber, ob die Bedingungen,
von denen das Gesetz die Ausstellung ein^ Patentes oder die Genehmigung der An-
stellung von Unteragenten abhfingifir macht, bei den Agenten oder Unteragenten vor*
hiiii'icn ^iiidiArt. 3) ; b. die strarreclitliche Vcrrnl^'uni: der ibncn nach Art 18 (Scblttfisalt)
und Art. 19 dieses Gesetzes zur Aburtheilung unlcrstclUen Tersonen.
Art. 9. Wer sich mit der geschftftsmfißigen Beftrdenintpr von Auswanderern oder
mil dein pfschriftsninPiKen Verkauf von I'as-.-Mfrehillch'n bef.i.-sen will, bedarf hicfÜr
eines vom Bundesrathe ausgestellten Patentes. - Wird eine Aus wander ungsagentur
von einer Gesellschaft betrieben, so ist der Gesellschaftsvertrag oder eine beglanbigto
Abscbrid desscll»en bei dein Bundesraihe zu hinterlegen, demselben der Nanu* de^^ zur
Ges<häfläfübruug Bevollmächtigten anzugeben, sowie jede spätere Aendemnp mitzu-
tbeilen. Der Bimdesrath giebt hievon den Kantonsregieningen K« nntniß.
An. 3. Patente dfirfcn nur solchen Agenten oder Bevollmr« Iii igten einer .\s.'entitr-
goseil-iclialt ertlicilt werden, welche sich darüber ausweisen, daß sie 1) t iin n guten
Lennauni genieUen und in bfliferiichen Hechten und Khren stehen; 2> mit der Ge-
hcbänsfflhrung der iitnlerung vertraut und im .Stande sin«l, die >ieliere Heförderung
der Au.swanderer zu be.-un^en ; 3) innerhalb der Eidgenossen!>chalt ein te^^les Domizil
haben.
Für das l'alent iat eine jährliche Gebühr von Fr. 50 zu entiichlen. Der Bundes-
rath hat das Recht, das Patent zurückzuziehen, wenn der Inhaber desselben die in
diesem Artikel, ZitTer 1 bis 3, vorgeschriebenen Bedingungen nicht mehr erfüllt, oder
wenn er sich einer schweren oder öftem Uebertretung der Vorschriften dieses Gesetzes
(Art. 18} schuldig macht, oder wenn er sieh bei einem Kolonisationsuntemelmien be-
thciligt, bezüglich dessen der Bundesrafli zu t int r Warnung sii Ii veranlalil gesehen
hat. Der Agent, der auf sein Patent verzichten will, hat dies dem Bundesrathe zu er-
klären und demselben da? Patent zurQckzustellen. Die Answanderuugs4igenten und tfac»
l'n'« rairenten dürfen weder in t inoTn Dienst- no« h in iri.'end einein .\hliänü:if:keitsver"
hälLni»i>c zu einer überi>eeiächen DampfächilT- oder KLsenbalmuutcrnchmuug stehen.
Art. 4. Jede Auswanderongsagenlur hat gegen Empfangnahme des Patentes eine
Kaution xnn Fr. tn.fiofl zu Mauden dp< Bundes zu hinterlejren. Bei der An-te]lun^' je
eine* Unteragenlen haben die Agenturen eine weitere Kautum von Fr. 3t)0Ü zu leisten.
Diejenigen Personen, welche sich mit dem gefchünsmä lügen Verkauf von Passagebilleten
bef;i--< n, Ii.Tlion eine Kaution von Fr. 20.f><'<> zu lei-i- n Die Kaution ist in eidpenössischen
(Miel kantonalen Staat^obligaliimen oder in andern guten Werthschritten zu leisten.
Wenn aus iriKiid einem Grunde die geleistete K iutinn im Werthe sich mindert, so hat
der Denonent sofort Krsalz zu lehl« ti ; andernfalls ist der Bundesrath berechtigt, der
betretl'endc'Q Agentur da.s l'atcnt zu entziehen. Die Kaution darf erst nach Ablauf eines
Jahres, vom Erloschen des Patentes an geredinet, zurflrkgestellt werden. Sofern dann-
— 57 —
Aimmid6iiiiig
Xnioal noch Ansprüche ge^n die AuiwandMnngBagenten vorliegen, so bleibt der er*
forderliche Betrag der Kaulion hi"» zur pänzlichen Krledi^'uii^r der Aii>i>rüoIi(' sif'hen.
Die Rückerstattung der je uucli der Zahl der Uuleragenlen zu leistenden Kiiulion er-
folgt alle Jahre. Die Kaution dient zur Sicherheit für Ansprüche, welche nach Maft>
gäbe dieses Gesetzes von dea Behörden oder Auswanderem oder den KechUoachfolgeni
der letztern geltend gemacht werden könneo.
Art. 5. Den Agenten ist gestattet, sich mit Unteragenten xu Tersehen. Diese mürnen
die nändirhen Pedin^'unt^en (Art. 3, Ziffer 1 bi- S) erfüllen, wie «he Apenten. Ilire
Anstellung utiterlie^i der Genehmigung des« Bundesrathe^ und ist der zuständigen Be-
hörde «les Kantons, in welchem sie ihr Domizil haben, zur Kenntniß zu bringen. Fflr
jede Genehmigung oder Aeinlerung in dem Bestände ifer Unteragenten hat die Haupt-
agentur eine Geliühi zu entrichteo, deren Höhe vom Bundesrathe festgesetzt wird.
Wenn ein Unteragent zu begrflndeten Klagen Anlaß gibt, so kann der Buudi>8rath die
Genehmi{?ung zu seiner ferneren Verwendun«.? zurückziehen, und es ist der BetrefTende
sofort zu entlassen. Der Geschäftsverkehr mit den Auswanderern darf nur durch die
Agenten, beziehungsweise Unteragenten, Tennittelt werden.
Art. 6. Die Agenten und Unteragenten dOrfen weder Beamte nodi Angestellte
des Bundes sein.
Art. 7. Die Agenten sind sowohl gegeoflber den Behörden ab gcgenflber den
.Auswanderern fflr ihre eigene Geschäflsfnhrun^'' und die ihrer Unteragenten, sowie IQr
diejenige ihrer Vertreter im Auslande persöulicli veriUUworllirh.
Art. !S. Die Namen der patentirten Agenten, der Be hn iciih^Men anericannler
Gesellschaften und ihrer Unten<;.'enten werden sofort nach ihrer Kintraguutr in die amtliche
Kontrole, sowie in jährlichen Zu.-<;immen Stellungen durch dai> Bundesblult veröffentlicht.
Den Personen, welche nicht avf diese Weise ftflentlich bekannt gemacht sind, ist in der
Schweiz jede auf die Beförderung von Auswanderern sieh (»ezicheiule Puhhkation unter-agt.
Art. 9. Die Agt-nlen und Unteragenten haben eine eingehundene und pai<iairte
Kontrole Ober ihre Vertragsab8chlris!5e und gebundene und paKinirte KopirbOcher über
ihre Korreroondenzen zu führen. Erstere sind verpflichtet, dem Bundesrathe alle von ihm
Über dieseVertrage, sowie über ihr Verhftltniß zu den fremden Schiffsgesellschaflen ver-
langten Miltheilungt n zu machen, l'eiierdies is» der Bunde^rath. sowie die zuständige kan-
tonale Behörde, jederzeilzur Einsiebt in die Gcschäftskontrole und in alle Bflcher and Skrip-
turen der Agenter. und Unteragenten berechtigt. Dieselben sind Terpfliebtet. den Polizeibe-
hArden allen vfni diesen verlangten Aufschluß behufs Fahndung auf Verliredu r zu erf heilen.
Art. 10. Pei-sonen, Gesellscbafteu oder Agenlaren, welche in irgend einer Eigenschalt
einKolonisationstratemehmen vertreten, haben dies dem Bundesrathe unzuzeigen und ihm
flher da- fiiteruelinien voIlstHndigen Aufschluß zu i^'.dieri. Dem Bundesrathe steht in jedem
einzelnen Falle die Entscheidung cjarüber zu, ob und unter welchen Bedingungen Privaten, Ge-
selbchftften od.Agenturen gestattet werden kann, ein Kolonisationsnntemehmen so vertreten.
\-' II Den Agenten ist vcrhnten die Beförderung: 1) von Personen, die wegen
vorge rückten Alters, Krankheit oder Gebrechlichkeit arbeiteunfUhig sind, sofern nicht
eine hinlängliche Versorgung derselben am Bestimmungsorte nachgewiesen ist; i) von
minderjilhrigen oder unter VorinundM-liatl stehenden Personen ohne schriftliche miMich
beglaubigte Einwilligung dc-r Inhaber der elterlichen oder vormundschafUichcti tn-walL
Hinderjfthrige unter 1(> Jahren müssen überdies von zuverläßigen Personen begleitet
werden, und es muß für ihre gehörige Unterkunft arn Heiseziel gesorgt sein ; 3) von
Personen, welche nach Bestreitung der Heisekosten uhuf Hölfsmittel am Bestimmungs-
orte anlangen Wörden; 4) von Personen, denen die Gesetze des Kuiwaiuieiungslandes
den Eintritt verbieten: .*») von Personen, welche keine Ausweisschriften ül>er Herkunft
und Bürgerrecht besitzen: ti' von miiitärdienstpflichtigen Schweizerbflrgern, die .sich nicht
ausg^viesen, daß sie die v«mi Staate erhaltenen MiiitSrefl'ekten zurückerstattet haben ; 7) von
Eltern, sofern dieselben unerzogene Kinder zurflcklassen wollen und die zuständige Ärmen-
befaflrde mit der Auswanderung nicht einverstanden ist, — Die Agenturen haben sich die
in Zitier 2, b, 6 und 7 bezeichneten Ausweise beim Vertragsabschlüsse vorlegen zu la— en
Art. 12. Den Agenlaren sowohl als den Kolonisationsgeselischaiten ist der Ab-
schlnfi von Verträgen, laut welchen sie sich zur Lieferung von einer gewissen Anzahl
Pei^oiien, sei es an SchifTsgesellschaften. Kolnnisations- und and^ Unternehmungen
oder StaatsregieruQgen, verpflichten, untersagt.
Art. 18. Vertr&ge und Reverse irgend einer Art, welche entgegen den Bestimmungen
Ton Art. II utid M verabredet werden, -iud i.ii;:nltiir und strafltar.
Art. 14. Die Agenten haben bei Ueliernahme von Geldbeträgen dafür zu .sorgen, daß die
betreffende Summe dem Auswanderer am Bestimmungsort baar, ohne Abzng und zu einem
Answuidermig
— 5ö —
AoswaaderuDg^
Kurs ausbezahlt wird, welcher dem Werth der dem Agenten in der Schweiz ;releisleft n Ein-
«ahiwng eutsprichl, wobei in Normalzeiten die jeweiligen Wechselkurse derbauptsächlicbston
eoro^AiMheo Bmakplfttze auf die betreffenden Auszahlunt^splätse aiafigebena min sollea .
Art. 15. Die Verpflichtung der Agenten gegen den Auswanderer umfaßt in allen
Fällen: 1) sichere Beförderung der Personen und ihres GepAtks um einen bestimmten,
im Vertrage festgesetzten, in keinem Falle und in keiner Weise zu erhöhenden Preis
bis an den vertragsmäßigen Be-itinmiuri;-'-nii, vorbehalten die nach ZifTer .") und 6 dieses
Artikels erwachsenden Zuschläge. FQr den Transport vom SchifTe bis zur Landungsstelie
dürfen kdne besonderen Spesen berechnet wei-den: f) genügende, gesnnde nnd rein>
hebe Verpflegung und Behtrliir<;nng auf iKt ):;inzen Reise, den FhII ;iiis;_'on(iinnien,
daii der Auswanderer sich vorbehält, während der Landreise selbst für Kost und Logis
zu sorgen; 3) unentgeltliefae ärztliche Behandlang; 4) anständige Bestattung bei T<Mi
auf der Reise; 5) Versiilierung des Gepacts sowohl ^jegen Beschädigung als V>rlust
nach einem vom buudesralhe genehmigten und in dem Verlrag enthaltenen Tarif;
6) Versicherang des Familienhauptes und beim Fehlen desselben dessen Vertreters gegen
Unfall während der Dauer der Rei&e bis zur Ankunft am vertraglich festf eset/ti^n Be-
sliratuuQgsort für Fr. 5(X): — die Prämie hielür ist im Vertrage anzugeben. Der bc*
Xflgliehe Tarif unterliegt der Genehmigung des Bundesratlies ; 7) bei Aufenthalt oder
Verzögerl! fi'^' auf der liei-e otmt' naeliweii^biirc Schuld des Auswanderer»-- voll-trmdige
Verpflegung und BcherljerguuK des Auswanderers und, im Falle die beabsichtigte Be-
fOrdcrungsgelegenheit nicht vorhanden oder nicht ausreichend wfire, prompte ander-
weitige Beförderung rntiidesipn» ebenso guter Art wie die im Vertrnp' an',.'c?«?henp
Art. 16. Bei der Belörderuug der Auswanderer sind folgende Von^chrülen zu be-
obachten: 1) Die BefBrderunir auf Eisenbahnen hat in gut ▼erschlieSbaren l'ersonen-
waggons zu u>'-'li«'hen, worin nur -ri viele Personen unter-el.r.iclil werden ilruiVn, als
reglcmcntarische Sitzplätze vorhanden sind. Den Auswanderern ist der Eintritt in die
gewöhnlichen Wartlokale auf den HalLstationen so weit möglich zu gestatten, i) Die-
Befflrdernnp' zti Waycpr »larf nur auf Schiffen derjenigen Oesellscban gesch»*hen, wel' t "
im Reisevertrage genannt ist. Diese Sciulie müssen zum Transport von Auswanderern
autorisirl, hiefAr mit bleibenden Einrichtungen versehen sein, eine Trennung der (te-
schlechtrr ermftp'Iirhcni. einen Arzt mit sieli ITilir'ni itnf? einer polizeilieheii Kontrole
über ihre BescIiuDenijeit am Oiie der Ald.ihil uuleriiegen. 8» Der Ausv\aiulerer bat
untM* keinen Umständen über die hn Vertrag festgesetzten Leistungen hinaus Nach-
zahlungen zu machen oder Trinkgelder, llospitHlpreliler oder sonstige Gebfihren zu ent-
richten. 4) Es darf der Fahrpreis weder ganz noch thcilweise in persönlichen Dienst-
lebtungen bestehen. S) En darf keine S^dbstbekösligung während der Sr^ereise statt-
finden, und die Speisen messen dem Auswanderer in guter Oualität und gelinrig zu-
bereitet geliefert werden. 6) Alle Transporte von Auswanderern mit überseeischem
Heiseziel, welche nicht von einem Agenten oder Untenigenten begleitet sind, hat die
Agentur an den Uallslationen und im Einschiffungshafen durch einen Bevollmächtigten
In Empfang nehmen zu lassen. Bis zur Abfahrt des St^hiffes diurf der Bei^iter di»
Auswanderer nicht verlassen. 7) Die .Vgenten haben Vor-.(,:ir,^ zu trotTen. daß die
Konsulate in den Ein- und AusschillungsMfen von der Ankunll von Auswanderern be-
narhrichtigt, nnd die Auswanderer daselbst von einem BevollmSehtigten der A(?entur
in Mnipfant: treuoiimu'n werden. — Werni von Seite des .\genten «leit in Ai t. I" und Ifi ent-
haltenen Bcbtimnmngcn nicht nachgelebt wird, so ist »1er Auswanderer beiechliyt. von
dem Vertrüge zurückzutreten und gegen den Agenten auf Schadenersatz zu klagen.
Art. 17. Die .\uswainlernn;.'-\ > rtr.i;.^ iiiiis-^rn -r liiüMli Ii in zwei gleichlautenden
Exemplaren abgel'aUt .«sein, von denen das eine dem Aiiswiinderer übcr;?eben wird, das
andere in den Hftnden des Agenten verbleibt.
Dos Verfra;..' niut' entliiiUr-u : 1^ die 'iTenaue Nauien-lie/ri,dinunu'. ileliurt^iahr^ Hei-
malh und Wuimorl des Auswai»iiei« is. sowie die Reiseroule und den Besliiiiuiuii^fsurl,
bis zu welcliein der Agent die Beförderung öhernomnicn hat; sSi die genaue Angabe
der .Vhreisezeif, sowie, im Falle tles Tnmsporles über .Mcei. der SefiilTsigcleKenheit und
des Ta^;es der Abfahrt; 3) die lU'stirniiiun^' des Raumes aul dem ScbitTe, den der .Vus-
waridercr für sich, eventuell seine Familie, und sein (iepück in .Vnsfiruch ZU nehmen
berechtigt ist: 4) die gen;iue Angabe (in Worten und Zahlenl des Transport- und Ver-
sicbcrungspreises für Personen und tiepäck ; der Preis eines alltalligcn liberseeisohen
InlitridlahrbilleLs ist in dem Vertrage besonders vorzumerken; 5) die Wiedergabe der
Art. l.^, IG, 21, 22 und 23 dieses Gesetzes: fi) die Bestimmung, dalj. wenn ein Aus-
wanderer wegen nacbgewiesener Erkrankung oder anderweitiger unverschuldeter Ver-
hinderung die Reise nicht antreten oiier nicht fortsetzen kann, der Agent verpflichtet
Auäwaiitleruu),'
— bi) —
Auswanderuu
ist, die fSr dift BefArdemiiK de» AnswaMeren und Mtaer btt ihm bleibenden Ange>
hörigen bezalillon Retnlfr^ ztinlekzinT-Jfiffpn, unter Ahzii,: jedoch der fftr Abecblttft oder
tbeilweise AusttitiruDg Verlrageb erwachsenen Auslagen.
Der Auswanderungsvertrag darf den Auswanderern nirgends and unter keinem
Vorwamlc abverlangt werden. Der Bundc-raili stellt fQr die Abfassung Ton Auswande*
rangsverträgen ein verbiadlicbes Formular aut.
Art. 18. Die Agenten werden, wenn sie selbst oder ihre üntersgenten oder Vertreter
in oder iuißerhalli dr-r Schweiz dem gegenwärtigen Geselzp /.invi<lrvhainleln, vom Bundes-
rathe mit Fr. 2ü bis Fr. 1000 gebai&t, anbeacbftdet der zu stellendeu EnlBcbädiguagiikiagea.
Beim Vorbtndensetn «rachwerender Unutflnde wird ihnen fllserdies das Patent entzogeut
und e- -iiid tVw srlmMigen Agenten oder Untera'/cntfn nn<l Vcrtrrttr lit-hufs Anwendung
der Freiheitsistrate nach Art. 19 den kantonalen (Terichten zur Aburtheiiung zuzuweisen.
Art. 19. Personen und deren Gehillteri, welche ohne Patent oder Genehmigung
Au.swanderungsgeschäfte betreiben, mit dem geschäftsmäßigen Verkauf v^n Fas^age-
billeteo sicli belassen, an einem Kolooisationsualernebmen skb betbeiligeu, Publikationen
erlassen, welche Tom Bundesrath untersagt ^ind (Art. H, Ziffer 1), werden von Amtes
wei/cn oiit r .lui' KI;i;:f hin lie.n kantonalen Gerichten Oberwiesen und luh Fr. 50 bis
Fr. lOUO, unter erächwereudeu Umständen mit Get^ngniß bis auf sechs Monate, bestraft,
unbeschadet einer zu stellenden Entsefaftdigung^klage.
Art. '20. PtM-<onen, welche sich mit dem g«'scliäftsinäL'.i-L'n Verkauf viui Passage-
bilieten befassen, unterliegen allen eiaschlägigeo Ueälimuiuageu dieses Gesetzes.
Art. 91 ■ CiTllreehtlicfae AnsprQche aus Verletzun^t dieses (lesetzes sind innerhalb
der Verjährungsfrist von einem Jahr, von der Konntnißnahme der Srliä.Ii^'unir nn 'jc-
rei:hnet, bei dem zuständigen Gerichte des Kantons anzubringen, m welchem der Aus-
wandeningsvertrag al)gesch!o<^en worden ist. Von der Klaganhebung ist dem Rnndes-
rafhf durch das betreffendf nericht^firä^idiuin .sofort Keimtniß zu geben. (Art. 4. .Absatz .5.^
Ebenso i>l von den auf Grund der Art. 18, 19 uml 21 des Gesetzes aus;.'ef;l!lt»'n l'r-
Iheileo dem Bundesrathe dun-h die zu-sblndigen Kantonshehörden Mittbeiluii/ /. n rnachen.
.^rl. 22. Die «rhwL-izcrisrfirn KnrHuln haben jede Rfklamafion -iliw cizerischer
Auswanderer wegen VerleUutig der deuatlbeii zugesicherten Beduiguiigi ii unentgeltlich
ZU prüfen, insofern die Heklamalion innerhalb 9() Stunden nach Ankunft der Aus-
wanderer erhoben wird, im Weitern auf Verlangen der Reklamanten tiber den Fall ein
Protokoll aufzunehmen und eine Abschrift davon dem Bundesrathe einzusenden. Der
Bundesrath wird innerhalb der Grenzen der ihm hiefür bewilligten Kredite die nöthigen
Anordnungen treOen, daß die Auswanderer in den hauptsficblichsten £in- und Aus*
schitfungshäfen Hülfe und Rath finden.
Art. 23. Ein Protokoll, welches im Auslande durch einen Schweizerkonsul oder
durch einen Auswanderungskommissär oder eine andere, su einem solchen Akte nach
dortigen Gesetzen kompetente Person aufgenommen wird, gilt ab« Beweis, mit Vorbehalt
des Gegenbeweises.
Art. 24. Der Bundesratb wird die zur Vollziehung des gegenwärtigtu Gesetzes
nOthigen Regtemente erlassen.
Iliin ttdit ilif I?i iL'( Iitigung zu, zu verbieten: 1) Antionrcu in rifTenlürlicn DIättern
oder andere Publikatioueu jeder Art, welche geeignet sintl, Personen, die auswandern
wollen, in Irrthum zu fQhren; 9) die Benutzung von Transportgelegenheiten, welche den
Bestimnmngcn dieses Gesetzes nicht entsprechen oder zu begründc-ft n Kl.i;-'en Aul ((. ^'cl i n.
Art. 2ü. Die Auüticbt des Bundesrathes über die Auswanderungsngenten und die
Kontrole über die DurchfilhniDg d&s Gesetzes wird durch das vom Bundesrath hieroit
beauflragte Departfment au.>:geübt. Demselben wird zu diesem Zwecke eir. be^onderes
Bureau iieigegeh» n. welches sich mit den betreffenden Stellen m anderen Staaten in
Verbindung setzen niid auf gestelltes Verlangen Personen, welche auswandern wollen,
mit den rst^tlii^t-n .\ii-könlten, Häthen und Empfehlungen vor-<ehen wird. !>' i Huiides-
rath kauii iuiitiltalh *ier Grenzen ties Büdgets zum SciiuLze von Auswandtu i n und
Kolonisten auch SpezialmLssionen anordnen.
Art. 26. Das Bunde.sgeselz, betrcflend den (ie.-;chäftsbetrieb von Auswanderungs-
agenturen vom 24. Dezember IH80, sowie alle kantonalen Gesetzesbestimmungen und
Verordnungen, welche dem gegenwärtigen Gesetze widersprechen, sind mit dessen In-
krafttreten aufgehoben. Insbesondere darf kein Kanton mehr von einem Auswandernngs-
agenten. L'nleragenten oder Aufmvanderer eine Kaution oder irgend eim^ Gebühr, autier
den gewöhnlichen St. urm und Aii^'iben, erheben.
Art. 47. Der Bundesratb wird beaullragt, auf Grundlage des Bundesgesetzes vorn
17. ^Qtii 1874. betreffend db Volksabstimmnng Ober Bundesgeeetn und Bunde^sbescfalflsae^
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Attswandenmg
— 60 —
Auswmnderniig
<)ie Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Befinn der WirfcMmksfit
deseelben festzusetzen.
Am 10. Juli 1888 wurde zu diesem Gesetz vom Bundearath eine eioläß-
liehe Voltgi^nff»vtrordnunff erksseo, di« dann am 13. Febraer 1889 eine Ver-
vollständigung erhielt durch Beatimmungen Uber dat KoloDisationäweseo, durah
<\a.H Verbot der Beförderung solcher Auswanderer, denen die Ueberfalirt von
fremden Geselbchaften, Regierungen etc. ganz oder theilweise vorgeschossen oder
bezahlt worden sind, und diesbezüglicher Propaganda. In einem Bundesraihs-
hesdduß vom 18. Septembmr 1988 wnrde das Äunoanderui^bureau organiaivt.
Hienach zerfällt dasselbe in zwei Sektionen, von denen die eine die Anfiricht
Uber den Geschäftsbetrieb der Agenten, Unteragenten und Passagebilletverkäufer
fuhrt (administrative Abtheilnng), die andere die Vertretung der Interessen der
«ohweizerischen Auswanderang im Allgemeinen bei den betreffenden Stellen in
anderen Staaten, und dio Ertiiflilang yon Ansknnft, Bath und Empfehlungen an
Anawandearer mr Aufgabe hat (kommiaeariaehe Abtheilnng).
Die Statistik liefert uub betreffend die tibenefliaehe Auswanderung der Jahre
1884 bis 188'.) die in Uebersicht I enthaltenen Ziffern (für die Jahre 1868
bis 188.S 8. den Artikel Auswanderung im Hauptwerk):
Uebersicht L
Ü^erseetBcke Autwondtrui^ in de» JahrM 1884 — 1889.
Ana dem Eantnn 1884 1885 1886 1887 1888 1889
ahiolit 7
00 Bet.
Zürich
1206
818
712
939
961
819
2,41
Bern
2995
2106
1525
1846
2166
2137
3,96
Luzern
191
167
108
129
99
87
0,64
Uri
94
81
58
108
78
73
4,22
4,17
Schwyz
137
94
103
184
127
210
Obwalden . « . .
161
61
20
201
27
107
7,13
Kidwaiden . . . .
28
7
8
17
20
14
1.12
Glaru«
146
204
153
137
167
219
6,48
■Zog
203
55
28
30
36
53
2,29
Freibnrg . . . .
168
88
29
53
98
162
1,36
Solothnrn . . . .
230
IS'J
m
ir,r>
178
109
2,00
Basfl.stadt . , . .
404
374
436
380
5,12
Baselland . . . .
261
1.S9
14 2
184
23 G
225
3,62
ächatfhansen
206
201
121
184
li)2
ibl
4,78
AppenxeU A.-Bh. . .
91
72
63
130
168
121
3,33
Appenzell L-Bh. . .
St. Gallen . . . .
5
8
8
12
6
0,46
477
303
273
393
438
493
2,15
GraubUnden
423
25r)
170
234
244
275
2.85
Aargau
641
424
353
425
424
454
2,34
Thargau , . . .
85
128
130
142
148
168
1,61
Tessin
667
691
621
578
794
898
7,07
Waadt
181
355
363
263
397
280
1,11
Wallis
206
337
411
216
274
2«; 7
2,62
Neuenbürg . . . .
240
289
314
452
420
367
3,36
Genf
108
141
138
164
246
205
2,48
Sdhwda ....
9608
7583
6342
7558
8346
8430
2,80
wovon Sofaweiaar.
8975
6928
5803
6801
7432
7445
2,76
Ansllndar «
633
655
539
757
914
985
4,13
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Auswanderung
— öl —
Bakteriologisches ItUiUlu
AußertmopäiKiktf Beiseeiel der schweizerischen Auswanderer.
1Ö84
1885
1886
1887
18S8
18^9
Ver. Staaten v, N,
Andere uorUam. St. ,
' 8359
5934
4863
6445
3
67Ö9
5
6963
3
OBDtralanieriln . .
5
7
6
.
2
Bnailien
941
83
39
Uruguay
51
17
X\
Ärgeutinien
1193
1608
1442
732
1334
1294
CliUe
40
107
30
Andere ifidim. 8t.
12
17
23
Auetnhen • . . .
50
34
16
29
16
23
Afrikft
1
9
14
5
5
15
Asien . . « « .
1
1
1
7
9608
7583^
6342
7558
8346
8430
Uebersicht IlL
Dte Au9Wündertr nach &0$ehlteht, CkfilaUmd wtd Beruf.
1884
1885
1886
1887
1888
1889
6074
4716
3tK')n
47i:j
.')*>:. 7
5385
davon verheirathet
1073
881
709
7m)
H08
959
3534
2867
2386
2845
3089
304 i>
davon veibeiTAfhel .
1074
810
643
782
796
778
ErwacIuHdie ....
7312
5840
6067
6074
6837
6830
Kinder unter 15 J.
2296
1743
128.Ö
1484
1509
160O
Erwerbende ....
5668
4709
4229
5196
6048
6126
Beruf der £rwerb«ndea:
Urprodoktion . . .
2729
2511
2213
2485
2689
2894
Industrie ....
1685
1195
1018
1470
1819
1620
Handel, Wirtheohaftig.
325
364
269
303
378
470
Verkehr ....
100
44
22
64
57
60
WiBNeuäciiaften
102
79
73
90
119
119
Fcrsönl. Dienstl. .
369
301
341
559
696
602
davon Dienetboten
330
443
532
511
Andere Erimrbende .
358
215
278
225
290
360
Bakteriologisches Institut in Bern. (Hitgetheilt von Hm. Dr. v. Freuden-
reich.) Seitdt-ni durch iVstenr'ß Entdeckungen anf dorn Gebietf der Mikrobiologie
in den GfihrungsinduBtrien in Folge der Erkeuutuil^ der Fermentwirkung kleinster
Irebewesen ein vollständiger Umtüchwung eingetreten ist, iiat t>ich allmälig der
Gedanke Bahn gebrochen, daE anoh die Hilehindaetrie von den ErigeliniBBen dieees
neneeten Zweiges der Wissenschaflt , der Bakteriologie, großen Gewinn ziehen
dürfte. Handelt ea sieb doch bei den meiHten Alterationen der Milch und bei
dem Reifung^■prozcsse der Käse, oinem Hauptzweige dieser Industrie, um die
Wirkungen verschiedener mikroakopiücher Pilze. So sind denn bereits in vielen
LKndern bakterio1o|^he Laboxatorien den Molkerü-Inetitttten mr Seite gOBtellt
worden, deren AniSgabe es sein eoll, die Errangensehalten der bakteriologiaehen
Foiechung der Mib bindu^trie zu Nutze zu machen.
Bei uns in der Schweiz li.it .sebon im "Winter 1887 Herr Dr. F SchatTer,
Eauton^cbeuiiker in Bern, ein Programm für die Thatigkeit einer »ebweiz. milch-
wirthscbaftlichen Versuchsstation (Technicum) entworfen, das nachher in der
«HilobiDdostrie" publixirt worden ist nnd welohee o. A. die Bedentong der
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I
Bakteriolo^ches lostitiit — 62 — BanknoleBsteiier
bakteriologisohtn Forsohnng in Intereoe der Eüse&brikfttton beModer» henrorbob.
In einem im Jahre 1888 von Herrn F. Müller, Abtheilungschef des Rcbweiz.
Lan(lwirtlischaft.v(1epartementc,-t. m ! Pr. F. Schaffer, im Auftnii;.: ilcs Schweiz.
Lauilwirtbsfhaftstlepartcmentes, erstatteten Gutachten betr. die Errichtung einer
Schweiz. Milchversuchsstation warde dieser Gedanke weiter au-sgeführt und die
Eioltthrttog bakteriologiMher Stndien in der projektirten Anstalt unteratHtst durch
4ie Anrieht einer Autorität auf diesem Gebiete, Prof. Dr. von Nencki in Bern,
welcher sich dahin aasgedrlickt hatte, dnß oin obligatorischer Unterricht in der
ßukterioloj*ie an einer solchen CentraUcliule fiir Milchwirthschatt durchaus noth-
wendig erscheine, und dai^ von der Einfuhrung der bukteriologisobea Untersuohungs-
metboden in dae Jlildi- nnd Molkereiwesen veseiitlicbe Fortsofaiüte m enrarten
«eien. In fibnliober Weise drUekten rieb Prof. Dr. A. Kraemer nnd Prof.
Di-. £. iSchulze in Zürich in einem Gutachten aus, welches sie um 12. Februar
1M89 über die Or^nnisation einer schweif. Milchversuchs^tation mit Sitz des
Institutes iu Zürich oder in Bern erstatteten. Die.se Gutachten habeu, wie man
siebt, die Gründung «ner ecbweiz. Centralatation zur Voraussetzung. Da indessen
Xnßere UnwtSnde eine schnelle BeaUsirnng dieses Projektes nicht hoffen ließen,
wurde auf Veranlassung von Prof. Anderegg in Bern vom Direktor der Landwirth-
sohaft des Kantons Bern, Rf'fA ernngsrath Katz, im Frilhjahr eine Koniini.isKju
einberufen, deren Beschltissen ein Vorgehen des Kantons Bern in dus r Richtung
und die Entstehung des jetzigen bakteriologischen Institutes zu verdanken ist.
Dasselbe wnrde am 1. Juli 1889 als besonderer Zweig der cbemischra Versnehs-
fitation der landwirthschafklioben Schule der Rütti gegründet, mit dem nOthigen
Kredite ausgerüstet und unter die Leitung eines Bakteriologen, Dr. E. v. Freuden-
reich, gestellt. Als erster Zweck de*?selben wnrde besondere d«»*« Studium dos
Beifuugsprozesses des Emmentbalerkäses bezeichnet-, daneben soll aber auch das
Studium aller das Molkereiweeen betreffenden Proaesse, welche von Kkkterien
bedingt sind, Gegenstand dieser Thfttigkeit sein, nnd außerdem soll von dem
Leiter dees^ben den MolkereischUlern der RUtti über die für dieselben noth-
wendi^en allgemeinen Gründl >e;r|-it!'c der Bakteriidogie Unt» rrieht ertheilt werden.
Aus diesem bakteriologischen Laboratorium sind bereits einzelne diesbeziigl ü be
Arbeiten hervorgegangeu, die hier citirt werden mögen: «Heber die Vermehrung
der Bakterien* in Nr. 50 der Milchindustrie 1889. — »De la tenenr du lait en
bact^ries", Annalcs de micrographie, II, page 116. — «Bakterien als Ursache
der Blänung der Käse", Milchindostrie 1890, Nr. 8. — „Sur quelques bact^ries
produisant le bonrsoutlemeut des fromages", Annales de micrographie, II, p. öbli. —
„Keeberühes pr61iminaires sur le röb des bacteries dans la maturation du fromage
do rEmmenthal**, Annales de micrographie, II, p. 257.
Banknotensteuer« Die Einnahmen des Bandes nnd der Kantone*) be-
trugen: 1885 1886 1887 1888 1889 1890
Bund . . . 135,90» 137,888 141,850 150,320 153,494 161,343
Aargau . , — 20,ür>0 20,000 20,000 20,000 20,000
Baseistadt . . il6,00n '{ß.uno 42.000 48,000 4H,00n 6H,80O
Bern . . . Hu.oOO 6<»,noo 60.000 60,000 (^o.Uüi) (J<i.(hjO
Freiburg . . 14,V164 lö,,iü6 16,507 16,866 iü.ööa 16,687
Genf . . . — — 80.686 75,000 75,000 75,000
246,866 269,252'~360,043 369,185 873,377 401,829
*) Inbegriffen die Hinterlegungsgebühr für Weitiisciiriflen bei den kantonalen
Depceitenftmtern.
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Bauknotensteuer
—
63 —
BarnnwoUiodintrie
1885
1886
1887
1888
1889
1890
Kr.
Fr.
Fr,
Kr.
Kr
Uebertrag
246,866
26'J,252
a6U,043
36y,lH5
373,377
401,829
Glans . . .
9,000
9,000
9,000
9,000
U 1 Ii U 1
Graiibttndeii
18,000
18,000
18,000
16,000
1 1I fWin
Lucwn . . .
30,774
36,116
38,422
38,416
9fi AtO
fkft Ann
Neuenburg
48,000
45,05G
43,200
43,2(X)
A 1 W97
Schaff bausen •
11.597
13,890
15.904
15,902
io,y 1.}
Solothurn .
17,106
18,000
18,U0U
22,251
St. (rallen . .
97,638
102,543
102,600
102,600
102 865
V dM ■ V/ \M CnV
115.769
Tesrin . . .
12,400
12,400
12,400
12,400
12,400
12,400
Thui(:;tUi
10,601
15,601
15,601
15,601
15,601
15,600
VT iliiUl , . .
CiO (>00
60,000
60,000
Zürich . . .
104,V175
109,213
138,777
153,013
174,679
671,957
70d,i8a
802,383
845,331
864,408
924,850
BaaniWOlli]ldQStri6* (Ergänzung der Artikel Baumwoliinduetrie", ^.Baum-
woMspinnprei", „BaumwoUwebei'ei" im ersten Band). l)k- nu('hfolgen(icn Mittbei-
luni^eii .-jind dem ,.ScbweizeriRcben Handelsam t^blatt'' vom 4. Mai 1889 eut-
nummeu, welchem dieselben auf Wansoh des Vorstandes des sohweiserit>chen
Dinner-, Weber- und Zwirnervereins einer Brocbture abgedrookt bat, die der
betretfende Verein verVffentlichte. Darob unserm Wi*)derabdmok lueen wir also
dem besagten Vereinavorstand selbst des Wort:
I. Zahl der Spindeln. Webstuhle, Zwirn spindein und deren
Produktion im Jahre 1888.
Kantone
Sptmarel
Sfidtia frodaktioo
Weisswebsrei
tttiHttttklc , friHlikti«»
g Iwjn-
Zflrioh . .
St. Hallen
Giarus . .
Äargau
Zug . . .
Schwyz .
Bern . .
Thurpau .
Solothum
Grauhüuden
Ba.«elland .
Appenz. A.-R
Schaff hausen
Luzera . .
ProdnktioD q
4i
11
13 I
12!
2 !
4 i
1
i
1
1
1
I
774,134»
279,820»
217,790»
184,316*
86,011;
63,171
50,380
27,452
23,112 I
9,<>ü8
9i,m
2«.';2o
31,473
31,395
18.210
ib,!^»«»
8,270
9i
99
r>
14 >
2 i
1 i
4 I
1
r, '
1 !
l
7,101«
l.n()3
480
270
920
216
1.534"
60
233
160
39,699
n,350
30,210
4,850
7.400
10,400
2,350
15
28
1
35,053«
20.439
3.280'"«
550
2
16
2 :
14 i
227,2&1
65 Mjmoo
8
1
58
101.209
1,600
8,874
3,200
550
78..>4d
1
1
44
642
3.343
229
1,520
565
392
16(i
64
6.931
(a.3;,4J(l<)4*
' Im Kanton /.t«ri( h i<;ll>gt stt ht n nur fytl.lvi »pindi ln. " Im Kf. St. •iiilli n l.eüud< n sJch noch,
12.<XN> .SpiiKlolu von J'iniien andTi r Kantonfl, ummmM l,>«iii. ^ Ini Kt Glanm hcHnden »ich noch
5..r.'.Vi Spindeln von Firmen i»ndor> r Kantonp. zu»nniin<>n :'7.'t.4st", ♦ Jni Kl. Aiir>iau l>ctindeu «ich noch
HIXM'J Spindeln von Kirm«Mi iiiid.r.r Knutimo. ztiRiiniincn 'J^lj.'.';"; sj.indtln. ' Im Kt I-u/.eru bcKnden sieb
! • Spindeln von Kinnen riudpn r Kaiitunc l>«von botinden «icli .1.. StlUilo im Kt. TlHirfc*>i. " .\ii»«»fi-
rii tii bt-tindeii «ifli im Kf. Thiirtfuu .">!.■ Stühli' v<(n Kirm^'U des Kuutona /urich. * Im Kt. Ztlrirh «olbtt
) . ini')»n «irli nur 21^41:« Zwunapiudcln. " Jm Kt. (iUra* btftndrn sich 14>K> ZwirnfpiortBln tcmi Plnn«D
ui>>l> r. I Kuntone. -nilSi.AugMn Mliadm al«|i noch I2,S4<I Zwimaplnddn «od Firmen «ndonr KraloB«
.zusamnicu lü,ä2i>.
« ]>ta BontwtlMir*! vnw«Dd«t M«ii«nl«ai noch «• IKiO 4 WoUoa- und T<«inen9»ni.
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Baumwollindusthe
— 64 —
üaumwoUiadasthe
Es be«itsen:
ton 92 SpimMNi-FferiitN
11 bis und mit 5,000 8p.
28 5,000— 10,000 ,
17 10,000^ 15,000 .
14 15,000 - 20,000 ,
10 20,000 — 30,000 ,
4 80,000— 40,000 .
B 40,000 50,000 ,
4 50,000^100,000 «
1 mehr als 200,000 „
Miitei: 18,7^0 Sp.
von 68 Wtl«MrtNrti<FiriiiM
3 bis n. mit 60 Stuhle.
D
\f\ 1 Art
1 A
lU
1 AA 1 fiA
»
6
150—200
H
11
200-^250
w
4
360— 600
II
8
300-350
«
8
350—400
n
3
400- 500
5
500—600
1 1
ii«iirftlB600
Mittel: 2S8 SMUe,
von B6 ZwhrMnM-FirmM
16 Ina XL. mit 500 8p»
17 500—1000 ,
11 1000—1500 ,
4 1500- 20U0 ,
4 2000—2500 ,
3 2500^-6000 ,
2 3000 3500 ,
2 mehr als 3500 ^
MUUl: lJi08 Sp.
II. Vergleiob der gegenwärtigen Statietik mit der vom
Jahre 1884.
Spinde'n
1) Spinnerei. Wir zählten im Jahre 1884 .... 1,809,393
Dexa die damale atUlgestandene Spinnerei Ibeob . . 14,000
Und indem weiter übergangene ....... 18,000
Geeammtiahl 1884 ."^Tjedljadä
Gegenwärtiger Bestand 1,722,299
Verlust in 4 Jahren . ^1 llvÖ94
Von diesen 119,094 .Spindeln sind abgebrannt ond nicht wieder erstellt
worden 80,608, eingegangen 38,486.
Naeh Angabe der Spinner waren femer im Jahre 1888 abgestellt 38,170
Spindeln, so daß im Herbet 1888 157,364 weniger Spindeln im Betrieb waren
aU im Jahre 1884. Wir haben somit in 4 Jahren etwas Uber 7 ^/o unserea
Bestandes an Spindeln rleftnitiv eingebüßt nm] 'J ^/n unseres Bestandes warten
auf bessere Zeiten, um wieder in Thätigkeit gesetzt zu werden.
WeMQble
3) Weißweberei, Dieselbe besaß 1884 15,786
Dam 2 damals nioht berttcfcsiobtigte Webereien ... 470
GcFammtzahl 18s 1 lt),253
Davon eingegangen, abgebrannt, der Buntweberei zuzuzählen 394
r5;859
}Ien dazugekommen 941
GegouwÜrtigvr Bestand . 16,800
Vermehrong 547 Webstuhle = 6 Vo. Abgestellt sbd 346 Websttthle, e»
lanfen somit gegenwärtig 304 Webstühle mehr als im Jahre 1884.
3) Zwirnerei. Die Statistik der Zwirnerei von 1881 war nnvollütSnüg;
wir zählten damals 47 Firmen mit 70,110 Zwiros^indeln, während wir 1888
zählten 58 Firmen mit 73,545 Zwirnspindeln.
Diejenigen Slrmen, welche 1884 in unser Veraeiehniß nidit anfgNioromen
worden waren, aber damals wahneheinlich sobon alle existirteii, besitBen tn-
sammen 13,889 Zwimspindeln. Es wäre somit der Bestand aller Zwimspindeln
im Jahre 1 SS 1 j^ewesen 8.T,9ü'.i. nder wenn man annehmen wollte, daß diese
uder jene kieiuert- Firma damals noch nicht vorhanden war, sicherlich rnnd
82,000 Zwirnspindelü.
d by Google
BaumwoUiniiuslrie
— 66 —
liauuiwüUiaduitrie
Darnach hat die Zwirnerei etwa 8455 Zwlrnapindeln verloren — 10^2^/9»
Eb stehen still 1940 Zwirnspindeln.
Webstuhls
4) Bnvtwtbtrci. Sie beschäftigte im Jahre i8.s4 . . . 6,967
Dazu eine damals nicht berücksichtigte Buntweberei . . 150
Geuammtxahl 18ö4 . . '~ lylll
, 1868 . . . 6,m
Verlost .196
= 2'/4*/ot welche dareh Brend lentSit worden sind.
Wir Isflsen bei unseren weiteren Sr6rterongen die Buntweberet nnbesproohen;
Hie gehört nicht zu unserem VereiDe; obige Angeben erhielten wir durch des
FrSaidium de« Bantweber -Vereine«.
Der Rückgang unserer Spinnerei und Zwirnerei, <ler geringe Aufschwung
unserer Weißweberei ist von unserem Vereine oii genug, auch bei unseren
obersten Behörden, hervorgehoben, beleuchtet und die Mittel zur Abhülfe an-
gegebeo worden.
III. Produktion.
Während uunere arbeitende Spindelzahl um Q'/^ ^/o abgeuumuien hat, ist
unsere QamproäuHion doeh nicht snrttckgegangen ; sie hat doh im Gegentheil
von 197,900 q im Jahre 1884 auf 227,000 q im Jahre 1888 gehobeu. Diese
Vermehrung erklärt sieh durch das Verdränjtren der feinen (larne durch gröbere
(Tarnnummern, ein Vorgang, welcher seit IHTo in fortlaufender Entwicklung sich
befindet und sein Ende noch nicht erreicht hat. Aus der vermehrten Produktion
kSnnen wir schließen) daß die Uittelnummer der gesponnenen Game gewesen ist
im Jahre 1884: Nr. 51 mit einer Prodnktion Ton 10,9 \g Garn per Spindel im Jahr,
a « 1888 f « 44 n • K n 12,8 «• « • «• «
Wer da weiß, daß allein in den Garnnummern fllr Stiefcfiftden ein Rück-
gang von mindestens 12 Nummern stst+ff^f in len hat — Hauptnummern 40 und
45 anstatt 50 und 00 — , den wird ubiges Ergebniß nieht Hberraschen.
Heziiglieh der Weißioebcrfi nmlSte die Produktion in einzelnen Füllt n durch
Schätzung ermittelt werden; es ist wahrscheinlich^ daß die Weißweberei einige
Tausend q Gewebe mehr geliefert hat, als in obiger Tabelle angegeben ist; nidiit
nur hat sie sieh um einige Hundert Webstühle vermehrt, sie hat aueh sieherHeh
einige Tausend q feine Gewebe weniger angefertigt als im Jahre 1884 und
diese durch mittelfeine oder grobe Gewebe ersetzt, Uberhaupt mehr grdbere Game
verwendet als im Jahre 1884.
Noch mehr beruht die Produktioosangabc der Zwirnt-rei auf Schätzung
von einer Reihe von Firmen durften tou vornherein keine Mittheilungen erwartet
Wiarden. Berücksichtigt man, daß der größere Theil unserer Zwirnerei sich mit
Anfertigung von Stickfaden befaßt und daß gerade die Gamnnmmem fttr Sti(^>
faden eine sehr erhebliche Vergröbei'ung erfahren haben, darf man wohl die
^r^)(lukti()n unserer Zwiruerei um ca. 4000 q höher anHetzen, als in unserer
Tabelle von 1884 geschehen ist, also aut ca. 24,000 q.
lY, Innerer Haushalt unserer Induatrieswcige.
Darunter verstehen wir die üntersnchung Uber die Fragen:
Wie viel Baumwolle hat die Spinnerei versponnen?
Fonw, Volk*wlrt]iaeb«fli-L«Klkea dw flcliwaiK. 5
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BaumwoUinüluthe
— 66 —
Baum woll iadustrie
Zu welchen Zwecken Niad die Garne, Gewebe und Zwirne verwendet
worden ?
1) Spinner«*. An Banm volle wurden netto:
EiMBefiliri Aui«Mlnn
0 q
18ö7 270,4yy 1,158
li<88 223,425 1,680
^
Einfuhr: Mittel 246,963
Ausfuhr: Mittel 1,419
Verbrauch: Mittel 245,543
Abgänge: 13 7« 31,920
Garne aua Baumwolle allein gesponnen 213,623
Von genannten 81,920 q Abgingen sind spinnfilliig «tWA 70 • 22,000
Dtsn AbgSnge: fimfahr 1887 . . . , i:^,359
1688 . . . . 14,418 Mittel . . 13,888
~äö,888
Davon ab; Ausfuhr 1887 .... 10,9<;2
1888 . . . . 21,573 Mittel . . 20,767
welche naoli Absng von etwa 3121 q ittr Watten, hygieiiieche und andere Zweoke,
ferner fttr Abginge, etwa 12,000 q Game ergeben haben.
Wir haben aonaeh tn den letzten awei Jahren darduohnittiich prodnsirt:
213,623 q Garne an» Banrnwolle, 12,000 q Game ans Abgingen, snaammen
J»35,ß33 q.
Man Hieht. ilaß fliese dnrch Berechnnng^ gefnrderc GnrnprürluktioD hin auf
eine Kleinigkeit von 1628 q mit den MittbeUangen der äpinner übereinstimmt.
Fragen wir, was ans den gesponnenen Garnen geworden ist, so sind im
Jahre 1888:
An die Weberei gegangen 101,259
Roh exportirt worden 64,282
G-eßrbt exportirt worden 9,187
An die Zwirnerei gegangen 24,000
An die Buntweberei gegangen 37,000
An andere Indnstrieaweij^ abgegeben worden . . 4,000
239,728
was einen Uebersehtift von oa. 12,000 q Uber die Produktion ergibt. Diesen
lJeberi*c.huß haben wir von onsem seit 188(> überfüllten Gamlagern nehmen und
im Jahre 18HS etwa ir),0(M) q mehr iiusführen können als im Jahre 1887.
Die Garneinfuhr ist hiebei auUer Berechnung gelassen.
Sie betrug im Jahre 1H88 : rohe Garne 641 q; gefärbte Garne 4B4 q;
gebleichte Garne 103 q und kompensirt aich naheza mit der Ausfuhr von ge-
bleichten Garnen.
2) Wei/Jweberei. Schwieriger gestaltet sich die Nachforschung darüber,
welohe Verwendung die Weißweberei mit ihren Geweben geftinden hat. Dieselbe
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Baumwullinüustlie — 67 — Bauiawullindustrie
läfit iidi mir «nnihonid iriobtig harauafinden. Wir haben im Jalire 1888 aus-
Bob« G«webo 25,507
Gebleiobte Gewebt 3,608
GefÄrbte Gewebe 10.91 3
Bedruckte Gewebe 21,039
Gemusterte etc 441
61,508
Fwncr in Form von Sti^^bOden, PlattetiohbMeQ,
VorfaXiigen, Konfektion oa 5,000
~66;508
wovon jedoch abgehen ifie auH England eingeführten
Gewebe zum Fftrben und Bedrucken für Anafubr-
z wecke ca. 6,000
" 00,508
£e bleiben somit Ton den 101,2 :>'J «j der WeilSweberei uiigeföhr 40,000 q
im Lande, von denen man jedoeb annehmen kann, daß mindeatene 7000 q aveb
Booh für die Anafnhr bestimmt sind.
3) Zwirnerei. Dieselbe führte nur 3344 q direkt am, indirekt jedodi ale
Bestandtheil von Stickereien, halbseidenen Stoffen eto. etwa weitere 17,000 q,
«0 daß etwa 3000 q im Lande bleiben.
Wir haben auch den Vei>uch gremacht, herauszufinden, wi-^ viel Zentner
BaumwoUtabrikate jeglicher Art hei uns im Jahre verbraucht weiden, wollen
«ber nicht mit dem Schwalle von Zahlen lästig fallen, welche wir zu diesem
Zwecke haben an&tellen mttesea. Wer ideh dafttr intereneirt, Innn sie tou nnaerm
Vorstände beziehen. Wir sind auf ca. 6H,000 q gekommen, wohlgemerkt ein-
heimische und fremde Baumwollfahrikate ; letztere nehmen etwa '/* des Gesammt-
verbiauches in Anspruch. Darnach hätten wir in der JSchweiy, einen Verbrauch
von 2,34 kg per Kopf der Bevölkerung. In England rechnet man S englische
Ffiind =: 3,4 kg anf den Kopf der BerOlkening.
Um dieee 68,000 q, weniger 17,000 q eingeführte Banmwollfabrikate, also
S1,000 q xtt eneugen, bedurfte ee bei ans
ca. 390.000 Spindeln = 23 7o nneeres gegeawXrtigen Bestandes,
, 7,700 W.^h^-tühle = 32 7o .
, 10,000 Zwiru.ipiudelu = 14 7» « - «
£8 arbeiten somit direkt oder indirekt für den Export :
ea. 1,330,000 Spindeln — 77**/« nnseres gegenwärtigen Bestandes.
, 16,000 Webstuhle (Bunt-
weberei inbegr.) = 68 ^/o „ „ „
„ 63,000 Zwirnspindeln = 86 „ „ „
y. Arbeite rza Ii 1 und Löhne.
im»
Die Spinnerei besohfiftigt oa. 1 1,200 Arbeiter n. beiablt jBhrl. ea. Fr. 7 ,050,000
, Weißweberei „ „ 9,900 „ „ „ „ „ „ 6,660.000
, Zwirnerei „ „ 1,300 „ „ „ fSOO.OoO
Wir würden warn. Schlüsse noch gerne eine Statistik der Spindeln,
Webstuhle nnd Zwirnspindeln aller industriellen Länder der £rde beifttgen,
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BaumwulUniluäti ie
— 68 —
Baum wollind uälrie
allein das Material hieau war nicht trhiltlioli; Elliton gibt für 1888 folgende
Zahlen: SpMsiR
England 42,740,000
Europäischer Kontinent 23,380,<iOO
Amerikaniache Union 13,525,UUO
Oatindien 2,490,000
_ . , . . 82,135,000
Dazu ';ii:fi noch zu rechnen:
Kauada. Mexiko, Südamerika ca. . . . 600,000
Japan ca 100,000
Gesammtzahl aller Spindeln der Welt 82,835,000
1884 . . 76^685,000
Yemehraiig 6460,000
Alle Länder haben eine Vermehmng der Spindelzahl erfahren, mit Ana-
nahme der St^hweiz, wo sie sogar um ca. 120,000 Siiiiulcln /.nllck'fpgangcn ist.
Anf dem (•ur()i>,iischt'n Kontinent ist Deutschland mit etwa ö, 500,000 Spindeln
an die erste Stelle gerückt ; Frankreich nimmtmitetwaö, 200,000 die zweiteStelie ein.
Die Weberei und Zwirnerei sind von der Statiatik auffallend vemaahlieKigtj
es gibt über diese zwei Indnstriesweige keine saverlftssigen Angaben. Wir
wi»8en nur, daß die An/^hl d» r Webstühle sich in England um ca. 70,000, in
DentHrhlnnd um ca. 7000, in Oesterreich nm ca. fOOU, in Frankrei(;h um cn :'.•»( i«>
vermehrt hat. Die Gcsamnitzabl aller mechanischen W^ebstUhle in Euroim wiid
man anf Uber 1 MiOion eehltaen dürfen, davon etwa 600,000 in England.
(Jeber die Zwirnern außerhalb der Schwein iet nna niehte bekannt; wir
sind daher nicht in der Lage, irgendwddie snTerllieidge Angaben mitautheilen.
VI. Verzeichniß der Firmen
4ir Zahl d« Sfnitb, \V>b>;iiliU und ZwIrDifiaddi, nch lubMi fMHiti.
»>.
7.
8.
9.
10.
11.
19.
13.
14.
Ib.
17.
18
l'j.
t>0.
'.'I.
Ht*iiirir li Kunz, Zilrich. . .
i. H, Hill der cV: Söhne. W'lhur
.1 .1. Hil ter \- Co., Winterthur
J. «!c A. Bideriiiann Co.,
Winterthur
Inthoof Blumer A Co., Win-
terthur
Spinnerei Wollishofen -Zürich
Spinnerei Brdach . .
£. BOhler Co., Winterthur
Gebrüder Rraechler, WetEHEOn
Spintuiri Langnau . . . .
J. H. Boller, L'i^ter ....
Spinnerei ie Zwimer« Nieder
l'ster ........
Hrcli. Zang^er, üster . . .
Znppinger-Billeter.WalliseUen
J n Gujcr, Züricii ....
Soll weiz.Credit-Anslalt. Zürich
GebrOder Keller, Oibsweil .
'l'rfinijilrT Ov-i, Zfirii h ,
lli-mi i( Ii Süinvarii, Hykuii-Zell
(■.a-pir Honegger, Wald . .
F. Srhider-Scbniid, Welzikou
Adolf Arter, Neumünsler (Ela-
blissement im Thargan) .
Bduinu 0
Sptjiilolu
238,170
48,08i2
39,0M
34,000
24,000
23,130
iJo.i'OO
17,&00
17.00l>
16,701
15,906
15^400
15,1U
15,000
15,000
14,000
12.5(X)
12.f)0(t
ll.uuu
10.248
10,0UÜ
10,000
Ihpt'nnerei.
23 .1. C Winkler, Rämismühk Zell
Ii. Jobs. Heuser, Aller, (ioUau .
25. Knecht & Walder, lister . .
2G. J. KindliiiKinii Ri-ifTfr . Wthur
27. JüliauiiL's Huuegi^er, Waid .
28. Caspar Huber. Ilster . . .
29. Arnold Stahel, Uämisuiaye-
Zell
M. H. A. Oritly. Rfitl ....
31. Spinnerei und Weberei WOif-
lingen
32 Wilhelm Honegger, Wetsikon
33. C. Moos, Weißlingen . . .
34. Jacob Schellenberg, Aathal .
85. Jb. Bachmann, Sohn, Richters«
weil
36. Spinnerei Adli«w<dl. . . .
37. Heinrich Guvcr. H.iunia .
3b. J.L.Zelhvegei W ..frier, VV tlim
39. Ca.**par Heui?-< r Welzikon .
in. .1. n. Wiiikti r, 'riirlimtl.al .
W Kiliard VVoin, TutbeuÜial .
12 Blum-Bübler, Oberhöri . .
43. K. (>agg. Hombrechtikon
4L ütdirQderZa.ngger, Fischentbai
Kemtm ZUrieh
Spinrlrlii
9,9 m
9,500
9.352
s,724
8,316
8,000
7,500
7,G0O
7,376
6.Ö(X)
0. 250
6,000
6.000
5,360
4,9(.H
V.800
1. TTf.
4.Ö02
4,0(M.>
:iO(K)
2.ir,o
774,184
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BauiiiwoiliuUuäU'ie
— 69 —
Baumwollindustrie
Spindeln
45. Spinnerei SchiJsbach. Flums . 100,000
46. Johannes Heer, MuLi . . . 44,ÜU0
47. Spinnerei a.Uznaberg.Uznach 33,520
48. Gebrüder Blumer, Murg . . 23,000
49. Job. Hürlitnann, Rapperswyl Sl,540
f)0. Spinnorei Oietfurt.Lichtensteig 18,624
51. Brändlia & Co., tUpp«rswyl 18,431
52. Baumwolbpiiinerei an d«r
Steinach, St. Gallen . . . 9,424
53. Mathias Näf, Nieder-Uzwrl . 7,680
54. Nik]aiwDaiaehl«r,Bniiinadeni t.600
Kmtim Si. OaOm 279j8»0
S6. Caspar Jenny, ZiegelbrOcke . 53.rH)0
56. SpiDO«rei und Weberei Mollis 27.670
fi7. G«br.J. ARParftvidniCHan» 95,000
58. Biirili. .ItMinv >'v C<<., Cmwnda i::,sis
59. Becker & Milt, Hüti . . . lb.(A)0
<60. 6ebraderG.ftF.Beeker,0bnu 13,400
61. Gebrüder R. A: C Spfilty, Matt 13,000
m. Spälty & Co., Netstal ... 11,000
•63. Benjainin Jenny, Schwanden 9,000
r.l. .1. A M. Legier, Dierbach. . 7,128
♦>5. Hüdolf Kagi, Oberumen . . 7,000
66. Hefti tt Co., Hätzin^ren . . 6,576
-67. Jenny & Co., Ennenda . . :t,ir>8
Kanton Glarus 217,790
»»8. Johannes Wild. \N f Hingen . 45,000
69. Albert Spörri, Hu.len . . . 95,000
70. Edmund Bebi6, Tuitri . . . IS.fKX)
71. H. Bebi^ .V: CiO., Ruppersweil 16,000
72. F. Weber Kubli, Aarburg. . 13,H00
J3. Gebrüder HMiiP??pr KMIliker
«V Co., bieingdrleu . . . 12,500
I Spindeln
I 74. Lang&Co.inReiden.Oftrinpen lf.032
7.J. L. Kappeler-lk bi^, Turgi . . 11,.">(K)
76. Jä^Ki ^ Co., Rolhrist . . .
77. HQnerwadel & Co.. Lenzhurg 8,568
78. Frey & Co., Aarau .... 8,000
79. Conrad Mantel, Bremgartm . 4,916
Kanfon Aargau i84,dffi
80. Spinnerei an der Lorze, Baar 55,900
81. Spinn«wiMi Aegeri .... 30,116
KatOon Zug 66,016
i 82. Ciuspar Ilürlimann, Siebnen. 20,000
83. Joh. Wirth, Siebnen . . . 17,312
84. Spinnwei Ibach 14,000
85. Rudolf Weber, Nuolen . . 1I,^r>9
Kanton Schwye 63J71
86. AktienspiunereiFelsenau.Bern
\ 87. Bauniwull-pinnerei Hurkart,
! Wängi 16,336
8a Stierlin A Sehweitzer. Wüngi 8,099
89. Albert Wälti, ni-< liofszeU . _ 3.024
K Union Thurfjau 27f46i
' 90. BaumwoUspinnerei Emmen-
; hof in Derendingen,
Kanton Solothum Mttii
I 9i. Spina- und Weberei an der
I Albula. Sils-Domleschg,
, Klint im QrtnAfhiden 9,ß08
99. Sarasin <)t Heusler, neue Welt,
Kanton Baselland 6,500
Total; l,7«i2W
Ba umwcU$mmerei,
1. RaurawoILspinnerei u. Zwirnerei
Niederuster
± Heinrich Kunz, ZOrich . .
tt. 6. Zoliinger, ^eÜerttster. .
4. G. Bindschedler. Hochfeldett
5. J. Jäggi, überwinterthur . .
6. J. J. Rieter & Co., Winterthur
7. H. Schi i!/li, Znrich. . . .
8. J. M. Seel, Hittnau . . .
9. A. Weber, Hinweil. . . .
10. Aniold Sulzer. nirmeosdorl,
11. E. Lan<ii.-7, UieUkuu , . .
12. J. C. Keller, Fischenthal. .
13. J. K. Welwr, Hinweil . . .
14. Conr. Mooä, WeiUliugen . .
15. J. Wegtnann, Binnen»dorf ,
16. Tobler-Woiß, St Oallen . .
17. Gebrüder Tagniann. Altstätten .
18. J. Rohner, llebstein, Rheinthal
19. H.S. Jb. WM. St. Gallen. . .
90. A. Hyppolii-Meyer, St. Gallen .
-91. Salzmann-Däniker, SL Gallen .
Spinddln
99
9000
6,534
24.
3,000
9,866
9,500
9.116
96.
96.
97.
1,800
28.
1,800
1.500
29.
30.
1,000
31.
800
32.
720
.33.
r.(Ht
34.
.tOU
35.
416
3i;.
85/f62
37.
38.
2,100
39.
1,440
40.
1,400
41.
1,350
43.
1,200
1.153
Hpiudela
1,120
900
888
860
Arnold Graf. St. Gallen . ,
.\lfons Ziltener. Mols . . ,
J. A. Zillig (*^- Co., Brunnadem
H. Schlüpfer, Obenteinach .
J. Höhener-SebUpfer, Witten
bach
Fhittz Mettler, AltstAtten. .
Oskar R.-utti, SJta.i.l . . ,
Gebrüder Grub, Budis . .
A. Bachmann-Hasler, Hflhlan
Jakob Kuratli, Bazenheid .
Albert Etter. Sl. Gallen . .
Conrad Hohl. Flawyl . . .
Löh Schönfeli. G.ildach .
Christian Bttscb, liim ti . .
IL Hau.ser, Sohn. St. Gallen
Niki. ms DritscliItT. liiimnadern
Gotliieb droh, NcUlau
U. .V A, Tobler, Rheineck ,
J. Uulhold, Neßlau . .
J. J. Grub, Uegersheim .
Gebrflder Weber, Balgach
Ktmtan St GaUm S0,439
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Baumw«illindustrie
— 70 —
Baumwollindustrie
Spindeln
43. J. LT. Eugster .< Co., Urnäsch . 3,200
U F. jUder-Eugster, llrn.lsch . . 1,620
45. Johannes Hßhenrr, Gais . . . U^^O
40. J. U. Gegeilschatz. Heiden . . 1,040
47. Ferdinand Prischknechl.Urnäsch 760
48. J. J. Sonderegger, Heiden , . 640
40. A. Waldvogel, Bülüer ... 580
&0. Jobs. EdfllmRim, Herisau . . 460
51. Gebrflder KnOpfel, Teufen . . 304
KanUm Apptntdl 8^4
.')•_'. S. (itTenhäuser & Co., Zoftngen 1,320
53. Hüoerwadel & Co., Lenzburg . 1,160
Spindeln
54. G. Mantel in Bremgarten . . 800
Kanton Aargau 3,280
55. Prey ^^l^* Schaff hauseo,
Kanton Schaffhauten
56. J. E. Zwicky 'WiM-vo, Mal.ins,
Kanton Graubunden 1,600
57. W. KQnzU, Nebikon,
Kanim Luzem 650
66. J. M. KOndig, Arth,
Konten Schily z 550
Total: ;a.54a
1.
i.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
IS.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
10.
20.
31.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
30.
31.
32.
38.
34.
'Ah.
:{(■,.
37.
.38.
39.
40.
41.
Johannes Honegger, Wald . . 771
A. Boiler. Dietikon b^^i)
PpArri A: Schaufelbcrger, Wald . 519
E. Bv^hler i<: Co., Winlerthur .
Il( inrich Schmid, Gullikon . .
Jakob Oberholzer. Wald . . .
Caspar Spflrri, Bfirentsweil . .
Jucker «N: Co., Bauma ....
Heinrich Kägi, Bauina ....
Fischer & Ebner, Wald . . .
Schweizcriaebe Credit - Anstalt,
ZArich . . . 252
SpOrri ^ Meier. BSrentsweU . .
Weher- i f Ii i I b tiiplcn-Wetzikon
Weberei Müiilebuch-Fiscbentbal .
Raymann A Spörri, Wald . . .
Bninner .t- I.nisdi. Hinwcii . .
Caspar Heusser, Wetzikon . .
Caspar Hon^r^r, Fischenthal .
Spinnerei u. vVeberei Wdlflinfiai
515
476
400
360
352
350
324
346
220
204
184
151
140
136
186
Carl Spörri. Wald III
Eduard Spörri, liillriau 110
.1. C. Winklcr, Rämismilhle-Zell 108
Trfimpler it Gysi, Uster ... 100
Felix Honeggor, Wald .... 64
Rud. Hornberger. Hndlikon-Hin-
weil 80
H. Gubtlinanu, Wetzikon ... <>8
Jakrib Homberger, Gnüau. . . 64
J. Kindlimann-Reiflfer.Winterthnr 46
Sp4m iL Heß» Wetiikon ... 40
Kanton Ziurük 7]tOt
Barth. Jenny v ( '..,., Ennenda . 480
Spinnerei mid Weberei Mollis . 470
H. i'i: 1. L< iiziii/er, Netstal . . 370
Staub A Co . i liedern .... 364
Hi fli .< Co.. Hätzingen . . . 344
Sp.ilty A Co., Nelstal .... 3k>
C i-par Jciiiiv, Ziegelbrücke . . 322
Weberei Sernfthal. Engi ... 270
Gebrüder C. F. Becker, Glarus 244
Kenjainin .lennv, Luchsingen . . 220
Becker Milt, Rflti 320
J. & M. Legier, Diesbach ... 196
42.
43.
44.
45.
46.
47.
48.
40.
50.
51.
52.
5.1.
54.
Ö5.
56.
57.
58.
r.9.
6ü.
Aebli Zwicky, MiÜödi
Fritz Jenny, En^.
Wi>Vi«tnhi»
. 192
, . 190
Knnton Olam« 4,224
Johannes Heer, Mels .... 600
6. WiM, Neuhaus-Eaebenbach . 520
Weberei Azmoos- 300
H. Ottiker, Flawyl 55
F. Scbl&pfer-Branner, Förth bei
Bntnnadern 12«
Kanton St. Gallen IfiOS
Weberei Gn'ineck bei Mnllheim. 368
Stierlin k Schweitzer, Wängi . 306
GebrQder Zweifel, Simaeh . . 274
Weberei Bi.schofszelI .... KO
Alleniiatt &. Ha^enlratz, Frauen-
fglj ^44
Jean Kraut, 'nicken iJich ... 90
Kanton Thwgau l,&it4
,Iohs. W'irtli, SieliriLMi .... 392
Mechanische Weberei Lachen . 300
J. Btumer & Co., Schindelegi . 220
Kflndig & Iten, Schwyz ... 8
Kanton Schtpyg 920
.lohannes Wild, Welliiigen . . 360
F. Weber-Kublj, Aarburg. . ^ 12ü
61. (i. A. Keiser, Zug. Kanton Zug 270
02. Spinn- und W cberci a. d. Albula,
Süs-Dontlesehg,
63. Oberbotaser Elsässer, Kircbberg,
Kanton Bern 216
64. Weberei Wald.«tatt. Urnäi^ch,
Kanton Appenzell 160
65. Schwarz in Co., Solothurn,
Kanton Soloihwn 60
Total t 16,1
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BaumwoUindustri«
— 71 — fi«sler Handels- u. lodustrieTerein
Bunt Weberei.
Webttfiblf I
1. Raschle A Co., Wattwyl und
Püt5chwyl 606
2. Buul Weberei Wallenstadt . . . WO
3. Weberei Azmoos 276
4 Stähelin X Co.. Lichtensteig . . 248
5. Matbius N;it, Niederuzwyl . . . 247
6. Bftnziger, Ko!p * Co., Ebnat. . 246
7. Mechanische Webpn i. Alt-lättcn 232
8. Gebröder üyger, Flawyl ... 225
y. J. Looser, Kappel I*Jl
10. Widnier A- Co.. Oberuzwyl . . 162
11. Maller .V Co.. Wyl 150
13. i. Heitz <i Co., Bazealwid. . . 103
13. Hofer de Co., Krinau 90
14. H. Utliker, Flawyl 80
15. Berlinger iSrSrihne.Giinlerswyl SS
16. J. Goipper, Neu St. Johann . . ^5
Kanton St. Gallen jf,.jJ,V
Weitttuhle
29. Hünervviide! Co., Ni«d«rl«iiz . 24
30. M. Win. Meuikon 20
Kanton Aargau IfiSO
31. Imhoof Blumer &, Co., Winter-
thur 429
32. C. Mooe. WeilUiDgen .... 220
Kanton Zürich t
33. Künzli .V fiujrflmann, Langenthal
34. Gebrüder Meier, Uftringen. . .
36. Jost Lanlerburg A Co., Langnau
Xamkm Bern
17. .1. H. Hiissy, Saferiwyl . . .
18. J. AuUbaum's Söhne. Birrwvi
19. J. J. Widmer * Co., Ston.* .
20. C, Strub, Zofingen ....
21. Ed. Meißner. Zofingen . . .
22. Gebröder R. \- D. Matter, Kölliken
23. Künzli Imbodeo, Murgentbai
14. Steinogger Clerc, Zofingen .
2r.. riifriier \ Rotli. Soon . . .
BruDuer & Co., NieUerieuz .
S7. Gebrflder Merz, Mensibon . .
«8. Möller. Wirz Ä Cc, SJclißftland
5275
200
tJOO
188
130
100
100
90
84
44
40
25
36, J. Heitz (<r ('.<>., MüricliucHen . .
t 37. J. H. Thoma&u, Maacbweileo .
I 88. Gebrfider {.«umann, Mattwyl . .
39. C. HinleriiiL-i<for, Dusnung . .
, 40. Brühlmaun-Landgraf, Amrisweil .
' Kanton Thurgau
251
246
68
665
190
80
4«
40
40
41
Fröhlicli, Brunschw vier iV Co.,
Ennenda . . . ' 162
4S. E. DOrsteler, Mühlflir>rii (Hr>r^'>-ii) n?
Knntnn Glarus 229
43. Fischbacher et Koch, Pelerzell,
Kanton Äj^^engetl tB6
44. HUttker'HOstiy, UiucmenelleD,
Kanion Luzern 6-1
Total: tt.921
Basler Handels- und Industripvpr«in. Derselbe ist .in.- HdiJlpfüng
neiu rii l)aluni8 nnd zur Nothwendigkeit für ii mdel und Industrie Büm-I.s gewoiileii,
als mit der Yerfassungtirevisioa von lti7.> das KollegiaUystem und damit auch
da« frttlier mit der Wahrung dieser Intereuen beteante Uandebkollegium dahinfiel.
Schon wftbrend des Bestehens des Handelskoltegiuma war die Grttodung einer
Hffekten- und einer Waarenbörse angeregt worden, aber nur die letztere kam zn
Stande und nrgfiiii>.irte sich Htatutarisch als Börsenverein im Jahre 18(>7.
Für die Ktiektenbörse gJaabte die ältere Generation die Nothwendigkeit
nooh nicht vorhanden.
An» diesem Waarettböreenverein ist dann als Erweiterung der Handels- und
Industrierersin herausgewachsen und 1876 konstituirt worden.
Die Leitung desselben ist der Handelskammer, bestehend aus l.j Mitgliedern,
wovon 9 vom Verein in seiner Generalversammlung und 6 durch Kooptation
gewählt werden, übertragen.
Zweck de« Vereins ist, laut § 1 der Statuten, „die Förderung Kümmtlicber
kaafmSnnisohMr und industrieller Interessen Basels und Umgebung durch gemein-
same fierathangen nnd durch Vereinigung der BinnelkrÜlke su gemeinsamem
Handeln.*
lUe Baiiksektion , die Waarensektion , «1er »SjM"diton'!ivr»'in , der Band-
fabrikaiiten verein bilden be^onderB gegliederte Untcrabtheilnngen de« Verein.«.
Die Effektenbörse steht unter der Leitung des Vorstandes der Banksektion
und hat ihre besonderen, von der Handelskammer genehmigten Reglemente und
Usancen.
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Bader Ha]^d»-n.Indn<lrfom«ui .72 —
BeamteoTeraichenuig
Die noh an die EffektenbSne anschliefiende WMuranbSrae steht unter der
Waaren»ektion.
Der jährliche Beitrag wird von der GreneralTerBemmliiQg beetunnit nnd
betrug biH anhin Fr. 20. — .
Die üaodekkammer erätattet alljährlich über ihie Wirksamkeit einen Bericht,
der gedroelrt &n die Mitglieder vertheilt wird. Der Yorein iShlt (Deiember 1889)
234 Mitglieder. t"-:
Ueamten Versicherung. (Mitgetheilt von Herrn Kantonastatiatiker Näf
in Aaran.) Wenn heute an den Staat immer lauter die Forderung herantritt,
iur ganze Bevölkerungsklaasen die obligatorische Versicherung gegen iirankheit,
TTnfiü), Alter und InvaliditXt eiisoMiTeD, eo ist gewiß aueh das Verlangen
gereditfertigt, daß der Staat fttr aeine eigenen inyaüd gewordenen Beamten mit
gutem Beispiel vorangehe. Man sagt nnn zwar, die Beamten sollten in derselben
Weise wie die Gewerbetreibenden von sich aus fllr ihre alten Tage und für ihre
Familien sorgen, indem sie ihr Ersparte in Sparkassen, Versicherungsanstalten
oder Bonatwie anlegen j thatsächlich wird aber in Beamtenstellungen nur wenig
erübrigt. Anderseits hat der Staat das hISchate IntereBBe, daß die Beamten anoh
wirklich leistungsfähig sind nnd bleiben. Die Humanität verbietet es, verdiente
Beamte, die in ihrem Amt alt geworden sind, anf iHe Gasse zn xtellt-n. Ihre
Arbeit muß indessen gleichwohl besorgt werden und der Hti at gilit nicht un-
bedeutende Summen, neben der ordentlichen Besoldung, für Aushülfe aus. £s
maß daher eiu Aunkunititmittel ge»uoht werden^ daa dem Staat erlanbti nicht
mehr leistaagsfahige Beamte mit der Möglichkeit der Pensionirung in Rohestaad
zu versetzen. Die Ausgabe zahlt sich für den Staat rtichlich heim, wenn man
bedenkt, daß er dadnreh der Nothwendigkeit enthoben wird, seine Besoldungen
Jahre lang an Beamte Husrichten zu mU^n, die ihm wenig oder nichts leisten,
die er daher dnreh andere, ebenfalU beiablte ArbeitakrJCfte ersetaen mnß. Ander«
aeita wird aodi die l^llnng des verdienten Staatsbeamten «ne meaaohenwflrdigere,
seine Arbeit eine freudigere und dadurch eine bessere, wenn er darauf ri ehnen
kann, daß er im Invaliditätsfalle nicht einfach eine Beseitigung zu gewSrtigt n hat.
Die Fürsorge fiir die arbeit^uufähig gewordeueu Beamten und für die Hinter-
bliebenen verstorbener Beamten hat sich in den einzelnen Staaten verschieden
ansgebildel, immerhin bleibt unser Land in Beiiehung auf humane Fttrsorge für
die invaliden Beamten hinter den meisten LKndern weit zuritck. 80 zahlen fttr
die Altersversorgung die öffentlichen Angestellten in Dentseliland keine Beiträge,
ebensowenig in Oesterreieh, Rußland. Belgien und England ; der Staat übernimmt
alle Lasten, in Deutschland wurden nur tür die Wittwen- und Waisenversorgang
Beiträge erhoben und anch diese sind seit 1888 abgeschafft.
In der Sohweia leisten die kantonalen Verwaltungen Baitrage nur an
Pensionskassen fiir Lehrer nnd Geistliche, fUr die übrigen Beamten, mit wenigen
rühmlichen Ausnahmen, gar nichts. Dagegen zahlt der Bund jährliche Beiträge
an den uidg. Beamtenversicherungaverein und im weitern schickte er sich an^
eine Peoaionakasse fttr invalid gewordene Beamte au grttuden, daa beafl|^iciie
Geseta vom 26. September 1890 warde abmr vom Volke am 15. Uirs 1891
mit großem Mehr verworfen.
Die Aiif.ingf di'H eidg. Reaintenversicherungsvereins reichen in die «JOer Jahre.
l)ii^ InitiatH«: ■ring von den eidg. Postbeamten ans, welche noch heute die groÜe
Mehrheit des V ereins bilden. Verschiedene Projekte tauchten auf. Alle gipfelten
darin, es sei eine solche Schöpfung nur mUglieh, wenn der Bund sie an die
Hand nehme, den obligatorischen Beitritt atatnire und mittelst einer wesentlichen
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BeamtenversicberuDg
— 78 —
Beaui len Versicherung
Kftolihttlfe ans BtnidMmitteln dem InstitDto den reehten Boden gebe. Es gelangt«
dann auch 1867 eine Botschaft des Bundesrathes an die eidg. Käthe, welche
e'me Versicherang der Postbeamten in der Weise in Vorschlag brachte, daß der
Bund nach Maßgabe des Gehaltes jedes Versicherten einen gewißen ProzentRatz
IUI die Prämien besahlen würde, welche der Versicherte bei einer anerkannt
«didm GMelbebaft lu eatrifibten hahoä wUrd«. Die eidg. Bftfae mmuk dm
Entwurf softtek aod swar namentlidi am d«m Grande, ireil aie eine Yerpfliolittitig
ihrarfleita moht anerkennen wollten. Die Beamten wurden auf die SelbathUlfe
angewiesen. Am Ii' Fnlirnar I87f> brac^hto ITcjrr Posthaltor Dinner in Ebnat
in oner größeren Versarnuilung der Beamten und AngeHtellten des 9. Pobtkreises
die Frage der Beamtenversicherung in Anregung. Die Idee fand allgemein
Anklang und die Versamnilang bezeugte dies darob sefortige Waiil ^es Grttndnnga-
Co&it^. Dil- Direktionen, welche dieeem Görnitz mitgegeben wurden, waren im
WeBentlichen folgende :
1) Ausschluß aller Unterstiit/ungon und Hiiifeiei«'tnngen hei Lebzeiten. Der
Verein bezwecke lediglich die Hicberstellung der hinterlassenen i'^amilien,
die penttnliohe Beaserstellnng sei Sadie der Lebenden.
3) H OgUchete Freiheit des Eintritts anoh den Sltern Beamten an» BlUigkeita'
gründen und ans Kollegialität.
3) Feststellung verschiedener Prämienklassen , damit jeder nach seinen
ökonomischen Krätteu tiich dabei zu betheiligen befähigt werde.
4) Wahrung der Selbständigkeit und des YerfUgungsreehtee.
5) Anedehnnng d«» Vereins nadi Krttften.
Am 22. Jnli* 1871 erfolgte die definitive Gründung des Unters! Utrangs-
nnd Versicherung'jvereins Schweiz. Postbeamter und Piediensteter. Es bildeten sich
10 Sektionen mit 1798 Mitgliedern. .Teder Postkreis bildete eine Sektion. Es
fehlte nur noch der PustkreiH Bellinzona. Das Postdepartement erklärte sich auf
das gestellte Gesneh hin bereit, dem Verein die Einnahmen an Bnßengeldem nnd
den Reinerlös aus dem Verkauf der RebUtstUcke zusnwenden, falls dieser sich
dazu entschließe, auch den Telegraphisten den Zutritt zu gestatten. Dies ge.schah.
Bald darauf tauchte aueh die Frage des Auselilusses der Zollbeamten auf. Auf
Veranlassung der Oberzoildirektion erschien ein Gutachten des Herrn Prof. Dr.
KinkeUn in Basel, worin sieb derselbei unter voller Anerkennung der aweok-
mlJägen Organisation des Vereins, dahin aussprach, daS der Verein in finansieller
Beziehung auf unrichtiger, versichernngstechnischer Grandlage beruhe. Dies gab
Veranlassung zu ein^r rationellen Umarbeitung der Statuten, wobei die Herren
Prof. Dr. Kinkelin und Direktor Kummer mitwirkten. Der Verein nahm dann
auch in der Folge den Namen «Versicherungsverein der eidg. Beamten und
Bediensteten* an.
Gr^eiiwärtig afthlt der Verein gegen 3000 Mitglieder. Es sind meistens
Poft-, Telegraphen- und ZoUlieanite. In den 11 Postkreisen bestehen 11 Sektioneu
und dazu kommt noch eine Sektion für die Zollbeamten, mit Sitz in Schatl hausen.
Der Verein versichert in Betrügen von Fr. 100 bis Fr. 10,000: 1} auf den
Todes&n (einfache Versicherung), 2) auf den Todesfall oder für das Alter von
60 Jahren (gemischte Versicherung) und 3) auf Renten, eahlbar vom Alter von
60 Jahren an.
Die Verwaltung wird vom Zentralkomite besorgt, die Sektiunsvorstände
funktioniren gewissermaßen als Filialen. Aenßerste Altersgrenze tUr den Eintritt
ist das 5ö. Lebensjahr. Ebenso wild Irstlioher Ausweis fttr Gesundheit verlangt.
Durch die Subvention des Bundes und die Zuwendung der Ordnungsbußea kann
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BeamteDveniehening
— 74 —
BevOlkeniny der Schweis
die PiiiDio nm 25 Prozent ermäßigt werden. Hitrin und in der fast koetenloMii
Verwaltung liegt der Vortheil dieser Versicherung. Beamte, welche austreten,
können ilie Versiclierunp beibehalten, nur genießen sie nicht mehr den Yortheil
der Prämienermäßigung. Wer vor Eintritt anderswo veriiichert war, erhält
ebenftlb vom Bondeebeitrag einen AnliieU xar PübnienemiSßigaDg, ebenso haben
diejenigm auf den Bandeebeitrag Anapraoh, «eldie gerandbeitdidber Tom Ver-
«küierinigsverein nicht angenommen wurden, dagegen oae andenrlrtige Yer-
Sicherong auf den Todesfall erworben haben.
An der li5'.H)er Delegirtenversamralung in Cieuf hat sieh der eidg. Beamten-
veraicherangsvereii) auch zur Aufnahme der kantonalen Beamten bereit erklärt.
BMtenbergbahn. DnhtaeUbalm. EonseaMioniit rtm Bund am 21. De-
zember 1887. Eröffnet am 21. Juni 1889. Führt von Mertigm am Thuneraee
nach Beatenberg, 1118 m. 11. M. BiuiliLhe Länge 1610 m., mittlere Steigung
338*'/60, Maximalsteigung 400'^/(io. Aniiigeko^ten 668,785 Fr. : Rei'seiide im
Jahr 1889 31,526. Nächster RUckkaufstermin 1. Mai 1915. Abiautstermin
der KoHcarioii 1967.
BeinwyMteinaeh-Menzikeii-BahD. Zar Seethalbahn gebttrig. Erttflbet
am 23. Jannar 1887. Bauliche Länge 3061 m.
Bergbahnen. Abgesehen von den kleinern Drahtseilbahnen, welche das
Thal mit einem Höhepunkt verbinden, gelten als Bergbahnen die Brtiuigbahn,
die Kigibahuen, die Pilatnsbahn, die Rorschach-Heiden-Bahn, die Uetlibergbahn,
die Monte-Generoeo-Bahn, die Monte Salvatore-Bafan. LSngere Drahteeilberg-
bahnen sind: Ouchy-Laasanne-Bahn, Biel-Magglingen-Bahn, die Beatenbergbahn,
die Börgenstockbahn, die Territtet Glion-Bahn. (Vgl. ancli AV|)enbHhiieii , IVo-
jektirt ist unter anderen eine Bali" auf Mllrren und eine über die Wengeriialj>.
Berner Oberluudbuhnen. I)irektioii»»itz in Interlakmi. Eröduet am 1. Juli
1690. Betriebalioge 24 km. Spurweite 1 m. Maximalsteigung 120^00. Zabo'
Btangenetreoke 4,3 m. Lokomotivbetrieb. Führt von Interlaken naoh Grindelwald
und Lanfpfbrunnen. 7 Statioinni.
Beriier Tramwuy. Wurde erötlnet am 1. Oktober l^yu. Betriebslünge
2927. Spurweite 1 m. Maximalsteigung 56,5 ^ou. Motor: komprimirte Luft.
Berniaohe illiab»hiien. IMeselben mnd am l Jannar 1890 in das Eigen-
tbnm der Jnra-SimplonbabBgeaellBehafI; Übergegangen. S. den Artikel vStaata^
monopole" im III Band.
Bcrufsgenossenschaften e. im Art. »Soziaie Frage' Seite 104 a. ff. III. Bd.
«N -.»i o Ci » t-^ ^ Q t-- '-r* TT n -.r — • i.t' t- I- --r M I ^
OS O lO -J" Q <N 00 C5 CC 9< CO ^ « i- O "* Z. :- tr. W ' CO
-H ^ lO »1 o «o c X qp a> iji Ti X o co
'-^ a-s n ^ m "* ~' — ' ' ^- '^' ^ i> Q iß* o"" i-' — — ' oi" rf
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Biei-MaggUngen-Baiia
bii'iienzucht
Biel«MaggllBf«a«Ba]ui. Onbtwabtbn. Tom fitind koraeanoiiirt »m IS..
Deiember 1884. Nlohstw Rttoklwn&tdniiin 1. Hai 1903. £rOAi«t am 3.
Jnni 1887.' Bauliche Lunge 1033 m. Spurweite 1 m. Hribenlage der Station
Biel 43r, m IIb. M., der Station Magglingen 87!» ni. Mittlere Steigung '2737o<),.
Maximaläteigung 320^/oo. Anlage- und Einricbtungükuitteii 450,000 Fr. Beior-
derte Ueisende im Jahre 1889 35,515. Betriebseinnahmen 1889 25,809 Fr.^
BetriebaamgalMii 22,167.
Bienenxiirlit. (Brglmnmi^ dM Artikels auf Seite 246 a. tt. im I. Band, tod
demaelben Yerfasser.) Die Bienenzucht macht stetig Fortschritte, sowohl hini>iohtlicb
der rationt^lb'ren WirtliKchaft als aucb des numerischen Bestandes. Die eidgenössische
Viehzählung von IHHfj bezeichnete für da« verflossene Dezenninni einen Zn wachs
der Bienenvölker von 17 *^/o, resp. 30,700 Völker j liiebei Hteheu St. GHllen,
Waadt ond Ztlrioh mit eisern Iftsbr Ton je Uber 4000 ^ttkem Toran. Gaiift
besonders erschließen sich die Gebirgskantmie dem neuen KnltnrKweig. Es weisen
einen nnmerischen Fortsohritt auf:
Uri von 130 * • Obwalden von 70 "Jo
Nidwaiden , 100 7« Schwyz , 65 "/«>
Glarus , 85 7» Tessin , 60 */o
Gruubflnden , 7h "'c, Wallis , Ki",,
Unter «i.-n ö Kantonen, die laut der Zählung einen kleinen Kückscbritt
gemacht, sind einige, in denen gegentheils tbat«»ä<;bliub ein ganz bedeutender
Fortsehritt Uber alle Zweifel erhaben ist; es sind dies Thnrgan und Lanem, wo
rührige Kantonalvereino eine erfolgreiche Thätigkeit entfalten. Den Nachweis,,
daß auch hierorts die Bienenzucht numerisch fortget«rbrltten, hal en aucb dieso
Kantone im Jahr IHH'.^ erbracht, da der Verein Schweiz. £ieoeu£reunde darch
seine Filiulvereine eiue Zählung vornahm.
Laut derselben zahlte z. B. :
Thurgau 1886 : 8,984 Völker 1889: 11.872 VAlker
Schaffhausen 1886: 1,400 , 1889: 2.491
Diese Zählung läßt auch einen Schiaß zu auf die Art des Betriebes, indem
Stabil- und Mobilbau auseinander gehalten wurden. Da zeigt nich denn dio
erfreuliche Thatsache, daß der Zuwachs an Mobilvölkern seit 5 Jahren auf über
200 7« ansteigt, an Stabilv6lkem auf nicht ganz 20 7«* In den ZShlkreisen
landen sieh neben 4& ^/o KorbvVIkeni 55 ^/o bewegU^n Baues.
Die Constanz im Bestand ist keineswegs etwa die Folge günstiger Jahre.
"Wenn gegentheils trotz einer Reihe rr'-ringer Bienenjabre, trotz Au^f.ille.s lier
natürlichen Vermphrnng und sehr strengen Wintern die Völkerzahl nicht zurück-
gegangen, HO illubtrirt dies wohl unzweideutig, wie allgemein eine rationelle
Pflege Platz gegriffen. Die Zeit, da Mißjahre ganae Gegenden entvlflkerten^
gehört der Vergangenheit an.
Ilandel mit Birnen. Die in neuester Z-it der Zuchtwahl geschenkte Auf-
merksamkeit riet einem vermehrten Import anerkannt guten Znchtmaterials au»
der ELrain und aus Kiirnthen. Die weißhaarige „slavisohe" Biene em})tieblt sich
dnrch Pmchtbarkeit, Emsigkeit nnd Saaftmntb.
Dti$ apistin^ Mtüteum auf dem Bosenbeig in Zug, das einzige seiner Art
auf den Kontinent, das Werk des Vereins Schweizerischer Bieuenfreunde, gewinnt
immer mehr Bedeutung und erfreut sich eines lebhaften Besuches vom In» und
Ausland.
Die apisiischen Beobachiungsstationm, vom selben Verein im Jahre 1884
ins Leben gerofen, — > gegenwKrtig sind es 22 — illnstriren die mannigfaltigen
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Bienenzucht
— 76 —
Bargenslockbabn
TttushU, Wittentngs- und BodeoTwliEltniiM anf den Tenohiedenttea Htthenstnto
von 400 m bis 1150 m. Zahlreiche praktih^che Fra^^ sind durch sie sar
Abklärnng gebracht worden Dir f entralstelh' in Fluntern bei Zürich erstattet
alljährlich durch das Mittel der Schweiz. Bienenzeituiig einen illustrirten Bericht.
Die Lokal vereine sind der miichtig.ste Hebel zur Förderung der Bienen-
zucht. Zur Zeit haben sich 41 solcher, mit einer Mitgliederzahl von circa
9500 Maiin, als Filialvereme dem Schweis. Genimlvereb augeschloeeen. Das
gemeineame Orgao aller ist die Soliweia. Bienenisttwig.
Auch in der W t hweiz haben sich in jüngster Zeit zahlreiche Sektionen
des dortigen Geatralvereins gebildet. Ihr Organ ist die Bevoe internationale
■d^apiculture.
Die apistische Literatur der »Schweiz ist jüngst durch zwei hervorragend«
Werke bereichert worden^ deren schnell sich folgende Aul lagen zur GeuUge ilir
■deren Werth epreoheo. Es sind «Condnite da radier* per E. Bertiand, a Kjon,
«nd der «Sdiweie. Bienenvater* von J. Jeher, Krämer nnd TheUer.
Bienenwürtcrlursi' sind seit einer Reihe von Jahren in solcher Zahl ge-
wilii!icht worden, daü der Vorstand des Schweiz. Vereins nicht mehr zu genügen
vernichte und im Jahre 1886 zur Heranbildung vou Eursleitern iirid Wander-
leiirerii einen interkantonalen Instruktionskurs veranstaltete, der 50 Theilnehmer
ilhlte. — Hit der lanehmenden FntäukUon hSlt andi die Naohfrage Sehritt.
Eine Beihe Ton Kantonra haben, den lüßbrttnehen im Honighandel za ateoeni,
hesUgliche Verordnungen erlassen.
Bildhauerei s. den Artikel „Kanat* Im II. Band.
Birsigthalbahn. Konzessionirt vom Bund am 11. Januar 1887 für die
^Itrerkc Ra.<;cl-TherATn, am 21. Dezember 1887 für die Strecke Therwil-Fliih*>n.
Nächster Kückkaufjstcrmin 1. Mai 1^03. Betriebseröifnung der Strecke Bü^el-
Therwil am 4. Oktober 1887, der Strecke Therwil>Fltthen am 12. Oktober 1888.
Banliehe LSnge 13,572 m., BetriebalKnge 12,465 m. Sparweite 1 m. Verbindet
die Stationen Basel (Steinen), Binningen, Bottmingermühle, Bottmingen, Oberwil,
Therwil, Fttingen, Wifterswil, Bättwil, Flühen. Höhenlage der Stationen 263,» —
iJ81,fi ni. üb. M. Si'^he im l'ebrisrcn ^Eisenbahnen " iui Supplement.
Bodoubesitzrelorm s. im Artikel „Soziale Frage" Seite 98 u. ü". des
III. Bandes, sowie im Supplement den Artikel ^GrundbeHitzreform".
Brenets-Loele. Eisenbahnlinie, eröffnet am I. September 1890. Betriebs-
Ifinge 5 km. Spurweite 1 m.
BrÜHiglNihB, Bittffnet am 14. Jwii 1886. (Lie Streeke Lnsern-Alpnaeh
tstad erst am 1. Juni 1889.) Eigenthum der Jura-Bern-Luzern-Bahn resp. Jura-
8implon-Bahn. Konzessionirt vom Bund am nezcmber 1886. Nächster
Rückkaufstermin 1. Mai 1903, Ablautteriniu der Konzession 30. April 19ö7.
Bauliche Länge von Luzeru bis Meyringeu 45,639 m., von Meyriugen hxA Bnenz
13,361 m., totel 58,000 m. Länge der eigeatliohen Bergetreeke twisohen Giewyl
undJMeyringen 16,205 m. Verbindet die Stationen Luzern (438 m. üb. Meer),
Horw (445), Hergiswyl (452), Alpuachstad (J.^8\ Al|)naelidurf (457), KeruM
(466), Samen (476), Sächseln (475), Giswyi Lungern (755), Brüoig
(10U4), Meyrinjren fnOs), Hrienzwyler (579), Brienz (569).
Hürgeu^tockbuhii. Drahttteilbahn von Kehrsiten auf den Bürgenstook.
Eonsesaionirt yom Bund am 23. Desember 1886. ErSffhet am 8. Jali 1888.
Baaliche Länge 831 m. Mittlere Steigang 533 m., Mazimalsteignng 575 m. An«
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BuDÜesbeauite und Angestellte
— 77 —
BiuUeäliDanxei»
lagdkoätea 34ü,00O Fr., Reibende im Jahre 188U 25,192. Betriebsemnahmeo
1889 27,729 Fr., BetriebMiugabea 8439 Fr., üebenehnw 19,S90 Fr. Kapitel
370,000 Fr. Nächster RttcUunftteniuii 1. Mai 1903. Ablauftannin der Eon-
seuion 22. Desember 1966.
Bttndesbeamto und •AngMtellte (ohn« die Lehrer und Beamten des Poly-
technikanis) Die im Jahre 1888 vorgenoromene Zählung ergab 7654 männliche
nnd 1039 weibliche Beamte uiul Ange«tellte, Bomit Insgesammt 8693, WOTOlk
6444 bei der Post-, 671 bei der Telegraphenverwaltung
2845 oder 32,72 7" bezogen weniger als lOdu tr. Gehalt
3373
38,80 »
t>
1000 i>iö lyyi)
n
1207
n
13,88 *
m
2000 , 2999
*
967
11,12 .
3000 „ 3999
<*
193
2,22 „
•1000 , 4999
R
•
55
n
0,64 ,
ÖUOO . 5999
•
m
53
n
0,62 ,
6000 oder mehr
II
BundmUiiAiiMii, (EvgKnsang des Artikels aaf Seite 31 & nnd ff. ink
1. Band.}
Mr
fMlil«!
Mto-Itniiga
Fr.
Fr.
Fr.
Fr.
Fr.
1885
4r392,697
46*278,685-
5 r 168,345
35*713,485
15*454,860
1886
6r097,496
58'067,.506
55'0G5,998
36*670,616
18'395,382
1887
r.9'r>8n. 972
5r,'829,996
66'483,363
38'984,981
27^4 98, .382
1888
r)".f8K2,s6:',
Ö.S;'>55,087
70'8 15,388
40' 492,8 GS
30' ;5 2 2, 5 20
1889
65 571,69y
64 "4 35,604
66*688,881
92'625,70y
108*461,116
59 023,635
33 602,074
1890
67*621.261
71*112,031
37*339,085
Einnahmen nach Verwaltungazweigen.
1885
1886
1887
1888
1890
Fr.
Fr.
Fr.
Fr.
Fr,
979,263
r015,371
902,059
1*137,420
r317,83T
187,248
197,778
232,134
300,343
320,120-
la^gkamlei . , .
13,470
13,920
1:5.485
13,783
13,717
Bnd^sirfrichl . . .
9,H52
11,544
7,t;o7
8,895
11,678
NilUciifi Dtpartentit .
14,980
15,575
23,205
^»wsrlig«) (ohne Uiad«lj
46,685
142,989
Ki|iirliMiltolDi«i. .
93,008
31 1,812
94,726
Jutii' 1. PflittideftriuMDt
1,640
676
867
11,433
1,132^
MilitirdeparttiKil . .
3' 708, 180
3'933,098
5'177,788
6'309,987
2'967,158
FiBinwrffsKang . . .
3'044,33«
9'679,217
3'651,396
346,296
2'772,836
ZvlIrerKiiliig . . .
21'191,433
22'395,167
24'632,2j^5
26 086,144
31'258,296
VtßM
35,969
44,858
49,595
44,122
43,904
LudeMImhin . . .
* 980
103,370
123,247
130,000
21,323
23,262
25,838
29,500
16'20 1,t;42
20' 1 10.000
21' 103,869
2r59l,831
24' 1 80.021 ►
Telt^aph inil TelepliM .
2'»73,604
3'293,263
3 531,598
3*729,246
4oOU,938
EiKibahnweMD . . .
33,087
46.960
34,669
103,175
118,780
1,958
5,947
4,959
4,411
3,345^
48'392,697
61*097,495
59*586,972
59*882,863
67*621,251
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Bundesfinaiuen -_ 7g ^ BuniJeürätlie
Ausgaben nach VerwaltungHZweigen.
iairtmtin a.finimif
188f)
1886
1887
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1*867,429
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1*773,184
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16,010
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85,500
86,500
86,500
91,092
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288,803
314,338
343,579
336,989
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156,455
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398,693
377,399
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926,597
876,778
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2'419,426
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26,644
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33.212
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142,701
139,093
208,492
218,670
177,560
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14'6U6,505
18'527,349
19'57 1,324
19'837,573
21*908,657
Tiksrapk u. T«lepbwi .
2'65r),HlO
2799,854
2'893,99l
3148,352
3*246,834
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341,1;>8
399»918
463,657
27,951
9,194
11,166
8,188
23,387
46*278,685 58*067,506 56*829,996 58'556,087 66*688,381
Bandespri8tdent«B (EigKosang der Mittheilung aaf Seit« 381 im I. Bd.)
1885 Schenk, 1886 Deocher, 1887 Dn», 1888 Hertaneteiii f, 1889 Hammar,
1890 Rucliunnet, 1891 Welti.
Buiiiie^räthe (Ergäuzuug der >fittheilungen auf Seite 331 im I. Band .
Herr Hertemiein ist gestorben am 27. jSovember 1888. An seiner »tatt wurde
l^wftblt am 13. Demmber 1888 Herr Waltker Hanter yon Wldensweil und
St, Qallen, geb. 1837; Herr Hammer demiMionifte tat 31. Dezember 1890.
Er wurde ersetzt durch Herrn Emil Fretf von 'Mönchenstein, Baaelland, geb. 1838.
Die Departemente waren seit 1. Jantmr 1 885 folf:^eiid*>rma6en vertheilt
(S. 333 im I. Band): 1885 18ö6 1887
PolitiBches Schenk Deucher Bros
Inneres Denoher Schenk Sehemk
Justiz Bndioniiet Bnohonnet Rnohonnet
*) Vor 1S88 mit der LundwirlbsrhafUia]>theilunif verbimden.
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Bundesräthe — 79 — Buitiie'iverla!>><uiig
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Finanzt-ri und Zoll ....
Hainmer
Hammer
Hauser
Industrie und Laiidwirtbüchaft
Deuolier
Deuoher
Deucher
Dencher
Post nnA Biaenbahnen . . .
Welti
Welti
Welti
Welti
Bundesyerfassungen^ (Greaolliohtlioher üeberbllok, von ih Job. Striekler.)
I. In verschiedenartigen Schriften ist versucht worden, dut Verfiissungen der
«rthwcizerischcn Eidgenowen.schaft darzustellen, Imld in bloßer Aufzählung der
wichtigjiten Thatsacben« bald in Krörferungen über einzelne Yerbältnisae und
Vorgänge, am aelteneton neeh pbilosophisolier Methode, vril der Stoff einer
«olohen Beliandlong T5llig iq widerstreben E^heint. Gans beeonden b^ieht aioh
letzteree auf die Zmt vor 1798, d. b. die fünf Jahrhunderte, wo die Eidgenoesen*
Hchaft «^inen Staat pn hu ti bildete, an dessen Gebreeben sie gewissermast-'Mi m
(iruude ging. So dürftig dieser Theil ihrer Geschichte erscheinen mag, kaun
er doch nicht Übergangen werden, weil Licht and Sohatteo derselben theilweifle
deroh die BttndesrerbXltiiiMe bedingt waren und deren Wirkangen eich aelbet
auf epitere Zustäude erstrecken, und immer die Extreme sich gegenseitig erklären.
Soll nun ein Blick auf die seit 1798 begrabene Ordnung geworfen werden,
80 bieten sieh wenigsten-i zwei Gesichtspunkte dar; der eine ist auf den äußer-
lich wahrnehmbaren Bestand in einem beliebig zu wählenden Zeitpunkt gerichtet,
der andere auf die innere Entwieklang« die Motive der yerttttdemngen und die
ürBaohon de« erfolgten Stillstandes. Je raaoher der Ueberbliek vor sich geht,
<le8to mehr mfissen sich die Resultate ergänzen. Das erst nun faßt sich in
^iner Aufzählung von ungleich berechtigten Bundesgliedern und abhiingigen Ge-
bieten zusammen, die in allem Wesentlichen für drei Jahrhunderte gelten kann^
ob sie iioh auf die Jahre 1520 oder 1797 beiiehe.
lo ereter Linie etehen die XIII »Orte* (^nde, Kantone), in einer Bang-
folge, die nur theilweise durch die Zeit des Eintritts in die ewigen eidg. mnde
bestimmt ist, nämlich der folgenden: ZHrich, Bern, Luzern; Üri, Schwyr,,
Unterwaiden; Zug, Glarus; Batsel, Freiburg, Soiothurn, Schaff-
hau sen, Appenzell. Die acht erstem, die „alten", hatten insgesammt und
«inseln den Vorrang gegenüber den jUngern. — Die sweite Klaeee bildeten die
sog. Zugewandten (oder zugew. Orte): Die FUretabtei St. Gallen, die
Stadt St. Gallen, Giaubiinden (III Bünde), Wallis, Mülhausen i. E.,
Biel, Genf, die Fiirstenthümer Neuenbürg und Basel ^Bisthnm) ; Rotweil
war seit dem dreißigjährigen Kriege verloren. In die dritte sind zu stellen
die Sehirm verwandten, die je von mehreren Orten berorninndet, aber nioht
direkt regiert wurden; Bapperewyl, Gersan, Engelberg, Dießenhofen; (Baden,
Bremgarten, Mellingen). — Zur vierten Klasse zählten die gemeinen Herr-
fsehnften (g, Vogteien), von denen die Grafschaft Baden, die Freiämter,
die Landgrafschaft Thurgau, die Grafschaft Sargans und die Landschaft
Bheinthal deutedi waren; die sog. «m^bttrgischen (italieniachen) aerfielen
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Bundesverfassung
— ÖO —
Bundeäverl'aiisung
in iw«& Gruppen; die dm klänera — BolHiisona (Bellenz'), Böllens and K-
vier» ^ steadeii unter Uri, Soliwys und NidwftMen; db vier grSßem ^ Lu-
geno, Looarno, Mendrisio, Vallemaggia (Laois, Liiggaris, Mendris«
MniVTithnl"! p:(»])ört(iü den XTI Orten (Appentell nicht). Schwvz und (Haru»
befaiien gemeinsam Utznaoh und Gast er, Bern und Freiburg die \ ugieien
Grasbnrg (Schwärzen bürg), Murteu, Orbe (Ecballens) und Grandson.
Die VII Zehnden too Wallie behemditeii das Land nnterhalb der Morge
(Ünterwallis), die III Bttade die Vogteien Burmio, Veltlii iti! ('hid
venna (Clitv? ri\ Einzelne StSnde hatten nuch besondere Untertbanenlande, die
von dem Immediatgebiet räumlich und rechtlich geschieden waren. Alle diese
Städte und Landschaften besaßen ihre eigenthttmlichen Verfaasnngea, Getietxe.
Staftntea «nd BeehtelwftDelie, die snmeut anf altem Herkommen beruhten nnd
melir oder weniger die Anebildung einer Amts- oder VermSgena-Arielokratie be-
gttnstigten.
Die zweitf" Betrachtung flihrt einem Bilde, das diese höchst ungleich-
mSfiige, Willkürlich Hcheinende Gestaltung einigermaßen erklärt. Hier kann
freilich eine lolche Erklärung nicht genügend auttgeführt, sondern nur angedeutet
werden. Die Entetehnng und Befeetigong der Eidgenoflaensehaft wurde nXmfidb
durch eine Menge von geschichtlichen Umständen bedingt, deren Darlegung viel
Raum erfordern wilrde. Wir treten darauf ni(^ht ein und beschränken uii< mich
im üebrigen ntif da« Unerläßliche. Die ert-ten Bünde (1291, i:^15) vereinigten
blos ländliche Bevölkerungen, die in ihren Lübeusverbältniääeu verwandt, aber
politieeh nieht ganz gleich entwickelt waren, jedoeh ein geraeinsemee Ziel zu er-
streben hatten: die Beseitigung einer gräflichen Vormundschaft, die Stellung
freier Gemeinden im Keichtiverband. Die Satzungen ihrer Bundehbriefe hingen
damit eng zusammen nnd dienten vur allem dem BedUrtniß, im Gebiet der
.Eidgenossen** Frieden und Sicherheit flir Leib und Gut zu erhalten und fremden
Behörden kdn«i Anlaft la Eiiq^en m geben. Da die Henoge von Oeeter«
reieh (Hahebnig) ihre alten Rechte und AiHprttehe mit aller Knft nnd Auedaaer
SU behauptm suchten, so wurden die ITT , Länder* — üri, Schwyz, ünter-
walden — dahin gedrängt, sich durch Verbinduntren mit Nachbargemeinden zu
stärken, die mit demselben Gegner zn ringen hatten, bu mit Ludern, Zürich^
Glarns, Zug und Bern (1332, 1351 — 53). In einer Reihe von Kriegen und
andern Anetrengnngen erfcXmpIten sie endlieh volle Reiehifireiheit. Kit der
Sicherung dieses Vorzugs war nun aber I i Tntf^r sse der Länder an der Aus-
dehnung de« Bundeskreise« so ziemlich t-rscliöplt ; nur wenige Nachbargebiete,^
deren Besitz ihren Mandel begünstigte oder Einkünfte und Kriegsmittel mehrte,
Huchten nie noch au sich zu ziehen, und zwar in abhängiger iStellung. Es kann
hier unerSrtert bleiben, ob dinsig das Beiepiel der StKdte eie anf dieeen Weg
geftthrt hutje.
Früh hatten sie erkannt, daß sie einer festen Verbindung mit Stadtgrn>finden
bedurften : namentlich in ökonomischen Dingen waren sie auf einander angiiwiesen.
Doch wurde damit der innere Gegensatz von Städten und Ländern nicht aufge-
hoben. Er durehzicht die ganze Geschichte der alten Sehweis, eehuf Sjriien
oder Hemmungen für die äußere nnd innere Entwicklung und wVre daher einer
genauen Betrachtung würdig; wir mUseen uns diese versagen, um bliK einige
Punkte 7.n berühren. Der einfachen Lebensart, der Armut und Hoheit de«
Landmaons stand die bunte Betriebsauikeit, der gern zur Schau getragene Wohl-
stand, die oft wucherische Habgier und der selbstgefällige SchUtl des Städters
gegenüber. Die Landschaft pflegte nur krilftigee Kri^volk ins Feld su etellen.
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Buodesverfassungen
— 81 —
ßundejjvertrtssungen
vJilireiid die Stadt aidt G«nlittta mod aHorlri kttiwtlidieir RKitniig enehien und
moUt aneh htmer mit Geldmitteln Tiraehen wu. Die LKnder bebalfen eioli mit
wenigen Behörden, die neben der Gewalt der Landsji^meinde in den Sebetten
traten, -wäbrpTil die Städte nicht blos mehrere Rathskörper, sondern zahl-
reiche Beamtete hatten, die das Ausehen <ler Obrigkeit nachdrücklich geltend
machten. Dort fielen durch Loskauf oder Kampf die Feasoln der Leiheigeiitichaft
oder Hörigkeit nnd der Chrondlieten firtthe dabin nnd drang daber die persSn«
liehe Freiheit and redltlidie Gleichheit völlig durch; in den städtischen Geuieinden
erhielt sich dagegeti, trotz der allmalii: errungenen rechtlichen Gleichheit, ein
Gegenöat^s des Adels und der Altbürger zu den Handwerkern nnd Neubürgern,
und in ihren Yogteien oder „Aemtem" blieben die alten Lasten bestehen, so
daß der Untenohied swiMhen Herten nnd „Angehörigen* eto. doppelt fühlbar
warde. Darob Kttnfe und Flbndredite an Herrschaften mehrten die Stitdte ihre
Unterthanen so bedeutend, daß sie an Yolk^zahl die Länder bald Uberragten
und in Kriegen auch den größten Theil der Beute beanspruchen konnten. Mit
diesen Verhältnissen verflochten sich bisweilen Vorgänge, welche die Spannung
gefährlich verschärften. Dae berühmteste Beispiel ist die Entzwei uug der Eid-
genoeeen nach dem Burgandorkriege, die dnreh die Yormittlnn^ des »Brnden
Klans" in denkwürdiger Weise geschlichtet wurde. Mit dem errungenen Frieden
war indeß die alte Kluft nieht ansgeföllt, und sie blieb ein Grandgebreohen des
eidg. Bnndeslebens.
IL Um diese Verhältnisse etwas deutlicher zu macheu, ist eine Uebersicht
der ButtdesvertrSge oder «Bünde* sn geben, die ohnebin nicht an umgeben
wftre. Eine allgemeine Bemerkung muß vorausgeschickt werden, dafi nltmlieh
in jedem Bundesbriefe einzelne Stellen den Augenblick der Entstehung verrathen,
etwas Vergangenes durchscheinen lii>iseu oder bestimuite Ereignisse der nächsten
Zukunft in Rechnung ziuhen, während andere Sätze Vorschriften oder Zulagen
von «ewiger* Geltung entlittlten. Es lencbtet ein, daß die letttw» für die
Würdigung des Bnnderawedm mehr in Betracht kommen als die erstem. Unter<
lieht man sie einer weiteren Prüfung und vergleicht sie mit ähnlichen Satson-
gen in den verschiedenpn Urkunden, so zeigen sich Besonderheiten, die einen
Portschritt vom Einfachen oder Unklaren zum scharf und einlälilich Formulirten
ergeben. Auch sie aber sind einer Eintbeilung nach dem Inhalt bedürftig; die
einen besiehen sidi yomehmlieh anf die Wahrung bttrgerUeher Beehte, die andern
auf politische Fragen.
Schon der erste Bund der III Waldstätten (1291) bietet allen uiUhigen
Stoff zu einer solchen Erörterung; wir halten uns jedoch nur an die Satzungen
der zweiten Kategorie. Mehrere sind gegen schweru Verbrechen gerichtet, deren
Beurtheilong dem Landgrafen oder dem Beiohsvogt Bustand^ nnd setsen gewisse
Strafen fest ; daneben wurde bestimmt, in welchen Fällen eine P^indung statt-
finden durfte. Zugleich war fcRtgesetzt, daß die Gesammtheit oder Mehrheit
das anerkannte Kecht mit allen Kriiften handhaben sollte, und für Streitfälle,
die der ordentliche Richter nicht austragen konnte, ein Schiedsgericht aus den
Wetieiten gefordert. Yen ebenso großem Belang war die im »weiten Bund
(1315) getroffene Bestimmung, daß kein Land ohne Zustimmung der beidtm andern
einen Schirmherrn annehmen, und kein Eidgenosse ohne Erlanbaiß der übrigen
weh gegen Auswärtige eidlich oder sonstwie verpflichten sollte, wonach die III
Länder in den wichtigsten Beziehungen nur gemeinsam zu handeln gedachten.
Li ähnlicher Weise verpflichtete sich Luzern (1332) gegenüber den III Wald'
Stätten. Gleinhantig erheisohten aber die Yexhältnisse eine Form für HttUsbe-
f srr«r. TolknrfrfliMhBfto-Lfxnrain iwt Sclnrsli. 5
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BundesverfaüäUDgen
— 82 —
Buiidesverfas«! untren
gehren; man land dieselbe in der Kahnung; der geschädigte oder bedrohte
Tkial koante mit der Mebrlittt dw Gem^de «uF den Eid eridkren, ea gwohehe
ihm TJnreoht, und duuifhiii die andern nm Zazug ansprechen; diese hatten
dann nnvf rziiglich und in e5?piipn Knptpn die m<)gliche Hülfe zu leisten Diese
Form ging nun auch in andere Biinde über, nnd das liecht der Mahnung blieb
ein Vorzug derjenigen Bunde«glieder, die sich alu Orte über die andern erhoben.
Die Sohlielitang von Zenrttrfiiinen nmdieii dmelnm Orten wurde anoh im
Luzemer Bund an Sdiiedleate gewiesen, die neeli «Minne oder Beolit*, d. h,
gütlich oder nadi den 9tnagm Yoraohriften «nerkuntw Sfttanngen, enteeheiden
eoUten.
Andere Neuerungen fahrte der Zürcher Bund ein (1351). Zürich hatte
seit einem Jahrhundert an vereehtedenen Stldtebttnden theilgenommen, nitweiae
aneh bei ITri und Schwys einen BXIekbalt geencht (1391) nnd manehe politieehe
Wandlung erfahren, nnd namentlich sein damaliges Begierungshaupt yerniuchte mit
allen Winden zu segeln; die Macht der Verhältnisse nöthio^tp ah^r dit- Stadt,
eine ewige Verbindung mit den IV Waldstätteu einzugehen. Doch geschah es
unter Bedingnissen, die eine größere £ntwioklung der Eidgenossenschaft fördern
konnten. Dentlieher als bieher prSgte man die Saisnng ane, daß je das lltere
Biindniß einem epKtem vorgehe; das Recht zur Mahnnng wurde schärfer be*
stimmt nnd, dem wahren Zweck einer solrbrn Verbindung gemäß, fiir [ 'ötzlirhen
Nothfall eine HUlfeleintung auch ohne Mahnung als Pflicht gefordert, l'ur die
militärischen Operationen war ein Gebietskreis bestimmt, der weit geuug reichte,
nm allerlei Wediaelffille snnlaaeen; grSfiere üntemehmuugen sollten 'daher Tor*
ezit von Boten der Bundesglieder herathen nnd die Kosten für gewisse Leiatunigen
von dem hlilfsbedürftigen Theil getragen werden. Awch die Erledigung von
Streitsachen wurde einlSßlicher geordnet; jede Partei hatte zwei Rechtsprecher
zu setseof wenn sich dann kein Mehrheitsurtheil ergab, so sollten sich die Richter
Uber eiimi Olnnann vergleichen, der den Eataeheid an endelen hatte, üebrigeoa
aneikannte man den Grundaati, daß in bttrgerliohen Beehtsfragen jeder vor dem
Richter aeinee Wohnertee zu belangen sei; indem man geistliche Gerichte ftlr
Geldschulden u. dergl. ausschloß, beschrSnkte man einen Mißbranch, den auch die
einzelnen Orte bekämpften, und sicherte den heimischen G^richt^tand noch be^Aer.
Bemerkenswerth ist ttberdieß, daß jedes bestehende Recht geschützt werden sollte;
dieeen Sdinta nahm Zttrioh ansdrttokliali für srine neue YerfiMsnng in Anqirafih.
Nur dem bisherigen Rang neben andern Städten entsprach es, daß Zürich die
Befugiiiß erkämpfte, auch andere Bündnisse einzugehen, was den beeondern Ab-
sichten des Bürgermeisters dienen und der Stadt einige Vortheile gewähren konnte,
aber die Gesammtheit schädigte, indem e» die — von Natur verschiedenen —
l^tereaeen von StSdten und Ländern aehKrfor trennte, da» BnndeeyerhlltniA lockerte,
daher anoh Mißtranen nährte, sogar ernste Gefahren verschuldete. Daß der
Bund alle zehn Jahre beschworen werden sollte, mochte über die Folgen dieser
Söndernn? hcrnhigen; die Wirklichkeit h^rt, daß die vorbehaltene Abänderung
des Vertrags, die aber nicht eintrat, vor allem solche Vorrechte hätte tilgen
sollen.
Der niehstfolgende Bund, der das Land Glarns in die BÜdgraossensehsft
anfaiahm (1352), zeichnet sich wesentlich dadurch aus, daß er eine Art Vormnnd-
Rchnft der stiirkern Orte be<?rtlndete, die freilich durch die nächsten Ereignisse
für längere Zeit dahiuliei. Auch der Zuger Bund, vom gleichen Jahre, blieb
ein Stück Pergament; erst die Erfolge des Sempacherkriegs brachten das Ver-
lorne endgültig zurttok. Der Bond der IH LBnder mit Bern (1353) enthielt
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üuüile^iverfaäsungen
— Ö3 —
BuiideäverrH»:»uugeQ
^eaig netto Chdankflii, sondern nor opeiiollere Ansftthningon dar iMroitB beInnnteD.
Das Recht zu botondorn Biiadnissen war auch hior jodem Thoile MngerSnmt;
-die Buudesbesohwöruni;: sollte je nach fünf Jahren stattfinilen, etc. Aach dieser
Vertrag bestärkte die in den jüngern Bünden ausgeprägte Neigung, jedes Glied
nach seiner eigentbUmlichen Lage und iuteressenriehtung zu bedenken, jedes dem
{•moiiMUDon BadUrfliiA ikhl gomdo adtldliaho Sondantrebeo anzaerkeonen und
dio KiXft« der BondeebrHdor ebenoo wohl für totliohe Zwooko ab ftr d«n Vor-
tkoil der Gesammtheit einzosetzen.
Die^e Gewohnheit befestigte sich, je mehr die einzelnen Orte ') noch zu
nngen hatten, am die Befreiung von Keichsptiichten zu erwirken oder Lehens-
lasten loszukaufen, Kriegskosteu abzutragen oder Gelder für die £rwerbuag von
€M»i6teD in beoohnfilBii, ihren Bottts dor bestehenden Ordnung Mnsuftgen oder
<iefahren absnwwden. Nor mftllige Erfahrungen vermochten die Bundesglieder,
»ich in Verträgen zu einigpn, \v-elche die Bünde ergänzten. Als sdche sind hier
zwei zu nennen, der Pfaflenbrief und der Senipacherbrief. Jener, durch
<ien L'ebermuth eines geistlichen Herrn veranlaßt, wendete sich theils gegen Mil^
bilnohe der geisUiehen Geridite in ▼eltliehen Snohen, tfaeils gegen Dienstlei^
•oder heimlifihe Anhänger Oesterreichs, die in eidg. G^ieten erahnten; nngleieh
bestätigte man den Grundsatz, daß jeder Eidgenosse vor dem Richter seines
Wohnortes zu belangen und in Streitfällen nur rechtlich zn v*^rffthr<^n nei; man
■erklärte die ätraiien frei U(id sagte einander ülilfe zu deren Sicherung zn. Ueber-
hnnpl dienten die Satzungen dieses Konkordats (7. Okt. 1370) zu innerer Festi-
gnng der ' Bidgenossensehaft nnd ersetiten einnelne IGlngel der Blinde. WKhrMid
•dasselbe nur sechs Orte umfaßte (Bern and Glaros nicht), besiegelten VIII Orte
nebst Sülothum den Sempacherbrief (10. Juli l.Sy^i), der als erstes eidg.
Kriegsgeüetz bezeichnet werden kann. Er sollte vor allem die nöthige Mauns-
^ucht sichern und Frevel gegen Kirchen, Geistliche und wehrluse Personen ver-
kttten; ebenso wiohtig waren aber die Torsehrifken, welche auf eine gehörige
ftunmlnng nnd Vertbeilung der Beute — nach der Zahl der betheiligten Mann-
eehaften — sielten und eigenmächtigen Begiun einer Fehde verwehren .sollten.
Gemeinsame Interes.-^en machten sich zeitweise geltend in FeldzUgon nach
Italien, die antauglich schöne Eroberungen erzielten, aber schließlich fruchtlos
blieben, eodann in d«r Erwerbung des Aargaus, der abw nur tiidhrdse dn ge*
meines Beeitzthum wnrde (1415). Die Erschütterung der {istliehen Lande dnnh
■den Appenzellerkrieg trennte Städte und Länder, führte sie aber in Bündnissen
mit Appenzell und St. Gallen zusammen, die neben den VIII gleich be-
rechtigten Orten eine Klasse von untergeordneten Gliedern aufstellten. Der
'Orandgedanke dieser Verträge lag in den Bestimmungen, welche die neuen Ver>
btlndetw rar Hülfe Terpfli<£teten, ihnen aber nicht das Becht rar Mahnung er-
theilten, dagegen den Weg zur Vermittlung anwiesen oder im Mothfall einen
2nzng sicherten, den sie selbst zu besolden hatten. Die Stellung, welche Glarus
anfänglich hatte annehmen müssen, blieb mit mancherlei AbiimlerungLMi die der
Zugewandten tlberhanpt, von denen jedoch mehrere »piiterhiu den Hang von
Orten erhielten. Indessen gingen einzebe Orte mit Madibam besondere Bünd-
nisse, meist Bnrg- oder Landreohte geheißen, ein, die den Bundeskreis mit-
telbar erweiterten, die Au.sdehiiung des Verkehrt^ begünntigton und für den Kriegs-
fall einige Verstärkung gewährten. So kuäpften Glarus und ZUrioh mit den
') Der Ausdruck Ort (später St.iiid, K.inlunl. r er-t um die Mitte des XV.
Jahrhunderts in amtlichen Gebrauch kam, wird der Bequemlichkeit wegen schon hier
angewendet.
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BundesverfassuDgen
— 84 —
BuadesverfaäSun^D
vSliwiteii Gemttind«n; LmeiD, Uri aad Unterwaldwi mit den WaUneni ÜBito
Band«; Swn yermehrte seine Bnrgreebte in Wetten; Zttrioh, Sebwys ond Glarua
warben wetteiiernd um Verständnisse mit dem letzten Grallni von Toggenbnry,
von dessen reichem TjSnderbesitz jedes etwas zu erhaschen wttnschte. Der Bürger-
krieg, der schließlich ans dieser EiferKUcht entbrannte, endigte dank dem Zn-
sammenhalten der Kehrheit gegen das abtrünnige Zttrich mit einem glfinzendea
Biege der EidgenoieeiMelieft als aoufldsUdier Yerbindttiig, di« allen Bllndnissen
mit dem AnsUnd vorgeben sollte (1450). Der neuerdings mit Oesterreieb ge-
führte Kampf nm Sein oder "Nicht'^ein wirkte iiun in allerlei Beziehungen uarh;
eine Keihe von weitem Fehden brachte den Eidgenossen theils Verbündete, tlieil»
Eiüberuugeu zu (Thurgau, SargauHj. Die dadurch veranluijten VerwicklnngeD
mit dmn Herzog von Bnrgond benntste «war der König von Fraakreieh an einer
Vermittlung, die Oesterreich mit den „Schweizern" versöhnen sollte (1474); dook
bedurfte eine ko große Wendung liingere Zeit, um sich vidlig durchzusetzen. Zu-
nächst hatte die EidgenosKem^uhalt eiiic innere Kribin zn bestehen, deren Ausgang-
auch die Verhältnisse zu den Nachbarn bestimmen mußte.
Zn eiper mDÜbssenden £r9rterung der Lebenefragen des Bundes drBngte-
eigentlieb die ganae bisherige Cntwioktnng desselben. Die Aufregungen nnd An-
strengungen, welche der Burgundcrkrieg mit sieb gebraobt, und die gewonnenen-
oder zu hofl'enden Frtlchte derselben erforderten nun Berathnngen. die sich nicht
aufschieben ließen, und in denen alle Gesichtspunkte und Interetsiien zum Wurt
kommen mußten. Die Sehen der Linder vor den Wälschen, vor den fremd-
artigen Verbftltoissen der bnigundiscbeii Gtebiete, vor verwickelten GeschEften nnd
Verhandlungen wirkte dem von Bern betriebenen Plan, die Freigrafsobaft Burgund
zur Schweiz zu ziehen, mäclitifr ' iitgegen ; allein auch andere O te waren dem-
selben nicht güuxtig, wobei zwar ]Vivatintere8?en mitspielten, welche die fran-
zösische Krone dureh ihre Spenden zu lenken wuütu^ unzweifelhaft machte ^ich
jedoch in dieser Frage auch dw Gegensata von Stidten nnd LXndem geltend,
der sieb im Laufe des Krieges TerscbXrft hatte. Qingen er^tere Torzttglich auf
Sicherung nnd Mehrnng des eidg. Gebietes auB, so sahen letztere mehr auf den
haaren Vortheil, der jedem einzelnen Manne zufiel. Jene hatten in den lang-
wierigen und kostspieligen Verhandlungen, die dem Kriege vorangingen, das
Hetete getban; aneh im Vdde fld ihnen tbatslehUch die Fttbmng und ttber-
dieß dttr grBßte Antbeil an der Beate an. Indem sie nun Freibnrg nnd Solothnrn,.
die alten Bnrgrechtpgcnossen Berns, in den Bund zu bringen strebten, drohte das-
milhf^am erhaltene Gleichgewicht der Parteien gänzlich verloren zn gehen, l^n-
ruhen in den Waldstätten, die theilweine gegen Bern und Freiburg gerichtet
waren, beschleunigten den Kampf. Wie die fiinf Lilnder sich zu einem besundern
BBudniß mit dem Bisohof von Konstant Tereinigt hatten, schlössen ZOrich, Bem^
and Lnaem ein nBurgrechf mit Freibnrg und Solothurn (1477, 2^^. Mai), das
sie aufs engste verknüpfte. Die Theilnflhme Luzerns fochten indeß die III Länder
als bnndeswidrig au und betrieben einen Reiditsentseheid darüber; von Obwalden
aus wurde sogar für einen Abfall der Entiebucher gearbeitet. Die fünf 8tadte
hielten hinwider ihr Btlndniß fest nnd Teranlafiton die Gegner, Voischllge an
neuen Bundesgesetzen an beratben und die Bedingnis^e für die Auloabme voik
Freiburg und Solothurn zu erörtern. Dies gedieh im Herbst 1481 so weit, daß.
ein ffirmlicher Abwhlnß gesichert schien. Auf dem entscheidenden Tage in Stans
zerhel man jedoch neuerdings, und einzig dem Beirath des verehrten Einsiedlers
Nikiaus yon FItte gelang es, die strMtenden Brttder omsustimmen, so daß in
wenigen Standen Yergleidi .ersidt wnrde. Freibnrg nnd Solothurn er>
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Bundesvertäääua^o
— 85 —
Buad^verfassun^a
reichten xwar uioht die bevorzugte Stellung von Orten, aber die wichtigsten Rechte
«iiNt Bondeaigtied». IMe «nrlfanteii PaitttibltiidniaM worden an^hoboi ; die VIII
Orte vereinigten «ob in dem Stanser Verkommniß Uber die wichtigsten
Fragen und befestigten dadurch alle altern Verträge. Auf dieser Vereinbarung
beruhen auch Hpätere Satzungen und Friedensschlüsse, und im Ganzen betrachtet
im sie der vollKtäudigste Ausdruck desaeu, was die Eidgenossenschaft wollte und
unter den gegebenen ünurtSnden xu «ein vennoobte.
Eineraeite worden die ältem Konkordate Überhaupt beetiltigt oder in ein-
selnMi Yorsohriften wiederholt, anderseits, den jüngsten Erlebnissen gemäß, neue
Satzongen HnftrPHtellt. Zu der beweglichen Kriegsbeute, die nach der Mannschaft
zu vertheilen war, »chlug man jetzt auch die Brandsohatzungsgelder; gemeinaam
-erobertes Gebiet sollte aber künftig gleich getheilt resp. gemeinsam regiert werden.
Die noht Orte verbiefien einander alleeitigen Sobnts für Gebiete nud üntertimnen,
namentlich gegen innere Umtriebe; Anstifter von Unroheu, die gegen einen anderen
Ort gerichtet waren, sollten von ihrer Obrigkeit, wer sich thätlich verging, von
dem beleidigten Orte bestraft werden. Uuaondere „Geuieinden" , d. h. Partei-
vertiammlungeu, die zu Aufruhr uder anderm Unfug iühreu koniiteu, wurden
nntenagt. Wenn die Angehörigen einee Ortes mit der Obrigkeit rnnfielen, eo
"waren die aadem Orte verpflichtet, den Frieden wiedtf herstellen zu helfen.
Zur Belebung des ridgenfl.isiöchen Sinnes diente endlich die Abrede, alle fünf
Jahre samnitliche Bünde neu zu beschwören, wobei zugleich (He Verkommnisse
verlesen werden sollten. AubdrUcklich war dieser Vertrag auch für die Zuge-
-wai^ten (wid die gemeinen Togteien) -verbindlieb erldkrt, und damit do dl» game
Eidgenowenndiaib berttbrendee Geeeta geeebaffen.
Die 2^eitgenos6en wußten diese glückliche Wendung zu schätzen; im ganzen
Land erschallte Freudeugeläute, wie na^ h fl r Schlacht bei Mnrtcn ; der Vermittler
•erhielt zahlreiche Dankbezeugangen und Geschenke von Obrigkeiten, und das Volk
iridmete ihm Uber seinen Tod (1487) hinaus eine warme Verehrung. Die nächsten
Jabnehnde liefien aber die Eintraebt in poUtieoben Dingen oft yermlaaen. Span-
nungen mit Oesterreich veranlagen eine Verbindung der VII alten Orte mit den
zwei ältern ^BUiulen" in Rätien (1497 — 98); dt*r S ^hwabenkrieg, desKcn Ergebniß
die faktische Befreiung von der deutschen K'eirhsordniing war, beförderte noch die
Aufnahme der Städte Basel und Schaithauäeu (löUl), denen zwölf Jahre später
Appenaell als letiter Ort folgte, wXbread mehrfiiober Anlafi, Eonatans an
gewinnen, versäumt ward. Alle jungem Orte muUten sich die Beschränkung
gefallen lassen, daß sie ohne die Ztistimmung der Mehrheit der ältern keine Bünd-
nisse eingehen und keinen Krieg unternehmen durften; den drei letzten wtirde
außerdem vürgeuchrieben, in Zerwiirtnissen der ältern nicht Partei zu ergreifen,
sondern fUr gütliebe Ynatindigang zu wirken. — So llfit die Eidgenossenschaft,
wie rie au Bnde dee Ifittelaliere bestand, sieb mit einem Syatem von Ringen
vergleichen, die freilich nicht gldebmUßig besetat waren; den innersten bildeten
•die VIII Orte, den zweiten die fllnf jungem Glieder, den dritten die Zugewandten
und SchinugenosBen ; ein vierter, der aber nach amtlicher AufEassung keine «Eid-
genossen" enthielt, vereinigte die gemeinen Vogteien.
In dem Gebieteumfang dieses filomplexea trat nor eine erbebliebe Aenderong
ein lurch die Anfimbme von Genf in Bnrgreebte mit Freibnrg, Bern ete. and
die Krohernng der Waadt n5nn) für Bern und Freibarg; die von Bern zu
gleicher Zeit besetzten Land.scdiat'tcn (ic.x. Chahlais und Faucigny vermochte es
nicht dauernd zu behaupten. Noch wurden tiiuige Biindesverträge zwischen ein- '
seinen Stünden, die nnr mittelbar einandtt* veridlichtct gewesen, geadiloseen; im
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BunuesverfaMsuDgen
— 8U —
Bundesverfassungea
Gtraen stand aber «Ha Entvioklnog «cbon im XVI. Jtihrkaiüäieari »tiUa, und swar
weaeadidi infolge der Glaabenatraniiang, die eine sohroffs Soheidnng der Obrig^
keiten wie der Völkerschaften bewirkte. Wie sich die Bundesverhllttnaie olm»
diese Spaltutig entwickelt haben würden, läßt sich im Detfiil kaum errathen,
während die Yermuthung begrun<?et scheint, daß eine konteshioiieli nicht getheilt»
— ganz katholische oder dnrchgehends reformirte — Schweiz allmälig sich der
ESnheit geniberl hKtte. Um eo nfelir lat es am Platae, die Folgen der Refor-
mation in den wichtigsten Punkten an enridinen.
m. Seit der Eroberung deK Aargans galt für die Regierang der genipinen
Vogteien der Grundsatz, daß die Mehrheit der betheiligten Orte entscheide. Er-
fahrungen ernster Art weckten bisweilen den Wunsch, diese Begel auch in andern.
Dingen ananwenden, doeh nie mit hahbarem Erfolg. Ala die evaogeliaehe Predigt:
die beatehende Kirchenordnung zu erschttttem begann, TeEaneliten die Anfattoger-
der letztem, das Recht der Mehrheit gegen die Neuerung geltend zu machen;
als aber dieser Anspruch an dem Widerstand etlicher Orte scheiterte, wurde er nur
noch für die gemeinen Vogteien erhoben. Als dann die Parteien einander in^
Waffen gegenttbertraten (Juni 1529), miaehte aieb eine Vermittlung ein, die der
penttnlidhen Flreilieit nnd der groien gebtigen Bewegung der Zeit entgegenkam
und den Gxnndaata anfalellte, daß niemand zu einem Bekenntniß gezwungen oder
seines Glaubens wegen verfolgt oder bestraft werden solle ; allein der Anspruch,
der Obrigkeiten, den Glauben für ihr Gebiet zu bebtimmen, konnte nicht be^itigt
werden ; nur in den gemeinen Vogteien wurde die Wahl zwischen „Gotteswort"
nnd (.Heose* gewimramaften freigegeben ; wo nimlioh die Hebrheit einer 6emande<
schon für ersteres entschieden hatte, sollte es dabei bleiben, und auch in Zu-
kunft der Wille der Mehrheit für dir (rnnze Gemeinde gelten. Glaubenssehmä-
hungeii und Farteizeichen wurden mit Strafen bedroht, Soudertage in allgemeinen
Angelegenheiten für unzuläßig erklärt. Verschiedene Artikel dieses (1.) »Land-
ftiedeoa* befriedeten indeß an aehr den' Farteigeiat der obaiegenden Fttbrer, ala.
daß eie die Anabreitang der neuen Lehre fördern konnten, nnd die raatlose und
herrische Art, wie nun Ztlrich die Umgestaltung betrieb, reizte die nur mit der
Feder Ueberwnndenen zum linßersten Widerstand, der in einem zweiten Waffen-^
gang vom Glück begtinstigt war und in einem neuen (2.) Landfrieden (20. Nov.
1531) die Erhaltung der alten Xirobe aieherte. Wie bia anbin die •Verkomm»
nieae* die Bttnde nidit aebwKeben eollten, verwiea man nenerdinga alle StreitfftUe:
an daa berkttmmlidie bnndeemäßige Recht. Auch jetat folgte eine Ausbeutung
dcR Sieges, iihpr itn f^inn d^r m?iglichst volL-tändip-Ti R"!fkk»>hr zum Alten Wie
tief übrigens die rehgiöpe Spaltung selbst die Bümie erschütterte, zeigt einerseits
die öfter geäußerte Absicht der altgläubigen Orte, die neuglSubigen zu verstoßen,
aowie der Antrag reformirter Führer, die wideratrebenden Oiie zu entreehten
oder die Bünde zu Utoen, und anderaeita der Eifer beider Parteion, sich durob
besondere Verbindungen mit Eidgenossen oder auHliindiKchen Glaubensbrtidem zu
stärken. Die Trennung prägte sich im Laut der nächsten Jahrzehnde sn v?5!lig
aas, daß man sich gegenseitig nur üble Absichten, Mißgunst und Schadeutreude
antrante. Dieae Entfremdnng krenate ueb mit dem Gflgenaatae von Stedten nnd
Lindem inaoweit, ala unter den XHI Orten drei oder vier Städte dem katholischen
Glauben anhingen, vier dagegen reformirte Bekenntnisse festhielten, drei oder vier
Länder ') katholisch blieben, die zwei andern aicb spalteten nnd jede Purtei unter
den Zugewandten etliche Anhänger tand.
') Zug kann an den Städten oder zu den Lftndern getftblt werden.
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BmidMverfiusiingon
87 —
BnndmerfiMsaiigeii
Die Verhältnisse einiger gemeinen VogtMen, in denen die Mehrheit neugUtabig
war, die Min'irrhfit nVfr di-ii Schutz der Mehrheit der regierenden Orte irenoß.
filhrt«D Zürich bald zu der Forderung der Paritiit, d. h. der Gleichberecbtigung
der Eekenntnisse, die sowohl iu weltlichen Dingen alu iu kirche und Schule
gölten «oUte. Lb Laufe dw dreißigjähngen KriegM wimi«, aaoK befUger £iit-
sweinng, der Vergleich von Baden (1632) geschlus^en, den dw dritte Laad-
friede (1656) beet&tigte; doch erst der vierte Landfriede (1712) brachte die
Parität fllr die deutschen Vogteien der Vlll Orte zu vollständiger Herrschaft.
Der lange dauernde Kampf der KeligionsparteieQ, der sich öfter zugleich um
weltiidie Beebte oder YorttMile drehte, vertiefte indenen die aufgeriMene Slnft
und behemohte Mlüießlieh alle Lahenägehiete: Die «Stünde* «düoesen Mch kon«
feesionell tsu strenge wie möglich ab ; die Aendemag des Glanbena, die bisweilen
der AuHwanderung in fremde GeLiete foljrte. war mit g^nslicheni Wriust des
BürfTf-rrechts bedroht; MiKcheheu wurden beiderseits verpönt, und gegeu^ieitig be-
iiiÜ mau sich, Glaubensfremde fUr die Landeskirche zu gewinnen. Selbst für die
elementareten BedUrftuiee trachtete jeder Theil, einer Anahttlfe dnreh den andern
zu enthehren, und den erfreulichen oder trüben Schicksalen von Glaubensgenossen
im Ausland zollte man mehr Mifgenihl nh deujetiigen der beuachbarten .Stief-
brüder". Eine solche Zuspitzung des lunern Gegensatzes hcgUostigte natürlich
die von Obrigkeiten und JBevölkernngen mit gleichem Eifer augestrebte — und
im Garnen aneh eireidite ^ Ahspornng gegen Orte* nnd Landeifremde, wodnroh
die Eidgenoweuohalt in einige tauend Stäitshen «erftel, in denen der Trieb zur
gSnderung sich weiter entwickelte.
IV, Es leuchtet ein, daß bei so lockerm ZuRammenhang, bei so starker
Neigung der eiazelueu Orte, andere als fremd zu betrachten, ein enger Verkehr,
eine geordnete Vereinigung der Erttfte schwer su «rreidien war. Früh hatte sich
eben jedes Glied gewBhnt, sieh soweit thnnliöh selbst au entschließen nnd doroh-
zuschlagen. Nur das dringliebflte Bedttr&iß führte sie zu gemeinsamer Berathung
oder einträchtigem Handeln. Wenn eine Gefahr eintrat oder eine schwierige Frage
obschwebte, so wendete mch die betrelieude Obrigkeit im die Bundci^genossen, um
Ort und Zeit zu beMtimmen, wo Abgeoninete sich besprechen soUteu; di^ .Boten*
pflegte man ans den BSthen wa nehmen, so daß sie Vertreter der Begierong
waren. Die Verhandlung dnnerte oft kaum einige Stunden : wenn aber viele oder
wichtige Geschäfte vorlagen, so mochten sie einen Tag ausfüllen; mit der IN l-c,
die zwar in der Kegel zu Pferde geschah, erfurJerte aber auch eine kurze Sitzung
einen ganzen Tag. Durch den Zuwachs an Gebieten, besonders an gemeineu
Togteien^ mehrten sieh die GesoUtAe; die .Tage* wurden häutiger, oder man
bedurfte mehrtilgiger Sitanngen. An diesen £terathnngen thmlnehmen nannte man
«einen Tbg leisten", woraus das alte Wort Tagleistung erwachs; erst in
späterer Zeit drang der Ausdruck Tagsatzung durch, der mit dem Ansetzen
(Bestimmen und VerkUndeu) eines zu haltenden Tages zusammenhängt ; die Theil-
nehmer werden etwa Tagherren genannt, doch nicht leicht in amtlicher Sprache.')
— Die yBathsbotm* oder Gesandten erhielten mündliche oder schriftliche Weisun-
gen («Befehle'*, «Instruktionen"), an die sie meistens gebunden waren; dadoroh
wurde die Einigung zu BeRchlüssen erschwert und die Thiitigkeit der .Titgsatzung"
gehemmt. Am glücklichsten arbeiteten die Gef«andten in Geschätten, wo si^■ nicht
von bestimmten Aufträgen ihrer Obern abltingeo, niiiulich in den zahlreichen
Streitigkeiten, die sich swischen ebaelnen Orten oder ganzen Gmppen oder
>J Vgl. Bd. U. 636-639 (Art Rftthe).
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BundesverfasTODgen
— 88 —
BundeaTerfaasungen
swxMhen andern Purtoien ereigiieteii, wo j«w«il6ii Boten von vnbetlieUigteii Orten
oder von befreundeten Städtm nnd Herren zu vermitteln suohton. Im Uebrigen
beschäftigten sich Ii*' Tagherren mit sehr verschiedenartigen Dingen ; sie beriethen
über Krieg und Frieden, BündniLi- oder Freondschaftsverträge, Solddiengte in
fremden Landen, Abordnung von ünterhaadiern, Sicherheit der Straßen, Verhütang
von Senehen, Verbote gegen offenbare ITnsitton,. n. e. Allein nnr die Beeehlttese,
die «itdi auf gemeine Yogtoien bezogen, waren einigiennafien der Yollsehnng
sicher, weil dafür ein Organ in dem Landvogt gegeben war; die Ansftihmng
inaneher Abrede konnte verschleppt oder unterlassen werden, weil die Genehmigung
derselben wie der Vollzug in der Ee^l den OrtsbehOrden zustand. Selbst in
Kriegacttten fiel es eehwer, die xdHluge EinhMt und Sohnelligkeik der Aktion
m enielen, nnd wenn eine starke Fiarlei ein beeonderee Interesse verfolgte, so
gesdiali es etwa, «laß wichtige Vortheile verscherzt wurden. Das Ausland staunte
nm so mehr über die Beweise von Eintracht, als es wußte, wie häutig dieselbe
fehlte. Aehnlich verhielt es sich in Wallis nnd Rfitien (GraubUnden), wo
jedoch MehrheitAbeschlUü^e leichter durchgerührt werden konnten.
EidgenSasische Tage fanden iwar in lltorer Zeit radstone in Baden, Lnsem,
Zürich Oller Bern, aber nicht sdton anch in kleinen Ortschaften statt. Den Vor-
Pitz führte je da» vorderste der versammelten Orte Die Verhandlnngen wurden
nicht eigentlich protokoUirt, sondern gewöhnlich nur die nicht erledigten Geschäfte
in einem „Abschied" verzeichnet» den jeder Bote oder dessen Obrigkeit erhielt.
Hin darüber für den nXehston Tag an rathschlagen und neue AnftrSge festso»
setaen"). Die Ansfertigong de« Abscliieds, der erlassenen ftriefe, bereinigten
Verträge etc. pflegte der beeidigte Schreiber des Sitzung&ortes zu besorgen. Eine
Bunde^kanzlei gab es nicht, auch nicht ein gemeineidgenö^sisohee Siegel; die ann»
gehenden Briefe, Verträge etc. besiegelten die Orte selbet oder ihre Boten. Bei-
nahe zwei Jahrhunderte lang bestand keine feste Oesehäftsleitung, m. a. W. kun
Vorort; die Ehren nnd Lasten eines soloben vermoohte sieh jedoeh seit dem
Schwabenkriege Zürich zuzueignen. Damit war indeß nioht der Vorzug ver-
bunden, daß die Tage in Zürich stattfinden sollteü sondern nnr die Befugniß,
nene Tage anzukündij^(*n. wenn erhebliche Gescluitte eine Üerathung erforderteo,
SchreibcQ und Botbchaften von Auswärtigen zu empfangen, Entwürfe zu Ant«
Worten sa fertigen, einzelne Beachltlsse nadi Anftrag zo vollsiehen, die einge-
langten Schriften aufzubewahren, etc. Die damit verbundenen Kosten hatte ZUrieh
seihst zn tragen. Diese Khrenreehte mußte es aher mit Bern und Luzern gc-
wi-^-^tTinaßen tbeilen ; letzteres war seit der Refurniation der spezielle Vorort der
katholischen Eidgenossenschaft. Eine schriftliche Festsetzung dieser Verhaltnisae
wurde ttbrigens sie unternoonneQ, nnd eimelne Kenemngen lieft man nur sa,
weil db berkOmmliohen Formen nicht immer ausreichen konnten.
Et welchen Ersatz für die Schwäche der Bundesbehörde sollte die BeschwJJ*
rang der Bünde bieten, die von 1182 bi;* 1520 achtmal gefeiert wurde, aber
bald nachher abging, weil sich die Glaubensparteien Uber die Eidesformel nicht
mehr einigen konnten ; von Zeit zu Zeit erneuerten indeß die katholischen Stände
ihre besonderen Bündnisse.
V. Bios für knrze Fristen, fttr Angenblieke großer Gefahr, gelang es
patriotischen Männern, die Parteien au gemeinsamem Handeln an einigen. Soiohe
*) In der alten Amtsspraehe sagte man das Ort; in der Mehrzahl oft die
Oertr-r.
j Diese ,Al)schiede* sind seit lübi auf Kosten des Bundes gesammelt und dem
Dgiek Qbergeben worden; sie bilden eine unentbehrliche Qndle der nationalen Geschichte.
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BuDilesverfassungen
— 89 —
B u ndeä verfassuDgen
IfoMMite gab es im Lauf im dOjahrigen Krieges tind wührend der saUniohen
Kmgtf welehe Ludwig XIV. gegen Spanien, Oeetenmoih, DentaoliUuid nnd andere
Mächte föbrta. Unerhörte Anmaßungen dieses KSnigs and seiner Gresandted
bewirkteu namentHch im Jahre 1668, daß die StSTide rasch eine neue Wehr-
yerfasäuog tichufen, die nplitdr uoch mehrfach er^uzt, aber von der Mehrzahl
der katholischen Orte wegen vermeinter Beligionsgefahr bald wieder gekündet
wurde; die übrigen Orte hielten jedodi dieses «Defenmonal* ab gSltige Satsnng
fitit. Zu einer emsten Probe seiner Leistungafthigkeit kam e« freilich nicht,
und die Folge war, daß die Obrigkeitt n dem "Wt'brwesen nnr spärliche Sorgfalt
schenkten. Man richtete sieh blindlings auf einen dauernden Frieden ein, ließ
einen großen Theil der wehrfäiiigua Mannschaft in fremden Solddienst gehen,
Muehte einen Blickbalt bei FtlntenhdfeD, fOrcbtete dagegen das Yolk nnd stritt
von Ort zu Ort Jahrzehnde lang Ub«r GremBsteine, ZtfUe» Banlasten, Ehrenrechte
und andere Bagatellen. Die Sitzungen der „Tagsatznng"* wurden inzwischen
seltener, hOUten sich aber in pompRse Förmlichkeiten; mit weitschweifigen Ver-
handlungen verdeckte man die Armut an wichtigen Geschäften und die Un*
fibigkeit an Werken des GemeineinnB. Vozachläge zur Ergänzung der ^nde,
aar Yerbeaserang den Webrweeens« snr Abetellnng von Mifibrftnoben in der Ver-
waltang gemMuer Vogteien fanden kaum mehr Gehör; am wenigsten war ein
Kongreß von Regiernngshäuptern ßhig, Antrage auf eine Ansgleichv.i^t^' der
Rechte zwischen Orten und Zugewandten, auf Erleichterung der üiiterthaueu
oder Errichtung neuer Bundeshehörden in Betracht zu ziehen, und wäre dies
anob geeeheben, so würden die .Prinsipalen*, d. b. die Obrigkeiten, solcibe Dinge
als verwegme Keaemngen verworfeo baben.
Ofifiaiell war demgemäß von einer Neugestaltung des Bundes niebt die Rede ;
nur in engen Kreisen gebildeter Männer und Jilngliiige bereitete man sich durch
Studien über politische Fragen, Lektüre lehrreiclur Schriften oder Beurtheilung
der bestehenden Veriabüuugen, Gewohnheiten und Gebrechen mittelbar für Aen-
demngen vor; so lernte man einigermaßen, das HerkVmmlifllie mit Fremdem
«der blos Gedaehtem nnd Gewttnsobtem an vergleiohen, pflegte aber sn einem
mehr oder weniger eifrigen Lob der geltenden Ordnung zu gelangen, die man
nur in Einzelheiten zu vervollkomTnnen wünschte. Die Mängel der eidg. Ver-
häitüitsf^e ertrug man mit Ergebung oder versuchte sie zu beHeh()nigen, durch
Vergleichuugen zu erheben,'} und gerne labte man sich an gUnhtigen Urtbeilen
▼on AueMndwn, die aber oft dnrob empfangene GeftUigkeiten beeinflußt waren.
Wie war nun ans dem Zustand allseitiger Hemmung und LSbmung herane-
ankommen? Seit mehr als drei Jahrhunderten hatte man von dem wiederholt
▼erbrieften Yorbebaltf einzelne Bttnde und Yerkommnisee «an mindern oder an
') Ein Beispiel von ^lir in ^^t wissen Kreisen lieruufli^bildeten Denkweise gibt
folgende Stelle aus einem Aulsatz üts Historikers Tscharn er (in «1er Eneyklopädie
von Yverdon): ,Den helvetischen Bund mn^ man m t jenen großen Denkmalen ver-
gleichen, welche blos durch Kraft der Hand, ohne Beihfilfe der Kunst, ausgeführt wor-
den; solch»' Denkmale, in harbarischen Zeitaltern errichtet, rühren daä Auge durch die
Kühnheit der l'nternehmung und durch die erhabene Rohhoit ; ihre Festigkeit liegt
mehr in dem natürlichen Zasainmenwachsen der Lasten als in genau, r Ver itinilun;.' ih r
Theile. Ebenso beruht die Vereioiguog der eidgenössischen Freistaaten weit mehr auf
dent gegenseitigen Interesse und auf der natflrlidien Lage des Bodens als nnf politischem
System und Beri-cliiiuii^' : vicllt-irht elteii dariiiii .i.irf nun von oiurr -oldien Verbindung
desto ununterbrochenere Fortdauer erwarten.* (Git. in Leonh. Meister's eidg. Staats-
leeht. 1786; p, 445.)
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BandesrerAuBimgen
— 90 — IlnndesTer&s«aiigctt
mduttL*» keinen Gebranch gemacht'); eine yon ZUrich and Bern im J. 1655
gesc^f'^ene Anregung, den wesentlichen Inhalt der Bnn des vertrage in einem all-
geui«iiiön Instrument zusammenzufaKsen, war von den kalholischeu »Ständen ab-
gelehnt, da« Detensioual theils gebrochen, theils nicht weitergebildet worden
an im J. 1777 betriebeiMr Vomudh« fär das (iog. eidgenSiriMte Booht, d. h*
eine Mhiadagerielitliche Erledigaog von Streitsachen, ein bestimmtes Yerfiüiren
festzusetzen, hatte keinen Erfolg. Solche Krfahrungen konnten nnr entmnthigend
wirken; auch die reichhaltige Thätigkeit der , Helvetischen Geseilschaft" (1761
gogc,) förderte nur apatriotiBohe Träume** zu Tage. Die französische Bevolntion^
die «dies amtnirihen drohte, tousfate in aUedem keine Besserung; ängstUoh oder
▼erbittsrfc trieb man dahin, eines fettenden Entsohlnsses nnd «nee Ofitm moht
mehr fthig; man YenSamte sowohl die Bttstnng zum Ea&i|»liB ala die Yorbereitung^
eine« zweckmäßigen Nenbans und wurde schließlich, von außen getäuscht und
innerlich zerrissen, das Opfer eines argUütigen FeiudeH, der die Schweiz umge-
stalten, beherrschen und ausbeuten wollte und ihr zu diesem Zweck eine Yer-
fusang anfdrttiigte, die den sefarofliBten Broch mit ihrem Herkommen enthielt.
YI. Diese «Konstitiition*, großentheils von dem Baaler Feter Ochs ent>
werfen, bildete aus der Eidgenossenschaft, zu der aber Mttlhattsen, Genf und daa
Fürstbüäthnm Basel, mit Inbegriff von Biel, nicht mehr j^hörteii, die helve-
tische licpiiblik, die in Amtstiteln als „eine und nntheilbare-' (une et indivi-
sible) bezeichnet wurde. Die Eiubeit der K^erung und Gesetzgebung sollte die
„Oligarchie* vemiehten, die alte Aristokratie nnterdrfleken oder nnsdiKdlich
machen, den nFOderalimn* oder «Oertligeist*, die ttherall eingewnrselte Sadit
nach Yorrechten ansrotten. «Freiheit im l Gleichheit" war die Losung der Zeit^
die anf allen Aktenstücken erschien und in den oldigatorischen Freibeitsbfinraen und
Kokarden einen augenfälligen Aufdruck fand. Stadt und Landschaft, Herren und
Unterthaneu wurden einander gleichgestellt. Alle Erwachsenen waren , Bürger** ;
alle hatten Theil an den nenen Rechten: der nnbeschrftnkten Freisttpgkeit, dem
fri lea Gewer bs- und ^odelsbetrieb, der Glaubens* nnd Preßfreiheit, u. s. w* Die
bisher als ewig betrachteten Lasten dee Bodens waren ablösbar erklärt
Diesen Grundsätzen, die für den größten Theil des Yolkes manche Er*
leichterung und wohlthätifje AnretruTigcn liiT h^cn, entsprach die Einthrilung'
und Organisation des neuen Staates, ürnprunglich waren die alten Stände resp.
ihre Gebi^, mit nrenigen Ansnahmen, ab «Kantrae* angenommen; von Bern
wnrde ah«r anerst die Wandt als Kt. Leman, sodann der Et. Aargan und der
Et. Oberland getrennt; Zürich verlor einige abgesonderte Theile; spXter ebenso
Schwyz und Glarus. Die gemeinen Herrschaften bildeten etliche neue Kantone,
nämlich Baden, Thurgau, Bellinzona und Lugano. Den Widerbtand der Urkantone
nnd einiger neudemokratischer Landschaften bestraften dann die französischen
Xachthaber, mit der Znatimmnng angesehmier 8chw«aer, mit der Yerschmehmng
in drei Kantone, nm den Einfluß der gegnerischen Bevölkerungen zu heschrSnken.
So bestand die Republik zwei Jahre lang nm 18 Kantonen - i, denen sich Gran»
btioden als 19. anschloß. (Später traten einige Aenderungen ein.)
'1 Die erste Abilndt-i ung war zu Gunsten vm» Ularu» ge:>ehelien (14.'>ül, dann
für Appenzell (I45-i ; • luUieh stricli man in den Bundesbriefen von Luzern und
7.ug den Vorbehalt <ler Rechte Oeslerreichs and fertigte neue Urkunden aus (1454);
weiteres der Art ge>cljuh jcdi>ch nicht.
*) Aa^'Hu, Baden, Bassl, BelHnsona, Bern, Freihuiv, Leman, Untb, Lugano,
Lmem, Oberland. SchsÜbaoaen, Sentis» Solothum, Thnrsau» WaldslftUen, Wallis, Zürich.
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BuQdesverfassungeD
— 91 —
Bundesverlasäungeiir
Die neuen Behörden waren theilt» zentrale, theik kantonale resp. lokale,,
die letetern aber den enteni duN^ns nntergeovdaet. Dieee aeifielea necli dem.
Gfenadaatz der GewalteiitraiDBng in drei Aatoritlten. Alt die lifieliat« galt der
gesetzgebende Körper (Corps Idgklatif), der auB zwei Karamem bestand ; in den
Großen Rath sandte jeder Kanton acht „RepräBentanten", in den Senat je vier;,
diese Depntirten worden indirekt, d. h. durch eine Versammlnng der Wahlen »nner,
emABnt, die in den Umnanmlnngen (assanbl^ priinairee) Je 1 von 100 Btlrgero,
ericwen weireD. Jeder RaÜi konetitiiirte eieh edliat; der Ghroße hatte dee Tor«
aeUagsreoht in Gesetzen nnd Beechlttseen, der Senat blos in Yerfassungtiftrageii.
In einem etwas künstlichen VerCahren bestellten die Räthe, die «ich nie ver-
einigen durften, ein Yollziehnngs-Direktoriani (Directoire executif) von fUnf Mit-
gliedern, das die Begienmg (Gouvernement) bildete, zor Untersttttziing aber Mi-
aietor b^seg. Den Obei^eriehtabof (Tribonel anprtme) beetelltm die Wahlkorpe
der Xentone dnrch Ernennung je eines Richteni und eines ErsatsmADnes (supple«-
tat). — Das Direktori'ini hattp fiir jeden Krniton einen Regierungs-Statthalter
(prüfet national) einzusetzen, der alle übri^rf ii Behörden seines AmtskreiReg über-
wachen und leiten «ollte. Jeder Kanton wurde in Distrikte gethtilt, fUr welche
dae WeUkorps je einOerieht beetellte; ein Unierstattbalter, den der Begiemnge-
Statthaitor wSblte, hatte in den Gemeinden Agenten an setzen, die seine Befehle
vollziehen, namentlich aber das Gericht beaufsichtigen, den Verkehr mit den
Oberbehijrden vermitteln mußten etc. üeber den Distrikthgerichten stand da»
Kantonsgerioht (Tribunal de canton). Die ökonomischeu Angelegenheiten, mit
dauMi deb andh «Ke Anftlefal Uber Sdinle nnd KJmbe vwbai^ betorgto fttr jeden
Kanton eine Yerwaltangakanuner (Cbambre adminietratiTe). Diem beiden Behörden
besetzte ebenfalls das Wahlkorps.
Kaum ist es nöthig, alle Einzelheiten dieser Verfassung anzuftlhren : dagegen
darf nicht Ubersehen werdeo, daß sich bald das Bediirfniß zeigte, noch andere
Behörden aufzustellen} so erhielt jeder Kanton ein Sanitätekomite, einen Er-
saehnngsratb nnd eine Art Eirehenntb; Ittr eimelne dringende C^hifte ernannte
das Direktorium Kommissäre ; die Organisation de» Wehrwesens erforderte Gene*
ral-Inspektoren und Kreitikümmandanten ; fiir die Terwaltung der Zenghänser
wurde ein Oberinspektor eingesetzt; den Hi^rnt^ von Auflagen leitete in jedem
Kanton ein Obereinnebmer (Receveur g^nerai}, zu achweigeu von den Kriegs-
komniaaXrenf dem Generaletab ete. Innern weeentUehen TJebeletond gedaehtom
die Gesetzgeber mit der Einitthrung von Friedensrichtern so, begegnen, welche
aber unterblieb; EntwUrfe für die Reform der Rechtsprechung wurden herathen,
aber nicht zu Ende gebracht; nur ein Strafgesetz gelangte rasch zum Abchluß-
(4. Mai 17^9), weil das BedUrfniß ein dringliches war und ein ^anzösische»
Yorbild benutzt werden konnte j schon im Hai 1798 war indeß db Folter abge-
eehafft worden.
EbeniiO wichtig waren die Schöpfungen und Pläne in anderer Richtung. Die
Republik 7ncT fias Postwesen, dt'n Handel mit Salz und Schießpulv(M% die Münz-
prägung, den Bergbau und die Zölle als Regalien zu ihren Haiideu; et» wurd«j
ein neues eiDheitliche» Maßsystem vorbereitet ; die Güter und Schulden der alten
Stünde Qibemahm die «Kation'; Zehnten nnd Grandainfle konnten nach einem
Geaetx vom 10. November 1798 sehr billig loegekaaft werden; die Aaflagen
nnd das gesammte Finanzwesen ordneten neue Gesetze; für die Vergütung von
Brand- und Wasserschaden waren Versicherungsanstalten in Aussicht genommen.
Die Gemeindegüter wurden gegen die Ansprüche der sog. Hinter«äßen geschützt,
aber aneh der Einkanf in du GenoeBenredit geeetolieb ermöglicht, nnd den Theil-
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BuD(ieäv«rfaääuugeu
— 92 —
Bundes Verfassungen
babom Bleute ein Gesetz (15. Febr. 1799) den Veitend aller Einwohner gegen-
ttber and anerkannte blos diesen als Glied des Staates; das Organ desselben war
■die «Mnnixipalität". Manche andere Entwürfe der ersten Jahre zielten auf wohl-
thätige Einrichtungen und nene Büdangsanstalten, für deren YerwirkLiebung £r^>
lieh die Mittel fehlten.
Bas UnglUcksloos der helvetischen Bepnblik war ihr Verhältnii^ zn dem
Mattentaatf delr sie rttoksichtslos anssog and aU Kri«f88<^nplatx gegen Oester-
reicb nnd Bußland benntste. Die Enignine von 1799 und das allgemmne Elend,
das sich daran heftete, waren dem Fortbestand der Einheit nicht günstig ; die Hasse
des Volke« sehnte sich immer mehr nach Ruhe, und ein großer Theü wünschte,
luit einigen Vorbehalten, die frühere Ordnung zurück ; die Behörden theilten sich
in Parteien, arbeiteten an neuen Yerfassnngen, sachten eine Stütze bei dem
„Konsul* Bonaparte, der sie abweehselnd bestSrkte oder nntergrab, durch die
Znrtteknehung der fraozüsischen Truppen (Juli 1802} einen Aufstand der Unzn*
friedenen begünstigte und dann aU übermächtiger Vermittler eingriff, die flüchtig
gewordene Rep:ie;rung wieder einsetzte, mit den Abgeordneten der Parteien —
der „helvetij«chen Konsulta* — die GrundzUge einer Verfa«wuDg berieth und eud-
libh (19. Febr. 1803) die naeh eigenem Gntdttnken feetgesetit» als Kadiations-
«kte der Schweis diktirte.
YII. Die «Helvetik*' war nicht aus dem Provisoriam hersnsgekommen ; doch
hatte hie lange genug gedauert, um das alte Rogierungssystem großentheils zu
entwurzein, so daß die RHckkehr desselben sich nicht erzwingen ließ. Die schwe-
ren Folgen, welche dessen Gebrechen dem Lande zugezogen; der Grundsatz der
CrlMchbereehtigung, die neuen Gesetse nnd Formen, die yerheifienen und mm
Theil aadi sdhon gniriihrten Erleiehterangen, der freie Ton des Öffentlichen liobens
hatten namentlich in den vorbin bevonnnniitoten BevSIkeningen Eindrücke hinter-
lassen, die fleh nicht verwischen liißen. Dat'eejen war freilich der alte Geist,
der zu Stadt und Land „Aristokraten alier Art' genuhatren, noch nicht gebändigt;*)
in einzelnen Männern und Gesellschatlskreiseu kochte sogar Eachgier wegen er-
littener Verluste tmd Demllthignngen. Dieser Gegensatz mußte eimgermatten
ansgeglioben werden, nnd zw ir \ ornehmlich in den allen Kantonen, die der Ver-
mittler soweit thunlich wieder lierstellte. Er wahrte nämlich nein e5g:encs Inter-
esse in der Bildung selbständiger Gliedstaaten, in der Konstrnktiun verschiedener
Begierungsformen derselben, in der Neubelebung alter VerhältuL^sej dadurch war
oine Ibuinigfaltigkeit der Interessen nnd Anschauungen b^rttndet oder bestärkt,
die eine freiwillige Einigung' immer ersobweren mußte; nur fttr die allerwich-
tigsten Bedürfnisse wurde die Einheit festgehalten. Ehcin ilipr Unterthanenlande
waren zu Kantonen erhoben , einzelne unhaltbare Gebilde der Helvetilv jedoch
beseitigt; nur alte Kantone wurden der Ehre gewürdigt, je ein Jahr lang Vor-
<irt (Canton direotenr) au sein; in dieselbe tiie<ai sich drei protestantische und
-drei katholisofae StSnde; der Yorsng mußte indeß durah die üebemahme erheb-
licher Kosten erkauft werden. Im Uebrigen sollten die Keuitone gleichberechtigt
sein; allein neben swei alten hatten vier neue doppelte Stimme. £« ließe aioh
') Aus vielen Zeu^issen nur eines (von BlnntscMi, Denkwürdiges aus m. Leben,
I. p. 13): ,Aelinlich wie unter dem deutschen Reichsadel erhielt si« h unter den Stadt-
bürgem (von Zürich i eine Zeit lang noch das hocbmüthige Gefühl der vornehmeren
Rasse nnd der hAberen FShiirkeit, den Staat zu regieren. Dies sonveriUie SelbstgefQhl
der Stadtbürger reizte hinwiid. r das MiGlr ineii und den Haß der Landhiltgi r. Gesell-
äcbaftiich blieben ilie beiden Stände nuch lange getrennt, aucli nachdem sie rechtlich
nnd poUtisdi geeinigt waren.*
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Bundesverfaiisuugen
— 93 —
Buadesverfas$,uugen
aoeh an .weitmrm ZttgQii dsrthun, wie Bonaparto swiaeheik allerlei gegeneKtelichen
Ansprüchen vermittelte; damit setzte er eben die vorhandenen £räfte w> weit
möglich in H G^leichgewidit und gab dem Lande die Bnbe^ die en einstwaUeii Uber
alles (fchätzte.
Auf einige Umstände haben wir noch näher einzutreten. Den Kauton Wallis
hatte der Eooaal adbon im Frühjahr 1802 der helvetiBoben Bepnblik eDtriBsattt
um ibn fftr die militärische Verbindang mit Italien cur YeifQgong sn haben;,
dafür legte er das eht irnl^ "«terreichiache Frickthal dem Kanton Aargau bei.
Die Verfassungen der Im Kuntone ') waren durch ihn vo]I>itänfiig feftge^tellt und
gingen der BnndesverfaHäuug (Acte federal) voran { die Einführung hatte eine in
Paris fttr jeden £anton gewählte KommiaaioB an besorgen, so zwar, daß die neue
Oidanng mit dem 15. April in Wirkaamkeit trat; die Oberleitung dieser Dinge
trag der Vermittler selbst dem Freibnrger Oberat Ludwig von Attrj anf, der
dann auch der erste „Landammann der Schweiz" war. Dieses neue Amt, ein
schwaches Nachbild des französischen Konsiilats, "war ein Zeichen nnd Werkzeug
der Einheit, welches Bunajparte alu nöthig auj»uh und für i^iüh i»t:lbst zu beuutseu
gedachte. Landammann war der jeweilige Sehnltheiß oder BUrgermeiater dea
Vororts; er wurde also von einer kantonalen BehSrde gewXhtt. Er hatte daa
eidgen. Siegel (das erst gefertigt werden mußte! in Verwahrung; an ihn gelangten
die Zuschriften und Botschaften fremder Machte; tr war Vornitzer der Tag-
satzang, konnte dringliche Bauten anordnen und andere Maßregeln tret!eii, welche
die Sicherheit oder die innw» Snhe sa erfordern aehien. Die wichtig«iten Ent-
abheidnngeii waren jedoeh der Tagiatming (Diete) Torbehalten, die eich jShrlioh
einmal versammeln, aber höchstens einen Monat amten aoUte. Ueber Krieg und
Frieden, Bündnisse und Handelsverträge, Werbungssachen nnd Mi]it8rorgnni«ation
hatte »ie ikschluß zu fassen. Für die Berathung waren aber die iuj>truktioueD
der Gesandten maßgebend. Streitigkeiten zwischen Kantonen konnten die zu einem
^^dikat* vereinigten Gesandten aohiedigeriohtlioh erledigen. Dem Landammann
und der Tagsatzung war eine eidgen. Kaoslei heigesellt; den „Kanzler" und den
^StaatRschrciber" ernannte die TagsatzunL' ai;f je zwei Jahre; die Kosten trngr^n
die ^ r)irektüria]kantüne". Eine eidgen. t inauzverwaltung gab es niinilich iiieli';
diu Uegalien der helvetischen Republik gingen stilUchweigeDd an die Kantone
über; die für Troppenao^ebote nttthigen Gelder hatten die Stände in fixen Kon»
tiogenten sn liefern, wie auch ihr Beitrag m dem Bandeaheer genau bestimmt
war. Letzteres sollte blos aus 15,203 Mann bestehen, jeder SchweizerbUrger
aber wehrpflichtig sein. Dienen Widerspruch erklärt die Absicht de.- Konsuls,
die Überzählige Mannschaft als Söldner in seinen Heeren zu verweuden. Zu
diesem Zweoke nSthigto er der entmala Tersammelten Tagsatsong ein Bttndniß
fttr 50 Jahre nnd einen Soldvertrag anf^ der die Sehweia aar Stellung von
16,000 Mann verpflichtete (Septbr. 1803). Auch in andern Dingen wurde de
ein VnsiU des unerRÜttlichen Herrsehers und bezahlte den Frieden, 'ItMi sie im
Innern genoß, mit unberechenbaren Opfern für die besonderen , Wahnideen" ihres
«erhabenen Vermittlers".
YIU. Ala flidi endlich gana Enropa gegen die Anmaßungen dea firanzOaiadien
Kaisern erhob (1813), konnte die Sehweia lieh dieeer Bewegung nioht entliehen^
*Aargau, Appenzell (A.-K. und l.-R.j, Basel, '^üeru, Freiburg, Ulanis,
*6rattbflnden, Luzern, SchafThausen, Schwyz, Solotburn. *St. Gallen. Tessin,
Tburgau, Untenvalden (ob und nid dem Wald). Uri, *\Vaudf. Zu?. *Znrii li. 'Die
ge-sperrten Namen bezeichnen die Vororte, die Sterne die Kantune mit doppeltem
SUmmreeht).
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Bundesverfimsungen
— 94 —
Bundesverfaaiungea
■die Nentralittt, die sie unter dem Prot Atomt KApoleoas nnr to eeineo Oimateii
liandHaben durfte, yermoohte sie nicht za behaapten ; sie mußte den Siegern den
Diirchraarscb gestatten, benutzte aber die eingetretene Wendung rasch, um Grenz-
gebiete von Tcssin uud GraubUnden, die zeitweiäe verloren achieneu, wieder in
Besitz zu nehmen. Nachdem ab^ die maßgebenden Mächte die Mediationsalite
«b «oflgebobeD erUirt liatteii (31. Desbr. 1818), fiel die Bdhim eber Yer
-winuDg anheim, die du Schlimmste befürchten ließ. Alte und neue Kantone
stritten mit einander um Gebiete oder Herrschaftsrechte; die «Länder* kehrten
völlig zu den früheren Branchen zurück, während die Slttdte mehr oder weniger
schroif die ehemals geuosäenen Vorrechte forderten oder die durch die Revolution
beseitigten Behörden wieder herstellten; einige St&nde trachteten, sich aller
BandeepAiehtMi sa eofledigen, «nd enohwertMi die Benthnngen dertlber dnroh
hartnäckige Absonderung oder oiiteitige Ansprüche. Glücklicherweise dachten
die Sieger und ihre Rathgeber nicht so kleinlich ; nie mahnten die Reaktionäre
zur Mäßigung, schtltzten den Hestand der neuen Kantone und riothen zur Kini-
guu^, ZOT Stärkung der Geüammtheit j ttie begUuätigtüu deu Aiiiichluß vou Wallis,
€toiif und Nevenbarg, ttberliefltti der Sohweix «voh das Fttrstenäiaiii Basel und
erwirkten eine Gebietserweiterung für Genf. Iboohe berechtigte Wünsche er-
füllten «io allerdings nicht, weil Iii S^^^hweizer selbst nicht einig handelten, oder
Rücksichten auf Interessen von Krätikreich oäf>r Oesterreich überwogen, llinwieilcr
waren die Mächte behtllflich, eine Menge von Streitfragen gütlich zu schlichten
und dadurch die Nengesteltnng der Eidgenosseosebaft sa erleiebton. Die Be-
ediltlsse des Wiener Kongresses (30. IKK» 1616) and des swuten Pariaer Frie-
<len.s (20. Koyember 1815) gaben ihr im europäischen Staatensystem eine klar
bestimmte Stellung, ohne ihre TlnabhSngigkeit zu beschränken. Mit dieser Fixirung
reimten öich ireilicb zwei Jr^unkte nicht ganz; das FUrstenthum Neuenburg war,
nachdem ee zeitweise franzSsiaoh gewesen, zwar als eidgen. Kanton anerkannt,
«ber adiUeSlidb wieder dem KVnig von Preofien lagetbeilt worden, und die
Beehte und Pflichten der Schweiz in den zu ihren Gonsten neatralisirten Pro-
vinzen Chablais und Fan<ngny hatten die maßgeboiden Faktoren nieht genügend
-auseinandergesetzt.
Ein wesentlicher iaeü der Neugestaltung i^t alüo den Kongressen in Wien
nnd Fnim sn yerdanken; die übrige Arbeit vermoehte das Land, wenn aneh
mühsam, gerade noch selbst zu leistMk; die Einigang über einen neuen Verband.
Nach mehrmaliger Berathuug kam die sogen, lange Tag^iatzung damit zn einem
vorläutigen .>\bschluß (IG. Augunt IS14); da-s Ergebniß ') wurde in den nächsten
Wochen von eiuor starken Mehnahl der Kantone angenommen, dann dem Wiener
Kongreß vorgelegt, in dem fllr die Mweiier Angelegenbeiten bestettten Kemite
mangelhaft beAmden, aber nioht abgeKndert nnd bald nadk der Sofalaebt bei
Waterloo ftierlich beeohworen (7. Augu.<t 1815). Es liegt uns ob, die wioh-
tigsten Kennzeichen des „FUnfzehner- Bundes" herauszuheben.
Er war alt, Vertrag betitelt und formulirt und beruhte, seiner Entstehung
gemäß, auf der Yoraussetzung, daß keine Aenderang ohne allseitige Zustimmung
etattfinden kSnne; so sehr hatte der Zentrifagaltrieb ttberwogen, daß man dem
Beispiel der Mediationsakte folgte, eine J^vision nicht einmal anzudeuten. Der
Vertrag war das Werk der Regifrnne'f'n: des Volke« wunle dariu nicht gedacht;
Cü liattf demgemäß auch keine 8tiiiiiiit^ darüber abzugeben. Für die Kantone
war bios die Regel aufgestellt, daß us keine Unterthaneulande und keine aus-
^) Von zwei Entwflrf«! der kttrzere, 15 Artikel enthaltend.
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BimdesveriAWungeii
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Bundflsverfaflningeii
«cbließüche Privilegien für <leTi Gennß d«r politiHchf-n Kn lue haben solle; die
kaDtoDalen Verfaäftuogen uuterlageu keiner Prüfung und genossen unbe^ben de«
«idgea. SehntMs. Eotapreohttnd dieser Verkenniuig dw Grandlagen war die freio
Niederlassung und BerufiiUbnng, welche die Mediation wenigstens verheißen hatte,
beseitigt und damit die allerseits beliebte Verkürzung der Hintersäßen (Nieder-
gelasseneu) wieder gerechtfertigt. Die Kantone behielten f\\f Regalien und
achloseen sich dann darch Zölle, Polizeimaßregeln, angleiche Münze, schlechten
Fostbetrieb eto. soveit tinmUdi gegen einander ab Kur die KotÄnweiidigkmt
Tmaoehta sie, Ittr aiaielne Varkabrsvarbftltoiaie die bestehenden Konkordate to
«rnenern oder neue einzugehen; zu allgemeiner Annahme kam iti<!eß keino-j.
fVn Srhwprjmnkt Vprtraq'M bilden die Bestimmungen üb r die MilitÄr-
ieiütungeu. Diese wurden kontingentirt, der .A-uszug" aber sogleich auf 33,758
Mann berechnet; für die Kosten hatten die Kantone mit fixirten Geldbeitri^en
aaiinikommen ; man lehnf dafür eine aidgen. Kriegeksioe nnd wies ihr nglaioh
die Erträgnisse von £ingang8zöllen in, welche die Grenzkaotone sn beziehen
hatten. Wurde ein Kanton (eine Regierung!) von innen oder außen bedroht,
war er befugt, einzelne oder alle MitstHnde um Hülfe zu mahutm ; dauert«
die Gefahr an, so konnte er die Tagsatzuug um Intervention ansprechen; wenn
der Angriff von anfien stattfend« so fielen die Kosten der Geaammtheit snr Last.
IMe Organisation nnd Oberleitang dea Bandesheerae ^tand der Tagsatzung sn,
deren Befugnisse Übrigens wenig verändert waren. Seit Ende 1813 gab es
keinen eidgen. „Liindammann" mehr; auch das „Syndikat" der Mediation hatte
man fallen lassen und zu einigem Ersatz Vorschriften filr eidgen. Schiedsgerichte
anfgostallt. Hinwider hatte sich die eidgen. Kanalei so nttttlidi wwtesen, daß
man sie beibehielt { ^e Ehre des Vorortes wnrde anf Zttiidi, Bern nnd Lnaem
beschrttnktiy die Antsdaner aber auf zwei Jahre erstreckt. In einem so knappen
Vertrag war die sonderbarste Klausel diejenige, die den Forthf<tnnd der Klöster
garantirte, altk» die refurmirteii Kantone wie die katholischeu und paritätiiMshen
gemeinsam auf etwas verpflichtete, was weder die Eidgenossenschaft noch die
Kantone bisher als Bnndessweak betraehtet hatten.
Würdigt man die UmstKnde, unter denen diese Verfassung festgesetst werden
mußte, so erscheint das Gewonnene doch nicht ganz unbedeutend. Da.«? unhaltbar
gewordene System von ungleichen Bünden war aufgegehtai ; ein zwar dürftiges,
aber gerade durch seine Einfachheit empfohlenes Grundgesetz verptlichtet« nun
alle Glieder gleiehmKffig; an die Stelle blee herkVmmlieher Formen trat eine
fi stc Ordnong; mit Ausnahme von Besohltlseen Uber Krieg oder Frieden und
Bündnisse, die ^«-Mehrheit erforderten, genUgte fortan die Mehrheit von 12
Stimmen ; die Befugnisse der Tagsatzung waren soweit thunlich bestimmt, etwas
unsicherer freilich die Stellung der Vororte, allein den neuen Verhältniesen leidlich
angepaßt; die Vorsorge fttr die Bildung einer eidg. Kriegskasaa bot wonigstena
eine Handliabe für aeitgemifie NenamngMi. Ln Lanf der Jalire worde maaohes
durch Reglemente noch genauer geordnet, um Hißbränehen an begegnen oder den
Zweck des Bnndcsvcrtrages in wesentlichen Dingen beswr zu sirbcm, und dieser
damit gewisfiermaßen [lartiell revidirt. So schuf mau theils im iuneru, theils in den
Beziehungen zum Ausland eine mehr oder weniger hinlängliche Ordnung durch
Verträge nnd Uehereinktlnfte. Der Handel wnrde dnreh einige nene Konsnlate^}
begünstigt die seit 1807 betriebene Linth- Korrektion völlig durchgeführt, die
▲nsbildung von Offisieren dnreh eine militftrisehe Zentralschnle erleichtert. Aber
V Vgl. Bd. U. 7i>— 8(» (Art. Konsulate).
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Bundesvccfassungen
— 96 —
Bund«sverfassuiig«n
viele Anrt'gangen nnd VorRchläge drangen nicht daroh. Bald er^^ab »ich deutlich,
daß der Bnndt^svertrag der Z«*it iiieht genügen konnte: die Unfruchtbarkeit der
Tagsatsong, die ihr Wirken wie ihre Schwache zu verbergen äuchtd, wurde
Gregenstand der öffentlichen Kritik; regHame Männer wiegen aal die Uelvelik
oder die HediitioiieKit hin und forderten endlioh, daß der Stutenbmid ehiMn
Bundesstaat veiohe (Mai 1830).
IX. Kaum war dieRes Losungswort verhallt, m traten Ermgnisse ein, die
eine solche Wandlung begünstigen konnten. Hi- Tulirevolution in Frankreich
schien ganz £uropa entchtlttem und die HerrHchatt der ^.BeHtauration" stürzen
zu wollen. Binnen wenigen Monaten erlebte die Schweix einen Umschwung in
der Hehrsahl der Ijatone, nnd die Tegntnmg eah «ich bewogen, dieee Aenderang^
gmndintBiieh anzuerkennen. Sofort stellte sich auch ein Herold der Bundes«
revision ein; KaHimir Pfyffer besprach dieselbe in einer gediegenen Flngscbrift*) ;
schon in der ivirhsten ordentlichen Tagfiatziing wnrde beachlo.-ssen, eine Revinion
in Berat hang zu Ziethen. Der Widerstand der ürkautone, der an den gestürzten
Arietokrateii einiger StSdte einen Bitdchalt &nd, reiste dann die Ftdirer der
Fortaohrittopertei, durch ein Konkordat ▼on 7 .r^gfloanrien" Kantonen die neuen
Verfaasnngen gegenöeitig zn garantiren ; zugleich entwarfen dieselben eine neue
„Bimdesnrknnde", die der Tagsiitziiiig eingereicht und hier einer Kommission über-
wie»«en wurde; die letzte Berathung schwächte indeß die Vorlage zu Gunsten
der EantoOfllieyrüdtkttt bedeutend di. Die Befugnisse der TagHatenng wurden
zwar erweitert, Indem man dem Band eine grSßare Wirkeanüceit anerkannte ^
man wa<i:te aber nidlt, von dem gleichen Stimmrecht der Kantone abzudrehen,
nnd für die wiehtigsten Geschäfte sollten die Berathnngen ferner durch die
Instruktionen bedingt sein. Dagegen hob man die Vororte auf und ersetzt« nie
durch einen ständigen Bnndesrath von 5 Mitgliedern, welche die Tagsatzung zu
wiUea batto; an der Spitse der eidg* Terwaltnng sollte ein Ltui^kmmttnn etehea.
Ate eine der wichtigsten Aufgaben der BundeebebSrden tritt die Militärreform
hei^or ; dem Bund war demgeniliß das Pulvermonopol zugedacht; weitere Kin-
Tiahmen hatte er auij Grenzzöllen, dem Miiuzregal und dem Postbetrieh zu sehiipfen,
von dessen Ertrag jedoch den kantuuen drei Viertheile blieben ; für den ^suthfall
war an Geldkontingente an denken. Stett der aobwerftlllgen Sohiedagerichte
war ein Bnndesgericht in Aussicht genommen. Bei alledem hatte daa Volk nur
indirekten Antheii und Einfluß; dafür bot man ihm freie Niederlassung, freien
Verkehr im Innern, Gleichstellung in Keohten und Laoten, die (jewährleiatung
der bisher errungenen politischen Reehte in den Kantonen, u. a. m.
Allein das so künstlich berechnete Werk fand wenig Gunst; von verschiedenen
Seiten angefoebten, worde ea eelbet im Kanton Lnaem verworfen, der doeb sam
Site der fiandeebdittrden bestimmt war; in mehreren Kantonen unterließ man
daher die Volksabstimmung, nnd so fiel die Bevision für einmal dahin. Diese
Wendung benutzten leidenschaftliche Gegner, die, sich in dem sog. Sarnerbuud
vereinigt hatten, zn thätlichen Angriden auf abtrünnige Landestheil© (Außer-
sohwyz, BaiieUand), die aber völlig mißlangen ; eine Folge war die definitive
Trennung Baeele in Halbkantone (Aug. 1 833). Die Beviaiott wurde aeitdem in
der Tagsatzung imd in der Presse noch öfter beeproohen, jedoch ohne greifbare
Frucht. Die Kantone wie die Bundo'ibehörden waren theils mit Anfechtnngpn
von außen, theils mit inneren Wirren beschäftigt, welche sowohl die konfessionellen
*) Bczüjjliche Vurschlüye machte auch J8Z«Ät»cWt in seiner Schrift : .Das Volk und
der Souverän* (1831).
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BanäMTerfassungeQ
- 97 —
Buadesverfaasunsett
als dw poUtiiolMa Gf«e«nttie veiaohirfteo. Bon itirksten Anstoß gmb dssn die
plötzlidis Aofliebiing der KlSster im Kanton Aargau (Jannar 1841), die dm
BunJesvertrag zuwiderlief «nd großen Hader nach sich zoe^; >ih a^-r Angaa
die Kraucuklö«ter restaurirte, erklärten sich 12'''/» Stimraen befriedigt, was die
übrigen Stände dlh Bundeabruch taürten. Sieben katholische Kantone vereinigten
flieh nuD heimlioli warn Widenlaad. Die in Lmern enwangene BernfoDg der
Jesuiten (Okt. 1844) reizte hlnwider die , Radikalen" zu zwei FreischaarenzUgen,
die aber unglüfkli'-li verliefen, in ihren Folgen alle Kantone erschütterten und den
Souderbund zur Keife brachten (Dezember 184;")), de^isen Zuläßigkeit, sobald er
Uekanut geworden, lebhaft bestritten wurde ^ von der Mehrheit der Stände
ungUlUg erkUtrt (20. Jali 1847), wurde derselbe in einem konen Feldsng tbat>
sKeblieb anfgeUM; (Not.)-
X. Es gehört einer weniger beengten Dar.stellnog an, die Vorarbeiten aa
der als nothwendig erachteten Aenderung des Jiundesvertragcs zu besprechen ;
hier mag die Bemerkung genügen, daß der Drang nach Einigung durch das
Aufgebot von reichlich 100,000 Mann und durch die besonnene KriegsfUhrung
General Dofoars bedeutend gestärkt wurde und das Kationalgefdhl auch dem
Ansland g^genllber sieb hob, nunal die meiBten enropxisohen Grofimlebte den
Sonderbund offen begünstigt hatten. Die Februarrevolntion in Frankreich und
ihre Folgen in Dentw^hland, Oest- rreich und Italien schufen eine politische Lage,
welche die Neugestaltung des Bundeü sehr erleichtertti. Der Sturz der fürstlichen
Regierung in Neuenbürg, die edch verhaßt gemacht hatte, wurde von den Bundes*
bebOrden ideht angefoebten; sie Tenlamten aber, einen fömliobra Yeniobt des
bisherigen Landesherrn, der unschwer zu erreichen war, auszuwirken. Dagegen
beeilte sich die Tagsatzung, die Revl<;iousfrage durch eine Kommission zu kl.iren
und dann in einer Plenarberathung zu erledigen. Am 27. Jnni 1M4H war die
ii&upturbeit gethaa^ lu kurzer Frist fulgteu die Abstimmungen, die io 15 Ya
Kantonen die Annahme des neuen Werkes ergaben. Am is. September konnte
die Tagsatzung die „BnndssTeifiMsnng'' als gUltig erklären ; nadidem sie die
erforderlichen W ahlen angeordnfit und einige andere Maßregeln getroffen liatte,
vf rtairte ^ie gich. Am (>. November erschien iti Bern die Bundesversammlung; am
1 1>. wählte diese den Bundearath, and am 23. wurde Bern ab Bundesütadt bezeichnet.
Die Verfassung vom 12. Sept. 1848 war bei aller Btfekaicbl anf kleine
Interessen und enge Begriffe, die nooh gesobont werden mußten, ein gelungener
Bau, der den Kantonen großen Spielraum zur Entwicklung ließ und doeb Sttgleiob
die Einheit kräftig forderte. Sie schuf einen Bundesstaat mit eigenen Aufgaben,
selbständigen Orgauen und gesicherten ökonomischen Mitteln. Die ungleiche,
bisweilen sobw&chlicbe oder parteiiscbe GesobSftsleitung der Vororte fiel dahin;
eine hinreicbend starke VolhnebungsbehSrde, die nioht von kantonalen VerbXItnissen
abhing, bot mehr Garantie fdr eine feste, grun(UätzIich bestimmte Regierung;
aoch der Landammann der Media fi' THzeit war dxirrh i in .stdches Kollegium reichlieb
ersetzt. Ueberbaupt hatten alle K(^ime von einheitlichen Institutionen eine mehr
oder weniger genügende Ausbildung geiunden ; die Tagtiatcung ließ man im
SMnderath (GomwO des Etats) fortleben, doob nur als eme Kammer, und zwar
ohne Prärogativen, wie auch ohne Instruktionen; neben demselben erschien ein
Nationalrath (Con.seil national), in dem das Volk nach Verhiiltuiß der Kopfzahl
zur Vertretung kam')} das Bundesgeriobt (Triboo&l föderal), obwohl am dUrftigaten
') Uebtjr die Kompetenzen der eidg. HiUhe ist zu vergleichen Bund II. 639 40,
(Die seitherifen Abwelcbungen sind nicht erheblieb.)
Porrar, VolktwtrtliMtafts-LtBik»» 4«r Sebwali. 7
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Bundesveri'assungen
— 9» —
Buadesvertaüäungea
bedacht, entsprach »einem Zwecke immerhin besser als das Syndikat der Mediation ;
▼on dem kelvetittdien Obergerichtaliof war es fireilieh weit entfernt.
Ebenso wichtig, wie die Organisation der BuiideHgewalt, war indeß die
Umaehreibnng ihrer Bdtagnine, ^ sich nach den erweiterten Zwecken des
Bundes richteten. Als solche waren (Art. S) beseieiinet : „Behauptung der
Unabliängigkeit des Vaterlandes gegen außen, Handhabnng von Buhe und Ord-
nung im Innern, Schutz der Freiheit und der Kechte der Eidgenossen und Be-
förderung ihrer gemeinsamen Wohlfahrt." Die weiter folgenden .allgemeinen
Bestimmungen* (bis Art. 67) bilden eme praktisolie Auslegung dieser Erklimng ^
sie setien die Rechte der Kantone and des Bandes aoseinander, gewthrleisten
eine Anzahl Grrundrechte der Bürger, geben die Finanzmittel der £idgenossen*
Schaft an u. s. w. Die Verfasäungen und Gesetze der Kantone wurden der
Bundesverfusong und künftig zu erlassenden Bundesgesetzen untergeordnet. Die
soit 1890 exsielten Fertsdiritte im MilitKrwesen wurden ttbrigens so hoch ge-
sdrittst, daß darin wenig XTeoes darehdrai^; das Kontingents-Syvtrai and seine
mißlichen Folgen behielt mau bei , doch Ubernahm der Bund die Ausbildung der
Offiziere, die Instraktion Spezial Waffen und einen Theil der AuHcbafiFungon.
Deühalb mußten ilim erhebliche Finanzmittel bescliafft werden, die man vorläufig
im Pulvermüuopol, in den Zöllen und im Fobtregal inud ] da» Mliuzregal, das
vkk nidit melür als eine Finamtqnelle betrachten ließ, wurde ihm bloß im In-
tereese der dringend gewordenen Ordnung lU-s verfahrenen HUnzwesens Uber-
tragen. In gleicher Abnicht war die Vereinheitlichung von „Maß und Gewicht"
in Aussicht gcnuiunicn, und einem ähnlichen Zwecke diente iler Vorbehalt, innere
Zölle, Brückengelder und andere den Verkehr belastende (refäile von Bundes wegen
lostokanfen. üeberhaupt worden die Skonomisoben VerhSltnisse der Kantone so*
weit thanlioh geschont; ans den Betriebsergebnissen der GrenzzSlle und Posten
hatten sie volle Entschädigung zu beziehen. Indem der Bund das Recht erhielt,
auf allgemeine Kosten öfTentliche Werke zu errichten, wofUr ihm Expropriationen
gestattet wurden, vermochte er die Kantone auch indirekt zu erleichtern. Die
Befagniß endlich, eine eidg. üniverBitSt und eine pulytechnische Schule zu er-
riditen, beorkondete das Streben, den Eulturstand au heben und die geistige
Einheit des Volkes zu stärken, was nicht blos den ^ Hochschulkantonen " zu gute
kam. Der Ausschluß der Geistlichen von dem N^ iti Tinlrath, das Verbot des Jet^uiten-
ordeus und einzelne andere Vorschriften erinnerten an widiige Erlebnisse der
jüngsten Zeit, wurden aber seither festgehalten. Eine der wichtigsten Neuerangen
bildete der Abschnitt über die Bevision der Bundesverfassaug, der in vier Artikeln
eine künftige Aendernng mehr als genug su erleiektem sdiien.
XI. Einstweilen befriedigte die neue Ordnong die Heihrkait des Volkes, je
mehr die Schöpfnngen derselben sich entwickelten und die Wohlfahrt im allg*'
meinen stieg. Das beredteste Zeugniß für diese Stimmung war die „Erhebung
für Neuenburg", als das Mißlingen eines royalistisehen Putsehea (.S. Sept. 18.')6)
eine Verwicklung mit dem König von Preußen herbeiführte; die entschlossene
>:inigkeit der Nation in der drohenden GeCüur entschied für «ine glttckUohe
LSsnng des Streites and wiAte auch im Innern wohlthfitig nach. Indessen offen-
barte der Fortschritt audi bald die M&ngel einer Yerfinsang, die so mancherlei
Gegensätze versuchsweise vermittelt hatte. Ah ein Handelsvertrag mit Frank
reich (Juni 1864) den fran/üsiswjbeu Ittraeliten freie Niederlassung u. s. w. go-
währte, wurden verschiedene WUnsche laut, die eine Revision erforderten; allein
es drang in der Abstimmung (14. Jan. 186ß) die einsige Aenderung durch, die
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Bumlesverlasriuagen
— 9» —
BuQüeäverfatjtiungen
liäQ einheimiäolien Israeliten eine Gleichberechtigung zuerkannte, dio ihnen bin-
her venngt war («Jndeiiartikel*).
Vi» zurückgestellten rmp. verworfenen Anträge wurden jedoch nicht pi eLs-
gregeben ; Kriegsereignisse im Ausland (1806, 1870—187] ), Bedürfnis-.!- L s Vt-i--
kehr» und ansti'lÜge Eärten in kantonalen Gesetzen drängten zur Erweiterung
der Bundesgewalt; politische Beweguugen in mehreren Kantonen, die dem Volke
.grSfieren Antheil an der Gesetzgebung nnd Regierung venehafllen, wieeen auf
entsprechende AmdernDgeo im Bundesstaat hin. Air diee ftthrte die B&the m
•einer Totalrevitiion (1871 — 1872), deren £rgebniß den Antrieben entsprach, aber
von rechts und links heftig bekämpft wurde und in der Abstimmung (12. Mai
1872) bei schwachem Mehr unterlag. Der Wille zu entschiedenem Fortschritt
auf dem Wege zur Einheit gab «ch jedoch bald in Neuwahlen fUr die Bandes-
Tersammlnng kand; die Be^onaarbeit wurde wieder aufgenommen und duroh
neue Debatten und Kompromisse eine Lösung erzielt, die am 19. April 1874
die Zustimmang von 340,000 Bürirern (gegen 19h,0(J0) und 14"-' SfiiTid -n find.
Die neue Verfas.Hung trat nnl dem 29. Mai in Kraft und trfigt daher dieries i>atum.
