Mittheilungen der Kaiserl.
königl. central-commission ...
Zentral-Kommission für Denkmalpflege in Wien, Karl
Czoernig (Freiherr von), Rudolf von Eitelberger ...> g i e
MITTHEILUNGEN
■
DER
I
K. K. CENTRAL-COMMISSION
ZUR
ERFORSCHUNG OD ERHALTUNG DER BAUDENKMALE.
IIKBACSGECEnES UNTEtl LKITCKC
SEINER EXCELLENZ DES PRÄSIDENTEN l>ER K. K. CENTRAL-C0MM1SSI0X
1)5. JOSEPH ALEXANDER FREI HERRN VON HELFERT.
REDAOTEUB: D5. KABL LIND.
XVÜ. JAHRGANG.
MIT 303 HQlMCmriTTEll Dm IS TAKIII
WIEN, 1872.
IN COM MISS ION BEI K A R I- GEROLDS SOHN.
MCVCK UEK K. K HOV- IM) STAAT8DBCCKEHE1
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I NH ÄL T
DES XVII. BANDES D E R M I T T H E I L C N G E N.
Seit.-
Die Matthänakirchc i ti Muran. Von Johann Gradt. 'Mit Iii Holzschnitten und einer Tutel .• 1
Über »'in Grabdenkmal im St- S tcp hansdome in Wien. Von Albert llg. Mit .-hier Tat»' , . ., 3
Die farbigen Gl a 9 Scheiben im Dome voll Florenz. Von Hans Semper. , 1!>
Nchrcinwe rk in der Pfarrkirche in MochlinK ini .launthale in Kärnten. Von Anton Hilter \<m Gal-
leint ein. Mit einer Tafel :i7
Ein altdeutscher Wundteppich vom Schlosse Strussbiirfr in Kärnten. Von Albert Iljr. i Mit einer Tafel 4l>
Heiträge zur Alte rt Ii u umk im d e von West - Hui ga ri en. Von F. Kunitz. Mit 12 llukschiiittcD. 49
Die Statue lltidolphn von II ;> Ii •< lui r * im Seidenhofe zu Hasel. Vou Eduard Hin. Mit einem Holzschnitte. i!4
Herzog Hudolph* IV. Schriftdenkmal«. Von Dr. Franz Kürschner. Mit _> Tafeln und I Holzschnitte». . 71
Die Stiftskirche de» » uf pe I a» se uen C i» t c rci c nser- Kl »st e r? Ba nmicnrtenbcrjr im Lande oh der
Etm*. Von Johann Gradt. i Mit einer Tafel nlid •> Holzschnitten.) Hl
Der Flügel»! tar in der Abteikirche de» <'i 8 t e rc i e n se r ■ S t i f te» zu Wie uer-N cn»t ad t. Von 1'. Jiene-
dict Kluge. i.Mit 2 Tafeln . S'.t
Die Feste K Unnenberg iZvikov, in »Ohmen. Von F. K. Be/.dcka Mit :. Holzschnitten. i. «<7
Ein ftothiaehes Vortrngekrcuz in der k. k. Am b r nscr S atunj I ung. Von Eduard Freiherrn von Sacken.
Mit einer Tafel und S Holwhnittcn. ■ . ... pMi
s.u..
Di« Pfarrkirche »ad St. Joanneiii decollatam" in Zebiti.
Y.,n l'rofe»»or von Slytkovnky. i Mit 1 Hol*-
schnitten.) • t
Kelehfund im Präger Dome. Von F. J. Bcnei. III
«. Die Kun»t de» Mittelalter* in B5bmcn. Von Fi. Orue-
her. ForUetzung. (Mit 56 lloUicbuitton-i . . . IV
1. Über einige kirchliche Baudenkmale ■» Ob«r-Ö-tcr-
rcich. V„n K. Frouncr. Mit 3 Holzschnitten. . XVIII
Zur Geschichte der denl»cb«n Malerei. V.,n Dr. J. A.
Me..mcr • XIX
Über einige FIIcmc in der Sammlung der llauth.-ile und
Bau - Materialien de« iteniianUchen Museum». Von
A. Etnnwein. (Mit 3 HoU»ehr>itlen. • XXI
I>r. F. fteboi't Kun.tg. - hiclite de, Altcrthum». Von
Dr. J. A. Me»«mcr XXII
<z. Beiträte zur ioitt.dallerliehen Sphragietik. Von Dr. K.
Lind. •Mit I* Holzschnitten.; XXIII
Au» Gri.tz XXVI
Zur Kunde der St. Stephans-Kircli« in Wien . ... X.WI
b. I»ie Kunst de» Mittelalter« in Unionen. Von t.irue-
her. ForUetzung. 'Mit 26 Holzschnitten.) . ... . XXVII
Holzkirchen in Schlesien. Von Anton Pf toi. :Mit einer
Tafel und 3 Holiaohnittcii.; XXXIX
Gemalte Initial« auf Urkunden. Von Dr. .V. I.u nebln.
;Mit 1 llolwehnitt.; Xl.lll
2. Kirchliche Baudenkmal* in Obcr-i't.tcrreioh. Von Karl
F rönne r. Mit 3 Holz»ehnittcn.) . XLV
Seit»
Hctnerkiingcn über Kunstwerk.- üi Italien. Vnn 1:. Doli-'
•■ert XI.VI
Die i>»»>io »anoti.niin <piiitm>r ci.n.naiotuüi. Von A. Ilg.
(Mit I Holzschnitt.) XLVII
'fi. Beitrage tut mittelalterlichen "i^pbrai iMifc. Von J» r . K.
Lind. • Mit 10 Holzschnitten. • 1,1
Heraldisch ■ genealogische Z itjel.rlfl. Von . . .m . Mit
1 Moliachoitl. . UV
Kostbarer l'ergaiiicntco.lcx der Marciana. Von v. Stcin-
.l'Bohel LV
Zur Literatur dir christlichen Archäologie und Kunst-
geschichte. V<m ]>r. .1. A. M c <■»•!'. et. . ...... I.VIIl
Arctino oder Dialog Uber Malerei v.m I.uJovico Dolce.
Von . m LXI
Die hervorrugeuil<tcn Kunstwerke der Schatzkammer Je»
«»tcrrcicbisclicn Kaiserhauses V„ 0 ...tn . LXI
Zur GeMliichte .Irr Feuerwellen. Von .m. I.XI
Au* Uein lierichte de» k. k. Cor.», rvators Bene*. Über
die *r h.vologisel,, Tkitiitkoit im Catlauer Krei»e
im J;iiue If»7l. . LXII
Archäologische A<t»beutc auf einem Ausflüge nach <leni
Cb'irherrnnitte St. Tlorian in Ober-Österreich. Vn«
Johann C» radt. Mit 1 1 Holzschnitten./ . ., XLIII
Zwei K°lhi»eb«' Kirchthürme in Pre««btirg. Von . . .tu. . .
Mit 2 Holmcbnitten.i . I,XIX
, Altehriatliche Elfenbcinarbeit in Breji-ia. Von E- D o 1» h e r t LX VI
Meter Jörg J-.rdan. Von A. 1 1 g. (Mit 1 Holzschnitt.. I.XVIII
A •
IV
c. Di« Kunst de* Mittelalter* in Böhmen. Von D. G r lie-
ber. II. Theil LXXI
». Kirchliche Baudenkmal« in Ober-ÖMerreieh. Von Dr.
K. Fronner. (Mit 5 Holzschnitten.) I.XXXII
Todesdarstellungcn vor den Todtentänzen. Von A. Ilg. LXXXIV
Ein Lamberg'achcr Grabstein im Schottcnklostcr zu Wien.
Von Dr. K. Lind (Mit t Holzschnitt.) LXXXVII
Evangelien ■ Codex mit vielen kostbaren Miniaturen und
Initialen im Präger Domschatzc. Von Dr. F. Bock. LXXXVIII
Römische und mlttclaltcri. KuoslechSpfunKCn am Fuss«
des Wechsels. Von A. I l>x- (Mit 1 Holzschnitt. 1 XCI
Grabmal zu Weinsteig(.\iedcr Os[errcieh). Von . tu . XC1I
Funde von RSmcrsteincn. Von...iu... XC1II
Die Familie Guodlach und Gmidel. Von Dr. Ernst Edl.
t. Hartuiann • Franzcnsbuld. iMit 7 Holz-
schnitten. 1 XC1II
Beitrüge zur millclalterlicbcu Sphragisilk. Von Dr. Karl
Lind. (Mit I Holzschnitt.) . . . XCIX
Uflinischee au* Ober-D<'jbliDg. Von |>r. Fr. K en n c r C
L'lrlcb's von Liebteiistein , des Minnesinger* . Grabmal
auf der Fraurnhur»; ('Steiermark'. Von Dr. Karl Lind.
.Mir l Holzschnitt.) .... CII
Die Märtyrer der Katakomben und dio römische Praxis.
Von J. A. M esamer CHI
Der Alterthums-Verein in Wien. Von . . .in> . . ....... CV
Die Kun't im Handwerke. Von . ru CVI
Diirer's Reiterskiizen zum Triuuiphzuge Kaiser Maxi-
milian I. Von . . .in CVI
Da» Kunigundcnkirchlcin xu Mailberg 1 X leder- Österreich ,.
Von Victor Luntz. (Mit 7 Holzschnitten.) CVII
Bericht über einige kirchliche Kunstwerke im Mattigthale
und dessen Umgebung. Von Florian \V immer. (Mit
1 Holzschnitt.) CIX
Einig« mittclalterlirhe Schmiedearbeiten in Ober-L'ngarii.
Von Victor Myskovsky. (Mit 7 Holzschnitten.] . . CX1V
■I. Kirchlich« Baudenkmal* in Obcr-Östcrrclch. Von Dr.
K. Fron n e r. (Mit 4 Holzschnitten. 1 ('VIII
Ätimalcr. Von A. K. v. Perger CXX
I. Ältere Grabsteine in Nieder - Österreich. Von Dr. K.
Lind. (Mit l Holzschnitt, !..;) CXXII
<t. Die Kunst des Mittelalters in Böhmen. Von B. Orue-
ber. Fortsetzung (Mit I Holzschnitten. ) . CXXIV
Ein neu aufgefundener Römerstein au* Wien. Von Fr.
Kenner. CXXX
Neue Abschrift Ton Rflmerstcinon aus Slssek. Von Fr.
Kenner. CXXXII
Aus Böhmen. Von F. J. Bcnc* CXXXIII
Zur Kunst- Literatur. Von Dr. J. A. Messuier CXXXIV
Da» Kai*crLaus tu Gcslar. Von A. Ilg. CXXXV
ArohUologischerAtla* kirchlicher Denkmale. Von .01 . CXXXVI
Die Hypnerotomaehia I'oliphili. Von Dr. K. Lind. CXXXVII
Historisch« Ausstellung der Stadt Wien im Jahte 1873. CXXXVIII
Die Kirche sammt Karner zu Fricdersbacb. Von . ro .
(Mit B Holzschnitten.) CXXXIX
Prudential und die altchristliche Kuntltibung Im IV. Jahr-
hundert. Von A. Ilg. . . CXl»I
Die Pfarrkirche St. Jakob in Lichtenwortb. Von J. G radt.
(Mit 12 Holzschnitten., CXLI1I
über die -Sage rnm ewigen Juden. Von A- K. r. Perger. CXLVII
CL
CLHI
1','LIV
CLVM
CI.X
CLXI
CI.XIII
CI.XXI
LLXXII
5. Kirchliche Baudenkmal^ in Ober Österreich. Von Dr.
F. Fronner. Mit 5 Holzschnitten. •
Die Miniatur. Malerei in Monterasnino. Von A. Ilg
II. Ältere Grabsteine in Nieder - Österreich. Von Dr. K.
Lind. (Mit 2 Holzschnitten. 1
Zur Kund« steierischer Sllidtewippeii und Siegel. Von
Dr. A. I.uschin. (Mit ä Holzschnitten.'
Die romanischen Thürziebcr ru Gleiok. V.in J. Oradt.
1 Mit 1 HoUschnitl.i
Das Lobkowie'sehe ücliouienkreuz. Von Dr. K. Lind.
(Mit 2 Holzschnitten.)
r. Dir Klirrt des Mittelalters in Böhmen. Von B. Orue-
ber. Fortsetzung. • Mit II Holzschnitte».;
Die Trlnkschalc des hei!, l lrlch in Melk. V.„i Di. K.
Lind. Mit 1 Holzschnitt.,
Die gotlilsrbe Monttrnnzc in der DcranAlkirchr zu Eger.
Von Dr. K. Fronner. (Mit 1 Holzschnitt.)
Alterthiimer und Kunsldenkuiale de- ijaverischen Herr-
scherhauses. Von Dr, J. A. Mtcurr. 1,'LXXII
BUebersrliau. Von Dr. J. A. Mritissr. OI.XXIV
Die Junker von I'rnii , Dombaunicistrr um HIHI und der
Slrnssburgcr Milnsierl nu. Von A. Ilg I'I.XXVI
Di« Grabdenkmäler von St. Peter und Kolmberg ru Snlr-
bürg. Vnn Dr. ErnM Edlen v. Hartman 11 - Krän-
ze 1.» Im Id •• CLXXIX
Aus dem Mprirhte des C"ii«ervar.irs l. ud Ik ji r. iL Abtli., . CLXXXI
Personal- Nachrichten ... . . CLXXX1I
rassau. iL) V 0 „ Dr. K. Lind. CLXXXHI
6. Kirchliche HauJenkmale in Ober-Österreich. Von Dr.
K. Fronner. Mit ;) Holzschnitten. Ll.XX.W
Die mittelalterlichen Ilaudenkinale der Sludt La« und
derer, Umgebung. V,m J. Gr«,lt. Mit l Tnfel und
IS Holrsehnilten..! CLXXXVI
Die älter-tcn Siegel der Siadt Wiener- Ncualudi. Von Dr.
A. I.useitin. 'Mit 2 Holzschnitten. 1
Wenzel Er/herzog von Österreich, Johanniter - Ordens-
Prior in Oistilicn. Von Dr. Hönisch.
Die inneren Stadtthorc zu Königgriitz, Vnn I.. ...
/. Die Kunst des Mittelalters in Bühmen. V .u B. Ürue-
ber. Fortsetzung. (Mit 17 Holzschnitten.) . ,
III. Ältere Grabsteine in Nieder Österreich. Von Dr. K.
Lind. (Mit I Holzschnitt.)
Das Grabmal (oder der Grabstein) I.eutold'» von Wilden
in der Stiftskirebe zu ftainz und die Siegel der
Wlldoner. Von L. Be c k - W i d ma 11 n s t e t te r. (Mit
1 Tafel und 13 Holzschnitten.)
Zur Kunde der St. Stephaiiskirche in Wien. Von Dr. K.
Lind. Mit I Holzschnitt.) ... CCXVI
Aus Hclllgrnkrcuz in Nleder-Östcrrcich. V„n P. Wilh.
Neumann . OCXVIt
Aus St. Paul in Karoten CCXIX
Schlesiens Kunstlebcn. Vun Ab. Schul«, besprochen
von Dr. A. Ilg CCXIX
Die Darstellungen des Abendmales jn der t>yzAntlnisehen
Kunst, be'prochcn von Dr. Mess me r. . CCXX1I
CavaicaselleS (iesebiehte der Italienischen Malerei. I,e-
,proeben von Dr. Mc»*mer . CCXX1II
Der Alterthums- Verein in Wien . CCXXIV
Sehlusswort CCXXVI
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CCII
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CCXI
...
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Personalstand
der
k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale
am Schlüsse des Jahres 1872.
IX. Jl.ntty.iasr l».
rriaident.
IlfKVrt Joseph Alexander Freiherr v.. Jur. Dr., k. k. wirklicher geheimer Katli, Hilter <lor eisernen Krone 11. ('lasse, Vice-
Präsident der k. k. geographischen Gesellschaft, l'i äsiilent des Volkaschriftcn-Vercinos, Mitglied der juridischen FnculUt in
Prag. <ler böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften und mehrerer gelehrten Gesellschaften und gemeinnützigen Vereine.
1. Wollzcile 1.
lilfllrdrr.
Pirk Einest. Phil. Dr., k. k. llotrath und Vorstand der k. k. Hotbibliorhok, Hilter des Franz Joseph -Ol den* . wirkliches
Mitglied der knis. Akademie der Wissenschaften. I. Klostcrgassc 3.,
<'ainesi>i;i All>ert Kitter v Sanviltore, k. k, Kogierungsrath, Kitter der eisernen Krone III. ('lasse, des Franz Joseph- Ordens, de*
k. »iichsischen AlhreehtH- und des niederländischen Eichen-Orden*, wirkliches Mitglied der Akademie der bildenden Künste
zu Wien, ('■niservator für die Haupt- und Uesidcnzstadt Wien. il. Annagusse 1»!.;
K.u.ijan Theodor Georg, Hilter v., Phil. Dr., Cnstos dur k. k. Ilofhiblinthck, Kittor des Leopold ■ Oi'den» und des Franz
Joseph-Ordens, wirkliches Mitglied 'ler Akademie der Wissenschaften, Mitglied des Herrenhauses. (1. Fleischtuarkt •».
Kenner, Dr. Friedrich. < iistos des k. k. Münz- und Antike n-C'ahinets.
Lohr Moriz Kitter v.. k. k. .Ministcrialrnth int Ministerium des Innern. Kitter der eisernen Krone III. ('lasse, Besitzer des
goldenen Verdienstkreiizcs mit der Krone. (III. Hauptatrasse »i, i
.Mayer Karl, IWrawiir an der Akademie der bildenden Künste in Wien, Mitglied iler k. Akademie in Venedig. Ritter des
Franz Joseph- Orden« und du« päpstlichen .St. Gregor-Orden«. (VI. WallgaAsC •»!'..■
Ueich Kail Freiherr v.. jnb. k. k. Ministerialrat!!, Kitter des I.eopold-Onb'n*. (1. Tuclilaiiben .Vi
Sacken Eduard Freiherr v., Phil. Dr., Director des k. k. Münz- und Antiken-l.'ahlnets und di-r Atilbraser .Sammlung, lütter
der eisernen Krone III. C'lasse, des Franz Joseph - Ordens und des Orden« der französischen Ehrenlegion, wirkliches
Mitglied der kais, Akademie der Wissenschaften, Conscrvatnr fllr den Kreis I'. W. W. 'I. Krngcrsirasse l!l.i
Schmidt Friedrich, k. k Olierbauralh , Professor «n der Aku<lemie der liildeiiden Kilnste, D<>tulm<itiiei?ter zu St. Stephan.
Couithur des Fr.in/. .losi ph-Ordena , des päpstlichen Gregor-Ordens, des prcussi«chcn rothen Adler-Orden« IV. (lasse, des
sächsischen Albreelits-Ordens und des Hohenzolter'schen Hansordens, Mitglied der Akademien in Mnncben. Mailand, l'iliino
und Venedig. I Lothringcrgasse I.,
Tnndler Joseph Ritter \.. juh. k. k. Ministerialrat«, Kitter des Leopold-Ordens und des päpstlichen Christus-Oidcn». Ehren
bllrger der Haupt und Ke*ideuzsfadt Ofen. III. Erdbcrgoi Strasse I i
Krdnrteir
ilcr unter «tri l^itnng <!•■« t'iuiiiuUjion«. Presidenten cr«<"heinen<len Mnnatssnliritl : .Micheilnngon der k. k. Oentral-Coruinit>i<»i*
I. in d Karl, Jur. Dr., Mini«tcrial-(oncipist im k. k. Handelsministerium, Kitter des Franz Joseph -Ordens. IX. llerggassc iH
frotokolNrflhrcr.
Götter Michael. Dr.. Statthaltercirath. IX. Liecbte.isteinstrassc f..;
K»K»rihrtr und IlblUlhekar.
llu rgerstein Joseph, OfTicml im k, k. Ministerium lur Ciiltus und l'nterrieht. IX. P rlga»«e 15. in: Ru.lolfshof.
1. k. C«ü»ertBt«rfD.
Böhmen.
Acker m» im Josef, Dnnideehanr in Lcitmcritz. für den Leit-
meritzer Kreis.
Ben es Fraire Josef, KecnnungsKevident . Directionsuiitglied
nnd Cssaier de» Präger Dombnuvereinos. Gustos des vater-
ländischen Museums in Prag, Mitglied der köuigl. Gesell-
schaft der Wissenschaften in Böhmen, de» liinihvirtlischaft-
lichen Vereines in Koliii, der tiiiturforscheiiden Gesellschaft
zu Görlitz, Ehrenbürger der Stadt Niemes, — für die königl.
Hauptstadt Prag, dann den Prager und den t'falaner Kreis.
Fassol Jos. Th. P., Gynniasial-Director zu Kotuotau. für den
Saazcr Kreis.
Födi«ch Julius Ernst, Hnnptlehrcr der Lehrerbildung*- Anstalt
zu Leitiucritz, filr der Bunzlauer Kleis.
Jicinsky Kurl. Jur. Dr.. fflr den Pilsner Kreis.
Kralert Franz. M. Dr., Bürgermeister und Obmann der Pilgra-
nier Bezirksvertrctung in Pilgram. für den Tahorcr Kreis.
Marek Anton, Dechant in Libun, für den Jk'iuer Kreis.
Scbinoranz Kranz, Baumeister in Clirudiu), für den (Inn
dinier Kreis.
Friud Anton, Domherr de* Prager MeltopolitanDouicapilels.
für den ibidwciaer Kreis.
I.lldikar August Ceslav, Sccieilir der Bezirksvcrtrctimg zu
Stnikonlc. filr deii Piseker Kreis.
Bukowina.
Xfikiilitsrh Andreas, pens. rauieralBezirkslutnuieistcf in
O.ernowitz.
Petrin» Otto, Freiherr.
D:iluiatieu.
Bore Iii Francesco Conte. für den Kreis Zar.i.
Gliivlulch Michael, Gytun*»i«l-Professnr in Spalato. für den
Kreis Spalato,
G aliz ie n.
Gorczynski Adam Ritter v.. Gutsbesitzer, für die Kreise
Wndowke und Bochiii».
Popiel. l'aul Kitter v.. für du» Krakauer Gebiet,
l'ntocki, Mieozyslaw Graf v„ für Ostgalizien.
Iiogawski, (V.rl Bitter v., filr die Kreise Tarnow, Siuidce.
Kzeszow.
Kamt hen.
Gallenstein. Anton Kicrer v.. kiirnt. ständischer Buchhalter
in Klngenfitrt.
K rai Ii.
Codi Iii. Anton Freiherr v., petis. k. k. Giihcruial Secretiir
in Laibacli.
Küstenland
Derzeit unbesetzt, .
Mfi h rci).
Belrupt, Gustav Graf. Domherr des Metropolitan ( npitels in
Olli, Hl/, für die Ohmitzcr Eizdiocese.
Liohnowski v. Wcrdcnhcrg. Robert Marin Graf, Domherr des
Metropolit..!) CnpitelH in Olmiltz, für die ßrünner Diiiccse.
M ili t iir jlc reu z e.
Gr nie Zacharias. Bi xiiks.-c hulinspectoir zu Banat-Weisskirehen
für die .Serbiieli-Bau.it. r Milititrgrcnze.
Nied cr-ܻt erreich.
< »mcsiiia, Albert Hittr-i v.. k. k. KegieruiigMatii, für Wien.
Koalier Karl. n. ö. Laiidcs-liigcuieur in Krems, für den Kreil
O. M. B. und provisorisch für den Kreis O. W W.
Sacken, Eduard Freiherr v., für deu Kreis U. W. W.
Widtvr Anton, Kealilätenbesitzer in Wien. Besitzer des gol-
denen Verdienstkreuze» mit der Krone und der goldenen
Medaille filr Kunst und Wissenschaften, für den Kreis
L M. B.
Obcr-Gsterreicli.
Wimm er Florian, Stiftscapitular von Krcun»rolUi»ter, derzeit
Pfarrer in Pfarrkirchen.
Salzburg.
Petzolt Georg, akad. Maler in Salzburg
Schlesien.
Gabriel Philipp, Fb. Dr.. für den ehemaligen Teachnor Kreis.
Peter Anton. Director des weiblichen Pädagogiums in Troppau
und Bezirks • Kchiilinspcctor für den Bezirk Frciwaldan,
correspondirendes Mitglied der k. k. statistischen C'entral-
(ouriiission und des heraldisch - genealogischen Vereine*
.Adler- in Wien, für den chcin.ligen Troppaucr Kreis
Steiermark.
Grans Johann. Gnoperatnr zu St. Veit hei Griirz.
Tyrol.
Enzenborg, Kranz Graf v.. Geheimer Rath und k. k. Kam
tnerer, in Schwan, für den Kreis Unter-Innthal.
Stoekcr Josef, einer GyumashtbDircotor. für Vorarlberg
Thun v. ( a s t e II • Thun. Mathias Gral v., f. d. Trienter Kreis
Titlkhauser Georg, für deu Brivier Kreis
I orrcspoDdf nteu.
B'ili men.
Boos-Waldek, Franz Graf. Herrscbaftsbesitzer in Wosseliu.
Giueher Bernhard , einer. Professor ilet Arohitectnr au der
Akademie in Pra?.
Hiijek P. Karl. Dechant in Taus.
Riciik 1'. Wenzel. Heal- und Haiiplschuliiireeior -n Klattan.
Schmitt Anton, in Prag.
Stulik Kranz. Bürgerund Handelsmann in Bmhvei..
Weber Wenzel, Detdiant In Hohenelbv.
Kittel Eduard, k. k. Gyninasial-Prnfessor in Eger
Siegel Johann, Stadtbauaiutmaun in Egrr.
ilerruiaiin Karl, kl k. Kiimnrratli und Finanzliezirksdirector
in Eger.
Dalmatieu.
Dojme Pietro. Nobile de. Podest» in Lissa.
Gliubicli .Simon, Custos des Arehiiul. Museums in Agram
Galizien.
Horodyski l.eoniiard Bitter v.. Gutsbesitzer in Zubime,
Lepkowski. Dr. Joseph v., Doeent der Kunstarchäologie
des Mittelalters an der Jagellouisclien Universität in Krakau
Senn n k Dr. Joseph, Landesndvneat in Lemberg.
Stadnicki, Graf Kasimir, petis k. k. Statthnlterelrnth in
Lemberg
Stupnicki. Johann Hilter v. gr. katli. ( .oisimorinl Ki.nzlei
in Lemberg.
Kämt Ken.
Abcrniaiiu Job., pens. Pfarrer in Klageiifurt.
•Aichelburg. Hugo Freiherr v.. Dechant uud Pfarrer in Spittiii
Blumenfeld Leopold Edler v.. peus. Lainbsgeiichisratli in
Spittal.
Levitschnigg Biutholoinäus, Dechant in Hermugor
Moro, Max Bitter v., Kabriksbusitzer in Viktring
Kainer Joseph. Director der Kaiisehi rsehen Gewerkschaften
in St. Veit.
Raupl Job.. Stadtpfamr iu Villach.
Kauacbcr Friedrich, Gutsbesitzer In Klagenfurt.
Rauscher Joh., Dechant und Pfarrer iu Giirk.
■Sehe Ilauder Georg, Domherr in Klagcnfurr.
.Scbroll Beda, Capitular de* Beuedictiiicrstifte» St. Paul
und GyuiunsiaJProfesaor.
Kiistenlaud.
C'oronini, Franz Graf v„ Oberst in der Armee. Landeshaupt-
mann der £vfürstcti-ii Grafschaft GotzGradisca.
Kr n In.
Arco Bartholomäus, lufulirtcr Probst in Neustadtl.
Conto J. l>r. Etwiu, in Laibach,
LeinmUUer Joseph, k. k. liozirksiiiifuiileur Iii Rudolfswclth.
Mähren.
Dudik T. Beda Franz. mähr. Landeshisioliois'raph. Kitter des
Frauz Joseph-Orden* etc., iu Bri'mu.
l'uila uff Karl. k. k. Kreisgcrlrlitäi'arh und Bezirk« oMtcher
in Krcinsicr.
N iede r-O s t c r re ich.
Aulifui Aujr. Willi., .Im. Dr., n. >>. Professor »" dir Hoch-
schule in Pra«, k. k. Oberstaatsanwalts - Stellvertreter,
derzeit in Vet« 'endim,- beim Ministerium der .Justiz.
Du n gl Adalbert, Professor der 1 heolotfio im Stifte Oottweijr.
Exu er W. Fr., Professor au der k. k. Forstskadcujic zu Marla-
brunn bei Wien, und ( oircspondent des k. k. österreichi-
schen Museum* fllr Kunst und Industrie.
Gradt Johann, Architekt.
Ulan ka .In-eph, Baitrath, Sudtbaumcisfi und Architekt iu
Wien
Kunitz Fr.itiz, Kitter de-, Franz Joseph-Orden»
Klein Johann, Professor an der k. k. tibi -rre.il -i huh- aui
Schotteufcldc in Wien,
Klntre, P. Benedict, Oyio.-Prufesaor iu Wiener Neustadt.
Lippcrt Joseph, K d. Ordens der eisernen Klone III. U.,
t omthui -des päpstlichen St. Gi'i'.»r - Orden*, Besitzer de*
Lbrcnkreitzc* des k<»nitrl. sächsischen Alhrocht* - Ordens,
Architekt in Wien.
N e» ald Juli.. Director der k. k. Forst akiideiuie zu Maria-Br um.
l'etschni« Hans, Dibcesan- Architekt de* Fürst biso hol» von
Ln-iaul und k. k Professor an der Bau- und Maschinen-
schule in Wien.
Hiewcl Heiiimi.ii, Architekt und Professor an der k. k. Hau-
und Maschinellst lulle in Wien, Ib-sitzer i|e< u-nbleneii Vei-
diciislkrcnzc » mit d>-r Krone.
Senibei a Alois, k. k. Ministeriil Seeretitr. I4e>'.7, teilt iler btth-
Uli*, heu AusKube d •* Iii ii lis^i si tzblattc* . Lehrer der böh-
mischen Sprache und Liter. Hur au der Wiener Universität,
lütter de* russischen Annen. Ordens 11. I I
sehikh, Melchior Edler v. L.indb oiuieister
O be r O s t e : re i e h
Az Moriz, k. k. Possdireetor in Linz.
t u i i .leb. Nep.. k. k. Militär- Bcziikspfancr tur ober- Öster-
reich und Satzhilrjr zu I.inz. <oiisiston.il- iiinl ireistlietie.
Rath, bischorl. Notar,
II n her, Dr. Alois, iu Ohlstori.
Oberleitiier. P. I ran/., Pfarrer iu St Pankiaf* im Bezirke
WindischpHrstcn.
SaUbu r*
Butter, Dr. Bartholomäus. Pfarrer in Biuek.
Schwarz Mnxmilian. Pfarrer iu Berudorl.
Wernspaeber Joseph. Pfarrer in Alm bei s.ialtebbii.
Steiermark.
Frank, Alfred Ritter v., k. k. Major in Grütz.
Gruber Philipp, Bcneficiat in Strasa bei Spielfeld.
Hofrichter Josef, Notar in Wiudischgrät* , Mitglied de»
steierisch- historischen Vereines.
Hönisch Johann, Dr , k. k. Oberstabsarzt in Grütz, Ehren
hürger von Pettnu.
Lieb ich Job., Ingenieur in Lietzen.
Macher Mathias, M. Dr., pena. IHslrictsarzt in Grütz.
Metzler v. Andclberg Joh., M. Dr., Bezirksamt iu Wetz
Ore seb en Iguuz, Domherr am f. h. l.avantcr Dontcapitel in
Marburg.
Pichler Friedrich, Dr.. Vorstand de« steierisch hindüchaö
liehen Münz- und Antiken C abinets, Mitdirectnr des archao
logischen Museums der k. k. Universität in Grütz, Pro
fessor der Milnz-, Siegel- und Wappenkunde daselbst,
Mitglied des ^cruianischcn Museums iu Nürnberg, t orre-
spomient de» Vereines „Herold- zu Berlin.
Pichl Kail Bitter v. Gaiusenfeld, Gutsbesitzer iu Ker»chbach.
Rnisp Ferdinand, fiirstl. Dictrichstein'scher Beamter in Pettau.
Kosscpircr Kupreeht, Pfarrer In Feiatritz bei Peggan.
Sehlag I«iuz. Bezlrksadjuiict in Jiidenburg.
Toscani Johann, k. k. licrggctchwunicr zu tilli.
Zahn, Dr. Josef. Professor der (iesehiehte und Archivar am
.loanueiim in Grat/.
Tyrol,
Atz Carl, Bein liciat zum heil. Peier iu Terlau, Trientiucr
Diocese.
Baruffaldi. Dr. Luigi Antonio, in Riva.
G in va belli Ferdinand Freiherr v. zu Schlo»» Hörtcnbcre
bei Blitzen.
Hell wen er Franz, Historienmaler In Innsbruck.
Jenuy. Dr. Samuel, Fabriksbesitzer in Haid bei Bregcnz
Ürjcler. P Flavinu. Director des k. k. Ohcrgyvnnasimu* in
Bötzen.
Nee Ii Philipp, k, k. Forstmeister iu Bolzen.
Peseostn Cyprian, Curat in Laag hei Salurn.
SardapTiia Michaele von, Vorstand ib's Trietiter stiidtisibeii
Museums iu Trieiit.
Schopf. P, Bertratnl, iu Hall.
Sulzer Joh. Georg, Professor der Theologie in Tricnt
l huler Josef, Planer iu Kuens.
/.am IIa. D..n Giovanni Battista, ('aplan in Tricnt.
y.htgerli-, Ik-naz Dr.. Professor Iii luii-sbruek.
I n^'a i n.
Dr.m ntu -/,ky Franz. Fbreiicaiionieus und l'rälitt des binchöi-
heben Wuisenhauses zu Silleiu
Ellenbogen ikouyokii Jo».-|ib. Professor mi .ier Obeneal
schule in Pressbnrg.
Hetiszluiani» Enierieh. Dr. Belereut der < onimi**ioii Ihr die
Laudesli.iudeiikuiale iu Pest.
Myskovszky Vlcto , ordeutlieber Professor der Bauknu» t
au der <*t.i.it»-Obem-alschule in Kaschau und Mitglied
iiiebterer w isseiiM'haiilicber Vereine
l'aur Ivan, ^'liirl. Szerhi-nyi'scher Archivar iu Odcnbulv.
Koinei Florian, Dr.. konigl. Kath, < apitular des Stiftes .Mar
tinsbeih'. L Hiversitüls - Professor and ( ustos de» Munz- nie!
Antiken .( abirii ts des un^ar. National Musculus iu l'esi.
Storno Franz. II uisbesiUer iu Odeiibui f;
Siuniiner Arnold v . Bischof in Neiisold.
Vaiady de Kernend Adam. Gutsbesitzer iu DeVa, und I on
ci|.ist .b s k. imk-iriselieii Miiiisteiiuui* deü Innern iu IW.
Sit» Ii m bürgen
< ipuriii 'J liiiimtlniis. Domherr in Itlasendorf.
I'c«^ai;is9y Michael. Bischof tu Kurlhhmg.
Mik«i Emcricli, (traf v., wirklicher geheimer Rath, Landtag9-
ilf|>ulirtor in Pest.
KeisMenbcrgcr Ludwin. Professor vom Ctyuiiiusium zu Her-
mannsta.1t. CuMos des Antiken « nbiiiels .nu Hruckontlial -
scIr-ii Mnsetim.
Tornis Kiirl v., Obenres) an des Iunei-Szolnokrr Couiitat».
Gutsbesitzer zu Osicso-K.r.'MMi
< " r o a t i e n
K u k n l j c v i c • S a k c i n « k i Johann von , Landessrchivur in
Agram.
Vuckovic Michael, k. k. Major dp» Annee*tnnde* beim
Festung- und Pbitz-<oiiimi»ndo zu Pest Ofen.
Militargronzc.
Kimic Theophil. Bezirkssehulinspoetor in Mitrovic.
Ilie Linas, Consigtorialrath und Pfarrer iu Mackuvac.
Sihallic Stephan, k. k. Oberst in Mitrovic,
Ii i- .. -I. . I 1 1 — r ' i ' i 'l "I ,,.,lrii k" -.
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Die Pfarrkirche .ad St Joannem decollatum" in Zeben.
V... I'r.f„,.nr V. M,
/Mll J HoL.rhuflm,.;
Zeiten (l'ibinium, Kis Sieben), eine königliche Frci-
stadt im Saroscher Cumitate in Ober-Ungarn gelegen,
«oll ihren Namen von der Prinzessin Sahina, Königs
Belai Tochter, fuhren, welche, wie die Tradition sagt,
die Erbauerin dieser Stadt war. König Sigismund er-
laubte den Bürgern im Jahre 1406 die Stadt mit Mauern
«ml Wallen xn befestigen ; auch bestätigte er die älteren
Matithfreiheits-Privilegieti.
Die Stadt ist von kleinem Umfange, und hat noch
ganz da* Ansehen einer mittelalterlichen befestigten
Stailt, indem die 1406 erbauten Umfassungsmauern und
Thllrmc theilweise mich bestehen.
Da» interessanteste und in architektonischer Hinsieht
wichtigste tiebäude der Stadt int offenbar die in der
Mitte de« etwa» länglichen Hauptplatzes nach allen
Seilen frei stehende Pfarrkirche, dem enthaupteten heil.
Johannes geweiht. Ks ist ein einfacher aber mächtiger
Bau. Ohzwar die Kirche durch öftere Fcuersbrnnstc viel
ihres Ansacnsehnmckes, ihre hohen Gicbclmanern, das
steile Dach und den Thurmhclm einbüßte, ho bietet das
schlichte Äussere, aber noch mehr das Innere der Kirche
ho manches Interessante und anch Kunst-Objecte des
Mittelalters.
An der Rückseite der Predella des gothischen Haupt-
altnrs fand ich folgende mit rother Farbe angebrachte
Inschrift :
M'CCCCLXI . POST . VISITATIOXIS . MAHLE .
FERIA . III . rOMBVSTVM FVIT f'IBINIVM .
TOTAUTKR.
Also schon im Jahre 1461 ist nicht nur die Kirche,
sondern die ganze Stadt abgebrannt.
Die Kirche ist im Spitzbogen- Styl des XV. Jahr-
hunderts gebaut, und gehört in die Reihe der Hallenkir
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Fi it. 1.
II
eben, indem das Hauptschiff nur
um einige Fuss die Seitenschiffe
überragt, demnach die Licht-
gaden- Fenster im Hauptschiffe
hier ganz wegfallen.
Das Chorlmupt wird durch
die fltnf Seiten eine« regulären
Achteckes gebildet, und ist nach
Osten gerichtet. Im allgemeinen
(»•steht diese Kirelie ans folgen-
den Hauptbnnthcilcu : das Pres-
byterium, das Hauptschiff, das
nördliche und das slldlielie Sei-
tenschiff. Am westliehen Hude
des Hauptschiffes ist der vier-
eckige Thnnn angebracht. Die
Sacristei , sowie die Vorhal-
len vor den stldlielien und
nördlichen Hingängen wurden
der Kirelie später zugebaut.
(Fig. 1.)
Das Hauptschiff wird durch
viereckige Pfeiler von den Ne-
lienscIiitVcn getrennt, welch' letz-
tere durch sechs meistens drei-
teilige, das Kauctuaritun aber
durch tiint spitzbogige Fenster
beleuchtet wird. Die Masswerke
der einzelnen Fenster sind sehr
mannigfaltig in der Form und
bestehen meistens aus der Com
Iiination des Drei- und Vicrpas-
kcn . so wie auch hie und da
der Fischblase. Diese Kirche
hat insofern auch ein ynerscliiff
anfanwefcen , in wie weit man
die bis zum Dachgesimse erhöb-
ten mittleren Theile der Ne-
beiischifl'e als ein Querschiff be-
trachtet.
Das GewOlbc der Kirelie
wird dnreh kühn geschwungene
Oewölbsrippcn getragen, welche
durch ihre Kreii/ungen mannig-
faltige Sterntigiiren darstellen.
Die t^uer- so wie andere
Nebengurten im Hauptschiffe
coneeiitrircn »ich in die vier
Mitlelpfeilcr. wo sie sich tlbcr-
scbiieidend in die Flucht der Mau-
erflftefae Übergehen; als C'onso-
lcn dieser tlewölbrippeu erschei.
neu die \icr Evnngelistenzei-
syx eben der Apokalypse in Steinen-
Kj basrelicf ausgchaucll.
Im nördlichen Seitenschiff
sind an den Gewölh-Schlussstcincn Schilder angebracht,
welche in ihren Feldern Sterne. Lilien, Musetten und
andere dergleichen Figuren fuhren.
Der OrgcM'hor wurde am Westeilde iles Hauptschiffes
errichtet, w elcher durch gew undene canuelirte golhisehe
Säulen getragen wird. Das steinerne (ieliinder weist
spät -othisebe Formen auf. und der Styl des ganzen
Chores entspricht vnllkomineji der JaUn-zabl J62S,
welche nebst einem Steiumet/.zeichen auf einem Wap-
penschilde an der Orgelbtlhiie angebracht erscheint.
Die Kirche hatte einstens drei Kingänge, von Wel-
chen jedoch der mittlere, westliche, unter dein Thurme
befindliche Hingang später vermauert wurde. Die Strebe-
pfeiler so wie die Fenster und Thllrgewäude sind ans
gehauenen Steinen ausgemeisselt ; der Übrige Theil der
Mauern ist aber aus ganz gewöhnlichen Bruchsteinen
ausgeführt. Was die innere Hinrichtung dieses liottcs-
hauses anbelangt, so ist dieselbe noch ziemlich gut erhal-
ten, nur die drei gotliischen Flllgelaltäre haben leider
durch spätere, nicht nach dem Style gehaltene Keno-
vationen viel gelitten.
Das Sacramentshiiuschen (Fig. 2), ein Werk des
XV. Jahrhunderts, steht im Sanctuariuin au der nördlichen
Seilenniauer angelehnt. Das Can/.e hat «-ine Höhe von
22 Fuss Ii Zoll und bildet, wie gewöhnlich, ein gut bisch es
ThUrmcheu. Der Fuss desselben ist besonders schön und
sehr sinnreich geformt, welcher durch mehrere Uber Hek
gestellt!' Sockel gebildet wird; die achteckige Säule des
Fusscs endigt mit einer eonsolcnartigcn jjberkragttng,
an welcher mau die Jahreszahl I XsA angebracht fimlet;
über dieser mit einem Fries verzierten Überkragung
Orfacbl Bich das viereckige Oehlinse, welches mit einem
künstlich und gcsehmakvoll gezierten und vergoldeten
Ehlengitter versehen ist.
Die Thür dieses Zitters stellt Fig. :i dar. und ist
besonders aus dem (irunde interessant , weil man au
derselben noch sehr deutliche Spuren alter polychromer
lU'inalung findet. Diese Thür hat eine Höhe \i>n :: Fuss
7 /oll und eine Itreite voll \ 'J /oll. die Itumlbändcr sind
mit einem wellenförmig gewundenen blauen Grande
geziert. Die Stäbe, welche das eigentliche Citter bilden,
sind roth bemalt, und haben an den Kreuzungspunkteu
abwechselnd Knöpfe und Hosctten in (Sohl. Die ScIiIosn-
platte ist gleichfalls mit vergoldeten Itlättern auf rotheni
tirumle geziert. Die zwei, von ilcnAngeln bis zur Schloss-
platte schief gehenden Querbünder sind als construetiv
nothwendig, um die Verschiebung des ganzen Gittere zu
verhindern, und haben an den Händern Fischblasenmuster
und andere spit/.enartige Verzierungen.
Die in der (iothik so beliebte blaue und rothe Fär-
bung ist auch bei diesem tiitter vorherrschend. Das
viereckige (Jehfluse des Sacramentshäuscliens zieren
oben in Ksclsrtlckenforni gehaltene (Hebel mit Krabben
uud Kreuzblumen so wie kleine Fialen; au« den
\ier Hckcn des (U-häuses streben vier Fialenthtlrmchen
in die Höhe, den mittleren IIa uptt heil des Aufsatzes bildet
gleichfalls ein FinlenthUrmchen, das oben mit Statuet-
ten, welche auf Consolen stehen, geziert ist; der ganze
Aufsatz des SacramentshHuscheiis strebt pyramidal nach
oben und endet in einen Kiesen, welcher mit Krabben
und einer prächtigen Kreuzblume abschliesst.
Die Anordnung so wie die einfache und gesunde
Construction, dann die gehörige Proportion einzelner
Theile dieses Sacrameiitsl.äU'chcus ist vorzUglieh. Leider
fehlen schon mehrere Fialen vom Aufsätze, und das
ganze Werk bedarf einer durchgreifenden Kenovirung.
Am Outende des südlichen Nebenschiffe» befindet
sich der sechseckige, aus Sandstein sehr geschmackvoll
ausgeführte Taufstein, welcher ganz die damals Übliche
Form eines Kelches hat. (Fig. 4.)
Am oberen Kunde unter dem Kranzgesinisc ist eine
gothische Verzierung, bestehend aus halben Kögen und
uigiiized Dy VjOO
III
Nauen, halberhaben angebracht, von da verengt
wich nach unten der Kessel. Der Fuss ist nach
unten ausgeschweift , und an den Seitenflächen
desselben sind Wappenschilder mit Rosetten, und
anderen bereits unkenntlich gewordenen Figuren
angebracht. An diesem Taufsteine bemerkt man
auch noch schwache Spuren einer polychromen
alten Hcmalung. welche rothe, blaue, grllne, gelbe
nnd schwarze Färbung der einzelnen Glieder
aufweist.
Ausser diesen hier angeführten Gegenstän-
den belinden sich noch unter dem Orgel -Chore
zwölf Sitze enthaltende t'horsttihle, deren Ge-
sammt- Anordnung zwar noch der der alten gothi-
srhen Chorstllhle entspricht , deren Ornamente
jedoch verschiedene verschlungene Ränder.
.Sterne, Zickzack in Holzmosaik ausgelegt dar
stellen; diese jedenfalls mit viel Geschmack aus-
geführten und nach dem florentinischen lienais-
nnccsly] deeorirten ChoratOhle dürften , nach
dem Style zu urtheilen, aus dem Anfange lies
XVI. Jahrhunderts stammen.
Die Kirche besitzt ferner einen eisernen
Passionsleuchter aus dem XV. Jahrhundert. Der
ganze Leuchter hat eine Höhe von 4 Fuss f> Zoll
und ist durchgehend* aus geschmiedetem Stan-
gen- und Bandeisen verfertigt. Die Lichtteller
sind aus Eisenblech mit schönen durchbrochenen
Ornamenten geziert, die zwei niedrigeren Neben-
kerzeu werden durch vier Eisenbänder getragen,
welche Nasen zieren, die mittlere Standsäule ist
aus gewundenen Stangenreifen verfertigt. (Ge-
genwärtig wird dieser Passiousleuchter nicht
bentltzt.) (Fig. 5A
Noch mnss hier das westliche Hanpt-I'ortal
unter dein Thurme erwähnt werden. Die im
Spitzbogen gewölbte und mit Nasen gezierte
Tboroffnung wird von einem sehr steil aufstei-
genden Giebel Überragt , welcher an dessen
Seiten mit Eichenblättern, anstatt der Üblichen
Krabben , und an der Giebelspitze mit einer
schrinen Kreuzblume geziert ist. Im Giebelfelde
sind oben drei Rosetten , nnd unten zwischen
zwei gothischen Blumen das Lamm mit der
Fahnenstange als Sinubild des Heilandes ange-
bracht. Da der innere westliche Eingang jetzt
erneuert erscheint, dient diese Thllröflnung ledig-
lich nur ftlr den Thurm.
An der Südseite der Kirche, jedoch ganz
isolirt, steht ein Glockenthurm (Campanile), in
welchem zwei alte Glocken aus dem XV. Jahr-
hundert sieh befinden. An der grösseren Glocke
ist folgende, in Majuskel angebrachte Inschrift
zu lesen :
IR hOIiOR« ■ SAIfttTI lOhTvXMS . BAPT1ST8 + 0 +
R«X - CLORI« + V«NI + (IVA? + PA(H( A.D.
W . «(((((( . L . XXI.
Auf der kleineren hingegen :
in + honoR« + viRGinis + »parik + n« . «l«.
»OSIKA . PA\ P«R\ Sh . A . D . SV 1 . A . A .0.
Diese Glocken wurden demnach zehn Jahre nach
dem grossen Feuer anno 14»il gegossen. Endlich mnss
noch erwähnt werden . dass im Innern der Kirche
jWl du» H.H^Trfiljflllibii^l]; 1 ''
Fi(f. 8.
besonders im Sanetnariutn an der inneren Maucrtläche,
Spuren von alten Fresken vorkommen , welche noch
weitläufige Frescogemälde unter der Kalkschichtc ver-
ninthen lassen.
Kelchfund im Prager Dome.
Am 1*. März 1871, wurde in einem festgewölbten.
I 1 , Klftr. Indien, '2 KIftr. breiten und Klftr. langet 1 ,
aus wuchtigen und sorgfältig beliauenen Quadern beste-
henden Räume, der bei der jetzt vorzunehmenden Pf ei-
IV
' - " . , ~ ! - | f
leranlage lUr den neuen Dombau entdeckt wurde, ein
silberner, stark vergoldeter Kelch gefundeu.
Nehmen wir den Raum in Anbetracht, so bleibt er
Olr alle Zukunft rathselhaft und unerklärt, weil er »ich
in einein (onglomcrate breiter und tiefer, weit aus dem
Hereiche den Dombaue* lieraussehreitender ( Jrundmauern
vorfand. Ober iliiu war einst der alte Friedhof, später
bestand dort ein Sacristnncrhilnschcn und neben ihm
war die Anlage des mächtigeu Heiler» für den so gross-
artigen Dom hergestellt. Und eben dieser Pfeiler führte
zur ungeahnten Entdeckung. Die Pfeileranlage war, ver-
möge eingetretener Senknng, mitten durchgeboxten,
weshalb das uralte nichtige und feste Grundmauer-
werk bat herausgehoben werden müssen. Hei dieser
höchst mühsamen Arbeit stiess man in des Pfeiler» unmit-
telbarer Nähe auf eine feste Wölbung, welche einen
leeren eingangslosen Kaum bedeckte. Nur eine 2 Fuss
tiefe Nisebe mit 2 Stufen war iu dessen rechter sudlieh
gelegener Mauerflanke sichtbar, hinter welcher mau einen
müden, etwas tieferen, 8 Fuss im Durchmesser haltenden
cisternenHhnliehen Kaum fand. In diese beschriebene
Nische mundete oben ein »chrilg gelegter, von da herab-
gefiihrter Caual ein, welcher mit einem Abort, dessen
steinernen Sitz man auch fand, verbunden war. In eben
diesem Räume sammelte sieh durch die Zeit her eine
nicht unbedeutende Schiebte vermoderter Exeremente.
(Jan/, oben lag darauf ein Leuchter ans Messingblech —
der neueren Zeit wohl angehürig, danu kam ein kupfernes,
stark vergoldet gewesenes Brillengestelle ohne Gläser
zum Vorschein, und als eine tüchtige Quantität dieses
uralten Guano's weggeräumt war, gerieth der damit
beschäftigte Taglühuer auf den »Uberneu Kelch.
Fr i.-t aus lillöthigem Silber, stark vergoldet, wiegt
.*>X Lot Ii und hat eine Höhe von 7"/, Zoll. Die decorativeu
Motive dieses schönen GcfasscB erinnern an die Uber-
schwiingliche gothischo Stylrichtung des XV. Jahrhun-
derts. Der hoch-profilirte und in der Unterlage mit einem
Vierpassbaude versehene Fun» ist sechstheilig gebildet.
Die sechs Wärter steigen, in scharfen Biegungen sieh
allmiilig verjüngend, gegen die Mitte zu auf. Eine höchst
zarte Filigranarbeit aus feinem Silberdrahtgefleehte deckt
diese Blattflächen, deren Grund blau emaillirt und an
ihren unteren Abrandnngen mit Bergkrystallen und
Granaten geziert ist, mit welchen Edelsteinen in rauten-
förmiger abstehender Fassung auch der Nodus besetzt ist.
Die Cnpa des Kelches spitzt sich nach unten eiför-
mig zu und ist dort mit sorgfältig modellirtem Krieeh-
luube und stylisirtem Blattwerke belegt, steigt jedoch,
wie bei den meisten mittelalterlichen Kelchen, ohne
Ausbauchung geradlinig sich erweiternd auf.
Der obere Band ist an einer Stelle stark ausgebro-
chen und ortweise ist das Metall oxydirt, weshalb die
erwähnten Blatter mit ihren flligranen Verschlingungen
stellenweise vom Kelchkörper abgelöst sind. Unterhalb
dieser abgetrennten Ornamente bemerkt man das nett
gravirte Handwcrkszeicbeu oder die Marke des Silber-
urbeitcr» nebst einem kleinen tiefgrax irteu Kreuzchen.
Der hochwUrdige Domdcchant HerrTheol. Dr. Würfel,
iu dessen Verwahrung dieser Kelch vorderhand steht,
gedenkt ihn durch geschickte Kttnstlerhand wieder
restauriren zu lassen, wodurch nun der merkwürdige
Domschatz bei St. Veit um ein sehr interessantes
Kleinod mehr besitzen wird. F. J. Umetc/i.
Die Kunst des Hittelalten in Böhmen.
i Kort»e«ung.
»Ii « Uolmhalii*».:'
S c u I p t u r.
Die Werke derBildhaner- uml Malerkunst gewahren
keine so scharf ausgeprägten Grenzlinien, wie sie im
Reiche der Architektur vorhanden sind, wo ganz ent-
schiedene Merkmale, z. B. Rundbogen, Wllrfel-Capitälc
und noch vielerlei sowohl constrnetive ab oniamcn-
tistische Einzelnheiten die Alters- und Styl- Unterschiede
auffällig kennzeichnen. Doch bietet die Sculptur ver-
möge ihres körperhllltigeu Materiales ungleich zuver-
lässigere Anhaltspunkte als die Malerei, die zunächst
nur nach Styl Verwandtschaften benrtheilt werden kann.
Ein wesentlicher Beitrag zur Altersbestimmung der Bild-
V
I i«. I. (\'r»K.
hauerarbeiten wird durch den l'mstand gelmteii, dass
viele derselben mit Gcliäuden organisch verbunden sind,
also nothwendigerweise gleichzeitig mit denselben ent-
standen sein müssen.
Verhaltnissinäissig haben sieh >» liöhmcn sehr wenige
Bildwerke monumentaler Art erhalten, von welchen die
Mehrzahl indeu Hogenfeldern der Kirchen-Portale gelruf-
feu wird: runde Arbeiten sind äusserst selten, man hat sich
gewöhnlich mit Relief-Arbeiten begnügt. Wenn diese Ent-
wicklung mit der nlthellenisehen und auch mit der
deutsch- mittelalterlichen Kunstperiode tibereinstimmt,
so findet doch in Bezug auf Material«; und Behandlung*,
weise kein gleichartiger Verlauf statt. In ilcr antiken
Welt w ie im frühen Mittelalter gingen Thonbildncrei uml
Holzschnitzerei dem Krzgnsse voran, auf welchen erst
<lie Steiuarbcit folgte: in Böhmen grilf man soglcieh zur
letztem, überging Krzguss uml Tlmnarbeit und hat als-
«lann die Toreutik cultivirt, wie aus iler Geschichte «les
Abtes Bozetech und seines Nachfolgers Reginhard zu
ersehen ist.
Werke des Krzgusses wie die Domthtlren zu Augs-
burg und Hillesheim. Grabplatten, Taufbecken und
runde Arbeiten, wie man sie in Magdeburg, Goslar,
LUttich, Köln und amiern deutschen Städten antrifft,
wird man in Böhmen vergebens suchen. Dieser Mangel
erscheint um so nutfallemler, als der Gloekenguss früh-
zeitig geübt wurde, und sieh viele alte (flocken erhalten
haben. Auch von Werken der Holzschnitzerei, die nach
unzweifelhaften IVberlieferungun bereits im XI. Jahr-
hundert blühte, findet sich kein einziges Gebilde, dessen
Anfertigung mit voller Sicherheit über das XIII. Jahrhun-
dert verlegt werden könnte.
Wie jede ('nliiir, ging um-h die Kunst in Stein zu
arbeiten von den Klösteru aus, die bcdcutcnduten <«cr auf
uns gekommenen Sculptnren sind klösterliche Erzeug-
nisse. Von diesen sind besonders hervorzuheben die
Sculptnreti in Zahnt und St. Jakob bei Sedlec, dann
ein Steinaltar in der Klosterkirche St. Georg zu l*rag.
Stcinaltar in der St. Georgskirehe. (Fig. 1.)
Das für die Landes- mal Kunstgeschichte hoch
wichtige Stift St. Georg in Frag besitzt einen Steinaltar,
der sowohl hinsichtlich der Form und Ausführung, wie
auch des Unuttandcs wegen, dass die Z«-ii der Herstel-
lung bekannt ist, besonderes Interesse verdient.
Nach Art der Triptyehen geformt, besteht das Werk
aus drei in Sandstein ausgearbeiteten Tafeln, aus dem
rechteckigen Mittelbilde und zwei sich aulehneudeii
Flügeln und entspricht in seiner Anordnung den Votiv-
bildern. Im Mittelfelde erblickt man die Himmelskönigin
mit dem Kinde, in den Fehlem zur Hechten und Linken
die Donatoren, als welche Herzog Vladislav II. und Äb-
tissin Bertha, durch welche «lie Kirche nach dem Brande
von 114l' ganz neu aufgebaut wurde, anzusehen siml.
Am Bande des Steines sind in gerundeter Majuskel-
schrift die Worte eingegraben:
)gle
VI
Flg. 9. (Ziliof.)
+ MARIA . PRIMA . ABbS + AVE MARIA .
GRAtllA PI.HNA . DNS . Ttf . CVM *
HHRIITA . ABBA . SC .... F ... .
(Maria prima uhhatissa. Ave Maria gratia ph-na.
Dominus teciini. Itt-rllia abbatissa sculpturuin fefütr)
Ans dieser Inschrift jroht hervor, dass «He Äbtissin
Bertha entweder «igcuhiludig das Werk gefertigt habt,
<nler dass es auf ihre Veranlassung hergestellt worden
sei. Diese Äbtissin wird in zwei Urkunden des Papste!
Engen III. genannt, 1145 und 11,51, und wegen ihres
Eiters um den Kirehonbaii belobt Sie- scheint dein
Itegcnfcnhnnsc angehört zu haben, denn das Stift war
ein adeliges und es wurden immer Damen aus den hoch-
gestelltesten Familien zu Abtissinen gewühlt. DieToehter
«les Heroagfl Bolcslav I., Milada oder Maria, auf welche
in der lusehrilt hingewiesen wild, war erste Äbtissin,
unter deren Regierung der frühere 1 14:.' zerstörte Kloster-
bau »nfgelllhrt wurde, daher
Bich Hertha neben ihr als zweite
({rUuderin nennt.
Das IJelief ist aus Frager
Mergelstein hergestellt, ziemlieh
erhaben, die Behandlung ängst-
lieh und hart, doch zeigt die
Anordnung des Haiizcn ein ent-
wickeltes Liuicngctllhl und Sinn
Hlr (»ruppirung. Die heil. Jung-
Iran sil/.l auf einem mit Wir«
felCapitiilen und andern roina-
nisehen Ornamenten ausgestat-
teten Thronscssel und iimtiingt
ilas KiihI mit beiden Händen,
während zwei in der Luft
schwebende Kugel ihrdie Krone
aufsetzen. An den Stufen des
Thrones knien zwei Henedieti-
ner- Nonnen in Ordenstracht.
Wie in alten Bildwerken, he
sonders an Malereien herkömtu-
lieh , ist «He Figur Märiens,
nnnicntlieh (irsieht und Hals
ungleich besser gezeichnet und
edler durchgebildet , als die
Illingen Thcilc. unter denen das
pupponarlige Kind und die
eckigen Kugel bei weitein als
die schwächsten Leistungen be-
zeichnet werden dllrfen. Im
Faltenwurf, welcher zwar nach
Art «b s XII. Jahrhunderts hie
und da gradlinig und ackertnr-
elicnähnlifh gehalten ist, spricht
sich bei alledem ein gewisses
Naturstudium aus; so sind die
Anne und Knie der Himmels
küuigiu unter den (Jewänilerti
trefflich angegeben, der Mantel
legt sieh in wohlverstandener
Schiniegiing Uber die Sessel-
lehne und die FUsse kommen
an richtiger Stelle zum Vor-
schein. Die in den Nebenfelileni
angeordneten Figuren, beide in
betender Stellung und Spruch-
bänder haltend, lassen das Stre-
ben nach Naturwahrheit noch
deutlicher erkennen: die männ-
liche Figur, durch <lie Krone auf
dem Haupte und das nebenste-
hende Wort BHX als Vladis
lav bezeichnet, lullt den he
schränkten Baum in wohlgemes-
senen Linien aus. Die gegenüber
knieende flcstalt der Äbtissin
zeigt nicht allein feine Bewe-
gung, sondern auch eine lieb-
liche und zugleich ausgeprägte
ticsichtshildting.
Vergleicht man dieses Be-
lief mit gleichzeitigen Senlp
turwerken zu Kcgensbnrg und
Bamberg, wird man dem bespro-
chenen Steinalt»* eine ungleich
höhere Durchbildung zuerken-
nen, aber auch bedauern, dass er isolirt steht und
keinen Kinrlliss auf die anderweitigen Arbeiten gellbt
hat. Man möchte glauben, der Künstler (vielleicht
die Künstlerin) habe sich bezüglich der allgemeinen
Anordnung an byzantinische Klfenbeinschnilzereieii
gehalten, welche in jener Zeit als Diptychen, Triptychen
und Bltchcrcinhiindc nelir verbreitet waren. Die Aus-
führung aber ist selbständig und erinnert eher an säch-
sische Vorbilder *.
Sculptnren in Zäbor.
Die hier vortindliclieii Bihlliaiiereien geboren zwei
verschiedenen I'erioden an. einer frühem mit der Aus-
führung der Jacnbs-Kirebe gleichzeitigen, mal einer
bedeutend späteren, wie gelcgenlieitlich des dortigen
Portal- Baues angegeben* wurde. Im alten Theile der
Zabofer Kirche haben sich einige mit Menschen- und
PI», \. (Zabur.)
Fi*
3. Zahof.i
> F.rt>«o. H«<r-I«, >.t »o IUI.
V\g. :,. (Zibof.
! Ilrr b«lK«CPb«n«n Abbildung 11*^1 MM t'hoit>f«raflil# tia Grüßdt.
VII
Thicrgestalten verzierte GnrttiVger erhal-
ten , deren Au*lühning dieselbe Hand
erkennen lässt, welche in St. .Ian.1i thätig
war. Hier wie dort gleiche runde, nicht
Überlange Hände nnd dieselbe Behand-
lung der HkWe ; Kennzeichen genng um
eine Verwandtschaft fe*tzu8tellcn. wenn
nucli ilie lilteren Arbeiten in Zslbor
nur geringfügig sind. Man würde die*«
Knäufe villcicht Übersehen, in keinem
Falle hervorheben, wenn nicht das Fortal
eine Reihe von bildnerischen Werken ent-
hielte , die zu' Vergleiehungen heraus-
fordert.
In zwei Kehlen , welche das Bogcn-
feld umziehen, sieht mau ScenCM aus dem
Jagd- und Landleben . zwar kümmerlich
gezeichnet aber lebensvoll und in Anbe-
tracht des beschriinkten Räume* von
bedeutender Wirkung. In der iliissern
Kehle , die jedoch kaum zum dritten
Thcilc erhalten blieb , sieht man eine
Löwcnjagd; auf der einen Seite kämpft
ein Iiitter mit einem Löwen, auf der andern hetzt ein
Mann die Hunde, dazwischen Spuren eines nicht mehr
kennbaren Thieres. I)ie innere Kehle hnt weniger gelit-
ten, wenn es auch au ItesehUdiguiigeii nicht fehlt. Hier
ist das Viehansi reiben am Morgen dargestellt ; eine Heerde,
bestehend aus Kllhen, Schafen und Sehweinen, wird auf
die Weide getrieben, hinterher der Hirt, welcher einen
Wolf abwehrt. Da die Kehlen nur 9 Zoll breit sind,
halten Menschen und Thiere gleiche Grösse ein und
sind die Heine gewöhnlich verkürzt, doch sind die
Thiere richtig charaklerisirt und man unterscheidet
leicht den gravitätischen Stier von der vorangehenden
Kuh. Hesonders gelungen ist der Wolf, welcher sich nm
Frtlgel des Hirten verbeisst, und ein oben in der Milte
wandelnder Widder. Dergleichen Darstellungen aus dem
täglichen Lehen und der Thierwelt waren im Mittelalter
sehr beliebt und kommen au Kirchen nicht selten vor.
wie unter andern eine Hirsch jagd zu Schwäbisch Hall,
laufende Hasen auf dem Firste zu St. Michael an der
Donau, eine Froschversainnilung au einem Seiten-Altar
der 1H30 abgetragenen Augustiner-Kirche zu Regcmdiurg.
Kiner ähnlichen Anordnung werden wir auch in Hrusie
begegnen. Ks war nicht allein der mittelalterliche Humor
und die Vorliebe IHr abenteuerliche Bcstieiivcrwchlhigun-
gen, die sieh in diesen Gebilden aussprach, sondern
es waren alle Lebciisvcrrichtungea mit der Religion in
engste Beziehung gebracht und so schien es ganz ange-
messen, ein Jagdbild am Kirchen- Portal anzubringen.
Dabei wurden auch Krinneruugen an besondere Krcig
nisse eingeschaltet, wie die Pestsäulen erkennen lassen:
ein solches Ereignis* durfte vielleicht der Mäusezug in
Hrusie andeuten. Fig. 2, (Jutträger im ältern Thcilc
der Kirche, Fig. Partie der äussern Portal Kehle,
Fig. -I und ;'>, Partien der inneren Kehle.
Relief in Hruüe.
Da sowohl nn den ältern wie jüngern Sculptureu
in Zäbof und Umgegend eine gewisse conventioiielle
Rehiindlnugsweise bemerkbar wird, sollte man glauben,
ilass sich in der Gegend eine BUdhauerschule entwickelt
und fortgewirkt habe. Dass dem nicht so sei, gewahren
Ki«. «. (Ilmiic,
wir bei Betrachtung des Portalbilde* iu Hrusie, wo
auch keine Spur einer Schule zu treffen ist. wie wir sie
bei St. Jacob kenneu lernen werden. Vielleicht das Erst-
lingswerk eines mehr mit gutem Willen als Kenntnissen
begabten Arbeiters ^desselben, der das Portal getilgt
hat ), zeichnet sich die Darstellung zunächst durch den
Inhalt aus, die Durchführung erscheint ungewöhnlich
schwach.
Zwei Männergestalten, von denen die eine Wander
*tab und F.vangclienbuch, die andere ein Kreuz und eine
Lilie trägt, stehen in gerader Front-Ansicht, als hätten
sie sich die Stelle zu einer Niederlassung ausersehen.
E» sind die nach Böhmen einwandernden Bcucdictincr
(nach anderer Meinung Cyrill»* und Methodius i, welche
das Kreuz Uber einem Götzcnaltar aufpflanzen. Das
Götzenbild ist dargestellt als zweiköpfiger Drache, der
sich unter dem Kreuze zusammenkrümmt. Die Figuren,
Kniebilder in Lebcnsgrösse, sindsehrflach ausgearbeitet,
eher geschabt als gemeisselt; denn das Relief beträgt
an den tiefsten Stellen nur 1 ' » Zoll und die Gewänder
sind mit blossen Linien angedeutet. Der Kreuzträger ist
durch Kapuze und Gürtel als Mönch bezeichnet, welchen
Stand auch die Lilie in seiner linken Hund ausdrückt;
sein Gelahrte scheint mit t-'nein Röchet bekleidet
zu sein.
Da* über dem Portal angebrachte durch ein Kreuz
in vier Felder gcthciltc Wappenschild, worin wieder
Kreuz und Lilie sichtbar werden, ist ein allgemeines
Klosterwappen und kann als Bekräftigung der Sage,
welche den Kirchenbnu zu Hru-
Sie den Mönchen von Sa/ava
zuschreibt, hingenommen werden.
Sollte Abt Reginhard, d er um 1 1 Iii l
blühte, Verfertiger dieses Bildwer-
ke* sein , dann hätte der alte
Chronist, dessen wir gelegentlich
de« Kloster* Sazava erwähnten,
dessen künstlerische Regabung
weil überschätzt. Indcss darf nicht
Übersehen werden, das» der nn- L. 'i, —
gleiche überaus harte Granit, uns Fig. 7. FTriiH*
VITT
FlR. H. lI'.MlvilK'f.!
welchen da« Werk verfertigt ist, den Büdner einiger-
massen entschuldigt. Fig. ß da» Relief im Thürsturz,
Fig. 7 Wappen über dem Portal.
Portal-Bild und sculptirtes Capital in
PodvineOi
Beinahe noch äinnliehcr und kunstloser zeigen sieh
die Senlpturen in Podvinec, obgleieh hier der trefflichste
Sandstein die Arbeit erleichtert hJttte. Wie an den
Capitälcn zu Eger, hlieh die Bildhauerkunst weit hinter
der Architekt« zurück. Die beiden aut den freien Säulen
iles Partien« befindlichen Capitäle sind mit Vögeln
sonderbarsten Ansehens ausgestattet, welche vielleicht
Adler vorstellen scdlen, aber zu Eulen geworden sind.
Auch das im Thürstnrze angebrachte Belief, ein ( rucitix
/.wischen Engeln, befremdet sowohl wegen seiner Härte
und schülerhaften Ausführung, als der ungewöhnlichen
Darstellnngsweise. Christus, mit den Händen auf das
Kreuz genagelt, steht mit den Füssen frei auf dem
Hoden, als wolle er vorwärts schreiten: daneben liegen
zwei Figuren (Engel) mit Heiligenscheinen auf der Erde
mal unterstützen die Ftlsse des Gekreuzigten, Die
Zeichnung der nackten Körpertheilc verräth bei aller
Dürftigkeit, dass der Bildhauer die Natur zu Käthe
gezogen halte: Hippen
und Musculatiir der
Arme sind angegeben,
dabei erinnert der ge-
schwungene Leib an
die gothisehe Auffas-
sung. Diese Schwin-
gung der Figuren,
welche im XIV. Jahr-
hundert aufs höchste
gesteigert wurde , ist
auch an den liegenden
Engeln wahrzunehmen,
welche etwas richtiger
als das Christ usbild
gezeichnet sind. Das
Belief ist mittelerhaben
und war einst bemalt,
Spuren von Farben
zeigen sich an allen
Thcileii des Portals.
I ig. !•. I'o.lviucc Fig. * die mittelst
Photographie hergestellte Zeichnung
des Portal-Hildes. Fig !» sculptirtcs
Capital.
Mar ie n s t a t u e in M o h e 1 n i e.
Die im Gewölbe der Apside zu
Mohelnic angebrachte lebensgrosse
Marientigur seheint das HruchstUck
einer grösseren Zusammenstellung
zu sein, welche das ganze Oewölh
überdeckte und die Krönung der Him-
melskönigin darstellte. Das hundert-
fach Übertünchte tiebilde zeigt in
seinem gegenwärtigen Bestände eine
auffallende Weichheit der Formen,
die um so mehr mit der mangelhaf-
ten Zeichnung eontrastirt, als die
geradlinigen Gewänder und die kurze
derbe Gestalt geringe Übung offenbaren. Wenn auch
diese Weichheit zum Theilc durch wiederholtes Über-
weissen bewirkt worden ist, lässt sieh doch nicht verken-
nen, dass die obere Hälfte der Marienstatue wie auch das
Kind mit Vorliebe und nicht ohne Geschick behandelt
worden sind, dass namentlich das Jesukind eine l'Ur
jene Zeit ungewöhnlich gefällige Bildung besitzt. Die
Figur steht aut dem Kämpfergesims, welches die Apsis
umzieht, ist in das Gewölbe selbst eingelassen, folgt
also der Rundung desselben, ein die Schwierigkeiten
der Ausarbeitung bedeutend steigernder Umstand. Das
Relief ist hocherhaben, der Aufstellungsort Uber dem
Hochaltar für Untersuchungen so ungünstig, dnss ohne
Aufstellung eines Gerüstes die Frage, ob die Figur aus
Stueco oder Stein bestehe, nicht mit voller Sicherheit
gelöst werden kann. Da sowohl der Kirchendiener wie
ein bei Reparaturen beschältigter Manrer aufs bestimm-
teste versicherten, dass da« Werk aus Stein bestehe,
nnd beide den entblössten Stein gesehen haben wollten,
lässt sich diese Angabe um so weniger bezweifeln, als
romanische Stueeaturen bisher im Lande nicht entdeckt
worden sind. Fig. 10 Marienstatue zu Mohelnic mit
Angabe des KUtupfergesimscs.
Sculptirte Capitiile und Maskenbilder in
Ege r.
Die schon erwähnten, dem oberen Geschosse der
Doppel-Capelle angehörenden Capitiile sind mit den
betreffenden Bautheilen so eng verbanden . dass
deren Abbildungen in dem vorhergehenden Abschnitte
bereits gegeben werden miissten :
es bleibt daher für hier nur übrig,
die Behaiullungsweise und künst-
lerische Durchbildung der figürli-
chen Darstellungen zu erklären. Wie
bereits angedeutet , stehen diese
weit hinter den Iflanzcn- Ornamenten
zurück; die Figuren gleichen in
der That Götzenbildern, wofür sie
immer gehalten worden sind, und
vom Volke noch immer gehalten
werden. Von allen sind die beiden
im Architektur-Abschnitte abgebil-
deten nackten Gestalten nicht allein
des obseönen Inhalts, sondern auch
der verunglückten Zeichnung wegen I i« |o. Mochclnic
IX
abstoßend : wie dies« da8 Relief, froschartige Bewegun-
gen und Körper von kaum zwei Kopflängen bestätigen,
dass der Verfertiger die Figuren nur als Nebensache
angesehen und die AuslUhrung ganz der vorgezeiehueten
architektonischen Forin untergeordnet bat. BtWM gelun-
gener erscheinen das zweite Capitis! mit den Kugel-
figuren, welche al* bekleidete Brustbilder mimlere
Kenntnis* den menschlichen Körpern erforderten. Die
an einigen Wandsäulen befindlichen Bestiarien zeigen in
Eger eine glücklichere Fonnengebung als die mensch-
lichen Gestalten; Krokodile, Schlangl n und willkürlich
zusammengestellte Thiergebilde verrathen mitunter sorg-
fältige Studien der Thierwelt.
An den meisten alten I Situ werken triflt man einzelne,
mehr oder minder portrait-nrtige, in Stein ausgehauene
Kopie, welche an bel.'eb"gen Stellen eingesetzt, gewöhn-
lich als Bildnisse der Werkmeister, Bauherrn oder regie-
renden Ftlrsten bezeichnet werden. Das Anbringen
solcher Kopie oder Masken war Uber ganz Europa ver-
breitet und es wird nur wenig rumänische Bauten geben,
au welchen nicht wenigstens ein derartiger Kopf zu
erblicken wiire. In weitesten Kreisen bekannt sind die
Bildnisse der Baumeister an der Bcgenshurgcr Brücke,
der Rogenannte Bradac K'»pf am Landpfcilcr der ehe-
maligen von der Königin Judith ums Jahr 1 106 erbnuten
l'rager Brücke , der Barbarossa - Kopf in Gelnhausen,
welche säiuintlich als Wahrzeichen gelten. Da keine
bessere Erklärung dieser Maskenb'lder gefunden wird,
ist die Annahme, dass sich die Steinmetze auf solche
Weise verewigen wollten, die wahrscheinlichste ; weshalb
man solchen Gebilden keine besondere Wichtigkeit bei-
zulegen pflegt.
In Eger wurde das Anbringen von derlei Masken
in so umfassender Weihe geübt, dass sie z. B. au der
Nikolai-Kirche zu Dutzenden n> beneinander stehen, au
Vitien l'rivatliäusern vorkommen und auch in der Doppel-
Capelle eine Bolle spielen. An letzterem Orte jedoch
treten sie immer in Verbindung mit Bantheileu auf,
wie das Kämpfcrgcsims des Triumphbogens darthut ;
an der Kirche jedoch, wo man einige so solcher Bilder
sieht, springen sie ohne Angabe von Halsen oder Dra-
perien aus den glatten Quadern vor und wechseln in
Dimensionen von Fanstgrössc bis zu kolossalen Verhält-
nissen. Dass bei so häutigem Vorkommen eine geschicht-
liche Bedeutung nicht unterlegt w erden könne, ist augen-
scheinlich : es scheint ein lustiger Geselle während seiner
Arbeit versucht zu haben, die Vorübergehenden zum
Zeitvertreib abzueonterfeien.
Husten in Aman und Budig.
In Anbetracht der obigen Thatsachen wurden Von
den vielen da und dort vorkommenden Maskenbildem
nur drei ausgehoben, welche entweder durch ihre Aus-
führung oder muthmassliehe Bedeutung besonderes In-
teresse einflössen. Am Chor der alten, aber oft umge-
bauten Pfarrkirche zu Aruau sind zwei Köpfe, offenbar
Bildnisse, eingemauert , von denen der eine mit dem
Herzogshut als Sobeslav I., welcher in Aman starb, be-
zeichnet wird. Das breite, mit vollem Backenbart um-
zogene Gesicht, dessen stumpfe Nase und etwas her-
vortretend'' Augen I'ortrait-Ähnlichkeit aussprechen, ver-
leiht dieser Sage (oder Vermnthung) grosse Wahrschein-
lichkeit. Der zw eite Kopf soll Sobcslaw's Sohn Wladisluw
danteilen, doch ist hier trotz individueller Ausprägung
XVII.
B(r. 11. (Kuttf.)
der ZUge jede Schluss-
folgcrung gewagt, da die
Btlste vermöge des darü-
ber angebrachten Simses
als Tragstein diente. Die
Bilder sind kolossal, IK
Zoll hoch und fast ebenso
breit. Frappanter noch
erscheint ein am Ge-
wände der Thurmthllre
in Budig angebrachter,
sorgfältig ausgeführter
Kopf mit langem Bart
und gescheiteltem Haar,
dessen Bedeutung zwar
vergessen worden ist,
der aVier jedenfalls histo-
rische Wicht gkeit besitzt.
Die Höhe beträgt 20, die
Breite loZoll, dieAuslüh-
rung ist sehr scharf und
cigcnthttmliefa. Fig. 11
Kopf in Budig, F,g. 12
ang' '-.liehe- Bild des Her-
zogs Sobeslav I. in
Armut, Fig. 13 zweite Büste daselbst.
Thiergestalten in Skalir.
Der jetzt unbedeutende, zw ischen Schwarz Koste
lec und dem Kloster Suzava liegende Flecken Skalie
war einst grösser und wichtiger: es hestand hier bis
zum Jahr 1400 eine Burg, deren letzte Beste zum Aus-
bau der utnherstehenden Häuser dienen mus steil. Neben
der dnrehaus erneuertes Pfarrkirche besitzt der Ort eine
etwa dreihundert Schritte entlegene romanische Fried-
hofskirehe von nonnalinässiger Form, an deren Nord-
seite vier Beliefbilder jener Art eingemauert sind, denen
symbolische Bedeutung beigelegt wird. In andern Län-
dern worden dergleichen Bildungen häutig, in Böhmen
jedoch nur an diesem Kirchlein getroffen, weshalb sie
besondere Würdigung verdienen. Da aber die Bilder
ans ihrem einstigen Zusammenhang gerissen sind, lüsst
sich mit Ausnahme eines Löwen, welcher ein Buch in
den Klauen hält (eines der am häutigsten vorkommen-
den christlichen Symbole) , nicht wtdd eine sichere
Deutung gelien. Zwei der Gestalten haben Menschen-
köpfe und Thierleiber, s'e sind mit leichtem Schwang
und sicherer Hand gezeichnet, was noch mehr von der
dritten Bestie, einer Wölfin g'lt. Das Belief ist hoch
erhaben, der Löwe scheint sogar eine freistehende
tV \ '.
Aman i
X
Vig. 11. Skutii-
Figur gewesen 211 sein,
die nn jetziger Stelle
in die Mauer hiueinge
schoben wurde.
Diese Figuren r«r
Herten einst das Fortal,
welches bei Anlage eines
neuen Stiegenlmnses vor
etwa Ii Hl Juliren zerstört
wurde, jene dagegen blie-
ben glttcklicherweise er-
hahea, Fig. 14, l. r », H> und
17, freiten genaue Abbil-
dungen,
Statuen am K irr In Ii 11 r 111 in Katovit*.
Ob diese rohen und abenteuerlich aussehenden
Üildwerke in der Thal Indien Alter besitzen oder etwa
der Mitte des XV. Jahrhunderts angehören , wird
schwerlich mit Sieherheit entschieden werden können.
Tliuriu und Kirche sind nicht organisch miteinander ver-
bünd
ttnregclniässige Kirche ist in ihr
Uli
Theilen fr Ii 1» politisch, der an der Nordseite angefügte
Thann scheint zwar in seinem quadratischen Fntcr-
theile alterthUmliehe Formen einzuhalten, wurde aber
bedeutend Uberündert und mit schweren, toseanisch
si in sollenden Gesimsen umzogen. Die «tisserc Breite
dieses Thunm s beträgt 22 Fuss; er int wegen Schad-
haftigkeit an den Ecken mit klnftcrdickcu Strebe-
pfeilern unterstützt worden, war ursprünglich glatt bis
zur Höhe von 32 Fuss, wo drei Keilten von Nischen
das Bauwerk auf allen Seiten umgeben. Je lUnf
Nischen, jede .'S Fuss breit, (i Fuss hoch und oben
halhkrcislörmig geschlossen, stehen in einer Ucihe, so
ilass an jeder Thurmseilc 15 Nischen angebracht sind:
die mittelste Nische ist immer durchbrochen und bildet
ein Fenster: die nebenstehenden sind 10 Zoll tief ein-
geblendet und manchmal, jedoch nicht immer, durch
ZwisehcDgCS teilte Säulen zu Bogcnstcllungen nach Art
der gekuppelten Fenster verbuudeii. Von die sen Nisehen-
reiheu siud die obere und untere glatt belassen, in der
mittlen (der Höbe nach) erblickt mau Standbilder von
verschiedenen Personen des alten Testaments, welche
Spruchbänder tragen uud durch Kronen oder sonstige
Zugaben als Könige und Propheten bezeichnet sind.
Die Arbeit scheint uns nach sorgfältiger Prüfung
mehr roh als alt, dieselbe Bemerkung, welche Uber den
Thurm schon angedeutet worden ist. Die seltsamen
Mutzen, die Art des Faltenwurfes und die mitunter
ottmals umgebogenen Spruchbänder deuten an, dass
die Statuen, welche mit alten Spielkartenbildern viele
Ähnlichkeit haben , in
keinem Falle vor dem
I Schlüsse des XIII.
Jahrhunderts verfertigt
worden sind. In BöIiiiku
kommt ein auf diese
Weise gestalteterTlmrm
nicht zum zweitenmal
vor, im nahen Bayern
waren solche Nischen-
stellungen um HiOO au
KirchenthUrinen sehr
Fig. 15. IßtuUe.) beliebt.
Pir, 16. (Skalic.
i'brigens ist Kalo
vic ein uralter Ort,
welcher am Fasse eines
gegen die Votava ko-
nisch ahfallcndenBergcs
gelegen, den Pas« von
Kuschwarta (BiirenlocIO
deckt. Auf der Spitze
dieses Herges (KnOüi-
hora genannt) liegt eiue
der ausgedehntesten und
zugleich besterhaltencn Wallbnrgen, welche von Gneis
steinen errichtet in mehreren eiförmigen Bogenlinien
den Gipfel umzieht. Fig. IM, eine der Bogeustelluiigeu
mit zwei Statuen , deren Deutung uns jedoch nicht
möglich wurde.
He lief von St. Lazarus in Prag.
Vor dein ehemaligen St. Martins-Thore der Prager
Altstadt lag am F.nde der heutigen llrentengasse ein
Sicchenhaus, domus leprosorum, mit einem St. Lazarus-
Kirchlein, welches vor wenigen Jahren noch wobl-
erhalten war, dann umgebaut wurde und jetzt als
Schmiedewerkstatte dient. Das Gebäude wurde unter
Otakar II. um 1270 errichtet, war äusserst einfach mal
nur das spitzbogige Portal zeigte Übergangslormen mit
umlaufendem Bogen-Oruament , wie u.a. der Eingang
in die Srhelkowilzcr-Capelle entfallt. Das Relief im
Sturzfehle , das gegenwärtig im böhmischen Museum
aufbewahrt wird, erscheint noch sehr nlterthUmlich und
hält au der rumänischen liehamllungswcisc fest. Dem
Namen des Kirchleins entsprechend, ist die Erweckung
des Lazarus dargestellt: Christus tritt an den Sarg
heran und spricht »las Erstehungswort , während der
Verstorbene sich erhebt und die Hände zum Gebete
faltet. Maria im Hintergrunde gibt Freude und Er-
staunen in ausdrucksvoller Bewegung zu erkennen. Im
Vergleich mit den bisher geschilderten Scnlpturcn
beurkundet diese Darstellung bedeutende Fortschritte,
indem der KUnstler aus der byzantinisch beschaulichen
Bahn heraustritt uud uns mitten in eine Handlung
versetzt. Die Ausführung selbst, Zeichnung wie Model
lirung, erreichen kaum den von Äbtissin Bertha etwa
l.'Ml Jahre früher vollendeten Steinaltar, weun auch
einzelne Theile des Reliefs, z. B. die Hände, mit
Geschick behandelt sind. Unterhalb des Lazarus- Bildes
wird der Stein von einer schön gezeichneten roma-
nischen Arabeske eingesäumt, allerlei Thiere, welche
zwischen Laubwerken spielen. Der Obertheil der Platte
iBt beim Heransbrechen abgeschlagen worden, doch
blieben die Figuren in der Hauptsache unbeschädigt,
wie die beigeschaltete Abbildung Fig. 10 erkennen
lässt.
Fit,'. 17. .Sknlic
Digitized by VjOOQlC
xi
Das Relief besteht ans Mergelstein und war
im niiverstümmelten Zustande 4«/ t ' hoch, 4</,' breit,
wobei ilie Figuren eine Höhe von 2 Fuss einhielten.
Die Bilderwerke in .St. Jakob.
Die an der St. Jakobs-Kirehe bei Sedlec ange-
brachten Senlptiircn zeigen ungleich geringeres
Knnstgefühl, aber grossere Schnlmässigkeit, als
die obigen Steinbilder. Alle die schon früher aufge-
zählten plastischen Arbeiten sinil an der Südseite
der Kirche eingefügt und es scheint nirht , das*
auch die andern Seiten also geschmUkt waren. Die
runden Figuren sind glücklicher behnndelt als das
Relief im Thttrsturz , weichet zuerst betrachtet
sein soll.
Christus als Verkünder des Evangeliums ist
als Brustbild, auf Wolken ruhend dargestellt. Das
Gesicht ist bartlos, der einst vergoldete Nimbus in der
Steinarbeit schwach angedeutet , die Figuren aber
sehr weit (haut-reliel) vortretend. Die linke Hand
ruht auf dem Evnngelienbuchc, der rechte Ann ist,
wie zur Bekräftigaug des Wortes ausgestreckt. Zur
Rechten und Linken Engel mit l'alm/.weigen und
Rauchlässern. Bei aller technischen Unbeholfenlieit
erscheint das Chrisiiisbild in würdevoller Stellung
und dem Engel rechts ist einigt! Anmuth nicht
abzusprechen, wogegen der andere plump in der Ecke
kauert. (Fig. 20.)
überhalb lies Einganges ist die Votiv-Gruppe in
einem Bogenfehle angebracht als Mittelpunkt der ganzen
Anordnung. Man sieht hier den Erlöser als ganze lebens-
grosse Statue auf einer Erhöhungstehend, nebenan knieen
zwei Jünglinge in ritterlicher Tracht, die Söhne der ge-
nannten Kirchenstilterin Maria. (Es >vo|| c hier wie bei
den mit Mauerwerken verbundenen Sculpturen der be-
treffende Architcctur- Abschnitt nachgesehen werden.) In
diesem Bilde erscheint Christus mit \ ollem Barte, eben-
(»Iis «las Evangelium haltend, aber weniger belebt als
im Relief. Die Figur ist steil, die Fairen geradlinig ohne
Andeutung des Körperbaues, doch sind Zeichnung und
AnstUhning im Vergleiche mit jenem viel gediegener.
Die Gestalten der Jünglinge haben, weil sie in kleinerem
Mnssstnbc durchgeführt sind und ganz frei vortreten,
mehr als die grosse Statue von der Witterung gelitten :
dessen ungeachtet bemerkt man , dass sie der Natur
nachgebildet sind, dass der Verfertiger bereits vieles
ausgclUhrt haben mag und sich eine ziemliche Sicherheit
angeeignet hatte. (Fig. 21.)
Rechts von dieser Gruppe war in dem gegenwärtig
leeren Felde ein Madonnen - Bild aufgestellt, das in
nicht bekannter Zeit herabgestürzt ist und jetzt mit ab-
geschlagenem Kopf in einer Ecke lehn!. Auch von dem
Kinde haben sich nur wenige Spuren erhalten, die untere
Hälfte der Figur zeigt in Gewandung und Andeutung
der Korpervcrhältnisse eine für das XII. Jahrhundert
seltene Weichheit und Durchbildung. Diesem leider sehr
verstümmelten Bildwerke reiht sich zunächst die Statue
des heil. Jakob an, deren Armbewegung nnd Faltenwurf
manches auerkenuenswerthe besitzen. Dieselbe so wie
die Figuren der beiden Landespntrone St. Wenzel und
Prokop, die vielleicht, ja ohne Zweifel von anderer
Hand gefertigt sind, stehen den geschilderten in jeder
Hinsieht weit nach. Sic sind derb gezeichnet und höchst
roh ausgeführt.
Pif. 1H. (Katowlc.)
Die bildnerische Thiltigkeit im allgemeinen.
Treu dem in der Einleitung ausgesprochenen Vor-
haben, in diesem Werke nur Denkmale monumentaler
Art, deren Herstellung in Böhmen vollkommen sicher-
gestellt ist, aufzunehmen, wurde diese Rundschau mit
Beschreibung der St. Jakober -Statuen abgeschlossen.
Amlere wichtige, hiehcr zu rechnende plastische
Arbeiten dürften nur wenige aufgefunden werden. Dass
mit Zerstörung beinahe aller Klöster unendlich viel
Schönes und auch werthvolle Bildhanerwerke verloren
gegangen sind, steht über allern Zweifel; denn die
knnstgellbten Cistercienser von Plnss und Sedlec
haben , da sie entfernte Kirchen mit ihren Gebilden
ausstatteten, gewiss in den eigenen Klöstern vieles
geschaffen, was nicht auf uns gekommen ist. Dass aber
die Seulptur im Verhältnis zu dem grossen und reichen
Laude in aller Zeit nur spärlich geübt wurde, ergibt
sich aus dem ganzen Sachverhalte. So haben sich
zahlreiche romanische Kirchen in allen ihren Theilen
erhalten, ohne auch nur die leiseste Andeutung eines
plastischen Versuches zu besitzen.
Auch der Umstand, dass die älteste Seulptur, der
Steinaltar in der (Jeorgs-Kirche , überwiegend das
vollendetste Gebilde ist, dass schon die etwas jüngeren
Werke zu St. Jakob einige Rückschritte erkennen lassen,
deutet eine beschränkte Verbreitung dieses Faches an.
Manchmal zeigt sich, wie im Kelief von St. Lazarus,
ein schöner Anlauf, der jedoch vereinzelt bleibt.
Die beiden Bildhauernamen, welche die fieschichte
überliefert hat, sind üozetf-ch und Reginhard, Abte
zu Sazava. Wenn auch Reginhard in jener Zeit wirkte,
als die Kirchen der nachbarlichen Orte skalic und
Hrusie aufgeführt wurden , lässt sich sein Name
schwer mit den dortigen Sculptnren in Verbindung
bringen, obgleich sein Einflnss nicht bezweifelt werden
kann. Von der Äbtissin Bertha hingegen ist mit vieler
Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sie selbst Ver-
XII
i'h: K> Tr./
fcrtlgerii i des geschilderten stein Altäre« war. Der sorg-
same Fleiss, welcher - sich In allen Theilen ansopriefat,
eine gewisse durchziehende Ängstlichkeit und vor allen
Hingen die ausserordentliche Ccnanigkeit der Nonnen-
kleidnrigcn verrathen eine weibliche llaml. Weder der
erfindungsreiche llajcknoch irgend ein Chronist nennt
anderweitige Bildhauer.
Malerei.
Die Wandmalerei, als wichtigste. Haltung di r zeich-
nenden Künste, wurde iirkiiiullieh in einigen deutschen
Stiften und Klöstern , wie Bamberg, Bciicdicthciircn,
Knuncruu, Kuhla, llildesheim, Tegernsee U. schon im
XI. Jahrhundert mit Eifer betrieben und hatte sieb im
Verlaufe dtt folgenden Jahrhundert* über ganz Deutsch
land a»-ir» breitet. Werke aus der ersten Periode sehei
neu nicht auf uns gekommen zu sein; dagegen haben
sich ans der zweiten viele ßemilde, wenn auch in »ehr
verblnsslein und beschädigtem Zustande erhalten. Die
St. Patroklus- Kirche in Soest, die Pfarrkirche zu Mede-
bach, St. Gereon in Köln, die Do ppcl -( 'a pel I e in Sehwnrz-
itheindorf bei Bonn, waren in allen Räumen der Innen
seilen mit Sehildereien ausgestattet; selbst kleineren
I.andkirchen, wie der /.um Stifte Meschede gehörenden
Pfarre Hcllei'eld, erbaut bald nach 1 1(H>, mangelte nicht
der farbige Schmuck. Zahlreiche, in diesen (iebäudeil
v orkommende, mehr oder minder eonservirte R««tfl lassen
sowohl Uber die Technik jener Zeit, wie Uber Stylriclitung
und Anordnung ein sicheres Urlheil begründen.
Die Behandlung lehnt sich, nachdem einige aus der
antiken Kunst herllbergeleitete rohe Nachklänge abge-
streift sind, zuerst an byzantinische Vorbilder an: allein
dieser Weg wird schon frühzeitig verlassen, indem eine
lebensvollere, oft llberaschend glückliche Itichtnng ange-
bahnt wird. Hie Wandmalereien im Nonnbergstille zu
Salzburg einerseits und die in Schwarz- Itheindorf zum
Vorschein gekommenen lühler anderseits gewähren be-
sonders wichtige Aufschlüsse über die Kiliistcntwicklung
und Fortschritte des XII. Jahrhunderts. Die Bewegung
der Figuren, anfänglich befangen und steif, wird nll-
mälig freier, die Detailform richtiger und unmutin oller.
Die Bilder wurden mit schwarzen, nach Bedarf 1 bis
M Linien breiten Strichen vorgezeichnet und dann
einfach mit Farbentinteii ausgefüllt : eiue Gmndirung
der Malllächc fand zwar gewöhnlich , jedoch nicht
immer statt und es kommt vor, dass bei grossen Stein-
stücken die Farben unmittelbar auf die Steine gesetzt
wurden.
F.ine systematisch durchgeführte Anordnung mit
fortlaufend geschichtlicher Reihenfolge war unbekannt,
die Bildwerke grösserer Kirchen stehen ohne gegensei-
tige Beziehung nebeneinander und nur in den Apsiden
Rundungen zeigen sich einheitliche Darstellungen. Das
bald von di r Manilorla umschlossene, bald freistehende
Chrislushild . unterhalb die zwölf in gerader Fronte
gezeichneten Apostel, erscheint als die häutigste aller
Apsideu-Ausstattnngen. Ein zweiter von Künstlern gern
behandelter Stotf ist die Krönung Mariä. In dieser
letztern Darstellung spricht sich vor allem andern znerst
eine Handlung aus, während im allgemeinen die ver-
schiedensten Heiligen als einzelne Figuren in den sich
ergebenden Architckturfcldcrn cingepasst sind. Von die-
ser Regel machen nur die Sehildereien zu Sehwarz-
Rheindorf eine rühmliche Ausnahme: sie zeigen einen
geoelilossenen Bilderkreis, der sich zwischen der Ver-
klärung und Kreuzigung Christi bewegt.
XIII
<
Den meisten Wandmalereien iles XII. Jahrhunderts
ist eine gewisse Weichheit eigen, welche um so beach-
ten* werther erscheint, als die mit schwarzen Coiitouren
vorgczeichncteii uud leicht colorirtcn Bilder zu scharten
Faltcnbrechuiigcn und sonstigen Härten mehr als hin-
reichenden Anlas« boten.
Minen ähnlichen Bildungsgang hielt die monumen-
tale Malerei auch in Kähmen ein, obgleich die Knt-
wicklung in etwas späterer Zeit stattfand. Dem XII. Jahr-
hundert lassen sieh nnr wenige in der Sauet (icorgs-
Kirche befindliche Beste zuschreiben, grössere Verbrei-
tung und Durchbildung erfolgte erst unter der Hcgie-
mng Otakar II., durch enge Anlehnung au deutsche
Culinr. Die meisten bisher bekannt gewordenen tic-
mälde wurden bei Gelegenheit von Restaurirungen
durch Euifcrimug der Kalklllnche zufällig entdeckt;
es ist daher Hoffnung vorhanden, dass noch mehrere
zu Tage gefördert werden. Was über Wahl der Stoffe,
Zeichnung und Ausführung oben gesagt wurde, gilt
auch in Bezug auf Böhmen; hier treten jedoch in Folge
der später« Kutwicklung zu gleicher Zeit mehrere
sehr beliebte Darstellungen zu den aufgezählten. So
findet sieh die Darstellung des Fegefeuers und Welt-
gerichtes mchrmuhls; St. Christoph in möglichst riesiger
Crosse fehlt nicht, und vor allen neu-testamentarischen
Stoffen werden die heiligen drei Könige mit Vorliebe
behandelt.
Eine allgemeine Verbreitung der Wundmalerei fand
erst durch ilie von Kaiser Karl IV. ins Leben gernfene
Kunstschule in der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts
statt, um welche Zeit beinnhe alle, sowohl die bestehen-
den älteren wie die nen erbauten Kirchen , und auch
mehrere Schlösser ausgeschmückt wurden. Da in vielen
Fällen die in einzelnen Gebäuden vorkommenden Male-
reien verschiedenen F.poehcn angehören, scheint es not-
wendig, wenn wir dabei auch etwas vorgreifeil müssen,
eine kurze Ibersieht jener Haudenkmale voraiisziiscn-
den, welche Wandgemälde besitzen.
Aufzählung der mit Wandgemäld en verse-
henen Hauwerke:
1. Schloss Hlatna mit (piadratis« her Thurm-Ca-
pelle, «» lebe in allen Thcileu, an Gewölben, Hachen
Wänden und Fensterii'scheii, mit Widern ausgestaltet
ist. Das (tanze bestens erhalten, die Gemälde aus dem
XV. Jahrhundert.
2. Bild weis, Dominicaner- Kirche. Einzelne sehr
beschädigte Bilder au den Wänden und Pfeilern wurden
bei einer jüngsten Hestanratioii aufgedeckt, verbla-sten
an der Luit gänzlich und wurden dann übertüncht; die
Malereien romanisch, ans dem Schlüsse des XIII. Jahr-
hunderts.
3. Chr ud im. In der Decanal - Kirche winden
Spuren von (iemälden aus dem XV. Jahrhundert auf
gedeckt und wieder übertüncht.
4. Kger. In der St. Nicolatis-Kirche kam während
der 1862 — 1864 durchgelülirten Kenovirung ein Cyelus
von Wandgemälden ans dem XV. Jahrhundert zum Vor-
schein. Mnssten wegen Schadhattigkeit üb. rtüneht
werden.
r>. Hohe ufu rt. Chor ehemals ganz ausgemalt. An
der Stelle der beiden alten Hauptbilder zwei neue.
n*. Karlstein. Marienkirche vollkommen ausge-
malt, davon einiges erhalten. Katharinen - Capelle zum
Tbeile ausgemalt und gut erhalten. Kreuz-Capelle in den
Fensternischen Wandbilder, davon einige in leidlichem
Zustand. Alles aus der Mitte des XIV. Jahrhunderts.
7. Kej. In der Pfarrkirche ein mit schwarzen
Umrissen gezeichnetes Weltgericht. Ende des XIII. Jahr-
hnuderts. Wieder überlüneht.
XIV
Fiir.
s. Klingeitherg. Srhloss. Ruine mit Capelle und
Rngenplngen. Viele Malereien aus dem XIII. — XIV.
und XV. Jahrlmndcrt. Manches wohlcrhaltcn.
!». K o I i ii. Spuren einzelner Rilder au» dem Schlüsse
de* XIV. Jahrhunderts, wieder titiertlliicht.
H». LibiS. < iiinz. ausgemalte Kirche aus dem
Schlüsse des XIV. Jahrhunderts und wohl erhalten.
II. N«' n Ii a un. Im Schlosse grosser ('yclus von
Gcmifldcn aus der St. Wenzel.s-Lcgentrr, zwar vielfach
beschädigt, doch in der Hauptsache erhallen. An« der
ersten Hallte des XIV. Jahrhundert*.
1 X i in Ij n r g. In der Dceanal Kirche viele ein-
zelne Rilder, «ehr beschädigt und verhlasst. Mussten
Übertüncht werden. Aus dem XIV. Jahrliundcrl.
Vi. l'isek in der Rurg. Grosser Rittersaal, Male-
reien an» dem XIV. und XV. Jahrhundert, eiiiigerma»sen
erhalten. Zwei Gemächer mit herrliehen Malereien au»
dem XI V. Jahrhundert seit JStfO abgebrochen. Schloss-
Capelle mit Figuren aus dem XIII. Jahrhundert in einen
Stall umgewandelt.
14. Traeliatie. An der AiiBsenseite der Dccannl-
Kirihe zwei Wandbilder an« dem XV. Jahrhundert.
Grösstentbeils erhnltcn.
15—21. Trag. In der St. Georgs-Kirche Rilder au«
dem XIII. und XIV. Jahrhundert einigermassen erhallen.
Die Krcu/.- Capelle, Rundbau , ganz, ausgemalt, jetzt
nur noch ein einziges Rild ans dem XIV. Jahrhundert
vorhanden. Longinns- Capelle (Rundbau) Spuren alter
Rilder. St. Agnes Kloster ganz ausgemalt, aber gröss-
leiitheils zerstört. Kloster Emans. grossartige Reihen-
folge von Darstellungen ans dein
allen und neuen Testament, genialt
zwischen bis i:M». Die St.
Wcnzels-Gapelle im Dome ganz aus-
gemalt, die Rilder späterhin Uber-
pinselt, theilweise jedoch verschont
und ziemlich erhalten. Gemalt
zwischen 1356 bis l.'ITo. Karls-
hofcr-Kirehe, Spuren alter Dcco-
rations-Malcrcicn aus dem XIV.
Jahrhundert.
22. Riesenbnrg. Schh-ss-
ruine, Spuren von Wandgemälden
im Saalbau, aus dem XV. Jabr-
hnudert.
2:i. Rothseh los» oder Kia
kovee , liurgruiiie mit Capelle.
C'velus von Rildcm ans dem neuen
Testament, aus «lein XV. Jahrhun-
dert. Nur in einzelnen Fragmenten
vorhanden.
24. R u d i g. In der St. Jakobs-
Kirche Reste eines Gemälde* , das
Fegfeticr vorstellend. Kaum kennt-
lich. Aus dem XIII. Jahrhundert.
25. Sc Ii- an. In der l>c<a
nal -Kirche mehrere Figuren uns
dem letzten Viertel des XIII.
Jahrhunderts. Mussten Ubcrtllnrht
werden.
2t>. S trak " n i e. Ganz ausge-
malter Krenzgni'g mit Hildcru aus
dem neuen Testament. Arbeiten
aus dem XIV. Jahrhundert.
Nur einige der in Kgcr bctindlichcn Rilder sind
unmittelbar auf den Stein (Granit) genial», bei allen
andern ist eine weisse, sorgfältig uberschliffcnc Grnn-
dirung vorhanden, we'che mit dem Farbeiiauftrag sieb
innig verbunden hat. Die Mittel, welche den Farben
grösserer Haltbarkeit und Flüssigkeit wegen beige-
setzt wurden, zeigen sieh sehr verschieden, wie schon
aus dem dastand hervorgeht, daBS die in Hudweis und
Nimburgnnrh Rescitigung derKalktllnehe zum Vorschein
gekommenen Rilder, welche anfänglich wohl erhalten
schienen, nach etwa zwei Tagen bis auf einige Flecken
vcrblasslcn, während andere nach erfolgter lllosslegung
an Deutlichkeit gcwnnneu.
Von Farben kommen wenige vor und diese werdcu
meist ungebrochen verwendet : heller und dunkler Oker,
Eisenroth, ein dunkles Hraun, der kölnischen Erde ähnlich,
Voroncscr Grtln und Schwarz. Zu diesen »ritt frühzeitig
ein helles mineralisches Grün, dessen Rercitungsart
unbekannt ist. Rlau kommt von allen Farben am sel-
tensten und spiitesten vor.
Die Wandbilder der St. Georgs- K irebe.
Nicht allein das Kirchenbaus, sondern auch die
angebauten Capellen waren im Innern ganz mit histo-
rischen Schihteicieit Uberdeckt; von diesen Gemälden
wurden viele bei einem im Jahre 1(120 in die Westseife
des Schiffes eingebauten Nonnen Chor zerstört, worauf
die Kirche wiederholt ausgeweisst wurde und die
Malereien in Vergessenheit geriethen. Das Kloster
XV
wurde aufgehoben, die Kirche gesperrt,
vernachlässigt und ist nur wäh-
rend einiger Festtage jährlieh geüff
net, weil zu dein darin befindlichen
Grabmal der heil. Ludmilla viele An-
dächtige wallfahren. Dieses Grabmal
befindet sich in der erwähnten, neben
dem Presbyterium angebauten Lnd-
milla-Cnpelle , welche der bänfigen
Besuche wegen in gutem baulichen
Zustand erhallen wurde. Hier geschah
es in neuerer Zeit, dass sich StUcke
von der Tünche ablösten und ver-
blnsste Bilder zum Vorschein kameu;
woranf die Tllncbe entfernt und
die Gemälde mit Ölfarben restanrirt
wurden '.
Im weitem Verlaufe wurden auch
im Presbytcrium und der Haupt- Apside, zuletzt in der
südlichen Thurm-Capelle Malereien entdeckt, von denen
die an Ictzterm Orte befindlichen am besten erhalten
sind und zuerst betrachtet werden sollen.
Es zieht sich kein einheitlicher Gedanke durch die
Anordnung, auch sind diese der Thurm-Capelle angehö-
renden Bilder weder gleichzeitig noch halten sie eine
bestimmte Manier ein. Man sieht sogar dieselben Figu-
ren in filieren Wiederholungen, hie um) da sind mehrere
Gcmiildc ühcrvinandcrgcmalt oder es grellen die l'iii-
risse eines neueren Bildes iu das ältere hinüber.
Die ältesten Gebilde finden sieh in der Apside und
der südlichen Wand, etwas jünger und bedeutend besser
gezeichnet scheinen die au der West- und Nordwnnd
angebrachten Sehildereien; die in den Gewölben befind-
lichen entstammen dem Zeitalter Karls IV.
In der Apside erblickt man oberhalb, etwas in die
Kundung der Nische hereingerUckt , das sehr beschä-
digte Salvator-Bild auf dem Regenbogen thronend, unter-
halb die Apostel , denen die Namen beigeschriehen
sind. Genau dieselben Apostel-Bilder gewahrt man an
der Südwand zum zweitenmal. Diese Figuren sind als
Kniestüeke gehalten, alle stehen in gerader Fronte mit
starken aber unsichern schwarzen Linien gezeichnet.
Die Formengebuug ist byzantinisch, die Einzelheiten
aber sehr roh, denn es sind z. B. die Augen nur als
schwarze Kreise mit einein Pnnkt in der Mille ange-
geben, die mit Übermässig Inngen Fingern versehenen
Hände zeigen weder Bewegung noch Gliederung, und
die Falten der Gewänder werden durch senkrechte
Striche angedeutet. Dass dieselben Figuren zweimal
vorkommen, darf nicht befremden, der Maler konnte
nicht Uber viele StofTe vertilgen und war znnächst
bemUht, alle Flächen zu überdecken. Die Entstehung
dieser Bilder darf in den Anfang des XIII. Jahrhunderts
verlegt werden: ein höheres Alter anzunehmen, ist
wegen des baulichen Zustande* nicht wohl thnnlich, da
die Gapelle um l'JOO einige Änderungen erlitten hat.
Etwas jünger und zugleich belebter erseheinen die
Gemälde der Westwand, wo neben allerlei bunt durch-
1 to lltiUK ftuf derartige Itcoturailoncn wird die Bemerkung nUltr qbar-
AiiiMg ««In. d**» Ölfarbe »I cli un wenlft(«li ßr aolrb« Zwack» atjaal Ol«
dUbf« b4rijg* Knote, wel.be da,i tr*tkoaftda Öl littdat, hlr-derl die n->tli-
wKj»d.B* Antdüiuiuoff dar Mauer» und arhilei<l dl« Feuchtigkeit «1» : b«l
• chnellen Ten^peralurweehjeln eMitcben da-aa Klaas, dl* naua Fatb* icaalt
eleli al. und r.li« aotb die alirn» Tkalle »>ll •»■■b Un. Kur Wa»«>i*rbe, mit
1.1 I»
einander gewürfelten Gegenständen anch ein geschicht-
licher Vorgang, „die Einführung des Christenthums in
Böhmen", dargestellt ist. Dieses Bild ist mit dem schon
besprochenen Helief zu llruSic verwandt, nur reicher
ausgestattet. Wandernde Mönche , Kreuz und Evan-
gelium tragend, nahen sich einem Fürsten, welcher die
Krone auf dem Hanpt auf dem Throne sitzt und die An-
kömmlinge durch Haudwinken freundlich zu empfangen
scheint. Daneben wird allerlei Volk sichtbar; Krieger,
Frauen und Arbeitsleute, zwischen diesen ein etwas
grösserer S. Sebastian und ein sehr grosser Chrislo-
pliortiK. Die geschichtliche Darstellung zieht sieh in
einem horizontalen Streifen hin, die dort angebrachten
Figuren sind JT> bis i'O Zoll hoch, einzelne Heilige aber
halten 4«/, bis 7 Fuss Höhe ein.
Die sHmmtlichcii Gemälde stehen anf dunkel-
braunem Grunde; weisse Streifen, anf welchen die
Namen der Heiligen mit Majuskeln angeschrieben sind,
trennen hie und da ilie Bilder, ohne jedoch eine regel-
mässige Feldereiidlicilnug zu beabsichtigen. Ausstat-
tungen mit Gold und eingefloehtenen Ornamenten
kommen nicht vor.
Das (iewölbe der Capelle, ein Kreuzgewülb mit
einfachen (traten, zeigt eine fächerartige Zusammen-
stellung von Heiligen-Figuren, deren Köpfe gegen den
Mittelpunkt der Wölbung gerichtet sind und wobei auf
die Grate keine Hüeksioht genommen wurde, als wäre
das Bild auf eine glatte Kuppel gemalt. Hier ist die
Technik sehr entwickelt, auch machen sich italienische
Einwirkungen geltend, ganz in der Art wie in den
Gemälden des Emauser-Kreuzganges, welche Karl IV.
im Jahre l.'J48 hat herstellen lassen. Das Ku|i|>elbild
schreibt sieh demnach ans der Mitte des XIV. Jahr-
hundert».
Dieselbe Altcrsvcrschiedenheil trifft man wieder
in den Bildern des Prcshyteriums, wo in der Altar-
nische oberhalb des Kämpfergesimses der thronende
Christus zwischen Maria und Johannes angebracht ist.
Die untere Partie des Bildes ist durch Vergrössernng
der Fenster zerstört worden, wahrscheinlich befand sich
in der Apsiden-Rundung eine Dnrstcllnng des Welt-
gerichtes, von welchem nur unbedeutende Beste erhal-
ten blieben. Im quadratischen Prcsbytcrium gewahrt
man ein architektonisches gemaltes Gerüste, in welches
die Bilder eingerahmt waren, doch bat diese Partie
grosse Beschädigungen erlitten und sind nur Spuren von
XVI
H<f. XI. ^IW,
einzelnen Figuren und Dccorntious-Theilcn zu sehen.
I >i «* Altersbestimmung der in diesen Kttumen befind-
lielien Mahrwcrke wird durch die Kangeschichte «ehr
erleichtert : die Kilder im Altarrcuinic gehören dein Ke-
ginne, die im Presbvterium dem Schlüsse des XIII. Jahr-
li ii mle eis tili.
Auffallend verschieden von diesen Gebilden zeigen
sich die inder Ludmilla-Capelle vorkommenden Gemälde,
ein/eine lehensgrossc Figuren mit Spruchbändern aiis-
gcslaltct. Obwohl, wie schon erzählt, diene Iiilder in
neuester Zeil übermalt wurden wind, scheint der Maler
doch die alten Contouren eingehalten zu haben, nach
welchen zu urtlieilen diene Werke erst in der zweiten
IlSlItc des XV. Jahrhunderts ausgeführt wurden.
Fig. -J-J, Apostclgestalteu (ältester Periode). Fig. l'H
au* dem Hilde, vorstellend die Einführung den Chrislcn-
thiims in Ktthmcn (/.weiter Periode).
Wandbilder in der Dominicaner- Kirche zu
Hudwcis.
Die vmi (»laknr II. im .liihre li'f!") gegründete und
rasch erbaute Maria -Geburt -Kirche zu Hudwcis war
mit eiuzelnt'ii, nnrcgchuiissig da und dort angebrachten
Gemälden ausgeschmückt , welche nach vierjähriger
Verborgenheit im Jahn- l*«>4 währeiul eine« Kestanra-
tioiisbati.'s aufgedeckt wurden. Hin günstiges Geschick
wollte , dass der Vertaner genide zu jener Zeit sich
in Hudwcis aufhielt und Durehzeichnungen vernnstnl-
ten konnte. Die Iiilder bewegten sieh in streng roma-
nischen Formen, die Kirche aber isl in einfach edler
Frllh-O'ithik gehalten. Kaum aufgedeckt, verblasstcn die
nuliiuglich Überraschend deutlichen Malereien in kurzer
Zeit Iiis au!" einige Flecken, welche wieder Ubertllncht
werden umssten.
Das bcsterhaltene der Hilde r, CbristtiH der dem
ungUinbigcn Thomas die Wundenmale zeigt, befindet
sieh noch an der südlichen Kirelicnniuuer in der Hohe von
(J Fuss Uber dem Hoden. Die Figuren halten Lehens-
grosse ein, KniesHleke, Christus in der Mitte, rechts
Felms und links Thomas. Das Ganze war mit einem
7 Zoll breiten gemalten Kähmen von grllner Farbe
umzogen, an! welchem schön gezeichnete Lanb-Orua-
niente angebracht waren. Aul" diesem Hilde (in Fi;:. L'4 t
wiedergegi'ben) erschient Christus bartlos als schmäch-
tiger, etwa sechzehnjähriger Jüngling; die Hewegung.
mit welcher er die Hand des zngeudeu Apostels nach
der Hriistwunde leitet, ist nicht ohne Gefühl wie auch
die Stellung des Thomas put charaktcrisirt erscheint.
IVtriis, durch Hiich und Schlüssel kenntlich gemacht,
steht als ruhiger Zuschauer nebenan. Die Contouren sind
mit breiten schwarzen Linien vnrgc/.eichnct , bei vor-
waltender l'iisicherheit der Technik schimmert doch
einige Schnlmässigkeit hindurch und macht glaublich,
das» hierein Miniatur- Maler thätig war. Das Hihi saiumi
Kähmen war f» Fuss hoch und (!', : Fuss breit. Das
schöne I'flauzeii-Oriiniiicnt des Kähmens , grün in grün
g> mall, dient als lieleg, dass die Malereien bald nach
Frliaiiiing der Kirche ausgeführt wurden. Der Hinter
griiud, auf welchem die Figuren sieh befanden, war
rötlilichcs Hraun von wanner Farbe , Christus hatte
liehlgelhe Haare und ein weisses Kleid, Thomns einen
grllncn, Petrus einen grauen . roih niisgeschlageneii
Mantel. Die übrigen iitifgefiindeiieu Darstellungen, als
mehrere Madoimen-Hihlcr , die Kreuzigung und Mari«
Verkündigung, waren so beschädigt, dass weder Durch-
zeichnungen noch Photographie n genommen werden
konnten.
Malereien in Selcan.
Gleichzeitig mit den Kcm>\ innigen in Hudweis
wurde an der Pfarrkirche in Selcan ein Erwei-
terungsbau vorgenommen, in dessen Verlaufe ebenfalls
XVII
Fi S . U. BuuVei*.,
Wandgemälde' nach Beseitigung der alten Kalktunchc
entdeckt wurden. Nur ein einzigem Bild an der Nord-
waud, den heiligen Michael darstellend, war leidlich
erhalten und konnte aufgenommen werden. Die Figuren
waren ohne Einrahmung oder architektonische Hcgrän-
zting auf den Mauergrund gemalt und zeigten manche
Ähnlichkeit mit den Budwciser Gebilden, wie denn auch
die Kirchcngchäudc selbst der gleichen Zeit angehören.
Die etwas Hier 7 Fuss hohe Gestalt des Erzengels
bot einen naiv grossartigen Anblick, indem die Bewe-
gungslosigkeit der Figur mit dem kräftig
genen Drachen seltsam contrastirte
erschien, dass das gelbe Obcrkleid mit
ausgeschlagen war.
Die Abbildung, Fig. 25, ist beigeschaltet.
Bilder in Klingenberg und Hudig.
Einen weitem Beleg, dass die romanische Bchand-
lungsweise in der Malerei viel länger fortlebte als in
der Baukunst, bieten die Gemälde in Klingenberg. Das
in Ruinen liegende Sehlems Klingenberg (Zvikov)
gehlirte zu den schönsten Landesburgeu und enthält
noch immer herrliehe architektonische Überreste frtlh-
gothiBchen Styles. Der Kchlosshof ist in seinen zwei
Geschossen mit offenen Gängen umzogen, der quadra-
tische Hauptthurm steht in unmittelbarer Verbindung
mit dem Burggebttude und eine geräumige Capelle lehnt
sich an den Thurm an. .Sowohl die Gänge wie die Ca-
I>elle enthalten Schildereien , die aber den verschie-
densten Zeiten angehören und von denen hier nur die
ältesten in der Capelle befindlichen in Betracht gezogen
werden. Neben einzelnen, im Chorschlusse angebrachten
Heiligen-Figuren ist es vor allen eine Darstellung des
Fegefeuers, welche den Blick fesselt. Das Uber 10 Fuss
hohe und 7 Fuss breite Bild gleicht einem abgebrannten
XVII.
Jungwalde, dessen Stämme und Aste
nufs mannigfaltigste verbogen und
verflochten sind. Auf solche Weise
ist die ganze BildHäehe mit gelben
Streifen durchzogen, welche sich von
dem untersten Ende bis zum ober-
sten in wellenförmigen Linien er-
streckeb, manchmal durchsehneiden
und mit schwarzen Linien eingefasst
sind. Diese Streifen stellen Flammen
dnr , zwischen denselben werden
bei näherer Betrachtung menschliche
Gestalten entdeckt, welche auf den
Flammen sitzen oder klettern, wie
Kinder auf einem Obst bäume. Die
Figuren haben blassrnthlichen An-
strich und stehen auf dem weiss
belassenen Mauerputz, ohne dass
der Hintergrund mit Farbe ausge-
fällt wäre: obwohl die gegen 4 Fuss
hohen Gestalten nackt sind, finden
sich weder die Geschlechter noch ana-
tomische Verhältnisse angedeutet.
Genau in derselben Weise ist
das viel kleinere Bild in der schon
beschriebenen romanischen St. Ja-
kobs -Kirche in Kudig behandelt;
ebenfalls eine Darstellung des Fege-
feuers, von welchem jedoch nur Frag-
mente übrig geblieben sind.
Das Weltgericht in Kej.
Dieses Gebilde weicht insofern von den bisher
beschriebenen ab, als es nur mit schwarzen, ziemlich
Ki B . 25. i.Setfan.1
XVIII
festen l'mrisgen auf die Wand gezeichnet war. Es
waltet nueh nicht der Anschein ob, als hätte da» Werk
colorirt werden Rollen, denn einzelne Theilo der Gewäii
der zeigten sieh förmlich abschattirt , was bei keiuetn
iniitern Gemälde zu sehen ist. (Dieses Bildwerk ist bald
nach der Auffindung leider wieder übertüncht worden.)
Die Anordnung entsprach nicht ganz der tlblichen und
bestand aus zwei Reihen übereinander angebrachter
Figuren: oberhalb in der Mitte Christus als Weltriehter
auf dem Regenbogen sitzend, neben ihm znr Rechten nnd
Linken die Apostel mit ihren Attributen, nnterhalb die
Auferstehenden. Der gewöhnlich vorkommende Engel,
welcher die Gerechten von den Verdammten scheidet,
Fi*. I. (Allcrbtilitfen.)
wie auch der Teufelsrachen oder eine ähnliche Bezeich-
nung der Hölle fehlten. Die obern Figuren hielten etwa
halbe Lebensgrösse ein , die untern waren viel kleiner.
Dass das Bildwerk unmittelbar nach Erbauung der
Kirche (um 1200) gefertigt wurde, ergab sieh aus dem
Umstände, dass die Farbe in den ursprünglichen Mauer-
putz sich hineingesangt hatte. In spaterer Zeit ist die
Kirche nie wieder tiberputzt, sondern mir ausgeweisst
worden , was bei der jüngsten Restauration deutlich
nachgewiesen worden ist «. Ii. Crnebtr.
(Furt&ctzung folgt.)
Über einige kirchliche Baudenkmals in Ober-
Österreich.
(Mit B Holieehalllen.)
Wir hatten bereits im vergangenen Jahrgange dieser
Mittheilnngen Gelegenheit, einige der jenseits der Donau
gelegenen Kirchen Ober -Österreichs näher zu bespre-
chen. Indem wir von dem in dieser Richtung der k. k.
Central - f '(Immission für Baudcnkmalc zu Gebote ste-
henden Materiale weiters Gebrauch zu machen , wollen
wir auch in diesem Jahrgange nach Massgabc des ver-
fügbaren Raumes über dortige Kirchen nähere Mitthei-
lungen machen. Wir haben bisher die Kirchen zn Alten-
burg. Arbing, Freistadt, Hirsehhcrg, St. Peter, Reinbach-
Rcichenthul und Waldburg beschrieben und befolgten
bei Wahl der Orte in geographischer Beziehung das
Princip, .dass wir nns von Freistadt gegen jenen Theil
Ober - Österreichs wendeten , der sieh zwischen der
Donau und den Landcsgränzcn vou Böhmen und Nie-
der-Östcrreieh ausdehnt.
Die Pfarrkirche zu Allerheiligen (Fig. 1), einem
kleinen Orte am Naarnbaehc, liegt auf einer Anhöhe
von nahe 1WK) Fuss Uber MeeresflKche. Von aussen
verspricht das gothische Bauwerk recht viel, tritt der
Besucher in dasselbe ein, so findet er zwar zwei Reihen
von je drei polygonen Pfeilern mit einfach gegliederten
umlaufenden Cnpitälcn, welche die Kirche in ein Mittel-
schiff und zwei schmale Abseiten theilen, er findet die
Pfeiler ihrer Reihe nach mit spitzbogigen Arcaden ver-
bunden; allein dieser glinstige Eindruck wird wesentlich
abgeschwächt durch das in neuerer Zeit ausgeführte
hOchst einfache Gewölbe, das den ganzen Raum über-
deckt. Das Langhaus ist 74 Fuss lang nnd 41 Fuss breit.
Der Orgel-Chor umfnsst den ganzen Raum des vierten
Gewölbejoches nnd schliesst sich an denselben zu
beiden Innenseiten des Langhauses bis zn den vordem
Pfeilern eine auf Situlen ruhende Empore an. An der
Westseite ist ein Giclieltbllrmeheii angebracht. Dasselbe
stützt sich auf den in der Mitte der Facadc ansteigenden
kräftigen Strebepfeiler und auf zwei Pfeilerballten an
der Innenseite dieser Wand (a). Das Thürinchen ist bei
seinem Austritte aus der Wand achtseitig construirt. Es
enthalt eine Wendeltreppe von 62 Stufen, ist jedoch
nicht vollendet, denn kaum ans dem Giebel heraustre-
tend, schliesst es ab (A).
Das Presbyterinm hat eine LUnge von 37 Fuss bei
einer Breite von 23 Fuss , bestellt aus einem Joche und
dem fUnfscitigen Chorschlusse , und ist mit einfachen
Kreuzgewölben überdeckt, deren Rippen auf Wandpfei-
lern aufsitzen. Auf der linken Seite ist eine Empore einge-
• DU Malereien Iii der ranHeu Krem-Capelle Iii Trag, «Kltecb
all rainaMtrhe Arbeite» genannt werdan, liftnea «war alterthtlaaUelie* (le-
er«««, ilnd Jedoch oi.jl.kh reiner durctif.eOdel •!» di» »orfctiellOekaneii und
«ebiria imi««ldeiiu s dem Zelulrrr Kuli IV a».
XIX
baut, deren Brüstung mit reichem spät-goth isehen Mnss-
werk geziert ist, dabei findet »ich die Jahrzabl 1621. Die
vier Fenster des Presbyterinnig s<> wie lllnf des Langhau-
te« haben noch die ursprüngliche Gestalt und sind zwei-
theilig c<mstrnirt und mit MusBwerk geziert. Die Aussen-
geite der Kirche bietet ausser den Strebepfeilern
nichts bemerkenswerthes. Der Thurm befindet sich links
des Frosbyteriums und ist nur mehr in seinem unteren
Tbeile alt.
Hinsichtlich des Alters durfte angenommen werden
können, dass die Kirche gegen Ende des XV. Jahrhun-
derts entstanden ist; wiederholte schwere Beschädigun-
gen hatten wiederholte Restauration zur Folge gehabt,
bei der das meiste nicht mehr im ursprünglichen <!e-
schmacke hergestellt wurde; manches blieb aber von
der Restauration ganz verschont und Ruine, wie z.B.
das Giebclthurmchcn. Die Einrichtung der Kirche bietet
nichts lies llervorhcbens werthes.
Wenden wir uns von Allerheiligen gegen die. Strasse,
die von der Donau landeinwärts gegen Freistadt fuhrt,
so treffen wir den kleinen Ort Zirking. Die Kirche,
eine Filiale von Ried (Fig. 2), hat ein dreischiffiges
hallenfiirmiges Langhaus mit einer Länge von "4 Fuss
bei 34 Fuss Breite. Sechs in zwei Reiben gestellte poly-
gone Pfeiler tragen die Gewölbe, welche im Mittelschiffe
combinirte , in jedem der vier Felder der Seitenschiffe
einfache Kreuzgewölbe-Construction /.eigen. Die Rippen
verlaufen sich in die Pfeiler oder in die densell>en
entsprechenden Wandpfeiler. Ober dem Triumphbogen
stutzen sie Bich auf zierliche Consolcn. Die Verbin-
dungshogen der einzelnen Weiler der Lilnge nach sind
im gedruckten Spitzbogen construirt. Auf das rückwär-
tige Pfeilerpaar stützt sich der Musik-Chor, zu welchem
zwei in der Kirche erbaute steinerne Stiegen empor-
ftlhren. Von da gelangt man weiter auf den auf der
westlichen Giebelmuuer erbauten Thurm. Die Brtlstuug
des Orgel-Chors , der auf drei Spitzbogen sich sttlt/.t.
ist mit Masswerk reich geschmtlckt (Fig. 3) und in der
Mitte mit einem hervortretenden Orgel-Podium versehen.
Das Presbyterium mit seinem dreiseitigen Schlüsse
ist nur in der L'mfangmauer erhalten, das ursprungliche
GewOlbe wurde durch eine Kuppel ersetzt. Sämmtliche
Fenster des Schiffes und Presbyterium» haben noch ihre
spitzbogige Form, doch wurde das Masswerk ans den
meisten entfernt.
An der Aussenseite hat nur die Nord-, Sud- und
Westseite Strebepfeiler, am Presbyterium fehlen sie.
Die an den Ecken der Westseite sind schräg gestellt.
Von den beiden Portalen ist nur jenes an der Nordseite
bemerkenswert!! ; es ist doppelt, mit geradem Sturz und
einiger Stabwcrkverzicrnng versehen. Fmnntr.
Zur Geschichte der deutschen Malerei.
Zu den berühmtesten Meistern der oberdeutschen
Malerei des XVI. Jahrhunderts zählt Hann Holbein
der JUngere. Bei der Dürftigkeit urkundlicher Nach-
richten Uber unsere Maler hat man die Werke derselben
um so genauer ins Auge zu fasset» um durch Vergleich
Merkmale zu gewinnen, welche es wenigstens ermög-
lichen, Hauptarbeiten von blossen Schul-Produeten zu
unterscheiden und im allgemeinen den Charakter bedeu-
tender Meister zu fixiren. Bei diesem berühmten Maler
der Augsburger Schule trifft es sich nun, dass dessen
l ig. ft (ZSrHog.)
Vntcr ein ganz hervorragender Meister und mit vielen
Aufträgen noch lange Zeit beehrt gewesen, während
der Sohn seine Laufbahn in der Werkstätte des Vaters
oder vielleicht «los H. Burgkmair in nicht näher zu docu-
mentirender Weise begann. Es war ganz natürlich, dnss
man nach Erstlingsarbeiten des später so gefeierten
Sohnes Holbein forschte, dabei aber sehr wilkllrlich dem
Vater seine besten Producte entriss und ohneweiten dem
Sohne zuschrieb, aus dem einfnehen Grunde, weil die
respectiven Gemälde fUr den Vater zu gut. zu bedeutend
seien. Es konnte nicht fehlen, dass an diesem Punkte,
wo das Proton Pseudos lag, Uber kurz oder lang der
wissenschaftliche Streit beginnen und entschieden werde.
Der verdienstvolle Verfasser des umfassenden Buches
„H. Holbein und seine Zeit" Dr. W o 1 1 m n n D, fühlte, dass
für diese zuerst von Waagen aufgestellte Behauptung
eine solide Basis nüthig sei, und ging nun daran, auf
Grund einer Inschrift die grosse Schwierigkeit zu heben,
das* der nach bisheriger Annahme bei der Herstellung
eines Tafclgeniäldes von 161-' erst vierzehnjährige Sohn
c»
XX
als siebcnzehnjUhrig erschien und die Möglichkeif, ein
so gutes Gemälde in früher Jugend gefertigt zu haben,
näher gertlekt wurde. Dies mit der Jahreszahl 15 Ii' und
H. Holhein bezeichnete Bild stellt das Christuskind an
der Hand der Mutter und tirossmutter gehen lernend dar
und befindet sieh noch in der k. Galerie in Augsburg. In-
dem YVoltmann die Inschrift in dem Gebetbuehe der
heil. Anna, welche den Maler als siehenzehn jährig be-
zeichnete, lUr echt hielt, sti llte er das Geburtsjahr, statt
wie bisher auf \4'M, nunmehr auf 14!>5 fest und lies*
sich durch die gewichtigen Argumente tllr das bisherige
Datum, ja selbst durch näher begründete Zweifel an der
Echtheit der Inschrift, welche J. (trimm vorbrachte, von
seiner Aunahme nicht mehr abbringen. Dabei konnte
die grosse Verschiedenheit zwischen sicher beglaubigten
Erstlingsarbeiten des jüngeren llolbein von diesem ihm
nur vcrinuihungswcisc zugeschriebenen Gemälde nicht
ausser Acht bleiben und musste zuletzt der gefährlichste
Einwand gegen Waagen's und Weltmann'* Aufstel-
lung werden. Nach Grimm setzte au diesem l'uukte
W. Schmidt in einem ausführlichen Aufsatze [/, ahn's
JahrbUeher fllr Kunstwissenschaft, 1*70 October] seinen
Hebel ein und zeigte, dass iu dieser Sache mit Vorliebe
das unwahrscheinlichste statt des zunächst möglichen
angenommen und ohne genügenden Grund jenes Hihi
besonders dem Vater abgesprochen worden sei, der allen
Erwägunp n zufolge der Meister sei und bleibe. Ausser
jeuer Tafel wurden von Schmidt noch andere Bilder
wieder dem Vater Holhein vindicirt, vor allem der jetzt
in der Mllnehcner Pinakothek befindliche St. Sebnstiaus-
Altar. Die Inschrift bestritt Schmidt auf das nachdrück-
lichste und machte auf die von Weltmann selbst con-
statirtc Thatsachc aufmerksam,
dass die sogenannten Kloster-
Annnlen von St. Catharina in
Augsburg zu Gunsten jener und
anderer Werke gefälscht und ein
Grossvatcr llolbein lediglich
durch e ine von Weltmann als
modern erwiesene Inschrift ge-
schaffen worden sei. In einem
kurzen Berichte Uber II. Hol-
bein's Jugend- Arbeiten in der
Beilage der Allgemeinen Zei-
tung Nr. 301 des vorigen Jahres
sprach ich unverholen meine
Ansicht Uber die höchst wahr-
scheinliche Unechlheit der be-
sagten Inschrift aus 1 His
Häusler gelang es , urkundlich
zu erhärten, dass der berühmte
Holbcin Ende von 1515 bereits
in Basel thätig und «csshaft
gewesen — Alles vergebens.
Die Inschrift wurde als echt
aufrecht erhalten und die sonsti-
gen schlagenden Gegengründe
blieben unwidcrlegt, bis endlich
eine technische Untersuchung
vor kurzem den Streit entschied.
Die blosse Anwendung von Ter-
pentin-Ol liess die Buchstaben
der Schrift im Gebetbuehe der
heil. Anna nacheinander ver-
Fälschung zweifellos erscheinen.
I ntern» ii. Juli 1 K7 1 theilte Dr. Wo It mann in der All-
gemeinen Zeitung dieses für seine Arbeit entscheidende
Factum mit. Somit besteht das früher ans guten Gründen
angenommene Geburtsjahr des berühmten Holbein als
das richtige wieder fort und jenes Gemälde von 1511»
bleibt mit dem Namen des Vaters Holbein fortan ver-
bunden. Der Sebastians-Altar wird aber ferner auch
nicht mehr dem Sohne zugeschrieben werden können,
so dass die Jugend werke des berühmten Holbein gar
nicht mehr in Augsburg, sondern in Basel zu suchen
sind, wohin sie auch eine von dem unablässig thätigen
Forscher II i s II an s 1 e r aufgefundene Urkunde, das soge-
nannte AmerbachVche Inventar, mit deutlichen Worten
verlegt hat. Schmidt gebührt das Verdienst, durch
aufmerksame Beobachtung und Würdigung aller noch
so kleinen Umstände einen grossen Irrthum in der
deutsehen Kunstgeschichte berichtigt zu haben, welche
Berichtigung durch die aufgedeckte Fälschung glän-
zend bestätigt worden ist. Aus allem geht aber hervor,
wie nothwendig die Revision in so vielen Gebieten der
Kunstwissenschaft sei und wie erfolgreich sieh vorsich-
tige Kritik und Sachkenntnis» bewähren können. Der
Name Schmidt gehört in Folge dieser Leistung zu den
um die Holbein-Forschung verdientesten. Die Aufmerk-
samkeit der Fachleute wird ohnediess davon schon lang
Kcnnlniss genommen haben und bedarf meiner Anre-
gung nicht. Das gebildete Publicum aber braucht mit-
unter lange Zeit, bis es von früheren Ansichten nb-
könimt und der richtigen Darstellnng zu folgen beginnt,
zumal in etwas complitirten Fragen einige Ausdauer
ntithig ist. An diese Geduld wende ich mich zum Schlüsse
schwinden und die
XXI
dieser Anzeige, indem ich mich nicht enthalten kann,
eine vortreffliche Schrift weiterer Verbreitung im Inter-
esse der Kunstwissenschaft zu empfehlen, die den un-
sterblichen Raphael zum Gegenstände hat. insofern ein
berühmtes Gemälde seiner Hand, die „Madonna del Po-
polo J , spater als Madonna von Lorctto bezeichnet, in
allen Copien und Nachrichten verfolgt und endlich nach
sorgfältiger Untersuchung das Resultat festgestellt wird,
dass das Original, ursprunglieh in der Kirche St. Maria
del Popolo in Rom, völlig verschollen ist nnd allenthalben
blosse Copien vorhanden sind. Selbst die als Madonna
von Loretto so vielfach gepriesene Tafel in Paris besteht
nicht vor der Kritik, wahrend es vielleicht möglich ist,
dass das im Besitze des Oberst Pfan befindliche Gemälde
das Raphaersehe Original ist. Übrigens spricht der Verf.
S. Vögelin auch hiegegen offen und gründlich seine
Meinung aus und lässt sich durchaus nicht herbei, offen-
bare Hedenken und Einwände zu verhehlen oder mit
Phrasen zu Uberdecken. Aus dieser Studie wird jeder
nicht nur Uber das vorwitrtige Thema umfassend und
gründlich, sondern auch Uber den Zustand unserer Kunst-
wissenschaft factisch unterrichtet. Der Verfasser stösst
selbst bei Nachrichten Passavant's auf Ungonauigkei-
ten und unzuverlässige Angilben und im allgemeinen auf
Aussagen der Literatur, die vor dieser soliden Prüfung
wie Wachs schmelzen und geradezu erstaunlich erschei-
nen. Solche Arbeiten bringen die Wissenschaft vorwärts,
einmal durch ihr positives Ergebnis» und dann durch
das Beispiel der Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit.
Das Schriftchen zählt nach meinem Urtheile zu den besten
seiner Art. Dr. Bfcmmi .
Über einige Fliesse in der Sammlung der Bautheile
und Baumaterialien des germanischen Museums.
<;itjt S Holx»tlitJill*o.)
Im VII. Bande diese r Zeitschrift hat der Unterzeich-
nete auf Scite48— 51 einige Fussbodenflicssc besprochen
und dabei die Bemerkung gemacht, dass in Deutschland
deren weniger erhalten zu sein scheinen als in England
nnd Frankreich, dass jedoch wohl bei einigem Suchen
in Winkeln auf Dachböden und Kellern sieh noch viele
finden durften. Wenn auch damals schon mehrere bekannt
waren, so hat doch das Suchen in solchen Winkeln seit-
her sehr viele zu Tage gebracht und das germanische
Musenm besitzt nun eine stattliche Reihe von ungefähr
100 verschiedenen Mustern, von denen viele wirklieh
auf Dachböden und in Kellern gefunden worden sind,
während andere bei Abbruch von Gebäuden in Thcilen
des Mauerwerks als Manermaterial sich verwendet fan-
den. Zu den interesantesten gehören eine Reihe der
Bruchstücke jener auf dem Hoden der St. Emmerams-
kirehe in Regensburg gefundenen, einer Wandbeklei-
dung angehöhrigen Fliesse, die im Jahrgange 1H70
dieser Zeitsehritt Seite XLI besprochen und abgebildet
sind. Die grosse Zahl der zu unserer Verfügung stehen-
den Bruchstücke hat es möglich gemacht, ganze Tafeln,
wenn auch aus ehemals nicht zur gleichen Tafel gehöri-
gen Bruchstücken zusammen zu stellen und da sind wir
auf einige interessante Resultate gekommen. Während
die beiden unteren ornamentalen Tafeln sich ganz so
wie sie dort gegeben sind, zusammenstellen Hessen,
fand sich, dass die Bruchstücke, ans denen die beiden
anderen Fliesse reeonstruirt wurden, auch eine andere
Fljj. 1 i Regen» ltnrp-NUrntierjc;.
t'ombination zulassen , nämlich wie wir sie in Fignr 1
und 2 geben. Das Feld (Fig. 1") enthält zwei getrennte
FigurengrupiK'n, unten einen Greif, wovon zwar kein
vollständiges Exemplnr sieh ans den Trümmern selbst
zusammenfinden liess. jedoch Schnabel, Vorder- und
Hiuterfüsse u. a., so dass die Figur unmöglich anders
gewesen sein kann als wir sie restaurirt haben, während
zur Reeonstruction der oberen Gruppe mit dem Doppel-
adler vollkommen genügende Brueksttlcke sich fanden.
Wie nun die vorliegende Zeichnung hergestellt
ist, so ergibt sich eine jtlngerc Zeitstellung für die
Fliesse als sie bisher angenommen wurde, nämlich für
das XIII. Jahrhundert. Was die ehemalige Bemalung
betrifft, so sind allerdings an unseren Bruchstücken genü-
gende Spuren vorhanden; allein wir halten sie nicht für
ursprünglich. Wir können uns irren, aber wir sehen nur
eine rosenrothe Tünche, die ehemals die ganze Fläche
bedeckte, als wohl einmal die ganze Kirche getüncht
wurde, die jetzt aber nur an den vertieften Stellen sich
noch erhalten hat.
Dagegen seheint uns der Umstand sehr wichtig, dass
unter der grossen Zahl der Bruchstücke, die wir besitzen,
viele, die offenbar in der Zeichnung des Ganzen anfeiner
Tafel die gleiche Stelle einnehmen, mehr von einander
differiren, als etwa verschiedenartiges Schwinden de*
Digitized by VjOOQIc
XXII
Fig. 2. iKi>ß«nil>ur£'NiirnlMT|r.j
Thones beim Trocknen und Brennen an den verschie-
denen Tafeln, die in eine Form gepresst sind, veranlassen
kann, ja dass es uns z. I!. bei der dritten Figur auf Seite
XLI des Jahrganges 1 870, die wir ebenso in der Zeich-
nung gefunden haben wie der erste Restaurator, nicht
gelungen ist, zur Zusammenstellung unserer Fliesse so
viele zu finden, die gleich starkes Relief hätten und bei
denen die Linien aufeinander passten, dass ein Flies»
ohne Störung hätte zusammengestellt werden können.
Wir müssen daraus schliessen, dass jedes Exemplar be-
sonders modellirt war, oder dass mindestens von jeder
Zeichnung, so wie von der in Rede stehenden, eine
grössere Anzahl von Formen vorhanden war.
Unser in Fig. 1 auf Seite 49 des VII Randes gege-
benes Fliess ist inzwischen auch als im Fester Museum
von Dr. Fr. Bock veröffentlicht worden. Seither ist auch
ein weiteres Exemplar desselben durch Ankauf von einem
Antiquitätenhändler, der dasselbe in Paris bei einem
Collegcn gekauft haben wollte, in das germanische Mu-
seum gekommen , welches zweite Exemplar jedoch mit
einem dem ersten gegenüberstehenden Löwen geziert
ist, der eine andere Inschrift hat:
DAS . GEWELT MIR . WOL . DER . CVNEHC . [ST.
CAN'CIR TVGENT . WOL.
Wir bilden dieses Plättchen in Fig. 3 ab. Leider ist es
nicht möglich, wenn Sachen so lange den Weg durch
den Handel gemacht haben und sich an so verschiedenen
Orten befinden, den Ursprungsort mit Sicherheit zu be-
stimmten. Wer sich ftlr die Fliesse im allgemeinen inte-
ressirt, sei auf den 1KG9 erschienenen Katalog der Rau-
theile im germanischen Mnseum aufmerksam gemacht,
in welchem viele abgebildet sind, wobei freilieh nicht
alle abgebildet werden konnten, abgesehen davon, dass
viele erst nach dem Druck des Katalogs in die sich noch
immer mehrende Sammlung gekommen sind.
A. Essentrein.
Dr. F. Reber's Kunstgeschichte des Alterthums.
Im strengen Sinne gehört zwar die antike Kunst
und ihre Literatur nicht iu diese Zeitschrift, ich wage
aber doch bei der Bedeutung des zu besprechenden
Ruches eine Ausnahme zu versuchen, zumal der Zu-
sammenhang mit der christlichen Kunst iu demselben
wiederholt betont und durch die ganze Darstellung
deutlich genug gemacht wird. Es ist die „Kunst-
geschichte des Alterthums" von Dr. Franz Reber, der
den Lesern der Mittheilnngen gewiss noch erinnerlich
sein dttrfte als Verfasser der vorzüglichen Abhandlung
im zweiten Hefte der Mitthcilungen „Über die
Urform der römischen Rasilika a . Wie ich schon ander-
wärts bemerkt, geht Rcbcr bei seiner Darstellung Uber-
all auf die Quellen- Schriften, auf die massgebenden
Abhandlungen und Original - Pnblicationen znrtlck und
gibt so dem Leser zuverlässige Kunde Uber den Stand
der gegenwärtigen Forschung in jedem Gebiete der
alten Kunst. Ausser der ägyptischen und orientalischen
Kunst hat in neuester Zeit Phönicien und Kleinasien
besondere Rearbeitung und wissenschaftliche Dar-
stellung gefunden. Der Verfasser versäumt nicht, auf
die Technik im engeren Sinne Gewicht zu legen und
den Zusammenhang zu beleuchten, der sich bei Re-
trachtung des Materials und seiner primitiven Rehand-
lung gerade bei Phönicien zeigt. Die Metall - Technik
hat ihre eigene Geschichte und hier stehen wir vor
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XXIII
einer der Hanptqucllcn derselben. Die palästinensische
Knnst hatte bekantlich mit Phönieien innigen Zusam-
menhang, der beim gefeierten Tempel zn Jerusalem
unter Kimig Salomon hinlänglich bezeugt und vom
Verfasser nach den analogen Beispielen des näheren
nachgewiesen wird. Diesem Tempel widmet der Ver-
fasser diesmal besondere Aufmerksamkeit und eB dürfte
eine bessere Darstellung bis jetzt nicht existiren, als
der Leser hier findet. Die architektonische Möglichkeit
tritt hier zum erstenmal deutlich entgegen, soweit das
vou Haneberg in seiner biblischen Alterthumskundc
musterhaft gesammelte Material eine solche Uberhaupt
zu bieten vermag. Nirgends bcgnllgt sieh der Verfasser
mit den bloss literarischen Hilfsmitteln zur Vergegen-
wärtignng solcher Denkmäler, stets leitet der Hinblick
auf nnaloge Denkmäler seine Hand in der Zeichnung
dieser Schiipfungen eigenthümlichen Charakters. Die
Anfänge der hellenischen Architektur im dorischen und
jonischen Bau werden auf Grund der bisherigen Denk-
mäler-Funde vorsichtig festgestellt und leeren Hypo-
thesen kein Spielraum gegönnt. Dass dabei der Holzbau
als Ausgangspunkt auftritt, wird den Kenner der Lite-
ratur nicht .überraschen. Die Sculptnr nimmt in Hellas
eine so eminente Stellung ein, dass ihr die sorgsamste
Ausführung zu Theil werden musste. Ansser Brunn's
und Anderer einschlägigen Leistungen wurde dieser
Partie durch die Autopsie hervorragender Werke in
London, Paris, Florenz, Rom und Neapel vom Verfasser
die grösstc Bedeutnng nnd lebendige Schilderung ver-
lieheu. Ks versteht sich von selbst, dass hiebet auf alle
wichtigen Resultate der Kritik der griechischen Archäo-
logie steter Bedacht genommen wird.
Die Charaktcrisirung der Hanptschulcn nnd Meister
erfordert im Rahmen eines solchen Buches Kürze, aber
zugleich auch Genauigkeit und Hervorheben des Wesent-
lichen, damit der Leser in den Einzelheiten die Unter-
scheidung festzuhalten vermag. Diesem Abschnitte fügt
sich die römische Kunst an, deren competenter Be-
arbeiter der Verfasser selbst ist, indem er der Archi-
tektur, Topographie und Styl-Entwieklung dieses äus-
sersten Zweiges der Antike seit Jahren seine Kraft
gewidmet hat. Die sieh damit verbindend« christliche
Kunst weiss der Verfasser in ihrem Ausgangspunkt
aufs klarste vorzubereiten und die Anfänge als solche
zu kennzeichnen. Wir wissen, das ohne die Kenntniss
der Kunst des Alterthnms die christliche nicht zu ver-
stehen und sachlich zu würdigen ist und sind deshalb
überzeugt , dass diese kurze Hinweisung auf ein
wirklich vortreffliches Buch den Losem dieser Zeit-
schrift nicht unpassend oder fremdartig erscheinen
Wird. I>>: Me**t»er.
Beiträge zur mittelalterlichen SphragistiL
[IUI 8 MSMfeaMf*.)
I. Siegel der Städte Krems und Stein.
1. Das Siegel ist rund nnd hat 2 Zoll 4 Linien im
llurchmesser. Im runden Siegelfclde ein Baum, dessen
Stamm nach unten stufenförmig endet, mit breiter, blüt-
terreicher Krone, welche rechts und links je einen drei-
eckigen Schild überdeckt; erstcrer enthält den steiri-
schen Panther, der andere den Bindenschild (das Feld
gegittert, die Binde blank). Das Siegel, davon der sil-
berne Stempel noch erhalten ist, gehört dem XIV. Jahr-
Fi K . 1.
hundert an , war jedoch noch im XV. in Gebrauch. Die
in Lapidarschrift ausgeführte Legende auf dem von
Perlcnlinicn umsäumten Schriftrande lautet : ■(■ Sigillvm .
eivivm . in . chrems. (Fig. 1.)
2. Ein sehr schönes Siegel ist das um die Mitte des
XV. Jahrhunderts vorkommende. Es ist ebenfalls rund,
und misst 2 Zoll 2 Linien im Durchmesser. Im Siegel-
fehle findet sich ein aus dem Viereck mit an den vier
Seiten angesetzten Kreissegmenten (davon die nach
oben nnd unten grösser als Halbkreise sind), gebildeter
Rahmen, darinnen vier in den Kreissegmenten ange
brachte Engel (im Brustbild dargestellt, mit langen Oe-
Fi*. '1.
wändern), ein (wahrscheinlich golden tingirter) Schild,
darinnen sich und zwar mehr in der oberen Hälfte zwei
kleine Schildchen befinden, davon der erstere den Bin-
denschild mit damascirter Binde, der andere den steiri-
schen Panther zeigt. Die Legende in schöner Minuskel
im durch die beiden grösseren Kreissegmente unter-
brochenen nnd von einer inneren Stufen- und äusse-
ren Stufen- und Perllinie gesäumten Schriftrande lautet :
f Sigillvm . civitatis . kremsee . 1453. König Ladislaus,
verlieh damals der Stadt Krems das Recht dieses Siegels '
das bezügliche Typar ist ebenfalls noch in Krems befind
lieh. (Fig. 2.)
3. Dieses runde Siegel (1 Zoll 8 Linien im Durch-
messer) zeigt im Siegelfelde , das durch einen aus drei
Kreisen (2 und 1) gebildeten Dreipass begrenzt wird,
einen unten abgerundeten Schild, darinnen der Doppel-
XXIV
■dtof niit geschlossener
Krone nnd flatternden
reichen Bändern. Strahlen
umgeben den Schild. Kin
Schriftband winde« sich
durch da« Dreipass-Orna-
nient , darauf steht in
deutscher Minuskel fol-
gende Legende s Sigii-
Ivm . krembs . vnd Htain.
Der silberne Sicgclstetu-
pel ist noch erhalten.
Da« Siegel dürfte um
]4tK$ entstanden nein, du
in diesem Jahre Kaiser Friedrich IV. der Stadt Krem*
die Führung des Reichsadlers im Wappen gestattete.
(Fig. 3.)
4. Ein kleines runde« aber sehr zierliches Siegel
< 1 Zoll 4 Linien); im runden, aber mit einem angesetzten
Kreissegmente erweiterten Siegelfelde der Doppeladler,
nimbirt und mit der mitraformi-
gen Krone bedeckt, die fanoncs
nach den Seiten flatternd. Die
in t'bergangslapidarcn geschrie-
bene Legende im durch Stufen-
riinder begrenzten Schriftrande
lautet : S. eonsily . civitatis .
krembs . 14*7. Der Siebner steht
auf dem rechtseitigen Kronen-
bnnde. Über dieses Siegel theilt
rig. i. Melly in seinem Siegel werke
mit, dass Kaiser Friedrich IV.
der Stadt Krems, als sie im Jahre 14M7 den Truppen
Königs Mathias Oorvinus nachhaltigen Widerstand lei-
stete, wahrend Stein sich bereits ergeben hatte, das
Hecht erlheilte, da* den Städten Krems und Stein
gemeinschaftlich verliehene Siegel so lange allein zu
fuhren, als Stein in Feindeshand wHre. (Fig. 4.)
5. Das Grundbuchssiegel
der Stildte Krems und Stein
inFlg.fi gebort dem XVI. Jahr-
hundert an ; es zeigt ebenfalls
den Doppeladler, wie in Fig. 4
und führt die Umschrift (Über-
gangslapidar) :•: Sigillvm .
fundi . civitatis . krembs . et .
stain. Der Sehriftrand ist nach
Art eines Schriftbandes behan-
Kijf. 5. delt, dessen Knden eingerollt
sind. Obwohl gut ausgeführt,
steht dieses Siegel dem unter Fig. 4 beschriebenen
bedeutend nach. (Durchmesser 1 Zoll 4 Linien.)
Ii. Mit dem unter Fig. "»
beschriebenen ist das in
Fig. f> beip-gebene runde
Siegel hinsichtlich seiner
Siegcltignr sehr Ähnlich.
Die Legende befindet sieh
auf einem flatternden In-
Hchriftbande , das nicht das
ganze Siegel umrandet ; sie
lautet : S. khrembs . vnd .
stain :•: (neuere Lapidar);
Fig. «. nach anssen hat das Siegel
ist oval, hat
Durchmesser
f * i I *
einen Stufenrand: das erhaltene
silberne Typar trägt die Jahr-
zahl lfiGtj. (Durehmesser 1 Zoll
7 Linien.)
7. Gleiche Darstellung in
fast gleicher Behandlung zeigt
das runde Siegel in Fig. 7. Das
flatternde Schriftband ist kurz,
die Legende (neuere Lapidar)
lautet: * krembs ». Das silberne
Typar trügt die Jahrzahl läü7.
(Durchmesser 1 Zoll 4 Linien.)
8. Das in Fig. X abgebildete Siegel
im Breite-Durehmesser 7 Linien, im Lüngt
10 Linien. Im Siegelfelde ein ovaler
Schild mit gcschnfirkeltein Bande, darin-
nen der Doppeladler mit offener Bllgel-
krone und flatternden Blindem; darüber
die Lapidarbnchstabeu S. K. V. S. (Sigil-
lum Krems vnd Stain.) Der Stempel ist
in Berg-Kryst:dl geschnitten mit farbigem
Kmail unterlegt, noch erhalten und trügt
die Jahrzahl 157. r > >.
ih Auf einem vielfach gesehnorkeltcn und an den
Ecken gerollten Schild, im Mittelfelde des Siegels der
Doppeladler mit darüber sehwe-
bender Krone nnd flatternden
Binden. Der Kaum zwischen
Schild und Schriftrand ist mit
rankeiifiinnigen Arabeskeu aus-
gefüllt; Uber dem Schilde die
Jahrzahl 1 f>7. r >. Die in Lapidaren
geschriebene Legende lautet:
S. Khrembs nnd Stain. Die Le-
gende befindet sich auf einem
flatternden Bande , das am In-
schriftrande befestigt ist. Der
Aussenrand dieses Siegels ist
kranzartig. Das Siegel ist rund und hat 1 Zoll 4 Linien
im Durchmesser. (Fig. '.).)
II. Siegel der Stadt Vbbs in Nieder-Üst erreich.
Hg. o.
Fig. 10.
' Wir v»r««i.ni «l*r dl» Slrgel t<h Kreml und Stein Huf dl,- ■•U»J*°
und S rii«,dll<li. Arb.ll M «■ 1 1 Iii >el»iisi »Icdcrnu» <lur<t> Weit« und k«un«n
nl -LI uBlrrlu.e* ktffaMUW, diu -ir In dru Mltthti!an(*n ftr Jctut nur die
AbLlldunt-i, vcu Siegeln nnifcii »elien, d« «Ir die l . •-erieui|U!>( haben.
d»i uiii, «. ht.t der
M hlet der «im
»Klil enll-chrt i
XXV
Das Siegel int rund und bot 2 Zoll 4 Linien im
Durchmesser. Im Siegelfclde erhebt weh auf felsigem
Grunde eine einen quadraten Kanin umschliessende
Stadtmauer an* Quadern und mit Zinnen, in Mitten
gegen vorne ein breites, spitzbogiges Thor mit hnlhanf-
gezogenem Fallgitter. Im Räume inner der Stadtmauer
zwei hohe QuadcrthUnne mit vorspringenden Zinnen,
hohem Satteldach und entstellter Kreuzblume darauf.
Jeder Thurm ist mit einem gedruckt spitzbogigen Fenster
versehen. Zwischen den Thurmen, und zwar mehr gegen
links, befindet sich ein blätterreieher Haumast, haken-
förmig gebildet, daran an einem Riemen der Österreichi-
sche Hindenschild (das rot he Feld gegittert, die Hiude
blank) hängt. I)as sehr geschmackvolle Siegel, dessen
Origiualstcmpcl noch zu Yhbs erhalten ist, stammt aus
dem XIV. Jahrhundert, in dessen erstem Viertel es schon
an Urkunden erscheint. Die zwischen I'erlenlinien ange-
brachte Inschrift (Lapidar) lautet: f Sig'llnm . civitatis,
ybsensis f. (Fig. 10.)
ML Siegel der Stadt Tnlln (N. Ö.).
Das Siegel ist rund und hat 1 Zoll 7 Linien im
Durchmesser. Im Siegelfelde der Buchstabe T, ganz mit
gekreuzten Linien (darinnen
Blümchen) Überzogen und an
den Buden des Stammes
und Kalkens mit Blattan-
sätzen geziert ; über diesem
Knrhstaben ein kleines K
mit Hhnrchem Rlattschmnck,
rechts unterhalb des T der
österreichische R'mlcnschild
(die Binde punkt'rt), links
ein Schild mit dem einki'i.
pfigen Adler; die in Lapi-
Fijf. Ii. dar geschriebene, zwischen
I'erlenlinien befindliche Le-
gende lantet: f S. fvndi . civitatis . tnlnenms. Interes-
sante Bemerkungen Uber dieses Siegel, da» an einer
Urkunde des Jahres 1431 sieh findet, aber jedenfalls
dem früheren Jahrhundert angehört , finden sich in
Mellys wiederholt bezogenem sphragistischen Fnndn-
mcntalwerkc. (Fig. 1 1 .)
IV. Siegel der Stadt Marcheck (N. ö).
Im Mittelfelde dieses runden Siegels (1 Zoll 4 Li-
nien im Durchmesser), von welchem auch noch der
Stempel im dortigen Kathhansc erhalten ist, befindet
Sieh ein verschnörkelter Schild,
in welchem ein Drache mit
einem Hahnenkopf (Basilisk V )
erseheint, der auf dem Klicken
ein Kreuz trügt. Der Übrige
Kaum des Mittelfeldes ist mit
Hanken ausgefüllt, ober dem
Schilde K5t>4. Die Legende
befindet sich im Inschriftrande,
der von einer inneren Perlen-
linie und von einem Ausscn-
kranze umfnsst ist. Sie ist in
Lapidaren geschrieben und lautet: S. civivm . civitatis,
marchegg. Jedenfalls ist es bemerkenswert!!, dass diese
sonst so unbedeutende Stadt Siegel von solcher kllnst
lerischen Vollendung hat. (Fig. 12.1
XVII
Ftf. 12.
V. Siegel der Stadt Meissau (N. Ö.).
Das Siegel ist rund (1 Zoll 7 Linien im Durch-
messer), enthält im Mittelfelde einen mehrfach ausgebo-
genen Schild, der bis zum unteren Rande des Siegels
reieht. Im Schilde eine Stadtmauer aus Quadern, mit
Zinnen und Schiesslncken in denselben,
mit aufgezogenem Fall-
gitter, hinter der Mauer
steigen zwei Rundthürme
empor, ebenfalls Quader-
bauten mit einem Fenster
im ersten und zweien im
zweiten Stockwerke, zu
oberst Zinnen und ein
steinernes Spitzdach.
Zwischen den ThUnuen
schwebt ein länglicher,
seitwärts eingebogener
Schild , darinnen ein
gestürztes Spitzfeld, in
welchem zwei mit den
Klicken gegeneinander gekehrte Mause aufspringen.
An der Seite des Hanptscliildes im Mittelfelde Blumen,
Uber dem Schilde 1Ö4«. Die Legende in Lapidaren ge-
schrieben , lautet : f S. germainer stat meiRsav. Der
Schriftrand wird innen von einer Stufen- , aussen
von einer Krnnzlinie eingefasst. (Fig. 13.) Das Siegel
ist im Ganzen roh ausgeführt, der Stempel ist noch
erhalten.
VI. Siegel der Stadt Meran.
Dnsselbe ist rund (2 Zoll Linien) und zeigt im
Schildfelde Uber Kleepflanzcn eine lange , niedrige,
gezinnte Brücke mit drei Durchlässen. Aus derselben
wachst ein einfacher, nach rechts aufwärts Behender
Adler mit ausgebreiteten Fittichen hervor. Die Legende
rVr, is.
Fig. Ii
in Lapidaren auf dem von Perllinien eingefassteu
Schriftrande lautet: f Sigillnra : civitatis > merani. Das
Original im rothen Wachs auf angefärbter Schale hängt
an rothen «nd grUnen SeidenschnUren am Huldigungs-
briefe der Stadt fltr Herzog Rudolph IV. (Fig. 14.)
VII. Siegel der Stadt St. Pölten.
Das runde Siegel hat einen Durehmesser von 2 Zoll
!• Linien. Im Siegclfeldc, das gegittert und mit Kreisen
■ I
XXVI
n*. ir.
dazwischen geziert ist, ein dreieckiger Schild, darin der
aufrecht stehende rechtsgewendete passauischc Wolf, Bin
einfaches Pedant mit diu Vordcrtutzen haltend. Die
I'nischril'l in Lapidar zwischen Stnfenlinien lautet: f Si-
llium civinm de saneto ipolito. (Fig. In.)
Aus Grätz.
Her k. k. Conservator Scheiger hat zur Anzeige
gebracht, dnss gelegentlich der Rührculegung der städ-
tischen Wasserleitung in Griltz ein unterirdischer Gang
am Hnrgplatze aufgefunden w urde. Derselbe läuft in
der Richtung von Nordost nach Südwest, ist von der
gepflasterten Sohle bis zum Gcwölbeseheitel 7 Fuss
Doch und S Fuss im Lichten breit. Das Mauerwerk ist
aus Bruchsteinen im Mörtel sehr solid ausgeführt und
verputzt, auch noch im besten Hnuztistande, das Ge-
wölbe liegt c. Fuss unter dem Stra*senpflaster. Der
Gang zeigte sich nur auf e. 7 Klafter zugänglich, indem
er dann au beiden Seiten abgemauert ist.
Dem Vernehmen nach findet der Gang seine Fort-
setzung in der südöstlichen Richtung unter dem l'ni-
versitiitsgebände. Er soll eine Länge von mehr als
:!<) Klaftern haben und die Barg mit dem ehemaligen
Jesuiten C'ollegium verbunden haben. Kr durfte Ii den
Siebziger • Jahren des XVI. Jahrhunderts von Herzog
Karl II. von Steiermark, bekanntlich einem warmen
Freunde der Jesuiten, zu dem Zwecke angelegt worden
sein, um eine von aussen unbeachtete und ungestörte
Verbindung zwischen den inneren Räumen der Hofburg
und jenem Cotlegiuni zu ermöglichen.
Zur Kunde der St. Stephanskirche in Wien.
Ogesser vom J. 177!» S. 181, fi. H>, erwithnt einer
Aufschrift am neuen Crueifix-Altar (St. Veits-Altar), der
im Jahre 1713 von Grund uub neu aufgeführt wurde.
Die Inschrift Reibst ist ihrem Wortlaute nach in
keinem Werke Uber die Dom- und Mctropolitnn-Kirchc
zu St. Stephan aufgenommen worden.
Nach Abnahme des Marienbildes nnd der Canon-
Tafeln wird eine lange aber sehmale, horizontal-einge-
fllgte Steinplatte, an ihrem linksseitigen Knde durch
einen Sprung etwas schadhaft geworden, sichtbar.
Sie fuhrt, gerade Uber dein Altarstein stehend, fol-
gende in römischen vergoldeten Buchstaben vertieft ein-
geschnittene Inschrift :
HaeC ara DIVo lanVarlo In HoiiorcM crecta
Ex voto
IL.*" ü. Caroli Locher L. 15. De Lindenheim
DNI. IN ürunoz, augusti morti Leopoldi I
losephi I et Caroli VI Escelsae Aulae
ücllicnc Consiliarii intimi et referendarii
dum A. 1711 ex Hunguria ut plenipotentiarii
trampiillitate restitntn ob recuperatam
Sanitatc rednx dieabat post obitum
Bin Dna Conjux Maria Theresia nata de Sehlem
in opus redigi ennivit.
Im Innern der Kirche dürfte diese Inschrift die ein-
zige sein, die bisher nicht in Druck gelegt wnrde.
Karl Freiherr von Loehuer und Lindenheim war
seiner Zeit ein sehr bedeutender Staatsbeamter, eben
so thiitig im Hof- als im Felddienste. Er unterhielt mit
dem Prinzen Fügen einen vertraulichen Briefwechsel,
begleitete den FM. Grafen Caprara in den italienischen
Feldzllgeii , fertigte das kaiserliche Manifest an die lle-
wohner Neapels den H. Februar l'OJ, paeificirte mit
dein I'alatiu Johann Grafen Pal UV im Szathmarer Frieden
die llükoezy'sche Rebellion in l'ngani. Er erhielt vom
Palatin 0 rothdauiastcne Fahnen der Käroly' sehen Husa-
ren als ein Erinnerung»- Geschenk, benahm sich mit
vieler Klugheit und wurde mit namhaften Donationen au
(illteni vom Kaiser Leopold und Karl VI. belohnt.
Den L'*. December 1004 wurde er in der Hurg-
pfarre in Gegenwart der geheiligten Majcstilteu Leopold
und Eleonore mit der edlen Jungfrau Theresia Seldcrin,
gewesenen IIol-Kaiiiinerdienerhi Ihrer K. M., getrau« i.
• Limtitny. Mim. II. Ild. S !»•. v. Atitlh. M. Harvilk. 0«Ct
der i Bgtrn lt.— It. Hffl S 3T t Wi.otr DUrilm t\. M.1 ITH. Trumn«.-
uhMm.
M i im i i». IM Dmd - n,... - m. k k im. «u.u.i.>.k «... .. «....
XXYI1
Seine kaiserliche und königliche apostolische Majestät haben den XVI. Hand
der Mittheilungen in Allerhöchster Gnade anzunehmen und Allerhöchst Ihre
Zufriedenheit über die publicistischen Leistungen der k. k. Central -Oominission
für Baudenkmale auszusprechen geruht.
Die Kunst des Mittelalters in Böhmen.
'F.jriäfUuiig.;.
...Ml! I» lloL.rhmllen.,
Miniatur-Malerei.
Die cultnrgesehiehtliche Bedeutung der Miniatur-
Malerei and deren tiefen wie nachhaltigen Einfluas auf
die mittelalterliche Kunstentwicklung eingehend zu
besprechen, liegt ausserhalb der gezogenen Grenzen.
Die Übung dieses Faches reieht bis in die erste Zeit
des Christenthums hinauf, von allen diesseits der Alpen
vorhandenen Kunstwerken kommt den Miniaturen dm*
höchste Alter zu. Über religiöse Anschauung, gesainmtes
Volksleben, Trachtenknnde n. s. w. gewähren die ver-
schiedenen mit Miniatur-Hilden» versehenen Handschrif-
ten die umfassendsten Aufschlüsse, wie »ich auch der
des Mittelalters hier am treuesten spiegelt.
In rein künstlerischer Hinsieht erscheint die Minia-
tur-Malerei , ehemals ninminir-Knnst genannt, oft als
Voriiitiferin des aufblühenden Kunstlehens und gewinnt
hohe Vollendung; hie und da bleibt sie auch auf der
ersten Stufe stehen. Ein gewisser Dilettantismus, der
mit dem Fache aufs engste verwachsen ist, erlaubte
der individuellen Anschauung den freiesten Spielraum;
daher gutes und schlechtes, die feinste Kmptiudung
und Mangel an aller Durchbildung häufig unmittelbar
nebeneinander. Diesem Umstände ist cn auch zuzu-
schreiben, dass die Illuminir- Kunst in manchen Ländern
mit dem spätem Knnslvcrlauf in keineu Einklang
gebracht werden kann. In Frankreich z. H., wo das
Fach schon vor »lern Jahre KXK) blühte, trat in der
Folge kein namhafter Ktlnstler nuf, während die jüngere
burgundische und niederdeutsche Miniatur- Malerei nicht
allein die französische Uberflügelte, sondern den Grund
zu einer höchst bedeutenden Kunstschule legte. Ähn-
liche Verhältnisse gewahrt man in England und
besonders in Irland, während in Italien (wo freilich
antike Traditionen fortlebten und viele aus der
Heideuzeit herrührende Bildwerke vorhanden waren 1 )
die Illuminir- Kunst erst in einer ziemlich späten Zeit
höhere Ausbildung erreichte.
Die Ursache dieser Erscheinungen ist unschwer zu
rinden und liegt in der Stelluug des Faches selbst: das
lllunüuiren war ein Theil der Schreibkuust und wurde
anfänglich nur in Klöstern betrieben. Ohne bildliche Er-
läutemngeu war kein Evangelien- odcrMesshuchdenkbar;
Bücher waren Gegenstände von höchstem Werth und sehr
gesuchte Handels-Artikel, daher fabrikiuässiger Betrieb
nicht ausbleiben konnte. Nachdem die Klöster Jahrhun-
derte hindurch im ausschliesslichen Besitz der BUehcr-
Fahricatioii gewesen und mittlerweile die Wissenschaften
XVII
grössere Verbreitung gewonnen hatten , wurde der
(»ewinn des ültchemiachens von Laien bemerkt, welche
nicht säumten sich auf dieses Fach zu verlegen. Auf
diese Weise bildete sich in Concnrrenz mit den Klöstern
ein weltlicher KUnstlerstnnd , welcher naturgemäß
seine Wirksamkeit in die reichen Handelsstädte Über-
trug. Begünstigt durch den Beichthum und die freien
Institutionen der flandrischen Städte , gehoben durch
die Prachtliebc des bnrgundischeii Hofes, entwickelte
sich in den deutschen Niederlanden ein grossartiger
Aufschwung der Miniatur-Malerei, welcher sich bald in
die Uheinstädte und weiterhin gegen Osten verbreitete
Die Art , wie in den Illuminir-Werkslätten die
Arbeiten ausgeführt wurden , kann man in manchem
halbvollendeten Codex erkenneu. Maler uud Schreiber
arbeiteten mit Schablonen nnd ähnlichen Hilfsmitteln ;
die Blätter gingen von Hand zu Band, wobei jeder
Gehilfe ein besonderes Geschärt vollführte. Nachdem
der Meister die Umrisse vorgezeiehnet, besorgte der
erste von den Gehilfen die Vergoldungen, ein zweiter
arbeitete nur mit blauer, ein dritter nur mit rother
Farbe, bis das Blatt endlich wieder an den Meister
gelangte, welcher die Gesichter heitü^e und allenfall
sige C'orrectureii vornahm.
Böhmische M ini aturen.
Der Keichtbnm an Werken der Illuminir-Kiinst in
Böhmen gränzt aus unglaubliche; beinahe alle Städte
und Bibliotheken, die Klöster und viele Kirchen besitzen
Bildcrhaudschriftcn von hohem Wcrtlie. Arbeiten ans
den frühem Jahrhunderten sind im Ganzen selteu : das
glänzende Zeitalter der böhmischen Miniatur-Malerei
beginnt mit dem XIV. Jahrhundert, doch wurden noch
bis herein in die Beformatious-Zeil viele treffliche Werke
ausgeführt. Kein anderer Kunstzweig ist im Lande mit
solehcr Vorliehe cultivirt worden als das Illuminiren.
Die St. Wenzels Legende von Gumbold.
Wnnn und auf welche Weise diese Lebens
beschreibung des heil. Wenzel an die Wolfcnbllttler
Bibliothek gelangte, ist unbekannt; das auf Pergament
geschriebene Werk führt die Überschrift: „llnnc lihcl-
liim Hemma venerabilis prineipissa pro remedio aniine
sue in honorem beati Venzeslauvi martiris'tieri jussit.-
Bischof G umhold von Mautua hat die Legende auf
Befehl einer Fürstin Hemma (beider Andenken hat sich
nur durch diese Überschrift erhalten) verfasst : die
Schrift ist sehr deutlich und in kalligraphischer Hinsicht
ein wahres Meisterstück. Die eingeschalteten Minintnr-
Bilder stehen auf Goldgrund uud lassen erkennen, das*
der Illnmiuntor mit den Sitten und Gebräuchen Böhmens
vertraut war.
xxvtn
n«. ■_«:.
Du« Titelblatt, fi Zoll hoch und 5 Zoll breit, stellt
ileu heiligen Wenzel dar; er hält die Siegesfahne in der
Hand, darüber Rehweht Christus, welcher dem Märtyrer
eine glockenförmige Krone aufsetzt. Zu den Füssen
des Heiligen liegt die Urheberin des Buches. Prinzessin
Hemma. Auf dem zwanzigsten Blatte der Handschrift
befindet sieh ein in zwei Felder abgctheiltes , hin-
sichtlich der Charakterschilderung merkwürdiges Bild
von 4 3 , Zoll Breite und iJ Zoll Hohe. Im ersten Felde
sieht man den Heiligen, wie er im Begriffe steht, seinen
Bruder Boleslav und die mit ihm gekommenen Gäste
zu bedienen. Wenzel trägt eine Schüssel auf der Hand,
ein Engel warnt ihn vor seinem Bruder. Das zweite
Feld stell» einen deeorirten Saal vor, wo Boleslav mit
vier Kumpanen tafelt und den Brudermord verabredet.
Die Verseil wornen geben sich unter dem Tisch die
Hiinde, wKhrend der herantretende Wenzel mit freund
lichem Grussc empfangen wird. Bei aller Schwäche der
Zeichnung sind die Geberden leicht versländlich und
dabei die Physiognomien echt böhmisch. Auch die
Trachten zeigen nationales Gepräge: Wenzel trägt einen
kurzen Pelzrock, kreuzweis tlberbnndene Beinkleider,
Sandalen, und ist vollhilrtig dargestellt, Boleslav und
seine Genossen tragen spitze Sehiiau/.bürle und haben
Mäntel Uber die Pelzröcke geworfen. (Fig. 26.)
Das folgende Blatt zeigt in einem Doppclhildc die
Ermordung Wenzels: rechts sieht man, wie Boleslav
heim ersten Angriff von seinem Bruder niedergeworfen
wird, links will Wenzel in die geöffnete Kirche ein-
treten und wird von hinten her niedergestochen. Die
frühere Ansicht, dieses Mannscript sei bereits um IfMM5
gefertigt worden, wird von Pertz, welcher in seinem
Urkundenwerke einen vollständigen Abdruck des
Textes mittheilt , gründlich widerlegt. Dieser grosse
Kenner hielt das vorhandene Buch fltr eine spätere
Abschrift des wahrscheinlich verloren gegangenen Ori-
ginals.
In den Miniaturen zeigt sich offenbar das Bemtl
hen, die byzantinische Form abzustreifen und eine rea-
listische Richtung anzubah-
nen, Ursachen , welche den
Kunstforscher bestimmen, der
von Pertz ausgesprochenen
Meinung beizutreten. Die
Bilder sind mit Deckfarben
gemalt , die Vergoldungen
stark aufgetragen und die
Buchstaben mit eigentüm-
lichem Schwung in Gold
schrift geschrieben
VvBehrnder Codex.
Dieses Buch besteht ans
108 Pergament - Blattern in
Gross-Quart, ist durchaus mit
Capitnl-Buchstahcn geschrie-
ben und mit vielen Bildern
geschmückt. Die Gemälde
sowohl wie die reichverzier-
ten luitialen tragen ein mehr
altertümliches Gepräge, als
man in der St. Wenzelsle-
gende gewahrt, auch tritt
das nordische Element mit
seinen phantastischen Bildungen auffallender hervor.
Die Bilder sind grösstenteils dem neuen Testament
entnommen, als Verkündigung. Geburt Christi, Anbe-
tung der Könige u. s. w.; dann wird das Leiden Christi
in mehreren Blättern erklärt, denen Kreuzigung, Grab-
legung, Auferstehung, Himmelfahrt und Aitsgicssung
des (Jeistes folgen. Das f»K. Blatt, stellt in reicher
Arabeske den heil. Wenzel als Landes-Patron dar , den
Herzogshut auf dem Haupt, eine Fahne in der linken
Hand >.
Die sämmtlichen Miniaturen, besonders die Initia-
len und obiges Weiizelsbild, stimmen auffallend mit
einem Zwiefalter Passionalc in der Bibliothek zn
Stuttgart, einem Denkmal aus der ersten Hälfte des
XII. Jahrhunderts, Uherein , und hissen dieselbe Ent-
stehungszeit voraussetzen. Die Zeichnung der Figuren
ist im höchsten Grade unbeholfen und mit schwarzen
Strichen unsicher vorgezogen, da» Gold auf Meunig-
oder Bolns-Grtind aufgetragen, nml die Farben erschei-
nen bei vorwaltendem Lichtblaugrau durchaus matt.
Schattiningen sind nur hie und da angegeben, dafür
wurden weissliche Lichter mit strahlenförmigen Linien
aufgesetzt. Als Sonderheit ist anzufühlen, dass bei den
zahlreichen Vergoldungen und der mitunter vorkom-
menden Goldüchrift kein echtes Gold, sondern bronze-
artiges Metall (vielleicht auch stark mit Silber ver-
setztes Gold) gebraucht wurde . welches tiefschwarz
geworden ist.
Die ersten Blätter , die Evangelisten und den
Stammbaum Christi enthaltend, zeigen sehr alterthüm-
liches Gepräge und gehören wahrscheinlich einer
andem Hand an. als die in den nachfolgenden Blättern
häufig angebrachten Initialen.
Die Vcruinthnng, dass Herzog Sobeslnv I. dieses
Buch dem Vysehrnder Cnpitcl mit vielen andem Ge-
schenken im Jahre 1130 Ubergeben habe, scheint sehr
begründet: wahrscheinlich wurde das Werk nnf
' 8 diu AlibllilutiK in den Mltthdlonfcn drr k. » (w
«fcfcff V. Orr VyA»'kr»4<T C««l*i *!>■ J. G. W**el.Ä. !»— fl.
XXIX
Fi«. 27.
Befehl im Interesse dieser Schenkung gefertigt. Die
Ausfuhrung geschah auf alle Fälle in Böhmen , wie
schon das erwähnte Bild des heil. Wenzel , denken
Auffassung genauest mit den alt-Mimischen Münzen
und Stempeln übereinstimmt, erkcnueu läsat.
Wir haben hier verschiedene in den Bandleisien
vorkommende Ornamente beigelfigt, welche sämmtlich
mehr dem XII. als XI. Jahrhundert entsprechen und
Pix. - Fi« ■><>.
in einem der cingctlochtenen Bilder die Kamen des
(Vaeerad) und des Illuminators (Miroslav),
auch die beigefügte Jabrzahl der Vollendung
Fi(f. 30.
jedenfalls die Zeitbestimmung dieses hochinteressanten
Werkes, das sich in der Prager Universitiits-Bibliothek
befindet, erleichtern. Fig. 27—3(5.
Das Glossarium Mater Vcrbomm ».
Dieses Glossurin ler Dictionarinm universale
ist nicht allein bedeutend jünger, als die vorbeschrie-
benen Werke, sondern enthält schon allerlei gothische
Anklänge, zeigt aber dabei eine sehr vervollkommnete
Technik. Das Buch wurde im Jahre 1*19 von Joseph
wie
Schreibers (Vacerad) und des Illuminators (Miroslnv),
\ oUendon«
erhalten.
Das Buch ist in textlicher Hinsicht kein Original,
sondern eine Abschrift des auf Veranlassung Salomnn's,
Bischofcs von St. Gallen, zusammengestellten Dictio-
nariums, welches im X. Jahrhundert verfasst wurde nnd
Flg. 81.
eine alphabetisch geordnete Erklärung lateinischer,
griechischer und hebräischer Wörter enthalt. Das Unter-
nehmen scheint gleich anfangs grossen Beifall gefunden
zu haben, es wurden viele Abschriften gemacht, deutsche
Glossen beigefügt, bis endlich das Verlangen, dieses
nützliche Buch auch in Böhmen bekannt zu machen,
zwei Mönche veranlasste , eine Abschrift zu nehmen
und mit böhmischen Glossen auszustatten. Die einge-
schalteten Miniatur-Bilder dienen als Decorationen der
verschiedenen Buchstaben, welche je die alphabetischen
Fi*. 3;.
Graf Kolovrat - Krakovskt dem böhmischen Museum
geschenkt und soll aus einem aufgehobenen Kloster
(unbekannt welchem ) herrühren : es enthalt 242 Perga-
ment-Blätter von beinahe Dt Zoll Höhe und 13 Zoll
Breite. Nachrichten oder nur einigemiassen glaubwür-
dige Vennuthungen, wo das Werk gefertigt und aufbe-
wahrt worden, sind nicht gegeben; dagegen haben sich
Fi*. 33.
Abschnitte einleiten. So nimmt der Buchstabe A in
reicher Arabeske eine ganze Blattscitc ein, indem am
nutern Bande nur die ferneren drei Buchstaben BBA
beigefügt sind, um das erste Wort im Alphabet Abba
(pater, Vater) erseheinen zu lassen. Eine Erklärung
dieser prachtvollen, auf Goldgrund gemalten und mit
vielen Figuren ausgestatteten Arabeske, in welcher
>'« « Fi«. 36. (Prag
• i i. K. W«««| lo «tu Wwt>l«un t a. o s »-ja.
Fi*. W.
XXX
Fl*. :it. (HohMfint.)
111:111 den Sieg des Christenthums Uber das Ikidenthuin
erkennen will, würde von unserm Zweck abführen:
auch besitzen andere Bilder einen grössern Kunstwerth,
so z. B. der Buchstabe 1», in dessen Rundung ein lieb-
liches Madonna- Dikl eingetragen ist.
Unterhalb der Madonna knien auf dem Goldrandc
zwei Mönche mit Spruchbändern. Auf dein Sprnchbaude
des in der Eeke knieendeu kleinem Mönches liest man :
Ora . P : SCKft . YACttDo. (ora pro scriptorc ' Vace-
rado ) wenn anders der Name richtig ergänzt werden
kann. Das Spruchband des grössern Mönches lautet:
OKA . P . 1LLK« MIKOSLAO . A . BIOCIL . (ora pro
illuminatore Mirosiao. anno 1202, wenn nicht das letzte
Zeichen der Jahrzahl ein L bedeuten soll, wonach 1240
zu verstellen wilre). In wie fern Maler nnd Schreiber
sieh unterstützten , ob noch andere Personen mitge-
arbeitet haben , wird nirgends angedeutet : unter-
scheidet! lassen sich in den Miniatur- Bildern deutlich
zwei Manieren , eine byzantinische und eine freiere
realistische. In der erstereu ist das Titelblatt mit dem
Buchstaben A, ferner die Buchstaben H, I, P, Q, K und
andere geholten : hier sind die Couturen scharf mit
schwarzer Farbe ausgedrückt , dabei aber die Linien
Hiessend und abgerundet, fast wie in den ältesten Glas-
gemahlen. Der Buchstabe P, auf welchem Schreiber
und Illuminator dargestellt sind, zeigt die byzantinische
Manier in feinRter Durchbildung.
Der zweiten freieren Hichtung gehören die Buch-
staben M, X, T und das vorzüglich gelungene Y an:
es herrscht in diesen Gebilden grössere Lebendigkeit ;
doch ist die Zeichnung unsicherer und eckiger als in
den vorigen Bildern. In der Höhlung des N ist die
Heimsuchung angebracht, der Buchstabe T wurde als
Kreuz benutzt, um die Kreuzigung Christi darzustellen,
nnd in dem Buchstaben Y ist ein Bild der Weinlese
eingewebt. Ein leicht geschürztes Mädchen auf Ranken-
windungen stehend, bricht mit der rechten Hand eine
hoch oben hängende Traube und blickt zu gleicher Zeit
nach einem rückwärts kauernden Affen, der sich das
Maul vollstopft. Die Bewegung des grösstenteils ent-
blössten Körpers ist schwungvoll und nicht ohne Grazie,
doch die Musculatnr der Arme und Beine etwas zu stark
ausgedrückt.
Der Farhcnauftrng ist durchgehends weich und für
(las Auge wohlthueud, die Farben sind meist gebrochen
und es herrschen Mitteltönc vor; dabei ist der Auftrag
nicht so massig und pastos, wie in den Bildern des
Vysehrader Codex und in den meisten Altem Miniaturen,
sondern leicht und oft fein verschmolzen. Auch der
Faltenwurf überrascht manchmal, wie an der Schürze
des Mädchens, durch nalurgemässe Anordnung.
Missale in llobenfurt.
Das oft genannte, 1259 durch Vok von Kosen -
berg gegründete Cistereienser- Stift Hohenfurt besitzt
neben vielen wichtigen Kunstwerken auch eine reiche
Sammlung von Pergament-Schriften , von denen die
Mehrzahl der Regierungszeit Karl IV. nnd seines
Nachfolgers Wenzel IV. angehört. Ein Plenarium zeigt
höheres Alter und gehört bereits seit der Grllndungs-
zeit dem Kloster an. Mutmasslich war das Buch jenen
Geschenken beigefügt , welche Vok und seine Ge-
mahlin Hedwig Grätin von Schauenburg am Gründungs-
tage (10. Juni) dem Stifte gewidmet haben und es
scheint nneh zu diesem Zwecke eigens gefertigt
worden zu sein. Es enthält keine figürlichen Darstel-
lungen, sondern nur Kundverzierungen, welche von den
Anfangsbuchstaben (Initialen) auslaufen, bald der
Breite, bald der Länge nach die Blätter durchziehen
und mit schwarzen festen Linien ohne Anwendung von
Farbe gezeichnet sind. Die Ornamente haben weder
antike noch gut lasche Beimengungen und bewegen
sich genau innerhalb jener Architektonik, welche den
Charakter des romanischen Styles bildet. Dasselbe Ran-
kenwerk, welches die im Vysehrader Codex ent-
haltene St. Wenzelsfigur umzieht , sehen wir hier in
weiterer Fortbildung. Die SehriftfUhrnng sowohl, wie
die Zierlichkeit der Verschlingungen lassen in l'ber-
einstimmung mit den geschichtlichen Nachrichten die
Mitte des XIII. Jahrhunderts als Entstehungszeit an-
nehmen.
Da die Herren von Rosenberg an ihrem glänzenden
Hofe viele Künstler unterhielten und mehrere der
Hohenfnrter Pergament-Schriften urkundlich als Ge-
schenke dieser Dynasten bezeichnet sind , darf das
besprochene Werk mit allem Rechte als Leistung eines
Roscnberg'schen Illuminatore nnd als Landes-Product
angesehen werden.
Die Arabeske des Buchstaben P, in Fig. 37.
xxx r
Neben diesem Missale findet sieh
in der Stifts-Bibliothek noeli ein zwei-
tes Bilderwerk mit illuminirten An-
fangsbuchstaben, eine Lebensbeschrei-
bung des heil. Bernhard, von Herrn
Heinrieh Rasenberg im Jnbre 1-1 11
dem Stifte gewidmet. Die Initinlen
erscheinen /.war romanisch und alter-
thllmlieh , die Schrifttuhrung dagegen
verräth das beginnende XIV. Jahr-
hundert.
Die Jaromef er Bibel im hölimi-
s c h e n Muse u m in 1* r a g.
Unendlich höher als obiges, kaum
zur Hälfte betrachtenswerthes Bilder-
werk steht die sogenannte Jamme-
re r- Bibel, ein I'racht-Codex in Folio
von -i'.Mi Blättern. Das Werk enthält
keine selbständigen Bilder, aber sehr
viele Initialen, welche mit sorglältig
ausgeführten farbigen Darstellungen
versehen sind. Die Mehrzahl dieser
Bildchen steht auf quadratischem Gold-
grund von etwa 'J Zoll Breite und
Höhe: manchmal, wie im ersten Blatte,
finden sieh vier bis fllnf solcher kleinen
Bilder untereinander. Alle Contnren
sind mit schwarzer Tusche vorgezeich-
net und mit tiefen, dtkna aulgetrage-
nen Farben ausgefüllt. Von Vergoldun-
gen ist mässiger Oebrauch gemacht,
dafttr herrseht dunkles Blau, Ultra-
marin, vor. Der in Buchstaben und
Ornamenten eingehaltene Charakter
ist noch vollständig der romanische,
doch sieht man allerlei rein gothische
Einzelheiten , Baldachine , Fialen u.
dgl. zwischen gemengt, gerade so, wie
gelegenheitlich der spät-romanischen
Bauten , namentlich der Kirche in
Potvorov, dargelegt worden ist.
Die 1 v, bis 2 Zoll Indien Figur-
eben zeigen sich fein und in richtigen
Verhältnissen gezeichnet , die Falten
gut gelegt und sorglältig mit sehwar-
ichattirt , indem die Fehler mit dunkel-
rothen oder dunkelblauen Tinten ausgefüllt sind. Auf
dem Blatte Nr. ;>4<i hat sich der Maler abgebildet,
eine lange mit einem Mantel bekleidete Gestalt, welche
anf dem bärtigen Haupte eine l'elzmlttze und in der
Hand ein Sprachhand trägt, worauf die \Vi>rte: Bolinss
Lvtomcz pinxi.
Am Postament steht: anno MCCLVHH.
Der Maler, Namens Bohnfi oder Bohnslav, ent-
stammte also der Stadt Leitmeritz, einem schon damals
sehr bedeutenden Orte. Dieser BohnS scheint ein
Instiger Kauz gewesen zu sein, der seine besondere
Freude an C'arieaturen und humoristischen Darstel-
lungen hatte. Diese sind es, welche dem Buche unge-
wöhnliches Interesse verleihen. Die ganze Thierwelt,-
Vierfllssler. Vögel, Fische, Schlangen, Krokodile, selbst-
erfundenc Bestiaricn , Centaaren , Teufelslarven und
anderes tolle Zeug sind zu Hunderten eingeflochten
und mit den gewöhnlichen
Anfangsbuchstaben verbun-
den. Die Initiale I, welche
•las Bild des Malers ent-
hält, und ein gewöhnlicher
Anfangsbuchstabe C , auf
dessen Handverziemng der
böse Ruprecht, der Kinder-
fresser, angebracht ist, fin-
den sich in Fig. 88 und
Fig. .!«.» beigefügt.
Das ganze Werk ist
trefflieh erhalten: an meh-
reren Blättern ist mit etwas
späterer Handschrift ange-
merkt : iste über moiiasterii
jerimr. (Dieses Buch gehört
dem Kloster Jaromef.)
11:
Bilder-Bibel
in der fürstlich Loh-
k ow ic'sehen Biblio-
thek in Prag.
Ein eigentliches Bil-
derwerk ohne Text, beste-
hend aus IS" Quartblältern.
welche gewöhnlich durch
Linien in zwei Felder ubge-
theilt werden und leichte
Federzeichnungen enthal-
tet!. Die Illustrationen um-
fassen das alle und neue
Testament, die Apostclge-
schichte und die Offenba- tf^^ £
rung Johannis: am Schlüsse
ist noch eine bildliche Er-
läuterung der St. Wcnzcls-
Legenile heigetUgt.
Der Knustwerth dieser
Zeichnungen ist sehr ver-
schieden , wie sie auch ver-
schiedenen Zeiten angehö-
ren. Einige Blätter entstam-
men noch dem XIII. Jahr-
hundert und zeigen romanische Decorationen, welche in-
dessen auch eopirt sein mögen: der bei weitem grösste
Theil des Werkes lässt das vorgerückte XIV. Jahrhun-
dert erkennen. Jede Zeichnung wird durch eine am
Rande angebrachte lateinische Inschrift erklärt, hie lind
da sind Spruchbänder mit Bibelstellen und einzelne erklä-
rende Worte zwischen den Figuren eingeschaltet, auch
wurden von einer spätem Hand deutsche Noten hinzu-
gefugt. Die ersten Blätter, die Schöpfungsgeschichte
umfnssend, sind die gelungensten, aber auch schad-
haftesten: das vom Hause aus schwache Pergament ist
stark abgenützt, obendrein ist das Buch in die Hände
eines Puritaners gekommen, welcher in übertriebenem
Schieklichkeitsgefühl alle cntblössten Fleisch partien
ausradirte.
Nnr in einzelnen Zeichnungen sind Theile mit
Lasur-Farben ausgefüllt, z. B. die Heiligenscheine,
Kronen und Embleme gelb, die Rüstungen lichtblau,
die Kleider hervorragender Personen roth, grün oder
violett. Die meisten Blätter des neuen Testaments und
flg. 3f. fPmgO
der Apokalypse sind mit äiisscrstcr Nachlässigkeit, ja
Rohheit behandelt und ermüden zugleich wegen end-
loser Wiederholungen : einige Zeichnungen dagegen
überraschen durch sinnreiche Auffassung und zartes
LiniengetUhl. Sogleich das erste Bild dos ganzen
Werkes (Seite 1), die Finsterniss darstellend, zeigt eine
Anordnung, dass man, aligesehen von den sehr ver-
zeichneten Händen und Keinen, eine Ulehtige Schule vor-
aussetzen niuss. Nicht mindere Anerkennung verdient
die Gestalt der zwischen ihren Mördern zusammen-
sinkenden heiligen Ludmilla.
Auf dem letzten Blatte hat der Maler sein eigenes
Bildnis* in kniender Stellung angebracht, diesem gegen-
über steht auf einem kleinen Postamente die Figur der
heiligen Katharina. Auf einem Spruchbandc liest man
die Worte: Sea. Katerina exand fatnulu tu vellizIaQ.
Der Illuminator war also ein Rühme Namens Vc-
lislav, ob Münch oder Laie, litsst die Tracht nicht genau
erkennen ; doch sprechen die grosse Kibclkundc und der
Umstand, dass der Maler einem Heiligenbilde gegenüber
kniet, eher für den geistlichen als weltlichen Stand.
Die Schritt ist jene scharfe Fractur-Minnskcl , mit
welcher die meisten Urkunden des Kaisers Karl IV.
geschrieben sind , und die von circa 1200 bis 14<)0
üblich war. Diese Bilderbibcl, welche im Ganzen dein
vorgerückten gothischen Style angehört, wurde hier nur
aus dem Grunde eingereiht, weil alle Geschichtforscher
sie den früheren Kunstwerken Böhmens beizählen,
obwohl sie nur einzelne romanische Bilder enthält. Die
auf dem eisten Blatte des Buches erscheinende Darstel-
lung der Finsternis», zwei Kinder
welche aneinander leimend ins
Dunkle binausgreifen, ist in Fig. -i"
wiedergegeben.
Miniaturen des Präger Dom
seh atze *.
Kaiser Karl IV. war nicht
allein der giüsRle Förderer ein-
heimischer Kunst, sondern auch
ein uuermlldeter Sammler, dessen
Bestrebungen fortwährend auf Ver-
herrlichung des, durch ihn erbau-
ten Domes gerichtet waren. Bei
seinen vielen Ueisen und diploma-
tischen Verbindungen hat er man-
cherlei äusserst seltene Kostbar-
keiten erworben, deren Ursprung
nicht mehr ermittelt werden kann,
was namentlich von den meisten
Pergament- Schriften desDomschat-
y.cs gilt. Da diese Werke ohne
Zweifel grossen Kinfluss auf die
böhmische Knnsteutwicklimg gettbt
haben, dürfen die hervorragenden
uicht Übergangen werden, als:
I. Kin Evangeliar in Quartfor-
mat, III) Blätter stark, ganz mit
Goldbnchstaben geschrieben und
mit neun Minintur-Kildern ausge-
stattet. Die Bilder stehen auf Gold-
grund, Rind mit starken schwarzen
Contttrcn vorgezeichnet, mit Deck-
farben illuminirt und die Lichter
weiss erhülit. Jede Darstellung ist auf einem besondern
Blatte befindlich, alle gehören dem neuen Testament an,
als Geburt Christi, Einzug in Jerusalem, die Frauen am
Grabe, Himmelfahrt Christi und Ptingstfest; dann die
Bilder der vier Evangelisten. Die Behandlung ist hart,
roh byzantinisch, die Vergoldungen aber glänzend. Vom
ehemals kostbaren, aus Metalldeckeln bestehenden
Kinband hat sich nur die etwas defeete Vorderseite
erhalten. Die Arbeit scheint italienischen Ursprungs und
dem XI. Jahrhundert angehörend.
2. Ein zweites Kvaugelien-ßuch mit L'41 Pergament-
blUttera und einem in Elfenbein geschnitzten Deckel
von spät-römischer Arbeit, ebenfalls mit Goldbnchstaben
geschrieben. Im Vergleich mit dem vorbeschriebenen
sind Ausstattung und Decorationen viel gesebmaek-
nnd prachtvoller, auch mannigfaltiger, die Figuren aber
bedeutend roher, fast ohne nlle Formgebung. In den
Ornamenten ist der romanische Styl noch nicht vollstän-
dig ausgesprochen, wie es in den alt-italienischen Minia-
turen vorzukommen phYgt. Die Ausführung zeigt das
beginnende XII. Jahrhundert an.
3. Ein drittes, dem vorigen in Bezug auf Anord-
nung sehr ähnliches Kvnngcliar in Folio , in welchem
die Pracht der Vergoldungen und oraamcntislischcn Aus-
stattung aufs höchste gesteigert ist. Auch sind die lang
gezogenen Figuren bedeutend besser gezeichnet, hie und
da verräth sich offenbares Streben nach Bewegung und
Ausdruck. Jedem Evangelium ist eine Darstellung des
Evangelisten beigefügt, dann folgen geschichtliche Bilder,
den betreffenden Text erklärend.
XXXIII
>i> enthalt das Evangelium des heil. Matthäus <lif
Siiimmtafel Christi , ferner Geburt, Anbetung, Taufe,
Versuchung, VerklKrnng nnd Einzug in Jenuta lern, in
hergebrachter Kcilienfolge. Die Einleitung geschieht
il n rcli die Worte: „luitium Sajieti Kvnngclii sceuudum
Matthaeum* 1 , welche in grossen Goldlmchstahcn das
Bild den Evangelisten umgeben. Überall sind Medail-
lons mit Figuren , Spruchbänder , Rankcnwerke und
Bestiarien zwisehengemengt.
Im Evangelium des heil. Maren« sieht man deu
Tin* der Herodias und Johannis Enthauptung, deu
Fischzttg, die Frauen am Grabe, Auferstehung und Him-
melfahrt. Wie dem heil. Matthäus ein Engel da* Huri)
halt, verrichtet hier ein aufgerichteter Löwe diesen
Geschäft.
Das Evangelium deH heil. Lucas enthält: Verkün-
digung, Heimsuchung, Darbringung, Ptingstfest u. h. vv.,
ferner das Bild des Evangelisten in Ähnlicher Anord-
nung.
Dem Evangelium S. Johannis sind neben deu erklil-
renilen biblischen Bildern zwei grosse geschichtliche
Darstellungen beigeschallet : das eine enthält die Schö-
pfungsgeschichte, das andere eine allegorische Kaiser-
krömtng Herzogs Heinrich des Löwen. Dieses letztere
Bild hängt mit einem fernem, das Buch einleitenden
Widmungsblatte zusammen, nuf welchem die Bildnisse
Heinrich'* und seiner Geiualiu Mathilde als Donatoren
angebracht sind. Bei weitem als wichtigste aller Dar-
stellungen erscheint das Krönnngsbild , welches in ans
gesprochener Hoffnung, es werde der bildlich angedeu-
tete Vorgang demnächst Thatsache werden, angefertigt
wurde. Neben Herzog Heinrich stehen seine Kitern nnd
Grosseltern, Kaiser Lothar und Kicheuza, Heinrich der
Stolze und Gertrndis, neben der Herzogin Mathilde ihr
Vater Heinrich II. von England und ihre Mutter, eben-
falls Mathilde geheissen. Allen Personen sind die Namen
hcigelUgt und in der Vorrede werden nicht allein die
Stifter, sondern auch der Schreiber mit folgenden Keimen
angeführt:
Aurea tcutatiir Imee si pngi'lln le>Mtiir
Cliristn devotus Heiiricus ilux i|iiia l..tn»
( um con.iorto tliori uil praoliilir ejus «muri.
Bunt' »tirpa reiralia, Iiniic edidit iuiperialbi
Ipsc nepo» Kamli rtnlitlit eni Anilin »oli
Mittere Mutliilitaiu sotiolt-ui ipiae irii^ iit<i«*t il It« tu
l'i r «|iiani pax f'lirt»ti pMtri«ei|iie «»jus «llitin i-ti
li«c opus Hiictori» par nobile junxit nmoriit
Njiiii vixere Imni virtiites int omni» pruiii
l.ar^j uiiiiiu» (pioruni siiperatis beiietaeta piioiiiiu
Exüilit lianc urbi'in Inipouir 411111t l'uina per orlx-in
Nacri«. »anetormn, cum relijrjone bonorum
TcuiplU ornavit ae, muri« auiplilieavit,
liitcr «piac, Christi*, bilden» aiiio über inte
Olferoir rite »pe perprtiuic vitae
Inier intorum consurtia pars sit eorum
Dielte iihiic nori. narrsnten |M>mciitati
Kn, HelvaruYiiw Corrach» II patre jnboiite
Devota iiiente ilueia Imperium patente
l'etre im tuuiiaelii Uber lilc e*t hibor lleriiuiiiiiii.
Man sieht, diese Vorrede sowohl wie auch das
ausführlich geschilderte Ccmüldc Huldigungen enthal-
ten, welche dem mächtigen Hanse der Weifen darge-
bracht werden, und zwar in einer Zeit, als Friedrich
Barbarossa die Niederlage bei Mailand erlitten hatte.
Damals erhob die Weifen -Partei stolz das Haupt ■ man
glaubte mit Sicherheit, es werde dem Herzog Heinrich
die deutsche Kaiserkrone zu Theil nnd in dieser Voraus-
setzung wurde das Krönnngsbild gemalt. Hiedurch wird
die Entstehungszeit dieses fllr die mittelalterliche Kunst-
geschichte Hnsserst wichtigen Miniatur- Werkes bis anf
einige Jahre sichergestellt ; das fragliche liauptbild
wurde gemalt nach der Schlacht von Legnano (117**0
und vor Ächtung des Herzogs (11*0), die Ausführung
des Ganzen hat Übrigens mehrere Jahre in Anspruch
genommen.
Das Kloster Helwardcn, welches in der Vorrede
als Ort der Ausführung genannt wird, ist zwar nicht
genau ennittelt, durfte indess trotz mancher dagegen
erhobener Zweifel doch Hilwarteshansen an der Weser
im Brannschweigischeii sein. Obgleich ein Nonuenstift,
konnten immerhin Abte Vorsteher gewesen sein, wie
dieses unter andern in den Präinonstrntenscr Nonnen-
klöstern Doxnn und Louniowic der Fall war. Unter allen
deutschen Miniatur-Werken des XII. Jahrhunderts wird
schwerlich eines an Farbenpracht und Keichthum Uber
diesen Codex gestellt werden können, welcher auch
in geschichtlicher Hinsicht als höchst bedeutungsvolles
Denkmal anzuerkennen ist. Über den Illuminator Heri-
uiHini ist keine weitere Nachricht zu finden, auch kein
anderweitiges Werk, welches ihm zugeschrieben werden
könnte.
Toreutik und Kleinkünste.
Von den verschiedenen Zweigen der Kleinkünste
mUssen wir zuerst der vornehmsten, nämlich der Gold
sehmiedekunst als eines von weltlichen Meistern betriebe
nen Geschürtes erwähnen, leider haben sich nur wenige
Denkmale davon erhalten. Münzprägung und Stempel
schneiden wurden ebenfalls von den Goldschmieden
gctlbt und gelaugten schon im XI. Jahrhundert zn aner-
kennenswerther Blllthe. In späterer Zeit, unter König
Wenzel IL, wurden um 1300 zur Durchführung eines
geregelten MUiizwescns und glcichmässiger Prägung drei
MUuzmeister nus Florenz verschrieben nnd in Kutten-
berg die HauptmönzstUtte eingerichtet , nachdem sie
bisher in IVag gewesen. Im Jahre 1Ü07 wird Driloth
(dreiloth) als Mttnzmeister genannt, auf welchen Eberliu
oder Eberhard , welcher sich um die Gründung der
liebender St. Gallns-Kirche angelegten Prager Neustadt
grosse Verdienste erworben hatte , als königlicher Vor
steher des Mltnznmtes folgte.
Die alten Siegel nähern sich den Münzen, sind
aber derber gehalten. Das früheste Prager Stadtsiegel
mit der Inschrift: Sigillnm civium Pragensiuni de nova
civitate, rührt aus der Zeit des Königs Otakar IL her,
darauf ist der heil. Wenzel mit Sehwert und Schild dar
gestellt.
Künstliche Gewerbe, wie Drechslerei, Schlosserei.
Herstellung feiner Waffen und Musik-Instrumente, Gla-
serei und ähnliche Geschäfte scheinen neben den Klöstern
nur in Prag geblüht zn haben : von hier ans wurde das
ganze Laud mit den betreffenden Erzeugnissen ver-
scheu. Auch der Handel war in Prag Concentrin und
befand sich grösstenteils in Hilnden deutscher Unter-
nehmer und der Juden, welche letztere seit nicht zu
bestimmender Zeit in Böhmen wohnten. Die fremden,
/unliebst deutschen Kaufleute wohnten und hatten ihre
Niederlagen im Kaufhofe, welcher sieh bei der gegen
wartigen Teinkirche ausbreitete. Dass hier auch gewisse
Artikel , nach . welchen lebhnftc Nachfrage stattfand,
durch eingewanderte Handwerker gefertigt wurden und
XXXIV
überhaupt grosser Reiehthnm in Prag zusammenströmte,
»riebt Cosmas sehr bestimmt nn ■.
Glockcngitss wurde in der zweiten Hälfte des
XIII. Jahrhunderts in Prag betrieben, wahrscheinlich
auch der Ziun- und BleigiiSB, wie wir nach der ausser-
«irdentlichen Verbreitung, welche diese» Gewerbe in
späterer Zeit gewann, mit Hecht voraussetzen dürfen.
Wirhaben zwei altcrthüniliche Madonna-Statuetten anzu-
führen, welche an den Kirchen St. Maria zn Alt-Banzinn
und St. Jakob in Jific bei Seelan getroffen werden:
letztere» Bild besteht aus Blei und zeigt bei schwacher
Zeichnung richtige Verhältnisse, das andere aber aus ge-
mischtem Metall (wahrscheinlich Zinn mit Behr geringem
Kupferznsatz) ist scharf ausgeprägt, in den Falten gerad-
linig nnd von edler Gcsicht!«bi|diing.
Thunbildncreicu und Tcrraenttcn älterer Art sind
bisher nicht entdeckt worden: die Fussbodenplatteii in
Klingenberg und einige in Burgruinen aufgefundene
Ofenkacheln gehören bereit» der vorgerückten Gothik an
uml hissen nur der Vcmiuthung Kaum, dass dergleichen
Arbeiten frühzeitig im Lande gefertigt wurden seien.
Kunstreiche Thongefasse, welche schon im hohen Alter
thmn als Haudels-Artikel durch die Welt gingen, lassen,
wenn nicht die Beschaffenheit der Enlart Aufschluss gibt
(wie bei den aus saniischer Knie geformten Vasen), nicht
leicht erkennen, wo sie angefertigt wurden. Die meisten
der in Böhmen aufgefundenen mittelalterlichen Gelasse
sind Krüge; sie entstammen zum grössten Theil dem
XVI. und XVII. Jahrhundert, sind aber Nachahmungen
alter Vorbilder, wie denn die Gestalt der noch im Anfang
des vorigen Jahrhunderts «blichen Apostel-Krüge offenbar
romanischen Ursprunges ist. Glacirte und unglacirte Hen-
kclkrllge und Flaschen, verschiedenartig ausgebauchte
Wasserbehälter und Sehltsseln von Steingut oder feiner
Thonerde wenlen, jedoch nur äusserst selten , auf dem
Lande angetroffen: sie unterscheiden sich in Form und
Ausführung nicht von den in Deutschland hättlig vorkom-
menden demselben Zweck gewidmeten Geschirren ».
Wie mit der Thonbilduerei verhält es sich mit der
Holzschneidekunst : einige Oncifixc von mittelmässiger
Ausführung abgerechnet, werden sich schwerlich bedeu-
tende llolzarbeilen aus dem XII. oder der ersten Hälfte
des XIII. Jahrhunderts auffinden lassen. Kino lebens-
grosse Marien-Statue in der Pfarrkirche zu Graupen und
die Beste eines Altaraufsatzes in der Heil. Geist-Kirche
daselbst, welche als hochalterthllmlieh gelten, sind so
stark reparirt und Übergoldet, dass kein genaues Urthci)
möglich int. Letzteres Gebilde scheint älter, ist auch feiner
durchgebildet und dürfte dem Schlüsse des XIII. Jahr-
hundert« angehören. Die Madonna trügt die neu aufge-
malte Inschrift lH4.j, hat etwas derbe Formen aber
richtige Verhältnisse. Ans dieser Zeit findet sieh einiges
in der Stiftskirche zu Ruudnie.
Fast unbegreiflich erscheint, dass von den vielen
Altären des frühem Prager Domes, deren mau nicht
weniger als 47 zählte nnd von denen doch eine grosse
Anzahl aus Holz aufgebaut war, nicht die mindesten
Beste gerettet worden sind, während in den oftmals abgc-
1 S6 lÜAit CiimrtJ, jia^. l k >, -tlo flirolln UlMparg, Goa*MLu d M » Kn&raH
v u Urtivit, lll»»r l*r*g utu- Jahr J'-iw j(-r*<tie», la«l»m ^^* liirrit Ocmaiil «um
li'dlUIC »uirord<rtl „IM JuJil «Urs tt aramt» |.)eai.flnil , i Ii o «rill 8«l.t0
i.^MUl:rcf dlil>5iml. IM nioacurfl opnk«il>»l«-.i, Hl f..nn=. lu «in j,ra.-da
und«»» • ur.erhabiii.d»! lull nulitili.it,- Man .i.ln. Ouu« Im Bichl an
* Elrio «lafthendc Würdig*»« dar tiiitlrlaltorUrhrn ThoagefU»«. wrdrli«
ia Jit nc-uangt tr tfte» *oo Laniia'»»l4cm Sasjntlutiif durch, die j>7«cnivf.lt#(*B
I.KTii|.l*re Tcnrtirn und. I|»(i «u»«rtu!l> dor hier Turgitalchm im Uraiuiiii.
bramiten Städten: Eger (hier eine vorzüglich schöne, von
K u gl er schon in seinen kleinen Schriften hervorgehobene
Madonna), Granpen nnd Kaudnie mehrere Werke allen
Stürmen entgangen sind.
Eingelegte Gcräthschaft ei), deren Grund aus dunkeln
Hölzern besteht und die mit Elfenbein, Perlmutter, Gold-
und SilberfUdeu nach Art der Emails ausgestattet sind,
werden zwar in allen Sammlungen getroffen, doch mögen
kaum einige wenige Stücke bis in das Zeitalter Karl IV.
hinaufreichen. Es gilt hier, was von den Gelassen
gesagt wurde: die alten Formen erlitten mehrere Jahr-
hunderte hindurch keine, oder nur unmerkliche Änderun-
gen, weshalb manches Gebilde ein hochalterthümliches
Ansehen hat und doch einer verhältnissmflssig späten
Zeit entstammt.
Einheimische cniaillirte runde Arbeiten werden w eder
von Schriftstellern angeführt, noch sind dergleichen be-
kannt. Byzantinische, kölnische und später französische
Emailwerke gelangten mehrfach nach Böhmen, zumeist
in den Präger Domschaiz. Wegen des grossen und nach-
haltigen Einflusses, welchen die Kunstwerke und Kost-
barkeiten dieses durch Karl IV. gegründeten Schatze«
auf das ganze Land Übten, darf die Erwähnung einiger
besonders wichtiger Gegenstände hier nicht unterbleiben,
obgleich deren ausländischer Ursprung erwiesen ist i.
Der Sa l<> mo n 'sehe Leuchter.
Nicht in der Schatzkammer, sondern in einer Seiten •
Capelle des Domes befindet sich ein aus Erz gegossener
Untersatz eines Candelabers, welcher aus der mailän-
dischen Siegesbeutc herrühren und von den böhmischen
Bnroncn, die mit König Vladislav sich 11:V* am Feld
ziige gegen die italienischen Städte betheiligt hatten,
dem Dome verehrt worden sein soll. Andern Nachrichten
zufolge hätten die Mailänder den fraglichen Leuchter
dem Bischof Daniel von Prag, Kaiser Friedrich I.
gewandtem Diplomaten, wegen Vermittlung des Friedens
zum Geschenke gemacht.
König Wenzel TV. liess den Candelaber im Jahre
l.'iD'i auf eine Platte von weissem Marmor stellen und
am Bande folgende Inschrift anbringen: .fslnd est cau-
dalabnmi de temjdo Salomoiiis iu jhcrusalem vi annata
reeeptnm iu Mediolano per dueem et Barones Boemie.
A. I). MCfCXCV. hie locatum- 4 .
Die Bezeichnung „Salomou'Beher Leuchter- 4 schein,!
demnach schon aus einer Zeit zn stammen, als die
Beliqnie noch iu Mailand befindlich war; dass ihr ein
hoher Werth schon damals beigelegt wurde, erhellt aus
den Umständen, wie sie an den Dom gelangte, mag nun
die eine oder andere Nachricht die wahre sein.
Die Grundform ist dreieckig und es stellt sich das
Ganze als vielverschlnngenes Geflechte von Menschen-
uml Thiergcslaltcn dar, welches von drei krokodilartigen
Bestien getragen wird. Die Leiber dieser Thiere laufen
in Arabesken ans und halten zusammen den Schaft des
abhanden gekommenen übertheils. Auf jeder Seite in der
Mitte thront eine menschliche, römisch eostümirte Figur
auf den Arabesken und hält sie fest, andere Figuren
reiten auf den Krokodilen und spielen mit Löwen, welche
aus dem Schafte hervorbrechen. Auf den ersten Anblick
glaubt man ein spät -römisches Bildwerk vorsieh zu haben.