So interessant es in gewissen Beziehungen ist, die Unierschiedo des Ent-
würfe von 1878 und derYer&esung von 1874 sn beseiohnenf empflebli es sieb
fUr eine kune Danteilung doch eher, die Neuerungen als gemeinsame annifttbren,*)
wobei %'orans zu bemerken ist, daß ungeHilir zwei Drittheile der Verfassung von
1848 beibehalten oder unerheblich geändert rcsp. erg^inzt, die übrigen Artikel
aber desto mehr entwickelt und ausgearbeitet sind. Das Xeue \&fk sich in zwei
'Gruppen bringen: Stärkung des BnndeB; Verraehrnng der penSnüoben Beohte.
Der Bund ttbernahm jetst den gesammten MUitäranterricht, die Bewaffinnng und
die Kosten für die Bekleidung der Mannschaft. Dagegen wurde ihm der Ertrag
der Zölle, des Postregals und der Telegraphenverwaltung ungeschmälert über-
lassen; (die Ualfte der Militärptiicht-Ersatzsteuer fiel ihm erst später, infolge
eines Gesetzes, zu). Zugleich erhielt er die Aufsicbt Uber Wasserbau und Foxst-
polizei im Hoebgebirget um itlr Yerbaunng der Wildwaeaer sorgen an kAnnen;
desgleicben die Gesetzgebung Uber Fischerei und Jagd, Bau und Betrieb der
Eisenbahnen, Maß und Gewicht, Ausgabe von Banknoten (mit Ausschluß von
Monopolien\ sodann fiir den Sehiitz der ^Arbeiter", der Auswanderer etc. Er
wui'de verpüichtet, Spielhäuser aufzuheben, und ermächtigt, Gesetze über die per-
aOnliebe ^uidlungefübigkeit, das OUigationenreebt, Sebuldbetreibung und Kon-
kurs, sowie über das Urheberreebt an Werken der Littoratur und Kunst an er>
lassen. Aueh in Kirehenfragen wnflispii ilim bedeutende Befugnisse zn: die
Errichtung von Bisthümern wurde meiner Zustimmung unterworfen, die geistliche
Gerichtsbarkeit abgeschafft, die Stiftung neuer Klöster und geistlicher Orden unter-
sagt, das Verbot gegen die „Gesellsebaft Jesa** auf yerwandte Verbindungen ans»
gedebnt; die Beurkundung von Geburten, Ehen und TodeelftUeb hatte er gesets-
lioh zu ordnen. Es wurde ihm vorbehalten, eine UniversitSt und andere höhere
ünterrichtsaustalten zu gründen oder solche zti unterstützen, wogegen die Kantone
für genügenden, obligatorischen itnd unentgeltlichen rrimarunterricht zu sorgen
haben, der unter staatlicher Leitung stehen soll. Dem Bundesgericht wurde end-
lich eine neue Organisation xu theil, die es sa grSßeror Wirksamkeit belXhigte.
üngetahr in gleichem MalSe wurden die Volksrechte erweitert. Der Wehr-
mann erhielt die erste Ausrüstung unentgeitUoh. Mit yoller Entschiedenheit kam
'i Anders ist der Stoff in meinem ^Verfassungshüchlein' behandelt, wo auch eine
genaue Angabe aller von dem 1848er Texte abweichenden Artikel der jetzigen Ver-
fassung zn finden ist
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Bundesverfasäungeo
— 100 —
BuQdesverfussuoKea
die Hftndeli- und Gewerbefreiheit zur Geltung ; diu Freizügigkeit wurde besser
gegidiert, der NiedergeUnaeoe dem Kantons' und GemeindebUrgerf eoweit tkunlicli.
gleichgestellt, ^) die Verbaimiing eines Bürgers untersagt. Das Recht zur Ehe-
TiaTim der Bund untf-r seinen Schutz; die Erhebung von EinzugsgeLUbren filr die
Üraut war fortan un^uläßig. Jede ^Nöthiguug zur Theilnabme an eioer Keligione-
graoeseniichaft oder einer religiösen Haudluug, jede StraimaJ^regel oder Rechts-
beaohrlUikung wegen GUuibeoMuifliebteii wurde anageeohloeaeo, die Glaabens* und.
GewiflseiMfreabeit als unverletzlich erklärt ; dag^en sollten religiOae Annehten
niemanflen von den bürgerlichen Pflichten entbinden. Todes- und Körperstrafen
wurden abgeschafft. Die Gesammtheit de« Volkes erhielt endlich ein fakultatives
(bedingtes) Referendum Uber Gesetze; wenn nämlich 30,000 Bürger oder acht
Kantone fibnr ein neues- Gesetz die Abatimmung verlangen, so mu6 dasselbe dea
Stimmbereohtigten war Aniudune oder Yenreiiiing vorgel^ werden, wobei die-
Standesstimmen nioht mehr zu zählen sind. (In dem Abschnitt Uber die Bevieion«
t\fT Bundesverfiiswung wurde keine erhebliche Aendernn-r irt-troffen ; dagegen gaben
seither erlassene Gesetze ergäuzend© Vorschriften Uber die Ausübung der politischen
Volksrechte.) — Die Erwartung, daß nun auf längere Zeit die Revit^ionübeweguug
ruhen wbrde, wftttte sieb niebt. In einer sdiwadien Stande ließen n«b die eidg..
Räthe und das Volk überreden, daß durch Beseitigung der Todesstrafe gewisse Ver-
brechen begünstigt würden (Motion Freuler); zudem waltftf vielorta der Wunsch,
den Kantonen ein Recht zuiückzuerobern : so wurde Art. 65 abgeändert i Ab-
stimmung ib. !Mai 187^)i thatsächlich blieb aber der Rückschritt ohoe Folgen. —
JfSne andere Hotion (Joos), die fttr dra Bnnd das Monopol des Banknoten-Geecbäfts-
beanspruchte, fand bei den BnndeebebSrden wenig» Gnnst; am die besttglidie
Initiative 7:u Fall zu bringen, bestritten die Gegner dem Volke das Recht, eine
Partialrevision zu verlangen, und nöthigten den Sonverän, Uber Revision im all-
gemeinen abzustimmen; die gemachte Anregung uuterlag dann, großeutheils in-
folge dieser autoritiren Beaehzinkung des Volksrechts (31. Okt. 1880). — Von
sablreieben andern Antrigen, die seitdem die Presse nnd die BebSrden beschif*
tigten, gediehen nur wenige zur Verwirklicbnng. *) Wir meinen die Ergänzung
von Art. 31 und 32 (25. Okt. 1885), die znm Alkf^li-dmonopol des Bundes führte
und die Abschafiung der viel angefochteueu Ohnigelder nach hieb zog; die Er-
weiterung iu Art. 64, wodurch die Schweiz auch gewerblichen Erfindungen ihren
Sehnis gewSbrIe (Patentsdints Ar Muster nnd Modelle, 10. Juli 1887), so-
dann die Kinfiigung von Artikel 34 ^'*, der dem Bund die Einrichtung einw
Kranken- und Unfallvertiicherung (zum Ersatz der Haftpflicht der Arbeitgeber etc.)
gestattet (Abstimmung vom 26. Oktober 1890), und endlich die (im April 1^91)
erlangte Einigung der eidg. Räthe über das Revisioos- Verfahren, wodurch dem.
Volke aneh das Beobt tnr Anregung blos partieller Aenderungen in bester Form
gewKbrt und einer alte Schuld entrichtet wird; die entscheidende Abstimmung dar-
über ist auf 5. Juli d. J. vertagt. Daß das Monopol für die Ausgabe von Bank-
noten in nächster Zeit dem Bunde zufallen, also Art. 39 eine wesentliche Um-
gestaltung erfahren muß, bedarf nur einer kurzen Erwähnung.
XII. Aach bei der flüchtigsten Skizse der Entwicklung des ecbweizeriscben-
Bundesstaates darf niebt Tenobwiegen werden, daß jede «Revimonskampagne*
*) Sonderbarerweise blieben aber, im Kanton Bern z. H., bi;; heut^uta^re Bürger
aus mehreren Kaninnen vom Stimrorechl in kantonalen und kommunalen Angelegen-
bettcu au£geschiu.^t:n.
*) Für die^e neuesten Itevisionen kann auf folgende einschlä^'ige Artikel des Lexikons
vtrwiesen werden; Emissionsbanken, I.. .ViS — .'>r»9; Ertindung«scbutz, 1., 572— 581; Patent»
bchutz, II., 567; Staatsmonopole, III., 132 15^1.
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Bundesverfassungen
— 101 —
Bundesverfaifiiuogen
etwelobe Wünaohe anb«lriedigt ließ ; nur zaghaft and tastend ist nun TOfwiMi
.gwehritten; die Grttnde und Kotive dieses langgumeo Cranges zu erörtern, Lst
hier nicht am Platze; dagegen s ill '!er KiTidruck nicht verhehlt sein, daß die
Behörden voraus die Bewegung zu blauen bcilissen waren. Desto mehr haben
«ich nun die Aenderaogsvorsohläge angehäuft, die jedes Jahr infolge neuer . Br-
lebaine vermebTt.
Eine Hauptfrage bildet hiebei die reohtliche Stellung der Kantone^ d< b. die
Abgrenzung ihrer Befugnisse, die Theilung der Hoheitsrecbte mit dem Bund, oder,
knrx gesagt, das Maß der Z^ntraligation, da die Kantone den Anspriiohen der
nsch forti^chreitendeu Entwicklung nur theilweise oder gar nicht genügen küunen.
Die Erledigung der dem Bund ertheiltea Aufträge betreffend die Herstellung ein-
beitlioher Zivilgesetie dringt welter; ei^n ebd denn aneh Vonurbeiten im Gnnge,
um die Einheit im Zivil» und Straf reoht in erwirken, die fUr die Kantone große
Fo1^'>n huhfii mii!/i Andere Aufgaben, z. B. die Regelung des Stimmrechts der
Nieder^elaMseuen und Autenthalter, sowie die Ordnung ihrer zivil rechtlichen Ver-
hältuibtie, harren — nach gemachten Versuchen — noch der liQsnng, die von einem
gmndaiisliehen Eotsebeid ttber die Geltnog kantonnler GeeelM und Geweimheiten
abzuhängen scheint. In alledem hat die WineDschaft wie die politische Erfobning
ihr Urtheil zu gehen; heide aber haben sowohl die Zukunft als die Vergangen-
heit ins Auge zu fassen und sich nach Grundsätzen, nicht nach monientfinen An-
sichten oder Kindriicken, zu richten. Ist das Ziel gehörig bestimmt, so wird auch
■der Weg noh finden. Die Enteoheidung Uber bej£» steht, Toa Sohritt «i Sehxitt,
bei dem SmiTeritn, der mehr und mehr leinen Willen snr Geltong bringen wird»
und zwar, wie nicht zu zweifeln, im Sinne fortschreitender Auegleichung der
Kechte und Ptli.'hten. d. h. fiir Beseitigung kantorialflr Gesetzespfahle und l'olizei-
posten. In politischer Hinüicht wird nach dieser Auffassung maoches anders werden.
Der Bund, d. h. die Gesammtheit, kann einzelnen Gliedern nicht mehr gestatten,
Aach firemden resp. veralteten Syitemen aieh einsnriehte» ; er wird künftig die
Bedingnlnse des Stimmrechts, die Wablbefagnisse des ganzen Volkes oder einülner
Theile, dessen Antheil an der Gresetzgebunp nnd der ATifsioht über die Verwal-
tung, direkt oder indirekt festsetzen, die einzelnen Bürger, wie Vereine und Ge-
meinden, in liuen Rechten schützen und Verletzungen ahnden und so erst ein
üort der Freiheit wevden. Die Fragen betreft der WeUkreiae, dn Proportional-
Vertretang n. dgl. endteinen neben dieeer PerspektiTe nntergeordn^ eo schwierig
oder imnngenehm sie an sich sein m5gen ; sie können übrigens ohne neue Leit-
sterne eine ersprießliche Erl^^din-ung nicht hnden. — Mit diesen Andentungen ist
das Problem der Zentralisation, das überhaupt sich nicht abschließen läßt, noch
nicht erschöpft; ') dseeelbe greift in die Ori^isatlon des Militärs, des Bildungs-
•) Die jüngsten Ereignisse im Kt. Tessin (Sept. 1890), die der Parteigci^t um so
hitziger beurtheille, als verschiedene Faktoren theilweise im Unrecht waren, haben
Prägen von gnißer Tragweite gestellt. Wir erlauben uns, beispielsweise einige zu
formulireu. L Gibt es ein Recht zom Aufstand g^n eine kantonale Regierung? (von
■der .Heiligkeit* desselben nldit m reden.) Kann eine solche Regierung resp. ein großer
Rulli durch einen Pulsdi i^espreiiKt und tx soili^'t wi-rden V Ist etwa ein Unterschied zu
machen zwischen einer vom Volk direkt gewählten und einer von dem großen Rath
bestellten Regierung? Empfiehlt es sich, dem Volke verfassungsm&fiig Gelegenheit zur
Ahberufun,: ein* r mißliebigen Regierung zu gehen? Wie ist im Falle eines solchen
Vorhabens zu verfahren? SoU dasselbe otine Weiteres ins Werk gesetzt oder vorerst
dem Bundesrath anfemeldet und dann von der BnndesbehtH^ einitfscliritten, Unter«
suchuug der Beschwerden voranstaltet, eveut. von ihr die Stiinmetisamtnlunt; i'iberwacht
werden? Hat nicht event. die B.-Gewait die abberufene Behörde zu exmitliren und die
nnter Bnndesaufeicht bestdite neue einzusetzen? etc. etc. — D. lünn der Bond resp.
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Bandesverfassungen
102 —
BuodeaTfirfttfisungeo;
weaem, der KraakeB- und Annenpfleg«, «ohlieSlioli in die gaaie Verwaltung ein.
Die öfter angeregte AbsohaffUDg de« SWiuUrathes ist nur ein kleines, wenn auch
ersichtlich folgenreiches Stück der zur Einheit strebenden Bevisionsarbcit. Wie
dasselbe mit der Gestaltung eines obligatorischen Referendums und dem Gebrauch
der Yolks-Initiative (deren EinfUhraog jetxt in Ir rage steht^ zusammenbiuige, De-
daif Itter keber Beipreohung. Audi die WaU dea Bnndeantbee durch das Volk
und die Migeregle .Reform der Biindesverwnltvng* wird mnn von den bSeheten*
GMohtepnnkten ans würdigen müssen.
Mit den Aufgaben des „Bundes" ww^^lisen bekanntlich auch die ökonomischen
Bedürfnisse desselben, ^) und überdies scheint er nachgerade der Finanzpatron der
Kantone werden sa eoUen; es sind daher, z. Th. schon ver der SünMiraag des-
AlkoholiBonopob, dem Bund einige andere Begiegeeohüfte sogedacht worden, «o-
der Betrieb rcup. Rückkauf der Eisenbahnen« die Anagabe von Banknoten resp.
das Bankgeschäft, Fabrikation nnd Verkauf von ZttndhRkem, die Tabakindnstrie,
die Vcrwerthung der methanischen Wasserkräfte, der Getreidehandel, das Inseraten-
weseu, die liotellerie etc. Dies alles wartet näherer Prüfung and spezieller Ge-
■taltnng fUr die verfiMungsmlßige Dnrehftthmng. Kene Geldmittel werden aber-
vorzUglich gesucht im Inter a ozialpolitischer Aufgaben, die nur der Bund im GreAen
bewältigen kann, z. B. die Unfall- und Krankenversichernng, umfassende Hebung voOi
Landwirthsühaft und Gewerben, Unterstützung von Bildungsanstalten u. dergl. m.
Manche andere Vorschläge sind durch oberwähnten erledigt; wäre an"
nlltat, alle anfirasllilea, lunal die Reihenfolge der Anhandnahme derselben eich,
mdit einmal annitbemd errathen läßt. Za bemwken bleibt nnr, daß die formal-
poHti.^chen, so zahlreich nnd wichtig sie an sich sind, am leichtesten durchdringen
dlirtten, indem sie bereits vorwiegend als Werkzeuge für die volkswirthsrhaftliehen
oder sozialpolitischen Projekte betrachtet werden, zu deren Erreichung alle guten.
Kräfte der Nation eich werden vereinigen müssen.^)
XtEL (Anbang). Znr Brgflnzong des yorstehenden Abrimee folgt hier eine
entsprechende Uebersicht zugehöriger Idtfeerat ii Die wichtigsten Werke über
Schweizergeschiclite als bekannt voraussetzend, haben wir zunächst die Z<'it vor
nnd nach 171>8 zu unterscheiden, wenn es sich um die Entwickhmg buude-srecht-
liüher Litteratur handelt; vor der Helvetik gab eb nämlich fast nur Sammler, keine
kritiaehen BanteUer, weil die Wineneehaft nieht frei war; «eitdem ist aber dae lange
VesBlnrnte nachgeholt und dasWeeentliche in befriedigender Weise geleistet worden.
Das erste Werk Uber die politischen Einrichtungen der S< 1 v iz verfaßte
der Zürcher Professor Josias S im 1er: Regiment gemeiner lobl. Eidgeno«fchaft
etc. (157ti), wo die Bünde und die kantonalen Verfassungen mit Borgtalt und
Geeddok bcM^ricben eind und yiel geeohiohtlichee Ibterial beigefügt ist Nachdem
das Bnch lateinisch nnd dentsoh (aneb franzdsisoh nnd holländisch) vielfach gedruckt
worden, erfuhr es eine Enrdtwong durch den Zürcher Rathsherrn J. J. Leu
(1722;, der später in meinem ^oßen Lexikon viele ergänzende Beiträge lieferte.
Ungefähr gleichzeitig gaben auch die „Htaats- und Erdbeschreibungen'' der Schweiz
von Fäsi (1765— 176Ö) und Füßli (1770—1772) reichliche Naehriehte» Uber
deren politische ZnstXnde. Im Jahre 1786 erschien Leonhard Meisten «Abriß
die Gesammtheit im Falle solcher Spannungen ia einem Kanton gestatten, daß <lie
bedrolife Itelionlr sich an Behörden iiniK rer Kantone wende, statt HUsvfbli"r.lifh ;in den
BoodesralU f Ist ca zoläßig, daU Behörden oder Parteigenossen in andern Kantonen von üich
aus in den Konflikt eingreifen ref«p. die Lage versrblimmem helfen? Dflrflen solche unbefiigt»
RalhKeber nieht mit Strafe bedroht re^^p. zur Verantwortung gezogen werden ? etc. etc»
VenjL Bd. 1., 315-r331, Arl. Bundeäflnanzeu.
Vgl. Band III. S. 93—110 (Art. Soziale Frage).
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BnndesTerftusungen
— 103 —
Buadesverf aasungen
de» eidg. SteatireditB'', der aber dem eidg. Staateecht nar dan letzt« Kapitd
(S. 387—448) widmete, das etwas dürftig erscheint und richtig als „Geschichte*
bezeichnet ist. Die Bandeevertrüge u. drgl. wurden iibnL'ens in Kanzl nen und
Bibliotheken geeammelt, auch in allerlei Bächem theilweiüe abgedruckt, aber nur
in wenigem Partien giündliob erOrtert. Erat das XEL Jahrhundert bat neue
Wege aar Eridtniqg der alten Staatsordnoag «ngeediilagen; aoagedehntere Er-
flüurungen, reichere Mittal nnd andere günstige Ua^Snde haben dafUr zosamman»
gewirkt. Da« Interesse wendete sieli alx r ebenso auf die neueaten Wau(llnTitr»'ti
und Verhältniaöe, so dai> die Darüteliung der Yergangt;nlieit und der üregca-
wart häuhg verbanden wurde. Die erste sachgem&ße Behaudluag verdankt mau
dem Bemer Friedr. StaUler (swei Helle, 1844—1847); ung^ldir gleichaeitig
begann J. C. Bluntschli von Zttrieh seine „Geschichte dea aohweiz. Buudesrechts",
die aber erst 1H45J vollendet wurde und no h !cr V( rfas-^nng von 1848 eine wohl-
wollende Besprechung widmete. (Der zugehörige Lrkundenband, der 1852 er-
schien, war seinerzeit bequem^ ist aber j^zt Uberholt.) Sein Werk genügte dem
BedOrfiiiß der Zeitgeiioeaai, wl&braid die aweite AuHage, die 187& enchien« aohon
la apät kam, indem der (seit 1848 in Dentsohland lebende) Yerfiueer der diea-
seitigen Forschung nicht mehr gefolgt war. Da die inzwischen auf Anordnung
der Bundesbehörden erschienene „Amtliche Sammlunj? der älteren eidg. Abschiede**
(bia 17 U8 reichend) dem Forscher einen außerordentlich reichen Stoff und zu*
TarlSeaige UrkaDdaataxte geboten hat, ao wird dia Bahaadlang der Av^^abe ao-
vohl arieiditart ala «raehwart; alkon dieee Graadlaga kann fiwtan ntoht ttbaraehen
werdan. ') Nuch ohne diese Hülfe gab J, J. Blumer in piner „Geschichte der
schw^'iz. DrnK.kriilieen'* (I. 1848, II. 1858 — die sich mit <len alten
Laudägemeiude-Kantouen (bii4 1798) befaßt, doch viele Beitrage zur Ge^ichichte
des eidg. Bundesrechts, und in seinem „Handbuch des Schweiz. Bundesrechts "
(186SI— 1864), das dieVerfauanng roo 1848 (ndt den becUgUoheii GeMtaan ata.)
dantellt, einen trefflichen Grundriß der voraaigehenden Verfassungen, der anoh
neben umt'augrr 11 .reu Arbeiten Beachtung verdient (I., 3---127'. In .loh. Meyer'fl
Werk über dus Buude.srecht i.st der 1. Band (187.'^) nur den V(;r 17'.)8 bestan-
denen Verhältnissen gewidmet ; zu bemerken ist hier außerdem ein höchst achtbarer
Varaueh, eine Art sdkweiz. BaehtegeBofaiahta vor der Grttndnitg dar EidgenoeMii-
aehaft zu entwarfen ; etwas kurz ist dagegen die 2^it zwiachen dar Reformation
nnd der Revolution behandelt. Nur das mittelalterliche Bundearecht, nebst allerlei
geschichtlichen Beigaben, bietet das reichhaltige Progi-amm von A. Pfaff ( 1H70).
Zahllose andere Schritten, in denen die älteren Zustände mehr oder weniger etu-
Ukfiüdi hertthrt sind, müssen hier Übergangen werden. Es bleibt nnr übrig, at-
lidia Spastalarbeitan m arwiihitan, dia erhebliehe Beiträge anm VantXsdidß der
altan Eidgenossenschaft lieferten. In erster Linie htcht die Studie von A. Pliil.
Segesser: Beiträge znr Geschichte de.< Stanser-Verkorninnissps (nm hearlicitet
1878); »odann Wilh. Oechsli : Orte und Zugewandte (Ihöis); endlich ist mit Be-
zug auf die Ablösung vom deuttiuhen Keiche anzulühren ein Beitrag detsselben
Gelehrten in HUty's politischem Jahrbach (1890). üeber die «neuere Zeit* iat
nichts ISntapraohendes anzuführen.
Die neueste Zeit (von 170S unl ist hauptsächlich in vier Geschichtswerken
von Tillier (bis 1848), den letzten Bänden von Monuard (bis 1815), sodann
') Da die Erstellung die.ses .Sanmiehverkes nl)er dreilÜK Jahre gek<istet bat. !•<< ist
die Durcharbeitung de:) Ganzen noch nicht zur Geltun); ifekorameu; einige der wichtighten
Binde sind indeß in jün^ter Zdt sotgflUtig und mit Erfolg benQtzt wordeo.
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Buode.sverfassungen
— 104 —
Deubchkud
fiftumgartner (von 1830 — 1857), Stgemr u. a. beleiwhtet; viele Beitrage Bind
jedoch blos biographiftch oder umfassen nur wenige Jahre. Auch das amtliehe
Material ist erst für die Jahre 1803 — 1848 annähernd verarbeitet („Repertorium*
der eidg. Abschiede, 1h03— 1813, 1813 1848), die Periode von 1798—1803
aber in Angriff genoiuoien j von 1848 an geben dia Üandeagesetze^ das Bundes-
blatt, die gedrnokten FroloteUe Uber BeviflioiMVwhaidlitngen oiid benttglklie
Btnechttren die wiobtigiten Grnndlagen; sn «fwSiinen iet «noh die Ton der Bvndea-
kanzlei veranstaltete Sammlung der Bundes- und Eantonsverfassungen (erstere in
drei Sprachen"): I. Rd. 18fi4, II. Bd. 1880; sodann das Register Uber die Bimdes-
gfisetze von 0. Hotz, die Sammlung von P.Wolf (1889 — 1891?), welch' letztere
den Text der noch gültigen Gesetze mittheilt. ALi kritische Bearbeitungen fallen
in Betracht: Für dk Zeit dee XYer Bnndei: L. Snell, Handbnefa dee aehweis.
Staatsrechts, I. Bd., 1839 — 1848, vo anch das Material gesammelt ist; für die
neue Aera: Da.s Handbuch von Blntnr r (s. o.\ auf Grund der Verfassung von
1874 \imgearbeitet von J. Morel; J. .1. Küttimann (in Vergleichung mit dem
nordamerikaoischen Buudesrecht (1867 — 1870)5 Joh. Mejer, II. Bd. (1875),
mit Suppl. (1881); AI. v. Orelli (1885), der aneh dae kantonale Staataneht
beideht. Dasselbe that schon Simon Kaiser m zwei ganz verechiedenen Werken
(Staatj.reoht. 1858 1860; Politik, 1867- 1875); unvolbtändig, aber gediegen,
auch .1. Dubs (1877 1878). In kürzeren Darstelhm^en haben sif^h Erzinger,
Hcholieuberger, N. Ihroz u. a. versacht. £ine kommentirte Textaubgabe der
BondesTerftMeung von 1874 (ergXmt bia 1887) gab C. H. Kann (1888).
Anch an Monograpbieen ttbtt einaelne Zweige der Bundeererwaltang fisUt ea
nicht; von Inatoriaohem Interesse ist noch J. H. Hottinger's „Staatshaushalt der
Schweiz. Eidgen'<äHe^^:^haft'* etc. (1847V Die Materialien des Bundesblattes und
sonstiger Publikationen verarbeiteten verschiedenartige Beiträge in den Zeitachriften
fUr Schweiz. Statistik; ,die Entwicklung des eidg. Zollwesens** stellte kürzlich
Alb. Hnber mit anereiefaender Gründlichkeit dar, ete. etc. — (Geecbiieben Ende
Oktober 1890; ergänzt Ende Hai 1891.)
Deutschland! Seit dem EtBoheinen des bez. Artikels in Band I dieses
Werkes hnhen die Verkehrsvermittlungen beider Länder nicht nur ihrfn Fort-
gang genoninu'ii, sondern anläßlich der VertragHverhandlungen von 1M88 JSeiteus
des Vururt» des »chweiz. Handels- und Industrievereins durch Aiusscheidiing des
bloßen Zwisehenhandfls (vgl. anch hier Bd. I S. 876) eine mnatergültige Be*
leuchtung erfahren. Die betreffenden Untersuchungen sind von Deutschlaud als
Biibis jener V^erh and langen anerkannt worden. Die Bemltate aind folgende (Warthe
in Millionen Jf'r.):
Schweizerische Einfuhr Ausfuhr
brutto
nelto
brutto
netto
1885:
248,8
203,0
157,6
105,s
1886:
261,t
263^
201,1
159.9
164,t
102,9
1887:
207,«
104,7
1888:
253,8
205,8
1G4,9
107,9
1889:
270.0
224,3
184,«
127,1
1890:
241, s
182,1
125,,
Mit diesen Ziffern ist nn.ser Verkehr mit Deutschland nicht nur absolut der
stärkste, den die Schweiz autzuweisen hat (Frankreich bezog anno 1890 brutto
nur für 123,t Mill. Fr. nnd lieferte nna fttr 3S6,s MiU. Fr, Waaren), er iat
anch noch dadurch beaonderi bedentBamr da6 wir ans keinem anden Lande weder
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Deutschland
— 105 —
Deutächlaod
«bflolat nooh nikür so vUü» ütttig« Fabrikate bMiehaD. Nach wirtlmliafUielkflii
Gencht^ttnkteii gUedam iteh nSmlioh obige Zahlen (bratto pro 1890) wie folgt:
Einfahr 1890 Ausfbbr 1890
Lebensmittel: 42,» MilL Fr. 18,^ MUl. Fr.
Rohstotfe: 94,i ^ « 46,o «
Halbfabrikate: 13^ ^ „ 44,« ,
GaasliKbiücate: 148,» ^ » ■ *
Total; '8§6,« Hill. Fr. 183,i Hill. Fr.'
Die Schwei zerisobe Ausfuhr beschränkt sich auf relativ wenige Haaptartikel:
Von Lebensmitteln sind nur Käse (8,4 Mill. Fr ), Schlachtvieh (3,85) und Obst
(3,7: anno 1890 ausnahmsweise hoch) von Belang, — von Rohstoffen ond Halb-
labrikaten in erster Linie Seuie mit 52,$ Mili. Fr. (und zwar: Bohseidu 2(3,7,
Floretseide 22,o, geftrbte Seide ete. 8,4 Hill.), sodann Bamnwollganie (8,s) nnd
rohe Baumwollgewebe (5,4: Transitveredlung), Kammgarn (7,»), Nntzvieh (5),
Edelmetall (4,«), Häute und Felle (3,«) und rohe Wolle (1,7), — von fertigen
Fabriltaten : Taschenuhren (27,») und Maschinen (7,2), seidene Gewebe und Händer
.(10,»), Baumwollgewebe (1,»), Stickereien (3,a), Bücher und Bilder (3,3}, Farb-
ivaaren (2,«) eto. eto.
Weit reiciker Tensweigt tieh naeere Einfnhr aus Deutschland. Die widitigsten
. JLrtikel waren (gleichfalls Werthe in Millionen Franken):
Lebensmittel
Rohstoffe und Halbfabrikate
Fertig» Fabrihale
6(tni4«, Nehl «tc:
SUiikobld (tCi.:
i22,«
toll«, Itls ml Kifta:
^*
Eis«a:
16,»
iiaBfrkliou :
I6,f
Edtln«lBll:
6.»
Eaaaiweli^ewtke:
kapfer:
lidff« ■•talb:
Min* (itvtkf, Uaitt, Shmli etc.:
4,«
3,74
2.0
Strutpfwaartn:
3,5
%^
NaUTieh :
6,.
Uii«Bmaka:
2,.
FcklackUith:
1,"
Rahtabak:
5,»
llfilf : ^
2.»
rki»chi.FI«Kb|r«dikt«;
(ISSO umbaiNtM
) beb)
Kaalubakwaaraa:
I.»
Biw:
t,«
Rilm^ et«.:
&•
KifiRaiKi, 8|ieln^ «U.:
Wfii:
1.«
*^
laidiiM:
Sprit :
1,1.
V»llnrB«:
±9
EiüfiiwMrfu;
9,-
^|«iMÖl:
Ur
Buaville:
4^
bijoatni«:
itc. üu
liumllguM:
%i
Kapftnmm:
1^
Stroh. irrliTit:
±9
I hrrii :
u
liftli, r«h:
3*«
ClieBikAlien:
9,7
3#
Intlir ilc:
%i
inbiMni:
l'onildün^tr:
%i
A{>othfk»-.»iira:
1,*
hiroltan:
LiuratBr:
7^
«t. et«.
Tum:
iJfr:
Schah«:
kaiwt Ufanm:
UiM:
TbaanaartB :
Glasvaarin:
8^
Im
1.«
3,.
%^
u
Takakfabnkaii:
l.»
tit. elc.
Es leuchtet ein, dafi die Abetriche dee Zwiachenhandela brnderemts vorwiegend
•die Rohstoffe (Seide, Baumwolle, Wolle, Tabak, Petroleum), bei der Einfuhr außer-
dem die Lebensmittel (russisches Getreide, Kaffee etc.) betreffen, sodaß sich die
wirkliche Einfuhr nocli weit mehr auf den Fabrikatenverkehr beschrSnkt.
Was die bandelspoiitiscbe Entwicklung der letzten sechs Jahre betrifft, so
fiel die Abfassung dee Artikeh Denteohland in Bd. T S. 37S— 447 diesee Werke»
in eine Zeit tiefer Yerstimmung aeitene der eohweiierieohen Exportinduslrie.
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D«nt8chland
— 106 —
Deutschland
De«tBeli]atDd hatte im Sommer 1886 mmge der irichtigeten sohweiserisohen Ana-
fiihrposteii, Ubren, Seiden waaren, Stickereien und Vieh mit schweren Zollerhöhaogea
belastet (vgl. die ÜeberHicht in Bd. I S. 418 — Nach .len deutHchen QueUe»
betrog der schweiterische Verkehr mit Deatschland in Millionen Franken:
Ein
fuhr
Ausfuhr
brutto
netto
brutto
netto
1882:
173,8
154,8
175,«
87,4
1883:
172,»
155,3
179,8
87,3
1884:
178,8
144,8
159,»
136,1
151,&
84,8
1885:
136,0
83,4
1886:
152,»
140,s
155,1
77,a
Dank der seit Ende 1886 allgemein sich anbahnenden Besserung der Preis»
und liimit 'ier gesammten Lage des Weltmarkte«, hat sich auch unser Verkehr
mit Ueuthclilaud von 1887 an wieder um ein weniges gehoben. Eine entschiedene
Wendung zum l^ieeren ist jedoch erst nach dem Einlenken DentsoUanda dnroh
den ZnaatSTertnig vom 1. Januar 1889 eingelreten. Biet geht «m dMi Eingangs
ndtgetlmilten Ziffern deutlich genug hervor. Kamentlich hat der «cbwwserischo-
ühreniexport in den letzten zwei Jahren einen ungeahnten Aufschwung genommen.
Inzwischen hat nicht nur Rußland, sondern aucli Nordamerika und Frank-
reich die Schutzzollpfjlitik su sehr auf die Spitze getrieben, daß bei längerer
i^'ortdauer der gesammte Weltverkehr eine rückläufige Bewegung antreten müßte.
Dem gegenüber flieht lieli Hittelenropa zn einem engem ZnoamniMiMhlaß förmfidi
genöthigt, nnd auch Frankreich durfte auf die Dauer nicht umhin kVonen, dieser
Tendenz starke Kouzessioneu auf .seineu dernialitren Tarifprojekten zu niarben.
Jedenfalln darf eine weitere Annäherung zwischen der Schweiz und Deutschland-
Oesterreich mit Zuversicht erwartet werden (ge><chriebeii Anfange Mai 1881).
Da auf Seite 439 des I. Bandes dvr HandelHvcrtrag vom Mai 1881 mit-
getlieilt worden nnd seitdem (11. Kovembw 1888) ein Zusatzvertrag zn Stand»
gekonmen, folgt hier auch der Wortlaut des letztem.
Artikel 1. Die in dem heilirgentlen Tarif 1 liezcii luiMtt-n Gegenstände huel-
zerisc'her Herkunft oder Fabrikation werden bei ihrer tluiluhr m Deutschland za den
durch diesen Taril" festge^itellten BedinKun(?en zugelassen.
Die in dem beilietrenden Tarif -2 hczeiehneteri (lepenstfinde deutscher Henkunft
oder Fabrikation werden hei ihrer luiilulir in die Schweiz zu tleu durch diesen Tarif
fsstiyrestellten Bedin|;un|;en zugelasi^en.
i\rtikel i. a. Der im Artikel (> lit. a de.s l>oslehenden Vertrags vereinbarte zull-
firele Veredelungsverkehr filr Garne zum Stricken winl auf Game zum Zwirnen aas-
gedehnt, b. Der im Artikel (> lit. d des bestehenden Vertrags vereinbarte zollfreie Ver-
edelunfnverkehr für Seide zum Färben wird auf £>eide zum Umtärfaeo ausgedehnt
e. Ein Nadiwe» der einhehnischen Erzeugung der zvro Zweck des ^rbens oder tJm-
fiirbens in das aniicie Gebiet ausgeführten Seide wird nicht verlanj^t
Artikel 3. Der gegenwärtige Zusatzvertrag soll vom 1. Januar 188U au in Kraft
treten.
Der Vertrag vnm 2:5. Mai 1881 mit den diin h den ».'c^'unwärtipen Zusatzvertrag
herbeigeführten Aenderungen und Ergilnzuugen soll bis zum 1. Februar ISi^sS in Kraft
bleiben.
Im Falle keiner der veHni-^srhlirL^cndcn Theile zwölf Monate vor diej^em Tage
seine Altsioht, die Wirkungen des Vertrages auüiöreu zu lassen, kundgegeben haben
sollte, bleil)t derselbe neb^t den erwühnlen Aendermigen and jSrgSnzungen bis zum
Abiauf eines Jahres von dem Ta^'e ab in Krat>. nn welchem der eine oder andere der
vertragschließenden Theile ihn sreküudigt liabeii wird.
Artikel 4. Gegenwärtiger \>-tirag soll ratilizirt and die Ratülkationsurkundai
aolleti -pfdestens am .'{l. Dezember ISSS in Hrrlin ausgeweclis> lt werden.
Zu Urkund tlessen haben die beiderseitigen Bcvullmachligten diesen Vertrag unter-
sekhnet und'ibre Si^l belgedrfickt.
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Deutschland
— 107 —
Deutschland
Anlag« 1. — ZMItllM M i» ElnMir In DMrtMhlMd.
hüMktt MUuif Artikel Z«ll ßr IM kf^
Nr. Mark
9 e, 1 d BaumwoUengarn, eindrüblige«, roh, flb«r Nr. 60 enf^bdi . . 90
e Baumwollenparn. oindrfihtifre-, roh. Ober Xr. 79 englisch . . 06
2 c, 5 Baumwollengarn, zweidrüliliges, wiederholt gezwimtiMt roh, ge-
bleicht, gefärbt; auch accommodirter, zum Eiozeltei^anf
herporirhteter Baumwollenzwirn jeder Art 70
aus 2 d, 3 RauiiiwoUeiigewelie, rohe, undichte 120
aus 2 d, t; Stickereien, baumwollene . . 300
ans 15 hf i MüUereimasphIn<-n , elektri.« hf Maschinen, Baumwoll-pinn-
maschinen, Webereimast liinen , SchifTsmaschinen, Dampf-
maschinen, Dampfkanel, Maadiinen für Holzstoff- und Papier^
tabrikation, Werkzeugmaschinen, Turbinen, Transmissionen,
und zwar je nachdem der Oberwiegende Bestandtheil gebildet
wird:
a. aus Holz , . . . . 8
b. an« Gußeisen 3
c. Mii- s<-|iiiiieill);ir('m Kist-n .......... 5
ferner d. auä anderen unedlen Metallen , 8
ans 15 b, 9 Dnmpfhiasehinen und Dampfkenel zat Verwendung beim
'ji 'sbau fi-ei
aus !)iO a Gewalztes Gold iOO
90 d Tasebenubrra, Werke und Gehftuse zu eolchen; Ein StQek
1 in goldenen Geh.iu>t n 0,60
9 in silbernen Gehäusen, auch vergoldeten oder mit vergoldeten
oder plattirten RAndern, Bfl^ln oder KnOpfen .... 0,60
3 in Gehäusen aus itndr-ren Metallen . . . |
9 Werke ohne Gehiiuse > 0,40
4 und b Gehäuse ohne Werke I
100 kg.
22 i Stickereien, leinene 150
25 o Käse aller Art 90
aus 30 a Floretseide, gekrmimt, gesponnen oder gezwirnt, jedoch nicht
geiaht < frei
30 d Zwirn aus Roliseide (Nähseide, Knopflocheeide ete-)t geftrbt
und ungefärbt 150
ans 30 e, t Waaren ans Seide oder Floretseide 600
aus 30 e, 2 Stirkcrtien, seidene 600 .
aus 30 e, 3 Bänder mit offenen. Geweben'^):
seidene 800
halbseiilcne ■['>()
auü 30 e, 3 Seideubeutcltuch 600
aus 30 f Bänder anderer Art aus Seide oder Floretseide, in Verbindung
mit P.uiiiiwollc, Leinen, Wolle etc 450
41 c, 3 a Wollengaru, roh, einfach 8
41 c, 3 b Wollengam, roh, dublirt 10
aus tl d. 7 Stickereien, wollene 3'X)
B&treÜend den Transit a. Seite 315 im III. Band die se^i Werkes, Der
Veredlungaverkehr kommt erst im Supplement unter „V" zur Darstellung.
Anlage Z. — Zollsätze bei der Einfuhr in die Schweiz.
Mmittr.Thrir Artikel Z«ll ur p^o kg»
Nr. Fr.
aus 17 a Amiimi.' eiiischlieLlich Hei-,-t.irke, roh und genjstet, Slürke-
gummi (Dextrin) 0,60
Bau- und Nutzbolz in der Längenrichtung gesägt oder gespalten
(Schnittwaaren, Schindeln etc.):
54 eichenes 0,40
54 a andere.« 0,70
"t Uuler offenea 0«w«b«n tiitd lokb« venUnden. in dunen tlie £ntf«niun|| tod «ifienrKcttmlMn*-
amm radem gMtMr tot, mU di« Oidu 4«« FtAtm •flbit.
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Deutsehland lOd DienalboteDsebttlen
U%HiK. Tarif Artikel MI llr W ks.
Nr. Ft.
am 71 Grobe Korbfleehterwaaren, von geschälten, gespaltenen Rothen,
von Rolir oder Holzspänen, gebeizt o li r un^'i Jf izt ... 1)
73 tirobe BQrstenbinderwaaren, in Yerbiudutii; mit Holz oder
Eisen, nicbi lackirt, nicht polirt S5
74 Feine BarstenhindenrMren SO
79 Hopfen 4
aus 170 Portland-Cemenl 0,70
323 KaiTeesurrogate aller Art, in trockener Form 6
245 Zucker, raffinirter. in Uaten, Platten, Blöcken oder Abfällen 8,50
24«) Zucker, rafBnirter, geechnitt^a oder fein fepnlvert .... 10
ans 247 Bier in Fässern 4
253 Naturweia in Ffissern 3,50
159 Andere fette Oeie*), mefat mediainieche, aller Art in Ftaera;
Pflnnzenwach«* 1
aus 266 Faserstoffe zur rapiyrläbrikation, in nassem Zustande . . . I,i5
Papierwische 40
283 Baumwollgarn auf Spublen, in Knäueln oder kleinen Strängchen
(för den Detailverkauf hergerichtet), sowie drei- und mehr-
fach gezwirnte, gefärbte Game in StriDgen ...... 35
auä 287 Sammetartige Gewebe aus Baumwolle 40
351 Elastische Gewebe aller Art aus Kautschuk, in Verbindung mit
Baumwolle, Wolle, Seide p. p iO
357 Feine Stroh-, Rohr- und Bastwaaren 60
aus 358 Kleidungsstflcke nnd Ldbwtoche and andere f<n1ite Waaren
ni' N ihurbeil au-? Baumwolle 00
aus 360 KJeidunKsstQcke, Leibwäsche und andere fertige Waaren mit
NAhartieit ans Seide nod HalbscM« ISO
362 Herrenliiite aller Art, ansgerOstet (gamirt) 125
auä 370 Pferde , per StQck 3
390 Bettfedera 7
411 a Lampen, fertige, ganz oder theilweise zusammengesetzt . . 25
Tl!>MHtbotenschnlpn. Eine Anstalt dieses Namens besteht in Lenzbnrg seit
1. Oktober l>j89; eine zweite int am 1. Mai 1891 in Bern erölTbet worden.
Beide Anstalten sind gleich der Haashaltungsschnle in Buchs bei Aaraa Schöpfungen
4es schweinriadien getnwnntttsigmi Fraitenvereine. Projekttrt sind Xhnlidhe ibiatitnto
in Zürich, St. Gallen, Herianu, Chur. Damit bewegt aieh der Bchweizerische
^nieinniitzige Frnuenverein anf einer Bahn, welche zu großen Erfolgen, ja in
ihn Tri (•'nrlzial zur Obligatorisirung des HauahaitungsuDterrichtes iUr alle M&dchen
fiihreu muli.
Dem Pnwpokt der Sohnle in Lenzburg entnehmen wir folgende IDttheilangen:
Der Zweck der Schule ist ein doppelter:
1. unbertiiltclten Mrult li.-ri wird Gelegenheit geboten, sicli für den dienenden Beruf
in allen Arbeiten Hus/.ui)ilden : 2. soll dem stets zunehmenden Mangel an braven, tüchtigen
Dienst rHädchen abt^eholfen werden.
Der Plan der Schule ist folgender:
Ls werden je 12 Schülerinnen aufgenommen. Die Lehrzeit dauert drei Monate;
das Lehrgeld beträgt 60 Fr., Kost und Logis inbegriffen und soll beim Eintritt der Vor-
steherin bezahlt werden. Jede neu eintretende Schülerin hat ein Leumundszeugnift und
den Heimathschein abzugeben. An gezeichneter Wäsche soll mitgebracht werden:
4 Hemden. 4 Paar Strümpfe, i Schürzen, etliche Wascblücher. Ferner 2 Paar gute
Schuhe. Während der Lehrzeit erhalten die Schülerinnen Unterricht in allen Geschäften
einer bnrgerliehen HanshaltunK. das Kochen. Putzen, Waschen, Glatten, die einfaehe
Näh;irl'»'it, dris Flicken und den tJennlsrhau inbegriffen.
Sittlich religiöse Anregungen fehlen nicht Eine Hauptaufgabe der Vorsteherin ist,
den Sinn fHr Odnungt Fleifi, Reinlichkeit und anaUlndiges Betragen ni wecken, Aber*
hnupt < im II i^tcn Einfloß anf den Charakter der Sefafllerinnen aussuflben.
•) ABdm »U: UUvnei in tVMem md B|»eiH«l ta VlaMhcm od«r Bteehgvllneii (Po*, itit u. SM).
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Dienstboteiiscbulea
109 —
Ürahtseilbabneii
Um die angehenden Dienstinägde auch lür den Zimmerdienst in komforlablea
Räumen einzuüben und ihre Kenntnisse im Küchendienst zu ervreitorD, wwden diMelboi
Jeweils den Frauen des Vereins zur Aushälfe in's Haus gegeben.
Jedem nach beendeter Lehrzeit aus der Schule austretendem Mädchen, das eine
▼ODi FraiieiiTereüi ▼ersehtifll« Stelle flbemimmt, werden bei gutem Voiialten 10 Fr.
ausbezahlt.
Jählich werden b SchUlehnnen ganz anentgeltlich, einige su ermäßigtem
Lehrgeld angenommen.
Die Frequenz der Anstalt it»t derart, daß uicht alle Anmeldangen berllck-
Biobtigt werden kSnnen. Die Plasirong der ZCgUnge begegnet keinen 8ebwi«rig-
keiten, denu die ^Nachfrage nadl guten Dienstb t ji ist stete groß. Die Scbnle
wird von Behörden, Vereinen nnd Privaten snbventionirt.
DiskontollSWdgangen (Elrgänzung der Mittheiluageu auf Seite 449 1. Bd.).
Genf Basel Zürich St. Grellen Diir< bschnitt
1861—1870
4,47 7o
4,ss %
4,73
^0 4,5» 7o
4,ai »/
0
1871—1880
3,8a 7o
3,M >
3,».
'O 4,04 °'o
3.84
0
1881—1890
3,47
'o
Im Aoelaad war
der Diakontosats
im Mittel der Jabre
Ftankr,
Belgien
Italien
England Dentsehl.
Schweis
1861—1860
4,16
5,8»
4,11
4,3»
4,18
1861—1870
3, »5
3,«3
5,91
4,2a
4,57
4,61
3,04
• 1871—1880
3,76
3,61
3,n
4,7»
3,S4
3^0
4,84
1881—1885
3,»4
4,eo
4,ss
3^1
1851—1885
d>B7
3,»o
5^T
d,»i
4,40
444
1885
3,00
3,28
5,88
2,93
4,11
3,0»
1886
3,00
2,76
4,71
3,06
3,27
3,05
1887
3,00
3,10
5,50
3,4a
3,41
2,08
1888
8,10
8,tT
3,00
3^0
3,00
3^0
1889
3,10
3,»4
3,00
3,90
1890
3,00
3,so
4,55
4,52
3,88
Für die Schweiz
»u\(i die
Diskontosätze der
Hauj>tbanken in Base
•I, Genf
nud Zürich, fdr Frankreich diejenigen der Banque de France, für Deutschland
der Deutschen iieich^bank, für Belgien der Ban^ue nationale und für England
der Bank of England maßgebend.
Drahtseilbahnen. Ende 1889 bestanden nach der schwdaeriaohen Eisen-
hahnotattfltik folgende 10 DrahtoMlbahnen: Beatenbergbabn, Biel>HaggUngen-B.,
Bttrgeustockb., Qießbachb., GUtschbahn in Luzern, Lausanne-Oochy-B., Lugano-
Stadt-Bahnbof, Marziübahn in Bern, Territet-Glion-B., Züriehbergbahn (Liminat-
qnai-Zörich-Polytecbnikiim). Im Laufe des Jahres 1890 sind hinzngekommen die
Salvatorebahu und die Eclusc-i^lan-lialin.
Lansauue-Ouchy hat die größte Länge (24öo m), die Marziii bahu die ktirzebte
(105 m).
LausaDne^dndiy bat eine Spurweite Ton 1,435 m, die Harnlibalin von
0,750; alle übrigen 1 Meter.
Die mittlere Steigung variirt zwischen 7^>^/oo (Lausanne-Ouchy) und 533 ^/oty
(Bürgenstockbahn), die Maximalsteigung zwisclien 116 ^fm (L. O.) und 575 °/oo (B.).
Die höchsten kihnnetri^chcn Anhgel'osten hatte die Züriehbergbahn mit
r513,i539 Fr,, die kleiut^ten die Hiei Magglingenbahu mit 27r),5üG Fr.
Die Lautianne-Ouchy-Bahn hat 11 Personenwagen, alle übrigen nur je 2.
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J)r«bt«eObahiMMn
— 110 —
Etsnibahiieii
IM6 ZOriolibeiglwlin hatte die grSßte Bmendenfrequentt die Btti||eiistock*
kthn die kleinste; dagegen lieferte letztere prozentual den größten Bßtriebe-
■einnahmenüberschuß (GdJ^'t ^/o), Biel-Magglingen den kleinsten {14,H °/o)-
Uie (Tütschbahn ergab die größte Kapäolrendiie (16,10 ®/o)i die Biel-
Mi^lingeiibahii die kleinste (0,28 '^Jo).
Bei der Bflrgemtookbiiliii und der Salvatorebehn iet Elektrintlt die Betrieb**
knhf bei allen übrigtiu Drahtseilbahnen Wasser.
Konzedirtr DrHhtseilbabn;;iro;<;Ä;/<; sind Aofaogs 1391 :
Lausanne-Signal, Länge (300 m.
Lauterbrannen-CrrUtsch, Länge 1^60 m. Im Bau betindliob.
St GttDea-Htthleek, Ltoge j»36 m.
BheiDeok^WelsenliBiueiif Lange 1200 m.
Kagatz-Wartenstein, Länge 761 m.
Trait-Planches bei Montreux, LSnge 392 m. '
Stana-Stanserhom, Länge 3740 m.
Interlaken^Harder, Länge! 450 m. Die zwei letztern sollen durch Elektrizität
•betrieben werden, die Übrigen dnroh Waeaeigewiebt.
Durchfuhr e, den Artikel «Tnueif «nf Seite 315 im HI. Band oder
V. Halbband.
Eciuse-Plau. Drahtseil! ihn, erütVnet am 2 j. Oktober 1890. Betriebslänge
387 m. Spurweite 1 m. Maximaisteigung 37ü**,oo. 4 Statiunen: Ecluse, La Boiae.
La C$te, Plan.
Eichstätten. (Ergänzung der Statistik auf Si ite 474 im I* Band.) Bb
Ende 1890 haben folgende Veriiiideruugen in der Zahl der Eichstätten stattgefunden :
Bern. Din Kichstätte für glli«erae flüaugkeitemaaße ist mit der ordentlichen
Eichstätte verschmolzen worden.
Lnaern. Die Eichung der Torfmaafie ist dem Httlflieiolmieister für die
Eiehnng der Qlaigefltee in Wanwyl Übertragen worden.
Neuenbürg. Jetzt 4 Eichstätten.
St. Gallen. Die Eichstätte für eiserne FlÜHsigkeitsmaaße ist angehoben.
Schaff hausen. Die Kichstätte für Gasmesser ist aufgehoben.
Waadt. Jetzt 2(5 Eichstätten für Maaße, Gewichte und Waagen, und 4
fttr hOtieme Flttssigkeiinnaafie.
Ganze Schweiz. Bestand der Eichstätten am 31. Dezember 181)0: Für
Maaße, Gewichte und Waagen 149, fiir j^lä.sprne Flüssigkeitsmaaße .'», für alle
Flüssigkeitsmaaße 8, fiir hölzerne Fltlssigkeitriuiaalje 113, für Fässer 3, für Gas-
meiwer b. Total 281. (Die Eichstätten in Bai»;! und Zürich werdeu iu der
Geeammtzahl nicht berfleksichtigt, da sie von den ordentUehen Eidhmeistern be-
dient werden.)
Effretikon-Uinweil-Bahn ist am 31. Deiember 1885 in das Eigenthnm
der Nordostbahn Ubergegangen.
Einfuhr a. den Artikel ^Waarenverkehr" im Supplement.
fiiilftihrESile. Die Ergänzung folgt im Soppkment unter. dem Seblagwort
.ZSUe".
Eisenbahnen (Ergänzung des Artikels auf Seite 525 u. IT. im I. Band).
Wie aus den auf Seite dt-s I. Bande-* entlialtenen Mittheilungen ersichtlich,
verflossen vom Moment der ersteu EisenbalinbetriebtieröliDung in England (1826)
19 Jahre, bis über schweizerischen Boden eine Lokomotive rollte. Zwar war
eohon in den dreißiger Jahren von Zürieh aus mne Anregung snr Erbauung einer
Eisenbahnlinie Zfirieh-Basel ergangen, allein we mußte um so erfi)lgtaeer bleibwi.
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Eiäcubaiiueii
— i n —
Kii>«abalmen
«k oodi im Jabn 1845 ia BamA der Stiadpiiiikt mafigebend wsr, B«m1 wtM«
MM «inem 8tep«lp1ats dm Tminthud»li «iw bloße Ei— nbahwatttioii, von wdoher
4MU man saseben könnte, wie die Waggons wub ein Paar Minuten Rast mit dem
Nutien nach Zürich flOgen! (Baaler Zeitung vom 15. Juli 1845). IHt» Initiative
in Zürich ruhte aber nicht, sondern verfolgte beharrlich ihr zuimchst aut eine
Schienen Verbindung mit Basel gerichtetes Ziel. Eine Aktiengesellschaft konstitnirte
Mk am 17. Jaaaar ldS6 and beaohloß^ ein EapiCal von 16 MiUkmMi Fnoken
anm Baa einer Linie Ztirich-Badea aafinriningen. Das Kapital wurde überzeichnet,
weil nur 1 **/o Einaahlnng bcfinngen vnr. Aln aber auf den ^l. Män 1841
weitere 4 *^lo erfolgen sollte, weigerten sich dessen »»'.) ^/o der Aktionäre und
am 5. Dezember deii nämlichen Jahres löste sich die Gesellschaft auf. So gering
war das Vertiaaen in eine Sacihe, die apitter so bedeotungsvoU werden «oütel
Sie mußte siofa eiet noofa eine Beihe von Jahren in Ibi^uid, Deutschland, Frank-
reich, Belgien u. o. w. erproben, bevor das Mißtrauen des schweizerischen Kapitals
schwand. Ohne Zweifel hat zur Beseitigung desselben am meisten die Eröffnung
der Bahnlinie St. Louis-Basel (französische Unternehmung), 15. Juni 1844 bei-
getragen, denn eebon im nldielen Jahre nahm wieder ein Zttriober (Martin Escher)
das Frojekfc ZllriiA^fiaden an die Hand. £■ gelang ihm dia Grttndnng taueae warn
Aktiengeeellschaft (Mai 1845) und dieee behauptete sich nun trutz baldiger Fahnen»
flucht einer Anzahl WankelmiithiL'f'r, d-^ß im Januar 1816 die Bahnarbeiten
begonnen und im Juli 1H17 voUemiet werden konnten. Am ^M.Juli wurde die
„Nordbahn" probeweise befahren. Sie hatte 4'692,994 Fr. gekostet.
War Basel im Jahra 1845 einer Bahnverbindung mit z£noh ünndtieh ge-
sinnt. 80 beruhte dies keineswegs auf Abneigung gegen die Bahnen Uberhaupt,
Bindern die Basier erblickten den Schwerpunkt ihrer Interes-sen in einer Bahn-
linie Basel-* Ilten- Luzern-St. Gotthar<i, und für das Zastandekommen dieser Linie
suchten hervorragende Männer wie Merian und Stehelin unter der Bevölkerung
Stimmung zu machen. Sie hxtten yeimuthlieh leuMirt, wenn niefat hald die
49onderbundswirren eingetoeten wXren. Unmittelbar nadi Erledigung dieser Zwiste
wurdeu die Eisenbahnfragen wieder akut und naohdeii dttroh die Bträdesverfassung
von IHts, Art, 21, dem Bunde das Recht übertrasren worden war, auf Kosten
der Eidgenossensohaft öffentliche Werke zu erhöhten, zu unterstützen, zu ex-
[»roprüren sahen «ch die Bundesbehörden veranlaßt, geordnete Rechtsverhältnisse
in Besag mif das Eisenhahnwesen an ediaffen.
*) Der volle Worllaul Ue:i .4rtikels war: Dem Bunde sieht das Hecht zu, im Interesse
■der Eidgenosi^enäehitft oder eines großen Theites derselben, auf Kosten der Eid(ren09sen-
schafl öffentliche Werke zu errirliten oder die Errichtung derselben zu unfer-liTIzeii.
.Zu diesem Zwecke ist er auch befugt, gegen volle Entschädigung das Hecht der
Expropriation geltend zu machen. Die nShem Bedingungen faiertber Meiben der Bundes«
.gesetzge h un vorbehalte n .
«Die BurHlesversiiuiiiiuuj; kunu die Krrichtung nflVutlieher Werke untersagen,
welche *lie militärischen Inlere.-^isen der Eidgenos..senschaft verletsen.*
Mit d iesem Artikel h üte die Tagsatzung. welche die Verfa^^^nnf: v^im 12. Septi inluT
1848 ausarbeitete, die Ernclituag <5n'entlioher Werke verschiedener Art da niöj^lich
machen wollen, wo andere Kräfte dafür nicht ausreichten. Man sprach bebpielsweise
Von wichtigen Straßenzfigen. welche nicht zu Stamie kiimen. weil ein Zusananenwirken
der Kantone fehle, von Flußkorrektionen nach Art des Linth-Unternehniens, von einer
^Va-s4'rstraL>e, welche den Genlersee mit dem Rhein verbinde. , indem hiedurch ein
f roßer Theil des französischen Transits an die Schweiz übergehen müßte." von der
Intsumpfung des bemisehen Seelandes und der Urharit^irung noch .vieler Moorgründe,
welplic einer Mas-se von dürftigen Familien ihr Aui^komnien ver>< li;i;iri! könnten, während
sie dermalen sich gezwungen sehen, die Heimat zu verlassen und in weiter Feme eine
ZufluchtasUUte zu suchen.'
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läMnbfthiiMi
Eisenbahncik
Gegen das EaH» des Jahres 1849 hSSt» die BnndesTenammlniig eineik
Beechlaß, „die schweizerische Eisen bahnangelegenheit betreffeDd", welcher den
Bandearath beauftragte, unter Zuziehung nnhetheiligter F^perteti den Plan zu
einem allgemeinen schweizerischen Eisenbahuuetae zu eutwertt n, ^ m liundespi^-Ptz
über die Expropriation züqi Zwecke von Eisenbahnbauten nnd deijgieichen Antrage
betreffmd die Betheiligung de« Bundes bei der AasfUhrung d«s Netees atuni-
sarbeiteB, sowie Uber die Aufstellung der Konzessionsbedi^gongen Beriolit sn
erstatten fUr den Fall, daß die Ebenbahnen durch Privatgesellschaften errichtet
würden. Man H achte also vor Allem an eine planmäßige Anlage der Schienen-
wege und wollte iOr letztere das in Artikel 21 der Verfassung vorgesehene
Expropriattoasreeht für OffimtUehe Wsslce wirksam werden lassen; dabei blieb
die Frafe offen, ia welolier Weise der Bnod sich an Ben der Eisenbahnen
finanziell betheiligen aolle und ob der Bau PrivatgeseUiohaften zu Uberlassen
wSre. Kin ,U. s. w.', welches der Au&Khlnng der genannten Aufträge an den
Bnndeurath folgt, will sagen, daß in dem BeHcblusse nicht alle Möglichkeiten
bezeichnet seien und es sich eben um eine Uatersuchung humlle; aber bemerkens^
Werth ist jedenftUs, daß yon dem «Plan an «nsm allgemeinen adiweiierisehen
Eisenbahnnetze" gesprochen wird und daß dieser Plan die erste Forderung des
Beschlusaes bildet. Kurze Zeit nnf^hhcr wurde, in AusAlhrung de** gleichen Ge-
dankens, das Post- und Baudepartement vom Bundesrath ermächtigt, während
zweier Monate . Zählungen hinsichtlich der g^enwärtigen Frequenz von Per-
sonen, Vieh nnd Waaren in der Riohtnng d^ in EVage kommenden Eisenhahn*
Projekte ammordnen* nnd sich gleichfalls, wenn die sehweizensche VolksaKhlnag'
erfolgt sei, „die Angaben über die Bevölkerung derjenigen Gemeinden geben an
lassen, die zu beiden Seiten der projektirten Eisenbahnlinie liegen.*
Ein Expropriationsgesetz zu Gunsten der öflentlichen Werke Uberhaupt kam.
in BSlde zn Stande; es trigt das Datnm des 1. Hai 1860. Znm Studium du»
Eiaenbahnbanes aber wurde mittlerweile der englisohe Ingenienr Bobert Stephenson
berufen, und als derselbe, weil er dem englischen Parlament angehörte, erst
Ende Au<?ii«t I M'iO, nach dem Schlosse der Parlamentssesflion, in der Schweiz
eintretten zu k rnitn erklärte, lud der Bundesrath das Baudepartement ein, sich
xur Beförderung der Vorarbeiten den Ingenieur Gooch kommen zu lassen, dessen
Namen wir in den offiziellen Bmoksehri^en nicht mehr wiederholt finden. Ste»
phenson hat sich nachher eingestellt nnd einen Bericht ausgearbeitet , welcher
zugleich von Henrv Swinburne aus London unterzeichnet ist T^:r: ria Gut-
achten iUipr die iioanzielle Seite der Angelegenheit ersachte der BundCbrath die
Herreu JLUihsherr Geigy von Basel und Melchior Ziegler zum Palmengarten in
Winterthor.
In der Instruktion für Stephenson nnd Swinbnme lisat man neben Dingen,,
die sich von selbst verstehen, daß besonders zu untersuchen sei, „welche Haupt-
bahnlinien zuerst und zn gleicher Zeit erstellt und wt ldio erst in künftiger 2ieit
angereiht werden sollen'*; mit Sorgfalt mtisse auch hauptsächlich geprUft werden,.
, welcher Richtung «wischen xwei miohtigen Eonknrrenzbahnprojekten der Yor-
ang gegeben werden soll* und hier slhlt die Instmktion fUnf Alternativen auf,
Ton welchen zwei Gegenstand lebhaften Streites gewesen sind: es handelte mdi
darum, ob Basel mit der Aarlinie Uber den Jura oder dem Rhein rntlfxnjr
verbinden »ei und oh man eine Linii' Zürich- Wintertliur über Wcmteidea oder
Uber St. Gallen nach Eorschach weiterfuhren wolle. lu Kortichach sollte, wie
die Instruktion andeutete, «die Lnkmanierhahn* ihren Anfang nehmen. »Die
Herren Experten,* heißt es in einan eigenen Artikel, «werden auch befut*
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Eisenbahnen
— U3 —
Eii't'nhulincn
auhtou, ub ein Uebergang Uber die Alpen mittelst eines Schienenweges mit KUck-
■iöbt »af das Yerliiiltiiift der Eosten tn dem mothmaßlidien Beioeitfag aosftthrber
Mi und durdi weldie Eometroktioiien und Betriebsmittel solche Uel<er^'iing(.- i^ich
am zweckmäßigsten ausführen lassen. Sie werden zu diesem Zwecke das Luk-
manierprojekt näherer Prüfung unterstellen nnd mit Benutzung der vorhami« nen
Materialien untersuchen, ob nicht ein anderer Uebergang mit mehr Vuitheil
bewerlnteUigt werd«i kSnnte.*
Wie beantworteten Stephenoon nsd Swineburne die an sie gestellten Fragen?
Zuers*t allgemeine Grundsätze entwickelnd, hoben sie hervor, daß die Land-
straßen der Schweiz t^inpü Grad von Vollkommenheit erreicht hätten, welcher es
fraglich erscheinen lasbou könntf^, oh unser Land der Anlage von Eisenbahnen
bedürfe, wäre nicht die Erstellung von aolchen mnd nm daaaelbe hemm schon
60 wdt Torgeaehritten. Man habe aber jetst die Nothwendigkeit erkannt, sieh
der neuen HülfBmittel einer rascheren Kommunikation zu bedienen und walle
mit derselben Hnergie, welche schon diß Schwierigkeiten des Gotthard und der
Via Mala übt-rwand, an's Werk gehen. Solle nun ein Netz hergestellt werden,
da«) alle Kautune umfasse, so scheine es beim ersten Blicke, „als ob die außer-
ordentlieh mannigfaltigen Intereeeea einander widerspreohen wOrden« was daher
rtlhrt, daß im allgemeinen d« Lokalgeist unfähig maeht, den Blick über die
Grenzen des Kantons zu erheben, und daß er sich dagegen sträubt , die Frage
vom Standpunkt des Interesses der Kidgenossenschaft aus zu erörtern, deren
Wohlfahrt und Gedeihen wohlthätig bis in ihre kleinsten Tbeile zurückwirkt."
ätephenson nnd Syrinbnme beiseicbneo daher die GeMunrntintereoBeii nnd die taßg'
liclüt gleichmäßige Begünstigung der versebiedenen Landeetheile als leitendes
Prinzip. Wo man von diesem abgewichen sei, bemerken sie, da haben sich grofie
Nnchtheile eingestellt und sei das Eisenbahnwesen „nur einigen PrivÜegirten" zu
Gute gekommen. Nirgends habe dieses System ausgedehntere Anwendung gefunden,
ale in England — ihrem Heimatland — , da Anfangs das Parlament anter der
irrigen VoranaaetBang handelte, man k5nne die Konkurrena unter den rivalisirenden
Interessen nicht hoch genug steigern, indem das Publikum dadurch den größten
Vortheil gewinne." Von diesen Wohlthaten habe das englif?che Publikum nichts
verspürt und viele Unternelimungen »e\en gänzlich zu Grunde gegangen oder es
trafen die schlecht rcntirendeii Linien solche Einrichtungen, die ihnen gestatteten,
bei möglichst geringen Ansgaben das PnbUkam so viel als mOglieh auasnbenten.
Die unbeschränkte Etukurreoa sei also keineewega gut.
In teehnisrhcr Hinsicht warnten die Experten vor einem zweiten Irrthum,
welcher darin l estehtj, daß man bei Eisenlfuhubauten die kürzeste Linie als die
beste erklärt habe Für die Schweiz sei das Feld noch frei und sie thue wohl
daran, den Einflnfi zn bestimmen, welcher den BevSlkeningaTerhitltoieBen bei der
Anlage yon Eisenbahnen zukomme. "Mit Rfieksioht auf das ^Inrgige Terrain
unseres Landes empfahl der Bericht neben der Lokomotive die Verwendung der
sogenannten stehenden Maschinen und schiefen Kbenen. Der gewöhnlich ebene
Thalboden sollte für den Bahnbau bis zu dem Punkte verwendet werden, wo die
Grenze deijenigen Steigung — 16 bis 17 per mille — überschritten wird, welche
Ton der LokomotiTe ohne Gefahr und ohne m große Kosten begangen werden kann.
Dann aber benutze man, zur Vermeidung langer und kostspieliger Tunnel, jenes
andere Systf-ni, » ine Art Seilbahn, bei welcher Wasser- W'aggsm'? verwendet werden.
Im Einzelnen lieferten die beiden etii^lisel.en Ingenieure eine Kritik der zahl-
reichen Linien, welche mau «ich damals als mögliche Bustandtheile eines schwel-
leriaohen Eieenbahnneteee vorstellte.
Fsmr, VottmHrthteliAtlt'LuataD 4«r Scbweit. g
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Eisenbalknen
— 114 —
Ei^eobahnea
Ab Bheinthallinie war in VonoUag g«bradkt eine Eifeenbehn, welche von
I^asel nach Brugg filhren und, bis Baden fortgeaetst, die kleine Balm ZOriek-
Baden eri t ichen Rollte, welche damals der Anfang zu einer ^Nor Ibahn' war. Ton
allen iJlitikrn des ganzen schweizeriBcheu Netzes hat nämlich nach dem Wort-
laut det> (iutachtenti keine« eine größte Bedeutung aL» dasjeoige, «welche« Basel,
den großen Karkt dw Sdiweis, mit den Alpenpüssen nnd ZUridi, dem Hanptiita
der ManufiaktariDdutrie, verbindet." Diese Lima erblicken aber die Experten
eher in der Hanenateinlinie; Baael Bell adt IBirich Uber Oltoi verbunden werden
und hf'mi Hauensteiu eben meinten sie die schiefen Ebenen nützlich anwenden
zu köuuen. Von der Verbindung des Aarethalt» mit Luzem sprechend, nennen
flie die Linie von Basel nach dem Aaretbal den Schlüssel des ganzen Eiaenbahn-
netaes, welobe Linie nalttrlidk die VerUngerang naob Lnaem bedinge. „Da
Luzem", heißt ea wörtiicb in einem interessanten Satze, der für Zürich nach
den Enttäuschungen, welche die Gotthardbalin ihm bereitete, einen bittern Bei-
geschmack erhält, „da Luzem das westliche Thor znm St. Gotthardpaß ist, ho
ist es von groijer Wichtigkeit, daß die Linie, welche tiahm tüiirt, sich ho sehr
als mttglioh der Beyölkemng des Westens nähert^ weldie natllrlidMr Weise dieaen
PasHC zuströmt, wie die industrielle Bevölkerung östlich von Aarau, vermSge
filier leichten Kommnnikatiou. dem Splügen sich zuwendet. *• Nicht sympathisch
verhält sich das (nitacbten zu einer Verbindung von Bern mit dem Geni'ersee
wegen der Ungunst des Terrains westlich Freiburg. Ks wünscht eine große
Stammlinie von Westm nach Osten, aber diese sacht es anf dem Wege vom
Genfenee imeh Yverd<m, Sol(^nm, Ölten n. s. w., wobei awischen Tverdon nnd
Solotbnm die Wasserstraßen benutzt werden sollen, da die Dampfschiffe erster
Klasse eine Schnelligkeit besitzen, welche nur sehr wenig von derjenigen eii\es
Eisenbahnzuges abweicht und es unnütz sei, «die öffentlichen Hülfsquelleu eines
Landes für Eisenbahnen zu verschleudern, wo treffliche Wasaerstraßeu» mit denen
die Schweiz von Natnr so rechlich begabt ist, besatat werden kttnnen*. Ton
dem über eine Linie Zürich -Horschach Gesagten verdient erwähnt an werden,
daß 'Wf Kxpi-rtcn empfehlen, dieselbe Uber K!t)ten zu flihren. Skeptisch verhalten
sieh Stephennoii und Swinbiirne zum Liikuianierprojekt. Sie prüfen dif Vorschläge
i^a Nicoa's und üudeu die Hiudernisse, welche »ich der Technik eutgegenstelleu,
sehr groß. Wae die finanaiellen Opfer betrifit, so fürchten de, daß dieselben
„keineswegs durch die awischen dem Norden nnd Süden der Alpen beistehenden
Haiidelsverhiiltni<«e gerechtfertigt würden". „Da ül)rigens", sagen sie zuletzt,
„der Hauptanthcil dieser Linie, falls sie hergestellt und mit mäßigen Taxen betrieben
wird, Deutschland und Sardinien zufallt, so i^t es weniger nothwendig, di^lbe
ala einen Theil dea aehw^risehen Metaca an behandeb^. Zwisohen ZOridi und
Wallenatadt wollen die Experten eine Eisenbahn nicht anlegen, die Terrain-
sdiwierigkeiten aui Wallenaee fürchtend und weil hier natürliche Wasserstraßen
bestehen; auch die Linth, meinen si« nämlich, kannte für Dampfschiffe fahrbar
gemacht werden. Vom Bau einer Eisenbahn zwischen Lugano und BeUiozooa
rathen sie ab; sie sehen wegen der ungewöhnlichen Schwierigkeiten der Her*
Btellnng nnd des Betriebs den Bnin eines solehen Unternehmens voraus.
Auch über die Rentabilität eines schweizerischen Eisenbahnnetzes enthielt
das Gutachten der technischen Kxperten «-inige Angaben. Es st*»nt als Krfahrungs-
»atz auf, daß, .«ühald sieh die Kosten einer Linie auf läU — 2.'>ü,00ü Frauken
per Kiiumeter belaufen, der jährliche Ertrag ungeiahr ein Zwölftel der Herstellungs-
kosten sein müsse» wenn das aufgewendete Kapital vier Proaent abwerfen solle,
" und es spricht die Ueberzeugung aus, daß die Linien von Ölten nach Basel,
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Eismbahneii
^on Zürich nach Solotharn uod vittllmoht auoh dtejeiuge von Zürich nach Kor-
Bchach sojfleich aiisgefilhrt werden können, •yhu*' ein allzu großes Kapital in Anspruch
zu nehmpn. , Diese Linien-*, liest man, „g beri gegründete Aus*»ichteü auf einen hin-
reichenden Ertrag, selbst w(>nii der übrige Theil de^ Netzes nicht aogleich aus*
.geführt werden eollte." Dagegen wird die Errichtung einer Linie Biuea-LoctirDO
nicht bestritten und desgleioheo nicht Tetaehicdene Zweigbahnen wie Bem-Thnn,
Bern-Lyß, Wallen8ta<lt- Sargana u. s. w.
Stephennon nnd Swinbnme verwerten — wenn wir Alles (resfi^te kurz
zusammenfassen — , dan Prinzip der freien Konkurrenz im hinten bahn wesen und
stellen dasselbe nach den Erftkhmngen Englands ab ttberwiioden dar. An seiner
-Statt empfehlen sie die planmißige Anlage eines Ketaea» von welchem snerst
die wichtigsten and einträglichsten Stränge gebaut werden mttftten, an die nich
dann spfitcr weitere anlehnen könnten. Manche Bedenken, wo sie «solche Sußerten,
mögen heute, i>ei einem hoheru Stand dar Technik, belächelt werden, aber gewiß
versagt den b^xperten niemand das Zeugniß des freien Blicks und der weisen
Umsicht.
Die Finanzexperten Gdgy.and Ziegler kamen ebenfalls zur Bejahaog der
Frage, die wir heute für selbstverständlich halten, die es aber zu jener Zeit
groß<*n Theilen de«? Schweizervolk«» noch keine-^^vf'^rs war: daü Eisenhahnen gebaut
werden sollen. Dabei sei, erklärten »ie, der iiauptnutzen in der Erleichterung
nnd Belebang des Verkehrs der Einheinmisohen anter sich nnd mit dem Ansland
zu suchen. Dem Transit legen sie nur darum Werth bei, weil „wir es dahin
bringen können, daß die Waaren, welche aus England und Holland nach der
östlichen Schweiz gehen, anstatt auf den badischen und wUrttembert>:i»theu Bahnen
auf den unserigen geführt werden". EigenthUmliob berührt es, wenn mau in dem
•Gtitachten unter Bemfang aof belgische Btaatsreohnongen widerlegt findet, daß
nach ErOffinnng des Eisenbahabetriebs die Landstraßen keineswegs der Yerfkinng
anheim&llen werden und der Ertrag der Briefpost einen großen Ausfall erleide,
letzteres, weil die Verkehrswelt öfter in persönliche Berührung treten und Ge-
schäfte seltener durch Briefe abschließen werde. Kehrten sich aber die linuuzielien
Experten gegen Vorurtheile dieser Art, so hielten sie gleichwohl für unmöglich,
daß in der Schweis Eisenbahnen mittelst der freien Kcnknrrena yon l^Tat«
.gesdlschaften ohne Betheiligung des Staates entstehen kSnnten. Znr Begriimlung
dieser Ansicht wurde auf zahlreiche französische Bahnen hingewiesen, welche nich
in Geldnöthen oder in Liquidation befanden, auf die Kntwertliung englischer
Eisen bahnaktien und aui den allgemein herrschenden Zustand, .daß sich die Zahl
der Darlehen anf den Ertrag der Eisenbahnen ungemein vermindert hat.* Bessere
Erscheinungen wären in der Schweis nicht m «rwartcn, denn die Zttrdier Nord-
bahn (Zürich-Baden) sei trota der ach9nsten Hoffnungen und Voranssagangsn nicht
■einträglich geworden.
Waren beide Experten von der Nützlichkeit des Eisenbahnbauen in der
Schweiz überseugt, so gingen ihre Ansichten auseinander in der Frage, von wem
die Bahnen gebaut werden sollen. ranpfahl den Bau und Betrieb der
Bahnen als gemeinschaftliches Unternehmen des Bandes nnd der betreil« n Ir q
Kantone. Das benöthitrtt^ Kapital sollte nach seinem Vorschlagre durch AuHf,'ahe
von Obligationen ä öüü Fr. zu 3'/2 '^.^o Zins gefunden werden, wobei der Hund mit
7» und die Kantone mit ^/s Garantie leisten sollten. Bei einem höheren Ertrag
als 4 sollte der üeborschuß zur Hälfte den ObUgationenbeeitaem, zur Hälfte
einem Reservefonds zugewiesen werden. Z/g/y/er beantragte den Bau durch Frivat*
.geeellsehaften, wobei der Bnnd und die betheiligten Kantone auf 60 Jahre hinaus
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Eisenbfthn«»
— 116 —
EbeDlmhnem
«HM ZiDsengarantie von 3'/j ^ o za Ubeniehtnen liKtten. Dem Buodearatll wollto^
er ein Autsiihtsr* i lit über den Bau, den Betrieh tind das Re<:himng8weßen der
Bahnen gewähren, suwie (zugleich mit den ziusengarantirenden Kantonen) eine-
Vertretung in den Eisenbahnverwaltiuigen.
Geigy hingegen sagte, der Sats, daß das FriTatintoresse immer kräftiger
vertreten und beaeer besorgt sei, als das StaatsinteresBc, lasse sich auf die Eiaen*
bahnfrage nicht anwenden; es gebe anch nachlässige und eigennützige Privatbahu-
gesellscbaften und anderseits geordnete und gemeinnützige Staathhahnverwaltungen :
die Eisenbahnen seien nur vollkommenere Straßen und Postemricbtungeu, und i »
eei nicht etomaehen, wefthalb die Verkehninittel aaf ihrer hshern Stufe nieht
in dati unbestrittene Grebiet des Staates gehdien soUten, wie da« aof ihrer niedarn
Stufe der Fall; inmitten der Konkurrenz verschiedener Länder um den Transit
könnten die Eisenbahnen nor in. der üand des Staates ihre volle Bedeatnng und
Nützlichkeit entfalten.
«Wir sind nnn bald,* sagt Geigy, „von allen Seiten mit Btaatsbahnen um«
geben, wurden wir inAl in allen VerhSltnisseD dnreh das Ulttel der Privat-
gesellschaften das Gleichgewicht halten können? . . . Das neue und jetzt schon
wichtige VerkehrHniittel wteht noch am Anfange seiner Entwicklung. Niemanl
vermag die Wirkungen und Vervollkommnungen zu ermessen, welche da^^ell)rt
vielleicht i«chon in einer nicht ganz fernen Zukunft haben kann. Dürfte e» nun
rathsam sdn, disses Mittel aitf viele Jahre hinans einer PrivatgeeeUsehaft als
Monoptd zu Ubergeben? Was würde man jetzt von einem Vertrage halten, welcher
vor fünfzig oder auch nur vor zwanzig .lahren die Ponten nach dem Maßstabe
der tiamaligen Verhältnisse für eine lange Zeit verpachtet hätte? . . . Ich frage,
aoU mau in einem Freistaate Monopole geben, wenn es sich auf andere Weise
ebenso gut oder noch besser erreiohen lltßt? . . . Hau fühlt wohl, daß der Staat
bei den Eisenbahnen wie b^ den Posten und Strafien ein gewichtiges Wort und
geradezu das entscheidende Wort haben sollte. Man 8ucht ihm darum auch durch
Delegirtf» 7.n den Verwalttingsräthen den gebührenden Fintiuß zu sichern. Aber
die Stellung solcher Delegirten läßt sich kaum auf dem Papiere klar bezeichnen,,
geaehweige in der Wirklichkeit sicher behaupten ; es bleibt für dieselben bdnahe
nnr die Wahl zwischen der unthätigen Rolle eines Beobaohters nnd awischen der
gehässigen eines Vormondes . . . Wenn ste nur das Stimmrecht wie andere Mit-
glieder des Verwaltungsrathen be.sitzpn. so werden sie dm Sondt-rinteressen der
Gesellschaft gegenüber immer nur eine unniiicbtige Miuderheil bilden. ... Ist e»
eine einzige Gesellschaft, welche die säuimtlichen Theiie des schweizerischen Bahu-
netces baut nnd betreibt, so entsteht ein ttbermiehtiger Staat im Staat und gibt
fs verschiedene Gesellschaften, so ist für Kollisionen aller Art eine neue und er-
giebige Quelle eröffnet. . . . Belgien bat auf liem Wege der Staatsübernahrnt- in
der kürzesten Zeit ein umfassendes und wuliigfordne.tes Eisenbahnsystem geschall'en
oud diesem Beispiele sind nicht nur Staaten gefolgt, wie Baden, Württemberg,
Hannover nnd andere mehr, welche aar Heintelinng von £iaenbabnen noch den
ersten Schritt sn thon hatten, sondern aueh Staaten wie Bayern, Oesterreich,
Sachsen und Preußen, in denen schon die freie Konkurrenz von Privatgeselltichaften
und verschiedene Betheiligungsarten des Staates in Anwendung gekommen waren.
Die Stautsbahnen betragen in Deutschland schon mehr als den dritten Theil
bämmtlicher Bahnlinien und dieses Verhältniß ist noch im Zunehmen begriflEsn . . .
Beaeicbnender ist aber noch die Thatsaohe, daß viele Bsgierungen selbst mit
großen Opfern zum Erwerbe von Privatbahnen geschritten sind. Als Belege fttr
diese Wendung fUhre ich Sachsen an, sowie die Erwerbung der Augsburg-Münchener-
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Eäsenbahnen
— 117 —
EiMübahnen
Bahn 1844 durch die bayerische, die Erwerbung der ünfrariHchen Zentralbahn
■durch die österreichische, und die Uebemahme der Westpbäiischeu (Köln-MlDdeD-
'ThOriogen) und der NiedencUesiaoh^mftrkbohen Bahn daroh die prenßiiobe
Regittraiig.*'
Hatte Geigy den Hamen Staatsbau und -Betrieb nicht gebranoht, so lief
-doch sein Entwurf für die Organisation der „schweizfriKohen Bahnen" auf die
gleiche Sache hinans. Er wullte es der BundesbehHrde anheimgeben, im Allge-
meinen XU bestimmen, au8 welchen Linien dats schweizerische Eisenbahnnetz
beatmen «oll, und die Zeitfolge für die Analllhning feetsnsteUen. Bau mtd Be*
trieb jeder Bahn sollte ein gemeinaehaftKehea Unternehmen dee Bundes und der
an ihr betheiligten Kantone sein; nur wäre die Ansftihrunj^ und der Betrieb
besondern Verwaltungsräthen übertragen, weil es solchen leichter sei, „«ich
mit den Herren Bant^uiers in Berührung zu setzen", und diesen Yerwahungs-
riLthen läge ob, daa Kapital anfininehmen, was mittelat «Biaenbahnpartialen* ta
•600 Franken geiehehen soll. Den Lihabem der Partialm aellte der Bond ein
-Zinsenniinimum von 3^/^°/» per Jahr garantiren und von einem allfälligen Defizit
ein Drittel, die Kantone zwei Drittel decken, üebersteigt der Ertrag aber .'^'/i^/o
■und ist eine gewisse Summe „fUr die Entwerthung des Materiellen" und als
Antheil der Angestellten in Abzug gebracht, so fUlt den Inhabern der Partialen
.80 viel an, bia ihr Zina 4*/o erreieht; e^bt aioh ein weiterer üebenohnß,
ao wird derselbe zur Hälfte den Inhabern als Dividende anabeaahlt (daher dar
Käme . Parti nlf^n") und zur Hälfte dient er zur Bildung eine« Reservefonds!
Auch von einem PirnHionsfonds nnd einer Krankenkasse fiir die Banarbeiter
ist anläßlich dieser Voretchläge die Rede. Die Schweiz wird nach dem Orgaui*
aationaentworf in mehrere Eieenbahngebieta eingetheilt, yon denen jedea aeinen
VOTwaltnngarath nnd sein Direktorium hat. Der Bundesrath und die Kantcna*
regierungen ernennen die Verwaltungsräthe, welche, den Präsidenten ansgenommen,
der zugleich Präsident des Direktoriums ist, nur Tag- und Reisegelder beziehen
und jeder V^erwaltungsrath ernennt das aus drei bis vier Mitgliedern bestehende
Direktorinm, deeaen Mitglieder Paohmlinner aind, einen fixen Gehalt nnd einen
Antheil am Ertrage der Bahn erhalten. Der Terwaltnngartth ernennt alle An-
gestellten, deren fixer Gebalt 1200 Franken übersteigt. Gemeinsam für alle
Eisenbahngebiete i«t eine ständige Kommiwion von drei gut honorirten Beohnnnga-
revisoren thätig.
Als Voraussetzung für die Erfüllung seines Plans nennt übrigens Geigy die
Versinsang dea erforderlichen Kapitals an einem mSffigen Zinsfuß von 3 V* oder
hüchsteiis -1 ^'n.
Auch der Hasler ßankdirektor Speiser nab:n für i^^n Stintsbau Partei und
es hat derselbe in <ler Angelepenheit Denkschriften ausgeariieitet, welche tax dem
•Schlüsse kommen, daß der Bund und die Kantone den Bau und Betrieb der
Eisenbahnen gemeinschafllieh ttbemehmen sollen, um eie durch Verwaltnnga-
behörden, die sicli nnabblngig bewegen dürften, anafllhren zu lassen. Nur spricht
■Speiser nicht wie Geigy von „Partialen", Rondem von Obligationen, die er aber
ähnlich behandelt. Die Schweiz wlinechte er in zwei Verwaltungsgebiete getheilt
zu sehen, welche durch eine Linie Basel- Luzem-Langense« zu scheiden wären.
SpeiMr wSgt die Yortheile der staatliehen und der privaten Thätigkeit aehr
genau ab nnd prüft sehr scharfsinnig; er findet bei den Gesellschaften ThÜtig^
■keit nnd Beweglichkeit, aber auch Sonderinteresse und Monopolsnoht (wenn man
damals von "Monopolen sprach, meinte man Privatraonopole), beim Staate Bureau-
Jiratie, aber auch Sorge für die allgemeinen Interessen. Das schweizerische
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Eisenbahnen
— 118
£ueDbahneik.
PnbHkom, sagt er, sei dem Aktienwesen abhold, und er hält auch gej^chüftlicb
die Aubgabe von Aktien nicht für rathHam: Obligatiuu&u einea ötaat«anleiheut»
ttttAttn leiohter Almeliiner fioden. Du Reeht 6m Bttckkanlii m stipolireii» be-
zeichnet er als ein dttrftiget Auskunftsmittel : «Die pepiomien Demoklefischweiter
der KoiizeKsionen" könnten auch da zu ^Illusionen* gemacht werden. Von den.
Aktiouärversammlangen entwirft f r ^in wenig schmeichelhaftes Bild : sie würden
umacht- und willenlose liurper" uein, von einer gewandten V&rwaltung nach
GKstdUnken geleitet; sie bedtaea kda gemdiiMhelÜieheB Bend lud kein aaderee
Infeefeiee ele den San ihrer Aktien. Und wae hätte die Schweis na erwarten
vüu Gesellschaften, deren größere Mitgliederzahl eve Aoallndem heetlnde, welehe-
den Maßiitab zur Beurtheilnng der Verwaltung nirgendwo als auf dem Kurs-
zeddel suchen würden. Speiser fürchtet die Kapitalmacht der Gesellschaften;
ex filrditet, daß die Schweiz sich auch finanziell beim Privatbetrieb schlechter
stellen werde ek beim Steetsbetrieb.
„Die Eisenbahnen", leeen wir, „sind ihrer Natur ond ihrem Zwecke nach,
nichts anderes als vervollkoTnniTipt*> Landstraßen, mit dem wesentlichen Unter-
schied jedoch, daß der Betrieb einer Kiseubahn, di*- Befahrung der!>elbeu, nicht
freigegeben werden kann, wie es bei den LaudbtraJi;»en geschieht. Aber gleichwie
die Landstraße eine EinrUditnng ist, welcbe in unserer Zeit m den Dingra erster
Nothwendigkeii gehört für ein Volk, eine Einrichtung« deren bequemste und
freieste Be nützung jeder Staat allen seinen Bürgern möglichst leicht machen zu
Köllen glaubt, ebenso wird es anzusehen Bein mit den Eisenbahnen. Wo eine-
Eisenbahn angelegt wird, tritt dieselbe an die Stelle der vorherigen Landstraße;
die letstere wird yerlasesn und es steht Niemanden mehr frei, von dem renwll-
kommnelem BefSrdennigsmittel Gebrauch au machen oder mdxtf so wenig als
«e einer Armee m<%lieh ist, vom Sdiieflgewehr wieder au Bogen und Pfeil
aurttekzukehren.
„Die Macht der Verhaltoisse zwingt Jeden in der Reihe des Fortschritts-
mitzugehen ; neue Erlindungen werden nicht nur Gemeingut, sondern sie üben
auf das bkonomische Leben einen Zwang ans, dem Alle sidi unterwerfiBm müssen.
Und die hieraus hervorgehende Abhängigkeit ist hier um so unbedingter, als
kein Gegengewicht besteht, weil bei den Eisenbahnen die Macht der sonst überall
so schnell auHgleichendeu Konkurrenz nicht sich wirksam machen kauu : man baut
nicht leicht ParaÜei bahnen. Ln vollsten Sinn der Wurtes verleiht also der
Besita «ner fäsenbahn ihrem Eigeatiitlmer ein Monopol , und wenn dies wahr ^
ist, 80 entsteht die Frage : darf ein solides Monopol in PriTathllnde gelegt wer-
den V Darf der Staat seine Bttrger dem Mißbrauch desselben ausselven? Gewiß-
niohtl
«Kon kann man aber, und mit vollem Hecht, darauf hinweisen, dai^ es
Mittel gibt, solchem Mißbranob Torsnbeugen, durch wohlbwechnete Kmuessions-
Bedingungen, wie deren liberall anfgeetdlt werden, wo der Staat das Eisen»
babuwesen Gesellschaften llberlsssen hat. Diese Einwendung wäre beruhigend,
wenn nirht die Krfahrnng l<lirtp, daß solche Gehtdl.schaften die Gchetze meistens
zu lif'T! wissen, wo dieselben ihrem Interehse im Wege stehen und daÜ
ihnen dicii um oo leichter wird, je mächtiger sie sind. Gesetze können nicht
Alles voraussehen und namentlich ist dieß tmmöglich auf einem Gebiete, wo der*
menschliche Erfindongsgeist noch lange nicht sein letztes Wort ausgesprochen hat".
Es war am 21. März 1B51, daß der Bundesrat einen Genetzesentwurf über
fVw Errichtung von Eisenbahnen fertig stellte. Soweit die te<?hnische Seite iu
Frage kommt, schloß sich derselbe enge au die Vorschläge der englischen Ex-
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Eisenbahnen
— 119 —
Dsenbalinen
perten an; mit Being «nf d«ii floansiolleii Tlitil «nd <tie OrgMiiMti<m dtr Ver-
waltnag 8t«M er gans auf dem Boden G«ig7*B. Ebemo boiieht rieh die bnndee-
räthliche Botschaft^ die den Entwurf begleitet, Überall anf die Experten. Es ist
deßhslb nicht nuthwendig, die Bestimmnncren des Geßetzt-sentwurfs und die Gründe
der Botschaft hier ausführlich zu wiederholen; imaaerhin mag Einiges ans den-
selben hervurgehoben und zu ihnen ergftnsend bemerkt wwden.
Als Hanptliineii dee EäsenbahniietMM aiiid die folgenden in Anntdit genommen:
von Genf ttber Morges nach Yverdon mit einer Seitenlinie nach Ouchy; von
Yverdon nach Bolothurn mit eint'r Seitenlinie nach B<!m; von Solothurn nach
Zürich; von Zürich Uber Winterthur und Romauühuru nacli Kurscbacb; von
Winterthur nach Schati hausen ; von Kor^hach nach Chur mit einer äeitenbahn
naoh Wallenetadt; Ton Baeel nadi Olten; ron Aarburg oaeb Lniem; von Biaacn
naeb Looarno. Also haaptaSohlioli eine große Linie von Genf zum Bodensee nnd
eine andere, die«ielbe kreuzende, von Basel nach Luzem. Von Chur hoffte man
später, sobald es der Technik gelingen werde, die Schwierigkeiten zn Überwinden,
über den Lukmanier nach Bianca zu kommen. Im Kanton TesHin sollte einst-
veilen das Stttck Biafoa-Looamo erbaut werden. Die Eiaenbahn von Genf naeb
Morges nnd von Tverdon nach Solothnm wollte der Bnndearath erst dann er*
richten, wenn das Bedttrfniß dringend dam auffordere; dahin wären die Wasser-
straßen zn benutzen nnd zwnr um so mehr, als die Kurrekti*>n '\>tr Juragewässer
zugleiuh die Trockenlegung des Seelaudes bedeute, welche sich uliue Unterstützung
des Bundes kaum wurde verwirklichen lassen. Mit Bezug aul die bereits be-
tteheode Nord bahn ZUrich^Saden war in dem CreaetBeeentwurf gesagt, daß der
Bnnd rie «duroh gfltlidie Verständigung" oder durch „AnalCanng naeh Vorschrift
des Bundesgesetref? über die Verbindlichkeit zur Abtretung von !*rivatrechten *
an sich bringen werde. Uebcr später a^^^zulührende Eiwnbahnlinien im Innern
und Verbiudungslininen mit dem Ausland zu beschließen blieb der Bundesversammlung
Torbehalfen. Jede der neaea HanptUnien wttrde vom Bund nnd den betheUigten
Kantonen eigens gebaut nnd betrieben, doch war vorgeaehen, daß mehrere ünter>
nehmen in ein ^ vm-inigt werden konnten.
Die Vorarbeiten Stephenson's nnd Swinburne's hatten nur geringe Kosten
veranlaßt. Acht Monate genügten dafür nnd statt, wie man annahm, 500 bis
1000 Franken für die Schweiaemtnnde, erforderten «ie bloß 250 Franken für
dieselbe, riimmtliehe Expertisen inbegriffen. General Dnfour als Vorsteher des
eidgenössischen topograpischen BUreaus, sowie manche Kantousregierungen und
Privaten hatten nämlich die Experten durch vorzügliche Karten unterstützen
kJ>nnen. Da« Bankapital seihst, di*- Hauzinsen zu 1<) " «> eingerechnet, hezitferte
der BuudesrHtli, im Anschluß au das Gutachten der Fiiiaazexperteu und au Be»
reduinngen des Ingenienrs Koller, anf lii^ 102 Hüllionen Fiiuoiken, wenn man
sinspurig baue und lie Wa^erotraßen mitbenutze, auf 1 1 H ^lillionen, wenn die
Wapfserstnißen nicht lienfitzt würden und 113, bezichun^'üweise 1.S2 Milliunen,
je mit Oller ohne Benützung der Wasserstraßen, bei zweispurigem Bau. Das >.ei,
erklart die Botschaft, „ein für unsere Verhältnisse außerordentlich großes Bau-
kapitnl* und deßbalb der widitigste Theil der Eisenbahnftage für den Staat das
Aufbringen der Gelder. WShlte man das erste Projekt (einsporig nnd mit Be«
ntit/iing der Wasserstraßen), so ergab sich bei der Annahme, daß der Reinertrag
2 '\o >«5in werde, und bei einer ZinKengarantie von '^^'^^'n ein jährliche«» HeHzit
von 1,526,000 Kranken, bei einer Zinsengarantie von 4 ^/o ein solches von
2,035,000 Fr. Der Bandesrath dachte zu versuchen, ob das Greld sich ihm und
den Kantonen bei einer fflnsengarantie von 3Vt darleibe; wenn dieß nicht
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CisenIntiDeii — 120 — EUenbahnea
der Fall, oder wenn ee nur bei «iDsetnen Linien der Fall, k5nnte etett der
Partialen ein Staatsanleihen mit höherem Zinsfuß ausgeechrieben wenlen. Dieaer
Modus hätte anr^h sonst, bemerkt die Botschaft, entachiedene Vortheile und man
dürfe sich fragen, ob er nicht a'leirh antaugH befolgt werden soll. Auch von der
Eventualität wird gesprochen, Ual^ zuerst die rentableren Linien gebaut werden —
Gvaf-Boraobaoh nnd Biael-Olten — ; in dieeem Falle bitte man anr 763,000 Fr.,
und «war der Bond 354,000, die Kantone 609,000 Fr. anbnbringen.
Prinripiell iafc der EisMibahnban vom Bnndesratii damit gerechtfertigt worden,
daß er die vielfach herrnchi^nde Aalftusong zurückwies, ala dttrfte man nicht die
Einfuhr fremder Landwirthscbafts- und Industrie-Produkte in unser Land erleichtem.
Oppositionsgrlinde dieser Art, wird hervorgehoben, hab«n in keinem Lande die
Oberhand behalten. Die Schweiz sei weniger als andere Länder im Stande, ihren
Bedarf dem eigenen Boden an entnehmok: sie sei auf die Industrie ancewieseu,
ftir diese aber die Sehnelligkeit des Verkehrs die hOohste Bedeotnng. Dem Transit
legt der Bundesrath nicht den gleichen Werth bei, wenn sich aus demselben
auch mittelbar „nehr namhafte Vortheile" ergeben. Der Privatbau wird aus-
geschlossen und der Staatsbau empfohlen mit den Worten: .... Der Staat
betheiligt rioli (beim Pkivatban) mit großen Snmmeu, zahlt nnd befiehlt nicht,
sehaiit sieh fttr die Besorgung seiner wichtigsten Interessen Mne Macht, einen
Staat im Staate, eine zweite Kegierong, die nicht nur mit seinen Staatsinteressen,
im Zoll-, Post- und MilitSr\V("'scn, in poü^filiclu'ii und Verkelirsverhältnissen in
mannigfaltige Kollisionen gerathi n, sondern auch unter Uuititäuden in pulitincher
Beziehung staatsgefUhrlich werden kann. Kommt dann die Keue aus finanziellen,
ans konunennellen, aas militKrischfin, ans poUtisohen Rttcksiohten, so müssen
künftige Grenerationen auf lange Jahre hinaus die Mißgriffe ihrer Vorfahren bllßen.
Da siud die vorsichtigsten Konzessionen nicht im Stan l''. 'U-n drohenden üebeL
ständen zu begegnen. . . Das einfachste, bestbewiihrte System, das auch die
unserer meisten Nachbarstaaten befolgen, ist der Bau durch den Staat."
Die Kommission des Naiionalrathes, welche sich darauf mit der Angelegen-
heit txk befiissen hatte, war getheiltw Meinung. Die MebrliMt pflkditete dem
Bnndesrathe bei, indem sie den Staatsban befürwortete, doch wich sie mit einigen
wichtigen Anträgen von dem bandesräthlichen Gesetiesentwurf ab, da sie dem
Gedankrii der Staatalierr.schaft im Eisenljahuwesen noch reinem Ausdruck zu geben
trachtete; die Minderheit befürwortete die Üeberlassung des Eiseubahnbaues und
-betriebs an die Kantone, beziehungsweise und thatsächlich an die Privatthatigkeit.
Die Mehrheit bestand aus den Herren Fioda (Tessin), Bischof (Basel), Stämpfli
(Bern), Peycr im Hof (SchalThausen), Siegfried (Aargau), Dr. Robert Steiger
(Luzem) : Beriebter.statter der l.r!ii>it wnr T^n er im Hof. T)ic Minderheit
bildeten Dr. Aitred Kscher i Zürich), Dr. Kern (Thurgau), iilanehenay (Waadt),
Bavier (Graubünden) und Hungerbühler (St. Gallen) ; Berichterstatter der Minder-
heit war Hungerbühler.
In dem Berudit der Mehrhmt ist wesentlidi nnd neu, dafi dwseihe die
Beschaffung des Bankapitals nicht mittelst ober Zinsengarantie, sondern durok
ein eidgeniSesisohes Anleihen verlangt; daß er ein Betriehsdefizit vom Bund und
d**n Kantonen (Gerii«^iT!d»^r) Korporationen) zu gleic ht-ii Theilen, nicht zu ein Drittel
und zwei Drittel tilgen laßt; daß er das Kisenbahnnetz (750 Kilometer umtassend)
in sechs bestimmte Gebiete eintheilt, um auch den Bau von weniger rentablen
Linien im Voraus au sichern; daß er die Ausftthmng in drei Abtheilnngen vor*
nimmt und daß über die vom Bund nnd den BkUntonen ernannten Yerwaltunga-
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Eiaenbalmen
— 121 —
EiMiibabiwii
b«]i9rden der v«iMhied«DeD EäiMibalmgebiete ein* ganmmm» Ganenldinktimi
gesetzt wird. Die Reihenfolge der Bftaten war dieee: In den ersten vier Jahren
sollten au8gefi!hrt werden <lie LiinVri Rasel-Olten, Olten-Bnigg und Brugg-Badeu
(Baden-ZUrioh beöUiufl schun); in dea folgenden vier Jahren Morgi?s-Yverdon,
Yverdon-Marten, Murteu-Btiro, Bem-Olten uud Züriuh-ät. GaUea-iiurHchach ; in
den dritten yiwe Jabren : Oeaf-Mofge«, Bem^Thnn, eine Zwdgbabn aaoh Solotham,
OitenoLuzem, Winterthnr-Sehaffhaoeen, Bapperswyl-Weeen-GUunM, Rorschach-
f'hnr, Wallenstailt-Sargans und Biasca-Locamo. Kürzer gesagt: znerst die Ver-
binduug 7,wi>i('h»^n Kasel und Zürich über Ölten, dann, «ich östlich inui wcHtlich
anschließend an dda StUok Ulten-Ztthcb, der größte Tbeil einer Müdwetttlich-nord-
■SatlioheB Linie Uber Bern, nnd endlioli die Übrigen Bahnen« Einer Linie Winter-
thnr-Romanebom wnrde mit nmstilndlieher Begründung der Uber Wyl nnd
St. Gallen vorgezogen, welcher durch eine weit verkehrsreichere Gregend führe,
doch Hollte dabei Frauenfeld Bertirksichtigung tinden. Die Runde^Htadt Bern, führte
der Bericht aus, dürfe nicht bloL» an eine Zweigbahn gelegt werden, dagegen
könne der Verirähr mit Soluthurn dnreh eine Linie vermittelt werden, die man
in die Hauptlinie einmflnden laaae. Um ZUrieh mit dem Spittgen an verlnndeiit
aei neben der Linie Wallenatadt-Sargans auch eine Linie Rapperswyl-WeseQ an
errichten nnd die«;e nach Glarus fortzusetzeti, weil duroh die Indoatrie dea letatam
Ortes ihre Rentabilität um Vieles gesteigert werde.
Große Aiii^treDguug macht der Btiricht, um zuuächHt die Vorurtlicile zu
widerlegen, welch« der Eretellung der Eiaenbabnen Überhaupt entgegeuatanden.
Bewer ab in den frühem Denkschriften lernen wir dieselben hier kennen. Nor
„arge Verblendung" übersehe in dieser Sache den großen gesellschaftlichen Zweck.
Man aoUte doch lieber auch die alte Straße und Laudkutsche wieder zurück-
verlangen, wenn man behaupte, die Schweiz dürfe keine Eisenbahnen bauen,
damit die fremden Glate lange bei nna Terweilra und wir ai« »auszupumpen*
im Stande seien. Die Fremdenfrequena lasse sich trota unserer aohUnen Thäler
und prächtigen Alpen nur dann erhalten, wenn sie mit derjeni^n der Eiaenbebn*
Staaten zn wetteifern vermöge. Nicht nur an den Endpunkten einer Bahn, wie
man behaupte, häufe sich der Verkehr, sondern auch der Lokal- und leiten -
Terkehr werde gesteigert. Wenn manche Preise gedrückt werden, so heben sich
■dafttr andere und gegNi su hohe Lebensmittelpreise sei der Eisenbahnverkehr die
heste Gewähr. Der Bezug des Getreides werde erleichtert und das Brod dadurch
wohlfeiler; die Verlegenheiten einer schlechten Kartottelernte stelhn sich künftig
nicht mehr ein; schwere, massenhafte Artikel fanden in Folge des raschern Trann-
.portes eher Absatz und der Werth der Güter würde die Steigerung erfahren,
von welcher alle Eisenbabnstaaten Zengniß ablegten. «Man hat,* wird in populären
Beiapielen gesagt, um die Erweiterung des Marktes zu beweisen, «im Innern
Würtfemherg's fniher nie daran ge lacht, daß dereinst der üeherschuß der innern
Holzerzeugiuig am Bodennee eine günstige Verwendung tinden würde und um-
gekehrt nicht daran, daß Sluttgart ein täglicher guter Markt für die Bodensee»
fische werden dlivfie« Die wttrtlembergisohe Eiaenbahn hat aar Stands aohon beides
bewirkt. Milch wird in Massen ans dem Norden, geaehladitetea Vidi aus dem
Süden nach der Hauptstadt Frankreichs geliefert. Bayrisches Bier geht mit der
Eisenbahn bis nach Sachsen und Preußen, nnd die (retreideproduktion in Bayern
zieht hieraus auch ihren Vurtheit. Hohe Bausteine und Krden, deren Verkauf
bei gew5hnlichem Landtransport auf ganz kleine Bayons beschrankt ist, werden
ann von den Eisenbahnen 60 und 80 Stunden weit geschleppt und Werthe,
welche bisher todt im Boden ruhten, auf diese Weise nutabar gemacht* Ea
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Ei!?enl»aimea
122
Eisenbahiieu
MieB «alflo die EiBenbabnen kdn Nationaliuiglttck« and «ebenao wenig eio noth-
wendige» UebeP.
Zur Streitfrage Privat- oder Staatebau sagt der Bericht, eine volksthUm»
liehe Nationalökonomie k5nne nie zugeb<^n, «laß öffentliche Werke, die für das
Volksleben so wichtig seien, wie die Eit^nbahnen^ r.am Gegenstand der Spektt>
Istion gemacht werden- Um Sptelemslit ni^ die wahre AaaonatieinqprimEqi eeMO.
edir Traiehiedeoe DiDge. Aaoh l^nne ja toh flreier Konknrreiis im EieeDbahn"
wesen ernstlich nicht die Rede sein; man schaffe ein Monopol, sobald man einer
Gesellschaft eine Bahn zn bauen erlaube, denn neben dieser sei eine Konkurrenz^
bahn nicht mehr möglich, — oder aber m richten die Konkurrenzbahnen einander
imtziuB zu Grunde. Zahireiche Fälle werden aufgezählt, in deuen die Privat»
geaelleohafken viel fhenrer bauten, als me Toranaehlagten, woraiu erbelle, daß»
die Behauptung, sie bauen billiger als der Staat, fraglich gewur l r . Hin^ichtUdl
der Bahnjtolizfi und der zweckmäßigen Einrichtung d(.T Wagen liefern die Staats-
bahnen Belgiens nnd DcutHchlands dea Beweis dafür, daß der Staat die Bedürf-
nisse der Bevölkerung zu berücksichtigen verstehe. Der Staat und „zumal der
frrie Staat** sei berafen, die Eiswibahnen dureh die Geeaaraitbeit nnd fBr die
Geflammtbeit zu verwalten, in demokratieoher Weise seine yersdiiedenen Landes-
tbeile au den Vortheilen des Eisenbahnwesens theilnehmen zu lassen und dasselbe
zum Gegenstande einer nationalen Politik zu machen. Dem gegenüber la^se sich
der Privatbau durch folgendes Dilemma kennzeichnen: Eonzessionen mit den
nOthigen Vorbehalten, aber keine Unternehmer, oder Unternehmer, aber Ver-
sieht auf die Znknnft. Niedrig Umitirte Tarife, aber keine Geaellaebaften, oder
Gesellschaften, aber hohe Tarife.
Ohne die finanzielle Tragweite der Anfnabnie einer Staatsanleihe ztim Zwecke
des Eibcubabnbauus zu leugnen, verwahrt sich der Bericht doch gegen die
»Schlagworte", die ,hubleii Redensarten* und die „SchreckbUder**, mit denen
man beim Volk das Etsmbahnwesm in Vermf bringen wolle, indem man fort-
während von Staatsschulden rede. Selbüt wenn das projektirte Metz gar niehte
rentiren würde, hätte der Bund nicht mehr als l"/2 Millionen Franken Zins za
bezahlen, die das Schweizervolk jedentailä auf meinen Transportkosten einbrächte.
Aber viel wahrscheinlicher sei, hauptsächlich da zuerst die eintraglicheu Strecken
erstellt werden sollen, daß tuiser Eisenbahnwesen wegen der xentralen Lage der
Schweis eine große Znknnft haben werde, der Eisenbahnverkehr auch unsere
Pösteinnahmen vergrößere und seblimmstens ein Ausfall vou einigen hundert-
tausend Franken sich ergehe. Gegen die Zinsengarantie wird eingewendet, »ie
sühatiti ebentalls, nur unter anderem Namen, Staatsschulden, locke dat» Kapital
einzig in diejenigen Gegenden, welche einen starkoi Verkehr avfwdsen, gestatte
dem Staate nieht, das Kets naeh seinen Wttnseben in todem oder an erweitem
und zwinge denselben, in der Gegenwart Lasten zu übernehmen, für welche er
M]>liter nie eioen Ersatz erhalte. Die Kosten des Bau's Teiansehlagie die £om-
miaaionsmchrhcit auf 125 Millionen.
Ihre i'artcinahme für dcu Staat^bau unterstützte sie noch weiter dadurdb,
daß sie die berühmte Bede sitiurte, mit weloher einet Lamartine in der fransM-
schen Kammer das gleiohe Prinzip verfochten hat, und ähnlich ertheilt sie der
eigenen Ueberzeugnng am Schlüsse noch einmal in folgender Weise das Wort .'
„Mit der Au?-Iieterung der schweizeriHcken Kir;enbahnen an die Spekulation gehen
der Partikularismus und die Zersplitterung Hand in Hand, und an dieser Klippe
dürfte manche firrongenschaft der letaten Jahre scheitern. . . . Und wenn der
Fartiknlarismns nnd die Zersplittening jede größere SbhOpftmg im Seime aehon
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Eisenbahnen
123 —
Eisenbahueo
yerniohten, so stehen hinwieder der geeinigten Schweiz ÜUlfmaittel zu Gebote^
dwMi de tioh woU kaum nooh bewvÄt bt. Di«iß mSgen namoatlidi diejenigen
IwdenkeB, welolie rnntb- vnd thatlM vor dem großen Werke tnrttdicweiehen.
Oder Hüllte die Schweiz etwa weniger vennl^n als denteche Staaten mit weit
beschränkteren Hillftquellen; sollte die wbweizeriache Bandesversammlung weniger
Muth haben, die Standekammem monarchischer Lfiuder in einer t rage, wo^
es sich darum handelt, das Verkebnmittel des Volkes im eigentlichen Sinne dee
Wortee auf breiter ToUntiiUmliehMr Beels enfinibeiien?! Iiaieea Sie lieh hiebei
duTOh die ScLreckbilder von Staatsschulden nad fiaanzruin nidlt abhalten, dem
von uns befiirwortcteu Systeme Ihre Zustimmung zu ertheilen. Wir baben Ihnen
Zahlen vorgeführt, welche Ihnen din tinaii/.iellcn Verhältnisse mit ihren Wirkungen
auf unsem Haushalt klar bezeichuuu, wir haben überhaupt jene Schreckbilder
auf ihren weluren Werth sartickgefUhrt. Uad wenn immerhui die iprofie Somme,
welehe dae ediweizerische Eieenbahnnetz erfordert, der eratoetea Prüfung' wertb
ist, 80 mllssen wir Sie elagegen auch darauf aufmerksam machen, daß ein sehr
bedeutender Theil dieser Summe für Arbeitslöhne und Arbeitslieferungeu, von
den Landentschädigungen nicht zu sprechen, unserer eigenen Bevölkerung zu-
fliegen nnd aar TobeMeraiig anaerer 9k<HMaäM]MHi Zoetlnde weeeatUeh betragen
wird. Daram leaeea IKe nne naTersagt Torwirte gehen ! Sprechen Sie ee mnthig-
aus: Das Eisenbahnwesen in der Sdnrris eoU eine aatioiude Solit^pfung sein,
ein kräftiges Bindemittel für alle unsere Stämme, eine neue That der lebene-
kräftigen Demokratie, ein großes Denkmal unseren neuen Bandet)!
Den letzten Satz hat das Bundesblatt in Fettschrift wiedergegeben.
Die EomnuMionemiaderheit begann ihre Darlegung mit der Yeruohening,
daß sie Uber die Bedeutung der Eisenbahnen nicht anders denke als die Mehrheit
daß al>er die Schweiz im Eisenbahnwcwn hinter andern Ländern ztirückgeblieben,
will sie weniger iu deu von der Majorität oharakterisirten Vorurtheilen suchen,
als vielmehr durin, daß das vergangene Jahrzehnt ein politisch aufgeregtes, deu
materiellen Beetrebangen nicht güuätigee war; daß ancb die Terraia^wierig-
keiten für den Eieeabahnban sehr ttbtmchätzt wardeBf ehe Oesterreich den Sem-
mering überscliiente und daß bei unsern Bundeszuständen mit ihrem kantonalen
Egoisujuiä „weder ilachl noch Kecht, weder Mittel noch Titel" vorhanden gewei>en
wäre, die Kenitenz eines Kantons zu brechen, , der sich etwa geweigert hätte^
einen Rihnhof oder eine Zweigbahn anbringen an leaaen. Einig hineiohtlioh de»
Zwei^, nnteredieidefe eich die Minderheit, wie eie eagt, von der Mehrheit hin-
iiohtlidi dee Mittels ; sie will die Eisenbahn nicht zur Staatssache machen und
den Kantonen es Uberlassen, den Weg des Gesi'^DvfhaftHbanes zu betr-tcn. Man
spreche wohl von der Spekulatiuussucht der Aktiengesellschait und eiuer uuer-
eKttlichen Bankokratie, aber man könne auch von dem unverwüstlichen Appetit
dea Fiekne and eemem angeboraen Heng zur Plasmacherm wie Ton der Yiel-
begehrlichkeit der Bureaukratie reden. Die Schlußfolgemngen der Mehrheit
würden, wollte man ihnen konRequent nachleben, „znr heillosen staatliehet
GesammtwirtliKchaft führen, in welcher bekannte Utopisten das Ziel ihrer sozia-
listischen Bestrebungen erblicken". Wie die Mehrheit der Kommission das Wort
gebraodite; „L*^hange c^eet F^tat** (de hatte, ein Zitat anwendend, gesagt
L'^bange c'est la aomiti), kannten manch Andere k la Louis Blanc oder a la.
Prondhon dem Staate zurufen: „Organsire die Arbeit — Le travail c'est Tefat!"
oder „Organisire den Kredit — Le credit c'e«t T^tat", BchafTt dem Kaufmann,
eine Handels-, dem Fabrikanten eine Industrie-, dem Landmaon eine Hypotheken-
dem AüBdwerker eine Gawerbebaak*. IXe Ifindwhmt bekwne eich umgekehrt
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Eisenbahaen
— 124 —
Eisenbabneii
zu dem (jruudäatz, den sie für den obersten staatswissensobaftlichen Gruudä&tz
halte, die Privati Tätigkeit uogebemmt gewähren zu Umn^ so knge ne dan
StaatiBw«^ nieht gefiüirdtt; nur da, wo einiig der Staat einen WohUüirtoBireek
erreichen könne, soll derselbe Hand anlegm. J3H» Allmacht der Eiaenbahnkdnige
und den Aktienechwiudel eei man einrnschränken im Stande; eine •vnicherischc
Hochhaltnng der Fahrpreise würde an der Macht der öffentlichen Meinung schei-
tern j gemachte schlimme Erfahrungen Hcien Lehren fUr die Zukunft. Aach könne
ein Frivatmonopol nicht entitehen; dafi erst Konseeeionen erworben werden
mUeaen, bewnee, daß der Staat hier ein Hoheitsrecht benitze und Pflichten auf-
erlege. In zahlreirhen Ländern hliihe der Gesellschaftsbau und wo der Staat
selbst baute, habe er es oft nur gethao, weil ea dort an Untemehmungsgeiat
und Kapital gefehlt.
Hinauf wird der NachweiB veimditt daß die Geeelleehaften in der Kegel
billiger bauen und beaaer verwalten; daß in ihrem eigenen Interesee dae KorrektiT
gegen zu hohe Taxen liege; daß anoh bei Staatspapieren die Agiotage ihr Wesen
treibe und Staatsanleihen, wonn sie in Form von Lotterie- Anleihen stattfinden,
Leidenschaften des Volken wachrufen; daß Gesellschaf tä bahnen die Militär- und
Posttranaporte ganz gut übemelunen Ginnten und daß der Staat, besäße er die
Eisenbahnen, Ton dem Fortsohritt der Technik beeondere Gewinne nuüit au er-
warten hätte, weil große Erfindungen doch selten seien und lange brauchen,
bis sie sich Geltung ver-f^bafTen, mittlerweile aber die Einlösung der Eisenbahnen
(es ist der Rückkauf gemeint), welche ja vorbehalten sei, mög^üch wiire
Der Bericht bemerkt sudatin, daß man bei Erlaß dtsa Artikels 21 allerdings
«n den Eieenbahnban gedacht, jedodi niekt ein vom Bund ausmftthrendee Eieen-
babnnetz in Aneaioht genommen habe; andh eei damak bemerkt worden, die
Eidgenossenschaft werde keine Anleihen machen, von den Kantonen keine Geld-
kontingente fordern und ebensowenig die Zölle unverhältnißmüßig erhöhen.
Kichtiger, als wenn er selbst Eiaenbahnen haue, handle der Bund, weun er die
Kantone in ihren mittel« und unmittelbaren Eiaenbaknnntemehmnngen untenttttse.
Zahlloee Zwistigkeiten wffrden aieh erheben« wenn man feetauetaen hStte, weehel
Linie zuerst gebaut werden soll; dem Zufall und der Willkür iritre der gefähr-
lichste S]iielraum eröffnet; viele Kantone und große Landespf-genden erhielten
gar ktiike Bahn und sähen .sich ^Iso zurückgesetzt, anderseits aber sei schon das
vorgeschlagene Neti verhältnißmttßig sehr groß. Die Zosammensetaung der Kreia-
▼erwaltnngen ans Abgeordneten dea Bundes und der Kantone wird getadelt, weil
aie Uebergrifie der Zentral Verwaltung doch nicht verhindern könne o<ler dann
einer raschen und einheitlichen Direktion der Verwaltung im Wege stände. „Wie
viel einfacher, unkostspieliger, volksthüni lieber und — sagen wir es frei her-
aus — wie viel schweizerischer macht »ich das Alles, — heben sich alle die
auljieiählten Sohwierigkeiten, wenn der Bau und der Betrieb der Eieenbehnen
in der Schweiz nicht zur Bundessache gemaohtt eondern den Kantonen bezif liiui:^^^
weise der Privatbetriebsamkeit Überlassen wird". Das Kapital werde sich fiir
den Aktiertbau ohne Marktaohreierei schon finden und eine Zinaengarantie sei
gar nicht noth wendig.
Von dbMn Anedmuungen geleitet, maohte die Minderheit nur Torschllge
au einem Anlbiehtegesets, welches dem Bunde poliseiliohe Eompetenien verleihen
sollte und auch die RUckkaufsbedingnngen festsetzte.
Am 8. .luli \S:y2 kam die Angelegenheit im 8chooße des Nationalrathes
zur Entscheidung, mau kann kaum nageu : zur Verhandlung. Eine allgemeine
Debatte fand nicht einmal .statt; es halte, ohue daß die Parteien die Waffen
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Eisenbahnen
— 125 —
EiwnhabneD
kransten, die Komminionsininderh«it im Vomiu geriegt. Mit 66 gegen 23
Stimmen beschloß der Rath, auf den Gesetzesentwurf im Siaoe der Kommistions«
miuderheit Hin/titreten, ulso ' iTi bloßes Aufsichtsgesetz zu erlassi>n. Weni/^er als
wir heute, waren aber die ZeilgenosHen von dem Vorgang überrascht ; wt-iiighteus
Hagl Bnnkdirektor Speiser iu einem Artikel der «Neuen Zürcher Zeitung", man
habe dieses Resultat Toransgesehen. ,Woin noeh eine Bidraesion*, fttgt er
klagend hinzu, ^die eitel Zeitverlust sein ^rde, mochte man sioli sagen, da die-
Voten ja znm Ziihlen bereit lagen. üelienlieG stnnd ja schon längst die Eisen bahn frage
uadi verschiedenen Seiten unbequem im Wege. Wiedernm, und auf das vierte
Jahr, sie hinauszuschieben, ging nicht wohi an; es muUte aUo diel^mal ein Ende
damit gemacht werden nnd man wtiekte sie zwisohen Kissen! Ein ehrenvoller
parlamentarieoher Tod war ihr nicht g^Snnt*.
Die Abstivmoiig wurde von der «Bemer Zeitnng** folgendennaften be-
nrtheilt :
Thurf/au stimmt fttr Privatbau, weil nach dem Majoritätsgutachten der
Eisen bahnkommis^on nicht die Iduie Fraaenfeld>Bom«nshom empfohlen wird.
Hit dieeer Linie wire Thnrgan fttr den Staatsban gewonnen worden.
Zürich stimmt für Privatbau, weil es in Folge dessen mehr oder minder
7.um Knotenpunkte de.s «cliweizerisclien Eisenbahnwesens wir<I, und es dadurch
in die Stellung gesetzt wird, den weltlichen Kantonen die Bedingungen zu dik-
tiren : .Willigt so oder so ein uder — wir fUhreu die Bahn über VValdhhut".
tMJtem, weil es auf dem des Staatsbanes nichts m erhalten hoSte
und zu wenig bedachte» daß durch Privatban es noch viel weniger Aussicht
dazu hat.
Die kleinen Knnfnnc stinnnen gegen Staatsbau ans Kautonrilismiis.
Aargau war getheilt, weil sein Gebiet theils nach der Ostbahn aldshut),
theik nach der Zentralbahn (Ölten) hingezogen wird.
Solothurn stimmte fttr Plnvatban, weil von der Majoritit der Kommission
die Linie durch den Oberaargan statt ttber Solotham empfohlen ward.
Bf'rn war getheilt : die «Konservativen stimmten aus Kantonalismus und als
prinzipielle Gegner der Eisenbahnen für Privatbau ; aus letzterem Motive auch '
xwei Badihale. Die übrigen dagegen fttr Staatsbau, weil nur in dieser Weise
die westliche Schweis der tSotlichen das Gleichgewicht xn halten vermag.
Freiburff für Staatshalt ans Prinzip.
Waadi für Privatbau aus Kantonalismus und weil es dit! Frage TOm Stand«
punkte des Interessefi f!er westlichen Schweiz zu wenig würdigt.
Wallis für Privatbau - aus Gleichgültigkeit.
Nenenburg fttr Privatbau — nm eine Anknüi)tungslinie an die franzfisischen
Bahnen durch sein Gel>iet zu erhalten.
Grnf fllr Privatbau aus Kantonalismus und weil es so mehr Aussielit hat.
zur Ein- und Ausgangsstation für die westliche Schweiz zu werden. Denn je
östlicher die Verbindungslinie mit Basel zu stehen kommt, desto fre^uentirter
iirird die Linie ttber Gmf nach Frankieieh werden.
lessin fttr Staatshan, weil von Privatban es nichts in hoffen hat.
Schaffhansen für Staatsban - am Patriotismus!*
Mit :?3 Stimmen entschied in derselben Session aneb der Ständerath in
gleichem Sinne wie der Nationalrath, und die Schweiz bekum nun ein Bundes-
ffeielg aber den Bau und Bdrieb von HisettÖahnen im Gebitti der schweieeri'
sehen ßidgenössenai^fit d. d. 38* Juli 1853. Die Quintessenz seines Inhaltes
ist auf Seite 538/9 im l. Band dieses Lexikons mitgethetlt (Die Zahl 18dO
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Eisenbahnen
— 126 —
Eiienfaalinen
in der 22. ZeUe auf Seit« 538 und in der 19. Zette auf Seite 639 iet fitboh;
■sie BoUte Unten 1852.)
*
Das Privatbalinsystem hatte also gesiegt. Die iiäch.-^te Folge war, daß .sich
<ler lange darniedergehaltene Unternehmungsgeist mächtig zu regen begann, in
Zürich bildete nich sofort (unter der Leitung Alfred Eächers) eine Zürich -Boden»
aee-Bahngesellschaft, in Baael (unter der Fatamng dee BankdirektoxB Speiser) die
'Centralbaluigeeellaeliaft, in der Weat«ckveiz vollte eine englisohe GeaeUsoluft
die Linie Genf-Lauganne-Payernc-Murten-Solothum-Aarau bauen. Im Nordosten,
Norrlen untl Westen begann der Bau von Linien fast gleichzeitig. Die Eapital-
be-schartungen waren aber schwierig, Kantone und (remeinden mußten in Mit-
leideDttchaft gezogen werden, Fusionen wurden angestrebt und schon im Jahre
1857 ichien der Zeitpunkt dem Bondearath wieder gttneti|r an Bein, mm eieh an
•die VerstaatUobung der Bahnen su vagen. In einem Gutachten hierttber äußerte
.eich das Post und Bauiiepartement unter Anderm wie folgt:
Ein HHckkauf der schweizerischen Bahnen durch den Bund i.sl grundsätzlich zu
wünscheu. Ks soll ein Rückkauf im jetzigen Augenblicke, bei Anlaß der ubschwebenden
Fusionsverhandlungen, versucht werden, und Vorschläge «ind dießfiüb den Gesellechaften
xa machen nach einem der drei folgenden Systeme :
a. Es sollen ihnen fBr ihre Aktien einfache Staatsobligationen ausgestellt werden,
die fest verzinsli« Ii sinii und in t inct zu lM <limmenden Periode amortlsirt werden;
b. Oder es soU neben einem festen übligaliouenzinse noch Antheil an dem aU-
fAlltgen Hebrertrage der Bebnen fflr eine nt beistimmende Reihe von Jahren
ein^'eräuml werden :
c. oder es soll ihnen statt dieses Antheik an dem Mehrertrage jährUcb ein hxer
Betrag, z. B. '/* > des Gesammtkapitals, in xn veriooeenden Prämien anst»ezalilt
werden.
Eventuell soll schon jetzt auf den Hückkaut nach Ai)lHuf der ersten kunzessions-
mftßigen Frist von dreißig Jahren Bedacht genommen werden und es soll zu diesem
Zwecke :
a. von jetzt an jährUch eine hestimmtt Summe aus der Buude<k;i<si^ zur Bildung
eines Rückkaufs- oder Aniortisalionsrond.s l)ezahlt werden ;
6. es soll dieser Rückkauf«fond /nm Ankauf s( hwei/erischer Babnaklien verwendet,
* statt in anderer Weise an Zius gelegt w iirden ;
e. es mll cier Bund bei Anlaß einer sdlfUligen Generalfusion dahin streiten, nen
auszugebende Aktien zn übernehmen.
Auf diesfs Gutachten hin brachte der Bundesrath folgenden Antrag seines
Finanxdepartemeutes als Gesetzosvorschlag vor die Bundesversammlung:
«VerfQgbare Gelder der Eidgenossenschatl. wei< he nicht besonderen Zwecken oder
st i Hungen angehören, können auch auf den Ankauf schweizerischer Eisenbahnaktien
\ (TUL-miiit vvenleu.
Ein Wiederverkauf von Aktien darf ohne ErmAehtigung der Bundesversammlung
nicht stattfinden*.
Ueber diesen Geaetzesvor^ohlag konnten aich die Kauimeru nicht ver»tÄn-
digen und es bHeb beim Alten, d. Ii. bei einor memlioh bSsen Uißwirtbsohalt,
so daß im Jahre 1862 der damnlige Bnndespritsident Stämpfli in einer Schrift
über den Rückkauf der sehweiserisehen EiBenbabnea (Verlag yon itudolf Jenni,
Bern) schreiben konnte :
,Die .^chweizerisihen Ei.senhahnzustand»* sind ki ankli ilt. Von drm über 1000
Kilometer zählenden Netze Ist kaum ein Fünfthed in gesunden VerhäIlniH,«en ; bei vier
Fünlthedcn des Xetze=: hcfinden sirh die Gesellsohnften in schlimmer L.ii,m>; ^ie haben
große Möbe, die hereiLs verbauten Kapitalien in deünitive Anleihen zu konsolidiren
oder die zur Bauvollendug weiter benöthigten unter erträglichen Bedingungen aufzu-
nehm»^n ; br i r in<Mii großen Theile des Xetze-» reicht der Ertrag nicht aus, um die
Obligationen zu verzinsen, von Dividenden an die Aktionäre nicht zu reden. Gemeinden
nnd Kantone heben im allgemeinen Eisenbahn^Wettringen und um den Kampf gegsn
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Eisenbahnen
— 127 —
I
Eisenbiüinea
Rivalen zu iiestebeo, durch Aktien- oder Anleihensbetheiligungen sich schwer belasten
was in ihren ganzen Haushalt tief eini^reifl und äe zu Einschränkungen in nauiicbet,
Adiiitnistrationsgebieten und zur ErtiShung der bestehenden und Einfahning neuer
Steuern nrtthigt. Die gesammlf Eiil^'t-nos^cti-chaft leidet an dfiii Hufe schweizci ischen
Kredites und Qeschickes, da der Mißkredit und das Ungeschick von Gesellscbaden und
PrivaMJntameliinungen in den Augen des bethefligten Anslandee mdir oder minder
auf das ganze I 1:1 1 zuniclifrilll : ilie Xctzzerstückelunfr. ilio Ver^chieiknh it 1 Kon-
.lessionsbesttmmuugen (tlhrea zu vielen Hemmnissen und Verwicklungen lui Innern und
machen jedes einheitliehe, schweizerische Auftreten nach Außen anmfifUch. Die KUt'
siruide -ind auf »lern Hoflen der Knntnnal-Autonnmie und des Privalbaues entstanden.
Wenn nun Mittel und Wege auätmdig gemacht werden können, um aus dem krank-
haften Zustande heraus zu kommen, wobei einerseits die Aktionäre, die Glftubiger, die
G>?-<:ll-cliaflen, die Ix la-^teten Korporationen und Kantone in eine bessere Lape vorletzt
wer<ien, und anderseits das gesamrate Vaterland gewinnt, so lohnt es sich wohl der
Mühe, und es ist besonders die Pflicht der schweizerischen Staatsmftnner, die Sache
wohl in ErwSgune tu ziehen Hin solches Mittel, wir nonnen es sogleich und ohne
Umsctiweife, ie^t der Hiiekkaui der sämmtliclien Bahnen durch die Eidgenossenschaft*.
Die Stimme des Bnndespritaidenten yerhaUtn wirkungslos, hSoluten dnß sie
mehr oder weniger gleiehgerinsten Sehriften einee BarthohMiy (186B), Bono»
<1868), Kaiser (18()9) rief.
Die Bahngusellschaften aber lebten lustig in Konflikten miteinander, mit
dpn kantonalen Gewalten und mit den öfl'entlichen Verkehrisbedürfuissen. Anlaß
dazu boten in reicbliohem Maße die i^ragen betreffend Erstellung neuer Linien,
Kegulirung der AnaehliifiverhUteiase, loeinandefgreifen der FahrtenplSne, Trum-
porttnrife, HaftpHieht. die Kinricbtnng TOn SohnellzQgen u. s. w. Umfaßte das
Netz einer Gesellschaft mehrere Kantone, so war eine einzelne Kantunaltr'-wrslt
nicht im Staude, ihre Antorität zur Geltung zn bringen, und eine Verständiguug
unter den einzelnen Kantonen zu gemeinsamer Aktion hatte in der Kegel in den
TexBohiedenen Interesoen and Dispositionen derselhen nnttbersteigliche Schwierig-
keiten.
So wurd< n rnJlich die Kantone und die Babngesellschaften selbst der un-
leidigen Zustände satt tmd riclitet*'n jt'tzt ihre Biieke hUlfeHUcbend auf den Bund.
Glicht daß man von ihm den iiucl\k«tni der Bahnen begehrte, wohl aber eine
nm&asendere bnndesgesetsUohe Ordnung, ak die im lückenhaften Geeetz von 18d2
▼orgeaehene. Diesem OrdDangstrieb sn entapredien, hatte der Bond am eo mehr
Ursache, als infolge des internationalen Gotthardbahnvertrages von 1869/71
sowieso ein anderes eid;^enii>fis(hes EiseuLabnrecht geschaffen werden mußte als
dasjenige von 1.152. Die Aufgabe wurde gelöst durch das Bundesf/esete rom
23. Dtztmber 1872 betreffend Utn Bau und Betrieb der Emenbakni'n. Sein
Wortlaut ist auf Seite 539 n. ff. dee L Bandes dieses Lexikons ndtgetheilt.
Daß sich der Bund eine energisohe Handhabung des Geaetse« angelegen
eein liefti erhellt aus der langen Aufzählung yon Verordnungen und Eigän/ungs-
gesetzen auf Seite 54»j/7 de« I. Bandes. Hiezu kommen noch: Ii Das Hundes-
gesetz vom 28. Juni ISjs'.t betretlend die HUlf>*ka8sen der Eisenhahn- und
Dampfschiffgesellschaltea, 2) das Bundesgesetz vom 27. Juni If^'.ii) betreüend
die ArbeitsKeit beim Betriebe der Eisenbahnen and andern Transpurtanstalien,
S) der Bundesbeaohluß vom 27. Juni 1890 betreffend den Ankauf der Priorititte<
aktien der Jura-8implon-Bahn. Fendent ist zur Zeit und als Traktandum fdr
die .lunisession IB'U der Bundesversammlung vorgesehen ein Bnndesbesohlaß
betreifend den Erwerb von 50,000 Aktien der Zentralbabn.
IMese xwei letiteren Besefalttsee bilden einen neuen Wendepunkt in der
sohweiserisohen Eisenhahngeediidkte; denn der Srwerb von Bahnaktien dnroh
•den Bond bedeutet nichts weniger als den B^inn sar Yerstaatlidrang der Bahnen.
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Eisenbahnen
—
Eisenbahnen
Damit ecUägt der Bund j«tit den Weg ein, den eehon 1667 das damalige Post»
nnd fiandepartement betreten wollte. Der Bund greift zn diesem Mittel, weil
es ihm vortlieilliiifter erscheint als der konztssinnsmäßiii*' Rückkauf und sicherer
als der fremiiiufe liiickkauf. Ein im Jahre 18ss gemachter Versuch, das Netz
der Nordoatbahn vertraglich zu erwerben, scheiterte bekanntlich ^ immerhin er-
neuerte der Bttttdesrath diesen Tennck im Jalire 1891 bei der Centralbahn nnd
awar mit Aaesiclit auf £rfblg), während im Jahre 1883 Ton einer Xttndigong
der 1888 fälligen EoosesBionen deshalb Umgang genommen wurde, weil nach
der Ansicht de«) Bttudesrathee — der Band sieh ni grolkm äoaazielien Gefahren
auügeaetst haben würde.
£a yerlohnt sich, die Gesichtspunkte, welche den Bundearath bei dem Er-
werb Ton Aktien leiten, nach aeinen eigenen Worten klar sn legen. Deraelbe
sagt in seiner Botschaft Tom 80. Mai 1891 betreffend den Erwerb der Jnra-
Simpion-Aktien :
,\Vir li:«ben in uns<*rer Botschaft vom y. Dezember ISSti auf die Folgen aufmerk-
sam gemacht, welche sich aus der Fusion der weslscbweizerischen Eisenbahnlinien mit
der .hn ;i Bci ii-Luzcrti-üahn (1 Jan. 1890) filr i\u- Mlnvoizcrische Eifenhafinyiolitifc erjrehen.
Diese Vereinigung vollzieht sicli nicht bloti zwischen den privaten Eisenbaiingcseilschaften
zum Zwecke des Betriebes des nunmehr bei weitem größten schweizerischen Eisenbahn*
nelzes, sondern es- koimnt d:it»et die Bedeutung und der EinHuG d- r l»elheili}.'1en Kantone
in einer Weise zur (kUuuj{, wie dieses bei keinem der aii ii in Hihunelze der Fall ist.
In dieser Beziehung lallt vor Allem die Stellung Kanfnii- Hern in Betracht. Die
entscheidende Bellieiligung desselben an dem Entstehen der Jura-Bern I.uz- rn-Rahn und
der maßgebende Einlluü, welchen er al« größter Aktifmär bei der Vri ualtuiig dieses
Netzes ausgeübt hat, verliehen dem letzteren den iktur einer SiM.it>li;din. Durch
die Genehmigung der Fui^ioD haben die Behörden und das Volk des Kantons Bern die
Fortsetzung der bisherigen Politik gebilligt und gleichzeitig auch die Ziele guigeheißen,
welche die Vereinigung ausdrficklich als die ihrigen anerkennt; tier Kanton Bern hat
die eiäenbahupolitiacbe bundesgenosäenschatl der kanlone Freiburg, Waadt und Walliä
erworben nnd diese sieh ihrerseits die Mitwirkung des größten Kantons zur Erreichung
ihr« s lriiit,''-t aiii^'e-^treblen Zieles, des Simplondurchsticlies, gesichert. Nelien dem r< rht.
liehen und moralischen EintluU, den vier Kantone mit einer Bevölkerung von rund
einer Hillinn i^eelen zur Erreichung ihres Zweckes auszufiben im Falle smd. kommt das
direkte fitian/.ietle liilere-^-e io I>etr.i< Iil. weli !ie< sie an die neue (iesell-clnn kriflpH.
Der Aktienbesitz der vier Kantone betrügt zur Zeil 77,777 Stück, welche in der Ueneral-
versammlung ebensoviel Stimmen reprasentiren, und zudem sind die Kantone im Ver-
waltungsralh bei einer Gesammlzahl von 5<> -i'A) Mitgliedern mit 19 Stinnnen betbeiligt
,bie Stellung, weiclie dem Bund aus dieser Situation erwächst, ist nicht zu ver-
kennen. Die Thatsache, daß durch das Zusammenwirken von kantonalen Begiernngen
mit den Eij-enhiilinve-ellM li iften in der Verliesseruiig unserer Eisenbahnzustäiiile Hesul-
tate erreicht worden sind, wie sie der Buml in gleicher Bedeutung bis anhiu nicht zu
erzielen im Stande war, muß nothwendig zur Schwächung des Einflusses der E{dgeno<!8en>
Schaft frdin n. \veiin dieselbe nicht den VVillen und die Ki .ifl besitzt, sich aurli iliri i-eit3
die gebührende Stellung zu erobern. Der Bund wird zwar gegenüber der fusiunirlen
Gesellschaft im Stande sein, die Pflichten zu erfiUlen. welche ihm bei der heutigen
y;ieid;i^re itii schweizerischen Eisenli:ditiwe'-en oh!ie;.'pn. .iher er wird es nicht vernir>/en,
der weitaus höheren Aufgabe gerecht zu werden, welche die Zukunft gebieterisch an
ihn stellt. So lange die Fusionen nicht als Vorbereitungen zur Verstaatlichung d«r
Bahneu betrachtet und hch indi lt w^Mlen. führen sie im Gegentheil vnn dii ~eni Ziele
ab, indem sie die Macht der (.ieseilschatlen stärken und die kantonalen Emllüsse auf
Kesten dei;ienigen des Bundes vermehren.*
Und in der Botschaft vom 21. März 1891 betrefl'end den Ankauf von
Centralbahnriktit-n sagt es der Bundesrat!) utTen heraus, daß der Zweck diener
Maßregel keineswegs der sein solle, den Bund dauernd zum Großaktionär der
Centraibahn zu machen, «ondern .unser Ziel ist die Erwerbung der Centralbahn
nnd der Betrieb derselben dnrdi den Bund mit der gleiebseitigea Abaiohl^ der
ancoeuiven Erwerbung des geaammten aobweiierimben Bahnnetsee".
Eisenisahnea
— 12t» —
Der TavfMnur dkie« Artikels geiiSit n denjcuigcn, welelie bedeoon, daß
im Jahre 1853 das PrivatbahnByetem ttber daa Staatabalm^yfteai gesiegt bat.
Jkmgßmäß kt auch der Artikel in staatsbahnfreandlicbem Sinne gehalten. Der
Leser soll aber auch len gegentbeiligen Standpunkt kennen lernen, und machen
wir ihn deßbalb mit einigen Stellen aiu der Schrift von (i. Stoll ^Zwr Ehren»
rettung den Privatbahnsystems in der Schweiz" ^Zttrich, Orell FUßli & Co., 1888)
bekannt.
Zunächst fuhrt G. StoII den Kachweis, daß die bis 1861 gebauten Bahnen
per Kilometer l»jH,(M)o Franken mehr Hatikosten erforderten als man im Jahre
1852 angenoniineu hatttJ, so daß alsu der Bund bereits in diesem Punkte sehr
schlimme Erlabrungeu gemacht hätte. (Bei gleichem Netz hätte er 174,700,000
Franken mehr anfbiingen müssen als 1853 Yorgesehen.)
Femer glanbt G. Stell, daß die Privatthätigkeit der Sohweii viel raaoher
ein großes Bahnnetz gegeben habe, als der Bund es gethan hätte, denn nach
einem Zeitraum von wenig mehr als 30 Jahren Ubertraf das schweizeriHche
Bahnnetz das von den Befürwortern der Staatsbahnen ursprünglich projektirte
Kets am mehr als das Zwdnndeinhalbfache.
«Die Gotthardbahn wire vom Band nicht gebant worden und der wirtk*
Sfdialtliohe Auischwnng, der sich an dieselbe knUpfte, wäre ausgeblieben; oder
wenn er sie gebaut hätte, so wären die 9()'s Millionen Franken, mit welchen
die Gotthardbahngesellschaft vom Ausland Mill.i, und von der Nordust-
ond Centraibahn ^8 '/a Mill.) ttubventionirt wurde, zu seiueu La««teQ gefallen, denn
letstere swri Privatgesellsehaftem hStten nidit exiskirt, «ad beim Ansluid Uttte
er sieh ans politischen Gründen nicht um Sabvenlioaen bewerben dürfen.
„Die durch die Privatthätigkeit hervorgerufene großartige Entwicklung des
schweizerischen Ki-ienbahnwesens hat zwar auf der einen Seite die einzelnen
Eisenbahnunteruuhmungen die schwersten Opfer gekostet, auf der anderen Seite
aber der Sohweiz selbst dmwh Hebong der materiellen Wohlfidirt ihrer Bevttlkerong
wie durch Vermehrung ihrer Bondeeeinkttnfte immensen Nutzen gebracht.*
Allerdings fällt von den Hunderten von Millionen, welche auf den Schweiz.
Eisenbahnen verloren gegangen siind, nur ein Theil anf das AiiHland, der größte
Theil des Verlustes fällt ubne Zweifel auf die Schweiz »elbfit. Und gewiß gibt
es sohweiaerisobe Angehörige die Menge und gibt ^ sahireiche schweizerisehe
Gemeinwesen welche in Folge der an Gunsten der Eismibahnen gebraohtm Opfer
noch während einer langen Zukunft zu leiden haben werden. Allein so beklagens-
werth 'ii^-f Thatsache auch an und für t*ich zweifellos ist, so handelt es sich
doch immerhin bloß um Verluste Kin-clner. I>eni Lande selbst, als Geffnmmt-
heil in's Auge gefaßt, habeu die Uebertreibuugeu der privaten Eiiienbahxi-ludutitrie
viel mehr TortbeOe als Nadithdle gebracht. Gerade die außerordentliche Ans*
dehnung des Bahnnetzes hat mächtig dazu mitgewirkt, die ganze wirthsohaftliohe
Thiitigkeit des Landes zu heben uml den Wohlstand allgemeiner zn verbreiten.
Niemand, der die heutigen Zustände mit denen vergleicht, welche vor 30 Jahren
bestanden, wird bestreiten, daß in der Zwischenzeit unser ganzes gewerbliches
Leben einen gewaltigen AnjOBchwung goiommen und der allgemeine Wohlstand
sich in außerordentlichem Maße vermehrt habe. Zeugnissen bievon begegnen wir
auf Schritt und Tritt. Jenem allgemeinen materiellen Anfechwnng ist aneh der
gegenwärtige blHhende Zustand unserer Bundesfinanzen in erster Linie zn ver-
danken, da derselbe natürlich einen außerordentlich günätigeu i:^influß auf die
Erträgnisse der Poet- und Telegraphenverwaltung, ganz besonders aber auf die
Vermehrung unserer ZoUeinkaofte aosgettbt hat.
Tamr, VotkiwtrthMli»fki*L«xik«B Sw Scliw»ii. 9
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Eii>enbalmeii
— 130 —
Kisenbahuen
^Das Bondesbalm-Syatem ist ganz geeignet, das Eldorado .ua^eres Streber«
thums tn werden. In dieser Besübhimg ist es yielleiolit von symptomatlsoher
Bedeutung, daß unsere Arbeiter- und Griitlivereioe die Ventaatlichung der Eisen-
baliniM) zu einem der Haa]<tjiunkte ibres Programmes gemacht haben. Die Agitatioa
fUr Herab>etzuiig <ier läsiMibtihntarife. insbesondere filr Herabsetzung der Peraonen-
taxen, durfte leicht eine noch mächtigere Wirkung aut die Menge aosUben, aU
es in vielen Kantonen die Agitation fttr Heratw^mng des Salspreiaee getban
bat. Sind aber nnmal die Bundesbahnen snoi TnmmelpUts der Demagogie ge*
worden, dann gnade Gott unseren ßundestinanzen!"
^Man weiß, daß in den meisten Fragen wirth.schaftlieben Charakters die
Anschauungen der Ost- und der West«chweiz außerordeatlich weit aur$«iuander
geben, ünd wenn man sieb des drohenden Aosspruchs winnert, den yor wenigen
Jabren gelegentliob einer Zolldebatte ein Führer der radikalen Westsebweizer
in offener BnndesTemmmlang gethan hat, 90 muß man »ich fragen, ist es Staats*
klug gehandelt, wird e« nicht das (.Tefülil der nationalen Zusammengehörigkeit
lockern, vvenn wir durch die Zentralisation der Kisenbahnen einen Zu^tauii seliaffen,
der ganz dazu angethan ist, in seiner weiteren Eutwickluug zu eiuem ueuea Zank-
apfel zwischen der Weetscbweix und der Ostschwele sa werden?*
Diesen Anschauungen eines erflihrenenlKnanzmannes und Eisenbahn verwaltnngs«
rathes gegetiiiliei- ist es interessant, ein zweites Urtheil aus dem Munde einer
Autorität in Eisenbahnsaehen /u vernehmen, l'^s sagte Herr .Jurabahndirektor
Marti im Nationalratb, aniiißUch (ier Debatten Uber den Ankaut der Jura-Simplon-
Aktlen (nach der «Berner Zeitnng«* Tom 21. Jnni 1890) :
»Zu was hat uns die Privatwirthschafl im Eisenhahnwes«a gefilhrt? Zur Ün-
ordnunir im Fi-pnbalmvcrkffir. zur Erniedrigung de?" Lnndt><. zur Verniehtunjr einer
groLien Zahl von Hxisienzen Kolossale .Summen sind im Ei^eabahn werfen zu Grunde
gegangen. Ich erinnere .Sie an die Kur-e der Xordosllialni. lier (lenlralhahn und der
Ootlhardbalin im .Vnlanjr «Ier 7()er Jahre und in) »Irdirt- ls7>>. Nicht weni^rpi als
.%7 Millionen sind damals verb>ren gegangen. Olivier Zschokke ber^-ehnet »le auf
4i3 Millionen. Es sind aber dabei nur die Normalbahnen in Berücksichtigung gezogen.
Wer hat diese Summen verloren? Da;? Sehwei/ci volk hat sie verloren und die 8pekul,mffn
haben sie gewonnen. Ijini iieute i.*t der Schwindel wieder urötier als je. Du, Aktien
aller der genannten Bahnen sieben wiederum hoch und iioi-lt liöher als in den Zeiten
der 7t)er .Jahre. Denken Sie lerner au den Gründungsschwindel bei den Hergb;ihnen
und Bahnlein. Wiederum wird die Reaktion eintreten, wiederum werden es die .Spekulanten
sein, welche sich vergnüi^'t ilii> Hilnde reiben und wiederum wird es das Volk sein,
welches die Zeche bezahlen niutf.
.Wir stehen heute im Eisenbahnwesen auf einem durchaus unklaren und un-
gesunden Boden. Oer Bund ist ^jeiiOthigt, eine Novelle über die andere dem Eisenbahn-
net/ beizufügen. Kein Mea<«ch weiU mehr, was Rechtens ist, wenn wir so dVauf los
legiferiren. Es werden auch die Gfesicfatspunkte und Ziele des Eisenbahndepartementes
hrailiu' W eil rdi' t-clii ii It ii. ebenso das Muß de- Zulässigen und MOgliehen. Man weiß
niauchmal nicht, wer hinter diesen Anträgen steckt, ob es Tecliniker sind, Geseilschalten,
Spekulanten oder Heizer. Die eidgenössische Kontrole ist zu einer Poliielanstalt geworden.
Damit k-Hnni-n u ir ni kein Z^'l. Wir bewirken hflehsten«, daß den Ei.senbabnverwallungen
jede Luät zur initiative genommen wird. Der Fehler liegt eben darin, duL> der Bund
statt in der Verwaltung außerhalb der Verwaltung stellt. Die Spekulanten sind es zw
frieden, wenn der Bunt! -i n iiiß. iltulb der Eisenbahnverwaltungen befindet. DafQr
betiiiden s»* sicii darin unA ^cli.ilieii und walten zu ihrem Nutzen.*
Bei dem nämlichen Anlaß machte der Chef des eidg. Eisenhahndepartementes
die Uberrascfaende Mittbeilnng, daß bei der Liquidation sablonissanflbiger Private
bahnen 100*833,095 Fr. rerloren gegangen sind Und er fügte n. a. bei: «Idi
') Es hallen u. a. liquidirl: Die Nationalbahn, ilie Ostwestli.ahn, die erste Untei^
nehiuung des Jura-industriel, die .ehemahge Ligne d'Italie im Wallis.
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Ebeubalioen
— 131 —
£iseni)abnen
glaube, gibt iu ganz Euiupa keiu einzigen Land, in welchem zwischen dem
Verkehr and den £ii«ibah&T«rwAltangen so wenig Kostekt besteht wie bei vi».
Die Aufsiebt de» Bundes ist eine lediglich polinilidMf bureaukratische. In Bezug
auf (lif Tarife können wir lediglich dafür sorgen, i^laß sich dieselben in den
richtigen kotui'>'^(on'irfem''ßen Sclirauken halten ; daß dieselheu den Bedürfnissen
de» Verkehrs und der Industrie angejiaßt werden, kiinnen wir nicht erzwingen.'*
Was aber die Tarife der Bahnen za bedeuten haben, zeigte der Bedner dadnrch,
dafi er den ZoBergehniieen dee Jahres 1886 die Fraehtergebnisie des BSmUdiBB
Jahres gegenüberstellte. Es verausgabte der schweizerbche Handel fUr Zoll
22'31»5,O00 Fr. und für Bahnfracht der nämlichen GHtcr 4r6'.>7j)(X) Fr.
Ein Zürcher Kautmann ^) erblickt in den Frachtverhältnissen das entscheidende
Moment für die Verstaatlichung der Bahnen. £r sagt:
Nun ^lange ich zu dem, meiner Ansieht nach, wichtigsten Argument, das
für dii' Ft i^e <I> r Yerstaatlicliun^' un-erer Bahnen Ton eigentlich kapitaler Bedeutung
ist, und welches das entscheidende sein sollte.
^Ob die Bahnen heute oder morgen Tostaalliehl werden sollten, wäre an und lOr
sich ziemlich gleichirniiip, wt-nn lioi unseren Xachbnrn die Ei«enhahnfrage Im gleichen
Stadium wäre, wie in der .Schweiz. Aber dies ist durchaus nicht der Fall.
.In Frankreich werden in 50 — 70 Jahren dw wichtigsten Privallinien dem Staate
kfisttntn >i ztifallen, d. h, der Stnnt hat nur das bewe^fliche und Betrif^h-Material zum
St'hatzuuK.^pieise /u iilioi uehiiien. Deutschland wird in der gleichen /eit sein Anlage-
kapital so viel Wh- iini^'lich zu amortisircn suchen; es wird daraafhinarbeiton, daß es
im gleichen Zeilpunkt, in welchem die französischen Privatli.ihiien an den Staat zurück-
faUeu, seine Verkehrsmittel unter gleich gäiistigen Vfriiältni-s.n zu seiner Verfügung
hat wie Frankreich. Die wirthschal'tliche Lage dieser ticideti Limder wird duiDXttmä
^ine ganz andere -ein .Ah wie sie sich uns heute piäsentiit. Heid.' St.iaten werden ge-
waltijre Ei.-enhalinnetze besitzen, welche nur wenig küslvii. daher audi dem Handel
und Verkehr außeronleatlii h lMl!i;.'e Dienste leisten können. Wird dann die Schweiz im
Stande sein, ihr industrielleü Gleii hgewicht zu behaupten?"
Durch VerzH^reningen, welche der l>ruek -ü'-ser Borren erlitten hat» ist der
Inhalt de» Artikels theilweise von dcu Kreigai.H.>.cn überholt wurden.
Der Ankauf von 50,000 Aktien der Centraibahn wurde vom Nationalratb
gtttgeheis^en. vom Ständerath jedoch abgelehnt. Dagegen einigten sich beide
RSthe am 1*5, Juni 1891 anf den Ankauf der Oiitrallahn. auf Grund folgenden
Vertrages, den der Hntide^^rath am 2. April lödl mit dem Direktorium der
Centralbahn vereinbart hatte:
l. Die schweizerische CentralitaUngesellschalt tritt ihr gesammles bewegliches
und unhewegli< hes Vermiigen «lern Bunde zu Eigenthum ah, mit InbegrilV ihrer Anlheile
an dl ti G. iiieiti-eli ift-liahrien (Brttzhetylialin, Aargauische SOdhahn, Kohlenz-Stein und
"W nhleii lirLiiigarteni und mit EinschluU der vorhandenen Fonds; der Gesell.schafl wird
von 'lem Aktivsaldo der Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 1890 ein Botrag von
Fr. 3,3W),00O im Maximum überlassen, während der Ueberschnß iU in Runde zuHillt.
Der Bund Ohcrnimmt dieses Veriii<\gen in dem auf den Zeilpunkt, der I'ehergahe
{Art. 4i sich ergehenden Bestände mit allen Bechten und Lasten und mit der Ver-
pflichtung, alle Verbindlii hkeiteu der schweizerischen (lentralhahngesellsrhart zu erfüllen,
in der Meinung, dali die Gläubiger der Gesellschalt berechtigt sein sollen, ihre Ansprüche
dem Buinle gegenüber selbständig zu verfolgen (.\rt. 128, Uhligationenrecht).
Art. i. Als Gegenleistung übergibt der Bund der CentralbahngeselLschaA spätestens
2 Monate nach Inkrafttreten Urne« Vertrage? fQr jede Aktie im Nominalbeträge von
Fr. öfMt einen zu 3 " per Jahr vet7.iii>li< li' !i eidgenössischen Keotentitel hezw. Interims-
Schein im Nominalbetrage von Fr. 1000 und mit Zinsgenuii vom 1. August Ib^l an;
im Uebrigen sollen diese Rententitel, sowohl in Bezug auf die dadurch begründeten
Ammann-Spiller .Ueher die Verslaalliehung der schweizerisLlien Eisenbahnen*,
Vortrag in der Kaufmännischen üesellsciiaft Zürich am 20. Januar 1888.
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Ei^eiibuhnen
13J —
Eisenbabnea
Rechte und Verbindlicbkeiten, als auch d«r Form nach, den im Jahre 1890 auigegebenen
eidgenössischen Elisenb.-ihnrententitpln jrpnrm enf-pror!ien.
Insoterti die (iesell^chull btah-ichli^'l, Jas den Aktionären /.akommende Vermögen
vor Ablauf de« in Art. 667. Abs. 2. nbligationenrecbt festgesetzten Termincs ausliiozu-
geben, so verpflichtet sich der Bund, den Glftubigem die in Ab«. 4 des ai^efilhrten
Artikels vorgesehene Sicherheit zu leisten.
Art. 3. Die GentralbahngeMllsehaft wird die demitigen Mitglieder des Direktoriums
n;it If ■■ f.i(juii]alion beauftragen, für web he, soweit die Rechte des Bundes in Frage
iiomnieu, die Besliiumungen dieses Vertrages maßgebend sind, und deren Kosten der
Bund zu tlbemehmen bat.
Behufs möglichster Ve^einfachun^' und Förderung Jc^ Verfabrens; worden lie
Idquidatorea sich mit dem Bundesrathe im» Einvernehmen setzen und namentUch.
besflglieh der zu erl^asenden Publikationen und Anzeigen dessen Ansicht einholen
Art. 4. Xai li allseiiiir erfolgter Ratinkatinn de- \ uilie^'einlen Vertrages hat sobald
als möglich der Uebergang der Unternehmung au den Bund und die Uebergabe des
Vermögens stattzufinden.
His zur Uebergabe des liesellsrlian.-^verniQgeiis an den Bund wird die Gesellschaft
fortfahren, das Unternehmen in allen Tbeilen in eigenem Namen, aber, für den Fall
der Oenehmigung des Vertrafes, vom I. Januar 1891 an auf Reehnnng des Bundes
zu verwallen und zu lietreiben. Sie wird dabei nach bestem Wi-^en und fJewissea
und in gewohnter Weise verfahren. Immerhin sollen eingreifende Veränderungen am
Status quo des Gesellscbaflsvermflgens und außergewöhnliche Ausgaben, welche nicht
^'ei^pnwfirtig -rhon durch Gesetz oder Vertilg begründet sind, nur mit Znstimroung de«
Bundesratbes vorgenommen werden.
Art 5. Der Bund stellt « den Mitgliedern des Direktoriums der Centraibahn
anbeim. unter den jetzigen Anstellungsbedingungen, welche ihnen für eine Amtsdauer
bis 1. Juli 1896 zugesichert werden, in die Bundesverwaltung Qberzulreten.
Der Bund rerpflichtet sich femer, die flbrigen Beamten und Angestellten der
Centraibahn unter den bestehenden Änstellunpsbedin^-'unfren in seine Dienste zu Aber*
nehmen, und zwar, soweit immer möglich, in gleicher dienstlicher Stellung.
Art. 6. Der Bund verpllicblet sich, bezüglich der Hülfskasse der Beamten der
Gentraibahn in die Verpflichtungen der Centraltmhngesellschaft einzutreten.
Art. 7. Der Sitz der Verwaltunp di-r Centralbahnlinien soll jedenCal!- lange
in Basel bleiben, als nicht die weitere Verstaatlichung schweizerischer Hauptbahnen
eine Aenderung der Organisation nothwendig macht
Art. 8. (;e|.'etiwärf i^'er Vertrag fällt dahin, w. iin derselbe nicht bis 1. November 1891
endgültig die Genehmigung des Bundes, sowie anderseits dietjenige des Verwaltuitgsrathes
nnd der Oeneralversammlnng der schweizerischen Centralbabngesellschi^ erhatten
haben wird.
Art. 9. Alll^llige Streitigkeiten über die Auflegung oder Vollziehung dieses Ver-
trages sind vom Bimdesgericht zu entscheiden.
Dieser Vertrag wurde im Juni 1891 von der Generalversammlung der
CentralbahnaktlonXre angenommen, und e« iMt derselbe nur noch das Beferendnm
des Sohweiiervolkes zu paMiren. Di« Beferendamafruit «lauert bis txm 39. Sep»
tember 1891.
Wie nun auob die Volksabstimmung über den Ankauf der Centraibahn au«»
falb*, ftb fUr oder gegen, wird immerhin der nachfidgende Aufzug H^^^ der bundes-
rtithiiche Botschatt vom lö. Mai 1891, diese Angelegenheit betreffend, von
grospera orientirendem Interesse sein :
Die Kommission des .Vationairalbes, welclier unsere Anträge belreffeud den Ankauf
der Centraibahn überwiesen worden sind, bat <len Wuiiscb angesprochen, daß der
Bundesrath in Ergänzung seiner Botschaft sirli fdur die Grundsätze au«-prerhr. nncb
denen die von dem Bunde zu erwerbenden Eisenbahnen zu verwalten und zu be-
treiben seien.
Indem wir die^• ^ Einladung nachkonun<-n. rrl.raVieii wir an- hu. li eiiu^e weitere
Punkte zur Sprache zu bringen, zu deren Erörterung unsere Vorlage Veranlassung ge-
boten hat.
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Eisenhahuen
— 133 —
£ü»eubaiuiea
f. Nicht nur in der Presse, sondern anch in amtlichen Kreisen ist die konstitn-
tinitf ile Fmge atifvrf'wnrfen worden, ob der Bund überhaupt berechtiprt sei. Ki t n!i »linen
zix besitzen und zu betreiben, oder ob nicht das Hecht hiezu vorerst auf veri u^sung^t-
inä.-«sigem Wege geschaflfen werden mOs««. Wir lialten dafür, daß die^e Frage durch
Art. I3 der Bundesverfa-ssung in ganz klarer Weise ent-jchieden sei. Diese r ArtiV«'!.
welcher wörtlich aus der Verfassung des Jahres 1843 io die jetzige aufgenommen wurde,
lautet Mgendermassen :
.Dem Bumlf -fehl ila~ Recht zu, im Interesse der Eidgenossensdiufl odtr eines
agrossen Theile^ derselben auf Koäleu der EidgenoisseDscbaft 51TeutUche Werke zu er-
«richten oder die Errichtung derselben zu untersldtzen.
,Zu ilif'sem Zwecke ist er auch befu}.'t i^-. -^ n volle Knlschri.ii^'uii;.'' das Rerhl .l.-r
^Expropriaiion geltend zu machen. Die nütiern Bestimmungen hierüber bleiben der
«Bnndesgesetzgwung vorbehalten.
„Die Bundo'iversammlung kann die F.rriciiluiir: ön'entli« her Werke antersagen,
«welche die luilitärischeu Interessen der Eidgenusseusdiafl verletzen.*
Gegenüber dieser Bestimmung kann das Redit des Bandes zum Besitz und Betrieb
von Eisenbahnen nur zweifelhaft sein, wenn die Behauptun? juif^rt-^tellt wird, ilai. liie
Eisenbahnen überhaupt nicht ah ölleuUiche Werke gelten können, oder daß sie aus
besonderu Grflnden nicht in dem Wortlaut der BnndesTorftisBang begriffen seien.
Zu der erstem Aimahiiif lie^t ofTonhar kein Grund vor, denn es läßt sich wohl
kaum eine Unternehmung denken, welcher der Charakter der Oeileutlichkeit und der
•Gemeinntttzigkeit in hMierem Maße zuk&me, als einer Eisenbahn, zumal hi dem Falle,
in wel. heiii der Bund den De-ilz aller oder doeh der hauptsächlichsten Eisenbahnen
des Landes erwirbt. Die ^,'e^'eiitht'ilige Auifa-säung wäre nur dann berechtigt, wenn
aaehgewiesen würde, daß es im Willen und der Absiebt der konstituirenden Behörden
und Gewalten gelegen [labe, die Eisenbahnen nicht unter die in Art. 21 der Bundes*
Verfassung genannten öffentlichen Werke zu begreifen.
Wir sind der Ansieht, dass sich der Bew^ des Gegeniheib in strengster Weise
führen Ia<-r. Der heutige, oben angt-führte Art. 23 der Buii<le-verf'.(-*ung wunie- in
seinem genauen Wortlaut schon von der Hevisi^oskommissiün der konsütuireuden Tag«
Satzung (1848) vorgeschlagen. In ihrem den Verfoasungsentwurf begleitenden Berieht
vom 26. April 1848 erkllrt die Kommission Aber diesen die fiffentlicfaen Werke iietreffen-
den Artikel:
,Die Eidgenossenschaft kann auf ihre Kosten öffentliche Werke errichten oder die
»Erriebt an;,' derselben unterstützen und zu diesem Zwei k freien Enfsrhädifrung dm
«Recht der Expropriation geltend machen. Bei diesem Artikel hatte man besonders
«die EinfQhrung von Eisenbahnen im Auge.*
Bei der Beralhun;: des Kommissionalentwurfes durch die Tugsatzung wurde dieser
<jiesichtspuukt aufä ^'eue hervorgehoben (Abscliied des Jahres 1847, IV. Theil, pag. 1^)
und die Aufhahme des Artikels mit der ErklSrung unterstatzt:
,Ea werde die Schweiz sich aueh in Beziehung auf die Eisenbahnen kOnfUg nicht
»mehr pa.^siv wie bisher verhalten können ; sie werde durch die Verhältnisse getrieben,
»diesem wichtigen Verkehrsmittel größere Aufmerksamkeit zu leihen, wenn sie nicht
»Gefahr laufen wolle, ihren Ttansithandel, sowie theilweisa anch den Absatz ihrer
«Waaren zu verlieren etc."
Öbschuu sowoid diese Erklärungen als der Wortlaut des unverändert angenom-
menen Artikels liinlAnglichen Anlass dazu geboten hätten, findet sich nirgends eine
Spur davon, dass auch nur die 'p'efrentheili|.'e Meinung sich geltend gemacht hahe; es
dürfen unter dem Ausdruck »»lüentliche Werke' die Eisenbahnen nicht verstanden w erden.
Viel wichtiger als das Gesagte ist v'ie Thatsache, <la.<^ die sämmtlichen bestehenden
Eisenbahnen auf Grund de« Art. 23 (Art. 21 der alten Verfassunp), d. h. darum zu
Stande gekommen sind, weil sie als ötTeullicbe Werke betrachtet und erklärt wurden.
D.i-^ Kiseubahngesetz vom 2;i. Dezember 1872 enthUl hi Art. 12 die (mit Art. 6
des alten Gesetzes vom 2S. Juli 1852 identische) Bestimmung: »Die Bundesgesetzgebung
,fll>er die Verpflichtung zur »Abtretung von Privatrecbten fmdet auf alle vom Bunde kon-
»zedirten Eisenbahnen ihre Aiiwendung*. Und das Expropriationsgesetz (vom 1. Mai
1850^ selbst wurde «in Ausfaiirung des Art. der Bundesverfassung' erlassen und
nach Art. 1 anwendbar erklSrt. «wenn kraft Art. f 1 der Bnndesv^rfasftnng entweder
Öftenlliclie Werke von Bundi*s wegen errichtet werden oder di>- Anwendung diese.'?
Buudesgesetzes aut andere ötlentliche Werke von der Hundesversammlung beschlossen
wird".
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Eisenbahnen
— 134 —
Eisenbabneifc
Durch die Anw t ndun^' dieser (;> st fzi jsvorsthril'ten siml deiunaoh die sämintliclieii
J>e$tehenden Privatbahnen gatu ausdracklich als »öffentliche Werke" erklärt und dun h
die Verleihung des Expropriationsrechtes im Sinne des Art. 33 der BnndesrerfoMung
^uiitfr^inizt'' wiinh'ii. Wir k<''innt'ii im- uunnirlir wodi des weitern Xachwei<r< als ent-
hoben hetraditen, daß die Eisenbahnen auch im Besitze des Bandes ötrenlüche Werke
sind und daß somit auch der Bund das Recht hat. dieselben nicht bloß za errichten^
^^ondern infolpe (le--en ;»iich zu erwerben, zu he-itzen iiinl zu Iu-tivilieti : w ait- -lies
nicht der Fall, s(» würde sich der in allen Konzessionen vorbehaltene Itückkauf als eine
sinnlose Haßregel darstellen.
Seil dem nf>lande der UuiKlesverfassun^.' (18481 wur^f 11» r-ht des rt in l. s
nie beanstandet und auch bei den sehr erschöpfenden Verhandlungen, die im Jahre
1852 über Staatsbau utid Privat bau stattgefunden hatten, von den Vertretern des letzteren
nie mit einem Worte in Zweifel frezo^reit. 'sondern im f Je'^'etilheil au-ili H» klich anerkannt»
wie aus dem Henclil »Itr natioituliathiichen Komnussiou vuia i. Mai l.S>2 deutlich
hervorgeht (Bundesbl 18,V2, H.l. II, pag. 9.0. Nur die Pflioht des Bundes, gemäß Art. -.'l
dpf Piuidesverfassiin'^'. Ei-cuiia liricn zu luiuen. wurdf in Alireile j/L'^lrllt. au-drüi lslii h
aber zugegeben, ,diiß uJleidings auch dem Hunde die Betugniß zusleiie. Eisennahneu
Ton Bundes wegen zu bauen*, daß es aber zunächst seine Sache sei, die Rantone in
ihren mittel- oder unmittelbaren Eisenbahnunterrsehinungen zu unterstützen.
II. In Bezug auf die Verwaltung und den Betrieb der künfli^ren Staa!<h,ilineti
gehen wir von der Voraussetzung aus, es werde der Erwerb der bestehenden Ilauj.iJ-
hahnen nicht auf einmal, sondern in verschiedenen Zeitpunkten und in einer zur Zeit
noch nicht abi«hbaren Heihenfolge .stattfinden. Eine rationelle ujul bleibende territoriale
Eintlieilung wird bei dieser Annahme erst ntöglich sein, wenn sämmtliche .Netze er-
worben sind ; bis zu diesem Zeitpunkt wird dieselbe nach dem jeweiligen Besitzstände
wechseln und namentlich auch von dem llebelstande abhängen, ob die succesi«iv dem
Bund anfeilenden Oruppen unter sich zusammenhängen oder durch das Gebiet der noch
nicht erworbenen Bahnen getrennt sind. Da mit dem Wechsel des Besitzstande* auch
die Organisation der Verwaltung auf das Genaueste zusamuienhängt, so kann die d^ti'
nttive Gestaltung dieser letztem zur Zeit unrnflgtich in Aussicht genommen werden ;
da-< i.'( II wird die auf (irniid d< - wirklich erworbenen Besitzes statttindende Territorial-
besitzen, daß dabei die wahrend der Uebergangspenode gemachten Erfahrungen «ich
verwerthen lassen.
Die Richtigkeit dieser Ansicht ergibt sich übrigens von selbst aus der beutigen
Sachlage, denn e.« wird wohl Niemand behaupten wollen, daß die zu erwerbende (lentral-
balui nach 'lern für ila- tr."^afniate künftige Bahnnetz zu » rla^-cnden tJeselz verwaltet
werden mns^c und deßliallt der Erlaß dieses Gesetzes deui Erwerb iler Bahn voraus-
zugehen habe.
So lange die Cviitnilbahn der einzige EisenbahniM -iiz d. - I^uiides bleibt, vvini der
Betrieb derselben unter einer Direktion wie bisaidna loiti-elicn und an die Stelle des
bisherigen Verwaltungsrathes und der Generalversammlung werden eidgenössische Be-
hörden treten. Dabei Nt dif Mi^g'Iitfikoif i:>'^'el>' ii, di.^ nneiitlichen Interessen in der
weitgeUeud.sten Wei.se z.u berüi.k.si€htigen und gleichzeitig auch die bisherige Stellung,
welche den Kanhmsregierungen, unter denen wir hier die Vertreter von Handel und
Verkehr verstehen, in der Verwaltung eingeräumt war, in eine ernsthafte und wirksame
umzur»tidern. Diesen beiden Hücksichten suchten wir durch unsern ati die natiimal-
räthliche Kommi.ssion gerichteten Antrag gerecht zu werden, welcher die oberste Leitung
und Ueberwachung der Verwaltung und des Betriebes der Gentraibahn dem Bundesrat!)
unterstellt und einen aus 19 Mitgliedern bestehenden Verwaltungsrath vorsieht, in
welchem der Bund mit 13 und die Territorialkantone des Bahnnetzes mit 0 .Milgiiedern
vertreten sind. Der Betiieb würde von einer Direktion besorgt, iu welche zufolge Art. 5
des mit der Centraibahn ahgeschlns!«enen Vertrages die jetzitien Direkt)onsmit|^ieder
einzutreten berechtigt sind.
Wir gehen gerne zu, daß diese Vorschläge, welche jedenfalls den Vorzug <ler
Einfachheit haben, mannigfache Modifikationen zulassen und dass e^ auch keinerlei
Schwierigkeil liat, über die Organisation und die Verrichtungen der für die Centraibahn
bestimmten Behörden ein Gesetz zu erlasfcn, wobei aber nicht zu übersehen ist, daß
ein solches Gesetz wieder abgeftndert werden müßte, sobald eine neue Bahn erworben
wird oder auch nur eine Bei rieb- fu^ion in'- W. rk -ctzi werden wdltc.
Die Ansicht, tiuss dem Ankauf lier licntralbahn oder sogar demjenigen der Aktien
unter allen Umstünden ein EiseDbahnorganisBtionsge<setz vorauszugehen liahe, ist .denn
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Eisenbahnen
EiäeubaLuen
auch in der nationftlrftthlichen Kommis^'ion nicht geltend gemacht, wohl aber der, unsera
eben ausgespri ichciieii Aii<rlr,iininpon nifhl widersprechende Antrnj,' tro«lel!t worden, es
hai>e der Bundesrath .spHlesttins bis zu dem Zeitpunkte der Erwerbung eines weitem
Bahnnetzes der Bundesversammlung ein aUgemeines Bundesgesetz betreflend die Ver-
walfunfr nntl iltii Betrieb der Bundesbahnen vorztilepen. .liir< h \\e!i lie« die auf die
Ceiitraibahn bezü|/lii lien provisorischen Bestimmungen uulgeliula u Vierden.
Von Seite <!r>r kaiitinännischen Gesellschaft Zürich wurde unserm Eiseni)ahn-
departemptit iiiit|.'ethi ilt. «laü in der Ueneralversamndung dieser Ge<jellscbafl eine freie •
Be-sprecbung ia Bezug auf die Verstaatlichung stattgefunden habe, wobei es als. wfinsch-
bar gehalten worden sei, daü ein (.iesetzesentwurf über die ( )r/anisation des Staats«
betriebe? vor dem Aukuuf iler Ceniralhahn ausgearbeitet werde. Eine nähere Begründung
dieses Wunsclies i^i uns luchl üLieruiittelt worden, wohl aber eine weitere in dieser
Versammlung geäußerte Ansicht, welche beweist, wie schwer es häll, ein Gesetz zu
erlassen, bevor die Möglichkeit seiner Anwendung, nämlich der Besitz der Balinen.
gesichert ist. Diese Ansicht ging nändich dahüi, e^ sollte eine achte Bundesrath^slelle
speziell für das Eisenbahndepartement geschafTen und die Generaldirektion nach Zürich
als dem Hauptcentrum für Handel and Industrie verlegt werden. Wenn die Bundes-
versammlung dieser Ansicht und dem gleichzeitig geäußerten Won«h nach einem vor-
gängig zu erlassenden Gesetze beitreten wollte, so würde daraus folgen, daß der Silz
der «Ueneraidirektion* der Centraibahn, welche auf unbestimmte Zeit die einzige Bundes-
bahn sein wtrrl. aus dem Bahngebiet weg von Basel nach ZOrich rerlegt würde, eine
Maßregel, Mie Ihnen der Bunilesrath selbst nach Verstärkung um ein achtes Mit-
glied wohl kaum vorschlagen könnte.
Zu fthnlichen Mißgriffen mflßte jede Gesetzgebung ftihren, welche sich damit be-
fal->t, Verhältiii--e /.u urilnen, i!ie ei-1 in il i^ Lcln-n fr' !e!i, wenn dif- -ta:if!Ii li t\>u-]\
gar nicht auerkannte Postulat der Verstaatlichung verwirklicht sein wird, und deren
successive Gestaltung zur Zeit Ton Niemandem Toraujigesehen werden Isann. Diese
AulTassunp haluti Aeuu audi alle amlern Sfriafen 'rTr-theilt. in uflrhen in neuerer Zeit
Privalbahnen zu eigenem Besitz und Betrieb übernommen worden sind, ubschon tu
auch dort nicht an Stimmen fehlte, welche verlangten, daß die Organisation dem Be-
stund der ZU organisirendcn Kinrichtnnp V(ir iu>irehe.
Diese legislatorischen Belrucliiuugen >i blielien es nun aiiei keineswegs aus, selmn
beute die allgemeinen Fragen zu besprechen, welche für die künftige Eisenbabngesetz-
gebunp Iii Be'r.irlit fallen. Eine solehe Bc-prechun^' der wirbligsten Punkte bat -clion
in unserer Botscltafl vom '21. üärz d. J. statt^elunden und wir haben dieselbe nach
dem Wunsche der oationalr&thlichen Kommission hier nur weiter zu fOhren und zu
ergänzoti.
Üaliei schließen wir an die Beuierkung der kaulruänai,-« In n (ie^ellschall in Zürich
an, welche sidl die «Form der Organnation* des Staalsbeirn l « s .nicht zeiitralisirt
denkt, «(indem soweit dezenlralisirt, als es mit einem einheitlichen Betrieb vereinbar
L-L". Wir pllichten diesem Grundsatze im vollen Maß«* un«! in dem Sinne bei, daß sich
der Staat, uncl zwar der Bund wie die Kantone, nur soweit in den Betrieb <ler Bahnen
einzumischen haben, als die Aufsicht über die Vollziehung der daherigen Gesetze es
nöthig macht, und daß daher die Behörden, denen der Betrieb der Bahnen obliegt,
mögliebsl selbslständig zu stellen sind. Wir können diesen Gedanken bestimmter und
anschaulicher zum Ausdruck bringen, indem wir erklären: der Eisenbahnbetrieb ist in
den HRnden des Staates wie in denjenigen der Privatgesellfvhaften eine Industrie, fflr
welche iler Staat die (Ir^-anisation und die allgemeinen V. ir^i-lu iflen durch da- Gesetz
aufstellt, während der Betrieb der Industrie volbitändig den Sachverständigen überlassen
bleibt, welche zur Leitung und Ausführung bestellt sind. Dieser Grundsatz ist nicht
erst zu ]>rnklainir<-n ninl anr/u-telien : er ist von dem Rnnde seil seineni Re-'.tnd in
der Post- und Telcgraphenverwallnng mit so gutem Erfolge angewandt worden, daß
wohl kaum eine BnndesbehSrde auf den Gedanken kommen wird, denselben aufzugeben.
.Vellen .lle-eiii all-enieitien Prinzip, da-; itti Fi^enhalnilx fiiebe herrsehen soll, kommt
wesentlich die Frage der (Organisation in Betracbl. W enn wir auf dieselbe eintreten,
kann es nur unter der Ann^me geschehen, daß sAmmtliche Normalbabneii der Schweiz
verstaatlicht seien. Die bis zur Verwirklichung ilieser Annalntie . intretenden Zwi-elien-
zustände können sich so mannigfach gestalten, daß bei unserer theoretischen Betrachtung
da7on abgesehen werden muß.
1) TtrrHoriuhiniheUung.' Es ist Ton Werth, von vornherein festzustellen, daß
weder von amtlicher noch nn^pre*; Wissens überhaupt von irgend einer Seite ie die
Behauptung ausgesprochen worden ist, es .-^ei der Betrieb der gesammteu schweizerischen
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Eisenbabneii
— 136 —
EisMriMhueii
Bahnen von einer einheitlichen seatralen Äintsstelle aus zu h-iU-n. Unsere süddeutschen
Nachbarstaaten sind in dieser Weise organisirt und leisten den Beweis, daß allerdings
auch bei diesem System ein dem Lande gedeihlicher Betrieb möglich ist. Gleichwohl
hatten wir da.^lbe füi imscro Verhältniss«' ui<-ht för geeignet und haben schon in
unserm Berichte vom 21. März die Ansicht begründet, ilaß das Gebiet der Eidgenossen-
schaft in Kreise einzutheilen sei, in denen der Eiseubabubetrieb unttr Beachtung der
allgemeinen Gesetze von Kreisdirektionen selbstständig geleitet wir«! Wenn die Be-
stimmung der Zahl und des Sitzes dieser Direktionen mit Hecht als i^chwierig betrachtet
wird, «o liegt die Schwierigkeit nicht in der Iegislatorii>chen Aufgabe, indem sich eine
Reilir von Lösungen «iarhicten, von denen alle den wirklichen, leicht erkennbaren Be-
dürfnissen des Verkehrs genügen werden; die Schwierigkeit liegt vielinebr in den viel*
fachen fjOkaltuurpHlehen, welche, wie die Erfahrung lehrt, nfcbt selten dem allgemeinen
Landesinleres-e hi'mnund und störend entgeg^entrelen. Diese Schwierigkeiten werden
ohne Zweifel auftauchen und müssen auch gelftat werden, sobald einmal der Bund
mehrere Bahnnetze erworben hat: heute, wo es sich um den Eewerb einer einzelnen
Bahn handelt, bei der weder Tt rritoriiil- noch Sitzfra^'en vorliep n. sind sie nicht vor-
handen, und es hieße den Erwerb dieser ersten Bahn ohne ^oth und ohne Nutzen
erschweren, wenn dersell»e von der Entsdieidunf von Streitigkeiten abhängig gemacht
■würde, die thatsäi hlirh noch gar nicht entstanden sind. Wir halten daher dafür d;i!5
bei der heutigen Sachlage auf die Territorial- und Sitzfrage nicht weiter einzutreten
sei, und spreehen nns Ober
äi die Verrichtungen und Befugnisse der Kreisdirektionen aus. Es liegt in der
Natur der Sache, dafi diesen Behörden im Wesentlichen derselbe Wirkungskreis zuzu»
weisen wSre, in welchem die heutigen Direktionen der Privatbahnen thätig sind, nehst
einem Theil ilei Vt rriclitungen. welche zur Zeit <h*n Verwaltungsräthen obliegt. T'iiter
dem Vorbehalt der Rechte der Staatsbehörden, von denen sofort die Hede sein wird,
liegt die Verwaltung und der Betrieb der Bahnen ganz in d«n Hinden der Kreisdirelc-
tionen. Ihre Verrichtungen la.<sen sicli scheniatiseh in folgender Weist- darsteth n :
A, All^meiue Verwaltung, a. Reglementarische Einrichtung aller Dieustzweige.
b. Organisation des Penonellen. e. Rechnungs- und Kaasenweeen. Jalu-esredinungen
und T^-rirhl«'. d. Verkehr niil fremden Buhnen, f. VorschlÄgo und Gutachten an die
Oberbehörden in Gesetzgebungs- und Verwaltungssachen.
S. Betriebsverwaltnng. a. Leitung des Betriebsdienstes im Allgemeinen, b, Fahr-
pläne, c. Tarife, d. Verfügung Ober das Betrieljsmatcrial, BcsohafTnn^r de'-selhi ii. Werk-
stätte. Materialvorräthe. e. Erledigung der auö den» Itotrieb ontstehüuden Rechtsgeschäfte.
C. Bauwesen, a. Vorschläge, Bereebnungen und Devise für neue Bahn- odo*
Hochbauten, ö. Aufsicht über die hestehendi n Einrichtungen, r. Ausführung beschlossener
Neubauten. Prüfung der Baurccimungen. d. Verträge über Lieferungen aller Art.
3) Als GentralBtdle ist dureh das Organisationsgesetz des Bundesratbes das Eisen«
bahndeiiarleiiient hi-zeichnet. Bei der o!iij.,'< n rnischreilnin}/ der Kompetenzen der Kreis-
direktioneu würde dem Departement in Bezug aul den Betrieb und die Verwaltung der
Bisenbabnen ziemlieh genau dieselbe Stellung zueilen, weldie es gegenüber der Post-
und Tclcgraphenverwalfun;^ einnimmt. Seine Thätipkeit würde sich sonach auf die In
diesem Gebiet nöthigen legislatorischen Arbeiten, auf die administrativen Vorla^n an
den Bandesrath und die Bundesversammlung, auf die Vollziehung der Gesetze im All-
gemeinen, auf die T^dn-rwa« hunt: der p^e^ammlen Verwaltung und die Brledigong von
An?!tänden, die sich bei den untern Behörden ergeben, beschränken.
4) Der EifmbtthttrtM. Wir halten es als dringend geboten, neben den genannten
Behörden noch eint» n«>ne zu ^ehafTen. durch welche namentlirli d;r Wrbindung des
Gewerl>e?i und des Handels nnt den Eisenbahnen hergestellt werdm soll. Es ist eine
der hedenklichsten Seilen des Privatbahnwesens, daß in einem Lande, in welchem das
Volk insgesammt mler durch seine Vertreter hei allen AfTentlicben Fraj,'en mitzusprechen
hat, und in weichem der Personen- und Güterverkehr einer der wichtigsten Faktoren
des gemeinen Wohles geworden ist, die Ueprlsentanten der Handele- und Industrie-
interessen von jeder Einwirkun? .mf Venvaltung und Betrieb der Bahnen aiispe.s< hlo^«ien
sind. In dieser Beziehung sind wir von fremden Staaten schon längst überholt, und
es ist angezeigt, daß wir uns die Erfahrungen derselben zu Nutze machen.
In Preußen, wo die Fi«enbahnräthe zuerst eingeführt wurden, besteht ein allge-
meiner Landeseisenbahnratb und danelien für jede Eisenlmhndirektion (deren Btzirke
tiiei-^ten^j größer «ind, als die Schweiz) ein Bezirkseisenbahnrath. Die Mitglieder des
letztern werden durch die von der Begierung bezeichneten Landwirihschatls-, Handels-
nnd Industrievereine ernannt; die Mitglieder des Landeseisenbahnrathes theils von der
— 137 —
Eiseiihahueu
Aegierun^, theib ▼on «tett BuirksaiaailMliiirttliai ans den Vertretern der bei den Eiseu-
bahnen zunächst betbeiUirten Kreise. Der LandeMisenbfthnrath wftblt sodum einen be-
ständigen Ausschuß.
Die preußischen Eisenbahnräthe haben nur beralliende Stimme. Es sind ihnen
.-zur Berathung vorcul^n:
1) alle Tiitirvnrsc'liririen uuJ GQterklaasifizirui^n;
2) Ausnahme- und Uitlerentialtarife ;
3) Betriebs- und Bahnpolizeireglemente ;
4) die Fahrpläne.
Femer haben dieselben das Hecht, selbstsländi^ Anträge zu stellen und von der
Direktion Erhebungen und Gutachten zu verlangen.
Diese Einrichtung hat sich, wie zu erwarten war. al.s eine sehr erfolgreiche er^
wieiien, und es liegt auf der Hand, daß sie aiu-h in d. iii hweizerisclien Bahnwesen
viele Uebelstände beseitigen und ebenso viele tort^ichritte und Verbesserungen ins
Leben rufen würde. Immerhin rnOßte sie für unsere Verhrdtnisse in TerBchiedener Be-
ziehunjj: moditizirt werden. Was vorerst die Organisaticm .uiliilanjrt. erschiene es als
angeme^isen, jeder Krei.sdirektion einen Eisenbahnratii zuzuüieik'u, der seine Kompe-
tenzen im Interesse des betreffenden Kreises aoszuQben im Falle wSre; aus <len ver*
('ini;:tt>n Kret5eisenbahnräthen ließe sich ein schweizeripcfur Ei>fnbahnratli zur Hei iithung
und Eiieiliguuj,' der gemeinsameu und aiigcmemeii Fragen luMen, ohne daLl liii-zu die *
Errichtung einer besonderon Behörde nothwendig wäre.
Was die Wahl der Mitglieder anbelangt, so spricht sich der kaufmännische Verein
von Zürich dahin aus, daß in erster Linie Vertreter der Industrie, des Handels und der
Landwirtlischalt BerQcksichtigung zu finden hätten, und daß keinesfalls den Kantonen
«in L'ebergewicht zugestanden werden düifte. Wir können unserseits nicht eingehen,
dafi in dieser Beziehung ein Gegensati bestehe. Die Kantone änd zonficbst zur Ver-
tretung der Industrie, des Handels und der Landwirthschafl berufen und haben de'^-
balb einen wohLbegründeten Anspruch darauf, daß diese Interessen im Eisenbabnrath
2ur Vertretung kommen und dafi sowohl bei der Wablart als der Zummmea««tzung
^lieser Behörd*- ilurauf Rüi k.-ichl ^.'enoniMieii werde.
Wenn die kaufmännische Gesellschaft den Wunsch ausspricht, es möchte der von
dem Bundesralh für die provisorische Organisation der Ceniralbabn vorgesehlt^ne
Verwallungsrath als Cisenhahnrath gestaltet und nicht Moß .iu> An^ehöri^'en der Ci'U-
tmlbahnkantone bestellt werden, so haben wir unserseits nichts hiegegen einzuwenden.
Im Weitem wird bei der Binflihrang dieser neuen Institution zu untersuchen sein,
ob der Eispnhahnralh auf die hfrathenile Stellung, ilie ihm in Deutschland angewiesen
ist, zu beschranken sei, oder ob eine Erweiterung seiner Befugnisse einzutreten habe.
Es ließe sich diese letztere in mehrfacher Weise denken. So könnte wohl ohne Anstand
die Prülung und die Beaufsichtigung «Ic- Rei hnungswe.sens, eine kontrolirende Stellung
bei Lieferungen etc. dem Eisenbahnrathe oiier einem Au.<is<-huß desselben übertragen
werden. Insbesondere wäre zu untersuchon, ul. nirht auch ein Theil der Wahlen der
Ei'JtMibahnbearnli n demselben anlirii! :' i teilen sei. Wenn es auch im Interesse der Saehe
unbedingt erfVtnb rlich ist, .l iLi <leiu Hiindesrath die Wahl der obersten Eweubahn-
beamten vorbeli alten bleibe, s(» ist dieses in Bezug auf die große Mehrzahl der Uebrigen
dur> haus nicht der Kall, und es kann die Betürchtung, als ob die Versfaatliehunu» ilcr
Bahnen und diu Wald der Beamten durch die Bundesbehörden einen uugebübrlichen
politischen Einfluß zur Folge haben \verde, von vornherein beseitigt werden.
Wir glauben mit diesen Bemerkunv'eji diesen Theil des Berii lites schließen zu
können. Derselbe enthüll keine Vorscblä|:e, leistet aber inuncrhui auf's Neue den
Nachweis, daß für den Bund. s<ibald er die schweizerischen Bahnen besitzen wird, weder
rechtliche noch faktische Schwierigkeiten vorliegen, die Verwaltung und den Betrieb
•derselben zu übernehmen, und daß die Staatsbahnen im Stande sind, dem Lande Vor-
theile zu bieten, welche der Privatbetrieb nicht zu bieten lui Stande l<t. Die Organi-
sation der ätaatsbabnen wird nicht bloß einfacher sein, als die jetzige, und dadurch
sehr bedeutende Ersparnnse ermöglichen, sondern auch — wa< w enigstens ebenw hoch
anzuschlagen ist — das wichtigste öffeiilliche Verkehrsniittel mit den Volk-kreisen,
welche zunächst darauf gewiesen sind, in lebendige und belebende Beziehung' i»ringen.
Wir fügen diesem geschichtlichen Ahrlß ein ehri>nologi?ches Verzeii'hnlß der
Betriebsepit^'nnn^en von Kisenbahniinien bei, und verweisen im auf deuÜebrijfon
Artikel , Alpen bahnen", , Eisenbahnen ^Staatsbahnen- im Hauptwerk.
Eisenbabnea
— 138 —
Eisenbahnoi-
Anfier den hievon zitirten Sohriftcii sind noch besonders der Erwähnung-
irerdi: „SchweizeriKche HandeUzeitung" Nr, 99— Iis Jahrgang 1890; „Betrieb
der schweizprisrhen Eisenbahnen unter der Leitung des Bundes", von Olivier
Zscbokke (Oiell Füßli & Comp., Zürich 1877); „Die schweizerische Kisenbahn-
frage", von H. Dietler, Nationalrath (Qrell FOi^U, 1877); „Einige EiOrterungen
Aber dae »obweiseriacbe Gieenbalinweeen**, von Dr. Alfred Geigy (Basel, Ferdinand
Ridun« 1874); „Mittheihingen über die Anfänge des srluveizerisclien Eisenbahn-
wesena", von W. Sp i r T;asel, Felix Schneider, I8b7) j «Züricher Poat*^
Nr. 37 — 47, Jahrgang Ib^b.
Chronologisches Teneiehniß derBetriebser9ffnnngen yon Eisenbahnen.
im
ist?
1854
1865
1856
lh57
1858
1859
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1. Juni
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1. Juli
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15. Fobr.
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15. Febr.
1. Juni
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1. Juli
14. Juli
25.
I.
Sfrseke
St. i.ouis (Elsai.U bi^ Basel
Z I I r i • 1 1 - Di e t i kon-Baden
Basfl-l.ieslal
Rasel-LeupoMshAhe
Yverdr»n-Bns<<ijrny
Wintert hur-Roman>born
Liestal-Sissach
Bii«=i(.'ny-Rf*iiens-Moi^es
Wint. rtiuii-Wvl
Wyl-Flawvl
WinterthurUerlikon
Basel-Grenzach
Flauyl-Winkeln
\Viukeln-ät. Gallen
Lau»an ne-R enens
Mor^'cs-Bu-'signy
Aarau-Eiuiuenbrücke
Bem-Herzogenbnchsee
Ocriikon-Brutrjj:
Wailisellen-Usler
Baden'BrugfT
St. r;;.Ilrn-f?->r-rhru-b
Herzogeub uch^ee • M argen -
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Wintfrlhur-Stbafriiausen
Sissach-Laufelfint'en
Murgentllal•Aarbur^'
Ht^rzoge n b uc I isec*Biel
Villeneuve-Be.\
Cbauxdt'fond- !..•( !e
Rorsrhacii-Rbcineck
rült'r-Welzikoii
Geuf-La Pl.iine
(^.oppet-Miirpes
Genf-Ver!oi.K
Rhein«ck-Chur
Ver<oix-(!(»p|tct
Wetzikon-Rüti
Sargans-Murg
Weesen-GInru.s
Wallenstadt-RappersWfi
RAti-Happerswyl
C^menbrflcke-LuzCT
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Bern-Thun
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Turgi-Waldshul
Neuchätel-Haut? Goneveya-
Vaumarcus-NeuveviUe
Chauxdefonds-Convers
Marti'^'ny-Sinn
Ba.sel-St. Jniianii-Ceutral
bahnhot'
Tliriri.^baus-Balliswyl
Haut.« Geneveys-Convers
Bern-Thöri.«;haus
Auvernier-Verrieres
Massongex-Bex
Biel-Neueu.sta«it
Lausanne-Villeneuve
Thun-Scherzligen
Wie^enlhalhahn
Baliiswyl'Oron
Oron-Lausanne
Er/.iiJt.'tMi-Tli;iy iiu'cn
Züricb-Zug-Luzern
Biel-Zollikoren
(Mmlin^'f'ti-l,angnau
U»?rlikon-Bülach -Dielsdort
Bulle-Romont
Sion Stpm»
Rf>in:in>lioru-Kor*chach
( ;n-<i>nav-Vallorl9es
\Vyi-Klin;it
ViUiiau-Higi ."^lallel
Därligon-Interlnben
PruntrulDelle
Buchs-Scbaan
Prattcin-Scbvvtiz«'rhalle
St. Marprothen-Lu.slf nau'
RipistalTel-Higikulni
I.ausanne-Cht'seu.N
V'erbintlungsbabn lier Bas-
ler Bahnhöfe
Riel-f.(tnvers
Soncelioz-Tavanne^
Cheseaux-Echallens
liupper.«wyl-\V<>lilen
interlaken-Bönigen
Rigikallbad'Untersletten
Cliia.'-so-Lugario
Biasca-LkiUenz
[)et.Bdliniona'Lncamo
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139 — Eiseuliahiiexk
EisenbaluieD
Jahr Ihitam ttrtek«
1875 12 April Winkeln-Herisau
50. Aprii ^eu8oloUiuni*Biberi$t
4. Mai Winterthnr'Baama
12. Mai Zilrich-Uetliberg
S6. Mai DereuUiogen-Bibenst
26. Hai Solothurn-Burg^orf
1 luiii Wohlen-Muri
1. Juni (Higi^ Uoterstetteu-Scbeid*
eek
•t. .hini Aitii-Rifrikuliii
1. Juli Vuliorbe-Grenze
17. Juli Wint«rthttr-Sing«n-Kraiix-
3. Aug. Br>tzber):bHiin
11. Aug. Langnau-I.uzern
6. Sept. hor<i-ti,irli-TIeiilfn
•20. ik'pt. Ziirich •lii(iiter«wil-Ziegel-
brücke-NAfels
21. Pt'pt. II. ii*au-L'rnäsch
üb. St'pt. I5,i>cl-Delsbert.'
1876 1. Febr. Sultren-Bist liofzell
12. .Juni Murteii FraM-hfl!«
12. -luni Fräscliel- Aurberg-Ly^
0. .luli Biscbofzell-Goivsau
1. Au^'. Winterthur-Koblenz
17. Aug. Effretikon-Hinwoil
2."i. Aug. Murten-Pal^zieux
25. Aug. Freiburg-Pa Verne
1. Sept. VVoblen-Bremgarlen
28. Sept. C.hiasso-Gienze
29. Sept. Wald HüU
15. Okt. Bauma-Wald
|."). Okt. Delemünt-ltlovelier
4. iiez. 01ten*Solothurn>Lfss
16. Dez. Tavannes-Court
16. Dez. Dflömoril-Moutier
1877 1. Febr. Payerne-Yvenlon
16. MSrz Laasanne-Ottchy
30. M.lrz GlovrllL-i-F'Drr.'ntruy
1. Mai Wiidtnsweil-Liasiedeln
24. Mai Covrt-Moatier
1. .luni Stf'rrf-I/()Ut-i"he
6. .Sept. Aarau-t^iiiij-
6. Sept. Suhr-Zofingen
6 Sept. H.Mlen Lonzlturg-Zofingen
1. t>kl. .NitHJeriilatt - Otcltiugen-
Baden
l.=>. Okt. KIVrelikon-Baden
1878 1. Juli Louecbe-Briquu
27. Aug. Rapperewil • PAlflkon'
Brunnen
187Ü 1. .Juni Glarus-Lintfbal
51. Juli Seilbahn am (lieftbaeh
i. Dez. Lau?anne-gare
1880 1. Nov. Li«>«fal-WaMenburg
18dl lü. Mai Burgdorf-Langnau
1. Juni Seebacb'Ueriikon
iakr Datrni Strickt
1S81 1. .Sept. Muri-Bothkreuz
1883 1. Juni Rotbkreuz-lmmensee
1881 1. inni Bnigg*Hend8cfaikon
1. Juni Biasca-Airolo-Gottbard
17. ^ov. Cadenazzo-Pino
1883 19. Aug. Territtel-Glion
3. Sept. Emnienbrnrke-Beinwyi
24. Sept. Travers-St Sulpice
15. Okt. Beinwrl-Lenzburf
1884 i. Aug. I,nclf-}?ren('t-
16. Aug. TraincluQ-Tavannes
22. Aug. Untergrund - GOtseh iik
Luzern
1»85 IH. Juli Marziii Bern-BundeslralSe
1886 1. Juni Bouverel St. Gingolph
1<>. Aufr rrnäfk'h-Gontenbad
11. Sepl. Fleurior-Hutfer»
'2'x Okt. Krieoj^-Luzern
29, Okt. Gonlenbad-Appenzell
31. Okt. Pont-Vallorbe
S. Nov. Lugano-Bahnhof iia.«elbsl
1887 23. Jan. Bcinuyl ^ Heinacb • Men-
ziken
2. Juni Biel-Maggiingen (Drabts.)
7. Juni St. Sulpice La DoUX
20. Juli Geneve-V<nri»'r
1. Sept. Frauentci.l Wvl
4. Okt. Ba.sel.Therwil
1888 l. Juni Gen^ve-Aouenia^i^ie
14. Juni Alpnachstad-Brienz (Brfl>
nigbabn)
8. Juli Kehrsiten - Bilrgenatoek
M)iahL<eil)
17. Dez. Renan-Cbauxdefond«
1889 8. Jan. Limmatquat-Zarich'PoIy-
leeh ni k u n 1 iT) t; 1 1 lUeil )
1. Juni Alpnacbst^ui-LuzerD
1. Juni Gen^ve^t. Julien
4. Juni Alpnarhslatl Pil.itti?knlm
21. Juni MerUgen - Beateubcrg
(Drahlwil)
21. Juni Gen^ve-Bernex
22. Juli Bemex-Laccunex
26. Juli Pont»>Chauxdefonds
5. Aug. Geneve-Lancy
3. Sept. (Jen^ve-St. fJeorges
1. Okt St. (i.ill.'n-Ciais
IK Okt. L;HHli|ii:irt-KIosters
1. Nov. Langentlial-Hultwyl
21. Nov. Eehallens-Bercher
1890 27. MJirz Salvalor< i.;(lm
1. Juni Generosoli^ihu
1. Juli Berner Oberlandbabnea
3. Juli Viege-St. Nicolas (Zermalt)
I. Sepl. Brcuets-Locle
25. Okt. Eciuae-Plan
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lÜsviibahnen
— 140 —
Euenbahnen
Eisenbahnstatiatik pro 1889
Rat - iiDi) Ei
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1 EikaUtM biHil
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km
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13r703,5<JO
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1151 17,8i2
AargauiiMihe Südbabn. . .
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11 730,001)
203,032
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Wohten-BremgartAii . . .
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183,780
1*131,377
^Sottbardbahn
S40,«
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909,879
110*317.608
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176,409
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Bern-Luzeni*Bahii . . » ,
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103,144
S'8 10,813
542,1
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186'352,0U()
255,531
141 3i 1,426
ZQrich-Zug-Luzern ....
60,«
67
12'000,000
191,650
ir741,725
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486,704
88*403.656
680,t
603
138'107,988
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173,308
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158,751
4*000,000
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1 '289,500
210,857
1 '287,918
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3^
4
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235,138
824,984-
88,t
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4'737,2yy
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144,821
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3*616.000
79,990
3*611,169
Tassthalbahn
40
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195,674
7*669,668
Wädensweil-Rinsiadahi . . .
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247,360
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Artb-Higibahn ......
13,1
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1*171.600
79^694
1*149,404
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411.500
53,719
457,844
Pilatuäbahn
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2235,027
Ponlif-Chaux-de-Fonds ...
164
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792,322
7
2235,000
410,789
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Rigi-Scbeidegg-Babn ....
6,T
7
79,500
9,600
65,600
Rorscliacb-Heiden
7
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377,564
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St. Gallt-n llai-,
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Tramol.in-T.'ivaiiiiP« ....
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173,984
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84,841
1*918,170
Waldenburgerbabn ....
14
305,500
17,063
353,118
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3000^
8141
1089*617.697
808,666
931*19&,819
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£uenbAhneii
— 141 —
Ciscnbahnea
(Nevetto «mfliehe Dtten).
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34'765,081
49177,948
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37^699,604
3,Mt
18,380
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Eiektrir^che Bahnen
— 142 —
Eiuiä^ioiisbankea
Blektriache Bahuen sind die Bürgeostockbabn, die Salratorebahn und die
^trafienbalm Verey'UoiitreiiX'ChilloB.
Elektrisolie Beleuclitniig. Durch eine im J&hre 1890 an eämmtliche
'Gemeindevorstäude gerichtete Anfrage hat das eidg. statistisohe Bnreatt in Er-
fahrung gebracht, daß in folgenden Ortaohaften Sffentliche eiektrieohe Beleuchtang
besteht.
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Xuzern,Krieü}iu.
Emutenbrttcke
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Yevey-Montreux
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1888
»
•
920,094
500
Emissionsbauken (Ergänzung dea Artikels „Emibsion-sbanken* ini I.Band).
Die auf Seite 568 im I. Band erwKhnte Motion Cnmex-Ftty enteprang der Er-
fahrung, daß das Banknotensysteni der Schweiz ao empfindlichen Gebrechen litt.
Insbeßuiult'vc hatte cn sich erzeigt, daß die vom Bunknott>ngt'>)e^z geforderte Baar-
dcckuug der isoteu höchstens in normalen, friedlicheu Ztjiti n ausrei'hend sein
kann, in kritischen und namentlich kriegerischen Zeiten aber ganz unzulänglich
wSre. Dieaer Erfahrung gab anch daa «idg. Fioanadepartement in aeinen jähr-
lidien Gesehftftsbflriehten seit 1885 Anadrack. So achxieb ea m OtsehäfisbeHehi
pro 1886:
«Wir haben io unserem letztjährigen Bericht auf die be<lenkUclie Lage hingewiesen,
die ffir die Mehrzahl der Emtssionshanken in Folge der Unznianglicbkeit ihr^r verf%<
baren Baannittel unter rm-tritulen >icli erjfcben müßte. Die-se Mißstande IihIkmi im
Benchljahr in ungei^cbwachtem, itci cinzeiueu Banken gegeuUieüs in potenzirtem Maße
fortgedauert und dazu beigetragen, auch weiteren und solchen Kreisen, welche bis* jetzt
t iiiti riii_'t-l.(ltuii^,' unseres Notenwesens nicht das Wurl reiltii iiiurhtiii. die Ueber-
zeuguug uulzuilrängeu, daß die gefahrdrohende Lage nur ilurch eine einschneidende
Reform beseitigt werden kOnne. Einer Summe yon über 900 Millionen kurzniiiger
Sehulden steht ein«* fn-i verfügbare Baarschafl von In Millionen Fmnken peppnüber.
Humlerllausende von sofort rückzahlbaren Passiven finden an einiyen Orten einen Kassa-
bestiiiKl von wenigen Tausend Pranken. Es ist gMvdezn unbegreiflicb. wie emzeloe
Banken. '!nii Ii ,\W Aiißt ra. htlM^^irnp der we^jenfUcben und unbeugsamen Fonlernngen
eine:5 verntiiiHi|i(fu und soliden Zellcibankwesens, ihre ei;rene Existenz in Frage stellen
und die Stellung,' der Oesammtheit gefährden kßnnen. Hs l>eHlelit Tür uns kein Zweifel,
daß, wenn die Fitalltät »It-r Zalilung.seinslellnnp hei .lir'~-ei .»l< t joiier EtMi--iun>liaiik
eintreten sollte, die Konsequenzen hieraus unverziigli^ ti uuu utuiiiUclbai aal Uie ,tn<leren
Banken sich liinöliertrapcn werden und zwar in einem .Maße, daß auch selbst für die
besiäntlige Zabluiig^^laliigkeil der mit Stärkeren Baarbeständen ausgerüsteten Institute
Scbliuiraf* zu befürchten wäre."
Jm Jahresberiehi pro 1887: Am 4. Mira erließ der fiundesrath an die
Kantonsregiorusgen, welche die Bttrgechaft Ittr 60 % der EmiaBionsBumme nach
('...ntraian^talt SO.OfM) Fr.; Installation fnr Kantous^pital (iO.OOO Fr. Der
Strom kommt vom Maruggia und ist der gleiche, der in Lugano zur Beleuchtung dient.
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— US —
Ciniääiunslianki^ti
Art. 12' ttbemommen, sowie an die PrSsideDten öm Tenreltangerathes der*
Jenigen Banken, welche die Bttrgsohaft itlr 60 ^ Emiesionsstimme nach
Artikel 12^ de» Gresetzes entweder Ii. Werth«cbriften oder durch da« Wechsel-
portefeiiille g*''loistf't, folgendes Zirkular:
,Die unsichere uUgememe politisrlic Siiuation hat uns? Veranlassunjr gegeben, uns
fai der jüngsten Zeit mit den bei den «äcliwci/erisschen Emissionsbanken bestehenden Zu-
stSnilen eintrehender zu bt-schiiffigen, indem wir vrm (h'V wohl nir-lit uiirirliti;.'*-n Mf-inung
auiiriiii^eii, 'lali die Leistungen unserer Notenbaakea von unverkenuharem Kiiiüuli auf
den rmfattg und die Dauer einer durch kriegerische Verwicklungen hervoi^emfenen
Krisi- -« in werrien. In Foljfe unserer Erhebungen sind wir nun zu der T>b<>rzeufrung
gelangt, d.iU bei einer großen Zahl der schweizerischen Emisiionsbanken dio Wrhält-
nisse derart hegen, daß in kritischen Zeitläufen manches InstUttt kaum in der Lage
w3re, auf die Dauer die an seine Kasse zur"H k-;trömenden eigenen Noten . inlAsen zu
können. Wir hegen keine Zweifel in die schlitüliohe Deckung der Hankuoten, iluge^fen
läßt uns der vielerorts unzureichende Baarbestand und der llieihvei-e Mangel an anderen
kurzfailij;en oder leiclif realisirbaren Aktiven befürchten, daü die stetige und sofortige
Einlösung der Xoten iu den gedachten Zeiten nicht überall ^a'sichert wäre.*
Wie das eidg. Fananxdepartement, so hielt auch die Mehrheit des Schweis.
Handelsstandes die dnreh das Gesetz von 1881 gesohaffsnen BanknoteiiTerhäItniH8e
ftir unhaltbar. In einem dicßbezüglichen Gutachten vom Jahre 1887 schrieb der
Vorort des subweiz. Handels- und Industrievereins :
Es sind zwei einzige Sektionen (der Westschweiz), die eine baldig Verbesserung
des bestehenden Znstandes nicht fRr nAthig halten; alle anderen Sektionen empfehlen
entweder eine weitgehende Rcvi^iDU des bestehenden Banknotengeselzes oder in üIht-
wiegender Zahl — die Kreiruug einer Landesbank mit dem Notenmonopoi, unter Ue*
theiligung der buherigen Emissionsbanken (bzw. Gewtnnbetheiligung der Kantone) und
mit wirksamem Aufsichtsrecht des Bundes.
Eine Revision des Gesetze« schien dem eidg. Finauzdepartemcnt längere
Zeit (\m einzig Mögliche, denn es glaubte nicht, ilaß «las NoteTimonopol in der
Bundesver.sanunlung durchdringen würde. Deuigemal> arbeitete ea einen Entwurf
-SU einem neuen Gesets ans, unterbreitete denselben im September 1889 einer
Fachkommission und brachte ihn nebst Botschaft des Bnndesrathes vom S3. Juni
1890 vor die Bundesversammlung. In dieser Botschaft wird u. A. gesagt :
.Die Hauptribel-trinilc <ind in der Re^rel der schwaclie, für autierordentlirlie Rodörf-
niFsc ungenügende SUnd der verfügbaren Baarschuft und das Verbot, die (d)li>,MtMi ische
Baarreserve je anzugreifen; nel>en der stetig zunehmenden Notenzirkulalion Ax- be-
deutenden, stets wachsenden aiKb len kurztalligen Vei iiindliclikeiten der Emissionsbanken
und der Mangel einer vorsorgliclien Diskonlopolit ik zur Ue-ulii un,.-^ des Geldstandes.
.Der Bundesrath verhehlt sich nun keineswegs, .iiU mit i]er Revision des Bank-
notengeset z<'s. web-hes auf »lern System der Vielheit der Banken beruht, eine durch-
greifende Reform des schweizerischen Xotenwesens, eine gnlndliche und endgültige
lyisung der Xotenbankfrage ni< ht erzielt werden kann. Er neigt vielmehr der Ansicht
zu, daß dieses nur durch die Zentralisirung der .Xotenausgulte, durch die Schaffung einer
mit dem Notenmonopoi ausgestatteten schweizerischen liandesbank erreicht werden kann,
welcher außer den einer Notenbank naturgemäß zukommenden geschätliichen Aufgaben
in erster Linie diejenige gestellt würde, den Vorrath und den Umlauf an metallenen
und fiduziaren Zahlungsmitteln den Bedflrfhissen des Landes und dem Schutze der
Wäliiuii^r gemäß zu regehi F.iiif absolute Siclierheit gegen alle Eventualitäten kann
zwar auch diese vollkommeuere Form des Xoienbankwesens nicht bieten ; aber es wird
den Eventualitäten ungleich leichter und sicherer vorgebeugt und die unvermeidlicben
Krii^en inif un;.'Ii ich u . niger schweren Folgen fllr den öffentlichen Krsdit nnd das Land
Oberwunden werden können.
«Wenn der Bundesrath gleichwohl nur den Entwurf eines revidtrten Banknoten-
gesetzes auf Onind -lo- he-telu nden Systems einiuiii^M, -<i ^'c-rchieht das deßhalb. weil
er daran zweifeln mußte, daß weiter gehende, durchgreifende Keform-An trage, denen
eine Revision von Art. 3{) der Bundesverfassung voranzugeben hStte, Aussicht auf An-
nähme finden würden, und zu befürchten wäre, daß mit der Ablehnung auch diejenigen
Verbesserungen an dem gegenwärtigen Zustande, welche eine bloße Revision »le?« Ge-
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EnusBionsbanken
— 144 —
Emissionsbankei»
Mtxes liniigen kann, in die Ferne genickt würden. Der Bundesrath i^tützl sdnen Zweifel
auf die Thatsacbe. daß alle bisher und in verschiedenen Formen in der Biinde«vprsammlung
eingebrachten Motionen, welche auf die Monopoll*;irung de;^ Notenwesens al»zielten, und
selbst der unpräjudizirliche Antrag auf Ueberweisung der Frage an den Bundcmth zur
Prüfung über die WOnscbbarkeit und Thunlichkeit beharrlich zurückgewiesen worden
sind. In diesem Sinn ist sogar eine Motion,') welche die Aasgabe durch den Bund von
Gold- und Silber-Depositfn-.St heinen (xler ('.erlitik;iten, welche, als voll durch klin^'i'mie
Münze ^eckt, das sicherste tiduziäre Zahlungsmittel darstellen irürden, mit erheblicher
Mehrheit abgelehnt worden.
, Unter diesen T'rasf.'inden hält es der Bunde-^ratli für ^-elmten, seine Aiifineik'^ani-
keil der Revision des Baoknotengesetzes zuzuwenden, um die Mängel, welche dem gegen-
wirtigen Gesetze theils ron Anbefinn anhafteten, theils nach den bisherigen Erfahrungen,
sich hcraus^lellten oder auch durch die inzwiP( h '!i \> riuiderten Verhältnisse liedinpt
sind, nach MOgUcbkeit zu heben. Dadurch sind eine Reibe von Streichungeu^ Ver-
schiebungen, Ahlnderungen und EKftQrangen und ein« thdiweise UmazMtnng des
Gesr '/e notbvvendig geworden, so daß sich das reridirle Gesetz in Form trnd Inhalt
umgeüntiert darstellt.*
Die wesentlichsten Neuerungen des G^etzentwurfes bestanden darin, dal^
die BMrdeokoDg der Noten von 40 anf 50 ^a «rbSht, diese Deckung im Noth-
fall bis auf die Hälfte verwendet, und nur der dnrch Baarsehaft niebt gedeckte.
Tbeil der Notenzirkulation beHt«uert werden sollte.
Zu einer Berathang des Entwurfes kam e« in der Bundesversamrolnng nicht,
denn während derselbe in seinen Geburtswehen lag, regte sich die im Jahre ISüi}
nnterlegene Partei der Konopolisten mit ihrem Bundefbankprojekt and erwarb-
im ToUeo HOfiOO ZutimmangsnnterBohnften. Kock waren dieae indessen der
Bondeakanslei nickt abgelitfert, als Nationalradi KelW im S^ember 1890 die.
Hotion stellte:
«Der bundesrath wird eingeladen, baidmöglichst Bericht und Antrag zu erstatten^
Ober die Revision des Artikels 39 der Bundesverraasang, in dem Sinne, daß dem Bande
das ausschließliche Ke.M der Xotenemis^inn zosteht und daß er dieses Bechl einem zu
scbaflfenden ßankinätitute ül)erlr;i^'en kann."
Diese Motion wurde am 24. September vom Nationalrath mit 70 gegen
7 BtimmeD angenommen nnd schon am 80. Dez. war ihr Tom Bnndesrath ent-
sprochen. Nnnmebr verließ der Bundesrath den Boden einer bloßen Gesetzesrevision
nnd bekannte Hioh mit EntHcLiedenheit zur Forderung einer Landesimnk mit
NotenmoDopol. £r begründete diese Forderung n. A. mit folgenden Auseinander-
Setzungen:
,Von einer Vielheit von Banken mit vielerlei, tbeilweise entg^ngesetzten Interessen,,
kann eine zielt>e\vuUte, nach innen und außen wirksame Diskontopolitik schlechterdings-
weder verlangt noch erwartet werden.
.Diese oberste Aufgabe der Notenbank kann einzig eine nifichtige. über Neben-
rüf'k'iii titen und kleinlirlier Konkurrenz s*trben<lr zentralisirle Bank i rfulleii. u< k-lie
mit der nölhiyen tm>i< lit durch ihre eigenen Organe stetige Filhlnng niii dem ^'aiizen
Lande hat, welche die l-,r* i;:ni8se auf dem Geldmarkt voraussebeii und ihren Wirkungen
b^*gcgnen kann, und deren Verantwortlirhkcitsgcrtlhl auf gleicher Höbe st^t mit dem
aligemeinen Vertrauen, welches sie beanspruclil.
.Eine weitere Hauptaufgabe, welche eine zentrale Bank zu erfrdlen hat, lte;>teht
darin, die Zahlungsausgleiebunt-'f'" dureh ein über das ganze Lami aiH^rnielilo- i!in»-
syi^teiu lu erleichtern. So bat die Deutsche tleichsbank durch dire Haupt- mal Zweig-
nied(>Has.sungen im Jahre 1881^ vermiitel>>t rebertr^ungen auf demselben Platze für
circa 14'/* Milliarden Mark und vermittelst Uel>ert ragungen von einem Platze zum andern
für circa II' 4 Milliarden Mark Zahlungen auisgeglichen. Der Mangel eines ausgebiMeteu
Girosystem« bedeutet für die Schweiz eine wirtlischaflliche Inferiorität. Kr i-i eine
Kon^erpienz der Vielheit der Banken, denen ein Gesetz auf Grandlage von Art. liü der
Buude»>verfassuDg eine solche Aufgabe nicht zuweisen kann. Was «e hierin aus fteien
Stocken leisten oder leisten können, ist, wie die Erfabrnng zeigt, durchaus nnznlAnglieb..
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Emissionsbanken
— 145 —
Emis&iunsLauken
Die bcs:<ere OrganiMlion des Giro- und Mandatverkehrs wird auch die Notenziriniiation
^uf ein richtiges Maß zurAckfilbrcn.
^Eine weitere wichtit^e Aufgabe, «iii.' el)eiil;ill> nur einer mit dem Notenmonopol
aasgestattelen Bank zugewiesen werden kann, besteht durin, die Kasaagescliärto des
Bunde« Tinentgeltlich zu bei«orgen, d. h, liberall da, wo sie XietJerlasjtfungcn hat, fär
Rechnung des Bundes Zahlungen anzunehmen und bk auf die Höbe seines Gultiabens
Zahlungen zu leisten. ') Die KasMiifeaehftfte des Bundes nehmen solche Proportionen
an. daß die bisherigen Einrichtungen zu ihrer Rt wälti^mn? nicht mehr «renfipen werden.
,Eine zentrale Notenbank, welche .schon iu ^'ewulndichtju ZeiU-n sUrk ^'edeckt ist
und eine wirksame Diskontopolitik üben kann, .soll för auikrordentliche Zt iteti nichl
nur im Stande sein, ihre Zahlungsfähigkeit zu sichern, !^ndern auch ihre Lei^itungs-
nihigkeit so weit zu stArken, daß sie nicht gerade dann dem legitimen Geschäfte ihre
Dienste versagen muß, wenn außergewöhnliche Bedürfnisse Befriedigung verlangen. Sie
wird berafen sein, dem schweizerischen Handel in kritischen Zeiten eine StQtze zu bieten,
welche er bisher meist in »eh selbst oder im Auslände suchen mußte.
,In Zeiten der Beuiiruln^'un;: hat die einzelne Biink viui vielen relativ schwach
gedeckten, auf sieh selbst arigewiesenen Banken geuiw für sich zu soitjen, bevor sie für
andere sorgen kann. Statt dnreh Erwerbang- nener rordernngen ihr Geld d«tt Handel
dienstbar zu machen, muß -ie im Ge^aiitheil die Fordeningen, welche sie besitzt, zn
Geld machen und dieses dem Handel entziehen.
.Dazu kommt für unsere Verhftltnisse der erschwerende Umstand, daß einen guten
Theil der am leichtesten zu rcali^irenden Fnriier-.nii/« n die einen Eriiissionsbatiken in
Form von Noten oder in Redmungsgulhaben un die anderen zu stellen haben, und daß
diese Forderungen in gewöhnlichen Zeiten ruhig liegen bleiben, in anßergewAbnlii^en
aber eingehnben werden. Die FoI;;e davon ist. c1 iß dann die Beunruhigung von den
Kinissionsbanken selbst ausgeht utid gegen.*iedig genährt wird, bevor sie weitere Kreise
ergreift, wie dies noch im Frühjahr 1887 der Fall war. Durch die Vielheit der Emissions-
banken wird die Krisi>; in «ler Regel versehTirff anstatt tir-pchworen.
,Uebenniidilif.'eii Krisen, wie sie naaienllich -diwere iiulilis^lie Erei^rnisse lierbei-
filhren können, ist treilich keine Notenbank, aiu h die ^n Aßte Zentral liank nicht, ge-
wachsen, wie die Erfahrung lehrt. Allein die Zentr ilbank erfüllt ihre Aufgabe auch
dann in vollem Maße, wenn sie der Krisis so lange wie überhaupt möglich aus eigenen
Kräften Widerstand leistet. Wenn schließlich die eigenen Kräfte der mit dem Monopol
ausgestatteten Bank versagen, so bleibt immer noch als letztes Hiilfsniiltel d<*r Zwan<.'s-
kurs : die Noten der Bank werden als gesetzliches Zahlungsmittel erklärt und die Banli
wird vorübergehend der Baareinlösunppllii Iii eiitli<il>en.
«Solche äußerste Maßnahmen dürfen seU>stverständlich nur im äußersten Notbfatle
er^fTen werden, wie in iCriegszeiten, in Zeiten in welchen das Land selbst in einen
Kricj.' venvickelt, oder mit Krieg bedroht würde. <>der wenn Nachbarreiche Krieg führen
und in dem einen oder andern dieser Fälle das Land in schwere finanzielle Bedrängniß
geratben sollte.
.Eine einziiK'e Bank iiiil weni^'cri Geschaflsweitren und uenitreri Arten von Verbind-
lichkeiten, mit einfachem, für Jedermann leicht kontroiirbarem Geächällsgebahren, die
flieh ihrer Verantwortlichkeit bewußt ist, kann sich ein «o hohes Haß von Vertrauen
erwerlieii, dafj dasselbe trotz Krist-n und Zwanj.'skurs Stand hält, wie ebenfalls die Er-
fahrung lehrt. In den Jaliren 1B70 und 1871 iiaben die Noten der Bank von Frankreich
— trotz des Aber das Land hereingebrochenen verheerenden Kri^es, trotz des allge-
meinen Wech^plmoratorimn«, trotzdem der Baarvorrath der Rank um mehr als die
Hältte vermindert, die Notenemission um fast das Doppelte vermehrt und der Zwangs-
knrs dekretirt wurde - niemals mehr ab gegen Gold verloren, und das nur an
wenigen Taljen, um bald wieder die 0)1] Parität zn eireicben, obedion der ZMrangsknrs
formell er«t mit Ende 1877 aufgehoben wurde.
.Dieses unerschütterliche Vertrauen in die innere Solidität jeder einzelnen einw
Vielheit von Banken mit einer Menge vnn Geschäftszweigen und Verbindlichkeiten aller
Art ist nicht denkbar, um so weniger, als das schwindende Vertrauen in die eine Bank
das IGßtrauen in die andern wachrufen wird.
.Ein weniger ausschlaggebender, aber für den Verkehr gleichwohl wichtiger Vor-
') Die belgische Nationalbank hat int Jahre 1889 für Rechnung des Staates unent-
geltlich für 979 Millionen Franken Zahlungen empfangen und für 97B .Millionen Franken
Zahlungen geleistet ; im Ganzen 2,743.403 Stück Anleihen-Coapons eingelöst und Werth-
tilel im Betrag von ca. 800 Millionen Franken verwaltet.
Vemr, Yolkswlrt]Mcli«(M<*slk«D der Sefawfti» 10
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Emissionsbanken
— U6 —
Eaiissionsbanken
theil einer einzigen Notenbank besteht darin, daß ihre NotenemnsioD nur darch dm
wech-olnde Bciurlniß (]e- Verkehrs beschränkt zu werden hrnnrht. sie rloinnach auch
lüi t'inen vorflbergelieiid stark tresleigerten Bedart an Zahlungsmitteln gerflstet sein kann,
ohne iiiren Raarvorrath zu HültV zu nehmen, innrem nicht Baarzahhittg rerlangt wird.
Sellist eine <taike NotenzirkulatioD bietet keine Gefahren, vorauflgesetzt, daß sie ent-
«prectiend stark gedeckt i^^t.
«Bei der Vielheit von Banken, von deneti jede die Not»n aller übrigen an Zahlung
nehmen muß, ist eine l'ei^u- r?< i?renzung der Emi;ssioji diifre^ren tinerl;ißlich.
»Die zentrale Baak wird auch dafür sorgen, daiS die Noten in denjenigen Ab*
schnitten, wie der Bedarf und der Schutz der Wihrung sie verlangen, dem Verkehr sur
Vorfvifrunp fre^tollf und in f^mlanf gebracht werden. Sie wird au 1j oine weit bessere
Kontrole über den Zu:<tand der umlaufenden Molen üben und diei>eU>tu häufiger erneuern
können.
,>?chli<'LSIir!T werden auch die Noten einer einheitlichen Bank d'jii liedcutenden
Vorlheil darbieten, jenseiL* der Grenzen kurstähig zu sein, was bei den von vielen
Hanken ausgegebenen Noten zum enipßndlichen Narhtheil der sehweiMriachen Grenz«
distrikte nur in sehr beschränktem M;ißr It r Fall ist.
»Das sind in der Hauptsache die Erwfi^'unp'n, wtdclie lieii Bundesrath zu der
Ansicht bestimmen, dalä die Z en (r :i 1 i s i r u n ;.' dt-r Notenausgabe dem
bestehenden ;5y-<teiii der Vielheit di-r Emissionsbanken vorzuziehen
sei. Durch eine Revisi<m des Banknotengesetzes können die UebeLstände wohl gemildert,
aber nicht gehoben werden. Die richtige endgflltige Losung der Notenbankfrage er»
blickt der Bundesrath nur in der SchatTung einer mit dem Monopol auagestatteten Bank,
welche als reine Noten-Giro- und Diskonto-Bank zu wirken hat.
,Die Gesichtspunkte , welche den Bundesrath bestimmen, sind rein volkswirlli-
schafllicher Natur ; politische oder bskalische Gesichtspunkt« li^en ihm ferne. Er hält
gegentbeils dafür, daß politische und fiskalische Gesiditspunkte fll>erhaupt günzlich zu-
rQcktreten mflasen, wenn der angestrebte Zweck erreicht werden soll
.Der pninilsätzliclie Entscheid liber die Monopolisirung der Notenausgabe in der
Schweiz in bejahendem Sinne eutsclieidel zugleioli darüber, dai^ duä Noteninonopoi dem
Bunde, dem Vertreter der allgemeinen s< hweizci iscben Interessen, zusteht und zwar ab
alleinigem TrSger. Ein anderer Träger des ^otenmonopols kann nicht in Frage
kommen.
.Bs liegt jedoch in der Natur der Sache sowohl als des angestrebten Zweckes,
daß das anssfh!ie(j|ii-he HecJit zur Ausgabe von Banknoten niilit vom Kunde direkt
durch .>*eine politischen oder administrativen Organe au-^reiibt werde, sondern unier
Voller Wahrung der Landesintereaeem an ein zu schaffende- zentrales Bankinstitut rdu-r-
tragen werden muß, nicht nur kann, wie die vom Nationalrath erhebhch erklärte
Motion lautet; an ein Bankinstitut, welchem die Aufgabe gestellt wird, als reine Noten-
Giro- und Diskontobank den Geld.stand des Lamles zu regeln, den Zahlungsverkehr im
Lande zu erleichtem und. wenn und so weit es verlangt wird, die KasBageschfttle des
Bundes unentgeltlich zu besorgen.
,Der Bundesrath ist zudem der Ansicht, daß nicht nur die Ausj:abe \«>n Bank-
noten, sondern folgerichtig auch di^enige von andern gleichartigen zum Umlauf be-
stimmten Geldzeichen, wie KasBenscbeine. Milnzeertiflkate u. a. m., als aussehfieffliches
Recht des Bumles erklärt wi rd- n -id! Er i^t jedocli niclit der Meiiiting. daß das Recht
zur Ausgabe von solchen Geldzeichen, welche nicht eigentliche Banknoten sind und
geeignetermaßen von der Bundeskasse auszugeben wftren. flbertragbar sein soll.
^Dic weitere Frage, welche zu entscheiden i^l . beschhVd die Grundla^re. welche
dem mit dem .N'otenmonopol auszustattenden Bankinstitute zu geben sein wird, ins-
besondere ob das Institut ab eigentliche Staatsbank für alleinige Rechnung und Gefahr
lies Bundes , oder aber als eine Bank mit primtem Cbarakt«r auf Aktim gegründet
werden soll.
.Die Staatsbank würde mit einem vom Bunde durch Anleihen aufzunehmen-
den eigenen Geschäftskapital dotirt, des.sen Verzin^un^: vor.ih aus den Ertrügnissen der
Bank zu bestreiten wäre. Sie müßte unter gänzlidi getrennte, geschäftlich möglichst
unabhängige Verwaltung gestellt werden, und in deren leitenden Behörden wäre dem
kaufmännischen, im t^plirhcn Kontaklc mit dem Verkehrswesen stehenden Eteuiente
ein maßgebender EinfluL zu siciiern. Der Hui»de»raih, oder ein von der Huiuicsver-
sammlung zu wählender Bankratfa w^Src aN olutrste Aufsichtsbehörde zu denken; die
Ent'j'^'reTfnahnie der Rechnungen und Verwaltungsberichte Sache der Bundesvw-
sainmlung.
EmissionsbftokMi
— 147
Emissiombanken
.Die Privatbank wäre cbi iit iUs uuler Aulsiohl de^ Hundes zu idellen und von
iliiii I f^-tpllte Organe hStten an der Leitung Ih.lti^' mitzuwirken, etwa in der Wei^e,
d;iL- ilie eine Hälfte der leitenden Behörde durdi Jeu Bund, die andere durch die
Aktionäre gewählt würde. Der Bund erhielte eine direkte Vertretung durch einen nüt
Slichenlscheid und dem Yetoreclite auszustattenden oitersten Leiter, welcher die Ge*
setze und Heglernente den der Bank gestellten Aufgaben gemäß zu handhaben hätte.
,AU Gegenleistung für das der Bank verliehene Monopol wäre dem Staate eine «n-
geaie:*sene Bef Heiligung am Heingewinn vorzuhfliullen, in fler Weise, daß ein Ueber-
scbuti über die landesübUche Verzinsung des K^pUais zvvis<-l)en Staat und Aktionären
.Sil theüen wäre. Eine Staatsgarantie für die Verbindliclikeiten der Bank würde nicht
geleistet und der Staat hätte für mögliche Verluste nicht .iufzukommen. Die zur \us-
mittlung des Reinerträgnisses geltenden Normen wären durcli Hegleiiient fe»tzu>telien.
rm der Bank die volle Entwicklung und das Wiedereinbringen aller Anlagekosten zu
sicliprti. müßte ihr die Konzession für eine Rrihe von Jahren fest ertheilt werden, unter
\ orhehalt des Hückkaufsrechtes durch den Bund nach Abiaul' der Konzession oder even-
tueller Erneuerungsfristen. Der Rückkauf wäre in der Weise zu denken, daß der Bund
dannzumal die Bank mit Aktiven und Passiven gegen Attszahlottg des InventarwertUes
an die Aktionäre überuithme.
.Die Staatsbank wie die Privatbank wären zu verpflichten . innerhalb eines Zeit-
raumes von einigen Jahren in allen größern verkehrsreicheren Ortschaften des Land»'»
eigene Niederlassungen oder Zweiganstalten zu errichten, unbeschadet des Hechtes, sich
in jeder Ortschaft lier Schweiz niederzulasi-en.
»Die Staatsbank wie die Privattwnk und alle ibre Niederlassungen müütea von allen
Steuern und Abgaben in den Kantonen befreit sein. Die Leistungen der Bank an das
Gemeinwesen liegi'ii In ihren wirtlHcIiaftli( heu Aufgaben, an deren Erfüllung sie nicht
durch eine teste Steuerlast gebenuut w erdea darf. Dagegen wären die Kautone bei derStaat»-
bank an dem nach Verzinsung des Kapitals und Dotimng des Reservefonds bleibenden
Reinerträgniß, bei der Privatbank an der dem Ptnaie /ufallenden nnutc de- Rrin-
gewintu in billigem Maße zu betbeiligen. Sie würden darin zunächst eine Enbcbädi-
gung fQr die biisner bezogenen Banknotensteuern finden.
,fSn die Verzinsung des Kapitals übersteigender Reingewinn wird in der Regel
imnter erzielt werden, und zwar wird derselbe unter den gleichen -Verhältniscen größer
sein als derjenige, welchen die bestehenden Emissionsbanken einzeln mit dem Noten-
Giro- und Diskontogeschäft erzielen, weil die gegenseitige Konkurrenz wegfällt und die
Verwaltung zentralisirt wird. Der zu endelende Gewinn darf' jedoch nicht den Zweck
bilden, weder fQr die iStaalsbaiik nodi fOr die Privatbmk; er kann auch nidit be-
deutend sein, wenn die der Bank gesteUten Aufgaben allexeit in vollem Maße erftUlt
werden sollen.
.Det üebergang aus den bestehenden in die neuen VerhSltmsse wird unter alten
rm-t;inilt ri sn ].'eordnel werden müssen, diiL") ilet>ell)e .dlinälig geschieht und der Ver-
kehr keine Ei^chüllerungen erleidet. Ks wird eine längere Frii$t anberaumt werden
-mOssen. innerhalb welcher die gegenwärtig umlaufenden Noten surflckgezogen und durch
diejeniK« II der zentralen Bank ersetzt werden Die Zentralbank soll enuai htigt werden,
bestehende gut akkreditirte Eiui^iunabauken mit annähernd analogem Geäcbäflskreis
kftnflieh zu erwerben und als eigene Niederlaasangen weiter zu betreiben, wenn die
Kanflie.linsrungen gegenüber der Xeuerrichtung von Niedr'rla>'^unj»en Vortheile bieten.
Sie 94 dl terner ermächtigt werden, an Ge^scbätlsplätzen mittlem Ranges für die ersten
Jahre und bis sie eigene Niederlassungen daselbst errichtet, den dort bestehenden
Emisisionsbanken die Vertretung zu nherlrapcn.
,Die jetzigen Emissionsbanken, welche uiil <ieiii (utersi'hiede weiter bestellen, daß
sie keine eigenen Noten mehr ausgelien, werden in der Folge als Mittelglied zwischen
der Zentralbank und der <ie-ch itt'-welt in dem Sinne wirken, daß sie ihr We( h--i lporte-
feuille, wenn Geldbedürl'üiü lür sie eintritt, bei der Zeulralbauk rückdiskonlireu. Die
Zentralbank kann keine Wechsel mit nur eitttf Unterschrift und sie kann nur Wechsel
mit notorisch soliden Untersclu-iften annehmen , während Bankinstitute mit lokalem
Charakter und freien Vorschriften direkt mit dem ersten Geldnehmer verkehren
können.
»Die Zentralbank wird vermöge ihres eng begrenzten Geschäflskreises und ihrer
mächtigen Mittel überhaupt Niemandem eine Konkurrenz im gewöhnlichen Sinne machen,
sontlern allen und zunächst den neben ihr be-telH-rnlen Rankinstituten einen Rückhalt
bieten. Sie wird in der finaiizwirthscbaitlicben Organisation de^ Landes den Scbluli*
■stein bilden.
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EniissSonsbanken
— 148 —
Emissionsbatikeik
,AI» Norm für «lie Or^Mnisalion der NiederlassuDgen «inl .h u lit-;telit iii!( n Ver-
hältnissen ent.xprechemi von Anfang an gelten müssen, dali den bcliwi-uejiM hen Handels-
plätzen gleichen Range-- die gleichen Dieni^te geboten werden können, und zwar inner*
halb des gegebenen Geschäftskreises in einem Ma£e, wie sie die besiehenden einzelnen
Banken nicht zu bieten vermochten. Den Niederlassungen ersten Ranges werden sich
dieji ni^'cn zweiten Ranges und später ilritten Ranges anreihen, alle innerhalb des
Sieidien Hanges mit denaelben gescbättlichen Kompetenzen auagestatteL Im Laufe der
ahre fin!I jender Handelsplatz der Schweiz, welcher einen genfi^oden Wirkun^rskreis
für rillt- Xiedeila-^-uiij.' <Iurhietet, der Vorlhcile einer direkten Vertretung der Zentral-
bank theilhaflig werden. Dem Hauptaitz der Zentralbank eudiicb, dem Bankplatz, an
Weichau die Hauptniederlassung errichtet wird, sidl geschBftlich kein besonderer Vor-
Iheil erwachsen, indciii alle Plätze ersten R^ingts iVw ijrlt'ii lRii ^a'^chäfi liehen Vortheile
gnießen werden. Die Bezeichnung Haupluiederlaiü>ung soll in der Organisation der
ctralbank nur den Sitz der obersten Leitung, der zentraleii BaokbehOrden bectenten,
welche nur inll dm Zweigniederla-ssungen oder Zweiganstalten reap. Agenturen» nicht
aber mit der Gesch&fitiwelt direkt iin Verkehr stehen.
.Diese allgemeinen organisatoriscbeo Gnindsib» hätten gleichcrmafieD filr die
Staatsbank wie f^r lio Privatbank ZU gelten, denen beiden die gleichen wirlhschaft*
liehen Aufgaben gestellt sind.
.Mit IMcksicht auf die in Aussieht gestellte VolksinitiatiTe betreffend Einrichtung
einer BuiKlesh.uik und auf liie Stabilität der Rundesverfassung erachtet es der Rinides-
rath lür ungeniessen . dall in der Verlassungsbestinmiung . welche die Muuopuiisirung
des Nntenwesens aussprechen soll, die Möglichkeit der Ausführung auf staatlicher sowohl
als auf privater GnmdlH^'o vnrjrpsnhpn wr-rilc, in der Meinung, daß dif- Wahl der Bundes-
geselügebung vorlieli.ilteii bliebe. Da^regeu hiilt er es zur Sicherung des augeätrebten.
Zwe« kes für nntliwt ndig. die leitenden Gnm«ls!itze. welche der mit dein Notenmonopol
ausgestatteten Hank \ rir;.'ezeichnet worden sollen, in der Verfaesnng niederzulegen, die
weitere Ausführung der Hundesgesetzgebuug ül»eriassend.
.Die Ansichten des Bundesrathes fiber die leitenden Grundslltze bezflglich der Auf-
gaben und der Organisation der zu scliaffenden 'Zentralbank sind in Vnr«t eben dem enl-
halten. Was die Grundlage anbelangt, so spricht .sieb unser Fiaanzdcpartement dahin
aus, daß der auf Aktien zu errichtenden Bank, dem privaten Betrieb unter staatlicher
Aufsicht der Vorzug zu geben -^ei.
,Es bestimmen dasselbe hiezu in nächster Linie Rücksichten der Billigkeii und die
praktische ErwSgung, daß die neuen Verhältnisse aus den bestehenden herauswachsen
nifis'^eii, wenn die neue Schöpfung frleieli von .Viiriin^r an einen festen Rmlen zw ge-
deihlielier Wirksamkeit tinden soll. In der Haupt.siclie ai»er leiten es Grümie wirth-
scbaftli« her und politischer Natur.
.Mit .\rl 5 de- Bankni>ten'/C'=etzes vom 8. März 1881 ist allerdings jede Enl-
schiidigungspnicht bei EadVilirunK des Notenmonopols, welches siiminlliclien bestehenden
Emissionsbanken das Emissionsrecht entziehen wurde, zum Voraus abgelehnt worden.
Das Finanzdeparten)ent hält es jedoch nicht nur für einen Akt der Billigkeit, «undern auch
als eine eminent praktische Maßnahme, wenn die bestehenden Ennssiori.si>.iukLn um
Notenmonopol in der Weise betheiligt werden, daß ihnen ein Vorrecht auf den Bezug
der Aktien der zu schafTenden Zentralbank nach .Maßgabe ihrer bisherigen Xotenzirku-
lation eingeräumt werde. Damit werden die bestehenden Interessen sofort eng mit der
neuen Schöpfung verknüpft, und es ist ihnen jeder materielle Gnmd benommen, der-
selben feindselig gegenflber zu treten, ein Umstand, welcher für die rasche Erstarkung
der neuen Schöpfung von Gewicht ist
.Eine naheliegende, wirlh.schaftlich-praktische Envägung ist ferner die, daß alle
europäischen zentralisirten großen Notenbanken mit oder ohne Monopol, wie die Bel-
gische .Vationalbank. die DBnische Nationalbank, die Deutsche ReicfasANink, die Bank von
England, die Bank von Frankreich, die ItaUenjsche XaliorKill'ank, die Niederländis, h,.
Bank, die Norwegische Bank, die Oesterreichisch-Un^arische Bank, die Humäuische
Nationalbank, die Bank von Spanien etc. etc., mit allemiger Ausnahme der Rususchen
Reirli-batik. auf privater Grnndla).'e >-rrielitet -Ind. Rei wirthschafÜK lien Seliöpfungen
von s<dcher Tragweite, wie die Monopolisirung des Xotenweseas, andere Wege ein-
schlagen zu wollen, als «liejenigen, welche sich fiberall anderwftrts bewährt haben, mfißto
zum Mindesten ernste Bedenken erwecken.
»Wo es sich um die Lösung rein wirthschaftlieijer .Vutgaben handelt, können po-
litische Einflüsse nur ^äiUich wirken, und die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß
solche bei der Staatsbank leichter Geltung finden. Die Politik hat ihre eigenen und
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XmitsiottslNUiken
— 140 —
EmUnoDsbanken
die wirthschiitllichen Iiif«-r. -^.'ti haheii ihre fi^rcnen Gf-i< ht^iniiikt«-, die ohne Scliailen
für l)eide nicht veruiongt werdt.a liiirlmi; mau hiauehl uicht •'iniii:il die Möglichkeit
zu denken, daß die Staatsbank zu ihrem ei(;enen Schaden W.ifle im politi>k-hen
ParleiinttT' -- .• iiiißlir.iin lit werden kann, oder daß die p<dili«jf lieii fleifut-r der Icitt iiden
Pen^OnUchkeih u versuiht >eia k<1nnen, die Staatsbank und iiiren Kredit aiaugrt'ilen.
,Bei der Privatbank können Staatskre-Iil und Bankkredit jeder für sich bestellen,
bei der Staatsbank bedingen sich Staatäkredit und Bankkredit gegenseitig. Die Privat-
bank kann auf eigenen Filßen stehen, sie .soll der Staat<garantie nicht bedürfen, eben-
eowenii; als die ausländi-^chen zentralen Privatbanken Staat^irantie genieUen.
•Eine Bank mit privater Grundlage unter wirksamer Aufsicht des Staates und, wie
•es far die Schweiz in flebereinstiromung mit anderwSrt« l)estehenden Einrichtungen ge-
dacht i*t. unter ständig» r Mitwirkung staatlicher Vertretung bei der Lieitung, in <it -
mein«chan mit den Vertretern des Handeb und der direkt betheiligten Kreise, wird am
ehesten befithifrt sein, die richtige Mitte einzuhalten zwischen den Staatnnteressen, den
allgemeinen \virtli-< ti;i{tlichen Interessen und dt ii -prziellen Verkehrsint« r> --t'n. welchen
sie zu dienen beruien ist. Sie wird die meiste Gewähr bieten, daii die ihr gesteUten
sroßen wirthschaftliehen Aufgaben ohne BeeintrSehtigung durch der Sache flremde Ein»
flösse ( rfüüt werden können, 'i
,Die Privatbank in der gedacliten Form erlaubt endlich dem Staat, resp. Band
und Kantonen, sich am Gewinn zu betheiltgen, ohne mögliche Verlaste mittragen zn
müssen : !>t i dor Staatsbank dagegen fällt Gewinn und Verl\i<t den Staat.
„Der gewichtigste Grund ai>er, welcher da» Fiuanzdepartemeot bestimmt, iür eine
Bank mit privatem Charakter einzustehen, ist der, daft hn KriegsfUle vfilkerrechtüch
das private Eigenthum gesefailtzt ist, daa staatliebe dafegen als Beute dem eindringenden
Feinde zutällt.'
lu Uebereinstimmnng mit diesen Ausführungen unterbreitete nun der
Bundesrath der BandcffreTsammlung folgenden Bundetbeeehlaß-Eotwurf betrefl)&nd
die Revision des Art. 39 der Bundei«verfa.>^ung :
Die Bnndesversanmilung d»»r schweizerischen Eidgenossenschaft, nafh Einsicht-
nahme einer HotschatI des Bundesratbes vom 'M. Dezember 1890; in Anwendung iler
-Art. K4. Art. S5, ZilT. U. und Art. 118 der Bund. -ver! issung. beschließt:
Art. 1. Art. 39 der Bundesverfassunif wird aufgehoben und an seine Stelle fol-
gender Artikel gesetzt:
Art. 39. Das Hecht zur Ausgabe von Banknoten oder anderen gleichartigen Geld-
zeichen steht ausschliel^lich dem Bunde zu.
Der Bund kaim das ausschlieliliche Hecht zur Ausgabe von Hanknoten entweder
auf eigt-ne Hechnung durch eine unter gesonderter Verwaltung stehende Bank ausilben
oder gegen Betbeiligung an dem Heingewinn und vorbehä.tlich des RQckk au t rechtes an
eine auf Aktien zu errichtende Bank fibertragen, welche unter Mitwirkung und Auf-
sicht d> ~ Rundes zu verwallen ist.
Die mit dem Notenroouopol ausgestattete Bank bat insbesondere die Auf(j:abe, den
'Geldftand de« Landes zu regeln und den Zahlungsverkehr zu erleichtern.
Dil- Ratik und ilirc Zweiganstalten dilrfen in den Kaiituuen keiner Besteuerung unter-
zogen werden ; dagegen äind die Kaiiloue an dem Reingewinn angemessen zu betheiligen.
Eine Rechtsverbindliehkeit fQr die Annahme von Banknoten oder andern gletcfa-
•artigen Geldzeichen kann der Hund. auß» r bei Xoth Innren In Kriei,'-/.eiteii, iiidil au-- i^rerli- !i.
Die Ausführung dieser Bestimmungen geschiebt auf demWege der Bundesgesetzgebuiig.
Art. 2. Vorstehender Bundesbeschlnß wird der Abstimmung des Volkes und der
StAnde unter-b llt.
Her Gegenstand führte zu langwierigen S orhiimiluiitren in zwei St^ssiunen
der Bundesversammlung (Frühjahr und Juni lö91t und erst am Juli, an-
iMßlich einer dreitKgigen Extraaession sur Erwabrnng der Volkflabatimmung be-
treffend die Initiative, kam eine Einigung xwiei^en den RSthen za Stande. Der
Artikel ^iy erhielt f'idtrt'ndo Fassung :
Art. 1. Art. 3ü der Bundesverfas^rnng wird aul'geiioben und an »eine Stelle fol-
gender Artikel gesetzt:
Art :)') n» rht zur Ausgabe von Banknoten und andern gleichartigen Geld-
zeichen steht ausschlieLilich dem Bunde zu.
') lit^T üerzeitigo Ciitf <l»s «Ii f. FmansdepRrteiaeBtM. Renr ftaivlMrftta Hftai»r, gibt tintr Stiiati-
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Emiastoi^banken
— 150 —
EiiiMssioii»bank«ik
Der Bund kann da-^ aiH:«chlieL>liclio }\ri h\ zur Au*(j:abe von Banknoten »lurch eine
unter gesonderter Verwaltung stehende Staatsbank ausüben, oder es, vorbehältUcb des
Rfickkaufsrechtes, einer zu errichtenden zentralen Aktienbank übertragen, die unter
seiner Mituirkuti).' mul AufViilit verwaltet winl.
Die mit dem Notenmonopol ausgestattete Bank bat die Hauptaufgabe, den Geld-
umlauf des Landes zu refteln und den Zahinntnverkebr zu erleichtern.
Dt'i' Hfing-ewinn der n.ink üln r * :;if iin^'cmc<-<'rie Vfrzin^unt.' ^eziV^liun^'^weise eine
angemessene Dividende des Dotatious- i»der Aktienkapitals und die nöthigen Einlagen in
den Reservefonds hinaas konunt wenigstens zu zwei Dritttheilen den Kantonen zn.
Die Bank und ihre ZweiganstalteD dürfen in den Kantonen keiner Besteuerung
unterzoj^en werden.
Eine Rechtsverbindli< likti( für die Annahme von Banknoten und andern (fleich-
artigen (icMzoirhcn k;inri «ler Huiul. mißer ht-i X<ithla',rt'ri in Krii^'-zeitcii. nicht an--;ir<'rfi»'M.
Die Iiuiiilt'>ge.'>el/Cgebuin-' wird über den Silz der Bank, deren (irundlageii und Mri.M-
nisation, sowie über die Ausl'ührung die:<e>< Artikels ilitorhaupt das Nilhere bestinmu ii.
Art. ^. Vorstehender Bundeslieschluli wird der Abstimmung des Volkes und der
.Stiiüde unterstellt. (18. Okiuber 18!U.)
b) Statistisches^.
Zehnjähriger Ourctischmtt
.WdiirkiUtioB
Baar- Wrhäiliiu
l>firiliicif
KnitmniaPBe
Gaittiifli
l!>ii/M)
3.786
5,177
831
St«d1iKl»Ukl«nnMk. . .
B«v'l!ana>^li«rilifhr KaMlnk.
bsUulUak <«a ikn . . .
Btna culanli tirii«« . . .
Baik io Sl. (iallrn 4,:>31
Crf4it ^ri(«l( ti ii^utritl dt la ßr«je 14S
ThirtniicktlntMilkul ... 973
iamiiKlir Bank l.QitS
Tn^iiirgirbMli 716
lua^tliiSfiiMraiMiutt . . . 339
TliurL'aiiivtti- fl\p"t!irk'riliiiik , . ."S96
tirail>iiiiHinfr kantnoalbuk . . . 1,321
KailtMb Ifu- nl Itiblaae Lmri . 303
Bai<|n« da t«mm'r«'i
ipptBidl A. iib. kanlonalVuk . .
Baak in Zirich ......
Batil in l -
Baoli la Luuru
Baaquf df trdMr. ....
Credit ^ruifVien
Zirfhrr kdDi"iislb:iti ....
lul il S(hafli;iU"i) . ....
Buijif canionalt friktfarmite . .
Caibe d'an«rliuea it la dtit« piblii^ue
Bll|l* €anl«iul« uadmur . . .
Fr^paniiukaHt iu kailei« Iri .
Kant. S|Nir- o. Lrihkasst t. üidiraMai
Baa<|i( p«|i«lairf dt la ^nyn .
Ban^ae caatMalt iiKkiMoiH .
kani|a« cMdnrridr iHidUiM«iae .
Srhaffhaaxr KaDtoialkuk . .
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24,fJ00
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1.000
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1,088
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1,000
1,000
1,892
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1.500
1.500
7r)0
8,2a3
3,979
48,»
8.000
10,000
6,767
430
197
45,«
ÖOO
1,000
300
43!
194
45,0
500
500
300
25!»
1-2,-.
.100
300
167
2,047
UM
48,1
3,000
3,000
2,e49
1332
50,1
5.000
4,200
914
466
51,
I .1 HM 1
1 ■.00
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558
54,«
1,500
1,500
2,871
1.485
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2,600
4,000
2,201
192
91
47. i
500
34
17
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Brflndmigwehttlz
— 151 —
ErfiodancssehuU
Erllndungsschutz (Ergänsung des Artikels nErtmdungsschutz" auf Seite
572 und ff. im I. Bund, und des Artikeln , Patentschutz" im 11. Bau«!: mit-
getheilt von Herrn Ü aller, Direktor des eidg. Amtes für geistiges Eigenthura).
Das Bundesgesetz betreffend die Erfindunggpatente vom 29. Juni 1888 bt seit
dem 15. NoTemlmr 1888 in Rnft. Für die GesehBikiitthnmg wurde das eid>
gen8a8»ehe Amt fttr gdstiges Eägentkiim kfeirt, veleliem aaeh die GesehXfte
zufallen, die sich aus der Vollziehung der Bundesgesetze betreffend den Schuts
der Fabrik- inul Handelsmarken, betreffend ilen Schutz der gpwerbh'chcn Mn-tf-r
und Modelle und betreffend das littraribche und kün?itleri,sche Kigenthum ergt-Lm.
Das eidg. Amt fUr geistiges Eigenthum bildet die vierte Abtheiluug des
Departemente dee Aiie?Htrtigeii.
Die Fatentgesuche können dem Amte von Inländern direkt eingereicht
werden, von Aubliindern Hajreiren nur durch im Inland domizilirte bevollmächtigte
Vertreter; fachmännischer Vertreter bedienen »ich auch inländische t'atentbewerber
häutig. Die Anzahl derjenigen Vertreter, welche die Uebermittlung der Fatent-
geaache ala Haupt- oder Nebenbemf betrüben, achwankt swbicbai IS und 15.
Der gaos tiberwiegende Theil der Eingaben wird jedoch von den Patentanwalt-
firmen besorgt, deren Inhaber dem schweizerischen Syndikat der Patentanwälte
angehören. Mitglieder dieses Syndikats sind : E. Blum & Cie. in Zürich,
bourry-S^quin in Zürich, E. Imer-Schneider in Genf, A. Ritter in Basel und
£. V. W&ldkirch, Theilhaber der Firma Hanelin & Cie. iu Bern. Die drei erst-
genannten Firmen betrieben die Patentanwaltsobaft sehen vor dw Exiatens einea
aehweizerischen Erfindungsschntzgesetzes.
Infolge der verfas6nngf;niäl.'igeu Restimniung, ilass der gesetzliche Schutz
nur denjenigen ErhnduHgen zu thcil werden kann, die durch Modell dargestellt
sind, sowie des Umstandes, daß es Sache des Amtes ist, die Frage der Modell-
exiatens zu eotsoheiden, wird der amüiohen GeBchäftafÜhning ein eigenthUmlichea
GeprXge ▼Mrlieben. Die Geenehe wurden in dieeer Hinriebt einer einläßlidien
ftebmännischen Prttfnng unterzogen, da es nicht angeht, da provisorische 1'atente
xn ertheilen, wo man sicher ist, spSterhiu der Natur tler Sache nach die Existenz
der Modelle vürueinen zu müssen. Die faohmäuni.>iche Untersuchung, welche »ich
Uberdieß hauptsächlich auf die Frage der Einheitlichkeit der Erfindung, auf eine
einigermaßen dmckfibige Redaktion der Beaohreibnngen und aof gute Ansführnng
der zum Verständniß nuth wendigen Zebhnniigen anadehnt, gibt zu weitl&nfigen
Korrespondenzen Anlaß. Der Unter^tnchnng auf Neuheit der Erfiudnng, wegen
deren Mang* I übrigens ein (xesuch nicht abgewiesen werden darf, kann verhält-
nißmäßig wenig Zeit gewidmet werden.
(tegen Geeneheabweiaattgen kann an daa dmn Amte vofge«etnte eidgenSsaiaehe
Departement und gegen deasen Entaeheid an den Bnndearath reknrrirt werden.
Letster Fall ist noch nicht vorgekommen; auch Keknr^e an das Departement
waren bis anhin sehr selten. Tn Sachen der Frage der Modcllexititenz bildet daa
dem Amte vorgesetzte Departement die oberste Kekursiustanz; diese wurde bia
iuihin ebenfalls sehr selten angemfen.
Anf thnnlichate Verbreitvng der Kenntniß der patentirten Erfindungen in
Fachkreisen wird großes Gewicht gelegt. Ausser auf den im Gesetz vorgesehenen
höhern Lehranstalten und Gewerbe-Museen werden die Patentschriften seit Anfang
l^'.'l in zirka .'>0 Ortsehaften der Schweiz zu bestimmten Stunden gewisser
Wochentage ütreutlich ausgelegt; das Amt litilert hiefiir die Patentschriften und
Yeraeichniase gratia. An Private werden die Patentsehriften und Patentlisten
zu billigen Preiaea abgegeben.
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ErfmdungsschuU
lb2 —
Fabrik- u. Handelsmarken
Di« ModellMimmlnDg des Amtes, wddie £e Erfindmigeii der TMehentthren-
nnd H^Uldftae^Wl^Mlbranohe, sowie Erfindungen umfaßt, bei denen ein nicht leicht
nachweiabares Material eine gewisse Rolle spielt, wird sehr wenig benatzt. Die
Fachmänner linden otTenbar genügenden Aufschluss Uber die patentirten Er-
findungen aus den verötlentlichten Bebohreibungen und Zeichnungen, wie dieß
in andern Staaten der Fall i«t.
Die siemlich häufig zur Kenntniß des Amtes gelangenden Hand- und Genuß'
indemngen geben einen Fingeneig für die NtttsÜolikeit der Lwtitation des Br-
findungsschutzee. Bia aohin eind sehr wenige Patentstreitigkeiten gerichtlidi
erledigt worden.
Bis Ende 1890, d. h. in einem Zeitraum von 2 Jahren nnd 1 '/a Monaten,
wurden 2782 Pateiitt^ ertheilt, worunter 7^5 Zutiatzpatente j von jenen sind im
gleicheu Zeitraum gelö^icht und eines durtih GenchtHurtheil nichtig erklärt
worden. Von obigen 2782 Ftitenten entfaUen 1180 auf inttadisobe und 1662
auf ausländische Bewerber. An leztern 1 662 Piatenten partisipiren: Deutschland
mit 775, Fraokreich mit 347, Oehterreich-rngam mit 134, Italien mit 41. dann
Kntjland mit 152, die Vereinigten Staaten von Nordamerika mit III, Belgien
mit 36, Der Kest von öti Patenten vertheilt sich auf 8 europäische und 2
anßerennq^iiselie Staaten.
Madi den lumptsIeliUohsten sehweimriseben Pkodnktiona-, Gewerbe- und
Verkebntweigen Tertheilt. entfallen von obigen 2782 Patenten 34() auf die
Indnstrie betreffend Herstellung von Motoren, Generatoren u. dgl. nebst Zubehör;
.312 auf die Uhreninduhtrie, 271 auf die Textilindustrie, 149 auf Industrie und
Kleingewerbe betreffend Heizung, Ventilation, Wasserversorgung u. dgl., 112 auf
Straßentransport und Eisenbahnwesen, 8ö auf die Bekleidungaindustrieen, 78 aof
die Industrie betreffend Kriegsmaterial, 77 anf LandwirUischafk, Tiebnieiit und
Milchindustrie, 77 auf die Bau;;« weiba, 77 auf die Industrie betreifend Her«
Stellung von Werkzeugen nnd WerJuengmasoliinen, 74 auf dos Beleoohtai^s-
wesen, »'8 nuf da.s Mnsikwesen.
Nach den bisherigen Erfahrungen läßt sich annehmen, daß jährlich im
Durchschnitt 1200 Patente ertheilt werden. (Greschriebeu ICude Mai 1891.)
Fabrik- und Handelsmurkcii. fErglinznng des Artikels im I. Band;
mitgetbeilt von Herrn v. Orelli, Adjunkt de» eidg. Amte» für (geistiges Eigen-
thum.) Unterm 23. Januar 1^86 hat der Nationalrath die von der Genfer-
Depotation eingebraebte Motion:
«Der Kundesrath wird (ungeladen, der Bundwrt'ersanimlung den Bitwurf eines,
die Anhrinu'uu^' von Ortsnamen betreflemien Zusatzarlikel-' /um Bnndesgesets vom
19, Dezember 1879 Qlwr Fabrik- und Handelsmarken vorzulegen "
erbeblich erklärt, und es hat in Folge desHen d>-v RuTidesrath durch BotM:haft
vom i>. November gleichen JahrcN den Kathen einen desetzesentwurf vorgelegt,
welcher neben den den Gegenstand der Motion betreßeutlen Bestimmungen noch
solche Uber den Sehnts gewerblicher Ansaeiebnung en in Ansidobt nahm nnd end-
lich einijre AbMndemngen des hestehenden Marken,stli«tzge(ietzes vom Ii). De-
zember 1879, welche mch im Jjaufe der Zeit als wttnscbbar ergeben hatten, in
Vorschlag brachte.
Dieser Entwurf wurde vom Nationalrath durchberathen ; daprejren de<-«sen
Behandlung vom Ständerath am ö. Dezember 1^88 abgelehnt und mit dem
Po»tiilat :
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Tabrik- u. Haadebmarketi
— 153 —
.Es wird zar Zeit auf die Vorlage nicht eingetreten, sondern der Bandesrath
ein/« l;iden, zu erwägen und darüber Bericht und Antrfipe vorzulegen, od eine Re-
vi-ion <les Harkenschulzgeset2es vorzunehmen, oder ein besonderes Gesetz zu er*
lassen sei *
«n den Bundesrath r.n eventuell Teränderter Vorlage zurückgewiesen.
Dii'sem Rechmmg tragend, hat der Bundesrath unterm 2». Januar 185)0
der Bundesversammlung zwei Entwürfe vorgelegt, von denen der eine die Re-
▼uioa des MarkttMchntigasetiM und die Aulatellang von Baetimmungeu )<egea
die Verwendung fiüeeher HwknnfUbeaeieliniisgeD, soweit aolehe in Merken an*
gewendet werden, zum Zweok hatte, wShrend der zweite die Untewgnng
falscher Herknnft.sheze!fhnnngen, sowie Von falsrli liehen Aiti^fibfn iil>er enrnrheve
trewf 1 1 Iii he Auszeirlinuugeii, welche auf Geschäftsschihieru, AiiuüuceUj (jeschäfts
jmpieitiu u. s. w. verwendet werden, in Ausit>icht uahm.
In der snr Yorberathuog dieser Entwürfe einberufraeii, ans llitglieden der
beiden Bäthe bestellten Kommission wurde jedoch aof den orspriingliehen Ge-
danken der gemeinsamen Behandhmg beider Materien zurnckgegritTcn und den
beiden Rüthen ein dementsprecheTider Gresetzesentwurf vorgelegt, welchem uuterm
t2i>. September 1890 die tiauktiou ertheilt wurde. Das inkratttreten dieses
neoen Gwiam h^^mtä dm iSdbttAr der Ftäntik' und ffanddsmmkm, der
SerkmfUbeeeieknunff von Waaren und der tfewerhlithen Awts^^nungen wurde
vom Bnndesrath aof 1. Juli 189 L ÜBstgesetzt. Es hat folgenden Wortlaat:
7 F'ibrüt' tmi HandeUwtarken. Art 1. Als. Fabrik- und Handelsmarken werden
l>etraebtet :
1. die (ie^chüftsfirmen ;
ä. dt'- Zeir|i(-n. well Iic zur rriter^ Iifi<!iuig oder zur Fe^^tslellunj? der Herkunft ge-
ueildicUer und i.ii>»lwirth»ci)at'tliehcr Erzeugnis.se oiicr Waaren dienen und auf
diesen selbst oder deren Verpackung in beliebiger \\ ei-c angebraeht sind.
Art. -1 Die schweizerischen Geschällsfinnen. welche ab Marken gebraucht werden,
^enieutu. niil der Eintragung in das Handelsregister, den Schutz des lleselzes. (0. -H.,
Art. N.VJ ft")
Art. 3. Die Marken (Art. 1, Ziff. Ii) sind den htenach stehenden Bestimmungen
der Art. 4 bis 11 uiUerwurlea.
OetVenlliche Wappen und alle als Eigenthuni eines Staates oder als Gemeingut
anzusehende Zeiclien. welche in die Marke einer Privatperson au%enommen werden,
genieUen den gei^dzlicheu Schutz nicht.
Zeichen, welche f^n die guten Sitten verstoßen, kftnnen nicht in me Harke
aufgenommen werden.
Art. 4. Eine Marke bat nur dann Anspruch auf gerichtlichen Schuts. wenn die
in den nachsteheiidi n Art. M bis 15 vorgeschriebenen Förmlichkeiten der Hinterlegung
und Eiutraguo|f erfüllt worden sind.
Art. 5. Bis zum Beweise des Gegenthetls wird angenommen, daS der erste Hinter-
leger einer Marke .ludi il'-r walirr In-rechtii;te sei.
Art. G. Die zur Hinterlegung gelangende Marke mul» sich durch wesentliche
Merkmale von denjenig«»n Harken untersebeiden, deren Gintragunf schon stattffefunden hat
Die Wiedergalii' ;:e\vi-s('r. einer liereit^ hiiili_'rlf'i.'ti'n M.irke aiitrehr-renden Figuren
auf einer neuen Marke schlieft die letztere nicht von den an die Eintragung geknüpften
Rechten aus, sofern sie sich von der schon deponirten Harke in hiniangUcbero Haße
untt i - li* idet und, als Ganzes betrachtet, nicht leicht zu einer Verwechslung Anlaß
geben kann.
Die im ersten Absatz dieses Artikels enthaltene Bestimmung findet keine Anwen-
dung auf Marken, welche fnr Erzeugni-^se niler W.iaren liestirmut sind, ilie ihrer
l^iatur narh von Ueii mit der schon hinteriegteii .Marke venselteueu gänzlicli abweieiieu.
Ar!. 7. Zur Hinterlegung ihrer Marken sind bt rerliti|;l :
1. Industrielle und s«HHti;:r Produzenten, deren Produkti'insges<'hätt sich in der
Schweiz beJinilel, sowi*- Handeltreibende, welche da<-eli*st eine feste Handclsnieder-
la-s-sung ^»esitzen ;
•J. Industrielle, Produzenten und Handeltreiben<ie. deren (iesrhäfl sich in einem
istaale bellndel, welcher der Schweiz Gegenrechl hält, .st^feru sie nämlich den
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Fabrik- u. Hand(;lämarken
— 154 —
Fabrik- u. H and elt^ marken
Beweis erbringeo, daß ihre Marten oder Geschtfblimen in dem betrefTenden
Staate po-^clifltzt siinl :
3. Vereimgun^n von Industriellen, Produzenten und Handeltreibenden, welche
den In obstehenden Ziff. 1 und 2 aufgestelltea Bedingungen GenOge leisten und
welche die pefitaliehe HandlaogsflUii^eit besitSMi; ebenso auch öffentliche
Verwaltungen.
Art. 8. Die SdratxfVbt wird auf 9ß Jahre festgesetzt *. jedoch Itann steh der Be-
rechtigte vermöge einer im Laufe do Iftzten Jahres neuerdings erwirkten Hiiit« rlft;ung
die Fortdauer des Schutzes jeweilen für eine fernere gleich lange Zeitdauer sichern.
Dem Rmenerungsgesucb ist eine Gebflhr von FV. 20 beizulegen.
D;i.< eidt/enos-i^che Amt filr ^:^'i'•tinro•? Fivrt'nthuin wird, iiuinerhin ohne Verbindlich-
keit, den Berechtigten auf den deranächiit eintretenden Ablauf der Scbutzfrisl aufmerlL«
sam machen. Wird die Wiedereroeuening de*- Marlce innerhalb sechs Monaten nach Ab-
Itxd dieser Frist ni- lit verlangt, >:o wird die>ellpo im R' gister gelöscht.
Art 0. Wenn der Inhaber einer Harke während drei aul'einander folgender Jabre
keinen Gebrauch von derselben gemach hat, so gebt er des Sdiuties verlustii».
Art. 10, Eine aus dem Register geln=rhtr Markr kann seitens eine- Dritten für
die gleichen Erzeugnisse oder VVaaren erst nach Ablauf von fünf Jahren, vo i Tage
der LAsehung an gerechnet, reehtskräfUg hinterlegt werden.
Art. 11. Finc Marke knnn nur mit dem GescfaAfte Qbertragen werden« des^n Er-
zeugnissen ^le zur Unterscheidung dient.
Gegetulber dritten Personen wird die Uebertragung erst von der darauf bezQglichen
Bekanntmaobun-^' nn (Art. Hi.) wirksam.
Art. 12. Die Hinterlegung einer Marke geschieht beim eidgenössischen Amt für
geistiges Eigentbum.
Der tlesnrhsteller h.it seiner AnmeMun/, welche seine Untefscfarifl tragen, sowie-
seine Adresse und seinen Beruf angeben soll, beizulej^eu:
a. die Marke oder deren genaue Abbildung in xwei Eiemplaren mit der Bexeichnung
der Erzeugnisse oder Waaren, filr welche sie bestimmt ist, sowie alllillige be-
sondere Bemerkungen;
b. ein für den Abdruck bestimmtes Clicbö der Marke;
c. eine Eintrapungsgchühr von 20 Franken
Wenn einer Marke schriftliche Angaben beigefügt sinci, die in versrlnedeneo
Sprachen wfeiergegeben werden, so genügt xu ihrem Schulze die Hinterleguntf und Ein-
tragung in emer einzigen Sprache, vomu'-i.'e^etzt, dt r vi in il< r Marke berv<ii^-t-iirnefjie
tiesammteindruck durch die Anwendung der verschiedenen Texte nicht verändert wird.
Art. 13. Das Amt ftthrt ein Register Aber die regelrecht hinterlefrten Marken.
Die Eintragung geschieht auf Verantwortiii hki it iKs (Te>ui h>tellers Iiin. Sollte
jedoch das Amt gewahr werden, daß die Marke in ihren wesentlichen MerkraiUen nicht
neu ist, so bat es den Gesuehsteller in konlidentieller Weise darauf auftnerlisam zu
machen, worauf dieser sein Gesuch aufrocbi erhalten, aliTir I -i oder zurückziehen kann,.
ArL 14. Die Eintragung ist seitens des Amtes, unter Vorbehalt des Rekurses an>
die höhere Verwaltungsbehörde, zu verweigern:
1. wenn den in den Art. 7 und tS von^esehenen Bedingungen nicht Genflge ge-
leistet ist;
2. wenn die Marke als wesentlichen B^tandtheil ein Öffentliches Wappen oder
fdterhaupt irgend eine als Gemeingut anzusehende Figur enthalt oder j:egen die
guten Sitten verstößt. Das zuständige eidgenössische Departement kann von
Amtes wegen die LSschung einer solchen irrthftmlicherweise eingetragenen.
Marke anorilncn :
3. wenn mehrere Personen gleichzeitig die Eintragimg der nändichen Marke ver-
langen, bis eine derselben einen gehörig beglaubigten Verzicht der Mitbewerber
o.ler i'iii in Ileclit-lvran erw .ich-enes Urtheil vorufi-t :
4. wenn die .Marke eme offenkundig falsche Herkunitsbezeichnung oder eine er-
sonnene. nachgeahmte oder nachgemachte Firma oder auch die Angabe von
ehrenvollen Anzeichnungen trSgt» deren Echtheit der Hinterleger nicht nachzu-
weisen vermag.
Art. 15. Das Amt hat den Gesudisteellr von der Eintragung oder Erneuerung zu
benachrichtigen und ihm eines der hinterlegten Exemplare (Art. 12. litt, " i zunlekzu-
stcllen, auf welchen Tag und Stunde der Hinterlegung und der Eintragung vorge-
gemerkt sind.
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Fkbrik- u. j^mdelanarken
— 155 —
Fabrik« u. Handel«iuirkeii>
Binnen 14 Tagen nach <ier Eintragung wird die Mtake seitens de^ Amtes kosten-
frei im Handelsamtsblatte oder in einem andern dam beieichneten eidgen^issiscben
amtlichen Blatte veröfTentlicht.
Art. 16. Die Uebertragung einer Marke (Art. 11.) wird auf dem Vorweis eineS'
bei^aubigteo Aktenetflckes bin im Register eingetragen.
Sie wird auf die nftmlicbe Weise wie die Eintragung verAfTentlieht.
Die Registrirung der Ut ht-rtragung unterliegt einer liühr von Fr. 20.
Abänderungen an Gescbältsfirmen, welcbe Bestandtheile von Markun sind, werden
gegen eine jeweilige Gebühr von Tr. 10. im Register auf erfolgte Mittheilung seitens
des Interessenten eingeschrieben und im amtlichen Organ unter Angabe der Nummer
der Marke, auf welcbe sich die Abänderung bezieht, bekannt gemacht
Art 17. Jedermann hat das Reeht, beim Amt Auskunft oder Aa&zQge ans dem
Register zu verlangen, sowie von d. n Ociiuchen um Hinterlegung und von den dazu
gehürigeu Beilagen Einsieht zu uehmen. Jedoch darf das Amt dieselben nur auf
riehterlichee Ansuchen Idn ans sdner Verwahrung geben.
Der Bundesrath wird für diese Mittheilungen und Aufschiasse eine mftfiige Taxe
festsetzen.
//. Herkunftsbezcichnungen. Art 18. Als Herknnftsbeidchnungen wird angesehen
der Name einer btadt, Ortschaft, Gegend oder eines Landes, welcher einem Enteugniß-
eeinen Huf gibt.
Die Anbringung eines solchen Namens auf einem Erzeugnis.se steht jedem Fabri-
kanten oder Produzenten jener Orte, eben-n w ie »lein Käufer des Erz<"u;,'ni'-;e--. zu
Es ist untersag ein Produkt mit einer der Wirklichkeil nicht enlsprecbenden
Herkunflsbezeicbnung zu rersehen.
.Art. 19. Diejeni^'en, welche einen «lurcb die Fabrikation oder Prniliikfinn p wi'^ser
Waaren bekanntca Ürte bewohnen und mit äbnliclien, aber anderswoher bezogenen
Erzeugnissen Handel treiben, sind gehalten, dafür zu sorgen, dafi die Anbringung
ihrer .Murke oder ihrer Firma das Publikum hinsichtlich der Herkunft besagter Produkte
nicht irreführen kann.
Art 90. Ais falsche Bezeichnung der Herkunft im Sinne dieses Gesetzes ist nicht
anzustellen :
1. wenn der Name einer Oertlitlikeit aul einem aiulerwürt« verfertigten Erzeugnis
angebracht wird, insofern dieß für liechnung eines Fabrikanten geschieht. des.>en
Hauptfabrikatif)nsgc.schafl sich in der als Fabrikationsort angegebenen O^M ilii h-
keit betindet. Indessen muß der Herkunn^bezeichnung die Finna des F.ibni^iialea
oder, mangels an genügendem Raum, seine Fabrikmarke beigefügt werden;
2. wenn es -ii h um die Bi zeichnnn^r pines Erzeugnisse« durch einen Orts- oder
Landesnauteu bandelt, der einen sulcUeu generellen Charakter angenommen hat,
daß er in der Handelasprache die Natur und nicht die Herkunft des Produktes
bezeichnet.
///. Angaben gewrrhiüher Auszeichnungen. Art. 21. Diejenigen Personen oder
Firmen, welche für ihre F.rzeu^niisse auf einer Au.'^stellung oder Preisbewerbung der
Schweiz oder des Auslandes Medaillen, Diplome, Belohnungen oder sonstige Auszeich-
nungen irgend welcher Art erhalten haben, sind allein berechtigt, auf ihren Waaren
oder deren Verpackung dieLiliezügliche Angaben anzubriii^ren.
Das Nämliche gilt für die Angaben hinsichtlich der durch öQentlicbe Verwaltungen,
gelehrte Körperschaften und wissenschaftfiehe Terdne ertheilten Preise, Anzeicfanungen
oder Anerkennungen.
Art. -Ii. Wer die im vorber|;ebeDden Artikel erwähnten Auszeichnungen anbringt,
hat deren Datum und Beschaffenheit, sowie die Ausstellung oder die Preisbew^bungen, auf
denen sie errungen wurden, anzu-eiM-n. I<i eine Anszeirbnung einer KoUektiTausstellunf
verliehen worden, so muß die.*er Umstand erwähnt werden.
Art Es ist untersagt Angaben von gewerblichen Anszeichnnngen auf Er-
zeugnissen, die mit den prSmirten in keiner Beziehung stehen, anzultringen.
IV, Strafbesttmmungen. Art. 34. Gemäß den nachstehenden Bestimmungen kann
auf dem Wege des Civil- oder Strafprozesses belangt werden:
n. wer die Marke eines Andern nadimacht oder so nachahmt, daß das Publikum
irregeführt wird;
b. wer die Marke eines Andern flfr seine eigenen Erzeugnisse oder Waaren verwendet;
c. wer Erzeugnisse oder Waaren, von denen er weiß, daß sie niil einer nachge-
machten, nachgeahmten oder rechtswidrigerweise angebrachten Marke versahen
sind, verkanft, fi»ilhUt oder in Verkehr bringt;
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Fabrik- u. Hand«bniark«n
— 166 —
Fabrik* u. Handelsnuirkan
d. wer hei (]i>n r)bl)ezci(-linoten Uebcrlretungeti wifMIktlicb rnttgewirkt oder dcreo
Ausführung begünstigt oder erleichtert hat;
«. wer sieb weigert, die Herkunft von in seinem Bentae befindlichen Eraea|[nifl9en
o<!('i Waaren :iiizugf ])eii. welclie nachgemachte, nacfageahmte oder reditswidr^ar-
weise angebrachte MariLen tragen;
/. wer den Bflstfanmnngen der Art 18 (drittes Alinea), 19, iO (ZifTer. 1), tl und
23 dieses Gesetzes zuwiderhandelt.
Art. 25. Die vorstebend aufgezählten l'ebertrctungen werden mit einer Geldbuße
von Fr. 30 bis Fr. 9000 oder mit Gefängniß von drei Tagen bis einem Jahre oder mit
diesen beiden Strafen zugleich geahndet.
Gegen RflckfäUige können diese Strafen bis auf das Doppelte erhöht werden.
Sie treten nicht ein, wenn die Uebertretung bloß ans Fahrlftßigkeit begangen
worden ist: die CivilenLschädigung bleibt je<loch vorbehalten.
Art. SC) Wer fal^hlicherweise auf seinen Markon «»der GeschäUspapiercii eine
Angabe anbiiugt, welche den Glauben erwecken i*oll, al- wäre seine Marke wirklich
hinterlegt worden:
wer auf <t iiit'ii Gc-chriltsschilden, Annoncen. Fak'iit n. Prospekten, Ge-<'häfl>-hriefen
oder Geschät'Upapieiäu unlietugtemeise Herkuatisbezeiciuiungen oder Angaben von
gewerbUeben Auszeichnungen anbringt oder die im Art !ti Torgeschrieboien Angaben
zu machen unterläßt.
wird von Amtes wegen oder auf Privatklage hin mit einer Geldbuße von Fr. 30
bis Fr. .')00 oder mit GefAngnifl m der Daner von drei Tagen bis ta drd Monaten
i>e8tran.
Gegen Hfickfftllige kdnnen diese Strafen bis auf das Doppelte erhöht werden.
Art. ^T. Die Civil- f>tlcr die Strafklag» kann angestrengt werden:
1) liinsichtlich der Marken :
durch den gelSuschteu Käuler und
durch den Inhaber der Marke:
2) hin^jichtlirh der Ik-rkuriflsbezi-i. hnungen :
a, durcli ji-iku in seinem ltiteres«e verletzten Fabrikantrii, rroduzeuleu oder
Handelsmann, welcher in der t l Ischlich angegebenen Stadt. Ortschaft. Ge-
•rpiii! etc. nicdrr^'ela^sen ist. oder durch eine die persönliche Handhin^rsfaliig-
keit besitzende Geno.s>.eiistLiult oder einen Verein solcher Fabrikanten,
Produzenten oder ilandelsleute ;
h. durch jeden infolge einer falschen Herkuntlsbezeictmnng getäuschten lÜtafn*;
3) hinsichtlich der gewerblichen Auszeichnungen;
durch jeden Faiirikanten, Produzenten oder Handelsmann, welcher Erzeugnisse
herstellt oder in den Handel bringt, die gleicher Art sind, wie diejenigen,
die fillscbltch mit einer onarlanbten Angabe versehen wurden.
Art 28. Die Strafkiage kann entweder am Domizil des Angeschuldi^'tt n oder an
dem Orte, \vo da« Vt r^'^-Iien begangen worden ist angestrengt werden. Für. das gleiche
Veigehen dürien nicht mehrere strafrechtliche Verf'dgunfreii eintreten.
Die KantoDsregierungen sind gehalten, oliiu- Knst<>ii zu Lasten der Eidgenassen*
-Schaft, den ihnen vorn Hundt^srntb eiiij,'erei('liten Klaj^en Fnj^^e zu geben.
t'.ivilrechtliche oder stratVecbtliche VerUdgungen können wegen »dcliei Handlungen,
die vor der Eintragung der Marke staUgeftmden haben, nicht .'angestrengt werden.
Die Klage verjihrt nach zwd Jahren, Tom Tage der letzten Uebertretung an
gerechnet
Art. 29. Die Kantone haben zur Behandlung der nach dem gegenwärtigen Gesetze
zu entächeidenden civilreditlichen Streitigkeiten eine Gerichtsstelle zu bezeichnen, welche
den Prozeß als einzige kantonale Instanz entscheidet.
Die ni-nitunK an das Buttdesgericht ist ohne Rflcksidit auf den Werthbetrag der
Streitsache zulässig.
Art. .30. Die Klage gegen einen außerhalb der Schweiz wohnenden Hinterleger
einer Marke kann vor das Geriebt, in dessen Bezirk das eidgenössische Amt seinen SitX
hat, gebracht werden, e« sei dt rMi I i! ler lietn fTcnde Hinterleger diesem Amt ein von
iluu in der Schweiz gewähltes Douiuil angegeben hätte.
Art. 3f. Das Gericht kann die als nflthig erachteten vorsorglichen Bestimronngen
treffen mn! in-besonden- ilie T?.*sr Iila.:nalinii- der Wt-rkzeuje und (Jeräthe, wrldie zur
Nachahmung gedient haben, sowie der Erzeugnisse und Waaren. auf welchen die ange-
fochtene Marke angebracht ist, TerfQgen.
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Fabrik- u. Handelsmarken
— 157 —
Fabrik- u. UandeUmarkeir
Art. 'ii. Es kiinn ebcuso tiut Hechuuiig der EnLschiiiiigungeQ und d'^r Bußen die
Konfiskation der mit Bv's^hlag belegten Gegenstände verfügen, sowie die Vcröflentiichung
des Erk- natniases in einer oder mehreren Zeitungen auf Koelen des Verurtheilten
anordnen.
^selbst im Falle einer Freisprechung, die Vernichtung der unerlaubten
Marken und, ^'et,'ebenen Falls, der mit solchen Harken versehenen Waaren. deren Ver-
packung oder Lintmllung, sowie der Werkzeuge und Geriitbe, die zur Nachahmung
gedient haben, rerfflgen.
Art. ^3. Der Ertrag' der Rußen fällt in die Kantonskii'-^e.
Das UrLheil soll aussprechen, daß bei Nichtbezahlung der üeldstrafe diese ohne
Weiteres in Gefftngnili umgewandelt wird; und iwar «eil je Fr. 5 Bu6e ein Tafr
Gef&ngniü angerechnet werden.
Art. 3i. Gegen Vorweisung des in Rechtskrafl erwachsenen Urtheils nimmt das
Amt die Löschung der widerrechtlich eingetragenen oder ungQltig gewordenen
Marke vor.
Die LftThnrij.'- wi'-rl n;«. |i Vor-Jchriff des Art. 15, zweite« .\iinea. hekaiinf •remaeht.
V, Schlußbestimmungen. Art. 35. Der Buudesratb kann den Marken von Erzeug»
Dissen oder Waareti, die ans Staaten herrflhren, mit welehen keine saehbezAgliche Ueber-
einkunft besteht, in 1 lie an Jandwirlhschafflichen oder Gewirlie.iu>stellung:en in der
Schweiz theilnehmeu, einen provisorischen Schutz bis auf höchstens zwei Jaiire zusichern
Art. 36. Diejenigen Bestimmungen dieses Gesetzes, welche die Herkuntlshezeich-
nungen und die Angaben von gewerblichen Auszeichnunjren betreffen, finden, wenn
auch die Marke selbst nach Art. 7 geschätzt i^t, keine Aaweoduug gegendber den nicht
in der Schweiz wohnhaften Angehörigen von Staaten, welche an? diesem Gebiete kein
Qegenrecht halten.
Ari. 37. Der Ftunde<r.ilh \<\ beauftragt, die zur Ausführung dieses Geseties erfor-
derliciien Heglemente und Verordnungen zu erlassen.
Art 38. Dnreh das gegenwärtige Gesetz wird das Bnndesgesetz vom 19, Dezember
1879 betreffend den Schutz der Fabrik- und ITandel-inarken aufgehoben.
Art. 39. Der Bunde-rath wird beauftrai;l, auf Grundtaj/e der Bestimmungen des
Bundesgeselzes vom 17. Juni IbU. l>etrelVend die Vulksabstimmung über Bundesges elze
und Bundesbeschlü^se, die Bekannttnacbung dieses Gesetzes za veranstalten und den
Beginn der Wirksamkeit de-sselben festzusetzen.
Beziehungen der S e Ii w e i z zu andern Staaten: Durch eine
zwischen dem Bundesrath und der franzö.sischen Gesandtschaft in Bern ausge-
tauschte Erklärung wurde, unterm 27. Januar 1^87, festgesetzt, daß die untei
den Bestimmangea des B(dnrrix.*firmni8si8dien Handelsverträge» vom Jahre 1864
in der Sdiweis hinterlegten franzttoiecheii Marken die I5jltbrige Sshutsfriat nnge-
echmXlert weiter genießen aollen.
Am 30. "Mm 1887 sind die Vereinigten Staaten Nordamerikas der Unioil-
zum Schutze des gewerblichen Eigenthums vom 20 März 1883 beigetreten, und
damit dieser Staa. enbund in da« gleiche Yerhältniß mit der Si^hweiz getreten,,
wie die übrigen YertragHstaaten. Mit den der Union niclit angehörenden Staaten
Dentecdiland und OesteiTeioh*üngarn bestehen noch die früher atirten Vertrage-
baatiinmiingen.
Statistisehes. Eingetragen wnrdm in der Sohwcü:
1886 : 204 Bohweiserisohe, 160 analändieohe Marken.
1887: 416 , 96 . „
1888 : 391 , 153 ,
1889: 380 , 93 „ ,
1890: 373 , 141 ,
Bis Ende 1890: 3283 1742 ToUl ; öU2ö.
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Fabrikwesen
— 15ö —
Fabrikweseu
Fabrikwet»en. (Ergänzung ^es Artikeli in I. Band; Yeitear H«rr Dr.
&ieMr, Beamter des eidgenössiachen Induatriedepartementa, Bern; geeohrieben
•anfangs Juli 1891.) Das eidgenoi^eisclie Fabrikgesetz hat sieh seit seinem vier-
zehnjähriiren Bestände in <\\" iTiiln^friellcn Kreise der Schweis in hpfripditreniier
Weise eingeh et, Arbeitgeber wie Arbeiter wissen die wohltlialigeu üeHtuiimuugen
den Gesetze« inuuer mehr zu schätzen; otl'enkundige und absichtliche Widersetz-
lichkeiten werden immer seltener. Das Oeaett selbat hat anoh seit dem frUhern
Beriehte Uber das Fabrik we»en in der Schweiz mannigfache Interpreta-
tionen erhalten. Wir geben sie im Xaclistehenden wieder :
Ari. 1 des FabrikgeHctzes : Biindeörathsheschluli vom 25. September 1888.
Bei Unterstellungen von industriellen Anstalten sind die mitarbeitenden FamiUen»
glieder, abgeaehan vtmi Arbeitgeber, bei Ermittlnng der ArbeiterMhl mitm-
sKhlen und sollen nor in eoldieii Betrieben nieht in Betracht fallen, in welchen
.«naaehließlich FamiliengUeder verwendet werden.
Der Unterstell II Tin; von Rtabli.swmpnten unter das Gresetz wurde biswpüpn
gesucht dadurch zu entgehen, daß Arbeiter in die Gesf'hSftslirma aufgcnoniuieii
wurden, in d^r Meinung, dadurch die Arbeiterzahl unter dat> vorgeschriebene
Hinimmn m rednairen. Die Untenwtellnng woide aber vom eidg. Indvstria-
departement unterm 36. Desember 1BH8 dennoch yerftigt nnd zwar gcsttttst auf
fo^nde Erwägungen:
a. „sei anzunehmen, daß die Bildung einer Gesellschaft nur zu dem Zwecke
geschah, um dem Gesetze zu entgehen j b. gehe der Sinn von Art. 1 des Ge-
aetses otebar dahia, daß bei «Arbeitoni** abgeeehen vom Prinsipal, diejenigen
mitsnalhlen seien, welche, wie es in den vorliegenden FSllen geachebe, n^l*
müßig mitarbeiten, auch wem sie n letzterm in einem Yerwaiidtscbafti- oder
anderm Verhältniß steb»*ii, anegenommcn den besondern Fall, wo nur Familien-
glieder beschäftigt werden; c. würde e« auf dem Wege der Association nach-
gerade allen Geschäften möglich werden, dem Gesetze zu entgehen, wenn mau
•das von jenen Hflllem eingeschlagene Verfahren gelten lassen wollte.*
Ebenso hat der Bnndesrath mit Beschluß vom 5. Februar 1889 erhannt^
daß ein momentales Sinken ti' r Arbeiterzahl i;iiter die maßgebende Grenze nicht
als zureichender Grund lur Streichung von der Fabrikliste augesehen werden
könne, um so weniger, als sonst der Versuch, durch vorübergehende Yenninde-
mng der Arbeitenahl dem Gesetie m entgehen, ein allgemeiner werden wttrde.
Bandearathebesohlaß vom 4. Min 1590 betreffend die Petition
der Typographia Bern vom Januar 18m9. Diese stellt folgende Begehren:
1) Alle Buchdruckereien sollen dem Fabrikgesftze unter«tp|lt werden t?^ THe
tägliche Arbeitszeit der Buchdruckereiarbeiler (Schriftsetzer und Maschineuuieibter,
Lehrlinge beider Branchen, sowie Einleger) dUrfe acht Stunden nicht Ubersteigen.
Für die Ldirlioge und EVanensperaonen soll die Nncht> nnd Sonntagsarbeit
durdiaus nnteraagt sein. 3) In die snb 3 genannten Arbeitssweige dürfen keine
Frauenspersonen mehr neu aufgenommen werden. Den gegenwärtig darin be-
schäftigten Frauenspersonen soll zum Austritt ans den Bnchdruekereien eine Frist
gewählt werden, welche ein Jahr für die Setzeriunen, drei Jahre für die Ein-
legerinnen betrftgt
In Erwigung, daß die Frage der Ausdehnung des Fabrlkgesetses dnrdi
die vom Nationalrath am 5. Juni 1889 beschlossene Motion Comte^se grund«
sätzlich aufgewurftMi worden, daß die Voranssttzungeii, unter welchen gemäß
Art. 11, Abs. iJ, des Fabrikgesetzes eine iieduktion der Arbeitszeit statthnden
durfte, nieht oder nicht in genügendem Maße vorhanden sind und daß das
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Fabrikwesen
— 15U —
Fabrikwe-sen
Ctesetx »ellMt keine Beetuninniig enthilt^ welche gestatten würde, Fankt B des
Begehrene sn entttprechen, wurde in die Petition mm Tlieil nieht eingetreten nnd
4ieeelbe zum andern Theil abgewiesen.
Motion C 0 m t e s- s e , ItescLlos-sen vom Nation alrathe am ;'>. Juni 188',^,
lautend: „Zur Beseitigung vorkommender Ungleichheiten in <ler Anwendimg des
Buudesgesetzes betreffend die Arbeit in den Fabriken, und um deu Sohuts dea-
aelben einer gröBiem Amalil Ton Arbeitern mmwenden, ist der Bnndesratii ein-
jdadenr- so pritfen, ob niokt die in eeinen BeeehlUeaen nnd Rreieeehralben anf-
gestellten Normen abgeändert werden sollten, insbesondere was die AnaaU der
Arbeiter und die Verwendung; mecbaniBcher Motoren betrifft."
Der Bundesratli hat diese Motion von sich aus erledigt und die Motive
«eines Vorgehens in dem „Bericht des Bundesrathes an die Bandes versamm long
betreifend Tier BesohlttsBe der Räthe snn Bnndeegeeets ttbw die Arbeit in den
Fabriken" in ausführlicher Weiae niedergelegt. Der beill|^he «Bnndesraths-
beschluß betreffend Vollziehung von Art. 1 de» Bundeageeetses Uber die Arbeit
in den Fabriken", datirt vom 'A. Juni isiU, lautet:
yl. Als Fabriken im Siuue von Art. i des Buudes^esetzes belreileud die Arbeit
in den Fabriken, vom 93. Mint IS77, werden unter dem Vorbehalte, daß die in dem
genannten Artikel t ntluiltenen allgemeinen Bedingunt^ren zutrefTen. betrachtet und dem
erwähnten Gesetze unterstellt: a. Betriebe mit mehr als 5 Arbeitern, welche mecha-
nische Motoren verwenden, oder Personen unter 18 Jahren beschäftigen, oder gewisse
<Tot'ahren für (iP^umlheit uihI I.ehen der Arbeiter bieten : h. Betriehc mit mehr als 10
Arbeitern. i>ei welehen keine li^r .-üb litt, a genannten Bedingungen zutriCfl; c. Be»
triebe mit weniger al.s 6, res|). weniger als 11 Arbeitern, welehe anßergewöhnlkbe
•Geiahren für (Gesundheit und Leben bieten, oder den unverkennbaren Charakter v<ni
Fabriken autweisen.
± Der Bundcsrath^be^chluQ vom S5. Juni 1878 ist, soweit er die Ateliers der
Uhrenindustrie betrilTl, aufgehnben.
3. Der gegenwärtige BeäcbluL> tritt sofort in Kraft und ist in die auitliclie Samm-
lung der Bundeflgesetse und Verordnungen anficunehmen.*
Regnlirnng der Arbeiteseit (Art. 11 nnd 12). Seit Inkrait>
treten des Fahrikge^etzea liat die Frage betreffend Begohuig der Eßpausen und
HUlfsarbeifHn fi^t fortwährend Anlas« zn Erörterungen und hTinf^esrSthlichen
Entscheiden gegeben. Von weniger wichtigen Anfragen, Petitioneu und Eingaben
abgesehen, seien folgende erwähnt :
1. Ton Seiten einer KaDtonsbekSrde wurde auf dae ungleieke Verfahren,
welches in den Stiekereien in Beeng auf die Einstellung der Arbeit an den
Voralien Jen von Sonn- und Feattagen (Art. 11 dee Geietsea) eingehalten wird,
aufmerksam gemacht.
Mit Beschluß vom 20. Juli lö^ö hat die Kommission dee Stiokereiver
bandee feetgeetellt, daß die elfsttlndige Arbeitaieit für die Monat« April bis nnd
mit September in die Stundm iwiei^en 5 nnd 13 Uhr Yonnittag», 1 und 6
ühr Kachmittags und fUr die übrigen Monate in die Stunden nwieohen 7 und
12 Uhr Vormittags nn<1 1 nnd 7 Uhr "Nachmittags fallen mtisse Di-'nes Vor-
.gehen bezüglich der Arbeitseiutheilung war die Ursache zahlreicher Beschwerden.
£ioe Reihe von Fabrikordnuogen enthielten nümlich die Bestimmungen, daß
neben der geeetzlieh ▼orgeachriebenen einetfindigen Mittagepanae aneh Vor* nnd
Machmittags je eine halbstündige Panie gemaoht werde, wodurch bewirkt wurde,
dnß Viei strikter Einhaltung dieser Pausen die thgliehe Ariteitszeit nur sehn
Btundeu betrug. Auf diese Weise wurde es ermiiglieht. «laß am .SaniHtag ebenso
laug gearbeitet wurde, wie an den Wochentagen, während diejenigen Etabliase-
mente, weldie kdne Tor* nnd Kaohmittagepanaen beeaßen, an den Sanatagen
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Fftbrikwesen
— 160 —
eine Stunde frUher die Arbeit eiiiHtellen mufiten, Qm der Voncbrift TOB Art. 11^
Aba. 1, des Gesetzes nachzukommen.
Bern Vorschlag des iüabrikinfipektorates, di<}8e Pausen in der Fabrikstiokerei
ttberhanpt sa Terbieteii, konnte nieht Folge gegeben werden, da nm bcArelitete,.
mit einer edoben Maßregel tdoht nur anf keineiii geaetsliohen Boden eq etehen,
sondern geradezu g^gen die ratio legis zu verstofieo. Dagegen wurden die £an-
tonsrogiemngen (s. Ereisschreiben des Handels- nnd Landwirthschaftsdeparteraents
an die Eegierungen der Kantone Zürich, Appeusell A.-Kh. und I.-Kh., St. Gallen,
Thurgaa und an das Zentralkomite den Stickerei -Verbandes der Ostschweiz und
dee Yorarlberge, Tom 14. April 1887) evancbt, die Innehaltaeg der zehn-
stündigen Arbütoaeit an den V^orabenden yon Sonn* nnd Festlagen in den Fabrik-
stickereien strengsten*! überwachen zu lassen und es wurde noch insbesoiider»^
diiraul' iiufmerksam gemacht, daß da. wo in den Reglementen Pausen vorgesehen
seien, solche nicht nur für den Samstag gelten, sondern auch an allen andern
Woehentagen beobachtet werden mttwien, nnd swar regelmäßig und gleichseitig
mit allen Stiokern nnd Fädlerinnen.
Die Bewegung um Verkürzung der Arbeitszeit im Jahre 1890 und 1891
nahm auch in der Schweiz iu grölkrera Maßstabe Dimensionen an; etwa 14 Pe-
titionen gelangten an die Bundesbehürdeu.
d. Mit Zuschrift vom 7. Oktober 1890 Übermittelte der schweizerische
Handels- nnd Indttstrieverein dem mdgenOseisehen Indnatriedepartement eine Ein--
gäbe des Vereins schweizerischer Maschinenindustrieller, dahin gehend, es sei
Art. 12 — 14 in der Weise zu interpretiren, daß diejenigen USlfs- und Noth-
Hrbeiten, deren AnnfÜhning außerhalb der gesetzlichen Normalarbeitszeit statt-
ünden müße, lu präziser Weise bestmimt werden, namentlich mit iiücküicht auf
die von jenem Verein in Ansidoht genommene £inftthning dea Zehnstnndenlagee.
GestQtct auf die Ergebnisse, welche die vom schweizerischen Industrie-
departement einberufenen besonderen und gemeinsamen Konferenzen der inte-
ressirten Kreise (Arbeitgeber nnd Arbeiter) iiervorbraohten , faßte der Bnndes-
rath unterm 3. Jnni 1891 folgenden Beschluß:
,1. Als Hülfsirboiten wcrd«-!) erkl.'ii t und dem Art. Ii ilcs Huudt:sge-»elzes betrcUend
die Arbeit in den Fabriken unterstellt folgende Verrichtuneen : n. Anheizen der Dampf-
kessel und derjenigen Oefen, welche zur Erwärmung der Arbeitsrftume dienen : inbe-
griffen sind die Klanimflfen, sofern ileren Bedienung innert kurzem Zeitschranken mög-
lich ist. h. Reinigen von Kaminen, Kesseln, Oefen, Belriebsmotoren, Transmissionen, VVerk-
xengmasdhtnengruben. c. Abstauben von Gebälkcn in Gießereien, d. Trocknen der Formen.
9. Sollen andere Verrichtungen, welche periodisch wiederkehren und sich nur
unter gewissen Bedingungen als HQlfsarbeiten. • vt iituell als Notharbeiten qualiftziien,
außerhalb der regelmäßigen gesetzlichen Arbeitszeit vorgenommen werden, so bat hie-
fOr jedes der betreffenden EtabHseemente unter ausfahrlicber Begrflndung um «ne
generelle Erlanlitilß ein/uko'i.men.
Das Industrie- und Landwirthschaftsdepartement ist ermachtigl, über solche Ge-
suche innert dem Rahmen de« Gesetzes zu «ntsoheiden, felis jene nicht unter Art. 11,
AbsabE 4, des letztem fallt-n Vorb- l iM n !.l<'ibt der Rekurs an den Bundesr.itb.
3. Der im Kreisschreiben des Hutidesialbes vom 14. Januar 1881 eutludlene Eut-
scheid betreffend Hfllfsarbeiten in Baumwolbpinnereien wird aufgehoben, die sogenannte
Putzhalbstuiidf hat somit wegzufallen.
4. Der gegenwärtige B^hluß tritt sofort iu Kraft und ist iu die amtliche Samm-
lung der Bnndesgesetze und V^rdnungen aufsunehmen.*
Sorge fUr Leben nnd Gesundheit de r Ar b eite r
(Art. 2 und 6, 1. d., des Geeehtee).
Im Hinblick anf die Wahmehmong, daß das sogenannte Wasserira^ In.
der Sckweia immer mehr Eingang an finden schien^ sab sieh dvr Bundesrath
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Fabrikwesen
161 —
veranlaßt, auf Grund ein«« Experton-Gittaclitens Qntenn 13. Jnti 1888 ein
KreiMchreiben un die EantoiiBregic-rungen zn erlasKen, mit folgendm auf die
Anwendung dieses Gaws Besag nehmendeo Vorschriften :
1. Wo Wa--i»rtras, Dn\v^nn-;i- n lt i aliiiliche kohlenoxydi he Gase in Leituiijji'n
verwendet werden, ist i$treng darauf zu achten, daü da» iiöliren&yt>teni wirklieb dicht
sei, und daß nacli Abstellung des Hauptfaahnes keine Hfthne offen bleiben. Zur Kon»
lr<»lle Ur- Knl w« ii In n-; von solclioiii fi.xs aus undichlen Sl< Ilt ii ilcr Lritun- oder olTen
gelasseucii Huhneu wird die Anbringung vun äOijeuauiiten Ga.s-Kontrüleuren uder ähn-
lichen Avparaten allfremein verbindlich gemacht; die Kontroilapparate sind ao anzu«
lirin^'t n. dal; -i)- s( h >n Cii i; htli* iten der HauptleuDg, itnamentlich auch der unter*
irdisctien ilieile deiselbeii, anzeigen.
2. E;; ist daror zu sorgen, daß die Verbrennun^sprodukte der ^'enannten Gase, sowie
das sehr häiilij,' mitkommende, durch Zufall unvcrbrannle (Jas sirli ilcr /um Aihmen
bestimmten Lull der Fabriklokaie nicht lieimenjreu können, iu welcher Weise dies
geschehen soll, kann naturgemfiß nicht aligemein, sondern nur nach den speziellen
Umstän«l* ii i.Mlrs Kinzelfalles hostiminf werden. Die betrelTenden Eiiiricht untren sind
durch Prüfung iler umgehenden Lutl aul die etwaige Anwetsenlieit von Kolilenoxyd,
z. B. vemiittplRt des Palladiumpapieres, zu kontroliren. Zu empfehlen ist, dem Wasaer-
).'as iiti>l HaI1>\\ a-M-rv'ii-s auf kün-^tlichem Wf^-t- titim penetranten Gerudi zu ertheilen,
durch den ' in KnUvdchen sich sofort verrathon würde."
Bunde.sheschluü vom 19. De^&emher 18^7 über die Vullzieh ung
von Art. 5, litt, d des Bundesgesetzes betreffend die Arbeit in den
Fahrike n:
Art. 1. Als Industrien, die erwiesenermaßen und nusschlieUlich beistimmte ge-
ffdirliche Krankheiten erzeugen, werden diejenigen bezeichnet, in welchen foljrende
Stoffe verwcn<let werden <i ler enL<tehen, beziehunjrsweise vorkommen: 1) Blei, seine
Verbindungen (üleiglätte. Bleiweili, Mennige, Blcizucker etc.) und Legirungen
(Leltemmetall etc.): i) Quecksilber und seine Verbindungen (Sublimat, <;)ueck*
silheroxytiulnitrat etc.l; 3) Arsen und Verbindungen (Arsens.lure, arscni;,'e Saun ( ti .i;
4) Phosphor (^elhe Modihkationj ; 5) lirespirable Gase: ;jchweüige Säure, uuler-
sa]petn(,'saure , salpetri(,'saure und Salpetersäure Dfimpfe, Salzsäure, Chlor, Brom,
lod, Fliioiua-serstotr, Acrolein ; fii (Jif'ti^'c (Ja-'- : Schwefelwasserslofl, 8( hwelelkf>Ii!. n-
•toff, Kohlenoxyd, Kühleosäure ; 7) Cyiin nud seine Verbindungen ; H) Benzin ; ö) Anilin ;
10) Nilroglycerin ; 11) Pocken-, Milzbrand- und Rotzgifi.
Art. '2. Dir irn vor>-fehL'uden Artikel liezi irljre li n itulu-ti ieii werden lur diejenigen
be.stimmtcn getuiirhcheu Krankheiten, welche crwie^cnermatieQ und ausscbhelilicb au»
dem Verwenden oder Vorkommen d^ ebendaselbst genannten Stnffe entstehen, im
Sinne von .Art. 'A des Bundesgeselzes hetren'end die Haftpflicht ans Fahrikbelrieb, vom
Sä, Juni lS8t, und Art. 1 desjenigen betrelTend die Ausdehnung der Hailpllicht, vom
16. April 1887. der Haftpflicht unterstellt.
Art. 3. Gegenwärtiprcr Hr^rhluß tritt am 1. Januar 1888 in Kraft nnd kann jeder-
zeit revidirl oder ers/äu/.l wunlen.
F a b r i k I n» p e k t o r a t (Art. 18 des Gesetzes). Intbigu Ablebens den
Herrn FA. Nii^perli, Fabrikinüpektur des III. Kreiseu, wurde an desiien Stelle
unterm 26. Juli 1690 Herr H. Kauscheubaoh in Sebaffhaoaen gewählt. Am
4. April 1891 reichte Ilerr Etienne, Inspektor des II. KreiHCH, »eine Deraission
eiij ; an Heine Stelle trat mit Amtsantritt vom 1. Juli gleichen Jahres Herr
Ami Campiche in Lausanne
Im Weitern wurde im Verlauf der letzten Jahre der Bestand des In-
apektoratea inBofem Termehrt, als dem Inspektor des I. Kreises ein Adjunkt und
ein AsBistaBt, dem Inspektor des III. Kreises ein Adjunkt und ein Kanslist sn-
getheilt wurden.
Revisionsbestrebungen.
Aii^i der Mitte der gcHetzgebenden Küthe Riml in letTiter Zeit mannigfache
Aiiieguugen gemacht worden, das Fabrikgesetz zu revidiren und zu ergäi zen.
Wir erwähnen :
Fairer, Tolinwirttatehafto-Iiexikoa 4«r Scliwfla. { \
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Fabrikwesen
— IÖ2 —
Faiirikwesen
1) Motion Cornae, vom ätänderath bet^chloiiHeii am 17. Juni 1889, lautend:
«Der Bande«rath wird eingeladen, die Frage der obUgatoriaoheii Bem&geiMMaeo-
sohaftoD in ihrer GeMmmth«it und imbcMOodcv« in der Bichtong su prtfn, ob
nicht in da» eiigcnössLsclic Fabrikgeeetz ftk Kapitel 3 a, Art. 16a, eine ZiuatK-
beetimmnng folgenden Inhalts aufzunehmen sei:
,Die Kantone sind ermächtigt, fQr die Bedürfnisse gewiwser Industrien obligato-
rische Bem&Terbftnde zu eGhaffen."
Der Bandearath nimmt in seinem besttgtiohen Beriebte an die Bnndeever-
MUnmlnng vom 3. Juni 1891 dieser Motion gegenüber eine abwartende Stellung
ein, verspricht aber gleiehwoh], der Saohe anob fernerhin seine Anftnerkiamkeit
schenken zu wollen.
2) Buiulcshc^-rhluß vom 24. Juni 1889:
.Der Bundt^ralb wird eingeladen, zu untersuchen und darüber zu berichten, ob
nicht Art 19 des Bnndesgesetzes betr. die Arbeit in den Fabriken einer Revision im
Sinne einer (?enaneren Fri<?s-iin? zu iinterwfrfen sei.*
Dk'sc Motion hat ihn- Kriedigung gefunden in dem schon angeführten
„Bundesrathsbeschluß betretiend Vollziehung von Art. l des Bundesgesetzes Uber
die Arbeit in den Fabriken" vom 3. Jnni 1891.
Ii) liundesbesdtlufi Yom 24. Juni 1689, lautend :
,Dt'r lhiuik'--r;illi wird eingeladen, die Frage zu prüfen und darüber Bericht und
Antrag zu hinterbringen, ob die Qericbte nicht angeludten werden soUeUt die (Jrlbeile,
welche sie wegen Uebertretung des Pabrikgeselies erlassen, dem BundesraUie In Ab-
schrift mitzutheil« II *
Der Bundesrath spricht in seinem nu'hrniHls zitirten Bericht vom 3, Juni
1891 die Ansicht aus, daß es viel ?. weck müßiger sei, die Ürtheik-, wie es bisher
oft schon üblich war, an das Fabrikinspekt4>rat, statt an den Bundesrath zu leiten,
llbeneogt, daß jenes eher in der Lage sei, die VerhSltnisse und Tbateacben aoa
eigener Aneebannng su kennen und an prüfen. Er aebliefit seine besUgliehe Be-
richterstattung dahin :
.Falls Sie, wie wir gern annehmen, mit unserer Anschauungsweise einverstanden
sind, würden wir aho dafQr sorgen, dal?i jene Ifittheilungen an die Inspektoren allge»
mein iluif li;^'«'fuhil und letztere den Aiiftr.i^r erhalten würden, dic-ellieu möglichst aus-
giebig zu verwerlhen, und iu ihren Amtsbericbten dem tiegenstand vermehrte Aufmerk-
samkeit zu widmen, in dem Sinne, daß sie, tinter Weglassung der Namen, statistnehe
Zusaminpii-toIIun^'eii f7;ihl der l'rtheilc, di r Freisprechunjren, der ürtheilr uiil deiu
Minimum oder nahezu dem Minimum der Strafe etc.) bringen, unbegründete Frei-
sprec}iungen erörtern, die Hfthe der gefllllten Strafen im Verafiltnilt zum gesetzUdien
Strafininimtim und im Verliältniß zu einander besiirechen, auffall f-n de Uifheile unter
Umständen iu extenso uufülireu würden etc. Wird ditma System kousequent diurch-
geführt, so wird nach unserer Ueberzeugung wirklich «n Fortechritt erreidit.*
i) M<ftion Comi«»8e und GenosMUt vom Nationalratb erhebliob erklärt den
9. April 1891, lautend:
.Der IJunde-^rath wini f inpeladen, die Frag*- zu pnlfen, ob es nicht angezeigt w?lre,
durch ein Spezialgesetz oder durch entsprechende Ergänzung des elften Titels des eidg.
Obligationenrechtes, handelnd vom «Dienstvertrag*, fesetzUebe Bestimmungen dber
folgende Funkte aufzustellen :
1) daß der ganze Betrag des Lohnes den Arbeitern regehuäüig iu currculeiu Geld©
auaznbezahleti und die Ausrichtung von L5huen in der Form von Verabfolgung vun
Waaren o<l( r ülärliaupt auf einem andern Wege als mitteist Baarbezablung ala null
und iiicbtig zu crkiären sei;
2) daß kein Liobnabzng wdcber Art stattfinden dürfe, der nicht vertmglicb verein*
bart worden w i'ire ;
3) daß jfiiei .Vrbeitgeber gehalten sein solle, seiueu Arbeitern miudestens alte
14 Tage den Lohn auszubezahlen, unter Beobachtung der in Art 10 des Fabrikgeeetsee
enthaltenen Vorschriften.
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Fabrik we«eu
— Ui6 — •
Fal>rikwe««D
Diese ^sthnmungeii wQrden keine Anwendung auf Dienstboten und auf diejenigen
Laiiilarbfiter finden, welciie bei dem Arbeil^eber Ko^l und Wolmutig liabea. Der
BuudeäruUi wird das firgebniß seiner üntersucbuogen in einem Berichte niederlegen
und den ddg. R&lhen darauf bezOgliche Aatrfige unterbreiten.*
Dteee Motion iat noeh nieht «rledigt.
iBternationale Fabrikgeuetzgebung.
Obaohon die vom Kntionnlntiio unterm 80. April 1880 beeohlossene Motion
Froy betrefliMBd Anbahnung einer internationalen Fabrikgeaetsgebnng kein Ergeb>
niß za Tage förderte, eo blieb doch der große soziale Gedanke nicht »chlummern,
Mmdern wurde von Neuem angeregt durch die unterm 2*2. Dezember 1887 ein-
gebrachte und vom Nationalrathe am 27. Juni 1888 gut geheißene Motion
DecurtmS'FavoHy welche lautet:
.In Erwägung. daS eine Reihe von Staaten bereits eine Arbeitsgesetzgebung be-
sitzen »der unslreben, die von Go<icbt.spunklen ausgeht und Tendenzen vt-rfoi^l, welche
auch diejenigen der Schweiz. Arbeitergesetzgehung sind, wird der Bundesrath eingeladen,
sich mit jenen Staaten in Verbindung zu setzen, um durch internationale Vertrilge oder
eine inlernalinniilf .\rbeiterj,'ef--elzgehun;r hinsicbtlieb 1) des Schutzes iiiinilerjJlhriger
Personen, der Beschränkung der Frauenarbeit, 3j der Sonntagsrulie und 4J des Nor-
malarlwitstages gleichartige gesetzliche Vonchziflen zu erzielMi.
Ein von Hrnrn Nationaliatli Dr. Deeortins verikfitee und in fransSsiBoher
Bpiache herauKgegebenes Memorial, betitelt: „La question de la protection
(tuvrit'-re internationale" stellt folgende Hauptpunkte fest: 1) F^estgetzung eines
Miniraalalters für die Beschäftigung von Kindern in den Fabriken und Berg-
werken. 2) Verbot der Nachtarbeit für i<Vauen und jugendliche Arbeiter.
■3) GSnaliehee Verbot der Frauenarbeit in besondere gesundheitaBobIdlicben und
gef&hrlicheu Indoetrim. 4) Verbot der Sonntagsarbeit. ' 5) Einftlhnuig einee
MaxiDiiiInrbcitstaEres för jugendliche Arbeiter.
Mit Datum vom l.''). März IHM) setzte der Bundesrath in einem RunJ-
schreibeu au sammthche europäische Industriestaaten seine bu2üglichen Ansichten
■auseinander und erenohte um Mittheiluog, ob ihnen eine im September gleichen
Jahres absuhaltende vorbereitende Konfbrens dnrdh Beadiiokuug von Delegirten
genehm wäre. Die Idee fand bei den meisten europäischen Staaten gUnstige
Aufnahme. Die nnn vorer8t auf den September 188'.» geplante Konferenz mußte
jedoch in Folge politischer Verhältnisse durch Rundschreiben vom 12. Juli 1889 auf
das FrHhjahr läViO verschoben werden. In dem erneuten Rundschreiben vom
28. Januar 1890 wurde die ErSCEnung der Konibrens auf Montag den 5. Mai
J., 3 Uhr Nachmittags, in Bern angeordnet und zu gleicher Zeit den euro-
päischen Mächten ein Diskussionsprogramra zur vorläufigen Orientirung über-
mittelt. Bevor diese Fiinladung in den Händen der Regierungen war, erschienen
unterm Datum vom 4. Februar d. J. zwei Kahinetsordres des deutschen Kaisers,
welehe dieselbe Idee, wenn aueh mit abwmobendem Programm, nmfttßten und
Berlin als KonCBvemort bestimmten. Der sohweis. Bnndesrath konnte nm so
eher, dem speneUen Wunsche der deutschen Regierung entgegenkommend, auf
sein Vorb!il)en verzichten, als er in dem Krlaj*He des Kaisers eine mächtige Unter-
stützung der Sache des Arbeiterschutzes und dessen Förderung erblicken mußte,
Deutschland seine Konferenz bereits auf Mitte März einberufen hatte und die-
jenigen Staaten, welche die Absendung von Vertretern naoih Bern in Anasioht
gestellt hatten, die Theilnahme an der Berliner Konferenz ebenfalls ansagten.
Üie Konferenz dauerte vom 15. MSrz bis 29. März 1890. Die Vertreter der
Schweiz waren die Herren Landammann Blumer in Schwanden (Glarus) und
Dr. Kaufmann, 1. Sekretär des eidg. industriedepartementes. Die bezüglichen
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Kalirikwesen — 1G4 — Fischerei
Verlni^liingeD dnd im ft^oßprotokoU in audlhrliolier Weise niadorgelegt. Von
Deiitiobland war folgendes Diskaesionsprogniniitt aufgMtellt worden:
I. Regelung der Arbeit in Bergwarken.
II. , Sonntagaarbeit,
III. ^ _ Kinderarbeit.
IV. . , Arbeit junger Leute.
V. „ . , weiblicher Personen.
VI. Ausftthmng der vereinbarten Bestinmungen.
Die im Schlußprotokoll ausammeogeelellteo Bescblttsse der Konferenz, welchi»
swar nvr in bloßen WUnsoben wiedergegeben wurden, lassen gleichwohl erkennen,
daß mau allseitig gewillt ist, sirh mit der socialen Frage eingehender zu bf-
faw»en (b. Seite U3n.fr. des III. Bandes dieses Werkes). (Ge^ichriebeni. Herbst 1091.)
£nde 1891 waren dem eidg. Fabrikgesetz unterstellt:
Im Kanton
Etabl.
Arbeiter
Im Kanton
Etah?
ArbeRer
Aargau
345
1(5.015
Uobertrag
«0,662
Appenzell A.-Kb.
234
4,441
Obwaldeu . . . .
7
193
Appenzell I.-fih. .
11
864
81 Gallen . . . .
841
21,757
Basel-Stadt . . .
178
11,617
Schaffhansen . . .
68
2,923
BofteULand ....
57
3,773
Schwya
46
2,197
467
18,975
Solothurn . , . .
126
«>,8.38
Freiburg . . . .
44
1,360
Teswin . . . .
40
3,047
Genf
1«6
4,068
Thurgau . . . .
353
9,467
94
10,051
üri
7
136
Granbttnden . . .
4ß
1,170
Wnadt . . . . .
327
6,935
80
3,1H5
Wallis
16
398
Neuenbürg . . . .
135
4,447
Znir
26
1.725
liidwalden . . . .
13
296
Zürich ...
746
38,753
Lebertrag
Total
43H2
17s.O:5l
Die Betriebskraft dieaer 4392 Fabriken ist gleich 90,129 Pferdekrültcu.
Fischerei. (£rgSnanng des Artikels auf Seite 635 o. ff. im I. Band.)
Am 21. Dezember 1888 wurde ein neues Bundesgcsetz erlusisen. Der Bandearath
begründete die Nothwendigkeit dt^Mllun mit folgenden Worten:
Diu? Bundesgesetz vom 18. Scptemlier lS7r» war der erste KrlaLi des Hundes in
Vollzug i\o< Art. tiö der Bim<^e!5verfas«!ung von» -2'.>. Mai 1874 betr. die Kischerei.
.Beim Kiii.viiit dieses Oesetzes waren die Fisc-herelverbältni«ise der Seliweiz noch
wenig Ix kannt, und von wenigen Kaalouen .niand ein zuverlässiges Material zur Ver-
filgting, und dennoch hat sirb das Gesetz im All^remeinen als zwreckmABig enrieseo
und in dem (irade, in welchem dasselbe i^cilens der Kantone thatsädilich tnui Voll-
züge gekomineD, zur Hebung des Fischereislandes beigetragen.
«Rinzclne Kantone und Kantonstheile erfreuen sich denn auch, namentlich in der
Bildung von Scbonrevieren. der Kinsetzunp von in Brutanstalten erzogenen Fischen,
fltrcnger Handhabung der Fiscbereipolizei etc., eines immer mehr anwachsendea Fisch«
Itestandes, während derselbe in Irdher sehr flsehreichen Gew&ssem anderer Kantone
wegen iiiangellinften Vollzog« des Gesetzes immer mehr abgenommen hat und noch
ge);envrürtig zurückgeht.
,Zn dieser EntvOlkening haben anßenlem im Laufe der zehn Jahre, wfihrend
weicher Ci'-flz besteht. ]i:nip!-r(chlich in inHii-f rirllfu (lop-rmden 'uifirro Verhlltni— e
n>ehr oder weniger mitgewirkt. So wurden durch Krnclilung neuer \N i^-^serwerke ciie
Fisrlie immer mehr gefithrdel und ihr Zu{; in gesteiifertem Matte en^chwert oder unter-
hrochen; manche fl uT-ser wurden durch neu ent*lantleue cheinisrhe un<l andoie
Fabriken zum iNachtbeil des FisH-listaude^ verunreinijfl; zabireiehe Laichplätze wunicn
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Fischerei
— 166 —
Fischerei
durch Flußkorrektioaen zerstört; die Vermebrung der DumpfkchiOe auf unseru Seen
hatte zur Folge, dafi der h&nfi^Te Wellenseblaf an den Ufern den Laich der Laich*
])Iätzt' iniiiR'r mehr ver-^chufnunte : neun, dr>m Fi-'^hsfaiiilc -fhr vfrdorMirhf Fang-
jferätlie wurden eiDgelührt und der bedeutend vermehrte t'remdenbesuch trieb die
E^ise der Fische in die HOhe und die Fischer zur flaubwirthsebaR.
,Bpi den nbm hczf>irhnet<'n Zn~tSndt'0 lieijft in violen tinscrfr Seen. Flfls<?o tind
Bäche mit ihrem meist vorzilglichen FiscliwiiAser ein sehr bedeutendes Nutionaivermögeu
mehr oder weniger brach, uml wir haben daher, insbesondere bei den Zolteehranlten,
die uns umgeben, alle Ursache, den Fix h-I ind in diesen unseren GewAsüern .so rasch
als möglich wieder zu heben und detui»t-li>eü den hncbstmöglichen nachhalligeo Nutzen
abzugewinnen. Dann werden wir auch die grollen Summen, welche wir j&briieh dem
Auslande für Sri(>\\ ii~-i rfische bezahlen, dem eigenin Landt^ ei-spuren.
,Znr Erreichuag diese.s Zweckes ist nach Ausiclil aller einsirhlit;eii Fii^her, vt»n
Fiscbercivi I t inen, Sachverständigen und Fisichereibehörden eine Revision des Bundes-
gesetzes über die Fisclierei unumgänglich nothwendig, und dies hauptsächlich im Sinne
einer Verschärfung der Fischereipolizei durch Ausdehnung der Schonbestimmuugcn und
der Miiidi<Unaße auf weitere werlhvolle Fischarten, durch Verbot der Anwendung einer
Anzahl Tdlerer, im Gesetz nicht benarmter, und einiger neu eingeführter, dem Fisch-
Stande zu verderblicher Fanggerälhe; ferner durch Verpflichtung der Kantone zum Ab*
Schill U von Fischereik(mkordaten über gleichiuälSige B< c'' Iung der Fischerei in inter-
iiantoualen Gcu.i—i iti, zur Aii-tcllini'^' van Fischcreiaulsehern u. A."
Das utiue Gesetz hat folgenden Wortlaut:
Art. 1. Die YerleihunK oder Anerlcennung des Rechts zum Fischtknf steht den
Kantoucti /.u; für Ausübung desselben sind nachsiehende Heslimmuni-v n rnaLJgebend :
ArU 2. Beim Fischfang ist jede ständige Ftscbereivorhchtuog (Fiächwehre, Fach)
und jede Anwendung feststehender Netze (Sperrnetze) verboten, welche auf mehr als
di< ll'ilfle die Breite des Wasserlaufes beim ',„'(■ uAlm liehen niedrigen Wasserstande» im
rechteu Winkel vom Ufer aus gemessen, den Zug der Fii^ciie versperrt.
Die Entfernung^ zwischen den einzelnen Pflhlen. welche die zum Lachsfange be-
stimmten Fi-cliwohre iFache) bilden, -owir zui-^rliL'n Ouerverbindungen dieser
Pfähle, ntuß mindeäteuä zehn Centimeter im Liebten betragen.
Mehrere solcher ständiger Vorrichtungen, sowie mehrere feststehende Netze dflrfen
'fTloirlizcitt'^' atif derselben Uf' ]— ite oder auf der entgegengesetzten Ufer-cile nur in
einer Entfernung von einander angebracht sein, welche mindestens da- Doppelte der
Ausdehnung der größeren Vorrichtung l>etrftgt.
Art. 3. Der Fischfan;! an d. r Einmündnnfr von Flüssen in Seen ist inner! einem
leicht sichtbar zu bci;ren/.enden ümtange, seewärts von der Einmündung, verboten.
Die Festsetzung diesei (iienze erfolgt von Seite der kantonalen Behörden und unter
Zustimmung d.-> T?iindesrathes.
Art. 4. Fau^i<eräthe jeder Art uiui Benennung' dürfen nicht atiui we lulet werden,
wenn deren OefTnungen (<1. b. diejenigen der Ma^< li'-n im nassen Zustande) na^ Ii Wniie
und ftreite nicht wenigstens folgende Weiten haben: a. beim Larhsfang: Geflechte
(KOrbe, Keusen) und Treibnetze mindestens 6 cm, das Gellecht des Reusenschlundes
4 cm; b. beim Fange anderer Fischarten 3 cm.
Geräthe zum Fang von Kridertischen und von Nährtischen für Fischzuchtanstalten
unterliegen dieser Beschränkung nicht.
Der Bundesrath ist ermächligt, auf Gesuche von Kantonen hin, zum Fange kleiner
Fischarten , unter den nöthigen Vorschriften ausnahmsweise eine Verringerung der
Maschenweite zu gestatten, weim der nachhaltige Betrieb dieses Piachfanges dadurch
keine Einbuße erleidet.
Art. 5. I^si ist beim Fischfang verholen: 1) Die Anwendung betäubender, explo-
dirender oder sonstiger schSdtieber Stoffe (insbesondere giftiger K">ler, Sprengpatronen
und dergleichen). Ebenso das ^^ammeln und Vet kaureu vun l' is. h. ri, welche mit >()!( Im ii
Mitteln betäubt oder gelödlet wurden. 2) Die Anwendung von Fallen mit Scldagfedern,
Fischgabeln, Harpunen, Fiocina, Schorpferi, Schießwaifen und anderer derartiger Fang-
gerfdhe, welche eine Veiuiiiidung oder Tödtung der Fi-cli-:? herbeiführen können.
8) Die Anl^uug neuer sogenannter Selb^tiänge. Die bereits rechthuh bestehenden
Selbj^tfRnge müssen mit Oeflbungen versehen sein^ deren Weite detjenigen fOr die
Ma-rhfinveii^- d.-r \.'tz.' 'Art, ti enlsptirlil. il T)as Aii-'-etzen oder Befestigen von
Treibnetzen m einer Weise, daJS sie lestsilzen oder hängen bleiben. Mehrere Treibnetze
dttrfen nur in einer Entfeninng von einander auqpewoifen werden, welche mindestens
das Doppelte der Länge des größten Netzes beträgt, ß) Die Anwendung der Smuseia,
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Fttdierei — 166 — Fischerei
der Otter ( .Miu-kt'tilneti ) und Ucr Jucknclmur. Der Gebrauch anderer Angela und der
Zugangel, letzterer iedoch mit nicht mehr als rtluT SeitensehnQren so je einer Anvel,
ist mit Vorbehalt der im Gesetze (AiL '.») vorgeschrifbeuen Schonun-^^zeiton »bestrittet.
6; Diu Anwendung von !\eusen im Rhein zum Lachsfang während dfr /.»mI vom
20. Oktober bis 24. De/Piiil>or. 7) Das Trockenlegen von Wasserläufen zum Zweck»
des Fischfnn^'c-. Falls dasselbe zu andern Zwecken n*>thw»-niii{j wird, soll den be-
treuenden Lokalbebörden und den allfälligen FischereiberiM iitigtea oder Fiscbpät-btern
hievon rechtnitig vorher Kenntniß gegeben werden.
Art. fi. Die Rp^ifzcr von Wasserwerken sind verpHi« li!«'t, Vorrichtungen zu er-
stellen, um zu verhindern, daU die Fische in die Triebwerke gerathen. Ebeuäii i^t bei
grftßeren Bewftsserung^ Anlagen an den Hauptkanülen der Rintritt von Piechen durch
Anbringung ?ppifrnpfr>r Vorrii htungen an den Schleusen und Fällen zv verhindern.
Die Besitzer vun \V:L>serwerken sind gehalten, da wo Wehre, Schwellen und
Schleneen den Durclizug der Fische we.'^ntlich erschweren oder verhindern, Fisrhwege
zu erstellen. Wo nattlrliche Hindernisse und bei Flußkorrektiunen die Anbrinjrung von
Fällen oder Stroiiiitliaellen den Zug der Fische unterbrechen oder erschweren, sind
die Kantone zur Erstellung von Fischwegen verfjflichtet: sie haben gleichfalls an größeren
WasserlSut II vuu besonders starkem tiefäll geeignete Zufluchtsorte (Refugien) fAr di»
Fische anztitn iii;4en.
Art. 7. Die Anbringuiifr der in Art. (i vorges* In ielieiuMi Vorrichtungen, Fisch-
wege und Refugien darf nur da unterbleiben, wo di<' daraus tilr die Benutzung des
Wassers entslehenden Hemmnisse oder die Kosten unverhrdtniUmäUig j,'roß sind. Die
Entscheidung hierüber steht dem Bundesrathe zu.
Art. 8. Zwischen FlQssea und Altwassern {(Jießeu) ist die erforderliche Verbindung
olTen zu erhalten, oder herzustellen, damit Fische, die von FIüs>en in .Mlwasser ge-
mthen, wieder in erstere zurfick zu gelangen verrarigen.
Ari,^. Fär die aachb«^nanntea Fischarten werden folgende «Schonzeiten te:»tgesct£t,
wtbrend welcher «de nicht gefangen werden dürfen: 1) vom 1. Oktober bis 31. Dez.
für Seeforellen, FluJj- und Bachforellen (Trutta lin ii-iris. Trutta fairo. L.); 2) vom
11. November bis 24. Dezember für die Lachse (Trutla salar, L.)i 3) vom 1. M>1rz bis
30. April fflr die Aesehe (ThymaUns vulgaris, Nilss.).
.■\rt. 10. Sofern in einzelnen Seen oder rhii.i;:( Iii( ien die liaichzeilen vim den
oben für Forellen und Aeschen festgesetzten Schonzeiten wesentlich abweichen, kann
der Buttdesratb, auf diesbezügliche Gesuche von Kantonsregierungen hin, ausnahmS'
wci-e (ji-ikiilr ohne Verkiirzniii.' iler SchorulauerJ die Srlion/.citen verlegen. Ebenso
kann derselbe den Fang der sog. Silber- oder Schwebforellen auch während der in
Artikel 9, Ziffibr 1 festg^etzten Schonteil gestatten.
.\rt. 11 Filr die S;iihlinj/e (Köthel, Salmo .*<alvclinus, L.). die Felchen iCoreimni^
und die Agoni (Alosaj werden die Kautone eine jährliche Schonzeit für die Dauer von
wenigstens 5 Wochen festsetzen und diese Festsetzung der GenehniiguiHf des ftundes-
mtbes unterbreiten.
Art. lä. Der Fang der in Art. 9 und 11 t-Tnannten Fi.scharten mit erlaubten Fang-
gerithen zur Gewinnung des für die künstlictie I i < hzucht erforderlichen Brutmateriau
kann von ffpr /n«t.indigen kantimalen Behörde •- bei Grenz-.'pwässeru irn Einverständ-
niß nul den übrigen belheiligten Kantonen - auch wahrend oliiii;cr Schonzetleii unter
hinreichender Kontrole bewilligt werden.
Art. 13. Während der in Art 9 fe-i^jesetzten Schonzeiten dürfen Forellen, Lju h^f
und Acschen die drei ersten Tage .iu.^i,'tinommen - weder verk.mti noch ^ekautl,
weder feilgeboten, in Wirthsohaften verabreicht, noch vei-sandt werden. Betreffs der*
jenigen obbezeichneten Fische, deren Brutmaterial im Sinne von Art. 12 Verwendung
gefunden hat, sind indcl^ die zuständigen kantonalen Behörden ermächtigt, unter hin*
reidiender Kontrole, Ausnahmen von obigem Verbot zu gestatten.
Art. 14 Die nämlichen Behörden können filier lio- in inißerordentlirhen Fillen,
wie bei zeilweisem Kingeben von Fischge wässern in trockenen Zeiten, beim Ah-rhiageu
▼OD Bftehen im i Ablaswn von Teichen In NoUifftUen« w&brend obiger Sction/.eiien unter
geeigneter Kontrole» ausnahmsweise Bewilligungen zum Verkauf und Versandt von
Fischen ertheden.
Art. 15. Wahrend der Zeit vom 15. April bis Ende Mai ist der Gebrauch jeg*
Ucher .Netze und Garne mit InbegrifT der Heusen und Bäären (WartlolTi in den Seen
verboten Eine Ausnahme hievon niH< lit der Gebrauch von Speisnetzi ii zuni Fang von
Ködei tischen. Das Fi.schen mit erlaubten .^ngelgerätben ist VOn diesem Verbote nicht
betroffen. Ebenso dürfen in dieser Zeit Feldien, jedoch nnr an tiefen Miellen der Seen
üiyiiizeü by GoOglc
— - - - ^^.hmwmA
Fi0clierei
— 167 —
Fischerei
mil schwebeudeD Netzen und unter sorgfältiger Vermeidung jeder BerOhrung der Ualden
(abfidlenden Seeufer), der Reiser nntl der gesammten Wa^rflora (Krüh) gefangen werden.
Der Bundesruth ist fniificlili^'t, unter Jen trleiehen Res( hr;uikiin>:t n wie für die Felclien.
ausnahmsweise auch den Fang anderer Fischarten während der Frühlin^isrbonseil xu
bewilligen, wenn die Kantone darum einkommeB.
Art. 16. Werden beim Fang »on Fischen, welche der .Schonzeit nicht unlerUegen,
Fische lU i in Artikel 9 und 11 genannten Arten, ixler untermSßige Fische (Art. 19)
mitgefuugeti, so sind dieselben sofort wieder iu ■^ Was>er zu tzeii.
Art. 17. Das Holifl^n wahrend der Schonzeiten in FIQaMD und BAchen
verboten, wenn wegen ungenOgender Wassermenge größere HolsrtCIcke nicht mehr Arei
treiben.
Art. 18. In Forellenhftehen darf wahrend der Sdionzeit der Forelle und zwei
Monate nachher eine Reinigung der Bachbette nicht vorgenommen werden.
Art. 19. Xaciibenannte Fischarten dürl'en weder leilgebolen, verkauft, geläutt,
versandt, noch in Wirthsdmften vmahrdeht werden, wenn die FisdM von der Kopf-
spitze bis zum Schwanzende (Schwanzspitsen) gemessen» nicht wenigstens folgende
Längen haben:
Lachs (SabnV 50 cm; Fluß- und Bachforelle . \
Aal ... rni; Saibling (RöthcH^ 18 cm;
Seeforelle . 30 cm; .SämmUtcbc Felcbenaiten )
Aescbe . . 85 cm; Barsch 15 cm.
Auf «lie Veräußerung und den Versamlt von untermiitiijren und IcljpiuJipeii Fischen
aus Fischbrulaoslalten zum ißinsetzen in Fi.'^bgewä&ser findet obige MaUb&itinimuDg
kone Anwendung.
Art. 2(). Vom 1. Oktober his- no. luni ist der Fnnj,'. Kauf, Verkauf, Verabreichen
in Wirthsckifteu und der Versandt von einheimischen Krebsen verhiten. Das gleiche
Verttot gilt für's ganz^ Jahr für Krebse unter dem Mindestmaß von 7 cm vom Stirn-
scbnahel Tis zum Srliwanzornle gemessen. Unter diesem Hatte gefangene Krebse sind
sofort wieder in das Wasser einzusetzen.
Art tl. Es ist verboten, in l^sehgewftsser Fabrikaf>gänge oder andere Stoffe von
solcher Beschaffenheit und in -olrhen Men;.'en einzuwerfen oder l inflieföen zu lassen,
daß dadurch der Fisch- oder Krebsbestand geschädigt wird. Fabnkabgänge solcher
Art sind in einer dem Fisefabestand unsch&dlichen Weise abzuleiten. Ob und in wie
weit diese Vorschrift auf die bereits beim Inkrafttreten i!e> Bundesgesetzes liber die
Fischerei vom 18. September 1875 (1. .März 1876) vorbanden gewesenen Ableitungen
aus landwirthsehafUichen oder gewerblichen Anlagen Anwendung finden soll, irird von
den KantonsregicrutiL nr t falb gegen deren Entscheid Einsprache erfolgt, vom
Bundesrath iiesUmnit sverdeu.
Art. 99. Die Ausrottung von Fischottern, Fisdireihem nnd andern der Fischerei
besonders »-hädlichen Tliieren ist mO(flicbst zu begünstigen.
Art. 23. Auf die Fischerei in künstlich angelegten privaten Grewässern, in wdcfae
FiSQhe aus fllTentlirben (Jewa^sern nicht gelangen können, finden nur die Bestimmungen
in Art. 13 und 19 Anwendung.
Art. i4. Der Fischfang in allen interkantonalen Fischgewässem ist durch Ueber-
einkommen zwischen den betreffi»nden Kantonen zu regeln, lieber Bestimmungen,
l^ln^•i(•htli(•h welcher die Kantone sirli nicht verst.aiiü^'en kTinnen. nilt der Entscheid
dem Bundesratbe zu. Demselben bleibt auch die Genehmigung der üebereinkommen
vorbehalten.
Art. 25. Zur Ueberwachung, wenigstens der wiehtiporrn Fi-i hLrevviisser, hnhen lüe
Kantone, allein oder gemeinscbaf'tlicb utit angrenzenden Kantonen, sacbverbtüudige
Fisehereiaufseher anzustellen, welchen auch die Kontrole über allfailige Fischbrut-
anstulten und die (lewinniing des Brutmatcriii!- fHr die-rlfien übertragen werden kann.
Der Bundesrath kann anordnen, daß zur Unterstützung der kantonalen Fiscbereipolizei
in den schweizerisclien Grenzgewfissem die eidg. Grenzwachter beigezogen werden. Sie
erhalten ihre diesbezügliche Instruktion vom eidg. Zolldeparlement.
Art. 9ß. Wenn wertbvoUe Fischarten, welche in schweizerischen Gewässern gegen-
wärtig nicht vorkommen, in dieselben eingesetzt werden, so wird der Bnndesrath die
nAthige 1 I I onderen Vorschriften zu deren Schonung er!.i>-en.
Art. Es isi den Kantonen anheimgestellt, strengere als obige Massregeln zum
Sdnrtse und zur Hebung des Ftedi- ui^ Krebsbestandes anzuordnen, welche jedoch der
Genehmigung des Bundesrathes zu unterstellen sind.
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Füicberei
Fischerei
Arl. -2H. Insolern die in Art. 9 und 20 fcslgesetzleu St honzeiten und die von den
Kantonen gemäß Art. '27 getroffenen Maßre^^eln zur Erhaltung and Hebung des Furch-
und Kreb^.lif <1aiii]( < nicht liiiiit^ii lif n ?o!ltpn, ist der Bundesnitl» ermäcliti^'t, die Schon-
zeiten für einzelne (jt;vva.->t r hiIlt Flutigel>ietc zeitweise zu verliiugern, oder zu ver-
langen. <l,il.'> in denselben der Fisch- und Kreb^fang durcii Bildung von Schonreviwn
stn I kt nweise einge.<tellt wenle. Er kann überdies die Anwendung einzelner, sonst
erlaubter Fanggeräthe unter besundero rmstiinden zeitweise verbieten.
Art 29. Der Bund unter<(t(Hzt Bestrebungen zur Hehun^r des Fbch- und Krebs*
bestände«, insbesondere dii- kriiistliclie Fischzuch!. die Ei rirlifuii;.' \nu Fi<r|iwc;:,'ii und
Retugieo, sowie Maßnahmeu, welche zur Ausrottung der lür die Fischerei be-suaders
«chUdltchen Thiere gelroflira werden (Art 9i), durch Beitrüge bn auf die Hlllfte der
b(>7npltclien Knslt-n. Die Ki>sten für Anstellung von saehverständigt n Fi-« Iicrciaufsehern
(Artikel 2u) werden den Kantuuen vom Bunde zur Hällle ersetzt. Die hiezu, äowie
die zur Ueberwachung und Vollziehung gegenwArtigen Gesetzes im Atlgenneinen erforder-
lichen Kredite sind j;1hrlicfi auf dem \V^'^'l■ des Budgets testzusetzen.
Art 30. Der Bundesrath wird bevuIlmHchtigt, über dio Fischereipolizei in den
GrenzgewSssem mit den Xachbarstaaten Konventionen abzuschließen, in welchen so
weil möglich die Bestimmungen des gegenwärtigen (Jesetzes zur Anwendung zu bringen
sind. Der Bundesrath ist ferner ermächtigt, in den Grenzgewässern, fQr welche keine
solchen Konventionen bestehen, die Anwendung einzelne Bestimmungen deo gegen-
wArligen (tesctzes zu suspendiren.
Ar!. :»I Ut'bertretungen vorstcheniici < If-r tzesbeslimraungen sind mit folgenden
ßut>«;n zu lalegen: i) liei den nicht unter ZiUt;i -I und 3 hienacli bt-sonders bezeich-
neten Uebertretungcn Fr. 5 iOO; 2) bei Errichtung verbotener Fan^ \ -»t t ichl migen
(Art. 2 und Arl. ."i. Zilfer 3», bei Anwedung der in Arl. .'>, Ziflorn 2 und i verbotenen
Fanggenilhe und F;ing\vei-cn, beim Gebraucli der Otter und Sinuscia <Art. Ziffer '^),
ferner bei verlioteneni Trockeidegen und Verunreinigungen von Fiseligewässern im
Sinne von Art. r». Ziller 7 uml Art. 21 — Fr. bis Fr. lüO; 3j hei Verwendung der
in Art 5. Ziffer 1, Ab^-alz 1 genannten Stoffe Fr. lüü 1000.
Art. 33. Die Bußen sind geniilß den in dem betrelTenden Kanton fQr das Polizei-
strafverfahren tjeltenden Vorschriften zu erkennen und zu beziehen unter Anwendung
nachfolgemler Bestimmungen: 1) Im Wiederholungsfalle ist die BuLie zu verdoj»jieln.
2) Mit Verh ingung der Büße kann der Eidzu'^ der Berechtigung zum Fischen auf be-
«limnde Zeit vtiluiiwlen werden; heim zweiten Kdckfulle li,»l dieser Entzug auf die
Dauer vua 2 .lahreri zn ertoigen. Von jedem in ReehLskratX erwachenen Urtheile,
welche.s den Entzug der Fischereiberechtigung ausspricht, ist dem schweizerisehen Land*
wirthschatlsdepariemenl Anzei>/e m maclien. 3) Die utjerlauld gefangenen Fische und
Krel>se, .sowie die zur Verwendung gelangten verbotenen Fanggerälhe sind zu kontisziren,
4) UnerhälUiche Bußen sind in fielangniUslrafe umzuwandeln, wobei der Tag zu
Fr. 5 zu {«rechnen ist. 5) Von den eingebenden Bußen kommt ein Drittel dem An-
zeiger zu.
.Art. HA. Die BückliUligkeit lallt nicht mehr in Betracht, wenn von dem letzten
rechtskräftigen BußenerkenntniÜ an bis zu der Begehung der neuen üeberlretung fünf
Jahre vcrllossen .sind.
Art. 34. So bald gegenwärtiges Gesetz in Kraft erwachsen ist, wird der Bundes-
rath die nfttliipMi V^illzugsverhmiilungen erlassen und K'leich/fMli:.' Au- Katdnne an-
halten, ihre Gesetze und Verordnungen über die Fischerei ohne Verzug mit denselben
in Einklang zu bringen.
Art. Durch gegenwärtiges Gesetz uinl das Bundesgesetz betreftenil die
Fischerei, vom 18. September lb75, mit den zudienenden Volliiebuug^verordnuujjeo
außer Kraft gesetzt
Dieses Geaetsc wurde ergKnst duroh eine YollnebuDgSTerodnnng Tom B. Jani
ISHd und eine Spesialverordnnng sn Artikel 21, ebenfelU d. d. 3. Juni 1889.
FitcHsHchtaHaialien :
Jahr Anstalten Eii»rQtete Ftschehen Jahr Anstalten Grhrfltete Fischchen
18H6 €4 6,126,429 1889 87 ia/267,153
1N.S7 9,(;()7,7:J8 189Ü 84 I3,ß77,532
lt>66 Üi) 12,207,987 1891 9Ü 12.69Ü,51H
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Fliehe»! — 169 — Fischerei
*
Laut Art. 24 des Bundesge^etzes Uber die Fischerei sind die Kaotono ge-
halten, zar Ueberwachnni? der wiehtio^crn Fisrhpft weisser »ach verständige Fiecherei-
aufaeher anzustellen. Bts Ende Irt'JO be«aÜ«ii uachfolgende iiantone Fischerei-
aufseher : Aargau 1 Aufaeher (und 4 Ageuteu), Appenzell A.-Rh. 1 Aufseher,
BaeeUand 1, Baaelstadt 1, Bern 6, FMbnrg 2, 8t. Gallen (bat die Aafeioht den
Kreisf(>r8tern Ubertragen, gegen wiirt ig 43), Genf 4, Luzern H, Neuenbürg 6,
S liiiiriiaitsoti 2. Soluthurii 1, Thttrgau 2, Waadt d (für Menenburger See),
Zürich 4. Zusammen 37.
Die Prnmicn an die Kautuue /.u Händen der FischzuchtanHtalten betrugen :
l«j86 Fr. 9,082, 1887 Fr. 10,742, 1888 Fr. 11,035, 1880 Fr. 12,898,
1890 Fr. 13,735.
ErsteUU FisdoBege* 6) 2 in der Anre bei Genf, 7) 1 in der Orbe bei
Orbe, 8) 2 in der Rhone bei Gtenf, V») 1 in der Venoge (Waudt), 10) 1 in der
Glatt bei Kheinfelden, 11) 1 im alten Aarebett bei Aarberg, 12) 1 im Hagnek-
kanal.
Fixdtereivereine : KiintiMial-berniaoher Fwchereiverein, FiHchereivereio fttr
l%an mnd Umgebung, Aargiutiaeher FiatfhereiTerein, Zugeriacher FiaohereiTerein,
Lokalfiachereivereio Zofingen, Oberrheinischer Fiechereiverein, Sektion ZUrieh des
Hchweiz. Fischerei Vereins, Fisohereiveroin St. Gallen, St. Galler Oberland, PiT See>
besirk und Gaster, Altstätten.
A. RidgenSssisohe.
1) Bnndesgesetx Uber die Fischerei, v ia 21. Dezember 1888. 2) Yoll-
ziehungsverordnung zum Bundesgesctz über die Fischerei, vum 3. Juni 1889.
.3) SpezialVerordnung zum Artikel 21 des Bui>dei>geaet7:e>- Uber die Fischerei,
vom 21. Dezember 1888, betrelTend Verunreinigung der CTewüsser zum Nuuh-
tfaeil der Fischerei, vom 3. Jnni 1 889.
B. K a II t u 11 a 1 e.
Aartfau: 1) Gesetz über Ausübung der Fischerei, vom Ib. Mai 18«»2 (in
Kraft sind von diesem Geseti noch die Artikel 1 bis 8, 10 und 1 7). 2) VoU-
ziehnngsverordnung zum Bundesgesetz betr. die Fischerei, vom 11. November 1889.
Appenzell Ä -Jifi. : Kantonale VoUzngsverordnang zum Bundesgeseti Uber
die Fischerei, vom 18, November 1889.
Appenzell I.-IUi. : Fitiohereiverordauag für den Kanton Appenzell Inner-
rhoden, vom 22. Mai 1890.
Baselland: Verordnung betreffend Voltmg des Bnndesgeeeties ttber die
Fischerei, vom 5. Oktober 1889.
li'i^ehf't'lf : Fischereiverordmvng des KuntonH Baselstadt vom 1^. Januar 1878.
Bern: (Tcsttz/^ehimjLC noch nicht revidirt.
Frcibury : ]>ui Nur in penhe, du 20 mai 1890.
Gaüen: Kantonale Vollsngsverordnung zum Bnndesgesetz über die
Fischerei, vom 19. Juni 1889.
Gtnf: 1 ) Loi concernant la peche, du 23 fdvrier 1889. 2) Üeglement de
polic<> snr la pr -hp, du 21 mai 1HH9. *»
Giant!^ : bLaatonale Vollziehungsverurdnung zum Bundsügetietz Uber die
Fischerei, vom 11. Juni 1890.
(rraubAndm: Gesetzgebang noch nicht revidirt.
Lugeru: Kantonale Verordnung ttber die Fischerei, vom 12. Kovember 1889.
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— 170 —
Fiscbertt
Seupuhurfi : \) Loi Hiir la peche rlaii.s la Haute-lieuBe et se» aftiutntn, du
19 fevrier 18bÖ. 2) Decret abrogeaot et rempia^ant l'artiole 14 de la loi snr
k pftilie diitt la Hattto-Beme et sw afflafinta, da 19 ttvrier 1886, du 30 oo-
tobn 1888. 3) DSoret modifiant et oompUtaot la loi da 19 Ürmsc 1886 mr
la p6ohe dans la Haute-Reuse et see afflaent«, et le diervt dn 80 octobre 1888
ear la peche dans la Ba^se- Reuse, du 3 avril 1890.
Nidwaiden : GeHetzgebung noch nicht revidirt.
Obwalden: YoUziehangBveroFdnang zum Bandesgeaetz Uber die Fischerei,
▼mn 15. April 1890.
Schaff hausen: ELantonale VollsiehanggverordnuQg mm Bondeegwets über
die Fischerei, vom 21. M.irz l!-i'.»0.
Srhteifz : Kantonale VüliKiuhungüYerordnuQg sum BuudeBgesets betreffend die
Fischerei, vom 8. Februar 1890.
Sokikurn: Gesetsgebaog nocb nicht revidirt.
Tesfin : Bagolainento cantooale snlla pesca, 27 novembre 1886. Nodi nicht
revidirt.
Thurgan: I) VoUziehungsverordnong de8 Kegierangsrathe« de« Eantoaa
Thurgau zum Bundesgeaetz Uber die Fischerei, vom 9. Heumonat 1877. 2) Be-
edhlaß betr. Vollziehung des Bnnde^gesetzes Uber die Fischerei vom 21. De>
sember 1888, der bandesräthliehen Vollsiehangererordnang vom 3. Jnni 1889
und der Spedalverordnnng zum Art. 2 1 des Bundengesetzes betr. Veronreinigung
der Ge Witwer xam Nachtbetl der fiecherei, vom gleichen Datum, vom 1« M&ra
1890.
Uri: Gesetzgebung noch nicht revidirt.
Waaäi: Arr§l4 du 5 ftvrier 1891 sar la police de la pdehe.
Zürieh: 1) Geaets betreffend die Fischerei, vom 29. Man 1885. 2) Ver-
onlnnng zum a1lrcheri6chen Oefcts betrcilend die flacherei, vom 15. November
1890.
Ztif/ : Gesetzgebung noch nicht revidirt.
Güi(i;/c ypHräiic hetrtfftHd Uegdung der Fischerei in den sciuoeiäerischei^
(irenzgewaisertt sind:
1) Uebereinkiuit't zwischen der Hchweiz und Fiunkreich bftreffpnd gleich-
artige Bestiiuiuuugeu über die Fischerei in den Grenzgewä^^t^eni. Abgeschlossen
am 28. Dezember 1880.
2) Uebereinkaoft awiachen der Sohweia nnd Italien, betreffend gleichartige
Bestimmungen Uber die Fischerei in den bdideB ßtaaten angehOranden Gewlaicni.
Abg^ohlossen den 8. November 1882.
ö l Staatsvertra^ zwischen der Snhwt iz, Deutschland mul di n Niederlanden,
betretlVnd KegcUing der Laohsii«cherei im Stromgebiet dee Rheins. Abgeschlossen
den üO. Jnni 1805.
4) Uebereinkuuft zwischen der Schweix, Baden und ElHaß-J^othringtn über
die AuvMidnng gleichartiger Bestimmangen fttr die Fitoherei im Rhein and Beinen
ZoHttMcn, einachließlich des Bodeneece. AbgeBohlossen den 18. Ibi 1887.
„ 'S) Erklärang zur Uebereinkunflt swiaohen der Sohweia nnd Frankreich Uber
die Fischerei in den Grenzgewässern, vom 12. März 1891 lAbändcrang dar
Artikel 2, :5 und 8 der Uebereinkunft vom 28. Dezember 188<)).
QiÜtige Konisordate der Kanioue über die Fischerei in Qreiugewdssem
sind :
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iocherei
— 171 —
Forstwirthschaft
1) Konkordat zwisoheu den Kantonen Freibarg und Waadt, betrerteiid die
Fischerei im Marteasae. Abgeachlos^n den 23. November 1876. Noch nicht
revidirt.
2) Conrordat snr la peche dans ie Im de Nenchätel dn 1" fevrier 1890
mit Rrglemcnt dn 1" feviier 1890 pour rex6ontion du oonoordat du 1*' fevrier
1890 Bur lu ])»'ch(^ dann le lac de NetichRtel.
3) Konkordat über die Fi^herei im Vierwaldütättortsde (in Kraft getreten
mit 1. Januar 1891),
IdhnUur :
4qMr, -Dr., Die interiiutionale FiHchereikonfereox in Wien in der Zeit vom 99. Se]»-
tember bis 1. Oktober 1884. Zürich 1885.
Asper, Dr., Die Fische der Sdiweiz nnd die kfinstlidie Fischzucht Bern 1891.
Berichi zu ilem Entwurf der Konkordate Ober <Vif Fischerei im Znri< h-i m , Linthkanal
und Walleusee und über die Fischerei im Vierwaldsl&ttersee. Bern 1879.
Berichte des Bundesrathes Aber die Fiedkeru seit 1674.
Ckiparedf , A. de, Zur Frage der Veffolyung der den schweixerischen FiechereieD echftd*
lieben Thiere. Bern 1885.
Cysaty J. L., Beflchreibnttg des berflhmbten Lucerner oder Vier Waldstatten^Sees etc.
Luzern Ififil.
Funkhäuser, Dr. F., Statistik der Anstalten zur künstlichen Ausbrütung von Fischeiern
in der Schweiz. Bern 18S9.
Faüo , Dr. V. , Histoire naturelle des poiseons. I** partie. Genive et Bftle 1882.
U"- partie 1890.
Fatio, F., Les poisson< d Amerique en Suis^e. B< riic 1888.
Frwsnrd de Saugtf, E» ßlade de ia ptehe dans ie iac Leman et aes aOluents. Lau-
sanne 1884.
Internationale Fischerei-Ausstellung zu Berlin 1880. Schweiz. Katalog der schweia. Be-
fheiligrung und iehtJiynlogLscbe Miltheilungen au«: der Schweiz. Leipzig.
KoHbrunner, E., Die thiirgauische Fischfauna iui«l bezügliche Gewässerverhältoisse.
Frauenfeld 1879.
Mmy, M., Statislique sur la <1i<fributiun des poiasotts dans les lacs et les cours d*ean
du canton de Fribourg. Fribourg 1880.
Niet^aus-Meinau, C, Bericht über die Verunreinigung des Rheius durch Abfiülstoffa
der Fabriken im Basier Industrie-Bezirk. Basel 1883.
Göll, H., Du repeuplemcnt de nos lacs et se«r dangera. Zürich.
Grssuft, C, Fischbuch. Frankfurt a. M. inos.
Eartmannt Helvetische Ichthyologie. Zürich 1827.
floftma««, Q. L., Versuch einer Besehreihung des Bodensees. St. Gallen 1808.
HnrUnan», Besclireilmn^ der Bemerseen. Pt. Gallen 1780.
Junod, Dr.t De la piscicullure naturelle et artilicielle ou de la reproducüon et propa-
gation dn poisson dans les afflnents des lacs et des rivitoes de la SnisM, spi*
cialcnieiit (laus rArnou, T^ausaniie ISai.
Mörikofnr, Der Fischfang im Bodensee. St. Gallen 1810.
JfonM, IVotIzie dei pesei deUa provineia di domo e Sondrio et del cantone Ticino*
Gomo 18»;4.
McmgoU. G., Fischbuch. ZQridi.
PaveH, I pesei e la peeca nel cantone Tieino. Lugano 1871/73.
Schocfi, Die Fische des Kantons Zürich. 1879.
Vetter, J., Die SchiHTahrl, Flößerei und Fischerei auf dem Oberrheiu. Karlsruhe 1864.
Vogt, €., Kflnatltehe Fischzucht. Leipzig 1869. (Geschrieben Ende Juni 1891.)
Forst wirthschail. ^Krgänzung des Artikel) im 1. Band, von domselbet
Veriasfler; mehe anob den Artikel «Waldbau* im III. Band).
Avfforatangen im eidg. Foratgebiet. Seit dem Inkrafttreten dea
eidg. Forstgesetzefi (bezw. von 1878 inkl. bis Ende 1890) sind in Anfforatnngw
innerhalb des ei lg. Forstgebietea verwendet worden :
NadeIholz|>flänzUnge 70,90H (>s3 oder durohachnittlioh per Jahr 5,45 1,1(18
davon verachulte 64,65 7,ÜU2 « « » « 4,969,231
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ForstwirÜwcbatl
— 172 —
PorstwirÜiäcUaft
üiivüiüchulte 6,251,081 udur durohsohnittlich per Jahr 4öü,852
Laubholzpflänilinge 5,226, IH^^ • « • 402,014
davon Tersobulte 2,506,555 „ ^ . « 192,965
tinverMballe 2,717,628 « „ . . 209,048
Same kg 12,040 . , « „ kg 9{Ki
Neuatilaf/en von Schutzwnldnnc^en im eMg. Furst^'cbiet mit Heifriigeo des
Bundes an die Kostpn derselben wurden bis Ende IHiU) in der Zahl von 303
autigefilhrt. DieHelben umtaüs&u eiue Fläche von ca. 1680 ha, wovon auf die
«imelnen Kantone entfallen: 530 Bern, 270 GrEubttnden, 355 St. Gallen,
244 Teaain, 91 Wellie, 87 Sohwys, 55 üri, 43 Lnsern, 32 Appensell A.-Bh.,
23 Obwalden, 13 Nidwaiden, 12 Glaru«, 12 Waadt ond 10 Zug.
Die Kosten <U( fier neuen Waldanliigen belaufen 8ich auf Fr. 494,907.
VcrhHHHtujni ruit Bundsjj^b'iträgeö wurden tut Kostenbetrage von Fr. t>."»4.s54
ausgeführt, wovon auf die einzelnen Kantone kommen: 341,782 Bern, 123/J06
TeMin, 67,624 Gtanbttnden, 51,619 Wallis, 25,400 St. Gallem, 30,836 Sehwys,
10,0(11) (ihwalden, 6,677 Olarn«, 2,721 Uri, 2,092 Appensell A.-Bh., 1,996
Kidwaiden, 1!>3 Luzern.
Diene Verbauungen bestehen iti : 1) Firdarbeiten 46,UO() m Länge, 2) Mauer-
werk 55,650 m", 3) Uolzwerk 295,000 m Liinge und 564,000 Pfahl«iU.
Die Bundefth^räg9 an die Konten obgenannter nenen Waldanlagen nnd
Verbannngen beliefen ateb aaf Fr. 569,618, wovon Fr. 72,435 ans der Httlfit-
million bei^tritten wurden. Auf die einzelnen Kantone vertheileu sich die Bei-
träge: Bern 232,Or> IV- in 108,253 (inkl. 24,224 aus der HülfstnilHon), Grau-
bünden 74.410 (iuki. I7,üi>0 aus der Hiilfsmiliiun), St. Gallen 4^,029 (inkl.
9,185 auü der Hülfümillion), Wallis 39,285 (inkl. 17,314 aus der üül&million),
Schwyz 20,235, üri 16,683 (inkl. 4,712 ana der Halfsmillion), Obwalden 7,956,
Luzern H , Glarus ,%1]5, Appentell A.-Eb. 4,518, Nidwalden 3,125,
Zug 1,(170, Waadt 764.
Saut- und Pffau^-nitmlcu. Der Stand derselben war Knde IHHO folgender:
Areal: 9050 Aaieu, 2103 Staats-, 5477 Gemeinde- und Korporationi»- und
1170 Privatpllanzhchulen.
Verwendeter Same: 3291 kg, wovon 1221 kg für Staate-, 1807 fttr
Gemeinde- nnd Korporationen und 263 kg für Privatpflanasobulen.
Farstpersonal, Dasselbe bestand £nde 1890 ans 156 wissenschaftlich ge>
bildeten Forstbeamten für die ganse Sohweit, worunter 66 fttr dae eidg. Fomt-
gebiet.
Forstgchiilwisen. Zur Heranbildung von Ünterföi-Htern fanden bis Knde
1890 19 Kune mit 487 Theilnehmern statt, Fortbildungskurse 4 mit 74 Theil-
nebmem und Bannwartkuree 12 mit 240 Theilnebmem. Die fiundeabeitriige an
alle diese Kurse belaufen sieh auf Fr. 32,940.
Wählst' rvilulen. Ablösungen von Walddienstbarkeiteu auf Scbntzwalduilgen
;'Arf. I I dt^s eidg. Forstcesetzes) wurden hi- Kmle 1890 19^51 vnrrrenommen,
mit einem AbUisungsbctrug von Fr. »'.79,1).^ 2 nuU>t Waldabtretungen.
VctmcasinnisiccscH. Tnangulatiunen IV. Ordnung, als Grundlage für
die Waldverniessungen, wurden in den Kantonen Bern (12»>9 Punkte), Grau-
bttnden (826), Appensell A-Rh. (163), Zug 91, Sebwyz (32), üri (23) und
Lttsern (13 Punkte) ausgeführt und an die Kosten der Erstellung dieser Punkte,
ausgenommen derjenigen des Kantons Bern, ein Bundeebeitcag von Fr« 22,760
ausgerichtet.
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Forslwirthsclmtl
— 173 —
Walävarvuesmn^m. ^ Ende 1990 wurden im eidg. Forätgebiet 6030 ha
Staats- und 56,578 ha GemeiBde« tind CorporatioiiBwaldtingeii, snaammeti
H 1,008 lia vermessen. YoIUtändig Termeüsen sind die Waldongen der Eantane
Freibnrg, Waadt und Zürich.
Tnyslfichv Jh'trif'h-sehn^'f'htffrHfot wurden bis anhin für f*a. 31 ^fo der Wal-
dungen If. eilig. For-tgtibietes autgebtellt, nämlich für 9Ö,büü ha provitjuriache
und für 41.500 ha dcJiaitive Wirthschaftnpläne.
Ausgaben des Bundes für das Forslivcsen. Im Jahre 18ÖG; Fr. 74,8ÜiU
1887: Fr. 83,594, 1888: Fr. 87,300, 1889: Fr. 99,845, 1890: Fr. 14^,914.
(Geschrieben Ende Juni 1891.)
Frei-Iiaiid. Die Ziele der FreiUmdbevregang sind im Artikel .Soaiale Frage*.
Seite 99/102 dai'gi 1' <>:t Als F^gänzung dazu hat das Lexikon vom Voratand des
achweixer lachen ßodeubetiitzretormvereins folgende Mittheilungen erhalten.
Die Freilandbcwcgung nimmt dank eifri($er Propaganda durch Presse und Vorlrfii^f.
durcli die in ca. lOOCH) Exemplaren verbreiteten, in neuer und verbesserter 7. Aulla^^'c
vorliegenden , Grundsätze und Po^^tulate* (von J. Kr. Schär), durch die von Arnienkassier
Schttrz io JÜern herau^iigegebene Broschüre «die Bodenbesitzreform* und :indere Publi-
kationen einen (raten Fortgang. Zu den Sektionen Basel und Bern kamen Thun und
Luiern hinzu und j^ind soldic in Olarus und Sololliurn in der Gründung IjegrifTen.
Die vom Central vorstand Husgesuliriebene Preisfrage: «Weiches sind die wahren
Ursachen der wachsenden Nnthlage des Bauern- und ArbeHerstandes ; in weicher Weise
hängt lii' -1- Er-( lii iuuiij.' ziis iuiinen mit der heutigen Besitzform von (irund un*! H id« n
und welche geseUliche Refurmeu sind anzustreben, um die NoLhlage der arbeitenden
Bevölkerung zn Stadt und Land zu heben?' fand 36 Beantwortungen, von denen 10
dui ' Ii l'r.'i« aus-rr zrirlinot worden konnten : ein Beweis, daß unsern Bestrebungen großem
Interesse entgegengebracht wird.
Zum großen Theil der Initiative der Bemer Sektion ist der Bau von Arlreiter'
Wohnungen auf (ynnntuiebodi'n ilei SJadt I't'i ii zu verdanken.
In Baselland ist auf Anregung eines Boileni c formers (Hr. Landralh Stef. Gsehwind)
eine Enquete Hher den Stand der Verschuldung von Grund und Boden auRenommen
und durchgefnlirt worden.
Die Seküuu linsd bat anläßlirii der Iftztjährigen (Jrui»ralli>vvahicu l<ilgeu«ic i,'o,^tu-
late für tiie Wahlprogramine aufgestellt: 1) Vornahme einer Enquete über <ien Stand
der Verscliul.inni^' der Imnioliili. n K;ititons. 2) nnlinluiiL,' »-iner Kantoniilliank lui I-ie-
lebrung von innnobilien und mit Noieiiausgal)e. 3) AcndcMiii- .1er HypotbeLarurdaung in
dem Sinne, daß die l'eberi)auung von .*<taats- oder Gein< in i' ItOld efmöglichl wird. —
0:> Arbeiterpartei hat alle 3, die freisinnige die erste der Forderungen auf ihr Programm
genonuneu.
Anläßlich tier letztes Jahr in Hasel durchgefflhrten \Vuliiiim;.'-i iii|u( le, deren Er-
gebnisse von Prot. Bücher wissenscliaftlich bearbeitet Avurden. bat Frei-Laml Basel in
einer Eingabe ati die Regierunvr seinen grundsätzlichen Sland|iunkt in der Wohnungs-
trage geltend gemaclit und in einer andern an 2 großrSlhliche Vereine neben dein
Verbot der als gesundheifssebä.llicb konslatirten Wobnungen uml der Erriclitung einer
Städtischen Wrdinungsinspektion «lie Erbauuno von Mirthshümern auf untrrd ußciiichem
Staatübudm in Außrrquartieren, r^sp. im Jnneni der Stadt verlangt.
£ine andere KtJigabe an die H^erung von BaseUladt wünscht, daU zu gewerb-
lichen und Belenchtungszwecken die Wa^iserkräfte des Rheins bei Birsfelden vom Staat
erworben werden.
Vom Centralvorsland iai im April IbVO eine Petition belretTend Monopoliairung
der Wasserkräfte an die eidg. Behörden abgegangen. Der Bundesratb hat vier seiner
Departemente mit der Begutachtung di< si r iV-tüI iii Im- iiini i;,'t.
Fär das von der wliweiz. freisinnigen Partei aufzuätellende Programm hat ^Frei-
Land* folgende Postulate eingereicht: 1> Erhebung Ober die Verscholdung' sowie Aber
den Krtia,,"' und Vrrkehrswerth des I'i i\ at^nim dliesitzes in den einzelnen Kantonen.
2) Gesetzliche Scliraiiken gegen die zunehmende Veii$ohuldung durch ein eiuheilliche«
Gesetz über das H} polhekarwesen. 3) .Anbahnung des Raekkaufes von Grund und Boden
durch die Gemeinden unter Miflinlfc d» - S' latt - bei Zwangsli(juidationen, Krt>Mir:hmgen
etc. 4) £idgeuOik»iächeri UobheiLsrechl über Gewinnung und Benützung von Wasserkrälleu.
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Fremdeuverkelir
— 174 —
Fraukreicb
Dieselben sollen unverftuAerlicbes Eigenthum des Staates bleibea und von diesem an
Private zu pacblweiser Bcmilzuug abgegeben werden. -
Am Centraifest des Schweiz. GrülUTereins (1890) bildete ein Vortrag des Präsiden-
ten 4es Bodenbesittvereins über die sociale Bedeutung der Bodenbesitzrefonn eines der
Kiupttraktanden.
Fnndeitverkekr s. den Artikel «Touristen- and Fremdenverkehr'^, S. 311
«. ff. im III. Band.
Frttukreii'h. (Ergänzung den Artikel» im I. Bande.)
Statistisches.
Nach 'I-^r sohweizeriacben WrÄarenverkehiv-t;i!i«itik (Spezia!haiviel> betrug:
im iahre die Einiuiir die Ausfuhr
aus Frankreich nach FnuArdcb
1885 ..... Werth Fr. 180*583,713 14Ö'36a,844
188G , 188'173,336 139'255,357
1887 , , 21 1,777,4(;.4 130'Ü16,581
1888 „ •201>'.sl7,lH7 142'009,72:)
1Ö89 „ 262a02,30y 142'28 1,034
1890 267*068,984 144'd84,510
Der Aatheil der gemttnsten Edelmetalle an obigen Summen wurde von
1885—1888 nicht ermittelt. Pro 1889 und 181)0 betrug er:
bei der Einfuhr 1889 Fr. 4O (;7M,00O bei der Ausfuhr 1889 Fr. 1.V19 1.902
, , , 1890 „ 40'728,200 . . „ 1890 , i»0'.15.'),729
Die Gliederung der Mn- und Ausfuhr nach TolkswirthschaftLichen iCategorien
ergibt :
Einfuhr aus Fraakrolch AasHihr aich Frankreich
Lebenamittel . . Fr. 59*4'24«047 »8,3 > Fr. 33*686,696 19,0%
Rohstoffe ...» 97'172,9n4 4:5,0% , 19'773,532 16,0 »/o
Fabrikate , . . „ 69743,833 30,8 7o , 80 518,563 65,0 7o
Fr. 236*340,784 Fr. 133*928,781
Hiezu gemUnstes
Gold und Silber « 40728,200 , 20'45o,729
Total Fr. 267'0»5b,y.'< l Fr. 14 I MHI.:. !0
Es folgt hienach eine Statistik der bedeutendsten JbUn- und Ausfuhrartikel
im iH)hweizerisch-üanzösischeD Spezialhandel :
d by Google
Frankreich — 175 — Fraiikreich
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Generoso-BAho — lo5 — Gewässerkonektionoi
Generoso-Bahu. Zuhnradbuhn, eröffnet am 1. Juni lü^O. Beine büiange
9 km, Spurweite 800 nun, MaxiauUsteigung 220 '^/w. Zahnatangeaatreeke 9.9 m
4 Stationen: 1) Capol*r»i 3) San Nioola, S) Bella Viala, 4} Vetta.
Geschfiflslirmeiu Am 31. Dezember 189U betrug die Zahl der im
Handelsregister glLltig eingetragenen schweizerischen Finnen (d. b. die Zahl der
eingetragenen weniger der getöediten Finnen) 36,546. Ea mSgen eioh hieraater
noch verdübiedene Greschi^fte befinden, welche eigentlich nicht in's Handelsregister
gehören. Doch ist ihre Zahl annähernd kompensirt durch diejenigen Firmen,
welche in diesem Zeitpunkt, obwohl eintragsptiichtig, noch nicht eingetragen
waren und erst im Jahre 1891 zur Eintragung gcdangten.
Von diesen 3ti,i>46 Firmen fallen 20,420 aut Kinzelinhaber, 394i2 auf
Kollektiv- and KomwanditgeaeUaohafltn, 3956 anf Aktien- ond Komnanditaktien-
geeellschaften und Genoaaenadialten, 641 auf Vereine, und endlich 567 anf
ZweigniederlaMmogNi.
Gewfisserkorrektionen. (Ergänzung de» Artikels im I. Band.) Die
Tom Bunde bisher (Ende 1891) aubrentionirten Korrektionen ete. laaeen aioh in
folgende vier Kategorien eintheilen:
1) in die Verbauunf/en der WiidMche, welche- VerbanuQgen in bedeutender
Zahl vertreten sind, und den Zweck haben, den Bodenbewegunf^er» und d*r da-
herigen Getichiebsbildung zu begegnen das 1. Heft einer Abiiandluiig ^v. Salis,
«Die Wildbachverbauung in der Schweiz*) über einige der ausgeführten Werke
ist im Jahre 1890 ersoiiienen ond das U, Halt befindet aioh gegenwärtig in
Arbeit;
2) in die besonders am obern Laufe der Gewiinser vorkommenden lokalen
Schuizbauten, welche, indem sie planmSßig als Theile eines ausgedehnten Kor-
rektionswerkes erstellt werden, sich nach und nach zur vollständigen AnsfUhroog
desselben aneinander reihen;
;5 in die Anlegung von Entsuinpfuwis- loid J-hi(w(i.sseri(n;/.<kanälen ;
4) in iliejeuigen der grö/^ern ixtwmscrkorrcktionen^ welche als einheitliche
Unternehmungen sor AnafUhrung gelangen (von SaUs, «Das adiweiieriselie
Waaswbanwesen* ).
Die unter 1 — 3 genannten Arbeiten werden subventionirt aus einem seit
dem Jahre 1871 und überhaupt auf Grund des Art. 10 des eidg. WaHserban-
polizeigesetzes vom 22. Juni 1877 jährlich auf das Bnndesbudget ge.setzten
Kredite, aus welchem Beiträge au solche Arbeiten zu bewilligen in die Kom-
petenz des BundemlbeB HUt. Ueberdies erhalten diejenigen Landesthttle der
Kantone Uri, Si Gallen, Graubttnden, Tessin und Wallis, welche von dem Hoch-
Wasser vom Jahre 1868 betrotfen wurden, Beiträge aus der sog. Hiilfsmillion,
einem Fonds, der damals aus dem großartigen Akt»» der PrivathUlfe zum Zwecke
der >-pStem Unterstützung von Verbauungsarbeiten ausgeschieden und zurück-
gelegt wurde. Seit dem Jahre l^bU bib Ende 16dl wurden laut den eidg.
Staatsreehnnngen ausbeiahlt ; an« der Httlftmillion Fr. 991,150, aus der Bundes*
kasse Fr. 4*144,058, zusammen Fr. 5'ld5,d08, welche Summe sirka 42 7« <ler
wirklichen Kosten ansmaoht.
Für die unter t erwähnten Korrektionen wurden bis Ende Dezember 1891
Bandesbeiträge bewilligt im Betrage von Fr. 28^309,850, welche sich auf die
einzelnen Unternehmungen wie folgt vertheilen:
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Geir&aserkorrektioiieti — 186 — Gewässerkorrektioneo
Fr.
1) Rheinkorrektion, an die Swtono 8t. Gallen und Greiibttnden . > &'4S0,00O
3) Bhonekomktion, an die Kantone Wallia und Waadt ... * 4*086,500
3) JorBgewKaBerkorrektion, an Ben, Frnburg, Waadt, Keuenbnrg
und Solothürn 5'4ö3,00O
4) Aarckorrektion im Haslethal, an Rprn . , 400,000
5) Melubaa- und AawdtMerkorrektiuu, Obwaldcii 138,000
6) Aankonrektion im Kanton Aargau 380,000
7) Korrektionen im Kanton ZQrieh: Thnr, T56, Glatt, Limmat
und Sihl TöÖO.OOO
8) Korrektionen im Kanton Thurgau : Thür und Mnrg .... 900,000
9) Binnengewässerkorrektion, Bezirk Werdenberg, Kt. St. Gralleu . * 251,000
10) Bbeinkonekliim im DomleMbg, Kanton Gianlittnden . . . . ' 654,000
11) Landwaaaerkorrektion bei Dave*, &nton Granbttnden . . . 94,000
12) TesHinkorrektion rn20,000
13) Yevoysckorrektion, Kanton Waadt ' 237,UUO
14) GrvümiekorrektioD, Kanton Waadt » 240,000
10) Yurbauung der Nolla, Kanton Graubündeu 100,000
16) Emmekonektion, Kanton Bern . 755,000
17) Lurzikorrektion, Kanton Zug 116,000
18) Wildbachverbaanngen bei Beekenried, Kidwaldon (lieli- nnd
Treetlibach) 125.000
19) Tieferlegung des Merjelensees, Kanton Wallis 7ö,üOO
20) Kegulirung der Wamerstlnde des Genfeneea, Kantone Qenf^
Waadt nnd Wallis 773,500
21) Sanirung der Silipfe der Orbe, Kanton Waadt 384,000
22) Korrektion der Wiese. Kauton Baselstadt 98,700
23) Regelung der Waiwerstäude <le*» Zürichsee«, Kanton Zürich . . • 330,000
24) Korrektion der Thür bei Wattwil, Kanton Thurgau. ...» 168,000
25) Korrektion der Thnr im Besirk Wyl, Kanton Thnrgaa ... * 421,150
20' K ! I ktiun der Engstligen bei Frutigen, Kanton Bern . . . ^ 73,000
27) Korrektion <ks Niedernrner Dorfbaclies, Kanton Glarns. . * 217,500
28) Verbaimug den Kybaches bei Lnni^'crn, Kanton L'iitciwalden . " 122,500
29) öicherungs- und Wiederherstelhmgfearbeiten in der Vorstadt
von Zug, Kanton Zug • 294,000
30) Korrektion der Sohenß bei Biel, Kanton Bern * 109,600
31) Verbauung de« Biltner Dorfbacbes, Kanton Glarns 150,000
32) Korrektion der Broye hei Payerne, Kanton Waadt R()0,fK>0
33) Korrektion der Saane bei Laupeu, Kantun Bern ' 416,0<JO
34) Verbauung der Guppenruna bei Schwanden, Kanton Glaraa . ^ 165,000
35) Aardcorrektion cwischen Interlaken nnd dem Tbnnereee, Kt. Bern * 153,300
36) Maggiakorrektion bei Locarno, Kanton Tessin ^ 402,500
37) Hochwanserdamin dir Thür ir)it Binnenkanal, Kanton Zttrioh . ' lon^OOO
38) Lombach-Korrektion hei Uiitert<een, Kanton Bern . . . . * :J 19,500
39) BürMchuerbach Korrektion, Kanton St. Gallen 141,500
Ueber das H&here dieser Korrektionen siebe die betreffenden Artikel.
8ett lasa Zuschlug einer neuen i>ubveution. ') Neue Subventionen.
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Gewerbliches BUdungswesen
— 187 —
6ftweri>liches BUdnoesweeeik
(iewerbliches Bildung^swespn. (Mitgetheilt von Herrn Müller, Beamter
des eidg. Induatrie- und Landwirthschaftedepartementes.) Seit der Berichterstattung
in dieMU Lexikon (I. Buid, Foiio :l63-274), dnroli Herrn H. Wettetein, gew.
SekretXr ftr gewerbliekee BildnngBwesen im eidg. Handels- und Indaetriedepar-
tement, amfaHsend eine Schilderung der Lage des Handwerks uad der E1mii>
pewerbe, sowie der den^^elbcn z\i Gebote gestandenen irf-w-rblichen BiWungs-
anstalteu bits zum Jahre i8ö3 und ferner die ürt^achen und Grunde, welche die
Bnndeebehörden ▼eranlaßten, sich mit dieser Angelegenheit zu beüchuftigcu und
thntkräftig in dieees »i'eld ebingreifen, am dem geennkenen Handwerkentand
dnrdi Untentntenng Hcbon beatehender und neu zu gründender beruflichen Lehr-
anstalten zu neuem AufKcbwnng zu verhelfen, «ind nun i'> fai re verstrichen, so
daß es angezeigt ers-ebeint, in diesem Supplementband des «cbweizeritKjhei» Volks-
wirthschaft8-Lexikun8 uiu^n Kiickblick auf die^Entwicklung dieser neuen Bundes»
inatitett<Nit ihren Fortgang und den bisher erzielten Erfolg an werfen.
Dem Bandeebesehlnfi yom 37. Jnni 1884 nnd dem betreffenden Vollsiehnngn-
r^lement vom 27. Januar 1B85 gemäß, wurden, abgesehen von der Ueher-
gangssubventiDn vou 1884, fortan alljäbriieb regelniHOigc Sub(>n(>tmen an die
gewerblichen schweizeriBchen Bildungsanstalteu, ferner Stipenäitn au Lehramts-
kandidaten sam Besuch und Studium an kunstgewerblichen und gewerblichen
Sdinlen, sowie BeisestipeiidiMi an Direktoren von Gewerbemnaeen, Fachsdittlen
und Lehrern an soldien Etablissementen behufs Erweiterung ihrer Kenntnitise
durcli Besuch von in- und niislKndischen gowetbliehen Instituten, endlich Beitrüge
au verschiedene Fachkursc bewilligt.
a. Bundesaubventionen an gewerbliche Bildungsanstalten.
TJeber die Bnadeasubrentionen, die Beiträge von Staat, Gemeinden, Kor-
porationen nnii Privaten, sowie die Gesaramtansgaben nnd die Anzahl der An-
stalten für die Jahre IbBö bis und mit 1890 gibt die Tabelle auf Seite 188
und Ii!! 9 Aütachluß.
Im Ganzen betragen die Bundessubventionen für oben er-
wähnten Zeitraum Fr. 1,518,524. Ib
welchen gegenttbereteheD die Leistungen der Kantone, Ge-
meinden, Korporationen und Privaten mit .... Fr. 4,056,802. 29
ist erfreulich, konntatiren zn können, daß neben der erbeblieben Ver-
mehrung der Anf*talten, uueb in tjualitativer Beziebung Fortseliritte zn verzeichneu
sind. Mehrere Schulen wurden vollständig reorganisirt, bei andern wurden die
Unterriehtsfiloher Termehrt nnd um aufinuntemd anf die Ldirer eintnwirkent
erhöhten verschiedene Schulvoi stände deren Honorare.
Einen großen Antheil am Gedeihen der snbventionivten gewerblichen und
industriellen Bildungsunstalten haben die Experten, welche nicht allein bei
Anlaß ihrer jährlichen lnspektionen, sondern bei jeder Gelegenheit denselben mit
ihren Batbe an die Hand gehen.
Eingegangen sind, oder haben auf weitere Bnndessnbventionen definitiv ver-
siebtet folgende Anstalten :
1) die gewerbliche Fortbildungsschule der „Soci^t^ industrielle" in Sitten^
subventionirt 1885 nnd 1886, verzichtete auf weitere Bundessubventionen;
2) die Korbflechteroühule Winterthur, subventionirt von 1885 an, gieng
im Jahre 1888 aus Ibiigel an Betbeiligung von Seite der Sehttler ein;
3) die gewerbliche Fortbildungsschule Betsohwanden (Glaros), nur einmal
(1887) subventioDirt, bewarb sich seither um keinen Bundesbeitrag mehr;
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27.278
4,118
4,952
3,147
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10,999
36.543
3,959
43,813
11,391
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GtwarbUdhM Klduagswesai
— 190 —
GmmrbiicliM BüduDsaweaeo
4) die Spielwaaremchule in der Matte Bern, eabventionirt von 1685-1889,
veraiobtete auf weitere BundesunterstUtzung;
b) durch (Vic anp \'('r: r lufdcncii Gründen veranlaßte Aufhebung der Schnitxler*
«obule Meiringen im Mai IS'.M) lallen weitere Subventionen weg;
Gl die gewerbliche Kortbildungüschule Beltheim, nur einmal ItibU üubvtiu-
tionirt, gicug wieder ein und ibre Scbttler fre^nentiren nun die gans nahe gelegene
^gewerbliche FortbildnngMchule Winterthmr;
7) die Mascbinenstrickschule Bern, welche tuic h und nach aus dem Rahmen
einer gewerblichen Bildmigsanstalt heran>;tr;it und den Charakter einer Fabrik
annahm, wird von LS'dO ab nicht mehr äubventionirt.
Unwillkürlich drängt idch nach VorBteheodem die Frage auf, ob die großen
Opfer, wekke der Bund aat 1884 für dae gewerbliebe BildungeweMu gebraebt
hat, fiich durch cnt i r htnden Erfolg rechtfertigen lassen.
Bejahend kann diese Frage theilweise Hcdion heantwortrt weHtTt dur h das
Ergebniii der vum eidgenimsisehen Indusf riedepartemontü pro lÖÜU in Züncli
veranntalteteu Au^Htellung de» schweizeriiichen gewerblichen Fortbiiduogsechnl-
weeens (vide Absobnitt d dieser Beriebterstattang).
Zn dner ^lletändigen Beantwortung wird aber das Brgebniß der pro 1893
in Basel stattfindenden Ausstellung von SchUlerarbciten der vom Bunde snbven'
tionirten knmtjewerbUnht'n und trchnisf-hifwerblichen Fachschulen, Kurse und
Lehrwerkataitm das erforderliche Material bieten.
Immerbin bietet ttberbanpt lehon die inteniive Ueberwaobnng der betreifenden
Sobvlen darcb das BxpertenkoUeginm volle GewXhr, daß nur eolobe Anstalten,
bei welchen, abgesehen von der FrfUUung reglementarischer Vorschriften, ein
steter Furteohritt naohgewieseo werden kann, aabventionsfiflkig betraebtet werden
können.
Freqnens der ?oni Bunde sab ventionirten gewerblieben
Bildungaanetalten, 1891, beaw. 1890/91.
Kanton Zürieh»
SeMitr
375
Total
375 '
Oewerbemnseum mit Kunstgewerbescbnle Z^ri -Ii
59
8
62«
OewerLeuiusenm mit Berufsschule für Metaliarbeiter
30
30»
633
62
685
158
52
210
Gewerbliche Fortbildungsaobule Wintertbur . . .
313
318
57
57
41
41
Gewerbliebe Fortbildungsschule Oerlikon • Seebaob-
68
•
68
37
37
Gewerbeschule Unterstraß . . ^
74
74
Gewerbeschule Rüti
tiß
63
Ue bertrag
117 "
2,0Tö"
' Ferner 130 minnlkhe ui^ 32 weiblidie Heepitanten.
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Gewerbliches Biidungswesea
— 191 —
Gewerbliches Büdungi<wesea
SehOler
maiinliclie
ToUl
Uebertrag
1,898
117
2,015
29
8
31
92
—~
92
FadiBchule für Damenschneidcrci und Lmgorie Zlliialk
34
34
Gewerbliche Fortbildungssohalo Fiftfäkon ....
27
8
36
26
26
62
—
62
2,128
167
2,295
KmUoH Bern,
Eamtaehnle, konstgewerbliohe Abtheilaag, Bern . .
^1
7
28
UhrenmacLerschule Biel ...«...,.
18
—
18
18
—
18
Lehr wer lut&tten für Uhreumacher ir'runtrut . . ,
11
16
27
SebiililefBQliiilA mit Abeadaokttl» SriM» ....
130
—
130
17
—
17
418
—
418
160
—
160
71
—
71
23
—
23
26
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26
66
—
66
27
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27
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12
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Kui)^tu':»*werl']io}ie Zeichnnngsschnle Biel
23
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LehrwerkstätteD für Schuhmacher | ■„ ( ...
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16
16
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1,900
Kanton Lueem.
£iu»tgewerb«8ohiue Luseni: a. Tageskurse . . . ,
37
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b. Abendkurse . . . .
100
Kanlon JJri.
31
31
Kanton Schwye.
Geiwerbliobe Fortbtldtuigsschale Schwyz 68 — 68
, , Eusiedeln .... 48 — 48
116 — 116
KanUm Unierwatäm^ 06 dem WalUL
Zeiebninignaiinle Samen 30 — 30
, Sachöelu 19 — 19
„ Kerns 10 — 10
59 — 59
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Gewerbliches BQdmigiwesen — 192 — Gewerbliches Bfldungeweeen
Kaniim üiUerwaldtnt nid dem Wald,
SeMItor
BianlielM wtlbllalie Total
Zmehnnngaeohiile Stans 96 — 96
„ Buochs 60 — 60
, Beckenried 25 — 25
181 ^ ~ 18l"
Kanton Glarm.
Gewerbliche Fortbüdaogaeohule Gkrus-Riedern . . 127 79 206
« « SchwaodeD .... 58 58
KXfele 27 — 27
» , Mollis 76 25 100
, , Netstal _ 54 35 89
3il 139 480
JCanto» Zmq»
Handwerkendmle Zug 52 — 52
Kanton Freiüury.
Coura de de*.8in professionnel F'ribüurg ..... 49 — 49
Ecole seooodaire professionneUe Fribourg .... 14 — 14
Eeole pnrfbimoniielle de rindnatrieUe Fiibonrg 6 12 18
Fortbildangasehnle fUr gewerbliches ZeidhneD Mnrtaii 18 1 14
Eeole de« tailleurs de pierre Friboaig 11 — 11
98 13 106"
Kanton Sohthum,
Handwerkersohule Solothorn 87 — 87
übrenmacherschule Solothuro 11 — > 11
GtwwUiehe FortMldnogseohale Ölten 80 — 80
« ff Eriegetetten . . . 59 — 59
287 — 237
Kamkm SasO-Sfadi,
Allgemeine Gewerbeschule Bttsel 469 95 564
Fnuenarbeitseohiile Beeel — 465 465
469 660 1,029
Kanton Basel-Landachaß,
Gewerbliehe ZeiehOTagssehnle Liestal 49 — 49
9 . ' , Arlesheim .... 60 — 60
, ff Sissach 40 — 40
149 ^ 149~
GewerblklM fortbildungaechide SebeffhMwen ... 241 ~ 241
Gbwerbliihe FortbildmigBiohiile Herisaa 48 — 4$
UniJiseh 21 — 21
69 — 69
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tiewerUklies BUdmigsircsen — 198 — GewerUicbM Kldungswesm
Kanton QoMen. schoier
mftnidieb« mlblieb* Total
ZeiuhuuiigHMciiule am induHtrie- und Gewerbeaiutteum
8t. Gallen 70 9 79 >
Gewerbliche Fürtbildun^schnle St Gsllen .... 191 — 191
Webechule Wattwyl, Wattwyl 22 — 22
ZetebDungüschalo Berneck 81 — 31
Oewerbliohe Zeichnensohule Borsohaoh 34 — 84
ZaittbiMgaMlwle Oofita 19 — 19
QewerWiohe FortbildaDgewbiile EbDat-Kappel , . . 22 — 22
389 9 398
KanUin QraukQnden,
GewerMiobf Fortbildungasobale Cbar 155 — 155
Fraueuarbeitsschule Chur — 43 43
Gewerbliche Fortbildiiogsschole Thusis 15 — 15
ITÖ 43 " 213'
KoMUm Aargau.
Haadwcrkemhiile Aaraa 169 — 169
, Aiirburg 30 — 30
, Baden Ö7 — 87
, Brugg 40 — 40
« Lensbnrg 49 — 49
, Rheinfelden 34 — 34
^ Beufi-Gebenatoif 28 — 28
, Zofingen 66 — 66
Muri 38 — 38
„ Bremgarten 34 — 34
575 — 575
KitnUm Tkurffom.
GewerUicbe FozibildnngMchnle FrM«aibld .... 137 — 137
a n Arbon 45 — 45
, « Bischo&zell .... 40 — 40
- - Dießenhofen .... 34 — 34
a , Oberhofen -Känoh weilen 14 — 14
270 — 270
Kanton Tmcm.
Zeidmtmgsachiile Agnu 53 — 53
, BellinzoDft 39 — 39
, Breno 19 — 19
« Ceyio 15 — 15
GluAMO 30 — 30
, GvBidMio 14 14
, Onrio 56 — 56
* LoMTHO 52 — 52
,1 Lngano 145 — 145
« Mendrisio 49 — 49
« BiT«n — 16
üdberlM« 488 488"
* Pamir 9 mlnnlicfae und 19 wnUiche Haapitantfla.
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GewwbliehaBBildungsweseD — 194 — GewerbUclMsBildiiiigBweBeii
Sekllw
Uebertrag
männliche
weibliche
—
Total
488
82
—
92
34
84
39
—
39
xTi 1
20
--
20
623^
623
Kanton Waadi.
Ateliers de 1 ecole mdastnelle cantonale Lauäaoiie
106
106
Gönn d*eiMdgneineiit profeMaooo« LanniMie . . .
138
^ mm
57
190
JBcoIe DOfmalei oonn da mpouage et de eemniuige
121
121
360
57
417
Kanton Neuenburg.
Ecole de dewin ptufeäHionnel Neuchätel
130
—
130
Eoole d*«rt et de gravnre Gheaz-de-Fonde ....
271
48
814»
Conn d^entfiigDeineBt piofMiioiiiiel Loole ....
165
124
309
22
——
32
» « Chaux-de'Fonas
4S
42
53
— —
58*
Ecole profeasionuelle pour jeunes nlle« Chaux-de-Eonds
73
73
708
240
948
KanUm Genf,
Academie professionnelle Ueneve
281
o
609
Ecole cantonale arU indiutriele Geaeve . . .
V V
)2 ?
192
292
115
407
66
66
639
~443
1,274
ZMOmmeMUff. SchUler
mänuliche
weibliche
Total
Zttricb . . .
2,120
167
2,295
1,281
72
1,353
137
137
31
31
llß
116
ünlcrwaldcn ob
dem Wald
')d
59
Uutcrwalden nid
dem Waid
Ibl
181
341
139
430
Zog ....
52
52
93
13
106
Solothiirn . .
• • « «
237
237
469
560
1,029
Basel- Landschaft
149
149
241
241
69
69
8t. Gallen . .
389
9
308
Uebertrag
5,973
960
6,933
* FernMT 21 mämdidie und 1 weibliche Haapitantaii.
. * ■ ■ •
• e 176 , . 5* ,
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gewerbliches Bildungswesen
— 195 — . GttWffMidi«« BUdungäwesan
SehOI«r
mfinntfche wniMk-ho
Udbertrag 5,97;5
Gr&ubUnden ..... 170
AurgMt 575
Thurgau 270
Tessio 623
Waadt 360
Neuenbürg 708
Gf«of . 639
?
960
43
57
240
443
?
Total
6,933
213
575
270
623
417
948«
1,082)
? 192|
9,818 1,743 11,253
* F«riMr 93 mtanUdie und 1 weiblidw Hospitanten.
Stipendien. Gesammtsumme der vom Bunde ausfferiGkt^n St^MmUen.
Jahr
1885
1686
1887
1888
1889
1890
Summe der StipendlM
Fr.
Stipendiaten
36
81
107
161
125
Total Fr.
Betreffend die Firtiiipation der ^nselnen Stipendintenkniegorien an obigen
OeeemmteniDmen bieten beiepielaweiiie folgende iwdi Tabellen der Jahre 1889
nnd 1890 eine erlKatemde Uebereicht.
at^ndien 1869.