* Imn Dr»m»cliitz In Cr«* hat der Uorhveriilenr« ArrhS.'loge I»r F llrcL
ia .1.0 IhaMirailonrn dur k k l'eiotral-l '»tiiinliMen au.ffinriieli N.rhr-i.»« -n
IMi.aii« ),H«r Mrtm «Ii l»>: einhält «irnc« Hl«»*» m i.»i» i.«-r.
Ariia.l.
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XXXV
Tracht, Anordnung und Technik unterstützen diese An-
weht: bei näherem Eingehen jedoch gewahrt man allerlei
mittelalterliche Anklän^o , welche an die ans der Ka-
rolinger Zeit stammenden Gcrälhc, z. II. den Tassilo-
Kelch und die Leuchter in Kremsmünster, erinnern.
So int die Behandlung der langgezogenen Acnnthus-Blät-
tcr, die am Schaft hinaufziehen, nicht mehr römisch:
die Bestien -Mahnen laufen in eine Art Eck-Bossen ans,
und die Unruhe de» (.tanzen, verbunden mit den aben-
teuerlichen Verschlingungcu, widerstreben der selbst
im Verfalle noch gemessenen autiken Knnsttlbung. Hin-
weisend auf die Analogien , welche namentlich die
ebenfalls von drei Bestien getragenen Tassilo-Leuch-
ter bieten, dürfen wir in dem Salainon'sehen (Kande-
laber ein Kunstwerk de» VII. oder VIII. Jahrhunderts,
wahrscheinlich byzauliuiseheu Ursprungs, erkennen. Da
da« Werk bereits 1 1<!2 als uralte Reliquie bezeichnet
wurde, scheint Kugler's Annahme, dass sieh die Ent-
stehung aus dem Anfange des XI. Jahrhunderts schreibe,
kaum haltbar.
Pnlkawa, welcher um i;J70 auf Befehl des Kaisers
Karl IV. eine Chronik schrieb, und der um einige Jahre
Ältere Dalimil, der Verfasser einer böhmischen, frühzeitig
ins Deutsche Übersetzten Heimchronik, erwähnen diesen
Leuchter; der erstere mit den Worten:
I)y beinin worin <li crutiii in der ?it.it.
ei imiiK'ti do "Ii bestin rleiuot,
noch stet ein fm obir präge reo wnt veit
den diu« ein che rznb geit.
man jfhiubt dar er von Sulomnnx tcmpcl knmen
den du dy meibnir mimen, etc.
Nach den Uiitersuchiingen des Bildhauers Zieh-
Innd, welcher im Jahre 1851 den Leuchter für den König
Friedrieh Wilhelm IV. von l'rcusscu abformte, besteht
die Metalluiischuug ans fünf Theilen Kupfer und einem
TheilZinn, ohne andere Beigabe; ein Verhältnis», welches
dein beutigen Kanoueumetall ziemlich entspricht.
Die Rolandshßrner und einige Kunstwerke
des Donischatzes.
Im Doiusehatze werden zwei jener seltenen Elfen-
bciiihömer verwahrt, welche man jetzt Oliphantc oder
Rolaudshörncr zu benennen pflegt und die schon zu vielen
gelehrten Discussiouen Anlas» gaben. Die durch den Ele-
fantenzahu vorgezeiehnete Form wurde beibehalten und
durch Ornameiiten-Streifen, auch tigtlrliche Darstellungen
verziert, wobei gewöhnlich Anspielungen auf die Jagd
eingefloehlen sind, welche den ursprünglichen Zweck
erratheu lassen. Aachen, Upsala und Angers sind im
Besitz vorzüglich schöner Oliphante, minder bedeutende,
zum Theil auch aus Büffelhorn gefertigte trifft mau an
verschiedenen Orten.
Wo Kaiser Karl IV. die beiden Horner erworben
habe, wird nicht erwJihnt, wahrscheinlich geschah dieses
während des ersten Römerzuges. Das grössere und reicher
verzierte Horn ist in vier, den Körper <|iicr umziehende
Streifen abgelhcilt; oben zunächst am abhanden gekom-
menen Mundstück sieht niaiiMednillons mit Thierkämpfen,
in der zweiten Reiho ein Viergespann, dann Hunde, welche
Hasen und Rehe verfolgen, iu der untersten Reihe Medail-
lons mit Centaaren und derlei Gestalten. Jeder Streifen
ist eingefasst durch Rundstähchen und fortlaufendeOrna-
mentc vou Pctereilienblättern, Schlangeneiern oder ähn-
lichen Bildungen.
XVII
Das zweite Horn ist einfacher und vorwaltend mit
Bandversehlingungen decorirt, iu deren Mitte ein land-
schaftliches, mit Reitern ausgestaltetes Relief sichtbar
wird.
Die Ausführung beider Horner gleicht sich, sie ent-
stammen einer und derselben Zeit. Das Relief betrügt an
den tiefsten Stellen nicht mehr als I « , Linien, die Zeich-
nung ist roh nutikisirend, die Modeiiirang leicht, sodass
das (tanze mehr einer gepressten als geschnitzten Arbeit
ähnlich siebt. Die Anordnung der Streifen und die Ab-
wechslung der Medaillons mit durchlaufenden Bildern
verriith grosses Geschick, auch ist die natürliche Form
des Zahnes verständig benutzt.
Am unteren Ramie des grössern Humes gewahrt mau
ein häutig angewandtes, der byzantinisch-romanischen
Kunst eigentümliches Pflanzen-Ornament, bestehend aus
einem gewundenen fortlaufenden Stempel mit zurück-
gebogenen dreitheiligen Blättern; eine Decorntion, welche
iu Miniaturen bereits im X. , an Bauwerken mit dein
Anfang des XI. Jahrhunderts i in der Kry|»te der Schloss-
kirche zu Quedlinburg) auftritt und bis zum Schlüsse der
romanischen Periode beibehalten wird. Dieses Ornament
und auch die Bnndverziernngen geben einige Anhalts,
punkte für die Zeitbestimmung, auch ein artisehocken-
artiger Baum auf dem kleinem Home darf nicht übersehen
werden.
Sind diese Hiirncr in Frankreich oder Italien gefertigt
worden, wie mehrfiiltig behauptet wird, so erklärt sieh die
vorwaltend antikisiremle Zeichnung von selbst, denn in
diesen Ländern lebten die antiken Traditionen lang fort
1 wurden nicht einmal durch die Gothik ganz ver-
drängt. Demnach wäre mau berechtigt, die Arbeiten dem
XI. Jahrhundert zuzuschreiben, womit jedoch nicht die
gleichzeitige Entstehung der Oliphuntcu ausgesprochen
sein soll.
Das Horn zu Aachen, vor allen durch Einfachheit
ausgezeichnet, soll Karl der Grosse geführt haben; es
scheint das älteste zu sein. Durch sorgfältige Arbeit
zeichnet sich das im Museum zu Angers befindliche Horn
aus, dessen Relief auf U' t Linien Uber dem Grund ange-
geben wird«. Die angebrachte Darstellung ist ebenfalls
eine Jagd Scene und zwar eine Löwenjagd. Merkwürdig
ist, dass hier ein scharf charakterisirter Xegcr nnd auch
ein Kameel (wohl Erinnerungen ans den Kreuzztlgen >
vorkommen. Auf welche Weise das Kunstwerk aus der
Kathedrale, wo es in früherer Zeit aufbewahrt gewesen,
au das Museum gelangte, weiss P. Corblet nicht anzu-
gehen; wahrscheinlich fand die L'ebertragung während
der Revolutions zeit statt.
Nächst diesen Gegenständen verdienen ein enmillirtcs
Reliqniar und das Schwert des heil. Stephan I. von
Ungarn al« wichtige romanische Kuust-Produete hervor
gehoben zu werden. Das Reliquien-Kästchen (kölnische
Arbeit) hat die Form einer Tutnba und zeigt auf blauem
Grunde leichtes Rankenwerk, an den Seiten Metall-Figür-
chen, die Apostel in streng typischer Weise darstellend.
Wichtiger erscheint das Schwert, welches in einem alten
Inventar mit den Worten angeführt wird : „item gladius
saneti Stephani, regit« Hungariae cum mauubrio eburen".
Der noch wohlerhaltene elfenbeinerne Handgriff ist mit
' AI.MC.il.Ui und O. FautlrUr Ihrllan In dir tum. d< l'»n «hrt.
tScu, IBIiS, I, s«, »iai- Abbildung uad llrwhrotbuiie; da» Honte» T*a Augen nn.
P. Cortilec uhlan itart, . lagri-.eoden Unioriucl.uiiieca dati dortigru uiljibanl
i>ub«<lliift ab i**iUuTh. und Mhrtal »eine Aaiirbl av>raJle avadetmea tu «uJIcn.
Iu Heins auf die la Prag toflodln-heu «Ird «l<h aVieeo dleju Utiiaupiuiif
nj.wci.i u ein Ire«! iaJ«:*r t.i,«»»ii «rli«b->i lacuu-
(
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XXXVI
Bandverschlingungen und Thiergestalten geziert, welche
im Vergleich mit den Ornamenten der Rolandshürner
eine etwas jüngere Zeit beurkunden.
l'nter den verschiedenen Cruiifixe«, welche bei
Gelegenheit einer zu Prag abgehaltenen archäologischen
Ausstellung bekanut wurden, zeichnete hielt ein im Pri-
vatbesitz befindliches, etwa li> Zoll hohes liildwerk
aus, welche* von Bronze gegossen, mit dem Relief von
st. Lazarus, in seine» Formen übereinstimmte.
Das Goldkreuz zu Ho henfurt.
Uns Cistercicnserstift Hohenfurt darf sieh rtthmen,
eine der schönsten Leistungen zu besitzen, welche die
Goldschiuicdekunsi je hervorgebraeht hat; niimlich ein
schweres, theils aas vergoldeten Silberplatteu, theils
aus reinem Golde gefertigtes Kelii|nienkreiiz, welches
Herr ZaviS von Falkeusteiu aus dein Goschleehte der
Rosenberger dem Kloster verehrt haben soll. Nach einer
zweiten Nachricht wäre Heinrich von Rnsenhcrg der
«Jeher gewesen, welche Nachricht von dem gelehrten
Stiftsbibliotbeknr I'. Rudolf A. Rang dahin berichtigt
wurde, das* Heinrieh von Hohenberg das bereits im
Stifte vorhanden gewesene Kreuz ums Jahr 1410 habe
Hinarbeiten und zu einem Vortragkren/, einrichten lassen.
In der That zeigt das beinahe drei Fuss hohe, zum Auf
schrauben auf einen Stab eingerichtete Kreitz mehrere
gründliche i'berändernngen und ist in den Hauptbestaml-
theilen viel älter als die auf Heinrich bezüglichen Daten.
F.s besteht ans doppelt tlbereiuaniler getilgten Hatten,
zwischen denen Kapseln mit Reliquien aufbewahrt sind:
dabei ist das Ganze reich mit Perlen, Kdelstciiien und
l'.inail Bildern (cmnux iloisonneV) verziert und an der
Vorderseite mit einer bewunderungswürdigen Arabeske
Uberdeckt. Diese im blühendsten romanischen Styl
gezeichnete Arabeske gehört der ersten Hälfte des
XIII. Jahrhunderts au und scheint italienische Arbeit zu
sein ; die Kumils und Relit|uieu-('npsclu tragen griechische
Inschriften und sind byzantinischen Ursprungs; dann
erkennt mau noch zwei Restaurationen, eine spät-gothi-
sehe. durch welche die Hatten ihre gegciiwiirtige
iiussere Form erhielten , und eine im Kcnaissancc-Stvl
gehaltene, welche letztere glücklicherweise auf Neben-
sachen beschränkt blieb. Ob ZaviS , der in allen
Ländern Verbindungen unterhielt, das Ganze in seiner
ursprünglichen Beschaffenheit in Venedig oder Con
stantinopel angekauft hat. oder ob die Kinzehiheitcu im
Handelswege nach Böhmen kamen und von einheimi-
schen Goldschmieden zusammengefügt wurden, lässt
sich unmöglich bestimmen. Die spittern Umarbeitungen
geschahen ohne Zweifel in Böhmen.
And e r w e i t i g e Goldarbeiten.
Hier sind einige Rcliquiare in Tafelform und
Büchcrc iubände zu verzeichnen, getriebene Arbeiten von
vorwaltend linearer Decoration. Von zwei grossen Reli
<|iiientafeln im Stifte Strahov ist die eine mit gothischen
Musswerkeii verziert und gehört offenbar dem XTV. Jahr-
hundert au, die andere enthiilt ein zwischen Streifen ein-
gcllochtcnes Blattwerk, seh, int be<lentend älter und ist
ganz mit der Punze in ziemlich unbeholfener Weise
getrieben. Die Blicht rdcckel sind meist durch Kdelstein-
uud P< rlen - Einlagen gesehtnlickt ; w obei die einzelnen
Juwelen mit rosettenartigen Einfassungen zwischen ein-
fachen Linien eingepnsst wurden. Ähnliehe Behandlung
zeigt auch eine sehr grosse Relit|uie»tafel auf einem
Seit -n-Altar des l'ragcr Domes. Höchst hemerkenswerth
erscheint ein in der Kirche zu Libun befindlicher silberner
und vergoldeter .Messkelch, nicht allein wegen seiner
alterthUuiliehen Form, sondern auch wegen des isolirten
Vorkommens in einem abgelegenen H'arrdorfc-.Die Unppc
ist weit gebaucht und ziemlich hoch, daher eher einem
Mess- als Speisekelch angehörig, der Fuss sechsseitig,
eben so der den Schaft abtheilende Knauf, und die ganze
Form bei Maugel jetler Decoratton sehr harmonisch und
lein gezeichnet. Libun, zu der Herrsehart Gross-Skal
gehörig, ist eines der ältesten Dörfer im nordöstlichen
Böhmen und liegt zw ischen Turnau und Jitin.
Die siimmtliehen hier aufgezählten Arbeiten dürfen
als einheimische bezeichnet werden. Hingegen lässt sich
Uber verschiedene in den Stiften Tepl, Osseg, Sazava,
Seelau, untl namentlich über die in Sammlungen befind-
lichen Unklarheiten und toreutisehen Werke kein sicheres
L'rtheil bezüglich tler Entstchungsorte fällen.
Decorntive Künste.
Der F.maillir Kunst, insofern sie iu Verbindung
mit Gcfässen oder runden Gebilden auftritt, ist bereits
gedacht worden: es scheint nicht, dass sie im Lande
geübt wurde. Kinige Stellen der alten Chronisten lassen
sich zwar auslegen, als sei die Glasmalerei sehr früh
betrieben worden, «loch fehlt es an näherer Begründung
und vor allem an erhaltenen Beispielen. Die von dem
Fortsetzer des Cosinus erwähnten gemalten Doin-
fenster, welche Bischol Johann III. hat fertigen uml
li'Tli aufstellen lassen, gingen in unbekannter Zeit zu
Grunde. Sie stillen Darstellungen aus dem alten und
neuen Testamente enthalten haben. Wo diese Malereien
ausgeführt wttrdcu, ist nicht angegeben.
Musivische Arbeiten monumentaler Art sind bisher
nicht aufgefunden worden . selbst das Vorhandensein
von Fliessenbelegen muss nach dem Stande, vielmehr
Maugel, tler Ziege Ifabrikation bezweifelt werden. Der
eingelegten Gerätschaften wurde im Abschnitt To-
re utik gedacht.
Dagegen war die Kunst des Niellirens sehr ver-
breitet , blieb jedoch meist auf «las Ornuincnten-Fneh
beschränkt: einige figürliche Darstellungen, welche an
Reliiptiaren und Gelassen vorkommen, erreichen nicht •
die Höhe tler gleichzeitigen Miniaturen.
Arbeiten texliler Art kommen nicht selten vor, so
im Träger Domschatze, in mehreren Stiftskirchen, auch
in Pfarreien und Sammlungen. Casulen , Dalmatikcn,
Mitren und andere priesterliche Bekleidungsstücke, meist
mit Seide gestickt untl aufs mannigfaltigste mit (Sold.
Juwelen uml aufgenähten Decorationen versehen, finden
sich am häutigsten: auch sieht man Altardeeken, Anli-
pendien und ähnliche Gegenstände, die allerdings von
ehemaliger Farbenpracht und schöner Anordnung
zeugen, aber im besten Falle sehr verblasst sind.
Das grossartigste Werk dieser Art besitzt die
St. Jodocus-Kirche bei Kger, nämlich ein mit Perlen
gesticktes Antipcndium von 7 Fuss Breite untl 3 Fuss
I Zoll Höhe. Der Grund ist Seidenzciig, ein starker
Taflet , dessen ursprüngliche Farbe nicht mehr zu
erkennen ist. Die Contnren sind mit kleinen schwarzen
Glasperlen vorgestickt, nuf welche Weise sowohl da»
architektonische Gerippe wie die einzelnen Figuren
gezeichnet werden. In zwei Übereinander hinziehenden
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XXXVII
Rundliogenstellnngen , von denen jede zehn Fehler
enthält . sind ehen so viele Heiligengeslaltcn ange-
bracht, und /.war in der obern Reihe Frauen, in der
untern Männer und Frauen.
Oberhalb stehen folgende Figuren : 1 . Enbrel Ga-
hricl, 2. Maria, i>. Agatha, 4. Maria, 5. Clara, Ii. Maria,
7. Katharina, K. Lucia, 0. Barbara, ID. Bibiana.
1 und "2. Der Engel Gabriel und Maria stellen die
Verkündigung dar: Gahriel hat die Hand erhoben und
wendet »ich zu Maria, welche da» Haupt senkt: Uber
ihr schwebt der heilige Geist in Gestalt einer Taube.
Die Gestalt und Bewegung der heiligen Jungfrau int
fein und mit richtigem Verständnis* gezeichnet.
Im Bilde Nr. 4 fuhrt Maria das heranwachsende
Jesnkind an der Hand, und in Nr. ü ist die thronende
Maria mit der Krone auf dem Haupte nnd dem Kind
auf dem Schosse dargestellt.
In der untern Reihe sind angeordnet : 1. Johannes
der Evangelist, "J. Jaeobus Major, '.i. Jacobus Minor,
4. Margareth. b. Maria. Ü. Jesu«, 7. Agnetis, g. Caecilia,
!«. Kunigundis, 10. Ursula.
Christus und Maria stehen sieh in der Mitte gegen-
über, er als Weltriehter und sie als Fürhitterin-: Jo-
hannes u ml die beiden Jacob sind in Mönchstraeht mit
Tonsur und Kapuze dargestellt. St. Margareth stösst
dem zu ihren FHssen sieb windenden Lindwurm den
Speer in den Rachen , die übrigen Figuren werden
durch Embleme kenntlich gemacht, ausserdem sind die
Namen in den Bogenstellungcn eingeschrieben. Die
Figuren-Höhe betrügt 0» t Zoll, jede Bogenstellung ist
14 Zoll hoch. Die Haare aller Personen sind schwarz,
nur Maria und Katharina haben blonde Flechten. Die
Gesichter der Frauen zeigen in Anbetracht des unge-
fügen Materials (die Ferien sind gross und eckig) meist
liebliche Formen und sogar eine gewisse Feinheit der
Zeichnung, welche den meisten romanischen Gemälden
fehlt. Die Ferien sind venelianisehe Glasperlen von
ungleicher Grosse, auch kommen hie und da, ?.. B. in
den Heiligenscheinen von Christus und Maria echte
Ferien vor; die rothen Ferien bestehen ans Korallen,
ausserdem sieht man hell- und dunkelblaue, hell- und
dunkelgrüne, milchweissc, strohgelbe und vergoldete
Ferien.
Der romanische Styl ist sowohl in der architek-
tonischen Gliederung wie in der figürlichen Anordnung
eingehalten: ilie Capitüle haben Würfelform, die Säulcn-
fussc, BiiehslalKMi, Kronen, u. s. w. sind durchaus alter-
tümlich gebildet.
Oberhalb der lVogenstcllungcii zieht sich ein Ii Zoll
hoher Streifen durch ilie ganze Breite des Bildwerkes,
welcher 14 auf Fergainent gemalte Köpfe enthält. In
der Mitte Christus und Maria, daneben nuf jeder Seite
sechs Apostel : Johannes befindet sieh dem Heiland
zunächst, und ist bartlos in der bekannten Weise
geneigt, die übrigen Apostel haben lange Härte und
sehen sieh wie BrUder ähnlieh. Diese Köpfe sind nicht
ursprünglich, sondern wurden erat in späterer Zeit statt
der abhanden gekommenen gestickten Originale ein-
gepaßt.
Dieses Antipendiuui gelangte erst im XVII. Jahr-
hundert durch eine Frau von Ottengrün nn die St. Jo-
docns-Kirche, und dürfte, da es mit fürstlichem Aufwand
angefertigt worden ist , wahrscheinlich der Egerer
Schlosa- Capelle angehört haben.
l'iif.. II-
Die Stickerei verräth eine Frauenhand , welche
sieh auch in der Wahl der Personen und in der Auf-
fassung beurkundet. Wahrscheinlich sind die Claris-
siuiien, welche seit liGH iu Eger ein Kloster besassen,
L'rheberinnen des Werkes: die Darstellung der Apostel
in Mönchstraeht, das Anbringen so vieler Frauen,
besonders der heiligen Clara und Bibiana machen diese
Vermnthung beinahe zur Gewissheit. Bei den vielen
Bränden, welche die Burg zu Eger betroffen haben,
konpte es leicht geschehen , das« das Bildwerk an
irgend einen gesicherten Ort gebracht wurde und in
Vergessenheit gerieth , bis es von Frau Ottengrün
envorlw-n und der Jodocns- Kirche verehrt wurde.
Eine Partie des Bildes Fig. 41 , ein Capitäl
Fig. 42, Kopf der heiligen Katharina Fig. 43.
Fragmente einer sehr schönen Stickerei , ein
Rankenwerk mit hoehanfgenähten Blumen enthaltend,
werden in der Decanal-Kirche zuNimburg verwahrt: sie
gehören ebenfalls einem Anfipendium an, welches seit
undenklicher Zeit nicht mehr gebraucht wird.
f*
XXXVIII
Flu. a.
Eine andere leine
Seidenstickerei hat sieb,
jedoch in .«ehr defectem
Zustande, nm rückwär-
tigen Einbanddeckel des
Vy Schräder ("imIpx er-
hallen. Man erkennt den
in der Maiidorla thro-
nenden Heiland, ring«
von einerWeinldatt Ara-
beske umgehen. Diese
Stickerei ist bedeutend
junger als die im l'.u
ehe entliMltenen Minia-
turen, und gehört, wie
ilie Arabeske erkennen
Hast, unbestritten dem
XIII. Jahrhundert an.
dieser Arabeske wieder-
Iii Fig. 44 ist eine Partie
gegclien.
Viel «eltener nls Stickereien kommen künstliche
Gewebe. Seidenstoffe und Brocate vor, welche meist
ausländisches Gepräge zeigen. Das« die Teppich-
weberei in Böhmen nicht einheimisch war. ergibt sich
aus der Lcbensgcschichtc Kaiser Karl IV., welcher um
l.'tlKl persische Teppichweber nach Prag berief, damit
diese Kunst eingeführt werde. Es winl sehr ausführlich
erzählt, das* den morgenlUndisehen Webern eine beson-
dere Stelle auf dem Lorenzberge angewiesen wurde,
woselbst sie ungestört arbeiten und ihren Oottesdicnst
abhalten konnten. Welche Besuliatc damals er/.ielt
wurden, liisst sieh nicht ermitteln: einige Teppiehreste,
die gelegenheitlich der archäologischen Ausstellungen
zu «eilen waren, zeigten nicht im entferntesten einen
orientalischen Charakter und Messen sieh eher als bra-
banter Arbeiten erkennen. In Bezug auf Weberei im
allgemeinen dürfen die Einwanderungen niederdeutscher
Tuchmacher und Leinenweber, die urkundlich schon
unter Otakar I. stattfanden, nicht unerwähnt bleiben:
wahrscheinlich, dass sich unter den vielen herllberge-
zogenen Handwerken auch einige von künstlerischer
Bildung befanden.
Fi*, «t
Fl*. 44.
Wechsel wirklingen
zwischen Böhmen und den
Nachbarlä nderii.
Gestutzt auf die beigefügten
zahlreichen Abbildungen, durch
welche die Werke romanischen
Style* erläutert werden, sind wir
nunmehr in den Stand gesetzt.
Entwicklung und Ausbildung der
romanischen Kunst in Böhmen
ziemlieh vollständig zu Über-
schauen und anch die wechsel-
seitigen Einwirkungen der Nach-
barländer festzustellen. Directe
von Byzanz ausgehende Einflüsse,
wie sie in Venedig, Dalmatien
und Überhaupt ih n Küstenlän-
dern lies Mittelmeeres wahrge-
nommen werden, scheinen hier nie vorbanden gewesen
oder bald verlassen worden zu sein. Die griechiseh-
slavisehe Liturgie, welche durch die Bruder Cyrillus und
Methodius nach Mähren verpflanzt worden war nnd die
auch in Böhmen sich verbreitet hatte, wurde um
jene Zeit definitiv aufgegeben, als die älleste noch
bestehende Kirche in Prag erbaut wurde. Die St. Peter-
uud Pauls Kirche anf Vysehrad wurde zwischen l<>7<>
— BUH» erbaut, das Slavcnklosler Sazava, der Hauptsitz
des griechisch-slnvischcii Ritus, wurde Hr-Mi geschlos-
sen und 1ÜÜ7 den Benedictinern von Bfevnov eilige
räumt: unter solchen Umständen können die unmittel
baren byzantinischen Einwirkungen weder bedeutend
noch nachhaltig gewesen sein.
Die grosse Cultnr-Strömung zog sieh als Begleiterin
der katholischen Lehre von West nach Ost; diesem
natnrgeiniissen Verlauf konnte sich Böhmen um so
weniger entliehen, als es nicht allein durch kirchliche,
sondern auch durch politische Bande mit Deutschland
zusammenhing. Das Herlibergreifen der süddeutschen,
fränkischen und sächsischen Architektur nach dem
Westen und der Milte Böhmens ist bereits in dem
Abschnitte r Vergleichende i'bersieht der romanischen
Bauwerke- nachgewiesen worden ; es erübrigt
daher nur. die Wechselbeziehungen zwischen
Böhmen einerseits. Mähren. Schlesien und der
Lausitz anderseits zu bezeichnen. Diese seit
ältester Zeit mit Böhmen bald eng verbundenen,
bald mehr oder minder Beibat findigen Linder
sind durch ausgedehnte Oebirge von diesem
geschieden und gehören andern Flussgebie-
ten an.
Mähren , ein gegen Süden hin offenes nnd
mit Filter- Österreich geographisch zusammen-
hängendes Land, hat sich in seinen baulichen
Bestrebungen ganz diesem angeschlossen und
trotz des politischen Verbandes mit Böhmen eine
von diesem auffallend gesonderte Kunstrichtung
eingehalten. Nur in der Periode zwischen 1230
und CitfO, unter den Begierungen der Könige
Wenzel I. und Otakar II. w erden uns au einigen
in Mähren und Böhmen ausgeführten Bauten,
namentlich an der Stiftskirche TiSnovie und
dem St. Agneskloster in Prag, ganz die gleichen
Formen entgegentreten nnd lassen vcnnnlhen.
XXXIX
(laus dieselben Meister hier und dort thätig waren. Mit
diesen Denkmalen wird jedoeli in Böhmen und Mähren
der Übergangs-Stvl eingeleitet, die romanischen Hauten
Mährens aber zeigen nur eine Verwandtschaft mit den
böhmischen.
Neben den ans dem Donntithale herUberdringeiideii
Einwirkungen, welche nicht allein in der Bencdietincr
Stiftskirche Trelde, sondern Überhaupt an den Denk-
malen der westliehen Hälfte Mährens hervortreten, lässt
sich eine zweite Hiehtiing nicht Ubersehen, w elche durch
den Norden und Osten des Landes hinzieht. Mähren
correspondirte in ältester Zeit vielfach mit Schlesien
und es sprechen namentlich die im Domkrenzgangc zu
Olmlltz erhaltenen romanischen Reste eine grosse Ver-
wandtschaft mit den gleichartigen Theilen der St. Vin-
ccnz-Kirche und des Domes zu Breslau ans. Der Styl
entwickelte sieh sowohl in Mähren wie in Schlesien
ziemlieh spät, doch gelangte hier die Ornamentik zn
reicherer Bltlthe als in Böhmen.
l ud noch einen Zweig des Itanfaches haben wir zu
erwähnen, welcher in den Ostmarken, vor allen aber in
Schlesien frühzeitig künstlerische Durchbildung erlangte,
nämlich den Holzbau. Haben sieh auch keine uochaltcr-
thllmliehe Denkmale erhalten (wie dieses schon die Be-
schaffenheit des Materieles mit sieh bringt), so beurkun-
den doch die zahlreichen noch bestehenden Kirchen, Ca-
pellen nnd I'rivat-Bauteii, dass eine mchrliiimlcrtjährigc
Übung vorhergehen musste, che die Holz- Architektur auf
eine solche Stufe gehoben werden und so grosse Ver-
breitung gewinnen konnte. Schlesien scheint der Mit-
telpunkt gewesen zn sein, von wo aus eiu gegliedeter
Holzbau sieh nach Mähren und Böhmen verpflanzte.
Ks ist selbstverständlich, dass die künstlerischen
Wechselwirkungen in verschiedenen Zeiten auch ganz
verschiedene waren, je nachdem die Bautätigkeit in
diesem oder jenem Lande grösser oder geringer war.
So rinden wir, dass der böhmische Einfluss im Anfang
des XII. Jahrhunderts sich Uber einen Theil des heuti-
gen Sachsen erstreckte, wohin er durch den Grafen
Wiprccht von Groitsch, den Schwiegersohn des Königs
Vratislav II. tibertragen worden war. Die von Wiprccht
und seiner Gemalin .Intta in «lern Schlosse zn Groitsch
unweit Leipzig erbaute und noch erhaltene Hund-Capelle
entspricht genau den in Böhmen befindlichen Kundbau-
tcn; eine zweite derartige Capelle Hess Bertha, Wip-
reeht's Tochter, im Verein mit ihrer Mutter auf dem
Hetersberg bei Halle errichten. Diesen entgegen Übte
Magdeburg im Lnnfe des XII. und XIII. Jahrliunderls
sowohl auf das öffentliche Leben wie auf die Kunst-
entfaltunp Böhmens einen nachhaltigen Einfluss.
Ganz anders gestaltete sich das Verhältnis« unter
den Otakaren, zunächst unter Otakar IL. welcher als
StädtcgrUndor eine uuennessliehe Kuustthätigkeit her-
vorrief, so dass sich eine sehr beachtenswert he Schule
bildete, welche sich Uber das östliche Böhmen, einen
grossen Theil von Mähren und noch weiter gegen SUdeu
hin ausbreitete. Im weitern Verlaufe werden wir erken-
nen, dass die Wechselbeziehungen sich je von M) zu
50 Jahren gründlich änderten, dass aber im Ganzen
Böhmen mehr von auswärts her beeiuflusst worden sei,
als verkehrten Falles nach aussen hin gewirkt habe.
In hohem Grade auffallend erscheint das Zurück-
bleiben der Malerei nnd Bildhauerkunst gegenüber der
ungeheuren Baulust, welche durch die Otakarc ange-
regt worden war. Nachdem durch mehrere Klöster und
die knnsterfahrnen Äbte Bozetech, Sylvester und Regin-
ward, dann durch den Bischof Heinrich Zdik vielver-
sprechende Einleitungen zur Begründung eines einhei-
mischen Kunstlebens getroffen worden waren, verlieren
sich diese Anfänge beinahe spurlos und es zeigen sieh
in den ersten Deeennicn des XIII. Jahrhunderts eher
Blick- als Fortsehritte in Bezug auf Bildhauerei, während
die monumentale. Malerei nur sehr allmälig Geltung
erlangt.
Bis annähernd wurden die romanischen Ban-
formen ziemlieh unverändert beibehalten, dann brach
sieh ohne alle Vermittlung eine Art Überganps-Styl oder
vielmehr eine eigeuthUmliehe Frllh-Gothik Bahn, neben
welcher Richtung jedoch die romanische Bauweise fort-
während gcllbt wurde, bis sowohl die Überganfrsformen
wie die romanischen Elemente durch die Gothik ver-
drängt Warden. II- Grurbrr.
{Ende de« ersten Abitchnittcs.i
Holzkirche in Schlesien.
(Mit »Ufr Trful 1)1.4 » II'.ll.rlMiiO«..:
Im dritten Jahrgänge der Mittheilungen der k. k.
Central - Commission zur Erforschung nnd Erhaltung der
Baudenkraale befindet sich ein Bericht Uber einige Holz-
kireheu in Mähren, Schlesien und Galizien von A. L. R.
von Wolfskron. In diesem Berichte wird auf das Vor-
handensein zweier Holzkirchen in Osterreichiseh-Sehle-
sien hingewiesen. Der Erwähnung der Slnudinger Kirche
folgen einige kurze Bemerkungen, der Kirche zu Trza-
uowic im Tcschnisehen wird nur unter Beifügung weni-
ger Worte gedacht. Abbildungen dieser Kirche sind dort
keine gegeben. Die Lucken zu ergänzen, war mein Be-
mühen. Bevor wir zu einer eingehenderen Beschreibung
der beiden Kirchen zn Standing nnd Tascheudorf Uber-
gehen, möge, es erlaubt sein, einiges Uber sehlesisehe
Holzbauten im allgemeinen vorauszuschicken.
Die Waldthäler des Gesenkes sind reich an Holz-
bauten, ja ganze Dörfer bestehen fast ausschliesslich
ans Holzhäusern. In den Colotiien und in den altern
Dörfern sind es besonders der Kleinbauer, der Gwrtlcr
und Häusler, deren Wohnungen und Sehenern fast nur
aus Holz gebaut sind. Die Baulichkeiten des Gürtlers
bilden meistens nur ein Gebäude. Dieses enthält au
der einen Oiehelfront im ebenerdigen Theile Stube und
Kammer. Der entgegengesetzte Hausiheil ist die kleine
Scheuer. Zwischen dem Wohugelnss und der Sehener
befindet sieh der Kuhstall. Dieser und die Haiiswohnung
treten durch eine Thür in Verbindung, so dass man uns
dem Stalle in das Vorhans gelangt. Meist haben diese
Holzbuuten einen steinernen Grundbau von geringer
Höhe, auf welchem sieh die eigentlichen Wände aus
quergelegten, an den Ecken eingefalzten Balken von
meist weichen Holzarten erheben. Die Höhe dieser
Wände ist verhältnissmässig gering. Dagegen Ubertrifft
das sehr steil ansteigende Dach die Mauerhöhe biswei-
len um das Doppelte. Die Giebel sind ohne Ausnahme
mit Brettern verschlagen, in welchen Lichtlueken von
mannigfacher Gestalt eingeschnitten sind. Die Deck-
balken lies Gebäudes ragen mitunter gegen drei Ellen
ans dem Manenvcrke heraus und bilden eine Art Schutz-
dach, welches, da es den Regen vom Hause fernhält,
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XL
die „Traufe" genannt wird. Der Bereich, von welchem
diese „Traufe- 4 den Regen fernhält, ist fast ausnahmslos
mauerartig erhöht und öfter mit Steinplatten belegt. In
den Dörfern de» Ostrauer Gerichtsbezirkes heisst dieser
erhöhte I'latz die „Gredel- 1 <. Bisweilen wird die Haus-
thür durch einen hölzernen Vorbau, in welchen eine
„Gatterthltr- führt, gegen die Einflüsse der Witterung
geschützt, und führt dieser den Namen Laube (Laahc).
Spnren architektonischer Schönheiten in und an diesen
Gebäuden gibt eis nicht, es wäre denn etwa, dass die
Rückenlehnen der Holzstühlc, welche an* einem Stücke
geschnitten sind, einigen Sinn ftlr eine schmiere Form
verriethen. Die Läden, womit die kleinen unförmlichen
Fenster geschlossen werden, weisen die einzigen Spuren
von Malereianfangen an den Kanten dieser Leute auf.
Meist bedient man sich hiezu recht greller Farben,
besonders der rothen und blauen. Im Übrigen trägt au
diesen Gebäuden alles den Stempel der Zweckmässig-
keit und Nützlichkeit.
Auch die Scheunen und Wohnungen des ,.Gross
baucre* sind noch vielfach von Holz. Hiiufig trifft uuin
hier den Altan (die .i'ublaatsche-, slaw. pavlnc.) Kr
belindet sich auf der Griinzscheiile zwischen dem eben-
erdigen Tlicile des Hauses und dem ersten Stocke und
nimmt die ganze Längenseite der Hof Front lies Hauses
oder doch dreiviertel Länge derselben ein. Kr ist voll-
ständig Holzarbeit mit ineist sauber geschnitzten
Geländern und Säulen. Die Thoreinfahrtcn lintten
früher eine Art Holzwölbung. Vorn in dieser Wölbung
war eine Nische mit einem Hciligenbildc. Diese Thor-
wölbung, wie überhaupt das hohe hölzerne Thor, sind,
wenn auch nicht vollständig, so doch meistenteils
verschwunden. Au die Stelle des Holzes trat das
Mauerwerk, doch ist Uber der Wölbung die Nische mit
dem Bilde noch vielfach beibehalten. Das häufige Vor-
kommen dieser Holzbauten wird den nicht befremden,
der die waldreichen Höhen des Gesenke» kennt. Doch
sind auch die Zeiten dieser Hauten vorUber, und in
unsern Tagen sehen wir nur äusserst selten noch einen
Neubau mit Balkenwänden aufführen.
In dem Berichte über Holzkirchen des Bisthnms
Szathinar vom Bischof Dr. Kran/. Haas < Mittheilungen
tler Central-Commission, XL Jahrgang), ist der Ansicht
Ausdruck verliehen, dass jene hölzernen Kirchen nur
Nothbauten gewesen seien. Im allgemeinen möchten
wir dem widersprechen. Das Vorhandensein dieser für
unsere Zeit abnormen Bauten scheint uns einen zwei-
fachen Grund zu haben. Krstens wurden sie begün-
stigt durch die Fülle des Materiales, das so nahe lag;
zweitens waren sie bedingt durch die Arbeiter, die Werk-
leute und Förderer dieser Bauten im Lichte des Cnl-
tnr-ZnstandeR der Zeit der Krbauung. Wir können hier
auf das fast ausschliessliche Vorkommen der Holz-
bauten für materielle Zwecke hinweisen, Ks ist nicht
wcgzuläugncn , das« in jener Zeit fast nur Holz zum
Baue verwendet wurde. Diese noch jetzt »ich nicht
ganz selten vorfindenden Kirehenbatitcn au« Holz
müssen in jener Zeit gang und gäbe gewesen »ein.
Daraus lässt sieb der weitere Schluss ziehen, dass
anch die Werkleute Holzarbeiter waren und dass unter
diesen Bauleuten Sachverständige für eine kunstvolle
Anwendung des Mauerwerkes »ich so leicht nicht finden
mochten. Gründlicher gebildete Architekten hatten aber
■ Y;l V.ltUi,5m]lchc. Ii. ÜK.rrelchlKh •Ärkl.»lt«, Hlui II. t. JJ.
auch in dieser Zeit, im XIV., XV. und zu Anfang des
XVI. Jahrhunderts, alle Hände voll zu thun, die Baue
der Städte zu leiten, welche eben damals so sehr an
Wohlstand und LuxusbcdUrfuissen sich gehoben hatten.
Auch mögen die Gemeinden, in denen diese Kirchen
vorkommen, in ihrem I'nterthünigkoitsverhältnisse viel
zu arm gewesen sein, als dass sie die Ansprüche eines
viel fordernden Architekten hätten befriedigen können.
Die Förderer des Baues, die Gemeindemitglieder, die
gewöhnlichen Arbeitslührer und Arbeiter der überall
angewandten Holzbauten blieben also unter sieh und
führten die Baue uach ihrer Weise aus. Diese Kirchen
sind demnach und nach mehr als einer Hichtung hin
Volksbauten im eigentlichen Sinne des Wortes. Die
Gcstult, der Hau der Kirche im allgemeinen, war leicht
dem der Säle zu entlehuen , die Ausführung und
('onslritctiim des Baues im Linzelnen nber das Werk
der Volksanscbanung und unter dem Volke namentlich
wieder das Werk der mit den baulichen Bedürfnissen
des Volkes vertrauten Werklcute. Es soll damit nicht
gesagt sein , dass sich unter diesen Männern nicht
einzelne gefunden haben sollten , die eine höhere Be-
gabung und einen feineren architektonischen Sinn
besessen hatten. Die Werke solcher hervorragenden
Männer seheinen in der That öfter für ganze Länder
strecken massgebend gewesen zu sein.
Noch einige Bemerkungen Uber «las Vorkommen
dieser Kirchen in unseren östlichen Gegenden im XV.
und zu Anfang des XVI. Jahrhunderts. Ks ist bereits
in den erwähnten Berichten über die Holzkirchen in
Mähren, Schlesien nnd Galizien und über llolzkirchcn
in dem Bisthume Szathinar darauf hingewiesen worden,
dass selbst in grossen Städten des Rheins und im
Nordosten Deutschlands Dome und Kirchen bis in die
zweite Hälfte des XII. Jahrhundert* hinein Holzbauten
waren , oder dass solche Holzbauten erst in Stein-
bauten umgewandelt wurden. Bei dieser Thatsaehe nun
ist es nicht zu verwundern, dass wir im XV. Jahrhun-
dert oder noch in den ersten Dccennieu des XVI. Jahr-
hunderts den Holzkirchenbau in den Dörfern unserer
Gegend , die so weit östlich liegen , noch vielfach in
Anwendung finden. Die C'ultnr hatte eben einen weiten
Weg zurückzulegen und brauchte viele Zeit, bevor sie
sich in diesen Gegenden vollkommen geltend machte.
Wir können desshalb immer annehmen, dass Holz-
kirchen wie die zu Stauding, zu Tascheiidorf und
andere noch bestehende auch wohl in den ersten Dc-
cennien des XVI. Jahrhunderts erbaut wurden , und
wir scheu keinen zwingenden Grund, ein höheres Alter
zu vermuthen.
Wir wenden uns nun einer näheren Betrachtung
der Standinger und der Tasehcndorfer Kirche zu,
indem wir dos oben Gesagte mehr oder minder auf sie
übertragen haben wollen.
St au ding (Studenka) liegt im südöstlichsten
Thcile Schlesiens dicht an der Griinze Mährens, eine
Stunde von Wagstadt an der Kaiser Ferdinands -Nord-
bahn. Die Kirche daselbst gehört zum Wagstädter
Decanate St. Bartholomäi und ist diesem Heiligen
selbst geweiht. Sie hat einen steinernen Grundbnu.
auf welchem sich die llolzwände erheben. Diese sind
quer aufeinander gefügt und greifen dort, wo sie Koken
bilden, durch Falzen ineinander. Die Höhe der Kirche
ist mässig. wie die einer gewöhnliehen l>orfkirche.
XLI
wenn wir die Dnchhöbc daziiiichmcn. Das Dach ist
»teil ansteigend und hat insofern eine Ähnlichkeit mit
den Dlclicm der Holzhäuser in unseren Landern. Ist
diese Eigentümlichkeit ein Real der gothischen Bauart
»der ist sie schon llherhaupt dnreh die Festigkeit und
Zweckmässigkeit der Construction des Holzbaues
bestimmt? Ks mögen beide Vermuthungen in die
Wahrheit hineingreifen. (Fig. 1 und 2.)
Der Thurm ist von eigentümlicher Consfraclioii.
Kr erhitlt sieh anfangs bis zur Hälfte der Kirehen-
matierhöhe senkrecht, und dieser Theil desselben
gehört seiner inneren Räumlichkeit nach mit zum
Kireheiiraunie. Von hier an steigt er nach drei Seiten
pyramidal, die vierte lehnt sieh au das Kirchenschiff
an. Bis zur halben Dachhöhe cmporgefUhrt, tragt er
eine Uber die Thiirmscitc ziemlich vorstehende Glockcn-
stnbe , welche im Gegensatze zu den pyramidalen
Thurmwanden, welche mit Schindeln bekleidet sind,
von aussen eine Bretterverkleidung hat, die an dem
unteren llande zackig ausgeschnitten ist. Thurm und
Dachstube haben kleiue viereckige Fenster. Glocken-
stube und mit ihr der Kirehenthnrm decken sich von
oben durch ein vierseitiges, ziemlieh flach pyramidal
ztisammensehlicssendes Dach mit Knopf, Wetterfahne
und Kreuz. Der Thurm, der IHglich alleinstehend gedacht
werden könnte, das Schiff und das l'resbyterium bilden
dem Plane nach einen Kreuzriss, der fartiscli auch in
die Wirklichkeit Uberging, indem der senkrecht
stehende Theil des Thimnes in den eigentlichen
Kirchenrauin einbezogen wurde.
Sonst besteht die Kirche ihren Thcilen nach selbst-
verständlich ans Schiff und aus Fresbvterium. Das
Presbyterinm ist der Dach- und Mauerhtfhc nach von
der Dach- und Mauerhbbe des Kirchenschiffes nicht
verschieden. Nur die Scitenwände des Prcsbyteriunis
springen der Breite des Schiffes nach stark einwärts,
rechts und links ungefähr um ein Viertheil der Schiffa-
breite. Die Giebclscite des Presbyteriuros ist dreiseitig
und ebenso das dem Schiffe zu zurUckgebogene Dach.
Die Gränzscheide zwischen Preshyterium und Schiff
trügt ein kleines durchbrochenes, mit einem Glöckclien
versehenes ThUrmchen. Das Presbyterinm hat nngefähr
ein Drittheil des Flüchenraumes des Kirchenschiffes.
Das Kirchenschiff otler Langhaus hat die Gestalt
eines länglichen Viereckes von edlem Verhaltnisse an
und für sich und znm Presbyterinm. Durch die Mitte
der südlichen Dachseite des Schiffes fuhrt der Haupt-
eingang, der sich hallenartig weit vorstreckt und dessen
Dach Uber der Thllr kegelftirmig sich abrundet. Von
zwei Nehcneingängen fuhren Bildlich der eine ins
Preshyterium, der andere in den Thurm.
Kings um die Kirche lauft ein hölzerner Vorbau,
dessen Dach bis zur halben Kirchenmanerhöhe und beim
Presbyterium darüber hinaus ziemlich schroff hinanragt.
Kr wird von hölzernen Stutzen getragen, welche frei-
stehen und nnr da mit Brettern verschlagen sind, wo
man einen bestimmten Zweck damit verband, so an
einem Theile des Vorbaues auf der Südseite. Der Vorbau
hat ohne Zweifel den praktischen Zweck, die dem Holz-
werke verderblichen WitternngseinflUsse abzuhalten, in
zweiter Linie den Mauern zur Stutze zu dienen. Diese
Vorbaue sind im hohen Norden zu weiterer Anwendung
gelangt und bilden einen wesentlichen Theil der Archi-
tektonik der norwegischen Holzkirchen.
Eine andere EigenthUmlichkeit der Staudinger
Kirche bildet die Bedachung, beziehungsweise die Be-
XLII
I i*, i.
kleidung der Kirchen- untt Kirchenlhnrmseiteii mit
Schindeln bis zur äussersten Höhe des Vorbandaehcs.
Die Sacristei ist an der Nortlseite dein Presby-
teriuui angebaut und klein, so das* das Dach derselben
wenig Uber da« Daeli de« Vorbaues erhoben ist und
mit diesem so zu sagen fast in eine» verläuft.
Das Innere der Kinde wird durch sieben,
regelmässig angebrachte viereckige Fenster genügend
erleuchtet. Sie hat eine Balkendecke mit Brerteru
verschlagen , und ist die Decke des Prcsbyteriums
und des Schiffes von derselben Hohe. Wir zählen drei
Altäre, einen Hanptaltar St. Hatholnmäo geweiht und
zwei Xebeu-Altäre an den schmalen Querwänden des
Schiffes, um welche sieh dieses nach aussen räumlicher
als das Presbyterium ausdehnt. Der Seiten-Altar an der
Südseite ist „Marin hilf- geweiht-', der auf der Nord-
seite dem heil. Johannes von Nepomuk. Das Kirchen-
schiff ist nicht wie bei den Holzschiffen des Szathmarcr
Bisthums durch eine schmale Zwischenwand der Länge
nach in zwei Hälften getheilt, worin die Männer und
Frauen gesondert die Zeit der Andacht zubringen. Nur
eine Reihe Bänke ist aufgestellt, welche sieh bis hinten
in den Thurm Uber der Gloekenstube ziehen. Der Musik-
Chor ruht auf 4 Hrd/säulen von einfacher Schnitzarbeit.
Hechts und links lauft von dem Hauntthore ausgehend
ein Seiten-Chor von der gleichen Höhe wie der Haupt -
Chor. Die Geländerstäbe sind zwar einfach, doch recht
nett abgedreht. Die
auf der Decke be-
findlichen Malereien
zeigen in ihrer Ein-
fachheit und knnst-
reiehen Verschrän-
kungron einem eini-
ge nnassen ausgebil-
deten Geschmack.
Die Holzverzierung
der Kanzel ist eben-
falls bei aller Ein-
fachheit geschmack-
voll. An der Kanzel
sind auch zwei
Wappen angebracht,
wovon das eine zwei
Hirschgeweihe, da«
andere eine Bad ent-
hält (s. die Tafel).
J. * L_* i'wk- Die Kirehen-
thurme enthalten 4
Hg. 3 . Glocken, eine grosse
Anzahl ftir eine kleine Kirche. Drei davon trägt der
llaiiptthunn, und zwar zwei grössere und eine klei-
nere. Ein anderes kleines Glüekehcu befindet sieh in
»lern kleinen DachtbUnueheii. Zwei blocken haben die
Sprüche und Jahreszahlen: O rex gloriae veiii cum
paee li>17 und Jesus Nazareu. rex Jini. I. r >l!>.
Die erste Beuovation der Kirche soll im Jahre
DJ El mit der Ausbesserung des Schiffes geschehen sein.
Aus dieser Zahl, die auch au der Kanzel angebracht
ist, liesse sich vielleicht der ScbliKs ziehen, dass die- au
den Glocken angebrachten Jahreszahlen so ziemlich
richtig die Zeil der Erbauung der Kirche anzeigen.
Man kann nämlich wohl annehmen, dass die Dauer
eines Holzbaues, ohne dass er eine Reparatur braucht,
ungefähr 100 Jahre seien. Rechnen wir nun 100 Jahre
von der Zeit der ersten Reparatur zurück, so fiele
das Jahr der Erbauung mit den Jahreszahlen an den
Glocken so ziemlich zusammen. Eine zweite Ausbes-
serung wurde im Jahre l*4«i vorgenommen, *ic betraf
den Thurm, der um ein bedeutendes verkürzt wurde.
Die Gloekenstube begann früher erst Uber dem Grat.
Die Kirche zu Tasche ndurl ', einem etwa eine
halbe Meile von Östron entfernt liegenden Dörfchen, zeigt
eine tldereinstimmende Bau-Technik mit der Staudinger.
Der wichtigste l'nterschied zwischen beiden Kirchen
liegt darin, dass die Erbauer der Standinger Kirche
das Dach des Preshyteriums mit dem des Schiffes ver-
schmolzen haben, und dass der Tnschendorfer Kirche
der Vorbau fehlt. Eine eingehendere Betrachtung der
letzteren Kirche wird geringfügigere Abweichungen
weiter hervorheben , die Ähnlichkeit aber vollkommen
feststellen. Der Thurm hat dieselbe Gestalt. Er läuft
von drei Seiten pyramidal nach oben zu. trügt dieselbe
lothrecht aufgesetzte Gloekenstube mit pyramidalem,
flach zusammen laufendem Dache. (Fig. :'>.)
Der llaiiptcingang befindet sich nicht, wie es bei
der Statidinger Kirche der Fall ist, :in der Mitte der
bildlichen Laugwuud des Schiffes , sondern an der
westlichen Stirn - Front des Thunncs. Das Parterre
des Thurmes bildet also eine Art Vorhalle, durch die
der Hanpteingang führt. Der Thurm gewinnt mit dem
der Staadinger Kirche dadurch an Ähnlichkeit, dass er
seiner ganzen Länge nach mit Schindeln eingedeckt
ist, mit Ausnahme der Gloekenstube, welche mit Latten
verschlagen ist und ebenfalls die Übereinstimmendste
Ähnlichkeit mit jenem des Staudinger Thurmes hat.
Das Schiff ist vom Presbyterium, wie schon oben bemerkt
wurde , durch die Treunung ihrer Eindaehnng ver-
schieden. Da« Presbyterium ist bedeutend niedriger,
auch die Lnngwände desselben springen ein bedeu-
tende.« Stllek ein. Die Giebel-Front hnt die drei Seiten
eiues Oetogons, welche sich auf das Dach fortpflanzen.
Der dreiseitige Giebel lehnt sich wie bei der Staudinger
Kirche zurück.
Das Dach des Presbyleriums und des Schiffes ist
ebenfalls sehr steil. Die Wände sind der Staudinger
Kirche gegenüber niedriger und das Holzwerk ist mit
einem Kalkputz versehen. Dies mag darin seinen
Grund haben, dass man es dadurch vor allzu grosser
Fäulnis» schlitzen wollte. Wir finden also hier den
Anwarf statt des Vorbaues dagegen angewandt.
Auf dem untersten Ende des Schiffe* nach Osten
reitet ein zweites kleines ThUnnchcn mit ziemlieh steil
anstrebendem Dache. Man konnte es schlauk nennen.
XUII
Die Saeristei befindet sich auf der Nordseite nnd
lehnt t>ifli an das Presbyterinm. Sie ist ein fllr sieh
bestehendes Gebäude mit vollkommen nnsgebihleteni
Dache. Die Wände tragen ebenfalls den Kalkanwnrf.
Der Riss bildet ein Viereck von der grössfeu Regel -
mlsngkeit.
Die Kirche liegt inmitten de» Friedhofes, den eine
Steinmauer mit zwei Eingängen umgibt. Was» das Alter
der Kirche anbelangt, so liegen nur Ungewisse An-
deutungen vor. Den einzigen Anhaltspunkt in dieser
Beziehung gewährt die auf einem Schrank befindliche
Jahreszahl 1521.
Heide Kirchen machen von aussen ihres Elien-
masses und ihrer dunklen Holzmasse wegen, von innen
nm ihres wohlbenutzten, «'henmässij; eonstrnirten und
traulieh zusammenrückenden Raumes willen einen wohl-
thneuden doch ernsten Kindruck, dem die Empfindung
der ehrwürdigen Altert hUmliehkeit sich zugesellt. Wir
verlieren in der That, wenn einst alle diese Bauten
abgebrochen sein werden, ein gut Stück eigensten
Volksthntns, der Kunstiinsserung des Volkes.
AntOH Veter.
Öemalte Initialen auf Urkunden.
(Mo I ■lUllaHl».)
Die Fr ml an bildlicher Ausschmückung innss
während des Mittelalters sehr verbreitet gewesen sein,
wie die vielen in Handschriften enthaltenen Initialen
und Miniaturen darthun. Viel seltener dagegen sind
ähnliche klinstierische Anwandlungen bei der Ausfer-
tigung von Urkunden bemerkbar. In päpstlichen Hullen
finden sieh zuweilen die Buchstaben der ersten Zeile
in Sepia reich und geschmackvoll verziert, mitunter hnt
auch das namentlich in deutschen Erkunden vorkom-
mende Anfangs-I die Phantasie des Schreibers heraus-
gefordert, so «lass es mit einer grotesken Fratze ver-
sehen wurde, allein im Ganzen und Grossen kommen
dergleichen Verschönerungen nur vereinzelt \or. Der
Gruml ist leicht einzusehen, wenn man erwägt, ilass die
Handschrift bis zu ihrer Vollendung nicht selten meh-
ren Hände durchlief, vom Schreiber nn den Rnbricator,
von diesem an den Maler wanderte, während die Ur-
kunde, vom Besiegeln und den etwa angebrachten
Contrasignirungen abgesehen, wesentlich das Prodnct
einer Person ist. Nicht minder war der Zweck, den man
in beiden Füllen beabsichtigte, ein verschiedener. Die
Handschrift gehörte in die Bibliothek, mit derselben
wollte mau nicht selten Staat machen und sie war dann
geradezu ein Gegenstand des Luxus , welcher auch
einen dem entsprechenden Preis hatte. Anders die Ur-
kunde ; von vornherein bestimmt, einem praktischen
Bedürfnisse abzuhelfen, diente sie zur Sicherung strei-
tiger oder anfechtbarer Rechts verhältnisse. Mit ihr zu
prunken, konnte so leicht niemanden einfallen, was
kam daher auf deren Ausstattung an? von der Halt-
barkeit des Stoffes abgesehen, war fllr die Urkunde die
Billigkeit ein wesentliches Erfordernis«, und so erklärt
sieh ungezwungen jene Mannigfaltigkeit der Form, von
der endlosen italienischen Rolle bis zum winzigen Per-
gament streifelien, in der uns die Urkunden Uberliefert
sind.
Es ist somit in der Natur der Sache begründet,
dass gemalte Anfangsbuchstaben bei den Erkunden nur
XVII
als sehr grosse Seltenheiten erscheinen. Wattenbach
in seinem Werke „Schrift wesen im Mittelalter-* (p. 221 1
erzählt von einer im Berliner -Staats -Archive befind
liehen Belehnungs -Urkunde Kaiser Ludwig des Bayern
für die Herzoge von Pommern aus dem Jahre V\.\-,
welche die Abbildung dieser Belehnung enthalten solle.
Er ist übrigens des Datums und der Urkunde nicht ganz
sicher. Desgleichen habe die Urkunde Papst Eugen IV.
von 1430 Uber die Vereinigung der griechischen und
römischen Kirche auf der Pariser Bibliothek (Silvestre
vol. III.) reichen Farben schmuck. Endlieh erwähnt er
noch einer Schenkungsurkunde des Mailänder Herzogs
Lodovieo il Moro an seine Gemahlin vom 2M. Jänner
1494, welche das Portrnit beider Gatten von •rhÄnen
Arabesken umgeben zeige.
Die Zahl der wenigen Beispiele , welche dieser
Kenner mittelalterlichen Schriftwesens anführt , wird
sich, ist einmal das Augenmerk darauf gelenkt, unzwei-
felhaft sehr vermehren lassen. Ich selbst bin in der
Lage fünf neue Fälle aus österreichischen Archiven
für die Zeit von lfttfO nachzuweisen.
Am ältesten und unstreitig auch um iuteressan
testen ist ein Ablassbrief, welchen neun Erzbisehöfe
und Bisehöfe dem uralten Stifte Inilichen im Pusterthal«
unterm .'11. December Ulli* zu Avignon ausgestellt
haben). Die erste Zeile dieser Iii» ( Im. breiten. 4!» Ulm.
hohen, auf italienisches Pergament geschriebenen Ur-
kunde enthält die drei Worte: Uniuersis Samte Matris
mit durchweg vergrösserten Buchstaben . von denen
überdies das U, n, ferner das Anfangs -S und M mit
Farben ausgemalt sind. Am bemerkenswerthesten ist
jedenfalls die Initiale U, von der wir eine getreue Ab-
bildung in obiger Figur geben. Dieser riesig vergrößerte
Buchstabe umschliesst auf violettem braun- und weiss,
gemusterten Grunde das Bild der Himmels- Königin mit
dem gekrönten Gottessöhne auf dem linken Anne,
während die Rechte ein Herz emporzuhalten scheint.
Der erste Balken der Initiale zeigt eine Blatt- Verzie-
rung, der zweite enthält auf grcllrothem hranngemn-
stertem Grunde die Figur eines knieenden (Vi Mönchs
in violettem Gewände , mit kahlgeschoriiem Haupte.
1 Karari MaoaicardtaiU urhirplt<at>«i . I'»'n» M..,u. Ma,la»l. I'.m..
I alllen-l., ««rirltt» Foll»n>U, Kalamanimi Waimaria»»!». Baraardui «im«..,«.
(IfaclAnaa llaklaaa»!!, Taeoiaa Taa*a*la «t Palma Aearnaaila ctilMapi. Iii«
Aaxat* ulilui» diti tn«a»i» Oan-mbr!» aou» üoiulal Jlll TXHIi tleiar ein
Sckwaiiki-li la dur llaliruiiK. ub MM ad«P 1339 luanrVrar anfkimam ti, a!, man
xw«ir«tr-.an »«Iii kfinnia. ob d«i MMaNaHf mir ja. Itarpmtirr *»d«r I.JBMM
g«ai«lnl •«!, dar MmUI «I nonilttala, l.in.lnl lleacdini |>a|.a» \ ll »■•«." '\mw-
•>nlarh«ldal Jfd. fh dl« » rac- dl« I rkand« M. da l'a|.»i li.-,.«<t.n J.U au,
Sil. |.„-ml«r IM« aar» C.r..l» «r-Khlt «nrd«, am 31. Ilatunb.r III« au,.
«••Ulli.
K
xuv
IV.
gelber Stirnbinde und einem (nnnitrigefUllten) Spruch-
bande in der Kerbten.
Die Farben sind grellen Minnium, Brnnn, Violett,
ein schmutziges Gelb und Weiss. Letztere Farbe int Imld
durch Aussparen der Ix-trcHenden Stellen gewonneu,
wo dann da« blosse Pergament durchblickt, bald, wie
bei der Musterung des violetten Grunde«, selbststitndig
aufgetragen. Außerdem ist auch eine ganze Reihe von
grösseren und kleineren Buchstaben den Urkunden-
toxtes nach freier Willkür de« Sehrcibers oder Malerei
mit einem Klexe versehen , der gelbeu Untergrund
andeuten soll. Der breite Knud unter der Initiale endlich
wurde benutzt , um durch Beischreiben der Gcneh-
migungsfonnel den Brixner Bischofs Matthäus dto. In-
Hieben 29. Juli 1340 der in der Abhiss Verleihung
enthaltenen Klausel: „dummodo dioeesani volnntas ad
id nooosscrit et eonsensus- 1 zu entsprechen.
Die übrigen Urkunden mit genullten Anfungs-
Kuchslabcn entnehme ich dem steirischen Landes-
Arehive zu Grittz , dessen reichhaltiger Bestand noch
ntAnchcn angehobenen Schatz birgt. Der Zeit nach folgt
ein nndatirtes. jedoch dem Jahre 1489« angehoriges
1 Oi4a urgULI alrh ui der glclcbftlU in UtlrUchvn Land^jlTrlil' <i
•mh»ltcnti> l'riund« dtn, IU), tl Ainrari Ad«m»t, »flrh« l«r»lu eltir vidi
-.itraa< der «tduh-tx, Bliteouflin mni d*r -rlt»«!» (..üelmlgULei .»••<ni.»l
--.■'». '.IT
Bittgesuch de« Frauenklostcrs Göss an PapNt Inno-
eenz VIII., betreffend die freie Wahl der Beichtiger mit
gewissen l'rivilcgien, die Aufstellung von Trngaltäreii
u. h. w. Da« Schriftstück :S4 Ctm. laug, 45 Ctm. breit, ist,
was Pergament, SehriftzUge und Ausstattung anbelangt,
sicherlich erst in Rom Uber Veranlassung des Nonnen
Stiftes ausgefertigt worden. Die erste Zeile BEATIS
SIMK PATER bat zollhohe Buohstnlven, welche je nach
Gutdünken blau oder rottt gemalt, mitunter (die beiden
I und ein T) sogar mit aufgetragenem Golde belegt
sind. Am meisten verziert ist begreiflich die Inhalt: B.
Halb blau, halb hlassrotb, mit abgestuften Farben, und
mit weissen Verzierungen bedeckt , enthüll sie noch
überdies auf rot h grünem Grunde das Familien-Wappen
des Papstes» und ausserdem zwei rechtwinkelig vor-
springende Leisten von 1 — 1'/, Zoll Breite; bunter
Blumenschmuck, welcher nur den Raum zn zwei Me-
daillons frcilii-sst, erfüllt dieselben. Von diesen Medail-
lons ist Übrigens nur das eine ausgeführt, es enthält
den stylisirten dunkelgrau gemalten Kopf des Erlösers.
Alle Farbeu mit Ausnahme des Blau sind noch sehr
frisch. Das aufgelegte Gold ist nicht gespart.
Zwei weitere Beispiele bieten die grossen unterm
1. December 1494 zu Rom vom Cardinal Bischof Oli-
verins und 17 andern Cardinilleu für die Stiftskirche
Secknu, beziehungsweise den dortigen Frauen -Altar
ausgestellton Ablaßbriefe. Der Anlage nach sind beide
gleich, in der Ausführung» herrscht Verschiedenheit.
Beide Urkunden sind oben und auf den Seiten von
einer breiten Leiste umgeben, welche mit plumpen und
bunten Verzierungen ausgefüllt ist. Das ü in Olivcrius
ist als Medaillon verwendet, die andern stark vergrös-
serten Buchstaben sind färbig und zwar die beiden J
mit Gold belegt, das L, E und das zweite U blau, die
übrigen roth. Die beiden Seilenleisten enthalten über-
einstimmend in zwei Medaillons je das Familien- Wappen
des Papstes Alexander VI. Borgin (gespaltener Schild,
1. rother Stier auf grünem Boden in gold; ■>. dreimal
gold und schwarz gel heilt) und den Schild mit den
gekreuzten weissen Schlüsseln im rothen Felde.
Was nun die Miniaturen anbelangt, so sind jene in
dem Ablasse für die Kirche die sorgfältiger ausge-
führten. Das 0 umsehliesst hier die Anbetung des
Jesukiudleins durch Joseph und die Gottesmutter. Ein
zweites entgegengesetztes Medaillon zeigt die Auf-
erstehung des Herrn ; in der Mitte, nach Art eines
Kireheubildes umrahmt, erscheint die von den Engeln
Uber die Wolken emporgctragciie Jungfrau Marin. Der
Abiaas für den Frauenallar enthalt in dem O die Be-
gegnung Mariens mit Elisabeth, im zweiten Medaillon
das Bild des Kirchenlehrers und Bischofs Augustin, in
der Mitte das Schweigst ach der heil. Veronika.
Die letzte Urkunde, deren ich beute gedenke, ist
eine vidimirte Abschrift der Privilegien, welche Papst
Sixtus IV. am 2'.i. August 1477 den laternneusischen
Chorherren crtheilt hatte, ausgestellt unterm 'J'i. Jiinner
1499 zu Rom vom Cardinal - Diakon Raphael für das
Stift Seckati. Umfang und Inhalt dieses Privilegiums
waren Veranlassung, dass für die Vidimirnng die
Buchform gewählt wurde, und so bestellt diese Ur-
* I&borint VIII- «Uibmte tu* «Um Hau»» Olbo, tUhtr rritbalut hJcr,
tmJt.U T-n der TUr* «n.4 4cd fskreuxuo ärbJiitelD, «In |«th»ilt«r S«-hl)d;
cb*u «in votHtt* Kr*u* In WH», a«tro »in 1>>4u««Im f«ft<li«<Mer ticiiräf«-
Lallten m^roth^
XLV
Deekblatte abgesehen aus I*. bis
anf zwei beschriebenen Blättern in klein Quart,
welche durch das anhängende Siegel zusammen-
gehalten werden. Das erste Blatt bat auf der
Rückseite das auf zwei gekreuzte Schlüssel auf-
gelegte und mit der Tiara heileckte SchlUssel-
wappen. darunter auf einem fliegenden Bande:
mrbf : minimr »hito rriifco
0)ti tibi
Ot Inu» Ins gituVa«
Die gegenüberstehende Seite des zweiten
Blattes enthält auf Goldgrund ein ungeheures D,
welches wieder die Figur des heil. Augustiii
nmschliesst, undilarunter in vier Zeilen die Be-
grüssnngsfonnel : VNIVKKSlS | ET SINGVLIS
FR | ESENTES LITTE | RAS 1NSPECTVRIS
und erst anf der Rückseite den eigentlichen
Beginn der Urkunde : Raphael miscratione diuina
u. 8. w.
Überblicken wir die bisher bekannten Bei-
spiele von Urkunden mit Malereien, so ergibt
sich die Andeutung von selbst, dass eine Ver-
mehrung solcher Seltenheiten vorwiegend von
italienischen Urkunden erwartet werden kann.
Ans deutschen Kanzleien durften Stucke wie
der pommerisehc Belehnungsbrief nur in ganz
ausserordentlichen Fällen erflossen sein ». Dage-
gen mag bei der piipstlichen Curie schon frtlb
die Übung aufgekommen sein, gewisse Urkun-
den, auf welche die Aufmerksamkeit der Menge
gelenkt werden sollte, mit einer mehr in die
Augen fallenden Ausstattung zu versehen. Diese
Bedingung traf aber bei den Ablassbriefen ganz
vorzugsweise ein. Noch heutzutage findet man,
von dem nur wenigen erklärbaren r Altare per-
petuo privilegiatum'' abgesehen , in der Nähe
der betreffenden Altäre die Verleihung« • Urkun-
den entweder im Original oder in Abschrift an-
gebracht, mitunter selbst in Stein gemeisselt ».
Wir werden daher mit der Vermuthung kaum
irren, dass auch die Mehrzahl der noch zu ver-
öffentlichenden Urkunden mit Malereien der Ka-
tegorie der Ablassbriefe angehören wird.
I>r. Amold LnnrhiH.
Kirchliche Baudenkmale in Ober-Österreich.
[Mll » HollMtialKoti.l
(FUrtMtmmg.)
Der Markt St. Georgen liegt an der
Gusen und zwar ziemlich nahe an deren Ausflusse in
die Donau. Die lfarrkirche ist ein grosses geräumiges
Gebäude ; von dem ursprünglichen dreischiffigen hallen-
förmigen Langhansc haben sich nur die durch kräftige
Strebepfeiler verstärkten Umfangsmaucrn und die drei-
paarige Pfeileranlage erhalten. Aufbau der Pfeiler und
Überwttlbung sind neu. Das Presbyterium ist ziemlich
UM S.«o<r« Urb* mliilm* MAv, i. h.
Im v < ICual«) , leuJiro .»1 Imioi
Ei «Irl rltllolcM d«»k«n»««rth, in uatcrtn-
tu 4lr.»m r»Il» .1.. der Gebrauch To» BlUor lllnd.cIirtfUii
pln{te«lrkl k»t.
Unf« Hh «I frei-o
Flg. V.
lang Fuss), 21 Fuss breit, und sehliesst mit drei Seiten
des Achtecks; es ist mit einem zusammengesetzten
Rippen-Gewölbe Uberdeckt. Die Rippenausläufer laufen
als halbrunde Wandpfeiler herab, wo sie auf Sockeln
aufsitzen. Über der rechts befindlichen Sacristei-Thttr und
in den beiden Ecken des Triumphbogens stutzen sie sich
anf Kragsteine. Die Fenster im Langhause und Chor
sind spitzbogig, aber bereits ohne Masswerk. Der
Thurm steht links des Presbytcrinms, hat Spitzbogen-
fenster und hohes Zwickeldach. Die Kirche dieser schon
im XII. Jahrhundert erscheinenden Pfarre durfte dem
des XV. Jahrhunderts angehören (Fig. 1).
Ein schöner Bau ist die Pfarrkirche zu Wartberg.
Die Kirche hat ein dreischiffiges Langhaus. Das Mittel-
schiff scheiden drei Paar achtkantige Pfeiler, die jeder-
seitig durch gedruckt spitzbogige Bögen mit einander
verbunden sind. Die Gesammtbreite des Langhauses
beträgt 4H V , Fuss, die Länge 92 Fuss. Mittelschiff wie
xrvr
Fi*. 8.
die damit gleich hohen Ahscitt-u sind mit reichem Net/,
ge wölbe überdeckt ; die Hippen entspringen unvermittelt
MU den Pfeilern, an den Wänden Hitzen nie auf Trag-
stcincn auf. Der Musik-Chor int im letzten Gcwülbejoch
de* Langhauses eingebaut und stutzt «ich auf 8 Säulen.
Die ChorbrUstnng ist aus Steiu, ganz einfach. Da» Pres-
hylerium in der Fortsetzung des Mittelschiffes besteht
IHM zwei oblongen Jochen und dem aus dem Achtecke
gebildeten Chorschlussc. Ks ist mit einfachen Kreuz
gewölben Überdeckt, deren Rippen un den Wänden als
Wandpfeilcrchen herablaufen. Links des Presbvterinms,
au dessen Joch anschliessend, befindet «ich eine kleine
Capelle neuerer Zeit, rechts zunächst beider Joche des
seilten die Saeristei. Kiue sonderbare Stellung hat der
Thurm, welcher bis zur Hälfte in das letzte Joch des
linken Seitenschiffes eingehüllt ist, daher er dasselbe bis
auf einen schmalen (lang ganz abschliesst. Der Thurm
ist uiässig hoch, mit spitzbogigen Schallfcnstern verse-
hen nnd mit einem Sattcldaehe llberdeckt.
Die Aussenseile dieser, der zweiten Hälfte des
XV. Jahrhunderls angehörigen Kirche zeigt wenig
besonderes; einmal abgetreppte Strebepfeiler, einfacher
Sockel und einigermassen proliliites Dachgesims sind
■lies, was zum .Schmucke des Aussen) geschah. Sämmt-
liehe Fenster sowohl im Presbyterinm wie im Langhausc
sind spiizbogig dreitheilig und mit hübschem MasBwerke
gesehmllckt. Hemerkenswerth ist das an der Westseite
der Kirche befindliche Hauptportal aus Granit mit Fisch-
blasen - Masswerk im spitzbogigen Tympanon, leider
aber durch vielmalige Kalkübertttnchun'g arg vcrklcekst.
(Fig. 2 und X) K. Fromur.
Bemerkungen über Kunstwerke in Italien.
Italien ist so reich an Kunstschätzen aus den ver-
schiedensten Epochen, dass der aufmerksame Heisende
trotz allen trefflichen Werken, die von der Kunst Ita-
liens handeln, noch lange auf unberücksichtigte oder
nur kurz erwähnte, aber eingehenderer Hesprechung
würdige Kunstwerke stossen wird. Ks sei mir gestat-
tet , Uber einige derartige Werke , wie ich sie auf
meiner Heise antreffe, Ihnen zu berichten. Da meine
Heisehibliothek sich uaturgemäss nur auf wenige
liUcher beschränken kann, wird man es mir verzeihen,
wenn hier und da die etwa exislirende Literatur unbe-
rücksichtigt bleibt. Zuerst sei eines Städtchens, noch im
Slldtirolisehen gelegen, gedacht.
I. Die Minoritenkirche in Hiva am Oardasec.
Diese kleine Kirche ist in der zweiten Hälfte des
XVI. Jahrhunderts erbaut. Sie hat beiläufig die Gestalt
eines Cubus , Uber dem sich ein zweites achteckiges
Stockwerk erhebt, das mit einem niedrigen, die Kuppel
bildenden Pyramidal-Dach abschliesst. In der Mitte
dreier Seiten des Erdgeschosses finden sich mit ThUren
versehene geringe rechtwinkelige Vorsprtlnge, die au
der Hasis des zweiten Stockwerks mit flachen Giebel-
dächern absehliesscn ; an die vierte Seite lehnt sieh ein
längerer, ebenfalls rechtwinkeliger Anbau, der den
Hochaltar einsehliesst. Der äusserst einfachen Aussen
ansieht gegenüber überrascht das überreich ausgestal-
tete Innere , das sich architektonisch dem Äusseren
Irel'llicli anschmiegt. In die vier Ecken des Würfels sind
halbkreisförmige Nischen gestellt, deren hulbkuppcl
förmige Abschlüsse auf das ungezwungenste zum acht-
eckigen Obergeschosse und der das letztere krönenden
Kuppel Uberleiten. Die oben erwähnten VorsprUnge
tragen innen drei kurze Tonnengewölbe unter den
ThUren und ein längeres Uber dem Hoch-Altar. Zwei
kräftig profilirle Gesimse: das eine beim Heginn des
zweiten Sloekwerks , das zweite unter der Kuppel,
gliedern das Innere in horizontaler Hiehtung. in verti-
caler Hiehtung versehen Pilaster mit reichen korinthi
sirenden Capitälen zwischen den Nischen und den Vor
sprllngcn diesen Dienst. Nisehenrahmen und Pilaster
sind auf's reichste mit Stuck-Ornamenten verziert. Die
Stuckarbeit stammt nach der Aussage des Küsters von
Davido Helli (Anfang des XVII. Jahrhunderts). Kuppel
und Wände sind mit nicht gerade bedeutenden Fresken
bedeckt: die Wandmalereien sollen einen Guido Hotti
zu ihrem Urheber haben. Die Befriedigung, welche der
oben angedeutete architektonische Aufbau des Innern
gewährt, wird durch die all zu bunte und überladene,
barocke malerische und plastische Decorntion beein-
trächtigt.
In den Nischen sind vier Altarbilder aufgestellt,
deren eines: Christus am Kreuze, Guido Keni. die drei
L/iyiuz.
xJ by Google
XLYII
anderen: S. Carlo, S. Onofrin und S. Girolamo vorstel-
lend dem Palma Vccehio zugeschrieben werden. Auf dem
Gemälde, das uns den heiligen Ouofrius, einen Greis»
mit bin an die Kniee hernbwallendcm weissen Haar, in
einer Waldlandschaft in inbrünstigem Gebete zeigt, findet
sieh alio Bezeichnung Jaeobus Palma F. Dem Colorit
dieses, wie den beiden anderen dem Palma Vecchio zu-
geschriebenen Bildern fehlt allzu sehr die den Meister
auszeichnende Wärme, als das* ieli sie fllr Werke seiner
Meisterhand halten könnte. .Sind es nieht vielleicht
Arbeiten den Jneopo Palma GiovancV von dem die Pina-
kothek zu Vicenzn eiuen heil. Hieronymus besitzt, der
au die Gemälde in Riva erinnert. Der offenbar «ehr
nachgedunkelte „Chriatns am Kreuze 1 - mag aber in der
That Guido Keni zum Urheber haben. Tiefe» Leiden
und zugleich ' inniges Vertraue« kommen in dem
schönen Kopie in hervorragender Weise zum Ausdruck;
man wird lebhaft an den dorncngckrönicn Christus in
der Dresdener Galerie erinnert.
Der für gewöhnlich durch ein Gilter von der Übri-
gen Kirche abgeschlossene Chor enthalt in seinem .Stuhl-
werk ein bedeutendes Prodnct der Holzschnitzkunst.
Meister Gins. Caliari (doch wohl derselbe (i. Caliari,
von dem die vier Kirchenlehrer, sitzende Bronzesta-
tuetten. Pendants zu Sarmovino's vier Evangelisten, nuf
dem Geländer zunächst vor dem Hochaltar in St. Marco
zu Venedig stammen), hat die 14 von schwungvollem
Blatt-Ornament umgebenen biblischen Seeneu, welche
sich an den Lehnen über den Sitzen befinden, im
zweiten Viertel des XVII. Jahrhunderts aus Nnssholz
geschnitzt.
Von links nach rechts (suhjectiv ):
1. Hin Krieger empfängt Brot ans den Händen
eines Priesters. Ks ist darunter doch wohl Abrahams
Begegnung mit Mehhisedck (1. Buch Mos. 14, 13)
gemeint, oder vielleicht David, der ans der Hand Abi-
melech'R das heil. Brot empfängt (1. Sam. 21).
2. Die Verstossnng der Hagar und Isiuael's. Hagar,
ein junges Weib mit anmuthigem Gesicht, ist vor dem
. im Davongehen begriffenen Abraham niedergekniet.
Vor ihr der kleine Ismael in kurzem Hemdehen. Eine
der bcstgelungenen Scenen des Werkes.
3. Das Opfer des Abraham.
1. Ksau verkauft seiu Erstgeburtsrcchl. Eine aus-
drucksvolle Darstellung, Jacob ist in knicender Stellung
vor einem Kessel beschäftigt, um welchen die Flammen
schlagen. Er hat einen Schöpfer in der Hand. Esau
kommt mit einer Schale, in der Rechten, Bogen und
Pfeil in der Linken, herbei. Noeli seheint er sich zu
besinnen, ob er den verhängnissvolleu Handel ab-
schliesscn soll, Jacob schaut ihn schlau an.
. r >. Erschaffung der Welt, .lehova, eine stattliche
Gestalt mit reichem Kopfhaar und Itarl fliegt, von Engeln
getragen, von Wolken unigeben, einher. Sonne und Mond
(mit Gesichtern). Sterne, Wasser und Felsen sind rings
umher angedeutet.
<>. Krsehatfnng der Eva. Adam schläft in eleganter
Lage. Die Stellung flottes, in faltenreichem Gewände,
hat etwas theatralisches.
7. Die heil. Familie?
•s. Der Stlndenfall. Hier erscheint Gott in königlicher
Kleidung, die Krone auf dem Haupte. Vor ihm windet
sieb die Schlange. Sclmldbewiisstsein und Schamgefühl
der Eva kommen y.n kräftigem Ausdruck.
9. Die Vertreibung ans dem Paradiese.
10. Noah zimmert mit Hälfe seiner Söhne die Arche,
ein Bildehen von genrehaftem Interesse. Der eine Knabe
arbeitet mit der Axt, ein anderer mit der Säge.
1 1. Noah, die Arche besteigend.
12. Die Sllndtiuth. Die Rettungsversuche von
Menschen und Thieren sind mit vielem Geschick auf so
kleinem Räume angedeutet.
13. Noah's Opfer.
14. Noah, vom Wein berauscht, liegt in tiefem
Schlafe da; die drei Söhne sind nicht ohne Humor
geschildert.
Die Reliefs haben alle einen mehr malerischen als
plastischen Charakter, wie dns ihre EnUtehungszeit
erwarten lässt ; doch hat Rieh der Künstler von den argen
Übertreibungen in der Schilderung des Affeetes ferne zu
halten gewnsst, die bekanntlich in jener Zeit schon sehr
um sich gegriffen hatten; die Gestalten sind zum grossen
Theil edel modellirt und massvoll bewegt; hie und da
macht sieh freilich theatralischer Pathos geltend. In dem
kräftigen Ornament, das den Rahmen zu den figürlichen
Darstellungen bildet, spricht sich nicht minder als in
diesen ein geläuteter Geschmack aus.
/•;. IfoMrrt
Die passio sanetorum quatuor coronatorum.
<>IH 1 II' Ur.bl.111.
Wäre es auch nicht ohne weitere Vcranla**nng
gerechtfertigt, von diesem interessanten Lcgendenstoffe
zu sprechen und seine Reichhaltigkeit au KunsliiHcli-
richten in bisher noch ausser Acht gelassenem Betrachte
zu untersuchen, so bietet sieh jetzt doch um so mehr eine
Gelegenheit, als eine neue Arbeit den (»egenstand
wiederholt in den Vordergrund gerückt hat. Die ersten
Erläuterungen der von Watten buch zum erstenmal mit-
getheilteu Passio lieferte Th. v. Karajau im Anschluss
au jene Publication, im Februarhefte des Jahrganges
1S5.'J der Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der
Wissenschaften (X. Bd., p. 115 ff.) mit vielem Glücke
in der Deutung; jetzt liegt ein bei Teiihner in Leipzig
erschienenes Sehriftehen vor: Passio Sanetorum quatuor
coronatorum, herausgegeben von Wattenbach, mit
archäologischen und chronologischen Bemerkungen von
Otto Benndorf und Max Büdinger, lH'o. ^Besonderer
Amiruck aus den Untersuchungen zur römischen Kaiser-
geschiehte III. Band.)
Wir wollen im Folgenden von dem Verhältniss der
Handschriften, dem philologischen und chronologischen
Theil der bisher angestellten Forschungen niclits
wiederholen, da derlei sich nur im Ganzen beurtheilen
lässt, und verweisen diesbezüglich auf die gelehrten
Untersuchungen der beiden Ausgaben ; hier soll nur in
der Weise einer Büeherschan zusammciigefasst dar-
gestellt werden, was Kunstgeschichte und Archäologie
als Ernte aus diesem neuen Beitrage gewinnen, und
ferner möge gestattet sein, vom Gesichtspunkt der
Kunstgeschichte des Mittelalters daran eine Bemerkung
zu knüpfen.
Die Legende zeichnet sich schon in der Form vor
der Legion ihrer Schwestern aus. In höchst schlichtein
ansprechendem Style verfasst, schildert die Erzählung
sehr massvoll und wahrscheinlich das Wesen sowohl
der Bekenner als der Heiden, so vernünftig und ruhig,
XLVItI
dass jene nicht wie gewöhnliche Fanatiker, diese, eben-
so wenig Übertrieben, nicht als blutgierige Peiniger
auftreten ; beiile Parteien beweisen vielmehr eine sehr
schälzenswertbc Toleranz. Karajan hat anf dieise
Vorzüge mit Recht grosses Gewicht gelegt, denn es
lässt eine Darstellung, welche im allgemeinen voll
treuer Züge de8 wirklichen Leben«, ohne r leeres Wort-
gepränge, abschreckendes Ausmalen gräulicher Martern -
ist, auch vennnthen, da»» ihre Angaben Uber Kunst und
Kunstübung von Werth und Wahrheit »ein werden. Wie
t s mit der historischen Wahrheit des Vorfalle» beschaffen
«ei, hat Rüdinger au»ft1hrlich nachgewiesen.
I)«-r Schauplatz, auf welchen die Geschichte der
fünf MHrtyrer -Künstler verlegt wird (denn die Tödtung
der qnatuor eoronati bildet für sich ein nur äusscrlich
damit zusammenhängendes Ganzes und ihre passio gab
in Folge späterer Bearbeitung und Compilation der
Legende die nun geläufige Bezeichnung), die Stätte
ihrer Thiitigkeit und Opferung ist die Gegend de» pan-
nonischen Sinniiim«. Hier allein kommen .Stciugnttungcn,
von denen in der Legende die Rede ist, vor und zwar
im Gebirgsstiick der Fruska • Gora, ferner scheint
der mon» pinquis, der 'A^uav ipa, alma mom» des Üio
Cassins, Entrup und Vopiscns, wieder nichts anderes
als dieses Gebirge zu sein. Bei dem heutigen Mitrovie
befinden sich ein alter Steinbruch so wie Spuren einer
römischen Wasserleitung.
Kaiser Diocletian, den die Passio mit den fUnf
Märtyrern in Verbindung bringt , hielt sich besonders
gern in Pannonicn auf und schmückte Sirmiuui nebst
der Umgebung mit zahlreichen Schöpfungen der Kunst.
In den Bergwerken (opera montis) arbeitet eine grosse
Schaar der artifices metallici, welche der Kaiser selbst,
uls Herr dieses Domänen-Gutes, die Stein-Materialieu
(mefalla) für künftige Arbeiten zu brechen beorderte.
Unter den artifices metallici und den quadrntarii
des Steinbruches befinden sich vier heimliche Christen :
Claudius, Castoriu«, Symphronianus und Nicostratns,
magnae peritiae (sie) artis imbuti homines, welche
trotz ihrer Anhänglichkeit an die neue Lehre ohne
Furcht und Bedenken an den künstlerischen Unter-
nehmungen der Heiden sich bethciligeti. Darin ruht
da« Merkwürdige dieses Legenden-Berichtes, es eröffnet
einen _ völlig neuen Einblick in das Leben jener Tage
des Überganges und zeigt in überraschender Weise,
wie die Neuerung eben dadurch so mächtig und endlich
siegreich werden konnte, weil alle Lebensverhältnisse,
alle Stände, alle Situationen von ihrer Einwirkung
durchdrungen, durchsäuert und schliesslich umgebildet
wurden. Indem christliche Künstler für Heiden arbeiteten,
gestaltete sich der Übergang antiker Formen und Ideen
in eine den neuen Glanbensbegriffen entsprechende
Kunstweise von selbst, es brauchte nur die Reflexion
hinzuzutreten und den gewohnten Typen neue Bedeutung
zu unterlegen.
Nun befahl der Kaiser ein simulacrum Solis cum
quadriga ex lapide Thaso cum omni argutnento,
currum et equos anzufertigen. Die philosophi, eine Art
Aufseher oder Factoren der Arbeit in den Steinbrüchen,
besprechen sich mit den Werkleuten Uber die Wahl
eines tauglichen Stoffes, erst den Christen aber, die
alles, quidquid in »cnlptnra operabantur, in nomine d. n.
Christi sculpebant, gelingt es, das verwendbare Mate-
rial aufzufinden, worauf sie allein die sculptura sigilli
Solis herstellen. Offenbar war es eine freie, rund
gearbeitete Figur mit verschiedenem Beiwerk (argu-
mentum), worunter Benndorf Relief-Verzierungen des
Wagens oder den Zodiacus am Kocherriemen nach der
Analogie erhaltener Werke versteht. Diocletian, durch
die Leistung hochlich zufriedengestellt, lässt hierauf
einen Tempel in loci», qui appellatur ad montem pin-
guem erbauen und, wahrscheinlich zu diesem Zwecke,
durch dieselben christlichen Arbeiter columnas vel
capitclla colnmnarum ex metalloporphyretico anfertigen.
Unter dem locus haben wir eine der Abtheilungen
oder Stationirungen zu denken, sonst auch loea und
officinae genannt, in denen verthcilt die Arbeiter der
römischen Steinbrüche «lein Werke oblagen. Solche
Arbeiter-Colonien hatten häufig besondere Tempel und
auch jener ad montem pinguem mag dieselbe Bestim-
mung gehabt haben: Diocletian ibidem constitutt .et
posuit simulacrum et deanravit, et coepit in eodum loco
sacrifieiis et ungentis et odoribns litari. Es ist nun erstens
die Frage, ob Henndorf Recht hat, wenn er dieses
simulacrum mit der obengenannten sculptura sigilli
Solis identificirt und dieselbe somit zu einem Keltbildc
macht. Karajan'* Ansicht stimmt damit nicht überein,
denn seine Auffassung lautet nach dem Inhaltsanszug
dahin, dass der Kaiser erst jenes Bild des Sonnen-
gottes zu machen befahl, dann hiess er einen Tempel
erbauen „und in dienern ein vergoldetes Standbild der
Sonne errichten*'. Karajan sagt also schon: ein
Standbild, nicht dasselbe, bereits erwähnte simulacrum;
zu bemerken wäre nur, dass von einem Standbild der
Sonne in der diesen neuen kaiserlichen Auftrag berich-
tenden Stelle nichts angegeben ist: dieselbe spricht
weder von dem erstgenannten Sonnenbild, wie
Benndorf meint, noch Uberhaupt von einem solchen,
welches Karajan'« Auffassung ist, sie sagt nur: posuit
Bimulacrum, Üas Sol Bild muss für keinen Tempel ge-
macht worden und kann somit auch nicht da» zweite
simulacrum gewesen sein.
Zweitens erklärt Be u ndorf : „nachdem die Statue
des Sol vollendet ist, wird Bie vergoldet und als .
Cultusbild .... in einem neuerbauten mit Porphyr-
säulen geschmückten Tempel aufgestellt. - Verhielte
es sich so, dann gestaltet sich der ganze weitere
Verlauf der Ereignisse sammt dem Eintritt der Kata-
strophe unbegreiflich und ohne Sinn. Denn wir boren,
dass die Künstler »ich als Christen angeben, als ihnen
bald darauf befohlen wird, ein Aescnlap-Bild zu
mcisseln, indem sie sich weigern, imaginem hominis
miserrimi zu fertigen. Benndorf bemerkt selbst, es
seheine befremdend, dass die Meister des Sol. Hildes
Anstand nehmen, eine Statne des Aesculap desgleichen
zu vollenden, aber es sei bekannt, „wie sehr sich die
ersten Christen nicht gegen die antike Kunst schlecht-
hin, sondern nur gegen diejenigen Bildungen derselben
abweisend verhielten, welche als Ausdruck noch
lebendiger heidnischer Glanbensvorstellungen gelten
rnnssten". Und eben die Gestalt des Aesculap »ei
unter den damals populärsten Göttern eine hervor-
ragende gewesen. Aber eben dasselbe gilt in nicht
geringerem Grade von dem Sonnengotte und der
Erklärer selbst berichtet einige Seiten vorher von
jenem P gegen den Ausgang des Hcidcnthums bevor-
zugten, unter den verschiedensten Namen gefeierten
Cultus des Gottes Sol" etc. Demnach sehen wir keinen
XLIX
Grund, weshalb diejenigen, welche ohne Bedenken
ungesäumt den Einen Gott bildeten, sieh weigerten,
den lindern gleichfalls zu fertigen.- Wäre ihre sculptura
sigilli Solis wirklieh jenes simulacrum dcauratum, das
Diocletian im Tempel aufteilen und mit Opfern ver-
ehren liesB d. h. ein Cultbild, wie Benndorf angibt,
ho hätten die christlichen Künstler eben so wenig an
das Werk gehen können, als sie später den Aescnlap
zu vollenden willens waren, die Katastrophe wäre
gleich bei dem ersten Vorfalle eingetreten.
Aber das Sol-Bild war eben kein Cultbild, so wenig
es die Victoricn, die Eroten, die Löwen und andern
Thierfiguren waren, die Diocletian ebenfalls von den
geschickten christlichen Künstlern ausfuhren Hess,
ohne deswegen auch auf Widerstand zu treffen. Diese
waren ornamentale Arbeiten zur Verzierung von
Brunnen u. dgl. , die der Christ damals wie heilte
lediglich als Schmuck, nicht als Idole ansah und in
Folge dessen wie jede andere Arbeit fertigen durfte;
nur ein Werk, das zum heidnischen Gottesdienste
bestimmt war, mnsstc ihm ein Grüuel sein. .Somit mag
jencH erste Bild der Sonne gleichfall» nur ein blosser
Schmuck gewesen sein, vielleicht hatte es directen Bezug
auf den Kaiser, den Sohn einer pannonisclicn Sonncn-
priestcrin, dessen Mtlnzcn die Sol-Btlstc zeigen. Auch
unsere Legende nennt Sol, deum Cacsaris, vielleicht
war es eine Portrait-Statue des Kaisers, was um so wahr-
scheinlicher wird , wenn wir im Verlaufe hören, dass die
Christen gezwungen werden sollen, diesem Gottc des
•Kaisers zu opfern, denn es wurde, wie das bekannte
Schreiben des Plinins scn. an Trojan beweist, das
Verhör vor den Statuen der Götter und des vergöt-
terten Imperators vorgenommen. Wenn unsere Cliristcu
bei dieser Gelegenheit, als sie sich weigern, den
Sonnengott zu verehren, ihre« Widerstand mit den
Worteu motiviren: Kos uumqnam adornmus facturam
mauunui nostrarum, so ist damit doch keineswegs dar-
gethan, dass ihr Sonnenbild eben das nun vor ihnen ste-
hende Tempelbild wäre und somit unser Versuch, die
Schwierigkeiten zu lösen abgewiesen, sondern es war
wohl ein anderes, (Hier es muss diese Erwiderung der
angeschuldigten Christen lediglich als eine den mönchi-
schen Schilderen] solcher Lcgcudt-ustoffc sehr gelaufige
Phrase angesehen werden, die immer wiederkehrt, wo
der Christ dein Götzcubiide gegenüberstellt, eine Bemi-
niBcenz ans Psalm 115, 4 und 135, 15: „die Götzen
sind Werke der Hände des Menschen", die eben wie
immer auch diesmal angewendet wurde, ohne dass dein
Verfasser der Conflict mit dem Vorhergesagten aufge-
fallen wäre. Wer aber dennoch die scheinbare Kraft
dieser Phrase für Benndorfs Behauptung anerkennen
will, dass die Sol -Statue der fünf Christen ein Cultbild
gewesen, der schaffe auch eine Lösung des hieraus
erfolgenden Widerspruchs herbei , dass das eine Bild
anstandslos gefertigt wurde, die Volleudiing des andern
aber den Kunstlern ein Grnuel dünkt, dem sie den Mar-
tertod vorziehen.
Wir haben durch diese Erwägung nicht nur den
Hauptinhalt der Legende für die Untersuchungen der
Cultur- und Kunstgeschichte, sondern zugleich die
ganze Folge der Ereignisse bereits angegeben. Noch
erübrigt, Uber mehrere kleinere Arbeiten der Künstler
zu sprechen, welche nach der Vollendung des Sol-Bildes
den Heiden Simplicius bekehren nnd zu ihrem Bischöfe
Cyrillus bringen, der ihn tauft. Hier erfahren wir, dass
dieser, von Antiochia hergebracht, mit vielen andern
Bckenncrn in Fesselu schmachtet, nach Benndorfs
Auseinandersetzung ein Beispiel fttr das häufige Straf-
verfahren der Vcrurtheilung ad metalla. Anlass zu der
Bekehrung bietet Simplicius' Frage, wie doch die Viere
es machten, dass ihre Meissel so treffliche Stählung
besässen (temperamentnm). Die Formel, welche darauf
Claudius Uber das zu härtende Eisen ausspricht, hat,
nebenbei erwähnt, sehr das Gepräge eines heidnischen
Zaubersegens, vgl. Grimm, myth. Cap. XXXVIII. Die
nächste Arbeit besteht in Anfertigung von eonehae, Wanne
aus Porphyr, cum sigilli« et herbaeanthis, d. i. Akan-
thusbläitern. Wie hier ein antikes Wort noch erhalten
und verstanden begegnet, so ist die darauf angeführte
coitcha porphyretica cum inalis et herbneantis ein uoch
im Mittelalter begegnender Gegenstand ; ein ehemals im
paradisus des Aachner Münsters befindlicher Brunnen
z. B., der spätestens im XII. Jahrhundert gesetzt werden
kann, von manchen aber selbst fllr römische Arbeit
gehalten wird, int mit einem Pinienapfel nnd dem Bild
einer Wölfin, die noch erhalten sind, geschmückt (Bock,
der Keliqnicnsehatz des Liebfrauenmttnsters zu Aachen,
p. 74). Bei deu Chronisten wird hier die Bezeichnung
cantharus (Bohre, Wasserspeier) gebraucht, gerade
wie die Künstler unserer Legende lacns (Wasserbehälter
bei Leitungen, Bassins) cum sigillis et cantharis und
ferner dann leones fnndentes nquam, et aquilas et cervos
et gentium multnrum similitudinem anfertigen. Benn-
dorf macht es Uberaus wahrscheinlich, dass ein Zusam-
menhang zwischen diesen Werken nnd der Ausführung
der berühmten Diocletiansthermen des Quirinal bestehen
mUsse, welche im Jahre 3<M> eröffnet wurden.
Die KunstausdrUcke in dieser Legende sind:
siinulacrum, sigillnm, imago, sculptura; columna, cnpi-
telln, collyrium, columnae, columnno cum capitibns
foliatis; concha lacus cantliarus, leones fundentes
aquam etc., herba acantu, ornamenta sigillorum, concha
cum malis.
Knnstnachrichten aus alter Zeit werden immer die
kostbarsten Traditionell fUr den Historiker des Kunst-
gebietes bilden. Sie erst lehren uns verstehen, was die
Denkmale bedeuten, jene sind der lebende Geist und
Sinn der Kunst fUr ihre Zeit, diese nur der Buchstabe,
die Chiffre und Form, welcher eine spätere Aera leicht-
lich andere Bedeutung beimiBst als ursprünglich für die
Grllnder das Gebilde besass. Die Seltenheit gleich-
/.eitigerSchilderuiigen und ßenrthcilungen alter Werke ist
allein auch Ursache, dass eine Fülle moderner Anschau-
ungen in Kunst- und Cultur-Gcschichten herantreten, als
Motive und Maximen der vergangenen Kunsttuätigkeit
unterschoben, und auf diese Weise oft so arge Zerrbilder
entworfen wurden, wenn die allgemeine Charakteristik
eiuer Kunst-Periode, die leitenden Ideen einer Epoche
dem Leser hingestellt werden sollten. Hätten wir nur
genug alte Berichte über diesen Gegenstand, wie vieles
würde sich einfach, aber auch ganz anders lösen, was
heutzutage immer mit der Vorabsicht gedeutet wird,
unsere Tendenzen, unser Denken und Fuhlen, unser
Spiegelbild in allem und jedem wieder zu begegnen.
Auoh die PaBsio gehört zn den wenigen Quellen,
die bic and da zuweilen sich darbieten, um einen Blick
iu den tiefen Grund der Vorzeit zu gestatten. Auch
hier wird, wie ich glaube, der Vorhang weggezogen,
welc her einen oftmals untersuchten , bestrittenen und
wieder untersuchten Punkt verhüllte : darüber noch
einige Worte.
An Bauwerken und Gerät lien , .Seulpturcn und
Miniatur-Gemälden der romanischen nnd gothisehen Kunst
haben von jeher jene wunderlichen Gestalten Aufsehen
erregt, die man als r i Schöpfungen der nordischen Phan-
tastik- beiläufig ebenso oberflächlich abzuthun pflegt,
als man vor einem Jahrhunderte noch die gesummte
Kunst des Mittelalters in diesen Topf geworfen. Hei ein-
gehenderer Beachtung dieser auffallenden Dinge gewahrte
man, dass namentlich zahlreiche Typen des Heiden-
thumes auf solche Weise in die christliche Bildnerei
herllbergetreten waren und hier Bürgerrecht erlangt
hatten.
An Portaleu und Säulen-Capitälen der christlichen
Dome erblickt man Sirenen und nackte DUmoninneu.
Greife und Harpyen, selbst zügellose Darstellungen,
als wiiren antike Muster dein Bildner zu c.irrikirter
Nachahmung vorgelegen. Man vergleiche /„ B. jenes
Helief, welches eine nackte Figur, ganz im Aphroditen-
typus , aber mit allen Äußerlichkeiten einer Marien-
erseheinung darstellt. Derlei Bilder erscheinen neben der
Kreuzigung und Himmelfahrt (Annal. archaeoli. Zur Er-
klärung dieser Thatsachen stehen noch immer zwei Pur
tci-Ansichtcu einander gegenüber nnd somit der Krklii-
rung im Wege, die eine ist eine kirchliche, die andere
eine volksthlünliehc. Jene behauptet, die christliche
Knust habe den Triumph Uber das Heidenthmn verge-
genwärtigen wollen , indem sie dessen tiestalten nnd
Typen au ihre Werke fesselte, wie der Triumphator die
Gefangenen au den Wagen, damit sie seinen Aufzug
sehmltekeii sollten; die (Segner meinten, es beweise sich
im Gegenthoil nicht nur die Lebens Zähigkeit des Hei-
denthuuis im Hi rzen der Völker, sondern auch deren
Liebe, Anhänglichkeit und stillschweigendes Kllekver
langcn nach seiner verschwundenen Herrlichkeit, wenn
«ler Neuerung zum Trotz alte heidnische Keniiiiiscenzen
es wagen dürfen, in den HeiligthUmern des Christen
thnmes Platz zu nehmen.
Was eine dritte, zwischen den Extremen stehende
Meinung behauptete, wird durch die Erzählung unserer
Passio bekriittiget. Die Kunst ist niemals völlig unter-
brochen gewesen, namentlich ging dasjenige, was Styl,
Technik und Fonneugebung in ihr heisst, in zusammen
hängender Folge ans der Antike ins Mittelalter hinüber.
Als man zuerst christliche Tempel, Statuen und Gemälde
schuf, baute, meisselte, pinselte man gleichwohl wie es
lUr die Götter der alteu Welt geschehen; die letzte Zeil
der heidnischen Kunst war die .Schale der folgenden
christlichen Kunst: für die Mache, Styl, Cömjiositioii und
Technik blieb das vorderhand einerlei. Bei so ununfer
broehener Tradition sahen aber die ältesten Christen
nicht nur in der Verwendung der bisherigen Gebilde zu
ihren Zwecken nichts verfängliches , sondern gingen
nach der II heraus merkwürdigen Miitheilung unserer
Passio sogar als Künstler in den Dienst der Heiden,
arbeiteten Säulen für dereu Tempel und Statuen, Victo-
rien und Eroten, ja selbst das Bild der göttlich verehrton
Sonne ohne Bedenken, nur eine eigenthUinliche C'ultns-
tigur, den Acsculap, die wirklich angebetet und durch
Opfer geehrt werden soll, weigern sie sich zu fertigen,
natürlich, denn : du sollst dir kein Bild mncheii und ihm
dienen. Selbst das Bild des Sol auf dem Viergespann
betrachteten die KUnstler nur als gewöhnliches Kunst-
werk, gleichwie die conehae oder Säuleu, es war nur
zum Sehmnck, nicht zum Idol bestimmt, seine Anferti-
gung somit dem Christen nicht verboten.
Als dann die Macht des Heidcnlhiimcs erloschen
war und niemand mehr Götzenbilder anbetete, lebte die
alte Gewohnheit und Kuiistübuug aber noch lang nnge-
ündert fort. Was dieselbe sich einmal angeeignet hatte,
war und blieb ihr initiier eigen, was mit ihren inneren
Bedingungen harmonirend einmal in ihren Hanshalt
gelangt war , blltbte fort mit ihrem ganzen Wesen.
Dinge aber, die sie, ohne Anstoss und Gefahr zu furch-
ten, in den früheren Tagen bildete, als es noch eine
Hcidenwelt ringsum gab, gewisse Stoffe und Formen,
die damals ihre glorreichen Märtyrer selbst , wie wir
hier sehen, anstandslos darstellen durften , die gingen
mit dein Strome der Kunst auch in die folgenden Zeiten
hinüber, indem sie keinen andern Charakter annahmen
als den allein der rein künstlerischen Zier, eine I'ebcr-
lieferung ohne anderen Zusammenhang mit ihrer Wiege
als das Ornament hat, dass die classische der christli-
chen Kunst hinuberreichte. Weder der Stolz des sieg-
reichen Christeiithums , noch die ohnmächtige Bos-
heit iles fallenden Götzendienstes rief derlei sonder-
bare Gesellschaft heidnischer und christlicher Darstel-
lungen an Kirchen und anderen frommen Schöpfungen
hervor, sondern lediglieh der natürliche Gang der Dinge,
das Gesetz der Trägheit, in Folge dessen eine Bewe-
gung in einer neuen alhnälig zu verlaufen bestimmt ist.
Das hier so schön erzählte Mnrtyrerthiini christ-
licher KUnstler, verursacht durch die Weigerung, ihre
Fertigkeit dem Götzendienst zu leihen, steht nicht ver-
einzelt da. Die Legende erzählt von Thiemo oder Diet-
mar ■(nach des berühmten Gebhart Tod, Erzbiseliof von
Salzburg, einer merkwürdigen Persönlichkeit, Freund
des Habcnbergers Leopold des Schönen und gerühmtem
Kdnstlerl, dass er in Palestina mit Ulm, der Mutter des
Markgrafen, in Gefangenschaft gerieth und den Märtyrer
tod erlitt, weil er ein Bild Mohainmed's (!) nicht aus-
bessern wollte. Die Analogie dieser klaren Sage spricht
nicht besonders fllr die historische Sicherheit des Vor-
falles, den die passio mittlieilet.
Zum Beschlüsse noch einige Worte Uber die eigent-
lichen <|uattuor coronati, die Heiligen Serinns, Sevcria-
nus, Carpolorus und Victorinus, deren Legende unserer
Erzählung den Namen gegeben, gleichwohl ihr nur wie
ein kurzer Annex beigefügt ist. Es waren römische Legio-
näre, welche als treue Christen sich weigerten, das
Aesenlap-Bild anzubeten. Über ihren Körpern erschienen,
als sie in die Wellen geworfen waren, Koldene Kronen,
daher der Name.
In Folge jener uncigeutlichen Betitluug der passio,
■leren Hauptinhalt nicht die Geschichte der vier Sedda-
ten , sondern der fltnf KUnstler in Panminien bildet,
wurde sogar die Verwechslung derselben häutig veran-
lasst, so dass die <|iiatuor coronati bisweilen als Stein-
metz-Patrone mit den Handwcrks-Attributcn in Händen
abgebildet wurden. Über einen Grabstein in Steier, auf •
dem die Brustbilder der vier Gekrönten mit Meissel,
Hammer, Zirkel etc. aus Blumenkelchen hervorgewach-
sen dargestellt sind, hat H. Hicwel im IX. Bd. p. 100
der Mittheilnngcn des Altcrthnms • Vereines berichtet,
woselbst sich auch die in Fig. I hier ebenfalls beigege
bene Abbildung findet. Das Relief zeigt den Gekreuzigten,
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LI
fyt ft l b»pp ffan^f Wgtfi gsabiü irr
tagr&rftf stlt aat Wittag ka$ Wa £riE$
ilen die Heiligen rechts und links umgeben, unten kniet
Wolfcang l enk , Steinmetz und Baumeister der Kirche,
f 1513. Der Berichterstatter gedenkt ferner der Male
reien an den Tafeln der Wiener Bauhütte, welche zwar
St. Serinus und Genossen darstellen , deren Inschrift
jedoeh ihnen die Schicksale der fllnf pannonischen Bild-
hauer beilegt. Nach Ilen ndorf schreibt eine Tradition
den vier Gekrönten die malerische Ausschmückung der
Dioeletiunisehen Thermen in Rom zu. Vasari im Leben
des I'arri - Spinelli endlich erzählt . dass derselbe in
Arczzo die Capelle der Steinmetz - Innung mit Fresken
schmückte, welche .nebst einer Madonna die Legende
der vier gekrönten Heiligen darstellten.
Alben 1l g .
Beiträge zur mittelalterlichen Sphragistik.
[Ml 10 UoU><tiKlll*a.)
VIII. Siegel der Stadt St. Pölten.
Die Mitte des Siegels (1 Zoll 9 Linien) nimmt ein
auf einem Dreipass liegender gestreifter Schild ein, darin
im damascirten Felde der aufrechfstchendc passauisehc
XVII.
Kitt. K
Wolf, einen Krummstab
haltend. Die Legende
befindet sieh auf einem
Schriftbande , das sieh
um den Dreipass schlingt
und (in Minuskel ge-
schrieben) lautet : 8.
civitatis (ad) sanetum
ypolitum. Das Siegel
erseheint gegen Ende
des XV. bis Mitte des
XVI. Jahrhunderts im
Gebrauch. (Fig. 16.) Im
Jahre 1 f>r!H ertheilte
Kaiser Ferdinand I. der Stadt ein neue« Wappen,
welches noch im selben Jahre in da« städtische Sichel
aufgenommen wurde. In diesem Siegel , das 1 Zoll
S Linien im Durchmesser hat, zeigt das Wappen im
ersten Felde des senkrecht getheiltcn Schildes den
Querbalken, im anderen den aufrechtstehenden Wolf.
Die in Übergangslapidaren geschriebene Legende ■
„K. civitatis s. yppoliti in austria DVW." befindet sich
auf einem Inschriftsbande , das sieh an den Bndeil
vielfach umschlingt nnd aufrollt. (Fig. ITA
IX. Siegel der Stadt ViScklabruck.
Dieses Siegel, eines der schönsten Stadtesiegcl.
•_' Zoll 2 Linien im Durchmesser, zeigt im Siegelfelde
eine dreibogige Brücke,
eingefasst mit gc/.inntcn
Seitenmauern. Am F.ndc
der Brücke ein hoher
Thorthurm mit offenem
Thore und aufgezogenem
Fallgitter. An das Thor
»chliesst sich eine ge-
zinnte (juadermaner an.
Uber welche einige Gc-
biiude der Stadt heraus
ragen. Die Gebäude stel-
len sich als Bauten von
mehreren Stockwerken
dar, mit hohen Dächern
und abgetreppten Giebelvvämleu. Ausserdem sieht mau
noch einen, schlanken runden Thurm mit zwei Zinnen
galerien. Über die Brücke reiten gegen die Stadt zwei
Gewappnete, beide in ihrem Äussern einander gleich.
Wf. IT
Fig. 18.
lii
liillig mit Platlcnharniseh gerüstet,
mit geschlossenem Helmen bedeckt,
wallenden Helmdecken und hohen
Pfauensttitz. Jeder Ritter hlilt in
der Rechten " ein Fähnlein mit der
österreichischen Binde, in der Lin-
ken vor der Brust einen dreieckigen
Schild mit demselben Abzeichen.
Die Decken der im Schritte gehen-
den Pferde -inil an Brust , ll.-ls
und Hinterschenkel mit dem gleichen Wappen geziert.
Zwischen der ersten Rciteriigur und der Stadt befin-
det siel) der Lunge nach der abgekürzte Name :
ALHTI. hinter dein zweiten Keiler liest mau Rl'DUL-
Fl 's Fl LI TS. Die auf dem mit lYrlcnlinicu bekränzten
Schriftrande befindliche legende lautet: f S. quod
i unterbrochen durch das Bild der Stadt) feeit . de . Fe
i unterbrochen durch die hinteren PferdcfUsse de«
zweiten Beitel«) de prveka (kräftige Lapidar). Da»
Siegel, dessen Stempel mich in Vöeklnbruck vorhanden
ist, dllrfte dem XVI. Jahrhundert angehören. (Fig. 18.)
Ausserdem besitzt die Stadt noch ein Siegel au» dem
XVI. Jahrhundert, welches dieselbe Vorstellung, wie das
eben erwähnte Siegel zeigt. Doch ist dieses Siegel bei
weitem weniger zierlich, die Wnppnung der beiden Biller
deutet auf das XVI. Jahrhundert, die Gebäude der Stadt
sind viel einlacher, die Fähnchen der Ritter sind ohne
Wappen. dal'Ur die drei Brückenpfeiler mit dem Binden-
schilde geziert. Zunächst dem ersten Ritter A. 1'.. hinter
dem zweiten KV. Auf einem um den Rand der oberen
Hälfte des Siegel« schwebenden Schriftbande die Worte:
s. <|uod fecil Fecle prvek (neuere Lapidar). (Fig. 10.)
X. Siegel der Stadt Wien.
Obgleich der XI. Band der Mittheiluugeu bereits
eine umfangreiche Abhandlung Uber die Siegel der
Stadt Wien enthält, wodurch constalirt wurde, das»
das ursprüngliche städtische Wappen der einfache Adler
war i vorkommend seit 1238), und dass erst mit Kaiser
Friedrich IV. eine Änderung des Wappens in der Art \or
sich ging, das* man ans dem einfachen Adler einen dop
pelköpfigcn machte und ein (zwar schon früher vorkom-
mendes) Kreuzschildlein auf dessen Brust legte, so war
doch Regierungsrath R. v. Catucsina in neuester Zeit
so glücklich, ein weiteres bisher unbekanntes Siegel
der Stadt Wien aufzufinden. Es zeigt den einfachen
Adler, gehört wahrscheinlich in ilie erste Hälfte des
XV. Jahrhunderts und wurde ausführlich besprochen und
abgebildet im XIII. Bande der Mittheilungen.
In neuester Zeit war dieser Forscher wieder in der
nugenehnicn Lage, ein weiteres Wiener Stadtsiegel auf-
zufinden. Dasselbe ist, wie Fig. 20 zeigt, rund, hat drei
Zoll im Durchmesser. Im Siegelfelde sehen wir noch
den eiuköptigen Adler, jedoch mit der im XV. Jahrhundert
üblichen Auffassung, höchst zierlieh ausgeführt. Der
Sebriftrahinen wird nach aussen und nach innen von
einem mit Kingelchen belegten Stufenrande eingefasst,
und enthält genau die gleiche Umschrift (selbst in der-
selben Buchstaben- Fignratiou und Schreibweise), wie das
älteste Wiener Stadtsiegel, nämlich: f Sigillvm . civivm
vvinucnsivut.
Das Siegel findet sich bisher nur in einer einzigen
Urkunde des städtischen Archivs, welche, ausgestellt
von Bürgermeister Hanns Steger. das Datum 144«
24. Mai tr«gt. Auf der 1'rkunde heisst dasselbe das
grosse Siegel.
,.144K. Wien Freitag vor S. Vrbanstag (24. Maj)
Hanns Steger, Kiltcr, Burgermaister vnd MUnzmaister.
I'ud der Rat der Stat zv Wienn, bekenen zv schulden
dem Kdlen (Jcrharten Franawcr 2<)<H> guter newer
vngrische gülden, vnd selbe von dem nagstkiinftigen
sand Jidiannstag zu Sunnweuden, vber ein ganezes Jahr
zu bezahlen, vnd geben ihm den Brief, versigelt mit
vnserm grossem anhangenden Statiusigel. Orig. Pcrg."
Es dürfte nur sehr kurze Zeit in Benutzung gestan-
den sein, denn noch im Jahre 1444 sehen wir das alte
grosse Siegel verwendet, während das neue Siegel schon
im Jahre 14H4 geschnitten wurde. Auffallend ist jeden-
falls, dass dieser Adler dein ältesten Siegel wieder gleicht
und nicht mit dem Kreu/.esschildleiu geziert ist. da doch
aus dem XIV. Jahrhundert drei verschiedene, somit ältere
Formen des städtischen Adlersiegels mit diesem Krcuz-
schildlein auf der Adlerbrust uns bekannt sind.
XI. Siegel des Wiener Bürgerspitals.
Schon im Jahre 12S1» erscheint urkundlich r der
Bürger Spital" das von der Wiener Gemeinde ange-
eifert, durch das glänzende Beispiel, welches der Ar/.l
Gerhard den Bürgern durch
die Errichtung des Heiligen-
Geist - Spitals (1211) gege-
ben hatte, für gebrechliche
Arme und Kranke gegründet
wurde. Obgleich das Grün-
dungsjahr nicht bekannt ist,
kann man doch annehmen,
dass diese wohlthätige Stif-
tung um die Mitte des XIII.
Jahrhunderts entstanden ist,
weil das Spital bereits in
einer lateinischen Urkunde
vom Jahre 1257 besprochen
wird. Das Spital war zu
Ebren der heil. Jungfrau
und Aller Heiligen geweiht
Hg. 21.
ULI
und befand sich am linken Wienufer in der Oegelid
«wischen der heutigen Elisabeth- und Schwarzenberg
brtleke. Die oberste Leitung des BUrgcrspitales stand
der flemeinde zu. Die Annen- und Krankenpflege ver-
sahen durch lange Zeit ( bis gegen die Mitte des XIV.
Jahrhunderts i die Hrllder vom heil, Oeist, die jenseits
der Wien, wie erwtthnt. selbst ein Spital besassen '.
Das Siegel dieses Hllrgerspitals , das bereits im XIII.
Jahrhundert erscheint, hat eine spitzovule Form (1 Zoll
:"> Linien im Breiten- Und 2 Zoll 1 Linie im Liingen-
durelimeiiser). Im Siegelfelde ein einfaches Kreuz auf
einem Felsen, zu oberst steht darauf eine Taube mit
ausgebreiteten Flügeln und Krenznintbus , in den vier
durch das Kreuz gebildeten Rechtecken ist üben Sonne
und Mond und unten je ein Stern angebracht. Die in
Lapidaren geschriebene Legende auf dem von Inncn-
und Ausseii-Stufenrande eingefnssten SeTtrilt bände lautet :
f S. hospitnlis . eiviutn . in wiena. Hin sehr ähnliches
Siegel führte auch das llciligcngcistspital J . (Fig. -1.)
XII. Siegel des K I agba umsp i t al es.
Bald zeigte sich, dass diese beiden Spitäler für Wien
nicht genügten. Die in Folge der Kreuzztlge und des ge-
steigerten Handelsverkehrs häutigere Berührung mit dem
Oriente hatte die Verschleppung bösartiger Krankheiten
nach Mitteleuropa zur Folge. Insbesondere wurde Wien
von derlei Kranheiten stark hcimgesuehl. Im die fiefahr
der Ansteckung und Wcitcrver-
breitunguiöglielist einzusehritn-
ken , gründete (i erberd , der
Pfarrer von St. Stephan , im
Jahre 12ii<> ein Spital für Aus-
sätzige beim Klagbaum anf der
Wieden, ziemlich weit entfernt
von der Stadt. Die Capelle
wurde 1207 zu Ehren des heil.
Job geweiht. Das Spital war
fllr männliche und weibliche
Kranke eingerichtet und stand
unter der Leitung eines Meisters
und einer Meisterin. Obgleich
es nie bedeutendes Vermögen
gehabt haben dürfte, bestand
dieses Spital bis zur ersten Tltr
kenbelagernng, zu welcher Zeit es gleich den übrigen
in den Vorstädten bestandenen Spitälern zerstört
wurde >. Später lebte die Stiftung wieder anf, bis ^ie
im Jahre I70ti dem Bürgerspitale völlig ineorporirt
wurde. Das in die Stiftungszeit dieses Spitals zurück-
reichende Siegel ist spitzoval (2 Zoll 1 Linie im Längen-
und 1 Zoll 4 Linien im Breiten-Durchmesser). Es enthält
im Siegelfelde ein Kreuz auf einem Menschenkopfe auf-
gerichtet, in den oberen rechten Winkeln Sonne (Stern?)
und Mond, in den unteren je einen gegen aussen gewende-
ten Vogel mit gegen das Krenz ziirückgerichtetem Kopfe.
Die Legende (Lapidar) auf dem mit Berlinden begräuz-
ten Sehriftrandc lautet: f. S. Dominarum in clagpavm.
(Fig. 33.)
1 Anrf1ll..-llth«i ilh.r Sj.lt») , Allir-ant.»'» Wl«ner I»lirir»r»l>lul
and «ilu'i liexfciclita il, r off. .ullth.o A>.Wln wf Mr dl» Amen- Vir» rKn=B.
1 l'lifflr Ordia, dixm-rliiEUltkkrcliu ilim Ii. Aalen a-avii&l war, war bald
In »,lu«n> VennSfen xhr uxabgukxiitiian. Nadidrui dwr laiaio Ord<-u»lirtidir
Jakub Na^l einige Jahr« Hell der tralin Ttirk«nttela«-*rii(i|f g«»torb«ft war. nw*
da* wimljje Vinongtn an da, Wlescr Hlilhum Uber >a*l war x. arm. ,da»a er
weder Kiae-u «,.rh Tnnlen nnrt. Klrld «eliabt rnn i am Ki. hier Arosnet» und da»
rr nleht. «habt ( ,.i..r|.. n * i Nntlronblall der k. Akademie l»6o » IIS)
> S hl-rub.r W.f,. ). <■ v U—t MkWl'i Wird.» p I».
Flg. 28,
XIII. Siegel des St. Merten-Spitals.
Zwischen 133t» und 1330 vom Herzog Otto dein
Fröhlichen gestiftet, verlor dieses vor dem Widmerthor
gelegene Spital bald seine Selbständigkeit, indem es
durch Herzog Albrecht nnterm 20. August 1343 mit dem
von Friedrieh dem Schonen gestifteten Spitale vor dem
Werderthor vereinigt wurde.
Aus dem Inhalte dieses Stift -
briefes geht hervor, dass das
neue Spital für Sieche einge-
richtet war. 1-BW wurde das
hospitale Sancti martini vien-
nense monasrerinm dem vom
Kaiser Friedrich IV. gestifte-
ten Oeorgsorden einverleibt,
welcher bis zur Zerstörung
des Spitals (153!*) in dessen
Besitz blieb. Das uns der Stif-
tungszeit herrührende Siegel
(lind, 1 Zoll 4 Linien im Durchmessen zeigt im Siegei-
telde den Bitter St. Martin, zu Pferde, das Haupt mibe
deckt, wie er eben mit dem Schwerte seinen Mantel theilt,
um einen unbekleideten Armen mit der MantclhälfiC zu
bedecken. Vordem Ritter schwebt der llindeiischild. Das
Siegelfeld ist mit Bankenwerk ausgefüllt. Die Legende,
in Lapidaren gesehrieben, im mit Perllinien begränzfen
Schriftrande lautet: S. Domi. sancti. martini.
XIV. Siegel des A btes Andreas von Admout.
Für das Studinm der Entwicklung der Siegel -
schncidkiinst sind die Porträtsiegel geistlicher Würden-
träger von besonderer Bedeutung. Auf denselben werden
Bischöfe und Äbte grösstenteils in ganzer Figur, ent-
weder auf Faltistoricn sitzend oder stehend, selten in
Bruststücken dargestellt. Von diesen Siegeln ist eine nam-
hafte Zahl erhalten. Anfangs sieht man darauf mir die
Figur des Bisehofs, meist segnend, später wird architek-
tonische Ausschmückung zu Hilfe genommen, sodann
kommen Schutzheilige. Engel. Wappen etc. darauf vor.
Ein solches architektonisch srtir reich ausgestattetes
Siegel ist jenes in
der Aufschrift be-
zeichnete. Euter einer
reichen gothischen Ar-
chitektur sitzt im Sie-
gelfelde der Abt in
voller Pontificalklei-
dnng, die Rechte zum
Segen erheben, in der
Linken das Pedum
haltend. Unter der
Figur das Stiftswap-
pen. Dbb Siegel selbst
ist spitzoval (3 Zoll
im Längen- und 1 Zoll
1 1 Linien im Breiten-
durchmesser) und hat
zwischen Perlenlinien
folgende in Lapida-
ren geschriebene Um-
schrift : S. nndree .
dei . gra. abbat-sx
inoasterii
UV
Inschrift Inntet i
Andrew, aus dem Genchleebte der Edlen r. statt
Itcini. stand dorn Stifte von 1423 bis 14<><i vor, er wird
wiederholt l'rineeps abbände Admont (Fttrstaht) gesamt
(Fig. 84.)
XV Siegel eines Pfarrer« ron Heiligenatadt.
Wir groben in Fig. 25 < 1 *«- Abbildung diese« spitz-
■valen Siegels (2 Zoll 2 Linien und 1 Zoll 8 Linien).
Es enthalt eine gönn interessante Zeichnung im sicgcl-
felde, nämlich in einer ge-
gliederten spitbogigen Nische
unter einem spät -gothischen
Haldachinc den Erzengel Mi-
ehael (Kirehcnpatron) , mit
» Sehwert und S ecl c n w n ge. Zu
'A Seiten der Nische eine Qun-
derninner. Unter der Engcls-
IgUT in einem kleinen Schilde
ein nach recht« wehender Kopf.
Die Inschrift befindet «ich auf
mffä&f der Einfassung de« Sicgclfcl-
des und i-i aussen mit einem
/ / oniamentirten Rande und
innen durch eine Sinl'enlinie
begrenzt. Der Sehriftrnhmcn
wird oben durch den Haida
chin, der bil an den Siegel-
rand reicht, unterbrochen. Die
S. leopobli plehnni in «aneto loeo. Da«
Siegel nbrte der Klostemenhurger Capitular Leopold,
der zwischen 1420 und 1427 Pfarrer z.u Heiligenstndt
war. /'*'• K. Lina.
Heraldisch -genealogische Zeitschrift.
• »rtfiti iM litfftldj.rti.it Verplli«* „A«Hrr- i» Wim I. .Um.iu.
iMII I llolitrhum I
Der am 10. Mai 1*70 gegründete heraldische
Verein obigen Namens bestimmte als Ziel seiner Thii
ligkeit die eingebende l'rlege der Heraldik, sphrngistik
und Genealogie, jener, «richtigen historischen Hilf«
Wissenschaften. So wie die Altcrthutns- Vereine berufen
sind . die Denkmale der Vorzeit im allgemeinen zu
erforschen und zu bewahren, eben so soll es den heral-
dischen Vereinen zustehen, speeiell die Denkmale des
Adeh der künftigen Erinnerung zu erhalten.
Seit Jilnncr 1*71 gibt dieser V erein ein Journal
heraus, nnddiesergauz vorzüglich redigirten Monatsehrift
wollen wir bei dem I mstande, als in derselben gar
manches nicht Idos vom Standpunkte dieses Vereins,
sondern allgemein archäologisch Interessantes pnblicirt
wurde, tinsere.Aufmerksamkeit widmen. Wir Ibergeben
die ganz interessanten und lehrreichen Aufsätze Uber die
Geschiente des Orden*, vom goldenen Vliesse, Uber die
u bersten Hoilmter in < Merreieh, über den Original-Topf-
heim im Hesitze de« Grafen Hans v. Wilczek, Uber das
St. Christophori am Arlberg Hruedersehafts-Hueeh, Uber
die Proben ans dem Donauesehinger Wappenbuch vom
Jahre I4:!:i, Uber da« Flamlern'sehe Tumierbiieh aus
demselben Jahre, Uber heraldische Schildhaltcr, Uber die
Genealogie des Seherffcnberg' sehen Geschlechtes etc.
und wollen uns fllr dicssnial nnr auf die beiden Aufsätze
des Fürsten Friedrich Karl von Hohenlohe-Waldenburg,
betreffend archäologische Skizzen aus Tirol, beschrän-
ken. Der erstere bringt anlasslich sehr hcachlenswerthcr
Naehriehten Uber das Wappen von Tirol, werthrolle
Mittheilungen Uber ein vorzügliches Sehuitzwerk. Wir
erfahren nämlich, das« sich im fürstlich Thum- und
Taxis'sehen Rentamts - Gebäude in Merau vier in Holz
geschnitzte und bemalte Wappentafeiii helinden. Auf
denselben sind in vorzüglicher Weise sowohl hinsichtlich
Zeichnung wie Ausführung die Wappen von Österreich,
das altösterreichisehe Wappen mit den fllnf Adlern, der
tirolisehe Adler und endlieh das Wappen von Sehottland,
ein rother gekrönter Löwe im goldenen Felde, darge-
stellt. Durch dieses letztere Wappen liisst sieh mit
Sicherheit annehmen, das« diese Tafeln unter Herzog
Sigismund, dessen Gattin Eleonore eine schottische
Königstochter war, angefertigt worden waren. Resngte
Wappentnfeln haben unstreitig bedeutenden kunstge-
schichflichcn Werth, man kann sie den besten mittel-
alterlichen derartigen Sehnitzwerken anreihen, wie dies
ein Rück auf die jener Zeitschrift beigegebene ganz ge-
lungene Abbildung begründet.
In dem zweiten Aufsatze lemen wir einen ganz
interessanten Grabstein kennen, welcher in loben»-
werther Fürsorge fllr dessen Erhaltung seit 1856 in der
neuen Umfassungsmauer des Kirchhofes der St. Johan-
Digitized
LY
neskirehe im Dorfe Tirol eingemauert im. Fig. 1 • gilt
eine Abbildung davon.
Diese Sainlstcinplatte deckte bis ] Hf>f> ein gemauer-
te» Grab auf der Nordsoitc der nun abgebrochenen
alten Dorfkirrhe. In der Mitte der Platte sehen wir da*
Wappen, ein schräg gestellter Schild, Uberdeckt mit
einem im Halbprotil gestellten Helme, als dosseu Zier
HUlTelhörner und Ohren erscheinen. Die Umschrift de»
Grabsteines ist nur mehr stellenweise lesbar und lautet:
f anno ilomini mille j simo CCCXLILX obiit steunus |
(Vir? Dicpoldus) | dictus Hei in die Fabiaui m. Indem
wir unt» hier nur auf die Bekanntgabe dieses Monuments
beschränken und im Übrigen, auf den diesen Stein ein-
gehend erklärenden Aufrufe in benagter Zeitschrift vor-
weisen, wollen wir nur noch hinsichtlich der Jahreszahl
bemerken, das« wir dem Autor des Aufsatzes in deren
Auslegung beistimmen, und die Zahl l.iol für die
richtige annehmeu, die der Steinmetz verständlich anzu-
gehen nicht wusste, wie derlei Fälle »ehr häutig vor-
kommen.
Schliesslich können wir nicht umhin, eine Notiz zu
berühret», die dich in Nr. k dieser Mouatsobrift befindet.
In dem tirolischen Städtchen Klausen fand mau im Früh-
jahre 1 H7 1 in einem etwa schon seit einigen Jahrhun-
derten unbeachteten Dachkäiiiinerleii» eines offenbar zur
Verthcidignngder nebenstehenden Brücke Uber die Kisaek
dienenden Tliunnes ;'»!> alte Sehildo (s. g. Sturmwändi)
und circa ÜW Flitschpfeile ( darunter viele fast wie neu).
Die Sehilde sind von verschiedener Grosse, von starkem
Holze, rückwärts mit Schweinsleder, vorne mit leinenen
Itnpfen Uberzogen. Die meisten Exemplare hatten rück-
wärts keine Anuriemen mehr, doch sind dort noch Eisen-
theile links und rechts sichtbar. Sie sind sämmtlich,
jedoch verschiedenartig bemalt, einige roll» mit vergilb-
ten Querbalken, andere ganz rot Ii oder schwarz etc. Vier
Schilde behielt sich die Stadl Klausei», die anderen
wurden, ein einziges Exemplar ausgenommen , durch
einen Botzener Unterhändler nach München
verhandelt.
Mit Hecht bedauert die heraldisch-genealogische
Zeitschrift eine solche Verschleppung; leider kann sich
in vielen solchen Fällen die k. k. Central - Comrnission
auch nur auf das Bedanern beschränken, da es vielmals
vorkommt, dass die k. k. Conservatoren und Correspoii-
dentcii ja solbsl die Landesvcrciiic von derlei Funden
absichtlich nicht in Kcntniss gesetzt werden, auch
haben die erstem», wenn sie auch liicvon Wissenschalt
erhalten , eben so wenig wie die Central ■ Conimission
und selbst die Landesvereine keineswegs eine solche
gesetzlich begründete imperative Gewalt , um derlei
schmählichen Unfug verhindern zu können. Sehr oft ist
der Patriotismus der Besitzer ein so geringer, dass sie
nicht einmal den Lnndesmuseen einzelne Exemplare von
derlei Gegenständen zukommen lassen. ...»*...
Kostbarer Pergamentcodex der Harciana.
Enllilll. !.<• VMf.'.-llimi.-v iuiii >,,u>nrl,. ,, |..l,i, d. r AM ■. Cü,.l «iir
MjTlli"l»IIM
Eine neuere Anwendung der Photographie auf alte
Drucke und Zeichnungen wird, scheint es, mit fast ver-
schwindendem Kostenaufwande, deren Vervielfältigung
< Wir rordtaktn dletr Abblldoiiff <Jor G«l3l]|gk*ll 6*% b«r*Mljf heu V«r-
«lutä, wclflur (cMKUtt, d»i< dir I» >t li,em Orgln orerlitlulMf IMuilnllaii !■<»
fSr um.r. MllllKlliin««« v, r «.i>d»i »•rdrt. knm.
in einer Art gestatten, dass sich die verführerische Aus-
sieht eröffnet, ° alle diese Hunderte, ja Tausende von
kostbaren Miniatur-Zeichnungen der alten Pergament-
Bünde in den verschiedenen öffentlichen und Privat-
l.ibliolhekeii dadurch zum allgemeinen Eigenthume ge-
deihen zu sehen.
liisher wurde der Anblick »lieser Gegenstände U ml
die Möglichkeit »ich ihrer zu erfreuen, bei guter An-
empfehlung, doch nur »lein verhältnissmässig so kleinen
Kreise der Männer vom Fache, den Personen der
Gesellschaft vergönnt, und da stand mau noch, und zwar
je vorzüglicher der Gegenstand war nur um so mehr,
unter dem Banne des Aufsehers, dessen kalter niiss-
trauischer Blick, eine übrigens häutig kaum auszulassende
Vorsichtsmassregel, allerdings keine kleine Störung des
ruhigen Genusses bildet«-.
So wie der Photograpl» mit seiner auf den Sonnen-
strahl berechneten gefahrlosen Vorrichtung auftreten
kann, wir»! dies einfach Sache des Übereinkommens;
man hat dann uieht erst ängstlich nach der Meislerhand
zu suchen, die Strich um Strich die Zeichnung aufnimmt
uud sie genau so wiedergibt; es gentlgt einfach, den so
sehr ermässigfeu Kostenpunkt zu berichtigen. Und Uber
welche Reihen merkwürdiger Bildnisse von Fürsten und
berühmtesten Männern und Frauen das ganze Mittel-
alter hindurch, Uber welch' eine Masse der anziehendsten
geschichtlichen und religiösen Darstellungen, Uber
welch' einen Schatz von mit dem zartesten Sinne aus-
geführten Arabesken Zeichnungen, wird man da zu
gebieten haben, wie wird das ganze häusliche uud
öffentliche Leben, wie werden z. B. die Wandlungen
der Itckleidung uaeh den Jahrhunderten und Völker-
schaften sieb so klar abrollen, wenn einmal der Inhalt
nur eines bed»;utemlereuTheilos der in den europäischen
Sammlungen aufgestapelten Perpiment - Bände auf
solche Art den Blicken und der vergleichenden Betrach-
tung des gebildeten Publicum*« vorliegen wird.
Wieu besitzt Schätze dieser Art in seiner Palutina;
sie sind hier nicht der Gegenstand unserer Besprechung,
weil ein durch Verhältnisse herbeigeführter zehnjähriger
Aufenthalt in Venedig, bei der, durch die Vertheilung
in den ausgedehnten Itäniiilichkcitcn und durch das
ganze hergebrachte Gebahrcn so sehr beförderten
Leichtigkeit der Benutzung, uns mit den Schätzen «ler
Marensbibliothek ungleich vertrauter gemacht hat.
Was in unseren Tagen illustrirte Ausgaben dadurch
zu leisten haben, dass einzelnen vorkommenden Namen
oder angeführten Thatsachcn, zur Erleichterung des
Lesers, auf demselben Blatte die bildliche Darstellung
sich beigefügt befindet, das bezweckte in der Murcns-
hibliothck ein geschmackvoller Pergamentcodex, einst
Eigenthum «les Curdinals Bessarion aus der alten Kai-
serstadt Trapezunt, mittelst fast zweihundert zwischen die
fortlaufenden Verse des Gedichtes eingezeichneter zum
Theile frebr niedlicher und eolorirter Bildwerke. Der
Codex, das griechische Jagdgcdicht Oppian's ent-
haltend, in Kloin-Quart, wie mau glauben möchte in
Thessalien geschrieben und aus dem X. Jahrhundert,
mnss ein Lieblingsbesitz Bessarion'» gewesen sein, wie
einzelne, von ihn» mit wahrer Liebe eingcsehriebeö,e
Sätze, z. B. bei der Darstellung eines Brautzuges, wo er
von dem r süssen Duft" spricht der aua der Zeichnung
wehe, und zahlreiche Verbesserungen von Schreibfehlern
beweisen.
LVI
Der Codex, als solcher natürlich bekannt, ist für
«iie archäologischen Studien so viel wie nicht benutzt,
wie die einlache vor Jahren entworfene Angabe der
Heihe vou Zeichnungen, die wir hier folgen lassen,
zeigen wird, und zugleich, was sieh da für ein niedliches
Hündchen als erwünschter Beitrag zur Kenntnis* des
Uilillichen Alterthums zusammenstellen Hesse. Auf ein
solches Unternehmen jedoch musatc man einfach ver-
nichten, so lang die Hand des Zeichner« unentbehrlich
war, dein noch dazu der Mann vom Fache nicht von der
Seite weichen durfte, wegen aller der bedeutsamen
kleinen Eigentümlichkeiten in den Darstellungen der
Alten, die dem darauf nicht eingeübten Auge einfach
entgehen. Glücklich, wenn man diese Schwierigkeit nun
durch den neuen Fortschritt der Photographie als besei-
tigt ansehen durfte, denn ist auch nicht jede einzelne
l licrlicfcrting, die ans dem Alterthume stammt, von un-
schätzbarem Wert he. so ist es bestimmt das Gcsainmt-
bild denselben, das doch nur in solcher Art erreicht wird
und dns wie ein treuer Spiegel dient, in welchem jede
Zeit durch Verglcichnng ihre eigenen Zllge klar und
deutlich erkennen mag.
Die Zeichnungen sind zum grösseren Theile einfach
hingeworfene l'mrisse, wo es der Gegenstand mit sich
brachte, mit Sorgfalt ausgeführt, mit Farben und selbst
mit Gold behandelt. Sie beginnen:
I. B n c h.
1 . Der knicende Dichter überreicht dem Uber meh-
reren Stufen thronenden Kaiser Garaealla sein Gedieht.
2. Mann und Frau stehend, vor denen die Thiere
paarweise vorüberziehen.
:t. Hoof, Fischfang.
4. 5. Vogelfang. Sehr belebte Darstellung,
f). Einzelne Thiere mit beigesetzten Namen j*vsatvst,
iynr/t;.
7. Auszug zur Jagd, mit Hunden.
x. Ii. Jagd auf Hirsche.
1»>, 11. 12. Jagd auf Eher, Hirsche n. a.
!.'(. 14. Jagd auf Hären, auf Eber. Am Firmameute
erseheinen die (iestirne, Sonne und Mond; die Gestirn-
seheiben füllt immer ein Hrustbild; die Sontiensehcibe
ist rot Ii, die des Mondes weiss gefiirbt.
15. Sehreitendes Maulthier mit Jagdgeräthsehaften
beladen, dabei der Treiber.
Id. Gefecht zwischen zwei gewappneten Heitern.
17. Heiter mit Lanze gegen Löwen ankämpfend;
Löwin einen Eber zerfleischend,
1*. Befestigter Thurm von schwarzen Mauren <lnrin
vertheidigt Segen zwei angreifende Heiter, wovon der
eine verwundet ist.
11». 20. 21. Verwundeter Heiter, mit Pferd stürzend,
dabei ein Pferd mit abgeworfenem Heiter, Achilles im
Zweigespann, König Philipp von Macedonien, dem man
den Buccphalus vorführt ; das berühmte Pferd ist weiss
und bat am Sehenkel als Zeichen des Gestüts ' einen
Oehsenk«|if eingebrannt.
* In K,'iuK »uf tllru* (ii viIitni. Irhi'll % irH mm. H.l.oiiVrl ...i^l. itarli
rup T »llfrlti M».li SaKr I'* I SIT.» v V, J>. »Ii, T" i-Iii .l»it*>'»r.r \\i>,f -.In.!!.
Wi'l.tlllV". .l.r d.in,. 1^.11 dir l'r.lhrll Ycr,<-Ktffl liallr , ,ll:ri. K'l.l'l l>M.-r-
lol'lintt.'r Pf.M« In d.it Hnfrm». treibt, d.r.» ir.inirhr A '■lOimin'tnii. .l.r
llr.ltj.r dut-i, fclt»' irtJt it.u Zrlrhrn . lt.,-» W.»Ifr , UillthllMI A^l, rT*'MrH k i|f
dt» V<>rli4ii4ciii«ln m*iirir,r li»*iiilr mit S,«i>iidor. n Ur tr|rhuii,.K* it , In »Mir
Zell .rhuii. In i4.pi KtrtUil.tr« um Trl.<t aiif/nurktam ittiiurlii , ,.«iv nr-cii
Irl»; >lrr fM I«, .Ulm I. Mit lim. ■■Iii», dir GrMiiwi lrli. ii , .l.n »V- .ir>kt.|if
„Wirft Ion un4 tn.fc dt> Irl«» .In, »f dl» Pf.nlu ««i.l««r dsiv I. Sil.Sl,
-l ab dum. SrKiitlllrt.li mn.l'.ilin.l ».rrn.
22. 2;{. 24. 25. Hiice]ihalus im Stalle stehend, hinter
einem Gitter, mit dem eingebrannten Gestütszeichen
des Ochstukojd's. Dariiis im Zweigespann fliehend vor
dem ihm zu Pferde, auf seinem Huccphalus, mit dem
Gestütszeichen, verfolgenden Alexander. Zwei Pferde im
schnellen Laufe fliehend durch ein Ahrenfeld und stehen-
des Wasser. Bcllcrophon im Kampfe mit der (.'himitre.
26. 27... Zwei Pferde, gegen Felsen anrennend.
Brennender Ätna, .im Fasse desselben ruhig weidendes
Pferdegestüt.
2*. Pferdegestüt. Vögel. Delphin.
29. 'SO. "Sl. Pferdegestüt, ein Löwe, der aus dein
Hohrdickicht springt; am Firmament das runde Gestini
der Sonne, roth gemalt. Maiiril.-iuisehe Heiter, mit Filz
kappen, einen Hirsch verfolgend. Zwei Pferde, von einem
Tiger und einem Hären angefallen.
.'.2. Zwei Pferde gegen einen Eber und einen
Löwen ankämpfend. Ansieht der Insel Lcninos; man
sieht ein Getreidefeld, einen Hmnnen, einen See, zwei
weidende Pferde.
.'J4. i!5. Festlicher Brautzug. Tilnzerinnen, die erste-
ren mit Fackeln , dann andere mit Crotnlen beginnen
den Zug; dann kömmt der Knabe ffasav-c/'j.ii; mit Stab
und dem Gcläss mit ilen kostbaren Salben; dann kömmt
der Bräutigam mit Kranz im Haar; oben von der Hand
des Cardinals ir.vtt xai in •fuv-f*. .ra/anävii a>.n. Hengst
Stute belegeml ; Stute mit Füllen.
.Si'.. .S7. .'!«. Zwei Bäume voll Vögel, auf jedem ein
Knabe. Ein Baum voll Vögel unten vier Knaben. Tauben-
schlag ober einem freistehenden Pfahle, unten zwei
Füchse.
.'SO. 40. Eine schwangere Lacedünmnierin, von
schönen Miinner- und Frnuengcstalten umgeben. Fansi-
kampf zwischen Amvkas und Pohdeukcs.
41.42. Die gebärende Lncetlämonierin. Mädchen
und Jünglinge herum, grüne Zweige schwenkend. Ver-
schiedene Hundearten.
4.5. 44. Schlangen. Ochsen, Pferde. Vögel.
4'». Hunde.
46. 47. Hunde jagend; Stier, Eber. Hunde einen
Löwen jagend, Jäger dabei.
4S. Hunde und ein Hase.
41». Hündin mit Jungen.
b*K Jäger mit Hund an der Leine gegen Kberv.r
schreitend.
51. Jäger stehend zwischen zwei Hunden; mau
sieht zwei Hasen im Versteck.
52. Wiese mit Hecke, Haushof mit Planke ein-
gefasst, durin Koni aufgeschüttet und dabei auf der
Erde sitzend ITMI iiAIMSTS V, neben ihr zwei Hunde.
5:S. 54. Platz von einer Holzplanke eingefasst. darin
liegende Ziegen und Böcke nnd der schlafende Hirte ;
der Naehtdicb KAFJ1TIIS, mit einem Beile bewaffnet,
schleicht mit einem geraubten Hock davon, man sieht
noch einen Hund, der einen Hasen erwürgt. Der Ernte-
Karren von zwei Ochsen gezogen, dabei der Hausvater
schreitend, nnd drei Knaben in weisser Kleidung:
ferner der Jäger, seinen Hunden einen gefangenen
Hasen entreissend.
II. H u c h.
55. 50. Artemis stehend mit Köcher, in der vor-
gestreckten Linken den Bogen, die herabhängende
Hechte auf einen Schild gestützt, was eine seltene
LYU
Vorslcllungaurt der Diana ist; vor der Göttiii stehend
di r Dichlor; im Hintergrunde oiii Tempel. Centaur und
drei Paare mit Boeksftlssen.
ö7.fiH. f>9. Person« abgewendet stehend, den Spiegel
vorhaltend, um darin ohne Gefahr der Versteinerung die
Gorgo zu sehen, die er ersticht. Gorgo ist gebildet als
in einen Fisch ausgehend, der obere Theil weihtich mit
Schlangen in den Haaren. Jäger auf I lasen, Fllchse,
Hirsehe, Stiere jagend. Zwei Jäger zu Pferde mit Lanze
auf Löwen, mit Bogen un<l Pfeil auf Hirsche jagend.
HO. »iL (>2. Jäger mit Hunden, auf Klier und Hirsche
jagend. Polydeukes im Fanstkampf zwei Ocguer uieder-
solilagend; Jäger mit Hunde Hirsch jagend. Jäger und
und im Netz gefangener Hirsch, Klier, Bär.
(»3. VA. ATAAAMH und L'PIUX mit Stern ober
sieh, jagend. Klier, zwei Jäger zerfleischend, Jäger einen
Hirsch heim Fusse festhaltend.
tjj. tili. Orientalisches Hirti Illeben : Daltelämdte:
unter dem Palmbaum ruhend Knaben, sieh mit Zweigen
fächelnd, dabei ein grosser Korb mit Käsen gefüllt u. dgl.
Lebende Figuren im Flusse. Zwei Stiere und zwei Kühe.
(>7. Zwei Stiere, sieh mit den Hörnern »tossend.
tiM. li'.l. Zwei Stiere kämpfend. BeexiÄ;;, der Kimler-
hirt stehend und «eine Heerde.
7t). Nilfltiss und dabei drei UOt:C . AHT11TIAI, in
ticslalt den Hirschen ähnelnd.
71.72. NAVMAXIA, zwei kämpfende Schiffe. (Tl'lol
TA1TOI, zwei Stiere.
7.'1. Die befestigte Stadt Antiochia in der Klient*
zwischen zwei Hergen, hinter denen mit halbem (.Iberleib
hervorsehend die Figur des Windes auf Horn blasend,
nud • eine zweite des Gebirgsbaehcs aus einem Horn
Wasser ausgießend, dabei noch eine männliche Figur
des Flusses Orontes Schilf umfassend.
74. Hercules, eilte liimlcrhcerdc treibend, geneckt
von fllnf Figuren hinter einem Berge mit halbem Uber
leibe hervorgehend, zwei männliche Figuren mit Horn
und daraus die eine Wasser, die andere Luft ausströmend
(fiebirgsbach und Wind).
7f>. AI'OTHP. pflügender Laiiilmann.
7t». 77. Hirschbegattuug. Hirsehkuli mit Jungen in
einem Octreidefclde.
75. Hirsch in einem Walde.
79, Vier Hirsehe einen Klus« durchschwimmend.
*0. Zwei Hirsche, Sehlangen zerheissend.
«1. Zwei lanfende Hirsche.
*2. s:j. Jäger, einen wtllhendeii Stier am Strick
zurückhaltend. Zwei Hirsche. Bebhuhn und brütende«
Kebhuhn.
*1. *!">. Jäger einen Hirsch am Stricke führend; ein
im Netz gefangenes Paar KebhUhncr. Book, einen Klier
iimstossend, eine säugende Ziege.
Mi). 87. Kämpfendes liockspaar, kämpfendes Widder -
paar. Jäger, einen Hock bei den Hörnern ziehend.
MM. Drei Böcke und eine Ziege.
Sil. IM. t. Ein Fluss voll Fische, die einem Widder
verfolgend nachschwimmen, am Ufer ein zweiter stehend.
Laufender Hirsch, von zwei fliegenden Falken verfolgt.
91. 92. Laufendes Pferd, darüber zwei fliegende
Falken; eben so über einem laufenden Hirsehe. Zwei
Wölfe, zwei grüne Papageien.
93. Kin einfaches kleines Haus, zum Fenster her-
aus lehnt mit halbem Oberleibe eine schöne Griechin, um
Hoden darunter ein junger Grieche, eiueu andern mit
den Annen fassend und mit Kolbcnschlägen nieder-
werfend: «jiSTrj (Liebeshftndel); darüber in den Wolken
Jupiter Hlitz schleudernd. Im Hintergrunde ein Tompel-
gebäude des Liebesgottes i 'fy«;, der darüber schwe-
bend seine Pfeile auf eine zahlreiche Versammlung
vor dem Tempel stehender Gottheiten absehiesst; man
erkennt Minerva, Vulean, Venus, Mereur, mit den Flügeln
an den Füssen, Pan, mit Bocksfüssen und gelben Flügeln,
Apollo mit dem grossen Discus um das Haupt. Die
Kleidung des jungen Griechen ist ganz die jetzt
gebräuchliche, das enge Leibeheu und der breite Unter-
rock.
91. 'O'Ktwf geflügelt, stehend, den Bogen spannend,
an der Stinie zwei Hörnchen, vor dem Gesehows sich
flüchtend nenn vierfüssige Thier« (Löwe, Bär, Stier, zwei
Pferde, Hirsch, Widder, zwei Höckel, dann zwei
Schlangen; oben zehn Vögel im Fluge.
9f). Stier Über einem niedergeworfenen Mensehen;
blutender Löwe, blutender Bär, im Begriffe ihn anzu-
greifen.
9ij. Jäger mit Linze gegen blutenden Löwen ; Jäger,
einen getödtet liegenden Stier. Klier, Bär betrachtend.
97. 9M. Klephant. Sitzender Künstler, Eleplianten
Zähne und Hirschhörner verarbeitend zu Kämmen,
Bogen.
99. Klephant, einen Wald verwüstend.
KM). Eine Huhnersteige, Manier, Iltis, Kuehs, Leo-
pard, die deren Insassen nachstellen.
KU. 102. Pfau, dabei laufender Fuchs. Igel auf
dem Haub von Trauben.
Ii 13. 104. Drei Allen, darunter eiu junger. Phinetis
mit fllnf Tnfolgeuosscn , er auf Thronsessel, bei Tri-
cliniuui sitzend und speisend, ein Sclave trägt Speisen
auf, welche aber von den Harpyieu sogleich entführt
wi nlen ; die Harpvicn geflügelt mit langen Gewändern.
Uber Phinens N6ÄH0AII'. Am Hoden vor dem Tricli-
uium eine Meerenge ri 7<viv. rechts eine Säule und
darüber -l'AI'OC.
1« UV Die AITONA1T AI geflügelt, mit Schild, Sehwert
und Lanze ausgerüstet, welche den APIH'IAI, sie ver-
folgend, nachfliegen. Im Meere unten •Sehiff'H API'tD;
am Lande Hamster.
HM). 107. Der kleine Zeus als Knabe in der Höhle,
vor welcher Hhea sie bewachend, und drei Lärm machende
(on, bauten, als Paue mit Bocksfüssen gebildet, das
Ganze auf der Insel Greta mitten im Meere, am Firma-
uiente der Mond; einer der Gorvbanten mit Tigerkopf
gebildet. H P6A, von einem Löwenpaar (Löwe, Löwin),
gezogen, vor 6PIDC schreitend mit goldenem Haar; den
grossen Manen Wellsehleier gewölbt Uber sieh.
10S, Löwe.
l'»9. HD. Löwe bei einem Teiche steheud. Löwe
und Neger bei einem Baum.
111. Löwin mit ihren Jungen. Löwe, Stier zer-
fleischend.
112. Tiger, Weiu schlürfend; eine weibliche Figur
mit Füllhorn und Zweig darauf zusehreitend.
113. 114. Zwei Luchse, Thiere verfolgend AI TZ .
OPVI. Bronneudes Haus, sieh daraus rettend sieben
Menschen, Männer, Frauen, Kinder.
115. Sehlange, sich in ein Vogelnest einschleichend.
Meer und darin Meerthierc, Pliokcu, Delphine.
1 KL 117. Zwei Hennen mit ihren Küchlein, von
oben ein herabsehiessender Falke. Drei Jäger, jeder
LVIII
einen kleinen geraubten Tiger davontragend, unten
drei alte Tiger im Laufe.
11 H. Zwei Jäger, auf drei Baren Jagd machend,
welche daran sind «ich mit Weintrauben gütlich zu thun.
1 19. Drei Hären zwischen Bäumen.
Bärin mit ihren Jungen in der Höhle.
121. Bär in Heiner Höhle.
122. FUnf Esel.
1 2JI. Eselin mit ihrem Fallen. Jäger mit Kind u. Mutter.
124. Drei Eselinnen und zwei Füllen. ONAPPOC .
TBC . ÜHXGIC . TB . IKDAB . dIAMASSdJMEXOS.
125. 12r». Thesen«, den Athamas tödtend. Philomele
die Kinder erwürgend, 'O ZIIAOC, und dabei die ste-
hende weibliche Gestalt der Eifersucht mit Lanze und
Messer. Medea, die Vcrjllngungssalbe kochend. Medca
in reich geschmtlektcr Kleidung und die zwei getödte-
ten Kinder:
1KJDC . UTK . €<l>eiCU) . T(D\ . BP6«1>U)\" . TPIC . AHAIA
II . <I>APMAK1C . .MBA6IA . TITXAX6IC . APA
II . TIC . BPIMÜ) . CV . KAI . N6A . mKAfDMTIC.
127. Zwei laufende Pferde. Zwei Neger, ein Pferd
im Netz fangend.
128. 129. Hyäne, einen Hund zerrcissend. Jäger
und zwei Hunde »ich «lichtend. Jäger, einer Hyäne das
Fell abziehend. Zwei TTMUANICTAI stehend mit kleinen
Tamburinen.
l.'tO. Hyäne und zwei laufende Wulfe.
DU. l."52. Kleine« Wohnhaus, dann die Schaf-
hürde , zwei Hirten einen Wolf verfolgend , der ein
Schaf raubte. .\7r,z i Csiyiif. Am Firnnunente die Scheibe
des Gestirns, blau gemalt, ein Antlitz zeigend, unten
Berg mit einer Höhle, au« der ein Hund heraussieht,
i/ivi«;, den eine männlielie Figur herauszieht.
I.'S.'J. Fuchs, einen Hasen verzehrend. Flieh», eine
Pantheriu belegend.
1.14. Zwei Jäger, einen jungen Löwen raubend,
/.wischen einem Löwen und einer Löwin.
IM5. Eber und Lberjagd , ein Jäger.
I.W. Dachshund auf Raub von Trauben.
l.'iT. Krokodill und Iehneninoii.
l.'IS. Ichneumon, grosse Schlange zerbeissend.
1 .'II'. Fuchsbau und dabei Jäger, zwei Fuchse einen
Hasen und einen Vogel fressend.
14<>. Zwei Kanieilc und zwei Neger.
141. Fliehender Strauss Coh-jo xiuv.oy , ein Htiiul
und zwei grosse Straus«eneicr.'
142. Jagd auf Hasen mit Hunil uml Falken, Net/,
dabei und ein Jäger.
14.). Zwei Widder sich hörnernd. Eber im Kampfe
mit einem Bären.
144. Bärenjagd. Zwei Büren und ein Eiter im Net/,
gefangen; drei Jäger und drei Hunde.
14f>. Ein LOwe im Dickicht, ein Löwe, von vier
Ochsen einen raubend, Löwe laufend, ein Jäger.
14*5. \JHwe, gelockt durch ein festgebundenes Kalb
in einer (frühe gefangen, dabei sitzender Jäger.
147. 14«. Heiler am Flusse, einen Löwen im Dickicht
mit Lanze durchbohrend. Löwe in Grnbe und Netz ge-
fangen , dabei zwei Jäger.
149. Zwei Tiger im Netz gefangen, zwei Heiter mit
Fackeln, zwei Jäger auf Tamburin schlagend.
150. Fischfang mittelst Nelz ; Mann, Weib und
Knabe im Boote, an dessen Spitze eine flammende Pech
planne; y4vs«.
151. Vier Krieger mit Helm und Schild und Lanze
gegen einen Löwen.
152. Zwei Männer, einen gezähmten Löwen am
Stricke führend, während ein Mann anf demselben
reitet.
IftJL Brunnen, in welchen zwei Panther stürzen. See,
wo Fischfang mit Fiseherreusen getrieben wird, KTPTül.
Auf einem Floss sitzend zwei Fischer, andere zwei das
Essen kochend, a'/u-jf i'^ws. r£atyavrti£.
154. Boot anf lischreichem See, mit Trauben, Ähren,
Blättern beladen, darin eine männliche und zwei mit
Kphcu bekränzte Frauengestalten , Dionysus (Böotin,
Kublia), zwischen beiden ein Kästchen xat Sesv ivsu.i7<.
155. Oliven-Ernte, ein Jüngling und zwei Mädchen.
IAAOVPIUI. Mann mit grossem und kleinem Milchge-
fässe; Mann, Honigkuchen ausnehmend, mit Netz vor
dem Gesichte.
156". Getreidchaufen uud ein Drescher. Hirt, einen
Bock opfernd.
157. Stadt mit Mauereinfassiuig. Hausvater, das
Haupt umhUllt, mit brennender Fackel, zieht zum feier-
lichen Opfer auf seine Äcker, voraus gehen zwei kleine
Mädchen, rückwärts drei Knaben, wovon der eine mit
brennender Fackel. Den Zug eröffnet springend ein Ochs,
hinter welchem zwei laufende Hunde.
15s. Drei Tiger , wovon einer Wein schlurfend.
159. Zwei liegende Tiger, Uber jedem ein Jäger
beschäftigt, demselben eine Sehlinge um eleu Hals zu
legen.
K>0. Heiter und ein Jäger zu Fuss, auf Bärenjagd
ausgehend: kleine Knabeiifigur, Netz nachtragend.
HÜ. Zwischen zwei Bäumen, auf denen in Sehlingen
gefangen nGAAPI tH , Storch und Kranich; unten ein Bär
zwischen zwei Jägern.
Ii!2. KW. Hund, einen Hasen verfolgend. Zwei
Hunde, Hirschkuh verfolgend.
Hi4. Ein Fuchs, von zwei Hundeii verfolgt.
Bcs.-nriou hatte wohl Hecht, den Codex so hoch zu
schätzen, da hierin der alte Künstler ein so bewegtes Bild
hellenischen Lebens giebt, des bürgerlichen, wie des
religiösen, und worin mit ängstlicher Treue eine so
bedeutsame Reihe jener Mythen vorgeführt wird, die nun
einmal nach hellenischer Weltnnsieht in glänzender Für
bnng den Gesichtskreis abschlössen, über den hinaus
er, der Hellene, seinen Blick nicht wagte. Wir mögen
nicht läugnen, dass wir durch unsere Mittlieilung den Ge-
danken anzuregen und durch was immer für Hände bis
zur Ausfuhrung gebracht zu sehen wünschten , dass die
Bilderreihe dieses Codex, vielleicht noch mit entspre-
chenden anderen vereint, durch die Photographie zum
Cemcingutc wllrde, als ein herrliches archäologisches
Album ; dass was wir Alt uml was wir Alterthum nennen,
war die Jugend der Welt, davon etwas herüber zu retten
hat noch nie geschadet dem Einzelnen nicht, der grosscu
Gesellschaft nicht, nicht den Staaten.
Zur Literatur der christlichen Archäologie und
Kunstgeschichte.
Im Anschlüsse an meinen in dem vorhergehenden
Jahrgange dieser archäologischen Schriften publicirteu
Bericht über de Canmont's Bulletin monumental habe
ich ans dem ersten Hefte 1871 dieser Fachzeitung einen
LIX
Aufsatz zur Kenntnis* zn bringen. der Verbreitung ver-
dient und das Interesse der Forscher im hohen Grade
beansprucht. Die 15 ei cht stuhle im Mittelalter
sind das Thema dieser kleinen Abhandlung, die ich
nicht hoch genug schätzen kamt und ohne l'mschweif
in ihrem Hauptpunkte mittheile. Wir wissen, das* aus
der gothisehen und vorgolhisehen Zeit dies Kirchen-
geräthe entweder gar nicht oder nur zweifelhaft durch
Denkmäler vertreten ist. Aus flaudriseheu und deutschen
Gemälden kennt man die im XV. Jahrhundert Übliche
Vorrichtung lllr diesen Zweck, die in einem Sessel fllr
den Priester bestand, vor welchem der Pönitent seitwärts
kniete und seine Heiehte ablegte ; der fltr den Pöuiteiiten
dienliche Schemel fehlt gewöhnlich und der ganze Vor-
gang wird im Inuern der Kirche im Seitenschiff oder nahe
(lein Chorgittcr dargestellt. Die (ixen hölzernen Ocräthe
lassen sieh vor Ende des XVI. Jahrhunderts bis jetzt
nirgends nachweisen. Nun zeigt über der französische
Arehäolog. dass in der vor-gothisehen und der sich
daran.schlicssonden frUh-goihise hen Periode des XII. und
XIII. Jahrhunderts eine ganz andere Hinrichtung für
die Heiehte vorhanden war, die völlig unbekannt ge-
worden scheint, obwohl sie von englischen Archäologen
schon Ende des vorigen Jahrhunderts vorgetragen und
bewiesen ist. Der Verfasser fuhrt ans M. Ed. Lcd wich's
r Thc antiquitics of Ircland- im Jahre 1 "L'< > edirtem Werke
folgende Stelle an. welche der Beschreibung der Abtei-
Kirche von Aghaboe entnommen ist: ,.Au der Nordseite
ist eine gothische Thüre, 4 Fuss lioi li und 2 Fuss weit
und Uber i\ Fuss vom Hoden. Wenn man die Innenseite
näher untersucht, so erscheint eine kleine Zelle in die
Dicke der Mauer gemacht, die eine Person /.n fassen
vermag. Dieselbe ist Überwölbt, und gehen die Kippen
von vier Pfeilern aus. An der Westseite ist ein Steinsitz.
Das ist ein curioscr Beichtstuhl, in welchen der Priester
durch die Thllre eintrat und in welchem er fllr die
Pönitentcn unsichtbar war. Eine kreisförmige Öffnung
ging gegen den Friedhof hinaus-. Aus der Schilderung
der Abtei von Höre in Irland hebt der Verfasser den
Passus aus: r In der Kirche sieht man ein kleines nie-
deres (Jelass, das überwölbt ist und einen Beichtstuhl
bildete. In der Mauer sind Nischen mit Löchern für die
Ponitenteif. So viel aus diesen nicht recht deutlichen
Schilderungen hervorgehl, bildete dieser Beichtstuhl
eine schöne Einzel-Architektur, die in der Gothik den
sogenannten Cihorien-Altären und Tabernakeln gleich-
artig sein und eiue Art von kleinen Capellen darstellen
mochte, wenigstens in den Fällen reicherer Anlage. Sonst
Hess sich der Zweck auch einfacher erfüllen durch die
in der Mauer angebrachte, meist vergitterte Öffnung und
den in der Mauerdicke ausgearbeiteten Steinsitz, wobei
der Föniteiit von der Anssenseite der Kirche herankom-
mend zu denken ist. Weil der Friedhof die Kirche
gewöhnlich umgab, so trat der Pöuitent von diesem aus
an die Kireheimmner heran und beichtete durch die
erwähnte Öffnung dem im Innern der Kirche sitzenden
Priester. Die Mauer war gewöhnlich nischeuförmig an
der Stelle mit der Öffnung fllr deu Beichtenden gebildet
und die Öffnung selbst in Tuffstein eingefasst. Dieselbe
befand sieh in solcher Höhe, das» sie der Durchschuitts-
grtisse des Menschen entsprach. Die Nische sollte dem
Beichtenden eine Art von Verborgenheit gewiihreu uud
stelle ich mir dieselbe deshalb an der Mauer von
aussen nach innen eingetieft vor. Diese Nische also
XVII.
und die in bestimmter Höhe vortindliche oblonge oder
kreisförmige Oeffuung mit oder ohne Steingitter und
Fassung halte ich für die Erkennungszeichen etwaiger
noch vorhandener Denkmäler dieser Art, wenn nicht
eine förmliche Architektur mit Überbau dem gedachten
Zwecke gewidmet war, wo dann der Steinsitz nud die
Öffnung in der Mauer die zunächst entscheidenden
Merkmale sind. Hören wir nun die Beispiele, die der
Verfasser ans Frankreich namhaft macht.
1. Die romanische Kirche von der Mitte des XII.
Jahrhunderts. St. Martin bei Dieppe. zeigt an der Nord-
seile des Kirchenschiffes diese Oeffuung in Form eines
Rechteckes von S l Ctm. Höhe und 38 Ctm. Breite.
Dieselbe ist in Tuff gefasst und liegt gegenwärtig
1 Meter ."15 Ctm. Uber dem Boden, der jedoch abgegra-
ben ist, so dass die ursprüngliche Höhe vom Boden
weg für das Aufstützen der Ellbogen entsprechend
gewesen.
2. Ahnlieh beschaffen erscheint die Vorrichtung an
der Kirche zu Bnillcul-sur-Eatine, wo in der Nord-
mauer des Schiffes eiue Arcade des XIII. Jahrhunderts
mit Bruchsteinen in je zwei wechselnden Schichten der
natürlichen Steinfarbe geschlossen ist. Innerhalb dieser
farbig wechselnden Schichten befindet sich die oblonge
steinerne Öffnung von 75 Ctm. Höhe und 25 Ctm. Breite.
Sie liegt gegenwärtig 2 Meter über dem Boden, mass
aber früher nur 1 Mill. über demselben.
."1. Eine dritte ganz ähnliche Öffnung trifft man in
der kleinen Kirche von Bretteville-Saint-Lanrent (Canton
de Doudeville). Dieselbe zeigt sich in der Mauer des
Chores in der Mitte der Kirche, oblong, 1 Meter 20 Ctm.
hoch und :t(> — :iö Ctm. weit, aus Tuff und gegen «'►»> —
7M Ctm. über dem Boden. Das übrige Mauerwerk, die
Tuffstein-Öffnung umgebend, besteht aus Kiesel. Der
Bau datirt ans dem XI. oder XII. Jahrhundert. Die
erwähnten Öffnungen haben niemals weder als Fenster
noch als Thür gedient.
4. In der Diöcese Ronen linden sich an /olgenden
drei romanischen Kirchen ebenfalls derlei Öffnungen,
die vermöge ihrer geringen Bodenhöhe und Weite uim-
mermehr als Pforten oder Fenster gedient haben können.
Die erste derselben in der Kirche d'Etrelat in der
sogenannten Allee von St. Nicolas an der Nordwand, die
zweite in der Slldmauer der Kirche von Bure* (Canton
de Londinieres), beide Mauern noch aus dem XI. Jahr-
hundert, die dritte an der Mittagsseite im Schiff' der
lfnrrkirche von Jnmieges, wo man an der Aussemuauer
den Halbkreisbogen uud innen ein Oblougum zum Auf-
stützen des Ellbogens noch deutlich wahrnimmt, während
der Steinsitz verschwunden ist.
5. Ausser diesen der romanischen Bau-Periode au-
gehörigen Öffnungen hat sich auch ciu Beispiel der
Gothik erbalteu, nämlich in der Kirche von St. Vineeut-
Cramesnil (Canton de St. Romain-de-Colbose). Dieselbe
besteht aus weissem Stein, ist mit grosser Sorgfalt
und gewisser Eleganz gearbeitet an der Nordseite des
Schiffes. Sie gleicht einem Rechteck, ward aber merk-
würdigerweise in ein spitzbogiges Fenster des XIII. Jahr-
hunderts eingesetzt. Die Öffnung in dem massiv aus-
gefüllten Fenster beträgt blos 80 Cm. in der Höhe bei
3<» Cm. Weite.
Mag nun die Richtigkeit des Schlusses, welchen
der Verfasser aus solchen Anhaltspunkten zieht , im
Einzelnen sieh bestätigen oder nicht, die Möglichkeit,
i
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LX
auch anderwärts ähnliche Merkmale zu entdecken,
bleibt immerhin gegeben, zumal in dieser Richtung
noch nirgends, so viel ich weis», Untersuchungen vor-
genommen wurden. Ich erlaube mir zn deti vom Ver-
fasser gegebenen Beispielen ein ganz merkwürdiges zn
fltgen, welches als Confcssional de Saint Lazare bei
Kevoil: „Arehiteeture Romane du Midi de la France-
fol. I-' im Texte abgebildet ist. In diesem früh-
romanischen Oratorium scheidet seitwärts eine Säule
eine Steinbank in zwei Partien. Die Steinbnnk erhebt
sieh in rechteckiger Form Uber den Hoden bis zur
Hohe eines Sitzplatzes, wo Priester und Pöuitent sitzen
konnten, wenn nicht der Pöuitent davor kniete,
was aber nicht leicht mit der Anordnung der Stein-
hank stimmen würde. Gleiche Vorrichtung und Be-
nennung findet sieh an dem Oratorium des heil. Tro-
phiimis, nahe von Arles (Bonches dn Rhone), wo die
Steinhude ebcnfajls aus dem Gestein geschnitten, übri-
gens von einer Öffnung oder ähnlichen Vorrichtung an
beiden Stein-Capellen nichts wahrzunehmen ist. Die Be-
zeichnung ..fonfessionaH fltr beide Oratorien ältester
Zeit scheint späten Datums, da das zuerst eitirte von
St. Lazare ursprünglich den Namen .Crypta des heil.
Victor von Marseille' führte. Iber diesen Punkt enthält
der Text von Kevoil leider keine nähere Angabe. Ich
glaubte aber diese Denkmäler hier aufführen zu müssen,
wenn auch der französische Archiiolog wegen des Mangel»
deutlicher Merkmale davon Umgang genommen und die
Volksbeuctinnng ignorirt hat , die ohne sonstige Grund-
lage allerdings ohne ISelang ist. Die Möglichkeit solcher
Einrichtung für die Beichte in der genannten Periode
erhellt schon ans den früh bekannten und noch vor-
handenen Beichtspiegeln, die zu den interessantesten
Sprachdenkmälern gezählt weiden. Am Schlüsse eitirt
der Verfasser eine Stelle aus den Instructionen des heil.
Carl von Borrotneo, die nach den Beschlüssen der Mai-
länder Synoden in den Jahren löTl' — I;">s4 verfasst
wurden und den hölzernen Beichtstuhl in der noch
jetzt üblichen Form einführten. Dabei werden auch die
Caneelli oder Chorschranken zur Benutzung für die
Beichte gestattet und kleine Zellen erwähnt , die früher
diesem Zwecke dienten und für künftig verboten werden
wegen des Mangels der Publicität. Indem ich diese
Mittheilung mache, bedanre ich, aus Deutsehland kein
Denkmal anführen zu können, das sieh den gegebenen
anreiht und auf diese noch nicht klare Partie der mittel-
alterlichen Archäologie Lieht zu werfen vermöchte. Die
Nische am Worniser Dom, welche die sage aus der
Todesgefahr einer armen Frau wunderbar entstehen
Hess, befindet sich zwar an der Anssenseite und geht
nach innen, ich entsinne mich aber auf die nähere Be-
schaffenheit derselben ganz und gar nicht mehr, ausser
ilass dieselbe der Crössc eines Menschen ziemlich ent-
spricht. Ich kann deshalb davon nur allgemein Erwäh-
nung thun in der Hoffnung, dass es bald gelingen möchte,
derartige Beispiele zu sammeln und genauer zu bestim-
men. Das allein beabsichtigt mein Excerpt aus ibigem
interessanten Aufsätze.
In demselben Hefte iutercssireu dann Berichte Uber
Denkmäler von Nimes, Arles etc., de Caumont's Erin-
nerungen, und endlich ein Aufsatz über den Nacbtheil
der t'entrnlisation in Frankreich sowohl im socialen
wie artistischen und wissenschaftlichen Gebiete. Nr. 2
bringt die Fortsetzung der Abhandlung Uber TbUrmc
«ler noch unbekannten Landkirchen Frankreichs, eine
Notiz über das ehemalige Kloster Fiacnm und dessen
Monumente, worunter ein Altar mit Inschrift, ein Tanf-
gefäss und eine spitzdaehige Stein-Leuchte besonders
hervorragen, ferner eine Nachrieht über eine arabische
Elfenliein-Cassette der Kathedrale von Bayeux, Beiträge
zur Narbonnensisehen Epigraphic und zur Kenntnis* der
romanischen Altäre in Mittel-Frankreich, woran sieh im
dritten Hefte ein Berieht über romanische Kirchen dieser
Gegend reiht. Die Fortsetzung über Clockcnthürtiic
der Diöccsc Bayeux enthält belehrende Abbildungen
des Äusseren und Inneren solcher Denkmäler, auf
welche noch zu wenig Bedacht genommen. Ein anderer
Aufsatz bearbeitet die Geschichte der Heilquelle
La Her.-e in dem Forste von Belleme au der Hand
der überlieferten Doeumentc, und der Schlussartikel
bespricht die Rolle des kirchlichen Vorsängers
oder Vorstehers der Sänger, und dessen Attribut,
welches in einem laugen Stabe mit rundein Knopfe
bestand und wofür ein illustrirciides Grabmal aus
NoVon, im gothischeu Style ausgebildet, so wie die
Zeichnung eines solchen Stabes neuerer Zeit beige-
geben ist. Im vierten Hefte theilt de Ca nimmt seine
gesammelten Bemerkungen und Zeichnungen Uber
einige Kirchen mit, die vor das Jahr |ii;VO fallen und
somit den primitiv-romanischen Styl repräsentiren.
Dabei klagt der berühmte Archäolog über die jetzt
immer seltener werdende l'nlcrsuchnng von Denk-
mälern, die abseits von den Eisenbahnen liegen und
deshalb von jüngeren Fachleuten einfnch ignorirt zu
werden pflegen. Die mir bekannt gewordene Methode
lies Wiener Dmnbuu - Meisters Schmitt, mit seinen
Eleven Ferien-Reisen nach baulich wichtigen Orten zu
machen, dürfte hierin zum Muster genommen werden,
denn es fehlt in der That au Aufnahmen der Land-
kirchen und ihrer mitunter werthvollen Denkmäler:
meistens mangelt die Kenntnis« vou der Existenz der-
selben, weshalb Ausflüge auch nach Ocgcudcn, die bis
jetzt durch Monumente nicht bekannt sind, ausgeführt
werden müssen.
Mit dem grössten Interesse habe ich die Abhand-
lung des M. Baron de Iii vieres gelesen, welche im
.Anschlüsse au Aufsätze des Jahres lStiii und lKtl'.i
die Inschriften vou AI Iii zusammenstellt und dailnrch
für die Ikonographie wesentliche Au Ischl üsse gibt.
Zumeist hervorragend sind die Wandinschrilku zu dem
berühmten jüngsten Gericht in den Thurnihallen der
Kathedrale von Albi, welche* den ersten Jahren des
XV. Jahrhunderls angehört Dieselben sind in fran-
zösischer Sprache, während die Capellen lateinische
führen. Der Verfasser versäumt nicht, die Uberreste
von Gemälden auch in ihrer Anordnung genau zu
schildern, so dass ich diese Arbeit musterhaft und
linchahinungswerth nennen muss. Eine der Capellen
enthält die ganze Ceschichle des beil. Kreuzes mit
dessen Auffindung und Verherrlichung. Was mag wohl
der Orund sein, dass dies Thema, die Bogleitschriften
der Denkmäler zu sammeln, kaum in Angriff genommen
ist? Da diese Colleetion von grossem Umfange und für
die Archäologie ganz besonders wichtig, so werde ich
demnächst darauf zurückkommen und einige Beiträge
aus Deutschland und anderen Ländern hinzufügen. Im
allgemeinen halten sieh die Insehriftworte an die heil.
Schrift und eitireu gewöhnlich die Stelle fllr die Dar-
LXI
Stellung iiinl Angabe des Buches und Capitcls. Auf-
fallend ist. dass sogar grieehisehe Beisehriften vor-
kommen. Znm Schlüsse fesselt eine Studie Uber die
Krypten von Jouarre, denen M. C. L. A. Thieroelin
auf Grund der Forschung de Caumonfs von lK4.'}eine
eigene Monographie widmen wird, wo die Architektur,
Geschichte und Archäologie dieser Monumente ein-
gehend vertreten sein wird. Die gegebenen Abbil-
dungen lassen auf das XII. Jahrhundert der Entstehung
für die tiberwölbte Partie schliesRen, wobei freilieh
Säulen, Pilnstcr und Einzelnheifen ein ungleich höheres
Alter in Anspruch nehmen. Dr. Me.wur.
Aretino oder Dialog über Malerei von Lodovico Dolce.
Unter diesem Titel erschien der II. Band der vom
Directordes k. k. Mnsenms lur Kunst und Industrie Hof-
rath v. Eitel berger im Vereine mit Faehgenossen her-
ausgegebenen Quellenschriften ltlr Kunstgesc hichte und
Kunst-Teclmik des Mittelalters und der Renaissance.
Der gegenwärtigen Ausgabe wurde jene des Jahres
I;>">7 zu Grunde gelegt; die Übersetzung aus dem Ita-
lienischen besorgte Caj. Co rri, eine sehr belehrende der
ganzen Schritt Leben und Bedeutung gebende Einlei-
tung nml sachgemässe Noten verfaßte Hofrath Eitel-
berge r.
Dass gerade diese Schrift für besagte Quellen-
schritten gewählt wurde, muss man dankbar anerkennen,
denn Lodovico Dolces Unheil Uber Tizian war bisher
last gar uieht bekannt, und doch ist die Schrift abge-
sehen von ihren Märigelu höchst werthvoll, denn sie
fuhrt den Lc«cr, wie diess in der Einleitung iu vortreff-
licher Weise hervorgehoben wird, iu den Gedanken-
kreis, in die geistige Atmosphäre der Tizian'soheu Zeit
ein, ungetrübt von allem moderneu Beigeschmäcke.
Dolce zergliedert in diesem Dialoge Rafacl, Mich.
Angcio und Tizian mit besonderer Feinheit und wirft
dabei noch Streiflichter aut einige andere hervorragende
Künstler. Eiteiberger nimmt aus diesem Grunde, an,
das« der Dialog auch von Tizian und Aretino becin-
flusst wurde. Immerhin bildet dieser Dialog ein hervor-
ragendes Diicumcnt zeitgenössischer venetiaiiisehcr
Kunstkritik.
Als Anhang linden sich in dem Buche drei Briefe
Dolce s, einer an A. Contariiii Uber das Bild Venn« nnd
Adonis von Tizian, der zweite an Cnv. Balliui und der
dritte endlich an Tizian seihst gerichtet. ...<«...
Die hervorragendsten Kunstwerke der Schatz-
kammer des österreichischen Kaiserhauses.
Wir haben das Erscheinen des 4. und •">. Heftes
dieses Praehtwerkes zu reiristriren, dessen einzelne
Blätter ihren Vorgängern an Vorzllgliehkeit nicht nach-
stehen. Die mit diesen Heften ausgegebenen Abbildun-
gen veranschaulichen eine Frtiehts. hale von Krystall in
Fashiing von Gold, Schalen aus demselben Materiale.
gelasst und mit Deckeln aus Edelmetall, eine sehr schön
gearbeitete Krvstallkanne uml andere derartige Gelasse,
ferner eine Schale ans Jade in zierlichster, weiss email-
lirter Goldlassuug mit Hubinbesatz. uml ein standühr-
chen mit eapellentörmigem, in eine Kuppel auslaufen-
den Gehilnse ans reinstem liergkrystall mit zierlicher
Metallfassung von Jobst Burgi.
Ganz vorzüglich ist, nicht minder die Wiedergabe
wie der Gegenstand selb«, nämlich ein in treulichster
Arbeit ausgeführtes Präsentirteller von Stahl mit erha-
bener Silbertnnschirang nud theilweisc vergoldet auf
niedrigem Fnssc, in der Mitte en rclief Diana mit zwei
Hunden, ringsherum Arabesken der zierlichsten Art, am
Bande Jagdsccnen.
ISenierkenswerth ist ein Pocal aus dem XVI. Jahr-
hundert iu Form eines Stengelglases mit Perlmutter-
platten belegt; an der Aussenseite befinden sich Ara-
besken und anderes Ornamentwerk, darunter Faunen-
nnd Amorcttenktipfe; auf dem I)eekel ein geflügelter
Amor, in der Rechten einen Schild, in der Linken einen
Vogel haltend. Ferner eine Kanne von Jaspaehat in
reicher goldener Fassung.
Aueh tinden wir eine Abbildung des Griffes und
oberen Theiles jenes Säbels, den Kaiser Karl VI. zur
Kröunng als König von Ungarn ('2'2. Mai 1712) anfer-
tigen Hess; denselben Säbel trug auch die Kaiserin
Maria Theresia bei ihrer Krönung zu Pressburg am
"JTi. Juni 1741 und später am Landtage. Die Klinge ist am
Gefäss 1 Zoll ;S Linien breit, schön damascirt. mit der
Inschrift im Medaillon: „Im Namen Gottes, des Aller-
barmenden, des Allerbamiers-', längs der Klinge; -Sieg
von Gott und nahe Eroberung und frohe Botschaft für die
Gläubigen- versehen. Das Beschläge der Scheide, wie
der Griff sind reich mit Diamanten, Rauten und Tafel-
steinen besetzt.
Endlich ist auch jene Krone abgebildet, die den
Namen .türkische Vasallen- Krone des Stephan Bitskay»
lllhrt. Sie ist von runder Form, oben breiter, dabei
niedrig, spitzlörmig ansteigend, ganz geschlossen, ans
vergoldetem Silber angefertigt und mit schwarz aus-
gelegten Gravirungon verziert {wahrscheinlich byzan-
tinische Arbeit t, mit Türkisen, Granaten n. Smaragden
reich besetzt, trägt auf der Spitze einen dattelfönnigen,
etwas grösseren Smaragd. Slavische Geschichtsforscher
halten sie lür jene Krone, die von den Sorbenflirsten
getragen wurde, und im Jahre 13S!» in die Hände der
Türken gerieth. Sultan Achmet I. tibersandte sie dem
Stephau Botskay, Filrsteu von Siebenbürgen (HM) —
l'KMli. um sich mit derselben zum Vasallenkönig
von l'ngarn krönen zn lassen, dieser jedoch trat sie
im Wiener Frieden (!>. Februar HM») dem König Ma-
thias IL ab. ...»«...
Quellen zur Beschichte der Feuerwaffen.
It.raa.ic.-K.l.»-» . in i.mtnl.ri.1-» >l'i>> ;m I. lt. rt 1) •„•. i 'l :x: 10 Tifelu
Indem wir unsere verehrten Leser auf dieses Werk,
das dem königlich bayerischen Kricgs-Miuistcr Freih.
v. Prnuekh gewidmet ist, aufmerksam machen, müssen
wir uns bei dem Umstände, als dessen Erscheinen erst
begonnen hat, vorbehalten es nach seiner Vollendung
ausführlicher zu besprechen.
Das rege Interesse , welches die jüngsten Erfolge
auf dem Gebiete der Entwicklung der Feuerwaffen für
dessen Geschichte erweckt hatten, veranlasste die Vor-
stamlschaft des germanischen Museums diesem Gegen-
stände eine grössere Aufmerksamkeit zuzuwenden und
dein von verschiedenen Seiten laut gewordenen Wunsohe
entsprechend, die iu dieser Beziehung gemachten Stu-
dien in schlichter Weise dem Publicum zu übergeben.
Dieselben basiron sieh auf eine Reihe von Zeichnungen
i*
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LXII
in fnesimilirten Copicn, ausgezogen aus verschiedenen
Uilderhandschriftcn mannigfaltiger Bibliotheken, an»
gedruckten Büchern und Holzsehnittwerken älterer Zeit,
so wie auf Abbildungen besonders wichtiger Original-
waffeti.
Die Pnhlication beschränkt »ich hinsichtlich des
Textes auf die Wiedergabe von Original-Quellen mit bei-
gesetzten Erläuterungen; hinsichtlich der Illustrationen
hat man sieh beinlllit , die nach alten Abbildungen ge-
zeichneten Darstellungen in der Grosse des Originals zu
reprodneiren, bei Abbildung von Original-Waffen hat man
eine Reductil»» auf » , oder v' 7 der Naturgröße gewühlt.
Dem Materiale nach scheidet sich das Werk in
zwei Theile, deren ersterer das Geschütz (Stuck), der
andere die Handfeuerwaffen bespricht, so weit »ich Über-
haupt eine solche Scheidung durchfuhren lässt.
Wir begrttssen da» Erscheinen dieses Werkes mit
Freuden, und »ind Überzeugt, das« mit Klicksicht auf
die bei der Herausgabe belheiligren Kräfte dasselbe
viel de» Belehrenden und Interessanten liefern und einen
möglichst umfassenden i'berblick Uber die Entwicklung
und Geschichte dieses Waffenwesens gewahren wird.
. - , in . . .
Aus dem Berichte des L k. Conservators B e n e s c h
über die archäologische Thätigkeit im Caslauer
Kreise für das Jahr 1871.
Die merkwürdige St. Bnrbarakirchc in Kut-
tenberg hat durch das Abtragen zweier Umfriedung*-
mauern des ehemaligen Friedhofes sehr gewonnen. Das
alte Baudenkmal ist nun in seinem grossnrtigcu Umfange
jedermann zugänglich.
Der durch den um 21». September 1 H?i ► erfolgten
Einsturz des Thamies der berühmten Stiftskirche zu
Sedlee bei Kutlenberg zugefügte Schaden im Miltcl-
sehiffgewölbe blieb bisher nnreparirt.
Was die Wiederbedachung der beiden Thünne nn
der Koliner Kirche betrifft, deren Helme durch den vor
zwei Jahren erfolgten Brand vernichte» wurden, so gab
schon der Dombauleitcr Kranner Sohn sein Gutachten
dabin ab. dass der unverwüstliche Mauerkörper im
Stande sei den neuen Daclisluhl zu tragen. Die Thllrme
hatten schon manch hartes Schicksal erlitten. Bald nach
ihrer Vollendung (l.V>4) wurde unschön genug gleich
neben den zwei Schweslcrthümien ein dritter Thurm
aufgeführt um dort Glocken und ThUrtncr zu beherber-
gen, brannte das Dach des südlichen Thurm es
durch die Unvorsichtigkeit des Thllnners und Siunden-
bliisers ab. Dies war das erste Unglück, welches diesen
schönen Bau ereilte. 1 70»» vernichtete eine furchtbare
FcuershrnnM fast die halbe Sladt und auch die Kirche
mit allen drei Thürnicn. Das Jahr darauf wurden aus
«ler geschmolzenen Glockenspeise fünf neue Glocken
gegossen und am 23. September 1 7U7 in den isolir-
ten Wäehterthnrm eingehängt. Die öden ausgebrann-
ten KirchcnthUnne deckten Nothdächer, wahrend der
Wächterlhurm einen unschönen glockentünnigen Helm
erhielt. So blieb diese Nothbcdachung bis zum Jahre
1^45 stehen, wo durch die energische Sorgfalt des
jetzigen kunstsinnigen Stadt-Dcchnnts Herrn 1'. Johann
Lindner und f'aplans Herrn F. J. Svoboda, dann
des verstorbenen Doinainen -Besitzers von Kolin Herrn
Wenzel Veit, die in das Achteck gebauten Thürme
die in dasselbe Polygon eonstruirten hohen spitzen, mit
Schiefer gedeckten Helme erhielten. Wohl fehlten die
gewesenen vier Eekthürmchen (so wie liei der Tein-
kirche in Pragl. doch verdarb man durch diese Aus-
lassungen den Charakter des Baudenkmales nicht. Den
18. Mai 1*5" wurde das zweite Kreuz auf dem Sud-
thurme aufgesetzt. Von dieser Zeit an, zierten diese
I2lj Fuss bis zum Bande und VM Fuss bis zu den
Kreuzen hohen Thlirme die Umgebung Koliiis. Leider
vernichtete den 2.1. September 1 ■"<•>!> ein angelegter
Scheuerlirand den einen Kirchen- dann den unfern davon
stehenden isolirten Gloekcnthurm. Ein brennender St roh -
klumpen vom Winde em]iorgehoben gerieth in eine Dach-
kluiuse, worin Sperlingsncsler eingepfercht. In wenigen
Minuten brannte der nördliche Thurm, wie eine Riesen-
fackel. Nun war das Dach des nahen jedoch niedrigeren
Glockenturmes unrettbar verloren. Nur mit Mühe
entfloh derThllrmer aus dem brennenden Thurme. all
seine Habe den Flammen überlassend. Den Glocken-
stuhl und die Glocken retteten das feuerfeste Pflaster
der Thürnierwohnung. Ode und verlassen stehen nun
die geschwärzten Tliurintnauem ob der malerisch gruppir-
tenKirchenhöhe und warten seit Jahr und Tag der bereits
von dem Stadtrathe als Patron der Kirche bewilligten
Bedachung, fonservator und Architekt Sehmoranz
inCliritdim wurde berufen die Pläne zur künftigen Durch-
führung zu übernehmen. Natürlich hat dieser bewährte
Rcstaurntenr der Domkirche von Koniggriitz und der
Deean.ilc zu ( hrudiui beide Bedachungen «lern Style
des Baudenkmales vollkommen entsprechend entworfen.
Man will jetzt das FrUhjahr abwarten um so bei günsti-
gerem Wetter diesen beschwerlichen Bau zu beginnen.
Die uralte Burg Lipnic im Caslauer Kreise ist
vor zwei Jahren abgebrannt und das ehedem stattliehe
Gemäuer der weit sichtbaren Hochburg steht nun dach-
los da.
Das Jahr 1 s?l w ar arm au archäologischen Funden.
Die wichtigsten coueentrirten sich bei «lein bereits im
Vorjahre erwähnten Dorfe Tf ebesic bei (Jäslau. Schon
der Name selbst erinnert an das Opfer treba. Zu den
dort gefundeneu Gegenständen gehören mehrere Stech-
und Nähwerkzeiige aus thierischen Knochen, Gefässe
aus gebranntem Thune. Steiuwaffen, bronzene Haar-
nadeln, dann eine Armspangc mit atisgebuckelten Glie-
derungen , einer halben Nussschale iihnlieh. Hirsch-
geweilie, Kbcrzähne, Thierknoehen u. s. w. deuten auf
einen ausgedehnten Cultus.
Bei dem Graben der Gründe zum netten Pfeilerbaue
am Prager St. Veitsdome stiess man am 2. Septem-
ber v. J. nördlich vis n vis dein hohen Domtliurm auf eine
Öffnung :i Fuss unter der Erdoberflache. Der Dombnnlei-
»er K ran u er jun. und der l'olirer Bernhard Btiegen in
die lichtlose abschüssige Öffnung und gelangten in einen
1 Klafter, 1 ', . Fuss im Diameter haltenden mit einer
schroff ansteigenden Kuppel gedeckten runden Stiegen-
raum, worin 18 Stufen in die Tiefe führten. Ein langst
verschütteter enger Gang zum gegenüber stehenden
Thurme schien zum Zwecke dieser schönen Quader-
treppe gedient ztt haben. Vorgefunden wurde nichts.
f™'» k Hof <K Mi>r,l»-U„i „
LXIII
Archäologische Ausbeute auf einem Ausflüge nach
dem Chorherrenstifte St. Florian in Ober- Österreich.
:nii 11 ii»!»Kii»t<Mt.)
An der Stiftskirche dieses alten Chorherrenstiftes,
wiewohl dieselbe, sowie die sämmtlichen Stiftsgcbüude
um das XVIII. Jahrhundert einer grlliidlichen Umgestal-
tung und Erweiterung unterzogen wurde, ein Vorgang,
welcher nicht allein an der genannten Abtei, sondern
bei dem Rcichthnni der Stifte und der Prachtliehe ihrer
Vorsteher mehr oder weniger an allen grossen Abteien
in Österreich eingehalten wurde, hat man alle Merk-
male, Formen und Construetionen, welche auf die Zeit
der Gründung und Erbauung, auf die Gestalt und den
Umfang der ursprünglichen Anlage, oder auf die bereits
im Mittelalter vorgenommenen Ahlinderungen und Zu-
hauten Anhaltspunkte zu bieten im Stande sind, so weit
beseitigt und vertilgt, dass scheinbar kaum mehr Über-
reste Übriggeblieben waren, die der Nachforschung in
obbezeichneter Richtung brauchbares Materiale zu liefern
vermochten. Man ging zwar von dem Grundsätze aus, mit
dem alten Bestände vollständig tabula rasa zu machen,
hat aber nur nach aussen hiu den dafür geschaffenen,
mit verschwenderischer Pracht nnd Ausstattung bedach-
ten Werken den Charakter der Rococoperiode und die
starre Consequenz einheitlicher Durchführung in diesem
Style, als dem damals als Canon der Vollendung gel-
tenden, gegeben nnd dafür alle äusseren Spuren architek-
tonischer Durchbildungen des Mittelalters, die dem kunst-
richterlichen Aug« jener frivolen Zeit ein Grind gewe-
sen sein mnssten, mit Stumpf und Stiel ausgerottet. Man
wird daher an den Aussenseiten kaum einen Verrätber
mittelalterlicher Bautätigkeit entdecken , wenn man
nicht das in der Grundform octogonal geschlossene Pres,
byterium der Stiftskirche und die an der Nordseite dersel-
ben bestehenden mächtigen Ausscnpfeiler, eine Anord-
nung, welche Übrigens auch an solchen Hauten beliebt
Würfle, wo nicht erst ein bereits vorhandenes älteres
Fl* I.
XVII
Fig. 2.
Mauerwerk die Grundlage und das Motiv hieftlr gegeben
hatte, als der ursprünglichen Anlage angehörend be-
trachten wollte, die nachher im Geschmacke der Rococo-
periode in den Endigungen mit schwülstigen Voluten
nnd geschweiften Bogenfomien aufgelöst wurden.
Die Nachforschung musstc sich daher hauptsäch-
lich auf jene Theile beschränken, welche nicht dem
Auge blossgclcgt waren, sondern durch Bedachung, Über-
wölbungcn, Bogengänge n. s. w. vor der vandnli-chen
Vcrschöncmngssucht mehr weniger geborgen warcu. Zu
diesem Ende wurden das unter das Kirchendach hinauf -
reichende, vom alten Mittelschiffe herrührende Mauerwerk
nnd die Thuniiwandflächcn besichtigt; der Gang dahin
hatte sich auch reichlich belohnt. Die bestehende Kirche
zieren au der Westseite zwei mächtige Glockentürme,
die sich über den Gewölben der westlichen Seitenschiffe
aufbauen und thcils durch die Ausscnwnnd der Kirche,
theils durch mächtige Pfeiler im Innern getragen werden.
Der südlich angelegte Thurm blieb, so weit er in die
Bedachung der Kirche reichte, von jeder Restauration
verschont, erst die ans dem Dache heraustretenden Par-
tien erhielten die Durchbildung der Rococoperiode. An
diesen vom Dache geborgenen Stellen linden sich zwei
Masswerkfeusler > Eig. 1 n. 2), in deren elastisch behan-
delter I'rofllirung der Leibung, wie auch in der Form des
Masswerkes, wobei der „alte-" Sprosse der Hauptfigur
des Masswerkes folgt und sie entschieden hervorhebt,
während der r jnnge >l Sprosse in untergeordneter Bedeu-
tung die Nasen und lilicnförmigeu Endiguugen begleitet,
der ausgesprochene Charakter der Frllhgothik liegt, wie
auch die senlankgestreckte Form des Fensters nur dieser
Periode eigentümlich ist. Hier liess sich auch die
ursprüngliche Breite des Thurmes ermitteln , welche
•-M'/» Fuss beträgt. Da an dem zweiten, nördlich sitnir-
ten Thnrmc keine derartigen Durchbildungen ersichtlich
waren , so darf man annehmen , data die ursprünglich»
Kirche nur mit einem Glockenturme versehen war:
k
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LXIV
welche Annahme sich aurli durch ein lllterea (JeniÄldo
bestätiget , da* »ich in den Sammlungen dos Stiftes
befindet. Dasselbe »tollt eine Ansicht der Kirche und
de* Stiftes aus der Zeit vor der grossen Umgestaltung
Mir, und plit wohl im allgemeinen ein Bild den einsti-
gen Bestandes, der auf einen ziemlich wehrhaften uud
umfangreichen Hau, auf eine architektonisch reich ge-
gliederte Alllage, mit Erkern , Bogengängen . Mass-
werksfonstern, wie sie in der i'borgangM-l'criode zur
Ccltuug gelangten, schliessen lässt; allein die Abbil-
dung, eine schwache Leistung aus dem Ende des XVI.
.labrliundertes, ist im Ganzen leider zu unbeholfen und
zu fluchtig gehalten, in ihren Details zu nnwahrschein-
lieh, endlich in den Formell zu unbestimmt behandelt,
als dass sie für eine Bnubeschrcihung eine branchbare
Cruudlngc bielen kann.
Ausser diesen beiden, am Ohrckenthnrme vorfind-
liehen Fenstern enthält auch noch die unter dem beste-
llenden Preshytcrinui angebrachte Krypta eine reiche
Fundgrube von Anhaltspunkten zur Altersbestimmung
der Kirchcnanlage. Die (iruftkirche, mit weitläutigeii,
aus neuerer Zeit stammenden Vorhallen versehen. Wovon
die letzteren die irdischen Überreste der Conventoalen
in Sarkophagen bergen, während die eigentliche, aus
der Übergangszeit stammende Krypta eine massenhafte
Ausnmniluug von Schädeln und Knochen enthält, die
bis zur gewichten Decke in der Art zu senkrechten
Wänden anfgesehlichtet sind, da*s zwischen denselben
schmale (.'ommunieations-tJilngc fllr die Besucher dieser
bei Fackelbeleuchtung grauenhaft erscheinenden Räume
Übrig gelassen wurden, erhielt den üblichen octogoualen
( horsrhluss und damit im Zusammenhange die archi-
tektonische Anordnung und f'onstructinn.
Durch diese ('uminunicntiuiiH-GlngO vermag sich iler
Beracber dem octogonalen CfaorieblnMe zu nähern und
an dieser Stelle konnte mau Uber das Alter des Bau-
werkes die wesentlichsten Autsehlllsse erhalten. Die
Krypta war in Kreuzgewölben gedeckt, die gekehlten
Gurten liefen auf Laubwerks-Capitilleu auf ( Fig. :i, 4,
5, <»), welche den i'herping der kurzen, ans dein
Achteck construirten Wamldieustc in den (turtbogen des
(Jcwölbes > ermitteln. Die Itasis dieser Wandilieuste
bildet ein gegliederter Sockel ohne Ecklaub. Der niedri-
gen Dmftkirchc angemessen, wurden auch die Dirnen-
Iii Iii
[
I »,
Fl*, 6.
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LXV
sinnen der architektonischen Gliederungen niedrig ge-
halten und dieser Grundbedingung entsprechend die
Gurten, Heiler. Cupitälc, Basen u. s. w. gedrungen,
kräftig und ausdrucksvoll angelegt. Au* den vorgenom-
menen Messungen ergab sieh, dass eine Octogonseite
x Fuss 10 Zoll betrügt, uud die gesummte Breite der
Krypta 21 Fuss t» Zoll enthalt, duss sie eine verhalt-
nissinässig geringe Höhe hatte, dmn das Ausmnss vom
Bockel des Wamlpfeilers bis /.um Bogcnnnftng der
Gewölbe betrügt »iy, Fuss. Die Länge der Krypta durch
direete Messung zu ermitteln, war wegen ihrer An-
fUllung mit Knochen nicht möglieh. Das nUthige Lieht
wurde dureh Kundbogcufenster (Fig. 7) mit sehmalen
Öffnungen hereingeleitet. Bemerkenswert h ist ferner der
l instand, dass man es zur Zeit der Gothik lUr noth-
wendig erachtet hatte , die aus der Übergangs-Periode
herrührende Gewölbs-Construction zu verstärken . wo*
durch Vorlegung von im Spitzbogen durchgeführten
verstärkten Gurtbögen erreicht wurde, dureh welche
die alten Säulcnschafte und Capitäle leider mehr oder
minder zugedeckt wurden (Fig. H).
In den Vorhallen der Gruftkirchc findet sieh eine
plastische polychromirte Darstellung der Madonna mit
dem Kinde aus gebrannter Thonerde , 4 Fuss lang,
30 Zoll hoch, eine handwcrksinässigc Leistung der
Spät Gothik, die nach der liegenden Stellung der Figur
zu schlicssen wahrscheinlich dazu bestimmt war, die
Altarmensa zu zieren.
Eine bemerkenswerthere plastische Arbeit, welche
sich ebenfalls in den Vorhallen der Krypta findet, ist
eine aus Holz geschnitzte Fignr des heil. Florian von
riesiger Dimension und auffallend lauggestreckter Durch-
bildung, welche die ausgesprochenen Merkmale der
Übergangs-Periode enthält und nach der von Atmosphä-
rilien herrührenden Beschädigung zu urtheilen, wahr-
scheinlich seiner Zeit im Freien gestanden sein mng,
vielleicht den Dachreiter der alten Stiftskirche oder die
Kndigung einer Thurmspitze bildete, und um von weithin
gesehen zn werden, die Höhe von !• Fuss erhalten
hatte. Ks fällt an dieser Darstellung des heil. Flo-
Fi<r. 7.
Fi*, s.
rinn auf, dass er eher einer
mittelalterlichen Heroldsligur
als einem römischen Kriegs-
Tribun ähnlich sieht. In der
linken Hand hält er eine
gewaltige Standarte, welche
dns griechische Kreuz im
kreisrunden Fehle enthält ;
die rechte ruht auf einem
Schwerte. Das Haupt trägt
eine cigenthUmliche Kopfbe-
deckung , die eher einer
Markgrafenkrone als einem
Kriegshelmc ähnlich sieht.
Das Haar ist in den fttr
die Übergangszeit typischen
Locken behandelt, die das
jugendliche Antlitz des Krie-
gers reichlich umgeben. Der
Mantel, nach dem Zuschnitte
der Toga nnf den Schultern
zurückgeschlagen, ist an den
Achseln durch schildförmige
Hatten , die mittelst eines
Curtriemcns zusammengehal-
ten sind, befestigt. Unter dem
tunica artigen überkleide tritt die eiserne Rüstung her-
vor, mit welcher die Sehenkel und Fllsse gedeckt "sind.
Ein gelungenes Zengniss Uber die Kunstfertigkeit
der FrUh-Kcnaissance in Schmiedearbeiten gibt ein Brun-
nenhaus im Stiftshofe.
In dem Marktflecken St. Florian, welcher an dem
südlichen Abhänge der Höhe angebaut ist. deren ausge-
dehnten plateanfttrmigen Vor-
sprung die Stiftskirche, die
Stifts Öeonomie-Gcbäudc und
i iartenanlagen einnehmen, be-
gegnet man einzelnen Häu-
sern, deren über Eck gestellte
Erker und sonstige auf Krag-
steinen angelegten Wandvor-
sprttnge dem späten Mittel-
alter angehören. In dieser
Beziehung bat sieh das am
Marktplatze gelegene Post-
gebände, zngleich Gasthof,
von neueren Zubauten ziem-
lieh unverändert erhalten und
macht nach aussen einen ma-
lerischen Eindruck, während
das Innere in seinen Erkern
und Wandvorsprllngcn manch
tranliches Plätzchen enthält.
Der Besucher dieser Ge-
genden wird noch von einer
anderen Eigentümlichkeit
überrascht ; er wird sowohl in
der nächsten 1'mgebmig von
St. Florian , als auch auf
grössere Entfernung davon,
häufig ans dem Mittelalter
stammende, in Stein ausge-
führte Marter-Säulen und Vo-
tivkrenze antreffen. Dieses
L^iyiuz.
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LXVI
Fi«. Ii».
ungewöhnlich häufige Vorkommen derartiger, aus Ge-
fühlen der Amiacht, Pietät und Verehrung entstandene
Denkmale fallt unwillkürlich auf uml bildet eine Eigen-
tlillmlichkcit, die anderswo in dieser Form nicht auftritt.
Aul der kurzen, kaum eine halbe Meile messenden
strecke von St. Florian bis Lorch (St. I>jren/en) Kühlte
der Verfasser, mit Inbegriff der auf dem Friedhofe von
St. Lore BMI) stehenden ewigen Lichtsaule, (» derartige
Martern, die in der Regel immer an solchen Stellen
angebracht sind, wo sich Wege kreuzen oder nbzwei-
geit. Das in der Abbildung Fig. versinulichte Marter-
Kren/, »teilt in unmittelbarer Nähe von St. Florian;
obwohl nicht mehr dem Mittelalter angehörend, wurde
es wegen der sinnreichen, in ein dreifaches Kreuz endi-
genden Auflösung hier angeführt. Die Übrigen Martern,
in künstlerischer Beziehung von keinem Belange, mögen
llliergcgangen werden; nnr das gegenüber der Ustseite
der Kirche St. Lorenzen (Lorch) ausserhalb des Fried-
hofes stehende Marterkreuz (Fig. 10) verdient seiner
(reiflichen und ziemlich reich gehaltenen Durchführung
wegen eine Erwähnung und macht durch seine gute
Situirung, durch seine mehr gedrungene als langge-
streckte Form einen ausserordentlich befriedigenden
Eindruck. Es ist ein vierseitiger Schaft, auf dem der
eapellenUhnliche Hauptbau ruht ; derselbe ist gegen jede
Seite fensterahiilich behandelt, darüber erhebt sich je
ein Giehel und die Pyramide, die das Stcinkrenz trägt.
Die „Mitteilungen, XIII. Jahrgang lfm",
haben zwar schon eine ausführliche Schilderung der
interessanten Kirche in Lorch (St. Lorenzen) ge-
bracht. Da jedoch hiebet eine Abbildung der reich-
behandclten Ostseite unterblieben ist, so durfte es
an dieser Stelle angezeigt sein, mit Zuhilfenahme
der beiliegenden Illustration Fig. 11, auf die eigen-
thttmlichc Auflösung der östlichen Chor-Seite der
Kirche und auf die architektonische Durchbildung
derselben zurückzukommen. Das im Vordergründe
der Ansicht ersichtliche Bauwerk ist der alte Kar-
tier, der im untern Geschosse kreisrund construirt
ist, dessen oberes Geschoss hingegen nach aussen
achtseilig, nach innen rund, bei einem Durchmesser
von '21' 6" gehalten wurde; die üctogonseiten des
(Jebäudes wurden vermittelst acht aus der Run-
dung hervortretender Kragsteine ermöglicht. Der
Karner steht auf dem Friedhofe in einem Abstände
von 30 Mannesschritten von der Kirche entfernt.
Fenster und Gcwölbsconstrnctionen , sowie der
Grundriss des sonst sehlicht behandelten Baue»,
dessen Eingangsthtlr aus neuerer Zeit stammt,
reihen die Gruftkirchc zu den Bauten der Über-
gangsperiode.
An der Kirche jedoch füllt es auf, dass die
Ostseite nicht den üblichen octogonalen Chor-
Abschluss und die dadurch lebendig gruppirte Auf-
lösung erhielt. In Ermanglung dieser organischen
Entwicklung des Styl-Gesetzes durch die Anlage
des Octogoncs mit den Pfeilerveretärkungen, ver-
| suchte der Werkmeister die Bedeutung dieses zu
&g- den höheren Cultusfunctionen dienenden Kirchen-
™ raumes nach aussen hin dadurch zu charaktcrisiren
und hervorzuheben, dass er die Gicbelwandmaucr
in eine Masswerks-Galerie auflöste , wodurch die
sonst unvermeidlich gewordene Monotonie und
Kabinett dieses Bautheiles einigermassen behoben
und seine Intention erreicht wurde. Und selbst auch
die stufenweise Art des Aufbaues der Galerie, welche
durch die Giebelwand bedingt wurde, die Anordnung
der Fenster, .Masswerke, Wappen u. s. w., spricht un-
widerleglich dafür, wie sehr es dem Werkmeister zu tbun
war, dem verletzten Styl-Ocsetze mit dem Aufwände
aller zu Gebote stehenden Mittel gerecht zu werden.
.loh. Grndt.
Altchristliche Elfenbeinarbeit in Brescia.
Die Biblioteca Quiriniana zu Brescia besitzt unter
ihren Schätzen auch die in Forin eines Kreuzes zusammen-
gelegten Seiten eines ehemaligen Reliquien - Kästchens.
Es ist eines der bedeutendsten auf uns gekommenen alt-
christlichen Elfenbeiuschnitzwerke aus dem III. oder
IV. Jahrhundert. Die Reliefs stellen Geschichten aus
dem alten und neuen Testament noch ganz in der all -
christlichen, vielfach blos andeutenden, gleichsam steno
graphischen Weise dar. Auch linden wir hier den von
den Katakomben -Malereien und altchristlichen Sarko.
phagen her bekannten, bei den Christen der ersten
Jahrhunderte beliebten Bilderkreis wieder. Die alt-
testamentarischen Darstellungen haben meist solche
Vorgänge znm Gegenstand, welche als Hinweisungeti
auf Jesus betrachtet wurden.
LXVII
Eine von der altchristlichcn Kunst
mit Vorliebe behandelte Erzählung des
alten Testament* ist bekanntlich die Ge-
schichte de« Jonas, als Vorbild der Auf-
erstehung. 80 linden wir denn anch an
unserer Lipsanotecn Jonas, wie er vom
Fische verschlungen, dann wie er von
demselben wieder ansgespicen wird und
unter der KUrbislaube ruht. Auf letzte-
rem Bildchen ist die freie Haltung des
ermattet Daliegenden vortrefflich , noch
ganz antik, wie denn Uberhaupt alle
Gestalten unseres Kunstwerkes in ihren
ungezwungenen Stellungen und dorn
leichten Flusse der Gewiinder antikes
Lehen athrnen; von byzantinischer Starr-
heit ist noch keine Spar wahrzunehmen.
Auch die in altchriBtlichcr Zeit so be-
liebte Darstellung des Propheten Daniel
zwischen zwei Löwen (in der Löwen -
grübe) weist unser Denkmal auf ; nebenan
Daniel vor dem Könige Darius. Die Dar-
stellungart der drei Männer im Feuerofen
war mir neu : vorn stehen die drei JUng-
linge mit horizontal ausgestreckten Armen
in den Flammen , wie man dieses auch
sonst findet; zwischen, d. h. hinter ihnen
wird man noch vier ähnliche Gestalten
gewahr. Sind hier vielleicht zwei zeitlich
auf einander folgende Momente zusam-
mengezogen, so dass vorne die drei
Männer in dem Momente dargestellt sind,
da man sie in den Ofen geworfen, hinten
aber dieselben drei mit dem sie erretten-
den Engel mitten unter ihnen ? Dann
hätten wir eB mit einer Illustration zn
Daniel 3, 24 und 26 zu tbuu: „Da ent-
setzte sich der König Ncbukadnezar . . .
und sprach: . . . haben wir nicht drei Männer gebun-
den in das Feuer lassen werfen? . . . Sehe ich doch vier
Männer los im Feuer gehen, und sind unversehrt! . .
Eine fernere echt altchristliche Darstellung ist:
Moses, wie er Bich (vor dem brennenden Dornbusche)
die FnBsbekleidnng bist, oben die Hand Gottes. In den-
selben bilderkreis gehurt ohne Zweifel die Sccnc, wo
zwei Männer vor einem Stierkopf tanzen ; der Tanz der
Israeliten um das goldene Kalb; ferner diejenige, wo
vor einem Manne ein Stab steht, um den sich eine
Sehlange windet — die eherne Schlange — oder ist es
die Schlange des Paradieses, die sich tun den Baum
windet, wie sie z. 1). auf dem Sarkophage im altchrist-
lichcn Museum des Lateran (Abbild, bei Sehn aase,
Gesch. d. bild. K. II. Aufl. III, 91) finden?
Auch die Darstellungen aus dem neuen Testament
tragen den Charakter altchristlicher Kunst. Christus ist
Überall jugendlich gebildet. Die Kreuzigung kommt
natürlich nicht vor. Das Leiden Jesu wird dem Beschauer
durch drei Scencn vergegenwärtigt: den Verrath des
Judas', die Verleugnung des Petrus und ChriBtns vor
Pilatus; aber auch hier ist der Künstler mit einer, ftlr
jene FrUhzeit charakteristischen Scheu verfahren: es
sind die betreffenden Ereignisse blos zart angedentet.
So ist in der Vcrrathssccne keineswegs der Judaskuss
dargestellt; vielmehr macht Judas, der durch die Börse
Fig. 11.
in der Linken deutlich charakterisirt ist, mit der Rechten
mehrere Krieger auf Christus aufmerksam, der hinter
einem Baume geht: eine interessante Darstellung, um
so mehr, als die Gcfangennchmung Jesu sich in alt-
christlicher Zeit nur höchst selten (und auch das nicht
deutlich) geschildert findet. (Vgl. Sehnaasc a. a. 0.