7,940
15,050
19,000
24,340
iH.'.ns
y4,405
1£ a 11 1 one
FIr Betnch
von SchHlea
FDr
Reisen
FUrdenV.Hand-
fartifkeiksliurft
fietammt-
beträge
Slip«D-
4»tti
Sli|i«n- 1
int«
Betrag
Stiprn-
Vt,
Fr.
Fr.
Fr.
Zürich .....
11
4,600
2
160
4,760
Bern
5
i,:^oo
9
725
8
750
2,775
Luzern
8
i,böu
1,«50 I
Freiburg ....
3
1,000
1
120
1,120 j
Solothurn ....
1
360
3
360
710
Baael-Stadt . . .
7
900
900
Basel -Landschaft .
1
430
430
I ApiK'Tizell A.-Rh.
2
600
600
Appenzell I.-Rh. .. .
1
50
50 1
St. Gallen ....
150
2
100
6
600
850
Granbttnden . . .
2
450
4
600
1,060
Aargan
4
1,400
2
300
1
100
1,800
Thurgau ....
8
1.450
2
200
1,650 '
Wandt
1
2U0
____
10
980
1,18U
Wallis
6
450
450
ÜTenenburg. . . .
17
1,615
1,615
Genf
l
150
H2
2,400
2,550
45
12,830
2«
3,775
88
7,735
24,340
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Qewerblidiet BUdungBwweD 196 — Otw€rMidie>PM«oi»wca<a
Der große Betrag fdr Reisesttpeadien ist baapttlcUidi mf den tthlniehen
Beraoh dm: pAriser Weltaaaatollang larttoksaftthroo.
Stipendie» 1890.
1
1
1 KABtoite
1
r
FDr Besuch
von Schulen
IVJMtrukUoM-
knrt M Tedh
nikuMWIntorth.
VI. Iiaii4-
iertigkeiMuirt
Kl Basel
belri|ft
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1
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Zürich . • • . •
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1,460
5
' 1,150
5
400
3,010
Bern
4
1,350
8
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6
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8,376
. für Bmaeo . .
676
— *
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Sclnrys
—
ObwBldan ....
1
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KidwftldeD ....
—
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2
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160 '
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2
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400 1
Freibarg
9
900
900
Solofhuni ....
1
&0
3
700
3
310
960
Basel-Stadt ....
12
720
720
BaHel-Landt^chaft .
1
430
— -
—
430
SrhafThauaen
1
100
100
A{ipt-Dzell A.-Rh. .
2
650
1
50
900
AppeDBOU L-Kn. .
1
50
-
ÖO
1 Ri Gallen
S
300
6
480
7B0
Grantrtliideii . . . .
3
760
2
200
960
Aarga«
7
2,200
1
80
2,2f<0
Thur^'au
2
500
1
250
3
240
990
TesHin .....
Wudt
1
100
12
1,200
1,300
Wallis
Neuenbürg ....
16
1,600
1,600
Genf
32
8,525
14
3,600
79
6,790
18,910
\h^^ ^tipFTiffiiiten der ersten Kategorie haf ru ihre durch daa bez. Reglement ror-
geacbriebeneii \'erptlichtungen mit eine reinzigen Ant>nabnie voll und gauz erfüllt. Die
Zeagniaae der von ihneQ fre^ueutirteo kunstgewerblichen und gewerblichen Bildunga-
«nstalten, reep. d«reii Yontänden lavten doidiwegs günstig and die «jigeMudten
Arbeiten (ZeiobnaDgen und Modelle) macben den Eindruck« daß die Stipendiateii
fleißig gearbeitet, und meistenthcils sehr gute, selbst vorztlgliche Resultate erzielt
haben Einige wirken bereits an acbweizeriaoben gewerblichen und indaatriellen
Bildangnanstalten als Lehrer.
Die Kmpiknger von BeiBestipendien babw TOrgeeehriabenen BeiBeberiebte
jeweilen dem eidg, Deputenente Vbermittelt.
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Gewerbliches BUdongswesen
— 197 —
Uewerbiiches Bildimgswesen
Es beftidea meli dunmtar mandu hBohst lehrrnobe Bdtiige betn^and du
gewarbliohe und indottiielle BUdnngswaseii ift der Sehweis und im Aulttide.
Die TheUnebmer der InstroktioiBiklllM für Zdebattngslebrer gewerblicher
Richtung am TpcTiniknm Winterthur, »owie diejenigen an den Handfertigkeit*»-
kurzen haben Uber deren Yerlaui und Erfolg dem Departemente doroh ELoUekÜT-
bencliie Kenntniß gegeben.
Bn ndesbeiträge an versohiedene Faehkarae eto,
188(». BoadeBbeitrag,
Fachkurs ßr Schuhmacher in Winterthur, 14 Tage dauernd . JFr. 150. —
^ , „in üttsei, 3 Wocbeu dauernd . . , 150. —
Eioualiger Beitrag an die Firma Laurenz Meyer in Heriaau fUr
EinßhruHg Mehter WoUttoffi 6000. —
1887.
AwMtitliiJi ^ eohwajseriadheii Lehrertegee in St. GhUleo fimd «m
25., 26. und 27. Sept. tine Aussielluny von ArbeHen (am
den Jahren 1886 und 1687), Lehrmitteln und P>>>rframmen
gewerblicher Fortbildungsschulen statt, veranlaßt durch
den Verein zur Förderang des Zelohenonterriobt» in der
Schweii, in Terbindiing mit Ihehminnieohen Beforaten.
Der Bund leistete einen Beitrag au die bes. Kosten von . „ 200* —
Der Bund unterstützte die vom Verein zur Fi5rderung dea Zeichen-
unterrichtea herausgegebenen „ Blätter Im- den Zeichen-
unterricht" durch 203 Abonnemente „ 609.
nnd gab dieeelben nnentgeltlioh an die ^on ihm sabTen*
tionirten gewerblichen Bildungsanstalten ab.
Tom 10. — 30. Januar fund in Baar, Kanton Zug, ein Fachkwn
für Schuhmacher statt, Bundesbeitiag an denselben . . . « lÖO. — ■
1888.
Der Hcbweizerischeii ptnnarieiiten Schulatisstelluiig in Zürich wnrde
zur Vervollständigung ibrer Leitrmittel für gewerbliche Fori-
biläungsstMlen, baeireDd ani einen von Herrn Ftof. Beadd
in Schaffhanaen aAgefertigten Lehiraitlelkttalog ein «aßer-
(trdentlicher Beitrag von ^ 9800. —
bewilligt. Die Sammlung wurde beinahe vollständig beöchatl't
und aufgestellt und es wird eine wichtige Aufgabe ihrer
Lettong sein, aie nun fortwfthrend «uf <to BXH» der Zeit
n erhalten.
Ein Fachkurs fiir Schuhmacher (30 Theilnehmer) , der vom
27. Februar bis 9. April in Zofingen stattfand, erhielt etaen
Bundeabeitrag von 126. —
Iii Außersihl (Zürich) fand ein Kurs für Zuschneiden und Kleider-
mocAen (31 TheUnehmerinnen) statt, welcher von Ende
Mai bis Ende August dauerte; fiundessubvention . . . , , lÖO. —
Wie im Jahr 18H7 wurden fUr AbnvnemenU (Mtf die „Blätter
ßr den ZeichenunUrridtt^ bewilligt , 600. —
T889.
Der Zuschneidekurs ßr Schuhmavher in Aarau, 4. — 17. Februar
(14 Theilnehmer), wnrde nntersttttzt mit 143. —
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Gewerbliches BUdang8we8«n — 198 — - Gewerblichem Büdun^wesea
Der Fachkurs des Schuhmacher- Meister Vereins Alulorf, 11. — -23.
Fttbniftr (9 Theilaeluncr) mit Fr. 150. —
Der Faekkurs des Belwkmaekermeitterwrem» Bern (38 ThttiU
nehmer) mit • 75. —
Der Fachkurs des Schuhmacher'Arbeitervereins Bern (26 Tbeil-
nehmer) erhielt « 150. —
Der Fachkurs des Scftuhmaeher^MeisUrvereina Borgdorf, 14. bis
27. Janaar (26 Tbeifaiehmer) , 200. —
Dar t\»ddBurs des Schuhmacher' Meister peretM Zoftngen 14.
Januar bia 6. Februar (24 Theilnehmer) , 125. —
Der Fachkurs des Schuhmarher-Mtisiercrrein't Solothurn, 25. bin
31. MUTZ (18 Theilnehmer) 100. —
Der Zttsdineidekurs des Sehnetderfaehvereine m Aaran .... 100. —
Der 2ki$(^eidekiiir8 des Arbtiietvereim der Schnculer, in Bern,
2. Des. 1888 bie 24. Mira 1889 (16 TheUoebmer) er-
hielt , 13Ü. —
Derselbe ArbeiterveretH der Sclumder in Bern an seinen Kut^
im Winter 1889—1890 70. —
Der HandsUdeereikurs in Appeniell, 1. April bie 35. Mai (26
Theilnehmeriitnen) « 300. —
Der Manchhirnii'ihJnns Anßersihl, 29. Aagast bie 6. November
(20 Theilnehmer innen) « 150. —
1890.
E« erhielten in <li«'hem Jahre ijaiitittssuljventionen :
Der schweizeritiche Verein für horiUrmty des Knahenarbeiis-
unierridtts fttr eine Prne-AiieiohrdbsDg belral^ Erlangung
paneender Lehmnttel, inniobat Ittr den ünterriobi in Car-
tonnagearbeiten ; Beitrag pro 1H91 « 1000. —
Die Rppiernng de» Kantone Bern für den Hatu^eriigkeitskurs am
Seminar Hofwyl pro 1890 und 1891 700. —
Das Gewerbemuseum Winterthnr (ttr die Anschaffung der Aep^
pH'sehen Modeltet behuft VervielAltigung denelben als
Lehrmittel im mechauisch- techniicbeii Zeichnen (dnrob die
BenifHNchule Olr Metallarbeiter) , 1450. —
Der historisch - antiquariHche Verein Winterthur tiii die Konten
der für die kunstgewerblichen Fachschulen ein nehr Schützens*
werthee Lehrmittel blldendea Pablikation r> Meisieneerhe
schweigeriseher Glosmalerei* • 1000. —
Die Kegiernng des Kantons Appenzell Inner-Rhoden f\lr den
Uandstickereikurs in Appenaeil, b. April bis 24. Mai
(äl Theilnehmerinnen) « iiUO. —
Die R^erong des Kantons ZUricb für den II. Zuidm^dtk^rs
in Anßenihl, SO. Juli bis 10. Oktober (19 Theilnebme-
rinnen) ^ 150. —
Wie bisher wurden der Zeitschrift ^Blätter für den ZeUkem-
unterr/cht' durch Abonnemente zugewendet , 600. —
Endlich ist noch zu erwähnten, daß seit 1H8() dem schweizerischen Ge'vrrbe-
rerei'i an die von demselben veranstalteten LvhilmifsprAfunyen ein Bundes-
beitrag von jährlich 3500 Franken bewilligt worden ist.
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Gewerbliches Bildungsweseu
— 1»9 —
Gewerbliches Bildongswesea
Erste Hch w e i zer iscb e AuBHtelluQg des gewe r bliclieu Furt-
bilduugaao hui Wesens.
Unter Voisiti des Departementevcmtehers wurde von 39. Iris 81.
Jsnnar 1890 in Genf in einer PlenanitcaBg der Sxpatm fttr das gewerbliehe
nnd indttstrielle Büdnngewesen das bes. Projekt dieser Sobolausstellung dnrdi*
beratiien und bieranf vom Departement dessen Durchführung beeohloeeen.
DHsaelbe besteilte am 10. Februar zu diesem Zwecke eine allgemeine Ans*
eU'llui t':-kommift««ion und ernannte zn deren Mitgliedern die Herren:
Profeuäor H. Benddt i° Schalt hauüen ;
Architekt W* Bubeck, Direktor der allgemeinen Gewerbeschale Basel;
L. M^er, Direktor der Hendwerkendmle Aaran;
Architekt Ad. Tteche, Bern;
8» Wehurtrtvrr, Direktor der Kunstgewerbo.schul»' Luzern;
in itirer HigenHchaft nh Kxperten für die gewerblichen ir'ortbildangs-
Echulen, Zeichoungs- und Uaud werkerschalen.
A, Weber, ZeiobnnngslBlifer «m Gjmnarinni in Zlirieh, als Ywtreter des sohweise-
risdien Terdns yon Lehrern an gewerblichen Fortbildnags* nnd Fach'
scbulen ;
Prof. r. S<'hoop, Zürich, als Vertreter des schweizerischen - Vereins sur För-
derung des Zeichenunterrichts;
Prof. Dr. 0. Huneiker, Klißnacbt, als Vertreter der Spezialkommission der
sohweiserisehcn gemeinnlltsigen Gesellsolialt fttr gewerbliches Fortbildnngs»
-r] ml wetzen .;
W. Krt'hs. Sekretär des Schweix. Gewerbevereias, Zflriob, als Vertreter des-
KC'llicii :
Bichirul-trutciard, secretaire-inspecteur de 1 ecuie cantonak' de» ArU iadustriels,
Geniye, als Vertreter der gewerblichen Bildnngsanatalton der romaniselien
Sdiweis.
Ben Yornts Übertrug das Departement Henrn i^fesBor Bendel in Sehaff-
hausen.
F^i»'.se Koiiuuifisioii stellte am L'G. Februar eine „ Vr-rordnnng für die Aus-
Mtelliing der vuni Bunde subventionirten gewerblichen Forthihlungsschulen. Hand-
werkerticbuleu und gewerblichen Zeicbenkurse" und um „Reglement über die
Beschickung der Anastellnng* auf, welchen Vorlagen das Departement am
5. Män die Genehmigung ertbeUte. Dasselbe ernannte am 6. März das vorge-
sehene engere Ausstellungskomite aus den Herren Professor H, Bendel, PrO'
frssor }Jr. 0, huHMtkeTt Professor ü. Sdmpt W. Krebs und Direktor Wein-
gartner.
Die Ausstellung war f&r die sobTentionirten Schulen genannter EategMim
obligatorisch und sollte deren nach dem 1. Hai 1889 fwtiggestellte Sehttler-
arbeiten umfassen.
Sie fand vom 14. — 28. Septtnnber in deu Rauiiieu der eidg. polytechnischen
Schnle in Zürich statt, unter Betheiligiing von Schulen (mit 40.'» Lehrern
und Sohiiiernj und der scbweiseriMcben permanenten SchulauänteUung in
Zttrieb, welche «ne Auswahl von Lehrmitteln auszustellen hatte.
Alle gewerblichen Fortbildangsschulen, Uandwerke»cbulen und gewerb-
lichen Zeichenkurse, deren Betheiligung obligatorisch erklärt wurden, waren
erschienen, so daß sich ein möglichst vollständiges Bild der in der Schweiz auf
diesem üebiet unternommenen Bestrebungen darbot. Ein „Ofüzieller Katalog",
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Gewerblicbea Bildungswee«» — 200 — Gewerbliches Biidungswesen
enthaltend : A. eine Einleitung (histomche Entwicklang des gewerblichen Fort-
bildiingBMhiilweaeiu in der Sebweis), B. die BeeehzeibiiDg der einaelnen Anetalteii,
C. daä Verzeichniß der Lebmittd tÜT du gewerbliohe Fortbildnngsadudwewn,
gab die nöthige Wegleitang.
Nach Art. 3 der Verordnung sollte die AnRstellung „eine Vf*rc]^l»'ichende
Uebersicht über die an den einzelnen Anstalten üblichen Lehrmethoden und die
erzielten Unterrichtserfolge ermöglichen . Sie maßte daher von Fachexperten
geprttll werden. Du Departement ernannte ra eolcben :
Für eiementares Freihandzeichnen : Herrn Prof. Ed. Kaiser^ La Chaux-de-Foudsi
« bemiliohea FreihandMichnen : Herrn Faoblebrer AUt, Waffen^ Basel;
« IdDeaiMiobnett : Herrn Rektor A. Beni^, Bern;
« bantechnigchfH Zeichnen : Herrn Direktor Emü Wild, St. Gallen ;
« mechanisrl technisches Zeichnen: Herrn Ingenieor J. J. Eeifer, Winterthur;
K freies Mudt^lliren, Holzsohnitzen, Holzbrandtechnik: Herrn Fachlehrer Jas.
HoiiuOeie, in Basel;
,1 SohtdimaebeRnobnra : Herrn Scheideffffety Vorsteher der LehrwerketKtten«
Bern ;
n die theoretischen Fächer : Herrn Seminardtrektor Pcier Qunsingert SoloÜiam,
und Herrn Pfarrer J. Christinger, Hüttlin^^en.
Die Fachexperten haben die Ergebnisse der Frütung in einer vom Depar-
temente auf Schluß der Ausstellung veranlaßten allgemeinen Konferenz von
Ytttreteni ^ Behörden, Ton ToiatdiiBm nnd Lelwern der anaatellenden Anstalten,
weldie luderst xablreieh besacht var, in Form anregender Beibrate mitgetbeilt,
die nebet der «iob ansoUießendai IKdinHion rar YertliieBstUdbning gelangt sind.
Außerdem erstatteten sie dem Departement schriftliche Spezialbericbtei die
kritischen Benierkongen ilbcr die einzelneu Schulen enthaltend ; jede der letztem
hatte vuD den t>ie bctretleuden durch Vermittlung der Kantum^regierungen Kenntniß
erhalten, damit die Resultate möglichst verwerthet werden.
J)io Ausgaben des Bundes für die Ausstellung betrugen:
Für Kommi!*8ionen, Connt^s, EhrenauBgabeit Fr. 5,077. 26
„ Fachexperten « 3,046. —
p Druck« und Lithographiekoaten, Katalog, Referate, Zir«
kulare, etc , 2,922. 75
« Einrichtimg, Betrieb, Transport, eto , 4,634. 48
Total Fr. 15,680.48
Eh darf kunstatirt werden, daß die Ausbteliung, Dank besuuderä auch der höchst
anerkennenswerthen Bemilbnngen ihrer Organe einerseits, and der anssteUenden
Kreise anderseits, als ein im Ganzen wohlgelungenes Unternehmen sich darstellte,
und außerdem einen neuen Beweis tür die seit dem Kingreifen des Bandes
gesteigerte Entwirklung des gewerblichen Berufsbild ungswesens leistete.
Eine Ausstellung der vom Bunde aabyentionirtda kunstgewerblichen und
tecbnisch>geverblidien Ftohsobnlen, Kurse vnd LehrwwfcstKtten warde lOr das
Jahr 1892 in Aossieht genommen, naobdem die Experten der I, und II. Gmppe
anf Veranlassung des Departements in einer Konferenz in Locle die Frage begut*
X'htet liutteii. Verordnung und R^-gleinent sind bereits entworfen und die
Angelegenheit wird da8 Departement im laufenden Jahre (IbUl) weiter be-
schäftigen. (Gesehrieben im August ISIU.)
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Ciewerblicbe« Bildungswe^n ^01 — Gold- u. Silberwaareukontrolie
Bu IJ (1 e s 8 u h V e u t i ü u e n im J a h i e 18 9 1.
An da» Technikum Winterthur Fr. 39,000
, iie allgemwne Grewarbeeehnle Basel « 17,000
, die Eueabahnaohale Biel 7,000
, 7 En n»t crewerbe- und kunstgewerbliche Zeiohnaiignohnlen . » 49,289
3:5 geweibliche Zeichnungsschulen , 14,371
, 6'6 gewerbliche i^^rtbildungs- und Handwerker^chulen . . « 52,173
« 8 Webfolinleii fttr Seide und Baumwolle 10,000
« 7 Ubmaehenohalen , 65,901
. 8 Lehrwerkstätten . , 27,945
„ 1 Scbnitzlerschule , 2,r)00
, 5 Schulen für weibliche Handarbeit „ 6,700
„ 13 Industrie- und Gewerbemuseen, LehrmitteU&uimlungeu . 79,878
Total Fr. 363J57
Oiniel«AiiboiiBe-AlliiBMiii. Dieee EieenbaliiiBtreolce wurde Tom Band am
9. Oktober 1890 konxedirt Die projekkirte Länge betrigt It km, die Spar*
weite 1 m.
Göschenen-.V iidcrniatt. Diese F'isenbahnstrecke wurde vom Bund am
10. Oktober 1890 konzedirt Die projektirte Länge beträgt 3,7 km, die Spar-
weite 1 lu, die Maximalsteigung 200 "/r>o.
Gold- und Silbcrwuureii-Abfälle. Das auf Seite 79 im I. Band erwähnte
Gesetz ist perfekt geworden. Die Zahl der mit dem Handel von Abfüllen er-
mSebtigten Peraoneii betrag End» lß91 91. Von 1887—1891 (5 Jahre) Warden
jährlich 26,500- 29,350 Geschäfte gemacht (! !<li cbnittlich 28,145) ond der
bezBhIte Werth der Abfälle beliel eich auf durchsohoittlich 3'676,3t>0 Fr.
Gold- und Silberwaarenkontrole. (Ergänzung des Artikels im I. Band,
p. 781; nach Mittheilungen de» eidg. Amtes für Gold- und Silberwaaren.) In
Folge eines deutschen Keichsgesetzen Uber den Feingebalt von importirten Gold-
and Silberwaaren erliwa der «shweiz. Bundesrath am 1. April 1887 u. A. fol-
gende Yorsobriften :
1) Für goldene Uhrgehäuse, welche die Feingehaltsbezeiehnung 0,565 tragen, ist
die Koiitroliriin;.' in iilk'ii FriHcn nhligatnri'*ch.
ä) Die goldenen uud silberneu Uhrgehäuse, welche uaclt Deutschland bestimmt
sind nnd eine der gesetsliehen Feiiwehaltsbezeiehnongen tragen, Dämlich :
für Gold f).5sr,
0,750 und darüber,
fOr saber 0,800,
0,875 und darOlter.
können den amtlichen Stempel erst erhallen, nachdem die mit jedem einzelnen der-
selben vorgenommene Probe bewiesen bat, daß sie sowohl in ihrem Ganzen als in
ihren einzelnen Tlieilen dem angegeben lh Vollgehalte wirklich entsprechen. Für das
Gold ist eme Fehlergrenze von &Tausendtheilen, für das Silber eine solche von 8 Tausend-
tbeilen, auf dem Gegenstand im Ganzen nnd mit der LOtiiung emBesehtnoliMi, gestattet.
4) Die Stempelung der in Ziffer 2 des gegenwärtigen Beschlusses angefahrten
W'aaren hat auf folgende Weise zu geschehen :
f&r den Feingehalt Gold iCsesj; diirdi zwei sjrmmetrisch angebrachte Stempel*
z< ichi II. &dH eine, das Bicbborn*, flher, des andere, des «kleine Eädkhom*, unter
der Feiogehaltübezeichiiung;
tOf den Feingehalt Gold < >,73ül und darOber: dttrdi swei symmetrtsdi aajie-
brachte StempelzeichL-ii. das eine, die .große Helvetia*, aber, das andere, die »Ueine
Helvetia", unter der Feingehallsbezeichuung ;
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fiold- u. Silberwaarciikoulrole
— 202 —
Gold- u. SilberwaarcnkoDLrole
für d«n Feingehalt Silber K>.som : durdh zirei symmetriseb umlirachte Stonpdi-
zeichen, <l;is- eine, dor .(rroße Auerhahn", über, daa andere, der Jueine Äneihalui*,
unter der FeiDgehaltsbezeictinung;
fQr den Feingehalt Silber fO,eiya| und darflber: durch zwei sytnmetriacfa enge-
Imtdite Stcm])clzeiclu-n, das eine, der «grofie Bftr*, Aber, das andttre, der «Ueiiie Bftr*,
unter der FeiDgehallsbezcichnung.
Diese Stempelzeiehen werden aut den Deckeln und Staubdeekeln angebradit. Es
ist auch, je nach dem verfrigbaren Platze, gestattet, ne redits und Iblu der Feinge»
haltsbezeichiiung aiuubriugen.
5) Wenn goldene oder süberoe Uhrgehfluse welche zur Rontrolining vorgelegt
wurden, dem angegebenen Feingehalte nicht ent-iprechen. so haht ii die Kontrolbüreaux
nach Maßgiibp der gesetzlichen und rct.'lcmeiitari<( lu'n Bostimmunpen zu verfahren.
6) Die vorstehenden Besfimuiungen sind aul goldene und silberne Uhrgehäuse
anwendbar, welche zum Export nach Deutschland bestimmt sind, gleichTiel, ob dieselben
mit dem deutschen Stempel versehen seien oder nicht.
Die nach Deut£chland bestimmten Uhren milRRen ferner mit der Fabrikmarke
des Fabrikanten versehen sein, und die Fabrikmarke muß beim Handelsgericht
in Leipzig hinterlegt werden. Das deutsche Reicbsgesetz verlangt zudem, daij^
auf den Goldwaaren das Sonnieiehen, auf den SUberwaaren das Mondaeiohen,
jedes nebst kaiserlieher Kzone in folgender Weise angebracht seif und swar vom
Fabnkanien selbst.
Spezielle Vorecbriften bestehen auch für lie zum Export nach England
bcNtimmten Uhren. Diese mUsKcn mit folgenden Marken versehen «ein : \WC
oder 1 0,755 tur das Gold, j 0,935; oder STERLING SILVER 0.935 1 für das Silber.
Das eidg. Kontrolzeiohen besteht fUr das Gold in einer dreifachen Helvetia, fdr
das Silber in einem drei&ohcn Bär. Dieee Zeichmi sind auf der Innenseite der
Deckel, unterhalb der Feingehaltflangabe, folgendermaßen angebracht:
FHr daa Gold: .
0995
Fttr das Silber:
i
Ferner wird daH eidg. Kontrolzcichcn. Kowohl für die nach England als auch
anderen Ländern beätimmten Schaleu, uouh auf den Rändern und auf den Bügeln
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Gold- u. Silberwaarenkonlixile
— 908 —
Haflptltcbt
«Dgebnobt. Di« Kontrol« der Bilgelringe ist obligatoriseh fttr die naeh England
bestimmten Uhren.
Die Stempelung der Bijouterien ist bis zur Stunde fakultatif geblieben.
Daa frühere Kontrolamt in Madrotscli wurde mit demjenigen in Biel
vereinigt (1H91). Neue Koatrolämter wurden errichtet in Pruntrut (lä. März
1888), und in Grenchen (10. Mai 1890), so daß heute (Jan. 1892) 12KoDtrol-
imter besteheD.
In denselben worden seit 1885 gesterapelt:
Im lahre 1886. IMS. 1889. 1890. 1891.
ührenschalen. Stk. l,2b'j,(;:n 1,941,274 2,502,619» 2,617,414 2,283,13(>
Bijouterien . „ Sa, 172 40,912 41,917 27,725 36,851
Das eidg. Diplom zur Ausübung der Fiinktioiu-n eines Probires (Gftld- und
Silberkon truleur) ist von 53 Personen erworbeu worden. (Geschriebeik im Januar
1892.
Betreffend den Handel mit Gold« «nd SilberabiXllen siehe den vorher-
gehenden Artikel.
Olirbetlialbalia (Bern^Tbnn). Diese dem Ingenieur A. Beyeler in Bern
vom Bund am 17. April 1891 konsedirte Eisen bahnstreoke soll eine Lilnge von.
30,45 km und eine Spurweite Von 1 m erhalten.
Haftpflicht. Zar Ergänzung des Artikeln uuf Seite HKl u. ff. im I. Band
muß sich die Redaktion dieses Werkes in Anbetracht des knappen Raumes,
welcher dem Supplement zugemessen ist, darauf bescliränken, mitzntheilen, daß
am 26. April 1887 ein «Bnndesgesets betreffend die AusdehniiDg
der Haftpflieht and die Ergänsang des Bnndesgesetses vom
25. Juni 1881" erlassen wurde. Itesaelbe ist am 1. November 1887 in Kraft
getreten und hat folgenden Wortlaut:
Art. 1. Die im Bnndesgesetz vom 25. Juni 1881 für den Betrieb der
Fabriken (Art. 1 und 2) und der in Art. 3 desselben bezeichneten Industrien
festgesetste Haftpflicht findet nach Mal^abe der übrigen Bestimmungen jenes Ge-
setstes ihre Anwendung auch anf : 1) alle Gewerbe, in welchen explodirbare Stoffe
gewerlxsni.ißijtj erzeugt oder verwendet werden ; 2) die nachstehend verzeichneten
Gewerbe, Untemt hninngen und Arlieiten. soweit .sie nicht schon unter vorstehende
Ziffer 1 fallen, wenn die betri^llenden Arbeitgel)pr während der Betrieb^/eit
darch>'cbnittlich mehr als .) Arbeiter beschäftigen: a. das Baugewerbe; inbegritleu
sind hiebel alle mit dem Baugewerbe in Znsammenluuig stehenden Arbeiten und
Yerriohtungen, gleichviel ob dieselben in Werkstätten, auf Werkplitien, am
Bauwerke selbst, oder beim bezüglichen Transport vorgenommen werden; h. die
Fnhrbalterei, den Schiffsverkehr und die Flößerei; ntif die Dampfschifffahrt findet
gegenwärtiges Gesetz mit Vorbehalt von Artikel 4, 6 und 7 desselben keine
Anwendung; c. die Aofstellnng und Reparatur von Telephon* und Telegrapben-
Iwtungen, die Aufstellung und den Abbruch von Maeehinen und die Ausführung
von Installation technischer Natur; d. den £aiienbahn-, Tunnel", Straßen-, Brücken-,
WaKȟer- und Brunnenban, die Krstelluitg von Leitungen, sowie die Ausbeutung
von l^erLTwcrken, Steinbrüchen uikI Gruben.
Art, 2. Haftbar ist, in den Fallen von Artikel 1, Ziffer l und 2, der
Inhaber des betreffbnden Gewerbes, beiiebuttgsweise bei Ziffer 2, litt, c und
der Unternehmer der betreffenden Arbeiten, aneh dann, wenn er die Arbeiten
* AuUerordentlich hoeh in Folge der VVeltaussiellung l«89.
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Haftpflicht
— 204 —
Haftpflicht
WMi Dritten war Aiiaflihnmg ttWtngm hi^ Weiden daitfaw 4ttt in Aitikol 1
beaeichneten Arbeiten in B^e wngefHlurt, eo wird die Heftpflieht von der be-
treffinidt;!) Staatb-, Bezirks-, Gemeinde- oder EorporationsTerwaltang getragen,
immerhin unter der Vorautisetznng, daß für dienn Arbeiten gleichzeitig mehr als
5 Arbeiter verwendet werden. Für die beim Eisenbahubau vorkommenden
Haftptiichtfälle bleibt, bezüglich der Haftbarkeit der konzesBionlrteo Untärnehmung
and des Umfang« dea an leiatenden Scttadenersatsea, Artikel 1 des Geaettee vom
1. Jnli 1875 vorbehalten.
Art. Plan ßnndesgesetz vom 25. Jnni 1881 worden anch die mittelbar
mit dem Fabrikbetriebe in Zusammenhang stehenden Dien.stverrichtuugen unter-
stellt, auch wenn dieselben nicht in den geechloN«enen Räumen der Fabrik vor-
gwiommen werden.
Art. 4. Dem ▼orerwShnten Bnndeageielie werden im Wdtem nnteratellt
die in Artiicel 2 des Bundesge^etzen vom 1. Juli 1875 und in Artikel 2 dea-
jenig:en vom luni ly81 unter dem Ausdruck „Betriel " nicht inbegriffenen«
aber mit letzterem in eiuem Zn«fammenhang stehenden Hlihsarbeiten.
Art. 5. Die Artikel 2, letzter Satz, 1 und 19, des Bundesgesetzet» vom
33. MBm 1877 sind anf die in Artikel 2 dea gegenwiriigen Qeeelaea erwähnten
Inbnber von Gewerben, be&ebnngeweiie Untemeluner von Arbeiten gleiohfiJle
anwendbar.
Art. 6. Die Kantone haben auf dem Gettetzgebungs- oder Verordmingswege
dafür zu sorgen, daß: 1) den bedürftigen Personen, welche nach Maßgabe des
gegenwärtigen Geaetiea oder deijenigen vom 1. Jttli 1875 nnd 95. Jnni 1881
Klage erheben, anf ihr Verlangen, wenn die Klage nach vorlftnliger Prttfnng
des Falles sich nicht zum Voraus als unbegründet herauHstellt, die Wohlthat dea
unentgeltlichen Rp'^>i^^V>ei8tandes gewShrt nnd Kautionen, Expertenku.sten, Gerichta-
gebUliren und StcmpclUxeu erlaji^eu werden; 2) Streitigkeiten dieser Art durch
einen möglichst rat^chen Prozeßweg erledigt werden können.
Art. 7. In Haftpfliehtfltllen, welche sum Entaoheid dea finndeageriebteB
gelangen, ist der Kläger, wenn er dem Gerichte als bedürftig evBcheint and die
Klage nnch vorläiiliger Prüfung des Falles sich nicht zum V'ir.ni'^^^ mIs •inbegrllndet
herausstellt, von Erlegung der GerichtsgebUhren und jeder in Artikel 2tl des
Bondesgesetzes vom 13. Juli 185;'> vorgesehenen Sicherheitsleistung zu entbinden.
In aolohen F&llen aind mgleieh die gemKß Artikel S3 deaaelben Geaetaea dem
Kliger obliegenden B^tenvorflditBBe, eowie allftllige Zangen« nnd Kanileigebtihren
jeder Art aus der Gerichtskasse zu beitreiten.
Art. 8 Die lubaber von Gewerben, beziehungsweise die Unternehmer von
Arbeiteu, auf welche sich das gegenwärtige uud das Gesetz vom 25. Juni 1881
bezieht, haben ein Verzeichniß der bei ihrem Gesobäftebetrieb vorgekommenen
erhebliehen Unfltile naeh einem vom Bnndesrathe aubuetellendMi Formolare an
führen, aus welobem außer dem Tage nnd dem Aufgange des Unfalles zu ent-
nehmen ist: 1) wann dir vorgeschriebene Anzeige bei der zuständigen Behörde
gemacht, 2) welche Entschädigungen nach Maßgabe von Artikel li den Gesetzos
vom 25. Juni 1881 ausgerichtet worden, und 3) aus welcher Uuelle diese ge-
flossen aind.
Dieae Angaben sind spittestena drei Monate vor Ablauf der Verjfthningsfiriat
(Art. 12 und 13 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1881) der kantonalen Be-
hörde einzusenden und von dieser auch dem Fabrikinhy>»'ktor den betretfenden
Kreises mitzutheilen. — Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses
Artikels sind mit einer Buße von 5 — 100 Fr. nnd im WiederholungglaUe"Sir
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Hallpflicht
— 205 —
Bwidehmttsecik
300 Fr. SU bet^^, welche neoh ][a%abe der kantonalen Oesetie aosgeeproehen
wird und dem betreifenden Kanton nittllt« — Der Betriebsunternebmer ist iill
Falle der Unterlassung der Mittbcilting znr 'larhträglichen Anzeige anzuhalten.
Bei der verspäteten Anzeige läuft die Verjährungsfrist erst drei Monate nach
LiDgang dor Anzeige ab.
Art. 9. Weuu diu eiügenötwiachen oder kuniunaieii Autt^icbtäurgane in iür-
lüiruDg bringen, daß dar von einen ünfkll oder einer Kraokheitf wofür Haft-
pflicht besteht, betroffene Arbeiter oder Angestellte oder dessen Rechtsnachfolger
eine im Sinnt; Qe.s gegenwärtigen oder des Gesetzes vom 25. Juni 1881 ihm
zustehende billige Entschädigung auf außergerichtlichem Wege nic^ht erhalten
bat, so haben sie sofort der Kantonsregierung Bericht zu erstatten. Diese wird
eine ünteranehnng anordnen und vom Resahat den Intereaeenten Hittheilang
maehen. ^ Yertritge, denen infolge einem OeechSdigten oder deaaen Beofata*
naobfolger eine offenbar nninlSngliche Bntacbidignng mkommt oder ingekommea
iat, sind anfechtbar.
Art. 10. Die Bestimmungen dcK Artikels 11 des Gesetzes vom 25. Jnni
1881 sind analog auf diejenigen Fälle anwendbar, in welchen Zweifel entstehen,
ob eine Unternehmung unter die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes falle.
Art. 11. Die Kantonsregierungen sind beauftragt, für die Vollziehiiug der
gegenwärtigen Voraohrilteii beaorgt in aein. — Der Bandearatfa ttbt die Kontrole
über diese YoUsiehasg ans.
Art. 12. Der Bandesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen
des Bundesgesetzen vom 17. Juni 1874, betreffeu-l ii- Volksabstimmung Uber
BundefiCfHctze ntid BandesbeRchlHsse, das gegenwärtige Geseta bekannt su maohea
und deu Zeitpunkt seiDeti Inkrafttretens zu he.^jtiromen.
Handelskammern. Siehe auf den folgenden Seiten den Artikel «Handels-
und Induätneverein, sohweizeriHcher''.
Handelsmuseen. Infolge eines Postulates, welches Hr. Stäuderatb Gh>bat
am 8. Dezember 1888 in der Bundesversammlung stellte, lautend :
Der Bundesrath wird eingeladen, zu untefüichen :
1) ob nicht auch die kaufmännische Ausbildung im Allgemeinen und die Handels-
moaeoi insbesondere im Sinne des Bundesbesehlnsses betreffend das gewerbliehe
BUdnngswesen vom S7. Juni 1884 dw UntwstfttEung des Bandes tbeUbafUg werden
sollen;
S) ob und in welchem Maaße der Bund an der Gründung von Handebmuseen
mittelst Ankauf von Gegenständen, welche an der Pariser Wettausstellnng cur
Au^sfellunp- yeliingen, sieh befheilitroii <nlle.
erstattete der Bundosrath am 19. Marz Iböi» folgenden Bericht :
Das Postulat, welches den Gegenstand dipt^es Berichte« bildet, scheint von
der Meinung auszugehen, die Frt^e der Crründung von Uaadelsmoseen in der
Sobweii sei eine, wenigstens im Piinzipe, entsohiedene, indem die Pariaer Welt*
ansstellnng dann benntat werden will, Anklnfe fttr aoldie lostitnte m maohen.
Em iat rieibtig, dafi sohon snt Jahrra toh wirthaehaftliolMm Tereinen, Öffent-
lichen BUlttarn und Privaten die Kreirung von Handelsmuseen besprochen wird;
allein 7,n einem abschließenden Resultate ist diese Diskussion noch nicht gelangt
und CH liat die ßundesbehörde bis jetzt anch noch keinen Entscheid darüber
gefaßt, ob sie solche Institute gründen oder durch Subventionen unterstützen
wolle.
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Handelsmum«!!
— a06 —
HandelsmiiMeii
Von den Deueaten Knndgebnngttn lind wmh die YerHaDdlimgen der 8ektioii
Bern der schweizerischen geographi sehen Gesellschaft und im Anaohtufi derselben
der Ende August v. J. in Aarau ai>gehaltene schwelz. Geor^raphcntag zn erwShnen.
An den Verhandlungen in Bern hat die ostöchweizdiihulie geogra|>hiöch-
kummerzielle (resellschaft durch ein Eeferat ihre Bemühungen kund gegeben und
Yorechläge gemacht, nach welchen ein in Verbindung mit dem Gewerbemuseam
in St. Gallen sa gründendeb ^{andel^>ma8eum zunäcliät folgende Industrien zu
berücksichtigen hättt^ : Büntweberei, Weißweherei und verwandte Stoffe, Stiekereif
.Drockerei, Seidenweberei, Bandweberei tSeide und Baumwolle^.
Am Geographentag in Aarau wurde folgende fiesolution gefaßt :
«Der Geographentag erfclftrt: Die Grttndaog eine» Netcee sehweiiwimher
Handelemneeen nsidi dem Vorbild der BrttsBeler und Wiener Einrichtong and
tbunlichst unter Kombination der beiderseitigen Prinzipien ist wUnschenswerth.
Es sind nnu^r Zuzieliung kaufmännisclier Interessenkreise bei den Bundes behörden
die nöthigeu Schritte zu thun, daß der Buodesbeschluß vom 27. Juni 1884 auf
da«* kaufmännische Bildungawesen ausgedehnt und die Uandelsmuseon subvenlions-
fthig erklltrt werden. IHe Peri«er AomteUung yon 1889 eoU mr Beschaffung
eines Grundstockes fiLr die schweiieriaohen Handelamnseen benützt werden. Diese
Be8ohiil>.st: .^iml von der Delegirtcnversammlnng unverzüglich auszu führen "
Bei deu Kundgebungen für Haudelsnui.-ieen werden die Insfitnte in Brümsel
und Wien .stets als Vorbilder dargestellt, ko auch in der licsiulution des schweize-
xiadien Geographentagee. XSrt erseheint deshalb als angezeigt, daß wir hier einen
Bliek in diMelben werfen. Das Haadeleranseum in Brüssel stellt in seinen 8ta-
inten als Zweck auf : die Fabrikanten und Kaufleute Uber den Gang der Ge-
schäfte in fremden ! rindern zw luiterriehten und ihnen zu gleitdier Zeit den
Handelsverkehr mit den Konsumenten und Produzenten jener Länder zu erleichtern.
Dasselbe soll im Gebiete des Handels gewissermaßen deu gleichen Plate ein*
nehmen, welchen im Gebiete der Naturwissenschaften die mineralogisdien, geolo*
gischen, anatomischen etc. Sammlangen innehaben. Es poH den Produzenten snr
Konkurrenz waffncn und zwar nicht nur, indem ihm das in diesem oder jenem
Theile der Krdt^ vorgezogene fremde Fabrikat vor die Augen gelegt, .sondern
ihm auch ermöglicht wird, die Bedingungen, unter welchen das Fabrikat deu
Absats findet, kennen in lernen. Es soll ihn mit einem Worte vor schlechten
Ausfuhrungen sohfltsen, die meistens von unvollständiger Kenntniß des Geschmackes
des Konsumenten herrühren. -
Um die.sen Zweck zu erreichen soll ein TT iTidelpmusenm nberhani t durch
seine Sammlungen und sein Bureau den Fabrikanten und KauHeuten stets alle
praktischen, technischen und kommemellen Informationen an die Hand geben,
welche nttthig sind, um sie Uber die Absatsfthigkeit der heimischen Produkte,
die Bedingungen und Mittel von Exixnten, ebenso wie Uber die besten Bezugs-
quellen von Hohstoireu oder fremden Krzeugnissen zu verläßig zu belehren. Von
einem «olchen Mus^euni wird deiunaeh erwartet, daü e^4 Musterkollektionen der
betretienden Export- und Importgegcufetande turtwabrend komplet halte, alle
praktischen Belehmngen Uber Emballage, Appretur, Versendongsweise n. s. w.
biete, aber die wirthsehalllichen und technischen Details des Transportes, also
über die Wahl der besten Verkehrslinien, über die Art der Expedition, die
Frachttarife. Zollsätze und sonstigen Spesen authentische Belehrung ertheile,
endlich auch die Handlungshäuser und Firmen bezeichne und Empfehlungen oder
Beferenxen verschaffe, nm auch dem mittleren und kleinen Gewerbetreibenden
«nd Kaufmann die Theilnahme am Welthandel an ermöglichen.
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Ilandelsiuuse«u
— 207 -
UaudelsinuseeD
In Wien ist das unter dem Namen „Orientalisohea Museum" bekannte, im
Jahr 1873 in*« Leben gernfeDe Institut, weloheii mwoM praktUohogewerblidlMii
und kommerziellen ZwttolaHi, wiasenschaftlichen und künstlcvisoliMi Tendeuten
zu dienen bestimmt war, vor einigen .Tiihrcn in ein HandelMniuseum Mmfr«*wandelt
worden. Dasselbe betrachtet es alb eine ihm gestellte Aufgabe, mitziiarbeiten
an der Förderang und Ausbreitung der UandeUbeziebungua Oesterreich- Ungar Q8
mit dem Auslände, sowie der an den Yerkehr mit demselben sicli knttpfenden
industriellen Interessen. Durch Sammlungen allgemein kommerzieller Natur,
sowie durch Veranstaltung und Beschaffung kunstgewerblicher und ethnogra-
phlsicher Kollektionen soll dieses Ziel erreicht werden. Das mit demselben ver-
bundene Bureau soll Uber internationale Zoll- und Handelsverhältnisse, Fracht-
sätse und Verkehrseinrichtungtiu Auskunft geben, femer den Verkelur mit
bandels* und kunstgewerbliehen Anstalten, KSrpersobaften und Vereinen anbaJinen,
daM Studium der volkswirtbschaftlichen Entwicklung des gesammten Auslandes^
sowie der Länderkunde der Überseeischen Gebiett; anregen. Im Wiener Museum
erachtet mau die Vertretung der kunstgewerblichen Jiichtung als nnerlSßlicb,
weil häuäg das, was als Handelsartikel, al» t^rzeugoil^ der orieutalischtiu Haus-
industrie hexgebraeht worden, der Osterreiehisohen Kunstindnstrie und gleiehndtig
der exportirenden Großindustrie als Vorbild diene.
Handelsmuseen sind in Stuttgart (mit dem Gewerbemuseum verbunden),
Frankfurt, Pest etc. errichtet. Es wird die Frage der Zweckmäßigkeit und
Kreirung solcher Anstalten auch in Frankreich lebhaft besprochen. Staaten, die
den internationalen Verkehr durdi koke Imports^Ue iMmmen, bestreben siek 1ub>
wieder, dordi Industrie- und Gewerbeansstellungai, sodann dnrdh Institutef wie
HaadeUnuiseen, Exportmnsterlager, Handelskammern im Auslande, Auskanlta>
büreaux, Handelsagenturen u. s. w.. den Absatz ihrer eigenen Erzeugnisse zu
fordern, — ein Widerspruch, dessen Hebung noch in ferner Zukunft zu liegen
scheint.
üm die seit Jakren in der Schweix kesprodiene Frage der Kretrung einea
oder mehrerer Handelsmuseen nunmehr mm Absoklnß su bringen, wie es für
«lie Beantwortung de^ Pontulates vom 8. Dezember vorigen Jahres als noth-
w*Midig ersifheint, hat die Handelsabtheilung unseren Departement« des Aus-
wartigen eine eingehende Untersuchung angeordnet und dabei die stets bereit-
willige und auverlKfiige Mitwirkung des sohweiserischmi Handels* und Industrie-
Tsreins mit seinen Uber die ganse Sehweis Terhreiteten Sektionen in An^moh
genummen. Das Resultat dieser Untersuchung liegt nun vor. Von den Sekäoneo
deh genannten Vereins, welche über die Frage Berielite erstattet haben, emp-
fehlen t) mit mehr oder weniger Bentimmtheit die Kreirung von Handelsmoseen,
während 13 nich dagegen aussprechen.
In empfehlendem Sinne spreeken sieh ans :
I. Die Asfioct'üinn ctunmerciale ei industrielle (/enevoise. Die Schweis sei
ein bedeutendes ProduktioiiHlaTid. Jede Gegend habe ihre Industrien. Mehrere
ludustrien seien wichtig, ihnen fehlen aber neue Absatzgebiete. J'iese kömien
die Industriellen sich nicht selbst versohatt'en, denn es seien große Kapiuiüen
nStkig; es müssen große Reisen gemaidit wmrden, die viel Zeit und GMd eifordem
und niokt immer sofort aneh den eikoSten Nation bringen, auf den man glaubt«
zählen su dttrfen. Man beschränke sich dann auf kleine Versuche, die oft wegen
Mangel an znverlSßiger Auskunft und an Mitteln zur weitern Verfolgung miß-
lingen. DieHe Auskunft boUte dureh Handelsmuseen beschafft werden. Dem
kleinen Fabrikanten werde dadurch ermöglicht, mit den Mächtigern su konkurriren.
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Huiddsniuaeeii
— 208 —
HandelmweMi
Handelemween wttrden anf uiHere wirtbaehaftliolie Entwidilnng einen sehr gttn-
stigen Einfluß anstiben. Es würde sweckmässig sein, drei solche Museen zu
kreiren": awei in der deutHchon, eiiu»^ in der französischen Scluvciz. Jedes sollte
möglichst vollHtändig seiu. VVas die Konten betrÜVt, ho wareu dieselben von der
Eidgenoflseoschaft zu tragen, unter Mithülfe der Kantone .«der Städte, wo üieiielbeu
fltrriebtet wUrden*
II. Die Associaikm des fahricanUi ei marchands de bijouterie^ joatlhru^
orfevrcrie. de rt ä Genh-e schließt t*ich vollständig den Ansichten Ottd Vor-
•ohlägen der Association comnierciale et industriellf genevoise an.
III. Der Basler Handels- und Jndnstrieveretn anerkennt die Wiioschbar-
keit der Erriehtniig efaiee oder mibyem HeadelniMMeen in d«r Sdiweit und
eiiMlitet eine Bandeanib?entum dafür als aageaeigt.
Die Berechtigung aar Staatssnbventioniruug der Handelunuieen als A u s -
nnd Fo rtb i 1 d u iigsmittel läßt eich nach Aneioht dieaea Yereim anf folgende
QrUnde zurücktubren :
1) Das Handelsmuseum, wenn richtig alimentirt, 6ei geeignet, den Indos-
triellen wie den HSndler, den Handwerker wie den Arbeiter ttber Leistungen
und BedUrfbiase von auswSrtigen Konkurrenten und Konsumenten auf dem
Laufenden zn erhalten nnd mttsse unbedingt die Wirkung haben, einerseits neue
Anregungen hervorzurufen und anderneits die sehr oft beistehenden falscben An-
schauungen über die .eigene Ueberlegenheit und die Iremde Lnteriorität zu klären.
2) Namentlich dee Arheitentandee wegen a^en aolehe Mnseen in grofien
Induatriezentren swedtmttßig nnd wttnaohhar, nnd zwar nidit nor der Anregong
nnd Bildung in technischer Kichtung wegen, sondern um den Arbeitern durch
eigene Anschannng von Preis, Qualität nnd Vollt'Tidnng fremder konkurrirendtr
Produkte die Ueberzeugang beizubringen, daß der Konkurrenzkampf ein schwerer
sei, und daß sie ihre Leistungen und Forderungen den Verhältnissen der Eon-
knrreni ansnpaaaen haben.
3) Die Privatinitiative aei in der jetzigen Zeit nieht mehr ausreichend; da»
gehe am besten darauH hervor, daß Kngland, welche« bis anbin dieser Maxime
gehuldigt habe, seine frühere Ueberlegenheit, die vor 20 Jahren noch fe«t stand»
vielfach nnd vielerorts verloren und heute Mühe habe, sich der früher unbe-
kannten fremden Eonknrrens an erwdireD. Der kapiteJe üntersdiied iwieohen
privaten und nationalen fiemtthangen aai der, daß die eratem in der Regel nur
fttr den kommenden Tag sorgen, und nur die letztem auch die Zukunft und die
kommenden nenerfttionen in's Auge fassen nnd sich infolge dessen herbeilassen,
Opfer für Zwecke zu bringen, deren Nutzen nicht in Balde oder nicht mit Sicher-
heit realisirbar sei. Es müsse defihalb die Idee der Mneeen auf breitester fieaia
an die Hand genommen, nnd ee dürfen die Kosten niebt geechent werden.
Das mit dem Handehannseum verbundeDO» gut geleitete Auskunftsbttreaa
würde dagegen sofort von prakti^icliem N'it^fn sein, aber inuh hier wäre en
nicht.sdestowenitrcr schwierig, beinahe ebenso unmöglich wie beim Handelsmnseum
selbät, duL die damit verbundenen Auslagen, namentlich für den Anfang, voll
und gans wieder eingebracht werden,
lY. Der ihurgauisdie Handels- und Gewerbeterem iet der Ansicht, ea
aollen mehrere Handelsmueeen gründet werden, nnd swnr an den reepektiveii
Industriezentren, z. B.
tür Bijouterie, Joaillerie, Orfevrerie etc. in Genf,
für Seiden- and Baumwollwebeiei in Zttnoh,
fSx Stickerei in St. Gallen.
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Hftnd«lsiniuieen
— 209 —
Handelsmiiseen
DiM6 EandeUmiifieen 8oll«ii permuiMite AnaBteilnngeii Min, welolie Folgendef
aitbalten :
1) Mnf<t«'r and möglichst \ ollKtäiidige Angaben bezüglich Artikeln, wilche
Yon Konkurrenz-Industrien fremder Länder geliefert werden, und deren Erstellung
und Verkauf in den betreffenden Absatzgebieten auch QDüern retipektiven Indiutriea
wUnsolieiiBwerUi endieiiien dtirften. Der Mih'weiseriMhe Fabnkänt boU abo m6g«
liebst in die Lage versetzt werden, beiirtheilen zu können, ob es für ihn sich
lohnen dürfte, die Fabrikation eine« neuen Artikels aufzunehmen, odt r lichufs
Eröifnnng ciiKr neuen Absatzq^uelle für einen ihm aohon bekannten Artikel
Sohritte zu tbuu.
2) Muster and mSgliebst Tollständige Angaben besttglieb Bnengnissen Ton
jeteigeu Absatzgebieten, oder eventuell möglichen Absatzgebieten unserer Industrien.
Dadurch soll dem schweizerischen Geschäftsmann Gelegenheit geboten werden,
zu beurtbeilen, ob es sich fiir \}m lohnen dih-fte. Beziehungen mit den betreffenden
Ländern anzuknüpfen zum Zwecke den direkten Importe« fraglicher Artikel.
Vancher Artikel irird jetat yon der Schweis ans an europl&Hdien Hafenplätzen
gekauft, der ebenso gnt direkte importirt werden könnte. Man bebe dabei nioht
große Artikel wie rohe Baumwolle etc. im Ange, welche hier weniger in Be>
tracht kommen, sondern vielmehr Kolonialwaaren, Gewürze etc., ferner Erzeug-
niHHe, wie fremde llolzsorten, Perlmutter, Sebildkrot, Häute, Elfenbein etc.,
welche das Grewerbe braucht. Durch einen solchen direkten Import würden die
Beriebnngen mit nnsern Absatzgebieten wecbeeleeitige werden, was unserem
Export entschieden Vorschab leisten wttrde, und würden auch sonst noch ver*
sohiedene Vorthoile erzielt.
3) Mnster von schweizerischen Fabrikaten lür den inlfindiThen Konsum,
welche vielen inländischen Eonmimenten noch unbekannt sind und daher vorzugs-
weise aus dem Anslaiide bezogen werden, ffier habe man nioht nur Fabrikate
der großen Export-Industrien im Ange, sondern spesiell aneh solche des Ge-
werbes.
Y. Der B/"irsenverehi G/arrts hSlt f[lr Uli' Schweiz die Erriehtnng von
Handel«imu8een und Exportmubterlageru für ein richtigereti Alittel, «lie kleinen
Industrien für den Export mehr zu befähigen, als die Aussendung von Handek-
emissären. Hier sei dem Strebsamen Gelegenheit geboten die Bedtlrfiiisse ent-
fernter Länder kennen m lernen nnd sich für dieselben einzurichten. Wenn etwas
Tüchtiges nnd Passendes erstellt werde, so sei es auch leidit, diifUr einen Ex-
porteur 7.n tinden. Selbst die Großindustrie dürfte aus diesen Instituten noch
Nutzen ziehen. Sie haben sich biet jetzt überall als segensreich erwie»en. £»
werde hiebei vorlSufig nur auf Belgien und BentseUsad ▼erwiesm, welche Staaten
fSr die Errichtung von Mustermuseen, wie bekannt, bedeutende Summoi auegeben,
um auf diese Weise der Export-Industrie alle möglichen Absatzgebiete zu er-
schließen Man bediene Hieb hiebei der jeweiligen Konsuln, welche die betreffenden
Plätze btudirei) und bezügliche Muster sammeln, um solche mit den zu erzielenden
Preisen und einem allgemeinen Bericht der kompetenten Behörde einanreiohen.
Diese Muster werden sweekmäßig ausgestellt und Jedermann, der sieh dafür
intercttrire, habe ein Material an Händen, welches ihm ein leicht faßliches Projekt
▼or Augen fül r So habe auch der ostscbweiz. Stickerei -Verband in St. Gallen,
wenn auch nur nnt einseitigen Mitteln arbeitend, anerkanntermaßen bereits schon
befriedigende Eesuitate durch ein Mustensuseum erzielt. Um wie viel mehr
sollte dies nicht möglich sein, wenn ein oidgenOnisohee Hustermuseum ftlr alle
Indusfcrieiweige erriditet wttide, welches den weitgehendsten Anforderungen zu
TMtMT, YoUBwittlurttofU-Lttriteii d«r Belnrals. 14
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Huüdelämuseen
- 210
Handeismuseea
entspreohen iin SUnde wSre. fibenao wie der Bund fBr alle YolkiwirdMohtftiioheii
BedtfrfiÜMa mit grofien Sonunen in die Lttoke trete, so wflrde eidk denelbebei
einer solch* wichtigen Institution zi^eckentspreohend mit finanzieller UotWitlltellllg
einzngreifen wohl auch einverstanden erklären, /inrml ahm m\ch nnsere Ckoft-
uud Kleiniudustrie ewen intcgrireuden Thöil der Volkswuliilahrt bilde.
VI. Der Verein schweizerischer Wdl- und UalbwoU- Industrieller würde
das Entstehen aoloher Institute begrttfien.
In ablehnendem Siimts «jpreclien sich aus :
I. Die Fmam- und Hnndchdircldion des KanUms Glarm. Sie hält die
£rrichtung eines schweizerit^chen iiaudeiäuiUHeum8 nicht für zweckeutaprechend.
Sie fttrebtet, es wOrde dasselbe bald eher einem AntiquitSten-Kabinet Sbhlioh
sehen oder» wie dies an andern Orten gesehen werden kSnne, hanptsSchlioh nnr
von der Lebensmittel-Industrie benutzt werden. Sie glaubt nicht, daß s. B. die
Uhrenindustrie sich einen Erfolg von einem schweizerischen HanJelsranHenin ver-
spräche, wenn dasselbe nicht in der Westaohweiz Aufnahme iande, und umge-
kehrt werden die ostaohweiserischen Industrien nrtheilen. Unser Centralplati,
Bern, dttrfe in diesem Fdle ah gana angeeignet beieiebnet werden. Zn eineni
einheitlichen Museum bedürfe es auch der Fachkenntnis in allen Indnstriebrancheu.
Es mli.^He in jeder derselben eine stetige Rrnenernng »nd Auffrischung erfolgen.
Kurz, es mtlRse eine innige Verbindung mit jedem Induötriczweigt- statttinden
und CS suUte die ilkluglichkeit gebutcn sein, die bBtheiligt<.^n KicL-^e auf möglichst
bequeme Art Einsloht nehmen an lassen Ton dem, was je Nenen geboten wttrde.
Dieselbe redet daher sograannten Facfamnseen dss Wort, die etwa wie fo^
anfiastellen wären :
Bijouterie in Genf;
Uhren in La Chaux-de-Fonds ;
Seidenbitader in Basel;
Seidenstoffe |
Baumwollspinnerei und -Weberei | in Zürich;
Wolle, Stroh und diverse kleinere Industrien j
Buntweberei 1 . «. «
cn , [ tn St Gallen;
Stickerei j '
Dntdcerei in Ghhurns.
Dabei Hei man der Heinung, daß diese Museen von den betreffenden Industrie-
branchen selbst gegründet, organisirt and unterhalten werden sollen, selbstver^
stündlich unter Subvention de« Bundes.
II. Die Seiden-Industrie-GeseUschaft des Kantons Zürich glaubt nicht,
daß ein Handelsmusenm gute, richtige Auskunft au ertheiien im Stande wttre,
nooh stets die neuesten Muster beschaffen kVnnte, und deswegen Unne sie keinen
Nutzen fiir ihre Industrie in der Errichtung Yon Handelsmuseen erkennen.
Schon ehi»r könnte sie in der Erweitennifr bestehender tmd der Gründung
neuer Fachschulin ein Mittel scheu, daa zur Füiderung unserer Industrien und
indirekt zur Förderung des Export«» helten dürfte. Ohne auf deu Ankauf zu
dringen, mSehte sie fUr den Fall, dafi an der Weltausstellung Artikel erworben
würden, ersuchen, Fachschulen damit zu bedenken. Die Huster kommen dadurch
in jene Kreise, in di iuMi ein gewisses Interesse dafür vorausgesetzt werden dürfe,
und wo in Verbinduug mit den Fachschulen hieb am leichtesten Mittel und
Wege ünden lassen, um neue Gedanken zu entdecken und alifaliige neue Artikel
mit Erfolg aufcngreifen.
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Handelsmoseea
— 211 —
Im Uebrigen «rwarte sie eine FSrdarntig des Exporthaadeb nur daaB, wenn
diese von der Privatinitiative ausgebe, und aie könne ^e Aufgabe dee Staates
ledigllcb darin seben, daß er diesbezüglii he Bestrebungen nnterfitttt^^e
III. Der ^ühict'i serische Spinner-, Zicnnr- und Wchcr-Vcrrin antwortete,
daß iiandeUiuuäeen für die Spinnerei und Zwirnerei gar kein und für die
Weberoi jedenfkllü nnr «in sehr geringes Interesse haben kannten. Die Spinner,
die Zwirner und ebenso die Weber verfertigen geradesn Allee» was man von
ibnen verlange, sobald der Prei^ konvenire. Sie Heien in der Lage, jede Gram>
nnmmer, einfach und gezwirnt, zu jcclt m beliebigen Gebrauche sich eignend, «a
erstellen. Ganz besonders sei die Webindustrie so hoch entwickelt, daß ihr
kein Muster vorgelt^t werden kOnne, velehea sie nicht sofort herzustellen im
Stande wXre.
Handelsmuseen haben eine hohe Bedeutnng für Linder, welche sieb erst
industriell entwickeln wollen. Wir Schweizer aber kennen alle Textilartikel der
ganzen \N'elt, seien ja Uberall Schweizer und Sehwt'izerhäuaer, welehe das
Mutterland unterrichten über Bedarl und Verbrauch von »Zeugnissen jeder Art
auf den entferntesten Winkefai unseres Erdballes» nnd dahehn sei man im Stande,
Allen zu erstellen und jedem Bedarf zu genttgen. Gewiß sei unsere Industrie
mehr als je darauf angewiesen, Spezialit^iten an eraengen; allein die Erzeugung
dernelben k5nne in keinem Fall durch Errichtung von HundeLsmuseen gef?'>rrlert
wordeu. Die Neuheiten werden iu der Kegel geheim gehalten, und erst nach
dem sie genügend ausgebeatet worden seien, werden sie Gemeingut und kommen
im Museum erst snm Vorsehdn, wenn darauf niehts mehr au verdienen sei.
Angeregt von großen Exporthäusern schaffe unsire Weberei immer und
immer Neue», (imvisse Standards bleiben ; in den Neuheiten aber löse ein
Artikel in regulärer Kontinuität den andern ab. Freilich komme dann aller-
dings auch vor — »ei wenigstens schon vorgekommen — daß solch' neue
Huster, in der Sehweia mit viel Fleiß, GeHohiok nnd Kostenaufwand erstellt,
durch unsere Exporteurs nach England wandern, wo es ihnen manchmal gelinge,
grüße Posten eine kleine Fraktion billiger erstellen zu lassen als durch den
Verfertiger des Musters Wenn also dem schweizerischen Weber oftmals sogar
für die selbst angefertigten neuen Muster die B^tellungen entgehen, wie sollte
man denn von ihm erwarten dürfen, da« er Neuheiten im Handelsmaseum
niederlegen werde, nn sie damit gleieh cum Gemeingut Aller werden au lassen ?
Die Kunstweberei konnte sieh nach den gemachten Erfahrungen nicht * inmal
dazu entschließen, an einer Ausstt-lhing ihre nenesten Artikel zu produzireo,
sondern würde, wenn sie aasHtellen wollte, nur mit Typen ausrUoken, um mit
diesen durch den Grad der Perfektiun zu glänzen.
Ibnt^e Leute meinen durch Anlegung von MusterkoUektioaen von Waaren
ans andern Staaten, die in fremden LKndem Absatz finden, aammt den nöthigen
Angaben Uber Herkunft, Absatz und allen damit zusammenhängenden Verhält-
nissen, ganz besonders dem kleinen Manne einen Dienst zu erweisen, indem ihm
dadurch der E&port ebenfalls ermöglicht werde. Diese Ansicht sei eine ganz
unrichtige ; man leiste dadurch dem kleinen Mann keine Wohlthat, sondern man
ftthre ihn viebnehr ins Verderben; denn kleine Leute sollen weder konngniren
noch exportiren. Es fehle ihnen daan gewöhnlioli Alles, nicht nur das nöthige
Kaiiital, suiidern es fehlen ihnen oft auch Jii- erforderlichen ni«"rk tntilrn Kennt-
nisse. Wie uiancher kleine Fabrikant »»ei an den Folgen diese-, Fehlgrirb-s zu
Grunde gegangen 1 Der Erlös, wenn er überhaupt hereinkomme, bleib« viel zm.
lange ans. Hier solle nnd mflsse das Geaets der Arbeitstheilung zur Anwendung
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HandelfliniiBetti
Handelsmuseen
kamunttB; der Eine 8ei Fabrikant und der andere Kaufmann ; der Eine verwende
•eine ganze Kraft auf die Produktion und d«r Andere mit reichen Mitteln bringe
das Erstellte auf den Weltmarkt.
IV. Der Vereni schweiserischer MaschineninäustrieUer erwartet von
HAndelemnaeen keine Förderung der Maadiinenindnetrie, nnd diese habe degnneoh
an einer salcben Einrichtung kein Intmvsee.
y. Der hemische Vtttin für Handel uud Industrie ist mit dem von dw
sohweizerischen Handelekammer gefaßten BeeeUiiaae (vide pag. 17 dieeea Be-
riohtea) pinverstanden.
VI. Die kaufmännische Gesellschaft ZüncU. Durch HandelumuHeen wolle
man die Industriellen des eigenm Landes bdekren, mit den Bedttrfbiaeeti nnd
AbHatzTcrldltniasra Irtuider Gegenden vertraut machen nnd sie aiiNpornen, an
der Deckung jener Btttlürfnitwe theilzunehmen. Ks liege auf glatter Uand, dali
die Erreichung dienes Zieles von drei Faktoren aldiange, von deuetj indessen die
tttiobtige Leitung eines uolcben Inatituts und die Neigung der InduHtriellen, »ich
ttberkMq>t auf denrtige Weise beldir«i an iMsen, hier nidit weiter in Betraekt
fidlen. Viel wichtiger nnd Ittr die Nutibarmacknng des Handelsmnseams ent-
aobndend sei die Frage» ob die exportfähigen Industrien eines Landes sock
andere und vor Allem aun besser© Mittel als da« Handel'Jüi'i-eum besitzen, »nu
sidi über fi*emde Abeatzgeläete zu infonniren. Es falle äolurt in die Augeu^
daß in dieser Richtung die Verhältnisse eines ältem Exportlandes, das seit mehr
nls einem kalben Jahrhandert seine Yertretnngen nnd Verbindungen tn allen
Zonen und Enden der Welt habe, wesentUck andere seien, als diejenigen eines
jUugern Industriestaates, dessen Exportindu^trien die ersten Schritte aus der
Treibhausluft des einheimischen, wohl verwahrten und wohl geschützten Markt»»
auf den Weltmarkt hinaus wagen. Und ferner leuchte eu auch ein, daß nelbst
bei gleioker industrieller Entwn^ung die Industrien desjenigen Landes der
UntersttttBung duiek Handelsmuseen nker entratken k5mien, dessen Bttrgem ein
stärkerer Wandertrieb, die grSßere Leiektigkeiti fremde Länder anfinsnchen nnd
m beobachten, innewohne
In dieser Hinsicht »ei unsere Lage eine andere als diejenige Oesterreicliti,
ItalieuH oder auch Deutschlands. Unsere größern Exportinduatrien kaben das
Stadium der Entwicklung, in welchem Handelsmuseen von direktestem Nntsen
für den prodosirenden Industriellen wären, bereits Uberholt. Durch ihre Ver-
bindungen aller Art informiren sie sich meist rascher und besser, als dies dun h
die SfhH ii>tellungen und Mittheilungen eines Handelsmuseums gesehehen könnte,
und darum sei es unthunlich und unwirthsohaftlich, selbstäudige liandelämusecn
als allgemein die Bioktnng weisende, Vorbilder liefernde Institutionen Atr nnsere
Exportindustriea kinaustellen. Etweleker Wertk für die Orientirnng und Bildung
des Industriellen in einseinen F&llen sei den Handelsmuseen trotzdem auch für-
unsere Verhältnisse i)i<^ht abzusprechen, sofern dieselben sieh m?5glichst auf der
Höhe halten ; und wenn nebenbei und ohne übermäßige Opfer dieser Bildungs-
werth nutzbar gemacht werden könne, so sei dies selbstverstftndlioh wünsckbar
und erfrenliob.
Diese LSsnng lasse siek linden, wenn die Handelsmuseen nicht sowohl darauf
ausgehen, nur dem Tage nnd der jetzigen industriellen Generfttinn zu dienen,
sondern wenn sie ihre 8amniliingen derart anlegen, daß dieselben ein Bild der
ganzen Entwicklung eines Industriezweiges, des Werdens und Wachsens desoelben
nnd der darin vor sick gegangenen Wandlungen bieten und ein Errieknngsmittel
fttr die kommenden industri^on Generationen sein wollen. Fttr diese kabea
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Handelsmuseen
2Iä —
HaadelamusMn
fiolohe ISammluogea sehr bedeutenden Bildongswerth, wenn bic mit Appiikuiiuiui-
«ohiden in Yerbinduug gebraobt werden und «Is Auohaming«- nnd Lehrmittel
dienen.
Und in diesem Sinne modiiizlrt wUnecht die kaufmännische GeeellBohaft
atlerdin^, den den Handelsran^een za Grunde liegenden Gedanken unsern Ver-
häituissen anzupassen und für dieselben nutzbar zu machen. Es hätte also der
Bond die Sammlungen der industriellen nnd gewerblichen BUdungsanstalten in
hSlierem Grade m anterattttaen, als dies bishnr gesohehen sei, und dnroli seine
Mithülfe dieean Anetalten allmälig die Anlegung ansehnlicher, sich stets ver-
jüngendor Fachmnseen zu ermöglichen. Zu diesem Behufe wären die Sammlungen,
wie sie z. ß. der Seideniii<lu.strie in der Seidenweli.Mthule in Zürich, der Stickerei
in St. Gallen, der Buntweberei in Wattwyi etc. zur Verfügung stehen, zu äufuen
und in erweitem, nnd wenn man so Bestehendes ansbane, so werde die Gefahr
▼ermieden, daü der Staat ans ttbel angebrachter Wohlmeinenheit Waaren in
einem Handelsmuseum zusammenstopple, die Niemand betrachte und die daran
«chliesslicb als eine Grümpelsammlung vergrauen und verderben.
VII. Die kaufmä/iniscke Gcselhnhaft Winterthur änß»'rt sich wie folgt:
Flu lüdustrielie habeu alle Sammlungen, wie Handelsmuseeii, wenig Werth 5
denn wer warton wollte, bis er iu Mui^een gangbare Artikel und Preise gesehen
hätte, der kftme wirUi^ zn spit. Und auf diesen wie auf anderen Gebieten
Süll mau dooh nicht glauben, daß wichtige Ideen, nene SehOpfnngen nnd
Brandungen zum Gemeingut Aller gemacht werden.
Nach den vun Seite der Mitglieder der Gesellschaft eingegangenen Ansichten
müsse sie zu dem Antrage sich entsohließen, dal.) von Errichtung von Schweix.
Handelsninseen, oder einem Handelsmnsemn, Umgang genonnnm werde.
VIII. Die Kommission für Handel und Gewerbe des KaiUons Appenzell
A.^Bh. glaubt nicht, daß die Bnriohtong sdiweizerischer Handelemuseen der
Industrie so wesentliche Dienste leisten würde, welche die in Aussicht stehenden
Kosten für dieselben rechtfertigten.
Es dürfte genügen, wenn der Bund, theiiweise im Sinne des Postnlutes
vom a. Dezember abbin, einen Kredit auswürfe zur Subventionirung von An*
hänfen an der Pariser Aoestellung für schon ia den neiaten indnstrieUen Oentren
bestehende Museen.
IX. Der Handels- und IndustritvtrHn Herisau hält dafür, daß ein
unmittelbarer Erfolg betreffend Ausdehnung des Verkehrs einzelner Industrien
darcb Errichtung von Handelsmuseen nicht zu erwarten sei, da ja ein solches
Museum unmöglich den einzelnen Fabrikanten so schnell und praktisoh renseigniren
könne, wie ea hei den heutigen HandelsverhlUtnissen nöthig sei und wie solohoa
dureh gute Yertretnngen an den Konsnmplltien erveidit werde. Spesiell die
Stickerei-Industrie werde von Hunderten von Yertretem tagtäglich auf dem
Lruifenflen erhalten. Das Industrie- n-n>\ Gewerbemnseum in St. Galleu leiste
schrill xienilieh viel und doch holen unsere Industriellen die Wegleitung tTir die
Gaugburkeit dtir Produkte uicht dort, sunderu auf den großen Konsumplätzen
Paris, London etc.
X. Der Industrieverei» der &adi Sf, Gallen hBlt Handelsmuseen in dem
Rahmen, wie sie jetat YOrgeschlagen, nicht fUr ei 1 I' iUrfniß.
Die Fülle, wo es einem Handelsmuscnm gelingen könne, einen Artikel in'g
Leben zu rufen, an den vorher bei uns nicht gedacht worden, werden sehr ver-
einzelt sein.
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Handeismuseen
— 214 —
Handelsraiueea
Da wandere man lieber durch die Straßen von Paria, suche die zahlreichen
KKofor anfj welohe für alle naheD und ferneii Lliid«r der Erde kaufen, und
bilde eich ein ürtheil Uber die Artikel, die dalieiin sn fabriziren seien. Wem
dieses Kcijien nicht mriglioh sei, der suche in tinüpm TndiiKtrie- nnf^ Crewerbp-
raneeen aus dem reichen Materinl Ideen fllr seine Industrie, mache was Hechtca
und Andere werden et» gerne kauiVn und verbreiten.
Das orientalieclie Moeenin in Wien sei recht reidi und aoh9n, aber spSrlieh
beeucht.
Der Handel »ei lebendig, — nur das Henüge gelte, «las Gostrige ^ei ab-
gethan ; Handelsprodnkte, Waarenmuster. Preine, Be7iigKqnf!lleti etc. können heute
Werth haben, in einem Jahre sicher nicht mehr, ja utt iu wenig Wochen nicht
mehr. Das Aufbewahren aolcfaer Dinge, Jahre lang, in theuren Bäumen, hätte
nur nedi etbnographiseheD Werth — aber keinen prektaachen oder Handelawerth.
Der Kandel bedfirfe der Frische, tSglieh neuer Anregung nnd Nachdenkens.
Geben wir unfern Industrien solche Anrepnngrrn ; dnzn seien berufen unsere In-
dustrie- uud (iewerbemuseeu , LeaestoiT und Illustrationen, Zeichnuugsschulen,
Webfchulen etc.
ünsere Koseen seien bereehtigte Sammlungen; sie dienen der Industrie als
AttSehauungsunterricht, indem das Schönate und Be«ste aller Zeiten und Völker
sammeln und dem Beschauer Überlassen, daraus jeweilen dus der Zeit Dienliche
zu entnehmen ; nur diese Vorbilder, gut gewählt, seien Jahrhunderte lang schätzena-
werthes Material.
XI. Dns Jtwßmniaeke J>irdsiarium in St, ChUle» lußert sieh im Wesent-
lidien wie folgt:
Man erwarte von einem Handelsmuseum, daß es Musterkollektionen der
betrelfcnden Export- und Importgegensthndn fortwährend koniplet halte, alle
praktisehen Belehrungen Uber Emballage, Appretur, Verf-endungswcise u. s. w.
biete, über die wirthschaftlichen und technischen Details des Transportes, alKO
Uber die Wahl der besten Verkehrslinien, ttber die Art der Expedition, der
Frachttarife, Zollansätze und sonstigen Spesen authentif^che Belehrung ertheile,
endlich iiueh iüb Handlungshätiser nnd Firmi ti bfzeichne und Empffhtuncen odor
Referenzen verschaffe, nra dem mittleren nnd kleineren Gewerbetreibenden und
Kaufmann die Theilnahme am Welthandel zn ermöglichen.
Es werde in erster Linie anzunehmen sein, daß den Sammlangen des
Handelsmoseums nieht die gleidie Aufgabe anfeilen soll, wie denjenigen der schon
bestehenden Industrie- und Gewerbemuscen; daß sie also nii^t dazu angelegt
werden, um Gefcbm iok nnd Technik von innen hernii)' weiter zn bilden und
Studienmaterial im engeni Hinne zu bieten, Uberhaupt nls fachliche Bildungs-
anstalten zu wirken; sondern daß sie dem Besucher dasjenige zur Anschauung
bringen sollen, was der Harkt jeweilen verlange nnd anbiete nnd was der Kauf*
mann und der Industrielle sofort direkt verwerthen k0nne. Wie sohwierig, ja
geradezu nnmöglirh die Anlage solcher Sammlungen sein mUßte, wrrde sofort
einleuchten, wenn man bedenke, daß es bei halbwegs entwickeltem Kxporthandel
dem Interesse sowohl des hiesigen Versenders, als de^ auswärtigen Empfängers
Yon Waaren in der Regel sohnnrstraeks entgegenlaufe, diejenigen Artikel, mit
welchen sie snf Ibrkte Erfolg haben, allgemein bekannt an geben; wenn
man ferner bedenke, wie rasch die Vorliebe fUr diese oder joie Artikel, der
Geschmack an diesen oder jenen Mnstern wechsle, und wie Alles, was mit Handel
und Industrie zusammenhänge, sozusagen in nie unterbrochenem Wandel be-
griffen sei.
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Handeli<muäeeo
— 215 —
Huixitilsmuäeen
£b sei nioht in Abrede sa etellem, daß es luiter gewiMWP UmBttndwi fitr
noch wenig entwickelte Sleinindnatrien oder Gewerbe, die Acb ana eigener Kraft
den Weg, der in die große Straße des Welthandels führe, noch nidit an bahnen
vermochten, (kß es in einzelnen Fällen auch flir den Verkehr in gewissen Natiir-
produkteii vortheilhaft sein dürfte, sich durch permanente oder aeitweibe Aus-
stellungen einem weitern kaufenden Publikum bemerkbar und leichter zugänglich
an maeheo. Aber derartige Yeranobe von immerhin fiebr iweifelhaftem Amgang
werden wohl am beeten im Anaoblowe an schon bestehende Institute gemacht
oder dem Unternehmungsgeist der Interessenten überlaHstn, <lein der Buiid mit
neinen Mitteln zu Hülfe kommen möge, wenn und soweit er es für gut finde.
Die Grul^iiutustrie und der Großhandel bedürfen derartiger Krücken in keiner
Beziehung, und was ttberhanpt dnrcb die Sammlniigen eines Handebmnaenms or»
werben und gebotmi werden kSnnte, wäre ohne Zweifel Ihst ohne Aoanabme für
die unmittelbare "Verwerthuug schon veraltet und hätte für die Benutzer der
Sammlungen nur noch den bildenden Werth, der immer in der Erweiteni'vu'
geistigen Honzonts durch neue Anschauungen liege, aber nicht mehr, und daher
in der Kegel weniger, als gute MuHterabuDoements oder sorgfältige Einkäufe
eines eindcbtig geleiteten Indniitrie- und Gewerbramsenma. Bildender Art nnd
nicht für unmittelbare Verwerthnng geeignet, wären unbedingt andi die An-
käufe, die an der Pariser Weltaupfitcllnng gemacht werden sollten. Ks sei sehr
zu begrüßen, wenn die Eidgenosscnschait einen möglichst hohen Spezial Kredit
aussetze, um bei Anlaß der Ausstellung Ankäufe zu machen, aber nicht für ein
neues Handelsmasenm, sondern für die bestehmden Indnatrie> und Geweibe-
mnseen, anf woblmotivirte VorsohlXge ihrer Verwaltungen.
Hinsichtlich des Auskunftsbureau, welches mit Ha&delsmuseen zu verbinden
wäre und den Mittler n und Kleinpn die Theilnahme am Welthandel ermöglichen
sollte, bemerkt das genannte Direktorium:
Was von ZulU erhältnissen, Gesetzgebung, Konsular- und andern Fach-
beriohten und Verfügungen jeder Art anf dem Gebiete von Handel nnd Industrie
dem Kaufmann und Fabrikanten zu wissen nöthig sei, das solle ihm eine tUchtIg
geleitete amtliche Publikatinii bieten, nnd das DirektDriuni freue sich, sagpn zu
dürfen, daß unser Schweizerisches Ilandelsamtsblatf verständige Anforderungen
in dieser Richtung Jahr für Jahr mehr befriedige Auch die vor Kurzem ein-
geführte amtliehe Statistik Uber die sehweiserisdie Eän- and Ansfiihr sei für den
denkenden Kaufmann und Indnstriellm Ton großem Werthe nnd in guten Hän-
den, wenn auch immerhin noch verrollkommnungsfähig. Es sei auch an das
schweizerische Tosthandbuch zu erinnern. Was kannte denn in allen diesen Be-
eiehutigeQ ein Uandelsmuseuni njelir und Besseres leisten? An Auskunft ferner
Uber die verschiedenen Verkehrslinien und -Gelegenheiten und deren Vortheile
lassen es die Herren Spediteure wahrlioh nicht fehlen ; die allmilige Beseitigung
der Uebelstlnde aber, unter welchen der HandelsstaTid auf dem Gebiete des
Transportwesens noch leide, sei nieht von einem Auskunftsbnrean oder Haiulels-
musenm, sondern von dem schweizeriselien Kisenbahndepartenient y.n eihotVeu.
An Ankündigungen endlich, Empfehlungen, Mustersendungen, kurz an Reklame
jeder Art werde in neuester Znt wohl eher an viel, als an wenig gethan. Da
s<rge jeder fiinaelne ausgiebigst dafür, daß seine Waare nnd seine Leistungen
nioht im Dunkeln bleiben. Die Priifuni^' aber alles Dargebotenen werde und
müsse S'arlie einzelnen Interessenten bleiben, nnd kein noch m großartig
organisirtes iiaiuielsmnseum oder Auökunftsbureau könnte und wollte jemals die
Verantwortlichkeit einer eigenen Beurtheilnng Ubernehmen.
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HaudelsmuiieeD
— 21Ü —
Handelsmuseen
Es sei keine Ueberhebung, wenn das Direktorium btiiue Ueberzeugung dahin
adflBpreolie, daß die Schweis in der sorgfältigen Pflege der in neaerer Zeit ge-
gründeten fachlichen Bildangsaustalten, in einer einsichtigen Gesetzgebung und
in einer verständigen und festeu Har.^rK und Z(dI|)olitik die einzig riditirron,
nöthi^cn und möglichen Hulfsmittel zur Förderung ihre« Handels und ihrer In-
dustrie besitze und alles Uebrige ruhig der freien Selbslthätigkeit ihrer Volks-
kralt ttherlaasen dürfe.
XII. Die SoeiiU indtKirieße et commerciale du Cmton de Vaud ist der
Ansieht, daß die Handelemnseen einen praktischen Nutzen nicht hätten. IHe
Resultate solcher würden ID keinem Verbältnisse zu den großen Kosten stehen.
XIII. Biu SoiyHp intercantonale des Industries du Jura spricht sich eben-
falls im ablehnenden Sinne nus Die Eidgenossenschaft möge vielmehr ihre Sub-
ventionen den gewerblichen ßildungaanstalteu zuwenden, die diejenigen Mustor
«ieh venehaffen werden, die in ihrem Zwecke nothwendig and nlitslioli seien.
Dies sind die Ergebnisse der in den Sektionen des sohweizerisohen Handels-
nnd Indnstrieyereins vorgenommenen Untersiiehtingen.
Was das hänfi«»' als Vorbild hervorgehobene Handel'' itin.<PKm i)i l'nf-<<el
betrifft, 80 hahen wir schon früher über dasselbe nShere Erkundigungen einge-
zogen. Dttf« Resultat derselben ist im Handelsamtsblatt vom \2. April ItiÖ?
publisirt worden und mag na dieser Stelle wiederholt werden. Dasselbe lantel:
Dieses Institut scheint in Belgien selbst nicht allgemein so gesehfitzt zu sein,
wie im Ausland und speziell in der Schweiz, wo es seit einiger Zeit häufig zur
Haehahmung empfohlen wird. Kompetente belgische Kaufleote und Fubrikauten
haben erklärt, daß der Luxus der Einrichtung außer Verhältnis zu deren Nutzen
stehe, ja daß das Hnseam für sie geradeiu werthloa and flberilssig sei. Wenn
ein Kanfinanu oder Industrieller tlber ein entferntes Abeatzgebiet Auftehlaß
wttneebe» ziehe er vor, Jemand dahin zu senden, um an Ort und Stelle Studien
machen zu lassen, oder er WfTid'^ «^ich an eine dort etiihliite VertratiensperRon.
Die im .Mu^euui ausgestellten G-egen^jtände seien für den Handel nicht neu, also
werthlos, und bestünden zudem vorwiegend aus Produkten, die aus ferueu Ge-
bieten importirt werden kennen, Kokosnüsse, Stranßenfedern n. dgl., wogegen
man viel zu wenig Muster von neuen europäischen Exportartikeln finde. Der
Hauptiiutzen des Muscuut> I)e8tehe in den Mittheilungen, welche es über Trans-
porttaxen und Zolltarife zu machen im Ealle sei. — Solche ürtheile Uber das
belgische Uandelsmuseum sind übrigens wiederholt auch im belgischen Parla-
mente an Tage getreten nnd scheinen tu beweisen, daß man rieh davor httten
maß. Alles, was das Ausland macht, für gut nnd naohahmenswerth zn halten.
Der Vorort des sehweigerischeH Bandele- und Indusirievereine erachtete
es der Wichtigkeit der Angelegenheit für angemessen, noch die schieeiMerfSche
llandchhammer zu konsultiren. Nach cirdSßlicher Diskussion bat diese in ihrer
Hitzung vom U. Februar abhin sich damit einverstanden erklärt, duß der Bund
die etwaige Gründung von Handelsmuseen nach Maßgabe des Bundesbeschlusses
vom 18. Dezember 1884 (betreffend Tertretnng der sehweizeriscben wirth-
Bohaftlichen und kommerziellen Interessen im Auslande) untei-stutze, daft er aber
namentlich uuf die Suliventiouirung der Industrie- nnd riewerbemnseen, sowie
der Sammlung von Fu*'hsehulen hedaeht >ein und ihnen die in Paris durch kom-
petente Leute zu erwerbenden Ausstellungsgegenstände zuwenden möge.
'J Siehe Seile SO/yO im Ii. Band.
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HnudelsmuäMii
— 217 —
Handebmitteen
Uic'init ubereiostimmend lautet das vom Vororte de«» genannten Vereins uns
erstattete Gataoliteii, welohea wir unserm Berichte beilegen.
Im wirthsniialllicthen Leben eines Staates iet der Exporthandel unstreitig
von eminenter. Bedeutung und es ist Aufgabe des Staates, Mittel und WegeaaS"
findijr zu macben, wie derselbe gefördert und Hemmnisse, die ihm entgegen-
stehen, beseitigt werden kfiimen. Es geschiebt die« bereits uuf mannigfache
Weise, wie da« kautiuauiiiHche Direktorium in St. Gallen in seinem Berichte
anorkennend herrorbebt.
Wie aus den auszüglich mitgetheilten Berichten hervelgeht, sied in kom-
petenten Krei^n die Ansichten darüber, ob Handelsmneeen geeiccnet seien, im
VerhiiltTiigBe der bei zweckmäßiger Einrichtung unvermeidlich mit deuHelbeji ver-
bundenen Kosten aucli zu nützen, divergirend. Unter allen Umständen und ab-
gesehen von den divergireoden Ansiehten Uber Nothwendigkeit und Nützlicbkeit
ersohMDt es nieht als angeaeigt, daß vom Bunde auf seine Kosten und ofRsiell
solche Institute in's Leben gerufen werden. Es ist Malier als Grundsatz beob-
achtet Worden, daß der Staat nur da uud nur )n«>oweit in's wirthscbaftliche Leben
eingreife, als die Kratto der Privaten lit zureichen. An dem bisherigen Ver-
lahren festhaltend, glauben wir, daU der Bund nicht othzielle HandeUmuseen
grttnden soll, daß er aber, wenn Gruppen vod Industrien oder Gewerbeu solche
Unseen für ihren Interessenkreis in^s Leben rufen wollen, sie unterstittBe, wenn
sich nacli vorgenommener Untersuchung heronsstellt, daß sie wirklioh im all-
gemeinen Interesse des Landes liegen.
£s iät sowohl von der Handeiskammer als auch von vertschicdetien Hektiunen
des Handels« und Indnstrievereins betont worden, daß die Unterstützung dos
Bundes namentlich den bestehenden Industrie- und Geworbesohnlen, sowie den
gewerblichen FachKcbulen zugewendet und daß die Pariaer Ausstellung an An-
schaffungen für dieselben benutzt werden möchte.
Wir sind deshalb in dpr Lage, auch hierüber unsere Ansieliteu mitzutbeilen.
Zuuachst eriuiiein wir daran, daß „die Muster-, Modell- und Lehrmittel-
sammlungen, die Gewerbe- und Industrie - Museen* gemSß Art. 2 und 1 des
Bundesbe.schlusses vom 27. Juni 1884 ^) betreffend die gewerbliche und in-
dustrielle Berufsbildung zu denjenigen Anstalten gehören, welche Beiträge aus
der Bunde»>kasse prhnlten, Ks g-e^ehah die Anarichtung solcher Beiträge denn
auch seit Inkrafttreten jenes Bundetibebchlusses in ausgiebigem Mai^, so daß es
den Sammlungen ermöglicht war, die jeweilen sich bietenden günstigen Gelegen-
heiten SU Ankäufen aussanntsen.
Wir wollen hier wiel r'n 1 .-n, was wir bereite in einem andern Berichte
gesiagt, daß nämlich die Ausgaben des Bundes für die g»*werh1ichen und in-
diistriellen Bildungsanstalten seit 1»84 bis IbbU Fr. 1 38t),e57. 92 betragen
haben.
Auch in den ihre Subventionsbegehren pro 1889 begleitenden Budgets haben
sie sich hinreichend vorgesehen, um Anscbail'ungen an der Pariser Weltausstellung,
welche ihre Direktoren zu diesem Zweck besuchen werden, zu raachen. Die
für Anschauungen im Jabrp 1H89 vom Kunde verlangte Summe beläuft sich
einzig für diejenige Kategorie von Anstalten, um die es sich hier handelt, auf
ungefähr 55,()00 Fr., wShrend sie aus andern Mitteln noch weitere 65,000 EV*
ebenfelb für Anschaffungen tu verwenden in Aussieht genommen haben. Es
reprüeentirt dies eine Gesammtsumme von beilKuflg 120,000 Fr„ welche unseres
Stehe Seile ä54 im 1. Band.
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— 218 —
Hftoddorecisler
Eiaohtens genllg«& wird. BoUte die «ine oder andere besondere ginetige Ge-
legenheit sich zeigen, um etwas Außerordentliche« an der Welteowtellung ansu-
kaufen, wofür die vorhan l^nr-n Mittel nicht hinreichen, so mf^gen sich die Tn-
teresseiiten mit einem besoD<leren Gesnch an die Bundesbehörden wenden, welche
nicht eruiaugelu werden, 6» zu prüfen und eventuell ausnahmsweise Zut^chUese za
BUMheHy oder, falls das Budget nicht anareiclien solltei Naebtragekredite zu ver»
Jangen reep. sa bewilligen
Zu den sehen vorlüindenen beträchtlichen Mitteln aber von vornherein noch
weitere auszuwerfen, können wir nicht hefiirworten. Ein f*olehes Vorgehen würde
leicht zu deren Verausgabung a tout prix, zu Verschleuderung führen, wovon
weder Imlaatrie noeh Gewerbe Kntxw hätten. Schon jetzt konnte bie nnd da
eine Tendenn tnr Anfetapelnng mOglicbat vieler Gegenetfinde beobachtet werden,
welche um ho schädUober ist, als mehrere unserer Museen mit so großen räum-
lichen Einschränkungen zu kämpfen haben, daß weit« rf Abschaffungen znm Theil
siatirt wmlen mflss-fn nnd ihre rationelle Entwieklnng iii Fragt- ^^pstellt ist.
l)ün Ergebniß der Uittert^uehung fUhrt uns zu falgenden Antrügen :
1) Die Gründung von Eandelemneeen ist der PriTattiiltigkeit zu IlberlaneD.
Der Bundesbeschluß vom Dezember 1884 (betreffend Vertretung der schwei-
zerischen wirtlisf diaftlichen nnd kommerziellen Interessen im Auslände) findet auch
auf die Gründung golrhcr Institute analoge Anwendung. Demnach kann Hnndel»-
museen, die zur allgemeinen Förderung des schweizerischen Handels ins Leben
gemfen werden, auf gestelltes Aneadien finansielle oder anderweitige Unter-
etttttnng bewilligt werden, wenn dieselben eieh nach der von den BundesbehlMett
TOimnehmenden Prüfung als nützlich und nothwendig herausstellen.
2) Sollten nicht vorgeselu nc Ankäufe an der Pariser Au^^telhing für bestehende
Industrie- nnd (iewerbemuisi^en oder Fnehsrhnlen gemRcbt werden wollen, nnd
die vorhandenen Mittel nicht liinreicheu, so wird die Biindesi)ehörde nachträg-
liche Snbventionsgesnehe, die zu solchen Ankäufen an nie gehmgen, prüfen nnd,
wenn sich dii^ Gesiu he als begründet heranastelien, Zuschüsse an den bereits pro-
1889 bewilligten Hubventiunen muclien.
Die Bundesversammlung t'ul.'ite in ihrer Kriihjahrnüetssion von lö8U den Be-
schluß: „Es wird vom bundesräthlichen Antrage vom Ii». März ItJöi» in ge-
nehmigen<itom Sinne Kenntoiß genommen*.
HandelsTOgister. (Nach den Mitthdlnngen der Herren Dr. Leo Weber^
SekretSr für Geeetsgebnug nnd Rekurswesen des cidgenBseisehen Jnstiideparte*
ments, und A. Hothpletz, Sekretär für das Handelsmgister im genannten De>
partement. Geschrieben Mitte März 1^01.)
Seit dem i. Januar werden in nammtlicheu «schweizerischen Kantonen
Handelsregister nach einheitlichen Bundesvorschriften geftthrt. Der Art. 859 des
Bondesgeeelzee über das Obligationenreeht hat die Führung solcher Register den
Kantonen zur Pflicht gemacht.
Dnreh Art S^H des O R. war dem Bundesrathe der Auftrag ertheilt, Uber
Einrichtung, Fiibrung und Kuntrolirung der Handelsreji^ister. iibt-r das bei den
Eintragungen in dieselben zu beobachtende Verfahren, die zu entrichtenden Taxen
und die BesehwerdefUhrung eine gleichzeitig mit dem Obligationenreeht, d. h. auf
i. Januar 188S, in Kraft tretende Verordnung tu erlassen.
Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement hatte die Vorarbeiten an dieser
Verordnung zu besorgen, mit RUeksieht darauf, daß die Materie in engem An-
schluß an die Bestimmungen des Oldigationcnreohtes steht und daher einen vur-
herrschend juridischen (privatrechtlichen) Charakter trägt. Die einfache Anlehnung
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Haadelsregiäter
219 —
Handelsregister
an bereita vorhandene Vorbilder (autdändiüche oder kautonale Einrichtungen)
vmm aidi als inatattliaft. Uiwer Obligationenrodit hAt bei Nomimng der auf
beeondeni BedUrftoHmcB des Handelastaadee berabendeo Becbtiinatitute die ent-
Kpredieiiden Beatimoiiuigen der deutecben nnd franzönschen HandelfirechtH-Gesetz-
gebnngen zwar nicht außer Acht gelassen, aber, wie die himflesrSthlu^ht' Botschaft
vom 27. November 1879 mit Hecht bemerkt, q6 Int doch dabei seine eigenen
Wege gegangen und hat ,aUe diese Institute ihres ausaohließlich fttr HandelH«
lente bereobneten Charakter« entkleidet*.
In das Hände hregister müssen sich eintragen lassen die KoUcktic- und
Kommatuh'if/csrllsrhdßeir, die Aktt'rn- und Kommandäal'fh'ni/estl/sc/uiftefi, die
GenosseHseha//t'>i und Verciiif, welche /»r-'V^/.w^r Pt'rsnnlifJtktil (das Recht,
auf ihren eigenen Namen Kechtu zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen)
erlangen wollen, aowie aUe diejenigen Ar«on«ii, welche in kaufmännischer AH
ein Gewerbe betteiben.
Bs Itaim aber, wer immer nnter einer Firma ein Geschäft betreibt, sei dies
auch in nicht kaiifniännischer Weifte, dirsc firma eintragen lassrn. Uehcrdem
kann sich jeder Uandlungs fähige eiotrugeu lassen, um dadurch im vollen Öinne
Wechsel fäJiiif zu werden, indem er sich der proiessnalisehen Wechseistrenge nnter-
wiifl, d. h. anf moht wechselnäßige Etoreden Ternohten und den schnellen
Reohthtrieb Uber sich ergehen lassen will.
Prokurisi' >/ kiiuI zur Eintrof^nng in das llarulclsn gister anzumelden, ver-
pflichten jedoch Hrhnn vor der Eintragung kuiifrrviiiii'srhr Prinzipale. Prokuristen
zur BetreiljiiTig anderer als kaufmännischer Gewerbe oder Geschäfte können nur
dnroh Eintragung in das Handeleregister bestellt werden.
Es wurde demnach vom Justisdepartement die Anisteilung eines selbst-
Btündigen Entwurfs als dnrchans nothwendig erkannt. Herr Advokat Ad. Fick^
Sohn, in Zürich, übernahm dessen Abfassung Kinc Expertenkommission, bestehend
auH den Herren Ati. Firk, vorgenannt, Charlea Soldan, Kantonsrichter in Lau-
sanne, und Dr. Paul Speiser, Professor in Basel, in Verbindung mit den Herren
Leo Weber als Vertreter des eidg. lustisdepartementes und Z>r. Ph. Wilit als
Vertreter des Schweiz. Handels- und Landwirthschaftsdepartementes, wurde berufen,
einen ersten Kntwnrf zu HamK'n des Justiz- nnd Polixeidepartementes durch-
znberathen nnd festzustcllcu. Auh eigener Initiative hatte auch Herr Dr. Paul
Speiser einen Entwurf ausgearbeitet. So lagen im Juli 1882 der Experten-
konuaisricB anrei Bntwttrfe vor. IKeselben untersehieden sich in folgenden Funkten:
Nach dem Entwürfe Fick waren vier tabellarische Abthminngen 6w Kegisters
vorgesehen, in welche die Eintragungen auf Grundinge von (11 rabrizirten)
Anmeldescheinen geschehen sollten. Speiser dagegen ließ das Handelsrcgirtter in
zwei Abtheilungen zerfallen : das eigentliche Handelsregister mit zwei Büchern,
dem Journal and dem Firmenbucb, und das Register dw sog. Vollweohselfthigen.
Mebrfiudie Bemerkungen und Gutachten waren eingegangen vom Vorort des
Schweizerischen Handels- nnd Industrievereins (Zürich), von der Kaufmännischen
Gesellschaft in Ziirir^h von f!(-r Hiind<>Iskammer in Genf, sowie von der Societe
industrielle et commcrciale du cantou de Vaud, von letzterer unter Einbegleitung
eines (skizziiteu) Reglementsentwurfes.
Die vorgenannte fiinfgliedrige Expertenkommission tagte vom 24. bis nnd
mit 26. Juli 1888 so erster nnd am 14. August 1882 su zweiter Berathnng
in Bern. Zwischen der ersten und zweiten Berathung war den kaufmännischen
nnd industriellen Kreisen nochmals Gelegenheit zu sachhezii^Hchen Bemerkungen
gegeben worden. Auf Grundlage des Bpeiaer'schen Entwurfes stellte die Korn-
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Handelsregistei
— 220 —
Handelsregister
misnon den Text etiMr BnndeeTorordnuDg fest and es maohte hiemnf das eidg.
Jnstisdepsrtoment am 22. Angnst deaaelben Jahm seine Vorlafe an den Bundea>
rath. Der BnndeHrath adoptirte das vorgeschlagene System imd erließ am
*2*.K AaguKt 18H1.» die „Verordnung über Handelsregister und HandelsanitsMiUt"
In Art. ö deruelbtn wurde die fernere Besorgung der auf das HandeLsri^gister
und Handelfiamtsblatt tüch beziehenden Geschäfte dem Schweiz. Handels- und
Landwirthsebaftsdepartement logewieaen. Der Handebatand hatte aioh einstimmig
für das letztgenannte Depavtemmt als leitende und kontrolirende Behörde ans-
geKprochen Ein DualibuiTis in der Departementalleitnng kcnrate nieht als zweck-
mäßig «'laehtt^t wt'.rdeu.
Du die Fragen, die uicb bei der Führung des UandelttregiuterH sehr häafig
aufdrängen, meist rem jorinüseher Natur sind, so irar dadaroh aelbstTemtftndfiob
die bi^taohiettde ttitwirkung des Jastisdepartementes nicht aosgesoblossen. In
der Folge zeigte es sieb dann, daß es nicht nnr kein Naohtheil, sondern ein
großer Vortheil sein würde, wenn das Handelsrcgisterwesen unter jnrifitisrhe I^eitang
gestellt würde. JÜeu erbten Schritt hiezu machte der Bundesrath dadurch, dafi
er im Jahre 1885 dem Handels- und Landwirthsehaftsdepartement einen jaristi-
sehen Spesiabidcretär bdgab, der mit dem Wesen und der Fühning des Handels-
registers praktisdi vertraut war. Durch Beschluß betreifend die Orgatilsation
Keiner Departemente, vom H. Juli 1887 hat sodann der Bondesratb das Uandels-
register dem Justiz und Polizeidepartement unterstellt.
Mit dem Bundesgeset/. über Schuldbetreibung und Kunkurs vom 1 1 . .luuuar
1889, das die Betreibung aof dem Wege des Konkurses aaf die im Handels*
register eingetragenen Personen und Geselhtehaften besohrKnkt, hat das Handels-
register eine erhöhte Bedeutung gewonnen. Nun wurde aber bisher 0. Art. 865,
Abs. 4, welcher flu die Eintragspflicht maßgebend ist, in der allerverschiedensten
Weise gehandhabt. in den einen Registerbezirken wurden nur wirkliche Kauf-
lente, theils sogar nur die ganz, großen GesebSfte, nun Eintrage gezwungen, in
andern sog man beinahe die ganse BevDlkemng, soweit rie niobt geradezu
aus Fabrikarbeitern, Bauern, Beamten oder Bentiem bestand, in den Bereich
d^'is Handel«»r«-<^isters. Dn der Bnudesrath hiergegen nicht direkt einschreiten
konnte, m» wiir unmöglich, eine gleichmäßige Anwendung des Gpj'Ptz«'.'! zu
erreichen. Dies war ein großer UebelMt«nd. Ein anderer bentand darin, duL> die
bestehenden Bestimmungen nieht genügten, um einen renitenten Bintn^pflieh-
tigen wirklich zur Eintragung zu swingen. Wer aber nach den Bestimmwogeil
des Gesetzes im Handelsregister eingetragen sein soll, dessen Eintragung muß
nl-i VnniTisj^etznnj^ der Konkurshetreibung von Rechtem» wegen erzwin^bar sein.
Nur dann k(>nneu die Interessen des gesaromten Handelsstaiides {e^e wahrt und
nnr dann kann verhindert werden, daß einaelne Glfinbiger au Ungunsten der
übrigen einen Sohnldner anspfltnden.
Dem bat das Buudesgesetz vom 11. Dezember 188H zur Ergän?.iing dar
B«?Htimmungen des Obligationenrechtes über das Handelsregister abc^eholfeii. Das-
selbe leirt einerseits den Handelsregisterbehörden die rilicht auf He Eintragung
von Auitefe wegen oder auf Begehreu eines Dritten zu voUzieiieu, wenn eine
cur Eintragung verpfliehtete Person oder Gesellsobaft dieser Obliegenheit nieht
nachkommt. Anderseits beauftragte es den Bnndesiath, die erfor<1cr1ichen Ver-
fügungen zu treffen, damit die Terpflichtnag wxr Eintragung in das Handels'
register Uberall j^leiclimiiljig ertüllt werde.
In Ausführung dieses Gesetzes hat der Buudearatb unterm *i. Mai 1890
eine neoe Yerordnang erlassen, welche wie obiges Bnudesgeeeti mit dem 1. Jamar
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Haadelsregister
— 221 —
Haiideläregister
1891 in Kraft getreten ist. Um eine gleichmäßige Anwendung des Gesetses zu
enDSgliohen, h«t er In detselben die Fflidit tm Eintragung genau prSiisirt. £e
•oll dabei selbHtverständlieli nicht geengt sein, daß damit die Frage der Ein>
tragspHifht nach allen Seiten hefricdigend geir)><t H<;i. Indessen hat sich das Vor-
gehen des Buiidesrathes bis jetzt als durchaus praktisch erwiespn. Kiuerseits sind
nunmehr beinahe alle nach seiner Auslegung eintrag<>ptlicht)gen Personen und
GeeeUBobaften wirkliob in des Handeleregister eingetragen worden, endeneita
haben sieh eine grolSe Ansahl von eingetragenen GeaeliXfteii, welehe tbalelehlich
nicht anter den Zwang des Gesetzes gehören, wieder streichen lassen. Das
Handekrt'iri'^tt'r bietet daher nunmehr im Großen und Ganzen t^in richtiffts Hild
der eintragüpiliobtigen Geschäfte und erniÖL'licht so eine sachgeiuülk Ausführung
des Bandesgesetaes Uber Schuldbetreibung und Konkurs auch im Hinblick attf
die der Konkorsbetreibnog Unterliegenden.
Nach der bundesräthlichen Verordnung vom 6. Mai 1890 zerfällt das
Unr d:'!sregister in drei Abtheilnngfn : 1) Das Hauplref/ ister (Register A) zur
Antiia iirne der Eintragungen von Einzclfirmen , kanfmSunischen Prokiiraerthei-
iutigen, KoHektivgesellschaften , KommanditgeMelkchaften , Aktienge«ellbcbaften»
Kommandit^AklieDgeselbebafteo, Genoeseoaebaften, Vereine und eventnell betreffend
das ebeliche Gttterredit. 2) Das befondere Regtster (Begister B) zur Ein-
tragung derjenigen Personen, welche gestützt auf Art. 865, Abs. 1. O.-R. di«
KintraL'iintr verlangen, um ^i'h damit der Wephnel- und Konkursbetreibuug zu
unterwerlen, obschun für tsic t ine Pflicht rnr Eintragung nicht vorläge und sie
keiiwr der obgenannten Kategorien angehören. 'S) Das Hegister dv nicht
kaufinämUsrJien Prohuren (Begiater C) anr Veraeiohnnng derjenigen Personent
welche znr Betreibung anderer als Handels-, FabrikatioDS- oder sonst nach kauf-
mftnuischer Art geführter Gewerbe oder Geschäfte als Proknraträger bestellt »ind.
Das H au p t r p g i st er be^itcht aus folgenden Bilchcrn : 1) Dem Joinu
in welchem in Form eines Verbaiprozessep, unter fortlaufenden, jftdfs Jahr neu
beginnenden Ordnungsnammem, und in chronologischer Eeiheutulge alle auf Eiu-
tragungen, LOsobnngen nnd Am^bmngen, die in daa Hauptregister gehören, be-
atlglieben Anmeldungen anr Einsehreibung gelangen; außerdem werden in ibm
auch die in das Regisler C gehörenden nicht kaufmännischen Prokuraertheilungen
prütüküllirt : 2) dem in Tabellenform gffiilirten Finnoibwh, in welchem jeder
Firma eine Blattseite eingeräumt ist, worauf all© die Firma betreffenden Journal-
einträge notirt werden; 3) einem Verzeichniß der eingetragenen Firmen; 4) einem
ebensoldien sSmmtlielier im Firmenbnohe eingetragenen Personen; 5) einem
besondvrtn Hefte anr Aufnahme der MiUfliederverseidiniMe der QenMWn-
$ehaßen mit gewQhnlieber nnd solidariaeher Haftbarkeit,
Das besonder «Register zerfällt in ein chronologisches Buchy in
welcben die Eintragungen nach der Reihenfolge der Anmeldung gemacht werden,
und ein alphabetisches Jiueh, in einfachster Form dem Journal, sowie dem
Firmenbuobe dde Hauptregisters nebst daau gehörigen alphabetiseben Veraeicb-
niaaen naohgebildet.
Zum n>'<j;>ter der meht haufmännitdten Pmkurm gebSrt ebenfblla eitt
alphabeHeekes Nachechlageverßeiehniß,
Die Sintragnngen gewdiehen im Register B und C nur auf Antrag
der Tntfressenten. Bis zum 1 Januar 1891 war diee twh h'^im Hanptregi^tf»r
der Fall LÖHchungen können m gewissen Fällen, wo eine Anmeldung hiezu nicht
erzwingbar int, in allen drei Registern von Amtes wegen erfolgen.
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— S22 —
Elandebregnter
Schon auf Grund der Verordnang von 1882 hatten die BegUterfthrer tot
Amteb wegen darauf za achten, daß die su Eintragangeo, Aenderongen und
Löschungen Vei|)flic!ittiten dieser Vi-rpHichtung nachkamen. Gegen SäuDiig^ wurde
nach Maßgabe von § .S(;4 mit OrdnungsbuLlcn von mindc-Ntens 10 Fr. einge-
iichritten, welche Iiis uut öüü i'r. erhöht weidou koant«D. Seit 1. Januar lt>91
ktenea onn Eiiitraguugen and Aendenrngen, wie hereita angedeutet, aoeh vm
Amtes wegen votgenonunen Verden , wenn die zur Anmeldung Verpflichteten
dieselbe nicht selbst anmelden; den Säumigen trirtt in diesem Falle außer der
amtlichen Eintragung noch eine innerhalb der obengenanntim Grenzen zu be>
metwende Orduuugsbuße.
Die im Journal nnd im ehronologiidieii Bacihe dfti beiondenn Kegister»
gemachten läntragnngen werden ihrem ganxen Inhalte nach dnreh das Sf^Mm-
Merisihe Ilanddsamtsblatt VtröSentVichi. Krst von dem Zeitpunkte an, in welchem
aie duroll diese.s Organ zur Kenntniß des Tublikums gelangt sein kennen, wer-
den die Eiiitriigi«.nL"'M in der R(>gel unch diesen — dritten Personen — gegen-
über wirksam. JÜ.it ilücksicht auf die Anwendbaikeit der Wechsel- und Konkurs-
betreibung ädSem sie ihre Wirkung erst mit dem auf die Bekanntmachung im
Handelsamteblatt folgenden Tage. Dagegen unterliegen PerKonen, welche im
Handelsregister eingetragen waren, noch während sec^hs Monaten der Knnknrs-
betreibung, nachdem die Streichung durch da» E&udeli>amt»blatt bekannt gemacht
worden ist.
In Streii^ieiten zmaahbn Privaten Uber Eintragungen mischen «ich die
^ndelaregisterbehörden nur inHofem, als e» sich um Fälle bandelt, wo eine
PmiBOn oder Qesellsohaft, die zur Eintragung verpflichtet ist, dieser Verpflich-
tung nicht nxchkommt. In allen Übrigen F&Uen steht der Entctoheid anaschließ- '
lieh den (iencliten zu.
Die territoriale Organ inatiou ist in den einzelnen Kantonen
Tcorsohieden. Uan glanbte ▼ielerorts der Bequemlichkeit des Publikums wegen
flibr jeden einselnen Bezirk oder Landestheil ein eigenes Register anlegen zu
müssen. So werden in den Kantonen Bern, Freiburg, Solotluirn, Tc«jjin und
Waadt seit 1883 in jedem Bezirke ein Register getührt. Für Wallis bestehen
drei Bcglätor die drei Xiandeatheile. Auch in 8t. (railen bcsuiiid hi» 1Ö91
in jedem Beiirk ein rigenes Begister; seit 1. Jsnoar 1891 sind ^eselben in
«ines versehmoken. Aargan führt ein nach Beairken abgetbeiltes C«ntralregister$
deil^ekiien that Neuenburg, bis die vor 18s 3 entstandenen Firmen eingetragen
waren, dann ließ es Dezentraliüation nach Bezirken eintreten. Alle andern
Kantone führten von Anfang an nur ein eitizigeui Regihter. Zur Zeit bestehen im
(ianaeu Bureaux (30 Bern, 19 Waadt, 8 Solothurn, 8 Tessin, 7 Freiburg,
6 Neuenbürg, 3 Wallis und je eines in den 18 abrigen Kantonen und Halb«
kantonen).
Üie Verordnung des Bundesrntlic ^ vom 29. Augtr.^t 1882 hatte für die
Kintragnngen, Uiseluingen und Aende.ruagen Gebühren t'eatgesetzt, die schon
vor inkratttreten der Verordnung GegeuvorstcUuugou von Seite des Schweiz.
Handels* nnd IndustricTereins, sowie Seitens einer von 15 Eantonsrcgierungen
besdiickten Konferena in Slriah hervorriefen. Neben dem Wunsche einer all*
gemeinen Ermftßigung wurde dem Begehren Ausdruck gegeben, daß die Abstufung
der (Tehuhren nach dem Gesellsehaftskapit.i! , namentlich bei Kollektiv nnd
Kommauditgebellschaften, lallen gt*latii«eii werde. Der Bundesrath betichloü darauf-
hin am 7. Dezember 1882 eine Abüuderuug jener Verordnung. Danach sind die
nach dem Kapital abgestnften Geblihren fttr Kollektiv nnd EommanditgeseHschaflen
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Hjimleisreifister — 223 — Handebregister
duroh eine mäßige Taxe et^oUt. Die Abätiifuag uaob dem Kapital, bezw. nach
den BMerva- oder 0anuitiefondi, warde dagegen für AktieiigeBelbdiaften, Kom-
nenditgeeelLioliAfteii and GenoMeiMohefleD bcibelialten.
Die nunmehr gllltigen OebtthirenanHatze werden nicht mehr fttr zu hoch
^halten. Bis zum Jahre 1891 bez »g der Kauton Waadt nur f^O " 'o di r dmcli
die eidgenössische Verordnung festgenetzteu Gebilhren. Nunmehr hat er seine
SonderHtellung aufgegeben und erhebt die Taxen in der Höhe des eidgenössi-
eohen Tarife«.
Letzterer enthält folgende AnsStM:
Fr.
Firmen mit einem Inhaber ....
6
3
8
Kollektiv- und KnromandU<6efl^bcheAen .
10
6
8
Aktien • Gesellschalten und Kommendit* Aktien-
Gesellachaften :
a. bei einem GeseUsehaftskapital bis Fr.
lO(VfMK)
10
10
10
b. bei einem üesellschaftskapitul bis Fr.
1,000,000
60
S5
15
c. t • i I ni Geaellscbaftskapital Ober Fr.
1,0(J<».(M)0
IOC
50
50
Genuääensdiaflen mit einem H^rve- oder liurautielondä . welcher mehr als Fr.
100^000 betragt» entrichten die gleichen GebObren wie Aittien- und Kommandit-Aktien-
ppsell-chaften bei litt, b und c ; Genos->pn«chaften, welrbe- wrder einen Reserve- noch
einen Garanliefonds oder einen solchen unter Fr. lÜÜ,(XiU besitzen, die für Aktien- und
ItoromandH-Aktienfreeellscbaften bei Litt a festgeeetxten 6ebflhren.|
Institute mit kaufmännischem Betrieb, welche auf Rechnung öfTentlicher Gemein-
wesen (Staat, Bezirk, Gemeinden) betrieben werden, entrichten die für Aktiengesell-
seb<en (Litl. a, b, r) festgesetzten GehOhren, wenn ihnen ein eigenes BetrMxskapital
zugeschiedeii i~i ndt-r wenn sie ein Akti( iik ;>it;J besitzen; ial weder das Eine noch dae
Andere der Fall, ^o werden sie wie Einzellirmeu behandelt.
EintraguRfen. LOschuniM. Aendarynin.
Fr. Fti Fr.
Vereine 10 6 8
BevollmricfiH;:unv'en ( Prokuristen [auch die im
Regir^ler C eingetragenen nicht kaufmänni-
schen Prokaratrftger), Direictoren, Liqui-
datoren etc.) 5 3 —
Personaländerungen in den Vorständen von Genossenschaften, ohne Rflcksicht auf
die Per^onenzahl, Fr. 5.
Aendernngen im Personalbestand der Vertreter von Vereinen, ohne Rfidcsiebt auf
die Personenzahl, Fr. 3.
Bei Nachführung des Mitgliederverzeichnisses einer Genossenschaft (0. 702) ist zu
entrichten: tu: je lo einzutragende oder zu Iteehende Namen oder Bnichtbeile einer
Serie von 10 Namen Fr. 1.
Pör Eintragung von Zweigniederlassungen (Filialen) ist die Hftlfte der für die
Hauptnied er l.'is'fung festgesetzten Gebühr zu entrichten ; befindet sich die Hauptnieder-
lassung im Auslande« so ist für die erste £intraguug einer Zweigniederlassung die ganze,
nnd wenn wettere Filialen einzutragen sind, je die Hftlfte der Gebfihr zu entrichten.
Lösch un;:('ii von Anitts \ve;^en linden geliilhrt'nfrfi statt. F.ine I,os(•l^l^^' nder
Aenderung, die mit einer neuen Eintragung verbunden ist, geschieht gebälu-enfrei, so-
liim die Neneintragung in denselben Registerberirk stattfindet und, wenn sieb vmi
eine Lüsclmtij.' handelt, Aktiva und Pa«;^iva von der neuen Firma übernommen werden.
Für Eintragungen im besonderen Register beträgt die Gebühr Fr. 3. Streichungen
hl demselisen gesehen nnratgeltlich.
Ein Ffinnel der ''ir Eintragunprn, I,n«rhrinfren und Aondt'run;;eii fe.-^l;:eselztea
Gebühren ist von den Kantonen für die YerOfl'entUchung der Eintragungen durch das
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Hand«laragister
— 224 —
Handelsregister
Schweizcri«rhp Handel--'amtsblalt an die Bunileskn=«e abzulipTern. Der Resl, die ile-
bflhreo für Auszüge und Bescheinigungen, die Gebühren für Eintragungen, weh he niriit
publizirt werden mOssen, und die Ordnungsbußen fallen den Kantonen zu. Die kan-
lonalon Vdrscln ifleu Ober Stempelung •^ind vorhehnUen. Die Oebührcn fflr Einträge
betreffend das eheliche Güterrecht werden von den Kantonen bestimmt und tallen den-
MlbeD aiuBcfaliaßlieb m.
In einer Reihe von Fallen hat sich das Bedürrniß herau-t.M>ii'IU. nhcr finsitiUi-
gende BestimmuDgeu des Obligationeorecbtes mit spezieller Beziehung auf das Handels-
register wegleitende Entseheidtingen der BnndesatifsicbtsbefaOrden m veranlassen. Die-
selben werden jeweilen im Handel^aml^Matt und im Ge«;hjlftHli('ri> hie dos Bundesrathef
mitgetbeilt. Die bis Mitte 1891 ergangenen Entscheide sind in einem «Handbuch ftir
die sdiweiierisebeD Handebregisterftthrer* AttHrage des eidg, Jmliz* und Polixei'
departonents bearbeitet von Dr. L. Stegmnnd in Basel) susammengesteUt.
Die Einnahmen aus den RegiatergebttlureD (excl. deijenigen für Aus-
BÜge, Beischeinignngeu und Stempel und der Ordnungsbußen\ .sowie der aiiK den-
oelben dem Bunde zukommende Fttnftel ergaben, in Franken auKgedrUokt, fol-
gende Beträge:
188* 1885 im, 1887 1888 1889 1890 Ihöl
Total 28.2ä8 2»«337 31,095 36,991 35,592 35,091 41,345 75,294
Antheil dea
des Bundes 5,047 5,667 6,379 7,398 7,118 7,018 8,269 15,057
Folgende Zahlen aeigea, in welchem Kaße das Handelaregiater bentttit
worden ist:
Eiirtrlge
im
188S
1886
1687
1888
1888
1880
18»1
Eirizfdfirrnen
1674
1661
9101
1801
1748
1866
9458
6678
Kollektiv- und Kommanditgesell-
6IS
480
60S
478
611
646
690
886
Aktiengesellscfiaf!eri , Kommandit-
aktiengetselLschaften u. Genossen-
183
191
170
294
380
320
283
338
Vereine nach 0. R 716 AI . . .
71
93
88
«7
57
93
108
(i8
Mi
61
54
67
77
138
Bevollmächtigungen (Prokuristen,
Direktoren ftc.)
619
601
679
629
699
711
766
905
Nicht Eintragsptlii htipe (H^. B) .
82
58
34
87
31
85
14
30
Löschungen
11 i8
1208
IWS
1359
1628
150U
Kollektiv- und Kommanditgesell -
405
429
4»
433
433
446
464
624
Aktien- n. Kommanditaktiengesell-
s( haHon und GenoaseBsehaften.
18
88
89
95i
84
44
47
58
1
S
1
2
4
5
12
57
38
87
51
60
37
82
67
710
3n
m
437
507
499
541
Reg, B
40
17
42
92
186
34
90
713
AeadarimgMi
3»
42
bö
63
105
105
139
378
KollektiT- und Kommanditgesell-
68
87
88
88
96
106
143
195
Aktien- u. Komroanditaktiengesell-
Schäften und GenoflMiiaefaaften .
86
116
161
869
278
168
165
149
IS
13
11
86
99
99
48
97
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HaadebschuleD
— 225 —
Haoilelwcbulen
Haiidelsschulen (Ergaozung de« Artikels im II. B*nd). Die Handel«-
inewnadieften werden an folgenden 9ffen1lielraii Anstalten gelehrt:
Kanton Zürich: An den kaufmännischen Abtheilungen der Indu»tne-
Bchiileti Zi'in'ch and Winierlhur nnd an der Handelssohnle des Teobnikams in
Winttrtlinr.
1) Die Indusiriesdiule Zürich schließt an denjenigen Grad vuu Kennt-
nissen nnd Fertigkelten an, weloher nach wenigstens sweijährigem Besneh einer
wohlbesteUten Seknndarscbnle erwartet werden darf, d. h. an's 14. Altersjahr.
fm ersten Jahreskura ist der Unterricht für alle Schüler gleich, im zweiten
Jahresknrs tlieilt sich die Indastrieschule in a) eine technische Abtheiinng mit
HVs Jahreskursen (2. — 5. EH.); b) eine merkantile Abtheilung mit 2 Jahres-
kursen. Die Industriesohnle untersteht der kantonalen Siriehnngsdirektion, der
eine Anfriehtskommiisioii Ton sieben IfitgKedem zur Seite steht.
2) Die Industrieschule Wittierthur int eint- städtische Anstalt mit kantonaler
Subvention. Sie steht im^^^r Aufsicht des dortigen Schulrathes und einer von
ihm l»e8tellten AufsichtskommiBhion, hat vier Jahreskiirse. anschließend an das
Lehrziel einer wohlbestellten zUrcberit^chen Sekundarächule, und theilt «ich in
eine teehnisdie Abtheiinng mit vier Klassen nnd eine merkantile Abtheiinng mit
einer Elasse, die ihren Unterricht zum Theil mit einander, snm Theil getrennt
in ihren npezifisch fachlichen Disziplinen erhalten. Im Programm von 0«tem
1889 »ind als merkantile Färhf>r der ersten Klasse einzig aa^efilhrt: «Beohnen
and Buchfühning' ond «HandelHgeograpbie".
Die Sohtllenalil an der kanfmftnnisohen Ahtheilnng betrug im Schuljahr
1887/1888 25.
3) Das leohnikum in Winierlhur ist eine kantonale Anstalt nnd untersteht
als solche der kantonalen Erziehungsdirektion und einer von dieser bestellten
hesondern Anfsiehtskotnmission von sieben Mitgliedern. Es schließt nn das
Lehrziel der lU SekundurschulklaHäe, d. h. au dan zurückgelegte lä. Alters-
jahr an.
Das Technikum umfaßt sechs yenehiedene Fachabtheilungen, wovon eine
Handelsabtheilnng mit 4 Semesterknrsen, wovon 2 im IVttbjahr nnd 2 im Herbst
beginnen.
Kanton Bern: 1) An der Handeisschule ßr Knaben in Bern. Sie ist
«ine Mitlelsohnle nnd soihließt als Bifarkattonsnreig neben der Real- nnd LIterar»
soirale des «stKdtkohen Qymnasinms* an das Lehrsiel des ▼ierknnngen Pro«
gymnasiums (10. — 14. Altersjahr), bezw. an diejenige Vorbildung an, welche
eine gute S'"knn'!arri('hule bi.s znm Alter von 14 — 15 .Tübren gibt. Sie wird
auf dieser ü-rundlage in zwei Jahre^ktirben (15 —17. Altersjahr) weitergeführt,
währenddem die Realschule einen Aufsatz von '6^/2 Jahreskursen, die Literar-
sehule Ton 47t Jahreeknrsen hat.
Die HandelsHchiile ist als Bestandtheil des «stXdtlBehen Gymnasiums" eine
Gemeindeanstalt mit kantonaler Subvention; die Frequenz der HaodelsSQhale bo»
trägt durchschnittlich zirka 40 Schüler iu zwei Klas^^en.
2) An der Handelsschule für Mädchen an der Madchensekundarschule
in Bern. Sie schlieBt an daa Lehndel der flUifklafisigen HSdohensdEnndamdinle
an, parallel mit dem Lehrerinnenseminar und der Fortbildungsklasse. LehrIXeher
mnd: Beotsch, Französisch, Englisch, Italienisch, Rechnen, Buchhaltung, Kor>
respondenz, Waarenkunde, handelsrechtliche Belehrunj^en , Geschichte. Geo-
graphie, Schreiben, Handarbeit, Gresang. Die durohjchuittUche Schttlerzahl ist
zirka 30.
Itamr, TolfcnHrfhMbkftf-Xr«dliOD 4«r Sehwtls. ]5
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Handelsschulen
— 226 —
Hamdelsschalen
Ab der HuntMMasie der Mädehmgdtundorm^h Biel,
Kanton Lnaern: An der höheren Lehransialt in Luzern. Sie enthält
neb* n dem Gymnasinm, Lyceum und der theologischen Lehranstalt auch eine
KealKchule. I>iebe theilt bich von der IV. Klasse (15. Alterajahr) an in eine
technihche Abtheil uug uiit 3 und eine merkaniile AbtbeUung mit einem Jahree»
kniae. In dieser werden neben den mit der teebnisoheii Alvtheilnng gemanaamen
Fächern als spexihsch kaufmännische Disziplinen gelehrt: Handelswiasttnschaft,
HandeLsrcchiieii, Buchhaltuiif;, Comptoirarheitei), Handels- und Verkehrsgeographie,
(,'hemie. Die durcbfechnittliche Fretjuenz der letzten 11) Jahre betrug 12 Schüler
(iScbuijahr lbt$7/8b : 6). Die Keaischule ist vom Kanton gegründet und wird
▼4» ihm unterhalten.
Obwalden: An der Bealabtheilung der KanUmtm^le Obwalden yrvtdim
einige Uandelsfächer, wie Buchhaltung, übersichtliche Behandlung dea lehwtta.
WechselrechtB nach dem eidg. Obügationenrpnht, j;elebrt.
Kauton Zug: Au der kanionulrn Jnduairieachtde in Zug ^ die in
47> Jahreskursen a» das I^hrziel der zugerischen Sekundärschule, i. e. an daa
14. Alterqahr anschließt, werden die HandelafKcher in drei Jahreakunen von
einem beacödem Fachlehrer ertheilt.
Kanton Freiburg: Am Kollegium Sl. MicJuie/ hi Frcihurg. Dasselbe
hat ilrei Abtheiluiifren : eine Literarscbtile, eine rniluttrie.scbiile und eine aka-
demiscbu Abtbeilung. Die „Section industrielle" liieiit sich vom dritten Juiirc
an in eine technische Abtheiinng mit drei Jahresknrsen und eine kanfinKoniadie
Abtheilung mit den speziflaehen Faohdieiiiilinen mit blo6 einem Jahreskun. Daa
£intrittsaltcr in die Industrieschule ist das zurückgelegte 12. Altersjahr.
Kanton Solothurn: Au der Kanfonssdnilc Solothurn. Sie besteht aus:
Gymnasium, Gewerbeschule und Lehrerseminar. Ersteres theilt sich in. ein
unteres mit vier und in ein oberes mit drei EJasseu, die Gewerbeeohnle in eine
untere Abtheilung mit drei Klassen und eine obere mit drei Jahreakunen für
die teebnische und zwei Jahreskurson für die merkantile Abtheiinng. Sodann
wird an der KantunsHcbule auch die landwirthschattliche Kichtnng gepfleL't, für
welche nach Maßifabe, des HediirfnisMO im Winter landwirtbachaft liehe kurse
abgebulteu werden. Getrennten Liiterncht erhaiten die Merkantilisten nur iu der
IIL und lY. KlassOt d. h. vom 14. bis lö. Altersjahr an.
Basel -Stadt: An der Handeliabiheilung dar obern JRealschiUe. Diese
üandelsabtheilung umfaßt drei Jahreskurse, entsprechend dem 9., 10. und II.
ächuljahr, resp. dem 15. — 17. Altersjahr. Zirka >«) Schiller.
Kanton St.Gai len: 1) An der Indusiriesdiuie der Kantonsschuie (iallen.
Sie thmlt sich in eine kaufmännische und in eine tedraische AbtbeUung. Die
Industriesehule schließt an daa Lehrsiel einer iweikuTBigen fiealsohule, besw. an
das zurü< k<:elegte 14. Altcrhjnhr an. Die technische Abtheiinng besteht aus 4,
die merkantile aus \\ .Ialiie.-kur>en. Als ppezitif^ch kaufmännische Fächer werden
außer den neueren Spra -heu DcuIncIi, Kraii7.li>isch, Kn^jjlii-ch. Italienisch. Spanisch,
gelehrt : Üuchiialtung, HuudeiKlebre, HaiidelskurreHpundcuz, Lbeniie und chemische
Technologie, Waarenknnde, meohaniflohe Technologie, Weben. Letztere swei
Fächer, sowie englische, italienische und spanische Sprache sind fakultativ und
zwar letztere zwei Sprachen in dem Sinne, daß .^ie sich p j^enseitig ausschließen.
2) An der „F'trihildangssrhnlt' für Lehrlin^jt " in 81. Gallen Sifj ist eine
städtiäche Anstalt und besteht aus zwei Abtheüungeu, nämlich : einer gewerb-
lichen, fttr Handwericslelirlinge, und einer kaafmännischen, für Handelslehrlinge.
An der kaufbännischen Abtheilung werden gelehrt: FranaOeifloh, Englisch, Ita*
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fiandelsscbuleu
— 227 —
Handelsscliulen
lienisob, Deutioh mul Eorresp(md«in, SelinibeD, kuifinlaBiidiM EM)in«ii, Boeh-
haltong, Wechaellehre, ConlifGorreiite, Vatarlsnibkunde.
Dif Au.-4wahl der Fächer ist den Sehlllern freigestellt; dooh sind die ge*
wählten Fächer für ein Semester regelmäßig zu besnchen.
K a n t u n G r a u b ü n d e ii : An dt-r biliidnerUckm Kantonss' kule in Chur.
Sie setzt hich auM drei Svhuincbtuugen zu>amiiit^ii : Gymnasium, Reaiöchuk-, Lehrer-
■ttemimir. Die Jieuischuie beginnt mit der I. Klasse und theilt sieb in der
IV. Klasse in eine teohninehe, eine merkantile nnd eine Isndwirtheoliaftliehe Ah-
theilong. Ah Handebfächer der Bealaohttle figoriren im Lehrplan kaufmäntiiscben
Bachuen, Buchhaltung, Korrespondenz und Kontorarbeiteii, allgemeine HamleU-
lehre. Die Frequenz der merkantilen Abtheilung scbwaukt zwischen 10 und
12 Schuler.
Kanton Thurgau: An der Indiiätrieabtheilung (G'/s Jahreskurde) der
KantoiiMeeliiile in Fmuenfeld. Sie trennt sieh von der IV. Elawe an in: a) eine
teehnieobe Abtheilnng von S'/t Jahren (vierter bie siebenter Eare); b) eine kauf«
raünnische Abtheilung von 2 Jahren (irierter und fünfter Kurs), üas Minimal-
alter fUr den Eintritt in die InduBtrie«chule ist das zurückgelegte 12. Altersjahr.
KantoTi Waadt: An der kantonalen InUustrieschufi: '» Lausanne. Sie
zerfällt in zwei Abth^ilungen : 1. In eine untere, in welcher alle IndustrieschUler
vom 9. bis 15. Alterejahr in sechs Kursen den nämlichen Torbereitendeo Unter»
riebt erhalten. 3. In eine obere Abtheilnng, in welche die Sehttler nach Ab*
«elvi rill ig des Pen.sams der untern Abtbeilung übertreten können. Dies« obLiö
Abtheilung tboilt sich ihrer. nelts wieder in eine technische und in eine kanf-
männiftche Abtbeihing, erstere luit 2'/2, letztere mit zwei Jahn-,<kurfien.
Die Fre<^uenzzitler der kaufmännischen Abtheilung »uh wankt zwischen 50
Qn(C 60.
Kautuu Wallis: 1) Am Colle(/e industriei in Sitien. Daselbst wird
in 4 Jahreskursen Unterricht in einigen Uandelsfächern ertheilt (Buchhaltung,
Kallihraphie etc.). Das Schuljahr beginnt im Oktober und dauert zehn Monate.
2) Am College tndualrtel in St- Maurice, gleich demjenigen in Sitten.
Kanton Neuenburg: An der Jlandtiischule Neuenbürg. Sie ist eine
Goneindeanetalt und nnterateht der dortigen SehnlkommiBsion; die Oberanüsidit
über dieselbe steht dem kantonalen Eniehangsdepartement an. Die Schttlersahl
sdi wankt zwischen 55 und 60.
Foleendf I )i-^ziplinen werden gelehrt: Bureau commprcial (Documenta com-
merciaux et ('omptabilite^, Handelsgesetzgebung, Handelsuritbinetik, Ko|)tree!inen,
Nationalökunuuiie, Geographie, Schreiben, Französisch, Deutsch, Arbeit (Ctude),
Chemie, Waarenknnde.
Außer diesen obligatorisohen Fächern figuriren als fakaltative Fächer; Kng>
lisch, Italienisch, geometrische.s und Freihandzeichnen, Turnen, Hygiene.
Daj* minimale Eintrittsalter in die Handelsschule ist da'^ zirürkirelegte
15. Altersjahr. Sie schließt an da-s I,ebrziel der l. Kla^ise der Sekiuidarschule an.
2) An der EcoU de commerce tn La Chanx-de- Fonds. Das Unierrichts-
programm veraeiobnet die nachfolgenden Fftcher: FrantOsiseb, Dentsch, l^nglisch,
Handelsarithmetik, Ealligrapbie, Handels- und indnstrielle Geographie, NatiomtJ-
dkonomie und Handelsrecht, allgeosdne Gesehiehte (vom Standpunkte des Handels
und dff Itidnstrie aus\ Haiulel-knrre^ponflfnz, Bii.lihaltuTig, Bureau eommercial,
Waarenkeiiiitiiiß, ivonterenzeu der Scbüler. fakultative Kurse im Italienischen
und Spanischen je 4 Stunden per Woche.
. j . . I y Google
Bandelsschulen
— 228 —
HanddMchul«!
Kanton Genf* An dar stidtiMhen ^Ee<de aupiriture de
lOb Sobnle, fUr die ein EintritUalter von ndodestenB 15 Jahren, d. h. derjenige
Grad von Kenntnissen und Ff rtigkeitcu, welche der ci folgreiche Besuch der
V. Klasse des College odtr it- 11. Jabreskurse« der ,ecole profeseionnelle" ver-
schatit, gefordert wird, emiialt uinen Vorkurs (Court» preparatoire) uod zwei an-
•oUieflende Jahreeknree (Glanes eupMeane}.
Daa Schuljahr beginnt im September und schließt Ende Jnni oder Anfrage
Jnli. (L Semester : September bis Ende Jannar, II. Semester: Febnmr bie
Ende Juni.)
Der Lehrplan verzcirhnpt die nachfolgenden Fächer mit beigefügter Stnnden-
sahl: Französisch (Redakuun, iiitiidelükurrespondenz}, Deutsch, Englisch, Italienisch,
Spemsoh (nnoli Aoswahl), Xalligraphie, Zeichnen, Bnchhaltong, Huidebarithmetik,
Algebra, Mathematik, Kopfreehnen.
Dnroh daH neue Schulgesetz in Genf vom Juni 1886 sind sowohl für Kneben
als ftir Mädchen FortbildungHkurse, ^ conrs facultatifs du soir in Aussicht ge-
nommen worden. Diejenigen für die Knaben nind nicht« Anderes als kauf-
männische Fortbildungsschulen; es werden n&mlich gelehrt: kaufmäuniticbes
Rechnen, Handelskorrespondenz, Algebra, Geometrie nnd Physik. Dies» Kurse
worden im Wintersemester 1887/88 erSffnet and warra von 63 Sohttlern besucht.
•
Zu dieser Uebersieht ist lu bemerken, daß dem kaafininntsehen Unterricht
an den höhern kantonalen und stfidtifohen Lt-hranBlslten erct ^eit einer kurzen
Reihe von Jf\}iren eine vermehrte Pflege zugewendet werden ist. Die Biforkatiou
der Induätrieabtheilungen der Kantonsschulen in eine technische and kommerzielle
Abtheilung war die gewöhnlichste Form der Berücksichtigung des handeUwisaen-
sohafüiehen Unterrichts. Dieae Abtheilaogen und aber in der Bogel, und hanpt-
sächlich in den obem Klassen, ans naheliegenden Gründen verbfiltnißmäßig
schwach besucht, s<i diR es oft scheint, als ob sie ihre Exif=;tenz nicht einem
faktisch bestehenden Bedurfniß verdanken, sondern es sich vielmehr angelegen
sein lassen, ein noch nicht vorhandenes Bedürfhiß künstlich zu schaffen.
Der Lehrplan dieser Anstalten ttßt dieselben als yollstKndig nnd vohl-
otjgtainrt erscheinen, legt aber in Anbetracht der geringen Sobttlenahl Qm
Ganzen zirka 500) den Gedanken nahe, daß dieser Zweig der menschlichen
Tbätigkeit, wenigsten» in der biß anhin versuchten, fttr die ganae Sohweis typischen
Form* sich nicht schulmäßig vorbereiten lasse.
INe jungen Leute, welche in den Kandelsstand eintreten, bringen denn anoh
in der Bogel eine sehr geringe Summe von kanfininnisohem Wiaaen mit sich
nnd ea kommt ihnen sehr zu statten, daß sie während der Lehrzeit die in Tielen
gjüßeren Ortschaften heBtehenden ünterrichtHki!r«p der kaufmännischen
Voreine resp. Vereine junger Kaufleute benützen können. Vereine dieser Art
bestehen nach Wissen des Lexikons:
a; im Kautou Zürich: iu Zürich, Winterthur, Morgen, Wädensweil, üster;
b) im Kanton Bern: in Bern, Bargdorf, Langenthal, Biel;
C) im Kanton Solothuni: in Solothurn, Ölten und SohtfnMiwerd;
d' im Kanton St. fr allen: in St. Gallen und Wyl ;
e) im Kauton Aargau: in Aarau, Baden, Zofiugen, Leozburg, Wehlen}
f) im Kanton Neuenbürg: in Neuenbürg und La Chaux-de-Fonds.
Femer in Lnsern, Freibarg, Basel, Schaffhausen, Heriaan, Chor, Franeafeld^
Lugano, Lausanne.
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Handelsschulen
— 229 —
Uaadeläschulra
Zwei dieser Vereiue (Zürich und Luzern) haben lormliohe Handeiaschalen
eingeriohtet, and m mögen diMelben angetthr uf der gleidiaii Stufe ttolieit wi«
die PriYAtiiaiidelMohiilM von Widenunin in Basel, Zwiekel in Wathril, WIgei
in Borsch&ch.
In der Großzahl icr Vt^rpin*» bewchränkt sich der ünterriobt auf moderne
Sprachen. Eine kleinere Zahl ermöglicht auch die Aneignung von KenntuiHHöu
in der Buchbalt\ing, Wechüelkuude, Korrei^pondenz, im kauf mann iäcben Keohnen,
in der Hendebgeographie, der Stenographie, der Volks wirthsohaftalehre, der
Reehtspflege, der Kalligraphie.
Das höhere kaufmännifiche Wiiv^en findet also auch hier nur geringe Pflege
und die Erkenntuiß, daß die Bildungumittel des jungen Kaufmanns erhöht werden
sollten, ist aligemein. Nichti^deHtoweniger verhalten sich sogar die obereu Keihen
des HandelisiMides abldmend gegen die GrUiidnof einer ttteie von versdiiedenen
Seiten (Nationalretli Curfei, StKedenth GoImI, Kationaliithe Blnmer-BglofF und
Hilty, Abtheiiungsohef Willi auf dem eidg. Hsttdehdepartement) angeregten eid-
genÖBsiäoben HandeLsMchule. Auch die Bundesversammlung lehnte ein diesbezüg-
liches Postulat deä Herrn Gobat mit 64 gegen 42 Stimmen ab')- Dagegen
beliebte folgender bescheidene, in der Dezembersesaion 1888 von Herrn Stände-
rath Gobat gestellte Antrag:
,0«' Bundesratb wird eingeladen, untersuehen, ob nicht auch die kaufmännische
Ausbildung im Allpeinoinen und die HandoI?!niuseen insbesondere im Sinne des Bundes-
be:$chlusäes vom ^7. Juni 18b4 betreü'end das gewerbliche und industrielle BiiduQgs-
Wesen (s. p. S54, I. Bd.) der Untentatsong des Bundes iheUhsftig werden sollen.* *)
Als nun in Uebereinstimtuung hiemit etwa ein halbes Jahr spXter (Mai
1890) der Zentralverband der Vereine junger Kauf leute an die BundesverKammlung
das Gesuch richtete, die Angelegenheit der Unterstützung der kaufniänni«!ehen
Btsrufhbilduug lu dem Sinne zum Austrag ^u bringen, dal> die ailgenieiu als
wttnsohbar anerkannte Ansdehnoqg der Bnndesnntersttttsung auf das kanfmftnniselie
Bildungswesen nieht länger auf sich warten lasse, und sodann der Stinderath
folgender von Herrn Gobat am 14 Juni 1890 gestellten Motion:
^ Der Bundesratb wird eingeladen, den eidg. Rüthen in ihrer nächsten
Session den Entwurf eines Bundeabeschlusses betreffend Förderung der
kanftnfanisdhen Bemftlnldnng dnidi äva Bund nr Bttatkmng au unter-
breiten"
snstimmtet arbeitete das genannte Departement rasch Mue geselBliclie Vorlage
aus. Dieselbe wurde am If). April 1891 von der BuodesTWsaoimnlnng in fol-
gender Fassung zum Bunde^behchluß erhoben :
Art. 1. Als Anstalten, w< li hu gciuäü Bundesbescbluß vom 27. Juni 1884 be-
tre£feni die gewerbliche und indiK^trielle Berufsbildung Beitrige ans der Bundeskaase
erhallen können, ^ind auch die kommerziellen Büdungsanstalten zu betrachten, und es
finden die Bestimmungen jenes Beschlusses auf dieselben analoge Anwendung.
') D.issflln-. im Niitioniilralli einfiehraclit im April 1891. halt«.- fidi/t'n.ifn Wortlaut:
,Üer Bundesratb ist eingeladen, die Frage der Errichtung einer böhern Handelsschuld
2u prüfen und eventuell Boieht und Antrag vorzulegen.*
*) Sdion vor diesem Postulat halte sich das nu\<^'. H iudelsde parte ment bei den Kantons»
regierungen und beim Vorort des schweizerischen Handels- und Industrievereins Ober
die Zweckmäßigkeit der Subventionirung von Handelsschulen informirt und es wurde
seitens des letzteren die Ansicht geAußert, daß der Bund mit seiner Hillfe weniger bei
den bestehenden Uandebmittelscbulen als vielmehr bei den kaufmänotachen Forlbilduuip-
schulen einsetzen soUte. Denn das Hauptaugenmerk sei auf die F^erung der Zweoce
zu richten, welche sich die kauftnftnniscfaen Vereine (Vereine jungw Kanfleute) gesteckt
haben.
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RttodelndiiileD
Haudeläschulen
Arl. ± Der Bundesralh wird zugleich auch kanftnAnaisclMD Verdnen fOr Ibeh-
m&nnische Au.^liildun;* S';hvpntionen an-riditen.
Art. i{. Ebeu?o kiLUu der Bundeäialh Schülern fnil vorzüglichea Pahigkeiteii und
Lfistung«n fQr den Besadi der oberen Kla.-i^en von inländischen Handebnslnilen oder
für den Besuch von hf^heren Handelsschulen Stipendien gewähren.
Solctie Slipeudien sollen iudesseu hauptäächlich für Schüler, welche sich als
LehramtskandidatMi lllr den konunovielleii Unterriefat ausbilden wollen, avagoiclitet
werden.
Art 4. In« Vollziehungsregicmeule zu geKeawärtigeni Beschlüsse wird der Bundes-
rath die nähern Bedingungen aufstellen, anter welchen Subventionen an Handels-
aehulen und an kaofmänniscbe Vereine, sowie Stipendien an SchOler angerichtet
werden IcOnnen.
Art. '). In d;i.< Buchet des Buniie- wird ein jährlieber Kredit für die Unter-
stützung der kommerziellen BerufsbUdung aufgenommen.
VÖt da«* Jahr 1891 wird dem Bnndesrathe tu diesem Zwecke als Naehtragskredit
eine Summe V 11 Fr. 60,<)00 zur Verfügung t'esfelll.
Art. 6. Der Bundesrath ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des
BnndesgesehBes rom 17. Juni 1874, betreffend Volksabstimmung aber Bundesgesetsfr
und Bundesbesch] Hs^e, die Bek innfmiK-hun^' dieses Beschlnases SU Teranstalten und den
Zeitpunkt des Inkrafttretens desselben festzusetzen.*)
Naeb diesMr, der bnndearKtlifiohm fiotuduifl vom 18. November 1890 be-
treffend fMeming der kommeniellen Bildung entnommenen Sldun der «MiMüse»
riachen HandelsschuIverhftttniBse werfen wir einen Ausblick auf die YerhältnisHO
im Au^iland, und bedienen imh lnpf)ei der von Alt-Rektor Adulf Lasche in Bern
im Jahre ISSd herausgegebenen Sclirit't „Das kaufmännische Bildungswesen in der
Schweiz". Dertielbe berichtet u. A. Uber da« Ausland Fulgeudes:
Italien. Diejenigen Knaben, welche eich einem kommernelteR^ indn-»
striellen oder &bnUohen Berufe widmen, besuchen folgende Sohttlen : Zuerst di»
allgemeine vierjährige Primarschule (ß. 10. oder 11. Jahr), dann die drei-
jährige 8puola tecnica (11. 14. .lalir), weleh« ungefähr unseren S^kundarschnlen
und unteren Eealschulen entspricht. Die Zahl dieser Schulen beträgt Uber 400 ;
sirka 100 werden ytm Staat, sirka 200 von QMMinden und lirka 100 Toa
Privaten unterhalten.
Die nKchsthBhere Schuletufe, die eigentlichen Vorbereitnngeanstalten für
kaufmännische, inrlustrielle, technische, landwirthsrhaftlicbe und verwandte Berufs-
zweige, niud. die ImMiUi tacuici., von welchen mehr aU 4U als Staatsanstalten
und Uber 30 als Munizipalitäts- und Privatanstaltea bestehen. Das Unterrichts-
programm int demjenigen unserer echweiaeriNchen Bcal- und Kuidelsechnlen sehr
ähnlich. Die Handelsabtheilungen jener Inttitnti teonici umfassen in der Kegel
vier Jahreskurse, entsitrechend dem Alter von zirka 11— Jahren (Handels-
mittelschulen). l>ie Abgaags-Diplome dieser Schulen verleihen das Recht zu dem
einjährigen Militärdienst und finden fieriicksichtigung bei der Bewerbung um
Stellen in vemohiedenen Zweigen der Staatsverwaltung.
Außer diesen sahireichen Eandelmohnlen mittlerer Stufe gibt es noch mm
klein« Ansahl von höheren Bandefsschnlen, nämlich in Bari (gegründet 1874)i
Brescia (1881), Giintta (1883, eröffnet 1886), Venedig (18t»8), Turin und
Neapel (Privatanstalt).
Mit welchen Mitteln diese Anstalten ausgestattet sind, zeigen z. B. folgende
Zahlen:
Die Scuola di Commercio in Bari empfängt an jährlichen Subventionen:
von der Handelskammer Fr. 40,000 vom Staat Fr. 20,000. von der Provin«
Fr. 12,000. von der Stadt Fr, 6,000, von der Bank in Neapel Fr. 6,00U;
Total Fr. 84,000.
*) in Kran getreten am 24. Juli 18dl.
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Handelsschulen
— 231 —
Handebischulen
Die SoaoU euperiorc di applicazione per gli Htadi commerciali iu Genaa
von Stut Fr. SOvOOOi von d6P Pfovios Vt. 80|000) von
d«r Stadt Fr. 20,000, von der Handelskammer Fr. i>(),000 ; Total Fr. 80,0(X).
Die ScQola superiore di ('onimercio in Venedig ') empfängt jährlich : vom
Staat Fr. 25,000, von der Provinz Fr. 20,()0i), von der Stadt Fr. 10*000,
von der Handeiskammer Fr. 0,000; Total Fr. 60,000.
Diese höheren HcndttlMchnlen unliMBen meiBt ini Jahrrakarse; die Stn-
direnden stehen in dem Alter von arka 17 bis Uber 20 Jftbren.
Endlich bestehen an vielen Orten aneh kaufinännist^ ForUrifdunffsa^k»
ittr T.^hrüiige, jüngere Kommis etc.
Oesterreich. Auch iu der österreichisch-angarischeu Monarchie hat das
Hftndelsscholweden in neaester 2<eit großen Aufschwung genommen. Die Ini-
tintive für Ghrilndnng von Hnndebflohnlai itt fast Uberall vom Handebstande aas*
gegangen, itnd Mnnizipalitäten, Provinzialregierungen und die Reichsregiernng
nnterf^tutzen die Be^trt bnngen des Eandelsstandes nnd ergjüisen die von dem-
selben gebrachten Opfer. ^)
Man unterbcbeidet zwei Arten von kauimaunii^chen Lehranstalten, nämlich iian-
Ae\9»eh«len (mit Sjährigem) und HandelsaJbM(eiN»en (mit 3jMhrigem (Toterrieht).
Dazu kommen noob die Lehrlingssolialen oder ktu^ännischen Fortinldungs-
schnlen, welche entweder selbständige Anatalten oder mit Handelsscbalen und
Handelsakademien verbunden oind. Die SchUlerzahl in den kanfmünnischen
Fortbildungsschulen beträgt in Oesterreich (ohne Ungarn etc.) zirka 4U0U. Die
betretende Schale in Wien, 1848 von der Handelskammer gegründet, hat Uber
1000 Sohttler.
Die Handelsscbnlen wie die Handelsakmlemicn nahmen die Schüler frühestens
nach znrückgeicgtem 14. Altersjahrf' un<l nach vierjährigem Besuche einer Untcr-
realscbnle uiler eines Untergymnaäiums auf, SchUler mit anderer Vorbereitung
nacli einer Prüfung.
Die Zahl der sweijitbiigen HandelsfcAn^e» (Uandelsmittelseholen) betrigt in
Oesterreich (ohne Ungarn eto.) lirka 40. Diejenigen Schalen, deren Zeugnisse
vom Staat anerkannt werden, werden „ötTentliche" Schulen genannt. Die Zahl
der Schüler in den HancleL;schulen f«n\v<jbl der „öffentlichen", als auch derjenigen,
welche den Charakter der Oetfenthchkeit nicht besitzen, zusammen) mag zirka
3000 betragen.
filMere Handelssehnlen, dreijährige Handelsaibadsml«», bestehen in den
Ssterreichisohen Staaten (ohne Ungarn etc.) 9. Dieselben befinden sich in
Chrndini (gegründet 1882\ Graz (1862), Innsbruck (1S'7!>. seit 1HH7 Akademie),
Linz (1882), Prag 2, eine deut.sche (18r)f>) und eine tschechische ( 1 872), Preß-
burg (1885), Triebt 2 (1817 und 1877)^) und Wien (18.')8) *) Die Mehrzahl
'} Die Schule in Venedig enthält außer der dreijährigen Handelsschule eine fünf*
jährige Schule zur AufbHdung für das Konsulatswesen und eine fünfjährige Schnle zur
Ausbildung von Lehrern der neueren ^tfacben, der Handelswissensehaften, der Volks*
wirthschafLslehre, der Statistik etc.
*) Lasche macht hierbei an&nerksam auf: Richter, Die Entwickelung des kaufinftn-
ni!>cben Unterrichts in Oesterreich (Wien 1873; herausgegeben ans Anlaß der Wiener
Weltauasteliung).
*) Aocademla di CSommerdo e Nautics (Staatsanstalt) and Publico Gorso superiore
dMnsegnamenlo commerciale de fondftäone Revoltella (eine Stiftung; hat nur zwei-
fabrigen Kursus).
*) An der Akademie in Wien besteht anfier dem dreijährigen Konus noch ein
besonderer einjährii?er Kui <u« für solche Studirende, wel. he i in G3rmnasilim oder eine
Realschule absolvirt und die Maturitätsprüfung bestanden haben.
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Kuidelnehiileii
— 232 —
Handebschiüeii
diMW Akademien iat vom Staate ntliTentionirt. Die Summe der Sabventionen
beträgt jährlich sirka 70,000 österreichische Gulden, die Gesammtechttlerzahl
Uber 2000. Die Abgangszeugnisie der Hiuidekakadeiiiien Terleihen daa Beoht
2U dem eiojährigen Militärdieost.
Deutschland. Die ente deatsohe Huidelsachale wurde 1767 dnroh
Joh. Georg Btteoli in Hembnrg gegrSndet. (Alex. v. Hamboldt etndirte dort
1790.) Nachdem die großen Kriege vorüber waren, entstand 1817 die Handele-
j^rliTih« in Gütba durch die Bemühungen des Kaufmannes M. E. W Arnoldi, des
Begründern der bekannten Gothaer Vorsicherungs-AnstAlton. In den dreißiger
Jahren wurden an verhchiedeuen Orten {z. B. in Leipzig) üuad&lüüchuleu ins
Leben gemfen, nunentlioh aber eine eriiebliohe Annbl in nnd seit den fttnf-
nger Jahren in Zusammeiütang mit der gewaltigen Umgestaltung aller Handels-
nnd Verkehrsverhältuisse etc. Gegenwärtig (1889) bestehen in Deutschland
85 Handelsschulen höherer und mittlerer Stufe, und eine erhebliche Anzahl von
Lehrlings- oder Fortbildun^wchttieu. Man darf behaupten, daß daa ganze
dentacbe Handelasohnlweien an* der biitbtiire de« Handebatandea' hervorgegangen
iat, daß stob daaaelbe auob hente fiat aoflsobließliob in den Händen dea Handeb-
standes befindest und von demselben gepflegt wird* Die Zahl derjenigen Handelt^
schulen, welche mit staatlichen oder städtischen Gymnasien oder Realschulen \'pr
bunden sind, ist eine sehr kleine (9), nnd die Zahl der Privatunternehnniiigen
Einzelner (PrivatbaudeWihuleii) iiüt wohl grüßer, aber im Verbältniii zui Ge-
aamratsabl der Sohnlen doch nieht sehr bedeutend. Staatliobe nnd konunnnab
Subventionen werden nur wenigen Handelsschulen zu Theii. Die Stellung dieeer
Schulen im gesammten Schulorganismus der einzelnen Staaten ist Überhaupt meist
noch nicht genau gesetzlich geregelt. Anch die Benenuiing der Schulen als
UandeUachulen, höhere Handelsschulen, ötitentlicba Handelsaohulen, Handeis-
akndemien eto. iat mehr oder weniger eine willkfirliohe und niebt immer fttr
gleiduurtige Anetalten übereinstimmeDd. So viel ona beiMont, pflegt man ala
„höhere* Handeleschulen diejenigen zu bezeichnen, deren Abgangszeogniaae, re^.
Sieugnisse tiher die bestanden»? A hitnvi'ntonprüfung, das Recht zu dem einjährigen
Militürdiennt in der deut.schen Armee verleihen und für den Eintritt in ver-
schiodeue Zweige der AUuiinihtratiou ab» Empfehlung dienen j die betredeoden
Sobnlen mttiNen 3 Jabreeknree umfusen und fttr die Anfiiahme iu die nntente
Klasse diejenigen Vorkenntniaae fordern, welohe durch den Beeneb einer Real-
schule oder eines Gymnasiums bis znm Alter ynn 1 i Jahren erworben werden
können. 24 Handelsschulen besitsen die bezeichnete Anerkennung ihrer Ab-
gangszeugnisse.
Die GeaMnmtnhl aller HaadelweMtfer wird auf «rka 9000 gescbltit,
woTon mehr ale die Hfilfte auf die Fortlnldungo- oder Ldirliogaedralen nnd
etwa« weniger ala die Hftlfte auf die Mgentliehen HnndelaBobulen so rechnen
sein dürften.
Die meisten HandelH8chulen bat im Verbältniß zur Einwohuer/alil des
Landes das Königreich Sachsen, nämlich 28. üuter die»eu beüudeu aich 1 mit
einw Bealsohule verbundene xweijährige (Zittau, 1876), 4 bObere Sehnlen mit
dreijäbiigem und 1 mit zweijährigem Kurs, alle 5 mit Lehrlingsschule (Leipzig,
1831; Dresden, 1854; Chemnitz. 1848; Bautzen, 18.5(s Pirna, 1859\ U)
kaufmännische Fortbildungsschulen, 1 solche fttr Bucbhändlerlehrlinge und 5 Privat-
'> Nach Löaotey.
*) Welche ungefähr der schweizerischen Bevdlkerungszahl gleich ist.
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Handelsschuleo
Handelsschulen
aohulen Tenolitaclener Stufen. Die beiden groflen Anetatten in Dreaden nnd
Leipzig umfassen außer dem dreijährigem Hauptkursus und einer Lehrlingsschale
noch einen benonJeren einjährigen fachwissenschuftliclien Kursus für solche junge
Leute, welche eine Realschule oder ein Gymnasium absolvirt haben. Die erheb-
liche Anzahl von kaufmännischen Fortbildungsschulen (Uber 20) erklärt Hich zum
Tiieil dunoB, dftft im Kttnigieieh BulneQ gesetdioh eise tUganfliiM sweijährige
FortlHMvngnidinle nnd 16. Altenjahr) oUigatexiadh eingefUirt ist. Wer
«ine liSliera Schule (Realschule, Gymnasiom, HnndelMohnle oder dgl.) oder eine
spezielle berufliche FortbildungsRchule besucht, ist vom B«»suchp der allgemeinen
Fortbildungsschule beireit. Die Mehrzahl der kaufmännischen Lehrlings- oder
Fortbildungsschulen umfaßt jedoch nicht zwei, sondern drei Jahre j die Zahl der
wVdientliahen ünterriehtsatanden l)etrSgt 8—12.
Obwohl die große Mehmhl der Handelsschulen Deutschlande) die Schiller
erst mit dem 14. — 15. Altersjabre aufnimmt, ho finden wich doch auch solche
Schulen, welche die Schüler zirka im 11. Altersjahre aufnehmen und einen
sechsjährigen Kursus haben, so z. B. hat Bayern 3 öffentliche städtische Handels-
•clinlen nnd S privnte Beal- und Hnndeleiclinlen mit dieeer Orgeiiiention (jene
mit nrke 800, diese mit nrka 200 Sohttlern).
Frankreich. Aneh in Fmnlcreioh iat die Entwicklung des Handel»"
sehnlwesens havptsXcblich erst in neuester Zeit, reep. nach dem deutsch-frsnsB-
sbchen Kriege von 1870 — 71 erfolgt. Fast sSmmtliche Handelsschulen ver-
danken ihre Entstehung der Initiative de? Handelsatandes. Gegenwärtig
bestehen ^} 1 1 Handelsschulen, welche sich, ähnlich wie in andern Ländern, in
swei Stufen and Gruppen untersofaeidem lassen, in »Handelsmittelschulen* nnd
,h9ben> Handelssohalen''. Die in Frankreich ablichen Benennungen sind fttr die
erste Gruppe: Ecoles commerciales, und fttr die streite Gruppe: Eoelea deOom-
merc«>. oder Ecole» superienres de Commerz"
Die erste Gruppe (Handelsmittelschuien , Ecoles commercialee) umfaßt
4 Schulen :
1) Eoole commereiale in F^s (gegründet durch die HandelAammer 1868);
2) Institut commercial in Paris (gegründet 1884 durch eine aus Kauf lauten
bestehende Aktiengesellschaft, Kapital Fr. 200,000);
3) Ecole pratique de Commerce et de Comptabilit<6 in Paris (1800, Frivat-
anstalt) ;
4) Eoote raunicipale professionnelle de Beims (gegründet yon der Stadt 1875).
Die zwdte Gruppe (höhere Handelseehulen, Eoolee snpirieures de Com-
merce) umfaßt 7 Schulen:
1) Ecole sup^rieure de Commercf, Paris (gegründet 1820 als Frivatanstalt,
1861* von der HandelHkaiinner angekauft);
2) Ecole auperieure de Uommercc et de Tiudustrie, Kouen (1871, Aktien-
gesellsohaft, Kapital Fr. 350,000);
3) Eeule sup^rieure de Cbmmeroe du Efivre (1871, Aktiengeeellachaft, Ka«
pital Fr. 220,000);
4) Ecule superienrc de commerce et de Tissagei Lyon (1872, Aktiengesell-
schaft, Kaintal Fr. l'l 20,000);
') ,Les öcole.s nons sauveront de la decadence, soyez en sürs, Messieurs les n&-
gociants et les industriels ; fondez donc et ouvrez vite des 6coles de commerce.* (An^
seime Ricard, Memoire d61ie aux Chambres de Cororoeroe de France, 1871.)
'j Nach Liiauley.
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Bftndfllflwhvkn
— 2U —
Handebscbn]«!!
5) Eool« mpfoieiure de Cbniiiieree, MarMÜle (1872, Aktiengeaellaobaft, Ka>
pital Ft. 450,000);
6) Eoole sap^rienre ile ('ommerce et de Tlndastrie, Bordeaux (1874 dorck
Handelustand, (jremeiiMie und Provinz gegründet);
7) Ecole des hanten Etudes commerciales, Paris (1881 durch die HaudeU»
kUDiner gegründet). ')
Außer diesen 11 eigenüieben Handekeeluilefi beetehen an vielen Orten Ein*
riohtungen Air Jünglinge and fUr Mädchen, welche wir als ^ kaufmännische Fort-
bildungsschulen** bezeichnen können. Dieselben sind fast sämmtlich seit Anfang
der siebenziger Jahre gegründet wurden, in Paris sollen (iui Winter) zirka
5 — 6000 Jünglinge die betreffenden Kurse, welehe meist Abende stattfinden,
beenoben.
Der Unterricht umfaßt sowoIU in den höheren als anch in den mittleren
Ilandekschnleii 3 4 .lalire; das Eintrittealter in die letzteren betragt zirka 14,
iu die erötercn 15 oder 16 .fahre. Die Auhtrittsdiplonie di-r höheren Schalen
berechtigen zum einjährigen Militärdienst und linden Berücksichtigung bei An-
steUnng in venohiedenen Zweigen der Adminietration.
Die SchiÜenahl betrag 1885 — ^86 in den 7 böberen Sefanlen 618, in den
4 mittleren 1097, zusammen 1715.
Tom Staat werden an die Handelsschulen sämmtlicher Stnfen Jährlich zirka
Fr. 42,000 (Kredit pro 1886) an Subventionen bezahlt. Außerdem unterstützt
w die oben genannten 11 mittleren nnd höheren Handebsdinlen durch GewEb-
rang von Stipendien (Bonraes) im Betrage von jihrlidi lirka Fr. 40,000. Und
drittens ist ein Kredit von Fr. 18,000 Tür Bonrtee de s6jour ä F^ranger be-
stimmt. Der Staat verausgabt also für Förderung der kanfniännisehen Bildung
jährlich zirka Fr. 100,0CK). Zu diesen reichen staatlichen Unterstützungen
junger Leute, welche üich eine hiihere Ausbildung fiir den Handel und ver*
wandte Bemfcarten erwerben wollen, kommen noob aahlreiobe Stipendien oder
Bouraee von Proviuzialbehörden, Munizipalbebörden, Handebkammera, Eaufh uten,
Banken, üandelsgesellHchaftcn aller Art etc. So empfängt z. B. die Ecole des
bautes Etudes comnierciales in Paris vom Staat 10 Bourses h Fr. 1000, von
verschiedenen Handelskammern \0 k Fr. Unn) und vom Handeisstande etc. 35 a
F^. 1000, auMmmen 55 Stipendien k Fr. 1000 (Scbnlenahl lirka 150).*) IXe
Ecole «npirienre de Commeree in Paria empfingt vom Staat 12 StipencUen k
Pr. 1200. ') An die höhere Handelsschule in Lyon gibt der Staat 4 Stipen-
di'T » Fr t;'H)^ die Stadt 5 a Fr. 600, die Handelskammer 5 a Fr. 6'»<» f.t,-.
An diejenige in Marrscille : Staat 8 k Fr. (!( )(). Haudeiskamni<.T 3 a i r. tJUO
und 6 k Fr. 300, der llaudel«»*taud Iii) k Fr. 300 etc. Die Schule im Hävre
empfängt vom Staat 3 Stipendien k Fr. 600, von der Provins ^ k Ft, 600,
von der Stadt 5 i Fr. 600, von der Handelskammer H a Fr. 600 etc.*) Einige
Handelskammern gehen auch Stipendien für den Aufenthalt im .Aiislantle.
An <len 4 Handci'^mittelschnlen werden in ähnli<;li»n' Weise Krleichterungen
4es Besuches gewahrt; so hat z. B. die Ecole commurciale in Paris bei zirka
500 Sehttlem «irka 150 Bonrses, d. h. FreiplRtze, resp. Erlaß de« Sdhnlgeldea.
') Die Handelskammer vun Pariä besitzt also äScholeQ: die enie 1869 angekauft^
die beiden andern 186S und 1881 gegrQndet
*) Mit dieser Anstalt ist ein Internat vorbuntien ; •Icr Pensionspreis belrägl fiir
dds erste Jahr Fr. 2200. fflr das zueile und dritte Jahr je Fr. 2800. — Externe be-
zafalen Fr. 1300.
•) Das Internat kostet Fr. -2000, Halb|.. n-inn ire zahlen Fr. lO(X).
4) Das jährliche Schulgeld beträgt an diesen höhereu Schulen meist Fr. 600.
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Han«lebschulen
— 235 —
Handelsscbuleu
Die Anstrengung«!!, welche Frankreich atit zirka 2U Jahren für Jie Ent-
wiekelang des kaiifmSnmiMlien Btldmigewesens gemacht, und die Opfer« welehe
ee dalllr gebracht hat, sind großartig and bewunderiuwerth !
Großbritannien. Das Handelsscbnlweoen bat in Großbritannien nicht
diejenige Entwickelang und Ansdehnnng erreicht, welche wir in den bisher be-
üprochenen Ländern gefunden haben. Es bestehen dort (am zahlreichsten ia
London nnd IdTerpool) PfiTaiaiietelleii, Mnoiapalanstalteii und Anatalten ge-
werbliclier Korporationon, in wolöhen die fttr den IwofinlnniseheD Beruf notk«
wendigsten Fächer gelehrt werden. *) IMeee Schalen stehen auf sehr verschie»
dener Stufe. Außerdem linden in vielen gewwbliohea und teohniaohen Seknlen
jene Fächer etwelche Berllcksichtigung.
In der Eigenthiimlichkeit der englischen ächulverhältnisse mag e« zum Tbeil
begrUndet eein, daß in englieehen HandelshftnBeni lehr viele dentidie, dentseh-
Qeleneidiieehe nnd schweizeriscbe junge Eauflente angestellt und.
In nenefiter Zeit hat nicli nun die Aufmerksamkeit des englisohen Handels-
standes der Frage des kaufmännischen Bildangswesens j^ehr lebhaft zugewendet.
£s hat in England das Gefühl, von Deatscbland im Handel vielfach UberHiigelt
worden m aein, jeden&Ila «inen tüae gefiChrKahen Eonknnenten an DenteeUaad
erkalten an baben* anr Eifuraobong der UrMohMi der eingetretenen Wandlung
Veranlassung geboten. Man ist dabei an der UebenEengnng gelangt, daß die
l»>erlegenlieit der Deutschen vorzugsweise in der ftllgemein tiichtitrfn kf)mnier-
ziellen Schulung des llandelsstandeH zu suchen sei. Seit einigen Jahren ist des-
halb die Frage des kaufmännischen L'uterricht« in den Kreitjün des englischen
HandeUetandee ein Gegenstand lebbafter Disknesion nnd eingebender Frttfnng
gewesen, und e.s hat namentlich das Iluuptorgan der englischen Handelskammern,
das monatliche Jourmil der Londoner iiandelskaramer *), die Frage der Com-
mercial Educatiou während der letzten Jahre unausgesetzt erörtert.
Daü Septemberheft von lb85 enthält z. B. einen bedeutungsvollen Artikel,
dem wir (mit Benotsang der üeborsetsung im 11. Jahreaberiobt der Basler
Bbrndelskamnier) folgende Stellen entndimen: «Keine Frage ist für Eanflente nnd
„fUr Tlandelskammem so sehr der Beachtung und des Stadiums werth, als die
«Aufstellung eine« nationalen Systems der kaufmiinnischiMi Erziehung. Finer
«der ersten Schritte zu diesem Ziele muß ein vollstäudigey, wohlüberdachtes
^System zu diesem Zwecke seiu. Bisher haben wir dies merkwürdigerweise dem
«Zufalle ttberlassen. Für die Gewerbe, fttr die Eirehe, fUr die Wissensobaften
, — eogar für die Literatur — geben wir die Zweekmißigkeit der Fachbildung
,zn und für sämmtliche ist ein angemessenes Programm aufgestellt. Aber für
„den Handel, welcher die Grundlage des Landes bildet, haben wir keinerlei
«Stätte, wo speziale oder höhere Bildung erworben werden könnte. Man war
»bisber der AnsM^, daß jede normale mvlvontine genUge, nu den Untergrund
•aufrubanant anf irtleben dann ein paar Jabre Ldmeit im BUrean od«r im
«Ibgaain oder dar Fabrik als ErSnung des Gebändes gelttgt wurden. Weder
') Als liistoriM*h interessant mag erwähnt werden, dal^ die Gooper's Coinp uiy'ä
Gramiuar Scliool in London 1538 durch einen Kaufmann N. Gibbon gegründet worden
ist, die MerLhuul Taylor's School l'^l durch die Schneicierzunfl, die Brewer's School
durch die Zunft der Bierbrauer t6S7, «lie Haberdashcr";^ Hoxton School 1695 durch die
Zunll der Kurz- oder (^uincailleriewaarenhftndler. Üiese Schulen bereiten heute für
Gewerbe und Handel vor. (S. L6autey.»
*) The Chamber of Commerce Journal. Printed und issued monthly by the Lon>
don Chamber of Commerce. (Botolph House, Eastcheap» London, £. G.j
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üandelnchttlen
— 236 —
Uandebscholeo
^moderne Sprachen, noch Bachhaltung, Stenographie, Chemie etc. werden als
«fttr den HaDdeklehrling nöthige Disziplinen angesehen. Wir haben keinen
«Friifojigastandard ftr lurafinänoisohe Grade, und die ganze Erziehong onserer
^Kanflento Ist der Lftniie des SüneliMa ttberlanen. Es entipriolit diM ttbrigmui
^unserem gmiii Handelssystem, das ebenfalls auf individodlar Initiative be-
droht. Wenn wir nun die Methode Btudiren. dnroli weiche unsere fremden Kon-
„kurrenten Schritt für Schritt unaere bevorzugte Stellung zerstört haben, so
^können wir dieselbe in dem einen Worte « Volltitändigkeit" (Gediegenheit) zu-
^■ammeiiCuMii. Ihre Eniehnng iat ebeuBO gediegen, wie oMhheir die praktiMdie
«Anwendmig der erworbeiien KmintmaBe. Diese Eigemcbafl, die wir früher
„anoh hatten, müssen wir uns wieder aneignen, und es wird dieadbe, verbun-
^den mit unserer Arbeitskraft, unserer Enerj^ie, Ausdauer und Klugheit uns
^wieder zu unserer 8u()rematie verheilen. " — „Unsere ttämuitlichen Mitiel-
^hchulen bedürfen der Umänderung. Die KUi'ze der Zeit erlaubt nicht das Sta-
„dtam der alten und der nenen Spraohen, deewegen mttaeen die alten Sprachen
«den wissenschaftlichen Fachschulen überlassen und an ihre Stelle die euro»
,päischen und außereuropäischen Handelssprachen gesetzt werden. Und hnhrrf
„Handclsfachschulen, in denen techniitohe und kaufmännische Disziplinen gelehrt
^werden, sind dringendes BedUrfniß." — Weiter heißt es, ilaü man auf diese
Weite miabhängig von der fremden Beihilfe werden kSnne, deren man im Bttreaa
bisher wegen ihrer Genanigkeit, Methode und Disziplin bedurfte, und welehe
man bei den eigenen Landalenten nioht haben konnte. (1)
Seither ist die Angelegenheit in Fluß gekommen, sie i^t an den Delegirten-
verKammlungeu der 67 Handelskammern des ver ii i^'ten K(5nigreiches diskutirt
worden, und durch eine im Dezember 1887 bestellte Kommisston ist der Ent-
wurf eine^ Normal -Unterhühtsplanes fUr QandeUschulen mittlerer and höherer
Stufe aulgubtellt wwden. An der Delegirtenytteanunlang der Handelskammem
vom 25. September 1888 wurde der von jener Kommission (CSommeroiat Sdn*
^tioD Committee) ausgearbeitete Normal* ünterrichtsplan in der Hauptsache an-
, genommen und im Juli 1H89 wurde er ilurch das bevullmiichti^te Komite end-
gültig redigirt. Er trägt den Titel: Scheme for junior and higher Commeroial
Education.
Di» Juuiur (Jomuiercial i^ucatiuii oder das Secuudary Commercial School
Life (Handela-tfittelsdinle) soll 8 Schaljahre umfeasen, entspreehend dem Alter
vom 10. oder 11. bis 18. oder 17. Jahre.
Außer dem Entwürfe eines Unterriehtsplanes fttr Handelsseholen miUteMr
Stufe i»i noch ein Soheme for a Senior Course aufgestellt worden. Die Ein-
richtung höherer Kurse oder höherer Handelsschulen (Higher (.ommercial Edu-
cation) wird ennd'ühk'n eineri^eits für solche junge Leute, welche ihre ganze freie
Zeit bis zum Alter von etwa 19 Jahren dem kautmäimischen Studium widmen
ktanm, und andexeeits filr solche, welche neben ihrer beruf üohe& TU^keit die
frtlher erworbenen kanfmännisohen Kenntnisse dureh fieench einzelner FKoher auf
höherer Stufe ergfinaen und erweitem wollen. Dergleichen Schulen werden nach
dem Programm-Entwürfe namentlich Sprachen, h?5here kaufmSnniKche Arithmetik,
Handelngeographie, Statistik, Volk»wirthscliaft, Bank- und Assekurunzwesen,
naturwissenschaftliche Fächer etc. etc. zu lehren haben.
*) Es ist gedruckt und kann Tom Seicretariat der Londmier Handelskammer <Lon*
^on, Botolph Hottse, Esstcheap, E. C.) bezogen werden. — Preis 3 d exkl Porto.
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Handels« und Industrieverein
— 237 —
Handelsverträge-
Uandels- und lodustrieTerein, scbwuizeniicher. (Ergänzung des Artikel».
« HandelBkammen) " im II. Sud.) Der Yerein beftebt nosniehr (Ende 1691) aar
folgenden 87 SektioiiMi:
SehweisertBeher Simhhmt-, Zwirner- und Weber* Ventn. 7ereiii BebweiseriMher
WoU- und Halbwoll-Industrieller. Verein Kchweizerisober Hudiiftcn-Indastrieller.
Verein Hchweizerischer Metall waarenfabrikanten. Verein schweizpriacher Scbnh-
LcdustrieUer. Verband schweizeriscber Müller ond Getreidehändler. Verein
ucbweizeriscber Geschäftsreisender. Soci6te intercantouale des indostrieä du Jura.
AarganiMdier Handels- nnd Industrie» Verein. Kommisaion für Handel and Ge>
werbe des Kantons Appenzell A..-Rh. Handels- und Indnstrie* Verein Herisaii.
Basler Handels- und Industrie- Verein. Bernischer Verein fdr Handel und Industrie.
A.8sociation comuierrial • et imluHtrielle genevoise. Association des fabricants et
msurchaods de bijuutcne, joaiilehe, or^vrerie de et a Genvve. Finanz- und
Handels-Direktion Glaras. BQnen- Verein Glarns. HandeUnmmer des Kantons
liOieni. Kanfinlnniselies Direktorinm in 8t. Gallen. Industrie« Verein der Stadt
St. Gallen. Kantonaler solotbnrnisdier Handels- nnd Industrie- Verein. Tburgau-
iscber Handels- nnd Gewerbe- Verein. Societ6 industrielle et commerciale Ju
Canton de Vaud. Kantonale Komini«ision für da« Handelswesen. KanfniHnaisctie
Ge»iellbcbaftZuricii. Seideuinduijtriti-Gctielltjchatt deti Kantons Zilricli. Kaufmännische
Geiellscbaft Wintertbar.
In reger Verbindang mit dem sehweiserisoben Handels- nnd Industrieverein
stehen ferner die Fachvereine der Seidenzwirner, der Leinen-Industriellen, der
Holz-Industriellen, der Kalk- und ("ementfabrikanten, der Gerber, der Bucbhäudler,.
Bnchdrockereibesitzer, der Basier Bandfabrikauten, der Oberländer Holzschnitzler,
der Par^ueteriefabrikanten, der Wirker^ der Ziegler, der aargauischen Struh-
indastriellen.
Die Kaofbinniflohe GeseUsobaft Zilriob bildet den Vorort seit 1882 nnd
ist als soldier bis 1894 bestStigt. Die Leitung des Vorortes ist den Herrea
C. Cramer-Frey, F. Rieter>Bodmer, Robert SohwarMmbaobt Haas Wunderly»
▼on Muralt (sämmtliche in Zürich) übertragen.
Seit 1882 amt*>fen beim Vorort fast ununterbrochen zwei Sekretäre. Die
Namen der ersten Sekretäre sind auf Seite 5 im Ii. Baad mitgetbeilt ; zweite
Sekretäre waren: Von 1882 1884 End. Huber, von 1885—1889 G. Welti,
seit 1890 Dr. H. Stell.
Handelsverträge. (Ergänzung des Artikels im II. Bund.)
Ad Frankreich: Der Tarifvertrag vom 23. Februar 1882 wurde von
Fraakreiok gdcflndet nnd ist am 1. Febraar 1899 erleecben, obne daft es bia
Hitte Jnni 1892 mOgliob war, ibn doroh einm neoen ao eraetaen.
AdDentsebland; Zu dem HeuitbegUnstigangsTertrage vom 2B. Hai
1881 wurde am 11. November 1888 ein Zusatzvertrag mit Tarif vereinbart.
Hanpt- nnd Znsatrvertrair wurden von Deutschland auf 1. Februar IH'.^2 ge-
kündet und an diesem Tage durch den neuen Tarifvertrag vom 10. Dezember
1891 ersetzt.
Ad Italien: An Stelle des Tarifvertrages vom 22. Marz 1883 trat am
15. April 1889 ein nener, vom 23. Janaar 1889 datirter Tarifvertrag. Dieser
wurde von der Schweiz anf den 12. Februar 1892 gektLndet und ist an diesem
Tage außer Krf^ft traten. Seitdem ist ein neuer Vertrag (abgescbloesen worden^
d. d. 19. Aprii 1892.
Handebvertrfige
— 238 —
BaiMlelBverträge
Ad Oetterreioh'Ungarn : Der MttatbagttiiBtigangavertreg vom 14. Juli
1(^68 wurde am 1. Januar 1889 durch den Tarifvertrag vom 23. November
188h ersetzt. Djoser Wt7A'^^r*' wiinle von Oesterreich- [^ngam auf den I.Februar
iHd2 goküudet. An diesem Tage trat an deaaen Stelle der neue Tarifvertrag
Tom 10. Dezember 1891.
Ad RarnSnien: Der Heistbegilnetiguugö vertrag vom 7. Juni 1886 iat
yon Rumänien gekündet worden, and (wie die meisten übrigen HandelgvertrSge
RumäiiieDs) um 10. Juli 1891 aul^r Kraft getreten. Seitdem bat Romänieii
keine neuen Handelöverträge abgeschlossen.
Ad Spanien: Der Tarifvertrag vom 14. März \6b'6 wurde am 27. Juni
1887 Ina 1. februar 1892 verengert. Am 25. Januar lö92 ist eine neue
Verllngentiig b» zum 30. Juni 1892! vereinbart wordeo.
Ad Türkei: Der auf die Dauer von 28 Jahren vereinbarte Vertrag vom
29. April IHül ist Keiner Zeit, lutt^h Ablauf der dritten siebenjährigen Revisions*
I>erio(lc, gekündet worden nnd am IH März 1890 außer Kraft getreten. An
Stelle detiselbcn bet>teht einstweilen eine MeiatbegUnstigungsdekiaration.
In Folge dieser Aenderuugen i;rgibt sieh per 15. Juoi 1892 folgender
Statue der la Kraft bestehenden Handelsvertrige :
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Haodelsverträge
— 239 —
Haudebverträge
Belgien 3. Juli 1889
29. Dez. 1889
1 Jalir nach Kündung
Bulgarien. Durch Notenaustausch zwischen dem Vertreter Frankreichs in Sofia und
der bulgarischen Regierung, vom 9. Oktober 1890, ist Franlu-eich und
der S^chweiz die Helinmilung auf dem Fuße der meiatbegflnatigten
Nation (WerthverzoUung von 8' » "/<») zugesichert worden.
Congostaat . . . .
Dänemark . . . .
Deutschland . . .
Ecuador
Frankreich, prtninachkar-
lich« WrliiiUoiue und Baaf-
üichti^'UQtrd. (>rtimldii^«o
Gent und freie Zone
Griechenland . . .
Grojibrüannim . .
Hawaii' Imün . . .
Japan
Zusatzkoaveutiou .
Italien
Liechientlein (Vertrag
mit Oesternieh'Uii'
gam) .....
NiederloMk. . . .
Oe9terrei<A-Ui^m .
Petiten
ßußland
Salvador
Serbien
Spanien
Tra n svatt l ( S ü i i a f ri ka-
nische Hepublik) .
16. Nov. 1889
10. FelTuar 1875
10. Dez. 1891
32. Juni 1888
23. Februar 1882
U.Juni 1881
10. Juni 1887
6. Sept. 1855
20. Juli 18Gt
ü. Fel.ruar ISO*
26. April 1867
19. AprU im
10. Dez. 1891
19. AiigiiBt 1875
10. Des. 1891
S3.Jiil1 1873
96. Dez. 187S
30. Oktober 1883
10. Juni 1880
14. März 1883
6. Nov. 1.SS5
14. April 1890 10 Jahre
10. Juli l>i7r» I Jahr nacli Kündiin^r
1. Febi u.ir 1S'.)2 M. Uezeuiber 1903
21. Oktober I8*s9 i 10 Jahre
16. Mai m-»
I.Januar 1883
10. Juni 1887
6. März 1856
26. Februar 1869
H. Febrnar 186i
26. April 1867
1. Febrnar 1893
1. Oktober 1878
1. Februar 189f
37. Oktober 1874
30. Oktober 1873
7. Februar 1885
10. Juni 1880
i& Aoguflt 1883
18. Nov. 1887
1 Jahr nach Kündung
30 Jahre
1 Jahr nach KQudung
1 Jahr nach KQndung
1 Jahr nach Kündung
iSpil I - ri '.'rcr Zeil in
He\ i.->ion begritlen.
31. Dezember 1903 *)
31. Dezember 1908
1 Jahr naeh Kündung
31. Dezember 1903
1 Jahr nach Kflndung
1 Jahr nach Kflndung
10 Jahre
1 Jahr nach Kflndung
30. Juni 1893
10 Jahre
Türkei» Der Vertrag vom 39. April 1861 nebst Konventionaltarif ist am 13. März
IS'.in . riovcheu. An Stelle U^SLlbeh ist einstweilen eine vom 22. März 189(J
gleiclie Behandlung zu Theil wird
Verein. Staaten von
Amerika ....
35. Kot. 1860
8. Nov. 1855
1 Jahr nach Kflndung
Literatur: Sammlung der Konventionaltarife aller linder und der Handels-
verträge der Schweiz. Von Dr. Flehm, mn, Haiidels<ekretär im eidg. Departemenl
des Auswärligen. Hern, Stämpüi'scbe Buchdruckerei 1889 (französischer und
deutscher Text in Gcgenfiberstellung),
*> Knudhftr aebon Mir 1. Junact t$9H.
HauBirverkehr
— 24a —
Hausirverkehr
Uausirverkehr. (Ergänzung »les Artikels im Ii. Band, Seite 24 uuii ri.)
Nach der Neaenburger Konferenz von lüöb ließ der Bundehratb eine Statistik
der Hausirpatonttueii aofinehmeii : Vwn da m blieb die Angelegenheit Yahea und
kern erat wieder in Floß darob eine Eingabe, welohe der Sehweiserleebe Haadeb-
und iDduBtrieverein Ende April 1889 an den b. Bnndeeratb richtete. Dieeelbe
hatte folgenden Wortlaut:
^Dic DelegirtenversammJung des Schweizerisohen Handele- and Indaetrie-
Vereins beRchloli, den h. Bundtiäratb zu ersuchen :
^I. Er möge mit thunlichster Refijrderung der Bundettvtsritamiuiüng eiueo
neuen Entwurf zu eiutioi BundesbescblaU betreffend die Patenttaxen der
Handelfareieendea ▼erlegen, in der Keinnng, daß dereelbe apKtettans in
der ereten Hilfte des Jahrea 1891 sollte in Eraft treten kßimen;
,n. Er möge in einem solchen Entwürfe folgende hanpteKebliebste QrnndeXtM
zur Geltung kommen lassen :
„1. Alle inländischen und ansländiscben Handelsreisenden, welche nusHcliließ-
licb mit aolchen Leatcn in geschiiftlichen Verkehr treten, die den oder die be-
treffenden Artikel zum Wiederverkaui uder zur AuHÜbung ihres Gewerbes ver-
wenden, eind Gree-Beisende. Diese kOnnen, sofern de keine Waaren mit sieh
ftthreo, auf dea Ublieben Ausweis ihrer Identität hin, im gaami Qelnete der
Eidgenoewnsebaft mit oder ohne Haster Bestellungen anfnehmen, ohne hiefttr
irgend eine Taxe entrichten zu mtissen.
,2. Alle übrigen inländischen und ausländischen Handelsreisenden sind als
Detail- Beisende zu betrachten. Diese können, sofern sie keine Waaren mit sich
Ittbren, mit oder ohne Muster Bestellungen aufnehmen, haben biefUr indessen
eine Legttimationekarte zu löeen, welehe vom Tage ihrer Ansstellnng an fttr ein
Jahr Gültigkeit hat und aar Bereisang des ganien Gebietes der Eidgenossenschaft
berechtigt.
,3. Die Legitimationskarte hat folgenden Wortlaut:
„Die Gebühr für dieselbe beträgt Fr l'iO nnd ihr B'/sit?; enthebt für die
Dauer ihrer Gültigkeit von der Bezahlung jegUober kommunalen uder kantonalen
Patenttaxe.
, Die Legitiniationskarte ist zu lösen : für Handelsreisende inländischer
Firmen bei der oder den nXher in beaeiehnenden Amtsstellen dee Domisil-Kantooe»
Ittr ausländische Handelsreisende bei der oder den nSher an beaeii^nenden Amts«
stellen desjenigen EantonH, der zuerst bereist wird.
„4. (Rventnelle Straf klansel fttr mißbrttachliehe Benntaung der Legiti-
mationskarte.)
«5. Am Schiasse eines jeden Jahre« wird der Ertrag der bezogenen Taxen
— aballgUdi 4 7« des Betrages als EinzagsgebüEr — yoü den betreffenden
Kantonen an ^e Bundeskasse abgeliefort nnd eodann nnter sXmmtliehe Kantone
naoh Maßgabe ihrer Bevölkerungszahl vertheilt.
,6. Die Gesetzgebung über das Hausirwesen bleibt Sache der Kantone."
In wiederholten Zuschriften an da« eidgenö-^sische Justiz- und Folizei-
Departement machte iu der Folge der Yururt des schweizeritjchen Handeb- and
IndustrieTereins auf die hohe Bedeatnng aufmerksam, die er der LSsnng dieser
Frage für den schweizerischen Handelsstand beimißt, nnd wies darauf hin, daß
dieselbe berufen sein werde, bei den kommeaden Handelsvertragsnnterhandlungen
eine wichtige Uolle zu spielen.
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Hausir verkehr
— 241 —
Uau^irverkebr
Am lö. Jufii lh90 falzte die Delegii-tenversammluiig dea Schweizeriücben
GewerbeToreii» in Altdorf nach vorgängiger BerathuDg dardi den Gentralvontaiid
und die Sektionen folgende SeBohlflue :
*1. Die Vertreter des Gewvbestandee bieten gerne Hand, um auf dem
eines Bandeagesetasea ansnatreben:
nA. Die Gleichstellung der inländiachen Handelareiaenden mit den andXndiadien,
welche in die Schweiz kommen;
qd. Einführung einer aohweizerischen Patenttaxe unter Aofhebang der kantonalen
Taxen
„2. Es werden deu Antriigen des Schweizerütohen Handels» und Induatrie-
vcreins folgend«^ prinzi|»i(lle Wünsche beigefügt:
„a. möchte bei Itünftigea Uandekvertragsanterbandlangen von den betreffenden
Staaten rttekuehttieh der Bestenerang der Handelareitenden volle Gegen-
seitigkeit gefordert werden.
Es möchte von allen Bebenden eine unhdltliohe, ataatliche KontrolgebUhr
erhoben und der Verkehr dieser Reisenden ebenfalls einer strengem Auf-
sicht unterstellt wf»rden. Der Verkauf von Mustern oder Waaren wäre
strenge, eveutiuill mit Entzug des Patentes, zu ahnden.
pC, Bei Ft^tsetzung der Taxe ist sowohl die große Belästigung des PaMikuuiu
dnreii Haaairer und Detailreisende, wie auch die Benaohtheiliguug der
ateaeraahlenden Hiedergelaasenen in Betracht xn siebeRf beaiebungsweiae
es ist die Taxe mSgliehat bodi ansaaetsen.*
Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement erbat sich hierauf von dem ge-
wesenen Präsidenten der interkantonalen Konferenz von 1885, Herrn Staatsrath
im 1 Ständeruth A. Coruaz in Neuenburg, einen die gam.e Frapr*^ in aUen ihren
Beziehungen, vom geschicbtUcben, verfassungs- und vertragitrcohtUchen, wie vom
nationalKkonomiaohen Standpunkte aus behandelnden Beriobt mit gutschmnenden
Antrügen.
Herr Cornaz, der die Arbeit übernahm, hat dem Departement am 20. Marx
lö91 ein das Ergebniß seiner Uulersuchun? enthaltendes Memoriul eingereicht.
Auf Grund demselben verfaßte der Bundearath zu Hunden der l'tmdesver-
sammluDg eine Botschaft, d. d. 21). Mai in welcher er sich u. A. folgender-
maßen iaßert:
pVon den Wegen, die sich darbieten, um zu einer Lo«nng der Frage au
gelangen und ana der schwierigen Lage, in der wir uns beftndeOi herauszukommen,
wäre unbestreitbar der einfachste und beste, vom verfassungsrechtlichen Stand-
punkte aus, die glinzliche Hefreinng der Handelsreisenden von jeder Patenttaxo,
ausgenommen eine beücheidone Kauzleigebtihr. Das ist im Grrunde auch die An-
sicht unseres Experten; allein die Kundgebungen und Anträge aus der Mitte dea
Handelsstandes selbst, und aueh das Bestreben, daa Gute nicht dem vielleicht
heute noch unerreichbaren Bessern zu opfern, sowie der Wunsch, eine rasche
Lösung zu ermögliehen, haben ihn und xim bewogen, nur für die sogenannten
Gros- 1 (eisenden Befreiung von jeder Taxe, für die Reisenden dagegen, die
nidit bloß Gewerbsleute beeuchen (sogenannte Detail -Keiseude), eine in der
ganzen Sehweis gttltige einheitliebe Patenttaxe Tonnseblagen.
pWir kennen uns nicht verhehlen, daß es heute viel schwerer hält, zu
dem grnndsätzlich einzig richtigen Standpunkte viilligev Taxliefreiung der
Handelsreist nden zurückzukehren, als dies noch Anfangs der lÖÖOer Jahre der
Furier, V<>U(»Tvirtt)tc)iafti-L»ikon der Schwelt. lg
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Ilaiisirverkelir
— 242 —
Haasirverkehr
Fftll war, wo <1ie Kantone dch nodi nicht an die fieatenerang der Handels*
reisenden gewi'ihnt Imtten.
,Daß aber der gegenwärtige ZuatÄnd, der uoti zwingt, dem Ausländer
besfleres Becht angedeihen m lassen, ala dem LandesangehürigeD, wenn wir nicht
die TertFBgiifiilugknt gegenüber dem Auikade einbtt&n wolle», geradeso un-
haltbar geworden ist, dürfte TOR Niemandem bestritten werden. Wir müssen hier
eine Aenderuiig herbeiführop und wir Wullen thun, was zum Ziel führen kann.
^Aus diesem Grunde legen wir IhneOi Tit., den im Anbange folgenden
Beticblutit^e»autrttg vur.
«Im Einaelnen haben wir aar ErlSateroBg and BegrUadung des Inhaltes
unseres Entwurfes ntohta beianfligen. Die BesUmmungen deaselben aind an axHi
klar und bedürfen keinen Eommentarn.
„Durch den von tinö vorgeschlagenen Bundesbeschluß soll fnr die Handeln
reisenden einheitliches Üecht auf dem ganzen Gebiete der Eidgenubsenschaft her-
gestellt werden. Der eigentliche Uausirhandel aber und das Haasirgewerbe bleiben,
wie bisher, der Kantonalgesetagebang nntmtellt. Die bdden Gebiete müssen
daher genau TOn einander gesohieden werdeu. Das geschieht dadurch, daQ wir
einen begreiflichen, durch ein äußprlirbcs Merknial leicht erkennbaren Unterschied
/wibchcn dem Handelsreisenden und dem Hausirer aufstellen. Wir finden dieses
Merkmal io der Mit^brung von Waaren, die für den Hausirer (Kolporteur)
öharakteristiaeh ist. Der Haualrer bietet seine Waare aar sofortigen Ue hergäbe
an den Eftufer Coil; er nimmt keine Bestellungen auf, die ron maem andern
Piatxe aus effektuirt werden. Anders der Handelsreisende. Seine Aufgabe ist es,
ffir ein anderwärts ansäßiges Geschüft Verkäufe abzuschließen, die l;i'in erst
von jenem Niederlassungsorte aus yollzogea werden. So scheidet die Beiden dift
Art der Gesoh&ftsfllhrung und es ist kein wirkliches BedUrfniß vorhanden, daß
der Eine in das Gebiet des Andern Übergreife. Diese durch das Leben selbst
vorgenommene S('1ieidung versehiirft nun nuch ein neues trennendes Element.
An der Durchführung einheitlicher Vursehrifteu betreffend die Handelsreisendeu
werden die Kantone in solidaiiscliem Verbände insgesammt interesnirt sein,
wahrend in Beziehung auf die Hausirer der Fiskus eines jeden Kantons nach
wie vor aassebließlioh sein eigenes Interesse verfelgeii wird.
.Ans all' diesen G-rUnden glaaben wir, der Band sei befugt imd aur Her«
stell u Dg einer sichern Ordnung sogar genöthigt, dem Handelsreisenden zu ver-
bieten, glei( lueitig Kolporteur an sein, d. h. bei der Aufnahme von Bestellungen
Waaren mit sich zu führen."
* * ♦
Den hicvor erwähnten Entwurf eines Bundesbeschlusses an dieser Stelle zu
reproduxiren wiire rwckbjs, da derselbe im Moment der Drncklegniig diese.s
Artikels bereits durch das JiitndesgescU vom Ji4. Juni 1S02 betreffend die Patent-
laxen r/er //a/i(l«/sre<s«nd«yi überholt ist Dieses Bnndesgesetz hat folgenden Wortlaut:
Art. 1. Die Handelsreisenden, die fOr Rechnung eines iniindischen Hause? die
Schweiz hereläf ii und ■],»tiL-i .iu--i lilifß!irh mit Gc^chänsleuftii i)i Verkriii- tretfjii, \\> lf he
den betreffenden Hundeb>arlikel wiederverkaufen oder in ihrem Gewerbe verwenden,
kfinnen, sofern sie keine Waaren mit sich Itthren, im ganzen Gebiete der Eldgenossen-
scb if! mit oder ohne Muster Bestellangen attfiM»hmen, ohne dafür eine Taxe entrichten
zu müssen.
Durch besondere Schlußnahme des Bundesmtheskann Handelsreisenden, bei welchen
im Uobrigen die Vor.ui.<setzuni?en dieses Artikel- ;';ntrellen, «las Mitführen von Wnaren
gestaltet werdeu, wenn die sofortige Uebergabe der Waare an den Käufer für den Be-
trieb ihres Geschäftes nothwendig ist.
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HaitsarveiicAliT
— 243 —
Hausirvttrltehr
Art. 2. Alle iittderen Handelsreisenden, welche für Rechnang inlAndbchor Häuser
die Schweiz beleihen, oiitie Waatoii mit -ich zu führen, können im pnnzen Gebiete der
EidgenossenschaU mit utier oiine Musler tiestelluDgen aufnehnieu. wenn sie eine Taxe
entrichten, welche f&r ein itbt auf Fr. ISO, fOr ein halbes 3ahr auf Fr. 100 fes^pe-
seUt wird.
Art. 3. Die Reisenden auswärtiger Handelshäuser können in der Schweiz unter,
den n&mlicben Bedingungen Bestellungen aufnehmen wie die Reisenden inländischer
Häuser, wenn die Schweix mit dem Staate, in welchem jene Häuser niedergelassen sind,
in diesem Sinne eine Vereinbarung getrolTen hat
Trifft diese Voraus-selzung bei ihnen nicht zu, so haben die Reisenden auswärtiger
Häuser tär die Aufsuchung ron Bestellungen im Sinne des Art. 1 eine jährliche Taxe
von Fr. 900 oder eine halbjahrliche Taxe von Fr. 900 und für die Aufsuchung von
Bestellungen im Sitiiu- des Art. 2 eine jfthrllehe Taxe von Fr. 500 oder eine balbjibr-
liche Taxe von Fr. 300 zu entrichten.
In allen F&Uen massen die Reisenden auswärtiger Hftnser eine von der zuständigen
ausl.intlischen Behörde auj;g<'>tellle Gcui rbcUi^itiiiialirni^kaite besitzen, durch welche
bescheinigt wird, dal» das von ihnen vertretene Haus in dem Staate, in welchem es sich
befindet, zum Gewerbebetrieb berechtigt ist.
Dem Bundesrath steht zuflcm das Reclit zu, Handeliiiei-enden au? '^dlchcn l^taatoti,
weiche in ihrem Gebiete den schweizerischen Handelreisenden das Aufsuclien von Be-
stellungen verbieten oder nur unter sehr erschwerenden Bedingungen gestatten, den
Oewerbebetrieb in der Schweiz gänzlich zu untersagen.
Art. 4. Die Handelsreisenden, denen nach Maßgabe von Art. 1, 2 und 3 die
.Aufsuchung von Bestellungen in der Schweiz gestattet ist, haben eine Au.«weiskarte zu
lösen, welche den in Art. 1 genannten schweizerischen und den ihnen gleichgestellten
ausländischen Reisenden unentgeltlich, den übrigen Reisenden gegen Entrichtung der
in Art. 2 und 3 bezeichneten Taxen fQr die Dauer eines Kalenderjahres oder Halb-
jahres verabfolgt wird.
Art. 5. Die Ausweiskarte ist auf Kosten der Kantone auszufertigen und wird
den Rasenden sehweizerischer Handelshäuser im Kantone des GesdiÜtsBitzes, den
Reisenden auswärtiger Häuser tn denjenigen Kantone verabfolgt, den sie znerst be-
suchen.
Auf den Answeiskarten, welche den in Art. 1, Absatz % wwähnten Handelsreisenden
vt rabfril^t wcrdon, ist Mio Rrhinßnahme des Bundesratfaes, die ihnen das MitflGlhren von
Waareii f:estattet, vorzumerken.
Der BuüUeijalii stellt das Formular der Au>u ui-ikarten lesl und bestimmt die
Voraussetzungen, unter denen die üebertragung einer Karte statthaft ist.
Art. 6. Der Besitzer einer Ausweiskarte ist aut die Dauer ihrer Gültigkeit von
jeder Kantons- und Gemeindetaxe befreit.
Art. 7. Der Ertrag der Ausweiskarten wird am Knde eines jeden Jahres von den
Kantonen, nach Abzug einer ihnen zukommenden Bezugsgebübr von 4 V> *ni die
Bundeska^se abgeliefert und unter die Kantone nach dem Verhältniß ihrer Bevölkerungs-
zahl veitheilt.
Art. 8. Mit einer Geldbuße bis auf Fr. 1000 werden bestraft:
a. Die Handelsreisenden, welche die Schweiz bereisen, ohne im Besitze einer
Ausweiskarte (Art 1 uixl 5) zu sein :
b. die Handelsreisenden, welche Waaren mit sich lübren, ohne hiezu nach
Art. 1, Absat£ 3, ermächtigt zu sein;
c. die in Art. 1 {i'fii.iunten sehweizerisclitn und lüe ihnen gli'i(li;.'e<lelllrn aus-
ländischen Handelsreisenden, wenn sie mit andern als den im angeführten
Artikel bezeichneten Personen In Verkelir treten.
Um rti.~tlt1ie!ie T'iil'u. itid in Gefängnifi umzuwandeln; dabei ist fQr je Fr. 5Bufie
ein Tag GefäQ;,'niU zu reclmeo.
Gegen Rückflllige kann die Strafe verdoppelt und der Patententzug verfüi^t werden ;
überdies k mn Rückfälligen das Recht zum Erwerb eines Patentes auf 1 bis 5 Jahi'e
aberkannt werden.
Die Beurtheilnng erfolgt nach dem kantonalen Verfahren durch die StrafbehArden
desjenigen Kanton'-, in welrlirrn >!ie Uebertretung verQbt wurde.
Die Bußen fallen den K.uilunen zu.
Art. 1). Die Ge-sefzgelKm-' über das Feilbieten von Waaren auf den Marktplätzen
oder iui Umherziehen (Ktula^e und Ui)I|m .i tu^'tO, sowie über den Ausverkauf von
Waarenlageru (DcballugeJ bleii>t Sache <ier kantune.
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Hausirverkehr
2Ai —
Hausirverkehr
Art. 10 Die GeMt^bung betreffend gebrannter Wass»er wird durch gegenwartig«»
Gesetz nirht berührt.
Art. U. Oer BunUesralb tritTt die zur VoUzieliuQg dieses Gesetzes erforderlicbeo
Anordnungen.
Dieses Oesetz tritt am 1. Januar 1893 in Kraft. In Bezug auf die Ans*
fuhrung des Gesetzes hat der Bundesrath den Kantonsregierungen mit Kreis-
HChreiben vom 1. November 1S'.*2 Fultrende» lur Kenntniß trebracht :
.Jeder Handelsreisende, der Bestellungen aufnimmt, bedarf einer Ausweislcarte.
Es ist gestattet, eine Karte flir inrhrero Reisondc ausstellen fu lassen,
wenn sie nur von dem einen 'uler dem andern derselben gebraucht werden soll.
Nehmen dagegen mehrere Keiseude eines Hauses gleichzeitig Bestellungen
auf, so bedaof ein jeder dwaelben dner Answeiekarte.
Umgekehrt hat ein Bsiseoder, . der mehrere HandeUgesobSfte vertritt, nnr
eine Ausweiskarte zu lösen.
Will ein Handelshaus innerhalb der Geltnngt^dauer einer Ausweiskarte einem
auf dieser nicht eingeschriebenen Reiseuden die Aufnahme von Bestellungen
übertragen, so wird der Name dieses Beisenden durch die zuständige Amtsstelle
naentgeltlieh auf der Karte nachgetragen, wenn derselbe oieht gleichzeitig mit
anderen Heisendeu des nanses Bestellungen anfsncheo soll.
Diejenigen Hündelshäuser, \relche für ihre Reisenden die in Art. 1, Absatz f?,
des Gesetzes vorgeseln'nc Hefugniß, Wauren mit sieh zu führen, erlangen wollen,
haben sich zu diesem Zwecke in schriftlicher Eingabe an den Bundesrath zu
wenden.
Sohweifcrische Häuser haben ihrem Gesaohe das Gutachten der Begierung
des Kantons, in dem sie niedergelassen sind, auswärtige Häuser dasjenige der
Begierung de« Kantons, den sie zuerst besuchen, beizulegen.
Es wird festgentellt , daß zur Zeit sämmttiche europäische ätaaten, mit
Ausnahme von Portugal und von Schweden und Norwegen, femer von ttber-
seeisrhen Ländern die Verdnigten Staaten Nordsmerika's, Salvador, Eenador,
Transvaal und Congostaat, Japan, Hawal', sowie alle europäischen K 1 iiien.
mit Ausnahme der portugiesischen und der spanischen, durch Vertrag den V'er-
tretern schweizerischer HnndelsbSn«eir in ihrem (Tebietc die gleiche Behandlung
zugesichert haben, deren sich die inländischen Häuser erfreuen.
im» Beisenden fransSsi scher Häuser werden bis zur definitiven Ent>
scheMnng flher das Handelsabkommen swisohen der Schweiz nnd Frankreich
provisorisch wie solche der meistbegünstigten Nation behaodelt.
Der Bundesrath behält sich vor, mit den Staaten, welche der Schweiz bis
jetzt in Bezug auf die Behandlung der Handelsreisenden keioe Zusicherungen
gemacht haben, diesfallige Vereinbarungen zu treffen. Inzwischen haben die
Kantonsregierungen jeden mnieinen Fall, der Kiusende ans solchen Staaten
betrifft, dem eidgenössischen Departement des Auswärtigen (Handelsabtheilnng)
sofort cinznberiehtcn.
DaH eidg. Departement des Auswärtigen (Handelsabtheil uog) wird dafUr
sorgen, daß die vorstehenden Vertilgungen richtig aasgeführt werden.
Dasselbe hat Überhaupt, unter der Oberaufi^ht des Bondesrathea dieYoU-
zidbnng des Gesetzes zu ttherwaohen und die einschlägigen Geschäfte, je nach
ihrer Natur, von sieb aus zu erledigen oder durch Antragatelinng an den
Bttndesrath zur Eripdiijimg zii bringen.
Das Biindesgesetz betreffend die ratemttaxeu der Handelsreisenden hat
Vornehmlich die Aufgabe, in einem fUr den einzelnen Bürger nnd für das nationale
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Hausirverkehr
— 245 —
Italien
Intereshti uuseres Landes gleiciiwichtigen Gebiete des Verkehrs die von den Ver-
tretern des Handels nnd dee Gewerbeweeens ichon längst ab ein dringendes
BedUrfoiß herbeigewünschte einheitliche Ordnnng sowohl im Innern der £id*
genossenschaft als auch in den Beziehungen zum Auslände herzustellen. Die
Handhabung dieses Gesetze« erfordert die volle Aufmerksamkeit der ßehördeu;
i^ie soll überall eiue gleichmäßige uud strenge sein. Allein es widerspräche
doTohans der Absiebt des Geaetsgebers, wenn die Anwendung des Gesetzes in
einer den Handel nnd Verkehr nnnöthig bindernden nnd beengenden nnd dadurch
schädigenden Weisj erfolgen würde. Das Gesets will Ordnung schaffen, aber
keine Fesseln anlegen da, vro Freiheit der Bewegung ein durch die Verfassung'
• leb Landes nneikanntes Lebi-nsprinzip ist. Mit andern Worten: Die Hand-
habung des Gesetzes darf niclit in polizeiliche Plackerei annarten. "
Jagd Mild Vopelsphutz. (Ergänzung des Artikels im IL Band). Mittelst
Eingaben vom 6. September 1887 und 15. August 1868 petitiunirte der
schweizerische Jägerveroin Diana um Revision des Bundesgesetzes vom 17. Sept.
1875. Dasselbe war gesdiehen von Seite der schweiserisehen omithologischen
Oesellschaft im Sept. 1885 und im Mai 188U. Der Bundesrath anterbreitete in
Folge dessen den eidg. Käthen im April 1891 den Entwurf zu einem neuen
liundesgesetz. Der Ständerath unterzog denselben im Dezember 1891 einer Be-
rathuug, der Nationalrath hingegen lehnte das Eintreten aul die Vorlage am
20. Jannar 1693 ab. Der Ständerath beschloß hieranf am 29. Jannar, von der Be-
sohlußnahme des Bnndesrathes Yormerk an nehmen, in der Heinnngt daß der Bandes»
rath eine bezügliche Vorlage den Rathen zu geeigneter Zeit wieder einbringen könne.
Den auf Seite 56 im II. Band erwähnten Verordnnngen nnd BeaeblUsaen
sind noch folgende anzureihen :
1) Verordnung des Buudesrathes Uber die Bannbezirke für das Hochwild,
d. d. 11. Angnst 1891 (A. S. XII. p. 167).
2) BundesrathsbMchlnß vom 5. August 1892 betreffend theilweise Ab-
änderung der Verordnung vom 11. Augast 1891 über die Bannbexirke fUr
das Hochwild (A. S. XI f. p. 1001).
3) Basel landschaftliche Verordnung vom 27. August 1892 betreifend Voll-
zug des Bnndesgesetzes vom 17. Sept. 1875. (Oeichrieben Sept. 1899).
Industriolles Eigeuthum. Der auf Seite 7C4 im I. Band mitgetheilten
internationalen Konvention gehören nun folgende 14 Staaten an:
Sohweiz, Belgien, Brasilien, Spanien, Vereinigte Staaten von Nordamerika,
Frankreich, Großbritanien, Goatemala, Italien, Norwegen, Niederlande, Portugal,
Schweden, Tunesien, die Qneenslandkolonien, Neuseeland, San Domingo uud Serbien,
Die Konvention wnrde im Jahre 1890 (Konferenz in Madrid) revidirt.
Italien (Ergänsnug des Artikels im II. Band). Da seit der Abbsrang des
frtthwen Artikels die schweizerische Handelsstatistik so brauchbar geworden ist,
dass man sich nicht mehr an««schlie.sslieh auf die Statistik fremder Länder zn
stutzen braucht, können wir hier darauf verzichten, dit- Furtsetzung der der
italienischen Statistik entnommenen Zahlen zu geben. Es ist übrigens um so zweck-
mässiger, von dieser Fortsetzung za ahetraliiren, als die italienisehe Statistik
vielfach dentaohe Artikel als lehwdaarisdie beoeichnet. Aach in den Sommen,
welche die schweizerische Statistik als Bcbweizerisch-italienische Ein* und Ausfuhr
bezeichnet, sind hin und wieder gewisse Transitposten inbegriffen. Der Vorort
des schweizerischen Handels- uud Induatrievereins hat. aber die Höhe dieser
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t allen
— 24G
llalieu
TniMitpOBten fttr dw Jabre 1886^1890 so gut als möglicb ermittelt» und es ergeben
flieh nach Abwog dereelban als Ein« nnd Aviftihnrerthe im sehweizeriwh-italieniBebeii
SpeiialliaBdel (der Anadniok Spezialbandel ist erklirt anf Seile 837 im L Band) :
Einfuhr aus Italien Ausfuhr nach Ilalien
1.^85 rund Fr. '.».'>, 1 1 2.000 58,135,0oo
1886 108,166,000 5ö,b2L',ooO
1887 103,375,000 60,275,000
1888 103»543,00a 49,159,000
1889 129,952,000 61,199,000
1800 116,462,000 48,586,000
Mit Ein8chlu83 der vom genannten Vorort ausgemerzten Transitposteu weist
der SjHzialhandef nach der schweizerischen Waarenverkehrsstatistik folcrende
iicaultatü auf. (Dem Spezialbaadel lassen wir die Kesnltate des Effektivhandels
folgen ; die Differenz jswiechen beiden besteht in denjenigen Werthen, welche anf
Lager eingeführt und ab Lager anageAlhrt werden. Dw fiffektivhandel repxüsentirt
somit die wirkliche ronstSadige EinAihr nnd Ansfohr, ohne den direkten Transit).
8 II EinAihr fe|| |^|| Ausfahr J| fl
Sperianmndel 1 S aus Ilalien ^äS** T J" «ach Italien ^ :|
Fr. ° =1- Fr. • - Fr. i--^
1885 172,404.059 12,1 nj.087.282 14,8 65,0 60,316,777 9,0 35.0
1886 177,074,528 12,1 118,957,419 14,9 67,2 58,117,109 8,7 32,8
1887 182,063,236 12,1 116,941,345 13,9 64,0 65,121,891 9,7 36,0
1888 167,276,386 11,1 115,840,526 14,0 69,3 51,435,860 7,6 30,7
1889 194,292,593 11,6 140,803,270 14,7 72,5 53,489,323 7,5 27,5
IHOO 179,384,812 10,8 129,Ol-),030 13,5 72,7 50,369,782 7,1 27,:5
1891 182,986,841 11,4 135,990,152 14,6 74,3 46,996,689 7,0 25,7
Der Etfektivhandel betrug :
Fr. wovon Einfuhr Fr. Ausfuhr Fr.
im Jahre ifciöy 197,128,449 143,131,492 72,6 »/o 53,996,957 27,4 "/o
1890 180,607,710 129,826,234 72,0% 50,718,476 28,0 7o
1891 185,055,261 137,716,630 74,5 > 47,836,631 25,5 ^0
Nach ▼olkewirthschaftlioben Kategorien avsgasohieden betmg die
Einihhr und Ausfuhr:
Einfuhr Ausfuhr
^ II / .'S I I
im Jak» Itbrisuiildl Fr. PiohttolT« Fr. Fabrikatt Fr. Ltbtniimiltel Fr. KehtolTt Fr. Fnbrikitr Fr..
1890 38,859,764 83,072,638 7,082,628 10,941,493 9,883,897 2'.). 544,392
1891 47,649,446 79,889,751 8,450,955 11,16_'.402 8,208,74') 27,625,542
Die Hauptposten der schweizerischen Hinfuhr ans Italien waren:
18ö6 1887 1888 1889 1890 1891
Millionen Franken
Kobseide 77,7 71,7 69,1 89,4 74,8 72,1
Edelmetall, roh und gemünzt . . 7,2 9,3 7,1 5,7 7,9 2,8
Wein nnd frische Trauben ... 7,8 8,7 11,7 14,0 11,8 17,4
Getreide, fieis, Mehl 4,8 5,9 6,7 5,5^ 5,2 8,4
Total dieser Hauptposten . . . 97,5 95,6 84,6 114,6 99,7 100,7
Rest der Einfuhr . . . . 21,4 21,3 31,2 26,2 29,3 35,2
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ItaUen — 247 — l\M»n
Die Hauptpoäten der sohweizeriBcben Annfuhr nach Itali(-n waren:
18Ö6 1S67 1888 1889 18'J0 1891
MOlfoiien fr*nken
1 n A
9,8
D,y
o o
8,3
7,0
5,9
o,o
o,U
. . 7,8
8,6
5,3
6,6
5,2
5,7
Masohinen and Fahrzeuge . ,
. . . 5,0
5,7
4.8
5,0
4,5
3,8
Seideogewebe, inol. Kader . ,
. . . 2,7
8,1
2,6
2.8
2,4
2.0
8,0
2.2
2,5
3,4
2.6
. . 1,7
1,6
2,1
2,4
1,9
1,2
, . . 2,5
2,1
0,6
1,0
0,9
1,4
iiaumwülleoe Stickereien .
. . 1,1
1,2
0,9
1,0
0,9
0,9
Die Ursache der steigenden Einfahr ans Italien und der abnehmenden Ana-
fahr dahin seit 1867/8 liegt hauptsHehlieh in der yor 5 Jahren von Italien
inangnrirten extremen Schutzzollpolitik. Noch der französisch -italieniMbe Handels-
vertrag, weh'lier infolge der Meistbegilnstigiing auch der Schweiz zu gute kam,
rntbielt für Baumwoll-, Seiden-, Leinen- und Wollenwaaren, Maschinen etc. ZoU-
ansätze, welche zusammen mit denjenigen, die der schweizerisch- italienische Ver-
trag Ton 1883 nnd der italieniseh-VsterreiehiMhe Vertrag T<m 1878 fttr Else,
Uhren, Bijouterien, HasUtdosen, elastisdie Gewebe, Papierstoff etc. stipulirten,
einigermaßen erträgliche, wenn aucli iregeu den ersten italienisch -französischen
Handelsvertroo- von 186^5 h'^reits erheblieh verschlechterte ßcdingiiBgen filr den
gchweizensLheii Export uach Italien bildeten. Die italienischen Generalzdlle
wurden dann aber für die meisten Artikel auf 1. Januar 1888 erhöht und die
HandelsvertrSge mit derSdiweis, Frankreiob nnd Oeeterreioh-Ungarn aof diesen
Zeitpunkt gekündet. Unterhandlungen führten zunächst nur zu einem neuen Ver-
trag mit Oesterreich-Ungarn, mit theihveise erhöhten Zöllen, sowie zur Ver-
längerung der Verträge mit der Schweiz und Frankreich um 3 Monate. Die
mittlerweile versuchte Verständigung blieb aber aus. Italien und Frankreich
wendeten vom 1. Mlrs an gegenseitig tMls ihre Geoeraltarife, tbuls besonders
erhSbte ZOUe an (Italien bis 31. Deaember 1889, Fraakmch bis 81. Jannar 1892)];
die Schweiz und Italien hingegen behandelten ^ich auf Zusehen hin stillschweigend
auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation. Für Baumwoll- und Seidenwaaren,
l^IaRchincn etc. traten die zu jener Zeit durch keinen Vertrag mehr ermäßigten
hoben italienischen Generalzölle in Kraft j tur Käse gelangt« der neue österreichisch-
italienifldie Ansats Ton Fr. 12 an Stelle des alten Zolles von Fr. 8 nr An«
Wendung, während anderseits der schweizerisch-französische Vertrag von 1882
mit fieinen mäßigen Ansätzen unverändert in Geltung blieb and Italien hieraus
wesentlichen Nutzen zog.
Das dergestalt versohobeoe Gleichgewicht wurde durch den Handelsvertrag,
der nun doch am 23. Jannar 1889 awisohen ä&t Sobweia und Italien sn Stande
kam, Ittr die fiehweia niebt in dem Uaße gebessert, daß die Yortbeile, die
Italien ans den sohwMserisch-französischen Konventionalzöllen zog, aufgewogen
worden wären. Die schweizerische Ausfuhr nach Italien vermind' rte sich denn auch
8tfti<r odpr stagnirte, während die italienische Ausfuhr nach der Schweiz um
meur zuiiuhm, al» ihr infolge des itulieuiäch-trauzöäiächeu Zollkrieges das fran-
lOsisebe Absatsgebiet versekloisen war. Etwelebe Bessemng der sehweiieriseben
AnsfohrverhlUtnisse steht nun aber doch in Sicht, da durch den neuesten Vertrag
vom 19. April 1892 Italien eine namhafte Zahl von Konzessionen abgerungen
werden konnten, so für kondensirte Miloh, gemahlenen Cacao, Baumwollgarne,
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Italien — 248 — > Jura-Simplon-Bafan
Bumwollgeiwebd, BavmwollttioliMreiea, Eanetwolle, Seideogvwebe, Farqneterie,
Cellnlose, Treibriemeo, Alnminium, Maschinen, Bijottterie, Strohhute etc.
Dif nw*! Seite 92 im I. Band mitgetheilten Zf^lle sind nicht mehr in Kraft,
HottJern mexstentheils erbr>ht. Kis b&zabieu aaf Grund des schweizeriach-italieniaohen
iiandelüvertragefi vom 19. April 1892:
Lire
TaeobenahTen mit gold«nem GebKuao per Stitok : 1. —
„ „ anderem , , „ — . 50
Bijouterie: 1) goldene Ketten « bg 2. —
2) andere « « 6. —
Muikdotm m Stick 1. —
KiM 100 kg 11. ^
Chocolade « , , ISO. —
Kt T)fl< T^^irfe Milch, bia 40 Zocker enthaltend . . » « « 80.—
Kuidt'J-nichl „ „ ' • f, m 9 42. —
Baumwüllenj^arue, einlache, rohe . . . per 100 kg 27, — ^ bi« 50. —
, geswimte, wie die rohm plos 17 Lire per 100 kg.
BMtmwoIlg«webe, rohe *) per 100 kg 67. — bia 126. —
„ gebleichte, honte, gefärbte, bedruckte,
damassirte, hrochirte — Zoll wie die rohen plas
15 — 70 Lire Zuschlag.
Bavmwollgewebe, beatickte *),... per 100 kg biB 520. —
Honaaeline und BaomwoUgewebe & joor und aeUeier-
artige, roh, glatt per 100 kg 200. —
Mousselinc und Bauniwn!1^'f>Avebe a jour nnd .schleier-
artige, andere als rohe, 20 — 27'» Lire Zuschlag
Fli\chagewebe, nicht gefärbte oder farbig gt^ webte . . 06. 40 his ti4. — >
« geftrbte oder fitrbig gewebte, 35 Lire •
Zuadilag
Eunstwolle, gefärbt oder ungefärbt S. —
Seiden- und Moretaeidengewebef nicht gemischt . . 200. — bis 1200. —
, , « gemischt .... 40U. — bis 750. —
Bänder au« Seide oder FloreCaeide, ungemischt, nicht
aamraatarlig 1000.-- bia 1400.—
BKoder aus Miachung von Saide und Floretaeide, nicht
samni'tavtig 600. — bi» 960, —
Strohgetlechte 10. —
LaudwirthüchaitUche MtMuhinen 9. «~
Ibaobinen fttr die Spinnerei 8. —
Maaehinen and Sttthle für die Weberei 7. —
Lokomobile 9.->-^
Dampfkessel * 12. — bia 14. —
Strickmaschinen 20. —
Juni-Siinplon-Bahn. Ist hervorgeirangen an«? der Fusion der Jura-Bern-
Luzern-Buhii mit der SuisHc-Oecidentale-Snnpion-Bahn und der vom Staate Bern
angekauften Bern-Lozeru- Balm am 1. Januar 1890. Gesammte bauliche Länge
diesea Netzes Ende 1890 934,120 Meter, Betriebalünge 978,723 Meter.
•) BLs Ende Dezeml.er 1892 75—124 Lire.
*) Biä Ende Dezember 1892 bis zu 550 Lire
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Jara<Siinplon-Babii
— 249 —
Kaufmäiio. Gesellschaft ZOricb
Einbezahltes Kapital Ende 1890 Fr. 272,766,254, wovon lUÜ Millionen
Aktien^ 171,930,700 konsolidirte Anleihen, Fr. 835,554 Subventionen. Kosten
der Bahnanlagen und festem Eioriehtangen £nde 1890 Fr. 339,651,975, de»
Bollowteriak Fr. 25,763,361.
82 Tnniiels; 625 Brttcken, wovon 316 aus Stein, 487 aus Eisen; 229 Sta-
tionen; 200 LokomotiTen ; 526 Feraonenwagen (mit 23,104 Sitaplätsen);
2812 Lastwagen.
ISrtrag des Personenverkehrs im Jahre 1890 Fr. 10,771,032; des GUter-
▼erkehra Fr. 13,318,878; Beinertrag Fr. 9,815,883 = 3,59 % ^ Anlage-
kapitale. Pneoiial 5392 ifann.
Kantonftlbanken. Außer den aaf Seite 108 im II. Band erwähnten K.
besteht nun auch eine solche fllr den Kanton Schwys, mit einem Dotations-
kapital Ton Fr. 1,000,000.
KspitoL Siehe im Artikel „lAndwirthschaflt«*, Seite 274.
KantaXnnische GesellsehafI Zürich. (Mitgetheilt von Hm. Riehard,
Sekretär der Kaufm. Gesell.^ hn ff in Zürich'). Die RefomAtion mit ihrrn Folgm
hatte dir Thütigkeit der Bewohner Zürichs vom Kripfrjuwesen und dem Söldner-
dienste ab HUt friedliche Bahnen gelenkt. Handel und Industrie, dunen die
Stadt im 13. und 14. Jahrhundert ihr EmporblUhen zu verdanken gehabt hatte,
orwaohten ans langem Sohinmmer. Inehesondere entwickelte sieh ein lebhafter
Verkehr mit Frankreich, begünstigt dnrch den Umstand, dans die 8chweizeri^;chen
Kaufleute — dank einer Bestimmung des im Jahre 1519 zwischen der Eid-
genossenschaft und Frankreich zu Genf abgeschlossenen „ewigen Friedeae* —
dort das Vorrecht zollfreier Kiniuhr ihrer Fabrikate genossen.
Dieeem Verkehr drohten nnn im 17. Jahrhundert eraatliche Gefahren; sie
lagen einerseitB in den «ehntuSlInerisehen fieatrehnngen, welche beeondera von
Lyon infolge des Aufschwungs der dortigen Industrie ausgingen, andrerseits in
dem einheitlichen Zolltarif, den im Jahr 1661 der Jlliniater Colbert für gana
Frankreich anstrebte.
Die Zürcher Kaufleute sahen ein, dass solchen Zeitströmungen gegenüber
dttr Etnxelne niehta TermSge, und daee ee nothwendig sei, ein Organ an schaffen
illr Vertretnng ihrer gemeinsamen Interessen nach Aussen, speiiell ßkr Ahwendnng
der von Frankreich her drohenden gemeinsamen Gefahr.
Noch ein anderer Umstand kam hinzu, der diese Einigung beförderte : Daa
mit der Zunahme des Verkehrs wachsende BedUrfniss von Posteinrichtungen.
In &r obrigkeitlichen Stiftnngenrknnde des Kaui'mä/uiittiken DireJdoriums
ZXtndt TOm 30. Oktober 1662 waren nnn allerdings diese beiden GrHnde nioht
ansdrtteklieh genannt, Mmdem ee ist in derselben lediglich von Forderungen des
Seiden-, Wollen-, Leinen- und BanmwoUenhandels, von Aufrcchterhriltung der
Zucht und Ordnung unter den Arbeitern nnd von der Sorge um Bewahrung
des guten Rufs der zürcherischen Fabrikate die Kede. Die Urkunde bestätigte
sonach mit andern Worten hlos daa der Kanfmanneohaft im Jahre 1591 nnd
wiederum 1623 vom Rathe ertheilte Recht, ans sich selbst Verordnete siir Ueber-
wachung der Arbeiter zti bestellen, wobei zugleich die Obervngtc nnd Land-
Yögte angewiesen worden waren, diesen Verordneten hilfreiche Uand zu leisten
') Quellen: Gescbicbtliclie Darstellung der Verhrdtnisse dos Kaufm. Diiekloriuiiis
in Zürich (Greil Füssii & Comp. Ib3üj. — Das Kaufm. Direktorium in Zürich ; ein Bei-
lrag snr ^Ireher. Handehgesenichte von Ad. Barkli-Mever (ZOreher Tasebenboch auf
das Jahr 1888). — Jahresberichte und Protokolle der KaunnAnnischen Gesellschaft Züneh.
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Kaurmäuu. Gu.><ell»L-hart Zürich
— 250 — .
KaufmäDD. Gesellscliafl Zöricb
und die ungetreuen Arbeiter sa beatrafm. £e sind jedodi Anieielien vorluuideB,
welobe die Ansicht belegen, dans jene erstgenannten ÜrBacben die eigentUohe
Terenlassting der Gründung des Kaufmännischen Direktoriums waren.
Die StiftungKorkunde be.stimtnte die Zahl der Mitglieder des Kaufm.
iJirektoriums auf Hieben, die vuu der Versammlung der Kaufleute, dem sog.
„Gesammtbott" ans ihrer Mitte in geheimer Abstimmung gewählt wurden. Seinen
Prilsidenten ernannte dae Kollegiom aoe aicb aelbet; diie Amtadaoer war ^ne
unbestimmte; sie erstreckte sich gewöhnlich bis zur Berufung zu einem der
höchsten Ehreiiiiniter der KepnMik, mitunter auch auf Lebenszeit. Ton den sechs
übrigen Mitgliedern hatte jährlich je eines auszutreten; die Ersatzwahl erfolgte
auf einen Dreiervyrschlag der im Amte verbleibenden Direktoren durch das
Oeaammtbott.
Mitgliedenahl, Amtadanw and Wahlart dea Birdctoriuma erlitten indeaMp
im Laufe der Zeit verschiedene Aenderungen* Dabei ist hervorzuheben, dasa
sich die Kegierimg einen steigenden Einfluss auf das Kollegium sicherte, indem
«ie 1710 die Zahl der Mitglieder auf zwölf erhob, vun denen vier aus der Mitte
dus Kleinen ftathes genommen werden mussten, und weiter bestimmte, dass der
Frlatdent dea Direktorinma ans dieaen vier Hi^pHedem an wählen aei. SpKter
wnrden diese vier Mitglieder vooi Kleinen fiath direkt gewählt, anatatt von der
Versamnihmg der Kaufleute.
Um im Gesammtbott das Stimmrecht auRZuUben, sowie \im wahllahig zu
sein, musste man nach der 1683 aufgestellten Vorschrift de» Grosshandel mit
Italien, Frankreich, Dentachland oder Holknd treiben, d. i. fremde Waarm
kiaten» oder ballenwetw ana dieieii Ländern beziehen oder nach denaelben apediren.
Duneben hatte man sich bei hnndert Tbaler Bomo im das Bai^onen-Yemiohniaa
des Stadtschrei hern eintragen zu lassen.
Mit dem Aktuariat betraute man anfänglich tinm der jüngeren Mitglieder
des Direktoriums. Später wurde in der Person des zweiten Jßathssubstituten
ein «gener Sekretär mit fixer Beaoldung bestellt. Die Stelle einea Rathaanbrtitaten
war die unterste Sprosse der Leiter, auf welcher man alloählig an den höchsten
Klirenämtern der Republik emporstieg. In dieser Weise begannen die tlielitigsten
MagißtratsperKonen des alten Zürich ihre politische Laufbahn, und es blieb ihnen
vom Sekretariate des Kaafmännischea Direktoriums her zeitlebens die Kenntnis«
der kommernellen Veriiältnisae ihrer Yateietadt. Daa Qnäatorat vemh ateta
ein Mitglied dea Direktorinmi, Präaidw^ Qnäator und Mitglieder dea Direktoriama
bezogen keine Qeldentaehldigiuig fttr ihre Amtaftthmog; dieee war und blieb
stets Ehrensache.
Die Direktoren hatten sich nach dem urtiprünglichea Statut alle Monate einmal
zu versammeln, um Kath darüber zu pflegen, was der zürcherischen Handebchaft
ntttatioh sein möchte. Von der Zeit an, in weldter die Zahl der Mitglieder von
sieben auf zwölf erhöht wurde, bildete aich im Sehooase dea Direktoriums eine
Suhkonimission ftir das Foatweaen, welche hänftgere Sitsnngen hatte ala die
üesauiintbehörde.
Die Besorgung des Posimsem war der fruchtbarste Zweig der Thätigkeit
des Direktoriama. Ea war dies io jener Zeit der Gebietssentttokeinng nnd der
Sonderinteresaen keineawega eine leichte Aufj^be. Mit St. Gallen und Bern
wurden Jahrzehnte lang Verhandlangen über eine einheitliche Briefexpedition
gepflogen. Auch die Ver^t inditrun? mit B><>»p1, Snlnff h?An«en, Plmr und mit der
päpstlichen Nuntiatur in Luzern, die ihren eigenen Botbiidieusi über Zürich mit
<lem Binthum Konstanz unterhielt, verursachte viele Mühe. Im Verein mit Bern
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KAafmänn. Gesellschatl Zflnch
— 251 —
KaufmäniL Gesellschaft Zürich
■wurde im Jahre ItjHH eine wöchentlich zweimal kursirende Püstverbimlung von
Basel Uber üeu Gotthard nach Mailand unter Heranziehung der Briefe auH
Holland nnd weitorer Beförderoog deraetben von Mailand naoh Veaadig, Florens,
KoiD i n I Neapel angestrebt nnd nach mehrjährigen Veiliandluugen inn Werk gesetzt.
l")(Mi Verkehr im Inlande vermittelten zahlreiche Boten sowohl für Briefe als für
Pakete und Valoren: zum Po^tamte standen sie nur in freiwillif^er Beziehung?,
da dieses in Zürich keinerlei Monopol boanspruchen konnte. Nichtsdestoweniger
sehen wir dunib die Bemahungen der Potlkoumi«ioB dea EMtfaribmiadiea
birektorinma im Yerlanfo des aebtnlinten Jabrhanderts die Bttroherisehen Poet*
einrichtungen allmählig einen Grad erreiehen, der die besobeidenen Anforderongen
der Zeit befriedigte.
War die l'o.nt von Seite der Ke»;ierung keinerlei Beschränkungen unter-
worfen, HO muaäte dagegen in Zürich der (riilen/erkehr durch da» städtische
Eanf- nnd Waaghaus gehen, weil hier der obrigkeitliche Zoll erhoben wurde.
Insoweit war da» Institut ein staatliches, unter Aufsicht der beiden Standes-
seckelmeister stehendes. Daneben war aber das Kaufmännische Direktorium
Kantonalbehörde fiir den Gütertransport und stand als solche in ununterbrochenem
Verkehr mit dem Leiter des Instituts, dem sog. Waagmuister, welcher vom
Direktorinm in (xemeinnhaft mit den beiden Seekelmeistem gewählt wurde.
Was ea noch im aohtaehnten Jahrhundert heiasen wollte, den Güterverkehr an
ermöglichen, dafttr fiuden sii h im Archiv des Direktoriums zahlreidie Belege.
Hers'orragend ist die Thätigkeit des Direktorinms in den sog. Kmiktirft-
snchen ; seine Dn^wisrhenkunft für Dnrchfiibnnig der l.iiiuulation wnrHt» fast bei
jedem Fallinieute nülhig. Seinen Bemühungen gelang es auch im Jahre 1715
anlStslioh der Beyision des Zttreher-Stadtreohta, daa sogenannte Konkurareeht
oder Gegenrecht zur Geltung zu bringen, und damit den Kredit ZUrlcha und
das Ansehen des Direktoriums im In und Aiuilande ganz, wesentlich zu heben.
In der Stiftungsurkunde von 1062 wird das Dircktorinni nicht nur als
Vermittieramt, sondern auoh als (xcrichtsitaml bezeichnet fUr alle Streitigkeiten
der sttroherischen Hanielalente nntereiiMnder. Diese Jorisdietion ging indeasen
frttbe schon an daa Stadtgericht Uber, welehes Ton Anfiing an als obere Inatani
bei solchen Streitigkeiten bezeichnet worden War.
Eben<!0 wurde das nirektorium der Aufsicht Uber die Fabrikarbeiter, der
Bcstrafting (icrsolben für die in beiienklichmi '^Ina-se iildiche Untreue und Ent-
Wendung, überhaupt allen direkten \ erkciirs mit den Arbeitern durch die sog.
Fabrikkommisaion enthoben, welche der Bath 1696 hei Anlass der Erriehtang
einer Fabrikordnung aus seiner eigenen Mitte einsetzte.
Ein wichtiges Gibli»t für die Thätigkeit des Direktoriums bildete das
Ftthrikiresen. Es lässt sich indessen schon aus der Zusammensetzung der Behörde
echiiessen, dass das Direktorium gegenüber der scharf ausgeprägten Stellung,
welche der Rath von ZUrioh in allen industriellen Fragen einnahm, dabei nur
einen geringen Einflusa anattbte. In der Regel ateltte aieh daaselbe bei Ent*
scheiden aber daa Fabrikweaen ohne Weiteres vQllig auf den Standpunkt dea
Käthes.
Vom Jahre 1720 an begann das Pttstwfseii einen Ertrag abzuwerfen.
Obwohl die.^er nur dreimal die Summe von 80O'J Gulden jährlich überstieg, genügte
er bei dem apanamen ^uahalt jener Zeit doch suatlglieh der Zinae aar. allmShligen
Bildung eines Fonds, der bei Aosbmch der Revolution im Jahre 1798 die
ansehnliche Ilübe von annähernd einer Million Gulden erreicht hatte. Infolge
der Staaisumwdleiittg wurde im November dieses Jahres das Postwesen der
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Kaufaiüiia. (ie^ellschafl Zürich — 252 — Kautinäun. Gesellschaft Zürich
gtmmmttm hdTetiiohea Repoblik th Begie «rklärt. Das Direktorittm amtet» '
ttlB Poatkommiarioii sonScbst anangefoehteii fort, nur blieb die besttgliob« Ein-
nähme t&r seinen Fonds weg. Als Napoleons Vermittlungsakte von 1803 den
Kantonen wieder eine gewisse Sonv(^riinftät verlieh, ging das Postwesen Zürichs ,
als Regal an den Kanton über, dem es » lion von Beginn an eint: jährliche Ein-
uahme von achtzehn hm zwanzig Tauseud Gulden verüchallte, bald aber nuuh ^
mehr eintrug.
Dem Direktorium fiel neben der dnrcbaus selbständigen Verwaltung seines
Fonds auch in der nun fol^'enden Periode die Aufgabe zu. als eine aus Fafh-
männern gebildtte, begutai-htende Komrais<äion der Regierung in Uandelü^achen
zur Seite zo stehen und zugleich die Interessen der Kaulleute zu vertreten. An
Gelegenheit hiesn fehlte es keineswegs.
£tiM neue wiebtige Materie, die gleieh im Anfang der Hedtationaaeit
d. I HO l die Mitbethätigung des Direktoriums erheischte, war die Schöpfung des
zi\r<hi!ri<chtn WevJuielr€chi<, welche eiium dringenden BedUrfniss des kauf-
männischen Ptiblikum» entsprach. Kbenfulls in die Mediationszeit Helen die langen
und schwierigen Unterhandlungen für Erleichterung der Etnfahr von Baumwolle
und von englüfikem Masehineugarn Mur Zeit der KontinenUUsp&rrt^ als Tanaende
yon Menschen im Kanton ZUriob wegen des drohenden gXnaliehen Mangels au
Arbeitsstotf bitterer Noth ent-irn sahen. Die Industrie wurde damals, durch
die hohen Zölle der Nachbarstaaten vom dortigen Markte ansj^esrhlossen, zu-
nehmend auf den überheeischen Export angewiesen, iufolgedessdn war das
Direktorium in den xwanziger Jahren vielfach mit der Organisation von Handels'
konsuiaien auf tillen wiebtigen Seeplätzen besohäftigt. Andere von demaelben
aogeatrebte Neuerungen, wie die Erricbtnug eines speziellen Handelst/erichtes |
und die Einführung einer Khtssetisieuer an Stell«' des früheren Ffundzollea waren
erst einer späteren Zeit zu verwirklichen vorbehalten.
Der Sturz der alten Ordnung der Dinge in Zürich im Jahre 1708 hätte
beinahe auch denjenigen dea Eattfmttnniaoben Direktoriums und die Sequeatralion
seines Fonds naoh sich gezogen^ weleber in jenem Zeitpunkt ca. 880,000 Gulden
betrug. Die nun folgenden rauhen Krlegajabre schwächten denselben immerhin
bedeutend durch Vorschüsse an die Regienuig nnd au die Stadt, durch Kriegs> '
tbeuern, Abschreibungen von zweitelhafteu Debitoren, Zinsverlnstc u s. w. Von
1807 an wueha er dann wieder und erreichte 1830 den höchsten Stand mit
1,051,738 Gulden. Dabei war daa Direktorium fortwilbrend bemttht, die öffent-
lichen Verkehrsmittel im Kanton Zttrieh la verbessern; es mag dieab -zuirlich er-
wähnt werden, dass nns-scr den schon angeAlhrtcn Au^'j'riV'^n fiir die Kcgit-rnng
und denjenigen für das Postwesen das Direktorium dfui Fonds i-i den Jahron
1739 — ^1828 weitere 42ti,t>O0 Gulden für Erbauung und Unterhaii von Strasbeu,
Brüeken, KanKleo, Linthstdüfffithrt, Liuthkorrektur, Handels' und SpeditionaBweeke
entnommen hat.
Im Laufe der ersten drei Jahrzehnte dieses Jahrhunderts machte man sich
immer mehr mit der Ansicht vertraut, dass das Pustwescn einen Theil der i
tiluaisverwaliuny bilde, da^^ es sogar aU Regal des »Staates anzusehen sei. Damit
gewann auch die Auffassang immer mehr an Boden, der Postertrag firttherer
Zeiten, weleber sieh im Direktorialfonds angesammelt habe, k9nne kaum als
unbedingtes Bigenthum der Korporation der städtischen Kautieute angesehen
werden, und es sei jedenfalls der Regierung jährlich Rechenschaft über den Ertrag
des Fonds und über dessen Verwendung abzulegen. Die grosse politische I m-
wälzutig deä Jalu'cb brachte «udacu nach heftigem Kampfe die Ansicht
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Kaufmann. tieseil:H:'Ua(l Zilrich
— 253 —
Kaufmann. Gesellschaft Zürich
'/uin Durchbrnch, »la»« der Fonds an 'len Staat Überzug -hen habe, und hchlic-wüch
wurde im Jahre 1833 auch dag Kollegium selbst aufgelöst. Der Liquldations-
vertra^ betr. den Direktiorialfonde, welcher naeb langen Unterbandtangen swischen
<ler Ilegierang Und der zlirchcrisohen Kaufmannschaft im Jahre 1834 erat xa
■Stande kam, bestimmt?', dass (Vu- letztere nns dt-in Fonds die Stimme von
4:i7,500 Gulden (7(K),UU0 Fninken a. W.) erhielt, wogegen sie die llrtüllung
einer Anzahl schwerwiegender Vcrpllichlungen übernahm (Erbauung einer zweite::
Limnuttbracke, einet EanfbauMe, eines Hafens eto.) Hit der AnsfHhrung dieser
fianverpAichtungen, welche später necU einige Modifikationen erfuhren, wurde ein
Anssehneii der Kaufmannschaft betraut, welcher diese Aufgabe in der Zeit Ton
1835 in glücklicher nml sehr uneigennütziger Wei«sft IfJstf. Vvr Staat seinerseits
verwendete den ihm zuijekointnenen Theil des Direktorialfonds zum grössten Theil
fllr neue Straasenanlagen, also ebenfalls zur Hebung des Verkehr^j.
An Stelle des Direkt<Mrinn8 trat als begntaehtende Behörde in Handelmaehen
die neu geschaffene Handelskammer der Regierung zur Seite. Dieselbe konnte
jedoch nur ungenügenden Ersat« schallen, und nachilem spater auch <1ie Hatidels-
kamraer aufgehoben und durch die dein Departement des Innern unterstellten
Handels- und Gewerbekommiisionen ersetzt worden war, machte sich die LUcke
noch ftthlbarer.
Der im Jahre 1855 von zttreherisclMn Kanflenten nnd Industriellen
gegründete Börseni ercin konnte diese LUoke aach nicht ausfüllen. Er hatte sich
anfünglich blos die Aufgabe gestellt, regelmäsHi<2re wncbt-titliLhe VersammlnnjCren
der Geschättsleute zu veranstalten und er hat dieselbe auch in bclricdigendster Weise
durchgeführt. Als sich dann später das Bedürfnis» einer Vertretung des Handels-
«tandes gegenüber den Beh8rden und answUrtigen kanfmSnnisohen Korporationen
geltend machte, so besonders auch im Jahre 18G9 bei der Gründung des Schweiz.
Handel^- tind Industrieveroins. bei welchem ein zürcherisches Organ nicht wulil
fehlen durfte, ermanp;e!trn die jeweiligen Vorstände nicht, ihre Thätigkeit auch
nach diesen Kiobtungen auszudehnen.
Immerhin erwies sich fOr diese erweiterte Wirksamkeit die Organisation
des Vereins als etwas au lose und die finanziellen Hilfsmittel als zu besohrSnkt.
So ging von dem Vt>r^tande des Börsenvereins selbst die Anregung zur Stiftung
4es kompakteren und besser dotirten Verbandes ans, der im November 1873 in
der Kauf'mnHiit»(hen (ieselischaß Zfirtvh irj's Lebeu trat. Aidanglich gingen
beide VereioigungCD in bester Freundschaft und mit gegenseitiger Unterstützung
neben einander her. Als aber nach und nach die TbStigkeit der Kanfmlnniaohen
Oceelleohaft neben der des Börsen Vereins immer mehr in den Vordergrund trat,
drängte sicli äh' Frage auf, ob nicht die Obliegenheiten des letzteren durch jene
allein erledigt werden könnten. Die Frage wurde beidseitig bejaht, und so kam
im Jahre 1878 die Verschmelzung zu 8tande.
Zweck der K< G-. Z. ist lant ^atuien die FSrderung der Interessen von Handel
und Indostrie nnd des Wohles der dabei haCheiligten Personen mittels gramasamer
Berathungen nnd durch Vereinigung der Einzelkräfte zu geraeinssmem Handeln*
Zu Mitglieilern sind alle Personen befähigt, welche dem Hr^Tll^el und der Industrie
nahe stehen und im Besitz bürgerlicher Rechte und lehren sind. Die Organe der
Oesellschaft sind die Generalversammlung uud dci Vorstand. Die General-
Tersammlnng der Hitglieder ist das oberste Organ der €keellsohaft. Sie ent-
scheidet Uber wichtige, sowohl (Jkunotnische als anderweitige Fragen nach
angehörtem nutaeliten und Antrag des Vorstandes. Dieser letztere besteht aus
dreizehn Mitgliedern, welche von der Generalversammlung in geheimer Abstimmung
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Kaufmann. Ges«llschaA Zürich
— 2n4 —
Knabenurbeilsunterricht
gewählt werden. Der Yurätand, welchem ein von liim gcwaiiltei, hesuldeter
SekretKr beigegeben ist^ vertritt die Geeelkebafb nach Aiusen und iwar namentlich
in ihrer Eigenschaft als Rektion iJt.s ^Schweizerischen Handek* ttttd Indiiatrie'
Vereins". Zar Förderung der Zwecke der Ge^^ellschaft veranstaltet er von Zeit
zu Zeit freie Versammlungen der Mitglieder, in welchen kommerzielle und
industrielle Fragen beaprochen werden.
In den achievhn Jahrw ihres Bestehens hat die K. G. Z. eine rege
Thitigkeit entwidkelt Noch betror die Vorarbeiten snr Gründung deradben
vollständig ii!)(ji>'chli)sseü waren, wurde sie, als zukiinftige Vertreterin de»
zUrcherit;chen Handel.-^- und Inilu^triestandes, durch ein Legal von fUnfmannimlert-
tansend P'ranken zum Zwecke des liaties einer Bor-'r überrascht. Obschun (iit*>e
Aufgabe mit den BcKtrebungeu Her CiedüllüchatL nicht iu direktem Zusammenhang
stand) hat sie doch deren Losung bereitwilligst an die Hand genommen and bis
zum Jahre 1880 glücklich zu Ende geführt. Das BörsengebSode, welchem im
Ganzen 971,000 Fraakea kostete, bildet nunmehr eine der baulichen Zierden
der Stadt Zürich.
Die Hau})Uknti<jkcit der Geseliechaft richtete sich von jeiier, wie dieti auch
die Statuten verlangen, neben der Herausgabe eines jährlichen Berichtes ttber
Handel und Industrie im Kanton ZUrioh and der Wahrung der Intweesen der
Mitglieder gegenüber you Behörden und Korporationen, auf die Behandlung wirth»
Bchaftlieher Tagedfragen. Säinintlirbe pinschläV'if^'en eidgenössischen nnd kantonalen
Gesetze, welche in flic>^er Zeit oriassen worden .sind (zürcherische Gesetze betr.
das Gewerbewesen uud betr. die Gewerbe der Edukteusuusule und Baissenageoten ^
Bandesgesetze betr. das Fabrikwesen, betr. die Telegraphentaxen, betr. die Post»
taxen, betr. das Telephonweaon, betr. den Transport auf Eisenbahnen nnd Dampf-
schiffen, betr. die Herausgabe von Banknoten, betr. Fabrik- und Handelsmarken,
betr. das ()bli:,Mtionenrecht, betr. das Konkurs- und Betreibnngsrerbt ii h. w.),
wurden meistens schon in den Entwarfen vom Vorstand besprochen und begutachtet,
und nacher auch in allgemeinen Versammlungen der Mitglieder diskutirt. Vor
Altem richteten aber die Organe -der Gesellsdisft beettfndig und mit dem leb-
haftesten Inttresso ihr Aui^. innerk auf die Entwioklnng der schweizerischen Zoll-,
Ilaiidels- und EisenbaliniHilitik. Ks ist })ckannt, dass der am 1>^. Oktober 1*^91
vom Volke an^jenoinmene Zolltarit, der den gegenwiirtigen iiandelsvertrags-
uuterhaudlungeii zur Basis dient, nicht zu einem geringen Theil dos Werk der
Kanfm. Gesellschaft Zürich ist.
Die K. G. Z. zShlt gegenwärtig 500 Mitglieder. Seit dem Jahre 18jS2
ist sie ununterbrochen Vorort des aus 27 Sektionen bestehenden „Schweizerischen
Handelt»- und Xnduetrievereins" . (Geschrieben im Oktober lö91).
KaufmliiiBisclies Bildunifswesen. Siehe den Artikel „Handelsechnlen*
im II. Band im Supplement. Als neueste Handelsschule mit BundessnbTeOtion
ist diejenige der Kantonsschule Solothurn zu erwähnen.
Klima* Siehe im Artikel «Landwirthschaft", Seite 249/254 (II. Band).
KuabenurbcitsuiiUMTieht (Ergiinzung des Artikels im 2. Band, von
demselben Yerfasaer). Wer die Bewegung für die Brziehnng der männlichen
Jagend zur Arbeit verfolgt, der kann sich dem Eindruck nicht entziehen, daß
sie von Jahr zu Jahr immer größere Dimensionen annimmt, immer tiefere
Wurzeln schlägt. Abge»i' }i*Mi v«?! drn rr i di- ben Landern Sfdiweden, Norwegen,
Finnlaud und Dänemark, die zuerst dem Kuabenarbeitsunterricht Kaum gewülulen.
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Knabenarbeitsunlerricbl
— 255 ~
KQabeQurbeiläQiUirhchl
wird dwMlbe mit bwondarm Sifer in FrBnki'oicb, Belgien, I^utsohland und
Owteirerali-Ungun gepflegt. In neuerer Zeit eind aooli Rnasland, England, Nord»
amerika und die Staaten von Südamerika lebhaft in die Bewegung eingetreten.
In der Schwcisr ht der ArbeitMunterriclit für Knaben, dank der nncnnUdlifhen
Bestrebung des zur Förderung deä^elbeu gegründeten Verein» (Mitglieder ^15),
fatit in allen größern Ortschaften eingeführt.
Der Kanton Genf hat ihn zum obligat oriiehen Schulfiuihe erhoben und
einen besoiKlern Inhipektor zur raschen Einfithraag und Ueberwacliuiiij: denselben
bestellt, Liiut Gesetz haben die einzelnen S^-iiulgemeinden für Lokale, Werkzeuge
und Materialien aufzukommen. Die Lehrer werden für das neue Unt- rriclitsfach
lu regelmäßig sich folgenden, kantonalen Spezialkursen zu Genf ausgebildet
Die Kosten dieser Kuno trügt die £rüehang«direktion. Die Lehrer ab dem.
Laude,' welche dieselben besudieo, erhalten ein entsprediendee Taggeld.
Im neuen Schulgesetz des Kantons Waadt ist die aueceMiye Einführung
des Arbpitsnnterrirhtes alu obligatorisches Schtiirttt'h vorgesehen. Den Srhnl-
gemeindeu wird baidige Einführuug empfohlen. Die allgemeine Einführung im
ganzen Kanton wird stattlinden, wenn genügend Lehrkräfte vorhanden sind.
Au der Eeole nonnale su Lauaanoe iet der Arbeitennterrioht seit 1886 obli«-
gatoriecher Untwrichtflgegenstand. Die Lehramtskandidaten werden bei ihrem
Abgange auch in diesem Fache geprüft und erhalten in ihrem Lehrpatente eine
bezügliche Note ausgesetzt, (renaii ebenso steht es mit dem ArbeiJsunterrieht im
Kanton Neuenburg. Die iiegierungen beider Kantone vergüten den Gemeinden,,
wdehe das neue Faeh in ihren Sehulen einfahren, bii '/« dadurch entetehenden
Auslegen.
Der neue Schulgesetzentwurf für den Kanton Bern sieht den Arbeits»
Unterricht als fakultatives Schnifach vor. Gemeinden, die denselben einfuhren,,
wird ein jährlieher Staut^heiti ag von Fr. 100 in Aussicht gestellt.
In deti Kuutoüuu Ereiburg, Solothurn, Baselstadt, Sc ha II-
hause», Aargau, Zttrioh, Thurgaa, St. Gallen, Appenseil a/R., Grau*
blinden, Glarns und Unterwaiden existiren ArbeitSHchukn, die vun be-
sonders dazu gegründeten Vereinen oder aber von den Schulbehoiden der
betreftenden Gemeinden neben der Lernschule unterhalten werden. Fast überall
stellen die Hchulbt-hürden Lokale sammt Beleuchtung und Heizung nelist größerem
oder kleinerem jiUirlichem Geldbeitrag für die Saohe anr Vertüguug.
Vom Bunde wird der Arbeiteunterrieht in der Weise unterstatst, daß den
Theilnehmern an den jährlich vom Schweizeriacheu Verein zu* Forderung des
Knabenarbeitsunterrichts veraulaßten Lehrerbildnrpsknrsen Stipendien in gleiehcr
Höhe, wie sie solche von ihren kantonalen Behörden erhalten, ausbezahlt werden.
Die bisher vom Bund hiefür au.Hgelegten Summen hiud fulgende :
1. Kurs
Basel
1884 an
41
Theilnehmer
Fr. —
2 .
1886 ,
52
9
„ 3770.
3. ,
Zürich ....
1887 ,
54
1»
, ai5o.
4. .
Freiburg.
188H „
59
it
, 4010.
5. .
Genf
1889 ,
88
H
n 7735.
6. „
Basel ....
1890 „
79
*
, 6790.
7. .
La Chaax<de-Fonds 1891 „
88
II
, 7600.
«■ «
Bern . . • « .
1892 „
1»
. 7200.
Die beiden Lehrer=eminare
Hnfwyl
und
Lausanne, welche den
Ar
Unterricht in ihren Lehrplan aufgenommen, erhalten jährliche Bundesbeiträge
von Er, 1000.
Knabenarbeitsunlerricbt
^ 256
Konkonkreise
Der schon vorhin g^Miannte Schweizerische Verein, der sich hauptsächlich
die metbodiscbf Au>li]iliiiig des Arheitsunterrichtes zur Aufgabe macht, erhält
tut seine Zwecke ebt nfalls Bundesbritrhcrp, deren Höhe jeweiien yon Fall SQ Fall
bestimmt werden. (Gescliiiebcii MittL- September 1892.)
Koblenz »Stoin. Dirsr zum Nordo»tbahn-Xetz gehörende Bahnatreeke
wurde für den Betrieb erötlnel aiu 1, August 1892.
Konkurskreisc. In Felipe «los Ihin'IesircsctTics betreffciul Schuldbetreibung
und Konkurs shii folgende l'öO Koiikur.>-iimter instituirt worden:
Im Kanton Zürich H6 (nach den Nutariatskreisen), je in Zürich, Riesbach,
■Oberstraß, Schwainendingeu, Höngg, Auliersibl, Schlieren, Affoltern a, A.,
WXdensweil, Uorgen, Thalnreil. Stäfa, HUnnedorl, Meilen, Kfissnadit, Grttniiigeii
Wetsikon, Wald, Unter, Pftffikon, Baume, Illaan, Tnrbenthal. Winterthur (3,
irovon eines für die Stadt ^^Mntcrlhur, eines Tür den Notar iatskrei« Oberwinter-
thur, pineH für den Notariatskreis Wülflingen), EIgg, Andelfingen, Fetierthalen,
Stamm heim, Embrach, Eglisau Bulach, Bas^ersdorf, Nicderglatt, Dielsilorf.
Im Knnton Bern 31 (nach den Amtsbezirken), je in Bern {2, wovon 1
für Bero-Stadt und 1 für Bern-Land), Aarberg, Aarwangen, Biel, Büren, Burg-
4orf, Goartelary, Deleberg, Erlacb, Fraubrnnnen, Saignelegier, Frutigen, Inter-
laken, Sehloßwyl, Laufen, Laupen, HUnater, Neuenstadt, Nidan, Meiringen,
Pntntriit, Snanen, \\' ahlern, Belp, Langnau, Wimmis, Zweieimmen, Thun, Traobsel>
wald, Wangen a. A.
Im Kiinton Luzern 19 (nach den Gerichtsbezirken K je in Kbikon, Malters,
Luzern, Weggis, Hochdorf, Uitzkirch, Efechenbacli, Miiniitcr, Kuswyl, Sempach,
Snxaee, Triengcn, Altikofen, BeideD« Willieau, Zell, Entlebueli, Escholamatt,
Scbttpfheim.
Im Kanton Uri 1, in Altorf.
Im Kanton Schwyz 7 (nach den Notariatskreisen), je in Sehwya, Arth,
Gersan, Lachen, Einsiedeln, Ku>*snacht, Woilerau.
In 0^^valden 2, je in Alpnaob und Engelberg (an leizterm Ort nur fiii-
diese Gemeinde).
In Nidwaiden l,Mn Wolfenschießen.
Im Kanton Glarus I, in Glarna.
Im Kanton Zug 1, in Zag.
Im Kanton Frei bürg 7 (nach den Bezirken), je in Estavayer-leOac
<8t8flfi8), Komont, Bulle, Mnrten, Freiburg, Tafers, rhatel-St. Denis.
Im Kanti.'O Solo th um 8 (nacli den Amtsschreib 'rcilcreiseii^ je in Solo-
thum (4, wovon 1 für Stadt und je 1 für die Amtssehreihereikreise Lebern,
Bucheggberg, Kriegstetten), BaUthal, Ölten, Dorneck, Breittiiibach.
Im Kantou Basel^tadt 1, in Basel.
Im Kanton Baselland 4 (oaeb den Yerwaltungsbesirken), je in Arles-
beim» Liestal, Sisaach und Waldenburg.
Im Kanton Schaffhansen 6 (nach den Jnstizhezirken /, je in Sobaff«
bansen. Neunkirch, ünterhallau, Schieitheim, Thaiugeu, Stein a. Hb.
In Appenzell A.-Eb, 3 (nach den Laodeabezirken), je in Keute, Trogen,
Herisau.
In Appeniell L-Bb. 2, je 1 in Appenzell und Oberegg, letzterea für den
g'leldmamigen Beatrk.
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Konktirskreise
— 2Ö7 —
Konsalate
Im Kartou St. Gnlleu 15 (nach den Gerichtskreisen), je 1 in St. Galten,
Tablat, Rorschach, Thal, Altstätten, Grabs, Wallenstadt, Weeeen, Sohmerikon,
Kappel, Lichtensteig, Kirchberg, JoDschwil, Wyl, Goßau.
Im EantoD Graubünden 39 (nach den politisicheu Kreisen), je in Ober-
vas, Surava, BergUn, Salux, Brusio, Posobiavo, Schnaus, Vriu, Ober^axen, Sils,
Salien, ThueU, Avers, Nafenen, Andeer, Bau, Trine, Ardex, Scbleins, Etoliula,
DftTOe-Plati, Jenaz, Klosters, Saa«, Lozein, Zizers, Malans, Schierä, Seewis,
Vicosoprano, Samnden, Caetaneta, Meeocco (MiiK>x), Boyeredo, St. Maria, Char,
Malix, Arusa. Tnms.
Im Katitun Aai gua 11 (nach (h;n BezirkeD) je in Aarau, Baden, Brem-
garten, Brugg, Kulm, Laufenburg, Lenzburg, Muri, Rheinfelden, Zofingen, Znrzaeh.
Im Kanton Thurgau 8 (nach den Bezirken), je 1 in Radmülüe (Araris*
weil), Bisc.hofszell, üntenoblatt, Frauenfeld, Kreazlingen, Sirnach, HUUheim,
Berg (Weintelden).
Im Kanten TeBäin 7 (nach deu Bezirken mit AuHnahmc von Bellinzuna
und Biviera, welebe zusammen einen Kreis bilden), je in Meudriüio, Lugano,
Locaroo, Cevio, Bellinsona, Lottigna, Faido.
Im Kanton Waadt 19 (nach den Bezirken), je in Aigle, Aubonne, Avenchee,
Cossonay, Kchallens, Grandson, Lausanne, Sentier, Cully, Morgea, Monden, Nyon,
Orbe, üron, Payerne, f'hateati d'Oex, Rolle, Vevey, Yverdon.
im Kanton Wallis 14 (nach den Bezirken), je iu Ivit/ctugeu, Moerell, Brieg,
St. Nikiana, ^äsoholl, Lenk, Sienre, Vez, Sitten, Ardon, Martigny, Sembranober,
St. Maurice, Hontbey.
Im Kanton Neuenburg 6 (nach den Bezirken), je in Neoeb&tel, Bondry,
Mutier», Cernier, Locie, Chatix-de-Fonds.
Im Kanton Genf 1, in Genf.
Konsulate, i r>i i::iinziing des Artikels im II. Band. Hitgetheilt von Hrn.
A. Kummer auf dem eidg. Han^li'lsdi'partpnicnt.) AIw wrs-rntlic liste Neuerung,
die seit 1880 im Kchweizerisohen Konsularwesen Platz ge^ritlt u hat, ist die
im Jahre 1891 erfolgte Errichtung dreier Berufskonsulate — in
BaenoB-Airea, London und Tokobama — zu regifltriren. Die Eoneulate an
den beidm oieterwftbnten Plätzen sind BerufsgenervdkansulaU nnd tragen
zugleich diplomatischen Charakter. Der nenernannte Konsul in Yokohama ist
Bcrufivieekonsul und wurde aU GebUlfe dem bisbei'igen Generalkonenl, der Mandela-
konsul ist, beigegeben.
Zur Begründung der Wahl der drei genannten Plätze als Amtssitze lür
sehweiz. Bernfekonsulate ftthrt der Bundeeratb in seiner Botscbaft zum Budget
für das Jabr 1891 nnter anderm Folgendes an:
,Ani «lriii;^'cnil-;tC'ii i-f dir- ?<linfTun^' einer -oldiori Ptelle in Buenos-Ayres. S^eit
die Vereioigten Staaten unter dem Einllusse einer initiier stärker werdenden schütz-
zOllneriscben Strömung darnach trachten, nicht nur gegen die EinfQhmng der enro«
päischcn Erzeugnis:«*'. =onilerti ^:e^,'en ili*- EiiiwaiKtcrung der Arbeiter au~ iindern [."indem
sich abzuschlieikn, richtet sich der Strom der europäischen Auswanderung immer mehr
nach Sfldamerika, besonders nach der argenUnisi^n Republik, wo sehr ausfredehnte
Ländereien norh unbrliaut »ind. Die neilputuni.' «1er schweizerischen Kolonien in iüi'som
letztern Lande, in Cliüi, in Uruguay und Paraguay nunuit beständig zu, und wir können
die Zahl unserer In diesem Theil der neuen Welt niedergelassenen Ifitbfirger auf
mindestens fflnfzigf aasend nn«(li!a!?en. Ihre Infpre^j^pn, die Interessen iin-eror Aus-
wanderer und unseres Handels, welcher im Süden des amerikanischen Konliuents einen
Ersatz für die Ausfuhrgebiete suchen mu(5, welcher er im Norden zu verlieren Gefahr
läuft, verlangen gel>ieteriseh. li iß <iie Sehwei/. (ImiI in anderer Weise als bisher, ver-
treten werde. Ein General-Öerulsivoasul in Buenos-Ayres, der eüien diplomatischen
Fnmr, Tolkiwirtbualuifla-LaizikoB dar Seliwels. \1
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Kotwalate
— 258
Konmilate
CharaktcT lrr<i;t und in Santiiigo (Chili), in Montevideo nnd Aflsundon beglaubigt ist,
wird hotleiitlirii liir «iiese? schwierige Amt genügen.
Unser Generalkonsul in London, Herr Vernel, hat uns auf den 1, Januar 181)1
seine Entlassung eingerciclit. Sein Eni : lUi ü, -jicli zurückzuziehen, welchen er durch
die materielle Unmöglichkeit begründet, «iuä Kon^^ulul zu vemalten, ohne seine eigenen
Geschäfte in hohem Grade zu gefährden, ist unwie<lerruflich. Die frühem Erfahrungen
und die in der großen Hauptstadt eingezogenen Erkundigungen haben uns zu der
UetwrzeuguDg gebracht, daß man jede Hoffnung, Herrn Vemet durch einen Icauf*
mAnnischen Konsul ersetzen zu können, aufgeben muß. Da wir in London, wo sich
ri.ihf'zu Zflmtausend Schweizerhürger auriiulUüi. mitttn in iliesem großen britischen
Reiche, mit dessen Regierung wir so zahlreiche Beziehungen unterhalten und dessen
Kolonien fflr nnsem Ansführhandel so notbwendig sind, niclit ohne Tertretung bleiben
kriiint-n. -r1ila;/eii wir Ihnen vor, dorthin einen Borafskonsttl alt eidgenO«ischen
Ueschäftäträgcr zu senden.
Unser Generalkonsul in Yokohama, Herr Dumelin, und sein Vizekonsul haben uns
im Frülijulir 1^00 ihre Enllas.sung ciiipcioicht, Sio li.tben dabei ihrer festen Ueber*
Zeugung Ausdruck gegeben, daß die Interessen der Schweizerkolonie in Japan und
diejenigen des Mutterlandes ihre Ersetzung durch einen Berufskonsul fordern. Dies ist
auch unsere Ansicht und z\v;ir um so mehr, weil der Schwcizerknn-iil in Tupan den
Verträgen gemäß die Civil- und Kriniinalgerichbbarkeit nach unseru Gesetzen über alle
in diesem Lande wohnhaflen Sciiweizcrhfirger ausübt. Wir haben daher auch die
Absicht, in Jokohama einen Berufskonsul zu ernennen."
Die Schaffung dieser drei liornfskonsnlate ist jedor!} nur probeweise erfolgt.
Der Bundesrath gedenkt erst das Resultat einiger praktischer Verbuche abzu-
warten, bevor er sich Uber die Frage der Errichtung von Bemfakonsulaten,
deren Prüfung •hm durch di» von der Bundesversammlung unterm 80. Jnni 1886
erheblich erklärte Motion Cömiesae (s. >hn Artikel , Intereflsenvertretnng **
pag. 88, II, R'L^ üh« 'rtraf»en wurde, prinzipiell ausspricht.
Zur Durchliihrung dicner „praktischen Versuche", Howie auch zum Zwecke
einer angemessenen Entschädigung der Gesandtschaften für die Koüten ihrer
Konenlarrerwaltung, haben die eidg. BXtbe in der Desemberseseion 1890 die
Tom Bandeerathe nachgesuchte £rh<3hung des Budgetpoatens «Beitrag an Schweiz.
Konsulate« von 135,000 auf 235,000 Fr. bewilligt.
Im Bestände der Konsulate, wie er im einsrhläf:^itren Artikel de« Lexikons
(pag. 130 ff.) aufgetührt ist, sind mehrfache Aenderungen eingetreten.
Es wurden seitdem 8 Konsulate, 5 Vizekonsnlate mit eigenem Amtssitze
und 2 Visekonsolate ohne solchen, also im Ganzen 15 Konaularstellen neu
erricbteti die wir im Kachstehenden in alphabetischer Reihenfolge namhaft machen :
1) Kf»nstilate: A-'iunrion (18«7') für l'arafrnny ; Dri.-bane (1HH5)) für
Queensland j ( luatmnula (, Ib'J 1) iiir <leu gleichnamigen Staat ; Kupt-nliagm (1 887)
für Dänemark; Mannheim (1890) für Baden und die Kheiupfalz; Sl i'aul \^188in
für die Staaten Minnesota, Nord* und SQd>Dakota nnd das Territorium Wyoming ;
Pretoria (1887) fdr die sttdafnkanisehe Republik Transvaal; Stockholm (1887)
für Schweden.
2) Vi ze ko n SU l a t e mit eigenem AmtsBit/ : Concordia fl'^ST) in
Argentinien, fUr <lie Provinz Kntre-Rios; Cordoba (1887) ebenfalls in Argentinien,
für die Provinzen Cordoba, Santiago del Estero nnd Tuonman; Mmdost (1887)
eben&lls in Argentinien, ittr die Provinzen San Luis, Mendoia nnd San Joan;
Kueva Helvecia (1889) in Uragnay; Traignen (1886) in Chile fttr die Provinaen
Halleco und C'autin.
^) Vize kon.'^n 1 ate u Ii n c eigenen Amtssitz; Den Konsulaten in
Liverpool und Venedig »iud im Jabre 1887 Vizekonsuln als Gehiilien und »Stell-
vertreter beigegeben worden.
^ Die Zahlen in Klammem bezeichnen das labr der Errichtung.
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Konsulate
— 259 —
Konsulate
Eingeyaugen siud die Vizekohs Uate in BuenoM-Aires, Loudou und Cincinuati,
die keiiieii eigenen Amtssits faettea.
Der gegenwärtige Bestend der sehweiaerisebai Koaanlate, Yakanxen nidit
mit inbegriffen, im Avslande ist (Mai 1891) folgender: 13 GeneralkonsuftUe
(Brüssel 2, für Belgien und Eongostaat, Bukarest, Buenos- Aires, Liesaboo, London,
Madrid, Mexiko, Neapel, Rio de Janeiro, St. Petersburg, Turin, Yokohama);
66 Konsulate: IH selbständige Vizekonsulate; 1 Konsnlarnyentur (Kuoxville),
zusammen 93 Konsnlarstellen. 7 Konsulate werden, wenn wir die Berufs»
konsnlate von Bnenos-Airee und London su den Geueralkomulaten sShlen, von
den Gresandtschaf ten besorgt, nSmlidi : Berlin, (^rleston, Parisi Bom, Strassbug)
Washington, Wien.
5 Generalkonsuln und 12 Konsuln sind als Oehlilfen und Stellvertreter
17 Yizekonsuln beigegeben, so das.«« sich die Gesammtzahl der im Amte stehenden
Koniiulur^/;(';n(/i"n auf 110 beläuft.
Von obigen Ü3 KonHularxtelleu entfallen 4Lt auf Europa, o2 auf Auierika,
4 anf Asien, 5 auf Afrika, 3 auf Australien, oder naeh Ündem vertheilt:
12 auf Frankreich and Algerien
2
auf Oesterreieh-Üngarn
12 « die Ver. Staaten von N.-A.
2
n
Ru inänien
9 , Italien
n
Schweden nnd Korw^en
8 n Deutsohlaud
n
Dänemark
7 » Grossbzitenien n. die britiseben
I»
Qxieobenland
Besitsangen
•
Portugal
Mexiko ^
7 » Brasilien
fl
6 „ Russlanrl
n
Guatemala
ft
Peru
3 „ lioUand und Java
II
Chile
3 » Spanien nnd seine Besitsnsgen
«
Japan
3 „ Uruguay
Kongostaat
2 „ Belgien
1
Transvaal.
Berufskonsuln Himl : In Buenos-Ayres Herr Emil Rode seit Herbst 1891;
in London Hr. Dr. Bourcart von Klei nhünigeu, seit Frühjahr li<9l; in J.kobama
Dr. Paul Ritter von Ba.«el seit Juli 1.^92.
i rem dt: Konsulate in der Schweiz.
Es sind deren (Mai 1891) 78, nämlich:
a. für enropäiache Staaten 38:
Belf/ien i:
Dänemark 1:
Deutsches Reich 3:
Frankrehh 3:
Griechenland 2:
GrossbritannieH 3:
liaHen ß:
y I rland« J9:
OesUrrdch'-XIfigaim 3:
Konsulate in Genf, ZQrich. Basel, Luxem.
Konsulat iu Genf.
Konsulate in Genf, BüsüI, ZUrich.
Generalkonsnlat in Genf, Konsulate in Basel und
Zttrich.
Generalkonsnlate in Genf und ZUrich.
Konsulate in Genf und Zürich, Visekousulat in
Lausanne.
Owieralkonsnlat in Zttrich, Konsulate in Beltinsona,
Genf, Basel, Vizekonsnlate in Genf und Basel.
Yicekonsulate in Genf und Davos-Platz.
Generalkonsulat in ZUrioh, Konsulate in Genf und
St. Gallen.
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Konsulate
— 260 —
Portugal 3: GeDeralkonsnlat- in Bern, Konanlate in Genf iin4
Zttrich.
Rumänien 3: Koosulato iu Bern, Zürich, Greaf.
8ehw$dm «• NonMgen Ü: GfenenUtonsnlat in Genf, Viiekomolat in Genf.
Serbien 1: Generalkonsulat in Zttrieh.
I^panien 2i Soneolat in Genf, ViMkonenlnt in Zttrioh.
d. fllr ameriknnisclie Staaten 39:
V$r„8Uuitm^v<mN,*AM t6: Generalkonsulat in Bern; Konsulate in Zttricb, Genf,
Basel, 8t. Gallen, Ilorgen ; Vizekonsulate in Zürich,
Geuf, Baael, St. Gallen, Morgen, Konaularagenteu
in Vivia, Chaux-de-Fondb, Luzerii, Winterthur,
Äoran.
Mexiko 2 : Generalkonsulat in Genf, Konsnlat in Vivls.
Salvador 1: Konsulat in Genf.
Costa Rica 1 : Kondukt in Genf.
Republik Columbia 1: Konsulat iu Genf.
Nicaragua 1: Eonenlat in Beael.
Argentimsehe S^uhlik 4 : Konanlate in Genf, Belliniotta, Keaenburg, Viie-
konsulat in Lugano.
H"' 1: Vizekonsulat in Nyun (Waadt).
JSratfUten 3: Generalkonsulat in Genf, Konsulat in Bern, Yize-
koutiulat in Genf.
GUtle S: Eonenlate in Zttricli und Genf.
Peru 1: Konsulat in Genf.
Ürugue^g 5: Generalkonsulat in Lugano, Konholate in Genf, Basel,
B<''n, Vizekonsulat in Lugano.
Venezuela 1 : Kuu»ulat in Bern.
c. für atrikanische Staaten 1:
KonffOstaaf 1 : Generalkonsulat in Genf.
Krankenkassen. Anliisslich der Krh< bungen, welche das sfhweizerisehe
Arbeitersekretariat in den Jahren 18^(i— 1089 Uber die bei Krankenkaasen-
mitgliedem yorkommenden Uaftlle und Knuikheitea an machen hatte, um
Material au der projektirten schweiserisehen Unfiill* nnd Krankenv«!aieh«rang
zu liefern, sind 1502 Krankenkassen ermittelt worden, wovon 249 auf die
Sektionen de* GrUtlivereins entfallen. Von den 1502 Kasten irlngen dem Ar-
beitersekretariat 12'.H) mit Angaben an die Hand. Betrachtet man die 249
Kassen der GrUtlisektiuueu als eine Kasse, so bleiben auskanftgebende
Kassen 1042. Von diesen waren:
647 mit 101,447 Hitgliedern oigaiiisirt für HVnner;
36 , G,192 , . • Frauen;
359 „ 88,258 „ , , beide Geschlechter.
ToUl l7042 mitT95,897 Mitgliedern.
450 „ 7t».HcU , waren Hernt,-- oder Fabrikkraakenkaasen ;
592 „ lltj,()(i;i „ genü>chte oder Ürtüka^sen.
Bei den i95,b'Ji Mitgliedern kamen im Jahre 1888 69,061 i:-rkrankungcn
▼or mit einer ditrohschmttUeheu Dauer von 21,1 Tagen. Die Sanime der yerab-
folglen Uatersttttsnngen betrug Fr. 1,970,857.
Bei 8 Kassen erstreckte sieh der Wirkangekrets auf die gaaae Sohweia,
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Krankettkaasea
— 361 —
Kunst
bei 14 auf einen gßxama EAntoD, bei 18 auf eine Eisenbahn, bei 230 «uf eioe
Fabrik, bei 160 auf mehrere Gemeinden, bei 601 auf eine Gemeinde.
KraalLBiLTinlelienuig. Siehe im Supplement «üniUl- nnd Erankeii-
Kredit, landwirtbficbaftücher. Siebe im Artikel „Laudwirtbacbaft" Seite
S74/9.
Kredit!»(-tiutz. Der auf Seite 172 im II. Band erwähnte Verein
„Confidentia" ist ersetzt worden durch das Kroditschat»- und Informations*
barean ^Confidentla* in Ben, dae in dem Ton ihm pablizirten glmehnamigen
Blatte oft auf gefäbrliehe Finnen anfmerksam macht. Der westediweizerische
Verein „ Union suissft ponr In sanvegarde du nrdit " besteht noch und in
npuerer Z^'\f. «iml ein deutßtbweizerisclier Verein f\xi Kreditform mi Sitz in
Zürich und iriiialen des über DeutHcbland verbreiteten Vereinn „Kreditreform*
entstanden. (Geeebrieben September 1892).
KuUurregionen. Siehe im Ärttkel „Landwirthschaft" Seite 257.
Kunst. Bildende Künste. (Verfasser: Dr. B. v. Tscharnf^r von
Bürier, Präsident dea Berner KantonalkunstvereiuR.) Ab in diesem Werk {Hd. II,
S 185) die »chweii^rigchc Kunst besprochen wurde, waren nur noch die Grand-
lagen Torhanden, anf ▼elohen der Bund eine Hebnng der Kanst dnrobanfttbren
beabsichtigt. Seither ist der Aushan dieser Bestrebungen durch namhafte Be-
schlüsse <ler Behörden, «owie durcl» irrossartige Beiträge geRrilert worden. Es
sind xwur einige wichtige Frat^t ii , wie z. B. diejenige der Errichtung einer
schweizerischen Kunstschule, nicbt erledigt ; allein eine einheitliche Organisation
der Betheiligung des Bnndes an der Untersttttiang der Ennst ist geeohaffen nnd
wird mit Hülfe der Knnstvereine und Knnstfrennde ihre reichen Frttohte tragen.
Im Wesentlicben läßt sich die Thätigkeit des Bnndes auf diesem Gebiete in
folgendem üeberbiick zasammenfiissen.
L Betheilignng des Bnndes an den Knnstbestrebnngen der
Gegenwart.
Der Bund veranstaltet ntitionnlp Kunstausstellungen und erwirbt au den-
selben Werke nationaler Kunst, welche zur Ausschmückung öffentlicher Gebäude
und anr Beteidierang (Mfontlieher Samminngen dienen, üeberdieß en^Ut er
^ffeatlicbe monumentale Kunstwerke histonsdiMi und national«i Gharakten oder
unterstützt ihre Ansfilhning. Zu diesen Zwecken wird in den eidgenössischen
Voranschlag alljährlich eine Summe von 100,000 Franken aufgenoramen ; dieser
Kredit kann erhöht werden, wenn das Bedürtiiili hiefUr sich fühlbar maeht und
wenn diu linaui^ielle Luge des Bundes es erlaubt. Wird der lUr ein Jahr be-
willigte Kredit in demselben nioht anfgebraucht , so ist der tibrig bleibende
Betrag behufs späterer Verwendung ciiuni l^sondern Fonds „ Sch weiseriscber
Knnstfonds" einzuverleiben, lieber die jährliche Vertheilung nnd Verwen-
dung des aupgcset^ten Gesaranitkredits verftigt iler Bundesrath auf Grundlage
der Anträge seines Departemente.8 des Innern, welches alle bezuglichen, wesent«
liehen Fragen dor Vorprttfting und Begntaobtnng von KOastlem und and«m
KnnstTemtlndigen unterstellt. Diese werden vom Bnadesrath ebenfalls anf den
Antrag des Departementes des Innern gewählt und bilden die Sohweizerische
K n n Ht k omm i SS i on , welche die weiteren Aufgaben hat alle wesentlichen, die
Hebung der schweizeriaohen Kunst betreffiendeo Fragen und Geschäfte zu begut-
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Kanst _ 262 — Kuiwt
achten. Auch ist sie verpfliclitety auf Alles, wm die eobweiserischd Eaiut sa
flSfdern im Stande ut, sa aohten und stellt zu diesem Zweck ihre Anträge dem
Departemente des Innern. Bei der Vollziehung der vom Bundesrath in Sachen
der Kun.st ß-ehißteii Bes^chlüsi'e \iiul der partfmt'iitalen Verfiifrimgen kann ihre
Mitwirkuug in Anspruch geuuuiuien werden. Die Kunstkomuusbion besteht au&
11 HitgUedern, von weldien jeweilen 6 Sohweiser Etoetler der veraohiedenen
Haupt-Ennstgaltiitigen sein sollen. Für die Gesammtbestelloiig der Kommifliion
gibt das Departement des Innern den schweilerischen Kunst vereinen Gelegenheit,
Wahlvorschläge in beliebiger Zahl einzureichen. Zur Berathnng besonderer An«
gelegenhüiteo von Belang können Husuahmsweise fernere Sachverständige in die
Konunission bernfen und fttr die AuaftlirDiig beechloeeener Anordnungen Aus-
sohOme der Eommiflsion beieiohnet werden; in beidoi Füllen sollen die Ettnetler
in dem Yerhältniß vertreten sein, wie in der gewöhnlichen Kunst koinmieidon.')
(BunJesbe.soliluß, betreffetul die Fiirdernng und Hebung der .st^lr.v-i/ rischen Kunst,
vom 22. Dezember 1887, und Vullziuhun^verorinnng vom IfS. April ]>S88.)
1. Xafionul'- Ivun.'itaiissltfltoir;. Diesclbt' lindet in der Kegel alle zwei Jahre,
gew5hnlicli ;u den Monaten Mai, Juni und Juli, während sechs bis acht Wochen
statt. Alle Originalwerke der bildenden Ettnste (Oelgemälde, Enudl' nnd Fayence-
maleieien, Aquarelle, Pastels, Zeichnungen. Stiche, liadierongen und Litho-
graphien, welche noch nicht im Handel erschienen sind, Skulptur werke, Medaillen,.
Architektur-Zeichnungen oder Modelle) k;>!tnen eingesandt werden ; nn«g'enoramen
nicht gebrannte Thon-Skulpturen. Jedes Werk darf nur einmal au8gestellt werden,
Kopien nur, wenn ein an bemtR ▼oUandetea Werk oder einen fertigen Entwurf
darstellen luid mner andern techniseben Eonstgattong angeboren als das Original.
Zur Bi sidiickung der Ausstellung sind alle Schweizer Künstler des In- und Aus-
landes berechtigt ; ebenso die in der Schweiz ansässigen, fremden Künstler. In
der Kegel werden nur ArlxMten lebctider »jder erst seit der letzten Ausstellung
veretorbeiier Künstler und zwar von jedem nur drei Werke der uämlichen Kunst-
gattung angenommen.
Die eingesandten GegenstSnde nnterliegen der Prüfung einer von der
Schweizerischen KunstkommisHion ernannten Aufnahme- Jury , welche end-
gültig Uber ihre Annahme oder Zurückweisung entsehcidet. Dieselbe besteht an»
sieben Mitgliedern, welchen zur Ersetzung von abwesenden oder seibat ausftellenden
Mitgliedern sieben Suppleanten beigegeben sind. Die Jury heutimmt ferner gemeinsam
mit dem OeeebXfiBkomite der Ennstkommission die Aufirtellnng im Ansstellnngs-
lokal. Die Leitung der Ausstellung ist der Ennstkommtssion übertragen, welche
am Schluß derselben auch ufii- r d*-n hervorragenderen Kunstwerken diejenigen
bezeichnet, welche sie für geeignet halt vom Bund anefkauft zu werden. Bei
der Berathung über Arbeiten von Mitgliedern der ivurnmission werden diese er-
setst doroh Hitglieder der Anfnabme-Jnry. Hit dem Antrag auf Erwerbung
verbindet die Eommission den fernem, wo die vom Bund angekanften Gegen-
stände bia zur Erstellung einer Nationalgalerie aufzubewahren sind, worüber
alsdann das Departement de.s Innern entseheidet. Die erwnrlMnen Kunstwerke
können dem Schweizerischen Kunstverein oder andern Geuui>t>enscbaften zur Aus-
') Die Schweizerische Kunslkommission begann ihre Thätigkeit am 3. August 188i^
und bestand aus den Herren Obcr;=l E. Hotlipletz, Proft-ssor in Zürich, Prrisiiienl,
Oberst Tli. v. Saussure in Gent, Vicepribideiil, A. Anker, Malt;r von Ins, F. Bocion,
Maler in Ouchy, A. Böcklin. Maler in Zürich, F. Buchser. Maler in Solotburn, R. Dorer^
Bildhauer in Raden, E. Duval, Maler in fTenf, A. de Meuron, Maler in Ck>ttcise, J.
Muheim, Maler in Luzern, und J. J. Stehlin-Burckbardt, Architekt in Basel.
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Kunät
— 21)3 —
Kumt
Stellung in verschiedenen ScWeixentädtm liborkesen werden. Als AuMtellungflort
wurde Bern bezeicbnet, insofern der Bandesrath euf Antrag der Kommission nnd
des Departementen des Innern findet, daß diese Stadt in aiirtreichender Weise
ein geeignet^*';, unentgeltlich zur Vernigung sttlu ndcs Lokal (lar.n inrhtitnt. ''i
Zur Zi it der nationalen Kimstausstellnrig kann die Kunstkommi.ssiun unter
Schweizer Künstlern ötf euiliche P reisbcwerbunge n eröffnen für Auf-
gaben BUS dem Gebiete der bildenden Kttnete. Die eingelangten Arbeiten sind
der Beorlheilung einer besondern, ron der Schweizerischen Knnstkommission
gewühlten Jury unterworfen. Die drei besten Lösungen wprtlon auf den Antrag
des Departementes de» Innern vom Hnndcsratli mit entsprechenden T'reiseu aus
dem Kunsttonds bedacht.'^) (Reglement für die nationale Kunstausstellung vom
2. Februar 1889 ond Reglement der Anfnahme-Jary vom 18. Januar 1890.)
3, Oeffeniliehet nuMWiMHkUe Kunsiweritt, Eine BwndeiSQbyention an die
Erstellung eines Sffentlieben, monumentalen Kunstwerkes kann in Frage kommen,
wenn dasselbe einen hihtorischen nnd nationalen Charaktrr hat und die Er«
stell nngskoBten muthraaßl ch 40,0<M> Franken UbertJteigen. Daa Initiativkuinite
des ]u ojfktirti'n Werke« hat ein Programm desselben mit Kosten Voranschlag dem
Bundesrat h einzureichen und nach deiiäen Genehmigung eine üffentliche Preis»
bewerbnag mit Preisen fUr die drei besten Leistangen ausaoschreiben. £ine
Jury von 3 — 5 Mitgliedern, welche von dem Initiativkomite aus einer von der
Schweizerischen Kunstkommission anfgestelltcn Doppcllisto gewählt wird, bestimmt
die Preise. Aus den prämierten Entwürfen wird durch das Initiativkomite der-
jenige bezeichnet, welchen es der Schweizerischen Kunbtkommission unter Bei-
lage einer Kostenberechnung und eines Finaoaplaoes zur Anaftthrnng emjiftehlt
Letatere begutachtet dieten Vorschlag, sowie die Platsfrage und die Hohe der
zu gewährenden Bundessubventton, Uber welche dann der Bnndesrath auf Antrag
des Departementes des Innern entscheidet.
Wenn ein Subventif^nsgesneh für die Ausführung eines direkt von einem
Klinstier ungoboieueu Entwurfes vorliegt, so läßt ihn die Kunstkommission durch
eine Jury prüfen und stellt auf Grundlage des von derselben abgegebenen Be-
findcns ihren Autrag, ob der EntWUtf annehmltar und für dessen .\usfiihrung
ein Bundesbeitrag zu gewähren sei, oder ob eine öffentliche Wetibewerbung
verlangt werden soll.
Die Bundessubvention beträgt wenigstens ein Fünftel, höchstens die Hälfte
der durch die Preisbewerbnng und Anaftthrnng entstehenden Kosten. (Reglement
Uber die Gewährung von Bunderaubventionen an die Erstellung öfTentlicher, monu*
mentaler Kunstwerke vom 5. März 1889.)
II. Betheiligung des Bundes an der Erhaltung von Werken
der hiatorischen Kunst.
1. Eiltaltuttff und Erwcrhuii'j caterländhrhir AUcrlhiimcr. Sofern es der
jeweilige Stand der eidgenössisehen Finansen gestattet, wird im eidgenössischen
*) Die erste nationale Knnstau5;stellung in Bern fand vom 1. .Mai bis sum 11. Juni
1890 statt. Sie cnthiolt über 400 Arbeiten von 2-2h Schweizer Künstlern. FOr die Eid-
gcnossenscliaft wurden 37 bedeutendere Kunstwerke (20 Oelgemälde, 1 Aquarell, &
Radierungen und 5 Skulpturen) im Gesammtwerth von Aber 100,000 Franken angekauft.
*l Im Jahr 1890 waren diese AulV'it>' n ein Modell einer Teilstatue nehst ro-f;i-
nieut, mit drei Preisen von 10)0 -300Ü Frauken, und Zetchnuogeu zu Wandgemälden
der Aula des eidgenössischen Polytechnikum« («Baukunst* und «Ingenieurkunsl*), mit
drei Preisen von .500 — 15(K) Frankt ii. -U Modelln fincr Tellslattte und 87 Zeichnungen
sind eingelaugt. Nur zweite und dritte l'reise wurden ertheill.
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Knnst
— 264 —
Kunst
A'^oranscblag jährlich für dieMen Zweck ein Kredit ausgeaetzt, welcher die Summe
von 50,000 Franken Bioht ttWsteigen 6o)1. Er dient sur ErwerlHuig von Alter"
thamem, welche ein amgeeprochenet {«meineidfeniteflisclLea Intereeia haben und
Uber welche der Bund sich das Eigenthums- und YerfUguiigsreoht vorbehält;
einstweilen werden dieselben im Bundesrathhans in Bern oder in kantonalen
Sammlungen ii. w. suif bewahrt. ') Ferner wird dieser Kredit verwendet zur
Betheiliguug au Aubgrubuugeo, für die Erhaltung hiäturiseh oder künstlerisch
hedeatsamer BaudenkinJllwr nad sur Unteratlltsung kantonaler Alterthttmereamm-
lungen^ wenn diese eine ihre Kritfle Uhersteigende Erwerbung von ge»chichtlichem
Interesse zu machen wünschen. Gegenstände, welche mit Bundessubvention an-
gekauft w^orden sind, dllrfen ohne Qenehmigang des Bandesrathes nicht veräußert
oder ubgetreten werden.
lieber die jährlichen Erwerbungen oder BeitrSge und UnterstUtnungen,
welche in der Regel nicht die Hälfte der Kceten ttbenrteigen selten, entscheidet
der Bundesrath von Fall zu Fall auf Grundlage der Anträge seines Departe-
mentes des Innern. Unter letzterem steht eine vom Pmi ?esrath je auf die Daner
von drei Jahren bestellte Eidgenössische K o ui ni i s s i o n für Erhaltung
schweizerischer AlterthUmer, welche alle ihr zugewiesenen, auf die
Verwendung der Kredite besttgUohen Fragen und Geechfifte begutachtet, auf die
Erhaltnng nnd Erwerbung von vaterländischen Alterthilmern achtet und auch
von sich aus betreffende Anträge stellt. Sie kann in außerordentlichen Fällen
noch geeignete Sachverstfindif^e heiziehen. Ihre Funktionen wurden bis auf
Weiteres dem Vorstände der Schweizerischen Gesellschaft für Erhaltung hit'lorischer
Kunstdenkmäler übertragen. (Uunde^heeehloß betreffend die Uetheiligung des
Bundes an den Bestrebnngen «ir Erhaltung und Erwerbung vaterländischer
AlterthUmer vom 30. Juni 1886 'ind Yollziehungsverordnung vom 25. Februar
1887.)
2. Sdnccizerisriirs La)iI''^f>>Hif}fm. Dasselbe i«;t bestimmt, bedeutsam«
vitcrliiiidische Alteithümer, geschichtlicher und kunstgewerblicher Natur i>lan-
miiUig geordnet aufzubewahren. Es soll die der Kidgeno.^sßuschuft angehörenden
htBtori8ch*antiq.uaii8chen Gegenstände und Sammlungen aufnehmen, deren Zahl
jeweilen durch Ankäufe aus den Bundeskrediten für Erhaltung vaterländischer
Altertbümer, aus der Merianstiftung, durch Vorgabungen und Geschenke sich
vermehrt. Die am Sit^e des Landesrnti^ieirm-j befindlichen , der Stadt oder
ütt'eutlichen Korporationen oder dem Kanton angehörenden historisch-antiquariscbeu
Sammlangen sind mit denjenigen des Bandes vereinigt und dürfen von ihren
Eigenthttmem dem Landesmusenm nicht mehr entzogen werden. Auch von andern
Besitzern unter Vorbehalt des Eigenthums- und freien Verfiigungsrechtcs anver-
traute, schweizerische AlterthUmer fmdrn Aufnahme. Die durch den Bnule>-
beschluß vom 30. Juni 18H6 zugesicherte Unterstützung de- Hundts darf lun h
das Landesmuscum nicht geschmälert werden. Letzteres tritt gegenüber den
öffentlichen Alterthnmssammlungen in den KantMmi nicht als Konkurrent auf,
wenn es sich um Gegenstände handelt, welche vorwiegend kantonale Bedeutung
haben oder nicht zur Ergänzung der eidgenössischen Sammlungen noth wendig sind.
Die Verwaltung des Museums wird unter der Oberaufsicht des Bundes-
lathes von einer Kommission von sieben Mitgliedern besorgt, von welchen fÜni
d urch den Bundesrath und zwei durch die betreffende, kantonale oder städtisahe
') Der Bund hat seil ckin Jahre 1884 bis Ende März 1890 naliezu 10,000 Alter-
thdmer, z. Th. sehr «ertkvoUe Saiainlungen, angekauft.
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Kunst
— 265 —
Kunst
yolluebaag^behörde gewählt werden. Die KommLision unterstützt auch die übrigen
^ffenttiolioii Mtkwfliawiaehmi AlterthttiDWBaiDmIaogen durch Ratbachllg« ond durah
V«riiiitt1iing TOii Ankünfon, Aostauseh oder Brimlunag ron Origiiwlwttrkcn,
Kopien u. s. w. Der unter der Komminioii stehende Koneervator wild auf deren
Vorschlag vom Bunde«rath gewählt.
Der Kailton, beziphnngsweise die Stadt, in welche das Landesmnfienm ver-
l^t ist, hat daH aus deren eigenen Mitteln anf einem liodenAächeDraum von
mindestens 3000 m* nnd nnli^ndem Areal Ton 8000 m* nach den vom Bnndes-
rakh genehmigten Flinen erstellte Hauptgebäude nud dessen allflUige, spätem
Nebengebäude einzurichten und zu unterhalten. Der Bund trägt hingegen dio
Kosten der Verwaltung, Bedienung und Heizung, sowie dio Versichernnfj; der
aufgenommenen (xegenstände. Der tiitz des Landesmuseums wird von der Bunde«-
Yersammlnng bestimmt. (Bondesbesehlnft hoffend die IMohtnng eines sdiwei-
serischen Landeemnsetims vom 27. Jnni 1890.) Kaobdem uoh die beiden fiftthe
der Bundesversammlung Uber den Sitz des Landesmusenms geeinigt, wnrde daselbe
am 18. Juni 181*1 der Stadt Zürich zuerkannt.
Meriansfifdoi;/. Herr L. Merian , Huumcister von Biisel , hat durcdi sein
Testament vom ti. Juni I8ti4 die Schweizerische Eidgeuossenschatt za meiner
Universalerbin eingesetit mit der Uestimmang, daß das naob Befriedigung der
Legatare znrückbleibende Vermögen sor Erhuunng oder Vermehrung eines schwel*
zerischcn Landesmuseums für Kunst- und Kunstgewerbe-Gegenstände früherer
Zeiten verwendet werde. Nach dem am 12. März 1888 erfolgten Tode des Erb-
lassers trat die Eidgenossenschaft in den Besitz dieses V^ermügeos, welches sich
laut amtlichem Invwtar naeh Abzog der Passiven nnd Vermächtnisse auf
208,770 Franken beltef. Von dieser Summe kamen jedoch namhafte Betrage in
Abzug. Entsprechend ferneren letztwilligeu Veifni:ungen des Erblassers wurde
nämlich eine groUe Anzahl ztim Tln il werthvoller Gegenstände seiner Verlassen-
8chaft an dessen Freumlr uii 1 an ötlentliche Sammlungen sohenkunj^sweise über-
geben j andere im Schätzungswerth von 10,997 Franken bind vun der Eid-
genSssisehen Kommission fBr Erhaltung schweizerisoher Alterthttmer fttr das
Landesmni^eum bestimmt. Gegenwärtig haften auf dem fruchtbaren Kapitalfonds
xwei beträchtliche persönliche Kenten, sc daß der zu dem Griindungsz wecke m
verwendende Ertrag einstweilen noch unbedeutend ist. (Berichte des eidgenössischen
Departementes des Innern Uber seine Geschäftsführung in den Jahren 1868 und
1889.)
3, OcUfned Kelter^Sttflun^. Frau Lydia WeM geb« Escher in Genf hat
durch Stiftungsurkunde vom 6. September 1890 der schweizerischen Eidgenossen*
.Schaft ihr bedeutendes Vennö;^^cn schenkweis^e abgetreten, unter der Bedingung,
daß dasselbe unter dem Namen (lottfried K'-Ilfc-Stittung besundcrs verwaltet
und der Ertrag, unbebchadet den übrigen imuuzieiien Lnterütützungeii, welche
der Bund den bildenden Kttnsten snvendet, aar Erwerbung bedeutender Kunst-
werke des In« nnd Auslandes, verwendet werde, wobei jedoch zeitgenössische
Arbeiten nur aunnahmsweise dürfen berücksichtigt werden. Der Bundesratli hat
den Ort und das Institut zu bestimmen, wo dieselben aufzustellen nind. Findet
sich zu solclten Anküufen keine Gelegenheit, so dient das JahreserträgniÜ der
Stiftung, jedoch höchstens bis zu dessen Hälfte, zur Erstellung nun neuen nnd
aar Erhaltung von bereits vorhandenen Kunstwerken , deren Sffentliehe Zweck-
bestimmung dem Lande bleibend xugesichert ist. Wenn die Eidgenossensohaft
mit dem Auhland in einen Krieg geriith, so ?«ollen während dieser Zeit die ver-
fügbaren Mittel der Schenkung, «tatt fUr die Förderung der bildenden KUnste,
■
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Kansi
2(jG —
LandwiTthschaft
für die Pflege der verwundeten und krenken WehriDäitner dienen, üeber die
Verwendung der Erträgnisse der Stiftung entscheidet eine vom Bundsrath er-
nnnntf^ mvl unter seiiuM* Aufsicht stcliciule Koinmi?^sinr von fünf Mitgliedern mit
dreijähriger Anitsdancr, wobei die Donatorin sich das perhönliche Recht vor
behalten liut, zwei Mitglieder seihst zu bezeichnen. Zugleich hat sie den Wun^cU
ausgesprochen, den Sitzungen mit beratbender Stimme beiznwolinen, ein Liitiativ-
reeht bei Erwerbungen fUr die Stiftung ausanfibm und Yortchltfge fllr die Wahl
der Kommiasjonsmitglieder machen zu künnen. Auf die Dauer ihres Lebens bat
«icl» Frau Welti eine Jahresrente von 70,000 Fr. aus dem Schenkungsverniögen
vorbehalten und wäiiread dieser Zeit darf der übrige Ertrag des Vermögens nur
frir die Erwerbung von den oben näher bezeichneten Kunstwerken benutzt
werden. Dar Bandesrath hat am 16. September 1890 die Annahme der Stiftung
erklärt. (Bundeäblatt 180O, ßd. IV, S. 4;i J und R<;glemeDt über die Geschäftsordnung
der eidg. Kommission der Gottfried Kelier-ätiftung vom 9, Juli 1891.) (Ge-
«cbrieben im Hommer lö91.)
Land^Hart-Davo^-ßnhu. Eröffnet am U. Oktober 1881) von Laudquart
bis Klo$terä und am 21. Juli lb90 von Klosters bis Davos. Bauliche Läng»
50,545 Meter.
Landwirthschaft. Der auf Seite 320 /n im II. Band mitgetheilte Bundee-
beschluBS betreffend die Forrlening der Laudwirthschaft durch den Bund ist
revisionsbedürftig befunden worden. Eine bczUgliclie Vorlöge wird vermuthlich
im Desember 1892 der Bundesversammhing zugehen.
(ErgKnzauf der Statistik auf Seite 330 m im IL Bd.)
Aiis;;a''fii Ar-, [jiinii's'
B o % e 1 e Ii n u II ir ^
1889 1880 1881
1. Ausstellungen, laadwlrtliacbattllcbt MOO 2,000 K Tym
a. lui Inlande 8,f00 %()0() (i.öCMi
h. Im Auslande — — -
t, Viehseuchenpoiizoi lSl,dtö 190.000 142^11
rt, Vcrscbicdcuei» 3,335 h,5Uti
b. Ent-icliAcligungen an Kantone fQr Maßnahmen g^n
Fiiiiilerpf><t. Lung«'iiseuolie ftc — — —
c. Iiuplversuclie ( KauscliltraniL fiothliuil etc.) .... — — —
d. ThierärzUiehe ünlersucliungcn hu r Jienze . . . 117.890 lÄl,i94 142,311
3. Fördcrtmfj drr lanriwirth^rhaft im Mfr,f:rm.:inen t!i i,! • -r 6.744 6,9&8 8,S18
■i. Verbreitung von landwtrthschaiti. Fachsctiriftcfi und Abhaltung
von Wanderverlflgeo 32,441 40,Oß2 a3,*234
a. Von Vereinen herausgcjfeben und veranstaltet . . . 30,062 27,345 18,613
6. Wandervorträffe eti-., von Kantoneu veraustailel oder
-iil»vrnli(iiiirt r 12,379 14,817 14,621
& Forderung des Obit- und Weinbaues 17,968 U,651 67,4ti8
<t. Pomologisches Bilderwerk — — —
b. AllKeiucines ( Abgabe von Edelreisern etc.) .... 1,434 1,498 1,500
c. Wein-Analysen — — —
Ä Prftmirunf von Zwergobstbaum-Pflanzuugen . ... — 1,000 —
c. l^eln-nitfriiiif- und Biiunuvai ti^rkursc 575 — —
f. WeinbauvcrsucbsstatioD in Lausanne 14,944 14,153 11,
y. Dentseb-Sebweizer. Ymarhsstation und Schuk fOr
"1 Wein- lu: 1 f;,,: i-Ll-.,iu in Wadensweil . . — o4,o0a
ft. Fflrderung der Alp- und lAilcliwirthschaft 9i,m 71,039 U,Wi
a. Alppr&mirungen (Alpinspeklioneo, Kfise* und Muldien-
prftmirung etc.) 7,467 8,&37 13,<K)3
V) Im Jalire 18ss Fr. 599,195.
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Latuiwirlhschall — 267 — LandwirUiscbalL
^ . ^ Attttabea dM Buden
S o z e i o Ii n un ar ' ' .^^^
1889 1890 1891
h. invirtliM linfil, VenttchstUtioii (Ansctiaffung von
Geriithen etc. — 906 —
c. Käi^ereikurse, Käseuntersucbungen u. s. w. . . . . — - - —
d. Molkereischulf'n nnd Musterkil^t-n icn ..... lM.iSi2 «»0.32i tS,r.45
e. Beiträge an KantDiu- für Käsereiinspektionen ♦ . 2,088 2,988
7. LandwirthschafUiche Statistik — — ~
8. Förderung der Bienenzucht iinkl. Seidenzuclit ) .... LOW) 1,000 1,000
9. Hebung der Pferd&zucM Ni.O^i 151,4.'»4 isö.tKM)
a. Henpsteiiankiiufe 21,331 72,601 93,872
h. Slutfohleiipriiinirungen 3G.i30 44,(J(K) 54,080
c. Audo^weili|^e Förderung (Expeiliseo etc.) 4,759 7,(i48 4,449
d. Beiträ^'e für Fohlenweiden 8,164 8,515 n,Ma
e. Beiträge für Maulthierzueht — — —
f. Beitr.u'e für Hufschmiedekui-se 2,031 3,3*.K) 3,141
Q. Unterhalt eines Rennontendepöts (in Thun) .... 14,368 13.307 16.G15
h. Unterhrill < im- Hengstend^lHiU (in Thun) .... — 1,393 923
10. Agrikultur-chemische Versuche 3,49« 3,488 5,16S
11. Maiinahm«!) gegen Schäden, welche die landwirthschattliche
PraduMioii bedrohen 80,000 19«,76S 114,784
a. Reblaus: All|.'eiii( im Au<l:i;:. ti 610 5,96:2 358
Entschädigungen an Kantone 59,aU0 60,047 61,^10
Kongresse etc. •.. — — —
\ er urtie zur Vertilgung der Reblaus . . 20,000 loo '2sm
b. Hagelversiclierung — 28,264 50,420
c. Blutlaus: Allgemeine Auslagen — — —
Entschädigungen an Kantone — — —
12. Hebung der Rindvfeh?ucht ld4,M7 138,486 190,80»
a. Verbesserung der kleinen lUudvieltachläge :
BeitrAge an Kantone — — —
Allgemeine«: — — —
h. Heerdebuch (s. Viehzucht) — — —
c. Pi äniirung von ZuchL«tier«n und Stierkftlbern . . . 125,26$ 134,5&] 126,685-
d. Pramirung \on /iiohfftTnilion 29,058 — 55,637
e. Beiträge an Kantone für Anwendung des Punkt ir-
und .Meßverrahreos . — 704 | a u-n
f. Allgemeinem 621 30 ) ^'"^'^
g. Beitrüge an die lirnndungskoslen von Viehzucht-
geDOfleensehAfteii — 7,200 6300
13i Mfbmg der Kleinviehzacht (Import von Zuchtscbafen und
FluTn rtr I — 600 600
14. Hebung des Pttanzen-, Garten* und GemiUebaueft .... 17,210 15,292 19,094
a. Futterbau 5,000 5,000 5,000
6. Anbau von Zuckerrüben — - —
c. Prslmirung von Schul- und Muslergärten u. s. w. . . 4,083 3,183 6,200
d. Genulsebaukurse — — —
e. Hf>liiiii;/ der Tahakktiltur —
f. Garleubaustliule in Genf bi,l27 7.109 7. 894
15. Undwirthschaftüchet Unterrichtswesen 48,454 49,201 54,107
a. Stipendien 4,000 4,39<3 3,786
b. Beiträge an theoretisch-praktische Ackerliauschulen . 30,646 32.340 36,()16
c. Beiträge an landwirthschafUiche Winterschulen . . 13,808 12,471 13,705
13. Badeaverbeeserungen 99.603 80,000
a. Beiträge an Untemehmangen. 19,843 19.874 29.970
fr. Allgemänea , 157 I Jti 30
ToUl . . 630,999 765,494 922,123
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Langenthal-Uiittwjrt'Bahn
— 268 —
Lebensnittdkoiitrole
Langenthal-Hiittwyl-Bahn« Wurde erSffnet am 1. Noyember 1889
Baaliehe Lftnge 13,916 Meter.
IjebeBsmittelkontroIft. (Ergänzung des Artikels im II, Band, iiaeli eineni
vom eidg. SaaitKtBreferenten Dr. Schmid im Verein Bohweix. analytischer Chemiker
gehaltenen Vortrag). Der auf Seile 334 erwähnten Motion Curti war schon im
Jiihro 1882 ein Hhnliches Postulat Torausgegangen. Dasselbe hatte folgenden
Wortlaut ;
«Der Bundesralh wird eini^ladcn, Qber die Frage Beriebt zu crstattCD, ob es nicht
angezeigt tmd vom verfassungsmäßigen Standpunkt aus zulAAig sei, von Bunde« wegen
die nSlhigen Maaßnabuien zu trvfTm, um die Konsamenten tot gefUsehten oder ge-
sundheitsschädlichen Getränken zu scbülzen*.
Der Bandesroth begutachtete dieses Postalat io ablehnendem Sinne, bean«
tragte jedoch der Bnndesyersamminng, die Kompetena des Bundes aam Brlaß
gtisetslicher Basti mmungcn gegen tmehrliehe Konkurrenz vorzubehaUen. Diesen
Antrag genehmigte diß BundoRversaaMnloQg am 27. Juni 1884.
Tn (lor Begi ündung des Antrages wie» der Bundeerath darauf hin, daß das*
Departement rius Innern und diü Kantonsregiernngen mit Rücksicht auf die in
den meisten Kantonen bestehenden diesbezüglichen geaetzlichen Bestimmungen
-die Notbwendigkeit des Erlasses mm BundeBgesetaes -verneint hitten und
die Kompetenz des Bundes zur Aufstellung yon 8trafbet>tinimungen gegen Filschimg,
Verfälschung, betrüi^'lielie Bezeichnung ti. 8. w. von Nahrongsmltteln vom eidg.
JUHtiz- und Polizeideparttment bestritten wei*de.
Der Motion Curti folgte im Oktober lbti8 eine Eingabe des Vereins
scbweiaeriscber Hetegermeister, durch weldie die BnndeebehQrden ersnebt wurden,
4lie Frage der Erstellung nnd des Verkauft gesunder Lehensmittel auch mit Be-
zug auf die unenigeHliche Fleischschau und die Kontrole von importirtem Fett,
Fleisch, WurHtwttaren. Wildpret und Fischen beförderlich prafen nnd auf geeetz-
geberischem Wege erledigen zu wollen.
Ferner wurde bei Anlaß der Genehmigung der Uandeläkonvention mit
<Trteehenland am 26. Juni 1889 folgender Bundeebesebluß ge&ßt:
,Der Bundesruth wird eingeladen, mit m^^glichster Beförderung ein Bandesgesetz
über den Wcinhundel aurauarbeiten und den Rathen zu unterbreiten".
Die Anrpgun<r 7.n diesem Beschluß ging direkt vom Bundesrathe aus, indem
•derselbe in der Uetretlen.len BotHchaft u. a. hügte:
Ks darl uiclu zu^^ej/elu n werden, duL unter der Benennung ,Nalurwein'* Trocken-
beer* oder Kun.slwein verkauft und dadurrh das l^blikum irregeleitet iin<l unser Wein-
bau durch eine solclif Konkurn-nz gcsehadigt wird. In neuerer Zeit -iiid riin).'f Kantone
mit der Aufstellung vun gesetzlichen Vorschrinen über den Weinh.iudcl vorKcgangen,
aber es kann nur durcl» ein einheitliches Gesetz verhindert werden, daß Trockeubeer-
und Kmijitwein als Naturwein ;iuf den Markt i.'elanpen, den Produzenten dp> lefzern
schädigen und den Konsutnenleu lüu»eheu. Die Kompetenz zu einem solciien Bundes-
gesetz liegt in Artikel 31 lit c und Artikel 6i der Bundesv^assung*.
Doch alle diese Beschlüsse und Anregungen hatten kein greifbares Resultat.
Da stellte sieh ;un 10. November 1890 der Verein schweizerischer analytischer
•('hemiker mit einer lies<dution ein, die derselbe auf Grund eines Vortrages des
st. gallischen Kantonschemikers Dr. Ambühl Uber die Organisation der Lebens-
mittelpolisei in den ediweiieiisclien Kantimen and die Wttnsobbarkeit einer eidg.
Lebensmittelgesetigebung ge&ßt hatte. Die Benolntion lantete:
,Der Verein schweizcriseher analytischer Chemiker hält die Erlassung eines eidg.
Lebensmittelgcsctzes als in hohem Grade nothwendig und wflnschbar und begrüßt die-
joelhc als im Interesse der Volksgesundheit und Volkswohlfahrt liegend. Bis zum Inkraft-
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Lebeiismittelkoatr<d«
269 —
LebenamiUelkoDtrole
treten eines solcboD Ge?jet-zes sullleu au den ZoiLstätten die geeigneten Maaßregeln zur
Verhinderung d«r Einfulir getlbchter Lebenmittd, im Besonderen von Wein, Speisefetten
und Kolonialwanren gctrolTen werden".
Die>!0 Kini^nbc von ho kompetenter Seite, unter«tützt von der ichweizenHchen
Aerztekommission mittelst Schreiben« vom 2y. November gl. J., vermochte das
eidg. Dep«rtonMQt des Innern, nebet den eidg. Juat»- tttwi Poliieidepartement,
welohem aeiner Zeit die Begntaolitinig der einwhlägigen Anregangen sngewiesea
worden, die Frage der Schaffung einea aehweixeriachen Lebenamittelpolizei^^esetsea
hanptsaohliob vom Standpunkte dea öffientliehen Sanit&taweaena aoa prüfen sa
laasei).
Da uan vorauÄSUiiehen war, daß die Frage keine leicht uud rasch zu
IjSaMide sein werde, ao wmrde ann&oliat der Veranch gemacht, den sweit«m Tlieil
der oberwähnten Resotution (Eontrole der wichtigsten Lebensmittel an der Grenze)
in AnsfUhrnng zu bringen. Er Kohciterte jedot h an den Schwierigkeiten.
Während das eidg. Departement de» lauern mit der Sammlang des ein-
schlägigen Materiales und dem Stadium der ganzen Angelegenheit beschattigt
war» liefen bei demaelben nooh folgende Petitionen ein:
1) Vom Verbände aohweiieriaober Metsgermeiater betreffend Erlaß eine»
eidg. Nahmngamittelpoliieigeaetmat vom Augnat 1891. Dieaer Verband wttnadit
inslie^ondere, daß die Fleischschautaxe als eine verfassungswidrige Konaamateoer
abgeschafft werde nnd daß tiberhanpt die Untersuchung aämmtlicber Nahmnge-
mittel und Gebrauchsgegenstäiido taxfrei erfolge.
2) Vom Stadtrath Zürich, d. d. 11. September 1691, wünschend, daß ein
Behweiaeriachea Lebenamittelgeaets geaohaffen werde, daa aiob aneb anf Gebrancba»
gegenstände ausdehne.
3) Vom Kegicrungsrath dea Kantona Zilriohf d. d. 12. Noyembw 1691»
in gleichem Sinne gehalten.
4) Vom ücgierungsrath des Kantons Aargau, d. d. lÜ. Februar 18Ü2.
Deraelbe ridhtet in Aneftebrniig einea Großratbabeachloaaea daa Geanoh an den
BnndfaFath, ,ea mttebtan mit tbnnliehater B^rdemng BimdeaToraehriften Uber
die Kontrole der Nahrnngamittel (das Schlachtvieh inbegriffen) und der GenuÜ-
mittel erlassen, m. a. W. ein Bnndesf^esetz üher die gesamnite Lebensmittel-
polizei, die Fleihclisr hau als wesentlichen Bestandtheil derselben inbegrilfcn, anl
gestellt und durcbgetuhrt werden^.
6) Von üvr atatiatiaoh-Yolkawirtaebaftlichen Geaellacbaft dea Kantona Bern,
d. d. 4. März 1892.
Gl Vom Verein Hchweizerisoher GesehiiftsreiHender, d. d. 14. April 1892.
Beide Petitionen rufen ganz allgemein dem Erlaß eines eidg. Lebeiiyniittelgesetzes.
Am 28. April 1892 legte das eidg. Departement des Innern, nachdem es
die Frage nach allen Richtungen geprüft hatte, dem Bundesrath einen eiuläß-
liohen Bexioht vor, worin ea, in Abweichung yon aeiner im Jahre 1884 ge-
Infierfewi AaaMit, die Wttnaehbarkeit und Kothwendigkeit einea Bundeageaetaea
betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und gewissen Gebrauchngegenetänden
B«i»einanderRetzte. Unter Hinweis anf die Blumer'^ehe Interpretation des Art. Ü
der Bundesverfassung und auf verschiedene Gesetze, die, ohne an!<idrUcklich in
der Bundesverfassung vorgesehen zu sein, erlassen wurden (z. B. das Gesetz
be^ffend Kontrolirnng and Garantie dea Feingehaltea der Gold* vnd Silber-
waaren, daa Bundesgesetz über den Handel mit Gold- und Silberabfällen, da«
ßundesgesetz betreffend das Verbot der Anwendung g< Iben Phosphors bei der
Zundbölzohenfiabrikation, der Bundeagesetsentworf über die Geheimmittel) wie
LebensmUtelkontral«
— 270 —
Moratoriumdiiiieii
ttttoh im lliiiblick auf eine große Zahl von neknnentseheiden glaubte das eidg.
Departement des Innern annehmen zu dürfen, dio Bundesverfassung insolvire di«
Befngniß ein ei'l^. Le^lensmittf'lgpsipt^ zti prlassni. Efs stellte daher beim Bundei»-
nithe den Aiitrag, derselbe inüge diese Koiiipetenz als vorhanden annehmen und
das iJepartement des Innern zur Vurlage eines Gesetzentwurfes einladen. In-
dessen wnr die Mehrheit des Bandesrathee der Aneiehi, daß aus der jetzigen
Bundesverfassung das Recht zw Anfiitellung eines eidg. Lebenemittelpoliaeigesetses
nicht hergeleitet werden könne und daß erst eine Revision der Art. 'M und 69
vorzunemhen sei, welche vorzubereiten das Departement des Inneni tHauftragt
wurde. Demgemäß wird das Letzere iu Verbindung mit dem Justiz- und
Poliseidepartement, dem Landwirthsohafts* und Industriedepartement und der
Handelaabtheilnng des Auswitrtigen au Händen der Bundesversammlung Desember-
«ession 1892 RevieionsantrMge ^rmnliren. (Geschrieben September R92).
Lebeusversichei'ung. Siehe im Supplement den Artikel .Yersicherung".
Literarisches und künstlerisches Eigenthum. Der internat:onalen
Konvention (s. pa^ 'Äbl im IT. Bandl ist am 30. Mai 1HS1> nnoh da.« Fürstfnthum
Monaco beigetreten. Die auf Seite 350 erwäbuteu Uebereinkünfte mit Belgien
and Frankreich wurden gekündet und bisher (Sept. 1892) nicht erneuert.
Locic'-Brenets-Biihil. Wurde ertJffnet am 1. September 1890. Baaliobe
Länge 4296 Meter.
Lnsern-AlpiiMhstad* Diese Theilstreoke der BrQnigbahn wurde erOfihet
am 1. Juni 1689. Bauliche Länge 13« 133 Meter.
Luzeru-küsuuch-Iinnientiee-BHhn. Concedirt am 9. Juni 1809. Projek-
tirte LSnge 16,491 Meter. Spurweite l,4ss Meter. AdhUsionsbahn. Lokomotiv
betrieb. Noch im Bau befindlich (November 1892.)
Mulerei. Siehe den Artikel «Kunst" im II. Band.
Meteorologie. Der dem Lexikon angesagte Artikel wurde nicht geliefert.
Einige einseblilgige Mittbeilongen finden sich im Artikel „Landwirthsobaft*.
Modell» uad Mustersehuts. ffiehe den Artikel „Sdiats der Mnster and
Modelle^ im III. Band (5 Halbband).
Monte Gcneroso-Buhn. Ihe Strerkr ('HiMdago-Btdluvista wurde (.'i-örtnet am
h, Juni 1890, die Strecke Bellavista- Veltu um 22. gleichen Monats. Bauliche
Lttnge beider Strecken ausammen 9031 Meter.
Moratoriuinslinien der >ordostbahii (Ergänzung des Artikels im
II. Band). In VoIl/HL-bung der Zitier 2 de« Bundesrathsbedchlußea vom 23. Juni
1887 (s. Band II, pag. 461) bestimmte der Bnndeeratb unterm 2&. Oktober 1887,
da6 der Bau der Moratorinmslinien mit der rechtsnfirigen Zttriehaeebahn sa be>
ginnen habe, und setzte bezüglich der Übrigen Linien, durch Beschluß vom
2.'). ^\:n I SSS, fulgeniie Reihenfolge fe'^t : Kobleiiz-Laiifenliir^-Stein, Efzweilen-
Feuertlialeii (Schutl liausenl. Dielsdorf-Niederweningeu und Biilacl> bezw. I-iglisuu-
Schatt'hauseti, indem er bezüglich der Abzweigung von der linksufrigen Zürichsee-
bahn (Thalweil-Zng) alle weitern Verfügungen yorbehielt.
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Morutoriuiiisliniea
— 271 —
Münz\Ye.*<?n
Durch Bnndesbesolilaß vom 97. Juni 1888 erfolgt« bezüglich der rechts-
ufrigen Zttrichseebahn die Festsetsoog der Friaten für die Leistang des Finanz-
ausweises, für den Baub^nn und die Vollendung und hinsichtlich der andern
Linien, mit Austu^bme von Tluihveil-Zug, die Bfstiinmnng de» YMlltMidunüT'^-
tcrmins, während die Beschlul.jl'iis>unn; betreffend die letztere Linie bis zur Knr,-
zessionaertheilung fUr das uyuh iiioht konzeüsionirte Theilstück Sihlbrücke-Zug
vorbehalten worde. Am 20. Desomber 1888 folgte die FristverlSngerung beiw.
Fristansetzung (tinunziellc imd technische Vorlagen, Baaheginn, YoUendnng) filr
Koblenz-Laut'enhurg-Stein, Etzweilen-Feuerthalen bezw. Schaffhausen nnd Bttlach
bezw. Eglisau-Schaff hausen. Für Dielsdorf-Niederweningen fanden die Frist-
ansetzungen und die spätem Friötveriäogeruugen besonders statt (B. B. vom
20. Dezember 1888 und B. ft. B. vom 28. März 18B0 nnd 27. Juni 1891).
Am 38. Jnni 1889 wurde das Endstttok Fen«rthalen>Schaflfhanien der Linie
Ktzweilcn-Schaffhausen von der Bundesvenammlung konzessionirt und am 25. Juni
I.SDO folgte die Konzessionsertheiluug »n Nordostbahn filr eine Linie von
Thaivvei! in der Richtung der Gngend bei Si'ilbriicke bis zum Balmhof Zug,
wobei gleichzeitig die Konzession des Kantons Zuricu für das zürcherische Tbeii-
atflok der Linie als dahingefallen erklärt wnrde. In der KoDMision sind für
diese Linie die Fristen zur Einreichung der techniaeben und ftnansiellen Vor«
lagen, den Baubeginn und die Vollendung enthalten.
Für die rechtsufrip^e Zürichseebahn imißt<« die Vnllendungsfrist durch
Bundesbeschluß vom 9. Oktober 1890 erstreckt werden und endlich Übertrug
die Bundesversammlung mit Beschluß vom 20. Dezember 1890 die verschiedenen
KonseesioDen fttr die Linie Btsweilen-Sohaffbansen anf die Kordostbahn.
Von den Moratorium.slinien sind Dielsdorf-Niederweningen am 12. August
1891 und Kublenz-Laafenbnrg'Stein am 1. Augast 1892 dem Betriebe über-
geben worden.
Die ßechtsutrige ZUrichseebahu betindet hiih z Z. (Oktober 1^92) im Bau.
Der Tunnel nnter dem Poljrteehniknm ist durchgesi hlagen. Ebenso haben die
Arbeiten am Albistunnel der Linie Thalweil-Zug im November 1891 begonnen.
Für Etz weilen-Schaff hausen wurde das allgemeine Bauprojekt für den grösseni
Theil der Linie am 7. Dezember 1891 vom Bundesrath genehmigt, so daß dem
Baubeginn auf Friihjahr 1893 nichts im Wege steht. Auf gleichen Zeitpunkt
-werden voraussichtlich an der Linie Eglisau-Schaffbansen, deren Planvorlagen
dem Bnndesrathe eingereidit sind, die Arbeiten in Angriff genommen werden
können.
Mfinzwesen« (Ergftnsang des Artikel« im IL Band, p. 466 u. ff. Ver^
fasser: Edm. Plate 1, eidg. Httnsdirektor.)
I. Theil: Allgemeines.
Die schweizerisoheii Verkehrsmiinzen wurden im Jahre 1888 durch Ans-
4^be eines neuen silbernen FUnffrankeustUckes vermehrt.
Als im Jabre 1874 mit der Uraprägung unserer schweizerischen Silber-
niiinzen (2, 1 und '/i Frankenstüoke) begonnen worden war, wurden diese '/lo
und Vi i) feinen SilbermUozen gem&ß der lateinischen MUnzkonventioJi vom Jahre
1865 dnrch Stttoke an ^*/tw9 Feingehalt ersetst. Man gab gleichzeitig diesen
neuen Münzen nur besseren Untcrxlieidung von den SilberraUnzen früherer Em-
missioncn ein nenw (reprh'ge, indem fur den Avers das Bild der sitzenden Ilelvetia
4urch ein sulclies der stehenden Helvetia ersetzt wurde. Seit flem Jabre 187-1
hat die Schwei/, keine silbernen Ftmffrankenstücke mehr geprägt, theiLs wegen
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Mflnzweflen
— 272
Manxwesea
der stetigen Kntvrerthang die<ies Stücket, kervorgernfeii durch das fortvrfihrende
Sinken des Silberpreises, tUeils weil vom Jahre 1878 au durch Zusatzverträge
zur iateinischeD Muazkonvention vom Jahre 1865 die sämmtlichcTi, die^^em MUnz-
verbAnde auj^ehöreadea Staaten sich verpflichtet hatten, während der Vertrag«-
dftaer kwao silbernen FttoffraolcdiMÜlcke mehr su prägen. Es war deßhelb aacb
keine Nothwendijpkeit vorbanden, dem nehweizeriechen Fnnffrankenatllek ein neuea
GejprSge zu geben.
Bei der letzten Erneuerung des liiteini.sehen Münzvertrages im Jahre 18^*fV
wurde der Schweiz das Recht eiiigeräiimt , die Umpriigung ihrer hiiberueu
FUnffrankenstücke bis zum Betrage von 10 Millionen Jb'niiiken voizuiiehmeu.
Dieser Bestimmung lag die Voraussetzung der Httnskonferens su Grunde, dail
es zweckmäßig sein möchte, diese nur mit geripptem Bande versebene Httnze
in eine solche mit Kandsehrift behufs Erschwerung von Fälschungen zu traris-
Ibrmiren. Hierdurch war nun die Yeranlas^'utlg gegeben, fttr das scbweizerieche
FUnffrankenstUck ein neues Gepräge zu beschatten.
Vach mehrmaligen Eonknrrensanssehreibnngen umrde die Erstellnng der
Stempel xnm neuen scbweiaerisohen Fiinl&rankenstttok an Graveur Sohwenser in
Stntli^rt Übergeben, und im Jahre 1((88 mit der Umpiignng dieser Mttnisorte
begonnen.
Es mag hier gleichzeitig nucii bemerkt werden, dalj vom Jahre ls8t> an
die schweizerischen Zwanzigfranken- und Füuffrankeustüuke zur Ernchwerung
von FKlsobnngen mit erhabener Bandsehrift geprägt werden.
Im Jahre 1889 wui'de das Regulativ für Goldpräguugen fUr Rechnung
dritter Personen vom ^^>. Jantiar 1n'73 (A. S. a. F. XI. 96) abgeändert durch
Herabsetzung . des Tarites von Fr. 15. 50 PrSglohn für 1 Kg. MUozgold (90O
Milliemes Feingehalt) auf Fr. C. 70.
Der lateioisdie Mttnavertrag ist unterm 6. November 1885 tüv 5 Jahre,
also bis tarn 1. Januar 1891 verlftngert worden. Da derselbe ein Jahr vor
Ablauf dieser Frist von keinem der Vertragsstaaten gekündet worden ist, so
bleibt der Vertrag laut Art. 13 deaaelben atiUsohveigend um ein Jahr, und so-
ftirt von Jahr zu Jahr verlängert.
Kach geschehener Kündigung bleibt er noch ein Jahr vom 1. .lanuar an
geredinet, der auf die Kündigung folgt, in Kraft.
Im Xovember 1892 findet in Brüssel eine Mttuzkonferenz >tatt, um über-
die von den Vereinigten Staaten von Nordamerika angeregte Freigebung der
Ausprägung von silbernen Fünffrankenstücken zu berathen (§ 8 des Vertrages^
Seite 496 II. Band).
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Mönzw«seii — 273 — Miliiiweseii
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Fuznr, Tolkawtrtk«eta»fti.Laaikoa te SobwclB.
18
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4
Hdnzwesen — 274 — Münzwe^en
Hierzu folgende BemerkuDgen : DieAugabeii: Präguagea 18Ö6 — 1891 um-
ÜMtn die auf Ende 1886 in Zirkalation rieh beftndlichea Mttosen (naob Abzug
der Rttckzttge) plus dtti im Zeitraum von 188B — 18'J1 geprügten Mttnzen.
Die PrSgongen von FunffrankenstUcken seit dem Jahre 1886 Bind bloße
lTmpntgnn?»^n, nnd sind dazu amscbließlich f ttafCrankenthaler alten Gepräg»«
verwendet worden.
EidgenöHinaobe Schtttsenthaler, mit Werthbezeiebnung versehen nnd unter
»taatlieher Anbiobt geprigt, sind aeit dem Jabre 1885 keine mebr erstellt
worden.
Falsche Münzen.
Laut dem letzten Mlinzvertra«; der latpinisphen Miinzunion vom Ü. November
laab hat die fr^nzösischö Regieruug unter Anderem auch den Auftrag Über-
nommen, alle anf die Faleehmttnzerei nod das Yorkommniß von fiilschen Minsen
im Gebiete der EonTeutionistaatfen bMtlgliclien administrative» und statistisoben
Dokumente zueammenzostellen. Zar Erhebung der hii zii benöthigteu Angaben
für die Schweiz hat das schweizerische Finnnz lepiirteiiicnt narli Kinholnng de-
einschlägigen Materials von den einzelnen KautauHregierurigeu die uacht'ulgende
Statistik Uber das Vorkommen von falschen Münzen der Staaten der lateinischen
Mttnzunion im Gebiete der Schweiz im Jabre 1888 zusammengestellt.
1
Staaten
GoldmOnzen |
Sl bsrmttozsfl
Total
mFt.
10 Fr.
1
i Fr
1
iFr.
1 Fr.
1 Fr.
1
».iPr.|
Belgische Münzen ....
1
1
1
2
Französischf? Münzen .
7
4
i
21
1
6
43 ,
Griechische MUnzen . . .
1
Ii
• 2 1
Italieniscbe Httnzen . . .
3
60
14
4
3 1
84
Schweizeriaobe Mttnzen . .
1
18
143 I
53
11
226 1
1 11
4
100
163 *
63
.c|
357
Aus den einzelnen Kantuuen
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bell sich lu
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Angaben :
GoMnUmaa
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1
Kanteae
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4 Fr.
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2
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87
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13
3
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Uri
Schwyz ....... 1
14
14
Unterwaiden o. W.
Unterwaiden n. W« . . . :
j
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1
1
2
1
Uo
1
i-
5
8
\ 28
Uebertrag
10
~2
1 _
1
1 80
45
24
8
\ 169
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Ifünzwesen
— 275 —
Neuchätel-St.-Blaise Strass«nb.
t
MaiOni
ünMrnliatm
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Kantone
"^Fr.j
Taktal
Total
10 Fr.
6 Fr. j,
6 Fr.
»Fr.
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üebfirtrag
10
3
z\
80
45
24
8
169
Basel -Land
1
—
8
9
6
2
—
ö
Appensell L-Rh
—
—
St. Galten
i
j
1
1
8
9
Thurgau
6
—
6
Waadt
• 1
7
107
38
153
-
1
,
11
■
■
4
100
163
16 ,
1 357
II ■ I I l I
Wenn aacb dieaa Statistik nicht alle im Jahre 1888 in der Schweis be-
ohaehtcten falschen Münzen umfafisen kann, da (^elbetreretändlich niclit alle Stücke
zxiT Eenntniß dt-r betreffenrlcn Behörden gelaugten, ao ergehen sich daraus doch
schon einige ititereBäaute Thatsachen.
Weitaus das grölite Kontingent der Falsifikate, nämlich 63,5 ^/o trägt
«chweizerisehes Gepräge; dann kommen die iialienischen Uttnsen mit 23,5 7o;
die franzSaischen mit 1 2 '/o ; die belgischen und irriccbischen mit je 0,5 ^/o.
Was nun die Tlrrstfllungsart dieser falsclien Münzen anbetrifft, so unter-
scheiden wir: geprägte und gegossene Nachahmungen. Geprägt kamen fast aus-
fcbließlich nur GoldstUcke, namentlich 20 Fr.-StUcke vor. Dieijetben sind aus
einer im Gewtohte genan jnatirten Platinjilatte geprägt, and nachher vergoldet
worden, und sind immerhiii siemUch schwierig als folsoh an erkennen, mUssen
daher als sehr gefährlich bezeichnet werden. Viel größer ist die Anzahl der
Gußprodnkte, dies(dbe umfaßt iKuiittsäehlich die Silbermihizen aller Sorten.
niesülb«'!! sind leicht erkeuiihar, daher nicht l)esi)üders gefährlich. Die er-
wähnte That.siiuhe, daß der grüßte Tbeil dietier falbcheu Alüuzeu tich weizerisches
Gepräge trägt, erklKrt sich leicht ans dem Umstände, daß aar Herstellnng der
nSthigen Gußraodelle neue, gut erhaltene Münzen verwendet werden mllasen»
wofttr am leichtesten eben s(hwei/.erische Stücke erhältlich sind.
Noch mag erwähnt werden, daß mit Vorliebe stets Zveifrankenstttcke nach-
geahmt werden.
Miirrcnbahn. Warde eröffnet am 14. August 1891. Länge der Draht-
amlstrecke Lanterbmnnen-Grtttschalp 1317 Mieter, der elektrischen Strecke
Grtttsohaip-MlirreB 4333 Meter.
Muster^ und Modellschuts* Siehe den Artikel „Schnts der Master nnd
Modelle« im III. Band.
NeuchAtel-St-HlHlse-StrassRnbahn. Conredirt am 10. Oktober 1890.
Projektirte Länge 5320 Meter. Noch im Bau befindlich. (November 1892.) Pferde-
bahn.
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Niederweuigen-Dielsdorf
— 276
Oesterreich-Ungarn
VIeilerweiiigeii-DielsdorC Diese zam KordostbohiuietK gehörende Bahn-
strecke befindet sich seit 12. Angast 1891 im Betriehe. Niberee in den Ar-
tikeln aUoratoriomalinien* im II« Bend nnd im Supplement.
Oberlandbahnen (Bemer). BetrietmerSffiiuag am 1. JnH 1890. Bauliche
Länge der Strecke Interlakcn-Lautcrbrunnen 12,485 Meter, der Strecke Zwci-
liitschinen-Grindelwald 11,1 G2 Meter. Eine dritte Strecke von Lauterbrutinen
über die kleine Scheidegg nach Grindelwald wird im Frühjahr 1893 dem Betrieb
Übergeben . Länge derselben ee. 18 km.
Oesterreich-Ungarn. ^Ergänzung des Artikels im II. Band.) Der Waaren-
yvMu mit OMtmekii-üngani gestaltete sieh in den Jahren 1886 — 1891 naeb
der eohwekeiwohen WaarenTerkehiwtatistik wie folgt:
l^ßedalhandel in Tausenden von Franken, ohne JSdelmetalle in Barren oder
Manien.
1886 1887 1888 1889 1890
Einfuhr aus Oesterreich- Ungarn 91,775 88,385 95,943 106,429 102,323
Ansftthrnach « 86,750 38,156 33,149 38,506 39,256
An den Zahlen pro 1887 181)0 hat der Vorort dee sobweizerischen
Handels- und Industrievereins, welcher zum Zwecke der Erneuerung des Haiidclt;-
vertrages eine Enquete veranstaltete, Abstriche vorgenommen, nach welchen
folgende Summen verblieben:
1887 1888 1889 1890
£infnhranaOestr.*üng. Fr. 86,187,000 93,430,000 100,606,000 100,176,000
Ansfohrnach „ . 34,085,000 29,950,000 34,516,000 36,086,000
ITiiter BerlicksichtigTing der Abstriche betrugen die wiohtigstmi Ein- und
Ausfuhrposteu (die Werthe in 1000 Fr. ausgedrückt):
Einfuhr :
Iöö7
1888
1889
189u
Bretter, weichhölzerne . . .
789
1,067
1,268
1,772
680
1,193
1,816
2,549
3,388
3,661
37,550
31,791
26,601
3,927
4,H54
2,187
2,708
2,163
2,637
1,193
489
1,081
3,392
4,815
3,236
2,137
5,379
5,849
7,06:5
Pilßzucker
. 3,749
2,769
4,886
5,000
Wein in FäKsern (Naturwein) .
. 5,182
6,639
286
6,508
6,225
1,185
938
1,791
. 8,373
5,133
9,899
15.730
1,706
1,904
2,222
Schweine
. 1,269
363
1,309
1,091
Ausfuhr :
300
300
300
Taidtonnbren von Niokel . .
371
480
581
587
. Silber . . .
. 4,311
3,761
4,140
4,630
„ , Gold . . .
. 4,570
4,469
4,951
5 n:',7
Maschinen und -Theile , , .
. 2,835
1,868
2,264
2,345
Echte Bijouterie
240
211
194
248
. 1,981
1,148
1,866
2,035
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Oesterreich- Ungarn —
277 —
Pferdezucht
1887
1888
1889
1890
3,091
3,344
3,841
3,126
1,215
1,288
1,341
1,189
Bauniwollfitickereien
»08
536
5:52
628
803
782
971
1,138
1,040
1,044
1,050
1,042
Oewebe vt» Seide und Halbeeide .
1,930
1,880
1,939
1,908
485
448
542
586
Bän<!«>r aoM Seide und HalbaeidB .
549
416
609
356
KamiDs;arii aus Wolle ....
i,:n;^
1,472
1,722
1,838
337
303
442
446
Die anf Seite 549 erwIliDten cMtemioluMlk^itiigariachen Zttlle sind Ittr die
nimliohen Artikel durch den schweis.*098teireicbieeheii HaDdeUvertng vom
10. Desember 1891 wie folgt gebunden worden: fl.
Kä^e per 100 kg. 5
Chüculiide ■„ 45
Baam Wollgarne, a) einfach, roh , 6 — 14
b) donblirt, roh , 8—16
c) gebleicht oder gefärbt ... , 18- 24
d) für den Detailverkaaf ... „ ^55
Baumwollgewebe, a) gemeine, glatte ^ 32 — 60
b) „ gemusterte .... , 40 — 70
e) « dichte , 55—80
d) feine (Garn Nr. 50—100) . . . 70—100
e) fdsste (Garn ttber 100) ... , 140
Gestickti! Webewaaren „ 150—225
Seidenwaaren, gestickt oder mit Metallfaden ... „ 400
Seidengewebe ( Ganzaeidö), glatte , 200—400
flalbeeidene Sammet und SammetbMnder .... , 300
Andere Halbeeideawaaren „ 225
Kammgarne « 10 — 14
Maschinen '5-25
Taschenuhren mit goldenen oder vergoldeten Gehäusen per Stück 0,30 — 1
, « silbernen od. TerBilberten « , 0,30
, , anderen QehKnsen „ 0,30
IWhengehäiiw, goldene oder vergoldete .... « 0,10 -0,45
silberne oder versilberte .... 0,10
Bijouterie per 100 kg. 200—300
Strohbänder (bandartige Strohgeflechte) „ 2
Orbe-Chavoruay-Baiiii. Concedirt am 10. Üktuber 1890. Projektirte
LSnge 4043 Meter, wovon Strafienbentttsnng 2275 Meter. Sparwelte 1,4m Meter.
Elektrisch. Nooh im Baa beftndlieh. (November 1892.)
PatentburcHux. Die auf Seite 561 im II. Band erwShnten Firmen
Blum il- Co.. Bourry-Seqnin, Imer-Schneider, sowie die Firmen Hanslin & Co.
in Bern und A. Ritter in Basel bilden ein schweizei iächeH Patentsyndikat.
PfitenttHxeu der UandelsreisendoB* Sieheden Artikel «Haosir verkehr*
im Su])plL-iii';iit.
Pferdezucht. Mitgetlieilt von lierrn Habegger auf dem eidg. Landwirth-
schaftsdepartement (Ergänzung des Artikels im II. Band). Für die Förderung
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— 278 —
Fferdezuclit
dar Pferdemoht wurden aMt dem Inkrafttret«! dar besBgliohon Yerordonng vom
33. März 1887 (Vergl. Seite 674 und ff. IL Band) dnrah den Band folgend«
Uoßnalunen getroffen :
I. Ankauf von Znclithengsten.
Die nachfolgende Tabelle gif t Auskunft über die mit Bunde^aubvention seit
dem Jahr 1887 importirten Ualbbiuthengste angio-noruiäunischer Baase:
Jahr
Zahl
di<r Ilengite
üurehachniUspNia
Fr.
Uebernehiner Knnlone
1887
8
5,4ü8.47
Bern
3, Freiburg 2, Wrndt 2, St. Gaüen 1.
1888
5
7,004. 85
•
3, Ba«elland 1, „ 1.
3
6,003. 76
1 ) Losem 1 .
1890
3
6,164. 11
2, Waadt 1.
1891
17
6,785. 38
m
4, Freiburg, St. Gallen und Wall» je 3,
Baf^elhuul, Aargan nnd Neuenbarg je 1.
Eidg. Depot Thun 3.
1693
10
6,693. 45
»
3, Schwyz, Freibarg und Waadt je 1.
Eidg. Hengetondepot Tbun 4.
Alle diese Hengste wurden durch eidg. Experten angekauft und zwar in
der iSVtrfrmndie (Departement dn Calvado*!, France), welche das * :i zil'p Land ist,
wo ByöteumtiHch edle Halbbluthengate fllr den Verkauf gezüchtet werden. Infolge
der grolku Nachfrage, welche sich dort geltend macht, wird es jedoch je langer
je adhwieriger, daielbet zn «nnehmbnen Preoaen BesoihKler m erwerben, weleb«
möglichst nahe Verwandtachaft inm YoUblnt, d. b. vonflgtiehe Abstammnng
aof weisen.
Obfichon der Bnnd sich in erheblich größerem Maße als bisher an den
Kosten der Zuchthengste betheiligt, indem er unter der Bedingung des Nachweises
befriedigende Zaebti^tung bin na 70 % dieaer Kosten ttbernimmt (vergl.
Avt. 6 der obenerwihsten Tonndnnng), ao kommt ea doob ISkAuA aelten vor,
daß Landwirlbe, welche bu dabin keine Pferdezucht getrieben haben, sich da/u
entschließen, Uengsto zu erworben. Die Gr-inde hiefür liegen einerseits in den
ziemlich hohen i'reisen der Hengste, andererseits in dem großem Kisiko, das mit
dem Halten derselben verbunden iht und in der geringeren Einträglichkeit der
Fferdesodit gegenttber der Bindviebsnebt flberbanpt.
Eidg. Hengstendepot.
Wie bereits oben bemerkt wurden im Jahr 1891 3 und im Jahr 1892 4 anglo-
norni'ffnner Zuththengsto auf Rechnung des Bundes angekauft und dadurch den Be-
gehren entsprochen, welche von PferdezUchtcrn des Kntlebuches unlerm 27. Mai 1891
an die Bandesversammlung gestellt wurden und bezweckten, daß der Bund die Air
den Fferdebeatand dea Entlebnohea nSAigen Zoehthengate von geeigneter Baase
' und von guter QiialitXt beaebaffen, dieaelben Über die Beaehlfanit in dieaer Tor-
zugsweise Pferdezucht treibenden Gegend atationiren nnd w&hraiid der ttbrigen
Zeit in der Regieanstalt in Thun nnterbringen möchte.
Was den Pferdeztichtern des Entlebuches, beziehungsweise dem Kanton
Luzern, von der Bundesversammlung gewährt wurde, das muß nunmehr auf Ver-
langen anob den ttbrigen Kantonen bewilligt werden. Ea sind denn auch im
Jahre 1892 derartige Begehren Ton 4 weitem Kantonsbehörden geatellt und
dementspreebend aneh 4 weitere ^bblnthengate dem eidg. Depot einverleibt
worden.
Auch wurde bereiUi bei Berathang des Budgets pro 1890 im Nationalrath
der Wnnaeb ausgesprochen, der Bond mScbte eine intensivere Forderung der
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Pferdeniebt
Fferdttaeht dadiurali «utniltM, daß «r auf ttgene Bechnvng VoUblntlHnigite «a-
Kchaife und dieselben für das beste Statenowtefial des Landes zur Zucht bereit
halte. Nachdem die Anf::f"lefreii!i'nt einer größern Anzahl von Vertretern der
Pferdezucht tieibendeu Kautuiie zur Ansichtsiiußeruug vorgelegt und von der
bezüglichen Konferenz einstimmig die Darchführung der gemachten Anregung
empfoblen wurde, dod im Jahr 1890 3 Yollblntbengste and im Jahr 1891
2 solcher auf Rechnung des Bundes importirt worden. Der fftr diese ^iere be-
zahlte Durchhchnittspreis betrug Fr. 20,91.').
Mit dem Ankauf von Vollbluthengsten wurde nicht nur bezweckt, die (irund-
luge für eine bessere und rentablere Pferdezucht zu geben, sondern auch die
3l8glidkkdt an aehaibn, dnige der allerbesten Tom Ydlbhil eneogten Hengst-
fohlen vom Bande als Besohllev .anerkennen" nnd eTentaell wwerben an IcSnnen.
Ein richtiges Urtheil dartfber, ob diese Fohlen sich als Zuchtpferde eignen, kann
jedoch P'Vf't abgegeben werden, wenn dieselben dreijährig sind. Dagegen haben
viele Rtulenbesitzcr dem schweizer. Lnodwirthschafthdeiiartement ihre volle Be-
iricdxguug über die erzielten i'ohlen au^gesprocben, ein Lub, welches Uberhaupt
allgemein gehVrt wird.
Diese Vollblut- wie die obenerwähnten Halbblathengste sitid im eidg. Depot
(Pferderegieanstalt) in Thun untergebracht. Während der Sprungzeit werden sie
jedoch auf zweckmäßig vertheilten Be.^ohälpliitzen den Züchtern zur Verlugung
gestellt und nach Bedttrfniß und um Verwuudtschaftszacht zu vermeiden, verstellt
and anegeweelwilt. Da» Sprunggeld iat festgeeetat für VoUblat aaf Fr. 20 nnd
für Halbblttt anf F^. 15. Dieser Betrag ist nnmittelbar vor dem Belegen an
beaahlen, wofür ein Belegschein ausgestellt wird. Sofern die Stute beim ersten
Sprung nicht trächtig geworden ist, so kann dieselbe bei Vorweisung des Belegt
Scheines beim Vollbiutheng.-^t ein zweites, beim Ualbbiuthengst ein zweites event-
drittesmal unentgeltlich gedeckt werden.
BeiUglieh des Eisenbahntransportes von Stuten, welche den YoUblntheogsten
zageführt werden, sind vom schweiaerisohen Eiaenbahnverband folgende erlmdk-
temden Bedingungen ausgewirkt worden :
1} FUr den Hintrauttport nach einer Besch&latation ist die tariimäßige Taxe
zu bezahlen ;
2) der Versender hat der Al^angstation zu erklttren, daß dw Transport
zam Zweid:e der Znfuhr seiner Stote nach dner eidgenSseisehen Besehilstation
stattfinde ;
3) auf diese KrklHrüng bin stellt die Abgangsstation ein Doppel des Empfangs-
^•cheins f[\r den niutran.sport aus, welches von d^r Empfangsstation dem Empfänger
als Legitimation für die spätere RUcksendur:^' auszuliefern ist ;
4) der Btlcktransport nach der Qrsprüngliehea Abgangsstation wird gratis
erfolgen, insofern jeweilen bei der Aufgabe zum Rücktransport ein yon der Begie-
anstalt ausgestellter und abgestempelter Belegschein vorgewiesen und das unter
Ziffer 3 erwähnte Doppel des unprilngliohen Empfongssoheina dem abfertigeoden
Beamten abgegeben wird ;
5) bei anfälliger Rückbeförderung der fraglichen Stuten mit Personenzügen
sind nodk 40 y.» der tarifmXßigen Taxe au besablen nnd zwar auch dann, wenn
schon der Hintransport mit Personenzügen erfolgt ist.
Um zur Deckung durch einen Vdllbluthengst zugelassen zu werden, miissen
die Stuten folgende Bedingungen erlüilen; 1) Einer verbesserten Kasse angeboren
und deren Charakter und Eigenschaften besitzen, d. h. Kchöne regelmäßige
Formen, Temperament und fireien Gang zeigen oder auch Ereuungeprodukt sein
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Pferdezucht
— 280 —
Pferdezucht
von vom Bunde angekauften Hengsten mit obgenannten Kigenschaften : 2*^ Von
guter Geüutidheit und kräftig sein, ebenso keine Fehler und erblichen Krankheiten
bentven; 3) BSsartige Stuten und onerUttlieh sbniwttBen.
Fttr die Staten, welche Halblutbengeteii warn. DedcBn voxgefllhrt werden
eollen, wird verlangt, daß eie keine weeentliolieii Erbsdmftrafaigel «ifvrai^
niobt bösartig sind.
Die Kantone, in welchmi Deckstationen errichtet werden, haben unt iitg Itlicli
für zweckmäßige Lnufställe (^Boxen), für das nöthige Streuestroh, für cmeu unter
Dach beflndJiehen geeigneten Beaohälplats und lllr ein in der mibe dee Stalte»
g^jlcgf nee Lokal für den Wärter in aorgen. Ferner hat ein patentirter Thierarzt
auf Kosten des Kantons die Hengste und den Beschälakt zu liberwachen und
die vorschriftsmäßigen Belegsoheine auszustellen. Die durch die Benutzung des
ProbirbengMtes entstehenden Kosten fallen ebeufalla zu Lasten der Kantone.
Flltternng, Wartung und Pflege der eidg* Hengtte iat Saobe des Bnndea.
üeberdiea wird vor der Bewilligung einer Deoketation Garantie l&r einen
bestimmten Betrag an Deokgebllbren verlangt, diea namentlich in denjenigen
Kantonen, wo geringe Hengste, welche Eonknrrens machen kttnnt«a, von der
öffentlichen Zucht nicht ausgeschlossen sind.
Als Deckstatiunen für VoUbluthengste waren btätiuuut:
pro 1891 Thun, Trantelan (Bemer Jnra), Einsiedeln und Laneanne,
^ 1892 Thun, Tramelan und Delabeig (Berner Jnra) und Lanaamie.
Von den Halbbluthhengnten waren während der Sprungzeit 1S92 2 im
Entlebuch (Schüpfheirn) und einer im Pays d'Enhaut (Chateau d'Oex).
Der Unterhalt der eidg. Depots, d. h. die DilTerenK swisohen dem Erlös
an Sprunggeldern gegenüber den Ausgaben fUr JPourage und Yerpilegung der
Hengste, fttr Wlrterltthnnngen, fttr den Transport der Hengste von und nach
den Stationen erforderte eine Ausgabe zu Lasten des Bundes von Fr. 1393
pro 1890 ond Fr. 805 pro 1891. Hierin ist die Stallmiethe nioht inb^rilfeii.
Znehtergebnisse.
Ueber die Verwendung der Hai bbluth engste, welche vom Bunde importirt
oder zur Zucht geeignet „anerkannt** worden sind, gibt die nachfolgende
Tabelle Aufecliliiß:
Jahr ZtklU der
ZticIitUeng«U.< Z«hl (i«r
DniehMlullMuabl der Sttttm
1H87
97
äGü5
37
1888
93
3713
40
1889
88
2904
38
1890
84
42
1891
77
3756
49
1892
H2
4015
47
Die Augabeu vom Jabr 1889 und
ff. basiren sich
auf die von den Hengsten-
baltem naob amtliehem Formnlar an fahrenden Beleg und Geburtsregister,
welche dem schweizer. LaRdwirthschaftadepartement alljKbrlioh naeh Sehlnß der
Spmngzeit zur Kontrole abzuliefern sind.
Die genntiern Erhebungen im Inlaiule und die in den nui^lündischen Gestüten
in großem Mal^slabe gemachten Erfahrungen ergeben, daß durchschnittlich und
regelmäßig G8 7o i^er gedeckten Stuten befruchtet und von 87 7o befraobteten
Stuten lebende Fohlen geboren wurden. Folglieh trifft es auf 100 gedeckte
Stnten 59 lebensföhige Fohlen.
Von den VoUbkithengsten wurden belegt im
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Pferüezuchl
— 281 —
Pferdezucht
Jahr 1890 (8 Hengste) 152 State» 1 , , , u r i a* * a
1891 (4 ) '^04 I Stuten pro Hengst.
l 1892 (3 ! ) 190 ! „ 03 . „ ,
Von den IlalbblütheügKten im Besitze des Bunde« wurden zuHummen 14^
oder pro Uengät 60 Stuten pro 1892 belegt. Diese Zahlen sind in obiger
ZosammeiMtenirag nioht iidMgriff«i.
PrKmirnng von Stutfohlen und Znohtstnten.
Alljährlich finden im Monat Mai die Schauen statt, an wolohen Stntfohlen
und Zuchtetuten unter den in Absduiitt II der Ffenleznchtvprordnung enthaltenen
Bedingungen dnrch eidg. Experten geprUft tind jirämirt werden.
Gemäß Beschluß de^ BuiidcKiathe^ vum 17. Mäiii 18^1 können uuunieiir
an den jKhrliehen Stotfohlensobanen auch sehSne, mindeitene drei nod htehstena
«eben Jahre alte kräftige Vollbhit- und edle Halbblutgtnten in dem Sinne aar Zucht
„anerkannt" nndpriiniirt werden, daß den Besitzern derselben eine Prämie von Fr. 280
in Aussicht gestellt wird, wenn der amtliche Ausweis geleistet werden kann, daß
die Stute nach der Prämirung als drei- bis siebenjährig von einem vom Bunde als
znr Zucht geeignet anerkannt<»i Hengste bedeckt worden iat and daß sie innort
12 Monaten nach dem Tage der Besohälnng ein lebensffthigee Fohlen geboren bat»
Stuten, die bereits prämirt oder zur Zucht verwendet worden oder sogar
trächtig bind, können bei dieser Prämirung nicht mehr berücksichtigt werden.
Eine Ausnahme hievon bilden nur diejenigen Stntcn, welche aus der ei dg.
Uegieaut»talt un PterdezUcbter speziell zu Zuchtzwecken abgegeben wurden und
xafolge der Verordnung vom 30 Jnli 1891 (s. p. 284 hienaoh) vor ihrer Abgabe
dnroh Vullbluthengüte belegt worden sind.
Mit dies-m Beschlüsse sucht der Bundesrath den von Mitgliedern der Bunde.s-
ver.iammlung und von Pferdezuehtgesellschaften mchrffich geiinßerten Wünschen
zu entsprechen, welche grundsätzlich alle dabin gehen, es möchte für bessere
Zuchtstuten gesurgt werden.
Des weibliche Pferdesaditmaterial läßt in der That noeh sehr viel an
wünschen nhvi<^. Die letzte PferdeKfthlung hat zwar eine erheblicho Besserung
in der Zahl und in der Qualität nnserf^r Pferde bestätigt. Die jährlichen Stut-
iohlcnschauen weisen ebenfalls eine fortwährende Vermehrung prämiruugswürdiger
Stutfohlen nach.
Dagegen ist es immer noch nioht mSgUeh, eine nennenswerthe Anzahl
Kavallerieremonten im Inlande zn kaufen und größere Depots dreijähriger
Remonten zu schaffen, obwohl der Bund für dreijährige, vorausichtlich sich
zur Kavallerie eignende Pferde gerne durchschnittlich tausend und noch mehr
Frauken zahlen wurde, was in den hiefür geeigneten Gegenden die Pferdezucht
zu einem einträglichen Erwerbszweig machen dürfte
£s ist ferner klar, daß ein Zuobtmaterifl, welches nicht im Stande ist,
für die Kavallerie geeignete Remonten au liefern, noch weniger aar Zacht
taugliche Hengste hervurbringcn kann.
Hervorragende junge Stuten sind naturgemiili auch hervorragende Ge-
brauchsthiere und deßhalb theurer. Ferner ist es unmöglich, zum Voraus zu
wissen, ob eine sebBne, leistungvlühige Stute aneh ein gutes Zachtthier sein
werde, namentlioh wenn man deren Abstammung nicht kennt. Darüber geben
nur die von denselben geborenen Fohlen seiner Zeit sichere Auskunft.
Der erwähnte Baschhiß des ßandesrathen möchte nun eben diese Probe, ob
eine Stute sich als Zuchtpferd eigne, den PferdezUchtern erleichtem, indem er
das erste Produkt derselben mit Fr. 280 prämirt, was einer Reduktion des
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Pferdflsudit — 383 — Pferdezucht
Ankauftipreises der State im nämlichen Betrage gleichkommt. Dieses erste-
Produkt, welches Jen Werth einer jiuigen Stute nicht nur nicht beeiutriirhtigt, sondern
in der Kegel erhöht, giebt dann dem Züchtet* Gelegenheit, zu beurtheilen, ob die
Beibehaltang der ietxtern zur Zucht in aeioem Interesse liegt.
Die nachstehende Tabelle giebt Aasknnft Uber die Zmrkennttng der FrXoiiea ;
, 1 fAi.„.„ PrÄmlrte Fohlen h«w. ZiichtMtnten.
d«r SfhÄUcn. Fehlen. i-<)»hrig > 'i>ri^ 3 sjui.ri« -Tjahrig
h Fr. 30, 4 ¥r. *<i. Kr. 20ti. Kr.^tlO.
mal 46 997 196 221 172 — 589
1886 41 958 204 210 157 — 571
1889 42 1,083 228 230 204 — 662
1890 41 1,281 278 26.3 264 — 805
1891 41 1,352 H44 298 237 7 8sn
1892 40 1,622 440 338 255 13 1046
Beitrüge fUr Fohlen weiden.
Des Resultat der vorgenommenen Primirungeo lesgt naehetehende Tabelle r
Z-ihl Zahl der HiAu' de»<
Jahr. kantoue. ^ g^mmerten Fohlen. Bundes M tragen.
1M87 5 18 315 4 312
188Ö 6 29 541 6,492
1889 8 38 734 »,164
1890 8 39 880 8,515
1891 8 45 885 11,920
1892 10 49 942 12,732
Die Weiden werden nach ihrer Lage zum Horizont (eben oder Kteil), nach
der Beschaffenheit von Grund und Boden, dem Zubtand der Ställe, dem Wasser,
der Zugabe von Heu, Hafer oder Krliach, der Wartang, dem Nfthnrattand, der
Qualität der Fohlen und d^ Daner der Weideseit benrtheilt. Je günstiger die
Note fllr jedes dieser Benrtheilnngsroerkmale ansßtllt, desto höher berechnet sioli
die Quote dpR BundesbeitrageA fiir dn< < ii-zf-lne trcsTmimerte Fohlen. Als Mnxirarau
hiefUr ist durch Artikel 14 der Kiugangs ei wähnten Verordnung Fr. 20 fest-
gesetzt.
Ale anderweitige Kafinahmen snr FSrderung der Fferdeioekt sind au ver-
aeiehnen :
tt. Die Beiträge des Bundes an Pferdeausstellungen und -Rennen, so z. B.
an die nesells^chaft für Verbesserung der Pferdezucht in der romanischen Schweiz,
an den ächvveiiier. Kennverein (Air Zuchtreunen und Trabfahren), an den Kavaiierie"
verein der Zentralschweix und an die Skonomisohe Geselkchaft des Kanton»
Bsm ittr die Zentnlsehweiicr. Ifurdeanntellong (1889) etc.
b. Die üntentittzung der jKhrlinh von Kantonen im Interesse der bessern
Ausbildung der Hufschmiede veranstalteten theorctiFchen and praktischen Huf
schmiedeknrse. Der Bundesbeitrag ist gleich der Hälfte der für Lehrkräfte und
Lehrmittel gehabten Kosten.
Wir erwXhnen im Weitern die Errichtung eines Depots von dreijSbrigen
Bemonten. In einer Eingabe an den Bandesrath stellte der Vorstand der landw.
Vereine der romanischen Schweiz das Gesuch, es möchte das Minimum des Höhen-
Riaße.H für die jährlich durch das Militärdepartement anzukaufenden Renionten
zeitweise auf 1 m 52 reduzirt und der Versuch gemacht werden, die Pferde
sehen im Alter von 3 Jahren ansnkanfen und in besondern Depots bis zur vollen
Gebrauehstfiobtigkeit ansehen an lasNen.
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— , ....
I'ferdezuclit
— 283 —
Flerdezuckl
Der bisher befolgte Weg der Hebung unserer Pferdezucht durch Kreuzung
mit anglo-norm. Hengsten mnft niobt b1d& vom landwirtbschaftUchen, sondem
anob vom militäriächen Standpunkte ans als der riehtige beieicbnet werden, da
sich da» Schweiz. Pferd sowohl zum Reit- als zum G^brntjchspferd eignen ratiß.
Dagegen scheint noch bei vielen Züchtern dif Aiit^hauung vorzuherrschen, als
sei ftir die Nachzucht jede ätute gut jk'OQug. Ein weiterer Fehler liegt in der
vielfach inationellen Anfsnoht der jungen Fohlen, insbesondere in d«- zu frtthea
Yerwendung derselben znr Arbeit, wodarch deren Gliedmaßen rainirt werden.
üm nnn hanptsKoblioh diesen letatem Ibngel au beben nnd gteicbxeittg die
BeBtrebnngen der sich mit der Pferdezncht befassenden landw. Bevölkerung au
unterstützen, soweit diese Bestrebungen in der Kichtung der Bi'schatTung von
Kavalleriepferdeu stattfinden, wurde im Jahre 1887 im frUhern Hengstfohlen-
depot in Thun ein Fohlenremontendepot errichtet.
Die Zahl der angekaaften Fohlen, sowie die d&fUr bezahlten Preise sind in
naehstehender Zusaromenstellong ernehtHeb:
Jabr Angekanfle Fohlen Dordudmittspreis \
1887 22 Fk>. 840 | Die Koeten der Aufzucht
1888 44 „ 10fi9 ! (FiUtermig, Wartung etc.)
1889 48 „ 819 j variiren /wischen öOO bis
1890 40 , 909 I ÖÜO Fr. pro Fohlen.
1091 34 , 960 /
Fttr den Ankanf der dreijährigen Pferde, welcher bm Anlaß der Statfoblen>
sobanea dnroh eidg. Experten stottfindet, gelten folgende Vorschriften:
Es dürfen nur solche Pferde angi&anft werden, für welche der Nachweia
vorliegt, diiß sie von Hengsten abstammen, -welflM" mit Bnndessubvention iraportirt
oder vom Bund als zur Zucht geeignet, „anerkannt " wurden. Präminipgswürdige
Statfohleu sind nur anzakaafen, wenn die Wahrscheinlichkeit vorliegt, daß die-
selben nicht zur Zucht Terwendet wttrden. Falls Zttchter derartige Pferde er-
werben wollen, soll die Kommisnon denselben keine Konkorrens machen. Pferde^
welche auf Weiden gesVmmert wurden, sind solchen, die im Stalle aufgezogen
wurden, vorzuziehen. Der Bund wird jedoch in Zaknnit nur solche Kemonten-
ankaufen, welche an den Wei(]gaug gewöhnt sind.
Die anzukaufenden Fohlen solleu ein StockmaU von mindestens 152 cm
besitaen, von gutem Charakter sein und sich daroh freien, regelmäßigen und
ergiebigen Gang auszeichnen ; der Kopf soll leicht und gut angesetzt sein, Kücken
und Lenden kurz und der horizontalen Form sich annähern, die Gliedmaßen rein
und von richtiger Stellung und die Hufe gut nein.
Die Fohlen mit grauem Hantel werden nicht angenommen und es sollen nur
mit Tier ausgebildetctt firBatischnrndedbnen ▼ersdimie Thiere angekauft werden.
Die Fohlen werden baar beiahlt und ani den AnkaufeplStmn Übernommen.
Für die Aufzucht der Fohlen wird das der Allmend Verwaltung angehörende
Areal in Uebeschi aln Weide beniitzt und zwar vom Monat Mai bi.s zweite Hälfte
des Monats Oktober. Im darauffolgenden Jahre werden die Thiere dnrch eine
speziell hiezu bezeichnete Kommission eingeschätzt und die für den Keitdienst
branchbaren Thiere von der iEavallerie und Pferderegieanstalt ttbernommen, die
andern aber öffentlich Tersteigert.
Die Differenz zwischen dem Ankaufspreis und den Rosten der Aufzucht
gegenüber der Schatzungssumme und dem Erlös der allfällifri-n Steigerung fällt
zu Lasten des Bundes. Die bezüglichen aus dem Pferdezuchtkredit gemachten
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— 284 —
PüatnsbabQ
Bttokv«rgntungen betrugen pro 1887 Fr. 10,945, pro 1888 SV. 94,737, pro 1889
Fr. 14,368, pro 1890 Fr. 12,425 und pro 1891 Fr. 16,615.
Eine Vergleicbnng der im .lahr 1890 vorgenommeneD PfordMilhluilg ergab
.gegenüber derjenigen von 1877 folgendes Resultat:
2,215 Pferde mehr; 1H.804 weniger dienstantaugliche Pferde.
Mehr vorhanden waren: 3,380 Reitpferde, 11,908 Zugpferde und 673 als
Sanmthiere geeignete Ibulthiere.
Diese ernelte YerbeiMeraiig r.iieerei FferdebeRtaodee darf ongefthr aar Hallte
der inUndieohen Zncht gotgesobiieben werden.
Es erübrigt uns nur noch, anf die provisorische Verordnung aufmerksam zn
machen, welche der Bundesrath nnterm HO. Jnli 1891 über die Abpabc von
Stuten au8 der Pferderegieaiihtak und dem Zeutralremouteudepot zu Zuüiiizw&cken
erlassen hat.
Ob die Angelegenheit «pKter eine definitive Regelung erhalten wird, hSngt
von den gemachten K) falirungen ab, welche zur Zeit noch fehlen.
„Soweit die Verhültni.sse es gestatten, können aus der Regieanstalt und aus
dem Zeutrulremontendepot zu Zuchtzwecken geeignete Stuten an PferdezUchtcr
abgegeben werden.
Die Abgabe erfolgt nur an eoldie Landwirthe und FfordesUebter, welohe
durcb amtliche Bescheinigung den Nachweii leieten, daß ibre Verbftltniiee ihnen
die Verwendung der Pferde zu einer rationellen Zucht ermöglichen.
Dahcrige Begehren sind jcwcilen im Laufe des Monats Januar durch die
kautuualeu Behörden au daä Landwirthschaftsdepartemeut zu richten.
Die znr Abgabe in Znchtzweeken sieh eignenden Stuten werden Ton der
Pferderegieanstalt, beziehungsweise von der Direktion des Zentralremontendepots,
liezeichnet Es sollen hiefUr in der B/egel nnr eolohe Pferde bestimmt werden,
welche bereits geritten sind.
Die Pferde werden zu Anfang des Jahres durch eine Fachkommission
geschatrt. Die Schätzung soll den Selbstkostenpreis nicht überschreiten.
Die Abgabe findet alljährlich in den Honaten Februar bis Hai statt, nnter
folgenden Bedingungen :
Die Auswahl unter den Pferden steht dem Käufer frei.
Der Känfer hat sich zu verpflichten, die Pf'erdestute wahrend der folgenden
drei Jahre zur Nachzucht zu verwenden. Nach dieser Zeit geht das Pferd in
«ein frei«» Yerfügungsredit Uber.
Vor Ablauf der dreijUirigen Frist darf die Stnte ohne Bewilligung der
Begieanstalt, beziehungsweise des Zentralremontendepots, nicht veräußert werden.
Die Stuten dürfen nur von staatlich anerkannt^-n Hengsten gedeckt werden
und sind jedes Jahr bei den ordentlichen Fohlensohauea der betreffenden Gegend
vorzuftthren.
Die Ton der Regieanstalt übernommenen Stuten sind vor der Abgabe dnreh
•einen VoUbluthcngst decken an lassen. Der fiCanfpreis ist bei der ITebernafame
"der Stufe haar zu bezahlen.
Eine Hdcknahme der verkauften Stnten findet, gegen Rückvergütung des
Kaufpri'ise», uur in dem Falle statt, als suiche im Laute des ersten Jahres nicht
trächtig werden sollten.*
Pilntii.sbHhn. Eröffnet am 1. Juni 1889. Erbaut von Baumeister Locher-
Freuler und Ed. Guyer-Freuler in Zürich. Bauliche Länge 4,29ö m. Stationen
Alpnachstad und Pilatnt-Kolm. Anlagokapital Ende 1890 Fr. 2*850,000, wovon
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Pilatttsbaha
— 285 —
Polyteehniknin
2 Millionen Aktien und 850,000 conaolidirte Anleihen. Kn^t^ n der Bahnanlagen
und fetitea Einrichtungen Fr. 1'973,088 =459,4^^^* per Bahnkilometer. Bcfürderte
Reisende im Jahre 1890 37,317. Betriehäeinnahmen 1890 Fr. 276,118. Eein-
ertiag Fr. 161,302 = 6,667«' Penonal 96 Mmüd.
Plan-Eelltse-Blkhiu Drabtseilbaltn, ward« erSShet am 27. Oktober 1890.
Baiiliohe LXsge 379 m.
Polytechnikum. (Ergänzung.) Im Jahre 1891 worden neue Studienpliin»
filr die mefhanisch-teclmische Schule und fnr die Foivtschtile eingefiihrt. Vom
26, Dezember dutirt ein ueues Reglemeiit bn'treHVnd die agrikiilturchtnni.scht'
Untersuchungsstutiun, uud vom 8. .lanuar 1892 ein »olches betretend die Anstalt
zur Prüfung von Battmaterialien. Am 10. September 1892 wurde ein neuee. ,
Regulativ für die Diplomprüfungen erlasgen.
Der Bau des neuen Physikgebäudes wurde 1890 vollendet und das physi-
kalische Institut in demselben bei ßcginn des Wintersemesters in B-^trirb gesetzt.
Im Dämlichen (lebäudc sind ferner die meteorologische Zentralanstait und die
Zeatralanstalt für forätliches Yeraui^nwesen nntergebracbt. — Im Jahre 1891
fand auch der Bau und Besog eines besonderen GebSndea für die Anetalt anr
FMlfnng von Baumaterialien statt.
Die Frequena der Schule «eit 1887/8 erhellt aus folgenden Zahlen :
1888/89 1889/90 1890/91
20
34
44
164
163
170
Keohanisoh-technische Schule . .
192
180
210
Chemisch-teohniBohe Scbule . . .
m
157
147
158
Forstschule .
17
19
20
Landwirthschaftliche Schule . .
39
41
35
4
4
3
40
34
36
633
622
676
261
279
;{28
372
343
348
Im Schulrath sind folgende Aenderungen eingetreten :
In Folge Ablebens des Herrn SehnlrathsprSiiidettten Kappeler (20. Okt. 1888)
wurde am 28. Kovember 1888 Herr Oberst Bleuler zur Prfiaidentschaft berufen.
Am 15. Februar 1889 erfolgte die Wahl den Herrn Regierungsrath HafFter in
Frauenfeld zum Mitglied des Schulrathes und am 26. gleichen Monats die Wahl
des Herrn Dr. Gnehm zum Vizepräsidenten. Im Juli 1891 starb Oberingenieur
Meyer in Laueanne. Er wurde am 24. November durch Herrn Ingenieur
A. Kayille in Zttricb ersetat.
Finattnella Datm:
1888
1889
1890
l !
Schulgelder und GebUhreo.
102,095
69,503
68,680
71,77.')
Bundes.su bvcntion ') .
542,000
527,000
573,650
Tolal der Einnahmen . .
675,769
380»702
6^6,430
675,300
703,2iil
Lebrerbeeoldungen . . .
399,830
420,585
426,467
Sammlnngen und Anstalten
126,383
120,377
6»4,880
140,052
67S,m
164,735
Ti4at der Ausgaben . .
643,677
7»5,56i
*) Obne diejenige für die PestlgkeitsprOfungsanstalt, die Samenkontrobtalion und
die agrikultnrchem. Ontersnehungsstation.
Polytechnikum
— 286 —
Post
j^mnitiiolie Sftmmlungcii sind Im Laafe der Tier Jalire tlieib dnrofa Ge-
•ehenke, theils durch Ankäufe bereichert worden, insbe^onikrc die naturwissea-
schaftücbe durch die um Fr. 40,000 erworbene S. Hotirsche Sammlung fo88iler
»Säugethiere dor 1' Hinpapregion. Die zoologisclie S:uunilung crliieU n. A. einen
bedeutenden Zuwaciis durch die ihr iegirte Muuason'sche Sammlung von Land-
und Btt0wie8er.KoiicbyIien. Der Bettend der Bibliothek hob eieh bis Ende 1891
auf 30,180 Binde.
Das l.ehrpcrionai besteht gegenwärtig (Anfang-^ November 1892) au8 52
ordentUeben Prof essoren» 10 Honorarprofessoren, 4 Eül&iehrero, 30 Aaeiateaten,
■39 Privatdozenten.
Aus dem Lehrkörper ausgeschieden sind die Herreu : i'roi -hon. Kaitierf,
Prof. Dr. Sebneebelif. Prof. Gladbach, Prof.-hon Werdmttllerf, Prof. Petit,
nach Paris berufen, Prof. Pestalonif, Prof. Frobeniua, Prof Sohottky, nach
Marburg berufen, Prof. Sebär, berufen nacli Straßburg, Prof. Sapsworth, bernfen
jiach Englaad, Prof. Arthur Huiitzscb, IjerulVu nach WUrzburg.
Eingetreten und in den Lehrkörper uU Protetisoreu die Uerren : Dr. 0.
Deoher von Angebarg, als Prof. filr Topographie und Geodäsie ; Ch. Sapsworth
voD London, ala Prof. für englieohe Litteratur und Sprache (wieder augesehieden) ;
Dr. J, Pernet von Ormont, als Prof. für Baukon^tru tiunslehre; G. Boseigool
aua Frankreich, als Nachfolger des Herrn Petit; iiudolf Ehrlich von Wien, als
Prof. für meebanifich technische und Bauknnstruktionsfaehpr ; Dr. Adolph llurwitz
von Hildtiöheim, als Prof. für höhere Mathematik ; Dr. August Stadler von Zürich,
ale Prof. flir Philosophie vad P&dagogik; Dr. Karl Hartwick, als Prof. der
Pharmacie für Hrn. Schär ; Ingenieur Konradin SSsohokke von Aaraa, nie Prof.
4er Xngenieurwiaeenechaften.
Ponts-Chaux-de-Fojida-Bahii. Wurde erttiTnet am 26. Juli 1889. Ban-
Jiche LSnge 16,202 m.
Post. (Brgftnxnng des Artikela im II. Band, Seiten 609—680. Nach Mit
theilungen der tit. Schweiz. Oberpostdirektion.)
Ad Seite OIH: Von <len Poistkursen, die <nh Alinea 3, litt, a aufgeführt
«iixl, j,'elaiij;t (Irrjenige in's J'rä iijau i LatKb^uart-iJavo.s) geit 9. Oktober 1889
nicht luelir zur Ausführung (Eisenbahnbetrieb). Neuer Extra(>oatkurs auf der
Rente Aros» (Chnr-Arosa).
Ad Seite 619: Organisation. Durch Bund^^srathiibeschluß vom 22. Mira
1892 A. S. n. F. XII, G82) sind die Artikel 2 und 3 der Yerordnaog vom
26. November 1K78 Uber den Gepchäftsgang bei dpr Postvcrwaltung, im Sinne
der Ausdehnung der Kompetenzen des Postdepartements gegenüber dem Bundes-
rath nnd der Oberpostdirektion gegenüber dem Departement, abgeändert worden.
Ad Seite 621: Posttaxen. Nene £rlaaae:
49) Abänderung der Transportordnung (Drucksachensendungen aur Einsioht),
vom 17. November 1881 (\. S n. F. YII, 716).
.50) Abänderung der Transportorduung (Portofreibeit fUr Geldaeudungeo),
vom 9. November 1888 (A. S. n. F. X, 806).
51) AbSnderuag der Transportordnung (Postkarten: Drut^Baohensendungcn),
vom 10./16. Deaember 1889 (A. S. n. F. XI, 364).
^yJ) Nachtragsgesetz zum Bundesgesetz betreffend die Po«ttaxen (Abänderung
der Vorschriften betretfend Entrichtung der Zcituni;>?tax<»n nnd Aufhebung der
BestimmuDg betreffend Adressirung der Zeitungen), vom 24. Juni 1890 (A. S.
n. F. XI, 720).
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Posl — 2Ö7 — Post
53) Abänderung der Transportor lnung (neue Be-t umniingen betret«cud die
abonnirten Zeitungen), vom 6. März 1891 (A. S n. V. XII, 42).
54) Biind«g«Mets betreffend Ute Revuioo einselner Beetimuiingen des Bande»«
.gesetzes betreffend die Posltaxen (Aufhebung der einscbr&nkendea Bestimmang,
wonach llritf? für den Lokairayon nur bis zum Gewichte von 15 Gramm zur
redttzirttii Taxe von 5 Cts. vpi>;in'it werden können; Aufhebung^ de» Portozu-
■schlageji tur ungenügend frankirte Gegenstände { Einführung einer befsondern Tax.c
fir Geldanweisungen bb tum Betrage Ton Fr. SO; Erroäßgnng der Taxe fUi-
EiMogsmandate ; Auedehnnng der Portofreiheit aaf die AnfeiohtibehQrden dei'
•öffentlichen Schulen; Erhöhung des Gewich sraaximums für eint' n »iiifachen Porto-
sata bei abonnirten Zeitungen), vom 17. Juni IRIU fA. S. n F. XII, 350).
.'75) Ahilnderung der Transportorilnunir (Aufiiabme von Bestimmungen be-
tied'eiid die Zustellung vun Zaltlung.sbei'Khlen und KonkuTdaudrohungen)» vom
18. Desember 1891 (A. S. n. F. XU, B9s>).
5C>) Abändeniog der Tran.sportordnnng (Revision der Hestimmungen be*
trctt'end Zustellung von Zahlungsbefehlen und Konkttreandrohongen), vom' 29. Hilra
1892 (A. S. n. F. XII, 69«).
57) Abänderung der Tran«<[)urtm-dnnng (Revision einzelner Bestimmungen
betreffeiid Dmckeaohenaendnngen), vom 9. Jani 1B92 (A. S. n. F. XII, b92).
58) Extrapostr^glement vom 29. Hai 1890 (A, S n. F. XI. 676).
Ad Seite 623: Briefpoettax en. Briefe im Lokalrayon kosten nnn bis
SUM Gewichte von 2'0 Gramm mir 5 Ct;*.
Unfrankirt kosten Briefe, ohne Unterschied de» Gewichls, im Lokalrayon
10 (Jta. und auf größere Entfernungen 20 Cts.
ÜDgenilgend fhknkirte Briefe werden, anter Ahtng dee Werthea der ver
wendeten Postmarken, nnr mit der entepreohenden Frankotaxe belegt.
Ad Seite 624: Reifletaxen. Die angegebenen Taxen sind als Maximal-
ansätze zu betrachtci). l)ipi<'iitgen von 30, bezw. 25 Rappen kommen nur bei
Alpen- und Touristunkur^eu und filr die Zeit vom 15. Juni bis 15. September
inr Anwendung. Bei vielen Postkursen kommen Taxen zur Anwendung, die
bedeutend niedriger sind, als diejenigen, welche sich bei der Berecbnang nneh
den MaximalansStaen ergeben.
Geldanweisungstaxen. Seit 1. Dezember 1891 knmmt für Geldan-
weisungen bis zum Betrage vou Fr. 20 eine besondere Taxe von 15 Ep. zur
Anwendung. Die übrigen Taxen bleiben unverändert.
Ad Seite 625: Zeitnngstaxen. Die Taxe fttr abonnirte Zeitnagen be«
trügt nnnmehr 1 Bp. fUr je 76 Gramm (anstatt 50 Gramm).
Ad Seite 62(>: Portofreiheit. Außer den sub Zifer 2 aufgeführten
Behörden und Bi^aintungen ^nicßeri fiir die ein- und atisg^eheiide Korrespondenz
in Amtssachen nunmehr auch die Anfsichtsbchörden der öffentticlutu Schalen
Portofreiheit.
Ad Seite 627: Yertrltge. Im Jahre 1891 fandea sieh die Bevollmüohtigten
der Regierangen der vcn^diiedeoen LKader des Weltpostvereins zu einem Kongreß
in Wien ziiHammen. Der \Veltpo>;tvertrap^, sowie die besondern Uflie rein kommen
wurden rcvidirt und zwi.schcn cinzfliir-n VcrtragS'^taateti ihmp- Ucbereinkoramen
getroffen betreffend den Austausch von Brieten und Schachteln mit deklarirtem
Werth, sowie die poetalisebe Besorgung von Abonnementen anf Zeitangen nnd
andere periodische Verttfifbatliehingen (A. 8. n. F. XII, 702 a. ff.).
Ad. Seite 630: Haftpflicht der FoatTerwaltnng. Das Postdeparte-
ment hat dem Bondesrath den Entwarf zn einem neoen Gesetz Uber das Post-
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Poet
— 2«« —
Püstäpaikassen
regal vorgelegt und es befaßt sich letztere Behörde geg«nwfirtig mit diesem 6e-
«etsesentwnrf. (GeMbrieben End« September ld9S.)
Heranbildung des PostperBonalB, Um eine zweckmäßige und gleicb-
mäßige HeranbiHnng iler Postbramten zn prriclen, prlielS flrv Bundcsratlr am
23. April 186f l inc „ Verurduung über Bildung und Verwendung von Po»t-
aopii'anten' ^A. 8. IX, Ö4i).
Dia GrandzOge dieser YerordDUDg waren im Weeentlinhen folgende:
1) Altersgrenze bei der Aufnahme ; 16 Jahre nach unten, 25 Jahre naeh oben.
2) Frauenspersonen wurde der Zutritt in gleicher Weise gewSbrt, wie den
männlichen Bewerbern.
3) Bei der Prnl'uiig hüben die Kandiilaten »ich iiuhziiw<:isen über: u. einen
gewissen Grad von allgemeiner Bildung (gute Sekundarbchulbildung); b. gute
Handschrift; c. Fertigkeit im Rechnen; d. Kenntniß der politischen Geographie ;
e. Kenntniß wenigntenn zweier Nationalspracben.
4) Dauer der Lehrzeit ein Jahr.
5) Nach Beendigung der Lehrzeit findet die Fach- (Putent-)prUfuiig «tatt.
G) BUrg«chaftsleit«tung im Betrage von Fr. 1000.
7) Siüarirung. Wiihrend der ersten sechs Honate der Lehrzeit keine £nt'
Kchßdigung, später Fr. 1. 50 per Tag und nach Ablegung der Fachprttfung bei
Verwendung alH Gehülfen ( Aspiranten) Fr. 2. 50 per Tag, bei Versetzung Fr. 3
Zolagc täglich und Vergütung' iler Transportkosten.
Am 27. Tnni 1873 (A. S. XI, 191) wurde diese Verordnung durch eine
neue ersetzt, welche von der alten namentlich in folgenden Punkten abweicht :
1) Ausdehnung der Alterdgrense beim FÜntritte auf 80 Jahre.
2) In Bezug auf die Annahme von Frauenspersonen wird der eigentlich selbst -
verstSudiiche Vorbehalt geninflit, daß soldien dei Zutritt insoweit offen sttlif, ;ils tür
geeignete postdit^nstliche Verwemliuig ik-r Frauenspersonen Gelegenheit vorhanden sei.
3) Lie Lehrzeit wird von 1 Jahr auf Ib Monate ausgedehnt.
4) Fekaoiftr findet eine erhebliche Besserstellung statt: wihrend der drei
ersten Lehrmooate erhlllt der Iichrling Fr. 1. 50 per Tag; fdr die folgenden
nenn Monate Fr. 2 und für den Kest der Lehrzeit Fr. 3 tliglich.
Der Aspirant erhält Fr. .'3 3. "lO per Tag, nebst Provisionen oder Franken
3. 50 — i. — ohne Provi.sionen, je nach dem Orte der Verwendung. Bei Ver-
setzungen werden die Transportkubten vergütet und eine tägliche Enlbchüdigung
von Fr.. 1. 50 wiihrend längstens 4 Woehen besablt.
Durch Bundesrathsbeschlnß yom 21. August 1883 wurde der BUrgschafts-
betrag der Lehrlinge von Fr. KKK) auf Fr. .".OOd erhöht.
Postsptirknssen. (Ergänzung des Artikels im II. Band.) Im März 1890
hat der Buudesrath beschlossen, es sei das Finanzdepartement einzuladen, Bericht
und Antrag dariber zu hinterbringen, ob auf die Erruditung einer eidgenOasisohen
Postsparkasse eingetreten und, bejahenden Falls, in welcher Weise die Einrichtung
getrotfeii wL'rdeii öolle.
lui Mürz 1892 beschloß die nämliche Behörde, es sei das Finanzdcparte
ment vun dieser Einladung f\\r einKtweilen zn entbinden. Dieser Bf'.--cblulj ist
einläßlich motivirt und eä ging der liundesrath dabei von der Aubicht auä, daß
die Sparkassenfrage nnr in Verbindung mit der zokflnffcigen Bundesbank gelSst
werden könne und daß deßhalb die Angelegenheit in ihrem Detail für den
Bundesrath ruhen dürfe, bis das Schicksal der zukünftigen Bundesbank durch
ein Aubfahrnngsgsetz zum Monopulartikel entschieden sein werde. (Geschrieben
Ende Heptember 1602.)
. j . . .. I y Google
Rechtspflege
2Ö9 —
Heclilspflege
Reclilspflege* (Der Verfasser, Herr Dr. jui*. J. Sohol lenbcrger in
Zttri<^i hat fotgeade Elntlit&laiig der Materie Torgeseben: 1) Band and Kantone;
2) Gewaltentrmnnng; 8) Bettand and Kompetenaen der Gerichte; 4) Wahl,
Besoldnng und Yerantw^ortlichkeifc der Richter; o) Staatsanwaltschaft und Advo-
katur; 6) Bundesgericht. Leider mußte der Verfasser die Arbeit beim 3. Abschnitt
abbrechen, da er, 7.nm a. o. Profeswr für Staats- und Verwa]timg<<recht der
schweizerischen Kantone an die Hochschule Zürich berufen, die nötbige MuLie zur
Vollendung nidit mehr fand.)
I. Bund und Kantone.
Die Kantone sind sonvoriin, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundec-
verfassnn^' besehränkt ist, und üben als solche alle Rechte ans. welche nicht
der Bundeifctgewult Ubertragen siud (Art. 3 der Bnndeaverf.}. Das gilt auch für
die Rechtspflege. Üm ako hier das YerhKltidß der Kantone anm Bund an he-
Ktimmen, ist einfach die Kompetena des letatem ahangrenzen; was Uber diese
hinaus liegt, fällt in die Koitipet(n/. der Kantone. Dabei bleibt die Militär-
strafrcchtspfletje außer Betracht. Ditsclbu ist übrigens ganz Burulessache, indem
nicht uur die Gesetze über Militärhtrafrecht und -strafrecbtspllege, sondern aach
die Militärgerichte eidgenöäsihch sind.
Die Bondeakompetens in Sadien der Beehtsptiege hat swei Seiten: die
Gerichtsbarkttt des Bundes und sein Gesetzgebungsrecht betr. die Rechtnpflege.
1) Von gewissen Administrativstreitigkeiten, welche den politischen Bundes-
behörden, Biindesrath riTid Bundesversammlung, iiiiterstohcn, abgesehen, wird die
Gerichtsbarkeit, soweit t>ie dem Bunde zusteht, durch das Üundesgericbt ausge
übt. Es fragt sich also, um jene an bestimmen, wie weit dieses zuständig ist.
Diese ZastSn^gkeit setzt die BnndesTerfassnng aam einen Theü selbst fest, sora
andern übt rliißt »ie die Festsetanng der Bundesgesetzgebnng.
a. Die Bundesverfassung verweist an das Biindesgericht vor allein Streitig-
keiten zwischen Kant(jnen, eivili eclitliehe und .staat.srechtliclie • civilrechtliche
Streitigkeiten und Kompeteuzkouäikte zwischen Bund und Kantonen; Verbrechen
gegen die Eidgenossenschaft und beaw. die BandeshehVrden selbst, oder gegen
dos Völkerrecht, and auch gegen Kantono da, wo yom Bnnd bewaffnet einge-
schritten werden mußte. Der bundesmäßige Austrag dieser Fälle erscheint als
iMH Gebot der Selbsterhaltnng der Schweiz als Bünde5:staates' und bezw. in ihrer
Iiitegiität nach außen. Sodann auch Beschwerden betr. Verletzung verfassungs-
mäßiger Rechte der Bürger, nnd awar von Kantoos- wie von Bandesverfassungs-
rechten, nnd beaw. Beschwerden von Privaten wegen Verletanng von Konkordaten
und Staatsverträgen vor sich zu lassettt kann der Bund nicht umhin, nachdem
er jene Reebte der EUrger selber garantirl bat. Mehr als Accidenz dagegen
stellt sich dar, was dem Biindesgericht noch weiter an Gerichtsbarkeit zugewiesen
ist, nämlich die Beurtheilung civilrechtlicher Streitigkeiten : zwischen Buod oder
Kantonen «ner- und Korporationen oder Privaten anderseits nnd auch in andern
Sachen, wenn im ersten Fall der Bnnd Beklagter ist, in den Übrigen eine beaw.
beide Parteien es verlangen und in jedem Fall der Streitgegenstand einen Werth
von wenigstens Fr. Imt. Der ganzen von der Bundesverfassung dem
Buodesgericht übertrugeueu Gerichtsbarkeit ist eigen, daß sie, wo überhaupt,
direkt und von vorn herein in Funktion tritt. Nur bei Verletzung vcrfassungs-
mSßiger Rechte der Bttrger etc. ist die Bnndeskompetenz erst g^ben, wann
der kantonale Tn-^tanzeuzug erschöpft ist.
Duri h die Bundesge*'etzgebung kann dem Bundesgericht Kompetenz in
doppeltem Wege zugeschieden werden : in Bundesgesetzeu und mittelst die Ge-
ftirrar VoUuwüUiMi>afl<»-Le»tkQn der SciiweU. 19
Recblaptlege ~ 290 — Rechtspflege
n« liiiu;^Miii;i; 1 ntti.nalei' Vt'rfas^nngeD oder (iesetze aussprechender Iii Schlüsse der
Buude«veri»uiaiaiuug a\h der gtHetxgehenden Behörde Bondes. Was die Bundes*
gvsetse betrifft, so liedingoa sie an steh ho wenig die Gericbtebarkeit, als die
VollzDgsgewalt dee Bnn Jee, deeaen Oberao&ioht immerhin vorbehalten ; sie sind
nach beiden Richtungen mehr darauf angelegt, von den Kantonen gehandbabt su
werdi n. Der Bund betheiligt seine Gerichtsbarkeit indes dabei vielfacli, aber in
verhcbiedenem Maße. /i. Als erste und einzige Instanz, wie bei der
ihm von BandeeverfaKsungawegen ertheilten Gerichtsbarkeit, fnnktionii't das Bundes-
geriebt in gewieaen ClTiUtreitigkmten nnd im Strafrecht. Jene betreffen die
Entschädigung fttr Expropriationen kraft Bundearecbts und fUr Mitbenntsung
von Kisenbahnen, wo anderseitR das Bediirfmß v'«?n Riin lesrath festgestellt wird,
und die Zwangsliquidation von Eisenhuhutn. im .Strafrecht sind durch das
Bundesgesetz Uber das Bundesstrafrecht neben den erwähnten von Bunde«ver-
fanongswegon tn verfolgenden Yerbrecbea noeh andere das BandeatntereeM» be-
rührende Delikte, wie Fäliohnng von Bnndeeakten, Falschwerben, Gefihrdung
von Eisitibahnzyf!;en etc., statnirt worden, aber in der Meinung, daß sie in der
Recrel von den kantonalen Gerichten zu bcurtheilen sind. Wo sie ansnahmsweiae
dem Bundesgehcht Uberwiesen werden, urthcilt dieses auch in einziger Instanz,
wie Uber die ihm durch die Bandesverfassung übertragenen Verbrechen. Ober-
inatana ttber die kantonalen Gerichte iet ee im eigentlichen Strafreoht keinenfalls.
f). AU Revisionainstanz dagegen ist das Bundec^gericbt fttr die übrigen
vom Bund erlassenen Gesetze civilrt chtlichen Inhalts bestellt, zur Wahrung der
einheitlich»!n Anwendung dieses K'-dits. 8nlch«*s ^ind die Bundesgesetze Uber
Eisenbahntransport, Haftpflicht der Eixenbahuun uud der Fabriken, Civilstand
and Ehe, und die auf Grand des Cäviljnstizgesetzgebungsartikek 64 der Bandes-
varfawung erlassenen Geaetse ttber Marken« nnd ErfindongMcbots, Urheberrecht,
und namentlich das eidg. Obligationenrecht. Die übrige Rechtsprechung ist in
jenem Artikel d^n Kantonen ansdrü« klich rf^ervirt. 14 der beznglirhe Streit-
gegenstand schätzbar, so muß der Werth wieder wenigstens 3,üUü Fr, sein,
damit das Bundesgerioht angerufen werden kann. Appellationsinstanz geradezu
ist daseelbe nicht, ee bat den von den kantonalen Gerichten ISaetgeBteltten That-
bestand unverändert anzunehmen ; aber auch nicht bluße Kassatiunsinstauz, indem
seine Entscht- idungsbefn/a^niß nicht an wenige bestimmte Gründe, wie insbe&ondire
olTenbare K<'rhtsverle'tzuiig, gebunden ist. — y. Bloß« Kassation si nsta nz
ist das Bundesgericht bei Uebertretungen fiskalischer Bundesgesetze, als betr.
Z5lle, Poeten, Pulver, Httnaen nnd gebrannte Waeser. Dem Bnndeegericbt «ind
dnrob gnwiaae Bnndeegeaetae ttberdlee die Fnnktionen eines Konkttvariditevs su-
gethdlt. So bei ZwangHÜquidation von Eisenbahnen und von Emissionsbanken.