83.) Ein Pendant zur Vcrrathssccne bildet die dicht
daneben dargestellte Verleugnung. Der Hahn Bteht auf
einer Säule; die Magd schreitet in eleganter Haltung
auf den ängstlich dastehenden Petrus zu; hinter ihm
einige Krieger mit Fackeln nnd Schilden. DicRe Krieger
gehören zu derselben Schaar, welche auf dem vorigen
Bilde von Judas angeführt wird. In der dritten der oben
genanuten Darstellungen ist Christus von zwei Männern
vor den mit vieler Wurde dasitzenden Pilatus gefuhrt
worden; neben letzterem noch eine sitzende Figur;
Christus steht mild und zugleich majestätisch da; ein
Knabe giesst dem Pilatus Wasser auf die Hände.
Die Kindheit Jesu ist durch den Besuch der Weisen
aus dem Morgenlande und durch „Jesus im Tempel
lehrend" repräsentirt.
Von den Wundem Jesu sind die Heilung des
Blinden, die Erweckung des Lazarus und der Tochter
des JairuB zur Darstellung gekommen. Anf letztcrem
Bilde ist die Freude mehrerer Frauen sehr lebhaft
geschildert; Christus hat die Hand des Mädchens
IAVIII
ergriffen, das sich mit vielem Anstände mit der Linken
auf das Ruhebett stlttzt. auf welchem es fitzt. Viel-
leicht ist die Heilung von lVtri Schwüler gemeint.
(Matth. 8, 14.)
Ferner Hilden wir das Gespräch mit der Saniaritcrin,
Christus als guten Hirten und zwei Mahle, an denen
sechs Personen tbeilnehmen und zwar so, dass auf dem
einen Hilde fünf Personen hinter dem Tische, auf
welchem Brote liefen, sitzen, der sechste alter mit einem
Heeder herbeikommt, während auf dem andern Hilde der
sechste im Begriff scheint, einen Krug in einen Kessel
zu tauchen. Der l isch hat die alte, spater auch von der
byzantinischen Kunst adoptirte halbrunde Form (das
Sigmn). Vielleicht ist hier die lloehzcit zu Kamm
angedeutet.
lnterressant ist es, tlass wir auf unserem Denkmal
die Geschichte des Ananias in fast völlig mit der
Behandlung diese»- Gegenstandes auf der Elfenheintafel
in der Saeristci des Domes zu Salerno (Abbild, bei
Lllbkc, Grundriss der Kunstgesch. IV. Aull. 264) Aber
einstimmender Auffassung antreffen. Wie dort, so sitzt
auch hier der Apostel etwa in der Mitte des Hildes:
hinter ihm stehen drei Männer, zu deren mittlerem die
Hand Hotte« als Zeichen „dass hier ein himmlisches
Strafgericht vollstreckt wird" 1 , herabreicht. Zu den
Fllsscn des Apostels liegt der Geldsack. Ananias wird
von mehreren Männern davongetragen.
Somit hätte ich die bedeutendsten Darstellungen
des I(elii|uienkästchens genannt. Ausser denselben rindet
sich noch eine Beterin mit emporgehobenen Annen
zwischen zwei Bäumen ; dann eine Scene, wo ein Weib
in schöner freier Haltung vor Christus kniee« (doch wohl
Jesus der Maria Magdalena erseheinend) und noch einige
Gestalten nnd Scenen, deren Bedeutung mir nicht recht
klargeworden: vielleicht Adam und Kva, im Krenzanne
rechtt» i suhjeetiv) der Brudermord des Kain? im mittleren
Thcil des Kreuzes: ein Mann gibt einem Andern einen
Fusslrilt in den Leib; die Geburt Jesu im Krenznnne
links: ein Kind in Windeln, nebenbei ein Esel; es
kommen Krieger darauf zu, einer mit einem Löwen; ein
Mann wie erstaunt vor einem Buche stehend, während
ein Kopf von obe« herabblickt? DMert.
Meister Jörg Jordan.
• (HU l MMUMR.)
Ich verbreite mich nicht, tun eine Einleitung zu
gewinnen, Uber den Stand und Zustand de« Codi-
schmiedchandwf rkes im alten Wien, sondern gehe
geradezu auf meinen Gegenstand los, denn Uber jenes
könnte ich nichts sagen, was nicht schon anderorts
bekannt gegeben worden wäre, und das besteht leider
in nichts als einer den Archiven entnommenen Auf-
zählung von Meisternamen. Wir kennen idre Werke nicht
und wissen umgekehrt von den erhaltenen Arbeiten —
die Übrigens auch selten genug sind — nicht, welchen
Künstlern sie angehören. Vielleicht geben mehrere der
Sache scheinbar ferner stehende Quellen diesbezüglich
einige Auskunft, davon cyi andermal; hier mögen blos
Uber den obgenannten Meister ein paar zerstreute
Notizen zusammengetragen und einige darin gewährte
Anhaltspunkte benutzt werden, um eine Gestalt der
Wiener Vorzeil etwas bestimmter aus dem Zwielicht der
Vergangenheit hervorzuheben.
Jörg Jordan war ein Goldschmied. Sein Familien-
name erscheint bereits 14Ö4, in welchem Jahr unter der
■ Gemain" des Wiener Rats, der am 29. Mai Uber die
Vcrtheidigungsmassregeln gegen Wenko von Kukhcnaw
und seine Horden Beschlüsse fassle. ein Caspar Jordan
genannt wird. (Fontes r. austr. IL Abth. VII, p. Kl.)
Vielleicht stammt Jörg von diesem Caspar ab. Die erste
Nachricht von ihm selbst bezeichnet ihn im Jahre 14«ii
als den Verfertiger eines Ehrengeschenkes der Stadt au
eine fürstliche Person, somit wird er kein unbedeutender
Meister und demnach wieder der Wahrscheinlichkeit
nach damals im Mannesaltergewesen sein. Tschischka
((ieschichte Wieu's p. 251) entnimmt die Nachricht der
Oberkammeramts-Reebnung jenes Jahres, wo es lautet:
„Unser allergenedigsten FrawenderKunigin von gemaiu
Stadt auch vereret ain silbreins vergäll Tringkgcsehirr.
und ist glaich ainer heidnischen I'lumen, gemacht von
Jörgen Jordan Goldsmit, und zalt Hü Pfd. 7 Schillinge
Pfennig.-' Sehl age r (Wiener Skizzen, Neue Folge,
p. l<>.">) gibt diese Sache aus den Stadtrechnungen mit
folgenden Worten: „Vnser nllgenedigsten Fr» WH der
Kunigin von gemniner Stat auch vererrt ain silbrains
vergttltsTringkgeschyerr vnd ist gleich ainer heidnischen
plttemen; gechaufft von Jorgen Jordan Goltsmid in
beywesen Herrn Sleffaus Ken Burgermaister. 9»i Pf4- U
Diese „Ehrung^ des Kates wurde Beatrix von Neapel
zu Thcil, zu gleicher Zeit aber erhielt auch Mathias, der
König, drei silberne vergoldete Scheuren, und Johann,
der natürliche Sohn Corvin's, gleichfalls einen derartigen
Becher; möglich, das« auch diese Arbeiten unseres
LXIX
Meister» gewesen seien, dessen Käme nur bei dem vor-
züglichsten .stücke, dem mit der ^heidnischen Bluuie-
der Chronist angeführt hat. Wie dem sei, jedenfalls
schien dem Schreiber jener Rechnung der letztgenannte
Umstand merkwürdig und des Hervorhebcns werth.
Betrachten wir den Ausdruck und die Zeit, in weither
er gebraucht wird, in welcher das humanistische Streben
in Wien schiin Hingang gefunden hatte, so bleibt wohl
keine andere Erklärung, als dass antike Muster, Formen
dcrFrtlh-Renaisaancc, damit gemeint sein müssen. 1480
V*t ein frühes Datum für das Auftreten der Renaissance
in Wien, wo man noeh weit ins nllebste Jahrhundert
hinein in allen Künsten got Irisch eomponirte. Die Bezeich-
nung ^heidnische iHimietr bcgepiet aber in jener Zeit
öfter: so heisst es im Adelsspiegel bei Schilderung des
Heilagers Herzogs Georg von Bniern, dass das Festkleid
Kaiser Friedrich IV. mit heidnischen Rluinen geziert
gewesen sei. (Gräffer, Hist. Ant. p. t>.) In mittelalter-
lichen Gedichten des XII. und XIII. Jahrhunderts be-
zeichnet: heidenischez Werk, wohl immer morgenlän-
riisches, meist saraeenisches Fabricat, und an solches
kiinnte hier bei dem Gewände wohl noch gedacht werden,
doch müssen wir im Hinblick auf die fast gleichzeitige
Anwenduug des Ausdruckes auf das Goldschmiedpro-
dact, an welchem in jener l'eriode ein morgenländi-
scher F.inlitiss absolut undenkbar ist, der Bedeutung im
Sinne der Renaissance-Epoche den Vorzug geben. Meister
Jordan mag wohl anf Wanderfahrten die neue, walsehe
Weise kennen gelernt haben.
Er war aber auch Bildhauer in Stein. Ogesser
iRcschr. d. Mctropk. zu St. Stephan p. 77). berichtet, es
befinde sich rechts an dein unvollendeten Thurme des
Wiener Domes eine Erlöscrstatne mit dem Datum 1 Ai><>
und dem Namen Jörg Jordan, wahrscheinlich an der
Stelle eines altern, seit I34'.i errichteten Salvatorbildes
angebracht. Ob die Statue mich vorhanden ist, kann ich
nicht angehen und somit leider auch Uber die Kunst des
Meister« nach diesem Werke nichts mittheilen.
Vom Jahre 14iK> au war ein Jörg Jordan, in
dem ich nur unseren Goldschmied erblicken kann, auch
Resitzer des Hauses Nr. 2, ehemals 4H7, am Judenplatz,
genannt zum grossen Jordan. Schimmer (Ausfuhrt.
Häuser-Chronik etc. p. 70) nennt ihn .um 149t)" Eigen-
thümerdes Hauses; in dein Werke Alt-Wien ( Heft XI,
p. 1<> f.) fugt er hinzu, es sei von diesem Jahr bis Ifjt.KI
in Jörg Jordau's Besitz gestanden. Aus beiden Berichten
geht ferner noch hervor, doss ehemals ein Stein in dem
Gebäude den Namen Jörg Jordan und die Zahl 14!*7 ein-
gehalten gezeigt habe. An der Facade befindet sich in
der Höhe des zweiten Stockwerkes zwischen den Fen-
stern ein Relief, von dem in der Folge die Rede sein soll;
Schimmer meint nun, man habe in späterer Zeit, nach
Jörg Jordan's Tode, den Namen des Hauses vom Flusse
Jordan abgeleitet, und das Rildwerk, welches die Taufe
Christi vorstellt, angebracht. Dazu ist zu bemerken, dass
das Relief gothischc Umrahmung und Körperformen
zeigt, die Inschrift in gothisehrn Minuskeln gesehrieben
ist. dass man sie also nicht spät im XVI. Jahrhundert,
wird angebracht haben, dass auch nicht der Name des
Geschlechtes vergessen, und blos an den Fluss gleichen
Namens gedacht worden sein wird , weil ja eben erst
im XVI. Jahrhundert ein Nachkomme unseres Meister
1f>t?0 das Hans den Jesuiten verkaufte, noch später aber
kann dieses Bildwerk eo ipso nicht entstanden sein. Die
Inschrift (abg. a. a. O.) bezieht sich anf die am 12. März
1421 stattgehabte Judenverfolgung unter Albrecht V.,
die Thoraas Ebendorfer v. Haselbach erzählt. (Kurz,
Österreich unter Kaiser Albrecht II., 2. Band, p. :J1 IT.)
Nach ihrem Geiste, dem Vergleiche der Deucalionisehen
Fluth etc., verläugnet sie sich nicht als Produet des XVI.
Jahrhunderts, und auch die spätgothischen Formen des
Reliefs stimmen damit Uberein. Man wird also vom
Namen der Resitzer Anlass zur Benennung des Hauses
genommen habeu und die znlällige Uebereinstimmung
mit dem Namen eines Gegenstandes der heiligen Schrift
zur Anbringung einer frommen Bildnerei benutzt haben,
gerade so wie sonst der Vorname die künstlerische
Verherrlichung eines Heiligen veranlasste. Dass hier
einmal der Beiname das gleiche thut, mnss dem naiven
Sinne der Vorältern ganz plausibel erschienen sein.
Die Arbeit an dem Relief ist recht sorgfaltig. Oben
sehwebt, ziemlich klein, Gott Vater und heil. Geist.
Christus wird von einem Engel im Flusse bedient. Die
Umrahmung gipfelt in drei Figuren, einem Gewappneten
und zwei Engeln an den Seiten >. Albert Ilg.
Zwei gothische KirchtMrme in Pressburg.
(XII * ll.'l«»rhnKlei> .)
Überblicken wir die aus dem Mittelalter uns erhal-
tenen kirchlichen Bauten im österreichischen Staate, so
ergibt sich bedauerlicherweise, dass, ungeachtet der
nicht geringen Anzahl von aus der Zeit des romanischen
und gothischen Style» stammenden Kirchen, nur wenige
derselben im Besitze jenes fllr den Abschlnss des kirch-
lichen Gebäudes so hochwichtigen Schmuckes, nämlich
eines oder mehrerer Thürme sind, und zwar solcher
ThUnue, welche eben derselben Bauzeit wie die bezüg-
liche Kirche oder doch nahezu derselben angehören.
Wir wollen hier freilich wohl jene Fälle unbeachtet
lassen, wo man sieh schon ursprünglich auf einen ein-
fachen anspruchslosen Bau beschränkte, und nur die-
jenigen Bauten in den Kreis nnserer Betrachtung ziehen,
die mit einer gewissen Zierlichkeit und in Styl-Einheit
mit dem Kirchcngebitudc selbst geschaffen' wurden,
wovon uns in Deutschland, ungeachtet manch widriger
Ereignisse, nicht wenige Beispiele erhalten blieben.
Es ist anzunehmen , dass bei fast allen kirchlichen
Bauten des Mittelalters der Thurm in das Ran-Programui
aufgenommen war und aueh beinahe immer an dessen
Aufhau Hand angelegt wurde. Doch ereignete es sich
nicht selten, das« der Bau nicht bis zu diesem organischen
Abschlüsse gebracht wurde, oft musste er eingestellt
und ein nothdllrftiger Abschlnss geschaffen werden. Oft
musste nach Brandzerstöruiigen die Wiederherstellung
des Kirehengebäudes möglichst schnell geschehen, doch
gestatteten dabei leider nur zu häutig die beschränkten
Mittel der Kirche oder Gemeinde nur einen schlichten
Nothbau oder wusste der schlechte Geschmack des
Baumeisters eben nichts Gutes, Gediegenes zu leisten.
Endlich ist zu erwähnen, dass der anfänglich projeetirte
oder auch nicht projeetirte Thurm erst in viel neuerer
Zeit gebaut, ja selbst der ursprüngliche Thurm ohne
zwingende Ursache entfernt und entweder gar nicht oder
durch eine geschmacklose Schöpfung ersetzt wurde, wie
dies z. B. bei der Capuciuer-Kirehe in Wiener-Neustadt
oder bei der Stiftskirche in Heiligeukreuz der Fall ist.
1 s. h erü rr Hllllull. 4. All. Vor VIII.
LXX
Wenn wir vom weit-
berühmten Tlinrme des
Wiener Dome« nnd den
beiden dem Übergangs -
Styl augehürigen und
später durah Galerie
und Knorrenschmnck
gothisirten Heiden-
tliUrmen daselbst, so
wie dem unvollendeten
Thurme des Präger
Münsters abgehen, so
werden wir nur auf
wenige Beispiele von,
in ihrer Ursprünglich-
keit erhaltenen kunst-
vollen Kirehthllrnicn
hinweisen können ,
welc he geringe Anzahl
daB von uns Gesagte
erhärten dürfte.
Sehen wir.uns z. IJ.
in Nieder - Osterreic h
um, so finden wir die
mächtigen, ins XIII.
Jahrhundert fallenden
Thltrme • nnd den
Daehrcitcr (XV. Jahr-
hundert) der Frauen-
kirche in Wiener-Neu-
stadt , den schonen
Thurm der Mnria-Stie-
genkirehc in Wien
' (Anfang des XV. Jahr-
hunderts), den herrli-
ehen Dachreiter der
dem Verfalle in un-
verantwortlicher
Weise preisgegebenen
Cartliäuscr-Kirche zu-
Oatningf Mitte desXrV.
Jahrhunderts) , den
derben achteckigen
Thurm an der Kirche
zu Deutsch- Altenbtirg
(Anfang des XV. Jahr-
hunderts), den massi-
gen und trotzig darein-
schauenden Thurm bei
der Kirche in Perch-
toldsdorf (1521), den
geschmacklos abge-
schlossenen Thurm
der Piaristen-Kirche in
Krems; — in der Stei-
ermark : den kunstvol-
len Thurm zu Strass-
engel (Mitte des XIV.
Jahrhunderts) , den
Dachreiter auf der
Kirche zuGniraeh (An-
fang des XV. Jahrhnn-
(•i Jün*»r
derts), den arg ver-
unstalteten Mittelthurm
der Kirche zu Marinzell
(e. zweite Hälfte des
XIV. Jahrhunderts);
— in Ober-Oesterreich :
das zierliche Thtlrni-
chen auf der Margare-
then-Capelle in Steier
(Mitte des XV. Jahr-
hunderts); in Böhmen:
die cigcnthUmlich ab-
geschlossenen Thurme
der Teinkirche ; oder
endlich die vielspitzi-
gen Thurme des Domes
und der Marienkirche
zu Krakau; damit ist
so ziemlieh alles, was
in dieser Richtung nen-
nenswerth erscheinen
dtlrftc, erschöpft.
Blicken wir nach den
Ländern jenseits der
Leitha, so treffen wir
wie hervorhebenswerth
noch weniger Beispiele
als die ThUrmc zu St.
Jak , der Kirchenniinc
zu Zambeg, des Do-
mes zu Agram, zweier
Kirchen zu (Idenburg
und zu I'ressburg etc.
Diese beiden letzteren
sollen uns etwas mehr
beschäftigen. Der eine
befindet sich im Frnn-
ciscftner-Kloster zu-
nächst der Kirche.
Diese Kirche gehört
mit ihrem Presbyteriiim
dem letzten Dcccnnium
des XIII. Jahrhunderts
an, ist somit ein Werk
der beginnenden Go-
thik. Das Langhans ist
bedeutend jünger. Mit
diesem GotteshauBe
steht eine , mit einer
Gruft versehene und
dem heil. Johannes
geweihte Capelle in
Verbindung, ein Bau-
werk im edelsten gn-
thisehen Style. Der
Thurm gehört unstrei-
tig zu den zierlichsten
Bauwerken dieser Art,
die sich in Ungarn
vorfinden. Leider ist
er jetzt ziemlich hoch
hinauf durch das Klo-
stergebäude verdeckt;
BS
2.
einstens stand er frei, was die Gesimse beweisen, die
LXXI
unter dem neueren Dache sich rundlicrumziehcud noch
zu. sehen sind. In seinen unteren Stockwerken ist der
Thurm (Fig. 1) viereckig, die beiden oberen und der
Hehn sind sechseckig, eine sehr schwierige (onstruc-
tion, die durch Vorkingungeii nach zwei correspottdircn-
den Seiten in hiielisi zierlicher Weise erreicht wurde.
Als Aliseliluss des unteren viereckigen Stockwerkes
erseheint ein spitzbogiger Fries, als jener des unteren
sechseckigen ein ähnlicher Fries, ehenfalls mit einge-
fügtem Masswerk , alter mit bedeutend verlängerten
Sehenkeln. Auf den dureli den Übergang ins Sechseck
hervortretenden vier Kcken des Unterbaues wurden
Fialen aufgesetzt. Die Fenster dieses unteren Stock-
werkes im Sechseck sind Schumi, nicht sehr buch und
im Schlüsse mit Masswerk geziert. Das obere Stockwerk
ist bedeutend höher • - . die grossen Fenster daselbst
sind einmal iiutertheilt und in ihrem Abschlüsse mit
schönen Masswerke geschmückt.
Jede der sechs Seiten sehliesst mit zwei niedrigen,
neben einander gestellten Liebeln, und einem rückwärts
gestellten bedeutend höheren Giebel ab. Zwischen den
Giebeln sind Wasserspeier in höchst phantastischen
Darstellungen aufgebracht, darunter auch ein sogenann-
ter Jndenspotl. Den eigentlichen Absehluss des ganzen
Gebäudes bildet der sechseckige schlanke Helm, der an
seiner Spitze eine kräftige Kreuzblume trägt. Die Kippen
des Helmes und das wenige dazwischen angebrachte Mass-
werk sind aus stein, die Felder inzwischen mit Ziegeln
ausgefüllt, was wahrscheinlich schon ursprünglich beab-
sichtigt gewesen sein durfte. I >cr Thurm, der im X IV. Jahr-
bnndert entstanden sein mag. ku]| schon einmal abgetra-
gen gewesen und dessen Wiederaufbau in höchst eilfer-
tiger Weise ausgeführt worden sein, was sein heutiger
Zustand beweist, denn im Innern besteht noch das ganze
tierüste, an dem das Sleinwerk autgeltihrt wurde das
man aber, vielleicht im Bewusstscin dieses so liederlich
ausgeführten Baues zu entfernen, sich nicht getraute.
Allein nicht hlos an dieser höchst nachlässigen Ban-
führung kränkelt der Thurm, es ist noch überdies der
jetzige (ilockeiisluhl so fest an die Thurmwände ange-
stellt, dass durch die fortwährende Erschütterung beim
iJiuten das Gebäude zunehmend Sehaden leidet, was
die zollbreiten Hisse bewahrheiten, die allseitig daran
zu sehen sind und erwarten lassen, dass, wenn nicht
bald Abhilfe gcschallcn wird, dieses zierliche Hauwerk
nicht mehr allzulauge erhalten bleiben wird.
Der zweite sehr interessante Kirehthiirm, der sich
innerhalb der Mauern von l'ressburg befindet, ist jenerder
ehemaligen (_" I a r i s s e r X o u n e n - K i r c Ii e ( Fig. 2 1. Die
Kirche sammt Thunn mag gegen das Ende des XlV.Jahr-
hunderts entstanden sein. Sein, gleich jenem derFraneis-
canerkirche ans Werkstücken hergestellter Körper ist
fünfeckig. Um diese Figur zu erreichen, musste der
Meisler den Thurm ans der Mauer vortreten lassen und
den daselbst hinaufgeführten Eckpfeiler auf eine kräf-
tige Vorkrngung stützen. Der Thunn ist übrigens so eng,
dass ein Mann sich auf senkrecht stehender Leiter nur
mühsam eniporzwingen kann. Der Thurm t heilt sich in
zwei Stockwerke. Das untere ist niedrig und hat breite,
niedrige, schmucklose Fenster. Ein Lilienfries sehliesst
dasselbe gegen oben ab. Das zweite Stockwerk sehliesst
sich nicht unmittelbar an, es ist ein Zwischenbau einge-
schoben, doch erseheint gerade dieser The.il desThnrmes
1 Ä. F.K. Ritmrj'i Arrlilnlo^irrli' P*-nkfnnU t.x, Crr nt urR
XVII.
höchst beachtenswert Ii, da daselbst eine Reihe ganz
vorzüglicher Statuen angebracht ist. Sie stehen auf
kleinen f 'onsoleu and unter, mit hohen Fialen gekrönten
Baldachinen. Man erkennt noch die Darstellungen der
heil. Maria mit dem Kinde, der drei Könige und der
heil. Elisabeth. Das obere Stockwerk ist bedeutend hoch
und mit grossen Fenstern versehen, unter denen ein
breites Bletidmasswerk bandartig sieh um das Mauer-
werk schlingt. Ein Lilienfries mit verlängerten Schenkeln
sehliesst diesen Stockwerk ab. Die Eckstreben erreichen
den Fries nicht, sondern endigen mit Fialen, die mit
kleinen Wasserspeiern versehen sind. Der Thiirmhelni.
gegenwärtig ein ungestalteter Zwiebclhclm aus dem
Jahre I7n:>. soll ehedem durchbrochen gewesen sein ».
. . . Iii . . .
Die Kunst des Mittelalters in Böhmen.
II. Theil.
Einleitung.
Wenn ein Reisender nach sorgfältiger Betrachtung
der Masiiiken zu Rom und Ravenna sich rasch den Por-
tal Bauten des Slrassburger Münsters oder Kölner Domes
gegenüberstellte, würde er schwerlich begreifen können,
dass diesen himmelweit verschiedenen Gebilden ein und
dasselbe System zu Grunde liege, dass der Ubergang
von der ersten Form in die zweite in unmerklicher
Weise durch eine zusammenhängende Reihe von Zwi-
schengliedern vermittelt werde.
Inwiefern die antike Basilika dem christlichen
Kirehenbane zum Vorbilde diente, konnte trotz der ein
gellendsten Untersuchungen bisher nicht genau sicher-
gestellt werden: gewiss ist nur. dass mehrschiffige,
durch Säulen eingctheiltc Anlagen, selbst solche mit
erhöhten Mittelräunien, schon im allen Rom üblich waren,
abgesehen von den Halleiibanten der Egypter und
Griechen. In allen diesen Anordnungen waltete das an-
tik-horizontale Element vor und selbst das Gewölbe,
dessen sich die Römer mit entschiedenem Glück bedien-
ten, musste sieh den Vorschriften der Horizoiitalität
fügen und wurde im Widerspruch mit seiner aufstre-
benden Gonstmetion iu wagreehte Gebhlke eingespannt.
In den ersten Jahrhunderten des f'hristeiithums
benützte man die mannigfaltigsten Gebäude religiösen
Versammlungen und dachte nicht im entlerntestcn daran,
für den neuen Cultns eine neue künstlerische Ausdrucks-
weiso zu schaffen. Die Baumeister jener Zeit hielten so-
gar au den überkommenen Kegeln mit Zähigkeit fest,
richteten heidnische Tempel mit geringen Abänderungen
für den christlichen (iottesdienst eiu und nickten aus
antiken Bruchstücken neue Bauwerke zusammen, indem
sie jede auffallende Bildungsweise, namentlich indivi-
duelle Kundgebungen zn vermeiden trachteten. Xichts-
destoweniger war ein neuer Geist eingezogen, welcher
sich zwar langsam, aber mit desto unwiderstehlicherer
tlewalt Bahn brach und der auch iiu Knnstleben den
vollgültigsten Ausdruck finden sollte. Durch ein selt-
sames und gewiss bedeutungsvolles Zusammenwirken
verschiedener Umstände geschah es, dass gerade zur
Zeit der grausamsten durch Kaiser Dioeletian verhäng-
» Iii « r hrl». «ct. Mn Ztlcbutiiig, itl«l»h dft rriih. r.'n i.tcli J.ii FuMlu-
Untri. (,,«';,„> BliikHlM nn«cfTlt«-.. IM dufür . I.. .lyH.ri-clif»
I>trli *MJi'pi.|r.m, Ii «i.ldi n
I
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Ich ('hristcnverfolguugcn clio neue Richtung mit Ent-
schiedenheit hervortrat, und zwar an dem Palastbau,
welchen eben dieser Kaiser in Salona, dem heutigen
Spalnto, hatte ausfuhren lassen. Sollte auch der Versuch,
die Säulcnstellungcti anstatt der horizontalen Architrnvc
durch Bogen zu verbimlcii. schon früher gemacht wor-
den sein, so steht doch beinahe unzweifelhaft fest, dass
diese Cotistructionsweise hier zum erstenmal im Grossen
durchgeführt wurde. Hindurch war eine dem Geiste der
hellenisch-römischen Arehitektnr fremde . ja diametrale
Formcngebuiig eingeleitet worden: es eiilsland die freie
ArcadenSlelluiig, die dem Horizontal-Ban angehörende
Säule erhielt eine veränderte Bestimmung, indem sie
sich oberhalb des < ajiitüls in aufstrebender Richtung
fortsetzte.
Dieses aufstrebende . dein Vcrticalisinus sieh nä-
herude Kleuient wurde bei Errichtung der alt-christlichen
Kirehengebäude immer mehr ausgebildet ; an die Stelle
der antiken Säule trat alhniihlig der dem (Je wölb- System
sieh leichter anschmiegende Pfeiler, oder es wurden, wie
in der Kirche S. IVassrde zu Rom, in der Lätigcnrich-
tung zwischen die Säule verstärkte Pfeiler eingeschaltet.
Nachdem das Kirebenhaiis oder Schiff (der llir die Gläu-
bigen bestimmte Raum i durch Aufstellung von zwei oder
mehreren Säulenreihen und Anlage eines überhöhten
Mitielraniues eine bestimmte Form gewonnen hatte,
wnrden an die entgegengesetzten Schmalseiten hier die
Vorhalle, dort die halbrunde Kxcdra (Tribüne, Altar-
haus), beide dem antiken Ran entnommen, ungetilgt.
Zwischen dem Schiffe und dem Altarhause wurde ott.
aber nicht immer, ein (Jucrschiff angl bracht , wie u. n.
in der Itasilika St. Paul von Koni : wo dieses fehlte,
wurde ein Theil des an die Tribüne angränzeuden Land-
hauses durch Seitenwände abgesondert und unter dem
Namen Chor, Presbvterium, tUr die Geistlichkeit einge-
richtet.
Ks waren begreiflicherweise mehrere Jahrhunderte
nothwendig, bis die neuen Ideen in der Körpenvclt den
richtigen Ausdruck fanden, bis die oft unklaren Bestre-
bungen, welche an den meisten Basiliken hervortreten,
sich zu einem eonseqnentcu System abrundet hallen. An
der dreischiffigen Kirche S. Apollinnrc in ( lasse zu Ra-
venna, erbaut zu Anfang de« sechsten Jahrhunderts,
ist die Durchbildung der Formen bereits so weit gedie-
hen, dass das Ausere mit dem Innern in Einklang
gebracht erschein! und die inneru Säulen- Areadeu an
den Aussenseiten durch Liscncn und Blendbogen ange-
deutet »ind. Auch ist hier schon ein Thurm, jedoch ohne
alle organische Verbindung mit dem Ganzen, an das
Kirchetihans hingelehnl.
Die fernere Ausbildung jedoch erfnhr diese Bau
weise nicht in Italien oder Byzanz. Deutschland, Frank-
reich und England betheiligteu sich vom achten Jahr
hundert an im regen Wetteifer au der Kunstllbnng, und
das basilikale System erreichte in diesen Luuden ein
ao vollendetes Gepräge , wie es die hellenische Archi-
tektur im säulen-uuizogenen Tempel . dem Periptcrion,
gewonnen hatte. Der Bau-Styl, welchen wir heute den
romanischen nennen, ist nichts anderes, als eine con-
sequente Durchführung derjenigen Principien, die in
den alt-christlichen Basilika-Bauten niedergelegt sind.
Nachdem der kreuzförmige Gruudriss schon im f Duften
Jahrhundert versucht worden war und Anklang gefun-
den hatte, gelang auch die einheitliehe Verbindung des
Tlmmibaiic» mit dein Kirebenl sc, wobei mau sieh
mehr an die fherlieferungeii vom salomonischen Tem-
pelban gehalten zu haben scheint, als an das durch die
egyptischen Pylonen gegebene Vorbild.
Während in Frankreich und Kurland eine zwar
frühzeitige Blülhc der Architektur einlrat, wobei jedoch
das deeorative Klemcnt vcrliältnissmässig mehr als die
Gesammt-Anlage eultivirt wurde, widmeten die deutschen
Baumeister ihre Aufmerksamkeit zunächst der Vcrvoll-
koiiiiauiig des Gewölbe-Baues. Schon im letzten Viertel
des rillten Jahrhunderts erreichte der Kirchcubnu in
den Rheinlandcn eine solche künstlerische Durchbildung,
dass man glauben möchte . der damals gewonnene
Hölienpunkt hätte nicht mehr sollen Uberschritlcn
werden. Die frühere, uns nur durch Beschreibungen
bekannte Kathedrale von Köln . die Dome zu Speier,
Worms, Mainz. Bamberg, und noch zahlreiche in jenen
Grgcudcu befindliche Denkmale des romanischen Stylcs
tragen den Stempel echt kirchlieber Weihe, sind Werke
von unülierircinicher Harmonie.
Dem frommen Sinne unserer Voreltern genügte
jedoch weder die schlichte Gestaltung der Aussenseiten,
noch die etwas gleichförmige innere Räumlichkeit;
bis in die Wolken sollte das Gotteshaus ragen , mit
ktihuen Thüriuen und Tausenden von Pyramiden und
Zinken! Nach deu Gesetzen der Kunst mussteu alle
diese Linien im Grunde angedeutet sein, sieh aufwärts
fortspinnen und in den Spitzen wie zur Krönung ver-
einigt werden.
Ks ist ganz gleichgültig, ob der go tili sc he Styl
in Frankreich, Kngland oder Deutschland zuerst Anwen-
dung gefunden habe: er gehört der gesanimlen Christen-
heit an. Iii der französischen Architektur indes* wurde
wie in der etwas jüngern englischen die Horizontale
jederzeit stark betont, während sie in den bedeutungs-
vollsten deutschen Bauten nur leise angedeutet ist. Die
vollständige und in allen Theilen harnioiiireinle Durch-
bildung des Perpeiidienlar-Syslems gehört den deutschen
Landen an.
Zwischen dem romanischen Styl aber und demgotbi-
seheu liegt eine weite Kluft, welche überbrückt werden
mnssle. Der erstere, auch Rundbogen Styl genannt,
weil der halbkreisförmige Bogen als dessen besonderes
Kennzeichen gilt , hält im ganzen katholischen Abcnd-
Innde ein ziemlich gleichtnässiges Gepräge ein; die in
diesem Style angeführten Bauwerke unterscheiden sich
mehr durch materielle Grösse und Disposition als
Fonnengebung von einander. Als bedeutungsvollste
Neuerung, welche im Verlaute der romanischen Periode
hervortritt und in welcher bereits die Kiitwicklung des
gothisehen Systems angedeutet ist, muss der allmälige
Lcbergang von der Sflule in den gegliederten Pfeiler
anerkannt werden. Die Erfindung eines Pfeiler*, dessen
Grundgehalt cinerseils allen Anfordernngeuder Gewölbc-
Constructiön entsprach und anderseits eine vollständige
i'bereinstimmung der verschiedenen Bnuthcilc herbei-
führte, Hess auch den Strebepfeiler entstehen, durch
dessen Aufstellung die bisher Übermässig starken
l'mfassungswändc ihre Bedeutung verloren.
Nicht im eigentlichen Spitzliogcn, wie oft behaup-
tet wird, liegt das Charakteristische der gothisehen
Architektur, Hondern im Zusammenwirken der Pfeiler
und Strebepfeiler, deren Gliederungen sich nls vorste-
hende Gurten und Grate in den Wölbungen fortsetzen
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Lxxm
und welche zusammen das feste Gerippe einen Kirchen-
hauses bilden. In dieser Beziehung entspricht (wie denn
die Extreme sich berühren) ilie gothischc Baukunst der
griechischen: hier wie dort bestimmen die Träger. Pfeiler
"der Säulen die Grundlage eine* Bauwerkes, während
die Wünde als nebensächlich tiguriren und nach Belie-
ben fortgelassen werden köuncii.
Die Bezeichnung, Style ogi val",d. i. verstärktes
Strebe bogcn-Systciu, ilrtlekt daher das Wesen der ( •••tliik
am bündigsten aus, inilein nicht sowohl die Bogcnform,
als vielmehr das Ineinandergreifen und Vertleehten der
Gcwölbegurten diesen Styl vi>ui vorhergehenden roiuu-
nisehen iintersfheidet. Auch bedient sieh die gothische
Architektur, <ihne ihren Charakter zu verändern, sowohl
der Spitz-, Knud- und Segment-Bogeii wie dos horizon-
tiilen Sturzes: sie kann mithin nicht eine aussehliesslich
spitzbogigr genannt werden.
L)a der Lhcrguug von den rumänischen Formen in
die gothisehen unter ilcn verschiedenartigsten Bcdiu-
gnngcu stattfand und die theits durch die Krcuzztlge,
theils durch die Bekanntschaft mit der muhnmedniiisehcn
Itaukiinst nach Europa eingeführten neuen Elemente auf
das mannigfaltigste umgestaltet wurden, konnte am h ein
so gleichmäßiger Portschritt, wie ihn der Verlauf des
romanischen Siyles gezeigt hat, nicht wohl eingehalten
werden. Als niicliste Folge sehen wir, da*« sowohl
nationale Eigcnthllmlichkcitcn wie individuelle Anschau-
ungsweisen auf dem (lebiete der Baukunst zur Geltung
gelangten, dass der Phantasie ein ungeheurer Spielraum
eröffnet wurde.
Im Süden Italiens, wo man im Ganzen au dem
autikisin nden Basiliki ii System, welches in den Domen
von Pisa, Lin ea und Sicna in glänzendster Weise durch-
gebildet worden war, lang festhielt, hatten die Norman-
nen um die Mitte des XI. Jahrhunderts ein mächtiges
Ueich gegründet und hier eine Reihe von Bauwerken
hervorgerufen, au welchen neben vielen Abenteuerlich-
keiten auch der Spitzbogen und andere Verticnl-Glieder
sich bemerkbar machen. Diese Richtung wurde von den
in Frankreich wohnenden Normannen fast in derselben
Zeit ungleich feiner durchgebildet, und bei dieser Gele-
genheit wurde aller Wahrscheinlichkeit nach zuerst
versucht, den Seitcnschnb der Gewölbe theils nnmiltel-
bar theils durch gesprengte Bogen auf die Strebepfeiler
zu übertragen. Neben diesen Versuchen ging auch die
Anwendung des Spitzliogcns in den Arcaden- und
Fenster-Stellungen her, wobei jedoch die Gcsatumt-
Anlnge ziemlich unberührt blieb. Beispiele dieser Art
kommen im nördlichen Frankreich nicht selten und
schon im Anfange des XII. Jahrhunderts vor, doch hat
man hier eine eonseqncnte Durchbildung der i'ber-
gangsfornien nicht versucht, sondern es wurde nach
allerlei mehr oder miuder gelungenen Vorbereitungen
jene FrUh-Gothik entwickelt, welche au den Kathedra-
len Notrc-Damc zu Paris, Rheims, Chartrc« und Amicns
bewundert wird.
Die Engländer hingegen haben den „transition
Style- mit Vorliebe und Geschick behandelt, wenu auch
die Blllthezeil (1 180— nur eine kurze war. Die
Kathedrale von Ely, deren reicher und harmonischer
Chor um 1250 erbaut wurde, verdieut als Muster des
Übergangs-KtyU in England hervorgehoben zu werden.
Bis zur vollen Selbständigkeit , zum nnahhltugig
künstlerischen Gepräge jedoch wurden die den romani-
schen Styl abschliessenden und die Gothik einleitenden
Formen nur in Deutschland ausgebildet, weshalb auch nur
in diesem Lande von einem eigentlichen Fbergang«
Styl die Hede sein kann. Von den hieher zu rechnenden
Bauwerken seien in erster Liuie angeführt der Dom zu
Limburg an der Lahn, die Kirchen zu Gelnhausen, das
Kloster Helsterbach, dann St. Gereon und St. Martin in
Köln, die sogenannte Alte Pfarre in Itegensburg. da«
Sehifl' de« Domes in Bamberg und eine grosse Anzahl
prachtvoller Krenzgängo. Eine verwandte Richtung
halten auch die Clmrpartie de» Magdeburger Domes, der
Dom zu Naumburg, das Schiff der St. Sebaldskirche in
Nürnberg und die Cistercienser Stiftskirehe zu Ebrach
ein. Tin das Wesen des deutschen 1 ]»crgaugs-Stylcs
möglichst anschaulich zu macheu, darf eine Beschreibung
des Domes von Limburg nicht fehlen.
Auf einer steilen , unmittelbar Uber der Stadt
Limburg emporragenden Höhe, weithin die Gegend
beherrschend, liegt die dein heiligen Georg gewidmete
zwischen 121.'! bis 124o erbaute Domkirche, deren
mit siebeu ThUnueu versehene Aussenseiten noch den
schlichten romanischen Styl kundgeben. Eintretend
erblicken wir eine Imsilika-formige Anlage mit weit
ausgeladenem Querschiffe und ungewöhnlich breiter,
aus dem Halbkreise gezogener Tribüne. Diese ist mit
einem l'mgaug versehen, neben welchem zur Beeilten
und Linken kleine halbrunde Neben-Apsideii angeordnet
sind. I ber der durch vier mächtige Pfeiler gebildeten
Vierung erhebt sich ein schlanker achteckiger Kuppel-
Thurm , ein noch stärkeres Pfeilerpaar unterstützt dir
au der Westseite stehenden beiden ilanptthllrmc. Der
Spitzbogen ist im ganzen Innenban mit grösslcr Consc-
quenz und feinstem Linicngcftthl festgehalten. Die Arca-
den werden von viereckigen Pfeilern getragen, an denen
sich Dienste vom Boden an bis znm Gewölh-Anfang
hinaufziehen, wo sie sieh in reich profilirte Kippen
vertheilen. Schmälere Zwischeupfeiler theilen die Neben-
srhiffe in doppelt so viele Gewölbcriinuie ein, als das
Hauptschiff besitzt. Oberhalb der Seitenschiffe beiluden
sich Emporen, welche das ganze Kircheiihans umziehen
und mit prachtvollen, doppcltheiligeu Fenstern gegen
das Hauptschiff geöffnet sind. Ein zweiter schmaler in
der Mauerstärke hinlaufender Arcadcn-Gnng fuhrt ober-
halb der Emporen noch einmal um das Innere, welches,
ohne im mindesten Überladen zu sein, deu Beschauer
in eine ungeahnt« 1 Märchenwelt versetzt. Wie die
Conccptioti des Ganzen, ist auch die Durchbildung der
Einzelheiten unübertrefflich; die Zierlichkeit der kleinen *
Arcudcu-Sif Hungen mit ihren feingezeichiicten Säulen,
die kräftige Gestaltung der Empor-Fenster und unteren
Arcaden, dann die meisterhafte Benutzung aller Räume,
verrathen einen Kttnstler von ausserordentlicher Bega-
bung und schöpferischer Kraft.
Die Worte, welche ein rühmlichst bekannter engli-
scher Arebäolog und Kunstforscher Uber die Limbnrgcr
Kirche und beziehungsweise Uber den deutschen Uber-
gaugs-Styl ausgesprochen hat, verdienen ihrer prägnanten
Kllrze wegen in weitesten Kreisen bekannt zn werden:
„Jammerschade*, sagte Edmund Sharpe, als wir im
Jahre l*;M dieses Gebäude durchgingen, r dass man
hierbei nicht stehen geblieben ist- '.
■ leli wu»l[i- hl <.J, l.ji'j.l, i,| nee i, «]">>tii lluiirr» <-iii«n ..itlh.r-
wiililK,.|.ri*u Eindruck h tMTmli, »u- i),r T>< tu In IJinfurt.
I*
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Doch kehren wir wieder zur Betrachtung des soge-
nannten {'bcrgangs-Styles zurück. Nohen dem Spitz-
bogen, welcher hei der Areaden-Stellnng regelmässig
zur Anwendung gelangt, wird fllr die Fenstorbedeokung
noch der llalhkreis festgehalten, wodureli das Ganze
oft einen unruhigen Charakter erhält, weshalb manche
Forscher diese liichtnng nicht nach Verdienst würdi-
gen. Kurier anerkennt die stilistische Berechtigung
gar nicht und flthrt die hieher zu zählenden Werke
als zur vierten romanischen Periode gehörig auf. Dass
diese Art von Clnssiticirung zu unendlichen Irithllmcrii
Anlas* gegeben hat. ist bekannt; sie soll um so mehr
beseitigt worden, als der t'bergangs-Styl ein ganz be-
stimmtes Gepräge hat. durch welelies er sieh sowohl
vom Komauisruus wie von der Gnthik unterscheidet.
I»er Strebepfeiler am Äussern, statt der altern l.isenen.
der polygonale Chorsohluss, der Bündelpfeiler und das
kelohfonnigo Capitiil, die kräftig protilirtcn Gowöl-
berippen mit weitvortretemlen Schluss-Steincn , sind
neue, dein romanischen Style fremde Erscheinungen.
Hiezu kommen noch Kloeblatl-Bogen und eine ganz
veränderte, unmittelbar der Pflanzenwelt entnommene
Ornamentik.
Aufgegeben wurden diesen Neuerungen gegenüber
die runde Säule, das Wllrfcl-Capitäl. das einfache Grat-
gewölbe, <lie flache Holzdocke, und im weitem Verlaufe
die halbrunde Apside oder Trihiino. Auch der Aiissenbau
welcher sieh in Limburg; noch innerhalb der allen
Formen bewegt, gewinnt bald volle Selbständigkeit, wie
auch die geschmackvolle Chor-Seite der Kirche zu Goln-
hausen und die Ost-Seite des .Magdeburger Domes erken-
nen lassen.
In Böhmen und Mähren, welche beiden Länder
während des XIII. Jahrhunderts sowohl in politischer
und socialer wie eultur-geschiehtlieher Hinsieht eng ver-
bunden waren, konnte aus verschiedenen, späterhin zu
erörternden Gründen ein eigentlicher Übergangs - Styl
nicht Platz greifen. Während im nordöstlichen Frankreich
die Knt wickliingsslufcn des gothischen Styls sich bereits
im beginnenden XII. Jahrhunderl bemerkbar machen und
in eonscfpienter Weise fortgebildet werden, während in
Deutsehland und England um den Schills* desselben
Jahrhunderts der geschilderte 1 bergangs Styl aufblühte,
hielt man in Böhmen noch bis gegen 12.il» am ziemlieh
ungegliederten romanischen Hau fest.
Seit der kunstliebcndc König Vladislav im Jahre
117,'t die KVgiornng zu Gunsten seines Sohnes Friedrich
niedergelegt hatte, war Böhmen der Schauplatz ununter-
brochener Throiistrcitigkciten und Bürgerkriege gewor-
den , welche bis zum Hogiertingsanlritto Otnkar I.
fortdauerten. Der l'mst:ind , dass zwischen IIT.'I bis
1197 ein achtmaliger Thronwechsel stattfand, bezeich-
net die Sachlage znr Genüge. Wenn auch im Laufe
dieser 1'4 Jahre einige bedeutende Klöster (Mllhlhansen,
Osseg. Tepl und Zderax bei Prag) gegrlimlet wurden,
machte doch die Technik geringe Fortschritte, und au
den damaligen künstlerischen Bestrebungen, welche die
Entwicklung des gothischen Ban-Styls förderten, bethei-
ligte sich Böhnieu gar nicht. Man war allerdings nicht
unbekannt mit den Umwandlungen, welche in Deutseh-
land, und besonders im nahen Franken stattfanden,
versuchte auch sich einiges anzueignen , jedoch wareu
es nur gothische Detaillirtingen . z. B. Masswerke,
Pilaster. welche ohne allen Zusammenhang mit dem
Übrigen in romanische Bauten hineingeschoben wurden.
Dergleichen rohe Einschaltungen sind bei Besprechung
der Kirchen Holubie. Podvinec u. a. wiederholt gezeigt
worden.
Es lag daher in den gegebenen Verhältnissen, dass,
uachdeni die l'nrnhcu beigelegt waren und wieder eine
grössere Bnutlmligkeit eintrat, plötzlich nnd wie mit
einem Schlage eine ganz veränderte Bauweise ange-
nommen wurde, welche nicht sowohl I'bergangs-Styl als
Früh-Gothik genannt zu werden verdient.
Geschichtliche Übersicht.
Das XIII. Jahrhundert bildet für die Geschichte
Böhmens einen so eigeiithllmlieheii und scharf begränz
teu Abschnitt . das* man glauben möchte , die Jahre
l'.HMI und DKM» seien vom Geschicke mit Vorbedacht als
Markzeichen aufgestellt und nur zutällig um einige
Spannen von den ursprünglichen Stellen gerückt worden.
Nnehdem Premysl Otakar. der Sohn Vladi-
slav's II. und dessen zwcitcrGcmahlin.Iiidilh von Thürin-
gen, im Deeember desjahrcs ] 1<»7 den böhinisehen Thron
errungen hafte, ging sein Streben zunächst dahin, den
bei jedem Begierungsweelisel wiederkehrenden Wahl-
Streitigkeiten und Kämpfen vorzubeugen. Ausgerüstet
mit seltenein Scharfsinn und politischem Taele, hatte
dieser Prinz bereits eine harte Schule durchgemacht und
sogar zwischen 1 \ ( .)'2 1 lll.'i den Thron innegehabt, ehe
er dauernd ans linder gelangte. I'nter kluger Benutzung
des im deutschen Keiche nach dem Tode des Kaisers
Heinrich VI. ausgebrochenen Zwiespaltes gelang es
Otakaru, die erbliche Königswlirde an sein Haus zu
bringen und sieh vom Papste in dieser Würde bestätigen
zu lassen. Bald auf Seite der Hohenstaufen, bald im
Bunde mit den Weifen, wnsste er die Baude, welche
Böhmen zu einein deutschen liciehslande machten,
beinahe gänzlich zu lösen und seiner Hegierung eine
unabhängige, nach allen Seiten hin achtunggebietende
Stellung zu verschaffen.
Im nicht wie seine Vorgänger von den einzelnen
Geldbewilligungen der Landtage abzuhängen, trachtete
er die landosfllrstlichon Einkünfte durch Einführung
einer gleiehmässifren Besteuerung zu erhöhen . von
welcher auch die Geistlichkeit nicht befreit sein sollte.
Diese Massregel, welche in ihrem Princip durchaus
gerecht und durch die Verhältnisse geboten w ar, mochte
von den königlichen Beamten nicht ganz correet dnreh-
gelllhrt worden sein und hatte einen langwierigen,
äusserst bitteren Kirchenstreit zur Folge, der in seinem
Verlaufe die klinstierische Entwicklung vielfach störte.
So sehr Otakar I. bemüht war, Böhmens l'nabhUn-
gigkeit von Deutschland durchzusetzen und zu sichern,
eben so sehr förderte er im eigenen Laude das deutsche
Element durch Anlage von Colonien nnd Gründung von
Städten. Mit staatsmännischem Scharfblicke hntte er
längst erkannt, dass den Kegenten Böhmens in einein
kräftigen und wohlhabenden BUrgerstandc die zuvor
lässigste Stütze gegen die Übergriffe des Adels und
Clerus heranwachse, dass ein dritter, der Krone unmil
telbar unterstehender Stand geschaffen werden müsse.
Dem Slavcnthum war ein geordnete« Städtewesen
unbekannt; die alten Oeehen wohnten, wie alle llbri
gen Slaven . in Dörfern und offenen Flecken , den
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sogenannten Burg Vororten, deren Einwohner sieh vveiiij?
von der Landbevölkerung unterschieden. Von einem
eigentlichen Handwerkerstände konnte daher auch keim'
Hede sein. Wie es mit den Handwerkern beslcllt war,
ersieht man am deutlichsten uns einigen Niiftsbriefen
vmi Klöstern. Als Handwerke, welelie im Anfange de*
XII. Jahrhunderts betrieben wurden , linden wir iiufge
zählt : liiic-kerei. Mälzerei, Fischerei; dann wenleu in
den Stifttingen von Brovnov und Kladran angeführt:
Hirten, Stiibenhcizcr. Falkouiere, Töpfer, Sehmiede,
Hnlseisonmacher, Baumbcschnoidcr, Fassbindcr, Klei-
derrcinigor, Schuhmacher und Zimiucrlcutc. Alb' diese
Beschäftigungen wurden als in gleicher Linie stellend
eraehtet und von Leibeignen ausgeübt, welche nach Be-
lieben verschenkt oder verkauft werden durften. Kltnst
liehe (.cwerliserzotigiiisse , TUcher, (iold- und Silher-
waaren. Waffen. gedrechselte und Überhaupt feinere Hol/,
und Metall-Arbeiten wurden auf dem IlHiidclswcgc ein-
geführt und im Kauthufc zu Prag verkantt. Müller und
Brauer wurden nur auf herrschaftlichen Besitzungen
gehalten : Fleischer, Tuchmacher, Schneider, Ziegel-
Streicher und ähidiehe Arbeiter werden vor dem XIII.
Jahrhundert nicht genannt «. Die patriarchalischen Ein-
richtungen, denen zufolge in jedem Hause hergestellt
wurde was man eben bednrlte, waren ziemlich unver-
ändert bis zur Zeil Olakar I. beibehalten worden, und
es scheint zweifelhaft, ob es vor dieser Zeit freie Hand-
werker gegeben habe ».
Durch Eithoiliingin unserem Kingange erwähnten
Vraiislav'selien Privileg* , welches von Sobcslav II.
bestätigt und erweitert worden war, halte sich die
im Snbtirbiuin I'rags seit dem XI. Jahrhundert ansäs-
sige deutsche Colonie zu einer Gemeinde ausgebil-
det und war in dieser Eigenschaft von Otakar I. uner-
kannt worden. Dieser Fürst erweiterte auch mehrere
Städte, namentlich Kladrau und in Mähren Brlliiu and
Znaiiu. Ks ist sehr bciliilicrlich, dass »her die Stildto-
grüiidungeu, und besonders Uber die Kcgirritiigszeit
Otakar I. so dürftige und theilweise entstellte Nach-
richten auf uns gekommen sind. Die Chronisten jener
Tage, säuimtlich dem geistlichen Stande angehörend,
beschädigen sich beinahe ausschliesslich mit der ihnen
zunächst liegenden und auch wichtigsten Angelegen-
heit, mit dem schon erwähnten Kirrlienstreite, welcher
sogleich nach der Wahl des Bischofs Andren* (1-14)
ausbrach lind, obwohl im Jnhre l'J'J-J beigelegt, in seinen
Nachwirkungen noch nahezu ein Jahrzeheiil fühlbar blieb.
Aus Anlas* dieses vor dein päpstlichen Stuhle goführ-
ten Streites war das Interdict Uber Böhmen verhängt
worden, durch welches Verhältnis* die kirchliehe Bau-
thätigkeit wesentlich beeinträchtigt wurde. Die damals
im Zuge befindlichen Sliflsbaulcii Tepl, Osscg. Strako-
1 Am «Km rin>Uti4> , dn» «liiirli,« 1 «jtXrH.«, Lu I rkbud'u d> ► XI ufcd
XII J»l.f!.illi<lrrt. lijrl.l itr„i< liilirl »■ r di-u , f.-Ut )■ durli ci-«.'l. ulrjir, dir« »..Irin
OrMrrl-r tt,.rll nlcKt s r rl.»:i<l«:u „tu*,., dt, t> I* lib, »km |.t All. ),n-T Zfll
i.hr w. nl^.' Irkut-din bellue, je.»,»», Cp> wert.-.- . t. 11 M« Iihii-Ut . i' r 4 t1.it.
Trr.i.'r „Ith! In Je-irr, Ort« mc, .-. ,1- Ii wnn u. Iii l rkiind.ii d> • XI. liii-l Ml,
J»tirbtiti<lrrM vfrdrt, fM'KO „dlf iitw*rt/r «nj^fohTt: ,N. Ii ni i.'d. 10%:. K'Mrl-
• dttiui d,- lOSl , <...M»rl.. Ii. t < «urlnr,«. I'>:-;. Srbndln»' »i r I'-.-:, l>r--<-l„.l..r
Uli», llocrunr Iii:.. 1111,4- r Iii:,, W ¥ n,r III... T5;.f.-r Hl,* H- k.r l>.J,
Krim. !«»» in l'r«, KRffl.Hrr Uli. Ki^li-, W, I-, r. si-n In.arln-r ,<ir,w.i>l,
Zuck<Tb)fk,r. *<> r k< r(.|n- ., • . ,**»tfn <iij.laiii.rli , w.i.1. „ Iii'.»
*(•■£« fUUrt.
1 Iii IUzi. K »ilf itl- II, ii'l». rk> r jn fn.l:»'rrt. Z- il, ii .liniui.ii «.II.-
jl"'r,-ll 1 I * f I l^f. Hl il -:i II i i*i*' »y Ii ,1.' «iiliimllir Ii, n I • > ■ Iii liljf'-ri r Ii«- f ilil
Ni UJ> Ir 0 1 1 .i^ k y, I i. in i k. S< Ii I . » i u »: r r. d liiln lil'Or. 1 1,. ,|j>, JU .. I.t III,'
■ ni<ihl |i-r.ö|,l:rli ,1, tlitv.tir!. iu.fr« i wi/Vn. W.iiii Iii, Uli-! il 1 . -H ». ]l
Mi di-r Vyi, lir.id, p Stiftnr.K-nrkitii.1 . . dir in uii-l^f.ilt u A r I.. II« I. I. II. &>,u*.nl
i W»«*, rl'UJii-r ■ <;»rrn«T. Tii|i(,r, \V»*;ii«ir, I...]i^ii l,rr . Si 1,11dm u >i.-r u,
»,. S f fiilifl »uriio. »it.il «Ii.., I'.n .urti ««lll,.l,l.f,.'i.ll >•■!. .1.1. Ilt .lll.rtt III
*.„, k -. ii, .mit.« Z».rk, ,.r.i:.l.l n.rtl.tt.
*
nie u. a. wurden nicht allein ungewöhnlich langsam
ausgeführt, sondern das Interdict verursachte zumeist,
da** der romanische Styl in Böhmen nicht jene hohe
Durchbildung erreichte, welche die sächsischen und friin-
kischen Werke kennzeichnet. Kechiiet man hinzu den
Mangel eines freien Handwerkerstandes und au Arbeits-
kräften überhaupt, so wird begreiflich, das* die grossen
politischen Itcforuicu . welche Preinysl Utakar durch
führte, erst nach seinem Tode (l-'i«>) auf die Kunst
Übung einwirken konnten, dass alsdann eine neue Bau-
weise ohne alle Zwischeiigliederniig siiiltfanil.
Wenzel 1.. der ällrsle Sohn aus Olakar's /weiter
Klio mit Coustaiitia von rngarn, war bereits Clti als
Thronfolger \ou den Ständen anerkannt und von Kaiser
Friedrich II. bestätigt worden: er Übernahm die Regie-
rung mich seine* Vater* Tode ohne irgeud eine Kin-
sprache und setzte das begoniiene Coloni*ations-Sy*tem
fort. Weder die Kämpfe mit Friedrich dem Streitbaren
von Österreich, noch mehrmalige l'nruhen. welche
l'l-emysl. Wenzel': * Bruder, im Vereine mit mehreren
Landherren erregten , konnten die aufblühende Cultur
zurückhalten.
Iii diese Zeil, in die Begieriings- Periode Olakar' *
und Woiiz<Ts, fallen die Anlagen der ernten deutschen
Dörfer in Böhun-ii und Mähren , welche als contract-
liche Ansieillungeu nach einem reg<-luiä*sigen Plaue
erbaut wurden. Die meisten dieser Anlagen, giugeu von
den Hegenteu, Klöstern und adeligeu (iutsbesitzorn aus;
in jedem Falle miisste vorher die landesherrliche ( ieueli-
inignng eingeholt werden, ehe ein solche* Dorf gegrün-
det werden durfte. War das Privilegium erlangt, schlo**
der Grundherr mit einem Fnternehmer einen Vertrag,
nach welchem ein bestimmtes, gewöhnlich nach Hufen
geschätztes Stück Landes zur (iründuug einer Colonie
entweder gegen Kanfgelder. oder jährliche Abgaben
überlassen wurde. Der I'iiternehiner hatte dafür zu
sorgen, dass die ihm überlassene Hiifenzahl mit Hauern
besetzt und die ausbedun^eiien Zinsen und Zahlungen
richtig geleistet wurden, wofür er in der Hegel ein Ireies
und erbliches Kigcuthnui neben andern Vergünstigungen
erhielt. Auf solche Weise entwickelte <icli ein freier
Bauernstand , welcher sich vom sesshaften sbivisclien
dadurch unterschied, das* er nicht hörig war, sondern
den Itborh.sseiicu (irund und Boden gegen bestiminte
Abgaben bewirtschaftete.
In ciilturgesehichtlicher. wie areliitektouiseher Hin-
sicht verdienen diese Dorfanlageii wegen ihrer Plan-
losigkeit hohes Interesse, welches so mehr gestei-
gert wird , wenn mau ein alt slavisches Dort damit ver-
gleicht. Zum «illlcke haben sich sowohl von diesen wie
jenen Anlagen einige in beinahe unveränderter Weise
erhalten, so das* wir die beiderseitigen Fiuthcilungs-
arteii, wie auch die Anordnung der Kchöftc und Häuser
zu illnstriren im Staude sind.
Während der Hegiemiig des Königs Wenzel,
welcher als König unter dem Namen der Frste ange-
führt wird, brach der Mongolen - Sturm über Europa,
herein und ergoss sieh Uber Hnssland. Polen. I ngaru und
Mähren, w urde aber durch die L'msieht Wenzel s und die
Tapferkeit des vereinten böhmisch -mährischen Heeres
von weiterem Vordringen abgehalten. In der Schlacht
bei Olm'lz, Il'4I, wurde der Talaren -< hau Balu be-
siegt und zur Umkehr gezwungen, worauf sich Böhmen
und Mähren einer längeren Buhe erfreuten. Dieser
LXXYl
Einfall der Mongolen narli Europa und dir Vordringen
bis nach Schlesien und Mähren war hauptsächlich
Veranlassung, dass der «Ionische Bnrgenbau in Böhmen
Kin^-aufr fand. Damals wurde es daselbst Üblich , den
Burgen deutsche Namen zu gehen, die späterhin aueli
auf die Besitzer Übergingen.
Kiiien weitem Impuls zur Ilvbuiijr der künstlerischen
Thätigkoit und Einführung neuer Banforinen gaben die
verschiedenen nenen geistlichen Orden, welche damals
in Böhmen eingeführt wurden und Häuser gründeten;
so die deutschen lütter, die Templer und Johanniter,
denen die Krenzherren , Dominicaner und Mittönten
folgten. Diese Ordensmiinner waren meist Deutsche und
es licfandcn sieh in ihren Bedien jedenfalls Nichtige
WerkfUhrer, wie sie auch geschickte Handwerker mit
ins Land brachten. Hierdurch erklären sieh von sdl.st
die ungeheuren stylistischen Verschiedenheiten, welche
an gleichzeitigen, in unmittelbarster Nähe ausgeführten
Hauten getroffen werden. Auch trugen König Weti/.el's
Lebensweise, seine glänzende Hofhaltung, und tuieb
nianehcrlei Ursachen bei, der Baukunst eine veränderte
Biohtung zu geben.
Im Jahre 124s brach ein Aufstand des Adel* aus
Ulld Brinz Bfctnysl Otakar. Wenzel s Sohn, stellte sich
an die Spitze. Der König miisste ans den) Lande fliehen
und Otnkarn die Bcgiernng Überlassen. Da jedoch
weder der Papst noch der Kaiser diese Vorgänge billig
teil, gelang es dem König nach einiger Zeit, die Empörer
niederzuwerfen und seinen Sohn in Gefangenschaft zu
setzen. Auf die künstlerischen Verhältnisse Übte jedoch
dieser Aufstand trotz, seiner bedeutenden Ausdehnung
keinen wesentlichen Kinihiss, wenn nicht eine gewisse
Geldklemme, welche die Vollendung der Klöster in
Tisehnowitz und St. Kraneiseiis in Prag verzögerte,
hiedureh verursacht wurden sein dürfte. Nach Beilegung
dieser Unruhen regierte Wenzel 1. ruhig Iiis zu seinem
am 11. September li':>:i erfolgten Tode, worauf der
erwähnte Prinz Pf emy*l Otakar als Zweiter dieses
Namens den Thron bestieg.
Unter König Wenzel erscheinen folgende erwei-
terte Städte: Leitnieritz, Komiuotau , wahrscheinlich
auch Brüx. In Mähren erblühten Olnillz und Iglau.
I '«begreiflicherweise sind die Nachrichten Uber die
Slädtegrlliidungcii fortwährend sehr mangelhaft ; in der
Kegel erfährt man erst von dem Vorhandensein einer
Stadt, wenn .sie als vollendete Schöpfung in die Landes
geschichte eingreift. Die Ursache dieser Erscheinung int
in der (irilndungsart zu suchen.
Man verfuhr unter Oiakar hei Gründung einer neue«
Stadt ähnlich, wie bei den beschriebenen Dorfanlageu,
oder wie man heute bei den Anlagen von Eisenbahnen
vorzugehen pflegt. Eine landcsfUrstliehe Genehmigung
tnusste vorausgehen, dann bestimmte eine vom König
ernannte (ommission Ort und Grösse der zu erbauen-
den Stallt und stellte das zu diesem Zwecke notwen-
dige Austuass der Grundfläche fest. Hierauf erhielten
die Unternehmer die königliche Vollmacht, Ansiedler
aufzunehmen, dicGrlliide zu vertheilen uud binnen einer
genau festgestellten Zeitfrist die nothwendigen Bauten
herzustellen. Die zu entrichtenden Steuern und sonsti-
gen Abgaben hatten die L'nteruelimer an die könig-
liche Kammer abzuführen, wogegen der neuen Ansied-
Inng verschiedene Freiheiten , z. B. das Brau- und
Mllhletireeht , das Abhalten von Jahr- und Wochen-
markten , ferner ein eigenes Gerichtswesen und unab.
hängige Verwaltung des städtischen Eigentlnims zuge-
sichert wurden.
Die Höhe und Stärke der Stadtmauern, die Anzahl
der Thore , "die Breite und Tiefe der Stadtgraben
waren durch besondere Vorschriften festgestellt und
es nitisstcn Mauern und Graben gleichzeitig mit der
Gesauinitanlage in Angriff genommen werden. Der
llauptplatz und die von den Thoren dahinfUhrcndcii
Stiassen/.Uge, die Lage des Kathhaitse* und der Stadl-
pfarrkirchc wurden sogleich bei der Gründung bestimmt
und es waren in diesen Beziehungen so feste Normen
aufgestellt worden, dass die böhmischen Landstädte bis
auf unsere Zeit einen gleichartigen Charakter bewahrt
haben.
Die Städte unterstanden nur dem Könige, der die
Höhe der Steuern zu bestimmen und im Kriegstalle die
besondern Leistungen zu verlangen hatte. Dafür war
auch der Begent verpflichtet, fllr den Schutz der Städte
zu sorgen, weshalb in mancher Stadt eine königliche
Burg als Sitz des laiidesttlrsllichcu Pflegers errichtet
wurde. Beste solcher Pllegamts- Burgen haben sich meh-
rere, t. B. in Kidin, Jung-Bnnzlau. Nimburg. Leitmeiitz
und andern Orten erhalten.
Schliesslich haben wir uoch einer eigenthumlichen
Erscheinung zu gedenken, nämlich der befestigten, mit
Graben und Mauern umgebenen Kirchen. Der Brauch,
die Kirchen zu befestigen, seheint uralt, und dürfte zur
Zeit der llunneuzttge aufgekommen sein. Im südlichen
Frankreich, insbesondere au den Meeresküsten wurden
alle Kirchen befestigt, um sie gegen die plötzlicheu Kill -
fälle der Mauren zusichern. Ähnliches fand in Sieben-
bürgen, dem vielfach bedrohten Gränzlando statt. In
Böhmen und Mähren sind ohne Zweilei auch schon in
frühester Zeit die kirchlichen Burgen entstanden. Neben
der Kirchenfeste in Polvorov > war urkundlich auch
die St. Mathias-Kirche in Bechin befestigt ; deutlich nach-
weisbare Spuren von Festungsanlagen waren noch vor
kurzer Zeit rings um die alte Pfarrkirche St. Bartho-
lomäus zu Miihlhausen und neben der Kirche St. Jakob
in liudig vorhanden. Die säinmtlicheu im flachen Lande
liegenden Klöster waren mit Biugmaucrn , Thtlnnen
und befestigten Thore« versehen ; das Cistereienser-
Kloster llolieufurt besitzt heute noch seine wohlcrhal
»enen Befestigungen. Die beiden Hanptkirclien des
Landes, der Dom zu Prag uud die Collugiat-Kirehe St.
Peter und Paul, wurden innerhalb der festen Bingen
llradsehin und Vysehrad erbaut. Diese Beispiele
durften zur genüge erkennen lassen, dass mau hier wie
anderwärts grosse Sorge trug, die Kirche Mir plötzlichen
rbcrfälleu zu sichern, und dass man sie zugleich als
letzte Zufluchtsorte ansah. Der Kirche eine hohe und
freie Lage zu geben, galt schon nls kirchliehe Vor-
schrift uud Schönhcilsgebot bei dem altehristlichen Ba-
silikenbaii.
König Otakar IL. von den Zeitgenossen der gol-
deue König genannt, blieb der von seinem Vater und
Grossvater befolgten Politik nicht allein treu, sondern
forderte das Colonisintngswerk in noch viel höherem
• Ilr. B- Diidik, Mortui UU.mtl« Ouubirhlr . IV. 11>II<I , S. 317
Cbrisi'H. l*r •-• v.ui J(r Cvr-r vi^v*r Kirrho i*lti j«flTtl!.trh ob aip abstf hthrh
(i.'f^«fi<l w..rdi ii »cL. I»l.-»»* Klr.'hi- wurde »v.u Atiir». der Wlllwr d>fl Klttrr»
K-im .-.,1 püi^^rjv liiiii-t-riil!, der s^hou Wm. tk,<n<j?fi Hur« Cdivorov iwUetinii
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r-n.l.„ O.inr.. Ulii-lii-MTi. S|.«irfll der »itiii Bunt und du 2iHmm«iibau>
iI.t.i-Ui.ii lim dn Kirctie »lud fiin«irlU i.urK »«litjiimi livau
LXXVI1
(irnile. Hochstrebend und thntendnrstig hatte er sich als
2.*!jähriger Prinz mit der doppelt so alten Babeubergcrin
Margaret ha, der Witwe des römischen Königs lleinricli
VII, und .Schwester des Herzogs Fried rieh des Streit-
baren vermählt und sich durch diese Ehe sowohl wie
durch sein WnA'engltlek die Herrschaft in Ober- und
XiederOsterreieh erworben. Im Verlaufe seiner Regie-
rung gewann er noch die Steiermark , Kärnten und
Pordenone, Uberragte demnach mit Zurechnung seines
vilterlichen Erbes, Böhmen, Mähren, eines Theiles von
Schlesien und der Oberlausitz, an Macht und Lander-
besitz die sämmtlieiien Fürsten Europas. i)as denlsehe
Interregnum und die Schwäche des zum deutschen
Künig erwählten Riehard von Comwallis geschickt
benutzend, lies* sieh Otaknr von diesem die Herzog-
thUiner Österreich und Steiermark förmlich verleihen,
naclideni die beiderseitigen Stände ihm bereits gehuldigt
hatten.
Auf dem Gipfel seiner Macht stehend, trennle sich
Ütakar von seiner Gemahlin Margareth und vermählte
sieh mit päpstlicher Genehmigung mit Kunigunde, einer
Tochter des russischen Fürsten Kustislav und Enkelin
des Königs Heia von l'ngarn. Durch seine Erwerbungen
und die rasche Ausdehnung seiner Macht wurde Otnkar
in viele Kriege verwickelt, zuerst mit Konig Bela,
welcher in der entscheidenden Sehlaclit bei Kressen-
brunn (12. Juli 12i'i<M eine so furchtbare Niederlage
erlitt, dass sein Meer Uber 4<M.M»t Mann verloren haben
soll und er um Frieden bitten musste. Während dieser
grossen Schlacht, au welcher gegen L'frfUXK) Streiter
theilgeiiommeu haben mögen, machte Otakar das (ic-
lübde, ein Cistercicnser-Kloster zu gründen, worauf er
sogleich nach geschlossenem Frieden das Kloster Col-
deukron unweit Hiidweis errichtete. Wegen der Be-
setznng des er/bischöflichen Stuhles von Salzburg hatte
sich zwischen Böhmen und Hävern ein Zwist entspon-
nen , der endlich zum Waffcngaiigc führen miissle.
Obwohl Otakar anlänglich mehrere Vortheile erfocht,
gestaltete sich doch im Ganzen der Feldzng nicht glück-
lich: es wurden die Gräuzläuder verwüstet, ohne dnss
ein Resultat erzielt worden wäre. Das bedeutendste
Ereigniss dieses Feldzuges war, dass Eger für einige
Zeit mit Böhmen verbunden wurde.
Schon im zweiten Jahre Heiner Regierung (llätt
hatte Otakar auf den Wuuseh des Papstes einen Kreuz-
zug nach dem heidnischen Borusscnlnnde unternommen,
um dem deutschen Ritterorden bei der Chrislianisiruiig
dieses Landes beizustehen. Die Erfolge scheinen nicht
bedeutend gewesen zu sein, denn der König fand sich
schon nach drei Monaten bewogen, den Rückzug anzu-
treten. Nicht besser ging es bei einem zweiten, eben-
fall« durch den Papst veranlassten Heereszuge gegen
die heidnischen Lithuucr; nachdem das böhmische Heer
die Weichsel llberwchritten und Otakar eine Fehde
zwischen dem deutschen Orden und dem Herzog von
Pommern beigelegt hntte, musste er wegen eingetretener
regueriseher Witterung schleunig nach Böhmen zurück.
Aller Wahrscheinlichkeit nach wollte der Böhmenkönig
durch diese Kreuzzllge die Aufmerksamkeit der eifer-
süchtigen Fürsten nur von seinen eigentlichen Plänen
ablenken und zugleich dem Willen des Papstes nachkom-
men; ein wirklicher Emst, das Christcnthutn im Sam-
lande zu verbreiten, dürfte dem Pfemysliden nicht
innegewohnt habeu. lndess vermehrten diese, stets an
der Spitze von Jju.ooo bis i;<Uhm> Manu unternommenen
Züge den Kriegsrnhm des Königs ausserordentlich; es
verbreitete sich der (Haube an seine unwiderstehliche
Macht bis in den Orient, so dass der Tataren Chan eine
besondere Gesandtschaft nach Prag schickte und um die
Freundschaft Otakar's bitten Hess.
In den Jahren 1271 und 127.1 kam es zu aber-
maligen Kriegen zwischen Böhmen und Ungarn . in
welchen sich zwar der Sieg nicht auf die Seite des gol-
deneu Königs neigte, die aber doch das Resultat herbei-
führten, dass Otakar von König Stefan V. urkuudlieh
als Herr von Steiermark , Kärnten und Krain , auf
welche Länder Ungarn Ansprüche inachte , unerkannt
wurde.
Otakar's kühner Plan, einen osteuropäischen Gross-
slaat aufzuhauen, war durch Kriege, Erbschaften, Ver-
handlungen und Heiraten der Verwirklichung sehr nahe
gerückt, als Richard Cornwallis 1272 starb und eine
neue Kaiserwahl in Aussicht stand. Ob damals die
deutsche Kaiserkrone Otitkarn durch den Erzbisehof
Engelberl von < 'ii Iii angetragen worden sei, scheint
zweifelhaft ; die Reise des Krzbischofs nach Prag soll
keinen andern Zweck gehabt haben , als sich der Mit-
wirkung des Königs von Böhmen bei dein Wahlacte zu
versichern und dessen Ansichten einzuholen. Dass Ota-
kar sieh mit Hoffnungen getragen, den Kaiserthron zu
gewiunen , ist wahrscheinlich , doch liegen in seiner
damaligen Handlungsweise unerklärbare Widersprüche.
Am 29. September 1271t wurde Graf Rudolf von
Habsburg, der sich durch Tapferkeit, Gerechtigkeit
und stnatsinännische Einsicht einen geachteten Namen
erworben hatte, mit Einhelligkeit zum deutschen König
erwählt und am 2*. Oetober in Aachen gekrönt. (Segen
diese Wahl hatte Otakar sogleich protestirt, wie er e*
verschmähte, auf den angesetzten Reichstagen zu
erscheinen und seine Lehen vom deutschen Könige
bestätigen zu lassen. Nach mehreren vergeblichen Vor-
ladungen und Verhandlungen musste das Schwert ent-
scheiden. Durch schnelle Märsche und glückliche Ope-
rationen hatte Rudolf in kurzer Zeit die österreichischen
Lande besetzt und den zu spät vordingenden Otakar,
ohne einen Haiiptschlug zu fuhren, von allen Seiten
umringt. Der Köirg von Böhmen musste um Frieden
bitten . auf Osterreich, Steiermark. Kärnten, Krain.
Pordenone und Eger verzichten, um Böhmen und Mähren
als Reichslehen vom verachteten Gegner in Empfang zn
nehmen. Diese Demtilhigting war zu gross, als dass der
gewaltige, vom Glück verwöhnte Fürst sie ruhig hätte
ertragen können. Otakar benutzte den Frieden uur. um
Bundesgenossen zu erwerben und ein grosses Heer
anzusammeln: als er des Sieges sicher zu sein glaubte,
rückte er mit seiner Kriegsmacht Uber Brünn bis in die
Nähe von Wien dem heranziehenden Rudolf entgegen
und lagerte sich in der grossen Ebene zwischen Dürn-
krut und Jcdenspcugen. Hier wurde am 2(5. August 127*
die Entscheidungsschlacht geschlagen, in welcher das
böhmische Heer vernichtet wurde und Otakar, nachdem
er Wunder der Tapferkeit vollbracht, das Leben verlor.
Rudolf von Hnbsburg Hess den Leichnam des Hel-
den einbalsainiren und längere Zeit in Wien unter
Bezeugung königlicher Ehren öffentlich ausstellen, dann
nach Zuuim überfuhren, wo er bei den Minoriten beige-
setzt und später nach Prag Uberfuhrt wurde. Dem etwa
80 Jahre nach Otakar's Tode durch Kaiser Karl IV.
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aufgestellten Denkmal, auf wehliem di r goldene König
in ganzer Figur abgebildet ist, scheint fiiu* nai'li der
Leiche gefertigte Zeichnung zu Grunde geh-gt worden
/.U sein, da «las todcsmiithigc und zornige Antlitz des
Fürsten im Gegensatz zu anderweitigen Gruhsteintigu-
ren ungewöhnlich inilividiialisirte Züge erkennen lil*st.
Trotz seiner kricgi-riscbcn Thätigkcit war Olakar
ein für seine Zeit sehr fcingobildcter, praeht- uinl kirnst
Hellender Fürst, dessen aiisserorili-iitlich«- Begabung von
Feind und Freund eben so sehr gepriesen wurde, wie
seine Menselifreiindliel.keit, sein Kdelinutli und Gereeh-
tigkeitssiiin. Aufgewachsen am gliinzenden Hofe seines
Vaters hatte er von seiner Mutter Kunigunde von Hohen-
staufen die hohe Geistesriclitnug des stnuüschcn Hauses
geerbt. I>ie von ihm geführten Kriege erscheinen, wenn
man seine Gcsnuimtthäiigkc it llljerhlirkt , als unbedeu-
tende Nebensaehe, und es wird geradezu unbegreitlieli,
wie er neben seinen unermcsslichen civilisatorischen
rnternehiuiingeii mich Kriege fuhren konnte.
Gleich den grossen sächsischen Kaisern Heinrich
und Otto, verdient auch Olakar den Khrcniinimi: .der
Städtcgrün.lor-.
In Böhmen wurden durch diesen Regenten ange-
legt oder durch Freiheitsbriefe bestätigt, folgende Süidte :
Aussig, licraun, Budweis, L'nslau. f 'hriuliut . Hoheu-
nianlh, Hirseliberg, Kaaden, Koliii. Kutti'iiberg, Lauils-
kroli. Lcitoniisehl, Mcloik . Mies, Pilsen. Polit'ka, Tallss
und andere. Auch in seinen atisser-böliinischen Landen
fürderte er StSidtewesen , Gewerbe und Künste, sorgte
fllr das Aulblllhen des Bergbaues, stiftete Spitäler und
iihnliehe Anstalten und bewährte sieh in jeder Hinsicht
:ils eiusiehtsvoller . tliatkriiltiger und wohlwollender
Regent.
Möglich, dass manchem verrätherischen Adeligen
der Tod dieses Fliesten erwünscht war. Horb gab die
Klage anderer Killen um so rührender und lauter dem
Verluste Wollt*, wie es in einem jener Tagen entstan-
denen Liede heisst .-
Wehe, Wi ho! Khre nml Milile ucincii um den Tod de-
Königs vom l!«»tniuil:tn<l.
l'liH'li Miel ib'ti Toil! |jiii.sr> iiiiiü niiht -liehen den König
iiml »eine Spenilcrleoiil
Krlielil •Iii- Klage iIImt König "lliikiir. liiciii Ib-rrifott
,M er ist ei'M'hljgen,
her herrliche König i») todt, nie ruh man den KdcMcn
7.*tc>n elf. elf.
I.'nter den Regenten aus dem Hause der Preinys-
liden, und man darf wohl sagen, unter allen Fürsten,
welche je die böhmische Krone trugen, gebührt unstrei-
tig Otakarn die hervorrageiiile Stelle ; auch enthält die
oft aiisgosproehc Behauptung, dass nur wenige der mit-
telalterlichen Fürsten neben ihn gestellt werden «Hirten,
im entferntesten keine Fbertreibung. Otakar war „jeder
Zoll ein König-.
Sein Wesen, seine ganze Kigenihlinilichkeit ist auf
die durch ihn hervorgerufenen Denkmale übergegangen;
es liegt ein männlicher Stolz, dabei ein seltsam abge-
schlossene*« Gepräge in seinen Schöpfungen, man möchte
glauben, er selbst sei der ausführende Künstler gew esen.
Mit dem Tode Olakar's brach eine unbeschreib-
liche Verwirrung Uber Böhmen herein , welche von
den Magnaten mögliehst vermehrt und ausgebeutet
wurde. Her Thronf.dger Wenzel, Otakar s nml der
Kunigunde Sohn, zahlte erst sieben Jahre, weshalb für
«lie Dauer der Minderjährigkeit eine Rcgciitschaft gebil-
det werden nuisste. l'm diese zu erlangen, stritten sieh
die verschiedensten Parteien, obenan die leichtfertige
Königin-Witwe mit ihrem Liebhaber, dem Herren von
Zav s-Falkeustein. dann Herzog Heinrich von Breslau
und Otto der Lauge von Brandenburg, aufs hef-
tigste herum. Kaiser Rudolf entschied den Streit, indem
er dem Markgrafen Otto die Vormundschaft und Regie-
rung für «lie nächsten fünf Jahre Ubertrug und zugleich
den jungen König Wenzel II. mit seiner eigenen Tochter
Jutta verlobte.
Oer neue Reiehsvcrweser Markgraf Otto war,
obgleich es ihm au l-'.nergie und gutein Willen nicht
gebrach, ausser Stande, «lie Ordnung herzustellen. Die
Königin Kunigunde . welche durch ihre Lebensweise
öffentliches Ärgerniss gab und sieh bald nachher mit
Znvis vermählte, (Linn ein grosser Theil des Adels,
na nllieb «lie mächtigen Rosenberge, «leren Familie
Znvis angehörte, nml die zahlreiche Partei der stets
Unzufriedenen empörte sieh gegen die Regierung Otto s :
das Volk war erbittert und es entstand der fqrchl barste
Bürgerkrieg. Die Sehreeken desselben wurden ver-
mehrt durch Hange rsmilli nml Seuchen, wie bisher noch
niemals waren erhört worden. Diesen Schrcckcnsjnhrcii,
IL'KI i-Jx-2, entstammt aller Wahrscheinlichkeit nach
«lie schon erwähnte Rnml ( apelle bei der Stephans Kirche
in der oberen Neusta«lt Prags, an w elchem damals ausser-
halb «1er Stadt liegenden Orte ein Friedhof « rrtebtet
worilcn war. Markgraf Otto, besorgt i lie personliehe.
Sicherheit seines Mündels. ( |es jungen Königs, halte
denselbi u ausserhalb Landes bringen lassen . und
für dessen Krziehung gesorgt, da aus dein in erster
Jugend vernachlässigten Prinzen ein \ ortrelflichcr König
erwuchs.
Kaum 12 Jahre alt übernahm Wenzel II. am
i'4. Mai Ii'k.! selbständig die Regierung, wurde aber in
der ersten Zeit «Itirch seine Mutter Knnigninle iiiul ihren
(.«■mahl Znvis arg bevormundet. Diesem vielseitig
begabten und schlauen Manne gelang es in kurzer Zeit,
sieh der Regicrungsgtwalt zu bemächtigen , indem er
den jungen König ganz au seine Person fesselte nml
mit Spielereien beschäftigte. F.rst nach «lein Toile Kuni-
gundens gelangte der König zu einiger Fnabhängigkeit,
entwickelte aber «laiin seine tretllicben Oeistesgaben
tiberr.iseheinl schnell. Zugleich fand er an seinem
Schwiegervater, «lein Kaiser Rudolf, e.nen erfahrenen
Rathgeber, welcher dahin wirkte, dass der übermächtige
ZaviS vom Hofe entfernt wurde. Dieser stand nicht
allein an dir Spitze einer grossen Adelspartei, soiulern
hatte sich auch nach «lern Tode «ler Königin Kimi-
gumlc mit einer ungarischen Prinzessin vermählt nnd
mit dem Herzog Heinrich von llrcslau Verbindungen
angeknüpft, so «las« er auf auswärtige Hilfe pochte und
ohne Scheu Seine verätherisehen Pläne betrieb. Wieder
drohte ein Aufruhr auszubrechen; denn der Anhang des
Falkenstein war weit über Böhmen, Mähren und Ungarn
verbreitet und mau harrte nur des Zeichens, um die
Fahne des Aufruhrs zu schwingen. In dieser verhäng-
nissvolleu Stunde wurde dem ZaviS ein Sohn von
seiner zweiten Gemahlin Judith von Ungarn geboren,
nnd der Vater begab sich an den Hof nach Prag, um den
König zur Kindstaufe einzuladen. König Wenzel, welcher
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in dieser Einladung eine Kohlinge erkannte, lies« den
Fulkensteiii verhaften und forderte von ihm die Heraus-
gabe der entrissenen Krongttter. AI» Zavis sieh dessen
weigerte , wurde er angesichts seiner eigeneu Burg
Frauenberg enthauptet, dureh welchen Vorgang der
Aufstand bald «ein Ende erreichte.
Zwar schwächlich von Köqier, theiltc Wcn2el II.
doch zum griffen Theilc die Anschauungen «eine»
Vaters; er hielt glänzenden Hof, war leutselig und frei-
gebig, dabei zu gehöriger Zeit fest in seinen Entschlüssen
und (wie das Beispiel des Zavis zeigt) streng in der
Durchführung. Er scheute, wenn es galt, vor keinem
Kriege zurück, wüstste die äussern Verwicklungen mit
kluger Politik zu benutzen, brachte Schlesien mit Krakau
an Böhmen und wurde sogar im Jahre 1300 zum König
von Polen durch den Erzbischof von Gnesen gekrönt.
Böhmen erfreute sich, nachdem der durch Zavis
uutl seine Anhänger hervorgerufene Aufstand bewältigt
worden war. eines ununterbrochenen Friedens und eines
Wohlstandes, wie er noch uie dagewesen. Neue »Städte
wurden angelegt und zahlreiche Bauwerke, namentlich
städtische lfarrkirchen erhoben sich. Insbesondere war
es die Stadt Kurtenberg, welche rasch emporblübte und
wo der Konig ein Schloss und eine Münzstätte, den
sogenannten welschen Hof, anlegen Hess. Die Lieblings-
sehopfung Wenzel'* aber war das Cistcrciciiser-Klosler
Küuigsaal mit seiner als Weltwunder gepriesenen
Kirche. Leider wurde diese Kirche bis in den Grund
zerstört , so dass nicht ein »Stein auf dem andern geblie-
ben ist. Nach den auf uns gekommenen Schilderungen
war dieser Bau ein Meisterwerk ersten Banges, und
zwar im vollendetsten gothischen Style gehalten.
Nicht viel hesser erging es der Stiftskirche zu
.Sedice, welche König Wenzel von Grund aus neu auf-
fuhren Hess und bei welcher das Kathedral-Kystcm mit
Chor-L'mgang und Capellen-Kranz in Böhmen zum ersten-
mal Anwendung faud. Diese Kirche wurde von den
Taboriten niedergebrannt und im XVIII. Jahrhundert in
einer abcuteuerlieh-barockcn Gothik wieder aufgebaut.
Wenzel II. starb im noch nicht zurückgelegten
34. Jahre am 21 Juni 1305; ihm folgte sein einziger
»Sohn Wenzel III., welcher erst 17 Jahre alt, am
4. August 130u zu Olinllz ermordet wurde. Obwohl
dieser Fürst bereits seit einem Jahre mit der schönen
Prinzessin Viola von Tcschcn vermählt war, hintcrlicss
er keinen Erben und es starb mit ihm der letzte männ-
liche Sprosse des uralten Hauses der Prcmyslidcn,
welches aus der Heidenzeit herUberstammend , den böh-
mischen Thron seit mehr als B00 Jahren innegehabt
hatte.
Mit dein Aussterben dieses berühmten Geschlechtes
findet auch die früh mittelalterliche Kunstgeschichte
Böhmens ihren Abschluss , indem erst um 13<)0 die
letzten Anklänge an den Bomauismns und Lbergangs-
Styl vollständig verschwinden.
« harakteristUi und geographische Vertbellung der
kirchlichen Denkmale.
Da man den Verlauf des romanischen Style« in
IWhmen nur als eine Vorbereitungsstiifc, eine Periode
des Werdens, bezeichnen kann, wird diesem gegenüber
der energische Aufschwung, welchen die Architektur des
XIII. Jahrhunderts einhielt , die vollste Anerkennung
XVII.
verdienen. Die künstlerische Tbiiligkcit bewegt sich last
ausschliesslich auf dem architektonischen Gebiete und
es bleibt die Bildhauerei verhältnissmässig weit zurück.
(Mi Beste von monumentaler Malerei ans dieser Zeit
vorhanden sind, ist noch nicht sichergestellt; jene Wand-
bilder, welchen man ein so hohes Alter zuerkennen
wollte , haben sieh als Werke der Luxeiuburg'sclien
Periode erwiesen. Es treten mithin Sculptur und Malerei
in den Hintergrund, um der Baukunst die unbestrittene
Herrschaft zu Überlassen.
Dafür sehen wir diese mit ganz neuen Elementen
bereichert. Auch ist die Architektur nicht mehr eine
ausschliesslich kirchliche; es kommen die städtischen
Anlagen, das städtische und das ländliche Wohnhaus
hinzu, die Grundform einer Ansiedlnng wird nach künst-
lerischen Kegeln festgestellt und der Burgcnhaii ausge-
bildet. Auch auf dem kirchlichen Gebiete machen sich
allerlei neue Erscheinungen geltend; so der Kreuzgang,
die Hallen-Kirche und der Chor l'mgung mit dem Capcl-
Lukrunz.
Böhmen und Mähren bilden in dieser Periode ein
zusammenhängendes Gebiet, in welchem eine ziemlieh
Ubereinstimmende Entwicklung stattfindet. Im Gegen-
sätze zu der gelegenheitlich des Limburger Domes dar-
gelegten Formen-Bildung, bei welcher der romanische
Grundriss beibehalten und die Detnillirnng neu gestaltet
wurde, erblicken wir in den böhmisch -mährischen
Bauten dieser Periode eine veränderte, nach gothischen
Kegeln angeordnete Grundform, während die einzelnen
Theilc mehr oder minder den Charakter des romani-
schen Styls einhalten.
Der Gewölbebau wird mit Conseqnenz in allen
Käumen durchgeführt, die flache Holzdecke in den
Kirchenschiffen verschwindet und mit ihr die Lisenen-
Dceorationcn der Ausseuseitcn, um durch .Strebepfeiler
ersetzt zu werden. Anstatt der halbkreisförmigen Apsis
erscheint der polygonale Chor-Schluss, welcher erst ans
dem Achteck, dann aus fUnf Seiten des Zchnecks gezo-
gen wird. Die mittlere Kirchenweite steigt von i>4 Fuss
auf 32 bis 36 Fuss an, auch die Nebenschiffe werden
geräumiger, und sowohl Höhe wie Gesammtlänge des
Kirchenhauses bedeutend ergiebiger. Das basilikale
System herrscht bei Anordnung der Stifts- und Pfarr-
kirchen vor. Die innern Pfeiler sind quadratisch und
mit kräftigen Vorsprüngen , sogenannten Diensten in
Form von Dreiviertclsänlen verseben, sie stehen durch-
gehend» parallel mit den Achsen - Linien (also nicht in
diagonaler Aufstellung) und geben meist ohne Vermitt-
lung von Gesimsen in die Arcaden-Bogen Uber.
Die Dienste jedoch nebst den correspondirenden
Wandsäulcu sind immer mit kelchförmigcn oft reich or-
Haiucntirten Capitälcn versehen, aus denen die viel-
kantig profilirten Kippen und Gurte entspringen. An
den weit ausgeladenen . nach attischer Weise geformten
SHulenfUsscn fehlen die bekannten Eckbossen nie, die
Schäfte der »Säulen und Halbsäulen sind regelmässig
in der Mitte ihrer Höhe mit Bingen umzogen, manchmal
gewunden oder mit Pflanzen-Ornamenten geschmückt.
Den grössten Beichthum aber zeigen die Haupt-Portale.
Diese sind nach streng romanischer Weise mit recht-
eckigen BUcksprllngen und eingeblendeten Säulen eou-
strnirt und unterscheiden sich von den älteren Bildun-
gen nur dadurch, dass sie spitzbogig Uberwölbt siud.
Eine etwas stärkere Säule tritt bei den Portal -Bildungen
in
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I.XXX
gewöhnlich zur Rechten und Linken über die Mauer-
llueht vor , die Übrigen Säulen stellen innerhalb der
Mauerschrägung in den Ecken eingeblendet. Es wurde
deshalb ilie Portal-Wand, seihst wenn nie gar nicht» zu
trageu hatte, blos aus dem Grunde um ein reichen
Gewände zu tntwickeln, manchmal auf (i bin 8 Fuss
verstärkt. Die Fenster sind im (legensatze zu den Por-
talen äusserst dttrftig gehalten, schmal und langgezogen,
ohne alle Gliederung und mit Spitzbogen Überwölbt.
Erst gegen den Schills« des J:ihrliumlerl8 kommen hie
und da einlache Stabwerke vor. In dieser Beziehung
unter8chciden «ich die böhmisch-mährischen Ühergangs-
bauten auffallend von den deutschen, an welchen die
Fenster meist rundbogig uud reich gegliedert sind.
Im höchsten Grade eigentümlich erscheint das
Verhätuiss, wie die romanische Ilauweise neben dem
Ühergnngs-Styl sich während des ganzen Jahrhunderts
uuvenuischt hinzieht. So sind z. Ii. die romanischen
Kirchen zu Potvorov und Rudig zwischen 1240 — 1250,
die Kirche zu Jirean und Chotfcsehau nicht vor 1260,
und die beiden Rund-Capellen St. Longinus in Prag uud
St. Peter und Paul in Schelkowitz, ferner die Pfarr-
kirche in LiebBuausen, nebst verschiedenen im Norden
und Osten des Landes befindlichen Bauwerken wahr-
scheinlich erst um's Jahr 1300 vollendet worden.
Dagegen wurden die nach entschieden gothischen
Grundplnnen errichteten wichtigsten Übergangswerke,
aU: die beiden Klosterkirchen nnd die Stadtkirche zu
Iglan, die Stiftskirchen St. Franciscus in Prag und
Porta Cneli in Tischnowitz in ihren Hanptparticn schon
vor 125t) vollendet; diesen folgten kaum 10 Jahre
später die nur in der Detaillirung noch romanisirenden,
sonst aber durchans gotbischen Pfarrkirchen zu Koliii,
KonHm und Humpolec, dann die Stiftskirche llohen-
furt. In der 12<>?1 von Otakar II. gegründeten Stifts-
kirche Goldenkron , dem zwei Jahre später erbauten
Cistercienser-Xmuienklostcr Fraucnthal bei Deutsch-
brod, wie in allen zur Zeit des Königs Wenzel II.
I 1278 — lSOii) erbauten städtischen Pfarr- oder Kloster-
kirchen endlich, kommen sehr wenige alterthUmliche
Kcmini&cenzcn mehr vor, diese Werke sind durchaus
frtlh-gothisfli.
Die geographische Verthcilung der Ubergangswerke
erscheint um so beachtenswerther, als hiedurch die dama-
ligen Cullnr-Zuständc und die eivilisatorischen Bestrebun-
gen der Pfemysliden vielfach erklärt werdet*. Vor allem
waren es die reichen Ebenen des östlichen Böhmens,
denen der grosse Otakar seine Aufmerksamkeit widmete,
wo er neue Städte grllndete, oder ältere bestehende
Ortschaften mit städtischen Privilegien ausstattete.
Hier lallt uns zuerst eine zusammenhängende
Gruppe von Denkmälern auf, welche zwischen Prag und
Trcbic in Mähren als den entgegengesetzten End-
punkten ausgebreitet ist. Die wichtigsten der in dieser
Richtung liegenden Bauwerke sind die Pfarrkirchen
zu Böhmisch - Brod , Kolin, Oaslau, Koufim, Hohen -
mauth, Hnmpolec, dann die Stiftskirchen in SedleC,
Fraucnthal, Selan, Iglan, Tisclmowitz und Trebie. Es
unterliegt keinem Zweifel, dass sich in dieser Gegend
eine sehr thätige Schule gebildet und, nach den Fort-
schritten zu schlicssen, längere Zeit fortgewirkt habe.
Ob der Meister, welcher die Schule gegründet und die
Styl Kiehtung hieher verpflanzt hat, aus Böhmen oder
Miihren stamme, ob er aus einem andern Lande berufen
worden sei, ist unbekannt; wie denn Uber die Künstler
dieser Periode sich keine Nachrichten erhalten haben.
Mähren besitzt jedenfalls die bedeutungsvolleren
und durehgebüdeteren Werke dieser Art, was jedoch
Sache der zufälligcu Conservirniig sein mag. Die Orna-
mentik wie die sonstigen Gliederungen der Bauten in
Tischiiowitz, Trebie und Iglau lassen Überdies» einen
nicht unbedeutenden, aus Unter-Österreich heruberwir
k enden Einftusa erkennen, neben welchem jedoch An-
klänge an die sächsischen Denkmale des XIII. Jahr-
hunderts hervortreten, namentlich scheinen die Dome
von Magdeburg und Naumburg massgebend gewirkt zu
haben. Sowohl nördlich wie südlich von der beschrie-
benen Baugruppe ziehen sich weite Landstriche hin,
welche auch nicht ein einziges hieher zu zählendes Ge-
bäude enthalten.
Dann bemerken wir eine zweite , ziemlieh unab-
hängige Gruppe , welche der SUdspitze Böhmens ange-
hört. Obenan steht llohenfurt, ein Tochterkloster de*
Cistcrcienscr-Stiftes Wilhering bei Linz und von den
dortigen Ordensmännern um die Mitte des XIII. Jahrhun-
derts erbaut. Von der mit eigcnthllmlicher Chor-Anlage
ausgestattcneir Hobenfiirter Stiftskirehe sticht seltsam
ab die demselben Orden angehörende Kirche zu Gol-
denkron, eine der scliöiisteu kreuzförmigen Bildungen,
welche Böhmen besitzt. Derselben Zeit gehören an : die
Dominicaner- Kirche in Budweis, die älteren Partien der
Kirchen zu Winterberg und Pisek, dann als nördlichster
Ausläufer die Ruinen des 1 153 gegründeten, später umge-
bauten Cistereieuser-Klostcr* Pomuk.
Die Übrigen Werke der l'bergangs-Periode und
Fruh-Gnthik liegen in allen Richtungen zerstreut und
zeigen die verschiedensten Einflüsse. Das an der säch-
sischen Gräuze liegende und auch in Sachsen begtltcrte
Kloster Osseg hält in seinem Kreuzgang und wunder-
schönen Capitel-Saalc ganz die in Sachsen und Thürin-
gen entwickelte Formengcbung ein, während in den
alten Thcilen der Pfarrkirchen zu Saatz. Aussig, Rakonic,
und noch einiger Städte eine strenge Gothik sich geltend
macht. Als vorzüglichstes Beispiel dieser streng-gothi-
schen Bauweise haben wir die Ruinen des nuter König
Wenzel II. um 1280 gegründeten Clarisscn-Klostcrs
Jungfranen-Teinitz unweit Schlau zu nennen, wo sich
ein reichgeglicdcter, aus dem halben Zebneck eonstrnir-
ter Chor-Bau und ein Uberaus prächtiges Haupt-Portal
erhalten haben.
Im nordöstlichen Böhmen dagegen treffen wir
wieder den alterthtlmlichcti Übergangs-Styl in den Rui-
nen des Klosters llradisf bei MUncliengrätz und in der
Prubslcikirehc Polic , beide Bauwerke durch reiche
romanisirende Portale ausgezeichnet.
Zwischen den städtischen und klösterlichen Kirchen -
anlagen nimmt die Maltheser-Ordeiiskirche in Strakonic
eine ganz unabhängige Stellung ein, sowohl in Bezug
auf Anordnung wie Durchbildung. Obschon der Chor im
XV. Jahrhundert Uberbaut wurde, blieb doch die
Gesummt-Anlage von Neuerungen ziemlich unberührt,
wie denn der auf einer sehmalen Felsenklippe liegenden
Kirche keine veränderte Grundform gegeben werden
konnte. Ein zwar kleiner, aber wohlerhaltener und in ele-
gantem Übergangs Styl durchgeführter Kreuzgnng liegt
nach Art eines Atriums vor der Westseite des Schiffes,
so dass die lichte Weite des einschiffigen Kirehenhauses
dem offenen Hofe des Kreuzganges entspricht. Zwischen
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lxxxi
Schiff und Chor, an der Stelle des Triumpli-Bogcns, erhebt
Mich ein mächtiger, an den Aussenseiten noch roinani-
schdr Thurm mit einer 22 Fürs weiten Halle, an welche
«ich der aua dem gleichseitigen Dreieck gezogene Chor
anschließt. Die ganze Anordnung ist im höchsten Orade
originell, als Bauzeit des Kreuzgnng* dürfte das letzte
Viertel des Xni. Jahrhunderts anzunehmen sein.
Wie aus diesen Schilderungen hervorgeht , tragen
nur die ostlich von Prag befindlichen, der Haupt- Gruppe
angehörenden Denkmale ein einheitliches Gepräge und
lassen einen schulmässigcn Zusammenhang erkennen,
während sich in den zerstreut liegenden Werken alle
möglichen Richtungen und zwar gleichzeitig kundgeben.
Als Ursache dieser Erscheinung nutss zunächst die ver-
schiedenartige Bevölkerung der Städte angesehen werden.
Die Städte wurden bekanntermasseu zu verschiedenen
Gelegenheiten gegründet und mit Colonistcn , die aus
den verschiedensten Gauen eingewandert waren, bevöl-
kert. Im Osten und Norden haben sich meist Nieder-
deutsche und Sachsen, im Nordwesten Thüringer, im west-
lichen Dreieck Franken und Oberpfälzer angesiedelt,
während der bayerisch - österreichische Stamm an den
südlichen Gränzen herübergriff. Alle diese Ansiedler
brachten aus den heimatlichen Bezirken je ihre Arbeits-
leute und das dort Übliche kunst-teehnischc Verfahren
mit, daher der Mangel an einheitlichen Bestrebungen.
Gerade so verhielt es sich mit den Klosterbauten.
Es ist z. B. unmöglich, verschiedenartigere Durchbildun-
gen des gothischen Styl« zu erblicken, als die beiden
Stiftskirchen Goldenkron und Hohenfurt einhalten. Beide
gehören dem Cistercicnser-Ordcn an, wurden zu gleicher
Zeit erbaut und liegen in unmittelbarster Nähe, in gera-
der Linie kaum fünf Standen von einander entfernt. Ho-
henfurt aber wurde von Wilhcring in Obcr-Österrcicb,
Goldenkron von Heiligenkreuz bei Wien bevölkert; hier
eine einfache basilikale Anlage mit wcitausgcladenen
Kreuzarmen und rcingothischcr Formcngebung , dort
eine Hallenkirche mit complicirtem fUnftbeiligem Chor-
bnu und altert hUmlicher Detaillirung.
Da die Übergangs-Formen, wie schon erwähnt, nur
bei grössern Bauwerken zur Anwendung gelangten,
während die Landkirchen und Capellen nach romani-
scher Weise angeordnet wurden, bilden die dreischiffi-
gen Kirchenhäuser, Basiliken und Hallenbauten ent-
schieden die Mehrzahl der dieser Periode angehörenden
Denkmale. Erst um den Schluss des XIII. Jahrhunderts
wurde die erste fünfschiffige Kirche in Böhmen (zu
Scdlcc) errichtet, aus welcher Zeit auch einige zwei-
sebiffige Hallen herzurühren scheinen, namentlich Sobe-
slau und Wodnian. Das interessanteste aller zweisebiffi-
gen Denkmale bleibt ohne Zweifel die alte Synagoge in
Prag, ein an den Aussenseiten verbautes, im Innern voll-
ständig erhaltenes Gebäude ans der zweiten Hälfte de«
Jahrhunderts. Einschiffige Kirchen sind vcrhältnissmäs-
sig selten; die bedeutendste zu Frauenthal bei Deutscb-
brod, einem CistcrcienBcr-Nonnenstifte angehörend.
Der aus fünf Seiten des Achtecks gezogene Chor-
Schluss blieb von circa 1230 bis 12FjO vorherrschend;
nach dieser Zeit wurde der Chor häufig aus dem halben
Zehneck eonstruirt, an derMinoriteu-Kirche zuBcneschau
sogar aus fünf Seiten des Ncunecka. Gerade, oder ein-
fach rechteckige Cbor-Schlüssc zeigen nur die Ruinen des
Kloster« HradiM bei Münchengrätz und die Pfarrkir-
chen zu Selcan und Sobeslan.
kuppeltbürme Uber der Vierung scheinen hie und
da ausgeführt worden zu sein, doch hat sich kein einziger
erhalten. Spuren eines ehemaligen Kuppelthurmcs können
nachgewiesen werden iu der Pfarrkirche zu Humpolec;
auch iu Goldenkron und Sedlec sprechen viele Umstände
dafür, dass derlei Kuppeln vorhanden Waren. Nach einer
alten , freilich nicht zuverlässigen Abbildung der heil.
Grabkriche in Zderas zu Prag will es scheinen, als
wäre dieses Gebäude auch mit einer Kuppel ausgestattet
gewesen. In Bezug auf die Stellung der Kirclithürme
wird in dieser Periode keine bestimmte Hegel eingehal-
ten. Die Prämonstratcnser, welche die doppelte Thurm-
stellang an der Abendseitc vorzugsweise liebten, haben
nach 1200 in Böhmen keine Ordenshäuser mehr gegrlln-
del, und die von den Bcncdictiticm nach dieser Zeit auf-
geführten Bauwerke sind grösstentheils zerstört worden.
Die Cistercienser aber, welche im XIII. Jahrhundert die
grfissteThätigkcit entwickelten, vermieden die Erbauung
grösserer Thtlrme gemäss ihrer klösterlichen Satzungen.
Da auch die Bettelorden sich mit kleinen Glockcnthttrui-
i'hcn und sogenaunten Dachreitern begnügten, waren es
grösstentheils die städtischen Pfarrkirchen, an welchen
der Thurmbau cultivirt wurde. Die Doppelstellung an der
Abendseitc wurde in der Regel festgehalten, wie bei den
Hnuptkirchen zu Koliii, Hohcuinnuth und Pisck; doch
sieht man auch hie und da zwei neben dem Prcsbyte-
rium angeordnete Thürme, z. B. in KouHm. Priethal und
Nacbod.
Äusserst selten tritt in dieser Periode der einzige
aus der Abendseite vorspringende Thurm auf, welche
Stellung wir bei den romanischen Bauwerken als die
häufigst vorkommende getroffen haben. Glänzend durch-
geführte Beispiele dieser Art bieten nur die Kirchen iu
Aussig und Humpolec. Auch die Anordnung eines ein-
zigen Thurmea zur Seite des Kirchenhauses, welche
in ganz Süddcntschlaud besonders entlang der Alpen
auftritt, hat in Böhmen nicht Eingang gefunden ; wo der-
gleichen Stellungen vorkommeu , sind sie nicht plan-
gemäß, sondern rühren von späteren Umänderungen her.
Dagegen war der frei stehende Glockenthurm nicht allein
auf dem Lande , sondern auch in den mittelgrossen
Städten sehr beliebt ; doch sind keine Beispiele auf uns
gekommen, weil diese Thürme meist aus Holz errichtet
wurden.
Ganz neu und eigcnthUmlich erscheint die Anord-
nung besonderer, aus regelmässigen Polygonen ronstrnir-
ter Saeristei Capellen, welche bei einigen Kirchen in den
verlängerten Achscnlinicu au die Chor-Polygone ange-
fügt sind. Solehe Capellen finden sich in Humpolec nnd
Frauenthal; die letztere ist achteckig, fuhrt die Bezeich-
nung „alte PfarrC und scheint als Taufhaus errichtet
worden zu sein.
Da« im Verlaufe dieser Periode allgemein übliche
Kanraatcriale ist Bruchstein, und zwar in unregelmässi-
ger Form, nur während des Versetzcns etwas mit dem
Hammer zugerichtet. Die sich ergebenden Lücken wurden
sorgfältig mit kleinen Steinbrocken ausgefüllt und das
Mauerwerk I^ago um Lage festgestampft. Alle Eekver-
bändc, Gesimse. Strebepfeiler, Thören, Fenster und
sonstige ausgeprägte Theile sind aus rein bearbeiteteu
Quadern hergestellt worden. Bauwerke ganz aus Quadern
errichtet, sind selten, die Ausführung aber mit recht
winklig bossirten, sebichtenmäsaig gelegten Bruchsteinen
ist im XIII. Jahrhundert aufgegeben worden. Der Zicgel-
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LXXXII
bau hat noch nicht Eingang gcfuudcu und CS bestehen
sogar die Gewölbe noch immer auB Bruchsteinen; doch
wurde das Ziegelstreichen, wie wir aus Arbeitcrvcrzeicb-
nissen entnehmen können, bereits geübt. Wahrscheinlich
gebrauchte man nur ungebrannte Ziegel, welche man
heute noch auf dem Lande sehr häutig anwendet. Ge-
brannte Ziegel mögen untauglich nur bei häuslichen Hin-
richtungen, z. Ii. Backöfen und Feuerungen, angewendet
wurden sein. Fliesse und Terracotten kommen selt-
samerweise früher vor als einfache Ziegel ; so trifft man
in den Kuinen von Hradisf bei Münchengrätz Bruch-
stücke einer farbigen Fliesscn-Ptlasterung, in Klingenberg
wohlerhaltene, mit Inschriften und reliefirten Bildwerken
versehene Terracotten, die allein Anscheine nach um den
Schluss des Jahrhunderts gefertigt wurden. Die Fabri-
cations-Orte jedoch sind unbekannt.
Irgend bemerkenswerthe monumentale Beste aus
dem Gebiete der Holz- und Metall-Technik seheinen nicht
vorhanden zu sein; auch sind aus den Fächern der
Kleinkünste keine Erzeugnisse auf uns gekommen,
deren böhmischer Ursprung mit Sicherheit nachgewiesen
werden könnte.
Wober sich die Sage schreibt, dass König Wenzel II.
selbst Malerei betrieben und das in Königsaal noch
immer vorhandene Marienbild gemalt habe, ist unbe-
kannt Auf diesem Bilde soll folgende Inschrift ange-
bracht gewesen sein:
Dum WflMMlMI rpgnlcm conderet au Um
hanc po»uit divac Virginis effigiem.
Diese Inschrift steht aber nicht auf dem Bilde,
scheint auch niemals dort gestanden zu haben ; das
fragliche Madonna-Bild verrHth italienischen Ursprung
und dürfte von einem jener Künstler herrühren, welche
Karl IV. um die Mitte des XIV. Jahrhunderts ans Italien
nach Böhmen berufen hat
Über die Künstler, welche unter den Otakaren
gewirkt , die sich an den Städtegrttndungen betheiligt
und die zahlreichen Prachtbauten ausgeführt haben, fehlt
jede Kunde, es ist kein einziger Name auf uns gekom-
men. Nur die Illuministen Bohnfi und Velislav, von
denen ersterer die Jaromerer Bibel, der andere eine
grosse Bilderhaiidsehrift gefertigt halten, unterzeichne
ten sieb in ihren Werken und haben so ihre Namen der
Zukunft aufbewahrt. Diese beiden Künstler und ihre
dem romanischen Styl sieh anschliessenden Arbeiten
sind bereits im ersten Thcile besprochen worden.
iKortiwtzuiuj folgt.) Qmeber.
Kirchliche Baudenkmale in Ober-Österreich.
(Mit Ii HalMchnJlten.)
I >ie nördlich des Marktes Maut h haus e u auf einer
Anhöhe gelegene Pfarrkirche ist ein leider stark verun-
stalteter gothischcr Bau aus dem XV. Jahrhundert. Das
Langhaus, im Innern 11 Klafter 6 Schuh lang und
Klafter breit, wird durch zwei polygone lYciler in zwei
Schiffe gctheilt, deren jedes wieder aus drei Jochen
besteht. Ausserdem sehliesst sich dem I^anghause der
ganzen Breite nach noch ein viertes Gewölbefeld an,
das jedoch durch zwei Polygonal-Pfeiler gestützt wird,
daher das Langhans im letzten Viertel dreisehiffig ist,
eine Unregelmässigkeit, die wiederholt an oberöster-
reichischen Kirchen zu treffen ist. Die einzelnen Joche
werden meistens von unrcgelmässigeii Kreuzgewölben
überdeckt. Die Bippcu verlaufen sich an den Pfeilern
wie auch au den Wanden ohne eine besondere Vermitt-
lung. Die Musik-Tribune nimmt das letzte (dreithcilige)
Viertel dea Langhauses ein. Portal und Fenster haben
ihre urprüngliche Form verloren. (Fig. 1.)
Das 37 Fuss lange und 18 Fuss breite Presbyterium
liegt in der Achse des Langhauses und ist mit demsel-
ben durch einen mächtigen spitzbogigen Triumph- Bogen
verbunden. Er besteht uub einem Gewölbejoche und aus
dem aus dem Achteck eonstruirtenCbor-Sehluss, dessen
rückwärtiges Fenster noch die ursprüngliche Form zeigt,
während das an der rechten Seite modernisirt wurde ;
die Kippen des Kreuzgewölbes und des Gewölbes im
Chor-Scblussc laufen thcils als runde Halbsäulen herab,
theils sitzen sie auf Tragsteinen auf. Links des Pres-
byteriums ist der Thurm mit der Sacristei in seinem
unterem Baume, rechts eine ('»pelle.
Die Kirche des schon im Jahre 1 1 '22 erscheinenden
Pfarrdorfes zu Kied ist ebenfalls ein gothischcr Bau
des XV. Jahrhunderts, der ans einem zweischiffigen
Langhausc sainnit Presbyterium besteht. (Fig. 2.) Auch
hinsichtlich der Musikchor-Anlage sehen wir hier die
gleiche Anwendung wie in Mauthhauscn, zwei polygone
Pfeiler tragen denselben und auch das Hanptgewölbe
des somit an dieser Stelle dreischiftigen Langhauses.
I V. I.
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LXXXIII
Da« l'arapct der Musik-TribUuc, welche auf den zwischen
den Pfeilern gespannten drei Spitzbogen ruht, ist au*
Stein hergestellt und mit in einander verschlungenen
Drei- und Vierpässen, da» vortretende Orgelpodium mit
einem Fünfpus* geziert. Die i'bcrdeekung des 1 1 Klafter
langen und 7 Klafter breiten Langhauses bildet ein
reiches NetzgcwiSlbe. Das Presbyterium, circa 4 Klafter
breit und 5</ t Klafter lang, besteht au« einem oblongen
Joche und dem au« dem Achteck gebildeten Schlüsse.
Die Kippen im Chor und Langbause laufen auf den an
den Mauern befindlichen HalbsJlnlen auf, an den Pfeilern
, verlieren nie sieh ohne Vermittlung. Die ursprünglich
spitzbogigen Fenster der Kirche sind modernisirt und
haben ihr Masswerk verloren. Der an der Westseite ab-
geführte Thurm ist aus Bruchsteinen erbaut und mit
einem mit Ziegeln gedecktem Zwickeldache gckrlint.
Rechts des Presbyteriums befindet sich die Sacristei,
links die Todtenkanimer.
Die Pfarrkirche des Marktes Seh werdberg. aut
einer Anhöhe gelegen, ein gothischer Bau von 75 Fuss
innerer Lange, wovon 20 auf das Presbytcriuiu kommen.
(Fig. 3.) Das (iewölbe des Langhauses (£ft breit), wird
durch zwei achtkantige 27 Zoll dicke Pfeiler getragen,
wodurch dasselbe in zwei Schiffe gesondert wird. Anden
beiden Langseiten , sowie in den beiden vorderen Ecken
sind polygone HalbsHnlcn angebracht, welche sowie die
runden Hnlbsiiulen im Presbyterium die liippen des
reichen NetzgcwJilbes aufnehmen. Die Spitzbogenfenster
sinil durchgehend* mit sehr einfachem Masswerk ver-
sehen und theilweise durch einen Pfosten unterthcilt.
Nur der aus dem Achteck construirte Chor-SchllM ist
mit Strebepfeilern verstärkt. Auf der rechten Seite des
Prcsbytcrinms befindet sich die Sacristei und darüber
der Musikchor, zu welchen man auf einer Wendelstiege
gelangt. Auf der entgegengesetzten Seite steht der
Thurm, der in seinem überbaue aus neuerer Zeit stammt.
Ein neuerer Einbau ist auch die Km|w>rc, welche, auf
gusseisernen Säulen ruhend, an der vorderen Seite auf
geführt wurde. Den Aufgang dahin vermitteln zwei
ausserhalb der Kirche erbaute Stiegen, f her das Ent-
stehen dieser Kirche verlautet nichts verlässliches, doch
ist kein Zweifel, das* sie gegen Ende des XV. Jahr
hundert* entstanden ist. Ein Grabstein bezeichnet die
Huhestilttc der Eva von Tsehcniembl auf Windeck und
Schwertberg ff 1578), ein zweiter jene des Hanns
Tsehcniembl (t 1505).
Fitr. 9,
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LXXXIV
X f
1
r '
■
Klg 5.
Die Pfarrkirche des an der von Linz nach Grein
lUhrcndcn Strasse gelegenen Marktes Perg ist ein
gnthischer Bau von ziemlicher Ausdehnung. Sie hat eine
Gesammtlänge von 1(X) Fuss, hei einer Breite von
44 Fuss im Langhause und von 24 '/, Fuss im Chore.
Das Ijuighaus wird dnreh vier Aehteckpfeiler in drei
Schiffe getheilt, davon das mittlere etwas hreiter ist.
Die Seitenschiffe werden dadurch verbreitert, dass die
Aussenmanern an den Strehei)feileni hinausgeschoben,
diese somit nach innen gerichtet sind. Der damit
gewonnene Raum dient zu Emporen, welche mit dem
Musikchor, der sich bis zum ernten I'feilcrpaare vor-
schiebt, in Verbindung stehen. Die Decke des Lang-
hauses wird durch ein netzförmiges Hippenwerk getra-
gen, übrigens hat in Folge Senkung einzelner Partien
des Gebäudes da» Gewölbe bedeutend gelitten. Das
Prcshyteriam besteht aus zwei oblongen Quadraten und
dem aus dem Ächtecke construirten Chorschlusse. Die
Kippen der Kreuzgewölbe stutzen sich auf runde Halb
«Millen, die Fenster des Presbyteriums sind spitzlmgig,
jene des Langhauses, sowie des Portales sind geschmack-
los modernisirt. Der Thurm enthalt in seinem unteren
Ge«ehoss die Sacristci. Der Aufgang in seine oberen
Ahtlicilungcn befindet sich im mächtigen Manerkörper.
Kr ist 144 Fuss hoch, mit einem Spitzdaehe abgeschlos-
sen, ausserdem sind die Ecken noch mit Erkerthllrm-
ehen versehen. Die Gloekcnstuhe besitzt grosse spitz-
bogige Fenster, davon eines noch mit Mnsswerk geziert
ist. (Fig. 4.)
Die Kirche des Ortes Pcrgkirchen liegt auf
einer Anhöhe; sie ist einschiffig, da die Anhauten rechts
nur als Capellen zu betrachten sind. An der linken Seite
des 4<i Fuss langen Schiffes springen Mauerpfeiler in da*
Langhaus hinein, an denen die Rippen der Kreuzgewölbe
aufsitzen. Es ist eigentümlich, dass ausser diesen nach
einwärts gezogenen Strebepfeilern auch noch an der
linken Aussenseite Strebepfeiler angebant sind, die aber
mit den inneren Pfeilcrbauteii nicht völlig eorrespon
diren. An den Übrigen Stellen des Langhauses in den
Seitencapellen stutzen sich die Rippen auf runden Halb-
stlulcn. Das Presbyterium (3(3 Fuss lang, 23 Fuss breit)
besteht aus zwei oblongen Jochen und dem funfseitigen
Chor-Schlusse und ist mit einem hübschen Xetzgewölbe
tiberdeckt. Die Fenster daselbst sind spitzbogig, die des
Langhauses arg umgestaltet. Die Kirche ist von Stein
und ein Werk einfacher Gothik. Der Thurm steht links
des Chors, er ist niedrig und unansehnlich.
Zunächst lies Hochaltars befinden sieh zwei Grab-
steine ; der eine zeigt ein eingemeisseltes Kreuz, dabei
Klus nnd IISRZA., der andere ein Wappenschild mit
drei Gemsgeweihen darinnen, dabei folgende Inschrill:
Jlicr liegt begraben der cdl vnd gestreng Herr Erasiu
link Erbsess auf Hornini, so. entschlafen zu Stain den
»MttreJÖn«. Fron^r.
Todesdarstellungen vor den Todtentänzen.
Die Literatur Uber mittelalterliche Todesdarstellnng
und Uber die Todteutänze vornehmlich ist allerdings
keine kleine mehr. Dennoch vermissen wir zur Stunde
noch eine unifassende Erforschung der historischen
Entwicklung dieser Kunst- und Literatur-Form, welche
einen tu wesentlichen Factor der Phantasiewelt jener
Tage ausmachte. Bei derartigen Untersuchungen wir«!
sich die Frage Uber das Aufkommen der charakteristisch
mittelalterlichen Todesdarstellung von jener Uber den
Ursprung der originellen Erscheinung der Todtentanz-
Idee katim trennen lassen, denn die erstcre bedingt die-
selbe in formeller und gedankenbafter Hinsieht. Auch die
(olgenden Notizen sind keine Erledigung dieser Fragen,
sie treten blos als Beiträge herzu, um auch andere
Freunde der vaterländischen Vorzeit zur Beachtung und
Aufzeichnung ähnlicher Stellen und Nachrichten auzu
regen, die sich vielverstreut ans Schrift- sowie Kunst
werken werden sammeln, nnd dereinst hoffentlich zu
einem einigermassen klaren Bilde des historischen
Werdeganges dieser Vorstellung vereinigen lassen.
Die charakteristisch christlich- mittelalterliche Auf-
fassung des Todes ist die in Gestalt einer Leiche, des
der Verwesung anheimgefallenen Menschenkörpers und
des Gerippes endlich. Nach der gewöhnlichen, und all-
gemeinhin auch richtigen Angabc haben die moralischen
Vorstellungen der Zeit. Abtödtnng des Fleisches nnd
mönchische Philosophie, ferner aber auch der gewaltige
Eindruck der grossen Pestzeiten anf die GcmUther, den
bedeutendsten Anthcil an dieser gräulichen Verkörperung
des Todesgedankens. In den früheren Jahrhunderten
lies Mittelalters, wissen wir, findet sich diese markirte
Betonung des Entsetzlichen in der künstlerischen und
literarischen Auffassung vom Tode noch nicht, denn all'
die so eben erwähnten Factorcn haben das Leben
damals noch nicht beeinflussl. Sowohl die heidnisch-
germanische Kraft im Volksgciste als die fortwirkenden
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LXXXY
antiken Reminisccnzen utitcr den Gebildeten waren in
«liegen ersten Jahrhunderten noch zu rege und lebens-
voll, als dass eine solche, rein dem Mönchstbume ent-
keimte Schöpfung bereit» hätte aufkommen können. Aber
die Anfänge Bind doch schon nachweisbar. Tod und
SUndc waren dem Mönche eins, beiden war C hristus
«uff» Haupt getreten, beide mussten daher frühzeitig als
hässlich gedacht werden. In diesem Sinne sind Kunst-
darstellungcn gedacht wie jene Miniatur eines Wormser
Missales, das einige (Didron, icon. p. 30<i) ins IX.
uder X. Jahrhundert, andere erst in das XI. versetzen.
Hier sehen wir den Tod von Christo an der Kette gehal-
ten, als einen schmutzigen zottelhaarigen Alten in Bett-
lerkleidern, weder ganz Leiche, noch ganz Skelett ; ans
dem Munde fahren Flammen, indem die Lanze des Siegers
ihm in den Schlund gestossen wird. Wäre die erst
genannte Datirung eine richtige, so müsstc ich diese
Darstellung (des Codex theol. ha. 102 in der Bibl. des
Arsenal in ParisUls die Hiteste der mir bekannten mittel-
alterlichen Todesdarstellungen bezeichnen. Dass hier
nicht der böse Dämon sondern der Tod als Wider-
sacher Christi zu verstehen ist, obwohl .spätere Dar-
stellungen auch den Teufel in Kcttcu vor dem
Erstandenen erscheinen lassen, geht aus der abge-
magerten, halb leiehcnhaften Figur des Gebändigten
hervor, aus der allein eben sich die spätere Gerippc-
darstellung entwickeln konnte.
Wenn nun in solchen Äusserungen, die auf Schrift-
stellen wie Panl. Hörn. 5, 12 und Kor. I. 15, 86 beru-
hen, die mönchisch-christliche Todes-Idee sich mani-
festirtc und die ersten Keime einer künftig zu allei-
niger Geltung bestimmten Erscheinung gelegt wurden,
so lebte gleichzeitig die dem Volke aus seiner Vorzeit
gebliebene Anschauung noch unverkümmert fort, M
kräftig, dass sie, nach mannigfacher Trübung und
Modificirung freilich, in seinen Märchen und Sagen
heute noch erkennbar hervortritt, die heidnische Auf-
fassung des Todes. Wir schenken diesem Gegensatz
gleichfalls einige Aufmerksamkeit, weil die spätere
im Mittelalter allgemeine und im wesentlichen rein
christlich gewordene Todcsfigur einige Züge auch
der alt-germanischen Todesvorstellung verdankt. Wir
sehen hier ab von Hei oder Pereonification des
Sehlachtentodes in den Walküren, obwohl vielleicht
der seltsame und gerade in Deutschland heimische
4 • lau he an einen weiblichen Tod, die p Todin ü , welche
Bech stein, Deutsches Sagenbuch , Nr. 303, W o I f,
Deutsches March, und Sagenb.,Nr. 95, Alpenburg,
Mythen und Sagen Tyrols, p. 345 f. u. a. erwähnen,
hiemit zusammenhängen könnte. Im Volke galt damals
allgemein die Vorstellung, der Tod sei ein freund-
liches dämonisches Wesen, in Wäldern und Bergen
hausend. Seine Erscheinung wird uns zwar nirgends
beschrieben ; dass er als mythologische Persönlichkeit
aber existirte, beweist das Vorkommen von Namen
des im Walde wohnenden Tod's. Grimm, myth. p. 8 1 1 ,
denkt bei dem Namen Freund Hain zwar an eine
Verwandtschaft mit Henne, da es Todesriesen gibt,
aber die andere Form des Namens: Hagen deutet
doch unzweifelhaft auf die Ableitung von jenem alt
deutschen Worte, das den Wald bezeichnete. Nach
Kochholz, Aargan, Sag. II. 190, ist Alahirzi, Holz-
hirzi der Todesgeist, der die Seelen in den Wald
abholt (vgl. auch Vernaleken, Mythol. u. Bräuche
p. "4 n.), ein zum Waldpöpel vergröberter Todesgeist
erscheint ferner in Panzer's bair. Sag. II. p. lOß. Daher
hat Geiler v. Kaisersberg sein Much de arborc humaua
geschrieben, „darin geschicklich und in Gottes lob zu
lernen ist, des holtzmcyers, des dotz, fröhlich zu
warten* (Äusgb. StraBsbg. 1521), und schildert ihn als
Förster, der alle Stämme zu fällen Gewalt hat. Solche
Ausdeutung der einfachen, in der Volks-Tradition über-
lieferten Idee, dass der Tod im Walde weile, ist aber
schon Folge der im XVI. Jahrhundert längst zum Sieg
gelangten christlichen Auffassung von des Todes
Schergenamt, Wildheit und Grausamkeit. Der heidnische
deutsche Wald-Tod scheint an poetischcrBcdcutung dem
griechischen Todes-Genius ebeubUrtig gewesen zu sein,
nur natürlich im Charakter verschieden, als die roman-
tische Gestalt, die geheimniBsvolle Waldgottheit des
nordischen Volkes, im Gegensatz zur südlichen Plasti-
cität des Thanatos. Alles deutet auf ein freundliches
Bild hin. das man Bich von ihm machte, vom „Freunde"
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LXXXVI
Hain i, in dessen schattigen Bezirk todwunde Helden sich
v.un Wahlplatzc schleppten, um iui Walddunkel ihr
Lehen zu verhauchen. Vielleicht gehört auch hielier,
dass die Alamannen ihre Todtcn in Tanneu begruben,
woher in Oberschwaben die Särge noch immer Todten-
hänmc genannt werden.
Solch' eiuem tiefeingewurzcltcn Glauben de*
Volkes iiiusste nun die Kirche, in Verfolgung ihrer
allgemeinen Richtung einerseits gegen da* Volks-
thUmliche, Heidnische, anderseits wider alle Liebe zur
Natnr, entgegentreten. In allen Gebieten ihrer Thätig-
keit, iusnfern sie sich in das Volksleben, die Alltags-
sitte und Gewohnheit mischte, auf den Verkehr der
Geschlechter, auf Kunst und Literatur Bich erstreckte,
wurde die Natur mit der Gabel ausgetrieben, indem
durch das Moral-Gesetz die Katar, all' ihre Äusserungen
und Folgen, all' ihre Werke für sündhaft und gefährlich
erklärt wurden. Eine Todesvorstellung nun, die in so
dichterisch-freundlicher Weise die bittere Notwendigkeit
erklärte, draussen au die uneut weihte Natur anknüpfte
und zugleich dem wälderliebenden Germanen so national
eigen gewesen, war nicht zu dulden; sie lief der Absicht
gerade entgegen, in welcher die Kirche den Tod als
schrecklichen Gerichtshöfen des Jenseits zu schildern
suchte, ein solch' milder Wald-Genius passte nicht als
Pförtner des dunklen furchtbaren Reiches der Zukunft.
Daher sehen wir, je mehr das Münchsthum und
seine Lehre gedeihte, dem Tode eine immer grässlichere
tiestall verliehen, Iiis das Volk sie angenommen, seine
althcidnischc Vorstellung ins Märcbcnrcich verwiesen
und endlich diese neue Form mit seiner unverwüstlichen
poetischen Kraft selbst wieder zu einer sinnvollen
Erseheiimug umgestaltet hat. Welch' feine tiefver-
borgene Ironie der Volksgeist durch die Annahme der
von der Kirche geschaffenen Todcs-Figur des Mittelalters
bewiesen, glaube ich an einem andern Orte gezeigt zu
haben. (Mittheil. d. Ccntr. ( omm. f. Erb. d. Baudenk-
male 1870, p. CHI. s.: Zur Philosophie der mittelalter-
lichen Todesdarstellung).
Dass nicht, wie einige meinen (Sehn aase, Kunst-
g.sch. VI. p. 591), die früheren Bilder der Legende von
den drei Todten und den drei Lebendigen, zn den ältesten
Todcsdarstellungen gehören (sie sind von l.'iUT), steht
fest. Die Stelle von der Belebung der Gebeine bei Eze-
chiel 37, 1 — 9, welcher Uberhaupt vielleicht ein nicht
unbedeutender Antheil an der Bildung der kirchlichen
Todes- und Auferstehungs-Idcc zugeschrieben werden
darf, scheint auch den Künstlern am frühesten die Gele-
genheit geboteil zu haben, sich in der Zeichnung von
Gerippen zu üben. Wir finden eine derartige Miniatur
bereits in dem der Pariser kais. Bibliothek gehörigen
Codex der Predigten des heil. Gregor Naz., einem byzan-
tinischen zwischen 8(37 und 88« vollendeten Manuscriptc.
Auf das Vorhandensein von Bildwerken seheint hinzu-
weisen, wenn im Renner 23978-80 r der gclwc töl u , bei
Walthc-r von der Vogelweide die Welt schwarz, „vinstcr
sam der tot- genannt wird. Im flandrischen Rcinardus
wird eine knöcherne Geige „ossea nt dominus Bliccro"
gclieisscn (.'!, 2102), Uber welchen Beinamen Blicerodes
Todes s. Grimm I. c. p. 809. Diese Stelle ist die älteste,
worin wir von dem Geripptode wenigstens eine Anden-
' Grimm I t. lagt mr, fr k«ni,e rt,t dam XVIII JahtLuiidari «»In*
V-hrifetlll«, »oll» 4»r Xu»» «iimlu. flbl ibur Kl In 10, Uli tt a«m»l.
nirbl rtfaiMaii wuril« f.i mlui|M U j^m frühoKn Mircü.Dumn.lui,,;«., »Ii.»,
Mieatti, Tabtii au« dar uraliBtt Vul«»ül>arller«ni»K
Hing finden; sie fallt in die Mitte des XII. Jahrhunderts.
Gleichzeitig aber mögen wohl schon bildliche Dar
Stellungen des Todes iu leichenhafter Gestalt existirt
haben, denn ich finde in Wigalois (1208—1210) die
Beschreibung (2998 f.) „an sinem Schilde was der tut
gemält vil griulichc". Der Todesgott der Slawen, Flins.
wurde gleichfalls als Skelett abgebildet (Lausilzcr
Monatscürift 1791», p. 21). Die Stelle von der Frau Welt,
welche dem Dichter Wirnt von Gravenbcrg erscheint,
vorn schön und reizend, rückwärts von Gewllrm und
Verwesung zerfressen (Von der Hagen, Gesammtabdr. I,
p. LX1V) ist allbekannt. Am Wonuser Dom findet sich
eine Statue, vorn lieblich anzuschauen, im Kücken vidi
Schlangen hängend, ans dem XIV. Jahrhundert (Palk,
Bildwerke des W. D. Mainz 1871, p. 18). Im Wolfdict
rieh wird der Held von König Balian zu einein Bilde
geführt, „heisset der Tod- 1 , welches er zerschlagt. Fri-
dankes Bescheidenheit spricht im Cap. „von ktlnegeu
und vürsten" (Ausg. v. W. G r i m in, p. 70) : „ir herschaft
duuket mich im wint, stt boese wUnne ir meister siuf,
was sowohl auf die obige Stelle von der Frau Welt als
auf die vielvcrbrcitete Sage von den drei Lebenden,
und drei Todten hinweist, die in den meisten Gedich-
ten und Bildwerken als gekrönte Häupter erscheinen.
Ich verweise betreffs dieses Sujets, nebst der oben citir-
ten Erwähnung bei Sehn aase, vorzüglich auf ßragurl.
pag. .'Ii »9, Douce und A. de Moni aiglon, L'alpliabet de
•la morl de Hans Holbein etc. suivi d'anciens pociues
francais sur le sujet des trois morts et des trois vires.
Paris 1800. 8». Hier nur einige daselbst nicht erwähnte
Darstellungen des Gegenstandes. So ein Fresco in der
Kirche zu Ennezat (Puy de Dome), das dein XV. Jnlir-
huudert anzugehören scheint. Es war im vorigen Jahr
unter den im Oesterreiehischen Museum ausgestellten
SchUlcraufnabmen der Pariser Ecolc centrale de l'ar-
chitecture zu scheu. Aus derselben Zeit datirt ein
Wandgemälde der Martins Kirche iuZalt-Bommel, worauf
die drei Fürsten, vom Jagdgefolge umgeben, die drei
Leichen, rückwärts eine heitere Landschaft. Spruch-
bänder enthalten moralische Verse, deren einer („was
ou nu denkt u cronen draglien, En mach np dil pas niet
mer jaghen u ) nun die Jäger als die Gejagten darstellt,
wie es im Wartburgkrieg heisst (90-4): .der jegerist der
tot benant, er vuerel maneger slahte siuehe au stner
haut". Obiges Gemälde ist beschrieben im Kunstblatt
1847, p. ;>0 f. s . Ich brauche an das, ehemals Oreagna
beigemessene Fresco in Pisa nicht zu erinnern, bemerke
aber, dass schon der Maler des Querschiffcs in derl'nter-
kirehe zu Assisi den heil. Franz gemalt hat, der auf ein
gekröntes Skelett zeigt. Die drei Lebendigen mit drei
Todten finden sich dann später noch häufig, doch in der
Abweichung, dass die letztem von den Keilern nicht in
ihren Särgen liegend angetroffen werden, sondern als
Gerippe ihnen dräuend entgegentreten, eine Variation,
welche den Todtentanzbildwerken ihren rrsprnngdankeu
mag, woselbst immer je ein Tod einem Lebenden zur
Seite gegeben ist. Derartige Kunstdarstellungen sind
u. a. eine Randverzierung des Graduales, bez. Nr. 47,
E. 7, in der k. k. Hofbibliothek, um 149h, wo das eine
Skelett des Reiters Kos» am Zügel leitet, das zweite den
andern anspricht und auf das Grab deutet, das dritte
endlich sieh aus den Lüften mit dem gesiegelten Todcs-
« KU Oamiide »o» »' Fr»«« la Jlfiuc»«» aalf! «bmfallJ die J«^J <t<i
TjoV». daiu die Jleaicnro -le d»< WIM an<«i>c»>g<ulafeaB «ardco
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I.XX.WII
nttheil des dritten heruiedersohwingt. Die drei Lebenden
sind bii-r wieder fürstlichen Hange«.
An« dem XV. Jahrhundert stammt ebenfalls eine
ausgezeichnete Ibindzcicliniiiig holländischen Ursprunges
im Besitz des Herrn Dr. Kr. Lippmunn in Wien; wir
sehen daselbst wieder die drei Iteiter und drei Gerippe,
eine andere desselben Sujets besitzt die Albertina, angeb-
lich von Dürer' s Hand, naeh Waagen (Kunstdenk. in
Wien, II. p. 15«) vielleieht Haldung Grien. Der Stoff der
drei Lebenden und drei Todten erscheint in Dcnfsehlniul
meines Wissen« weder in Literatur noch in bildender
Kunst, während iiamentlieh Frankreieh. dann auch die
Niederlande nnd Italien vertreten sind. In Paris stellte
ihn ein Bildhauer auf Anordnung den Herzogs Jean de
Börry im Jahre 1408 an der Kirche den inuocents dar
i Antiquitt-s de Paris de Dubrcul. l»i.'il>>.
Doch wir haben mit Anführung der obigen Dar-
stellungen dieses weitverbreiteten Stoffes besvits die
gesteckte (iren/e Uberschritten, da man den Pariser
Todtentanz von 1424 als den ältesten angibt. Im folgen-
ilen daher nur noch einige Todesdarslelmngen beson-
derer Gattung vor dem Anfang des XVI. Jahrhunderts.
Ezechiel, cap. 31, vergleicht das von Jrhnvah dem
Untergänge iK-stimmtc Assur mit einem Baume, der dem
Sturze geweiht ist. Dieses Bild, im Vereine mit der Stelle
im Kvangeliiiin vom Aushauen der Bänme und nicht
minder die Verschmelzung solcher Sentenzen der heil.
Schrift mit Erinnerungen von der Weltesehe Ygdrasill
und dem Glanben an den Tod als Waldgeist im deut-
sehen Volke haben die Idee eines Todtenbntimes im
Gegensatz zum Paradieses- nnd Kreuzbaume als den
Lebensbäumen in der mittelalterlichen Ansehannng her-
vorgebracht. Schon zu Ende de» XIII. Jahrhunderts
wurden beide Bäume, dieser mit Engels- jener mit
Tndtenktipfeu als Früchten besetzt, in der Kathedrale
in Trier gemeisselt. (Didron, annal. arch XVI, p. 100.)
Ein Freseo der Kirche zu Amenehaerads Ittala in
Schweden vom Ende des XV. Jahrhunderts stellt den
Menschen auf einem Baume stehend vor, dessen Stamm
ei u r als Leiche gedachter Tod durchsagt, wahrend ein
zweiter mit dem Pfeil auf den Menschen anlegt. (M a Il-
de Igrcen, momiments scandin. du moyen «ge,
p. XVIII.) Beham hat iu einem Stiche gar den Apfelbaum
des Paradieses als Gerippe anfgefasst. Mit dieser Idee
scheint es zusammenzubringen, wenn in den Stichen von
Dürer und Jsr. van Meekenen (Bartsch 184), welche
den Spaziergang eines Liebespaares zum Gegenstande
liaheu, der Tod hinter dem Baume lauert; es ist dies
dann wohl Paradieses- und Todesbaum zugleich. Dass
ferner auch ein Zusammenhang mit jenem Stiche des von
Nagler Hans von Windheim genannten Meisters II. W.
besteht, auf welchem der Tod zwei Greise erlegt, ein
Knabe aber einen nahen Baum in vergeblichem Flucht-
versuch erklettert (Bartsch VI. pag. 312), wäre wohl
denkbar (2. Hälfte des XV. Jahrhunderts), endlich gehürt
hiehcr ein Holzschnitt der lUfbibliotbek circa 1170
(Waagen, l. c. p. 31 1).
Der Kampf Christi mit Tod und Tenfel in der
Unterwelt bietet auch eine Anzahl Todesdarstellnngen.
Auf dem Gerippe stehend, wie er dem Bilsen die Lanze
in den Bachen bohrt, zeigt ihn ein Gemälde zu Sehnee-
berg im Erzgebirg (Waagen, K. in Dentscbl., I. p. 57),
im Dome zu Halbersladt führt der Sieger beide an
einer Kette, aber auch der Tod Adain und Eva, wozu
XVII.
dann der Teufel geigt, das letztere eine Variation der
Todtetitaiizvorstolliiiig(Fiorillo, II. p.]5!»i. Den Kampf
endlich enthiilt wieder ein bei Kalhgeber, Cotlüicr
Mus p. 172 beschriebener Kupferstich, St. Michael'« Streit
mit beiden l'nholden, ein Gemälde Peter Christophsens.
des Schülers des van Eyck. in Berlin.
An die Liebesscenen schliefst sich an der Vorwurf
eines Bildes in der Moriz Capelle in Nürnberg, Adam mit
Tod und Teufel; ferner ein Stich des Mair von Lands
hut, bez. 14!»«» (Bartsc h, VI. p. 3U2 ff.), woselbst ein
Liebeshof im Sinne des Pisaner Freseo gezeigt wird, Uber
dessen Mauer der Tod mit Bogen und Pfeil sichtbar ist.
Mit dein GlMcksradc verbunden erscheint der Tod in
einem Holzschnitte der Hofbibliothek e, 1 -4 7' Die be-
kannte Erzählung von dem Menschen, der in den Brunnen
stürzt und hier vom Tode, Drachen, Einhorn und nagen-
den MJiuscn bedroht wird, welche iu ßaiianm und Josa-
phat, in einem andern ahd. tiedicht (Las s borg, Lieder-
saal I. pag. 252) und von Hllekcrt behaudelt ist, war
einstens gemalt zu sehen im Kloster Lorch in Schwaben.
Der Tod war abgebildet, wie er mit seinem Bogen auf
den Menschen zielt.
Auf Grundlage der schon vom heil. Hieronymus
gctheilien Ansicht, dass das Kreuz Christi auf der
Stelle der Begräbnissstütte Adam's errichtet wurde,
findet sich bereits auf Crueittxeii des Mittelalters am
Fasse des Marterholzes der Tudteiischädel angebracht.
Eine hiiufig vorkommende Auffassung des Todes,
als schneller Heiter, die in ihren tiefsten Wurzeln auf
die Helgakvidha der Edda hinabreicht, auf der zahllose
Volkssageu in Styl der BUrger'sehen Lenore beruhen
(Waekernagel in Haupt nnd Hoffmnnu's nltd. Blältcr
1*35, p. 174 ff.), findet auch in der bildenden Kunst ihre
Bepräsentation. Merkwürdig erscheint jedoch die Dar-
stellung einer Miniatur in einem Andachtsbiiche der
Güttweiher Bibliothek, das Primissor der van Eyck'schcn
Schule zntheilte. Hier reitet der Tod auf einem schwarzen
Elennthiere und schlügt Fürsten. Bettler, Kitter und
Mönche zu Boden. (Vgl. Schmidl, Wien'« Umgebung I.
p. 458.) Vax lätignen ist llbrigens nicht, dass solche Dar
Stellungen auch der Apucal. ti, 8 ihre Entstehung ver-
danken kJinnen. Albert ll<j.
Ein Lamberg'scher Grabstein im Schottenkloster
zu Wien.
.»Iii I flo>I»'hiillt,|
Als in den Jahren 1827 -1835 das Sliftsgebände
der .Schottenabtei umgebaut wurde, ging durch die
damalige Beseitigung des Krouzgaiigcs und seiner Ca-
pellen ein wichtiges Denkmal mittelalterlicher Baukunst
Wiens verloren. Leider ist dieser Verlust ein ganz voll-
ständiger, denn weder im Bild noch durch eine getreue
Beschreibung hat sieh das Andenken an dieses kirch-
liche Bauwerk erhalten. Nur ein kleiner Traet bewahrt
noch die Erinnerung halbwegs au dieses alte Bauwerk,
es ist die Eingangshalle aus der Sacristci in das Pres-
byterium der Stiltskirche , unzweifelhaft ein Stück des
ursprünglichen romanischeu Kircbengebäudes.
Wie ob fast überall in den Krenzgiingen der Fall
war, fanden auch in diesen Kit innen des Schottenstiftes
viele Personen ihre Ruhestätte. Eine grosse Anzahl der
verschiedenst geformten Grabsteine war an den Wänden
befestigt und im Bodenpflaster eingelassen. Ungeachtet
ii
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LXXXYIII
■ler Beseitigung dei Kreu/.gangcs ist eine bedeutende
Anzahl dieser Monumente erhalten geblieben. Freilieh
wohl verloren nie ihren ursprünglichen Standplatz, doch
wurden die meisten in einer neugebauten Capelle, eine
Art Mausoleum, wenn auch nicht in ganz gelungener
Weise aufgestellt, denn theils reihte mau sie in ringst
lieber Symmetrie aneinander, wobei viele mit einem
ganz gleichen Stcinrahtucn ausgestattet wurden, theils
legte man sie wieder in den leiden, ein fllr die Con-
servirung des Denkmals niemals rathsauier Vorgang.
Viele Denkmale fanden in neuerer Zeit ein schtltzen-
des Plätzchen in der geräumigen Gruft , die sich in
drcischilTigcr Anlage unter der Kirche ausdehnt und
selbst bis unter das Prcsbyterium sich erstreckt, woselbst
sie an den Winden in ganz passender Weise aufge-
stellt wurden. Jedenfalls hat das Stift damit wiederholt
gefolgt, in welch" nticrkcmicnswt-rthcr und innstcrgil-
liger Weise es diese Denkmale zu schlitzen sucht. Frei-
lich wohl ging man bei der ersterwähnten Aufstellung
nicht immer mit der erforderlichen rmsicht zu Werke,
daher es kam, dass der Bildn issstein und der Inschrift-
stein eines und desselben Grabmals nicht immer vereint
blieben, wie dies am Monument des Jacob von Landau,
t 1686, der Fall ist; bei einem andern Monumente ist
der Iusehriltstein ganz verschwunden. Dieses Denkmal
soll uns fllr einige Augenblicke weiter beschäftigen.
E« ist jene Marmorplatte. die sieh gegenwärtig an
einer Wand jener Capelle ( Mausoleums 1 ) befindet, welche
sich links an das Langhaus der Kirche anschliesst und
«I» Aufstellungsort fllr eine bedeutende Anzahl von
lirabdenkmälcrn dient. Die Platte zeigt in Hoch-Relief
■las llild eines Kitters, eine ganz geharnischte Figur, das
Visier hinaufgcscblagcu, die Linke auf das an einem
Leibriemen befestigte Schwert gelegt, in der Rechten
eine mächtige, Hatterode Fahne haltend. Zu den Füssen
ein Wappenschild, zugleich der einzige Anhaltspunkt,
um eruiren zu können, wem dieses Denkmal bestimmt
ist, da der Inschriftstein, welcher sicherlich ursprünglich
beigegeben war, gegenwärtig fehlt.
Das Wappen ist vierfeldig mit einem llerzschilde.
Das erste und vierte Feld, der Länge nach gespalten,
ist rechts viermal abwechselnd der Quere getlieilt, das
linke Feld ist ledig, im zweiten und dritten Felde
erscheint ein nach rechts springender Hund mit einem
Halsbande. Im Herzsebildlein sieht man einen gekrön-
ten Kranich. Drei Helme Überdecken den Schild, davon
der mittlere den Kranich, der zur rechten zwei Bllffel-
hömer und der dritte den springenden Hund als Zimier
trägt, also das Wappen des Hauses Lnmberg, Sanen-
«teinischer Linie.
Die im Archive des Schottenstiftes vorhandenen
Atifschreibungen Uber die im Stifte befindlichen und
auch ehemals bestandenen Grabdenkmale benennen vier
Mitglieder des Hauses Lainbcrg, die daselbst ihre Ruhe-
stätte fanden. Es sind drei Frauen, Namens Margaretha,
und Johann Freib. von Lnmberg, dessen Denkmal „ein
Mann im CUrass in Marmor gehauen mit dem Wappen '
sich ursprünglich beim siebenten Fenster des Krcuz-
ganges befand; eben jener Stein, der noch gegenwärtig
erhalten ist.
I ber Johann (auch Hanns) von Lnmberg bringt.
Wissgrill v. 3(50 einige Nachrichten, sowie er auch
die Inschrift des Denkmals mittheil!, das, richtig ge-
stellt, folgcmlcrmassen lautet :
„AnunDmi. ]f>.'!li den H.Juli ist gestorben des Wohl -
geporne HOT Her Hanns von Lamberg herr zu Sannstein
etc. etc. rinn : auch zu l'ngarn vud Bohaimb kllnigl.
Maj.-Rath und deroselb liebsten kllnigl. gcmaehel Obri-
stcr Hofmaister. In Anno Dmi. l. r »37 den 13 Novembris
ist gestorben die Wohlgeporne Frati Frau Margaret!) eine
geporne von Enzestorf Wailand Hern Hansen von Lam-
lierg gelassene Gentaehel.- Dr. K. Lind.
Evangelium-Codex mit vielen kostbaren Miniaturen
und Initialen im Prager Domschatze.
Wenn der im XVI. Rande dieser Milthc Hungen he
schriebenc Codex wegen seines Alters, der Eigciithum-
lichkeit seiner Initialen, und theilweise wegen seines
Einbände* von höchstem Interesse ist, so verdient nuch
der in Rede stehende nicht weniger Aufmerksamkeit,
sowohl weil er uns die Miniatur Malerei auf einer bedcu- .
(enden Höhe künstlerischer Entwicklung zeigt, als auch,
weil seine Anfertigung durch genaue Inschriften chrono-
logisch bestimmt wird. Auch in historischer Beziehung
möchte derselbe grosses Interesse bieten durch seine
Malereien, auf die wir gleich zurückkommen werden.
Das vorliegende Plcnarium ist von ziemlichem Um-
fange, indem die Pergamentblätter 0*266 M. in der Breite
und IKI4 M. in der Länge messen. Wie bei allen Plena-
rien, beginnt das Manuscript mit der f'bentchrift: Beato
Papae üamaso Hieronymus, worauf der bekannte Prolog
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TAX XIX
des grossen BibelUhersetzers folgt. Hieran schliesst sieh
auf 17 .Seiten mit kostbaren Verzierungen und Vergol-
dungen die Evangelien- Harmonie -, uiid zwar ixt diese
(oneordanz, wie bei dem obigen Codex, zwischen kleinen
Saniehen mit Knndareaden nebeneinander georduet. (n
dem Tynipanon jeder dieser Areadeti erblirkt man in
einem Medaillon die Halbfigur je eine» Apostels, der auf
einem Hände einen Spruch deH Symboluin Apostolicum
trägt , wodureli ulso bildlieh die Tradition veranschau-
licht wird, das» die 12 Sendboten vor ihrem Weggange
ans Jerusalem gemeinschaftlich dieses Glaubensbekennt-
nis» verfasst haben. Zu beiden Seiten der Rundbogen
sind interessante Malereien angebracht , nämlich auf der
rechten Seite die allegori«chenI>arntellungen der Tugen-
den, auf der linken die der entgegengesetzten Ilster,
beide mit beigefügter Krklilrung.
Nach der Kvaiigelien-< 'oneordanz folgt dann eine
schöne Miniatur in der Grosse des ganzen Blattes. Von
einem reichen ornamentalen Rande umgeben, sieht mau
in der oberen Hälfte die Madonna, auf einer seil» sitzend,
mit ausgestreckten Armen und eine Frucht in der Uand
haltend; auf ihrem Schosse sitzt in einem runden, gol-
denen Medaillon der Jeauskiiuhc mit segnender Rechte
und geschlossenem Buche. Zur Hechten der Muttergottes
steht Johannes der Täufer, links der Apostel Bartholo-
mäus. Von diesen drei Figuren gehen ebenso viele Spruch-
bänder ans, deren Inschriften jedoch nicht mehr verstan-
den werden können, weil mehrere Ruchstaben ausge-
löscht Rind. Auf der unteren Hälfte des Hilde«, die von
der oberen durch einen schmalen Purpurs trieb getrennt
wird, ersieht mnn rechts Heinrich den Löwen, angethnn
mit herzoglichen < Jewändern , der die Hechte dem heil.
Blasius reicht und mit der Linken ihm ein goldenes Buch
darbietet. Der heil. Blasius, in bischoflichen Gewändern
und mit dem pallium bekleidet, weist mit der einen Hand
nach oben hin ; neben ihm sieht man eine zweite Heili-
genfigur iu pricHterliehen Gewändern ohne nritra. Die-
selbe reicht eine Hand der gegenüberstehenden Herzogin
Mathilde, und auch diese letztere scheint dem Heiligen
mit der einen Hand ein Opfer darzubringen, welches
wie eine goldene Scheibe aussieht. Cber der Darstel-
lung liest man in dem erwähnten l*urpur-streifcn die
Namen jener vier Personen: Heinricus dnx, sanetns.
Blasius, sanetns Egidin«, Mathilda dneissa. Die Darstel-
laug ist in jeder Hinsicht aufs reichste ausgestattet;
sammtliehc Gewander sind bereits so drapirt und die
Dessins der Stoffe so treu gegeben, daus man sieht, dass
dieses Buch zu einer Zeit gesehrieben ist, wo die Minia-
tur-Malerei des Oceidentes zur Selbständigkeit gelangt
war und schon gründlich mit ihrer byzantinischen Mei-
sterin gebrochen hatte, indem auch ein Sinn für Natur-
Wahrheit und ein Interesse für kleine Details sich geltend
macht, l.'m so mehr bedauern wir. blos jene Bildwerke
näher charakterisiren zu können, die ein allgemeines
historisches Interesse bieten, indem die Beschreibung
sonst allzu ausgedehnt würde.
Jedem der vier F.vangclien gehen als Einleitung
vier grosse Miniatur Blätter voraus, deren Itarstellwgcn
dem betreffenden Evangelinm, nnd zwar meistens dem
Anfang desselben entlehnt sind. Diesen reich in Gold
und Silber ausgestatteten Miniaturen reiht sich dann
jedesmal das Bild des betreffenden Evangelisten an, der
unter einer schönen architektonischen Uberwölbung im
Style des Kleeblatt bogen» sitzt und seine frohe Botschaft
verfasst; sodann folgt das erste Wort des Textes, dessen
Initial-Buchstabe durch seine wunderbar reiche Ausma-
lung und Verzierung eine ganze Seite füllt ; ausserdem ist
das folgende erste Blatt des Evangeliums mit goldenen
Buchstaben auf Purpnrgrund geschrieben . der Übrige
Text aber in Minuskel-Schritten, die nur am Anfange
der einzelnen Capitcl schöne goldene Initialen zeigen.
Eine sehr schön ausgeführte und selten vorkommende
Verzierung befindet sieh auf dein breiten Kunde der
Blätter. Unter einem auf zwei Sänlchen pesteilten Rund-
bogen nämlich hat der Schreiber hier zu den einzelnen
Capiteln und Versen alle ähnlich oder gleich lautenden
Stellen angeführt und durch Striche getrennt, die in den
anderen Evangelien vorkommen.
Die Minuskel -Schrift, mit einer Menge von l'ucial-
Bnchstaben in (lold und Silber verziert, ist sehr deutlich
nnd flicssend geschrieben und mit wenigen Abbrevia-
turen versehen, die überdies nach einem stetigen Gesetz
geordnet sind.
Betrachtet man den Überaus kostbaren Heichthum
dieses Plcnuriuins, so kann man nur annehmen, das« ein
so grossartiges Schriftwerk auf Geheiss eine* kunst-
sinnigen Fürsten entstanden sein muss, der es aus eige-
nen Mitteln von der kunstgeUbteB Hand eines Meisters
anfertigen lies.*, und in der That besagt die Darstellung
auf dem erwähnten grossen Bilde ziemlich deutlich,
ilass dieses Werk im Auftrage Heinrich des Löwen ange-
fertigt wurde, und zwar, wie wir weiter unten sehen
werden, als Votivgesehenk für eine Henectinerstithmg in
seinem Lande, der er und sein Haus besonders ztige-
thati war. Die Darstellung zeigt nämlich, wie Heinrich
und Mathilde den heil. Blasius und Egidius, den patro-
nns primarins. und secundariiis jeuer Stiftung, das vor-
liegende Buch überreichen.
Eine andere Scene, welche sieh auf dieselbe her-
zogliche Familie bezieht , ersieht man auf einem di r
sechs prachtvollen Blätter, die dem Evangelium des heil.
Johannes vorangehen, wo die Belohnung des Stüters
und seiner Gemahlin im Himmel dargestellt ist. In
der unteren Abtheilung nämlich kniceu Heinrich und
Mathilde, beide in ihrem reichen herzoglichen Schmuck
und in der Hand ein paeilicale in Form eines kleinen
Kreuzes haltend. Ans den Wolken reichen die beiden
Hände des himmlischen Vaters hervor, die zwei goldene
Diademe (ohne BUgcl) entgegenbringen. Zur Seile beider
Knieenden stehen die Ahnen de* lK treffenden Geschlech-
tes. Über dieser Apotheose, die in Rchöner Weise jenes
..Komm du getreuer Knecht ! 4 vcreinubildet, sind wieder-
um in einem weissen Treniiungsstreifen die Namen der
dargestellten Personen angegeben: zunächst liest man
an den betreffenden Stelleu wieder: dnx llenrieus.
dneissa Mathilda. Auch der Vater Heinrich des Löwen,
der hinter aeinern Sohne steht, wird in der Überschrift
dnx Henrieus genannt; es ist dies Heinrieh der Stolze,
Sohn Heinrich des Schwarzen von Bayern. Sänmitliche
Figuren tragen in der Rechten, gleich den beiden
Knieenden , ein kleines goldenes Kreuz ; dies soll
bedeuten, dass alle diese Personen durch ihren leben
digen Glauben an Christum- den Gekreuzigten zum
ewigen Leben gelaugt sind, gleichwie es bei den Dar
Stellungen grichischcr Kaiser oft heisst r 'E> X&wi
irejTif. Zur Seite der Herzogin Mathilde erblickt mau
Heinrich II. von England , ihren Vater, nnd Mathilde,
ihre Mutter; diese Namen gibt nämlich die Inschrift an.
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xc
In der oberen Hüllt«' erblickt man den Heiland von
jenen Heiligen umgeben, die in der Abteikirclie beson-
ders verehrt wurden, und zwar steht auf der einen Seite
Johanne» Baptista Kämmt den Heiligen Blasius und Geor-
gius. auf der andern der heil, Petrus und Bartholomäus,
und darunter die Heiligen Crcguiru* und Thomas (letzterer
wahrscheinlich der Erzbischof von Canterbury mit dem
Pallium). Der Heiland sagt, mit ernstem Antlitz zu den
Heiligen gewandt und mit Bezug auf die knieenden
Geschenkgeber: tJjti vult venire post ine, nlnieget «einet
ipsnm et tollat erueem suam et sequatur nie.
Das folgende Bild, obwohl nicht historisch, ist doeh
wegen «einer originellen Darstellungsweisc merkwürdig.
Mit Bezug auf den Beginn de» Evangeliums: „In priu-
eipio erat verbum-* hat der Künstler hier in einer
grossen Miniatur die Schöpfung dargestellt. In der Mitte
thront majestätisch der Heiland, sitzend auf dem Regen-
bogen, mit erhobener segnender Rechten und dem Buc he,
worin der Spruch aufgeschlagen ist: Ego Dominus oiimia
lacietis haee. In den vier Ecken der von einem Gold-
rand niiizogenen Darstellung ersieht man die Halbtigurcii
von vier alttestanientlieheu Personell, deren beigefügte
Sprüche sich auf die Macht des Herrn und seine herr-
liche Schöpfung beziehen; Moses: In prineipio ereavit
Dens coelum et terram; ihm gegenüber David: Verbo
Douiini coeli eontirmati sunt et spiritus or'w ejus; unten
rechts Salonion : Ojii vivit iiitemum, ereavit omnia simul,
links endlich Boetius: Stabilis.|ue immens dat euneta
moveri. Den Schöpfer umgeben die Symbole des Evan-
gelisten , welche auf Spruchbändern die Anlange de*
betreffenden Evangeliums zeigeu. An die ovale Einfas-
sung des Heilands in Regeubogenfarhen lehnen »ich
sechs Medaillons au, iu welchen nach der Reihe die
sechs Tagewerke der Genesis auf sehr originelle Weise
dargestellt und durch HinzufUgung der betreffenden
Worte der heil. Schrift erläutert sind.
Deutlicher noch als durch die beiden erwähnten
Vollbilder werden die näheren Umstände der Anfer-
tigung unseres Evangelislarium in einer merkwürdigen
Inschrift angegeben, die »ich auf dem ersten Blatte des-
selben in goldenen Buchstaben befindet und in leonini-
schen Hexametern abgefasst ist. Der Reimschmied, der
gerade kein Meister in der Metrik und Prosodie ge-
wesen zu sein scheint, hat dem ohnehin nicht sehr
classischcii Latein Überdies noch manche Gewalt ange-
than, um Rhythmus und Reim leidlieh zu Stande zu
bringen. Diese Verse besagen also, das* Heinrich und
Mathilde, deren Geschlecht augegeben wird, die Ge-
schenkgeber dieses Buches seien; sie verbreiten sich
weiter über die Tugenden des Herzogs und belehren
uns endlich, dass dieses prachtvolle Werk dem Klo-
ster von Hehmvard (Helmwardense) unter dein Abte
Konrnil II. zum Geschenk gemacht worden ist und dnss
sein Verfertiger Hermann hie**; das Jahr der Entste-
hung ist nicht angegeben. Wie uns scheint, ist dieses
kostbare Miniaturwerk erst in der s)Mitcrcn Regierung*
zeit Heinrichs des Löwen angefertigt worden . als sich
Heinrich nach zurückgelegtem thatenreiehen Lebenslauf
und nach seiner Rückkehr aus dein heil. Lande f 117:?')
mehr den Werken des Friedens und der Religion wid-
mete. Dafür zengt die hohe Entwicklung der Conipo-
sition in den Figuren und den prachtvoll stylisirten
Ornamenten, wie wir sie nur im letzten Viertel des XII.
Jahrhunderts zu seheu'gewohnt sind.
Es dlirfte nicht schwer werden zu ermitteln, wo
jenes Kloster liegt, dem dieses tiescheuk zu Theil
wurde und welchen Namen es heute trägt. Vielleicht ist
hier da« heutige Helmstildt zu verstehen. Dass dieses
Beuedieliuerstift nicht weit von Braunschweig, der Resi-
denz Heinrich des Löwen, zu suchen ist, durfte daraus
hervorgehen, dass als Hauptpatron desselben der heil.
Blasius angegeben wird. Uber dessen Grab Herzog Heiu
rieh die Burgkirche zu Braunschweig errichtete, die er
ebenfalls mit den herrlichsten Wandmalereien, die den
Figurutiojicn unseres Manuseriptes ähnlich sind , deco-
riren liess.
Eine andere Frage, deren Lösung schwieriger sein
dürfte, wäre die, ob der KUnstler auch noch andere
ähnliche Werke angefertigt habe und ob er es wirklieh
sei, der sich in jenen Wandmalereien mit gleichem
Kunstgesehick versucht habe. Uns dtlnkt es nicht
unwahrscheinlich, dass der Maler, der so Grossartiges
iu Compositiou und Ausführung geleistet habe, wie
das die zahlreichen Miniaturen des Codex zeigen , »ich
auch in grösseren Wandmalereien versucht habe. Ein
genaueres Studium dieser merkwürdigen Wandmale-
reien, und ein längerer Vergleich derselben mit den
Malereien in unserem Plcnarium , haben uns deu Ge-
danken nahe gelegt, als ob unser Meister Hermann
auch der Schöpfer der Wandmalereien in der Burg-
capelle des heil. Blasius zu Braunsehweig gewesen
sein könne. Zu dieser Ähnlichkeit der Composition und
Stylisirung kommt noch der Umstand, dass auf dem
zweiten Dedicationsbilde, unter den Heiligen, die den
Heiland umgeben, auch der zu Schluss XII. Jahrhun-
derts auf dem ganzen Continent berühmte Märtyrer
Thomas von Cauterhury dargestellt ist. In der St. Bla-
sius-Kirche iiitmlieh ist das Lehen eben dieses Heiligen,
der in jenem Lande das Martyrium erlitt, wo aus könig-
lichem Blute Mathilde entsprossen , in einem grossen
t-'yclns an der Epistelseite dargestellt.
In Hinsicht der Kostbarkeit dieses Werkes, sowie
seiner äusserst guten f'onservirung, wllssteu wir dem-
selben nur jene fünf ebenfalls dem XII. Jahrhundert
angehörigen Codices zur Seite zu stellen, welche sieh
bis zur Stunde im Kirchensehatze zu Wintershcim er-
halten haben und deren sechster Band, der das Werk
erst vollständig macht, sieh im Besitz des Grafen von
Fllrstenberg beiludet. Diese Codices könnten als das
Grossartigste betrachtet werden, was uns die Schreiber
und Miniaturen aus jener Zeit Uberliefert haben.
Das eine mnss jedoch beklagt werden, dass zu
unserem Manuscripte der ursprüngliche Einband , der
gewiss sehr kostbar gewesen sein muss, nicht mehr
vorhanden ist. Vielleicht mochte er schon gegen Schluss
des XVI. Jahrhunderts durch feindliche Plünderung,
weil er von edlem Metall war , verloren gegangen
sein. Auch ist möglich, das« er sieh damals iu einem
sehr desolaten Zustande befunden habe, so dass er in
den Augen der Renaissance kein Erbarmen fand und
durch einen neuen ersetzt wurde. Im Buche selbst findet
sieh nämlich vor dem Evangelinm des heil. Marcus die
Notiz, dnss Georg Pontanus von Preiteuberg der Ge
schenkgeber dieses neuen Einbandes gewesen ist: Hnnc
libruin laceraium dintissimeque in suo loco eapitulari
negleetum iu honorö dei omnipoteutis , beatissiinae
Mariae virginis et sanetorum patronorumRohemiae hono-
ris, nmoris et gratitudinis ergo holoserico rubro. argen
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tca orticf ctiiu Maria et Johanne, cum evangclistis, ange-
Iis tituloqne pntronorum, cristullo snnetorum Marci evan-
gelistae et Sigismundo continente, clausuris competen-
tibu* additis reverendissimi ac illustrissimi prineipis ac
domini domini Sbigpeg Bercne Archiepiseopi Pragcusis,
vcncrabili* capituli et meis insigniis, propriis meis sum-
tihnB ad nsum votivarum penes ». mclrop. etelesiam exor-
nari feei Georg Pontanns a Praitenbcrg, S. M. Eeclcsiac
Dccnnns. Ao. litV<4.
Sehr wahrscheinlich ist es, dass der grosse Protec-
tor der Präger Kirche, Karl IV., auch dieses kostbar«*
Manuscript auf sciueu ZUgen erworben habe, da es
sonst nicht gut erklärbar wäre, wie dieses im Braun-
schweigiselicn angefertigte Kunstwerk in Besitz der
Präger Kirche hatte gelangen können. Dieses Plenaritiin
seheint schon bei Anfertigung des Inventar« von 1.587
vorbildlich gewesen zu sein nnd zu jenen drei gehört zu
haben, von denen das von uns wiederholt erwähnte Ver-
zeichnis» sagt : Item tria de eborc cle. l>r. Fr. /W .
Römische und mittelalterliche Kunstschöpfungen am
Fusse des Wechsels.
'Mit i iiouifhum/i
Ich gebe mit Nachfolgendem einige Notizen Uber
alte Kunstwerke aas Ober-Steiermark, die Hieb in der
({egend zunächst des Wechsels finden.
Die im übrigen einfache spflt-gotliisebc Kirche in
Fried be rg ist, gleich dem allein noch erhaltenen acht-
eckigen Chor jener in Pinka ein gewöhnlicher gothi-
scher Ban. Die erstere jedoch wieder durch eine eigen-
thllmliche Stellung der beiden {Strebepfeiler an der Vor-
derseite beachtenswert!!, welche nicht im Winkel auf
die Fläche, Mindern senkrecht auf die Facade, in der
Art stehen, das* sie an den Ecken nicht gegen die
Seite gerückt sind, also in der Verlängerung der Ausscn-
wiinde des Schiffes.
Einen grossen Ocnuss gewährt der Anblick des
neben der einen dieser Streben eingemauerten Uli in er-
st ei nes, eines höchst bedeutenden vornehmen Kunst-
gebildes. Kenner hat in seiner Abhandlung Uber Nori-
eiim und Panuonia im Jahresbericht 1870 des Alter-
thums- Vereines p. 9*» gezeigt, dass Uber Ehrenschachen,
Dechantskircben und Friedberg sieh eine Römerstrasse
nach dem I'ittcnthale wandte; ob Schmie dl mit Recht
Friedberg das Solva der Homer nennt, oder ob dieser
Name nicht richtiger dem Orte bei Leibnitz ziizuthcilen
sei, vermag ich nicht zu benrtheilen. Genug, Friedberg
war sicher eine Station des romischen Heere», hier
wurden auch andere Inschriftsteine gefunden. Von
grossein künstlerischen Werth« aber iRt ohue Frage der
hier zu besprechende, an der Stirnseite des Gottes-
hauses. Es ist ein feiner gelblicher Stein von links
unten nach rechts oben und zwar fast bis zur Ecke
daselbst gebrochen , so dass beinahe die ganze untere
Hälfte fehlt. Den grosseren Theil des noch erhaltenen
nimmt die schöne Sculptur ein, das Übrige ein Dreieck,
zeigt noch eineu der beiden Pilaster, welche den In
schriftrauni einfassten. und zugleich die Träger des
Keliefs oben bilden. Das erhaltene Blättcr-Capitäl mit
starkem Abakus hat beinahe romanisches Gepräge. Zu-
nächst nun liegt Uber diesen Pilastcru ein Streifen von
"der halben Breite des darüber befindlichen llauptbild-
teldcs. Der erste ist ein wahrer Zoophorisui im eigent-
lichsten Sinne des Wortes, denn man erblickt darauf,
von links nach rechts, erst einen Jagdhund, der mit
gekrtlmmtem Klicken auf einen fliehenden Hasen zu-
sehiesst, vor welchem ein rebartige» Thier in gestrecktem
Laufe davoneilt. Die Gestalten derThiere, wie das Ganze,
in leichtem Relief dargestellt, sind von wnndervoller
Xaturwahrheit, mit graeiösester Feinheit in der Bewe-
gung, gelenk, zierlich und fast Übersehlank in den Verhält-
nissen. Das obere Feld zeigt inder Mitte einen Reiter nach
rechts gewendet. Das herrliche Ross greift mit dem linken
Fusse nns, alle Glieder sind fein, wie gedrechselt, und
desgleichen fast zu dünn, schlank und elegant in den
Formen. Die Bekleidung den barhäuptigen Reiters ist
leider nicht mehr gut zu unterscheiden, seine Linke
hält den einfachen Ztlgel des sonst ganz unbedeckten
Thieres , die Rechte aber schleudert in der trefflichsten
Bewegung den Jagdspeer Uber den zurückflatternden
Mantel hinter sieh. Wir sehen das Geschoss im Rücken
eines, wie mir scheinen will, bärennrtigen Thieres
stecken, welches links am Rande des Reliefs unter einem
schon ganz romanischen Baume zur Hälfte sichtbar wird.
Wie es sich wendet, um dem todbringenden Wurf zu
entgehen, ist wieder mit meisterhafter Einfachheit in
der Zeichnung gegeben. Fnter dem Pferde läuft der
Windhund des Jägers, ein reizendes Thierchen, voll
Schwung und Elasticität in der Bewegung, ein zweites
Jagdwild entflieht zur Rechten, wo ein Baum in sym-
metrischer Weise den Rahmen bildet. Die Inschrift des
sehr interessanten Werkes, so weit ich sie entziffern
kann, lautet :
M . ATT1VS . C
VET . LKC
AN'L ......
Sc bloss Thalberg bei Dcehautskirchen.
Ehe ich meine Beobachtungen in diesem schonen Beste
der Vorzeit raittheile, — einen Klageruf Uber die ärger
als barbarische Devastation des in mehr als einer
Hinsicht interessanten Baues! Im Jahre 1848 noch
bewohnt, blieb das Schloss einige Jahrzehnte einfach
verwahrlost, im gegenwärtigen Augenblicke aber wird
ans den traurigsten Motiven der praktischen Gegenwart
alles zerstört und veräussert, — das Tausend Ziegel um
10 fl.ü Der Plafond, das schone romanische Portal,
das Relief, von welchem ich sogleich sprechen werde,
letzteres mit den Portraits zweier in der Geschichte
Österreichs bedeutender Personen, werden in knrxem
vielleicht vernichtet, oder im besten Falle zum Theil
Uber die Gränze gebracht sein, wie es beinahe schon
die Regel ist mit allen KunstaltertliUmern unseres Vater -
landes. Hier thäte schleunige Hilfe dringend Noth. Mit
verhältnissmflssig wenig Geld wäre das ganze Schloss
in einen herrlichen alterthUmlichen Wohnsitz uiuzu-
schaffen gewesen, bevor die rohe Gewinnsucht und der.
Unverstand Hand anlegten au seine gewaltigen Mauern.
Nun werden die Wände der zahllosen alten und neueren
Oemächer eingerissen, um Ziegel, die Dachstühle abge-
tragen, um Balken für einen zu erbauenden Meierhof
zu gewinnen. — es ist ein Anblick znm Erbarmen!
Drei Epochen, die romanische, die gothisebe und
die Renaissance-Zeit, haben noch Spuren in den üden
Räumen zurückgelassen, von denen ich die bedeutendsten
in kurzem anführe. Der ältesten Zeit scheint der aus
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mächtigen Quadern gebaute viereckige Thurm anzu-
gehören, desgleichen einige des Souterrains und das
schön omnmentirte kleine Kuudhogcn- Portal romanischen
Styles. Ks wird von zwei niederen , runden iialbsiiulen
getragen, auf deren glatten Schäften verschieden deeo-
rirte Capitäle sitzen; dn8 eine ein Knosp cn-Capitiil , das
andere mit Perlenschnuren geziert, Gleich daneben fand
ich im Grase liegend eine nuten abgebrochene, jetzt
halbkreisförmige Kclicfsculptnr von rüthlichem Marmor.
Sie zeigt zwei runde, von Hlatt-4 )niamenten umgebene
Medaillons mit den reiclicostilmirten Brustbildern eines
Mannes nnd einer Frau aus der ersten Hallte des
XVI. Jahrhunderts. Uie Tracht ist interessant, die tecli
nische Ausführung vtillig in dem angenehm-kräftigen
Styl der deutschen Iieuaissanrc, vor allem aber stimmt
die Inschrift freudig, in diesem Gränel der Verwüstung
freilich auch wieder betrübend: Itarbara von Kottal,
Freyin uul'Talbcrg. Sigismund von Dictriehstein.
Möehti' doch diese Krinnerung an Kaiser Maxens Liebling
und die berühmte Doppelhochzeit gerettet werden •!
Daselbst ein in der Weise des XV. Jahrhunderts
zierlich verstiibtes Fenster mit Blattwerk. Als Uhr-
gewicht im noch benutzten Thurm erblickte ich das
Hruchstilek eines romanischen Siiulenkopfes. Von Inter-
esse war mir ferner der im Augenblick meiner Anwe-
senheit (August 1^71) noch völlig complcte Plafond
aus schon tiefdunklcm Holz, cassettirt, mit Halbkugcln.
die in die Tafelfelder eingesetzt sind, eine saubere
Tischlerarbeit, wohl ans der zweiten Hälfte des XVI.
Jahrhunderts; die gothische Capelle mit vier mehrfach
gegliederten Wappen - Consolen und Kreuzgewölben,
zwei Spitzbogenfenstern und einer stattlichen, anf zwei
Pfeilern ruhenden steinernen Kmporc. Kin kleiner Vor-
raum bat nette Sterngewölbe, die Decke eines grosse-
ren hullenartigen Xebengemachc* wird von einem
gothischen, mit Cnnuelirungen geschmückten Pfeiler
gestützt. Kin zweiter Plafond besteht blos aus gewöhn-
lichen Liingciihulkcu, ist aber dadurch interessant, dass
in der Uiiigenrichtung derselben got Irisches Hauken
ornnmeiit eingeschnitten ist , welches noch ganz den
Typus des XV. Jahrhunderts zeigt. Der vierseitige Hof,
jetzt ein Bild der Zerstörung, muss einst Uberaus traulich
* IlUirr WtiBt»rti Ul lirrHtt « rfiiltt; du lUlltf ' ! »Irh In VVI,n
m. II. .1 ■ flu,« warm™ drr P ■ kmal* 4«r Varganilriihtll, *lu#«
\U1111m , Jim i» gvlang ••> unii'i.v» «,-riiitall« Stil*» Alorttkunt tu »»nairlii.
d*r «um rl>!hiiiie«i V«r»ta»diil»a fclatirt. dltar- <.'rrn.ui.dr tu »ärdMcrB ««Im
mad Ihai-e i In •ehDlxri.dri Afjl ;< «lhn. Lln Irltrtiif, *li-r itwrli4liinunii>
wIiMgn in») Iii.
H
gewesen sein. Kin sehr schöner, noch gothiseher Krker
auf zwei facettirten C'onsolen, daueheii der Itrunnen.
und nach der Längsseite hin ein hölzerner Laubengang
deutschen Bcnaissancestyls mit geschweiften Säulen,
von denen nun eine bereits hinabgestürzt ist. Die bei-
gegebene Abbildung zeigt uns die Burg von der Süd
ostseite.
Stift Vorau. Der jetzige Gendarmerie-Posten ist
ein altertümliches Hans mit zwei steilen Treppen -
gieheln und Spnrcn einer i jüngeren") Bemalung. An der
Ortski rehe haben nnr noch einige Lücken und Fenster-
chen Spitzbogen , der Thurm einen Zahnschnittsims und
gothische Schalllöehcr. Der sechseckige Chor ans dem
XV. Jahrhundert mit Streben und einfachem Kleeblatt-
Ornament in den Fenstern ist gut erhalten. In der Stifts-
kirche erregen die zahlreichen Hanristeingrabmäler von
Protisten des XVII. und XVIII. Jahrhunderts höchstens
in Hinsicht auf das Costümc nnd durch die Beobachtung
einiges Interesse, dass die Weise des XV. und XVI. Jahr-
hunderts, die Darstellung des Verstorbenen als stehend,
respeetive liegend, noch beibehalten ist. Sehr schön
dagegen muss der grosse Stein des Sigmund v. Hottal,
l-lxti, genannt werden, welcher in einer Seitencapcllc —
mirabile dietn! umgekehrt eingemauert steht. Darauf
linden sich zwei Wappen mit mächtigen Helm/.icrrieii
in starkem Kelief aus dunkelrot hem Marmor gearbeitet.
In der Bibliothek sab ich n. a, eine ganz interessante
deutsche Bibel von 14i>7 mit colorirten Federzeichnun-
gen von einer zwar derben . doch nicht kunstlosen
Hand ausgeführt , welche namentlich in Betreff der
Trachten, der dargestellten (ieräthe etc. von Werth zu
sein scheinen. Im Klosterhofe steht ein Kusscrst kunst-
voller Ziehbrunnen mit schnriedeisenicui (lehilnse, jenen
in Sebenstein. Nenstadt, Wien und Stixenstein ver-
wandt, ans der Mitte des XVI. Jahrhunderts, eine reiche
Schlosserarbeit voll origineller Motive.
Athert J/ff.
Grabmale zu Weinsteig in Sieder-Österreich.
In der kleinen Kirche zu Weinsteig, einer Filiale
von Knrnabrunn, befinden sich zwei Grabdenkmale,
deren Kxistenz in weiteren Kreisen kaum bekannt sein
dürfte.
Das erste ist dem Andenken des l'lrieh Dachsen-
beck Ii gewidmet und befindet sich im mitlereii (lange
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xcin
des Langhauses dieser Kirche im Bodenpflaster, wo er
jvil» eh keineswegs eiue Graft oder Grabstatte Über-
deckt, denn der Bau dem Langhauses gehört dem XVII.
ja vielleicht dem XVIII. Jahrhundert an, und ist ein
einfacher Vorgrössernngsbau.
Eine rothc Marmoqdattc von i> Fuss Höhe nud
:t Fuss 4 Zoll Breite, enthält folgende in Lapidaren
geschriebene Inschrift: „Hie ligt begraben der | edel
vnd vest Ulrich | Tegspeckh riter ist | gest am Tag
nach »ant Michel | stag MCCCCLXXXXV jar | dem
Gott genad-. Darunter da* Wappen, ein horizontal
gctheilter Schild, oben ein recht» gewendeter Halb-
mond, unten ein gemutetes Feld. Darüber der Helm
mit geschlossenen Flu« mit den Schildfeldcrn.
Wissgrill berichtet in seinem Werke Uber den
nieder -österreichischen Adel II, p. 188 auch Einigen
von dieser Familie, die er I)achf>cnlieckh nennt, und
auch Uber den Ulrich, der Herr des Schlosses zu Kar-
nubrunn war, ohne dessen Todesjahr und Ruhestätte
anzugeben.
Der zweite Grabstein befindet sieh im Portal-Vorbau
dieser Kirche, eine Sandsteinplatfe von il Fuss Höhe
und I Fuss 4 Zoll Breite. Oben das Wappen, darunter
die Inschrift : „Hie ligt begraben der Edell vnd gestreng
herr j herr Casper PernstorlTer vou Poppen /n eam
abrunu ist gestorben j den (i. Tag Oetobris im l. r »!H> Jar-.
Das Wappen ist vierfeldig, im ersten und vierten zwei
gegen einander gerichtete MUhlrad.Htttcke i V) im zweiten
und dritten eine gekrönte Jungfrau mit einem Kranz in
den Münden. Dartiber zwei Helme, einer mit einem
geschlossenen Flug, darauf die Figur des ersten Feldes,
am zweiteu eine wachsende Jungtrau (zweites Feld).
Caspar lYrostorfer war vermählt mit Hegina von Daeh-
senbeck , eine Tochter des Christoph Dachsenbeek.
Funde von Römereteinen.
L
Zwischen ltovigno vallc und Canlanara im südli-
chen Istricn, an einem „römischen Kreuzwege", wurde
ein Stein mit folgender Inschrift gefunden:
SKIXOMNIAI
LEVCT1TCAI
POLATES
Der verstorbene k. k. Conservator Kandier deutet in
einem diesbezüglich vorgelegten Berichte diese In-
schrift als auf eiue Thrakerin Namens Sichomnia Lcu-
eitica bezüglich, welcher die Einwohner vou Pola cbeu
diesen Denkstein widmeten. Wichtig ist dieser Stein in
sofern, als er der weuig zahlreichen Reihe von epigra-
phisehen Denkmalern aus der Zeit vor Augnstus ange-
hört, worauf die Dative AI statt AE deuten. Kandier
setzt diesen Stein hinsichtlich seiner Entstehung bei
lautig in das Jahr .10 vor Christus.
II.
Der k. k. Conservator für die k. k. serhisch-bana-
ter Militärgrenze Dr. Z. G r u i c hat zur Anzeige gebracht,
das« er im Laufe dieses Frühjahres drei Inschriftsteine
aufgefunden hat.
Die Inschrift des ersteren lautet :
I. A . . .
KIC HE
AITUAi
NUAHTAIl, ....
MnirPTurnii, . .
THLKIIIAOCLTPIA..
LAPAKUNTAMIKi
HHIIACTIIMTrUV
ii.\AKA4>nr.ArrT
®
Die InschrifttlHehe hat eine Höhe von 13 und eiue Breite
von IC) Zoll. Die BucbMabeu sind 1',, — 1 Vi Zoll hoch,
von magerem Aussehen und »ehr verwischt. Diese Platte
aus weissem Marmor wurde vor etwa fönf Jahren auf
dem römischen Friedhofe gefundeu; ihr gegenwärtiger
Standort ist der Hofranm des Hauses Nr. -IbG zu Mitro-
vitz, wo sie als Pflasterstein benutzt ist.
•2. ^ FVIT ^ IV\ENiS
A * SYKIA /v GENiTY
IX ^ VITA/vET^OMN
DO a EST /s ALIQVA
ET /n I"VIS /\ STYGIVS * i
\ /v OSSVA /v PRJKCOR /v
ST KXTiNCT
VEQVE /n HiL
Diese sehr mangelhafte Iusehrill befindet sieh auf einer
12'/, Zoll langen, 14 Zoll breiten und 2'/, Zoll dicken
gelhlichweissen Marmortafcl, die im Besitze des Schuh-
machers Paul Kadovanovic ist, und von ihm im vorigen
Sommer am Ufer der Save gefunden wurde. Die Buch-
staben sind 1 — lv» Zoll hoch, von magerem Aussehen
und niittclmliSBigcr Arbeit.
». MIVVTNLV
STANTLV
YIXITANN
SITINPAC
Diese Inschrift wurde von einer weisseu Marmortafcl
abgeschrieben, die sieh im Hause Nr. 477 befindet. Die
Schriftnächc ist 10" hoch, 15" breit. Die Buchstaben
haben eine Höhe von I«/, ", sind breit und verrathen
eine gute Hand. Fnudort unbekannt. . . . m. . .
Die Familien Gundlach und öundeL
tln» i|>f:uilkl»toriitl,< Slu4lf von l>r tm« tMtu » Iii nein n Inn.
c i ■ a t h ul 6.
lUll 7 HcUKkaiu».]
Unter diesen Namen sind hauptsächlich drei ver-
schiedene Geschlechter bekannt, welche bisher häufig
miteinander verwechselt wurden und welche genau zu
sondern, Zweck der folgenden Zeilen ist. Die zuerst
Erscheinenden sind die österreichischen Gundcl, auch
Gundloch und Gundlach des Käthes zu Wien, welche
von \ i x &\ bis 1505 daselbst vorkommen. Von diesen hat
der Gundclhof seinen Namen erhalten.
An sie scbliesseu sieh sodann die Gondel, von
denen Dr. Philipp aus Bayern nach Wien kam, wo er in
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den Adelsland erhoben wurde. Hin sowie Keine Gemahlin
und Töchter finden wir (in Wien) zwischen 1511 und
1586. — Dann tritt nach einer hundertjährigen ranne
zwischen 1684 und 1705 eine Reihe zusammengehöriger
Guudel und von Ouudel als Wiener Ruthsherren und
Hausbesitzer auf, von denen allerdings nicht bekannt
ist, ob sie mit den» Voriicnanntcn einerlei Stammes sind
oder nicht. Dieser ganzen Abtheilnng aber sind die
diversen Epitaphien bei St. Stephan und St. Michael
zuzuweisen.
Endlich blüht noch heute in Mecklenburg ein alt-
adeliges Geschlecht Namens Gundlaeh, von dem auch
in Rayern and Preussen Mitglieder aufmachen und
welches mit den erloschene« österreichischen Namens-
vettern gar keinen Zusammenhang hat. Ihnen gehört
die achteckige Silbermedaille mit den vier Ahnenschil-
den an. Die beigegebenen drei ganz verschiedenen
Wappen separiren diese Familien auch heraldisch ; dazu
kommt noch ein viertes der Salzbnrger Oundel (a. 1 4oO).
ein fünftes eines Hanns Oundel (d. a. I400i und ein
sechstes eines Hanns Gundlnch (d. a. 14r>.">) — von
denen jedoch nichts weiter zu eruiren war.
I.
Die Gundlaeh des Rathstandes zu Wien.
1296 — 1505.
Dieses Geschlecht Gundcl. Gundloch oder Gundlaeh
ist österreichischen Ursprungs , erscheint urkundlich
schon ziemlich frtlh und erlangte eine gewisse loeale
Redeutung. Der Erstbekannte war der Münzmeistcr
Gundal.oder Gundel in Wien anno 1296— 1100 i, der
vielleicht schon den Grund zum späteren Flor der Fami-
lie gelegt haben mag. Allein das gauze XIV. Jahrhun-
dert hindnreh finden sich keine Aufzeichnungen Uber
seine Nachkommen ; erst zwischen 1415 nud 1430 taucht
l'lrich Gundlacher auf, und zwar von 1415 bis 1429
als Kirchentneister von St. Stephan ». von 1416 oder 142h
bis 14.10 als Mtlnzmcister» und 1422 als Rllrgermeister »
rra Wien. Derselbe war anno 1420 auch Judenrichter 1
zu Wien, wie folgende, bei Schlager« abgedruckte
Stelle beweist: „Am mittiebn A«Hiiinptioois Marie 1420
bekennt die Jüdin l'clchinu von Salezpnrg, dass sie von
Christ an Reiehl. F.isenzieher. bezahlt w orden, imd daher
die Schuldvormcrkung auf sein Haus im Stadtbuch Zö-
llschen ist. Diesen Brief siegelt mit seinem aufgedruckeh-
ten petschnt der erbe weise her Vlrcich der Gundlaeh
Münzmeister und Jndcnrichter."
In den Verrechnungen der Ausgaben während der
Wiener Feldzllge ' ad an. 1426 heisst es: „Ausgaben
auf den Zug der Hussen. So stet i kostet ) die Raizz mit
dem Grundlacher (soll Iltisse» Gundlacher) vnd Hützel
gen Entzestorff uiidcrm rtlsenberg circa festum pasce
mit für ^ Wagentransport) vnd andere notdurft . . . 95 iT-.
Im Archiv der Stadt Wien hat sich Hoch eine Ur-
kunde dieses Namens erhalten, welche mir durch die
Güte des Herrn Archivars Karl Weiss zugänglich
Flir. I
p S7.1.
p. 3. Aam„»t»i>( I
kmiii »kr« «r
1 rirblerhk». C.trrMWht» dar Stadt Wii
* T» ab i »e Ii k a , der Sl. Slepbkiiad.ios
' KUnkar, br**le mit. Vlnd»b. Nach Ti
^ Miiaameiiter geweaea. Ueacblebt« Wietie p. 'iTJ.
♦ Tiikllttll I. (■ p. IT». Kul VlIUi BwiMriiH d. Slael
r 3W. I.ajla», IV. Buch p. 19 neaat ibn Irrl« als Mtirgt naeliler ad »r
*8<blBf«r, Wltaer Sklrae» I. p. JJ. wo Irrig .OrimdUfh"
i .v b u« bk e. i. t. p.
•Stliuiir. I r I 6».
• Siklager . L I. I N
wurde, nämlich: des Kirchen
meisters und des Ruths l'lrich
Gundloch Schirmbrief über einen
Weingarten in der Kelberpewnt
\ zunächst Urbans des Vülkel
Weingarten) dd. Wien, Samstag
vor Sl. Jakob, 1427. Dieses Do-
cnment erklärt der Aussteller
gegen Ende wie üblich „bcsiglt
mit meinem Anhangundenn lu-
sigl-, und da dieses in grünem
Wachs glücklicherweise noch ebenso vollkommen erhal
ten ist als das Schriftstück, so ersehen wir daraus das
Wappen der alten Wiener Gundlaeh. (Fig. I.) Dieses
bestund in einem Schild mit zwei rechten IMahlen; auf
dem Stechhelm als Kleinod der Kopf eines bärtigen
Manne« mit hohem Hut, statt des Stulpe* eine Binde
mit abfliegenden Enden darüber gewunden, die HaK-
bcklcidling in die Decken verlaufend. - Die Farben
sind daraus natürlich nicht bestimmbar. Umschrift i
9. »Irridi our-Mott).
Dieser Ulrich Gundlaeh war Resitzer des Köllner
hofes » mit den alten Nummern 737 -38-39 -40, an der
selben Stelle, durch welche heute die Köllnerhofgnsse
durchgebrochen ist: allein es ist unrichtig, wenn mit
Beziehung auf einen Passus im Codex des Schotten-
klosters über die Dccnnatc und Archidiaconatc des
Bisthums Lorch oder l'assau d. n. 1476 » „ein Gundloch
stiftet eine chnpclla S. Philippi et Ja(cobi> in Kttllnerhof
und zwei Altäre daselbst- 1 behauptet wird, diese Capel
lenstiftung rühre wirklich von ihm her; denn die Capelle
zum Sl. Philipp und St. Jakob im Kölluerhof wurde laut
Stiflungsbrief "> vom Bürger nnd Münzmeister Siegfried
Eenbcl s. d. 27. Februar 12*0 gegründet und erfuhr
von Ulrich Gundlaeh etwa eine blosse Schenkung oder
Bereicherung, nachdem er Eigenthümer des Hauses
geworden wnr.
Als seine Kinder werdeu Marx, Ulrich und Kristein
aufgelllhrt ", welche zwischen 1430 und 146;» lebten,
und als Eriken des Kölhierhofes tiguriren.
Auf die Nachkommenschaft des Marcus kommen
wir weiter unten zu sprechen. Was Ulrich II. anbelangt,
so ist es nicht möglich, mit Gewissheit anzugeben, oh die
nachfolgenden Daten sich nur auf ihn, oder theilweise
noch anf seinen Vater beziehen. Ein l'lrich Gundloch
befindet sich nämlich in der Liste der „Genannten* 1 '«,
welche «in 80. März 1434 einen Ansschnss bilden zur
Vertbctdigung und Wahrung der Stadt gegen den Ankl-
rewtter, einen berüchtigten Raubritter. Gundlaeh hatte
die Aufgabe gemeinsam mit dem Münzmeistcr Wolfgang
Holczer und dem Wiesinger. die fremden Gäste und
Niederlagsherrcn (Legrer) zu» Parteinahme für die Stadl
zn bewegen.
Anno 1447 besass Ulrich Gundlaeh ein „Zuhaus" >>
an der Stelle des heutigen Darvarhofea.
Und als die Wiener am 29. Mai 1454 Vertheidi-
gnngsmassregeln gegen Wenko von Rnkhenaw und
seine Söldner trafen, halle wieder ein Ulrich Gundlaeh,
• aterealifa dn Wiener Altatthura.-VerelneB I: „('bar dl« altaitc An>|. bt
W Itna rune Jahr* IOJ- von Alban Cent ■'•Ina p. *»4.
• rralb » llormayer. ciaxkicbia Wlana, Crko.il.- Nr. S»
KMUnMtJI rür Kami«, imrr. Omkhkm/lklla», Nr. I
■ Wliner Allirlh -V,rei», I. «. p. SW.
't Kanu* reruro au»lriararuea Ölplemalarla at aela. VII. Bd. C't>|» »
Huri, dar cenialmn Siel Wlean, Tim Dr. Zelblg. p. 3.
»• W nu r Allertk.. Verein, 1. r. p. 117. *Jde auMi den beiccr*Mrte .. Clin
di'i uareU'Ml. TlulKa drr Stadl Wien. H»J. aoa> A < imtilni
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als vermögliehcr Börger au* ih m Stuhenvierlcl 1 Ross
zu Miellen >».
Seine Schwester Christ ina war um jene Zeit die
Hausfrau eine* Peter Kngelharlstettcr
Des Marcus Sohn war Georg «», geboren 142K,
welcher im Wiener Stadthiicli .'»*>>) als nächst der
Brandstätt wohnend angegeben wird und wirklich um
1 41»' » eleu Strasscrhof " erkaufte . der nach ihm his auf
den heutigen Tag den Namen Guiidclbof (ans „Guud-
lachhot- entstanden) fuhrt. In der Stadtrcchnung von
1485 m ist von ebendemselben Jörjr Gnndlach die Rede,
welcher mit mehreren anderen den Ratlies zum Kaiser
Friedrich DI. geritten war. Als seine Gattin wird Bar-
bara Stadler <» genannt, welche im Wiener Grundbuch
anno 14-^ als Mitbesitzerin des Hauses Nr. fillH am
alten Kleischmarkt erscheint; dasselbe wurde jedoch
I4!^J von ihr und den ttbrigen Miteigentümern um 1000
ungarische dulden an Hans Pempflingcr.Bllrger zu Ofen,
verkauft.
I ugefähr gleichzeitig, nämlich um 14*0 und 14*1.
findet sich ein Georg Gundel als Pfarrer zu Wiener-
Nenstadt «» welcher übrigens der Wiener Sippe schwer-
lich angehört ; hingegen durfte der anno 147f> unter den
Genannten ans dem Stnbenviertel vorkommende Miechel
Cundlakh «1 fast gewiss hieher gehören.
Nach Lazius stnrb unser
Georg Guudlach ao. 1505
als rler Letzte seines Stammes
mit Hinterlassung einer Tochter
Juliana, welche mit dem Blirgcr
und Kaufherrn Wolfgang Lynd-
ner in Wien verehlieht war und
noch zn Zeiten Enzens lebte.
Es sei hier im Anhange
erwähnt, dass in Salzburg um
das Jahr 141-0 Gundel existir-
ten, deren einer Mitglied der
St. riiristophorns - Bruderschaft
am Arlberge « war , nnd der als Wappen im rothen
Felde eine silberne Hausmarke, nämlich ein Kreuzlein,
dessen Fuss sich wie ein Sparren theilt, führte. (Fig. 2.)
Derselben Genossenschaft gehörte zur nämlichen
Zeit ein Hanns Gundel anderen Stammes an, von dem
es im Brudersehnftsbuche (fbL HM'.. Rückseite) heisst:
Jianns Gundel geytt all Jar 11 grazz vud nach seine
tod ein halbe guldein". Sein nebenan gemaltes Wappen
zeigt in Schwarz einen silbernen Fischerhaken. Auf dem
Stechhelm ein schwarzer FlUgel, belegt mit dem Fischer-
linken, durch dessen (Mir hier ein abfliegendes golde-
nes Seil gezogen ist. Decken: schwarz, weiss. (Fig. '.\.)
Endlich finden wir noch im Kcichsregistrnturbneh
Lit. P, pag. 214 im k. k. geheimen Haus-, nof- und
'» K"»w» ri-r. «n«t. I. r. r.-p. y Duell d. t- St- Wir»», p. |0.
" lllailii» Knlclhartalriur, Härter, nrT.at>»r rla Snha c-d.r doeh ein
Verwandter de« Pe1«r K. f lID.'i. und «ar tel st. 8te|ih«n he'rabeii ( tcln Epl
t«plt «j'tilt aber leider unter die v*rar befundenen. A- ». Pvrif r, der Dom
KU St. Strpha« p. M#i
I.«*i«»~Al,arni*nn, Wlenerlx-hr Chr&ulea. IV. Bunh p. 19.
» K. A. Sc hl murr, iAt »lir Wie», ll. fl III. p. II. noiaclb.n Ulla
..r-Chr. i,lk vo„ WM u ■. 1 10 Krall«, Cinnrlt.ten und Minurcliillcti f,r»llt ii
*•■ Wie» I. p. III und HS.
" srbliicr, Wiener Silz««« V. p. 'ttC
!• Wh ttMl Altrtlk. Vir»)» I e. p. S«T,
• «»■«•Ii», CKrcnll im WIibi r N t lutadl. II. p. SIC
«t Prath, y. llnrm»xtr, GcichlcLte Wlru, Wiener Stadl! ■fei, l'rktindc
Nr. 1T9.
= Wiener AllerUt.-V.Mln VIII. Bd. p. XCII1. .WIM. 1
--13- ,..n A> Cllitrtlna.
tl«, Imh. k.
#w »Ujht n
Staatsarehiv s. d. Neustadt,
l'H. Februar 1455 folgenden
Auszug «« aus einem von Kaiser
Friedrich III. verliehenen Wap-
penbrief: ,.fUr Hanuscn Gund-
iaeh ein wappenbrief mitnam
einen Sehilde vber xwireh geteilt
Malen weiss vud oben plab darin
cinezwifache lügen verwechselt
mit den varben des Schildes
vml auf dem Schilde ein helme
gelziert mit einer weissen vml
plaben helmdecken darauf ein
auffgetan fltlgel vber zwirch
geteilt vnd auch mit einer zwifachen lilgen von färben
vnd tiguren , aufgeteilt vnd gesehieket , als in dem
Sehilde, alsdau die in mitte diss gegeuwertigen vnser-
briefs etc. vi infonua stib Maie" vis». (Fig. 4.)
Ebenso wenig als Uber diese drei Letztgenannten
weiss man von dem Maler Gundelach, dessen .schlaf
fende Venns und <'npido u — „Mateniatica" — und
„Hingst gerieht" in dein „verzeichntlss derjenigen
Sachen , so anff dem Königlichen Präger Sehloss, In
der Römischen Kaiserlichen Mnvestät Sehatz- nnd
Kunstkanimer befanden worden- 4 *» erscheinen; sein
Name kommt in den Lexieis der Künstler und Mnler
nicht vor.
II.
Die Gundel des Adelslandes zu Wien.
1511 — lf.s<; (H5H4 — 1795).
Dieses Wiener Geschlecht, welches seinen Ursprung
in Baieni hat, ist nicht zu verwechseln mit der auch in
Wien ansässig gewesenen mittelalterlichen Familie der
Gnmllaeh, von der einzelne Mitglieder wohl auch unter
dem Namen Gundel vorkommen nnd welcher der Gtui-
delhof seine Bezeichnung verdankt
Zuerst ist Doctor Philipp Gundel, ein Passaner von
Geburt, auspezeiehnet als Dichter, Redner und Rechts-
gelehrter — - anzuführen, Uber welchen Dr. Karl Lind
in »einer IrelTIiehen Beschreibung der St. Michaelskirehe
zu Wien interessante Daten bringt, die wir hier theil-
weise wiedergeben
„Die Buch d m ek e rgesc Iii eh t e
von Denis flihrt zahlreiche,
theils von Gundel verfassfe,
theils ihm gewidmete Schriften
an. Die eben in diesem Werke
I. ä<n; und im Conspeeitn bi-
sturiae universitatis Viennensis
II. 07 u. s. w. erwähnte Trauer-
rede nuf den im Jahre 1510
verstorbenen Kaiser Max I.
wurde von den Zeitgenossen als
besonders gelungen bezeichnet
nnd angerHhmt. Im Jahre 1680
wnrde Philipp Gundel
F.* I.
. Cr.H.topliomr. ISradn
,ta«t.«rcl,lv in Wim
* Aurli «l,ni,.lrur»t I» J.,»- I h u,,.!, It. «, »•» Frlderlei III II 11.1 y. i3i
M Wlenrr AltrrUi. -Verein. VII. IIil. ^Kcndlun «ur t.'««t hl.htt ,1er k. k.
Ormä1deg«l)erle Im II, Ivi dcrt «u >N len" * <-u A. Kitler t. lV rcer (p. W el »<■»(.'
y. 107, loa, III.
■ WlMIritl I. »II und »r Ii I kftl IV. ES Sil «ml .Uli Ii lt.« Irrtliän.
lieh de« Name« d.. t;ui.delli«fe» von Hr. Philipp Oandfl »Ii. «eluh.n Wl,.«rlll
uimrnau .RHl.r (in »rh «dir Gundil- ti. Wtd.r »ar ir lllltiir. nc*h
wurd. ,1 ji, Ou«d1«(h nitcamil.
n Wli ner All. rlh. V. r. ia III. p. an, Yide >ue>. dir Krw'.tnn^t,«, bei
Al.rrainnn III. kUatk, f. 79 ml i- Bernsm.an, M.daille., I. ,.. lt>;i
XVII.
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XCVI
Decan der juridische n Facakft, 1 r>4< > ran Reetor magnl-
Kens der Wiener Hochschule erwählt, zu welcher Zeil
er bereit- Hofkummer Advocat nnd Rath iler römischen
Königin Marin war. Im Jahre 1542—105« bekleidete er
<lie Stelle eines n. ö. Hegimentsrathcs, spater wurde er
zum k.iiiiinerprocurator ernannt. Seiner Verdienste wird
gedacht in dem Werkchen : Scriptores universitntis
Vicnn. ^Wien 1740 — 12), uiul in Kink's Geschichte der
k. Universität zu Wien, wo auch bemerkt wird, «las«
Gundel 1511 bei der Wiener I ni\ ersitiit eintrat und
Nachfolger Vadian's in iler Lehrkanzel der Poetik. 1520
aber l.ieenlia« der lieelite wurde-'.
I>r. Gondel scheint einem wappenmiissigen fle-
sehleehle entsprossen . indem schon Kaiser Max I. ihm
sein altes Wappen: In Both ein silberner Pegasus mit
goldenen Hillen: Kleinod: derselbe wachsend ; Decken :
mtli, silbern — bestätigte. S. d. Wien, den 17. Juli
1535 erhielt er jedoch von König Ferdinand ^1 1 auch
den Rciehsadel *« mit Wappcnvenuehruiig. Sein \ er-
nährtes adeliges Wappen ist folgendes : Qudrirl ; iu
1 und 4 ein silberner Pegasus mit
goldenen Hufen in Roth i Stamm
wappen). 2 nnd 3 in Blau eine
gestutzte goldene Spitze, worin
ein blaues Pentagon (Fünfeck),
hegleitet \on zwei eben solchen
in verwechselten Farben. Kleinod:
die Krone des Tnrnierliclms mit
Strahlen besetzt und mit Eichen-
laub umwunden, darauf der Pe-
gasus wachsend, zwischen einem
offenen, beiderseits von Gold und
Blau getheilten, und oben wie
unten mit einem Pentagon in ver-
wechselten Farben belegten Flug.
Decken: rechts roth, silbern, links Gold und blau | Fig. 5).
Dieses wird ihm verliehen „0001 privilcgio Palatinatus
ac faeultnte ereandi in annos singnlos Legum ( esarca
nun doctoretu Vnum. Licentialos item legum duos et
tres übernimm artium Magistros- 1 . Anno 153!» kaufte er
von Martha Strusspurger gebornen Treitzsauerwcin von
Ehrentreiiz, Erbin des bekannten Marx Treit/.snucrwein.
das Haus zum Storch (ein Theil des Hauses Nr. 281
alt, am Kohlmarkt) • <:
Im Jahre 1551 setzte er einem Freunde, dem Ma-
thematiker und Arzte Andreas Perlach einen Grabstein
hei St. Stephan, am Fasse des ausgebauten Thurmes.
Die Inschrift lautet:
VMIHK.F. PERl.AI Hin • MI IUI SVMMAE ERMJI
TIMM« MUTAI VTH O A< MEHR 0 • PIETATK • MOHIBVS
IMiKMO INTEfiRRRIMO • Hl( SIT» ■ «.VI VIX • A\\
LX NEKSfB MI • HIEß ■ XXIII ■ DECECESStT» M IV MI
.N\ HIRISTI • M • D • LI ■ PHILIPPVN bVXDEUVS
IVRE • CtiYS • XL • ANN ■ IVt.l AMHIt lA
II..J IVMTVS I-SVIT • ^Wn- LT S'lWTXAN.l.
* Jtilfh.ti^i IMtM><irtl K»i*.»r F-rittr.np.,1 I tu,, o. p- «II irr»«
ltf<|rh».Art«-n iL - k. k. Ad.U-ArvlilTa IIB Wl.'tt. — |l..- Fnnilli. (-tili übrl
IM „Sl •mmf.'ji Ii 4. Iilllki-ktfrn lltitt •J<K»f.|nrli* a ft«'ll A'lrli In Itt-lllarMNMl*
X A So l> I in mrr . IHll»«r-f hrwiuk i»H Wl«m ]i. .1.1* Irl ..i|.
Srl,l>«, r. Wn» r SkillKii IV. \..o ► . .. II. M.i f. m: und
» Nr)
Hr. ■■>■
Oberhalb ist in einer Scheibe die Auferstehung Christi
angebracht.
Dr. Gundel war mit Katharina Beck von Leopolds
dort* vermählt, welche eigenthUmlicherweise weder von
Bucellini, noch von Wissgrill, noch von Dr. Zeibig in
seiner Familien - Chronik der Beck v. L. erwähnt wird
und in den genealogischen Tabellen gänzlich fehlt. Aus
dieser Ehe erwuchsen ihm zwei Töchter; die eine, Sophie,
war die zweite (icmnhlin des sprachenkuudigen Arztes
und Professors Franz Enterich, königlichen Käthes;
starb aber in der lilillhe ihrer Jahre noch vor ihrem
Vater, M. I5Ö9. Sie, ihr Hatte Dr. Knierich und dessen
erste Frau haben einen dreitheiligen Grabstein an der
Aussenseite des St. Stephansdomcs, unweit des IVrla
einsehen Epitaphiums, am Fasse des Hochthuratcs; wir
werden den Wortlaut desselben weiter unten angeben.
Die andere ToehtertJuntlel's, Margaretha, war tlie /.weite
Gemahlin des Billers Johann Ambros Brnssican von
Ktfelbiirg ■>', Doctor, 1570 72 öffentlicher Lehrer des
canoiiischeii Bechtes, 1573 IJector an der Wiener Hoch-
schule, seit 1579 D.O. Kamtnerrath. Herr zu Dobersbcrg
und Otlakring, Pfandherr zu Sallentin, welchem sie als
Erbin das elterliche Vermögen zubrachte.
Dr. Philipp Gundel starb am 4. September 1567
im 74. Lebensjahre, laut dem, ihm von seiner Familie
in der Krippeleapelle zu St. Michael W in Wien gesetz
teil Grabmale. Dr. Lind sagt hierüber: Ober einer
kleinen Thür sind in iler Mauer die Beste einer Kehl
heimerplatte eingelassen, auf welcher zu lesen ist:
DOMS
PHILIPP! GYNDELH IC- CAESABEI
OLIM SEXATOKIS EXAN1ME COKPVS
HIC CONDITYM EST • EXCESSIT ANNO
CHRISTI MDLXVII • MENS IUI • SEPTEMB
CVM VIXISSET ANN LXXIII MEXSS
IUI DIES HI - CATIIABIXA • VXOR ET
MABGABITA FILIA RADEMtjl'K
HEBEDES MABITO ET PATBI BEXE
HER1T0 • P - P • I0ANXE AMBRONlO BKAS
RICANO • IVRE CONS QENERO CYRANTE.
Bei Fischer I. c. IV. I5S erscheint noch eine Fort
Setzung dieser Inschrift, die jedoch gegenwärtig lliehl
mehr zu linden ist ; dieselbe lautet :
„Dir <föl tuittnlsom Inno Ttatharimi nrb
üödikbia ODtt Cropolfiftlorf Iril nud) hu-
brflrabfti, darb im 1686 3obr brn 80. üan."
Nach Fischer s bereits citirten Wiener Notizen war
das Grabmal des Philip]) Gundel mit zwei Wappen-
schildern geziert , von welchen Fischer sagt: ,.in senti
Ima et 4ta parle pegasiis, in 2da et tertia tres stellne,
in seeundi si nli liun et 4tn parte silex cum ignitnbnlo,
iu 2da et .".tia leo in fascias inelinaln-.
Diese Angabe Fischcr's ist so ziemlich richtig; das
erste Wappen ist Guudcl, das /.weite Beck - Leopohls
>t Wtfiirrtll, SrKnupULs d-t n. 8 laiid*c:mdlirbf s Adrli I. .179.
" s« :oi.u . r IV. r- M« irr«, «im «r In it«r Nu» «it. o.ud-r.
Ur*torktM M Sk w«,.i.»u in !>>rl»r. • r »f«tiim ><->■). \'l*.n in«.
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XCVI1
<ii>rf; nur sind im zweiten und dritten Feld des Gnndel-
schen Wappens , wie Belum bekannt , keine Sterne,
sondern Pentagone oder Fünfecke, was allerdings keine
gewöhnliche heraldische Figur und überhaupt leicht zu
verkennen wnr.
Der oben erwilhnte Grabstein de» anderen Schwie-
gersohnes des [)r. Gundcl, nämlich des Dr. Emerich
und seiner lieiden Frauen, hat die gewöhnliche Portal-
forin; der Hildstcin zeigt Christus am Kren/, zu dessen
r'nss zwei Personen betend knieen, uäiulicli auf der
einen Seite Doctor Emerich im 1'elzrock, mit scharf -
gcsehniticncn fast orientalischen Zügen; auf der ande-
ren .Seite eine seiner beiden Frauen. \ her ihrem Haupte
hält ein Engel ein Sclirifttflfelchcn mit einem lateini-
schen Bibelsprüche. Der Aufsatz den Epitaphiums ent-
hielt ein Wappen, von dem jedoch nur mehr die Helm-
decken links zu sehen sind, ntul ist im Halbkreise von
einer lateinischen .Schriftstelle eingerahmt. Ganz oben
ist noch ein, mit einem Spruchbandc umwundener ither-
grosser Stern angebracht. — Unter dem Bildstciu befin-
det sich eine dreispaltige Inschrift, wovon die erste
Coldinne der ersten Gemalin Anna unbekanuten Namens,
die /.weile Kmerich's zweiter Gattin Sophie Gundcl und
die dritte ihm selbst gewidmet int. Der Schriftstein ist
leider schon sehr stark beschädigt und zeigen die srhwii-
• heren Lettern die defei ten Stellen an. Die dritte Spalte
speciell wurde nach der bei v. Pergcr" abgedruckten
Inschrift ergänzt. Das dreifache Epitaphium lautet:
wilden Mann-' in der Kärnliicrstrassc (alt Xr. f Ii'). Im
Jahre 17<l<) finden wir neuerdings einen Stephan Johann
Gundcl, welcher mit dem Vorige« nach Se Ii immer
nicht ein und dieselbe l'erson wUre (V). als Eigentlillmir
eben des Hauses .zum wilden Mann- und jenes .zum
grossen steinenieu Kleeblatt-* unter den Tuchbiubiii
(alt Nr. l;>r>) , sowie als Stadt und Landgericht*
beisitzer.
Anno 1711 starb ein Hathshcrr Stephan Gundel
v» rmuthlich einer der eben Aufgeführten; sein einfacher
Sehrilt-tf ein war noch Ixä-J im Dome zu St. Stephan
u. z. im linken SeitenschilTe ober dem grossen Epitaph
lies Leo Xotliatlf angebracht, ist jedoch gegenwärtig
nicht mehr dort, und waren meine selbst in der Gruft
der Kirche darnach angestellten Xaehlorsehtingcn leider
vergeblich. Allein durch die Güte des Herrn Dr. Karl
Lind bin ich in die Lage gesetzt, den Wortlaut der
Gr;ibschrift hier dennoch wiedergebt»!! zu können:
.Hic Stephan Gundcl, socia virlute Scn*"
Vir cui ulla «pries vix nliipiuudo fuil
Virgile, cui saaie sexdenos tresoue per nmio«
Indefesso erat nocte dieqnc labor
Post eoiisunwtos tändeln cum lande lahoivs
Ultima nunc ipsi est hicce locatus hnnu»
L*ude viutor ei rcqilicui die, «juaeso peren""
HoC ProLcs LVgens et geMebViiDa petlt.-
WN.i: ( <tMi i;l LH AlilSSIM .1
I Tl'KNlS Coltl'OKIS AI Fl
I.-.S MV1NA ljt/Al>AM
SAI'IENTIA ArTLICTISSl
V. ' V MAUITV.S KKANCIS
< vs Emküicvs MEt» . Docron
KUUl.NAItll S PliAC-llr.t: Pliti
i t»i»t: Sa»; : Rom : Ria» : Mm :
l ...Nsil.lAltlV.S Ol) C'oXUüA
I.EM COXSTAMKM CAM»)
II EM Ei INTEWIUTATKM QV Ml
To si o ARriiiuYM^ASY Vi
KNENSI.S Rl'.CT« iKATC IN CHKI .
: r DKH'Nr.T.E MOETISSI
::l P'-'SUIT ANNO
MLH.V KEBRL'AKY
XVII.
s« •i-iii.i-: ritiLii ri t;\x
i>ee Iii Consixt:
Fimai. Fkancim l Em-
Ittel l'XOKl SF.l'VNtM'.
Incom- AitAnit.is Pik
tatis • i; EXIKIMI • f.
TVS Dil l'KTI.Tl -;3
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MENSES VIII I-IE Et Xr
ANNO AI TEM CllKIM
MULX V|| IW.ENIi
Ii nias i'i:n srro
1ATKI ET AVLNCI I.o
H : M ; H.I KEIH^
¥>: TESTAMENT!
Ell s
l\ IV
Nachdem nun Dr. Philipp Gundcl ausser den zwei
oben genannten Töchtern keine Nachkommen hatte, so
witre man zu dem Schlüsse berechtigt, dass mit deren
Abgang sein Geschlecht erloschen sei. Trotzdem finden
wir etwa WO Jahre später diesen Xanten abermals in
Wien, zuletzt sogar wieder in den Reihen des Adels.
Anno 1CX4 ist ein Stephan Johann Gundel «» äusse-
rer Rath, auch ^Gastgeber und Besitzer de» Hanse» zum
u IMr I>..m tu K». Sl.j.tin. Iii Wie. |,. im. Ii.-rl 1.1 1,,-i d.
ten anttr Vit. die CVrahuhHfi i i Hr. Km. rlrli «imlert;. in 1 oi. . «ni nbur
mit dor n»l.r d. rivlli«n Summ.r u..ir.lllclb..r v.-t.uig. Ii. ,iJco Jiiii.l, »n in lue
lii.i lirlfi für eis Itow.ndtnl.i h.i. In mir mr Zoll ni. hl £»m klur.
« K. \ Srhimntr, ll«i...r Chr^nlt v..n Wltn |i. w. und Wie«,
All.nli.-V.rvln VIII . r . ( IX, .Wlcu llrdrincuiM Im Julir,- liiHJ- *on Alb^n
I •nie • Ina.
Im 1775 gehört das Hans «zum wilden Mann-
einem Paul Anton von Gundel »», welcher als Hofratb
imil Reichshofratlis- Referendar 17<»H eine PrHmie für
ausgezeichnele Schüler der Wiener Zcichniingsaka
demie widmete Ao. 170:*) aber ist der r wilde Mann-
bereits in das Eigenthnm der von Gnndel'sclH-ii Erben
llbergegsingen. Ob aber die von l(j«4 bis 17'.».') offenbar
zusammengehörigen Gundel und von Gundel zu dem
Stamme (vielleicht von einer Seitenlinie) des Dr. Philipp
Cundel zu zählen sind oder nicht, ist mir zur Zeit noch
•» « e«ri.. t, m, s.,|.m.,ido... ji. yj. t-.i ..«u*i. a.tt^..iiui.-
»i'»l Ät- JMrpKlU |". 13..
* S'kl»«.»f . 1. '■ IT». • ..r :
" Hr. K- Lli.d, I :
<,*
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XCVIII
unbekannt, da auch das k. k. Adclsarehiv keinerlei
Nachweise Uber eine zweite Familie dieses Namens
. nthitlt. -
III.
Die (iundlach, Bdellente in Mecklenburg,
auch in ISaiern und Freu s sc n.
l. r >Hl Iii» zur Gegenwart.
Dieses Geschleclil, welches mit den gleichnamigen
Wiener I turpem Rar nicht zusammenhingt, zilhlt zu deu
Ultcreu und bekannteren guten Familien Deutschlands,
gpeciell Mecklenburgs, Obsehon iu allen Adels-Lcxieis
mit einigen Zeilen aufgeführt, ist doch nur wenig Uber
dasselbe initgetheilt , und deshalb, sowie zur genaue-
ren I nterscheidung, mögen folgende Notizen — welche
Übrigens keineswegs auf Vollständigkeit Anspruch
machen — au dieser Stelle nicht ganz Überflüssig sein.
Die Mecklenburger (inndlaeh waren schon vor ihrer
Krhebiing in den Adelstand Wapncngcnossen ; denn
Hans der Altere, Michael, Haus der Jüngere, Abraham
und Zacharias die Gundlnch erhalten s. d. Frag, den
Deceiuber 1 f»K I von Kaiser Rudolf II. den Heichs-
adel liebst Wa]»|ienbc8liltigUllg. »■ Dieses \Va|i|»cn ist:
Iu (iold aus rot hcni Dreiberg ein blau gekleideter wach-
semler Manu mit •rohlcncm HaNiimschlag, vorn an der
llrust vier schwarze Knöptlein, mit blauer spitzer abhän-
gender Mutze, in jeder Hand eine Gundelrebe mit sil-
bernen Wurzeln und drei grUnm Mattem cniporbidtcnd
(Namensaiispielunp] . Kleinod: Derselbe wachsende
Mann auf einem hlaiigoldcn gewundenen Rausch: Di cken
blau und Gold. Auch in Nürnberg waren schon damals
Mitglieder dieses Stammes sesshaft, welche säuimllicli
das ganz gleiche Wappen führten. Von ihnen gibt Georg
Andreas Will in seinen Nümbergischen Mllnzbelustigun
gen " einige Nachricht: .Allein es i*t was gar weniges,
was ich von den Guiidhtchen sagen kann. Sie waren
wackere Kautieute. Heinrich Gundlaeh starb IfitiO. Faul
liiimllach hatte Frsula Köchin und Johann (iundlach
Christin« FUrb gerin zur Ehe.- Aiismt diesen war ein
Hnus (Inndlaeh verehelicht mit Salome Ohmigin, und
deren Sohn Michael (iundlach heiratete Kegina l.'uler-
bolizer, die Tochter des Ruprecht Futerholtzer und der
Harham Hosenhart. Auf diesen
Michael und seine Hausfrau He-
gina wurde anno H>|(i ein acht-
eckiger Jetton geprägt, welcher
auch bei Will abgebildet ist.
Auf dem Avers (Fig. 6\ zeigen
sieh die Wappen (inndlaeh und
(•Innig mit dem Gnndlach'schcn
Kleinod auf einem mit Wulst
bedeckten Hosthcllti. Das Wap-
pen Ohmig »» ist schrägrechts
gethcilt, oben der Kopf und das
Krust.stllck eines schrägrechts liegenden aufwärtssehen-
den Fisches, unten ein Löwe. Die äussere Fmschrift
lautet: HANNS . GUNDLACH VNI) . SALOME .
*> Bach di u Ilei<hr-Aclcn d« . k. k Ad. Ii Archiv» I» Wie». Ilr. Kneiakkr
.«tri In ielnen. d.uiirhi . A4. ii-l,e«ir..a IV. |(. imS, .1« hüllen Im Anlange dri
XV, Jahrhundert» n In K. Ilni.rirl,! den Adel erhalten, d««nn findet alrh In
den PI l llW U d i. IMI 174» keine Kr.eh.iiun«-. VI.ll.Olil «ac dir. hin»
■Ii« •r»|,Hi»ni<hp vv«p.i.ci,«.ricu,unr:?
•• Mlri,f.r* IT«. IV. m et -i. Siehe auth: Ncii.r Slehmarker. Ifflr
.«rllckr DM l t HlM i r, V IM. I. AM». r . «|, IM, *J.
•• Dlne Familie habe Ich nirgend! i.rgclclmcl g, fluide«. Auch Will
• t.g nlchli Näherei »bei •!«
OHMIGIN . WAFFEN. Dilß.
Die innere: MICHAEL . GFND-
LACHS . ELTERN. Der Revers
(Fig. 7) enthält die Allianz-
wappen Futerholtzer»! und Ro-
seuhart, genannt (üoekengies-
ser »■ von (ilockenhofen. Erste
res ist gethcilt; oben in Hlau
ein silberner Stern, unten von
Gold und blau dreimal schräg
links ^sonst gewöhnlich schräg-
rechts) gestreift. Dazu das Fnterholtzerische Kleinod
auf gekröntem Tiirnierhclin: ein ollcner Flug, jederscits
tingirt und belegt wie der Schild, die Streifen Sparren-
weise zusammenlaufend. Das adjuugirte Wappen ist
eigentlich nicht jenes der Rosenhart, sondern der
(ilockengiesser (von denen « in Vetter Rosenhart adop-
tirt wurde), nämlich in Schwarz ein goldener Sparren,
begleitet oben von zwei goldenen Sternen, unten von
einer goldenen Glocke. Die äussere Fmschrift heisst :
RFFHECHT . VNDERIIOLTZER INI) . HAKRRA .
ROSEN HAHTIN . WAFFEN. Die innere: REGINA .
MICH . O VN DL ACH IN . ELTERN.
Fttr die Kinder des Michael (iundlach bildete diese
Medaille die l'robe auf vier Ahnen. Hetucrkeiiswerther-
weise ist dieser Jeton iu den drei bedeutendsten Samm-
o Ober dicte Vi t.rhnrlier e-d" r l tilrrtinltcr finden »Ich bei VV III I. c.
f. — 1*7 gi »«u« r* Nachrichten, «äbreud man In Jeden Adeti-I.eiler>n »er
gel-llch au.-li ilii,eReii.li.ii würde. Ol. der Im St ipimhurti dal d-utteben Ad. 1.
IV. III erwähnt« Haan» liilerlinluer, lluchhnlor In Zi|>». welcher 1^1» dm
Adt-Iililld rrliUille, «i.» Uli Ahuh.rr 1*1, eire ar.l I« .Ixml.llea. Sie kc-ttim.ii
ur»|iriiairflcli In ö.lcrrilrh und fMkPfSWk mit ilnn l'ri.ili.nte „eem ll»u»*
und mit dcm-.ll.ra Wai>t.iii, eile ea hier beichrtcl-aii «Ird. untre d«-in Adel
»er. lA'ter SIcboa. I. 89.-. Die Nürnberger rmerknlurr kinwu in Ii >>ebeitltti
• II, >.lr l.«r« — dtl Ucllgnin halber — uck Sürar-e rg-, und dieeir »tut. dvedn«!
1571 nie Q*Ma«uler de» iff''«Mjni Itatlic« «od releüer K iufhi rr. »eine Ii, .reu-
dun l.i in dm in.-n .»'in M»iiri..\u»tl.-iii^. i, «eneii , cneichnet. eisen
Werke, «eleke. iri.tn .einer WlelKi.-k.il fir Heraldik und Ii.,,, .h.me und
UiKe.elilel e» i. Hi red > Sebcid. ,.k,iu,le dei o.mn.tea XV .|. |.. n » ,.., ..e n.ft
»I... f-lirt »Ird, ,,ii des ll. Im,. u.ii,. Uu,:.,r e.lt I.. .undur.,..Ut.lli.r «'..»•
e r i'.'.'r rü di«
en und
len.n, feni'.lndieli
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■d-r <u Auliiu du XVII. Jil.ri.uiid.rti Harb. nltp lll W eln.n V.M-r Uk n il
l.»rt, und dt. .. r C'hr;»l.i|ih K^ieubirl K' r..nnl C.l -rk-iitNi'i.i r, erteilt, tvfl
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beaiaruuit- Narlidam 4ea l'brlitoi'b s-liu, C.i.ra.1 Kmeubirl «eaannl lil.-t keii-
llieaaer, da» Original di«>. . lileKme- iu Kri.iiixe 'ic. .erl-rau und i>ur eine
Abaebrlfl iftWM f> rettet balle, i« eililelleu ai In« bi lde. Sali.. Chrlilnnb nud
l'ni.rid die ttoeeeliart, geliwill tttrxkea.cn i»er. e.n Kaller lenllnand III dd.
Wien drn I.»- N'>vinb,r IHjn «Ine lle.lillalliia: Ibra« Ad-ti und Wa|.r>eua,
eckt Ahnen und da« l'rädlcal n e.o Obwki r.lii-1« n** «i.n Ihr. tu allen Harr» i.*iu,
dem 4ilpekei,b,-r t.i i Niirv>ber|f- Her fee.ile Tin 11 dieiei lliplmue» fit bi I
Will «nrllicl, al'i.-» ilruckl. Iiaa ihn«» «erileliene VVap|*ta lit 'juadriri : I und 4
ri ijutteu e-ti K-illi Und Silber, d«Pin Je f.il K">en llil J> diT Seite In *ef-
«laekaellca, »'neben Kiit R.-Mentn Ibilien iK.-ienbarti- t und ) da» vtrro bla-
ii.nnirt« Oloeki'iialiiaer'iibe W„j.|,eu. wie auf dun Heeer« der Iju.idlach'achen
Medaille 1 «.dlKh ein Maajer Ullctil >< h!l4, «erln ein« j, Ul.u. Iil„.-k. Mcltj-d.
ri elila ein erbwarger Fliie**!. belegt wie I «nd .1, linke ein Coth*i hliff.-l Il.r«,
am-. ■> be»t. ' kl mit gwel «il'-irne-. |(.i.«n. rierNilu. K-..>. nbarl bedi UCel i.viel
all rnaaniu bann», Rn.ingurl .M. r K..a.««eald. Siebe liier du VV..el „llari"
du «• r Mitlb«ilu.k.'ii XVI. Jat-rs « . Juli - Auguel. In mciuein Aur.Atg lib.r
.Siädie«a|>|,«« und VV.dimaky ei,. - |>. C'XLs Anuerkvriv: II — Xlil Lerem
llrlurlek Kuiiabarl. kau. ir.nl (ll-wkengleeaer, (Ig« dien , Oi- ' b ebt ««. 17};
I« Xllfnherc ab; aa. I7«i leklen al.or u»eb Träger der Ninieue gta I Im und
flkkllH iVble Aller Ull.milMI 1. tl> und V. IUI Hin Kanllie Im nicht
xu ver.erhialn mit den »« Ii «üblich en und a 1 1 d < r- ■• . I e r r a lc h i-
ichen hagakhar«, «eiche durek den l.raunli Slr.ll. den lie «Ige.
Ihrer Tur.lerfählgk« II aa. IJV9 nll de« MaeieaalLva tun Oterndorf kalten,
bekannt «Ind. Siebe du l/iiel'en dirtlber Ire. Stauilul.urh III. 213. «um noeL
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traliud.-r.en Tiufnanaen
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Innren einschlägiger Materien in Wien vertreten . im
k. k. .Mihi/ und Anrikeucabinete, — im Archiv 4er
Stadt und in der Sammlung des k. k. Hofwappennialers
Karl Krald.
Die Gundlach in Mecklenburg bedienten sich nun
seit 1 f»M 1 der ihnen zustehenden Adelsprärogative, bis
im XVII. Jahrhundert eine traurige Zeit Uber die Familie
hereinbrach; die unseligen Wirren des 30jährigen
Krieges und die schwedischen Kriege vernichteten den
Wohlstand auch dieser Familie nnd versetzten sie in
betrübte Umstünde ; ihr Adelsbrief war zugleich mit
anderen wichtigen Urkunden wührend jener Zeit iu
Verlust geratheii, und sie seihst entschlossen sich, den
Gebrauch des Adels lallen zu lassen und blns ihr altes
Wappen fortzuführen. So mögen sie es eine geraume
Weilt
.'halten haben; allein allmälig erholten
sie sich wieder von den erlittenen harten Sehieksals-
schlägen und gelangten neuerdings zu Ansi ben und
Vermögen, und zwar besonders die Gundlach Terrics-
dorfsche Linie, welche wieder in den Besitz des wich-
tigen Gntes Hindeberfr und des Staiumgutcs Terries-
dorf kam, so zwar, dass sie anno 174s den Kaiser
Franz I. um die Krncuerung ihres Adels bitteu konnten.
In Folg»' dessen erhielten folgende elf Herren: Joachim
Friedrieh — Gottfried - Christian Friedrieh — Frnst
Friedrich der Altere — Jobst (Jocodns) — Ehrcnreich
Johann Christian — Jobst Gottfried — Lucas Heinrich —
Adolf Friedrieh — Christoph Albrecht — Ernst Fried-
rich der Jüngere — Bümmtlieh Bruder und Vettern, die
(Jundlneh s. d. Wien, den l(i. August 174* eine Best«
tigung lies ihren Vorfahren löfSl verliehenen Adels,
das Ehrenwort p vnn' i und die Bewilligung, sieb von den
„erwerbenden"' GUIern nennen und schreiben zu
dürfen >».
Cm ihre gemeinsame Abstammung und gegen
seitige Verwandtschaft genügend nachzuweisen, hatten
die elf Petenten eine Stammtafel, insoweit sie zu diesem
Zwecke iilithig war, beigebracht, welche, als von genea-
logischem Interesse für die Geschichte dieses Cescbleeh-
tes. hier folgt*».
In neuerer Zeit waren Sprossen dieses Stammes
auch in l'rctisseu bedienstet und angesessen. So besass
der am 8. October IW>9 verstorbene Christian Friedrich
von (iundlaeh Strassburg in Wcstprcusscn , dann in
Mecklenburg Dargtin bei Demmin, Hinrichsherg, Leitzen
und Kumpshageu. Das Gut Ilinriehsberg im Amte Wre-
denhagen war 1*53 noch Eigenthnm der Familie.»»
Beiträge zur mittelalterlichen SphragistiL
(Mit 1 llallartinitl.)
XVI. Das Siegel des Wiener Pfarrers Leopold
von Sachsengang.
Wir haben bei Gelegenheit der Veröffentlichung
der Siegel des Andreas, Abt von Admont (s. Nr. XIV)
und des Pfarrers Leo|Hild von Heiligenstadt (s. Nr. XV)
bemerkt, dass bei geistlichen Siegeln es häutig vor-
kommt, dass der Patron des Klosters oder der Kirche
auch aut dem Siegel und zwar am vorzüglichsten Platze
desselben, d.i. im Siegelfeldc erscheint. Ein weiteres
Beispiel hiefür gewährt ausser jenem des Heiligen-
slädter Pfarrers (s. Nr. XV) und der schon im XV. Baude
der Mittheilungen veröffentlichten Siegel der St. Mi-
chaelskirehe in Wien und des Dominieunerklosters zur
heil. Dreifaltigkeit in Wiener-Neustadt das Siegel des
Pfarrers Leopold von Sachsengang.
Dasselbe ist spitz-oval, bat
2 Zoll 1 Linie im senkreckten
und 1 Zoll .". Linien im horizon-
talen Durehmesser. Im Mittel-
felde sieht man auf einer drei-
teiligen Console stehend den
heil. Stephan, den Patron der
damaligen Wiener Hauptpfarr-
kirche, mit langer Dalmatica
bekleidet, in der linken den
Palmzweig, in der rechten einen
Stein haltend , ein Stein liegt
nuf dem heiligen Haupt. Der
übrige Theil des Siegelfeldes
Stammbaum der Gnndlach In Mecklenburg.
(Am *tm k. t. tdUt-irim t» Ina./
■■»kl »ou 0a*4Hck| t u»a.
Jahn 1. Q. hul I» lleur» f nehmt, t idll-
Jd.al II. b.it tlrh garrrt »u«
»«■■Ii .limlln in NecktniMir» |. rieben, t IG*'
J«tll III. BDI tu l'M^d.vn In Mo.
klenlm« «■■»r.i i,- ; , I'* N. | '-o.' ■ r man
II >n OtndUrl,
Jobil IV. geb IS. Augu-t l«4i, F.rt.l..rr »ul Toerrl.dori in hjecUeiilur..
t .... ■•:< Artu i;io.
Friadrleb, Ainimtiu. »i Teddlru, C i u , S„|,l,l. M.,,..
ruh« OundlacblD.
J.h.l V. Heinrich, ».h 1». >Y. I. 1 <t >e b I m F r I d r I e h. K.b. .in Job... I.urki m • (i.lKH.J Erb O.
l.ruarllUi!, Ul I. d..tir».m.efc,.el l! Hl. Jäuurr I««». Erl.hr» .uf Hin- (inuonImii.nUMo.il hrrr «uf T... .»Udert.
W.I».ul,B.lrr«hr pwin und del.erglnM.rkj.ubai,:.«. r>UrU laUwfc^h, « *•; Wt» t . **_»«*> — .CT.» ^ b„ j.u«,." «
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«IV« v»t ifa Jthl lim Ci|.IUH abr*dukt, hUrf ObUt 0. belieb«..
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Conrad H . d.
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rn. driciigrb laboib uksna
Mir» ITH«. M. Febr, 171«;
Conrad Morl!
Oll.. .<,,. PI«««,
J n t.»l Fr lad- JohinnLliilJuo., I. Krml Fried- i. J o b tl. gaborth
rieh, cnr«r«i> gib IS. AuctJM ITH r I o Ii . gah. «. Juni lt. Orlober 171« i«
I«. Hol 1711. i« Unna In Merk- ItU in l'ekalel In
teilbar«, t tu. Jii.ntr Mrrklehtrarg. nt,t*r-
lltt.
«Ebrr ureleli J Jul..lO»l|. »l.aralHelii. »Adolph 10 ChrUtoj.h II. Ermt
J.liann Cbrl- frlod. gihnren rieb, grlwren F r l e d r 1 1 b,.geb. A I b r r t h l jieh. Frle4ruh.gr'.-.
• lian, grhorvn t. Oai. ITM. Jl. Rift. 17*1. 1» Sepi. KU. «. Augu.i 1714. 14. tapt, IT41
III. Juli 1717.
u Ktak de. Itelrfe. Arln. dt> k k Ad. U Arublrt < Iu Wien.
" S die H.llvi. Itit Siln.n der rill Brüder ur.d V.ll.rn >lnd ml der
Tafel , utt der Krll.ehtulce , In dar ai. I. dein AdH*WDIpVHSr .uU. aak»
" Zu deo In -Stauunl.nrli der deuurbm Adela a.(;eKeb>eu*n Quollen
lil.tr dir merklonl.urglaehau Oundlacb ktniml nteh der el.«n ellirlo Will,
Miio«h.|..«if untren, l>r Kiie.el.ka, Adel. I.calcun. und Neu« SlebOJitli.r
III. hd Preua.tn, |t. IM, T.f. tut und V lld. Bllrg.rllcb.- Geichl.cl.trr. .Iii
arhu. rltlrl.
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ist thcils uiii grossblätlrigen l'flauzcn, thcil* mit Uau-
kcnwcrk ausgefüllt. Inter di r Consolc ein kleiner Spilz-
schihl, in der oberen Hälfte quer gegittert, in der unte
ron blank. Der Selirit'trand ist mit oinor 1'orllinio nach
iiinon iinil aussen abgegrenzt nud enthalt die Worte:
f S • Lcvpoldi • du Sachscngang • plbni • in • wienn.
l'lior L«opoId von Snohsengniig ;ribt uns völligen
Anfseldiiss die im Archiv der knis. Akadomio der Wis-
senschaften XXVIII. lialtd Veröffentlichte Monographie
des stand. Archivars zu (Jra/ Herrn Jos. Zahn, welcher
in eingohunder Weise Uber die Vestc Saehsongaiig und
ihre Itcsit/.er Mittlicilimg macht.
riarrer Leopold war der Sohn Leopold IL, der um
Ii 7-1 zuerst genannt wird, und der Agnes von Sonne-
berch. Im Jahre Iii-Ii* erscheint er als lfarror zu Gunt-
ramsdorf, wo seine Familie schon seit Innerem begütert
war und zehn Jahre später als l'faner hei St. Stephan in
Wien '. i'.fol stiftete er Itlrsich ein ewiges Lieht unil eine
ewige Messe in der Capelle des damaligen I Marrhob s
von St. Stephan, ein ewiges Licht iu der Aehazcapelle
/.u Klosternctihurg. Als Herzog Rudolph IV. das Zimmer
der Wiener (Surf: im Tliurmc neben dem Widinerthor,
iu dein er geboren wurde, zu einer Capelle im obor-
wähnten Jahre bestimmte, übertrug er dem Leopold, als
dem höchsten geistlichen Würdenträger Wiens, die Ob-
sorge für den Gottesdienst.
Auch pal» er Ii!.")!) seine Einwilligung, als der
Herzog die St. SiephanspfaiTc iu eine l'mpstci verwan-
delte und resignirte auf diese W'llnle, um diu damals
ansehnliche l't'arre zu Gross-Husshach zu übernehmen.
Am S. Februar 1 ..<'>.. starb er und fand seine Ruhestätte
in der St. Stephanskirche zu Wien, Ogcsser thcill in
seinem werthvolluii Buche Uber diu St. Stephanskirche
,;p. HiS) die Grabschrift mit. Sic lautet: Ao Dni VUMi
Ohiit Dnus Leui>oldns de Sachseugang Richmut* in
Kuspaeh, oliui rieliMims in Wicnu. Dominica die, i|iia
canlatur Exurgo hic sepultus, reqnicscat in pace. Das
Grab ist gegenwärtig nicht bekannt
Ih . I\. I.i'fil.
Römisches aus Ober-Döbling.
In dem zum Hanse Nr. .M) an der Ober Döblingcr
llauptstrasÄC. gehörigen Garten scheinen schon vor-
läufst ab und zu einzelne römische Münzen, Ziegel-
1 rtlmincr , Mörtelsttteke n. dgl. gefunden und als An-
zeichen betrachtet worden zu sein, das« einst eine römi-
sche Strasse Uber diesen Grund gelaufen sein möchte.
Vielleicht gaben solche Vorkommnisse und Vernuilhun
pH den Anlass, dass ein früherer Besitzer des Hauses
' Itlf I rku: 'I- . Mi w.l.h.r .Irli .l«.i pt..T. I ■» l.-liHi.'.i in Si.i;-I I.. find. e.
»I im „l'iilkr. <r Itr, I i |. f* S(..|I,ju S,«bnr^.r ild- , Uiit,, Mklirt, ll llirotl
I I' .- Aum-r H . in Clu-' r !.• i.'-il . ri. In In. ■:. n. il, .Ii i llöii.'. jmi i. n r KU. JO. I,.
».., Tr'm .ir .1 l|.:iin.-l. .Irr WiilM, r.|j sl.tlir
: uh «r-rit/. .Ii.».:. Anl,.»i, um M.«tiinali. auf dl* t-ciiKtf Jl. ii-i.fr.»'. M.-
/. ' • i ii ' , inriii kruk i.-iui ii. Z Ii glt-t i,:>n.H<h in. rHsi, .11,- .."in,;, r. . H»rlr.|C-
, . i,- l.:i.i il- r s».!,».-., -^a-.c- i il«'i «• r»;.|lrl. rl.- im.l niit »l.r rti. II, .!, m.ii K -
,1,. ..-.-.I. r|,t>. ,.' l, . El .TICll.lll.il Milglll d.T dir t'.V..|l... .Ii. . I l|. ,
. t,:.ll ancli «i.J.r s,-.-iiN.|ll<iT. , .l.lsinl.t «urli illi M.,11,. Sirlii. ..(.Miip. r.
\.,r du, in U.....1 inui Zilili, 'Ol' >T w..il il.tj..,!«. ... i , 4vr »in II. .lull
!.•■■ ,,. Vi,.., ,•«,>. .i.,.l in 4rr M ril»»l»l«lii Wie. »HM ..ui.I. Ili.i.. .
k, ..„I. ,!,.> wir uli .„.. Mullitn.«."»« i. Ii..., J« Ii. .Ihm I... »Vi ^i-iIiikIci. i,
>. . .-, „ai..l„ .1. - .Mlnorl.tr, nur .Ii. Kilsill. n^»rl.i .. uu.I di. I. il.-T I» f I. f.
.',i. »V..|... 4,.|..|;tllllt. fr»'.-r .l-iiii»i «i.i.ridi llxIlHIili.. Z.lMi'i Minnt.m.
.1 ^.i,i rirti.i.-. ilfiiu Ii. d- ni Im XII llii.J»- <l.r Mlnh,. Iluurf. n .1.« AH.r
il,,.!... V.i-.n. . v. T K*iir,llTln. n \ . I.Ui.i.».- 4vf Oril..-r In Klrrlif ir.il Kr. "I
crx Ml.in,,'. . <„ Wir, l,.i a .i :H: .1» ri|.«:l. b. KMInr.1» ...
LH.- ..nli". Ivllnm: All ,. il....... f.inii VU-.rl- MnM««>l1.'lii> , n'-l III* r« V
•* I..CI». •••< * M.II.I». J. M.l.-.i), Ir-.'.T rlnmlw l.h.l..r«Hi- I. ..
,1.1,. i t.. r....n..i., w.|,|.. ., um Iii,. i. .,oii.iii.. ii l ..... J. ii,.n um si. -.i . I... I,
i, -■,„.., ,,| ,.il..ili.., .S.hil.l. rli.n nli»Mi. uii1.ii iill.ri,. Ii. r.urli K. II Ii. -
, . . , i..„,i,..i... .... M.ik II. ». :ta.
alt» malcrisehe Decoratii.n, die zugleich an die römische
Vorzeit erinnern sollte , eine Art von Strasscnsiiiile auf
stellen Hess. Das cL-eiitlillinliche, offenbar nach der
eigenen Erfindung des Aufstellenden ausgeführt«: Denk
mal, jetzt im Depot «les k. k. MUnz- und Atitikcn-f'abi
netes, dem es im Jahre IS.V» als Geschenk der Kigen-
thUmerin des Hauses Frau Antonia Hornitschek durch
Vermittlung des k.k. Haus-, Hof- undStaalsarchivnrsllr.
Clemens von Kliukowström zukam, verbindet in einer
an wirklich alten Säulen ganz unerhörten Weise zwei
Arten von Denkmälern, einen Meilenstein in eylindri-
scher Form, der im Durchmesser kaum die Mtlttc der
Stärke alter Meilensteine erreicht, und einen Gelübde
stein in Würfelform, aus welchem ih r Säiilensehafl her-
vor« äehst. Die luschritten beider slimineii wieder gar
nicht mit der durchwei; constanten Fonu, iu welcher
die Angaben der Meilen- und GelUbdestcinc abgefasst
sind; der Sänlenschaft trifft uttmlich die Stationen
und Distanzen der Tabula l'eutingeriaun von Vindoboua
bis Firns tortus, unter einander eingegraben, der Würfel
onthiilt eine Widmung an Mcrcurius, ausgehend von der
inVindobona stationirten XIV. Legion. Auch iu der Much
Ntabeiiform (!' für V.) vunäth »ich die moderne Hand >.
Ks ist olfenhar nicht daran zu denken, das» diese
Säule angefertigt wurde, um für alt ausgegeben zu
werden . solidem sie sollte eben nur eine unschuldige
Dceoration darstellen , die ans der Liebhaberei des
damaligen Besitzers für Alierthlliuer erklärt werden
muss, und die nebenbei, wie gesagt, darauf hindeutete,
dass sich im Garten wirklich schon Kömerspuren gezeigt
hatten.
Wir haben hier an dieses Denkmal erinnert, weil
neuerdings solche Römer* puren in demselben Garten
auftauchten. Hei der SpHrlichkeit. in welcher dergleichen
in und um Wien sich zeigen, ist es nicht ohne wissen
schädliche Bcdcillutig, auch scheinbar unansehnliche
Aufgrabungen zur öUeiitlichcii Kenntniss zu bringen,
vorerst einfach nur um ihr Vorhandensein zu Consta
tiren. Vielleicht kommen iu der Folge andere in der
Nahe an den Tag tretende Trümmer hinzu, welche das
Itild vervollständigen helfen uml Anhalte geben, mehr
oder weniger wichtige Einzelnheiten in dem Gesummt -
bilde des römischen Wien zu reconstruireit. Aus diesem
(»runde wird hier jener jüngsten Anfgrubung in dem
genannten Garten gedacht, obwohl sie vorläufig noch
nicht weiter verfolgt werden konnte. Wir verdanken die
KenntnisR davon der Güte des obengenannten Herrn
Archivars Clemens von Klinkow ström , unter dessen
freundlicher Führung wir die Fundstelle in Augenschein
in. Innen konnten.
D«-r öfter genannte Garten erstreckt sich 2<>i' Klaf-
ter weit in östlicher Richtung von der Ober-Döblinger
Hauptstrasso bis zur Nussdorferstrnssc. Von der Gar-
tenecke des Hauses weg, wo nächst dem Brunnen die
oben besprochene moderne Stnis*cnsäule ehedem auf
gestellt war, in einer Entfernung von 'Mui Schritten kam
man bereits vor mehreren Jahren auf eine feste Mauer:
es sollte damals eine kcllerartigc Vertiefung znr Anlage
eines Gcinüsceinsatzcs in deu Gartenboilen gegraben
werden. Eine i|Ucr durchlaufende alte Matter bildete ein
Hindemiss , das auf keine amlere Weise als ilurch
Sprengutig beseitigt werden kounte, so (est hafteten
• t «i S.-..I1 »•ni.dcl.r. ulk, Arrlilv I K.....I. l'.l.rr (1. . r*i, I,.» s u. II. ,
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VI
die Steine aneinander, auch Zicgeltrümmcr und einige
Münzen fand man dnliei. Wieder 17 Schritte weiter
östlich, gegen Nassdorf zu, im Ganzen also 3*0 Schritte
von dem Braunen am Hanne, gerietli man im März diesen
Jahres bei Erdarbeilen im Garten abermals auf eine
Steinmauer; da ihre ziirüekvcrlitngcrto Richtung auf
den GemUsccinsatit trifft, ist sie sicher eine Fortsetzung
derselben Steinmauer, die vor mehreren Jahren gefun-
den und mit so vieler Mtihe beseitigt worden war. Die
neu gefundene Mauer lag nur 1 Fuss unter der Erd-
oberfläche. Nachdem sie auf eine Liiuge von sieben
Schritteu aufgedeckt war, linderte sich ihre Richtung
und bog gegen Süden ab . wo sie nnr drei Schritte weit
verfolgt werden konnte, indem der Gartenweg in der
Eichtling von West nach Ost darüber hingeht.
Das Ergebnis* der einstweiligen Aufgrabung ist
also eine Mauerecke, die aus Bruchsteinen mit reich
lieber Mörtelverwendung zusammengefügt , vier Fuss
breit ist uud drei einhalb Fuss tief anf dem alten Fuss-
boden ruht; der Mörtel zeigt hie und da eingemeugte
Theile heu zerstossener Ziegel ; die Ecke selbst ist nicht
scharfkantig, soliden» leicht abgerundet, was hei römi-
schen (.'astellbnnten gewöhnlich vorkommt. An den
Anssenseiten der Ecke (gegen Norden und Osten) fand
man keinerlei Objectc, die auf den römischen Ursprung
deuteten, auch keine Ziegel; gegen Innen zu (gegen
Sltileu nml Westen) aber fand sich der Theil eines
Lcistenzicgels der Itedaclmng, der Theil eines Hohl-
ziegels nml eines ltauzicgels, letzterer mit dem Beste
des rückläufig geschriebenen Stämpcls .... HV 'IMT;
er gelangte als Geschenk des Herrn Clemens v. Klin-
kowström an das k. k. Münz- und Antiken Cabinct.
Anderes fand man bisher nicht.
Wenn wir in den folgenden Zeilen eine Yermuthuug
Uber das aufgedeckte Mauerwerk aufstellen, ho geschieht
dies mit aller Reserve, die uns die Sparsamkeit präg-
nanter Merkmale auferlegt und mit dem Vorbehalt,
späterhin , wenn etwa neue Gelegenheit zu Unter-
suchungen auf der Fundstelle geboten wird, darauf
zurückzukommen.
Der Zicgelst.tmpel liisst sich, da anderwärts schon
ähnliche vorgekommen sind, leicht ergänzen. Im Spät-
herbst lwi" fand mnn zu Ens ein Ziegelgrab, welches
aus quadratischen und oblongen Lcistenziegelu zusam-
mengesetzt war; einer der letzteren zeigt den gut
erhaltenen, in zwei Zeilen geschriebenen Stämpcl:
LEG II ITAL AI. AR
TEMP VltSIC VI'DVC
Dazu kommt ein zweiter Stämpcl auf einem Zie-
gel, welcher im September in Wien in der Latuls-
krongasse gefunden wurde, als man die C'anftle für die
Uöhreidegung der neuen Wasserleitung aushob; er bc-
tlndet sich jetzt in der Sammlung des Herrn Anton
Widter und trägt folgenden Stiimpel: (T)EMP YR . . .
Auch auf dem Doblingcr Ziegel liest man deutlich
EMI' Vit Offenbar gehören diese drei Stiimpel in
dieselbe Zeit, sie nennen gleicbmitssig einen Ursiciiitis
oder Ursinus, welcher nach den nachfolgenden Siglen
VI'D (Ens; — nlriusqne l'annoniae dnes oder viri per-
fectissimi dneis.Militärgoiivcrncur der vereinigten Theile
von I'annonien war. Für diese Würde taucht der Titel
dnx erst in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts
auf, während frtlherhin die Statthalter von I'annonien
legati Augusti wareu, welche prlilorischen Rang halten,
wenn sie nur einen Theil der Provinz (das obere oder
untere I'annonien) befehligten, eonsularisehcn aber, wenn
sie den Oberbefehl in beiden Theilen führten. In welcher
Weise dabei das Wort TEMP.. zn ergänzen sei. ist
uns unbekannt; an tempore zu denken, verbietet der
Maugel jeglicher epigraphischeu Analogie. Wie dem
aber auch sein möge, die Beisetzung der Siglen, welche
den Titel des Ursicinus oder Ursinns bezeichnen, ist ein
Beweis, dass derartige Ziegel in Urarischen Fabriken
gearbeitet und zunächst fttr militärische Bauten bestimmt
waren; darauf deutet auf item Knser Ziegel auch die
Nennung des Truppenkörpers hin. Die zweite italische
Legion hatte in Laureaeuni (bei Ens) ihr Standmtalier.
Aus diesen Anzeichen winl zn sehliessen sein, dass
auch der in Döbling gefundene Ziegel gleiche Bestiiu-
mung halte ; obwohl er hier bis jetzt noch vereinzelt ist.
gibt er doch einen Anhalt für die Yermuthuug, dass das
Mauerwerk, bei dem er gefuuden wurde, für einen mili
lärischen Zweck errichtet gewesen sei.
Nahe bei Mosendorf in der Nähe von Franki-unmrkt
(Ober- Österreich'! wurde der dort gelegene Burgstall
im Jahre 1H<»5, nachdem man in demselben einen Mei-
lenstein gefunden, durchforscht. Man fand da die Grund-
mauern eines romischen Itelestigungsbaues, derauseinem
quadratischen Innenhau von !» Klaftern Länge und Breite
und aus einem Ausscnbaii bestand, welcher in recht-
eckiger Form, !. r »Ve Klafter breit uud 19 Klafter lang,
den ersteren umgab. Die Grundmauern des Innenbaues
waren ft, jene des Aussenbnues Ii Fuss stark. Yom
( »herhält beider Theile war nichts erhalten geblieben ».
Wir vermnthen nun, dass wir es bei der jüngsten
Aufgrabung in Döbling mit einem ähnlichen Bau zu
thun haben. Die Mauer ist allerdings nnr 4 Fuss stark,
sie ist aber augenscheinlich der Rest nicht einer Grund-
mauer, da sie noch Hy, Fuss Uber dem allen Boden
aufragt, sondern gehört dem Oberbau an. Ausser dem
militärischen Stampfl und der Abrnndung der Ecken,
die, wie schon bemerkt, bei Castellbanten häufig vor-
kommt , führt uns die treffliche Lage des Punctes auf
diese Vermuthung ; man sieht von der au erhöhtem
Rande liegenden Fundstelle aus sowohl auf die Donau
.•Uten hinab bis gegen die Berge von Deutsch-Altenbiirg,
Hainburg uud den Thebnerkogcl , in welcher Richtung
die Posten Ala novn Aequinoctium uud f'arnuntum lagen.
Gegen Süden zu sieht man auf Wien (Yindobona). Heut
zutage ist die Aussicht allerdings einigennassen durch
die umliegenden Gärten und Gebäude gestört; reehuet
mau aber diese hinweg, so war ursprünglich die Aus-
sicht ganz frei und konnte man die Rauch- und Feuer
signale bei Tag- und Nachtzeiten nach beiden Riehtun-
gen hin trefflieh wahrnehmen , wenn ein drohender
Einfall der jenseits der Donau wohnenden Germanen
die Auwendung dieser Art von Telegraphen veranlasste.
Aus diesem Grunde muss auch gedacht werden, dass
die Fronte des hier bestandenen Gebäudes gegen < >stcn
gerichtet war, weil die Übersieht in diese Gegend hin
die wichtigere war; sodann würde die Mauer von der
Fundstelle bis zu dem GcniUseeinsatz, von dem öfter
die Rede war. d. h. die Nordseite des ganzen Baues,
die nach den vorhandenen Anhalten zu schliessen min-
destens 24 Klnfter lang war . eine der Langseileu
darstellen.
= v«i. JH.-.- Vi>l? ilui-r. IM XVI ;. Uli
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(II
Derartige Bauten, sjieeula oder praesidium genannt,
waren in grösseren «der geringeren Distanzen sin den
Hecrosstrassen aufgeführt, und wohl nur in bedrohli-
chen Zeiten mit einer kleinen Abtheilung von Soldaten
besetzt, um die Grenzwache zu Ul»en und etwaige Vor-
kommnisse bedenklicher Art nn die grösseren militäri-
schen l'i.stcii zu sigualisiren. War nun an unserer Fund-
Melle, wie wir mit Recht annehmen /.u dürfen Rauhen,
eine solche s|»ccii1a errichtet, so würde weiter daraus
folgen, dass die nach < V Li mit (bei ZciselmauoiO liin.ml-
tlilirende Heoresstrassc an der östlichen Schmalseite,
der Fronte de« Gebäudes, vorUberführte und damit ein
neues Detail fllr die Strnssenanluge in der rnigcbuug
von Vindohi.ua gewonnen. Die nächste Spur, welche
gegen Wien zu unseres Wissens bis jet/.t aufgefunden
wurde, ist das im Jahre ]>i>1 in <lem ernten Hofe <les
k. k. Militärs|>ilalcs aufgefundene Kömergrah >. Ks mllssle
also die lleorcsslrusse, ila an derselben die Gräber
angebracht zu werden pflegten und da in unserem
speeiellen Kalle Hberlianpt ihre Richtung mit der
Linie Militärspital • Oberdöhling zusammenfällt, dnreh
die beiden l'nuete - die Fundstelle des (irabes und
jene der hier besprochenen Mauerocke in Ober-Döbling
gegangen sein. Ferner beträft die Distanz von Viu-
dobona (Innere Stadt, Hoher Markt) bis zur Fundstelle
etwa .i' > römische Meilen. Da nun derartige. Hauten
in ziemlich gleichen Zwischenräumen au Ige fuhrt waren,
so w ürde weiter ein nicht unwichtiger Anhalt gewon-
nen Hein, die ihrer Anlag«' zu Crunde gelegte Distanz
(-'!— 4 inj».) zu erkennen und jene Stellen wenigsten»)
annäherungsweise zu bestimmen, wo solche »pccnlao
vorausgesetzt werden können.
Wir müssen uns versagen, unsere Vernmthungen
weiter auszuführen, um den uns auferlegten Vorbehalt
nicht zu überschreiten und schliessen diese Anzeige mit
dem Wunsehe, dass der Anlass neuer Funde recht bald
kommen möge, und das* sie, sollten sie nnn unsere
Ansicht bestätigen oder beschränken . mit der gleichen
Liberalität und Rücksicht auf die Wissenschaft der
öffentlichen Kciiiilniss zugeführt werden, wie das bei
dem jüngsten Funde der Fall war. Fi: Kenner.
Ulrich's von Lichtenstein , des Minnesängers Grab-
mal auf der Frauenburg (Steiermark).
»II I lliilorlii.il!.)
F-s liegt uns eine Broschüre vor, die diesen Titel
fuhrt, ein Se|»aratabdruck ans dem lf>. Helte der Mit-
teilungen des historischen Vereines fllr Steiermark.
Nicht gering ist die Bedcntnng dieses Schriftphon«
fllr die deutsche (ultur-Gesohichlo. denn sie beschilftigt
sich mit der Ruhestätte I Iridi s von Lichtenstein; wein
• ist nicht von den abenteuerlichen '/Ilgen diese« ritterli-
chen Sängers bekannt , wer hörte nicht von dessen,
der Königin Venus gewidmeten Fahrt , wer las nicht,
wie dieser für den Frauendienst begeisterte Hilter in
weiblicher Kleidung von Burg zu Burg zog, um die
Bitter zu belehren, anf welche Weise sie werther Frauen
Minne verdienen und erwerben sollen.
Im oberen Murthale stehen noch heutigen Tages auf
felsigem Gcbirgsvorsprunge , dem Markte l'nzmnrkt
gegenüber, die Ruinen der ziemlich ausgedehnten
' luiidclmul In, \ IU..d. .1-1 Arrkn. rir Kunrje ü-l.l..lrüilvb.l
(....L.l.'i.iuellri, i
Frauenburg, in deren Räumen der berühmte Minnesänger
den griissten Theil seines Lebens zubrachte und manches
Drangsal erdulden musste. Nahe der Burg, aber ticler
gelegen steht die l'farrkirehe zu St. Jacob am Frauen-
berge, ein kleines unscheinbares Kircblein mit wenigen
romanischen Resten.
Zu Hude des Monats April I s7 1 entdeckte der dor-
tige l'farrcr zufälliger Weise, dass der an der Oarten-
thltre des IYarrhnfo* als Stufe dieuemle Stein auf seiner
der Knie zugewendeten Seite mit eingehaueucn Figuren
und Buchstaben versehen ist. Kr Mi ss sofort den Stein
aufheben , reinigen und einstweilen an einem schlitzen-
den Ort unterbringen. In neuester Zeit, nsiehdem der
Werth des Denkmals erkannt wnrde, fand er einen jius-
senden Mutz an der Innenweite der Mauer einer Seiten-
capclle dieser l'farrkirehe.
Die beigegi'bene Abbildung zeigt die Vorderseite
dieser Malte, die. aus gelblichem Sandstein angefertigt,
I Fuss ]o Zoll in der Breile, ."> Fuss -J Zoll in der
Länge und t» bis 7 Zoll in der Dicke misst. Die Kopf-
seite der Matte ist um circa 2 Zoll breiler. Die untere
Koke und die linke Leiste des der Schmalseite nach auf-
zustellenden Grabsteines sind beschädigt , die Übrigen
Theile, namentlich die Inschrift vorzüglich erhalten. Bei
genauerer liesichtigung des Steines lässt sich noch eine
zweite Uber die Breite der Matte laufende Inschrift in
lateinischer Spruche erkennen, und es zeigt sich, dass
dieser ursprüngliche Römerstein im Mittelalter eine
neuerliche Verwendung als Deukmalstein gelnnden hat.
Die lateinische Inschrift lässt siel eh ziemlich gut
lesen und wir verweisen deshalb an das Fingangs
benannte Büchlein.
Bei seiner zweiten Verwendung als Deukmalstein
wurde er ebenfalls mit einer Inschrift versehen , die
jedoch Uber die Schmalseiten der Malte läuft, darunter
kam Kreuz und Wappen, alles uiit kräftiger Hand roh
eingemeissclt. Die acht Zeilen bildende Inschrift (gothi-
sehe I neialen mit Majuskeln gemischt) lautet : Hie . leit .
L'lrich . dises . hovses . rehtter . erbe. Das Wappen im
einfachen Spit/.schihle zeigt zwei schriigrechte Balken,
das Wajipen der steierischen Lichteiisteine.
Herr Beck b - W j dm a u s t et t er, Verfasser dieser
Brochlire will diesen Grabstein dein berühmten Sänger
l'lrich v. Lichtenstein gewidmet wissen und fuhrt hiefUr in
sehr geistreicher Weise den Beweis, der ihm ausser etli-
chen, untergeordneten und wahrscheinlich auch beseitig-
baren Bedenken gegen die Wortform der Inschrift und
den Gebrauch, Ruhestätten in Burgen zu wählen, auch
geltlugen sein dürfte. Es musste eben bewiesen werden,
dass nnr dieser L'lrich des Hauses Liehtensiein recht
massiger Besitzer der Burg sein konnte, dass die bishc
rige Meinung Flrieh s v. Lichtenstein sterbliche Hillle
habe in Sekkau ihre Ruhestätte gefunden, unrichtig ist,
nnd dass die Sohriftzeiehen und Grabsteinforiii in der
bezüglichen Zeil Üblich waren.
Hinsichtlieh des orstcren Punktes bringt Herr Beckh
eine Reihe von sehr interessanten genealogischen Daten
Uber die Familie des Minnesängers, Daten, die /.um
Theile noch nicht bekannt, zum Theile wohl bekannt,
aber unbeachtet geblieben waren, l'lrich, der erste
dieses Namen» in der Lichtenstein'scheu Stammreihe,
war der Sohn Ditmar's und hatte als Brüder einen
Ditmar und den Archidiaeon nnd Ifurrer inPöls, Namens
Hartnid. Er war verheirathet mit Berehta von Weizzeti-
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cm
stein. Von dreien seiner Kinder haben stielt noch die
Namen erhallen, als Ulrich, vermählt mit Kunigunde von
Goldeck, dann der in der steierischen Geschichte wie-
derholt erscheinend« Otto, ferner Linkurdis, Nonne zu
Admout, endlich hatte er noch eine Tochter unbekann-
ten Namens, die mit Wülfing von Trennstein verehe-
licht war.
Des Sängers Ulrich gleichnamiger Sohn lebte nicht
wie sein Vater auf der Franenburg, sondern in Murau,
dass er von seinem Vater erhielt : die Frauenburg bekam
Ulrieh's anderer Sohn Otto. Ulrich in Murau dürfte
wahrscheinlich kinderlos gestorben sein, denn im letzten
Decennium nannte sich bereits sein Bruder Otto von
Lichtenstein auch Herrn der Frauenbnrg. Ausser diesen
beiden Ulrichen erscheint noch im Beginn des XIV.
Jahrhunderts ein dritter Ulrich ; er war Otto's Sohn und
wird im Sekkauer Todtenbuche (1311) mit dem Bei-
namen stndens (d. i. Air den geistlichen Stand bestimmt)
als bereits verstorben bezeichnet. Von diesen drei Mit-
gliedern des Hauses Lichteustein , Namens Ulrich,
nimmt Herr Bcckh an, dass nur der erste allein Besitzer
der Frauenbnrg war, auch nur er als des Hauses rechter
Erbe auf seinem Grabstein benannt werden konnte. Mit
richtiger Würdigung der historischen Behelfe wird das
Jahr 1275 als sein Todesjahr angenommen.
Wohl begründet ist der Schluss, dass, weil im
Sekkauer Todtenbuche Ulrieh's Name vorkommt und
im Jahre 1277 von seinem Sohne Otto der vom Vater
XVII.
begonnene Bau einer Capelle daselbst beendet wurde,
und weil dort Otto für sich und seine Nachkommen eine
Bcgiäbnissstatte gegründet hatte, deshalb keineswegs
angenommen werden kann, dass auch Ulrich dort seine
Ruhestätte gefunden habe.
Da Ulrich der einzige rechte Besitzer der Franen-
burg dieses Namens war und er seine Ruhestätte zu
Sekkau nicht gefunden haben konnte, dies deutet Herr
Bcckh nun dahin , dnss er auf der Frauenburg selbst
bestattet wurde, wie dies mit der Inschrift Ubereinstim-
men würde. Anfangs glaubte man jedoch, dass die der
Burg so nahe liegende Jacobskirche einen Anhaltspunkt
für die Grabstätte bieten konnte, doch die Nachfor-
schung blieb ohne Erfolg. Und doch scheint es mir noch
wahrscheinlicher, das.s die Ruhestätte in dieser Kirche
zu suchen ist, als in der Burg selbst, denn die Bei-
setzung Verstorbener in Burgen, die zum gewöhnlichen
Aufenthalt der Familien dienten, ist ein höchst seltenes
Vorkomniniss, was bei der als unzweifelhaft anzuneh-
menden Zusammengehörigkeit der Burg und der Kirche
auch mit den Worten der Grabschrift nicht im Wider-
spruch stehen würde.
In den Pfarrhof dürfte nach Herrn Beckh's Ansicht
der Stein nur znfiillig aus der Burg gekommen sein, wie
denn viele Trümmer der Burg zu Bauzw ecken verschleppt
wurden.
Was nun die Form und Inschrift des Grabsteines
betrifft, so nimmt Herr Bcckh an, dass das Denkmal
gegen Ausgang des XIII. Jahrhunderts entstanden ist,
wie dies eben Form und Inschrift darthuu sollen. Die
Inschrift ist nicht, wie fast immer üblich, am Rande
herumlaufend angebracht, auch die Wortform und Ans-
drncksweise dieser deutschen Inschrift, die dem Ulrich
selbst zugeschrieben wird, erscheint für diese Zeit ciui-
germnssen bedenklich. Doch sind diese Bedenken ebenso
wenig wie jenes, dass man, da doch kein Maugel an
brauchbarem Materiale war, für ein solches Denkmal
einen Römerstein wühlte und ihn sogar auf der Schrift-
seite benutzte, keineswegs so bedeutend, um den Werth
des sehr empfehlenswerthen Büchleins und die geist-
reiche Beweisführung Uber das Grabmal nachhaltig ab-
schwächen zu können. Jedenfalls wurde die öffentliche
Aufmerksamkeit auf ein Denkmal gelenkt, dass ebenso
wichtig, als die demselben gewidmete Schrift des Herrn
Beck-Widmanstetter interessant uud belehrend ist.
Dr. K. Und.
Die Märtyrer der Katakomben und die römische
Praxis.
V« l-.mii.ui. Wpilft T. O. W.l« «I, In R*. V und 114 ».Ii»«.
Unter diesem Titel tritt ein gelehrtes Referat Uber
den gegenwärtigen Stand der Frage nach den Merkma-
len echter Martyr-Griiber in die Öffentlichkeit , welches
zunächst durch die Bearbeitungen dieses Thema's von
Dr. Kraus bei Trier und den Epigraphiker Le Blant
in neuester Zeit veranlasst scheint und bei der delica-
ten Stimmung in religiösen Dingen wohl aus zu grosser
Vorsicht pBeudonym herausgegeben ward. Ich halte
mich lediglich an die wissenschaftliche Frage und darf
zur Orientirang mancher Leser wohl folgendes voraus-
schicken. Da der Gegenstand auf dem Boden und recht
eigentlich im Innern der Katakomben sich entwickelt,
so lässt der Verfasser in der Einleitung eine auf dem
P
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(.'IV
Kilianen Studium der de Rossi'sehen Forschung be-
ruhende Geschichte dieser weltberühmten Grabstätten
vorausgehen und lenkt dann »tu Faden der Geschichte
auf die eigentliche Thesis ein. Im Julire 1578 fiiuden
Arbeiter in der Vigun Sanehez beim zweiten Meilen-
steine rerlits au der Salaria nuva zufällig ein altes
Cöinctcriuiu mit Krypten und .Monumenten. Von diesem
Funde schreibt sich die neue Erforschung der Katakom-
ben her, denn, wenn auch die anfängliche Begeisterung
bald erlosch, so trat im Jahre K>!i:t ein Mann lür diese
Sache ein, dessen Name stets mit dem Ituhmc der
römischen Cönictericn und deren Erforschung vcrknüplt
bleiben wird, nämlich der damals noch achtzehnjährige
Husio. Während dieser edle Forscher nach der Topo-
graphie und Geschichte der Cömctcricn trug, suchten
Alliiere die neuen Funde als iteli<|iiien von Märtyrern
in Ansehen und Verehrung zu bringen , womit dem
Missbruuch und Betrug allerlei Spielraum gegeben
schien. Ks wurden verschiedene, jel/.t last säinmtlich
aufgegebene Kennzeichen für die Martvr-Grliber auf-
gestellt, darunter Symbole, die damit gar nichts gemein
haben, sondern jedem Christen-Grabe /.ngethcilt w erden
konnten, wie das Lamm, das Monogramm Christi, die
Taube, Jonas, Daniel, ja das herzförmige, Interpiinctions-
zeiehen , die Abbildung von Hnndwerksgeräthen des
Verstorbenen n. dgl. Die Palme und das sogenannte
Hlutlläsclicheii galten vor allem andern als Merkmale
solcher Grabstätten, die amtliche Kntscheidiing der
betreffenden Congregation in Koni Hess nur die beiden
letzteren als zweifellose Kennzeichen decretiren im
Jahre Ititis. Die l'alme und das Blutgefäss waren somit
als Kichere Anhaltspunkte amtlich aufgestellt und trotz
dem war der früheren Willkür und eigennützigen Aus-
beutung kein Knde gemacht. Da erhob der gelehrte
Main II !> n in einem Briefe de etiliiiSauctorum iguotorum
Mi'.'T unter dem Namen Eusebius Koiunuus seine gew ich-
tige Stimme und drang darauf, dass obige Merkmale
beobachtet und in Bezug auf die BlutfüUchchen jeden-
falls constatirt werde, ob da* betreffende Glastläschehen
wirklich zur Aufnahme von Blut, und nicht etwa fUr
Balsam und Wohlgcruchc gedient habe. Es sei ja hin-
länglich bekannt, dass man in solchen Gefässen auch
Kohlen gefunden habe, wesshalb für jeden einzelnen
Fall diese Untersuchung iiothwcndig zu geschehen
habe. Mahillou sehrieb diesen berühmt gewordenen
Brief in der Sorge und im Eifer fllr das Ansehen des
riimiseheu Stuhles und der katholischen Kirche und
ermangelte desshalb nicht, auf die Gefahren aufrichtig
hinzudeuten , welche der kirchlichen Autorität durch
Nichtbeachtung der unleugbareu Mißstände und deren
Rüge drohen würden. Doch wie wohlwollend Einzelne
selbst aus den höchsten kirchlichen Kreisen dem gelehr-
ten Benedictiner entgegenkamen, die in ihrem Einkom-
men Geschädigten setzten alle Hebel an, diese Schrift
auf den Iudex der päpstlich proscribirten Bllcher zu
bringen nnd damit ihr bisheriges unverantwortliches
Verfahren mit der Versendung angeblicher Martyr-Reli-
«uien anch fernerhin zu asBecnriren. Lehrreich ist der
Abschnitt Uber den Verlaul dieser Angelegenheit, der
Mabillon so viel Mühe nnd Zeit gewidmet halte. Sein
Process führte zwar nicht zu dem von den Gegnern
erwünschten Ziele, indem das persönliche Dazwischen-
treten des dem greisen Benedictiner geneigten Papstes
die Verurtheihiug abwendete und die Freigebung des
Buches unter der Bedingung, dass einige Zusätze
gemacht werden, bewerkstelligte. Soviel hatten die
Gegner immerhin erzielt, dass ihre Praxis unangetastet
blieb und die refonuirende Kraft des Mahillon'schcu
Briefes ihre Wirkung völlig verfehlte, wenigstens in den
massgebenden Kreisen Horns. Doch die eigentliche Be-
deutung dieser mächtigen wissenschaftlichen Opposition
lag in der Kritik nnd ihren unantastbaren Resultaten.
Iiier knüpfen Spätere an und zwar zunächst au die
Aufklärtingsvcrsuche Uber die sogenannten Blutfläsch-
chen oder Blutampullcn.
Unter allen hierüber verfassten Schriften zeichnet
sich die speeiell fllr die römische Congregation der
Riten bestimmte Abhandlung des Jesuiten P. de Blick
aus, die IH.'.fi zu Brüssel gedruckt, aber nie in den
Buchhnndel gekommen ist. Der Hauptinhalt besteht iu
folgenden Sätzen :
1. Schon längst ist von namhaften katholischen
Gelehrten der Blutinhalt dieser Grabgefässc bezweifelt
worden.
i'. In den drei ersten Jahrhunderten gab es keine
so grosse Zahl von Christen in Rom, als die Zahl betra-
gen würde, wenn die seit Ende des XVI. Jahrhunderts
wegen des Blutgefässes für Martyr-l'berrestc erklärten
Crcbeine w irklich echt wären.
Cntcr Paul I. , Paschal I. und Nachfolgern
wurden fast alle Martyr Reliquien aus den Katakomben
erhoben ; es können somit unmöglich noch so viele übrig
geblieben sein, als man seit dein XVI. Jahrhundert aus-
gegraben haben will.
1. Der fünfte Theil der mit solchen Blutgefässen
bezeichneten Gräber gehörte Kindern unter sieben
Jahren an. Der lfechlssinn und die Menschlichkeit der
Römer hissen das Martyrium so vieler Unmündiger gar
nicht denken, eben so wenig das Martyrium so vieler
Mädchen.
f>. Die Mehrzahl dieser Gefässe stammt aus der
ConstautiiiUeheii Zeit, wo die blutigen Verfolgungen
geendet.
0. Weder Uber diese Gefässe noch über da» Symbol
der Palme als Indicien des Martyriums existirt eine
Tradition. Erst im XVI. Jahrhundert werden sie als
Merkmale von Marlyr-Gräbern aufgestellt.
7. Der Blutinhalt ist nie erwiesen worden. Die
Gefässe mit dem eingeschriebenen Wort r Sanguis- sind
Fälschungen.
K. Diese Gefässe enthielten wahrscheinlich eucha-
listischen Wein , den die Gläubigen au deu Gräbern
darbrachten.
5>. Jene Ampullen hingegen, die im Innern ein-
zelner Gräber gefunden wurden und wirklich Blut ent-
hielten, sollen unter den obigen, die als blosse Kenn-
zeichen an der Ausseiiseite der Gräber angebracht
waren, durchaus nicht eingereiht und angegriffen sein.
Nur das eine stehe fest, dass die Beisetzung von solchen
Gefässen am Äusseren der Gräber weder das Merkmal
von Martyr-Grttbern sei, noch als solches jemals von
den Christen beabsichtigt gewesen.
Bald darauf trat der französische Epigraphiker Lo
Blaut mit einer kleinen Schrift „La question du vase
de sang", Paris lHöM, hervor, die, ohne von obiger Ab-
handlung zu wissen , in den negativen Resultaten
ziemlich auf dasselbe hinauskam, aber Uber den Zweck
der Ampullen eine ganz neue Meinung aufstellte, den
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cv
den wirklichen Blutinhalt voraussetzt nud festhält.
Allerdings, meiiit Lc Hl an t, enthalten diene Fläseh-
elien Märtyrblut , aber nicht von den hier bestatteten
Menschen , an deren Grab sie sieh finden, »widern von
Märtyrern der grossen Verfolgungen , deren Wut in
den Familien aufbewahrt und nach dem Tode der
Fainilienglieder, am Ende der Verfolgung*/.eit und tief
in die Coiistnntinische Zeit hinein, an die Grabstätten
der im tieften Frieden Heimgegangenen als .Schutz
gegen Mise Gewalten und als Trostmittel der Begra-
benen in solchen Oefässcn angebracht worden. Auf
diese Weise seien aueh die spätesten Glieder einer
Familie mit den Märtyrern in Verbindung geblieben
und hätten so selbst die Knhestlitte gewissermassen
mit denselben getheilt. Endlich schrieb auch Spencer
Northcote im Rambler einen Aufsatz gegen die Mehr-
zahl der Le Blant'sehen Argamente , brachte jedoch
andere ernste Hedeukeu gegen die römische Ausieht vor.
Damals hielt man sieb fllr uberzeugt, Korn werde diese
gewichtigen Stimmen berücksichtigen und in diesem
Sinne das Deeret von WM umgestalten. Leere Hoffnung.
Drei Jahre nach S p e n c e r's Abhandlung , im Jahre
]Kt>3, erklärte die Congregatio ititumn, das« es bei dem
Decret von lt>OH sein Verbleiben habe, l'apst Pius
bestätigte diesen Beschluss. Nim versuchte Dr. Kraus
von Trier in einer ganz ausgezeichneten Abhandlung:
r |)ie Blut-Ampullen der römischen Katakomben. IM*" 1
in streng wissenschaftlicher Prüfung dem römischen
Decrete noch eine Existenz-Fähigkeit Vörden Fachleuten
zu retten und erklärte, die jedesmalige Entscheidung
Uber den Bluliuhalt vorausgesetzt, diese Gefässe als
die Merkmale von Martyr-Gräbern, aber von solchen,
die kirchlich noch nicht approbirt d. h. vindicirt waren.
Dies vorgesetzte Gcfilss sollte vorläufig das Märtyrcr-
Grab anzeigen, bis auf Grund der kirchlichen Martyr-
A'cten die Vindicatio selbst stattfinden konnte. Hei dem
Drange der Verfolgung, zumal der [tioclctianisehen von
:tt>:i, konnten die Todtengrttber nur auf Aussage Ein-
zelner Uber das Martyrium des zu Bestattenden Anf-
schlnss crlialteii, und so setzten sie oder andere ('bristen
dem Grabe dies Zeichen vor, wobei die kirchliche Vin-
dicatio vorbehalten blieb. Der Hanptbeweis liegt fllr
diese Theorie in der Grabschrift des Papstes Fabianus,
der das MKT (= Mnrtyrj erst spitter beigesetzt worden
seiu soll. Fabianus starb 250 und wurde im Calix-
tinischen Cömeterinm beigesetzt. Zum Martyr wurde
er laut de Rossi's c|)igrap]iischer Wahrnehmung später,
erst nach der Wicdcrbcselzung des päpstlichen Stuhles
um 2f>2, durch die Beifügung obiger Buchstaben erklärt.
Le Blant prüfte darauf die Hypothese des gelehrten
Dr. Kraus und machte Einwurfe, denen selbst der
Gegner ihre Berechtigung zugestand. Die von dem
grossen Forscher der Gräber der Nomtandie , Abbe.
Cochet, mitgetheiltcn Grabgefässc mit rothem Nieder-
schlag und die darüber angestellten chemischen Ana-
lysen lassen keinen Zweifel, dass der Inhalt nicht Blut,
sondern mineralischer Natur sei. Gleiches Ergebnis»
hatte die Prüfung römischer Ampullen. So komm» nun
unser Verfasser zn dem Schlüsse, dass alle anf diesen
Blntgehalt gebauten Annahmen und Erklärungen unhalt-
bar seien nnd Cochct's Vcrmntliiing, als dienten diese
Gelasse für Aufbewahrung von Wasser, von einer Art
geweihten Wassers , bei weitem die annehmbarste
genannt werden mUsse. Nachdem weder Le Blant noch
Kraus das römische Decret in seiner einfachen Bedeu-
tung aufrecht halten konnten und mit ihrer Erklärung
wohl nicht länger ohne neue zureichende Beweismittel
bestehen dürften, so ergibt sich jedenfalls, dass die
römische Ansicht als solche in gar nichts weiter
begründet und aufzugeben sei. Diese tibersichtlich
geschriebene und klar gehaltene Abhandlung wird den
Leser erst eigentlich in den Stand setzen, die etwas
schwieriger zu verstehende und fast nur für Fachleute
berechnete vortreffliche Schrift Dr. Kraus' richtig zu
würdigen und aus ihr den Nutzen zu schöpfen, der
dieser Arbeit fllr die christliche Archäologie bleibend
gesichert ist. Möchten doch öfters solche mit der Gabe
der Darstellung für weitere Kreise ausgezeichnete
Schriftsteller von gleicher Genauigkeit und Wisscii-
schaftlirhkeit wie dieser Paulinus Themata des christ-
lichen Alterthnms behandeln , ihr Verdienst könnte im
Interesse des Gegenstandes nicht genug anerkannt und
gesehätzt werden. Ich habe eine so klare, gründliche,
nur auf die Sache und ihre wissenschaftliche Vertretung
gerichtete Schrift nicht leicht zn Händen bekommen
und hoffe, der Leser werde mein l.'rtheil bestätigen.
Der Alterthums- Verein in Wien.
Die am *>. April d. J. abgehaltene General Ver-
sammlung gibt uns Anlass, das Wirken dieses Vereines
während des abgelaufenen Vcrcinsjnlircs 1870 71 etwas •
näher ins Auge zu fassen.
Gleichwie bisher beschränkte sich die Thätigkeit
des Vereines auf die Veranstaltung von Ahendvers.imm-
luugen , von gemeinsamen AusHügen nach archäo-
logisch interessanten Orten Nicder-Osterreiehs und die
Herausgabe eines Jahrbuches unter dem Namen der
Berichte und Mitteilungen des Vereines.
Abendversammlimgcu wurden sechs veranstaltet ;
dabei hielten Vorträge: Donibnnmeister Schmidt Uber
die Bauhtltten im Mittelalter und die mittelalterlichen
Steiniuctzzeiehen , Dr. Kenner Uber Kaiser Marc
Aurel, Freiherr von Sacken Über die gemina angitstea
im k. k. MUnz- und Antiken-C'nbinet. Professor Kitter
von Perger Uber die Sage vom ewigen Juden, den
Pilatnsberg in der Schweiz. Uber das Geinäide des
P. P. Rubens, vorstellend den heil. Ildefons in der knis.
Gemälde- Galerie im Belvedere, Dr. Lind Uber den
Schrein zu Möchling und Uber die Ruine Thalberg in
der Steiermark, Dr. Franz K Urs ebner Uber Siegel Her-
zogs Rudolph IV. und dessen Geheimschrift, Dr. Pi ch I e r
Uber den Römerbrunnen zu Gleichenberg. Ausgestellt
waren die durch die Firma Brix und Anders vorzüglich
restaurirte gothischc Monstrnuze zu Jahrendorf, Abbil-
dungen der Glasgcmäble aus Asissi. von Glasgemälden
in Gailling, eines bemalten Sehreines in Wienhausen,
ferner Urknndcn aus dem Wiener Domschatzc, der
Wiener Universität u. s. w., endlich einzelne Gegen-
stände aus den Sammlungen Artaria, Widter, Thill,
Kaff n. s. w. Zahlreicher Besuch bewies die Beliebtheit
dieser Abende.
Ausflüge wurden drei veranstaltet; dasZiel des einen
war Loosdorf , Mauer nnd Melk, des anderen Wiener-
Neustadt und Ruine Emcrsberg, und des dritten Berch-
toldsdorf, Brunn, Ruine Liechtenstein undMödling. Jeder
dieser AusflUgc nahm einen ganzen Tag in Anspruch.
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CVI
*Der «Ion Vereinsmitgliedern Ubergebcnc XII. Rand
der Vcrcinsschriften cntliiilt viele schiilzenawerthe Bei-
träge, als von A. K. v. Game sinn Uber die alte Peters-
kirehf zu Wien und das alte BUrgermilitiir, Dr. Ilg Uber
eine sehr interessante Rüste im Besitze de» Kunst-
uncl Industrie-Museums, K. v. l'erger Uber die mittel-
alterliche Hirsebjagd und historische Aufzeichnungen
Uber die Stadt Hamburg, Dr. Lind Uber ein Gräbcr-
verzeichniss aus dem Wiener Minnritcnklostcr ' ferner
kurze Beschreibungen nebst entsprechenden Abbildun-
gen der Kirche zu Wildungsmauer, zu Rrimu am Ge-
birge, der Schlosscapclle zu Pottendorf samnit den dor-
tigen Grabsteinen und des Schlosses zu Kraniebberg.
Die General-Versammlung gab Anlnss zur Neu-
wahl des Vereinspräsideuten und von sechs Ausschuss-
mitglicdern. Präsident Graf M. C. Wi cke nbu rg wurde
mit Stimmen-Einhelligkeit wiedergewählt , desgleichen
sämmtliche Ausschüsse , deren vierjährige Fnnctions-
dauer ablaufen war, nämlich Hofrath Joseph Asch-
bach, Albert Ritter von Camesina. Franz Graf
Cren nevil Ic Excellenz. Dr. Karl Lind, Karl Freiherr
von Ran sonnet Kxcellenz und Dr. Eduard Freiherr
von Sacken.
Wenn wir auch der Tliätigkeit des Vereines die
wohlverdiente Anerkennung nicht versagen können, so
wollen wir doch den Wunsch aussprechen, das» der
Verein recht bald einer seiner weitereu Aufgaben gerecht
werde, und ausser dein Bekanntmachen der Denkmale
Nieder- Österreichs durch seine mustergilligen Publica-
tionen auch werkthiitig fllr deren Erhaltung, sowie auch
uoch in anderer Weise nach dem Ziele, d. i. der archäo-
logischen Erforschung des Kroulaudcs hin fördernd
eingreife. . . . vi . . .
Die Kunst im Handwerk.
V ...in,., cum für IUiacl.tr Xen-w ■»■■ ri.Ilcl • r Auatl. IUi^k v.., Ii. Hu t }, , r.
«1.1. !»7i.
Wenn auch der Verfasser in der Einleitung sagt,
dieses Werkehen enthält nichts, was nicht auch an an-
deren Orten zu linden wäre, so wolleu wir, dies bejahend,
dennoch die Leser auf dieses Ruch aufmerksam machen
und es ihuen ganz besonders empfehlen, da wir in dem-
selben, wenn auch kurz gefasstc, so doch vollkommen
belehrende Aufklärung Uber die Technik des Kunst-
gewerbes fiuden. Nicht da* Kunstgewerbe der Gegen-
wart allein fand darin seine Rerlleksiehtiguug, auch, und
zwar ganz richtig und unvermeidlich, jenes der Ver-
gangenheit bis zu den ältesten Zeiten zurück, in so weit
sieb genügende Quellen linden , und eben hierin liegt
der Werth dieser Schrift fllr den Freund der alten Kunst.
Mag dies Ruch recht brauchbar sein fllr jeden, der sich
mit der modernen Kunst beschäftigt, fUr das Studium
der KunBt unserer Vorzeit hingegen ist es als band-
sames Hilft- und Nachsehlagcbucli geradezu unentbehr-
lich. Wir linden darin Aufklärung Uber die gewerbliche
und Knnsttechnik der Jetztzeit, sowie der Vergangen-
heit nach jeder Richtung, sei es Uber die Arten und
passende Wahl des Material«, sei es Uber dessen Rehand-
» 1» .Uw.tlf tii htifjr »» lmhiir.il. Ii M»r«ui hnk v. I,ci)|.rt'.|j.lorr liltr
Mir.,. Kuli. »Viru In dir )lli.i>r-|Ul.kirtl|i . »VJin ud vf lu «Kr ScL!.'ilc«I-*l]o tu
I i <.F«l4»d< 'I l rl«t >ctn »urd..
hing und Verarbeitung, sei es Uber die gebräuchlichsten
Werkzeuge und technischen Rezeiclinungen, sei es Uber
die EigeiitliUuilichkeitcn der einzelneu Stylarlen u. s. w.
Der Anordnung des Stoffes ist jene im k. k. Museum
fllr Kunst und Industrie zu Grunde gelegte angenommen
worden, wir finden demnach die verschiedenen Styl-
arteu, dann die textile Kunst, Handarbeiten des Lmails,
Mosaik , Glasmalerei , Malerei , Schrift und Druck,
Riichbinderci, Glaserei, Keramik, die Holz- und Stein-
arbeiten, die Plastik in weichen Stoffen und die Arbeit
in Metall in klarer und verständlicher Weise behandelt
. . . Vi . . .
Dürer's Reiterekizzen zum Triumphzuge Kaiser
llrr«u.^. Lr Ii vt.n der t- Ii Ol ..^T «I- 1, lt, Ii. Ii 1 .1. lltdiin. Win, ,»:•{.
So wie die Rlätter zum Triumphzuge Kaiser Max I.
wohl in den weitesten Kreisen bekannt sein durften,
ebenso dürfte man wohl allerorts zur l'berzengung ge-
laugt sein, dass von den 1 .57 auf uns gekommenen Holz-
schnitten nahezu die Hälfte auf Hans Rurgkmaicr
zurückzuführen ist, während von den Übrigen ein Theil
aus Dürer s Hand slaumit : es ist dies der Mittelpunkt
des Zuges, der Triumph wngen, der im Jahre I.M'2 selbst-
ständig veröffentlicht wurde. Wir verweisen diesbezüglich
auf die geistreiche Abhandlung des Dr. MorizT h a tt s i tig
in den Mittlieiluiigen des Jahres I Sils. Ausser diesen
Blättern haben sich aber auch noch DUrer'schc Zeich-
nungen zum Triumphzuge erhalten , die nicht bis zur
AiisIHbrung im Holzschnitte gediehen sind. Es sind dies
sechs Keiterbilder, die sich in der Alberlina befinden,
auf je einem Foliobogen gezeichnet und mit der Jahres-
zahl lftl* versehen. Diese sechs Zeichnungen wurden
durch die photographisehe Gesellschaft publicirt, und ich
bin Überzeugt, alle Freunde Dllrer' scher Meisterwerke
werden ihr dafllr bestens danken.
Doch konneu wir nicht so leicht Uber diese Pnbli-
cation hinweggehen, die uns durch eine recht anregende
Einleitung aus Dr. Thausiug's Feder um so werth-
voller wird. Die Zeichnungen wurden unter Herrn
Leths Meisterlcitung im pholographischcn Wege auf
Holz Ubertragen und im xylogrnphischeu Kunstinstitute
des Herrn Wilhelm Rader in Holz geschnitten. Sind die
Leistungen dieses Instituts Uberhaupt mustergiltig und
wahrhaft künstlerisch . so müssen diese sechs Schnitte
den Resten angereiht werden, das je ans diesem Atelier
hervorging. ...»«...
In dem auf Seite XLII erschienenen Aufsatze Uber
gemalte Initialen wurde erwähnt, dass das in deutschen
Urkunden vorkommende Aufangs l die Phantasie des
Schreibers herausforderte, so dass es oft mit grotesker
Fratze versehen wurde. Als interessantes Beispiel hiefür
bezeichnet Dr. Luschin den Ablassbrief des Cardinal-
bischofs von Sabina Jordanus, fUr die Kirche St. Mureiu
zu Pratik (Obersteiermark). Das am 5. August 1437 zu
Bologna ausgestellte Original befindet sieh dermalen im
steierischeu Landes-Archive und zeigt in der vergrößer-
ten Initiale anf schwarzem Grunde das zierlich ausge-
sperrte Bild eines ruhenden Drachen.
R,£i<1c«t: Ii, kt.il Luid. - Dr»ck iUj Ii t IUI un-l Ii* iu.|.'wk»l». W..0
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CVII
Das Kunigundenkirchleiii zu Mailberg in Nieder-
Österreich.
Dm Kirrbleiii befindet sich unmittelbar nördlich
vom Orte auf einem isolirten Hügel, in Mitte des Fried-
hofes, dcrvon einer niederen Terrnsseumaner umgeben ist.
(Flg. I.)
Ursprünglich als kleine t'apclle angelegt, bestand es
aus zwei nahezu qnadrati«chcn Trnvccs, die dureh einen
nndbogigerj Gvrt getrennt sind, und aus einer im Aebteek
geschlossenen, gleich breiten Apsis. (Vir. - bis 4).
Gewölberippen, Consolglicderiing und das einfache
Hnlimcnprofil mit Nasen in den spitzbogigcn Fenster-
schlitzen lassen als Hauzeit auf Anfallt; des XV.Jahrbun-
derts schlie«sen, da keinerlei Au!«i hreibungen Uber die
Zeit der Entstehung vorbanden sind.
Das Material besiebt ans Sandstein minderer (Jim-
lität. der in den Mauern als Bruchstein, an den Strebe-
pfeilern als Halhqnadcr zur Verwendung kam. Die ge-
ringe Wetterbestilndigkeit desselben dürfte l'rsache ge-
wc«cn -ein. das« mau schon frühzeitig die Aussenseile
mit einem leichten Verputz überzog, der auch im Innern
hrfaen wiederholl wurde.
Diesem (iebiiude wurde, unbekannt wann, ein zweiter
Kaum angefügt, der in Ziegeln construirt sebeinl (naeh
den ganz nnregelmässigcn Vcrstärkungsvorlugcn und
l'feilem zu schliesscn i, und wohl nur einem momentanen
Vergrttssernngsbedürfnissc seine KntMchnng verdankt,
da weiler äussere noch innere Entwicklung irgend einen
Anspruch als kunstleistnng erbeben können ; welcher
Anbau alter leider durch Heine innige Verbindung mit
dem Mltcm l!an eine gänzliche I'mgcstaltung der äussern
Erscheinung zur Folge hatte.
Iber «lern Mittelpfeiler der Vorderfacade wurde
jedenfalls damit gleichzeitig ein kleines achteckiges
ülockenthurmchcn auf vier Zwickelgcwtilben in Ziegel
( von t> — II?" Wandstärke) errichtet, «lein bezüglich einer
Hk. I.
t rilheren Anlage kaum
eine Berechtigung zuge-
standen werden kann.
Die Verbindung
beider Räume ist durch
halbrunde Gurt bogen
hergestellt, deren stntz-
pfeiler abgeschrägte
Ecken zeigt . welche
Schrägnng auch in den
tlurten nach der Seite
de« ältern Theiles «ich
fortsetzt. (Fig. 5.)
Ich vermuthe, das.«
die vonlere dieser Ho- Mir.
gcnötluiiugcu das Portal
enthalten haben könnte, von welchem sieb jetzt « in pro-
filirter Bogen Uber der sonst sehr primitiven Eingangs
tbllr de« Zubanes erhalten hat. da an der Facadenwand
der eigentlichen Capelle keine Spur einer Thllröffnung zu
bemerken ist, während der zweite Mögen vielleicht den
Zugang zu einem etwa daneben betiml liehen kleinen
Saeristt i-Kanm gebildet haben könnte. Der ältere Thcil
des Kirchlein H wird durch vier kleine naeh innen und
aussen sieh erweiternde «pitzhogige Fenster erleuchtet.
Da» Dach der Apsis besteht aus einer Ziegelpyra
mide, die gegen den hintern Giebel unter beiläufig 4~>°
anfüllt, welcher dasGcwölbe der Apsis mittelst eines Ent-
lastungshogens ItlicrHCtzt, der aber unverstnmlenerweü«e
durch eine Pfcilcraufnmuerung Uber dem Schlussstein
des Kippcugewölbcs seiner rechten Wirksamkeit beraubt,
schon schlimme Folgen auf den Bestand der Gicbelmaner
ausübt.
I nter der Capelle befindet .«ich ein Ccwiilbc, da«
zur Aufnahme der bei zeitweiligen Fmgrabnngen des
Friedhofes gesammelten Knochen dient. Dasselbe hat
eine kleine Kinsteigöffniing von ans«cn am Fuss der
mittleren Wand der Apsis, und ein Luftloch (jetzt ver-
schüttet) au der Nonlscitc. Der eigent-
liche Zugang befand sieh im Innern der
Capelle, wo nächst der Vorderwand im
Fnssbodcn, der im übrigen mit Ziegeln
gepflastert, eine circa 3 zu 7 Fils« grosse
Steinplatte angebracht ist. Sie ist gegen-
wärtig gebrochen und der Baum dar-
unter vollständig mit Schutt ausgefüllt.
Die sogenannte Steinkanzel ist
in Wahrheit ein unförmlicher, aus Zie-
gel errichteter, halb achteckiger Block
mit flacher Itrtlstnngswand an drei
Seiten, früher marmorartig bemalt, jetzt
gettlncht.
in der Apsis, sowie an der Ostwand
des Zubaue« stehen einfache Mensen au«
Stein. Fbcr der Mensa in der Apsis-erhe-
ben sich die Überreste eines gothischen
FlHgelaltars. In der Predella lind
sieben Brustbilder von Heiligen neben
{ j einander gmppirt und bemalt.
L_ J - Das Retabnlnm enthält eine Nische,
deren Hintergrund noch ursprünglich ist
und den typischen Hlnmcndessin auf
Goldgrund zeigt, während die beiden Sei-
lenwünde bloss ans rohen, bbiusebwarz
XVII
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cvin
/S.
VW. 9.
bestrichenen Brettern bestehen. Der profilirte Esels-
rücken nebst Nasenwerk und Krabben ist roth, während
das Stabwerk des blauen Hintergrundes verkohlet ist. Zu
beiden Seiten des Kastens sind Stttbc mit Knüpfen ohne
f'apitiile an gebracht aber jedenfalls. spater eingesetzt.
Die folgenden vertiealen Masswcrkfricsc sind gut erhal-
ten, vergolde! auf binnen Gr le.
Die beiden Tafelbilder /.nr Rechten und Linken
■eigen je zwei Figuren von gutem Styl, ziemlich wohl
erhalten, nur der Man« Hintergrund und die Händer sind
sehr schadhaft. Von den oben befindlichen Kogen
ru Innungen gibt blns die Contiir. wo sie ansetzen, eine
Vorstellung. Kinen der Flügel, auf dessen Vorderseite
die Figur eines Heiligen gemalt, während die Rückseite
mit einer Anzahl ganz Abscheulicher Figuren bedeckt
ist, hat der Herr Pfarrer aufbewahrt, nachdem der zweite
Flügel abbanden gekommen. Von der nrsprllng
liehen Krönung oder Aufbau blieb nichts mehr
erhalten, ilafllr jetzt ein kleiner zopfiger Kustcn-
aufsatz aufgesetzt, in dem eine plumpe Statue
der heil. Kunigunde, der Patronin der Capelle,
steht. Das Hauptaugenmerk wftre wohl auf eine
anständige Wiederherstellung dieses
FlUgelaltares zu richten. Denn, wenn auch
derselbe nicht gerade von hoher kllnstleri
scher Bedeutung sein mag, so sind doch in
Nieder Österreich derlei Gegenstände leider
so seilen vorhanden , dass es angezeigt
erscheint, das wenige um so sorgfältiger zu
bewahren und vor gäu/.lichcni I ntergang«' zu
schlitzen. (Fig. C.)
Gelegentlich meiner Anwesenheit allhier
Wollte ich nicht unterlassen, dns an einer er-
höhten Stelle gegenüber der Einmündung der
nach dem Schlosse führenden Strasse in die
Hauptstrasse des Ortes befindliche Licht sä u I
ehen eu zeichnen, und fuge die Aufnahme des-
selben bei.
Dasselbe ist in zierliehen , wohl etwas
späten Formen , leider gleichfalls in ganz
schlechtem Steinmaterial ausgeführt und bereits sifmmt-
lieber Endigungen nach oben beraubt; auch steckt der
etwa •' Fuss hohe Schaft fast 3 Fuss tief im sandigen
Hoden. Weder Steinmetneiehen noch Wappen oder
sonstige Anhaltspunkte liegen vor, um die Erbauer zu
bestimmen Die Verwitterung des Steines ist so stark,
dass sich nicht mehr erkennen lässt, ob die schiefen
Hinnen im Schaft einer ursprünglichen, gedrehten Hohl-
kehlenprofilirung angehören, oder blos von Ahblätterun
gen herrühren.
Originell erseheinen die ftinf Fensteröffnungen des
Eichthütischcns, die rings mit kleinen Bögelchen ein
gefnsst sind: vou der ehemals jedenfalls angebrachten
1
tie 4
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Yerglasunjrsart ist nun keine Spur mehr vorhanden. An
der weitster Reite befand sieh zum Einsetzt' n der Lampe
'Ins Thltrchcn nliiu* der Bogcnvemcrung. Die Stab
elien :t ti den Kckcn sind dem Schaft entlang mit deinsel-
l»en Hlattwcrk in horizontalen oder sehrügansteigenden
Reihen besetzt, welche das dazugehörige Capitäl bilden,
und durchaus sehr charakteristisc h und wirkungsvoll
gemacht. Auffallend ist noch die grosse Steilheit siimmt-
liehcr (riebet, in deren Kehl sieh mit geschickter Kaum-
bentttzung RDgebmchte Kngelsköpfe nebst den Armen
und einem Flügel n-igen. Kiue kleine Kigcnlhltmlichkeit
besitzen ferner die Kckfialcn dadurch, dass der Schutt
unmittelbar unter den (liebeln etwas vorkragt, was durch
eine Spitzbogen Hit hing vennittelt ist.
Das Capitäl des Schaftes ist auf geschickte Art so
gebildet, da-ss der l'bergang aus dem untern Kinjrprotil
zum Sechseck der Laterne durch 12 tiisehennrtige Spitz-
bogen mit Nasen vermittelt wird, unter welchen sich je
I Mlatlchen befindet. Der Ranze Aufbau des Lielithiius
rhens ist ans einem Sttlck Stein gehauen. (Fig. 7.)
Victor l.imtz.
Bericht über einige kirchliche Kunstwerke im Mat-
tigthaJe und dessen Umgebung.
(m i Bimtti»w,|
Um die Kunstdenknuilc Obel-Österreichs näher
kennen zu lernen, besuchte der Verfasser dieses ein
fachen Berichtes vor wenigen Jahreu auch die Kirchen
im Matiigthalc und dessen Umgebung. In jener (legend
bestehen noch heutzutage sehr viele Kirchengebäude.
Beinahe in jedem l'farrbezirke findet man nebst der
eigentlichen Pfarrkirche wenigsten» eine, gewöhnlich
aber zwei, nicht selten aber auch drei Filialkirchen.
Was den Hau Styl betrifft, gehören die meisten Kirchen
jener (legend den Werken der (iothik an. Indessen
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rx
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i' ""]
Fig.
sind dieselben der grössten Anzahl nach in ihrem Innern
im Laut« der letzte» Jahrhunderte modernisirt worden,
Ks ist nicht schwor, den Grund einzusehen, ans dem
diese* geschehen ist. Man wollte die Gewölbe der
Kirchen mit ausgedehnteren Gemälden ausstatten.
Diesem Vorhahen standen aber die Gewölberippen ent-
gegen. Ks wurde daher «lie Kntfernung derselben be-
schlossen und dieser Kntschluss mit grossem Kostcn-
anfwaiidc in Ausführung gebracht. Da** nneh die
iunere Kinrichtuug dieser Kirchen, wie z. Ii. Fitigel-
altäre und dergleichen dieser Neuertingssueht leider
weichen mussten, ist leicht einzusehen.
Indessen hat sich doch in einigen dieser Kirchen,
namentlich in Pilialkirchcn, noch manches Werk der
mittelalterlichen Kunst bis aul unsere Tage erhalten.
Nu sind z. H. noch einige Filialkirchen, wenigstens
grösstenteils in ihrem ursprünglichen Buuziistamle \<<r-
hnnden. In zwei Filialkirchen dieser Gegend beliuden
sich noch sehenfswerthe Fltlgclalliire aus dem XV. Jahr
hundert. Auch sind in den Kirchen des Mattigthalcs
und der Umgebung viele Grahuionnincnte vorhanden.
Selbst Werke der Kleinkünste linden sich vor, unter
welchcu die Werke der mittelalterlichen Schiniedekunst
sieh ganz besonders auszeichnen.
Auf diese Werke der Kunst aufmerksam zu machen,
ist nun der Zweck dieses oinfachen Hcriehtcs, in wel-
chem jedoch nur solche Werke erwähnt werden, von
denen der Verfasser glaubt , dass selbe noch wenig
bekannt sind. Als solche sind zu betrachten : die beiden
Kirchen Teichstätt und Gcbcrshnm und die in den-
selben befindlichen mittelalterlichen Flugclaliiire ; ferner
die schönen KisenheRchläge , die an den Thtlren der
meisten Kirchen dieser Gegend vorkommen. Auch von
den vielen Grabmonumentcn , welche in den Kirchen
des Mattigthales und der Umgebung vorhanden sind,
glaubt der Berichterstatter eine kurze Erwähnung
machen zn dürfen.
Die Kirche Teiehstiitt.
Dieselbe befindet sieh im Bezirke der l'farre Fried-
burg, auch Lengau genannt. Teiehstiitt ist von Irrstorf,
der ersten Station im Salzburgerlande an der von Wien
mir Ii Salzburg führenden Elisabeth- Westbahn ungefähr
anderthalb Stunden entfernt. Die Kirche zu Teiehstiitt ist
auf einem Hllgcl erbaut, ganz nahe am Trift- oder
Sehwenimbache, der sich nach einem Laufe von ungefähr
zwei Siundcu in der Nähe des Marktes Ihlendorf in die
Mattig ergiesst. Der Bau der genannten Kirch»; ging vom
.Kloster Mondsee aus. Derselbe füllt in die zweite Hälfte
des XV. Jahrhunderts. Solang das Kloster Mondsee
bestand, war die Kirche Teiehstiitt eine Filiale von
Strassvvalchcn und zugleich mit dieser Pfarrkirche dem
Kloster Moudscc ineorporirt. Auf dein Gewölbe des
Langhauses beiludet sich die Jahreszahl I welche
nicht die Zeit der Erbauung der Kirche, sondern viel-
mehr die Zeit der Ausstattung des Gewölbes mit Male-
reien anzeigen durfte.
Von aussen betrachtet, erscheint das Mauwerk
dieser Kirche, das grösstenteils mittelst Tuffsteinen
hergestellt ist, ganz einfach. In der Mitte der Westfront
ist ein einfacher Glockenturm angeordnet, der jedoch
seinen ursprünglichen Helm verloren hat.
Betritt mau das Innere dieser Kirche, so zeigt sieb
im Verhältnisse zum Äussern eine reiche Architektur;
ganz besonders aber nimmt der gothisehe Flügelaltar
im Hochchoru der Kirche die Aufmerksamkeit in
Anspruch.
Die Kirche zu Teichstätt hat ein einschiffiges Lang-
haus und ein nur wenig eingezogenes Altarhaus, das
gegen Osten mit drei Seiten des Aehtortes geschlossen
ist. Die Gesammtliingc der Kirche im Innern beträgt
»;4 Fuss, von denen auf das Langhaus ,i~ Fuss <> Zoll,
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ext
auf das Allnrhnus H> Fuss (i Zoll entfallen. Die Höhe
von beiden Bauteilen beträgt vom Fnsshodcn Iiis zum
Gcwölbcschluss ungefähr - JH Fuss. Das Altarhaiis ist
vom Langhausc durch einen einfach gegliederten
Triumphbogen geschieden , an dem noch da» alte
Trhiniphbogenkreuz vorhanden ist. Das Altnrhaus int
in zwei, da« Langhaus in vier Gewülbcjoehe eingeteilt.
Das Gewölbe ruht auf ziemlich einfach gegliederten
Wandpfeilcrn. Aus jedem derselben springt wieder ein
schlanker, aus dem Aclrtcck construirter Pfeiler zur
Hälfte vor, der dem eigentlichen Hippenwerke als Trä-
ger dient nml mit einem Bild-Capifhl versehen ist.
Diese Bild-Capitülc an den Wandpfeilern stellen (wahr-
scheinlich) die Brustbilder der Apostel, jeder mit einem
Spruehlmiid in den Hünden, vor, wie ähnliche auch in
der Stadlpfarrkirche r.u Braunau, in der Pfarrkirche /.u
Lohen ti. s. w. zu sehen sind. Das Gewölbe dieser
Kirche ist sowohl im Altarhause als auch im Langhause
mit einem sehr reichen Hippenwerke versehen, welches
sich netzförmig an demselben ausbreitet. Die einzelnen
Hippen laufen grösstenteils nicht in gerader, sondern
vielmehr in einer gebogenen Linie. Die Punkte, wo die
Hippen sieh durchkreuzen, sind der grössten Anzahl
nach mit runden Schlusssteinen versehen. An der nach
abwärts gekehrten Seite dieser Sehlnsssteiue sind runde
llolztafcln angebracht, welche bemalt sind und Wappen,
Buchstaben und Zillen) zeigen.
Der merkwürdigste Gegenstand , der in dieser
Kirche sieh vorfindet, ist jedoch der gothische Filigel-
altar, der im Hoch-Chore dieser Kirche aufgestellt ist.
Derselbe ist, wie eine auf demselben befindliehe Jahres-
zahl andeutet, um das Jahr 14*1) angefertigt worden.
Wer den berühmten Flügelaltar in der Kirche St. Wolf-
gaug am Abersee genau in allen seinen Theileu betrach-
tet hat, der wird bei dem Anblicke des Flllgelnltars in
Teiehstätt unwillkürlich an jenen in der Kirche St. Wolf
gang erinnert. Ks drängt sich dem aufmerksamen
Beobachter von selbst die Yermiithung auf, es dürfte
der Flügelaltar in Teiehstätf ebenfalls aus der Werk
statte jenes ausgezeichneten Meisters, Michael Paeher
von Brunuecken. der den Altar in der Kirche St. Wolf-
gang gefertigt hat, hervorgegangen sein. Ein Linstand
trägt bei, diese Yermiithung noch mehr zu bekräftigen.
Der genannte Meisler war nämlich zu jener Zeit, in
welche der Bau des Altares in Teiehstätt füllt, in St.
Wolfgang am Abersee mit der Herstellung des erwähn-
ten Flllgelaltars beschäftigt. Die Kirche St. Wolfgaug
stand aber damals, wie die Kirche zu Teiehstätt , unter
dem Patronate des Klosters Mondsee. Da ist nun mit
ziemlicher Sicherheit anzunehmen, das« derdamalige Abt
und die Brüderschaft des Klosters Mondsee, welche die
Kirche St. Wolfgaug mit einem so prachtvollen Allar-
werke durch Michael Paeher ausstatten liessen, dem-
selben Meister auch die Anfertigung des Flllgelaltares
för die Kirche zu Teiehstätt Ubertragen haben. Hingehen-
dere Forschungen werden diese Vermnthung höchst
wahrscheinlich zur Cewissheit erheben.
Der Hauptsehreiu des Altarwerkes in Teichstillt
ist nur mit zwei beweglichen Flügeln versehen. Sind
selbe geöffnet, so erblickt man in der Mitte des Schreines
die rund gearbeitete Statue des heil. Laurenz unter
einem sehr reich ornamentirten Baldachine. Vier Engel
Hingeben dieses Bild des Patrone« der Kirche in ähn-
licher Weise, wie im Altarworke in St. Wolfgang die
Hauptvorstcllmig. die Krönung Mariens , von Teppich
haltenden Engeln umgeben ist. Der Verfasser dieses Be-
richtes hält diese Hauptfigur im Altarwcrke zu Teieh-
stätt für ein ausgezeichnetes Kunstwerk, sowohl in Be-
zug auf Schnitzerei, als auch in Hinsieht der llcnialiing.
Auf jeder Seite dieses Hauptbildes befindet sich im
Schreine auf einer hohen Console und unter einem zier-
lichen Baldachine das Standbild einer Heiligen, und
zwar auf der Evangelienseite das der heil. Margaret,
auf der Epistelseite jenes der heil. Agnes. Beide sind
Miniaturbilder.
Auf der Innenseite der beiden, s Fuss 4 Zoll hohen
und .i Fuss breiten, durch eine Querleiste in zweiTheih
gesonderten Fltlgel sind vier Sceiien ans dem Leben
Marieiis vorgestellt, nämlich am Flügel auf der Evan-
gelinniseite oben der Gruss des Erzengels Gabriel,
unten die Geburt Christi. Am Fltlgel auf der Epistclseitc
erblickt man oben die Darstellung vom Grusse der heil.
Elisabeth, unten die vom Tode Märiens. Letztere Dar-
stellnng hat manches Eigentümliche au sieh. Die ster-
bende Jungfrau kniet auf einem Betschämel, hinter
welchem ihre Lagerstätte sirhtbar ist. Maria ist von den
Aposteln umgeben, von denen der heil. Petrus ihr die
Sterbekerze reicht, einer das Kreuz, ein anderer diis
Hauchgefäss trägt. Wird der Schrein geschlossen, so
erblickt man auf der Htlckseite der beweglichen Flügel
vier Scenen aus dem Leben des heil. Laurentius, des
Palrons dieser Kirche, nämlich seinen Abschied vom heil.
Papste Sixtus, seine Gefaiigcunchmnng. seine Verur-
teilung und seine Marter auf dem Feuerroste.
Auf jeder Seite des Schreines erblickt man, wenn
der Schrein geschlossen ist, abermals ein Bild, das au
Höhe und Breite, Einfassung und Abteilung den beweg-
lichen Flilgelbildem ganz ähnlich ist. Beule sind jedoch
in den eigentlichen Altarbau eingefügt und befestigt,
daher unbeweglich. Auf diesen zwei flllgelähnlicbeii
Bildern sind abermals vier Heilige vorgestellt, nämlich
auf dem der Evangelienseite oben der heil. Ulrich, unten
der heil. Siefanus; anf dem der Epistelseite oben der
heil, l'apst Lrban, unten der heil. Wolfgaug. Die Pre-
della dieses Altares enthüll in ihrer Mitte die Darstellung
von der Anbetung der Weisen ans dem Mnrgenlande.
In der Krönung sind Christus und drei Heilige, wahr
Kcheinlieh Katharina, Barbara und l'rsula, statuarisch
vorgestellt.
Dieser merkwürdige Altar ist auch auf seinerÜüek-
seite mit Gemälden ausgestattet. Auf der Klickseite des
eigentlichen Schreines ist das jüngste Gericht vorge-
stellt. Auf den Hückwänden der befestigten Flugclbilder
sind Bilder der Apostel zu sehen. Au der Hilekseite der
Predella ist das Haupt Christi im Veronica-Tuchc . das
von Engeln gehalten wird, angebracht. Das letztere Bild
sieht *ehr abgegriffen aus. Dieses kömmt von dem Ge-
brauche her, zu dem dieses Bild in früheren Zeiten
gedient hat. Dieser Gebrauch bestand darin, dassjem-
Personen, welche bei üpfergängen um den Altar herum-
gingen , dieses Bild entweder küssten, oder mit der
rechten Hand berührten, um sieh dann nach der Berüh-
rung mit dem heiligen Kreuze zu bezeichnen. Ähnliche
Bilder findet man noch in mehreren Kirchen dieser
Gegend. Selbst auf dem von ,Mainradt Gnppenpichl,
Bilthaner zu Mansee (Mondsee) im Jahre ITuf»- 4 verfer-
tigten Hochaltäre der lfarrkirche Indien ist auf der
Hilekseite dcssselbcn noch das Bild Christi im Veronica-
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(XII
Turin- angebracht, «'in Zeichen, das- (irr oben «tw riliii t«-
lichrnuch seihst in jener Zeit intrli bestanden habe.
Der Verfasser dieses Berichtes liiilt es t'llr seine
l'tlieht, auf* «Iii- Kirche zu Teiehstütt , vornehmlich auf
ilen in (lersellien hclindlichen Flltgclaltar aiilinerksain /u
machen und dies um so mehr. da diese Kirelie sannnt
• lein Altare schon seil langer Zeit im Privatbesitze sieh
befindet. Die Kirelie zu Teichstätt wurde uiiuilieli im Jahre
17*4 aufgeladen, /um Abbruche bestimmt und zu
diesem Z werke verkauft. Mehrere Bauernguts- Besitzer
iler liugehuiig kauften die Kirelie summt ihrem Inhalte
an, Hessen seihe aller fortbestehen und besorgen, sowie
ihre Naehkoiumi-n. bis heute die Erhaltung derselben.
< tl» nlier die bisherigen Figcuthümcr dieser Kirche
dieselbe aueh in Zukunft im guten Bnuzusiiindc zu
erhalten im Stande sein werden, dllrfte man nicht ohne
Grund in Zweifel ziehen, um so mehr, da namentlich
das Daeliwerk der Kirche in nicht ferner Zeit einer be-
deutenden i:e|iaratur bedürftig zu werden scheint.
Nebst dcrKirchc in Tcich-talt verdient eine beson
dere Erwähnung :
Die Kirche in Gchcrtshnm.
Dieselbe ist eine Filiale von der Ifarrkirrhe Lohen
oder Astätt und hatte ein ähnliches Schicksal, wie die
oben erwähnte Kirche in Teichstiitt. Auch das Kirchlcin
m Gchcrtsham wurde im Jahre 17*4 unterlassen, zum
Abbruche liestimml und zu diesem Zwecke verkauft.
Die Hausbesitzer im Dorfe Gcbcrtshani knüllen das
ihnen liebgcwnrdcne Kirchlcin an, jedoch mit dein Vor
salze, dasselbe zu erhalten. Diesen Vorsatz, brachten sie
und ihre Nachkommen redlieh in Ausführung, bis die
PliiiTgcmcindc Lohen diese Kirelie für den ötrenllicben
Gottesdienst wieder erworben hat.
Das Dorf I M'lii'rtshani sannnt seiner Kirche liegt
auf einer Anhöhe ganz nahe am Mattsee. Ihrem l'm
fange iiai h ist diese Kirelie kleiner als die Kirche von
Teichstütt. Sie isi im goihischen Si vif . wahrscheinlich
um du- Mitte des XV. Jahrliunderts erbaut worden und
hat in ihrem Innern eine Ccs.iiumtlünge von 4* Fuss,
von denen 27 Fuss dem einschiffigen Langhanse. Fil-s
■ lein nur wenig eingezogenen Altarhausc zngchörru-
Das Langhaus hat im Lichten eine Breite von "Jl' Fuss
-> Zoll: das Altarhaus dagegen eine Breite von !'<• Fuss.
Das letztere ist mit drei Seilen des Aehtortes geschlos-
sen. Vom Triumphbogen, der das Allarhaus mihi Laug
hause scheidet, hängt noch das iiItcTrinmphbogeiikrciiz
herab. Das dchnndc ist niedrig, «las Itippenwerk des
Gewölbes gänzlich entfernt. Als Träger des Gewölbes
und des ehetualigen Hippenwerks dienen runde Wand
pfeiler. die mit einer einfachen Rase und einem eben
falls ganz einfachen Katupfergesimse versehen sind.
Der Lauf der Kippen ist am Gewölbe noch deutlieh zu
erkennen. Die Wände dieser Kirche sollen einst mit
tiemiildeii ausgestattet gewesen sein. Spnren derselben
sm|Icii sich schon mehrmals beim Abblättern der Tünche
gezeigt haben. Line nähere l'ntersiK'hung durfte vor-
genommen werden, um Uber das Vorhandensein von
Wandgemälden und ihren Knnstwerth Gewissheit zu
erhalten.
Das Merkwürdigste in dieser Kirche ist der gothi
sein- Altar, der im Chore aufgestellt ist. Derselbe gehört
zur ('lasse der Flügelalläre , hat jedoch manches Kigen-
tlilllilliehe un sich. Als Zeit der Entstehung dieses Altä-
re s illlrfte das Fnde des X\'. oder der Aufaug de*
X\ I. .lalirhunderts aiigenoimucn werden. Auf diese Zeit
deuten die theils seitwärts, theils vorwärts gebogenen
Spil/en der Baldachine in der Krönung des Altnres. die
ganz, realistische Auflassung der dargestellten Personen,
sowie die theilweiso Anwenilnng eines farbigen Hinter-
grundes statt des bisher üblichen Goldgrundes.
Die Kirche ist zu Fhren der F.rhöhung des heiligen
Kreuzes geweiht. Die Ilaiiptvorstellnngen auf dem
Altäre beziehen sieh darum auf das Leiden ( hristi
Kreuze, auf die Auffindung des heiligen Kreuzes durch
die heil. Helena und auf die Erhöhung desselben durch
Kaiser Heracliiis.
Im Hauptschreine des Altares ist die Kreuzigung
Christi vorgestellt. Diese Darstellung ist sehr reich an
Figuren. Mehrere dieser Figuren, wie Christus am Kreuze
und die beiden Schacher sind rund gearbeitet ; andere sind
halb erhaben, wie z.B. die 7.11 Boden sinkende Maria, die
Mutter lies Herrn, der heil, .lohanues. die Frauen, welche
der Gottesmutter Beistand leisten, der Soldat mit dem
Schwämme, der Hauptmann, der den hohen l'riesteni
und Schriftgclchrten auf Christus hinzeigl. Im Hinter
gründe sind die Soldaten und das Volk der Juden durch
ein liemüldc auf der Klickwand des Schreines vor-
gestellt. Ks sind also in diese in Schreine plastische
Werke verschiedener Art mit Gemälden vereinigt. Die
Figuren haben ohngefuhr ein Drittel Lcbcnsgrössc. Auf
jedem der beiden geöffneten Flügel sind wieder zwei
Darstellungen enthalten, die durch- eine Querleiste von
einander getrennt sind. Am Flügel der Fvangelicnscite
ist oben dargestellt , wie Kaiser HeracliiiB das von
dem besiegten IVrserkönige Cliosroes zurückerhaltene
Kreuz Christi auf den Calvaricnhcrg tragt; unten ist
Christus am (»berge vorgestellt. Am Flügel auf der
Kpisielseile erblickt man oben die heil. Helena, wie sie
das Kreuz Christi aufsuchen lässt , unten die Kren/tra-
gnug Christi. Sehliesst man den Schrein . so sieht man
auf der Rückseite der beiden beweglichen Flügel vier
Darstellungen nus der Leidensgeschichte Christi, aber
nicht auf Gold-, sondern auf Farbengrunde , nämlich
Christi Gefangennehnmiig, Geisslung, Dornenkrönung
und Fcec Iidiiio. Au jeder Seite des .Schreines ist eben-
falls ein. den beweglichen Klügeln ähnliches Bild zu
sehen, welches an dein eigentlichen Altarbnu befestigt,
also unbeweglich ist. Jedes ist wie die beweglichen.
Flügel durch eine Querleiste in zwei Hälften getrennt
von denen jede das Bild eines Heiligen enthält. Auf
der F.vangclieiiseite ist oben der heil. Wolfgang, unten
der heilige Dionysius; auf der FpisteUeite oben der
heil. Benno, unten der heil. Blasius vorgestellt.
In der Mitte der Predella befindet sich ebenfalls
ein kleiner Schrein, der in seinem Innern die plastische
Darstellung der Grablegung Christi enthält. Dieser
Schrein in der Predella ist ebenfalls mit zwei beweg-
liehen Flügeln versehliessbnr. Auf der Innenseite dieser
Flügel erblickt man wieder zwei Bilder, nämlich der
heil. Barbara und Katharina, beide auf Goldgrund. Wird
dieser kleine Sehrein geschlossen, so zeigen die Rück-
seiten der beiden beweglichen Flügel zwei Darslelluu
gen, nämlich die des heil. Georg und des heil. Florian.
Neben dem Schreine befinden dich ebenfalls wieder den
beweglichen Flügeln ganz, ähnliche Bilder, welche in
die Wand der Predella eingelassen und befestigt sind
und auf der Fvangelicnscite den heil. Sebastinn, auf
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oxin
der Epieli Im ii« den bei). f'hriato|ih vorstellen. Sauiuit-
liobc Gemälde haben nicht Gold . Maden Pnibengmnd
lind sind noch ganz gut erhalten. In (kl Krönung des
Altan befinden lieh die statuarischen Darstellungen de*
auferstandenen Heilandes, der Mutter des llt-rni und
ilea Evangelisten Johannes. •
Auch die Rückseite des Altars wir einst mit Ue-
iniilden versehen, die aber jetzt theils Übermalt, theils
ganz veruiehtet sind. An der Rückseite der Predella in
ebenfalls, wie inder Kirche zn Teiehstitt daa Haupt ( hristi
im Vcrouicu- Tuche angebracht, welches Itild gleichfalls
sehr abgegriffen aussieht. Diera Kirche ist aneb mit
einer Art von Kanzel versehen, die aber die einfuchste
Form zeigt, <lic sieh denken liissi. Selbe besteht nändieh
nur au* drei Stufen, welche sich an den Bildlichen
Triiiniphbogenpfeiler unmittelbar nnsehliesBcn und aus
einer ii Fuss hohen Brustwchrc, «eb be diese im Lichten.
2 Kus* ti Zoll lange und 2 Fuss breite Kanzel eht-
sehliesst. Die Brustwchrc auf der Westseite ruht auf der
Tischplatte des siidliebeu. an den Triompbbogenirfeilcr
unmittelbar angeacbloaacnen Nebenaltares, Dcraclbo ist,
mii dem Prediger kein Ilinderiiiss in den Weg zu stellen,
mit keinem Oberfrontale, sondern nur mit einem Kreuze
und einigen Leuehleni ausgestattet.
In den Kirchen des Mattigthah-s uud dessen l'ni-
gebnng sind aneb manche mittelalterliche Werbe der
Kleinkünste vorhanden. Als solche betrachtet der Be-
richterstatter vornehmlich :
Die sc b «in en K i s e Ii Ii e s c Ii I ii g e
an den Kirehenthllren, wie solche nur selten in so reicher
Bildung in den Kirchen Ober Österreichs zu linden sind.
Während in sehr vielen anderen gothiacben Kirchen-
gebSnden dieses Landes, welche der Vetfasaer dieses
Berichtes kennen cn lernen Gelegenheit hatte.
gewUhnUch nur das eigentliche Tbflraeblasa
summt dem itingi- mehr oder minder reich
«rnaiuciitirt ist , sind in den Kirchen des Mal-
tigthalcs und der l'rflgchnng die eigentlichen
Thllrsehlösscr nur einfach gestaltet und verziert;
dagegen die Thlirjitlgel mit einem aus den Thflr-
liiiiidern gleich Asten und Zweigen hervor-
sprossenden, |irltiiizciifb'rnugen KisciibesehligC
bedeckt und geschmückt. Solche Beschläge
findet mau an den TliUreu der Pfarrkirche
Manderfing, von denen die am westlichen
llattptthore beSonden sich auszeichnen. Auch
die Thtlrtlllgel der Filialkirchc Se haichen
bei Mattigliofen, sowie die der Kirche Teich
stillt, sind mit solchen Kiseiibeschlttgen verziert.
Auch in der Kirche Help tau, der eigentlichen
Pfarrkirche von Ittendorf, welche im vorigen
Jahrhunderte beinahe gän/.lich umgebaut wurde,
ist die alte Sacrisicilhllrc mit ihrem schönen
Ki.-enbcsehliige noch vorhanden. An der Thlirc
der Kirche in A statt, sowie an der Hauptthtlre
der Pfarrkirche Lohen, findet »ich ein reiches
EiaenbesebUge vor. Am meinten sind jedoch
die fünf Thürcn der Pfarrkirche Kirchberg
durch reiches uud schön gebildetes Fisenbc-
schlägc ausgezeichnet. Das schönste ist jenes,
welches im Innern der Kirche an der Sacri-
steithür zu sehen ist. Her lioehwttrdigo Herr
Pfarrer von Kirchberg bei Siegertshaft, Joseph
l.indinger, ein besonderer Freund der Kunst, halte die
Frcuiidliehkeit , dem Verfasser dieses Berichtes eine
genaue Abbildung der Sacristeithür mit ihrem Beschläge
zu Übermitteln. Selbe wird hiemit beigegeben. Fig. I.
um zu (eigen, dass diese Werke der Klcinklliisle.
welche in den Kirchen Jener Gegend vorkommen, volle
Beachtung verdienen.
Grab M im ii mente.
Zum Schlüsse dieses cinfueheu Berichtes glaubt
der Verfasser noch erwiihueii zu Müssen , dass in den
Kirchen des Matligthales und dessen l'mgebung auch
sehr viele (Jrah Monumente vorhanden sind, die theils
in Hinsicht der Personen , deren Andenken sie verewi-
gen, theils in Betretl der religiösen Darstellungen, die
sie enthalten, theils in Bezug auf die Technik, in der sie
ausgeführt sind, beachtet zu werden verdienen. Reich
an Grabmonnmenten ist vorzugsweise die ehemalige
Collegiat-, nun Propstcikirche Mattigliofen. Ander
inneren Seite der Nord« and des l'icsbvieriums befindet
sich das tirubdenkinal des edlen Hanns Kuchler. der
mit seinem Bruder Conrad «las Collegiatstift Mattig-
hofeu um das Jahr 1 130 gestiftet hat. Im Fnsabodeu,
sowie an den Wiinden einer an die Südwand des Altar
hauses nngebauten Sacristei (oder Ca|vclle) lictindeu sich,
mehrere Grabdenkmale von Priestern, tlieils aus «lein
XV., theils aus dem XVI. Jahrhundert. Dort befindet
sich auch das ungefähr 1» Fuss hohe ( iraliinonument des
(•raten Christoph von Ottenburg t 1651, das den genann-
ten lütter, knleend vor dem Bildnisse lies gekreuzigten
Heilandes darstellt. An der inneren Seite der Südwand
des Altarhauses sieht man das (iruhmal des Laurentius
Zathesius, dreizehnten Decani des CoHegnustiftea Mai
ligbofen vom Jahre 1581. Im sogenannten Priester-
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CX1V
sind folgende besonders merkwürdig: Das
Grabdenkmal der «Frau Barbara Mnrechclckinn
vdn Rappen haimb, geborno von Rcehbcrg von
hohen Kcchbcrg- t 1588. KigcnthUmlieh ist das
iio Flachrelief ausgeführte Bild, da* den oberen
Theil dieses Grabsteines einnimmt, oben in «Ich
Wolken erblickt man Gott Vater, die Rechte
segnend erhoben, mit der Linken die Welt
ktigcl haltend. Unter ihm. noch in den Wolken,
erscheint der heilige Geist in Tutthcngcstalt.
Christus der Herr, mit dem Ausdrucke tiefen
Leides im Angesichte, sitzt auf dem Kreuze,
das auf dem Erdboden liegt, hält in der Hand
Ruthen und Geiseela. Um ihn herum liegen die
Illingen Lcidciiswcrkzeuge auf dem Krdbodcn
zerstreut. An der Südwand des Landhauses
befindet sich ferner das Grabmal der .Frau
Anna Kibilln Aiukhirinn gehotnen von Hckel
pach" t 1686; und das Grabdenkmal des ,Ar-
saeius Kiscurcic von Weilhnch zu Adlshausen
fllrstlicher Durchhiebt zu Hävern . gewester
Rath, pfleger und Dnstner zu Fridtburg t
II. Juni ]:">!>">-. Auch in der frlihcr hercils er
wähnten Kirche zuTeiehstätt befinden sieh meh-
rere Grabsteine ron ehemaligen Hesitzern des
Schlosses zu Tcichstätt. Cruhmonuinentc aus dem
XV. Jahrbimderi findet man in der l'farrkirehc
Mim der fing, ebenso in der l'farrkirehc
Hohen und zwar in der letzteren aus den
Jahren 14(10, 1446, I4. r »"> 0. s. \v. Ja der Fi-
linlkirehe PfaffstBdt verdient das Grabdenk-
mal der Frau Maria Johanna (iräthi von Wart-
lenherg vornehmlich des würdigen Hohe« wegen
Erwähnung, welches der Kntschlafencn mit den
wenigen aber inhaltsreichen Worten gespendet
wird :
Tcuinla nrnavii.
PH{ietct alart,
Neminem liipsit.
i'fciinH W iiinmr.
Ki«. I.
hause, entstanden um das Jahr I I I*», welches den an
der Nordseite der Kirche lietindlichen Gottesacker an
der Westseite alischlicsst. befindet sieh ebenerdig noch
ein Theil des ehemaligen Kren/ganges. Derselbe besteht
noch jetzt aus sechs (iewiUbejochcn. Jedes GewtUbcjoeh
bildet ein Quadrat (a I" Fuss'), das mit einem schönen
Rippengewolbc in Horm eines Krensot verseben ist.
Hie Bcmnlung stammt aus späterer Zeit. Nebst der
l'ropstcikirche Mattighofcu venlicnt die Kirche II eil i-
;'ons t ad t im Bezirke derl'farrc Friedhurgder in ihr vor-
hamleiicii Grnh-Moiiumcntc wegen vorzugsweise erwähnt
zu werden. Im Fusshodcu des Altarhauses dieser Kirche
liegen sehn Grabsteine von Gliedern der Familie KneMer,
welcher die Stiftung dieser Kirche ebenfalls zugesehrie-
ben wird. Leider sind diese Grabsteine stark ausgotro-
teil. An der inneren Seite der Häugenwiinde des Schiffes
befinden sich ebenfalls viele Grabdenkmale. Fnter diesen
Einige mittelalterliche Schmiedearbeiten in
Ober- Ungarn.
13111 Kl IloUMfiftlllMJ
Für die menschlichen Bedürfnisse ist das
Kisen unstreitig eines der wichtigsten Metalle,
einerseits durch seine Festigkeit, Biegsamkeit , ande-
rerseits durch die Figcnschnft unter verschiedenartiger
technischer Behandlung auch einen verschiedenen Cha-
rakter anzunehmen, der ihm ganz neue Kigcnthümlich-
keiten verleiht. Besonders ilie Kunst des Mittelalters
sowie auch die der Renaissance behandelte das Kiscn
ganz nach seinem St vi, und in dieser Beziehung lei
stete Deutschland Gediegenes.
Wie sich dergothische Bau Styl uud die Renaissance
von Westen gegen Osten speeiell nach Ungarn nach uud
nach verbreitete, so wurde auch die Sehmiedeknnst
(zu unterscheiden vom Schmiedehandwerk l mit ihren
eigentbttmlieben Formen und Motiven durch schmiede
bei Gelegenhell ihrer Wanderschaft von Deutschland
nach Ungarn verplanst. Aus diesem Grunde haben die
ungarischen Schmiedearbeiten in ihren Motiven ganz
den Charakter deutscher Arbeiten.
rxv
Obcr-Engarn, wo iui Mittelalter
so viele Städte durch die von unga-
rischen Königen einberufenen Ucut-
sehen und Sachsen erbaut wurden:
wo einston» eine rege Bauthätigkoit.
Wissenschaften, Industrie, Handel und
(lewerbe hinkten: da finden wir eine
^riixsere Anzahl mittelalterlicher Bau-
dciikmalc nls in Euter-Ungarn, wo die
das Land verwüstenden Tataren und
Ttlrki nhordeii jede Spur der Civilisn-
lion , sowie die ohnehin spärlichen
Denkmale iler Kunst, welebe sieh noch
vorfanden, zu Grund richteten; daher
bis auf unsere Zeiten sehr wenig er-
halten blieb.
In den obcrnngarischenl legenden
rinden sich noch sehr viele Reste
mittelalterlicher Schmiedokunst, von welchen ich hier
einige anführe.
Die Eperiescr gothisehe Stadtpfarrkirehe besitzt
unter dem Thurme ein Thor, das ein zierliches Beschläge
aufweist. (Fig 1.) Die scnkreelrten Holzbohlen werden
durch die nach innen angebrachten eisernen Bänder
getragen, Uber die äussere Fläche breitet sich das Netz
des nur ornamental behandelten Beschlägcs.
Die scheinbar tragenden .Schienen, sogenannte
Ziorbändor. werden durch kreuzweig (.'Hegte Schienen
gekräftigt, welche in ihren Enden mit dem I.ilicnmotiv
verziert sind. Die Schienen sind einfach mitbreitküpfigon
Nägeln an die Bohlen befestigt. Ganz oben bemerken
wir zwei stylisirte Hähne aus Eisenblech, welche viel-
leicht als Sinnbild der Wachsamkeit hier angebracht
wurden. In einigen Zwischenräumen des Bcschlügcs
sind aus Eisenblech geschnittene Dreiecke, und x-tör-
mige Ornamente befestigt. Thllrschlossplattc und Ringe
fehli n gänzlich. Die Ausführung dieses Beschlages ist
etwas roh und primitiv, nach der Behandlung und dem
Style der Ornamente kann mau als Verfertigungszeit
dieses Beschlages noch das XIV. Jahrhundert ansetzen.
Iii der königlichen Freistadt Bnrtteld, wo millel-
allerlirlie Kiinstdenkinale in grosser Anzahl vorkommen,
am Hathhause, befindet sieh ein kunstvoll gearbeiteter
Kasten mit vier FlUgelthllrehen. welche durch eiserne
Itändcr von sehr schöner Arbeit gelrapen werden.
Diese Bänder sind aus durchbrochenem und
geschnittenem Eisenblech, deren Ornamente gothisehe
Motive bilden. (Fig. i' und 3.)
Die Schlüssel- Schilder dieses
prachtvollen Kastens sind mannigfaltig
protilirt und geformt, an jedem ist die
Verzierung eine andere. Das erst-
und das zweite ist in der Form
ziemlich gleich, nur die Führung ist
eine andere. Das Schlllsselschild hat
«■inen horizontalen graden Kopf mit
einem durchbrochenen gothischen Or-
namente, das vierte ist mit einer Eilicn-
bokronnng verziert. Sämmtliche 15«'-
schliiKc sind verzinnt , und tun die
Wirkung des Ornaments zu heben,
sind die ausgeschnittenen Ornamente
theils mit roihein, theils mit grünetn
und blauem l'ergament untergelegt.
XVII.
t ijt. -J.
Die mit eingelegten Holz-Ornamenten nnisivisch
gearbeitete Thür der städtischen Cassalocalität lies
Bartfelder Rnthhause* hat in der Mitte einen schön
gearbeiteten eisernen Handgriff (Fig. 4i; derselbe wird
von einer doppelt gebogenen Schiene gebildet, die au
beiden Enden in fünf blätterigen KoBetteu endigt, iu
welche die tauartig gedrehten Stäbe eingelassen sind.
Die Achse des Griffes bildet ein eiserner Ruudsiab,
welcher an beiden Enden in eiehelförmige Knüpfen endigt.
Die Schiene wird mittelst, mit ftlnfblättrigon Roset-
ten gezierten Knöpfen oder Nägeln mit dein Holz der
Thtlr verbunden.
Dieser Behönc Tbtirgriff, sowie die erwähn teu
Sehltlgsclschilder und Bänder des Kastens durften vom
Anfang des XVI. Jahrhunderts stammen.
In der l.eut schauer gothischen Jfarrkirrhe , an
derSucristeilhllr, welche jedoch ganz einfach durch quer-
gelegte Eisenschienen beschlagen ist, befindet sich ein
Schüller Thllrring (Fig. f>) von gew öhnlicher Form. Das
cylimlrisch gefonnte Eisenblech de» Körpers ist mit
durchbrochenen Vierpässen, sowie mit einer lilien-
fünnigeii Suunieinfassniig verziert. Am oberen Theile
des Ringes ist beiderseits je ein Bestienkopf symmetrisch
angebracht . welche iu ihren Rachen kleinere einfache
Hinge halten.
Ein besonders schönes Exemplar eines gothischen
ThUrklopfers war an der SaeristoilhUr des K ase ha ue r
Domes angebracht : bei L ingestaltutig dieser Thür wurde
derselbe in neuerer Zeit entfern! (?!). Ich besitze iu
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CXVI
meiner Summlnug einen
genauen Gypsabguss
dieses Thllrriiigcs. nach
welchem ich «Ii*- beige
fügte Zeichnung verfer-
tigte (Fit;. Ii). Der Hal-
ter diese« Kindes ist
mit aufgenieteten Htm
werk« - Verzierungen ,
Zinnen und gedrehter
Sauincinfassung ver-
liert Am kantigen
Ringe aind vier fieeh-
blasenmusterartige Ans
schnitte und eideehsen-
iilmlielie Thiergestnltcn
angebracht, welche der
Riegung de« liiiiges fol-
gen. l>er franz. untere
Tbefl ist mit gothischem
Laubonianicut gemu-
stert , welche« durch
eine tauartige Einfas-
sung begrenzt ist.
Wie die Spiit-lfcnais-
sjince des XVII. Jahr-
hnndertes die Thür
beschlitge respective
ThUrbHnder formte, er-
sieht man ans dem
unter Flg. 7 abgebilde-
ten Thürhande, welches
einer Thür eines Privat -
in Eperics entnommen wurde. Das ganze, mit
stylisirtcn Eöwenköpfen und anderen der Spat-Renais-
sance angehörigen Motiven verzierte, durchbrochene,
und aus verzinntem Eisenblech geschnittene Ornament
ist mit einem viereckigen Rahmen eingefasst. Das
eige&tlkhe ennstruetive Band wird in diesem Falle
nicht organisch durchgeführt, sondern ganz einfach auf
die zu demselben so ziemlich passende Verzierung mit
einem Nietnagel befestigt. Die Wirkung dieser Verzie-
rung wird sehr erhöht, gleichfalls wie in der Gothik
Fl* I
Fl*. 6.
Mg.
durch Pergament, hier durch untergelegtes rothes und
blaues Leder.
Die Farbe desselben ist in der Zeichnung durch
entsprechende heraldische .Strichlagen markirt.
Auch in (iittcrarheiten findet man schöne Exemplare
in Ober-Fugam: das Oberlichtgitter am Eingangst höre
des sogenannten l'rhanthnrmes in Kuschau, wo dlf
im Jahre 1566 gegOWOIlO , und in ihrer Art sehr
schon verzierte. Uber MKI Centncr schwere rrhanglocke
angebracht ist. bildet in einer halbbogenförmigen eiser-
nen Einlassung, welche dem Archivoltbogen des Thores
entspricht, eiue aus Rundeisen geformte Spirale, auf
welche getriebene, lang zugespitzte Mutter aufgenietet
sind. Das mittlere Ende dieser zwei Haupt-Spirale endet
in lilienartig stvlisirte Blumen; iu der Achse des Orna-
mentes ist ein Wappenscbildchen, und an beiden kleine-
ren Neben-Spiralen prolilirte Köpfe, aus Blech geschnitten
und ciselirt, angebracht. Diese Motive kommen meistens
an den füttern vor, welche aus der zweiten Hälfte des
XVI. Jahrhunderte* stammen, aus welcher Zeit auch
das gegenwärtige Gitter stammen mag.
An den Dnrchkreuzungspunkten dieses Citters
sind Ohre angesehweist, durch welche das Rundeiseii
gezogen ist : an den Tangirungspuncten hingegen werden
die Knndciscn durch Spangen ^Rilndcr) festgehalten.
Die Arbeit dieses ( Utters ist nett und gediegen
ausgeführt, wie auch die zierliche nud construetive
Zeichnung uml Cniirpositinn nichts zu wünschen übrig
iHsst...
Ahnliches Oberlichtgitter, jedoch nicht so con-
struetiv dnrcligeilacht, ist das am Einfahrtsthore eines
alten Hauses in Eperies angebrachte Gitter. In der
Mitte dieses Gitters ist ein herztnrmiges Wappenschild,
welches sowie auch die Krone , von zwei doppel-
■cbwXfl eigen ^böhmischen) Lfiwen getragen wird. Am
Stirorcilc der Krone ist die Jahreszahl 1. 7. b. 7.. hin-
gegen im Wappenschild folgender Spruch, mittelst
schmaler Ei*cnbandstreifen aufgenietet, angebracht : »An
(rottes Segen ist Alles gelegen". Dieses Mittelstllck ist
anR Eisenblech ausgeschnitten, das übrige Ornament
besteht ans spiralförmig gewundenem Qundrateiseii,
welches an den Berührungspunkten mittelst Bindern
(XVII
zusammengehalten wird. I m dem Mittclstllck eineschem-
bnre Haltbarkeit und Festigkeit zu geben, int iler
untere Theil des Ornaments dirrrh kreuzweis gelegte
und mit Knüpfen befestigte Schienen unterstützt. Die
Form der Blätter und der Blumen erinnert noeh an die
Motive der guten Renaissance des XVII. Jahrhundert es;
die Form und (/ontour der Spirale jedoeh gehört bereit»
der Verfallsperiode der Renaissance; trotzdem aber
gewahrte dieses Gitter einstens einen prachtvollen
Effect, besonder« wenn man bedenkt, dnss die Spiral-
eisen roth, die Itliitter grttn mit vergoldeten Räudern
und Adern, die Winnen, Krone und I.itwen golden, und
«las Wappeiisehild blau bemalt waren, von welcher
l'olyehromie jedoch gegenwärtig nur sehr schwache
Spuren noeh sichtbar sind.
Der gegenwärtige Besitzer des Hauses liess neuerer
Zeit das Einfnhrtsthnr renoviren, bei welcher Gelegen-
heit das (Sitter rtlckwärts am llofthore befestigt wurde.
In einem anileren Epcrieser Burgerhause befindet sieh
am Fenster des Treppenhauses ein sehr schön aus-
geluhrtes Eisengitter, dem XVI. Jahrhundert angehörend.
Das mit einem halhbogenfünnigcu, der Fensteröffnung
entsprechenden Sehieneueisen begrenzte Ornament be-
steht aus mehreren sieh kreuzenden und durchdringen-
den Spiralen von Rimdciscn, welche sieh beiderseits
symmetrisch wiederholen. In der Mitte ist ein Wap-
penschild mit der Krone, und unten protilirte Gesichter
und Illtttter aus Eisenblech geschnitten, aufgenietet. An
den Tangirungspuukten sind Künder. au den Kreil -
znngspunkten Oehre angebracht. Sowohl die complicata
''omhinuiion, sowie auch die Ausführung dieses Gitters,
ist Ranz im reiuen Style der Renaissance gehalten.
Die einfachen Fenutcrgittcr wurden durch kreuz-
weise schräggelegte Eisenstabe meistens aus Quadrat-
eisen gebildet, welche man, wenn dieselben au Fenstern
der Widmungen angebracht wurden, wegen der ungehin-
derten freien Aussicht nicht mit Ornamenten verzierte;
um aber die Mitte einigennassen zu eharakterisiren,
wurden höchstens vier Kautenfelder einnehmende klei-
nere Ornamente als Verzierung angebracht. Ein solches
Mittelstltcke ist in Fig. «
dargestellt (Kaschan).
Diese Zeichnung hat
als Grundmotiv ein Herz,
welches am oberen Theile
mit Üliitlern endigt.
Zu den Leuchtern
Übergehend, muss hier
erwähnt werden , das»
die mittelalterlichen Kir
eben (»her I ngams in
dieser Beziehung noch
sehr reich ausgestattet
sind, so z. B. in Bartfeld
finden sieh noeh pracht-
volle eiserne Stand- und
Rassionsleiichtcr. (Siehe
Mittheilungen, Jahrgang
1870.)
Einen sehr zierlich
gearbeiteten eisernen
Handlenehter finden wir
in der alten gnthischen
Flg. 7 Kirche der kleinen Dorf
gemeinde
im (Wim!
Gecclfalva
rer Comitat
(Fig. {>). Derselbe hat
eine viereckige Tropf-
sehale, auf welcher vier
aus Bandeisen gearbei-
tete , an ihren Enden
mit Blättern und Knö-
pfen gezierte Ständer
stehen , welche zwei
Ringe halten, in welchen
das Lieht eingesteckt
wurde. Die vier Seiten
der Tropfschale zieren
ans Eisenblech gearbei-
tete Lilien. Nach dem
Style und der Ausfuh-
rung zuurtheileu, durfte
dieser Leuchter noeh
aus dem XV. Jahrhundert stammen.
Die Kirche zu Bcle im Zipser t'omitate besitzt
einen zierlichen Altarlenchter. der Schaft besteht aus
einem ornamental geschlungenen Rundeisen , welches
meistens in vergoldet gewesene Blätter endet. Die im
Zickzack ausgezackte Tropfgehale hat in der Mitte den
Dorn. Auf diesem Leuchter bemerkt man noch sehwache
Spuren polychromer Bemalnng. nämlich Roth und Grün.
Dieser Leuchter gehört schon der Spätrenaissanee des
XVI. Jahrhunderts.
In der gothisehen Pfarrkirche zu Käs mark in
Zipsen , an der inneren Wand der Seitenschiffe , sind
schmiedeiserne Wandleuchter angebracht , welche aus
Rundeisen bestehen und mit Blumen und Lilien
geschmückt sind. Der ganze Träger, welcher sich in
Öhren bewegt, endigt in eine zierliche Blume, deren
Kelch die zur Aufnahme des Uchtes bestimmte Hülse
trägt. Von den Trägern ist der Fahnenstangenträger in
der Zipser Domkirche zu Kirchnnf erwähnenswert!!
Fl* !'.
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ex vhi
welcher an clor Südwand den Sanctuariums befestigt ist.
Derselbe bat die allgemein angewendete Form eine»
Dreieckes, dessen Inneres au* einer Füllung besteht,
welches schon gewundene Ornament mit Vögeln, Blu-
menkelchen und Lilien verziert ist. Auf der wagrecliten
Kathete dieses Dreieckes ist eine profilirte, zur Auf-
nahme der Fahnenstange bestimmte Rinne angebracht.
Von der Spitze des Tragers, um das Schweben und
Iiiingen zu cbaraktcrisiren, hängt eine zierlich gearbei-
tete Blume. Das FUllungs-Ornament war mit Roth bemalt,
und in einzelnen Theilen vergoldet.
.Schliesslich will ich noch eine geschmackvoll
gearbeitete Wetterfahne erwähnen, welche sich an der
Jlerberge der Sehmiede inK.ischan befand, und gegen-
wärtig mein Eigenthum ist. (Fig. 10.) Die Fahnenstange
hat eine beträchtliche Höhe von 4 Fusb ; am oberen Ende
derselben ist ein grosses Hufeisen mit vier hängenden
kleineren Hufeisen angebracht, als das bekannte Werk-
zeichen der Schmiede.
Die eigentliche Fahne besteht ans einer in Orna-
ment endigenden viereckigen Kisciihlechplattc, in
welcher I H S und darunter M. I*. wahrscheinlich die
Namensbuchstabcn des Meister* durchgebrochen sind.
Den Knauf bildet hier eine zierliche Blume, deren
Mittclstück aus einem dicken, gewundenen Draht besteht,
welcher spiralförmig die Fahnenstange umsebliesst.
Aus diesen einigen hier angeführten Schmiedearbei-
ten kann man ersehen, dass in Ober -Ungarn das kunst-
volle Bearbeiten des Eisens auf einer hohen Stufe der
Vollkommenheit Btand; besondere charakteristische und
nationale Motive kommen nicht vor. weil die Arbeiten
nach den Mustern der ausländischen Schiniedekunst
ausgeführt wurden, welcher Umstand wie anfangs
erwähnt, beweist, dass die Schmiedekunst mit ihren
Formen durch die grösstenteils aus Deutschland ein-
gewanderten, oder im Auslände auf der Wanderschaft
gewesenen Handwerker ausschliesslich betrieben und
verpflanzt wurde. Victor Mijskortzk ti.
Kirchliche Baudenkmale iu Ober-Österreich.
.■Mit 4 1UllichtlJtt.'i>.)
Fast gegenüber von Wallsee liegt der ziemlich aus-
gedehnte Ort Mitterkirchen. Die Pfarrkirche , ein
Werk des späten XV. Jahrhuuderls, besteht aus einem
dreisehiffigen LanghauBe und dem Presbyterium. Drei
Paar achteckige schlanke Pfeiler tragen das Gewölbe,
das in jedem Schiffe in je vier .loehe zerfällt. Nur drei
Felder des Mittelschiffes haben Netzgewölbe, alle übri-
gen Theile sind in einfacher Weise mit Schildern und
quergehendem «rat überwölbt, ein Ersatz aus der neue-
ren Zeit fUr die daselbst bestandenen alteu schadhaften
Gewölbe. Das Fresbyterium besteht aus zwei oblongen
Gewölbcjoehen und "dem aus dem Achteck gebildeten
Chorschlusse, alles mit gewohnliehen Kreuzgewölben
versehen, deren Rippen auf Halbsäulen ruhen und in
den Krcuznngspunkten mit Schlnsssteinen geziert sind.
Die Fenster des Presbyterinms, sowie der Südseite des
Langhauses, sind spitzbogig, die ersteren einmal getlieilt
und mit Masswerk geschmückt. Die Fenster der Nord-
seitc sind in neuerer Zeit in geschmackloser Weise
eröffnet worden. Die Sacristci befindet sich unter dem
Thurme, der sieh an der Südseite zwischen Seitenschiff
und Presbyteritira anschliesst. Den Aufgang zum Thurm
vermittelt eine aussen angebaute Stiege. Der Thurm ist
ziemlich hoch und grösstenteils modern. (Fig. 1.)
Ein interessanter Bau ist die kleine Pfarrkirche
der unbedeutenden Gemeinde zn Picrbaeh, am Naaru-
hache gelegen. Das Langhaus besteht aus drei Schiffen,
die zusammengenommen mehr Breite als Länge haben.
Die beiden Seitenschiffe sind in ihrer ursprünglichen
Form erhalten, nicht aber das Mittelschiff, das entweder
in Folge von Baufälligkeit oder einer Beschädigung
durch Brand in seinem oberen Theile beseitigt wurde,
da in der l'bermauernng noch die Gewölbe-Widerlager
und Lager- Ansätze, ähnlich wie in den Seitenschiffen,
zu sehen sind. Jetzt ist da« Mittelschiff gauz niedrig mit
Kreuzgewölben überdeckt, doch mussten die beiden Pfci-
lerpanre zum Tragen dieses Gewölbes verstärkt werden.
Das Presbyterium besteht aus einem viereckigen Joche
und dem Chorsehluss, durch fünf Seiten des Achteckes
gebildet. Von den Fenstern sind die meisten umgestaltet,
nur etliche im Langhanse sind noch spitzbogig und mit
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('XIX
Masswerk geaehmttekt. Der Tliurm befindet sieh liuks
des Presbyteriums. An der Kircbcnmaucr ist die Jahres-
zahl 1-1 ät» angebracht. Im Jithrc 1*57 wunk' die Kirche
durch Brand zerstört, i-t jedoch gegenwärtig vollkom-
men restaurirt; der Therm wurde bei diesem Anlasse
umgebaut. t^Fig. 2.)
Der Ort Gut lau liegt an der von Priigarlcn Uber
St. Leonhard nach Wcitcrsfeldcn führenden Strasse; die
Pfarrkirche ist ein beachtenswert lies spätgotisches
UeblHde. Hie besteht auH dem dreischiffigen Laiighaiisc
und dem Presbyteriuni (Fig. 3). Da« erstere hat eine
Länge von IM Fuss bei .'{Ii Fuss Breite, das letztere
misst ;i3 Fuss in der Länge und 22 Fuss in der Breite.
Das Gewölbe der Schiffe wird von 8 polygonen Pfeilern
getragen. Die 1T> Gewtflbefelder sind mit Netzgcwöl-
ben Ubenleekt. Die Kippen entspringen unvermittelt
theils aus den Pfeilern, iheils auch aus den Wänden.
Das eine Joch des Presbjrterfttina ist mit einem ein-
fachen Kreuzgewölbe überdeckt. Die beiden Fenster im
fUnfseitigeu Chorschlussc sind spitzbogig und mit Mass
werk versehen. Der Thurm ist der Kirche vorgebaut:
er ist ziemlich hoch und hat spitzbogige Schalllöehcr.
Seinen Abschlnss bildet eine Kuppel. Links des Pres-
byteriums ist eine Kmpore. recht» die
ng. .'.
bnit. An der rechten Seite des Scliiffcs befindet sich
eine kleine gothisehe Capelle von 1!» Fuss Länge und
10 Fuss Brette.
Die Bartholomäuskirche zu Lasberg gehört zu
jenen nnregclmässigcn spätgotliischen Bauwerken, die
nus einem Lnnghause bestehen, dein an einer Seite,
und zwar zur linken, ein Seiteuschiff angebaut ist. Drei
Pfeiler von achteckiger Grundform trennen die beiden
Bäume, davon das eine 21 Fuss, das andere nur 15 Fuss
breit ist, beide Schiffe haben eine Länge von 69 Fuss.
Das Hauptschiff ist von einem Kippen-, das Nebenschiff
von einem Kreuzgewölbe überdeckt. Den Pfeilern ent-
sprechen an den Wanden llalbsiiulen, an denen wie
an den enteren die Kippen unvermittelt anlaufen. In
gleicher Linie mit dem hinteren Pfeiler befindet sieh in
der Mitte des Hauptschiffes ein Pfeiler zur Stützung des
Chorbogens, sowie auch zwei kleinere Pfeiler in der
Mitte des Chorgewöllies znm selben Zwecke dienen.
Die Ausscnseite ist an jeder Seite mit Strebepfeilern
verstärkt, nueh au der westlichen (liebelmauer sind
zwei angebaut. Die meisten Fenster haben noch ihre
ursprüngliche Form und Masswerk. Das Presbyterium
besteht aus zwei oblongen Jochen und dem ftlnfscitigvn
t'liorsclilnss, ist 35 Fuss lang und in der gewöhnlichen
Weise tiberwölbt. (Fig. 4.)
Der Thurm befindet sieh an der rechten Seite des
Chores, man gelangt in ihn uns der Kirche mittelst
einer in der G Fuss dicken Malier gebauten Stiege; sein
oberster Theil ist erneuert. Über dem Spitzfenster in
dem Olockcuhainj ist die Jahrzahl 151:1 zu lesen. Die
eine Glocke hat die Jahreszahl 1450. die zweite 150(>.
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cxx
Fi.- I
Di»' Kirche war die BegrKbnissstätte der Herren v«in
Zelking. ein Monument derselben ans dem Jahre KiÜ-l
IlHf Kiel eh erhalten. fh: Frmntrr.
Ätzmaler.
In dem erzbischiirlichen Archive zu Wien hetindet
sirh ti. a. aueh ein Verzeichnis* der r Ät/.iimler" in Wien,
welche« mir von Herrn Dr. Tb. W jede mann freund
liehst mitgctheilt wurde. Es trägt die Aufschrift:
Verzaiehuns deren Personen unnd Maister des
Mnllerhanndtwcrebs, no auf den l.'l. January, dem neuen
( 'allender nach. Anno >*4 (L r iK-Pi zum Erstenmall in den
Bischofl'huf alhic verordnet worden und trehorsamhlich
errattenen lind. -
Die Veranlassung zu dieser Vorladung in den
Bischofhof mag wohl die gewesen sein, dass die Wiener
Maler jener Zeit, die zugleich colorirte und nncolorirte
Holzschnitte von Heiligenbildern, fliegende Blätter und
»riefe, d. i. Spielkarten, verkauften, unter diesen auch
andere Dinge in das Bublicnni brachten, die der (ieist-
lichkeit nicht recht gefallen moehteu, vermuthlich weil
sie etwas schlüpfriger Natur waren. Die Namen der vor-
geladenen Maler sind:
Jacob Mair, in der Weiheuburg (Weihburggnsse).
Hann«* Koch, beim Vhcrmann. (?)
Daniel Meli manu, in der Kärnerstrasse.
Carl Holz wart Ii, am Kholuiarkt.
Kliass Nussilorlfer, am Lubck (Lugek).
(Seorg PretteniBchober.
Georg Hohenauer. am Neue arkt.
Valentin (i las er, im Feiirichhauss (Fähnrichhof Vi.
Sebastian Schönhoffcr, im Hegenspurgerhoff.
Balthasar MIHI er, beim Wollgemueth.
Der jung Brün e ns peckh , aufm alten Hossmarkt.
Lucas Boll rin «s, bei dem Erliardt Kraukher.
Jacob Dllrring, beim Haydn, beim Schotten. (Am
lleideiischuss fj
Christoff Kliraiiss, auf St. Steffiina Freithoff.
Bangraz N Briefmaller und Dlnmintet in
der Lilgenburseli.
r Nun volgen die so zum andermal! auf den 2U. Ja
nuary eitiert worden u (die es also ftir gut fanden, am
IH. .Iii n Her nicht zu erscheinen).
ZiK au Oll mair, neben dem Klirembes Fuhrmann
Etzmaller. (Seiu (icwOlbe befand sich also in der Nähe
des Laders, welches der Fuhrmann aus Krems in Wien
hielt und wo er die Waren, die aus dieser Stadt kamen,
an die betreffenden Bersonen austheilte und die Baekete
die nach Krems gehen sollten, in Emiifang nahm, wie
noch jllngst der Fuhrmann »der Bote aus Iglau seine
Standstelle auf dem Mehlmarkl hatte.) Silvan Altaeir
war der einzige, der bei der zweiten Vorladung erschien,
denn nun folgt das:
Verzaiehuns dem zum andermall onssbleibende",
die vielleicht keine Eilst hatten, sich den verschiedenen
Fragen der geistlichen Herren auszusetzen, nämlich:
llaniiss Bockhsperger, beim rotlien Bossel.
Erhard Krankh. beim Dörnpadt. (Im ehemaligen
Seitzerhof. )
Hanns* N im Khramergassel. E/.maller.
Dioliisius Hollard t, im Feiirielishauss , schickhte
seinen Diener.
Hanns Apfel mau ii. in das V. Sehönkicrcbcnhuus,
schickhte auch seinen Diener.
Dass die beiden Letzteren nicht selbst vor dem
CoHegium erschienen, sondern nur ihre Diener hinsand-
ten, scheint unsere frühere angeführte Yermnthnng
nur zu rechtfertigen, da man den Diener nie mit solcher
Bestimmtheit zur Verantwortung ziehen kann als den
Herrn.
In diesem Verzeichniss von vier und zwanzig
Meistern des Malcrhandwerks sind zwei, deren Fami-
liennamen selbst den bischöflichen Beamteten nicht
bekannt waren, nämlich Bangraz N ... und Unnas
N , der Erstere dieser beiden wird noch aus-
nahmsweise . als Briefinaler und llliiminist bezeichnet
und der Zweite wird, sowie Silvan Oltmair. als Atz
maler angeführt.
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(XXI
KiK- 4.
Was sind nun diene Ätzmalcr? Einfach, gewisse
Leute au« der Malerzunft, die sieh besonders damit
abgaben, die betreffenden Theile der Rüstungen mit
Zierrathcn zu versehen, indem sie diese aus dem flachen
tirund des geschmiedeten Eisens herausiitzten , so dass
sie etwas erhaben stehen blieben.
Die Kunst des Atzens ist schon sehr alt. Man nimmt
gewöhnlich an, das* Andrea Mantegna (gest. 1517)
das Atzen erfunden habe, und dass Michael Wohl-
gemueth nnd Albreeht Dürer diese Kunst ebenfalls
gekannt hätten , allein neueren Forschungen zufolge,
sollen schon die Araber das Seheidewasser, oder min-
destens irgend eine Art desselben gekannt haben, denn
schon im Jahre 779 n. Ch. ersäufte sieh ein gewisst-r
Hacken» in einem Fass voll Scheidewasser.
E» kann hier nicht der Ort sein, Uber die älteren
Verziernngsweisen der Harnische zu spreche«, da schon
die Kunst der Tnusia oder Tauachierarbeit eine eigene
Abhandlung erfordert, und von der ..getriebenen Arbeit",
dem Technik in neuerer Zeit fast gänzlich verloren
ging. Linn noch weniger die Rede sein: wir müssen
uns hier also allein au das Ätzen ballen und
Nachrichten darüber anfuhren , die uns bekannt
worden sind.
Das älteste Bneh, welches mir Uber diesen Ge-
genstand in die Hand kam. ist jenes, welches den
Titel führt:
-Artliehc Künste mancherlei weise Dinten und
Farben zu bereiten- etc. Menlz (Mainz). I'eter
Jordan. 1531. 4°.
In diesem Buche findet sieh unter vielen ande-
ren Hcceptcn auch folgendes:
„Eysinc Waffen, beyde, erliahen und einge-
senkt zu etzen. u
„Nimm Lindenkoln 1 Theil, Vietril (Vitriol)
•2 Theile und Salnrmoniak i Salmiak) ;i Theile und
stosse alles wohl mit Essig dass es werde wie ein
dicker Brei. Wan dn etzen willt, so beschreib oder
entwirf vorhin mit Mennig, der mit Leinöl tempe-
rt rt sei (die Ornamente) und lass' sie trocken werden.
Lege dann darauf von den Teig (oder Hrei) eines
kleinen Fingers dick und merk wohl auf, denn je
wärmer der Teig wird , desto hälder ist es ein
Zeichen, dass es ätzet. Sieb aber wohl zu dass du
es (die Zierrathen) nicht verbrennst. Wenn alles
wohl trocken ist. Ilm' das Pulver herab nnd wische
das Oemaltc sauber ab.-
In der Kupferstecherei ätzt man meist mit mehr
oder minder verdünntem Scheidewasser, das geht
jedoch nur, weun die zu ätzenden Platten vollkom-
men flach sind. Hei gewölbten Harnischstltcken ist
dies aber unmöglich, da das Atzwasser an allen
Seiten wirkungslos abmessen würde. Daher wählten
die Harnisch-Actzer die Hreiform, die sich den Wöl
bangen genau anfügte, und ergaben sich mit Oeduhl
dem langen Warten, welches ihnen aber ein sicheres
Resultat lieferte •.
Auch die Lindenkohle ist mit grossem Ver-
ständnis* zur Bildung des Breies gewählt, da jeder
andere Köri>cr als die Kohle, vom Vitiriol oder
überhaupt von den Säuren zerstört oder mindestens
stark angegriffen und die Atzung gestört würde.
Das eben angeführte Hecepl bildet gewisser-
massen die Grundlage vieler anderer dergleichen,
bei denen man nur Alaun, (Jrünspan. Salz, Zinkvitriol
u. s. w. zugesetzt findet.
Eine Handschrift dcrk.k. Hofbibliothek ( Nr. 10772),
nämlich ein „Büehscnn Mavster Buch-', gesehrieben um
das Jahr 1550, enthält (Blatt 105, a) ebenfalls „ein
Etzung- , bei welcher ganz dieselbe Weise angegeben
ist, die sich auch in Peter Jordan's Buch findet, und
ganz ähnliches findet man auch in :
Andreas Helmreieh's „Kunsthüchlcin wie man
auf Marmelstein, Kupfer, Messing, Zihn, Stnhl, Eisen,
Harnisch und Waffen etc. etzen und künstlich vergülten
soll. Leipzig 15t>7. klein H".
Das Ätzen von Waffen erhielt sich noch lange Zeit
später, als das Ätzen der Harnische ausser Gebrauch
war. Das Richtschwert in Wiener -Neustadt, mit dem
sieh „ein Freimanu wieder ehrlich gerichtet hat-, ist ein
Beleg für diese lauge Fortdauer, denn es trägt nebst
wMm wn MMi M J.hr. i,
AMI Or»»mm'«B »
IWktMni IMami
Ii »r mir .t.-r K.>it.liil"
l)*r Ku|>rc:
illr«(. «In«
ilm .Millrag. «In« (Mi (last.- ItS.njn«
J. » Kuhli-ntr-Irs io brqntln «rrtie»! hilft
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Heiligenbildern iniil lateinischen Sprüchen auch die
Aufschrift :
„Hans Jacob Stumpf, Klingcnschmicd und Klz-
nmler zu Mondirnnn. Anno I)i>mini ItiK2>
A. »•. Perffer.
Altere Grabsteine in Nieder -Österreich.
mm i miHiumm 1
K> ist nicht zum ersten Male, dnss wir die Auf-
meirkuuikcH unserer Leser fiir den in der Aufschrift
genannten Gegenstand in Anspruch nehmen, doch zwei-
lein wir atii'li nicht, dass dieselben bei der Wichtigkeit
dieser Denkmale uns gerne auf diene« archäologische
( ! c b i e t folgen werden. Wir halten schon wiederholt auf
den Werth solcher Denkmale hingewiesen und dieselben
der aufmerksamen Hcaehtung und insbesondere dem all-
gemeinen Sehnt/, und sorgsamer Schonung anempfohlen.
Meine in neuegier Zeit gemachten Erfahrungen
hahen mich nur in meinem Streben nach fleissiger Kt-
forsehung dieser Denkmale bestärkt. Manche interes-
sante Inschrift habe ich kennen gelernt, manche schöne
Hg l.
Sculptnr gesehen, manch Neues, ja bisher nahezu Unbe-
kanntes gefunden, aber auch erfahren, wie wenig ent-
sprechend die Grabmale aufgestellt sind, an welch ab-
gelegenen Orten und höchst unpassenden Stellen sich
derlei Denkmale vorfinden, wie versteckt manche der-
selben sind, so dass nicht Helten nur der Zufall den besten
Führer bei solchen Nachforschungen abgibt. So verhalt es
sieh z. H. mit den beiden, Grabsteinen, die sich in einem
finsteren Seitengange im verfallenen Schlosse zu Leo
poldsdorf befinden. Ks siud die Grabsteine des für
die nieder-österreichische Geschichte nicht unwichtigen
Marcus Heck von Leopoldsdorf und seiner dritten Gattin.
Heide Steine, rothe Maruiorplattcu , sind in der Wand
eingelassen, und grösjiientlicils durch vorgestellte Küsten
und aufgesehlichtetes Krennhnlz verdeckt.
Die eine Platte hat eine Höhe von 7 Fuss bei it Fuss
('» Zoll in der Hreite und enthalt folgende Inschrift : „Dem
edlen gestrengen vnud hochgelertcn herni marxeu
b eck von leopohlstorf rittcr vnml der rechten doctor
der rii. /.u [ \ngcrn vnd behaim kuuigs Ferdinandus
ertzhertzogeus zu | Österreich etc. rat camerer vnnd
enutzler der niederöaterreieh jisehen lande der gestor-
ben vnnd begraben ist hie zu leopnlds torf den L'O martij
nach ehrist geburt 155.'! | seines alters im Cl'jar | hie-
ronhnaa heck hat seinem lieben vatern disen j grabstein
legen lassen-. Darunter das Heck'sehe Wappen, ein
qnadrirter Schild, im ersten und vierten Fehl mit dem
Feuereisen und Stein, im zweiten Und dritten ein auf-
steigender Löwe mit getheiltem Schwänze im schräg-
rechten Querbalken. Zwei Helme bedec ken das Wappen,
deren einer das Feuerzeug auf den Flügeln, der andere
den Löwen zwischen IHltfcl hörnern als Zimicr hat.
Die zweite, etwas kleinere Marnmrplattc hat eine
Höhe von i> Fuss (i Zoll und eine Hreite von .*( Fuss
J Zoll. Die Inschrift lautet: „Hie ligt begraben die F.del
vnd taget halft fraw barbara geborne von Werdenstain
weilend! herreii ma rxen beeken \ö leopohlstorf riter ,
vnd doctor rö. kö. Bit. etc. rat vnd n. ö. kant/.lcrs gelasne
wittib die i gestorben ist den ersten | tag jauuarii | im
1557 jar der seien im \ ns \ allen gut gnedig un harm-
hcrz'g sei-. Darunter das schon besprochene Heck'sehe
und da* Werdenstein'sehe Wap|ten.
Marcus Heck war der illtere Sohn des Conrad Heck,
geboren am L'ti. April 14!' I. Mi- noch vor wenigen Jahren
hatte man den Angaben des fleissigen Wissgrill
^Schauplatz de« u. ö. Adels II, ."iiTi'i folgend, irrthtlmlicli
geglaubt, die Familie Heck sei bereits in der zweiten
Hüllte des XV. Jahrhunderts in Nieder -Österreich er-
schienen. Vollkommene Aufklürnug «her die Frage des
früheren Wohnsitzes und Standes dieser Familie gibt
eine handschriftliche Chronik, welche von vier aufein-
ander folgenden Mitgliedern derselben fortsetznngsweise
geführt wurde und sich gegenwärtig in der Hibliothek
des Cliorherreustiftes KIoKterncnburg befindet. Krst
durch die von dein gelehrten Chorherrn H. .1. Zeihig
veranstaltete Veröffentlichung der Chronik im Archiv
der k. Akademie der Wissenschaften ( VIII, 2!<>i wurden
diese Aiifschrcihuiigen zum Gemeingut.
Conrad Heek, der Itegr linder der Familien Chronik,
lebte und starb als Hllrger zu Mengen am 'J'J. Juli 1511'.
Marens Heck, der den grössten Theil seiner Studien zu
Tübingen zurücklegte, 15o7 Haeealaureim, lfi09 Magi-
ster war und im L'5. Lebensjahre den Doctorgrad erwarb,
scheint schon frühzeitig die Absicht gehabt zu haben,
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< XXIII
sein Fortkommen in Osterreich zu suchen. Bereits im
Krtthjahrc IMG begab er sieh nach Wien unil betrat
daselbst die politische üinfbahu. 1513 trat er als Pro-
i-urator bei den n. ö. Ständen ein, wurde l'rJ-J erzlier
zoglicher Hath und Kammerprocumtor, 1;>L'I» Vieedom
und 1589 n- ö. Kanzler. Schon IM!» kaufte er ein Haus
in Wien in der Itotstrasse am (irabeii gelegen, lni>.i
die Feste Leopoldsdorf, welches Bcsitzthuni er allmiilig
dureli weitere Ankäufe. Lehenerwerbungcii, Ffanil Schäf-
ten u. k. w. beileuteud vergrößerte und wofür im Jahre
l. r >:{l einen eigenen Burgfrieden erhielt.
Schon Ur2'A wurde Marens Heck mit turoiermässi
gen Freiheiten ausgestattet und ihm da* l'rildicat von
Leojsddsdorf gegeben; lf>30 erhielt er zu Prag den
Ritterschlag. Die wichtigste Begebenheit seines Lebens
dtlrfte wohl die Verteidigung Wiens fregen <lie Türken
im Jahre 1529 sein, an welcher er wesentlichen Autheil
nahm.
Marcus Heek war dreimal verheiratet . doch nur
dessen zweite Khe mit Kindern {resegnet, davon ein
Sohn und eine Tochter ihn Überlebten. Die erste Gattin
war Apollonia, Tochter des Hieronymus Leiniger und
der Margaretha von Pibriiicli, geboreu 1482, Witwe des
Blasius Lazarin, vermählt zum zweiten Male am 2'.'. Mai
1516. Sie starb 1621 und fand ihre Ruhestätte bei den
Minoriteu in Wien aa der Bette ihres ersten Galten. Die
zweite Gattin war Martha, die Tochter des Mathans
Xeyperger (geh löoT). Diese Khe dauerte 21 Jahre.
1543 starb Frau Martha am Seidagflusse und wnrde in
der Dorotheerkirche bestattet. Am 21. Jänner 1544
heirathete Marens Bec k zum dritten Male. Ks war Frau
Barbara, des Jörg von Werdens! ein und der Barbara
von Heimst orf Tochter, des Christoph Selmeekenreiter
Witwe, geboren 1608. Diese tiberlebte ihren Hatten,
und fand ihre Ruhestätte neben demselben in der
Schlosscapelle zu Leopoldsdorf, die im Jahre 1527 Uber
Beck s BeniUhen zur Pfarrkirche erhoben worden war.
Von den Kindern ans M. Beek's zweiter Khe starben
sechs, davon fünf in der Ituheslättc des Schwiegervaters
Mathias Neypcrgcr in der St. Krasinus • Capelle am
Stephans- Freithof bestattet wurden; ein Kind starb
153U in München. Die überlebenden Kinder waren
Barbara, vcrchlicht mit HnnsZiuzendorf und Hieronymus
Beck, der den Stamm derer von Leopoldsdorf fortsetzte.
Kin Beispiel, das» Grabsteine von hoher Wichtigkeit
bei Seite gelehnt, unbeachtet bleiben und sieh niemand
findet, der denselben einen verdienten, würdigen Platz
anweist, bietet der herrliche M.-issancr Grabstein iu
Aggsbach. Dieser Stein, eine grosse dunkclrothe Mar
morplatte. Hegt theilweise unter Schutt und Saud ver-
graben in dem ehemaligen Capitelhause der Carthause,
die jetzt ganz vernachlässigt ist und als Magazin für
allerlei Gerümpel , darunter auch solchem von blichst
profaner Natur dient. Dieser Stein, der wahrlich ohne
Zuthun der Mensehen gut erhalten blieb . entgeht den
meisten Besuchern der Carthause, da das Capitelhaus
sehr abgelegen ist und niemand in diesem verfallenen
Baume ein solches Denkmal vennnthet.
Die Platte (Fig. I) enthält am Bude eine lange
Inschrift, die an den vier Seiten umlaufend, mit drei
Zeilen im Mittelfelde abschließt. Die Worte lauten
.An' : «Uni : m : cece" : xl : gestorbn | der edel : her :
her : Ott : von : meyssaw : obrist : inarschnlich : vnd
obrist : schenken : in : Österreich : des nanien : der :
XVII.
tfg. ■>.
lest : nid : dessbn : jar : ist : gestorbn : die : edel :
fraw : \ Agnes : sein : hausfrauw : geborn | von poten-
dorR In der Milte der Platte befindet sieh ein dreiecki-
ger Schild, darin da» Einhorn mit gespaltenen Klauen
und fttnftheiligem Schweife, der Hehn hat als Zimicr
einen llundskopf, die Ilelmdecken schwingen sich in
reichen Arabesken um das ganze Wappen.
Otto von Meissau. der Krbe seines Brnder-
Heidenreich, des Stifters der Carthause Maucrhach. war
vermählt mit Agnes von Pottendorf. Itcide Ehegatten
nahmen sich der unvollendeten Stiftung Heidcnreich's
bestens an unil erwarben sich durch die vielen Wohl
thaten und Unterstützungen, die sie der Carthause ange
■leihen Hessen, den Beinamen der zweiten Stifter, daher
sie, so lange das Kloster bestand, die auszeichnende
Ruhestätte in dem Capitelhause erhielten. So wie das
Geschlecht, ist auch die Stiftung erloschen und keine
sorgsame Hand schützt mehr das Grabmal des Stifter.
Nun ein Beispiel, wie Grabmale schlecht aufgestellt
sind. In der Michaels-Kirche zu Wien, und zwar in der
reehls gelegenen Johannis - Capelle , ist das Monument
des Pankraz von Plankenstein statt senkrecht,
Uber die Quere eingemauert. Schon vor 10 Jahren fand
sich Gelegenheit, auf das Unpassende dieser Aufstellung
aufmerksam zu machen, doch bisher fruchtlos. Ks ist
eine oblonge Platte aus rothem Marmor. Die Rundschrift
lautet: live . leyl . Pegraben . dcr.l Kdl . herr . her .
Pangratz . von Plankenstain . vnd . ist . Gestorben .
An . sand . Eloy tag . jm LXV . jar . dem . got . gena-
dig . sey. Im Mittelfelde ist da» Wappen angebracht,
ein schräg rechts laufender Balken, der in zwei Reihen
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Ii» 3.
gcschacht ist. Der doppelte Adlertlug an» Helme flllirl
denselben gcschaehten Balken.
Fa n k rn z vn n l'l an k eil st ei n, ein uns iler öster-
reichischen Geschichte seiner Zeit &ehr bekannter Mann,
ein thätiger treuer Anhänger lies jungen König* Kadis-
lans, erscheint zuerst mul zwar H.'tö als bischöflich
llcgcnabnrgischer Pfleger zu Pochlarn. Kr blieb in diesem
Amte Iii* gegen H«i1 und besass nebst der gleichnami-
gen Stammburg bei Molk die Festen Freienstein an der
Donau, Sasendorf bei llnfncrhach, Prilcnstein bei
St. I.eonlianl am Forst . Seldoss und Stadt Weitrn,
Si, PetCT in der An u. s. w. l'lricb Kitzinger verdrängte
ihn zwar vom Hofe, doeli stieg er naeb des Königs
Ladislaus Tode beim König Frieilrieb IV. in Klireu und
tinnden. HCl hatte er Streit mit (ieorg Seiscneckcr.
einen Anhänger Herzogs Albrecht. Seine Gemnlta war
Margaretha von Siahremberg i Ul'4) ■.
Kin beaehteiiswerthes Grabmal befindet sieb in
der Dominicaner Kirehe zn Uetz, e« ist der in Fi*. ■">
angebiblete Grabstein , eingelassen in der Wand neben
dein nördlichen Kingang, eine Itothinariuorplntic mit
folgender rmsehrift : hie . leit . der . edel . veste .
georg . grabnier . der . gestorben . ist . an . samt .
Iiarlliue . lag . H70 . vnd . hat . in . disem . gothavs .
ain . ewign . .lahrtag . zu . halten . am . motag . vor .
dem . aufl'erttag. In der Mitte des Steines das Wappen.
■s s-Krikharilt V.O. W w Vif. im— ]72. Ii«r k« r°» B»»ih»n.t
Mirli {;r H.-u.li r Hr. OUFhrr W |*M) II II im • ,-. . Her K onr>
f Iii »Ulli "I I rnt f'«mm VIII. 1*1 Mlwk.ll * Ali V«. III M
It.urh, ttt. Ml- kM I« »<h.<ri|llO| (l«.<U«Ltr dr. Ilm.,.
Kill Schild mit schnigrechten Haiken, darttber der Helm
mit geschlossenem Flug und der Binde darauf. Wissgrill
bringt in seinem schon besprochenen Werke ^111. ."!t!7 1
einige Nachrichten Uber die Familie G rabner, die zu
den reichsten und angesehensten Geschlechtern des
Kitt erstand ea gehörte, im XVII. Jahrhundert aber im
Maiinstnmuie erloschen ist. Georg war der Sohn des
,lacob Grabner und Klisabeth, geliornen Knenklin von
Albrechtsberg; er war zuerst vcrchlieht mit Gertnutd
Kelberliartin , dann mit Margaretha von Hoscnhnrdt.
Der in der I Inschrift erwähnte Jahrtag wird jedoch
nicht gehalten, da darüber kein Stiftabrief mehr vor-
handen.
In der Kreuz-Capelle der Stiftskirche zu tieras
befindet sieh an der Wand der in Fig. 4 abgebildete
Grabstein, eine rotbmarnioriie Flutte, welche von einem
I 1 1 1 * c h r i f t r a Ii 111 c 1 1 eingefasst, in der Mitte einen Schild
enthält, bedeckt mit einen Helm, dessen kurze Decken
nach rltckwärts flattern. Im Schild, der in den unteren
Sehriftrahmen hiuabreieht, zeigt sieh ein sehrägrechtcr.
gewellter Fltiss, den Kltbelhelm zieren zwei den Schill',
hacken ähnliche Horner mit Huscheln an der Spitze.
Die ITiiiscIirift lautet: f .hie . leit . daz . gesieht . daz .
da ha isset . cadilnner. Über diese in Nieder Österreich
ansässig gewesene aber längst erloschene Familie bringt
Wissgrill einige Nachrichten. Wolfhart der Ka-
dauuiier (Cbndanner), der urkundlieh zwischen 13,'i!'
und l.'i:")l erscheint, war ein Gutthäter des Stiftes Geras,
er stiftet.' das Krbbegräbniss daselbst und fand dort
seine Huhcstätte. /><•. A'. I.intf.
Fortsetzung folgt. .
Die Kunst des Mittelalters in Böhmen.
Mit 4 MwMMl.
Foitaetumg.
Die Städte an lagen.
Durch Herzog Vratislav II. hatten die in dein
Suburbium Frag wohnenden Deutschen einen Freibrief
erhalten, nach ihren eigenen tiesetzen unter sclhstge-
wähltcn liiehtern zu leben und sieh zu einer Gemeinde
zu vereinigen. Kobcsliw II. bestätigte und erweiterte
zwischen 1173 — 1178 den Vratislav sehen Freibrief
durch ein besonderes schriftliches Privilegium . laut
dessen die deutsche Gemeinde sieh unbehindert in Frag
am Pofie ausbreiten, in der dortigen Kirche St. Peter
ihren eigenen Pfarrer wählen und in voller Autonomie
nach ihren hergebrachten Satzungen sich einrichten
durfte. Die bedeutenden Vortheile, welche sowohl den
Begenten wie den Mitgliedern der neuen Gemeinde
erwuchsen, bewirkten ein raschen Anwuchsen der Pofi-
cer Ansiedlutig, die sich bald «her die Gegend der
heutigen Altstadt Frag ausgebreitet hatte, so dass ein
grosser Thcil des auf dem rechten Mohlanufer liegenden
Burgfleekens mit dem uralten Kanfliofe am Teytt durch
Kauf, Tausch oder sonstige Verträge an die Colotiie
Übergegangen war.
Welche Gestalt und Ausdehnung die ehemaligen
Frager Burgtleekeu iSuburl.ien) einhielten, lässt sich
nicht mehr genau bestimmen ; wahrscheinlich zogen sieb
die Häuser in mehreren Gassen nach Art der Fischer-
dörfer entlang den beiden Flussufern hin, rechts unter
dem Schutze der Burg V\ Sehrad. links unterhalb des
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(XXV
Schlos-,* llrailKclnii. Die beiden Flocken hatten je ihre
eigene Verwaltung, wann Sitz«: Im-si.ik1.Tit Zupcn
äinterund hatten schon in frühester Zeil Marktbcrerhti-
gung und Marktplätze. Das Sellins* Hradschin galt von
je als die wichtigere Feste, es wurde dir Präger Rurg
l hrad Praisky i genannt und soll der Sage naeh früher
als VvSehrad gegründet worden sein. Weil aber die
Rcrge an der Wstseite sehr nahe an den Fliis» hcran-
trrtru und der Kaum hier sehr beengt ist, ktninte sich
das nnter dem llradscliin liegende Subiirliiiini ulic
jetzige Klcinscitei nicht in der Art ausdehnen, wie der
östliche Flecken, welchem nicht allein eine sehr grosse
Kbcne, sondern auch eine viel gllnstigere Lage zu
<!el>otc stand. Au» der kleinen Gemeinde am Pofic,
welche ums Jahr Itwti noch die deutsche (lasse (virus
Teutonicoruui t genannt wurde, war bis zum Schlüsse
der Regierung Olakar I. beinahe eine Stadt heran-
geblüht. Die Futmaucrung der Stadt Trag scheint
bereits unter ütakar eingeleitet und durch seinen Sohn
Kiinig Wenzel I. zwischen 1 -JM) bis l'.MO zu Stande
gebracht worden zn sein. Im diese Zeit wurde auch
ein grosser, noch ausserhalb des Suburbiuins gelegener
District unter dein Titel: Neustadt bei St. (inllns inova
civitas circa sanetum Kalium . in die Altstadt einbezo-
gen und mit der allgemeinen Stadt immer umfangen
Nach ihrer stllekweisen F.ntstrhungsart konnte ein
fester Plan bei dieser Stadtanlage nicht wohl eingehal-
ten werden, doch sehen wir schon einige von jenen
Regeln befolgt, welche bei den spätem Städtcgründun-
gen eingehalten wurden. Als wichtigster Punkt einer
Stadtanlage wurde jederzeit der Marktplatz angesehen,
um diesen her gruppirten sieh die Cel äitdc. Strassen
und Nebengassen , ohne das* <lie Vorf heile , welche
Flüsse und grossen- t'i.nmiuuications Linien bieten, viel
beachtet worden wären.
Wenn es dir < >rtlichkcit erlaubte, wurde der Haupt-
platz nach den Weitgehenden orientirt und rechteckig,
wo möglich quadratisch angelegt. Die Strassen .durften
aus fortiheatorischen t Irlinden nicht in geraden Linien
gegen die Mitte des Platzes führen, sondern inussten nn
den ricken eininUndcn. so dass die den Platz umgeben-
den Häuserreihen ununterbrochen fortliefen. In den
meisten Füllen durchschnitt nur eine einzige Haupt-
straße die Stadt. Diese Strasse hatte zwar entlang den
Häusern, also an der Seite »Jes Platzes hinzuziehen, aber
an den in der Diagonale sich gegenüberliegenden F.ckon
ein und auszumünden; trat z.H. die Strasse an der
nordwestlichen Keke in den Platz ein. mündete Bit- an
der südöstlichen aus. Hei quadratischen Platzen wurde
angestrebt, dass das Mass je einer Seile zwischen 41K)
bis , r ><>0 Fmts einhielt ; rechteckige Platze erhielten in
der Länge um so viel mehr zugelegt , als die Breite
geringer war.
Der zweite Punkt betraf die Stellung der Kirche
zum Marktplatze. So sehr die Anordnung der Kirche in
der Mitte des Platzes als künstlerisch vollendetste sieh
empfahl, konnte sie au« praktischen Oründen nur in
den seltensten Füllen eingehalten werden. Mit Vorliebe
1 l't« Mf I iuiixw ton Ptxi btHrhui .I.r forti-n.r iic. < r.>»,i>
f. 372. iixkr, Hit IKI-raii*!!. I! 4... ktiil«. IVdul I. (u»flillilMl -Ird.
.t,<*,*4.nt' nirtom umin", r. »in. J »m uim.r.l t.n.n Iiiirr»»., «I vi -
t.i.m ITwi.tiMiin fini m.ir»n - - l>l.«»i. Wort» iu(-lf- wurrt.n 4ic Sndl
m«.i.r,i |,.I4 ,,».t, 4. Iii T'i.l» Ollok». I 11501.
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k.nirrhl.,,4.» Ki»|4l.. A.r M<*I«k* »0 «tlli.ll «I. lil»»llrh • U^.Mlirl /■-«!
Jair.i lUi »ird < •>» in t lur.niiiun* tt> Huer <<ll,cj.|,i. |U;,.cl,t
•
wurde die städtische Pfarrkirche an der Ostseitc des
Platzes angebracht, welche Regel wir n. a. in Hudweis.
Konrim, Leitineritz . Nimbnrg , Rakonie . Sehlan und
vielen anderen Städten befolgt sehen. Auch in Prag
stellt die llauptkirche der Altstadt. St. Maria vor dem
Teync, an der Ostseitc des grossen Platzes, welcher
zwar nicht ganz regelmässig, aber doch ziemlich orien-
tirt erscheint und bei circa .i.">0 Fuss westöstlicher Aus
dehnuug gegen 4i'i» Fuss von Nord nach Slld einhält.
Da aber an die W estfronte der Teynkirche eine nicht
hingehörende Häuserreihe hingebaut ist, war der Platz
offenbar quadratisch projeetirt . konnte aber wegen
örtlicher Hindernisse nicht planmässig durchgeführt
werden.
In der Stadt Pilsen liegt die Kirche so ziemlich in
der Mitte de» Platze«, welche Anordnung zwar manch-
mal, jedoch sonst nur in kleinem Landstädten, wie Hilm
polee, Palzaii, Mühlhuusen hei Tabor, getroffen wirdi,
Die Hauptursache, dass diese Situation weniger beliebt
war, lag in der Schwierigkeit, den Friedhof neben der
Kirche anzubringen.
Hei «eitern die Mehrzahl Her Stadtpliitze . oder wie
sie in Rühmen genannt werden, Ringe, war mit offenen
Hallen (Lauliengängen) umzogen, welche an die Front-
seiten der Häuser so angebaut wurden, dass die Räume
oberhalb der Lauben zu Wohnungen benutzt werden
konnten. Da Uber die Aulagen der Städte, Uber Strasscn-
zttge, Plötze, Hohe und Stärke der Stadtmauern, Tiefe
und Rreite der (Srüben sehr genaue Vorschriften gege-
ben waren, ist wahrscheinlich, das» auch die Laiiben
gänge als gemeinnützige Anstalten verordniingstnässig
durchgeführt werden niussten. In den grösseren Städten
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J XXVI
™. i—i *»
luiltcn diene Gänge darchschniUl icli eine lichte Weite von
Ii' Iii* 1"> Fuss ein, sie sind überwölbt und ruhen gegen
den Plan hin auf recht eck i gen , meist gebOaehten Pfeilern.
Die Häuser leibst sind mit der schmalen Seite naeh gothi-
seher Weise gesell den Platz gestellt. gewöhnlich zwei
Hogcnöffuungcii weit und genau so eingerichtet, wie in
den älteren Stadien des mittleren Deutsehliiml.
Hei weitein den schönsten aller Marktplätze besitzt
Budwein. Der Platz ist genau orientirt und (von einer
Unbedeutenden Abweichung abgesehen) regelmässig
ojindral isch , indem jede Seite nahezu 4n* Wiener flu
misst. Die Hauplslrassc, von Prag naeh Linz, sieh bewe-
gend, tritt au der nordwestlichen Ecke in den Platz ein
und an der südöstlichen aus. Auch diese Strasse, näm-
lieh die nördliche vom Prager Thor zum Platze her-
gleitende, wie die zweite, von dort zum Linzer Thor
fortlaufende Linie, war in ihrer ganzen Länge mit
LanbengRngen eingefasat, tob welchen nur einige kleine
Partie! ill neuester Zeit verbaut worden sind.
In der entsprechenden Kutfcmuiig von etwas Uber
;J«KI Fuss umziehen vier Nebengassen als regelmässige
Parallelen den Hauptplntz an seinen vier Seiten, eine
Anordnung, welche in allen grösseren Städten wieder-
gefinden wird. Hierdurch ergeben sich vier den Platz
umsäumende HKoaergrippea und vier Eck-Quadrate,
ebenfalls mit Häusern angefüllt. In Budweis wird das
uonlöstliche Eck-Quadrat gänzlich von der ehemaligen
Dechanlei-, jetzt Dom- Kirche, und dem sie umgebenden
Friedhofe eingenommen, das entgegengesetzte südwest-
liche (Quadrat enthält den Bisehofshof. Die Anlage der
Stadt Hudweis rührt von Otakur IL her und ist um so
bemerkeiiswcrther , nls sie sich in ihren llau|itlinien
unverändert bis zur (legenwart erhalten hat. Jede
Strasse, jede Seite des Riugplatzcs hat wenigstens noch
ein Baudenkmal aufzuweisen, welches die l 'rsprllng-
lichkcit der betreffenden Linie bestätigt. So unbestimmt
dir Nachrichten Uber die Gründung dieser Stadt lauten,
steht doch sicher, dass sie grösstenteils zwischen I2i>'>
bis 127.*» aufgebaut worden ist.
Der beigefügte Grund riss des Ringes (Flg. 1) zeigt
die RinmUndungcn der Strassen, die Stellung des Rath-
liaiises, der Decanal Kirche und den mit der Stadtgrün-
dung in engster Beziehung Stellenden Dominicaner-
Klustei s, dann die den Platz umziehenden Ncbenstrassen:
a) Hanptbmnnen in der Mitte des Ringes, K, Bin«
inundung der Prager Strasse, e) Austritt der Strasse
nach Linz, d) das Halhhaus, < /die Decnunl-Kirche,_/> den
lliscliofshnf.
Die ausserhalb der Parallelgassen liegenden Ort
lichkeiten wurden in jeder Stadt nach Mussgnbc der
Situation angeordnet, zeigen daher keine bestimmte
Regclniässigkeit. In diesen abgelegenen Orten wohnten
theils Taglölmer, thcils jene störenden oder lärmen-
den, belästigenden Gewerbe, Binder, Kessel- und
Nagelschiniede , Gerber, Seifensieder u.dgl., welche
am Platze und in den llnuptstrasscn nicht wohnen
durften. '
(irösser und beinahe eben s () regelmässig wie in
Badweil ist der Stadt platz in dem gleichzeitig mit Bud-
weis (zwischen 1 2< »« ► — G4 > gegründeten Hohenmaut Ii.
Derselbe hat an der Südseite eine Länge von 492, an
der Nordseite von 480, an der Westseite von 424 und
au der Ostseite von 403 Fuss und ist somit naeh dem
Pilsner und Oaslauer der grösste Marktplatz in Böhmen.
Er unterscheidet sieh vom Budweiser Platze insbeson-
dere dadurch, dass auf jeder Seite in der Mitte Quer-
gassen auslaufen, er demnach von acht mit Häusern
und Gärten angefüllten Eck- Quadraten eingeschlossen
wird. Dabei bietet er mit seinen zum Theile noch mit
Giebeln versehenen Häusern (ohne Lauben), dem um
das Jahr 1424 erhanten Geriehtshausc (ehemaligen
Rathhatisc), dem Geineindehause aus dem Jahre lb'M>
und der Aussicht auf die golhischc Dct-annl-Kirchc mit
ihren drei Thürmen, so wie auf die Thurmc ob den
drei Otaknr'sehen Stadtthoren einen recht anziehenden
Anblick.
In jeder Hinsicht den vollendetsten Gegensatz zu
dem Budweiser Platze bildet der Ring in Pilsen, welcher
iu Form eines nicht ganz genau orieutirten Rechtecke»
angelegt ist. Die Lüugcunusdchuuug stellt zieh von Süd
naeh Nord hin und beträgt I"r0» »Fuss, die Breite 490 Fuss.
Zu Pilsen steht die Kirche frei in der Mitte des Platzes,
doch ist die Anordnung so, dass südlich vor der Kirche
ein bedeutend grösserer Raum liegt. Wie in Budweis
münden auch hier die Strassen au den Kckeu des Platzes
ein, und zwar bewegte sich die alte llaiiptstraasc von
Ost (Prag) nach West (Bayern), trat an der nordöstlichen
Ecke ein und an der südwestlichen aus. Laubcugängc
sind in Pilsen nicht vorhanden, scheinen auch nie vor-
handen gewesen zu sein, da einige von den Gebäuden
in ihren I uti ri lu iler» bis ins XV. Jahrhundert hinauf
reichen, aber keine Spuren von ballenart igen Anlagen
erkennen lassen. Genau im Mittelpunkte jeder Langseite
tritt eine Nebenstrasse in den Platz ein, welcher, wie
iu Budweis mit Parnllelgasscn und rechteckigen Häuser
gruppen umgeben ist.
Pilsen wurde ziemlich gleichzeitig mit Budweis
augelcgt, die Dcehantci-Kirche entstammt dem letzten
Viertel des XIII. Jahrhunderts, das an der ostsüdlichen
Ecke liegende Frauciseaner- oder Minoriten - Kloster
wurde schon früher gegründet.
Der Situationsplan, Fig. 2, erklärt diese Anlage,
welche in ihrer Gcsauuntheil ein viel regelmässigeres
Bild (wahrscheinlich iu Folge späterer f'orrccturen)
darbietet, als wir in Budweis gesehen haben. Dabei
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< XXVII
darf nicht unerwähnt bleiben, dass «1er Pilsner Hing mit
prachtvollen Henaissance ■ Bauten ans dein XVI. uinl
XVII. Jahrhundert ausgestattet ist.
■•> ili<- Erzdcchantei-Kirche, h, das Kathhuiis, «, die
Dechantei, di die ursprüngliche Einmündung der Präger
Strasse in die Stadt, *) Austritt der alten Ib-iclisstrassc.
t% das Frnnciscnner-Kloslcr.
Diese drei geschilderten Plätze verdienen als
Repräsentanten der zweierlei Anlagen aufgestellt zu
werden; im allgemeinen jedoch ist die Auordnung der
Hallcngängc die beliebtere und, wie es scheint, die in»r-
mahnässige. Selbst untergeordnete Landstädte . z. B.
Niuibnrg, Aman, Turnan besitzen geräumige und orien
tirte, mit Hallen umzogene Marktplätze. Entlang der
lMihmiscIi schlcsisehen Grenze sind die Lauben hilufig
aus Holz errichtet, so in llohenclhc, Naehod, liciclicnau,
Solide und Wildcnschwert. Wenn auch diese Holzbauten
kein sehr hohe* Alter ansprechen und die ältesten hoch
sten* bis etwa I.VXi hinaiit'reieheu, beruht doch die Hau
weise auf uralten Traditionen und steht mit der Städte-
grttndung in itiiniiltelliareni Zusammenhange.
Der (iebrauch, die Hauptstrassen und l'lätzc ih r
Städte mit offenen Hallen einzusäumen, schreibt sich
ohne Zw eifel aus Italien und scheint entlang der Alpeu-
rlllsse durch Hävern und Oberöstcrreieh nach Böhmen
herttber verpflanzt worden zu sein. In den Städten
Tyrols, in Salzburg, Utting, Wasserburg. Passat), dann
in München und Linz als äussersten Punkten haben sieh
derartige Lauhcugängc theils vollständig erhalten,
theils la-sen sich Beste derselben nachweisen. Natür-
lich ist bei diesen Anlagen, welche alle oft Uberändert
worden sind , die frühere oder spätere Entstehung
schwer zu bestimmen, doch zeigt z. H. Bndweis heute
noch mit den am Inn liegenden Städten, namentlich
mit Passau, eine auffallende Ähnlichkeit in Bezug auf
Gestaltung und innere Eintheiluiig der Häuser.
Die hölzernen Lanhciigüngc haben mehr im Norden
Eingang gefunden , doch ist hier ein Zusammenhang
schwieriger nachzuweisen , als hei Stciuhautcii. Im
Spessart uud Hhöngcbirge, in Aura, Hammelburg und
der Salineustadt Orb sah man noch vor wenigen Jahren
die Plätze und Strassen mit kunstreichen Holzlanben
eingesäumt , doch sind die meisten dieser O'otistruc-
tionen beinahe gleichzeitig durch Fcuersbrllnste zerstört
worden. Einzelne wohlerhaltene Partien trifft man im
Gebiete von Eulda, dann ergeben sich nach allen Seilen
hin weite Ltlcken, bis wir in den llarzgegenden, zn
Wernigerode und Halberstadt, die Holzbauten wieder-
tiudeii. welche auch hie und da in Thüringen vorkom-
men. Ob zwischen diesen nnd den schlesisch-bohmischcu
Holzbauleu Mittelglieder vorhanden waren, ist bisher
nicht aufgeklärt worden, wahrscheinlich haben die letz-
teren eine ganz unabhängige Entwicklung genommen.
Zur Vermeidung von Missverständnisseu sei be-
merkt, dass hier nicht vom eigentlichen Holzbau und
seiner atylistisehcn Durchbildung, sondern ganz aus-
schliesslich von Ausstattung der Hingplätze mit Lauben-
gängen gesprochen worden ist. Der Holzbau wird in
dein Abschnitte .Uber Wohnhäuser- ausfuhrlich behan-
delt werden.
Städtische Befestigungswerke aus der GrUndungs-
zeit, nämlich dem XIII. Jahrhundert, haben sich nur in
dürftigen Überbleibseln erhalten, woran zum Theil die
Hnsiten Stürme . zum Theil die Modemisirungen der
Kl*. -'•
Neuzeit Ersuche sind. Die ineisten der noch vorhandenen
Stadtthore , Thllnne . Mauern nnd Grüben gehören dem
XV. Jahrhundert an und verrathen. dass man bereits
mit den Geschützen und ihren Wirkungen bekannt war.
Bedeutende und unzweifelhaft ursprüngliche Beste
von Maliern, Graben undThUruien haben sich in K o uf i m
erhalten, welche Stadt weder durch die Hnsiten noch
durch Neuerungen wesentlich gelitten hat. Der au der
Westseite erhaltene Stadtgraben ist nach alter Vorschrift
•10 Ellen ("die böhmische Elle — 22' /, Wiener Zoll)
oder .-t7' . Fuss breit. 1* bis 2-1 Fuss tief und beider
scits mit gelöschten Mauern verseheu. Die innere oder
Walbnaucr ist <! bis 7 Fuss dick, oben mit Zinnen ver-
sehen und erhob sich je nach den Anforderungen der
Örtlichkeit 2i bis .'{Ii Fuss Uber die Suhle des Grabens.
Die Zinnen sind in der Hegel '■> Fuss breit. -I 1 '. Fuss
hoch und gegen 2 Fuss stark, so dass sieh neben ihnen
an der innerti Mauerscite ein schmaler Gang für die
Vertheidiger hinzog. Die Lücken zwischen den Zinnen
halten eine Weite von etwa einer Elle ein und sind
deutlich ftlr AriubrustsehUtzen, Lanzenwerfer und Sehlen
derer eingerichtet.
Thllnne stehen nur an den Ecken, wo die Mauer
in eine andere Richtung umsetzt; sie sind viereckig,
gegen 20 Fuss breit und ragen Uber den Körper der
Stadtmauer mit der Hälfte ihres Durchmessers vor. Sie
scheinen nicht viel höher als die Mauern und mit Platt-
formen eingedeckt gewesen zu sein, doch lässt sich in
dieser Beziehung kein sicheres l'rtheil füllen, da die
ThUnnc in viel höherem Grade als das laufende Mauer-
werk ruiuirt worden sind. Keste eines befestigten Stadl
Ihores sind nicht mehr vorhanden. Vorsehriftgemäss
sollte jedes Thor aus einem grossen Mittelthurine, durch
welchen die Thnröffnung führte, und zwei flaukirten
NebenthUnnehen bestehen, doch scheint man bald den
Mitteltburm fortgelassen uud statt desselben eine erhöhte
Doppclmnucr mit darüber angebrachten Vcrthcidigungs-
gange eingeführt zu haben. Die beiden Flankenthllrme
jedoch wurden beibehalten und bildetet! mit dem da-
zwischen liegenden Thörlingen ein synictrisches Ganzes.
Auf diese Weise sind die noch besiehenden Stadtthore
von Hohenniauth angeordnet , die ältesten , welche
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CX.W [11
I i-
Böhmen besitzt, Sic trafen gleich der dortigen Deca-
uul-Kirchc den < hnraktcr der unter tltakar II. ausge-
führten Bauwerke.
Zu den wesentlichen Itcdiiigaugcu einer freien,
das ist dem Könige unmittelbar unterstehenden Stadt
gehörte noch eine königliche Burg, die zugleich als ( i-
tadellc w ie mich als Sit/ des PhYgamtes diente. In dieser
doppelten Eigenschaft inussle das Sellins* Meie Uailui-
liehkciten enthalten . weil Mannschaften lichcrlicrgt und
die in natura gelieferten Zehente untergebracht werden
mu*stcii. Die Burg lag stets auf dein höchsten Tunkte
einer Stadt, nach drei Seiten frei und befestigt . entlang
der vierten aher mir durch eine leithie Mauer, oder
»•inen kleinen Kraben vmi der Stadt getrennt. Kine voll-
ständig erhaltene Stadtburg ist nicht Ijekannt. doch haben
sieh im Schlüsse ZU Kolitl so viele /.erstrcllte Beste
erhalten, das* eine Bestauration versucht werden kann.
Dieses Sellins* liegt an dem Bande einer Hochebene,
welche steil gegen den Klbcflnss abtiillt: es enthielt zwei
vi»n Gebäuden umschlossene Höfe, in dem vordem lagen
die Amtsräunilichkcitcn und Wohngelusse des Fliegers,
im /.weiten eine Meierei und Dicnstmuuncnräumc. Ein
grosser Thurm, Bergfried, war nicht vorhanden, wohl
aber ein Thorlhnrm, durch welchen der lluuptcingang
von der Sladlseiie her führte. Von der Meierei aus
»elieint eine Nebcupfortc zum Flusse und in die Vor-
stadt geführt zu haben.
Henau dieselbe Eiuthcilung zeigt auch die alle
Hurg in Tisek, doch lässt sieh hier nicht ermitteln, ob
die Hurg als eine königliche erbaut worden ist. Man
sehreibt die Gründung bald den Templern . bald den
Herren von Kosenbcrg zu, doch gehörte Pisek seit
ältester Zeit zu den böhmischen KrongUlern. Das Stadt-
wappen ituless , die ungewöhnlich grosse prächtige
Scbloss-Captlle und der Umstand, dass der erste Burg-
hol - mit einer Art Kreuzgang umzogen war, sprechen
fUr die (irlliiduiig durch einen geistlichen Orden.
Da» vollständig erhaltene Sehlos* zu Pardubic,
welche» durch tiefe Gräben und starke Befestigungs-
werke von der Stadt abgesondert ist, auch einen hohen
Thurm besitzt, darf in keinem Falle zu den siadthurgen
gezahlt werden: es wurde durch die Herrn Sioil von
Tardnliie im XIV. Jahrhundert angelegt und in seiner
gegenwartigen Form durch die Bernsteine um l:'i<>» ein-
gerichtet.
Kattenberg, das zwei königliche Schlösser, den
sogenannten witlschcu Hof und die alte Burg (jetzt
Sehulgebäiide >. beide in leidlieh erhaltenem Zustande
besitzt, ist dennoch ohne eigentliche Stadtfeste geblie-
ben. Der waUehc Hof wurde von Wenzel II. zu einer
Münzstätte und einer Art Börse eingerichtet ; die alte
Burg aber seheint nur al* Absteig -Quartier des praeht-
liebenden Königs Vladislav des .lagellonen gedient zu
lialien. wurde von diesem gegen 14SO erbaut und gehört
folglich zu den spät-gothischeu Denkmalen. Ander-
weilige bemerkensuerthe Beste städtischer, dem XIII.
Jahrhundert entstammender Burgenbaiiten scheinen
nicht mehr vorhanden zu sein.
Deutsche und slavisehe Dörfer.
Die all slnvischen Dörfer, dedin;, liegen versteckt
in den kleinen Einschnitten der Flus*thäler oder den
durch Bäche ausgewaschene u Thalmuldeii. sie haben
je nur einen einzigen Zugang und sind nicht eher wahr
zunehmen als bis mau an sie herangetreten ist. Die
Häuser oder llofreitheu sind um einen kreisförmigen
Platz, so angeordnet, dass sie diesem gewöhnlich mit
der Fangseile zugekehrt sind; mit der Hiebelseite reihen
sie sich aneinander. Der llofraum liegt hinter dem
Wohngebäude, an welches die Stallungen angebaut
sind : die Scheuer steht isoliri, hiuterderselben ein Garten,
dann Felder und in ilCr Verlängerung ein Weideplatz.
Die strahlen oder fächerartige Anordnung, welche oben
geschildert worden ist. blieb die Grundlage der slavi-
seheu Dörfer älterer Art. In der Mitte des Dorfplatzes,
welcher nnch seiner kreisförmigen Gestalt Bing benannt
wurde, eine Bezeichnung, welche auf die späteren
städtischen Marktplätze übertragen worden ist, lag und
liegt heule noch ein kleiner Teich; die Kirche aber
erhielt ihre Stellung bald am Eingänge des Dorfes,
bald auf einem besonderen, zwischen den Hausern ange
ordneten freien Platze. Fm die Kirche her, die wo
möglich auf einer erhöhten Stelle angebracht wurde,
breilete sieh der stets mit einer Mauer umgebene Fried
hof ans.
Einen wichtigen Beleg für das hohe Alter der Knud
lingdörfcr erblicken wir in dein Finstande, dass sie in
Alt-Baicrn wieder get rotten werden. Auf der ausgedehn-
ten, ineist bewaldeten Hochebene, die sich Östlich von
München zwischen Isar und Inn ausbreitet, erscheint die
Bundform nicht selten; die Dörfer Hofolding, Brünn-
thal, Fnnzenbar, Feistcnhar, Keferloh« u. a. sind nach
diesem System angelegt und beurkunden schon durch
ihre Namen (bar, lobe), dass sie einer sehr frühen Zeil
rfngehören. Im westlichen und nördlichen Deutschland
sind Bundlinge bisher nicht nachgewiesen worden, dort
herrscht die zeilenartige Dorfanlage vor, oder es sind
die Orte durchkreuzende Gassen nach Maßgabe des
Terrains eingeteilt.
Dörfer dieser Art haben sieh auch erhalten in Pom-
mern und Mecklenburg, in der Lausitz, der Mark Bran-
denburg, in Schlesien. Böhmen und Mähren; sogar in
der Nähe von Bamberg im Baunachthale, werden einige
derartige Anlagen getroffen. Sie sind allerdings, selbst
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< XXIX
in Böhmen, selten geworden ; Brände,
neue Strassenzllge und namentlich
der veränderte landwirtschaftliche
Betrieb lullten verursacht, das« man
sich in die abgelegensten Gegenden
verfugen inuss, wenn mau ein leid-
lich erhaltenes altcrthlltiilichcs Dorf
finden will.
In Böhmen haben nur wenige
<>rte die Rundlingsform deutlich hei-
lighalten, nnd zwar mehr iu der Flur-
markuiig als in der baulichen Anlage.
I'nter diesen , meint in der Mitte des
Landes betindlichen Dörfern wurde
Zelcnee unweit Nehvi/.d im chema
ligen Kouriuier Kreise ausgewählt,
welches um einen kleinen Teieh
gelagert, ilie ursprüngliche Mnrknng
beinahe vollständig gewahrt hat. Mit
Ausnahme einiger bedeutungsloser
Fliekbauten, welche otTeubur neue-
sten« Ursprungs sind und als störend
ans der lieigeschnlletcn Illustration.
Fig. 'X fortgelassen wurden, scheinen
die sHmmtliclieii Gebrinde trotz unztth
liger Umänderungen noch immer die
alten Stellungen einzuhalten und es
entspricht diese Anluve genau den
wendischen Dörfern in der Lausitz
und im Kreise Wittenberg. Ähnliche
Ortsehalten finden sich östlich von
Prag noch hie nnd da, z. B. Metctie, Vy&crovie. .hrcan,
Kunic. doch sind alle etwns von den Einwirkungen der
Zeit berührt worden. In Mähren, namentlich im Oltnlltzer
Kreise, kotiunen die Rundlinge öfters vor, z. I!. Lohodic,
Nenieie, Flif-ieie: seltener sind sie im Westen des Landes.
Das Dorf Zelenee hat einen einzigen Hingang', welcher
bildlich von der alten Prag-Königgräzer llauptstrasse
herfuhrt. Am Eingänge liegt eine kleine Bet-Canellc ; eine
Kirche besitzt das Dorf nicht.
Unbc.Hritten jllnger ats die dediny. deren Anlage
über das \. Jahrhundert hinaufreicht, sind die Lhoty
oder ein|>livlentisehen Dörfer, die llieils dem XII., der
Mehrzahl nach dem XIII. Jahrhundert ang4-hören.
Diese Orte wnrden in derselben Weise, wie die Städte
von grossen Grundherrn, zumeist von den Laudesftlrsten
und Klöstern angelegt. Sie zeigen eine viel zweck-
mässige«: Durchbildung, sind um einen rechteckigen
Platz von etwa zwei Thcilen Hreite zu fünf Theilcn
Länge aiigeordnet, wobei an den Ecken Wege anf die
Felder fuhren. Die Gebäude sind ineist mit den Giehel-
seiten dein I'latze zugekehrt nnd es ist mit den Wohn-
gelassen gewöhnlich nur der Stall für die Zugthicre ver-
bunden, während die anderweitigen Stallungen gegen-
über liegen. Jedes Gehöfte ist für sich abgeschlossen
und es gruppiren sieh dessen einzelne Baulichkeiten um
den Hof, der au den Platz gritnzt. Zwischen je zwei
Gehöften fuhrt ein schmaler, nur den beiderseitigen
Besitzern zugehörender Weg auf die Wiesen und Äcker.
Die Kirche steht manchmal in der Milte <Ies Platzes,
häufiger jedoch an der Ostseite desselben und ist stets
mit dem Friedhofe umzogen. Der kleine Teich am Ein
gang des Platzes fehlt eben so wenig hier als in der vor
beschriebeneu Anlage.
i — -
Fi« I
Die Feldenertheilung ist zwar nach demselben
Prineip, welches wir bei den alt - slavisehen Ortschaften
kenneu gelernt haben, gehalten, doch gibt sieh bei
den emphytciitisehcn Dörfern insofern ein grosser Fort
sehritt kund, als erstere lediglich auf Handarbeit , Bo-
denbearbeitung mit Hacke und Schaufel eingerichtet sind
(wobei Viehlutter, Feltlfrtiehte u. s. \* durch Menschen
oder Thiere als Lasten heimgetragen werden inussten i,
während bei diesen Pflugarbeit nnd Fuhrwerke bestim-
mend auf die Anlage eingewirkt haben. Dadurch, dass
der Gestillt des Dorfes keine Cnrvenliuie, sondern eiu
Rechteck zu Grunde liegt, haben auch die Felder gerad-
linige Begrenzungen erhalten, sind also viel leichter zu
bebauen.
Solche eontractliehe Ansiedlungen mögen in frühe
reu Zeiten nicht wenige bestanden haben. Das Kloster
Selau erwarb um die Mitte des XIII. Jahrhunderts weit-
ausgedehnte Waldungen und führte in dieselben Uoloni-
sten ein. durch welche die Dörfer Jiric, Jung Bfisf, Lhotie
und viele andere angelegt wurden. Unter diesen zeichiiet
sich Jiric durch besondere Rcgclmässigkcit aus und
verdient als Musteraitlage hervorgehoben zu werden.
Das Dorf ist um einen rechteckigen Platz von 1 100 Fuss
Länge nnd 2iU> Fuss durchschnittlicher Breite so ange-
ordnet, dnss die von einem Friedhof umgebene Kirche
in der Mitte des Platzes liegt. Hinter der Kirche, in der
östlichen Hälfte des Platzes befindet sich der nie
fehlende Teieh. Der Platz selbst ist genau nach deu
Himmelsgegenden orientirt und es erstreckt sich die
Längenrrehtung von West nach Ost, wobei die Häuser
mit ihren Giebelseiten dem Platze zugekehrt sind. Bei
nahe vor allen Häusern liegt ein ßlumeiigärtchen,
wodurch der Ort (Pfarrdorf) ein ungemein freundliches
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(XXX
Ansehen gewinnt. Hinter «Ion Hoheithcn und Baum
gürlen breiten sich die Wiesen an«, zwischen welchen
im«! den AekergrUiulen sieh ein Fuhrweg um das Dorf
herumzieht. Die sieh ergehenden Keken enthalten
Weiden und (u'tnemdegrUnde. Zwischen je zwei Hiil'en
lltlirt ein Fahrweg auf die zu denselben gehörenden
Fehler, so dass der eine Nachbar sein Eigentum» zur
Keehteu. der andere zur Linken vor sieh hat und in
keiner Weise behindert ist. Die Kirrhe entstammt der
Grilndnugszcit und gehört der /weiten Hälfte des XIII.
Jahrhundert« an.
Ähnlich zeigt sieh die AnInge von Jung Bf ist",
doch steht hier die Kirche seitwärts nel>en iletu Platze
und ist rings mit Wassergräben umgeben. Einen vorzüg-
lich schönen rechteckigen Platz mit einer genau in dessen
Mitte aufgestellten romanischen Kirche besitzt das
Pfarrdorf Kondrae, ohne Zweifel eine der ältesten der-
artigen Anlagen. Die Markting jedoch ist nicht mehr die
ursprüngliche, da Kondrae an verschiedene, Besitzer
übergegangen ist und die Gründe vielfach zersplittert
worden sind. Auch durch die Kloster Hohenfurt und
(•oldenkron wurden zahlreiche einphytcutisehe Dörfer
gegründet, doch konnte in dieser gebirgigen Enge sei
teil eine strenge Kegclmässigkeit durchgeführt werden.
Einen orieutirten und beinahe <|iiudrntisclicu Platz
besitzt Gillowitz, auch zeigen die Dörfer Hctiraffcl,
Mnlsching, Kapellen, dann die Flecken Höritz und
tiojnu phuiuiässig geordnete Anlagen. Da*s übrigens
auch von den emphyteutischen Orten \erluiltnissiniissig
sehr wenige intnet "geblieben sind, bedarf kaum der
Erinnerung. /' fVr«<W.
.r'oriM-tgiiiig Mft i
Ein neu aufgegrabener Römerstein aus Wien.
Heim Umbau der Festungswerke, welche im XVI.
Jahrhunderte die innere Stadt Wien umgaben, fand mau
unter der Sohle de» alten Stadtgrabens vor dem Schot-
tenthore einen römischen Iuscbriftstein , welcher in den
Besitz des Architekten Sclmllnuczer gelangte und von
Eazius publicirt wurde Der Stein enthält eine Wid-
mung an Jupiter und ist von einem ISenctieiarius des
l'roctirators Augnsti von Noricum gesetzt worden; er
gehört in den «Itesten inschriftlichen Denkmälern Wiens,
in die Zeit von etwaöo bis 77 n. ('Ii., «la um das erstere
Jahr die Proeiiratur in Noricum eingeführt, im letzteren
aber V'iudobonn von Noricum ausgeschieden und in die
Nachbar-Provinz Pauiionirt einbezogen wurde.
In jüngster Zeit, vor wenige» Wochen erst, hat
dieser Stein einen Genossen erhalten, der auch nicht
weit vomSchottenthore zu Tage kam. Bei Cannl (iruhuii-
gen in der verlängerten Schottengasse sticss man in
der Tiefe von einer Klafter an der Stelle zwischen dem
Abgeordnetenhause und dem nengehauten Hanse Nr. 1<>
allfeinen kleinen Kömerstein, gleichfalls mit einer Vo-
tiv-Inschrift versehen. Kr hat die einfache gewöhnliche
Form einer Ära. Die Schriftfläcbe ist nur l'.i ('Im. hoch
und 2. r » Ctiu. breit. Die Buchstabe» sind roth bemalt.
Mit Erlaubnis* des dcrmaligcn Besitzers Herrn Felix
Kitler von Liischan, welcher dem k. k. Münz- und An-
tiken ■ Cabincte einen trefflichen Papierabdrnck der
■ \<nn«l <l.ri|,l.< i.Kt.uiKtf M'lllUtil In IUI! bn .Inn ».o
|. •.,.>, «Il/-l'l-r .1.- >-'*>• V.:. «.Hu. A'.hm.ü.i-il Vt r. t. . . ,. » In .1-. It.r. •!.?.■«
nu.l MI«t>«OWCf •» Wl .MI,ilLuii,i<\>l»lbii IX. I.-.-.. iS»|.-rL..l..ltM.k
1 :.. n*ii i.
[nschrifl widmete, iheilen wir den Inhalt derselben mit.
Sie lautet:
I O M
PKO SAL
AVG ATr.
SEVEII.V
\F. L X a
V s
.l«\ i optinio inaximo pro salute August i Anilins Se-
verus veteranus legionis deeimae geminae Votum solvit.
Nach den wenigen Kriterien, welche die Form der
Buchstabe» und die Ligaturen darbieten, gehört der
Stein in die Epoche des Kaisers Septiuiiits Severus oder
seiner nächsten Nachfolger, also in das Ende des zweiten
oiler das erste Drittel des dritten Jahrhunderts. Der
Widmende ist ein Veteran der zehnten Legion, welche
»eit den dacisehen Kriegen Trnjan's (etwa seit 1<C<
11. Chr.) bleibend in Vindoboiia stationirt war.
Kölnische Inschriften sind in Folge der Stadterwei
lerung nur sehr wenig gefunden worden; diese erstreckt
sieh eben unfein Gebiet, das nicht mehr in den Umkreis
der römischen Stadt Vindobonti fällt. Bis zum Frühjahr
l*7i' waren in Folge der vielen Erdarbeiten die sie
veranlasste nur zwei Inschriftsteine aufgegraben worden,
der eine beim Hau der nenen Oper (l^ii2), der andere,
leider nur ein Bruchstück, beim Kail der Ibindels-Aka-
dcniie ( lWifi), jener ein Grabstein, iler aber nicht au
seinem ursprünglichen Aufstellungsorte zu Tage kam,
sondern den Bestandtheil eines spätem Kindersarges
bildete, dieser, soweit die Inschrift gestatte» eine»
Sehluss zu ziehen, ei» öffentliches Denkmal, das in
Folge eines Beschlusses der Decurioncn irgend eines
f'ollegiiims ^fabrontm?) errichtet wurde. Der uen gefun
dene Votiv-Stein ist also erst das dritte cpigrnphisclic
Monument , dessen AutTiiidnng die Stadterwcitcrung
veranlasste.
Bezeichnend aber ist es, dass alle drei Inschriften
in der Linie einer aus älteren Funden nnehweisbnreu
Strasse liegen, welche etwa am Eingänge in die Wüh
ringergasse vom Eimes, der HauptuferstrnsRc längs der
Donau, abzweigte, durch die Schotten- und llerreiigasse,
über den Josephsidatz, die nene Oper, die Hamich- Akt) -
demie , das Künstlerhaus und weiter de» Kenuweg eni
lang »ach St. Marx lief, nm sieh hier wieder mit dem
Limes zu verbinden. Sic niugieng da* Stnndlager im
Kücken und war offenbar fllr de» Waareuzug uud den
Verkehr des bürgerlichen Theiles von Vindobona mit
den oberen und unteren Stromgegenden geschaffen, da
diesec das Standlager nicht passiren durfte. An einer
anderen Stelle haben w ir sie daher als Mnnicipal-Strasse
bezeichnet im Gegensatz zn den beiden militärischen
Strassen, welche, die eine am Efcr der Donnu hinfüh
rend, die andere von Buden (Ai|uae) herankommend,
sieh bis ins Standlager hinein fortsetzten und in dem-
selben als seine wichtigsten Wege (via prineipalis und
praeloria) kreuzten. Der neu gefundene Stein ist nun
nicht ohne Werth für den Umstand, dass die Municipal-
Stnisse iu der geraden Kiehtiing nnd Verlängerung der
alten Schottengasse gegen die Währingergasse zn,
sich bewegte. Auch erhellt aus seinen Inschriften und
den Fundstellen der andern bei der Stadtcrweiternng
aufgegrabeuen Steine, dass die römischen Inschriften.
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cxxxr
wenn man sie nicht in «ler unmittelbaren Nähe «ler
Kömerstadt selbst aufstellte, nur ;in dcrMuiiieipnl-Strassc
errichtet winden; ilcun alle Inschriften, <lie schon frllher
iiimI gleichfalls ausserhalb (Ich Umfangcs der Rümerstmlt
/.u Tage kamen, standen dieser ilooh viel niihfr; ihre
Fundstellen liefen alle im Bereiche der inneren Stadl,
wie die Stallburg (St. Michaels FreithoO, Stcphausplatz,
Brandstätt, Jaeobihof, Fleischuiarkt ; aueh die Gräber
«»litte rnsehriftstein fanden sieh, sofern sie nieht au
«ler Municipalstrusse lagen (IJcrmgnssc hin Kennw.fr),
im Gebiete der inneren Stadt, wie bei den Kapuzinern,
in der Bräunerstrnsse und am Stock-im-Kiscn. Würden
nun in römischer Zeil insehrifllichc Denkmäler nieht
hlns an der Muuicipal- Strange, sondern aueh an anderen
Nclicnstra*seii und Wegen, welehe von verschiedenen
Seiten bei in <lie Kömerstadt geführt Italien mögen,
erriehtet gewesen »ein. ••«<» wäre «'s im höchsten Grade
wonderbar, dass man bei so vielen (irundaushebiingen
lllr die Gebäude an der Kingstrasse und Lasteiistrnsse
ihrer nirlit gcfnmlcn hälfe; «leim die Ictztcnn durch-
schneiden die Richtungen aller «iieser Wege; da die*
nieht geschah, da vielmehr nur in der Linie «ler Muni
eipal-Strassc Inschriften, <iri(ber und versehiedene Alter-
tbtlmer zu Tage knineu, so tnuss man sehliesscn, das»:
ausserhalb «ler genannten Strasse, im Bereiche der alten
(•Incicn, .soweit sie his nun verbaut sind, in «ler That
keine Grnbmäler bestanden. Dienen negative Krgebniss
der Stadlerweitcruug ist nicht «»liiie Wichtigkeit; es wird
dadurch sehr wahrscheinlich . dass man erhebliche Kö-
uicrfunde ausserhalb der inneren Stadt, auf dem Räume
zwischen dieser und den Vorstädten, nur noi-h in der
Richtung «ler Muuicipal-Strasse zu erwarten habe. Aus-
genommen ist davon nur der Pnradeplatz in der West-
seite, wo die Rauten noch nicht oder doch kniint erst in
An griff genommen sind.