Eine eigentlich freiwillige GfrichtFbarkeit besitzt es njrht.
c. Endlich die Rechtsstrcitigkeiten, welche ait da.-* liiuide>g;ericht gewiesen
werden könneu durch die Verfassung oder die Gesetzgebung eines Kantons, so-
weit sie die Genebmignng der Bundesversammlung findet. Hiemadi wird es
sich d* un auch bestimmen, als welche Instans das Bundetgericht in solchem Fall
m fiinktioniren hat.
2) So ansehnlich mit Gerichtsbarkeit ausgestattet der Bund erscheint, so
durttig mit Kompetenz zur Rechtspilegegesetzgebung. Die Organisation des
Bnndesgeridhts und das Verfahren vor ihm bestimmt er natürlich selber. Daher
die Bnndesgeseine ttber die Organintion der Bnndesreobtai^^pB, das Verfiifaren
heim Bundesgericht in bürgerlichen Redltsstreitigkeiten und die Bondesstrafrechtti-
pflege. Aach ist die Auslieferong «wischen den Kantonen im Interesse des
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Hechtepflege
— 291 —
Rechtspflege
Bundesstaats bundeögebetzlich geur"lnet. Ein einhtitli' lies Hi chtsverfnhren inner-
halb der Kantone aber bat der Bund nur festgesetzt betr. UebertretuDgen der
erwKhnten fiskaliMhen BmideBfesetse und, kraft d«r neneii BnndetrediMSQng, nun
ancli betr. Schnldbetreibnog und Konkurs. Betr. Uebertretongen polizeilicher
Bunde«gesetzp dngcgcn hat der Bund das Verfahren wieder den Kantonen iiber-
lassen er hatte sich sonst mit der Zeit eine Unmasse von Bagat^llsMcheii auf-
gebürdet. Des Weitem ündeu sich noch einige be7.ilglicbe Grundsätze in der
B«iidemrfa«fiuig «u^wtellt: das Yarbot tob AnanabinsgerioliAMi uad dar geut-
liohen GariehiilMurlceit; der Qraadaate, daß alle SchwMwrbttrger in der Geaate-
gebung sowohl als im gerichtlichen Verfahren den Bürgern dos eigenen Kantons
gleich zu halten sind: daß ih_-r aufreelitstehtMid" Sflmldner, welcher in der Schweiz
festen Wohnsitz bat, an diesem fiir persönliche Ansprachen «je^neht werden muß; daß
die rechtskräftigen Civilurtbeile, die in einem Kautuo getHllt »ind, in der ganzen
Sobwei« sollen ToUaogen werden kennen; endUeh, swar mehr das materielle
Beoht angebend, das Verbot der Verhanunng eines KantonsbUrgers aus seinem
Heimatkaiiton nnd die Abschafifung der TodeBstrafe bei politiaehen Vergehen und
der körperlichen Strafen.
Das ist da» Gebiet der Bundeakompeteuz. Im Uebrigen abo steht die
fiecht.sptlege bm den Kantonen, nnd so speziell die geaetaliohe Ordnung ihrer
Gerichte nnd des Yerfabrens vor denselben in Civil- und StrafsadMD.
Die folgende Daratellnng beadiränkt sich auf die Gerichteoiganisationen, und
zwar hat sie der Natar der Sache nach diejenigen der Kantone xnm ersten und
Hauptgegenstand, um mit der Organisaliun des Bundesgerichts zu schließen.
Schuldbetreibung und Konkurs bleiben ganz bei Seite, als mehr zur Vollsiehung,
denn zur Hecbtsprechung gehörig.
II, G e w a i t c n t r e n n u n g.
Unter den Gewalten sind die drei Staatsgewalten, die gesetzgebende, die
vollziehende oder adminiRtrative untl die richterliche Gewalt verstanden.
«Trennung" disMr Gewalten hat einen doppelten bexw. dreifachen Sinn. Das
Wort beieiehnet, daß einmal jede Gewalt ihren eigenen Träger, ihre besonderen
Behörden Inbe und sodann keine in den Bereich der andern Übergreife. Zur
Trennung nach dem Träger gehört es vor allem, daß die re<=p. Behörden, welche
die drei Gewalten ausüben, als solche verschieden seien. Ks wird dazu aber
etwa weiter die Vonschrift gerechnet, daß auch die einzelnen eine Behörde oder
Beamtung ausmacbenden Pmonen niobt zugleich der Behörde einer oder der
beiden andern Gewalten angehören dürfen, und damit der dritte Sinn dee Wortes
hergestellt. Der letztere Ausschluß wird sonst zu den sog. Inkompatibilitäten
gerechnet und als «olohe anch von uns erst im Abschnitt über die Wahl der
Kichter behandelt.
Auf ^e Trennnog der Gewalten nach dem Träger gibt es keinen bundea-
Teobtliohen Anspruch. Der Sats der Bundesverfassung, Art. 58, Niemand darf
^ ' 11 verfassungsmäßigen Richter entzogen werden, besagt nicht, daß e ine
besondere richterliche Behörde sein müsse, w(dehe die (Terichtsbarkeit verwaltet.
Wohl aber gibt der Satz Anspruch daraut, daß keiue andere Behörde als die-
jenige, welcher es verfassungsgeuitiß zukommt, die Gerichtsbarkeit ausübe. Ueber-
griffe der einen in den Bereidi der andern Behörde sind denn schon wiederbolt-
auf Grund jenes Artikels vom Bondesgericht zurttckgew lesen worden. Bestand
und Bereich aber der kantonalen Gerichte bestimmen sitth also lediglich nach
dem Recht des betreffenden Kantons.
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Rechtspflege
— 292 —
Hechtspflege
Den Grundsatz der GcwaltentrennaDg haben alle Kantone außer Appeozell
L'Bh., GnubUnden, Sehwys, Teaam und Zttiich in ihreo VerfiMrangeii an«-
drttcklioh rafgeetdlt, Außerrhoden, Baselstadt, Bern, Luzern, beide Unterwalden
UTxl Zug zwar nur betr. ä'w vollziehende und richterliohf (Gewalt, und Wiillis
erklärt einfach die richterliche Gewalt ala unabhängig. Kr bedeutet nichta
weiter, als daß die die verschiedenen Gewalten ausübenden Behörden ak solche
getrennt seien. In dieeem Smn« gilt der ChundMti woh, wo und soweit «r
nioht boBonden an^eaprochen ist, in Ai^MniseU I.-Bb. so gut als in Ztlrioh,
indem überall die Sonderung der gesetsgebenden, ToUsieliendea und riohterlidien
Behiirden durchgeführt ist.
Freilich nicht ohm Auenahmen. Innorrhoden gerade kann niclit umhin,
in einem Tunkte vom Grundsatz abzuweichen. Hier erscheint namlioh die Standea-
kommission d. h. die IjandesregieniDg nach der VerfiMstingsrerision Tom Jahr
1883 als Kassationsbehürde für letztinstanzliche Civil- und Htrafartbeile in Fällen
von vorgekommenen Forinfelilern'). Baselland erklärt die Trennung gerade für
die obfrstP vollziehende und die oberste richterliche Gewalt, ah ob umgekehrt
in den untern Behörden beide Gewalten sich vermischen könnten. Es befaßt
sieli abetr seine Yerfassnng gar niobt mit den nntern Beb8rd(Mi, mid die Ges^«
gebang, der sie die Organisation ttberlllfit, führt die Gewaltentrennong in den-
selben nicht weniger durch. Es gilt also auch hier der Sata der Bemer Yer-
fiipfiiing: Die ii<lniini-trative «nd richterliche Gewalt ist in all-Mi Stufen der
Staatsverwaltung getrennt. Hingegen haben in Aargau, ÖchatVhauseii und Thurgau
die Flurkummiäi^ionen, und in GranbUnden und St. Gallen die Flüßkommi»«tionen,
jrae wie diese lokale yerwaltoogsbehVrden, besUgliche oiTÜrichterliohe Komipetena.
Zur Frage nach dem Bereich der Gewalten sagt jener Gnuxlsata der
Gewaltentrennung nichts näher. Hieftir gilt es. t-ich nach weiteren Bestimmungen
nrnTTTschen. Von dem dreiseitigen Verhältuili kann hier die eine Seite, das
Verbältniß der gesetzgebenden zur vollziehenden Gewalt, außer Betracht fallen.
£b handelt sieh nnr nm den Berdeh der riebterlidien gegen die beidwi ander».
a. Bas Yerbiltniß mr ffetettgebenden Gewalt. Diese ist der riditerliehen
wie der vollziehenden eigentlich nicht sowohl neben- als tibergeordnet, insoferu
fiie Uberall '^a^ Aufsicbtsrecht Uber die beidt-n besitzt. Wo der Grundsatz der
Gewaltentreniiung mir mit Bezug auf die richterliche und die vollziehende Gewalt
ausgesprochen ist, war daher wohl dieue Iiuck.-iuht bestimmend. Die AutAicht
Snfiert sieh indeß der riohterliohen Gewalt gegenüber in der Kegel blos darin,
daß sich die gesetzgebende periodisch Uber die Geschäftsführung Bericht crctatten
läßt. In Baselland veranstaltet der I^ndrath statt dessen jährlich eine fi'>rmliche
Untersuchung der Gefichäftsführung. Der gesetzgebenden Behi-rdc ist in Bern,
Luzern,8chwyz,Soluthum, St. Gallen, Thurgau, beiden Unterwaiden und üri auch die
Auslegung der Gesetxe in abstracto und damit eine Direktive der gerichtlichen
Spnid^gewalt vorbehalten. 80 angeieigt dieses Reeht gegenüber der riohterlichen
Ifeigung KU UbertriehMi eiviliBtificher Interpretation erscheint, so wenig selbst«
verständlieh ij-t es da, wo wie beim Inntitut der Landsgemeindo und des obli-
gatorischen Referendums das Gesetz vom Volk ausgeht. Das Aufsicbtsrecht der
gesetzgebenden Behörde erstreckt sich in üri Kuweit, daß sie, der Landrath,
selbst gegen Weisongen and Befehle des Kantonsgeriohts an die untern Gerichte
') Noch im Jalir zuvor hatte das Hundesgcrichl der Slandeskornmission, gestützt
auf die dortige Verfassnnir, die Kassationsbefui^niß abgesprochen (Bundeügerichtl. Ent-
scheidungen Bd. 8, pag. 2i7). Die Inncrrhoder ilnderteti aber lieber die VerflaLSSung,
als dati sie sich von der Buudesbehörde zurechtweisen Ueßen.
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Kechlspllege — 293 — Hethtspllege
und bei Klagen gegen deeaen Amtifllhniiig EDgerofen werden kann. £ine föim*
liehe ürdieUakompetm» wie die Standeekommiasion in Innerrhodan hat er dämm
swar nicht.
Die Einmischung der ge«etzgehenden Behörde in konkrete Gerichtssachen
ist f?oii9t überall anpgesrhlosj^en. Darin besteht wesRiitlich die Garantie der
richterlichen Unabhängigkeit. Selbst iui>oweit erleidet »ie aber Au&oahmeü; 1) vur
Allem dnrdi daa Begnadhfungsrechty welches als SoaverftnotStBreoht der geaet»'
liebenden Behörde in allen Kantonen vindizirt ist. Der eigentliche Inhalt der
Begnadigung ist Strafnachlaß. Bei einem Tudesartheil kann sie natürlich nur
in dessen ümwandliino' bestehen, and so geht sie auch etwa sonst statt auf
Minderung dei^ Strulmaße^ auf Milderung der Strafart. In jedem Fall kummt
die Begnadigung erat in Frage, nachdem das gerichtliche Strafurtbeil ergangen.
S) Anders die Amnwtie^ indem sie nicht nnr anl ganse Klassen von Yerbret^en,
insbesondere politischen, sich zu erstrecken ('Hegt, sondern anch die Straf-
verfolgung von vornherein abstellt^ kann. Sie tindet sich denn auch in beiden
Appenzell, Baselstadt, Freibiirfr. <ilaru8, Liizeru. St. Gallen, Tesfin. Uri und
Zürich uieht uuhdrUcklich statuirt und ohne da«, ein viel außerordentlicheres
Eingriffsmittol in die Becbtspfiege, wie sie int, venteht sie sich nicht Die Be«
gnadigong wohl ist hie und da fHr goingere f^lle dem Regier ungsrath delegirt,
die Amnestie dagegen übt der gesetzgebende Körper Uberall selbst aus. In Bern
einzig scheint der Regiernngsrath im gleichen Umfang wie begnadigen so am-
nestiren zn können. Im Bund hat die gesetzgebende Behörde, die Bundes-
versammlung, das Recht sowohl der Amnestie als der Begnadigung. '.)) RdiabUi'
tation d. h. die Wiedereinsetsang in die bürgerlichen Rechte nnd Ehren. Sdbst
sie ist in einigen Kantonen als Aargau, Appenzell I.-Rh., Baselland, Glaros,
St. Gallen und 'riiurgan der gesetzgebenden Behörde vorbehalten. Freilich luiiidelt
es sich dabei mu stralgerichtlieh, nicht blos konkursrichterlich entzogene Khren-
rechte. Anderseits aber nicht nur um einen Entzug, den das Gesetz selbst an
das Strafiirtheil knüpft, sondern auch nm Bolchen, den der Richter von sieh ans
als Straffolge verhängt hat. In andern KantouMi ist denn die Rehabilitation
Überhaupt Gerichtssache.
Soweit greift die gesetzgebende Gewalt in die richterliche ein, und wie
nun umgekehrt? Die Auslegung des Get^etzes ist des Richters eigenstes Gebiet.
Er ist zu derselben befugt, auch wenn er sie falsch gibt^ ihr Korrektiv findet
sie einzig an der Anslegung des Gesetzgebers, wo diese gegeben ist. Die richter«
liebe Auslegung hat aber zwei bestimmte Schranken. Einmal darf der Richter
(las Gesetz nicht auf die Verfasi^nng prüfen, bezw. nicht, weil es mit dieser im
Widerspruch stehe, bei Seite setzen, sofern ihm die Befngniß dazu nicht ve»r-
fassungsmäl^ig eingeräumt ist, was in keinem Kanton der Fall. Voraui>setzung
ist wohl immerhin, daß der Gesetzgeber selber die Ter&ssung bermte vor sich
gehabt hat Das Bnndesgerioht hat dm Bnndesgeaetaen gegenüber jene Befogniß
anch nicht ; die kantonalen G^tze dagegen an der Kantons- wie Bundesverfassung
zu prüfen, dazu ist es recht eigentlich berufen. Dem kantonalen Richter stellt
lediglich die formelle Prüfung zu, ob ein auf verfassungsmäßigem Wege ent-
standenes Gesetz vorliege. Auch wegen anderer kantonaler und eidgenössischer Ge-
setze ond wegen Staataverträgen kum er ein Geeets wohl nur bei Seite aohiaben,
wenn es schon vor jenen erlassen worden iat Ganz in gleichem Umfonge wird
diese Schranke der richterlichen Auj<legnng auch gegenüber Erlassen einer gesetz-
gebenden Behörde zu ziehen sein, die nicht selber eigentlicher Gesetzgeber ist.
Diese ist immerhin Aofsichtsbehörde der richterlichen und es verträgt sich mit
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Rech bp liege
— 294 —
Rechtspflege
der AnftiöhtsitellQiig kaum, »ich das Heft vom Beanfriehtigten kbmgin» laeeen
ZQ müaeen. Die andece Schranke ist (ü^ daß der Biohler nicht bei der Aualegiiniip
das Gesetz, soweit er sich von ihm Qberhaapt lossagen darf, selbständig abändere.
6. Der Bereich der ric hterlichen zur volbiehenden oder (uimint'^traliven Ge-
walt. Was der Richter al» Holuher ausübt, ist Gerichtsbarkeit. Im weitesten Sinn
amfaßt diese einerseits die Gerichtsherrlichkeit und anderseits die Gerichtsbarkeit
im engem Sinn.
Die Gerichtsberrlichkeit ist die Macht, dafür zu sorgen, daß Gericht und
Reclit geliaudhaVt wf nleii. Sie erscheint »lainit iils Attribut der SouverSnetät
uüd ihre Auhübiing kommt dahir eigentlich <ler Regierung zu. So deuu in den
französischen Kantonen Freiburg, Genf und Neuenburg, wo sie, dem französischen
Rechte gemSß, der Staataanwaltsohaft delegirt ist, and in Lmenrhoden und Gran-
bttnden. In andern Eantonen wenigstens insofern, ab die Begierang, indem sie
den Anklagebehörden vorgesetzt ist, Uber die Anhebuog oder Eiostellung von
Strftfklaj;^f»n entscheidet. Wenn diese Befugniß vielfach für iIüs Gericht reklamirt
wird, Hü bleibt dubüi eben ihre 8taat>*lierrschaftliche Seite übersehen. Zum Keclit der
Straf klage gehört auch das Keuht der Auolieferuiig. Soweit es Ausliefer ungeu
swisohen den Kantonen betrifft, oder solche« fttr weldie Icein Vertrag mit dttr
Eidgcnossensehaft existirt, steht das Recht bei den Kantonen und wird hier
durchweg von der Regierung ansgcUbt. Einzig in Si;bwyz ist es das Kantons-
gericht, welches über bezügliche AuHliet'erungsbegehren entscheidet. Auch in der
Eidgenossenschaft, der die Auslieferungen aus Staatsvertragen zusteheo, entscheidet
das Bandesgerielit, wenigstens wo die Anwoidharkeit des betr. Ytttrags bes^tten
ist Sonst ist die Gerichtsherrliebkeit tiberall den Gerichten selbst ttberkasen and
inbegriffen im Att&iditsreeht der obern Uber die untern. lu jedem Fall kann
gegen Reehtt<verwcigernng Solmtz beim Bundesgericht gesucht werden.
Die Gerichtsbarkeit im er.Lrrm Sinn theilt sich ihrcrseit.s in die freiwillige
und die streitige. Die freiwilligt Gerichtbbarkeit umfaßt die Thätigkeit der
Gerichte avßer der Rechtsprechung und was mit dieeer sasammenhängt, und reicht,
nach Willkür der Gesetzgebung, von der Amortisation tob Urkunden bis sor
VormundschuftstÜhruiig. So ungleich ihr Bereich in den verschiedenen Kantonen
ist, so bestimmt sind ihre Funktionen. Sie pflegen durch das Gefsetz einzeln
fizirt zu sein und es kann daher diese Gerichtsbarkeit mit der Administration
nicht wohl koUidiren, weßhalb sie lüer auch nicht weiter au ywfolgen ist.
Gans anders die streitige Gerichtsbarkdt. Hit dieser be^nt die Schwierigkeit
der Abgrennng der richt«riiohen von der administratiTen Gewalt. Schon die
Anwendung der Verordnungen dieser Gewalt gibt zu Fragen Anlaß Steht
ihnen der Ri(;bter auch m gebunden iregcniiber wie denen d> r ge.setzgebenden?
Diu Verfoäsuugea beider Ba^>el, von Luzern und St. Galleu gestatten der Re-
gierung aaedrttcklidi nnr solche Yerordnnngen, welche den Gesetcen ond resp.
der Verfassung nicht zuwiderlaufen. Widersprechende also und solche, welche
der gesetzgebenden Gewalt vorbehalten sind, sind hier für den Richter nicht ver-
bindlich, und wohl ebensowenig in den andern Kantonen. Immerhin ist ein vou
der gesetzgebenden Behörde genehmigter Regierungserlaß so gut, als wäre er
von ihr selbst ansgegaugen, und auch im Uebrigen sind die Begiernngs-
verordnnnfren vom Richter so respektiren.
Die Administration beansprucht aber in gewissen Streitigkeiten aelber den
Entscheid; darin liegt die haupt.sh*chliche Schwierip-Iceit der Abgrenzung. Im
Allgemeinen gilt, daß in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in Ötraisacheo der
Entscheid Jedenfalls dem Richter zusteht.
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— 295 —
RecliLgplIegtt
fit. In Straftaehen swar ist die Lttsaog siemlich einfach wie einseitig. Bei
den eigentlichen Delikten, Vergeben und Verbrechen, ist die Administration ale
solche g-ar nicht interes«iit. Um so nvehr bei den i^lizciübertrelungen, die
gerade iiU V«Tletznnp administrativiM- Gebote erHcheinen. Auch hier aber ist
die Bestriiiuug meitit in die Hand de« Richters gegeben ; wo er nicht von vorn-
berein enteeli^et-, kann doob an ihn reknmrt wwden. Und iwar befindet er
aueh im letstem Fall gerade nnd in erster Linie Ubinr die Begrttndetfaeit der
Strafe. So aueh, nach dem speziellen dieebeEllgii<^en Bnndeegeeets, bei Ueber«
tretnng von fiskalischen Buiidesgc«' t:""ii.
Neben der Polizeistrafe aber kommen oft weitere polizeiliche Anordnungen
in Frage. Eh soll z. B. verbotenes Fiachfanggeräthe konliszirt, verseuchtes Vieh
abgethan, eine fenersgeifthrliche Einrichtnng beseitigt werden, oder es ut eine
Ixilizciliehe Konzession zn entziehen, oder es handelt sich gar um eine positive
Leistung : bei einem Bau Sicherheitsvorkehren anzubringen, eine mißbräuchlich
g^prodete WaldHache wieder zn bewalden oder um die vorschriftsgemäße Ver-
tilgung von der Laiidwirihschaft schädlichen Insekten. Soweit dergleichen Ver-
fügungen für aioh getroffian werdm, bekommt der PoHseiriditer aU Bolcher gar
kdne Gel^noheit, darttber an befinden. Wo sie aber mit einer Polizeistrafe in
Verbindung stehen, da ist er versucht, dieselben ebenfalle ta beurtbeilen, soweit
es ihm das (lesetz nicht au.sdriicküch verwehrt, was sor.URagen keines thut.
Damit unterwürfe er aber die Durcbriihruug adniiiii^trativer Vorschriften völlig
seiner Gewalt, und dazu ist er um »o weniger berufen, als die Maßregelu
wesentlieh nieht eine Vergeltung wie die Polixeietrafe eelbat, sondern Heretellung
der staatlichen Ordnung und bezw. Verhütung der weiteren Störung: bezwecken.
Solche ^^'rfUgu^gen üind also den administrativen Behörden und die Betichwerden
darttber dem Verwaltungsweg zu überlassen nnd vom Richter umgekehrt unter
seinen Entscheid nur zu ziehen, wo es das Gesetz ausdrücklich bedingt.
DIee ist im Rayon der BnndesgeeetM dmr Fall mit Bezug auf Fabrik- und
Handdemarkea, Urheberreebt, Erflndnngssehnts nnd gewerfaliehe Muster und
Modelle — just Gegenstände mehk* der eigentlichen, bürgerlichen und kriminellen
IJechtsordnung. Wi»- verhKlt es sich nach den kantonalen Gesetzgebungen?
Autfallend weit dehnt Baselstadt die richterliche Judikatur über polizeiliche V'er-
fUgungen aus. Da unterliegt neben der Buße auch die Konüskation ungehörig
yertragenen Fleisohea, die Tttdtung gefllhrUeher wilder Thiere, die Aenderung
fehlerhafter Gaseinricbtnngett, die Wegschaffung baupoli/.ei widriger, ja feuers-
gefSlirliclier Einrichtungen, auch von Dampfkesseln, und selbst die Vornahme
baulicher Sicherhcitsmaßrcgf In, dem ürtheil des Polizeirichterf. Am konsequentesten
beschränken umgekehrt den Bichter auf die Beurtheiiung der Baik Genf, Solo-
thum nnd Zttridi. Im AUgoneinen werden ihm Konfiskation ond Gewerbererbot
noeh sm ehesten neben der Bnfie unterstellt, wohl weil man dieselben mit den
kriminellen Strafen dieser Art susammenwirft Die Wegnahme von an sich
vielleicht ganz nnschuTdigen GegenstHnden (z. B Bestechungsgeschenken) und das
Verbot eines freien (jewerhes bedeuten aber etwas ganz anderes als die Einziehung
einer von vornherein polizeiwidrigen Sache und deu Rückzug einer bloßen poli-
zeilichen Konzeenon ; letztere Mafinahmen sollen von der Polisei selber und aus»
sehli i'li< ]] verfügt werden können.
Uebrigens kommt es vor, daß salbet die Bufiverfttgurg ganz der Verwaltung
'» Verl.'!, da« {redankfiilnsc Prrijiifliz fU"= zrucher. Obergericht'j in SIrftuli's Koro-
uientar zum Zürcher. Hechlsptlegegeselz, § Hb, .Note 4.
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Rechtspflege
— 296 —
Rechtspflege
Überlassen ist. Die Bnndeeadministration hat wenigstens im Aas wander unge
und Y» rsi( hernngswesen eine aussclilii-ßlicbe ßußbefugoiß und von den Kantonen
habi u Zug und Wallis sogar fast alie Polizeiüliertretnngen dem Hicbter ent-
zogen. Ueberhaupt läßt sich sagen: Es gibt kaum eine Art von Polizei-
ttbetiretang, die nicht an ii^nd einem Orfce lediglich im Verwattnngswege
fthgewandelt wUrde. Und in der That: Wenn die Eatfecheidttng betreffend die
Bnfie nidit mit der allfälligen weiteren Verfügung kollidiren soll, eo mtfnen
sie beid<* von einer und derselben Gewalt ausgeben, dieselben aber gfmz <lev
richterlichen beiinzTistellpn, fiihrte znni Absurden. Wie sollte auch cli© Adnimi-
stration nicht in dei Bußentrage i»o gerecht sein können als der Kichter? Ucber
die Armen ihr dae Beoht eelbst der Freiheiteentmehung einsniilamen, hat man
gewöhnlich kein Bedeohen.
ß. Weitaas am meisten zu reden hat von jeher die Scheidung der büt^jcf'
Ü'-hcn BcchtsstrcUigkeiten von di n A'lmtnisjtrüttvstreitsacben gegeben. Das rührt
daher, daß man Uber den Maßstab »clbst nicht klar, geschweige einig ist.
Es Imndclt sich jedenfalle um Streitigkeiten, und (»olche besteben in An»
Bprttehen von der einen gegen die andere Seite. Betreffend AnBprttcbe ttwiechen
(Itiueinwesen al» solchen ist die Kompetenz der Verwaltung-behörleu zum Ent-
scheide noch so wenig bestritten worden als dicjenigf^ der Gcriclite ht^trelltud
Ansprüche zwisiht n Friviiton, als welche anrh Staat and Gemeinden nach üuer
veiTDögensrechtlicheu Seite gelten. Die Sacho wird erst streitig, wenn »ich ein
öffentliches Wesen und eine Privatperson gegenüber stehen. Wo jenes die an-
gesprochene Seite ist, wird noch regelmäßig die Kompetenz der Verwaltung
anerkannt. Den eigentlichen Zankapfel aber bildet der Fall, wo der Private
den angfsiprochencn Theil vorstellt. Wenn nun alles bürgerliche Hccht'^sf reiti*
keil sein holl, was in di« private Sphäre eingreift, so sind das im Grunde alle
Anspriiche an einen Privaten. Es gibt niohtsy was er besitzt, das nicht gewisser-
maßen xtt seiner individnellen Bechtsaphäre gehörte, sogar a. B. das bewilligte
Becht anf Ntederlassnng und nicht snm wenigsten das Geld, <1as ihm ülg Steuer
nhg^eiionimen werden will. So kSine man «lenn dazu, srlb-^t die Nieii('ila«*sungs-
cntziehnng und die Besteuerung dem Kichter zu unterwerfen, uml zwar in der
Besteuerung alle Fragen ohne Ausnahme, auch die nach der Verfassungsmäßig*
keit, richtigen Anaschreibmig etc.^ indem auch sie gar sehr, wenn von ihnen
doch Sein oder Nichtsein der Steuer abhängt, den Einselnen berühren. Die Ver-
waltung dürfte lediglich Rechte crtheilen, Konzessionen zur Niederlassnng, 211
«•inpüi Gcworbf, finer Anlage etr. ; finmal prthfilt aber würden nnrh sip nhn»'
Weiter»»» zur Justizsache. Das führte aber wieder, wie die richterliche Allg«wült
in Polizeisachen, zum Absurden. Vernünftigerweise muß eben auf die Natur
des Anspruchs gesehen werden. Wenn dieser sieh als xi?itrechtlich darstellt
besw. auf das objektive Privatrecht gründet, so gehört er im Bestreitungsfall
vor den Richter. Ans[.rii(hp itlTentlich-rechtlicher Natur dagegen fallen an Av~-
Verwaltung nnd so verbleiben ihr d?*m Privaten gegenüber nicht nur die Ver-
leihungen ötteutlichen Kechtj>, wie namentlich die Konzessionen, sondern auch
die Entaiehttngen aiu» ebendemselben Recht, sei es an Geld oder Zeit, besw,
Forderungen wie die Steuern nnd Frohnen, oder an Eigenthum wie die Expro-
*) Die Miithcilungen über die VenvaUuniM< <-i.t>ipnege der einzelnen Kanlono in
der Zeitschrift för sdiweizerisebcä Reeht fneue Folj;e, S. Band, pa;?. T^H ff) «in<J jrowiß
danfcenswi'rlh. .Aber .sie !?ind s<» unfi u« Iill):ir ab iin;:lcifli, da sie nicht nach oineui j^rund-
sAtzlicben Mali^>lab gemacht sind. hat in dieser Beziehung auch augenacbeinlich an einer
bestimmten einhciLiiclien Fragestellung, nach der «ie sich bAtten richten können» gefehlt
. kj 1^ . ^ uy Google
— 2^1 —
RecliUpll«ge
priittion. Nachdem freilich der Zweck des ütfentlichen Rechts erfüllt (die Steuer
bezahlt, die Abtretnii|f erkngt) int, so mag der weitere Ansprach dem riohtei**
Hellen Bnteoheide Uberlaasen werden ; so bei Steuern die Einrede bereits geleisteter
Zahlung und bei der Expropriation die EntHcb;i'.ligiinn;sfra^t;. Anderseits mögen,
wie die VormundschaftefUhrung nicht als eigentlich richterliche Thiitigkeit er-
scheint und daher ebenso gut der Administration überlassen wird, von dieser
»neh die dabei auftretenden Rechtefiragen entMcbieden werden. In diesen FXUeu
also gilt es gleidi, wie «eli Jusfeis and Administration ausmaanderaeticii. Im
Uebrigen ist voihtehend der Justiz und der Administration jeder ihr natttrliehes
Oebiet zngeschieden. Wo 'ü*' Inatiz mehr besitzt, ist es von überwuchernder)
PrivnMntereHsen usurpirt. Keitieiifalls darf der Richter, was der Adtnini«tratiun
zum Ent«>clteide übeitiagea iät, hintenherum untei' zivilrechtlichem Titel vor sieh
laesen, wie EntaebKdigiingsfordemngen lUr Leistungen, die einer ans SflTentlioh-
reehtlichem Grunde hat priistiien mttssen.
Wie stellen sich nun die Kantone zur Frage? Allgemeine Ausscheidungs-
gesetze besitzen Aargan, Bern, Freiburg, Schwyz, Solothura, Tessin, Thurgau,
Wallis und Zürich. Allenthalben außer in Bern erhält die Justiz einen lieber-
schnß an Eompetena; daß derselbe im Aargau, Tessin nnd Wallis ab Verwai*
tangsgeriebtsbarfceit deklarirt ist, ändert im Wesen niehtsi indem aneb er ans-
schlieäUeb von Orgat-eu der ordentlichen Gerichtet nur in etwas freierem Ver-
fahren, anggeübt wird. Dabei werden einerseit«! «oijar Ansprüche auf Erlangung
des ]>üigerrp»"hts und Hfnntz'ing des ötientlichen Kiu;entliuras im Streitfall den
Oerichteu zugewiesen, iiub zürcherische Gesetz i.sl anderseits dadurch typisch,
<jaß es mit dem Begriff der „erworbenen Hechte* den Kreis der Justissachen
umschreibt. Aber eben: es zahlt hiezu alle erlangten Rechte ohne Bttcksicht
iiuf den Erwerhsgrund. so ilas Bürgerrecht ohne anders und selbst da« Recht
<ler Niederlassnng. Betretlend das Bilrgerrecht /. B. bestimmt dagegen Thnrgau
sehr richtig, dati nur, sofern es kraft Abstammung behauptet werde, die Frage
zivilreehtlicher Natur sei. In Bern erscheint die AoitsdmidmBg der Justiz^ von
den Terwaltungastreitsaehen prinzipiell gerecht. Hier gelten nftmlieh die SXtae:
Ansprüche zu SiTentliohen Zwecken, sofern immerhin auf Grund eines Yerwal-
tungsiresetzes, gehören an die Administration. Hinwieder hat auch der Staat
Klagen Uber Mein tind Dtin vor den Richter zu folgen, sofern sie nur nicht
auf einem „ verfu8.sungsmHljig erlassenen Gesetz d. h. wohl im ötientlichen
Hecht begründet sind.
Im Weitem sei noch betrachtet, wie in den Kantonen ttberhanpt Justiz
und Verwaltung <lie Gebiete, auf denen sie sich am ehesten begegnen, unter
j^ich nngeHihr theilen, nämlich Vormundschaft, Expropriation und Steuern.
1) Vorrnntidscliaft. In den französischen Kautonen ist dem französischen Hechte
gemäß die Voraiuudschaftsführung den Gerichten überlassen und werden von
«Uesen daher auch die eigentlichen Reohtsfragen entschieden. In der übrigen
Sehtveiz ist die Vormnndsehaft Administrativsache, aber nicht ohne daß der Justiz
g^'win^e Rechtsfragen verblieherj So betrefTend die Gründe der Bevormundung,
und zwar unterliegen bald alle diese Gründe im Streitfall dem Richter, bald
nur der eine oder andere, wie z. B. der Grund der Verochwcnduug etc.
2) Erpropridlion. ') Der Entscheid über die Abtretungspflicbt steht in allen
') ÜdioUenlicrtfcr, Vergleichende D.iriteiluiigen aus detu (ilTcnllichen Hechte der
schweizcrtifchen Kantone. I. Die schweizerisiclieM Freiheif«re< liio, von Seite '.^ auf 73. Die
.Mono>rr.iplii<' v«»n Dr. J. Sieber, d.is Reelil der Kxproprialii>n mit besonderer Uerileksielili^rung
der schweizerischen Hechte, enthält über unsere Frage bezüglich der Kantone kein Won.
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RechLsptlege
— 208 —
Kechbpüejfe
KaDtonen bei der verwaltenden, wo nicht bei der geaetsgebenden BehlJrde. Ourcb
die Gerichte wird sie nnr in Freiboig, sowie in Appensell L-Rh. ond bei £s-
propriationsbegehren von Gemeinden in Nidwaiden au «gesprochen. In Aargau
entscheidet im Streitfalle das Gericht wenigstens flber den T^mfang der Abtretung.
Die Entschädignngsfrage dagegen kann ebenso Uberall dem richterlichen Erkenntnis
UDterxogen werden, wenn der Yorentscbeid der ringeam eingefllhrten Schätzungs-
kommisnon nicht befriedigt. In Glams aber iet deren Sprach in allen Fillen
und in Graubündcn wenigstens bei Expropriation fUr Gemeindezwecke endgültig.
In Neuenbürg wird bei Rekurs die Schätzungskommission einfach verstärkt. In
Bundessachet» entticheidit über die Abtretung die gesetzgebende Bundesbehörde
und über die Entschädigung im Berufungsfali das Bundesgericht. 3) Steuern,
Der Beknrs an'a Gericht ist betreffend die Steuern allgmidin geöffnet in Aargau.
Genf, Schwyx, Solothurn, üri nnd Zng. In Temin und Zürich nnr betreffend
die Gemeindesteuer, betreffen<l die Staatssteaer nicht, in Obwalden umgekehrt
nur betretfend diti Staat s.-,teuer nnd betreffend die Gemcindestfiier nicht. In
Zürich auch nur kraft einer gerichtlichen Auslegung des alten Ausscheidungs-
gesetzes gegenüber dem neuen Steuergeaetz, die mehr als zweifelhaft ist. Am
ehesten wird der gerichtlich« EntMheid noch sugelaesen bei der Erbachafte-
und beaw. Schenkuugssteuer ; so in Bern, Tes.-in und Zlirich. Also nur in zehn
Kantonen gibt es Uberhaupt einen gerielulii-lien Weg nnd überall hfindelt es sich
bloß um die Taxation, nicht aiuh um die Pflicht an sich. In allen übrigen i.st
die Besteuerung ganz und rein Verwaltuiigtjsache j in Neuenbürg so sehr, Jaij
Mlbat die Einrede bereits geleisteter Zahlung innertialb der Verwaltung ansge«
tragen wird.
y. Kompeiemkon fl ikle. Wenn Streit zwischen Behörden der Justiz und der
Administration entsteht, ob ein Geschäft von dieser "d'-r von jener zu behandeln
sei, 80 heißt das ein Kompetenzkonflikt. Kompetenzkoniiikte beziehen sich haupt-
silohlioh auf die Scheidung der bürgerlichen Reohtsstreitigkeiten von den Adroini-
strati^streitsachen, kOnnen an sich aber auch die strafrechtliche und selbst die
nicht streitige Gerichtsbarkeit betreffen. Sie heißen positive KompetenzkonfliktCr
wenn die Bebandhmg von jeder der beiden Seiten beansprucht wird, im Gegen-
satz zu den negativen Kompetenzkontiiktcn, wo die Sache von keiner will an
Hand genommen werden. Ein Konflikt ist natürlich erst vorhiiuden, wann die
obeisten Behörden von beiden Seiten in einer beattglichen Frage sich gegensützUoh
stellen ; wann eine untere Behtfrde von den ihr vorgesetzten desavcuirt und da-
mit der andern Seite sieh su fögen angehalten wird, sc gelangt die Frage
nicht weiter.
Es ist nun ebenso riehlig als einfach, daß in den Kantonen Kompetenz-
konflikte swisohen der richterlichen und der administrativen Gewalt von der
gesetaigebenden Behörde als der Aufsichtobehbrde beider entschieden werden. Auch
in Bandessachen is: es die gesetzgebende Bundesversammlung, welche über Kom-
petenzstreitigkeiten zwischen Btinde^lit- iii r.len gesetzt ist. Eir;z:g in Waadt und
Wallis gibt es ein be.ionderes Koiniietenzkontlikti«gericht, dort vcn Kegierungsrath
und Obergericht zu gleichen Theilen aus Unparteiischen von Fall zu Fall bestellt,
hier einfach ans den PrXsidenten des Qroß^ Bathes, des Staatsrathea und de»
Appellationsgerichta bestehend. Obwalden hat eine ähnliche Einrichtung für der-
gleichen AnstMode in Gemeindesa<A«l : die unbetheiligten Mitglied«r von Re*
gierungsrath und Obergericht zusnmmen entscheiden. Im Uebrigen ist es auch
in Obwalden die gesetzgebende Behörde, der Kantom»ratb, welche Uber JKom-
peteozkonflikte urt heilt.
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Hecbtspllege — 2U'J — KechUptlege
III. Die Gerichte. Bestand uad Kompetenzeo.
Die Grundform der kantonalen Geriehtsorganisationen ist folgande: Friedens-
riehter zur TnmiittloDg der (BTitiaohen in kleineren Kreisen, üntergeriehte naoh
größeren Bezirken zum erstinstanzlichen Entscheid der Civil- und der Straf-
sachen und ein Ober- oder Appcllations»^ericht filr den gan?en Kanton, Doch
gibt es überall mehr oder weniger starke AbändtiniDgeo und Komplikationen
dieser Form. Daneben bestehen da and dort Sondergerichtc für besondere Streit-
saehen, sa denen aneh die Sobwurgeriehte gereobnet werden mBgen. Sobald'
betreibung und Konkurs nicht nur, sondern auch da*< weitere summarische Ver-
fahren, wie das Befehls verfahren etc. und die freiwillige Geriebtabarkeit lassen
wir hier auf der Seite.
1) Dtc allt/tmtitnen GericlUe. a. Die FrieUensricMer oder VermiiUcr.
Solohe gibt es in allen Kantonen aaßer in Baselstadt, In Wallis heißen sie
Gemeinderiohter. Aneh in Bern finden sie sieh niobt in allen Gemeinden, indem
ee dort diesen frei steht, Friedensrichter m bestellen oder nicht. Sie sind in der
Mehrzahl der Kr^ntone gemeindeweise organisirt, in Freibur^, Neuenbürg, Tes^in
und Wandt iran/Awischcm Muster konform nach beöonderen größeren Kreisen,
ebenso in Aargau, Baselland, GraubUnden und Lu/.ern. In Genf sind im Ganzen
drei Friedensriobter, der eine fttr Civil-, der andere fftr Strafsachen nnd der dritte
für Vormundschaften ete*, nnd in Inner-Bhoden ist Vermittler für den innem
Laiidestlieil der Landammann (Regierangspriteident) nnd für die £nklave Oberegg
der dortige Hauptmann (BezirkHUüimanu).
Die wesentlichste Funktion liesj Friedensrichters oder Vermittlers ist schon
seinem Namen nach die gUtlidie Ausgleichung der Parteien. Natttrlieh ist sie
beoohrinkt anf Privatstreitsachen, wie es die CSnlsaohen nnd gewShnlich auch
die Injnrien sind. In Genf haben die Friedensriobter diese Funktion gar nicht,
sie Hind geradezu Üntergeriebte, und in Appenzell I.-Eh. nur filr die Injurien.
Hier sind die Vermittler hauptsäclilich Reehtstriebsbeamte und wird die Ver-
mittlung in Civilsachen von den Bezirk^gerichteu selbst besorgt. Auch in Aargau
nnd Teosin sind direkt an letstere die Vateraobafts- nnd Ehesachen nnd besw.
die Givilstandsstreitigkeiten tiberbanpt zu bringen, offenbar weil dabei nicht allein
die Parteien, sondern auch das öffentliche Recht und Interesse betheiligt ei"8cheinen.
Wo die friedenarichterliche Vermittlung vorgesehen, ist sie sonst obligatorisob,
in Neuenburg dagegen, außer in Ehesachen, bloß fakultativ.
Kommt eine gütliche Aasgleäehung niobt an Staade, so hat in der Hebmhl
der Kantone der Friedensrichter gleich ancb den Entscheid: bei sebStxbaren
Streitsachen, also jedenfalls nur Civilsachen, die einen gewissen geringeren Werth nicht
nbeisteigen. Insofern ist er also üntergericht. Die Werthgrenze ist verschieden :
10 Fr. in Luzern und Thurgau, 12 in Solothurn, 26 in Obwalden, St. Gallen
und Zug, 30 in GraubüDdeu, Schwyz und Wallb, 3G (2ä a. W.} in Fre^uurg,
30 in Bern, Nidwaiden nnd Zürich, 60 in Aargan nnd 100 in Waadt. In
Frelbnrg und Waadt entscheidet der Friedensrichter auch bis snr hetreifenden
Grenze nur persönliche und Mobiliarklagen, Die übrigen Kantone machen diesen
dem französischen Recht entlehnten Unterschied zwischen Mobiliar- nnd Immohi-
liaraachen oder -Rechten fUr die Klage nicht, jiuch Wallis nicht. Wo immer
aber er entsehddet, entsdieMet der Früdeosrichter inappellabel, sonst ▼ermittelt
er nnr. So dM genannten Kantone. Aneh in Genf, Neuenbürg nnd Tessin be>
sitzt der Friedensrichter entscheidende Kompetenz, aber mit mehr Unterscheidung.
In TcHsin entscheidet er bis 250 Fr., bis 25 Fr. inappellabel und von da erst-
instanzlich. In Neuenburg entscheidet er inappellabel: peraönlidie und Mobiliar -
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Rechtspflege
— 300 —
Rheinkorrdclton
klagen bie 200 und Hieth> und Paefatetreitigkeilen bis 400 Fr. Die Eorapetens
4or Genfer Friedensrichter, nicht weniger als Untergerichte wie sie sind, i»t gar
auBgebili^'^'t. Der Friedensrichter für die Civilsaohen entscheidet inappellabel :
bi« 2ÜÜ tr. persönliche und Mobiliarklngeu, bis 300 Fr. Entschädigung^-
fordeniBgen höh Injurien und ThätUchkeiten ; ferner alle EntscbädigungsforderuDgen
«IM fHedensriohterliober Strtlkeinpetens nnterliegenden Yergehen oder Ueber*
tretongen und die StreitaMhen swieoben HerrBoihaft nnd IMenstboten oder andern
Sedlenatefcea betreffend den Dienst, endlidi bis 800 Fr. Hietb' und Fachtftirde-
mngen.
In den welschen Kantonen Freiburg, Genf, Neuenbürg, Tessin Tind Waadt
besitzt der Friedensrichter dem französischen Rechte gemäß auch strafrichterliche
Kompetena, ebenno in Solotiram. Intbeeondere fllr Potiseittbertretnngen nnd etwa
Doeb f&r geringere Vetgehen wie Injurien, Drobnngeii ete.
Ueberau sonst Übt der Friedensricbter seine Funktionen als Einzelperson
aus. In Nidwaiden aber hat or immer zwei Beisitzer, in Obwalden mir bei
Entscheiden und in Zürich ist er in letzterm Fall befugt und auf Vevlangfjn
«iner Partei verpüichtet, zwei Beisitzer zuzuziehen. In Nid- und Obwalduii sind
die Beisitier bestammtei mit dem Friedemriditer fUr eine Amtsaeit gewählte
Pertonen, in Zttricb werdm sie Ton Fall an Fall an» den Geeohworaen des
Wahlkreises ansgeloost.
Neben den Einzel- Friedensriobtem and in gleichen Kreisen gibt es in Außer-
rhoden, Krcihnrir, GraubUnden und Waadt noch kollegiale Friedenagenchtet
in Außerrhoden Gemeindegerichte und in GraubUnden Kreisgerichte genannt.
Sie beateben in Freibarg aus 3, in Außerrhoden nnd Waadt aus 6 und in Grau-
bttnden ans 7 MitgUedem. In Freibnrg und Waadt ist der Friedensrichter su-
gleich Präsident des Priedensgerichte«, in den beiden andern Kautonen ist es
vom Friedensrichter ganz getrennt. In Graubiindcn heißt der Piäsidtut de«
Kreisgerichts Landammann. Außer in Waadt, wv die Fricdt ii>^i;crichte lediglich
vormundschaftliche Aufsicht und nicht streitige Gerichtsbarkeit uusttben, sind
diese Geriehte eigentliebe Untergerichte, der Kompetenz nach eingesdioben
zwischen die Friedensrichter und die höheren Bezirksgerichte. In Außerrhoden
bilden sie zwar die unterste Stufe, indem hier die Vermittler keinerlei Urtheils-
befugniß haben. In GraubUnden tribt es sogar zwischen Kreisgerieht nnd Ver-
mittler noch eine Zwischenstufe: da.s Kollegium von Präsident und 2 Mitgliedern
des Kreisgericbts. In allen drd Kantonen haben diese Gerichte aivil> und straf-
richterliehe Kompetenz. Civilriehterlich : in Außerrhoden bis 300 Fr., aber nur erst-
instanzlich, in Freiburg von 36 — 146 (25 -100 a W.) enilich, und in Grau-
bilnden : Präsident und Beisitzer von ^0 — 1.50 cadlich und das j^attjcc Kreis-
gericht: von 150 ,''>()0 endlieh und von da bis 1500 Fr, erstinstanzlich. Straf-
lichteriicb: in Außerrhoden Üebertretungen und Privatinjurien, in Freiburg
mttndliche Beschimpfungen, und in GraubUnden: PrBsident nnd Beisitzer für
Vergehen und bezw. üebertretungen, die mit Gefängniß bis 14 Tage oder Buße
bis 70 Fr. bedroht, und das ganze Kreisgeriobt für die schwereren, sofern sie
nicht einer andern Behörde zagewiesen sind.
Rheinkorrektion. (Br^nzung.) (o Bezug auf die Rhcindurchstiche ist
die Angelegenheit bis November 1892 nur so weit gediehen, daß im Lauf©
des letztgenannten Mnnat« eine Konferenz zwischen schweizerischen nnd r>ster-
reichisohen Delegirteu stattfand, welche Konferenz zum Entwarf eines Staataver-
tragen führte.
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Rothhornbahn
— 301 —
Soiotbura
BoIhhorulNihii ^Brienz-Rothborn). Die Betricbserötfuuug fand statt am
17. Juni 1892.
RUckzölle. Keine Aenderuug bis OktuLer 1892.
Saignelegier-Chaux-de-Fonds-Bahn. Concedirt am 27. Juni 1890.
Projektirte Länge 26,649 Mttter. Sporweite 1 Meter. Adh&tanebalui. Noch
im Bau befindliä. (November 1892.)
SftlTaloMbaliB. (Pandieo-Saa Salvatore.) Eröffnet am 27. USn 1890.
Banliobe Linge 1524 Meter.
Sftls. (BrgSnzong des Artikele im II. Band.) Die fttnf lebweiseriscbe»
Salinen produzirten von 1880--1H9O jährlich 360,831—394,420 Meterzentner
Salz; dnvfm Schweizerhalle l.'?J,'J2H— 15.'j,661 q., Kaiseraugat, Kybnrg nnd
Kheinfeideo 187, 5(;t; - J 15,681 q., Bex 18,568 -2.'>,937 q.
Im Jahre 1889 betrug der Verbrauch 385,132 q. Kochsalz und 68,003 q. anderes,
1890 p . « 8e3,9»l , , , 66,484 . „
Der Reingewinn ans dem Salxmonopol betief sich pro 1889 auf Fr. 3,742,907
r 1890 „ , 8,837,733-
= l"'r. 1. 27 bis 1. :5() per Kopf der Bevölkerung.
Schiiffhausen-Ktzweileu-Bahit. Noch im Bau befindlich. (Nov. 1892.)
Projektirte Länge iU,55«) Meter. Vgl. den Artikel pMoraturiumalinien'* in»
II. Band und im Supplement.
Schyjiige-Plutto-Uahn. Concedirt am 29. April 1887, j:*rojektirte
Lftnge 7202 Meter. Sparweito 80 om. Maximalsteigung 250 V«o. LokomotiT-
betrieb. TSoah im Bau b^dlieb. (November 1892.)
Seide. Ergänsnog der Statistik der selweis. Seidenzwirnerei (vgl. Seite
79 im II. Band).
1889 1801
Zwirnereien 32 33
Arbeiter: Fabriken 5,28« 5,499
Hausindustrie 2.<»I0 2,036
Total 7.^96 7,.535
Löhne und Salarien Fr. 2'86(>,370 2777,401
Spinilehi fQr Nähseide: vorlmnden St. 23,533 25,988
, . • Ende des Jahres in Ii* trieb ... „ 23,273 2-2,284
. „ Trame und Olganzine: vorhanden .... ^ fiO,097 63,409
, , „ , p Ende des Jahres in
Betrieb , .ö8,f)82 66^797
, Total: vorhanden , S3,«i30 89,397
, , in Betrieb , 81,955 78.081
ProdukttOD: Organzine kg 52,135 73,761
Trame 281.972 258,494
Nihseide, Cordoimets etc. , 120.994 119.351
. Tkfatna vaga (Stickseide) . 16,890 20,318
Total Produktion , 171,991 471,924
Bihlthalbahn (Zürich - Sihlwald). Die BetriebserUU'uuug fand «tatt am
3. August 1892.
Sissach-tielterkindeu-Btthn. Wurde erütinet am 18. Mai 1891. Bauliche
LSnge 8268 Meter.
Solothum. In dustri egeschiehtliches. (Mitgetheilt von Herrn
Alfred Frey, Sekretär des schweif. Handele» and Indiistrievereins.)
Die Befähigung dea Solothurner Volkes zu gedeihlicher gewerblicher Be-
thätignng ist bis vor wenigen Jahrzehnten noch von manohen Beobachtern an-i^
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Solulhurn — 302 — Solothum
gezweifelt «rorden. ist (lieft bb xa einMi g*>wuaeii Grad« begrciflicsh ; insowwt
wenigstem, als der Ausgang wiederholter AnlSafe auf diesem Gebiete nicht so-
•weh] Mangel am guten Willen, als am KSnnen sn verratben schien. Nun hat
Aber besondere <He jüngste Vergangenheit bo viele Zeugnisse einsichtiger Unter-
nehmnncrslust und ei>.prießHchpn Schatl'euH beigebracht, daß sieh Solothurn mit
jedem aiiileren l^audeHlheile auch in dieser HinHicht uuge^icheut nie«Keu darf.
Bis an der Zeit, da die ReislSnferei nnd das FeBsionsanwesen überhand-
nahmen, standen in der Stadt Solothurn neben dem Handel auch die Gewerbe
in verdientem Ansehen; desgleichen in den größeren Orten der Landschaft und
biinptsächlich in Ölten. In diesem Städtchen blieb auch später, infoltre der stief-
mütterlichen Behandlung durch die Hauptstadt, die industrielle Krwerbsthatigkeit
von den besagten nachtheiligen Einwirknngen und von den in der Amba&sadoren»
seit sich noeh dazn gesellenden siemlioh verschont.
Abgesehen von den Überall nothwendigen Handwerken, Mowie von Mühlen
nnd Sägen, d-nen es an Triebkräften nicht fehlte, sind jedenfalls der Bergbau
und die Verarbeitnnt^ der geförderten Krzc Gep^enstaml der fniliesteu industriellen
Versuche gewesen, im gauzen oberen Tlialc der Dtinnern, bei Bahtthal^ Matzen-
dorf, Herbetswyl, Weleehenrohr nnd Gflnsbrunnen befanden sich Bisenbergwerice,
welche im Laufe mam her Jahrhunderte bald be&hren, bald verlassen waren.
Gegen das Ende des letzten Jahrhunderts unternahm ein Solothurncr Patrizier,
LudwifT von Koll, die Konzentration nnd rationellere Ausbeutung der bestflii-ndeii
Werke. In Gänsbrunnen wurde ein Hochofen errichtet, dem bald darauf ein welcher
in dw Klus folgte* Fir die weitere Verarbeitung dee Roheisen« aus diesMi Hoch«
Öfen diente zunächst ein Hammerwerk in Hatäendorf, nachher — vom ersten
Jahrzehnt des laufenden Jahrhunderts an — noch ein anderes in Gerlafingen an
der Emme. Hieher wurden spSter ebenfalls die Hammerwerke von Mai/eiulorf
verlegt und Anfangs der 30er Jahre das ernte Walzwerk zugefügt, luiwischen
ging der Hochofen von Gänsbrunnen ein und au neiuer Statt wurde derjenige
von Choindez im benachbarten bemischen UOnsterthale in Dienst gesteilt, wo
schon zu Zeiten der RSmer nach Eisenerz soll gegraben worden sein. Neben dem
Hochofen in der Klus wurde bald eine Gießerei eingerichtet. Diese und eine
TOPehanische Werkstätte ebendaselbst erfuhren immer größere Ausdehnung, während
man den Hochofen abbrach. Als auch die Gießerei in der Klus nicht mehr ge-
nügte, wurde eine weitere in Ölten gegründet. Beide sind bis snr Stunde in
voller ThKtigkeit: erstere liefert vorab alle Arten von Bau- und Handebiguß.
letztere fest aossohließlich Masofainengnß. — Gerlaßngen blieb der Mitt<>lpunkt
der Eisenerzeugung; außer dem vorzüglichen Holzkohlen- Ivoluisen wird du seil
dem Ende der Hüer Jahre ans altem Eisen mittelst Steiukublen auch billigeres
Eisen zu Gießereizweckeu hergestollt. Die Werke produzircn Handelhclscn aller
Art und seit einiger Zmt auch Fa<joneiaen und Bleche verschiedener Sorten^ sowie
Eisenbahnmaterial. Für die Bedeutung dieser auf Solothumer Boden befindlichen
Anlagen spricht wohl am deutliehsten die Thatsache, daß sie über 1200 Arbeiter
be<(häftigen. Dlt lo<onderen Verliältnisse halber sah sieh *ler .Vhsatz der Er-
zeugnisse vorwiegend auf das Inland angewiesen. — In diesem Zusammenhange
mag erwähnt werden, daß in Ölten ttberdieß schon aus dem 17. Jahrb. her ein
Eisendrahtsng bestand, welcher seine Produkte in der Schweis und in Deutech-
land verkaufte.
Gtitcii l'uf genospcn von ljini:e her die Solothumer Stfinlniiflie, Kalklagcr
uml Tliongrubeu, welche früher /.u vier In.-itaudstellung ansehnlicher Steinhauereien,
Kalkbrennereien und Gypsmühlen, neuerlich von Baustein- nnd Cementfabriken
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äoloihurn
— 303 —
Sulotiiurn
Vcranhuwung gegeben haben. Dem Kumple mit der fitmden Koukurrenz ist vor
wenigen Jahnenten auch die alte Glashütte GaldeDtha] erlegen, deren fafelgla»
gesucht war.
Unter den anderen älteren Industriezweigen verdient beßonders die Strumpf-
wpberei hervorgehoben zn werden, welche zum besten Theil im Buch^ijaii au.säÜig
war. Ölten bildete für den Kt. Solothiu-n den Jidittelpunkt der Lismerei. Die
Bewohner gegen dae Berner Amt Wangen zu arbeiteten meistens im Lohne von
Aairganer nnd Beraer Fabrikanten, nnd zwar verfertigten »ie ebenfalls — bis
in s dritte Jahrzehnt des 19. .Tahrh. hinein — wollene, baumwollene und seidene
Strümpfe und Handschuhe. Als sich diis 18. .Tahrh. zu Ende npicte, hatti- indeKson
dieser ganze Erwfibszwci',' seine BliitlifZ''it schon hiuti-r sich, und heute tindcn
:»ich Ueberbleibi^el davon nur noch in Olteu und Gös-igen. Die ürsuche de» Verfalb
der Fabrikation von Mtttaen nnd Strumpfen erkannte man bereite vor 70 Jahren
in dem Umstände, daß man nicht, wie andere Länder thaten, genttgend darauf
achtete, mit den Forderungen der Zeit Schritt zu halten.
Der vermehrte Flachtsbau im Aarethal bewirkte di«» Ansdehnungj der Leineu-
spinnerei und der -Weberei, die sobou nach der Mitte den vorigen Jahrbundertü
theilweiee durch die BaamwoUenvefarbeitnng TerdrSngt wurden. Die Baumwollen-
Spinnerei verlegte sieh ▼orsfiglich anf feine Game fitr die auswSrtige Honsseline-
wel evei und sie deckte später zudem den Bedarf der iwei in Solothnm nnd
Bali^thal entstandetien Kattnnfabrikeu. Nacli dem Vorgänge von Neuenbürg nnd
Aargau wurden gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts in Sohjthurn zwei
IndiennedruckereieD in Betrieh gesetzt, die für ihre Waaren im Auhlando Käufer
fanden. Wie ihre GbnossinneDt gediehen jedoch anoh sie nur wenige Deaennien
und waren in den 30er Jahren schon wieder anfier ThXtigkeit. — Eine Zeit
lang schien auch das Verspinnen und Verweben selbstgezogener Wolle einem
erfreulichen Aufschwung entgpg-enzugshen. Allein die Herstellung wollener, halb-
wollener und halbleinener Tücher kam trotz allen An«tretigungen über ziemlich
•enge Greneen nie hinaus. Eben so wenig gelang dies der Seidenzucht, deren
Forderung bis in die Mitte des vierten Deaenninms des gegenwärtigen Jahr«
Jinnderts wiederholt eifrig versncht wurde, schiieiUich aber gans aufgegeben
werden mußte.
Gleicherweise geboten leider die deutwhen Z?1ille ein»'r weiteren l>ntwiekluDg
der Gerberei Halt, und auch die TapiertVibriken Kriegi»tetten un 1 Mümliswyl —
letztere aus dem 16. Jahrh. stammend — vermochten sich den Folgen der Kon-
kurrenz der modernen großen Anlagen nicht mehr zu erwehren.
NN'ie man sieht, hat es an Bemtthungen, an Stelle der durch die Ungunst
der Verhältnisse — vielleielit ein wenig auch durch eigene Schnld dem Nieder-
gange verfallenen Industriezweige andere zu t,etzeu, nicht gefehlt; doch blieb ihnen
eben bis vor einem halben Säkulum beinahe regelmäßig ein durchächlageuder
£rfolg veriwgt. Da trat ein Wendepunkt ein in den 40er und am Anfang der
50er und dann wieder zu Beginn der GOer Jahre. Diese Zeitabschnitte stellen
.sieh al> Mr !.edent?iamsttn dar fiir die industrielle Belebung im Kt. ^^olothnrn.
Sie t>ezi'iehnen der Reihe nacli ilas Eindringen der Uhretimaeherei in die we«l-
licheu KiuUuD>lheilc, die Einführung der Schuhfabrikation im Outen und die un-
getahr gleichzeitige Grewinnnng des DomeokB für die Industrie Überhaupt, sowie
sehließlich die AttsfÜhrnng und Dienstbarmachung des Emmekanals.
Wie bis anhin in ihrer Entwicklung von We«ten nach Osten der Jurakette
folgend, faßte im Jahre 1^10 die Uhrenindustrie in Grenchen Fuß. Die Anfänge
waren freilich eben so bescheiden aU beschwerlich, &o daß eiüt im Jahre 1Ö56
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Sololhurn — 304 — Solotburo
eine zweite lubiik für Ituhwerke iiöthig wurde, wuiaul Uunn die Weitereutfaltuug
wieder bis Anfangs der 70er Jabre in^a Stocken gerieth Von da ab jedoch drangt
die Ulirenmacherei — trotz manchen bitteren GeechehnisMii — unaufhaltbani bis
über die Stadl Solotburn hinaus vor, «lern ganzen Gelände zwischen Jnra nnd
Aare — nnd vi rwhiedeuen anderen Orten — Beschäftigung und Verdienst bringenil.
Die Fabrik in Läogettdorf zählt heute zu den grüüten ihrer Art. Wie die Berner,
«0 liefen aaoh die Solothnrner vonngaweiae billige Uhren und haben mit
jenen dieselben Absat^btete gemein. Sehon im Jahre 1883 «ehJttste man die
Zahl der Solothnrner ührenarbeiter auf 2()0») und die jährliche Produktion anf
r}()O,00( ) Höh werke und IOi ),000 fertige Uhren. Seitdem hat die Xndastrie noch
ziemliche i?\n t^chrittP giMuacht.
Während »ich hier indeiwen bluü das naturgemäße räumliche Wcitergrcilcii
einra jenseits der Grenae schon lange pro8perirenden Erwerbssweiges vollzog,
erwarb sich am anderen Knde des Kantons, in SchSnenwerd, ein Einzelner das
Verdienst der Eintührung eines neuen, im Lande herum noch nirgends gekannten
Betriebe«. Nnrhdpin Peter Bally im Jahre in Schönenwerd eine norh bc-
utehende äeidenbandlabrik gegründet hatte, verband er damit von lc<41 ab auch
die Produktion elastischer Hosenträger, und aein Sohn — Karl Franz Bally —
wagte sich sodann im Jahre 1851 an die FabnkatioD von Schaben nnd elastischen
Geweben. Erstere namentlich hat seitdem unnnterbrocheu zugenommen und geht
lieute in einem HtaliHssement vor eich, welches zu den bceteingt-riehteten seiner
Branche zililt und zur Zeit mehr als 2000 Pert»oneD bethätigt. Außer den Zweig-
geschäften im 8oiothurner und Aai-gauer Gebiete enttttonden um dat> Jahr 1860
in Ölten aelbstständige Schtihfabriken, die sich bis anf den heutigen Tag erhalten
habMi. Alle diese Werkstfitten arbeiten hanptaSchlich für den Export nach ttber-
Heeischen Ländern. Bis vor wenigen Jahren gingen die Schuhe gutenthcil» nach
den La Plata Staateti ; aHein mit dem Waeh«thnm der dortigen Produktion und
der sonst größer werdenden Konkurrenz begann eine Zeit heftigen Kampfe» um
die geeignetsten Absatzgebiete. Der siegreiche Fortgang desselben ist für die
Sehweis insofern von Tragweite, als dadurch das ErdrSeken des Handwerkes anf
dem inländischen Markte verhütet wird.
In die 40< r Jalii e fallt auch der Einzncr der Seidonmanufaktur in das
Üorueck, von Basel her. Sie hat srither an Umfang gewonnen, und es sind
gegenwärtig in Bilsserach und Zullwyl zwei Seidenwindereien, auf der Südseite
des Paßwangs — in Balsthal — eine Zwirnerei nnd in Mttmliswyl eine Band*
fabrik im Gange.
Dritter Ausgang^pankt eines neuen Anftehwunges wurde der in Verbindung
mit der Emmekorrektion im Jahre angelegte Gewerbekanal, de8^»eii Kräfte
in rascher Folge Verwerthuug landen. Zunächst siedelte sich da die Baumwoll-
spinnerei Emmenhof an, und 1865 rUckte die Papierfabrik Biberist nach; gleich»
zeitig ging die YergrUßerong der Eisenwerke in Gerlaftngen vor «ich, nnd
eohließUoh kam die Kammgarnspinnerei Derendingen hinzu. Diese kapitalkräftigen
IfntprnehmPM orwoitetcrtr-n sich ihren Kifoli^cn entsprechend. Die Papierfabrik
Biberist pruduzirt ^eit au<h Ceiluloj-epapier. und mit der Spinnerei Deren-
dingen ist vor wenigen Jahren eine Weberei verbunden worden.
Biberist hat ttberdieß seit den 5Uer Jahren eine Farqneterie nnd eine Cigarren-
fabrik; wie denn im ganzen Kanlon hemm noch manche Betriebe zn nennen
wKren. So hat Schönenwerd neben der Sehuhfabrikatiou die Elastiquewt lerei
BUßgedehnt ; Oltcn frliielt durch dii' IV-iitialluthn eine crroL'e Re|inratur\vcikstätte,
und im Ferneren existireu da u. A. eine Lampenfabrik, eine iiutfabnk, eine Filz-
— aob —
StaaUmoDopole
tnohfobrik, eine WollenspimieTei und Halbleiiiwebefei. Die Straohgarnspinnerei,
•owie die Henofaktar ▼on gem- und halbweUenen Tttohern hat neh im her-
gebrachten bescbränkten Umfange auch in der Umgegend von Solothurn behauptet.
In Mümlibwyl wird seit Anfang df-r r.Oer Jahre die Kanmifnbrikation in tji:roßfm
Maliütabe betrieben, während Oen^viugtu und Selzach kleinen' Ktablisiicmente dieser
Art besitzen. Balsthal weint neben beiuen anderen iaduHtrielleu Anlagen eine
Papier- und Holaatofflbibrilc auf.
Beilllafig ist sdion der Gyps-, Gement- und Thonwaarenfabrikatioii gedacht
worden, nn l es wäre die Reihe der nennenswertheren Erwerbezweige etwa noch
dorch die Krwähnang der Bierbrauereien, Möbelschreinereien, mechanischen Werlc-
Htätten fUr verschiedene Spezialitäten, der Buchdraokereien und kleineren Fabriken
für Lebensmittel m ergänzen.
Dieee dürftige AnfsKUang epricht wohl lor Genflge fttr die Ent<ung und
die Kanmg<igkät der solothamiecben Produktion, welche — Uhren und Schabe
ausgenommen — ihren Absatz zum größeren Tlieil im Inluiide findet. Zu diesem
Handel mit den eigenen Erzeugnissen kam von Alters her ein lebhafter Transit-
verkehr, auu dem früher neben Ölten auch Suluthurn schönen Gewinn zog. Die
kmnmermelle Bedeatimg Ohens war sehen in Ende des 17. Jahrb. dermaßen
erkannt, daß man emstlich mit dem Gedanken unging, die Znraaeher Messe
dahin zu verlegen. Sie mehrte sich mit dem Bau der Hauensteinstraße nnd sie
hat nun vollende ihre Höhe erreicht infolge der £rhebang des Ortes nun wich-
tigsten Knotenpunkt der Schweiz. Eisenbahnlinien.
Staatsmonopolo. Theilweise Ergänzung des Abschnittes „Alkoholmonopol
Behufs Verwendurg des Alkoholzehntels hat eine vom eidg, Departement des
Innern einberufene Kommission folgende leitende Grundsätze aulgej^ieilt :
Die 10 "/o der Alkoholeinnahmen sind za verwenden;
In erster Linie:
L Zar Ersiehang, anm Sebntae, aar Bessernng der Jngend, und awar:
1) Zur Tertiorgung von verwahrlosten Knaben und jogendlicben Verbrechern
in entsprechenden Anstalten. 2) Zur Fürsorge filr aufsichtslose Kinder - Kuahtm-
luid Mädcbenhorte etc. 3) Zur Fürsorge für schwachsinnige und epileptische
Kinder.
IL Zar Yersorgang armer Irren in HeiUnstalten and Untersttttsnng der
Angehörigen derselben.
III. Zur Hebung der Vulkbernährnng : Grlindung und Unterstützung von
Konsumvereinen mit ausschließlieb gemeinnütziger TendenZi sowie von Volks-
küchen und Bpeiseanstalten.
IV. Zar Yereorgung armer Schalkinder mit kriftiger Nahrung, and aar
Unterstütsaag d«r FerieakolonieD.
V. Zar Belebrang des Volkes über die Terheerenden Wirkungen des Alko-
holisrans einerseits, und über die wohlthätigen Folgen der Mäßigkeit und Sparsam-
keit anderseiti^ ; sowiü zur Verbreitung guter Schritten und zur GrUudang und
Unterstützung von Lesesälen.
VI. Znr Grttndang und Unterstützung von Trinkerheilanstalten.
VII. Znr önterstatiang der tf ftfiigkeitsvereine.
In zweiter Linie darf ein Tbeil der 10 verwendet werden: 1) Für
Zwangs- und Be?Kerung?an'<f alten oder für ünterbringuriir in solchen. 2) Zur
Unterstützung entlassener Sträflinge. 3) Fttr NaturalverptiegUDg armer Durch-
reisender.
FutTcr, VoUctwinhtchafu Lexikon der ächweix, ^
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SUatsmonopole
— 306 —
S(aa(smonop<rfe
Mit Ende des Jahres 1890 »ind die Obmgeldersattaiitprttohc der Kantone
dabiogefallen ; dem entsprechend ist denn auch die Summe des zur Bekämpfung
des Alkoliolismuö zu \ erwendenden Zehntheil> im Vergleich zu dei; rwf^i vorher-
gehenden Jahren sehr gestiegen, wie tolgende Zusummeastellung ausweist:
Gesamml' iimalinK'n der Kanione Summen
aus (]t ni Ertrage öi >
des Alk' iholmniiopDls Alkohol7.e))iitels
lÖSü Fr. 4,54(i,667. 70 Fr. 96,578. 71
1890 , 6,306,668. 10 . 272,678. 70
1891 6,018,834. 70 , 566,132. 26
Im Besondern gestalten sieh die Uonopoleiitiialiiiien d«r Kantone für das
Jahr 1891 folgendermaßen:
Bezogene Summen
1. Zürich . .
Fr.
618,107.
74
ü ebertrag
Fr.
3,159,069.
18
2. Bern .
tt
1,061,855.
71
u.
Schaff hattaen
69,048.
92
3. Lnzem . .
1»
359,306,
80
16.
IjipeintO A.-Kk .
«
98,793.
41
4. Uri . . .
58,173.
20
16.
Apprnzell I.-Rlii .
«
23,524.
32
5. Schwyz . ,
*
91,840.
39
17.
St. Gallen .
418,141.
90
6. Obwalden
1"
27,400.
07
18.
Graubiinden .
r
175,438.
87
7. Nidwaiden .
22,824.
28
19.
Aargau .
II
353,364.
34
8. Glan» . .
61,607.
33
20.
Thnrgan . .
»
191,688.
231,435.
27
9. Zug . . .
»
42,158.
83
21.
T^n . .
81
10. Freiburg
9
337,632.
20
22.
^Vaadt ,
«
4.') 8, 120.
85
1 1 . Solothurn .
H
229,509.
25
23.
Walli-s . .
185,651.
46
12. Baselstadt .
*•
1.^5,350.
54
24
Neuenbürg .
m
198,777.
24
13. Baselland
r
113.808.
34
25.
Genf . . .
n
88,228.
98
Uebertrag
Fr.
3,iü9,uöy.
18
Fr. 5,651,223.
55
Der Verbniiicli von gebranntpn Wassern zum Trinkknnsntn wird vom eid-
genössischen Alkoholamt pro 1890 und 1891 auf ca. 6 Liter ^r Kinwohner
berechnet.
Aus den seit 1890 in der Gestaltung des Alkoholmonopols eingetretenen
Yerlbideningen flind bervorauhehen:
Der Verkemf geeohieht dermalen (Ende 1892} doroh 6 D^ts: Aaran,
Basel, Buchs, Bomanshoru, Delsberg und Burgdorf, wovon die beiden letztem
der Verwaltnng eigenthUmlich angehören und durch eigenes Personal geleitet
werden, während die übrigen nur Miethdepots sind, die fremder Verwaltung
unterstehen. Der direkte Depotbetrieb wird auf 1893 auch in Romanahorn ein-
geführt werden, wo ein heaonderer Bau au diesem Zwecke gegenwärtig in Aue-
lUbrung begriffen ist.
In Folge eine.- v<in der Bundesvcrpaminlnng beM'blü??euen Postulats liegt die
Frage einer Erweiterung dei- Monopols durch Einbeziehung auch des rHativ dencU.
Alkohols für industrielle und gewerbliche Zwecke derzeit im Studium.
Im GeMhäftajahie 1891 (1. Mai 1891 bia 30. April 1892) beliefen eich
die TerkHafe der Mooopotverwaltnng an gebrannten Waseem an Trinkaweeken :
auf 70,091.15 Meteraentner 95" .im Betrage von Fr, 11,798,302. 39, an
denaturirter Waare zu technischen Hanshaltungszweckcn auf 30,451.3'.' ^feter-
zentner 93/95** im Hctrage von Fr, I 1 ,7i'G. 20. Hieven wnrden uu.s den
Betrieben der iulandischeu, für ll«ubuuug der Alkohol- Verwaltung arbeitendeu
Loosbrennerei beschafft 19,132.77 Meteraentner Bohapiritaa.
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StaatsmoDopole
— 307 —
StatisÜk
Die Betriebsrechnung erzeigt im genannten Jahre bei Fr. 14,473,039. 45
Finn ilimen und Lei Fr. 8,469,551. 93 Aufgaben Mnea Ueberschaii der Einnahmen
von Fr. >>.Oi:5,4H7 o"_\
Für die Vertuuiiuug de» UeborttcUu^^cH uu die Kantone war erstmals maß-
gebend das Bnndesgesets Tom 8. Jnni 1891, welches in weiterer AnrfHhrung
von Art. €, nl. 3 der Uebergangsbestimmungen zur Bundesverfassung bestimmt,
daß zur Erleichterung des Ausfalls, den die Ohmgeldkantone und Oktroigemeinden
durch Ja.^ Aufhören des nach Art. 32 der Bundesverfassung mit Ende l.-f'JO
in Wegtail kommenden Ohmgelder&atzes zu erleiden hätten, eine bloß aUmalige^
auf die Jahre 1890 — 95 vertheilte KUrzang der betreffenden Entschädigungen
etattsuflnden habe. Danach sind lUr 1891 5/6, fttr 1892 4/6, für 1893 8/6,
für 1894 2/6, für 1895 1/6 der «wischen dem verhiUtnißmäßigen Eopfantheil
und dem Ertrag des Olungeldes resoltirenden Differenz ans den Antheilen der
übrigen Kantone zu entnehmen.
Stanserhornbahii. ( ii ' Urt am 10. Oktober 1890. Projektirte liänge
3479 Meter. Spurweite l Meter. Maximalsteignng 6üO ^jao. Elektrisch.
Statistik. Um über den Ursprung ^ind die Entwicklung der StatiHtik in
der »Sehweiz zw reteriren, muß sich das Lexikon an die „Zeitschrift fiir «chwei-
zerische Statistik", Jahrgang 1885, zweites und drittes Uuartalheft, halten, allwo
der damalige Direktor des eidgenSsusohen statistischen Borean, Herr Dr« Knmineri
die Resultate seiner Forschungen nach alten und neuen statiatisehen Fablikationen
niedergelegt hat. Dieselben werden hier ganz knra reemnirt.
Zeit vor 170M.
Als die .iltote Urkunde statistischen Charaktere muß das Yolksziihlnngs-
verzeichoiß betrachtet werden, das ^uach Ocsar, bellum Gallicum 1 29) die Hel-
vetier mit sieh fahrten, als sie 58 a. Chr. in Gallien einfielen. Es wies einoi
Bestand von 868,000 Personen anf, worunter 268,000 Helvetier und im Ganien
92,000 waffenfühige Männer.
Weitere, die ganze schweizerische Bevölkerung umfassende statistische Dar-
stellungen sind aus der Zeit vor 1798 nicht bekannt, wohl aber kunionale
Volkszählungsrtisultate aus dem 17. und 18. Jahrhundert; danebst auch kanto-
nale Erhebungen betreffend die Haushaltungen und die erwachsenen Hlinner,
ganz wenige betretfend die Geburten, Ehen und TodesftUe, femer einige be«
treffend dtil Viehstanil.
Private statistisnlur Arbeiten ersten Hani^es gingen hervor aus dor Hand
des 1780 gewaltsam seines Lebens beraubten zürcherischen Pfarrers Waser; der
Statistik bedienten sich femer mehr oder weniger die Yerftsaer ein^r von der
ökonomischen Gesellschaft des Kantons Bern in der sweifeen H&lfle des 18. Jahr*
hunderts ausgeschriebenen Preisschriftcn und die Bearbeiter von geographischen
Beschreibungen der Schweiz.
Zeit von 1798—1848.
In dieser Periode wiederholen sich die oben erwähnten kantonsweisen stati-
atisehen Publikationen Uber BevSlkemng. Gebnrien, Ehen, TodesföUe, Tiehstand
hKußger: dann erfolgt im Jalin- Isr.T Iti mangelhafte allgemein schweizerische
Tolksziihhing, welclie (lelt-genlieit von Baselstadt zu der Neuerung hon'ttzt wird,
Angaben iiln r Alter, Geschlecht, Zivilstand, Bemf nnd Heimat zu sammeln.
Etwelche» nt-ues Material von statistischem Werth beginnt in den kantonalen Staats-
verwaltinigsberichten aufeutanchen. Weil der Mangel einer eehweiseriscben Zoll-
statistik stark empfunden wird, verfilgt die Tagsatsnng 1842 die Veranstattung
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Statistik
— 308 —
ätat).4ik
einer allgemein «diweiieriBoheik EnqaStey w«lclie, hXtte sie reuflsirt, die wdbSSmt»
Agni' and lodustriestatUtik getätigt haben wWde. Soweit in Besag anf die
amtHohe Statistik iVia^^t-v Periude.
Die private Statistik faiul wiederum ihren Waser in der Person des
Basler Prutet?suirt C. Bernoulli, der von 1H27 — 1830 dti« „Archiv fllr Statistik
und Nationalökonomie", 1841 das „Huiidbuch der Populationistik", 1843 die
«Neaeren BrgebniBee der BevSlkerangistetistik* enoheinen ließ. Auf der andern
Seite de« Gotthard verwendete gleichseitig der nachmalige Bundesrath Franscini
seinen Bii'miifltiß zur Abta.ssiing eines Btatistischen Compendiums („Statistica
della Svizzeru") iiud er führte es bis 1851 in einer Weise fort, daß es lange
als Hauptquelle für Sucher statistischer Daten diente. Ferner erschienen be-
vSlkerangaBtatiatieahe Arbeiten von Genfer Gelriirten, 1835 eine ebensolohe Sohrift
Ton Dr. Titoe ToUer in Appeniell A.«BIi., 1838 eine Statistik der Sparkaeeen
von Prof. Candolle in Genf, 1847 eine Statistik des Staatshaushaltes von
J. H. Hottinger in Zttnch, 1819 und 1831 eine «Statistiqae de la Saisse" von
J. Pioot in Genf.
Zeit von 1848—1874.
Die Statistik wird in das Arbeitsprogramm der nen bestellten Bandes*
bebOrde aufgenommen und dem eidgenOsaiBehen Departement des Innern (Franscini)
sugetheilt. In Folge dessen erscheinen in den fünfziger Jahren fünf Bände
„BtitrNge zur Statistik der »chweizcri gehen Eidgenossenschaft", die außer der
Bevölkerung, den Geburten, Ehen und Todesfällen auch die Altersklassen, die
Ausländer, die Akti?bürger, die Mannschaftskontingente, die Geldskala, die Post-
and ZoUwinabmen, die Anawandening, die Enltniarteo ete. in ibren Bereich
sieben.
Im Januar 18<')0 ermannt sich die Bundesversammltnu' ein Gesetz be-
treffend die Errichtung eines eidgenössischen Rtatistitschen Bureau zu
erlaiM^ii. Dieses tritt im Juni desselben Jahres in Wirksamkeit. Es muß, geniaU
Bnndesgescta vom 3. Febraar 1860, sehen im ersten Jahre and fortan alle
lebn Jahre eine Volkszählungsstatistik erstellen, was andi, nnd cwar in bedeatend
weiteren Eahmen als früher, geschieht.
Kbenso entsteht nun eine periodische Viehbesitzstatistik, auf Grund des
Buudcagüsetzes von l^söö, das tUr 18(>G und jedes folgende zehnte Jahr eine
schweizerische Viehzählung Torschreibt.
Im Femern dehnt sioh die amtliohe Statistik des Bandes ans: anf den
Waarenverkehr mit dem Auslände (seit 1849), auf die AIpwirthschaft (1864 u. tl'.),
anf den Post- und Telegraphen verkehr (seit 1869), auf die Auswaiideruug (seit IHHSi.
In dieser Periode entstehen auch die ersten kantunaien statistischen
Bareaux: Bern 1848, Waadt 1860, Zürich 1868. Andere Kantone beginnen,
einaelne Zweige der Statistik au pflegen, so Aorgau, Sohaffhanaen, ThnrgHU,
Baselstadt, Solothnrn.
Die private Statistik hält ebenfalls Schritt mit der amtlichen. Besondere
Pflege Hallt sie Inder Schweizerischen statistischen Gesellschaft,
welche sich am 19. Juli 1864 mit dem Vorsatz konstituirte, das Iuteres<^e des
Publikums tüi- die Statistik zu wecken, die amtliche Statistik zu fördern und
an eigänaen, mit den answärtigen statistiseben Gesellsobaften in Verbindnng sn
treten eto. Die Gesellschaft grUndet die „Zeitschrift für sobweiaerische Statistik**,
welcher eine große Zahl von Abhandliuigeu aller Art zuströmen. Größere Ar-
beiten, von der Gesellschaft angeregt, erseheinen nebenbei separat, so die „Gegttu-
«eitigen Hültsgesellschaflen in der Schweiz im Jahre 1860", von Prof. Dr.
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SUtUlik
— 301* —
Slatisük
Kinkelin, «Die Sffentlidien KbHotfaelno in d«r Sohweit im Jahn 1866", ton
Dr. Entdt Heix. G«meuBam mit dem eidgenSanaohmi stattitiaoheD Bunan wird
die Finaoutatistik der Hchweizerisohen Gemeinden (1869) gesohaffen nnd die
Armenstatistik (1872/78) inazenirt.
Die erste größere Schnlstatistik, die zweite Hpnrkas.senstatiwtik und tlie
zweite StaatsbaushaltsütatiHtik geliöreu ebenfalU diei^tir Peiioiie au. Es Hind dies
Arbeiten der Berren Prot Dr. Kinkelin (1878), Pfkrrer Spyri (1864) und
F. y. Tanr (1860).^ Die erstgenannte wnrde vom Bunde angeordnet nnd hono-
rift, an der zweitgenannten hat da» eidgeu'DBsische Bureau mitgewirkt.
Als statistisches Sammelwerk nehmen die vom früheren Direktor des eidg.
statistischen Bureau, Max Wirth, anfangs der siebziger Jahre herausgegebenen
nwei BSnde „Allgemeine Besobreibnng nnd Statistik der Sohweiz* eine bedentende
Stelle in der eobweiseriaehen Literatur «in.
Zeit von 1874—1892.
7a\ den wShrend der vorigen Pcriodt- entstandenen periodischen Aufgaben
de» e i d g e u ii s s i s c h e II s t a t i s t i s c )i e n B ii r e a u (dezennale Volks- und Vieh-
statistik) sind als weitere periodit^che Arbeiten hinzugekommen: Je eine jährlich
wiederkehrende Statistik der Bey^Ikernngebewcgung (Geborten, Ehen, Todeeftlle,
gericbtUobe Seheidnngen, Answandernng), der p&dagogisoheo und «anitariedien
Bekmtenprttfnngen nnd -Untersnehnogen, eowie die Heranegabe eines etatiatisolien
Jahrbuches.
Nichtperiodische Arbeiten wuien u. A. die SparkusKeuHtatiiiitik pro
die Alkohol- Enquete, die Gefängoißstatistik pro 1885, Studien Uber das private
VerBioherongeweeen, eine anf 8 iahre aneged^nte Unfallstatistik, eine Statistik
der Armenerziehungsanstalten u. s. w.
Unabhängig vom eidg. .statibtischen B-irean pnbliziren noch mehrere eidge-
nössische Amtsstellen regelmaliig größere statistische Arhnitf^n, so das Zolldepar-
temeat ^eit 1885 eine sehr groU angelegte Statistik des VVaarenverkehrs, das
Eisenbahndepartement eine nmfaseende Statistik der aehweiaerisehen Eisenbahnen,
die Post« nnd Tel^praphenywwaltnng eine Statistik des Post-, Telegraphen- und
Telephon Verkehrs, das eidg. YerMcherungsamt eine Statistik der unter Bundes-
aufsicht gtehendeu V('rsichernnp'tt;»i>jelKibfiftP"i. ^ t = Finanzdepart^ment statistische
Erhebungen betretieiid die EmistnonsiKioken, da» Industrie-Departement eine Fabrik-
statistik in 1 — 3jährigen Perioden.
Eine Menge kleineren statistischen Materials findet sieh in fast sKmmtUehen
Jahresbericht! n der eidgenössischen Departemente.
Von den Kantonen Zürich, Bern, Freiburg, SclialThausen, Aargau, Thurgau,
Waadt, Neiirnburi]^ wird mit Vorliebe die landwirthschaftliche Statistik, von
einigen derselben auch Bevölkerungsstatistik, Fioanzstatistik u. s. w. gepflegt.
Wichtige statistiedie Erhelmngen werden dem schwdbMriaeheii Arbdler-
«ekretariat antrertrant (Unfsll-, Kranken-, Lohnstatbtik etc.) nnd die Jahres-
berichte des Schweiz Handels- und Industrievereins, des kanfm. Direktorinma
St. Gallen, der kanfm Gesellschaft Zürich enthehren nie nu^hr oder weniger
uuifa-Hsender statistis( her Darstellungen von industriellen, tinauzieiien und kommer-
zielleu Verhältnissen.
VollstHndig privater Initiative sind die groß angelegte Sohnktatistak von
C. nrob, geweeenem Erzieliungssdtrettr des Kantoos ZOrich, die Statistik der
Wasserkräfte von Ini2i;enieur Lauterburcr in Bern, das stenerstatistiische große
Werk von j'rofessor Schanz in WUrzburg und viele andere nieistens in die Zeit*
Schrift fdr schweizerische Statistik aufgenommene Arbeiten entsprungen.
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SUUsÜk
— 810 —
Stickerei
Durch (las Zusammenwirken der .schweizerischen statistischen Gesellschaft,
des Bundes and der Kantone wird in den nächsten Jahren eine neue, (»ehr ein*
ttfiÜeka AmenattMk ratotehen, and du «dg, Kimknnamt bccdtet die jShrliehe
Hemnagabe einer Eonkiinstatistik vor.
Die amtlichen Statistiker dei Btindes und der Kantone haben begOAnMi,
alljälirlifli wie-loikrlirende Konferenzen ribzuhultcn, um aus diesen Anregungen
zu ueuen Arbeiteu und zu ein/u*itlicher Belmndlung ^gleichartiger Materien zu
schöpfen. Der Einiluß dieser Kuuferenzeti auf die Pupularisiruug der Statistik
maeht aieh bereits in angenehmer Weiee fühlbar und der Zeitpunkt iet vorans-
atisehen, wo der Statistik von jeder höheren Yerwaltangsbehürde ein Ehreupiatz
eingeräumt sein wird, als einem läohte, das hineinfindet in das tansendspeichige
£ad der Zeit.
Stampelsehneidekuiist s. im Artikel ;,Kanaf, Seite 195.
Stcrilisinrng der Milch« Eine Anstalt snr Sterilittrung der Mileh besteht
in Kooolhngen, Kt. Bern.
Stickerei« (Thcilweise ErgÄn/Aing der Statistik auf Seite 195 im III. Band.)
Nach Ermittlungen dfs knufmännisciiou Direktoriums in St. Galli n gah es iu der
zweiten Hälfte des Jahres 1890 iu den Kantonen iSt. üailen, Appenzeil und
Thurguu
Kettenstiohmaaehinen in Fabriken 168, Arbeitende 233
im Hausbetrieh 839 « 8,729
Plattsttehmasohioen, gewöhnliche 10,9 IG « 84,001
Schiff limaschinen 642 , 1,442
Handstickerei ; 2,027
Arbeitende 42,032
Dem Stickereiverbande gehörten au :
Im Kanton St. Gallen 10,630 Maschinen mit 20,696 Arbeitern
p s Appenaell 3,744 „ „ 5,873
„ , Thnrgan 3,587 , . 6,969
Zürich *>69 , , 2,017
In anderen Kantonen 475 « » 1.007
Im Vorarlberg 2,ö68 « , 7,OyO
In Lichtenstein 83 « « 1G4
. Baiern 20 . . 40
21,375 43,855 Arbeitern
Außerhalb des Verbandes standen 386 Haaohinen, wovon 94 Schweiz (60
Aargan) 189 Vorarlberg, 3 Liehtenstein.
Die hieror erwähnten „anderen* Kantone sind:
Granbttnden
mit
114 Masohinen und
236 Arbeitern
Glarus
91
«
n
187
Schwyz
67
«
149
Zug
1
r
■2
Sohaffhanaen
13
»
II
37
Aargan
176
9
«
371
Holothnrn
9
9
25
Bein
«
5
10
495 Maschinen 1,007 Arbeitern
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Stickerei — 311 — Telephon
Auöi'uki vou Stickereieil 1890 und 1891.
(Naeh der Schweiz. WaarenTerkehnstattstik.)
Fr,
Kettenstichstiokereien . .
Betiatzartikel
TttUitickereien
Modeartikel u. 'Bobeo . .
Fttoe Handstickereien . . .
f.eiTienstiekereien, incl. -äpitxen
Seidenstickereien, «
WoUenstickereie« .
9,502,620
ü7,936,t>49
575,831
6,012,302
351,579
:1H6,105
5,308,916
559,483
Fr. 90,713,475
'WOTon
Fr.
1891
8,864,498
, 56,176,452
580,702
, 6,204,465
264,662
„ 254,897
, 6,789,985
635,458
Fr. 79,771,143
Kettenatichatickereien
IMaiMrika
1891
5,482,552
Baeatsartikel 19,993,629
TlllUtiekereieii 92,518
Modeartikel and Sobeu . . . 2,221,896
Hana-stickercien : . . . . 47,006
Leincnstickereien, incl. «Spitzen 21,670
Seidenstickereien, « « 1,047,491
Wollemtieker^ea, , ,
Frankreich
1891
125,434
3,522,871
175,934
656,865
125,r.(U
I0b,:ui2
1,461,153
156,094
Engtand
1891
1,565,191
17,447,621
227,737
2,127,136
9,597
28,414
3,294,273
302,784
3,996
Stmmtelui St. Oftlien-OaiB. Wnrde eriSffiiet am 1. Oktober 1889.
Baaliohe LBnge 14,048 Meter. EinbesahltoB Kapital Ende 1890 Fr. 1,751,500,
«OTon 551,500 Aktien, Fr. 600,000 consolidirte Anleihen und Fr. 600,000
Subventionen. Kosten der Bahnanlagen und festen Einrichtnngen per Ende ls'*iO
Fr. 1,445,158 — 102,909 per Bahnkilometer ; Kosten des Bollmaterials
Fr. 480,622.
äüdustbahn. (Ergänzung). Die Strecken PtUffikon - Samstagern und
Biberbraoke*Goldaii wurden er6ffta«t am 4. August 1891. Bsulicbe Länge der
eratom Strecke 7957 Meter, der aweiten 20,247 Meter.
Teleplioil. (^Ergänzung dea Artikels im III. Band, nach Mittkeiinngen
des Herrn Dr. WietIi>^baGh.) Im Anschluß an die Statistik auf Seite 292 folgen
die wichtigeren Zahlen fttr die folgenden Jahre :
■ Stationen ^ i „
Kdi.
1888
18H9
1890
1891
11,811.7
13,237.5
17,067.0
21,358.0
7,946 8,nr.l'.n'»9
9,203 7,112,üyO
10,949 5,181,617
12,595 6,936,413
IiifTurt'.-
ItCuiiraclif
468,502
599,737
587,000
687,488
Kiuuühiiivu
l'r.
1,188,297
1,310,081
1,500,306
1,683,513
Die Ausgahen geben keine mit den früheren vergleickbaren Besnltate, da
seit 1890 das Rechnnngssystem durch Einführung eines Bauconto geändert wurde;
sie sind daher oben nicht angeführt. Die Wirkungen des Tclephongesetzes, wclchr«?
mit dem 1. Januar 18^0 in Kraft getreten ist, sind nicht ganz in der erwarteten
Weise zu Tage getreten. Namentlich war von der „fast pltttalicken Zunahme der
Stationen* nioht viel zu spüren. Der Abonnementspreis wnrde allerdings durch
das neue Gesetz ermäßigt, zugleich aher auch die frtther bestandene Gesprächä-
freiheit abgeschafft, beziehungsweise auf 800 Lokalgesprächf* per Jahr eingegiiinzt,
was Ton vielen Abonnenten anföoglich unangenehm empfunden wurde. Dies zeigte
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Telephon
— 312 —
Telephon
Bloh in «nm* großen Abnahme der Lokelgespräohe. Im Jahre 1887 kameo 11S8;
im Jahre 1888, 1140 Geeprlohp. jihrlieh auf die Statioo, nach der EioltthniDg
dee neuen Gettetzes im Jahre 1890 nur noch 473, und im Jahre 1891, 550 6e-
spi^che. Die jährliche Zahl der Gespräche per Station hat also xtm die Hälfte
abgeDommeo. Dagegen i^t die Zunahme der Statiunen von circa 1200 vor dem
Gesetz auf circa 1600 nach dem Gettetz per Jahr gestiegen. — Einen wenigstemi
ebenso grefien Einfluß auf die raachere Entwieklung de« Telephonwoeens als die
reducirten AboimementstHxen hatte die Auadehnung des internrbanen Ver-
kehrs, von einem Ttilt-phonnetz zu dnem anderen.
Beinahe alle Telephonnetze sind gegenwärtig untereinander verbunden. Die
Teiephunnetze der einzelnen Ortschaften haben sich zu einem Uber die ganze
Schweiz ausgedehnten Telephennets auiammmigeMihloßen. Nur Davos und
St. Horiti im Kanton Graubfinden warten «noch auf dm Anaohlnfi an daa aU*
gemeine Telephonnets. Außerdem liegen im Kanton Tesein die 3 Telephonnetie
Lugano, Bellinzona, Locarno, <!ie wohl unter sich verbunden sind, aber \vefi:en
der großen Kosten, welche eine i i-iephouleitung nach i^uzem oder Chur ertuidern
würde, wenigsteiiä im gegenwärtigen Moment noch, auf eioe bulche verzichten
mHßen. Die interarbanen Telephon leitnagen sind um Ewei Centren angeordnet,
von denen das eine in Bern für die WeatMhweis und daa uudere in Zürich für
Nordost-Schweiz liegt. Dnrch zweckmäßige« Erweitern und Vervollüt.indigen
derselben wird nach und nach der größte Theil der Abonnenten in der Schweiz
miteinander in Verkehr treten können} schon jetzt hat ein telephonisches Ge-
aprttdk von St. Gallen nach Qmif oder yon Baeel naoh Chur kdna Sehwierigkeit,
w&hrend von den kleineren Netaen an», welehe anweilen noeh dnroh drei, suweilen
selbst vier CentralHtationen nich hindurch arbeiten mUßen, um su einem Centrum
zu gelangen, es schwierig ist, die gewünschte Verbindung zu erhalten, da zn
diesem Zwecke alle die vercliiedeoen zvi'^chcn den Endpunkten liegenden Theil-
stücke gleichzeitig frei Hein mtissen; auch wird beim ir'atwiren von meureren
Centraistationen die Lautwirkung des elektrischen Stromes gesohwteht. Es besteht
daher die Verordnung, daß in der Regel nicht mehr als drei Centraistationen
fdr eine Verbindung in Anspruch genommen werden dUrfen.
Auch internrbane Telephonverbindungen nach dem Auslande sind schon
mehrere im Betrieb, so eine von Basel aus nach St. Ludwig und MUhlhausen,
eine von Sjwmlingen nach Conatanz, eine von St. Gallen nach Bregenz mit
Anschluß an Lindau und Feldkirch» eine von Genf naeh St. Julien, üeber dieae
Anseblttße mit dem Auslande sind vom Bundosrathe folgende allgemeine Gceidits-
pnnkte aufgestellt worden :
Die Kr^tr llung und der Unterhalt der Linien und Stationen auf SohwWfler-
gebiet ist Sache der eidg. Verwaltung.
Als sdhweiseriscber Antheil an den internationalen Gespriohstaxen gelten
als Miniraaltazen im allgemeinen die in Art. 14 des Gesetzes für die sehweiae-
rischen Leitungen festgestellten Ansätze, in der Meinung, daß der erste Taxrayon
auf eine Entfernung von in km. zu haschrSnken sei. In der Grenzzone ist eioe
Ermäßigung des Hchweiz. Aiitheiln von 30 Cts. auf 25 Cts. gestattet, falls der
Antheil des Nachbarstaates dicHclbe ist.
Es betrXgt s. B. die Gresprichataxe mit Frankreich fUr die Grenmone 50 Cta.
(Schweizer. Antheil 25 Cts.), mit Deutschland ßO ('ts. (Schweiaer. Antheil
3«) Cts.). Hin auf lf)0 kni. ist die Gesprächstaxe mit Frankreich gegenwärtig
Fr. 1, mit JJeutsohland und Oesterreich Fr. 1. 25 (fttr eine Gesprächsdauer von
3 Minuten).
Digitizcü \:, < .'^ v^
Telephon
— 313 —
Telephon
I)io Vereinheitlichung dieser Taxen wird warscheinlich eiue Aufgabe der
nichsten internationaleii Telegraphenoonferaiz bilden.
Die Amdebniing dw Wirkungskreises de» Tek'|ihonti erhöht natürlich auoh
die Ansprüche an die t e ch n i s o h i« A u s f ü Ii r n n g iler Anlage. Die Verbindungs-
leitungen zwischen den verni biedeiien Netzen werden als Schleifen mit Kupfer-
draht aus 2 und 3 Durchmesser erstellt. Als Microphone werden sogenannte
KohlenpttlTWmikropboiifl verwendet, welche eine stirkere Wiiknng Bolatw»en.
Bei den Ap|>araten kommt die sogenannte FiirAllelecbaltung cur Anwendung,
wodurch die Lautwirkung bedeutend verbessert wird.
Auch die Kabel itn InTieren der Siädte i-irul von Ptiner verbesserten Kon-
struktion. In erster Linie werJfii alle Kalu'lloitungeu in Schlrifer.schaltung ver-
wendet, ah Is<datiurisuittel wird die Luft benutzt, welche die elei^trischen Ströme
am wenigsten beeinflußt Da in den größeren StSdteu d« Straflengmnd snr Einbet-
tung von Gas- und Wasserleituogen, von Kabeln zur elektriscben Beleuchtung und
Kraftübertragung, von Schienen für die Straßenbahaen u. s. w. in Anspruch ge-
nommen wird, 80 ist es oft sehr schwierig, ein geeignete^ freies Tra^e ausHnding
zu iiiaclien. Um diesem Uebelstande zn begegnen, wird ein eigenes Kanalisationsnetz
angelegt, groß genug, um fUr eine Ifingere Beihe von Jahren die Telephonkabel
aufnehmen au können. Diese &näle bestehen aus gafieisemen Bohren von 30
bis 40 cm. Durchmesser, welche in ähnlicher Weise wie die Röhren der Wasser-
leitungen verlegt werden. Auf diese Weise kamt die Verwaltung auf Jahre
hinaus sich den Piatz für ihre künftigen Kabelanlngen leserviren. Daneben ist
auch der Schutz sowohl gegen mechanische BeschudigAngen wie gegen die Ein-
wirkung anderer elektrischer Leitungen ein beinahe vollkommener. Die Kabel
werden nach BedUrfaiß mit Hlltfe von Winden in die BSbren eingesogen, and
es sind zu diesem. Zweoke in angemessenen ZwisohenrSamen £imteig4chMchte
vorgesehen.
Eine eigenthümliche Schwierigkeit entsteht fiir die Teiephuuaniagen in
neuerer Zeit durch die Starkstromleitungen. Die elektrischen Ströme,
welche sur elektrischen Beleuchtung und Kraftttbertrsgang dienen, sind 1000
bis l,0()O,()0i) mal stfirker, als die zum Telephoniren verwendeten. In Folge
dieses Umstandes müssen natürlich die Starkströme von den Telephonleitungen
möglichst fern gehalten nnd nach technischen Hegeln so angelegt werden, daß
sie keinen elektrischen ^mducireuden) Eindiiß auf d;e 1 clephonleitungen ausüben
kBanen. Andemftills entsteht ein mehr oder weniger stark summendes GerSnsoh,
welches den telephonisehen Verkehr beeintrXchtigen, oder sogar auch gana ver-
unmöglichen kann, namenill 'i iieini .sogenannten Wechsel- und Drohstrom. Mit
Hiteksicht auf den großen Unter.-tibied in den Strumstärken ist die Vermeidung
dif.ser .Störungen für den Telephontechniker oft ein tichwieriges Problem. Dabei
spielt die Isolation der Leitungen von der Erde sowie die gegenseitige Lage
der Drahte eine wichtige Rolle.
Mit Rilcksicht auf die GefXbrlichkeit der Starkströme fttr das Leben der
Allleiter ist es untersagt, an den Stangen der Telegraphen- und Telephonlinien
iStarkstromdräbte anzubringen. In vielen Fällen sind Kollisionen beider Leitungs-
systeme beinahe unvermeidlich, namentlich im Inneren von OrtsohafteD, welche
die elektrisebe Beleuchtung eingeftthrt haben, und es hat sieh daher als notii<
wendig heran^g^tellt, das gegenseitige Yerhältniß beider gasetslieh an ordnen.
Dies ist durch das „Bundesgesetz betreffend die Krstelhing von
Telegraphen- und Te 1 e p Ii o n 1 i n i cn" vom 2<) Juni Ih^bU geschehen.
Dasselbe berechtigt den Bund, ötientliche Plätze, Straßen, Wege, Kanäle, FlUase,
Telephon
— ai4 _
Uri
Seen, und deren Ufer, ebenso dae Gebiet d«r Babngetellaehalleii mr Emtellen;
▼<m Telegraphen* nnd Telephonlinien in Anepmob m nehmen, nnd DrIIhte über
Privateigentbmn zu ziehen, wenn die zweckenteprechende Beniitzang desselben
dadnrrh nicht beintriu'htitrt wird. K'lfnso hat er das Recht, Baumästo. durch
welche eine vom Bunde ernclitete LeituDg gefährdet oder g«»törb wird, eventuell
gegen Eut*»chädiguug, zu beseitigen.
Vor der Anlege Ton elektrischen Lntangen fttr StarketrOme sind die PUtne
der Telegraphenverwaltung vorzulegen, welehe bei der genehmigung der Pläne
sowie während des Betriebs den Unternehmrr der Starkstromleitung zu den
erforderliuheü Maaßnahmen verhalten wird, um die Telfgraphen- und Telephon-
anlage gegen Jede Gefährdung nnd Betriebsstörug sicher zu stellen, und die
takttoftige Ansdehnung derselben nioht in yernnmSgliohen gegenwärtig gibt es
bereits Uber 200 Starkstromanlagen in der Sohweis, deren Leitungen die Tele>
graphen- nnd Telcphonlioien krensen oder ihnen anf kttrswen oder Iftngeren
Strecken parallel laufen.
Im Juni !892 haben die cidg. Rätbe den Huudesrath eingeladpn, zu prüfen
und dai'über Bericht zu erstatten, ub und auf welche Weise in den von den
größeren Verkehrscentren abgelegenen Landestheilen der Thelephonverkehr dnrch
eine Taxermäßigung zu erleichtern sei.
In den kleineren Telephonnetzen hat der Lokalverkehr keine Bedeutung und
die Abonnenten kommen daher nicht in den Fall, die HOO freien LokaljreHprärbe
ganz auszunützen. Der größte Theil ihres Verkehrs bewegt bich über die inter-
Urbanen Leitungen. Um diesen Terhiltnissen Beohnuug zu tragen, schlägt der
Bnndesrath vor, die Anzaht der freien Lokalgespriehe fttr alle Abonnwten von
800 auf 600 herabzusetsen und dem entspreohend auch den Abonnementspreia
um Fr. 20 zu reduziren, so d;\ß der letztere im ersten Jahre Fr. 100, im Eweiteu
Jahre Fr. 80 und fttr die lulgeudcn Jahre Fr. »50 betrafren würde.
Von dieser Taxermäßigung werden in erster Linie die kleineieu Netze
profitiren, wShrwd in den großen Netaen mit regem Lokalverkehr die 600
LokalgeeprMche in der Regel ttbersohritten werden.
Der nächsten Bundesversammlung (Dezembersession 1892) wird eine besUg-
liehe Gesetze« vorläge zugehen. (Geschrieben Ende Sept. 1MU2V
Teinperntur. S. im Artikel „ Landwirthschaft " Seite 250.
Thalweil-Zug-Bahn. Projektirte Länge 23 km. Spurweite 1,431 m.,
vgl. im Uebrigen die Artikel « Moratoriamslinien im II. Band und im
Supplement.
Thunorseebahu (Scherzligen-Darligen). Concedirt am 17. Juni 1890.
Projektirte Länge 21,982 Meter. Spurwelte 1,43^ m. Adhäsionsbahn. Noch
im San befindlich. (November 1892).
TkunerMekattal* Die Strecke Thnnersee-Interlaken wurde eröffnet am
4. Juni 1892.
Trnmways. Das Tramway der Stadt Bern wurde eröffnel am 1. Okt. 1890,
LXnge 3192 Meter. Anisgekosten Fr. 2,340,427.
UnfiiUTersieiieriiiig. Siehe in diesem Supplement deo Artikel «Ver-
sicherung
üri. (Zur Wirthschafts^ehehichte dieses Kantone, niitretheilt von J. Dürrer,
Adjunkt des cidg. statistischen Bureau^i Daß dt-r Hoden des Landes Uri bereits im
10. Jahrhundert iu ausgedehntem Maaße der landwirthsohattlichen Benützung dienstbar
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Uri — 815 — Uri
gemacht war, gebt diiraus hervur, daß die Bewohner dieses Landes deo 22. No-
vemher 955 sich mit Jeni Kloster zum FraumUnster in Zürich, ihrem Grund-
herrn, darüber verständigten, wie das von den erateru gesammelte Wildheu zu
Tentehnten sei, ünd woM waren ee aach die BedUrfnisse der vorhandeoen Land'
und im besondetn der AIpenwiHhsdu^t diin^ welche die Unter aelion frtthe
veranlaßt wurdeu , bei der Bevtteignifiuig des Bodens Uber die natürlichen.
Grenzen ihrcci Thaies hinanszugreifen : Uber den Klausenpaß in das Lintthal,
über (Ion Kinzigkulm- und dtui Kuosalpcrkiilmpaß ii» das Muotathal und Uber die
Sureuegg iu du» Gebiet der Engel bergeraa. Kin Streit, welcher zwischen Uri
Dod Glams Uber ihre Landesgrenze gewaltet hatte, wnrde im Jabre 1 196 in der
Weise Termittelt, daß erster&s von nun an im nnangefoohtenen Besitze des
heutigen „ ürnerboden " blieb. „Lange Mißhelung'' zwischen Uri nnd dem
Kloster Kngeiberg Uber den Besitz und die Benützung der Alpen am AVestabhange
der Sureneii sollte durch ein gerichtliches Urtheil vom Jahre 1275 erledigt
werden, erhielt sich aber in mehrmaliger Wiederholung noch hat zwei Jahr»
hunderte lang.
In den Urkunden des 13. und des 14. Jahrhunderts kehrt die Bezeichnang-
urneristlier (irundstUeke als „Acker" so häufig wieder, für einzelne Gegenden
fast vorwiegend, daß man anfangs zu der Aiiiiubuie veif^ncht wird, es habe
damals in Uri auch der Ackerbau eine große Ausdehnung gehabt und seine
Bedentutig sei dcrjeBigen der Yiehsneht nnd Alpenwirthndiaft niobt sehr «nrttck-
geetanden. Daß die Berechtigung dieser Annahme aber doch eine fragliche sei
und daß die so häufige Bezeichnung der C^rimdstUcke als Acker schon damals
mehr einem frühern als einem noch andauernden 5!nstaiide entsproehcn haben
könnte, dafUr spricht der Umstand, daß in den erwähnten Urkunden und namentlich
in den noeh zahlreich erhaltenen Ziusrödeln des zürcherischen FraumUnsters Uber
ieine Beeitxoiigen in Uri neben den widt vorhemchenden Geldziniien allerding»
auch Natui tlziiihe genannt werden, welche ane Erzeugnissen der Yiehzaoht und
Milchwirthschaft bestehen, (Schafe, Lämraer, Ziegenhäute, Wolle, Käse, Ziger)
aber — abgesehen von Zehntabgaben — - niemals solche aus fc^rzeugnissen des
Ackerbaues. Käszinse bezog von seinem Grund besitze in Uri auch dag Kloster
Wettingen nnd daß dieeea in amgedehnterem Maße itattHuid, als jetzt noch
die einzelnen Naehweise hiefitr vorliegen; geht daraus hervor, daß das gmannte
Kloster es sich im Jahre 1838 von einem seiner urnerischen Lehentrager als
hergebrachtes Reclit bezeugen ließ, ein als »hieben verliehenes Hans und dessen
Speicher jeweiien als Käselager zu benutzen für „ir (= W'ettingens) Mulken,
daa sie kouffent, oder inen von Zinsen gevallet in Uri, bis sie selbe vom Lande
fertigen mSgen*. Macht ans diese ErUi^ang wohl mit dem eisten KSsehXndler
bekannt, von dem sich noch beptimmto Kunde erhalten hat, so gibt ein nicht
viel späteres Schrift.'^tUck Keuntuiß, daß das gleiche Kloster U'cttingen im Lande
Uri auch dem Viebhandel oblag; deuu am 25. Jänner l.'l.')4 stellte Johannes von
Attinghaoseo, Landammann in Uri, die Bescheinigung aus, daß \Vettingen ihm
die hundert Cralden beiahlt habe, ^die si mir sehnldig warend von dem vehe,
•0 idi den vorgenanten Herren gegeben hatt*. Bri der neuen Lehenertheilnng
einer Schweig im Sehächenthal, im Jahre 1346, und einer solchen in Silenen,
im Jahre 1383, wird der Jahreszins zu Gunsten des zürcherischen Franmünsters
u. A. je auf 200 Käse festgesetzt, <lcren Gef5ammt^ewicht beidenort?? 40 iiuben
zu betragen hatte (am einen Orte -ohne Öack und ohne Seil**, am andern Orte
hingegen «mit den SScken^. — 1 Bnben = ungefähr 8,8 kg.); von einer Schweig
in GartneUen dagegen waren nach einem Zinsrodel von 1370 demselben FranmQnster
Uri
— 316 —
Uri
u. A. 50 grofie Kise im GeBammtgewicbt von 40 Bnben m sinieii. — Im Jahre
1380 verpfändete ein Landmann von Realp zwei seiner dortigen Grundstücke
für die Lieferung von l^/j Zentner Käs zum Zwecke einer Jahrzeitstiftung im
Frauenkloster P!nu;elberg. Eine ungefähr von dieser Zeit au beginnende Heihe
von Urkiiuden zeigt, wie unter mannigfaltigen Vorkommnissen die Beohtarer'
hSltnisM der Alpeawirlhaobaft im ürsemth&le geofdset worden, wobei da« Streben
der (iemeinde hauptsächlich und erfolgreich dahin giung, inr Bentttinng der
dortigen Alpen einzig das un Tliale gehaltene Yit'h znzulaKsen.
^^ iihrend demnach Viehzucht und ^lilchwirthschaft neben dem Hedarfe des
Landes noch Gegenstände der Ausfuhr erzeugten und in den Urkunden vielfache
Denkmale ibres Betriebee sarfiekliefien, wta die Beeebaffung, oder doefa die
Erbaltang der Ittr des Laad nStbigen Eraeugnieie dee Aekerbaues bereits in
einer Aufgabe staatlicher Fünorge geworden. Denn als in den Jahren lil6
und 1417 Uri, Lnzern nnd XJnterwalden ein ewiges Burg- und Lnndrccht mit
den Zeliiitrn des Lundes W'ulü« abschlössen, wurde den T/etztern aul dem
Gebiete der Erstem im MÜgemeiuen freier Kauf zugesichert, davon aber Getreide
«QSgenommen („nns, den genanten von Wallis sOllent nmb unser Gelt lassen
angan und gen Saltz und allerlej Eonfis, so sie inn haben mögent, usgenomen
allerley Koros, wie das genant oder geschaffen ist^). Staatlichen Beschränkungen
der (Tetreideausiuhr über den (rotthard begegnet man durch das 16. nnd 16.
Jahrhundert häufig. Welche Bedeutung die zur Zeit den K appeler krieges von
ZUriob verbäogte Kornsperre Ittr die Innerediweia hatte, ist bekannt und dnreb
die Geschiebte von der Hilcbsnppe in Kappel der Erinnwang erhalten worden. —
Auch im 17. und im 18. Jahrhundert fortdauernder Mangel an genügender
eigent^r Brotfrucht wird für Uri durch einen Landcgemeindebeschluß von ir,'>2
bezeugt, welcher vorschrieb: ^ Jedem der das erste Mal ankörnet, soll der halbe
Theil Sameu vou der Obrigkeit gegcbeu werden und er daun schuldig sein, drei
Jahre nach einander so komen ; anoh welche das ihrige aofthnn (anfthnn = Wies'
land in Acker umbrechen), soll ihnen für jede Kuh zwei KübeeseDS ausser Lande«
zu wintern erlaubt sein" (d. h. sie durften als Vergünstigung auch solches Vieh
auf die urnerischcn Alpen auftreiben, welches sie den ^Vinter über ausserhalb
des Landes gefüttert hatten). Die Sorge für die Vermehrung des Ackerbaues
besolAftigte die Landsgemeinde noch im Jahre 1699 und wieder in den Jahren
1710 — 23, doch ohne fttr diese yerhXltnisse eine bedeutende and dauernde
Aenderung schaffen zu können, denn noch im Jahre 1796 schreibt Norrmann
Darstellung des Schweizerlandes"), daß in Uri „im (lanzen nur wenig Getreide
gezogen wird" und im wesentlichen übereioatimmend Lusscr im Jahre lö34.
(^„Der Kail tun Uri")
"War derselbe auch kanm jemals von großer wirthechaftliober Bedeutung
für das Land, so mag hier gleichwohl auch der Weinbau erwKhnt werden, der
in Uri wenigbtcns seit dem 13. Jahrhundert bis nahe an unsere Zeit heran
bestand. Im Jahre 126ü verkaufte das Kluster St. Blasien an dasjenige
von W ettingcn u. A. einen Weinberg, welchen e» in Uri besaß und dem
Fraumttnster in Zürich trat im Jahre 1283 Grcgur von Silenen als EigcDthom
ab M^Uez daz gnot, das er het in dem Land ze Uren, ee sei Aoher, Winr
garten, AVisan, old swie man ez genennen mag" ; von Weinbergen oder von
AN'cinzehnten in Uri ist ferner die Rede in Urkunden ans l- n Jahren 1284,
1289, 1330 und i:>87. Von da an aber verzichtet der urnerische Weinbau
während Jahrhunderten auf schriftliche Denkmäler seines Fortbestehens; um
«0 freudiger wird man flberraseht, in einer ürkqnde vom Jahre 1750 Uri immer
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Uri
— 317 —
Uri
noch als Weinland — „fe^\o in qua vinmn credit •* — hezei<'hnet zu finden.
Und eine folgende Erwähuuug gibt Aufschluii, dass nicht blas dieser ^^'einbau,
8(iiid«ra ftufdi deueD Erzeugniß, dar Weio«e]bfct,aioheiDer großen Danerhaftigkeit
rtthmen dorfte. Norrmann sehreibt im Jahre 1796 Uber Uri: «An einselDen
Orten kommt sogar der AV'cinstock fort, daß aooh etwas Wein gesogen werden
kann, der aber meistenB herbe ist und erst bei oinein Alter von einigen Jahren
trinkbar wird; man zielit ihn daher mehr zum Vergnügen f I ) als we^j^en meines
großen Nutzen«." Und Luaser (1834); „Dev Weinbau, welchei- früher in
Alfdorf und Siaikon gewesen sein soll, ist beinahe yersehwun^en .... Nur
wenige machen einige Samn Wein, der aber sauer sehmeckt.*
#
Unternehmungen, welche die Uebung der mineraitsehen SckiUee dds Landen
Uri hesweokten, werden im Laufe der Jahrhunderte vendiiedene genannt. Freilich
noch sehr nnbestimmt lautet die folgende ErwXhnung ornenschen Bwgbaues in
einem Tagsatzungsahschied vom 18. Oktober 1480: „Ebenso bringt der Auimann
TOn Uri an, daß Heinrich Koler von Nürnberg, der in ihrem Ber<iwcrk toohuf
" Mehrere spätere Beschreihnngen Uris behaupten übereinetinnncnd, ih\l\
in früheren Zeiten im Iseuthul Eiüenauäbeutuug btattgciuuden habe und weuigtiteiiH
einen Anhaltspunkt hiefiir hietet die Thatsadie, daß im Jahre 1596 ein Haupt-
mann Madrano Tom Lande Uri ein Bergwerk im Isenthal auf mehrere Jahre
zu Lehen hatte und ihm im nämlichen Jahre vom dreifachen Landrath ein
im laenthal liegender „Tschachen" (= Gehölz) verkauft wurde. (Blumer ,
Kechtsgeschichte 2. Theil I. 346 und IL 7ö).
Im Jahre 1622 wurde yon Hauptmann Madrauo (ob zum ersten Maie?)
die Eisengewinnung im EKtsielenthale eröffnet, weldi* letaleres von da weg den
Namen Madranerthal annahm. Im Jahre 1680 sei dieses Kisenbergwerk an >:.e
TJrner J. und F. Epp Ubergegangen und später für die Zeit bis 172.') an den
Urner-Landaromanu J. A. Schmid verliehen worden. Um 1724 werden auch
die swei Basler J. Linder und H. B. Burkhard, welche damals ein Kisenberg-
werk in Löwen hm Sehwys eriSfibeten, als „Bergherren in Vri* heieichnet.
LandsgemdndebeiehlllsBe »das Eisenbergwerk helangend" werden erwähnt aus
den Jahren 1704, 1708, 1709, 1723, 1724 und 1737.
Den Eindruck zu machen, daß Uri sieh damals eines mannigfaltigen Berg-
baues erfreut habe, versucht eine Daröteilung uu8 dem Jahr 1766 {Fäsi ätaats-
nnd Erdbesohreibung). Nachdem bereits gesagt war, daß in Uri Silberberg-
werke sohon wiederholt mit Vortheil erSffnet worden, daß namentlich in der
Gemeinde Silenen ein solches als „vorzüglich ergiebig" befunden worden und dali
noch vor wenigen Jahren eine zürcherische Gesellsehaft ein Silt i i ' ergwerk in
jener (regend betrieben hübe, werden die folgenden verschiedenaitigen Ausbeu-
tungen als dermalen, also gleichzeitig, betriebene aulgezählt.
»Da« Madranerthal hat seit langer Zeit daa Land mit nUtalichen Uineralien
bereichert. Am Gotoemberg gritbt man ein tiKchtiges Eisenerz. Eine Stunde
Ton da ist in dem sog. Tieflauithal gutes Silberen, obeoher ein Bergwerk von
Silber und Kupfer. Nicht weit von da gräbt man ein anderes Kupfererz nml
nahe bei dembelbeu Bleierz, zu Schwarzenberg und aut dem t^hwarzen Brzberü^
gutes Eisenerz. Alle diese Erze werden eine Stunde weit vom Dorfe Amt^tcg,
jenseits der Benß im sog. Graggerthal (! Warum nicht gar auf der Geaofaener-
alp?) gut gemacht und geschmolzen. Das Kupfererz wirft vom Zentner 21 (!) und
das Bleierz 32 (i) Pfund ab.** Gleich daneben werden aber die .21-'' und ^^2-*
Tri — 31Ö — Uri
proiont^a Ausbeutungen wieder neben das Dorf Arosteg und in das Jahr 1718
zorHckversetzt. Obwohl nun je ein Tlieil <ler liier aufgezählten Ausbeutungen noch in
flen Jahren 1 788 ^ScÄw/V/ Geschieht.: des Frei.stuiites Ury^ und 17'J6 (Xrrrmann)
als damals fortdauernde bezeichnet werden, erbalt man den Kindruck eines zuver-
lifiigWAii Berichtes, wenn Inmer im Jahre 1834 sagt: Berghaa gebe es längst
keinwi mehr im LÜide nnd weiter angibt, die EtMtiansbeiitnng im Ifodxanerthale
habe im Jahre 1762 aofgehürt, weil damals die Eisenschmelae in jenem Thale
und der Eisenhammer in Anuteg durch eine Ueberschwemmnng snrst&rt
worden seien.
Eine im Giaggertlial ub Inschi betriebene, b. Z. von Kittur Jauch an-
gelegte, Unternehmung zar Atanngevinnnng wird achon 1766 (Fnsi) nicht mehr
erwähnt und 179G (Norrmann) ausdrücklich als verlassen bezeichnet.
Kine Neubelebung des urnerischen Bergbaues hatte es nicht zur Folge,
wenn auch in den Jahren 1840 und 1855 vrm der Bezirksgemeinde die Bewilligung
ertheilt wurde, das ei-»te Mal auf Eisen, das andere Mal auf Blei, Kupfer uud
Bilher an graben.
Der Ausbeutung von Mineralien verwandt ist die Gewimuna von KrUiaUmt
odtr vun ^Strahlen", wie sie in der Landessprache genannt werden. Freilich
ist dieselbe ilir r Xatnr narli weniger zu berufsmäßig fort gehetztem, als zu j'-w^üen
bald vorübergehendem Betriebt^ geeii^ct und ihr Erfolg ist immer gröfjteiitheii»
vom Zufalle abbüngig. Dadurch wird die wirthschaftliche Bedeutung des „ätrahlcns"
wesentlich eingeschränkt, wenn auch dann und wann Beispiele anßergewöhnlich
großer ond gewinnbringender Kristallansbeute angeführt werden. Willi nagt in
seinen anziehenden Schilderungen der „Strahler im Hochgebirge", daß von der
Kristal Igräberei in Oherhasle keine altern Spuren, als ungefähr an« dem Jahre
1650 erhalten seien, daß mau dagegen in Wallis und iu Ursern „viel früher**
Kristalle gegraben nnd nach Italien yerkanft hahe. Dazu stimmt es, wenn
in den Verhandlnngen einer den 7. Oktober 1547 in Brunnen gehaltenen drei*
örtigen Tagsatzung von Jemanden — einem ßellizonescn oder Italiener? — die
Rede ist, ^der die Stralen gekauft habe". Fleißig erwähnt wird in den Be-
schreibungen lies Landes aus dem vorigen Jaln hundert die „ Saudbalm ein
Kristal Ige wölbe im Aleienthal, das schon „bei Jahrhunderten^ iu Ausbeutung
gestanden habe and in deesen seiner HQhle nngefBlir um 1746 nicht weniger als
900 Stttcke gefunden worden seien. Nwrrmaum gibt die Ausbeute der Sandbalm
auf über 1000 Zenter an, deren Wertb man auf 30,000 Thaler berechnet habe.
Neben der Sandbalm erwähnt Fii<i im Jahr 1766, daß „vor einleben Jahren*
in der Urschiaui, ebenfalls im Meienthal, ein reicher Berggang voll schöner
Kristalle entdeckt nnd „vor mehreren Jahren** nieht weit von da in der Schttllenen
ein anderer gefonden worden sei, deHsen rohe Ausbeute einen Werth von 15,000
Gulden gehabt habe. Im Jahr 1834 schreibt Lussei , laß „vor wenig Jahren"
im Ftdlithale über 1 00 Zentner seliwarze Bergkristalle und mehr als 30 Pfund schöne
rothe Flußspahte gefunden worden seien. Aus unserer Zeit ist als ein besonders
reicher Fund derjenige der im Jahr 18G8 entdeckten Kristallhöhlc am Tiefen-
gletscher bekannt, wel«:he S50 — 300 Zentner Raachtopase lieferte, die anfänglich
zu 7 Franken des Ffund verkauft worden, dann aber rasch im Preise sanken.
Dabei Ut allerdings zu bemerken, daß bei der Entdeckung am Tiefeogletscher
L'ri nur nl>* Fundort in Betracht kam, die Ausbeutung aber von Oberhaslern
betrieben wurde. («Jahrb. des Schweizer Alpenklub** 6. Band)
j . y Google
Uri
Uri
Seit Jftkrlniidertoii von der größten Bedentiing für Erw«r1> und Wirth*
sehaft im Luide üri war der Verkehr über den Ootthard. Wann morst
Cebergänge Uber diesen Berg dem Nachbarverkekre dienten, das ist in Dunkel
gebullt; aber als lüiulerverbindende Straße zwi'^cben Deutschlund und Italien
tritt der St. (Trottbard erst im 13. Jahrhundert in die Geschichte. Seine erste
sichere Erwähnung findet sich bis jetzt in den um das Jahr 1 240 geschriebenen
Anfkdehnangen einea dentaehen Bompilgers, der die bei der üeberBehreitong des
„Möns Klveliima*oder „Ursare" bealeiienden£ntfemiingiNi,oderdia-^ wahrsoheinlieh
filr einen Fußgänger berechneten - Tagereisen von Como Uber Lugano, Bellenz,
Luzern u. s. w. aufzählt. Daß diese Straße auch dem Waarenverkehr dienstbar
gemacht war« dafür liegt bis jetzt kein firöheres, voUgenUgendes Zengniß vor,
als ein solches ana dem Jahre 1293, aber versebiedene ümatinde laami Termnthen,
da6 dieaer Waarenverkehr wohl nicht erst im genannten Jalure begonnen habe,
aundern damab bereits eine gewisse Dauer hinter sieh hatte. Vom Beginne dea 14.
Jahrhunderts an wiederholen sich die Zeugnisse in ansreicliendem Maaße, nm die
fortdauernde Bedeutung des urneriHchen Alpenpasscs erkennen zu lassen, dem hier
leider nur eine lückenhafte Darstellung seiner gesohicbtlit^hen Entwicklung gewidmet
werden kann.
Wem wir die erste Anlage der Gottbardstraße im Lande ITrizu verdanken haben,
wer sie gebaut, davon spricht keine Urkunde. Aber da in einem schiedrichterlichen
Urtbeile von 1331 Bau und Unterhalt derselben Strasse auf dem Gebiete von
Ursern und von Livinen als eine Pflicht eben dieser Thäler bezeichnet wird,
(^.utraqoe pars teneatur facere et reficere atrataa et pontes auper sno terhtorio")
nad da in mehreren ürkandm dea 15. Jahrhnnderla (ürtheil von 1441, Knnd-
echaften von ungefähr 1450 «nach 1422", Urtheil von 1491) auch in Uri
der rnterlmlt der Straße als eine hergebrachte und unbestrittene Pflicht dieses
Lande», oder seiner hiefür behitehenden drei „Theile" erncheint, so gestattet das
vielleicht die Mutiimaßuug, daß ebenso die erste Anlage der Strasse durch die
anliegende Landschaft anagefUhrt worden sei. Uri oder seine drei ,»TheiIe'* be>
zogen von den Uber die Straße beförderten Gütern eine Abgabe, „FUrleite
oder Weggeld und es wird diese Abgabe ausdrücklich als eine Entschädigung
für die Last des Straßenunterhalten bezeichnet (1491); vielleicht int es erlaubt,
das daneben noch zu Gunsten Uri6 bestandene Becht des „zu Theii tabrens*,
d. h. daa Vorrecht, den Verkehr Uber die Straße zu besorgen, als eine ursprüng-
lich Terliehene BntsehMdignng dea Aufwandes fttr den ersten Strafienban an
betrachten.
Der Ueberprang der biHber dm „Thcilen" obgelegenen Last des Straßen-
unterhaltes auf die Schultern des ganzen Landes scheint sich im 17. Jahrhundert
vollzogen zu haben j doch liegen hierüber zu wenig bestimmte Aufklärungen vor.
(«Die Fttrleate von ^lleoen, Waasen nnd Gfechenen laat Bri^ sind beatätigt, im
gleichen anoh die von Altdorf nnd Flttelen nnd sollen sie dieaea Geld wohin sie
wollen verwenden mögen", LandsgemeindebescMüBse von 1608, 1668 nnd 1727.
„FUrleite halber lasst mana beim Alten, aber das wohl angewandt werde",
Landsgemeinde von 1726),
Uebrigens hat man sich bis in unser Jahrhundert hineiu unter der Bezeichnung
«Gotfhardstrafie* bei weitem nioht eine Straße im heutigen Sinne voranstellen ;
das Bauwerk war damals bloss ein Sanrnw^« Uber welchen die ^^'aaren wohl
im Winter mittels Schlitten, aber snn??t nur durcli S.ninien befördert werden
konnten. „Die alte Straße war steil und holpericht, auch nur 10 — 12 breit*.
(Lusner) Das Urnerlocb wurde erst im Jahre 1707 durchbruehen und zwar damals
— 320 —
Uri
bliMs in einer Breite von 7 — 8' nnd einer HOfae ven6 — 9'; vorher war hier die
Straße mittek einer langet), in Ketten hängenden Brücke, dio schon im Jahre
1303 als ,,die stiebende Brücke" erscheint, um den Kilchberg herumgeführt.
Einen beschränkten VerglHch der alten nnd der neuen Gotthardatraße bieten uns *
beute noch die Bilder der beiden Teufelsbrilcken.
Die Anregung »im Baue einer neuen Straße Ober den Gotthard scheint
von der Begiemng dea Antone Tesein ausgegangen an aein, die sich sa dieaem
Zwecke im Jahr 1817 uicht nur an diejenige von üri, sondern mit Hinweis
auf deren offenbare Vorthei!*^* auch an Luzern nnd Basel wandte und sieh zur
Erstellung einer fahrbaren Kunst«traße auf Tessinergcbiet bereit erklärte, falls
dasselbe auch von Uri für «ein Gebiet geschehe. Nachdem sich Uri die tinauzielle
üntcfattttanng LnaeniB goBiohert, and nachdem die Tagsatzung auch eine Zoll-
und Weggelderh(5hung zugestanden hatte, wurde von der Landsgemeinde den
1. A[ai 1820 vorläufig der Bau der Straße von Arosteg bis Gescheneu beschlosseD.
den fi. Jnni desselben Jahres durch den Bannnternehmer ('. Jauch von Bellenz
begonnen und im Herbäte 1822 fertiggestellt. Seit dem Jahre 1824 fanden zwischen
den betheiligten Kantonen neue Yerhandlongen statt, welche die gänzliche Fahrbar-
machnng deti Gotthardpasses nnd ttlwrhavpt der gansen Linie Ton Basel und Solotiumi
Uber den Haoenatein bis an die italienische Grenze im Auge hatten. Infolge der hiehei
neuerdings erzi»']t"Ti finanziellen Betheiligung Luzerns nnd der von der Tagsutzang
auch für diese Strecken eingeränmten Zoll- nnd Weg:gelderbHhui)g wurde von der
urnerischen Landsgemeinde den ti. Mai 1827 die Fortführung der neuen Straße von
Geaehenea anfwKrts bis an die Eantonsgrenae — nach den IMKnen des Teaidner-
Landamraanns Meschini — und die Verbeaierang der bestehenden xwtachen Flttelen
und Arosteg beschlossen. Die Ausführung von Hospentlial aufwärt«, durch den
Unternehmer Colombara, erfolgte in den Jahren 1828 und 1829, diejenige
zwischen Gesehenen und Ursern, durch den urnerlschen Ingenieur C. E. MüHer,
in den Jahren 1829 und 1830. Da inzwischen anch Tessin die Straße auf
seinem Gebiete fertig erstellt hatte, iat somit die Ootthardstrasae im Jahr 1880
auf ihrer gansen Strecke fUr Raderfuhrwerke fahrbar geworden. Die Yerbesserung
der vorher bestandenen Straße zwischen Flüelen und Amstog wurde in den 30er
Jahren nachgeholt. Die ganze Strecke der Gotthardstraße auf urnerischem Gebiete
beträgt 47,8 Kilometer, ihre Breite ö Meter, die größte Steigung 10 ^'/o; ihr©
BankostoD werden mit ungeföhr l'/i Millionen angegeben. In ihrem hanpsHohlidiaten
Diensie ersetst wnrde diese Straße durch die den 33. Mai 1882 erSflbeteGottiiardbabii.
Ks geht schon ans den obigen Angaben ttber die alte Gotthardatraße hervor,
dalj dieselbe nicht fUr den Wagenverkehr ein r^pr iahtet war. "Wenn wohl vom
18. Jahrhundert an dann und wann ausnahmsweieo eine Kutsche über den Berg
befördert wurde, so kam dieses nur so zu Stande, daß je 7 oder 8 Mann die
vierspSnnige Kvtsdie an begleiten, an den sohwioigsten Stellen in ihre Theila
an zerlegen, letztere dnieln binQber an befördern und jenseits wieder ansammen-
zusetzen hatten. Eine solche kurzweilige Fahrt kam für die Strecke von Altdorf
bis (tiornico auf 24 Karolin, d. h. auf mehr als rjiM) Franken zu stehen und
soll zum ersten Male durch den englischen Mineralogen dreviile im Jahr 1775
ausgeführt worden sein (so nach Lusaer; Ffanadni sagt, daß Ortville dieaea
Uebergang den 35. Juli 1735, also &0 Jahre frttber gemacht liabe, daß dem-
selben im Jahr 1793 ein anderer EagUtttder und apftter mehrere andere Beiaenden
gefolgt seien).
Für die Waarenbeförderiing wurden wohl im Winter Sdilitteu benutzt,
sonst fand dieselbe mittelst Säumen statt (ob vielleicht uui der ThaUtrecke zwischen
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Uli — 321 — L'ri
Plüelen und Amsteg aaoh Wftgen oder Kamn im Gebnuiohe waren?). Zadieaen
BefOrderungm wurden Pferde und Ochaen, von den darcbeitnmenden WalliaMm
und Cnrwalchen auch Maulthiere und Esel verwendet. Von dem schon im Jahre
1331 erwähnten Rechte, diese Thiere iSngs der Straße mif der Allmeml weide»
zu lassen, machten namentlich die Walii»>ei und Curwalcbeu einün ao aui»gedehnten
Gebrauch, daß daraus oft ernster Streit entstand und sie mit strenger Bußdrohong
gemahnt werden mußten, ihren Sanmthieren, so lange es in ünem dnroh die
Uenmatlen gehe, das »Ktfrbli'* anzulegen (1420). — Die Beförderung gegen Ent-
gelt zu bpKnrgen, das stand wie anJerorts so auch hier zuvörderst der von der
Straße durchzogenen Landschaft zu, wurde aber schon durch das wiederholt er-
' wähnte Urtheil von IJ^l fUr das diesseitige Gebiet auch den Fuhrleaten aus
Idvinen, nnd nmgidcehrt, eingerttnmt. Um die yerkMunenden Befl^demugen
ordDnngsgemftß absttwieheln, ^Atr war daa game Land Uii (damals ehne Uraem)
IKnga der Strafieindiei »Tlielle'' «ingetheilt: in jenen von Flüelen (oder Altdorf),
den von Silenen nnd den von Wasecn (oder (leschenen); Ursern bildete für sich
Kclbfst einen „Theil". Es .sind das die uämlichen Theile, die am, wenigstens fUr
die frühere Zeit, auch als die Träger des Straßenunterhaltes begegnet sind.
«Allee Gut, das enet dem Berg oder anfier dem See' herkam, mußte «an
Theii gehen*, d. h. es war der Beförderung durah die Landlente, in üraem
der Thallente, zu überlassen, nnr war den Kidgenossen von Schwyz und Uiiter-
walden schon früher „aus Freundschaft" zugestanden worden nnd wurde durch
Urtheil vom Jahr 1491 als Beoht zugesichert, daß sie ihr Landgut, d. h.
,waa in ihrem I^mde widist nnd &llt*, auf eigenen Bönen dmdiltthreii durften ;
daa g^genreehtltohe Verhihniß mit Livinen oder den «Waldieii*, ist sehen oben
erwähnt worden. Während in Ursern nach einer ^ Säumerordnung" von 1363
die Zuweisung der rxi Th il gehenden Fuhrstücke, Sänryc und Ballen (auch „Fardel''
genannt), an die einzelnen Säumer, der Reihe nach und zu festgesetzten Löhnen,
durch einen Vorgesetzten des Theiles, den .Theiler" stattfand, scheint in Uri
nach mnem Mnnng der drei Theile von 1888 in dieser Besiefaung unmittelbarer
Verkehr der Kauilente mit den einzelnen Säumern stattgefunden zu haben. Nur durfte
keiner der Letztern mehr Säuuie oder Ballen zur Beförderung Ubernehmen, als
er mit seinen eigenen zur Zeit im Lande befindlichen Pferden zu befördern ver-
mochte. Hatte er mehr übernommen, so war er gehalten, das UeberschUsaige
an andere Landleute^ die ihn darum ersuchten und erforderBohmi Falles Sieherheii
au leinten ▼ermoohten, absntr^en und «war an demselben Lohne, den a seibat
erhalten hatte, nur war ihm in diesem Falle vom neuen Uebernehraer für jeden
Saum ein Plappart „Weinkauf- zu entrichten. Es scheint, daß namentlich die
"Wirthe in diesem Vermitthingsgesehäfte tbätig waren und sich dabei wohl
auch etwa erlaubteu, den erhalteueu Fuhrlohu nur theilweise au den iulgenden
üebernehmer abzugeben, indem sie den andern Theil der 'Wirtbshausreolinung
des betreffenden KaufmanneM zuschrieben. Gegen solehe Uebervortheilnngen wurden
in dem erwähnten Einung Bußen angedroht.
Zur Erzielung möglichster Beförderung durften, abgesehen von den Waaren,
die nach dem Escbenthale bestimmt nnd darum nnr bis Airolo zu führen waren,
SSoma nnd Ballen nicht anders als aar Lieferung von einem See snm andun
llbernommen, rie durften auf der Straße nieht an andere Fuhrleute abgaben
nnd anch nicht früher, als in Giomico gegen RUckfuhr ausgewechselt werden.
Sänmniß auf der Straße, die nieht durch ehrenhafte Noth entsehnldifTt war, wurde
gleichfaUs ireliüßt. Zm- Handhabung dieser Voröchriftpn und zur Verzeigung
vou t5t rat würdigen war in jedem der drei Theile ein „ kluger " aufgestellt.
Fairer, VoUitwirtbachafte Lexikon der Schweis. 31
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— 322 —
Uri
Fttr die Bentttsang der Strafie war an jedon «Ttml*, der dnrclifihreii
Würde, eine Geldabgabe zu entrichteu, .FUrleite", „Furliite", oder „Weggeld"
genannt. Dieselbe hatte früher Kreiizj^lappart und i alten Sechser fttr jedm
Saum betrageu, aber im 15. Jührlumdert eine Ennäßigong erfahren. Hievon
befreit war neben dem eigenen Landgut der Urner auü dem sohuu angeführten
Ghrande anoh daajenige der Sobwyser niid Unterwaldner ; füx Kavintaaaagalt
derselben degegen wer die Fub-leite zu entrichten, fttr daigenige der Umer
nur dann, wenn «ie dieses Gnt wieder weiter verkauften (lirtbeil von 1491 ;
die Scbwyzer und l nterwaldner hatten sich beklagt, daß ihnen sonst ,der
Frimärkt abgeschlagen", d. h. die Konkurrenz mit den Urnern nicht möglich
wire). Streitig wer im Jahr 1491, ob die Sohwyaer und Unterwaldner anoh
fttr Klee die Fahrleite »i heiahleii haben oder nitht. Sie selbst behaupteten,
eine solche bisher nicht entrichtet zu haben und seien sie doch «mit einer merk-
lichen Sum" durchgtifabren ; dem entgegneten die Urner, daß diese Abgabe schon
bisher bestanden habe, allerdingti auch etwa durch List umgangen worden niei.
Bei diei>em W iderspruche der Angaben üntöchied da« Gericht, dub in Zukuntt
von jedem Saum bei jeder Snst nnr 8 Angster xn beaahlen seien, statt der von
Uri geforderten 5 Schilling für je 100 Käse, «die nngefiibr 5 oder 6 Sanm
ausmachten". ^^Da wohl auch hier, wie «jiäter, der Saum gleich ungefähr 300
l'fnnd anzunehmen ist, so hatten die einzelneu Käselaibe von 1491 ein Gewicht
von Ii) — 16 Pfundj die weiter oben aus dem Jahre 1370 erwähnten .grossen"
Küae ans Gurtnellei* wogen je 13 — 14 Pfand, dagegen die im Jahre 1346 and
1383 genannten KXse ans dem Sehlehenthal and aas SUenen bloss 3 — 4 Pfnnd.
(JeehM nimmt an, daß die letztem SebafUse gewesen.)
Zugestanden wurdt den Schwyzem und Unterwaldnern, daß eie nach alter
Gewohnheit Fnhrleite dann nicht zu bezahlen hätten, wenn sie ihr Gut pza
Theil slahtin und mit dem Theil fertigen wollten".
Neben der Fohrlcite war aaeh fttr die Bentttsang der in jedon Theite
bestehenden Sust eine Abgabe »n entrichten, die (wenigstens in Flllelen) einen
Kreuzer für jeden Saum betrug.
Dazu kamen die ZfiUe, die auf unserer Strecke an zwei Orten bezogen
Warden, in FIttelen und in Gesehenen. Der Zoll in FlUeleu kommt spätestens
«ehon 1315 und swar als ReirihMolI vor, der vom Könige meistens an Private
verBehen wurde nnd anf diesem alhnäKg in die HXade des Laudee Uri
gelangte. Der Zoll in Gesehenen wurde ebenfalls vom Lande Uri bezogen,
scheint aVt^r vrst im 15. Jahrhundert nach und nnrh «entstanden zu sein. Der
Zolleiitr;( liumg war neben den Wanreu auch das \ itih unterworfen, beide jedoch
zum iheil in verttchiedenem üiIaaLte, je nachdem sit; von Fremden oder von
Eidgenossen dandigefUhrt wurden.
Große Schwankungen des Verkehrs und ernsten Wettkampf seitens der
bUndnerischen A1)tcnpässe erfuhr die Gotthardstraße im 17. Jahrhundert. Wahrend
im Anfange desselben die vom spanischen Gouverneur in Mailand am Comersee
erbaute Festung Fuentes, die u. a. eben den Zweck hatte, die rhätischen Ueber-
gäuge zu sperren, dem Gotthard reiehliehe Mehrung des Personen- und Waaren»
Verkehres hraehte, fanden sieh die Umer eehon in den Jahren 1686, 1627 nnd
später wiederholt im Falle, hei der Tagsatsnng Uber den bedauerlichen Rückgang
ihrer Handelsstraße au klagen. Weil die Kauüeute von Lindau und jenen
(iegenden vorgezogen hatten, ihre Waaren Heber dureh Bünden und den
Bernhardiu, als über den Gotthard, nach Belieuz zu bciürderu, führte dieses
sogar SU dem Antrage, fttr die Znkunlt Konfiskation solcher Waaren anxadrohen.
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Lri — — üri
In ilev zwelteo Hälftü dei» Jahrhunderte buchte Lri vielfach durch auüergewölinliche
Zollermäßigungen eine YemehruDg des YerkdireB m «rsieleii. («Denen Herren
OrelU von ZUrioli dea PriTilegiom der GUtteren Zoll verwilliget, wie den Herren
Muller und BruDO von Basel, so lang sie ihres Versprechen wirklich halten werden",
1670. ^Die große Zollbefreiung der Herren Amonj, Lorenzi und Guidetti
«utgeliebi, weilen solche ihrem Versprechen «uwider die GUtter-Stuck durch Püntten
fuhren iusen**, 1682. — „Den Herren Amunj, Lorenxi nnd Chudetti Freiheit»-
hriet, minder sn zahlen, igt einem Landrath ttbwlasBen, su heetStigen oder nieht*,
1G86. - „Den drei Häusern Guidetti ist unter dem eontraeegno der Herren
Yolpi und Amonj eine Verminderang des Zolle gethan, nnn aber wiederum anf-
gohebt-, 1687).
Vielfacher Behandlung durch die Landsgemeiude und die Behürden unterlag
im 17. Jahrhundert aneh die Einrichtung des MTheila**. Sehon im Jahre 1627
wurde dnroh die Landsgemeinde eine grundsätzliche Be«tätigang der ttTheilordnuBg*
durch den gleichzeitigen Beschluß abgeschwächt, daß in Zukunft doch nur mehr
ein Drittel der KanfmannsgUter dem Theil unterworfen sei. Im Jahre 1658 wurde
der Theil .,auf ein Jahr lang zu einer Probe eingestellt", ebenso im nächsten
Jahre, dagegen im Jahr 1660 und 1675 „der Theil laut Sigel und Brief
beetätigt*, im lotsten Male mit don Znsata: »aber jeriger Zeit und Läufen
nach eine rechte Ordnung zu machen, soll dem Landrath Uberlassen sein**
Im Jahr 1627 werden an der Gottbardstraße zum engten Male (oder wann
trüber yj ^Faktoren" erwähnt, d. b. berufemäßige Speditionsgeschäfte, die infolge
ihrer grössern Gettchäftsgewaiidtheit die unmittelbare Leitung des Verkehr« mit
der Zeit so in ihre HSnde brachten, daß neben ihnen die firtthere Bedentnng der
«Theile* notbwendig dahinfallen mnfite. Dieser allmSlige Uebw^mg, den die
erwähnten LandsgemeindebeschlUsse erkennen lassen, kann mit dem Ende des
Jahrhundert« als abgeaohlOBsen betrachtet werden, da in einer eingehenden Ver-
ordnung zur Regelung den Verkehrs die „Theile* auch nicht einmal mehr erwähnt
werden. £s scheint nicUi gauz werthloä, die in den Jahren 1696 nnd 1700
von der Landsgemeinde anfgeeteUte nnd epKter wiederholt bestätigte «Fakt<^-
ond SSnmerordnnng" in ihrem Wortlante kennen zu lernen. Macht sie uuh doch
mit Verliältnissen und Einrichtungen bekannt, für die wir, mit den Eisenbabnen
Aafgewachfcieue, nur »ehr mangelhafte Vornteiluiigen und VovkenntniBSf- besitzen.
«Nachdem U. G. H. durch nicht geringe Milbe und Kosten au ein und
andern Orten Teraiutalteten, daß die vorher von underm Paß abgewiehenen
Kanfmannagttter wieder auf deneelben zarttc^ommen, sofern die Kanhente und
Gondotieren durch ordentliche beaebcidene Treue und geschwinde Doxnhfahr werden
vergeben und bedient werden, welohee U. H. den Kaufleuten sngeeagt und
verHi)ruoben haben.
„U G. H. erinnern und befehlen darum, allen Bäumern, Lundleuten oder
Angehörigen tn. üri, Ursem nnd Livinen:
«1) Daß sie sich befleißen, die Eanfmannsgütcr so in der Abfuhr zu be-
i;>rdern, daß sie auf erstes Ennahncn der l'aktt)reii jene Güter ohne Aiisred nnd
AnLseliub sowohl zn Bellenz als zu Altdorf aufnehmen und laden und selbige in
4 oder 5 nächsten Werktagen von Altdorf nach Bellenz, oder umgekehrt, in
bestimmtem obrigkeitlichem Lohne wohl oonditioairt lidbm nnd unterwegs nicht
abtauschen oder yerweehseln, bei Vermeidung yon hoher Straf. Die Faktoren
hier und in Bellenz sollen darum einander alte Wochen berichten, welche Gflter
sie in dieser ^^'oche nnd durch wen abgesandt haben, damit die Faktoren wissen,
von wem und welche Güter sie zu empfangen haben.
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— 324 —
Uri
,2) Falls vmi beMgtea StiMkea und Gutem aitie grosse Quantität zu Alt>
dorf oder BolI«ns wlren, sollen selbe anf die abwesenden SKttmer abgetbeilt
werden, erstens auf jo ein Stab ßoß 3 Stuck, auf 5 Roß 2 Stack, auf 3 oder
2 Roß 1 Stuck nn(^ falls nach dieser Abtheilung noch Stucke zu führen ri1«riö;'
blieben, welilu* Eilgüter sind, sollen solclie auf die nicht mit Stucken beladenei»
anwet^endeii Kulö ubgetheilt werden und lalls deren nicht genug vorbanden wären^
sollen von den Faktoren mehrere besohrteben werden und die Sinmer, weldi»
anf der Straß sind, sollen schuldig sein, kommen aufladen ohne Anfnchub. Die
Faktoren sind bei gleicher Straf an die obigen Vertheilungsvorschriften gehalten ;.
laut Satznngen sollen in erster Linii? immer die Landlcutc betrachtet werden,
b^nders aber sollen im Winter und wenn wenig Stuck oder Knufiuann^üter
▼whanden sind, selbe vorsngsweise nnd ohne Unterschied jenen gegeben werden,
welebe sieh im Sommer befleißen, die Kanfmannsstnck Uber ihr Oontingent ÜeiAig-
zu führen und zu befördern, deßgleiohen soll jenen, welche von Bellens hierher
geführt, Rugfuhr yorausgefolgt werden.
„3) Die Stuok sollen in gebührender Verwahrung gehalten, soviel möglich
mit gnten PlSken und Decken geschirmt und an trokenen, sichern, be-schlossenea
Orten abgeladen und versorgt werden, bei Abtrag allen Schadens, wenn durch
Fahrlißigkeit von den Gutem gestohlen, oder selbe dnrch Küsse besohKdigt
wttrdea — darum sie aneh gebührende Bargsohaft geben sollen.
,4) Die Faktoren sollsn mit den Kaoflenten gute Korrespondent halten,.
wo möglich bei Zeiten von selben vernehmen, wann viele Guter zusammen au-
kumnton möchten, damit sie besonders im Sommer die Fuhrleute zeitig mahnea
und bebtelleu können.
.5) Die Faktoren sollen anoh unter sich selbst gute Korrespondenz halten,
nnd sieh anter einander wohl verstehen, die saerst ankommenden nnd die Oon*
dotta nnd EUgttter voraus expediren, kmner dem andern direkte oder indirekte
die Korrespondenzen abziehen, oder abwendig maohen, des Landes Nutzen vor-
aus berördern, den F^ß /u vermehren trachten, die SSumer am Abtadeort mit
baarem (reUl bezalilen, dieselben auch mit Freundlichkeit znr Haltung dieser Ver-
ordnung und Vermehrung des raiiue« ermahnen — und, gleichwie die Säumer
niemals mehr fordern dttriini, als den obrigkdtlieh bestimmtsn Lohn, so dürfen,
aneh die Faktoren niemals an demselben abaiehen.
„6) Falls Säumer dieser Verordnung, namentlich dem ersten Punkte m-
widerbandeltcn, sollen die Faktoren sofort nach erhaltener Kenntniß die Fehl-
baren dem Richter allhier schriftlich anzeigen, damit jene aar Rede gestellt und
nach Verdienen gehtraft werden krmnen.
„7) Die Faktoren sollen bei Vertheilung der Fuhren auf die Säumer nn-
parteffiwdi snn nnd diene Yerordnnng durchaus getrenlidi halten) bei Vermeidung
hoher Straf.
,.8) Damit die Güter immer nnparteiiseh anf die Säumer abgethdlt werden
können, fnllen sich letztere, wenn sie hier oder in Bellenz ankommen, noch am
gelben Abend beim Kaufmann-Condottagüterfaktoren melden bei Büß. Die Faktoren-
sind schuldig, die Ausbleibenden zu leiden.
„9) Die Faktoren hier nnd in Bellenc sollen den Lohn Ittr die ankommenden
Waaren bei Strafe Kiemanden anders bezahlen, als 1 « injciiigen, der im Fahrlohn-
zedel mit Namen nnd Geschlecht als Auflader der ^^ Tiaren bezeichnet ist —
diese« zn besserer Abbeliung des unserra Land sehr schiidlichen Abtausebens und
Wechselns der Kaufmannswaaren, wodurch selbe lang auf den Straßen bleiben.*^
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WdlohM Bild der durch diese Beatinimungeii geregelte Yerkehr ttW die
Oottbardatraße während dem 18. Jahrhundert in seinen äussern Ersoheinasgen,
seinem Umfang und dgL durbot, darttber nSgen die folgenden swei Dantellvngen
Auskunft geben.
Fäst schreibt im Jahre 1766: «Jüan behauptet, daß täglich das ganze Jahr
hindurch 1000 — 1200 Saumrosse besdiSftigt seien, die KaufmannfgUter ans
Italien naob Altdorf und «irtiek sa aohaffeD. Wer diese mwkwttrdige Strsfie
nur einmal bereiset, dem wird es nicht schwer fallen, dieser Nachricht Beifall
zu ertheilen. Es geht keine Viertelstunde dabin, da ihm nicht 20—30 und
mehrere heladenc Saumrosse aufstoßen.*'
Und Norrmann schildert im Jahre 1796 den Verkehr wie folgt. «Alle
Waaraa werden auf Pferden, Ibnleseln und im Winter dnreh Schlitten, die mit
OohsM bespannt sind, Uber den Gotthard geführt. Der ganze W^ von Altdorf
und FlUelen, wo die ans Deutschland und andern Gegenden kommenden Waaren
in ein Magajiin f;;e8ammelt werden, bis nach Bellenr, jenseits de* Gotthard, be-
trägt 28 — 3ü Stunden und ist in 4 Stationen abgetheilt, deren jede das Pferd
in einem Tage vollendet, da es dann abgepackt wird und rnhet, nämlich Altdorf,
Urseren, Airol, Imie oder Qiomioo nnd Bellens. An langen Sommertagen machen
gewinaaUohtige Sinrnnr den beschwerlichen Weg sogar in 3 Tagen. Die Pferde oder
Sanmros.sQ sind nur von mittlerer Grüße und werden von dtTi Siinmem p^p wohn-
lich um rJ — l") Loaisdor im Toggenbnrg und andern Orten der Schweiz gekauft.
Die Maulthiere versinken mit ihren schmalen Hufen zu leicht im Schnee und
sind onr im Sommeir brancbbar, da sie bis auf 4 Zentaer tragen und von den
Beilenzem am meisten genast werden. Ochsen, deren breiter Faß besser im
Schnee hält, gebraucht man nur im Winter vor den Schlitten, worauf 2 der«
selben < in* La.st v»in 4 Pferden leicht fortbringen. Die Säumer selbst sind aus
dem Urnerliinde, Urseren, Livinen und Bellenz NN'er wenigstens 7 Pferde hält,
wird fUr einen vollständigen Säumei gehalten j Keichere haben 12 und mehrere,
manche Arme nor eins. Jeder eingeeohriebene Säumer maß im Falle nothwendiger
und dringender Fohren jede zweite Woche einmal den Gotthard bereisen; sind
aber wenige Waaren da, so werden sie unter die eingeschriebenen SSumer ver-
theilt. Die Last eines Pferdes bestellt nach Vorschrift und altem Gebrauch in
3 Zentnern, welches ein Saum genannt wirdj die halbe Ladung beträgt 150 bis
.160 Ffiind. Alle Waaren müssen daher, soviel mOglich, in ü^len oder FXsser
von diesem Gewicht gepackt werden* Das Pferd ist mit einem eigenen hdlaeniea
Sattel belegt, woran die Last, die anf beiden Seiten möglidist im Glmohgewicht
sein muß, mit Riemen und Schnüren befestigt wird. Kleinere Stücke werden an
beiden Seiten angehangen ; ein groLies voUwichtigeR l'iiquet aber wird mitten auf
den KUcken gelegt. Mit dieser Ladung gehen die Saumthiere einen gleichen,
sichern, obschon nicht schnellen Schritt auf Anhöhen, Abhltngen nnd Ebenen
gleichmässig hinter einander fort. Durch einen eisernen Xanlkorb werden sie
gehindert, auf der Straße stille zu stehen und Gras zu aetzen. Ein helles Ge-
«ehSlI muß die ganze Reihe auf der Bahn erhalten, denn der leise Fußtritt ist
vor dem Toeen der üeuß und des Tessin nicht zu bemerken. An den Augen
haben sie weitaaastehende lederne Lappen, damit sie nicht durch geföhrltohe Ab-
grtlade oder andere GegenatSnde geechreckt werden. Die Sanmer haben 4berhanpt
ein bisdiwerliches Leben, sind meistens annselig mid gewdhnlidi die rohestcn
im ganzen Urnerlande."
«In gewöhnlichen Jahren wird die Zahl aller Kisten, Paken, Hallen, Fässer
u s. i., welche über den Gotthard gehen, auf ungefilhr 18 — 20,000 berechnet,
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wornntcr «ngcAhr 3,500 Bum Oel und $—6,000 Stttok KMm «tnd. Die Zahl
der Pftcde bereelinet man nngefithr m 9,000, wovon etwa 5,000 in Italien und
4|000 in der Sohweiz mit deutBchcn, sohweiseriscben und andern Gütern be-
ffHohtet werden. Der Transport der Waaren, welche von Italien her nath der
S' liweiz und von da zum Thcile weiter "•eben, erfordert mehr Pferde, als die
am der Schweis nuch Italien bestimmten Gilter, weil jene meistens in Reis und
Wein, oft aneh in Gefareide beatehen, die b» dnem geringem Werth einen
größeren Raum einnehmen und schwerer «tnd. Der IVaehtlohn ist in den neueaten
Zeiten sehr erhöht; statt 4 — 7 Gulden, welche man vorraab bezahlte, kostet»
bis 1785 ein Saum von Altdorf bis Bellenz 18 20 Gulden und seit der Zpit
ist er noch weit mehr gestiegen. Aach der Transito hat Überhaupt in den letzten
Jahren aehr angenommen.*
Bei genauerer ErwKgung erscheinen sowohl Fiaia wie Kornnanna obige An-
gkhvn Uber die Zahl der Pferde und der hef5rderten Ballen u. dgl. doch nur
wenig geeignet, den Umfang des damaligen Verkehrs etwa.H bestimmter er-
kennen zu lassen. Nftcli Fran>»cini soll Boti.^letien den Gotthrtr!i\- rkelir /.u Endo
des IS. Jahrhunderts im Jahrrsdnrcbpchnitte auf 40 — 50,U0ü Säume augenümineu
haben — freilich iügi Frauäcini auch den Schätzungen von Bonst«tten die Be-
merkung bei «wenn er aioh nicht grSblidi irrt*.
Wenn man wahrscheinlich von der Eröffnung der neuen durchfahrenden Straße-
im Jahre 1830 eine sofortige und starke Mehrung des Güterverkehrs erwartet
hatte, so mußte man »ich darin während den ersten Jahren allerdinpr?;; enttäuscht
finden, denn nach Franscini betrug die Gesammtzahl der um Piattifer durchgc-
ftOtrten Sanmthierlaeten im Jahre 1881 = 25,725, im Jahre 1832 = 21,733,
im Jahre 1833 = 17,249. Bs wird dadurch veratiindlieh, wenn deraelbe GewShra-
mann im Jahre 1834 achreibt, daß die Liviner und die Crner miteinander über-
einstimmen „Uber die neuen Strafien loszuziehen". Die durclisthnittliclie Zalil
der am selben Orte durchgeführten KUhe und weniji^stens 1 .lahr alten ilinder
betrug in denselben Jahren j^' 8,274, diejenige der Pferde zum Verkaufe je
der Herde an Kutschen je 808.
Selbstverständlich forderten die Ei'setaong des Saumweges dnreh eine Straße
und die Zwecke, die man dabei im Auge hatte, auch eine neue gesetzliche Rege-
lung des Verkehres und der Verhältnisse, die damit im Zusammenhange standen.
Nachdem man sich während den ersten Jahren mit Proben in vorübergehender
Weise behoUen hatte, wurde im Jahre 1837 swisohen den Kantonen, die durch
die Handelsstraße von Basel bis an die italienische Grenae berührt wurden,
eine üebereinkunft gegchlossen, die — als ein Vorläufer des internationalen Fracht-
rechtes — hier abgedruckt werden ukil' Ist auch das Schriftstück he'i«-»^ voch
nicht viel alter als fünfzig Jährt-, hu miitiiet e?« nm in einzelnen Bestimiuitugen
doch bereits an, wie ein solche» ans frühem Juhrhuuderten.
Üebereinkunft in Transit-Angelegenheiten des St. 6otlhardspas=es:
Die Kantone Luzem, Uri, SoloUmrn, Basel (Stadttheil nnd Landsehafl) nnd Tessln,
in weiterer Ausführung und Entwicklung des am 28ten Weinmonat 182(^ in AltdorT
geschiosaenen KonkonUles und auf die Grundlagen der seitherigen Verhandlungen,
sowie des naehtHlglichen Konkordat«« vom April 1834, vereinigen sich tn folgenden vw*
trflglichen Bestiinmuni^'cn :
§ 1. Unter 'I rausitgui wird jede Kaufmann«waare verstanden, welche durch einen
der konkordirenden Kantone ganz durchgeht, es komme dieselbe woher sie wolle, und
gehe auch wohin sie wolle.
$ 2. Die K/int«jric beharren auf dem Grundsalz unl.edinpter freier Konkurrenz zu
Wasser und zu I>and, so daß es Jedermann freistehen soll, sein Transitgui zu versenden
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Tri
und führen zu lassen, dnrch wen und wohin es ihm beliebt, and werden demnach alle
dWMr freien Konkurrenz nocli im VVe^e stohcnden Hindernisse bo*eiiii:en.
§ 3. Die Kantone sorsea dafQr, daß die Kaufmaimswaaren zu allen Stuodeo, aa
jedem Tage und in jeder JahrasBeK ungehindert und ohne Ihitorbmch Terrnndet nnd
fijrtgetuhrt werden k("tir,- r.
Sie werden daher wo immer möglich im Laufe des iahree 1837 die übernommeneu
StraSen-XomHioiiMt ausfahren nnd stetofort die Strafie innert ihrem Gebiete gehArig nnter-
ballen, wovon sich die konkordircnden Kantone durch einen Untersuch zu versichern und
gegen daherige Plichtversäumnisse das Angemessene anzuordnen neuerdings vorbehalten.
Sie werdfiD auch vorkehren, daß die Fährleute bei den Kaafhioeem und Susten
dnrch Auf- und Abladen nicht verzf^jjcrf werden, insbesondere sorgen die Kantone Uri
und Tessin dafür, daß der Durchpaß auf dem St. Gotthardsberge den K&ufmannswaaren
zn jeder Zeit, höhere Gewalt Toraehalten, olfen sei.
§ i. Der ?5peditnr i<i f"n <li.; ihm zum Versenden (Ibergobene Waare dem Eigen-
thüroer, der Fuhrmann dem öpeditor verantwortlich.
Uebrigens werden die Kantone Uri und Te«in nach Qbemommener Verpflieblung ,
die Schirmh.luser ;nif ihrem beidseitigen Gehiptc de-^ P!. G<ilth;irds. da- Iln^pitium unJ
die von Airolo zu verlegende Sust auf der Höhe des Bert^tsä bis Knde Heil>^tu)onat 18.37
gehörig einrichten and bewohnen lassen und lortan unterhalten.
8 5. Die zu versendenden Waaren sollen mil Frarhtbrieten begleitet werden, in
welchen Vor- und Zuname und Wohnort des Fuhrmanns, die Zahl, Marken und Nummern
der aufgeladenen Sräeke, lia- Kil<»gramm gewicht <(i\vohl jedes einzelnen Stückes, als
auch der ganzen Ladung, der Tag des Abgangs und dif Fri-t. innert welcher die Ladung
ihre Bestimmung erreichen soll, sowie endlich der Abzug eines Drittheils der Fracht
zu Händen des Speditors« fUIs die^e Frist verspätet wflrde, ohne daß der Fuhrmann
sich danlber ausgewiesen un<l gerecht fertigef hfille. »enau angemerkl wenlen -ollen.
Die ganze Lrfuluug soll in den Kauthiiaseru oder Susten von den Beamteten uni
authentischen Ladkarten — enthaltend die Anzahl der Stflcke und das 6esammtgewi<dit
einer Ladung versehen werden.
§ 6. Alle Truri-itgebühren sind in schweizerischem Fiaukealuüc zu berechnen, wobei
31 Mailänd( rliro zu sechszehn Frj^nken angenommen werden.
Es dürfen keine Berechnungen im Gewicht anders als im angenommenen und überall
einzuführenden Kilngrammgewicht ausgedrückt werden.
^ 7. Das Maß und die Arten sämmtlicher Transitgebühren auf der Straße von
Basel über den St. Gotthard bis nach Italien bleiben fär den Zentner oder 50 Kilo-
gramme folgendermaßen bestimmt:
A, Zolle und Weggelder. Kp.
H.i.-i l (beide KantonstheileV KanlnualzoU und Wr-^'. lil . . 9'/'
Basel und Solotbum. Gemeinschaftliches Weggeld über den
Hauenstein für die von der Tugsatzung bestimmte Zeit 6
Solotluirn allein Kanbrnalzoll und Weggeld 3
Aargau. Kantonalzoll und We^ld 3
Luzem. , , , tOV"
Uri. . , , 16
Von der Tagsaizung bewilligter neuer Zoll oder Wcggeld 33V«
Tessin. Kantonalzoll nnd Weggold 34
Von der Tagsatzung bewilligter neuer Zoll oder Weggeld 33V i
Zölle und We?Hd<*r: Hp. 138'/»
Uiebei sind die eidgenössischen Eingangszölle, je nach Beschaffenheit der W aaren,
10 oder 30 Rp. fUr den Zentner, nicht inb^ffen.
B. Kaufhaus- und andere Gebühren.
itp.
Basel. Kaofhausgebflhren l3'/s
LuzeriL , ITi
Uri. ^ 12' i
Schirmhausgeld l' *
Schnt'eliruchgelnlbr 2',j
Tessin. Kantbausgcbübren 12'/»
Schirmhäusergeld l V*
SchnefhrucliKt.dtnhr -I',*
Kaufhaus und andere Gebühren: Hp. 57 'ya
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Uri _ 338 — 0ri
Die Schneebruchgebahl- wird uur vom 1. Wintenooiiftt bis zum 15. Brachmonat baofan.
Die Kaufhaus- und Bestätergebühren, bestehend in 7', * Rappen Auf* und 5 Rappen-
AbladgcbQhr, dürfen von der Ladung in einem Kanton nur einmal und zwar nur,
wenn ein Auf- oder Abladen wirklich stattfindet, bezogen werden.
Sollte jedoch wegen vermutbeler Zolldefraudation in ii^end einem Kanton eine
sonstige Verifikation der Ladung statthaben, die sich jedoch nur auf das Gewicht be-
ziehi-n darf, so hat das Zoliaiiit. welches diese außergewöhnliche Verifikation vornimmt,
die Kosten sowohl des Aaf> und Abladeus» als auch des Abwägens xu tragen, falls sieb
keine Defrftadalion etgiebk
C. Als Maximum der reinen Fracht auf den Zentner oder 50 Kitogramm.
Von Basel nach Luzt i ti
IJeber den VierwaldstStter-See 10
Durch den Kunlon ['ri ........ 84
Durcli den Kuntou Tessiu :
a) Von dem Hospitium bis Magadino . . t03'/^
b) Von dem Hospitium bis Ghiasso . . . 155'/«
Maximum der Fracht von Basel bis Magadino: Rp. 292 '/t
« , , von Basel bis Ghiasso: , 344' s
D. Als Maximum der Speditionsprovision vom Zentner oder 50 Kilogramm.
Up.
Im Kanton Basel 15
, , Luzern 15
, , Uri 15
. a Tessin 15
Maximizm der Speditionqiroiision ; Rp. 60
Das tfaxinram der in diesem § aufgezShlten Transitgebühren, seien ne Zfflle,
Wcj.'S'elder, Kaufhaus»- und andere Gebuhren, Frachten und Spedilionsj^ebühn n, darf unter
keinem Vorwande überschritten, sowie auch gar keine andern Gebühren, welchen
Namens sie sein mögen, von dem Transitgate dürfen' bezogen werden.
§ 8. Die Zölle und Weggeldw werden nach dem in den authentischen Ladkarlsb
enthaltenen Gewichte sammethaft an einer einzigen Zollstätte des Kantons, sei es am
Ein- oder Ausgange eines solchen — bezogeu.
§ 9 Vorsfttzliche oder durch Versehen begangene ZoUdenraudationen der Fnhrieute
oder Kaufleutc, welche mit ihren Waaren reisen, werden von den Behörden und nach
den Gesetzen des Kantons untersucht und be^trafl, in dessen Gebiete der Fehlbare
betreten wird.
§ 10. Die Bestrafung kann jedoch niemals in Sequestration oder Kontlskalion der
Waare bestehen, und die Fortführung der Ladung darf uur so laug angehalten werden,
bis der F^lbare für die mutbmalaiche Busse Entschädigung und Kosten genügende
Sicherheit geleistet hat.
§ 11. Andel e ^cliuldiife Kaiifleute, Spediloren, WagraeLster, Kaufhaus- und Zoll-
beaiiiteu werden aut die Anzeige der R^erung, in deren Gebiet ihr Vergehen entdeckt
oder untersudit worden ist, von den B<m0rden und naeh den Gesetzen ihres Wohnorts
bestraft.
§ 12. Andern Kantonen bleibt der Zutritt zu diesem Konkordate mit Zustimmung
der konkordtrenden Kantone offen.
§ 13. Gegenwärtige Uei>ereinkunft, welche mit dem ersten J&nner 1838 in volle
Kralt tritt, soll, außerordeiitUche Zeit Verhältnisse und daherige gemeinschaftliche Ab-
änderungen von Seite der konkordireuUeii Kantone vorbehalt«-n, von dort an sechs Jahre
lang unverbrüchlich fortdauern.
Die Kantone werden sich mit dem eintretenden sechsteu Jahre Ober Abftoderung,
Fortdauer oder Aufhebung derselben verständigen.
$ 14. Die konkordirenden Kantone (Ibertragen der Regierung des Kantons Luzern
du.- Recht und (hi- I'flii ht. Tiber die gelreue Vollziehnn;.' dio'^er Ueliereinkunfl sorgfältig
zu wachen, und \n(< ^jch Beschwerden über Verletzung derselben ergeben sollten, den
betreffenden Kant(ui \ oierst an seine vertragagemftfte Pflicht zu erinnern, fruchtlosen
Falle? ;d>ei- die ühi i;.'eti konki «rdirenden Kantone zur <,7cei!J-nefcii wirksiunen Handhabung
dieser I eiiereinkuntt anzuruten und die übereingekommenen Maßregeln auszuführen.
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Uri
fVauMmi («Nene Statutik dar Sohwtts") sohreibt m dieser interkuitoiMler
Ueberoiskonft lu, daß in den niduten Jahrmi dar GotthardTarkalir noh wieder
in der folgenden Weise mehrte: es betrog derselbe naeh den omerisehen ZoU-
r^istern
im Jahr 1835 = 61,41)8 Zoutuer (3 Ztr. ^ 1 Saamthierlast)
, , 1Ö36 = 76,580
. ^ 1840 = 80,976
„In den letzten Jahren " — ho gehreibt er im Jahre 1847 — - ^weisen die
tesr^inischen Rechnungen fUr den Gotthard einen Darchgangsverkehr von unge-
tf'hr 05, 00t) Zentnern Waaren nach; dazu kommt die gewöhnliche Durchfuhr von
\ icii nach Italien uml luuUich die bedeutende Zunahme der Reisenden, haupt-
«Sehlieh mittels der täglichen Posten and der Extrapost". Die Zahl der im
Jahre 1849 durch die eidg. Posten Uber den Gotthard befiMerten Personen
wird anf 10,041 angegeben (a. a. 0., franz. Ausgabe).
Ohne Zweifel eines dt^r bedeutungä vollsten Ereignisse in <ler ganzen Ge-
schichte des Gntthiirdpasses war es. als infolge der neuen Bundetivert'aaBUDg
— den 1. Februar lö50 mit einem Malo dahiulieleu (d. h. durch schweizerische
GreossVlle ersetzt wurden) : »alle nnd jede Waarensölle, YiehsSlle, Katsoheniittla,
Weg- und Brückengelder, Fohrleiten, verbindlieiien Snst-, Sdürmbans* nnd
iScbneebruch- oder sonstigen Gebühren, alt oder neu, und unter welchen andern
etwaigen Benennungen oder Formen dieselben bis jetzt erhoben wnrdfi/* Gleich-
falls eine Folge der neuen Bundesverfassung war es, daß mit dem Inkrafttreten
derselben aUe bisher bestandeneu Vorrechte zur Besorgung des Verkehres dahin-
fielen nnd dem allgemeinen^ freien Wettbewerb an wmehen hatten. War der
letztere auf der Gotthardstrafie flir den Wuarenverkehr sohon dnrch die oben
abgedruckte „Uebiriinkunft'* von 1836 ein^efiihrt wortlen, so ineinte dagegen
Uri, auch unter den neuen Verhältnissen doch ntyrh un „KuU^chertheil" festhalten
zu können, d. b. an der ausschlieiilichen Berechtigung seiner Landlente, oder der
im Lande niedergelassenen Sohweiserbttrger, anf der nmezisehen Gotthardstraße
das Kutachergewerbe zu betreiben. Durch Bondesbeschluß vom 18. Dezember 1860
wurde auch diese Beschränkung als nnzulSssig erklärt. Und damit erst waren
die letzten Ausläufe einer Einriehtung zum Abschlüsse gebracht, auf der die
Gotthardstraße und der Gotthardverkehr während mehr als lllnf Jahrhunderten
beruht hatten.
Kin andere«, aber mit dem Verkehre über den Gotthard enge zusammen-
hängendes Gebiet wirthhchaflliclier Thiiligkeit bildete für Uri die S'-hifffdlirt über
den VUrwaldslcUtersee^ nameDtlich diejenige zwischen FlUelen und Luzern. Die
Yarhältnisse dieser Sohifflftibrt gaben im Land» der Jahrhunderte nanShüge Male
Anlaß au bald streitigen, bald flriedliohern Verhandlungen awisohen awei oder
mehreren der am Seebecken gelegenen Stände.
Der erste bisher narbgewiesene Streit zwischen Luzern und Uri „von den
verte» wegen zu Fluelou* wurde unter eidgenössischer Vermittlung den 16. AugUHt
1357 entschieden — „vnd was der stos darumb, das die von Fluelon sprachen,
die bni^er von Luoern selten Uber se bervs mit ir konfmansehaft se leiti varen
als oncb ander geste. Da wider retten die Bürger von Lucern vnd sprachen,
das si ve>n Alter bar also kommen weren, wenne si mit ir koiifmans' h;ift gen
Fhii li.n kamen, das* «sie dannen füren mit eim ieklichen, er were vud Brunnen,
von Ku8s<nach, von Alpnach, der si als neclist dannen fürte." Nachdem diese
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Uri
BdiamptQiigeB durch ftiwNiolMiide Zengemuisiafreii beatKÜgt worden waren, wnrde
in firenndlioher Weise flsetigesteUt, daß die Lwserner vod FlUelen und die Fltteler
von Lazem mii J^oufmangchaft vnd anderm gute" JeweUen ab£fthren kOnnten^
umit wem si aller nahest von ntat möchten kommen."
Welche Yerbältuisse sich bezüglich der Kückfuhren Uber, den See swi»chen
Luiem und Uri anagebildet hatten, zeigt der folgende Eintrag in dem «SchHr-
meieterlibell" von Lnsecn, der dem Anfonge dee 15. Jahrhunderte aogeeehrieben
wird (Ardii^ f. ediweis. Geschichte, 20, 179). «Item es i»t ouch zu wiewn,
were das i \n s^efertt von Vre har kerne und der schiffmeister hie och ein ge-
fertt hette, es were lütt oder guot, so m\ der schifmeiBter halben Ion uemeu nach
dem vnd dati tichitt ist, ald er das gefert verdinget hatt vnd eol das bescheidenlichea
te} len, dem aohiff, den fcneohten vnd onch jm vnd eol dan den andren halb teil
lone vnd oaoh da gefert den von Vre laeaen. Des geHohen sollend die von Vre den
vnsern euch tuon." — Es ist aus diesen BestimTmingcn nnschwer zn erkennen,
daß auch dem Verkehre über den See der gleit-Le Hechtsge hinke au Grunde lag, der
beim Verkehre Uber die Landstraße im „ Znt hei [fahren ' und in der «Fuhrleite'*
Anadmok gefunden hatte: daa Recht aar Sohififfabrt, d. h. sur Abfnhr von
Leuten nnd Waaren ab einem Gestade stand eigentlich nnr den Bewohnern
dieses Gestades zu ; nur mußte dieses Vorrecht im Seeverkehr swisohen Luzern
niul Uri die glcifhe Ahsehvrächnng erfahren, welcher die einander entgegenntehendo
(jleichberecbtigiing nneh im Laudverkehr zwischen Fri und Livinen gerufen hatte.
Eine VereinbaruLig zwii»cben Uri und Luzern vom 24. November 1544 ent-
httlt n. a. die folgenden begünstigenden Vorsehriften Uber die beidseitigen wöohent-
lichen Marktfehrten. „In Betretf des PtistemHuens von Lnaern und des Markt-
nauens von Uri, die wöchentlich zu Markt fahren, ist verabredet, daß vorab der
Mittwoch zu Luzern den Fähren heider Orte frei sein soll, so zwar, daß wer
auerst Leute und üut authndet und zu fuhren verdingt, dieselben ungehindert
abfuhren mag. Angenommen hievon ist daa Theilgut, weldies dem Pflstenianen
allein gehdren soll . . ., weil die von Uri nicht Teibnndea sindv dieses Theilgnt
im Marktnanen zu fiihien, dagegen die im PAstersdiiff hiezu verpflichtet sind.
Ebenso soll in T^ri der Montag gehalten werden, wie der Mittwoch in Lnzpfn.
Die von Uri sollen auch am Freitag den Pristerleuten. wenn «.twan zu riihreri
wäre, dieses nicht verhindern, weil jene, die am DonncrüUig zu Uri am Markt
geweeeo sind, ohnehin heim mttasen nnd die von Uri anf diesen Tsg an fahren
nicht gewohnt sind." — Verhandinngen zwischen Luzern nnd Uri in den Jahren
1588 und 1592 beschränken sich größtentheils auf eine Bestätigung oder etwaa
genauere Umschreibung der hisheri gen Vorschriften.
Lehrreichen Aufschluß darüber, einer welch' eingehenden und in unsem
Augen kleinlichen Kegclang die damaligen Verhältnisse bedurften, zeigen die
folgenden Vereinbamngen swisohen Uri nnd Schwys vom 2. Angost 1627.
1) Alle Lamlleute der vier an dem See liegenden Orte können über «len See
fahren, mit weicbejn ScliilTiminn --'ie wollen; es Ffefit ihnen frei, nach je'li - Beliehen
viel oder wenig ScIiiOleute zu uehuieu und sie sind niclit schuldig , im Theil zu lahren*.
2) Wer »US den vier Orlen zu Hot daher kommt, der ist nicht schuldig im Theil
zu fahren uml einem Schiffmann mehr als 20 Schilling zu pehen. f'« «et fnlh oder spät
am Tag; für das Schitf haben die SchilTleute ferner nicht mehr zu tonlern.
3) Bei einer Bnfie von 5 Gulden ist den Schin ieuten von Brunnen, weldie Leute
nach Flilelen geführt haben, verboten. Leute auf die Kiickfahrt zu nehmen nnd .tie-
selben nicLt nach Brunnen, sondern nach Luzern oder anderswohin zu tühren: umge
kdaat auch den^ von FUlelen.
i) Kommen aus den vier Orten FnUgfinger, so können -ie fahren, mit welchem
Sc-hitlmann sie wollen, er sei von Flüclen oder von Brunnen, bind es zehn oder minder
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üri _ aSl — Uli
uad legen diese 20 Schilling zusammeD, so soll man sie mit einem Schiffmann lort-
fllhren.
5) Jeder von den vier Orten kann Schifl'Icntc he-chicken, oder sio warfen lassen,
doch mit der Bedingung, daü dieselbeo niemaod anders zum Fahren annehmen. Kommen
etwa 5 oder 6 Fenaaeu zu Ftifi» so kOnnen dieselb«n wohl mttgef&brt werden.
fi) Wanren kann jeder, nie von Allers lier. durch SdiHTl.nil«' seines Gefallens
führen lassen; als Taxe für emen Saum Wein, einen Saum Käse, ein Stück Kaufmanns-
gut werden 3 Sehl, feslfresetzt.
7) Personen, welche nicht uns ileii \ier Orten zu Rod lialier konunen. suwie uuch
Waaren, sollen ,in Theil gethan* und allein von denen geführt werden, welche an
dem Orte, wo solche ankommen, dftheim sind, es wäre d«in «daß dner in seiner Ge-
sells( h;in rorifahron uml also der Fremde sich der G^llschaft der Heimischen Ton den
zwei Orten geniessen wollte."
8) Alle Fußgänger, welche eigene Schiffe dingen, sollen nicht schuldig- sein, im
Tlicil zu fahren: es soll auch ein jeder zu Roß, der nicht In den vier Orten daheim
ist, für einen Schiflinann mehr nicht als 30 Schi, und für das Schiff mehr nicht als
4 Sdil. zu geben und nicht mehr als einen Sehlflmann zu nehmen verpflichtet sein ;
isl hingegen keine andere Hilfe zum Ziehen vorhanden, so muß er zwei Schiffleute dingen.
9) Kein Sehiff'inann darf in Theil genommen werden, er sei denn von der
Ohrigkeit för „i^anugsam* erkannt worden.
10) Alles Volk zu Fuß, das nicht aus den vier Orten ist, hat für jede Person
2 Sehl, zu zahlen; wird jedoch weniger als ein Diken erlegt, oder sind es weniger ab
10 Personen, soll Keiner zu fahren schuldig sein, wenn er nicht gerne weniger nehmen
will. Die Fremden sollen allein von denen, die an di tn <Ie-.ta<lf. wo -ie ahfahren, da-
heim sind, geführt werden, .doch so es in solchem, his an 4 oder 5 Personen käme,
will man sie zu beiden Theilen biemit ermahnt haben, sie einander um soviel nicht
gefahren und ilen Lohn dem. so solehe L'ffrdnl, ^ef(»l^;en lassen .sollen, die Armefi
aber, so um Gottes Willen zu fahren hegehren, sind liieria nicht begriffen.'
11) Diese Verordnung des Lohnes halber, soll auch auf die großen Schiffe ange-
wendet werden mit dem Zusätze, ,daß jedem ^.Tfißen SchifT rities SidiifTknechts Lohn
erfolgen solle, damit die gemeinen großen Schiffe mögen erhalten werden.*
19) ,fis soll auch kein Theil leer auf den andern fahren oder ankommen, auf
fJefähite mein- den 2 Stund warten; es wäre denn Sach, dai'. Einer mit Briefen oder
andern ernstlichen Befehlen geschickt würde, mag er alsdann etwas wieder hinweg-
fahren": doch soll hierin keine Geftihr gebraucht werden.
13) Den Schiffleuten ist hei 5 Gulden Strafe verholen. etnii?e .Gefehrlen* Aber
See zu führen, wenn dieselben nicht dem Zoller angemeldet worden sind,
U) An jetier SchifflSnde soll ein Schiflineisler aufgestellt sein, welcher Fremden
und Einheimi.''« h* n nach d eser Ordnung zum Fsbren behftlflich sein und die Fehlbaren
der Ohrigkeit leiden soll.
15) Diese Ordnung ist in deutscher und wälscher Sprache in allen Wirthshiiii'^em-
und an andern Orlen anzuschlagen. — Jeder Schiffmann hat die PHii lit, diejenigen,
welche gegen diese Ordnung sich verfehlen, oder welche etwas veruntreut oder ver-
wahrkist haben, zu leiden.
Wenn M auch nicht sicher festzustellen ist, ob diese Verabredungen in
ihrem ganzen Umfange verbindliche Reehtskraft erhielten, es wurde z. B.
der ohige Art. 1») vorlänfig nnr zu einfin einjährigen Versuche angenommen —
so dienen sie darum doch kaum weniger zur Aufklärung der Kechtsausohauungen,
denen bis tief in nnewr Jahrhundert bindn der Betrieb der Sohiff&hrt anf dem
VierwaldetStceraee untergeordnet war. Denn ftthrtln diese VerhXltnisse auch in
der FotgeMit hMnUg genng tu gegenseitigen ErBrtemngen, so handelte es sich
(labei immer nicht um grnndNÜtzliche Aenderungen, sondern nm Klagen iiher
Mißachtung und um Vorsorge für bessere Ansfäbrung tler bisherigen Bestiumiungen.
Es ist einleuchtend, daß die Engheit dieser Verhältnisse in höherem Grade
fühlbar werden mnfite nach der ErSfftmng der nenen Goitharditrafie im Jahre
1830, nach der Einführung der Dampfschiff fahrt zwischen Lnsem und FlQelen
im Jahre 183G und nachdem durch die Bundesverfassung von 1848 Uberhaupt
einer freieren Gestaltung des Verkehres gerufen worden war.
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In W6loher niileideiittioheii Weise sich namentiich für den Yerkekr swiadieii
FlttdAtt und Luzem die alten Verhältnisse den neuern Entwicklungen gegenüber
zugespitzt hatten, wnrde in einer Eingabe an die Bundesbehörden auseinander-
gesetzt, durch welüho diö liegierung des Kautonn Luzem im Jahre 1848 die
Herstellung einer freien Schiff&hrt auf dem VierwaldstSttersee fotderte. Auf
dem Gebiete de> Kantons Uri eo woide behauptet — naeben iwei Sehiffar*
geaellaohaften Yonechte geltend, welche die Freiheit des Verkehres und der Be-
Tiutznng der Wasserstraße in hohem Grade bf^^rhränken, so daß die luzernische
DainpfsL-hiffgehellscbaft nur gegen einen bedeuteuden jährlichen Tribnt an jene
Schitiergeseiischaften das Abfuhrrecht von den urnei-ischen Seegestaden habe er-
wtidcen kSnneo. BeaondeiB naobtihttlig seien die Folgen diesee abnormen TerhUt-
nines in n^neier Zeit enebienen, ala Mne iweite Dampftohiffgesellschaft jenes
au£8chlieMdie Abfuhrredit aa sich gebracht und dadurch die ältern Dampf-
.«chiffe von der Kunkurren« an deti Urnergestaden aufzuschließen gedroht habe.
Dem entgegen habe dann Luzern auuh den umerischeu Schiffergesellschaften und
der mit ihren Vorrechten versehenen Postdampfschiffgesellsohaft, letzterer jedoch
mit Aosnabme yon Postreiaenden nnd Postgegenstladen , jede Abftibr von
Penonen oder Waaren ab den Lnzerner-Ge.staden unteraagt. — Durch Bnndas-
gesetz vom 22. Mai 1849 wurden hu imf die in Fli-flen, Brunnen, Gersan nnd
Luzern hantehenden Beschränkungen der ireicn Öchifffahrt als aufgehoben cr-
klärtj sicherheitspolizeiliche Verordnungen vorbehalten durfte von da au jedermann
in den an der Wasserstrafle von Lnaeni nadi Fiflelen gelegenen Ortsohaften
Personen und Waaran frei nnd nngabindert anfnebmen nnd absetara.
Die Jahrhunderte alten Einrichtungen des Seeverkehrs, die mit diesem 6e-
setzft zu Grabe getragen wurden, hatten sieh im Zeitpunkte ihrer Aufhebung
am urnerischen Seegestade in der folgenden Weiwe ausgestaltet. In FlUelen be-
standen zwei Schiffergesellschat'ten : die „Gesellschaft des Uriuauens" und die
«TheilfabrendeSohifffahrtsgesellsobafl*. Der erstem stand, wie es seheint, «insig
die Befördernng des großen Markt^chifTes, eben des „Urinaucns" za, der —
eine Last von 1200 Zentner tragend und von 25 -30 Mann bedient — früher
alle Montage, seit EiütFnung der Gotthardstraße auch alle Freitage und später
(seit 183t5V) wöchentlich drei Male zum Zwecke der Waarenbeförderung nach
Lniern abfobr. Die Zahl der G«selbehaftMr habe jeweÜsn 60 — 130 betragen,
im Jahre 1849 waren es 86; jeder Gssellsoballer war bereebtigt, einen Landea-
angehrSrigen als Mitglied aufzunehmen; das Eintrittsgeld war noch im Jabre
!SL>5 auf IBO 250 Franken (a. W. 2^0— 3öO n. W.) festgesetzt der
NV'ertli der der Gesellschaft gehörenden ScliitVe und Geräthbchaften wurde im
Jahre auf ungefähr 1800 Frauken (u. VV.) berechnet. -- Alle übrige ge-
werbsmißige Sohifffabrt stand der theilfsbrenden Geaelliehaft sa, welebe im
Jahre 1809 aus den bis dabin geiondert bestiodenen awci Gesellschaften: «der
Theil" und „das Gefährt" zusammengeschmolzen worden war. Die Flotte dieser
Gesellschaft bestand aus einem „großen Nauen" (mit einer Bemannung von t>),
einem „Halbnauen" (Bemannung 7), einem „dritten Sohiöe" ^Bemannung 4; und
aus „gewöhnlichen Schifren" (Bemannung je nsob Entfernung S oder 3). Disse
Sehiffe fuhren nieht in zum Voraus bestimmten Zsiten, sondern auf Beitellnng;
die einzelnen GeHellsohaftcr folgten sich hierin nach einer besümmten Reihenfolge.
Wem die niudi.-te Fahrt zustand, der wurde hieven dnreh die aufgestellte Wache
in Kenntniß geöttxt (es wurde ihm „der Theil angeäagf*) nnd er hiednroh ver-
pdichtet, zu Uau^e zu bleiben und den „ankommenden Theil abzuwarten''. An
der Spitae der Gssellsobaft — dersn Einriohtungen nnd YerblltnissD durch obrig*
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Uri
— 333 —
Vei^sicberung
keitliohe Erlasse geregelt waren — stand der Sobiffmeister und der Schitlratb.
Die G«8el]sohaft ergänzte doh selbst, hatte jedodi sus wenigstens 30 Mitgliedern
au beskehon. In FiUeii vorgekommener HifllÜ—igkeit oder Verwahrlosung be-
stand gemeinMme Haftpflicht. — Der Gresellschait scheint neben den Ein nahmen
aus den eigenen Fahrten, noch der Bezug ''inor Ic^ondcm GrebUhr, der „Für-
]eit«;% von allen KaufmanusgUtern, die in Flueleo verzollt wurden, zugestanden
zu habet).
Eine neben den beiden genannten Gesellschftfteo bestehende Unternehmung^
das «Fltteler Botenschiff», d. h. das Postschtfl; wird wohl sehon mit der Ein-
fUltrong der Dampfschiffe ihr Ende erreiefat haben. Dem Fährmann dieses Schilfes
stand indessen die Beförderung von Personen und deren Grepäcki's nur in soweit
zu, als sioh erster© ohne sein Zuthiin anmeldeten; das Anwerben war ihm ver-
boten. Die Einnahme von 2 Bazen \ == Cts.) für jede beförderte Person hatte
er mit der thetlfahrenden Gesellsdhaft an äieilea. Noch im Jahre 1809 wurde
die folgende Vorschrift anfgefirisohfe. »Jnden und ihre Waaren bleiben, wie bia
aohin, dem Theil onterworfen nnd sollen uoh keiner andern Gelegenheit be-
dienen dürfen."
•
(Die hauptbäuhlichsten Quellen dieses Aufsatzes sind neben den im Yerlaofe
bereits geoannten: der „Gesckiehtsfreund*, die „^dff, Abaehiede'^, das „Lancf-
huch des Kantons Uri^^ Oechsli, „Die Anfänge der achweia. Eidgenossenschaft".
— Die Mängel und LUrken der obigen Darstellungen, namentlich jener des
Gotthard verkelires nnd der Schifffahrt, sind dem Verfasser wohl bekannt. Leider
stand ihm nicht die i^it zu (xebote, die Quellen vollständiger zu sammeln und
das Gesammelte knapper m verarbdten.)
TerkehrsvPrcine, welche hauptsächlich die Förderung des Fremdenverkehr«
bezwecken, bestehen in Basel, Bern, Chur, Genf, Glarus, Interlttken, Lausanne,
Locarno, Lugano, Luzern, Bapperswyl, St. Gallen, Solothuru, im Tuggeuburg,
in Verey, Zug und Zllrioh (in letsterer Stadt, der ersten, in welcher ein Yer-
kehrsverein entstand, seit 13^).
Versicherung. (Quelle; Zum weitaus größten Theil die Geschäftsberichte
de» t dg. Versicherungsamtes.) Sich für periodische Bezahlung einer gewissen Summe
gegen Schaden an Leib nnd Ont versiehem an kOnnen« ist eine der beilentendsten
Errnngeaschaften der Zivitiaation* Ist sie zwar in ihren wohlthStigen V7irkungen
zur Stunde großtentheils noch auf diejenigen Bevölkern ngskreise beschränkt,
dio Uhi'r eine gewisse Ka]iitalkraft verfügen, so deuten doch alle Symptome der
Zeit daraufhin, dat^ bei kommenden Geschlechtern selbst der Aermnte iu irgend
einer Wdse der Voraorge froh werden wird, welche die Yersiuhernag an ge-
wKhren fthig nnd hernfen ist
Allerdings ronß die letztere, um in dieses entwickelte Stadium zu gelangen,
in viel größerem Maaße in die Staatswirlbschaft einbezogen werden, nh c.^ bis-
her der Fall war. Dieser Forderung kann Geutlge geleistet werden, ohne daß
der Staat selbst Uberall als Versioherer auftritt. Schoo die bloße Ueberwaohung
des privaten Verricbemngswesens, wie sie seit 1886 dnroh den Band stattfindet,
ist ein bedeutendes staatswirthschaftlic hes Moment; ebenso die Förderung der
Hagel ver.-ficherung dureli Kantone nnd Band (s. die Abschnitte ^Bnndesaafeioht*-
und «Hagelversicherung").
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— 334 —
Feaervertiohemng:
km der in dieeen Abschnitt eiDgeschalteten statistischen Uebersioht erhelJt,
daß die meisten Eantoue Bclion io den ersten Jahren dies Jahrhundert« mit der
Gebäudeveiaicberung bugonuen habeo.
Die ältesten Nachrichten Uber kommunale und kantonale Feuerveiäicheruo^
liegen dem Lexikon vor aus dem Kanton Zflrieh.
In der ^Schweizerischen Zeitschrift für Gemeinnützigkeit" , Jiihrgang 1881 ,
weist J. II. Liibhart-Labliart nach, daß hcIioii 1 TT), '> die Züricher Bürger Mathias
havater (Zuuftmeiäten und Job Rudolf Hofmeister auf die Nothwendigkeit der
Errichtung einer «ireiwilligän Feuerassekurauz-Kassa" und eines damit ver-
bnndenen ^frdwiiligen Bürger-HaueprotokoUa* aofmerkBam maohteD. «Waa damals
auf aohweisrariscbem Boden angeregt und vor Rath und Bttrgem d«r Stadt ZUrtch
emstlich verhandelt worden", schreibt Labhart, „war im Auslände nicht ohne
Vorgeherscbaft" und er zitirt als Belege dafür die schon 1681 in London
gegründete Gebäudeversioberungsanstalt ^.Hnnd in Hand", die 1701 in Berlin
entstandene Feuerkuhse für die Mark Hrandeuburg, die „liauptbraudkadsH*^
Sacheeoa vom Jahre 1729 n. s. ir.
Lavater und Hofmeister erlangten mit ihrem Projekte, das ne mittelst
eines 40 Seiten stnrken Meinovials bcf^rii mieten, nur einen Achtting-icrfolg. Der
Kleine Rath iiherwies die Hingabe di'm Rath dt-r Zwtnluindert und dieser einer
Ehrenkonimission, die aber nur mündlich und in verneinendem Sinne refcrirt za
haben sebeint, da sich keine Spuren eines Berichtes oder eines Beechiusses er>
halten haben.
ZwVir Jabre apKter (1877) gritf Pfarrer Waser das Thema auf, indem er
CS zunächst zum Gegenstand eine» Vurtrag^cs in der Physikalischen Gesellschaft
machte und dann in einem Buche („ Bfirachtungi-n über die zürcherischen Wohn-
häuser, vornehmlich in Absiubt auf die i3randkuti»eu und Burgerprotokolle etc.",
1678) ersehSpfend bdiandelte, so ersohVpfend sogar, daß selbst einige Tabellen
über die Kaufpreise V<m 178 Wohnhäusern aus der Zeit von anno 1:221 — 1700
nicht fehlten. (Kine von der Physikalischen Gesellschaft zur Zeit Wasers ver-
anstaltete Zählnng der Wohnhäuser Zürichs ergab die Zahl H8i), wovon 704
^gemeine" Bürgerhäuser und 482 Herrenhäuser, erstere zu durchschnittlich 2485,
letatNW an durchschnittlich 9144 Gulden gewertbet.)