Während die Knude an der Municipal-Strasse sonst
vorwiegend (iräbern angehören, sind die beiden ein-
zigen Inschriften, die sich vor «lein einstigen Schotten-
thore gelnnden haben, Oeltlbdesteine zweier nicht aetiver
Militärs. Der Benenciariu* — einein solchen gehört, wie
gesagt, die im XVI. Jahrhundert in jener Gegend gefun-
dene Inschrift an — war ein für kleinere Dienste, in
unserem Falle wohl für Knuzleidicustc beim l'rociirator,
zeitweilig des activen Militärdienstes enthobener Soldat.
Auch die Veteranen, wenn sie gleich keine Kriegs-
dienste mehr thaten, blieben doch in einer Art militäri-
schen Verbandes (collcgiitm veteranorum) und hatten
in den Grenzstädten unter deren Bewohnern eine ange
«ebene Stellung; denn diese bestanden häufig au* Frei-
gelassenen und Abkömmlingen aus rrmiisch barbari-
schen Mischehen.
Sonst taucht an der Muuicipalstrasse nur noch ein
Gclllhdestciii auf, der von einem Privaten erriehtet
wurde; es war ein Freigelassener, ursprünglich wohl
ein syrischer Selave, der später Handel trieb und dem
Mercnrius einen Stein widmete, welcher am Rennweg
am Eingang in die Marokkanergasse gefunden wnrdc
Bei der Spttrlichkeit des Materiales ist nun aller-
dings kein sicherer Schimm gemattet, aber es kann «loch
in Form einer Verruuthung ausgesprochen werden, dass
einzelne Strecken tler Municipnl-Strasse zur Aufstellung
bestimmter Arten von Denkmälern gedient haben mögen,
dass also, um bei unserem Kalle zu verbleiben, im ersten
= ll.. r lrhl ..od Mlclli.H. I Wlrn.r Alt<Til,«ni» V.r.ln.i IX. IM. N»l. J
XVII.
Thcile der genannten Strasse, zunächst ihrer Abzwei
gung von dem Limes, die Oeltlbdesteine von Soldaten
standen, die keiue activen Dienste mehr thaten ; -
(Jene der activen Miliärs waren an «ler Hauptlager
Strasse, der via principnli«, also innerhalb des Stand
lagers errichtet). Ks ist möglich, dass «lies in Folge
einer Bestimmung der Gemeinde geschah, aber auch,
dass es nur eine Sache der Gewohnheit wat , die sich
aus mehreren Füllen \«m selbst ergab. Au und ttir sich
ist es ja durchaus wahrscheinlich, dass Mitglieder des-
selben Standes ihre ans gleichem Anlasse errichteten
Denkmäler auf einer bestimmten Strecke einer öffent-
lichen Strasse zusammenrückten, so dass sie dort eine
Gruppe fllr sieb bildeten. Das Zunft- und Vereinswesen
stand um jene Zeit überhaupt In Flor, um so mehr
lässt sich eine Absonderung derart bei Personen, welche,
wie die Soldaten, in ihrer ganzen Lebensweise durch
eine lange Zeit von den übrigen Kinwohuern getrennt
waren, voraussetzen. In t'illi fand man. um ein Beispiel
zu ueniien, eine Gruppe von 2°< Gelubdesteinen von
Legionären und Mencticiarierii auf einem Platze bei-
sammen, neben ihnen keinen einzigen Grabstein =. Mög-
licherweise stand nun vor dem einstigen Schotteiithore
irgend ein Heiligthuin, um welches die Votiv-Steine auf-
gerichtet wurden, wie solches sonst hilutig vorkommt,
uml war gerade «las Vorhandensein des Heiligtliums au
jener Stelle das Motiv, auch die Geltlbdcstcine gerade
an dieser Strecke «ler Strasse zu errichten. Ks stimmt
damit der Sachverhalt der andern Funde an der Muui-
cipal. Strasse Ubereiu. so wenig zahlreich sie auch sein
mögen. Die Gräberfunde in der Linie derselben kamen
ncinlieh nicht an der Stelle, wo diese Votiv-Steine gefun-
den wurden, zu Tage, sondern sie beginnen erst bei
dem Gebämle der k. k. Statthnltcrci, also beträchtlich
entfernt von «lein Fundorte der ersleren; von dort alter
setzen sie sieh wrhältnissmUssig zahlreich in einer
langgedehnten Reihe bis gegen das Ktlnstlerbaus fort.
In der entgegengesetzten Richtung, gegen Döbling zu,
fand sieh «las nächste Grab erst wieder in dem ersten
Hofe des Militärspitales , es gehört also schon nicht
mehr in das Gebiet der Municipnl-Strasse, sondern in
das des Limes. In der Lllcke zwischen diesen Gräber-
funden stehen nun die beiden Votiv-Steine vor dem ein-
stigen Sehottenthore, beide in sehr verschiedenen Zeiteu
aufgerichtet. Ks ist daher die Vermuthung gerechtfer-
tigt, dass jene Strecke der Municipal-Strassc. welche in
der Gegend des ehemaligen Sehottenthore* liegt, iu
der That fllr Votiv Steine nieht activer Militärs vorbe
.halten warVnd blieb, während die Gräber, welche in
späterer Zeit an der nemli« hen Strasse angelegt wurden,
erst auf einer weiter abgelegenen Strecke derselben
standen.
Ks darf nemlich nicht ausser Acht gelassen werden,
dass diese Gräber, so viel man ihrer fand, alle einer
sehr späten Zeit anzugehören scheinen. Beim Bau des
neuen Statthnltcreigebaudes im Jahre 1*47 stiess
man in der Richtung gegen den Ballplatz zu auf Ge-
lasse aus Terra sigillata und 23 Münzen, deren jüngste
von Kaiser Cnnstau« herrührt (t 350); offenbar sind
diese Fnnd-Objec.te Beigaben flir Leichen , die hier
bestattet waren. Auf dem Rnrgplatze fand man 182t.'
abermals solche Schalen. Auch im Jahre 1628 kam man
in der Borg auf ein Römergrnb. von dem aber nicht*
1 Ml«il„i> Krt k Cr»l Cvmm IX. I> I.X
t
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CXXXIl
näheres bekannt ixt, wonach die Zeil bestimmt werden
könnte. Dann fand man nntcr dem Trade zwiseheu dem
Kittersaale und der Bdlarin einen Sarg mit verschic-
denen Beigaben, <larunter ein Anhängsel, in dem sorg-
sam verschlossen ein zusammengerolltes Goldplättchcn
mit gothischer Schrift, etwa aus der Mitte des V. Jahr
hundert*, lag. Ks ist nacli den anderen Beigaben sehr
wahrscheinlich, dass hier ein Hlterer Sarg, etwa aus dem
letzten Drittel des III. Jahrhunderts, zur Beisetzung
einer späteren Leiche benutzt wurde. Ebenso ist der
aus Steinplatten und einer alteren Gr.ihscbrift zusam-
mengesetzte Sarg, weleber l*ü'2 beim Bau der neuen
Oper gefunden wurde, nach den beigegebenen Münzen,
nic ht alter als Oallicnus a'iiC—iMis). Kndlieli zeigt das
Relief mit demTodes-Genius, das ein Bestandtbeil eines
Grabdenkmales war und im Flussbette der Wien bei
der Aitstiefung des neuen Bettes in der Nhbe des Kllust-
Icrbauses gefunden wurde, die rohe derbe Arbeit aus
dem Schlnss des III. und dem Beginne des IV. Jahr-
hundert* >. Eben diesem späten Alter wird es auch
zugeschrieben werden mUssen, dass bei diesen Gräbern
keine Grabsteine gefunden wurden ; zu der Zeit, welc her
sie angeboren, war die Sitte der Aufriehtiiiig von In-
schrilten selnm sehr in Abnahme gekommen und zumeist
nur auf otficiellc Anlässe beschränkt.
Wir heben diesen Umstand besonders hervor, um
auf eine andere Erscheinung aufmerksam zu machen,
die sich dnmit verbinden lässt. Alle Grabinschriften, die
aus dem alten Viiidnhoiia erhalten sind, fanden sieh
abseit der Mnnieipal-Stras.se. Die auf der Brandstatt »
und bei der alten Stallburg" gefundenen, sowie ein
ilritter, dessen Fundi.rt nicht genau bestimmt ist T ,
endlich ein Ziegel in der Bräuneistrasse gehören Sol-
daten an»; andere Grabsteine, welche am Stephans-
freithof beim St. Jaknbsklostcr ">, am Fleischmarkt n
aufgegraben wurden, betrafen dagegen Privatpersonen.
Bei zwei Gräbern (Stoek-iin-Eisen " und Kapuziner-
klnsler) u lässt sich nicht mit völliger Gewissheit erken-
nen, ob der Bestattete ein Soldat oder ein Private gewe-
sen «ei. Die Soldaten-Gräber kommen nun nachweislich
an den Fortsetzungen der Lagerstrassen ausserhalb
des Stnndlagcrs, entweder unmittelbar neben denselben
oder doch in ihrer Nähe vor. Die Privat-Grnhsteine sind
an verschiedenen Stellen zu Tage gekommen, die aber
alle wieder in den Richtungen anderer nachweisbarer
Strassen liegen. Dagegen boten die Grabfunde an der
Municipnl-Strasse keine Erscheinnngen, ans denen auf
Soldaten, die hier begraben worden wären, geschlossen
werden könnte. Es scheint somit nach allen*Anzciehcti,
welche uns das spärliche Material gewährt, dass schon
in älterer Zeit, als die Sitte, Inschriften zu errichten,
noch bcstnnd, selbst bei den Gräbern eine örtliche Ab-
sonderung stattgefunden habe und dass man Soldaten
in der Nähe des Standlagcrs au den zu diesem führen-
den Strassen, Privatpersonen dagegen an Strassen des
• Mltll.cll. uu.I B.n.t.1« i. Wi«.r Alt V.r. IX. S. IM t. Kot. i I.
> Kl «O l» s. \<.|. S
• Ktimill, H. Ii». V i« 1
' Kbt-fnlkS ir.3-Nc.lry, . |, n 1 1 ii t (>i. er irhncl »l^ii Fundort r.Wnt 4>>iiiu»r
tiii<J istft nor, •!■> Sinjn >. I lS^O t*.|m luti Atr SltiTtmaa. r ll.f unter iltr KH.
«•fumtiB »■ rdcn. Mosllrli.r«.!.. fuci.rt, .Hr. i»-im S<. Jikc b.klr.ur . «txr
»ichtr it\ flu 1 » iilctil.
» fcti»7.rt» S. I»J, Vil» V
• Klhtn.lt S IT». NvI. Ii
».iH» s. 163. Sou- ! ,1 D.r Ciab.toLii i.hKn d.r >'r.u cln'.t Vrw-
rmi n d. r X !..«>.«.
" Eti-nfo s.l 1)1. Sole a
" q. >• rb.r..t. 8. :-J». Xol« 1-3
bürgerlichen Verkehres beigesetzt habe. Fllr den letz-
teren Zweck diente auch die Mnuicipal-Strassc mit Aus-
nahme ihres gegen den Eimes imNoidwesten der Hömer-
stadt zu gelegenen Theiles, an welchem die Gclübde-
steine standen. Fr. Kenw.
Neue Abschriften von Römersteinen aus Sissek.
Der ("onservator und Bezirksschulrat!! Herr Zach.
Gruie, nun zu Weisskircbeu im Banale angestellt und
den Lesern der ,.Mittheilungen ,< schon seit geraumer
Zeit durch seine genauen Abschriften römischer In-
schriften auf das Vortheilhnfieste bekannt, hat im ver-
flossenen Jahre auf einer Heise mehrere schon längst
bekannte Inschriften in Sissek nenerdiugs copirt. um
zur etwaigen Berichtigung älterer Lesungen beizutra-
gen. Wir beben aus ihnen folgende zwei hervor, die
geeignet sind zu zeigen, wie sehr durch solche wieder-
holte Abschriften der Werth derartiger Denkmäler
gewinnt.
In dem Werke Istri adeolac bat Katimesic ( 1.. .'H5K,
Nr. ."0 folgende Inschrift aus Sissek mitgetbeilt : IMP
ANTONINI | AVG | RES PVBL | SISCIANOH. Der
Genitiv, in dem der Kniscrnnme steht, licss auf eiue
Statue sehliesscn, welche die Einwohner von Siscia
einem K. Antoninus gewidmel, und zn deren Postament
die Inschrift gehört hätte. Dass diese mangelhaft sei,
mochte man schon ans der Art und Weise schliessen,
wie der Name des Kaisers gegeben ist; die mehreren
Antonini werden doch sonst epigrnphisch in irgend
einer Weise von einander unterschieden.
Herr Gruie fand diese Inschrift auf einer ;i Fuss
4 Zoll Indien und 2 Fuss breiten Marmortafel an der
Anssenseite der römisch katholischen Friedhofscapellc
eingemauert. Die Sehrifthache ist von einem >\ Zoll
breiten Kabinen umschlossen, die schönen Buchstaben
sind 2y/ x Zoll hoch. Nach der jüngsten Abschrift nun
besteht der Anfang der Inschrift, den Katancsic ganz
wegliess, aus drei Zeilen, die zwar stark beschädigt
sind, aber doch einige Züge, und zum Glück gerade
solche erkennen liisst , dass der Sinn der Inschrift
ergänzt werden kann. Die Abschrift des Herrn Gruie
lautet :
. . AV...
AVG
SPON...
IMP ANTON1NIANI (sie)
AVG
KESPVBL
SISCTANOB
Für die Ergänzung ist eine im Vatiean befindliche
Inschrift (Orelli-Henzen FwOH) wichtig, welche bei dem
Dorfe Correse , dem alten Cures Sabinnc, gefunden
wurde; auch auf ihr sind die beiden ersten Zeilen zer-
stört, doch kann .Plautillae Augnstae sponsae u. s. w.^
noch ziemlich gut gelesen werden; im Übrigen ist die
Textirung der unsrigen ganz ähnlich , nur dass am
Schlüsse noch einige auf die Errichtnng des Denkmals
bezügliche Notizen folgen. Darnach lässt sich ilie In-
schrift von Siscia mit Sicherheit folgendermassen er-
gänzen :
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CXXXIII
plAVtillae
AVIS
SPONsne
IMP ANTON1NIANI (sir)
RESPVBLiea
SlSClANORuu.
Im Jahre 203 vermählte Septimius Bevern« seine«
erstgoborneii Sohn Antoninus Caracalla, welcher schou
seit IM Mitregent de» Vaters und Angitslus war, mit
l'lautilla der Tochter (Ick ulh ennögenden prncfectiis
praetorio Pontianus, und zwar gegen den Willen Cnra-
calla's '. Eine glänzende Ausstattung, hinreichend dir
fünfzig Könige, und prächtiges Geriithe sali Diu Cnssius
seihst Uber den Markt nach dein kaiserlichen Palaste
fuhren; es folgten überaus reiche GeInge und Thier-
hetzen hei der siebentägigen Feier der Vermahlung, da
mit dieser zugleich das Fest der glücklichen Rückkehr
des Kaisers aus dem Oriente begangen wurde. Diesem
glänzenden Feste folgte aber eine gräfliche Tragödie
im Palaste.
Die Gcwaltthätigkeiten des Piaufinnus, seine Be-
liebtheit hei dem Heere und sein Aufwand hatten den
Kaiser gegen ihn verstimmt, zumal nachdem sein (des
Kaisers) Bruder Gcta auf dem Sterbebette ihn auf die
hochfahrenden Plilrie Reines Günstling* aufmerksam
gemacht hatte. Ebenso war Plautianus selbst wegen der
Offelten Abneigung Caraealla's gegen ihn und l'lautilla
um seine Zukunft besorgt; der Kaiser war schon hei
Jahren und von dem Thronfolger halte er nur das
Schlimmste zu erwarten. Schon ein Jahr nach der Ver-
mahlung trat die Katastrophe ein , nachdem alles
darauf hingedrängt hatte Wie gewöhnlich, sieht Die
t'assins in einer heftigen Eruption des Vcsuvr im Som-
mer 204. deren Donnern man bis Captin, wo er sich
damals aufhielt, vernahm, ein Vorzeichen flir den Sturz
des Platilianus und Hess sich daraufhin bewegen, Rom
zu meiden und in Capua zu bleiben'. In Folge einer
Palastintrigne, die Diu dem Caracalla, Herodian dem
Plautianns zuschreibt, wurde Letzterer vor den Augen
des Kaisers niedergemacht . seine Bildsaulen umge-
stürzt, sein Name auf öffentlichen Denkmälern ausge-
tilgt. Anfänglich blieb zwar l'lautilla noch in Horn, dann
aber sendete sie Septimius Severus, um sie vor den Ver-
folgungen seines Sohnes zu siehern, nach Sicilien mit
einem anständigeu Gehaltes; doch «herlebte sie auch
hier den Kaiser, der 211 in Britannien starb, nicht
lange. AU Cnracalla seinen Bruder Geta ermordet hatte
und ein allgemeines Blutbad unter dessen Anhängern
in Rom, Italien und selbst in einigen Provinzen anrich-
tete, wurde auch l'lautilla getödet ». Wahrscheinlich
geschah es damals, dass nun auch ihr Name anf den
öffentlichen Inschriften ausgekratzt wurde; es erklärt
sich daraus, dass sowohl in der Inschrift von Correse,
als auch von Siseia die Anfange sehr schwer leserlich
sind. Die Beschädigung derselben ist aber keine spätere
zufällige, sondern eine alte absichtliche.
Auch ergibt sieh , dass der Kaiser Atitoninns
unserer Inschrift (die Schreibung Antouininnus ist ein
Versehen, da« dem Steinmetz zur Last fällt) kein ande-
1 lltroitun III. 10.
' I.XXVI . s
> Urndlu III. 13.
• A. « O. IV j 6.
rer als Curacalla sei. Da Plantilla zngleich Angnstn
und sponsa genannt wird, ist das Denkmal offenbar
ans dem Anlasse der Vermählung Belbst von den Siscia
nern errichtet worden, die damit ein Zeichen loyaler
Theiluahme an den Erlebnissen des kaiserlichen Hauses
geben wollten. Die Inschrift gehört also ihrem Inhalte
nach indie Reihe jener zahlreichen Beweise der An billig
liclikeit, welche die pannonischen Städte dem Septimius
Severus und seiner Familie bewahrten und in vielen
cpigrnphiselici) Denkmälern offen bekannten.
Eine andere Inschrift aus Sissek hat schon Lazius
und nach ihm Grnter (lOül, I) mitgetheilt. Sie lautet.-
nach der alten Abschrift :
HVIC AR< K INEST SK
VKHILLA FAMVLA CHI«
STI tjVAE CYM VIRU SVO
VIXIT NOVEM CONTINVIS
ANXIS CVIVS POST OBI
TV.M MARCKLLIANVs
SKDEM V1DETVR
COLLOCASSE MARI
TVS
Herr G rit i c fand diese noch gilt erhaltene Inschrift
auf einem Sarkophage aus Kalkstein von 7 Fuss 0 Zoll
Länge und 4 Fuss * Zoll Höhe, der im römisch-katholi-
schen Friedhofe steht. Die neue Abschrift zeigt keine
wesentlichen Abweichungen dem Sinne nach, wohl aber
eine andere Abtlieilung der Zeilen und eine charakteri-
stischere Sehreibweise; in Zeile t> enthält sie ein Wort
mehr und überdies zwei Ligatureu. Sie lautet:
HV IC AKC AK INEST SKVE
RILLA FAMVLA XPI QMI
VIXIT CVM VIRO NoVKM
CONTINVIS ANN IS CVIVS
POST OBITVM MARCKLLIANVs SK
DE VEANC VIDETVR COLLOCASSE MAR1TVS
Die Versetzung der Worte sowie «las Einschieben
von videtur (eollocasse) statt collocavit und der Tonfall
lassen vennutheu, dass hier wenigstens in den letzten
Zeilen rohe Hexameter beabsichtigt seien, derart, wie
man sie auch sonst auf Grabschriften später Zeit findet.
Eine Parallele wtlrdc der Grabstein der Salvier ans Mi-
trovic bilden ». Die Abtlieilung der Verse wäre sodann:
Huic areae inest Seve-
1. rilla famula Christi qnae vixit cum viro
novem con-
2. tinnis annis cujus post obitum Marcellianus
3. sedem haue videtur eollocasse maritus.
/V. Kenner.
Aus Böhmen.
Aus dem Berichte des k. k. Conservators für den
Czaslaner Kreis ist zu entnehmen, dass die St. Barha-
rakirche zu Kuttenberg durch die Beseitigung zweier
sie oinsehlicssendcr Umfriedungsmanern sehr gewounen
hat. Da« alte höchst merkwürdige Baudenkmal ist nun
i rtttdriirxalk loArtklv flir Kwrtt S.t.rr <l«<l,irku XXXIII. S 130
t*
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»XXXIV
in Keinem grossartigcu rmfangc jedermann zugänglich.
Der alte, längst nicht nielir benutzte Friedhof wurde
dureli den dortigen Vcrscböncrinigsvercin plnuirl, mit
Sandwcgcn. Baum- und Bluincugruppcu \ ersehen und
bildet Htm einen der schönsten Aussichtspunkte der
Stadt. Leider kam es zu der bereit* bewilligten Re*tnti-
ririing eines sehr baufälligen Strebebogens nicht, indem
der Baumeister, welcher seil mehreren Jahren die Rc
slaurirungcu an dieser Kirche leitete, von Kuttenberg
wegzog, um einem andern I dritte zu tollen.
Auch wurde erst heuer der. der alten Stiftskirche
zu Sedlee durch den am PJ. Se|iteiiil»er l*ii!> erfolgten
Sturm zugefügte Sehaden ausgebessert.
l'bcr Bcsehlnss des Stadtrathcs /n K n I i n als Patron
der Bartholomäus Kirche wurde die Ausführung der
stylreehteii Kntwllrte lltr die Bedachung und AiisIhssc-
rung der beiden abgebrannten ThHnnc. d. i. ftir den links
seifigen Kirchen und dessen nachbarlichen Gloekcn
iluinn dem Architekten F. Sehnuunnz übergehen.
Die tllrdie Dccuiiul-Kirchc in Kauriiu beantragten
Kestuuriruiigs-Arhciteii bcrrclTcu die Grundmauern, deren
eingetretene Senkung das ortweise Hernien des Kirehen-
gewölhcs nach sich zog. Selbst eine l'fcilcrvcrstärkung
dürfte nicht unangemessen sein. Der Kirche unwürdig
ist das Pflaster r es ist hohe Zeit, dieses mit einem
neuen zu ersetzen. Auch die beiden Thürme haben bedeu-
lende Sprünge in Folge einer Feuersbrunst. Auch hier
mUHste eine gründliche Reparatur vorgenommen w erden,
um dieses Gebäude, das die Aufmerksamkeit eines jeden
Kenners und Freundes alter Raiidenknmle verdient, zu
erhalten.
Was die archäologischen Funde im Cnslaucr Kreise
betrifft. si> eoneenlrirten sieh dieselben bei dem bereits
im Vorjahre erwähnten Prchctie unfern Caslau. Dies
.lahr fand man eine interessante, brtmzerne Aruispangc
mit ausgjbuckelten Gliederungen, merkwürdige Thon
gefilsse, SteinhUumier aus Serpentin und Diotit, ferner
Werkzeuge aus Thicrkuochcn.
I'iii den Sinn fllr Kunst und Alterthum zu wecken,
wurde von mehreren Altcrthiimsfrcuuden eine Ausstel-
lung von Kunst- und archäologischen Gegenständen unter
der Ägide des Vereines Vesna in Kultenberg mit
lästern Frfcdge veranstaltet. •/. Henrvk.
Zur Kunst- Literatur.
Die uucmiessliclieZalil sowohl als die Meisterschaft
und Bedeutung der in Italien vorhandenen Denkmäler
der Malerei lässt es immer wieder wltnschenswerth
erscheinen, dass dieselben gesammelt und im Bildwerk
veranschaulicht werden. Ich muss es geradezu hochver-
dienstlicb nennen, dass der nämliche Forseher, dem wir
die Herausgabe der in Italien zerstreuten Kunstwerke
deutscher Meister bereits verdanken, sich entschlossen
hat, die italienische Malerei in Wiedergabe bedeutender
Werke dem deutschen Publicum zugänglich zu machen,
nachdem wiederholte Reisen mit längerem Aufenthalte
in diesem Lande ihm hinlänglich Gelegenheil zu solcher
Arbeit geboten. Frust Fürst er lässt bei T. O. Weigel
in Leipzig ein Prnchtwerk erscheinen, da* nunmehr in
41 Lieferungen interessanten Inhaltes vorliegt und die
Geschichte der italienischen Malerkunst in meisten-
thcils vom Verfasser selbst aufgenommenen und gezeich-
neten Blättern mit Text vor Augen zu 1 Uhren sucht. Den
l,escni ist bekannt, dass der berühmte Kunsthistoriker
G. B. Ca valcasel le die Geschichte der italienischen
Malerei von ihren Anfängen bis zur Vollendung und
NuclihlUlhc geschrieben, die uns Max Jordan in deut-
scher Bearbeitung bereits durch tlrei Bände vermittelt
hat; Uber den grossen Werth dieses Buches herrscht
unter allen Fachleuten nur eine Stimme, die der Aner-
kennung und llochschiltzung. Gleichwohl gebricht dem
selben die genügende Illustration, zumal in entsprechen-
der Grösse. Förster liefert, so zu sagen, das bildliche
Materinl zu dieser Geschichte der Malerei und setzt uns
in den Stand, auch mit den Augen dieser Kntwicklnng
zu folgen. Den Beginn machen Bilder aus llerctilaiium
und dctiKatacoiuhcii. zunächst aus denen von S. Agnese,
t'alisto und Portiami , woran sich die wichtigen Denk-
mäler in Itaxeiina reihen. Das darauffolgende Blatt mit
dem Kxnltet von Pisa ist nicht nur als Beispiel früherer
Handschriften-Illustration, sondern auch als BetVg alt
christlicher < ultus-hinrichtungcn und Geräthe sehr
belangreich. Die in der 7. und s. Lieferung dargestell-
ten Mosaik -Gemälde des Baplislcritims zu Florenz und
auf der Insel Torccllo bei Venedig gewähren von dieser
Malerei im grossen Styl, wie sie besonders in S. Marco
zu Venedig angewendet ist. eine belehrende Vorstellung.
Letztere Mosaiken sind zwar gleichfalls repräscutirt.
aber leider noch nicht in genügender Zahl. Für den
Vergleich jedoch durften sie ausreichen. Dieses jüngste
Gerieht zu Torcello wird auch für die Ikonographie
jedenfalls eine bedeutende Bolle spielen. In den folgen-
den Heften treten nun die Anlange der in Bälde maß-
gebenden Schulen von Siena und Florenz durch Werke
des Duceiii und des grossen Nachfolgers von Johann
Cimahuc zu Florenz, nämlich <lcs Giotto, in einer Aus-
wahl seltener Gemälde vor Augen. Zu letzteren gehören
die Arbeiten Giotto's zu Padua in der sogenannten
Arena, welchen t'avaleaselle die eingehendste l'nter
sitchung und Würdigung widmete. Auch hier bietet sich
fllr die christliche Ikonographie, zumal in der Darstel-
lung der Himmelfahrt des Herrn, vorzüglic hes Material,
woran sich Giotto's Leistung in der Peruzzi-Capelle zu
St. I 'roce in Florenz ebenbürtig uiischliesM. I >ic hier gege-
bene Darstellung der Aufcrweckung der Drusiaiia durch
den Apostel Johannes gehört nicht zu den häutigsten. Mir
war dieselbe doppelt interessant, da im königl. bayeri-
schen National -Museum zu München ein Tafelgemälde
aus Alt-Bayern vom Heginn des XV. Jahrhunderts den
selben Gegenstand enthält und zum Vergleich mannig-
fache Anknüpfungspunkte bot. In dieser Beziehung hebe
ich noch hervor die Landung der Leiche des Apostels
Jacobus zu Compostella von Allichiero da Zevio in der
Felix-Capelle von S. Antonio zu Padua, die Kreiiztin-
dung in S. Croce zu Florenz, die Scenen aus dem Leben
S, Benedictiis iu S. Miniato daselbst, das Martyriuni
der heil. Lucia in S. Francesco zu Pisa und die daselbst
befindliche Darstellung des letzten Abendmahles mit der
Filsswaschung von Niceolo Pietro Gerini, so wie dessen
Krcuztrugnng und Himmelfahrt an dem nämlichen Orte.
Ich weiss, dass das artistische Interesse bei der Aus-
wahl solcher Denkmäler in erster Linie stehen mnss.
kann aber dabei doch meine Freude nicht unterdrücken,
die ich im Interesse der Ikonographie empfinde, indem
ich solche Werke hier wiedergegeben linde, die ich vor
den Originalen stehend für belangreich erkannte, aber
in die Heimat zurückgekehrt, im verBinnlichenden Ab
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(XXXV
liildc nicht auftreiben konnte. Nachdem der Verfasser
Werke von d'Avanzo. Symon v. Siena. de« l.oren/.etti
Ambmgio nnd de» Taddeo Burtoli, sowie die hielier ge-
hörigen Wandgemälde iui Cniupo Santo zu Pisa und
Neapel vorgeführt, lässt er ein Muster von sogenannten
Intarsiiituren aus der Capelle de» öffentlichen Palastes
von Siena einschalten nnd verfolgt nun den Entwick-
lungsgang der Florentiner Malerei , den die grossen
Meiitter Masolino . Fie»«>le und Masaceio bezeichnen,
wobei auch ausser Italien betindlielie Denkmäler berüek-
siebtigt sind. Weicht der Verfasser in der Nninengelning
inaneher Bilder aueh von den Ergebnissen der genauen
Forschung Ca\ alease 1 1 e's ab. so stimmt er im wesent-
lichen dennoch damit übereilt, wie die Erörterung Über
den Ma»olim> von Florenz in Castiglionc und den an-
geblichen Musolino in der Brancacci-Cnpellc beweist,
wo aiisdrlteklieh die Verschiedenheit eonstatirt wird.
Ohne liierltber zu rechten, ist jedenfalls gewiss, das»
sieh K. Flirster seit seiner gediegenen Forschung Uber
die alte l'aduaner Sehlde längst das Hecht erworben
hat, in Fragen der Geschichte der Malerei berücksichtigt
y.U werden. Wo derselbe fehlgegriffen, wird er eorrigirt
und widerlegt wenlen. aber selbstverständlich mit Dar-
legung der Gründe. (Ihne Erfüllung ilieser Bedingung
kann die Wissenschaft nimmermehr einen Gewinn er-
fahren. Hat nicht die neueste Literatur Uber deutsche
Malerei, speciell über Hans Holbeiu, in ganz eindring-
licher Weise gelehrt, wie sehr auf diesem Gebiete noch
Bescheidenheit und \ orsicht, zumal in der Abschätzung
fremder Urlbeilc. am Platze sei? Auf unser Prnehtwcrk
aber zurückkommend, so liegt seiue eigentliche Bedeu-
tung in den Bildwerken , für deren Sammlung und
Wiedergabe sich der nunmehr betagte Verfasser keine
Muhe verdriessen liess und schon deshalb auf den
Dank der Gebildeten rechnen darf. Ich wünschte frei-
lich eine ungleich grössere Zahl dieser wichtigen Denk-
mäler reprodneirt, da w ir daran noch so empfindlichen
Mangel haben, begrtlsse jedoch die Leistung E.Förster'»
als eine unter den gegebenen l'mständeii höchst ver-
dienstliche und werthvolle Gabe für die Förderung der
noch vcrhältnissmässig jungen Kunstwissenschaft.
Dr. MeKtrnrr.
Das Kaiserhaus zu Ooslar.
Vortrag, gehalten in der IV. Hauptversammlung
des Harz- Vereins für Geschichte und Alterthumskunde
am .'50. Mai 1*71 zu Goslar, von dem die Restaura-
tion de» Kaiserhauses leitenden Architekten Adelbcrt
Hot zen. Mit einer Sleinzeiehnutig und fünf in den Text
gedruckten Holzschnitten. Halle, Buchhandlung des
Waisenhauses. ]X72, 8'.
Der Inhalt dieses interessanten Vortrages ist im
wesentlichen mit Folgendem bezeichnet: Den ältesten
Profanbau Deutschlands zeigt das Kaiserhaus, die stren-
gen , einfachen Formen des frtlh- romanischen Styles,
deren Charakter ein tiefer Anhauch des antiken
(»eiste» noch bccintlusst. Hier hielt Heinrieh III. in aller
Macht und Herrlichkeit Hof. jener Kaiser, unter dessen
Scepter da« deutsche Kcich seine grüsste Territorial-
aojtdchnung genommen hatte, der in Liedern geleierte
König, gen. Henrieus niger, er hat c« gegründet im
Jahre lOäO. In seinen Mauern erblickte der vierte dieses
Namens, der hochbegabte bewundernswerthe Fürst, das
Lieht der Welt, zum Aufenthalte diente es aueh dem
treulosen Sohne gleichen Namens, in desBen Gemach
hier einst der Blitzstrahl sehlug, so das* das Kcichs-
schwert von dem himmlischen Feuer schmolz. Den Haupt -
theil bildet der Saalbau, die Curie, an welche südlich
und nördlich zn Wohnräumen bestimmte Flügel stossen,
welche mit jenem Mit teil raete ein langgestrecktes Oblon-
ginn bilden. Dasselbe ist jedoch schon in ältester Zeit
mit mehreren Anbauten versehen gewesen. An die süd-
östliche Kcke des südlichen Wohutrnctea schliesst sieh
die Ulriebscapelle, «loch ist der WolmflUgcl selber beute
nicht mehr vorhanden. Senkrecht auf das ganze Oblon-
guni, ferner an der Westseite, und zwar dort wo der
Saalbnu und der erhaltene nördliche Wohnraum zusam-
mentrafen, stiess ehedem ein Anbau nach dem Hofe und
verband so das Hauptgebäude mit der gleichfalls ver-
schwundenen Liebfraiieiikirchc. Dem Saalban schräg
gegenüber, jenseits des Hofe«, steht noch heute das
Gebäude der Stallungen; es war mit jenem, wo sieh seine
Fronte dem Han|rihan ganz annäherte, durch einen
Thorbogen verbunden. Auf der andern Seite, an der öst-
lichen Fronte, fuhren zwei Freitreppen zu den an seinen
Knden angebrachten Portalen des Saalbancs in das
Obergeschoss empor. An dieser .Seite breitet sieb auch
noch eine Plattform vor dem Gebäude bis zum Hunde
des Hügels, des sogenannten Kaiserbeetes aus . auf der
der ehrwürdige Pala* steht, während an der Nordseite
derselbe gleichwie die Frauenkirche sich unmittelbar
über dem Rande erbeben. Über diese Anhöhe fuhrt ein
grossartig angelegter Treppenweg in zahlreichen Ab-
stufungen, geradlinig, jedoch nicht senkrecht auf die
Faeade des Gebäudes zu demselben empor. An dem
höchsten Punkte dieses Weges stand des Kaisers Rieh-
terstuhl, wo der höchste Fürst des Reiches snb divo
Recht sprach und nach den uralten Harzer Berggesetzen
eines der drei Forstgcriehte jährlieh hielt. Am Fusse
des Hügels nnd der Treppe angekommen, hatte man,
nach der Angabe der Chronisten, einen kleinen Platz
vor sieh, welchen ein grosses, mit fliessendem Wasser
gefülltes Metalllieek. n einnahm ; jenseits desselben
gelangte man sodann vor den Dom . der nun aueh spur-
los verschwunden ist. Auch dieser war eine Schöpfung
Heinrich's III. und stand mit seinem westlichen Thürme-
paar der höhergelegenen Burg gerade gegenüber.
Zwischen den Thflrinen lag eine Vorhalle (paradisns)
mit Hundbogenportal ; e» gehörte ein Complex von zahl-
reichen Gebäuden, anch ein Kreiizgaug zu diesem Gottes-
hause.
Der Gesammtcindritck all' dieser Bauten in ihrem
ersten , keuschen Stylcharakter, mttss ein erhebender
gewesen sein. Von der kttnslerischen Ausstattung des
Domes, der Liebfrauenkirche und der Treppenanlage
können wir uns kein Bild mehr entwerfen, doch beweist
der Saalban und die Ulriehseapclle in hohem Masse
die edle schlichte Weise ihres Meisters, eines Künstlers,
dessen Namen uns die Geschichte aufbewahrt hat. Die
Grüudtuigszcit des Kaiserhauses vou Goslar ist jene
herrliche Periode deutscher Kunstblüthe, die in gewissen
Hinsichten vielleicht die erfreulichste in der Kunst-
geschichte unseres Vaterlandes heissen darf, als unter
dem begeisterten Protectorate der Kaiser, Fürsten nnd
zahlreieherBisehöfc schier jedes Kloster eine umfasaeude
Schule aller Kunstzweige war, in der vom riesigen
Dome bis zur winzigen Reliqniencapsel alles zum Bc-
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CXXXYI
darfe des höchsten Dienstes geschaffen wurde, alles ent-
stand auf den Impuls der reinsten Gottesliebe, welche
jene ernste Zeit so vollständig durchdrang und den
schönsten Ausdruck in jenen würdigen, einleitenden
Worten der Schcdula des Mönches Theophilus fand,
dessen Kmistbnch ich aus guten Gründen mit diesen
Bestrebungen an den deutschen Bischofssitzen des
XI. Jahrhundert* in Verbindung bringen zn müssen
Klaube. Zögling einer solchen Schule war auch Benno,
von Geburt wohl ein Schwabe, den der Kaiser aus dem
Kloster Hirschau kommen Hess. Seine Kenntnisse im
Bnnfaehc bracht en ihn nicht nur durch da«, was er am
Kaiserhause leistete, hoch in Ehren, noch bedeutender
wuchs sein Kuhni, als Benno in Büdesheim die Kirche
des Moritzklosters in dieser Stadt vollendete, iu deren
Anlage die süddeutsche Form der reinen SitnUnbasilica
in Niedersaebseu zum erstenmal angewendet erscheint.
Die Feinheit der Theile und die edle Erfindung, welche
diese Schöpfung ziert, begegnet uns wieder iu des Künst-
lers Werke zu Goslar.
Der Saalbau ist eine der ältesten von jenen
Palaisanlagen, welche dann iu den romanischen Schloss-
banten von Gelnhausen, Mtlnzeuberg, Seligenstadt, aber
auch in französischen Profanbauteii dieser Zeit wieder-
kommen. Der Verfasser weist mit Hecht auf mhd.
Dichtungen und deren Schilderungen der Burgen hin,
in welchen namentlich die Freitreppen, die zum Saal
im Stockwerk hinauffuhren, besonders erwähnt werden.
Der vom Nibelungenliede genommene Beleg lässt sich
aber vollkommen passend bis in die Details durchführen ;
ich begnüge mich diesmal zu bemerken, das« ich beim
Excerpireu der Kunstbeitriige altdeutscher Gedichte
immer w ieder auf diese Sanlanlagc mit den Treppen
gestnssen bin. Das Pari errege st hoss war am Kaiser
hause ohne architektonischen Schmuck, das ( »berge -
schoss aber öffnete sich in sieben grossen Fenster-
stcllungeii nach aussen, deren jegliche ans drei gekup-
pelten Rundbogcnfeustern gebildet war; das mittelste
erreichte mit seiner ganzeu Hohe das Dach und hatte
in einem Giebelaiifbau dieses Daches noch ein ebenfalls
drcithciliges Oberlicht. Im Innern trugen Sliulen die
Decke; merkwürdig ist das Vorhandensein von unter
irdischen Heizungsvorriehtungen , welche Motzen ent-
deckte ; seit dem Metnoratorium der Commaeiii'schen
Bauleute aus der Langobardenherrschaft erscheinen die-
selben hier wohl zum erstenmal wieder seit den Tagen
der Börner.
Die Ulriehscapelle endlich ist eine Doppelcapelle,
das obere Geschoss diente dem Kaiser als Loge , um
dem im untern Baume stattfindenden Gottesdienste an-
zuwohnen. Vou besonderem Verständnisse und Ge-
schmacke zeugt die Weise, wie die Kreuzfonu des unfern
mit der Achteckform des oberen Raumes in Verbindung
gebracht wurde. Auch dieser Bau verdankt jenem Benno
seine Entstehung.
Das Kaiserhaus in Goslar soll aus seinen Besten
und Ruinen zu erneuter Schönheit erstehen. Die hauuo-
veranische Regierung begann die Rcslauratiousarbeiten,
die preussisehc lÄsst sie iu derselben Weise fortführen.
Herr Architekt Hotzen aber scheint uns völlig der rechte
Künstler zur Durchführung dieser schwierigen Aufgabe
zu sein , seine Worte zeugen von einer innigen Hin-
gebung und PieläU für die edle, alte Art der vaterlän-
dischen Kunst, sie sind unent weiht von dem in der
Kunst modernen Vergötterung.-tsehwindcl des nichtdeut-
schen, welcher sich von den Abfallbrocken des wif Ischen
und französischen Tisches allein laben zu können glaubt.
Alhe.t ](>j.
Archäologischer Atlas kirchlicher Denkmale.
Mit der Herausgab.- des XVII. und XVIII. Heftes
w ird dieses in den Miltheilungen wiederholt besprochene
und grös-stentheils aus denselben entstandene Werk
nunmehr zum Abschlüsse gebracht. Nahezu sechs Jahre
waren zur Herausgabe desselben erforderlich, allein e*
ist damit hoffentlich den» wissenschaftlichen Publicum
ein tüchtiges und brauchbares Werk gegeben worden.
Wenn man übrigens iu Betracht zieht, dass dasselbe
einen l'mfnng von hundert Tafeln erreicht hat. wovon
jede Tafel im Durchschnitte zwölf in Holzschnitt aus
gelührtc Abbildungen, somit das ganze Werk beiläutiir
]L*<M» Illustrationen enthält, so dlirlte es wohl erklärlich
sein, dass zu dessen Vollendung ein so langer Zeitraum
erforderlich war.
I her die Tendenz des Werkes haben wir bereits
Gelegenheit gehabt beim Beginne desselben uns aus
zusprechet!. Diesem zu entsprechen wurde es aber erst
dadurch möglich, dass eine nach den Ortsnamen, je
nachdem sieh au den einzelnen Orlen die het reifenden
Baudcukmale oder mittelalterlichen Gegenstände der
Kleinkunst befindet!, geordnete gedrängte Beschreibung
der Illustrationen heigegeben wurde. Nicht minder beleh-
rend ist eine zweite Zusammenstellung der Illustrationen
mit Rücksicht auf die Art der dargestellten Gegenstände
geordnet. Diese Zusammenstellung ist um so nothweu
diger fltr das Werk, als bei dessen Herausgabe auf eine
der Maleric nach übereinstimmende Aufeinanderfolge
der Tafeln nicht Rücksicht genommen werden konnte.
Wir finden Abbildungen von romanischen Capellen
auf 2 Tafeln, von romanischen l'nterkirchen auf 2.
von einschiffigen Kirchen auf 2, von dreisehitfigen auf 7,
von Säulen und Pfeilern auf 10, von Portalen auf 4, von
Fenstern auf 2, von Friesen auf 2 Tafeln, von Gnrtcu-
trügern (alles dies des romanischen oder des s. g, l'bcr-
gangsstyles) auf 1 Tafel. Vom gothischen Style wurden
fUr Capellen 1, für einschiffige Kirchen 4, für zwei-
schiffige 3, für dreischiflfige 7, für mehrschiffige 1 Tafel,
femer fllr Gurtenträger 1 , für Rippen und Schluss
steine 2, für Pfeiler .'{, Ufr Strebebogen 1. für Portale 4.
für Fenster 5, fllr innere kirchliche Hinrichtung (Orgcl-
bühnen, Emporen, Kauzein, Taiilsleiue. Saeraments-
hänseheiO ü, für Kirchthürme 1 Tafel gewidmet. Bauten
aus romanischen und gothischen Partien bestehend,
enthält 1 Tafel. Gothischc Lichtsaulen und Marterkreuze
linden sich auf .5, kirchliche Holzbauten auf I Tafel.
Für die Werke der Kleinkunst (Kelche, Reliquinre.
Kreuze) ohne Rücksicht auf den Styl wurden lb Tafeln,
den Deckenmalereien 2 nnd der Glasmalerei 3, endlich
den kirchlichen Stoffen 3 Tafeln eingeräumt.
Indem wir die Ausgabe dieses durch seine Aus-
stattung mustcrgiltigcu Werkes mit dem Wunsche he
gleiten, dass es allerorts ungeachtet seiner Mängel bei-
fällig aufgenommen werden möge . geben wir uns gern
der Erwartung hin, dass recht bald ein zweiter Theil
neben der kirchlichen auch die profane Kunst umfassen
der Theil nachfolgen möge.
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exxxvii
Die Hypnerotomachia Poliphili. Historische Ausstellung der Stadt Wien. Jahr 1873.
Wir haben bereit* in unseren Mitthcilungen zwei-
mal Gelegenheit gefunden, auf das ganz besonders
anzuempfehlende Unternehmen einer Herausgabe von
Quellenschriften für Kunstgeschichte nnd Kunsttcchuik,
das von einem Vereine von Fachgenossei] mit dem hoch-
verdienstliehen Dircctor v. Eitclberger an der Spitze
durchgeführt wird, aufmerksam zu machen. Ks war
riiess kurz naeh dem Erscheinen de« ersten Bandes, der
Uber (ennino Ceunini handelt, und des zweiten Bande«,
der die Gespräche über Malerei von Lodovieo Dolee
behandelt.
Nun ist dieser Reihe ein dritter Hand angcschlos-
sen worden, der Uber das kaust- historische Werk der
Hvpnerotomaehia l'oliphili handelt. Albert Ilg hatte
diese höchst schwierige Bearbeitung auf sich genommen
und in Anerkennung der Gediegenheit der Schritt den
Üoctorgrad der philosophischen FacttltSt zu Tübingen
erhalten.
Obgleich wir im- leider nur auf kaum mehr als
Nennung dieses Buches , mit dem ein höchst lehrreicher
Beitrag zur Geschichte der Renaissance geliefert wird,
beschränken und vorbehalten müssen . in nächster Zeit
auf den Inhalt dieses Werkes ausführlich zurückzukom-
men, so darf doch die so anziehende und präeise Schreib-
weise , au deren Hand insbesondere der erst eren Ab-
schnitte der Leser in die Materie des Buches eingeführt
nird, nicht unerwähnt bleiben. Das zu Begiuu de»
XV. Jahrhunderts in Ober- Italien herrschende oder
eigentlich wieder aufwachende humanistische, künstle-
rische und kunstsehriftstelleriscbe Lehen wird in weni-
gen , aber kräftigen Strichen vollkommen genügend
gezeichnet , um den Leser die damalige Situation, klar
zu machen nnd ihn auf das Erscheinen der in der Auf-
schrift genannten Schrift vorzubereiten.
In dem überaus Inngen und nmfnngreichen Origi-
nale Werke, da« 14(17 lateinisch gesehrieben, 14M» in
populärer, gemeinfasslieher Form italienisch veröffent-
licht wurde, finden sich gleichsam, wie Dr. Ilg sagt,
als ein Einfall eines begabten und überaus gewandten
Künstlers. Bojardo's, so hiess der Verfasser, all die
künstlerischen und wissenschaftlichen Richtungen, in
denen man sich damals abgesondert erging, als Poesie,
lihetorik, Alterthumskunde und Knusttheorie in einem
Conipendium vereinigt. Die Hypnerotomachia ist der erste
Kutistroinau im modernen Sinne, ein Schatz gründlicher,
antiquarischer Mittheilungen, das einzige Beispiel, dass
die Kunstbegeistening der Renaissance ihre Anschau-
ungen und formalen l'rincipien durch einen in sieh
selber wirkenden künstlerischen Vorgang darlegte. Sic
darfein Kunstroman heissen, insofeme die Kmisttheinate
an dem Faden einer poetischen Erfindung erscheinen,
doch offenbart sich in dieser Fonu der lebhalte Drang
der damaligen Kunstperiode so gewaltig, dass die Haupt-
sache, d. i. schwulstig laugweile Liebesklage Neben-
sache, die Nebensache aber znr Hauptsache wird.
Ilojardo hatte von der Antike keinen wahren Begriff,
dafür wurde er ein erfreulicher Vorbote und seine
Schrift eine wahre Fundgrube fllr die Kenntniss der
Frtlh-Renaissance. Wir wünschen Dr. Ilg zn dieser
Schrift herzlich Glück und sehen mit grosser Spannung
«einen weiteren, dem obbenannten Unternehmen gewid-
meten Arbeiten entgegen. Dr. K. Lind.
Aus Aulass der bevorstehenden Weltausstellung in
Wien beschloss der Wiener Geiiieinderath, in dun Räumen
des städtischen Pädagogiums eine historische Ausstellung
zn veranstalten. Diese Ausstellung hat den Zweck, den
Fremden wie den Einheimischen ein Bild der Entwick-
lung Wiens von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart
zu bieten. Bei der Bedeutung, die dieses Unternehmen,
au dessen Durchführung ausser dem verdienstvollen
städtischen Archivar Karl Weiss, mehreren Gemeinde-
räthen, auch die Herren FZM. Ritter v. 11 aus lab, Hof-
rath Dr. Birk, Regicrungsrath Ritter von Uamesina,
Hofrath Becker, A. At ta ria 11. a. betheiligen, unzwei-
felhaft hat. dürfte es von Wichtigkeit sein, das dafllr
so eben pnblieirte Programm unseren geehrten Lesern
mitzatheileu. Die ausgestellten Gegenstände werden
nach zwei Gruppen geordnet.
Erste Gruppe. 1. Die wichtigsten Pläne und
Ansichten der Stadt, einzelner Stadttheile und interes-
santer, theils bestandener, theils noch bestehender Ge-
bäude, 1. Abbildungen denkwürdiger Ereignisse, '■}. Por-
träts von Männern, welche sieh auf verschiedenen Ge-
bieten des öffentlichen Lebens in Wien verdient gemacht
haben, 4. Zeit- und Costüm-Bilder.
Zweite Gruppe. 1. Funde und Denkmale aus
Stein, Holz, Metall u. s. w., >. Erzeugnisse von kunst-
historisehem Werthe , X. Kcchtsdcukmale (wichtige
Privilegien und Handschriften), 4. Medaillen auf Wiener
Begebenheiten und Persönlichkeiten.
Pläne und A n s i c Ii t e n. Die Ausstellung der Pläne
und Ansichten der Stadt Wien zerfällt in drei gesonderte
Hauptabteilungen: ») Pläne der Stadt und Vorstädte
und einzelner Stadttheile; h) Gesammtnnsiehten der
Stadt und Vorstädte und einzelner Stadttheile; <v ein-
zelne, theils noch bestehend«, theils bereits abgetragene
Gebäude.
Pläne nnd Ansichten werden chronologisch , die
einzelnen Gebäude topografisch, d. i. nach Strassen und
Bezirken aufgestellt. Ausgenommen bleiben nur Abbil-
dungen der StaÄttborc und Thttrme, welche mit den
Gesammtansichten vereinigt werden, weil sie Bestand-
theile der Befestigungen sind.
Die Ausstellung der Pläne wird mit einer Karte
der Bodengestalt Wiens beginnen. Daran reihen sich
Pläne mit der Anlage des römischen Vindobona, nach
Untersuchungen Sr. Exe. des k. k. Feldzengmeisters
F. R. v. 11 auslab und des Gustos des k. k. Münz- und
Antiken-Cabinetes, Dr. F. Kenner, eine Karte der
römischen Funde auf dem Boden Wiens, der sogenannte
Zappcrt'sche Plau und ein l bersichtsplan der allmä-
ligen Erweiterung der Stadt und Vorstädte bis zum
Schlüsse des XIV. Jahrhunderts auf Grund der For-
schungen Sr. Esc. des k. k. Feldzeugmeisters R. v.
H a u « I a h.
Naeh dieser einleitenden Darstellung folgen die
wichtigsten Pläne von 1450 bis zur Gegenwart theils in
Originalien, theils in Copien. Die Ansichten der Stadt
beginnen mit dem Jahre 14*1, die einzelnen Gebäude
ungefähr mit den Jahren 1 4* K l und sehliessen mit dem
Jahre 1872. Mit Rücksicht auf den Zweck der Ausstel-
lung und die beschränkten Räumlichkeiten wird sich
bei der Auswahl der Pläne nnd Aufrichten auf die wich-
tigsten und anschaulichsten beschränkt.
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C'XXXVIIl
Bei der Auswahl der einzelnen Gebäude winl so-
wohl der künstlerische, als iincli der locul-historischc
Werth im Auge bohalltn. wcsshalb nielit nur inouumen
talr (lauten, .sondern auch kleinere unscheinbare Ge-
bäude, wenn sie ein historisches Interesse bieten, oder
Uber die ältere Hilmirl der Wohnhäuser und deren
innere Beschaffenheit Aulschluss gehen, xur Ausstellung
geeignet sind.
Denkwürdige Ereignisse. In diese Gruppe
fallen die Darstellungen ans der ernten und /.weiten
Türkcnbeliigerung, Seenen aus den beiden französischen
Invasionen, lloffestc, Einzüge. Huldigungen, lloehzcils-,
Gehurts- und Leiehcnfeicrliehkeiteu, l'berschweniinniigs
Seenen und andere I tarnte] hingen. Die Anordnung die-
ser Darstellung erfolgt in chronologischer («Yihcnfolge.
Porträt*. Die Porträte umfassen die hervor-
ragendsten Männer auf den verschiedensten Gebieten
den öffentlichen Lebens, welche hier gelebt und »ich um
die Stadt verdient gemacht haben. Es werden daher auf-
genommen: die Porträte von Staatsmännern. Militärs.
<ieistlichen. Bürgermeistern. Stadtrichlcrn. Kathshcrrcn.
tielehrten. Künstlern, Schriftstellern. I)ielitrrn . Indu-
striellen u. s. w. Die Porträte noch lebender Personen
sind ausgeschlossen. Die Aufstellung der Porträte wird
gruppenweise innerhalb gewisser Zeitabschnitte vorge-
nommen.
Zeit und t'oslUni - Bilder. Die Zeit- und
('ostüm- Bilder bringen das Wiener Hof- und Volksleben,
insoweit es sich in Abbildungen erhalten, zur Darstel-
lung. In diese Gruppe fallen daher die t'ostüuie und
Trachten des kaiserlichen Hofstaates und der einzelnen
Stände, insbesondere der Bllrgerwehr. ferner Volks-
teste und Volksbelustigungen, Seenen aus dem Volks-
leben, Allegorien und satirische Bilder. Die Anordnung
erfolgt nach einzelnen Kategorien iiml innerhalb der-
selben chronologiseh.
Funde und Denkmale aus Stein, Hol/.,
Metall u. s. w. Wie bei den bildlichen Darstellungen,
werden auch bei den Funden und Denkmalen aus Stein.
Holz und Metall solche Denkmale, welche vorwiegend
ein ealtur-historisches Interesse für Wien haben, in die
Ausstellung aufgenommen. Hie/.u gehören: Wichtige
Denkmale aus der Könicrzcit, Gcräthc und Gcfässe.
Schmuck- und Zicrgegenstände. Embleme, Instrumente
Ii. s. w., welche von der Gemeinde, von den Zllnften
und anderen Korporationen bei bestimmten Anlassen
im Gebrauche waren.
Erzeugnisse von k unst h i s t o r i s e h e m
Werthc. In diese Gruppe werden solche Gegenstände
eingereiht, welche Zeugniss geben von den Anlangen
der Kunst und des Kunsthandwerkes in Wien. Siegel
der Zünfte und alter BUrgcrfaniilicn {Originalien uud
Abdrucke), Sculpturen uud Malereien, Stiche. Holz-
schuittc, Lithographien, Photographien der ersten Zeit,
Wiener Drucke und BUehereinbändc der ältesten Zeit.
Kechtsdcnkmalc. In diese Abtheilung fallen:
I. Die wichtigsten Stadtrechte der Gemeinde, die älte-
sten Wiener Urkunden, 2. wichtige Handschriften, wie
das Eigenbuch, das Buch der Zünfte und Handwerke,
Exemplare der ältesten Stadtreeluniiigen . Hnthshüclier
II. s. w.
M e il u i 1 1 e u ii n d G e d e u k m II u /. e u. Bei der Aus-
wahl der Medaillen und Gedenkmünzen wird der Stand
punkt festgehalten, das« sich dieselben nur auf denk-
würdige Ereignisse, deren Schauplatz Wien war. und
hervorragende Persönlichkeiten , welche in Wien gelebt
und sich um die Stadt \erdieiit gciunchl. beziehen
dürfen. Die Medaillen werden tbeils iu Originalien. theils
in Abgüssen, und zwnr in chronologischer Reihenfolge
ausgestellt.
Mit der Ausstellung Plänen und Ansichten soll
gezeigt werden, wie sich alluinlig Wien . diese Vor-
mauer der deutschen t'nltur. dieser mächtige Mittel-
punkt des österreichischen Staates, immer mehr ver
grössertc. bis es durch sein ununterbrochenes Anwach-
sen und Gedeihen zur Bedeutung einer europäischen
Grnssstadt gelangt ist. Die Einbeziehung der übrigen
historischen Denkmale und Erinnerungen in die Aus-
stellung soll einen Einblick iu das ( 'nlliiilebcn Wien s
gewähren . die Liebe und das Interesse an dessen
durch Bürgersiun und Vaterlandsliebe reichen Vergan-
genheit fördern und die Erinnerung au jene Männer,
welche Wien zu Stolz und Zierde gereichten, neu hele
ben. Wenn dieser Zweck aber auch erreicht und die
Ausstellung so vollständig und reichhaltig wie möglich
werden soll, bedarf sie einer vielseitigen, ans einem
regen Gemcinsinn hervorgehenden I'iiterstlttzung und
Förderung. Einen reichen Stoff werden wohl die öffent-
lichen und Privaisammliingeii bieten. Mancher wcrlh-
vollc Gegenstand wird sich aber noch als theures Erbe
der Vorfahren im Kaiuilicnbesitze vorfinden. Es hat
sieh daher der Gemeindcrath nicht nur an die Besitzer
und Vorstände öffentlicher Sammlungen, solidem auch
au Privat - Institute uud Private in- und ausserhalb
Wiens mit der Bitte um Einsendung von Gegenständen,
welche sieh zur Aufnahme iu eine der vorerwähnten
Abthcilungen eignen, gewendet und wir wollen hoffen,
dass diese Bitte vom besten Erfolge begleitet wird.
Die Objeete werden unter dem Namen des Eigen-
lliüincrs ausgestellt, und werden fllr die unversehrte Er-
haltung und unbedingte Sicherheit der eingesandten
Gegenstände die umfassendsten Vorkehrungen getroffen
werden. Die Einsendung. Auspncknng und Aufstellung
der Gegenstände, sowie die Itllcksendiiug der ausge-
stellten Gegenstände geschieht auf Kosten dcrGemcinde.
f/ber die sämmtlicheu in der Ausstellung vorhandenen
Gegenstände wird ein erläuternder Katalog ausgegeben
werden. Mündliche und schriftliche Anmeldungen von
zur Ausstellung bestimmten Gegenständen werden in
der Zeit vom L.lnli bis Ende Deeember IS7i* entgegen-
genommen. Die Einsendniig der angemeldeten Gegen-
stände , insofernc dieselbe nicht gleichzeitig mit der
Anmeldung erfolgt, hat vom 1. März bis Ende April 1 87-'J
zu geschehen. Gegenstände, welche die Ausstellung*
Coinmission znr Aufnahme nicht geeignet erkennt, wer-
den noch vor der Eröffnung der Ausstellung zurück-
gestellt werden. Die Ausstellung wird am 1. Juni 187:5
eröffnet und Ende September 1*7:5 geschlossen.
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(XXXIX
Die Kirche sammt Karner zu Friederabach '.
'Mit « II U>tf>nltr,„ .
riK- l.
Die Kirche dieses im Viertel Obcr-Mannhartaberg
bei Zwette) gelegenen Ortes, die dem heil. Lauren-
tius geweiht ist (Fig. 1 ), gehört in ihrer ursprünglichen
Anlage dem romanischen Style an. Sie hatte ehemals
ein hohes aber flach gedecktes Mittelschiff nud niedrige
Abseiten mit halbrunden Altarnischen. Doch sind durch
ungeschicktes Umhauen die alten Formen fast vollständig
verwischt. Das Mittelschiff (Fig. 21 das 4y, Klftr. hoch
ist, ist mit einem Netzgewölbe bedeckt, dessen Rippen
heim Anlaufe frei ansetzen. Die Rippen dea doppelten
Kreuzgewölbes im rechten Seitenschiffe, das aus drei
Jochen besteht, ruhen links auf Oonsolen, rechts wach-
sen sie aus dem Pfeilervorsprunge heraus. Dieses Sei-
tenschiff ist noch mit der halbrunden Apsis abgeschlos-
sen. Das linke Seitenschiff besteht ans vier ungleichen
Jochen, die mit einfachen Kreuzgewölben Uberdeckt
sind, deren Rippen auf Consolen aufliegen. Dieses Schiff
ist gegenwärtig gerade abgeschlossen, wahrscheinlich
musstc die Apsis dem Sacristei-Anbauc weichen. Beide
Seitenschiffe haben eine Höhe von L' Klftr. 4 Fuss. An
das linke Seitenschiff wurde in neuerer Zeit eine Ca
pelle angebaut. Derö' . Klftr. hohe Chor, ein einfacher
frtthgothischcr Hau, zeigt reine gothische Formen.
Die reich profilirtcn Hippen der einfachen Kreuz-
gewölbe ruhen auf Dreivicrtclsäulchen, die mit
Fuss und Capital versehen sind. Die Vermittlung
des Chors mit dem Langhattse wird durch einen
reich protilirten Triumphbogen bewerkstelligt. Der
Chor besteht aus zwei ungleich grossen Jochen und
dem aus dem Achteck gebildeten Chorschlussc.
An der linken Seite des Hochaltars befindet sieh
das Sacranients-Uäuschen. eine einfache viereckige
> Wandnische mit einem (Jicbel, der wie das Viereck
durch ein schönes Profil umsäumt ist. Die Nische
wird durch ein sehr hltbsch gearbeitetes Kiscn-
thtlrchen verschlossen. (Fig. .5.) Die Fenster des
Presbyteriums sind noch gut erhalten und mit
FenBtennasswerk von edlem Style geziert. Man
findet da den Drei- und Vierpa^s u. s. w. Die
Auasenseite der Kirche bietet nnr wenig bemer-
kenswerthes, wie z. B. die beiden einfachen
Strebepfeiler am rechten Seitenschiffe, und die
zweimal abgestuften und mit einer einfachen Schräge
endigenden Strebepfeiler des Presbyteriums. An deren
zweitem finden Bich sehr schadhafte Stein relicfhilder;
an der Ausscnwand Spuren von Fresken , eiu heil.
Christoph nnd ein Crucifix. Der Eingang flthrt von der
Facade in das rechte Seitenschiff der Kinehc, ist jedoch
einfach und mit einem kleinen Vorbau versehen. Der
Thurm ist der Mitte der Facade angebaut nnd in seinem
oberen Theile ein Bauwerk neuerer Zeit.
Der am meisten zu beachtende Schmnck der Kirche
besteht in deren bunten Glasfenstern, die leider äusserst
defect Bind. Sic haben dadurch sehr gelitten, dass mau
vor circa 35 Jahren die Tafeln aus dem mittleren Chor-
fenster, wo sie sich vollständig befanden, jedoch durch
den grossen Altar im Harockstyl verdeckt wurden, in
die beiden leeren Fenster an der Seite des Presbyte-
riums versetzen Hess ». Zwei Tafeln zeigen die Stifter,
schlichte Männer, in betender Stellung; bei einem steht:
her Kadolt 14<>9; dann mehrere Heilige, wie Leonhard,
Mg. :)
' Mit B«niiut3i!( H«r Annb» dri Frelh. r, Sitln iilur dl»« Klrr&i
chic .1*. VW A!..r.hum.- V»r«l>... V, IM Mi .lalfr SMU*n il«
*. k. <:»i*rTU«ri B«t9«r, «u-h 4..».
nunttn ui««f«rtut nri»
XVII.
1 1 Arb+lc bMorft* «In r*liMvrm«i*f«r v«n JE»*itl, der, *l« *l<h
*lt»T. I^ufe in Pr1pd«r»t>*f h (tut rrianrni, »tdi »rlt»» BÜc-hurn
H«fnMth tt>gTp|fllrh, ilu* »r »Irl »rrwliitulp und *ord.»rt«, nliwm
guc tn«rh(r nud «lo ff**ehlckt«r >[>■-■ »rh |HIMM »«In dfir't»
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CXL
Magdalena, Harham, Helene, schlanke edle Gestalten
mit cmpfindungsvoll gezeichneten Köpfen, ferner ein
heil. Christoph und Maria mit dem Kinde in der Glorie,
Christus am Kreuze, dahei ein Scherge mit dem
Kiic. >•-
Schwämme, eine phantastische Figur, dann
der Apostel Mathias, endlich eine Hehr sinn-
reiche Darstellung: der Bin de» Para-
dieses, darauf Gott Vater, am Stamme
das Christkind, auf das die Tauhe herab-
schwebt, dueDen die hl. Maria, mit einer
Krone am Haupte und mittelst einer am
Arme befestigten Kette mit den Baum in Verbindung
gebracht, hinter Marien ein Kugel, um den Baum niusi-
cirende Kugel. (Fig. 4 und ) Diese Bilder zeigen
den ausgezeichnete« Styl des XV. Jahrhunderts, feine
Kopfe, stark gebrochen« Falten, Freiheit in Stellung
und Bewegung. Die Farben sind frisch und klar, aber
nicht sehr intensiv. Das Feld hinter jeder Figur ist mit
zierlichen Dessins geschmückt. Kin Fenster zeigt die
Inschrift : hie Chadolt ipii habitu canonici pietns et
habcns pro Insigni (einen Drachenfuss Fig. •>) ; ein
anderes: l'lricus (»der cum nxore sua, pro Insigni habet
ine Hellebarde). Ausser
lesen Bildern gibt noch
eine Inschrift an der Aus
senseite des einen slidli
eben Cborpfeilen Uber die
Bau - und AiissehmUckiings-
zeit des Chores Aufsehluss;
sie lautet: Chadolt Plchu-
nus Ulrieus Ödr fratres
fundatores hujus operis
anno domini MCCCCVM
eompleveruut hoc opus.
Also der Ffarrer Chadold
und dessen Bruder Flrieh
aus der Familie Öder haben den Bau begonnen, der um
140* v.. Mendel wurde.
Die Pfarre selbst wurde um ll'fH» gegründet. Hugo
Tnrso von Lichtenfels erscheint in der darüber ausge-
stellten l'rknndc als Zeuge. Das Stiftungsbuch von
Zwettl nennt nm I2«3 dessen Oheim Härtung als
Pfarrer daselbst.
Südlich von der Kirche auf dein Friedhofe steht
eine interessante Mttndcapclle (Fig. 7 u. S), die, obwohl
dem XIV . Jahrhundert nngeliHrig. dem Typus der runden
Grundform, die derlei
ans der romanischen
Zeit stammende Bauten
halten, beibehält. Am
Hauptraum sind statt
der sonst gewöhnlichen
Halbsänlen ftlnf ganz
einfache Strebepfeiler
aufgehallt, Uber deren
blos aus Kehlleisten be-
stehenden Dachgesimse
kleine Giebel, zwischen
denen ein ungemein
hohes , aus Quadern
gebautes Kegeldach
aufsteigt. Die zwei
schmalen Fenster sind
spitzbogig, das Portal
hat geraden Sturz. Im
Innern ist die Capelle
knppelartig überwölbt ,
ebenso die halbrunde
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CXLI
Apsis. Der Altarstein und die gemauerten Sitze an den
WUnUcn sind noch erhallen. Unter der Capelle ein
Gruftraum mit dem Einlange unter der Apsis. Die
Capelle war ehemals bemalen, wie einige von der
Tllnche blossgelegte .Stellen zeigen. Die Nitnbeu der
Heiligen scheiuen plastisch gewesen zu sein.
PrudentittB und die allchristliche Kunetübung im
IV. Jahrhundert.
Die neuere Richtung unserer kunsthistorischen
Forschung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat,
archäologische , kunstgeschiehtliche und ästhetische
Fragen im Bereiche der mittelalterlichen, sowie der
Renaissance Kunst aus den gleichzeitigen Schriftdenk-
mälern zu illnstriren und darnns neue Gesichtspunkte
und Beiträge zn gewinuen, hat in einem so eben erschie-
nenen Buche eine werthvolle Forderung gefunden, ob-
wohl diese* Werk in erster Linie nicht vom Standpunkte
des Kunstforschers, sondern de» Theologen und Literar-
historikers nhgefasst ist. An diesem Orte durfte eine
Kesumiruug der daselbst enthalteneu, knnstgeschichtlich
wichtigen Erörterungen um so mehr am Platze sein,
als, wie gesagt, die sehr verdienstliche Schrift nicht
eigentlich eine kunstwissenschaftliche Arbeit ist, ferner
aber, indem die Ergebnisse ihrer archäologischen Unter-
suchungen ein völlig neues Licht Uber einzelne Partien
jener noch tief im Dunkel gehüllten Kunstperiode her-
beischaffen. Wir sprechen von dem Werke: Aurelius
Prudcutius Clemens in seiner Bedeutung fllr die Kirche
«einer Zeit. Nebst einem Anhange: die Übersetzung des
Gedichtes Apotheosis. Von Clemens Brockbans. Leip-
zig, F. A. Broekhau» 1*72.
Prudcutius, ohne Frage der bedeutendste Dichter
der römischen Kirche in jener Zeit ihres siegesfrohen
Aufblühens nach dem llherstandenen blutigen Frllhlinge
der Katakomben- und Mllrtyrer- Periode, hat bis auf den
heutigen Tag last ununterbrochen in den Kreisen der
Kirche wie unter den Freunden alter Dichtung die
gebührende Würdigung erfahren. Dns Mittelalter zahlte
seine Hymnen und Märtyrer-Lieder nuter seine Lieblings
Lcctüre, man fand sie damals in den Händen der best-
gebildeten Jünglinge türsllichcr Abkunft an den Kloster-
schulen; zahlreiche (flössen und Ausführungen, auch
selbst Miniaturen in den Handschriften seiner Werke
zeugen von dem Interesse , «las man an denselben
genommen. Die Kirche würdigte den Dichter der Ehre,
einzelnen Stellen aus seinen Gedichten, wie dein auf
den bethlehetnitiselicn Kindermord gedichteten Salvete
hores martyrum im Hrcviarium H<mianmu einen l'latz zu
gönneu und ihre Schriftsteller haben sich bis in die Neu-
zeit mit ihrem Lobe selbst Iiis zn den Übertreibungen,
ihn Hon« und Virgil gleichzustellen, verstiegen. Eine
tiefe ernste Begeisterung für die streng orthodoxe
Glnuhcnsrichtung der abendländischen Kirche, die
wie ein Engel des Zornes den Heiden und Häretikern
entgegentritt , dabei die reichste Phantasie und eine
überaus klare, plastisch bestimmte Darstellungsweise
sind seine Vorzüge. Der Christus - Glaube , der in
seiner Zeit sich in ungetrübter Siegesfreude als Welt-
herrscher fühlen durfte und durch die That Constantin's
aus dem verfolgten und verachteten Aberglauben zur
allciiigeltenden Religion geworden war, hat in Prudcu-
tius auf dem Gebiete der Poesie einen eben so bedeuten-
den Vertreter gefunden, als in den gleichzeitigen grossen
Priest cm wie Ambrosius oder Paulinus von Nola. Durch
die Schriften dieser aller geht das stolze freudige Slre
ben, die Triumphe der Kirche tu der Darlegung der
»•örtlichkeit, der ewigen Majestät ihres Stifters zn
mutivircti und zn verherrlichen. Die Zeitlage war dazu
»ngethnn, dieses jubelvolle liewusstsein in den Schriften
zum vorherrschenden Klange werden zu lassen, denn
die römische Kirche ruhte nun auf gesichertem Grunde,
von Osten drangen die Sturme des Zwiespaltes noch
nicht herüber, im Abendlande aber durfte sie sich als
Erbin der Weltherrschaft ftihlen, welchen stolzen Gedan-
ken die in schwachen Kaisern vertretene Staatsgewalt
gaY wenig störte. Erst Roms Sturz durch die Völker
den Nordens machte diesem Traume ein Ende; in der
Epoche unseres Dichters trübte noch kein Schatten die
Siegesfreude der Anhänger des neuen Glaubens, seine
Gesänge sind das Spiegelbild davon. In den polemischen
Schriften, der Apotheosis, welche die orthodoxe Lehre
des Verhältnisse* des Sohnes zum Vater vertheidigt. in
der gegen die Irrlehre des Marcion vom Demiourgos
gerichteten Hamartigetiein, endlich in den beiden Büchern
gegen den Präfecten Symmaehus, welche den letalen
schüchternen Forderungen des ersterbenden Heiden
tliums mit geharnischten Worten die Berechtigung ab-
sprachen, in all' diesen durch die Zeitereignisse her
vorgerufenen Dichtungen finden wir den Ausdruck des
allgetneiien siegreichen Bewusslseins der damaligen
Kirche.
Daneben aber verdanken wir dem Dichter noch
eine grosse Zahl anderer Poesien, die von diesem offen
siven Charakter frei sind, zugleich auch keiner äussern
Gelegenheit, sondern der überkommenen Begeisterung
des Sängers allein ihre Entstehung schulden. Nicht nur
an dichterischem Werth überragen sie jene ausführ-
lichen Polemiken, deren Hauptinhalt, dogmatische Sätze,
der Poesie aller Zeiten kein günstiger Stoff gewesen
sind; auch von unserem in diesen Blattern geltenden
Standpunkte haben Bie grössern Anspruch auf eine
etwas genauere Betrachtung. Es sind das die folgenden
Dichtungen: Kathemerinon. eine Folge von zwölf Hym
neu, welche die Zeiten und Vorgänge des Tages im
(leiste christlicher Andacht und Betrachtung feiern; die
vierzehn Märtyrer- Gesänge Pcrislcpbnnnu; endlich Dit-
loehaeon. ein aus -41» Tetrastichen bestehender Abriss
der biblischen Geschichte des alten mal neuen Testa-
mentes.
her Verfasser hat in den beiden Capiteln seines
Buches: die archäologische Bedeutung des Prudcutius,
und: über Zusammenhang und Tendenz der alt-christ-
lichen Poesie und Kunst , mit unendlichem Fleisse
zusammengestellt, was die Wcchsclbeziclmii;: der gleich
zeitigen bildenden und der Dichtkunst in den Gedichten
des Prudentiu* zu erweisen geeignet ist, Aus allem
gebt hervor, dass die lieschautmg der Katakomben-
gewölbe den griissten Kinlluss ausgeübt haben iiiuss.
die künstlerische Ailssehmückung jener merkwürdigen
Räume, die er wahrscheinlich in der Zeit besucht haben
wird, als ihr Cult durch das Zusammenströmen zahl
loser Wallfahrer in Flor stand und die Restaiurntious-
Arbeiten des Papstes Damasus in Betrieb waren. Der
Verfasser hat nachgewiesen , dass diejenigen Personen
uud Seenen aus der heil. Schrift, die der Dichter mit
Di
CXLII
Vorliebe in seinen Gesäugen anführt , ausmalt und
wiederholt leiert, eben jene sind, welche die damalige
bildende KutiBt sich zu Gegenständen erwählt hat. Ks
wird gezeigt, dass sowohl Poesie nix bildende Kunst
des ciirisicnthums zur Zeit des Dichter« »ich bereit«
ajif einer aiuleni Stufe befanden, als in den Taften der
Verfolgung. Während damals die von allen Seiten
bedrohte und gefährdete Kirche ihre Existenz so viel
wie möglich in ein Geheimnis* hüllen musstc und dem-
gemäss auch ihre wichtigsten Glaubensbcgrifle nur unter
uiystiscb-symlHtlisehcii Zeichen den Vertraoton andeu-
ten konnte, der Welt gegenüber jedoch zu verbergen
gezwungen war. tritt nie nach Coustantin ungescheut au
die Darstellung zahlreicher biblischer Ereignisse heran,
schildert dieHelben in der wahren Weise ihres Verhalts
und bedarf der Symbole nicht mehr, die in Folge
dessen auch seltener werden, um im Laufe der Zeit
zum grössern Tlieile ganz zu verschwinden. Dieser Ver-
änderung entspricht nun des Prudentius Art und Weise,
wie er die religiösen Stoffe in seine Dichtuug verwebt,
vollkommen. Äusserst spärlich begegnet ein Bezug auf
jene ältesten Symbole Christi, welche die (»rahstatten
der Katakomben bedeckten, selbst das hervorragendste,
den Fisch, erwähnt der Dichter nicht. Dafllr herrscht
ein neues Klcment in seinen Auffassungen, analog der
bildenden Kunst: eine historische Darstellung der Ereig-
nisse. Aber nicht blos darin bekundet sieh gegenüber
der Katakomben-Periode die Neuerung, indem nur dem
Auge der Frommen die biblischen Geschichten selber
vorgeführt werden, sondern noch weit mehr durch die
neu aufgekommene Sitte, auch Begebnisse der jüngsten
Vergangenheit der Kirche in geschichtlicher Auffassung
wiederzugeben., Prudentitis beschreibt ein Gemälde, das
er in Imolu am Grabe des heil. Cassianus gesehen , dar
-teilend das MHrtyrthtim des Heiligen. Dem entspricht
es, ilass (ircgor von Nyssa berichtet, man habe die
Thaten und Tugenden der Märtyrer gemalt, das* in der
Calixtus-Katakombc das Verhör der heil. Calocerus und
l'arthenius abgebildet war, dass man auf jenen gold-
belegten (ilasüäschcheu, Medaillen etc. die Bilder der
Apostclfürsten und 'anderer Heiliger anbrachte, lu Koni,
berichtet Prudcutins, habe er die Leiden des heil. Hip-
polyt dargestellt gesehen. I uter den bibliseben Seenen,
welche übereinstimmend in Gemälden jenes Zeitalters
wie in Prudentius' Dichtungen zu Vorwürfen erwählt
scheinen, sind weitaus die Mehrzahl Darstellungen von
Wundern, die Christus geübt mler solchen des alten
Testamentes, die auf ihn Bezug haben, der durchgrei-
fenden Idee der Zeit gemäss, die Christi (iöitlichkcit
unablässig laut zu verkünden und dadurch die Erhaben-
heit der Lehre zu erweisen trachtete. Hierbei machen
wir aber die interessante Beobachtung, dass dem Dieb-
ter jenes cigeuthumlichc systematische Verfahren bereits
gniiz geläutig ist, welches im Mittelalter die ständige
Art der Zusai cnstellimg von Stoffen des allen und
neuen Te.stninenles wurde und von der Wissenschaft
als die typologischc bezeichnet wird. Isaak s Opfergang,
der brennende Dornbusch, der Durchgang durchs rothe
Meer, Moses Wasser aus dem Felsen schlagend, Elias
Himmelfahrt, die Geschichten des Jonas, des Hiob,
Daniel, der drei Jünglinge im Feuerofen, Tobias u. a.
erscheinen in so gemeinter Deutung; noch mehr hat
aber das Dittocliaeon mit »einen Vierzeilcn Uber Gegen-
stände des alten und des neuen Testamentes diesen
Charakter. Ja, es kann kaum ein Zweifel walten, dass
diese Tetrastichen etwas anderes waren als Unter-
schriften von Gemälden, welche die betreffenden Vor-
gänge der heil. Schrift zum Gegenstände hatten ; darauf
weist der beschreibende erklärende Ton hin, wie denn
mehrere dieser kurzen Gedichte mit den Demonstratio-
nen beginnen: Hie pretiosa magi . . .dona ferunt; Ho
spitiutn hoc domini est; Hic lnpus. . . vestitur etc. Einer
solchen Commentirnng bildlicher Darstellung muss ein
bestimmter Zweck zu Grunde liegen ; wir pflichten dem
Verfasser gern bei, wenn er denselben im folgenden
zu erkennen glaubt. Er weist nach, dass bei aller au
Phantastik streifenden Fülle der Phantasie des Dichters
dennoch allen seinen Schöpfungen ein im letzten Grunde
praktischer Zug innewohnt, durch welchen er sich recht
als Kind des römischen Geistes manifestirt. Mit allen
seinen Gedichten will er nützen , den orthodoxen Glau
beu durchfechten und vertheidigeu, den Kaiser in der
Gunst fUr denselben bestärken, Heiden nnd Ketzer
unschädlich, die Gläubigen aber immer mehr vertraut
machen mit der Geschichte Christi und seiner Blut
zeugen. Dies vollbrachte er namentlich in den Hymnen
Peristcphanon ; in dem Kathemerinon schuf er eine Art
Erbauungsbuch für alle Zeiten des Tages als fortwäll
rende Nahrung der Andacht. Da ist es nun durchaus
wahrscheinlich , dass auch jene umfangreichen Partien
seiner verschiedenen Schriften, welche uns durch die
Übereinstimmung mit dem Repertoir der gleichzeitigen
bildenden Kunst überraschen, einem lehrhatten Zwecke
zu dienen bestimmt sind. Paulinus vou Nola spricht
nämlich davon, dass es noch wenig üblich sei, Kirchen
mit Bildern auszustatten, eine Sitte, welche er selbst
in den Gotteshäusern, die er zu Ehren des ihm so theurcu
heil. Felix von Nola errichtet , im weitesten Masse Ein-
gang gewährte. Er motivirt diese Neuerung dadurch,
dass die ungeheuren Scharen von Wallfahrern durch
den Anblick der Bildwerke einerseil* vom Unfug abge-
lenkt, andererseits die schriftuukundige Menge belehn
werde Uber den Inhalt der Offenbarung. Der Verfasser
schliesst diese Erwägung mit den Worten: „Unter diesen
Umständen wird es uns sehr wahrscheinlich, daas auch
die Bildwerke der Katakomben, sowohl die Gemälde
als auch die Sculpturen, diesem Zwecke gedient haben, .
und dass des Prudentius Gedichte in ihrer belehrenden
Tendenz, mit diesen Bildern das gleiche Ziel verfolgend,
wo sie nur irgend können, darauf znrUckkotnmen , um
die durch dieselben nahe gerückten biblischen Vorstel-
lungen zu erklären nud sowohl zur Berichtigung, des
Glaubensstandpunktes, als zur Bekräftigung dieser oder
jener sittlichen Pflicht zu verwenden. Es lag das im
Zeitalter de» Prudentius besonders, nahe, in der die
eifrige Verehrung der Märtyrer eine grosse Zahl von
Wallfahrern an deren Grabstätten führte*
Seit das Christenthum Staatsreligion geworden
war, sehen wir allmälig eine grosse Anzahl kirchlicher
Prachtbauten, geziert mit dem Schimmer der Mosaiken,
entstehen ; am Anfange dieser Neuerung stehen wir in
des Prudentius Periode. Daher bieten einige Stellen
auch willkommene Notizen Uber Basiliken, Uber Mosai-
ken, Uber musivischc Estriche etc. Ganz merkwürdig
sind die feindseligen Äusserungen gegen die antike
Kunst im Hymnus des heil. Komanus etc.
Das trefflich geschriebene Broekhaus'sche Werk
klärt uns in dieser allgemeinen Weise Uber das Ver-
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cxuu
Fl«. 1.
hältuisH des Dichten« zur bildenden Kunst seiner Tage
anf nnd wir danken dem Verfasser die Mlltie um so
mehr, als der vielgclescne Schriftsteller ehen von dem
Gcfeichts|Hinkte der Kunst-Archäologie noch nicht berück-
sichtigt worden. Je interessanter aber die Resultate
dieser Untersuchung; sich darstellen , desto dringender
würden wir wünschen, die einzelnen Gedichte des l'ru-
dentins eingehend. Zeile fttr Zeile, excerpirt nnd durch-
forscht zu sehen, da ein sehr reichen Detail von Kunst-
beitriigen in denselben enthalten zn sein scheint. Eine
besondere Würdigung verdiente dann wohl die Psycho-
machie, in welchem Gedicht zuerst die allegorischen
Gestalten der Tugenden und Laster im Kampfe aufge-
führt werden. Sehn aase hat bereits gezeigt, dass eben
diese Dichtung nuf die Kunst des Mittelalters von Einfltiss
gewesen ist. Einige Beispiele dattlr hat mein letzter
Aufsatz in diesen Blättern: „Ein alldeutscher Wandtep-
pich aus .Sellins« Strassbitrg* beigebracht.
Albert 1h
Die Pfarrkirche St Jacob 'in Lichten wörth '.
i Ml« IS Holi.chnKlrn,)
Eine kleine Wegstunde von Wiener-Neustndt- ent-
fernt liegt ganz nahe au der ungarischen Grenze die
genannte Pfarrkirche, welche in mehrfacher Beziehung
eine Beachtung verdient. Als Baudeukmal reiht sich
diese Landkirche den aus der besten gothischen Zeit
entstandenen an, und wiewohl dieselbe hinsichtlich ihres
Umfange* nur zu den kleineren gehört, so wurde dage-
gen versucht, sie durch architektouische Ausstattung und
Anordnung hervorzuheben. Dermalen gewahrt sie den
Anblick einer theilwcisen Huhu- », da der grüsste Thefl
des Schiffes weder cingcwolht, noch eingedeckt ist;
man hat allen Grumt anzunehmen, dass dieses Werk in
1 Dl« *•'»< »ikhillck.«» AunatiNa dir».« övftAtcu vurdit au» Hu
Fltrb.iT 1 » hi»l«n»<ii • topwitt«|iliiicba ]>»r»Ml»n. ite» lTim» u. ». liu
Krgb»r««>i;tbtiiit 0»c«rr»lrli rtn»nni»ai 11
3 J**i ftebiue« »oll tlrin V v..«ltiti. j. i ..io'<ir-bjf einer eiBrcbttidfu
Il»»t»i. rat. im u»l»r'"»* »II »uiltll
cxmv
Minor Anstiihrung unterbrochen worden war und dans
itiun »ach dem Auflassen ilcr Dnrehlllhruug in der ur-
sprünglich beabsichtigten rinuanlngc nur dir eingeweih-
ten und fertig gewordenen Theik nnthdttfftig als Co!
tus Stätte herstellte (Flg. 1 ).
lo Urkunden irexeliiwbl der Pfarrkirche Ht. Jacob
in l.iclitcmviirtli schon um I3**7 Krwahnung, and man
kann mit' Grundlage der architektonischen Merkmale
mit lii'i iih 1 1 1 1 ir — •* Jahr/.ahl als dir Zeil RUHehmen, in
ik>r <lcr Hau begann, oder auch migefthr jenen Abschnitt
unserer vaterländischen Geschichte, in welcher nach
dein kinderlosen Absterben Rudolph'« IV. des Stüter«
(l.'lti'i) dir Alhcrtinischc und LcopoldihiM-hc Linie sieh
in die Regierung der Kr bland er tlieilte, womit jedoch
hiebt gesagt sein soll, dass sieb in Liehteuwttrth nicht
auch iineh eine allere (.'ultus-Statte befunden haben mag
und durch den Neubau entbehrlich geworden sein wird.
Von einer noch t'rUheren AnInge finden sieb indess gar
keine Spuren. M. Fischer nennt in seiner historisch
topographischen Darstellung die Herren VQH Puchheim
als die vermuthlieheu Stüter dieser l'larre und Kirche:
da sieb aber auf den Consolen, welche den Triumph-
bogen tragen, das Wappen der österreichischen Lan-
desregenten vorfindel , dagegen das l'uchheimh'schi-
Uppen nirgends vorkommt, so unterliegt es wohl keinem
Zweifel, dass sich bei der Gründung der Kirche zumeist
wohl nur die österreichischen Landesregenlen, entweder
Albreehl Iii. mit dem Zopfe oder Leopold der Biedere,
Fi*. 9,
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CXLV
hclhciligt haben. Nachdem der Chor und «Ins Querschiff
vollendet waren, wurden diese Theile imtlitltlrftig: /.um
(Htttcshansc hergerichtet, olnu' sich mit der Herstellung
der inneren Einrichtung besonders lieeill zu haben ;
denn der Tuiifstein ist vom Jahre 1470. Zu Anfang
de* XV. Jahrhunderts war Leonharl Kleirt Pfarrer rii
dieser Kirche . dessen Epitaphium mit der in Stein
gehauenen Inschrift:
Vitt.
Anmi domini 1 X.".k ohiit honoruhilis vir Dominus
Leonhardns dietns Kleirt de Kunersdorf Plchunns
hojns Eeclesic in profesto. S. (icorgii hie sepnltns,
«rate pro co.
sieh zunächst des Tanfstcines befindet.
Im Jahre 1;>H0 wurde zur ersten Restauration p<.
schritten, indem Lambert Bischof von Wiener-Neustadt
Flf, 0.
die Säuger- Empore einbauen und den ans der Giebel
wand der westlichen Abschlussmauer heraustretenden
Clockcnthnrm vollenden liess. ohne die Entdeckung des
Schiffes bewerkstelligt zu haben. Auch eine zweite im
Jahre 1 <;">!> vorgenommene Itestauration versuchte es
nicht, den Ursprünglich angelegten Plan der dreischiffi-
gen Kirche, wobei das Mittelschiff Überhöht angetragen
war, zum Abscbluss zu bringen.
Wie aus dem in Fig. 2 und 3 ersichtlichen (irund
risse und LHugcnsehnilte zu entnehmen ist, war durch
die vorliegende Plan- Anlage einekleine Enudkirche ange-
tragen, deren Chor, im Octogon geschlossen, die kurze
Länge von 18 Fuss 8 Zoll, die Breite ron 24 Fuss I Zoll
und die Hohe von 4«> Fuss ,'t Zoll erhielt. Durch ein
Querschiff, welches Chor und Schiff trennt , versuchte
der Erbauer den Anschauungen der guten gothischen
Zeit gemäss die Kreit /.forin der Anlage zum Ausdruck
zu bringen, und wenn dieselbe äusserlieh auch nicht
so sehr in die Augen fallt, weil die Maucrtlucht des
Quersehiffes und der Seitenschiffe in eine Linie treffen,
so war diese Tendenz doch im Innern durch die Ausfllh
rnng der von Kreuzgewölben gebildeten Decke möglich
geworden, wobei die drei (iewölhc im Qncrscbiffe von
gleicher Höhe im Ausmasse von 40 Fuss !t Zoll ange-
legt waren, während im Schiffsräume die Abseiten nur
auf 24 Fuss Höhe angetragen wurden, wie dies aus den
Piff. &
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CXLV]
X
Fi«r. 9.
im Langenschnitte Fig. 3 crBichtlichen, zur Einmane-
rnng der Bogensrückc der GewtJlbBgurten aufgesparten
Wandschmatzcn bcobaclitet werden kann. In den voll-
endeten Thcilen wurde durch diese Anordnung bei der
schlank hinanstrebenden Entwicklung der Structnrcn
eine höchst befriedigende Wirkung erreicht. In der Gc-
snmmtbreite auf 49 Fuss angetragen, wovon für den
Mittel räum 25 Fuss 9 Zoll und für die Seitenschiffe
1 1 Fuss 7 '/, Zoll entfallen , erhielt das Querschiff bei
einer Höhe von 4(5 Fuss 9 Zoll eine Lange von 26 Fuss,
das Schiff aber Tin und fllr sich eine Lange von 69 Fuss.
An der Nordseite des Chores ist die kleine, ursprüng-
lich angelegte Sacristei angebaut. Da» Haupt-Portal
wurde auf der westlichen Abschlusswand vermittelst
eines zwischen den
Mittelschiff - Wandpfci-
lern vorgelegten Haue«
(Thurmballe) ausge-
führt (Fig. 1), darauf die
Thurmanlagc schlicht
angetragen, wob« die
rückseitige Abschluss-
mauer des Tburmes von
einem auskragenden
consolartigcn Hnugliede
getragen wird. Zur Ver-
mittlung des Zuganges
in den Glockenturm
und den projectirten
Dachrnum des Schiffes
war an der . rechten
Seite des vorgelegten
Vorbaues für denThurm
ein Treppcnthttrmchen
angelegt worden, das
eben WO wie ein grosser
Tbcil des Kirehcn-
gebandes unvollendet
blieb , wie diess aus
der Ansicht und dem
Grundriss deutlich be-
merkt werden kann.
'•v.
Von aussen stützen fünfmal Uber dem Sockel sich
abstufende Pfeiler mit vergiebelter Endigung am Chor-
Bchlus* nnd Quersehift" und einfacher Abschriigung am
Schiff den Druck des Gewölbes, wobei die an den Keken
des Quer- und Seitenschiffes construirten Pfeiler Uber
Eck aus dem Wandtinehtwinkel heraustreten. Vier an
tler Abschlusswand desChores angebrachte, dnreh einen
Mittelpfosten abgetheilte, im Bogenfelde mit reinem
Masswerke eingesetzte Fenster vermitteln den Zutritt
des Lichtes; am Querschiff zwei grosse, durch drei Mit-
telpfosten abgetheilte Fenster, im Hogenfelde ebenfalls
Masswerke tragend. Die Seitenschiffe erhielten schmale
und kleine Fenster ohne Mittelpfosten oder auch Knnd-
fenstermit eingesetztem Vierpass. Die Leibung sitmmt
licher Fenster beleb} ein lebendig gegliedertes Profil,
wie auch ein fein profilirter, an der ganzen Kirche sich
herumziehender Wasserschlag in der Anssenwand eine
wohlthucndc Trennung und Theilung der Mauermassen
erzielt. Das Innere der Kirche wurde, so weit es in der
gothischen Zeit zur Vollendung gelangte, durch man-
cherlei Schmuck ganz reizend gestaltet. Die Consolen,
auf welchen die Gurten im Chore auflaufen, zeigen sieh
theilweisc (Fig. 4 bis 7) mit den typologiseh gebildeten
Figuren aus dem christlichen Symboluni belebt, die Con-
solen, ans welchen sich der Triumphbogen, die Scheidc-
und Diagonalbligcn entwickeln, sind mit den Wappen
der Landesregenten geziert (Fig. K u. 9). Leider haben
die sämmtlichen plastischen Arbeiten durch mehrmali-
ges Übertünchen ihre Schärfe der Contouren cingebÜBSt
nnd auch sonst arge Verletzungen erlitten.
In der nördlichen Wand des Chores wurde ein
reich ausgeführtes SacramentahHuschen (Fig. 10) ein-
gesetzt ; ein gegliedertes Portal vermittelt den Zugang
zur Sacristei, an deren Thür ein zierlicher Thürzieher
ans Eisen (Fig. 11) nebst ariden) Beschlägen die styl-
volle Arbeit des Mittelalters zeigt. In ähnlicher Durch-
führung reprägentirt Bich auch der Eingang« erwähnte
Taufstein (Fig. 12).
Der Besucher dieser unvollendet gebliebenen An-
lage kann sich des betrübenden Gedankens nicht erweh-
ren , dass es doch keiner so grossen Anstrengung und
Opferwilligkeit, vielleicht nur einer massgebenden An-
regung bedurft hätte, diese kleine Anlage, die sich dem
Beobachter als ein zum grossen Theil aus Verwahrlosung
zur Ruine gewordene« Denkmal des (Semein- und Kunst
sinnes unserer Vorfahreti darstellt, zu vollenden, zumal
in dem nicht unbeträchtlichen Kirchenfonde die geeig
Fig. 10.
na- ii.
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rxLVii
l u: l-J
uetste Grundlage ftlr eine solche Restauration so mibe
liegt und die stilgerechte Vollendung, iiaehdem die
HnuptlKstandtheile bereits hestchcn, keine grossen Aus-
lagen mehr verursachen kann. «/. ÖmdL
I
Über die Sage vom ewigen Juden '.
Es gibt wohl keine Sage, die — namentlich in
gewissen Kreisen — eine so grosse Werthschätznng
fand als jene von Ahasverus dem ewigen Juden.
Freilich ist diese Werthsehälzung noch nicht sehr
alt , denn sie beginnt erst mit dem Anfang des jetzigen
Jahrhunderts, aber dann schien sie, besonders in den
Dichterkreisen, fast epidemisch zu werden. Der etwas
eigenthtlmliche Schub art hatte mit seinem Gedicht:
„Ahasvcr" den Anfang gemacht, A. W. Schlegel
folgte mit seiner Romanze „Die Warnung-, im Jahre 1*27
verfasstc Klingemann das Trauerspiel „Ahasver",
nud nun fieng es an, in grosseren und kleineren Gedich-
ten „ ewige Juden u zu regnen; Jul. Mosen, Zedlitz,
Kühler, Lena u, Schreiber, Ed. v. Sehen k, Pf itzer
und Smetz ergötzten sich an dem Stoff von dem armen
Mann , der da «andern mnss und nicht sterben kann,
und ein ganzer Sternschnappenschwarm von kleineren
Geistern wurde von ihnen mit fortgerissen «.
Auch zu Romanen musste der gute alte Jude her-
halten, und eine der ersten Bearbeitungen dieser Art
mag wohl jenes Ruch gewesen sein, welches tinter fol-
gendem Titel uud zwar ohne Druckort und Jahreszahl
erschien :
„Der immer in der Welt herumwandernde ewige
Jude aus Jerusalem mit Namen Ahasverus, welcher bey
der Creutzigung Christi gewesen und bisher durch die
Allmacht Gottes sein Leben erhalten worden".
Kin ziemlich weitläufiger Auszug aus diesem Roman
findet sich in „Reichard's Bibliothek" der Romane«;
1 Vortrat B»oalt»r) »in Sl. Mar» 1 N 7 1 im Al-erlhuin, V«rcin« iu \VI*u
* 8. Oräaa», TannbaiuT ond rt»r r.iK» Jwrtr. Afiitirrtung Nr- H. JS. IOS,
d«m wir uotit kiBicurijjfvn , Jan lUroaicer drn .nyaliatticfi Wanderrr*
m,J ,U.. J,r Ko ( .rrniKrh«r .Mi.,*»r v«. I..i,. f.1,1 m»hr»r« Sil. Ii» iml J.ir
r»l(rii Jod.» fllr .11» .S«v,r>:l<. n . -rl.Diali- »<rr.-rii.-i.
' Band VIII btl XII.
XVII
allein hier ist schon alles Altert litlinliclic verloren gegan
gen, denn Ahasver begegnet zu Leipzig vier Studen-
ten, einem Deutschen, einem Engländer, einem Italiener
und einem Franzosen, deren Sprachen er sehr geläufig
spricht uud denen er nnn seine Erlebnisse mit Nero,
Caligula u. s. w. erzählt und somit gewissenuassen
einen Spaziergang durch die Weltgeschichte macht.
Auch Vulpius benutzte den ewigen Juden in einer
seiner Erzählnngen und in neuerer Zeit bemächtigte sich
Eugen Suc des Stoffes und legte dem Publicum seinen
„Juif errant- vor, der zuerst im Sturm gelesen wurde,
und dann, wie so manches andere , das grossen Lärm
verursacht, in den milden Schatten der Dämmerung
versank *.
Uud worin besteht nun das Hanptmoment dieser
Sage , die so stark in den Köpfen der Dichter rumort ?
Einfach in einem Fluch, in einer erbarmungslosen Strafe,
in einer schauerlichen Verbannung fllr undenkliche
Zeiten.
Als nämlich Christus sein Kreuz nach Golgatha
trug, wollte er, ermtldet von der Last , bei einem Hause
Rast halten, allein der Eigenthttmer dieses Hanses, der
Schuster Ahasverus, gönnte ihm diese Ruhe nicht und
hiess ihn weiter geben. Da sprach der Herr die furcht-
baren Worte:
r Ich stehe hier und raste, du aber sollst fortwan
dem bis zum jüngsten Tag!"
Und von dem Augenblick an war der Jude von
Schrecken crt'asst, er verliess sein Haus und die Seini-
gen nnd begann zu wandern, rastlos und ruhelos, uud
so irrt er noch hente herum und inttss fortpilgern bis
zum l'ntergang der Welt, bis Christus endlich bei dem
jüngsten Gerichte den Fluch wieder von ihm nehmen
wird.
Von allen Strafen, Verbannungen nnd Verfluchungen
die je iu Sagen, Legenden oder Mythen vorkommen, ist
diese wohl die furchtbarste, die qualvollste und fast
möchte man sagen die herzloseste; denn selbst der dem
Tod verfallene Verbrecher gelangt endlich zur Sühnung
und zur RaBt, die dem Ahasver nie und nimmer zu Theil
werden soll.
Eine Sage von so eigentümlicher Erfindung ver-
dient wohl eine nähere Beleuchtung und erregt unwill-
kürlich das Bestreben, ihrem ersten Urgrund entgegen
zu gehen.
Die älteste bisher bekannt gewordene Aufzeich-
nung dieser Sage stammt, wenn sie Uberhaupt echt und
nicht eingeschoben ist, aus dem XIII. Jahrhundert und
rührt von dem Bcnedictiner Mathias Parisicnsis (gest.
1269) her. Er erzählt:
„Einst kam ein armenischer Erzbischof nach Eng-
land, an dessen Tiseh Joseph (so wird hier Ahasverus
genannt) gespeist hatte. Ein Ritter aus Antioehia, der
den Erzbischof begleitete und seinen Dolmetscher
machte, gab nun folgende Nachricht : u
„Als Hiatus dem wUthenden Volk der Juden den
Barrabas geschenkt und Christus zur Kreuzigung hin-
gegeben hatte, schleppten sie diesen ans dem Palast
des Statthalters. Als sie mit ihm an die Pforte gekom-
men waren, schlug der Pförtner Kartaphilus den Herrn
mit der Faust in den Nacken und spottete:"
« fcl». »ehr Miifülirllr.» Aaiati. in tJUHWI üb<r ... >»%H J»d»n
«nd'l >.«. In dem Mkiü ol."r. aiifr'n.rten « »rk» »»• Ulilll .Tauubauxr
U...I *vr Jod«. llr».d«n mW,
T
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CXLVIII
„Geh* hin Jesu», geh' immer schneller, was zauderet
du V
..Da sah »ich Jesus um und sprach mit strengem
Blick:-
,.lch gehe, doch du sollst warten bis ich wieder-
komme ! -
„Und ho wartet Kartaphilus noch. Er war zur Zeit
de« Leidens C'hri»ti dreisaig Jahre alt und wird jedes-
mal, wenn er hundert Jahre verlebt hat, von einer
grossen Schwäche ergriffen und fällt in eine Ohnmacht,
{ihn der er nach einiger Zeit wieder vollkommen gesund
erwacht. -
„Kartaphilus Hess sich später von Ananias taufen,
der auch den Sanlus taufte und wurde von da an Joseph
£ennnnt. a
Nach einer Sage aus England war Ahasvcr ein
hoher Oflicicr in Jerusalem, er gab dem Christus einen
Schlag, als dieser aus dem Palast ging und empfing
dafür den schon erwähnten Fluch.
Von jener ersten Aufzeichnung an blieb die Mähre
vom ewigen Juden fast gänzlich verschollen und tauchte
erst nach dritthalbhundert Jahren wieder auf, nämlich
im Jahre IftOo.
Da sie so nahe mit Christus verweht erscheint, so
wird man unwillkürlich daliin gefuhrt, in den Evangelien
dnrnWr nachzusuchen. Allein nicht einer der vier Evan-
gelisten bringt auch nur die leiseste Andeutung von
diesem Gegenstand und nur sehr feinsichtige Grübler
konnten es Rein, welche die Stelle ans Johannes (Cap.
21, V. 22) hierher bezogen, in welcher Christus von
diesem Jünger sagt :
„So will ich das» er bleibe bis ich wiederkomme. -
Allein wns hat der nachherige Evangelist mit einem
Abasvcr zu schaffen, wo findet sich hier auch nur der
leiseste Anklang an irgend ein Wesen, das aus Strafe
bis in das Endlos« fortwandeni muss?
Zudem ist der Fluch , den Jesus ausgesprochen
haben Holl, geradezu gegen das innerste Wesen seiner
Lehre, die allenthalben Güte und Nächstenliebe predigt.
Jener Fluch konnte nicht aus dem Munde kommen, der
noch in den Augenblicken des Todes am Kreuze sprach:
„Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was
sie thun! -
Die Juden hatten ihn gehöhnt, gemartert und
Tode geführt, und er vergibt ihnen, und derselbe hohe
Geist soll einen armen Schuster deshalb, weil er ihm
eine augenblickliche Hast verweigerte, mit der entsetz-
lichen Strafe des ruhelosen Wandern« belegt haben?
Wurde uicht dem Petrus, der seinen Herrn verläugnete,
nicht dem Saulns, der einer der grossten Christenfeinde
war, verziehen?
Aus diesen Berücksichtigungen ergibt sich wohl
ganz von selbst, dass der Ursprung jener Sage nicht auf
christlichem Hoden zu suchen sei, sondern dass er ans
einer ganz andern Quelle stammt und dass daher die
Sage — wie noch so vieles andere — erst später mit
dem Christcnthuiu in Verbindung gebracht wurde, weil
man sie, da sie schon einmal festgewurzelt war. nur
dadurch unbedenklich machen konnte, dass man sie
ehristianisirte.
Bei allen echten Sagen pflanzten sich die wichtig-
sten Ereignisse und Namen meist getreulich durch die
Jahrhunderte fort; nur die Sage an und ftlr sich erhielt
dnreh irgend einen späteren Erzähler hie und da Aus-
schmückungen , die eben dieser späteren Zeit ange-
messen waren, so die Sage von Wittland, dem künst-
lichen Schmied, vom geltorten Siegfried, vom Lohen-
grin, vom Tanuhäuscr u. s. w. Bei der Sage vom ewigen
Juden fällt aber diese Einheitlichkeit fast ganz weg,
denn einmal heisst er Ahasverus, ein Name, der nicht
jüdischen, sondern persischen Ursprungs ist, und dann
fahrt er den aramäisch-griechischen Namen Kartaphilns.
Rudolph BotorcuR» nennt ihn Gregor, Libarius* heisst
ihn Uuttadeus (der RreitbrUstige), und in der nieder-
ländischen Sage wird er sogar Isaak Laquedam genannt.
Einmal ist er ein Schuster, dann ein Gerber und daun
wieder ein Zimmermann. Einmal treibt er Christus vom
Hauso weg, nach einer andern Angabe stttsst er ihn in
den Rucken und nach wieder einer anderen schlägt
er ihn mit einem Schuhleisten. Bei dem einen Erzähler
darf" Ahasver weder essen noch trinken, bei dem zweiten
isst er; bei dem einen darf er kein Geld annehmen und
bei dem andern wird er reichlich beschenkt ; lauter
Dinge , die darauf hinweisen, dass man die eigentliche
Quelle der Sage gänzlich vergessen hatte, die wahr-
scheinlich nur in der ältesten Vergangenheit zu suchen
sein durfte. Auch bleibt es b'cachtenswerth, da»s auf
keinem der älteren Holzschnitte oder Stiche der ewige
Jude dargestellt ist, während man die Juden doch sonst
nicht eben schonte uud sie abbildete, wie sie von einem
getttdteten Christenkind das Blut auffangen, oder wie sie
bei ihrem Pascbah-Essen anstatt eine« Lammes ein
Kind in der Schussel habeii n. s. w.
Eben so deutet da* darauf hin, dass die Mähre vom
ewigen Juden in früherer Zeit nur wenig bekannt war,
dass die alten Maler den Ahasverus weder in ihren Dar
Stellungen vom jüngsten Gericht, noch bei ihren oft mit
vielen Figuren versehenen Bildern und Stichen von dem
Zuge Christi nach Golgatha anbrachten , was sie doch
gewiss gethan hätten, wenn er ihnen so bekannt gewe-
sen wäre, wie die Legende von den drei lebenden und
den drei todten Königen oder vom Sieg des Todes u. s. w.
Erst die Forschungen der Neuzeit Uber unsere ein-
heimischen Sagen geben einen Fingerzeig zu dem dunk-
len Pfad, der uns in Betreff des ewigen Juden in eine
mythische Vorzeit fuhren soll.
In Westphalcn kennt man nämlich noch immer den
Hote oder Hotemnnn mit dem man die Kinder schreckt.
Er war zur Zeit Christi Nachtwächter und beleidigte
einen Kiesen, der ihn deshalb dazu verdammte, jede
Nacht mit seinem Horn herum zu geben und zu blähen.
Wir haben hier nun einen, der aus Strafe fort und
fort wandern muss. Er heisst Hole und der Volksmund
bewahrte in diesem Namen einen Überrest von dem
alten Kiesengeschlecht der Joten oder Jütcn, die von
den Angelsachsen Eotenas genannt wurden und deren
Name bei der Einführung des ChrUtenthume* und bei
der gränzcnlosen Verachtung, die man gegen die Juden
hegte, sehr leicht in das Wort Jude umgewandelt wer-
den konnte, geradeso wie man den mächtigen Thor mit
seinem gewaltigen Hammer in einen Blödsinnigen
(Thor, thorigt) umwandelte, oder wie man den allweisen
Drothinn in einen Drottel verunstaltete.
Diese Jötcn waren die Ureinwohner des Nordens.
Die Asalehre in den beiden Edden weist auf eine uralte
» In mIhmo Cnmmrii«. d* nlu. im,. ,ru |.»U.. I'»r« l'lv
• I» .<i..r PruU Alrhyn.1« »*1
• KV 1.0. W,.l|.bKIIKl» S«.m. S. J*
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CXLIX
^fornjotischc" Lelm- bin und selbst die Mutter deB
Odhiiin stammte au* diesem Geschlecht, aas welchem
gar manche andere mythische Wesen hervorgingen.
So war Fornjötunu der älteste Jöte, und Fetter,
Wind und Woge waren seine Söhne«. Der Jöte llrungner
wurde von Thor in Jotunlicim besiegt. Ein Jöte in
Adlergestalt strömte als Wind ans Norden und verzehrte
die schädlichen Dünste der Aser, er beisat daher Hraes-
velger und hat seinen Sitz ganz oben am Nordpol ».
Die Jötcn, die bei den Indiern Juts oder Djedas
genannt wurden nnd von Ahriman dem Ormuzd zum
Trotz erschaffen waren, wollten immer von Norden hcr-
nbstttrmen, um die gebildeteren Völker zn bekriegen.
Eine Mancr schied sie von dem milderen Thcil der Erde,
wo die Ascit wohnten. Diese Mauer wollten sie stets
durchbrechen <», kurz, sie waren gewissermaßen das
Princip des Bösen , des Zerstörenden und des Verder-
bens, daher war es in der alten Dichtersprache eine
Schmähung, wenn man irgend etwas als Jotnisch-
bezeichnetc und deshalb sagt auch Olnus Petri:
r Die aber tyrannisch waren und Überall Gewalt
und Unrecht Übten und sich um niemand kümmerten,
hiessen Jetten" ".
Anderseits schrieb man diesen Jtiten aber auch
die Riesenbauten der Vorzeit zu. So sagt der Angel-
sachse Layamon " von dem mächtigen Denkmal zu Sto-
nehenge:
„Es Ut ein WHhrlutft Wunderding,
Ks lieiat der Kotcnen-King'.
Als Sir John Leland zur Zeit Heinrich'« \TÜ. seine
antiquarische Reise durch England machte, fand er in
Northuniberland die Ruinen eines Schlosses, von dem
das Volk sagte, dass dort ein Jöte (Yoton) hauste, der
ein Riese war. Eben diese Jötcn sollen es gewesen sein,
welche die grossen Moneds und Erdwerke der vorge-
schichtlichen Zeit aufrührten. Die Goldgefasse, welche
man in dem Moned des Drachen fand, der von Beowulf
erschlagen wurde, waren ebenfalls von den Jtttcn
geschmiedet.
Leland bemerkte auf seiner Reise Überhaupt, dass
die Sageu im englischen Volk noch ungemein verbrei-
tet waren, während die anderen Stände durch ihre
Schulstudien alles Heimische verlernt bitten.
Selbst die Ureinwohner Albion's sollen Joten gewe-
sen sein, mindestens sagt der schon erwähnte Angel-
sachse I>ayainon :
„ Albion bcinst da» Lsiid,
Es wohnten in dem Land
Voten, riesig stark".
Noch heute wird man durch den Namen Jutland
an dieses alte Geschlecht erinnert, welches endlich von
einem zwar körperlich nicht so starken, aber geistig
weit überlegenen Volke Uberwunden und in die Flucht
gejagt wurde. Einzelne dieser fluchtenden und irrenden,
immer verfolgten , immer noch gefUrchtcten Jttten wur-
den dann im Verlaufe der Zeiten allmälig in eine
einzige Persönlichkeit zusammengezogen, und so ent-
stand höchst wahrscheinlich der ewig wandernde und
Uberall zurttckgestossene Jöte , der trotz seiner Leiden
vielleicht nicht sehr erfreut darüber war, dass er, anstatt
• HrBlKjald» Nr. 19
» Vjl. A^ullo, Kor.!«<Ml. AilUrwIsd.
» IMd« LiltmU, 43
»' (ioyar. lituMchl. ni hthwu.lni I, US«.
« Vol. II. p. iSO.
eine mythische Gestalt zu sein, ein Kleid der neueren
Zeit annehmen musstc.
Dass diese Joten-Sage , welcher vielleicht auch
der stets einsam herumwatiderndc Rübezahl seinen
Ursprung verdanken dürfte, nach jenem Ubertritt man-
cherlei Deutungen erlebte, ist wohl begreiflich; man
bezog sie auf das judische, nirgends heimische Volk,
man sah in dem Einzelnen die Strafe der ganzen Nation,
und nach Menzel«« wäre sogar alles nur Allegorie und
nichts als ein Gegensatz zum Doctor Faust, der die
Lust des Augenblicks zu verewigen sucht, während sich
Abasverus mit aller Macht vom Dasein losreisscit will.
Wie sehr aber eine Sage, die in ihrer Sonderlich-
keit so recht für das Volk taugt , allmälig an Lehen
gewinnt, zeigt eben die Mähre vom ewigen Juden, denn
man las und erzählte nicht nur von ihm, sondern mau
sah ihn auch leibhattig vor sich.
So war er im Jahre 1505 in Königinhof, wo er bei
dein Leinweher Kockol das Mittagmahl stehend ein-
nahm und ihm dann einen Schatz finden half. Im Jahre
1547 war er zu Hamburg und Dauzig, im Jahre 1575 zu
Madrid, im Jahre 1599 zu Wien, im Jahre 16<M zu Paris,
im Jahre 1610 zu Lübeck, im Jahre 1612 zu Tarnowit/.
in Oberschlesien, im Jahre 1633 zu Stade, im Jahre 1640
zu Brüssel, im Jahre 1642 zu Leipzig und am 22. Juli
des Jahres 1721 zeigte er sich am Isarthor zu München.
Auch Betrüger benutzten den festgewurzelten
Glauben an den ewigen Juden und massten sich seine
Rolle an. So erschien am 26. Mai 1623 zu Ypera ein
Mann in türkischer Kleidung, mit kahlem Kopf und
langem Bart, der Bich bei dem Bürger Daniel de Breync,
welcher eben am Thor Wache hielt , für den ewigen
Juden ausgab. Er wurde reich beschenkt und gastlich
bewirthet und warb um eine hübsche Wirthstochter, und
zwar auf eine etwas eigentümliche Weise, denn er
sagte, dass er bereits nicht weniger als 123 Franen
gehabt hätte und dass sie alle besonders deshalb so
glücklich mit ihm gewesen wären , weil sie nie fürchten
durften, Witwen zu werden.
So weit ging alles gut, aber dem Bürger Daniel de
Brcyne kam die Geschichte doch nicht ganz richtig vor
und er brachte nach und nach heraus dass der angeb-
liche ewige Jude niemand anderer sei, als ein gewisser
Leopold Dcporte, der einst aus einem wallonischen Regi-
ment desertirte und der nun zufolge dieser Entdeckung
nach Gent abgeführt und zum glänzenden Beweis, dass
er durchaus nicht zum ewigen Wandeln vcrurtheilt Bei,
mit des Seilermcistcrs Hanfbraut getraut wurde •».
Die menschliche Einbildungskraft liebt es, Bich in
Gegensätzen zu bewegen , und hier ist es , wo wir zu
einem Punkt gelangen, der bisher, so viel mir bekannt
ist, noch in keiner der mannigfachen neueren Schrillen
Uber Ahasver berührt wurde, man hatte nämlich einen
ewig wandernden Juden und tnosste nun auch noth-
wendig einen ewig stillstehenden haben!
Die k. k. Hofbibliothek besitzt anter ihren zahl-
reichen Seltenheiten auch ein dünnes Qnartbändcheu
mit dem Titel r Cnriense Relationen 14 . Der Verfasser
nennt sich nicht, er sagt nur in der Vorrede, dass er
„ältere, nicht so gar verwerffliche Scribcntcu benützt
habe", auch ist kein Druckort, sondern nur die Jahres-
zahl 1677 angegeben.
» Darnach* liiablan« II. aul.
>• Hil»«*!- il«t lrl>K<i lilM«rli|«M. Gaod. KTO. p. 106.
V*
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CL
Gleich die erste Relation in diesem Küchlein spricht
nun von einem, seit der Zeil Christi in Jerusalem ver-
wahrt gehaltenen Juden, und es dürfte wohl gestattet
sein, da das Büchlein so selten und die Stelle nicht gar
zu lang ist, sie ihrem vollem Inhalt nach anzuführen.
Sie ist. wie angegeben wird, der Heisebcsrhreibung
eines Abgesandten Emanuers des XIV.. König» von Por-
tugal entnommen.
„Einen Steinwnrf vor dem Stadtthor von Jerusalem,
durch welches Jesus zur Kreuzigung hinaus zog. stand
das Haus eines Juden. Als nun Christus mit seinem
Kreuz bei diesem Haus anlangte, sagte der Besitzer
dieses Hauses zu ihm: „Och' nur, wärest du schon
lang diesen Weg gegangen, so wäre nicht viel daran
gelegen gewesen." Da antwortete ihm aber der Herr:
„Ja ich will gehen, du aber sollst stehen bis zum Ende
der Welt und alle Jahre einmal um meine Ankunft
fragen V
„Nachdem wir an den Ort gingen, wo dieser Jude
steht, wurden wir durch einen (Sang geleitet, der nur
einen Sehritt breit und überwölbt war. Als die achte
Thür geöffnet war, kam der „Sicgler - und schloss eine
nennte auf. Da stand der Mann unter einem Bogen, der da
gestützt war von vier Säulen, von denen die zwei mitt
leren von Chalcedon (Cnssedonien) und die zwei ande-
ren von weissem Marmor waren. Auch der Bogen war
von weissem Marmor und unter diesem stand der Mann.
Kr hatte die Augee offen und die Haare waren ihm bis
zu den Füssen herabgewaebsen, so das« sie seinen
nackten Leib verhüllten."
„Man sagte uns, dass er stets schweige und nur in
stillen Freitag (Charfreitagl die Frage stelle, ob der
Mann mit dem Kreuz noch nicht käme. Kr heisst Jo-
hannes Roduyn und stand so starr, dass wir ihn für
todt gehalten hätten, wenn er nicht die Augen offen
gehabt und seine Brust nicht geathmet haben würde.
Fr wird sehr scharf bewacht und unterschiedliche
Herren theilen sich in die verschiedenen Schlüssel zu
den neun Thttren."
Doch nicht genug an dieser Erzählung, auch ein
Freilkrrr von Tornwitz aus Ober • Schlesien im Jahre
HUI, und ein venezianischer Patrieicr ans dem Hause
der Hianchi im Jahre HM.'J sahen zu Jerusalem einen
Juden, der in einem unterirdischen Saal verwahrt wurde
und noch die Kleider an sich hatte, die er zur Zeit des
Leidens Christi trug. Ist es aber nicht merkwürdig, dass
man erst im XVII. Jahrhundert den stehenden Juden
sah, während früher Reisende und namentlich Hans
Tücher, der im Jahre 14TD Jerusalem besuchte und in
seinem Buche (gedruckt von Hans Schonsperger zu
Augsburg im Jahre 14SL') fast jeden Schritt und Tritt
angibt, den er in dieser Stadt machte, bei seinem
Itcsuche (iolgatha's weder das Haus des Ahasver sali,
noch auch ein Wort «her ihn sprechen hörte.
Ist jene Mahre vom stehenden Juden daher nicht
eine wahre Ausgeburt der menschlichen Phantasie, und
ist die Strafe des ewigen Stillstehens nicht noch fürch-
terlicher als die des rastlosen Wandems V So schreitet
die menschliche Einbildungskraft . einmal iu die Bahn
des Abenteuerlichen getrieben, immer weiter, er verlässt
den poetischen Hoden der Sage, und selbst Leute von
Stand schenken Dingen ( Hauben oder unterliegen Täu-
schungen, die der einfachste Verstand als naturwidrig,
als völlig unmöglich erkennt.
Das aber ist das Interessante an den Forschungen
dieser Art, dass sie uns Uber die Bildungszustände ge-
wisirr Zeiten Aufklärung geben. Die Epoche der Minne-
sänger war künstlerisch freudig, die der Meistersänger
pedantisch beschränkt, aber das XVII. Jahrhundert war
die eigentliche Hecke- und Hrlltczcil alles erdenkliehen
Aberglaubens , darum ist auch mit dem ersten Auf
bltlheu eines wirklichen Wissens, der ewige Jude nicht
mehr erschienen! Aber doch lebt sein Andenken im
Stillen fort, und der Hauer kehrt noch heute seine Egge,
wenn er sie Uber Nacht auf dem Fehle lässt, mit den
Spitzen nach oben, damit sich der ewige Jude nicht
daraufsetzen kann, wodurch er das Eggen arn nächsten
Tage erschweren würde, denn Ahasver mag wohl rast-
los wandeln, aber er ist noch immer kein Freund der
Arbeit. A. Ii. ». /'erger.
Kirchliche Baudenkmale in Ober -Österreich.
(Mit i II I«.. r.nlll.n I
Die Kirche im Markte St. Oswald am Feistritz-
bnehe ist ein Werk des spät-gothischen Styles, besteht
aus einem Langhause von AH Fuss Länge und dem Pres-
byterium, das L'ft Fuss lang und 18',, Drou " M -
An der linken Seite des Langhauses ist eine Empore
angebaut, die sich auf zwei freistehenden Pfeilern und
auf sechs an den verschiedenen Wänden vertheilten
Halbpfeilern stützt. Das Langhaus ist mit einem Net»
g.wölhe überdeckt, das Netzwerk ist in seiner eigenthüm-
Ki*. i.
Digitized by G(
Fig. •->.
liehen Construetion rein durchgeführt, indem zu beiden
Seiten de's Gewölbes je drei besondere Schilder ein-
gefügt wurden , deren Grate nicht mit Rippen bekleidet
Rind , deshalb nur in deren Scheiteln kurze Kippen den
Feldern entgegenstehen. Dem Langhausc int auch der
Musikchor eingebaut, dem ein freistehender Weiler zur
Stütze dient. Das Presbyterium besteht an» zwei Gc-
wülbejochen und dem aus dem Achtecke constrnirten
Chorschlusse. Die Rippen des netzartig eonstruirten
Gewölbes stützen sich auf runde Halhsltnlen. Presbyte-
rium wie Langhans sind nach aussen mit Strebepfeilern
versehen. Die an den Ecken der rechten Seite ange-
brachten haben zwei Abstufungen und sind ungewöhnlich
stark angelegt, wahrscheinlich um dem Gebäude wegen
des abfallenden Terrains auf dieser Seite eine bessere
Stütze zu gewahren. Sämmtliche Strebepfeiler sind aus
Granit angefertigt und haben eine Sattelverdachung,
jene am Presbyterium sind in ihrem oberen Theile drei-
seitig gestellt. Links vom Presbyterium ist die Saeri-
stei summt einem Oratorium darüber und der dahin
führenden Stiege, an der Facnde neben dem Thurm die
Stiege zur Empore und zum Musikchor angebaut; der
Thurm ist in seinem oberen Theil erneuert, mit einer
Zwiebelkuppel versehen ; diese Zubauten und Umgestal-
tungen haben das ehrwürdige Äussere der Kirche arg
beschädigt. Am reinsten hat sich die Südseite und die
Apsis erhalten, woselbst, mit Ausnahme eines neueren
Fensters, die ursprünglichen spitzbogigen Fenster erhal-
te» blieben. (Fig. 1.)
Die Harrkirch« zu Grimbach, ein gothischer
Hallen bau, hat ein dreischiffiges Langhaus von 51 Fu>*
Länge und 30 Fuss Breite. Die aus je vier mit Kreuz-
gewölben Uberdeckten Jochen in jedem Schiffe beste-
hende Decke ruht auf polygonen Granitpfeilern zu je
drei in zwei Reihen geordnet, die Gewölberippen laufen
auf dieselben ohne Vermittlung auf, an den Wänden
ruhen sie auf Tragsteinen. Das Presbyterium hat i»5 Kiiss
Lange, 18 Fuss Breite, besteht aiis einem oblongen
Joche mit Kreuzgewölbe und dem fünfseitigen Schlüsse.
Sämmtliche Fenster haben noch ihre ursprüngliche
Form nnd einfaches Masswerk. Der Musikchor nimmt
in jedem Schiffe das letzte Joch ein. An der Anssen-
seite sind der inneren Einlheilung entsprechend Strebe-
pfeiler angebaut, desgleichen am Presbyterium. Der
Thurm ist der Facade vorgebaut. (Fig. 2.)
Ein sehr interessanter gothischer Bau ist die Kirche
zu Weitersfelden an der Aist. (Fig. 3.) Das Schiff
besteht aus einem quadrateil Raum von 37 Fuss nach
jeder Seite. Das Gewölbe hat als besondere Stütze
einen runden Pfeiler. Die Rippen des Sterngewölbes
entwickeln sich von da in gleicher Zeichnung nach den
vier Seiten, wo sie an den Mauern ebenfalls ohne Ver-
mittlung ansetzen. Das Presbyterium liegt nicht in der
Achse des Schiffes , sondern etwas gegen links , ist
'2ö Fuss laug und ]H Fuss breit und besteht ans einem
oblongen Joche mit Kreuzgewölbe und dem gewöhn-
liehen fünfseitigen Chorschlusse. Von aussen hat dasselbe
nur einen Stützpfeiler, das Schiff hingegen nach jeder
freien Seite zwei. Die gegen Norden sind dreieckig, die
gegen Süden nnd Westen haben die gewöhnliehe Form.
Doch sind die letzteren durch eine Mauer verbnnden.
Fl» :t.
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CLII
innerhalb welcher die Chorstiegc angebracht wurde.
Die Fenster der SUdscite «Ich Schiffes und die de» Pres-
byteriums sind spitzbogig und mit etwas Masswerk vor
sehen. Der Thurm befindet »ich an der .Südseite, ein
Werk der Neuzeit.
Die dem heil. Nicolaus geweihte spätgothische
Pfarrkirche au Wcisaenbach an der Naarn. besteht
aus zwei gleiehcn Schiffen von 67 Fun« IJinge und dem
Prcshytcrinm, das Fuss lang ist. Das Gewölbe dir
beiden, zusammen 38 Fusb breiten Hallen des .Schiffes
wird von vier in einer Linie Btehendcn achtkantigen
Pfeilern, die ö Ftts* im Durchmesser haben, getragen,
au welchen sie, gleichwie au den Mauerwänden, auf
kleinen Tragsteinen aufritzen. Heide Schiffe werden
durch ein reiches Netzgewölbe Überdeckt. Das Presby-
lerinm, das IX Fuss breit ist, besteht au« einem Quadrat,
da* mit einem Kreuzgewölbe überdeckt ist, und dem
tllnfreitigen Chorsehlusse. Siimmtliche Fenster sind
spitzbogig und mit Masswerk versehen. Leider hnt das-
selbe, sowie aneh die Pfeiler und die feingegliedertcn
Hippen, durch die i'bertlliiehung arg gelitten. Rechts
des Prcshytcriums - Quadrats befindet sich der Thurm
links die Sacristci. Der Musikchor ist bis zum dritten
Mittelpfeiler vorgeschoben und ruhet auf diesem und
dem vierten, welche beide deshalb verstärkt wurden.
Da« rhorparahcl hat schöne Masswerkfltllnngen. Kci der
Fl* t.
Fi«. 5.
Aufstellung vonKirchenstUhlen in den Schiffen mnssten,
zur bequemeren Placirnng derselben, die Pfeiler and
deren Sockel, im Chore die herablaufenden Gewölbe-
rippen durch Aushauen Platz schaffen , was auf jeden
Kunst und Alterthum liebenden Beschauer wahrhaft
empörend einwirkt. (Fig. 4.)
Die Pfarrkirche des an der grossen Naarn gelege-
nen Marktes Königswicsen ist ein ausgedehnter Hau
der Spätgothik. (Fig. 5.) Ihre innere Länge beträgt
'■>. Fuss, wovon auf das Presbyterium 33 Fuss kommen.
Das I*anghuus ist zweischiffig, eine Reihe von drei
achtkantigen Pfeilern theilt das prachtvoll gefugte Stern-
gewölbe in zwei ganz gleich behandelte Räume. An der
linken Mauerseite befinden sich im Innern der Kirche
gleich dem Äussern 4 Fun* breite Zulagspfeilcr, deren
Zwischenraum gleichfalls eingewölbt und mit aber Kreuz
gebundenen Rippen versehen ist. Im Presbyterium,
das ans zwei oblongen Rechtecken und dem funfseiti-
gen Chorschlusse besteht, and sich der Axe des linken
Schiffes anschliesst, sind gewöhnliche Kreuzgewölbe
ausgeführt, deren Rippen sich auf Wandsäulen stutzen.
An die mit Sockeln versehenen Pfeiler laufen die
vielfach sich durchkreuzenden Rippen ohne Vermittlung
an; dasselbe ist an den Seitenwänden der Fall. Der
Musikchor befindet sieh rückwärts des Schiffes, hätte
CLIII
aber wahrscheinlich bis znm letzten Pfeiler vorgeführt
werden sollen, was die dort befindlichen Bogenanläu-
1 er bekunden , wurde aber zwei Fuss rückwärts abge-
schlossen und auf eigene Pfeiler gestützt. Die durch-
gehende mit einem Pfosten versehenen Spitzbogen-
fenster haben einfaches, theilwcise noch erhaltenes
Masswerk. Der Thurm befindet sich an der rechten
Seite des Presbytcrinnis und steht in Verlängerung der
äusseren Hauptmauer; um für denselben das Quadrat
und die erforderliche Mauerstärke zu erhalten, wurde
er ein wenig in das Presbyterium eingeschoben.
Dr. K. Frbuuer.
Die Miniatur-Malerei von Monteoassino.
Das in Turin erscheinende Kunstjournal, L'artc in
Italia, dessen Blatter hauptsächlich den Interessen der
Kunst der Gegenwart gewidmet sind und in Folge
dessen unsern Lesern für gewöhnlich weniger wichtige
Beiträge bringt, enthalt diesmal im /weiten Hefte des
laufenden Jahrgangs, pag. 21 IT. einen gehaltvollen Auf-
satz von Tcodoro Patcras, betitelt: I miniatori a Mon-
tecassino, dessen Inhalt wir an dieser Stelle auszugs-
weise geben zu dürfen glauben.
Die Studien der Gelehrten haben sich in den letzten
Jahren stets sorgfältiger den künstlerischen Denkmä-
lern des frühem Mittelalters zugewendet, denn hier gibt
es noch grosse Lücken zu füllen, je langer die dunkle
Verfalls Pcriode der mittelalterlichen Kunst Italiens ist.
Seit Antoninus wird dieser Verfall, namentlich zu Con-
stantin's Tagen, besonders merkbar, das Ideal der heid-
nischen Kunst verblich vor dem aufleuchenden GeniuB
des Christcntliums, welches erstlich in den Katakomben
seinen Triumph feierte. Die ersteren Bestrebungen laufen
auf keine andern Leistungen hinaus, als jene Werke
der Maler, welche der technische Ausdruck alluminalure
oder Miniaturen bezeichnet, Tarsia-Arleitcn und gefärbte
Gläser, aber die historischen Nachrichten selbst Uber
diese drei Richtungen sind unvollständig genug, vor-
zugsweise in den Zeiten von Constantin bis auf Victor «.
Durch diese ganze lange Periode herrscht in den
geschichtlichen Kundgebungen Dunkel und Verworren-
heit, die Kritik kann sich nur in Hypothesen fortbewe-
gen und es ist unmöglich, den Gang der Entwicklung
mit Sicherheit zu verfolgen. Ein Ariadnefadeu in diesem
Libyrinthc ist die Untersuchung der achthundert genial -
len Codices des berühmten Klosters Montecassino.
Die frommen schlichten Kloslerleute sind es gewe-
sen, welche die Reste griechisch-römischer Kunstübung
den Bedürfnissen des kirchlichen Rituals wahrend der
Zeit der Barbarenstürme anzupassen versuchten , um
künftigen Meistern in glücklicheren Epochen möglich zu
machen, ein neues ebenbürtiges Ideal der Kunst zu
schaffen. Seit dem VI. Jahrhundert blüht der Orden
St. Benedict'*, dessen Mönche den Gesang, die Künste
und Wissenschaitcn wieder pflegten, die übrigen geist-
lichen Gesellschaften folgten dem Beispiele und so ent-
stehen in Solignnc in Frankreich, in Dunes in Flandern,
in St. Gallen wie in Montecassino ansehnliche Kunst-
schulen. Bei Ülivetaner-Mönchen finden wir die Tarsia-
Arbeit, bei den Camaldnlenscrn die Malerei, in Monte-
■ Victor III. nirb l"B:i «m with'lor llfir» für .l. r, «h.» »g>j«. P r>cli«ii«i«
»«■ i« «I« ■•«rMgnu Bill 4o. Ili.r^.lu» üb" Kün.t. uml F»rt»-u Joi
cassino Miniatur und Glasmalerei vorzugsweise eulti-
virt. Dieses Kloster behauptete Uber den anderen der-
selben Ordensregel nicht allein durch die bedeutenden
Privilegien seiner Abte das Principat, sondern vor allem
durch seine einzige Pflege der KUnste und Wissenschaf-
ten. Seine so zahlreichen Schätze an Miniatur-Malereien
gewähren beinahe eine Übersieht von deren gesummter
Entwicklungsgeschichte, denn sie umfassen ohne Unter-
brechung ein Jahrtausend, vom VI. bis zum XV I. Jahr
hundert t
Proben der Miniatoren-Kunst von so hohem Alter,
wie es der Homer der Ambrosinna, der Vergil des Vati-
ean oder der Wiener Dioseorides haben, Bind in Monte-
cassino nicht zu suchen. Die Reihe eröffnen vier f 'o.diecs
des VI. nnd zwei des VII. Jahrhunderts als die ältesten.
Hier beschränkt sich die Malerei anf die grossen , den
Baum des Blattes zum grflssten Theil bedeckenden
Initialen, es herrscht das Schachbrettmuster vor, die
Farbe ist nur grüo oder orangegelb, das Material des
Buches feinstes Pergament, die Zeichnung äusserst genau
nnd elegant. An den beiden Codices des VII. Jahrhun-
derts begegnet aber bereits die Spur des Verfalles; in
die schönen römischen Uncial-Schriften mischt sieh die
angelsächsische, die Malerei aber folgt auch hier, nnd
gerade au den Manuseripteu Montecassino' s lässt sich
dii8 durchgehends in sehr lehrreicher Weise beachten,
den Wandelungen der Schrift. In der früheren Periode
waren die Mönche dieser Abtei ihre eigenen Illustra-
toren, Schreiber und Maler in einer Person, zum grossen
Unterschiede späterer Erscheinungen , wo wir das
Mannscript durch zehn Hände gehen sehen, von denen
eine jede einen bestimmten Theil der malerischen Aus-
schmückung, und zwar mir dicseu mit mechanischer
Fertigkeit zu besorgen pflegte. Ein bcigegcbcncr Holz-
schnitt nach dem Gemälde eine« vom Abte Desiderius
herrührenden Codex überrascht durch die Schönheit
der Zeichnung, deren Ausdruck und Empfindung ganz
vorzüglich genannt werden mnsB. P. Krug und P. Pis
eieelli arbeiten an einer Ausgabe der schönsten
Miniaturen dieser Handschriften, die in Farben aus-
geführt werden sollen.
Das VIII. und IX. Jahrhundert, die Übergangs-
periode des angelsächsischen zum lnngobardischen Style
in der Miniatur-Malerei bieten die unerfreulichsten
Erscheinungen. Gleichzeitig mit dem hier zu betrach-
tenden Kunstzweige lag damals auch die Wandmalerei
in trauriger Weise darnieder, wie es selbst die besten
Werke beweisen, zum Beispiel die Gemälde der Madonna
delle cinque Toni, deren Leo von Ostia mit Rühmen
gedenkt. In den Büchermalereien liebte man nun mehr-
farbige Initialen, meistenteils in vier Tönen, gegen das
neunte Säeulnm jedoch besonders roth, gelb, grün, him-
melblau und violett. Der byzantinische EinHuss macht
sieh in den Goldfeldern bemerkbar, deren Gebrauch
jetzt anhebt, mit ihm ein nur ärgerer Verfall des
Geschmacks. Zeichnung und Composition zeigen dage-
gen beinahe Besserung im Vergleich zur früheren Phnse.
Dies wird noch besser in einer Handschrift des Albinus
Flaccus von 812, in welcher Gestirn-Conslellntioncn in
den Gestalten von Mensehen und Thieren symbolisirt
erscheinen. Die Genauigkeit des Faltenwurfes und die
Vermittlungsversuche des entwerfenden Geistes zwischen
den einzelnen Thcilen der Composition werden als ganz
erstnnnlich gepriesen.
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CLIV
Der Verfasser schliesst hieran einen Kxeurs Uber
das Verhältnis* zwischen byzantinischer nnd ältester
italienischer Kunst , in welchem er, ohne eigentlich
recht neues xu sagen, namentlich gegen die Ruuiobr
und andere deutsehe Forscher Front machen will.
Durchaus damit nicht einverstanden, verfolgen wir den
weiteren Verlauf des geschichtlichen Ganges.
In den Zeiten nach dem Sturze der Langobardcn-
herrsehaft lagen die Dinge nicht weniger ungünstig fUr
die Entwicklung der KUnste. Vom paläographiseheu
wie artistischen Gesichtspunkte bieten die Codices
dieser Zeit und die ersteren des XI. Jahrhunderts kein
Interesse. Die Schrift ist vorwiegend die verderbte lango-
bardische , zuweilen die lateinische. Die Ornamente
crreiclic.il in keiner Periode mehr diese Rohheit, die
Farben sind willkürlich gewählt. Einigcrmassen gute
Ausnahmen bildet eine in Lateinschrift geschriebene
Handschrift huincliarum, vitac Sanctorum, worin es
scheint, als walteten noch bessere Traditionen vor. Die
Arbeiten seit der Zeit Abt Theobalds zeigen ebenfalls
schon ein richtigeres Colorit, auch werden nun die Lich-
ter fein anfgehöht, nicht der Grand des Pergaments
ausgespart, in den Figuren wird auch auf die Hcwegung,
nicht blos auf die Köpfe Sorgfalt verwendet.
Kin weiterer Aufschwung erfolgt unter Abt Dcsi-
deriiis, spUter Papst Victor III. Damals waren in zahl-
reichen Werkstätten griechische und italienische Künst-
ler und Kunsthandwerker beschäftigt, damals blühte
die Miniaturen- nud Freskcn-Malcrschiile von Amalli
empor, vertreten erst durch Grinioaldo Diaeono, dann
durch Leone Amnltitano, von dessen Wandgemälden
vor kurze m Salazzaro bedeutende Spuren autgedeckt
hat. Von Werken, welche den Stempel dieses Einflusses
tragen, befinden sich eine grosse Zahl im Archiv zu
Montecassino. Zeichnung, Empfindung, und Ausdruck
dürfen sieh der Manier der Ginltisteii so ziemlich au
die Seite stellen, die UompoMtioueti sind gross angelegt,
dabei zuweilen kühne Verkürzungen gewagt. Das t'olo-
rit mit seinem chiaroscuro lilsst sich jenem der Arbeiten
Oderisio's und Satigro's vergleichen. Das Ornament end-
lich hat den langobardiscben Charakter abgestreift und
neigt dagegen ein wenig zum Maures«|tien , doch
bemerkt man, dass der echt italienische Heist sich immer
mehr selbständig zu machen bestrebt ist.
Auch in den Stürmen des folgenden Säculuins wird
die erfreuliche Blllthe der Miuiatur-Malerei auf Monte-
cassino nicht gestört ; das Ornament nimmt mit Vorliebe
Milder von Pflanzen und Thieren in seinen Foniienschatz
auf. Das XIII. Jahrhundert bringt gothisch geschriebene
Codices mit hingen Festons von zierlichen Mlumen. Im
XIV. Jahrhundert herrseht der Styl Giotto's vor, die
Vergoldungen verschwinden, doch stehen diese Werke
Mouteeassino's den gleichzeitigen von Horn und Mantua
nach. Die Kunst verliert von dieser Frist au, gleichwohl
bat auch noch das XV. und XVI. Jahrhundert manche
prachtvolle Schöpfung aufzuweisen, wie jene in der
Welt einzige Folge vun .SO dicken ChoralbUebcrn mit
wunderbaren Grotesken, Heiligengestaltcn und Putten
im Itaphaeleskeii (ieschmackc.
Wir fltgeu noch hinzu, dass die eingehendste He-
linm Illing des hier besprochenen Cegcustandes zu finden
ist in dem Hache des Archivars von Montecassino,
P. Cnravita: I ci.dici e le arti a Montecassino, .1. Vol.
M«.utecassino lHti<»_70. Albert lty.
Altere Grabsteine in Nieder -Österreich.
■ Mil i ll:l/^ti«lli«n j
In Fortsetzung unserer bereits in den früheren
Blättern begonnenen Hesprechung Uber die Bedeutung
der mittelalterlichen Grabsteine wollen wir nun die Auf-
merksamkeit unserer Leser auf die beiden sehr beach-
tenswert heu Grabmaie mehrerer Mitglieder der Familie
Kitzinger in der Stadtpt'arrkirche zu Drosendorf len-
ken. Es sind Grabsteine mit sehr zierlicheu, in golhi
scher Weise verzierten Wappen.
Die eine Platte, 8 Fuss 6 Zoll hoch und 4 Fuss
6 Zoll breit ^Fig. 1) ist von einem Sehriftrahnieu umge-
ben, der (dien fllr fünf Zeilen, an den Übrigen Seiten nur
für je eine Zeile Kaum bietet. Die Umschrift lautet: Hy g
undten § ligent § her § oswalt | (Zeile zur linken Seite)
vnn$eyczing§ vndg fraw§ Katharina $ sein§ erst gema-
helghern prechen§ vom j uewenhewsl§ selgengtochtcri?
vnd | fraw §Johanua § von bosskovitz § die § ander §heren g
oswalfzt} von | (/J. Zeile oben)§cyczing§gemnliel§den§
allen | gotg genadig§ sei £ durch g seinen«} | heiliiigg pit-
tern § marter § wille jj § I §4 gHtjGi} Im Mittelfelde be-
findet sich eine Gruppe von drei Wappen, Uberwölbt v.m
zwei geschweiften, mit Knorren besetzten Spitzbogen,
die mit einer Kreuzblume endigen nnd mit gleich Mass-
werk behandeltem Rankenwerk ausgefüllt sind. Zwischen
den Bögen eine Fiale, desgleichen auf jeder Seite eine,
die jedoch nur zur Hälfte ausgeführt ist. Das in der
Mitte der Wappengrnppc angebrachte Wappen zeigt uns
den seit alten Zeiten in der Familie Eitzing angenom-
menen schräg rechfs getheilteu Schild , auf der
Thcilungslinie mit drei Kugeln belegt. Der nach vorne
gerichtete Helm ist mit zwei BUfFclhörncrn geziert, deren
jedes nach aussen mit drei Kugeln besteckt ist. Rechts
nnd link» davon sind die Wappen der beiden Frauen
des Oswald Eitzinger, nämlich rechts jenes der Katha-
rina von Newhäusel, links jenes der Johanna von Bos-
kovitz. Die Zeichnung der Wappen, insbesondere der
Helmdeckcn ist keineswegs hubseh, da dieselben mit zu
viel verworrenem bandartigen und in Blättern endigeii-
den Rankenwerk geschmückt sind.
Oswald Eitzing war der Sohn des Georg Eitzin-
ger von Eitzing, der zu ßegiun des XV. Jahrhunderts
urkundlich erscheint. Seine Mntter war, wie Prcucnhnber
berichtet, Margaretha Wildungsmauer. Oswald hatte
viele lieschwistcr; es sind als BrUder jener in der
österreichischen Geschichte berüchtigte Ulrich und ein
Stephan bekannt. Bezüglich der Schwestern hat sich
die Nachricht erhalten Ton Afra, verehelicht mit Walter
von Apfenthaler, mit der die Krtlder wegen des elter-
lichen Erbes bis 144:) in Hader waren, und von einer
zweiten, Katharina, die mit Wolfgang Hohenfelder zu
Aistorsheim verehelicht, aber 14.*19 schon Wiftwe war '.
Um 14G£* war auch eine Katharina Eitzinger Äbtissin
im t'larenkloster zu Tllrnstcin. Am 'J'2. November 1 4-iO
wurde Oswald gleichzeitig mit seiuen Brüdern durch
Konig Albrecht II. in den Freiherrnstand erhoben,
welche Standcserhöhnng Albrecht IL als Herzog von
Österreich und Markgraf von Mähren unterm 25. Nov.
1439 und Kaiser Friedrich am 6. December 1440 bestä-
tigte, wozu noch im Jahre 1445 das Recht kam, mit
rothem Wachse siegeln zu können. Oswald Eitzinger
• Wla. grill »tun. omi, »u S<l..wr Klt»»l..<li , »rrf liellct» aal lUyp.r
<in lluiuubsrct {USA)
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war nicht <■« glücklich wie sein Bruder, es
su einem m> bedeutenden Vermögen zu
bringeu. Im Jahre 144;> kauft er im Vereine
mit Keinen Brüdern von Man» Laher zu
Ten* einige Güter und Gullen zu Weiders-
leid, 144-1 ftlr sieh allein kleine landesftlrst-
liche Lehen zu Genttendorf, und erhalt für
sich und seinen Bruder Stephan im Jahre
144« von Michael Grafen von llardeek und
Burggrafen zu .Maydhurg die Berechtigung,
die von diesem ertheilten Lehen für so lange
als der Mannsstmum dauert, als freies Eigen
zu gemessen , gegen guwisse Entschädi-
gungen, die dafür dem Grafen Hardeck
gegeben wurden. 144S) wird vom Kaiser
Friedrich als dem Vormunde Königs Ladis-
laus dieser Lehen- Eignung die Bestätigung
crtlicilt. Bereits 1450 war Oswnlt Haupt-
mann zu Drosendorf, wie dies aus der
Zengensehaft einer Urkunde seines Bruders
Ulrich erhellt, in welcher er Überdies noch
der edle Herr genannt wird. 1451 bekom-
men die drei Bruder Ulrich, Oswald und
Stephan die Veste Kaja sanunt dem Gericht
zu Waizendorf von Kaiser Friedrich zn
rechten Manuslehcn mit der Erlaubniss, die-
selbe mich Gefallen niederzureissen oder auf
anderen zu Kaja gehörigen Gründen neu
aufzubauen. 1457 ernennt ihn König Ladis-
laus anlässlich der Verhandlungen mit König
Karl von Frankreich zum General -Bevoll-
mächtigten, ans welchem Anlasse er nach
Frankreich ging, um l'rincessin Magdalena
als Braut seines Herrn abzuholen. 1457 gibt
Michael Burggraf zu Mnidherg den drei
Brüdern für ihre Dienste seinen Berg und
Grund, genannt der Umlauf, nächst dem
Neuhäusel , zum erbliehen Besiti. 14(55
erscheint Oswald als testamentarischer Vor-
mund der Kinder des edlen Wenngo von
Teygwiz und wird im Besitze der Pflegschaft
von Drosendorf durch Kaiser Friedrich be-
stätigt, in der er auch bis au sein Lebens-
ende blieb. 14t)t> erhielt er in Folge Ver-
gleiches von seinem Bruder Stephan das
Schloss zu Neuhäusel und das öde Haus
Schenkenberg, doch Ubergeben 1470 Os
wähl und seine Gattin Katharina, Tochter
des Przcho von Newnhewsl dem Stephan
von Eizing das Schloss Kaja und das Newn-
hewsl mit Zugehör als freies Gut; ausser-
dem fertigt Oswald noch einen Verzichtbrief
zu Gunsten Stephan'« aus, auf alles Gut, was ihm sein
Bruder Ulrich, f 14l>4, hinterlassen. 1472 hatte er dem
Kaiser mehrere (Hilten und Lehen an der Donan auf-
gesandt, die dann dem Kaspar von Kiegendorf ver-
liehen wurden. Im Jahre 1 474» erscheint Oswald als
ältester Lehenträger seine« Geschlechts und tibernimmt
für seinen jüngeren Bruder mehrere Lehen von Kaiser
Friedrich. 1479 erscheint er als Zeuge auf dem Thci-
lungsbriefe des Stephan Eitzing, durch welchen jener
sein Vermögen unter seine Söhne Georg und Martin
thcilt, 14HI erscheint er nochmals als Zeuge. Nach der
iihbcnaunten Inschrift war Oswald zweimal verheiruthet,
XVII.
gofi jeacuüjf fetf Ittrirftf ferner § \
h t ülm^fitkn\ i mcirterf nrillej
Fi*. >■
die zweite Frau keine Nachricht,
nicht mehr in Urkunden erscheint.
doch flndet sieh über
Da nach 14M1 Oswald
»o durfte das Jahr 148« sein Sterbejahr bezeichnen.
Kr starb wahrscheinlich kinderlos «.
Der zweite Grabstein hat eine Höhe von K Fuss
und 4 Fuss Ii Zoll in der Breite. Ähnlich dem früher
erwähnten Monumente ist auch hier der Schriftrahnien
ungleich breit. Während an den beiden Seiten und am
unteren Ende er nur Kaum für eine Zeile bistet, erwei-
tert er sich oben mit Benützung eines Theiles des
■ S. WlKf rill, Stfcau|lm n. ü. UM, und ArtM« 4» k. Akt
li.üil. 4.T IVliti lisch %tlt Ii 1. Iii II. II., p. I u. f.
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CLVI
fVttt Unnc Üiaetm .( begraben j ber
! —
vir-*
unöjfrau 5 (Etvfeana s CeT
^cma ^UtfU ^cs torSeri ; an
Mittelfeldes nm Mut« zu machen tllr»i' s Zeilen. Die
Inschrift lautel : Hier g inac g Ii penn § in Kraben g der |
i/.eile linker Seite) wnlgeboren g lierr § (ienrig g von£
eveingg mhI § frau g cwfe | nnn§ gebornn g vongTnpell
-ein , geinahl g «id 8 lierr S g-'origg ist g gestorben g am
Sanrfg Georgng lagil (S.Zeile oben) An». <lm g m. eeeeeg
primo vnd g frau g K« fennii g sei 1 gemahl g ist g gestor-
ben gau saiidglleorgontag Anno | <lni g 1 X'Jf» de gbeden
got , gennd. Die beiden im unteren Tbeile de» Mittel-
feldes angebrachten Wappen . Uber ileucn »ich ein go-
thisches Ornament spitzbogeniilinlieh und mit einer
Kreuzblume abschliessend wölbt, sind jene der Fiimilien
Kyt/.ing und Toppcl. I);is erstere ist gegen
Uber dem früher beschriebenen dieser Fami-
lie bereits vermehrt ; im ersten und vierten
Fehle enthiilt es das alte Familienwappcn,
im /.weiten und dritten einen runden Hut
mit zwei herabsinkenden Quasten . darüber
ein Fisch. l>er Helm ist gleich dem eben
besehriebenen. Zwischen beiden Wappen
schlingt sieh mit den Hclnidccketi vereint
ein Blattornament . das jedenfalls htlbseher
durchgeführt ist als das stin früher erwähnte»
Wappen. (Fig. 2.)
Georg- Eitzing war der Sohn des Sigis-
mund und Nachfolger Oswald'« in der Pfleg
si-haft von Drosondorf ; er hielt es meistens
mit dem Laiidestürstcii, stand gegen den
ungarischen König Mathias. Kr war zweimal
verehelicht, doeh waren hehle Ehen kinder-
los. Seine erste Frau war Klisabetb von
Sinzendorf, Tochter des Hans von Sinzen
dorf, die um 14i'<> starb. Seine zweite Gattin
Kupliemia, Iternharil's von Toppcl Tochter,
starb 1499.
Wir haben bei früherer Gelegenheit
bemerkt, dass oft der Zufall mithelfen muss.
um (Grabdenkmale . die anzweifelhaft von
einiger Bedeutung sind , aufzufinden. So
verhalt es sich mit einem Fund in jüngster
Zeit. Aus Anlas« der vielleicht zu erreichen-
den Wiederanfstellnng des gratlich Lnuilon'
sehen Gedenksteines im Sehlossparke zu
Eflistlirunn, der leider gleich manch ande-
ren Denkmalen daselbst, die aus der Zeit
des gräflich und fürstlich Sinzendorf'schen
Besitzes » stammen, dem Verfalle in unwür-
diger Weise preisgegeben ist und bis wenig
Htens noch vor kurzer Zeit auf dem Material
platze des Schlosses lag, begab sieh der
(Gefertigte und noch ein Ausschnssmitglied
des Wiener Alterthums- Vereines in das oh-
bennnnte Schloss. Da mau in freundlicher
Weise ilie Besichtigung der Burg gestattete,
gelangten wir auch in die katholische Schloss
Capelle und fanden daselbst in der rechten
Seitenwand drei Blatten aus weissem Marmor
eingelassen, auf deren jeder im Hochrelief
eine Fignr in Lehensgrösse ansgcmeisselt
ist. Zwei Figuren, davon eine von unter
geordnetem künstlerischen Werthe, zeigen
* In drr st~t naUrti^i ■■ Saln a-Cap*]K- drr rfarrklrrhr i"
Kraatbrmm, 41» abrnmlt dir rhrrlifck« «ILO .»r. badndel
■loh da» BliibrKTÜKtii» ili t Faimtl« SImh d'rf Auf der Gmfl
Im Mm* liurbnd awiabraebti »Mta «m bccr»b«o 4<r
lli.rh nr.il W«t|rbnrur «irr W.aj.l, II. rmnia, Eu.lMbliia, Jol an* Nrp-a-
m«k. 4V> lltll. IlSm. IC»lrh.. Erf. Srhmn»il.'ir Iloivsrrr in IHMlMtt M
u».l Harr von slotirml.rf «nd Tbaiiakaaaau. Frruh«rr auf und iu I>n»|.niBu,
Harr .Icmi Iii rnr liafra Klommt, Slrt.n.l.if. s.bii.!i rl- b« , ««Ina. (HMI,
Mr. Udorf. S.ili.j, Kiiiamorf I» l.an(n> Tii«ll. Hi.u*oari -rf. HIcholriMiaii.
simk«»l.rilBH. !'»'l<n(-l.. Tr|.i»l. I MrtW li •*» 'md Hcrr-rh.ifr Alrhhor»
i. Obrl't.r iIit Mil»il.rhm»h In ll.I.rr. leb ob der Kam. Ol.rl-
„jrJ»er. ObrtM. r RrM&a| I Klcbl»r «od obrlocr KrMaunn Für-
_J Ob«r- und Mrd-r • i'jkt. HMtfe . Ibr« Kb'ni. Kar. auch Kay. KJn.
Anaal. Mai H'irklltbrr Kämairrtr. S.. .'. a 13. » »Lruary i:nO«|.ahre» aad d'-a
|£ >!•)' 1TT3 la ataM -rllK f-nl»rlila/>-u.* lriarhr.fl d«» Oral>it»ltie» anraau am
dt-r Ca[>rlloi .lll.r nihil der tli<rku< ln>ru« llrrr Cr^oiar Tür*! »ou Slnrraderf
und Tun Ii «Uten, kl für. Irl. r Iturf^raf von Wlnli-rrl'-dra Im Köalcrrlrbr lUjrru.
Fraybcrr auf nnd tu KmMtiTutiB. lUrr d.r ll>-mrbftftau rlrartbrann, Klraiaal,
llae«abrr(, Ml*h'1»l« Hau, I nl«r»llob<iibru» n. Sralnabruna aad Off hl In O.irr-
lallk, lunallan and OataHhiM In lU-bnirn . k. k. Känim'rtr. Ititlrr d«r fial-
•taaea lUMMip dann d<-r Mallbi rrr • Ord«nr KomaiNadmr. drr ar»la Karo
nlari lltimri. «larb al* dar kiaaf iffpiM drr alu-rUalrlirn tatnllK' Siaara-
dort In :j. Jabra aala» Atu», lat StbloM» Ernll.runa am I* Au-u>l
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männliche , die andere eine «ehr schön ausgeführte
weibliche Figur. Da sich keine Inschrift an den Monu-
menten befindet , müssen als Anhaltspunkte lUr die
möglichst genaue Bestimmung dieser unzweifelhaft als
Grabdenkmale angefertigten Sculptiiren die Tracht der
Figuren, deren künstlerische Behandlung und endlich
das Wappen genügen. Dem Wappen nach, das bei alleu
dreien gleich ist und einen, mit in Kleeblatter endender,
einen Halbkreis bildender Binde belegten Flügel zeigt,
dürften diese drei Grabsteine den letzten Abkömmlingen
des m.'ihrisehen HeiTcngeschlcchlcs von Lomitie ange-
hören und denselben früher in der Filialkirche zu Bicuu,
einem kleinen Dorfe und vormaligen Bittersitze bei
Eichhorn, gesetzt und von dort nach Eriistbninn llber-
tragen worden sein. Johann Sembern von Boskovic ver-
kaufte im Jahre 1;>7<i das Gut ftieau sammt Eichhorn
dem Oberstlundriehter in Mähren Znata von Lomnie und
dessen Gemahlin Magdalena von Mirow, von denen es
im Jahre lf>*f> an Tas von Lomnie und dessen Gattin
Katharina Mczefickä von Lomnie Uberging. Tas starb
um das Jahr Kim» als der letzte seines Stammes und
seine Wittwc Katharina verkaufte beidu Gitter im Jahre
llio'.t hu II. Siegmnnd von Tirstenbaeh. Im Jahre lti7<>
gelaugte ftican sammt Eichhorn an die Gräfin Marie von
Sinzemiorf, im Jahre 17<>7 an Johann Wcikurd Graf von
Sinzeudorf, im Jahre I7I:"> an dessen Sohn Prosper, im
Jahre I7ÖG an Wenzel Johann und endlich im Jahre
177:5 an des letzteren Sohn Prosper, der es im Jahre
an den Freih. Wilhelm von Mmidi verkaulte.
Mit Bücksicht auf die Tracht der Figuren und die
Behandlung der Scnlpttir ist kein Zweifel, dass diese
Denksteine die beiden Herren Znata und Tas und die
Gemahlin des Letzteren Katharina v. Lomnie vorstellen.
lh: K. I.i'xl.
Zur Kunde steierischer Städtewappen und Siegel.
Mll 4 l|.-l».chollt.i,;.
Herr Dr. Emst Edler von Hartmann Franzens
b 11 Iii hat durch eine eingehende Besprechung von
Widimsky's Städtewappen des österreichischen Kaiser-
staates im XVI. Jahrgänge dieser Zeitschrift, wieder die
Aufmerksamkeit des grossen Publieuats auf ein schon
IStU erschienenes Werk gelenkt. Im Ganzen wird die
Verdienstlichkeit des Unternehmens anerkannt, im Ein-
zelnen manche Schwäche berichtigt. Da jedoch ein
detaillirtes Eingehen auf alle historischeu Unzulässig-
keiteti Widimsky's nicht in der Absicht des Beiirtheilers
gelegen haben mochte, so blieb dadurch noch mancher
Irrthum übrig, der eine Correctur erheischt. Das gilt
zumal von dem Uber die steierischen Städte -Wappen
und Siegel Gesagten. Nur zu leicht geräth man sonst
in den Glanben, dass von den gerügten Fehlem abge-
sehen, der Best ohne weitere Prüfung brauchbar sei und
so ist es in der That schon der Grätzer Tugespost in
einer Notiz über die oberwähnte Besprechung ergangen.
Die nachstehenden Berichtigungen Köllen nun an einigen
herausgegriffenen Beispielen zeigen, wie überreich au
geschieht liehen Schnitzern Widimsky's Angaben betreffs
der Steiermark seien, und wie sehr man sich daher
hüten müsse, seiner Autorität unbedingten Glauben zu
schenken. Niehl wenige heraldische Cnriosa reduciren
sieh dann bei genauerer Betrachtung auf blosse Miss-
\erständiiisse.
Vor allem erscheint es nolhwcndig zu prüfen, wie
es mit der Glaubwürdigkeit gewisser von Widimsky
positiv ausgesprochener Nachrichten bestellt ist. Zwei
Beispiele dürften vorläufig genügen.
S. 3D berichtet Widimsky: r Schon im XII. Jahr-
hundert war Fürstellfeld ein geschlossener Ort und imi
die Mitte des XIII. Jahrhunderts bereits eine Stadt, deren
Bürgern Kaiser Bndolf I. von llabsburg ddo. Wien am
24. Februar 1 1*7 7 die vom Herzoge Leopold dem Glor
reichen und vom König Otakar von Böhmen erhaltenen
Vorrechte und ihr Stadtwappen bestätigte, welches
damals aus einem gespaltenen Schilde bestand . dessen
vordere grüne Hälfte den silbernen steierischen Panther,
die hintere silberne den altbölimischeu einköptigen
gekrönten schwarzen Adler enthielt. Nicht lange darauf
wurde nuter Albert I. von llabsbnrg. als Herzog von
Steiermark, llW>, dieses Wappen abgeändert, indem
der nlthöhmischc schwarze Adler mit dem silbernen
Felde herausgehoben und dafür das österreichische
Baiidschihl aufgenommen wurde, welches, so darge-
stellt, seit dieser Zeit auf l ikumlen und in Siegeln in
Gebrauch geblieben ist.-*
S. 2i> weiss er über das Grätzer Wappen zu berich-
ten, dass der Paiitherschild schon 144(1 geführt wurde,
und fügt dann wörtlich bei: „Nach der Thronbestei-
gung Kaisers Friedrich IV., welche in demselben Jahre
stattfand, ordnete er der Stadt znin Beweise seiner Huld
und Gnade an, das* von nun an ihr Wappen drei ein-
Bchwänzige , vor sieh schauende, silberne Löwen zu
Sehildhaltem führen solle, von denen beiderseits ein
aufrecht stehender den Schild mit den Vorderprankcn
halten, und der dritte diesen unten mit Kopf und liückeii
zu unterstützen habe-.
Betrachtet man nnn das Verzeichnis* der ,. (Quellen-,
welches W r idimsky S. 50 seines Werkes abdruckt,
ao ersieht man, dass er, was die Steiermark anbelangt,
fast gar nicht nach Urkunden gearbeitet, und die weni-
gen benutzten oft missverstanden hat. Weit lieber
schöpft er seine Nachrichten ans zweiter und dritter
Hand, und indem er dann einzelne positive Notizen
willkürlich verbindet oder falsch deutet, entstehen der-
gleichen verschrobene Behauptungen . wie die ot., n
angefahrten.
Die Ingredienzien zu beiden Wappensagen lassen
sich indess glücklicherweise bis zum I-TltpIVleheu nach-
weisen. Sie sind für Fllrsteiifeld einmal die Thatsaehe.
dass König Budolf unter dem angegebenen Datum de»
Bürgern die hergebrachten Freiheiten bestätigt hat i an
die von Melly (Beiträge zur Sicgelknnde des Mittel-
alter« p. *I) gebrachte Beschreibung zweier Stadtsiegel
aus den Jahren 127* und 1 L'!'f>. Allein das Privilegium,
dessen Wortlaut aus der Anmerkung ersehen werden
kann, gedenkt mit keiuer Silbe des Stadtwappens *. und
aus Melly's fliegendem einfachen Adler auf dem älteren
Siegel ist bei Widimsky der altböhniische einköpfige
gekrönte schwarze Adler geworden. Eben so genügt
ihm, dass Me 1 ly das geänderte Siegel au einer Urkunde
von 120() erwähnt, um sofort dieses Jahr als den Beginn
' Kn!T,.Hiim,'p a«, f, f. M •• ttlfhttr, lYi> K • t At:t Ifcili il'i —
lirtii-ii Srr.il! r'ÜT.Ivt.f'l.f, ji. 1,
: Ld'li'lf mh got!i. K"*d v l< ltiirai»rl,i r ko^lf ... v.;|si . H -Air. (t m
• I luli^.U t.lJlll lilll -n II |;ij,l!rr:* VQii k.llflllllD'-.Mlfyt dlllth .11'-' li'-IIMin;- !!
tit TjrE'.i ( rLiini tfj\i?lt und nun jNitlHiii. ^ . rrfTiin^ zall. crtir ini'il. n'.lf tv
£.'W^nlnli liil'Oi.t fc'ct.»h. tu 4!« ii *• ilK-ii .lir..:'»n hf r-j..ir. i, vntl ,i|tt rm. i-t
"-iu»i.dl »' rt^i: Ltii|".Ir» iiiml iura». Ii il> . irHiKi.ii'i: Olt 'k*r<- k Ii n
11'h.lmS. h.irvber enrtlrr. m wir kllri. \=.t*r™ x.i'.lt.. -ru .. » \n, ittr L'i".:--
?»ll*'i£ Ht*«*; AlbTe«hl II- dd>. liü, IT. >• i'tiT.t-. r. I.rm
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clvui
n*. i
einer Neuerung; zu bezeichnen, weicht- fln»ii*M» gut in
den vorausgehenden |K Jahren eingetreten «ein kann.
Noch unkritischer, WO möglich, ist dM über Grätz
besagte. Weder der reiche Lrkundenschatz de* steie-
rischen Lnndes-Archivs, noch Chmel'l Regelten Kailer
Friedrich'«, mich Wartinger'« Privilegien von Grätz
oder Muchnr's Geschichte der Steiermark, Winsen
etwa* Von jener Verleihung der drei Löwen als Schild-
lialter. I>ie Thatsaehe, das« ein Siegel vom Jahre 1440
mit drei Ltlwen, welche den I'untlierschild umgehen,
vorhanden ist, und eine missdeutete Behauptung M e lly's
sind hier die Qnellen des von Widimskv vertretenen
Irrthmas.
Meli y hebt nämlich hervor, S. 171, das* die Jahres-
zahlen auf Städtesicgeln nicht allein mit der Verfertigung
de* Siegels gleichzeitig sind, sondern überdies meist
mit dem l>atum der Wappenvi rleihuug xusaiufticnhün-
gen, F.r mochte, was Grätz betrifH, dies MB so sicherer
glauben, als ihm drei Siegel vom selben Jahre (1440)
bekannt waren, während gewöhnlich die Städte mit
der seit «lern XIV. nnd XV. Jahrhundert belichtet! Hin
tlthrung der Gcheimsicgcl. den fortwährenden Gebrauch
der älteren Hanptsiegel verbanden (8. 159). F.r spricht
daher. S. «:t, m ine Ansicht ganz bestimmt dahin au«,
Fi*. 2.
dass 1440 das Jahr der Wappenverleihung sei *. Widim-
skv. welchem blos der Stempel vom Jahre 1440 vor-
gelegen haben muss , interpretirte dann die Verleihung
dahin, dass sie nicht nur den Schild, sondern auch die
drei Löwen als Schildlialter betroffen habe. Kine sorg-
fältigere Benutzung von Mc lly's Werk allein hätte ihn
schon von dieser Behauptung zurückhalten sollen, da am
angeführten Orte noch zwei nndere Siegel de« gleichen
Jahres beschrieben werden, deren eines die LBWCO
durch drei wilde Männer, du« andere durch Ornamente
ersetzt. Oder sollte Widimskv im Ernste der Meinung
gewesen sein. König Friedrich IV. habe den Grätzern fllr
das Hanptsiegcl wilde Männer, fllr das mittlere Löwen,
und fllr das kleine gar keine Schildlialter erlaubt?
Man wird daher da« Erscheinen der drei Löwen im
Felde des Grätzer Siegels auf anderem Wege als dem der
Verleihung zu erklären haben. Auch hier hätte M e 1 ly den
richtigen Führer abgegeben. S. IX'i verweist erderglei-
chen Thiere in die Kategorie der Beiwerke und leitet
deren Entstehen (S. 1*1) au« dem Geschmaekc der Gra-
veure her, denen da« widersinnige Freiseh weben der
Schilde nicht behagen mochte. Solches lässt sieh auch fllr
gen Siegeln der Stadt Cilli, wo ebenfall« die drei Löwen
auftauchen, ist z. B. das Vorkommen wilder Männer
auf Judenburger Bürger-Siegeln beinahe charakteristisch.
Da dieselben nicht selten Schilde mit blossen Haus-
marken tragen, so wäre* es geradezu widersinnig, sie
als Schildlialter in der späteren Bedeutung zu lassen.
Wieder andere bedienten sieh der Engel, Löwen, Vögel
Drachen n. s. w. zn gleichem Zwecke, so das« wir offen-
bar hier nur mit dem Erzeugnisse des damaligen Ge-
schmackes zu thun haben. .Vis darum die Vorliebe fllr
dergleichen Figuren mit dem Mittelalter erlosch, d»
lies« man sie einfach weg und derOrätzer Siegel-Stempel
an« «lern XVII. Jahrhunderte, welchen v. Franzens-
hnld abbildet, hat bereits diese angeblichen Schild
halter durch reiche Ornamentik ersetzt.
Mithin brechen die von Widimskv Uber da«
Grätzer und Ftlrstenfeldcr Wappen gebrachten Sagen in
sieh zusammen. Als Beleg für den Irrthum, dass man
schon in der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts darauf
gekommen sei, die Schildhalter diplomatisch fixiren zu
wollen, kann unser Grätzer Siegel ftlrder nicht benutzt
werden; dieser zweifelhafte Ituhm bleibt nach wie vor
dem Zeitalter der verfallenden Heraldik vorbehalten.
Was die Grätzer Bürgerschaft im Jahre 1440 zur
Neuanfertigung aller Siegel bewog, ist freilich nicht
leicht zn sagen. Die Wappenvcrleihnng. wie Melly
meint, war es nicht, denn die Stadt führte den Panther,
allerdings ohne Fassnng in einem Schild, schon seit
dem XIH. Jahrhunderte im Siegelfelde. Der Freund-
lichkeit des Herrn Hauptmanns von Felicetti - Eichen
fels verdanke ich die Zeichnungen zweier Siegel,
deren Originalien sich in den Archiven der Stifte
Kenn und St. Lambrecht befinden. Das iiiteste (Fig. H
hatte offenbar die Umschrift : f Sigillvm civm . de
graez. Es zeigt den steierischen Panther noch ohne
Feuerflamiuen auf dem Kopfe, ein sonderbar geform-
tes Hütchen mit welchem da« l'nischriltkreuz in
zufälliger oder absichtlicher Verbindung steht. Dieses
' A. • 0 br\ IlfKhrelbSMI in gr5».«ro S.,>.1. Nr. inj, .Ei (.riti. Hl
«I» ilu Ei.li.idf »■ In Kufl'li.» <9«m |.rl»lUaiam« in..<«.llil,n.-» K«.-.i
rntdrlch III. ilV.y ml Nr. IM: .lUnk.ii übrr <!»■> Stlilldc ir«. n iw.i
lla-dei. «Ii/ wclfii.u II— tu, du J.far itr «-»r-p.imrl.ll.Mit. .««In*.
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f'LIX
Siegel ist mehr oder minder put nn zwei Henner I'rkun-
den ddo. 1277, 16. Februar "Kenn, nnd 12*9, 23. Mai
Orätz, erhalten und kann höchstens Ihr /.um Ausgange
des XIII. Jahrhunderts in Gebrauch gewesen »ein. Seil
dem Jahre 1300 begegnet nämlich ein neuen Siegel
(Fig. 2) an Urkunden, das sich als f Sigilvm civi
tadis . gret(zensis) bezeichnet. Der Panther ist hier
gekrönt und Uiwenartiger , auch sprüht schon Feuer
ans seinem geöffneten Itaehen. Ob dieses Siegel,
welches bei einer Kenner l'rknndc vom Jahre 1#N),
'.».Mai, nnd einer St. Lambrechter ddo. 134*, 15. Juni
bekannt ist , auch in der /.weiten Hüllte des XIV. Jahr-
hunderts gebraucht wnrde, ist bisher nirht zu erheben
gewesen, doch ist es nicht unwahrscheinlich, ilass es
bis zum Jahre 1440 in Verwendung gestunden fei. Das
Bedttrfniss zweier kleinerer Siegelstcmpel , verbunden
mit der veralteten Form der Wappenfignr mag dann die
Stadtgemeinde auch zur Neuanfertigung des dritten
Stempels (Melly Nr. 1*2) bewogen haben, welche noch
1IV.I4 und 1 <>:!<• an Urkunden erseheint.
Ist durch die bisherige Darstellung gezeigt worden,
wie vorsichtig man den positiven Kehauptmigen
Widimsky's, mindestens was die ältere Zeit anbe-
langt, entgegenkommen innss, so kann der Kest der
liemerkungcn desto gedrängter gegeben werden. Der
Wortlaut der WappcnverlcihnnK Kaiser Kudolf des I.
an die Stadt Brock an der Mnr d. a. 130t > (sie) wäre in
der 'Chat, wie Herr von Frnnzenshuld bemerkt, sehr
um l'latze gewesen, zumal Urkunden, welche neun Jahre
nach dem Tode des Ausstellers datiren, entschiedene
Merkwürdigkeiten sind. Nebenbei bemerkt, ist uns eine
Wappenverleihnnp für diese Stadt erst von Maximilian I.
bekannt». Ebenso verstellt es sich nach den früheren
Ausführungen von selbst , dass der drei unglückseligen
Löwen halber Kaiser Friedrich IV. (!I1I.) mit nichten
der Verleiher des Wappens an die Stadt t'illi sein muss.
Hei Jndrabnrg , woWidimsky die alten Siegel-
bilder ^Maner mit Thurnt. später mit dem steierischen
und österreichischen ISanner besteckt) bespricht und die
Frage anfwirft, wann denn das redende Wappen auf-
gekommen sei. glaubt sein Betirtheiler, dass dasselbe
von Ferdinand II. herrUhre, weil ein (jetzt ipi Landes-
Arehive befindlicher) Siegclstempel den Jndenkopf und
die Jahreszahl Hilf» aufweise. In der That Ijcss sieh
früher nichts gewisses Uber den Heginn dieser Änderung
sagen, nnd Leithner weiss in seiner Monographie
dieser Stadt nicht einmal eine Sage dafllr beizubringen \
wiewohl sich dieses Stadt- Wahrzeichen in Stein gemeis-
selt an einer Ecke des Judenbnrger Gasthofes zur
Krone findet, welches in seiner jetzigen (lestalt ins
XVI. Jahrhundert zurückreichen dürfte.
Ein glücklicher Zufall liess mich erst vor kurzem
die beiden ältesten Beispiele dieses Wappens unter den
Archivalien des steirischen Landes- Archivs auffinden.
Das eine ist ein Secret vom Jahre 14SK, dessen Abbil-
dung unter Fig. 3 gegeben ist. In Mitten einer drei-
bttgigen Zierrath befindet sich der ausschweifte Schild
mit dem ausdrucksvoll gezeichneten Judenkopfe. Ein
Schriftband mit der Jahreszahl und den Stadtnnuicn
•:ivdenbv rg in kraftiger Minuskel durchficht die Ein-
fassung. Im Gebrauche stand dieses Siegel offenbar bis
• Wimiii*, r. M*. t«.n Bruck, ». 5C
» \ .»ttcli .l.cr «»n-fr^W« Ul>«' *- * «
i». i tarnt 16. Hai IrajlkBr raa.t l*k weh auf
Jahron o>» <r -rlion Jahri,oiMcrn
Fip. :t.
zur Anfertigung des obenerwähnten
Seeretstempels von lf>19, denn es
hat sieh an einer ZuBehrift der Stadt
vom Jahre 1608, eine Malefizperson
betreffend, erhalten.
Vierzig Jahre jünger ist das
Grundsicgel Fig. 4, dessen Ausfüh-
rung freilich bedeutend schwächer
ist. Es findet sich an Urkunden,
welche Grundstücke innerhalb des städtischen Weich-
bildes betrafen, mindestens bis ins XVII. Jahrhundert
angebracht. Die Umschrift •: S(ta.lt) * I(udenburg) ♦
GRVNT i SIGIL :• 152« ist gleichfalls auf einem Bande,
der Schild selbst erscheint schief gestellt. Erwähl man.
dass das von Melly Nr. UM nn einer Urkunde von
14K7 verzeichnete Secret noch den Thorthurm zwischen
den Bannern /.cigt, so unterliegt es wobl keinem Zwei-
fel, dnss die Aufnahme des Wappenbildes erst ins Jahr
14SK fällt. Dass sie auf Grund einer
kaiserlichen Verleihung erfolgte, wie >f?! , 5ii.
sie im gleichen Jahre z. B. Biberaeh
zu Theil wurde (Chmel Reg. K.
Friedrich 757, Nr. 8303) ist um so
wahrscheinlicher, als ein ähnliches
Diplom für den obersteirischen Ort
Nenmarkt bereits vom 3. December
144*> datirt. Daneben aber blieb das Flg. 4,
alte Hauptsiegel einer von Melly
(S. Infi) beobachteten Regel entsprechend noch tief im
XVII. Jahrhundert im Gebrauche.
Bei Besprechung des Leobner Wappens erklärt
sich der Benrtheiler mit Recht für die ältere von G rat
und Melly vertretene Meinung, welche im Strausse
eine Anspiegelung auf den Kisenhandel sehen. Widim-
sky dagegen betrachtet diese Figur als die Helmzier
des alten ungarischen Landeswappens«, welche Albert
als Konig von Ungar» zwischen 11:9* — ISO« seiner Stadt
Lechen verliehen habe. Dagegen erheischen die Abbil
1%. ...
j 11
Ii a
Hl.
• l>ar lauclw* 8lr»»«.Brid,ni rUTW.rt-ha»«« Sir*..-, m..l.i ...h I«
. «tatet Surrn», llunuarl- Tat. XIII, Nr. WÜ-SM, V.B, ST». »T». »T-.
Dan mJtlknen Varlaahu a«r Mür.i. n Karl l[..V»n. f|»M- iXfi, diruralallt
da.-IWt II, p. Iii) mlWIhi'llfa Snlta aiii»r OhMaHl .prlcM b. i 0rMMr>
r .l*r l.»,rh»nf.i.r K. ttol.trf» AI' Tl^bau |. sui.g .,«,, .1... dn Siran.» ..r'
liocu
lltlmirhmiirk rl«r Auj.'ll i In v rrani .,ul.lflii «.Ulfen» dl. IN |. K»U'u»
Ir.rl.li.nll.im jalri. anrcli <>ro»i. rmaraWi ia,.««la mb f. num .lru«,l<.»i.
, .\um |..i Ip.uri .tnwiioam r. «. r» »IM ilbl < .min- h.b.ri rl firri »iiiu
, lial.rNanlan WoM «In au«cnf«l!l£or llr|« .laftlr. -I* «nikc .11« Spina
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düngen «lor lltestcn Siadtsiegcl. welch»- XV [. Jahrgang
p.CXLI erscheinen, einige Ergänzung. Das Fig. 7 abge-
bildete Siegel ist zwar identisch mit dem bei Melly
S. s'.t beschriebenen, aber keineswegs das älteste, wie
beide verinntheii. Ks rindet sieh im Landes Archive seit
dem Jahre l.'tll au mehreren ("rkiinden durch das
ganze Jahrhundert. Dagegen erscheint da.« hier Fig. ö
gebrachte in seiner Zeichnung und Ausführung viel
einfachere t Sigillnm . civitatis . de livbcn schon an
einer Ausfertigung des Kichters Wigand uml der Gc-
■chworucn vom IS. September V2')*, mittelst welcher
«lern Pfarrer Yring des benachbarten l'ruleb die Steuer-
freiheit bezüglich zweier in der Stadt angekaufter Hof-
stätten zugesichert wird. Melly ist zu seiner Annahme,
von der Arbeit des Siegels abgesehen, vorzüglich durch
eine von Graf mitgetbeilte l'rkunde bestimmt worden,
welche Mim Jahre 1280 datirt ist und des Stadtsiegels
erwähnt. Ks ist nun richtig, das« Graf, welcher in einer
Beilage acht LcobiierSicgcl abbildet, kein älteres kennt,
allein er hatte auch das Original jenes citirten Docu-
menta nicht gesehen, da er ausdrücklich seine Nachricht
als aus „den Dominicaner Klosterannalen- 4 geschöpft
bezeichnet. Ausserdem ist bei dem v. Kra nzc nsh u ld
unter Fig. !> initgetheilten Stadtsiegel die Jahreszahl
]<>14 nachzutragen. Sie ist »heraus zart und klein an
den Seiten der Cartouche in zwei Zeilen 1— <>, I — 4
angebracht, und konnte darum leicht Ubersehen werden.
Hat der Gefertigte durch seine Darlegungen
erzielt, dass auch die Übrigen historischeu Ausführun-
gen Widiuisky's, soweit sie die Steiermark betreffen,
nur nach genauer Prüfung benützt werden, so ist der
Zweck dieser Zeilen erreicht. Auf das Wappen der
Familie Eggenberg, welchem Wid im sky 8.49 einen
eigenen Anhang widmet, wird er vielleicht in der Folge
einmal des Näheren eingehen. Ih . .1. LtuettM,
Die romanischen Thürzieher von öleink.
i.mii i M»lMttaln.)
Bekanntlich fällt die Gründung des ehemaligen
Henedictiiicr-Stiftcs (ileink bei Steier in den Anfang
des XII. Jahrhunderts, welche von Anthelm, einem
Manne von höherer Adelseiasse (nobilis et de conditione
majori) begonnene und von seinem Sohne Brunn fort
gesetzte Stiftung vom steierischen Markgrafen Ottoknr
VI. und seinem Sohne Leopold auf der im Schlosse
Steier 1 121 stattgefunden«-!! Versammlung mit Feudal-
und ZinsgUlern und Vorrechten reichlich dotirt wurde.
(Muchar, Band, Geschichte der Steiermark.)
Die ursprüngliche Stiftskirche und die dazu gehö.
rigen Gebäude haben indess im Laufe der Zeit so
mannigfache Veränderungen erhalten, dass man in den
B«n werken, in ihrer Anlage uml künstlerischen Durch-
führung oder in der inneren Hinrichtung vergeblieh nach
Merkmalen und Anhaltspunkten luehen w ürde, die einen
Aufschluss über d>c angeführte geschichtliche Thatsuche
zu bieten vermochten. Selbstverständlich hat sich die
gegenwärtige I'nte.rsuchiing, wie es bei einem Stifts-
geliäude, welches derzeit von Nonnen bewohnt wird,
nicht anders sein kann, nur auf die Ausscnseite und auf
die den Laien zugänglichen Thcile beschränken können,
wobei sich die Wahrnehmung machen lies*, dass zu Hude
des XML Jahrhunderts, zur Zeit, als die Bocoeopcriode
sieh in die entartetsten Formen ausgelebt hatte, auch
dieses lianwerk, wie so viele andere in Osterreich uml
Steiermark gelegenen Stiftskirchen und Abteien mit
den überschwenglichsten und überladensten Mitteln der
in Verfall gerathenen Kunstrichtung erneuert wurden,
um der ursprünglichen (testalt entledigt und nach Mass.
gäbe der üppiger gewordenen Zeit eingerichtet zu wer
den, S<mst rindet man doch noch Grabsteiue, die, im
Fussboden der Kirche versenkt oder an den Wänden
• I- cm Iben aufgestellt, Kunde von dem Leben und Wir-
ken unserer Vorfahren geben, allein in der Gleinker
Stiftskirehe ist auch das nicht der Fall, womit nicht
gesagt sein soll, dass sieh nicht nn anderen, den Laien
unzugänglichen Stellen derartige Denkmale vorfinden.
Nur zwei Löwciiköpfc aus Brome, als Thürzieher
am westlichen, aus der Zopfzeit stammenden Portal
der Kirche angebracht, sind die einzigen Oberreste
■ siehe Zeichnung), die aus der Zeit herrühren, in wel-
cher die ursprüngliche f'ultusstätte ihrer Bestimmung
übergeben wurde, und schon dieses Imstande* willen
sind dieselben Von besonderem Interesse und verdie-
nen, dass darauf von Seite der Kirchen Verwaltung eine
sorgsame Werthschälzung gelegt werden möge.
Die Bronce Arbeiten der romanischen Periode, die
ihrer Zeit gewiss in grosser Anzahl vorhanden waren
und eine nusgedehnte Verbreitung und Verwendung ge-
funden haben werden, zählen zu den selteneren Funden;
die vorliegende Arbeit gewinnt ferer noch ein besonderes
Interesse , sowohl durch die Forme ngehung des Kopfes
des in der christlichen Symbolik beliebten Königs der
Thiere, als auch durch die technische Ausführung. Was
die erstere anbelangt, so liegt damit ein ausgesproche-
ner Kepräsentant der romanischen F.poche vor, die sieh
von der Gebundenheit des überkommenen Typus nicht
tu eniancipiren vermochte, in zweiter Richtung lässt die
sorgfältigere Ciselirung der um den Bachen geführten
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C'LXI
Lineamentc, der Augenbrauen, der
einzelnen Haare , in den partien-
weise gewickelten Mahnen, darauf
srhliessen, da-* cm dein Künstler um
eine prägnante liidividnnlisirniig /.u
llimi war, wie auch kein Zweilei
flartlber walten kann, dann man es
Iiier mit einem Originale und mit
keinem späteren Naehguss zu tlmn
hat. Selbstverständlich lag es dein
Bildner »ehr ferne, iu sein Werk
eine Stimmung hineinzulegen, allein
auf den Beobachter hinterlassen die
beiden Thttrziehcr den Ehnlrttck
würdevollen Kruste* und erhabener
Hube, wie überhaupt die Werke der
früheren Kunstepochen durch Ein-
fachheit, strenge Gebundenheit und
harte Modelliruug ihr eigenthtlmli-
ehes Gepräge erhalten.
Die Grosse der Scheibe, auf
welcher acht Nietenköpfc die Befe-
stigung am Tlmrbalken darstellen,
In/trägt 1" Zoll, der Löwcnknpf tritt
in seinem Kelief .'! Zoll am dersel-
ben herans, und der Hing, der von
einem Doppclpaare stark gekrümm-
ter KcissziUiiie gehalten ist, missi
in seinem Durchmesser t> Zoll bei
einer Starke von einem halben
Zoll. Beide Thtlrzieher sind sehr gut
erhalten und empfehlen sieb der
Nachbildung. •/«//. Grifft.
Das Lobkovic'sche Reliquienkreuz.
tMit Hwli ■ifcwinaii J
Unter den vielen archäologisch interessanten Ge-
genständen, die gegenwärtig im k. k. Museum für Kiinsi
und Industrie ausgestellt sind, findet sieb auch ein He-
li(|uienkreuz, das die Aufmerksamkeit jedes Freundes
mittelalterlicher Kunst in erhöhtem Grade in Anspruch
nimmt, ludein wir uns für die Folge vorbehalten , noch
manche andere dort befindliche und für uns wichtige
tlcgenslande iu Bild und Beschreibung vorzuführen,
wollen wir für jetzt dieses Keliqniar ins Auge fassen.
Das Kreuz hat eine Höhe von 50 Ctm. und eine
Breite von 4t» Ctm., ist aus vergoldetem Kupfer ange-
fertigt und hatte unzweifelhaft di« Bestimmung, bei feier
liehen Anlassen niif dem Altar aufgestellt zu werden.
Leider fehlt der Fuss, in welchem es mittelst einer am
unteren Hude des senkrechten Balkens angebrachten
Spitze eingelassen wurde. Hinsichtlich der Form ist zu
bemerken, dass der Kopftheil etwas länger ist, als die
nach jeder Seite hinausragenden Theile des Querbal-
kens und das« sowohl die Knden der Laugen- uud
Querbalken, wie deren Kreuzungsstelle sich zu einem
horizontal gestellten Rechtecke erweitern.
Beide Seiten des Kreuzes sind reich uud zwar von
einander verschieden verziert. An der Vorderseite ist
das ganze Kreuz mit einer Leiste nach Art aneinander-
gereihter Perlen eingelasst und mit a jour gefassten
BcrgkrystaMeii verziert. Die ftlnf Vierecke des Kreuzes
enthalten je in der Mille einen runden und gegen die
: Hl- u$v SJRiVHB
vier Kcken hin je einen ovalen Krvslall, ausserdem ist
jedes Verbindungsglied des Kopftheiles und des Qncr-
balkens mit einem grösseren, das am unteren Theile
des senkrechten Balkens mit zwei solchen Steinen, somit
das Kreuz im (ianzeii mit ."!<• Krysiullcn besetzt. Die
Steine sind von nicht ganz gleicher Grösse, besonders
gross sind die drei runden Krystnllc des senkrechten
Balkens. Zwischen den Steinen windet sich, auf die
platte I'nterhige des Kreil /.es aufgelegt, iu höchst zier-
licher Zeichnung ein Filigran • Besatz, der der ganzen
Vorderseite zum besonderen Schmucke dient, und auf
den Beschauer einen höchst günstigen Eindruck her-
vorbringt, i Fig. I
Weit interessanter, wenn auch in der Ausfuhrung
bedeutend roher, ist die Rückseite des Kreuzes, Nie ist
mit zahlreichen Figürciicn und Darstelltingen , bedeckt ;
dieselben sind nur in einfachen Linien der Platte ein-
gravi rt. Wir sehen zu oberst in einem Kreise den iiim-
birten heil. Geist herabschwebeud, rechts und links des
Krystalles zwei nimbirte FigUrclien, jedes ein Buch,
das zur linken überdies zwei gekreuzte Schlüssel
haltend, deren Grift" die Buchstaben E uud K bildet
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CLXII
(Petrus und l'anlim ? >, herunter «lein Krystallc in einem
Kreise den uimbirtcii Adler, das Evangelisten-Symbol.
Verfolgt man den senkrechten Itiilken weiter, so folgt
wieder in einem Kreise die nach abwärts gerichtete
segnende llaml auf dem Kreuze, rechts nud links de»
Mittel • Kryslallcs zwei Figuren , davon eine, eine Ge-
treide-Garbe, die andere ein Lamm bitlt, wahrRchein-
lieli Opfernde vorstellend, darunter in einem Kreise
ilas l^imm Gottes, ferner einen Engel mit ausgebreiteten
Flügeln in einem Medaillon, (Matthäus-Symbol) endlieh
ober dem unteren Mittelkrystnll eine nach links gewen-
dete , sitzende, nimbirte Figur (Johannes F. van^-eliat ).
zu beiden Seiten je eine uimhirte Figur eine Blume in
der Hand haltend und unten das Brustbild einer weite-
reu Figur, die die rechte erliebt und in der linken ein
Buch hält (Matthäus). Im linken Querbalken sieht man
den Evangelisten Lucas, dessen Symbol der Stier, zwei
Engel im Bruslbilde mit Spruchbändern, Sonne niul
Stern, im rechten den beil.
Marcus , summt geflügelten
Ltlwen und ebenfalls zwei
Kugel , Mond und Sterne.
I'herhlickt man die ganze
Darstellung, so hmleu sieh
die drei göttlichen Personen
symbolisch dargestellt und
die vier Evangelisten sanunt
ihren Abzeichen, endlich noch
l'ctrus und l'aulus, opfernde
Personen , nimbirte Blumen-
träger und Engel mit Spruch -
biindern , endlich Sonne,
Mond uud Sterne dargestellt.
(Fig. 2.)
Die ganze lillckseite des
Kreuzes ist mit einer schma-
len Leiste eiugefasst , darauf
eine Inschrift mittelst eingra-
virter von einander weit ab-
stehenden Buchstaben ange
bracht ist. Hei der Ausführung
der Muelistabeu hat mau es
jedoch nicht genau genom-
men, denn es linden sich mit-
untersolehe.die verkehrt «der
ganz liegend, ja selbst Worte,
die in verkehrter Buchstaben
Folge geschrieben sind. Lei-
der fehlt bereits die uberste
Leiste und sind einige Stellen
an den Übrigen Seiten so
beschädigt , dass sieh die
Inschrift nicht mehr ganz ent-
ziffern lässt. Sie lautet (vom
rechten Scitenbalken begin-
nend) : s pavlvs (umgekehrt
gesehrieben). 8 petrvs s an
dreas s iarobvs * iobanues
hil.cobus s ppilipvs
s hartholoihus s niathcvs s
symon s judas s mathias. . . .
( scheint unleserlich^.
Dieses Kreuz, das Kigeu-
thnm der forstlichen Familie
Lobkovie ist und fllr gewöhnlich im Schlosse Bilin
aufbewahrt wird, mag mit Uucksieht auf die rohe Ornn
meutiruiig der Küekseite jüngsten dem XIII. Jahrhundert
angehören. /'*•• A". Und.
Die Kunst des Mittelalters in Böhmen.
Mit t:
i KiirotWziiHK.i
D •• r B u rge n l> n u.
Neben den Durtanlagen habeu sieh auch von
den älteren Einwohnern Böhmens zahlreiche befestigte
Plätze als die Vorbilder des Bnrgenbanes erhalten,
deren Grundform bei Errichtung der s|iätcrn Hochbur-
gen beibehalten wurde. Durch daR ganze Land, beson-
ders aber die westliche Hälfte, ziehen sich weitläufige
Erd- und Steinwälle hin. welche offenbar ein ziisnm-
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OlXIII
menhängcndcs Befestigungs-System bildeten Und von
einem kri« ^skundi^Mi Volke ausgeführt wurden. Die
Zeit, in welcher diese Werke, die mau gegenwärtig als
IIeidennchan7.cn oder Wallbnrgcn zu bezeichnen pflegt,
entstanden, I3ts*>t sich eben ho wenig mit Sicherheit
angeben, als irgend einem Stamme die Urheberschaft
in unbedingter Weise zngCHchricben werden kann.
Eh ist Uber diese Denkmale, deren in Böhmen
nahezu fünfzig bekannt sind, unendlich viel gefabelt
worden, ohne dass kaum einer von den Berichterstattern
gründliche Untersuchungen an Ort und Stelle vorgenom-
men hätte. Erzählungen von Jägern und Landlcutcn, im
besten Falle die Angaben einen nachbarlichen Ifarrers,
wurden anf guten Glauben hingenommen und gingen
ohne kritische Sichtung in Topographien und Gcsehichts-
werke Uber. Haid sollten unbekannte Urvölkcr. bald die
Kelten und Hojen, dann die Markomannen, Avaren oder
»slaven diese Werke anfgeftlhrt haben; die einen erblick-
ten kyklopische Mauern , andere hussitische Verschnu-
zungen und die dritten durch Feuer zusammengeschmol-
zene Steinmnsscn.
Gründliche fachmännische Untcr«uchnngen fehlten
gänzlich, in Ermanglung derselben wurde die Frage anf
das nationale Gebiet verpflanzt und dieRC o<lcr jene
Ansicht mit Leidenschaftlichkeit verfochten. So stand
die Angelegenheit, als ein sächsischer Militär. Herr
Oskar Schuster, in Dresden ein Werk Uber die zwi-
schen der Saale und Oder hinziehenden alten Befesti-
gungen veröffentlichte. In klarer nnd vornrtheilsl'reier
Weise wurden hier zum erstenmal diese Denkmale in
ihrem Znsammenhange besprochen und zur vollen Evi-
denz dargetha>i, dass sie einem einheitlichen Festungs-
system angehören, bestimmt, die uralte, ans Germanien
nach dem fernen Oslen laufende Hnndelsstrasse zn
decken nnd zugleich die G ranzen zn wahren. Der Ver-
fasser zeigt, dass den sämmtlichcn Wallburgen ein und
derselbe Plan zu Grunde liege . mögen sie nun ans
Steinen . Erde oder gemischten Materialien errichtet
sein, dass endlich die Durchführung eines so ausge-
dehnten und doch ineinandergreifenden Systems grosse
Kriegserfnbiung und materielle Hilfsmittel voraussetze.
Schuster weist ferner einzelne zusammenhangende
Linien, z. B. von Meissen bis Görlitz, nach und erkennt
die Semnonen, einen suevisehen Volksstamm, als die
Urheber der von ihm untersuchten und beschriebenen
Verschanztingen.
Nachdem ich viele von den böhmischen Wallbur-
gen eingesehen und aufgenommen hatte, besuchte ich
gelegenheitlich einer Rheinreise mehrere von den int
Taunus und in Westphnlen befindlichen Heidenschanzen,
unter andern, die anf dem Altkönig nördlich von Frank-
furt und bei Meschede an der oberen Ruhr; anch hier
fand ich denselben Grundplan befolgt und die Unter-
suchungen Sehusler's bestätigt.
Es seien einige der bedeutungsvollsten böhmischen
Umwnllnngen, welche sichtlich auf den spiiteru Burgen-
bau EjifluRs Übten, ausgewählt und niiher beschrieben.
Zunächst verdienen als besonders wohlerhalten die
Steinwalle anf dem Berge Tfemsehin nnd die von Ple-
sivee, beide im Brdy Waldgebirge liegend, angeführt
zu werden, dnmi der sogenannte Kadistein zwischen
Iii) in und Teplit/.. der Sagenreiche Berg Blanik mit
seinen Ruinen und vor allen andern die Feste von
Katovic am Flusse Votnva. Die sehr interessanten
XVII.
Werke auf dem Berge Vladaf, unweit Lnditz, ferner
llradek bei C'cmosck . die riesenhaften Wälle bei
Kopidlno und Meupaka müssen wir übergehen, da die
Grundrisse sieh nicht vollständig erhalten haben.
Alle diese Verschanznugen sind doppelte und liegen
auf Bergknppen; sie bestehen je aus weiten in der AI»
dnehung des Berges errichteten Umwallungcn und
kleinen, innerhalb derselben auf den höchsten Punkten
angebrachten Festen, den Hochburgen. Die Hochburg
liegt nie in der Mitte der stets länglichen l'mwalluug,
sondern an einem Ende derselben, wo der Berg wenig-
stens nach einer Seite hin steil abfallt. Durch diese An
Ordnung wurde ein grosser freier Platz innerhalb des
Walles erzielt, welcher zu WafleuUbungen und im Noth-
falle zur Unterbringung der Herden diente. In diesem
Platze findet man innen eine, manchmal mehrere tiefe
Graben, Cistcrncn, nueh ist der vom unteren Thore zur
Hochburg führende Weg öfters mit besondern kleinen
Schanzen eingefasst und zeigt labyriuthartige Ver-
schliiigungcn. Alle Wälle, die inuern wie die Hassern,
sind mit Gräben umzogen, die Berglehnen oft künstlich
abgeschrofft und die Platenu's geebnet. Als Matcrialc
diente stets das vorgehende Gestein, Grauwacke.Gneiss,
Granit. Basalt oder Sandstein, die etwa «,, bis 1
Kubikfuss haltenden Stücke sind ohne alle Bearbeitung,
oft auch ohne jedes Bindemittel so aufeinander gelegt,
dass die Wallseiten im Winkel von 45 Grad geböschl
nnd oben mit einer etwa t> Fuss breiten Krönung ver-
sehen waren.
So sind die Wälle auf dem 220U hohen, künstlich
abgeplatteten Radi st ein zwischen Töplitz und Itiliu
beschaffen, weniger durch ihre Structur und Anordnung,
als wegen der hohen Lage und guten Conservicung
bemerkenswert!!. Die Radlstcincr Feste ist ziemlieh
kreisförmig und scheint zunächst Cult-Stätte gewesen zu
sein. Die Wnllhöhe beträgt gegenwärtig nur etwa T> Fuss,
die Basis 24 Fuss ; der äussere Wall ist viel niedriger
und vielfach zerstört, anch sind mehrere Cisternen vor
banden. Der liadlsteiu ist ein konischer Basaltberg, die
Hutidform der Wälle ist durch die Natur vorgeschrieben.
Ungleich wichtiger und uinfaiigreicher sind die
Befestigungen auf den Bergen Pleäivce und Blanik.
In beiden folgen die äussern Uniwallungen den durch
die tiebirge bedingten Linien, die Hochburgen stehen
an steilen FelsräJidern , wo die äussern und inuern
Wälle in einen einzigen zusammenlaufen. Auf dem
Plcsivee beträgt der Umfang des inneren Walles etwas
Uber 3t»00, des äusseren gegen 12.000 Fuss, wo
bei bemerkt wird, das« diese wie die nächstfolgenden
Massangabeu nur als beiläufige hinzunehmen sind, weil
die ruinöse Beschaffenheit der Objeete, Gestrüppe, Fels-
trüminer und Abgründe genauere Vermessungen unmög-
lich machen. Die Hochburg dehnt sich von Nord gegen
Süd aus, ist abgestumpft rechteckig, gegen 12(M> Fuss
laug und XOO Fuss breit : eben so weit ist auch der
zwischen den innern und äussern Schanzen liegende,
stark gegen Süden hin abhängige Platz, dessen grösste
Längenausdehnung gegen 4(MK> Fuss beträgt. Hier ist
ausnahmsweise der äussere Wall höher als der innere,
er hält au der Basis durchschnittlich Sü Fuss Breite
bei einer Höhe von 8 bis 1U Fuss ein. Die Wälle von
Plesivcc sind die grössten der bisher in Böhmen bekann-
ten und stehen an Flächeninhalt denen am Altkönig
ziemlich gleich.
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CLXIV
Die Keule auf ilem Blanik bei Jnng-Vozic ist viel
kleiner als obige, aber in derselben Weise angelegt.
l)ie eiförmig beschriebene Hochburg enthält einen lich-
ten Kaum vmi nur etwas Uber "JIM» Fuss Länge uml im
grössten Durchmesser !:"><> Fuss Breite; «lieser Kaum ist
planirt uml der Quere nach von einem kleinen, vielleicht
spatern Walle in zwei Abtheilnngen zerlegt, von denen
die dem Eingang zugekehrte hei weitem die grössere
ist. Sowohl der innere wie äussere Wall sind mit < traben
»Hungen und der Weg durch den äussern Platz ist mit
einer besonderen Schanze eingesäumt. Beide Wälle, der
äussere wie innere, laufen an dem steilen Abhänge, au
welchen die Hochburg sieh anlehnt, in einen einzigen
zusammen. Hau-Mntcrialc ist Thonsehiefcr.
Wenn jeder Kriegsuiann uml Techniker aus diesen
Beschreibungen erkannt hat, das« die Befestigungs-
werke von Plesivec und Blanik nichts nnderes als
verschanzte Lager waren, wird diese Einrichtung bei
den folgenden, durch Zeichnungen belegten Festen noch
deutlicher hervortreten.
Der Berg Tremse hin im Brdywalde ist ein lang-
gezogener schmaler und felsiger Kücken, der sich in
Gestalt einer Mondsichel von Ost nach Nordwest hin-
zieht. Die Hochburg liegt auf dem höchsten nordwest-
lichen Punkte, ist durch einen tiefen Graben. Uber den
eine Brücke führte, von der äussern Umwallung abge-
schlossen und zeigt regelmässig elliptische Grundform,
bei einer Länge von 1 80 und einer Breite von 00 Fusn.
Hier, aber mir an der Hochburg macht sich bereits
etwas sorgfältigere Arbeit bemerkbar, die Steine sind
einigennassen zugerichtet und, wie es scheint, auf Lehm
versetzt worden. Der äussere, mit einem niederen Stein-
wal) umschlossene Baum wird durch einen Qucrdamm in
zwei Hälften zerlegt, die an die Hochburg angrenzende
östliche Partie ist 300 Fuss lang uml in der mittleren
Beugung gegen 200 Fuss breit; der westlich vom Quer-
dunm liegende Platz ist 240 Fuss lang. An diesen
Baume stösst gegen Osten noch ein hufeisenförmiges,
niedriger liegende» Vorwerk von 100 Fuss Länge an,
ringsum fällt der Berg steü gegen das Thal ab. Die
ganze Burgstelle ist dicht mit (iestrüpp Uberwachsen,
das Gestein spröder zerklüfteter Granit. Fig. 5 gibt den
Grundriss der l uiwallnng Tremsehin.
Noch mehr Aufschlüsse gewähren die Werke bei
dem Städtchen Katovic, auf der sogenannten Fürsten-
hohe oder Kuezihorn, einem kegelförmigen, vom Votavn-
rinsse an der Südseite timzogenen Berge. Katovic ist
-,-,-» -TT
ruf. ■">. fl>m»hlq.j
gegenwärtig ein Stutionsplutz der von Pilseii nach Bud-
weis führenden Eisenbahn, und der kahle, sorgfältig
nach der Linie abgearbeitete Berg mit seinen regel-
mässigen Abtreppungen und der bewaldeten Krone
erweckt schon aus weiter Ferne die Aufmerksamkeit
der Reitenden. Degen Osten hin dacht sieh die gegen
4:>0 Fuss Uber den Spiegel des Flusses ansteigende
Hohe sanft ab, von hier aus zog sich der Weg zur Burg
hinan und die Kirche von Katovic steht bereit» auf
dem Fusse des Berges. In einer Viertelstunde erreicht
man vom Städtchen auf dem gleichmässig ansteigenden
Pfade die untere rniwallung, welche in einem weiten
Bogen den ganzen Bergan der Ost-, Nord- und Westseite
umgibt. An der Südseite lauft nur eine einzige Schanze
(der Hauptwall) hin, welchem sich der untere Wall an
den entgegengesetzten östlichen und westlichen Enden
ansehliesst. Der umfangene Kaum ist annähernd ellip-
tisch, nahezu 12<H>Fuss lang und 580 bis «00 Fuss,
breit. Dabei ist der äussere Wall sowohl au der Aussen
wie Innenseite von kleinen Gräben eingefasst, welche
ursprünglich 1<> Fuss breit und fi Fuss tief sein mochten
und wahrscheinlich nur angelegt wurden, um Materiale
zu gewinnen.
Innerhalb des unteren Walles zog sieh ein zweiter
halbmondförmiger so durch die ganze Länge hin, dass
er mit den östlichen und westlichen Enden an den Haupt-
wall zugleich mit der äussern Schanze anschloss und
mit dieser gleiche Gestalt einhielt. Diese beiden Wälle
haben je an der Basis eine Breite von 20 bis 25 Fuss,
sind ohne die Grabentiefe !"> Fuss hoch und am Kamme
ö Fuss breit, wobei zu bemerken, das* die ursprüng-
liche Höhe in keinem Falle mehr als 7 Fuss betragen
haben kann. Der freie Platz zwischen den beiden Wällen
beträgt im Mittel des Bogens 400 Fuss. Zwischen der
inueni Schanze und dem vom Hauptwall umzogenen
Kaum liegt wieder ein freier, in der Mitte 70 Fuss
breiter Platz, durch welchen ein von kleinen Aufwürfen
eingesäumter Weg zur eigentlichen Burgstelle führt.
Diese ist in zwei Partien abgesondert; auf der östlichen
und höchsten Spitze liegt die Hochburg (das Castelli,
die im Lichten 120 Fuss lang und 1«) Fuss breit,
mit doppelten Wällen umgeben ist; westlich von dersel-
ben betindet sich die um etwa >'i0 Fuss niedriger liegende,
einfach umwallte Burgstelle von 800 Fuss Länge und
120 Fuss Breite. Der grosse Wall, der sowohl Hoch-
burg wie die Burgstelle umfängt, ist heute noch au vielen
Stellen 18 bis 20 Fuss hoch, au der Basis 30 Fuss und
am Kamme 8 bis 10 Fuss breit. Die Längenrichtung der
Burg erstreckt sich von Ost nach West, an den beiden
Enden waren ausserhalb der Schanzen noch besondere
Vorwerke angelegt, beide halb-eirund, gegen 200 Fuss
breit und 260 Fuss lang.
An der Südseite des mit besonderer Accuratesse
abgearbeiteten Berges wurde in geringer Höhe Uber dem
Flusse vor einigen Jahren ein unterirdischer, in dem
Felsen ausgehauener Gang entdeckt, welcher bei einer
Höhe von 5', , und einer mittleren Weite von 2'/» Fuss
sieb vom ('asteil zur Votava hingezogen zu haben
scheint, also ein Wasserweg war. Da sich von der Decke
viele Stücke losgelöst haben und noch immer welche
herabstürzen, ist eine l'iitcrsuehung des Ganges nicht
möglich; Hirtenknaben, welche bis zu einer Tiefe von
etwa H Klaftern hineingekrochen sind , versichern, dass
der Weg steil aufwärts steige.
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CTA'V
Prüfen wir nun die beiliegenden Grund- und Protil-
risse dieser Anlage, erkennen wir einen wohldurchdach-
ien Plan , dessen hohe Zweckmässigkeit klar wird,
sobald wir uns die socialen Zustände jener Zeit ver-
gegenwärtige». Der grosse untere, von der allgemeinen
Umwallung eingeschlossene, gegen 4<HU>no Qundrat-
fnss enthaltende Kaum diente zur Unterbringung der
Herden und war gros« genug, um einige tansend StUok
Kinder aufzunehmen; der nächstinnere halbmondförmige
Platz durfte für die waffenfähigen Seharen eingerichtet
gewesen sein, denen von hier au» auch die Vorwerke
zugänglich waren. Oben in der grössern Abtheilung der
Burgstelle fanden Weiber und Kinder Unterkunft und
die Hochburg diente als Wohnung der Anführer und
letzter Zufluchtsort.
Es erübrigt noch, die Structur der Steinwälle von
Katovie zu besprechen. Sie sollen nach Behauptung
einiger Alterthiunsfreiinde verschlackt, uilnilich die Steine
ilureh absichtliche Feuereinwirkung zu einer compacten
Masse zusammengeschmolzen worden sein, und es wurde
von den Enthusiasten eine förmliche Methode ausge-
dacht, wie die Verschlacknng bewerkstelligt wordeu sei.
Die Steine sollen Schichte fllr Schichte durch darüber
angemachte Feuer in Fluss gebracht und so aufeinander
gebacken worden sein. Dass bei dieser etwas abenteuer-
lichen Erklärung die chemische Kcschaffcnheit der Ge-
steine unberücksichtigt blieb , das« diese Fabel von
einem Küche in das andere Überging, ist eben so unbe-
greiflich als wahr.
Da insbesondere von den vier Wallburgen: Vla-
dar, Plcsivee, llradisf bei Strakonie und Hora bei
Katovie die Verschlackung behauptet wurde, die erste
aus Basalt, die zweite aus Wackc, die dritte aus
Granit und die vierte aus Gneiss bestehen, besehloss ich
eine gründliche Untersuchung anzustellen und wählte,
du sich in den drei erstgenannten Orten nur mäßige
Spuren von (vielleicht zufälligen) Bränden zeigten, die
Kuine von Katovie , die angeblich bedeutendsten
SchlackenwMlle. Die an den äussern Schauzen ange
stellten Nachgrabungen Muten zu keinem Kesultate;
es fnuden sieh allerdings Kohlen und verbrannte Steine,
jedoch nicht in fortlaufenden Linien, sondern zerstreut,
so dass auch die im Laute von circa 2000 Jahren ange-
machten Hirtenfener ähnliche Erscheinungen bewerk-
stelligt haben konnten. Anders zeigten sich die Wälle
der eigentlichen Kurg. Diese sind nicht sowohl Wälle
als Mauern zu nennen , bestehen aus mittelgroßen
GneissstUcken und siud jetzt noch sehr steil, mitunter
gegen tiü Klafter gehascht. Ein frisch aufgedeckter
Querschnitt stellte sicher, dass die ursprüngliche Bö-
schung noch steiler war und gegen 70 Klafter betragen
mochte, dass ferner die Steine schichtenweise aufein-
ander gelegt und meist verbrannt waren , dass aber an
den Steinen nicht die mindeste Spur von Verschlacknng
wahrgenommen werden konnte. Ferner zeigte sieh bei
der Durchbrechung, dass die Mauern mit Lehmmortcl,
welchem grober CJuarzsand beigemengt wurde,
versetzt worden sind. Sei es nun, um eine
schnellere Austrocknung herbeizuführen , oder *
eine festere Kindung zu erzielen, wurde Uber
jeder Schichte von etwa 1 ■ ., Fuss Hübe Feuer
angemacht, wodurch der Letten, wie man beim
"Ziegelbrennen in den FeldfM'en tagtiiglich sehen
kann, häutig verschlackte und sich olt fest an
—
Kig. fi. (Katovie.)
die Steine ansetzte. Die Steine selbst sind durch dieses
Verfahren so mUrbc geworden, dass man viele mit der
Hand zerreiben kann, während das Bindemittel härter
als der Stein wurde. Auf diese Weise erklärt sich die
Sage ganz natürlich und die Enthusiasten haben mit ihren
Behauptungen wenigstens nicht ganz Unrecht. Dass,
nebenbei gesagt, die gesammten Wälder der alten Her-
cynia nicht ausgereicht hätten, um hei offenem Feuer
die Granite von HradiSf und die quarzreichen Gncissc
von Katovie zu schmelzen , wird jeder HUttenmann
bestätigen. Ob in England , wo man zuerst derartige
Wälle, vitrified fort», beobachtet hat, so schmelzbare
Gesteine vorhanden sind, um in der angedeuteten Weise
flüssig gemacht werden zu können, ist mir nicht bekannt;
bis die Sache durch chemische Versuche sichergestellt
ist, werden einige Zweifel erlaubt sein.
Eine Verschlacknng in dem Sinne, wie sie von den
AlterthUmlem behauptet wurde . iBt weder von den
Erbauen» der Wälle angestrebt worden , noch hat eine
solche je stattgefunden.
Fig. Ii, Grundplan der Katovicer Burg: aj die
Hochburg, /./ die obere Burgstelle, 9) Zwischenraum
fllr die waffenfähige Mannschaft , d) äusserer Vorplatz
fllr Herden, e> Vorwerke, /, Eingang und Weg zur
Hochburg, g) unterirdischer Gang. Fig. 7 Profil der
Hochburg von Ost nach West.
Über die Entwicklung des alt-slavischen Bürgen
haues haben sich keinerlei beglaubigte Nachrichten
erhalten , wenn wir auch in den Chroniken die Bure
Hrad und die Hochburg VySehrad oft als bestehend
erwähnt finden. Dass das herzogliche Saalgebäude auf
dem Prager VySehrad im XII. Jahrhundert noch aus
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CLXYI
Holz bestund, haben wir bereits erwähnt; feiner wissen
wir, dass Herzog Sobeslav I. mehrere Margen hat neu
auffuhren und den Hradsehin xti Prag ums Jahr I1*S&
nach italienischer Art (mit .Steinmauern) befestigen
lassen. Welche Gestalt jedoch diese Margen eingehalten
haben, wird nirgend gesagt.
Gerade einhundert Jahre nach Sobfcslav's Tode
wurde der deutsche Murgenbau in Hithmen durch König
Wenzel I. eingeführt, aus welcher Zeit sich einige An-
lagen erhallen haben. In diesen zeigt sieh das deutsche
Mnu- Syst ein in so eigentliömlieh modificirter,dem uralten
Wallbnrgcnban sieh annähernder Weise, das» man die
frühem slavischen Mefestigungen als Zwischengliede-
ningen anzunehmen berechtigt ist. Während die deut-
schen Schlösser und Murgen regelmässig um einen Hof
gelagert sind und ein zusammenhangendes Gebäude
ausmacheu, besteht die böhmische Murg ans mehreren
^•trennten Mauwerken, welche in einem gemeinschaft-
lichen Hute liegen. Mei der deutschen Murg bildet die
rtnfassungsmaucr des Saalgebäudes gewöhnlich auch
i\ e Wallmauer und steht der Haupt.thurm auf dem höch-
sten unzugänglichsten Orte; in Mölimen umzieht die
Wallmauer einen viel grössern Kaum und die innerhalb
desselben befindlichen Mauwerke berühren nur aus-
nahmsweise die l 'm wallunp. I>ann hiilt der linuptthnrin
hier eine andere Stellung ein und steht oft neben dem
Eingänge. Alle diese Einrichtungen, besonders die lang-
gezogenen Grundformen der böhmischen Margen, erin-
nern auflallend an die Heidenschnnzen , hei welchen
wir auch die Zerlegung in zwei oder mehrere Abthei-
lungen keimen gelernt haben. Compacte, ganz nach
deutscher Art errichtete Schlossgebäude trifft man
wenig.»; die Erbauung derselben wird meist, wie in
Klingenberg, Pisek, Strakonic, den ritterlichen Orden
zugeschrieben.
Mei weitem die meisten Margen, sowohl der Hof-
und Landesburgen, hrady, wie der Mittersitze, tvrze,
wurden auf Mergen erbaut ; man wählte theils freilie-
gende Anhöhen, öfter noch abschüssige, aus Gebirgen
and Hochebenen vorspringende Mergzungen. Nach dem
langgezogenen mehrteiligen System wurden im XIII.
Jahrhundert die grossen Schlösser der Herren von Kosen-
berg im Süden nnd die meisten der im Mittelgebirge
Möhmens befindlichen Hnrgen, von denen nur Wiltingau,
Krumaii. Rosenberg, dann Engelhnns, Hascnhurg, Mrllx,
Graupen, Riesenbnrg, Gross-Skal, Trosky genannt sein
sollen, ausgeführt; in Mähren sehen wir dasselbe
System befolgt zu Fernstem, Muchlau, Malenovic n. a.
In der Ebene gelegene, durch Teiche oder Wasser-
gräben geschützte Murgen kommen nur einige vor; die
bedeutendsten sind das schon beschriebene Schlots in
Strakonic, Roth-Lhota im Tnborer Kreise und Mlatna,
wejehes aber seine ursprüngliche Gestalt grösstentheilB
verloren hat.
Die Yorburgtn gehören ohne Ausnahme der nenern
Zeit, dem XV. oder XVI. Jahrhundert an, liegen daher
ausserhalb der gegenwärtigen Metrachtnng, wie auch
die im Laufe des XIV. Jahrhunderts angelegten
Schlösser hier nicht einbegriffen sind.
Wo es anders die Situation erlaubte, hatte die
Murg zwei Eingänge: das stets wohlbefestigtc Haupt-
thor, 7-a welchem ein Fahrweg in Windungen Uber den
Bergrücken hiniinzog, und eine kleine Pforte fUr den
gewöhnlichen Hausbedarf. Die letztere war versteckt
nnd nur über eine steile Treppe zugänglich, sie stellte
die Verbindung zwischen der Hochburg und dem unter-
halb liegenden Vororte, suhurbium, her und bedurfte
keiner besonderen Vertheidigungsmittel, da nur ein-
zelne Fersonen die Treppe passiren konnten. Hatte
man das Hauptthor zurückgelegt, zog sich der Weg
noch etwa 100 Schritte zwischen der Wallmaner und
und einer innern Mingmauer mn verschiedene Thllrme
und Verlhcidigungswerke herum, bis man durch ein
einfaches Thor in den Burghof eintrat. Hier lagen die
gewöhnlichen Wohngebäude de* Besitzers sowohl wie
der zur Familie gehörenden Dienstboten ; die Stallungen
aber und Räumlichkeiten für Kriegsmannschnftcn oder
Reisige waren theils in der Vorburg, theils neben dein
grossen Thore angeordnet. Mit den Wohiigcbäuden war
gewöhnlich die Schloss-Capelle in Verbindung gebracht,
wenn sie nicht isolirt in der Vorburg stand. Den Hof
Uberschreitend gelangte man zum höchsten Punkte der
Murgstelle, wo der Saalban dieselbe Stellung innehatte,
die in Deutschland dem Mergfried zugewiesen wurde.
Der Saalbau, auch Fahls, Pfalz, genannt, scheint nur
bei besonderen Anlässen benutzt worden zu sein und
war von der Wohnburg durch einen Graben getrennt.
Die Räumlichkeiten dieser Gebäude waren so ausser-
ordentlich beschränkt, dass ?.. M. in den bedeutenden
Gränzfestcn Riesenburg und Graupen, dann in dem
landcsfUrstlichcn Schlosse bei BrUx der ganze Palas
kaum eine Länge von 24 uud eine Breite von IS Fuss
lichten Masses einhielt, Dimensionen, die wir heute
für ein gewöhnliches Wohnzimmer beanspruchen. Die
Treppen waren von Holz und zogen an der Aussenseite
des thurmartigen Baues zu den oberen Geschossen
hinan. Dieses bescheidene Hans diente als Absteige
quartier des (.andesfllrsten , wenn er des Waidwerks
pflegte oder Gerichtstage abhielt.
Die Absonderung der Baulichkeiten, die Anordnung,
dass Wohnhaus und Palas an den entgegengesetzten
Enden der Murgstelle liegen, finden wir sogar in sehr
kleinen Festen beibehalten; so in Hammerstein anweit
Rcichenberg, wo innerhalb eiuer ovalen Ringmauer
etwa IᚠSchritte von einander entfernt zwei qundra
tische Hänser (ThUrme) liegen, von denen jedes mir
einen lichten Raum von IS Fuss im Gevierte misst.
Der liauptthnrm, Bergfried, war gewöhnlich rund,
hielt mit Inbegriff der Mauern einen Durchmesser von
annähernd -'4 Fnss ein und war selten Uber <>0 bis
70 Fuss hoch. Der stets in der Höhe von etwa 30 Fuss
befindliche Eingang war manchmal durch eine Fall-
brücke mit einem Schlossflllgel verbunden, manchmal
nur auf Leitern zu erreichen. Verlicssc finden sich hie
und da in den Thtlrmen, jedoch selten; bekannt ist
das Verlies« im Dnliborka-Tliurm auf dem Präger Hrad-
schin. Ähnliche Einrichtungen finden sich in Neuhans
und Rosenberg. Sonst zeigen sich diese ThUrme, die
in Deutschland oft sehr reich mit Zinnen, Erkern und
Mekrönungen ausgestattet sind, äusserst einfach, höch-
stens dass sie oben mit einem Gesimse und Rundbogen-
friese umgeben sind.
Im ganzen haben die böhmischen Burgen des
XIII. Jahrhunderts ein rauhes trotziges Ansehen, die
meisten sind Xothwendigkcitsbnnteii, ohne dass auf die
Bequemlichkeit und architektonische Gliederung Rück-
sicht genommen wäre. Bei ungeheurer Ranmvcrsehwen«
dung in den Höfen und Zwisehenplätzen, bei gewalrgcn
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clxvh
MnuerstMrken findet man nur kleine Gemächer von
etwa vier Quadratklaftcr Flächeninhalt, dabei finster
und in so geringer Anzahl , das» ganz unbegreiflich
ist, wie eine adelige Familie sanimt Dienerschaft in
solchen Winkehverken «Hergebracht werden konnte.
Die Stiegen waren gewöhnlich von Holz nn<l lagen in
den Hlifcll . Wendeltreppen im Innern der Gebäude
kommen in dieser Periode nicht vor. Selbst die im XIV.
Jahrhundert unter Karl IV. angelegten Burgen zeigen
noch dieselbe Unhewohnliebkeit; erst in der zweiten
Hälfte des folgenden Jahrhunderts, zur Zeit des Königs
(Jeorg von Podcbrnd, begann man die Wobnungeu
bequemer anzuordnen und die Stockwerke in gleiche
Höhen zu legen. Das* die noch bewohnten Burgen
mehrfach timgebaut worden sind und sieh hier im besten
Falle nur die Hanptthürme unverändert erhalten haben,
ist selbstverständlich ; namentlich wurde die innere
Eintheilung immer umgestaltet, selbst dort, wo die
Umfassungsmauern zum Theil die ursprunglichen ge-
blichen sind.
An tüchtigen Bauhandwerkern war im Laufe dieser
Periode um so empfindlicherer Mangel, als die gleich-
zeitigen Städtcanlagcn und Kirchenbauten die besten
Arbeitskräfte in Anspruch nahmen. Die künstlerische
Durchbildung mehrerer, durch geistliche Orden ange-
legter Schlösser beweist, dass die Geistlichkeit noch
immer ihre eigenen Bauleute mit ins Land brachte.
Städtische Wohngchäudc, welche dem Übergangs-
Stvl oder der FrUh-Gothik angehören . haben sich in
Böhmen und Mähren nicht erhalten.
DI« Denkmale der Ubergangsperiode.
A. Kirchenbauten.
Ks wurde in der Einleitung bereits hervorgehoben,
dass die dieser Periode augehörenden kirchlichen Bau
werke gruppenweise einen gleichartigen Charakter ein-
halten uud jede Gruppe einen gewissen schulmässi^cn
Verlan!" erkennen liisst. Die BlHthezeit des Stylcs ist
kurz und umfasst etwa fünfzig Jahre (12.'K> — 12SO). Vor
dieser Zeit lassen nur einzelne unzusnmmenhlingende
Versuche die sieh vollziehende Umwandlung erkennen,
späterhin verschwinden die stylistisehen KigcnthHmlich-
keiten in der überhandnehmenden (iothik.
Allen Werken, welche hier eingereiht werden kön-
nen, liegt die gothischc Constructions- Weise zu Grunde ;
polygonaler Chor-Schluss und Strebepfeiler bestimmen
das Gepräge des Äussern, gegliederte Pfeiler und
spitzbogige Wölbungen mit stark vortretenden Gurten
zeichnen den Innenbau aus. Die flache Decke ist ans
dem Kirchenbau vollständig verbannt, wird aber bei
Profan- Bauten, Burgen, Residenzen u. dgl. beibehalten.
In der Wölbungsknnst werden sehr bemerkenswerthe
Fortschritte gemacht uud es gibt sich nicht selten das
Bestreben kund, statt der einfachen Kreuzgewölbe unge-
wöhnliche künstlichere Formen einzuführen. Die in
Deutschland und Frankreich wälirend der Ubergaugs-
Periode allgemein üblichen Bündelpfeiler haben in
Böhmen und Mähren nicht Eingang gefunden, in der
Regel kommen Pfeilerbildungen vor, deren Grundform
aus dem Achteck abgeleitet und mit allerlei Vorsprttn-
gen bereichert worden ist.
Als fernere Ei£cnthUmlichkeit der zu besprechen-
den Bauwerke erscheint, dass keines derselben in allen
Theilen glcichmässig durchgebildet ist; bald wurde
ausschliesslich der Iuncnbau, bald das Ausscrc reich
ausgestattet; auch kommt vor, dass nur ein einzelnes
Portal oder sonst eine Partie hervorgehoben, alles Übrige
als nebensächlich behandelt wurde. Dass in jenen Ge-
genden, wo nur Granit als Bau-Material bentttzt werden
konnte, die Teehuik etwas zurückgeblieben ist und
namentlich die Steinmetz-Arbeiten weder die Feinheit
noch Mannigfaltigkeit einhalten, welche in sandstein-
reiehen Bezirken getroffen wird, darf als selbstverständ-
lich vorausgesetzt werden.
Ostliche Gruppe.
Die Stiftskirchen Trebif und Tischnowitz in Mähren
bilden die südlichen und östlichen, das Agnes-Kloster in
Prag und die Ruinen von Hradifif bei Münchengrätz die
westlichen und nördlichen Gränzpunkte dieser Gruppe:
alle innerhalb dieser Gränzen liegenden, um die Mitte
des XIII. Jahrhunderts erbauten Werke zeigen ver-
wandten Charakter.
Die Benedictiner Stiftskirehe Trehic.
Im westlichen Mähren, ziemlich in der Mitte zwi-
schen Iglau und Znaim, liegen an den Ufern des Iglava-
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CLxvm
l'ii-bii-
Ibisses Stadt iinil Kloster Trcbic, durch Alter und ge-
schichtliche Erinnerungen ausgezeichnet. Hie Stift«
kirche, welche unter den Bandcnkmulcn Österreich
eine hervorragende Stelle einnimmt, wurde bereit» in
dem von Dr. Gustav Heider und Prof. R, v. Eitel-
berger zwischen ls. r >K bis lx<'.<> herausgegebenen
Werke n Mittelalterliebe Kunstdcnkmalc des Daterrei-
ebisebeti Kuiscrstnates^ in eben ho umsichtiger als
jrcistreichcr Weise besproeben und dureli sorgfältigst
gezeichnete Beilagen illustrirt. Indem bier zunächst auf
diese* tretTlielie Werk hingewiesen wird , liaben wir
beizufügen, da.ss in neuester Zeit mehrere Restaura-
ti« inen ausgeführt und viele entstellende Anbauten
beseitigt worden sind, so dasa eine kurze Beschreibung
des jetzigen Baubestandes angezeigt erscheint.
Die Stiftskirche ist dreischiflig und hält basilieale
Form ein, wobei die Seitenschiffe im Verhältnis« zum
Hauptschiff ungewöhnlich niedrig gehalten sind. Eine
Krenzvorlagc oder eine Art von Querschiff ist nicht vor-
handen und der Grundriss gleicht vollständig den alte-
ren romanischen Bildungen, welche wir in Slrahov,
Alt-Bunzlan und Mllhlhausen kennen gelernt haben.
Namentlich ist es die letzgenannte Kirebe, an welche
wir in Trelde erinnert werden. Hier wie dort wird
der lichte Kire-henraum durch drei aneinander gereihte
Quadrate in der Art beschrieben, dass von der west-
lichen Frontmauer bis an die Linie, welche das Altar-
haus abschliesst, sich dreimal die lichte Kirchenbreite
wiederholt. (Fig. S Orundriss. ) In Trelde sind die Masse
ergiebiger und gestalten sich wie folgt:
Länge des rechteckigen innern Kirchen-
hauses von der Westfronte bis an die Chor
atuladnng Fuss
Breite des Kirchenhauses 63 ..
Länge einer Travce von Achse zu Achse lä .
Höhe des Mittelschiffes vom Kireheupflaster
bis an den Gcwölhcseheitel . . Ct'.i „
Höhe der Seiteuschiffe 22 ,
Uchte Weite des Mittelschiffes •_•!* „
Lichte Weite eines Nebenschiffes . . . l.t
Mauerstärke ani Mittelschiffe 4
Diese Massverhältnisse und der Umstand . dass
das nördliche Seitenschiff mit einer altcrthumlichcn
halbkreisförmigen Apsis geschlossen ist . machen es
wahrscheinlich, dass der gegenwärtige, ungleich mehr
dem got bischen als romanischen Styl sich nähernde
Kirchenbau zum grossten Theile die Uiiifasstingslinien
einer Utero, streng romanischen Anlage einhalte. Abge-
sehen jedoch von den aus der allgemeinen Disposition
hervorgehenden romanischen Anklängen und der erwähn
ten Seiten-Apside, erscheint das ganze Gebäude, wenn
auch nicht als einheitliches, doch als ziemlich gleich-
zeitiges, dein XIII. Jahrhundert angehörendes Werk,
dessen sämmtliche Theile von der Krypta bis zu der
Vorhalle nahezu den gleichen Charakter einhalten.
In ihrer Durchführung zeigt diese Kirche so ausser-
ordentliche KigcuthUmlichkeitcti, dass es nothweiidig
ist, erst die einzelnen Theile durchzugehen, ehe wir
Ober das Ganze ein Urtbeil fällen wollen. Die Anord-
nung ist die aller alten Stiftskirchen: Altarhaus, Pres*
byterium und Schiff bilden je fllr sieh Bchart begrenzte
Baume, an der Abendseite reiben sich zwei tpiadra-
tische Thllrme an, zwischen denen eine Vorhnlle mit
darüber befindlichem Dratorium liegt. Das Haupt-I'ortal
(der Eingang fllr die Gemeinde) ist an der Nonlseite
augebracht, vor diesem breitet sich eine geräumige
offene Halle, das Paradies aus. das mit den Neben
schiffen gleiche Höhe einhält. Unter dem Presbyterium
und Altarhause befindet sich eine von Säulen und
Pfeilern unterstutzte Krypta, welche auch in die Neben-
schiffe Ubergreift und einst für sich eine selbständige
Kirche bildete. Von der angezeigten Gesammtlänge ent-
fallen zwei Dritttheile auf das Kirchenschiff, ein Drittel
auf das Presbyterium.
Der hohe Chor (das Altarbaus), welcher Uber die
Gesammtlänge von 1S9 Fuss noch mit 2.5 Fuss lichten
Masses vorspringt, zeigt am Äussern den normalmäs-
sigen Schluss ans ftlnf Seiten des Achlecks ; das Innere
ist mit einer eigentümlichen, aus dem vollen Achteck
constriiirten Kuppel Überspannt, deren an das Pres-
byterium anschliessende Pcndcntifs sonderbare Formen
einhalten. Dieselbe, unten näher beschriebene Wölbungs-
ari treffen wir auch im Presbyterium u ml zwischen den
ThUrinen wieder ; sie scheint in Mähren sehr beliebt
geworden zu sein, da man auch in Znaim und Iglau
ähnliche Kuppeln sieht. Da» Altarhaus ist bei weitem
die am reichsten decorirte Partie; es wird rings von
einer 7 Fuss Indien spitzhogigen Arcaden- Reihe, die
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CLX1X
in die Wand eingelassen int, umzogen und durch Kosct-
tcn-Fenster erlcarhtct. Da die Mittt-lpunktc dieser Fen-
ster nur 12 Fuss über dem Kirchciiptlaster liefen, brin-
gen sie einen mehr seltsamen als angenehmen Eindruck
hervor, der (i in so empfindlicher wirkt, als die Itimdun
gen an den Unter- und Nebcnseiten durch gerade Linien
eingefasst werden, während oberhalb ein übermässig
bdher leerer Kaum beladen ist. Diese befremdliche An-
ordiiung wurde deshalb getroffen, um einem schmalen,
den Chorsehluss um/.ielieitdcu Lautgang einzuschalten.
Hierdurch wird der liohe Chor deutlich in durch Hori-
zontal Gesimse ausgesprochene Stockwerke zerlegt,
während das Prcsbyterium vom Hoden bis zum Gewölbe
als ununterbrochene Fläche ansteigt. Obgleich der Lauf-
gang an der Ausseuseite mit einem ans Halbkreisen
gebildeten Friese ausgestattet ist, scheint die Atdage
doch nicht ursprünglich zu sein; der Kaum für den Gang
musste dadurch gewonnen werden, dass man die )j Fuss
weit vorspringenden Strebepfeiler oberhalb der Kosct-
ten-Fenster dureh Bogen verband. Wie im Innern, leidet
auch am Äussern die Kinheitliehkeit durch diese Anord-
nung sehr, denn es laufen vier horizontale Gesimse
in der geringen Hübe von 27 Fuss übereinander hin.
^Fig. !> Aussenseite.)
Das Prcsbyterium wird sowohl vom Altarhan.se,
wie von den Schiffen durch Scheidebogen getrennt,
deren Scheitelhöhe genau die Hälfte der GewKlbhohc im
Mittelschiffe einhalten. In der Längenrichtung ist das
Prcsbylcriniti von den Nebcnschiffen durch volle Hauen
allgeschlossen und es führt auf jeder Seite nur eiu
kleines aber zierlich mit Säulen und sonstigen Orna-
menten versehenes Portal in den betreffenden Neben-
raum. Sonst zeigt das Prcsbyterium die grösste Kin-
faehheit, und aller Schmuck besteht in den achteckigen
Kuppelgewölben , deren in diesem Räume zwei neben
einander angeordnet sind. Die Eigcnthümlichkeit dieser
Kuppeln besteht darin, dass der Übergang aus dem
Quadrat in die Achteckform nicht durch vorgetragene
Pendentifs, sondern durch ein Zusammenwirken meh-
rerer Gurten bewerkstelligt wird, nämlich eine Quer-
gurte, die durch eine aus der Ecke des Quadrats ent-
springende Stüt/.gurte verstärkt wird.
Sechs freistehende Pfeiler (auf jeder Seite) zer-
legen das Hauptschiff in drei Quadrate, so wie nach
Art der romanischen Eiiithoiiungsweise Zwischenstellun-
gen angebracht sind. Indem die sämmtlichen Kappen
der Seitenschiffe mit einfachen Kreuzgewölben Uber-
deckt sind, gewahren wir im Mittelschiffe eine Art von
Nctzgcwölhen, welche sonst nur in der Spät-Gothik
getroffen werden und die man anfänglich als Neuerung
ansehen möchte. Dadurch, dass die aus einem Pfeiler
entspringenden Diagonal-Gurten je den nächsten Pfeiler
überspringen und im gegenüberstehenden dritten mün-
den, wurde eine zwar einfache, aber in der Früh-Gothik
ungewöhnliche , vielleicht nicht zum zweitenmal vor-
kommende Form geschaffen , die jedoch wegen der
übermässig starken Quergurtcn keine günstige Wirkung
übt. Die Bogen der Arcaden-Stellting sind aus dem gleich-
seitigen Dreieck beschrieben, sonst kommen sowohl
stumpfe wie lanzettförmige Bogen vor.
Die Vorhalle wurde, im Einklang mit der Ostseite,
durch eine achteckige Kuppel überdeckt; sie ist nur
21 Eiiss hoch und von schweren Verhältnissen. Die
nebenstehenden Thürme gehören einem im Jahre 1766
H wi
n* iv.
ausgeführten zoprigen Neubau an und halten nur im
Grundrisse annähernd die ursprünglichen Linien ein.
Gelegeiiheitlich dieses Thurmbanes wurde die ganze
Westseite der Kirche im Geschmack des Jahrhunderts
umgewandelt , so dass auch keine Spur des alten
Bestandes verblieh. Desto unversehrter blieb das Para-
dies saniint dem unter demselben angebrachten Haupt-
Portal, welche Theile erst in neuester Zeit von umhül-
lenden Flickbauten befreit und sichtbar gemacht wor-
den Bind. Das reiche, nach romanischer Weise geglie-
derte Portal ist mit dein Halbkreise Uberspannt; in der
Leibung stehen zwischen sieben rechteckigen Vorsprün-
gen eben so viele angeblendete Säulen, ausserdem sind
noch zu beiden Seiten je drei freie Sänlen aufgestellt,
die sieh jedoch nicht im Leibungsbogen fortsetzen.
Alle Flächen, sowohl in der senkrechten Leibung wie
im Bogen sind aufs reichste ornamentirt , theils mit
Zickzacken , theils Laubwerken , zwischen denen auch
Thier- und Menschengestalten eingeflochten sind. Trotz
dieser vielen Säulen und Decorationen steht dieses Por-
tal in seiner Ocsammtform den erwähnten zwei kleinen
Flf. 11.
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CLXX
Vif(. Ii.
Portalen im Presbyterium hei weitem nach. Bei 21«/»
Fun« Breite hält es nur 19 Fuss in der Hübe, ein ungün-
stiges Verhältnis», welches durch die reielic Ornamcn-
tirung nielit gehoben wird. Aach die Anordnung, dass
die Sockel- nnd KKmpfer-GcRimae durch ununterbrochene
Linien beHehrieben werden und weder die Sllulenfusme
Doch Unpitälc gehörig entwickelt sind, wirkt nicht »ge-
nehm und vermehrt da« schwerfällige Ansehen. Im Ein
zelncn betrachtet, wind viele Ornamente sehr schön
durchgebildet , weshalb eine Partie von der Bogen-
Icihnng beigeschaltet wurde.
n*. in
Die Halle, die sich Ither
dem Portal erhebt (das Paradies),
gehört /.u den glücklichst an-
geordneten Partien. Die Grund-
form ist quadratisch und zeigt an
jeder der drei freien Seiten zwei
mit Halbkreisen bedeckte Ein-
gänge , deren schlanke Verhält-
nisse durch angeblendete Silul-
chen gehoben werden. Oberhalb
eines jeden Einganges ist noch
ein romanisches , durch eine
kleine Mittelsäule getheilteB Dop-
pelfenster angebracht, wodurch der Kaum sowohl im
Innern, wie an der Aussenscitc freundlich belebt wird.
Die Krypta liegt mit allen ihren Bestandteilen
unter dem Niveau des Kirchenpflasters und es wurde
der Fiissboden im I*resbyterium nicht erhöht, wie bei
derartigen Atdagen regelmässig vorkommt. Sic nimmt
im Mittelschiffe den ganzen Kaum unter dem hohen
Chore und Prcsbyterium ein und wird hier durch zwei
Säulenreihen in drei Schiffe zerlegt. Unter dem hohen
Chore stehen je zwei, unter dem Prcsbyterium je fünf
Säulen auf einer Seite, so dass die ganze Anzahl sich
auf zehn beläuft, wozu noch zwei längliche Pfeiler
kommen, die unterhalb des Chor-Schcidebogens ange-
bracht siud. Die Säulen sind alle gleich , achteckig,
sammt Basis und Capitäl Ii Fuss hoch und 1 1 Zoll stark.
Die kräftigen Kippen und Gurten sind durch ein-
fache Abschrägnngcn gezeichnet, die Wölbungen, Kreuz-
gewölbe ohne Schlussstein. In den beiden nächst dem
Altarhause gelegenen Traveen griff die Krypta unter
ilie Nebenschiffe hcrtlber, doch hat sich diese Partie
nur an der Nordseite erhalten, während der Bildliche
Theil des Nebenschiffes bis in den Grund abgetragen
wurde. Die regelmässige Gestalt der Anlage ist heute
noch ersichtlich, doch durften bei einer bevorstehenden
Kegulirung des angränzenden Gartens bald die letzten
Spuren verwischt sein. (Fig. 10.1
Im Vergleich mit den Übrigen Bautheilen, erscheint
die Krypta sonderbarerweise der jüngsten Bau-Periode
anzugehören, sie ist rein gothiseh und es kommen Ge-
wölbe, wie mau sie hier sieht, noch im XV. Jahrhundert
vor. Auch scheint die Känmlich-
keit nie benutzt und mit einem
Altare ausgestattet worden zu
sein, wahrscheinlich weil im Ver-
laufe der Bauzeit die Krypten
ausser Gehrauch kamen. Diese
Vcrmuthung wird durch einen
auffallenden Umstand beinahe zur
Oewissheit; es sind nämlich die
Verschalungen der Gewölbcflä-
ehen nicht einmal herausgenom-
men worden, die Schalbrettehen
halten noch hie und da am Mörtel
und das Gewölbe ist nie verputzt
gewesen.
Überhliekcu wir das ganze
Gebäude mit prüfendem Auge,
drängt sich die Überzeugung auf,
dass hier verschiedene Meister,
und wie c« scheint öfters gleich-
zeitig eingewirkt haben. Altar- Mg. in
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CLXXI
haus und Presbyterium verrat hcn einen einheitlichen
Plan, das .Sellin* jedoch gehört einer anderen Hand an.
Bei dem Bau de» Paradiese« scheint man altere Thcile
mit Glück benutzt zu haben und die Krypta ist offenbar
das Werk eines dritten oder vierten Künstlers. Jammer-
sehade du** weder die Thürmc mit der Westfronte, noch
der Kreuzgang erhalten sind, diese Thcile würden ohne
Zweifel wichtige Aufschlüsse gewähren.
Es ist beinahe unglaublich, dass die Nachrichten
Uber dieses Stift äusserst mangelhaft sind und die Bau-
geschichte trotz der eifrigsten Forschungen ganz im
Dunklen liegt.
Das Kloster TrcbiG wird in glaubwürdigen Urkun-
den zuerst im Jahre 1 1 ßt> genannt, wo demselben der
Abt Nadej vorstand. Was von der Gründung des Stiftes
ira Jahre 1109 erzählt wird, beruht auf blossen Sagen
und die Nachrichten von dessen Besitzungen im Jahre
1 107 auf einer falschen Urkunde. Im Jahre 1 2<>l erscheint
der zweite Abt Tiburtius, auf welchen die Äbte Martin
(12 10), Lukas (1826), Zvest (1120) uod Arnold (1228—
1240) in kurzen Zwischenräumen folgten.
Aus Vergleichungen mit den Kirchen zu Tiseh-
novitz, Iglau, Kolin, St. Frnnciscus in l*rag ergibt sieh,
dass der Stiftskirchenhau in Trebi£ in keinem Falle
vor dem Jahre 1226 begonnen und das Werk schwerlieh
vor 1280 vollendet wurden ist. Der Bau rückte mit mas-
siger Beschleunigung von Osten gegen Westen vor, und
zwar mit Benutzung der Umfassungsmauern eines älte-
ren, im XII. Jahrhundert errichteten Kirchenbannes.
Bau-Materialc ist spröder Granit, nur ausnahmsweise,
/.. B. am Haupt -Portal, kam Sandstein zur Verwendung.
fig. 17.
XVII.
Beigeschaltet sind noch folgende Illustrationen : Fig. 1 1
Qnerdurchschnitt durch das Presbyterium, Fig. 12 Joch
im Schiff, Fig. 13 Neben-Portal, Fig. 14 und 15 Capitille,
Fig. 16 Pfeiler -Profile , Fig. 17 Haupt-Portal.
Nach mancherlei misslichen Schicksalen und Un-
glücksfällen, welche das Kloster Trelde betroffen hatten,
wurde der Schauplatz der husitischen Kampfe im Jahre
1423 — 14:.' 4 nach Mähren verlegt; das Kloster wurde
von den Taboritcn besetzt und längere Zeit festgehalten,
wodurch sowohl die Stiftsgüter wie die Klostergcist-
liebkeit grossen Schaden erlitten. Von diesem Schlage
konnte sich das Stift nicht wieder erholen : es siechte
dahin bis seine Auflösung durch den zwischen den
Königen Georg von Podcbrad und Mathias von Ungarn
entbrannten Krieg um 1470 herbeigeführt wurde. König
Mathias Uberliess die Stiftsgüter an Zdenek von Sternberg
pfandweise mit dem Beding, dass die Einlösung von
Seiten derKlostergemcinde bewirkt werden könne, wozu
sich jedoch keine Gelegenheit fand. Späterhin gelangte
dieses Besitzthum an die mächtige Familie PernMciu
und zuletzt an de» Oberstburggrafen Adam Graf von
Waldstein, dessen Nachkommen sich gegenwärtig im
Besitze der ehemaligen Klosterherrschart befinden.
Dieser Familie hat man die Erhaltung und in neuester
Zeit die sehr zweckmässig durchgeführte Restauration
der Kirche zu verdanken «.
(Fortsetzung folgt-) B. drwfier.
Die Trinkschale des heil. Ulrich. •
(»II I lloluchnm ,
Wir haben wiederholt Gelegenheit gehabt, unsere
Leser auf den Schatz des Bcnedictinerstiftcs Melk auf
merksam zu machen, sei es, dass der Inhalt desselben
kurz aufgezählt wurde (Jahrb. II. der k. k. Cent. Com.),
sei es, dass einzelne Objecte desselben ausführlich be-
sprochen und deren Abbildungen beigebracht wurden,
wie dies mit dem kostbaren sogenannten Melkerkrenze
iMitth. XIV.), den beiden Tragaltärcn (Mitth. XV), und
mit den beiden Reliquien-Kreuzen und dem Reliquien-
Gcfäse in Form eines Kopfes (Mittheil. XIII) bereits
der Fall war. Wir wollen fUr diesmal einem weiteren
Gegenstande dieser Sammlung unsere Aufmerksamkeit
widmen.
Es ist dies jene Schale, die in der Sammlung als
der Trinkbecher des heil. Ulrich bezeichnet wird, wel-
cher Heilige um 923 bis 973 lebte. Da» Gefäss besteht
aus der grössern Hälfte eines ausgehöhlten Kürbiscs,
doch ist diese bereits an vielen Stellen schadhaft und
löcherig, daher in neuerer Zeit etliche Mctallspangen
zum Zusammenhalten derselben angelegt wurden. Innen
ist die Schale mit Silberblech bekleidet und am Boden
mit einem sehr beachtenswertheu vergoldeten Medaillon
geziert, darinnen auf punzirtem Grunde in Relief die
auf einem Faltistorium sitzende Figur des heil. Bischofs
angebracht ist. Die Figur ist mit faltenreicher Glocken-
Casel angethan, trägt das Pallium und eine niedrige
Mitra, hält in der linken Hand ein einfaches Pedum, die
Rechte ist zum Segen erhohen.
'Literatur; Hoben dem trho» erwähnten Werkt ^MMalellerltche
Denkmale dee öKcrre lehleelien Katieretaafta' 1 Ton Iir O. 11 »Idar ttad
». Eltelbergar, vvrde* bafttluii Dr. B. Dudib »Geaehieblc eou Mähren',
8efa«qy .Topographie von Mahren"; Erben .Keice»ta tl«hemler et Mera-
»!*«•; .Muthetlangen 4er k. k. Cee.tr. Com». Kr llaudi-akmale" Jahrg IHM,
lull eiaer Abhandlung- von Woeet S. 141; D I naa no o fe r .Genealog lache
Tabelle« der bohmleehea Filmen"; W 0 1 n jr .Mahren* j und eigene I nln -
eutnungeu an Ort and Scelle
>•
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CLXXII
S**l«Wi v, lf:u
All der Ausifenseite ist di r Kam ( di r Schalt- mit
einem breiten Silberreife cingcfnsst, der nach unten
mit einem dreitheiligen zierlichen Blatt-Ornamente ver-
ziert ixt. Über den ganzen Schalcnkörper laufen von
Haiide entspringend zwei sich kreuzende, mit hübschem
Laub-Ornamente geschmückte Spangen , und ist jede»
der »ich dadurch auf der Schale bildenden Felder mit
einer Rosette geziert.
Der allgemeinen Annahme nach gelangte diese
Schale als ein Gewhenk de» Markgrafen Ernst an
das Stift, die Fassung jedoch gehört mit Klicksicht
auf das noch romanische Laub-Ornament und das siegcl-
iihnliche Medaillon wahrscheinlich noch dem XIII. Jahr-
hunderte an. I>r. K. Lind.
Die gothische Monstianze in der Decanal-Kirche
zu Eger.
'Mit I lloltxhtltl.)
Dieses kirchliche Gefliss gehört unstreitig zu den
bedeutenderen Werken dieser Art, die die Goldschmiede-
kunst des Mittelalters geschaffen hatte und die uns die
Stürme der vergangenen Jahrhunderte noch Übrig ge-
lassen haben , um daran die Kunstfertigkeit und den
Geschmack der damaligen Künstler studiren und bewun-
dern zu können.
Die Monstranze ist durchaus silbern und vergoldet,
hat die bedeutende Hohe von 3 Fuss und •"> Zoll und
im Tabernakel Hau eine Breite von 13 Zoll, ihr Gewicht
betragt SM Mark und 1 Lotb.
Sic hat den bei derlei im gothischen Style aus-
geführten Gcfässen Üblichen thurmartigeii Aufbau. Auf
einem sechsblätterigen nach den Seiten gestreckten nnd
ziemlich hoch prolilirlen Fusse, der mit vier Medaillons
belegt ist, erhebt sich der Schaft, der mit zwei kleinen
Noden und dazwischen mit einem mitchtigen reich detai-
lirten gothischen Knaufe geschmückt ist. Der Taberna-
kel ist vom und rückwärts mit einer herzförmigen uud
durch <il:is verschlossenen
I Mfnung versehen und mit
einem sechsseitigen durchbro-
chenen Capellenbau bekrönt,
der mit einer hoebnnsteigen-
den sechsseitigen nnd an den
Knuten mit Knorren besetz-
ten Spitze, darauf Kreuzblume
und Kreuz, absehliesst. An
den Seiten sehlies«en sieh dem
Tabernakel je zwei kleine
( 'apellen und Strebepfcilcr-
bauten an, die überdies noch
durch Strebebogen mit dem
Miltclgcbändc verbunden sind.
In den beiden Seilcneapcllen
sind Figürehen (heil. Bischöfe
nnd Engel) aufgestellt, Filter
jeder Scitencapelle senkt sieh
consolartig ein sehr schönes,
zierlich verschlungenes Blatt-
werk herab.
Die Medaillons am Fasse,
enthalten Scenen nus der Lei-
densgeschichte des Herrn, das
böhmische und das Egerer
Wappen. Auf einem sechsseitigen Hinge des Schaftes
sind die Buchstaben I h e c n s angebracht.
Wir haben bereits wiederholt in diesen .Schriften
Monstrunzen besprochen und in Abbildung gebracht,
wie jene im Stifte Klostcrncubnrg, in der Sammlung des
Baron Rothschild, in der k. Ambraser-Sainmlung. in der
Kirche zn St. Leonhard in Langau, in der Domkirche
zu Fressburg, im Stifte St. Faul, ferner wurden auch
erwähnt jene zu Bötzen, Sedlec, Seitenstetten, ("Uli,
Vbbs, l'riglitz etc. nnd Inden durch die Ktinstbedcutung
dieses Werkes unsere Anschauung bestärkt, die dabin
geht , das» während unzweifelhaft der ursprüngliche
Entwurf jener von 8t, Leonhard von einem Architekten
stammt, bei allen übrigen der das Werk schaffende Gold-
schmied auch die Zeichnung anfertigte, dnss nur an den
Monstranzen zu Klosterncuburg, Sedletz, und etwa noch
in der Sammlung Rothschild der gothische Styl in mög-
lichster Berücksichtigung des speeiellen Materials ange-
wendet wurde, während bei den übrigen meist jüngeren
eine schabkinmiissige , wohl für Bau-Material, aber nicht
für Metall passende, durch das Überwuchern des con-
strucliven Elements sieh eharakterisirendc Behandlung
zu erkennen ist. Übrigens bildet dieses Werk, das wohl
frühestens im XV. Jahrhunderte entstanden ist, ein wür-
diges Seitenstück zu jener Monstranze. die sich im
Fressburgcr Domschatze befindet. ])r. K. Froniter.
Alterthümer und Kunstdenkmale des bayerischen
Herrscherhauses.
IX. Li.f.rut.» Mauel," 1"TI HtrHann M • » « »c», lief. Kail»! u*4
Uuchtiiailluas. 1*.
Von diesem auf Befehl des verstorbenen Königs
Maximilian II. begonnenen und unter den Auspicieti
des jetzt regierenden Königs Ludwig II. fortgesetzten
Praehtwerk enthält die IX. Lieferang ein Paar Denk-
male , deren Bedeutung weit Uber die historischen
Gränzen hinaus in der Kunst selbst begründet erscheint.
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CLXXIH
vi in gross auch die daran haftende Erinnerung Uber-
haupt jedem Geschicbtskcuner, zumal einem Angehöri-
gen dieses Landes bleiben wird. Da» eine ist das Grab-
denkmal Kaiser Ludwig des Hävers in der Frauen-
kirche zu München, das schon Kurfürst Max durch
einen Iberbau aus Stein und Erz in Form eines Mauso-
leums besonders auszeichnete, wobei leider die schönen
Stein-Reliefs des ursprünglichen Kaiser-Grabdenkmales
zu Grunde gingen. Dr. Kuhn, Conservalor des baye-
rischen Natiöual-Museums hat den Text zu dieser Lie-
ferung, zunächst mit der vortrefflichen Abbildung des
alten Kaiserbildes Übernommen, wobei es ihm gelangen
ist, endlich einen genauen Text der Inschriften herzu-
stellen und die Datirung des schonen Monumentes sicher
zu bestimmen. Zu diesem Rehufe stellten wir einen
Abklatsch der Umschriften her, der so sorgfältig als
möglich unter meiner Mitwirkung gemacht wurde. Das
Ergebniss enthüll die Rcsehreibung, welche auf die
Lücken in der Handrollen - Inschrift aufmerksam macht
und ausser den gewichtigsten Gründen des Style« und
der Hildung der Rüstnng in dem Fragment mit OCCC
die letzte Gr Unze in diesem Jahrhundert als Zeit der
Entstehung tixirt sieht, wahrend Hoheneicher im ober-
bayerischen Archiv die Datirung nach 15<Ki glaubwür-
dig machen wollte, obgleich in dem Punkte Hoheneicher
Hecht gegelwn wird, wenn er «las Grabmal erst unter
Herzog Albrecht IV. errichtet werden lnsst.
Die vielzuwenig beachtete Handrollen - Inschrift
nennt ihn ausdrücklich als .geboren von Frau Anna von
Rrannschwcig a . Die Annahmen, als sei das Werk unter
Albrecht dem III. zum Denkmal seiner Aussöhnung mit
Herzog Erna! , seinem Vater, oder im Jahre H.'t* von
Meister Hans dem Steinmeisscl ausgeführt worden,
können nunmehr nicht mehr bestehen und sind deshalb
als hinfällig bezeichnet. Das Hauptgewicht legt übri-
gens der Verfasser mit gutem Grunde auf die Reschaf-
fenheit der Rüstung mit der Doppclplatte der Brust,
wie sie an der Gestalt des nufreclitstehcnden jungen
Albrecht deutlich zu erkennen ist, deren Vorkommen
zwischen den Jahren 1170 bis 14!>. r > feststeht, zumal in
Verbindung mit solcher Technik und Stylisirung. Direc-
tor von Hefner - Alteneck erkannte darin eine Arbeit
iles genannten Zeitraumes, wie sehr auch von nnderer
Seite eine frühere Datirung betont worden war. Ernst
Förster hat in seinen Denkmalen deutscher Kunst
lediglieh aus stylistischen Gründen die Entstehung des
Werkes gleichfalls gegen «las Ende des XV. Jahrhun-
derts gesetzt und hierin, wie gezeigt, das Richtige
getroffen. Der um die Geschichte der Münchner Frauen-
kirche so verdiente Rcnefieiat A. Mayer in München
Hess sich hierin durch die tingirten Erziihlungen und
Deutungen des Grabmales einnehmen , wie sehr in
dessen Ruche das artistische Moment berücksichtigt
und allen historischen Daten sonst gewissenhafte Auf-
merksamkeit geschenkt ist. Die grosse Verbreitung
dieses Rnchcs Hesse es besonders wünschenswerth
erscheinen , dass in demselben Uber das grossartige
Denkmal Kaiser Ludwig s die kritisch gesicherte Ansicht
Platz gegriffen hätte , woran die ungeheure Sorgfalt
iles Verfassers für jede Kleinigkeit dieses Gegenstandes
nicht zweifeln lilsst. Die Annahmen Dr. Sighart's und
dessen luschrift-Ergttnzung, die angebliche Aufschrei-
bung Uber den Meister des Steinbildes, deren Dr. Nagler
gedacht, sowie der Mangel einer zuverlässigen Copie
der Inschriften hinderten den Geschichtsehreiber der
Frauenkirche hierin, wie in den meisten < 'oulroversen
seines Thema'», gleichfalls das richtige Resultat zu ge-
winnen. Hei einem Denkmal so eminenter Hedeutung
für die Geschichte der mittelalterlichen Sculptur im
Süd - Deutschland dürfte diese ausführliehe Würdigung
neuester Forschung gerechtfertigt erscheinen.
Das zweite Monument, aber in Erz gegossen, ver-
gegenwärtigt den gleichfalls in der Frauenkirche bestat-
teten bayerischen Herzog Ferdinand, der 1»>i>* dies
Leben verlies« und in der ehemaligen Sebastians-Kirche
zu München seine Familiengruft stiftete. Nach Umwand-
lung dieser Kirche in ein l'rivathans kamen auf Rclehl
König Max' I. im Jahre 1S<»7 die betreffenden Särge in
die fürstliche Gruft der Frauenkirche, das Erzdenkmnl
aber wurde merkwürdiger Weise vergessen und nur
•durch die Pietät des Rrauers Rest gerettet, der dasselbe
mit dvii ausführlichen Inschrifttafeln , an die Heilig
Geistkirche schenkte, wo es jetzt unter dem Musik-Chor
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in der Wand aufgestellt i.-t. Die künstlerisch wltrdigc
l'iiblieirtmg dieses schonen Bronze - Werkes, da« wahr-
scheinlich Meister Gerhard nm 1589 ausführte, sowie die
<i>rreetc Abschrift der Inschrift-Tafeln entreisst ein kost-
bares Denkmal der damals blühenden Glasarbeit der
Vergessenheit. Alle diese Denkmäler gehören nicht nur
der bayerischen ( lesehieb te und Kunstllbung, sie gehö-
ren zugleich der allgemeinen Kunstgeschichte an, deren
I.llekcn anf diese Weise immer mehr gefüllt werden.
Daran reihen sieh zwei Glasgemälde, die aus der
Kartliauserkirche zu Prüll bei RegenHbnrg in da« baye-
rische National -Museum kamen und wieder Familien-
glicder des bayerischen Herrscherhauses mit ihren Pa-
tronen versinnliehen. Die polychrome Abbildung zeigt
den Herzog Albrceht IV. mit seinem Patrone St. Johan-
nes Ev. und gegenüber Herzog Wilhelm VI. mit dem
Kirehcnhciligeii Bartholomäus in betender Stellung, mit
ihrem fürstlichen Schmucke. Die mehrfach behauptete
Gleichartigkeit dieser Glasgemälde mit denen de» Egid
Trautcnwolf hat sich als irrig erwiesen, hingegen mit
solchen der Pfarrkirche zu Tölz aufs klarste heraus-
gestellt, wo die beiden Herzoge in der gleichen Technik,
Stellung und Kleidung wiedergegeben sind, ein Ge
schenk dieser Fürsten an die Kirche jenes Ortes, wo
sie ein Schloss besassen und sich während der Jagden
öfters aufhielten. Der Verfasser weist auf die Regens-
bnrger Schule als EntstehungHort dieser Glasmalereien
hin und datirt sie auf Grund des Costümes und der
Technik ans dem zweiten Jahrzchent des XVI. Jahr-
hunderts. Die Bemerkung Uber den Mangel von s. g.
Grisaille-Malerci an bayerischen Glasbildern und die
Hinweisung auf die berühmten Gemälde des Heilig-
kreuzstifte in Österreich zum B#weise, dass die gegen
Vielfarbigkeit der Fenster gerichteten Ordens Statuten
der Cistcreienscr und Karthäuser nicht stets beobachtet
worden, wird jeder Kenner nur bestätigen.
In Verbindung mit diesen Denkmalen wird dann
das Schwert Herzog Christoph'* von Hävern mitgetheill,
worüber die Notiz aus Jakob Fnggcr's Ehrenspiegel
eigentlich die einzige Nachricht enthält, die es wahr-
scheinlich macht, dass das jetzt als Ccremonicn-Schwcrt
des St. Georgi-Ordcns dienende Prachtschwert wirklich
dem tapferen Herzog Christoph eigen gewesen. Wie bei
diesem Wafl'enstilcke, spricht der Verfasser auch bei den
folgenden, dem Degen und Praehtsehwerte des Kur-
fürsten Max I. vom Jahre U)JH fUr deutsche Meister-
Arbeit, die in jener Zeit, speciell in Bayern, die nichtig,
.«tcn Repräsentanten besass, deren Produete noch viel-
fach fUr ausländisch gelten, trotz des schlagenden Nach-
weises, den von Hefner- Alteneek in den „Entwürfen
deutscher Meister ftlr PrachtrUstungen franzosischer
Könige- geliefert hat. So bcschliesst diese Lieferung
eitlen werthvollen Inhalt, der um so ansprechender ist,
als in diesem Falle auch der erläuternde Text eine sorg-
fältige und auf eigener Forschung beruhende Behand-
lung erfahren hat. Dr. Mettmer.
Bücherschau.
Kleinere, aber werthvollc Novitäten der Kunst-
Literatur gelten diesmal der mittelalterlichen Sculptur
in Stein und Holz, womit Tafelgemälde an Altarwerkeu
• zugleich verbunden zu sein pflegten. Das eine Schrift,
eben handelt \on den „Bildwerken des Wormscr
Domes", die Dr. Fr. Falk zu Mainz bei Franz Kirch-
heim zum Gegenstand einer kleinen gediegenen Studie
gemacht hat. Demselben Verfasser verdanken wir die
Schrift „Die Kunstthäligkeit in Mainz von Willigisens
Zeit bis zum Schlug« des Mittelalters I809 - in Rcgestcn-
form, der gewiss jeder Kunstforschcr ungeteilten Beifall
und volle Anerkennung zu Thcil werden lässt Eine klei-
nere Aufgabe lag hier zur Lösung des verdienten Ver-
fassers vor, aber eiue um so dankbarere, jemehr jeder
Freund der mittelalterliehen Kunst beklagen wird, das*
diesem in jeder Rücksicht denkwürdigen Dome von
Worms eine viel zu geringe Aufmerksamkeit seitens
der Forschung geschenkt worden. Das begränzte Feld,
welches Dr. Falk hier sich abgesteckt, ist für solch'
kundige Hand weit und lehrreich genug, um ähnliche
Studien wttngchenawcrth zu zeigen. Die überwiegende
Bedeutung liegt natürlich in der Ikonographie, die der
Verfasser durch seine genaue Schilderung, resp. Bild-
werke, und die vorsichtige Altersbestimmung in der
That mannigfach bereichert hat. Gleich das erste Wand-
gemälde, Daniel in der Löwengrube, aus dem Beginne
des XII. Jahrhunderts, mit Beischrift, die sogar den
Künstlernamen mirtheilt, ist ein Beweis davon, indem
diese Darstellung nicht zu den gewöhnlichen in romani-
schen Gemälden gehört und durch die Bemerkung des
Verfassers, dass diese Scene eine Lieblings-Darstellung
der Burgunder gewesen, noch interessanter wird. Die
in der Nicolauscapelle aufgestellten Stein-Reliefs des
XV. Jahrhunderts zählen zu den schönsten Sculpturen
dieser Art, deren noch lesbare oder durch die Hibel-
Coucordanz ergänzbaren Inschriften mit Recht im vollen
l'mfunge alle mitgetheilt werden. Nur glaube ich nicht,
dass die auf den Säumen de* Gewandes wahrnehmbaren
Buchstaben an der Figur eines Mannes in deutscher
Tracht den Namen des Meisters, was übrigens der Ver-
fasser selbst bezweifelt, enthalten haben, weil ich mich
bisher durchaus vom Gegcntheil überzeugt habe. Ge-
wöhnlich geben diese Buchstaben gar keinen Sinn, und
wenn mir nicht der Vorwurf der Kühnheit gemacht wird,
möchte ich die Vcrmuthung aussprechen, dass wir darin
eiuen Nachklang der Stoffe und Teppiche vor uns haben,
die gewöhnlich mit solchen Buchstaben als Nachbildung
der orientalischen Stoffe und Webereien versehen sind,
wo die arabischen Bcisehrifteu sich leicht erklären.
Damit war also das Gewand als ein stofflich und künst-
lerisch werthvolles bezeichnet. Die Saum-Inschriftbuch-
staben auf flandrischen Teppichen im bayerischen Natio-
nal-Muscum geben alle keinen Sinn. Auf Gemälden der
oberdeutschen Schule des XV. Jahrhunderts habe ich
mit Ausnahme des immer wiederkehrenden Ave Maria
noch nie sinngebende Inschriften am Kleidersaume ent-
decken können. Nur der grosse Hubert van Eyck hat
auch hier seineu eigenen Weg verfolgt und tiefsinnige
Worte auch an diesen Stellen anzubringen gewusat.
Auf bayerischen Bildern fand ich häufig an solchen
Säumen hebräische Buchstaben, wie Bilder im National-
Museum sattsam beweisen können. Möglich, dass man
auch an die hohenpriesterlichen Kleider des alten Bun-
des bei dieser Gewnndverzierung dachte. Doch folgen
wir dein Verfasser, der anlässlich der Beischriften des
Juliaua-Bildes im östlichen Chore die Worte „Otto me
fecit- 1 auch auf das daneben gcmeisscltc Laub-Ornament
bezieht und in diesem Laub-Ornament ein Muster
erkennt das bei seiner Beschaffenheit nur zum «ei-
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spiele dienen sollte, wie diese und ähnliche Bnnglieder
ausgeführt werden müssten, wenn Geld und Zeit es
erlaubten , dann im raschen Sprunge in diesem Otto
den Meister des tätlichen Chores, ja des alten Domes
selbst erblieken will. Hier geht Dr. Falk doch etwas
weiter als der Thatbcstand erlaubt und wahrscheinlich
ist. .Sollen denn diese Ornamente wirklich nur aus dem
obigen Grunde nnausgeftlhrt geblieben und der Meister
sonst nirgends angegeben sein V Möglich ist diese An-
nahme immerhin, und der Verfasser hat Recht gethan,
sie mit deutliehen Worten auszusprechen. Diese Hin-
weisung durfte allein genügen, dem Leser zu beweisen,
das* dein Verfasser kein Zug entgangen, der für die
Geschichte des Wormser Domes belangreich erscheinen
konnte. Dieser östliche romanische ( hör ward 1110
durch Bischof Eppo vollendet. Mit gleicher Aufmerksam-
keit behandelt Dr. Falk das in den vermauerten Ein-
gang der nördlichen Umfassungsmauer versetzte Stein-
bild, welches die drei Jungfrauen S. Knibede, Warbede,
und Wilibcde mit Kronen auf dem Haupte, Palmen in
den Hilndcn und gothiseher Inschrift zeigt, die obige
Namen gibt. Die Seulptnr datirt aas dem Anfang des
XV. Jahrhundert und bietet dem Verfasser Anlass, der
Legende der drei Heiligen aufmerksam nachzugehen,
wobei ihm die gründlichen Forschungen Professor
Friedrich'« in München, im IL Bande seiner Kirchcu-
gesehichte Deutsehlands ganz besonders zu Hilfe kom-
men, wie wiederholt hervorgehoben ist. Nun wendet
sich die Schilderung dein Haupt Portale zu, dem schon
im XVI. Jahrhundert Manch und Wicelins, dann Wolfius
einige Erklärungen widmeten. Dass auf die etwaige,
noch so unbedeutende Literatur der Vergangenheit hin-
gewiesen wird, muss dem Verfasser als ein anderes,
nicht geringes Verdienst angerechnet werden. Au das
Giebelfeld-Bild mit der allegorischen Gestalt der Kirche,
reihen sieh in den Hohlkehlen folgende Seencn in
schöner Gegenubersteilung aneinander: Schöpfung der
Welt uud Maria Verkündigung. Mit letzterer wird im
Mittelalter durchaus der Beginn der neuen Schöpfung
durch Christus eingeleitet. Dann folgen: Erschaffung
Eva's und Geburt Christi aus Maria; Flucht aus dem
Paradiese, Flucht nach Egypten; Kain's Brudermord,
Kindermord zn Bethlehem; Noah's Arche im Wasser,
Christi Taufe im Jordan; Abraham's Opfer und Geis*,
lung Christi; die eherne Schlange am Pfahle erhöht und
Christus erhöht am Kreuze; Jonas ans dem Fische und
Christas aus dem Grabe kommend; Elias gegen Himmel
fahrend und Christns zum Himmel emporsteigend.
Längere Betrachtung erheischen jedoch die vier
allegorischen, zu je zwei Übereinander angebrachten
Frauengestalten zur hechten des Treppen Aufganges,
die F. Schneider im Anzeiger fllr Kunde der deutschen
Vorzeit, Nr. :'», 1870 ausführlich behandelt hat. Das Er-
gebniss ist, dass hier das Judenthum und Heidcnthum
gegenüber der Barmherzigkeit (Liebe) und Wahrheit
vorgestellt sind. Die Deutung ist keine erzwungene,
sondern Uberzeugende. Die Gestalt des Judenthums
und der Barmherzigkeit können niebt bezweifelt wer-
den, während die beiden anderen Figuren höchst wahr-
scheinlich den gegebenen Sinn enthalten. Der zur Seite
eines Bischofbildcs lesbare Name IL Anselm(us) wird
vom Verfasser auf den KUnsller des Portals bezogen
und die Ausführung desselben in das endende XIV. Jahr-
hundert gesetzt. Von den im folgenden beschriebenen
Wand- und TafelgemHlden zeichnen sich die Überlebens-
grossen Gestalten der Apostel Petrus und Paulus, ver-
muthlich noch aus dem XII. Jahrhundert, auch durch
die altertümliche, an romanische Elfenbein Reliefs
erinnernde Einfassung aus, indem Thllrmehen mit klei-
nen ThUren, theils ganz, thcils halb, bald nach reehtB,
bald nach links geöffnet, die Heiligenfiguren einrahmen.
Meine Hiudcntung auf analoge Beispiele an Elfenbein-
Arbeiten wird man gerechtfertigt finden, wenn man
Uberhaupt das langsame Entwachsen der Malerei aus
der begleitenden Architektur auf alten Bildwerken hie-
bei würdigen wird. Jedenfalls ist genannte architek-
tonische Einfassung sehr bcachtenswerth , weshalb der
Verfasser sie ausdrücklich betont hat, der Überhaupt
keinen Umstand von archäologischer oder artistischer
Bedeutung zu erwähnen vergisst. Nach der Beschreibung
der merkwürdigen, schon von J. v. Hefne r- Altcu-
eek in dessen Trachtenwerk mitgetheiltcn AltarrlUgel-
Cemüldc auf Goldgrund in der Nicolaus-Capelle, gibt
der Verfasser noch .von anderen Kunstwerken Nachricht
und verweilt dann länger bei der Constntirung und
urkundlichen Begründung der ehemaligen FUrsteugraber
im Dom, die auffallend genug schon beim Neubau des
Jahres 1 1 10 wahrscheinlich verschüttet wurden.
Die Mittheilung und Beschreibung eines werthvollen
Wandteppichs, welchen in der Mitte des XII. Jahrhun-
derts der Domcustos Nibeluugus der Wonnser Kirche
verehrte, erinnert an Fragmente alter Teppiche im
National Musenm zu Manchen aus freilich späterer Zeit,
leider dass diese Wonnser Teppiche längst zu Gruude
gegangen. Endlich fasst ein kleines Verzeichnis« die
Namen der in Worms vorkommenden Künstler zusam-
men, worauf noch ein holzgeschnitztes Crucifix, die
Steinmetz -Zeichen, die an den Sockeln und Wanden
des Dalberg'schen Krcnzganges befindlichen gotliisehen
Anfangsbuchstaben , der sagenhafte Baum im Dom-
Krenzgang, der Sehatz, das Arthiv und eine schon 134«
' zu Worms bestehende Maler- (Schilder-) Zunft kurz
besprochen werden, so dass dies kleine Schriftchcii
von nur <J1 Seiten zu den inhalt- und lehrreichen der
Kuristliteratur gezahlt und der Wunsch ausgesprochen
werden muss, es möge bald wieder eine ähnliche werth-
volle Gabe der mittelalterlichen Kunstgeschichte aus
der Feder dieses Verfassers hervorgehen, der es ver-
steht, im anspruchslosesten Gewände ganz Vorzugliches
zu leisten.
Das andere Schriftchcii von noeh mehr beschei-
dener Form gibt eine „Beschreibung des Hoch-
altars im Chor der Klosterkirche zu Blanbeu-
ren u nach zuverlässigen Quellen in graphischer Dar-
stellung bearbeitet von C. Ei eh I er. Blutibeuren, Selbst-
verlag, in 8°.
Dieser berühmte FlUgel- Altar hat längst die Auf-
merksamkeit auf sich gezogen und eine Abbildung des-
selben wird man in keinem Werke Uber Arbeiten dieser
Art vermissen ; aber eine klare Übersieht des Altare«,
der andere Bildwerke geschlossen , andere geöffnet
präisentirt, hat noeh immer gefehlt, wie anspruchslos
die graphische Schilderung unseres Verfassers auch
immer erseheinen mag. Er bringt ein auch in Bezug
auf Ikonographie lehrreiches Kunstwerk, wenigstens
besehreibend vor Augen; vielleicht findet derselbe For-
scher noeh Gelegenheit, die bildliche Wiedergabe hin-
zufügen zu können. In Umrisslinien wird der Altar
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zuerst geschlossen vorgestellt und an jeglicher Bildstelle
mit Schrift der Gegenstand der Darstellung bezeielinet.
Dann folgt die Vorderansicht des Altars bei vollstän-
diger Öffnung, dann bei theilweiser. Auf dem nächsten
Bialte wird die liiutcre Seite und die Nebensciten in
gleicherweise versiunlieht , wozu noch der Grundriss
des Chores dieser Kirrhe mit Einzeichnung der ver-
schiedenen daselbst befindlichen Bildwerke gefugt ist.
Wer nicht weis» , das» dieser herrliche Altarschrein
DoppclflUgcl hat, die ihrerseits aufgeschlagen, die
Schnitzwerke des MittclstUckeg überdecken und einen
eigenen, den St. Johannis-Altar in Gemälden repräsen-
tiren können, dem sieh der schöne Aufsatz unverändert
als krauendes architektonisches Sehnitzwerk mit Figu-
ren und Reliefs Uberbaut, der wird aus dieser graphi-
schen Darstellung, wo die Angabe Uber Schnitz- oder
Malerarbeit fehlt, schwerlich klar werden. Ein wenn
auch noch so kurzer Text ist schlechterdings nothwen-
dig und wird wahrscheinlich demnächst folgen. Der
obere unwandelbare Aufsatz, der aus spät-gotliischeu,
durehbrochenen Fialen besteht, zeigt lauter Schnitz
werke, deren Meister kein geringerer als Jörg Syrlin
von Ilm gewesen sein soll. Die mittlere dreitheilige
Fiale tiberragt mit ihrem spitzen Helme die zwei seit-
lichen und enthält die Statue des dorngekrönten Erlö-
sers, wie er nach der Auferstehung seine Wundmale
zeigt , .rechts und links aufrecht stehende, bekleidete
Engel, deren einer das Kreuz in Händen halt. Der gegen-
überstehende Engel fehlt. In den seitlichen Fialen stehen
sich die beil. Jungfrau und der Evaugelist Johannes
gegenüber. Unter ihnen entspricssen aus dem freien
Astwerk die vier Kirchenlehrer zu je zwei, reehts und
links St. Maria und Johannes untergeordnet, fein ge-
schnitzte Brustbilder. Etwas tiefer gewahrt man in
mitten des aus Aslwerk sieh bildenden geschweiften
Spitzbogens die annuithigen , grosseren Brustbilder
St. Steplianus und St. Laurentius, genau den Statuen
der beil. Jungfrau und St. Johannes Ev. entsprechend,
da die letzteren auf den Spitzen dieser geschweilten
Spitzbögen stehen, freilich jede Gestalt auf ihrem eige-
nen ('onsülchcn angeordnet. Die edlen BrusthilderSt. Lau
renlins und Stefan Überragen den unter ihnen sich
torterst reckenden Horizontal-Leisten , der diesen Auf-
satz abschliesst. Nun beginnen die veränderlichen Altar-
theile, das heisst die durch DoppelHugcl-Thüren ver-
drekbareu Thcile. Ist der Altar geschlossen, so sieht
an den Außenseiten dieser Flügel die Passion
Christi in Tafclgcmiilden dargestellt. Öffnet man sie ein-
fach, so tritt in der Milte als Schnilzwerk Sta. Maria mit
St. Benedict, Johann II. einerseits, St. Johann Ev. und
St. Scholasliea andererseits unter zart behandelten
Tabernakeln entgegen, welche die Itückw.-md in je zwei
Felder theilen und bekrönen, während die Madonna
mit dem Christkind von schwebenden F.ngeln mit der
Krone unter eigenem drcitheiligen Baldachin ausge-
zeichnet wird. In Beliefs schliessen sieh dann die Sei-
tenflügel mit der Seene der Geburt und den heil, drei
Königen an. Darunter die Predella mit Christus und
Aposteln in geschnitzten Brustbildern in drei tirnppen
geordnet. Lässt man uun die eingeschlagenen zweiten
FlOgelbretter sieh entfallen, so Überdecken sie die
Schnitzwerke der Mitte durch die bemalten Tafeln mit
acht Sccncn aus dem Leben des heil. Johannes des
Täufers und haben noch je eine Flügeltafcl zu beiden
Seiten llbrig . die wieder je vier Darstellungen vou
St. Johannes B. enthalten. Diese loTafelgcmälde »teilen
somit den St. Johaunes-AItar vor. Vier Tafeln oder Brei-
ter, jede iii vier Felder getheilt, fUr die kleinen Ge-
mälde ans dem Leben und Leiden Johannes B. bilden
den genannten Altar. Zwei Tafeln bleiben als Flügel
aufgeschlagen und springen somit rechts und links von
der Predella seitlieh vor; zwei Tafeln sitid eingeschla-
gen gegen die Mitte des Altars und verdecken dadurch
die Schnitzwerke, also die Madonna mit den krönenden
Engeln und die Heiligen Benedict , Johann B., Johann
Ev. und Scholasliea. Die Itlickseite des Altarsehreiiics
ist selbstverständlich nur bis zum Beginne des schönen
Aufsatzes, die als freie durchbrochene Architektur das
Ganze krönt, mit eigenem Bildwerk versehen, dass der
Verfasser, wie erwähnt, gleichfalls verzeichnet. Die
Antorschaft der Gemälde seheint von dem Verfasser
laut Zuschrift des ersten Blattes blos auf Barth. Zeit
hlom bezogen, während Waagen, Hassler, E. För-
ster mehrere Hände für dieselben annehmen. Die Ge-
mälde der Itlickseite und der Predella werden grössten
theils Zeit bl om vindicirt, während vier Tafeln, das
heisst vier Gemälde aus dem Kreise vou St. Johann B.
mit Martin Schonganer Verwandtschaft zeigen, hin-
gegen die andern und die Passionsbilder der Aussen-
seiie (bei ganz geschlossenem Altar) geriugere Meister
ankündigen. Vielleicht vermag der Verfasser durch
urkundliche Daten in diesen Punkten Aufschlnss zu
geben. Mögen dieselben bald nachfolgen, damit der
sehönsie Sehnitz-Altar Deutschlands kunstwissenschaft
lieb klar und diese an sich schon werlhvolle Studie zu
ihrer ganzen Bedeutung gebracht werde.
Die Juncker von Prag, Dombaum eister um 1400 und
der Strassburger Müt;sterbau.
Kl' . Lim. Mi Ic-t IJ..IH- J'nr, IC * n J i ■ i- I' »• r £. l.rljjjfj J*T 1 . 1*. *'J S. I<i n
Ehe noch in diesem Jnhrhunderte der Anfang zu
einer wissenschaftlichen Erforschung der mittelalter-
lichen Baikunst gemacht worden ist, war es in Deutsch-
land ein Meisternamo ans früher Zeit, der dennoch
schon vielbekannt, in vieler Munde geradezu der Träger
all' der unklaren Begriffe geworden, welche man mit
dein Gedanken an die Bauweise der Väter verband, der
eine verständnisslose aber pietätvolle Bewunderung nui
mit Kühmen nennen liess, Erwin von Steinbaeh. Dei
Strassburger Dom ist heinahe das einzige kirchlich)
Denkmal des deutschen Mittelalters, welches sich rülimei
darf, dass der Name eines der am Baue wirkendei
Künstler damals schon, ehe man sieh des Studium>
der Baugeschichte befleiasigte , Uber du* Locnl hiuaus
berühmt wurde und in der nationalen Literatur häufig
Erwähnung fand. ■-
Allein auch Uber die Periode jener begeisterten
Espectoration Göthe's hinaus, die 1771 den (Iiis niani-
bns Ervini n Steinbaeh und dem r heil. Erwin'* huldigte,
nach dem Abblühen der romantischen Sehnte und ihrer
schlimmen Folge, der Poesie der Kitterromane, die da
mit Naivelät die Kreuzfahrer in spät-golhischcn Gebäu-
den tafeln und tourniren liess, — bis auf diesen Tag ist
durch die gesummte Laienweit gerade über den Strass-
burger Dom eine Fülle der ungereimtesten Irrungen im
(lange. Noch mehr: gerade wie bei uns in Österreich
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trotz aller Belehrung und Verbesserung noch immer zahl-
reiche Volkssehriftcn, r bistori»ehe* limmtne und leider
selbst Schulbücher an den Tag treten, welche z. B. deu
Stcphansdom durch Meister Pilgram von unten bis oben
erbaut wcrdcu lassen, so gilt auch in so mancher Schrift
heute noch Meister Krwin für den Erbauer des Strass-
burger Münsters, oder doch derFacadc mit dem Rieseu
thurm. Bessere, doch nur wenig berathenerc Bücher
sprechen von der Vollendung de» Envin'sehen Thurm-
baue* durch deu Kölner Meister HUltz später. Da Iii r
wieder ist der Name der Bildhaueriu Sabina, ab* einer
Tochter des grossen Architekten allgemein genannt und
so denn ein wahres Net/, von lrmiigen fast über alles,
was sich auf den Dombau bezieht, gebreitet.
Die Seeberg'sche Schrift, obwohl nicht fUr das
grosse Publicum verfasst, kommt mit ihren erfreulichen
Aulklärungen über obige Dinge eben zur rechten Zeit;
das allgemeine Interesse hat sich Strassburg und seinen
Schicksalen , seiner Zukunft zugewandt , unter den
zunächst ins Leben zu rufenden Neuerungen wird die
Herstellung des grossnrtigen Münsters keine der unter-
geordnetsten sein und bei solchen Umstanden die Resul-
tate der Forschilug, welche ein ganz neues Licht Uber
die Baugeseliiehtc herbeischaffen, hoffeutlich auch Uber
die Fachkreise hinanszudringen im Stande sein. Haupt-
zweck der genannten Schrift ist es, die Bctheiligung
der Brüder Juncker am 7'hurmban darzuthiin ; daraus
erfolgt indes» selbstredend die Notwendigkeit, erst die
(■eschichte der vorausgegangenen Bau -Perioden von den
bisherigen IrrthUmern zu säubern, d. h. also das wahre
Mass dessen -zu bestimmen, was dem vielgerühmten
Meister Erwin an der RiesenschiSpfung des Domes zuge-
schrieben werden darf. Soweit der Verfasser in «einem
Buche diese Kragen erörtert, dienen ihm indes» nicht
eigene Untersuchungen zum Halte, sondern die gründ-
lichen Forschungen eines in Deutschland wenig bekann-
ten verdienstvollen Gelehrten, des kürzlich verstorbenen
Strassburger Stadt-Archivars Dr. L. Schnee gans, der
in zahlreichen Abhandlungen die Früchte seines Stu-
diums der localen knnstgeschichtlicben Verhältnisse
niederlegte. Indem diese Arbeiten, welche in den Elsas-
sischen Neujahrsblättern, in der Revue d'Alsace etc.
erschienen , einem grössern Leserkreise kaum mehr
zugänglich sein werden, ist des Verfassers sorgfältige
Benützung ihrer Ergehnisse gewiss allgemein willkom-
men zu heissen. Wir folgen seiner Darstellung und ver-
zeichnen das wichtigste davon.
Bis ins XIH. Jahrhundert bieten blos die Chroni-
ken einige spärliche Angaben. Der Neubnu 101» erhob
sieh auf den alten Grundmauern; nach fünf im folgenden
Snculum ausgebrocheneu FeuersbrUnsten blieben blos
Krypta und einzelne Theile des Chores übrig. Der Bau
der Schiffe , den wir heute vor Augen haben, wurde im
Laufe des XIII.— XIV. Jahrhunderts hergestellt, worü-
ber Closener's und Twinger's von Königshoven Chro-
niken Andeutungen geben, doch nennen sie weder
Erwin , noch sonst einen Meister. Die erhaltenen Auf-
risse und Zeichnungen, die Bestellungshriefe im Dom-
Archiv schweigen Uber ihn , man kennt seinen Namen
nur aus den nun verschwundenen Inschriften an einem
der Portale nnd am ehemaligen Lettner, ans mehreren
Grab-Inschriftcn, und ans dem vom XUL— XVI. Jahr-
hundert fortgeführten Buche der Woblthiiter und Ge-
schenkgeber der Kirche im Frauenwerk-Archiv. Erwins
Werk am Münster ist der Bau der Facadc, d. h. de*
mächtigen Unterbaues de» beabsichtigten Thflrmepaa-
res, also die Vorderseite des ganzen Domes bis auf den
Mittt-It heil Uber der Rose und den Thnriii. Nach der
erwähnten Inschrift des Portals begann die Arbeit im
Jahre 1277, als der Körper des Kirchengebändes vollen-
det dastand. Fast alle späteren Schriftsteller haben, eben
auf diese Inschrift gestutzt, den Ruhm Erwin's verkün-
det. A. D. MCCUXXVH in die beati Urbani hoc glorio-
sum opus inchoavit magistcr Erwinns de Stcinhach,
lautete ihr Test; unbekannt ist uns da» Aussehen, da»
Material ihrer Schriftzeichen , ja selbst der einstige
Standort, denn es ist vergessen, an welchem der drei
Portale sie angebracht gewesen. Offenbar haben Epi-
gonen die preisende Inschrift dem verewigten Meister
gesetzt, das zeigt der Ausdruck gloriosnm opus; wäre
die Schrift mit Erwin gleichzeitig, so hätte er selbst
sieh demselben nicht bedient, aber auch dem Charakter
der ganzen Periode wäre die Nainennennung des Künst-
lers am Baue zuwider, wie denn auch alle Chronisten
seiner nicht gedenken. Der Verfasser macht es wahr
scheiulieh, das« nach 1400, als der ins Stocken gera-
tene Facadenbau von neuem aufgenommen wurde,
eine dankbare Nachwelt sich de* grossen Beginners
erinnerte und damals die Inschrift gefertigt worden. Sie
ist von der grössten Wichtigkeit, insofern als nur aus
ihr Erwin's Gcsehleehtsnamc erhellt, die Epitaphien etc.
enthalten nur den Tanfnameu. Dorthin aber wird er aus
der lebendigen und darum wohlverlüsslichen Tradition
der fortan blühenden Steinmelzcuhütte gekommen sein.
Die Inschrift an dem hoehgerühmten, 1<>M1 durch
gallischen Vaudalismus zerstörten Lettner, aus dem-
selben Jahre wie die Grabsehrift der Gemahlin Erwin's,
Btammte noch aus seinen Lebzeiten , ist demnach die
älteste Erwähnung. In dem Inhalte: MCCCXVI ediftea-
vit hoc opus magistcr Erwin. Ecee ancilla Domini, fiat
mihi seenndnm verbnm tunm. Amen, scheint der Schmerz
um der Gefährtin Hingang und die Resignation mitzn-
spreeben.
Eine uralte Überlieferung schreibt Erwin auch die
Schöpfung der zu so mächtigem Einflüsse berufenen
Strassburger Bauhütte zu, eine Thal, deren grosse Be-
deutung auch darin liegt, dass dadurch die Knnstübnng
den mönchischen Kreisen entwunden wurde nnd in jene
der Laien und Bürger Eingang fand. Die Erfolge, welche
Stadtrath und Adel eben Uber den Bisehof und das
Domcapitel errungen hatten, wodurch seit 12(53 die Bau-
vcrwaltung des Domes in die Hände des Rathcs über-
gegangen war, begünstigten diese Unternehmung, die,
von Kaiser Rudolph und Papst Nicolaus HI. gefördert,
in Zukunft bedeutende Früchte tragen sollte.
Vierzig Jahre lang wirkte der Meister, von dcsBen
Werken im Innern des Domes heute nur noch die Wöl-
bung des südlichen Kreuzarmes und das Grabmonumeut
des Bisehofs Conrad von Lichtenberg in der Johannes
Capelle erhalten sind , denn den Überthcil des Lang-
hauses erneuerte da» XV. Jahrhundert, die nchtgiebe
lige Kuppel Uber der Vierung zerstörten die Flammen
1 75fl, den Lettner aus der Marien-Capelle demolirten die
Franzosen im XVII. Jahrhundert.
Erwin's Grabsehrift hat Göthc vergebens im Dome
gesucht . erst 1 8 1 Ii entdeckte sie Sulpke Boisseree und
Engelhard, der Herausgeber des 1870 zu Grunde gegan-
genen bortus delieiarum. Nebst des Meisters Epitaph
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fanden sich jedoch noch zwei andere, alle drei unter
einander, sehr glciehmässig und offenbar bald nach
einander eingegraben. Die älteste derselben betrifft die
];>li> gestorbene Frau des Meisters, doraina Husa. Aus
dir wird unzweifelhaft, das« der Gatte, indem das Prä-
dient domina nur einer adeligen Dame gebührt, von
edler Abkunft gewesen, womit das von Steinbacb der
ehemaligen Portal- Inschrift stimmt. Ehen zwischen Adeli-
gen und Niehtadeligen sind aus dieser Zeit nieht nach-
zuweisen. Am selben Tage erscheint sie als Geschenk-
Weberin durch Vermächtnis» zu Gunsten des Munster-
baue* im genannten Gcschcnkbuche. Am 17. Jänner
1318 erfolgte Erwin'» Ableben, den die Inschrift niagi-
ster und gubernator fabrice nennt.
Die interessantesten neuen Ergebnisse hat die Er-
forschung der dritten Grabsclirift durch Sehnecgans
geliefert. Sie euthiilt das Todesjahr 1339, in welchem
mngiKter Johannes tilius Erwini magistri operis gestor-
ben. Nach operis folgt noch VI' und in der letzten, sie-
benten Zeile Et'CE. Alle früheren Autoren lasen VI'
/.war richtig hujus, konnten aber aus ecce (eedesiae)
nichts anderes als etc. herausfinden. 80 besagte denn
der Text, dass Meister Johannes gestorben, Sohn dieses,
also des in der darüber befindlichen Inschrift genannten
Krwin, und es wurde allgemein, von des grossen Erwin
Sohn und Nachfolger zu sprechen, der des Vaters Werk
am Munster weitergeführt hätte; hujus gehört aber nicht
zu Erwini, sondern zu dem letzten Worte: eceleBiae.
Sehn e egans hat dargethan,dass nach dem vielgenann-
ten Erwin von Steinbach noch zwei Donibauiueister des-
selben Namens gemeinschaftlich den Bau leiteten. Sie
werden im liuch der Geschenke erwähnt. Beide sind
aller Wahrscheinlichkeit nach jenes ersten Erwin Söhne
(derselbe Name bei Brüdern begegnet im Mittelalter
sehr häutig), einer von ihnen aber war Vater des in jener
dritten Grabschrift genannten Johann, dessen Zusammen-
gehörigkeit mit Erwin' I. Stumme der Platz beweist,
den man dem Epitaph gegeben, der ein Baumeister,
doch nicht ein Dombaumcister laut der Inschrift gewe-
sen ist. Der Vater überlebte Johann, sonst würde ein
c|Uoudain bei seiner Erwähnung in der Grabscbrift nicht
mangeln.
80 haben alle folgenden Jahrhundertc , in denen
Schad in Beinern MUnstcrbueh, Schiltcr, Sehöprliu, Gran-
didier u.a. Uber den Dom schrieben, an den einen
grossen Namen Erwin's alles geknüpft, was hervor-
ragend schien, was sonst etwa noch an Namen bekannt
wurde. Wie man ihm einen Sohn verschaffte, den er
nicht besass, so erhielt er auch eine Tochter, deren
Hnliin als eine der frühesten Künstlerinnen Deutschlands
nieht klein geworden ist. Wieder ist es Sehnecgans,
der in dem Artikel: La statuaire Sabine, zeigte, dass der
Irrthum, die Bildhaucrin Sabina, welche eine Statncn-
Iuscbrift am Portal des südlichen Kreuzarmes nennt, sei
Erwin's Tochter, von dem Ingenieur und Topographen
Spccklin herrühre, der im XVI. Jahrhundert schrieb.
Sabina, ein Geschlechtsnnme ist nicht bekannt und in
der Inschrift nicht enthalten, lebte ein Jahrhundert
vor ihrem angeblichen Erzenger; dieser filtern Periode
gehört ihr Styl, gehört die Errichtung des Bautheilcs an,
welcher jenes Portal nud seine gleichzeitigen Statuen
enthält. Sabina war eine Zeitgenossin Herrad's von
Landsbcrg, mit deren schon genanntem hortns dclicia-
rum der Styl ihrer Steinbilder im Dome Ubereinstimmt.
Manches romantische und romanfähige Element hat
somit die strenge Siehtung des Forschers aus der Bau-
geschichte des Strasshurger Münsters gestrichen; wir
Uberlassen es der Sentimentalität, darüber zu trauern.
Nur dem einen ist zu begegnen, dass nun etwa Erwin'»
Buhm für geschmälert gehalten würde, weil die wissen-
schaftliche Untersuchung ihn nicht als denjenigen gelten
lässt, nach desseu Entwürfen der herrliche Bicscnthurm
sei ausgeführt worden. Was als seine Schöpfung erhal-
ten bleibt, ist natürlich-einheitlich, aus einem Guss nnd
Geist und muss bei dem ästhetisch und kunsthistorisch
gebildeten Betrachter gerade deshalb des Künstlers
Werth erhöhen, während den ihm bisher zugeschrie-
benen Theilen durch die Wandelung der Zeiten die voll-
ständige Übereinstimmung mit den älteren, ihm wirklich
zugehörenden fehlt, somit eine sttireude Ungleichheit in
iles Meisters angeblichem Werke herrschen würde. Der
frühere Erwin wäre also als Künstler vielmehr weniger
vollendet als der wirkliche. Was er wirklich geschaffen,
ist herrlich genug, seinem Namen den verdienten Buhm
zu bewahren.
Wir geben rascher Uber das nächstfolgende hin-
weg. Ks treten jene stürmischen Bewegungen ein, in
Folge deren die Zünfte der Stadt zn hervorragender
Bedeutung, selbst zur Beschickung des grossen Käthes
gelangten. Die Werkleute, welche des adeligen Erwin
Stiftung, die Bauhütte, in einer selbständigen Genos-
senschaft über die Innungen gestellt hatte, mussten nun
dem letzterem beitreten und sich der städtischen Maurer-
zunft gesellen, ein Znstand, der 7t) Jahre dauerte.
Währenddem arbeiteten am Dome die Baumeister Ger-
lach 1349, Knnz 13*2, Michael v. Freiburg 1383. Im
Jahre 13(55 war man, nach Twinger's Nachricht bis
zu der Höhe des Arcaden-ßaues gekommen, welcher
heute die Plattform Uber dem dritten Stockwerke der
projectirten Thürrae bezeichnet. Über dieser Plattform
schon hätten nach Erwin's Flaue die Dach bei nie beider
Thtlrmc sich erheben sollen, und einem solchen Vor-
haben entsprechend, waren die Untermauern construirt.
liicbci ist zu erwägen, dass der Uber der Kose befind-
liche , wenig gelungene Mittelbau spätere Erfindung,
aus dem Erwin'schen Entwürfe aber wegzudenken ist.
Man hatte dadurch den Frontbau erhöht und im ganzen
zn einem Viereck in weuig glücklicher Weise umge-
staltet, nun mussten Erwin's Thurmhelme zu niedrig
erscheinen und auf eine weitere Höhenentwicklung
gedacht werden.
Es folgen weniger bedeutende Meister: Klaus von
Lahr oder Lohr in Baden , dann Ulrich von Ensingen,
der vordem am Ulmer Dombau angestellt gewesen,
1391—1394 und 1400. Letzterer hat das Verdienst, die
Bauhütte in aller Selbständigkeit hergestellt zu haben.
144)4 erscheint die erste Spur der Ju n kher von Prag.
Noch waren die Brüder, die bald hierauf nach
Strassburg zu wirken berufen wurden, in der Schule
Arler's von Gmüud zu Prag thätig; doch kam bereits ein
für Strassburg gearbeitetes Sculptnrwerk ihres Meissele,
die unter dem Namen der traurigen Maria berühmt gewor-
dene Statue, von dorther an die Stadt amKhein, die schon
durch den Maler Wurmser von Strassburg in Verbindung
mit dem Kunstleben Prag's crecheint. Die beiden Junk
her Wenzel und Johann waren es, die nach ihrer
Anstellung beim St rassburger Münsterbau die schwierige
Anfgabe zu lÖBen vermochten, die nun herangetreten
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war, als durch Aufführung jenes Zwischenbaues ob der
Rose die Thtirme nach Erwin's Plan nicht mehr vollen-
det werden konnten , auf den dafür berechneten Grund-
lagen aber ein Thurm von weitaus grosseren Verhält-
nissen emporsteigen sollte. Sie erreichten das Ziel nicht
völlig, der Abschlnss des ungeheuren Gebäudes, wie
wir es sehen, ging nicht aus ihren Händen hervor, auch
liegt dem heute vorhandenen Abschlüsse ihr Entwurf
nicht zu Grunde, doch gehört ihnen der Ruhm, einen
allein genügenden Plan gefunden zu haben, dem zufolge
ein Thurm von solcher Höhe auf den unverstärkt gelas-
senen Fundamenten eines vorher projectirten kleineren
errichtet werden konnte, abgesehen davon, dass, trotz
der spät-gothischen Üherzierlichkeit der Helmspitze, die
Bekrönnng nach ihrem Entwurf das ganze Gebäude weit
besser geschmückt haben würde. Mit vollendeter Herr-
schaft über alle Mittel der Technik verstanden es die
kühnen Meister, durch Anbringung schwindelnd hoher
Hallen im Innern die Massen zu entlasten, das Ge#ammt-
gewicht den gegebenen Verhältnissen anzupassen.
Ihrer endlich ist der geniale Gedanke, die Stütz-
pfeiler des Erwin'schcn Frontbaues in den bekannten
prachtvollen Schnt'ckcntliürmchen fortzusetzen, welche
das Achteck zu festigen scheinen. Leider haben diese
vier Thürmchen die im Plan bestimmten schönen Pyra-
midal-AbschlUsse, eine Reminiscenz an den Präger Stic-
genthnrni, nicht erhalten.
Auf die Junckhcr folgte der Kölner Jobann Hültz,
I4£8. Er setzte die Arbeit an den Scbneckenthurnicben
fort; er erbaute die grosse Thurm-Pyramide, offenbar
nach eigenem Entwürfe, eine ebenso kühne als zierliche,
doch dem Styl der guten Zeit längst entfremdete Con-
struetion, an der Gränzc von Spielerei und gothischem
Zopfe stehend. Dan Riesenwerk stand am Tage Johann
Bapt. 1439 fertig da, der Künstler starb erst 1449.
Wir schliessen hier unser Referat über die See-
be rg'sehe Broschüre, zu deren Angaben der Aufsatz des-
selben Verfassers in Naumann's Archiv für die zeich-
nenden Künste des XV. Jahrg. nachzusehen ist. Was
noch im Buche folgt, enthält auf Grundlage obiger Daten
eine Rectiticirnng der alteingewurzelten Irrthümer über
die Beteiligung der Juukher am Strnssburgcr Thunn-
bau. Es wird der seltenen, auf diese Künstler geschla-
genen Medaille von 15ü5 gedacht, dieselbe ist dem
•Schriftchen auch im Bilde beigegeben. Sie zeigt auf
der einen Seite die Vorderansicht des Münsters mit dem
vollendeten Thurme (Umschrift: turris Argentoratensis),
auf der andern drei Reiter in ideal-antikem C'ostttm, und
die Worte: Die drei Jvnkkhorn von Prag, 1565. Die
Bemühungen, welche schon Schnee gans und nun der
Verfasser entwickeln, um die Dreiheit der Brüder als
historisch zu erweisen, empfehlen wir dem Leser in all
ihren Details selbBt zu verfolgen, so wie denn die ganze
Schrift zu den interessantesten kunsthistorischen Arbei-
ten jüngsten Datums zu zählen ist. A. Ilg.
Die Grabdenkmäler von St Feter und Nonnberg zu
Salzburg.
TrcJ Abtballungcn. J<d« mit ii StaladrockufeUi, bcranain>CBb«n tob Dr. Will
End Carl *«i> Kr« t, .Stilborf |WT, M, 71.
Die ersten beiden Abtheilungen dieses schönen und
höchst verdienstvollen Epithaphien-Werkos , welches
sowohl dem gelehrten Autor, Herrn Dr. Walz, dem
XVII.
genialen Zeichner, Gutsbesitzer Karl v. Frey, und dem
tüchtigen Lithographen Peter Herwegen eben so wie
der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde zur Ehre
gereicht, sind schon ao. 1869 im XIV. Bande der Mit-
theilungen der k. k. Ccntral-Commission, p. LXJ et seq.,
gewürdigt worden. Es erübrigt uns also eigentlich nur
mehr Uber die im vorigen Jahre erschienene dritte
Abtheilung Bericht zu erstatten, und gleich hinzuzufügen,
dass laut der Vorbemerkung zu diesem Theil, so wie
nach persönlichen Informationen eine vierte Lieferung,
9 hierhergehörige Tafeln, dann die Denkmäler von
1600 — 1637 (von welchem Jahre anTodtcnbttchcr regel-
mässig geführt sind), so wie die für eine derartige Publi-
eatiou nothwendigen Verzeichnisse enthalten wird , da*
Unternehmen jedoch dann hiermit abgeschlossen ist.
Was nun die jüngst veröffentlichte Abtheilung
angelangt, so umfasst sie die Zeit von 1492 — 1600 mit
146 Kümmern und 15 abermals prächtig ausgeführten
Steindrncktnfeln. Von diesen sind in heraldischer Bezie-
hung besonders interessant die Grabsteine: Nr. 2 und 9,
beide mit Inschriften für verschiedene Personen der
Familie Kheutzel; Nr. 8 Hanns Praczel, Nr. 13 Rued-
brecht Lnsser zu Lassereckh 1545 und Nr. 14 Ludwig
Alt. Die zwei letztgenannten Epitaphien können als
wahre Prachtmuster heraldischer Renaissance gelten,
und ist schon das Denkmal des Ruedbrecht Lasser ■
ausgezeichnet durch grosse Zierlichkeit der Formen,
Reicbthum der Ornamentik, und dennoch zugleich durch
ruhige Anordnung und Behandlung des Ganzen, so wirkt
der Grabstein des Ludwig Alt geradezu pompös durch
fast überreiche Damascirung der Flächen,; durch die
Fülle der Decken und Helmbausch- Windungen, durch die
äusserst elegante Zaddctnng und Gravirung der perga-
mentartigen Tafeln zu Häuptcn und Füssen des Wap-
pens, sowie durch die das Epitaph-Portal stutzenden
und meisterhaft durchgebildeten Karyatiden. Von heral-
dischem Interesse ist wohl auch das Helmkleinod des
vorderen Schildes auf dem Dr. Scherringer'schen Grab-
mal, Nr. 5 : zwischen zwei Büffclhörnern ein sitzender
Affe, welcher hier in einem (A B C) Buche liest, während
er sonst gewöhnlich an einer Kette Hegt oder einen
Apfel fri88t. Dann auf dem vorzüglich schönen Kheuzel'
sehen Stein , Nr. 2, das erste Schildchen rechts oben mit
der gekrönten dreiköpfigen Gans. Endlich auf dem
zweiten Kbeuzel'schcn Epitaph Nr. 9 die ungewöhnliche
Form der StechtarUche und des Visirhelms.
In nguralischer Hinsicht sind zu nennen die Tafeln :
Nr. 1 Michael Stabel, Nr. 4 Regina Pfefünger, Nr. 6
Wolfgang Walchcr, Nr. 7 Johannes Keiner, Nr. 11 Virgil
Überacker und Nr. 12 Egidius Radimayer. Hiervon zieht
namentlich das Monument des Landeshauptmanns Vir-
gili Überacker f 1532, aus der Margarethen-Capelle
des St. Petersfriedhofes wegen der musterhaften Aus-
führung der lebensgrossen Harnisch-Figur die Aufmerk-
samkeit auf sich. Der Verstorbene steht vom Kopf bis
zu den Füssen gerüstet, nur Augen, Nase und Wangen
sind sichtbar, auf einem niedrigen Postament, in der
Rechten ein Banner, welches sein Wappen trägt, hal-
tend, die Linke an das Schwert gelegt. Links oben
(herald.) als Pendant zur Fahne das Überacker'sche
Dar rechu unten beltadllcli« Schild nlt d«m manchen Iii ohne. Zwölf« I
»Sch*a«h«B*tn«l ,i An, 1&8T kommt nach tlne Marl* Seh««eh*natiiel aia Witwe
SaUburiur £lSrK«rm«Ut«r« SchlKlBctr vor. D*j awoll* Wippen llnhi Iii
nloM bekannt, lila Familie. La»«r >«n Zollheim führt noch i«K dauclba Wap-
pen mit dato Schrigbalkoa Sil» d*o drei KlaabUittar*.
z
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Wappen in stylvoller Auffassung. Das Ganze erscheint
von der Inschrift eingerahmt; in den vier Ecken des
Kähmens sind in je einem unregelmässigen Dreipass
vier Tartschen angebracht , welche die Wappen der
Altera von Mutter und Frau darstellen, folglich nicht
die normalen Ahucnsehilde repräsentiren, sowie auch
die verwechselte Anordnung der vier Quartiere auf dem
Überackcr'scheu Schilde zu erwähnen ist, welche wir
übrigens auf dem Grabstein des Georg Uberacker,
Bischofs von Seckau t 1477, ebenfalls wieder finden«.
Sehr richtig ist die Bemerkung, welche Dr. Walz aus
Deinmin eitirt , in Botreff der durchschnittlichen Mittel-
grosse der Rüstungen und demnach auch ihrer Trager,
im Widerspruche mit unserer Fantasie und der vul-
garen Meinung, wie Referent uach den Rlistuugen der
kaiserlichen Ambrascr-Sammlnng selbst wahrzunehmen
Gelegenheit hat.
Was die Denkmale mit den lebensgrosscn Porträ-
ten der Abte und dem Brustbild der Äbtissin Regina
anbelangt, so kann nur das, was Dr. Walz darüber
sagt, vollinhaltlich unterschrieben werden. Es ist in
allen diesen Figuren mehr, minder gewandte Technik
und sorgfältige Ausfuhrung der Details, aber weder
grossartige Auffassung , noch auch eine sich durch
Würde auszeichnende Behandlung anzutreffen ; ein Um-
stand, der durchaus nicht den .Salzburger Künstlern
zur Last fällt, sondern überhaupt in dem uiauicrirteii
Kuust-C'harackter der Zeit seine Wurzel hat. Für die ein-
heimische Kunstgeschichte bleiben jedoch diese Monu-
mente immerhin sehr beachtenswert!) , geschweige für
die Special-Historie des Erzbisthums.
Endlich haben wir uoeh zwei Grabsteiuo aus der
Reihe der bildlich mitgetheilteu hervorzuheben, welche
in ihrer Art von Interesse sind. Das ist erstlieh Nr. 3,
der in die Stützmauer des uiederen Friedlmflheiles von
St. Peter eingelassene Stein des C'aplans Johannes Ser-
linger, mit der widrigen skeletartigen Figur und ihrer
noch widrigeren Umgebung, ein Motiv, dem mir leider
auch anderwärts uoeh begegnen, wie es Dr. Karl Lind
in dem Scherffenberg'scheii Grabmal » der St. Laurenz-
kirehe zu Lorch gezeigt hat und Dr. Walz weitläufig
nachweist; die im Text eingeflochtcue Specialstudie
gelegentlich des Serlinger'scheu Grabsteines ist eben so
lesenswert!], wie jene, welche den oben berllbrteu
Oberaeker'schen Marmor begleitet. Auch hier könneu
wir nur wiederholen, was der Autor selbst sagt. Die
Kunst ist nicht berufen, die Idee des absolut Hässlichcn
zu verewigen, und auch die artistisch vollendetste Lei-
stung wird uns mit diesem groben Principieufehler uicht
aussOhneu. Dann Nr. 5, Stein des Dr. Michel Scherrin-
gcr, dessen wir bei den heraldisch merkwürdigen
Stückcu schon gedacht haben ; die Wappen nehmen hier
uur das untere Drittel der Platte ein; das Hauptgewicht
liegt auf der figuralen Vorstellung ober ihnen und unter
dem Inschrift-Zettel; die gekrönte heil. Maria in Uber-
aus auiutithiger Gestaltung legt die rechte Hand auf die
Schulter des vor ihr knieenden Verstorbenen , der die
Mlltze in den gefalteten Händen, vertrauensvoll zu ihr
emporsieht , während sie mit der Linken das Christug-
■ r.r Karl LUd. .die Grtbdtakmalc •»hrtnd 4t. MIU.U
JH. f b.rieh!« d,. Wlmrr Al*>thuBu.V«r»l»« XI. B..d. p. ISO, o»d
.Klo Or.|..lol« Im r>«m. iu S»m»u«l, Jud.tbirf. tob Sca.l«,.r
iu dea MUthidlui.«*» dir k. k. l'.otr.l-Cv.mRlMl»« fit Dtud.pkmalc, Bd. III.
' tlr. K»rl I Lind, I.e. p. IT« «.d Mllttt.Uun«* n d..r k. k. Ctnt. Comia.
Ud. XIII. p. 1»«.
kind halt, welches mit einem Hammer auf eiue ober-
halb einer Standuhr angebrachte Glocke zu schlagen
im Begriff ist. Dieses Zeitglocklein wird von einem aus
heraldischen Wolken wachsenden Engel gehalten. Die
ganze Gruppe macht einen ungemein lieblichen Ein-
druck und ist künstcrisch vorzüglich schön gedacht und
durchgeführt. Die zu diesem Blatt gehörigen kunst- und
cullurgcschichtlichen vergleichenden Bemerkungen dfs
Dr. Walz sind Air das Verständniss der Arbeit von
besonderer Wichtigkeit. Wir können nicht umhin, noch
einen Blick auf die, dem Gegenstand rollkommen ange-
messene, mit lapidarer Einfachheit entworfene Titel-
blatttafel zu werfen, welche in eiuer höchst sinnreichen
Kürze alles für einen richtigen Buchtitel Nöthige enthält.
Alle drei Abthcilnngeu zusammen enthalten dem-
nach vorläufig die Beschreibung vou 252 Grabsteinen
mit t'i'J dazu gehörigen Tafeln, das Titelblatt ungerech-
net. Zu erwarten ist noch eiiic vierte Lieferung mit der
Beschreibung der Epithaphien von 1600 — 1637 und
noch neun Lithographien, welche, nach dem ausgespro-
cheneu Grundsätze, Abbildungen uur bis 1550 beizu-
geben, offenbar Nachträge zu diesem bereits veröffent-
lichten dritten Theil, welcher, gleich den vorhergehen-
den, auch 24 Tafeln haben soll, bringen werden, über-
dies die nöthigen Register. Es ist wohl gerechtfertigt
und sehr begreiflich, dass alle Freunde der Epithaphik
und uicht minder die heimischen Genealogen und Heral-
diker mit Spauuung dem Scbluss dieses nicht genug
anzuerkennenden Werkes entgegensehen, welches die
vaterländische Archäologie auf diesem bisher ziemlich
vernachlässigten Gebiete so namhaft bereichert hat.
Wir haben in Überreich einzig und allein die Publi-
cation Uber „Grabdenkmale während deB Mittelalters- im
XI. Baude der Berichte des Wiener Altcrthums- Vereines
p. 161 bis 213 mit 64 ebenfalls sehr gelungenen Abbil-
dungen im Holzschnitt an die Seite zu stellen, worin
vornehmlich die künstlerisch bedeutenden Steine Nieder-
österreichs berücksichtigt sind, uud wenn wir uns nicht
irren, so steht iu uiiehster Zeit von dieser Seite her
noch Weiteres zu erwarten. Auch iu Ober-Österreich ist
das Iuteresse für diesen Gegenstand rege, und ent-
wickelt namentlich Herr Rittmeister Adolf Winkler
am Linzer Museum, bekannt als tüchtiger Sphragistikcr
und Kenner des Mittelalters Uberhaupt, eine unermüd-
liche Thätigkcit im Sammeln des im Lande zerstreuten,
reichen und schönen Materials, welches seiner Zeit eben-
falls veröffentlicht werden dürfte. Es wäre vielleicht
bei künftigen derartigen Pnblicationeu anzuempfehlen,
die Lithographien oder Holzschnitte auf Papier mit
gelblichem Farbenton abziehen zu lassen, was den Illu-
strationen monumentaler Objecto stets ein noch vortheil-
hafteres Ansehen verleiht.
Doch um auf die Grabdenkmäler Salzburgs zurück-
zukommen, so könneu wir, auf die Gefahr hin indiscrel
zu erscheinen, nicht unterlassen zu bedauern, erstlich
dass man nicht auch der St. Sebastiansfriedhof mit
seinen allen (allerdings nicht so zahlreichen) in den Fuss-
boden der Bogengänge eingelassenen Marmorgrabstei-
nen in das Bereich der Bearbeitung gezogen hat; und
dann , dass die Anzahl der trefflichen Illustrationen
(wenn vervollständigt) mit 72 Stücken limitirt wordeu
ist. Ich weiss wohl , dass man sich im Text bis zum
Beginn der regelmässig geführten TodtenbOcher (1637),
nud in den Abbildungen nur auf diejenigen Steine
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beschränkt hat, welche die einzelnen Kunstperioden
bis zw ausgebildeten Renaissance in hervorragender
Weise repräsentiren.
FUr den Alterthums- Forscher und den Künstler
mögen diese Gränzcn die richtigen sein; nicht so flu*
den Genealogen und Heraldiker, welche beide nicht
leicht vor dem Jahre 1700 stillstehen können und die
bei dem allgemeinen Usus, auch die diplomatischen
Sammelwerke mit 1400, längstens 1500 abschlicsscn,
von da an fiberall auf äusserst fatale Lflcken Blossen.
Wenn auch gern eingeräumt werden soll, dass alles in
eminentem Masse Merkwürdige nnd Schöne gewissen-
haft aufgenommen ward, so iBt es doch gewiss, dass
auch unter den minder charakteristischen und weni-
ger brillanten Steinen zu St. Peter etc. noch so manche
sich befinden, welche durch Illustrationen der Verges-
senheit entrissen zn werden verdienten. Unser Aufent-
halt in Snlzbnrg war freilich nicht laug genug, um ganz
spcciellc Angaben hierüber zu machen ; aber um wenig-
stens Einzelnes zu erwähnen, so erinnern wir an die
Grabsteine des St. Petersfriedhofes : Jorig Steiner,
mit dem Sohleuderer im Wappen, und einem prächti-
gen wilden Mann als Schildhalter; Werder Marcha
(Nr. 107) mit der keineswegs häufigen Gegen-Kleeblatt-
Thcilung (2, 1), welche sich gerade wieder bei einem
Snlzburgischen und Passaner Käthe, Dr. Christoph II il-
linger lß<50 (Grabmal in der Anneuseelen-Nisehe hei
St. Stephan in Wien) vorfindet; Andre Eglauer und
Magdalena Sturmin 1(512, eingelassen in dem oberen
Rand (Fnssbodeu) der Stützmauer am St. Pctersfried-
hofe, mit dem Einhorn im Schild, deren Verwandte an
der rechten Ausscnwnnd von St. Stephan in Wien ein
Denkmal haben; Stttru und uxor Wieser, Vogel,
Stepbau II uc her , Kellermeister 1070 und der fürst-
lich salzburgische Bereiter Pruggmoscr, beide mit ori-
ginellen Inschriften ; dergleichen das Epitaph des famo-
sen ThcophrastnsParacelsus in derSt.Sebasfians-
Kircho, mit der bündigen Inschrift unter seinem Wap-
pen: PAX VIVIS REQVIES — yETERNA SEPVLTIS;
und der Stein seines Nebenmannes, des fürstlich salz-
burgischen Rnthcs Johann Khi/.mägl 1633 mit seinen
beiden Frauen, welcher cineu merkwürdigen Ahnherrn,
Georg Khizmägl f 1593 an der linken Aussenseitc der
Pfarrkirche zu Klagenfurt liegen bat, welcher acht Jahre
in der türkischen Gefangenschaft schmachtete etc. etc.
Es wäre eine solche Ausdehnung des Unternehmens um
so mehr ein wirkliches Bedürfnis», als eben vou allen
österreichischen Provinzen gerade Salzburg kein Regi-
ster (geschweige einen Blason) Beines einheimischen
Adels und seiner (bürgerlichen) Wap|>engenos8Cii im
Drucke aufzuweiseil hat, so dass der abnorme Fall ein-
tritt, dass die Salzburgcr Familien in grüBBeren Adels-
oder Wappenwerken , anstatt ein für sich bestehendes,
selbständiges Ganzes, wie Rechtens, auszumachen, stets
zum oberösterreichischen oder zum bairischen Adel und
Wappengenossonschaft gezogen werden müssen, ledig-
lich aus Mangel einer authentischen, vom Lande selbst
gebotenen, completen Unterlage; wobei natürlich eine
gewiss nicht unbeträchtliche Zahl von Geschlechtern
ganz durchfällt, welche, da noch nie aufgeführt, bisher
gänzlich unbekannt geblieben sind.
Indessen wollen wir uns einstweilen des in so glück-
licher Form Dargebotbenen freuen, mit Hilfe desselben
so manche Lücke ausfüllen, so manchen Irrthum berich-
tigen, und mit gerechtem Stolze auf die Leistungen
unserer österreichischen Brüder hinweisend, von der
Zeit dasjenige erwarten, was allenfalls noch uöthig oder
wünschenswert!) erscheinen möchte.
Dr.Ertut Edler v. Ilartmann-Franscnihttld.
Aus dem Berichte des k. k, Conservatora Lodikar.
I. Bei der Besichtigung des Bauzustandcs der ehr-
würdigen Schlösser Worlik und Blatna, der Burgruinen
Klingenberg und Rabi dient es einem jeden Alterthums-
freunde zur höchsten Befriedigung, dass die gegenwärti-
gen EigenthUmcr derselben Sr. Durchlaucht Herr Karl
Fürst zu Schwarzenberg. Herr Robert Freiherr von Hild-
brandt und die fttrstllich Lamberg'sche Verlassenschaft
mit seltener Mnnificenz nicht nur für die Erhaltung,
sondern auch für die Verschönerung dieser denkwürdi-
gen Bauwerke die opferwilligste Sorge tragen. Diese
dem ästhetischen Interesse gewidmete Sorgfalt erscheint
um so erfreulicher, als sie mit allen Anforderungen einer
strengeren Kunstrichtung im vollsten Einklänge steht.
Leider verniisst man diese Sorgfalt bei den bis zur
Gegenwart nur mehr in geringen Umfange erhaltenen
denkwürdigen Ueberresten der Burg in Strakouic und
Pisek.
Namentlich hat sich bei der Burg in Pisek bis in die
neueste Zeit eine jede Schonung hintansetzende Gering-
schätzung inanit'estirt, welche einer absichtlichen nicht
zu rechtfertigenden Devnstatiou sehr nahe steht und
nur mit dem tiefsten Bedauern konnte sich der Alterthums-
freund mit dem Gedanken vertraut machen, dass trotz
der allseitig fortschreitenden Bildung nnd des Bewusst-
seius der Intelligenz, trotz der so häufig erscheinenden
Fürsorge für die Erhaltung wichtigeu Denkmale in der
Jetztzeit bo manches werthvolle Vermächtnis» der vater-
ländischen Baukunst einer tadelnswerthen Indolcuz zum
Opfer gefallen ist.
Die ehemalige umfangreiche Burg erhebt sich au
einem mäsBigeu Felsenvorsprung am rechten Ufer der
Otava. Noch vor einigen Jahren bestand nebeu dem von
der ehemaligen Burg nunmehr allein erhaltenen geräumi-
gen Kiltersaale ein kleineres Nebengeiuaeh, mit dem ein
ebenfalls auf einem zu Tage tretenden Felsenvorsprunge
aufgebauter Thurm in Verbindung stnud. Durch eine
unberücksichtigt gebliebene Untergrabung dieses Felsen-
vorsprnnges wurde die Grundmauer des Thurmes ihrer
Stutze beraubt .und stürzte theilweise ein, theilweise
wurden dessen Überreste so wie das anstossende Neben-
gemacb absichtlich abgetragen, ein Act unverantwort-
licher Gleichgültigkeit um vaterländische Denkmale, um
zu dem neuen Baue des Bräuhauses Platz zu gewinnen.
Auf diese Art wurde ein wesentlicher Theil des nlteur-
wttrdigeu Gebäudes für immer zerstört.
Damit wenigstens der nach dieser Zerstörung allein
verbleibende Rittersaal vor weiterer Beschädigung ver-
schont bleibe, wurde bereits im Jahre 1863 eine coiu-
missiouclle Verhandlung behufs der Untersuchung des
Bauzustandes und der Ermittlung der Herstellungsart
desselben veranlasst, die jedoch trotz der sehr eingehen-
den Motivirung der betueiligtcu Sachverständigen zu
keinem glückliehen Resultate führte.
Dem beabsichtigten Erfolge stand vorzüglich die
servitutsinässige Benützung des Rittersaales und der
unter demselben situirten Räumlichkeiten des Gebäudes
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znr Deponiruog der GerBten- und sonstigen Bräuvor-
rHthe von Seite der brauberechtigten Bürgerschaft ent-
gegen.
Durch diese Dentttztingsart , namentlich dnrch dag
Einlagern nnd Gähren der Biervorrttthe in den unte-
ren, durch das Einweichen der Gerste in den mit (leren
Räumen des Gebäudes nnd dnrch das Verfertigen und
Repariren der Gefasse und anderer notwendiger Uten-
silien in dem Rittersaale (als Binderwerkstätte !) worden
nicht nur diese Räumlichkeiten und vor allem der Ritter-
saal und dessen Ornamentik arg beschädiget, sondern
auch die Gemeinde selbst, der das Gebäude als Eigen-
thum angehört, in ihrem Rechte sehr beeinträchtiget.
Es war daher nur eine Wahrung des Rechtes , auf
diesen Umstand die Aufmerksamkeit der Gemeinde zu
lenken, nnd ferner dahin zu wirken, dass die bräu-
berechtigte Bürgerschaft von der bisherigen dem ganzen
Gebäude nachtheiligen Benutzungsart seiner Localilä-
ten ablasse, wodnrch die Möglichkeit wurde, jene be-
schädigten Thoilc, deren Herstellung zur Conscrvirung
des Gebäudes als nothwendig erscheinen, entsprechend
adaptiren zu können.
In Folge eines an die iStadtvertrctung gerichteten
Memorandums des k. k. Conservators hat diese den
erfreulichen opferwilligen Besch] ass gefasst, den hisher
erhaltenen Theil der ehemaligen königlichen Burg und
den Rittersaal anf Kosten der Gemeinde einer allmäli-
gen entsprechenden Renovirung mit der Bedingung zu
unterziehen, dass in dem Rittersaalc sodann das Stadt-
Archiv deponirt werde.
Auch die Vertretung der bräubcrcclitigtcn Bürger-
schaft hat die endgiltigc Erklärung abgegeben, dass die
genannte Rürgerscbalt von der bisherigen Benutzung
der mcbrerwäbnten Localitäten abzustehen gesonnen
ist , da derselben nunmehr hinreichende Localitäten im
neu erbauten Bräuhanse zur Verfügung stehen.
Auf dieBc Art kann das bisherige einer schonen-
den Benützung und der notwendigen Conservirung im
Wege stehende Hinderniss als beseitiget, und die zur
dauernden Erhaltung des GebändeB wUnschenswcrtben
Hcrstellungsarbeiten als gesichert angesehen werden.
Der bisher erhaltene Theil der ehemaligen weit-
läufigen königlichen Burg ist im gothischen Style, in
sehr regelmässigen Verhältnissen erbaut und hat daher
trotz des Umstandes, dass er durch die oben ange-
regte Indolenz arg beschädiget wurde, nnd dass er das
schöne Nebengemach verloren bat, noch jetzt einen
höchst bedeutenden historischen , wissenschaftlichen
und künstlerischen Werth.
Der Hauptbestandteil dieses Baudenkmales ist
der Rittersaal, vor welchem sich eine freie Halle befin-
det. Von dieser Halle, welche die letzten Überreste
eines umlaufenden Bogenganges bildet , sind noch drei
Bogengewölbc ebenerdig erhalten; der ehemalige ge-
deckte Gang darüber ist im Verlaufe der Zeit abge-
tragen worden.
Über den oberen Theil der Halle gelangt man
durch eine hohe, mit einer aus Granitstein gehauenen
ThUrhekleidung versebene Thür in den sehr geräumi-
gen Rittersaal, dessen Länge 58 Fuss 8 Zoll, dessen
Breite 22 Fuss und dessen Höhe 20 Fnss 6 Zoll betrügt .
Das wohlerhaltene Kreuzgewölbe des Rittersaales
ist dnrch schön gegliederte Gewölberippen in drei
Felder getbeilt. Die Längeu- sowie die Breitenwände
sind mit Malereien bedeckt, welche, einer ober dem
Eingange sich befindlichen Inschrift znfolge ans dem
Jahre 1478 stammend, sowohl wegen ihrer historischen
Bedeutung als wegen ihrer technischen Ansführnng die
vollste Beachtung verdienen, leider aber an vielen
Stellen theils mit dem Maueranwurfe zerstört, theils
aber bis zur Unkenntlichkeit verwischt sind.
Die Malereien stellen in mehreren ungleich grossen
Feldern die Geburt nnd Kreuzigung Christi, eine
Seblachtscene , ein Turnier , mehrere , meist böhmi-
sche Könige vorstellende Gestalten nnd eine namhafte
Anzahl von Wappen böhmischer Herren- und Ritter-
gescblcchter, vor.
Damit die von dem Stadtrate in Pisck beabsieb-
tigte Restaurirnng dieses Baudenkmals in einer mit der
Ranart nnd mit der Ornamentik vollkommen überein-
stimmender Weise, so wie mit möglichster Schonung der
.Stadtrcnten durchgeführt werde, hat der Conservator
ein umfassendes Gutachten Uber den ganzen Bau abge-
geben und zugleich die entsprechenden Anträge zur
Restaurirung der einzelnen Gebäudeteile anf Grund-
lage des schou im Jahre 1*63 entworfenen Restaura-
tion«- Projectes, gestellt.
Personal-Nachrichten.
Seine k. k. npost. Majestät haben dem pensionirten
k. k. Postdirector zu Grätz und gewesenen k. k. Conser-
vator für die Steiermark Joseph Sc h ei g er, den öster-
reichischen Adelsstand taxfrei zu verleihen geruht.
Se. Excellenz der Herr Minister für Cultus und
Unterricht hat den Weltpricstcr Johann Graus, Caplan
zu St. Veit bei Grätz zum k. k. Conservator für die
Steiermark ernannt.
Das langjährige Mitglied der k. k. Central-Commis-
siou Joseph Ritter von Bergmann, jnbilirtcr Director
des k. k. Münz- und Antiken-Cabinets, ist am 29. Juli
zu Grätz, der k. k. Conservator für die Kreise ob und
unter dem Mauhartsberg Dr. Ignaz Beck, Probst zu
Eisgarn, am Hl. Juli gestorben.
Die k. k. Central - Comniission hatte im Mai d. J.
ihr Mitglied Dr. Eduard Frcih. v. Sacken nach Aqui-
leja entsendet, damit derselbe ein Gutachten Uber die
systematische Ausgrabnng von Altertümern in dieser
Stadt erstatte und den ßauzustand des Domes und
seiner Nebengebäude prüfe. Über das Resultat seiner
Forschung hat nunmehr derselbe einen Bericht vorge-
legt, welcher seinem vollen Inhalte nach in der Wiener
Zeitung vom 9. August d. J. Nr. 181 veröffentlicht ist.
Die vonFreiberrn v. Sacken diesbezüglich gemachten
Vorschläge wurden von Seite der k. k. Central - Com-
mission durchaus genehmigt.
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CLXXXIII
P a s s a u.
i.
Wenngleich diese .Stadt dttirh ihre rei*citde Lage
:im Zusammenflüsse der IKiimui und Hz mit dem Inn filr
«U'ii Naturfrenud hödist interessant ist, und durch ihre
auf den hohen l'feru sieh hinziehenden Häuserreihen,
durch ihren bergreicheu Hintergrund mit vollem Kcchte
das Auge de* Freunde» landschaftlicher Bilder fesselt,
so enthält sie immerhin mich gegenwärtig so viele Denk-
male ihrer thatenreiehen Vergangenheit, dass aneh der
Freund mittelalterlicher Kunst mehr als einen Anlas*
findet, dieser Stadt eineu uud zwar nicht ganz kurzen
Besuch zu w idmen.
Jeder Theil der dureil diese Flusse getheilten Stadt
hat seine Denkmale, wenn auch der zwischen dem Inn
und der Donau gelegene deren meiste uud wichtigste
enthalt. Die Aufmerksamkeit des Archäologen nimmt
vor allem die bischöfliche Kirche in Anspruch, die mit
hoch ansteigender Kuppel und den beiden stumpfen
Thllnncu die Stadt mächtig tlbernigt und schon von
weitem den Mick auf sieh zieht. Längst ist die Zeil
vorUber, in welcher von dort aus der Kirchctifürst den
Krummstab Uber Nicdcr-Ostcrreich schwang, das durrli
Jahrhunderte hindurch allmiilig und theilweise dieser
bischöflichen Gewalt entzogen wurde ', bis endlich das
Jahr IW»;! dein selbständigen rcichsiiiiinittelbaren ge-
forsteten Bisthume ein Ende machte und den frtther von
einem grosseu Hofstaate umgebenen Hiscbof nach dem
Tode des Bischofs Leopold von Thun, den Kirchen-
fUreten des bayerischen Königreiches, als Suffragan der
Erzdiöccsc Mllnchen- Freising einreihte.
Eine lange Keilte von Oberhirten, darunter viele
im öffentlichen, wie auch im kirchlichen Lehen ausge-
zeichnete , bestiegen den bischöflichen Stuhl dieser
uralten Kathedrale, und viele deutsche Kaiser, Könige
und Fürsten betraten mit frommen Sinn deren Schwelle.
Die Grättcl des Krieges uud der Verbrechen, Elementar-
Ereignisse jeglicher Art erschütterten wiederholt den
Bau, ohne ihn zerstören zu können, immer erstand er
wieder; leider geschah sein letztes Erstehen zur Zeit
des Zopf-Styles, dcrvicles des gothisehen Gebäudes für
immer entfernte. Dasselbe entstand nämlich unter Fürst-
bischof Georg von Hohenlohe, der den Hesehlnss gefnsat
hatte, einen neuen Dom fast vom Grunde ans zu bauen
und auch 14i»7 dazudcuGruudsteiit legte. Der Bau schritt
mir sehr langsam vorwärts und Bischof Georg (f I42.T|
erlebte kaum die Vollendung der Fundamente. 1444 war
der Chor noch nicht vollendet, ]4!>.> baute man noch
am Schiffe und an der Kuppel Uber der Vierung Aht
Angelus Kiimpler vom Kloster Vonubach sagt bezuglich
der Langsamkeit des Baues in seinem im Jahre HiOf>
geschriebenen Buche de calumitatibut» Bnvariae : r die
Kathednd-Kirche, obwohl noch nicht vollendet, gewährt
der Stadt eine bewunderungswürdige Zierde. Man sagt,
• l'ia.au'a llrrhWI,.- IK.all «r.lr.,ki« ,uh dr.nasatt.Irt. LI. an dl«
„---liarl.rli« Orwnki' ; Kal-rr Krlrdrdt h IV arrlrhot« mll Gf<ivl>pilL'Vfic dri rapsn-a
1'nul II Im Jalirr IlCs lo Wl«»i pin MUthiiin, da» au r nur die llaaptiladl mit
lhr>r I niurlxitig am rirMi 11 Iti-nnijurcr. allu da.alt-»!. (.«bitdllrlvrn Kifvbrn und
Miliar, al. v..at dar lil«r«.r Pa»..i.t f-iampt imira>»l«t. I»» die luKr..,- \V|,-ü,
dm Ul'u a,rr Kraillba..» «rliolrn wurd«, i* ttutrariaaiaed «u, wurdaa »att.
laaij. PI .S(r*ll« uad Whdar.prucli« v.tn Se'l« d*a llj»tj,uni» f»a»,aa dl« 1,'arMl*
lladon and Mmlaraaul.orf au dr\*+n l.«ryr>i>l.,ra. IT tfai.g.i, nad IJ*» «IrklMi
dum Witncr KraMtlhiiftia ua.trrtt»r>rdn(-l. Afchllth d<f l.iäVat« Paaaan Hill
des «..Uaa rUiirkr». dla dam lU.tliitni« Wl«,i«T..\eiinadt fi).ii.r Hl. I'öllmi
cl»T.,ltll,l • «rdaa. I **f IIIkIi.J- roa |>a».ja hall« la Win «in rk.a.. I ou-
•iMnitun. «nl.-r clor» *:«r,.-,alvirar» , dar dl« »«l.lll, l,<D ADj«k,.i.»i.lT,a , x
»«rl» Ltu,. /g, tlorijm»».'. Jl.da.11.0 II, II ,
XML
dass sie eilt ewiger Bau sei, und ich glaube daher, dass
ihre einstige Vollendung Gott allein bekannt sei - . Gänz-
lich vollendet wurde «las Gebäude uie, denn weder der
Kiippclthurm noch die beiden Facade-Thllrme erhielten
einen entsprechenden Absehluss. Leider war diesem
prachtvollen, im Style der späten Gothik ausgeführten
linue keine lange Dauer besehieden. Am 27. April lti&2
zerstörte ihn eine Fcucrsbruusf , welche fast die ganze
Stadt in Asche legte. Nur das KrenzsehifT mit der
Kuppel und das l'rcsbyteriiim blieben erhalten. Zwei
Monate nach dem Brande stürzte das Gewölbe des I'res-
bytei'inms ein, wobei nueh die l'feiler und Hauptmauern
des Schiffes arg erschüttert wurden. Durch mehr als
zwei Jahre lag die Kathedrale in Trümmern, bis üischot
Wenzel kurz nach seinem Kegierungsantritte die Hand
an die Wiederherstellung legte. Ein Baumeister aus
Mailand, Namens Jvorago entwarf den Bauplan und
führte den Neubau durch, in welchem nur die schöne
Außenseite des früheren l'rcsbytcriiims und theilweise
der Kren/arme, wahrscheinlich das Werk des Baumei-
sters Georg Buitdclich if 14iii'>) und die steinerne Wen-
deltreppe zur Kuppel , darauf die Jahreszahlen Ii»..,
]i>'2'.i und 1524 eingehalten sind, und zum Theile auch
diese selbst einbezogen wurden und unverändert belas-
sen Idieben. Das Kirchenschiff", die Faeade und die
beiden noch .unvollendeten Tlillniie gehören gänzlich
diesem Xeubnuc an. der zu Anfang des XVIII. Jahr
hnnderts abgeschlossen wurde. Die Ansscnwämle des
Chores sind mit Blendmasswerk, darunter fast mir der
gesehweifte Spitzbogen gefunden wird, verziert, und eine
Steintafel an der .Südseite des l'resbytei'iums. die sieh
auch über die Strebepfeiler ausdehnt, erinnert au den
früheren Chorbati, aus welcherZeit dieselbe auch stammt.
Die Inschrift lautet: .0 Welt. Anno ilomini MCC'C'CVII
in die trauslalioiiis S. Stephani prothontartyris patroui
lntjus eeclesie inehoatins est hie ehorus posituMjue Pri-
marius lapis fundaiiieiiti a Georgio ab ilohnloo episcopo
l>ataviensi. Odilo Bav. dux.- Auch die im Dome vielleicht
noch ans dem XIII. Jahrhundert stammende Krypte
wurde erneuert und ihres ehrwürdigen Characters ent-
kleidet. Ks ist kein Zweifel, dass Baumeister Lorago
die Aussentnaiicrn des früheren gothisehen Gebäudes
nach Möglichkeit benutzte, wofür auch die dreischiffige
Anlage des gegenwärtigen Gebäudes mit schmäleren
und etwas niedrigeren Seitenschiffen nud das lang-
gestreckte, jetzt innen halbrund abschliessende l'resliy-
terium sprechen. Wenn wir auch nur mit Bedauern
diese Umgestaltung der Kirche erwähnen können, so
bleiben doch die wenigen gothisehen Beste höchst heach-
tenswerth und man muss zugeben, das« der grosse
und überaus nett und sauber erhaltene innere Kaum
der Kirche auf den Eintreienden trotz des gänzlichen
Mangels an architektonischer Schönheit, in Folge der
richtigen Verhältnisse seiner, wenn auch riesigen Di-
mensionen einen wohlthuendeit Eindruck hervorruft.
Nicht genng zu erwähnen und zu loben ist aber die
Beinliehkeit , Sauberkeit und Nettigkeit, welche allem,
halben daselbst herrscht, und den Wunsch einstehen
lässt, dass es hei uns in innueheu, ja leider sehr vielen
Kirchen auch so sein möge. Die innere Einrichtung,
so wie fast der ganze Sehatz des Domes ist neu. denn
die Franzosen - Invasion und die Säenlarisirung des
Fürstenllilims Pnssaii hatten in dieser Beziehung dem
Dome einen unersetzlichen Schaden bereitet, ja es fehlte
Uli
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( LXXXIY
liirlu viel, so hätten I nvcrstautl und Zorstünni^ssuclit
«las ganze Gebäude «lein l'ntergaiige preisgegeben. Dir
schöne maruioiue Taiifstcin ist ein Werk des XV. Jnlir-
liumlert* und trugt auf «einem Kusse die Jahreszahl
1 4 7w. Im Schatze halten sieh iiueh erhalten ein sehr
schönes golliische* Pcdum, silber-verg«ddct (14!K>), ein
silbernes Stehkren/,. ein Geschenk eine« Grafen von
< Irii-iihnrg i XV. Jahrhundert ) und etliche gestickte Cuscln
jiu* >l«-in X\ I. Jahrhundert.
Iiis /.um Jahre LS] 1 scldoss sieh an die linke Seile
«les Domes der ausgedehnte Krcn/.gäug an. Wann man
ihn und wer denselben /.Herst erbaute, ist unbekannt,
«loch wird er schon |. urkundlich genannt und sollen
sieh darinnen <o abstehle aus dem XI. Jahrhundert gefun-
den hallen. Viele Jahrhunderte ha'.te diese« alte elirwllr-
«lige Denkmal deuStllrmender Zeit w jilcr-.tau<|cii und eine
lluliestiille zahlreiche:) durch üalifr. (Schürt. Verdienst
ausgezeichneten Personen, den Mitgliedern «les Dom-t 'a-
piiels, vielen Gliedern de» bayerischen und öslcrreiehi-
sclien Adels ge wahrt. Iiis das XIX. Jahrhundert mit seinen
manchmal gar zu iiUclitcnicn Anschauungen herantrat,
und «lein Üauvvcrkc mit einem Male ein Ende machte.
I nier dem V<irwaii<le der Rautälligkcit wurde es nieder-
gerissen, die dann lietindliehcn herrücheu Clasgcinnhlc
w urden zerschlagen, die alten Monumente ihcils zer-
trtiiinueit . theils zu allerlei /wecken vcrkaul'l. Nur
die durleiiträgcr au der Kirehenseite hlielieu erhalten,
und lassen auf einen lSatt aus der zweiten Hälfte de«
XIV. Jahrhunderts seliliesscn, es mag ein Hauwerk von
grosser Schönheit gewesen sein. Da.* noch bestehende
prachtvolle golliische Eingangs Portal ist von etwas
.innrerer Raiizcit. Nur wenige von eleu vielen dort auf-
gestellten Denkmalen sind der Gefahr des Unterganges
entronnen und jetzt durch die fürsorgliche llainl de*
Bischofs Heinrich llir viele Jahre geschützt, indem sie
in di<- Wände der an Stelle des Kivuzgnnges getre.
teiu'ii Cehiimlc und der linken Aiisscnseiic der Kirche
eingelassen wurden. Der bciucrmcrkcuswerthestc dieser
Steine scheint mir der «les passaiiischcu Hofnarren Hans
(.(•rlvoii Siuching zu Hein. Dersellie ist auf einer Mar-
uiorplatte fast in Lcbensgrössc, als alter Mann in Narren-
iracht. den Fnchschwanz in der Hand, abgebildet, stand
nach der weitläufigen Inschrift in den Diensten von
sechs |iassauischcn Kireheufihsteii und starb KiCfi.
Mit dem Kreuzgairge gingen auch die vielen mit
ihm \ erbuiid<'iien Capellen summt ( ilnsgciiinldcn und
soii stirem Sehniuek zu Crundc, nur vier blieben in
Trümmern erhalten, sind aber gegenwärtig sehr gelun-
gen resiaurirt, eines Besuches des Archäidogen höchst
wert Ii.
Die eine daxin heisst die Herren-Capelle, früher
Aii<lrcns-Capcllo und ist die älteste von allen. Sie ist
>eil jeher die Ruhestätte pussauischcr Domherren und
einzelner ausgezeichneter Personen gewesen. Dompropst
Otto von Liiyiuiug liess sie im Jahre 1414 im gothisclion
Style erneuern und zu Ehren des heil. Erasmus ein-
weihen. I m 1 l.iii; wurde sie im Zopf -Style resfaurirl,
d«ich J S4 1 Uber Fürsorge Bischofs Heinrich von allen
sie verunstaltenden Zuthatcn befreit, in ihrer ursprllng-
lieheii Gestalt wieder hergestellt und dem Gottesdienste
übergeben. Die Capelle besieht aus einer drciw hiffigeu
Halle von je drei Jochen, «Ii«: Kreuzgewölbe stutzen
sich auf vier im Viereck aufgestellte Säulen iiimI auf «lic
denselben enlspreeliendeii Wnmlsaiileu. In der Verlan-
gerung des Mittelschiffes Rchlicssl ein kleiner p«rlygoner
Altarausbiiu au. Die Wände sind in ihrem oberenThcilc
mit einem Kreuzweg in Relief, die Fenster mit einfa-
chen aber zierlichen Clasmosuikcu geziert. Als Hunpt-
Hclimiick der Capelle mtlssen die an dein unteren The de
der Seitcnwäiidc aufgestellten znhlri-ichcn Grabsteine
bezeichnet werden, welehe die sorgsame Hand des
Hisehofcs in hiiehst hdieiiswcither und als Heispiel
dienender Fürsorge ans dem ItmltMiptlaster der Capelle
erheben uml tlort aufstellen liess. 1» Grabsteine begin-
nen mit dem Jahre l üti, sind fast sännnllieh Roth
inarinor - Platten und meistens mit den be/.Uglichen
Wappen verziert. Hei etlichen linden sieh blos Inschrif
ten, bei mehreren auch tignrale Darstellungen. Auch
koniuil es vor, dass man auf einem Steine mehrere In-
schriften uns* ganz verschiedenen Zeiten rindet, was
darin seinen Gritini hat. «lass unter demselben Steine
wegen Mangel an Raum mehrere l'ersonen, meistens aus
ein und derselben Familie, jedoch zu verschiedenen
Zeilen, beerdigt wurden.
Die interessantesten Grabmale sind: die riesige
Marmorplatte mit der Figur des Praepositus patavieii-
sis Paulus de Polhuym, f Ii». April 1410; die Platte mit
den Figuren der Domherren Gottfried von Chin hperg
und Kberhard von Wartstain, f CJlli; die Inschrill
platten mit dem Wappen des Pröpsten Otto von Lostorf,
f lil. r >-l, des Conrad von Traun "praepositus Maticctisis
et eanon patav. l44n. dcsAclinz von Tyernii (Anno dni.
M.CC'CC.XXXI. | in die Hauet i marei pie obiit venc-
rabilis v ir «Ins | Achatius de Tvernn eanonieus | ecele.
pat. c. a. req. i. p.l, dabei das bekannte Wappen jedoch
ohne Helm *, des Kitters Michael von Traun herr au K-sehl-
perkh.t l-^M.) (mit dem bekannten Wappen), des llertnid
von Lampotiiig, eanonieus. f l.l.iT. und Johannes von
Dachsperg, eanonieus, t löt!."!, des Seifrid Nothhaft.
praeposiius und Pfarrer zu Linz, t 147<>: der Wajipen-
stein iler l'rsiila von Trenbach, Witwe «les Ludwig
Fröschl zu Marczols, f 14K7, «les Caiionicus Rupert
I beracker, f 14 Ii', der Amin g« - |iorneu I berai-keriii des
edlen und vesten Steil'au von ),osn:t/. zum Steeg Clli-xt ■
liehen Rats und Ptlegcrs in Oberhaus tleinahel. f 1 :"»"> 1 ,
und endlich die Platte mit der Kitterfigur «les Christian
Fröschl zu Marrzoll die zeit Marnehalch zu Passnw
f 1:"h»x (die Figur ganz geröstet, «las Haupt unbedeckt
und mit einem umgebundenen Itaude geziert, dessen
Knde hadern ') , eine sehr beaehtenswcrlhe Sculptnr.
Ausser diesen Grabsteinen erscheinen noch «'inige klei-
nere Scnlpturen als ganz interesgant, darunter eine mit
den sitzenden Figuren den heil. Stephan und Valentin,
wahrscheinlich noch eine Arbeit des XI. Jahrhunderts.
Line andere Capelle heisst die der Orteiiburger,
gestillet um Ii** von Rapolo IV. Grafen von Orten -
bürg und bis Knde des XVI. Jahrhunderts das Krb-
begrähuiss «lieser Familie, ein im Jahre IXöl glücklich
restaurirter Hau des beginnenden XV. Jahrhunderts. Ein
oblonger Raum mit einer Mitte IkXuIc. Die Zierde der Ca-
pelle ist die mächtige rnthtnanmirue Tuniba des (irafen
Heinrich III. und seiner Oemnlin Agnes, Tochter Her-
zog» Otto von Niederbaicrn , des nachmaligi-n Königs
von Ungarn. Die Seitenwände diese« um ]."><jtt errich-
teten Ho«hgrabes sind mit den Wappen des Hause»
Ottenburg nnd der verwandten Familien verziert. Auf
* C Ii, T dU*< >'3billi* ». jAlirhllrli 11. dl ■ ft. e I.Juilrikuiiile - \'«itin< .
!>r. K. kdl. >' r ml r Ii » liwl il'» lBl«raMacfc AliliAndlun^ : „'lln Tin»»".
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CLXXXV
der Deckplatte liebt man die liegende, lebensgrosse
Figur des Grafen Heinrich. Sie ist vollständig gerüstet
dargestellt mit unigtl riet ein Schwerte und dem Miseri-
corde am G Urtcl, die Linke den Seh wc rt griff ergreifend.
An den YordcrfUsscn Schuppenpanzer , desgleichen
Panzerwerk am Halse, sonst Piuttcnharuiscli. Das Kinn
ziert ein langer Itart, das auf einem Kissen ruhende
Haupt schmückt ein niederes,, eigenthttinlich geformtes
Karett. Der Helm steht zn Füssen der Fifrur rechts, der
Schild mit dem Wappen links; die an der Deckelplatte
umlaufende Inschrift lautet: hie . ist . die . begrab unss .
de» . wolgcpnrn . herren . graf . hainreichs . von . Orten-
perg . vnd seiner . havsfraven . anguesen . des . kouijjs.
tochtcr . von . vngern . vnd aler . ir . vorfodem . den .
got . genad. Ein andere« interessantes Monument ist jene»
des Propst Ulrich von Ortcnburg f I4f)5, das auf der
rothmarmorneu Platte die Figur dieses Priesters zeigt
und in derAbsehlusawaud dieser Capelle eingelassen ist.
Die dritte Capelle, ein einfacher Kanin mit zwei
gedrückt spitzbogigeu Kreuzgewölben überdeckt, und
ebenfalls in neuester Zeit restatirirt, fuhrt den Namen
der Dreifaltigkeit«- auch Urbans- auch Trenbaeh-t'apelle
von ihrem Stifter Bischof FrhaTt von Trimbach f Hill«,
so genannt. Sie wurde 1572 erbaut und enthalt eine
Bellte kleiner sehr wcrlhvolhr Srnlpttiren. Der llanpt-
gcgciistniid derselben ist das Monument des obgeunuu-
ten Hischois. Kin Sarkophag aus Sal/.bnrger Marmor
mit weissnianuorner Deckplatte, darauf die in Hochrelief
ausgeführte Figur des Fürstbischofs in Leben sgrösse.
leine höchst kunstreiche Arbeit)^ mit dem bischöflichen
(»male uiigethau, das Haupt mit der Mitra bedeckt, auf
einem Polster ruhend , die Hände gefaltet, zur Linken
ruht das Pedum mit Siidarium. Am Fussbodeii sieht mau
folgende Inschrift: l'rbanus patnviensi* imliguu» epi-
scopus inenior humanae fragilitatis vivens p. Die ganze
rechte Capellenwand nimmt der Stammbaum des Tren-
bach'schen (leschlcclits ein. Derselbe ist in der Art zu-
sammengestellt, dass auf kleinen oblongen Steinplatten,
die die Wand bedecken, und zwar auf je einer eine
kurze Biographie je eines Familienmitgliedes ^'schrie-
ben ist. Die chronologische Kcihcnfolgc beginnt mit
Arnold Trenbek von Trenubach f 110t) und endigt mit
Wilhelm von Trenhach f LWI '.
Noch hat sich eine vierte Capelle des Krcnzgnngcs
erhallen, die sogenannte Lambcrg' sehe, gestiftet 17H>
vom Cardinal Johann Philipp von Lambcrg, doch können
wir uns bei dieser bloss auf die Nennung beschränken,
da sie der interessanten Gegenstände nichts enthält.
Dr. K. U„d.
Kirchliche Baudenkmale in Ober- Österreich.
;iin 1 w>nmnma)
Die Kirche (Fig. I i des gegenwärtig durch seine
Heilanstalt bekannten Ortes Kreuzen liegt auf einer
ziemlich bedeutenden Anhöbe und besteht ans einem
zweisehilfigen Langhause und dem in dessen Axe sieh
anschliessenden Presbyterium. I las rechte LanghausschitT
ist \H Fuss, «las linke L'H Fuss breit, beide haben eine
Länge von je »K» Fuss. Nur das erste Drittel des Lang-
hauses ist dreischiffig, indem daselbst statt eines Mittel-
pfeilcrs, zwei Pfeiler ansteigen, die von einander, wie
» Cfcrr F.miiu- TNkbuk .. tttmetat» .1... kmMiMMaaMhebriica
r MUr' II. Sr.l«i«II.
Htf. t
auch von" den Seitenmaiiern gleichweit abstehen. Ks
finden sieh somit in der Kirche vier Pfeiler, die alle gleich
achtkantig gebildet sind. Im dreijochigen Theile des
Schiffes befindet sieh die Musik-Kmpore, zu welcher zwei
gemauerte Stiegen hinaiitühren, die Lmpore stützt sieh
nach vom an die bezeichneten beiden Pfeiler. Das
Kirehengewölbe wird von einem Kippennetze gebildet,
welches in den vier vorderen Jochen regelmässige,
in dem Theile des Überganges in die dreitheilige An-
lage und ober der Musik-Kmpore jedoch einigermassen
unregclmätssige Felder bildet . was noch durch die un-
gleiche Breite der beiden Schiffe augenfälliger wird. Die
Kippen sind gut profilirt und stützen sich ohne Vermitt-
lung auf die Pfeiler und die entsprechenden Halbpfeiler "
an den Wänden.
Das Presbyterium besteht ans dein fttnfseitigen
Chor-Schlusse und einem rechteckigen Joche und ist mit
Kiuschlns* des Triumphbogens .'!. r )i , Fuss lang und
81 Fuss breit, mit dem üblichen Gewölbe versehen,
davon die Kippen auf runden Halbsäulen auflaufen.
Sämmtlichc Fenster, sowohl im Presbyterium wie im
CLXXXVI
Schiffe sind zwar noch spitzbogig, flach in Folge « jeder
hoher Reparaturen ziemlich verunstaltet. Dem Presbv-
terinm ist rechts in neuerer Zeit eine Capelle angeturnt
und mit demselben durch zwei grosse Bogcnöffiiungcn
verbunden worden. Der Thurm, im liingliehen Viereck
ausgeführt, ruht auf der westlichen Abschlnssniaucr
des Chores und auf dem dortigen Strebepfeiler des linken
Schiffes und int mit einem Zwiekelduehc versehen, ('her
das Alter der Kirche kann ans Mangel an verläßlichen
Crkundcn nichts angegeben werden, denn das pfnrr-
iimtliche Archiv reicht nur bis zur Zeit der Bancriiutiru-
hen zurück, in welchem Aufstände die älteren Urkunden
vernichtet wurden. Doch dürfte die Jahreszahl 1404
unterm Musikchor und an der Sacristeithtlre ziemlich
massgebend sein. Von itlteren Grabsteinen sind die
des Helfried von Meggan f lf>.'iii. und des Ferdinand
von Meggau + lf>*r> bcmerkciiswerth.
Die Pfarrkirche im Markte Waldhausen (Fig. 2)
ist ein dreisehiffiger Hau von *9 Fuss Ulnge, davon
auf das Prcsbvterium :iu Fu*s entfallen. Sechs ziemlich
schmächtige (nur IM" im Durchmesser) polvgone Pfeiler
stützen die einfache Wölbung, die, den drei Schiffen
entsprechend, in nenn Kreuzgewölbe zerfüllt. Die Breite
des Langhauses erreicht 43 Fuss. Die Seiteuschiffe
sind etwas schmäler und niedriger als das Mittelschiff
und von demselben durch spitzbogige Arcaden geschie-
den. Das l'rcsbytcriuiu ist 25 Fuss breit nnd mit einem
Netzgewölbe versehen , von welchem die Kippen an
rimden Sänlen anlaufen , die in der halben WniidhOhc
mit verschiedenartig geformten Consolen abseldiesscn.
Das Langhaus der Kirche wird von sechs hoch-
gestreckten Spitzbogen nnd einem Ilundbogcnfenster,
das Pivsbvteriuni von vier Spitzbogen- Fenstern erleuch-
tet, welche noch zum Theilc schönes Masswerk besitzen.
Der Mtisikchor, welcher die letzten drei Gewölbjoche
der Breite nach einnimmt, hat eine zierlich durchbro-
chene steinerne Brüstung. Den Aufgang dahin vermit-
telt eine herrliehe gothische freitragende Wendelstiege,
die an der Aussenseite augebracht ist. Erwähnenswerth
ist das steinerne, gothische Sacranientsliiinsclicn. Der an
der westlichen (liebelmaner angebaute Thurm geht oben
in das Achteck über und durfte gleich wie die Kirche ein
Bauwerk des ablaufenden XV. Jahrhunderts sein.. Die
einfache gothische Kanzel soll einer mündlichen Über-
lieferung zufolge aus Klosternenburg (V) stammen.
In dem Bauernhause Nr. ;i der unweit von Banin-
gnrtenbcrg gelegenen Ortschaft llotkirchcu findet
sich ein Belief (Fig. welches der Tradition nnch,
ans dem aufgelösten Stifte stammt und hieher übertra-
gen, ober dem Thore eingemauert wurde. Seiner Zeil
schmllckte das Relief 'ein l'ortal (wahrscheinlich) des
gothisehen Theilfs der Stiftskirehe. In dem Itogenfelde
sieht man den Heilnnd (Kcce homo) als halbe Figur auf
einer capitalartigen Unterlage, zu dessen Seiten einen
knieenden Bitler und dessen Gemahn. Beide Figuren
durften mit irgend einer Stiftung an der aufgehobenen
Abtei zusammenhängen. Die Scnlplur mag noch dem
XV. Jahrhundert angehören. ]>r. Ä. Fromtrr.
Die mittelalterlichen Baudenkmale der Stadt Laa
und deren Umgebung.
Ohl » (in r r«ftl im kI il H ,lt.tl,«,ln«n.
Das nordöstliche Gritnzgebict von Niederöslerreich
enthalt eben so wie der übrige Theil des Kronlandes,
namentlich die rings um die Hauptstadt gelegene Zone
zahlreiche cnllnr -geschichtlich merkwürdige Denkmale
aus früh mittelalterlicher, von germanischer Kunst getra-
gener Vergangenheit. Ein Ausflug mich dem Gritnzsiädl-
eben Laa und dessen Umgebung, nach Staalz, Wnltcn-
dorf, I.oosdorf und Michclstetteu ergab eine vcrhälfniss-
mässig reiche Ausbeute von archäologischem und kunst-
historischem des Auf/.eichnens Würdigen. In Betreff der
allgemeinen Physiognomie der Ortschaften , der Bauart
und Hinrichtung der Häuser und ihrer Grnppiruiig zu
kleineren Siedlungen und grösseren Ortschatten, so wie
ihres Alters, findet kein wesentlicher Unterschied von
der im gesummten Kronlandc ethnographisch abge-
schlossenen und charakteristischen Gruppe statt. Plan-
um! Bcgclmiissigkcit, wohlüherdachte Ausnutzung der
natürlichen Bodenbildung, ein hoher Grad von Sauber-
keit, und in Sliidten nnch der Massiv- Bau, galten als
Kichtschnur, wozu sieh hei letzteren in der Regel auch
noch mehr oder weniger gut erhaltene Überreste ein-
stiger Wehrhnftigheit gesellen. Die bürgerlichen Wohn
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CLXXXVII
Ufr. x
hänser stammen allerdings nicht mehr ans derselben
frUhen Zeit, in welcher die dortigen Monnmentnl-Banteu
fltr den christlichen Cultii» und für die Vcrtheidigung des
Ltlkioi entstanden sind, sondern meist au* dem XVI.
und XVII. Jahrhundert, in welchem die Alleinherrschaft
der Naturalwirthschaft durch die (•chlwirthschaft gebro-
chen war, und neben Abgeschlossenheit eines feudalen
tintsadels sieh städtisches Bürgerthum social abson-
derte, welch' letzterer Stand indes* seine Wolmstätte
in mannigfacher Beziehung mit dem Hurgenbau über-
einstimmend auszuführen pflegte, nach der Strasse in
der Hegel abschloss, dafür aber im Innern grosse Vor-
plätze und sonstige Räume zur gemeinsamen Benützung
aller Hausgenossen anbrachte und dadurch auch iiiisser-
lich betonte, duss die Idee der losgelösten Persönlich-
keit wie der Gesellschaft von dem Hanu der übermäch-
tigen Familie niedergehalten wurde.
Da in jener Zeit das Haus zum Hcwohncn fllr eine
Familie bestimmt war, so bewegte sich die Anlage in
den engen frrliiizen dieses Ansmasses , es wurde
schlicht und einfach nur in einer Geschosshöhe ange-
tragen und bei dem auf einer niedrigen Stufe stehenden
Wohlstande selten durch Süssere Merkmale, z. ß. ver-
xierte Thorc, Erker u. dgl. individualisirt und für den
abgeschlossenen Haushalt einer Familie berechnet.
Diese Wahrnehmung drängt sich vor allem dem Reisen-
den hier auf, selbst wenn er sich im Gasthof niederlässt,
denn wahrend die Neuzeit die Absonderung der Gesell-
schaft auf die höchste Stufe getrieben hat, und das
neuere Hotel als ein mit allem Raffinement nnsgemittcl-
les Zellen-System separirter Kammern angelegt wird,
finden sich hier noch höchst wenig Anzeichen einer der-
artigen Absonderung. Allerding.« ist es auch noch nicht
lange her, dass die Eisenbahn diese Gegend durch-
schneidet . sie wird dereinst die unleugbaren Segnun-
gen, aber auch die Thenernng des modernen Hotel-
comforts bringen.
Laa. ein Städtchen, das sicherlich schon gegen
die Mitte des XIII. Jahrhunderts urkundlich benannt
wird >, war seiner Zeit durch Mauern und Gräben ge-
schlossen und durch Thore befestigt und ganz ttber-
' S. M , 1
einstimmend mit den im Flaehlar.de auge-
legten Städten ausgebaut. Der Grundsatz
der materiellen Widerstandsmittel, welche
das, was an den taktischen abging, zu erhö-
hen suchte, hat auch hier seine praktische
Würdigung erhalten. Die Stadt war nahezu
im Rechteck angelegt und der Beobachter
stösst hier wieder auf die verblasstc Tradition
der römischen Castrnl - Form, welche That-
sache den Beweis liefert, wie lange sich die
Reniinisccnzeu römischer l'lan-Anlage und
Technik, da die ältesten Hauten hierorts
schon die Merkmale der spät -romanischen
Culturpcriodc zeigen, in der Volks-Tradition
erhalten haben. Einst zogen sich um die
Stadt doppelte Ringmauern mit einem Was-
sergraben dazwischen und mächtige Thore
*V> vertheidigten die Eingänge derselben. Die
Thore sind verschwunden, der Wasscrgra-
IMlPIV 1 ,;? ben verwandelte sich in Ilausgärtchcn und
die Mauern wurden bis auf höchst wenige
Reste abgetragen. Ihre ehemalige Befesti-
gung ist eben so begreiflich, wie ihre gegenwärtiger
Verfall. Einstmals der Waffenplatz Friedrich'«) de« Streit-
baren in seinen Kämpfen mit dem mährischen Nachbar,
dann ein Stützpunkt Otakar's bei seinen Zügen gegen
die Ungarn und im grossen Kampfe gegen Rudolph
von Habsburg, wurde sie im XIV. Jahrhundert wieder-
holt zum Zielpunkt bedeutender Heeresztlge aus Böhmen
nnd Nieder-Österreieh, oftmals, ja im Jahre 1402 durch
nahezu drei Monate belagert, bis sie endlich im dreissig-
jährigen Kriege (HS-lä) den Schweden in die Hände fiel.
Wenngleich das Städtchen durch mancherlei Privilegien
begünstigt, und durch die Laudesfürsten wiederholt der
Versuch gemacht wurde, den erschütterten Wohlstand
seiner Bewohner zu heben, so konnte es sich doch in
den letzten Jahrhunderten, in denen Laa als befestigter
Punkt bedeutungslos geworden war, nicht mehr zu
irgend einer Bedeutung aufraffen und ist jetzt mehr
einem ärmlichen, höchst unscheinbaren Dorfe, denn
einer Stadt ähnlich.
Die Stadt besitzt in ihrer imposanten, zum Theil
noch bewohnten Burg -Ruine, die nach Art des Präto-
rinms auf dem nach innen und anssen hervorragendsten
Stadtthcile und unmittelbar an den Ringmauern aufge-
führt wurde, und ehemals ebenfalls mit einem breiten
und tiefen Wassergraben umgeben war, um, wie auch
ihr Ansfallpfürtlein darthut, eventuell von aussen Hilfe
aufzunehmen , einen Wehrban von bemcrkciiswerther
und bedeutender Aidage.
Wie aus der Ansicht auf der beigegeben Tafel und
ans dem Grundrisse Fig. 1 hervorgeht, war die in der
Ebene gelegene Vestc als Wasserburg nahezu in einem
Quadrate angelegt, bei welcher Plan- AnInge die südwest-
liche der Stadt zugekehrte Ecke durch einen nichtigen,
in sechs Geschosse abgetheilten Rundthunn. wovon sich
der für die zwei oberen Räume erübrigte Theil um ein
beträchtliches Stück abstuft, befestigt wurde. Die nach
Innen des Burghofes gerichtete Hälfte des Thnrmcs wurde
nicht rund, sondern trigonnl in der Art ausgeführt, daher
die Mittelseite ein grösseres Ausmass als die nachbar-
lichen Scitcnthcilc erhielt. In diagonaler Richtung flan-
kirtc ein viereckiger Thurtnban von niedrigerem Ans-
umsse die nordöstliche Ecke. Ringsherum wurde die Burg
CLXXXVIII
gegen unberechtigte Eindringlinge er-
hielt. Die vier Aussenmniiern «ler Burg
stufen Rieh nach der /.weiten Keschos*-
hiilie um 4 Fuss ab, so das* darcli diese
Allst nfiiu^ iiinl AiiKsiiiktliiniiij; i-iucr nonst
in «ler Kegel innen angebrachten Anord-
nung ein äusserer Wehr- und Mordgang
gebildet wird , von welchem aus 111:111
sowohl die von aussen, wie auch die
von der Statllscilc den Kurghcwohucni
nahenden oder drohenden (Mahren ab-
wenden konnte. Man sieht in der Aussen-
wand, auf jener Höhe, wo die Abstufung
ausgeführt wurde, mehrere ThUreu theils
mit geradem Stur/., theils im Spitzbogen
geschlossen . welche den Kiutritt in das
Innere vermitteln. In einiger Höhe Uber
der Abstufung ragen aus den Einfangs-
mauern einzelne Kragsteine heraus,
offenbar dazu bestimmt, einen hölzer-
nen Wehrgang (Mord -liuHerie) zu tragen,
wonach die Hnrg in den Stnud gesetzt
war, mit einer doppelten Zeile von Ver-
teidigern die Angriffe der Feinde abzu-
wehren. Allein aueh im Innern zog
sich entlang der riiifniigsmanrrn ein
Wehrgang. der gegenwärtig durch die
I >ilcher der Innenbanteii zum Theil ver-
deckt wurde. Eine Zeile von kräftigen
Zinnen au der Abschlnsswaiul endlieh
kennzeichnet die ganze Anlage recht
euergiseh als einen Wehrbau, der als
interessanter Beb - dient, ilass unsere
Vorfahren auch auf diesem Cebiolc nicht
seltabloiicnmiissig schufen. Sowie sieh
von einer Art Zwinger umgeben, dessen ansehnliche die Aussenwändc der lltirg beim zweiten (Jeschosse
Breitenausdehnung von 12 bis 15 Manucsschrittcn den merklich abstufen . um auf dein dadurch gewonnenen
hinlänglichen Kaum zur Aufnahme und Entfaltung Vorsprang als Stutzpunkt fllr die nach aussen und nach
einer grösseren Menge von lieisigen und Kriegern Jiot. unten zu richleiideu Anstalten und Vorkehrniigeii einer
Ausserhalb der tbeilweise noch bestehenden Aussen- erfolgreichen Abwehr gegen feindliche rntcnichinungcn
mauern war ein Wassergraben angelegt und .dadurch zu dienen, so stall sieh auch der liundthtinu der sitd-
die Annäherung der vor der Erfindung des Kchicss- westlichen Hurgccke nach seinem vierten (Jesehossc
pulvers tlblicheii Zerstörungsmaschinen, als: des Holl- beträchtlich ab, und dadurch, dass an dieser Stelle eine
tlmnues, Sturmlmckos, der Steigleitern, unmöglich ge- Keihe weit auskragender Ci.nst.len angebnicht zu be-
macht oder zum mindesten erschwert worden. In schrie - merken ist, hatte der Erbauer ohne Zweifel beahsieh-
ger Linie gegenüber dem vierseitigen Tliumibaue erhielt tigt , an dieser dnmhiii-cndcu Stelle eine grosse Anzahl
die Kiugmauer eine kreisförmige, mit Sehiessseharteu bewaffneter Keisiger autstellen zu können, um mit allem
und (iiisslöchern versehene Ausbauchung «. und in im- Nachdrucke die erforderlichen Operationen zur Abwehr
mittelbarer Nähe dieses Vorwerkes lag, von demselben ausführen zu können. Auch hier linden sich Tbllreii.
geschlitzt und gedeckt, eine kleine I'nterne, eine Ausfalls- welche im Spitzbogen geschlossen sind, die den Zugang
thllre /..ohne Zweifel dazu angelegt, im NotlifnlleSuceurs ins Innere vermitteln; eine zweite höher oben ange-
von aussen zu erhalten. An der Südseite des Zwingers brachte Zeile von Kragsteinen wird zu demselben
sind schon einige Häuser der Stadt und Wirthsehafts- Zwecke, als Träger eines Wehrganges gedient haben
gohäude angebaut und dadurch der bestandene Was- und auch noch von den Zinnen oben am Abschluss des
sergraben beseitigt worden. Hier fuhrt eine schmale Wartthtirnies konnte der Bogen- oder Armbriistschlltze
tiasse <• zum Eingang in den Zwinger. Das bestandene gedeckt seinen verderbenbringenden lt'cil auf den
Thor desselben mit der ZugbrUeke ist völlig abgebro- Feind schleudern. Durch diese nach anssen angebrach
eben worden. Zunächst demselben befindet »ich das Ein- ten Wehrvorriclitungen allein iloeniuentirt sich diese
gangsthor der Burg an der Stelle </. welches, im Kund- Vcste als ein alter, aus der Zeit vor der Anwendung des
bogen ausgeführt, den kreisrunden Wartfhurm als Sehies»pnlvers angelegter, vielleicht in seinen llnupt
gewaliige Sehutzwehre zur Seite halte und ausserdem mauern im XIII. Jahrhundert entstandener Webrbau,
»om eigenen oberen Stockwerke durch ein grosses in ohne der vielen andern Merkmale zu gedenken, welche
der Ansscmuauer der Burg angebrachtes fiussloch, dieselbe Thatsnchc bestätigen. Als sieh das Srhicss-
einen zweiten, ebenso nachdrücklichen Vertheidiger pulver allgemeine Verbreitung verschafft hatte, war
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CLXXXIX
Vi«, i
selbstverständlich die Bedeutung diesei rfehrbnneii
gegenstandslos geworden. Man versuchte allerdings
vermittelst Feldschlangen . woltlr die im Stichbogen
ausgeführten iiml nachträglich ausgebrochenen Öffnun-
gen des ruiiilcii Wnrtthnmics als Beleg dienen, die
Wehrkraft der Ycste noch theil weise zu erhallen; der
Krfolg kann jedoch hei der vorliegenden Ausscnkch-
rnitg und Blossstellnng <ler Abwehrenden von keinem
Meiling mehr gewesen sein. Hin {Trosses Fenster im
Uundtbnrm mit einer einrahmenden Oesimskehlung aus
Haustein nnd Mittel und Qnerpfostcn aus demselben
Miiteriate reigl an. dass sieh au dieser Stelle da» Lieb-
liugsgcmiicli des Burgherrn befunden hat, und zwei an
der unteren Fciistersohlhank angebrachte gegliederte
t'onsolcn weisen darauf hin. dnss die rauhen, im Kriegs-
handwerk •bgehArtctcn Vorfahren doch nicht so weit
abgestumpft waren, um nicht aueh auf ein von lUtimeii
angeheimeltes Stillh ben einen Werth zu legen.
hu Innern der Barg, in einem Hof von 64 Manns-
sehritten Lange und ::4 schritten Breite (Fig. SfV nimmt
ein grösseres, sehlieht I einfach behandeltes Ochiindc
von zwei (iesehnsshöheu. welches an der West- und
Nordseite der Umfassungsmauern nngeliaut wurde, fast
ilen griissten Theil des Hofraumes ein. Hin Nebenge-
biiude von gleicher Höhe, zur l'nterbrin^utifr der Vor-
ratskammern bestimmt, lehnt sieh an die südliche ,\b-
sehlusswaud an. Au der Stelle e, iler Arehillesverse der
Veste, wurde die I infaiigsmauer durch einen Mauer-
pfeiler verstärkt. M tten im Hofe steht ein Ziehbrunnen
mit einer Hol/.verdachung, tun die Bewohner der Hurg
Mich betreff dieses unentbehrlichen Bcdnrfgegenstandcs
von der Anssenwelt unabhängig zu stellen. Wie im all
gemeinen eine schlichte schmucklose Ausführung das
Innere charakterisirt, so darf man auch bei den Gotn-
intyiicationen , Vorhäuscrn. Treppen u.dgl. keine Ab-
weichung vom ausgesprochenen Grundsatze der Be-
schränkung auf das nothwendige erwnrten. Den Zugang
in den Wartthnnn vermittelt eine schmale, zweiarmige
steinerne Freitreppe die vom innern Vorhofe in das
erste Oeschoss zu einer prnrilirtcn, im Spitzlsigeu
geschlossenen Kingangsthllre fuhrt. Von da ab venuit-
teln derzeit im Innern angebrachte Treppen die Verbin-
dung zwischen den einzelnen Oeschosscu, die ursprüng-
lich sicher auch als Freitreppen aussen angebracht und
von Holz ausgeführt gewesen sein mögen. Im dritten
Geschosse des Wartthurmcs zeigt sieh eine spat-gothi-
sehe Thür und vor derselben ein Vorplatz, um von
hier ans auf den an der Anssenwand abgestillten Wehr-
gang (Fnigehundwelir) heraustreten zu können. In der
vorletzten Geschosshöhc des Thnrmes, an der Stelle,
wo sieh dieser Theil selbst abstuft, bemerkt man wieder
eine im Steingcwiinde ausgeführte , im Spitzbogen
geschlossene Thür. Das Wolingehiiude dient dermalen
noch zur Fnterkunft des fllr die Ökonomie bestellten
Dienstpersonals; der Hauzustand ist im allgemeinen als
höchst verwahrlost zn bezeichnen und das Innere des
Wartthnnnes durch Hanfälligkcit schon unbewohnbar
geworden. Über dem massiven Hauptthore war ehemals
ein Insehriftstein; seit einigen Jahren von dnrtrntfcmt,
lag er unbeachtet in einem Graben, bis er in neuester
Zeit der interessanten Sammlung des II. Widter in
Wien einverleibt wurde. Die Inschrift lautet: Her nielas
ccbckh . vom . seh nstain . hauptmanu . zu . laa . hat . den .
ersten . stain . des . paws . gelegt . ao. do. M.OCCC'.XIHI.
Wohl nur auf die Bauzeit des Vorbaues bezüglich.
Dabei zwei Wappen, davon eines drei aufgerichtete See-
blätter (•?. I.) im 1. und 4. und ein Kreuz im •>. und
3. Felde, das andere das Wappen von Laa zeigt. Zunächst
der Hinfahrt hat ein biederer Weinschänker l'osto gefasst
und bietet an dieser traulichen, dnreh manches geschicht-
liche Kreigniss denkwürdig gewordenen Stelle, Ihr
welche die realistisch gewordene Mitwelt jede Erinne-
cxc
Fig. t.
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rung verloren bat, eisen nicht zu verschmähenden
Lubctrunk.
Kin »weites denkwürdige* , hinsichtlich nfaier Kr
b.-iuting in die Ausgangszcit den Komunismus reichen-
des Denkmal der 0|iferwilligkeit der Vorführen ist die
Stadtpfarrkirche, eine beträchtliche Basiliken-Anlage,
welche schon zum Thcil mit den architektonischen
Details des rbergans-Shls bedacht, und durch mehrere
Restaurationen der llococo-l'eriode in ungemein Vor-
tetzendet Weise verstümmelt wurde. (Fig. 3.)
Obwohl zur Zeit. als die vorliegende Kirche erbaut
wurde, wahrscheinlich gegen das Knde der bubeuber-
gischen Regierung, deren letzter Sprosse bei Ijm im
Jahre 1246 einen entschiedenen Sieg Uber seine Feinde
erfochten hatte, iu Deutschland die romanische Kunst
fif, e.
XYH
ihr Knde erreicht, so war die Bewegung der christlichen
Kunst in Osterreich, wo ziihes Festhalten am Überliefer-
ten einen (iruudzug der Volkseigeuthümliehkeit bildet,
>im einige Jahrzeheute zurückgeblieben und bestaud hier
noch jenes lebhafte Hingen dieses enterbenden Stylee
mit dem jungen frisch auftretenden gothisehen Style,
das sieh im sogenannten l'berguugs-Stvle charaktcrisirt.
In der (•riindanlagc (Fig. 4), im Aufbau, und in der
KiniheilHug der Räume findet »ich die Gebundenheit des
alteren Humanismus, wir scheu die stark ausgeprägte
Kreuzform, den Chor mit einer halbkreisförmigen Apsi*
geschlossen, ein aus drei rechteckigen Feldern gebil-
detes Querschiff; der eigentliche Kirchenraum dre:schiffig
aus flof Gewülbejoehen bestehend, in welchen jedoch
die einzelnen Felder von der (|uadratischen (lebnudenheit
des strengen Komanismus bereits enaneipirt
sind. Die innere Länge des Langhauses mit
Inbegriff des Qucnchiflcs bei rügt 120 Fun
3 Zoll, die des Clmr-Kaumcs mit iler kreisrun-
den Nische 41 Fuss, wonach die (icsammt-
läncc des inneren Kirchenraumes ohne Thurm
halle 107 Fuss 3 Zoll beträgt. Die Breite lies
Chores misst '23 Fuss IU'/t Zoll, die des Quor-
schiffes s3 Fuss i) Zoll, die Cesammtbreite
des dreischiffigi'ii Langhauses Iii Fuss, bei
welcher Anordnung das Quersehiff bedeutend
aus der Gcsammtaulagc heraustritt. An dt r
westlichen Wand ist der Thurm angebaut,
unter dem sich der llaupteingnug der Kirche
betiudet und erhebt sich in quadratischer
Grundform bei einer Seilenausileliining von
2<» Fuss 3 Zoll durch zwei Geschosse, von Wn
ab er in eine achteckige Anlage Übersetzt und
damit das die Ubergnngs-l'criodc kennzeich-
nende schlankere Aufstreben ausdruckt. In
Betreff der Hüben -Dimensionen erreicht das
MittcIschiff-ll Fuss, die Abseiteu sind 'M Fuss
<! Zoll hoch, angetrageu; die kreisrunden Ar-
caden-Bögen in der Mittelschiff« and beginnen
üb
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CXCH
Fl* «.
in einer BOIm von H Fuss !> Zoll and iht dieie Stelle
ilarch ein einfaches Knmpferglicd gekennzeichnet. Im
GcwUlbehau knm der überhöhte Itogcn zur Anwendung;
krallige Gurten, wovon die de» Chorwaiidpfcilcrs bnnd-
:i ri i .Lr ohne tiliederung au« dem durch Saulcusehliltc reich
gegliederten Pfeiler heraustreten . tragen das Gewölbe,
dagegen wunle bei den uhrigen Diagonal- und Itreiten-
gurten de« Mittelschiffes der rechte« kige Querschnitt
durch eine merkliche Keldung aufgehoben . wobei auf
eine einfache und »innig vermittelte Weise die am End-
punkte zusammenfliessenden (Wieder zu einem Consol
hieb zusammenknüpfen (Fig. ;V|.
Im uördliclicn Theil des Quersehiffes ist ein aus
neuerer Zeit herrührendes Schildgcwölbc eingesetzt
worden, wie man überhaupt am vorliegenden Kaue zwei
\orgetionimene grössere Restaurationen beobachten
kamt, und zwar eine altere ans der gothischen Periode
stummende , welche den Thurmhnu zum AbschluBS
brachte, in den Abseiten einige Gewölbe modificirte,
auf welche Uestanration sich auch zwei am zweiten
rechten Mittelpfeiler im Stein gehauene Inschriften in
gothischer Minuskclschrift hinweisen. Hie lauten: Anno
dni m cccc jn lviii jar seind di ewen pheiler von grünt
gepnvt worde. her jorg hohenpicher — anno dni
m.crcc.lxvi pos. fumlav. Die zweite, nus der Kocoeo-
Periode herrührende Pcstauration hat die innere Kin
richtung in ihrer deminligen Form zuwege gebracht,
ih n Fenstern des Mittelschiffes ihre gegenwärtige , den
Mittelbau höchst verunstaltende Gestalt gegeben und
noch andere kleinere Vergehen gegen den guten Ge-
schmack und den hausbackenen Menschenverstand sich
zu Schulden kommen lassen.
Kiiie besonders reiche Ausstattung und organisch
belebte tiliederung erhielten die der Apsie zugekehrten
Yicriingspfciler und das Äussere des Chores. An erste-
ren (Fig. 0 u. 7) ist durch fünf Säuleuschaftc , welche
als gleich massige f'ylinder aufsteigen, der Anfang des
Prcsbyteriunis gekennzeichnet. Die Capitäle der Schafte
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CXCIII
haben noch nicht die lang gestreckte Kelchform; indcas
die deB linken Pfeilers die Knospenblumc zeigen, sind
die Capitäle des rechten Pfeilers im Laubwerk noch
nach dem älteren romanischen Typus durchgebildet.
Über dem Kelch des Capitata breitet sich eine profilirte
Deckplatte als stark ausgebildetes Zwischenglied aus,
um den Abschluss der verticalen Einzelnglieder und
den Übergang in die bogenförmigen Structuren des
Gewölbes hervorzuheben. Hier sind die Rasen der Sfln-
lenschafte nicht mehr ersichtlich oder, richtiger gesagt,
nicht mehr vorhanden.
Am Äusseren des Chores (Fig. 3 n. 8) und seiner
Verlängerung ist das Bestreben nach lebendiger Thei-
lung der Massen und Auflösen derselben in eine Summe
zusammenwirkender Einzclnglicdcr besonders zu Tage
getreten. Wandsäulen. Capitäle, Blendbögen, ein Hnnd-
bogenfrics unter dem Daehsaume, ein Rundfenstcr unter
dem Rahmen des Blendbogens gelangten an diesem Bau-
theile zur Anwendung. Die Capitäle sind thcils nach älte-
ren romanischen Laubtypen, theils nach den in der Über-
gangszeit Üblichen Formen gebildet. An den zweimal sich
abstufenden Hasen fehlen bei den aus Wulst undHohlkeh-
lung gebildeten Gliedern des Fussgesimses die den Uber-
gang des viereckigen Sockels in den rundcnSäulenschaft
vermittelnden Eckblättchcn der romanischen BlUthczcit.
Die südliche Ecke (,t in Fig. 4) an der westlichen
Absehlussraauer der Kirche, welche durch den vorge-
legten Thurmbau gebildet wird, wurde in der Renais-
sance-Periode zur Anbringung der plastischen Darstel-
lung des OlbergeB benutzt. Am Thurm findet man endlich
an der Stelle, wo der Übergang aus der quadratischen
Grundform in das Achteck stattfindet, Sculprnren in
Stein von erstaunlicher Rohheit als verschrobene Men-
scheribildungen , worin sich die romanische Periode in
tler Regel mit einigem Belingen zu ergehen pflegte.
Staat z. Schon bei der Hinfahrt nach Laa bemerkt
der Reisende auf einem aus dem wellen- und muldcn-
(örmig gebildeten Flnchlandc steil und beträchtlich auf-
steigenden Felskegel die einen hohen Grad von Zerfall
aufweinenden Ruinen der einstigen schwer zugänglichen
Vestc Staatz, von welcher sich den einstigen Bewohnern
derselben eine weite Ausschau ins I^and geboten hatte.
Am nordwestlichen Fasse dieses malerisch sich auf-
bauenden Felsenkcgels liegt der Markt Staatz, dessen
Fropstei-Kircbe, ein Bauwerk der Zopfzeit, ausser meh-
reren Grabsteinen aus dem gothisehen Mittelalter nichts
bemerkenswerthes enthält. Eines dieser Grabmale ist
dem Andenken des Pfarrers Gerhardns Schiich von
Staatz gewidmet und enthält die bei Personen des geist-
lichen Standes Übliche Form. Das Monument ist einer
näheren Beachtung wtirdig. Das Mittelfeld der Platte
nimmt in den oberen zwei Dritthcilcn ein Kreuz ein,
da« ober dem Querbalken in den Scitenfeldern je zwei
Buchstaben des INRI und unter dem Balken im Felde
links einen Kelch zeigt. Der sich etwas verbrei-
ternde Fuss des Kreuzes ist mit gothischem Sockel-
Masswerk geschmückt. Das untere Drittheil der Mitte
der Platte nimmt der in einem Vicrpass aufgestellte
Hchrägrechts gestellte Schild ein, der in seinem Felde
eine eben so gestellte Pflugsehcre (V) zeigt. Die Umschrift
des Steines lautet: hie est sepultus vcncrabilig dominus
gerhardns plebanns in staatz anno dmi meeecl. (Fig. 0.)
Ein anderes Monument , ebenfalls eine rothmannome
Platte hat folgende Inschrift: anno domini incccc vnd in
Fl* y.
dem acht vnd sechzigsten jnr ist gestorben der edl vnd
vest rittcr her niklas drugksces zu Statz am Snmbstag
vor unser Frawentag der lichtmess dem Gott genedig
sei. Darunter unter einem Rundbogen zwei Wappen,
deren eines im Schild und Zimier eine aus einer Krone
wachsende Brake, das andere im Schilde drei fllnfhlHt-
tcrige Rosen (2. 1.) und am Helm einen wachsenden
Hahn zeigt. Interessant ist, dass das ersterc Wappen
mit dem Zeichen des schon zu Beginn des XV. Jahrhun-
derts bestehenden Drachenorden und des von Herzog
Alhrecht V. (I43.T) gestifteten Adlcronlcns geschmückt
ist. (Fig. 10.) Endlich sei noch eines dritten Monuments
Erwähnung gethan, das, ebenfalls eine rothmannome
Platte, folgende Inschrift enthält: „Anno domini 1522
jar ist gestorben der edl vnd vest andre Drngsesg nnfl
Stätz am phinztag nach S. Kunigunden und leit hie
begraben dem Gott genedig sei". Darunter zwei Wappen,
das eine im 1. nnd 4. Felde und am Helme die wach
sende Brake, im 2. und 3. zwei Ringe neben einander,
dns andere mit zwei gekreuzten Streitkolben im Schilde
und als Helmsehmuck.
Wultcndorf. Von Staatz aus empfiehlt sich Air den
Alterthumsfreund ein Besuch des eine kleine Wegstunde
abgelegenen Wultcndorf. Der Weg dahin zieht sich Uber
Wiesen, Äcker q^d Weingärten auf einer snnft auf-
steigenden Anhühc, und nm Saume des Rebengeländes
bb*
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CXCIV
ritte ritt? raM^m® fet* - w -
findet man das »lein Untergänge geweihte, cxsccrirtc
Kirchlcin von Wultendorf, einen schlichten Kau der
Spiitgothik (Fig. 111, in dessen äusserem Mauerwerk
verschiedene Sculpturcn eingemauert sind. Die in den
Abbildungen von f\g. 12 bil einschliesslich 17 wieder-
gegebeneii Figuren, welche unter dem Einflüsse der
Atmosphärilien sich in einem hohen (irade stark vorge-
schrittenen Zerfallen Hefinden, zeipen unverkennbar die
Merkmale der romanischen Periode , historische und
symbolische Darstellungen roher und verschrobener
Mensrhenbildnngen, unförmlich grosse Köpfe, eine zu
kurz ausgefallene Körperlilnge, die Gewandung einfach
herabfallend, doch die Haltung feierlich and wurdevoll.
Fig. 12 stellt einen Bischof mit dem Pastoral-Stabe in der
Hechten vor, Fig. 13 eine Franengestalt, deren Unterleib
iu eine phantastische Thiergcstalt , eine eigcnthtlmlichc
Ungeheuerlichkeit endigt, worin aber die romanische
Periode eine unerschöpfliche Phantasie aufzubieten
vermochte, wie dies die mannigfaltig erhaltenen der-
artigen Kcispiclc dnrthun. Fig. 14 hält man tllr die
Darstellung der thoriebten Jungfrauen, Fig. 15 für
die der ApostelfUrstcn Petrus und Paulus; nach einer
anderen Version sollen es die slnvischen Apostel
Cyrill und Mcthndius sein, auch besteht eine nicht
unbegründete Meinung, dass es eine Vorstellung von
Templern wäre. Fig. U> und 17 können schweraus
gelegt werden.
Von ganz ausnehmender Schönheit ist jedoch
das aussen an der östlichen Wand des Ortogon-
Schlusscs eingemauerte Denkmal in weichem Stein
(Fi;:. IH), eine vorzügliche Plastik deutscher Früh
lii'iiaissancc, in welcher der Künstler nach Art Hanns
Holbein'fl die Sehranken der mittelalterlichen For-
mengebung zerbrochen und, ohne den vaterländischen
Anschauungen und Traditionen untreu zu werden,
eine neue Welt des Naturstudiunis, der classischen
Fonucnnnniuth uml der freien modernen Gedanken-
fülle zu Tage gefördert hatte. Leider ist das in fein-
körnigem gelben Randsteine gehauene, aus drei ge-
trennten Abteilungen bestehende Werk des mibe-
kannt gebliebenen Künstlers durch Zeit und böswil
lige Beschädigung zu einem kaum mehr erkenntlichen
Torso zusammengeschrumpft, im dem im liogcn des
Giebelfeldes die Kreuzabnahme, im Mittelfelde die
vier zum tirabc mit Wohlgeiuchcn uml Specereieu
pilgernden Frauen ' zu erkennen sind, letztere von
reizender Durchbildung und im Ost Urne eine minu-
tiöse Dctailausfubrimg zeigend. Am meisten beschä-
digt ist das im Sockel eingesetzte Kelief, die Anbe-
tung der heil, drei Könige vorstellend (?). Der Mutter
des Heilandes wurde das Kind weggcscblngcu. den
opfernden Weisen fehlen die Hilnde. Fllssc und Weih-
gefiisse u. dgl. m. Die ganze Darstellung, wahrschein-
lich ein Grabdenkmal, an welchem keine Inschrift
mehr weder von demjenigen, zu dessen Erinnerung
oder aus welcher Veranlassung es errichtet wurde,
noch von dem Künstler dieses Votivbildes Kunde
gibt, ist in einem reizend durchgebildeten architek-
tonischen Kähmen gefasst und nimmt eine Höhe von
7 Fuss -1 Zoll und eine Kroite von 6 Fuss ein.
Iu der von der genannten Kirche etwas abseits,
in tler Thalniedernng gelegenen Ortschaft Wilkendorf
it- "glich, dt** dl«
»•l eiS T->r*le1ica.
cxcv
stiticn ausserdem zwei spitt-
gothisehe Martersilnlen in ein-
facher Durchfuhrung.
Loosdorf. In einer weite-
ren Wegstunde von Wnltcndorf
aus erreicht man Loosdorf, eine
ziemlich grosse Sicdelung. am
Fasse eines prRchtigen Waldes
gelegen, in wclehem der, durch
seine Vorliehe flir clie Erbauung
von künstlichen Ruinen bekannte
Fürst Johann Lichtenstein , an
einem zur Ausschau ganz he-
Maden sieh eignenden Punkte
des Waldes ein solches Hanwerk,
die sogenannte Johannesburg.
(Ilannsenbnrg), entstehen liess,
\im dem an dieser Stelle nur deshalb Notiz genommen
wird, weil in demselben auf Veranlassung Sr. Durch-
laucht, dieses nltcrthnnisfreundlichcn Fürsten, zwei Oral>-
denkmalc von besonderer Schönheit aus weissem Marmor
eingemauert und solchergestalt der Nachwelt erhalten
worden sind. Der eine (irabstein zeigt uns auf einer
:i Fuss breiten und I! Fuss hohen Platte den lütter Adam
Call zu Loosdorf, Kaiser Ferdinand I. und Max II. Hof-
kriegsrath und Obersten zu Kaub <t 1574) im vollen
Waffenscbmneke seiner Zeit , mit der Hechten das
Schwert haltend, die Linke auf dem Wappensehilde
rnhend, in welchem das gekrönte Kinhorn erscheint.
Die Ausführung «eist eine minutiöse Detailhehandlung
und Wahrheitstrene auf. Die I Inschrift lautet : .Hie ligt
der Kdl nnd gestreng Hilter Herr Adam Hall zulostorff
etc. I(ö. Kay. May. ec. Ritter welcher starb im Jnr
Christi lf>74 Seim s Alters im Gl jar, dem GeM genedig
Sein Wolle Amen."
Dan zweite weit grössere Denkmal , demselben
Manne gewidmet, enthält in einem reichen architektoni-
schen , aus der Spiltzeit der Renaissance rührenden
Rahmen und zwar im Mittelfeld, einen Ritter in voller
Htlstnng, zu seinen Fussen der Überwundene ungläu-
bige Erbfeind der Christenheit liegend, in der Rechten
einen Stab, das Abzeichen der Feldherrn wtlrdo gegen
die Hüfte stützend, die Linke nm Handgriff de» Sehwer-
tes gelegt, zu linierst Helm und Handschuhe. Karya-
tiden mit Sicgcstrophücn in den Schildern tragen das
architektonisch sieh aufbauende Ccljiflk. in welchem
unten eine lauge, fast unleserlich gewordene Ipschritt
Kunde von dem siegreichen Heldenritter gibt, {tauchen
dessen Wappen ; eine von kleineren Knryntidpn eilige-
rahinte Reliefdarstellung einer im Sturm gewonnenen
Kindt baut sich Uber dem Rildstcinc auf. Rechts und
links davon hallen zwei Hott behandelte Lanzenknechte
Wacht und den Abschluss bildet eine weitere Inschrift-
tnfel. Die gesammte
! _ Darstellung. welche
h^v eine Höhe von 13 Fuss
nnd eine Breite von
(1 Fuss »> Zoll einnimmt,
mit den innnnigfaclien
symbolischen und histo-
rischen Beziehungen
des ritterlichen Helden
zur Anssenwelt , mit
dem Familienwappen
l-v. 11
mg. id.
und sonstigem angebrachten Zicrath, ruht auf einem
sockelartigen Unterbau «.
Wenn man von Loosdorf den Weg südwestlich
einschlä^, die Ortschaft Fribritz berührt, so frelangt
man nach drei Wegstunden, die mau zwischen Feld und
Au, Wiesen und Ackerland, über niedrige Rndenerhß-
Illingen, zurücklegt, nach dem Dorfe
Michel stet ten, das, am Saume eines bewalde-
ten Bergrtlckvns gelegen, ein reizender Punkt der Land-
schaft genannt zu werden verdient. In erster Linie ist
es ilie Pfarrkirche, welche das Interesse des Beziehers
in Anspruch zu nehmen angethan ist. Betreffs ihre» Allers
und der architektonischen Detnilbcsehrcihung im all
gemeinen mit der Stadtpfarrkirche in Laa Ubereinstini
inend, wurde sie nach jener fllr Lnndkircbeii allgemein
innegehaltenen Richtschnur ausgeführt ; nämlich es erhebt
sich (Fig. 1!» II. SM) ein schwerlälliger massiver Thurm
auf den Mauern des verlängerten, mit einer runden
Apsis geschlossenen Chores, welche Anordnung in der
Regel für einschiffige Kirchen als Mittelpunkt für den
Anschlnss des Langhauses und weilerer Adnexe ange-
nommen wurde, wozu Krspnrungs- Rücksichten mass-
gebend waren. Zu der ursprünglichen Hauanlage gehören
auch nur der Chor mit der Apsis und die untere Mauer
des Schiffes, in welch letzterem schon ein Schildgewölbe
eingesetzt nnd verschiedene aus der Zopfzeit stam-
mende Znbanten hinzugefügt wurden; daher ist auch
nur der Chor und die Apsis fast unversehrt \}n< auf zwei
in» verlängerten Chorraum eingesetzte Fenster) und in
der ursprünglichen Form auf uns überkommen. Aber in
diesem nuf ein geringe! Mass beschränkten Räume
wurde bei der Auflösung der Mauermassen und Theilnng
derselben in zusammenwirkende Finzelnglieder mit allen
Mitteln gearbeitet. Nach innen (Fig. 21) durchbricht die
> «rtMirlil i. c. in i>»
IV IT.
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CXCVI
Kig. 1H.
nördliche Wmid (Ich verlängerten Chores ein fflnfthcili- organisch profilirtc Gnrten von lihnlicli gebildeten Wand
ger, die Südwand ein vierthciligcr Xisohcnsitz. Chorden sanlehen wie nn den Nischensitzen getragen werden;
einzelnen Nischen denselben wurde der DrcipasRbogen zierliche Knospen nnd Laub-Capitiile, welche schon die
des Ühergangs-Styles geschlagen nnd die Trennung der gestreckte Kclehforni besitzen, mit gegliederter Deck-
einzclncn Sitze durch zierliche WandsHulchen bewirkt, platte, bezeichnen den Übergang des Yerticalismus in
die mit KnospeneapitUlcn verziert wurden. Dieser ver- die Ikigcnfonn der Decke. Ebenso tragen sjünmtlichc
lilngerte f'horranm erhielt als Decke ein aus dem Spitz- Säulchen eine gegliederte Basis, deren Wülste in voller
bogen geschlagenes Kreuzgewölbe, dessen lebendig und Ftlllc Uber den vierseitig gebildeten Sockelfuss hinaus-
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CXCV1I
strotzen. Die Apsis bekam eiue
Galerie von fünf schmalen , im
Rundbogen geschlossenen Fenstern
mit einfach versebrägter Leibung.
Nach anssen sind es Wandsäul-
clien und zwei Lisencn, welche die
Apsis beleben; während liier der
Blendbogen und der Rundbogen-
fries fehlen, kommt am Sockel-
gliede der Wandsäulen da« Eck-
blättchen vor, so da»» man ver-
sucht wird, wenn auch das Ge-
wölbe, die langgestreckten Kclch-
foniicn der f'apitäle zur Annahme
berechtigen wllrdcn, die Kirche in
Micliclstetten für nicht so alten
Datums als die zn Laa in erklä-
ren, mit Rücksicht anf daa Vor-
kommen dieses Merkmales leide
Hauten für nahezu gleichzeitig ent-
atnndcii zu halten.
Nicht ohne Interesse ist auch
der Helm des Thumies. Nachdem
die verticalen , schwerfälligen
Wände desselben vcnnittelat einer
zinnciiförmigcn BckrUnuug ihren
Abschluß» gefunden haben, geht
der Helm in eine steil zulaufende
aebtaeitige Pyramide Uber ; die
Scitenkanten derselben erhielten durch hcrauskragende,
bogenförmige .Stcinklötzchen eine Art von Krabben,
wahrachcinlich eine Reminisccuz des ursprünglichen
Thurmhelmea in unverstandener Nachahmung. Der
gegenwärtige Thurmhelm und die Ziunenbekrünung ist
aus neuerer Zeit und dürfte vor dem dreissigjährigen
Kriege gleichzeitig mit dem Schlossbau Michelstettcn
entstanden sein. Bevor noch die Flüchen des Thurm-
helmea sich zum Thnnnkrcuz zuapitzen, bildet ein zwei-
facher , aus Ziegelscbarcn gebildeter Keifenkranz den
Abschlusa desselben und bringt mit dieser, obwohl aus
einem relativ formlosen Material geschaffenen Anord-
nung einen befriedigenden Eindruck hervor. Zu jener
Zeit hatte man noch nicht vergessen, den Eigenschaften
dca Matcrialcs Rechnung zu tragen, und noch nicht
gelernt, eine nothwendig gewordene Construction durch
unwahre Behelfe äusserlich zu verdecken, oder durch
künstliche Nachbildungen zu fälschen.
Ein Grabmal aus rothein Marmor im Innern der
Kirche verdient auch Bcachtuug. Die im Fussboden ein-
gelassene Platlo enthält folgende Inschrift: „Hie leit
begraben die edl Junck , fraw Anna herru ludwigs tochtcr
von der weiten Muln die gestorbn ist an suntag vor
nnser lieben Frauentag zu der licchtamcs anno dni.
m.cccc.lxxiii jar der Gott genedig aey u . Darunter das
unbehelmte Wappen mit eiuem Mühlsteine im Felde.
Auch ein Besuch des am südöstlichen Ende des
Dorfes gelegene!» Schlosses von Michclstettcn ist dem
Onlturforscher und Altcrthumsfrcund zu empfehlen. Es
iat ein .Schlossbau aus der Blüthczeit der Rococo-
periode, und dadurch vor allem merkwürdig, dass er,
während um jene Zeit die feudalen Grossgrundbesitzer
an den neu entstehenden Landsitzen die Wehranlagen
auf ein Mininum zu beschränken begannen und auf
eine reiche Entfaltung de» Bauwerkes nach
Fig. 19.
wirken bemüht waren , bei diesem Bau das Gegcntheil
beobachtet wurde Nach aussen wehrhaft, düster,
schmucklos angelegt und die I'mfasaungsmauer durch
nach oben verlaufende Strebepfeiler verstärkt, erhielt
das SchlosB im Innern eine Doppelreihe rundhogiger,
auf Säulen ruhender Arcadcn , wobei offene Hallen.
Galerien und geräumige Vorplätze und Communicatio-
nen ermiiglicht wurden. Im Hofe steht ein archi-
tektonisch reich ausgestatteter Brunnen ans porösem
feinen Kalksteine, dermalen jedoch seiner Bestim-
mung entzogen und als Ziergarten verwendet, indem
das aus dem Sechsecke ausgeführte Bassin, wovon eine
Seite sieben Schuh misat, und die aus demselben sich
herausbnueude niuaehelförmige Wnsserschale als Ein-
satz für Topfgewächse und Blumen verwendet wird;
aus dem Becken selbst erhebt sich eine steinerne Säule,
die eine kleine Muschel trägt, in der eine männliche
Figur steht, die mit beiden Händen das auf ihren
Schultern ruhende Sinzendorfsche Wappen trägt, welche
Familie seit 1073 im Besitze der Herrschaft war. Dieser
Brunnen mit allerlei zur Kurzweil angebrachtem Zicrath
von waaserspeienden Genien , Larven , Trophäen , Wap-
penschildern i, Blumcnfestons könnte einem grösseren
Studtplat/.e zur schörsten Zierde gereichen. Nichts kann
\vohl ein beredteres Zengniss ablegen von dem ehema-
ligen, behaglichen, sinnigen Stillleben der Familie anf
dein Lande, die in der Gediegenheit, Ehrenhaftigkeit
und Innerlichkeit des Hauses ihre vollste Befriedigung
fand, als solche künstlerisch ausgestattete Werke, für
die unsere veränsserlichte Mitwelt wenig Pietät mehr
an den Tag legt. Die Aristokratie in jener Zeit fasste
ihre Bestimmung vollständig auf und liess sich's auch
» I>l« W»p|>.» d.r «<•>..!.. k.iH.M,.. „ch »uf dio
I.lcM.o.t,!,,. ]>j.u.».ni»-On.iit>»r,. /.Ikfec-l-ar*. ~
K«.b.r-\V«I.,«K* <)), Tr«iiMMn»<l«rr-Ur»U.
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CXCVII1
angelegen lein, in der Anlage der auf Abgeschlossen-
heit, Selhstbeschräukung und Innerlichkeit berechneten
tandsitze und Schlüsser die Familie und da« „Haus-
am umfassendsten auf die sociale Potenz zu erheben«
Der Grundphm den Schlosse» liildet eine dem
Kreise nnhc7.11 gleichkommende Figur , welche sich
durch drei Geschosshöhcu nach aussen schmucklos auf-
baut. Heil Abschlnss der Anssenwand bilden Zinnen
gaoz derselben Art, wie sie am Thunn der Kirche vor-
kommen: vom Dache ist ilusscrlich nichts wahrzunch-
men, weil es als l'ultdach nach innen zu lÄuft. Kings
hernm zieht sich ein schmaler Zwinger und ein thcilwci-
ser trocken gelegter Wassergraben, Uber den eine stabile
Brücke die Verbindung mit dem Schlösse vermittelt.
Das GcbMudc erseheint schon ziemlich verfallen, der
\\fif misst im Gevierte 38 Mannesschritte, die Tracttiefe
12 Schritte. Kin grosser Theil des Schlosses wird von
den Bediensteten der Gutsverwaltnng und von ärmeren
Miethsleuteu bewohnt.
Ersteigt man den Bergrücken, an dessen Fusse
das Dort' .Michelstetten liegt, so kann mau in einer hal-
ben Stunde zu dem gipfclfürmigcn Ausläufer desselben,
gelangen, der den Namen „Stein man dl u ftthrt. Es
steht auf demselben die von der Landesvermessung auf-
gerichtete Triangulirungs|iyramidc. 1'nterhnlb zieht sich
die Strasse Uber das sogenannte kalte Thor nach Ernst-
brunn. Der Sage nach soll am Steininandl eine Veste
gestanden und von den Ilussiten zerstört worden sein.
Wenn man die Bildung dieses Gipfels betrachtet, so hat
die Volkssage einige Berechtigung. Man kann auf der
Hübe dieser Kuppe einen ringförmig sich schliesscndcn
Erdwall noch ganz gut wahrnehmen; von einem Blauer-
CXCIX
Fi* 21.
werk oder einer Schutthalde fanden sieh keine Spuren,
\\"init aber nicht auch gesagt »ein soll, dass seiner
Zeit auf diesem zur Beobachtung und zum Ansingen ins
Lind äusserst vortheilliaft gelegenen Punkte nicht ein
Wchrbau aus Krdwcrk und Stein gestanden sein mag,
dessen GcmMiicrreste von der Vegetation Uberdeckt
wurden. Wenn indess auch die architektonische Ausbeute
auf dieser Anhöhe keinen Erfolg hatte, so lohnt die
XVII.
prächtige Ausschau die kleine Mühe der Besteigung
dieses Gipfels , von welchem aus man in westliche*
KiehtnnpdcnOtscher, nach Norden Znaim, die schlcsi-
sehen Bergkuppen, nach Osten Pressborg, Theben.
Hainburg und naeh Süden die steierischen Alpen, mit
freiem Auge beobachten kann, im allgemeinen ein male-
risch reliefirtes Land in einer wundenollen Einrahmung
ausgebreitet sieht. Jo». üm<h.
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Die ältesten Siegel der Stadt Wiener-Heustadt
[UM llf>lf "-Lnlctrn )
1. + ROVA Cl VITAS. Gezinnte Stadtmauer aus
QMllern mit verschlossenem Spitzbogenthor, zu beiden
Seiten je von einem viereckigen Zinucnthurme Überragt.
Zierliche Arbeit, Schrift zwischen Pcrlliuien. Durch-
messer M Mill. oder 2" 1 ". (Fig. 1.)
Fip. 1
Das Siegel, von reinem durchscheinendem Wachse,
befindet sich an drei Urkunden de» Admonter Stifts-
arebiv», welche Bimmtlich vom 31. Juli 12i>3 datiren.
An diesem Tage bestiiligten nämlich der Richter Rudolf
und die Gemeinde Wiener-Neustadt (judex et eommuni-
tas Noue Civitatis) unter Anhüngnng de» Stadtsiegels
das Übereinkommet] des Klosters Admont mit den
Bürpern Rerthold, Eberhard Mennil, und Gerwig, hin-
sichtlich eines Weingartens zu Gainfahrn, der den Ge-
nannten zu je einem Drittheile unter gewissen Bedin-
gungen zur Nutzung überlassen wurde.
t. S . CI\1V(I> . ROV« . ÖIVITATIS. Gleiche Vor
Stellung wie oben, mit Zujrabc des österreichischen
Balkensehildes, welcher mit der Schildfessel an den
l'erlenkrcis befestigt, zwischen den Zinnenthllrmen
herunterhängt. Das gleichfalls geschlossene Thor scheint
ein Rundbogenthor zu sein. Schrift und Zeichnung von
derberem Schnitte. Durchmesser f»K Mill. oder 2' T".
(Ffc 2.)
ng. 2.
CC
Hanthal er hat diese» Siegel in seinem Rccensns
fTaf. XXVI, 3G) zuerst bekannt gemacht und Melly
dasselbe in den Beitrügen zur Siegelkundc dci Mittel-
alters I, 41, Nr. 68 beschrieben. Hier ist die Abbildung
nach einem Gipsabgüsse der Sava'schen Sammlung mit
welchem das an der Schrift leider stark beschädigte Ori-
ginal des steirisehen Landcs-Arcl.ivs (Urkunde Nr. 903)
Ubereinstimmt.
Das Fehlen des Balkenschildcs auf dem einen und
sein Erscheinen auf dem zweiten Siegel der Neustadt
sind nicht bedeutungslos, vielmehr sollte dadurch eine
territoriale Veränderung zum offenkundigen Ausdrucke
gebracht werden, welche in die Zeit des Zwischen-
reiches füllt. Von Herzog Leopold V. um 1194 auf dem
Gebiete der PUttner Grafschaft gegründet das damals
zur Steiermark geborte, war die Neustadt ursprünglich
eine sleirischc Stadt. Erst der Ofner Friede von 1S&4
zwischen dem Könige Otakar von Böhmen Herzog in
Österreich, und Bcla IV. von Ungarn, welcher letzterem
die schöne Steiermark beliess aber die Wasserscheide
des Semmcring* als neue Lundesgräuze feststellte,
mnehte dem eiu Knde. Seitdem gehörte sie zu Österreich,
weil die alten historisch gewordenen GrSnzcn selbst
dann nicht mehr auflebten, als nach dem siegreichen
Feldzuge von 12G0 die ganze Steiermark von Otakar
zurückgewonnen wurde. Ob man in der Neustadt mit
diesem Zustande einverstanden war, oder ob eine Wie-
dervereinigung mit dem Mutterlande angestrebt wurde,
würde die Untersuchung zu weit von ihrem eigentlichen
Ziele ablenken. Uns genügt, dass die Aufnahme des
Balkenschildcs in das Stadtsiegel als ein .Merkmal
betrachtet werden kann, dass zur Zeit der Anfertigung
des neuen Stempels, die Trennung von der .Steiermark
schon als eine bleibende nufgefasst wurde, weil sich
die Neustadt dadurch geradezu in die Reihe der landes-
fürstlichen Stildte Österreichs stellte.
Desto wichtiger erscheint e» den Zeitpunkt zu
tixiren, wo das neue Siegel in Anwendung kam. Melly
fand es an Urkunden seit dem Jahre 1272, es würde
sich somit um einen Zeitraum von höchsteus neun
Jahren (12li:5 — 1272) handeln, innerhalb dessen die
Veränderung erfolgte. Leider kann die Urkunde Nr. 903
des steirisehen Landes- Archive» zu diesem Zwecke nicht
verwendet werden. Wäre sie ein Original, so wäre es
klar, dass das neue Siegel schon am Di. Dccember 1'2('>H
im Gebrauche war, allein dem ist nicht so. Die Urkunde
ist nach ihrem Wortlaute, trotzdem dasNcnstUdter Siegel
daranhängt , zu Seckau in Ober-Steiermark vom dor-
tigen Prop*tc und Cnpitel zu Gunsten eines XeustUdter
Bürgers Namens Lcutold ausgestellt, welchem ein Hof
zu Fischa zu Burgrecht verliehen wurde. Da überdies
ilie angekündigten Siegel des Propstes und Capitcls
fehlen, solche auch niemals an dem vorliegenden Exem-
plare angebracht gewesen sein können, so ist es offenbar,
dass hier nicht die Urschrift von 12(J8, sondern eine
Sder Zeit nach allerdings nahe stehende) Copic der
Urkunde vorliegt, welche von der Stadt Wiener- Neustadt
durch einfache Anhängung ihre» Siegels al» mit dem
Original gleichlautend und vollkommen wahrheitsgetreu
beglaubigt wurde.
Wie lange dieses zweite Siegel in Anwendung war,
ist unbekannt . Melly fand c» noch an einer Heiligcn-
kreuzer Urkunde von 1321, derselben von welcher der
Gip8abgu»s in der Sava'schen Sammlung genommen
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CCI
wurde. Vermutlich werden sich noch spätere Beispiele
nachweisen lassen , welche indes« Kaum das Jahr
1452, daa Jahr der Wappenbcsscrung durch Kaiser
Friedrich III., erreichen diirlten.
Sechs Neustädter Siegel aus den Jahren 142G —
1560, deren Typare noch erhalten sind , hat Herr
Dr. K. Lind, Mittheil. d. Cent. Comm. Jahrg. XVI.
(1871) S. CXCV ff. abgebildet und beschrieben.
Dr. A. Lutchin.
Wenzel Erzherzog von Österreich, Johanniter-
Ordens-Prior in Castilien.
Wahrend der deutsche Kitterofden von den älte-
sten Zeiten bis in die Gegenwart aus dem Erzhause
Österreich zahlreiche Mitglieder aufzuweisen vermag,
enthalten die Annnlen des Johnnuiler-Ordcns nnr zwei
.Sprossen dieses glorreichen Stamme», nilmlich: die Erz-
herzoge Wenzel und Friedrich.
Erstcrer, welchen selbst Wurzbacb's biographi-
sches Lexicon mit Stillschweigen tibergeht, wnrde nach
Marti us zu Wiener-Neustadt den 11. März lf>Gl NacbU
an ciuem Sonntag im Zeichen des Steinbocks geboren.
Den folgenden Tag (Montag) wurde der Ncuge-
bonic durch den dortigen Bischof getauft. AI« Tauf-
pathen fungirten: der französische Botschafter, Christoph
von Eitzing, „Suprenius aulac praefcettis'' und Polyxcna
Lassa.
Wenzel war ein Sohn Kaisere Maximilian II. aus
der Ehe mit Maria, Tochter Kaisers Karl V. Er erhielt
von seinem aufgeklarten frcideiikcndcn Vater, der ihn
fllr den Kriegcrstaud bestimmte, eine sorgfältige Er-
ziehung. Im Jahre 1570 begleitete der neunjährige Erz-
herzog seine Schwester, die Prinzessin Anna, Philipp's II.,
Königs von Spanien, Braut nach Madrid.
Begeistert vom wachsenden Ruhme des Johanniter-
Ordens fasstc der znm Jllngling heranreifende Prinz
den Entsehluss, diesem ritterlichen Vereine beizutreten,
womach ir>7«> nach Ablegnng der Gelübde auch dessen
Einkleidung stattfand.
Das folgende Jahr (1577) ernannte ihn sein könig-
licher Schwager zum Prior von Castilien mit einer
Jahresrente von 50.000 Kronen.
Der Erzherzog verwaltete jedoch diese hohe Wtlrde
nur sehr kurze Zeit, denn er starb, kaum 17 Jahre alt,
schon 1578. Die irdischen Überreste des für den Orden
zu früh Verblichenen ruhen im Escurial.
Die gräflich Weissenwolfschc Bildergalerie zu
Lnz besitzt von dem kaiserlichen Prinzen ein gutge-
troffenes Ölgemälde, welches ihn in der Ordenstracht
darstellt, und Herrgott hat in seinen „Monnmentis
, Angnstae Domus Austriae T. III. P. I. Tafel LXXVLU"
von diesem Fürsten eine Abbildung aufgenommen.
Wenzel's Abstammung findet man bei H U b n e r, nnd
seine vom Verfasser dieser Zeilen zusammengestellte,
auf 10 Ahnen lautende Ahnenprobe bewahrt das Präger
Archiv des Johanniter-Ordens. Dr. Hömach.
Die inneren Stadtthore zu Königgräte.
Nachdem von Seite des Reichskriegsministeriums
die principielle Genehmigung zur Beseitigung der beiden
inneren Stadtthore, d. i. des Prager nnd schlesischen
Thon» der Stadt Königgrätz gegeben war, begannen
zu Anfang dieses Jahres die diesbezüglichen speeiellen
Verhandlungen zwischen der Stadt-Keprüsentanz einer-
seits und den k. k. Militärbehörden und dem k. k.
Finanz-Ministerium anderseits. Die k. k. Central-Com-
mission für Erforschung und Erhaltung der Baudcnk-
male, welche von diesen Verhandlungen Kenntnis«
erhielt, hatte sogleich Anlas« genommen, im Interesse
einer etwaigen archäologischen Wichtigkeit dieser
Thorbnuten einzuschreiten und das k. k. Reiehskriegs
Ministerium um Mittheilung des Sachverhaltes ersucht.
Nachdem dieselbe im Wege des k. k. Finanzmini-
steriums die entsprechende Information erhalten hatte,
wurde derk. k. Conservator illrdcn Königgriltzer Kreis,
Herr Ben ei, ersucht, die beideu Thorhauten in Augen-
schein zu nehmen und wegen der etwa wUnschcns-
werthen Conservirung derselben in Bezug auf ihren
archäologischen Werth zu berichten. Ans den weiter
zur Kenntnis« der Central Commission gelangten Ver-
handlungen hat sich herausgestellt, das« es sieh vor-
ncmlich nur um die Entfernung der Thllrme bei den
benannten Thoren handelt, da gerade diese eine wesent-
liche Beschränkung der Passage bilden. Der Hauptinhalt
des Berichtes des k. k. Conservators ist im Folgenden
zusammengefaßt.
„ Das alte Gradcc, nun Hmdec Krälove, Königgriit/.
genannt, dürfte bezüglich seiner Lage und Geschichte,
noch mehr aber wegen seiner höchst merkwürdigen
archäologischen Funde, kaum einen Nebenbuhler in
Böhmen haben.
Der Vater der böhmischen Alterlhumskundc, Bitter
von Bienenberg, war der erste, der im Jahre 17?«»
eine Geschichte der Stadt Kttniggrätz, ein vortreffliches
Werk, verfasste. Dort linden wir Seite 3'2 die in den
Jahren 1772 und 1774 und dann später aufgefundenen
Alterthümcr , aus Thongefässen , Stein- und Bron/i -
Objecten bestehend, ferner Seite ;)I2 den alten Stadt-
plan, der bis zur Stunde beinahe unverändert blich,
abgebildet. Ihm folgte in derGescIiichtssehreibiiiig dieser
Stadt der fleissige Exjesuit Franz de Paula Swcndn.
der in den Jahren 17U9— 1 818 eine sehr weitläufige Ge-
schichte vou Kttniggrätz mit sechs Abbildungen heraus-
gab, nnd den einzelnen Abteilungen die originellen
Titel: „Zlaty a Btfibrny, zelezny, medeuy a hllncny
obraz roesta Kralovö Hradcc nad Labcnr', gab.
Schliesslich erschien im J. 1770 von J. J. Solar,
Prämonstratcnscr C'horherrn in Selau, ein Werk Uber
Königgrätz, benannt : „Dejcpis Hradcc Kralovö nad
Labciu", welches an seinen beiden Vorgängern einen
festen historischen Stutzpunkt fand nnd zeitgemäss bear-
beitet wurde.
Die industrielle Ncnacit, welche eine Übervölke-
rung in KttniggräU hervorrief, lies* allzusehr das Bc~
dttrfniss nach einer planmüssigen Vergrößerung der
engen alten Stadt fühlen. Der lang gedehnte HUgel-
rücken, worauf Kttniggrätz thront, sebiiesst in sich den
grossen und kleinen Marktplatz, das Dohlen-, St. Jo-
hannes-, Dccanal- nnd Fleischhauer-Plätzchen, dann die
h» Geist-, die Lange., Breite-, Enge und Fleischhauer-
gasse. Jetzt wie ehedem führen drei Thore in die Stadt,
das Prager, das schlcaischo Thor (früher Mytska brana,
das Hohenmautcrthor, genannt) und die Ziegenpforte
(Kozi branka oder das mährische Augfallsthor;.
Das Prager Thor, früher das alte Thor (Stara brAna.
Antiqua valva), wird urkundlich bereits im Jahro 131MJ
cc*
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CCll
so genannt, ilalicr dessen Krbanungszeil noch viel weiter
zurllek/urückcn kömmt.
Di r ilm Stockwerke liolic Tliurmkörpcr, unter
welchem der einzige südwestliche Zugang in das Innere
der Ntadt geht, ist aus Quadersteinen erbaut. S wen da
beschrieb im III. Ha wie seiner Geschichte S. !>8 und '.'O
diene» Haudenkinal und versah es mit einer Abbildung.
Kr erzählt von dem Vorhalt dieses Thunnes als einer
später entstandenen Buuaulagc und nennt den Hau,
als nach Art eines Triumphbogen«!. r iia spüsob bräny
vitcznc>, ausgeführt.
Nicht von dem Tlmrme , sondern von diesem
Thunubaue haben wir noch folgende Nachricht: „Dne
:it». kvetna 1584 usncslu se o ul mestskii rada: aby na
Di erb cisafsky a jine veci zlatci», jakvs nülczl die um6ni
iniilifr-ki'-lio , ku poetiwosti Jeho Majcst, clsarc ozdoben
a spraven byK (Den 29. Mai 1584 hat der Stadtruth
beschlossen, am Thor das kaiserliche Wappen und die
andern Iiisignicu nach bester Art der Malerkunst zu
Khren Seiner Majestät des Kaisers zu vergolden und zu
restnuriren.)
Links von dem Thoreingauge wurde noch eine
Horte angebracht. Wir linden selten mehr einen so
schönen und gut erhaltenen Henaissancc-Bau in Kölimen,
wie eben diesen. Dieses Tlmr ist l KUH. 4 Fuss .') Zoll
breit und zwischen die Häuser Nr. ;">4 und 79 einge-
baut. 4 Klafter '1 Fuss von dem !• Klftr. hohen Thiirmc
entfernt, bildet es einen von dem Tliorthunne ganz
unabhängigen Hau.
Das Thor erhebt sich, nach Art der meisten Gie-
belbantender Hudolphinischeu Kuust-Kpoelic in dreiAb-
tlieiluugen, welche ein dreiscit : ger Giebel krönt und
abschließt. Die untere Frout-Ahtheilung ist durch Lise-
nen in drei Felder abgetheilt, eben so die zweite. Jedoch
Schlü ssen beide Facadenfeldcr schneckenförmige Ver-
st'liiiorkcliiiigfii ein.
Im obi'rsten Felde prangt der kaiserliche doppel-
köpfige Adler. Unter ihm lesen wir folgende Inschrift:
,.Divo Kvdolfo II. Honianorum Imperatore Semper Augu-
sto Ilvugariic, Boemiie etc. Hege, Archidvee Avslrite,
Marchionc Mornviic, clenientor imperante senatus popv-
lv>i|ve Hcginnvllradceensis. Anno 1588. Fieri fecit. 1 '
Filter dieser Inschrift war ein Kelch angebracht,
welcher jedoch, wie hundert derartige utrai|uistisehc
Symbole, im Jahre lt>: l herabgeineissch wurde. Hechts
von diesem Kelche ist ein Crucifix mit Maria und Johan-
nes, dann Magdalena, links wieder der Erlöser mit den
schlafenden Jüngern im Garten Gezemane, zu welcher
Gruppe, der niiithwilhg weggehiimmerte Kelch gehörte.
Unter dieser Sculplur lesen wir die Worte : ^Krcw
)»ana nasseho Gczissc Krysta oc/.isstvge na* od kazdehn
Hfiehv. d. Jan. ka|». w. /..- Zu beiden Seiten und unter
dein Crucitixe stehen noch folgende Inschriften : „Bvh
laska gest, u kdo przebywa w lase/.e, w bohv prcbywa,
a buh w niem. ]. Jan. käp. w. 10. u Links sehen wir das
grosse Lapidar-G in einem Sehilde als altes Stadtwap-
pen prangen tinil unter diesem die Inschrift : „Ochrana
miesta zalezi na swornosti, laseze, gednotie v wirze boa
roztrzito*ti. J Das Übrige Mauerwerk des Thores ist
riistik behandelt nnd besteht ans Sandsteinquadern.
Thor und Pforte hatten einmal Aufzugsbrücken , deren
Kelteugloben noch zu sehen sind.
Wahr ist es, wenn man den Sitnatiousplan der
köuigl. Kreisstadt uml Festung KöniggrHtz betrachtet,
dass dieser fltr den Verkehr der Gegenwart als eine
unerläßliche Pflicht gchiclei, die sehr beengte Pas-
sage am Träger Thore zu erweiteni.
Es muss sonach der massive Thunnbau mit seinen
drei Gcschosseu, sowie mit seinem Vorbaue, der Not-
wendigkeit zum Opfer fallen.
Freunde alter Kunst tiillssen sieh mit Photogra-
phien trösten, während der Stadtrath die Senlpturen in
dem neu aufzuführenden Schulgebäude sorgfältig einzu-
fügen gedenkt.
Was das sehlesische Thor betrifft, so ist hievon
nur ein Giebel, dann ein sehr hoher schlanker, aus fest
gebrannten Ziegeln gebauter Thurm übrig geblieben.
Der letztere war mir zum Schutz des Thores bestimmt
und gehörte weniger dem eigentlichen Thorkörpcr an.
Dieses Thor wurde urkundlich bereits 131H» Nova valva
Muteusis (Hohcninauter- Thor. Mytskä bräna) genannt
und wurde bei der Anlage der Festungswerke im Jahre
178(1 abgetragen. Aber eben der erwähnte Thurm bildet
ein grosses Hindernis* bei der beabsichtigten Strassen -
erweiteiung.
Der schlanke, !) Klftr. hohe, 4 Klftr. 4 Fuss lange,
4 Klafter Ü Fuss .i Zoll breite, zwei Uber einander
ruhende gewölbte Geschosse unischliesseiide Thurm ist
ein schöner und seltener Ziegelbau, aus dessen rothen
Flächen, nordöstlich das Wappenschildzcichcn von König-
grätz, das grosse Lupidar-G, dann das gekrönte Mono-
gramm Vladislav's II. W, unter dessen Hegiernng das
alte Thor noch mit dem Tlmrme anuirt worden ist, her-
vortreten.
Die ehemaligen Inschrilteii, mit welchen das ubge-
trngene Thor versehen war, befinden sich im Gebäude
des Kreisgerichtes in den Wänden eingefügt.
Obgleich der Bau als strategisches Alterthuni cini-
gennassen wcrthvoll ist, trägt doch der k. k. Couser-
vator in Berücksichtigung der für dessen Kntfernung
sprechenden Gründe auf die Abtragung dieses Baudenk-
mals an. Mit Hlicksiebt auf diesen Bericht, und nachdem
die Stadt-Hepriisentanz von Königgrätz erklärte, den
alterthüinliehen Theil des Präger Thores, als ein histo-
risches Denkmal tür die Zukunft, in irgend einer Weise
erhalten zu wollen, hat die k. k. Central - Cotumission
keinen Anstand genommen, ihre Zustimmung zur Abtra-
gung dieser Thore zu gehen. L.
Die Kunst des Mittelalters in Böhmen.
. Fortscuimgo
,Mll II ILUicl.iulion.)
Das Agneskloster in Frag.