Waser sah die Fruoht seiner Saat nioht aufgeben — er starb eines gewalt«
samen Todes am 27. Mai 1780. Andere jedoch setzten das Werk in seinem
Geiste fort und zwei fahre später war bereits eine zürcherische ^'er8ichernngs-
geKellschaft als freie, unter der Genehmipting' und dem Patronat <ler Obrigkeit
stehende Vereinigung konstituiit. Die Slututcu hütten folgenden Wortlaut ;
1. Unsere gegenseitige ^^^^sekuranz erstreckt sicli nur auf Gebäude innert den
Fest un;>'s werken beyder Städte Zürich, mit Ausschluß aller Waarcn, Kaufmannsgüler.
Hobillen, Fatimaü, oder was sonst von Werth in denen Häusern oder Nebengebäuden auF-
geboben sein mScbte. Was also nicht auf unserem Assekuranzbuch ausdrücklieh verzeichnet
und tuxirt i-^l. hat bei sidi ereignendem Unglück keinen Bezug auf diese Assekuranz.
2. Wer der Brand-Assekuration beitrpfen will, trlbt »1er Direktnriul-Ge3ells<^h iff
den Namen seines Hauses und seiner Nebiiigebaude, falls dergleichen sind, mit deu
Anstößen. Dicst :^ wird denn auf unser Assekuratlonsbucb eingetragen, und nach seinem
Werth taxirt, wie in S 4 Nähcit n Iie-^timnil i>t.
g 3. Das Assekuranzbuch ist jederzeit ein Dokument und Gewährleistung der
Gesellschafl gegen jeden Interessent, und die Sicherheit des Interessenten gegen die
O^'scU-cIiaf!, uml soll in illen F^iüen. auch selbst bei etwa sich erci^'nendcn Streitig-
keiten, vor dem Hiebler güllig se>n und decidireu. Ueber das wird jedem assekurirtea
Wtglied ein Schein zu Händen gestellt des Inhaltes (folgt Formular). . . .
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Ye^icheriing
— 835 —
Vers chenin
Die Assekur.ition fäii^t tür jerien Kontrahenten laii dem Tage an, au welcheni
sein Haus auf unserem Buche cingetra^ren worden. Die Endschaft deraelben aber ist
am ersten Taj/ Horninif.'. Mittags mit dem Schl isre 12 Uhr. Damit jinn die Sicherheit
für die Absekuiirtcn nicht unierbrochen werde oder einige Wdi üeii oder Tage stille
stehe, so werden wir alljährhch in der ersten Woche des Jenner>, durch hiesige Zeitung
und Avis-Blatt die Tage und Orte bekannt machen, an welchen die Assekuratiunsgeldcr
uns überliefert werden »ollen. Würde dann Jemand aus Vergessenheit, oder aber mit
Vorsalz, diese Zahlungstage vorübergehen lassen, und nicht bezahlen, so werden wir
ihn in der dritten Woche de« Jeaners dessen freundlich erinnern. Erfolgte aber, auf
diese Aufforderung hin, das Qelä nicht, und der er^«te Tag Hornung, Mitlag, wäre vor-
über, so hat sich der Assekurirte alles Rechts auf das In-fitut zu begeben, und ist
von besagtem Tag und Stunde an so lange der Gefahr und Nichtentschädigung über-
lasBen. Im lu aer Stnnd«» in wddier «r wirklidt wledw fllr dai laufende Jahr be-
sabU hat.
§ 4. Der Eigentlinmer l:i\trl sein Hau8 aeUst ; jedoch Soll die G«8eUM:haft
dieser Tuxiition nii.-lil ^^escfi.idigt wcnien.
§ 5. Wenn mit Verlauf der Zeit ein Haus durch schlechten Unteriialt baufaUig
und also in seinem Inneren Wert reilieren wfirde. so hat die Direktion, avf erhaltene
Xachrii ht Jessen, das Recht, den Eigenthümer vor sich zu beruren und dessen Taxe
proporlionirl herabzusetzen. Ebenso ist auch dem Eigenthümer sein Recht vorbehalten,
die Taxe zu erhflben, wenn er der Direktion anseigt, daß er das Haua in seinem Haupt-
gebäude verbessert habe.
S C>. Derjenige, der s^icli der Assekuranz einverleiben will, liezahlt zur Anlage
des Fondd gleich beim Einschreiben seines Hauses einen Guldeu von jedem Tausend
der Schätzung, und dann anllciplrend, als gew<ihnlichen Beitrag, mit Janoar verfallen .
Von Wohnhäusern, als auch Nebengcliäuden, von jedem ICHM) Gulden der Schätzung
30 lureuzer. Sollte es aber von der Konvenienz einiger Aüsekurirten seyn, ihren jäbr-
lidien Beitrag ein fflr alle mal en Koe zu bezahlen, nm damit der Hflhe der alljähr-
lichen Zahlungen entholien zu sein, so mag es fiir jetzD ^resclielien : daß er für jede
3 11 seiner Taxe lOÜ 11 und so ferner in dieser Proportion bezahle. Damit solle dann
alles ihm Assekurirte IQr immer des jährlidien Beitrages entlassen seyn.
§ 7. Wenn der Besitzer eines assekurirten Hauses mit Tod abgeht, oder wenn
das Haus verkauft wird, sn steht der neue Besitzer in die Reclile seines Vorfahren, in
Fall das Haus durch die Bezahlung einer Assekurationssumme en bloc des jährlichen
Beitrages liberirt ist. Außer diesem Fall aber soll der KSufer oder Ert>e sich, bei Ver>
lust seines Rechts auf die Assekuratlon, innert fi Wochen in das Assekurations-Cucli
einschreiben lassen. Einstaud-Geld hat er dann keines zu bezahlen, da der erste Asse*
knrant solches selwn bezahlt bat.
§ 8. Da die (vesellschafl den Bedacht darauf gcnomtiien, nach und nach durch
die Heiträi^e der As<?eknrirten, durcli die daraus flielieiiden jährlichen Zinse, und viel-
leicht nocii dun h andei e \\ e^^^e ein solches Kat>ilui zu sammeln, aus welchem luil der
Zeit, wenn uns Gott Jalue lang vor Brand bebfitet, unsere brandbeschfidigten Glieder
ohne Extr.i-Zuia;.'e der Mitglieder entschädigt werden kannten, so ist nothwendi^.'. daß
diesem Fonds Zeil gegeben werde, innert welcher er außer Gulalu bleibe, durch ein
einziges Unglück ganz erschöpft zu werden. Wenn demzufolge innert dem ersten Jahre
von der Be.slandnehmung des In-tituts an, jemand aus uns durch Feuer verunglückt
wurde, so bezahlt der Fonds nicLl mehr als die HäUle des Schadens, und die zweite
Hftlfte bezahlen alle Hitglieder der Assekuranz in ordentlicher Repartitiun und Pro>
portion, wie jeder nuf unserem Tlaujitbuclie taxirt ist Vnrn Zweiten bis zum Drillen
gibt de» Fonds drei Viertel des V'erluates, ein N'ierlel aber geben die MitgUeder alle,
wie im ersten Fall. Ueberstiege aber innert <liesen zwei Jahren eine Entschädigung die
Summe von 10,000 tl, so würde sich die Direktion an II. G. H. H. und Oberen wenden,
Hochdie^lbeu um Rath und Assistenz billeu, auch nöthigenfalls um Bewilligung einer
Offentiiehen Steuer fOx die Gesellschaft selbst oder das Institut.
§ 9. Die Gelder dieser Kassa sollen niemals anders als zur Entschädigung der
durch Feuer verunglückten assekurirten Häuser angewandt werden, und soll für ein
ganz abgebranntes, oder auf hochobrigkeitlichen Befehl zur Abwendung größerer Gefahr
und Srh.ideiis niedergerissenes Gebäude die Assekurationskassa den Bietrag der ver-
sicherleu Summe in Zeit von vier Wochen zu bezahlen haben.
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VoriclMning
— 336 ^
§ 10. Die Direktion besorgt alle Geacbille uoeotgelUich und best ihres Vermögen.«
unter dem Präsidlo eines von Ü. G. H. H. verordneten Herrn des Kleinen Raths. Sie
l)e.siehl aus 16 Herren und Bürgern, davon die Hnlfle weder des Raths noch Hej.'injeiit8
und unter diesen 4 sein sollen, die ihr Handwerk uiu\ Gewerbe an eine gewisse Zualt
bindet. Wenn ein Milt<lie<! der Direktion abKoandert wird, so sohlageil die fibrig^eil
U. G. H. H. ein anderes an •^eine ."^talt zur Genehmigung vor.
§ 11. Die eingehenden Gelder werden unverzüglich bei der Zins-KoumissioD,
wenn sieh nicht sogleich ein anderer, vortheiihafterer und zugleich s^icherster Anlaß-
seigt, zinstragend gemacht. Die darum errichteten und auf die Rrand-Ässekuranz ge-
stellten Obligationen werden auf dem Rathhaus in einer eisernen Kiste mit drei Schlo.«sen
verwahret, zu welchen die Schlflssel drei verschiedenen Schlüsslern übergeben werden.
Alle Jahre wird mit Anfang Merzen eine Hecbnung gestellt und dieselbe an dem Ver-
sammlungsort, nachdem sie vorher bei den sämmtlichen Herren Direktoren zirkulirt,
hn Heysein s.ininitiicher Panner-Hauptlculen und Pannor-Herren der Stadt abgenommen.
Vier Wochen lang stehet die Einsicht davon jedem Mitglied bei eigens dazu zu eruenaen-
den Direktoren fret U. 6. H. H. wird jedes Jahr von dem Fortgang des Instituts
Bericbl entaUet.
§ r? ^^^ nn die assekurirtc Summe 4 Millionen bclrä^'t, und der F<ind.^ auf
10,000 11 augewachsen, soll der jäbrhche Beilrag auf 15 Kreuzer vom tausend herunter-
gesetzt werden, wenn er aber anf 150.000 fl anwachset, gftnzUeh anfhdren ; es wire
denn, daß dureh T'n;;l;lck der^-elhe j.'o-. ]iw;u ht und auf l^-n/KW) 11 zurückkommen wflrde;
dann sollen die jährlichen Beiträge bezahlt werden, bis er obbemeldete Stärke wieder
erhalten. Sollte die aasekurirte Summe höher steigen, so steigt audk der Fonds in
obiger Proportion.
S 13. Mit Anfang JAer/.pn werden diejenigen, .so dieser A--5irKialion I>eilreten
wollen, ersucht, die Schätzung ihrer Häuser auf die eigens dazu errichteten Scheine
einzutragen und innert 14 Tagen einzusenden, damit man dieselben auf die Bfleher
eintrajren könne; sobald dasselbe be^chehen, werdf^n pippnp Tage öffentlich bekannt
gemacht weiden, wann man die Einstands- und Vorschuti-tielder auf dem Rathbaus
abnehmen wird.
§ 14. Sollte es aber wider Vermuthen geschehen, ))aß dch Leute fänden, die sieh
7.um Au{»pnmerk genommen, erst nach einem oder mehreren Jahren -ii h a>sekuiiren
zu lassen, um dabei der Gefahr der Assekuranz, wie sie in § 8 bestiitaiil ist, auszu*
weichen, so sollen dieselben nebst dem Ein^tandsgeld so viel bezahlen, als ein von
anfang assekurirles Mit^j^lied zu dpni Fond? bei^'elrappn ; es beträfe denn Jemand, der
bei Errichtung des Instituts nicht sui juris, uder aucli kein Kigentbümer eines Hauses
gewesen, und also frQher nicht mit uns kontrahiren konnte.
Diese in mehr als ein^ Hinsidit jntereatante Yoraidierungsgnindlage be-
wührte sich, denn die Institution löste sieb nicht nur nioht auf, sondern fdhrte
zu einrr Verallgemeinerung der Gebäudevernieherung zu Stadt und Land, indem
im Jahre 1 .SOS vom Großen Rath das Übligaturiam für den ganzen Kanton
be«ühlü:iäeu wurde.
Auch Uber die Kantonsgrenzen hinaus ward die zürcherische Feuerversicherung
bald bekannt. Im Jahre 1788 setzte die Oekonomische G-esetlsohaft in Bern
einen Preis von 50 Dukaten aus flir dis beste Beantwortung der Frage :
„Welchen Nutzen eine Bramiiisseknranz fttr den Eanton Bern haben würde, und
wie eine solciu- einzurichten wäre."'
Nach diesem getichl<-ht liehen Rückblick lassen wir eine üeberHicht der
Kantone folgen, in welchen die obligatunsche Gebäudeversicherung besteht. Die*
selbe ist dem Berieht des eidgenSssiehen Tersieiherungsamtes pro 1890 entnommon:
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Versicherung
- a37 —
VersicheruQg
K a u l u II e
1. Zürich .
%. Bern
3. Luzern .
4. Nidwaldeo
& Glarus .
6. Zug . .
7. Freihurg
8. Solotfaurn, i
9. Baselstadt . . .
10. BaseUaod . . .
11. SchafFhauscn . .
13. Appeiuell A.-Rh.
13. SL Gauen . . .
14» Aargau ....
16. Thurgaa . . .
16. Waadt ....
17. Neoenburg , .
Waadt
* . 3 "
5 i £ ~
Davui rückversichert bei rrtmlPti-
«chweiBoriscbcn atulAndMcheu einnaltm«
Ar I8H>
Reitervcfoiul«
1808
1806
1810
1884
1812
1819
1810
1800
1864
1807
1833
lSt2
l^ti
1807
isor>
1806
1811
1810
184Ü
PitTatgMeNieluiflaa
s
Fr. Fr. Wr»
I. Für Immobiliamraicliening.
805 o74,050 — -
33'240,653
13<3aO.S81
6562,130
3418,826
r390,000 -
747'951,7O0
200*623,880
17443,533
o6'375,815
42755,^50
108463,315
106H)73,914
817,175
226*252,300
84*{i00,600
7n'493.n()0
83905,300 —
416*338,100 168*678,835
2i6T.2f).<l85 —
174784,530
676*841,539 —
240-448,800 — 144'260J8D
II. Für Mnbiliarversicbenug.
334"()8ü.i8H —
185,415
86770,676
86*460,181
847,175
169'689,225
140,000
17'653,100
8 797,900
Fr.
805,581
974,91 1
mKi'i'2
19,188
28.187
42.707
184,388
348,869
2,999
136,339
33,960
90,999
606,338
443,714
178,619
600,384
310,661
BechnniiH*'
Fr.
r5n.r.9i
1'43!>,144
208,591
66,06»;
2*085,400
135.931
461,056
392,216
765,780
439,465
rOS.5,27.1
3175.889
446,970
116,806
1*463,313
160,377
308,588 695,295
Total
4*542'780,087 216*725,174 524*607,443 5*101,192 15'668,155
• 741*332,017
Auch im Kanton Genf war die Gebftadeversicherung während einer Beihe
von Jahren (1837— -1864) fitaatswelie.
Im Kanton ^Neuenbürg werden geigenwärtig (1892) Boetrebangen nur Yor-
Staatlichnng der Mobiliarversichernng gemacht.
Die Immobilicn-Braudkasaen von Beru, Freibuit:, Appenzell A.-Rh. und
Neaenbarg waren anfänglich freiwillige. Freiburg ging lölii, Appenzell A.-Rb*
1841, Nenenbarg 1849 znm Obligatorinm Uber. Bern aeh1o6 erst 1852 di«
fremden GeaeUaehaften und 1881 die Itlnineni kantonalan Geielladiaftett von der
Konknrxwa aas.
Ton der staatlichen Versicherung sind ansgeschlossen :
Im Kanton Zürich: PolvermUhlen, Pulvermagazine, sowie alle abgelegenen
und einzelnen stehenden GebSade im Werthe von weniger als 200 Fr.
Im Kanton Bem : a. Fnlvenntthlen, Fbnerwerklaboratorien« Falvev- und
Pynamitmagazine ; b. ohemiiiefae Fabriken mit Benützung oder znr Bereitung
Rclbstentzündlicher oder explodirender StoHV Die Eigenthüraer der unter litt, b
angeführten Gebäude sind befugt, die Aufnahme in die kantonale Anstalt zu ver-
langen, wenn eine Rückversicherung möglich ist. V'on den mit einem versicherten
Geblade verhandenen medbaniMhen Eiarichtnngen Mnnen nur die eingemauerten
und die niet- nnd nagelfesten, fUr bleibend dazu gehSreaden BestandtfieUe, wie
WaeMTilder nnd Turbinen, ])amplkeaBel und dgl., vermdiert werden.
Anmerkungen zu der Hubrik Ro^^ervefond.s : •) Bei den Kantonen Zürich,
Lnxem, Glarus, Freihurg, Solothurn und Neucnburi; ist die im Umfange des tolgenden
Reehnungsjabres za benefaende JahresprSmie bereits als eingenommen beredmet
') B* i Aar^Mu und Waaill (GcIiJlude) ist vorausgesetzt, daß ein Thcil der Schäden
des Jahres erst durcli di« Prämien für das folgende Jahr zu decken sei.
Faner Volkswirtlitcharu-Lexikon der Scltwei«. 22
Venticberimg — BdS — VersidieruDis
Im ivautuu Lueern: Pul vertu iihleu, Pulvermagazine, Schmelz-, Gluä-, Ziegel-
uad Hafiierhtttten ; ferner Gebände, deren KiU^renicherung wegen nUsn grofler
Feticrsgefahr sich entweder gar nicht oder nar mit bedeutendem Hieiko für die
kantonale Brandasoekuranzanstalt bewerkstelligen läßt.
In Nidwaltif'n : Puh'ermUhlen nnd Magazine zur Aufbewahrung von Pulver,
Dynamit und anderer explodirender Stoffe, eventuell andere besonders teuer*
gefährliche fiiaiken.
Im Et. Glarusi Alle indnetriellen BtftblieeementB, nebst den mit deneeiben
in unmittelbarer Yerlilndung stehenden Grebäulichkeiten, femer Pulver- und
Dynamitmagaziiie, Ziegelliiitten, Seniiliiltten ohne gehörig gemauerten üauchfang
die an solche SenTihUtteii unmittelbar angebauten Ställe, einzeln stehende Gebänlioh*
keiten im Werthe von weniger als 100 Fr.
Im £t. Zuf; : 1) Der 100,000 Ff. liberrtolgende Werth einer Gef^ehkeit,
2) PoWermttblen y Pulver>, Petroleum <• und Dynamitmagasbe, Dampfalgen,
a) Gebäulichkeiten unter 300 Fr. Werth, 4) Bestandtheile bei MUhlen, Fabriken,
Badetablißsementen oder andern mechanischen Wi rken, wie Trotten, Pressen u «^gl.
Im Kt. Freibitro: Gebäulichkeiten im ^\'ertlle von weniger als iUJu Fr.,
- htüdtische WäUe und deren Thürme, Pulvermüblen, Fabriken chemischer ZUud*
htfbehen, SehwefoleKure&brikea , Gaefabriken, Pottaechefiibriken, Glashütten,
Salpetersäurefabriken, Kalrinirhatten, Etablieeemente mit SehmeIxOfen und IhnUohe
gerährliche Risiken.
Im Kt. Solothurn: Kohlenscheunen, Pnlvermühlen, Glasfabriken, Hochöfen eto.
Die Versicherung mechanischer F/inricbtuuge'u ist nicht oblis^atorisch.
In Basellaiid: a. Kirchen, welche dem Staai gübüreu, b. von Ortschaften
entfernte GebSaliehketten, deren Schätanngewerth weniger als 800 Fr. betritgt,
e. PulTermühlen, Fenerfrerklaboratorien, Pulvermagazine und Theater.
Im Kt . S fiaffhamen : Pulvermagizine, Fetiorwerklaboratorioii, Gasfabriken,
chemische Fahriktiu mit Benützung otlor B^^roitung selbstentzündlicher odor explo-
dirender Stoffe, ferner Lack- und FiruiÜkochcroien, Potrolrafüneneu, Magazine
für selfotenMlndlHdie und explodirende Stoffo.
tn Appeneell A.'Bh.: Palvermtthlen, PutvermagaBine, Gasfabrlkm, liber-
haupt alle ausschließlich zur Fabrikation und zum Aufbewahren von expledir»
baren Stoffen bestimmten Gebäude, nud diejenigen Gebäoliebkeiten, deren Werth
weniger als 'JiK) Fr. beträgt.
Im Kt. Si, Gallen: Gebäulichkeiten unter 100 Fr. üauwerth, Kuüieu-
brennerhütten, Gasometer, Glas-, Salpeter- und Pottaaohefiibriken, Vitriol-, Sala-
und SalpetemKnre&briken, ohemisebe Fabriken mit Bentttmng selbstentsttndlieher
oder explodirbarcr Stoffe, Firnißkochereien, Pech- und Theersiedereien, Pulver-
miihlen und Magazine, Schießbanmw oU- und ZUndwaarenfabriken, AetherdistiUerien,
Holztriii kiK-rfien ohne Damptlieizung.
Im Kt. Aatyau : Gebäude, in denen Gewerbe betrieben werden, die in er-
höhtem Grade feuergeführlidi sind. (TbateSehlioh ist von dieser Bestimmung bis
dato (Aug. 1890) kein Gebrauch gemacht worden.)
Im Kt. Thurgau : Pulvermühlen, Pulvermagasine und abgelegene GebäuUeh-
keiten, deren SrhfitTJungswerth weniger als 2U() Fr, betrügt.
Tra Kt. Waadi : Mobiliar und Waaren Uber 40,000 Fr. Werth und betindlich
io Papierfabriken, Sägen mit Wasserbetrieb, Kerzenfabrikcu, Seifenfabriken, Leim-
fabriken, Brennmaterialienmagasinen, mechanischen Webereien, Gießereien, meeha>
ni sehen Werkstätten, Färbereien, Ziegeleien, Drainirröhrenfabriken, Kalkbrennereien,
Zementfabriken, Kasernen, Bahnhöfen. Femer Mobiliar und Waaren Uber
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Versiclieruug
339
Versicher uu|;
30,000 Fr. Werth und befindlioh in Theatern, Mühlen mit mehr eis 2 Paar
Mahlsteinen, DistUlerien (nieht Undwirthschaftliohea) , 9ffentliehen Getreide-
dre&chereien, Sägereien mit Dampfbetrieh, Spinnereien, "W.ittefabriken, Oeleicien,
Parqueterieii, (ilasliUtten. Fabriken chemischer Produkte, Ziintiholzfabriken, Maga-
zinen und Nii^'k-ilagen (Mithrtlteuil Petroleum, Essenzen, Piruiaae, äpirituweu und
andere leicht eatzüudbare Subütauzea.
Laut gefl. Mittheilnng der Brandassekoranskan^lei ist ein nenes Versieherungs-
^esetz projektirt, da» weniger Ausi$chlüäse statuiren wird.
Im Kt. Neiienburf/ : Pulverfabriken, Pulver- und Dynamitmagasine, 6e*
bitilichkeiten im Werthe von weniger als 400 Fr.
V^olle Versicherung des Schatzungäwertbes findet stHtt in den Kantonen ZUnoti,
Bern, Luzern, Nidwaldeo, Zug, Sulothum, BaseUtadt, Baselland, Scbaifhausen.
Aargau, St. Gallen, Thni^aa, Waadt, Nenenbnrg.
Glarus veraiohert Vi«» Freiburg V«« — 'A"i A|ipen«ell A.-Rh. 7«-
Der Schatznn^Hwertli besteht meistens in der geriogeren Summe, welche sich
nach dem Bauwerth oder dem Verkehrswerth ergibt.
Lebens Versicherung.
Wi'it schwieriger als die Sjichenversicherting ist für den Staat die Personen-
icnsicUtrainj. Es .sind deßhalb bisher nur lu zwei ii.uncuuen Versuche gemacht
worden, die Lebensvexsiebemng sa verstaatlichen. Am 27. Fehruar 1878
unterbrmtete der Begientngsraih des Kantons Z6rieh dem Eantonsrath den An«
trag, en sei die Uebernabme von Versicherungen auf das Leben des Menschen
ein Gest häftszweiir der Kantonalbaiik einzuführen. Der Kantom^rath lehnte
jedoch auf ein bezügliche}* Gutachten des Bankrathes hin jenen Antnig ab, und
dabei, ist es bis heute gebliebeu. Im Kanton Neuenbürg hat das Justizdeparte-
ment im April 1889 einen Gesetzentwurf betreffend obligatorische Versicherung
auf den Todesfall publizirt, doch erlangte derselbe bis heute (August 1 892) keine
Gesetzeskraft. In dcutsclu-r Ucbei-setzung hat er folgenden W«.>rtlaut :
Art. 1. Es wird im Kauluu Neuenbürg eine obligatorische Versicherung auf den
Todesfall gegrQndet.
Art. ± Di&se Versicherung ist in den Obliegenheiten des Staates inbegnffenp gemäß
Art. 16 der Verfassung.
Art. 3. An dieser Versicherung haben »eh za betbeiligen: 1) Alle Neuenburger,
alle Schweizer nnd iille Fremden , welche der Steuerpflicht unterworfen sind; 2) Die
KoUektivgescUschaTteu, Kouimandilgeseilscbaften, anonymen Gesellschaften und Genossen-
eehaften , welche ihren Sitz im Kanton haben oder daselbst Filialen besitzen ; 3) Die
Korporationen, mit demjenigen Theil ihrer GQter. n elelicr nicht von öffentlichen Wofal*
lahrtsaustullen oder gemeiauützigeo lusütutioDen iu Anspruch genommen wird.
Art 4. Es wird zu Gunsten der obligatorischen Veraeherung auf den Todesfhll
)irr ein Franken VermOgeus- uud Einkommenssteuer 15 Rp. Zuschlag, zahlbar an den
ätuat, erhoben.
Art. 5. Der. ErtrsK dieser Zuschlagssteuer soll nicht mit d^t Qbrigen Einnahmen
vermischt, sondern für «ich abgesondert l>ei «ler neuenbnr;:i-chen Kanlonalbank (^cponirt
werden. Da.s Finanzdepürlemenl ist beaullragt, auf Grund der ihm vorzulegenden Aus-
weispapiere die .Auszahlungen zu bewerkstelligen.
Art. G, Die uMi^Mlorische Versicherung liquidirt jedes Jahr die Rechnung ihrer
Kinnainnen uud Ausgaben. Ist der Ertrag der Zuschlagssleuer einmal ungenügend, so
darf im nächsten Jahr der Ansatz in dem Maaße erhöht werden, daß das Defizit ge-
deckt wird.
Art. 7. Wenn im Gegentheil die Hetiuiuuj^ ainvs Jalires einen Einnahmenüber-
schuti aufweist, soll derselbe verwendet werden: Zur Hfilfte zur Gründung eines Heserve-
funds für die Fälle au licrgewOhnlii hiT Stfrlilirlikcit. inul zur tffiinc /.ur Vi-i 'lu/iluitf: ;ui
die gegenseitigen Versichcrungsvereine, welche sich benn btaaLsratb darui»er ausweisen,
daß sie aut rutionsller Grundlage basiren und genügend gOnstige Aufhahrosbedingungen
stellen.
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Versicheruiig
— 340 —
Versicherumf
Art. 8. Der Reservefonds wird gebildet: a. Ans den EnwafameObersehfincn, nach
dem vorerwähnten VerhSltniß: b. Aus dern Erfrag von SubscripUonen, Geschenken und
VermäcbtnisseD. Er wird bei der KantoDaiiiaak depooirt. lieber seine Inaosprucbnahme
entscheidet der Staatsrath.
Art. 9. In den Genuß diesi-r Versiclierung gelant,'en: 1) Die neiienburgischen
Familienchefs, welche bei ihrem Tode ein oder mehrere unmündige oder gebrechliche
(inflrmes) Kinder htutertaflsen ; 2) Unter den gleichen Bedingungen die Ftmiliendiefe
schweizeristhor oder fremder NationalilSl , sofern sie seit wenitrstens fünf Jahren im
KanloD domizilirt sind. Die Wittwen und geschiedenen Frauen, welche Kinder zu er-
ziehen haben, dnd den Pamilienehefe gleichgestellt
Art. 10. Heim Tode eine^ Faniilienchef^ witd den Erben innerhalb drollig Tagen
.eine Summe von fQnf hundert Franken verabfolgt
Art 11. Tom Gennfi dieser VerBicherung sind diejenigen FanülienchefS» ausgeschlossen,,
welche im Moment ihres Tode;* mit mehr als zwei Jahreszahluugen im Riu kstand sind.
In den übrigen Fällen werden die rückständigen Beträge von der den Erben zufallenden
Summe abgezogen.
Art. 12. Die Domizilperneinde kann vom Staatsrath angehalten -^v- r ^ n die Zu-
schlagsteuer für die obligatorische Versicherung zu entrichten an Stelle derjenigen Nenen«-
burger, welche sich zußUlig oder permanent in der UnmOgliehkeit faeflndra, der betreffen-
den Pflicht selbst nachzukommen.
Art. 13. Wenn das Finanzdeparlement bei dem Tode eines Famiiienciiet die PtHcht
zur Auszahlung der Tenicherungssumme bestreitet, kann die Angelegenheit vor das
Kantonsgericht pezopen werden, welches nach Anhörung der Parteien kostenfrei urtheilt.
Art. 14. Die Versicherungssumme darf weder abgetreten noch gepfändet w^erdeu.
Art th. Jede< Ans{)ruchsrecht auf die Terndiernngssumme reijftfart nach fQnf
Jahren, mm Datum des Tud(s an gerechnet
Art. IG. Refertnduiabklausel.
Die Lebensversicherung bestand in der Schweiz zuerst in Form der gegen-
seitigen Httlfeleiitnng, wie sie doroh die auch beute nooh bestehenden Wittwen« und
Waisenkassen, Httlfs» nod XTntersttttzungsvereine ausgeübt wird. Aus diesem
engen Raliiuen ficranszutreten unternahm den ersten Vers'uli iie Grmrinnützig.?
Gesellschaft in Zürich, im .Jahre IBIiO. Ihr damaliger Präsident I'rof. Dr.
Bluntsohli und der Mathematiker Professor Rabe entwarfen den Pl&u zur Grrttu-
dung einer auf Gegenseitigkeit boMrenden Sehwwxertaehen Renten- and Lebens*
venicheningS'Anstalt.
Die Prämien fUr Alters- und Wittwenxenten, sowie für Kapitalsammen anfe
Ableben waren sehr hoch berechnet; vom Gewinn sollte die Hälfte in einen Sicber-
heitri-Reservefonds fallen, die andere Hälfte au die Verrticherten ; und um den
Versuch eber wagen zu künuen, sollte uooh ein baranticfonds vou 100,000 Fr.
a. W. mittelst 600 Aktien sn 200 Fr. insammeDgelegt werden^ weteber fllr
Rückschläge haftete, jedoch nur für die ersten fünf Jahre der Anstalt. Die
2^icbDang der Garantie-Aktien in den gemeinnützigen Kreisen der Schweiz ging*
etwas mühsam von ntatten, doch waren bereits 312 Aktien gezeichnet, als im
September 1839 die bekannte politische Bewegung kam und damit aocb daa.
Projekt einer Schweizerischen Renten^Anstalt begraben wurde.
Im folgenden Jahre, «t Ende 1840, wurde in 8t. Gallen vom Kftnf^
männi.sclien Direktorium die Schweizerieobe Erb-, TVittwen» und Alterskass«
gc.-icluitfen. Dieselbe schloß VersicTierungen ab für Kapitali^ nnmen auf's Ableben,
sowie fUr Alters- und Wittwenrenten ; die Präinientarife waren ziemlich hoch.
Aus dem Jahresgewinn sollte ein Sicherheits - Reservefonds gebildet werden.
Die weiteren UebereebOsae fielen »don KnnflnKnniscben Direktoriam als ünter-
nebner m früw VerlUgnag anheim*, indem dasselbe ans seinem etgenen Yer-
mSgen mit einer Snmme von 100,000 Galden für die Yerpflicbtnngen der Ver~
fiicbernngttknsee h.Tft'^tf\ Nach mebriShrigem Bestände der Kasse wurde d'^r
Geschäftsbetrieb eingestellt und später im Jahre 1862 die nooh bestehendea
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Veraicbenuig
— 841 —
Vwaicheniiig
Policen an die inzwisohea (lti&7) in Zttrioh gegründete Sobweinrisohe Aenten-
«nstalt Ubertragen.
Darauf folgte in Bern die Gründung der Schweizerischen Kational-Yorsioht«-
kaeae, die im Jahn 1846 die BteaHiolie Seoktioii eriiielt. Diaae Kaaee, an ihrer
Spitze als Gründer und Direktof Großratii C. A. Cunier, betrieb naoli fran-
y.ösitjcliem Vorbild die Aasateuerversichening in Form von Jnhresklassen, an
welche nach Ablaut' von 5 — 20 Jahren die Ergebnisue ausbezahlt werdeu fiüllten,
und als Nebenzweig auch noch Altersrenten, die mit den steigenden Jahren
annehmen sollten; Eapitakammen aafa Ableben worden also nicht versichert.
Fttr getreue Yerwaltnng haftete ein Aklienfbnda von 100,000 Fr. W. und
es aoUten die Yerwaltungskosten, sowie die Dividenden der Aktionäre gedeckt
werden au« 4 °/o der Prämien, welcher Betrag von jeder Police für die siimrat-
licben Vertragsjahre zum Voraas erhoben wurde. Die Aiiösteuer- oder Kinder-
veri^itiheruugoQ dieser Kasse fanden in der Schweiz ^loüe iheilaabme. Es wurden
36>5d4 Policen fttr 18'469,ö93 Fr. Yeraieherungssumme abgeaehUMMn nnd
dannf an Primien 4*702,456 Fr. einboiahlt, sowie 74,000 F^. Kapital fttr
Beuten. Nun wurde um's Jahr 1862/53, in Folge eines größerr n Darleihens
nach St. Urban, in der Presse die Befdrchtuug laut, Verm<'>g:en der N^tional-
Vorsichtiikasse sei gefährdet. Es bildete »ich, mit noch anderen erheblulien
Klagen, eine allgemeine Bewegung unter den Versicherten in der Schweiz und
kam nioht aar Rohe, bis der Große Rath von Bern mittelst Dekrets vom
30. März 1866 die Kasse in Liquidation erklärte. Diese wurde von einer durch
<lie Regierung von Bern bentellten Kommission mit großer Sorgfalt dnrchgefdhrt
und es ergab ßicli au.s dem Schlußbericlit vom .Juni 1861, daß auf den Kapital-
anlagen der Kasse gar nichts verloren ging und daß den Versicherten ihre Ein-
lagen mit 4V<B ^™ inrttokerstattet werden konnten. WUirend der Liquidation
kamen atudi versohiedene Projekte für JEfcekonstmktion der yeraiohemngskaue in
Vorschlag, aber bei dem aufgeregten Mißtranen, das allgemein nm sich gegriffen
hatte, war keine Verständigung nnd Einigung möglich.
Da wurde io Zürich, nachdem auch in Basel im Jahre eine Anregung
voll Direktor Speiser (in der Geselhtcbaft zur Beförderung des Guten und Gemein-
nützigen) fttr Grttndnng einer Alterskaase in Folge seines baldigen Ablebens
ohne Ausftthrnng blieb, im Jahre 1857 der .Entschluß geiiiftt, eine nene schwel-
zerische Rentenanstalt ins Lebon ni rofeni deren HanptBweig Bnn aber die
Kapitalversicberung aufs Ableben sein sollte. Die Idee ging au« von Finanz-
direktor Dr. Sulzer und von C Widmer, welch letzterer sich mit «ien erforder-
lichen Arbeiten für die Gründung belaßte. Man hätte auch damaU dieoe Anstalt
gleich von An&ng an am liebsten anf die Basis der reinen Gegenseitigkeit ge-
stellt, aber man fand allerseits« daß bei dem I^Iißtranen, welches die Liquidation
der Vorsichtskasse verbreitet hatte, auf Grundlage der bloßen Gegenseitigkeit
eine größere Theilnalime nicht gewonnen werden könnte, und ein Garantiekapital
aut Aktien wäre nach jenen Vorgängen und bei der damaligeu allgemeinen
Finanskrisis ebensowenig au&ubringen gewesen. Unter solchen Umständen nnd
weil man die Grttndnng ohne eine starke Garantie nicht wagen za können glaubte,
wendete man sieh zunächst an die Hypothekarbank Leu & Cie. in Zürich mit
dem Wunsche, daß sie mit ihrem Aktienkapital die Garantie für die neue
Renten anMtalt Ubernehmen, das Einlagevsrmögen der letzteren verwalten und ftx
zu 4 ^J'i verzinsen möge^ so daß das Aequivalent für die Garantie in der Zins-
differena bestehen sollte, um welche Leo & Cie. die Gelder htther ab an 4 7o
ansnlegen wttßten. Leu & Cie. lehnten jedodi den Vorschlag ab. Darauf wmidete
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Versicherung
— 342 —
Versichernng-
luan sich an die „Schweizerische ( "reflitanFtalt", o\r\p Handelsbank in Zürich
mit 15, später mit 20 Millionen voll einbezahltem Aktienkapital. Hier fand
nun der G«d«ike, unter Würmer Befürwortung daroh Profenor Dr. RiltttmMin,
beoaemn Anklang. Die Creditanstalt entschloß eicht ivit ihrem ganzen VemiSgen
die unbedingte Garantie für alle Verpflichtungen der Schweizerischen Renten»
anstalt tn tibernehmen and die allfälligeTi Rechnnr'L'M-Rikkschläge zu flecken gegen die
Znsicherung hinwieder, daß ihr von den allfiiIligenUeber.Nchiie(?eu der Renteiianstalt '/lo
vnkommen «ollen ond daß sie das Verwaltnngsbureau der Hentenanntalt zu wählen
habe. Auf eolcher Omndlege reichte die Grcdititnatalt mittelut Eingabe vom
12. Oktober 1857 die Crrlindung^tatuten der Bentenanstalt bei der Begiernnj^
von Zürich ein und mit Rehlußnalnne vom 21. Oktober 1857 ertheilte der
Kegierungsrath der Schweizerischen Kentenanstalt die Autorisntion und juristische
Persönlichkeit. Am 1. Januar 1858 wurde der Geschäftsbetrieb der Anstalt
et^et unter der Direktion Ton C. Widmer, dessen eigenem Bericht vom Jahre
1884 wir die yoret^enden Hittbeilnngen entnommen haben.
Die Anstalt hatte Glflok nnd die Garantie der Creditanstalt mußte niemals
zur Deckung angerufen werden Infolge dessen rednzirte letztere im Jahre 1862
ihren Gewinnantheil zu GuuRten der Vei'^icberten von *,io auf '/jo, im Jahre
1880 auf '/««> f""* Jahre spater, nachdem das Vermögen der Rentenanstait
anf 20 Millionen Franken angewacbeen and dadnroh jede anderweitige Garantie
ttberflttsiig geworden war, auf 1 ^öo derjenigen VeraiehemngMnmme, fllr welche
vuti einer kleine Anzahl Yersieherter noch die Fortdauer der Garantie vbV'
langt wurde.
Von 185b bis Ende 1891, somit innerhalb 33 Jahren, betrugen bei der
Schwdserischen Keotenanatalt
Die anebesahlten Sterbe- nnd LignidationMummen F^. 29'00l,993
r » Aaeeteaenmmmen « rHö6,245
^ , Renten ^ 5'824,422
r, Gewinnmenten ...... » 2'777,983
Die Fonds der Anstalt betrugen Ende 1691 . . ^ 29^763,732
«
Das Lexikon hat in Erfahnuig zu bringen gesucht, wann die ausländischen
Gesellschaften begonnen haben, in der Scliweiz zu arbeiten nnd e.s ist ihm bekannt
geworden, daß die älteste dieser (leHellachaften, die im 17. Jahrhundert gegründete
, London Union A^ekuranz .Sociatät" ihre erste schweizerische Police im Jabro
1858 abgesobloeeen hat, daß aber damale aneh aobon firanxSeiiiche Geseltechaften
eingeführt waren.
Heute (1892) beeitBeo folgende 25 Lebcnsversicberung^geeelUichaften die
eidgenösitische Konzession zum Geschäftsbetrieb in der Schweiz :
a. Sch weizerische ; 1) Schweizerische Rentenanstait Zürich, gegr. IÖ.'m . H;
2) La Suisse in Lausanne, gegr. 1858; 3) Basler Lebensversichei ungsgesellscbaft
in Basel, gegr. 1864; 4) La Genevoise in Genf, gegr. 1872; 5) Bemieehe
kantonale Alters- nnd Sterbekasse in Bern, gegr. 1874; fi) VendeberangSTerein
der eidgenössischen Beamten nnd Bediensteten (mit Sitz in l>rt<e]\ gegr. 1876;
7) Schweizerische Sterbe- und Alter^ikaase in Basel, gegr. ]^xi.
b. Deutsche: Lebeusversicherungsbank filr Deutachland in Gotha ; Lebens-
vernoherongsgeselleohaft Leipzig ; Allgemeine Versorguug>«aDätalt iLarlsruhe \
Xentonia Leipzig; Concordta GVln; LebeneverBicherung«- nnd Ersparnißbank
Stattgart; Germania Stettin.
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Veraicherang — ~ 343 — Veraicberuiig
c. Fr an z ööi.sche ; (Jorapagnie d'assurances generale«; L'Uoion ; La Na-
tiuoale ; La CaiBse paternelle ; LePhe&ix; L'Urbaine ; Le Soleil ; La (jonliaDce.
d. Englische: TbftViikni Soeiety in London; Tlw Northern in LtadoD.
0, Amerikanisohe : Th» OemtanU in Kew York.
Die folgenden fttnf C^eMUaohaften besaßen die Eonzession ebenfalls, baben
jedoch auf dieselbe verzichtet and stehen bis znr Abwickluitg der Geschäfte unter
Buodesanf^iicht : L\'\igle in Paris, La Fonciere in Parif>, La Providenoe in Paris,
The Kew York in New York, The Equitable in New York.
Der Bcbweiserisohe Vmeherungsbestand gKmintUoher 90 Geaellflehafleii war
am 81. Deiember 1890:
Schweizeriadie
QeaelkchafteD
KftpitalTmiclMiniagea :
PoUe«n Fnnkmi
38,042 174,194,437
ItMitMivmfclivraafln :
PoUe«B Fnmk«i)
2,384 957,390
Deutsche
«
12,009
H8.43n,931
29,311
Französische
15,039
2,526
1,660
141,011,012
4Ü2
372,733
Englische
Amerikanische
23,625,550
21,278,753
2
123
2,250
90,604
70,176
449,846,683
3,03 1
1,452,288
Die PrSmieneinnabmea aus den in der Schweix abgeschloseenen Veniehemngen
und die an aobw^serisohe Yerndierte geleisteten Zahlungen betragen im Jahre
1890 :
Priicnienlietagc Zablungra un Verliehene
KraiikpD Kranken
Der sclnv.izerischen tiesellachaften 0,()8n,r,i>8 4,478,9ö9
„ deutschen , 2.7^0,367 1,411.790
„ französischen ^ 5,431,ul9 3,ö27,432
. englisehen „ 791,983 730,000
„ amerikanischen « 970,824 283,635
16,654,821 10,731,827
Zirka 70,000 Personen sind fUr sirka 425,000,000 Franken Kapital nnd
Beaten verriohert.
An Anrogangen, die Lebensversicherung für die ganze Schwei/, obligatorisch
zu machen, hat es ebenfalls nicht gefehlt. Wir verweisen diesbezUglicli auf
unsere Mittheilungen im Arlikül „Öo;uale Frage" (Seite 103, III. Band) uud auf
die im Jahre 1Ö92 erschienene Broschüre : „Ideen zur Initiative fiir schweizerische
BnndesTersicherung* von G. Widmer (1892, Heyer & Zeller, I^rioh), der som
würdigen AbschluÜ seiner 33jiiln igen Thütigkeit als Direktor der Schweizeritdien
Bentenanstalt dem Schweizervolk folgenden laitiativvormhlag unterbreitet:
Artikel 34 a der Bundesverfassung :
,Der Versicherungsbelrieb in der Schwei:', ist Bundessache.
Doch kann der Band einxelne Zweige unter seiner Aufeicht aueh dem Privat-
betrioJi n!M-rla-;>'fn.M
Jeder einzelne Versicherungszweig iui Buii«lesbelfieb bildet eine Stiftung, mit
eigenem Vermögen, das bie selbstsländig verwaltet.
Der OiukI leistet den Versirheit>'n bei den im Bundeshetrieb beGndlichen Ver-
sicheruiigszvveigeu liaraalie für ErfüUun^j der Verlr;ij.'spnichlen der Stiftung.
Der Bundesversicberungsbetricb steht unter der obersten Aufsicht des Bundes-
rathe-s. Zur ijtetigen Ueberwachung und Oberleitung' wird ein eidirenössisches Ver-
sicherungsamt aufgestellt, aus drei Mitgliedern, gewählt von der Bundesversammlung.
Die weitere Ausführung des Art, 34a oder der Bestimmungen liber den Bundes-
rersicherungsbetrieb erfolgt auf dem Wege der Gesetzgebung. Dabei kann das Gesetz
*) Widimer empfiehlt hiefar die Transportversicherung und die Rfld^versieberung.
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Versicherung — 344 — Veräidierung
dm Beitritl rar Bnndesveniehwuog aUgeraein oder fOr «insdne Theil« obßgatorifleh
erkl&ren.
Der Bund trägt die ersten Einrichtuagskosten der Buadesrersichenuig, sowie die
Kosten des eidgenOasisdieii Venlehemngsamtea.
Im Kriegsfall ist der Bund vf rpilichtet, die versicherten Schäden — in Verbindung'
mit den zu gleichen Zwecken »oosiwie belebenden Stülungsfonds (Invaliden-, Grenus-,
Winkelriedfonds n. s. w.) und andemtheib mit den Selbstleistangen der betreflbnden
Bundesversichr'ni:v_'szweig:e - von sich aus ergänzend zu decken.
Der Bund wird die Hültstoodä der einzeluen Bundesversicherungszweige mit freien
Beiträgen unterstützen.*
Als Bandesversiohernngszweige denkt sich Herr Widmer die Feuerversicherung,
die L^bensvenfichcrting, die Unfall-, Alters« und Invaliditftteyereicheran^, die Hagel-
versicherung, die Viehversioheruog.
Unfallyersioherang and KrankenTorsiolieriing
Die Unfall versicheiung trat, wie das eidg. Versichemngianit in einom seiner
GeÄchäftsbericbc ausfülirt, zuprst bloß nh ReiKuvtTslchernng nuf und erweitert»»
sicli alBtlaim zur Unfallversiclierung (für den Einzelnen) auf längere Termine.
Es iiamun hiezu die Versicherung gegen die Dritten verursachten Unfälle (daroh
jmsrde und Wagen etc.), die EoUeklivretBioliennig und aooh aidere ifonigwr
bedeutende YeraidiennigMurten.
Die EntwickeluDg der Unünllversicherung und numentlicb der Kollektiv-
ver^icherung hängt wesentlich von swei Faktoren ab: der UnfaUstatistik und
der Uafallgesetzgebnng.
In England, wo schon von 1840 an die Tödtungeu und Verletzungen
regiiitrirt und publisirt worden, wdoke die EiMubalmen in d«b Tenebiedeoen
Gmppen dea AihnpersMials, unter dem reisenden Publikum nnd nnter niobl bo*
theiligten Dritten herbeiftthrten, nnd wo um die gleiche Zeit auch die Civilstanda»
Statistik die gewaltsamen Todesfälle zu recristriren und 711 klas.sifiziren b<>gaTin,
entstand bcliou im Juhre 1649 eine Versicherungsgc^elUchaft fUr Eisenbahn-
reisende und 1856 eine Versicherungsgesellschaft gegen Unfälle überhaupt, welche
beide nouli ji-tzt in ThStigkeit eind.
Da das eugiisclie gemeine Recht zwar jeden Arbeitgeber für den durch seine
Schuld oder die Nachlässigkeit den Arbeitern und Dienstboten erwachsenden
Schaden verantwortlich innebt, fiir den durch die Angestellten verursachten Schaden
cduch nur, insoweit derselbe nicht Mitarbeitern, sondern Dritte« zugefügt wird,
so trug die englische Gesetzgebung (von dem seit 1880 aufgestellten Special-
reeht abgesehen) nur Entwiekelnng der UnfiillverBicIiening weniger bei, als die
Statistik.
Anders an f dem Kimtinent. In den Vorselirifteu des franz. Code eivil (Art. 1382
bis l.'i8»5') wird da« in diesem Funkte bisher von römischen Keehtsauschautingen
beherrschte gemeine Recht mit den Anforderungen des modernen Erwerbs- und
Y^ehrslebens in Uebereinstimmiing gebraoht. Der Bürger haltet nicht nar
Dritten gegenüber fUr die doroh seine oder seiner Angeh5rigen oder Angestellten
Sohnld ▼enmaohten Scliäden, sondern ebenso unbegrenst anch ednen Arbeitern
gegenüber, wenn nicht nachweist, daß er das Geschehene nicht verhindern
konnte (Art. Ii>b4), Die immer strenger werdende GerichtspraiLis auf diesem
Gebiete rief daher Hchon in den Sechzigerjahren in Frankreich und Belgien
Unfallversieherungsgesellschaften in's Leben.
In Dentschland und in der Schweiz, welche beide das gemeinsam haben,
daß das weiter gehende französische Recht und auf dem iiltern Standpunkte
stehende Fartikularrechte sich in das Landesgebiet theilen und daß die politischen
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Yeraicherunp
— a45 —
Venicherung
Verhältnisse die Vereinheitlichung des Rechts aufgehalten haben, mußte den
modenieii VerkeUrsbedürtnisseu durch Spezialgesetze begegnet werden. In Frenßen
trat Mlion 1888 du GtMtt in Kraft, wdttbM die EiMabahiigMelladiafteii filr
alles den Beiaenden oder andern Peraonen Ternraaolitea Bobaden erBatapflielitig
«rkUlrte, »ofern sie nicht beweisen könneQ» daß dieser Beiladen durch die eigene
Schuld des Beschädigten oder duroh einen unabwendbaren inficipi Zn&U bewirkt
worden ist.
Dieser Grundsatz muÜtu s^jatcr aul liah ganze Keiuh auügedehut und zugleich
den bei andern grolSen üntemehmnngen, namentUoh den Ber^gwerken, nt Tage
getretenen UebelatKnden begegnet werden. Während jedoeh das „Deutsche Haft-
pflichtgeaetz vom 7. Juni 1871* in § 1 an dem Grundsatze festhält, daß im
Falle von Tödtungen oder Verletzungen beim Betriebe von Einenbahnen der
Betriebsunternehuicr für den dabei euibtandenen Schadeu liaftet, tjutoro er nicht
beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eigenei< Verschulden
dee GetSdteten oder Verletsten Tenmaeht iat, werden in § 3 umgekehrt die
Unternehmer von Bergwerken, äteinbrttehen, Gräbereien und Fabriken nur dann
Ladbar erklärt, ^renn ein Bevollmächtigter oder ein Repräsentant oder eine zur
l^eituüg udei' Eeaufsiehtigtmg des- Betriebes oder der Arbeiter angenommene Person
durch ein Verschulden in Ausführung der Dienstverrichtungen den Tod oder die
Kdrperverletsung einet Henediea herbeigeführt hat Der Eraatz soll nach § 3
die Kosten der vennehten Heilung nnd der Beerdigtmg nnd den Yermdgene-
tiachtheil decken, welchen der Getödtete oder Verletzte oder Diejenigen, zu «leren
Unterhalt der Gefödtete udur Verletzt«- verpflic^htet war, an Erwerbseinkoramen
erlitten haben und erleiden. Nähere Angaben iilu*r die Höhe der Entschädigung
macht das Gesetz nicht. Dieser Umstand, t«uwie die Uebertragung der Beweislast
•nf den Arbeiter, namentlioh aber die Beiehiänkung der fintadiädigungspflidit
«nf den Fall der erwiesenen Sohnld der Betriebaleitnng, führten eine Menge
von Unzuträglichkeiten herbei. Die Arbeiter beklagten sich, daß sie der an die
iStello de.s Arbeitgehers getretenen Versicherungsgesellschaft gegenüber auf dem
Prozeßwege den Schnldbeweis führen mußten und daß nur in '/^ Fälle
eine Entschädigung erhältlich sei, die Arbeitgeber Uber die unbegrenzt«, stets
atrengar interpretirte Haftpflieht Hiera kamen allerlei yorwOilb gegen die
Un&llversicherungHgeeellechaflen, daß sie vom Intereaae großer Dividenden sich
leiten lassen, nicht Garantien genug bieten etc., was Alles, nebst noch einigen
politischen Gründen, die nunmehr bestehende obligatorische Vorfiieheruug gegen
alle Unfälle unter Betheiligung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern herbeiführte.
In der Sdtweä nahm die Spezialgesetzgebung einen weeentlioh andern Terlanf.
Das Bundeegesets betreffend cUe Ibftpflicht der Bisenhahn- nnd Oamp&ehifffabrts-
unternehraungen bei Tödtungen und Verletzungen, vom 1. Jnli 1875, steht auf
demselben Standpunkt, wie § 1 des deutschen Gesetzes von 1^71; diese Unter-
nehmungen haften, sofern sie nicht beweisen, daß der Unfall durch höhere Gewalt
oder durch das Versehen und Vergeben der Beiseuden oder dritter bei der
Tranaportanstalt nicht angestellter Pwsonen ohne eigenes Mitversehnlden oder
dnreh die SMinld -des Gettldteten oder Tertetitmi seihst vemn«eht worden ist.
Dieser selbe Standpunkt ist aber auch im Bundesgeseta betreffend die Arbeit
in den Fabriken, vom 28. MSrz 1877 (Art. 5), tV^tir^-bMlten worden: der Fabrikant
haltet außer bei Verseliuldung des riifall^, aiir'li. wenti ohne ein spezielles Ver-
schulden, durch den Betrieb der Fubiiii. ixurperverletzuug oder Tud eines Arbeiters
«der Angestellten herbeigeführt wird, sofern er nicht beweist, daß der Unfidl
dnrcb höhere Gewalt oder eigenes Verschttlden des Verletaten oder Getödteten
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Versicherung
— 34« —
Versicherung
erfolgt ist. Fällt dem Yerletsten uder Getödteten eine Mitachuld zur Last, so
wird dadiiTch die ErMlspfliobt des Fftbnkanten Mgunautm redndrt Der Bondes-
nth bezeiehnet ttberdie» dk^igco IndiiBtrieii, die erwieaeuer Maßen «nd txa-
eebließlieh bestimmte geftbrliohe Kraokheiten eneugen, auf welebe die HRftpffiofat
auacndehnen ist.
Das AusHihrungsj^esetz vom '2'^. Juni IHSl hält an diesen Grundsfitzen if^X,
wenn et) auch aln weitem Eotla^tungbgrund deb Unteruebnierä Verbrecheu otler
Vergehen dritter Permoen (welcbe niebt beim Unternehmen betbeiligt sind) hin«
mfUgt. Es normirt die Entschädignngspflicht etwas bestimmter, wobei als Maxi»
mum der Entschädigung die Summe von 6000 Franken aufgestellt wird, und
arbeitet indirekt auf die Vers^icheriing gegen alle Unfälle hin dnrch die Vor-
flchrift, daß bei gemeinschaftlicher Tragung der Vereichernug durch den Arbeiter
und den Unternehmer die Leistung der yerdoberungsgesellächaft von der auf-
erlegten EnteobSdigong in Absag gebracht werde, wenn der Arbeitgeber wenig»
Btens die Hälfte der beiahlteti Prämien geieintet hat and die Veraidievung alle
Unfiille tmd Erkrankungen umfaßt.
Ein ferneres Bnndesgesetz, vom 26. April 1887, briny:t Bestimmungen behufs
der Sicherung der Wohlthaten der Hattpliicht (Verschärtnng der Anzeigeptiicbt
dee Unlemdimers, Kontrole der Aneföhrung, Armenrecht de» Verletsten bei
Streitigkeiten) nnd dehnt die Haftpflidit auf andere gefllhrHohe Betriebe ans,
namentlich auf andere Transportanstalten (Bau und Betrieb), auf die Baugewerbe,
Bergwerke und Gruben, i^nft^rn in diesen Unternehmungen diirehsebnit*lifb wenig-
stens fünf Arbi'itf r boschüttigt sind, ferner allgemein auf die üewerbe, welche
explodirbarc StoHe gewerbsmälSig erzeugen oder verwenden.
Diese C^eeetaeabestimmnngen bilden die Grundlage der Yertrltge mit dei»
Verttcherangsgeadlschaften.
Ein anderer wichtiger Faktor in der Entwicklung der Tnfallver sicher nog
ist. w5o prhon l>emerkt, die Unfall'itatistik, welche für dieselbe nicht wenigMT
nothwendig ist. als Mortalitätstabellen fiir die Lebennversicherung.
In dieser Beziehung waren die Unfallversicheruiig.-^gtjsellschaften so ziemlicli
anf eich selbst angewiesen. In England versehafite allerdings die Eisenbahn*
Statistik einige Daten. Eine der Aufgabe der Versioherang genOgende Statistik
bracbff indf'Rspn erst der Verband deutscher Eisenbuhnverwaltungen peit
zustande; die Resultate sind seit 1876 von Hehm bearbeitet und publizirt. in
ähnlicher Weise wurden die Ergebnisse der preußischen Kuappschaftsvereine in
den Siebensigerjahren dnieh die Zeitsehrift für Berg-, Hätten- nnd SaUnenweeen
vnrwerthet. Betreffend die übrigen Indoatrien besaß man vor 1880 nicht»
Brauchbares, als die von Dr. Engel, dem um die Unfallversidierung verdienten
Direktor di^s preußischen sfafistischen Buieair>8. gesammelten nnd boarb* iteten
pTödtliclien und nicht tödtlichen Vcrunglilckun^-on im preußischen Staate" in den
Jahren 18ö9 — 79 j wenn auch in den hiefür von den Gemeindebehörden gelieferten
Daten nnr die schwereren ünglttcksf&lle einigermaßen vollstitndig, die leichtern
jedbch nnr sam kleinsten Theile mitgetheüt sind, so gaben dieselben doch der
ün&Uversicberung werthvolles Material zur Taxirung des Kisikos der verschie-
denen Berufsarten. Die cnglisrbc »ind die ibrr'm A'orbildfi folgfiub' ,<fdnvrizeri.*chc
(yivilstand.sstatistik brachte erst um die Mitte der Achtziger Jahre nach Berufs-
artcu geordnete und berechnete Ergebnisse der Mortalität in Folge von Uurällen.
8o ist es denn nicht sum Verwondern, daß der Einführung der obligatorischen
Unfallversicherung in D'entschland eine besondere Unfallzüblung vorausgeii« ii mußte
und daß man auch nach Darcbfahrnng der letatera sich genSthigt sah, in der-
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VerricheniiiK
— 3i7 —
V«r8ieherung
neuen VersirliTim-^sform das ümlanrevprfahrpn (statt de» Decknngsverfahrcns^
anzuwenden, ^vKll tTstlicli die üntallzählung aul die haftpfliehtigen Bernfnarten
be^hränkt war und auch iu diesen tbeilweitse noch zu kleine Zahlen eibielt and
weil ferner ein« ünfallveTnehftrnngsgMellscIiaft nicht bloß das Risiko der ver-
sichei-ten Arbeiter, sondern anob das durohnehnittliche Alter und die dnroh-
Hcbnittliche Anzahl der bei einem Unfall zu entHchädigenden Personen kennen
muß, wenn nie zum Vor;nm berechnen will, welche Eu($ten die in einem Jahre
unter den Versicherten eintretenden Unfälle verursachen.
Diese statistischen Daten fehlten den Unfallversicherung»geHelIsohaften im
Anfange ibrer Wirksamkeit fest volUtindig. Bei der Haflpfliohtversiebemng^
waßten sie nicht einmal zum Vornua, welche Maxima sie im SchadeulaUe an
beiahlcn hatten und unter welclu:n Umständen die Haftpiliclit tdntrnt.
Wie war en da andere möglich, als daß diese Versichern nu'^^fu t /ii Konflikten
swiscben Versicherern und Versicherten führte V Und diese Kontliktc waren
nieht allein fttr die Yenioberten, soikteni anch fttr die Veniioherer Existenz-
fragen ! Manebe ITnfalWersicherangsgeeellaebaft ist an diesen 8cbwierigkeiten xxl
Grunde gegangen; auch die Uberlebenden erzielten in der Regel und durchschnitt-
lich nicht eine dein RiNiko entsprechende Verzinsung des einbezablten Aktien-
kapitals. Noch uni^'iin-Jtiger iils die Aktiengesellschaften Htnndcn ge«renfleitigen.
Weil die rentablere Einzelversicheruug die Gesellschaften mit tixcv I'rämie vor-
siebt. Hit weleben inkammensnrablen Faktoren die Haftpflicbtversieberung va
thun hat, ersieht man daraas, daß die (gegenseitige) Leipsiger Unfall versicberangs-
bank ihre Prämien innfnt den ersten 7 Jahren auf das 4- bis (5 fache erhrdieu
mußte; auch die Chemnitz- r Unfiillrersichcrungsgeno.^isen'schafT, wi lch - ilir - Prämien
von Anfang an höher benitis^en hatte, mußte für die gefahrlieheien ßerufsarten
(1881) eine Steigerung derselben eintreten lassen. Bei alledem hatten auch dieftO
anerkannt loyal operirenden Geaellsohaften mit den Arbeitern lablreiebe Prozesse
zu bestehen. Daß die gegenseitigen Gesellaobaften aber anch mit Mitgliedern»
welche der Niiclisrlmßprticlit nieht nachkommen wollten, Prozesse zu fdbren
gezwungen wurden, ist aus den Berichten des „ Prometheu!*" zu ersehen.
Kommen wir nun, nach diesen Auseinandersetzungen über die der Unfall-
TerMoberang gebotenen Eustenrikedingungen, sa den in der Sohweiz operireaden
Gesellsebaften.
Im Jabre IHHf) arbeiteten in der Srhweiz licbt wenig. r als 24 UnWl-
▼ersichernngsgesellscbaften. IT» derselben bewarben ?ich um die Buu ieskonzession»
9 erhielten Rie, 2 wurden abgewiesen und 3 zogen das Konze^sionsgesuch zu-
rück, als sie die vom Gesetz geforderten Au^wel«e beibringen sollten.
Die 9 konzcsrionirten Gesellsebaften sind: ^l^loiae", „Zürich*' seit 1873,.
„Winterthur' seit 1875, «Rbenania*, » Kölnische"*, «Preservatrice", „Soleil-
Securite generale", „ürbaine et Seine*, „Frovidenoe*, also 3 scbweiierische.
2 deutsche, 4 französiRcbe.
Die Bäloise betreibt nur die Kinzelversicherung, seit 188.».
Diese 9 Aktiengesellschaften erzielten im Jahre 1Ö90 in der Schweiz eioe
PrttmieoMnnabrae yon 3,585,031 Fr. = 17,3 *'s ihrer Gesammtpramien-Ein-
nahmen. An Schadenver^tnngen batten sie in der Scbweis zu befahlen 2,571,451
Franken = 71,7% der Prämien.
Neben den konzessionirten Aktiengesellschaften he'^tehen <» GegenscitigkeiN-
Unfallversicherungdvereine, die insgesammt 963U Mitglieder ziihlten und Franken
16t),237 PrSmien einkaasirten. Diese Vereine sind: 1) Der Tersicberangdverein
et. galliseber Bantwebereien, g^grttndet 1878; 2) die Kranken- und UnfislN
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Versicherung — 348 — Versicheruii^
kerne der Bauarbeiter von Zttrioli and Umgebung, seit Itai 188b ; '6) der Ver-
ein achwaiiaiMher BiiDhdmolnr, weleher seit Jenaer 1889 UnbUTmiobenm^
^währt; 4) der Unfallversichernngsverband sehveizeri«»cher Speqglermeister,
in Wirksamkeit aeit 1. August IH'.'O; 5) die Unfallversidiernagsgenossensohaft
HchweizeriHcher ÖohUtsenvereine, seit Jauuar 188b ; 6) der scbweixeriache Sohtitaan-
verein, seit 1890, gegen Unfall Versicherung gewährend.
Diese strei lets^geoMOkiiten Vereine stehen nntwr Bnndesaofsioht.
Das UnsnlKngliche der Haf^ioht, die Ton Tag in Tag wnehsende Sof^
um das Wohlbefinden der arbrntenden Klessen, die Beherrschung: der Geister
durch lit* (Soziale Frag:e führten zu der Erkenntniß, daß die ünfallversichertxng
7.U eil t i- I lomäue der Staat^swirthschaft erhüben werden mU^. Einer: mächtigen
Impuiä dazu gab auch die ioi Deutschen Reiche vorausgegangene Kranken* und
üofsUversioherungsgesetzge b ung ( 1 888 — 1 885).
Der erste Yerkttndiger des neoen socialen Gebotes war io den eidgenttieiaohen
R&then Nationalrath Klein. Mehr als irg^ nd ein anderer war er dain bemßm,
die Stimme für <\n<: Wühl der arbeitenden Klas.sen zu erheben, da er als ge-
weöcner Fabrikmspcktor (1879 — 1881J die iiedürtuisse de<* Arbeiterstandes hin-
länglich kennen gelernt hatte.
Am 20. JUtn 1886 stellte er in Verbindung mit 10 Kollagen folgende
Motion im Nationalrath :
Dlt Bundc^ralh wird eingeladen:
Ij .Die Gesetze Ober die HaApflicbt, vom 1. Juli 1875 uad vom 25. Juni 1881,
im Sinne der Ausdehntinir der Haftpflicht vmä van Zwecke der firleicbteriinf der Gdtend-
mai'Jiung der Entschildi^'ungsansprüclie einer Revision zu unlerslelh'ii.
3) ,Die Frage zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatteu,
ob nicht eine all (rem eine obligatorische Arbeitern nfallversichernng
an anstrebe II i "
Die Motlun fiind einen sehr sympathischen Wiederhall in den Räumen deti
Bundespaiain und bei den Berathungen über den Gegenstand fiel manches herz*
erfreuende, von Menschenliebe zeugende Wort,
Herr Klein selbst begründete n. A. seinen Antrag wie folgt (lant National-
rathsprotokoll):
.... ,Da dränge sieh vor Allem, ab[;esehen von der Frage der Ausdehnung der
Uuflptlictit, die Frage der allgemeinen obligatorischen Arbeiter-Unfallversicherung auf,
welcnp nach dein Vurgnngo Deutschlands auch bei uns an die Hand genommen werden
müsse. Nach Ansicht hervorragender JurisiLii könne die Angelegenheit nach Erlaß des
eidg. Obligationenrechts ') nur durch den Bund an die Hand genommen werden und sie
sollte es in einer Weise, daß auf eine eigene Versieherangsanstult hingewirkt wilrde.
I )i<' jetzigen Versicherungsgesellschallen seien für die Arbeiter so viel wie nichts wertb;
ihr Feldgeschrei sei der Gewinn, ihre Parole die Ghicane, und da kumine der Arbeiter
selten oder nie zu seinem Recht Die ganze Frage der Arbeiterfilrsorge spitze mek in
<lie Frage möglichste: Ausdehnung der Atix iterversieherung zu und zwar auch nach
der speziellen Seite lier Versicherung *s'Pjrfn .\rl>eit'<losigkpit.*
Nationalrath Furrer vur«|irach »ich gründliche AbhUlte nur von dur ali-
gemeinen obligatorischen Arbeiter-, Unfall- und Krankenveraichenrng mit staat-
lioher BeiblÜfe. Das fiiohtige sei. das deutsche System in seinen OrnndzUgen su
adoptiren und unseren republikaniach-demokratischen Prinnipien gemäß umznge»
stalten. Wir versichern nur die Abhängigen und Dienenden, nur die Arbeiten-
den. Wir geben eine pekuniäre Staatsbetheiligung . . .
') All. clil schreiltt vor, ilaU der Arbeitgeber die mit ihm in liäuslielier Gemein-
äehafl lebenden Dienstboten bei unverschuldeter Krankheit auf eigene Kosten veit»Oegen
und ärztlich behandehi lassen mOsae.
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Versicherung
— 349 —
Versicherung
KoTol von Uwenbarg gab der Hofibnng Avidmok, daß «ine Zeit «a-
brechen wwdet in welcher jedem Menechen dnroh den Stent dee Lebens Kotb-
wendigkeit verabreicht werde, und wenn das zu erreiohen vorderhand noch nn-
möp-lir^h sf'i fo^ sei übrigens gerade im Gebiet der sozialen Frage schon Viele»
möglich geworden, wns früher unmöglich geschienen hab(t), ho ^^''i (lo< li >U'x Ge-
danke der obligatorischen Verüiuheruug ein nicht lebhaft genug zu begiüüeuder
Sehritt anf dem Wege «i jenem Ziele.
FaTon Ton Genf besetobnete die natioiial5konomießben Theorien, naeh
welehen die fiinmindrang des Staates in soziale Fragßn als freiheitsroörderisch
betrachtet werde, als veraltet. „Die modernen Verhältnisse zwingen den Staat,
das zu thun, und nirgends kann er es in fruchtbarerer Weise, als ger'ade hier. "
Wahrend solche Bekenntnisse im obersten Rath der Eidgenossenschaft laut
wurden, traf eine von drei großen Arbeiterverbänden der Schweiz verfaßte
Kundgebung ein, welche zunächst zu der schwebenden Revision des Haftpflioht-
gesetiee SteUnng nahm nnd dann die ijrbeitenrendchemng in den Vordergrond
stellte. Der Sehluß jener Knndgebmig lautete:
«Fassen Sie aber zu;:! !, h die Frage der Arbcilerversichcrun^' an Stelle der Haft-
pflicht selbst in's Auge und aberzeugen Sie sieb durch das Studium derselben, daß sie
das HiUd zur richtigsten Lösung aller besOf lieben Sehwierigiceiten bietet! Wir ver-
stehen darunter ein Tn-titul, da^ untrr lor Leitung des Rundes die rftrc/fc(e Versicherung'
der Arbeiter und kleiner Unternehmer gegen Unfall besorgt, auf dem Grundsätze der
G«H|^nseitigkeit bwuht« fQr möglichst weite Kreise obligatortsch ist nnd im Wessntliehen
durch Beitrage der Unternehmer und Arbeit^'f-her alimentirt wird. Durch eine geeignete
Organisation der einzelnen Industrien und Arbeilsbranchen, Vertbeilung derselben in
bestimmte Gefahrenklassen mit abgestuften Prfiraienansätzen und unter Anwradnng des
sog. Deckun).'s?iysterns i#t es mOglich, dem Privatkapital die häßliche Spekulation auf
das Unglück der Arbeitskraft zu entziehen und kleine Unlernehiuer gegen alle Folgen
von Unttllen sichennsteilen/
Die XotioB Klein wurde vom Nationalradi angenommen und ihre Ausführung
lag nun zunächst dem eidg. Handelsdepartement ob, dessen damaliger Chef (Herr
Droz) sich als ri»>gner der staatlichen TTnfallvt^rHiclierung wie Überhaupt des
Staatssozialismns bekannt hatte. Nach dem Protokoll des Nationalrathes hatte
er sich nämlich bei der Berathung Uber die Motion folgendermaßen ausge-
sfiroehen:
.Was die Fra^je der Unrallvcrsiclierung belrefTe, so sei vorab festzustellen, daß die
obligatorische Versicherung nicht auch gleichzeitig die staatliche sein müsse. Das finan-
rielle Risiko der letztwen sei derart, daß es die Behörden anderer Lflnder, so z. B. die
Frankreichs, ^'nlndlich zuröckgescb reckt habe. Auch Deutschland kenne sie nicht, es
kenne nur die auf Grundlage der Berufisgenossenschaflen durch den Staat zur Pflicht
gemaehte Yermchemng. Aber auch die staatliche Beihfilfe habe ihre Bedenken, und sie
sei z. B. vom österreichischen Gewerbeausschuß fast einstimmig verworfen worden.
Wenn man nicht eine die Privatge^Uschaflen ausschließende Versicherung einfahren
könne nnd das Icönnen wir nient — so Wörden die guten Risilien den letzteren^
die schlechten dem Staate zufallen. Darin liejje aber eine enorme Gefahr für die Staats
finauzen. Der Staat sei übrigens ein schlechter Versicherer. Seine Tarife können sich
nidit genug den jeweiligen Konjunkturen enpsssen, seine Angestellten geben sieh auch
nicht die Mühe der Agenten von Privatgesellschaften.
.Die Einmischung des Staates in die soziale Frage habe ihre grollen Gefahren.
Scbftdiich sei jeder Staatssozialismus, der die individuelle Verantwortlichkeit absebwftche
und den Bürsrer RcwShne, Alks vom Staate und durch den Staat 7u erwarten.
»Vorsicht sei geboten. Der Gang der Entwicklung in diesen Dingen sei der, daß
das Socialgesetz sich nach und nach zum geroeinen Recht erweitere. Man imisse nur
einen ersten Srhritf in dieser Richtung machen und der zweite und (iriiie folge mit
logischer iNothwendigkeit. Warum gegen die Krankheil versichern und nicht gegen das
Alter? gegen den Todesfall ? Warum, wenn man den Arbeiter gegen Art>eitsloslgkeit
versichere» nicht auch die Fabrikherren? Eines rufe dem Anderen.
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Venicbcning
— S50 —
Verswheninif
»Die Fassung der Molioii Klein .scheine uiigcfälirlicli. Immerhin sei sie geiijnet,
Uoffnungea zu wecken und Illusionen zu nähren, welche schwerlich ihre haldige iix-
fSUting flnden dOrfteii.*
Dieser antistaat«iozialiBtische Standpunkt, der huifentlich durch die kllnftigeii
KrfuhrungL'n widerlegt wird, schimmerte mich durch in der Botschaft zum Ent«
wuri eines Bandeagesetzes betreffend die Ausdehnung der Haftpflicht, d. d. 7. Joid
1886.
In derselben beißt es:
«Namentlich die Frage der obligatorischen Versiclierun^: erfordert noi Ii hinge Vor-
arbeiten, um in dem einen oder anderen Sinne entschieden werden zu können, da
man die Grundlagen suchen muß, auf welche diese Entscheidung zu basiren wäre. Wir
machen nur darauf aufmerksam, daß schon die Frage, welches System bei uns einge-
ffihrt werden könnte (obligatorische Versicherung bei den Versicberungsgesellschaflen
mit fakultativer staatlicher Kasse zur Regulirung der Prämientarife, bei «ßerufsgenossen-
schaften" oder bei einer .staatUchen Kasse VJ einer gründlichen Untersuchung bedarf;
mau muß sich wohl hüten, folgenschwere und mit der Wohlfahrt des ganzen Landes
verknüpfte Schritte aufs Gerafhewohl za thun, was wir namentlich Denjenigen in Er-
innerung rufen, welche mit Vorwürfen über Ver^^ehleppun^ der Sache gleich bereit
sind und auf eine aus ihren vorgefaülea Meinungen entsprungene Lösung hindrängen,
ohne die fQr ein sacbgemftßes Urtheil erforderliehen Kenntnisse zu besitzen.
,E.s kommt hinzu, daß wenn nach Vi)[Ien<lun;.' der noihigen Studien das eine
oder andere System der obligatorischen Versicherung für die Schweiz gewählt würde,
eine Revision der Bundesverfassung unvermeidlich wAre. Diese Operation erfordert
tfir sich allein schon, wie bekannt (mit den Berathungen in der Bundes versanuulung
und der Volksabstimmung), einen längeren Zeitraum ; dann würde erst die Ausarbeitung
und der Erlafi eines Gesetzes, sowie die Organisation des gesaromten Dienstzweiges folgen.
,All< s zusamnienj^'enöinnien. ist es also offenbar, daß in der Versicherungsfrage
in nächster Zeit keine EnUcheidung getrofl'en werden kann ; wir haben die Verhältnisse
weitifiufifrer auseinandeit^esetzt, um mit gutem Grund niit dem Ansuchen an die Bundes-
Versammlung: zu üelani^eii. uns eine etwas längere als die ursprünglich vielleicht ange-
nommene Frist für die Vorbereitung unserer Anträge bezüglich Ziffer 2 der Motion
Klein bewilligen zu wollen."
Der diesen Gegenstand vorberathenden Kommission des Nationalrathes war
jedoch ein rd'-' li'^Tes Tempo erwünscht nnd sie befand sich damit unstreitig in Ueber-
einstimmung mit der öiientlichen Meinung. Sie formnlirte daher folgendes Postulat:
Der Bundesruth ist eingeladen, beförderlichst Bericht und An-
trag betreffend die Einfü bru ng der allgemeinen obligatorischen,
staatlichen Unfallversicherung der Arbeiter den Käthen zu unter-
breiten/
Außerdem schlug nie vor, in die Uaftpflichtnovelle eine Bestimmung folgen-
den Inhalts aufzunehmen:
«Der Bund kann Genossenschatlen, die sich aus besonders gefährlichen Gewerben
zum Zwecke der Kollektivversicherung bilden» unierstQtz«!.''
Das Handelsdepartement holte vom Yersiobernngsamt ein Gataobten Uber
Ict/trrii Antrag ein. Dieses Gutachten wurde am 6. August erstattet und fiel in
alilehuendem Siime aus. Die nationalräthliche KommisHinn kleidett» daher ihren
Grundgedanken in eine andere Fassung, welche die Bundcsunterstlltzung zwar
nicht nnsschloß, aber doeh weniger betonte, idbnliob:
„Der Uutidesrath wird eingeladen, die Bildung von Genossenschaften oder Ter*
«inen zum Zweck <l( i Kollektivvcr-icherun? nn^uregen und zu fördern."
Diese Mutiun wurde vom >iationalratii in seiner Sitzung vom 1. Dezember
I8ÖB nach Sohlnß der Berathong Ober die Haftpflicbtnovolle angenommen nnd
ebenso das vorhin zitirte Postulat. Dem letztem stimmte am 14. April 1887
auch der Stiindcrath zu; er lehnte aber die Motion ab, so daß als Wegleitung
für den Bundesrath, nachdem am April 1Ö87 die Haftpflicbtnoveile unter
') Im Wortlaut mitgelheill auf Seile 20^/4 dieses Supplcmentsbandcs.
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Versicherung
— 351 —
Versicherung
Dach gebracht und bomit der «rat« Theil dur Motion Klein erledigt ward, nur
noeh das von beiden RSthen acoeptirte Poetiilat ttbfig blieb.
Mit Anfan^:: Jen Jahres wechselten di* eidgenössischen Departomeiile ihre
i'hefs und die WeiterfUbrung der Angelegenheit ging auf den gut bozialrefor-
raeri-srh gesinnten Herrn Bundesrath Deiicher Uber. Kiner energischen Anhand-
nähme der durch das Postulat bedingten Untersuchuugtju »tand nun nichts mehr
im Wege. Zu diesen gehörten in entmr Linie eine Ermittlung des neuesten
Stande» der Bevölkerung nnd Erbebnngen betreffend die vorkommenden üsföUe.
Demgemfiß ordneten die Bandesbehörden an, 1) daß die Volkszählung schon 1888
anstatt IH'.JO htattzutinden habe; 2) daß die während drei Jahren (1. April
1888 bis 'M. März 1891), sich ereignenden Uiitalle statistisch verarbeitet werden;
Ü) dali die speziell auf Mitglieder der Kranken- und Hülfsvereine entfallenden
UnfKlle und EntschSdigungen vom ediweixertMben Arbntefeeknlnmt etatiitisob
sttaunmenmCMsen und m rabrixiren seien. Auch die Erstellung einer Lohn-
«tatistik wnrde dem Arbeitersekretariat übertragen. Es ergab sich ans den
fcolr1ipr>v'eise veranstalteten Rrhebungen unter Anderem, daß in der Schweiz jähr-
lich uinuiestt-ns 27,ni)i) Untälle vorkommen, welche Personen im Alter von mehr
als 14 Jahren zustoßen. 1100—1300 verlaufen tödtlicb, weitere ö.'>u — 1250
haben theil weise oder gfinsUohe Inyaliditit sur Folge, die übrigen vorflbergehende
Krankheit von mehr als Gtfigiger Dauer (vom 1. April 1890 bis 31. HSrx 1891
wurden sogar 28,635 solcher Fälle gezählt). Von den mindestena 27,000 Un«
fSlieo ereignen sich zirka 21,000 bei der Ausiihnng des Berttfes
Während einerseits die hier erwähnt^en Maßnahmen von den betretlenden
Organen durchgeführt wurden, legte anderseits das Xndustriedepartoment Hand an
die LSsung der konstitutionellen Seite der Frage und versehaffte sieb versebiedene
Ciutacbten Uber die Organiijatiuu i id den Umfang der pr»jektirten staatlichen
Versicherungszweige. Solche Gntachten verfaßten: Ueber dse Frage im Allge-
meinen die Herren Natioualräthe Forrer und Kinkelin, spezitll nur über die
Krankenversicherung die Herren Ständerath Göttisheim und Fabrikinspektor
Schuler. Sachbezüglicho Eiiquüteu wurdm anoh ontemommen von den Handels-,
Oewerbe», Landwirthschafts' nnd ArbeiterverbKnden der Schwein.
Im November 1889 konnte der Bandearath den eidgenössischen Rätheiieino
Botschaft betreffend die Aufnahme eines neuen Artikels in die Bundesverfassung
vorlegen. Derselbe sohlng für diesen neuen Artikel folgende Fassung vor:
«Der Bund ist belügt, im Wege der G^etzgebung die obligatorische Unfallver-
sicherung einzurichten. Er ist im Weiteren befugt, Aber die KraDkenverakherung ge-
setzliche ße>timmungcn zu trefTen und für särnmt liehe Lohnarbeiter den Beitritt, m
einem Krankenkassenverband verbindlich zu erkUiri n/
Wenn jemals eine bundesräthliche Vorlage fast das ganze Volk für sich
hatte, so war es diese. Darum konnte der Bnndesrath in seiner Botschaft auch
mit vollem Recht bemerken:
.Alle politischen Paileien, die Arbeilgeber wie die Arbeitnehmer, verlangen in
seltener Einmuth die Einführung der obligatorischen Versicherung und die Frage wird
in den weitesten Kreisen der Bevölkerung ab eine sehr dringliche angesehen ! Ja der
Ueberzeugung, daß von ihrer [ifi<iti\en Erledigung alles Heil kommen werde, ist s« all-
gemein, daß bei späterer Nichterfüllung zu hoch gespannter Hoflhuugeu leicht ein Rück-
schlag sich einstellen kann, der aber nur den Uebergang zu weiteren Fortschritten
bildLii winl. Jedenfalls ist die Sliöntung nun einmal vorhanden, und es wäre vergeb-
liche Mühe, derselben entgegenzutreten; die Sachlage ist derart, daß dieser Theil der
Sozialgesetzgebung jetzt an die Hand genommen werden muß.*
Speziell in Bezug auf die Krankenverskherwtff kennseichnet der Bundes*
ratb seinen Standpunkt wie folgt:
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Vaikfaeraiig
— 352 —
VenidieraiiK
.Die Refcluii^' der KmikmTersicherung wird allerdinif^ einen anderen Charakter
haben als (He U[ifaliversicheriin<.'speselzgebung, nAmlich insofern, als, nach aller Vor-
aussicht, die KraokenTersrichet unp nicht in einer staatlichen Organisaüoa aufgehen,
sondern auch in Zukunft auf den bestehenden freien und Artlichen Verbänden beruhen
wird f)ie zahlreichen lokalen und kantonalen Krankenkassen dOrflen also prinzipiell
erhalten Iticiben und bei der verallgemeinerten Krankenversicherung mitwirken. Der
^rnUe, verderbenbringende Mißbrauch, welcher mit letzterer getrMban werden kamk»
führt es mit sich, daG sie möglichst flezentralisirt werden mulS, denn nur äo, beigepren-
i<eititj:er Ueberwachuug im engern Kreis, gelingt es. Diejenigen, welche von Anfang au
eine Krankheit nur simoliren, oder sich länger krank stellen, als sie es in WitUkhkeit
sind, mit ihren unberwhtiglen Ansprüchen fernzuhalten.
»IKe oicht-staatlicbe Krankeuversicherung bietet den femern Vorzug, daß sie
weniger bOreaukralisch, billiger und administrativ einfacher ist. Allerdings wird die
fJcsetzpcbttnp die Vorschriften, nach denen sie sich zu rirhten hat, aufstellen, wa« nrn
so nöthiger ist, als die bestehenden Krankenkassen nicht selten auf technii'ch ganz ver«
fdilter Grundlage beruhen ; jene wird auch bestimmen, ob und eventuell bis zu weldio*
Grenze die kleinen Knfälle den Krankenkassen überwiesen werden sollen. Es ist jetzt
schon anzunehmen, da£ diese Unfälle den Krankenkassen zufallen und damit das äußere
RindegUed iwlsehen der Unfall- und Krankenversicherung hMTSlellen, 90 daft die eine
nicht getrennt von der andern behandelt werden kann.* —
Aus den Beruthungen der Bundesvergammluog ging der neae Artikel der
Bundesverlassung in folgender Fassung liervur:
(Art. :{4''i»): Der Uund wird auf dem Wege der Gesetzgebung die
Krankcn-undUnfallversichertingeinrichtenunterBerücksichtigung
der bestehenden Krank enl<a<)4en. Er kann den Beitritt all ge mein oder
für einzelne Revölkeruugnklassen obligatorisch erklären.*
Nachdem dieser Verfassungsartikel vom Volke genehmigt war (mit 283,000
Ja gegen 92,000 Nein), betraute der Bnndeerath Herrn Natiowürath Forrer
mit der Aufgabe, ein Versicherungsgesetz auszuarbeiten. Derselbe hat diese
Arbeit Rowt lt durchgeführt (Oktober 1892), daß die leitenden Gmndiätae dar-
aus hi' r nutgethtiitt werden können. Sie lauten wie folgt:
a) In Bezug auf die Unfallversicherung:
1) Die Anstalt ist staatlich; ihre Organe sind ein eidgen. Unlallversicberungsamt
und kantonale Bezirksbeamte. l>er Bund Obemimmt die Rosten der ersten Einrkmnng
und der Verwaltung der Anstalt.
2) .leder Arbeiter f ines wirtlischafliichcn Retriebes und jeder Dienstbote ist mit
Bezug auf jeden Unfall, insofern er ihn nicht vorsätzlich herbeigeführt oder durch
gröbste Fahrlässigkeit verursacht und insofern der Unfall den Tod oder einen bleibenden
körperlichen Nachtheil oder eine mehr als vier Wochen dauernde Krankheit nach sieh
gezogen hat. bei der Anstalt versichert
3) Kleinere UnfUIe, welche eine Krankheit vtm weniger als vier Wochen zur Folge
liabcn. und längere UnfallskrankheifLii rn'l auf die ersten vier Wochen sind von
der Krankenversicherung zu eutschädtgt^u. Dte^e i^t glcictizeitig mit der Unfallversicherung
von Bundes wegen zu organisiren.
4) Die Anstalt ersetzt zwei Drittel <le- versicherten Unfallschadens regelmäßig
mittelst einer Rente. FQr die GrAße ist der bisherige Jahresverdienst maßgebend soweit
er 2000 Franken nicht übersteigt.
5) Die Krankenverekherong wäre an die bestehenden Krankenkassen «nculehnen ;
die Versicherung wäre für alle Arbeiter in wirthschafllichen Betrieben sowie für sämmt-
liche Dienstboten obligatorisch. (Nach Angabe des statistischen Bureaus beliefe sich die
Zahl der zu Versichernden auf ca. 750,000 .unselbstftndig Erwerbende*.)
B) In Bezug auf die Kranken verstcberang :
1) Alle unselbständig erwerbenden Personen beider Geschlecht' i , velehe auf
schweizerischem Gebiete bei einer Transportanstalt, oder in einem industriellen gewerb-
lichen kaufinännischen oder in einem industriellen, gewerblichen, kauiuuüinischeu oder
landwirtsciiafllichen Betriebe angestellt sind, sowie alle Dienstboten inländischer Haus-
haltungen, vom zurilckgeleglen 14. AUersjahre an mOssen gegen die wirthschafllichen
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Veisiolieruag
— 36d —
V«rsieheraDf
Folgen der Krankheit ven>ichert werden. Die obligatorische Verüicherutig aller dieser
Personen bildet einen Bestandlheil der Arheiterschutzgesietzgebunf.
2) wenlen Je nfich der Yolksdichtigkeil Ver-icljerun|j:.shfzirke unil Versichern ngs-
gemeinden geschatfen. Jede (iemeiade snll (>ine gut orgauiäirte Krankenka%>se haben;
djeselbe bilcnt di« Grundlage (Qr den AufLiiu der geaammten Institution. Für die Bitdong
von Versicherungsgemeinden wird auf ein Minimtim von 1500 EinwohaerD abgestellt;
kleinere Gemeinden wflrden zusammengelegt.
3) Zu möglichster Ausgleichung des Risikos werden Versich eningsverb&nde fe-
schafTen; dieselhen baairen wie die Kassen auf dem Prinzip der Pelbstverwaltunjr. wo-
durch namentlich der Simulation entgegengewirkt wird. Die Thatigkeit der Verbände
wäre auf gewisse Zwecke zu beschränken, z. B. gemeiiisaiuer Betrieb von Kranken-
anstalten, Sanatorien etc., Uebernahme des Risikos für Epidemien oder andere aufter>
ordentliclie F.ille.
4) Die Or^'anisation der Krankenversicherung umfaßt drei Arten von Kassen : die
Gemeindekriinkenkassen, die Betriehskr;\[iketika«i«ien und die freiwilligen Kr;inkenkns!'en :
die erstem bilden die Normaika&j4Bn. Vou den Ireiwilligen Kasten wird verlangt, daU
<ie wenigstens das leisten, was für die offiziellen Kassen vorgeschrieben ist. Die Betriehs-
kraiikeiikassen f«ind die Krankenknscen <U'r Fabriken, der Eisenbahn- und Dampschiff-
geselldcliallen ; dieseüjen sollen unter nui^lichsl guter Organisation bestehen bleiben.
5) Die Gemeindekrankenkasse wird alle Personen umfassen, welche nach Maßgabe
des Gesetzes dem Versicherungszwanp: unterlic^'en und nicht einer Bezirkskraiikenk.mse
oder einer zulässigen freiwilligen Kais^e angehören. Für öeHi-trunli;.' Erwerbende, welche
sich freiwillig versichern wollen, muß eine gewisse Alters^rm i io i.'j Jahre) nebst
dem EIrforderniß, daß sie nicht krank seien, aufgestellt werden. Der Eintritt der nicht
selbständig Erwerbenden findet ohne Rücksicht auf flas Alter und den Gcsundlieits-
xnstand statt.
6) Die Letstuugen der Kassen bestehen einerseits in Uebernahme der Kosten für
Arzt und Arzneimittel im Krankheitsfalle, andererseits in dem theilweisen Ersatz des
ßkonomischen Ausfalls infolge der Krankheil. Für die Dauer der Unterstützung wird
vorläufig ein Jahr angenommen ; für die Höhe der Leistung zwei Drittel bezw. 70 75 "/o
des Erwerbsausfklls. Hinsichtlich Rechte und Pflichten beim Aus- und Eintritt resp.
Wechsel im Aufenthalt soll der Grundsatz der Frei/tügigkeit gelten. Bei Unfällen mflssen
für die eisten sechs Wochen die Krankenkassen aullcommen.
7) Die Bezahlung der Prämien geschieht Seitens der Arbeitgeber und Arbeiter zu
l^'leichen Tiieilen. Die Arbeiter sollen mit RiUksickt auf die in ilen wirthschafllichen
Betrieben meiu: oder weniger vorhandenen Kt inkbeitsgefahreu zur Beitragsleiatung an
die Krank«iversicberung ebenfalls herangezogen werden. Die Nbrmalprftmle wird auf
3Vj ^" des Lohne> veransolilagt. Sind die Kosten gerin;.'er, sn werden die Prämien bis
auf Weiteres nicht reduzirL sind dieselben höher, so werden die Arbeitgeber fOr das,^
Mehr belangt. Sollte ein Uschlag von I V» nicht genügen, so werden die Qemelnde-
kassen einstehen mfissen; hei außerordentlichen Verhältnissen iE(>ideniien etc.l müßte
die Geeammtheit eintreten. Eine L«stung des Bundes an die Krankenversicherung soll
nicht ausgeschlossen sein.
S) Or;.'ani-ali(in der Krankenkassen. Die Gemeindekrankenkassen stehen unter der
Aufeicbt der Bezirksverwaltung (Verbände) ; diese or^nisiren Schiedsgerichte. Dann gibt
e« <wel getrennt berathende Generalversammlungen, die eine von den Arbeitgebern,
die anilere von den Arbeitern gewählt.
Au der Spitze des Ganzen steht das schweizerische Versicberungsamt, dessen Haupt-
ariieit in der Kontrole und Stattrtik, sowie in der Untersuchung und Entseheidong von
Beschwerden etc besteht.
Eh würde naiie liegen, hier aiu h die GrnndzUge der vielfachen von amleren
Seiten, Verbünden und Einzelpersonen veröffentlichen Gutachten und Kund-
gehmngtttt sa nattmlna. Wir vendohton jedooh dmmn^ weil «IIa diese Galaobten
und Kandgebungen vom Verfower des GesetnntwnrfiM, Herrn Forrer, bereits
gewürdigt worden sind und das Beste derselben woiil ebenlails in seinen Vor-
Schlägen sun ▲osdmek kommt.
• *
Anf unsere eohweiiwisohen Bestrebungen xur Terstaatlichung der Unfiill- und
KrankenwrBichemng wirkton aoAerordentlich belebend das vom Dentsoben Reiche
Fnrnr, Tolkiwbrtluchafla Lcstkoa dar S^weii. 03
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Versicherung
— 354 —
Versicherung
und Oesterreich gegebene Beispiel. Schon 18d3 hatte das Deutsche Reith ein
Gesetz betreffend die Erankenveraiohening der Arbeiter erlaaaen. Im Jahre 1884
folgte ein Gesets betreffend die UnfilllTerneherangf im folgeaden Jahre ein
Gesetz Uber die Ausdehnung der Unfall und Krankenversicherung, und im
Jahre l^fiH sowohl e'm Gesetz betreffend die Fürsorge für Beamte und Personen
des Soldatenstandes bei Betriebsfäilen als auch ein Gesetz betreH'eud die UufaJl-
und Krankenversicherung der in land- und forstwirthsobafüichten Betrieben be-
aebXfUgteD Panonen. Tom 11. Juli 1887 datirt eia 6«Mts betreffinul die Ünfkll -
▼efeiehernng der bei Bauten beaeiilftigten Fenooeo ; ▼em IB. Juli 1887 ein auf
die Seeleute bezügliches Unfallvereicbeningiigesets nnd vom 28. Jani 1889 ein
Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung.
(hi^terreicli besitzt seit 28. Dezember 1887 ein üe.set/ betreliLud die An-
faUversicherung der Arbeiter, seit 30. Mars 1888 ein Gesetz betretfeud die
KraDkenvenioberung der Arbeiter, und seit 4. April 1889 einen Kachtrag m
letaterem Geeets.
In beiilen Staaten wird die Tragung der Kosten den Arbeitgebern und
Arbeitern überlassen. In Deutschland bestreitet der Staat die Unfallversicherungs«
kusten tiir die ötaatöbeamten und Staatsangestellten bis znm Soldaten, ebenso für
die staatliehen Baggerei-, Binnenschiffahrts-, Flößerei-, Kahn- und Fährbetriebe,
sofern die betreffende Staatsbehörde nicht verfUgt, daß diese den Bemfagenodsen-
Schäften angehören sollen. Die nicht staatlicben tJnfallversicherungsjiflichtigen
sind in Berufsgenossenschaften eingetheill. Für die Krankenvereieberimg bestehen
Gemeinde-, Orts-, Betriebs-, Ban-, Inmingskassen, sog. „eingeschriebene"' Hülfs-
hassen und „Undesreohtliche" Eüliskasseu. Ein Beiohsversicherungsamt administrirt
das Ganse.
In Oe^erreieh bestehen die TTnfallversiohernngsorgane in länderweise er«
richteten Yersioheningsanstalten, welche sSmmtliohe vert^icherung.spflichtigen Be-
triebe mnfas5?cn. Die VorKtände sind zu '/a aus Vertretern der Betriebsunter-
nehtner, zu '/s aus Vertretern der versichertet! Arbeiter und zu '/s ans Vprtr<^tcrn
des Ministeriums zusammengesetzt. Für die KraukenverHioherung bestehen Gericht«-
beairkS'Krankenkaesan, Baukrankenkassen, Betriebekrankenkassmi, Genosaensohafts-
krankenkaseen, Braderladenf Veieinekrankenkaasen.
Die Organisation der deutschen und österreichischen Unfall- und Kranken-
versicherurtg näher zu bc f breni"n, ist dem Lexikon in Anbetracht des für diesen
Supplementb ind knapp zugeiueKsenen Huumes nicltt gestattet. Es verweist dafür
auf das treffliche, der buudesrüthlichen Botschaft \om 26. November 1689 bei-
gefügte Gntachten des Herrn Nationalrath Forrer, welchem Gntaohten das Lexikon
selbst yide Stellen entnommen hat. Behufs Orientirung Uber die Bestrehnngen
der schweizerischen Kantone in Sachen der Krankenversicherung empfehlen wir
die üenksebrift des Herrn Ständerath Göttisheim.
Diese kantonalen Bestrebungen haben zu gesetzlichen Erlassen geführt in
den Kantonen Bern, St. Gallen uud Appensell A.-Bh.. an GesetsentwttriBn b
den Kantonen Baselstadt, Aargan, Genf und Zfirieh. Es ist aber nur ein kleiner
Bruchtheil der Bevölkerung, welche vun den gesetzlichen Erlassen der Kantone
Bern, St. Gallen und Appenzell A.-lili. betroffen werden (Bern die dürftigen
Kranken, Arrnenge«etz von 1857 8t. Gallen die Aufenthalter, Gesetz vom
19. Januar 1885; Appenzell A.-Eh. ebenfalls die Aufenthalter, Verordnung vom
22. März 1887.)
^} Vgl. «Hittheiluttgen des bemiseben statistischen BoreanV, Jahrg. 1891, L%. 1.
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Versicberun?
— dS5 —
Venidierung
Ii i f p r a t u r . > . 1 1 1 1 e die Ii e r t; i t - im A r t i k o 1 e r w ii h n 1 1 • :
E. Wutulerly • von Muralt^ Zürich, lieber Haftpflicht aus Fabrikbe-
trieb und Einfahrunf d«r allgemeinen Unfallrersicherang. Vortrag
gehalten am 4. Dezember 1S85 in der «Kaufmftnsiscbeil Geseilschaft Zflrieh*. Zfliich,
bei Zürcher & Furrer, 1S85. 26 Seiteu.
Schweizerischer Spinner-, Zwirner- and Weberverein (Verfasser:
F. Bertheau-Hürlimann in Rappei-wt ili. Gutachten über die prnjeWirte weitere Aus-
dehnung und Verscliärfung der Haftpflicht ans Fabrikbetrieb und über allgemeine
Unfallyersicherung der Arbeiter. Wetzikon, Aktiendruckerei, 1885. 83 Seiten.
N. Droz, Bundesmtb. Die Opfer der Arbeit und die obligatorische
Unfallversicherung. Bern, bti K. .1. Wvß, 1885. 50 Seiten.
Otkar Seüer^ stud. jur., Zürich, lieber Unfall- und Kranken ver>
eicherting. Im Zofinger Gentraiblatt, Jahrgang 1885/86.
H. Scherrer, gew. SL Gallen. Gentraipräsident des sehweiz. Grütlivereins-. D ie o b 1 i-
^'a torische U n f a 11 v e r s i c h p riin pr , Referat am schweizerischen Gewerluchafls-
KoDgreÜ zu Bern. Zürich, bei C. Coiuelt, lbä6. 10 Seiten.
Dr.Simmt Kaiser, Solothum. Bericht Aber die Eiorichtnng der staat*
liehen und ob I i u ii tor i s c h cn ünfallTersieherung in Denlacbland.
Bern, bei W. Bü.-lii.-r, ISSR. Ifi Seiten.
Gro. H. Page, Cham. Utleiie Antwort aut die Fragen des schweizerischen
Hui.icls- und Industrie-Vereins, betreffend die Ausdehnung der Haftpflicht und die
Kiniiiliiung einer obligatorischen Arbeiter-UnfaUversichemng. Zürich, bei Qrell Füftli
& Cie., 1886.
Bureau der kaufinänmse^ GeaOUdMfi Züriehj Haftpflicht aus Fabrik-
betrirli und o b l iga to r i sc he ITofallversichening der Ar beiter. Ztlridi,
bei Schrott r und Mcyrr, 1886.
Ed. Suhtr-Zicgler, W iült;rtliur, H a 1 1 p i 1 1 1; Li t und U n Tu 1 1 v e rs i c h er u u g,
Vurtrag, ^'ehalten in der Generalversammlung des Vereins schweizerischer Maschinen-
industrieller am 27. Mai 1887 in Zürich. Zürich, hoi Herzog, 1887. 25 Si iten.
Nationalrath «T. /. ^eJ^er, Fischenlhal. Die soziale Frage, Haftpflicht-
gesetc, obligatorische Arbeiterverf^icherung; Vortrag, gehalten den
«. Februar 1887, in Dürnten; Wald, bei H. Heß 1887.
Natirtoalrath R. Oallati, Qlarus. Haftpflichtgesetze und Unfallver
Sicherung, Vortrag in der Kreisversanimlung der Grütlivereine des Kantons Glarus
am 29. April 1888 in Ennenda. Glarus, bei Bäschlin. 28 Seiten.
Nation. ilr:illi v. Steiger, Bern. Haftpflicht- nnd T' n fa 1 1 v o r s i c h e ru ng
für die Lau d w i r t lisch a fl ; Vortrag am zentralschweizerischen landwirtbschaft-
lichen Kurs, 14. Februar ls89. abgedruckt in den Bemlsrhen Blättern fOr Landwirth'
Schaft 1S89, Nr. Vi 20 und '2[.
C. Bodenheimer, alt Sländerath, Straßburg. Lea Mgurano s ouvrüres^ in Hilty's
Politischem Jahrbuch der schweizerischen Eidgenossenschaft, Jahr-
gaiH' 1888, B.'iii. I.pi K. J. Wyß. pap. 199 305.
Mermann GrctUiehf sehweiz. Arbeitersekretär, Zürich. Vortrag Ober die Noth*
wendigkeit und praktische Bnrcfafahrung der Unfall* nnd Krankenversicherung, insbe-
f-uiuL r.» rrir landwirthschafllioh*- .\rl>oiter, gehalten am 7. Juh 1889 in der Tonlialle
Zürich, vor der GeneralTersiuamlung der katholischen Männer und Arbeitervereine in
der Sdiweiz.
C. Bodenheimer, all Sfänderath, in SlraßlMUi.', ni(TrrLnre< h apporler dans l'or-
ganisation de Tassurance äuivant que les iucapacit^ sont de cuurte oa de longue duräe,
eine der Monographien des Gongr^ international des aeeidents du travail, vom 9. — 14.
Sep! TU I 'i- 1 '^s9, in Paris.
Kiuukeu- und Unfallversicherung mit l>esouderer Berücksichtigung der Land' und
Forstwirthschaft. Bericfaterstattang an den Vorstand des schweizerischen landwirth-
«^chatllichen Vereins, von Theodor Felber, Oberfftrster. (Aarau, Buchdnickerei Emil
Wirz, 1892.)
Die Unfall» und Krankenversicherung, von E. Nftf, Kantonsstatistiker in Aarau.
(Separatabzug aus ilcrn Archiv für .-nzialc f!( tZp^olamg und Statistik. IV.)
Allgeuieiue Schweizerische Versicherung gegen Krankheit, Unfall, Invalidität und
Tod. Von Julius Zuppinger. (Zürich 189S. Verlags-Hagazin, i. Schabelilx.)
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Versicherung
— 356 —
Veisiclierunjf
Die KrankenTemcbemiig der Arbeiter in der Schweiz. Voo Dr. Carl Eberle,
PHLsident der Vereiin>iing schweizeriscber Soaalpolitiker. Verlag von K. Obcrhober»
Baciidruckerei. Uznach 1891.)
RaUtaehlag und Entwarf betreffend eine obligatorische Volkssparkoi^ zum Zwecke
der allgemeinen Kranken- und Altersversicherung (eventuell auch InvaUdcn- und Unfall«
▼ersichcninp), von J. Hirzcl, Stadtralli, Winterthur. f?:epternher 1891. Rfibst Verlag.)
Staatliche uyigatorisclie Kr,ii)konversicluruiig, Ilet'erat gehalien am Centralf^l des
Schweiz. GrOtliverein«: in Gren< Ikmi nm Jnni 1880, von Jb. Itscbner, Sekuodarlelirer
in Neumin.sfrr. f?:t. Gallen, Th. Wirlli .1- Ci<-.. 1R86.)
(jrundzüge der Kranken- und Unfallversicherung für die Schweiz. Von Iiiiklaus
Benziger, Nationalrath. 1890.
Ideen zur Initiative für schweizerische Bundesversichci 1111;.% vini C. Widmtr. 1892.
Verlag von Meyer Sc ZeUer. (Feuer, Landwirtbschaft, Hagel, Vieh, Leben incl. Unfall,
Alter. Invalidität.)
De L^Assnranee obligatoire contre les aecidents et les maladiee spteialemettl en
Snisse, par Einest n«^r6sole, docteur et licencie en droit, (1892, Lausanne, F. Rouge.)
Eri(>i<-fp rilir-r die .'^'t.'Ihinpn.ihniP der Arheiter-cliiifl /.nr Bundesgosctzfcliuiip lie-
trefTend Kiankcu- und Lnfallveisicheruug, vom Schweiz. Arbeitersekretariat, (Zürich
1891, Druckerei des Schweis. GrfltliTeretns.)
Der Bund und das Venicheniiigswesen. Von H. Stflasi. {ZQricb 1899. Alberl
Mällers Verlag.)
Die Viehversioherung.
Die Viehversichernng, welche Friedrich der Große im Jahre 1765 iu
Schlesien einführte, war nicht eine Vorsicherung nach dem hcntigen (im
Grunde ganz uupatiscnden) Sprachgebrauch, sondern eino wirkliche VerHicherungH-
kaase gegen das Umsioltgmfeii von Senehen, eine Krleg^ka^äe, um den Kempf
gegMi Seaohen au f Obren, ebenso die nacb «einem Beispiele in andern detttaehon
Staaten, in Holland und Belgien ^'egründeten Viehversicberungskassen. Die
Schäden werden nach ganz niidern GrundKützen bezahlt, als bei der Vieh-
versicbernng im heutigen Siüue des Worte». Di^c zahlt keine Ent-schfidigung^
für abäiuhtlich getödtetus gesundes Vieh ; die offizielle Viehvert^icheruag dagegeu
benhlt gmide dieae SohKden toII, wenn dan geeaede Yieh ana prophylaktiaeher
Serge für daa Geiammtwohl gesohlachtet wird, denn auch an Seuchen gefallene»
oder wegen der^selben ges^chlagenes krankes Vieh, wenn der Biisitzer den polixci*
liehen Vorschritten betrottend sofortige Anzeige c:c. nachgehbt hat.
Dieses Motiv der Bekämpfung der Seuchen im Interesse des Gesammtwohtas^
hat vom Anfang dieaea Jahrhunderts an die obersten Behörden dar meisten
Kantone der Schweis Teranlafit, aolohe yiebverfioberanga» oder Tiehaettohenlnwaea
in*« Leben zu rufen und in den betreffenden Gresetzen und Verordnungen gleieb-
zeitig Vorschriften üher das Verhalten der Beaitaer und der Behörden beim Anf-
treten von Viehseii'licn aufzustellen.
Da in diesem iiam^te das vereinzelte Vorgehen der Kantone nicht geuUgende
äidierbeii gewährte und au onnOthigen Plaökereien swiacben den Kantonen
ftthrte» 80 worde im Jahre 1653 von fivllioh nur aobt Kantonen ein Konkordat
abgesdilcascn behufs gemeinsamen Torgeheoat «nd in der Folge durch ein Bandes^
p,-,f/ vom 8. Fcltruar 1872 dicsefs gemeinjinme Vurgclicn allen Kantonen znr
Ptlieiii •.'•"nr.>''lit iiud unter die Leitung des Bundes gcsttdlt, dessen atisfiilirendö
Behörden auumehr die Kantonsregierungeu sind. Das Tüdten kranker oder der
Krankheit yerdlohtiger Tbiere iat bei RLiderpeat, LangenMeuohe, Rots und Wnth
anadrttoklioh vorgeaobrieben; lUr auf Anordnung der Behörde getödtete Thiere
Oller die Zerstörung von Fütter, Stroh, Dünger oder Geräthschaflen behufs der
Bekämpfung der Seuobe werden bei Rinderpest und Luogemteuebe Bandeabeiträge
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Yersichemiig
~ S67 —
Yenicheriing
in Aussicht ge**tel!t, bei Rinderpest die Hälfte der von den Kantonen ht^zahlten
£ntächädiguDgen, sofern diese für gesund geschlachtete Thiere den vollen Schaden
und bei Beseitigung kranker Thiere, «owie von Fatter, Stroh eto. '/< ^ Soliadens
vergütet haben. An die Kosten der Bekimpfiing der Lnngensenche siobert der
Bund eitlen Beitrag, wenn große Opfer erforderlich waren. Von der den Elan-
tonen durch den Grei)zs("1intz erwachsenden Konten ttbernitumt der Bund die
Hiilfte. Da dieser Grenzschutz hie und da zam Schaden der (resjanimtheit von
einzeluea Kantonen ongenUgend und zu wenig einheitlich aut^geübt wurde, so
WQide dnrch Bnndeageaets TOD 1. Jnli 1886 anoh dieeer Greossohnts -wid
namentlich die Untersuchung der eingefUhrfeen ladete dau Bunde ttbertrageii ;
aus dem Ertragt- der durch seine Grenzthierärzte ao^gestellten Gesundlieitsscheine
werden vorerst diese Thierärzte seihst bezahlt ; der Ueberschuß dient zur
AeufTnung eines eidgenössischen Viehseuoheofonds, welchem alsdann die Bundea-
beiträge entDommeo werden sollen. ')
Bei Bindwpeat und Lnngeneeoohe find allen Kantonen gans bestimmte Lei*
etungen vorgeschrieben, hinter welchen sie nicht zurückbleiben dürfen ; bei andern
SeiK-^<';i l> r:;:>n sie sich größere uder geringere Opfer für Schiidcii und Desinfektion
auf. I'lmige Kantone ertbeilen auch Vei bedeutenden Vieliverhiston durch gewön-
liehe Krankheiten oder Unfälle, namentlich gegenüber armem Eiuwohuern, Ent-
echidiguiigen in kleinern oder größern Quoten; einige ertheilen auch Beiträge
an die Kosten dar InpAnigen gegen Pocken, Milabrand nnd Baoflohbraad. BAe
Kantone, welche bereits größte Fonds angesammelt haben, Hlrderu ans ihrem
Ertrage aueh andere Bestrebungen der Landwirthe durch Beitrage an die gegen-
aeitijje Vieh Versicherung, an Viehleihkassen und ati Viehprämien.
Diejenigen Kautone, welchen für die Erfüllung der Buudesvorschriften noch
keine Fonds ta Gebote stehen, mOasen die HttUamittel der Staatskasse entoduneii.
Da jedoch die Bekämpfung der Sendien hie und da ganz außerordentliche Httllb-
mittel in AuHpruch nehmen kann, so haben die meisten Kantone Fon.ds ge«
sammelt; die bezüglichen Gesetze weisen diesen Fonds in erster Linie die von
der Viehpoiizei selbst gelieferten Mittel zu, den Ertrug der von den kantonalen
Behörden ausgestellten Viehgesundheitsscheine und der Bußen wegen Uebertretnng
der Vorsehriften der Gesundheitspoliaei ; einige Kantone erheben aach you den
Viehbesitzem alljährliche Beiträge per Stück oder nach dem Werthe des Ter*
sicherten Viehes ; die meisten Seurhenknssen beziehen oder besogeo bis EU ihrer
Erstarkung einen jährlichen Beitrag der Kantonskassc.
Wir verweisen Diejenigen} welche sich Uber die Entstehung, die Organi-
sation nnd die finannellen Bfgebnisse dieser SeuehenkaaBen einlKßUoher an unter-
richten wttnschen, auf dnen in der ZeitBohriit für sohweiaerisohe Statistik
(Jahrg. 1891, S. 448 — 465) enthaltenen öffentlichen Vortrag des Direktors des
eidgenössi<-rhen Versicherungsamtes und bescliränken uns hier auf den Abdruck
einer im Statistischen Jahrbuch der Schweiz') erschienenen Abhandlung.
') Analoge Einrichtungen besitzen onsere Nachbarstaaten. Ein tiesetz des nord-
detilüchen Bundes vom 7. April 18(39 sichert den Einzclstaulen Beiträge un die Ent-
schädigung tur wegen Rinderpest getödlete Thiere ; dsus Verfaliren bezüglich der andern
Seuchen regelt das Reichsgesetz vom 23. Juni 1880, wobei die Landesgesetzgehung för
die nöthigen Miltel sorgt. Das Gesetz der französischen Repnbtä vom 21. Juni 1881
behandelt alle Thierseuchen, sichert aber nur htÄ Abschlachtungen wagen Rinderpest
und Lungeaseuche Slaafsbctträjje zu.
'} Herausgegeben vom Kidgenossischon ;>tatLstischen Bureau ; Verlag des Art. Insti-
tutes Orell FfifilT.
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Yersichenuig ^ — Versicherung
YiehsenotienkasBeii, itaatliohe. Ei bestelMii solobe laut «StatistiteheB
Jalirbnoli der Sohwoi* rom Jahrgang 1892.
1 Tnti»r ilpn) \ u im^ii
\J iJ In. A UITIIJ ^1 Kill«. II
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Mit V<'rn»ögeD am
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1890
Zürich
Viehstempelfomis
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H O 0 7 1 O
O^ii, 1 l £
Fr.
22,124
Bern
Viehentscbgii i n E^skaue
1804
n
14,350
Pferdeschein kasftu
m
QU A
öiJ,440
T
1,903
Luzem
yiehentscbädiguDgskfuse
1888
m
»
2,321
Mwya
ViehkssBafonda
1866
9
n
1,728
Glaros
ViehTenicherungsk&sse
1857
9
M
.^,200
Viehentschädigungsfüiids
1870
»
tt
1,166
freiborg
Kindvichvereichcr .- Kasse
1827
o 1 f ob
n
7,812
n
PferdeversicherungHkasoe
1884
n
Ol Q>);i
^*>,V7 Ja
»
2Ö0
n
Gaiaw de polies samteiie
1873
Bolothvm
ViehTeimoliemngakasBe
1867
18ir,94D
„
7,989
Batielland
Viehsenchenkasse
1873
•
2,330
Höh Uffhausen
Viehseuchenfonds
1889
«
n
96«
Appenzell A.-Kh.
Fonds f. Viehseiujheü
1873
r
f) 4,304
n
—
8t. Gallen
Vieh«euchenkasse
1867
n
360,411
1,052
Aargan
ViehentBobSd ig u ngskasae
1869
«
333,072
12,357
Thargan
Viehseaeheafonds
1838
II
243,970
6,151
Waftdt
Reserve Banitaire
1886
•
30,924
Caisf?e d'assiirance du
Uetail Vaccine
n
639
2,550
Keuchatel
(Jaiwe des öpizooties
1869
58,a06
f»
£idg«MM8Misoluifl Fonds des 6pin>oties
1887
n
197,847
»
436
Fr. 4,348,273 Pr. 88,686
Es wurden ferner aus diesen Kasasn and F<»ds bestritten Fr. 613 Ans^
gaben ftkr Desinfektionskosten, Fr. 19,714 fUr Dmek Ton Yiebgesundheit»-
Bcheinen, Fr. 149,829 (Bund allein Fr. 130^000) fttr Viebgesnudheitspolizei.
kosten, Fr. ♦■)7.132 Beiträge an Viehschauen und Viehprämien, Fr. 1382 für
Impfstoir, Fr. IS, 097 als Beiträge an Viehversicherungsvereine (St. Gallen
14,831, Freiburg 3266), Fr. 2328 Yerwaltangskosten, Fr. 1330 an Viehleih-
ksssen (Thurgau), so das« die Ans|^ben der Kantone fllr Viebsehlden sogar nm
Fr. 47,677 geringer waren als die Übrigen Ausgaben.
Wir mußten diese Daten vorausschicken ; denn diene Vorsorge für Seuchen-
in der Schweiz und in den Nachharländern begietizt nun die der Viehver-
Bicheruug im gewilhnlichen Sinne noch verbleibende Autgabo. Das Schwerste i«t
ihr abgenommen.
IMesem Umstände ist es ttuosohreiben, dafi bei uns die Versieherung gegen
gewdbnliche Viehschäden in der Hau})tHacbe durch lokale Vereine besorgt werden
konnte. Wir zählen solcher Vereine mehrere Hundert; einige derselben bestehen
fichon über hundert Jahre. Ihre Organiaation ist überaus einfach, die Kossteu
der Verwaltung äind gering und nicht allein aus diesem Gründe, sondern auch
infolge der strengen Kuntrole und der bescheidenen Entschädigungen die Opfer
der Mitglieder nDbedent«ul« Hanehe dieser Vereine besohrftnken sich darauf,
bei einem Viehverluete das Flttscb des gearhlachteten verdicherten Thieres auf
die Mitglieder zn vertheilon, welche dafiir zu Händen des Beschädigten einen
etwas unter dem Jifarktwerth stehenden Preis bezahlen j dieselbe Berechnung
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Versicherung
— a5Ü —
VerbichtTUiig
find«! statt, wttmi du Keiflch unbnuakbar kt Wo bShen Enteelrildigung zuge-
«ichart ut, wird imtBrliob der Werth dee Fleiaehee und der Haut von derielbea
in Abrechnung gebracht. Um den Besitzer an der Sorge für suin Vieh interessirt
WOL erhalten, wird nur Veraicherting für einen kidnern oder größern Theil des
WertheB, '^/^i, '/«, '/lo, gewährt. Bedingung des Rechtes auf Entt^chädigung
ibt Hurgbauie PÜege des Thieres und Erlüllung der reglementariscben Yorschrilteu
bei ein^ Unliill oder einer Erkrankung deMelben. Beiekt die YorprUmie niokt
ana, so kann bia tu Mnem gewissen Betrage ein Naakeobnß erhoben werden ;
ist dieser Kredit end^pft und ebenao die TerfUgbare Beeerve, so tritt Redaktion
der Entschädigang ein.
In der Regel beschränkt eich diö Vcrt^icherung dieser lokalen Vereine auf
das Rindvieh, sogar mit Ausschluß der Ochsen.
Bei dieaer Sachlage genügen diese Vereine denn doch dem Bedilrfnine nach
Veraichemng lange nicht.
Größere schweizerische Gesellschaften für die gewöhnliihc Versicherung
hatten bisher nnr eine vorübergehende Daner, so eine 18H0 im Aargau, eine
andere 1846 in Basel gegründete Gesellschaft auf (iegenneitigkeit. Die durch
Gesetz vom 5. Dezember 1846 im Kanton Freiburg gegründete kantonale An-
atalt fttr fakultative Viehyerncherung (neben der obligatoriiehen gegen Seuchen)
hatte von Anfang an geringen Zuspruch. Da von 1853 an Niemand mehr zur
Yertiicherung sich anmeldete, wurde eie 1856 förmlich durch den Großen Bath
aufgehoben.
Unter diesen Umständen müssen wir mit fremden Gesellschaften auf Gegen-
eeitigkeit vorlieb nehmen, auch wenn «e finanneU beeoheiden ausgestattet aind.
Zu den «ohon frUlrär konwirionirten GewllMhaften «SlehaiMhe Tiehver*
sicherungs-Bank in Dresden", «Badische PferdeversichertingMUMtalt Earlemhe*,
„La Garantie f6d6rale in Paris" ist erst Kn<\(> 1891 &U vierte die „Centrnl-
Vieh-Versieherungsgesellsehaft" in Berlin hinzugekommen. Wabrciul die drei
erdterwübuten Gesellschaften vürherrt$<-.head oder auüHoiiließlich »ich mit Pferde-
veraieherang hefaaeeo, betreibt dieee nicht allein die Verdchernng von Zug- nnd
Zuchtvieh jeder Art gegen gewöhnliche Viehaohäden, sondern eventuell auch
gegen Verlust durch Operation, durch Transport oder Verlust infolge der Sohlaoht-
viehpolizei ; endlich betreibt sie auch die Fnhrnnfallversicherung.
Der VerHicherungHbestand der konzessionirten Gesellschaften in der Schweiz,
welcher Ende 1886 nur eine Versicheruogssumme von Fr. 455,355 aufwies,
eraeigt 1890 bereite eine solche von Fr. 8,311,573.
Alle vier Gesellschaften sind gegenseitige; Aktiengesellschaften Itir Viek>
versiclienmg kommen auch in Deutschlund und Frankreich nicht vor.
Eine Darstellnng des Inhaltes der Statuten und Versicherungibedingungen
dieser vier Gesellschaften würde uns zu weit fuhren und dem Versicherten ein
Studium derselben doch nicht ersparen ; einige Hauptpunkte mttasen wir indeeaeo
herauabeben.
Von der Versicherung aind diejenigen Schäden ausgeschlossen, welche durch
die ötrentlichen Seuchenkasssen vergütet werden, elienfalls solche, welche der
Versicherte durch grobes Verschulden herbeigeführt hat. Diu verschiedenen An-
staltea versichern sümmtlioh nicht den vollen Werth, die Garantie federale gu-
rantirt höohatena */i dea Schadens mit Bedution der Entschildigung, wenn die
durch die Statuten angewiesenen Mittel nicht ausreichen, die sSchsische Anstalt
74 bis zu einem Maximum von 900 Mark für ein Stück, mit Keduktion auf
die Hälfte, sofern die Mittel nicht ausreichen. Die beiden andern Anstalten
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Venicherung
— . 860
Versicherun
hwMit an die Stelle der Beduktion den Naolicohuß tareteiif weidier jedooh bei
der Berliner Anstalt aaf 1 '^/o der VersioberungReumme -beigveait Jet tiiid In
erster Linie von den im Rechnungitjahre Entschädigten bezogen wird. Aber auch
diese zwei Anstalten stellen die Ver«ichprungMumme nicht auf den vollen Werth,
die Berliner versichert (gegen gewöhnliche Viehscbäden) nur '/i doa Werthes,
die badisehe bei Umetdien der Thiere 7^« Tödtung wegen Unbrauchbar-
keit Alle Aoetelteo evfier der badia<^eii legen bei der Etateeb&dignng des
Tbiereü den Werth desselben zur Zeit des Scli l i i s zu Grunde und ziehen von
der eo ftetgeeteilten Bntachädtgang den Werth der Ueberreste de» Thiere» eb.
Hagelvereiehernng.
Auch aef dieeen Gebiet sind aiuMe Naebbaretaaten tmd Engend der flehweis
vorausgeeilt. Schon um . die Mitte de» vorigen Jahrhauderts entstanden in einigen
Departementen Frankreichs Vereine 7ur peg^nseitigeii Triige1ver«icht'rting, in den
80er Jahren solclie in England, 1797 der ersti- in DeutHchiand uad 1822 aaoh
eine Hagel versifherangs- Aktiengesellschaft (in Berlin).
Da» fremde Beispiel wirkte anateckend und die Ockon«>mi6ohe GeKellscbaft
de» Kantons Bern ergriff die Initiative aar GrUndnng eioee bemiachen Hagel-
vereiebernngevereing. Die Regierang genehmigte die Statuten de» letcteren am
9. März 1825. Noch im nämlichen Jahre traten dem Verein 696 VerBioherange-
nehmor bei. Balii bildeten sich in den übrigen Kantonen Zwei«^vereine und im
vierten Jahre als sich der Verein in eine „Schweizeriische Hagel-
versiclierungsgesellsohaft" umtaufte, war die Zahl der Versicherungsnehmer auf
Uber 3400 (in 12 Kantonen) gestiegen.
Der Tarif, den die Geaellsehalt anwendete, enthielt swei Qebhrenhlaaaen,
nlnilirli :
1. Klas.se: Getreide, Hülsenfrüchte, Klf sanifn u. «Igl ; II. KIiinso: Wein-
trauben, Hopfen, Tabak, Hanf, Flach«, Spätobst. (^Gräser und Klee, wenu nicht zur
Samengewinnuog bestimmt, ferner Kraut nnd Haekfirttcbte waren ausgesohlosseti.)
Fttr die erste Klasse konnte ein Maximum der Prttmie von 3 ^/o, für die
zweite ein solches von 8 Ve per Jahr bezogen werden, die Hälfte dieses Be-
trages als Vorprämie, von drr nndern Hälfte so vif), als zur Denkung de«
Srhadens noch nothwendip war. liricliti-n b'-im Bezug der vollen l'riiniie die
Mittel nicht hin. so wurde die Kntsehädiguiig reduzirt ; es sollte jedoch au$ einem
allDtlligen Uebersehosse in den swei folgenden Jahren der AnslsU. soweit ab
mttgliob gedeckt werden. Bruohtheile unter */i9 wurden nieht eutaehKdigt.
Eioe RIaHsiHkation nach der lokalen Hagelgefahr wurde nie gemaekt und
nie angestrebt, überhaupt die Ha^i^plstati'^tik nicht jerepHegt.
Jedes neue Kalenderjahr begann ohne Mitirlieder ; auch konnte mun den
Jrlintritt so weit in den Sommer hinein verseliiebeu, als man wollte. lu un-
gefKhrlidh scheinenden Jahren fielen manohe HitgUeder wieder ab ; ebenso, wenn
noch Entsehttdignngen fttr frühere Jahre au bezahlen waren und die betre^fond•n
Mitglieder nichts nachzufordern hatten.
T'fi der ungenügenden Prümie und der M^i^liclikeit iles Rücktrittes zn jeder
Zeit war es natürlich, daß in den dreißiger und vierziger Jahren in dur Kegel,
wenigstens in den Fällen, wo die Schäden fühlbarer waren^ nur '/s bis die
Hälfte denwalben vergütet worden, was die Versioberang sehr nnpopullr mashte.
Die geringe B^rücksichtigaog der Vers« hie luheit des Risiko*» der Objekte
und die giiuzliehe Ignorirnng der lokalen Hagelgefahr hatte ferner znr Folge,
die Ij«ndwirthe, weldieo die Prämie das wabrMheinliohe Hisiko zu Uber-
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YerakdMniiig
— '661
Versicberuitg
akagta aehien, mehr und mehr wegblieben; um so geringer fielen aUwUuiii die
JSntacbädigangen für die Versiolierfcen der bftgelffofiUirliohen Gegenden aus.
Zu diesen Uebektünden kam noch der fernere hiiusn, daß die Versicherten
einzelner Kantone Bich absonderten, weil nie in einer auf ihr engens Gebiet
beeehr<iakt«u Get>eUt>oiiaft ihre Rechnung besser ;fiu finden glaubten.
Im Jahre 1836 wurde im Kanton LnaMrn eine aparte nUnterstUtzungs-
geeeUeebaft Ittr HagehMsbiden* gegrtladet mit dner tutteieehiadelMen Prttmie von
1 ^/o ohne NachHchüsse. Diese Gesellschaft hatte eine Dauer von 21 Somniern
Im Jahre 184H bewilligte die Regienuit; eiut n Staatsbeitrag von Fr. 1200 (a. W.),
vom Jahre iH.'iC an wurde ein jährlicher Blaatsbeitrag von Fr. 20(»U (n. W."^
sugesiohert. Die Biitgliederzabl blieb gleichwohl ungeftihr dieselbe : darchscbnittlich
676. Wtthroid der 31 Jabre betrugen die Schäden durobaobnittlieb per Jabr
Fr. 17,068, die Entiiebjtdigangen dorebeohnittlieb per Jabr Pr. 5284, also niebt
•in Drittel der Sohäden. Die EntsdlUdigung fiel natürlich am kleinsten ans in
schweren Jahren, in einem solchen sank sie auf 7''/4 ^/n des Schadens. Nach
diesen Ertulgen st( Ute die üegierung ihr Unterst Utzungasystem ein und die An-
stalt löste sich aut.
Im Jabre' 1847 trennte aich aneb die freiburgiMibe Sdction von der
«chweizerischen Gesellschaft. Die «frdbnrgiecbe Hagelyereiobeningegeeellacbaft*
behielt im All^meinen die Einxichtungen <It'r s( hweizeriKchen bei; nur hatte sie
xwei ganz getrennte Klassen für 1) Getreide, Hiikenfrücbte und Oelsaaten, und
2) fttr Weinreben
Bei der ersteren betrug die Jahiespräraie ein liir alle Male ^ o, bei
der zweiten 3
Ee ging der Ge^ellediaft längere Zeit ertritglioh; in den seolisiger Jahren
wagtt' man sogar in der ersten Abtbeilung derselben die Prämie auf 1*. herab-
«nsetzen; um ho schlimmer erging es den Versicherten in den siebziger Jahren,
ebsohon man die Prämio auf 2 erhöhte und die Deckung der Schäden au-
ungilnetigen Jabren während fUnf Jahren einfahrte. Die Entschädigung eank bie
anf 40 ^ 0 dea Schadeni. Ein Appell an die Staatskasse wvrde abgeiriesea, das
gegeu der Gesellsobaft für den Kanton Freibarg das Monopol erthetlt. Sie ISste
sieb 18H0 aif.
Kehren wir zu der sfhwfMZPrischcn AnHtalt zurück. Ihrr Kt-sultate be-
Iriedigten so wenig, daÜ bchon im Anfang der vierziger Jahre ihr Versicheiungs-
bestand unter une Uillion Franken sank (von fast B HiUionen Franken alter
Wührong im Jabre 1828). Als die im Jahre 1854 gegründete Magdeburger-
geeellschaft auch in derSobweis anklopfte, wurde sie nicht bloß in den Kantonen
Zürich, St. (Tiillcn i-te., fiondern nnch in den Kantonen Lnzern (1H56) und Bern
{livaTi kon/.rssionirt, in letzterem Kanton fiuf dir Knij)fehhiug des Ausschusses
der Oekonomischen Gesellschaft, welcher eine Kuiikurreaa durch eine solide Ge-
sellsobaft wQnsebbar hielt. Die AvflQsung der sohweizerlseheu Qeselleebaft maß
gegen ISm erfolgt sein (die Beehensobaftsberiohte der Kantone enthalten hier-
über keine Auskunft)
Neben der Magdeburg-ischen erhielten noch andere dentsehe, f>«iterreifhische
und Iranzüsischc Gesellschalteu in eiiizeiueu Kantonen die Konzession, in den achtziger
Jahren scheint indessen die Magdeburger die einzige in der Schweis opeiirende
fremde Gesellsehaft gewesen an eein.
Noch bleibt eine fernere schweizerische Gesellschaft zu erwfthnen : Le
l'aragrele, line im Jahr« 1^75 gegründet^ und noch hef^tfhende neinniburgiMdie
iTesellsohaft zur gegenseitigen Versicherung der Weinreben gegeu Hagel.
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Versicherung
— 362 —
Versicherung^
Unter solchen UnieitHnden war nunmehr, wie seiner Zeit in den letzten
Jahre» der ersten eohweiMrieolien HagelvevrieherangsgesellaolMill, Mne Konkorrenx-
MMtalt wüDsohbar nnd »«n fhreiite sieli «UgemeiD, aJs im Jahre 1879 in Zttriok
mne solche, und zwar eine „Schweiseiiadie Hagel versicherungs-GesellHchaft", anf
Gegenseitigkeit, zu Star^de kam. Vereine nnd Behörden leigten sioh sofort bereit^
die ersten Gründunirskuston derbelbeu tn decken.
Sie hat bisher inulir böse als gute Jahre gehabt uud iüt deßhalb genöthigt,
auf staatltohe Snbventiouen sq reflektiren. Es haben denn auch m ihren Gunsten
die eidgenü^äi.schcn Räthe im Jahre 1881 folgendes Fostalat angenommen:
»Der Buiidesratli wird eingeladen, die Frage zu pnifen, ob der Bund sich bei
Beiträgen, mit welchen die Kantone die Prämienzahlung (in Ha$!:elver»ieheruag unter-
rtfitzen, betheiligen soll.*
Nachdem der Bundesrath über diese Frage verschiedene Gutachten < ingehult
hatte, legte er mit Botschaft vom 23, November 18H8 der Bundesversammlnng
seinen Bericht und Antrag vor. Der Bericht ging dahin, es sei die im obeu
aitirten Postulat« MÜnltene Finge an bejahen, «ofwi in demselben die Wort«
«PrKmieoaablung fllr* ausgelassen werden. «IGt BeitrBgen an die Prttmien-
aahlnng allein (heißt es in der bundesräth liehen Botschaft), selbst wenn sidi die-
selben auf die mindest bemittelten Landwirthe beschrrinken sollten, kann zu weni|^
erreicht werdm, und würden daraus vorwiecrend liablidien Bauern, welche bis
jetzt erfahrungsgemäß fast allein verhichern, UuterHtutzuugen verabfolgt, no dürfte
das weder im Sinne des Oesetzgebers, noch in demjenigen jes Volkes ge-
handelt sein.*
Am 6. April 1889 faßte die Bund* sversammlung folgenden Beschluß:
«Insoweit der Stand der Bundesfinauzen es gestattet, wird für die Jahre 1890,
180t und 1899 in dem Voranschlage der Ausfraben der schweizerisdhen Eidgenossen-
scbafl unter .Ahtheilun^' Landwirthscliafl' jährlich ein Posten auf>;t iiommen für Fr<r-
derung der Ua^versicberung. — Aus diesem Posten werden denjenigen Kantonen,
welche die Versicherung der IVldfraebte gegen Hagekcblag unterstiltsen, Beitrag^ ver-
abfolgt ini Maximum bis zur Höhe der }»elrelTenden kanton.iU n Lt i-tunj:. — Der Bundes-
rath vrird die Bedingungen betrell'eud die Bewilligung und- Verwendung dieser Beitrftge
festsrtsen.'
Diese Bedingungen sind in folgendem Bundesrathsbesohluß yom 8. April 1890
formnlirt :
Das Lttndwirthschart:»departeraent wird heauttrugt, den Kantonen Beiträge aus
dem Kredit für FArderung der Hagelversicherung unter folgenden Bedingungen m Au«>
flicht zu iitellen:
1) Die Bundesheitra^'e dürfen unter keiner F«»rm zur Subvenlionirung von Hagel-
versiclieruugsgesellschaflen verwendet werden, auch dann nicht, wenn infolge solcher
Subventionen tine G«^nleistung erhültlieh wäre, wie z. B. Aufhebung des Ausschlusses
neuer Versifherungen in wpf»nanntpn fretTihrlit lu n Gei^einirn.
2) Die Bundesheilräge nulsscu im Laufe des Rechnungsjahres verwendet werden
nnd dfirfen nicht zur Aeuniung kantonaler Fonds dienen.
3) Beitrage an Policekosten dürfen aus den Bundesheiträgeu nur unter der Be-
dingung ausgerichtet werden, dati die betreffenden Gebühren durch die Versicherungs-
gesellschaften nicht erhöht werden.
Ii Bei Ausrichtung der Beiträge ist namentlich auf die kleinbäuerlichen Verhältnisse,
bexiehungsweise auf die Vermögensverhältnisse der Versicherten im Sinne vorzugswetaer
Unterstfltzung Minderbemittelter, Rflcksicht zu nehmen.
5) Die Bundest»eiträge werden im Maximum Wis zur Höhe der kantonalen Lei-tun^'
vorabfolgL nachdem von letzterer di^enigen Summen abgezogen worden sind, welche
lilr snb Ziflier 1 und S genannte Zweue allflUlig verwendet werden.
Infolge dieser venohiedenen Beschlüsse haben die meisten Kantone Sammen
iiir die Untcrsttttaung der Hagelversiehcrnng in ihre Budgets aufgenommen, so
Zürich, Bern, Luaem, Freibarg» Solothurn» BaseUand, Scbaflfhausen, Aargau,
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Versicherung
Versicherunjf
Thurgau, Obwahieu, Kidwaiden, Zug, Baselstadt, Appenzell A.-Rh., St. Gallen»
Wiadt, Neiienbnrg.
KechnungsergcbuiäHe der Schweiz. Hagel veriticherungs-
ge«6llaehaft seit ihrer Grttndang.
Bin nahmen.
Jahr
Voipvllmien
KagbaobttM-
abi. BtnbltMB
Andvn
KinD«hn«s
Btrafi'riiiiii«^'n ete.
SwttM
d«r
Fr.
Ft.
Kr.
Fi.
1880
104,215.
93
308,431. 86
6.630
S7
319,278.' 16
1881
138,861.
61
6,519.
60
185,381. 31
IAA 11 R
5,045.
90
1 77 ^»iJ.
III fOOt' UO
188S
139,332.
90
5,839.
64
14 5,172. 54
1884
146,609.
25
49,543. 2t;
5,675.
201,827. 51
1885
140,193.
30
206,645. 25
50
353,065. 05
131,467.
10
t o tno
13,728.
03
135 185 13
1887
111,361.
60
-
5,418.
20
116,773. 80
1888
115,347.
90
J,2z5.
25
117,;i73. 1;>
18.S9
1lH),943.
30
i>,ö09.
DÖ
124,802. 95
i8yo
205,273.
40
— II I"
3,892.
00
209,10.). 90
1891
282,128.
30
o,al O.
61
285, 64J. 91
Total
T,76~2,141.
19
490,712. 80
68,570.
25
2,321,424. 24
2,252,853.
99
A II ^ 7 A Ii 1* n
Jahr
vergtttuBfMi
Tttwaltung
und
liewinti
V«riiurt
Fr.
Fr.
Fr.
18Ö0
244,741.
80
45,874. —
28 662
36
1881
133,249.
95
39,813. 61
27,682. 35
127,472.
65
46,278. 05
3,804.
23
1883
in6,r,87.
80
40,802. 11
2,317. 37
1884
152,047.
95
44,675. 46
5.104.
10
1885
273,133.
15
46,ö32. —
33,099.
90
1886
37,5G4.
70
30,914. 63
66,705.
91
1887
164,047.
66
32,945. 99
70,219. 74
1888
52,190.
35
27,194. 91
38,187.
89
1889
137,663.
45
35,611. 30
48,474. 80
1890
129,507.
30
40, r. 7(5. 87
38,i»M.
73
1891
2O3.10H.
60
f) 1,456. 80
31,083.
51
Total
1,741,410.
25
4ö3,078. 62
Proient der
PrSmien 31,44
245,629.
63
148,Ü'J4. 26
rroz^t Oer
Prftniien 77.30
Gewinn; Fr. 96,935. 37
Trans portveraiohernng.
Innert 12 Jahren (1858 — 1870) gründeten »ich in der Schweiz nicht weniger
iih sechs solcher (aresellschaften, welche »chou ans tet^hTiivclu n Gründen sich nicht
auf das fichweizerische Geschäft beschränkten. An die »Stelle oiiier von der Tranw-
port-Braiiche zurücktretenden Gehellächuit ^Zürich), trat sofort eine andere, die
EidgeiiSMiMhe TransportTenw^erangsgeseihidhaft (1881); an die Stelle doe in
Liquidation getretenen Sohwelaerlechen Lloyd der Neue Schweizerische Lloyd
(1883), so daß wir noeh immer sechs sohwetserisehe Gesellschaften aählen, neben
Yenidiaruiif — 364 — V«nidi«niiig
weleben miiD (1892) Boob 8 amttndiioii» (6 dontRolie vaA 2 englifloh«) iriMiteii,
renp. die BundeBkooieasioii besitzen, nämlich: „DüBBeldorfer'*, gegründet 1845,
,Schlef»ischc" in Breslau (1848), „Norddentscbe" in Hambarg (1857), „Rheinisch-
Wcbtphäli.schcr Lloyd- in M. -Gladbach (1867), ."Rhenanis- in Köln (1872),
„Maunheimer" (1879), „Marmo* iu London (1836), , Union' lu Liverpool (18Ü3).
Die sehweiaeriadien Ivstitate Bind : «HelTetja" in St. Gallen, gegründet 1866/69,
Rasier" (1864/65), «Sehwois*' in Zttnoli (1869), .Neachäteloise" (1870),
„Eidgenössische" in Zflinoh (1881), «Neaer sdiweiMnriaoher Lloyd' in Winter«
tbnr (1883).
Die von den schweizerischen Transportver^icherungs-Gesellschaften bezahlten
Dividenden variirten (in ^/o des einbezahlten Kapitals) : bei der Helvetia von
5 bb 62.6; bei der Basier von 6 bis 40; bei der fiehweb von 2.5 bie 30;
bei der NeuchäteloiHe von 5 bis 12.5; bei der EidgenSansehen von 6 bie 10;
bei Keaer echireiser. Loyd von 5 bis 10.
Wasser leitnngBversiohernng.
Die 1886 gegründete Frankfurter Versicherungsgüselisohaft gegen Wasser-
leitongsschäden hatte ihren Ges- liüftsbetrieb auch auf die Schweiz ausgedehnt und
zu diesem Zwecke 1887 die i^undeekonzession erhalten. Sie war einige Jahre lang
von keiner Konkurrena behelligt. Auf Ende 1889 trat sie jedoqh ihr sehr be-
sehddeoee Sohweisergeeeb&ft der «Union Saisse" in Qenf (GlasveniehenntgS'
gesellsebaft) ab und veniohtete anf die BandeekooteiBion.
Glasversiohernng.
Im Jahre 1888 arbeiteten in der Schweiz 9 auslKndiseke Qeiellaobaften und
1 schweizerische — die Union Suisse, 8oci6t^ d^aastiraoce oontre le bris des
glaces et vitres, in Genf, gegründet 1887. Zwei der ersteren haben auf die
Schweiz. Konzession verzichtet, so daß im Geeiuhäftsbericht des eidg. Versicherungs-
amtes pro 1890 noch 8 Gesellschaften ßguriren.
Rückversicherung.
Folgende Gesellschaften haben die eidg. Konzession: 1) Die Schweizerische
fittckvcraicbernngB-Gesellsobaft in Zttrieh, gegründet 1864; 2) die Basier Rttok-
verflioheninge-Gesellaehaft, gegründet 1669; 8) die Pnidentiain ZUiioh, gegr. 1876.
Bandeaanfsiobt.
Die Bundesaofsicbt ttber den OesdiEftsbetrieb der privaten VereieiMrange-
anstaltcn besteht seit 1. Juli 1886, in Ausübung des Art. 34, a1. 2 der Bnttdee-
vchfHsjsjUfifr. wpIcIu' lie>timnit, daß „der Geschäftsbetrieb von Privatuntemehmungen
im Gebiete des Versicherungswesens der Auisicbt und Gesetzgebung des Bundes
unterliegt".
Das Lexikon maß es meli leider raummangelshalber versagen, den fint>
wioklnngBgang, den die ans dieser Verfassangsvorselirift bervurgegangene Oeseti-
gebung genommen hat, darzustellen, und es muß sich darauf beschränken, den
Wortlaut des nm 2"). Juni 1885 erlassenen Bnnde^gesetzes mitzutlif'ilf'n
Art. 1. Die im Artikel ;54, Absatz 2 der RundesverfftKsung dem Üunde
übertragene Aufsicht über den GcHchatUbetrieb von Frivatuutcraebmuugeu im
Gebiete des Vernoherungswesens wird vom Bnndesvathe ausgeübt, and es ante -
liegen deraelben alle Privatunternebraungen auf dem Gebiete dca Yereioiieniap-
wesMis, welche in der Schwitz Geschäfte beireiben wollen.
Vereine mit fhtlicb beschränktem i^escliüftHbetriebe^ wie Kranken kaMCO,
äterbevereine u. s. w. fallen nicht unter dieses Gesetz.
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Versidwnlog
— 965 —
Venicherang
J)en Kantonen bleibt vorbebalteu, tiber die Feuerversicht^niDf^ polizeiliche
Yor^ohritten zu erWüeu und den Feuerveräiohei'unga-LJuterueiiiuungeti mäßige
BeitrSge m ZwaekM der Fenerpoliaei und dM F«Mflltaohw«MnB «iiikiierlegeD.
Beschwerden ge^o YerfttganipMi ItHtorar Art ostcnrliegAii dem Eoteoheide
des Bundesrathes.
Bezug auf die kantonalen Ycrt^icbemni^neteiteo bleiben die geeetilichen
Bestimmungen der Kantone vorbehalten.
Art. 2. Um in der Schweiz Geschäfte betreiben lu können, haben die
priTfttea Vereichwani^ntenielimiiogea folgende Erfordemiaee su erfOllen:
1) Se sind den Bnndemtbe diejenigen tfffentlioli aosg^benen Dokament»
einzureichen, aus welehen die CTrundbestimmangen nnd die allgemeinen
Veraißheningsbedingnngen der üntfrnphnMin"- pntnomraen werden können,
nnd überdies, sofern diese schnn vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
Yersioherungsgeschäfte betrieben hat, diejenigen Vorlagen zu machen, aus
welchen der biaherige Stand der IJnterMlininng in den dnrch Artikel 5
bis 6 beseiebneten ffiehtangen sa erkennen ist (Statuten, Proapekte, Tarife,
BeolMnachaftsbeciolite, Jahresrechnungen n. a. f.).
In Bezug auf die Grundbestitnnumjr'M! und iiV allgemeinen Ver-
ficherungshedtngnngen soll insbesondere genau angegeben werden:
a. bei Aktiengeaellschafteu : wie grüß die Anzahl nnd da« Kapital der
gezeichneten Aktien, wie viel davon eiobezahlt itit, und welche V'or-
eehriften besQglieh der wettern Hnflberkeit der AktioiAre beateben;
b, bei gegenseitigen Geeellaehnften : ob ein GrUndnngsfond besteht, nnd
mit welchen nühern Bestimmangeo, ob die Yersichertcn oder Ver«
Sicherungsnehmer für den Geaammtachnden der Jehrearechnung haften,.
und in welchem Umfange.
2) Ferner sind dem Bnndesrathe mitzutheilen :
a. von den Lebensversicherungsgesellsohafteu : die Mortalitütstafel, dar
Zinafaß nnd die Nettoprfimien, anter Angabe der Znaohläge oder der
Bonatigen Bedcnng der Verwaltunga' und Betriebakoaten; die 6mnd*
lagen und die Methode der BeeerTeredinnng, aowie die Methode für
die FrÄmieniiberträge ;
b. von den UnfallversicherungHgescll'ichaften : die tenhnisehen < ri iindlagen,
im Allgemeinen der Umfang und die Art der Haftung (Kapital, Renten),
die Hethode der Reeervebereohnnng für beatehende Bentenachnldpfliebtoo,
für angemeldete, aber nooh Dieht liqnidirto Sehiden, nod der Prtnüen»
ttbertrige fttr noch nioht abgelaufene Yersichemngen ;
C. von Feni-r-, Hagel-, Transport- und andern Yer8icherMn'r-t-V"'fllH«'haftcn
gegen .S.icbbewchiidigting : die zur Anwendung kommenden Grundsätze
bei Bereehuung der Reserve iür die am Schlüsse des Rechnungsjahres
bekannten, aber nooh nicht vollatiadig erledigton Sebiden, aowie der
PramienttbertrSge flir noch nicht abgelaafene Vendchernngen nnd Ittr
vorentrichtete Prämien.
3} Ausländische Unternehmungen haben zudem
a. den Nachweis zu leisten, daß sie an ihrem Geselhrhaftssitz'^ auf eigenen
Namen Rechte erwerben oder Verbindlichkeiten eingehen können j
fr. ein Hauptdomiail in der SehwMZ nnd einen (leneralbeTollmilehtigten sn
beseiehneii, aowie eine .'Xbechrift der demaelben an ertheilenden Toll-
macht voraclegen.
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Versicherung
— aöG —
Versicherung
4) Sftnuntlidie PrivatTendoherongBiiiitonieliiiiiiBg^n nnd gehalten, in jedem
Kanton, in deaaen Gebiet sie GeaebJtfte betreiben, ein Beehtedomisil an
verzeigeu, iu\ welchem «$ic, sofern der Versicherangsvertrag nicht den
Wohnort den Klägers als (rerichtsstand vorsieht, bezüglich der mit Ein-
wolmern d»? betretlenden Kantons abgeschloBsenen Versichernnfjjs vertrüge
gleich wie an ihrem schweizerischen Uauptdomizile belangt werden kuunon.
üeberdiee eteht es fttr Aneprftebe ans YenioherangeTerträgen gegen
Fenenehaden dem KlSger Itm« den Geiiohtietand der gelegenen Saehe
ananrnfen.
Sie sind ferner gehalten, alle ihre Verbindlichkeiten im Domizil de«
Versicherten zu erliillen, sofern nicht der Versicherangsvertrag das kantonale
Dütuizil der Unternehmung als Erfüllungsort vorsieht.
Beetininrangen dee TeniehernngsTertrages, welche mit diesen Yor>
Schriften im Widerspruch stehen, sind ungültig.
5) Die Privatversicherungs-Untemehmungen haben zuhanden des Bandesrathee
eine vun diesem festzusetzende Kaution zu leisten.
Art. 3. Der Bnndesrath ent«cheidet auf Grund der vorgelegten Ausweise
«nd aUftlKg anderer Ton ihm ennittelten thatsKchliohen Verhältnisse Uber die
an ihn gelangenden Gesnehe nm BewUlignng des Geschäftsbetriebes.
Ohne die Bcwilligang des Bunde-srathes ist |)rivaten Unternehmungen die
Vornnhme von Versicherungsgesehäften in der Sehweiz gänzlich nntersagt. Vor*
behalten bleibt die im Artikel 14 enthaltene lTelH'r^anf^.Hhestimmnng,
Art. 4* Treten später Veränderungen in den unter Artikel 2, ZilF. 1 bis 3,
beaeiohneten VerhXltnissen ein, so ist von denselben dem Bnndeerathe sofirrt
£entttniß m geben.
Art. 5. Jede private Versichemngsnnternehmung hat alljährlich, innerhalb
seehe Monaten nneh Ablauf des Rechnnngsjahres, dem Bumiesrafh den Rechen-
öchaftöbericlit einziin ichen, aus welchem für jeden Hauptzweig der Versicherungen
(Lebcu, Uoiall, Fouer, Trausport u. s. w,) und bei der Lebensvereicherung für
jede Versieheruogsart dentlioh an entnehmen sind:
1) Der Versiohenngsbestand au Anfang dee Beehnnngejahres ;
2) bei der Lebensversicherung der neue Zuwachs und die freiwilligen Aus-
tritte (Verzicht, Ablauf Rlickkanf n. s. w.) während des Rechnnngsjahres,
bei den übrigen Versicherungszweigen die der Främieneinnahme des
Bechnungsjahree entsprechenden Versioberungssummen oder Versioberungs-
yerf^ichtnngen ;
■B) die Anzahl der im Bechnungsjahre eingetretenen Scha Ich Hille and die daftlr
bezahlten nnd reservirten Beträge, und dazu bei der Lcbensversieherung
das Verhältnilj der SterbefUUe zu den Wahrscheinlichkcitsi rwartungen ;
4) der Versicherungsbestand am Schlüsse dw Rechnungsjahres, sowie die
territoriale Ausdehnung des Versieherangsbetriebes;
5) die Verhfiltnisse der BttckTmohemng, d. h. ob and wie viel die Gesell-
schaft von ihren Rihiken in RUckversichemng gegeben, nnd im Weitem,
ob und wie viel sie an Ktlokveraioherangen von andern Geeeilsohafltea
übernommen hat.
Art. ti. Mit dem Rechenschaftsbericht ist auch die Jahretirechnung einsvr
reichen, welche enthalten soll :
1) Die siimmtiichen Einnahmen und AuBgaben des Jahres, nach den oinselnen
VersicherungKzweigen, nnd bei der Lebensversichernng aneh nach ihren
Arten, wobei insbesondere anfsuftlhren sind:
üiyiiizeü by GoOgI<
Versicfaerang
— 367 —
Versichnniiif
($. die an Prämien, Zinsen und SoDstigem vereinnahmten Beträge ;
6. die für FrätntenrückvürgUtuugen, BUckversicherungen, Schäden, Provi-
ätaum und TerwftltnngKkoeten, sowie Somtiget ▼emusgabtm Beträge.
2) Bie Bilans «nf Etehlaß des Beehnnngejahree, wobei insbeeondere
a. nnter den Passiyen : die Re§erven nach den eittielnen VersichemiigB-
zweigen und bei dfr Lcbensveivicliernnj^ auch nach ihren Arten la
unterscheiden und die I'raniienilberträge separat eiaBOstellen sind;
6. unter den Aktiven aufzuführen »ind:
die Immobilien, Kapitanlagen and Werthpapiere nacb ihren Arien
und ihrer Wertbung;
die Organisationskosten und ihre AmortisationeweiM, soweit solobe
iiherhfiii]>t unter den Aktiven liguriren ;
die Aussttiiide bei den Agenturen, wobei der wirkliche Heohnungs-
ealdo aus l'rämieninka«so u. s. w. sn unterscheiden ist von dem-
jenigen Betrage, der etwa an Provision nnter den Titel Ton Ans»
ständen zur Amortisation verlegt ist.
Die Bilanzen der Untemehmangen sind im schweiserisohen Handelsamtsblatt
SU verötfentlichen.
Yersicherangs-Untürnehmangen, welche statutarisch ihre Bilanzen nicht jähr-
absosdilieien pflegen, kann der Bnndesrath fttr Eiurdohnng dersalben einen
enispreohend erweiterten Termin ansetien.
Art. 7. Gleichzeitig mit der allgemeinen Jabresrechnung sollen, ebMiUls
nach den einzelnen Versichernngszweigen und bei der Lebensvenaohemng aueh
nach ihren Arten, inittretheilt werden :
1) die zn Anfang und um Schlüsse des Rechnungsjahres laufenden Versiehe*
rnngen, soweit sie ans dem in der Schweis erzielten GesebXfte stammen;
2) die im Reehnnugsjahre in der Schweiz eingenommenen Prämien;
3) die im RechnungHjahre in der Schweiz fällig gewordenen Versicherungsbeträge.
Aus die.sen Angaben nach Ziffern 2 und 3 soll das in jedem Kanton erzielte
Resultat ersichtlich «iein.
Art. 8. Auf Verlangen haben die Versicherungsnnternehmungen und deren
OeneralbevolImXchiigte (Artikel 2, Ziffer Zb) denn Bnndesrathe noeh weitere
Auskunft zu ertheilen, sowie Eänsioht in die Bttoher, Kontrolen n. s. w. Aber
alle Theile der Verwaltung zu jjcstatten.
Art 9. Der Bnndesrath triflft jederzeit die ihm duroh das alltrtineine
Interesse und dasjenige der Versicherten geboten erscheinenden Verfügungen.
Wenn der Stand einer Untemebmnng (ttr die Yersieherten nicht mehr db
nothwendige Garantie bietet nnd die üntemehmnng nicht innert der festgesetzten
Frist die vom Bundesrathe verlangten Abänderungen an ihrer Organisation oder
Geschäftsführung vominunt, so hat der Bundesrath derselben die BewilUgang
zum Abschlns-»e weiterer (.leschäfte zu entziehen.
Im Falle de» Rückzuges einer Konzession soll, gleich wie in demjenigen
einer freiwilligen Tersichtleistung anf dieselbe, die Kantion erst anf den Maohweis
der ünternebmnng snrflokerstattet werden, daß sie alle ihre Verbindliehkeiten
in der Schweiz bereinigt hat, und nach einer Bekanntmaohang, welche dreimal
innert serhs M riat' n atif Kosten der Geselkehaft in den vom Bundesrathe be-
zeichneten Blättt-ni crscliienen ist. Die Belhei listen haben dem BundeBrathe innert
der in dieser Bekuuutuiüchung festgesetzten Fristen ihre Kutspracheu einzureichen
nnd die Bttckerstattnng der Kantion wird nur erfolgen, wann keine Einsprachen
vorliegen, oder wenn diese, gtttlidi oder rechtlich, snm Aastrage gelangt sind.
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Veraieherung
— 366 —
Versictierunt;
Art. 10. Der BuDiieMruth i«t befugt, gegcu Unternehmungen oder dereu
Vortreter, welohe den Ton ihm erhtneiMn Verfttgungen naA Veroidnungen (Art.
ü und 15) snwiedcrhandoln, Qrdnang^bii&eii bis auf daa Betrag tob 1000 Franken
aiuinsprecben.
Art. II. Von Amte^ wegen oder aal Klage hin werden den kantonalen
Gerichten zur Üebtraiuug überwiesen :
1} PersoDen, welche in der Schweiz unbefugt Versicherungä'URteroeljQiungen
betreiben oder dasn faehttlflich eind;
2) die verantwortlichen Leiter, (reneralbevoUmächtigten und Agenten einer
Versicherungs- l'nternehmungr, welche in den dem Bundesrathe mitzu-
theilenden Vorlagen. Ausweisen und Au&ohlusi^en die GenchSftsverhältnis^e
der Unternehmung uuwuhr darätelleo oder verschleiern, oder welohe an*
wahre Mittbalnngen (Prospekte n. e. w.) verSfientiidien.
Gegen die 8diatdigen ist auf Geldbuße bis anf 5000 Franken oder auf
Gefiingniß bis zu sechs Monaten zu erkennen. Mit der GeflbogniAatrafe kann
anch die Geldbuße bis auf gen;umtfn Ht trot? verbunden werden.
Da-H TTrtlieil des Gerichts kann <teiiienigen, w<1(1r* Hich Uebertretungeii
dickiuä Gesetzes haben zu Schulden kommen lassen, jede weitere Thätigkeit in
Bezug aaf Yereiisherang^gescbiifte anf dem Gebiete der Schweis nnteraageo. Die
naob Mafigabe dieses Artikels ▼erbingten Bußen fiillen den Kantonen anhnm.
Das Gericht wird eine AKsohrift des ITrtheils dem Bundesrathe roitthellen.
Den Pintt'i'fi .steht ?egen Knt^eheidungen der kantonalen (v-richte Uber
Anwendung lies gtgenwärtigt- n Artiki Is der Keliurs an das Bundesgencht ofFen.
Für solche Rekurse gelten die lietitimuiungen des Bundesgesetzes vom 30.
Jnni 1849 Uber das Verfahren bei Uebertretnngen fisikaliiscber ncd poliaeilicber
Bnndesgeaetee.
Vergehen, welche nicht unter Ziffern 1 und 2 dieses Artikels fiiUen, sind
nach dem einschlägigen ks^ntonnlen Strafgesetze zu behandeln.
Art. 12. Der Bandcirath veröHentlicht alljährlich über den Stand der
aeiner Au&ioht nnterstellten Versicberaogsuntemehmungen einen cinlässlicben
Benoht.
Der Bundesrath wird die zur Ausführung dieses Gesetses erfonierlichen
HUlfskiäfte beiziehen. Als Staatsgebilhr und zur Deckung der Verwaliuiijr''ktist 'ii
wird von den Vereichernngsnnternehmurjgen eine vom Bnndesrath zu bej^timmeniie.
verhältniUmäßigo Uuotc ihrer jUhriich in der Schweiz eingenommenen Prämien
bezogen, welche immerbin 1 vom Tausend nioht UbersobreitMi darf.
Art 13. Alle Streitigkeiten privatreohtlioher Katar swiscben den Unter-
nebmnngen unter siohi oder awiseben denselben und den Versicherten, besiehings-
weise A%T8tr>hernngsoehmei'n — anek im Falle des Konaenionsentsuges — ent-
soheidet d^r Hiehter.
Art 14. Diejenigen privaten Versicherungsunternehmuugen, welche bisher
sebon in der Srhwds GescbXfte betrieben haben und dieselben fortsnftthren ge-
denken, sind gehalteni binnen »echs Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Qesetieat
dem Bundesrathe die im Artikel 2 bezeichneten Ausweise einzureichen.
Bis zum Kntselifide de^ Binilcsrathes über die nachgesuchte Bewilligung
zum Fortbetriebe bleiben die biwiurigen kantonalen Konzcssionen, sowie die bealig-
lichen Gesetze und Verordnungen der Kantone, auf die betrelTenden privaten
Versicher u n gs - Uoteriiehmungen anwendbar.
Diese Bestimmung findet ihre Anwendung aueb Utr den Fall, als der Bnndse*
r»th die nachgeaiiehte Bewilligung Ablehnen oder wenn eine Untemdimung eine
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Veracberong
369 —
Vidge-Zennattbahn
solche nicht einholen and sich auf die Auatiagong der beim Inkrafttreten dieses
Oewliefl bwtolieiiden VertragsrerlilltaiMe besohrlokeii tollte.
Art. 15. ÜDter Vorbehalt der Bestimmimgeii dee TorcteheDden Artikele
dnd die kantonaleu €kaetze und Verordnungen, welolie dem gegenwärtigen Bünden-
Ueset^»' wiftdersprechen, mit dem Inkrafttreten dieses letztern aufgehoben.
Demgemäß ist den Kautuueii vom Tage der Iiikrafttretun^' dieses Gesetzes
an untentagt, privaten VerHicherungti- Untiiniehmungen Konzessionen zum Geschäits-
betoiebe in ihrem Gebiete lu ertheilen, bestehende Komeesionen sn vwlttngern,
oder den Geschäftsbetrieb dieaer Unternehmangen an irgmd welche besondere
Bedingungen, Kautionen oder an die Entrichtung besonderer Taxen /u knüpfen.
Dagegen bleibt den Kantonen vorbehalten, von diesen Yer.sicherungs-Unt«.rnehm-
ungeu, ihren Bevollmäohtigtea und Agenten die ordentiicben Steuern und Ab-
gäben zu erheben.
Art 16. Der Bondesrath ist mit dem YoUsnge diesee GeietieB beAnftragt
und erlleet die erforderlichen Vollzugsverordnnngen.
Art. 17. Der Bundesrath wird beauftragt, auf Grundlage des Biindes-
>;e8etzes vom 17. Juni 1S74, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgesetze
und BundesbeschlUsse, die Bekanntmachung dieses Gesetzes /.u veranstalten und
den Beginn der Wirkaamkeit deeaelben feetsneetsen.
Außer diesem Bundesgesetze bestehen noch lulgende auf diese Materie be-
xttgliohe gesetiUohen Brlaeae:
1) YerMdmiiig yom 12. Oktober 1866 Uber die Knntionen der Tenicherange-
gesellscbnften.
3) Regulativ vom Oktober 1886 Uber die von den Yeraicbemngagesell-
«chatten zu bezahlende Staat8gebübr,
3) Allgeraeiue Konzessionsbedingungen.
Kesume der vum Schweizervolke in den Jahren — lä9U an die kon-
MRiioBirten priTaten VenichernogefUMtalteii «ttriohteteii PrKmien:
V«nioheniagt> P r S n i • a
sw«i«e laW 1887 18S8 1«89 18!K>
Vk, ft, 9wt Vte. 9t,
Leben.svens. . . 13,150.427 14.131.206 It. 075112 in,f-;530ni 16,654.822
Unfallvers. . . I,438.ö51 1.804.054 2.4üU,Ü89 2,U73.64ä 3,085,316
Fenervers.. . . 5,765,047 6^017,515 6,108.157 6.379,758 6.449.666*)
Gla-svers. . . . 84.001 46.143 55,988 59 406 70,210
Wasserleit-Veia . ^ — 1,336 1.965 3,386
Viehveis. . . . 16,931 41,181 76,148 107,833 196,837
Hagelvers.. . . l^ir»? 11I,3G2 115,348 120,0« 205.273
Transporlvers. . I,47;s,ijd3 1,593,191 l,64:i,78h^ l,'Jl(i.5S9 l^ü.7!2:2
Total 22,004,697 23,745J52 2ö,0G9,996 27,123:140 28,807,732
Auf einbdmiwhe GeseUsehaflen entfeilen FV. 16,146,963
, fremde , . » 12,661,469
, Aktien- , , 21,154,251
. Gegenaeitigfceilfl- • • , 7,668,481
Ti^g^Zem«tt1mlin. ErSffnmig der Streeke Yi^Stolden nm 3. JnU
1890, der Strecke Stnlden-St Niooles am 38* Angut 1890, der Streeke
St. Nioolee-Zermatt am 18. JnU 1891.
Duo Fr. <,363,1M rraaaiea der k»utou«lea FeuerversIclierungBUituUeu , abzüglicb Kücliv«r-
•tdieruuK i«l koii]«Mlonlrteii prl««i«a y»nl«hM-iiiicMaa««lt«».
Fatwr YonnwlTtli«fc»ft«<L«s<h«ii der Schweis. S4
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ViehsettcheDpolüei
— 370 —
Viebseucbenpolizei
Viphseucheiipoli/ci. Mitgetbeilt von Herrn t'. Mililer, Cbef der Land-
wirthschtiüüabtkeilung de^ eidgenössischen Laodwirthhchaftsdepartementes. Ge-
schrieben Anfangs Juli 1892.) Durch das „Bundesgeselz vom 3. Februar 1872
über pohseUiehe Maßregein ffßffen Viehseuchen'' wurde die Tidueoohenpolini,
welche bidher Saehe der Kantone war, zu einer Angelegenheit det Bande«. Seit
1853 bestand zwar zwischen den Kantonr-n Zürich, Bern, Luzcrn, Zug, Frei-
burg, Solothurn, Aargau und Neuenburg ein y,Konkordai belrc/fend ffcmein-
schafllichet polüeHidte Ma/Jregein gegen Vieimeuchen^ ,* dasselbe sah aber keio
gemdseeliaftUebeB MiefiliMDdes oder beanlUdbtigeiidei Organ vor, eonderD rer-
einbarte nnr Vorsohriften und Maßnahmen, deren AusfBbrnng and Anwendoog
jedem einzelnen Kanton oblag. Diesem „Konkordat** wurde auch das Bundes»
gesetz nachgebildet, welches heute (18M1) noch in Kraft steht. Letzteres wendet
sich gegen die Rinderpest, die Langensenehe, die Maul- und Klauenseuche, den
Hotz und die Wuth und es behalt dem ßuiuicsrath das Kecht vor, auch gegen
andere Thierseucheu, sofern dieselben einen gemeingcnibrlichen (Äarakter an-
nehmen, die zn ihrer Bekämpfung und Tilgung notliwendigen Haßregeln vorzu-
schreiben. In Folge dieser Vollmacht sind dann der Milzbrand, der Rauschbrand,
der Rothlauf der Schweine, die Schaf- nnd Ziegenräude und die Poken der
Schate und Ziegen ein die Kategorie der Seuchen mit gemeingefährlichem
Charakter eingereiht worden.
Am 19, Jufi 1873 «hielt das erwittinte Gesetz eine Erginmng dnroh da«i
„Bundesgesetz beirrend ZusatzbesUniminuicn ~nrn Bnntle><iti$eiß über p<Ui0ei-
liche Maßregeln gegen Viehticm hen^ , welches den hlisenbahuen untersagl, un-
gereinigte Viehtransportwagen in Verkehr zu bringen oder weiter zu befördern.
Am l. Juli 1SS6 erschien dann noch das ^Bundeäge^eie betreffend eine
Amderung des Bundesgesetees vom 8. Februar 1&T2 über poli0eilieke Maß"
regeln gegen Viehseuohen''f welehes yorsehreibt, daß jedes in die Schweiz ein-
suführendu Thier dm Pferde», Bindvieh-, SchwMB-, S<iAiaf- und Ziegengeschlechts
an dtir Grenze durch einen vom Bundesrath ernannten patentirten Tli-eivirzt
uuter.suelit werden müs.se. — Eine biindesräthliche Vollziehnngsvcrordimn:: iuni
Yiehseuchengesctz erächien erstmalig am 25. Wintermonat 1872; bic viurdo
dnroh diejenige yom 17. ]>eaemher 1886 nnd diese wiederam dareh diejenige
vom 14. Oktober 1887 ersetzt. Za dieser letzten Yerordnang erließ dann der
Bundesrath am 1. Auguei 1889 noch eine „Instruktion betreffend daa beim.
Auftreten knd'igiöser und infektiöser Ihierkranhhiitcn zu beobachtende Z)«S-
infehtionsrcrfaUren und die anzua->:iidenden d)L'stnf<;ktio!ismdich .
Diese ganze Gesetzgebung beruht aut der Voraussetzung oder vielmeiir
anf der Tbatsache, daß die Verbreitung der Tfaiersenchen dnreh Ansteeknng,
d. h. durch Uebertragung eines fttr jede Krankheit spezifischen Ansteckungs-
stoflTes erfolgt. Bei Rinderpest, Lungenseuche, Maul- und Klauenseuche, Rotz und
Wuth ist spontanes Auftreten im eigenen Lande nicht j)achweisbar. Die An-
steckung ist stets direkt oder indirekt auf Einfuhr des Anstedt nngsstoffcs aus
dem Ausland zurückzuführen, wenn auch der Weg, den derselbe genommen hat,
nieht in jedem Fall aktenm&ßig nachgewiesen werden kann. Obwohl bei den
mmsten seuchenartigen Thierkrankheiten der AnsteckungHstoff als kleinstes Lebe-
wesen (Mikroorgarusmeii ; Coccen, Bacterien oder Bacillen) erkannt, dargestellt
nnd seihst gezuehtct wurden ist, gibt es immer noch Leute , welche die An-
steckung leugnen und die Seuchen auf andere Ursachen zurückzuführen suchen,
wie z. B. auif die Wittemng, auf den Dttngungszustand des Bodens, beriehunga»
weise auf Mangel an ^osphor im Futter, auf Mangel an Reinlichkeit n. A. m.
Vielueochenpolizei
— 871 —
Viebseucbenpolizei
Ks kann nicht geleugnet werden, dali derartige F.inflllss»'! auf die Vcrbrei-
von Seuchen wirken können. Schleclite Futterjahre haben schon die Folge,
daß die im Viehstand enttitehende Lücke »puter einem grüßern Vieh verkehr
ruft, welcher der Seuohenverbreitang TorBohnb leietet. Darob AuttrodtBeti naaaer
Stellen auf Alpen und Weiden eind Fälle von Rauscbbrand erfahrungHgemäß
vermindert worden. Die Sonne seheint ebenfallH desintizirend zu wirken. Kegen
kann den AuHteckungsstoff fortspiilen oder bis zur Unschädlichkeit verdiinnen.
Immer aber kann eine ansteckende oder seuchenartige Krankheit bei einem
Thiere nur entstehen, wenn der specifisobe Ansteckangsatoff auf daaaelbe Über-
tragen wird. Die ViehModienpoliMi muß deshalb dahin etreben, die Einaohlcppnng
und die Verbreitung des Ansteckungsstoffes nach Möglichkeit zu verhindern.
Als oberster Grundsatz gilt das Verbot i.hj.i Verkehrs mit Ifanstli>fren^ welche
an einer ansteckenden KrankhrU hiden, oder <!ur''U Beruhrun'j mit S'4chen
die Trai/er eines Änsieckunysstoffeif sein können. Damit dieses Verbot gehaitd-
habt werde, eehreibt das Gesell die AtuetgepfiM und die beiitfindige Komtraie
des Viehverkehrs vor. Die Ei^thlimer von Hanstbieren, die TbierXrste, die
Viebinspektoreii, die Fleuuheebaaer, die übrigen Gesondheitspoliceiorgane, die
Pohzeiangestellten, sowie alle Diejeni'j* n. welchen die Obhut und Pflege der
Hmisthiere Uberbunden ist, sind verpliiehtet. d(»r Gemeindebehörde »lr«j Wohn-
ortes suiurt Mittbeilung zu maciien, wenn uuler dem Viehstand ein i:uil einer
aneteelcenden Krankheit auftritt oder wenn das Yorhandenaein eines eoleben
Falles vermutbet wird, ebenso wenn Vieh in direkt» oder indirekte Berttbrung
mit einem infizirten Thiere gekommen ist.
Jedes in den Verkehr gebrachte Thier des Pferde-, Rindvieh-, Sehwein-,
Schaf- und Ziegengeschlechtes muß von einer amtlichen Urkunde begleitet sein,
welche darthut, daß da» betreffende Stück oder die Heerde, wenn es Kleinvieh
oder Sömmerangevieh betrifftf ans Ortaehaften kommt, in welchen keine poli-
zeiliche Beachrinkang des YiehTerkehn besteht. DicHe Urkunden, Gesundheiis-'
oder Ursprungischchie genannt, werden von den Viehinspektoren ausgestellt,
haben eine beschriinkte Gültigkeit von 14 Tagen für die Thiere d«H Pferde-
gesohlechtes und von G Tagen für die Übrigen Thiere { sie verlieren bei kland-
Jindernng wenn dieselbe niebt auf einem Sffentliohen Harkte gesehieht —
ebenfalU die Gültigkeit und sie mttssen binnen swei Mal 24 Standen dem Vieh-
inspektor des Kreises abgegeben werden, in welchen die Thiere eingeführt wurden.
Jeder Kanton ist nämlich in Inspekilomkrchc eingctheilt mit jis einem
Viehinspt'ktor und seinem Stellvertreter. iJieser Beamte htellt nicht nur die Ge-
sundheit«- oder Ursprungsscheine aus, sondern er nimmt dieselben, sowie die
von den eidgenSssiseben Grensthierftnlen angestellten Passirsebcine, wie oben
henerkt, auch ein .und fahrt Uber den Aii^pmg und den Eingang eine gMiane
Kontrole, Der Viehinspektor braucht nicht nothweudig ein Thierurzt m sein ;
wenn immer mllglieh ernennt man indeß Thierürzte zu Viehinspektoren.
Wenn ein Fall vuu auHteckender Krankheit der Gemeindebehörde zur An-
zeige gebracht oder ein solcher Fall vermutbet wird» so muß sofort das Gutachten
eines Tbierantes eingeholt und müssen unvenO|^ieh die geeigneten Ha0aahmeii
sur yerhindemng der Ausbreitung der Krankheit getroffen und der Viehinspektor,
sowie die zuständige Polizei- oder kantonale Sanitätsbehörde hie von benach»
rieht igt werden.
Die kranken und verdächtigen Stücke werden unverzüglich abgesondert
oder abgesperrt. Die kantonale Behörde bat Uber die Ausdehnung dieser Maß-
nahmen xn entscheiden, indem
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Viehsenchenpolizei
— 87Ä —
Vietueuchenpolizei
1) dunli BuMetsnng aaer „enUn h^MonaMOAC** 9a» Absosonclenideii und
»bsittpwrttiidmi StiUle, Otftlidhkwtem, Weiden, Alpea and W«ge b«mkh&et
werden;
2) 7!or Verhinderung der Ausdehnung der Krankheit um diese Zone herum
eine weitere HOgeuaaute ^Schulz- oder Skherheitszone" festgesetzt winJ.
Bot ViehrttMd der< xwmtoi Zone darf weder ans der betrelDnideii Ortacbafl
Ibrtgelldirl noch feilgeboten^ wohl aber za den landwirtluicbaftlicheQ Arbeiten
▼ernrendet und auf die in der Nähe der Gehöfte liegenden Weiden geführt
wpf^pn. Der Transport znr Schladithank i-^t unter der Bedingung gestattet, da&
dertieibü unter polizeilicher Aufsicht etattündet.
Thiere, welche in Folge einer kontagiöaen oder infektiösen Krankheit ge-
Bohladitet worden oder nmgeetanden eind, mttaeen dnreb Thierbste se^drt ond
eyentaell oiiter thierärztlicher AnCsitdit beseitigt werden
Die Heilung eines jeden Falles an Maul- und Klauenseuche, Rothlauf der
Schweine, Rände und Pocken der Schafe und Ziegen muß ebentalls durch einen
patentirten Thiemrzt konstatirt werden. Erst nach dieser Feststellung and nacb
einer Frist, deren Daner von der Art der Erkrankung abhängt, können die
Thiere, die mit denselben in Berfllirnng gek<Hnnienen, Gegenetinde nnd Weikseuge^
und die OOTtlichkeiten, in welchen dieselben sich befanden, gereinigt, drshifigiri
und die gesun üu itspolimiliohen Haftnahmen (Sperre pBann], Abeonderang)
aufgehoben werden.
Es würde zu weit führen, auch noch die „Besonderen ge{/en die cinzeimn
Xrankkeilm mu treffauh» Mi^huikme»'' darebanbespreciien. En mag nur erwihnt
werden, daß bei Binderpeat, Lnngeneew^ Bola nnd Bantwnrm nnd Wnth keine
Heil- oder Impfversuebe gemacht werden dürfen, »ondem, daß kranke, ai^e-
steckte und yerdRehtifre Thiere sofort zu bcHcitigen sind. Zum Schutz geg'en
Rauschbrand wird in mehreren Kantonen das jung!' Wt idvieh geimpft. Dagegtu
kommen Impfungen gegen llikbraud und gegen Rotblauf der Schweiue nicht vor.
Monatlieh swei Mal bttiditen die kntonalen Sanitiltsb^Brden an das mit
der YiehHaoitXtBpolizei betraute eidgenösdeohe Landwirthschaftsdepartement tiber
die im Kautonsgebietc konstatirten Fälle ansteckender Krankheiten, deren Ur
Sprung, das Ergebniß der Untersuchung, den Yerlatif d»^r Krankheit und die za
ihrer Bekämpfung und zur Verhinderung der Ausbreitung getroffenen Maß-
nahmen. Außerdem soUen diese Berichte oder ViehseuchenbuUetins die Angabe
der Gesetnstlbertretangen, sowie die Angabe der verhängten Bnßen enthalten.
Aus diesem Material wird das eidgenössische Vieh»€«ehenbuUtHn gebildet,
welches ebenfalls monatlich zwei Mal in je ca. 9000 Exemplaren nnd in den
drei Landessprachen erscheint.
Es bestehen dann noch besondere Vorsobriften Uber den ViehTerkehr auf
E^eHbeiknen nnd anf M9r]U$n, Ea dflrfen nur Thiere mit QeenndliätBtelidnen
(Pferde aufgenommen) anf den EiaeobahmNi Terladen werden. Eiembahnwagen,.
Rampen etc. sind nach jedesmaliger Benutzung sorgfältig zu reinigen und zu
dcsinfiziren. Die öffentlichen MHrkte .sind durch patentirte Thierärzte zn beauf-
sichtigen, welche alle Thiere ohne Rücksichtnahme auf ihre Herkunft beim
Zugang zum Markte zu untersuchen haben. Jedes Thier muu iiberdieß von einem
gültigen Geenndheita- oder Pasaireohein begleitet aein. Handrhandel mit Bind<^
vieb. Schafen, Ziegen und Schweinen iet verboten.
Kranke und verdiehtige Thiere werden an der Grenze dnrch die Grenz-
thierärzte zurückgewiesen; ebenfalls diejenigen, welche Dirht mit den Torge-
schricbenen (iesundheitsscheinen versehen sind. Es kommt leider nur zu oft vor»
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Viehseucheiipolizei
— 373 —
Viehseucbeapolizei
daß Thieie, welche den Ansteckungsstoti, tlie Krankheit im Zustande der Inku-
bation bei ttiüh tragen, bei uns eingeführt werden. Sind derartige Fälle sahl>
reioh, m muß die Einfuhr von Tieft bmehrUnki od«r «erfto/e» w«rd«ii. Auch
wird die Quarantäne am Bestimmungsort vorgMohiMbsii. IMe dieser QuarantSne
«u unterwerfenden Thiere müssen direkt von der Grenze weg an den Bestim-
mungsort gebracht werden und dort mit dem gesammten Yiehatand des Besitzern eine
beatimmte i^Vist, in der Regel 10 Tage lang dem Stallbann (Gehöftsperre) unter-
liegen. Zur bessern SeBofticlitigung dieser Maßregel werden di« dcör QittraatKiM
SU unterwerfende Hindvieb und, die Schweine mit dem Dttnmbrand und die
Sohafe mit einem Farbstempel gekennzeichnet. •
"Wenn die Vorschriften, wclrhf Gasetz und Verordnung aufstellen, überall
genau befolgt werden, so sind Seucheneinschleppungen zwar nicht zu vermeiden,
wohl aber Seuchen Verbreitung. Die Kontrgle des Viehverkehrs stempelt nämlich
die adiweumrisdie QewtigttlNing mr besten die ee gibt.
Mit der Anafllbrang steod es leider frllber melit ttbemll am besten. Bieee
ist nämliob Sache der Eantone, indem der Bund wohl legiferiren und Seuchen-
kommissäre ernennen nn<l abordnen kann, aber mit Ausnahme der Grenzthier-
ärzte keine andern Orgaue der Sanitätspolizei besitzt.
Früher waren eine große Zahl Kantone vom Vorkehr mit ausländischem
Yieh wenig oder gar nicht berührt und Seuoheneinechleppungen deshalb lelfen,
folgUoh das Intere!«e an der Viehseuchenpolizei gering. Seit ErOffhung des
Gotthard- und Arlbergtannels, seit der gewaltigen Vermehrung und Verbesse-
rung der Terkebrnmittel hat sich ebenso gewaltig der Viehverkehr vermehrt
und damit die Ansteckungsgefahr.
Am besten dürfte wohl die Seuchenpolizei in den frtfliem Konkordats-
kantouen gehandhabt worden sein. Das Bedttrfoiß «ner aolohen madite sioh in
diesen Kantonen auenst gelteud; die Formalitäten lebten sich dort seit längerer
Zeit ein und der Nutzen wurde von den Yiehbesitzern schon länger anerkannt.
Das Gesetz und die ursprüngliche VoUziehungsvcrordnung von machten
noch Unterschiede in den Maßnahmen je nach dem Herrschen und Nichtherrschen
voa Seuchen. Dies ereehwerte auch sdir die Yolliiehung und es muß als ein
großer Fortschritt betraohtet werdeD^ daß die VoUsiehungsTerordnnng vom 14.
Oktober 1887 keine „seuchenfreie" Zeit mehr anerkennt, sondern in Besug auf
die Gesundheitsscheine und die Dauer ihrer Gültigkeit, die Untersuchung an
der firenze, die Reinigung und Desinfektion der Transportmittel u. s. w, stets,
zu aiicu Zeiten und unabänderlich die gleichen Mai^uahmcn vorsieht.
Yersohieden je naeh dem Grad der weeheelnden Gefthrliobkdt ist nur
die Behandlung des attsUttdisehen Viehes. Aber aueh bei diesem würden sioh
dauernd strengm Maßregeln reditfertigen. Als die zweckmäßigste wäre wohl
die Quarantäne am Beslimmnnesort für alles fremde Vieh zu betraehten. Das
Schlachtvieh, au welchem einzig ein Einfuhrungsbedürfniß vorliegt, würde durch
diese Maiiregel nicht betroffen, indem die sofortige Abschlachtung desselben nicht
nur nicht verboten, sondern erwttnsdit iai. Die Quarantäne wttrde aber den
Verkehr des fremden Viehes auf den UKrkten ttberhanpt so lange verhindern,
als dasselbe anstecknngsfähig ist.
Je dauernder, gleichmäßiger und vernünftiger oder vielmehr verständlicher
die angeurdneteii Maßnahmen sind, desto eher kann deren Volbiehuug erwartet
und erwirkt werden.
In neuester Zeit hat die Seuohenpoliiei in der Schweis wesentUdie Fort«
schritte zu verzeichnen. Dies ergibt eich schon aus der Vergleiobung nneerer
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TiefaseuehenpoUzei
— 374 —
Viehaeuchenpolizei
äftucheufltatistik mit derjenigen der angrenzenden Länder, namentlich aber auch
ans der Tlmtsaclie, daß in sehr wenigen Kantonen die 8euehenfdlle sic)i jeweilen
Uber mehrere Stiiiie einer Gemeinde verbreiten. Fast immer kann die Krankheit
lokalisirt und auf je mimii bis swei StSlle beMfavKnkt werden.
Za wlinsohen wSre nodi in vielen Kantonen nne genauere üeberiraelinng^
der Viehverkehrskontrole Kantons- oder Bezirkfithierärzte sollten regelmäßig
diese Kontrolen bei der Vieliin,s|>ektion prüfen ; denn die Viehverkehrskuntrule
ist die Grundlage der Seuchen polizei. Der g:ewiRsenhafte Viehinspektor wird nie
einen UrBprungsschein ausstellen^ ohne sich uut» seiner Kontrole zu versichern^
wann und mit weldiem Sebein dae betreffende Thier in «einen Kreb eingefttbrt
oder ob es in demselben geboren und erzogen wurde. Eigentliche Viehftauds^
kontrolen, wie solche einige Kantone der französischen Schweiz eingeführt haben^
lind in welchen jeder Viehbesitzer und Viehhändler sein eiprenes Kont« hat»
waren freilich den bloßen Vieh üer^cArö kontrolen , welche nur über den Aus-
gang und Eingang, soweit es den Verkehr jedes Yiehbesitzera mit andern In-
spektionekreiaen betrifft, an« mehrfachen GrUnden vorsuzieben.
Da laut Art, 3 des Gesetzes „rfer Verkehr mit llnusthier^n, die an einer
ansieckenden Krtinklirit leiden oder durch f/e>'-Jichene Ilrühnt nrj wlt s thhctty
TriUjer eines Anstei-kii)i(is>(offes sein können,- v e r b o t e n ist, so sollen die
Uebertreter dieses Verbotes, namentlich Händler, welche kranke oder angesteckte
Thiers eingeführt oder solohe im Lande Terbandelt haben, darch die KOetibidigen
kantonalen Behitrdeii erapfindlidi gestraft werden. Bandeerath and Bundeever-
Sammlung haben kürzlich (1891) darch Abweisung des Rekniees eines für ein
derartiges Vergehen vom Kleinen Rath des Kantons Graubllnden mit 500 Fr.
gebüßten Händlerf«, den Kantonen au^sdrUcklieh dieses Recht zuerkannt. Wenn
alle Kautonc vorgehen wie Giaubüuden, so würden Seucheneinschleppungen
und Yerechleppungen jedenfiiib seltener ▼orkommen.
WUnscbbar wSre ancht daß die Viehinspektoren, denen neben der Vieh-
seuchenpolizei noch je länger je wichtigere Aufgaben anf dem Gebiete der Thier-
Bucht, wie Bezeugung von Geburten, Bcanf-iphtigung von Zucht registern u, A, m.
Überbunden werden, eine höhere Kntschiidigiing erhielten. Die Viehsoheingebühren
sollten hiefdr ausreichende Mittel liefern und es ist offenbar besser, mittelst
dieser Gebühren tllefatige Organe fllr die Sanitätspoliaei an gewinnen, welche
Seuchen verhüten helfen, statt damit Voraugsweise Senehenfonda an Snfnen nnd
die Prophylaxis zu vernachlässigen.
Es .sind schon Fälle vorgekommen, daß in eineni trüber verseuchten Stalle
sp&ter die Seuche neuerdings auftrat, weil nicht oder nicht genügend desinüzirt
wurde. Es ist dies ein strafbarer Fehler des behandelnden und beamteten.
Thierantes.
Auch auf mangelhafte Deainfoktion von Eisenbahnwagen sind-schun Seoehen-
fälle zurUcligeflihrt worden Da können nur DesinfektionsHtationeti helfen, wo
der betreffende Dienst zentrali<irt und koutrtdirt werden kann. Gegenwärtig,
wo jede Ausladstation die Desirdektiuu vurnehmen muß, ist eine ausreichende
Ueberwachuug dieser Arbeiten unmöglich.
Sehr zu wttnschen läßt vielerorts, namentlich auf dem Laude, die Fieisch-
schau. Eine Besichtigung des zu schlachtenden und des geschlachteten Thierea
durch Thierärzte würde wahrscheinlich hin nnd wieder Seuchenfaile und Seuchen-
herde aufdecken, namentlich bei den Schweinen (RothiHuf).
Ob früher oder später noch andere Krankheiten auf das Veraeichniß der
sanitfttspoliaetlich an bekämpfenden Benchen gesetst werden, ist natttrlieb nicht
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Vidiseuchenpcrfizei
— 376 -
VolkfrariTthschaft
voraaBZURagen. Es wird vou verschiedener Seite dies für die Tuberkulosis ge-
wÖTischt. Leider be«itzpn wir norh kein Mittel, um diese Krankheit am lebenden
Thier mit Sicherheit zu crkcriiien. Die tinanziellen Folgen , welche allfällige
Tilguugsinaüregelu dem Staat und dem Yiehbesitzer bringen werden, sind noch
niolit genügend gewürdigt wordea. Eine radUnto Beklmpfuug, wie dies bei der
Lungenaenohe, der Rinderpest, der Wath, dem Rots o. «. yorgesdirieben
und durchführbar int, ist bei der Tuberkulosis jedenfalls unmIJglioh, weil der
Ansteckungsstotf niemals vollst;indii^ beseitigt weiden kann, indem ja der Mensch
selbst denselben stets wie^ler verbreitet. Die ;imtliche Bekämpfung der Tuber-
kuloäiä muß uüthweadigerweise der allgemeiueu obligatorischen ViebversicheruDg
rufen.
Mit den größeren Forderungen in Besag auf Hisodhabong der Seuchen«
polizei, welche der Bund an die Kantone in den letzten Jahren stellte, sind
auch dessen Leistungen gewachsen. Seit 188G ericheint das Viehseiichenbulletiu
in bedeuten«! verbesserter Form. Dessen Zuverläs.sigkeit wird dadurch garantirt,
daß es allen kantonalen Sanit&tabehörden, allen Thierärzten, allen Yiehinspek-
toren, allen Zmtnngsredektionen und Privaten, welehe dasselbe wttnsohen, allen
Abonnenten des Bnndesblattes und der Schweiz, landw. Zeitsehrift, d. h. mehr
ala i)000 Le-;crn tmentgeltüch zugestellt wird.
Der Hund unterstützt Kurse für die In.-struktion der Vif-hinspektoren, gibt
B^iiträge an die Besoldung neuer Kantousthierarztstellea, an Uuarantäne^tälle in
der NMbe d«r Greese n. A. m. Bei AbsehlaehkoBg von sew^eoverdaehtigeBii
Vieh in FSllen von Lnngenseiiefae ist die Bandeskasse eher bereit, beisntrsgen
wie früher.
Dieses Entg(»2;pnkoramen wird erleichtert durch den eidgenössiseln-n Vieh-
seuchenfond, welcher seit 1888 au« den LIrberschUssen gebildet wird, weNlie,
Uber die Kosten der eidgüiulssischen thieriirztlichen Grenzuntersucbung hinaus,
▼on den betreffenden üntersuchungstaxen verbleiben. Am 1. Jannar 1892 be-
trog dieser Fond Fr. 229,685. 59. .
YiehvenIclieriiBgf* S. den voraasgegangenen Artikel « Versicherung " .
Yoies 6tr«itei de OeniT«. Es wurden erGffiiet: Am 1 Jani 1889 die
laoie 6eneve*St- Julien; am 11. Jnni Genive«6ernex ; am 21. Juli 1889 Bernez-
Laconnez; am 5. August 1889 Geneve-Lancy ; am H. September 1889 Genive-
St-Georges; am 15. ^fai IR'JO neneve-Ferney nni Geneve-Clu'itelaine ; am
1. Juli 1890 Cbätelaitie-V'ernier ; am August 1890 Laconnex-Eaumorte ;
am 16, OIctober 1890 Geneve-Curiiier, am 8. Dezember 1890 Eaumorte Chancy ;
am 29. Dezember 1890 Corsier-Veigy \ am 30. April 1891 Gen^ve-Vandesuvres ;
am 8. Juli 1891 Yeigy Donvaine ; am 2. Oktober 1891 Vandceiivres-Jnsiiy.
VoIkswirthsohAft« (Yerfasser Herr Dr. Trangott Geering, Chef der Schwei*
zerischen Handelsstatistik). Wenn hier beinahe am Schluß des Werk »eh
ein bcKOnderer Artikel unter dem Titel „Sehweiz V(dks\virth, schaff stehen sull,
so kann die Aufgabe desselben nur in der Zusammenfassung der in allen bi.s-
herigea Lieferungeu zerstreuten Elemente zu einem wohlgefügten Bau, zu einem
sjrstemataseh gegliederten Obersichttiebeo Anfriß der Schweis. Vblkswirthsehaffc
bestehen. Dabei wird ttaßerate Knappheit nm so mehr gereohtfertigt sein, als
für das meiste Detail ein für allemal auf die Spesialartikel dieses Werkes ver-
wiesen werden kann.
Ganz wird die Autgahe ffilieli auf Grnnd der hier nitdergelegteii Daten
nicht zu lüseii »ein, eiuöslheiis del^halb, weil seit ilem Erscheinen der Irüh-iren
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Volkswirthächaa — S76 — Volkswirlhschaft
Liflfemngeii mehrtre Jahre Terflotaeii sind, in denen, großentiieil» augeicgi dar oh.
das Yolkswirthsohaftoleztkon und nof demselben fafiend, eine «chSne Zahl werth>
voller Spesifttunteraachongen ersohieoeQ sind, von denen einige der neuesten hier
wenigstenfl genannt sein sollen') ; anderseits aber auch deßhalb, weil das Lexikon
seiner ganzen Anlage nach in verschiedener Hinsicht LUcken läßt. Zunächst
fehlt — nicht Uberall, aber vielerorts — die historische Fundirung. Diesen
Mangel hier in heben, wttrde Tiel an weit llihren. Es mag dies
besonderen Darstollnng um so eher vorbehalten bleiben, als das Volksinrtbsehefts-
Lexikon doch in erster Linie dem aktuellen Bedürfniß der Gegenwart gerecht
werden will. Auch ist das Feld für eine zusammeofasseude sohweixeriaohö Wirth-
sohaftsigesohichte noch nicht reit zur Ernte.
Sdiwerwiegendair ist fOr das Bedllifnift der Gregenwart der Kangel an ITer-
gleiohnngen mit den entspreohendeo Yerhkltniseen des Anslandea. Fllr den Zweck
dieses Artikels ist derselbe doppelt fühlbar: denn ohne diese Parallelen erhalten
wir nur eine relativ leblose Flachmalerei ohne [l-üff ml ohne Modellirnng.
Nur durch den Maßstab, den wir aus der Vergleicuung mit dem Au<4lande ge-
winnen, kann uusre eigene wirthschaftUche Lage ins richtige Licht treten. Diese
Ltteke maß daher im Folgeoden — mit Answakl nnd mit Beedirttukong anf
das Köthigste nnd auf das wirkliek Charakteristiaehe — seviel wie mSgliok
gededit wurden.
Es würden nun eigentlich an diese Stelle längere Auseinandf rsctznngen Uber
die kSchwierigkeit. ja Unmöglichkeit der Lösung der Äufgiibe hergeh aen. Wir
verweisen btatt detisen aui die bez. Ausführungen frof. Krämer» im Artikel
Laadwirthachaft, Seite 320^, II, welche in ihrer vollsten Ansdehnnng fttr die
Würdigung der Schweis. Volkawirthschaft Uberhaupt Geltung haben, und stellen
hier kurz zuaammen, was aar Zeit in Mhweiaenaoher Wirtbsehaftsatatistik ge-
leistet wird.
Die wirthscbaftliche Statistik der Schweiz bleibt im Vergleich zu dem Stand
der Sache in anderen LSndern weit anrttck. Abgesehen von den fikr alle volks*
wirthsehaftliohen Nachweise gmndl^ndea 10>, beaw. 8-jKhrlichen Berafe- und
Viehzählungen wird nur der Verkehr in seinen wichtigeren Aeußerongeo
auswärtiger Handel, Bfinkwesen, Eisenbahnen, Posten und Telegraphen von
Bundeswegen f\\r das> ganze tiebiet der Schweiz ermittelt. Dagegen figuriren
in jeder volki^wirthschaftUohen Gleichung fiir unser Land 2 unhekauntc Größen :
Prodaktion nnd Konaam. Nor ftr einige wenig belangreidhe Eneognisse, für
Pnlver, Sprit und Sals liegen aufolge bei. eidg. nnd kantonaler Monopole iesto
Daten vor. Im (Jebrigen ist die wirthschaftliolie nnd speziell die Pruduktionastatiatik
dem kantonaien, komunnalen, korporativen nnd individuellen Interesse ttberlaaseo.
*) Georg' Baumberger, Geschidite des Zeniralverbandes der Stickerei-Indostrie der
Ostsrhweiz und iie<( Vorarlberg und ihre wirthsehafU. nnd 80sialp<dili8dien Ergebnisse.
St. Gallen. Ha^selhrink, 1891.
Emil Frey, die schweizerische Handelspolitik der letzten Jahraehnte, in den Sehriften
Vereins für Sozi ilpolitik XLIX : die Handelspolilik der wichtigeren Kulturslaaten in
den letzten Jahrzehnten. Hd. I, Nr. IX, S. 451— 5U. Leipzig. Duncker <^ Humblot.
F. Mfdlcr. die Tuberkulös«- des Rindviehs und die Viehversicherung. Bern. 1891.
Dr. FI. Ilüe^'g, die Wirkungen der Sankt Gotkhardbahn. Ijeipsiger Disaertation.
Leipzig. Duuc-kei A' Huuihlot. 1891.
Dr. R. V. Tavel, die wichtigsten Aenderungeu in der LebonstiHltung der schwei-
::eri<;rhnn Hnrhgehirgsbewohner im Laufe des XÜL Jahrhunderts. Heidelberger DisseT'
talioii. Üern. 1891,
sowie die neuesten statistischen Auftoahmen der Stidkerei, der Baumwoll- und der Seiden-
Industrie.