Die Kirche dieges Klosters, so wie jene des Stiftes
zu Tisehnmvitz , entsprechen in ihrer künstlerischen
Durchbildung und Charakteristik nnf» genaueste der
Trebifer Kirche, so dass ein gewisser Zusammenhang
nicht übersehen werden kann. Die Bauzeit beider Werke
ist durch zahlreiche Urkunden sichergestellt, wie sich
auch Uber deren Vollendung glaubwürdige Nachrichten
erhalten haben.
Nach dem Tode des Königs Otaknr I. von Böhmen
(1230) beschlossen sowohl die Königin- Witwe Constan-
tia, wie ihre Tochter die fromme Prinzessin Agnes, jede
ein besonderes Kloster zn gründen. Constautia beab-
sichtigte die Errichtung eines Cistercicnser-Nonnen-
stiftes und kaufte deshalb eine grosse in Prag am
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C'C'III
Ufer der Moldau gelegene Bau-
stelle. Bald aber wollte dieser
Platz der Königin zu gcränsch-
voll erscheinen , sie änderte
.ihren Entschlnss, tlbcrliess
die angekauften Gründe ihrer
Tochter und wählte in einein
stillen Thale Mahren» den Ort
aus, um ihr Stift anzulegen.
Prinzessin Agnes, welche schon
in zarter Jugend deuEntschluss
gefasst hatte, ein Nonnenstift
nach den Hegeln der h. Clara,
verbniidcn mit einem Anncn-
ttnd Kranken-Spital zu gründen,
fand die von ihrer Mutter er-
worbenen Grundstücke für ihre
Zwecke ganz tauglich nnd liess
bereits 12.K1 den Ban der zu ihrem Kloster gehöri-
gen, dem heil. Francisco* gewidmeten Kirche begin-
nen. Du« neue Stift (allgemein Agncskloster genannt)
erhielt schon 12/54 die Exemtion von der bischöflichen
Gcwult und erfreute sich des besonderen päpstlichen
Schutzes; auch wurde die Stiftung von König Wenzel L,
dem Bruder der Prinzessin Agnes miiehtig gefördert.
Sechszehu Jahre nach geschehener Gründung, im Jahre
1249. als der König nach Niederwerfung eines lang-
wierigen Aufstanden in Prag feierlichen Einzug hielt,
stieg er bei seiuer Schwester, welche erste Äbtissin des
von ihr gegründeten Klosters geworden war, ab nnd
wohnte in dem grösstentheils vollendeten StiftsgebÄude.
Trotz dieser schnellen AusfUhrungszeit ergibt sieh
au-« der Untersuchung de* gegenwärtigen Bestandes,
dass schon in den ersten Baujahren grosse Abweichun-
gen von dem ursprünglichen Plane stattgefunden haben,
wenn Uberhau])! eine regelmässige Anlage hergestellt
werden sollte, deren Grundform jedoch nicht mehr genau
zu ermitteln ist.
Das Stift war nämlich ein Doppelkloster, in wel-
chem seiner Bcsimtnung nach Claris*er-Nounen und
Mönche vom Orden de» heil. Francixcua, dann mäun-
liclie nnd weibliehe Kranke und Arme wohnten. Bei
dieser Einrichtung war vorgeschrieben, da«« das Begeg-
nen der Männer und Frauen durch die Bauanlage
unmöglich gemacht werde, die Kirche aber für beide
Geschlechter zugänglich sei. Es wurden daher (wie
Fi(r. is.
dies auch im Clarakloster zu Eger nnd im Brigitten-
klostcr Onadenberg der Fall war) die beiderseitigen
Convent-Uebäude au den entgegengesetzten Seiten der
Kirche in der Art situirt, das« die Frauen von ihren
Wohnungen aus auf einen erhöhten Nonnen-Chor gelang
ten, von wo nun nur die Aussicht auf den Hochaltar
möglich war. Den Männern war die Unterkirehe ange-
, wiesen. Da das Agueskloster eineB der ersten war,
welche auf diese Weise eingerichtet wurden, scheint
man mit dem Plane anfänglich nicht ins klare gekom-
men zu sein, woher sieh manche der vorfindlicheii
Unregelmässigkeiten schreiben durften. Ausserdem
wareu in dem Stifte verschiedene abgesonderte Ca-
pellen ftlr die männlichen und weiblichcu Armen und
zwei Kreuzgänge angeordnet.
Gegenwärtig bestehen von dem einst weltberühm-
ten und prächtig ausgestatteten Kloster nur einige
Itninen, welche einen unbeschreiblich traurigen Anblick
bieten. Im Jahre 1420 von den Hussiten eingeäschert
und späterhin uothdllrftig zusammengebaut, wurde das
verlassene Kloster den Dominicanern Übergeben, erfuhr
ICH eine zweite noch furchtbarere Zerstörung gele-
gentlich des Einfalles passuuischcr Kriegsvölker und
wurde schliesslich durch jene Baude französischer
Mordbrenner, welche König Ludwig XIV. nach Deutsch-
land beordert hatte, um in den grossen Städten Feuers-
brttnsle anzulegen , zum drittenmal niedergebrannt.
Kümmerlich zusammengeflickt und seiner ursprtlng-
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CCIV
iiclicu Bestimmung zurückgegeben, wurde das Stift
17*2 durch eine kaiserliche Verfügung aufgehoben, die
Baulichkeiten wurden an die Meistbietenden veräussert,
in viele Theile zersplittert, worauf das altehrwürdige
königliche Institut, welche« zum Wohle der Leidenden
•nicktet worden war, zu einem Schlupfwinkel herab-
sank, wo Gemeinheit und Schmutz, ihren Sitz aufge-
schlagen haben. Ferdinand II i k o v c c, einer um Böhmens
Denkmale «ehr verdienstlicher Forscher, welcher in
seinen Denkwürdigkeiten Böhmens das Agneskloster
schildert, bezeichnet den gegenwärtigen Znstand mit
folgenden Worten: Wohin das Auge blicken mag, Überall
Schmutz und (Inrath, ein trostloseres Mild nls die Knincn
dieses Klosters zeigen, wird schwerlich zu treffen
«ein. Es hält ungemein schwer, sich cinigermassen in
den Localitäten zu orientiren; nicht allein dass schon
der ursprüngliche Plan wesentliche Abfinderungen erlitt
und drei Zerstörungen durch Urämie stattgefunden
haben, wurde der vom Kloster eingenommene Hanm
durch neue Strussenztlgc in mehrere Partien zerlegt und
die Kireho selbst durch unzählige, verschiedenen Besit-
zern zugehörende Flickbauten entstellt. Heute bestehen
noch in sehr ruinenhaftem Zustande: 1. der Haupt-Chor,
2. ein Theil des Seitenschiffes mit einem besondern
ChorschluBB, 8. eine Partie von der Langwand des
Kirchenschiffes, 4. ein Theil des Bildlichen Krenzgangcs,
und 5. mehrere untergeordnete ßanlichkeiten.
Der Chor, ein schwer zugänglicher nnd von allen
8clten verbauter Raum, dient heute als Tischlcrwcrk-
stättc; er ist durch verschiedene Wände und Brcttcrbodeu
in mehrere Gelasse und Stockwerke ahgetheilt, so dass
weder im Innern noch ausserhalb eine Übersicht möglich
ist. Der Chorschluss ist aus fünf Seiten des Achtecks
gezogen und mit Indien spitzbogigen Fenstern versehen;,
eine strenge Scheidung zwischen Altarhaus und Presby-
terium findet hier nicht statt. Der ganze Kaum hält eine
lichte Länge von 80 Fuss, eine Breite von 30 Fuss nnd
eine wegen veränderten Niveau'« nur annähernd zu
42 Fuss bestimmbare Höhe ein und ist an der Westseite,
an jenerSlelle wo dcrTriumphbogen bestand, durch eine
neue Qucrniauer von den angränzenden Baulichkeiten
als besonderes für sich bestehendes Haus abgeschlossen.
Der mit Wandsäulen und Knospen-Capitälen verzierte
Triumphbogen ist zum Theile noch sichtbar nnd ans dem
gleichseitigen Dreieck gezogen; die Höhe desselben
beträgt 22 Fuss, beiläufig die Hälfte der Chor-Höhe. Die
Fenster waren je durch einen Mittclstab in zwei Felder
zerlegt, die darüber befindlichen Bogenfelder zeigen
Masswerke der einfachsten Art, bestehend aus Kreisen,
welche durch zwei kleine Bogen unterstützt werden.
Es kommen nnr eiufache Kreuzgewölbe vor, deren
reich profilirte Rippen sich in prnehtvollen Sehlussstci-
neu, McistcrstUekcu der Steinmetzkunst, vereinigen; von
diesen abgesehen, besteht der hauptsächlichste Schmuck
des Innern aus den Capitäleu der Wandsäulen, welche
in der Stärke von 9 bis 12 Zollen mit nahezu vollen
Kreisen ans der Fläche vortreten. Diese Bautheile sind
eben so geistreich entworfen als elegant ausgeführt:
sie zeigen in mannigfaltigen Ycrschlingungcu Wein-,
Ephcu- und Kleeblätter, dazwischen allerlei Blumen und
Früchte. Die Schäfte der Wandsäulen sind regelmässig
durch die im Übergangs-Styl Üblichen Hinge in der Mitte
zwischen Capitäl und Basis abgctheilt, hie und da sind
auch statt der Ringe kleine Knospen-Capitäle eingefügt.
Auch die fünf Fenster des Chor-Schlusses sind mit Hund-
Stäben umzogen, an welchen sogar noch WUrfcl-C.ipitäle,
die einzigen Btrcng romanischen B Idungcn, vorkommen.
Südwärts von dem beschriebenen Chore liegt ein
Theil des Nebenschiffes, ebenfalls nur die Chorpartie
desselben, welche wie der Haupt-Chor ans dem Achteck
construirt ist, 23 Fuss in der Breite und <i3 Fuss in der
Länge misst. Zu einer Woll- und Pferdchaarkrcmpclei
eingerichtet nnd in Stoekwerkc zerlegt, enthält dieser
Raum wo möglich noch zierlicher ausgearbeitete Details,
als wir im Haupt-Chor kennen gelernt haben. Diese Partie
bat in späterer Zeit noch als selbständige Kirche gedient,
als das Mittelschiff mit seinem Chore bereits dem Verfalle
preisgegeben war. Zwischen dem südlichen Nebenschiffe
und dem Mittelrnum, welche beide zerstört sind, zog sich
statt der Areaden eine volle Mauer hin, welche heute
über allerlei kleine Anbauten emporragt und an der vier
Wandsäulen mit Capilälen und Gcwölbnicdcrlagen ange-
FiR. 21.
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ccv
Fig. 2i.
bracht Bind. Diese Wnndsüulen stehen 17'/, Fuss von ein-
ander entfernt und bezeichnen die Joche des abbanden
gekommenen Langhause*. Weiter gegen Westen hin zei-
gen sich die Überbleibsel eiues kleinen Glockenthurmes
und einer Vorhalle , wodurch sich die lichte Gcsammt-
längc des ehemaligen Hauptschiffes auf 2 1 ;"> Fuss bezif-
fern wurde. Vom nördlichen Seitenschiffe hat sieh keine
Spur erhalten und es erscheint zweifelhaft, ob ein solches
vorbanden war oder doch vollständig ausgebaut worden
ist. Jetzt befindet sich an jener Stelle der Nordseite, wo
gewöhnlich das Querhaus vorzutreten pflegt, eine qua-
dratische, ehemals der heiligen Magdalena gewidmete
Capelle, deren Decorationen zwar mit dem I'rcsbytcrium
Ubereinstimmen und alterthümlich erscheinen, wenn
nicht die ganze Capelle nach 14i'0 aus Bruchstücken
des zerstörten Nebcnsehiffes errichtet worden ist.
In dem offenen Hofe, durch welchen die Scheide-
inauer zwischen Haupt- und Nebenschiff hinzieht, haben
Hieb in einem Holzschuppen Reste eines Kreuzgangcs
erhalten, wo man Capitillc mit Sculpturen und wunder-
schöne Ornamente sieht. Vor wenigen Jahren lagen noch
allerlei Überbleibsel der alten Herrlichkeit umher, welche
in neuester Ze it als Hau- oder Pflastersteine verwendet
worden sind. In einem tun Hill gefertigten Holzschnitte
ist die damalige Zerstörung des Klosters verewigt
worden. Die Uber dem Triumphbogen sich erhebende
Gicbclmaucr starrt hoch in die Luft, das
Presbyterium und die beschriebene Par-
tie des Seitenschiffes sind in der heute
noch bestehenden Weise gezeichnet, das
Langhaus liegt in Rnincn, der Kreuz-
gang alter hat schon damals nicht mehr
bestanden.
Alle noch vorhandenen, zur Kirche
gehörenden Räumlichkeiten enthalten
Bflfte von Wandmalereien, die dem XIII.
Jahrhundert entstammen dürften. Es
waren einzelne Figuren in übereinander
hinziehenden Streifen dargestellt; Apo-
Fig. 94
sind. Der Grund
u»t sorgfaltig geglättet, ^ -
weisser Kreidegrund ,
die Umrisse sind wie
bei den Malereien in
der Georgskirche mit
schwarzen Linien vor-
gezogen und leicht mit
Farbe ausgefüllt. Eine
ganze Figur hat sich
nicht erhalten ; bald sieht
man einen einzelnen
Kopf, bald ein Gewand-
stUck, mehr ist nicht herauszubringen.
Die beigeschalteten Illustrationen, Capitäle, SUu-
lenfttssc, SchlusBsteine und sonstige Decorationen
lassen den grossen Verlust errathen, welchen das Land
durch die Zerstörung dieses Denkmals erlitten hat. Da
genaue Aufnahmen bisher nicht bewerkstelligt worden
sind, haben wir bo viele Abbildungen beigefügt, als zum
Verständnis» nothwendig schien.
Fig. lSSituationsplan des gegenwartigen Bestandes.
a ursprünglicher Haupt-Chor, dann für die Frauen einge-
richtet ; A rechtsseitiger Neben-Chor, spater zur Männer-
kirche umgewandelt ; c Magdalenen-Capellc; d spätere
Einschaltungen; e Glockenturm ; / Reste vom Kreuz-
gang; g Beste vom Schiffe der alten Männerkirche;
Fig. 19 Längenschnitt in der Richtung A—B\ Fig. 20
Fenster im Haupt-Chor; Fig. 21 Gurt im Neben-Chor;
Fig 22 Gnrtträgcr an der Schiffwand C; Fig. 23 Dach-
gesims; Fig 24 Rippenpn.fil; Fig. 25, Sehlnssstcin ;
Fig. LG, 27, Capitäle und Knäufe im Haupt Chor, 2«
bis 32 ans dem Krcnzgange.
Kloster Tiscbnowi» in Mähren.
Die geschichtlichen Verhältnisse des Stiftes Tisch-
nowitz (Tiinov) sind bei Besprechung des Agncsklosters
angedeutet worden. Nachdem die Königin Constantin
von ihrem frühem Vorhaben , das von ihr beabsichtigte
Kloster in' Prag zu erbauen, abgegangen war und
die bereits dort erworbenen Grundstücke ihrer Tochter
überlassen hatte, erkaufte sie das unweit Brünn am
Flusse Schwarza*» gelegene Besitzthum TiSnow nebst
Bfezina und Hess unverzüglich den Bau beginnen.
Dem Wunsche der* Stifterin zufolge erhielt das
von ihr errichtete und reich dotirteCistercienser-Nonnen-
Fig. 23.
stel und Märtyrer, deren Häupter mit
gelben und grünen Heiligenscheinen um
Fig. «5.
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CCVI
kloster den Namen l'orta Vach, Hinimclspforte , und es
wurde der Hau m> rasch gefördert, das* diu Einweihung
der Kirche bereits im Jahre 1239 erfolgen konnte. Man
dnrl jedorh »iclit glaoben, das» damals die Stiftsgebäudc
Kamint Kirche gänzlich vollendet gewesen seien. Ein
Mick auf die mit königlicher Fracht durchgeführten,
noch in ziemlich gutem Hauzuzt.inde betindlicheu drei
Partien: Kirche, Kreuzgang und Cnpitcl-Saal, genügt, um
darzuthiin, dnss bei Aufgebot aller Kräfte diese gross-
nrtigen und überreich Ornament irten Werke nicht in dem
St eHntUJlW von sechs Jahren ^1233 — 1230) vom Grunde
aus nun hergestellt werden konnten.
Die Tischnnwitzer Klosterkirche zeigt sich als die
r.-gcluinssigste und consequentest durchgebildete aller
Kirchenanlagen, welche die vereinigten Länder BObnen
und Mahren aufzuweisen haben. Kirche, Kreuzgang und
(apitcl Saal sind ans einem Gusse mal rühren von einem
einzigen Meister her, der von der Gründling an bis zur
Vollendung dem Werke vorstand. Der Name des Meisters
n* «7.
ist nicht bekannt, es wird indes« kaum gewagt sein,
wenn man sowohl diese Hauten wie die Ausführung
des Agnesklosters einem Cistcieienser- Ordensbruder
zuschreibt. Hei Hes)irechnng des Stiftes Hrndisf wird
diese Vennuthung näher begründet werden. Auch das
innige Verhiiltniss, welches zwischen der Königin Con-
stantia und der Prinzessin Agnes bestand, spricht dafür,
dass diese beiden Damen bei ihren längst vorbereiteten
l'nternelituuugcn denselben Künstler zu Hathe zogen
und ihm die l-eitnng anvertrauten. Daher die auffal-
lende Übereinstimmung der beiden in Rede stehenden
Denkmale.
Die Kirche Porta Coeli zeigt sich dreischiffig,
mit vollständig entwickelter Kreu/.forai, aber ohne
Thurmanlage. Der Chor ist auf fünf Seiten des Achtecks
geschlossen, welchen Abschluss auch ilie beiden Seiten-
schiffe einhalten. Zehn Pfeiler, fünf auf jeder Seite,
theilen das Langhaus ein; die beiden vordersten, an der
Vierung Htehenden Pfeiler sind verstärkt . alle aber
gleichmässig mit Rumlstäben und gebrochenen Ecken
profilirt. Alle Kirchenräume, wie auch Kreuzgang und
C'npitelsaal, sind mit Kreuzgewölben Uberdeckt, und die
einzelnen Joche au den Aussenseiten durch stark vortre-
tende Strebepfeiler bezeichnet.
Die Masse gestalten sich :
Gesainmtlänge der Kirche im Lichten . . . 204 Fuss.
Länge des Hauptschiffes von der westlichen
Fronttuauer bis zur Achse der Yieruugs-
pfciler 120 „
Gcsammtweitu des Kirchcnhauses .... 72 >
Länge des Querschiffes . 03 .
Breite des Mittel- wie des Querschiffes von
Achse zu Achse 36 _
Kutfernuug von Achse zu Achse in der Uta-
gcnriehtiuig 24 ,.
Höhe des Hauptschiffes bis in den Gewölb-
scheitel T>4 ,
Höhe der Nebenschiffe 27 _
Mauerstärke 4',t„
Ausladung der Strebepfeiler <!
Der Kreuzgang hält die Länge des Schiffes mit
120 Fuhs ein, wird durch ein reguläres Quadrat be-
schrieben und liegt nn der Nordseite des Kirchenhau-
ses; aus der Mitte des östlichen Flügels tritt man in den
von zwei achteckigen Säulen in sechs Gewülbfelder
zerlegten t'apitel-Saal, welcher 30 Fuss tief und 3Ü Fuss
lang ist.
Diese Massangaben bestätigen ohne weitere Erklä-
rung die in allen Theilen durchgeführte Regelmässig-
keit, wobei zu bemerken ist, dnss kleine Abweichungen,
wie sie in den meisten mittelalterlichen Bauwerken
getroffen werden, hier beinahe gänzlich fehlen. Die
vielleicht allzustreng gehandhabte Regelrichtigkeit ver-
leiht dem architektonischen Aufbau der Kirche, sowohl
aussen wie innen , ein auffallend nüchternes Gepräge,
welches durch den Umstand gesteigert wird, dnss
Hauptschiff und Querhaus viel zu niedrig gehalten sind.
Denselben Fehler haben wir bereits in der St. Agneskir-
che bemerkt und dürfen dieses zweimalige Vorkommen
um so eher dem Architekten zur Last legen, als bereits
in den gut angeordneten romanischen Kirchen die Regel
beobachtet wurde, dem Hauptschiffe mindestens die
Gesammtbreite des Langhauses zur Höhe zu geben.
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ccvu
flg. 28.
Seltsam conirastirt mit der allzu schlichten Be-
handlnng des Massenbaues die höchst phuntasiereiche
und mit bewunderungswürdigem Fleissc durchgebildete
< >mauicntik , welche an dem an der Westseite ange-
brachten Haupt-Portal bis zur höchsten Pracht gesteigert
wird, die nur erreicht werden kann. Alle Tbeile, die
Leisten, Kehlen, Rundstabe, Schäfte und Bogcngliede-
rungen sind glcichmüssig mit Verzierungen Uberdeckt,
deren Klcganz und Originalität jede Bewunderung ver-
dienen. Der Keichthum des Portals ist durch plastischen
Schmuck erhobt worden, sowohl das Tympanum wie
die Gewände sind mit Figuren ausgestattet.
In der 9 Fuss starken, gegen einwärts abgeschräg-
ten Mauer sind beiderseits je ftlnf Säulen eingeblendet,
zwischen denen eben so viele ornamentirtc Felder liegen.
Aus diesen Zwischenfeldern springen in halber Höhe
C'onsolen hervor, welche die Standbilder der Apostel
tragen. Um die Zwölfzahl voll zu maeheu, wurde in
herkömmlicher Weise rechts und links ueben dem Portale
noch je eine unabhängige Säule angeordnet, als Piede-
stale illr die Figuren St. Petrus und Panlns. Eine nähere
illustrirte Erklärung der Bildwerke folgt im Abschnitte
Sculptur. Die ThUrtlfTiiung ist 7, das ganze Portal mit
Einschluss der beiden Yordcrsäulcn 24 Fuss breit und
22'/, Fuss hoch, also dasselbe Verhältniss der Breite
zur Höhe, welches das Haupt-Portal zu Trebic einhält.
Die Portal-Überwölbnng in Tischnowitz ist zwar spitz-
hogig, aber so stumpf, dass sie sich nur um einige Zolle
Uber den Halbkreis erhebt; eine jedenfalls unangenehme
Form, welche sieh von der zu geringen Höhe des Mittel-
schiffes herschreibt.
Auch vor diesem Portale sollte eine Vorhalle ange-
bracht werden, welche jedoch dem Anscheine nach
nicht vollendet worden ist. Der gedrückte, im höchsten
Grade unschöne Bogen, welcher das Portal umzieht, und
dessen Kämpferlinie nur fünf Fuss Uber dem Erdboden
liegt, lassen das Abhandensein dieser Halle nicht be-
dauern. Das Uber dem Portal befindliche, 17 '/t Fuss im
Durchmesser haltende Kadfenstcr, dessen MasBwerk
durch acht um einen Mittelkreis angeordnete kleinere
Kreislinien beschrieben wird, zeigt im Gegensatz zu
jenem die einfachsten Formen.
Wenn bei aller Anerkennung der Gesnmmtanlage
und der glänzenden Detail-Bildung die obwaltenden
Mängel der Aufrisse nicht Ubersehen werden können,
wird man durch die Verhältnisse des Kreuzgangs und
Capitel-Saales um so mehr befriedigt werden. Überall die
höchste Wohlgemessenheit und Hamomie, dabei ist das
Ganze trefflich erhalten. Zwei und dreissig Gewölbe-
felder (sieben auf jeder Seite, dazu die vier Eckfelder)
umziehen den viereckigen Hof, in dessen Mitte wahr-
scheinlich eine Brunnen-fspelle bestand. Zwischen ein-
fachen Strebepfeilern sind je gekuppelte dreitheilige
Tig. 29. iPrnif.
Fiir- na Prae. i
XVII.
dd
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CCVIII
Mg. ni. rPm*.)
Fenster Angeordnet, wel-
che immer von einem
gemeinschaftlichen Spitz-
bogen umlasst weiden.
Die »ich 'ergehenden
ziemlich grossen Bogen-
fclder wenlen dnreh Ro-
BCttenfcnstcr belebt. Da»
linchgesimse besteht an»
Kehle mit Zahnschiiitlon,
unter welchen der ans
Halbkreisen gebildete
Fries hinzieht. Im Innern
werden die sich ent-
wickelnden Gurten je
durch drei den Strebe-
jifeilern gegennberge-
stellte SHnlchcn getra-
gen, deren Cnpitttlc eben
so sorgfältig durchgebil-
det sind, als die Kin/.el-
heiten des Portal*.
Der K reu/gang in
Tischnowitz gehört zu
den edelsten Schöpfungen, welche das Mittelalter her-
vorgehraeht hat ; in Bezug anf Regelmassigkeit steht
er unübertroffen, Ausführung und Foniiendurchbildung
werden mir selten in so gediegener Weise vorkommen.
Conenrrcnten findet er nur in Nieder - Österreich zu
Zweite!, lieiligeiikrcnz, Lilienfeld und Klosterneuburg ■
Das Cistercienser-Stift Hradisf.
Noch ein viertes Denkmal, das zugleich den nord-
östlichen Gränzpunkt der in Hede stehenden Gruppe
einnimmt, haben wir zu verzeichnen, ehe die Zwischen-
glieder und der sehulmässige Zusammenhang dargelegt
werden kennen.
Das Cistercienscr-Kloster HrndiSf bei Mllnchengrätz,
in der Gegend nur Kloster, KläSterce, genannt, wurde
durch Herrn von Ralsko, den Ahnherrn der Herren von
Waldstcin - Wartenberg
nms Jahr 1 177 gegrün-
det. Als erster Abt von
Hradisf wird Theodorich
oder Thidriciis genannt,
welcher 1 184 regirte, von
dessen Thlitigkeit in Be-
zug auf den Kirchenbau
jedoch eben so wenig
Nachrichten auf uns ge-
kommen sind , als von
irgend einem seiner Nach-
folger. HradiSf gelangte
zu hoher Blltt he und gros-
■ein Beiebthnm , wurde
aber MlO von den Hus-
siten zerstört md nicht
wieder in Stand gesetzt,
1 t.li«r«lar. JiJirlutri t»t. k Cratral-CMamlulaa, Hl. Hd. J«hr-
-inu IM*. Iii« Kirch« «f« rrirmslU.« ('Wfr<li*iirN»MMiM»>uri P*,M
1 "II «a Tliü<-»ie. tna J. >". W«B**>li ihm aWltlXjffaMai f. Klrwbirr
Ulf dir wir «Ii« bl*r l-SBIf-rt'O. Fr r n» r A uf«rlilä»». üb. r TIm hhowl'I Bild dkl
\«neit*r>»t*r eatlialleo i Rrbf n. lti>ir..l»; 9* Scbtillar. T<.j>oar»|<iile Ton
X'rxg: Torack, Opufclrhl* d.r Vadl I*m;; Wala«/. klrchUrti* TopotiriiBliir-
•.>n Ji:ii.rrii. aiidj dir In d.p h< »hrailiiiiif; v«n TrrUi «..tfriibn.n W c rk».
Kar .an »hma V<r...„d„,,. t ,i»» .1, i„ rigor 13 dl. AlUWaoj * r .
I.ruailrl4*c« dieser KitU«.
Fig. 8S, (T'i»clinoviti.l
weil die Stiftsgötcr von der Krone mit Beschlag belegt,
dann verpfändet, getheilt und veräussert wurden, bis sie
nach mehrmaligem Besitzweelnsel wieder an die Familie
der Klostcrgrtlnder zurückgelangten Da die Aufhebung
des Klosters anf gewaltthäiigc nnd ui gerechte Weise
bewirkt worden war und es bei der darauf folgenden
Aneignung der Güter nicht ganz rorre.t zugegangen
sein mochte, fanden die Besitzergreifer keinen Atdass,
die noch vorhandenen Urkunden aufzubewahren. Wie in
Trcbltf, liegt auch hier die Baugeschichte vollkommen
im Dunkeln, und wir sind ausschliesslich auf die archäo-
logische Untersuchung angewiesen.
Von dem Kloster haben sich nur einige rohe Sub-
struetionen erhalten, dann ein Bruchstück der nörd-
lichen Kirchenmauer sammt dem daran befindlichen
Haupt-Portal der Stiftskirche. Der Kirrheuramo selbst
wurde in einen ('-arten umgewandelt, in die ehemaligen
Convent Gebäude wurde ein Brauhaus hineingebaut, in
dessen Hofe noch allerlei Bruchstücke der Kirche,
Schlnsssleine , Gewiilbrippen , Consolcn u. ». w. herum-
liegen, mitunter auch an den dortigen Bauten einge-
mauert sind. Im Garten kann man mit geringer Muhe
noch die Grundmauern des Chores und der einzelnen
Pfeiler auffinden, aus welchen Theilen sich ergibt, das*
die Stiftskirehe einen rechteckigen Chor-Schluss und ein
durch zwei Pleilerreihen eingeteiltes Langhaus besass.
Die Chorpartie war beiläufig 90 Fuss, das Schiff CG Fuss
breit, die Gcsammtlüngc mochte gegen ÜOO Fuss he-
CCIX
tragen haben. Alle noch erhaltenen Einzelheiten tragen
dasselbe früh-gothische Gepräge, welches die vorbe-
schriebenen Kirchen einhalten; sogar die Snbstruclio-
nen zeigen keine von eineni ältern Bau herrührenden
Theile.
Das Portal, dieser einzige wohlerhaltene Rest des
ganzen Klosters ist ein Kleinod seltenster Art. An
Kcichthnm wetteifert es mit dem Tischnowitzer Portal,
Obertrifft es aber bei weitem in Bezug auf architek-
tonischen Aufbau und schöne schlanke Verhältnisse.
Sech* angeblendete Slinlen von 7 Zoll Stärke stehen
auf jeder Seite der Leibung, welche durch drei recht-
eckige Vorsprtlnge profilirt ist.. Die Säulenschäfte sind
zwar abhanden gekommen, doch die Capitälc und
Basen haben sieh erhalten, auch die inmitten der
Säulenholie angebrachten Kingc, welche zur Befesti-
gung der Schäfte dienen sollten.
Im Vergleich mit den Portalen von Trcbic und
Tisehnowitz tällt sogleich auf, dass hier die Hübe eine
nngleich bedeutendere ist. Der innerste Bogen sieigt im
Winkel von 00 Graden an, die Gcsammthöhc des Portals
beträgt Fuss, die Gesammtbreite 17'/, Fuss, wodurch
bei ähnlicher Formgebung der Ausdruck ein vollkommen
xersebiedener wird.
Ob das Tympannm mit figürlichem Schmuck aus-
gestattet war, lässt sich nicht erkennen, das Portal dient
gegenwärtig als Einfahrt des herrschaftlichen Brau-
lianseB, weshalb das ßogcnfcld grösstenteils heraus-
gebrochen worden ist.
Ein schlankes Sockelgesims, aus welchem sich die
decorirten SäulenfUsse mit besonderer Eleganz ent-
wickeln, umzieht das in allen seinen Theilcn aufs reichste
ornamentirte Ganze. Viele von den Verzierungen halten
genau dieselben Formen ein, wie die in Tisehnowitz
und im Agneskloster vorkommenden, hie nnd da machen
sich ganz neue Motive geltend, anch ist die Technik
freier, vorgeschrittener. Dabei sind durch eingefügte
platte Zwischenstreifen dem Ange solche Riihepnnktu
gewährt, dass der decorative Reichthum nicht wie in
Tisehnowitz störend wirkt. Neben den band- und ran-
kenartigen Versehlingnngcn kommen Akanthus-, Wein-,
Ephen- und Feigenblätter am häutigsten vor; alle diese
Motive sind mit plastisch antikisirendem Sinne durch-
gebildet und frei von jenem stacheligen Charakter, der
den gothisehen Laubwerk en eigen ist.
Hradisf war ein Tochterstift von Plass, dessen
kanstbegabte Mönche die sei öne romanische Kirche in
Potvorov zwischen 1L>20— 1J-10 ausgeführt haben, wie
im ersten Theile erwähnt wurde ». Die sämmtlichen Äbte
von Hradisf, welche in Urkunden vorkommen, ent-
stammen dem Plasser-Stifte , welches auch auf die ander-
weitigen Klöster des Cistcrcicnserordens den grössten
Einfluss Übte. In Anbetracht dieses Umstände* wurde
die Vermuthung ausgesprochen, dass die Königin
Constantia einem ürdensmanne aus Plass den Bau
des Tischnowitzer Klosters anvertraut hnbe, vielleicht
dem Erbauer der Stiltsklrche zu Hradisf. Mancherlei in
Hradisf vorkommende Eigentümlichkeiten , so das Ein-
rahmen der Ornamente, das häufige Anbringen von
Akantliusblältern und die antikisirende Durchbildung
der Laubwerke lassen vennuthen, daBS der Baumeister
Italien gesehen habe.
i'i« ilüV! f liX» , '.«i rl "'"'"'- T ''- s - "■
Ki«. f. <llrs.li*f.>
Das Schiff der beschriebenen Kirche hatte eine
Pflasterung von buntfarbigen Fliesen, eine in Böhmen,
wo der Ziegelbau erst im XIV. Jahrhundert Eingang
fand, isolirt dastehende Erscheinung. Bei den ausge-
breiteten Verbindungen , welche die Cistereienser unter-
hielten, lässt sich nicht einmal eine Vermuthung auf-
stellen, woher diese in Sud- Deutschland seltene Pfla-
sterung bezogen worden ist ».
Hinsichtlich der Illustrationen beziehen wir uns auf
den IX. Band der Mittbeilungen und geben in Fig. 34
nur die Abbildung eines Ornamentes an» Portal bei ».
(Kortwtiiing folgt.) Ii', (irur/xv.
Altere &rabdenkmale in Nieder-Österreich.
{Uli I UoUMksilt.)
Interessante Monumente enthält die Pfarrkirche zn
Trantmannsdorf in Nieder-Osterreich. Da finden wir
zunächst des Haupteinganges unter dem Musikehor das
Grabmal der Elspet von Graveneck. Es ist eine an die
Wand befestigte rothmarmorne Platte, anf der folgende
Inschrift am Bande herumlaufend angebracht ist. n Nach
Christi geptird im MCCCCLXIV jar an phinztag nach
amhrosi ist gestorben die edel Frau Elspet von perneck
hm olrcichs von graueneck havslrav hie begraben*. Im
Mittelfelde sieht man unter einem mit einem klee-
blattförmigen Mnsswerk ausgestatteten Rundbogen die
lebensgrosse Fijrnr der Verstorbenen. Das Haupt anf
einem breiten Polster gelegt , int sie als Nonne darge-
■ In 4er Stlfttttirrh* v>n Uellf «unki-mt Im r»wi tn u«tt»»i*r Z*it utaif
UiH Kcete von f untftrtiUem I tl«"»«»aik tt<fuii:Uii- A. <l. Kfd.
* Literatur. Ni imt W« rfct », **kh« t.ut H# *ebM>il>tm< dt» Agit**-
kloeten Mn.d-.rl v r.'.n »Ind. fisilrn »Uli N'kctirk&Mn Ii her Hredjit im
ArrhlTc um , tn dt b KmfhlUai;- Mit h< rti &** Praxrr Iinm-('apliMU , In
8rh*Msr'i und ItMith T fr<>Kt*y IiUb. Kiu* *u»fuhrllrli* tUxprecIiiiiig
der ('htrrrrii i-nlhaJtmi dir MtliLi iluitern der k. k. Ctmnl ■ t'.-nj&l»*iiiB
IX. Jabncsnx I»*4, «e.i<r dim TIM: |>i« K*ur» t?e der **i»*«rcl<i»»i.rklr*»e
Hrmdii« t. i MiiirlieoKrat*. v.ni 1. K. W»r« |. Dar den pltiR^rnliie lirmidr**»
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tiern m*i»tT A»ilrM ■ttfafl li' »ilirvu-
d.i»
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ccx
stellt, die Hände gefaltet und den Rosenkranz haltend.
Zu den Fussen 1 rechts), da« Wappen derGravencckcr die
Haute und (links') das der l'erneeker, der Bitr mit dem
Halshand, beide Wappen unbedeckt. Die Senlptur gehört
hinsichtlich des Kunstwerthes unter die vorzüglicheren
ihrer Art, die in Nieder- Österreich erhalten blieben.
( her Elisabeth von 0 rateneck bringt Wissgrill, III,
;W1 einige Notizen. Für hier genügt, da»« sie die erste
liiiiialin jenes l'lrieh von (Jruveneck, iler in der Ge-
schichte Kaiser*" Frieilrich IV. eine nicht unbedeutende
Holle spielte und bald dessen Anhänger bald scinliegiier,
endlich 14X7 bei Schott wien von den Kriegern des
ungarischen Königs Mathias erschossen wurde '.
Sehr interessant ist das in völliger Itenaissance
Hiisgeftlhrte altarühnliche Grabmal des \' nuV.ru/. von
Wind isehgrittz und seiner Oeniahlin Hypolita, einer
gebomen Schlick, um 1jWk. Sic, sind beide vor dem
Kreuze kniend durgestellt, ganz vorzügliche Sculpturen
und höchst werthvolle CostUmcbilder. üben schmückt
diesen Altar die Vorstellung der Taute Christi in halb-
n l mg*l.ul.»i-D W i») II. I
»r.U Jl» d.m f
lebensgroßen Figuren , an den Seiten in kleinen Bild-
chen das Pfingslfest, der Judaskuss, die Gcfangenneh-
mung am Olberg, eine Priesteralbe, Kelch und eine
als Faust geballte Hand. Diesem Crabmal gegenüber
sieht man als Gegenstuck einen altarttbnlichcu Aufbau,
mit einem grossen Itclief', das Abendmal vorstellend.
Nicht zu Ubersehen ist das in der gothischen Sei-
tcncapelle befindliche Monument des Christian (irafeu
von Tschernembl. Eine mit dein Wappen versehene,
aufgestellte Marmorplatte eulhiilt folgende Inschrift : r llie
innen ist verschlossen der hoch | adelige leichnamb des
hoch und wolge , bornen Grafen vud herrn Christian
Graten u. . herren voa Tschernembl Panierherm herrn
von auf Wild t eck u. Schwertberg Krbmundschcnk in
Krain vnd der windischen March der röm. kai. Mail.
Leo poldi des Ersten wie auch ihr durchlt. Erzherzog
Leopold Wilhelinb zu Osterreich beeder wirklicher
kainerer | hoffkriegsrath Obrister zu Pfert vnd der kay.
(iuar | di im Wien Statt Obrist Lcutcnant, welcher ein
Wim der der Tapferkeit Seiner zeit gewest vnd nach-
dem er- 3:2 jar sein Zeit in hoff uud kriegsdiensten
zugebracht ist er an | aufschneidung zweier muskaton-
kugeln, welchen Schuss er | in ihr kai. mayst Diensten
vor vielen Jaren vor Komeubnrg | bekomben mit grossen
Schmerzen nber noch viel grosserer ; geduldt den |h. Oc-
tober l«5»iö an einem Sonntag vmb zwölf vhr zu mittag
in Gott seliglich entschlafTeii in 41t jar seines alters Gott
verleihe ihn vnd j vns allen ein fröhlich anferstchung
umb Jesu Willen. Amen."
Ganz nahe diesem Monumente liegt im Boden eine
Sandsteinplatte, die leider schon sehr abgetreten ist,
dennoch lassen sich daselbst Spuren von vier sehr schön
gearbeiteten scnlptirten Bildern erkennen, deren eine
einen beim Schreibtisch sitzenden Gelehrten, die andere
einen Narren mit ziemlicher Sicherheit erkennen lilsst.
In der Schloss-Capellc zu Ebergassing, ein zier-
licher gothischer Bau bestehend aus zwei breiteren und
zwei in gebrochener Achse, als Altarraum angeschlosse-
nen, schmäleren Jochen, befindet sich am Boden liegend
ein rothmarmorner Grabstein, geziert mit Wappen und
Handschrift; letztere lautet: „Hie ist hegrabnnss des
Herrn Taman von Wald anno dni incceciiiixl vnd herrn
willbalm von Bald". Das Wappen (wahrscheinlich ein
Pferdkopf) ist leider nicht mehr zu erkennen, besonders
zierlich sind die reichen Helradeekenverschliiignngen.
An der Anssenseite der Kirche zu Margarethen
nm Moos befindet sich der Grabstein eines Wenzel von
Nimiz, gestorben lfiH. r >, und seiner Gattin Margaretha,
Tochter des Philipp Freiherm von Breuner, geb. 1;>43
(Wissgrill 1. e. I. 381), In Inneni an der Wand eine
rothe Marmorplatte mit Wappen und Inschrift. Letztere
lautet: r hie ligt begraben der Edl liestreng Hitter her
Christoph von Flachsperg dvr gestorben ist um --. Das
Wappen zeigt eine schrHgrcehte fünfmal aiisgelsigcne.
wolkciiUhnlichc Theilung. Der Helm ist gekrönt, das
BUffclhörocrpuar mit je sieben Kugeln nach aussen
besetzt, zwischen den Hörnern ein sitzender Hund.
I ber die Familie Flaehsberg, auch Flaschherg, finden
sieh Nachrichten in Weiss' Kärntens Adel p. til, doch
ist dort das eigentümliche und mit dem hiesigen gleiche
Wappen höchst sonderbar erklärt.
In dein im Parke zu Laxenburg befindlichen, nichts
weniger als schönen Gebäude, das den hochfahrenden
Namen der Rittergrult fuhrt , findet sich neben einigen
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recht schätzbaren Denkmalen der Tempera- und GIub-
raalcrei auch ein Grabstein, der immerhin einiger Bc-
trachtung wUrtlig ist. Er ist dem Andenken des Paa-
sauischen Offieinls Leonhard Schnoer gewidmet und
fuhrt die in Folge der Abkürzungen sehr schwer lesbare
Inschrift: .Amin Doinini m.eeerxi. nit. kalcndas aprilis
a vencrabilis vir dominus lconhardus Schauer . . (off.
p. V) decrelorum doctor rat. pat. et brixin. eecl. canoni-
cus et plebanus in Laa, fundntor hujus capellac cujus
anima requieseat in pnce. u Dieser Stein, eine rothc
Mariuorplatte rlllirt aus der ehemaligen Karthanse zu
Mauerbach und durfte wahrscheinlich das einzige von
dort erhalten gebliebene Denkmal sein. Der Verstor-
bene, dessen Bildnis-» auf zwei gegeneinander gewen-
deten Schildehen m t je einer Lilie darinnen, stehend,
die Mitte der l'latte einnimmt, ist nicht in erhabener
Arbeit dargestellt , sondern sind bloss die Umrisse in
liefen Furchen eingegraben , eine ziemlich frtth geübte,
aber in Österreich nicht hiintig vorkommende Technik
(a. die Abbildung). Leonhanl Schauer war der Stifter
jener Capelle, die in der Nahe der Kirche zn Mauer-
nach stehend, noch gegenwärtig, wenn auch sehr ver-
slUmmelt, erhallen ist. Dr. K. Lind.
Das Grabmal (oder der Grabstein) Leutold's von
Wildon in der Stiftskirche zu Stainz und die Siegel
der Wildoner.
[Mll alutr T.fH und 13 llolisrlinlttca.)
Uber dem, zwei gute Wegstunden von der Station
Lieboeh der Graz- Köflaeherbahn entfernten Markte
Stainz erhebt sich das imposante Schloss gleichen
Namens sainmt der Kirche, welches bis zum Jahre 1785
ein Augustiner Chorherrnslift gewesen, später in den
Besitz weiland des Erzherzoges Johann kam und hier-
auf erbweise an seinen Sohn, den Herrn Grafen Franz
von Moran gedieh.
Das einstige Stift verdankte seine Gründung dem
Lcutold von Wilden, Sprossen eines angesehenen und
mächtigen steierischen, um l.'J24 nbj;eblühteu Herren-
geschlcchtcs, dessen Stammburg nun in Trümmern auf
«lern gleichnamigen Berge nächst der Mar, drei Meilen
südlich von Graz liegt. Lcutold hatte aus seiner Ehe mit
einer Agnes ' nur zwei Töchter, Gertrud und Agnes,
von welchen die letztere wohl als Gemahlin Otto*« IL
von Liechtenstein früh starb, ersterc au den Alber von
Khuenritig vermalt war und die Herrschaften Steiercgg
in Überöslerreieh und Itadkcrsburg in Steiermark zur
Aussteuer erhalten halte.
Des Wildoners frommer Sinn drängte ihn aus
seinem übrigen bedeutenden Besitzthnme. wie ange-
nommen w ird im Jahre 122«, zu Stainz ein Kloster nach
den Regeln des heil. Angnstiu zu stiften, welchem er
dann e. 1230* die Jurisdiction, das Mnutrecht und
■ Snrli •■1|ramr|»rr AlMialiani', Wa.eBrr Jtdörh dir HrBlinrf llrhr !:-:■„•
■nangvlt. war rill» |*rli«>r«>M l.icrlili'Hsriln — Icli v«rmil'B«U dabar Milfb.
d Mal. Vrrriiua f. Sl.l.rl». XIX Urft. 1 Irlca'a von J.I«r.i:eii>taio Ow>m»j
m d. rraBrnl.ul«. S. 201, Nato «laliklt auf ein« I rkund« K ln J»Ur» I2IU,
dann Ml drn I taüifed, data l lrlih'a dt, Singer* Mutur Oarlrud feliuUacn,
dl» swrl Tüi hlar dar Afüta *:.n WIMor. die Naraien litrtrud und .Uim
rrMcltau, tili' (»amaUB I.iutald'e Ton Wndf-n »*l «In* S«:h.w*»mr d,a Slfimv.
aaagai» irtrleti * "u I.iatntni itain t<«r»en und «■**• d»i*ou unter di r l[n"Ti(
alttaa Mrldui'i. Hierauf wurde *"B Iteffrututcr Srlle Rufmtrkiant
K*tnnrM, dis, Otto II. tob l.lerulen-if-lr-, d** süii.rr* Sr>hn , In #r»l«r Kit* 1
•bmi-itls eine Ab*»-» mr liatlln h'tte. w»dur,-h atrli dir hrnrnuusK „et enrrt
uirl Oitonli dr l»lcflen.t«tii" I». der I rkuridu TU4 ril* al» SthwtrKrr.fhn Latte-
lild'a rnn HVlldnf» rrklürt, InUr thrai n l*m.etii»d(-u dürft« al-rr l,t>iil*1oVe l.e-
mntilln kaum ».»»r all ein» Slimaelri di r l.lerlit. n.l. mn (i hallr« wrrdi u können,
i-firnr «Ith ulrlit de-k m,rli «In urk undll. oi.r Ha«ri. dilir VdfftMt,
' Steiermark. I.*ediierelil*, I tklilldu \r. 4'A AWrhft.
andere Freiheiten gewährte; Herzog Friedrich aner-
kannte 12.16« die SehenkunjTi'U Leutold's von Wildoii
au das Kloster zu Stainz und Bschot" l'lrich von Seckan
bestätigte ddi». Biber. 25. Oclober 1:47* die Gründung
des Klosters Stainz durch Lcutold von Wildon, welches
dann Iiis zu seiner Aufhellung im Jahre 17*5 unter der
Regierung von 35 Frühsten 1 blühte.
Im Jahre 124!» starb der Stifter, wie berichtet
w ird zu Wien, wurde jedoch sowie seine 1272 verstor-
bene Gemalin in dem durch ihn entstandenen Gottes.
> Nr« larmärk. '.BaideaaTeMv, I rkunde Nr. gtft AbicMl.
» Steiermark. I.andraarelitv. I rklltide Nr. 617. At'ifhft.
> A» ili Ii« ii tat dar terteB Mlan kellftoBaelt>re bekennr» Jak Ii K«»*
lans. Verfaaaer da* „grttitdlirlii b iirgtm llerictit aui da» f il - rlien Rdftcfcl
vnnd teranalule Kriunerunc Itauld.i ICunglJ. W KceBv«T||J»«lira Vrutvu*t*. «o»
dar Tirannlioiiiii ll>|ialli<n<n V. jf .lnun» H^.i II KvMCrlQ, In Striatmarkt.
Kärudttn. vad eraTli - Krdrurkt «.rat« Wl l.r-nr« Widmatirtrllar lOoi. mark'
»iirdl$. Kr nurd« Crofc.it CiOt: und iiurb lu tims 3. jM'art IU39.
CCXII
bestattet, wo Rieh
sein Grabmal an der Kpi-
stelseitc der Kirelie, in der
Vierzehn Nothhclfer - Ca-
pelle, zur Seite in nufrech-
ter Stellung eingemauert
findet. Es int eine dnreh
Ausbröcklnng und mehrere
im Zickzack von oben narb
Dillen lautende Sprunge,
die dich auf dem erhabe-
nen Hanptstüekc de« Hel-
me* eoneentriren , hart
mitgenommene Platte aus
rothem Marmor, von ti' 10"
Höhe, 3 8" Breite, mit am
Rande ringsum laufender
Inschrift und betrügt naeh Abschlag des Inschriftrah-
inciis die innere Länge den Ueldes 6' 8", die Breite
2' 3". Im inneren Felde de» Steines, dasselbe füllend,
zeigt Bich das unverhältnissmässig in die Länge ge-
treckte, reliefirte Wappen des Stifters, ein senkrecht
gestellter, unten halbrunder Schild, dessen oberer in
der Mitte durch eine Schnalle bezeichneter Rand gerad-
linig, die Seiten bis zu der im untersten Drittel begin-
nenden Abrundung rechtwinkelig sind; die Mitte des
Sehildes enthielt einst unzweifelhaft ein Linden- oder
Seeblatt, dessen Ncharf zulaufende Spitze bis nahe an
die Mitte dps oberen Schildrandcs langte, welches aber,
da es wahrscheinlich hoch gearbeitet gewesen, Schaden
nahm, endlieh ganz zerstört wurde, so dass nun der Kaum,
welchen einst die Schildcsfigur einnahm •, durch eine
blattförmige Gypsmassc ausgefüllt erscheint. Über dem
Schilde erhebt sich ein massiver Helm, dessen scharf
hervortretendes Rrnststtlek wohl einst mit der am Schil-
desrandc aufliegenden Schnalle eine Verbindung gehabt
haben durfte; der offene breite Sehschlitz ist von Hlnf
wulstigen Spangen Uberwölbt. Aus dem hohen glockcu-
törmigen Filzhnte mit daraufgestecktem reichen llalin-
federsehmneke , quellen in vier Theilcn die Decken,
welche sich in Folge der geringen Breite des Wappcn-
feldes nicht völlig entwickeln
können, einerseits in mehrere
Striemen getheilt nbfliessen
und unten den Schild um-
schlicsscn, der darauf gewis-
BcrmnBsen gebettet erscheint,
anderseits sich zu beiden
Seiten des Hutes in gekün-
stelter Weise anfthünnen, so
dass das Figurationsfeld bis
zum Federbuseh völlig gelullt
erseheint (Fig. 1).
Die Ausführung des gan-
zen Wappens ergibt auf den
ersten Anblick, dass dasselbe
erst 2'Ht Jahre nnch dem Ab-
leben dessen, dem es gilt,
• Im Itltt- H."i5 w»r du CnliMl nath »oll *l»»m KlrrK.mM» Mttkt,
■ftir,» ..Ul,.=. 4i».-]b* «b. »r»ll« k -.l-tl»li h»l.»n .liirft. I U r V. r«»l««inn«
IM ll«rr» «'uhi.rroor» t Hititlim ward* d»r h Irrh.lnkl «ui/- r»l- /n
► flu. t»»n In Mtf librlgmv dw Im (IrAbmil», In H. » li*m«l4i<n ui.d la «'Im
WaM>rti .!<•» Mlfu-». ..kb» d»« SrluldeMckli« d.» Silfl.r« In »ein W »rp»n
lufoll.m, du S.il.liU »arirU'lll all dem Si.ni^l »»»■■ -
»nbri-ud In 4em Kl>-g«l» dft»»t-lb#, »le wir ipalvr **Htn
Au.uiun.in du- et,«. n- n s , ..Ult Slallan« b«h«uol>l
i.
gewidmet wurde , wohl als Ersatz eines älteren Grab-
steineB, welcher in seiner zeitgemässen Einfachheit dem
Sinne eines pmnkliebcnden Propstes nicht mehr zuge-
sagt haben mochte und der Beseitigung verfiel.
Die am breiten Bande sorgfältig ausgearbeitete
kräftige gothische Umschrift lautet: r x Anno f dni f
M t CC t xlviiii f ydus f Aprllis (13. April) f ist f ge-
storben f der t edel f herr f her f lewto'd ( von t wil-
don f Stiflftcr +' des f gotshaus f sand f kathrcin t <*ze t
Slenez f hie f begrab'." Die Insehrift tUhrt uns gerade
in die Mitte des XV. Jahrb. nnd erleichtert die Annahme,
dass Propst Sigmund von Lemsitz (1439 f üctober
14G1), unter welchem die Klostervorstände von Stainz
die Infel erhielten, dieses Denkmal zum zweihundert-
jährigen Todesjubiläum Leutold's von Wildon, 1449
widmete- Der Grabstein ist von Gypsseulpturcn einge-
rahmt, mit welchen die Kirche überhaupt sehr reich
ausgestattet ist, und zwar halten über dem Grabsteine
zu beiden Seiten zwei weinende Kngel eine Ulumcn-
guirlande, deren Mitte ein geflügelter Engelskopf ziert.
Das Denkmal verschliessl ein ringsum vermauertes
Gewölbe, in welchem nach der Aussage alter Leute der
Pfarrgemeinde zwei Särge stehen sollen. Verhält sich
dies wirklich, wie angegeben, so bewahren die Särge
ohne Zweifel die Gebeine des Stifters und seiner Lebens-
gefährtin. Ausser diesen beiden wurde aber auch noch
des ersteren Bruder Ulrich von Wildon im Kloster
begraben, wie dessen Schenkungsurkunde ddo. Stainz
Ki„'. ö.
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ccxin
Fig. 6.
(». Juni 1254 ausdruckt,
nach welcher er nur in
diesem Kloster begraben
zu werden begehrt. (St.
L. Arch. Nr. (!<•!).)
Zunächst des Donk-
males, an dem Gewölbe-
bogen beim Eingange
in die Capelle, ist der
Stifter in Uberlcbensgros-
sein Stein-Relief (gegen-
wärtig stark Übertüncht)
dargestellt. Er trügt am
Haupte, das ein voller
Hart beschattet, eine Mütze, die einen) priesterlichen
Barette ähnelt, ein langes bis an die Knie reichendes
Kleid, darüber einen abwallenden Mantel, Uber die
Schultern ist ein Hermelin gelegt , die Seite schwert-
bewehrt, die linke Hand hält den abgestreiften Hand-
schuh der rechten, welch' letztere am Zeigefinger mit
einem Ringe besteckt ist (s. Tafel Fig. 1).
Dem Stifter gegenüber, an der rechten Seite des
Bogens, zeigt sieh glcichruässig dessen Gemalin. Sie
lässt eine angenehme Frauengestalt vermuthen, trägt
als Haarsehninck einen dicken, gleichförmigen Wulst,
am Halse einen gefalteten (spanischen) Kragen und hat
Uber dem Bocke einen Mantel; die rechte Hand ist
gesenkt, die linke hält ein Gebetbuch. Beide Darstellun-
gen pritsentiren sich in ihren Bahmen in einer Höhe von
7 Fuss und in einer Breite von 2<; % Fuss (s. Tafel
Fig. 2). Die schmalen Rahmen beider Bilder werden
durch eine Reihe kleiner Halbkugeln belebt, die Rahmen
selbst an beiden Steinen erscheinen dort durchbrochen,
wo die natürlich und einfach abfallenden Gewänder den
Rand Uberragen. In jedem der beiden Steine erhebt
sich aus der unteren Bandspange eine Stufe, deren Bö-
schungen hohlkehlenartig gegen die Ecken des Feldes
verlaufen. s
Endlieh befinden sich mit Bezugnahme auf den
Stifter am Chore der Stiftskirche zwei dem XVII. Jahr-
hunderte entstammende Porträte. Uns eine auf der
Epistelseite stellt eine ritterliche Gestalt vor, in langem,
rot In ii Bocke und Überhängenden Mantel mit Hermelin-
verbriimung, zur Rechten unter seinen Füssen ist ein
Gotteshaus mit zwei Thllrmen (Stainz) und darüber ein
Wappen (im rothen Schilde ein weisses Kleeblatt, Uber
dem Helm ein Sttllphut). Unter dem Gemälde sagt die
zweizeilige Inschri.t: LKOTOLDVS COMKS (!) DK
WILDOMA R^DAVIT ECCLESIA.W STA IN ZKNSEM
Ao. ÄCCXXVIII OHIIT XIII APRILIS Ao. AV.CCXLIX.
Das Gegenstück aut der Evangelien-Seite stellt
unter einer Draperie eine wohlbeleibte, doch anspre-
chender Gesichtszüge entbehrende Kdclfrau vor, in
gelbem , reichem Kleide mit schwarzem Mantel und
spanischem Kragen. In der rechten gesenkten Hand
hält sie einen Hosenkranz, in der linken ein Gebetbuch.
Darunter lautet die zweizeilige Legende: ACNES VXOK
LKOTOLDI COMITIS DK W ILDOMA NATA DE I
LIECHTENSTEIN OHIIT XXIX. IVLH Ao. AVCCLXXII.
Es ist bemerkenswert!!, dass von der Hagen in
seinem Werke Uber die Minnesinger IV. I»94 — 301 :
„Der von Wildonie 14 (HcrramD, aller übrigen bekann-
teren Glieder dieses Geschlechtes Erwähnung thut, doch
diesen Lentold und seine Gemalin Agnes nicht kennt.
Fig. V.
Bezüglich des Wappens sogt Hagen, dass er es
nirgends gefunden, dasselbe vermuthlich mit dem in der
Manessischen Sammlung angegebenen Übereinstimme:
abwechselnd zwei schwarze und zwei blaue wagrechte
Qiicrstrcifen. Das Grabmal und das Porträt Lcutold's
in der von ihm gestifteten Kirche geben nun allerdings
keinen Beweis, dass die Wildoner dieses und kein
andereB Wappen führten , und zwar umso weniger, als
beide in einer weit späteren Zeit entstanden sind. Aber
aus den Siegeln, welche sich in Wildoner l'rkunden in
achtenswerther Zahl ' erhalten haben, geht klärlich her-
vor, dass die Wildoner, wenn auch in verschiedenen
Formen , mit einziger Ausnahme des steierischen Mar-
schalls Hart nid von Wildon, stets das gleiche Schildes
zeichen, nie aber das Wappen führten, welches ihnen in
der Manessischen Sammlung zngctheilt werden will.
Der Umstand, dass ich einer Erörterung der Wil
doner Genealogie ferne bleiben will, gestattet mir bei
der Mittheilung der Siegel lediglich die chronologische
Ordnung einzuhalten.
Das ältest bekannte Siegel der Herren von Wildon
rUhrt von Herrand her, und hängt an einer Urkunde der
Fig. 8.
Kl. »cnh. llMi lldi blaalcbtlkli IMtr lla«alnui s...n. auf ,1... k k
llaila ll-f- und Slnal.archlv lu «I», die AicMtc <kr ACiialm Adm..sl, lirun
und Si. I. .in lirce hl In »iinaiark und d» it«l. imuttn. L. I.nndaaaithi« In
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in UtUiM'T! vir«abrliii Ortfinal Sk«. lu, llf-i.kr.il iihk, n Oda, auch ttttk
( (XIV
I>i nediktiwcr - Abtei Ailnmnt ,
welche bestimmt dem Bade des
XII. Jahrb. (c. 1186) angehört,
krafi welcher Abi Rudolph den
Ausgleich mit Herraad v. Wil-
«Ion rHcksichtlich eines Waldes
bei Obilaeh beurkundet. Es
präsentirt »ich als ein Doppel-
siegel, dessen Aver« den inter-
essanten Siegclstämpel des
Abtes, der Revers jedoch ein
ovales , unten zugespitztes
Siegel zeigt, welches im unteren Theile des Feldes 3
1.2 Uber 1) Linden- oder SecblUtter und darüber frei
schwebend eine rechts geteilte Thiergestalt enthüll ;
wegen den deutlichen Klauen müssen wir letztere als
ein Raubthier (Wulf?) erkennen. Die an der unteren
Spitze beginnende , oben in der Mitte durch ein
Kreuz getrennte lapidare Umsehritt lautet: SIGIIJA'AV .
HARR7T . f NIM . D« . VVILDORI (Fig. 2).
Das Siegel der Admonter Urkunden ist desshalh
bliebst anziehend, weil es meines Wissens, den ersten
Rcleg bietet, das» sieh vereinzelt schon im XII. Jahr-
hunderte angesehene Ministerialen der Wappensiegcl
bedienten ».
Dieses Herrand's Sühne waren neben Hertnid,
Leutold, der Stifter von Stainz, und Ulrich, von welch'
beiden Letzteren Siegeln vorhanden sind.
An der Urkunde ddo. Weiz 1223 • , durch welche
beide sich zur (lutinachnng des Schadens verbinden,
den ihr Vater Herrant und Rruder Hertnid dem Stifte
Seckau in Chuncnherg durch Raub und Brand zugefügt
haben, hangt Ulrichs Siegel in ungefärbtem Wachs von
ovaler unten spitz zulaufender Fi rm. Die lapidare Um-
schrift zwischen einem einfachen Linienrand lautet:
+ . SIGII.LVM . VI R1CI . DK WIEDA . Das getheilte
Siegelfeld ist im Haupte leer, im unteren Theile hat es
ebenfalls 3 (2 Uber 1 ) mit erhabenem Rande bezeich-
nete Seeblätter (Fig. 3). Ein- zweites Siegel Ulrich's
hlingt an drei Urkunden '•, es unterscheidet sich vom
vorigen dnreh seine dreieckige tartschenartige Form,
zeichnet sich überdies durch erhabene, klüftige Zeich
nting ans. Dns Siegel: cid ist gelheilt, im Haupte gegit-
tert, mit Funkten in den Qua-
draten, der untere Theil hat die
triangelsweise gestellten See-
bliitter, die Spitzen nach ab-
wirft; Umschrift in Lapidar-
buchstaben: + SIC.HJ.AM . Vir
RICI . D« . WILDOMA (Fig. 4).
Der Rrief , mit welchem c.
I2SS die Brüder Lentold und
Ulrich v. Wildon dem Erzstilte
Salzburg die von ihrem Vater
"'• gemachten Schenkungen bestü-
• Vjl. r.rrrii>n»den«Mait d». Altei.l ar.rr r.,.aanml.e-el«. . . XVII.
Jahrg. I»»», S. 44, vnarlbat für« V. K. »<•■ II . Iitsl.k« ,1. Krc«tni>> ellC
lilirla.r iia.ri.la'irlKer »'«Mehna j... alle 41t II Wa|.t,«n.lecrl de. XII Jahr-
>••••>•■ »«»lehn»!, »eltne ihm bl.her Tnrkaaaaai au4 dl« «»minrlj. u ciur
ll«ri!.B.o, «irafon and Harren — tu lauter» nur a».l — angeliCren.
• Sie lermiirk. I.ajidriarrlilr. Sr. 4M. original
• dd.. Mal 1*37, Orl.laal In K.ua, Aharkrift Im alel.rmärk. Land«,
«rtl... Xr. .SS«! h. — Zwei Original, der Jahr» 1241 «ad «. ItW . »tal. nnark.
1 an Jr.it^hiv Nr. 570 und 6H. — Per l rkui.de y;u Inf lit dl. Za.rhuna*
ratn<.mv.ea.
■• Orlclaal Im k. k. f. IIa«. Il-f- and Sta-mrel.l». — Al.«rkrift a>ll
Vrtrli.khnBBK »-m llrrm I rof. Zah », altlermäv . I.at.4. .»r.l.l» Nr. 14» a. -
4.l" »'•''ii'sT 4 "'"' "'**'' *" 4 " , •" U *' , *' "«•""• «" *!<«••• H,«n
FS». Ii.
tigen, ist mit dem schö-
nen Reitersiegel Leutold's
bekräftigt, das zugleich
die vornehme Stellung
der Wildoner kennzeich-
net ii (Fig. 5). Dasselbe
ist kreisrund und hat in
der lapidaren Umschrift:
+ IJVTOLOVS . DU .
WILDOMA, im Siegel-
fehle eine rechts gekehrte
Reiterfigur mit eingeleg-
ter Lanze in der Rech-
ten, eine Tartsehe in der
Linken der Reiter ist
behelmt , die Helmzier jedoch nicht zu erkennen, als
Kleid dient ihm ein langer, bis an die Knöchel des
Fusses abfallender Rock ; unter dem l'ferde sind zwei
Seeblätter, dann im Blicken des Reiters frei in der Luft
schwebend ein gleiches derlei Blatt, alle drei mit den
Spitzen nach abwärts.
Das der Zeit nachfolgende Siegel gehört unter
jene 13, mit welchen die Urkunde ddo. Reun 10. Sep-
tember 127t! i» behangen ist, kraft welcher eine Anzahl
Herren und Ministerialen aus Steiermark und Kärnten
geloben , dem Könige Rudolf als Überhaupte des deut-
sehen Reiches zu gehorchen. Ks ist das fünfte in der
Reihe und wurde vom Truchsess Herrand von Wildon '•
angehangen, zeigt im aufrecht stehenden dreieckigen
Schilde das Sceblalt mit der Spitze nach oben gekehrt
und hat in Lapidarschrift die Legende : +HtiRR7kXDl.
D . WILDOM7T . D7TFIF . ST1R. (Fig. Ii). Ein anderer
Slämpel Herrand's ist mir nicht bekannt. An den merk-
würdigen Bundbrief der steierischen Ständeschaft zum
Schutze der Freiheiten des Landes wider Herzog
Albrecht ddo. Deutsch - Undsberg 1. Jänner (Eben-
weihtah) 1202, hat Hartnid von Wildon für sieh und
seinen Vetter Herrand sein Siegel gehangen. Leider ist
das Original dieser Urkunde versehollen '*.
Siegel Hartnid's von Wildon, tauchen mit 1277 <•
auf, die einzigen Wappensiegcl der Wildoner, an welchen
wir das Seeblatt missen. Es ist kreisrund, hat ein gegit-
tertes, inzwischen mit Ornamentik ausgefülltes Siegel-
" Uta Slegal dir Itaanrr I .kund. lä.M an dar Tart.rb«. n.rh abaa
/.Irkr-uni: erk.aaaa, and »war l.l .1- <»lh«lll, 1» K.pflhiUr a-lgf aKj ala
Iran» »'«14, Im «nlrrrn Hiriln dla m*lirg.nai.ni>ai S |1 Ster I) S>«I.LII»r.
■' Original Im 4 k. ii. ll.u. Il.r- und SiaataarehiTr, — At.whft. .lelarm
14U ala Zeug«.
t.i« Wlldna gel.trtar, lu den
I. «i.de.ar. M«, Nr in<3 a- — Wia mir
II. rrnnd um 4rma.ll.ra Sran,|.el au. Ii i-»l I
44a. «Ira Mi. Jauurr Ii70 und K. "
<• III« Vellern llarraad
- riarb al.rr Andeutung Pr-f. lt a I e h « Ca I
C.jmna.l.l|.r »r.n.n. .... dl...r H.rraB.I v»ri \Ylldno der M
und Mrhtar .1» ll.ld.atl.dr« liudrun ...... u, aajl. dattber aarh Srhroar
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patjia ,|„,| .„f d.a »r.llirrrn l^t.|.,.ld ... Stadl Jl.ll|la.««H.n I kr.ü.j..r<. I
dr. Il.ra.rl.aml. Sf>.r- «darpL Tan 1711-40 III. Il.nd, M «4S-4.S aailrk-
au ( aa l <l.«li.]l<n «»«.naar« SJa»al»l.Mldun|t««j
UUM, dal,.. 1.. Ihr.t \M.d.ra«b. al.l.t .li.».»a^|ta. «urdr. Na-I.
du. »orll.j.rd.a Zalehuyu» ffll.rt d.r »H4oa«r «i».o r.rl.t.fK..l«llrra dtai-
i.ll|>> S.LIId, lra.l.l.a.1 mit drm Hrrblattr aaj .la.m Stri.«.! die Illall-
■>4Ua a.rk aafwiri.:, H.lm mit (aorTaalrm S.kMbllta», 4ariil..r 4rr «liil»li«t
mll d.m |..;.r« . » la - Ckan dl« 1 rkaada MM al.k. .Ileltrla* rat
Kunde .relrre». (iea.1,1. kl.qa.llra". IX Jai.r». 1*!«, S. II* Teil uud Nnta7V
'« 4dn. Wien !\. A.eul 1«7 Hartnid «na Wlld-u. MararSall T«i Slajer.
.•rrnttrl.t da> Vlfl S. . kau la dem Ii. »Ii«, der Cill.r In Krawall III arhüliaa.,
w.|.l.. d.m.Silf.« ..im««;« Orrlr kta>|irueh «uarlaant »urdeu — ddf Oraa Im
Wlii-ritenklv.ier II. Ii.n.r 1»77 Hartnid ...n Wll.l,.a aau>(l mit llalatlmaatu.«
..in'. Snhn.» Wirker dem l...ti<r mll d.m .Hälfte Me. k.u (.Labten (iileratralta.
R..delnion c laal .t.l.rm|.rk l.a.dr.arrl.i. Nr. HM u.d III», aWMrftl «•«
Nr. IM aar llalfl» tcal.r... ». ■,
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ccxv
feld, darin einen geneig-
ten dreieckigen , an den
Seiten anfgebauchten Schild
mit einem Dreizack "; Uber
dem beiderseits mit einem
Fluge besteckten Helme mit
abfliegender Decke einen
niederen Hut, aus welchem
ein Busch hervorragt, die
erste Andeutung des Wil-
duner Stulphutes ; die
Umschrift zeigt in lapida-
ren Schriftcharakteren : +3.
hÄRTNJ . DI . D . WILDON . (PÄRStfhJvL . STIR.
(Fig. 7.-1
Später kommt dieses Siegel nicht mehr vor, dafür
bedient sich Hartnid vom Jahre 127» — 1301 des statt-
lichen, seine Würde als steirischer Marschall anzeigen-
den Siegels,, das in verschiedener Erhaltung noch an
10 Urkunden hängend auf uns gedieh Von den in
Graz befindlichen ist das der Urkunde dd. Scckau
H>. Jänner 1294 angehörende am besten erhalten und
diesem die Zeichnung entnommen. Es hat in dem von
zwei Stufenlinien umsäumten kreisrunden Siegelfcldc
einen von einem Liuienraude umgebenen , erhabenen
nnd scliit. (gestellten Schild von dreieckiger, an den
Seiten ausgebauchter Form , in welchem rechtsaufsprin-
gend der steirische Panther; Uber dem Schilde ein
KUbelhelm, aus welchem in fächerartiger Ausbreitung
ein Pfaucnschmuck mit sieben Federn besteckt hervor-
ragt ; die in lapidaren Charakteren gehaltene Umschrift
ist an jedem der Siegel mehr oder minder beschädigt
und lautet bei Vergleichung mehrerer Exemplare voll-
ständig: fS . htfRTPIDI . Dtf . WILDON»? . (D/TR-
Sah7vUÖI . STIRI«. (Fig. 8.)
Dann ist Hartnid Mitsiegler einer Urkunde seines
Vettere Lentold von Dirnstein aus dem Gcsehlechte der
Wildoner, kraft welcher dieser, ddo. 10. October 1298
mit dem Konige Albrecht das Scbloss Dirnstein um die
Burg Arnfels vertauscht '». Im Mittelfelde des achteckigen
Siegels ein aufreehtstehender dreieckiger Schild mit dem
Seeblatte auf gestreiftem Grunde, die Spitze des Blattes
nach aufwärts, Umschrift: + S . h.SJlTWDI . Dtf . WIL-
DOP.I7». (Fig. 9.) Endlich findet sich noch ein Siegel
' alls Hartnid v. Wildon an der Urkunde
14 t0 , kraft welcher er im Einverständ-
ers Ulrich, seiner Hausfrau Elspet und
seiner Kinder, der Priorin und dem
Kloster zu Mahrenberg für die Tochter
seines Bruders Beider, die Schwe-
stern Elspet und Margaretha, benannte
Güter widmet. Das Siegel ist rund,
hat in dem vollständig erhaltenen
Schriftrande zwischen einfachen Per-
lcnlinicn die lapidare Umschrift mit
Fi*. 13. verkehrten N : + . S . hALRTMDI .
» I'aa Drtltark fllhilcn lu-ii .IIa altan im XIV- Jahrliandart« arloarna-
Kr«lt«Bd«rf<r U Saclonnnrk.
" Im k. k. g. Hau Hof. aad Sualaarchtn Wilden Ii. Fabr. IST»; -
aUrm. LandaanrcblT : Sackas «. Ncrl.r. im. o. O. 3. Jnnnrr 1**7. sreku
10. Jannrr I*»*, Güh 4. U«W. ISui) und Gm 7. April 131H1 - Im Arrhlr«
' • u.uni Sntui mo. c. O. 10. Aogn.l HUT, Bann 17. NtTbr. IM7
i 28. JUnnar 1300. — Ein« Abblldur.» Jlaa». SlagM« bri llnnlhalar.
i dlplanail«n-|»utn(lcai , 1H1», I. Mb. X1.V11I.
' «Inai Im k. k. t. IUw.Eor- «nd StnntrartMv, - Abrcrtrlft iMdana.
v, Nr. IMa «. Ein t a.rbä.li«;tr. dtrlet SUf «I Im
t, Nr. ist» «, dd.. Sikkan s, D*lbr. 190V.
: " »talenn. I ,nud«.nrchlv, Nr. 179» a im Ordinal.
zvn
desselben Marect
ddo. 24. April 13
Brm
DU. WILDOM; im gegitterten Siegelfelde zeigt sich
ein aufrechtstehender, dreieckiger ausgebauchter Schild,
dessen Ecken den Band des Feldes berühren, im Schilde
das Seeblatt, welches mit seiner aufwärts gerichteten
Spitze den oberen Schildesrand t angin (Fig. 10.)
Von Hartnid 's eben benanntem Bruder Ulrich blieb
uns ein Siegel an der Urkunde ddo. 1. October 12*2"
erhalten, kraft welcher die Executoren der letztwilligen
Anordnung Heinrich' s von Erenvcls, unter ihnen Ulrich
von Wildon, dem Frauenkloster Göss benannte Güter
ausweisen. Das Siegel Ulrich's ist eigentümlich, leider
nicht scharf ausgeprägt, es hat die lapidare Legend«:
+ SIGIL . VLRICI - Dtf . WILDONI/T . D7TPIF«KI STI,
dann im gegitterten, überdies in den Zwischenräumen
durch Punkte bezeichneten Siegelfelde eine Menschen-
gestalt anf einer Pank sitzend , mit nach beiden Seiten
ausgestreckten Armen; in der rechten Hand hält sie
einen Helm mit Helmzter — 2 Geweihe (?) oder wohl
richtiger den Wildoner Federnschmuek — in der lin-
ken einen gerade aufgestellten dreieckigen Schild,
dessen Zeichen nicht mehr zu erkennen, wahrscheinlich
aber aus dem Seeblatte bestanden hat; auf der Hank
ist zu beiden Seiten der sitzenden Person ein Sceblatt
mit der Spitze nach abwärts zu sehen. (Fig. 11.)
Hartnid's Vetter Leutold, welcher sieh, wie wir
schon oben sahen , nach seiner Burg von Dirnstain
nannte, führte in sieben Urkunden» ein rundes, etwa
thalcrgrosses Siegel mit lapidarer Umschrift : + . S. LIY-
TOLDI . Dtf . WILDOKlM., im Mittelfelde mit den
Ecken den Linienrand tangirend ein aufrecht stehender
dreieckiger, durch eine Liniengitterung bezeichneter
Schild, in welchem ein mit der Spitze zusammenflicssen-
des, abwärts gekehrtes Blatt mit verziertem Ausschnitte
am oberen Theile zu sehen ist. {Fig. 12.)
Schliesslich ist noch des Siegels zu gedenken,
dessen eine Margaretha, Witwe Ulrich's v. Eppenstein
und Tochter des Wülfing nnd der Diemud von Treffen-
stein, sonach Enkelin Ulrich's von Liechtenstein, in vier
Stiftbriefen zu Gunsten von Klöstern »« sich bedient,
welche darin (viereckig, der Schriftraud beiderseits von
einer Pcrlenlinic umgeben, im Siegelfelde ein Christus-
kopf) die Umschrift fuhrt : S . WARGÄRtfT« . D .
WILDON1S. (Fig. 13.) Es bietet einige Schwierigkeiten,
zu erklären , warum Margaretha sich den Namen Wildon
beilegen durfte; gehörte etwa ihr Gatte dem Stamme
der Wildoner an, hatte ja doch Herrand v. Wildon im
Jahre 1270 die Burg Eppenstein bezwungen, oder war
Margaretha vor ihrer Vereheliehung mit dem Eppenstein
schon einmal mit einem Wildon Witwe geworden?»
Fragen, welche zu beantworten dem Forscher überlas-
sen sei, der sich einst mit der Genealogie und Geschichte
dieses glänzenden Geschlechtes befassen wird.
■ Slal.rm. LandeMrrr.lv, Kr IM, Original mit 5 81. gnln.
■ dd«, Guidein«. >rf, 11. Ilecbr. Iii», l.euldd < Ii anl-agt au Guttaten
da» Mai llelnrlcü * i.n Gu..» alleu «alueit lt»thl«n »a Uft Kirch« St. JlMb
b*l LUeretieletu und .tan f.Shtra d.r Söl.ni. .Int. Harm Wliiaar. Original In
k. k. «. Ilaua-Hri- uua suabarrM« ; - <ldu. Iii, Otiobar 1S>1 . dar (.«rein
«r.ihnle T«...»hl.rl.f .NU tS. mit Ki..i| AlbracM) - dd... Judaul.ur« 1 Mal
im, Uatt.ld «. Ii, räaent ..Inrin obelm» Irtedrkb v,n MI.iun da. Var-
kauTanrlil für taln Stlilu»! l>u.rrn.lalu «In. welche L rkuiulij «Im Vollaiu doi
Tju.cba. mit Arnfal. in Kraio .lallt Original ■talcrm. I.andeiarchlv Nr. IM!.
Ei.dlUn Ylar I rkund.u draeull en, Sebenkons» Tauich nnd andere Vertrage
mit dam Slifto St. I-amM«. r.t o.tnjjl'i. 1. .'dt.. •>. Juni IS-
IS. Juli ISS», — La>eulu I». April Ulf}, Hürrnatoln 31.
•ämmllielt. Orl.-k.nl. <te. StltUarrhl-n au .St. ■
*• dd,. c.äa. i.Sopt. 1»0J. -C -
und Greg ix ,1) Kehr. IM». >»E.mll
» In .U.a. in I.uter.» Fall, wäre I
Margaretha', au %.nnutl.aii . da. ? .la au.b drioen In Ihn;.
I. April IMi. - n. n. y Sorbr. 131»,
atalans. I.anJ«arrblT lirlclnnl.
i Irl dim »nt.«i«rlfoII IX- mtneu Sinn,
mb dii-an in Ihrvi Wlinunkan <lnc>
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CCXVI
Es geht sonach aus dieser Darstellung klürlich
henor , dass hei der Mannigfaltigkeit der Formen,
welche die Wildoner ihren Siegeln gaben, sie doch, die
eine Ausnahme abgerechnet , in den Schildcsfigurcn
Übereinstimmen, ferners das von Manesse und, auf die-
sem gestutzt, späterhin von v. d. Hagen den Wildoncm
beigelegte Wappen diesem Gcschleehtc nicht angehört.
L. BtckA- Wümmutetter.
Zur Kunde der St. Stephanskirche in Wien.
(Mit 1 HolXickul.t i
Unter den Besonderheiten der inneren Einrichtung
des Wiener Münsters nimmt jene kleine Empore , die
sieh zunächst des Quertractes in dessen linkem Seiten-
schiffe ober dem St. l'eter- und Pauls- Altai befindet,
die Aufmerksamkeit des Beschauers in hohem Grade
in Anspruch. Die ursprüngliche Bestimmung dieser
Empore war, als Träger einer Orgel zu dienen. In frü-
herer Zeit waren drei solche Instrumente aufgestellt,
nämlich ausser der auf diesem f.'hörlcin noch eine
auf jener Ausbaute zunächst der unteren Saeristei,
welche Orgel hauptsächlich fllr den Pfarrgottesdienst
gedient haben mochte, und Überdies die grosse Orgel,
die noch heute, obwohl selten im Gebrauehe ist, auf
der steinernen Haupt Empore an der unteren Seite der
Kirche. Über das Alter der ersteren Orgel bringen
Tilmez (n. 123) und Ogesser (p. 24) zwar Nach-
richten, doch sind sie nichts weniger als verlässlich.
Beide kleinen Orgeln sind verschwunden und nur Stellen
am Gemäuer lassen die Art des Orgelaufbaues ver-
muthen; die betreffenden Orgelbtlhnen bleiben unbenutzt
und sind insofern bedeutungslos geworden, was jeden-
falls auch für den Gesammtcindruek des Innern der
Kirche abträglich wurde: dafür hat man eine andere
Orgel auf der zu Anfang des XVIII. Jahrhunderts errich-
teten nichts weniger als passenden und schönen Musik-
tribtlne zwischen dem Haupt- und linken Seiten-f'hor
aufgestellt, welche Orgel gegenwärtig fast ausschliess-
lich in Verwendung steht.
Das Eingangs erwähnte f'hörlein, zu dem eine
Schneekenstiege unterhalb desselben , zunächst des
Altars in der Mauerdicke des Halbthurmes und auch
als zweite Stiege fllr diesen dienend, emporfllhrt, igt
eines der reizendsten Gebilde der gothischen Archi-
tektur, wenn auch dessen Zustandekommen in keine
frühere Zeit als die ersteren Jahre des XV. Jahrhun-
derts zu setzen ist. Die Plattform, welche in ihrer hori-
zoutnleu Ausdehnung der aus drei Maltern eines Ftlnf-
passes mit zwischen denselben heraustretenden Ecken
gebildeten Figur gleicht, wird durch eine mit zierlichem,
die Merkmale der Spnt-Gothik bereits zeigenden Blend-
masswerk ausgestattete Brüstung umsäumt und ist mit
einem nach abwärts gerichteten kammartigeii Ausatz
geziert. Sie ruht auf einem, aus drei Seiten des Fünf-
ecks construirten , eonsolartig dargestellten, sieh nach
unten verjüngenden Mauerausatz , dessen drei nach
verschiedenen Kiehtungeu gewendete Flächen mit sieh
durchkreuzenden Bippeu gegliedert sind
und dessen untersten construetiveu Ab-
schluss ein in Spitze auslaufender Trag-
stein bildet, auf dem sich die Kippen
vereinen. Der Tragstein gleicht vielen
auf einander geschichteten, immer gros
ser werdenden polygonen Platten, davon
eine Uber Eck der anderen liegt. In der
halben Höhe des Chor-Untersalzes ist ein
Schildlein mit einem Monogramme ange-
bracht.
Den deeorativen Abschluss der Con-
solc und gleichsam den letzten Träger
des Chörleins vorstellend, bildet ein von
sehmalen Leisten umrahmtes, in hoch-
erhabener Arbeit ausgeführtes fast lebens-
grosses Brustbild eines alten Mannes, der
in der rechten Hand ein Senkblei, in der
linken das Winkelmass hält. Das geist-
reiche , durch kräftige ZUge gehobene
Antlitz, zu dessen beiden Seiten lange
etwas gelockte Haare herabfallen, ist mit
einer Stütze bedeckt. Der Hals ist frei,
die Brust mit einer SchnUrwcste verhüllt,
Uber die sich ein faltenreiches Oberge-
wand mit umgeschlagenem breiten Kra-
gen legt, das unterhalb der Brust überein-
ander geschlagen ist.
Unter dem Chörlein sieht man noch
die Beste alter Wandmalerei, vorstellend
ein vielmals verschlungenes mit den ge-
schlitzten Enden flatterndes Spruchband,
darauf die Buchstaben M. A. P. 1313.
Die Frage, wen wohl das Brustbild
vorstellen mag, liegt nahe, und doch ist
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CCXVII
sie beim Mangel aller urkundlichen Nachriebtcn recht
schwer , ja mit voller Sicherheit noch nicht zu beant-
worten. Wenn wir die Beschreibungen und Schritten
Uber die Geschichte der Stephanskirehe durchblättern,
finden wir in die«' m Punkte »ehr divergirendo Ansich-
ten, von denen einige im Nachfolgenden erwähnt seien.
Wir wollen Reiffenstuel, Tilmez, Leopold Fischer Uber-
gehen und gleich mit Ogesser beginnen. Oerselbe
(p. lO) zweifelt nicht, das» das Bildnis* sieh auf Meister
Anton Pilgram bczielte und glaubt, das Pilgram so gut
1313, wie 1359 an der Kirche gearbeitet habe; doch
läugnct er nicht , dass die Malerei keine ursprungliche
ist, es durfte vielmehr im Jahre 1617, als man die
Kirche mit dunkler Farbe Überstrich, die schon bestan-
dene alte Malerei nur erneuert worden sein, wobei man
statt der Irtther römischen Ziffern die gegenwärtigen
ausführte.
Die Annahme , dass dieses Brustbild, sowie jenes
am Kanzelfusse, Portraite des Baumeisters Pilgram aus
Rrllnu seien, haben Lichnovsky, Geussau und deren
zahlreiche Naehschrciber ohne Bedenken nachgebetet,
ja selbst Tschischka bekannte sich in der ersten Be-
schreibung des Wiener Domes (1823) dazu. Primis-
ser, der ursprünglich dieselbe Meinung hatte, begann
später an der Verlässliehkeit dieser Angabc zn zweifeln
und veröffentlichte deshalb seine Bedenken in des
Freiherrn v. Hormayr Geschichte Wiens 1824, II. J.
B. I. 128.
Tschischka, der sieh in seiner Beschreibung der
Metropolitankirche von St. Stephan (1#43) nicht be-
strebte, ein so ehrwürdiges Alter für einzelne Baulich-
keiten der StephanBkirche vorzubringen, setzt die Thä-
tigkeit Pilgram's nahezu richtig in den Beginn des XVI.
Jahrhunderts, indem er bemerkt, dass Anton Pilgram
Baumeister bei St. Stephan um 1506—1511 war und
an dem Baue des unvollendet gebliebenen Thurmes
theilnahm. Was den Orgelfuss betrifft, so steht der-
selbe, wie jedem Bauverständigen von selbst einleuch-
tet, mit dem von Pnehsbanm begonnenen, aber iinaus-
gebant gebliebenen Thurme durch eine gemeinschaft-
liche Stiege derart in Verbindung , dass er nur mit
diesem gleichzeitig und zwar zwischen den Jahren 1450
und 1454 entstanden sein kann. Dass beide Büsten
Hannsen Puchsbaum vorstellen, darf demnach um so
unbedenklicher angeuommen werden, als auch diesel-
ben das gleiche Monogramm an sich tragen, welches
sich in den Wiener Baumeister-Tafeln findet, wo der
Name Puchsbaum in Nnssbanm entstellt erscheint. Die
Büste unter der Kanzel zeigt ihn als Mann von ungefähr
50 Jahren, jene unterm Orgelchore bIb einen Greis von
60 Jahren, was mit dem Leben und Wirken dieses
Meisters ganz im Einklänge steht , da Pitchsbaum
64 Jahre alt im Jahre 1454 starb. Wahrscheinlich ver-
fertigten nach Tschischka's Meinung Andreas Grab-
ncr und Peter von Nürnberg, Steinmetze, die an der
Kanzel arbeiteten, diese beiden herrlichen Brustbilder.
Ganz andere, und mit Rücksicht anf den architek-
tonischen Charakter des Werkes viel wahrscheinlichere
Mitthcilnngen bringt Pcrger in seiner Beschreibung
deB Domes von St. Stephan zu Wien (1854). Er sieht
von Meister Puchsbaum ganz ab und erwähnt jenes zu
Ende des XV. Jahrhunderts bestandenen Werkstreites,
der, mit dem Meister Pilgram in Verbindung gebracht,
zu allerlei mehr oder minder poetisch behandelten
Domsagen Anlass gab. Um 1495 erscheint im Wiener
Gewährbneh eiu Georg Öxl (Öchsel) als Parlir zu
St. Stephan benannt und wird derselbe in der Uber
diesen Werkstreit noch erhaltenen Klageschrift ein
mehrjähriger Haumeister am Dome genannt. Öchsel
arbeitete an diesem Orgclfusse und wurde, als kaum
damit bis zur Hälfte fertig, davon unerwartet durch
Meister Anton Pilgram aus Brtlnn verdrängt. Dieser
Streit, der keineswegs zur Ehre Pilgram's gereicht,
dauerte viele Jahre und scheint endlich zu Ungunsten
Öchsel's geendet zu haben. Um 1510 erscheint Öchsel
in den Urkunden nur mehr als Mitbürger von Wien
benannt, während Pilgram schon 1500 in den Stadt-
Urkunden als Banmeister zu St. Stephan und um 1511
auch als solcher in den Baumeistertafeiii bezeichnet wird.
Pilgram setzte den Bau des Orgelfusses an der Stelle,
wo sieh sein Monogramm befindet fort bis zur Vollen-
dung. Das Brustbild unterm Tragstein wird als jenes
des alten Meisters Öchsel bezeichnet. So Perger, dem
auch Karl Weiss, der verdienstvolle ltcdacteur unserer
Zeitschrift während der ersten acht Jahre ihres Erschei-
nens, in seiner Geschichte Wiens (1872) beistimmt.
Das gemalte Spruchband könnte vielleicht damit
zn erklären sein, dass man zum Bildniss des Meisters
Öchsel als des ersten Leiters am Orgelchorbaue auch
die NamenszUge des Vollenders und des Jahres der
Vollendung beisetzte. Bei der bekannten im Jahre 1617
vorgenommenen tadelnswert ben Bestreichung des Inne-
ren der Kirche mit schwärzlicher Farbe dürfte das
Spruchband renovirt worden sein, wobei dem rcstati-
rirenden Maler, obgleich er die Buchstaben M.(eister)
A.(nton) P.(ilgram) richtig ernenerte, der Irrthum unter-
lauten ist, die wahrscheinliche Zeit der Vollendung des
Chörleins mit 1513 oder 1515 auf 1313 zurUckdatirt
zu haben. Dr. K. Lind.
Aus Heiligenkrenz in Hieder-Österreich.
Seit Jahren hat jeder Kunstkenner, der die Kirche
von Heiligenkreuz betreten, den Wunsch ausgesprochen,
es möge dieses grossartige Bauwerk von dem sich darin
breitmachenden Beiwerk (dem allzuweit in das Schiff
vorspringenden Musikchor , der dicken Tünche , den
Zopfaltären etc.) befreit und in die alte harmonische
Schönheit zurückversetzt werden. Wer die Schicksale
dieses Baues kennt , wundert sich, das« noch so viel
Reste alter Schönheit vorhanden: besonders aber ist
der Abt Clemens Schärfer (1(558 — 1693) nicht genug zu
preisen, der seiner Zeit weit vorausgeeilt war, wenig-
stens im Anerkennen alter vaterländischer Bauherrlich-
keit. Was haben andere Kirchen unter der Barbarei der
Baumeister aus der Zopfzeit gelitten I Als Clemcus im
üecember 1683 sein geliebtes Stift, das von denTUrken
zerstört worden war, nach bangem Ilernmirren wie-
dersah, war die Kirche eine öde Ruine: leergebrannt
starrten die Maueru zum Himmel ; Orgel, Kanzel, Chor
verbrannt, die Altäre zerstört, die Statuen verstümmelt,
viele Gräber geöffnet, die Grabsteine zerbrochen. Bis
die Kirche in Stand gesetzt war, diente zunächst der
Capitelsaal (bis 24. December 1684) und dann das
Refcctorium als Gotteshaus. Man ging mit der Rcstauri-
rung nicht sehr gründlich vor: Clemens mochte denken,
dass auch die kommenden Generationen am Ausbaue
fortarbeiten Bollten. Diese aber trugen nur den Geist
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ihrer Zeit in die Kirche, äugten für die Ausschmückung,
vergassen aber der Schäden, die unter der Tünche, und
der Schultlnstcu, die auf dem Kirehenboden sieh dem
oberflächlich betrachtenden Auge entzogen. Wohl
wurden in unserer Zeit die Gewölbe etwas entlastet,
viele Fuhren Schutt fortgeschafft, aber ilie Last hatte
doch die Mauern des Hauptschiffes aus dem Mittel
weichen lassen und im Jahre 1*01 sah der Schreiber
diese*, das* eine dieser mächtigen romanischen Gurten
im Querschnitte st» aussah : . Zudem waren in die
Sprünge uml Filsen der Gurten Eisen- und Holzkeile
eingeklemmt, die in nasser Jahreszeit anschwollen. Der
jetzige hochwürdigstc Herr Abt Edmund unternahm die
licstauriruug des romanischen Thciles : das Portal
wurde freigelegt ( 10. Sept. 1 SG 1 j, denn breite weit-
vorragende Stufen bedeckten den unteren Theil des-
selben; noch im August desselben Jahres wurden die
Gewülbegurten t (teilweise neu gemacht, Kiscugcsperre
eingezogen, um dem Auseinanderweichen der Mauern
ein Ende zu machen, die Gewölbe frisch gemauert, die
Wände und Pfeiler von der Tünche beireit, endlich auch
wo es nöthig war, Quadern eingesetzt. Das war 18<>2.
Als später die Fenstergewände neu gemacht wurden,
vergrösserte man die romanischen Fenster, um mehr
Eicht in das Schiff zu lassen (ein gewiss verzeihlicher
Fehler). Auch die Aussenseiteu des erhöhten Mittelschif-
fes wurden entsprechend hergestellt. Längere Zeit ruhte
diese Angelegenheit uud als man vor vier Jahreu im
ehemaligen romanischen QuerschilTe an der Nordseitc
die Mauer untersuchte , kam eine alte cdelgeformte
Thür zum Vorschein, die einst zum Karuer gefuhrt hatte,
Bekanntlich lehnte sich das Gebeinhaus, erbaut von
Friedrich II. dem Steitbaren, an die Nordseite der jetzi-
gen gotliischeu Hallenkirche. Die Mauer zeigte nicht
mehr den regelmässigen Quaderbau, sondern bestand
aus unregelmässigeu Steinen, die mit Mörtel verputzt
waren.
Am 22. November 1871 wurde der erste Altar,
der an die Nordwand der gothischen Halle sich anlehnte,
abgetragen; die Wand war hinter demselben sehr nass,
und man musste sich enlschliessen , wollte man die
Kirche trocken legen, das ganze Mauerwerk der Halle
mit Quadern herzustellen. Als die Altäre entfernt waren,
kamen Nischen in den Wänden zum Vorschein, die im
ganzen auf zwei Bauzeiten sich mögen zurückführen
lassen. Eine derselben, in der Ostwand, hat auf ihrem
Boden zwei Ausgusslöcher mit zugehörigen Mulden,
diente also gewiss als Sacrarium. An den meisteu sind
Spuren eines ehemaligen Verschlusses erkennbar. Ihre
Masse sind nicht völlig gleich: eine unter ihnen ist
I4ti Ctm. hoch, 7ti C'tiu. breit, ;">7 Ctm. tief; zierliches
aber einfaches Masswerk umrahmt dieselben. Um die
GcrUstc aufzurichten, wurde da« Pflaster an einigen
Stellen ausgehoben; hiebei zeigte es sich, dass an der
Nordost-Ecke das alte Paviment gerade um einen Schub
tiefer lag und dass es, nach den Kesten zu urtheilen, sehr
schön gewesen sein muss. Es mag aus braunen und
schwarzen Backsteinvierecken, deren Grundlinie 6\ Ctm.
war, bestanden haben; rothgebranntc Vier- und Drei-
ecke, rotbc und schwarze .Streifen nnd Herzen bildeten
die Elemente der alten Muster, die aller Wahrschein-
lichkeit nach bei den Altären in ausgesprochener Weise
Teppiche imitirten. Ein grösseres aber viel reicheres
Stück solcher Mosaik, aus gothisch geformten Elemen-
ten bestehend, liegt ausserhalb der oben beschriebenen,
zum Karuer führenden ThUrc. Im heurigen Jahre wurde
die ganze nördliche uud das anstossende Drittel der
östlichen Wand restanrirt nnd haben Kenner diese
Arbeit als gelungen erklärt, was von der Herstellung
des romanischen Theiles nicht durchweg gesagt werden
darf. Selbstverständlich wurden die Bauglieder B.
Pfcileransätzei ergänzt, welche einst verstümmelt oder
abgeschlagen worden waren, um den Zopfaltären Baum
zu sebaffeu.
Am 21. Juni 1. J. besichtigte auf den Wunsch der
Stiftsvorstände der Herr Oberbaurath Schmidt diese
Arbeiten , gab beachtenswerthe Winke und Aufträge
und druckte seine Freude ans, au diesem herrlichen
f'istereienser- Bau mit Bath und That mitarbeiten zu
können. Demi fast unabsehbar viel ist noch zu thun.
Das riesenhafte Mittelfenster war, ich weiss nicht,
wann'! 1 vermauert worden, vielleicht weil es gar zu
schadhaft war, wahrscheinlich aber auch, weil man eine
Stutze flir den zopfigen Hochaltar brauchte. Es soll nun
bald geöffnet werden; schon im nächsten Jahre wird
eine bedeutende Menge farbigen Lichtes durch dasselbe
in die Kirche dringen; den Plan für das ganze Fenster,
natürlich mit gewissenhafter Benutzung der nun zu Tage
tretenden Beste des allen Steinwerkes, hat der Herr
Oberbanrath schon vorgelegt. Es versteht sich, dass
ein Glasgemälde im Style der alten, an den anderen
Fenstern noch erhaltenen Teppichnmster dieses Fenster
zieren soll.
Die Richtigstellung, Completiruiig und Reinigung
der ebeuherllhrten alten Glasfeuster hat der Glasmaler
Herr Friedrich Walzer, der langjährige Familiaris des
Hauses und tüchtige Restaurator der im Stifte an vielen
Orten befindliche!! Glasmalereien, in der Hand. Natür-
lich föllt auch das zu unterst eingesetzte Mauerwerk,
das bisher den Raum für die Glastafeln verkleinerte.
Da man aber jetzt nicht in der Lage ist, die prachtvol-
len Dessins durch die ganze Höhe der Fenster, die nun
viel grösser werden, heranzuführen, werden vorerst matt-
geschliffene weisse Gläser das Fehlende ersetzen. Das
Wiederherstellen der alten Gläser ist eine ganz bedeu-
tende Arbeit ; im gothischen Thcile muss — noch zeigeu
die Steine Spuren davon, das Feuer des Türken schreck-
lich gewüthet haben und ein Wunder ist es zu nennen,
dass noch soviel übrig ist; erbsengrosse Klumpen ge-
schmolzenes Blei und Zinn sind an den Fenstertafeln
zu finden. Rauch, Patina, Weihrauch und zuletzt noch
eine Schicht Firnis«, welche ein restaurirender, vicl-
verwirreuder Glasermeister vor mehr als dreissig Jahreu
darauf gelegt hatte : all diese Schichten hat das Licht
zu durchdringen ; diesen Schmutz entfernt Herr Walzer
mit grosser Vorsicht und so haben wir die Freude,
heute am 7. November schon ein solch restaurirtes Glas-
fenstcr in der Nordostecke der Halle prangen zu sehen
in einer Farbenpracht, wie es etwa vor mehreren Jahr-
hunderten aussah. Wie rein und zierlich nun das Mass-
werk dasteht! Man freut eich des wie neu aussehenden
schmucken Fenstern, und die geschäftige Phantasie malt
schon das Bild des herrlich- würdigen Kircheninueren
aus, wenn einmal nicht Wand und Fenster allein in
voller Pracht dastehen, sondern Altäre, Kanzel, Orgel,
Priesterchor, Presbyteriumabschluss ein einheitliches,
künstlerisch vollendetes Ganze bilden werden, dem
Allerhöchsten ein würdevolles Münster, dem in der
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Baukunst denkwürdigen Orden ein bleibeudes Deukmal,
dorn Vatcrlandc eine wiedcrauflcbcnde herrliche Zier.
WHrc doch diese Zeit schon da! Das letzte, aber auch
schwierigste Werk der Restauration durfte wohl die
merkwürdige und so eigentliümliche Facade »ein.
l'rof. \Y. Niitmann.
Aus St Paul in Kärnten.
Im Stift sschntzc von St. Paul in Kärnten wird
unter andern ein mit Edelsteinen besäetes > « Ellen
hohes Kreuz ( als Fassung einer Kreuz - Reliquie) auf-
bewahrt. Dr. Sebastian Brunuer bei »einer jüngsten
Anwesenheit in St. Bau) , durch die Gemmen und aus
Edelstein geschnittene Scarabäen, welche darauf als
Verzierungen angebracht sind , wie aus einer Zeile
einer eingravirten Inschrift anf das hohe Alter (aus
dem X. Jahrhundert) dieacR Kunstschatzes aufmerksam
gemacht, begann Nachforschungen darüber anzustellen,
und constatirte, dass dieser Gegenstand derselbe sei,
dessen schon der alte Chronist von St. Blasien erwähnt,
und welchen Gcrbcrt in seiner Historia nigrae »ylvae
als ein Geschenk der Königin Adelheid und als ein
höchst kostbares Kleinod beschreibt. Zugleich machte
Dr. Branner auf zwei für die Kunstgeschichte sehr
werthvolle Crncifixe zu St. l'aul aus derselben Zeit
aufmerksam. Diese sind aus Kupfer getrieben, das eine
noch sehr gut erhallen und cmaillirt. Wir hoffen, dem-
nächst Gelegenheit zu finden, auf diese Kunstwerke
näher eingehen zu können. /,.
Bücherschau.
I. Schlesien'? Knnstlebeu im XV. bis XVIII.
Jahrhundert.
Wir haben unsern Lesern im Jahrgänge 1871,
S. CLXVHI fT. bereits Uber den Inhalt der vorzügli-
chen Bublication des Brcslaucr Vereines ftlr Geschichte
der bildenden Künste Mittheilung gemacht, worin der
geschützte Mitarbeiter dieser Blätter, Herr Professor
Dr. Alwin Schultz, uns ein so Übersichtliches Bild
von Schlesiens Kunstlcbcu im früheren Mittelalter ent-
wirft. Vor kurzem ist ein zweites Heft erschienen unter
dem obbezeichneteu Titel. Auch hier wird eine Fülle
neuen und höchst interessanten Materiales geboten, so
dass wir in Fortsetzung unseres ersten Referates auch
über diese Ergänzung der Bublication mittbeilen zu
müssen glaubeu.
Der Anfang des XV. Jahrhunderts , mit dessen
Kunstwerken der Verfasser die .Schrift eröffnet, war
durch innere Unruhen der ZUnfte und der rathsflibigcn
Geschlechter, durch die langwierigen Kriege gegen die
Polen, Uussiten und König Podiebrad bis zur Huldigung
Corvin's, eine den Künsten ungünstige Periode. Von
diesem Zeitpunkte an mehrte sich dann allerdings der
Wohlstand der Stadt Breslau , wuchsen Handel nnd
Verkehr, nnd fand Liebe für die Studien und Künste
Eingang, indessen entstanden doch keine nennenswer-
ten Bauten, man musstc vorerst den ungeheuren Schaden
des Krieges weitum im Lande gutmachen, und kam
Uber die Herstellungen der zerstörten Kirchcu nicht viel
hinaus. Neubauten wurden in dieser Epoche grössten-
teils nur mehr von Ziegeln, seltener von Bruchsteinen,
von Quadern aber gar nicht mehr aufgeführt. Zu den
hervorragendsten Leistungen gehörte das Sacraments-
bäusclicn in der Breslauer Elisabetbkirche, thurmarlig
gegen 50 Fuss hoch; der Künstler war der wahrschein-
lich aus Liegnitz stammende J o d o c tt s T a u c h c n . der
im Auslände die Kunst gelernt hatte. Als Vorbild diente
ihm ein altere», von Meister Wolfgang von Wieu 1430
in der Sandkirche errichtetes Ähnliches Monument.
Der Verfasser hat in seiner Doctorsdissertation
l$l>4 : de Jodoco Tauchen Uber diesen Meister ausführlich
gehandelt. Derselbe erscheint schon 1451 in der Stadt
und schliefst am 3. März 1453 den Vertrag Uber Errich-
tung des Saeranieutshäuschcns ab , welches in 3 Jahren
für 5<X> Rh. Gulden vollendet wurde. Es ist ein sehr
reich deeorirter Bau, im Nochseck coustruirt, mit Bild-
werken geschmückt und ursprünglich bemalt. 14M
erbaute Tauchen den Chor der Sandkirche, 14üt> — <i'J
die Cnjvelle der Familie Doch/, in demselben Gottes-
hause. Xcbstdem zeichnete er sich als • Erdarbeiter
durch bronzene Grabplatten aus, die er für den Erzbi-
schof von Gncseu, Johann VI. u. «., nach Muster jetzt
verlorner Grabdenkmäler im dortigen Dome, anfertigte.
Er lebte noch 14!»ö. Andere Meister waren damals:
lu Leubcn Meister Leonhard Gogel (149*— 1521). in
Breslau Hans Berthold, der die einzige damals neuge-
grüudete Kirche von St. Bernardin baute, der Kival
Tauchens, dessen Werk jedoch bald einstürzte, auch
sehr wenig geschmackvoll verziert war; Meister Frauzke
HÖH an der Barbarakirche, und 14C>5 — (>7 am Dom
beschäftigt; endlich Meister Frobel , welcher dem hohen
Thunnc der Elisabethkirche die durchbrochene, nicht
mehr erhaltene Pyramide aufsetzte. Der damals •_'<! >
Ellen hohe Bau wurde schon 1529 durch einen Sturm
seiner Spitze beraubt. Der Verfasser findet als Resultat,
dass im ganzen diese Periode nichts hervorragendes
leistete und gegen die beiden vorhergegangeneu Jahr-
hunderte sehr zurücksteht. Ein einziges Monument, und
zwar auf dem Gebiete der Profan Imukunst , zeichnet
sich besonders aus und steht den trefflichsten Schöpfun-
gen seiner Gattung ebenbürtig zur Seite, das Breslauer
Rathhaus, das der Verfasser im Verein mit Lüdeeke
bereits 1808 zum Gegenstand einer interessanten Bubli-
cation gemacht hat. Erst seit dem Jahre 1471 giug der
Bau rascher von statten, es entstand das obere Geschoss,
der grosse Flursaal, der Fürsteusaal, die zierreichen
Erkerthürme und die obere Süd-Fa<;ade. Alles prangt im
grössten Rcichthnm der Decoration mit Friesen, Wappen
und figuraleu Darstellungen. An den verschiedenen
Tbcilen des Gebäudes, namentlich an der Sudfronte
und den Thflrmen, hat man Gelegenheit, den Verfall
des gothi8ehen Styls deutlich zu beobachten, indem
die Ornamentik hier noch geschmackvoll, dort immer
Uborladener und krauser, endlich verworren und als
Extrem selbst mager und arm an dem Westerker ge-
worden ist. Die Zeit seiner Vollendung ist schon
das Jahr 1504. Tafel L, welche die um 14*0 erbaute
Estrade des Mittelerkerthurmes darstellt, zeigt bereits
sehr manierirte ausgeartete Formen. Der Verfasser
weist auf die grosse Übereinstimmung vieler Partieen
mit dem Prager Rathbause hin nnd weist jenem in
Breslau neben dem Braunschweiger die erste Stelle
unter allen in Deutschland erhaltenen an. Damals lebte
eiu kuusterfahrener und wahrscheinlich selbst als
BaukUnstler thätiger Uathsherr in Breslau, Nicolaus
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ccxx
Tinczmann, von dem die Chronik bemerkt, er sei
gewesen domo sapiens, arehitecturae inventivus cl
perspieuus, solennes strneturas iu liac oivitatc confeeit.
Er leitete den Bau des mit Scnlpturen gezierten Nico-
Iniehorea, 147!), und starb 14*5. Dank dem regen
Handelsverkehr zwischen Schlesien und den Ostsee-
städten wurde zu jener Zeit ein Meister aus Hirsehberg,
.Martin Frey, mit Empfehlung des llirsehberger Käthes
als Architekt zum Bau der Danzinger Marienkirche
gesendet, 1470. Einige Privathänser in Breslau, sowie
Theilc der Ruine Kienast, das teste Haus zu Wahnwitz
hei Lissa besitzen gleichfalls architektonische Zierden
aus dieser Zeit. Von der 1475 constituirten Zunft der
Maurer und Steinmetzer in Breslau ist ein Zusam-
menhang mit den übrigen Bauhutten Deutschlands nicht
nachweisbar.
Sehr ihiitig waren die Meister in den Klein-
künsten. Zu den besseren Werken derselben gehört
der bronzene Taufkessel der Elisabethkirehe (um 1600),
mit Reliefs und guten Ornamenten ; die durchbrochen
gearbeiteten Lehnen der Chorslllhlc daselbst; Sehlos-
»erarbeiten am Rallihaus und an der Magdalenenhöhe ;
ein sehr schöner Thtlrbeschlag in Rothslirben. Dann
beaehtenswerthe Goldschmiedwerkc: ein tabernakel-
förmiges Ostensoriuin in Ratibor (1405), prachtvolle
Kirchcnparamente, Zinngcfassc etc.
Von geringerer Bedeutung sind die Stein-Seulp-
turen des XV. Jahrhunderts. Es finden sich noch
ziemlich viele, meist deeorative Arbeiten, wie die
Tympniion-Sculpturei) in der Junkerstrassc in Breslau,
welche an Tauchcn's Arbeiten erinnern, die Seitlpturen
des Rathhauses , worunter Scenen ans der Thierfabel,
und am ehemaligen Nicoini-Thor. Ncbstdem werden
noch einzelne Figuren an Gebäude-Ecken und Kirchen
angeführt, um das Ende des Jahrhunderts, im gewöhn-
lichen Wcrthe solcher gestifteter Bildwerke, vollendet.
Von den schönsten Statuen des Landes, St. Katharina,
Maria und Nicolaus, ehemals am alten Oderthore in
Glogan befindlich , gibt die Tafel II. sehr gelungene
photograpbisehe Abbildungen. Die Gestalten sind voll
milden Ausdrucks in den Gesichtern um! haben etwas
aiiniuthig Lebendige» an sich. Auch diese Madonna
reicht dem äusserst lieblichen Kinde eine Weintraube.
(Siehe meinen Aufsatz, Jahrgang 1871 p. 3;5). Hieran
reihen zahlreiche Grab-Moimmente. Das des Peter
Jenkwitz (f 1488) in der Elisabethkirche erinnert in
den Fignren an Schongauer und DUrer, also wohl an
dessen frühere Manier, das architektonische Beiwerk
zeigt schon reine Renaissanceformen. Die Verzierung
eines andern Grabmales ist ganz in der Art gehalten,
wie sie am Genter und am Zwickaner Altar (des Wohl-
gemuth) erscheint; jenes des S. Snncmiann (fl507)
wäre des Adam Kraft nicht unwürdig. Im Ganzen
ergibt sich, dass die Künstler der zahlreichen Grab-
mäler um den Beginn des XVI. Jahrhundert'» auch in
Schlesien fttr die tiguralen Theile sich an Typen der
gleichzeitigen deutschen Meister, namentlich jener,
deren Werke Kupferstich und Holzschnitt auch in diese
Gegenden verbreif ete, hielten, im Ornamente aber bereits
vielfach italienische Einflüsse erfahren haben. Denk-
mäler aus Erz kommen seltener vor, auch scheinen die
Künstler gefehlt zu haben, denn Bischof Johann IV.
Hess sich das seine 1486 von Peter Vischcr in Nürnberg
arbeiten; auch dieses Werk ist in photographischer
Abbildung beigegeben. Ganz im Renaissance- Styl aus-
geführt, mit Anklängen an Dürer's Weise in der Dar-
stellung des Landschaftshintergrnndes, ist jenes des
Landeshauptmannes Monau (t löi5i>) in der Elisabeth-
kirche.
Der Mangel an genügendem Sandstein und ande-
rem Steitimatcrial (die Marmorbrllchc scheinen erst seit
dem XVII. Jahrhundert in Bau gekommen zu sein),
brachte es mit sieh, dasB in Schlesien, vielleicht reich-
licher als in einer andern Provinz, die Seulptur in Holz
geübt wurde, und zwar wie Uberall nicht von den Stein-
metzen, sondern von den Malern. Diese Malerinnung
erlangte, als eine der ältesten, schon von Kaiser Wenzel
1390 ihr Statut, obwohl längst vor diesem Maler im
Lande ansässig waren. Die zahlreichen Restaurationen
an Kirchen nach den Hussitenkriegen gaben ihnen viel
Beschäftigung, dem Verfasser sind Ober hundert Schnitz-
altäre , und weit mehr noch von Holzfigurcn bekannt.
Unter die vorzüglichsten zählen: der Mnrien-Altar der
Breslaucr Elisahetlikirehc aus der Mitte des XVI. Jahr-
hunderts. Hier llndet sieh die seltene symbolische Dar-
stellung des Engels Gabriel als Jäger" des Einhornes,
alle Gesichter besitzen eine zarte Lieblichkeit. Nebst
dem Altar von Ziudel bei Bricg (1445) ist als Haupt-
werk jener im Brcslaner Museum zu nennen, er entstand
um 1470 — 80 und ist von grosser Schönheit, welche die
Arbeiten Veit Stoss's hinter sich lässt. Von einem und
demselben Meister stammen zwei prachtvolle Altäre der
Magdalenenkirehe her, der eine ans dem Jahre 1603.
Seh u Itz schliesst seinen Bericht Uhcrdie vielen Schnitz-
altäre des Landes mit dem L'rtheil, dass im Dresdner
Alterthums -Museum, in Köln, Augsburg, Kolmar keine
besseren Seulpturen zu finden seien , dass die Veit
Stoss'schen sie nicht erreichen, und ebenso die Altäre
in Breisach und Freiburg; allein jene in Lübeck seien
ihnen überlegen an Schönheit.
In der Malerei dagegen konnte sicli Schlesien
keine bedeutende Stufe erringen. Wohl sind genng
Malemamen und Malerwcrkc bekannt , von denen auch
mehrere namhaft gemacht werden : Nicolaus Smid
(1440 — 91), der in Liegnitz arbeitete, Paul Glaser,
Caspar Frauenstat, Jacob Reinhart n. n., sMmmtlich im
XV., Anfang des XVI. Jahrhunderts, doch ist keiner
der Meister speciell zu ehnrakterisiren. Selbst der
Gc&ammtcharakter der Schule ist eine Mischung der
mannigfaltigsten Berührungen von aussenher, doch
übertrifft in den meisten Fällen die Composition die
Ausführung, welche im Nackten und in den aufgesetzten
Lichtern grosse Märten zeigt. Von den einzelnen Werken,
die der Verfasser anführt, intercssirt besonders ein
Altarbild , ehemals in der Breslauer Barbarakirchc von
1447, dnB an die Kölner Schule gemahnt. Eine Reihe
von Gemälden, die heute das Museum besitzt, sind von
Einem Künstler gefertigt und verrathen Einflnss des
Styles Martin Schongauer'«. Andere sind heimischen
Ursprungs, andere von der sächsischen Schnle berührt,
wie denn Kranach d, ä. und andere fremde Meister im
Lande vertreten sind. Breslauer Maler dagegen ver-
sorgten den Osten mit ihren Erzeugnissen, so nament-
lich Polen. Von Wandmalereien erhielt sich äusserst
wenig ans dieser Periode ; in der Sandkirchc zu Breslau
arbeiteten zwei Mitglieder des Ordensstandes 14»>5;
einiges ist am Dom und Rathhans, besseres in Mollwitz
und Gorkau (1524) zu finden. Noch schlimmer steht es
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cexxi
mit Werken der Glasmalerei , wogegen an Miniaturen,
besonders inderRrcslancrStadt-Bibliothek ziemlich viel,
weunnuch wenig von künstlerischer Bedeutung, bewahrt
wird.
Der Verfasser geht nun auf die dem Mittelalter
folgenden Zeiten Uber, indem er eine Motivirung ftir die
Beschäftigung auch mit diesen vielfach unerfreulichen
Perioden vorausschickt, die aber doch ebenso vom Stand-
punkte des Forschers gewürdigt zu werden verdienen
als frühere, die uns sympathischer sind, weil auch sie
Entwicklungsstufen bezeichnen. Das XVI. Jahrhundert
brachte Segen und Wohlstand Uber das schlcsischc
Land, die Verhältnisse des Handels, des Verkehre*, der
Industrien und des Unterrichtes waren nach Heilung
aller Wunden, die die vorausgegangenen Kriege geschla-
gen hatten, in blühendem Zustande. Der Humanismus
fand auch hier in weiten Kreisen, welche dann wieder
mit seiuen trefflichsten Vertretern an anderen Orten in
Verbindung standen, Eingang, einzelne angesehene Fa-
milien, in Breslau namentlich, traten für die Wissen-
schaften uud Künste als Förderer auf, sie sninmelteu
Manuseriptc, Btlcher, Statuen, MUuzen etc. und legten
so zum Theil die Grundlage der jetzigen Bibliotheken
und Sammlungen. Die bildende Kunst, welche diesen
Bestrebungen zeitgenössisch gewesen, war jene der
Renaissance und zwar in der cigcnthllinlichei) Erschei-
nung, welche die wälschc Weise allüberall auf dem
Boden uuseres Vaterlandes augenomiueu hat, die mit
dem Namen der deutscheu Renaissance bezeichnet wird.
Es ist sehr merkwürdig und nnr durch die äusserst
lebhaften Bezüge des schlesischen Verkehres zu Italien
erklärbar, dass hier zu Lande die Einflüsse der Renais-
sance sich in so frühen Spuren nachweisen lassen. Das
älteste Beispiel ist ein, jedenfalls nieht Spitt nach 1138
gefertigtes Grab-Moniiment der genannten Elisabeth-
kirche, welches bereits Kcnaissanccformcu zeigt. Im
Gebiete der Baukunst ist nebst kleiueren Anlangen
das Fortal des Sacristei-Gebäudes am dortigen Dome,
von 1517, mit seinem Arabeskenschimicke, korinthisi-
retiden fnpitiilcn und Architraven , eines der ersten
Werke; ein Jahr darauf ist daselbst ein italienischer
Maurer ansässig, es erfolgt der Ban des sogenannten
Leinwandhauses, in welchem noch der gothische neben
dem neuen Styl zur Erscheinung kommt. In den zwan-
ziger uud dreissiger Jahren entstehen zahlreiche Wohn-
häuser in derselben Stach, zierlich mit italienischem Zin-
nenwerk, Fenstern und Portalen ausgestattet. Seit 1510
etwa wird das Renaissance - Umament herrschend, das
gothische weicht dagegen immer mehr zurück und hält
sich nicht über die Mitte des Jahrhunderts. Figurale
Seulpturcn jedoch bewahren noch in dieser Zeit den Styl
Schonganer's und der früheren Dürer'schen Composi-
tionen. Der Verfasser vergleicht diese Erscheinung des
Auftretens italienischer Kunstformcn in Schlesien mit
dem in andern Thcileu Deutschlands, und kommt zu
dem Resultate, dass in Schlesien, Polen, Böhmen und
Baiern die Renaissance zuerst eingedrungen sei und
von hier sich weiter verbreitet habe. Dieser Ansicht
widerspricht es nicht, wenn wir bemerken, dass z. B.
in Österreich die Gotik sich tief ins XVI. Jahrhun-
dert hinein frisch erhalten, Renaissance- Werke tauchen
aber auch bei uns schon sehr zeitlich auf, wie ich
denn zahlreiche Grabdenkmäler aus dem ersten Viertel
namhaft machen konnte.
Damals lebten unter dem Namen r dic wälschen
Maurer" viele Baugewerksleute aus Italien in Breslau,
sie waren auch fUr Schlesien die Lehrer des modernen
Styles; eine Reihe von Bauten sind ihr Werk, so am
Schlosse zuTöpliwoda bei MUnsterberg, in Posen, in
Breslau. Je weniger man Kirchen errichtete, tun so
reichlichere Beschäftigung erhielt die nun ganz dem
l'rofandienst zugewendete Kunst an Bauten fürstlicher
Wohnungen und den Hlinsern reicher Släldtcr. Die
damaligen Fürsten des Lnndes bekundeten fege Theil -
nähme an der allgemein wach gewordenen Baulust, so
Friedrich H. von Liegnitz (150:t — -17), unter welchem die
Erweiterungen des dortigen Schlosses mit einem schönen,
scnlpturengeschiuttckten Portale entstanden , wie er
auch jenes von Haynan umbauen liess. Am meisten
förderte Georg n. von Brieg die Architektur. In seiner
Zeit entstand das herrliche Sehloss von Brieg, das im
XVIII. Jahrhundert vom Fetter zerstört wurde; er hielt
sieh italienische Baumeister. Das auf Tafel IV. zum
erstenmal reproducirte , noch erhaltene Portal zählt
unzweifelhaft zn den vorzüglichsten Werken deutscher
Renaissance, an Rciuhcit der Formen dem Heidelberger
und dem Mainzer Schlosse ebenbürtig. Am Hofe dieses
Fürsten lebte eine ganze C'olonie von italienischen und
in ihrer Schule gebildeten Arbeitern, zu ihren Schö-
pfungen gehört das Sehloss in Oldau, zu Wohlan, zu
Oels, das Gymnasium in Brieg, daselbst das mit Sculp-
turcn gezierte Oderthor. Später zn datiren sind die
Sehlossbauten von Bernstlidt, von Glatz, wo ein Deut-
scher baute , Kienast und Kynau wurden theilweise
verändert, Trachenbcrg, Ptischkau, Guhlati u. u. neu
errichtet etc. Der Tliätigkeit dieser Fürsten, worunter
besonders noch Karl II. zu nenneu , folgten viele ade-
lige Geschlechter nach. Au deu Bauten in den Städten
erscheinen noch eine zeitlaug gothische Profile und
Motive; deutsche Meister kommen seit I5H0 immer häu-
figer vor und entfalten eine ungemein reiche Phantasie
uud Gestaltungskraft in den Formen des neuen Styles.
Besonders die Entwicklung des Giebelbanes gelangt zur
reichsten BlUthe, das decorative ergeht sieh in uner-
schöpflich abwechselndem Foriuenspielc. Solche Pri-
vatgebäude findet man noch in Breslau erhalten, es
reiht sieh daran das schöne Rathhaus in Neisse u. a.
Häutig sind solche Bauten mit Sgraffiten-Schmuck ver-
sehen, wie das auch in Österreich und sousi au Werken
des deutscliwälschen Styles jener Epoche vielfach zu
bemerken ist. Ganz eigentümlich ist die Anwendung
dieses Schmuckes auf mehrere Fruchtspeicher, wahrlich
eine kunstbegeisterte Zeit , die selbst derartige Werke
in das Bereich künstlerischer Ausstattung einbezog,
während unsere noch oft genug Gebäude , die den
höchsten geistigen Interessen dienen, im Casemenstyle
nnffUhrt !
Beim Abtreten der italienischen Künstler vom
Schauplätze der Architektur erscheinen immer häufiger
niederländische Meister, daneben jedoch eine stattliche
Schaar einheimischer. Damals entsteht die ..tadellose"
Spitze des Brcslauer Rathhausthurmcs, 155* — 59, von
Audrcas Stellauf. Niederländer sind hänlig mit Befesti-
gungsarbeiten betraut. Doch erfreute sich des besten
Rufes unter den Ingenieuren der Danzigcr Stadtbau-
meister Hans Schneider von Lindau, der das Sandthor
errichtete, nachdem er 1591 in den Dienst der Stadl
getreten. Er scheint Anhänger der Schule Vignola's
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CCXXII
gewesen zu sein, nu welche noch einige andere Arbeiten,
Haus-Portale der Stadt, geraahnen.
Wir gehen fluchtiger Uber die folgenden Perioden
der schlesischen Architektnr hinweg. Nachdem auch
hier der dreissigjährige Krieg die schwersten Wunden
geschlagen hatte, erschien die Zeit des Pompes, der
Ulicrlndcnen Pracht, der Jcsuitcn-Styl. Die Katholischen
bauten zahlreiche prächtige, aber nicht sehr geschmack-
volle ('onatruetionen, die nnn Uberall im Lande zerstreut
stellen, die Protestanten errichteten Holzkireben, zum
Theil nach schwedischem Mutter, ein in dieser späten
Zeit interessanter Fall. Profan Bauten enlttchen sel-
tener als kirchliehe, gerade das umgekehrte Vcrhältniss
gegen die Zeit vor dem Kriege, die Mittel der Fürsten
und der BUrgcr waren durch denselben arg mitgenom-
men wordeu. Wallenstcin wollte 1 1>3() das SagnncrScbloss
aufs prächtigste umgestalten , indes« erhielt nur die
Facadc eine Verzierung; einiges geschah fn Glogau und
Parchwitz 1658. Breslau erhielt im XVIII. Jahrhundert
das schöne Hatzfeld'schc Palais, den Kaufmanns-Zwin-
ger und mehrere Privathäuscr, mit St neco- Verzierungen,
Reliefs, Medaillons etc. reich versehen.
Von Werken der Kleiukünste sind u. a. treffliche
Holz- Mosaiken uud Intarsien erhalten, Chorstllhlc in der
Breslauer Mngdalenenkirehe 1576, jene von St. Vincenz
aus dem XVII. Jahrhundert, Möbeltischlerei, Schlosser-
arbeiten, das schöne Taufsteingitter der erstgenannten
Kirche von Simon Leubner 1576, das Gehäuse des
schönen Brunnens in Neisse, 1(18(5. Fein und reich
decorirt sind ferner die Fenster- und Thttrhesehläge im
Breslancr Jesniten-Collegium. Das Museum besitzt zahl-
reiche Arbeiten dieser Art, Candelaber, Wetterfähiichcn,
Gitter n. dgl.
Wie auf dem Gebiete der Baukunst, nehmen auch
in der Plastik die Italiener im XVI. Jahrhundert grossen
Eintluss auf die schlesisehe Production. Von Italienern
scheinen die aus rothcin Marmor gehauenen Grabdenk-
mäler Bischof Johannes V. Thurso (f 1520) und de»
Heinrich Rybisch (15.'14 gefertigt) herzurühren. Das
letztere ist ein Hauptwerk dieser Styl-Richtnng. Auch
in der Plastik weichen die Italiener den Niederlän-
dern. Hans Gruter aus Nymwegcn arbeitet die Figurcu
des Rathhausthurmcs. Werke dieser Richtung sind der
Tanfstein der Magdalenenkirche, die Kanzel daselbst
und viele Arbeiten für Grabinälcr. Von diesen, meistens
Pcirträttiguren darstellenden Kpitaphien sind lausende
im Lande, selbst in Dorfkirchen anzutreffen. Ihre grosso
Zahl lässt schliesscn, das« ganz gewöhnliche Stein-
hnncr sich mit der Anfertigung beschäftigten ; ihre
tüchtige Durchführung voll Lebenswabrheit und fleissiger
Behandlung der Details, inaelit sie zu sehr interessanten
Kunstwerken , während sie auch vom Standpunkt der
f'ulturgeschicbte des XVI. Jahrhunderts bedeutende
Arbeiten sind. Die Gesichter sind oft bunt bemalt, Ver-
zierungen durch Gold gehoben. Zu den vorztiglichsten
Grabmftlern dieses Genre'« gehört das des Grafen
Schnffgotsch in Greifenberg, 1546; die ganz polycbro-
mirtcu in Wederau, die Fürstengräber in Frankenstein,
üels und das vom Amsterdamer Gerhard Heinrich
(t 1616?) in Breslau vollendete grossartige Monument
des Feldmarsehalls Melchior von Redern in der Stadt-
kirche zu Böhmisch-Friedland. Von jener Zeit an sehen
wir immer mehr Aufträge von grosserer Bedeutung an
fremde Meister übergehen, an den Niederländer Adrian,
de VrieB, an Matthias Ranchmltller und mehrere Italiäncr
Schüler ßeruini's. Einheimische Künstler treten gegen
diese Fremden auf dem Gebiet der Sculptur bedeutend
zurück.
Die Malerei hat noch weniger bedeutendes seit
dem XVI. Jahrhnndert geleistet. Der Verfasser kennt
ausser einigen guten Porträts auf der Stadt-Bibliothek
keine mehr als mittelmässigen Werke. An Malernamen
fehlt es zwar keineswegs, ihre Träger haben indess
nur local-geschichtlichc Bedeutung. Michael Willniann
(1629— 1 7t MV) , von seinen Zeitgenossen Überschweng-
lich gefeiert, ist ein bescheiden talentirter Nachahmer
des Rubens ohne höhere Begabung; Strobel, den Opitz
besang, ein ziemlich gewöhnlicher Porträtmaler; einige
Jesuiten beweisen sieh auch hier als gewandte Dcco-
ratcure; grössere Aufgaben fielen Fremden zu, wie
Mainardi, Scanzi u. a.
Wir verdanken der Schrift des Professors Schultz
reichliche Belehrung Uber die Kunstthätigkeit im schlesi-
sehe» Lande, die gleich so vielem auf diesem Gebiete
noch völlig unaufgeklärt geblieben war. Seine Dar-
stellung gäbe dem Local-Forscher mannigfache Gelegen-
heit, zahlreiche Anhaltspunkte, von wo aus eingehende
Untersuchungen angestellt werden können; der allge-
meinen Geschichte der Kunst in Deutschland liefert
sie einen werthvollcn Stein zum Gcsammtbauc. Wir
möchten derartige, den ganzen Stoff so klar übersichtlich
zusammenfassende Arbeiten namentlich auch für die
Kunst Niederösterreichs veranstaltet wissen.
Albert Hg.
IL Die Darstellung des Abendmahls durch die byzan-
tinische Kunst
V,.„ Or. EJ. Dol.Uon. Lintig. $«««»u i»:*.
Im neuesten Heft der Z a h n'schci) Jahrbücher für
Kunstwissenschaft nimmt der auch separat erschienene
Aufsatz obigen Titels von Dr. Ed. Dobbert eine für
die christliche Archäologie und Kunstwissenschaft ganz
hervorragende Stelle ein und ich nehme keinen Anstand,
diese Abhandlung für eine der gründlichsten und der
Wissenschaft nützlichsten Arbeiten zu nennen. Der
durch seine an Ort und Stelle erworbene Kenntniss
byzantinischer Kunstwerke vorzüglich zu solcher Auf-
gabe berufene Verfasser bat die seit Jahren gesammelten
Materialien byzantinischer Kunstgeschichte hier an einem
Thema der christlichen Bildnerei entwickelt, welches
auch in der abendländischen Kunst von hervorragender
Bedeutung ist und wie bekannt durch den grossen
Leonardo da Vinci seine sozusagen abschliessende Dar-
stellung gefunden hat. Um die Darstellung des Abend-
males reiht Dr. Dobbort seine eingehenden Studien
über byzantinische Ikonographie und Kunst und versäumt
es nicht, für seine Abhandlung die solide Grundlage in
der Betrachtung der früh christlichen Denkmäler in den
Wandgemälden der Cömctcricn Roms und Alexandriens
zu gewinnen und von dieser vorerst symbolischen Dar-
stellungsweise zur eigentlichen wirklichen Vorstellung
des Abendmales vorwärtszuschreiten. Hier tritt nun
die byzantinische Auffassung durch die in der Liturgie
motivirtc ccrcmoniclle Darstellung dieses Gegen-
standes als eines eminent kirchlichen, in der Commuuion
der Gläubigen stets wiederkehrenden Actes dauernd in
den Vordergrund, so zwar, dass die Verbindung mit der
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CCXXIII
alichristlick-syniboligcben des V. Jahrhunderts und dessen
Vorläufers im IV. und III. Jahrhundert deutlich vor
Augen gestellt und vom Verfasser sorgfältig nachgewiesen
wird. Im Sanctuarium der Kirche sollte der Christ das
Vorbild der wahren Communion erblicken und durch
die in der Darstellung beobachtete Aehnlichkeit mit der
liturgischen Handlung in dieser sozusagen das anzu-
strebende Urbild vergegenwärtigt sehen. Obwohl der
Verfasser zunächst byzantinische Denkmäler im Kau-
kasus, zu Kiew, Athen u. s. w. bespricht, zieht er mit
lobenswerther Genauigkeit dennoch auch alle irgend
einschlilgigcn Werke des Abendlandes zum Vergleiche
und Begründen der vorgetrageneu Ansicht bei, so dass
der Leser nirgends blossen Behauptungen, sondern
Gründen und auf solche gestützten wissenschaftlichen
Beweisführungen begegnet und stets sein eigenes Urtheil
daran erproben kann, wozu die beigegebenen, meist bisher
Unbekanntes bringenden Abbildungen ein wesentlicher
Behelf sind. Die zweite Art von Darstellung ist die histo-
rische, welche von den byzautiniseben Künstlern dort
gewählt wurde, wo es sich nicht um goltesdicnstjicbc
Zwecke bandelte, also in Miniaturen. Elfenbein-Arbeiten
n. dgl. Iliebei wird der Verrath des Judas ganz
besonder» betont und das im .Sigma- angeordnete Sitzen
respective Liegeu der Apostel. Daran knüpft sich nun
ein Vergleich mit abendländischen Bildern, der interes-
sante Aufschlüsse enthält. Diese Abhandlung wird jeder
Leser mit dem Eindrucke aus der Hand legen, dass
er viel gelernt und auf diesem Wege auch leicht und
gründlich gelernt habe. Der Fachmann aber begrüsst in
derselben einen ausgezeichneten Beitrag zur christli-
chen Archäologie und Knustgeschichte, die gltlcklich
zu nennen, wenn solche Gelehrte ihren Scharfsinn und
ihr Wissen derselben zugewendet erhalten. —
Dr. Mesmner.
UL Cavalcaselle's Geschichte der italienischen
Malerei.
Die kurze Mittheilung über E. FUrster's Denk-
male der italienischen Malerei hat mich veranlasst, des
Hauptwerkes Uber diesen Gegenstand zu gedenken,
nämlich Cavalea seile's Arbeit. Eben ist der IV. Band
der deutschen Bearbeitung von Dr. Max Jordan aus-
gegeben , der es rechtfertigen mag , wenn ich auch
iu diesem Kunst-Organ eingehender berichte, zumal
iinnmehr eine Reihe von Bäuden vorliegt, deren Inhalt
jedem Gebildeten werthvoll erscheinen wird. Bekannt-
lich ünbeu G. B. Cavalcasellc und J. A. Crowc
in englischer Sprache 18G4 eine Geschichte der italie-
nischen Malerei pnblicirt, während dieser Zeit aber
eine Fülle von eigenen und fremden Forschungen zu
constatiren gehabt, so das«, mit diesen Bereicherungen
versehen, ein gleichsam neu verfasstes Buqh dem Publi-
cum vorgelegt wird. Seit den grundlegenden -Italie-
nischen Forschungen*' des für die Kunstgeschichte
hochverdienten von Rumohr im Jahre 1827, worauf
F. Kugle r 1837 seine Geschichte der Malerei im
wesentlichen gebaut, hat keine so gediegene Arbeit die
Presse verlassen, als die in Rede stehende von Caral-
c a s c 1 1 e. Der I. Band schildert die früh christlichen Denk -
mäler der Malerei mit sorgsamer Beachtung der Technik
und des gegenwärtigen Znstandes dieser Gemälde,
hierauf die Mosaiken, den Aufschwung der Bildhauerei
XVIL
in der Schule von Pisa, die Anfänge der Florentiner
Schule bis Andrea Tafi und den massgebenden Meister
Johannes Cimabue. Dann wendet sich die Darstellung
dem Auftreten und weithinreichenden Einfluss Giotto's
zu, dem Rumohr nicht gerecht werden wollte. Hier
werden nun alle echten Producte des Meisters kritisch
vorgeführt, genau beschrieben und von den angeblichen
gewissenhaft geschieden. Die ganze vorhandene Litera-
tur folgt der Darstellung Schritt für Schritt, sei es dass
sie bestätigt, corrigirt oder beseitigt. Ohne Angabe der
Gründe wird kein früheres Urtheil, besonders von aner-
kannten Forschern wie Rumohr weder verworfen noch
aufgehoben — bei massenhaftem Stoff keine kleine Auf-
gabe, aber grossen wissenschaftlichen Werthes. Diegrosso
erfolgreiche Periode unter den Florentinern Masaccio,
der als am 21. December 1401 geboren, jetzt sicher con-
statirt ist, und Fra Angelico da Fiesole [bildet insofern
die Mitte und Hauptsache des II. Bandes, als die Be-
deutung dieser Meister sich ringsherum und in noch
weiteren Kreisen geltend macht und die schon durch
Giotto so hoch gehobene Florentiner Schule bald zur
massgebenden Italiens fördert. Die daneben blühende
Schule von Siena wird in demselben Baude noch behan-
delt und deren auswärtige Leistungen, wie zu Assisi
für die dortige Hauptkirche der Franciscaner umständ-
lich geschildert. Die in derselben Ordenskirche von
Giotto's Hand herrührenden Gemälde gewähren lehr-
reiche Verglcichungen, die der schriftstellerischen Cha-
rakteristik der genannten Schule zu gute kommen. Vou
jetzt ab eilt die florentinische und mit ihr die italieni-
sche Malerei Überhaupt in ziemlich raschem Laufe den
höchsten Zielen entgegen, nicht ohne wesentliche Bei-
hilfe der unter Ghiberti und Donatello zu grosser Voll-
kommenheit erblühenden Senlptur. Die Studien für Aus-
bildung der Linear- Perspective und Modcllinmg beschäf-
tigen tüchtige Kräfte, wozu noch die Anwendung eines
neuen Bindemittels, des Dies nämlich, gekommen, das
14GC zur Bedingung bei Ertheilung eines Auftrages
gemacht ist. Hierin hat Domeuico Vcniziano , der
zunächst in Florenz beschäftigt war , den Anfang mit
Leinöl gemacht und in seinem Schüler Piero della Fran-
cesen den eifrigsten Nachfolger gefunden. Diesem Picro
war zugleich die glückliche Behandlung der malerischen
Perspective besser als anderen gelungen und von ihm
sogar in einem theoretischen Tractat wissenschaftlicher
Bearbeitung unterstellt worden. In der Vision Constan-
tins, einem der Hauptgemälde Picro's zu Arczzo von
140G ist bereits eine Licht Wirkung erzielt, die der grosse
Raphael für seine Befreiung Petri in den Stanzen des
Vaticans wahrscheinlich vor Augen gehabt.
Ausser solch' bedeutenden Künstlern versuchten
sich viele wandernde Maler in der neuen Technik, da
es bei der damaligen Vorliebe für malerischen Schmuck
an Schränken und anderen Geräthen des Wohuhauses
niemals an Aufträgen fehlte. Dazu zählten die Pcsclli's,
deren Arbeiten vielfach angetroffen werden. Von Belang
erscheint auch das durch die Pollainoli's besonders
in Anwendung gebrachte Verfahren, die Wirkung der
damals hochgeschätzten Brouzc-Arbeiteu und florentiui-
sehen Goldschmiedewerke malerisch nachzuahmen, wie
die schillernden Töne in Licht- nnd Schatteuthcilen der
Gewänder beweisen. Allenthalben strebten die Künstler
nach neuen Effecten, die im rastlosen Eifer der Ein-
zelheit anhaftend zwar die Kräfte in Übung erhielten,
ff
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CCXXIV
aber erst durch grosse Meister wieder zu einem Total-
gebilde vereinigt werden konnten. Fra Filippo Lippi
und Sandro Botticelli, und vor allen anderen Donienico
Ghirlandajo geliiireu zu den grossen weitreichenden
Malern, die wieder auf die einfache GrÖBse und Würde
hinstrebten. Ghirlandajo bezeichnet einen Höhepunkt in
der florentinisehen Malerei, wo selbst Raphael neuen
Gesichtskreis gewinuen konnte. Zwar lässt er die Ol-
Technik wegen ihrer siehtlicben Missständc wieder auf
sieh beruhen, entwickelt aber in der Behandlung der
Räume, des Lichtes, der Anordnung, Modellirung und
Wiedergabe de* Zeit-Charakters in Architektur, CoatUm
und Portrats ein künstlerisches Vermögen , das ihm
nicht nur in seiner Vaterstadt Florenz Ansehen und
Ruhm, besonders für die von 1481 bis im Palazzo
vecehio ausgeführten Gemälde, sondern auch auswärts
einen solchen Ruf verschaffte, dnss er um H^f) von
Papst Sixtus IV. nach Rom beschieden wurde, um die
seit 147.'! erbaute, nach diesem Papste benannte Capelle
mit Gemiildeu zu schmücken, die heute noch neben den
Werken des Michel Angelo zu bestehen vermögen. Ks
ruckte überhaupt jetzt die Zeit heran, wo die Schule von
Rom durch Vereinigung aller hervorragenden Künstler
in Bälde der Mittelpunkt der künstlerischen Bestrebun-
gen und höchsten Leistungen der italienischen Kunst
werden sollte, die selbst flir die nordische Malerei eine
unw iderstehliche Anziehungskraft ausübte. Schon betre-
ten wir die Schille des Lehrers von Leonardo da Vinci
bei Andrea Verroechio zu Florenz, dann des Vaters und
ersten Bildners des jugendlicden Raphael, des Giovanni
Sauti in Umbricn , worauf Perugino's Vorgänger im
Znsammenliange mit den Meistern von Sienn und Florenz
und eudlich Perugino selbst geschildert werden, dem es
ebenfalls beschieden war, in Rom seine Meisterschaft und
zwar in denselben Gemächern des Vntican zu erproben,
die später durch seinen grossen Schüler Raphael welt-
berühmt wurden. Dieser Entwicklungsstufe gilt der
unlängst publicirte IV. Band, der die umbrische uud
sienesisehe Schule des XV. Jahrhundert«, auf deren Zu-
sammenhang schon v. Rumohr hingewiesen, zu Ende
führt und alle anderwärts wahrnehmbaren Strebungen
jener Periode mit stetem Hinblick auf die massgeben-
den Meister ausfltlirlieli darlegt. Immer näher rückt die
Entwicklung der italienischen Malerei jenen Coryphäen,
deren Ruhm in die Welt ausgegangen, die noch immer
au die Kamen Raphael , Michel Angelo, Leouardo und
t'orrcggio die Auszeichnung der höchsten Meisterschaft
knüpft. Eben deshalb ist es dringend nöthig, die Vor-
läufer und Pfadbereiter dieser Meister kennen zu lernen,
die in ihrer Zeit und Umgebung Bewunderungswürdi-
ges geleistei haben. An Lueu Signorelli bindet Michel
Angelo in seiner Weise an, wie jener von der Schule
Piero's della Fraiieesea seine Bildung erhallen. Die am
Alterthümlichen zähe festhaltenden Sienesen gingen
schliesslich in die Uberragende Schule von Umbrien
über, wo die Meister von Fuligno grossen Ruf genossen,
bis Pictro Perugino, ans Gitta della Pieve gebürtig und
in Perngia als neunjähriger Knabe bereits für die Ma-
lerei in die Lehre genommen, bald das Haupt einer
grossen Schule geworden, deren Ansehen durch den aus
ihr hervorgehenden Raphael bis zum höchsten Grade
gehoben wurde. Perugino ist 144t> geboren und zwar
nicht in kümmerlichen Verhältnissen, wie früher geglaubt
wurde, sondern als Sprössling einer zu Gitta della Pieve
angesehenen Familie. Er kam in früher Jugend mit dem
bedeutenden Maler Piero della Franeesca zu Arczzo
und dann mit den grossen Florentinern zusammen,
denen er die Vollendung seiner künstlerischen Bildung
verdankte. Es gewährt einen lehrreichen Einblick in
die Geschichte der Ausbildung der italienischen Malerei,
an der Hand unseres Werkes die Production des Lehrers
von Raphael mit diesem selbst zu vergleichen. Raphael
kam noch in der BlUthezeit seines Lehrers in dessen
Unterricht und wird mit Pinturicchio und anderen bei
des Meisters Fresco-Mnlereien im Cambio zu Perugia
betheiligt gewesen sein. Welch' ein Unterschied in der
Erwerbuug neuer Kenntnisse und Erlangung eines nenen
Gesichtskreises liegt in dem zu Caen befindlichen Ge-
mälde ,.die Verlobung Mariens- von Perugino, das gegen
liKH) gemalt und für Raphael's nachheriges Bild des-
selben Gegenstände* massgebend geworden, einem Ge-
mälde, welches Perugino, nachdem er bereits Florenz
kennen gelernt, ausführte und doch befangen blieb in
der früheren Auffassung* weise, während Raphael die
neue Kuustwelt der Florentinisehen Malerei noch nicht
betreten. Nachdem dies aber geschehen, ötfnct sich ihm
ein bisher ungekannter Gesichtskreis, von welchem er
keinen Augenblick wieder wie Perugino herabsinkt,
sondern immer höher steigt und tiefer dringt.
So verschieden äussert die nämliche künstlerische
Erfahrung ihre Wirkung auf den reicher und weniger
begabten Meisler! Perugino blieb zumal bei der zuletzt
eintretenden Eilfertigkeit und mechanischen Thätigkeit
innerhalb gewisser Gränzen, Uber welche hinaus zu
kommen ihm nimmermehr gelingen wollte, so das» er
zuletzt unter die Höhe seiner eigenen besten Leistung
herabsank. Dem Maler dersclbeu Schule, der mit seiuem
Meister in Rom thätig gewesen und neben Raphael
abermals zum Vergleiche Interesse bietet, dem viel-
beschäftigten Beniardino Pinturicchio, wird der letzte
Abschnitt gewidmet und in die noch immer unklare
Folge der Werke dieses Malers Bestimmtheit uud
Sicherheit gebracht. Pinturicchio erscheint nuehdesshalb
kunstgeschiehtlich von Interesse, weil er den ersten
umhrisehen Maler repräsentirt , der die peruginische
Kunst auf der Stufe vergegenwärtigt, zu welcher sie
durch Buontigli und Fiorenzo di Lorenzo erhoben war.
Von Band zu Band steigert sieh in diesem Werke der
lebhalte Antheil an der Schilderung der immer näher
gerückten grossen Periode des XVI. Jahrhunderts, die
auf solche Weise erst verstanden uud richtig beurtheilt
werden kann. Ih: Mt-mmer.
Der Altarthums -Verein in Wien.
Nun biethet sich wieder Gelegenheit über die Thä-
tigkeit dieses wenig in der Öffentlichkeit hervortreten-
den Vereines, zu berichten.
Im Laufe des Sommers und Herbstes wurden drei
Ausflüge veranstaltet, die sich einer lebhaften Theil-
unhrae von Seite der Vereinsmitglieder erfreuten. Der
erste führte die Theilnehmer nach Ebcufnrt, wo die
interessante Kirche mit ihren Grabdenkmalen und die
etlichen werthvollcn Gegenstände der Sacristei besich-
tigt wurden. Hierauf ging es nach Pottendorf zum Be-
suche des durch ihre drei früh-mittelalterlichen Thürme
merkwürdigen Wasserschlosses und derSchloss-Capelle
mit den vielen alten Grabdenkmalen. Endlich gelaugte
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ccxxv
man nach Ebrcichsdorf, woselbst das Sehloss mit seiner
gothisehen Capelle nnd der den Beek'scben Stammbaum
zeigenden Wappenwand, die Pfarrkirche mit dem spiit-
romanischen Seitenschiffe und, der Friedhof mit den
Beek'scben Grabdenkmalen so manches Sebenswerthe
enthalten.
Der zweite Ausflug galt der Stadt Krems und den
Denkmalen in ihrer reizenden Umgebung, als der merk-
würdigen Klosterkirche zu Imbach, den baulichen Resten
der Burg, der ehemaligen Pfarrkirche und des Nonnen-
klosters zuDürrenstein. Herr k. k. Conservator Rosner
uuterzog sich der mühevollen Aufgabe eines Führers,
wofür ihm die zahlreiche Gesellschaft bestens dankte.
Bei der dritten Excursion wurde das Stift Heiligen -
kreuz besucht. Die Gesellschaft tiberzeugte sich von
der mustergiltigeu Restauration der Stiftskirche und
fand, geführt vom hochw. Herrn Wilhelm Neu mann, in
den Sammlungen des Klosters manch recht interessan-
ten Gegenstand.
Am 22. November d. J. wurde die erste Abend-
versammlung abgehalten. Hofrath Aschbach hielt
einen Vortrag Uber das bekannte Beispiel der Pflichttreue
der Weiber von Weinsberg und versuchte in einem sehr
anziehenden Vortrage die dieser Tradition zu Grunde
liegenden historischen Thatsachen auf quellensicheren
Grundlagen festzustellen. Zur Ausstellung gelangten
neuere Funde nnsPetronell aus derSaimulung Widter's
und die wcrthvolle Suttinger'sche Originalzeichnung des
Planes von Wien ans dem Jahre 10s4, Eigenthum des
Stiftes Hciligenkrcuz. Auch lagen die seither veröffent-
lichten Hefte des in diesen Blättern schon bespro-
chenen l'raehtwerkes Uber die kais. Schatzkammer bin
inclusive der sechzehnten Lieferung zur Besichtigung
auf. . . . »i . . .
Berichtigung von Druckfehlern :
Seile
3 Zeile 0
XL,
XL,
XLH,
I.XXVll,
XCI,
XCI,
CXXXIII,
l'XXXtll,
cxxxm,
CLXII,
( I.XXX.
CI.XXX,
CLXXXI.
Cl.XXXI,
Selireiberzi-chc fctalt Schneide) zunft,
1. -Sp»lt<-, Zeile 4 von oben Odraucr RaH 0»:rauer.
IG a . Slädte statt .Säle.
■ 26 . p Odrau siatr IMrau.
. I - . Kupferstich statt Haodzeiehnun«;.
I von unten Zopboru» statt Zophorism.
I . .in der Inschrift I.KG SUR LEC.
S der Inschrift lies am Ende XriQ* stall XPIQNH.
C . .am Anfang DE WA. NC statt DE (BARG
- 41 und S" lies Krancese.i Colonna statt Bojardo.
» 13 <on Unten jiinstens statt jifnjrstcu.
a 3S von oben lies wir statt mir.
13 « • . sinnreit'licn »tau sinnreicher.
. Ü . - „ ahziitchliceacn statt abschliessen.
. 22 von unten . rechten statt linken.
Tnnkschole des hei Urteil vi MaOc.
(S. r*s- clxxi.)
ff*
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CCXXVI
Schlusswort.
Ätit dem vorliegenden Hefte wird der diessjährige Band der Mittheilungen der k. k. Cen-
tral-Commission für Erhaltung und Erforschung der Baudenkmale und damit der XVII. Jahrgang
der periodischen Publicationen dieser vom Staate eingesetzten Commission abgeschlossen.
Nachdem diese Commission in der nächsten Zeit einer Reorganisirung entgegengehen dürfte,
indem Seine k. k. n. Majestät mit a. h. Entschließung vom 29. August d. J. anbefohlen haben,
dass die mit a. h. Entschließung vom 31. Dccember 1850 eingesetzte Central-Commission zur
Erforschung und Erlialtuug von Baudenkmalen in eine solche für Kunst- und historische Denk-
male erweitert und auf Grund eines neuen Statuts organisirt werde , so durfte es gestattet sein,
einen Blick auf den Inhalt dieser Bünde und der damit im innigsten Verbände stehenden fünf
Jahrbücher zu werfen. Es dürfte den bisherigen Redactionen der Mittheilungen gelungen sein,
der ihnen gewordenen Aufgabe und dadurch auch der k. k. Central - Commission dem ihr in
dieser Beziehung gestellten Ziele gerecht zu werden. Die bedeutendsten kirchlichen und profanen
Bauten fanden ihrer Mchrzahl'nach in diesen Blättern eingehende Würdigung, viele inländische
Werke der Sculptur und Malerei, der Goldschmiede- und Siegelschncidkunst u. s. w. wurden
einer sacligemiissen Besprechung unterzogen, ohne dass sich die Mittheilungen den allgemeinen
wissenschaftlichen Forschungen auf irgend einem Felde der Archäologie verschlossen hätten.
Die heimatlichen Denkmale des prähistorischen Alterthums, der classischen Zeit, des Mittelalters
und der Renaissance fanden hier würdige Vertretung.' wenn auch letzteres Gebiet bisher minder
als es vielleicht wiinschenswerth ist, gepflegt wurde. Vor allem aber wurde eine hüchst bedeu-
tende Anzahl vaterländischer iMnikinale jeder Art in diesen Büchern registrirt und damit einer
der wichtigsten Aufgaben der Central -Commission entsprochen, wie auch dem Specialforseher
Gelegenheit und Anregung gegeben, einzelne derselben noch einer eingehenderen Forschung zu
unterziehen. Wahrhaft reiches und archäologisch w erthvolles Materiale für die Kunst- \ind Cultur-
£CHchichtc wurde damit in diesen Schriften aufgehäuft. Die den einzelnen Bänden beigegebenen
Illustrationen, ausgeführt nach verschiedenen Arten der zeichnenden Kunst erhohen den Werth der
Aufsätze und können in ihrer grossen Mehrzahl als gelungen und mustergiltig bezeichnet werden.
Um über den Inhalt sämmtlicher Bände eine Übersicht zu erlangen, hatte sich die k. k.
Central-Commission veranlasst gesehen, statt wie es bisher üblich war. jedem Bande ein beson-
deres Personen-, Sach- und Ortsregister über das in demselben behandelte Materiale beizugeben,
ein die 17 Bände der Mittheilungen und 5 Bünde der Jahrbücher umfassendes Gcncralregister
ausarbeiten zu lassen und wird dieses Register gleichzeitig mit der Vollendung des XVII. Bandes
als ein besonderes Heft veröffentlicht. Eine Durchsicht dieses Heftes dürfte jeden billig Denken-
den über die bisherige publicistischc Thätigkeit der k. k. Central-Commission befriedigen und
das oben Gesagte bestätigen.
Die Redaction hält es für ihre Pflicht, den Mitarbeitern an diesem XML Bande der Mitthei-
lungen, als: J. Bcnes, Dr. Fr. Bock, J. R. Bczdeka, E. Dobbert, A. Essenwein, Dr. K.
Fronner, A. R. v. Gallenstein, J. Gradt, B. Grueber. Dr. Ernst Edl. v. Hartmann-
Franzeushuld. E. Iiis, A. Ilg, Fr. Kanitz, Dr. Fr. Kenner, B. Kluge, Dr. Fr. Kürsch-
ner. Dr. A. Luschin, V. Lnntz, J. A. Messmer, V. Myskovskv, W. Noumann, A. R.
v. Perger, A. Peter, Dr. E. Freiherr v. Sacken, Dr. H. Semper, F. Wimmer u. s. w. für
ihre Unterstützung bestens zu danken.
«..,...„, r», k-.i !.»• — «m, .... . u- .... .„.• »t>,ujf..a... „ vr„„
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Murau.
Jus dirkkEef u. Stsatsdr^a
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Die Matthäuskirclie in Murau.
Von Johann (Jradt.
alte, mit Umfangsmauern und Thorthünnen befestigte Städtchen Murau, »in der Nordwest-
gränxe Steiermark« an der Mur gelegen, besitzt in »einer dem heil. Matthäus geweihten Stadt-
pfarrkirehe ein Bauwerk. der Früh-Gothik, welches im grösseren Massstabe angelegt, mit Strebe-
bögen durchgefülirt , als die einzige Anlage dieser Art in Steiermark besteht, und schon dieser
Eigenschaften wegen eine eingehendere Betrachtung verdient, wenn man auch von den übrigen
Vorzügen und Schönheiten dieses Baudenkmales absehen wollte.
Die über die Baugesehiehte dieser Kirche und der
Stadt Murau in den Werken Muchar's und des Topographen
Sehmutz vorfindliehen Angaben stehen mit den ausserlichen
Merkmalen , mit der Erbauungszeit der Kirche und des
Städtchens in vollster Ü bereinst iuunung. In Betreff' der
Kirche muss man sich die im XVII. Jahrhundert und die in
noch neuerer Zeit hinzugefügten , im Grundrisse (Fig. 1).
ersichtlich gemachten Räumlichkeiten und Zubauten von
untergeordneter Bedeutung wegdenken ; und wenn man
ferner von der inneren aus dem verflossenen Jahrhundert
stimmenden Einrichtung, als den Altiiren, Kanzel, Orgel
u. s. f. absieht, so ist die gesammte, im allgemeinen noch
nüchtern behandelte, in construetiver Beziehung streng in
den im XIII. Jahrhundert zum Durchbruche gelangten Prin-
eipien der Früh-Gothik durchgeführte Anlage verhilltniss-
nüissig ziemlich gut und unversehrt auf uns überkommen.
Deshalb wurden die entsprechenden geschichtlichen Notizen
für den vorliegenden Zweck zusammengestellt.
In den Jahren 1227 — 1268 erseheinen noch die Herren
von Mure oder Moure als Besitzer von Murau ; 1268 wird
aber schon Ulrich von Lichtenstein, der Minnesälnger als
XVII.
Vig. 1.
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5J JoOANN OrAUT.
Besitzer der Barg Murau genannt, welche der König I'rcmysl Otnkar nebst der Burg Lichteiistein
bei Judenburg niederbreehen Hess, wilhrend der als Verschwörer ungerechtfertigter Weise behan-
delte Ulrich von Lichtenstein in die Vestc Klingenberg geworfen wurde, und ausserdem die
prachtvolle, bei Unzmarkt gelegene Vcste Frauenburg dem Könige Überliefern musste.
I 'lrit-li von Lichtenstein, spilter seiner Haft ledig geworden und in den Besitz seiner Güter
gelangt, erwies sich als grosser Wohlthilter fllr die Kirche. Er lies« 1277 zu Sckkau eine Capelle
zu Ehren des heil. Johannes und zugleich als Familiengruft mit vielem Aufwände erbauen, deren
Vollendung auf den Sohn, Otto von Lichtenstein, übergangen ist, der jene Capelle mit gefllrbten
Glasfenstern versehen liess. Die Erbauung «1er Matthiluskirehe zu Murau wird in das Jahr 126i>
gesetzt, und ohne Zweifel wird die Entstellung und Vollendung derselben zumeist der Ver-
wendung l Irich's von Lichtenstein zu verdanken sein.
Um das Jalir 1277 wird Meinhard als Pfarrer von Murau genannt, aber erst 14. April 1333
siegelte zu Friesach Otto von Lichtenstein die .Stiftungsurkunde eines selbständigen l'farrers zu
Murau. wodurch dieser Ort von der uralten Mutterpfarrc St. Georgen ob Murnu für immer
getrennt wurde. In dieser Würde folgte Heinrich Krappf bis 1363, welcher spilter Bischof von
Larant geworden war. Ein gelehrter und für die Erhöhung seiner bischöflichen Kamniergefaile
und für Sanunlung von Urkunden und Documenten zur Geschichte des Bisthums und seiner
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Die Matthälskirciie is Mural
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Vorfahren ungemein thHtiger Mann, besuchte derselbe im Jahre 1387 die Stadt Murau, und hatte
da» Unglück, an der steilen Berghalde in den Murflu«» zu stürzen, wo er »einen Tod fand. AI«
weitere Pfarrer werden genannt Johann Silberknoll bi» 1422, Johann Carda bis 1425. Wolfgang
Grnber bis 1448, Anton Gruber bis 1480, Johann Wagist bis 1512 u. s. f.
Zu Ende des XIII. Jahrhunderts erscheint Murau bereits als ein geschlossener welu-hafter
Markt; denn Otto von Lichtenstein bestätigt 1290 seinem Markte Murau alle Rechte, welche
derselbe gleich der Stadt Jndenburg von Alters her besessen hatte. Merkwürdig ist «las Testament
dieses Herrn, Otto des alten von Lichtenstein, worin er am Sonntage nach St. Dionysen 1311
unter vielen anderen Vermächtnissen und Anordnungen der Schneiderzunft zu Wien, „da ich
inne Geselle bin", ein Pfund jührlieher Gült legirt, und vertilgt, „dass Gülten und die Mauth-
ertrilgnisse zu Judenburg zum Ausbau und zur Einrichtung der Kirche St. Mathiii verwendet
werden sollen, und die Kirche St. Magdalena zu Huntsberg mit Ziegeln eingedeckt werde;
das Haus und Gut auf der Landstraße in Wien haben »eine beiden Söhne Otto zu Murau und
Rudolph zu Frauenburg selbst zu theilen etc."
131!) stiftete Otto von Lichtenstein, Kümmerer in Stcicr, mit seiner Gemahlin, einer Grüfin
von Monfort drei ewige Wochenmessen in der St. Katharinencapelle auf dem Schlosse Stein bei
Teuffenbach.
Auf Otto von Lichtenstein folgten ah» Besitzer von Murau 1328 Rudolph Otto II. und
Ulrich Otto, 1333 Ulrich Otto und Friedrich, 1411 Rudolph Otto III., 1433 Otto III., 143H
Nicolau», 1506 Rudolph und Achatz, 1524 Rudolph und Otto III., 1565 Otto ni. und Georg,
1560 Christoph und Heinrich. Nnch dem Tode Christoph'» erwarb dessen Gemahlin Maria Anna,
geborne Neumann, zu Wasserleonburg, verwittwete Freiin von Tönnhausen zu dem '/., -Autheil
ihres Gemahles die übrigen fünf Antheile von ihren Schwilgem und ward 1574 alleinige Besit-
zerin von Murau. 1581 vermählte sie sich das dritte Mal mit Ludwig Freiherrn von Ungnad,
1586 zum vierten Male mit Karl Freiherrn von Teuffenbach, 1611 das fünfte Mal mit Friedrich
Grafen von Ortcnburg, 1617 das sechste Mal mit Georg Ludwig Grafen von Schwarzenberg. Sie
starb den 23. December 1623 88 Jahre 23 Tage alt, und vermachte das Besitztimm Murau ihrem
letzten Geniale, und von der Zeit an kam die Herrschaft Murau an die Schwarzcnbcrg'sche
Familie.
1400 gab Herzog Wilhelm in Wien die Einwilligung, das» Friedrich von Lichtenstein zu
Murau, Marschall in Kilrnten, die Veste und Stadt Murau summt Grünfels um 4000 Wiener
Pfennige an Ulrich und Friedrich von Stubenberg versetze.
Am Laurentiustage 1449 fertigte Kaiser Friedrich IV. zu Murau eine abermalige Eisen-
ordnung ftir den Verlagshandel in Leoben , welche Mnchar im
VII. Bande Seite 353 abgedruckt hat. In dem im Jahre 1469 gegen
Kaiser Friedrich IV. ausgebrochenen Aufstande nahm Niklas von
Lichtenstein mit den übrigen Verschwomen, Andreas Paumkireh-
ner, Andreas von Stubenberg, Johann von Rösing, Christoph
und Andreas Starringer, Ulrich von Pessnitz, Lorenz Hauser und
Andreas von Greiseneck thiltigcn Anthcil. In dem im Jahre 1479
zwischen Kaiser Friedrich IV. und König Mathias ansgebrochenen
Kriege, zu dem sich 1480 auch noch ein Türkeneinfall gesellte,
war Murau und seine Umgebung der Schauplatz blutiger Auftritte,
unter welchen die Stadt bedeutenden Schaden erlitten haben wird.
Nach dein Abzüge der Türken kam es zwischen den kaiserlichen
Slödnern unter dem Hauptmann Wulfenstorfer und den ungari-
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Johann Gradt
sehen Kricgskneehten unter dem
1 [uuptmiutne Hanns Haugwitsch
von Syberstorf bei Murau zu einein
Treffen.
Im Jahre 1480 hatte Kaiser
Friedrieh den Niklas von Lichten-
stein mit dem Eisenbergwerke in
der Türnich belohnt. Im Jahre
14 Hl kam es zwischen erzbischöf-
liehen und kaiserliehen Söldnern
bei Murau im Thalc der Grakau
zu einem blutigen Treffen, welches
für die erzbischöfliehen Söldner
unglücklich endigte. 14H2 schlössen
die Herren von Liehtenstein mit
dem Ungarnkönige Mathias ein
Übereinkommen, in Folge <lessen
den Ungarischen Murau, Stadt und
Schloss, und Grünfels zu Murau
eingeräumt wurden , ebenso die
Vesten Stein und Saldenheym in
Kärnten. Nach dem am fi. April
145M) zu Wien erfolgten Tode des
Königs Mathias konnte erst an die
Vertreibung der Ungarn aus Steier-
mark gedacht werden. Die siegreichen Fort sehritte des Königs Maximilian und seine anderen
Anordnungen bewirkten, dass die ungarischen Besatzungen am 4. November 14!)0 aufbrachen.
Hei diesen Begebnissen kam am übelsten der alte Niklas von Lichtenstein zu Murau davon. Da
er mit den Ungarn gemeinsame Sache gemacht und vertragsweise dem Könige Mathias seine
Schlösser theils übergeben, theils offen gehalten hatte, so wurden bei dem Abzüge der Ungarn
alle seine Besitzungen im oberen Murthale zu des Kaisers Händen eingezogen; er selbst musstc
aus Steiermark entfliehen, wurde aber in Tyrol erkannt, ergriffen und ins GefHngniss geworfen.
Weil die Gilter des alten Niklas von Lichtenstein zu des Kaisers Händen eingezogen wurden, so
ertheilte der Kaiser den Bewohnern zu Murau den Auftrag, «lern Balthasar von Thanhausen den
Bürgereid zu leisten. Am 13. Februar 1491 erging die Anordnung, dass alles Eisen, welches
ausser dem Leobnischen und Hüttenbergerischen in Murau verarbeitet und verkauft wird, den
Aufschlag zu zahlen habe, und dass dieser Ertrag drei Jahre nacheinander zum Baue der Stadt-
mauern um Murau verwendet werden solle. Im selben Jahre erhielt Balthasar von Thanhausen,
Bath und Hauptmann in der oberen Steiermark, den Auftrag, die abgeworfene Brücke zu Murau
wieder herzustellen und an derselben die Mauth zu heben. Am 28. December 1491 ertheilte
Kaiser Friedrieh IV. der Stadt Murau ein eigenes Wappen, einen getheilten Schild mit dem öster-
reichischen und steirischen Wappen in jedem Felde. Am 4. Mai 1492 verheerte eine Feuersbrunst
einen grossen Thcil der Stadt Murau.
Nachdem die hervorragendsten Ereignisse . welche das Schicksal der Stadt Murau und
seiner Bauwerke betreffen, vorausgeschickt wurden, kann die Matthaus-Kirche selbst als Baudenk-
mal in Betracht gezogen werden.
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DlB MaTTHÄISKIHCUE IN MlRAC.
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Dieselbe erliebt sich (s. die auf der Tafel beigegebene Abbildung)
auf dem Yorspruuge einer mässig hohen Bergkuppe, deren Spitze das
Hochschloss Murau einnimmt, ist von einer mächtigen, durch Pfeiler
verstärkten Mauer umgeben, und ragt bedeutend aus den Häusern des
kleinen Städtchens hervor, welche den Fuss der Bergkuppe in mehr als
einem Halbkreise umgeben, wodurch die Kirche von dieser Anhöhe
einen imposanten Anblick gewiilirt. Ihre Grundrissfonu weicht von den
zu Ende des XIH. Jahrhunderts erbauten Kirchen nicht ab. Der Chor
erhielt deu Üblichen octogonalen Sehluss, und da daran drei Krcuz-
gewölbefelder anschliessen , die beträchtliche Länge von 36' 7" bei
einer Breite von 21' 9" und einer Höhe von 44' 3", wobei die Erhöhung
von zwei Stufen für den Hochaltar nicht in Betracht gezogen ist. Ein
mächtiges Kreuzschiff, dessen Länge 22' beträgt und dessen Breite
72' 6" misst, schliesst sich in gleicher Hirne an den Chor an, während
von dieser Stelle aus durch zwei Stufen der Eintritt sowohl in den
Chor als auch in das eigentliche Schiff vermittelt, und dadurch die
Bedeutung des Chores und die Wirkung seines Abschlusses merklich
hervorgehoben wurde. Uber der Vierung, die sich im Querschiffe bildet,
erhebt, sich der mnssige Glockenthurm, zugleich lässt das Querschiff vermöge seiner Länge hin-
reichend die in Krcuzesform angetragene AnInge zum Ausdruck gelangen. Ein dreischiffiger
Kirchenraum, und zwar mit einem überhöhten Mittelschiff und zwei niedrigeren Seitenschiffen
von 77' Länge, 4!) '.)" Gesammtbreite reiht sich in vier Gewölbejoche abgetheilt, an das Kreuz-
sehiff an. Die im letzten Gewölbejoche eingebaute Sänger-Empore (s. Abbildung Nr. 2) stammt,
wie aus dem netzförmigen Gewölbe ersichtlich wird, aus der Ausgangszeit der Gothik. Die Höhe
des Mittelschiffes beträgt 47', seine Breite 21 3", die Mauerstärke der Mittelwand 4 9", der
äusseren Wände 4' 0". Die Seitenschiffe wurden 10' 6", also nahezu der Hälfte des Mittelschiffes
gleich gemacht, und insoferne die Abstände der einzelnen Stützen noch auf die halbe Mittel-
sehiffsweite beschränkt blieben, hat sich die Anlage hier noch nicht völlig von dem alten romani-
schen Grundsatz emaneipirt. Die Höhe der Seitenschiffe wurde auf 20 6" angelegt, wodurch zur
Stütze des Gewölbedruckes des Mittelschiffes nach aussen Strebebögen bedingt wurden, die in
einfachen und schmucklosen Bogen ohne Ablaufrinnen die Last des Mittelgewölbes auf die mäch-
tigen äusseren Strebepfeiler und Widerlager der Seitenschiffe übertragen.
Zu den ursprünglich angelegten Theilen der Kirche gehört die an der nördlichen Chorwand
angebaute Saeristci, über welcher ein Oratorium angelegt wurde, welches durch einen gedeckten
Verbinduugsgang mit dein Hochschlosse verbunden ist. Sacristei und Oratorium sind mit Kreuz-
gewölben eingedeckt, ebenso auch der Chor, Querschiff, Mittelschiff und die
beiden Seitenschiffe. Im Chor und Querschiff nehmen energische Gurten
den Druck der Gewölbekappen auf, während im Schiffsräume die Diagonal-
und Längen-Gurten weggeblieben und nur die Scheide-Gurten nach der Brei-
tenrichtung zur Anwendung gelangt sind, wie dies im Grundrisse Fig. I
angedeutet wurde.
Unter dem Chor wurde eine Krypta angelegt (s. Gmndriss der Krvptn
Fig. 3) , zu welcher an der Südseite ein schmaler Zugang über mehrere Stufen
führt, und erhielt, um das beträchtliche Gewicht des Hochaltares trageu zu
können, zwei massive achtseitige Mittelpfeiler, auf welchen die Grate eines
sternförmigen Gewölbes auflaufen, da hier von der Anbringung von Gurten r\g. 0.
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JOHAK» GttDT.
Umgang genommen wurde. Ein kleines , nach
Osten angelegtes Fenster führt diesem unterirdi-
schen Räume ein spärliches Licht zu.
Dem Erbauer der Kirche, der von der An-
bringung reicher Verzierungen absehen musste,
gelang es bei seinem entwickelten Gefühl fllr
Können und Verhaltnisse, namentlich der Hohen-
und Breitenverhaltnisse, lediglich durch .Schlicht-
heit und eine wohlberechnete Massenvertheilung
einen machtigen Eindruck hervorzubringen, durch
die klar ausgesprochene Kreuzesform, sowie durch
wenige hie und da, aber am richtigen Platze ange-
Wirkung der Anlage zu erhohen. Daher wurden letztere
brachte feingeformte Gliederungen di<
auf dem in architektonischer Beziehung bedeutungsvollsten Theile, der Vierung, besonders
reichlich angewendet. (S. Abbildung Fig. 4.) Hier Hess der Werkmeister einzelne krilftig gestal-
tete Glieder als Säulenschafte und Gurtbögen vorwalten, welche die Last des Gewölbes und des
Thurmes aufnehmen und auf die energisch vortretenden Anlaufsteine concentriren. Auf diesen
kräftig behandelten Pfeilern wurde der gedrungene, in den unteren Geschossen vierseitig ange-
legte, sodann in das Achteck Ubersetzende Thurm aufgebaut, der mit einem steil anziehenden,
aus Hausteinen glatt und schlicht hergestellten Riesen abschliesst, und im ganzen, vom Fuss-
boden der Kirche gemessen, eine Höhe von 168 Fuss erreicht. Die Silulenschafte in der Vierung,
auf welchen die Scheidegurten aufsitzen, steigen als gleichmassige, Uber die Hälfte aus der
Wand vorspringende Cylinder auf; an den Basen derselben kommt eine zweifache Abstufung vor,
sowie eine reiche Gliederung mit sehr vertieften Hohlkchlungen den Übergang des cylindrischen
Schaftes in den achtseitig gebildeten Sockel vermittelt. In den Sockelgliederungen lassen sich
noch die Grundelemente antiker Formen erkennen, indess treten
schon leise alhniilige, weiche Übergänge auf. Das Capital ist als
kelchförmig gebildetes Glied ohne Laubwerk behandelt, mit klüf-
tiger Deckplatte abgeschlossen und letztere polygonal behandelt
worden. Im Chore werden die Gurten durch verzierte Schluss-
steine zusammengehalten, welche (s. Fig. 5) den gekreuzigten
Heiland, die Hand Gottes und eine Rosette enthalten. Die Schluss-
steinc im Querschiffe blieben glatt. Die im Mittelschiff tief herab-
reichenden Gewölbegurten ruhen auf einfach aber geschmackvoll
behandelten Consolen (s. Jalirb. der Cent. Conun. II. p. 222). An
einem Pfeiler der südlichen Abseite kommt als Console des Quer-
gurtbogens ausnahmsweise eine sehr seltene Form, nämlich die
eines abgebogenen Hernes vor (Fig. 6).
Sowie sich in der Anordnung des Grundrisses und in der
Bildung der Glieder im Innern ein bewegtes Pidsiren des archi-
tektonischen Organismus kund gibt, so wurde dieses Princip auch
nach aussen hin zur Geltung gebracht und dadurch eine ernste
einfache Ruhe und Bestimmtheit, wie sie an romanischen Kirchen
auftritt, erreicht, und consequent dieselbe schlichte , auf Ver-
keilung und Auflösung der Massen beabsichtigte Anordnung bei-
*• behalten, welche die Bauten aus dem Ende des XIII. Jahrhun-
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Di« MattiiXiskikche ih Mirac.
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derta kennzeichnet. An den Ecken den polygonalen
ChorschlusBcs findet man vier- bis fünfmal sich ab-
stufende glatte Pfeiler, mit abgeseliragter, unter dem
Dachgesimse auslaufender Verdachung; unmittelbar
unterhalb der Fenster den Cordon mit dem Wasser-
schlag, wobei gleichzeitig zwischen je zwei Pfeilern
ein Stichbogen errichtet wurde, unter dessen schlit-
zendem Gewölbe Wandmalereien angebracht waren.
Nichtsdestoweniger konnten sich dieselben gegen
die klimatischen Unbilden des Nordens und die
Atmosphärilien nicht erhalten, und man hatte schon
frühzeitig diese eingewölbten Stellen dazu verwen-
det, um Jlltere Grabsteine daselbst einzumauern und
gegen die Zerstörung zu bergen.
Eine analoge Anordnung der Pfeiler findet
sich auch an den übrigen Ecken der Kirche, wo sie
(Iber Eck gestellt wurden, und au den Ausgangs- ,
punkten der Gurten, wo die ganze Gewölbelast
concentrirt wurde. Die Strebebögen, welche die
Belastung des im Mittelschiffe angelegten Gewölbes
aufnelunen, und auf die Pfeiler der Seitenschiffe
übertragen, sind in richtigem Verstilndniss ihrer Be-
deutung als Widerlager Uber dem Dache der Seiten-
schiffe schwacher behandelt, und verstärken sich nach
der Basis zu. An der Nordseite des Querschiffes ist
ein aus dem Achteck errichtetes, in drei Geschosse
abgetheiltes und in ein Zeltdach endigendes Treppen-
thürmchen angebracht, worden, welches den Zugang
zum Glockenthurme vermittelt
Ganz im Geiste des XIII. Jahrhunderts sind
die Fenster gehalten, im Chor und Querschiff lang-
gestreckt und ausserordentlich schmal, ohne Mittel-
pfosten und Masswerk, mit Ausnahme des mittleren
Chorfensters, welches durch einen Mittelpfosten abgetheilt im Bogenfelde etwas Masswerk erhielt.
Dagegen wurden sie in der Mittclschiffswand und in der äusseren Seitenschiffswand, wo sich
langgestreckte Fenster nicht anbringen Hessen, merklich kürzer und breiter gehalten. Sünmit-
liche Fenster sind im Spitzbogen geschlossen , die Leibungen glatt abgeschrägt. Die über den
Mittelschiffspfcilern (s. Langenschnitt Fig. 2) errichteten Bögen mussten eine gedrückte Form
bekommen, um darunter noch den Gewölbcschluss der niederen Seitenschiffe unterbringen zu
können. Die minder reich als im Querschiff behandelten Pfeiler des Mittelschiffes, die bestimmt
sind, die Mittclschifl'smauern zu tragen, sind in ihrer Form fast romanisch, erhielten einen acht-
seitigen Querschnitt, und die Stelle, wo der Bogen der Arcaden anfangt, ist durch einen einfachen
Kampfer angezeigt.
Das Haupt-Portal befindet sich in der westlichen Abschlusswand, zeigt eine reiche und
wechselvoll gegliederte Leibung, eine mannigfach nüancirte wellenförmige Verbindung von
Wülsten und Hohlkehlen, welche in Spitzbogen mit glatten Tympanen schliessen. (Fig. 7.) Nach
Flu. ia
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s
Joiiaün 0«ai>t. Du; Matth UsKiitciii; in Murau.
unten schliesst «las Portal mit einem reich gegliederten Sockel ab, in dessen tief untersehnittenen
Kchlnngen das Stylgesetz der dem XIII. Jahrhundert« angehörenden Ubergangszeit wieder zu
linden ist. Der Vorbau beim West-Portal gehört der Renaissance-Zeit an, ebenso die beiden Seiten-
capellen, welche sich an da» Querschiff anschliessen. Die beiden in der nördlichen und «Udlichen
Seitenschiffswand angebrachten Scitcnportale sind nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form aut
uns Überkommen. Die ThUren in den Treppeuthürmehen, welche zur Sangerempore und zum
Glockenturme führen, erhielten schon den geschweiften Bogen als Schluss, sowie eine spHt-
gothisch profüirtc Leibung, daher man dieselben, sowie die eingebaute Sangerempore als Zubau-
ten oder Neuerungen aus der Ausgangszeit des Mittelalters betrachten kann.
Ein steil anziehendes Doch bildet den Abschluss des Ciebitudes. in den hohen Giebehnauern
sind theils langgestreckte, theils runde Fensteröffnungen in symmetrischer Vertheilung angelegt
worden, um die Monotonie der Mauerflllchc einigermassen zu beleben. Im allgemeinen neigen
die VcrhJlltnisse entschieden zum Schlanken und Emporstrebenden, und die Lösung dieser Auf-
gabe gelang dem Werkmeister auch beim Thurme, der aus dem Dache noch als vierseitiges,
schwerfälliges Geschoss heraustritt und hierauf ins Achteck übersetzt. Die durch dieses Uber-
setzen ins Achteck entstehenden Ecken und Abschragungen wurden, wie aus der Abbildung
Fig. 8 ersichtlich ist, durch Fialenthürmchen vermittelt. Im Spitzbogen geschlossene Schall-
i'cnster von massiger Höhe bieten den Schallwellen der Glocken die hinreichende Öffnung. Selbst-
verständlich bedingte diese Thurmanlage eine vorzüglich entwickelte Steintechnik , und das
angestrebte Ziel nach Entfaltung der Massen durch den imposanten Thumibau wurde trotz
der Einfachheit der Durchführung erreicht. Unter den Glocken befinden sich drei, welche dem
XI V. Jahrhunderte angehören.
Nach den noch erhaltenen Überresten der ursprünglichen inneren Ausstattung der Kirche
zu schliesseii, muss dieselbe sehr reich gewesen und von vorzüglichen Künstlern und Kunsthand,
werkem hervorgegangen sein. Der Ilauptaltar — eine Zusammensetzung von mittelalterlichen Sculp-
turen und eines aus der Zopfzeit stammenden architektonisch nicht unschön gelösten Aufsatzes —
enthält im Mittelfelde die Kreuzigung Christi mit Johannes und Maria zu den beiden Seiten des
Heilandes. Die in Holz ausgeführten Figuren zeigen voll Kraft und prägnanter Charakteristik eine
naive, der Natur abgelauschte Bewegung, eine klare und edel entwickelte Faltengebung und sind
in der Art Tylman Itiemcnschneiders behandelt, vielleicht von ihm selbst ausgeführt worden,
wobei die Gestalten durch eine treffliche Pulychromie zur besonderen Geltung gebracht wurden.
Den Hintergrund der Kreuzigung bildet ein in Holz gelungen imitirtes Seiden- und Goldstoff-
gewebe, das durch ein reiches Floehornament schwach reliefirt erscheint. Ausser diesen und noch
anderen, ahnlich durchgeführten Figuren, welche der Hauptaltar enthalt, verdienen von den
Werken der Kleinkunst noch Beachtung: der Lüster aus Bronce, welcher im Jahrgang 1871
der Mittheilungen der k. k. Central-Coinmission mitgcthe'dt wurde, zwei grosse Altarleuchter aus
Messing, eine Nürnberger Arbeit des XVI. Jahrhunderts, und eine mit Eisen beschlagene Thür,
welche von der Sanger-Empore unter das Pultdach des nördlichen Seitenschiffes führt. Diese
prachtvolle Schlosserarbeit , wovon die Abbildung Fig. 9 den Klopfer wiedergibt, wird ursprüng-
lich wold nicht für diese ganz untergeordnete Pforte bestimmt gewesen sein, und erst im Laufe
der Zeit, als das Verständnis» für die unnachahmlichen Schönheiten mittelalterlicher Kleinkunst
ganzlich verloren ging, an diese obscure Stelle geschafft worden sein. Gegenüber dem West-Portale
steht die ebenfalls in den Mittheilungen der k. k. Central-Commission, Jahrgang 1871, veröffent-
lichte ewige Licht-Sa nie.
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Wien. St. Stephanskirche.
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Über ein Grabdenkmal des St. Stephansdomes in Wien.
Vos Albert Ilg.
ist der gegenwärtigen Leitung der Restaurationsarbciten mn St. Stephansdome nicht zu
geringem Verdienste anzurechnen, dass durch dieselben eine Anzahl alter Grabdenkmäler theil»
aus den unterirdischen Räumen heraufgeholt, aus Tageslicht gebracht und einer gebührenden
Würdigung zugänglich gemacht wurden, thcils aber auch hingst vorhandene durch sorgfältige
Reinigung erhalten und wiederhergestellt worden sind. In dem Falle, worüber w ir hier berichten
wollen, hat diese Sorge für die genannten Denksteine zu einer kleinen Entdeckung geführt, die
allerdings nicht weittragend und von allgemeiner Wichtigkeit ist, doch aber eines besonderen
localen Interesses nicht eutbelirt. Sie wird sehr möglicherweise auch bereits von vielen gemacht
sein und xoll von dem Verfasser dieser Zeilen keineswegs für die seine in Anspruch genommen
werden; hier ist nur zum erstenmal von einer Sache die Rede, die seit der Säuberung des Monu-
ments den Augen eines jeden, so gut wie denen des Berichterstatter:*, keiu Geheimniss mein sein
mag. weil durch dieselbe das Grabmal in mehrfacher Hinsicht erst Werth und Bedeutung gewinnt,
von dem man vordem sowohl in historischer als artistischer Beziehung kein Urtheil hatte. Der vor-
liegende Fall ist ein recht guter Beleg für die Behauptung des Antiquars, dass der liüssliehe
Staub der Jahrhunderte- alten Verwahrlosung für unsere Kenntnisse der Vorzeit so manchen
wertlivollen Gegenstand berge; auch diesmal wurde durch seine Hinwegrämnuug ein Beitrag
gewonnen, der willkommen heissen inuss, da durch ihn an eine Persönlichkeit erinnert wird, die
für die Geschichte einer stürmisch bewegten Epoche Österreich« und der Stadt Wien insbeson-
dere Interesse hat.
Da.-* betreffende Denkmal befindet sich im sogenannten Thedn-Chore (Passions-Chor), an der
Kirchenwand zwischen dem ersten und zweiten Pfeilerbündel vom Eingange aus, als zweites, wenn
mau mit einer kleinen Schrifttafel in der Ecke zu zählen beginnen will, einige Fubs über dem
Pflaster angebracht. Es nimmt noch dieselbe Stelle ein (neben jenem des Salzburger Erzbischols
Hieronymus Collorcdo, fl812|, wie vor der Restauration, scheint daher seit seiner ersten Anbrin-
gung denselben Platz geziert zu haben. Ogesser, der die Grabmaler des Thecla-Chores auf p. 309
ff. Nr. 68 — 79 incl. beschreibt, lässt es aus und nennt auch unter den übrigen keines, das etwa dafür
XVII. -j
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Ai.deiit If.r..
gehalten wridcn könnte. Von den zwölf bei Ogesser angeführten fanden sich 1S'>4, als A. v. Per per
sein Buch über den 1 >om verfasste, nur mehr jene des Kaisers, der getreuen Wiener Bürger von
14<is. des Gcncralfeldmarschalls Gschwind von IVkstcin, des Kreillernt von l'ngarschitz, des
Arztes Sorbait . der Gräfin Mirizzi - Waal , des Kreilierrn von Kaimegicsscr , des Gchcim-
sehroibers Rogkner und des Landeshauptmanns Leonhard von Vels vor; die aus der Mitte des
XVI. .Jahrhunderts stammenden hölzernen Sehilde des Nie. Freih. von Firmian, f 1552, und des
Erbschenken des Stiftes Z n Trier. Truchsess des Erzherzogs Karl. Anton von Thun, f 1551, die
in ihr Höhe angebracht waren (Og. fiS, (Iii), seheinen beseitigt und zu Grunde gegangen zu sein.
Ferner kennt sehon Perger die Messin<:plalie beim ehemaligen Jakobsaltare nieht mehr, welche
wahrscheinlich bei dessen Entfernung abhanden gekommen sein wird. Sie bezeichnete die Kuhe-
stiltte des Hieron. Eisel von Pclelit. t 1517 i < >g. 7s i. Hageren sind diesem Autor vier Denkmale
bekannt. die Ogesser und Tsc Iii sclika nirgends nennen : die erwähnte kleine Schrifttafcl in der
ersten Ecke rechts, dem Spanier Alfonse» Vahlcsins gewidmet, t 1532; die beaclitenswerthe
Marniorsculptur der Kreuzabnahme am Grabmal des k. Käthes Zwerger. f HJ4S; das Monument
des J. G. Managetta. t !(»<»(» und das hin- zu besprechende. Perger. pag. 71. b, berichtet, es ist
»ein Denkmal, dessen obere Aufschrift mir nicht gelang zu eiitiiithscln , da sich dort zu viel
Schmutz angehstuft hat. Der Bildstein zeigt den heil. Hieronymus, den heil. Johannes mit dem
Kelch und einen knieenden Oapellaii. An der unteren Schrift, die ich abschrieb, steht die Jahres-
zahl M. D. VI*. Ehe wir (Iber diese Copirung sprechen, müssen erst einige Worte über die Kunst-
form des Monuments und die Orte, wo die Inschriften angebracht sind, vorausgeschickt werden.
Das Denkmal besteht tektonisch aus drei Theilen. dem Mittelstilekc. welches den eigentlichen
liildstein enthält, einem unteren consolenartig tragenden Tlieil und «dien einer abschliessenden
Krönung, kurz, es ist die häutig wicdcrbegcgnendc Form der Kenaissancenionumente. Den untersten
Theil maskirt ein breiter Bandstreifeii . leicht gewellt wie eine breite Pcigamcntrollc. Durch
denselben wird die ganze Subsumtion verdeckt, nur ganz oben sehen akautliusartige stylisirte
Blätter hervor, so dass dadurch der eigentliche Körper des Denkmals ein wenig enthüllt erseheint,
während das übrige hinter der Schrift rolle verborgen" bleibt. Die letztere ist auch nur aufge-
schraubt oder genietet, gleichwohl natürlich von Anfang her dazugehörig. Dem Profil des Con-
solcngebälks folgend ist sie von unten schief gegen oben herausgeneigt und niht ganz unten auf
einem dünnen stabartigen Gliede, welches mit Zahnschnitten ornamentiit ist. Dieser Schrift-
streifen trügt die eine Inschrift, aufweiche Perger in den obigen Worten hinzielt. Den obersten
Kand der Ooiisolc bildet eine ganz schmale Leiste ohne Verzierung.
Der eigentliche Bildstein, welchen die beschriebene Consolc trügt, ist an den Seiten von
zwei Säulen begriinzt, die nicht freistehen, sondern zusammenhängend mit dem Hintergründe
gearbeitet sind. Ihre Form ist eine äusserst charakteristische und genugsam bekannt, sie begegnet
in hundert und hundert Werken der bildenden Kunst, welche in Deutschland durch italienischen
Einfluss entstanden sind, aber vom Geiste des Nordens selbständig umgearbeitet erseheinen.
Sie gehören als recht charakteristische Gebilde in den Foimcnschatz der deutschen Renaissance.
Über viereckigen, attisch profilirten Postamenten, deren Felder wieder mit Relief-Schmuck versehen
sind, erheben (de sich auf dicken Wülsten, unten bauchig geschweift, in Fialen-Gestalt, dann überaus
schlank emporschicssend , gekrönt von reichen Capitälen, denen das Princip des korinthischen
zu Grunde liegt. Die genannten Füllungen der Postament-Felder zeigen vom (auf jeder Seite)
einen einköpfigen Adler, in dessen Schnabel an Schnüren ein Wappenschild hängt. Als Emblem
sieht man einen sclireitenden Löwen mit dem Cardinalshute auf dem Haupt. Die Seitenflächen gegen
den Bildstein haben ein Ornament von der Fonn eines Zweiges mit Blättern, die nach aussen
gekehrten dann eine Blnmeuvase von jener bekannten Fonn der deutschen Thonkrüglein mit
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Üjjüi: ein (jkardeskmai. des St. STri'HANSKOMr.s ts Wien.
I 1
bauchigem Körper, welche gerippt und mit Henkeln versehen ist. Wir übergehen noch das
Mittelstück und betrachten den Abschluß oben.
Als vermittelndes Glied ist eine Leiste architrav-artig Uber die (..'apirille gelegt, sie zeigt ein
zwischen Perlen- und Eicrstah die Mitte haltendes Ornament. Darauf fol-rt ein stark ausladendes
Blättergeshnse, über dem, in der Breite wieder dem Bildsteine gleich, ein Halbbogen aufsteigt.
Er ist tief ausgearbeitet und geht in kräftigem Profil perspectivisch zurück, an allen Kanten mit
demselben Laubwerk verziert.
Den Innenraum des abschliessenden Halbbogens nimmt die andere Schrifttafel ein. sie
steht unten am Gesimse auf, steigt an den Seiten senkrecht empor und ist nach oben von drei
Kreisbogen concav abgeschlossen. Die hier eingegrabenen Zeilen sind es. welche zur Zeit der
Abfassung von Perger's Selu-ift durch Schinutz und Staub noch unleserlich gewesen sind und
Dank der Herstellung in neuester Zeit eine Kunde liefern, die das kleine Grabdenkmal auch in
historischer Hinsicht zu einem nicht uninteressanten Gegenstande macht, wie demselben seine
Form und Ausführung künstlerische Bedeutung verleihen.
Der Bildstein ist ein von jenen zierlichen Säulen eiugeralnntes. überaus kräftig hervor-
springendes Hautrelief, die Repräsentation des Verstorbenen durch seine Schutzpatrone vor
dein Kreuz darstellend. Dieser in der alten Kunst oft genug behandelte Gegenstand erscheint
aber hier mit einigen neuen Zügen ausgestattet. Die Mitte nimmt das aus gewaltigen Stämmen,
wahren Gerüstbalken, gezimmerte Kreuz ein, jedoch nicht en pleine face, sondern mit dem (heral-
disch) linken Anne heraustretend, witlu-end der andere perspektivisch ins Bild zurückgeht, also
im Winkel auf die Flüche desselben. Die jetzt schwarz gewordene Gestalt des todten Erlösers,
von den Kniet n an der Beine verlustig, hat keine Besonderlu it, wie alles nicht-ornamentale hier
aber den Typus des noch lange fortwirkenden spätgothischen Stylcs. Links am Fussc des Kreuzes
kniet der Verstorbene betend. Er ist im Kleide des Capellans, in reiehgefülteltem Superpclliceum
und mit dem Biret am Haupte, dargestellt. Ausser ihm noch 3 Personen : zu ihm niedergeneigt,
mit dem linken Arm ihn gleichsam zur Vorstellung vorschiebend. St'. Johannes mit dem Kelch in
der Hechten, der Namenspatron des Geistlichen. Hinter Johannes, dessen Ausdruck sehr lieblich
begeistert ist, ein anderer Heiliger , dem jedoch alle Attribute und Kennzeichen mangeln, eine
bärtige Gestalt, gleich den andern im Gegensatz zu dem Portriitirten im idealen Costüme. Rechts
neben dem Kreuzesstamme kniet St. Hieronymus im Cardinalsgcwandc, die Anne sind ihm abge-
schlagen, möglicherweise hielt er dieselben zum Beten hin. Naiv genug hat der Künstler den
Heiligen seinen grossen runden Cardinalshut an diejenige Stelle ganz unten an das Kreuz lehnen
oder hängen lassen, wohin sonst der Todtcnkopf zu liegen kommt. Zu den Füssen des Heiligen
ganz im Vordergründe liegt querüber sein Löwe. Den rothen Cardinalsmantel hat Hieronymus
über den Baumast gehängt und es sich somit bequem gemacht, um in »einem Büsscrkleide vor
dem Kreuz knieen zu können.
Diese wohlgeordnete Gruppe hebt sich wie gesagt in sehr starkem Relief, und zwar von
einem Landschaftshintergnindc ab, wenn ich das folgende so nennen darf. Es ragt nämlich zur
Linken des Kreuzes eine finstere zottige Tanne empor, rechts ein Laubholzbaum, den Zwischen-
raum bilden rauhe Felsen, über denen kein Himmel sichtbar wird. Diese Sceneric ist originell
und dabei völlig ein Spiegelbild der lieben österreichischen Heimat mit ihrem Wälderdunkel,
darein sich der wackere Wiener Meister auch seinen Gekreuzigten dachte. Die Bäume sind in
seichterem Relief gehalten, so dass das Ganze perspectivisch wirkt und das Kreuz mit der Gruppe
um dasselbe unter dem schattigen Wipfeldache des Waldes zu stehen scheint.
Was unser Denkmal aber vor allem merkwürdig macht, ist seine Polychromie. Nicht nur,
dass Sculpturen dieser Art, mit farbiger Aussclmiückung, heute Uberhaupt selten mehr gefunden
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Al.BEKT Il.C.
werden, so entbehren wir in Niederösterreich, schon gar in Wien, derselben fast durchaus. Da»
einzige was geblieben ist. sind eben auch in diesem herrlichen Dome einige wenige Farbenspuren
an einzelnen Pfeilerfigurcn und eine uoch recht wohl erhaltene Console ifc Engelgestalt, deren
farbige Ausstattung das übrige in seinem traurigen Sandsteingelb um so unerquicklicher erschei-
nen lilsst. Ausserdem begegnet man hie und da, in Wien und auf dem Lande, einem Ülberge.
dessen meist rohes Relief oft aber mehr mit Farbe bekleckst als gemalt genannt werden muss.
Unser Denkmal jedoch, soweit die polychrome Deeoration daran noch erhalten ist, zeigt einen
wohlthuenden feinen Geschmack und könnte als völlig intacte Probe einer derartigen Bemalung
von Sculpturen aus einer Zeit, die nach den besten künstlerischen Principien vorging, manchen
lehrreichen Fingerzeig geben. Natürlich, man wird nicht mit dem Buche Semper« in der Hand
an die Betrachtung unseres Werkes gehen dürfen, sondern mit Hintanlassuug aller modernen
Ästhetik, sich auf den Standpunkt jener urgesunden Zeit zurückbegeben müssen, welche aller-
dings des Guten zu viel gethan haben mag. wenn sie ein Steinrelief so sorgfältig anpinselte, als
gälte es ein Ölbild zu schaden, zugleich aber durch eben diese Sünde gegen den Styl schliesslich
nur gezeigt hat, dass ihr kindlich frischer, unangetastet reiner, von jeder Flauheit noch freier
Sinn die Farbe und ihr heiteres Leben über alles liebte, überall zur Geltung zu bringen strebte
und sich dadurch als treue Schülerin der bunten farbenreichen Natur bekundete. Blicken wir
auf unser Denkmal : das Auge empfangt einen sehr angenehmeu Eindruck. In der Mitte die
grauen Felsen, die schwarzgrünen Waldbttume, von denen sich ehemals im lichten Fleisehtone
das nackte Christusbild abhob; das holzgelbe Kreuz ist noch gut erhalten, die Kleider der
Heiligen und des knieenden Priesters prangten in dunkelroth, grün, schwarz, weiss und rosa.
Vom der okergelbe Löwe, der scharlachfarbnc Hut des heil. Hieronymus, in Johannes' Händen
der vergoldete Kelch. Und nun der decorative Rahmen! An ihm haben nur die architekto-
nischen Glieder polychromen Schmuck und das nur zum Theile; die Inschrifttafeln und das
meiste vom Halbbogeu des Abschlusses oben blieb in der natürlichen Farbe des Sandsteins. Aber
auch jene Silidcn, Gesimse und Profile haben nichts als an einzelnen Kanten, Leisten, au den '
Stiulenpolstern, Füllungen der Postamente und Capitille Vergoldung, sonst finden wir (ausser
den erforderlichen Tincturen des erwähnten Wappens) keine Farbe. Stellen wir uns diesen
prachtv ollen Rahmen mit dem feurigen Glanz des Goldes auf dem milden weissen Grunde des
Wiener-Sandsteins vor. wie er in der ursprünglichen Frische der Farben gewesen sein mag,
diese gefälligen Formen, welche einerseits an so manches italienische AltJtrchen oder Grabmal
im Styl der Frührenaissance erinnert, was den allgemeinen Eindruck anbelangt, und von den
Arbeiten eines Desidcrio di Settignano oder Donatello oder Robbia dennoch wieder durch
den Stempel echt deutschen Geistes im Detail unendlich verschieden ist , so dass wir viel eher
an Dürers, Holbein's, Urse Grafs, Aldegrever's, ja Dietterlein's Renaissance selbst noch denken,
so müssen wir gestehen, dass auch Wien damals einen höchst ehrenwerthen Rang in diesen
Künsten eingenommen hat. Die grossen Bewegungen , die in der ersten Hitlfte des XVI. Jahr-
hunderts von Italien her einen Regen von fremdartigem Samenstaub wie ein Frühlingssüd-
wind in die nordische Kunst wehten, haben auch hier Wirkungen nach sich gezogen und es
waren, wie dieses Denkmal wieder beweist, treffliche Künstler am Platze, welche gleich ihren
Brüdern in Augsburg und Ulm, Nürnberg und andern deutschen Stildten die Gabe des Südens
durch eigene nationale Kraft umzuwandeln verstanden in deutsches Fleisch und Blut. Leider
ging in Österreich solche Blüthe unter den kommenden harten Stürmen noch rascher zu Grunde
als in den übrigen Theilen des deutschen Landes, um so mehr wollen, müssen wir Epigo-
nen auch auf diesem Gebiete an alles laut erinnern, was den Zusammenhang der beiden bewei-
sen mag.
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Ober ein Guaiidenkmal des St. v^tepiiansdomes ix Wien.
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Neben dem Renaissance-Element lebt in unserer Sculptur ein uraltes heimisches in noch sehr
merkbarer Stärke fort. Die ganze Hauptdarstellung, die Gruppe um das Kreuz gehört hieher. Da
herrscht der kräftige gesunde Realismus des spätgothischen Reliefstyles ; die Heiligen sind derbe,
sehr schöne, aber charakteristische Erscheinungen, sie entbehren selbst der Gloriole und gehen in
der naturgetreuen Landschaft als reine Mensehen auf. So hat sie van Eyck, Schongauer, Dürer
und Holbein gedacht. In dem Waldhintergrund klingt , wie bemerkt, ein heimatliches Gefühl, wie
ein bekanntes liebes Lied herein, einzelne naiv-humoristische Züge selbst fehlen nicht, wie der
Umstand mit dem Cardinalshut, der wie auf einem Pflock in der Schenke hängt, oder dem Löwen
des heil. Hieronymus. Das Thier erinnert fast au seinen Collegen in Dürer 1 » heil. Hieronymus in
der Zelle, eine ebensolche gemüthliehe Kätzchennatur. Hervorragenden Werth hat aber das
Porträt des Verstorbenen . voll Wahrheit und Schärfe trotz des kleinen Masastabes , ein
Charakterkopf, der sich Augenblicks von den traditionell typisch gehaltenen Köpfen der Heiligen
ringsum abhebt. Was wir im folgenden von den Thaten und Gesinnungen des Mannes, der hier
schlummert, veraelunen werden, ist in diesen scharfen, fest entschlossenen Zügen beinahe wie in
einem Spiegel abzusehen.
Auch in der Technik bekundet sich dieselbe Zweiheit der damaligen Kunstrichtung. Das
Ornament der Renaissance-Umrahmung ist gross und frei aus dem Block gehauen, die im Styl
mehr alterthümliche Mitteldarstellung dagegen besitzt alle minutiös-emsige Behandlung, welche
von der Miniaturmalerei auf sämmtliche Künste der gothischen Periode sich ausgedehnt zu haben
scheint. An dem Chorhemde des Priesters sind hunderte von Fältchen mit grösstem Fleisse aus-
gemeißelt, desgleichen die feineu Hände, die Haarlocken, die Baumblätter, ja selbst die winzigen
Zähne einzeln im Rachen des Löwen. Wir werden nicht fehlgehen mit der Meinung, dass es kein
untergeordneter Meister gewesen ist, welcher so Alt und Neu in Styl und Technik zu repräsen-
tiren wusste und damit so glücklichen Sinn für Farbe verband.
Er hat sein Werk mit dem Monogramm und Datum, und zwar auf dem unteren Theile des
Kreuzstammes, bezeichnet. Das letztere zeigt, dass die Arbeit neun Jahre nach dem Tode des
dadurch geeinten vollendet worden ist, 1517, und durch die Anfangsbuchstaben de« Künstler-
namens ist wenigstens eine Fälirte zu dessen Eruirung gegeben. Ehe wir derselben aber nach-
gehen, inuss gezeigt werden, dass derselbe Dom noch mehrere Grabdenkmäler besitzt, welche
iluer künstlerischen Provenienz nach mehr oder weniger mit dem in Rede stehenden verwandt
sind. Die meisten aus dieser Zeit, dem ersten Viertel des XVI. Jahrhunderts, welche an und in
der Kirche noch bestehen . tragen einen ganz bestimmten Charakter in übereinstimmender
Weise. Aussen an der Stirnseite zur Rechten des Riesenthores das Denkmal des Hauer von
Tiernitz, j 1515 (Og. p. 321, Nr. 100), des A. Eberganster, Apothekers, f 1509 (Og. p. 321,
Nr. 104. Perger p. 30), am Fusse des Hochthurmes der kleine Stein des Priesters Jacob Kalkus-
brunner, f 1517 (Og. p. 315, Nr. 25, Perger p. 37): innen beim Eingang zur Catharina-Capelle
das Grabmal des Domherrn Thomas Resch. t 1520 (Og. p. 30'J, Nr. 65. Perger p. 67); beim
Eingange in die Tyrna-Capelle über dem Steine Cuspinian's jener des Hanns Rechweiu vou
Honigstorf (Perger p. 63. nach Og. p. 306, Nr. 39. unrichtig des Peter Haller). Hofpfenning-
meisters, v. J.; endlich in der Halle unter dem Neuthurm das Relief der beiden kaiserl. Hof-
eapellane Georg Huber. t 1521. und Georg Hager, f 1524 (Og. p. 305 gibt irrig an Jacob
Huber. Nr. 25, Perger p. 60). Alle diese Arbeiten unterscheiden sich merklich von den übrigen
im Dome befindlichen Grabtafeln aus früherer und späterer Zeit und stimmen in Styl und
Technik durchaus Uberein. Nicht allein, dass bei allen das ornamentale und heraldische Beiwerk
bereits deu Renaissance-Charakter aufweist, während Figuren und Landschaftliches den Styl des
XV. Jahrhundert« und zwar ganz in der Weise haben, wie die Malerwerke der österreichischen
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Alblut Ii.g.
Schult 1 dieser Periode, — nicht allein, da** vorher und später an solchen Monumenten das über-
kräftige Relief nicht erscheint und unser Dom ausser diesen kaum andere Sandsteingrabuiäler
besitzt, die Ähnlichkeit beruht hauptsächlich darin, dass die angeführten Werke tcktonisch
sHmmtlich aus denselben Theilen cuinbinirt sind. Inuuer findet sich da unten an dem tragenden
consolcnartigen Theile das breite Lnscliriftband. dann die beiden Säulen der beschriebenen, oder
sehr ähnlicher Form, der abschliessende Halbkreis oben und der Rildstein zwischen den Säulen.
Das zuletzt genannte Denkmal der beiden Hofcapcllane wird allem Anscheine nach aus derselben
Hand hervorgegangen sein wie unser Werk, oder verdankt nach Entwurf, Vorbild und Arhcits-
leitung demselben Meister die Entstehung in seiner Werkstätte wenigstens, doch mochte ich viel
eher es dem Künstler selber zuschreiben. Hier gleichen sich auch die Grüsscnverhältnisse, die
Form der obern Schrifttafel und alles Ornament an den Gesimsen etc., nur die Säulen haben
anstatt der schmucklosen Ausbauchung bei unserem Denkmal einen mit Caiicllirungen gezierten
Untertheil. Der Rildstein, dessen technische Ausführung völlig dieselbe Schule, dieselben geistigen
Mittel und handwerkliehe Übung zeigt, enthält die Darstellung eines ausdrucksvollen Eccehomo-
brustbildes mit Dornenkrone und Marterwerkzeugen in einem Wolkenkranz, welchen zahlreiche
Engelköpfehen durchbrechen. Die unten knieenden, von ihren Patronen geleiteten Geistlichen
tragen dasselbe Gewand, als Capeliane, wie der Verstorbene unseres Monumentes, ein zufälliger
Umstand, der die gemeinsame Urheberschaft beider Arbeiten an der Gleichheit der technischen
Rehandlung ganz evident zeigt. Alle drei Figuren knieend, alle in derselben Gewandung, sind sie
wie von einander copirt, mit gleichem Fleisse im Detail ausgelülirt. Mehr noch als an unserm
Denkmal, tritt hier in den gekräuselten umgebogenen Wolkcnrändem das ältere Styl-Element
zu Tage.
Mehr oder minder, im ganzen oder bezüglich der einzelnen Partien Hesse sich dasselbe
von den übrigen der angefülutcn Grabmälcr nachweisen; als das nächstverwandte wäre dann
jenes des gekrönten Poeten und Domherrn Resch in der Halle des vollendeten Thurmes zu
nennen, woselbst abermals iu der Priesterkleidung und deren technischer Ausführung, an den
Säulen und an der Bekrönung die Ähnlichkeit hervortritt. Wir werden an allen den Einfluss eine»
und desselben Meisters annehmen dürfen, der das schönste von ihnen', eben den Gegenstand
unserer Notiz, mit den Anfangsbuchstaben seines Namens versehen hat, den Meister M. T.
Aus jener Zeit, als die erwähnten Grabmälcr entstanden sind, kennen wir einen Meister
Michel in Wien, dem die Urheberschaft vielleicht zugeschrieben werden darf. Er war Vorsteher
der Steinmetzgesellschaft und richtete als solcher in dem vielbesprochenen Werkstreit der Meister
Üchsel und Pilgram eine Klagschrift gegen den letzteren (s. Hormayr's bist. Taschenbuch 1829,
p. 4 — 13; Perger p. 15 tf'.. Feil bei Perger in der Vorrede). In einem Vidimus des Dorotheer-
probstes Rernhart von 1513 wird der Wortlaut eines ein Jahr vorher von Kaiser Max crthcilten
Schiedsspruches zwischen den streitenden Parteien gegeben und darin dieselbe Person Maister
Michel dichter vnnser Grnbmaister zu Wienn genannt. Denselben Künstler hat ferner die emsige
Forschung Feil's (in den österr. Rl. für Literatur und Kunst, 1844, II. p. 236 f., 1845, p. 15 f.
und in Schmidl s Kunst und Alterthum in Österreich p. 2) als Vollender des Kaisergrabes in
St. Stephan erwiesen, indem er 1493 nach dem Tode Lerch's die weitere Arbeit übernommen
hatte und damit bis 1513 beschäftigt war. Wenn wir diese Umstünde zusammenhalten: die ciu-
flussreiche Stellung als Innungsvorstand , durch welche die Entwürfe eines begabten Mannes
leicht häufige Nachahmung und Wiederholung in der Schule finden mochten, das Prädicat „Ro.
kay. Mvt. grabmaister u , die Bethciligung an einer Arbeit ersten Ranges in diesem Fache, den
i Nur dieses h«t polychrome AiiHaUttung, welche Übrigens such in einem späteren Monument. de9 Binshof Zlatko if
Anwendung t»nd.
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lIllEU EIN GlIAIiDF.NKHAI. DKS St. StEPII ASSPOMES IX WlFN.
Renaissnncceinfluss an den nicht von Lerch herrührenden Theilen des Friedrich-Monumentes,
während das Figurale demjenigen an nnsern Werken gleichfalls sehr verwandt scheint, endlich
die so häufige Ungenauigkcit der Schreibung von Namen, so wird wenigstens die Vermuthung
gestattet sein, das« der Meister M. T. vielleicht Meister Michael (oder Martin, wie er auch genannt
wird. Perger p. 09) Dichter sein könnte. Und noch möge betreffs der Xameusschrcibung bemerkt
werden, dass die Form tiehten. tiehter der Ortographie des XV. bis XVI. Jaluhunderts auch viel
angemessener ist als dichten, dichter.
Ehe wir mm das Monument als Kunstgebilde verlassen und uns seiner Besprechung
insofern es ein historisches Denkmal ist. zuwenden, möge noch gestattet sein, seine polychrome
Technik an der Hand alter Recepte und Vorschritten aus mittelalterlichen Malerbüchcrn zu
erklären. Nebst diesen gewährt uns auch die moderne wissenschaftliche Untersuchung sehr
sehiitzenswerthe Anhaltspunkte. In Italien. Frankreich, Spanien. Deutschland und England
wurden bereits in romanischer Zeit zahlreiche .Steinfiguren bemalt und vergoldet, eine Mode, die
nur einen Zweig der polychromen Ausschmückung von Sculprnren im allgemeinen ausmacht,
denn die Fülle holzgeschnitzter , bunter Statuetten an den deutschen Schnitzaltifren und die
bemalten und vergoldeten Elfenbein-Figürchen, in denen Spanien im XIV. bis XVII. Jahrhundert
so ausgezeichnetes leistete , gehören ebenfalls hieher.. Sandstein wurde an allen gothischen
Domportalen. Fialenstatuen, GrabmiUcrn n. a. bunt bemalt, in Italien gab man auch Marmor
diese farbige Bekleidung. Wie lang man, bei übrigens schon ganz umgewandelten Kunstanschau-
ungen. wie in Deutschland auch jenseits der Alpen, an dieser alterthilmlichen Verzierungsweise
Gefallen fand, bezeugen die merkwürdigen Figurengruppen in reicher und künstlerisch weith-
vollcr Bemalung im Baptistcriuin der Kathedrale von Novara, Scenen aus dem Leiden Christi
vorstellend, welche man sogar dem Gaudenzio Ferrari, Leonardo'» da Vinci Schüler, zuschreiben
will, einem Zeitgenossen unseres Wiener Meisters — 1550). Frankreich besitzt in den
Tumbenreliefs . mehrerer KönigsgrHbcr , namentlich in jenem Heinrich'* II. von England zu
Fontrevaud in der Normandie, bedeutende Werke dieses Ktinstgenre's etc.
Die Rechnungen des Dombaues von Orvieto bemerken zu dem Jahr 1551 in Betreff einer
Madonnenstafue von Marmor über dem Haupt-Portal an der Stirnseite, die Andrea Pisano poly-
chrom ausschmückte, wie folgt: Tres solidos pro bovis (ovia) pro clara fienda pro coloribus licpie-
faciendis in figura scu imagine V. M. . . VII. sol. et X. den. M. Andree de Pisis pro cenabro
biacca et cera colla .... pro duabus uncis azzuri ad rat. VT. solidor. pro uncia et pro modico
eerasse (ustae) et pro XII. foliis dauro ad rat. VI. den. pro quolib. folio pro Majestate pulcra de
marmore ornanda. Hieraus ergibt sich, dass der Firniss der verschiedenen, auf dem Steine ange-
brachten Farben ein Wachsleim war, cera colla, und diesen bestätigen noch andere Umstünde
und Nachrichten als den mittelalterlichen Überzug für Farben, welche auf der Flüche des Steines
haften sollen. Vielleicht ist schon das cerate des Vitruv, welcher dabei vom Polireu der Statuen
spricht, etwas verwandtes. Das sogenannte venezianische Manuscript im British Mus., aus dem
XIV. Jahrhundert, gibt ein ausführliche* Recept, die cera colla zu bereiten, wozu man Terpentin.
Mastix witscht und fern von der Sonne trocknet, endlich mit einem guten Zusatz von weissem
Wachs am Fexicr schmelzen litsst. Dieser Leim diente nicht als Tempera oder Pigment der
Farben, welche vielmehr, wie auch jenes Citat besagt , Ei-Tcmpcra-Farbcn waren; er wurde als
Firniss über diese zarten, leicht zerstörbaren Stoffe gebreitet, die so vor der Feuchtigkeit der Luft
geschützt waren. An unserem Monument seheint mir dieselbe Technik angewendet zu sein, die
Farbenreste blättern sich leicht ab, greifen sich weich und fettartig und entbehren eines eigen-
artigen Geruches nicht, der die Annahme wohl zu unterstützen geeignet witre. Allerdings kann
nur eine ehemische Untersuchung, wie sie in Pistoja von Branchi ist vorgenommen worden, eine
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Al.JIF.KT Il.r..