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Vülkswiltiiscbaft
— 377 —
VollütwürUiäcbaft
Waa die Kantone leiaten, nird mAI 2 Jaluea Tom Eidg. Stat, Bnrean im
stet. Jafarbach der Sehweia geaammelt. Es ist faat aoaadiließlioh Agranfeatiatik der
Kaotone !9tri€h und Üern, Aargan, Tfaurgaa, Freibarg, Waadt und Neueobarg,
Übrigens von ebenso ungleicbem innerem Werthf^, wi? verschiedener AnRdclinnngj
der Ermittlungrtgebiete. Außerdem haben einigt [Iuu[)tindu8tnen, wie die ost-
scbweizerische Stickerei, die Seiden- und Bauiuwuliupiunerei und -Weberei zu
▼ersehiedenen Halen und in den aUerletxten Jahren wiedw gate eigene Er-
bebungen veranstaltet. Für andere Exportindnafariai geben die AuefubndffiHm
der Handelsstatistik wenigstens Anhaltspunkte, so namentlich fttr die Uhren-
indastrie und die Seidenbandweberei, währenr! die handelsstatistischen Einfubr-
äffern fdr eine Beihe autdändiscber Artikel Suhliiäiie mi den Schweiz. Consum er-
lauben. Endlieh liegen yon verschiedenen Seiten mehr oder weniger zutreffende
SdiStsnngen des Bedarle und der Produktion Tor» welche rasammengehalten mit
Ein- und Ausfuhr Schlüsse auf die Leistungen und in letzter Onie anf die
innere Kraft und Gesundheit der Schweiz. Volkswirthschaft erlauben. Besondere
Erwähnung verdienen unter diesen privaten und korporativen Schätzungen und
Bereohnangen diejenigen, welche anläßlich der ZUroher Landesausstellnng 1883
▼enaoht, in den btt. Faehberiohten niedergelegt nnd aeiüier zam Thttl wmter
geführt worden «iod.
YoUstSndiger und ihrer symptomatischen Bedeutung halber vielleicht nodk
wichtiger sind die Daten aus dem Gebiete des Sparkassen- und Versicherungs-
.we.seuM. Freilich geben dieselben nur für gewlssL- Kreise der Bevölkerung einen
Malistab zur üeurtbeiluug der wirthschaftlichen Lage. Die eigentliche Kapi*
talisation der sehweia. Volkswirthaohaft iMßt rieh absolut nioht anders messen
als vermufbangswmse nnd nnr gana im Allgemeinen nach drai Stande der aaa>
ländischen Wechselkurse, weiche seit 1889 Tom Inspektorat der aohweis. Emis-
sionsbanken genau verfolgt werden.
So bleibt es denn für den Schweizer, trotz der geringen AuHilehuuug des
Xjandes und der relativen Eiufaubheit der bchweiz. Volkswirthüchaft , viel
sohwieriger, als beispielsweise für unsere 4 Nachbarn, ein Bild von der wirth-
schaftlicbeu Lage des I«andes und von der gesammten Leistungsfithigkeit unserer
Volkswirthscbaft zu gewinnen. Jeder derartige Versuch wird mit approximativen
iiebsungen, ja mit Schätzungen zu rechnen haben, und wird anoh davon abge-
sehen Lücken und Mängel genug aiifwei(^en. Doppelt prekär wird der Abscfaluii
dieser Arbeit gerade im gegenwärtigen Augenblick, wo die Resultate der BeraÜB-
zihlung Ton 1888 nooh nicht bekannt, aber ihrem Abschluß gans nahe sind.
Wenn wir trota dieser entmntbigenden Sachlage eine Losung wagen, so geschieht
es mehr nnr, nm die Frage in dieser Allgemeinheit Uberhaupt in Fluß zu
bringen. Und wurde auch nur der Widerspruch derer geweckt, die es da und
dort im Lande herum in manchen Interessenkreisen besser wissen, go wäre dieser
Zweck erreioht
*
Der soeben geschilderte Zustand der wirtlischaftlichen Statistik der Schweiz
ist nicht liur bezeichnend für das vorherrnchende Interes-f an der Ermittlung
wirthschaitlicher VerbaltaiüMe, sondern Überhaupt schon an aich charakteristisch
fUr die Eigenart der schweiaerisdien Yolkswirthaohaft. Die bmden Haupttheile
der wirthsohafkliohen Bundeastatistik : Yiehxählangen einersoita — Handels- und
Terkehrsstatistik anderseits - betreffen oder beleuchten ^eichneitig die beiden
mächtigsten Grandpfeiler der sohweizwischen Yolkswirthsdiaft. Aus der Yieh-
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Volkswirtbschafl.
— 378 —
Volks wirlhscba ft
Haltung fließen Ys der ge^iamteD landwirthschaftlichen Werth prodnktion, währead
die Verkehrsstatistik die expansive Thätigkeit der scbweizeriBohen Bevölkeran^
iHiifltriTt^ dnroli die aOein du kleine reUtiT wenig ergiebige Land eine so groß»
Einwohnerzahl emShren kann.
Wir treten nnnmehr den einzelnen Hauptgrappeo wirthecbaftUcher Thätig«
keit näher.
/. Die urproduktiven GmtuUoffen,
Der BodMi bietet der Bevölkerung außer dem Bau- und Bindematerial nur
/s — '^'^68 Salzbedarfs nnd auch das erst sf>it den 1830er Jahreu. Dagegen
fehlen die fandamentalf n industrieUen Rohstoffe theils von jeher K ihle), theils
infolge Erschöpfung und Unrentabilität der Lager (Silber und Kupfer, Nickel,
Blei ete., in dw Hanptaaobe auch daa Eiaen). Die Kohlen- nnd Eieenpro-
daktion, ▼oUends die der andern Metalle ist yersohwindend klein gegenttber
dem Bedarf.
Die Vegetation würde bei ausgiebigerer Varwerthung in erster Linie ge-
nii^':''!!'! Holz für den Bedarf des Landes, ja einen erheblichen Ueberschnß znm
Export darLtieteu. Doch fehlt es noch an <\pu nJithigen Verkehrsmitteln, um
alles Wachsthnm zu verwertheu, zumal im Jura und in den sttdliclieu Kantonen.
Anoh die Yerwerthung de» Holzes durch Rednktiim des Yolamens anf Kohle ('/«)
st noch nicht in dem wilnschbaren J^laße au^ebeutet.
Von den Handelsgewiichsen ist vorläufig nur der Tabakbau von rtwehli.-r
Bedeutung. Er liefert '/s — V* ^''^ Landesbedarfe Dif Seidenkultur rentirt
nar in gewissen Theilen des Kantons Tessin. wäre dort al)er wohl noch größerer
Amdehnang filhig. üanf und Flachs werden wenig mehr gebaut und aneh das
FJeehtatroh wird großentheile vom Aoslande bezogen. Ebenso der Landesbedarf ui.
Ocl. Iloffnungsvolle Anfänge der Obst- nnd Gemilseverwerthung reifen im vordem
Wallis und aiKlerwarts horan. nu'l neuestens wird der Harschboden des Itbone«
deltas der Kultur der Zuckerrübe unterworfen.
Doch das sind Anfänge, deren Krtolg erst abzuwarten bleibt Bisher hat
sich die Bodenkultur in der Hauptsaebe weniger anf die ^ndelspflanzen als
vielmdir anf den Fntter-t Getreide-, Kartoffel-, Obst- und Weinbau erstreckt
nnd zwar tiberwiegt deu natürlichen Bedingungen des Bodens und des Klimas
zufolge VOM jeher, namentlii h aber in den letzten 20 Jahren seit der starken
Konkurrenz dt s russischen und amerikanischen Weizens, der Puttarbnu durchaus.
Von der gesauimteu über 500 Miil. Fr. betragenden .lahresproduktiun der Schweiz.
Xiandwirtbsehaft bringt die Henproduktion ttber 7^ {M'2i, besw. brutto
392 Mill. Fr.), während auf den Getreidebau nur 14 "/o (70 Mill. Fr.\ auf
d. n Wein 9 7o (46 Mill. Fr ), auf Kartoffeln 7 «/o (85 Mill. Fr.) und anf
Obst 4 % (21 Mill. Fr.) entfallen.
Aus diesem Thatbestand ergiebt sich folgende Gestaltung der scbweizerischeu
Ernäbrungsbilanz.
Der einbeiniische Getreidebau reicht nicht einmal mehr fär die Hilfte des
schwei/frischrn Bedarfes hin. Ebenso in den letzten Jahren die Weinpr iduktion,
während der laufende Jahrgang 1892 stark Bediirfes decken dürfte.
Dapeiren wird der Bu-darf an Kartoffeln und GemUse nahezu, der an Obst sogar
reichlich durch die eigene Produktion gedeckt. Die jährliche Einfuhr vou Kar-
toffeln und Gemttsen macht gegenttber der eigenen Prodnktion nnr wenige
Prozente ans. Und der Obstertrag giebt in mittleren nnd guten Jahren einen
betrSchtlichen Uebersohuß. Anno 1890 ist derselbe anf mehr als 300,000 q
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Volkswirttisebaft
— 379
Volkswirthscbafl
im Werthe tod 4 Mill. BV. gestiegen» anno 1892 dürfte er aich noeh htfher
Stollen.
Wäbn-nd wir somit in den Aktiven der Bcliweis. Erukhruugsbilauz gegenüber
dem Audkudtt im bebten Fall eioeo durchschnittlichen Export von Bodenprodukten im
Betrag von 5 Hill. Fr. m veneichnen haben, «tellon sieh Jahr für Jahr Passiva
ein im Betrag« von ca. 100 Mill. Fr. allein für Korn und Mehl, von 30 Hill. Tür
Wein, von 20 Mill. für Zucker, von 10 Mill. fiir Gerste, Malz und Hupfen,
von 8 Mill. für Hafer, von 2 Mill. für Kartoileln, von 1' ? Mill. füi- (i 'iiiüae
u. e. f. Alles in Allem beträgt das Netto-Puä^jivum der Schweiz. Nahrungäbiianz
allein an Bodenprodakton ea. 150 Mill. Fr. Daia kommen noch ^liebliche
Posten von Kolonialwaaren, üi erster Linie Kaffee mit 15 — 20 HiU. Fr., sodann
Thea und Oaoao^ SttdfrUchte n. a. m.
Dem steht nun seitens der Verwerthnnc; des Futterbnues iillerdiiig.'i iiueh
ein Aktivuui gegenüber. Aus den 70 — 80 Mill. q Ueu, welche die Schweiz
alljährlich produzirt, werden nicht nur für annähernd 150 Mill. Fr. Mileh und
Milohprodnkto nnd ht nngefilhr denselben Betrag SehlachtTieh an den eigenen
Konsam abgeliefert, sondern darUber hinans für 50 — 60 Mill. Fr. Milobprodakte
and für ca. 10 Mill. Fr. Nutzvieh zum Export erzielt.
Tiifütge der hochentwickelten Milchwirthhchaft reicht aber die eigene Vieh-
zucht luir etwa zu für die Mast des einhpiinis(;lun Fleischbedarf»? hin. Und
der Schlachtviehimport fügt den bereit« genannten Passiven einen weiteren Fa^ssiv-
posten binsn, welcher je naob dem Grade der eigenen Schlachtung in schlechten
Fatteijahren 30 — 10 Mill. Fr. beträgt» am in guten Heujahren, wo die Tendena
der VenaehrQDg des Yiehstsades vorherrscht, anf 50 Hill. Fr. nnd höher an-
znsleigen.
Nimmt man noch den Bedarf der Schweiz an fremdem Wildpret und Fischen,
Geflügel, Eiern etc. hinzu, so vermag die Ausfuhr der Schweiz. Vieh- uud Milch-
wirthsohafl der Einfohr allein an animalen Nahrangsmitteln kanm die Stange
zuhalten.
Wenn somit die Erträgnisse des Ackerbaues und der Viehzucht fiir die
B«di5rfnis8e der Bevölkerung lange nicht hinreichen, so stellen sie dennoch, auch
in unserer hochinduHtricUen Zeit, immer noch den fundamentalen Kern der vulks-
wirthschaftliübeu Kraft der Schweis dar. Dies gilt insbesondere vom Grasbau
nnd von der daranf basirenden Yiebaocht mit ihren 300 — 400 Mill. Fr. jähr-
licher Erträge.
In dieser die rjnnzc schweizerische Volkswirtliscbiift, alle ökonomischen
Kriitt« (It's Landes zuisamnienfus.'^etulen und gegen einander abwägenden ErJ^rterung
muß dies um eo schärfer betont werden, da die Leistungen der Lundwirthsehaft
in ihrer Bedeutung filr den Natiomdwohlstand noch immer alteuoft bei Hoch
und Nieder unterscbätat werden. Man ist geblendet nnd man läßt sich selbst
in maßgebenden Kreisen gar an gerne blenden durch die großen ZilTern der in-
dnstriellen Produktion und namentlich des industriellt ii Exports, welehe ja freilich
seheiiibar noch weit hoher in die 100 Millionen gehen, als l*roduktion und
Export der Landwirthschaft.
Dabei wird aber eben ttberseben, daß alU schweiaerischen Hauptindnstrien r
Stickerei, Seide, Baumwolle und Wolle sowohl wie Uhren-, Maschinen- und
Farbindustrie ihre Bohstotfe vom Ausland beziehen. Die Produktion der Land-
wirthschaft dnpegen gehört in ihrem vollen Betrage von einer halben Milliarde
in die jährlichen Aktiva der sehweizerischen Volkswirthschaft. Sie ernährt direkt
fiber 40 "/o der Bevölkerung uud liefert überdies weiteren ca. 30^0 der Gesammt-
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Voiksirirthachaft
— 3b0 —
Volkswirtlisctiafl
bwjllkening den Bedarf an den unentbehrlichsten Lebensmitteln, sowie eine Ani&iii
wiehtig«r Kobifoffe, wie Hols und Hänte.
In W&hrheit kann mit d«r landwirtMuiflfiolien Fkodnktiaii nur der Werth-
zu wachs, den die Industrie auf ihren meht MfliSndifloben Robstoffen daroli Uiii>
formung und Veredlang bewirkt, verglichen werdf>n, md dann tritt die Bedeutung
gerade der Großindustrie fbr die gesammte schweizerische Volkswirthschaft neben
der der landwirthschaft weit zurück. Dies hindert nicht, daü der Gewinn der
Indntlrie im G»nien genomnien mit weniger Aufwwd ▼on Arbeit enielt»
<iua1itativ also ökonomischer und für die Eepitalbildnng der sebweiierilohoD
Volkswirthschnft ungleich fruchtbarer ist als der Nutzen aus der landwirtfi-
Mchaftlichen Produktion, znmal in der gegenwHrti^pn ]'f'n'o(!p d( - T>arnipdfrlief^en8
der europäischen Laudwirthschaft, an dem auch dm Schweiz ihren Antheii hat.
Bewirkt ist dieses Darniederliegeu bekanntlich durch die Entwicklung der
Terkabrittittel, welehe die enüegensten «beneeisohen Gebiete dem alten europä-
ischen Kahnrboden auf wenige Tagereisen geniert and dadurch einer nngeabnten
Konkurrenz und Preisbaisse der wichtigsten Nebrnngsnutlel nnd anderer land-
wirthschaft lieber Produkte gerufen hat.
Etwaä besser als andere Länder stellt sich immerhin die Schweiz, weil sie
dem Schlage von An&ng an theilweise auswich durch ausgesprochenen Ueber-
gang vom Getreidebau gor Gras- Yieb- nnd MildiwirUisobaft. Es sind hente
viel weniger als sonst allerwärts — und frliher auch bei uns - die Getreide-
prmse, welche über Wohl und Wehe der schweizerischen Landwirthsohaft ent-
f-cheiden, sondern der Küseexport. Ks ist eine Thatsache, daß der Exportkiüso,
obgleich nur 7« — '/^ der gebammten Milchproduktion des Landes reprä^entirend,
dennoch der gansen Sehweii Hiren MUohpreis dikürt nnd damit alljihrUoh den
Aassohlag gibt Uber den Werth des Hanptpradnktes der sohweinerisiAen Land-
wirthsohaft.
Diese letztere steht daher auf einem wesentlich andern Boden als die Land-
wirthsohaft anderer Länder. Denn der Schwei^prkÜRe ist unter allen landwirth-
öchaftlicben Produkten einer der wenigen ausgesprochenen Luxusartikel. Der
Bedarf des Weltmarkts an Käse ist kein so konstanter wie der an firod, Fleisch nnd
Wein, er hängt vielmdir anfk engste meammon mit den «gotsn nnd schlechten
Zeiten" in den großen Industrie- nnd Handeloentren. Auf das jeweilige Schicksal
der schweizerischen Landbevl'dkerung wirkt somit hier neben dem Ausfall der
Ernten ein ganz und gar auLierbalh dem Bereiche der LandwirtliHelmfi gelegenes
Kleravnt bestimmend ein. in Zeiten industriellen Aufscbwungn mag die starke
Naohfrage nach KSse den Ansfall landwirthBchafUicher Fehljahre dedien helflNi,
treffen aber Hißemten mit scMechten Zeiten für Industrie nnd Handel zusammen,
so ist die Bedrängniß der schweizerischen Landwirthsohaft doppelt hart.
Deßbalb und wegen der immer zunebraendeii Ausdehnung der Vieh- und
3iilcUwirthscbaft in andern Ländern wird vtm den Berufenen neben aller Pflege
und Hebung der EKsefabrikation doch auch immer eindringlicher der BUckzug
▼on der allzn einseitigen Orientirung der schweiserischen Landwirthschalt aitf
die Ifilohproduktion gepredigt, nnd einerseits stärkerer Exportviehzucht und
Mästung, anderseits der Einführung der sogenannten Zwischenkulturen und IIandel^^-
[>flnn7:en das Wort geredet. Mit beiden sind, wie bereit« bemerkt, Anfange
gemacht. .Nicht ohne Belaug sind auch die oben erwähnten Erfolge des Obst-
«Sports.
Fttr die niehste Znknnft der sohweiaerisehen Landwirthsohalfc Terdienen
aber namentlich die meteorologischen Yeilndernngen die ToIIete Aofinerksamk^t.
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Volkaivirtbschafl
— 381 —
VolkBwirtbMhBll
Es ist eine anleagbare Thatsache, daß die ttberwiegendo Pfleg» der Hildiwirth-
scbaft in der letzten Zeit, dank den Witternngsverhältnisgen der IRSOer Jahre,
besonders gute Chancen hattf ; die starken Nicderyrliliige, welche die Mehlfrüi hte
in ansem Längen kaum zur Hartreife gelangen ließen, waren dem GraäwuchH
und somit der Mildiwirthscbsfl außerordentlich gUnatig. Voraussichtlich (oaoh
Penck nnd Brttokner) gehen wir nan in den nlohaten Jahren einer längeren
Trockenheitäperiode entgegen, ansoheinend »ind wir bereite mit dem laufenden
Jahre 1892 in flirsflbe eingetreten. TriHt diese Voranssage zu, so liegt darin
ein Grund mehr zum Aufsehen für die sehweiTierisrhc Landwirthscbaft und zum
Anpassen der Kulturen an die Witterungsverhältnit»^ der neuen Aera. Freilich
rw «iner Bttekkehr in größerem Hafotabe »m Ktoierhan daif man ndi nioht
alknviel Tersprechen. Da die eoliweizerisdie Hanpthrodfrnoht^ der Weisen, in
lUen Klimaten gedeiht, die bebaubaren Flfichen in Amerika, russisch Asien und
Indien noch lange nicht alle eiHchlos^en sind, und der Silherknrs durchaus noch
nicht auf seinem tiefsten Stande an^'elangt zu sein neheint, so haben dit- ^^Vi^ell-
preise auch bei gilutitigerer uieteorolugischer Coustellatiou keinerlei Aus»icbt, tur
Mitteleiiropa je wieder »o lohnend zu werden, wie ee Wein, Seide, Tabak,
Ztidner oder Kartoffeln sind. Die Vorgänge auf dem Weizenmarkt in den beiden
letzten Jahren lassen darüber für jeden, der sehen will, k 'inen Zweifel mehr zu.
Ebensowenig wird von trockenen .Tahren für die Obst- und GemUsekaUur oder
auch für einseitige Pflege dee» Futterbaues zu erwarten «eiu.
Heben der Auswahl geeigneter 8onnenkaltnren, steht dato ein rationellerer
Anshaa der Betriehaorganiution im Vordergründe; allgemeiner selbst ale bei der
Indttstriebevölkerung ist heute bei der echweizeriscben Ikuersame der Rnf nach
Zusammenschluß der gleichen Interessen zur Vereinfachung und Vcrbilligung der
Ankäufe, in diesem Fall nhn der Samen-, Kraftfutter- und DUngerbeschafTung,
zur Ermöglichung der Haltung edler Zuchtthiere und auuh schon zu solidaribüher
Preishaltnng im Absata der Produkte (Klae, Obet, etc.). Diese Bestrebungen
werden durch die Kantone nnd von Btmdeswegen nntersttttat dureh FlaßkorrektioDen
und Entatimpfungsarbeitcn, im Hochgebirge durch Lawinen- und Wildbachver-
bannnn^en, dureh Aufforstungen, durch Erleiohteruiig des laudwirth^^chaftlichen
Cn-dits etc. Bi'i der großen Bedeutung der Viehzucht sind aber besonders die
Maßregelu zu deren Schutz und Förderung zu betonen; die Kinrichtuug der
agriknltnrchemiaohen nnd der Samenoontrolatation am Eidgen. Polytechnikum,
die Einftthmng Ton Einriohtnngen zum Nadiweis der Beinzucht, die Prämirung
schöner Zochtthiero und guter Weiden, die Unterstützung landwirthschaftlicher
Sehtileu und Wanderv<»rtrage, eine strenge Seuchenpolizei im Innern sowohl wie
gegenüber dem Auslände, miigli« hster Ausschluß von minderwertigem fremdem
Zuchtvieh durch hübe NutzviekzüUe.
Leider fehlt zum rationeilen Aueban des System« dn widitiges Glied, um
dessen Besitz wir alle unsre Nachbarn zu beneiden haben ; die Möglichkeit einer
nationalen Tarifpolitik der Eisenbahnen im Sinne von Ditferenzialfrachten zu
Gunsten von lulandnvieh und andern landwirthächaftlichen Erzeugnissen. Durch
die Abstimmung vom 6. Dezember 1891 ist die Beseitigung dieses Maogels von
neuem ad Ealenda» graeoas verschoben worden. Nicht bo lange wird hoffentlieh
die KrOnung des GebKudes dtueh Organiaation der Viehvereicherung ÜHt'b gante
QeMet der Eidgenostienscbaft auf sich warten laezen. Damit wäre dann gleich-
zeitig, statt der bisher ze Imjiihrlicben und stets anormalen Viehzählungen, die
Möglichkeit jährlicher Ermittlung des Viehatandee zu der £Ur jede Gattung
charakteristiiMihen Jahreszeit gegeben.
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Vdkswirtbschafl
— 382 -
VolkswirUisehaft
Vit Hebnng der Skonoinisohen Lage des Landvollu Uraucht dch aber nicht
auf diese rein landwirthHchaftliclieii Maßnahmen zu beHchränkeo. Immer kate-
gorisdier fordert die Zeit elue Ergänzung der landwirthschaftlichen Betriebsamkeit
durch anderweitigen Nebeu- uud Wiutererwerb. Drängt doch die ganze
Katwicklung der modernen TroduktioQ grundaStslich auf immer ra^chereu, häutiger
wiederholten Umeats. Yon allen Erwerbearton «etat alleio die Laadwirtbschaft, dem
«nabltliderlichen Kreislauf der Jahreeieiten zufolge, ihr Kapital nur einmal jähr-
lich um. Bei der jährlichen Gefahr von Mißernten, wird ihr Stand Jahr für
Jahr schwieriger. Mehr als je erfordert nie ein Correctiv durch regelmäßiger
fliesiiende Verdienstquellen mit rascherem Umaatz der Produkte. Und wo die-
selben nicht darcb Yiehhandel oder Fremdeniadostrie gegeben sind, da ist in der
Kegel die Herannehung de« Landvolk« cur indnatrieilen Produktion am Platze.
Bei der Auswahl solcher Erwerbearten ist fUr die Schweife von vornherein
die sonst so weitverbreitete und belangreirhe Gewinnung mineralischer Roh-
stoffe - mit Ausnahme der Baumaterialien — sozusagen gänzlich ausgesrhlosBon
durch die außerordentliche Armuth des schweizerischen Bodens an Mineralien.
80 empfindlich dieser Mangel Ittr das Ganze der sobweiaerütchen yolkswirthschaft
iüt) 80 wenig wollen wir ihn im Interesse derjenigen IXndticben BevOlkemngs*
kreise, aus denen «ich eine schweizerische Knappschaft in erster Linie rekrutiren
nüi.sste. bedauern. Wohl iniis^cn wir Eisen und Knhb'n dem Ausland heute noch
teuer bezahlen, und namentlicli die Frachtvertf iienint!: der Kulileu unterbindet
vielen suhweizerischen Industrien einen regereu Wettbewerli aiU" dem W eltmarkte.
Dalttr kennt aber auch die Schweix glQoklioherweise nicht das Uassenelend des
Kohlen- nnd Eisenbergbaas. Und unser Standpunkt darf hier nmaomehr der-
selbe sein wie gegenüber dem Getreidebau, als die Schweiz in ihren Wasser»
1 r'ift»?n, vereint mit der eleklristhen Kraftübertragung, einen Ersatz für die
iremdc Steinkohle und damit einen Schatz besitzt, der ganz ohne soziales Massen-
elend der Hebung harrt, einfach durch eine stärkere Anspannung der ohnehin
schon bltthend<m schweizerischen Haechinenindustrie. Das Vorgehen der Stadt
Genf sollte in dieser Bi^ziehung bahnbrechend und wegweisend fU.r die gesammte
eohweizcri-< In Yolkswirthschaft sein.
Di " rn btige Ergänzung des landwirth-^ehaftlichen Erwerbs dürfte nach wie
vor am ehesten zu suchen sein in der Hausindustrie, im Sinne der Ver-
edlung und Umformaug indttstrieller Rohstoffe oder Etalblsbrikate. Ohnehin hat
ja die Hausindnstrie schon seit Jahrhunderten in der vorderen Schweis und
Sttddeutscbland vielleicht ihre stärksten Centren gehabt. Und neben oder ent-
gegen einer mäohtigeu Zeitströmung, welche heute theils als Konsequenz der
mechanischen Betriebsweise, theils ganz im Gegentheil im Namen der sozialen
Gesetzgebung, die örtliche Concentratiou der industriellen Produktion, die Opterung
der ISndliohen Haueindostrie fordert, besteht auch heute noch seitens einsi<^tigar
nnd anfrichCig gutgesinnter Fabrikanten die bewosste Tendenz, die Hausindustrie
auf dem Lande selbst mit Opfern aufreclit zu erhalten, als lebendigen Protest
gegen die H(»zialen und pittlii lien 3Iilistäude de^J ungestümen An\vai h>rns des
städtischen Proletariats und zu^'leieli als ökonomisLlib Wohithat lür die läiidlitdu*
Bevölkerung. In beiden Beziehungen wird uittu den positiven Werth dieser
Tendenz rOekhaltlos anerkennen mttssen, und vom Standpunkt der Landwirth-
schaft aus gesehen, muss die Erweiterung bestehender oder die £infUhrung neuw
ländlicher Industrien unbedingt gefordert werden.
Unleugbar sind damit nnehtheilige Folgen für die soziale Lage der städt-
ischen Fabrikarbeiter verknüpft. Die bescheideneu Ansprüche der ländlichen
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VolkswirLfascbafl
VolkswirthscIiaJ't
Industriearbeiter an Loim und Behaglichkeit, Überhaupt ans L&ben, häogeti sich
fltets' wieder nea wie ein Bleigewicht «d die wohlbereohtigte Standesbewegung
der Arbeiteracliaft in den Städten. Auch erregt die Unkontrolirbarkeit der Haaa>
indnstzie iobezug auf Fmnen- nnd Einderarbeit, auf sanitarische VerhältniHse
etc. gerechte nedenken. Vom Stiuidiiiinkt der Landwirtbschaft aber muß das
alle» weit zurücktreten hinter der viel dringlicheren Fürsorge für Hebung des
ökonomischen Niveaus des Landvolks. Denn so tief aach die durchschnittliche
Lebenebaltang dea hansindnatrielleii Landvolk» nnter derjenigen der etldtisdien
Arbeiteraohaft steht, so hoch erhebt aie sich Uber diejenige industrieloser Gegenden,
zumal bei schlechten Ernten. Diese fortdauernde Differenzirung der städtischen
und ländlichen Lebenshaltung, die Thatsache, daß das Gros der Landhr völkrnnig,
obschon es dank der eigenen Bodenkultur oder Viehhaltung nicht gerade ver-
hungert, eben doch viel schlechter ißt und trinkt, wohnt and sich kleidet,
und dabei noch weniger erttbrigt als die stBdtiseben Arbeiter, kann gar nicht
eoharf genug betont werden. Wenn irgendwo, so ist zuerst hier mit staatlicher
Fürsorge einzusetzen. Insonderheit muss die soziale Gesetzgeltunf^, mtissru Unfall-
und Krankenversicherung, hoffentlich bald auch die Alters- und Invalidenver-
sicherung, diesen unzweifelhaft am meisten leidenden und am bärtesten geplagten
Theil der GesammtbeTQlkerang, der die gewerblichen nnd indostriellen Produceaten
an Zahl weit übertrifft, anbedingt in ihren Wirkangekreta etnbexiehen.
Eine gnt g l* itete und sozialpolitihch Uberwachte Hausindustrie ist Übrigens
nichts andere? als der organiwche Ersatz für den vor der Großindustrie immer mehr
dahinschwindt ndf'n uralten „ Hau.stleil.'»" der Fr;iuen und Mädchen auf dem Jj Ui ie.
Infolge des billigen Angebots der Fabnkwaare werden Spinnrad und iiaiid-
webstnhl fUr den eigenen Bedarf in sohweuEerisohen BaaembSnaern immer seltener;
bald dürfte auch die Stricknadel dieaee Schickaal theüen, ohne daß ein ebenso allgemein
gültiger Ersatz an die Stelle getreten ist. Wahr ist, daß der intensivere Land«
wirthschaftsbetrieb der Neuzeit auch irn Winter mehr Arbeit i'rfMril«M't Jeden-
falls aller bleibt je nach der Ko|d'zahi der l'^iunilien nnd dtMii l mt'.itig ihrer
Laudwirtlisehatt und ihres Viehstaudes eine Lücke ulieu, welche unter den heutigen
ProdnktionsverhKltniaaen durch gut geleitete Hausinduatrien am vortheilhalteaten
aosgefllllt wttrde.
iriit dem regelmäßigen, das ganze Jahr hindurch fließenden Verdienst, auch
in lan'lwirthschaftürhfn Feliljahren, bringt zudem die Han^ndustric nnmentlich
in die < :rl)irg>hövülkeruug eiueu regeren Erwerbssinn — ein nicht zu uuteracimlzcndes
Element, das dem auf sich selbst abgeschlosseneu Landwirth über dem jährlichen
Warten auf den Bodenertrag sonst gar na leicht abhanden kommt.
Wenn sich viele Hausindustrien aar Verbindung mit der Landwirthschaft
n. a. auch deshalb eignen, weil sie im Sommer zur Zeit der Ernte in der Regel
schwächer gehen, «so daß «jieh also beide Thätigkeiten gewissermaßen ahlHwpn
und aufs beste erganxeu, so ist das gerade Gegentheil der Fall bei der Fremdeu-
industrie, die so oft leichthin gepriesen wird, als die Fee mit dem Zauber-
staby als die wahre Skonomiache Crlttcksqnelle IHr die Gebirgsbewohner. Schon
aus dteeem Grunde kann sie kaum als Hülfe und Stfitze der Landwirthschaft
gelten, sondern vielmehr als ihr Feind. Die Hauptursache dafür liegt aber in
dem totalen Gegensatz der Erwerbsnrt; gcra le die schwerste nnd driiiiiendste
Landarbeit im Hochsommer leidet außerordentlich an der entki\iltciideu Kon-
knrrenx des relativ mtthelosen nnd unverdienten, mehr oder weniger zufälligen
Erwerbs von den Fremden. Hur wenige landwirthachaftliche Produkte, Hilch,
Obst, Eier etc. finden mit etwas besseren Proben Absata. Dieser Nntsen fOr die
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Volkswirtbadiaft
— 384 —
VoUnwirtlischafl
Landwirthschaft wird aber eben bei weitem aufgewogen durch den Schaden, welcher
daraus entspringt, daß die uatürlicbe, printitive Beschäftigung und Lebensweise nait
ihren aller bescheidensten Bedürfnissen alljährlich für wenige Wochen oder Monate
onterbrooheo irird daroh «ioe Period« fltlastger Grelder und weitgelmiArter Aneprttiiiie
BaA Leben, eia Vißverhältniß, welches das Bergvolk wirthscbaftlich wie moralisch
in seiner innersten Existenz ersebllttert und den Kinzelnen in diesen beiden
Beziehungen nur schwer mehr das verlorene Gleichgewicht wieder linden läwst.
Wegen dieses ihres intermittirenden Charakters, wegen der knrzen Dauer
mild der felativen Unwiitliaoliaftliolikat des doreh sie Teniiittelteii Tarfiflutei,
tarweist ddi die Fremdraiindiutrie ab wenig geeignet nr Er^iang der Land-
wirthaohaft. Faktisch wird die letztere viel eher von ihr untergraben Gate
Kräfte, gerade die intelligenteren Leute, werden der Landwirthschaft entzogen
und wenden sich dem leichteren Erwerb der Gasthaus- und Verkehrsgewerhe zu.
Ein großer Tbeil des Gewinnes aus diesen Gewerben fällt aber überhaupt weder
der Landwirthechaft noeh der LandbevSlkerong, eondem etftdtiBcheii Eapitaliaten
nnd Untemduneni m. —
Mit der Hang- und FremdeBtndmtrie atehen wir bereits auf dem Boden
der industriellen Produktion nnd oommeroielier DienatleiatiUDgeii. Wir fassen
zunächst die erstere ins Auge.
In die Weiterverarbeitung der von der Urproduktion de« lu- uud Auslandes
geliefSnien Bobstoffe m fertigen Verbravehaartikein dieilt sieh der Kleinbetrieb
fttr den localen Bedarf mit der Industrie. Di« Uebergänge Bd. L S. 732 f.
Gegenüber der 500 Millionen Fr. betragenden Werthproduktiou der Landwirth.^chafl
mag der durch das Gewerbe bewirkte Werthzuwachs nnf 300 Millionen, derjenige
der Industrie aut 400 Millionen Fr., wovon 300 Millionen Fr. zum Export,
▼eranaohlagt werden.
II. Dag bewerbe.
Das sebweixeriaobe Gewerbe hat in den letxten Jahrzehnten schwere Krisen
dnrehgemacbt. Die stolss Entwicklnng der Industrie schien der individuatistisohen
Manchestertheorii' Recht zu geben. Die sttnftigen Formen wurden ohne Ersatz
ahgppchafrt und die Beseitigung dieser Schranken von Hetlieiligfen vielfach
im Sinne einer falschen Freiheit verstanden ; nur nach ihrer negativen Seite
wollte man die neue Freiheit in vollen Zügen kotzten: man brauchte keinen
BeiÜhiganganadiweis mehr, slso brancbte man ttberhanpt niohts Solides mehr m
lernen. Dieae yerlottemng des Lehrlingswesens ließ das sohweiserisohe Hand*
werk, früher ein Glied der großen Zunftgemeinschaft deutscher Zunge, hinter
d^'in der "Naehbam weit zurilek bleiben. Besonder.s schwierig ist ceinc Stellung
gt'geuiiher den beiden Mutter iiindcrn unserer Kultur, Deutschland und Frankreich,
geworden. „Als Deutsciiiaud die Gewerbcireiheit durchführte, besaß es bereits
vortreffliche Fortbildnngsaohnlen und Frankreich hatte dacn eine mehrhandert«
jKbrige gewerbliche BlUthe". Deutschland gegenüber ist ferner an bemerken,
dass die Pause der Organisationalosigkeit in der Schweiz viel länger andauerte
als dort, indem sowohl die Abschattung der Zünfte früher gcf^ehah, alt) auch
das Aufsuchen neuer gesunder Formen später in Angriti genommen wurde.
Hiezu kam der Yerkehrsaufschwuug, der die internationale Konknrrenx in HU»
geahntem Hasse begllnstigte. Haltlos and lersplittert in eine TJntahl kleiner
und unter sich rücksicbtsloser Konkarrenten vermochte das schweiierisohe Hand-
werk weder Stand sa haltm gegenttber der Ueberschwemmnog mit dentscheii
') Die Redaktion theilt diese Ansichten des geehrten Verfassers nichL
Ligiiiz^od by CjOOöle
Volkswirthsrhatt
— 3«5 ~
Volkäwirthscbail
tiod fransüaiaohen Eneagnisada, noch auoh gegenüber dem EindriDgen leistuugd-
IKliigerar auliii^flolwr Blemente, wlhrend gteioliMitig «in Erwerlmweig moh
dem andern dem induBtriellen Groasbftmb anbwmso&llen drohte.
Da« alles 2:ilt natürlich weniger von den ürhiintfwerken, Bäckeru, Metz-
gern etc., als fiir Suhuster und Schneider, sowiü für die mechanischen und die
Baugewerbe im weitem Sinn, besonders für die Herstellung der verschiedensten
Hansgerftthe aod «odeni Gebiaaolii* und AnMt»ttangHgegen«tlade. Anf dieeem
Gebiete kommt a)a enkohwerendee Moment nooh der ümieliwang in Betrübt,
weleher in den Anforderungen des Publikums an geschmackvolle oder wenigstens
moderne, d. h. bald jährlich wechselnde Formgebung stattgefunden hat. Für
die lohnende Uerstellong vieler aolcher „Modeartikel" muli man uine« weiten
kaufkräftigen Absatzgebietes sioher bein. Bei uusern immerhin „beschränkten'
Verbftltniaaen bet der einielne Heister, KunsteohreiDer, KnnetseUoeaer etc., anoh
wenn er Tüchtiges leistet, einen schwuren Stand gegenüber den tonangebenden
Fabriken in den ausländischen Besidenxen. An die Herstellung feinerer 6Ias-
und Porzellanwaaren hat man sich in der Schweiz noch kaum gewogt, and
bolbst in Thonwaaren sind wir theilweise aufs Ausland angdwici^en.
Sollten benaere Zeiten kommen, so mußte vor allem mit der Phrase von der
abiolnten GewerbdMheit anfgerftnmt werden. Der eehweiseneohe Gewerbeverein
hat schon seit geraumer Zeit den Ruf nach der so nothwendigen Sanunlang erhoben.
Man hat einsehen gelernt, daß man mit der falnchen Freiheit des puren Indivi-
daalismos dem völligen Ruin zusteuert, daü ein gemeinsames SichanfraflFen un-
erläßlich ist. Natürlich tauchten sofort auch Stimmen auf, welche einfach wieder
in das alte Fahrwaaier der Zwangsinnnngen sartlcketeuern mOditen. Dagegen
beweist das Bebpid der Tjrpographia, was ein solidariseher Znsammensebluß
auf dem Boden der Freiwilligkeit vermag. Freilioh darf der Vorband der Zukunft
nicht nur dif- TiifpresKen der GehUlfenschaft, sondern er muß auch die der
Prinzipale zur (ieltung kommen lassen, etwa nach Art des ostftchwcizeri.schen
Stickereiverbandes. Er darf überhaupt nicht den Kampf, sondern er muß, bei
klarer Anerkennung des WiderstrMts der Litereesen, die VenShoang derselben
anf seine Fahne schreiben.
Man hat ferner gelernt, daß als Vorbild und Bildungsstoff das Allerbeste
nnd Schwierigste gerade gut genug ist. In Basel und Genf, in Zürich und
St. Galleu etc., sind für verschiedene Branchen gute Ateliers und sind auch
kunstgewerbliche Bildungsanstalten unter tüchtiger Leitung entstanden, die von
Bund nnd BjiDtonen immw ausgiebiger gefördert werden*
Aber auch die Ausbildung in der Werkstatt wird wieder ernster genommen.
Man kommt wieder darauf zurück, daß vom Lehrling, allerdings aber anch vom
Meister, Rechenschaft über die Lehrzeit gefordert werden muß Gute Lehrlings-
arbeiten werden prämirt. Auch eine rationelle Kosten berechuung lernen die
jungen Leute, nnd die heranwachsende Generation der Handwerksmdater wird
fdoh ohne Zweifel fttr Baanahlnng nnd knne SSahttennine empftnglieher seigen
nnd den Wegsnr Bank im Geben nnd im Nthmen öfter finden, als die absterbende.
Tu (leTi neuesten Zolltarifen hat emllich auch die sclnvi izerische Handels-
politik dem heimischen Gewerbe einen mäßigen Schutz zu geben gesucht.
Grössere Sicherheit und neuen Sporn verdankt es ferner dem Obligationenrecht
nnd dem Uitgenaß am Erfindungssehnts. Und naehdem mncelne Kantone mit
gewerblichen Sehiedegeriohten nnd mit dem Sohnti der Arbeiterinnen voran-
gegangen sind, durfte endlich auefa die Zeit für eine gemeineidgenOssisidie Gewerbe-
ordnaog gekommen sein.
Pnmi', Tolktwl«tlucli«ft«-I<«dltoD d«r 8ebiv«ls. S5
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VollcnrirUMehaft
— 386 —
VolkswirUuehan
BesoBderM G«widit Ist uf die TheUnahme des Gewedies an den Wohl-
tbaten der Unfall- und Krankenveraicherung za legen. KepriMDtirt doch da»
(Tp\v(»rbe ca. 23 ^^'c'" Erwerbenden, die InduBtrie dagegen, welche im
Grunde die ganze heutige Sozialpolitik ins Leben gerufen hat, nur ca. 18 "/o.
Jene 2'6 '/a ®/ »ind überdies ijualitativ für die Gesundheit untieres sozialen
KKrpeni ungleich belangreidier, weil eie weit mehr FamiUen repriBentiren ale die
FabrikarbeiterschafI nnd weil rie weit mdir aelb»tllndtg Erwerbende anfweieen,
60 daß der Mittelstand ans ttlchtigen Elementen des Gewerbes am meisten für
seine Eekrutirung zu erwarten hat. Gleich der Landwirthschaft verdient daher
daa Gewerbe, trotz seiner vielfach unrentableren Production wegen seiner
sozialen Bedeutung, vor der Industrie staatliche Fürsorge, zwar nicht durch
BegUnstigang aohwai^er Leistungen, wohl aber dnroh Hebnng des NiTeans seinw
ProdaotioQ und auf Grand davon adner Iiebenshaltung.
Oekonomisch, wie ethiisch nnd f;ozial das wichtigste Kapitel der schweizer-
ischen Gewerbepolitik harrt noch großentheils der öHentlichen Pflege: das ist
die gewerbliche Frauenarbeit, besonders das gemimmte Gebiet der Gonfection,
für welohe wir bisher noch Dntwede von Millionen jährlich ans Anstand bezahlen.
Anfiüige Star Befreiung von diesem Tribut sind in ▼ecBohiedeeen schwelser«'
ischen B^nptstMdten gemacht. Und die jüngsten Zolltarife gewähren den betr.
Produkten etwas mehr St-hutz als die früheren, obgleich un.sero Zölle auch jetat
noch weit hinter denen de?» Attalandes zurückbleiben. So s(;hwierig denhalb
unser Stand gegenüber der Blutkonkurrenz der eure; iiisi hen GroU^cädte auf
diesem Gebiete ist, so wichtig ist die Saehe fttr die physische und ethisdie
Chesundheit des Volkes, ünd daß die Vertreterinnen dieser Gewerbe, durdi
Geschlecht, Jugend und Vereiuaelimg zurückgehalten und vielfach eingeschüchtert,
ihre berechtigten Ansprüche weniger laut und energisch geltend machen als die
geschlossene niaiuiliclie Arbeiterschaft der Großindustrie, da.s muß ftir den Staut
ein Grund mehr sein zu entschiedenen und durchgreifenden Mal^nahmen zuui
Sehnts and sur Skonomtsehen Sicherung auch der Tereintelten Arbeiterinnen und
der „Lehrtöchter*, gleichviel ob in großen oder kleinen Betrieben. Denn hier
geht die Ausnutzung bis aufs Blut, des schwächeren Widerstandes wegen, notorisch
weiter als sonst irgendwo Und es ist eir>e des Staates unwürdige Haltung,
nur da zu handeln und Besserung zu erzwingen, wo er mit mehr oder weniger
Frechheit dazu «getreten" wird. Sein Einschreiten maß in erster Linie da
gefordert werden, wo das sosiale Unrecht am größten ist.
Außerdem muß freilich die Gesellschaft, die öffentliche Meinung, eine
entsnhicdcne Wendung zu Gnn^ten dickes einlieiniisclien Erwerh^zweisrcs und seiner
Vertreterinnen vulLziehen, wenn auch siel leicht mit ökonomischen Opfern. Sollte
eine solche Wendung nicht eintreten, so wäre der Zusammenschluß der Bedrängten
XU sosialistiseben Franenvereinen dringend gebotra.
Die allgemeine Lage des schweilerischen Gewerbes kdnnen wir dahin sn>
sammenfassen, daß es aus einer hinter den Nachbarn zurückgebliebenen Stellung
mit aller Energie auf gleiche H'ihe mit denselben «ich emporzuarbeiten bestrebt
i?>t. unter Nntzbarmachunix der dort gesammelten Krt'ahrnngcn und womöglich
unter Vermeidung der Fehlgride und der hukiuIcu Schiideu, hu dcnou der moderne
Gewerbebetrieb s. Z. anderwärts krankt.
III. Die Industrie.
So übel die erste Periode der allgemeinen ^Gcwerl»itreiheit" unserem
schwci£cvischt}n Guwcrbu mitge«picU hat, t»u stolz hat sich gerade in dieser Zeit
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Volkswirthschaft
387 —
Vulkäwirüischaft
4as eigentliche Kind Uer Gewerbefreibeit und des erleichterten Verkehrs, die
Indnttrie, entwidcelt. Nach tonen liefreite der eidgenSasiBolie Bnnd seit 1848
Mine Glieder von der Kclbstmörderi^chen Last ihres enticke::dea Bmnenzollpan:^erB,
während er gleichzeitig die Grundlagen alles Verkehrs: Münze, Mnß nad Gewicht,
einheitlich regelte und das Postwesen rationell betrieb. In derselben 'Atxt entstanden
4ie ersten schweizerischen Eisenbahnen. Der gewaltige Auftichwung, welchen
Handel und Verkehr daranfhin nahm, wurde zwar unterbrochen und gehemmt
4arok die große Krisis von 1867 nnd in dtti ersten 60er Jahren doreh die
■Stockung des Überseeischen Absatzes während des nordamerikanischen Bürger-
krieges. Dafür schaffte dann d'u' A^^ra der napoleonischen Handel8verträ|;e Ranm
zu einer neuen Kraftenttaltung. für die prhweizerische Industrie uniKomehr, da
hier eben eine starke Industrie bereits vurüanden war nnd nicht erst beran«
gezüchtet werden .nnfite.
Dies aliea muß man sich ^ergegen wirtigen, nm die nooh lebenden fie-
präsMitanten jener Zeit des Aufschwungs mit ihrem starken Glauben an die
Prinzipien der ahsolnten Handels- und Gewerbefreiheit beute norh zu verstehen.
Inzwischen hat ein voll.standiger ümschwnng in der europiii.schen Hand»;!«-
^ulitik stattgctuuden. Die uupüleoniücbe HandelNfreibeit wurde aufgegeben, zuerst
Ton Oesterreick, Dentaokland und Frankreieh, dann ist allmählieh die ganxe eniO'
päisoke Stantengeselisehaft mit Ausnahme von England, Belgien und der Schweis
nachgerückt. Immer höher werden die 2^11e geschraubt und wenn auch äugen"
blicklich durch das theilweise Einlenken des Dreibundes nach dieser Seite etwa«
mehr Luft und Bewegungsfreiheit gewonnen ist, ho waren doch die 80er Jahre
eine wechselvolle Zeit schwerer Prüfung für die schweizerischen Industrien.
Sie haben ihre alte Kraft bewährt, nnd anch der leiste nnd sohwerate Sehlag,
•die Mac Kinley-Bill, ist heute, nach zwei Jahren, glfleblich überwunden. Ab-
-Sttwarteu bleibt noch, wie sich unser Verhältniss zu Frankreich gestalten wird.
Immerhin sind VV'ecbsel und Verschiebungen in Menjje hervorf|;erufen worden,
-und wir gehen künftig vielleicht noch rascheren Ablösungen entgegen. Die
iieutige Beiheniolge der aohweisttisdien Industrien ist eine andere^ als die, welehe
Emminghaus neeh vor 30 Jahren avfitnftthren hatte. Zahlreiche nene Zweige hat
der I))U( k und die Notb der Zeit her\ orgetrieben. Frtther weniger bedeatende
Krwcrh.iigebiete sind 7.u an5:elin!irhem Umfang gediehen, alle frciluh immer noch
um viele Kopflängen überragt von dm vier alten Hiinptimlustrieu.
Voran steht die Seide mit mehr als 2UU Müiiuncu Fr. Jahresproduction,
— wovon Va Zttroher Rohseide etc. nnd Basier Sehappe nnd V" Zürcher Gewebe
und Confection, Basler Bänder etc. — , die Eitzte nnd ehrwürdigste aller Groß-
indmitrien deutscher Zunge. — Oekonomisoh der werthvollste schweizcriHche
Erwerbfezweig ist die St. Galler Stickerei. Zwar reprSsentiren ihre Pruducte
kaum den halben Werth derjenigen der Seidenindustrie. Datür bergen sie aber
an die bä^'/o oder ebenso viele Millionen Franken direkten und indirekten Ver-
dienst der schweizerischen Produktion in sich, während von den 200 nnd mehr
Uillionen der Seidenindu^trie durch^ühnittlich etwa V> ^cn Bohstoff und nur
der Rest von ca. 7Ü Millionen Fr. auf den ^Forrawerth" zu rechnen sind.
Auch die übrige Baumwollindustrie, Spinnerei und Weherei, Färberei. I)nirkerei ete.,
liefert ansehnliche und nicht zu verachtende Beträge an den Nutionalverdienst,
wenn auch der Qesammtwerth ihrer Produkte hinter dem der beiden ersterwähnten
Industrien snrttckstebt. An der ca. 100 Millionen Fr. betragenden Produktion
•der westschweizerlscheii Uhrenindustrie endlich mag der frennle Rohstoff
•und der eohweiaerisohe Formwerth angefthr gleichen Antheii haben. Selbst-
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Voikswirlbschalt
— 666
Vulkäwirtbscbat't
vsnttttdUdi ktaon nundbaib so grofinr Kompitxe die vmf^Mim&o Acbfliteii.
gttBS vdmbjgdeiie Forawvith«. raprItotDtiiieii. Ein feiiiw Uhrwerk birgt natttrlidi
weit mehr Arbeitsverdienst als die fertige goldene Uhr. Bei der SteiiMofaleifereL
ToUeods schmilzt dt^r AnthRÜ des Rohstuffes beinahe aaf Noll atiflammen
Gleich der Hauptpniduktion der schwoizerischen Landwirthschaft liefern die
genannten 4 Uauptiuduntrieu lauter L u x usprodukte, und da» ist für die Schweiz
in vieler ffinsieht von Bedeutung. Ihr Absatz, größfeentiieils naoh dem AneUnde,
iet mehr als der Bxport anderer Länder von den gaten and eohleohten Zeiten
und von der Mode abhängig. Jede Depivs iuo des Weltmarkts, jede Abwendung-
der Mode wird der schweiEerischen InduKtrie besonders rasch und intensiv fühlbar.
Aber auch nach andrer iiiehtung ist die Auswahl, man möchte mgpn die
«Zuchtwahl" der schweizerischen Hauptindostrien charakteristisch. Als einzigem
mitteleuropilieehes Binnenland iet die Sehweia dir den Bmog der Rohstoffe sowohl
wie für den Absatz der Produkte auf lange Eisenbahnfrachten und zwar anf
a n 8 1 ii n d i s c 1) e II Bahnen angewiesen. Dadurch steht sie allen auswärtigen
Konkarrenteii gegenüber auf unpl' icheu Produktionsbedingungen. Hiezn kommt
die theure Fracht für Kohlen und iur Lebensmittel, die ihr der eigene Boden ver-
sagt. Die rbunkehe Indmitrie bearäht dieselben Kohlen heate sa 100 Fr. per
WagoUf die wir mit 3Ö0 Fr. beaahlen, und rnssiseher oder amerikanischer
Weizen, der in Liverpool, Antwerpen oder Botterdam 16 Fr. gilt, würde in
Basel mindestens '20 Fr. k<(8ten. Diese Ungleichheiten muß die schweizerische
Industrie möglichst zu vermeiden, wo sie nicht zu vermeiden sind, anderweitig
einzubringen suchen. Neben der Niedrigkeit ihrer Zölle und der relativen
Billigkeit des Unterhalts kommt dabei in erster Linie eben jene „Zuchtwahl"
der Hauptindnstrien in Betracht. Es werden ersteae anr ttberseeische
Rohstoffe verarbeitet, für derra Bezug wir der langen Seefracht wegen
auf annähernd gleichen Preisbedingungen mit dem AuBlande stehen "Rs werden
femer gerade die kostbarsten Kohstotre, Seide, Gold und Silber,
bevorzugt, für deren Prebbildung die FraulUverteuerung in Bezug und Absatz
nberhanpt nur wenig in Betraeht ftllt. Die Stiekerei, theilweise auoh die Uhren»
Industrie, liefern bei kleinstem Vulumen die feinste und kostbexste Arbeit, hei
welcher der Rohstoff nur wenige Prozente des Wertbes ansmacht nnd die
FraoktK[iesen daher gleichfalls gänzlich Nebensache sind.
Wo diese Bedingungen nicht zutretfeU} so bei der Baumwollspinnerei- und
Weberei, bei Färberei nnd Drnckerei ete., da sehen wir seit der allseitigen
Konknrrena nnd den SebulaaSllen der Nachbarn unsere schweixerisehe Prodnktion
viel empfindlicher bedroht und in die Enge getrieben als jene Luxusindustrien. Eine
schwere Gefahr, l)e.sonders für die letztgenannten Theilc der schweizerischen fiaum-
Wollindustrie, birgt außerdem die hoffnungslose Aussicht für die Zuknnft de«
Silbers, weil gerade nach den Silberländern ein großer Theil unsrer farbigen
BanmwolltUcher ging, nnd in Indien dazu ooeh eine eigene in jedw Beaiehuig
billiger arbeitende Konkorrena entstanden itit.
Neben diesen 4 Hauptindustrien sind nnn in den letzten 30 Jahren eine
ganze Anzalil kleinerer älterer Krwei b^zwe ge zu starken, wenn auch jenen nicht
ebenbürtigen (Troßindustrien .•lusgewuchsen. so vor allem die Maschineiiindiistrie
nebbt der Feiumeehauik mit ca. 40 Millionen Fr. Jahresproduktion, ihr ver-
heissen die nenesten Fortoehritte in der elektrischen Kraftübertragung gerade in
der Schweis eine grofie Zuknnit. Die hohen Kohlenprdse der letzten Jahra
und der Stillstand der kleineren W»s-erkrätie in dem kalten Winter 1890/91
haben die Schweix nachdriioklioh auf den £rsatz dea Dampfes durch elektrische
Voikswirthscbaft
VolkswirLhschaft
Uebertragung koDstanter Waaserkräfte hingewieseo. Sie hat sich denn auoli dieser
PtublfliM Ton Anfang an mit allor Kraft bemKolitigt.
Eiökt ohne seitweiaea BA«kgang dMr neaerding» wiciler reoht «rfrvalidi
gedeiht die Strohfleohterei. Aehnlichea gilt von der ornltan Bohweizerisohen
Pajtierindustrie, welche durch die Holzatoffbereitnng eine wesentliche Erwei-
teruug ihres Produktionnkreisfö erfahren hat. Der durch dir überseeische
KoDkurreaz ^chwergeprüiten »chweizeriHchen tierberoi »uüht der ueueHte ZoUlanf
«twM mehr Halt auf dem einheinuMhen Markte m gebwi. — Unter tlarkeni Zell-
«chuta erhreat sich die Tahakindnstrie vorläoüg noch ihree freien Gewerbebetriebe.
Doch Stenern wir den sozialen Finanzbedtirfniseen der Zeit zufolge anausweiohUoh Aer
Ablösung durch ein Biindesmonopol entgegen. — Genf kultivirt neben der goldenen
Ubrkette neuerdings mit gutem Erfolg die Diamautdchleifertii. MuBikdo^en bind
«ind durch die Hac Kinley Bill hart betroffen worden. Weniger die Holznchnitzereiec,
deren Terkanf aioh, gleiek wie der Abeati der Genfer Bijonterie, grofieniheUe
•ohne Schwierigkeit durch die Fremden eelbet an Ort und Stelle vollzieht.
Nebeu diesen mehr uder weniger »tark exportircnden Tudnstrien arbeiten
fiir den internen Konaom die Fabrikation von Tbonwaareu, die Bierbrauerei
u. V. a. m.
Ken entstanden iat die «ehweaaeriMdie Farbindnatrie. Beae! annal hat an
der Entwiokhiag der modernen Farbchemie einen ebraio ehrenvoUen wie Ökonomiaoh
glänzenden Antheil genommen. Za Bhnliolm kraftvoller Entfaltung i.st bis n
den südamerikanischen Wirren der letzten Jahre die schweizerische Klastiquc-
und Schnhindiistrie (begründet IHöU dorch C. F. Bal!y> gelangt. Seit lHH(i/(i7
datireu hotiuuugtiVüUe Aufängti der ^schweizerischen KammgarnnpinDerei- und
Weberei. In deraelben Zeit hat Henry Neetl6 die atattliehe Ezportindiiatrie
seines fi^indermehla b^rttndet, 1873 ebenso Fb. Sachard die achweiaeriacbe
Ohocoludefabrikation, 1875 Page die Milchcondcnsation, welche, nach starkem
Rückgang seit 1887, infolge des Zuokerrückzollj» fier letzti ii ;; Jahre eine Preis-
hesserung in genau demselben Betrage (.'> Fr. per q.) und dank demselben eine
zuvor nicht erreichte Höhe der Produktion und des Exportes aufweist. Erwähnung
verdient femer die kräftig aniisteebende Wirkwaarenindnatrie. Endlich die Pro-
duktion von hydranltaehem Ealk und von Portlandoement nnd aeit 1889 die Aln-
mittiumindustrie von Kenhausen.
Die hchweizerisclie InduHtrie ist vou langer Hand her natürlicher, gesunder
und normaler gewachsen als die der meisten andern Länder. Sie ist auch den
großen Fortaohritten der modernen Betrtebaweiae Schritt für Schritt gefolgt, in
vielen Sttteken als Pionier Torangegaogea, so namentlieh anch in dem noch gegen«
witrtig sieh vollziehenden Uebeigang ein« textilen Produktion nach der andern,
nenerding» selbst der Stickerei, zum meehani.schen Betrieb, ünsere 4 ITaupt-
industrien Htehen aut so festen Füssen, daß sie bis in die letzten Jahre nicht
nur dem auswärtigen Wettbewerb mit Erfolg die Spitze boten, sondern sich selbst
darob gegenaeitigea Unterbieten scharfe Eonknrrena maoliten. Immeiliin aind
gerade die ökoaomiaeh wichtigaten Zweige, Stiekerm and ührmindnatrie, seit der
Depression dw ansgelienden 70er nnd der mittleren hOer Jahre eingelenkt. Man
hat sich vereinigt zn gemein«amer Fentaetzung der Löhne und Regelung der
Piodiiktiuu im Interesse der Arbeiter sowohl wie der Unternehmer, und nament-
lich im unt^^chweizeriscbeu Stickerei verband it,t eine für die allgemeiuu ladm^trie-
geschiebte hoehbedeatsame Bildung ins Daaein getreten. Freilich werden Eartelle
nur in denjenigen schweizerischen Indnstriea Boden zu fassen Termttgen, deren
Produktion wie bei Uhren and Stickereien den Weltmarkt mehr oder weniger
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Volkswirlbseliaft
— 31)0 —
VoikairiHliseiialt
behemcbt. Im UbrigeD sind die Kartelle Kinder dee Selratnalb. Deshalb wmnth
auch anaIog:e ßestrebangen der eobweberischen „Kakospinner", der Papier- und
der Schuhfabrik: anten von geringerm Erfolge begleitet. Und seihst jene wplt-
beherrachenden Indostrien der und Westschweiz sehen ihre Syndikate seit
der KriBis von 1890/91, hauptsächlich infolge der Mac Kiolej Bill schwer
bedroht.
Was die eigentUehe Arbeiterfrage, deo G^egeoBats swieoben Kapital nnd
Arbeit anbelangt, so äußert eieh derselbe in der Schweiz in relativ milder Form.
Di« AuswUotisi- lies modernen HroßbetriebH finden in der Schweiz eine Schranke-
an deni «tegretchen Vordringen der demokratischen Grundsätze, an der gUdch-
maiiigureu LebeobhulLung und Werth»chätzang der verauhiedeuen Stufeu der
QeBellaehaft. Wenn anoh große etldtiMtbe Proletariate auf der einen, enorme
Vermögen auf der andern Seite entstanden sind, au treten doch die soziaieD
Unterschiede zwischen Kapital im 1 Arbeit viel weniger schroff zu Tage, als^
dies in den treibhauaartigen Produktionsverhältnissen jüngerer Indnstrievölker der
Fall ist. Weniger als auderwärtH werden vorliandene Mißstände vertuscht. Von
Staatswegen wird ihnen im Wege der Fabrikgesetzgebung gesteuert, namentliob
wird die Qleiehbeit vor Gerioht unerbittlich hochgehalten. Die sdiweiaeriieh»
Arbeiterschaft erfreut sich einer strammen Organisation, sie hat ihre eigene Presse-
und ist in allen gesetzgehenden Körpern vertreten. Durch das Organ des Arbeiter-
sekretariats besitzt sie Fühlung und Kiofluß hei den höchsten maßgebenden Landes-
bebördeu. Von Bundeswegen zeigt man gerade den Forderungen des Arbcitor-
etendes gegenüber ein sehr Hhensles Entgegenkommen, nnd bereits wird von
mancher S^te die Klage laut, dafi infolge der sozialpolittschen Lasten der Stand
sohweiseriaoher Industrien gegenüber der aoslindisohen Konknrrens nnhaltbar nnd
die ÜTittrnRhmnngHkraft geschwächt wird.
(xegeuwärtig steht direkt bevor die Eiuführnng der Unfall- uml Krituken-
▼ersicherung. Zu wünschen bleibt neben der allgemeinen Alters^- und lovaliden-
versicherung ein stärkerer staatlicher nnd sosialer Sohntz, weniger fttr die In^
dustriebevölkerung, als fttr die gewerblidie Fmnenarbeit nnd für die bedrSogte
Landwirthschaft.
Die Indnstrie bildet recht eigentlich seit J::hrhunderteM die G-rundlage des
schweizerischen Wohlstandes. Durch ihre concentrirtc und deshalb in besonderm.
Maße ökonomische und stark rentirende Produktion bat sie das Meiste zur
Kapitalbildang in der schweiaerisdien Volkswirthsebaft beigetragen. Hente würde
die Qbrige Produktion der Schweiz nur etwa für 7« Bevölkerung hinreiehen»
So gewaltigen Import von Korn, Wein, Vieh und unzähligen {Gebrauchsgegen-
ständen wurden wir nicht zu bestreiten vermögen ohne den intensiven Nutzeik
der Exportiiidustrie. Brutto beträgt derselbe Uber 500 Millionen Fr., netto —
naeh Abzug der importirten Bohstoffe — wenig.stens noch 300 Millioimi Fr.,
so daß damit die Einfuhr von Lebensmitteln vollauf beiahlt wird. Wir werdei^
darauf im folgenden Ahsiohnitt zurtiekkommen. Den Gegenstand desselben bildet
der schweizerische Handel, welcher gans and gar auf den Schultern der Schwei'-
zeriacheu Industrie steht.
IT. Handel und Verkehr.
Im Jahre 1890 hat der sehweiserische Außenhandel mit 954 Millionen Vt^
Einfuhr und 703 Million u !>. Ausfuhr (ohne gemünztes Edelmetall) seinen
Höhepunkt errcn'cht. Als Norm dürfen ca. 900 Millionen Fr. Einfuhr und ca.
üÜO Millionen Fr. Ausfuhr angesehen werden, was auf annähernd 3 Millioneu
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Yulkäwirtbschait
— 391 —
Volks w 11 Ütöcbaft
£iQw«>lmei' vertheiit, etwas über 300 Fr. Einfuhr und 230 Fr. Auufulir pro
Kopf auemacht. Nor Holland weist doppelt so hohe Veri^ltoifizahlen auf
(1890: &90 -(- 496). Großbritaanien (1890: 278 -f 217) und Belgien
(1890: 231 -\- 201) erreichen die schweizeriscbeo Ziffern nicht; Frankreich
(1890: 116 ^ 97) und Deutschland (1890: 105 -f 84) bleiben weit zurück,
lind alle übrigen Länder erreichen kaum 100 Fr. per Kopf, Ein- und Ausfuhr
suBammengenommen.
Das will indeß nicht m viel besagen, ab es anf dra ersten Bliok sobmnen
mOohte. Liegt doch in der Nator der Dinge, daß größere Länder Uber mehr
vcrschieilenartige Krzeagiiisse verfügen, wirthschuftlich überhaupt nich .selbst allsei*
tiger zu genügen vermögen, als kleinere, zumal bei der heutigen, sehr bewußt und
intensiv durchgeführten Verselbständigungspolitik durch ÖchutzaUlle nach außen
und DidfoientUttuifo im Innern. Für äm voriundeneii Lflekeit des einen Landes-
theiles findet sieh naturgemäß um so eher Emata in einMn andern, je grdßer
das ganae Gebiet überhaupt ist.
Wenn nun vollends ein kleines Land an dem allgemeinen Kaiturf ortschritt
der Zeit Antheil nimmt und in den verschiedenen Lebensgebic-tcn aneh nur
einigermaßen auf der Höhe zu bleiben trachtet, so wird die Maniiigtaltigkett
seiner Bedttrfmsse stets einen regen Gontact und Verkehr mit den größeren
Knlturrölkern und deshalb reladv hohe HandelssiSern zur Folge haben. Die
einzigen puncto Handelsenergie mit der Schweiz wirklieh vergleichbaren Länder
sind daher Holland und Belgieu. Hollands Handel ist. wie wir sahen, pro Kopt
doppelt 80 stark als der der Schweiz, und wenn ilei belgische um etwas weniges
hinter dem unsrigen zurückbleibt, so ist dabei nicht zu vergessen, daß die
Sohweia so große konsnmnnlSbige Arbeiterheere, wie sie die belgisoben Kohlen*
und Eisenminen repräsentiren, nicht kennt. Die Kehrseite davon ist der völlige
Mangel nn mineralischen Robstofien, weloher unsere Einfuhr aHjtbrlioh mit
60—70 Millionen Fr. belastet.
Die eigentliche Hanptursache der hohen schweizerischen Handelsziffero liegt
aber anf einem andern Gebiete, nämlich in der bereifeB erwShnten Auswahl
der schweiserisehen Hauptiitdastrien und in der Starke ihres Exports.
üm über die hochzivilinirten Nachbarländer hinaiiswirken zu kSnnen, und
in üb:irsfei-ieheii Gebieten mit den Producten derselben koiikurrenxfahig zu
bleiben, muli die Fracht des Mchweizerischen Exports auf ein Minimtuu reduzirt
werden. Deshalb repräsentiren gerade die Producte der drei größten schweizer-
ischen Ezportindustrien, Smde, Uhren and Stickereien, bei kleinstem Volnmen
dnen sehr hohen Werth. Aehnlich eine Ansabl secnntorer Exportartikel, wie
Bijouterie, Schabe, Farben, Cigarren. Chocolade etc. etc. Es sind nun sperieU
Seide und [''(iren, nebst der Bijouterie, welchp nicht nur die Aiisfahr, nondern
durch ihren Uohstotl'bedarf in starkem Maße aucti die KinfiihrzitTern des si-hweiüer-
iscbeu Handels in die Höbe schrauben, in keinem andern Lande sind diese
beiden boehwerthigaten Industrien im VerbllUniß inm Gesammtverkehr auch nur
annähernd so stark vertreten. Ohne dieselben wäre die Einfuhr nm nnbeau
300, die Ausfuhr um ca. 300 Millionen Fr. jährlich geringer.
Der stark entwickelte Export erfordert und enn?'» glicht aber nicht nur
hohe ZUfern des ßohstotf-, sondern auch des Lebensmittelimports. Nach diesen
beiden Seiten wird der schweizerische Handel wesentlich alimentirt durch die
Exportindnstrie ; nur durch sie errmoht er so hohe Geaammtsiffem. Die
Elemente, aus denen sich der ^clnveizerische Waarenverkehr «nsammensetst, sind
Jahr fUr Jahr angef&hr folgende (iüU. Fr,):
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Volbiwirtlisehaft
_~ 392 —
Volkswirtincbaft
Einfuhr Ausfuhr
RohstofTe . . 320 85
Lebeusmittei .280 75
Fabrikate . . 300 520
m. a. W. die Aaafnhr der Fabrikate und d«r Lebetumittel (Käse, condeosirte
Hiloh, Yieh etc.) reicht gerade ongefthr hm inr Benhlnog dee Imports von
Lebensmitteln und Roh»toffen. Auf diesem starken Export bemben eonit Vs des
Imports und '/4 des <Te!<aiTimthan(lels.
Ks verbleiben 1^**0 ilillioneu Fabrikateniniport, nur zu -/t gedeckt durch
die Ausfuhr von Rohbtotfen, und die Gesammtbilanz des schweizeriticben VVaareii-
▼erkelun eehliefit Jahr für Jahr mit einem DeAnt Ton 200~SöO Millionen Fr.
oder ca. 36 '''/o der Einfuhr ab. Selbst angenommen, daß- die EinfnhrwerthA
theilweise etwas zu hoch sind, die Ausfuhrwerthe eher etwas zu niedrig an-
gegeben werden, ho verbleibt doch eine durch den £zport nicht gedeckte Ein«
fuhr von 200 Millionen Fr. jährlich.
Die Frage, wie dieser jährliche Tassivsaldo beglichen wird, gehört sn den
beaehtenewerthesten, allecdinge aber anoh «i den meietometrittenen wirtfasehalt-
liehen Problemen überhaupt. Viele halten für ausgemacht, daß die Bezahlung:
nicht mehr bloß au« den laufenden Einnahmen der schweizerischen Volkswirth-
schaft, sondern nur durch EingritT ins Nationalvermögen, durch Aushingabe von
Ersparnissen besserer Zeiten möglich sei, daß wir mit anderen Worten der
Verarmong und VeTBCsbnldong entgegentreiben.
Demgegenttber wird mit Beeht darauf hingewiesen, daß mtk dieselbe Er«
scheinung bei zahlreichen andern Völkern zeigt, und zwar gerade bei den wirth-
schaftlieb stärksten und vorgeschrittens^ten Frankreich hat 14 iC^/o, Deutsch-
land seit dem Anschluß von Bremen und Haiüiiurg etwas über 2i}°/o, Kngland
ca. 25 ^/o weniger Auüiuhr als Eiuluhr. Für keines dieser Länder wird des-
halb auf Verarmung oder Yenehnldung geschlossen werden dttrfen. Vielmehr
weisen uns diese Thatsachen einfiich darauf hin, daß die Zahlungsbilanz eines
Landes durchaus nicht identisch ist mit dem Verhältniß seiner Wasren-£in- und
Ausfuhr, sondern daß der internationale Verkehr außer diesen handiT^^iflichsten
und sogar statistiytch erfaßbaren Größen noch ganz andere Verdienattiuellen er-
sohlieSt, daß neben jenen beiden Hauptadern noch unzählige Arten größerer und
kleinerer, mehr oder weniger verborgener KanSle existieren, durch welche einer
hochentwickelten Volkswirthschaft Wohlstand und Reichthum zuHiessen.
Besonders darf von Jedem Uandelsvolk behauptet werden, daß seine V^'aaren-
bilanz in der Regel [>apsiv ausfallen wird, da es meinen Bedarf nicht ausschließlich,
vielleicht nicht einmal vorwiegend, mit dem Export seiner Produkt« bezahlt,
sondern stets mehr oder weniger mit wirthschaftliehen DIenstlelstnngen , die eo
andern, mmal weniger entwickelten Volkswirthsohailen erweist.
So fttgen die meisten europitisehen Länder zu dem ursprünglichen Produktions-
werth ihres über«peischen Imports und Exports, soviel irgend möglich den Werth
des Seetransport« durch die eigene Rhederei hinzu. Dieses Klement der Zahlungs-
ausgleichuug fehlt der Schweiz völlig, man müßte denn an den Crewinn einzelner
schweiserischer Handelshänser ans dem Besits von Schiffen oder eehweixerischer
Gesellschaften ans der Transportversicherung, sowie an den in gewissem
Sinne analogen schweizerischen Transitverkehr denken, welcher den schweizer-
!»;ehet( F^isenbahnen für n>islündi«che Güter und Reisende je oa. *> Millionen Fr.
jiilulich eiiit)rli;;;en inaL'. hi\ übrigen ist die Schweiz als BinneniauJ dazu ver-
urtlniit, l^ruduktiuu.>- ^ilu^ T r a u p a r t kosten ihres ganzen ausländischen Yer-
A - , ^ Digitizedb-
VoIk^wirUischafl
— 393
Volkswirtbscbatt
kehrs dem Auslande ta bezahlen. Dies alieiu würde genügen, die schweizerische
Handokbilans um 10 — 30 ^f^ ongttnstiger sn gMteltn ftls diejenige anderer
Lander.
Dllfür besitzt die Schweiz auf anderem Gebiete einen gewißen Ersatz, nSm^
lieh in der FremdeninH^stri(^, welche ihr nicht nur einen guten Theil ihres
Luxus- und Lebensmittelimporte« bezahlt, eondern außerdem den Verkehrsanstalten,
dem Gasthofpersonal, den Führern, Trägern, Kutschern eto. für persönliche
DiMitto je tind je erkleokliehe Summen in Baar hhiterlißt.
Dm Lexikon (Bd. IL, 8. 318) TeiMM^legt den Brattonatnn der log.
Aendenindnelarie auf 126 Millionen Fr., dabei ist aber der Antkeil der reisenden
Schweizer viel zn gering veranschlagt. Außerdem ist für unsern Zweck Irss
jB^iize (liesfin Aktivam entsprechende i'asBivum, ilic Ausgaben schweizeribcher
Ktjiüeiider im AuHlund, iu Abzug zu bringen. Hechneu wir aber auch nur 100
Millionen Fr. ale Bmttoverdienst ▼on dM Fremden, so ist demit b^te ein starker
Betrag der IJnterbilanz des WaarenTorkehn beglioben.
Freilich bleibt diese Eechnung nothwendigerweise äußerst unsicher und
problematisch. L^nd ähnliche.^! gilt von den übrigen Elementen der Zahlnngs-
bilanz vom gesammten Valoiunverkebr, von den Zinsen aus fremden Staats-,
Eisenbahn» and Industriepapiert^n, von den Einkünften schweiseriseher Kapita-
listen und Indnetrieller aus fremden üntemehmangen oder eigenen Filialen im
Anslaade. Ueber die Hiilir «lieser Beträge wollen wir mit niemand atniteu. JESs
sei nur erwähnt, dali Frankreich seine bezüglichen Einkünfte aus fremden Titeln
auf minde?»ten8 1 Milliarde schätzt. Kür Kiiirland sind dieselben nucb hf>flentend
h^ber zu veranschlagen. Die Kapitalverluste Englands an dem jüngsten Kuck-
guug der argentinischen Werte worden beispielsweise anf mdir ab 1 IBDiarde
Franken berechnet.
Die Schweiz glauben wir nnn immer noch an den wohlhabenden und gut
wirthschaftenden Ländern zählen zu dürfen, welche nicht so unsschlii ßlit h darauf
angewiesen jiind, von der Hand in den Mund zn leben, für die vielmehr der
Grundtiatz gilt: wer da hat, dem wird gtigebcu. Für die furtdauerndu Gesund-
heit and Zahlnngskraft der sohweiaerisohen Tolkswirthsohaft erbUoken wir einen
nntrttglichcn Beweis in dem Vertraaen des Attalandes, wie es sieh in den ans-
wUrtigen Weehselkarsen manifestirt. Wahr ist, daU die für uns wichtigsten
Kurse — Pari«!, London, Frankfurt, Berlin - in den Jahren 18!10 und lu-soudera
IM'I gestiegen tiiud und ei« itit gar nicht au&geKchlosaen, daü dabei neben be-
bondem Yerhältnit^sen des Geldmarktes die außergewchnlioh starken Unterbilanzen
des Waarenverkehrs der letalen Jahre mitgewirkt haben. Im laufenden Jahre
aind die früheren günstigen Kurse aber wieder hergestellt. Und das ben ehtigt,
sofern es dabei bleibt, zu der Annahme, daß der Ueberschuß aller Rchweizerischen
Zahlungsverpflichtungen über die Forderungen des Aunlandes iu der Kegel hinreicht,
um da» Delizit des schweizeriscbeii W aarenverkehrs ohne Eingriff in das Nationai-
yermSgen aa decken.
Den einzelnen Lindem gegenüber darf bei Benrtheilnng nnserer Waaren-
bilansen nioht mrehaniaeb nach der Werthgröße der Ein- un I Ausfuhr überhaupt
vorgegangen, «ondern es mnß nach dem Wesen hauptsächlich der Einfuhr iu jedem
Falle verschieden genrtheilt werden Die Ausfuhr hat ihrer allgemeinen Zusainmen-
Hetzung zufolge ziemlich überall denselben Charakter. Nach allen Ländern gehen
vorwiegend l^brikate einsehließlich der Milohprodtikte. Dabd ist aber gemSß
dem obea (S. 379 f. nnd 387) Gesagten je naoh dem Wwthantheil der schweize-
rischen VolkswirthsehafI wohl an vntersoheiden.
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Volkswirthsehafl
— 394 —
Tolicswürtbflehaft.
Der Einfahr nach sind scheiobar unsre passivsten Bilanzen die mit Italiea
für Seide, Woin und Gel, mit Oestorrpich-UDgarn und Rußland fdr Korn, mit
Aegypten für Baumwolle, mit Brasilien für Kaffee etc. etc. Wollten wir hier
an der Einfulir oparen, so würden wir uns offenbar ins eigene Fleisch »choeiden.
Daß mnre BotumdeDbeittge nioht einen Yerlast bedeoten, eondem dank nnereir
£xportindu8trie einen internationalen Gewinn ermöglichen, liegt klar anf dw
Haod. Noch mehr gilt dies von der Baumwolle. Aber fast ebensosehr voa
unserm Korn-, Flrisch-, Wein- und Oelimport: das alles nind Betriebskapitalien,
welche uns die fremden Vulkswirthschaften Jahr für Jahr durbieten, wenn auch
nidbt gcluugüct werden soll, daß unser Konsnm von Fleischt Wein, Zucker und
andern nicht unentbebrlichen G^ennfimitteln aehr hoeh ist» nnd eine nttßige Be-
aolurttnknng ohne Nachtheil mOgtieh wäre.
Wesentlich andrer Natur, qualitativ luissiver, sind unsre Bilanzen mit
Deutschland und Frankreich: hier überwiegt der Imj)urt von Fabrikaten, dewen
Ursachen in früheren Abschnitten bereits hervorgehoben wurden, wahrend statt
deaeen der Ronenni unerer eigenen Produkte daheim nnd draafien weiterer
Sfeeigerang fthig wäre. Lange hat aioh die Bdiweiz gmndri^lslich nnd praktieeh
g^jon SohntszOUe gesträubt. Aber Schritt für Schritt ist sie durch die Höher-
spannnufr der Zollschraube bei den Naolibarn zur Nuthwfhr <2^edrängt worden.
Ihr heutiger Generaltarif, obwohl noch äußerst mäßig gegenüber den Zolltarifen,
der Nachbarn, hat sich in den Verhandlungen mit den Dreibundmächteu als das
lichüge Gegengift erwiOMn nnd gute IHenste geleistet. Gegenüber Frankreieh.
wird die Schweiz vielleicht nothgcdrungen zur eigentlichen Prohibition fdr eine
ihr gut scheinende Auswahl von Waaren schreiten müssen. Bis zum Erscheinen
dieser Zeilen dürften die Würfel gefallen und JKMheree darüber bekannt gein.
• . •
Die starke Entwi<^lung des sohweiaerisehen Handels, verbunden mit dem,
bedeutenden Fremdenverkehr, hat das sch weizerische V e r k e h r s w e s e n in uUen
seinen Tin ilen ; Straßen und Kisenhahnen, Post und Telegraph etc. auf eine
Höhe gebracht, die ihresgleichen sucht. Als Spezialität der Fremdenindustrie
sind die Bergbahnen hervorzuheben. Im Uebrigen sind diese Dinge bekannt
genug. Es soll nur darauf anfineiksam gemacht werden, daß bei dA Vergleichung^
mit dem Auslände allanolt außer Acht gelassen wird, welche Bedeutung fllr den
innern Gtiteraustausch sowohl, wie für den internationalen Verkehr der Binnen-
schifTfahrt auf Flüssen nnd KanSjen z B. im deutschen und besonders im fran-
zösisclien Flachlande zukommt, und welchen Vorsprnng diese Länder durcli
die Ersparnis gegenüber der Bahufracht genießen. Diese billige Beförderung
verbietet sieh in der Schweis, mit Ausnahme des Verkehrs anf den Seen, fast
▼dllig durch die Kainr ihrer Berge nnd Flttsse. Dafür dftrfte die Zeit nicht
mehr ferne sein, wo die ungestüme Kraft unsrer starken Ströme, meohanisoh
gebunden und elektrisch Ubertragen, einen großen Theil der schweirerischen
Eisenbahnen treiben wird. In der MonopoHsirung der hiefür am beHten qualiti-
zirten Wasserkräfte läge zugleich der günstigste Ausgangspunkt für die Wieder-
aufiiabme der vor Jahresfrist gescheiterten und doch fllr die wirthsebaftlicher
Autonomie des Landes so dringend nötigen Verstaatlichung der Kisenbahnen. —
Nicht minder empfindlich als der Mangel einer nationalen Tarifpolitik i^t
der einer einheitlichen schweizerischen Di^kontopolitik nnd einer zentralisirten
Notenemission. Immerhin scheint die Einheit im Zeddelbankwesen in näherer
Aussicht zu stehen, als diejenige der Eisenbahnen.
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VolkswirttiscbaR,
395 —
Volkswirthschalt
Die innere Distribution soll hier nur insofern b«riihrt werden, alu
sie »ich von der Distribution andrer Länder unterscheidet. Solche TTnteraehiede
aind durch die Besehaffenheit de« l«nde« in 2 Kehtnngen gegeben.
ErstenB macht die Gebirgsnntar mit ihrar weitverzweigten Besiedelung da«
Hansirgewerbe, in den Niederungen vielfach cxnp wahre Landplage, lUr weite
Gebiete fast unentbehrlich, m daß die Anschauungen übtr dessen gesetzliche
Znläsäigkeit und Behandlung sehr weit anseinandergehen. — Als Kuriosum mag
in diesem Znaammenhang die Bevorzugang snslSndiee^ vor «lifaeimieoheD Handels»
reisenden in Besng auf die Patonttexen erwShnt werden« welobe erst yor Kunem
beseitigt warden ist.
Sodann veranlaßt der Frenidenstrom alljiihrlich für einige Monate an son?t
verkehrearmen Orten ein scbnelllcbiges, tlietires Angebot hauptsSchlich der feineren
Landeserzeugniüse und ausländischer Luxusartikel. Für eine Auzuhl mittlerer
oder kleineresr Industrien ist dieser direkte Absatz Ton wesentlicher Bedeutung, se
namentlich fdr Holcsohnitsereien, Bijouterie, Hnsikdcsen,. Spitzen, feine Thon-
waaren u. a. m.
Mit der Fremdenin ln^trie im Gebirge verbindet sich eine weitere Rigetn-
thlinilicbkcit der ßchweizensclien Volkswirthschaft : Hie relativ große KoUe der
pertiönlichei. Dienstleistungen ; da» ganze Heer der Führer, Träger, Kutscher, des
Gasthofpersonals im wmteaten Sinne käme hier in Betracht. £s ist darauf schon
anllßlieh der ErklSrung der HandelsbilaDS hingewiesen worden.
Damit sind, abgesehen vom Hauslieiß des Einzelnen and der Familien und
den Dienstleistangen des Hausgesinde«!, alle materiell produktiven Elemoite der
sohweiserisohen Yolkswirtbsofaaft beriicksiditigt. Und wir gelangen snm Schluß
vor die Hauptfrage nach der Gesam mtlage und dem Ge snndheitssastand
der schweizerischen Volkswirthschaft.
l)ie jährliche Werthproduktion flpr Schweiz wird man auf ca. 1 ?300 Million<Mi
Fr. veranschlagen dürfen. Davon stammen ca. 500 Millionen aus der Land-
wiithsehalt, 300 aus dem Gewerbe, 450 aas der Xndostrie, 350 aus Handel und
Verkehr (Eisenbahnen 80, Post etc. 30, sonstige Fremdenindustrie 120, sonstige
innere Distribution 120 Millionen IV.) 80 Hillionen ans andern DienKtleistungen,
Hausfleiß etc.. 120 Millionen von answärts arbeitenden oder angelegten Kapitalien.
Von diesen IHOi) Millionen brauchen wir 700 zur Bestreitung unseres Netto-
imports (ohne den veredelt reexportirten Rohstoflfimport) : 500 Millionen heften
wir an unsere ExportprodokUon, 200 Millionen begleichen wir auf anderm
Wege.
Es versteht eich von selbst, daß das alles subjektive Schätzungen sind, und
gerade der letzterwähnte Posten beruht auf sehr nnsichcrn Anhaltspunkten. Wollte
jemand statt 120 Millionen Fr. Ertrag von auswärts angelegten Kapitalien 100^
oder 150 Millionen setzen, ho wilrde das Gegentheil schwer su beweisen sein.
Obige Zahlen aollen nur «eigen, wie man «ich etwa die einigermaßen greifbaren
Posten einer sohweiaerisoben Wirthschaftsbilanz vorzustellen hätte. Es muß aber
gleichzeitig betont werden, daß sich unmöglich alle Leistungen einer ^olkwirtli-
Kchaft messen und in Zahlen ausdrücken lassen ; hieftir kummen noch ganz andere
Kräfte, kommt vor allem der Schatz an Intelligenz uud geistiger üegsamkeit
ttberhaupt in Betracht Wichtiger ab solche richtig aufgehende Bechenexempel
ist der Kredit, den ein Volk kraft seiner wirthsehaftlichen Energie und IntegritSt
besitz. Dieses Vertrauen des Auslandes in ihre Zahlungsfähigkeit, d. h. in ihre
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Volkswirthschafl
— 39e —
VolkainrtlMeliaft
wirthschafUiolie Tüohtiglnit und IntolligM» besitit die Sehweis in »oiraiebeDdem
Maße.
Wir brauchen aber auch gar nicht ao sehr darnach zu fragen, waü dsui
Annlnnd von mn liUt. Daß mmr Land niokt fcende am Yeramen ist, das
bewcimn niharliegende gvnfbaro Thataachen anr Ctenllge.
Ünaere klainan and mittleren Leute balran alldn anf Sparkaaeen nur Zeit
etwa 600 Milliunen Fr. angelegt. Vertreter de«; Mittelstandes sind bd in- und.
ausländischen Ge^eüsf haften fWr annähernd 500 Millionen Fr. Kapital verwichert,
und die eigentliche Kapitalif^irnng dürfte allein m ausländiachen Werthen mehrere
Milliarden betragen. i)ad Gebammt vermögen der KchweizeriBchen Volkswirthschaft
aehätste Prof. ErSmer anno 1686 (Bd. II, S. 276) auf 14 V* Ißllwrden Fr., wovon
5a Milliarden auf das landwirthschaftliche, 8? Milliarden nnf dan übrige Kapital
der schweizerischen Volkswirthechaft entfallen Letztere Ziffer ist ala ein
Minimnm au betraokten« ea werden mehrere Milliarden jnehr angenommen werden
mttsaen. ,
Dieae hohen Kapitalbeträge enthalten aber nur die Faonltlt der Produk-
tivität. Bntaeheidend iet ftr nnaern Zweek die Art ihrer Verwendung. Ihre Be-
fruchtung durch die nationale Arbeit haben wir eingehend erörtert. Der Ertrag
dieser Arbeit, seine Verwendung und seine Vertheilung ist nun derjenige Pankt,
auf welchen eigentlich alle^ ankommt. Vom Sparen war soeben die Rede. Viel
stärker aber drUckt es sich im Verbrauchen, in unserm »guten Leben", d. b.
eben in unaerm relatiT atarkw Konsum aua^ dafi die Sohweia nicbt am Verarmen
iat. Wir laaaen darüber folgende Zahlen (Kilo baw. Liter per Kopf der Be-
vUlkerang) epreehen:
Urud-
flruehc
Km-
toffiiin
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Selbätverstäudlioh sind diese Landerzidern nicht ohne weiteres beweisend.
Die Untenebiede dea Klimas und dea Bodens beatimmoi großentheila die Ana-
wähl der widhtigaten Nahnngamittel. Im Horden henaebt ala Brodfraeht Arn
Koggen vor, daneben die Kartoffel, von Getränken Sprit and Bier. In Italien
und Spanien, wo drr Wein viel billiger ist ;ils Bier, erreicht der Weinkonsum
die höchsten Zitieru. Die Schweiz nimmt nun otieubar in dieser Hinsicht eine
Mittelstellung ein. Einer so harmonischen 3iischung besonders im Konsum geistiger
OetrKnke erfreut aieb kein anderea Volk. Nebat Wein, Bier und Sprit iat auflk
noeh der starke Konenm von Obstwein (35 Liter per Kopf) anmal in der Oat-
•ehweiz zu <^wftbnen.
Weist ntin Hchon die Auawahl di»'ser beiden Ilaii|itkategor!en von Speise
und Trank (Weizen und Wein) auf eine ziemlieh hohe Lehenshaltung hin, so
wird dies vollends bestätigt darch den btarken KonHum von Milch (200 — -250
Liter per Kopf) und Pleisob; mit letiterem kann sieb nur derjenige der reiebatea
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Volkäwirlhschaft
— 397 —
Vultuiwirthscbaft
und stärksten Konsumentea, England uod Nordamerika, messen, wälirend alle
mitlelearopKiNlmi Staaten im Kontiun diewr koftbanten «od aabilHilloBteit Leben«-
mittel Weit hinter uns zuiackbleiben. Dte Gleiche gilt vom Znoker; doeh isl
hier zu beachten, daß England (hbcbster Eonsam) gar keinen, die Schweiz
immer noch einen viel geringeren Z-»!l t-rhebt als alle übrigen Länder. Auch
bei dem atarkea Wein- und Tnbakkousum der Schweiz ist der niedrige ZoU ein
wesentlicher Punkt.
Wichtiger Booh aU die abeolate Stftrke des Eensams ist seine soziale Qualität,
■eine Verthttlang auf die venohiedeiien BeTOlkerungaschichten.
Luxus im groJSeo Stil — im Grobem — kennt die Schweis eigentlich kaum.
Unsere relativ ntarken Consamziffem rtthren weder von großem Aufwand der
oberen Zehntausend noch von dem Konsum der Fremden — der letztere kann
unsere Diirehschnittsziffern kaum wesentlich beeinflußen, da den IIUO J^Iilliotien
KouiiumUigen der schweizerischen Bevölkerung nur 6 Millionen Fremdentage
gegenahentehen — «ondem vielmehr von einer allgemeinen relativ hohmi Leben«-
haltang breiter mittierer und unterer Yolksklasaen. Wein, Zncker n. a. m.
wollen in der Schweiz dnrohaoa al« noth wendige Lebenemittel taxirt «mn.
Auch in Bezug auf andere Bedürfnisse, wie Wohnung nnd Kleidung, Gelegen-
heit nod Mittel zur AuHbildung der körperliohen , ästhetischen und inti'll»""t'i' nfn
Fähigkeiten, geht die Tendenz — der 7)oliti>chen liichtung und der Ivleuihi'it
des JLande» entsprechend — - weniger auf auLerurdentüche Leitttungeu, aU auf
möglich»te Verbreitung eine« fttr« praktische Lehm branchbaren Mittelmaße« in
breiteu Schichten. Ordentliche Schnlbildnng, gnte Lektüre etc. wird womSglidi
einem Jeden zugänglich gemacht.
Auf allen Lebensgebieten sind die Anforderungen in regelmäßigem Steigen,
und zwar sind es gerade die mittleren und unteren Schichten, welche mächtig
aufstreben zur Theilnahme an einer materiell und geistig behaglicheren Existenz.
Ed ist dies öne Konsequenz der sozialistischen Grundstrümung uuserer Zeit.
Und wenn die Stirke dieser Strömung speriell in der Schweis einen Hemm-
schuh der durch die Zollverhältnisse ohnehin eingeengten sohweizeristdien Industrie
bildet, so i^t (bxh die Indu.strit' nicht gerade diejenige Productiousart, welche
weitere Opfer zu Gunsten ibrt^r Au<rehörigen nicht bringen könnte. Ueberdies
ist solchem Kleinmuth gegenüber an den groi>en Vortheü zu erinnern, dessen
sich die Seh weis, nnd swar besonder« die «cb weiserieche Indnstrie, trots der
Niedrigkeit nnsrer ZSlle nnd sonstigen Militftriaaten dnrch den Mitgennß an dem
nnschfttsbaren Gute des europäischen Friedens erfirent. Sind wir in dieser HiuHicht
gUnMtiger ge>tellt als andere Länder, so dürfen wir uns nvtoh ilcn Oj)firn nicht
entziehen, welrbc die Zeit auf auderm (lebiete und fUr tiilere Aulgiil)» n wahren
Fortschi itta von uun l'urdert. Die Schweix hat viel schwerere Ztüteu glücklich
ttberwnnden. Sie wird «ich auch hente nicht die Ehre rauben lassen, in den
sozialen Kfimpfen und Neubildungen, welche unsere Zeit am tiefsten bewegen^
in der vordersten Reihe zu bleiben.
(Abgeechloseen November 1892.)
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VolkttAhluof — d98
yolk8fShlniif9erg«biiiss6 vom 1. Dciember 1860.
Schweiz
Kanton
Bezirke
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Bewohnte
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15. Appenzell A.-Rli.
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Volkszähluag
(Vergl. den Artikel , Bevölkerung".)
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WaarcDverkebr
— 40Ü —
Waarenverkehr
Waarenverkehr. Die folgenden statitttisohen Darstellungen erheben nur
den Anspruch, den Lefler flüchtig in einigen Richtungen Uber den Außenhandel
der Schweiz zu uiientiren.
I. Spezialhandel der Schweiz in Millionen Franken :
Einfuhr Ausfuhr Tutal Unterbilanz
1885: 717 670 1,387 — 47 = (ie Vo
1886: 776 669 1,445 — 107 = 13» %
1887: 823 672 1,495 — 151 = I84
1888: 821 674 1,495 — 147?— 18 7o
1889: 954 711 1,665 — 243 -r-. 255 7o
1890: 1,002 724 1,726 — 278 = 2775 7o
1891: 98 2 7 04 1,686 — 278 == 288 Vo
oder richtiger ohne dai^ gemlinztc Edelmetall (erst seit dem 1. Mai 1888 ausgeschieden) :
1889: 905 695 1,600 ~ 209 = 23a 7o
1890: 954 703 1,657 — 251 — 263 "/o
1«91: 932 672 1,604 — 260 = 27» "/o
II. Spezialhandel, zusammengestellt nach volkswirthschaftlichen Kategorien :
Einfuhr 1889 ",o 1890 > 1891 "/o
Lebensmittel. 262,168,615 28m 295,80 5,219 3 1 304,159.54 7 3 26j
KohstotTe . . 300,489,188 387* 3 54,791,8 9 6 3 7i» 322,281,031 34»?
Fabrikate. . 292,029,684_ 32i7 303^,67jy 61 _3l8» 305,950,560 SSsi
Total . . 904,687,4»7 100 954,273,276 100 932,391,138 100
Ausfuhr
Lebensmittel. 73,216,996 10:,3 78,822,491 lUi 80,000,257 II91
Kohstotfe. . 94,3 63,129 1 357 85,781,981 l22i 80,432,806 II97
Fabrikate. . 527,942,925 759 538,208,514 7658 511,433,872 76i«
Total . . . 695,523,050 100 702,812,986 100 671,866,935 100
III. Spezialhandel der Schweiz mit den cinz>;lnen Ländern im Jahre 1891:
Einfuhr aus: Ausfuhr nach:
Deutschland 293,623,081 164,045,041
Oesterreich 86,214,092 36,246.312
Frankreich 214,035,946 124,979,356
Italien 135.990,152 46,996.689
Großbritannien 46,102,915 113,095,835
Uebriges Kuropa 93,021,986 61,799,996
Vereinigte Staaten . . . . 30,562,912 71,700,449»)
Uebrige aui^ereuropäische Länder 32,807,054 53,003,157
Total 932,391,138 671,866,935
Infolge abgeänderter Verordnung Uber die Deklaration der Herkunft«- und
Bestimmungslän irr (siehe nachstehend) werden die Ländertafeln künftiger Jahre
erhebliche Aenderungen aufweisen im Sinne stärkerer Entlastung der Grenzländer.
(Vergl. Jahresbericht und Werthtabelle der Schweiz. Uandelsstatistik vom Jahre
1891, pag. 25).
Verordnung vom 13. November 1885:
Art. 5. .Vis Land der Herkunft i.st dasjenige Land anzusehen, au«
welchem die gekaufte VV^aarc zur Versendung gelangt; als Land der Bestimmung
da^jenige, in welches die VVaare verkauft wird.
'1 .Nach der amerikanischen Konsular^tatislik beträgt die Ausfuhr 77*/« Millionen.
Waarenverkebr
— 401 —
Waarenverkekr
Verordnung vom 12. Januar 1&92 : •
Art. Ö. Alt Land dtr Horkmift itt dasjenige Land aonisehen, in walahen
die eingeführte Waare erzeugt ist ; al« Land der Bestimmung daijeuige,
für dessen Konsum din ansgerülirte Waare bestimmt i.st. Wo das Eiue oder
das Andere nicht hiiiliiuglich Bieber ist, soll das entfernteste bekannte Durch-
gangsland, bezw. der eurupäit^che Zwi^iobenbandels-, Laadungs- oder V'erschitfungs-
plutz mit der Beseiohnnng „Tranatt* deklarirt werden (z. B. ParuhTreiMit, HaTre>
Tranait, Hambur^-Tranait eto.)
Art. 9. Die Deklaration erfolgt Hchriftlicb durch den Waarenf ii hrer
ntirli einem vom Zoll<!'*(> irteniPTit aufzu-telleuilen Formular; bei der Aiisfnlir kiinn
der Versender zur AuHsteUung der Deklarationen, bei der Kijjfnhr der
Empfänger zur Ergänzung bzw. Berichtigung mangelhafter Dekiuraiiunen
angdialten werden.
IV. Wichtigste EiolUhrartikel in Jabre 189 t nach dem Wertbe geordnet
bis zu 1 Million Franken
Getreide Fr. 110.1 78,:J8i
Hievon: Weizen 87.406,783
Hafer 10^,4iG9
Mais 6,:i84,801
Gerste 3»252,09e
Reis, ungescfailt 1.13I.&36
Seide and Floretaeide, gezwirnt 69,825,.3;32
Gold und Silber, unbearbeitet und in MttnMn .... • 68,00 L470
Hieron: Gold- und SilberraOnzen . ........ , 49,855,200
Steinkohlen, Conkn, Briquettes » 39,571,961
Hievon: Steinkohlen 29,292.576
Briquetes . r).2()ö,378
Coaks , 3,789,256
Braunkohlen 1,024,751
Baumwolle, roh und Abfalle , 34,G4*J,644
WüUgewebe, gebleicht, gefärbt, bedruckt etc „ 29,.">7.'i,00(>
Oohaen und Stiere 24.G:K).315
Seide nnd Floreteeide, roh, nngeswint » 23,6GU,3&3
lAffe, roh 18,961,580
Maschinen (mit Ausnahme der Lokomotiven) « 15..M'i8,l):^9
Mehl, Graupe, Gries, Grütze, fieie, geeobllt .... „ 15,148.2^6
Hievon: Mehl „ 8,640,525
HaKweizengries , 3,906,490
Reis-, irescbalf 1,750,116
Bijuutene, Uuincaillerie, gemeine und feine „ 13,7ii4,208
Hievon: Bijouterie, echt . 6,589,755
Quincaiilerie, gemeine und Snnwaaren ... , 5,8l4,2.öO
Bijouterie, falsch 1,023,002
Eisenbahnschienen, FagoueiNen etc., grobe Dimensionen . „ 13,06u,026
Peignee (gekämmte Floretseide) • 13,771,200
Bohzucker, PiK, Abfalbncker , 12.199,838
Leder aller Art ♦ . . , 10,63(;,7i>()
KleidungsstUeke etc., aus Wolle und Halbwolle ... , 9,850,4< mj
Seidencocons und Seidenabtalie « 9,0h4,(20
Mala 8,533,929
Bebweine nnd Ferkel , 8,116,5&5
Pelrolenm nnd andere Mineraloele « 8,05G,987
Banmwollgewebe, glatte, geköperte, roh , 7,977,912
Twter y«Umflrtli«chaft»>LraIk«n 4«r i^wtls. f6
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Waarenverkehr
~ 402 ~
4
WaaTenverkohr
Bücher, Karten, Musikalien Fr, 7,933,030
Wolle, roh nnd gt;wftschen; Abfälle, KuDötwolle ... , 7id27,d80
Bauuiwoligeweb«, gebleichte, gefärbte, bedruckte ... , 7,398,410
Gewebe aus Seide und Halbseide , 6,750,1 76
Oeie, niobt mlnemluche, in EKfiern , 6,198,505
Waaren ans SchmiedetMn eto., gttmfiine, xoh etc. . . . , 5,990,900
Eier 5,792,720
Leinen- imd Jutegewebe, feine ♦ . , 5,655,810
Pferde und Maultiere , 5,186,797
Binder und Powmentirwaaran von Seide und Halbseide . , 4,727,517
Eiaenbleoh anter 3 «im Dioke , 4,692,960
EUhe und Rinder , 4,622,701
7nrk,r, rarinirt; in HUten, Platten, Bldeken .... , 4,627,222
löchuhwaaren, feine uiit Ledersohle ^ 4 40(1 976
Bruchsteine, Gyps und Kaikäteine, roh, Lehm etc. ... ^ 4,444,526
Bohtabak, Abfülle, Sanoen , 4,414,960
Tasehenahien, fertige Werke, Sehftleu , 4,251,787
Kupfer und Messing, gewalzt, etc. , 4,194,000
Gemusterte, broehirte und sammetartige Haumwollgewebe . „ 4,01)0,920
Bau- uud Niitzliol/, geäägt(eicheueiiU.Füuriiire ausgenommen) „ 3,963,514
Geflügel, getüdtetes und Wildpret , 3,842,210
Butter , 3,b38,735
KleidungHHtttcke, etc., aus Baumwolle etc* „ 3,835,600
Stroh, Bast etc., gefärbt, gespönnen etc „ 3,7*)8,()80
Putzmachervvaaren und ausgerüstete Hüte „ 3,744,029
Eisenbahnschienen, Fa<,oneiRen etc., feine Dimuaäioneu, de-
capirte Bleche , 3,722,616
Wollene BBuder und Pommentirwaaren , 3,714,314
Alkohol etc. i: 1 ; .ern „ 3,702,850
Brennholz, Turf, Gerberrinde eto. ........ „ 3,696,444
Roheisen, Alteisen „ 3.540,615
Wolle, gemalen, gefärbt, gekämmt „ 3,523,500
Wirkwaaren, genäht und nngenähr, aas Wolle ..... . 3,448,700
KleidungBBtttoke eto.« aus Seide und Halhaeide .... . 3,236,110
GaoAobohnen und Caoaotchalen , 3,087,904
Wollgarn (Streichgarn und Kammffarn), gebleioht, gefKrbt » 2, t1 7 1,955
GemÜHe, frische, andere als Kartollcln „ 2,940,048
Kartotlcin „ 2,930,577
Anilin und Anitinverbindungen zur Fftrben&brlkatioQ . . , 2,865,900
Jungvieh, ange«ohaufelt . , 2,820,840
Fleisch, geränohert eto., auoh in Biteheen ... , 2,721,920
Südfrüchte , 2,698,845
Waaren aus Schmiedeiscii eto, tV-inc t tc „ 2,673,461
Häute und Felle, rohe „ 2,639,085
Lederwaaren, fertige. (Suhnhwaiiren ausgenommen) ... « 2,636,963
Feine Teppiche ^ 2,571.275
Torgearbeitete Masohinentheile , 2,561,360
Schweinepf^hnial?; „ 2,517,519
Abfälle, anim., vegctab , mineralische; Kleie etc. ... „ 2,421,216
KUDstliohe Farben aus Steinkohlentheer etc « 2,408,100
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Waarenv«rfc«hr
— 403 —
WtareiiTarfcebr
<jrMwirntfl BanmwoUgiinie, roh nad gebleicht ..... Fr. 9,389,300
•Geeohnittenes Eiehenholi und rohes Fafihols .... , 2,215,340
Hievon geschDittenes Eächeobob » 1,930,704
Schafe und Ziegen , 2,IS0,338
Baumwollgarne auf Spuhlen und mehrfach, gerürbtin Strängen « 2, 1 öti^^bO
Waaren aue Scbmiedeisen, etc., ganz grobe, rohe ... « 2,151,900
Nicht besondere genannte nibereitele, chemieehe Httlftetoffe „ 2,131,050
^ifen, gewiUinlichc « 2,033,520
Papier, mehrfarbige« ; Tapeten, Etiquetten, etc., CoaTerts,ete. « 2 ,0 1 :> ,1) 0
Fleis^ch, ftirtcli geschlachtetes « 1,U6U,0Ö0
Bube cbembche HulfsütoiTe, (Gummi, Harze, Schwefel, Tbeer,
Peeh etc.) 1,902,724
Shawle nnd SchKrpen etc., ans Sanmwolle» Seide, Wolle. 1,950,690
Dreehalerarbeiten, polirt, bemalt etc., ond Holieduiitaerden „ 1,947,960
Cigarren und Cigarretten „ 1,945,600
Feldgewafh^p etc., frische; Sämereien „ 1,916,551
Truubeu, tri«che und eingeatampite „ 1,863,591
M5beL etc.. pcUrt, gepolstert, etc. » 1,861,150
Beataudtbeile von Tasehenuhren, Bohwerke « 1,813,680
Kaue 1,802,350
jZaeker in Würfeln und fein gepulvert ..... « 1,776,367
Wissenschaftliche Instrumente und Apparate „ 1,768,375
EisenrUhreu, gezogene, rohe 1,699,880
Wirkwaaren, genSht and nngeniht ans Baumwolle . . • 1,690,830
Ainlung, Dextrin; StSrkefabrikate etc , 1,688,316
Handelödüngpr. aufge.schlosaen » 1,678,3'J'i
Heu, Lnub, Schilf Stroh * l,6t;8,4S'.t
Friüche Fische , 1,659.000
Sehahwaaren ane Leder, grobe » 1,636,200
Pack nnd LOaebpapier, gemeines, Waohe- und Theerpapier;
Druck« ond Schreibpapier, Seidenpapier, einfarbig . » l,5.s7J20
Feine Töpfer waan n n feines Steingut, Fayence u. Porzellan „ 1,557,940
Backsteine, Köhren, Fliesen, Platten etc., roh, feuerfeste Steine „ J. 529, 928
Hupfen „ 1,526,760
•Glatte, rober BanmwolltttU . . , « 1,526,000
Bau- und Natzhols, Fleohtwmden, roh, Rebetediea . . „ 1,481,250
Parb.stoffextiakte , 1,469,220
Bettfedern „ 1,420.200
KleiilungHitilcke etc., aius Leinen „ 1,408,600
Zinn in Barreu etc „ 1,389,050
Bier nnd Halseztrakt in Flßem „ 1,341,026
Buchbinder- und Cartonnagearbeiten „ 1,336,400
Wein in Fla.schen , 1,319,780
Paraftiti. Sehwefeläther, Arsensäure ete . 1,315,860
Baum wo Ii eile Bänder und Posamentirwaaren „ 1,298,400
Handüchobc, lederne „ 1,293.200
EisengnUwaarea, grobe , 1,278,690
Federtriebahren, Maukwerke nnd fertige BestAudtheile . „ 1,270,213
•Obst, gedörrt oder getrocknet; eingestampfle Früchte znr
Destillation « 1,253,810
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WaarenTerkebr — 404 — \Vaart:iivt;rkLhr
Talg, Thran» Degraa etc., Walrat Fr. 1,245,930
Knpfenohmied-, Roth- und Gelbgießerwtann .... « 1,237,540
Zink, gewalzt etc , « 1,229,908
Farberden, FarbhSlier, Farbbeeren-, Aindan« a. Wnneln «te.,
roh , 1,226,408
Blasen, Därme, Käsekb , 1,20.3,000^
Flachs, Hanf, Jäte, etc., roh etc. „ 1,193,265
FacktQcb ans Leinen, Hanf; Jnte etc 1,191,860
Spielnug 1,181,000
Denntnrirter Sprit „ l,171,0h<4
Lebendes GeHUgel , 1,163,.t60
Obst, genießbare Beeren, frisch , 1,12H,304
NShMide, Stielteelde, Goidonnet eto. 1,061,387
Portlandoement , 1,055,680-
Seidene Stickereien nod Spitaen p 1,0.55,35a
üntrarTiirtf- Hüte « 1,049,505
Grobe Leinen- und Jutegewebe * 1.035,210
Hulzticbottte, Stiche, Phutugraphien, Gemälde etc. ... « 1,027,660
Handelsdünger, etc., roh; AbfallsdiwefeltiXiire .... 1,007,762
Wichtigste Ausfuhrartikel im Jahr 1891.
Ta«cbenuhren und BestandtheUe Fr. 97,40«, 135
HieTon: Silberuhren , i<),rus7.7U
Gol.luhrrn 34,113,685
Nickoluhrea ... , 14,695,365
Chrom i^'raphen, Repetiruhren etc • 1,044,143
Fertige Werke für Taschenuhren , 2.7'2i.7.W
Fertige Gehäuse tür Taschenuhren , l,177,äU7
BestandtheÜe nnd Rohwerke . 3.034,095
Seidengewebe 86,713,913
Hievon: Reinseidengewebe * 65.907,993
HalbMidenfrewebe , I5379.0fl&
Roulclluch , 4,382.6.58
Stickereien und Sj.itziMi allpr Art ^ 79,915,177
Hievon: Daumwollene Ma^-hinen»lickereien , 62,961,643
KeiteDstich-Stiekereien , 8.864.498
Stidenstickereipn „ 6.684,477
Seide und Floretseide gezwirnt; Nähseide etc,. roh ... „ 50,176.956
HisTon: Orgaozine und Trame S7,2&8.047
Fkmtseide gsswimt 20,995,202
Klse 38.613,946
Edelmetall, ungearbeitet oder gemünzt , 37,120,117
HieTOn: Silber in Münzen « 29,712,419
Gold in Mfinzon , 2,277.2i9
Baamwol Ige webe, geblcicüte, bantgewebte, getärbte, bedruckte « 34,66t5,753
Hieron: bedruckte 16,905.958
bnntgewebte 11.929,4^19
Seidenhander . 31,628 10»)
Hievon: Halbätidenbändcr , 26,716,175
Masehinen nnd fertige Tbeile 20,119,148
Hievon: Malierei- und landwirUisrhaaiirlie Maschinen . . , 3,198.620
Webstühle und Webereimaschinen , 1,964,185
Banmwollgame, einfach, roh » 16,958,2M6
Hievon: ^Tobe 10.619.589
Condenairte MUob . . • 14,855,914
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I
WaarenTerkdir — 405 — Waarenverkehr
Thcerfarben Fr. 9,791,451
Kühe und Rinder , 9,613,494
fiaumwüUgewebe, rohe, glatte ... ^ ..... . « 8,805,288
Hievnn: groiie , 6,251,115
Wollenes Kammgarn, roh 8,086,460
HHate and Fille, roh« , 7,700,639
Wirkwaaren all^r Art 7,278,720
Baamwollene Plattstichgowebe, broohirte, gemusterte u, aammet-
artige Gewebe , 5,532,383
&ide und Floretseide, gefärbt 5,466,647
Fteiaoh, friwsh geacUMhtotoa 4,431.2.'>0
tieide (Gr^ge) und Florotwide, einfaeh , 4,386,937
^huhwaaras, feine, mit I«edenohle . 4,250,800
Baumwollgarn, geiftrbt , 4,022.607
Bijütiterie, echt „ 3,515,704
Tressen aus Stroh 3,367,904
Feine dtiohwaaren 3,321,746
BOoher , 8,801,168
Musikwerke 2,992.426
O^Ht. genießbare Beeren, friaoh 2,883,546
♦Seiiienabtiille und Cocons „ 2,867,885
Kiudermöbl 2,736,203
<}otd nnd Silber, gewabt eto 2,729,496
Wolle, ruh, Abfälle, Ennatwolle ; . , 2,537,015
(jbocolade, Cacaopulver , , 2,523,556
i^hawls mifl Schärpen etc., aus Baumwolle, Seide, Wolle . ^ 2,507,710
EiastiHche Gewebe « 2,365,145
Leder aller Art „ 2,257,200
Bretter, weiolihSlieme 2,189,950
Alkohol etc., aneh in Flaaohen , 2,151,127
Hieven: Wermuth . .' , 1,Ü01,985
Liqueurs , 022.?>1H
■Schmiedeiserae Waaren etc., gemeine, roh etc « 2,01i.>,.^->2
flolcatiofae, Sobnitte, Genillde etc 2,075,069
Cigarren nnd Gigaretten 1,960,934
Jungvieh, ungeschaufeit , . , 1,800,953
Wi.llgewebe, gebleicht, gefnr'üt, t)ddrttckt „ 1,860,567
K Iridiings^JtiSckp Ptc, aus Seide etc „ 1,852,448
Faserstulle zur Fa|>ieif;ibrikatiuu „ 1,741,812
FloretMide, gekfimmt (Peignee) 1,719,930
Mehl 1,703,360
Farbatoffextrakte •. . . I,nn4,s'22
Baumwollabfille , l.4;"'.t.H41
WisBtin.sohatiiiube Instrumente und ApparaUt „ 1,47U,321
Pferde 1,458,025
ührensteine 1,277,628
Alumininui , 1,251,096
Bau- und Nutzholz, roh , 1,234,258
Klpie und andere ILraMntter . 1,207,4 08
Butter 1,100,820
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Waarenverkehr — 406 — Wasserkräfte der Sciiweiz.
Zuckerbäokerwaaren and andere feine Eeiswaaren .... „ 1,08:^:^60
Oduen uod Stkro „ 1,007,490
Barnn Wollgarne, geswirnt, fob, «. geblttoht, einläoh n. gaswiint « 988,1 95
Wollgewebe, roh , 951,320
BreTinholz nnd Holzkohlen 944,711
Hüte, garairt 90(;,466
Asphalt , 903,602
Hute, uogarnirt , 901,667
Uhrecmaoberwerkaenr 893,094
Wein 884,4 71
Lumpen , , 872,878
Uuincaillene und gemeine Kurzwaareo „ 832, 580
fiaumwoUene Bänder und Fosamentirwaaren 822,200
Holsaohnitnreieii nnd Dreohslerarbeiten 811,832
Seide und Floretaeide euf Spohka eto « 774,034
Alcaloide . 761,4 38
TreibriemeD und Kratzen h Hsl*.:*! l
Bier , „ 6.">«>,97.'>
Leim und Gelatine , 656,749
Sehmiedeiaerne Waaren ete., feine, polirte, verniidcelte, emaal'
Ufte eto. 630,140
Drurl<- und Schreibpapier eto., einfarbige , «126,228
Leincnguwcbe, feine , ö4 1,286
Wollgarne auf Spuhlen etc., gefärbt 52'.», 195
Kupfer- nnd Ueasingbnieh „ 504,800-
Wasserkräfte der Schweiz. Mittelst folgender Eingabe vom FrUbjuiir
1891 hat die SohweistriMhe Gteelboball »Fm-Lend« bei den Bnedeabeharden
die Monopoliairnog der Waaaerkr&fte angeregt:
1) Wir erwarten eine gründliche Besserung der sozialen Mißstfinde, ein .dlm^iges
Verschwinden der wirlhschafllichen Krisen, und eine gerechlere Yerüieiiuug des Nutzens
aus der Produktion nur von der UeberfQhnm|r der Naturkräfle aus dem Privatbesitz
in das Rigentbumsrecht der Volksgemeinschaft. Wenn nun die Ueberfflhrung der Rente
von Grund und Boden aus den Händen der kleinen Zahl von wirklichen Privat-
Grundeigenthamem und der Hypothekatgiinbiger an dva Staat ans naheliege rulen
Gründen noch in weiter Ferne liegen mn^, so müssen wir um so melir die Durch-
führung unserer Prinzipien bei jenen natürlichen ProdukÜontitkktoren anstreben, die
jetzt noch ungescbinrilertcs Ri^enthuiu des gesauunten Schweizervolkes sind, utul biezu
gehören in erbtet Linie die Wasserkräfte «oweit dieselben nicht jetzt schon darch
Konzessionen an Privat-Unteraehiner übergegangen sind.
1) Diese Wasserbtfte, welche nach einer Statistik lies Herrn Hob. Lanterburg in
Bern viele Millionen von Pferdekräften darstellen, hahen infol^'e der neuesten tech-
nischen Fürtsthriite auf dem Gebiete der Kraftübertragung jniltels Elektrizität und
Druckluft eine Tür die wirthschaftliche Entwicklang der Schweiz hochwichtige Bedeutung
erhalten Die Narhricht. daß an der elektrischen Ausstellung' in Frankfurt a. Main die
Triebkraft tür die ausgestellten Maschinen von einer 185 Kilometer weit entfernten Ort-
sehafl im Neckarthale. — auf eine Entfernung gleich derjenigen von Andermatt nach
Basel elektri«?ch gleitet werden soll, daß es ferner in Oerlikon gelungen ist, mitte!«
bochgespannter Kruftströme die motorische Kraft des fallenden Wassers ohne namhaften
Verlust auf größere Distanzen zum Betrieb von Maschinen- und Beleuchlungszwedten
zu beniitzen. endlich die gelungene KraflQbertragung und Kraftvertheilung durch Druck-
luft in Paris — alle diese Thalsaclien müssen jedem denkenden Menschen die hohe
Bedeutung der sdiweizerischen Wasserkräfte klar madien.
Bislang w.ir unser Land arm an Mineralschätzcn ; wir besitzen kein ausbeutungs-
fähiges Lager an Steinkulden. Wir sind darauf an^^ewiesen, die motorische Kraft zum
B^ebe der SisenbahnMi. Eriken mit Ihenram Oelde Tom Ansland za beziehen.
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WuKrkr&fle der Schweis
— 407 —
Wasserkrilie der Schweiz
Erreichte doch die EHnfohr von SteinkohleD im Jahre 188i) die äumme voa 28 MillioneQ
Franken. Aber anch abfewh«i von dieiMni enormen Tribut, den unsere Industrie und
unsere VerkehiaaüDStalten jährlich an das Ausland entrichten müssen, sind wir durch
diesen Umstand in ehie abbftxiKige Stellung zum Ausland gerathen. Störungen des inter-
nationaieo Verkehrs, Strikes von Orabenarbnteni, Ausbruch von Krieg, Termfigen sogar
unsere Dampfmaschinen und damit Verkehr und Industrie zum StillsUind zu bringen.
Mit einem Schlage üfi'uet sielt nun die Aussicht auf einen noch gant unübersehbaren
Zuwachs unseres Naiionalreichthums in der Nulzbarmaebung der immensen Wasserkräfte
und damit eine gänzliche Verschiehunp der Bedinpunpen zur pfsammtcn wirth -hatl-
lichen Produktion zu Gunsten der von allen Seiten durcb »ciiwerc ZoUschranketi ge-
hemmten und bedrohten Schweiz. Wenn es wahr wird, daß die nie versiegende gewaltige
Kraft unserer AlpenstrAme durch Turbinen gefesselt, mittels Dynamo-Maschinen in
Elektrizität umgewandelt und Ibr^eleitet und an einem entfernten Ort zum Beirieh von
Fabriken, ja selbst von Lokomotiven verwendet werden kann, wenn es thatsSchlich
mOglicli ist, 7.. B. die Wasserkräfte der Reuß von AnHprmatt bis Fhlolen in den industrie-
reichen Städten der schweizerischen Huchebene, n.ich Z('iri<'h und Basel, zu leiten und
daselbst technisch sn verwerthen, dann gehört ja unser Land plot^liidi su den reichsten
der Erde. Dann werden die ungezählten Stromschnellen und Abstürze unserer Qebirgs-
flösse, die stillen Alpenseen, die bis jct^t nur das Auge des staunenden Wanderers zu
entzflcken vermochten, zu eben so vielen Quellen unseres Nationalreichtlmm.« Wir
sehen die Zeit kommen, da ilie elektri'=' h'-n Krafileitungen unr^eren Erdlmden durch-
ziehen werden, wie jetzt die Telegraphendrahte die Luit, die üas- und Wasserleitungen
den Untergrund der Städte, da jedem Handwerker, Gewerbtreibenden und Fabrikanten
die Mßgliciikeit geboten ist, mittels Druck auf den clektri-:'-h>>n Knopf die ihm noth-
wendige und nützliche Kralllei^tuuij zu erhalten. Lallen zu heben, Maschinen in Be-
wegung zu setzen, Vehikel mit elektromotorischer Triebkraft zu versehen u. s. w. ;
denn noch ganz unübersehbar mu\ die Fortschritte und Umwälzungen auf dem Gebiete
der Industrie, besonders der Metuliurgie. welche durch die elektrischen Kraftströme
herbeigeführt werden, sofern dieseibrat fiberail «riine grofie Kosten xur Verwendung
kommen können.
3) Allein dieses schöne Zukunftsbild droht verdüstert zu werden. Angesichts der
entfesselten Privatspekulation, welche sich infolge dieser neuesten Wendung der Dinge
auf die .\usbeutung der Wasserkräfte wirft, i?5t für jeden vvaliren Patrioten die Frage
wohlberechtigt, ob dieser neueste Fortschrill deä meuachlichen Erfinduugsgeistes dazu
dienen wird, das ganze Schweizervolk zu beglücken oder ob derselbe auch nur — wie
die Erfindung der Dampfmaschine, der Eisenbahnen — bewirken wird, dafi nur wenige
auf Kosten des ganzen Volkes reich werden ?
Es ist sicherlich die höchste Zeit, daß die kantonalen und eidgenössischen Vertreter
und Führer des Volkes jetzt schon mit aller Energie zu verhüten suchen, daß der Reich-
thum, der in den Wasserkräften hegt, in die Hände ge\\ innsHchtiper FrivaLspekulation,
an das tributheischende Großkapital, an die Hi'M-se veräußert werde, mul alles aul'ideten,
daß dieser Heichthum dem {ranzen Volke für alle Zukunft erhalten bleibt. Wohin in
solchen Dingen, das „Laisser taire et laisser aller* führt, hat das Schweizervolk ia den
letzten vierzig Jahren genügend erfahren. Es giebt heute wohl keinen einzifen Staatsmann
und Patrioten, der ni'h' einsähe, daß es ein pewaltiper Fehler war, a!? man den Rau
und Betrieh der Eisenbatmen der Frivalapekulatiun überlassen hat. Die ungezählten
Millionen, welche un? diese Erfahrung gekostet hat, sollten uns nun auch davor be*
wahren, bei der Nutzbarmachung der Wasserkr.Tfle in den gleichen Fehler zu verfallen.
4) Im Verzuge hegt Gefahr. Fast in jeder Zeituagsnummer erhalten wir Kennlniß
>on neuen Gesuchen um Konzessionirung ton Wasserkräften, mit wddien einzelne
Private und Aktiengesellschaften bei den Kantonsi epierunpen und Gemeinden einkoinmen.
Mögen auch als Gründer solcher AktiengesellschaHten unsere eigenen Liandsleute sich
nennen, sieher ist daß hinter denselben milchtige Kapitalgeselkehaften des Auslandes
stehen, die den Aupenblick kaum erwarten mögen, Ids sie ihre luächtipe HatuI auch
Aber diesen Landesreichthum geschlagen haben. Ljeider sind nun die kantonalen Gesetze
aber das Wasserregal sehr mangelhaft. Fast flberall sind die Wasserkräfte herrenloses
Gut, jeder Kanton resp. jede Gemeinde schaltet und waltet dan'dier. wie es ihnen gut
scheint, die Konzessionen werden gegen einige schützende Vorschriften nach den Wasser-
baupolizeigesetzen und gegen ein Linsengeneht «ner jährUchen Konzessionsgebfihr, in
oinipen Kantonen so^rar unentgeltlich losgeschlagen ; und so pr ht Stock um Stück
unserer schweizerischen Wassergefälle auf ewige Zeiten ~ nur wenige Kantone haben
die Konxession auf eine bestimmte Zeit beschränkt (Aaigau auf 90 Jahre) — in die
Wasserkräile der Schweiz
— 408 —
WftaserkrHtle der Schweiz
Hftnd« der Privatepeknlttion tlber. Und wenn einma] die Zett kommt, da das grase
Vnlk iiii>i>- n.'scticr.k ziiirick vi rli^ngl, dann wcriien i]ip Inhal)eV von , verl)rieflen uDii
wohlefwori>t)Qeu Hecliten' äprechea and sich aur liegen große Sununeo dieselben ab-
kaofett lassen.
Welches ist nun die Folge, wenn unst re kantonalen nnd eidgenössischen BahÖrden
diesem .Verschachern* unseres Nationalreichthums müßig zii5?chauen V Es ist dies wohl
nicht schwer voraus zu sagen, wir haben die bitteren Erialiruiigen eines solchen Geheu-
tassens im Eisenbahnwesen vor Augen. Vorerst wird die Ausbeutung der Gefälle eine
durchaus irrationelle sein ; statt einheitlicher Anlagen nach wohldurchdachtem Plane
nichts als eine verkömmerte Zerbröckelung der Gefalle. Aber dies ist ja nur ein unter-
geordneter Nachlheil der Privaten Ausbeutung der Wasserkräfte. Der Hauptschaden
trifit das ganze gewerbetreibende, produzirende Volk, das fQr jede Kraftleistong, für
jede elektrische Giahlarope jenen Privatbesitzern der Wasserrechte eine Steuer bezahlen
muß. Die reirhcn Kapitalisten sichern ^ich den Besitz der Aktien und erbeben von der
Arbeit einen Tribut, warmuV weil sie ja Aktionäre sind, und weil ^ im Jahre 1891
noeh keine Gesetze gab, welche die Verschacberung der Wasserkräfte an Private und
Aktient^esellschaflen vorliinderten. Sollte der g^roGarti^fc technische Fort.schritt auf ilem
Gebiete der elektrischen Kraftübertragung nur nach dieser Richtung ausgebeutet werden,
dann wftre der Gewinn des Schweiservolkes an demselben ein ganz minimer, ja geradem
ein illusorischer : der Unterscliied pe^en jetzt wäre etwa der, daß der nc\verbetrciben<le
per Fferdekrafl, welche er iu seiner Fabrik oder VVerkstfttte ben&tzt. eine Kleinigkeit
weniger bezahlen mflfite, als jebct bei Dampfbetrieb, nnd dafi die gewaltigen SaranoAn.
welche wir heute für Sleinkuhkii in's Ausland Schicken, am Ende des Jahres nur in
Form von Akliendividendcn nach Berlin. Frankfurt, Paris und London abflössen.
Von Vergrößerung des Nationalreichdiums, Förderung der Prodnktion, Erleidbtemi^
der Konkurrenz unserer Industrie auf dem Weltmarkte ehenso wonig eine Spur, ils
von einer allgemeinen Besserung unserer wirlhscbaiUicben und sozialen Zostände. Sollte
es darum gesdieben, daß unsere obersten Behörden den 'gflnstigen Augenblick verpassen
und der privaten Ausbeutung der Was^rkraftr ni iit ii^n Riegel stecken, dann wHre
uns b&M>er, daii die tosenden Wasserfalle noch weiter uugefeaselt am Felsabhang zer-
stäubten und die reifiendoi Bergströme ungehemmt Ton Felsblock zu Felsblock sprängen.
5) Aber muß es denn h> sein, daß die Gesetzgebung hinter dem technischen und
sozialen Fortschritt um Jahrzehnte zurückbleibt? l.st es denn nicht m&giich, die kantonalen
und eidgenössischen Grundgesetze derart umzugestalten, daß die Fortschritte der Wissen-
schaft und der Technik zu Nutz und Frommen des ganzen Volkes ausgebeutet werden
können? Wir glauben ja und haben den Beweis vor Augen. Es giebt in der Schweiz
eine Anzahl von Gemeinwesen, wie Genf, Bern, Luzern, Brugg, u. a. 0 , welche die
Wasserkräfte in ihrer Gemarkung selbst ausbeuten und die motorische Kraft an Private
zum Zwecke des Machinenbetriebs der Beleuchtung u. s. w gegen einen Pachtzins ah»
tfaten. Aus dem Reinertrag dieser stSdlbchen Unternehmung deckt Genf heute schon
einen Tht il t^einei^ Staatshaushaltes.' In gleich rühmlicher Weise ist der Kanton St. Gallen
— wenigstens im Prinzip — vorgegangen, indem er in § 18 seiner neuen Verfassung
besüromt :
.Dcui Staate steht das Hoheitsrecht über die Gewässer zu. Die Benutzung derselben
«doli auf dem W«^e <ier Gesetzgebung geregelt und gefördert werden. Uiebei kann die
«elektrisdie Weiterleitung von Wasserkrllflen als Staatssache erkiftrt werden. Die Vor^
«schritten des Bundes sowie allfällitre Privatrechte bleiben vorbehalten.'
Auf dem Wege von kantonalen Verfossungsrerisionen und GemeindebeschlQasen
kommen wir aber nie zum angestrebten Ziele einer rationellen Verwerthany der Waaser
kräfte im Interesse des gesammtcn Volke-. F/mrnal würden darüber Jahrzehnte verloren
geben. Sodann ist eine nach Kantonen oder Gemeinden zor:itückeUe Gewinnung det
Wasserkrftfte ein Unding. Niebt allein, daß die Kanton^^nzen der rationellen Wasser-
werkanlage hindernd in den We^^ irelen - wir erinnern nur m den Fall 'Aür.rh-
Aurgau belretTend Wasserkräfte der Limmat — auch die elektrische KiaflQbertraguog
wird und muß eine interkantonale sein und daher durch den Bund geordnet werden,
^V('IllI die Leitung durcfi \ cr^r hiedene Gemeinden und Kantone nichl unliogrenzten
Schwierigkeiten begegnen und zu endlosen Streitigkeiten führen soll. Au^: all di^eo
Schwieri|H^eiten heraus hilft uns nur das Bundesmonopol. FQr dasselbe spredhen noeb
weitere l'mstiinde : Lnnt Bun«lesvcrfassung hat die Eid;^cnü--eii<('!iart die rflicht. den
Kantonen in der Verbauung von Wildwussern und in der Entsumpfung von Landes-
strecken zu helfen, und es hat der Bund zu <ticsen Zwecken seit 18w Qb^ 40 Millioiien
Franken verausgabt. Sollte es nun dem Bnnde nicht auch zustehen, die Wasserkrftfte
Wuäseriü-äfle der Schweiz
— 409
Zündtiökchea
■All sif-b zu zieheu und zum \S uiil und Nutzen de> gatuen Volkes zu exploitireo i —
Ferner hält matt in Fachkreisen die Verwendung von Akkumulatoren zum Betrieb voa
Lokomotiven nur noch für eine Frage der Zeit. Wenn nun der Bund den Betrieb der
Eisenbahnen abemimmt, soH er denn nictiL auch gleichzeitig dafür tturgeu, dui» er die
dun Döthige Betriobskraft niebt tpftlar einn^l von (ler PüTOttpukiilatinn um Uwuns
Geld zurückkaufen muß.
Auä allen diesen Gründen treten wir mit der Bitte an Sie, Sie möchten bei Anlaß
■der Revinon der Bnndemiiiuniiiig fiilgendai Artikel ■■fhehmen t
.Sammtliche noch unbenutzte Wasserkräfte der Schweiz sind Eigenthum des Bundes.
»Die Gewinnung und Ausbeatuag derselben, sowie deren Fortleitong duivh Elektrizität»
, Druckluft tt. s. w. nnd Bundeasaefae. Ueber die OarcbfQhnmg dieses Moiiopoi& sowie
.über die VertlieUung des Reijwrtmge aus demselben wird eiD Bnndeagaeetz das IfOth%e
^bestimmen*.
In Folge dieser Petition hat das eidg. Departement des Innern dm Kauiuus-
i'egierungen um ihn AoaiiAten and um Angaben betreffend die bisherige Ver-
wendung der \\'a>scrkrKfte angefragt. Die Antworten sind in Ifoneat der
Druoklflgang dieses Bogens nurh nicht bekannt.
(Statistik der Wasserkräfte Seite 410.
WengernalpliakB. Coneedirt am 37. Jnni 1090. Noch im Bau beftndliok.
(November 1892). Projektirte Länge 18,251 Meter. Spurweite 60 obl Zahn-
radbahn. MaximalstMgong 250 7oo. (November 1892).
Yverdon«$te*Cniix*Bahn. üonoedirt am 27. Juni 1888 Projektirte
Lingtt 21,270 Meter. Sparweite 1 Meter. Noch im Bmi befindlioh. (Nov. 1892).
ZSlIe« Da im Moment der Drucklegung dieses Bogens sowohl das Handels-
abkommen mit Frankreich als auch die Revision des Zollgesetzes von 1851
pundent sind, wird d^ n tit. Abonnenten dieses Werkes vermatJüioh ein Extra'
x^achtrag über die^e Materie zugeben.
Zug-Walchwyl-Goldau-Bahn. Conc>dirt am 23. .Tnni 1869. Projektirte
Länge 15,f30n Metiu. Spurweite l,4ss Meter. Adbäsioa^ib&ha. Lokomotivbetrieb.
2^och im Biiu Ijetindlich. (November 1892).
Zucker. Zum Zwecke der Fiibnkutiun von Kohzucker, rathnirtem und
anderem Zuoker« konstituirte sich im Dezember 1891 eine Aktiengesellschaft mit
^it* in Montbey (Wallis) nnd einem Kapital von 1 Million Pranken.
Zündhüizchcn. In Frankreich, wo die Zündholzfabrikation ein Monopol
deh Staates ist, hat man berechnet, daß jede Ter-ion im Durchschnitt täglich
T) Zttndhölcohen branobt. Aaf die BevSlkwungszahl der Schwei« angewendet,
würde die^ einen Jahresbedarf von rnnd 6 Milliarden Stück, oder per Tag
l.'j Millionen Stück ergeben. Weitaus der größte Theil die.ser ansehnlichen
Uuantität, du- dem (iew'u hrn von ptwa 200 s^rol.'en Känmen entspricht, wird in
der Schweiz selbst tabrizirt. Obige Berechnung stimmt nämlich annähernd mit
der Geaamuitproduktion der schweizerisohen Ziindholzfabriken ttberetn, die auf
etwa 119,500 Kisten s« 50,000 Hölxchen gerechnet wird. Der Engros*
wertli dieser Jahresproduktion bel.iuft sich auf ca. sOO,000 Fr., der Worth im
Detnilverkauf auf 1 — 1 '/» Millionen Fr. Der Jahresverbrauch wird von den
i'abrikinspcktoren auf 20,895 Kisten phosphorfreic nnd 101,<)Hi (xelbphosphor-
höizchen berechnet. Die Einfuhr beträgt durchschnittlich 940 die Ausfuhr 5()9 q,
somit die Hehr-Btnfabr 431 q oder 3448 Kisten per J^r. Im Jahre 1886
standen 28 Zttndboltfabriken im Betrieh, welohe dnrchsohmttlich 650 Arbeiter
beschäftigen ; im Jshre 1888 waren nur noch 24 GesohSfite mit 300—400 Arbeitern
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Wasserkräfte der Schweiz
— 410 —
Wasserkräfle <ler Scliweij.
Statistik (Abdruck aus der „Zeitschrift tür schweizerische Statistik*^
(Jhrg. 1891), Aonuy aiiN dner von Bob. Laoterbnrg, (ngenienr in Bern, Ter^
üdktti großen Arbeit ttber die WtMorkxSfte der Sobweis).
Allgemeine Bemerkung. Wegen der Komplikation tler bald nur einseitigen,
bald doppelseitigen Angrenzuag der Kaotooe an die Stromläufe und der l&ngs der aus-
Iftndfsefaen Grenze nnr tbeilweimi Verfd^arkeil der temeinfldteftUdMn nofimaeennenge
koniif r n die hier ausgesetzten sonuuarischen Waasemftfle nnr mit anaSbernder Genatiig-
keil berechnet werden.
Kantone
Ungefähre
IfnfttMtltraft
Bemerkungen
1 1. Zürioh ....
30496,1
5,27
«
2. Bern ....
1 d. Lnsun » . . •
73926,16
8020,35
12,68
1,37
OnwMs StCMSgeM««, mittel^ M« Wm«
1 4. Üri. ...
5. Schwyz . . .
23128
4667,7
3,97
0,80
Kleines Areal, ziendich gro«s« WMser-
nugsB^n^ durchwegs stArkc QfrfUH#».
6. üUwalden .
2336.5
0,40
7. !Nidwaldeo . .
3288
0,56
8. Glamg ....
11078,5
1,90
Wto bei Uri.
9. Zag
1582
0,26
Vw dia Loiw la Bctiacfat ^nogtn.
10. Freiboif . . .
11. Solotbnm . . .
12861,2
15016,95
2,21
2,58
UrolirntheiU ti«feinK> iiclir.ittptif (iuda-
strit^ll uDxugäDgUcliej Flattlftafe.
^<tarko WaMomMm, «her kWiM G«-
fnUe.
12. BaHel-Stadt . .
4671,2
0,80
wie obcu.
K^. Basel- Land
4GU9,2
0.79
W'if oben.
14. Schaff haoaen . .
14401,6
2,47
Wl* olMB und itarkM Uefill(Bli«iBCftll i '
M«itt iii>iwigtogM<J»e StromitnekeB. g
15. Appeniell A.-Bb.
757,7
0,13
16. Appeniell L-Bb. .
462,6
0,08
17. St. Gallen . . .
18057,8
3,1
18. G-raabttnden . .
125138,1
21,46
QttmM BtnmvMn* stiito e<Aiie
19. AariEjan . ^
68625,8
11,78
SaBBMiatallt ▼on Aui^ X*aw, Ltounat
und Bh«lB.
20. Thiirgau , . .
1 1123.3
1.90
21. Tenin . \ . ,
28b25,d
4,85
ätorke Gefätle, mittvlaroti« Wauar-
22. Waadt ....
14944,9
3,34
2a. Wallis ....
24. Nenenbnrg . .
87368,5
3044
16
0,51
Cro.otes StroingtbMt dad meist atMiie
(tefalle.
25. Genf ....
I44ii:'.,i
2,43
KlclaM Mroeiffelifot «bar pom WMwr«
Total HP
682,834,26
100,—
üiüitiztediay Google
ZaadhAlseheo
— 411 — .
Zfindhöiachett
im Ganpe. Sic vertheilen («ich auf verschiedene Kantone. Ihre größte Konzentration
hat die ludustriü im beruischeu Frueigtbal, wo die Schachtelnfabrikation allein
1100 — 1200 Fentonen beschäftigt. Der Lohn ist äußerst karg nnd der Aufeotkalt
in d«i Fabriken im hVohatMi Grade geanndkeitnehldlicli. Eine mit der Fabrikation
von gewöhnlichen PhoRphormlindhökchen verbundene Krankheit ist die bekannte
Phosphoriiarkciöf, weh^he eine Folge der Phosphorverdnnstnng ist. Vor mohreren
Jahrzeliiiten Hchou erließen verschiedene Kantone, namentlich Zürich nnd Bern,
eine Reihe von gewerbe- und sanitätspolizeiiicher Vorschriften tUr die ZUndhols-
fabrikation, nm deren verderbliehen Einfloß anf die Gesundheit der damit
beachKfligten Arbeiter vomnbengen. Sogar von der nitohstbetheiligten BevSl-
kemng selbst erging der Ruf nach amtlicher üeberwachung dieser Fabrikation,
80 von einer Anitsversaranilmip in Frutigen im Jahre I8fi2. Die bedenklichen
Zustände in lien betreffenden (iegenden erregten schließlich m Allgemeines Auf-
sehen, daß von Hundeswegen eingeschritten and durch Gcüetz vom 23. Dez. löTd
die Yerwendnng des gewt^hnliehen (weißen oder gelben) Phosphors aar fientelinng
der Zündhölzer gänzlich Terboten wnxde« Sanitarlech war diese Maßregel nn-
sweifelhaft das Richtigste, Qkonomiseli aber yernrnachte sie einen waliren Knäuel
von Soihwierigkeiten , der so verwickelt ward, daß er schon im Jahre 1S>?2,
nach kaum einjähriger Wirksamkeit deH Ge^ctzey, gleich dem gordisehcn Knoten
durchhauen, d. h. durch plötzliche Aufhebung des Verbotes gelöst werden mußte.
ZnnSehflt hatten sieh dnrch daa letxtere die YorrStbe von PhospborfaOlsQben ent>
werthet ; dann entstand ein endloses Pröbeln mit Rezepten zur Erstellung phoephor-
freier Hölzchen, naeli schwcdiwcher Art sowohl, als zum Entzünden an beliebiger
Reibüäcbe*, diese neue Fabrikation erforderte mehr oder weniger kostspieliije neue
Einrichtungen, und doch erwiesen sich die meisten neuen Hölzchen aU unzweck-
mXfiig, sei es, daß sie sieh in schwer entzündeten oder aber zu leicht, so daß-
sicb die Zeitungen bald mit Beriehten Uber leiehte nnd «diwere Verwundungen
dur<dl Explosionen zu füllen begannen und in der Westschweiz der Spottname
^Allnmettes federale.s'' entstand. Dazu trat eine bedeutende Kinsehmugt,'i"Inng
fremder Phosphorzüudhölzehen und geheimer Verschleiß derselben im Innern,
begünstigt durch die Vorliebe des Publikums für diese alten, vertrauten Feuer-
tspender an Stelle der onheimliohen und zudem etwas theueren, explodirenden
Keulinge. An die Stelle dee Phosphorrerbota setate das berührte Bnudesgesets.
vom 22. Juni 1882 die Befugniß de» Bundesrathes, von sich aus alle Maßregeln
7.n treffen, welche er f(ir die Fabrikation, den Transport nnd Verkauf der Ziind-
hölzchen für nöthig erachte. Mit Reglement vom 17. Oktober 18iS2 «teilte der
Bnndesrath dann auch bezügliche Vorschriften auf, die im Wesentlichen die Ein-
sehrlDkung gewisser Kanipulationen, speaelle sanilftre Binriohtun;;en ete. betrafen.
Die abennals entstandene Schädigung der Fabrikanten durch Entwerthung der
Vorräthe an neuen Hölzchen etc. hatte zu erfolglosen Entschädigungsforderungen
an den Bund geführt. Bald nahm die Fabrikation im Großen und Ganzen
wieder ihr altes Gepräge an. Verschiedene Fabrikanten hatten sich jedoch auf
die Erstellong von ZtUidhölzchen nach schwedischer Art mit besonderer Reib-
flSehe geworfen und in Brugg entstand selbst ein größeres Etablissement
dieser Art
Um der fortwiihrenden Preisunterbietung der inländischen Zündholzfabrikanten
durch Auf>tH!lnng von Minimal preisen und gemeinsame Produktionsbe-schränkungen
entgegenzuwirken, vereinigten sich die bedeutendsten Fabrikanten des FrutigthaU
im Jahre 1886 an einem »Znudwaaren^Comptoir'*. Den ▼ereinbarten Ereisen
schlössen sidi sämmtliehe Fabrikanten der Sehweis an, indem sie sieb verpflichteten^
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ZandhAlzftlieii
— 412 —
ZOrkli
Hiebt nntor denielben ta verkanfea. Der nun in Soone gMetste FreiMQfwblag
wurde von den Konsumenten ohne Murren ertragen^ weil die bessere Qmlittt
der Hölzchen Ersatz bot. Die llauptproduzeuten von Frutigen gingen unter
»«ich die Verpditthtung ein, wücheatUoh nicht mehr aU ein gewisses Quantam zu
labn/.iren.
Dieser kräftigen SelbHthilfe fulgte deuu auch — zum erntun Mal nach lauger
2flit — eine befriedigende GeeohSftsperiode auf dem FoBe oadL Aber fiut so
«ohnell, wie sie entstanden, brach die Yereliiigang wied«r »iBamnien, indena »•chon
iiu folgenden Jahre einige Koutralienten vertragsbrUohig wurden , sobald ihnen
ein Verkauf unter der Limite von Nutzen schien. Seither ist der Fahrikatione-
zweig in diu alten Schwierigkeiten surückgeöuukcii. die Pbo phumekrasc fordert
immer neue Opfer und die Bundesbehörden stehen neuerdings vor der Frage,
wie der gesnndheitemörderiaoben Indnetrie beinakominea ad. Geetfttit auf vor-
bchiedene Gutachten, welche sich daa eidg. Industriedepaitement vom Fabrik-
itispcktorat einholte, und in Befolgung einea Bandesbeaohlnesea vom 1. Juli 18B6,
luatend :
„Der Bundesratb wird eingeladen, zu untersuchen, in welcher Weise der
l'hosphor-Nekrose wirksam vorgebeugt werden könne,"
sowie eine« von Nationalrath Dr. Joos provozirten Nationalrathrathsbraoblnase»
▼om 16. Deionber 2889, lautend:
«Der Bandearatb wird eingeladent die Frage sa niiterMieb«! nnd darüber
Bericht an erstatten, ob nidit die Anfertigung und der Verkaof von giftigen
Fhosphor^ndhölaoben wieder an verbieten «eit*
ist der Bundesrath dazu gekommen, mittelst Botaehaft vom 20. Hov. 1889
die Einführung des Ziindhölchenmonopols zu beantragen. Die BundeeveraammlQDg
hat darüber noch nicht entschieden. (November 1892.)
Zfirieh. Indnstriegeeobichtliches. (Von Dr. J. Strtckler in Bern.)
I. Die Indttstriegeschicbte mnes Gebiets, in welchem sich nach und nach
<)ie verschiedensten Zweige menschlicher Arbeit entwickelt haben; dessen Volks*
zahl und Wohlstand iramcr we^^eutlich von dem Gedeihen der Tndnstri«! ahhingen;
wo nicht bloß die innere Verwaltung vielfach durch die BedilriniHiie deä Gewerbe-
Standes geleitet, »ondern selbst die auswärtige Politik Jahrhunderte lang durch
Handelsintereasen beeinflnßt wurde, verspricht eine große Fülle von Thateaohen
nnd theoretischen Ergebniasen zu lief) i n. venu sie ihrer Aufgabe genUgt, indem
hie zeigt, waa für Umstände die Entwicklungen der einzelnen Arbeitszweige
legün^tijfti'u , wie sich <leren Betrieb verbreitete, welche sozialen Verhältnisse
derselbe herausbilden half ; wie die Arbeit sich spezialisirte oder technische
Httl&teiatungen an tdeh zog; wie die Staatagewalt daa Anf kommen der Gewerbe
l^rderte oder hemmte, die Intereeeen einer Gemmnde oder Bfirgerkhiase bevor-
zugte oder eine vnparteÜHche Stellung behauptete; wie die «Schule" nich dem
^Li-hcii" unhe<{uemte, i\. h. den Hrwerbszwecken dieiiHtbar wurde, und dies alles
aui' die Gesittung der verschiedenen Volks-'chichten, den NutiDualireist, den Fort-
Mihritt der menschlichen Kultur zu wirken vermochte. Ks wäre miiloig, weitere
Ansprüche an eine solche Geaehichte m atellen, da deren ErfÜllang noeh nioht
ito bald an erwarten ist. Daß sie aber nicht grundioe sind, aeigen aahlreiohe
Versnche vod Handels- und Indoatriegeaohiohten verschiedener Länder, die immer
wenijr«tens einzelnen Postulaten entsprechen , und nnz.ihlige Schriften Uber ab-
goüöudcrte Fragen, die umfassende Darstellungen vorbereiten. Auoh der Schweis
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Zürich
— 413 —
Zürich
fehlt an einschlägiger Literatur nicht ganz; doch iä&t sich der Eindrack nicht
verhelil«!!, daß der bekannte «Venaoh einor Gesehichte der Handelaolnift der
Stadl nnil Ludiehaft Zttrick' (von S<^iiii)« der im Jahre 1763 erschien ^)
mehr Naehfolge hfttte finden eoUen. £rfit die jttngsten Jahrzehnte haben erhebliche
Ldstnn^vn tw verzeichnen. Viele Reiträtr»^ (rnh das , Historisch-p^eoprsiphisch-
statistisclie tieuialik- der Schweiz", m dem die Mehrzahl der Kantone^) behandelt
i8tj Studien von Zellweger, Beyel und eidgenöttsiticheD Kommihsionen ergänzten
oder verwerdi^n dieedben fttr praktische Beetrebnngen ; ents^preehende Dar«
Btellnngen f&r die Ton Max Wirth geleitete «Statintik der Schwei//' (isii f.)
kamen dagegen nicht zu Stande; Aufzeichnungen wurden indeß anläßlich der
Theiliiahme an Weltaiis8tellungen in den bezüglichen Berichten resp. Katalngen
oder Kartenwerken niedergelegt. Die wichtigsten Werke, vun Dr. Ucrnaanu
Wartmann für den Kanton St. Gallen (nebst Appenzell etc.) und Dr. Trau-
gott Geering fQr Basel, haben inawisohen Tenehiedene Kenner sn ihnlicben
Stadien ermuntert, unter welchen die von Adolf Bürkli pnblixiTten hervor-
ragen. Diese Forschungen sind denn Hueh dem , Lexikon" zu gnt gekommen,
wofiir eine Reihe von Artikeln zeugt. Da in denselben bereite alle we^ntlichen
Industriezweige hifitorisoh und statistiach beleuchtet sind, ho liegt nahe, auf
diese Beitrltge einÜMh zu verweisen, wem sowohl der knappe noch Übrige Banm
aU der verspKtete Auftrag*) an den jetiigen Berichtentatter drängen; dennoch
gl i il '8 die Jftedaktion, eine besondere Skizze nicht entbehren zu kennen, und
muß (iaher versucht werden, da» erwähnte l^fciterial wo nicht zasaniniettsnfassen,
doch wenigstens durch etliche Fäden zu verliinden.
IL Zwei Gründliigeu sind zn nnter-ieheideii : Die eiiifiiehfn Kunsliiluuigen,
welche da« aUgemeiuti Bedürfiiiß i^chou iu der Vorzeit entwickelt hatte; die
Zubereitung der Wollen- und LeinMifsMr bis nur Fertigung von Garn, Geweben
und NShfadeii, die Verwerthang von Tbierhäuten, als Fell oder Leder, die Ver-
arbeitung von Nutzhölzern zu Gefä^Hen und Geräthen sowie zum Bau von Zelten,
Wohnungen, Ställen, Speichern, Brücken etc., die Ucr8tellung von Watfen und
Geräthen au8 Metallen, diu Aul'ängü der Töpferei; nur vereinzelt, in den Höfen
der Großen, wurden auch Edelmetalle verarbeitet, kostbare Gewebe, kunKtreiche
WaffenstBeke oder andere Luznsartikel eneugt Diese hShere Technik, die in
unserem Gtbiat gewiß lange anbekannt war oder ein Fremdling blieb, bezeichnen
wir als da» zweite Element; dcsMcn Einbürgerung hing von Zunilleu , von
ättß^rRn Umständen ab und hatte denn auch mit lÜuderniHaen mancher Art zu
kämpfen, biä C8 feste Wurzel faßte.
Zttriehs Lage begünstigte einen verhSltnißariUKg frOhen Verkehr mit Italien»
wo sich viele Ueberre^te von alter Kultur erhalten hatten und aUmilHg wieder
erblühten. Die Besammlung von Reichstagen in Zürich, die Theilniihiiic an
Heerfahrten über die Alpen, die Hut>ehaften ans dpin Süden fiihrten vi>'liMlei
neue Dinge herbei, die theils Arbeit und Gewinn einbrachten, theiis den Kuo»t-
fleiß weckten. So wird denn glaublich vermuthst, daß besonders die Ze.'htöruug
Mailands (1D!2) dureh Friedrich Barbarossa filr Zürich gttnstige Folgen hatte,
*) Das Buch gibt viel mehr ab der Titel erwarten IftBt; freilieh ist auch manches nur
berfihrt; ein umfassendes, grOndliches Werk bleibt dalier für Zürich noch zu wünschen.
') Hier kommt bnuptsrn hü b .1er I. Band dess Werkes Über Zaricb, bearbeitet
von G. Meyer von Knonau, Vater, iu Betracht.
*) Infolge Abldinung seitens eines Mitarbeiten wurde der Verfasser dies erst im
November d. J. um AusfBtlang der LQcke angesprochen.
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ZQrich
^ 414 ^
ZOridt
-ohne daß darüber genaue Angaben gemacht werden können. Sicher ivt, daß im
13. Jahrhundert schon veruchiedeije Hmu 1 werke für die Julirniiirkte und Ausfuhr
arbeiteten, während ein Theil der Bevölkerung der Stadt noch für die Bedärf-
nisse der Abtei zu arbeiten hatte. ZUoftu bestanden in der ersteu Hälfte des
Jahrhunderte nedi sieht, wohl aber ml^gen die von der Aebtiiein abhän^^igeo
Uewerkvereine, je mehr die Abtei dem stftdtkdheD Rath gegenüber an Einfluß
und Macht verlor, sich befestigt und ihr Beispiel Nadifolge gefunden halx^n,
wobei an ähnliche Bewegnngen in anderen Städten zu erinnern ist. Einzelne
Hiuidwerker eri*oheinen auch sclion vor Kndt; de** Jahrhundertf? als „Bürger**,
z. B. Goldschmiede, KupferüuUiuiede, Küracbuer, Pfister^ andere wenigstens ab
Beeitnr eigener Hftneer, während die große Kehnahl noch nieht «nr Gemeinde
.gesKhlt wnrde. Wiehtiger als diese politischen Verhältniase sind für uns die
Satzungen des „Richtebriefs'', einer Art Stadtrecht, das von Konstanz entlehnt,
aber umgebildet und ergänzt worden war; die zweite Ansfortigung desselben
(v. J. liiU4) enthält nämlich mehrere Vorechriften über .leu Aukauf von Seide,
wobei vorausgeiietzt ist, daß solche von Fremden zugebracht werde, sowie Uber
die Besehaffenheit von WoUentttchem, Zwiloh nnd Leinwandgeweben, die
Gerberei etc. Bezüglich der Seide ist ferner zu bemerken, daß ein Artikel,
der von Verpfindung redet (V. 107), die Seide an Spulen, Spindeln und
Werpfen davon ausschließt, was zu der Annahme führt, daß Seide in Zürich
versponnen und gewoben wurde. Spätere liathserlasse (133t>, 13(i3) zeigen,
wie die Obrigkeit die fertigen Gewebe (Bänder, Sohleier oder Kopftttcher) vor
dem yerkanf beriehtigen ließ, besttmmte Maße fbr die gebränchliehen Artikel
vorachrieb, nnd zwar je nach den Abiatz<^i-biett>n (Lothringen, Schwaben, Polen,
Ungarn etc.) verschieden. Ebenso wurden Vorschriften filr die Wollengewebe
aufgestellt. Letztere Industrie scheint indcß k'-ine erheblichen Fortschritte ge-
macht zu haben, während sie anderwärt» sich machtig entwickelte.
III, Die Brunieohe «Revolntion" von 1336, die dem Handwerkentaad oder
Sleinbargerthum einen gesicherten Antheil an der R^ierang des Gemeinwesens
verschaffte, haben wir nur soweit su beachten, uIh sie das Gewerbeleben betraf.
Da ist denn voraus zu bemerken, dass Kauflpute, welche größere Geschäfte
betrieben, wie Tuchhändlcr, „Sulzlente", Kornhiiiidler, \\ echsler, Goldschmiede,
zu der vornehuieru Klasse, der „Konstafel", gehörten, in den 13 Zünften
aber, die je eine Hälfte ^ Bathe« au besetxen hatten, eine Menge anderer
Bernibarten vereinigt wurden; sieht man von der Rangordnnng und der theil*
weise zufälligen Verbindung verschiedener Gewerbe ab, «o erscheinen hier Ki iimer,
Grempler, Viehhändler. Uolzkäufer, Weinschenken. Weinrnfer (Handelsagenten) etc.,
dann Wüilscilläger, (irautncher, Wollen- und Leinenweber, Bleicher, Hutmacher,
Sattler, Seiler, Gerber, Pergamentcr, Sohuhmadier ; Metzger, Mttller und Bäcker;
Schmiede, Sohwertfeger, Glockengießer, Zinngießer, Spengler; Zimmerlente,
Wagoer, Fassbinder, Drechsler; eudlich Rebleute, Gärtner, Oeler, Sehiiflente,
Karrer und Träger, Fischer, Scherer und Bader. Die Zünfte erhielten ihre eigenen
Fuehgerichte und bildeten sich in der Kolge zu förmlichen Korporationen aus ;
üie vertraten ihre Beriitsinteressen in deu üätheQ und übti n ihren EinÜuU nicht
weniger in der „Gemeinde* aus; sie bildeten derart «n Organ der Staatsgewalt
und eine Sttttae Ittr politische Zwecke. — Die Begierde und das Bedttrfniß nach
Landerwerb (seit 0. 1350) machte sich bald in Yorschiedenen Richtungen geltend;
dif' Krvveiternng des eigenen Gebiets bt-giinstigte natürlich den Handel; der Markt
nahm zu unil besehattigtr. der iiütiiweiidigen Aufsicht wegen, eine Menge von
Leuten; allein die Zutuhr von tremdeu Handwerkserzeugnisseu drohte auch den
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Zfliieli
-Oewinn der stldtUchea Arbeit zu sohnlUflm, was die Obrigkeit ra besdirSnkenden
Jfafiregeln gegen die Landschaft beweg. Wie die«er Gegensatz in der Zeit
Waldmann's (e. 1470—1489) sich durch Mißgriffe verschärfte, ist bekannt;
Hin Beiüpiül der obwaltenden Tendenz fuhren wir nor dan Verbot vom Jahre
1485 an, Baumwollengarn an Fremde, d. h. außerhalb der Stadt zu verkaufen,
was beiläufig bewaet, daß die Baumwoilspinaerdi auf der Laodscbaft bereite
4iekannt and m eioiger Bedeatoag gelangt war. Die Weberei, die anfiUiglich
noch Leinenzottel verwend^tp und vorzllglirh „Bombasin" (Barchent) «itzeugte.
«chloß sich an; doch fällt es schwer, genaue An2;;t!)f'ii bpi/nhrinfren. Iti der
i^tadt hatte sich unterdessen (seit c. 1470) eine Papierlabrik uugi-8icdeit, die sich
l»iB ia aiwer Jahrhiindert erhalten hat; daa BeiMrftaß nach ahapyr* maahte nah
eben tiberall ftthlbar ; beretta hatten ja aueh einige Budidnieker ihr folgenreiohee
^werbe in der Schweiz versucht. Uebrigens fehlte es dem Eunntfleiß und
Wetteifer nicht an Oelegenheit zur Eutfaltung; die Vermehrung der Steinbauten,
namentlich für Kirchen, Klöster und Herrenhöfe, gab Kinheimischen tui'l Kremden
reichliche Arbeit ; dabei gediehen auch die Gewerbe der Ziegler und Kaikbrenner
4iQf der Laadechaft; desgleichen &nden Zinmierlente, Banaehreiner, Tiaehler and
fiolasohntticr ihr Brod. Die zahlreichen Kriege in mgener Sache nnd die Theil-
nahme an auswärtigen Fehden (als ,. Reisläufer ") steigerten den Bedarf an Waffen,
Harnisi'hen etc., obwohl Vieles der Art erbeutet wurde; ob Spit'ß- und Halb-
arteuscbmiede, Armbruster, Büchseuachmiede und Stiickgjeber unhalleiKi be«ichäftigt
waren, länst sich treilich nicht sagen. Messerschmiede, Töpfer (ilafiier)^ Wagner,
43chiffmacher, Ktlftr, Drechsler etc. ycmiochten bei der anwachsenden Bevölkerung
ihren Erwerb vermuthlich aut^/.udelmen. AUdies dlitfte einigermaßen auch fUr die
Landschaft gelten, wobei nur in Betracht zu ziehen ist, daß dort die Bauart,
<lie Kleidung, die Lebensweise Uberhaupt im Ganzen einfacher und ärmlicher
waren und die Handwerker meistens nur für ihr Dorf oder für seltene Märkte
«rbeiten kennten. Oing nun awar die gewerbliche Arbeit nie völlig ein, so
weisen doch allerlei Wabmehnrangoi anf die sch&d liehen Folgen der Kri^ nnd
des Reislaufens hin. die genugsam geschildert worden sind nnd endlich eine
dnrohgreifende Umkehr erheischten.
IV. Die Reformation begründete ein neues (Temeinwesen ; die Autliehung
der Klöster und anderer geistlicher Stiftungen heferte Mittel tUr die Armen
und ErankcDpüege wie fttr Verbessernng nnd Yerniehrung der Lebraostalten ;
landen nun lahlreiche StadtblIrgOT ein beseheidenea Anskommen in nenea Aemtem,
so wurde anderseits die Arbeit wieder gmndsfttzlich an Ehren gezogen. Unmittelbar
Ijewann durch die geistige Bewegung dieser Zeit nur der Buchdruck, den die
Firma Frosehaner in rühmlicher Weise vertrat; in seinem Dienste, aber auch
selbständig, entwickelte sich eine künstlerische Keg»anikeit, diu iu der Glas-
malerei glUnaende Leistnngen hinterließ. ') Indessen wirkte der oberwKhnte
BBokgang der Gewerbe noch einige Zeit nach; zu Stadt und Land machte sich
bei dem in allen Ländern konstatirten Steigen der Preise der Mangel an Existenz-
mitteln fühlbar; die herküaimliehen Spenden der Almosenärnter und Spitäler,
die sich ubnehin großenthtilH ab« 8cbädlich erwiesen, kuuiiten nicht anf dem
alten Foße fortgesetzt oder gar vermehrt werden. Eine Folge dieses Nothstandes
erkennen wir schon an den Tielorts von 1550 an gefaßten Beschlossen, die
Anfnahme yon Bttrgem za beschrScken, d. h. an erschweren ; Zürich wollte
') Hierüber zu vergleichen dio gründiidic Arl oit vun Hi rm. Meyer. <lie schwel».
.Sitte der Fenster- und Wappenscheukuug; Frauent'cld lö^4; ^bes. S. 177 — 305^.
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ZQridi
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ZOrich
fortan nnr Prr'-'nnfn nntnehmou. »leren Kunst und Handwerk dip Stadt br-dUrfte.
oder die durch ihr Vermögen empfohlen wären. Diese Umstände preist Hchiim
(p. 145, 14(>) als glttckliche, indem er bemerkt, dam die Leute arbeitbbegierig
und gelehrig geworden, Fleift bei dem Yolka eingewiinelt seij „bd m»
haben die thaiureD Zeiten d:e seligeten Folgen gehabt, da htngegen die wohl-
feilen die Arbeiter trüge gemacht und die Laster vermehrt haben*. Derselbe
Autor erzKMt, wie die Obrigkeit die Weberei «u hetrün^tit^en und den Verkehr
durch eine; reichliche Prägöuf!; neuer MHnxen zu beleben veraucht habe. Eine
wichtigere Förderung wird aber mit Recht der £inwandening von Locamer
Familien (J. 1555) zngeaohrieben, die am des 0fauibetui willen ans der Heimal
verstoßen waren ; ihnen nämttch verdankt man Rinriehtangen« dnroh welche die
Seide gezwirnt, geförbt nnd zu »cbweren Stoffen (Sammet etc ) verarbeitet word- r
konnte: sie brachten Walkmühlen anf. verbesserten die Färberei tur die L»Mnf'n-
und Baumwüiiengewebe und vemucbten auch die Seidenzucht nnd die Kultur
Tou FSrbepflmisen einzubürgern. Die Anregungen dieser OSite wirkten anxweifel-
haft ancb in der Landschaft wohltiiltig ; es entwickelten rieb Talente fttr feinere
Arbeit in Spinnerei und Weberei; viele Familien, namentlich in den Seegemeinden,
lernten ihren Unterhült hos »olcber Beschäftignng erschwingen Seit ir)85
legten unternehmende Stadtbiirger (Gebr. Werdmiiller") eine Fabrik fiir Bur.it-
oder Crepe- Stoffe an, welche rasch in Italien, Frankreich, Deutsch iand und
England lohnendeti Abwts fandm.
Je mehr nan diese Industrie erstarkte, desto lebhafter und konsequenter
bemtthte sich Zttridi, im Ausland Zollfreiheiten su erhuigea, was besonders Fraok»
reich gegenüber allmälig scbwiprijnfer wurde. Df-r /.nnehmende Verkehr ver-
aiilaßte die Orrilndung eines ^kanfmiinni^^chen i>irekturiura,s ' das nun
den Puf<tJien«t durch Verträge mit uiideru Städten ordnete, das Fabrikwe«en
ttberwachte, irichtige Fragen bei der Regierong begutachtete, n. s. w. ') Modi
häufig stSrten anhaltende Kriege im Ausland die Berechnnngen der Fabrikanten
und Händler; die Arbeitslosen zählten in solchen Zeiten nach Tausenden und
kosteten die Gemeinden wie dir» obrigkeitlichpn ..Aemter" große Summen; allein
der Friede pÜegte die Verluste bald wieder gutzumachen. Bedeutende Forticbritte
der Produktion knüpften sich au die Einwanderung fransösiscber „KefugiantM*
(von 1680 an), die unter Betkeilignng einheimischer HKoser (Hitt, BOmer, •Steiner
etc.) Wollen- und Seidenartikel verfeinerten, die Strumpfwirkerei, die Mousseline*
Weberei, die Indienne- Druckerei und die Fabrikation von O dd und Silber Ir.iht
einführten, den Hundel belebten, aber auch den Neil kleinlich denkender Ort*-
bUrger erweckten, dem die Mehrzahl (seit 1699) weichen muüte^}
V. Solche Eifersodit machte sieh aneh der Landaehaft gcgenttber immer
schirfer geltend. Dabei stimmten aber die Absichten der Zttnfter und die der
Obrigkeit nicht durchwee zusammen; letztere hatte denn doch ein Interesse,
in den Landbezirken dem Miiüisitjanf; rn wehren und den Untcrthanen einigen
Verdienst zu lassen; von der Schonung der Armengiiter abgesehen, konnte ja
die Stadt bei dem Wohlstand der Landbevölkerung nur gewinnen ; für KapitaUes
fand atch leichter Verwendung nnd eine «icliere Verainsung, wenn dse Volk niebt
darbte, etc. Ks mußte aber ein Augenmerk der Bcgicrong sein, eine gewiüsf
Sbnderung festenhalten, eine wirksame An&icht su ttben i:nd soweit möglich fBi*
') Vgl. Zilrcher Taschenbuch 1883, p. 30 - 63: Aufsatz von Adolf Bürkli.
"] Die Indiennc-Manuraktur und die Türkiscbroth-F&rberei beleuchtete A. Burk
im Zflrcher Taschenbuch 18-0, p. 193—211.
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Znrich
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7«aridt
den Fiskus einigen Ertrag zu erzielen. Dieie Verhültnifse w«rd«ft gewtttmlieb
blos unter dem Ge6i<^tBpankte der Bevornmndnng bcurfhdltf weil ea nie an
Klagen der Vt-rküi/ten fehlte; es müssen aber «nch andore M>mente gewUrdigt
werden; Ii-iilor i^t ilas nia-sseuliafte Material der Archive iiucli nirgtMid"^ verarbeitet').
Wir berühren zuerst die Handwerke. In der Ausbreitung und Ent-
wicklung deraelboB zeigen sieb erhebliche Untereehiede ; in einigen Gegenden
kamen venig neuere auf, während andere sich einer aoeehnlichen Manigfaltigkeit er-
freuten; dieu bezieht sich namentlich auf Marktorte, war daher mittelbar eine
Konzession der Obrigkeit, die solche Rechte nicht zu verschwenden pflegte. Eine
Reihe von Gewerben blieb iudess an Ehehaften gebunden, d. h. Hie durften nur in be-
stimmten Lokalitäten, deren Zahl die Begierun^ festsetzte, ausgeübt werden;
dann iSblten ScbmiedeweikitXtten, Hliblen und Sägewerke, «Metsgen", Gerbereien
und Lohstampfe II, Oeltrotten, Badstuben, da und dort auch Bäckereien, (in der
Stadt selbst die Buchdruckereieni, von d< n Tavernen zu schweigen. Der Zuwaelm
bestand nun theils in der Vermehrung der Ehehaften eines Fachs, theils in dem
Auftreten anderer, mehr oder weniger freier Professionen. Es begegnen uns
Zweige der Baugewerbe, Glaser, Maler, Uhrmacher, Sattler and Seiler, Dreobsler,
Schiffbauer, Bttobsenacbmiede, Draht- nnd Nageleohniiede, S^dilcenr; selten kommen
Hammer- und Kupferschmiede, Hafner^) und Färber vor, und meistens erlagen
solche bald den Anfechtungen der Zünfte. Während StadtbUrir -r si -li heinühtcn,
auf der Landschaft Wasserläufe für gewerbliehe Anlagen zu benutzen oder sich
sonst zu etabliren, strebten sie im allgemeinen die Konkurrenz der „ Landmeister "
aoBsniQbliefien , was bM mehrera Beratet«i dttieh förmliche EinTerleibung
gesohah, wodarch die stldtiacben Satxnngen auch für das Laad wirksam wurden*
Weißgerber, Knopfmacher, Zinngießer, Gold- und Silberschmiede, Ba^drucker eto,
durften nur in der Stadt ihr Geschäft betreiben, -wulici zu erinnern i««t, daß die
Freizilgigkeit immer mehr beschränkt wurde. Im (Tegrn.satze zu diesen Vorrechten
war di» Erzeugung von Hoizwaaren ^Reile, Kelleu, Scheven, Rechen etc.) frei-
gegeben, aber die Korbfleobterei (die nur in groben Borten arbeitete) den Aerneteii,
sonst BrotloMO, fi^mlieb Torbehalten. Auch die Ziegelfabrikation galt ala ein
freies Gewerbe; indessen griff die Regierung in deren Betrieb durch Reglemente
ein. Weitere Notizen sind Überflüssig; ähnliche Beschränkungen bildeten sich
Uberall aus, wo Zünfte oder Innungen einigen Einfluß besasf»en, und ihre Gehässig-
keit steigerte sich noch in der Mißhandlung der „Uintersäßen".
Via.) In der Qeaehiebte der Zttroher «Induetrie" spielt die Landschaft,
wie schon angedeutet ist, eine so große Rolle, dass bezügliche Nachriohten hier
nicht fohlen dürfen. Von dem inländischen Bedarf ist dabei nicht viel zu sagen,
(hi er sieh vorv(riegend an geringe Erzeugnisse hielt, und gerade darüber am
wenigsten Auflehnungen vorliegen'); es gentigt die Erinnerung, dass neben
dem Flaobs auch Hanf und geringe Wolle yerwendet wurde, ^e Arbeit sich
imuMT mehr theilte, indem sich ein Theil der Landlente begnttgte, Werg zu
fertigen, des dann von Andern yeroponnen, von Dritten in Gewehe ver-
wandelt wurde, welche wieder Andere aur AosrUstong Ubemehmen, sei es der
' i Eine j^'ute Sammlung enthält indei»s A. Burkli's ^FiibrikgesetzgebuQg* (1884^
Lin kurzer Dar^leliungsverduch ist in der Geschiclite von Horben {gemacht.
Die Geschichte des Hafnerhiiudwerks in Winlertliur, wo es bekanntlich zu
edler Blütli« gedieh, die von ZOrich beneidet wurde, erzählt Alb. Hafner in zwei
Neujahrsblättern der dortigen Siadthibliothek (1870, 1877).
') Ein interess antes Kapitel würde immerhin der Kampf mit dem KleiderlujuiB bilden.
Famr YoUutrirtbscbafta-Lexikou der Bebweis, 2f
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Zilricli
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Zaricb
Walker, der FSrber oder Appretenr. Die Leinwandweberei sodite die
Obrigkeit insofern an die Stadt zu binden, als sie den Verkauf des Zwilchs and
ähnlicher Fabrikate nur in Zürich — unter dem Helmhaose — gestatten wollte,
wo diewelben einer amtlichen Schau nnd allfällig dem Ausfahrzoll nntt-rworfen
waren (seit 1620); die guten StUcke wurden gestempelt, die schlechten zer-
schnitten.
litt dem Leinenatoff konknrrirte die Baumwolle anfilnglieh meht; sie
verbanden sieh vielmehr in beliebten Gkweben, und der Wetteifer der Talente
bildete dii^^f n Zweig erfolgreich aus. Die Obrigkeit erklärte die Raurawoll-
spinnerci und Weberei — den „Tiichligewerb" — im J. 1553 ausdrücklich
frei, behielt äich indeß vor, bei erwie!>enem Gedeihen deäselben einen Zoll daranf
zu legen; eine Scbaa wollte eie niobt einfuhren nnd dem Ennstfleiß tlbtfbaapt
ToUen Spielranm laaien; dagegen — oder demgemSfi? — ließ A^ aioh anf
keine Zumathung ein, bei dem (oft eintretenden) Mangel an Rohstoff Hülfe la
selmtl'iin. Schon 1584 wurde bemerkt, dass der Yerdieu?!t der Baumwollenspinner
bereit« „die größte Unterhaltung des allgemeinen Volkes" sei. Nachdem es
Laudleuteu gelungen war, einzelne Sorten G^ewebe, z. B. Wiener Schleier, selbst
auMurttsten nnd anf fremde IfiErkta «i bringen, erwachte in der Stadt das Ge-
lüste, dieses Gewerbe an einem ,Begal* an maoben, m. a* W. die Weber an
awingen, ihr Fabrikat roh nach Zürich zu liefern (1620 f.) Bereits hatten sich
an die Geschäftstheilnng Mi^sbränche geheftet, welche in diese Frage hinein-
Hpielton. Der Rohstoll wurdi» nämlich großentheils im Kleinen verkauft und
dabei vertheuert resp. zu hoch verrechnet, der ä|)iniicrlohn dagegen betiühiiitteii
and gewdhnlich in Lebensmitteln oder BaamwoUa entrichtet; die Weber, die
das Garn kanfen mossten, hatten daboi Uber Wncher von Anfklnfern au klagen ;
endlich bezahlten die Kanflente, welche die Gewebe an sich brachten, einen Theil
des Preise-4 in Kohstutt' (1(118). Schon gab en auch Zwischenhändl^'r fiir die
„Tuchlein", und auch öie mus^ten sich solchen Druck gefalleu la»seu. Auf
diesem Wege wurde die Arbeit der Spinner und Weber eingestandenermai^n
erheblieh sehlechter gestellt. Nach vielen VerhSren nnd ätreitigkeiten fend die
Obrigkeit rKÜilioh, Ordnung zu schaffen { die Lieferung schlechter Baumwolle
sollte aufhören, dagegen alles Gewobene nur an Stadtbürger verknnft und von
diesen bnar bezahlt werden (1662); Ankauf von Baumwolle und Verkauf de«
Garnes sollten frei sein, doch kein iiausirhandel mehr statländen. Bald ging
man weiter; die Tttoher sollten nnr roh, weder gebleicht noch gefärbt, in die
Stadt kommen, bei sehweron Strafen (1662, 1670, 1693). Dennoch brachten
es einzelne Landleute, z. B. in Horgen nnd WSdensweil, zu blühendem Ge-
schäftsgang, Im J. 1717 bestimmte ein Fabrikmandat, soweit es möglich schien,
die Spinner- und VVeberlöhne für die gangbureQ Sorten. Die sog. Träger, dio
ihrerseits et welchen Unfug getrieben hatten, wurden eingeschränkt, der Aukauf
von fremdem Garn untersagt Diese nnd andere Verfügungen worden im J.
1781 von der Fabrik-Kommisnon in einer Kundmachung snsanunengefaaet, die
kaum eines Kommentars bedarf.*)
') Das Wesentliche lol-^rt hier: 1. Keiner uri-(M*ei An;;'ehörigen auf der Lniid?rhafl
Süll vun uieinaudem . . . als nur von unseren Vcrburgerlen in der Stadt rohe Baum-
wolle zu erkaufen sieb untenitehen. 3. sollen unsere Dinner nnd Weber von niemand
kriie? f'l I?.iHMi\v. illr nrv Ii f?;iurnwollent:.irn nm den T.<tliit zum S|)innen oder zum
Weben annehmen als nur von unscrn Burgern oder von dergleichen Laiidleuten, die
ihre Gespunst oder Tücher hieher in die Stadt liefern nnd an biesige Raufleutc rxler
Fabrikanten verkaufen. 3. Ebenso bleibt bei schwerer Verantwortung und Strafe ver«
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Zürich
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Zürich
TechoiBch hoben sich liie LeiaLungeu immer noch j von Hand warden Game
erteugt, die eiDe Weile aellwt dem engliBohen MftsohiiieDfabrikat Stand hielten ^
(Löthligarn, Sohnellergern) ; das Spinnrad, das seit Ende des 16. Jahrhunderts
da und dort in Gebrauch gekommen war, verbesserte im Ganzen die Erzeug-
nisse nicht (Radgrtrn 1. Die Ausdehnung des BaumwoUengewerbs erhellt aus der
im J. 1787 veranstalteten Zählung der Weber und Spinner 5 Mousseline-Web-
btühle tauden sich 43Ü2, indienne- Webstuhle 2087, Spinner 34075 i dabd
wann die Aemter WSdeosweil, Horgen, Grttningen, Stftfo, Meilen und Greifen-
see am stärksten betheiligt. Unter den Spinnern sind übrigens viele Kinder
mitgezählt, deren kleiner Verdienst den Eltern lieber war als die dürftige Schul-
bildaog jener Zeit.
VI. b. Früh bildete sich der Vorsatz aus, die Wollenfabrikation
völlig in der Gewalt der Stadt zu behaupten ^ selbst die Yerarbeit des KKmbelas
sollte nnr dort oder in dem Umkreis von ^ner Stunde Entfernung verriolitet
werden; die damit Beschäftigten wurden anfgesohrieben und genau überwacht.
Doch versuchten immer einzelne Unternehmer, auf der Lanilschaft wohlfeil
arbeitende Spinner zu linden ; als Vermittler dienten auch hietUr dir Träger, die
dabei wieder für ihren Vortheil sorgten; zeitweise hatte die Obrigkeit zu über-
legen, ob rifl diese Agenten nicht absdmta sollte; sie begnügte sich aber, mit
Bttoli^t auf die herrsehende Theurung (1699), die Löhne etwas zu erhöhen.
Vielfach hatte sie mit der Neigung zu kämpfen, einen Theil des Kulr^tofTes zu
unterschlagen; noch mehr aber hielt sie darauf, daß die zur Ausfuhr bestimmten
Gewebe (Bwrat etc.) nicht auf d< r r,!ind.schat't hergestellt werden dürften; sie
verbot den Verkauf von VVollengaru außer Lands, wollte dagegen auch nicht
fremdes Garn isolassea; sie hinderte den A\ egzug von Arbeitern und die Ausfuhr
von Werkzeugen und schritt in einseinen Fällen gegen Ungehorsame oder Ver-
dächtige mit autfalleii ler Strenge ein. Auch Stadtbürger, welche auf dem Lande
wohnten, durften dort nicht fabriziren; desgleichen wurde unter!*.Ti,'t, auf Be-
stellung von Fremden zu arbeiten. Wiederholt (ltiiJ4, 17U(), 17o4 etc.) erklärte
der Bath den Grundsatz, daß Landleute nur Arbeiter, nicht Theilhaber an den
Handelsgeechüften der Bürger sein sollten. Indeß konnte er auf die Daner
nislit venrehren, daß ein Theil der Arbeit andi in das Gebiet von Zug ver-
geben wurde.
Einen ähnlichen Gang nahm die Entwicklung der S e i de n i n d ust r ie.
Zunächst int an Floretseide (Schappe) zu denken ; später wurden auch be«6ere
Sorten italienischer Seide, endlich auch «holländiache'^ (japanische) verwende
Seit Ende des 16. Jahrhunderts nahmen Laudlente, besonders in den «See-
gemeiriden", thdt an der Arbeit (Kämbein, Spinnen, Winden); Veruhtnuiing
schlich sich auch in diesem Gei^chafte ein und gab den Fabrikanten wie den
Behörden viel zu schaffen; den Heiz dazu verracbrtcTi übrigens die geringen
Löhne und d&s Interestie herumsohleichender Händler, im Jahre 1674 mußte die
Obrigkeit die LohnsStK r^liren, um größerm Sdiaden vorzuhengen ; denn voa
boten, keinerlei (!) verarbeitpte Wuare, es sei Gespunsl oder Tücher und Mousseliuc,
anders als an unsere in der Stadt wohnendf; Verliurgeite zu verkaufen oder zu ver-
tauschen, ... (4) and endlich im den i^o ^ lu isisenen Tflchlcrn nrul Trägem nach«
drucksamst anvesinnft, nur in ihren eigenen Hausern und von einzahlen Spinnern Garn
einzunehmen, auth ihre rohe Baumwolle nur an einzi-lue S|)iMuer zum Verarbeiten
auszugeben, jegUehsni ihrer Arbeiter ab( r einen billichen und rerlitmässig proportio-
nirlen Lohn so zu bezahlen, da'-- re.lli lie und arme Leute keine (gerechte Klage zu
IQbren (Jrsacli haben raogetr . . . lAndrohuuy von Kouliskalion uebsl Geld» oder
Leibessbrafen).
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Zaricb
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Zfiricb
all«! SeiteD drohte die Gefahr, daß geaohickte Arbeiter weggelockt and danüt
eine Konkurreni begründet wurde, welche schwer zu Uberwinden war. Desto
ängstlicher hüteten die Behörden die technischen Mittel, die sich im Lande ana-
gebildet hatten, und noch mehrmals besserten sie die Löhne auf (1675. 1692,
1705 — 17). Wie sie die Qualität der Fabrikate zu heben suchten, kann hier
nicht ausgeführt werden j erat 1710 gab der Rath zu, daß Arbeiten, für welche
•ich im eigenen Gebiete keine tauglichen Binde fänden, answIrtB besorgt werden
durften. Für weitere Daten ist auf die angezeigten Schriften, re.sp. Artikel zu
verweisen; wir bemerken einzig ikx'Ii, ilaß aiu-h die Weberei sich ullmlilig iu der
Landschaft verbreitet haben muiS, da im Jahre 17S6 die kleine Gemeinde Hirzel
61 3eidenweber zählte} eine den Kanton umfassende kStatistik fehlt indeß.
Ein besonderes Kapitel könnte der Industrie Ton Wintert hnr gewidmet werden,
die mtthaam gewisse Yorreohte behauptete. Als besonderer Zag sei nur noch
erwfthnt, daß dort im Jahr 1681 eine Fabrik für Gold- und Silberdraht entstand.
Wie die Regierung öfter in den Kampf der Interessen eingrilf, ist oben
vermerkt; eigentlich hatte sie mit diesen Dincren fast ohne Unterbrach zu thnn,
nur nach verschiedenen Seiten; bald maüte üem Ausland gegenüber die bean-
spruchte Zollfreibelt soweit möglich vertheidigt, bald das eigene Zollsystem ver«
Hadert, bald «ne Untersuchung gegen Fehlbare darebgeftthrt^ bald* irgend eine
Satzung „erläutert", bald für sichere Zufuhr Ton Brennstoff gesorgt werden, etc.
Daneben dürfen wir noch zwei Punkte als wesentlich betrachten; die grnnd-
B&tzlich freie Einfuhr für Rohmaterialien einerseits und die »Kornpolitik'* ander-
seits, die durch verschiedene Mittel erzielte, daß der Preis der Getreide so billig
und gleiehraftßig btieb, als es die Zeitumstände nur immer erlaubten*
yn. Indem sich zu den Vorrechten der hauptstfidti^^chen Handwerker das-
jenige de« Kapitals gesellt hatte, das sich einem großen Theil des Landvolks
fühlbar machte, gab die Industrie vielfachen Anlaß zur Verstimmung bei den
Zurückgesetzten. Die Ideen der französischen Revolution erweckten denn auch
&tth die Absißhl, der Obrigkeit eine Aenderung des Monopolsystems zu empfehlen,
was sieh aber veraSgerte und dann an ungltteklichen Ereignissen führte (1794 — 9b).
In den Berathungen tibcr die knndgewordenen Wünsche des Landvolkes bildete
die Ermäßigung der Handels Vorrechte den schwierigsten Punkt; die von außen
drängende Gefahr beaeiiigte aber auoh diesen Stein (1798), und die bald hernach
in Kraft getretene Vertaasung der helvetischen Republik hob alle Vorrechte von
Orten, Burgerklassea und Personen auf, was ein Geaet» vom 19* Oktober 1798
bestKtigte. TliatsKdilieh wurde dadurch nicht viel gewonnen, weil andauernde
Kriegsnöthen den Handel niederhielten; erst mit dem Eintritt der Vermittlungs-
akte (1><03) kehrte einige Ruhe und Sicherlieit wieder. Man hatte nun aber
gewinsermaßen neu anzufangen. Für da» Baumwollengewerbe war seit einem
Jahrzehnd der Absatz durch die englische Maschinenspinnerei verkümmert; dieu-
seita mußte man sieh daher sur Errichtung yon Ibsohinen entschließen, wofür
auch Versuche seit 1800 gemacht worden waren; ein EnglKnder (Travies), der
sich 1802 zu WillAingen etablirte, hatte indess wenig Erfolg; erst die von
Hang Kaspar Escher in der „Neumiililc" I^Ziiricli") er.-.te]|ten Werke bewährten
sich; von 1^<07 an verbreiteten sich dieselben utark und vcrscliafl'ten der Spinnerei
einen Autt>uhwung, der infolge vielfacher technischer FortscUntte, bei viel Aliß-
gesohiok emzelner Unternehmer, Stand hielt, wozu die Verwendung der reich«
lieh vorhandenen Wasserkräfte das ihrige beitrug. Fttr diesen Umsehwung ist
an die große Thätigkeit des „Spinnerkönigs" Heinrich Kunz zu erinnern (1815 f.).
Seitdem kann auch beinahe fUr jede Gemeinde eine besondere Chronik der Industrie
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Zürich
— 42t
Züricbseebabaen
geschrieben werden, was freilich nicht geschehen ist. Allerdings dauerte der
Kampf zwisohen Adm Alton nad Nftuen «tliolie Jalusohndo; die beBttbwde Kluft
baleuohtote der «ütterbniid'' (18S2), eia Ausbraoh der YervwaiflnBg, is tcim^-
hafter Weise. lodessen hob sich auch die EMdenindaalfie zu Stadt and Land
and übernahm einen Thoil der entbehrlich gewordenen Hände, indem sie maoig-
faltige Arbeit erforderte, welch« sich ftlr ungleiclie Talente und VerhSltnisse
eignet und zeitweise mit andern Berufnarteu verbinden läßt. Ueberdies erhielten
Sohieiiier, Dreehaler ete. lolrattsde BawhSftigang; da« Bedttrfnias Dach Italtea
Wohnungen nöthigte, die alten Fenster, namentlich die kleinen nnd traben Band-
scheiben, durch moderne zu ersetzen. Ueberhaupt verschönerten sich die gewerb-
reichen Ortschaften seit den Vierzigerjahren daroh Neubauten bedeutend, was
der Industrie i. w. S zu statten kam.
Die freie Bewegung, welche das 19. Jahrhundert auszeichnet, bekundete »ich
ferner in der Anfbahme anderer ladnetrienweige. Zn Bohweigen yon dem Hand-
werk, das zeitweise einem unhaltbaren Zunftzwang anheimfiel (1803 — 82), aber-
bald durch die Entwicklung der ^laschinenteehnik auf neue Bahnen gewiesen-
wurde, erwähnen wir nur der starkim Ausbreitung mechanischer Werkstätten,
die auf einzelnen Plätzen sich zu Fabrik komplexen fUr Masohlnenbau, Gießerei,
Elektroteohnik oder Workzeugfabrikation erweitert haben ; der vwatdiiedenartigen
ohemisefaen Gesdiäfle nnd der stark ▼ersweigten «graphiadhen Kttnate", die sich
an rühmlichen Leistungen erhoben. Die einzelnen Zweige und ihre technischen
Erfolge herzuzählen ist nicht Aufgabe einer solchen Uebernchan ; es genügt zn
konstatireu, daß die industrielle Strebsamkeit f-i( h mehr und mehr den Bedürfnissen
des Landes augejiaßt und die Mittel zu weiterm Fortschritte gesichert hat.
Wie der Staat aneh an diesen neoen Entwicklungen b^eiligt ist, bedarf
nur einer knnen Erinnemng. Interesse nnd Fwratändnis der leitenden Personen
fnr das Gedeihen von Gewerben, Wissenschaften und Künsten mnßten Howohi
die Gesetztfcbnng ul-< die Verwaltung beeinflnswn, der Arbeit eine erspricL*>liche
Freiheit, dem mittellosen Talent die nüthige Unterstützung versehatVen ; den Vor-
kehr erleichterten große Opfer des Kantons und der Gemcindeu für ätrul^en und
Eisenbahnen; die Forderung eioaelner Geschfiftsswuge ttberoahmen besondere
Behörden (Kommissionen etc.); im weitesten Sinne belebend wirkten aber, nnd
zwar zumeist in den jüngsten Jahrzehnden, die wireenschaftlichen und gewerb-
lichen Bildungsanstalter., die Sammhingen und Ausstelhingcn, die reiihlich ge-
währten „Stipendien-, die in Amts- und l.^rivatkrei.sen durcligedruiigeiie Einsicht,
daß der Thiitigste und Tiiciitii^ste .sich uuv längsten behaupten wird.
(Landwirthschaftlichos auf Seiten 422 und 12 3.)
Zürichbergbahn« (Drahtseilbahn). Führt vum Limmatquai Zürich bis
zum Polytechnikum. Wurde eröffnet am ü, Januar lbä9. Bauliche Länge
171 Meter.
Zttrichseebahueu. Projektirte Länge der rechtsufrigen 34,940 Meter.
Spurweite 1,4t« Meter. AdhSaionsbahn. LokomottTbetrieb. Näheres im Artikel
sHoratoriumslinien ' im II. Band und im Supplement, ebenso betreffend die
sog. linksnfirige Z. (Thaiweil^Zog).
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Zürich
— 422 —
Zürich
Laudwirthöcliaftliches.
Nach .Statistisches Jahrbuch der Schweiz', Jahrgang 1892, dessen Angaben den .Sta>
■isUsehen Mltbeilungen betreten«] den Kantnn Zürich' ; bearbeitet vom zflrchMisebeii
kanfonaku ^latistisclien Bureau, entnommen f^ind.)
i. Die Geireidearten, Ilach fr achte, tuiterkräuter, da^y Heu und das BiecUattd,
nach den Erhebungen von 188ö und 1889.
Gattungen
Bebaute
FIXche
Ernte
Geldwerth
G«treidetirt«n
h».
1885
6,191.6
V/O.V
78,730
32,920
47,600
28,610
443,700
P».
1889
1,535,220
641,980
761,620
ixi ,eifu
486,410
t.949,340
15,491.9
639,090
6,501,910
Hackfnichte
. Mit Rftben ab Nacbfimcht besteUt
6,1790
1,003.2
1C7.8
3,149.5
322,990
265,?50
■riJ,Z/u
S9.060
35l,160
2,307,120
noi,t>5()
90,750
401,810
7,678.1
1,014,730
3,470,485
Futlekräuler
Klcegrasmischung
188»
3 4Sfl *-t
0,300.0
1,327.8
2,366.8
991.1
162.2
XW,Wf u
86,250
178,32<'
77,0» M>
8,390
1 AlU OlA
1,MU,9«U
531,310
MOä,r,:jo
182,360 !
r>:j,i70 j
9,086.S
615,630
3»8184llJ9g
Heuernte |
Geringes Heu
1885
20,225.5
9,059.3
3,355,!^
1,289,530
395,200
21,745,yuO 1
7,406,880
1,586,190
67,811.8
4,970,570
30.738,970
Jtiediand |
Streuland
1889
447.5
6,936.9
s. 12,530
q. 349.610
69,240 1
1.766,510 1
ToUl Riedland
7,:i83.U
1,835,750 J
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ZQrich
— 423 —
ZOrieh
Bebland ha
Ertrag per ha hl
Total-Ertrag hl
£othes Gewächs hl
WeiHses « U
GemiMhtes • Iii
Qeldwarth pr. hl rothes G«wl«h« Fr.
• • • weisses , ,
, „ gemischtes , „
Total- Güldwerth der Weinernte . -
1889
5516.1
20.7
114,236.4
21,516.4
66,462.6
24,357.4
r»3. —
32. —
Hl. m
4,732,180
Der durchschnittliche Weinertrag per Hektare
In Jahr*
1875
1876
1877
1878
1879
u
112
72
59
50
14
Fr.
2612
2062
1796
1444
470
Im Jahr«
1860
1881
1882
18ö3
1884
Ilt
20
46
15
25,4
27,1
Fr.
717
1363
449
S75
1100
1888
5516.1
24.0
132,647.2
19,552.4
88,149.5
24,945.3
42. 70
20. 60
23. 80
3,248,440
war:
tn Jftbra M
1885 ' 48
1886 23,7
18H7 28,8
1888 24,0
1889 20,7
Apfelbäntne
Birnbäume
Kirschbäume .
ZwetsobgenlAiiipie
NaasbSaintt . .
479,423
477,434
67,289
97,646
15,701
Obstbau.
Ertrag —
. 2,48»i,660 Fr.
509,200
326,710
121,890
«
1»
0
1887
5516.1
2S'.8
I5s,!n9.3
29,599.1
95,793.5
38,526.7
47. 60
24. 40
31. —
4,781,570
Fr.
1400
746
867
589
757
218,675 q
16,800 ,
17,371 .
3,789 „
Total der Obatbftiima: 1,137,493 1889: 3,444,460 Fr.
1888 : 8,338,890 „
256,635 q
1,879,087 ,
MUiAwirihsekafl,
1889 1886
292 286
512,826 559,662
11. 05 11. 36
, 5,668,140 6,355,050
An Private verkauft q 67,207 60,270
Zar Käserei verwendet .... 445,619 499,392
Geldwerth de« prodiinrten Klees Fr. 3,279,370 3,207,960
« der . Butter , 2,806,350 2,683,890
Zahl der Käsereien
£iDgUef(Mrte MUeb q
Dnrohsohn. IGIohpreia per q. Fr.
Geldwcrth der Milch .
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Berichtigungen und Hinweise.
Die Berichtigungen zu Band I und II »ind jeweilen am Schluß des betreffenden
Bandes angebracht.
Eichstätten (Suppleraentartikel). Unter St. Gallen sollte es heißen
hölzerne statt eiserne Flüfsigkeitsraaaße. In der dritten Linie von unten sollte
es heißen die GaseichstäUttn in Hasel und Zürich . . . statt nur die Eicbstätten.
Fremdenverkehr, siehe auch Seife 383 im Artikel „ VolkswirthHchaft*.
Gewerbe, , , , 384 „ , ,
Gotthardverkehr, siehe den Artikel Uri.
Handel, siehe auch Seite 390 im Artikel „ Volkswirthschaft" .
Hausindustrie, „ , „ 382 „ , ,
Industrie, „ „ „ 386 „ ^
Konsum, . „ „ 390 „ , ,
Produktion, „ „ , 395 „ „ ,
Verkehr, , „ . 390 .
Versicherung. Auf Seite 337 soll es in der dritten Textzeile heißen:
In den Kanionen Neiienburf/, Zürich und Sohthttrn.
Schlusswort.
Viele Mitarbeiter sind mir in so liebenswürdiger Weise entgegengekommen,
daß es mich drängt, ihnen an dieser Stelle meinen herzlichen Dank auszusprechen.
Auch die Pres.se hat mir durch ihre wohlwollende Haltung große Freude bereitet.
Ich wußte dieses Wohlwollen um so mehr zu schätzen, als ja der Kritik nicht
entgangen sein kann, daß da.s Werk nicht frei i«*t von den Mängeln, die den
meisten Krstlings-Ausgaben von größern lexikalischen Werken anhaften. Außer-
dem trägt dieses Lexikon den Stempel der besondern Schwierigkeiten, mit
welchen schweizerische Verlags-ünternehmungon zu rechnen haben. Diese
Schwierigkeiten sind aber doch nicht so untmuthigend, daß man nicht wagen
sollte, Hand an die Erstellung eines zirka .500 Bogen starken „Schweizerischen
National-Lexikons" zu legen, das alle auf die Scliweiz bezüglichen Materien von
einigermaßen erheblichem Interesse umfassen würde. Irgend ein angesehener
Verein oder ein wissenschaftliches Institut (Polytechnikum?) würde gewiß die
Leitung des Werkes, und der Bund die Redaktionskosten übernehmen. Einem
Verleger oder einem Konsortium von Verlegern würde somit nur die Bestreitung
von Druck und Vertrieb zufallen - ein betichcideues Rihiko im Verhältniß zu
der Gunst, mit welcher eine so werthvolle literarisclie Gabe aufgenommen würde.
Zustimmende Mittheilungen wären dem Unterzeichneten sehr willkommen.
Der tit. Schweiz. Statistischen Gesellschaft und den h. Bundesbehörden
gebührt besondere Anerkennung für die Unterstützung, welche sie dem vorliegenden
Werke angedeihen ließen.
Bern, im Dezember 1892.
A. Furrer.
K-^^. ^^^^
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