Sache der. Alt entscheiden, so viel jedoch um-** auf alle Eventualitäten hin genagt werden, das« es
auffallend heUsen müsste. wenn ein anderes Resultat an den Tag trilte . denn solche Haupt-
techniken begegnen durch alle Perioden und Receptc des Mittelalters liindureii unverändert und
ich glaube, das» man ebenso wenig jemals einen andern als Waehstirniss auf bemalte .Statuen
legte, als man durch alle Zeiten hindurch nichts anderes als Kalk zum Frescu und Kiwcis* zur
älteren Tafelmalerei anwendete. Das Wachs drang von der Oberfläche des Firnissüberziiges in
die darunter befindlieheu Farben ein und verlieh ihnen Glanz und Körper.
Was die angewendeten Farbstoffe anbelangt, so sind es keine andern als die gewöhnlichen
mineralischen der Fresco-Technik, da vegetabilische auf dem .Steingrunde nicht dauern. Wir nehmen
liier blos auf die auch an unserai Werke vorfindlichen Rücksicht. Der Hut und Mantel des heil. Hiero-
nymus , das Birct des Verstorbenen, die Lippen aller Personen, vielleicht auch das Blut der
Seitenwunde Christi ist Zinnober, das oben bei Pisano's Arbeit erwähnte eenabrnm. Hin Rccept
des Franzosen Lc Hegne, Münzmeister der Stadt Paris, welcher 14Ö1 v iele Maler-Rcccpte zusam-
menschrieb, lehrt zu bemalen images pourtraictes et rondes. womit im letztem Falle wohl runde
Statuen gemeint sein müssen : auch er verwendet dabei eynobre und zwar als Mischungs-
bestnndtheil der Carnation. Für die Herstellung der letzteren haben wir ausführliche Angaben,
welche gewiss auch für nnsern Fall Ovltung haben. In einer Vorschrift des nordfranzösisehen
Mouches Petras de St. Andemar. welcher um das Knde des XIII. Jahrhunderts schrieb, wird <lie
Farbe des Fleisches, wie öfters im mittelalterlichen Latein, olchus genannt, seu meinbraua. Com-
ponitur ex mbeo seu vermiculo (Zinnober) et alba seu cerusa iBlciweis>i. Dann folgen die
Angaben von Surrogaten, wenn man Zinnober nicht hatte, auch ein wenig Grün soll beigemischt
werden, nudo ymagini. Imago bezeichnet immer das plastische, runde oder doch erhabene
Bildwerk, daher nennt auch Thcopliilus die freien geschnitzten Mensehen- oder Thicrfigiircn an
sellis et octoforis imagines i l. 23). Vgl. das obige Citat von Pisann und Le Hegne. Bei diesem
wird die simple membrane für Statuen au* un poi de eynobre ei un poi de mine und dein röthlich
dunklen Pose bereitet, de laqucllc von* rougirez den*, naselles. boticlic. main* etc. Au* Zinnober,
Bleiweiss und vertbleu i Blaugrün i mischt er eine andere Carnntioti, welche luniine heissi, für die
Nase und Augenbrauen: eine dritte aus Roth und Schwarz, Namens (Vdra. für die Züge um die
Augapfel. Das Grün unsere* Relief* scheint nach P. de Andemar'* Reeept eine Mischung von
Azur und Auripigment. dem dann Sehwarz i 'wohl Lainpenruss?) beigemischt ist. zu sein, das Blau
der Pilaster-Füllungen. auf dem sich die goldenen Wappen abheben, Azur, das Weiss des Priester-
gewandes wohl ein Kalkweis*, der Löwe lichter Oker.
Um uns von dem Vorgänge bei der Herstellung der Vergoldungen ein klares Bild zu
machen, nehmen wir das 174. Gap. de* Kun*tbuehes von Cennino Ccnnini zu Hilfe, woselbst eine
Steinfigur mit Gold zu belegen gelehrt wird. Zuerst gibt man mehrere Lagen mit heissem Leim,
mischt dann feingesiebte Holzkohle mit einer Beize von gekochtem Leinöl und Firnis* und trügt
das auf dem trockenen Leinigrunde auf. Nun wird waraier Leim mit Ligelb vennengt und mittelst
eines Schwanmies über die Beize mit der Kohle, wenn dieser zweite Überzug trocken ist, frottirt.
Das Öl verhindert die Feuchtigkeit des Steines, sieh dein nun folgenden Gvpsübcrzug mitzu-
theilcn, den man gleichfalls mit Leim anbringt, aber in v ier und mehr Lagen Uber einander.
Daun trägt man armenischen Bolus auf und bringt darauf da* Gold an wie in der Miniatur- und
Tafelmalerei. Ohne Zweifel hat Andrea Pisano seine maesta in Orvieto auf diese Weise mit den in
der Rechnung aufgeführten GoldblHttcrn belegt, zu CenniniV Zeiten scheint die Deeoration*-
weise weniger in Übung gewesen zu sein, wie er bemerkt. —
Nun zu den Inschriften des Monumentes, von dem man bisher nicht wnsstc. welchem Ver-
storbenen es gewidmet sei. Die untere Inschrift besagt nichts über die an dieser Stelle beigesetzte
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Übeu ein Ghabuenkmai. des St. Stkphansdoiies in Wien.
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Person. Da Ogesser und Tsehischka Uber das Denkmal schweigen, so ist Perger der erste,
welcher dem interessanten Gegenstände einige Aufmerksamkeit geschenkt hat; jedoch ist hei ihm
die damals bestaubte Inschrift (LH auf p. 117) nicht völlig in der Zeilenabtheilung wie am
Monumente und ferner mit Auslassung zweier Worte gegeben, mit denen die Zeilen als Disticha
sich herausstellen. Richtig lauten sie also:
D . Ü . M . S.
DVM . VIX1 . COGXOVI . HOMIXVM . PIA . IVRA . DEVMQVE,
ME . STVDIORVM . IIABV1T . DOCTA . VIEXXA . PATREM.
COXSILIO . ASSENTIT . CAESAR . HIC . MORTE . DIREMPTI.
OSSA . IACEXT . AXIMVM . SIDERA . ( ELSA . FOVEXT.
M . D . VI.
»
Die obere, erst seit neuerer Zeit lesbare Inschrift aber lautet:
CLARISS1MI . D.
10 . KALTXMAR.
ER . IVRIV . r E . THEOLOGIAE.
1 >OCT . RATISBOXEX . PATAVIEX.
AC . VIEXEX . ECCLES1ARV . CAXOXICI . IXFRA
OXASVM . OFFICIALIS . EBITHA . (sie) (DVCTV . MAG
ISTRI . GEORG II . PERLAR . EDITVM) . QVI . G,
VLTBIA . APRIL . AXXO . M . D . VI.
MEORIA . D . KALTEMARCKT.
Wir haben nicht die Absicht, in diesen Blattern, welche weniger der Erforschung allgemein
geschichtlicher Verhältnisse, als archäologischen und kunsthistorischen Gegenständen gewidmet
sind, die Geschichte des Mannes zu sclireiben, dessen Andenken unser Grabmal ehrt. Zudem ist
die Person des Passauer Officials Johannes Kaltenmarkter, jeglichem, der die Geschichte der
Reformationsbewegungen in Österreich cinigermassen kennt, keine fremde Erscheinung. Uns lag
hauptsächlich daran, auf das Denkmal aufrnerksam zu machen, welche» bisher wenig beachtet und
seiner Bestimmung nach unbekannt war, in künstlerischer und historischer Hinsicht zu den inter-
essanteren der Kirche gehört, eine bestimmte Kunstfonn repritsentirt, die Verquickung gothisclier
und italienischer Richtung zeigt, vielleicht mit den übrigen ähnlichen einem bekannten Meister
zuzuschreiben sein wird und sich durch seine polychrome Ausschmückung hervorthut. Daher über
den hier Bestatteten nur eine kurze Erinnerung.
Über die geistlichen Würden des Mannes gibt die Grabschrift seilirr Auskunft; er war Doctor
und Canonici!», Lehrer an der theologischen Facultilt und Domprediger. Als bereits in der zweiten
Hälfte des XV. Jahrhundert» verschiedene, von der Kirche al» hUretiseh verworfene Lehrmcinungcn
auftauchten, in Predigten und Kathcdcrvortragcn geistliche und weltliche Gebildete wie nicht
minder auch die Masse der Bevölkerung in Bewegung brachten, Xachspiele des Hussitismus und
Vorspiele des Lutherthums in Österreich, da wird Johannes Kaltenmarkter nicht als der unbe-
deutendste dieser Xeueren genannt. Einer der frühesten, war schon 1441 der damalige Chor-
meister des Domes gegen die Bettelorden aufgetreten, wider deren Ablasshandel sich vorzüglich
die Opposition der Wiener Reformatoren richtete. Wie dieser Prediger und später, 148(>, der
Dr. Georg Prcposst von Cilly, welcher in humanistischen Thesen eine laxe Moral verkündigt zu
haben beschuldigt wurde, wie 1509 der Spitalmeister und Comthur zum heil. Geist Philipp
Turriano, die Cistcrcicnscr Jacob und Theobald, 1510 zahlreiche Kanzelredner in St. Laurenz,
XVII. :i
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LS
Al.UKRT ll.U. I BKK KIN < ■ KAHDENKMAt- UKS St. .Sti.PIIANSIjOMKS IN WlEN.
1 >*• i St. Peter und ilt'ii Schotten namentlich gegen Bilderdienst, Hcliquicnverehrung und schlimme
Mönchszncht eiterten, in demselben Geiste, doch wie. es seheint mit feinerer Gelehrsamkeit und
grösserer Begabung, hatte sieh auch Kaltcnmarktcr in die jährenden Streitigkeiten des Tages
gemischt. Er sprach im Dome, der nun seine Keste beherbergt, gegen die Papstgcwalt, über
(\>ucil und Papst, dann wider die Privilegien der Medicanten-( )rden bei Begräbnissen und Beichten,
und entwart' ein scharfes Hild des damaligen arg verfallenen Lebens der Mönche. All' die genann-
ten Reformircr aber wurden, im Gegensatz zu dem gewöhnlichen Gang der Dinge im folgenden
Jahrhundert, noch nicht, gleich einem Tauber und Hnbinayer, den Flammen überantwortet,
sondern siimmtlieh durch gütige Vorstellung und Ermahnungen zum Widerrufe bewogen.
So auch Hans Kaltemnarkler. Nachdem die Facultät seine Anschauungen missbilligt hatte,
kam von Rom, durch einen eursor (Courier) des Augustincrordcns ilberbrachf, ein päpstliches
Hieve (4.. August 1 B»2), darin Innoccnz VIII. dies Vorgehen der Universität belobt und den
öffentlichen Widerruf der in der Schule vorgetragenen propositioucs et eonelusiones partim
heresim sapientes , partim erroncae et partim scandalosae forderte. Die Cardinälc Olivcrius
St. Sabinae in Neapel und Georg von Lissabon als bestellte Richter hatten dieselben als
ketzerisch verurtheilt und ihre Meinung am 10. Mai j. J. abgegeben, nachdem der Angeklagte
einmal widerrufen. Er wurde nun ein Jahr von aller Lehre stispcndirt und cntsehloss sich endlich
auch zur öffentlichen Zurücknahme seiner Thesen, was in seholis juristarum am 2.S. i htober von
der Kanzel geschah. Seinen Widerruf nahmen Briccius Prcposst von C'illy, Canoiiicns uml Custos
von St. Stephan, als Vicekanzler der Hochschule und Decan der theologischen Facultät, die
übrigen Doctorcn und Lieentiateii aller Facultäten und zahlreiche Geistliche und Laien
entgegen. Nun wurde er, wie das päpstliche Breve es verheissen hatte, in den Sehoss der Kirche
wieder aufgeiionmien und jede „uinciiln" von ihm getilgt, folglich auch nach seinem Tode. lä'HJ.
die Beisetzung in der Kirche gestattet. (S. über diese Verhältnisse namentlich Kink's Geschichte
der Universität, I, 1, p. 235 und in den Beilagen (2) XL 20, woselbst Stellen des Widerrufes
abgedruckt sind. Ferner Chmel, Mat. z. österr. Gesch. I, <iö: Tsehischka, (ieseh. Wiens,
p. 2Kf>; Schimmer, Alt-Wien, Heft V. 5. u. a.)
Was die Errichtung des Grabmals neun Jahre hinausgeschoben haben mag, wie aus dein
Datum des Monogrammen hervorgeht, ist nicht bekannt. Dagegen meldet uns die Inschrift oben
den Stifter, Mag. Georg Berlar. Ich vermittln', dass diese Namensform auf einem Irrthmn des
Steinhaucks beruht, dem in jener humanistisch gebildeten Zeit auch gewiss nicht ebithaphium
vorgeschrieben gewesen sein kann, wie er es ausmcisscltc), dass Berlar für Perlach steht, welcher
Name damals öfter vorkommt. Georg Perlach wird 1552 in einem Verzeichniss der Besoldungen
der l'niversitäts-Lchrer unter denen der artisticac faeultatis als erster, mit jährlich !»0 Pf. Pfenn.
und zwar als Astronom aufgeführt. {Kink, I. c. I. 2, Difi. n.) Von ihm könnte das sidera celsa
fovent leichtlich herrühren. Ein Andreas gl. N., Arzt und Mathematiker, starb schon 1551, er
hat ein beachtenswerthe*« Denkmal aussen am Fuss«- des Indien Thunnes. (Og. p. 314. Nr. 11».
Per gcr p. 37.)
Auffallend scheint der Umstund, dnss die Inschriften unseres Monumentes des wichtigsten
aus Kaltenmarkters Leben , seines Abfalls und der folgenden Bekehrung mit keinem Wörtclicn
gedenken !
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i9
Die farbigen Glasscheiben im Dom von Florenz.
Iii mm Äthan? toi Dorannlrn.
Studie von Db. Hans .Semper.
I.
Längst anerkannt ist die wichtige Stellung, welche die gemalten Glasscheiben in der Architek-
tur des Mittelalters einnahmen; dies beweisen »ms schon die allerdings feindseligen Ausfalle
zweier unserer grössten Dichter gegen dieselben.
.Wo fielbat da« liebe Himmclslicht
Trttb durch gemalte Scheiben bricht-',
klagt Göthe's Faust Uber sein scholastisch dumpfes Studierzimmer. Heine aber vergleicht die
leuchtenden Farben der Glasscheiben, die von den Sonnenstrahlen in die Kirche hincingestossen
werden, gar mit „Blut und Eiter J . Und doch sind sie in gothischen Kirchen, unter deren Obdach
sie die höchste BlUthe trieben, filr den vollen Eindruck fast unentbehrlich, da erat durch sie die
ganze mystisch-sehnsüchtige Stimmung erreicht wird, die der gothische Styl anstrebt.
Die Glas-Mosaik und der gestickte Tcppich sind gleichsam die Eltern der gemalten Glas-
scheibe. Die Glas-Mosaik war im frühen Mittelalter eine vor allem beliebte Kunst, mit der Witnde,
Decken, Boden, Möbel, Sculpturcn und alles geschmückt wurde. Damit erhielt und bereicherte
sich auch die Technik des Glasschmelzens, Glasfärbens, der Bereitung von Glasscheiben etc. Mit
Teppichen aber wurden einst die Fenster der Kirchen-Schiffe verhangt, um das grelle Licht, sowie
den Zug vom Innern möglichst abzuhalten. Im frühen Mittelalter liebte man ja noch grössere
Düsterkeit der allerdings künstlich durch Lichter erhellten Riiumc als spHtcr, vielleicht in Erin-
nerung an die Katakomben und Krypten aus den Zeiten des ersten Christenthums. Wir lassen
dahingestellt, ob erst in Tegernsee um das Jahr 1000 die eigentliche Bemalung des Glases
erfunden worden sei, wie Wackernagel will. So viel ist sicher, dass schon im VII. Jahrhun-
dert von Beda und im IX. von Anastasius farbige Glasfenster erwähnt werden, die allerdings
wahrscheinlich nur musivisch aus kleinen bunten Glasstücken zusammengesetzt waren. Entspre-
chend ihrer Entstehung sind denn die ältesten Glasscheiben Italiens auch in einem entschieden
inusivischem Style gehalten, wie z. B. die herrliehen Fenster in St. Francesco di Assisi, die aus
dem XIII. und XIY. Jahrhundert stammen. Die Figuren sind daran klein, streng und decorativ
behandelt, die Farben in feinen Theilen gleichmässig zerstreut, so dass eine einheitliche teppich-
artige Wirkung entsteht Es wirken vor allem die Farben und ihr Gesammtschimmer steht in
vollem Einklang mit der Architektur. Zugleich herrschen hier aber noch schlichtere Farben vor:
Grlln, Kosa, Hellblau, Hellgelb, Weiss.
XVII. 4
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20
Dr. Hans Kfcnp»:it.
Gegen das Ende des XIV. Jahrhunderts nehmen die Glasscheiben eine ungemeine Oluth
an; feuriges Gold und Blutroth bilden den Gmudtou. Die Farben sind nieht mehr so fein vertheilt
wie früher, die Figuren fangen an mehr hervorzutreten und sorjrfiiltigcr ausgeführt zu «ein:
dennoch aber beherrscht das Ganze noeh eine einheitliche Stimmung.
Im XV. Jahrhundert aber , mit dein Eintritt des emsigen Naturstudiums und dem
Aufschwung »1er Malerei, sowie der Einführung <ler Ölmalerei, fanfit auch die Glasmalerei an.
mehr den malerischen als architektonischen Grundsätzen zu folgen ; die Farben erhalten wohl
eine grosse Tiefe und Wärme, werden aber zu pastos, die einzelnen Partien treten zu bedeutend
und unvermittelt hervor, die Zeichnung und Plastik der Figuren hebt sich zu sehr vom Grunde
und vom Rahinen heraus. Diese Tendenz wird fortgesetzt im XVI. Jahrhundert durch Gtiillaume
de Marseille. Giovanni da Udinc dagegen kehlt noch einmal zu der architektonischen Behandlung
der Scheiben zurück und schafft prachtvolle Muster, allerdings für eine hellere Wirkung in
helleren Räumen.
So viel glauben wir als flüchtigste Skizze über die Entwicklung der Glasmalerei in Italien
vorausschicken zu müssen, indem wir Parallelen mit Deutschland und Frankreich andern über-
lassen. Sicher ist es, dnss im XIV. Jahrhundert auch in Italien die Glasmalerei zu einem hohen
Grad von Schönheit und Ausbildung gelangte. Und dass man ihr emsig oblag, beweisen schon
die vielen Tractate, die darüber geschrieben wurden, l'nter den vielen schonen Glasscheiben des
XIV. Jahrhunderts ragen aber vor allen die des Domes zu Florenz hervor, ohne welchen dessen
innere Architektur in ihrer republikanischen Einfalt ihrer jetzt so herrlichen Stinunung zum
grossen Theile wohl entbehren würde. Es freut uns nun, in vorliegender Arbeit auf Grund-
lage von Documenten , die wir wohl erschöpfend im Archiv des Domes sammelten , einige
genauere Angaben über diese Scheiben machen zu können, und zugleich einige Irrthümcr, die
darüber im Umlauf sind, zu beseitigen.
Die stylistisch reinsten und in der Stimmung schönsten Glasfenster sind die vier der beiden
Seitenschiffe, zunächst dem Chor (da wir selbstverständlich von den vier blinden Scheiben
zunäc hst der Fahnde nicht sprechen).
Zugleich sind sie die iiitesten Scheiben und wurden von folgenden Meistern hergestellt:
Das Fenster seitlich Über dem Süd-Portal (gegen die einstige Via de' Cassettai) wurde von dem
Maler Agnolo di Taddeo Gaddi gezeichnet und von Antonio di Pisa im J. 13H5 ausgeführt.
Sechs Heilige sind in zwei Reihen unter gothischem Baldachin darauf dargestellt. Iu ihren
Gewändern folgen sich nach der grösseren oder geringem Verwendung die Farben : Roth, Blau,
Gold, Grün. Nur müssi^ heben sie sich von dem Grunde ab, der in den Farben: Grün, Blau,
Gold spielt. Teppichartig gemusterte Streifen umrahmen die einzelnen Felder. Das Ganze funkelt
edelsteinartig in einem feurigen, rothgoldenen Tone.
Ganz ähnlich ist das daneben befindliche Fenster, sowohl was die Anordnung der Zeichnung,
als auch der Farben betrifft. Die erstere stammt auch hier vermuthlich von Agnolo di Taddeo
Gaddi. während die Ausführung durch den Meister Nieeolö di Piero tedesco im Jahre 139fi
geschah. In dieser Scheibe treten aus dem roth-goldenen Grunde mässig hervor: ein schönes
Apfelgrün, ein Blau, das- zwischen Ultramarin und Prcussischblau steht, so wie Rosa. Wie wir
aus den Documenten ersehen, arbeitete dieser Deutsche ausserdem noch an zwei seitlichen
Rundfenstern der Facade (von 1412 — 15), konnte sie aber wegen seines Todes nicht vollenden.
Das Fenster schräg Uber dem zweiten nördlichen Seitenportal wurde von Agnolo di
Taddeo Gaddi und dem Maler Neri d' Antonio gemeinsam entworfen, und von dem Mönch aus
der Valloinbrosa, Leonardo di Simone, zwischen 1394 und 131*6 ausgeführt. Von denselben
Meistern muss auch das danebensteheude Fenster sein, da Leonardo mehrere Scheiben ausführte,
Die kakbig bn (Jlasschkibek im Dom von Florenz.
21
sonst aber keine von ilun sein können. Diese beiden Scheiben sind violleicht um einen Grad
weniger reich im Glanz als die gegenüberbefindlichen, sonst aber völlig verwandt. An der
Scheibe über der Thür sind Rahmen und Tabernakel gold, roth, grün, das Figürliche dunkel-
grün, violett, ultramarin und in zwei Abtheilungen roth gehalten. Im Fenster daneben sind
Rahmen und Grand vorwiegend roth und blau, die Tabernakel goldgrün, die Figuren blau,
roth, golden, grün. Man kann sich nicht satt sehen an der edeln feurigen Farbenpracht dieser
Scheiben, wo das Figürliche so zurücktritt. Über die andern Arbeiten des Leonardo di Simone
unterrichte man sich in den Dokumenten so wie im Anhang.
Die ältesten Scheiben nach denen der Schiffe sind in den Capellcnkränzon zu beiden
Seiten des Chor-Achtecks vertreten, und zwar scheinen hier wiederum die des Capcllenkranzes
recht* für den Eintretenden die alteren zu sein. Es ist hier eine wundervoll kräftige und tiefe
Harmonie zu sehen, wiewohl die Farben sich schon compacter zu gruppiren beginnen. Die
Zeichnung der Figuren weist auf Giotto's spätere Schule hin; die Tabernakel sind in einer
reichen Gothik gebildet. Leider lassen die Documenta keinen bestimmten Sehluss auf die Zeit
der Entstehung, so wie die Namen der Meister zu. In zwei Reihen übereinander beleuchten je
zwei dieser Scheiben die fünf Capellen. Wahrend die obern Fenster in vier Felder mit je zwei
Heiligen über- und nebeneinander eingethcilt sind, so zeigen die untern nur drei Felder, mit
einem sitzenden Heiligen oder Propheteu oben, zwei stehenden, meist gekrönten Häuptern, unten.
Von den untern Fenstern stimmen, von rechts angefangen, Nr. 1, 3 und 4 am meisten in den
Farben überein: Grün, Roth, Rlau, Gold herrschen in wechselnden Verhältnissen darin vor. In
Nr. 2 dagegen hebt sich Violett, Grün und Roth von einem braun-goldnen Grunde ab. In dein
sehr malerisch getönten Fenster Nr. 5 folgen sich nach ihrer Intensitiit: Rlau. Violett, Grün,
Rosa und Gold. Noch selbständiger als hier treten die Figuren in der obern Reihe hervor. Rlau,
Grün, Gold. Roth sind hier die Hauptfarben. Zu bemerken ist, dass die Architektur dieser
Capellen 1396 vollendet war.
In dem gegenüberliegenden Capellenkrauze ist die Anordnung der Scheiben dieselbe.
Auch hier sind die Baldachine noch gothisch. Die Figuren sind aber schon mit bedeutender
Fertigkeit, die Köpfe mit grosser Feinheit gezeichnet. Die untern Halbscheiben Nr. 1, 3 und 5
(von links angefangen) — der obere Theil ist weiss gelassen — deuten offenbar auf einen und den-
selben Meister hin. Grün, Roth, Rlau, Gold zeigen darin nicht nur denselben Ton, sondern auch
dieselbe Weise der Zusaininenorduuug. Im completcn Fenster Nr. 2 herrscht ein eigener düster-
wanncr Ton vor: Braun, Trübblau, Roth, wenig Violett und Gold. Nr. 4 nähert sieh wieder der
ersten Gruppe, obwohl zu dem Dunkelgrün, Roth und Blau noch Goldbraun und Violett tritt,
und auch dieser Scheibe einen etwas gedämpften Ton verleiht. - Von den oberen fünf Fenstern
mit je vier Heiligen zeigen die ersten übereinstimmend folgende Farbcn-Scala: Blau, Roth. Gold,
Grün; in der vierten herrschen Blau und Gold vor, Grün tritt zurück; in der fünften folgen sich
Gold, Violett, Blau, Roth, am schwächsten Grün.
Die Rundfenster der Facade stimmen leider nicht mit der Angabe der Dokumente
Uberein. Nachdem Nieeolö di Piero tedesco, der im Jahre 1414 zuerst den Auftrag erhalten, mit
Tode abgegangen, sehen wir von den Jadiren 1419 — 1424 den Predigermönch von Sta. Maria
Novella Bernardo di Stefano damit beschäftigt. Und zwar soll er auf jeder Seite zwei Rund-
fenster herstellen, also ausser dem grossen Rundfenster noch vier. Es wird ihm aufgetragen, die
Rundfenster zu beiden Seiten des grossen Rundlensters, rechts mit der Scene, wie Joachim aus
dem Tempel getrieben wird, link» mit Maria' s Tod und Bestattung, nach Ghiberti's Zeichnung zu
schmücken. Diese Darstellungen fehlen jetzt aber sammt den betreffenden Rundfenstern, und es sind
ausser dem grossen Rundfenster auch in der Architektur selbst Uberhaupt nur noch zwei Fenster
22
ük. H\ks Sempeu.
angegeben. Diese beiden letztem zeigen, rechts für den Eintretenden, Madonna im Baldachin,
unigeben von Engeln, link* Christus in ähnlicher Umgebung. Die .Schönheit der Engclköpfc
weist aufs XV. Jahrhundert. Trotz ihrer leuchtenden Harmonie zerfallen die Farben hier doch
schon in grössere Gruppen. Madonna trägt ein vorwiegend grünes Gewand, die Engel neben
ihr link» sind violett und blau, rechts roth. Dazwischen ist Gold und Griln auf blauem Grund;
die Umrahmung schimmert in allen Farben. Bei Christus ist Rotligohl der Grundton, sodann
treten Grün, Blau und Rosa besonders hervor.
Das mittlere, grüsste Rundfenster wurde von dem vielbeschäftigten Bernardo di Fran-
cesco, im J. 1443 wahrscheinlich nach einer Zeichnung Ghiberti's vollendet. Es zeigt Maria in vio-
lettem, grünem und bräunlichem Gewand in einer goldenen Mandorla, die sieh von einem ziemlich
kalten blauen Grund abhebt. In den Engeln, die zu je fünfen in schönen Gruppen schwebend die
Mandorla umgeben und sie tragen, herrschen Roth und Grün vor. mit wenig Gold. Die Zeichnung
tritt hier schon zu stark hervor, die Farben sind etwas blas» und unvermittelt neben einander.
Im hintern Capellenkranz gegenüber der Facade, der sogenannten cappella di St. Zenobi,
hat derselbe Bernardo di Francesco während der Jahre 1432 — 1443 eine ganze Reihe von
Fenstern nach Ghiberti's Zeichnungen hergestellt. Ausserdem hat Carlo di Francesco Gati im
Jahre 1440 nach der Zeichnung des Steinhauers Benozo di Emilio eines davon ausgeführt;
ebenso Domenico di Piero, Prior von S. Sisto aus Pisa, und zwar in der Capelle des St. Mat-
thäus (der ersten linksj. Endlich soll Angelo Lippi im Jahre 1443 die Scheibe in der Capelle
des St. Johannes geliefert haben. Es ist schwer, diese Scheiben mit Worten zu charakterisiren :
nur so viel, dass vier verschiedene Manieren daran zu unterscheiden sind. Die beiden unteren
links zeigen eine etwas ältere Behandlungsweise als die übrigen, Roth und Gold herrscht in
ihnen vor, Blau und Grün bringen etwas Wechsel hinein, die Figuren treten zurück. Sodann
sind die obern Scheiben Nr. 2, 3 und 4, von links angefangen, entschieden unter sich verwandt
und dem Anfang des XV. Jahrhunderts angehörig. Es kommen darin bereits Rundbögen vor,
auch hier sind die Farben in grösserer Masse beisammen und etwas hart in der Wirkung. Ebenso
sind die Figuren mit grosser Schärfe gezeichnet und treten bestimmt von dem Grunde hervor.
Charakteristisch ist hier das Weiss an den Gewiindern, da es den übrigen Scheiben fehlt. Das
Blau ist hier ein reines Ultramarin, ähnlich wie an dem grossen Rundfenster der Facade. W r ir
vemiuthcn aus diesem und andern Gründen, dass diess drei von den vier Scheiben sind, die
Bernardo di Francesco nach Ghiberti's Zeichnungen ausführte. Das erste Fenster von links oben,
sowie das dritte unten haben Verwandtschaft mit den drei obengenannten . ohne doch ganz
evident denselben beigesellt werden zu können. Die Scheibe in der vierten Capelle von links,
unten, scheint dem Angelo di Lippi zugeschrieben werden zu dürfen, da dies die Capelle des
St. Johannes ist. Gold und Roth werden hier kräftig begleitet von Violett und Blau, weniger tritt
das Grün hervor. Die letzte Scheibe von links, oder die erste rechts unten zeigt endlich Madonna
in schon sein- malerisch freier Compositum, deren blau-roth-grüne Gewandung sich von gold-
braunem Beiwerke abhebt.
Nun bleibt uns noch die Besprechung der Rundfenster im Kuppel-Tambour übrig. Den ersten
Auftrag zu zweien davon erhielt Fra Bernardino di Stefano im J. 1423, ohne sie jedoch aus-
zuführen, da er sich in Volterra aufhielt. 1439 geht der Auftrag für sämmtliehe Rundfcnstor an
Bernardo di Francesco Uber, der sie aber auch nicht alle ausführte. Sieben Rundfenster sind
farbig, dasjenige über dem Triumphbogen des Mittelschiffes, gegen das Chor-Achteck zu, ist
weiss. Von diesem an, rechts herum, sind folgende Darstellungen an den Fenstern vertreten:
1. Die Präsentation Christi im Tempel. Im Jahre 1440 wird Ghiberti für die
Zeichnung bezahlt, die Bernardo di Francesco zu diesem Fenster verwenden soll. Es ist hier
DlE r AftBIGEN (»LASSCDEIBEK IX Do» VON FLORENZ.
eine Stylvcrwandtschaft mit den drei Fenstern im Chor, die wahrscheinlich gleichfalls diesem
Meister zuzuschreiben sind, vorhanden. Dieselbe Deutlichkeit und Schönheit der Zeichnung,
dieselbe Reinheit der Farben bei etwas Kühle, hier wie dort. Blau, Grün, Roth, Gold ist ihre
Rcihenfoge.
2. Christus im Ülgarten. So malerisch diese Scheibe behandelt ist, so wenig wirksam
sind doch die Farben, so verworren die Zeichnung. Bernardo di Francesco arbeitete um 1443 daran.
3. Himmelfahrt Christi. Auch diese verfertigte der ebengenannte Glasmaler um 1414.
Die Farben sind hell, lebhaft, scharf geschieden. Christus hebt sich in rothem Gewand vom
blauen Grund; die Jünger tragen die Farben Grün, Blau, Gold.
4. Krönung Maria's. Im Jahre 1434 haben Ghiberti und Donatello Zeichnungen dazu
gemacht, von denen die des letzteren als schöner befunden und zur Ausführung bestimmt wird.
Da im Jahre 1437 Domenico di Pisa und Angelo di Lazzcro für eine grosse Rundscheibe in
der Kuppel bezahlt werden, die andern aber alle später hergestellt wurden, so liegt die Yer-
muthung nahe, dass sie die obengenannte Scheibe ausfUltrtcn. In Bezug auf Zeichnung und Com-
position ist dieselbe die schönste von den Scheiben im Kuppel-Tambour. Auch die Farben zeigen
hier eineu feineren, wenn auch zu malerischen Ton. Vor allem ist das malerisch wirksame weisse
Gewand der Madonna für eine so fern stehende Glasscheibe unstatthaft, da es wie ein Loch
erscheint. Auch sonst sind die Farben zu einfach vertheilt ; Christus ist in rothem Gewand mit
grünem Mantel, der Grund ist blau; ausserdem umgiebt ein Fries in Roth, Gold und Blau
die Scheibe. Der Werth der Compositum liegt nicht im Stofflichen des Motivs, dasselbe ist alt,
und ganz Khnlich z. B. auch von Lorenzo di Bicci an seinem Terracottn -Relief von Sta. Maria nuova
verwendet: Maria beugt sich vor Christus, der ihr die Krone aufs Haupt drückt. Die Schönheit
liegt in den einfachen feierlichen Umrissen, im Ernst und der Innigkeit der Bewegung, sowie in
der unmittelbaren Belebung, die auch hier Dona teil o's geniale Hand dein kleinsten Detail zu
verleihen wusste.
f>. Die Auferstehung Christi. Bernardo di Francesco wird für dieselbe im Jahre 1443
bezahlt. So schön Colorit und Ton hier siud, so wiegt auch hier die malerische Rücksieht zu
selir vor. Braun und Blau herrschen vor, einiges Grün tritt hinzu.
6. Die Anbetung des Kindes durch die Magier ist der vorigen im Charakter
verwandt. In der Mitte liegt das Kind, rechts davon Maria und Joseph, links theils knieetid,
theils stehend die reichgekleideten und gelockten Könige. Der Hintergrund ist blau, die GewHnder
grün, roth und violett. Ein Fries herum schimmert in Roth und Gold. Was den Erfinder dieser
Composition betrifft, so wissen wir aus den Documcnten, dass Paolo Uccello im J. 1443 Zeich-
nungen für Rundfenster mit der Verkündigung und der Geburt des Herrn machte, sowie dass er
im Ganzen drei Scheiben ausführte. Die Verkündigung befand sich also vermuthlich an der
Stelle der achten, jetzt weissen Scheibe, und wurde vielleicht durch ein Gewitter zerschlagen:
die Geburt des Herrn dagegen vertheiltc er wahrscheinlich auf zwei Fenster, da wir in der fol-
genden Scheibe:
7. Die Anbetung der Hirten sehen. Ochs und Esel, sowie die Hirten grnppiren sich
hier um die Wiege als Mittelpunkt. Die Farben sind Blau als Hintergrund, Grün und Braun am
Beiwerk, Blau, Violett, Roth an den GewHndern; Gold und Roth am Fries. Bernardo di Fran-
cesco führte zwischen 1444 und 1445 die beiden zuletzt genannten Scheiben aus.
Leider war es uns in dieser Schilderung nur theilweise möglich, die Urheberschaft der
einzelnen Glasscheiben nachzuweisen. Nur soviel noch als Recapirulation: Die Scheiben in den
Seitenschiffen sind die ältesten und zeigen noch eine mosaik- oder teppichartige Farben-Com-
position.
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Du. Haxs Sumte«.
Als zweite Kategorie, etwa vom Ende des XIV. und Anfang des XV. Jahrhundert«, kann
man die Scheiben der seitlichen Capellenkriinze, einiger in der hintern l'lurcapelle, sowie die
beiden kleineren Hundsrheiben der Facadc bezeichnen. Den Figuren wird liier schon mehr Sorgfalt
zugewendet, doch besteht noch eine ziemlich glciehmassigc Vcrtheilung der Farben, wenn auch
in grösseren Massen.
Zur dritten Kategorie kann man das grosse Rundfenster, sowie einige Fenster im Chor,
und die Rundfenster des Tambours rechnen. Ks machen sich innerhalb derselben mehrere Rich-
tungen geltend, von denen die Ghibertisehe etwas härtere Töne besitzt, als die andere. Die
Composition der Figuren, die Zeichnung, sowie die malerische Seite der Farben drängt hier
entschieden den mnsivischen Styl zurück.
Der Grund ist an allen diesen Scheiben blau, was natürlich ist, da er die Luft vorstellt.
Oft aber wird er, besonders bei den altern Scheiben, vom ornamentalen Beiwerk und spater vom
Figürlichen so bedeckt, dass er nur wie ein schwacher Beigeschmack erscheint und also von uns
nicht überall besonders bezeichnet wurde. Da Hernardo di Francesco'« Scheiben in verschiedenen
Manieren gehalten sind, so erhellt daraus, dass, wenigstens im XV. Jahrhundert, die Glasmaler
nur die ausübende Hand des erfindenden Malers waren.
Wir haben unter den Glasmalern zwei Mönche, Fra Bcrnardiuo di Stefano, Mönch von
Sta. Maria novella, und Fra Leonardo di Simone, Mönch von Vallombrosa; ein Zeichen, das« die
Glasmalerei nicht unerheblich in den Klöstern gepflegt wurde.
Ebenso Indien wir einen Antonio von Pisa und einen Donienico di Pieio von Pisa (der
ebenfalls Geistlicher war): ein Anzeichen dafür, dass in Pisa eine Glasuialerschule blühte, die
auch sonst bestätigt wird. Dass ein Venetianer, Andrea , unter diesen Glasmalern erscheint, darf
nicht wundern, da ja Venedig seit dem frühesten Mittelalter eine classische Stadt für alle Arten
von Glas- und Gbispasteubereitung war.
Die hier documentirte reiche Thatigkeit eines deutschen Glasmalers, Niccolö di Riero, der
sogar sein Glas aus Deutschland bezog, ist ein Reweis für das hohe Ansehen, in welchem damals
die deutsche Kunst, wie in übrigen Fachein, s<> auch in Bezug auf die Glasmalerei in Italien stand.
Dies kann man auch aus der grossen Achtung und den Privilegien ersehen, die «lern Glas-
maler Francesco di Domenico di Livio von Gambasso zu Thcil wurden, der, obwohl Italiener, doch
in Lübeck, wo er seit seiner .lugend sich aufhielt, seine Kunst erlernt hatte. Von Lübeck wurde er
nach Florenz berufen, machte auf Kosten der Dombauhütte die weite Reise, erhielt ein Haus mit
Schmelzöfen für sich und seine Familie und wurde von- allen Abgaben ausgenommen. Dennoch
geschieht mit keinem Worte auch nur eines Fensters Erwähnung, das er auch wirklich ausgeführt
hktte. Wir können uns dies nur aus dem Fmstande erklären, dass er kurz nach seiner Ankunft
in Florenz starb. Man ist nun vielleicht anfangs geneigt, in dem vielbeschäftigten Bernardo Sohn
des Francesco, sowie in Angelo Sohn des Francesco, .Söhne des Francesco di Domciiico zu
suchen, da er solche ja nach den Documenten hatte, und sie seine Kunst ausübten. Aber diese
Vermuthung verliert ihren Boden, wenn wir sehen, dass Bernardo di Francesco seine Thatig-
keit schon im .Jahre 1424, Angelo die seinige im Jahre 1433 begann, Francesco di Domenico
aber erst im Jahre 1436 durch den Glaser Bartolomen Petrucci den Vertrag seiner Berufung mit
der Dombauhütte abschloss.
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DtE FARBIGES Ol.ASSCnEIHEK IM l>0« VON Fl.ORKKZ. 25
II.
Übersicht
«her H.'n
Inhalt der auf die Glasmalerei im Dome bezüglichen Documente.
lArchiwo del iMiomo: DrliberaUoni e sianr.iatnenti degli operai (Ii S. Maria de! flore.)
(ir„rdi,er »nrh den Kilnllern.
Leonardo Simone:
Mai 137-1. Macht ein Ken« Irr über dem Portal gegen dir Sem.
August 1391. Macht Fenster mit sech* Hciligcu in jedem mich der Zeichnung und Malerei dos Agnolo Taddei Gaddi.
7. April 13W». Bezahlung an die Maler Nero d' Antonio und A. Tadd. Gaddi fUr Feiisterzeiehnungen.
Hl. Juni 13'.«^ Setzt eine Geheilte neben der Figur des Glov. Aglmto.
Antonio dl Pisa:
23. Dcbr. I.K.".. Macht ein Fenster über der Thüre gegen die Via Cassottai »üdl.i nach Agnolo di Taddeo Gaddi» Zeichnung.
Xlccolö di Plcro Teilt:
I. 'i. Juli 1390. Macht Feister gegen die Via < »s*ettai.
21. August Uli. Macht Glasaugen für die Oper«.
29. Ek'br. 1112. Macht zwei Glasaugen für die Knaule.
9. Juni Uli. Wird er dafür bezahlt.
30. Juni I II I. Ist nicht zur rechten Zeit fertig und wird nicht weller bezahlt.
21. August 1414. Andrea di Veneni« »oll Geld für die Facadeuscheibcn erhalten, um c» dem Niccolo auszuzahlen.
25. Oct. 141.*». Bezahlung dir Glas, da» er aus Deutschland bringen läsut.
Fra Bernard Ino dl Stefano dill online de predicatnri di S. Maria uovelbi.
23. Oct. 1410. Soll die Kuodscheiben »der Augen der Parade luaehen, die anfangs dem Xiccolo aufgetragen waren, der aber
jetzt tndt ist. Dieselben befinden sieh links vom Eintretenden. Diejenigen recht» »oll er ebeitfall» ausfuhren. Er soll eine
Zeichnung dafür luarheu lusseii und den Operarii zeigen.
14. Dcbr. 1419. Er »oll bis zum folgenden .lahr fertig werden, oder der Bauhütte *>i) fl. wieder auszahlen. In der Saeristei »oll
eine Scheibe hergestellt werden. ,
2. Juni 1423. Kr soll die Zeichnung fUr ein Bundfeusier in Florenz in Empfang nehmen.
14. Juli 1423. Fra Bernardino und l.astra werden bezahlt dir zwei Stücke Kupferdraht zur Befestigung zweier Rundfcnstcr.
3. April 1424. Er »oll die zwei Blindfenster neben dem grossen Blindfenster der Facade machen, und zwar dasjenige rechts
für den Eintretenden mit der Vcrjagiiug de» heil. Joachim aus dem Tempel, das links mit dem Tod und der Bestattung
Marien». Die Zeichnungen dazu soll Lorenz» (ihiherti liefern.
12. Jänner 1424. Fra Bernardino. der augenblicklich in Volterra weilt, soll nach Florenz kommen, um mit Ghiberti Uber die
Blindfenster der Kuppel »ich zu verabreden; mich einein Monat wird er mit Strafe belegt.
29. Jänner 1424. Es soll an Fra Bernardino gesehrieben worden, das» er nach Florenz kommen »oll, um eine Differenz zwischen ihm
und I.orenzo Ghiberti bezüglich zweier Zeichnungrn für Knppelrundfcuster beizulegen; sonst werde er mit Busse belegt.
24. Marz 1421. Fra Bernardino soll die beiden Rundfenstcr zu beiden Seiten vom llaujitnindfeuster an der Fafade machen, daa
eine mit der Vertreibung Joachim'» vom Tempel, das andere mit dem Tod und Begräbnis» der Maria.
26. März J42!i. Es »oll ein Brief an Fra Bernardino geschrieben werden, er »olle- zurückkehren, um die Rundfenster der Kuppel
auszuführen, soust werde er mit Strafe belegt.
II. Febr. 1142. Fra Bernardino erhalt 20 L. um »ie dem Glaser Nicola* zu geben fUr ein Feiuder in der zweiten Saeristei.
23. Febr. 1442. Macht ein Fenster fllr die zweite Saeristei.
10. Dcbr. 1143. Macht ein weisses Fenster für die Saeristei.
Franeeaeo dl Domenico dl Llrlo da Oambasso:
23, April 14.%. BeschliiH» der operai, dem obigen, der in Lübeck lebt, einen Brief zur Eiuladuug nach Florenz zu schreiben.
f>. Oct. 1430. Eine Fetilion von ihm fUr gewisse Begünstigungen »einer Person »oll berücksichtigt werden,
f». Oct. 1436. Vor drei Jahren haben die operai echoii einen Brief an ihn geschrieben, worin »ie ihn einluden nach Florenz zn
kommeu. Er wohnt seit seiner Jugend in Lübeck, wo er Familie hat und alle Fächer der Glasmalerei ausübt. Es soll in
Florenz dafür gesorgt werden, das» er mit seiner Familie wohnen kann. Die Reise soll ihm vergütet werden. Er soll für
Lebzeit Unterhalt in Florenz finden. Er ist von Räubern ausgeraubt worden. Hicflir und für die Reise »oll er 100 fl.
erhalten. 20 sogleich, den Rest sobald er in Florenz die Ausübung »einer Kunst begonnen. Er soll eine Wohnung und
ein Atelier mit zwei Öfen zur Verfügung erhalten. Er und »eine Söhne und Guter »ollen Lebzeit von allen gewöhnlichen
und ausserordentlichen Steuern frei »ein. Er hat Freiheit in der Iler»tellung von Öfen. — Keine von den 21 Künsten in
Florenz soll ihn in der Ausübung »einer Kunst beeinträchtigen. — Dafür »ollton or, seine Sohne und Arbeiter alle Arbei-
ten In Mosaik und Glas ausführe», deren die Opera bedürfte. — Den Preis dafür mtis« er ihrer Dlscretion Uberlassen.
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2G
Dr. Hans Semper.
19. Oct. 14*». Gnmbasao ratificiit den Vertrag durch den Glaser Bartolomeo Pctrucei. der eine Hypothek bei Lodov. Torna-
guinei hinterlegt.
10. April 1437. Bcschlus* da» versprochene Hain mit zwei Ofen für Francesco zu kaufen.
Bernardo di Francesco:
4. April 14/1. B. Francisci und Lastra werden bezahlt für 14 ! /j br. f. Kupfernetzes zur Reparatur von Fenstern.
H. April 1432. Soll mit einem Diener eine .Scheibe für die Tribüne der Cnp. S. Zenobi Uber der genannten Capelle machen,
um denselben Prci« um den er die Fenster der genannten Capelle machte.
Hi. April 1431. Auftrag, 4 .Scheiben Uber der Tribüne der Cap. Zenobi zu machen, mit den Geschichten der Geburt Maria ».
23. Debr. 1433. Lorcnzo Ghiberti bat eine Zeichnung ftlr ein Rundfenster de» Kernardo di Francesco gemacht, die vielleicht
verändert »erden »oll.
20. April 14-'J4. Soll 2 von den 4 nhenaufgetragenen Fenstern nach den Zeichnungen Ghiberti's machen mit Geschichten, welche
Mattco de Strozzi und Nieeolo degli Alessandri anzuheben haben. Die Zeichnung soll bia Ende Mai fertig »ein.
:>. Juli 1435. FUr die 4 Fenster erhielt er 22 Kititen Glas für 152 fl. davon kann er für 50 fl. auf jede» Fenster verwenden,
der Rest wird ihm spater gegeben.
14. August 1436. Lorenz» Ghiberti soll bis Ende August die Zeichnung der Jungfrau Maria dem Bernardo geliefert haben, sonst
kann dieser sie jemand anderem auftragen.
Ii». April 1137. Die BautouiuilsiMoii für das Grab des .S. Zenobi«» sollte die Ausführung der 4 Glasscheiben besorgen, weil sie
aber mit Geschäften überhäuft ist, übernimmt die Opera das Amt.
10. April 1437. Beschluss, den Auftrag von 4 Fenstern au Bernardo ili Francesco zu annnlliren.
24. Mai 1438. Bezahlung an Ghiberti für die Hälfte einer von 4 Figuren, die er ftlr ein Fenster zeichnen soll, das von Bernardo
di Francesco in der Capelle S. Zenobi hergestellt werden »oll.
30. März 143Ü. Kernardo Francisci soll alle Blindfenster der Kuppel ausfuhren.
1!). Juni 1437. Bezahlung flir ein (üasfenster in der Tribüne der Cap. S. Zenohius.
11». Debr. 1437. Bezahlung fllr da» dritte Fenster ebenda.
•24. Mai 143s. Bezahlung ftir die Hälfte einer Zeichnung der 4 Fig. eine« Fensters in der Tribüne der Capelle S. Zenobin».
Ii*. Sov. 143K. Bezahlung für die Einsetzung eines Fensters elienda.
2*. Debr. I I 10. 1.. 273 für ein Fenster in der Tribüne gegen «las Kloster, in der Capelle de* Märtyrer», genannt della parte (guclfa).
14. Oct. 1410. Bezahlung für Fenster der Sarristei.
14. Oct. 1440. Bezahlung fllr die Zeichnung eines Fenster».
s. Xov. 1440. Bezahlung an tihibertl fllr den Best einer Zeichnung,
lo. April 1413. Bezahlung eines Fensters in der Capelle von .St. Jacob.
2H. Debr. 1410. L. 273 llezaldung fllr ein Fenster in der Tribüne gegen das Kloster, in der Capelle de« Märtyrers, genannt
della |uirte.
15. Jänner 1443. L. loo für ein Rundfenster der Haupttrlbilne mit der Auferstehung Christi.
3. Febr. 1443. Bezahlung ftir Kundfeiister.
10. Febr. 1443. Bezahlung ftlr ein Rundfenster.
2*. Febr. 1143. Bezahlung eines Rundfensters mit Christus, der im Garten betet,
s. Juni 1113. Bezahlung für eiu Fenster.
IS. Juni 1443 Bezahlung eines Fensters an der Thllic der Kirche.
11. Oct. 1443. Bezahlung ftir Fenster.
7. Deel). 1113. Bezahlung ftir liundfeuster.
7. Junucr 1444. Bernardo soll an Paulo Uceello 50 I,. geben für die Zeichnung der Rundfeneter.
23 April 1443. Bezahlung fllr mehrere Blindfenster.
30, Debr. 1444. Bezahlung für ein Rundfetister mit der Annunciation der Jungfrau.
•_'h. Febr. 1445. Bezahlung für Rundl'enster iler Kuppel.
IS. Juni 1445. Bezahlung für ein Rundfenster mit Christus, wie er im Tempel eingeführt wird.
10. April 1443. Bezahlung für ein Fenster in der Capelle S. Zenobi.
x. Juni 1443, Bezahlung an ihn und »eine Genossen ftir ein Fenster.
15. Jäuner 1444. Bezahlung fllr Rundfenster mit "der Himmelfahrt Christi
11. Oct. 1447. Bezahlung für Gläser in den Tabernakel des Corpus Domini .Mosaik?,.
Angelo dl Francesco :
13. August 1433. Bnrtol. Anglieiai. der Provisor der Bauhütte «oll von den l'rioren und dem Gonfaloniere die Freilassung de»
Angelo bewirken, dessen Dienste man zur Herstellung der KuppelfcnsteT gebrauche.
Angelo di Lauter«.
2*. April 1137. Soll eine Scheibe erhalten, die gerade am iW'.thigsten »ei.
Maentro Angelo o<ler Angelo di Llppo:
13. Oct 1433. Soll Rundfenster des neuen Bauhiittengcbäudes , sowie des Domrumpfes machen.
10. Mai 1435. Nicola» di Alessandro und seine Genossen sollen die dem Maestro Angelo aufgetragenen Rundfenster vollenden,
ohne Veränderung der Zeichnung
10. Mai 1435. Angel» de Vetri und seine Genossen »ollen mit *> fl. Busse belegt werden, wenn sie nicht im Laufe der Woche
ein ihm aufgetragene» Rundfenster einliefern, ebenso Domenico.
Ifi. Juli 1437. Angelo de Vetri soll 2 Rundfenster im Schiff der Kirche von weitsein Glas inachen.
Iii. Juli 1437. Erhält Bezahlung für 2 weisse Blindfenster im Schiff.
24. Juli 143*. Angelo di Lipp» und Dominieo di Piero von Pisa werden bezahlt für ein Rundfenster der Kuppel
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Die i-arsigkk Glasscheiben im Dom von Flobexz.
27
13. Febr. 143H. Bezahlung flir die Wiederherstellung eines Fensters bei der TliUrc welche gegen du» Kloster de« Florentiner
Caplans führt.
7. Xov. 1438. Bezahlung Air die Wiederherstellung eines grossen Fensters im Dom neben der TbUre, durch die man com
Kloster geht
30. April 143U. Bezahlung für siebon weisse Rundfenster in der Wohnung de* Papstes bei SU. Maria novclia.
30. Jnni 143!>. Bezahlung eine« weissen Rundfenster» mit einem Comp«»», in der Mitte mit dem Zeichen der Freiheit, in der
Mitte der Kirche.
4. April 144::. Bezahlung filr ein Fenster in der Capelle des S. Oiov. Evang.
23. April 1444. Bezahlung für ein Rundfenster in der TribOne.
2.V Febr. 1463 (54). Bezahlung flir die Aufbesserung von Tribünenfcnstera und Oapellenfen»tern.
27. Juni 1454. Bezahlung Air Rundfenster und andere Fenster der Tribüne.
31. Dcbr. 145«. Bczslilung eine» Fensters in der Audienz der 0|>er.
Carlo dl Franeeseo Gatt:
28. Dcbr. 144». Bezahlung fnr eines der weissen Rundfenster mit Compasseu in der Mitte, die sich im Mittelschiff befinden.
2*. Dcbr. 14-10. Soll Benozzo di Emillo, iutagliatore, tttr die Zeichnung eines Fensters bezahlen, das er ausführte.
Uno Domenieo Guldoni:
28. Dcbr. 1440. Soll ein Fenster machen.
8. Juni 1443. Bezahlung flir Fenster.
11. Ocu 1443. Bczalilnng für ein Fenster in der Capelle delln parte (guelfa).
Vomciico dl Plero, Prior von St. Sisto aus Pisa.
10. April 1443. Bezahlung für ein Fenster in der Capelle St. Mathei.
27. Juni 1437. l>omenico di Piero und Angelo Lazeri werden flir ein grosse» Rundfenster in der Kuppel bezabtt
1443. Bezahlung flir ein Fenster.
Saadro dl Olorannl dl Andrea:
1477 (7»; 25. Febr. Wird erwählt zum Horstellen von Fenstern mit monatlicher Bezahlung von 1. 2, mit Beginn von Mir». Seine
derartige Beschäftigung dauert bis 1462.
1500. Macht er ein Fenster im Zimmer der Minister Ober dem Ausgang zur Opera, mit dem Zeichen der Wollcnxunft.
1503. Bezahlung flir Laiernenfenster im Dom, d. h. eine Öffnung um die Sonne in der Kirche zu Bchen für die Astrologen.
Zeichnungen ron Paolo UceeHo.
18. Febr. 1443. Bezahlung flir eine Zeichnung der Verkündigung (Bern, di Franc).
5. Nov. 1443. Bezahlung für eine Zeichnung der Geburt des Herrn (Angelo di Uppo,.
2rt. Janner 1445. Bezahlung der Zeichnung der Augen.
ttalberti und Donateil».
1434. 12. April. Beido haben eine Zeichnung der Krönung Maria » gemacht, die des Donatcllo wird besser gefunden und soll
ausgeführt werden.
28. Dec. 1140. Bezahlung für die Zeichnung eines Fensters, das Bern, di Franc, ausführte.
2H. Dec. 1440. Bezahlung eines Fensters, das Domenico von Pisa ausführte.
28. Dec. 1440. Bezahlung eines Fensters, das Carlo de tiati ausführte.
2«. Dec. 1440. Bezahlung eines Fensters, das Ouidone ausführte.
Benotlo dl EaiUlot
Zeichnete ein Fenster, das Domenico di Piero ausführte.
7. Dec. 1443. Bezahlung an Ghiborti für eine Zeichnung de» Herrn im Olgarten.
Bauhatte t
13. Aug. 1437. Der Werkmeister soll die öffnungeo der Sacrutelfenster machen lassen.
XVII.
5
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28
D«. Hans Scmi-ek.
III.
Urkunden
»U-« dein
Archiv der Dombauhtitte in Florenz.
(I,ibrtt ili Drliberatiune e .SianUaiucnii »Ifgll Opt-rai di SU Maria del Kiore eU.)
Leonardo di Simone, frate 41 Vallonibrosa:
1390. Zum ersten Mal beauftragt, mehrere Scheiben für den Dom herzustellen.
€. Mai 1391. Item siiuili modo el forma deliberaverunt et locavenmt Dopno »Domino, Leonardo Simonis inonaco ordini» valle
uiubrose qui facit fcnestra» vitrea« it<l facicudain unam Hnrstram vimain ex pari«» capsettaria iafra fcu.straui quae est
infra partcm per quam itur erga ecclcsiaiu Scte Mari« dp Servis, in qua l'eiicstra teueatur mictere vitruin, plowbum.
fcrraiucuta, rcta filonim, pontc» ad ejus expensa» et dp »uo leguaiuine et debeat habere et redperv pro quolibet
bracchio qnadro dicte t'eiiestre ppr pmiu fiende a dkta oper» fl 4. nuri cum hoc quin) friientra man*»! et stet bene ad
d>'*critlonetn operariorum et nliorum homlnmii cum omni gravaminc et unerr conteniptis in allocationc etc.
6. Mai 1394. Döpno Leonardo Simonis inonaco ordinis Vallis umbrose qui facit fcncHtraa vitrea« in ecclesia Scte Keparate pro
parte solutionis fene»trc vitrec quam taecre tenetur in ecelesia Scte Keparate de Kloniilia fl. l.'>.
Die 6. Augusti 1391. Itein offiriale* prct'ati ahsenlc tantum diclo Kranchatio purum collega »imul ut supra dictum congregati
ac actendente» quandam locaüoncm faelam per eo* die qninta Junii Dopno Leonardo Simonis inonaco ordini»
Vallisumbrose de faeiendo dictaa finestraa vitrea» in dicta ecclesia ut plcne patcr nianibua Scr Micbclis Masi tiine notari
dilti oflitii et cupientes dicta» fcnestra» in honorem Dci et Sanetorum et ad decorem eeclesie auledicte cum debito
online fieri deliberavcrnnt qnod per predietnm IMpnum l.eonarUuin fiaut et fieri debftnnt in dlcti» foneatri» vitreis
figure Sanetorum dei in tabernaeuli» VI »ei pro qunlibet riuestra nun eoloribus modo et forma pront et sie dicet et
dcclarabit Aguolits Taddei (iaddi pietor.
Dicta die. Dopno Leonardo supradlctu pro parte solutionis dicti laborerii dietarnm IcncMraruin fl. ccutumvigiuti auri dummodo
dietus Döpnua Leonardus . . . satis det ... de eomplendn »altem unam cx dieti» t'cnestris hine ad per totuni men»«iB Deccm.
bris ... Tel de restituendo dicto offitio i|)w« fl. eentnm vigiuto».
Die deeima mensis Septembris 1391. Dopno, Leonardo Simonis inuuaco orilini» Valiisutnbrose pro fenestris vitreis qua» facit in
dicta ecclesia S. Reparate de florentia fl. 24 auri ex causa miitui duiuniu<lo dietns Dnpnua Leunardus punctualiter satisdet.
(Be»ahlunj?en an deu»ell»en: 1«. Nov. 13H4 X) fl. :). Ik-e. 1394 lf» fl. H. Dee, ia<»4 X) fl. U. Dee. )3<)4 SO fl. 1!>. J»n. I3«j. r . M fl.
I.-.. MSrz 139j x« fl,|
15. .luli 1395. Matheo I'ieri ( biavaiiiolo pro quiuque fenestris f.-rratis et pro pluribiix ... alionim ferramentorniil quae ...
tradidit opere in pluribus partiti» a die 7. Apilli» uxque ad diem vi^eVimam »ecuadam Jniiii iu «umma libras eentum
qiindraginta octo. ». 17 d. 4.
Dicta die. Domno ler>nanl» «pii facit fenvatras vitrea» pro vitm quo ejfet oeeasione de eiiidam fenestre per cum facieude . . .
<L auri sexnaKinta.
17. Juli 1395. Aufmuiitrniiijf au Leonardo, „eine Arbelt au beschleunigen. '
14. Aug. 1396 lerbalt er 50 fl., I«. Aug. 1395 5D fl. 23. Sept. 1395 Ho fl., Ji. Nov. 1^95 40 fl.,
23. Dee. 1395. Dopno Leonardo Simonis uiagistro fenestrarum vitroarum pro parte solutionis fenestre \itree in ccclcaia acte
Reparate versu* viam Casaetorum fl. >0 auri.
7. April 139«. Ajrniolo Taddei Oaddi et Nero Antoni »olii» pictoribu» pro pielura uuiu» »quancii fenestre port. per Dopnum
Leonardum moiiaehnm die primo aprilis in ecclesia Sete Reparate ut patet in libro duomm m. v. H?S. fl. 15 auri
15. Juni 1396. Anpnolo Taddei (Jaddi pictor pro denariis apesis pro Dopno Leonardo monacho et magistro vitroi prout patet
in libro duortim m. r. 9<>. fl. 20 auri.
16. Juni 1396. Dopno L<^ouardo Simonis monacho et raajrinro vitn'i pro Mdvendo maifistrl« et inaniialibua quo» anuoverat
pouendo fenestram vitream qne est juxu figuras domini .lobauni» Aghuti ut patet in libro duoruin m. cart 27. ubi por-
tatum est ipaum dopnnm Leonardum debero dare libras quattuordeeim et s. quindecitn.
7. Juli 13%. Dem supradicti operarii modis et fonnis ]tredictis adsiirnavcruut et statueruut fratri minorum dopuo Leonardo
Simonis ad sulvendum diete opere . . . fl- auri quatuor quos dare et Mdvere tenetur et debet dicte opere ut palet in
libro opere predieto hine ad per totum presentem roensem Julii et reliqua medietatur etc.
Antonio dl Pisa:
23. Dec. 1395. Item in modo et forma premissia operarii . . . deliberavcrnnt qtiod statin) couiplct« fenestra vitrea super portam
versus viam Cassettornm qnam facit Antonius Magister de Piais infari debeat .... et »atisfiat magistro Filippo Francbi
Saccheti et fidemisaorl et Angelo Taddi (ihaddi pictori pro pingendo designando dictaa feneatras.
Slecolö dl Pier» Teotonleo:
35. August 1394. Xieholao Pieri Teotonieo ox causa mutni pro parte »olntionia feneatmrum vitrearum qua* faeit per dictau
ecelesiam Sancte Reparatp fl. 25 auri dummodo dktua Nicholaus . . . satisdet de restituendo dietam quantitatem fl. 25
dicte opere in ca»o quod non feciaaet In diotla fenestris ca quae facere tenetur »ecaudum promuua facU juxta dictos
operarir.».
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Die farbiges Glasscheibe* im Dom von Flore>z. , 29
10. Sept. 134. i Bezahlung an ihn von I. 1. ». Iii. d. 4.)
HO. Oc(. 1304. ißcxahlung. an ihn von fl. ilf» auri.)
I). Orr. 13U4. (Bezahlung an ihn von I. 11. ». 15. d. 8 )
Ii Juli IM!»'». Kilippo Kranchi de Saechetti» f'ampaori ]>r<> parle aolutinnin rujuMlam f<nentre farieude de vitro per magiatruro
Piernni Nicolai Teutonlciini slve uliuni qui conduxlt dicta* fenestra» existente» in Scta. RcparaU »upra viam <ap»etaeornm
fl. anri 4« «olvendoa per «lictura Filippum diclo n»agl«tro Pi<>ro *ive alio qui ronduxerit dlcUm fenestram.
10. LVc. 1402. Xicholao pieri del vetro habest in prc*t«ntiam fl. 25 anri pro Uborerio vitri per cum fiendi oclmli anteriori».
27. Dec. 1402. Xicholao Pieri magistro de vetro liabuit in prcstiintinm pro lahorerio per «-um hVndo pro dicta opera fl. 30 anri.
26. Juni 14"3. Xicholao Pleri de vetro fl. 2 anri mntuo »upra ejn» laliorvriiiro.
Xicholao pieri predlcto fl. is miri pro dandu Johanui della I.a«tra pro co mntuo dicto nicholo.
27. Juni. Krliält er 2i» fl.
:Mi. Juni. Nicbolao Pieri del vetro pro eo Lipp« di l'jqrolo per aalarimn Agnoli Hlii dicti Llppi fl. 17 «uri.
13. April 140«. Xicholao pieri del vetro I. H . qua« habnit in . iter »ptanda» fenestra».
17. Juni 140Ö. Xicholao Pleri del vetro erhalt I M.
25. Oer. 140K Xicholao Pleri nmirii.tr.> fenes.tran.in vetri pro aptaturn fenestre vetri . in ccclci» Scte. Reparate fl. 17.
Die 21 tu. Agosti 1412. Xicholao pleri inagisiro fcnextraruni vilrcaniin pro parte solutionis ocnlonim vltreoriiin quo» facit pro
opera fl. .15.
Die 21) ni. I»rhr. 1412. Xicolao pieri luiigtetro vetri pro mntuo eidem Xicolao facendo eihi et cnmputando in Uborerio vitri
duomin oculoriiw de t'aeie anteriori* ecclenie S. M. del fiore siipni duaa porta» fl. 30 anri.
Die IX Jiuiii 1414 Xk-holau pieri m*gi»trn fenentranun vitrearnin pro lahorerio facit pro dicta o|(ern pro oeitlo vitreo In facie
anteriori dicte eccle»ie de S. M. del Höre fl. 30 anri.
Die XXX Juiiii 1414. Xicholaiis Pieri nun,, vitri qni attarc liebet oculum vitrcuiu In facie anteriori dietc ecclcsic üc\v Marie del
fiore uou attavernt . . et ea causa retineatnr et eidem niehulao pecumam dicte opern retineri po**it et riebest S. 5
pro qimlibet liraccbio quatro totalem ejus dicto octilo »ibi »olvi dchchat.
Die 21 m. Augusti 1414. Xieholo i ieri inajtisiro vitrei et qni aetat oeiiluni vitreiim eatedrali» S. M. del fiore in parte anteriori
dicte ecclcsic fl. 20 anri . vel pretinm Andrea» . habeat magister vitrei de Vcnetli» pro dando diclo Xieeholao.
Die !• Mario 1414 M5 . Nieoluo pieri magistro tencstrariioi vitrei pro oculi» vitrei» quo« faeit pro facie anteriore Scte Reparate
fl. 2« anri.
Die 1<( Aprilig. Xicolao Pieri magiatro vitrei )iro recta et inlcgra »olntione dnorum »culorutn vitrearum per cum factonim pro
dicta opera in facie anterior! ecclcsic S. Marie del Höre fl. 2J> ». f.
Die 25. Uct. 1415. Xicolao pieri luatr. feiic»tramm vitri pro parte »olntioiiui vitri pro flneslrl« faciendi» qnod eonducere debet
de Alanuinnia ad dictani et in dictam operani in quatuor inenfes proximo» futuro« fl. eeiituiti anri.
A»crltti all» ('onqiairnia dei pittori Kiorentini »olto il titrdo di S. Lnca :
Siccolö di Piero dipintoro 1414. Xicliolo iKcnltoiei di Picro, acarpellatore aictino 14lo. Xieholo di piero da vetri 1415.
Wir haben liier drei Künstler K'bicliea Xwneiw, die nicht verweehtelt werden dürfen, »er zuletzt Ceuanute i»t unser
Deutscher. Über den Aret Iiier haben wir »choii in einer früheren Schrift nmlerort» ^prochen und Doeuinente veröffent-
licht. Ans dein folgenden DocumeuU- aehen wir, da*s er 14 lü todt war.;
Bermardlno dl Stefano:
LHe XXI I II in. oct. 1410. Krater IteruardiniiR Stefani ordiniü fratrum predicatonun du llorentia üieiat vitreiim dnorum ocu-
lonim eoeleoie »cle Marie del liore videl. prininin et »eennduiu tiieiei diete eeeleaie ex latere »iniato in iutmitu eeelenie et
quod qui intrat ecch-aiaui habet ex latere «tfiiiotro, nun obetunte quod alia» dicti ocull fiierint alil» loeati, videl. enidun
Xicolao. qui Xicolaua est nunc luortuua. Xon volueruut dicti operarii quod dicti» frat. Ueniurdinus faciat prinium et
«ecnnduui, licet »ibi fiierint alia* loeati tertiuo ac quartu»; propter uiortcni dicti nicolai quuni uon possei faceie primum
et eeenndura, et melius est a prinio et »eeiiiido, quam a tertio et quarto (i\ Et quod dicto fratri Rernardino dentur
luisure dictoriim occiloruni per vicecaputem dicte operi» qui qiso riatnr faciat diuegnnni storie quam ibl Inteudit facen^ et
ostendat dicti» operarii» vel eorum »uceensoribug ut p<>a»int deliberare »uper predicti« quod ei« videbitur . . . quod
niutuetur ei per catnerarinm dicte nperia super dicto lalK>rerio H. anri M ....
Die 14, De«. 1411». Krater Bernardinus Stefani ordine predicatoruro qui conduxit ad faciendum oculum de vitreo in facie eceleBie
»cte Marie del liore teueutur ac debeat feeiwe dictum oculum hinc ad iiiiuin anmiin proxiinuiu futurum, alias reddere et
reatituere teneatur opere fl. anri 50 ....
Die XXII M. oct 141'J. Fratri Rernardino Stufani predicatorum ordinia maKiatro vitreomm in mutuum super locutionc ... de
duobu» oculi» in facie occleüie . . .
Die !» ru. inartii 1122 * 1423, Item deliberaveiunt qnod: fiat certa fineatra in »aerestia »upra tect« pro luminaiido dicUm »acre.
»tiaiu prout videbitur ca]>tilnMiristro et cum minori expenao ut poaalblle est
Die 2. Jnnii 1423. Item quod faciat Hernardua Stefani ordini» fratrum predicatorum et conduetor nnins fenestrac vitri vel ocnli
pro majori ecclcsla veniat ftoreutiam ad reeipienda designa dicti oculi vel finostre pro tota 20 a die presenti» meusis Jnnii,
pro »uimna fl. 50.
Die 14. Julii 1423. Hornardo di Frane<e«co voc. Laatra, Bornardo (Stefani?) magistri Ane«trarnm vitrei dnorum petionim fili rami»
proponeudo duobiu oeulis dicte cccleaic nsque ad »ummam «. 18 pro quolibet bracvhio, vid. bracchiomni qnattuor.
Die 3 ui. AprilU 1424. Item simili modo et forma predicti actendentea ad quanilam loeationem olim factam fratri Rernardino
ordini» fratrum predieat, S. Mario novelle de flor. per qnam ut dicirur continetnr qnaliter ipse friiter Bernanlinua debet
compouere in dicta opera majori« ecclesie du»» oculoa vitrei cum certi» »torii» beate Mari« Virginia nude hodie ac
preaeiiti die delilK-rawrunt quod frater Bernardinus predietus teneutur facere duoc oenlo» in majori navl dicte
ecclcsie videl. duoa prinio» et proquinqnos majori ocnlo snpra porta v. unum u dextri» dicti ocnli inugnl et altcruni a
5»
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D». Hak« Semper.
siniatria. Et intrantia in ecclesiatu per portnm magnain oculuiu existentem a dextris 0. est versus noUriuni in illo fieri
debet storia beute Mario Virginia videl. quando Giovacchino fit chucciatu del tompto et in alio oculo proplnqno majori
in iotroitu dicte ewle»ie ad nianum siniatram vid. dirimpetto a lrgnaiiioli in ilio oculo fieri deliet Storia mortis et »epul-
ture Beate Mariae Virginia. Et designa dictorum oculorum et storiaruni fieri dehent per I^turentiuin olim Bartolucci magi-
«truin et proviaionatuni dietc opore proiit eidem vldebitur piiierioria et adorninria utiliu» «t honoratiua pro opern pndicta.
Die 13. apr. UM. Fratri Bernsrdino ordinla predic. pro dcslgno dtiuruiu ocnlormn per cum perficicodoruin in majori uavi dietc
eccle-sic. *
Die venerl», 12. Jan. 1421. Fratri bornardino moranti ad preaona vulterris quod vcuiat et comparcat coram dicti» operartla p.
tutuin presenteii) inensem Januarü ad accordaodam Laurentium Bartolucci da labore impeuso pro Odilia cupolu scu ad
diccuduin quidiltiid vult, et quod elapao «licto terminio gravabitur
Dio 39 Jan. 1424. fteribatur mia lettcra fratri Beruardlno Stefan! qualiter liinc ad qiiindecim die» mensia febr. prox. fut. venire
teneatur et debeat coram dicti» operariia atl dicendum aaa juro in quadain ciuiaa existent! inter dictum frntreni Bemar-
dinum ex parto una et Lunrcntinm Bartolucci ex parte alia de quodam dcaigno facto per dictum Laarentium duorutu
ociilorum cupolc uwguo. Et eidem in dicta lettera proteatetur qnalitcr ai non coiuparebit coram eis infra dictum tempua
gravabitur el fidejuaaor ad anlvenduiu dicto laurentio illud quod deliberabitur per coa. Et quod illud idem notificeretur
fidejuaaori dieti fratria Bcrnardini.
Die in. Martil 1 •->*- Fiatcr Bernardiia quondaiu Stofani de florentia ordinis fralrum predieatoruin acta mario novclle de florentia
conatitit oceasiono cujuadatn conduetioni» per oum faete ab opera prcttbiita do faciendo du«»» oculo» vitrei in majori navi
chatodralis ecclcaie floreütiue videl. nnum in nna faeie dicte navi» niague et alium in all« facie dicte niajoria navia
penea ocnlain magnam poatum in facic vertut Oratorium acti Jobannia batiate in quo quidem oculo poaito in facie veraua
campanile dehet fieri per cum atoria boatc maric Virginia, videl. quum Joachinus fuit de templo expulaus, et in alio oculo
altcriu* faciei debet fieri atoria mortia et aepulture Beato marie Virginia et . . . termini eidein fratri Remardo fari per
dlctoa operario» in faciendo dictos oculo» vtdelicet priuiuni in annutn prox. fut. initiando, die quo eidem fratri Bcruardo
dnbitur et exibetur dcslgnuni dicti oeiili-, et fin. ad vi^ioti menae» prox. fut. a die duti primi diargni etc.
Die XXVI murtii 1425 (2ti). Prefati operarii simili modo et funna deliberaverunt quod pro parto prefatorum operariorum »cri-
batur lettera fra Beraardino magisrro vitreorum feneatrarum quod diebua pre»entibu» debeat reverti Kloientiam ad labo-
randum neulo» vitrei quo» duxit iiendoa in chatrdraü eccleaic florentine, alia« gravabitur eju» fidemlssus.
Die 11 febr. 1442 (43i. Fratri Bernardlno . . qui facit fem-atra» de vetro I. 20 p. daudo Nicholao biclmraro pro vitreia aibi
datis per quaudam fencstrani sibi locataiu pro aecunda tacreatia.
Die 23 febr. 1442 (43). Fratri Bcrnardino . . qui facit fenestraa dp vitro I. 18 a. 1« p. p. solutionis unius fencaUe ad ocnlo*
quos facit pro aecunda aacreatia.
10. Dec. 1443. Fratri Bernardino ordinis pred. qui facit fenoatraa de vetro I. 25 pro parte solutionis unlus fenestre oculorum
alborum sacrbtle.
Francesco 41 Domeadco da Öaaibamio :
1436. Die 23 Aprili». Prefati operarii existentes collcgialitcr congregali in loco eorum reeidentie pfeis dicte opere ntili pagen-
dia servatia aervandi» deliberaverunt quod acribatur una lettera Francisrho dominici de ghambasso magiatro vitrei babi-
tatorl ad presena in eivitate Litbielii de ejus acecsau ttorentiaui »ectindum quod dlcet Nicolaus de Alexajidrl».
Die 5 Oct. 143«. Prefati operarii cougregrati ut »ibi deliberaverunt quod nove «omni oflltio exMbeatur quedau petitio in favo-
rem Franciaci dominici Civia de ghambasso magistri vitreorum et eorum nove poatulatum nt dicta petitio habest sni
valoria firmitatem coram magnificis dominis prioribua artium et vexillifero Juatitie populi et communis flor. pro quadam
exceptiono sue peraone.
M345. In Dei nomine Amen, Anno douiini ab eju» incarnatiouc mlllcsimo quadrigenteeimo tergcslmo »exto ind. 15 et die 15
m. Oct. tactuni in eivitate florent. in opera H. Harle del iiore presentibut testiboa ad infrastantia omnia et aingula voeatis
babitia e rogatia Gualterotto Jacobi de Riceialbania et S. Filippo nicolai civibua floreutinis.
Nobilca nc pmdentes viri. Nicolai: a Ughonia de Alcxandris Donatus Michaeli» du Vellutis Franciacus benedicti Caroecii
.de St roxi» Benedictua Johannis de Kiceialhania et Niccolau» Caruli do Malignis operarii opere Scte Marie del fiore de flor.
existente« collegialiter congregati iu opera predicu in loco eorum sollte reaidentie pfris dietc opere otili pagendi»
abaento tarnen Alamanno mlchaelis de Albizis eorum in dicto officio collega. Conaiderante» equidem prefati operarii
novnm edificium catthcdralis eccleaic flor. ad aptatum finem »ue habitationi» fore deduetum et ob id forc neccssariuni
oculo» et fonestra» ipaioa ecelesie decorari variis vitreis variia storiia pltturarum ut decet tarn inrliti niatricl ecclcaie ob
quam rem prefutam magniiicani ecelealam indigene maxima ac infinit* eopia ipeorum vitreornm qu. sine lungevo tempore
ac innumerabili sumptu pecunie vix haberi posaet. Et actetideiitca q. eorum in oflltio preecssorcs jam sunt trea anni et
ultra scrip»i»*e in partibus Alamanio banse in eivitate nominata lubiebi cuidam famosisaimo viro nomine francisebo domi-
nici Ciui de Gambiiaao comit. flor. magistro in omni et quocunque gencre vitreorum de musaceo et de quodam alio colore
vitreorum qni in dicta eivitate a tempore «ue pueritie cum aua familia et aliis habitavit et babitat et in dicto loco dictam
artem addidicit exereuit et exercet , enndem franclacliom deprecando ad civiutem florentie acccderc deberet ad habiundum
familiaritcr et in ea artem prefatam faciendo eidem poUicendo qnod aibi expensaa ytiniuris per etun fiendas resarciret et in
dicta eivitate flor. in laboreriia predicte opere toto tempore aue vito eidem continuum ac finnnm in viam exhiberet ita
et tali q. ipse una cum aua familia talibun promiaaionibua motu» aceoaait ad civiutem flor. ad intendendtira et exami-
nandum cum eonim offltio predletaa pmb. et ad alia faciendum iu predictit oportiina p. mandando execulioni intentionem
eorum offitli. Ac eüam fide babita a quampluribua peraonia fidc dignis prefatum franciachum in predietia artibos forc
peritiasimum. Et examinato quud predicta omnia non solum resultant dictv opere aed ctiam toti civiiati florentie honorem
utile ac famam pro pecunia volente« q. igitor predicti operarii ut predieta omnia »ortiantur officium p. evidenti utlll-
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Die fabbiobn Glasscheiben im Dom von Florenz.
31
täte et honoro dicte opere et totius civitatis flor. «ervatis iti predietls omnibus hiiaque requiruntnr acc. formam atate
flor. el dicto opere dato rai&so facto et cclcbrato intur ipeoa onraca aolopni et eoeroto acrupthiio ad fabas nlflrra» et alba»
et obtento ptito nomine eorum discrepantc de couaensu et voluntatc dicti franclscl preseiitU et intcr otniilbu* snum con-
aonaum dantia ot prestantia delibcraverunt stahtenmt firmavenmt ac creavenuit iufrascrlpta pacta (Vj cum eoodue
tionibua et modificationibus infraacriptia.
In primia advertentea dlcti operarii dictuni franciacliuui in ytinore per cum facto de civitate lubiclii ad civitatem
flor. pro tractando cum eorum offitio per dicta omnia aupina narrata, a latronibua et ruetoribus stratarum fulsse »mnibua
tili» bonls «pollutnin nc privatum qnc aecutn ferebat pro deinoatrando saam nrtcui dicto ooruui officio; quod prefntl
operarü tencantnr et obligati aint de peennia dicte opere pro omni dapno eideni illato, et pro quibuscumque expensis
per emn facti» et fiendis in dicto ytinere et pro conducendo florentiam auam fiimiliani et omnia aua bona in dicta civi-
tate lubiclii »d preaeuit rxlstentla darc aolverc ac enomerare eidem franciacho in toturo Horenos auri ccutura infraacrlp-
ti» tenuinls ad preaena florenoa auri vlginti et roaiduum «aquo iudictain quantitatem floronorum auri centum atatim
postquam dictua franciaebus cum tota aua familia et omnibu* auia bonia fnerit florentiam reverana et dederit prineipium
in dicta civitate florentie dicte auc arti de qua quidem quantitate floronorum viginti pro et ante omnia q. fiat aohitio
dictua franciachua teneatur et dctieat duro et prostaro dicte opere ydnnemu fideroissoreui de redeundo flnrentiaiu cum
tota au» familia et cum omnibus auia honis et dare prlncipiuni dicte sue nrti, aalvo et excepto quod «l casus mortis
eidem accidoret quod abait dicta opern amlctat et perdat et perdere teneatur et debet dictain quantitatem florenoa viginti
et ejus lidcmissor in dicta fidcinisaione Dur. viginti ait lihcratus.
Item teneantur et debeant ac obligati aint prefati operarii expensis dicte opere totn < empöre aue vite et auoruui
filiorum dare et consignare eodeni franciacho in diela civitate flnr. in loco ydoneo pro exercendo dictum auam artein
uuani douium in quu dictua francisclius posslt Ipso cum aua familia ydonec ut detet »ituili magiatro liabitarc et atare et
in ea facere duaa fomaee« sota* et condecente» aue arti.
Item teneantur ac debeant et obligati aint predicti operarii du peeunia diele opere p. proviainne ipaiua franeiaci
dare et aolvore eidem franciacho decem anni» continuia initiandi» die qua fuerit fiorentia cum tota aua familia et omnibti»
aui» boui» reveraus et ineepit in dicta civitate flor. laborare. facere et exercere In exereltlo dicte sue artls et ad instan-
tiam prefate opere anno quolibet dunfntc teni|wre dictorum deeetn aiitiomiii flnr. auri quadragiuta faciendo cideui »oliv
tionem pro rata dicte flor. 40 de qiiadrimcatri in quadrimestre.
Item teneantnr et obligati aint dicti operarii cxpvuaia dicte opere in futurum ac facturis ... et facere et curare
ita ot tali cum effoctu quod per conailia opportuna populi et communis flor. dictua Franciachua et ejus filii et eorum
bona toto tempore eomm vite impetraverint a populo et cominuni flor. cxetnptlnnem et immunitatein ab omnibu* et »in-
gulis otteribus et factionibua communis flor. tarn rcallbu* quam peraunxlibns et miatis et tarn ordiimriis quam extraordi-
nariia et tarn in civitate quam iu commnnitate et diatrictu flor. excepto quod a gabollia ordinariis communia flnr. ac etiam
impetraverint quod dictua francischus et ejus familia habe.n facultatem et tmmiinitateol faciendi unani et plnres forna-
oea sue artis.
Item teneantur et debeant et obligat! aint dictl operarii ae facturos et enraturoa et facere et curare ita et tallter
quod uulla Ära ex viginta una artibua civitatis flor. infeatablt et dabit eidem franciacho aliquant noxiam vel mole-
atiam pro faciendo et exercendo in dicta civitate flor. dictam artem. Quo omnia et aingul» aupraseripta ... finnave-
runt deliberavemut prowiserunt et obligaverunt prefali o|>eraril cum bac exeeptione et modificatlone vid. quod dictua
franciachua et ejua filii et omnea aui diseipuli et omnea cum ejus indiuttria laborantea teneantur et debeant et obligati
aint laborare et laborari facere ad reqnisitionem et inatantiam dicte opere et eorum offitii pro tempore exiatentia in dicta
civitate flor. orone genus rausajfci et vitreorum eoloratorum quo et quibna opera et ejua operarii indigerent pro edifitiia
catbedralia ecclesie florentlue. Ita et taliter quod opera predicta primo et ante omnia auum aortiatur <?, effectum. Kt pro
eo pretio quod coatabit et veniet dictia Franciacho ot »uis laborautlbiis in eo computando induatriam ipsorum et pro illo
pluri et majori pretio dcclarabitur pur offitium ipsorum operariorum p. tempore exiatentinm in eorum discretiones predicta
renitendo. Kt bec paciseentes solenne dicti operarii pro ac et auia aucccsaoribua et dictua franciaebus insimul et vicis-
aim in qnantum dietua franciachua et ejus familia in aliquo predlctorum dicte opere non dofecerint.
Die 19 Oct. Prcdictua franciachua prouiiait et. aolepni atipulatione convenit in not. oct. ut publicn parto predicta opera reci-
pere facere et obaervare predictam aeo restituere dicte opere dictain quantitatem florenoa rigluti et eo modo et forma
prout albl promlait o. dicte quantltatis flor. 20 pro quibua omniboa et singulis observandia obligavit ae ipanm et ejus
hie et bona pro quo et ejus ptlbi et mante. fide Batholomcua petrucci bichierarius populi S. pancratii de flor. qui facit
apotecam penea todrm de Toruaquincis promiait et el obligavit et ei renitravit. [Da wir diese» Document wieder eigen-
händig im Domarchiv copirt haben, so drucken wir ca der Vollatündigkeit wegen zum xweitenmalo ab, obschon es schon
von (iaye gebracht wird.|
1437. Die X m. Aprilis. Item prefati considea una cum offitio ipsomni nnerariorum congregati nt sunt in dicta opera acten-
dentea ad quandam promiaaionem et Obligationen! factain per offitluin o]>erariomm cuidam magiatro Franciacho Dominici
civi de Uhambaaso ad presens habit. in civitat« Lubiche urbe Alemannic basaoe inter cetera de dando eidem unam
domum aibi et sue famille, in ea duaa fomacea et con&iderantea operam carere tali domo, volentes ut praedicta promiasio
et obligatio facta per dictum offitium operarionim babeat et aortiatur plenum effectum, comiaerunt prefato offitio opera-
riorum tarn preaenti quam futuro et dicto officio attribnenint llUim baliaui et auetoritatem quam dicta duo offltia S. eon-
«nlum et operariorum in emendo doinoa pro dicta opera tarn vigore refonnatloni» editc per conailia oportuna populi et
communis florent. in emendo domas quam etiamvigore qnorumcnnqne coinmunium flor. artls lane et dicte opere aolo
et dumtaxat quod a emptionem domua promiase dicto Franciacho tarn pro sc et ana familia quam et pro faciendo duas
formacea pro eo pretio et pretiia videbitur offitio ipsorum operarionim tarn preaentium quam futurorum et duabus
parribus eorum.
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Du. Hans Nempeu.
Bornardo cti Franeo«eo vnrato La*tra :
Die 4. Aprilis 1424. Rornardo Franci»ei dto. Ijiatra majriatri fenc*tranim vitroi pro bracchi» XIV Ä uniua rerie ramia per ooa
facti pro rcparationc linei«tre audientie ad rar. ». 1* pro quolibet bracchin et S. 27 p. «opraponi predicto filo ranii» in
toiu lil»r. 14 S. Ii il 2.
Die R m. Aprili» 1432. lfm deliberaverniit qnod provl«or opere tonoatur et dobeat loeare Rornardo Fraiiciarl voeato Ijwtra
t*l mm-« »jus ad faciendum iiiihiii rineatnlm vitroi quo e*t in tribuna cappclle S. Zonobii «tipru rappellam prefatitm pro
oh proein pro quo fecit fonestraa diclo cappollo S. Zonobii ot cum einsdem piteti» ot modi* In Ula locarionc contonutia.
Die 1»; m. Aprili« 14:t1. Item delibcraveruM qnod proviaor opere prefate tarn preaens quam fiitnru» »ine aliqun suo prejudirio
et dapno locare dobeat Remardo Ftanciaci oi Lastre ejna socio ad farionduui quatuor fem-atraa vilroi quo annt super
triliuna ubi oat cappella J*. Zeuobii cum Moni» guationia (sie, Vir h 'ini» Mario cum pacri* pretii* modi* et «.Iii» oppor-
tun» ot roqui»itia dcclarund«« per openirio« diele o|»ere,
143Ü. Die 3i> ui. l)rr. Iteiu dederunt conuuiaaioncm .lolianiii Douiini lore-u* de Snlviati» ot .laoopn Bartoli do KidolhV, dnobus
ex eumm offitio, capiondi purtitum utmm dcitigtiun- oculi factuiu por Laurentimn bartoli debcat dari bernnrdo fraucUci
iuatri«tr<> vitroi. an rcactari i» alia forma priuaquam dotnr ad faciendum dictum nculuni ot quicqnid circa prediota dcll-
beraverint profati dominl intelll*;aiur fartuiu per eumm officium ot «imilitor *tautiNvenitit pro eju« lalMirc prefato I.aurcn-
tio illud quod profati doniini declaraverint pro laboro dicti dcaijmi oidouu Laurent») dari.
H.H. I)io i<i m. Aprili«. Itom «hui Ii modo et forma deliberiiv« runt qnod lli-rnardu« Kranciaci luajriatcr fenratrai um vitroi faecre
tonoatur ad proM-ns dita« fouostraa ox quatuur «ibi loi.iti» in triluiiiotta cappollo S. Zonobii »crunduni donig-miiu eidem
dMiidum per Lniireiitiiiin bartoli roa<.-i.»trum intaplt cum »toriia declarandi* por Matloum do Strotii» ol Niccolaum do Alcxan-
dris qnod de«i»rtinni dictu* Laurentius tonoatur tieri feciaao por totum mon.ioiii innji prnx. fnt. ot diclo Rornardo dediaao.
Die V tu. Julii I4: ! . r i. Itom profati upernril ilrteiidentes qui d prcfatuiii onriiln «llitium Incavit Donianlo Francinci uiapiotro t'one-
-traruin vitroi ad faoieiidiuu quiittuor foner-IrM» vitroi in tribuna ubi oat capolla Soti Zonobii do quibna focit unaiu ot pro
faciendi* dil ti* fouoKtris habuit a diota opora oap»aa vitroi quo cimtavornnt oporo 6. auri I.VJ ot adhno dictiiH ßer-
nardu« posxit (ni)ipliro ox|iodmh, dolilioiavoniut quod dictu» Uomariliis lonoanir sobompitarv do diota «uuiloa dioto opere
in qualibet fonostra fl. auri .'Mi, ot darr oidom triioafiir opoia ro«id<iuin cujHslibot foupetio oompb to pro laborando alia«
ot in ultima fenostra nclminpitaro iT»idniiui i jiit. qnod daro tonoatur ojkto. i-t Ihm: *i ot in ipiantiim lidem do obwr-
vaudn predictiiui on modo ot l'iiruiit )iri.«t dei brabitnr por Nioi.lmiui de Aloxandris.
143»i. Die 14 in. AiiK'i"'i- l'oni delilior.xvomiil qimd li^t percoptuiii l.anrontio bartolucci aurifici inla^rli qtmd per totam diom
vigraiiiinin preaeuti* inonnia Auguati tonoatur ot dobeat daro ot oolvorc IWrnardo r'ranriaci niagi.itro fonOütrarum vitrei
quoddam doaijfnuui h-iu-ctn- vitroi oodoiu Kcnutrdo locato ad fuoiondiini in liibmia cappollo, .Scti Zonobii. Et in quantum
uou dodorit ot trndidorit dictu llernnrdo conuninernnt dioto Donianlo porfioi faciat illi por oui silii vidobitiir . »toriooi
ordinatam Virginia mario.
1437. Dio X. in. Aprili*. Itom profati doiuini con«ulon et opoiarii »iiuili modo ot fonua aotendoulo* ad qiiaudaui Jiliam loca-
tiuneiu faot.im por otlttiiiin ipMiriiui nponiriniuiii Itouinrdo Ktami^ci iua)<i!.tro fonoxirarnni vitiol de dioto anno 1432 ot
dio Ui uieii*i» Aprili» de faciendi- quattuor fi-noMn-» do vitro« in tribuna ubi est eappellii »cti Zonobii pro pretio librarum
M dooiiu pro quolibot brncibio ipiailro pro oo toinporo qim placuorit oflioialibus dopntat» »upra »opoltura S. Zenobli
ot cum illi» paotis pruut dictis deputatis ]>lacnorit. Kt conconlauto* doputationoiu factam por dictiim oftiliuiu do illi* civibua
qui l'iiorniit depiiUti -.upr!« .■.opnltnram S. Zonobii. ot cnncordaiitei« prediota oinniit fniüso tardata ob occupaüonos illorum
doputatorum. ideirco rcvncavcrunt dictam dopiitationem aupra diot-i locatiouo taclnm do dictis oivibu» ot comiaerunt
niandari oaortirioni por ofHtiuui ipaorum operariornm tarn proM-ntium quam futurormu.
1437. Dio X April» Item profati oporarii »Imili modo coiiKidoranto« <|uiiudain legem Jactam por conailiuiu artia laue circa
partita ot doliberntionon oporariorum. \idol, quod partita quo dictum uliitium facti, nun pu««int renuvari, mutuari, corrijfi,
rovidari sine approbatimio duornm ooncnlmn arti» laue nih corta pena in cu cunlonuta. et cmi»idcrantcs locatjono* facta«
por oilitium ip*onim oporarinruui Mattco do I'rato do oreani» novi« o| Remardo francisci majrLstro ronoMrarum vitrei de
quattuor liuentri* vitrei, doliborasorunt quod oftitlmn i|worum opernriorum poaail corriporo ot emendare ot annnllare
diota« lorationo« cd mmlo ot forma prout vidobilur ip«i» offitii« opi rarionim necesmarium et utile pn> dicla opora etc.
Die 30 in. Martll UM. Supra dien oporarii ... conoo.nM-iunl arbitrium Rornardo franeixei do vetria omnea et ainRulas feno«ra*
de vetro ("uiiolo majori« N. M. dol Koro do Florontia. Kl qiioil oidom Bornardo po»ait fiori preMita uaqiie in libbra»
duooeuta«.
143H. Die 21. Aprili». Itom modo et forma prodicti» declarxvorunt et oouiisenint quod predietua Iteniardua et Francincu» ambo
aimul et in conconlia pro*int omnihua quo liceat iocaro oia ridebitur naquo ad doccin fonontras vitreaa cum Uli»
paoti« qnaliter ot prout oi« vidobitiir ....
Die l'J in. .lunii 1437. B> niardo Franciiei magiaeru fein-stramm vitroi libras Iih pro parte folutionia uniu« fene»tre de ritroo
t'aeit ad iiiütaniiam opere in tribuna cappollo .S. Zenobü.
1437 die ]'.» id. Der. Reruardn Francisci mafri«tro vitrooriim libraa Bit p. parte »olutioni» tertio tencotre vitrue per onm facte et
posito in tribuna ubi oat capolla Soti Zonobii.
1437 dio Ii m. F. br. Rornardo Franeiaei ma»n»tro fono»tiarum vitrei libro« »exajfinta «optem, »oldo» qninquo, denaro* 1
pro parte »olntioiii« tortio fene«tn- vitroi per enm facle et poaito in tribnnotta cappollo *. Zonobii in libro proviaori»
Die 24 m. Mai K>?S7 i'3Si. Remardo Francisci ma^istro feneatrarum de vitreo libra« 7 pro mediotate unina deaifrni quatuor figu-
rarum uniu» fineatre do vitreo fiondo in tribuna nbi o»t cappella S. Zenobli locato ad faciendum Remardo franciaei ma^rl.
»tro fotio«trarum do vitrou p. parte contingciite liicto oporo.
Die IX in Nov. ll:V*. Rornardo Franciaei inajyro. fenostiaruin vetri I !>i» p. p. «ui ma-riaierii in ponendo unain feneatram in
tribnna S. Zonobii.
««•(mato d.
Die rA&BiGcN Oi.asscheibes im Dom von Florenz.
33
Die 1* martii HS« .'W . Bernardo Kraneiaei ilc vetria inaglstro fone*tnirum vetri duentos 7 . pro rosiduo solutionis cujus,
dum rincatre vetri . . .
LHe 28. Der. 1440. llcruardo Frauriaci magistro frnestraruin vetri I. 273 S. 8 sunt pro pagaincnto unius feneatre vetri miasc
in tribunaui vermi* oliui.it ru in capellatu >cti Martin detto doli» parte a di II Decembre.
Die Veneria 14 oft. 1440. Beniardo Fniticisci Magro femstraniiu vetri librns Cm s. 16 d. 8 sunt pro . in tiiiestrii« saciestic etc.
Eidem Miras 14 que annt pro deaigno unius fineatre per euoi facte et lioc quin »olvit utedietatcni Uicti desigiii dicte
opere %
Die 8 nov. 1440. Bernardo franoUoi loagistro fenestrarum vetri libras oeto pro res tu dicti disegni et pm dando dicto Launntio
Kihiberri. pro reato dieti designi et pro reeto solutionis pro parte tangente dicto Bernardo.
1441. Die 5 May. Bernardo Francieei de vetri« et ruagiatro fencatrarum vetri 1. 50 p. p. eondiiclionis per cum facte in dlct»
erclesia plurium fenestrarum.
<Stanriain<nri t442 1447./
Die 10 Aprilia 1443. Bernardo Francisvi qni facit feneatraa de vetro 1. 100 p. p. solutionis unius fencatre facto per eum in
capella .lacohi ni.ijoris in majori ecclesia.
28. Der. Mit». Bernanlo Krancisci magistre t'eneatraruin vetri I. 27.1 8. K sunt . pro pagamento uniu» fenestre vetri niis>e in
triliunam versus clau.Mris in eappellain S. Martiri detto dell» parte
Eidein 1. * qui . designi diete linestre.
Die 15 in. Jan. 1442 (I I,. Bernardo Francisci qni faeit fenestnta de vetro I. UM p. parte solutionis unius oeuli de tribnna
magna in qno est reaurreetin domini.
Die 3 m. febr. 1 142 (4M i. Bernardo Francisci qui fncir. fenestr.is de vetro I. KM pro parte solutionis oruloruin facturuin.
Die X tu. febr. 1442 {43j. Beniardo Fraiielacl qui faeit fenestra» de vetro I. ISO pro parte solutionis unius octili.
Eidem Bernardo I. 150 p. parte solnt. dieti o;tili.
Die 23 m. febr. 1442 (43 1. Bernardo Krancisci qui faeit fenestra» de vetro I. 200 sunt pro parte solutionis oculi facti.
Die 28 febr. 1412 (43i. Bernardo Krancisci qui faeit feneatras de vetro I. li37 S. 10 sunt pro »uo uuigiaterio et vitro et »lio
aniua oculi faeti et positi . in quo est dominus Doater quando oravit In orto.
Die 8. m. Junii 1443. Bemard» Krancisci et sodls qui faeiunt feuestraa d<> vetro I. K«i p. p. unius fenestre facte.
Die 18. Junii 1443. Bernardo Frauciaci qui fucit feneatras de vetro I. 28J> a. 10 sunt pro reato solutionis unius fenestre Giere
in potta majori« ecclesic.
Die XI in. Oet 1443. Bernanlo Krancisci qui facit fenestra» de vetro 1. 100 p. p. sui uiagistorii.
Die 7. m. Dec. Beniardo Krancisci qni facit fenestra« de vetro . . . pro p. »ne eonduetioni« oculoruui fnctoruni.
Die 7. m. Jan. 1443 4-1 1. Beniardo Fr.mclsei qui faeit feneatras de vetro 1. 50 quaa dare debet Paulo Uccello pro »uo laboie
.... triuui oculoruni fartomni pro diet» Bernardo.
23. Apr. 1443. Beniardo Krancisci qui facit feneatras de vetro tonduetur plurium oculoruui Kendorum in majori tribnna I. 4»0
p. parte solutionis dictoruin oculonuu.
Die 30. Junii 1444. Bernardo franeiaei qni faeit feneatras de vetro 1. KJO p. parte »olutioni» oculoruui faetomni.
Die 15. Sept. 1414. Bernardo Krancisci tle vetro I. l«ti sunt pro suo labore et magistcrio plurium oculoriim factomm pro
tribuna magna.
30. Dec. 1444. Beniardo Kranciaci qui facit fenestra» de vetro I. 40 p. parte solutionis nuiu* oculi positi in quo eet dealgtmiu
annunptiationis virginia Marie.
19. Jan. 1444 ; lö/. Bernardo Kraneiaei qui facit fenestra* de vetro 1. 200 annt pro aolutione unius oculi facti et positi iu tri-
buua majori in quo est yinago quura angelua annunptiavit virgiui Marie.
Die 23. Kcbr. 1444 (45). Bernardo Krancisci qui faeit feneatras de vetro I. 336 a. 15 d. 2 sunt pro reato ocutoruin posi-
torum in tribuna magna.
Die 18. Junii 1440. Bernardo Kraneiaei qui faeit fenestra» de vetro L «37 a. 2 sunt pro inercede et pretlo et magistcrio unius
oculi faeti et ineepti per eum in quo est quum duminua noator presentatu« fuit iu templo et est ulterius qui ibi iu tribuna
6. Apr. 1445 (46;. Benia do franeiaei qui facit feneatras de vetro 1. 42 s. « sunt pro üraechiia 56«. retia facte pro diiobus oculis
in navi majori ecclesie.
Die 17 m. Augusti 1460. Bernardo Krancisci de vetro et Leonardo Bartolome! ejus socio I. 72. pro »uo magistcrio et labore
oculorum in navi de raedio. Eldem I. 34 pro »uo magiaterio ad . . . unani Hneatram in navi versus
majorem.
1443. 10 Aprilia. Bernardo Krancisci qui feeit feneatras de vitro I. 100 pro parte aolutionia unius fenestre facte in cappella Set.
Zauobi majori«.
1443. 8. Junii. Bernardo Krauclacl et sotii» qui feeenmt feneatraa de vetro I. 100 p. p. unius foneatre.
1443 (44), 15. Januar. Bernardo Krancisci qui facit feneatras de vetro prop. solutionis unius oculi de tribuna magna in quo est
aacenaio domini.
Die 11 m. Oct. 1447. Bernardo Krancisci de vetris I •< pro vetiis datia opere pro tabernaeiilo corporis christi.
Angele dl Franeesee.
1433. Die 13 Augusti. Item prefati opernrii siinill modo et forma comiseruut Bartolomeo Anglieiai eorum provisori pro eoram
parte et dicti olfitii l|isoruro operariorum vadat coram magniOcis dominis prioribus artium et vexilliferi Gnstitie populi et
communis flor. et eorum eollegiis et ab eis impetret gratiam .... et eondampnationis peraonalia Angeli Krancisci magiatri
feoeatrarnm vitrei, conaiderato quod opera ipso indigeret pro laborando et faciendo ocnlos magne cupole ecclesie majori*
p. p. pecunia magiatrorum fencatrarum vitrei exiateutiiim in eivitate Klorentie.
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34
Du. II AN« .Skmpkh.
Angelo dl Lauere.
IHe 28 iu. Aprilis 1497. Item actendcutc» cjiuilitcr aMant facici eceleaia S. Mari« del fioie plurcs fenestre de vitreo aervatls scr-
vandis providenint, delibcrnverunt i't comiuiscrimt qund ISernardua Marii de .Salviatis unus de coroin oftitlo possit, ac tibi
liceat couimiiere Magistro Angelo I-aieri, magi*tro dictaruni fenestrarum uiuini lliicstram vidc). quc est magis neccsaaria.
Maestro Angelo: di Lasxero oder dl Lipp»?)
1433, die XIII tut. Item comuiUcrunt provisori opere i'oruro parte roget Mos de balia pro Angcli Magistri fenestrarum
vitrearmo adh»c ut oper» iputu» poaslt opersri in faeii ndo oculo» vitreo» et fenestraa edilitii novi dicte »pere et corporia
eeclraie majori» ut diclo oflitlo ilictns Angelus promisit.
Die X iu. Maj. 1435. Iteni conitniserunt Nicola« Alcxandris et soeiia suis providendi et »ullicltandi oculura vitrei locatum magistro
Angelo et cuidam pisatio prout eia videbitur non mutando deBignaw alias eia datura et per eorum offitiura ordinatuiu.
X. Mai 143. r >. Iteui delibcraveruut quod Ii) caau (|uo Angeln* de Vitrei« et aoeius ftuua non dederlnt executionein oculo vitrei
ciadoin local» per fotam presentem ebdoinadaiii qne liapsa .... gravetur realiter et peraoualiter ud solvendilui opere
H. auri 40 et aimilitcr gravetur Doiuinicua cum licentia superioris et ad predictam licentiam impetrandam comiaerant
notari» et proviaori opere ipaiitn impetnuidani nove opere.
Angelo dl Llppo: idi l'agnlo cont'. Xicc. die Piero 1403.1
Die lfi in. Julii 14117. Item simili modo deliberuverimt quod proviaor o|KJre locare teneatur Angelo magistro fcoeatramm vitrei
du«* oeulos vitrei in nnvl corporis eccli'^le majori« fl. pro eo pretio pactia et inodia factia in »Iiis locationibus facti« de
aimilibiis oculia dicte eccleaic albi*.
Die 10 in. Julii 1137. Angelo I.ippi magiatro fenestrarum vitri llbra* HH> qua« opeia eideni muKiat supra locatioue oidem
facta de duobna oculi» vitrei albi pro corpore ecclejiie majori» Flnrentie.
Die 24. Jan. 14)7 M43Hi. Dno Domenicu l'irri de l'isis Angelo Lippi magiatris vitmrum libr. 07. a. 13 d. 7 pro reato solu-
tionis unina oculi vitrei facti per eoa in cupola magna eccleaie majori« floreutinc pruut app. in libro proviaoria aignato.
Die 13 m. Febr. 1437 ( 38;. Angelo Lippi de Klnrcntia magistro fcncstiariim vitrei 1. 20 p. parte solutionis cujuadnni fenestre
vitreo rcaetate ad inatantiaiu operc qne e*t pene» portam qne eat versus cUiiatriim caplani florentini.
Die X »ept. 143H. Magistro Angel« Filippi mag. tcncstrxrum vetri lib. 45 p. parte solutionis sui laboris in reactando unam
liiic-hani vctii in majori eccle.iia S. Marie del liore.
Die 7. nov. 143*. Magistro Angelo Filippi magistro feiiestrarui« vetri libras 312 s. 13 d. 4 anut pro »no labore et magiaterio
in nactando et reponendo iinam feneatniiu uiii(fiiam vetri in eetleal« S. Marie del fiore juxw jaiinam per quam itur in
clauatrum etc.
Die 30. aprllis 1431'. AnRelo Lippi majjistro fenentrarnm vetri I. I s. lf> pro nepteni oculi» vitrei albi misaia in cert» feneau»
abiture pape ad lustantiam opere.
Die 30. Jutüi 1139. Angclo Lippi magiatro fenestramm vetri fl. IUI*, p. reato aolurioiiia aniua oculi per cum facti in eceleaia
iimjori in navi de meclio qne est »culoruin albnruro cum nno cnmpaaao in inedio in quo est sculptum Signum llbertatia
br. 31 ipudri ad rar. librarum HoO pro quollbet bracchio quadro — fl.
Die 4 m. Aprilis 1443. AngeK> Lippi qni facit feneatraa de vitro llbr. 484 s. 10 sunt pro auo magisterio et resto uniua feneatro
facte et poafc; in cappella Scti Johannis EvangeliatC majoria eccleaic florentine.
23 April, 1443. Angelo I.ippi qui facit fcneatriui do vetro I. 100 p. p. unina oculi sibi locati pro majori eceleaia.
31*. Junii 1444. Angelo Lippi maglstro fenestrarum vetri libras eeotum p. p. solutionis unius oculi facti et positi in tribuoa
majori ecclesie.
0 Martii 1414 (4:>i. Anjrolo Lippi nuigiatro feneatrarinn vetri I. 32^ s. Iii. d. 2 sunt pro reato solutionis nnins oculi facti et
potiiti in tribuna majori.
1453 i54 . 2ä Febr. Angelo Lippi magistro fenestranim de vitro, qui conducit fare ... fenc*trüa de vetro ... pro »no »alarin
et magisterio in reaetnndo fenestras tribiiiiarutu et cappellarum elintedralis eccleaic florentine.
Die 27. Jnnii 1454. M. Angelo Lippi I. 27 a. 12 pro ano laborerio in reactando oeuloa de tribuna et feneitras tribunö et in
majori ecclesla.
Die 29 m. Febr. 145Ti (".«.. Angelo Lippi magr. faciendi fenestras do vitreo I. 38 s. 11 sunt pro reato promisso etc.
Die 31 Dec. 1466. Angelo Lippi de vetrls 1. I, s. 2. p. p. unius fenestre facto in audlentla opere.
Carlo Pranclarl Uatl.
Dio 2»«. Dcc. 1440. Carlo Francisci Mgr. fenestrarum vetri 1. fi. s. 3 d. 4 sunt pro reato solnptionis unius oeuli per eum misai
in navi de medio ecclesie S. Marie oculoruui lllonim cum compaaso in medio.
Die « Dec. 1440. Charlo Francisci Gari conduetori fenestraram vetri 1. 8 pro dando benotio Erolli inugliaiori p. parte »ibi
tangente deaigni fiendi . unius fencatre.
Domlnleo Ouldoni.
Die 28. Dec. 1410. Dno Guidoni Nicholai plebano et eappellano 8. Petri majori» coudnetori fenestrarum vitri L 8 pro dando
p. parle deaigni unina fencatre.
Die 8 m. Junil 1443. Duo Guidoni et aociU qni facitint fenestras do vetro 1. 50 p. p. ejus conduetionis.
Die XI m. Oct. 144.1. Dno Guidoni et »oeiia qui faciunt feneatraa , . pro p. solutionis fenestre per cos facte in cappella dlcU
della parte.
Die 5 Dee. 1443. Dno. Guidoni et st.ciis qui faciunt fenestras de vetro I. 100 p. p. »olut. noius fenestre per eo» facle et potite.
Domlalco dt Plero dl Pisa.
Die 27 m. Junii 1437. Domino Duiuinlco Pierl de Plsis et Angelo lateri ejus socio fl. auri 5 I. 248 s. 8 d. 4 pro parte solu-
tionis oculi magni facti in cupola eccleaie majoria flor. (conf. Angelo dl Lippo 1437 )
Die 10 m. Aprilis 1443. lhio. I>ominicbo Picri S. Sisti do Piaü qui fecit fenestras de vetro 1. 1 p. p. unius fineatre .in cap-
pella .Scti Malhel.
1443. Domino Dominico Petri priori .Scti .Sisti de Pisis qni facit fenestras do vitro I. 100 p. parte nniua fincatro facte.
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Die »ARBincN Olassciieihen ih Dom von- Floren*. 35
Xorento 41 Awrrlo.
K-lilH-mlicup« 117« Hi'. Laurent!« maffistn. Anireli tiiii laeit fenestra» vitreas |>ro parte lalmrerii facti per cum in fei.e»tri»
vitrei» et reiil.us. Lanrenti«. >naj;l»tri. Aiureli de vetri» pn» r.tilin* et tin»>«rris. 17 2K s lf..
Simdro dl IJI«.vaanl «II Andren.
MTV (7rt... l>ic St m. Kehr, I'refati «pcraiii c«n' r 'r<'sati oUwrnnt sanilrimi Juiiaiini» Andrea«' in optiitnreiii fenc-»trariiiii vitrearuin
rinn .«iil. I. ■> pru ipn>lilnl ll.eii*e. el Itln-alnr »«dum niilti'rc maxisten lim et mm uialcriani et tfinpna electioilia inripiat
ilii- prinui im-iMtH Martii primmi l'iiluii
1478 »andr« .(«.liaiiiiiH uiHghlr» f.'i>»v-tr.«i iiin viir< aniin I. M ail ratiniicin Iii», duartim pn> wcn»e et pro ejn> »alarm iiierixiimi
i|iutunr.
I47I". 24. I>ec. Siwdr« .l.dmnni» inairUtril fi-iic<tr»rnin vitrcumm pru .-jus Mlariii
1 4SI. l»i-e SniHlru Johanni» ni:i«iMr<> fi u.^r ranim vitrearuii) pru mmiiiU-uri.iiH- renc»tr:iriini in cum (Vi eerle»le ...
Iis). M\ Junü. Saudi. i .l«liatmin vitrari« pn. manutenen.l« vitr.-.is oadein ceeloi» ;«l nat lt. 2 qimlibct
IM Jvl. I>ee. Nandn. .l,.|i:i,n,i ma;:i»lrii fem '.»trarimt Vit. i> pr« niiiuuti'iieinli» 1'enrxtris
14-<-.*- Samlm .lolianni iuMici"lr>r l'ein»tr,iriiin vitn-arum pr« ejn« »al.iri« in «lieti. l<"inp«>re ml rat. s *'i <|imlilH>t mens«' f. 12.
I.'XW. A liiovanni de vctri L. 7. tu per re»tii <l una lii.eaNa ili vetr« latta nell" u|mtii nell» «tanz« de miiiistri wipra luxem
ilie s'entra iii'U'upi'ra e«l M-pm «!«• II ' arte «lell» lana a «gni »na »pp»a.
< ri ilit..ii i- ili liiiiiri 1 "ii > I | "ii ►">, Samlm <li tiiovanul • I • ■ vetri dt- avere n V.< .1 i.ll.iliif» l.'ar.l I. 14 s. 7. il. Ii kiiik. per lininhiii
2v s ili lin«"»tra a »cilii latta nu .«IIa lanM-ru* »u in Miipula fi«>- cm., »p.ufellii p<T vcilcre il sule in chic»» p«T %\i slru-
1:4; Iii pur I.. .'>. il lir. a <igui »na xpe»a v.d.u« r uii»urat« «I» Simmic ili l'»llajiinli>.
Zrirhaiinrrn <nn l>a»lo IVrrllo. iV«l. Hi-rnaiiliu» ili Sltlanu i
Itii» |H K,-br. iitt i4:ti. I'aulu Hnni H.i-Ilo I. 4'» p. «iliilioni« ttninw il.'^ij-ni l'arli in i| ?l ymair-i aiinuuiptiatiunis Tiri?iiiiü
Mari.- Ktoiil'i'r. lWinaiil.» «Ii KraiKCM-.^.
Hie f>. Nov. 1441. Paul« l'«»m Un i Iii pit t n-i I. Pi »niil pr.. ina^iiti-ri« nuiii.» m>iili .1.- riilimia ]»■<■ i nui .1. ^i^mKi in qn«
nalivilai Ll.iiuini liw.nti Anir^l« l.ippi-
Iii«.' -.'H, ,lati. IUI 'IT.. Paul.. I i IVci-ll« I I«', n. |<) finit pro n-i.lim ... pni t-ii« laUin«' piotiirs' iliniruin ix iil.inini
Xrii haaBLrrii von (laihcrti rniil liuniitrllii. ; Wl. Kr» IVriianlin.. «Ii Sit rann.»
1 134 iml. Hit" 14 in. Aprili», l'irfati «prrarii irnnttn'jrati in loci, ruiinii reüilrntk' pnfai'fi> ilii(f iipi-ii- .... artnitloiiti"» ail
«I li'KiKna farta ad iiir*l.iiili:iin «pi-r«' »iipra mm ipmriiin lini ili-lirt «i-iilu- vitrvi Mtmit' ri »rtu.i iiipuniuatimii» «U.iiiini
iii«ln .lt"-'<« t'lirUtri larli i'jii» vt malii vir^iui marir viili-lin-i uniini pi<r Doiiatuui iii.'n.l..i i-i laiirt-iitinni bartnli ft »•!
«pitJaiii iiiii»ilia hal.ila a .piaiiipliull.u« ii.tcIliKi-iiritms il ma^triü wirri" th«-«l.>gie «I a plnr!l.ii> pitti.rilnH r» niH^iftriH
li-iifitranun « t «.tnli.nmi vitr.-i .I.rlaraii.t« <•! ••.•ii-nli-iiil« ipiali- .Ii. I.. nun <lii..rim. ■In>it;n>>rnni <M puli riiu- ft Imnora
l.ilii«!. pro vrt-h'yia «'t inaKiiiliifiil'uifi laut«" «•«•tl.^ir ft intrlli-rlii, p.-r «lit-ta cinifilia ili--iiriniiii Omni p«>r ilictiuu n.iiiatinii
rs.i- nif lini* Innmraliiluix f I ma^iiilirciirii^ «li-«i«uii l'nct.i |n i ili. nun l.aiiii'nliiiiii liartuli .1« lilu-i a v . i mit ipn.il iln-Iiiin il. -i«
unai factum p.-r «In < m.i I ><inatniii nifcilai «riili vitici li«>n<li siipra «fiilii r\i«t<'iifi siipra «• ap|H"ll:iiii S. /.enolii et <pii ««t
r.naiu oorpnre i'cclfi"i<" vi tfii? liat ft lifri ilflifat, ft n.iti M-inmlnm ilcxi^num ilicti Laar« ntii, et nmi piisnit lieri «lii'tii"
inui aliipi» »Ii« ili'citcu» ni'f -...IVLMtur iliini taxat cum «lesiffnii «lieti l».>nati N'icr.ilai.
Itii' -.»I nt. Mai. I4:S*. I.anrnntin Itart..li m.^'^tp» intaifli I. 7 pr« inetlif tal«< iiniim <li> fi(,'uri» ipiatuur litnianini niiiiii tinestrf
li.'nili" in tiihuna nlii .st t ipp.lla Scti Zi-nuliii l.nato ail tatii-ntlnm lltmanlii FraiKiwi inarjiatro f.iicftraruin vitn-i.
viilil. pi«> paitf i-iiiitiniri-iiti- ilittr opeif.
l>ii- 2K in, Ik-c. 1440. I.a.iiantiii ltart.>li intajrlint«>ri I. rt. p. pari«' ili'^l(}iii iini.i- lfnentrf por fimi di-siBnanilc l«.eati" fttmanl«
frant"i«<'i uutKMln« ti-nf stramm pr« rutmin- f t lufiliftatf ilii ti «Icsijpii . . . ilictc «pcrc
Die i'S m IXf. 144i». Laurfiiti« Hart.. Ii intau'lial.iri I. S <pi." mint pr« «If-i^rnii nullit ffiifstio loi-lmtf Dmninirii nV l'ini«. Ki.l.'in
1. H. p. parte tangentf «ipeiv ilf.ii^ui feni'Ktre linatf t'liarlo <le Gati.'«. Kiilftn I H. p. tanp «per«" dfitiirni ffiicxtre lurliuti-
l)in« (iiii.lotii pU'liaa« cappi'llan« St IVtri majori» l>n« l*«minicli« picri de PiiM.-« «■ «nilnctori l't*nr<.tr»rum vctri I. S. p
ilan«l« Ikiiiitii. Kinili intiigliaturi pr« »ua porliui.f ilfsi^iii . . . nnitM fiiK-stre.
l»ie 7 Uff- 1 44M. I. antrat«. hart«li intaifliaturi I. »nnt pr« i«iio maifiistfri« untiia ilenigiii pt-r ciini facti «lf »n« «cnl« in ipi«
e«t «lesijrnatiim ipmni dnmimti« presentatn» Cs«t in t.-mpl«.
Bnuhntt«.
Die ".»4 inartii 1427. Pret'ati <>|M>rarii M>rvatia nervainiw ilelihoravenint <im>il pruviwtr a«' cnpntiqajristcr tlictc «pfrc attari fatiaat
fiiifstra» ft iifalnm .l«> vitr«-« ftflcnif I0.tji.ris «mi-ntine cupcnsin dilti- o|ari" et <pii<«|iiid fifri rirca pntlictuiu frcfiiul
inlcllifjatiir aicnt <'»t fiiriiin «llicium.
11:14 l»ie I in. Maj. Item delil.i'ravi'riint <pi««l f iipntiiia^iiter «pcrf i'flin.Vfri faciat il«ian rateiian p«»itas in <ln«lius m-nlis faciei
antfrit.rln naviuin c«r|i«rU i-«'flf.«ii" majori* rx f« quinl a«l f.irlilicatiun.'ni nil «purtent ft appatvnt riiHlice ad «lifi.ri'in et
niagnifitf ntiaiti ilivtf fccle^ie et «1«' ip^i» liant fatene (lelilieiate in f.iiliHi iilioin ni t«|jm< i"«rp«.ris \vn\v- prffulf.
I4:;:l. l»ie äii ra. <lot. Item i1elil.eravfi-.itit .piml pruvisor «pen- final wii fini facial fxpcnni* ««per«" panti«» lini. «eram ft alia
iiffeKCarla pr« impiinnanil« du«»« «tili«* inajrne cnpf.li- et qniopiiil cxpemlideril in pnilittin iu»elli«atnr « I Hit Ktautiatinii
per eonim «llitiimi
l»ic V. in. Jnlii 14H.V Prrl'ati «perarii nmyri'gati in Ik« f«rnm r.siilftitie pr« facti» diete «pere utilil.il» pajffii.li» »ervjiti»
»ervan.li» «Iflil.eravetnnt .pnxl l'ili|ip..tin» Scrlinimi anper t'iiirnatin scril.at ad libriin« ..pt-ri» illurmn nia^i^tromni ipii
fecenmt Inicha.» feiieitraruin vitrei faete et iinpinite per llernardilin Kranci.-ici «|UeniadiiUHliiiu alia» «pera» ili.inim ina(?i-
»tniniin »pere.
liie iit m. .lamiarii \tü\ \Xiy l't. l'aii «perarii e.inprejfati nt sil>i delÜMMaveriint «pi«>d : Capiitmajri»tcr diete «pere intpannar
fariat i|uattit«r «cnl«» magno cnpiilf et ipmd «rdinet ipi««l ante prinripinni ipiailra^i -^iiiif »int impannati pr« predica-
ti«n< > «licte ipnire»inie
VII. C
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Sß. Du. Hans Kkmckh. Die »aubiphs tlLASsr-HEiitEN im Dom von Floren'/.
Die l:t. AiiRiisfi 14:!7. Item delilMMaveinnt qmid capiitmngistiT dii-tr opiTv linl fucinl *|i«.rli>ll«>s fenpftrc vitrei saiTentk'.
14:i7. Ilic 4. Oer Iti-m prrfiti «i|ierarii *iuiill iihwln rumim-ruht Ualiüle <iipiitiiuiKii'»r» dict«.* ..jH-re vemk'iiili lijfimiij vettiH pxtrartnui
de cdilk-io S. Marie nuvelk lial.italiiiiir jiajio exvept«. !.. IVii)Mtraj«j vitrii <•! Ostia quo de novo rep.nii didieiit in dkti.
idititiii itc
Anhang von »«.riniipat.n iibrr »l«KM-b<-ilM>n Hiiderer Kirebfu:
Arnum*. Hic.rd IHM. V*H .Mil,:. Kic.nl.. t|ii.->t«. di 'J. r . di.tli.I.rp 14'Mj Hi...ur cl m»tni |>a«lre priori- a sllotfliiit«. » fare il lavon.
del vrrtu drll' orcliio ilclla chki-a che »opra la p.'iii |.riiiri|ia)i' a Mai-alr«. I,:iiucr<> 'Ii Mall«-" da |.iai« nza tlutn <|iip»|i
Jiatti c nl.iitfhi ijni da |.ie: K in |iriniu ( Iii' «klt't I.azzeni a Luv >li miu ftitta 1'iinn'rliialnra <• la ivte di d.'tlii (irliin <li
i|iK'^li vrrli a i.ilii 1- fivpi inli.ni«> e mllanie drllu Ordiiic: Iii- in nn-iUi. .1 detli lim-Htra a n«ni >na ispe-s d'invitivtiira
«• ili |.iaiiflln a ii«n ili liin.iKi inaolr«. tulta la «uiti.-i .» «■ gli «itlii miiiiu a iwre clu.mr i|n«-*li ein- liii <i » dal«, pi-r
i«,iK*ii> r l«Kti .-«vi c )niri <• »\riv-i a niisnr.m- la l'eneslra e la rete e nni «Ii aviaiu« a dar»- I.. -I. •'» dol lnaei«. «pipsl«
«Inline «Ii *uj>ra a npni Min W|iesa. eceietti. 0 tWraiiicnti I.Ho^n.inii |icr 1I.11.1 fiiivtiii.
MM! a ili <l'«.tl. .'• alli'gali. a lernte«.-» di Malt. .. da l'imvir/. . niarMm «Ii vilri l «.< t liii» dolla « Iiipm snjirn la puita jrramlf
n.M.-. L. *.l tvsi m trm.va al Hin«. It. <\
S, .Maria Xiiiiva. (Mil.i. Uli», Franc di Ciov. «> Itimaid«. di l'ranc. Mai-ctm .Ii fiiiiHtiv ili «In. a ili 11 dauli«.*!.. I'. '„'1 LH rioe
|ht tv.->l'. di I. M. »- I. |"'i' l.rai'ria H 1 j <l«'ll upcliiu «|. | v.tn. jht liiir'J, lirac, c |n«r nun liiiotra di viiro «Ii vi-rmi il rind-
ti 111 di l.r. l'l f«dla i«-tc. |.<>i I n'lr drll i lim slra di vpren In s]ii"da|i' In. 14. ncliii di vi'lin id i|nal«' h'i fa in fra fi'Ucita »plla
i'a|it'lla di «liiimli. Iiarl.ailiiin ili'VfdaiP a XI nlt. I. 10 |t. Inj 11 (!i..v. il Auiln-a «• |>. Iliailn iliniilii '! , di (irnv. |>rp|p i <|iia
lavi.rann «l«'t|i. pustn (Ünv. det« ». p. «Ii l«>r<> fatirlia. V. a di 14 di imv. I. M 1«. In il Ii pnytu Sit Lhiiu/.o d'Anlni.ii.
piplp in > picr mapni' p i .•iip:i(,'ni i «piali IV-ecitnn drtii» »«-Iii* i- ] -r < . jht n-htn di iiianilattnra di m-rhi».
Mara lil.n. s. ( ainarl. 14U2 al l.ü. 147'.'. «Iltidiro li..r. :i I. paifatm. a tri CiImm-IIi. du Fieenxr iK.Klri.fralp kiiim. |.ir j.. d 1111a
lim «tra ili v.'trn mi alla chajndla «Ii S. Niiboln,
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Schreinwerk in der Pfarrkirche zu Möchling im Jaun-
thale in Kärnten.
ei der im August d. .1. zu Klagenfurt abgehaltenen Ausstellung von kärntnerischen Landes-
Iiulustrie- Erzeugnissen, womit mich eine kleine archäologische Exposition verbunden wurde,
war es ein mächtiger hölzerner Sciuein, der im nicht geringen Masse die Aufmerksamkeit der
Besucher fesselte.
Und mit Kecht. Grössenverhälhiisse , .Form und Ausstattung dieses Objectes sind so selte-
ner und besonderer Art und zeigen ein künstlerisches Wissen und solche Fertigkeit desjenigen,
der dieses Werk ausführte, dass es wohl gestattet sein wird, diesen Gegenstand ausführlicher
zu behandeln.
Zwei Wegstunden von der Station Gratenstein der Kärntner (Sud-) Bahn und eben so weit
von der Station Ktlhnsdorf abseits liegt in kaum einstündiger Entfernung vom Fusse des
K7M W. F. hohen ( >bir das alte Pfarrdorf Müehling, in dessen Nähe Kärntens Hauptfluss, die
„grüne Dravc", der imposanten Eisenbahnbrücke bei Stein im Jaunthale entgegenströmt.
Nebst der Pfarrkirche das einzige nennenswerthe Gebäude ist das alte Herrenhaus des Gutes
Müehling (urkundlich Möchelich). welches Herzog Heinrich von Kärnten im .Iahte 1122 dem
Stifte St. Paul im Lnvantthale schenkte.
Die Kirche selbst ist eine einfache schmucklose Baute aus dem XV. .Jahrhunderte, an
welcher ausser dem sauberen Netzwerke des Chores und Schiffes nichts hervorzuheben ist. Das
unscheinbare Gotteshaus umschliesst aber ein Kunstwerk, welchem im österreichischen Kaiser-
staate kaum ein zweites ähnliches zur Seite zu stellen sein dürfte. Ein der Südseite der Kirche
angeschlossener, in sehr dürftigen Verhältnissen aufgeführter capellenartiger Zuban enthält das
Grabmal des Stifters der Möchlinger Kirche, welchen die Legende unter dem Namen ., Markgraf
Albuin J (auch .Markgraf PauK) anführt und als den Genial der seligen Hildegard', der Stifterin
1 Urkundliche Erwähnung (Irr Heli|fcn (Jräfiri Hildegard von Stein, als Mutter des Binclmfesi AlUiiiu von Brixcii, geschieht
bei Keuch: Annale« pecles. Kabionen*. Sie Marl» am 5. Februar 1024 im Hufe «1er Heiligkeit auf ihrem Schlosse zu .Stein nn
der Dran. In «1er dortigen, von ihr errichteten L»urenzin»-Kirchc wird alljährlich, gemiuv) einer uralten Stiftung, ihr Todestag
durch SeeleniucMen und eine Armen-Betheilnnp jcefeiert . für welche letirere al» Gedacht iiiasg-ube eigene kleine Hrodchen
gebacken und den Arnien niitjrejrebeo »erden. Zum Grabe Albuin s umso jetzt noch die Kirche Miiehling jährlich eine Kerze
opfern, die am Odäc htmsstsKe seine» Tode» migeitindet wird.
Von Kittku v. Oalt.essteix.
Hit «Iner Photographie, aufgenommen Ton Prot Reiner In Kl «gern fürt..
XVII.
T
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38 UtTTEU V. GaI.I.EVSTKIN.
der Kirche St. Lorenz zu .Stein an ih r Drau inul Erbauerin der gleichnamigen Burg, in deren
Ruinen eben diese Kirche steht, bezeichnet.
Albuin, oder Paul, hauste auf der Burg Prosnitz«, welche, eine halbe Stunde westlich von
Möchling entlegen, auf einein hart an der Drau sich erhebenden steilen Felsenkamme, die r Skra-
bina- oder „Skerbinn* ^ren»iikiit, {restanden hat und in karten Mauer-Resten noch erkennbar ist.
Von Eifersucht getrieben stürzte er, so erzithlt die Legende, seine schuldlose fromme Gemahlin
hinab in die brausenden Finthen des Stromes. Wunderbar blieb die edle Dulderin erhalten,
die falsche Angeberin, eine Kuhmagd, wurde sammt ihren Kühen im Felsenstnlle in Stein ver-
wandelt; der Graf aber, von bitterer Reue ergriffen, unternahm eine Russfahrt in das gelobte
Land, von welcher er erblindet zurückgekehrt die Kirche Möchling erbaute, die er mit frommen
Stiftungen reichlich ausstattete und siel» zur Grabstätte erkor.
Albuins Grabmal steht in der erwähnten Seiten-Capelle der Kirche. Es ist eine kunstlos
aus rohen Rruehsteinen aufgeführte und mit Mörtel beworfene Tumba in Form eines länglichen,
an der dem Altare zugewendeten Stirnseite etwas ausgebauchten Viereckes von V/J Höhe, 4\/ t '
Breite und (>' . Länge, mit einem gleichgestalteten IV hohen, aber auf allen vier Seiten um '/„
sehinüleren Aufsatze aus ähnlichem Mauerwerke.
Im Jahre IHK! wurde, auf Veranlassung des Gutsbesitzers und der Vorstände der Kirche
Möchling, das Grabmal geöffnet. Mau fand die Innenwände sauber geglättet, oben mit Tuff-
platten belegt, drinnen liegend zwei Fussknoehenröhreu , einige Trümmer des Schädels, der
Arniröhren und Wiibclknocheu. einen ungefähr 1'/.' langen, oben gekrihnniten Stab aus ILescl-
nussholz. einen eisernen Sporn, mehrere eiserne Nägel, einen zerbrochenen Topf aus schwarzem
Thone mit weissem Sande gefüllt, Kohlenrcstc, verschiedenfärbige Glasscherben und einige
Stücke faulen Holzes.
Diese höchst einfache, abgesehen von dem Ursprünge, den die Legende ihr zuspricht,
durch ihr unverkennbar hohes Aller ehrwürdige Todtcnstätte schmückt ein Kunstwerk von
wundervoller Schönheit, ein auf diese Art Tumba gestellter aus Lindenholz geschnitzter frei-
stehender Schrein.
Nur wenige Kunstfreunde hatten bis vor ganz kurzer Zeit Kennfniss von diesem zierlichen
Werke. Viel Antheil an dein bisherigen I'nhekuimt bleiben desselben lallt der abseitigen Lage
des Ortes zu. Aber auch die Gemeinde wachte mit wahrhaftiger Ängstlichkeit über dasselbe. Es
gehört nicht hieher die Schwierigkeiten und Hindernisse zu schildern, welche die Gemeinde
Möchling der Aiisstelluugs-Couunission durch die hartnäckige Weigerung, die Entfernung des
Sehreinwerkes aus der Kirche und dessen l berführung nach Klagenflirt zu gestatten, bereitete,
da es war bis wenige Tage vor der Ausstellung noch fraglich, ob der Schrein nach Klagenflirt
gebracht werde.
Das Schrcinwerk dehnt sich als längliches Viereck aus, und hat die Gestalt einer gothi-
schen Kirche. Sechs Strebepfeiler halten das Gebäude an jeder Seite, einer an der Facade und
vier mächtige an den Ecken. Das hohe Spitzdach hat bei dem Bestreben des Meisters, seinem
Werke einen reichen Abschluss zu geben, eine zierliche Kammbekrönung und Kreuzblumen-
besatz. Auf der einen Schmalseite sehlicsst sich ein kleiner Presbyterial-Anbau mit dreiseitigem
Schlüsse an. Das niedrige Dach desselben hat die gleiche Verzierung wie der Hauptbau. Die
Dachflächen und alle Zwischentheilc zwischen den Strebepfeilern sind ganz durchbrochen und
gestatten die Durchsicht ins Innere.
Wie ein zartes Spitzcngewebc , auf allen Seiten durchsichtig, in hundertfältig in den
zierlichsten kunstvollsten Mustern (242 an der Zahl) wechselnden Feldern hebt sich leicht
und luftig der herrliche Bau, dessen Beschauung in Zweifel führt, ob man mehr die überströ-
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SdlRKINWKltK IN IlClt PFARRKIRCHE ZU MöClll.ING ETC.
inend reiche Erfindungsgabe oder die- riesige Geduld des Meisters bestaunen soll . der dieses
Prachtwerk schuf.
Die Höhe des Schreines bis zu den Spitzen der die Giebel krönenden Kreuzblumen betraft
7' f> ", die Länge (V, die Breite 2 !>'; die vier schlanken, in Absätzen sich verjüngenden, in Fialen
auslaufenden Eckstreben, sind je 6 3" hoch; die rings am Gebäude angelegten Strebepfeiler
haben je eine Höhe von ;V; die Apsis hat, bei einer Höhe von 5' 3", in der Länge 2 und 1 ü"
in der Breite; sie umgeben acht Strebepfeiler, deren jeder bis zur Spitze der aufgesetzten Fialen
4' hoch ist. Die zwischen den Strebepfeilern der Langseiten befindlichen Wandfelder sind mit
hohen geschweift spitzbogigen Fenstern ausgestattet, und ist jede« Mauerfehl 3 Fuss hoch und
7 Zoll breit.
Die Verzierungen all' dieser Theile mit Krabben, Kreuzblumen, Rosetten, Gesimsen und
galerie-ithnlit'hen Krönungen, grösseren und kleineren Fialen, sind, ohne den Eindruck der Über-
ladung hervorzubringen, so überaus reich, dass jede Detail- Beschreibung, so ermüdend sie einer-
seits wiire, andererseits doch unzureichend bliebe. Wir bcsehriinkeii uns deshalb auf obige Mass-
Angaben und auf die Bemerkung, dass, nach sorgfältigen Berechnungen, an diesem Schreine
132 Thiinnchen und Fialen, 158 Kreuzblumen und Hosen und 34251 Krabben angebracht sind,
und dass der Gesanmit-Klfect höchst glücklich, ja in der Tliat entzückend ist.
Als den Schöpfer dieses Meisterwerken der Holzschneidekunst, der, wenn auch kein Archi-
tekt, so doch eine mit den Kunstformen gründlich vertraute Person war, bezeichnet die Tradition
einen, leider ungenannten, Benedictincr-Mönch aus dem Stifte St. Paul, welcher zehn Jahre an
demselben gearbeitet haben soll , was niemand, der das Kunstwerk gesehen hat. anzweifeln
wird. Der Styl der Ornamentik verweist es in das Ende des XIV., wahrscheinlich aller in das
XV. Jahrhundert.
Die Wiederherstellung und Erhaltung des Möchlinger Rcliquicn-Schrcim-s. der in seinem
wenig geschützten Aufstellungs-Orte den Einwirkungen der über ihn hingezogenen Jahrhun-
derte nicht entgehen konnte, noch mehr aber durch frevle Menschenhände beschädigt worden
war. indem das ganz freigestandene Kunstwerk bereits vieler Ornamente beraubt wurde, verdankt
man dem gegenwärtigen Fürstbischöfe von Gurk Dr. Wiery, der die Restauration anregte und
deren Kosten als edler uneigennütziger Verehrer kirchlicher Kunst aus eigenen Mitteln bestritt. Die
damit betrauten Künstler, der Bildhauer und Bildschnitzer Joseph Sehcga und der akademisch
gebildete Kirchen-Restaurator .Johann Si ess, vollendeten, was von den letztbenannten Gewerbsleu-
ten so selten geschieht, ihr Werk mit so verständnissvoller Genauigkeit, dass die neu hergestell-
ten oder restaurirten Theile von den ursprünglich dagewesenen kaum zu unterscheiden sind \
- Noch bleibt die Frage über die Rcstiminnng diene* Selinitzwcrkes zti beantworten. Schreine »Heuer Alt sind «ehr Ketten,
den» bezeichnet man ihn als Reliquien. Schrein, der dann die Hcstiiumung hatte, das*, die kleineren Kelii|iilen-(.etHsi<e zu gewis-
sen Festzciten in denselben hineingestellt und iinl' diese Welse der Verehrung ausgesetzt wurden. Ein sehr ähnlicher aber Ihm
weitem einfacherer Schrein befindet sich in der S|>ital-Kirchc zu Salzburg. Allgemein ninniit mau von diesem im. dass er ebenfalls
iK-ütiiiimt war. bei festlichen Anlässen Reliquien in kostbarer Fassung und zierlichen G efiis.scn in der Alt aufzunehmen, dass
sie in denselben hineingestellt wurden. In Folge der durchbrochenen Wände des Gebäudes blieben diese Gefassc dem Klicke
de* Beschauers doch erreichbar und der Andacht der Gläubigen auch weiter zugänglich. Ob diese Am-icht die richtige ist.
»oll hier nicht untersucht und nur noch jene Meinung erwähnt weiden, dass besagter Schrein, wie aiich jener zu Mochling.
auch die ltcstiinniung haben konnte. al» heilige» Grab in der Art zu dienen, ilnss in den eigentlichen Kanin der t'n|iclle ein
den Lcichnuni Christi vorstellendes Schnitzwerk hineingelegt wurde, die Monstranzr hingegen in dem Tabernakel ihren ['latz
fand, welcher gleich einer erkerartlgcn Apside an einer Schmalseite des Schreines angeschlossen ist. Hemnach würde das Grah-
iniil de» Kirchonstifters als Unterlage des heiligen Grabes dienen. Amnerkuug der K.-.laetioi,.
. <
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Ein altdeutscher Wandteppich von Schloss Strassburg
in Kärnten.
Von Ar.nr.RT It.«.
(Mit einer T»fei.>
Der Gobelin hat eine Länge von 11 Fuss 1',. Zoll, eine Höhe von 2 Fuss 1'/., Zoll. An den
Rändern sind keine Riihmeii. Bordüren oder Verbrämungen zu seilen, sondem lauten die Orna-
mente ohne weiteres frei ans. Der Grund ist ein tiefes Schwarz; Uber dasselbe zieht sieh in sehr
dichter Anordnung ein detailreiches Rankenmustei , Zweige und zierliche Laubblätter, ganz in
Grün ausgeführt und in immer wiederkehrender, stylisirter Form. Es ist kein Zweifel, das» sie
den Wald andeuten sollen, in welchem die Waldmilnner und die wilden Tliiere ihren Aufenthalt
haben. Den ganzen Raum nehmen dann, von diesem grünen Ptlanzengiundc abgehoben, die
Figuren von 4 Männern und 4 fabelhaften Thieren ein, jede der menschlichen Figuren 1 Fuss
11 Zoll hoch, so dass sie mit den Füssen beinah«' unten an den äussersten Rand des Gewebes
reicht, über den Köpfen aber noch reichlieh Platz lässt, damit die Sehriftbänder angebracht
werden konnten, welche in sehr willkürlich gebrochenem Fluge, in vier Stücke getlieilt. sich über
alle Figuren hinziehen, nur über dein letzten Tliiere zur äussersten Rechten (vom Beschauer)
Hattert kein Iuschriftband mehr. Alle Gestalfen stehen gerade nebeneinander, auf gleichem Niveau
in einer Reihe; die Tliiere erreichen mit ihrer Kopfhöhe jene der menschlichen Gestalten.
Wir beginnen die Schilderung mit der ersten mifnnlicheu Figur zur Linken. Ks ist ein nach
rechts gewendeter, mit dem linken, steif gehobenen Reine ausschreitender Jüngling, von zartem,
schier mädchenhaftem Aussehen , das er mit sänmitliehen übrigen Figuren gemein hat. Das
leine schmale Gesichtchen ist, wie gleichfalls alle anderen, bartlos, das Haupt bedeckt bei allen
lichtblondes gelbliches Haar. Die seharfrotheii Lippen, grossen schwarzen Augen und das spitz
zulaufende Kinn erhöhen den Ausdruck des Weiblichen an der Gestalt. Oberkörper, Arme
und Reine umgibt ein von Flocken gebildetes Gewand, ein Zottelkleid, welches ebenfalls sämmt-
lichcn Jünglingen gemeinschaftlich ist und nur in der Farbe und der Umgüitung wechselt. Die
erstere ist hier weiss; um die Mitte hat die Figur einen Kranz von rothen Rrombeerzweigen mit
Laub und Früchten, ein Kranz derselben Art liegt auf ihren Locken. Die Füsse sind immer
nackt, in den erhobenen Händen aber hält der erste der Waldmänner Geissein, deren Grifte roth
sind. Die im Folgenden mitgetheilte Inschrift erstreckt sich über dieser Figur bis zum Worte:
„belibcn-. wo auch die erste Bandrollc abschliesst. Zwischen dieser und der folgenden Gestalt
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I". I v AI.TÜEL'TSC II EK^WaNDT EPPICH VOK Scllt-O« SfRASSBUBG tS KARATES.
schwebt ein gothisches Minuskel t, 5 Zoll, 5 Linien hoch, in rother Farbe; den Sinn der auf
solche Weise in «lern Ganzen eingestreuten acht Buchstaben zu enträthseln ist mir nicht gelungen,
vielleicht wäre das auch erst möglich, wenn die übrigen drei dazu gehörigen Wandteppiche vor-
handen wären. Die Schlüge jener Geissei fallen auf ein abenteuerliches Thier, das sich nun anreiht.
Die Iiischritt oben reic ht über demselben bis zu der Stelle: „hau ich mich v k . Es hat dieselbe
rotho Farbe wie die genannten einzeln vcrthciltcn Buchstaben , schreitet nach rechts, so dass der
beschriebene Jüngling es von sich zu treiben scheint, auf vier Füssen, deren graue Sohleufliichen
sichtbar werden; das linke Vorderbein hebt es nach Pferdeart zum Tritte empor. Der lange,
einem Giraftenhals gleichende Hals ist mit einer wolligen Mähne bedeckt: der Kopf mit rundem
schwarzen Aug' und Ohren von der Forin wie bei jenem Thiere, zeigt den Charakter des Pferde-
und Gazelleukopfes in einer phantastischen Mischung, der Schwanz läuft in ein Büschel aus.
Zwischen den HinterfUsscn gewahren wir ein dem obigen t entsprechendes b, zwischen den
vorderen ein v.
Der folgende .Jüngling gleicht mit seinem geringelten gelben Haar, rosenrothen Lippen
und niinniglichen Ausdruck«' dem ersten. Er geht nach links, trägt ein blaues Zottelgewand, das
mit rothen fiinfblättrigen Blümchen gegürtet ist, aber keinen Kranz am Kopfe. Mit der Rechten
hält er das Schrift band über sich, die Linke führt an einem kurzen gedrehten Stricke das fol-
gende Ungeheuer. Die Schrift reicht über dem .Jünglinge bis: r mit*'. Dieses zeigt sich in höchst
phantastischer, doch auf mittelalterlichen Kunstwerken nicht seltener Erscheinung. Die Gestalt,
durch einen kräftigen blauen Strich contourirt, besteht blos aus Kopf und Hals, an den sich
zwei Beine anfügen. Der kaineelartige Kopf ist mit gezackten Drachenohren besetzt, der Hals wie
beim Kameele geschwungen und tief zur Erde niederhängend; die Füsse tragen je drei scharfe
Krallen von rother Farbe, ein langer Schwanz schleift am Boden nach. Die Farbe des Thieres
ist beinahe meer- oder lauchgrün mit einem getigerten Dessin-Muster, das aus kreisrunden Malen
von dunklerem Grün und einein rosafarben Kern besteht. Die Schrift reicht hier bis: .die weit- :
unter dem Thiere steht der Buchstabe o.
Nun folgt wieder ein Waldinann in rothem Zottelkleid, gegürtet und bekränzt mit grünen
schotenbesetzten Zweigen. Zur rechten hinschreitend, trägt er in jeder Hand eine Geissei an
gelben Stielen und treibt mit Schlägen das nächste Thier von sich. Der Text geht bis: r lon".
Von schöner Wirkung ist das folgende Thier, ein Greif. Er geht in derselben Weise wie
das erste nach rechts, in äusserst stylvollcr Zeichnung, welche ihm einen ganz heraldischen
Charakter verleiht. Wie bei allen diesen Thielgestalten fehlt hier die bei den Menschenfiguren
versuchte und auch recht gefällig erreichte Körperlichkeit und Modellirung; sie sind im strengen
Schattenriss en protil gezeichnet und selbst so weit ornamental gehalten, dass das Innere der
Contouren. wie hier, mit einein Tapetenmuster gefüllt ist. Die Grundfarbe ist blau, gleich «hin
Gewand des zweiten Mannes, der Adlcrschnabcl falb, die Nägel der Klauen etwas tiefer braun-
gelb. Die link«- Vorderpranke greift in sehr guter Bewegung zum Schritte aus und bildet mit
der ganz stvlistischen Krümmung des Halses einen trefflichen Umriss. Die Körpcrfläelie trä«t
einen getigert aufgesetzten Dessin von Rosetten, denn jegliche einen rothen Stern, blaue und
weisse Blätter hat. Am Halse flattert eine kurze Mähne, den Kopf krönen spitzige Ohren. Unter
dem Greifen, der bis zu dem Worte: r fol* der Inschrift reicht, ein Minuskel c.
Ks folgt ein Jüngling, in der obenbeschriebenen Tracht der Wildniss, en face, mit weissem
Flockcnkleide. ohne Kranz, doch mit glockenförmigen, innen rothen Blumen gegürtet, darge-
stellt, nur der Kopf sinkt ein wenig gegen die linke Schulter. Im Ausdruck ist diese Figur die
lieblichste, sie hat beinahe etwas sentimental-zartes. Während die linke Hand das Sehriftband
hält, ist die andere in sehr sprechender Geste vom Körper weggehalten, wie eines Redenden,
42
Ai.nmiT Ilg.
der eleu Hörem seinen Satz (den liier clie Inschrift enthält und der eben als Sehluss liier die
Hauptsache, die Moral verkündigt) durch eine ausdrucksvolle Handbewegnng herleitet. Dabei
ist in Folge sehr wahrer Beobachtung nach dem liehen der kleine Finder leicht über den Gold-
linder gelegt, was sieh ganz graziös ausnimmt und ein gewisses Feingefühl des Zeichners bekun-
det. Alle Hände sind Überraschend gut und zierlich gezeichnet. Über dieser Gestalt endet, wie
gesagt, der Text des Sehrittbandes. Noch folgt das letzte Thier, das Einhorn, nach links auf den
.lüngling zugehend. Ks hat dasselbe Roth wie das gazellenartige Thier, graue Hilfe, ein gelbes,
mit lichtem Braun schattirres Horn au der Stirne. Audi sein Fell trügt getigerte Zeichnung:
lichtrosige Kreise mit weissem .Mittelpunkt, l'uter dem Tliiere liest mau einen Buchstaben, der n
«•der u gelesen werden kann; (Iber demselben ein g.
Kigenthümlich ist ferner das aus zwei in einander geschobenen Leiern gebildete, übrigens
« ine Knotenversehliiifiiing vorstellende lichtblaue Ornament, welches an 1 Stellen zur Ausfüllung
von leeren Orten auf dem grünen Hankengrunde verstreut ist.
Wir wollen zunächst das "Werk seinem Gegenstände nach in Betrachtung ziehen und eine
Deutung desselben vorlegen, ehe über das kunsthistoriscli-cigcuthümlichc an demselben die Rede
sein soll. Die einzelnen Bestandteile der Darstellung sondern sieh in den Hintergrund, in
mehrere menschliche und mehrere Thiergestalten. letztere von phantastischer Fornicnbildung.
Die stvlisirten Kankcn-Oruamcnte des Grundes, grün auf schwarz ausgeführt, deuten, wie schon
erwähnt, den Wald als das Local der Scene an, den natürlichen Aufenthalt der hier vorkommenden
Menschen und Tliiere. Die Mensehen sind Waldmänner. Waldleute, wilde Leute, wie ihr Name
sonst lautet, Geschöpfe der germanischen Phantasie, die im gesjunmten Glauben des Mittelalters
eine grosse Rolle spielen, l'nsere Heidenzeit weihte ihnen göttliche Verehrung. Heiligthilmer und
Weihstütten, wie die Legende des heil. Agilus erweist. Als dieser fromme Mann mit dem Gefährten
Eustasius zu dem bayerischen Stamme der Warasci kam, fanden sie dieselben agrestium fanis
ilecepti. eptos vulgi faunos vocant. |Act. Bcncd. sec. 2. pag. ISlü: Agilus f ü.'dli. Diese Waldwesen,
denen im VII. Jahrhundert demnach noch als Waldgöttcrn gedient wurde, behaupteten ihre grosse
Bedeutung für den Sinn des wähle) liebenden Deutschen, dessen Phantasie gleich jener des gleich-
begabten Hellenen Feld und Forst mit lebenden Wesen zu bevölkern wusste. Tausende unserer
Volksmärchen beweisen, dass der Glaube an sie (und Genossen < trotz der Bekehrung des Chri-
steuthumes und der modernen Aufklärung nicht ausgerottet werden konnte; es gab aber Zeiten, in
welchen auch die höheren Stände der Nation sich seiner noch bewusst waren und in poetischer
Weise von dem Stoffe Gebrauch machten, der zur Ausbildung adeligen Spieles und Zeitvertreibes,
sowie zu manchem Kunstwerk Anlnss gab, wie wir im folgenden sehen werden. Die Gedichte des
Mittelalters, berechnet für die Blüthe damaliger Gesellschaft, gedenken der wilden Waldniänner
und Frauen oft genug, und zwar sowohl im schlimmen als im guten Sinn. Die Schilderung ihres
Äussern stimmt jedoch in beiden Fällen zu den Erscheinungen auf unserm und auf verwandten,
im Verlauf zu nennenden («ewebeii. Immer ist ihr Körper rauh, sei es in Folge natürlicher
Behaarung oder wegen ihrer Kleidung aus Fellen der Waldthide. Der Zwerg Karriöz im Wiga-
lois ii;i;02 ff.;, ist ein derartiges Wesen wie denn die Natur der Zwerge. Wichtel, Waldniänner
und aller übrigen Elben vielfach in den Glänzen verschwimmt i. sin tnuoter was ein wihlez wip, da
von was sin kurzer lip aller rneh unde stark. Held Wolfdietrich leidet vielerlei Anfechtung durch
die raube Kls. das .rauhe Weib-, das auf allen Vieren .nicht anders denn ein Bär- einher-
giug, gerade so wie wir die Waldleute auf dem zu erwähnenden Regensburger Teppiche dargestellt,
rinden werden. Dann aber, als der Held ihre Minne verschmäht, wandelt sie ihn durcii Zauber
selber in einen Wahbnensehcn. dass er ein halbes Jahr im Tanne lief, .von Knie Speise nehmend,
gleich einem wilden Thier '. Wir wollen auch nicht übersehen, dass Rauhelse. im Jungbninnen
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ElS ALTDKl TiCHllK WaNDTEPI'ICU VON SCULOSS S-ritASSBCRÖ IN KaBSTEN.
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schön gebadet, und Wolfdietrich, der seine Menschengestalt wieder erlangt hat, die beiden ehema-
ligen wilden Leute, nunmehr wirklich der Minne pflegen, wir betonen diesen Zug des Gedichtes im
Hinblick auf den Umstand, dass diese wilden Leute gerade in der galanten Welt des Mittelalters
beliebte Gestalten geworden sind. Rauhelse ist nicht die einzige Waldfrau, deren Minne Ritter
beglückte: ich erinnere an das Milrlein Peter Dimringer's von StaufTenberg und ahnliches. So hat
auch Burcard von Worms eine Stelle: agrestes feminas, quas silvatieas voeant, et quando volue-
rint ostendunt se suis ainatoribus et cum eis dieunt sc oblectasse, et item quando voluerint abs-
Coiulunt se et evanescnnt. Wilde vroewelin nehmen sich der wunden Helden an, wie Eggenliet
lehrt, und ein wihlez wip tlieilt Wate Tin Kudrun) Heilkünste mit. Auf den Fresco-Gcmählen der
lbirg Runkelstein in Tyrol sehen wir unter den Rittern und Damen auch wilde Wahlriesen
und Waldweiber, in Felle gehüllt, mit Laubkrünzeit auf dem Kopfe. Nicht allein aber, dass
die Dichtung eine Gemeinschaft, Berührung und Vermischung selbst zwischen dem ritterlichen
Menschengeschleehte und diesem stillen Volke der heimatlichen Wühler annahm fso natürlicli,
da der Wald der liebste Sonmu raufenthalt, der Tempel der vielbesungenen sumerwunne war!),
es erscheinen auch Züge, nach denen die Ansicht gewinnt, dass jene hofischen Kreise sich ein
Leben der Waldleute als eine poetische Potenz gewissermaßen ihres eigenen dachten, und zwar
in der Weise, wie das XVII. Jahrhundert sein Thun und Treiben in der Phantasiewelt des
Schilferwesens spiegelte. Diese Annahme, zu welcher die im folgenden erwähnten Kunstwerke
zwingen, scheint mir sehr natürliche Krklärnng zu linden. Wissen wir doch, wie Alt und Jung,
namentlich aber die liebesehnende Jugend den endlosen Winter hindurch auf den einsamen, im
Gebirg zerstreuten Burgen des Frühlings Anbruch als Erlösung von der argen Langeweile erharrte,
wie viel hundert Minneliedcr von dem her anger und fron wiese, vom verschwiegenen Wahl er-
zählen, den Tummelplätzen der Gesellschaft, «Ion Schauplätzen ihrer Spiele und galanten Abenteuer:
wir hören ferner, dass man sieh mir Blumen krilnzte und den Mai feierte, ja es hat sich bis heute
im Volk die ehemals aber allgemeine Sine erhalten, Aufzüge und Spiele dem Siege des Sommers
zu Ehren abzuhalten, und bei diesen erseheint an verschiedenen Orten Deutschland* noch eine in
Zweige oder Felle gehüllte, mit Bhuncnguirlanden gekrönte Figur, die in mehreren Gegenden
auch den Namen des wilden Mannes behalten hat, so in Thüringen. Die Gestalt des Waldinaunes
hat sich in den vornehmen Zirkeln des Mittelalters und der nächsten Zeiten auch ebenso bald als
Maske bei Festen und Tänzen beliebt gemacht (man sehe Wirich' s Hochzeitsbuch), wie im Zeitalter
des Zopfes die Schäferfigur. Sie wird daher auch in einzelnen Bild- und Kunstwerken der Zeit in
demselben Sinne die Erscheinungen der feinen Welt zu repriisentiren haben, als Daphnis und Chloe.
Menalkas und Amaryllis die Herrschaffen von sechzehnhundert st) und so viel bis auf Watteau.
Einen Beleg mag man im folgenden erblicken: Im Anzeiger f. Kunde deutscher Vorzeit, lNoli,
205 und 200 1 ist eine Elfcnbein-Sculptur aus dem XIV. Jahrhundert abgebildet, ein Spicgclgchäusc
aus dem Cistercienser-Stifte Rein in Steiermark, also ein Gegenstand, der für den Gebrauch und
im Geiste der damaligen Vornehmen entworfen ist. Wir sehen, wie auf vielen ähnlichen Elfenbein-
schnitzereien, deren mehrere in dem Aufsatze erwähnt und kurz geschildert sind, die Burg der
Minne, vert heidigt von Rittern, welche die auf de n Thünnen sichtbaren Frauen schützen und
Rosen auf die Angreifer niederschiessen, bestürmt von einer zweiten Kriegerschaar, die mit Sturm-
leitern, Bilden und andern Geschossen heranreiten und Rosen statt der Pfeile und Steine empor-
senden. Ebenfalls im Anzeiger, Jahrg. 1870, Tafel zu !)2 ff., finden wir nun die Abbildung eines
auf der Wartburg befindlichen Wandtcppiches aus der friih-gothischen Periode, und auf demselben
ist wieder die Erstürmung einer Vcste, allerdings keiner Minneburg, jedoch unter den gleichen
äussern Umständen dargestellt; auch hier bedient sich Feind und Vertheidiger der Blumen statt
> S. Mitthriliin^n der k. k. (Vnt. C.iiim.
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Aj.bert Ilc.
tödtlichtr Geschosse. Wenn wir nun auch im folgenden zeigen werden. dass in diesem Falle der
Kurf:, ihrer Bestürmung «nd den Blüthcngesehessen ein anderer Sinn innewohnt, so genügt doch
die Übereinstimmung der äusseren Verhältnisse, um die Waldmänner, welche auf dem Teppich
der Wartburg an Stelle der Ritter erscheinen, als deren Vertreter im oben angedeuteten Sinne
betrachten zu dürfen ; insofern die höfische Gesellschaft es liebte, diese Maske anzunehmen,
welche ihr durch den stiiten Verkehr mit dem die Hurgen einschließenden Wahle lieb und eigen
geworden war.
Das gleiche bezeugt ein anderes Zusammentreffen. Im gen. Anzeiger, Jahrg. 1K57, 324 ff.
ist ein zwischen 1350 und 1400 etwa gefertigter deutscher Teppich besehrieben und abgebildet,
zugleich des eigentümlichen Spieles ausführlich gedacht, in welchem auf der Tapete ein Herr
und eine Dame begriffen erscheinen. Ks wird dort dargethau, das« das Spiel ein allgemein übli-
ches und bei vornehmen Personen beliebt gewesen ist. Nun existiren im Kcgcnsburgcr Rathhause
unter mehreren anderen Tapeten auch einige mit Seinen aus dem Leben der wildlut. wie sie
daselbst genannt sind. Drei hievon sind in Holzschnitt- Rcproduction in unseren Mittheilungen,
Jahrg. 1863, pag. 64 abgebildet, und darunter überrascht Fig. 13 wieder durch die Darstellung
eben jenes Quintan-Spieles, welches jener Teppich des germanischen Museums von Personen des
höfischen Standes ausgeführt zeigt, hier als Belustigung eines bekriinzten wilden Weibes und
eines „zotteten MandlV des Waldes. — Obwohl auf diesen Gegenstand noch nicht aufmerksam
gemacht ist, glaube ich doch mit obigen Hinweisen abschlicssen zu dürfen, denn die Behauptung
ruht auf ganz einfachen klaren Dingen: es könnte nicht schwer fallen, anderweitige Belege zu
bringen, ich aber eile zu meinem eigentlichen Gegenstande.
Unser Teppich stellt eine Allegorie, und zwar Gegensatz von Laster und Tugend im Geiste
der mittelalterlichen MoralitHten dar. Dass dem so ist, wird uns die nachfolgende Untersuchung
überzeugen, auch deutet schon die Inschrift darauf hin. Aber es hätte die Allegorie, welche
hauptsächlich in der Symbolik der Tincrc liegt, keinen Sinn, wollte mau unter den Waldleuten
nichts anders verstehen als die wirklichen wilden Leute der vaterländischen Sage: wir begriffen
nicht, warum der Künstler mit seinen Sprüchen und seinen allegorischen Thieren den Wald-
sehraten Moral lehren und diese moralische Darstellung für wilde Leute wieder den Menschen an
die Stubcnwaud hängen wollte. Deshalb war es nothwendig, vorerst zw zeigen, welche Bedeutung
die Vorstellung von den Waldlcuten für die adelige Gesellschaft des Mittelalters hatte, damit
endlich klar werden sollte, dass auch hier sie selber, diese Gesellschaft, mit den wilden Forst-
bewohnern gemeint ist, hier in der Moralität, wie Waldmänner auf Kunstwerken statt Kittern
Schlösser stürmen, Gesellschaftsspiele spielen, wie wilde Fräulein in Gedichten die Stelle höfi-
scher Herzensköniginnen im Waldesschatten einnehmen und die Maske des wilden Mannes erko-
ren ist. der Repräsentant der dein mittelalterlichen Burgenadel charakteristischen Liebe zu Feld
und Flur beim Lenzreigen zu sein. Hatten ja so viele Geschlechter den eichenbekränzten Wald-
mann selbst in ihr adeliges Wappen aufgenommen!
Der Gegensatz, der Kampf zwischen Tugend und Laster, ist, wie überhaupt in der Kunst
des Mittelalters, so auch in «lern textilen Zweige ein öfters begegnendes Sujet. Nachrichten über
die älteste Teppich-Industrie in Frankreich, in den Ateliers von Artois n. a. sprechen davon; noch
mehr scheinen auf Geweben von Arras diese Sceiicu angebracht worden zu sein. Das Inventar
Charles' d' Orleans nennt bereits einen solchen tappiz a ymaiges, worauf die Laster und Tugen-
den zu sehen waren: 13i»3 besass Philippe le Hardi einen andern mit denselben Allegorien, doch
begleitete jede davon die Figur eines guten, respective bösen Fürsten. Die Archive von Lille
erwähnen ein. n Teppich derselben Gattung, 1383 — 85. auf einein anderen, burgnndischer Fabri-
cation dieses Säeulnms. waren Trunkenheit und Enthaltsamkeit etc. dargestellt. Unter den Tape-
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Eix Ai.TPEirsciieii Wandteppich von Kontos« Strassbirg in Käunten.
ten in Regensburg; befindet sieh auch ein 1. c. Fi*;. 10 abgebildeter Streifen, in weichein man die
Bestürmung der Burg der Tugendeu (glawb, Hoffnung, liep) durch die Laster (vnglowb, Ver-
zweiflung, haz) sieht. Daneben ist nochmals Liebe und Hass entgegengestellt und reitet der letztere
auf einer drachenartigen Bestie, hat eine Fledermaus als Helmschnuiek, eine Kröte im Schilde.
Ebenso reiten andere Laster (die nicht mehr abgebildet siiulj, auf einem l'ferd {Hoffart), Wolf
(Geiz), Bilr (Unkeuschhcit), Eber ('Zorn). Fuchs (Völlerei,), Esel (TrUghcit) mit entsprechendem
Hehusehnmck etc. Ich bemerke im Vorübergehen, da«s auch 1437, beim Einzüge Kai IV VII. in
Paris, dem Könige die sieben Tugenden und die sieben Laster auf Thieren verschiedener Art
entgegenritten, und wende mich zu dem oben erwähnten Teppich der Wartburg. Es ist in dem
Aufsätze im Anzeiger über den Gegenstand nichts bestimmtes geäussert, doch kann ich nicht
zweifeln, das« wieder der Kampf »1er Weltlust und der entsagenden Tugend gemeint ist, wenn-
gleich der eine Zug, das» Bluniengcschosse angewendet werden, wie gesagt, den Minnebildwerken
entlehnt ist. Die Angreifer, deren Zahl sieben ist. sind bis auf eineu beritten, und zwar haben sie
phantastische Thiere. welche gleichwie die meisten auf unserem Teppiche ganz originell erschei-
nen und keinen Zusammenhang mit den gewohnten kirchlich -symbolischen Bestien bekunden.
Das ist auf den beiden zuletzt genannten Geweben, zum Theil auch auf dem Kegensburger der
Fall, wesshalb die Physiologen Hoffmaiius, Heider's, Knrajan's keine Auskunft darboten.
Auf der Seite der Stürmenden stellt ein Zelt, im Innern sind eine gekrönte Frau und zwei Herren
(alle wie gesagt im zottigen Waldkleide) speisend und trinkend zu sehen, die beiden Milnner
bieten der Dame Speise und Trank an; es scheint damit der Genuss, Weltlust. Minne angedeutet,
ebenso in dem Wurfgeschoss der Angreifer, den Rosen, wilhrend die in der Veste sich mit Lilien
vertheidigen. Wie so Blumen der Liebe und der jungfräulichen Unschuld entgegengesetzt sind,
deutet auch die zinnenbesetzte Burg auf die strenge Jungfräulichkeit.
Betrachten wir nun die Darstellung unseres Teppiehes. Drei Thiere neben eben so vielen
Jünglingen repritsentiren die Laster, das vierte mit noch einem Jüngling die Tugend im allge-
meinen. Die Inschrift bezieht sich darauf:
dific . tierlin . wil . ich . triben.
vnd . wil . on . die . weit — bclihen —
daf . han . ich . wol . eii|>flivndcn
daher sehen wir die Jünglinge die bösen Thiere theils mft Geisselsclilägen wegtreiben, theils,
ihrer miiehtig. die Ungeheuer am Zaume leiten; die weiteren Worte gehen auf das letzte, gute
Thier, das Einhorn:
zv . dil'en . dicrlin . hau . ich . mich . vbvdeu
mit . difen . dicrlin . Ivo . wier . viif . began
die . weit . git . hoffen . Ion
die . weit . ilt . wntrwcn . fol
mit . diffen . dicrlin . ift . vnf . wol.
Die Inschrift eudet bereits über dem letzten Walduianne, Uber dem Einhorne steht also nichts
mehr zu lesen. Gleichwohl muss das ganze, soeben in fünf Zeilen gegebene darauf bezogen werden
und blos die drei ersten auf die übrigen Thiere. Man kennt ja die Art der mittelalterlichen, des
Lesens meist unkundigen Weber, welche gerade in Gobelins gar selten eine dem Räume der
Figuren entsprechende Eintheilung des Textes zu treffen verstanden. Wollte man da« ganze auf
alle Thiere beziehen, so müssten alle Tugenden reprlisentiren. wogegen die Behandlung mit
Geissein sprilche; ferner aber auch die Thatsachc, dass diese Bestien, obwohl sie keiner bestimm-
ten wirklichen oder fabelhaften Species angehören, doch ganz den Charakter jener symbolischen
Ungeheuer tragen, die mittelalterliche Künstler sonst immer zur Bezeichnung des Bösen wählen.
XVII 8
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4fi
Almert Ilc,
Das erste girnlTenartige Thier hat zwar nichts besonderes, das folgende aber mit Ohren, Krallen
und Schwanz vom Drachen, sowie das dritte, welches zweifelsohne ein Greif ist, haben sicherlich
üble Hedcutung. I >es Greifen schlimme Art schildert nicht nur t htnit und Wolfdietrich, auch das
Gedicht vom Wartburgkrieg gedenkt dessen, ja Tansanias nennt sie löweuiihuliche Unthiere mit
Adlerschnäbeln und l'ardelfcllcn (s. unsern Teppich), nach Poinponius Mein aber hüten sie das
Gold, siml daher Symbole des Geizes, der Habsucht. Von dem Einhorn brauche ich nicht erst
alle jene bekannten Stellen bei Hiob. Gregor dem Grossen, Isidor, im altdeutschen Physiologus
bei Hortinann. Conrad von Merenberg, aus <lem Parzival, Wartburgkrieg etc. wieder anzuführen,
aus welchen hervorgeht, dass es als Sinnbild der Keuschheit galt, nur in einer reinen Jungfrau
Schoos« gefangen werden konnte, dalier Christus, den Sohn Maria's, bedeutet. Ks bezeichnet auf
unserem Teppich, was auf jenem in Hegcnsburg die feste jimgfrilnlichc Burg ist, den Sinnbil-
ilern der sündhaften Weltlust gegenüber. Die Farbe unseres Einhornes scheint nicht willkürlich
gewählt zu sein; ich finde nämlich in einein kleinen seltenen Itinerar: Parndisus deliciaruin
Italiae. Collen, wahrscheinlich um InOO gedruckt, pag. 44 die Xotiz, dass im Schatz von
S. Marco zu Venedig zwei Einhorn« gezeigt wurden, „unter denen ist das rote dass Mänlein, das
gelbe aber das Wciblein-.
Darstellungen von Thielen, also nach des Mittelalters Weise zur guten Mehrzahl phanta-
stische Ungeheuer, wie an niiserm Teppich, sind eben in dem Gebiete, der textilen Kunst ein
hauptsächlich beliebtes Motiv gewesen. Die Stoffe, welche am Kaiserhofe in Konstantinopel
gefertigt wurden, wie nicht minder sarazenische, die seit König Itobcrt (114H) in Palermo vor-
züglich bereitet wurden, waren besonders in Folge, der Kreuzzüge Vorbilder für die gesammte
textile ( »rnameiitirungs-Wcisc geworden und hatten die Thiergestalten der morgenländisehcn Kunst
eingebürgert, wozu dann das kirchliche Material in dieser Hichtung. wenn ich mich so ausdrücken
darf, die bekannten symbolischen Thiere des Physiologus, noch hinzukommen. Schon um !>85
bestand in der französischen Abtei St. Floren* de Saumur eine manufaeture d' etoffes et de tapis,
und es wird uns berichtet, dass die Mönche daselbst Tapeten mit Itlumen und Thierligurcn
webten. Thiele zierten ferner jene Teppiche, welche Guillaume V., Graf von Poitiers, um das Jahr
lOO») aus dortigen Ateliers an König Poliert schickte: 1133 machte man unter Abt Matlhieu von
Londun ein Stück, worauf eine Kothwildjagd dargestellt war. Dracheukitmpfe u. dgl. sind daher
mit Vorliebe behandelt und mit sichtlichem Wohlgefallen ins Detail durchgeführt, erhalten
demnach noch im XIV. Jahrhundert in der Reihe von Ibidem eines Hornaus die sorglichste
Beachtung, «bezeichnend für die Geschmacksrichtung der Zeit, welche die bekannten lkstiarien
noch über ein halbes Jahrhundert lang als Hauptbestandteil ihrer Verzierungskuust festhielt" 1 .
(Van Eye, im Anzeig. f. K. d. V. 18b'o, 1« f.) Schon in der Gndrunarkvidha önnur der Edda
singt Gudrun: ..In Gold stickte sie, mich zu zerstreuen, deutsche Säle und dänische Schwäne".
Das Alexanderlied des Pfaffen Lamprecht (XII. Jahrhundert) schildert einen umbehanc, d. i. eine
Wandtapete gleich unserem Gewebe, der baldachinartig hinter dein Stuhl angebracht war, also
ein Pücklaken, «der was breit und laue, von edelem golde durchgingen, mit siden waren dar tu
getragen . vogele unde tiere . mit manicfalden ziere . unde mit manigerslahtc varwe: daz merkesih
alliz garwe . man muhte, dar an scouweu . riter unde frouwen . oben« unde nidenc . mit wunder-
lichen bilide u . Im Erek des Hauptmann von Aue (nach 1191) hören wir von einem ähnlichen
Werke. Oder man vergleiche den Engelhard von Konrad von Würzbnrg (XHI. Jahrhundert),
wo eine prächtige Pferdedecke (covertiure) beschrieben wird (252t) ff.). Die Thiere des vorliegen-
den Teppiches begegnen uns zum Theil wieder auf dem gestickten Messornat der ehemaligen
Nonnenabtei Göss in Steiermark aus dem zweiten Viertel des XIII. Jahrhunderts (Cent. Comni.
185H, p. 57 ff."), wo Greif und Einhorn auf der Dalmatika zu sehen sind.
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Ein Ar.TDEtTscnF.it Wandteppich von Schi.oss Stiiassbi-bg in Raunten. 47
Aus diesen Angaben g'^it nun wohl hervor, dass die FoiTnen, das Genre, die fabelhaften
Thiere. die Menschen und die Inschriften auch in Deutschland bei texiilen Kunstwerken schon
zu einer Zeit in allgemeiner Übung gewesen sind, aus der uns keine Gewebe mit derlei Compo-
sitionen erhalten sind. Ks ist nur die Frage, ob damals in deutschen Landen das Vorhandensein
solcher Weberei« erkstätteu angenommen werden darf: wenn dem so ist, so leidet es wohl keinen
Zweifel, das* die Werke, welche aus ihnen hervorgegangen sind, den eben beschriebenen
Charakter trugen, d. h. die Vorläufer unserer erhaltenen ältesten deutschen Gobelins aus dem
XIV. Jahrhundert gewesen sind.
Ich glaube, dass es sieh allerdings so verhalte. Im X. Jahrhundert schon wurde nicht bloss
.Stickerei, sondern auch das Weben in den Klöstern am Rhein, an der Donau, in St. Gallen, in
St. Kinmerain in Regeusburg eifrig betrieben. Ja es verdankt die hohe Blilthc der namiindischen
Weberei ihren Ursprung deutschen Handwerkern, welche a. 'Jö'J Graf Arnold I. in seine Staaten
berief. Von 114!» datirt die ältestbekannte Urkunde über Errichtung einer Weberzunft in Köln.
Hartinann in Iwein (120-1) schildert einen weregadem. ein förmliche Fabrik, wo $10 Mädchen mit
Sticken, aber auch mit Weben, (Garn lesen, winden, bh-iieln, Flachs .schwingen, hecheln, spinnen
und nähen) beschäftigt waren. Zu Filde des X. Jahrhunderts schon erblühten in Frankreich und
den benachbarten Niederlanden Teppichweberet-Industrien, in Saumnr, l'oitiers, seit dem XU.
Jahrhundert in Artois und endlich die l>edeutcndstcn von allen zu Anas, welche einige Säcula in
ungestörter Blüthc standen; ihre Technik ist gewiss mit den häufigen Einwanderungen flandrischer
Gewerbtreiheiider nach Deutschland gebracht worden. In Wien z. B. rissen die Flandrenser. nach-
dem sie 122H zuerst erwähnt werden, das Trincipat unter den Industriellen, eine Anzahl Hechte
und Freiheiten, rasch an sich: sie verbreiteten nicht nur die Kleiderstorte, sondern auch die übri-
gen Gewebe ihrer Heimat in Österreich.
Was nun Stort'wahl und Styl betrifft, so seheinen, nach dem ältesten erhaltenen zu schliessen,
die deutschen Gobelins- Weber des Mittelalters ihren Schöpfungen einen eigenartigen Charakter bald
ausgebildet zu haben. Der Styl, die Compositions- Weise und Haltung schliesst sich an das ornamen-
tale Wesen der Miniaturen an und hatte nicht, wie es in der niederländischen Webelei der Fall war.
villi- lebensvolle, von Anfang an realistischer getreue Xaturbeobachtnng in den Vorbildern der
hohem Kunst der Malerei zum Anhalt; nicht jene lebendigen, der Wirklichkeit schon so glücklich
abgelauschten Schildereien, wie sie die altniederländische und fraiizösiseh-burgundische Miniatur-
Kunst in den livres d'heurc etc. entwarf, die Vorläufe zur Tafelmalerei der Eyck'schen Schule,
deren Einfluss später wieder die burgundische textile Kunst zur Spiegelung des gesammten frischen
und farbenprächtigen Lebens ihrer Zeit werden liess ; nicht solche Vorbilder dienten den deutscheu
Gobelinwebem. sondern die heimische Malerei, welche einen abstracteren idealistischen Zug
bewahrte, hergebrachte dem Leben fremde Typen und eine ornaincntistisclu-, selbst stylisireude
Auffassung hewalirtc. in ihren Stoffen aber gern einer allegorisch-mystischen, keiner der Wirk-
lichkeit entsprechenden Richtung huldigte, welcher die mit dem Xameii der Mystik bezeichnete,
im Volke tief wurzelfassende literarische Richtung gerade im XIV. Jahrhundert nur Nahrung bot.
Die wilden Männer und ihr wunderliches Treiben, gar wohl geeignet als Vertreter des Genrc-
faches im Mittelalter zu dienen, haben gerade auf Teppichen deutscher Fabrication ihren Tummel-
platz. Referenten sind drei Fälle ihres Vorkommens bekannt: eben die erwähnten Tapeten von
Regensburg, jene der Wartburg, die aber vordem in Würzburg sich befunden hatte, und unser
Rlicklaken. Die Regensburger bestehen aus zwölf Fragmenten, deren drei a. a. O. reproducirt
sind. Die „wildluf, wie sie die Inschrift nennt, tragen hier enganliegende Kleider, Männer sowie
Frauen, weiss, roth und.blau gestreift; eine Frau hat einen Laubkrauz am Scheitel. Viel mehr über-
einstimmend mit den Gestalten unseres Teppichs dagegen erscheinen die wilden Männer des
s*
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48 Alhekt Ilo. Ein altdeutscher Wandteppich von Nciit.oss Stuassbiihi in Kärnten.
zweitgenannten Gewebes; sie haben die zottigen Gewänder, die Blumeugürtel und -krönen wie
diese. Sighart ist der Ansieht, dass die Regensburgcr Tapeten zwischen 1350 und 1400 entstanden
sein mögen: der erwähnte Teppich im germanischen Museum, auf welchem das Quintan-Spiel wie
auf diesen Geweben vorgestellt ist, wird um 1380 und 1400 angesetzt; der, allerdings gestickte
Tischlaken, mit der Geschichte Tristans und Isoldens im Dom zu Erfurt-, gleichfalls mit symbol-
lischeii Thier-Figuren verziert, stammt aus der Mitte oder zweiten Hälfte etwa des XIV. Jahrhunderts
(Anz. f. K. d. V. 1H6G, 14 ff.); derjenige gleichen Gegenstandes im hannoverauischen Kloster
Wienhausen ist etwas älter (Mit ho f, Archiv f. Niedersachsens Kunstgesch. II. tab. 6.) ; den Teppich
der Wartburg nennt Zahn frUh-gothisch, was also für Deutschland dasselbe etwa bedeutet. Die
mcdnillonftlrmigcn in Uegeiisburg mit Liebes-Scencn (a. a. O. p. f>9j stammen aus dem Ende des
XIV. .Jahrhunderts, die oben erwähnten mit dem Kampf der Tugenden und Laster aus dein XV.
Jahrhundert. Diese Heispiele unzweifelhaft deutscher Produetion zeigen auch die Blüthe-Periode
des Kunstzweiges in unserm Vaterlamle an, welche allerdings noch ins XVI. Jahrhundert hinüber-
reichen mag, zu welcher Zeit Fabriken wie jene in Lauingen durch Pfalzgraf Heinrich Otto unter
dem Maler Matthias Gerung errichtet wurden; den am meisten heimischen Charakter aber trogen
sicherlich die Arbeiten des XIV. und XV. Jahrhunderts.
Ich milchte aus Gründen der Kunstfonnen, die an unserm Gobelin erscheinen, denselben in
eben der Weise bezeichnen, wie Zahn jenen der Wartburg genannt hat. Die Figuren, die stylisirten,
fast ornamental gehaltenen Formen des Greifen, namentlich auch der Jüngling neben dem Einhorn
in seiner geschwungenen Haltung des Leibes, würden ein solches Urtheil bekräftigen. Ich vergesse
aber nicht, dass es ein linderes ist, etwa ein Architektur-Werk, ein Frescn-Gcmälde, oder selbst ein
Tafelbild zu beurtheilen ; in diesen Hauptrichtungen weichen die alten Formen schneller vor den
Neuerungen als im Kunsthandwerk; das ist eine bekannte »Sache. Es scheint mir deshalb erklärbar,
wenn neben diesen älteren Stylformen in der Schreibweise der Spruchbänder einige Merkmale auf
ein jüngeres Datum hinweisen, wozu namentlich das lange f und Doppel -IT statt des früheren
geschwänzten z zu rechnen, Zeile 1, 5, 6, H; diffc. unf, hoffen, dilTcn. Zu beachten ist in dieser
Hinsicht auch das Schwanken der Schreibweise in Z. 1 tierlin und in 4, f>, 8 dierlin. Alter ist
noch Z. 5 sich began, gleich leben; vgl. Walther v. d. Vog. (cd. Pfeiffer, 22. 31.) Z. 7,
wntrwen; Z. 5 sfm. Wir werden also wohl den Gobelin den jüngeren unter den aufgezählten an-
schliessen können, aber kaum weit über den Anfang des XV. Jahrhunderts im äussersten Falle
heraufdatiren dürfen.
Seiner Bestimmung nach war es wohl ein Rücklaken, ein an der Wand hinter den Bänken
gespannter Teppich, zu dem also noch drei ähnliche Stücke geborten, flenn auch unter den hoch-
angebrachten Fenstern der vierten Wand lief der Fries von Geweben hin. Die Technik ist basse-
lisse Tenture, mit wagerechter Kette, vertiealem Schuss. Der Zettel ist farblos, der Einschlag
deckt ihn an allen Stellen zu.
Schwer fällt es, über den Ort der Entstehung eine mehr als muthmassliche Ansicht zu geben.
Die Sprache «1er Reimzeilen weist auf da« mittlere Deutschland, die Heimat der meisten gewebten
Tcppiche unter den oben aufgeführten Beispielen. Der Keim in Z. 5 und 6, began-lon, ist aber nur
in niederer Mundart richtig, ist eine Abweichung vom Hochdeutschen; ähnliches findet man in
mittelrheinischen, dann aber hochdeutsch Uberarbeiten Gedichten der Zeit: Ion- getan, don-gan
etc. (Vgl. Mone, altd. Schauspiele, I. p. 177 ff.)*.
3 Du im obigen geschilderte merkwürdige Kuustwerk ist gegenwärtig auch im österreichischen Museum Air Kunst und
Industrie ausgeatollt, tu welchem Zwecke es von dem Herrn Kurstbiacbof Valentin Wiery aufe freundliebste »ur Verfugung
gestellt wurde.
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41)
Beiträge zur Alterthumskimde von West-Bulgarien.
Von F. Kanitz.
Mit 12 HpUnchniUen
I. Belogradcik.
Oi«' kleine türkische Festung dieses Namens, in Mitte einer phantastisch gestalteten rothen Sand-
steinwelt hincingebaut, liegt auf der äussersten Westspitze Bulgariens, welche von den Ausläufern
des Svcti Nikola- Balkans, dem Flusse Timok und von der Donau gebildet wird. Auf unseren bis-
herigen Kurten findet man Bei ogr a de ik hart am Arcerfliisse angegeben. In Wirklichkeit befindet
es sieh aher drei Stunden landeinwärts von Letzterem und zwar genau an der Stelle, an welcher
es Professor K ieperl auf seiner neuesten Karte der europäischen Türkei (1871) nach meinen
Kontier* augiebt.
Belogradcik'* günstige Lag«' zur Beherrschung de* aus dein Ni&avagebiet (liier den Balkan
nach \ idin führenden Strasscnzugcs, ist nicht erst wie der französische Akademiker Blauqui an-
nahm, von dem berühmten scharf hlickeiiden Hussein Pascha erkannt worden. Kr lies* nur den
neueren Theil der Feste, wie dies* zwei am nördlichen Haupteingange angebrachte Steintafeln in
türkischer und bulgarischer Sprache melden, im Jahre 1837 erbauen. In den hoher gelegenen
Fortificatioiien (Fig. 1), namentlich neben dem in Felsen eingeklemmten „Lug in's Land" fand
ich aber Tliiinne und Mauer-Substructionen, die jedenfalls einer weit zurückliegenden Zeit ange-
hören. Nach der Meinung der uns begleitenden türkischen Notabein rühren nie von den „Latinski"
her. Dicss will wohl nicht viel sagen: denn die Türken und Slaven bezeichnen gewöhnlich mit
diesem Namen alle Bauten, deren Ursprung sie nicht kennen.
Leider ist es in türkischen Festungen selbst im Frieden eine inissliehe Sache derlei Dinge,
ohne Misstrauen zu erregen, genau zu untersuchen. Krwilgt man aber, dass Byzantiner, Serben und
Bulgaren sich nach den Yölkerxtürmen gewöhnlich darauf besehrHnlvteii, die zerstörten römischen
festen Funkte wiederherzustellen, so da rf man wohl annehmen, dass auch an Belogradcik' s Stelle
eines jener zahlreichen Castcllc einst gestanden habe, deren ich mehrere, in der nächsten Umge-
bung des Arcers fand. Sie waren bestimmt zum Schutze der nach Hatiaria führenden Hecrsrrasscii.
Von den römischen Ansiedlungcn, die auf der bulgarischen Donauterrasse eine weit grössere
Ausdehnung erreichten, als diess die bewahrten spärlichen Namen in alten Schriftstellern und
Itineraricn vermuthen lassen, haben sieh wenigstens einige Rudimente erhalten, die Strassen-
XVII. ;t
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I". KUNITZ
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RemeÄGK zeit Alti iitiii mskim>k vos U'kstIJci.garifa.
51
rebildeten.
traecn selbst sind Hbcr grösstenteils im Laufe
des letzten Jahrtausends den nivcllirenden Ele-
mentargewalten zum Opfer gefallen.
Ein Steilpfad, den ich bei ineineut letzten
Besuche (1K70; in eine ziemlich reguläre Stiege
umgewandelt fand, führt aus der engen Bazar-
strasse Belogradcik's hinan zum Tlmre des
wichtigsten, zwischen drei mächtigen Fclsgrup-
peii eingezwllngten Theiles der Feste (Fig. 2, 1>).
Er ist in Form eines Hechtecks angelegt, dessen
Eängenseiten 15 Fuss hohe Quatlennauern,
welche mit zahlreichen Schiesssehartcn versehen
sind, bilden. Zwei mit je sechs Geschützen
aiinirte Kundbastionen unterbrechen diese
Langfronten, an welche die Schmalmauern mit
riesigen Thoren zwischen weit vorgreifenden Pilastein ans<
mehrere hundert Schritte langen, gegen Norden ansteigenden Hofe befinden sich ein 1 Hinsehen
für den Officicr und die Wache, ferner ein wigwamartiger Speicher und mehrere durch ein
Nothdach geschlitzte Feldgeschütze, die zur Armirung eines Vorwerkes (F.; bestimmt sind, das im
Jahre 1H02 auf Befehl Suleyman Pascha's zur Verstärkung der durch eine nahe Höhe doniinir-
ten Westbastion errichtet wurde.
Ich sah Bulgaren damals, ohne jede materielle Entschädigung, diesen Neubau ausfuhren,
der sie noch länger an der Absehüttlung der fremden asiatischen Herrschaft mit verhindern soll.
Ihr Symbol; die Flagge mit Halbmond und Stern, weht weithin sichtbar von dem mittleren Theil
der Feste ins Land hinein!
Durch das südliche Thor des geschilderten Langhofes, tritt man in den zweiten Fortifica-
tionsabschnitt (C), dessen Langmauern wohl auf gleichem Niveau mit jenen des ersten liegen, aber
von Westen nach Osten laufend, im rechten Winkel vorspringen. Aus diesem zweiten Hofe, an
dessen Mauern einige unbedeutende Bauten, Kasernen. Depots u. s. w. kleben, gelangt man in den
dritten hilchstgelegenen Theil der Feste (B). Er besteht aus einem Hof, welchen riesige rothe Sand-
steinfelsen und zwischen diese eingebaute Mauern absehliessen. Ein kleines eisernes Thor fuhrt
von hier zum letzten Zufluchtsort der Besatzung (A). Auf Leitern und Stiegen geht es aufwärts zu
einem künstlich geschaffenen Plateau, welches durch Holzbrücken mit einander verbundene Fels-
kopfe bilden, das sich aber besser zum Horste für Adler, als zum Aufenthalt für Menschen eignet.
Reste alter Mauern verrathen hier und wie schon erwähnt allerorts in Belogradcik, dass
dieser Punkt in lilngstvergangencr Zeit bereits zu Vertheidigungszwecken benützt wurde.
II. K u 1 a.
Vergebens sucht man das Städtehen Kula auf Scheda'* neuester Karte der europäischen
Türkei und auch Kiepert'* Ausgabe vom Jahre 1853 markirte an nicht ganz richtiger Stelle nur
einen Thurm dieses Namens in der Nähe der serbischen Grcnzquarantuine Vrska-Cuka. Dieser
Thurm existirt wirklich als einzig erhaltener von vier Brüdern und beherrscht, trotzdem er zur
Hälfte geborsten, in noch immer beträchtlicher Hohe den offenen Plan. Um diese stolzen Beste
aus vergangener Zeit gmppiren sich die vier von Bulgaren. Türken. Tataren und Tscherkcssen
bewohnten Theile des Städtchens.
»*
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F. Kamtz.
liMTItVOK Zill Al.TMtTHl\MSItlKI>F. VON Vt ÜST-Bl LGAUILS .
Der Komik des Mudirs ilkzirkshuuptmannes}
bildet das stattlichste Gebäude. Ic-1» stieg daselbst
ab. Doch schon nach kurzer Hast zog es mich hinaus
zum Besuche des alten, in der Mitte geborstenen
Thunues, dessen eine Hälfte drohend in die Luft
ragt, während die andere von einer reichen Vegeta-
tion überwuchert in Trümmern liegt (Fig. o). Der
Technik des ObcrbfUies nach zu urtheileii, ist dieser
Thurm ein Werk der serbisch- bulgarischen Krale.
Wie bei der Mehrzahl der im XII. bis XV. Jahrhun-
dert entstandenen Hauten, ist das Mauerwerk in
wechselnden Bruchstein- und Ziegcllagen aufgeführt
und mit zahlreichen Öffnungen , aus welchen das
Balkenwerk herausfault, durchbrochen. Der Grund-
riss des Schlosses entspricht aber vollkommen der
, . . , ,, „ ,, , ., , •i.ii J " 5 A - '* 1
Anlage römischer Lastelle. Kr bildet ein Kechtcek, |l ; | f 1 {
dessen Seiten zehn Klafter, fünf Schuh, sieben Zoll
hing, durch vier runde Kckthürnic von sechs Klafter, 4
drei Schuh Durchmesser llankirt und von einem Walle mit gegenwärtig vielfach verschüttetem
Graben umgeben waren (Fig. 4).
Die Construetiol) des Mauerwerks an dem noch heute 7 Klafter hoch aus dem Schutte
emporsteigenden Thunne ist aus der Abbildung (Fig. ">) ersichtlich. Ks gelang mir unzweifelhaft
römische Ziegelsteine aufzufinden, welche wohl von den nahe den Grundfesten abgebrochenen
Mauern des in den llunnenstürnieii zerstörten, später nährend der byzantinisch-bulgarischen
Periode wieder hergestellten römischen Werkes herrühren dürften. Fig. 6 giebf en detail die
Lonstruetion der Fensterbogen am grossen Thunne, bei welcher namentlich die verwendeten
riesigen Backsteinplattcn und breiten Mörtelfugen auffallen.
Ausser dem Grundrisse der Kuln, und neben zahlreichen Mün/.enfunden. deuten aber auch
ein 15 Minuten von dem Oastelle entfernter Rundthunn von 2'/* Klafter Durchmesser, dessen
Rudimente ich mitten zwischen Fehlern entdeckte, ferner ein Brunnen mit leider vielbesehädigtein,
unverkennbar antiken Relief, dann von mir aufgefundene Fragmente römischer Säulen daraufhin,
dass an der Stelle Kula's eine römische Kolonie einst pestanden habe. Vielleicht war es das von
I'rocopius in dieser Gegend erwähnte, etwas von der Donau entfernte und auch von llicneles
noch als Bischofssitz und Stadt gekannte Lastra Marlis.
Der Mudir (Kreishauptmann) von Kula erzählte mir im Jahre dass er, der als ehe-
maliger Kaufmann gar manche hübsche Stadt gesehen, als Mann von Geschmack gerne die den
schönsten Hätz des Städtchens verunzierende ( !) Schlossruine hätte niederreissen lassen, um den
gewonnenen Raum theils zu verbauen, theils in einen Garten verwandeln zulassen. Die Erhaltung
der archäologisch interessanten Baureste verdankt man einzig der Hartnäckigkeit einer türkischen
Familie, welche behauptet, unmittelbar nach der inoslimscheu Krobening des Landes mit diesem
Territorium belehnt worden zu sein. Sie bewohnt ein karaulähnliches Gebäude, das selbst bereits
eine Ruine ('s, Fig. il) auf den Rudimenten der älteren stehend, seinem baldigen (?) Einstürze
wer möchte bei türkischen Ruinen einen Zeitraum bestimmen — entgegen sieht. Den Chef der
Familie lernte ich später in Florentin kennen (s. S. 55). Mehemed Effendi representirt so recht
den Typus des untergegangenen Spahithums, strenger Glaubenseifer gepaart mit zähem Fest-
halten am Alten.
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K. Kanit/
in. Tumuli bei Vidin.
Ausserhalb der Äusseren Befestigungslinie
von Vidin tauchen südwestlich zwei Tumuli
(türkisch: Tepe) auf. Sie bilden gewohnlich das
Centrum und den Standplatz der ('ommandan-
tenzclte des grossen Militärlagers, das hier all-
jährlich im Sommer von der Yidiner Garnison
bezogen wird. Im Jahre 18K2, als die Serben
Miene machten den aufständischen Bulgaren
im Haikau die Hand zu reichen, war dasselbe
durch herangezogene Verstärkungen selir bedeu-
tend. Die iWtehste Umgebung des Lagerplatzes
ist ganz besonders wasserreich. Zahllose Zieh-
brunnen im ungarischen Pusztcn-Styl umgeben
das Lager.
Bin drittes Tepe liegt ostlich von der
Strosse zwischen Vidin und Kapitanicn, eiri
viertes zur Hechten kurz vor Njegovanica. Letz-
teres beherrscht trotz seiner milssigen Hohe
durch seine regelmässige kegelförmige Gestalt
weithin die Flüche.
Diese- einer früheren Zeit angehörigen
Grabhügel sind durch ganz Bulgarien zerstreut.
Auf meiner letzten Forschungsreise (1871) habe
ich auf beiden Seiten des Balkans, namentlich
an der Osma, Jantra und Hin TundzaHussc hun-
derte ein/eine und in Gruppen bis zu zehn auftretend«- Tumuli in Karte gebracht. Namentlich auf-
fallend sind jene Tumuli. welche sich in regelmässigen Abstünden auf der Lössterrasse hart an
der Donau zwischen Sistov und Nikopolis hinziehen.
Bekanntlich verbreiten sich diese prähistorischen Denkmale im Norden weit bis nach Süd-
russland hin. wo sie massenhaft auftreten. Die dort eröffneten haben durch ihren reichen Inhalt
an Waffen, Rüstungen und zum Theil sehr
Fig. r..
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Fi«.
hübsch gearbeiteten Sehmucksachen erwiesen,
dass die Begrabenen Völkern angehörten,
welche bereits einen gewissen C'ulturgrad
erreicht, oder doch mindestens einen lebhaften
Verkehr mit weit fortgeschrittenen Völkern
unterhalten haben mussten.
Die interessanten . einer prähistorischen
Zeit angehörenden Funde werden den von
mancher und namentlich von türkischer Seite
mit Zähigkeit festgehaltenen Glauben zerstören,
dass diese Hügel erst in der Epoche der türki-
schen Eroberung Bulgariens von den Jcnisseri zu
militärischen Zwecken errichtet worden sind.
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ISkITrXc.F. ZI U Al.TKRTHLMSKlNi>K VON WkST-IUlCAKIEN.
Kg. 7.
Dsiss sie zu Holrhen Zwecken, wie beispielsweise uoch heut«- die beiden Tumuli bei Vidin, manch-
nial benützt wurden, unterliegt andererseits keinem Zweifel (Fig. 7).
IV. Florentin, Vurf, Rakovica und Bregova,
In zwei Stunden erreicht man von Yidin aus den Punkt, von dem sich die Strasse auf ab-
schüssigem Terrain gegen Florentin hinabsenkt. Zur Römerzeit mochte Florentin dureli seine
Lage am Reichs-Limes und an der grossen Heerstiasse von Katiaria nach der Timaehusmündnng
eine gewisse Hcdeutuug gehabt haben. Schon sein Name und auch unzweifelhafte Spuren einer
einstigen niilitiirischen Niederlassung lassen aunelmien. dass wir uns hier auf dem Standorte des
rOnÜSChen, von Prokopius und der Not. Imp. erwähnten Florentiana befinden.
An der Stelle des römisehen Castrums krönte später ein mittelalterliches SclÜOSS den
kleinen hügeligen Ausliiufer. welchen die bulgarische Nordtenasse hier gegen die Donau vor-
schiebt (Flg. H).
Im österreichisch-türkischen Kriege vom Jahre 17Ü7 spielte Floreiitiu eine passive Holle.
Marschall Khevenhilller hatte es auf seinem Rückzüge von Vidin unbesetzt gelassen, was den
Türken die Überschreitung des Timok's bedeutend erleichterte. Die Subatructionen des Schlosses
sind noch erkennbar. Das Material des festen Oberbaues ist aber vollständig verschwunden. Ks
wurde, wie «ich ältere tilrkischc Ortsbewohner erinnern, vor einigen Deccnnicn abgebrochen und
•/.um Haue der Forts Kum-Hair und (iha/.i-Hair nach Vidin geführt. Gegenwärtig hat ein Phpict
des türkischen Militär-C'ordons gegen die Wallachei seine weissen Zelte auf dem ganz vorzüg-
lichen Auslug-Punkte neben einem kleineu Hlockhausc aufgeschlagen.
Meheined Effendi , der Erbe des auf dem alten Hömercastelle zu Kuln hausenden alttiirki-
selien Spahigesehlechts. zugleich Mitglied des grossen Hathes zu Vidin und Grossgruiidbcsitzcr
Flg. s.
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V. Kamt/.
zu Florentiii, besuchte dieses zufällig während meiner Anwesenheit im .Jahre 18(54. Nachdem der
etwn» misstrauisehe Abkömmling der Jenissrri von meinem überall bahnbrechenden Pascha-Bui-
nildi prüfend Einsieht genommen und die Überzeugung gewonnen hatte, das« ich durchaus nichts
Feindseliges {regen das Türkenthum überhaupt und sein morsche» Stammschloß zu Kiila insbe-
srmdere im Sehilde führe, machte er mir Mittheilung von einem merkwürdigen Grabe, das etwa
im Jahre 1857 nahe bei Florentin eröffnet worden war.
Ich bat Mchcined. mich dahin zu begleiten. Wir schlugen nordwestlich von der Strasse nach
Rakovica einen schmalen Fusssteig zwischen Maisfeldern ein, und hatten nach einigem Suchen
dir GrabstHtte erreicht.
Sie zeigte In demselben Zustande, in dem sie nach der Eröffnung gelassen worden war, ein
gleichseitiges, mit Bruchsteinen unregebniissig ausgemauertes, an jeder Seite l J Schuh messendes
Viereck von (! Schuh Tiefe. Mehemcd Effendi wollte hier drei wohlerhaltene, in gleicher Rich-
tung nebeneinander gelegene Skelette gefunden haben, deren eines ein Fingerring mit geschnit-
tenem Steine schmückte und ein kleines Thonlämpchen zur Seite hatte. Diese Gegenstände, welche
über die einst hier Begrabenen Aufschlüsse zu geben vermocht biltten, wollte er dem damali-
gen Gouverneur von Nis übergeben haben. Das» die Gräber nach Mchemed's Ansicht von den
. Latinski-* herrührten, war bei der schon erwähnten, im Lande allgemein üblichen Bezeichnung
aller ungekannteti, selbst der jüngsten Vorzeit angehörenden Beste mit diesem Namen nicht mass-
gebend. Die Struetur des Mauerwerks, namentlich des Mörtel» und die beschriebene Form der
Lampe verliehen jedoch in diesem speciellen Falle »lern Ausspruche meine» Begleiters einige
Wahrscheinlichkeit. Der zur Ausmauerung der Grabstiltte benutzte Muschelkalk tritt überall, wo
die »leckende Lösssehichte in wasserreichen Stcilschliicht.cn abgeschwemmt erscheint, in horizon-
talen Lagerungen auf dem bulgarischen Donauufer zu Tage. Die von mir mitgenommenen Proben
sind nach Bestimmung der k. k. geologischen Reichsanstalt 1 hellgelbgraue, dem Habitus nach
aus hrakischrm Wasser abgesetzte Kalke, welche zahlreiche Cardiumreste einschliessen, die an
gewisse Formen der C'ongerienstufe erinnern, aber nicht vollständig übereinstimmen.
Mit Ausnahme geringer C'urvcn, im ganzen die nördliche Wegrichtung beibehaltend, führte
uns der Weg von Florentin mitten durch das Dorf Novoselo nach Vurf. in dessen Nilhe ich die
Budinieiite eines hart am Donauufer aufgeworfenen grossen Vertheidignngswerkes fand. Unzweifel-
haft war es eines der zahlreichen kleinen Castclle, deren Proeopiu» zwischen Dorticum und Bonn-
uia erwähnt. Seine Steinverkleidimg ist grösstentheils zum lläuserhau nach Vurf gewandert, dein
auch die Maisfelder innerhalb der Wälle gehören.
Die Beste eines anderen, schon von Graf M arsigli s erwähnten römischen (.'astrums traf ich
/.n Rakovica hart auf der den Timok und die Donau beherrschenden Landspitze, aufweiche d'An-
vill. das von Justinian restaurirte Dortietun verlegt. Diu» Castell von Kakoviea scheint einst von
ziemlicher Stärke gewesen zu sein, denn »eine Länge betrug K-l Klafter bei 2H Klafter Breite. An
den Ecken sind jetloch die bei der Mehrzahl der römischen ('»»teile vorspringenden Rundthürmc
nicht mehr zu erkennen. Der Timok dürfte einst näher bei diesem Bollwerke in die Donau
gemündet haben. Das Flussrinnsal gräbt sich gegenwärtig mehr in westlicher Richtung ein und
bildet bereits zwischen Rakovica und der Mündung ein Delta von ansehnlicher Breite.
Na< h Boue 1 sollten »ich in Brego va Beste einer alten Stadt linden. Der vielfältigsten Nach-
fragen ungeachtet war es mir unmöglich, Anhaltspunkte für diese Mittheilung zu gewinnen, obwohl
eine gute alte Strasse und Brückenbauten auf dem serbischen Timokufcr durch ihre directe
> WrhaiMliMKfii l*t;\ Xr 1«
' II
M.in. tWV Äff. .If« IuBcr. XXVIII. Iii
* l.u I nr<|.ii. .1 K.iropc- II. :V.7.
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Hkiträok zur Altertiicmskunub vox West Iki.GA tue».
Richtung auf Bregova andeuten, dass dieses stet» ein wichtiger Strassenpunkt gewesen sein dürfte.
Auch die schöne Steinbrücke, deren ich bereits in meiner .Reine in Süd-Serbien und Nord-
Das Ltincr. Ant. giebt 18 Milben von Ratiaria entfernt den Ort Almus an. Die Petit. Tafel
setzt ihn nur 16 Millien von der mösischen Donau-Hauptstadt an. Letzteres Maas trifft beinahe
genau auf die Entfernung zwischen Arcer und Lom-l'alanka. Nach Vergleichung der verschie-
denen Itinerarien über die römischen Mansionen bis Nikopolis herrseht kein Zweifel darüber,
dass Katini ia an der Stelle von Arcer und Almus an Lom's Platze gestanden habe.
Noch heute ist der Umfang de» zuletzt byzantinischen Castrum« des Städtchens Almus zu
erkennen. An seiner gegen die Donau zugewendeten Nordscite fand ich hart am Klussufer ein
riesige», unzweifelhaft römisches Stück Mauerwerk in der Breite mehrerer Klafter, welches wahr-
scheinlich durch Fnterwasehung von dem Rande der Löss-Terrasse abgeschwemmt worden war
und dessen Material nach analogen Fullen zu schliessen, wohl bald in allerlei bulgarisch -zinzari-
schen Kunstbauten verschwinden dürfte.
Das ausschliesslich von Türken bewohnte Kai eh (Sehloss). im Grundrisse Fig. 4 ähnlich,
besteht aus einem quadratischen, ziemlich hohen Erdwalle mit Rundbastionen an den Ecken, die
einige kleine Geschütze enthalten. Seine Seiten messen etwa 100 Klafter. Es ist diess höchst
wahrscheinlich jene Begrenzung, auf welche wie Procopius mittheilt, Kaiser Justiniau den zu
ausgedehnten Ort eingeschränkt hatte, um ihm grössere Stilrke zu verleihen. Nach der Notitia
Imp. lag hier eine Abtheilung Reiterei. Gegenwartig ist die Verteidigung des Kaleh der türki-
schen Bevölkerung anvertraut, welche eine Art Nationalgarde bildet. Die beiden Thore an der
Süd- und Westseite, durch welche das Kahh mit der eigentlichen Stadt commimicirt. werden des
Abends geschlossen. Einer der beiden Votivsteine, welche ich im Jahre 1804 zu Lom fand und
die gleich allen übrigen, in diesem Aufsätze erwähnten Inschriftfuriden in dem nächsten, auch
Mösien umfassenden Bande des Mommsen'schen „Corpus-' ihre Veröffentlichung finden werden,
bestätiget die Mittheilung Dio Cass., das« die Leg. T Italia ihren Standort in Mösien hatte. Ich
fand diesen Stein im Tschiflik Machmud Bey's, Abkömmling des berühmten Ismael Aga von Lom-
Palanka, dem die Stadt mehrere ihrer schönsten Bauten. Moscheen, Bilder und Brunnen verdankt.
Die schöne „Tsebadrovati-Tsehesme," ein Brunnen, der gegenwärtig leider sehr im Verfall, und
das Bad in der Nahe der Tscharschia Dschami sollen ebenfalls von ihm, nach der Meinung Ande-
rer aber von einem in Stambul reich gewordenen Fleischer Namens Kassab-Baschi vor etwa
200 Jahren erbaut worden sein.
Das Tschiflik Machmud Bey's liegt hart auf dem Rande der niederen Terrasse r Karva-
gatsch-Bair^ genannt, welche am rechten Lomufer, also jenseits der heutigen Stadt, zur Donau
hinabzieht und wo unzweifelhaft einst ein Theil des römischen Almus gestanden hatte. Bei der
Abrutschung einer höheren Partie dieser Terrasse kam jener 4 Fuss lange 19 Zoll breite, nunmehr
die Schwelle des Gartenpavillons Machmud'» bildende Stein nebst einem zweiten zum Vorschein,
welcher angeblich einen Reiter en relief darstellte. Er soll nach Dorf Mokres verkauft und in
dessen neuer Kirche eingemauert worden sein.
Hart am Kirchhofeingang der Tsehitak-Dsehami-Strassc zu Lom fand ich einen dritten Votiv-
stein. Er ist leider Fragment und dient gegenwartig verkehrt stehend (die .Schrift nach aufwärts),
als Piedestal einer grossen horizontalen Steinplatte, auf welche die Türken ihre Todten abzu-
setzen pflegen, bevor sie dieselben in die Grube senken. Ausser diesen römischen Rest<-n sah ich
xvn. u ,
Bulgarien- gedachte, trägt im Volksmunde den bezeichnenden Namen „rotnan most".
V. Lom-Palanka und Drinovao.
38
F. K ANITZ.
in Loiu eine Menge grösstenteils aus der späteren Kaiscrzeit herrührende Münzen: feiner ein
Medaillon in Relief von Bronze und .sehr lillliseher Arbeit, welches von tiein früheren Besitzer
Herrn Rojesko dem österreichischen General-Coiisul v. Lenk verehrt wurde.
Beinahe auf allen Karten der Türkei findet man am Lomtiusse etw a vier Stunden von Loni-
Palauka entfernt eine Stadt _Drinovatz u angegeben. Es cxistirt aucli heut ein Ort gleiches
Namens. Er gehört aber zu den kleineren Dörfern am Lnmflusse und seine Bevölkerung ist
zum nahen (,'orlevo eingeplant. Ausgedehnte ri'.miseh- byzantinische Ruinen bei Drinovac lassen
auf die einstige Bedeutung der Stadt, sehliessen, welche naeh älteren Schriftstellern der Sitz eines
Bischofs noch in der alrbulgarisclu n Epoche gewesen war.
VI. Remetodia.
Die röinisch-mösisrhe Donau-Heerstrasse bildete eine uuunterbroehene Keilie grösserer,
durch kleinere (.'»stelle und Ruudthürmc mit einander verbundener Befestigungen. Gleiehwie auf
meiner Knute vmi Vidin naeh dem Tiniok (siehe S. 55) stiess ich, als ich im .Jahre lHf>4 eine
Kecngunscirungstmir nach dem anschlichen Smordciifluss unserer Karten unternahm, auf der
kurzen Strecke zwischen Lnm und Arcer auf die Kudimente mehrerer unzweifelhaft römischer
Werke. Sic liefen hart am Kaude der zwischen beiden Stählten in nahe glciehinässigcr Höbe fort-
laufeiiden Terra-ssc, welche bei hohem Wasserstand die Fluthell des austretenden Stromes bespülen.
Das erste ( 'asteil, dessen Standort von den Türken .Kalch-bair" (Schlosshügelj genannt
w ird, ist im Quadrate, dem gewöhnlichen Grundrisse des römischen Castrums, angelegt. Hie Seiten
seines Walles messen je :J0 Klafter. Ich fand hier römische, und wahrscheinlich von einer späteren
vielleicht bvzaiitiniseh-slnvischen (?) Erneuerung herrührende Ziegel im bunten Gemische durch-
einander geworfen.
Etwa eine Stunde vor Arcer fand ich weiter auf einem sehr vorspringenden Punkte des Ter-
rasseiirandeH die Kudimente eines zweiten Werkes in Form eines Kundthurmcs. u. z. ziemlich
genau an der Stelle, wo die Tab. IVut. ihr Kcmetodin als 4 Mill. von Katiaria entfernt ansetzt.
Keiehard giebt es gleichfalls in seinem Atlas auf dieser Stelle an, obwohl er hiefür nicht die
geringste faetische Unterlage besass. Nach Hinwegräumung der 3 Fuss hohen Schuttdecke kam
die Grundfeste des Werkes zum Vorschein. Sie besteht aus riesigen, zum Theil sehr hübsch proti-
lirten Steinplatten, darunter eine von 1 Fuss Höhe, 6 Fuss Breite, 12 Fuss Lange. Es sind jeden-
falls Reste älterer Bauten um! sie rechtfertigen wohl durch ihre Verbindung mit unzweifelhaft
echt römischem Mauerwerk die Annahme, dass dieser Thurm gleich manch anderen kleinen römi-
schen Werken an der Donau und am Tiinnk. erst in der Periode nach dem Aufgeben Dncicns,
zum Schützt- des durch die Barbaren bedrohten Mösiens im III. Jahrhundert nach ('Ii. erbaut
worden sei.
In den Völkerstürmen zerstört, wurde der Befestigungsgürtcl an der Donau nach Procopins'
Zeugnis* v«>n Kaiser Justitium grösstenteils wiederhergestellt. Den Oberbau der meisten Kömer-
w. rke benützten aber «He Bulgaren und Türken als bequeme Steinbrüche zur Erbauung ihrer
testen Schlösser und Städte und so dürfte auch der Oberbau des einstigen Remetodia gleiches
Los mit jenem des ('astrums von Flnrentinna (s.S. 55) getheilt haben. Er dürfte wahrscheinlich
in den Festungsmauern von Vidin verschwunden sein.
Die Trät e tler alten römischen Strasse, welche am Donauufer hinlief, vermochte ich trotz
alles Suchens nicht aufzufinden. Sie ist wohl längst tief unter der Decke des lehmigen Bodens
verschwunden.
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BEITRÄGE IVR ALTBRTnrMSKUNDB VON WeST-RvlX.ARIKX. 59
VII. Aröer-Palanka.
Wohl selten dürfte eine einst prachtvolle und mächtige Stadt so spärliche Reste alter Ht-rr.
lichkeif bewahrt haben, als das Städtchen Alfter, das einstig- Ratiaria.
Bei Ptolemilus fuhrt Ratiaria den Beinamen r Mysonun". Kr bezeichnet nie gleich dem
Itin. Ant. und der Not. bnp. als das Hauptquartier einer Legion und den Standort einer Donau-
flottc. Hierocles erwähnt Ratiaria's als Hauptstadt von Daria Ripensis, und die Peutinger'sehe
Tafel bezeichnet sie als solche durch die Hinzusetzung zweier Thürme.
Schon früher bedeutend, muss Ratiaria als Hauptstadt jenes Theiles vi>n Mösien, den Kaisei
Aurelian nach gänzlicher Aufgebung des eigentlichen Daciens aus Ober- und Unter-Mösien aus-
geschieden und territorial vom eisernen Thorr }>is zur Vid-Mündung, dann über den Balkan Iiis
Sofia und Nis reichend, unter dem Namen .Daria ripensis-' ronstituiit hatte, noch an Ausdeh-
nung und Glanz gewonnen hallen. Die Verwüstung der Stadt in den llunncnstürmen scheint aber
eine so gründliche gewesen zu sein, dass selbst ihre von IWopius erwähnte Wiederherstellung
durch Justinian sie nicht zu neuer Blüthe zu beleben vermochte.
Unter der Bulgarenherrschaft wird Ratiaria's nirht mehr gedacht. Das nahe unter Rom
unbedeutende Bononiu i'Vidin) hatte ihm den Rang abgewonnen. Letzteres erhielt namentlich unter
türkischer Herrschaft grosse strategische Wichtigkeit, da es nach Einführung der Kanonen durch
seine günstige Lage in weiter sumpfiger Fläche zur Anlage einer modernen Festung sich voll-
kommen eignete. Die Mauern sSlinmtlicher Römcr-Cnstellc um Bononia lieferten, wie ich bereits
ausführlicher erwähnte \ das Material zum Aufhan des alt -bulgarischen Boduns, B'din und
türkischen Vidins. Auch die ehemals römischen Befestigungen Ratiaria's dienten als naher
bequemer Steinbruch und selbst die Trümmer seiner Monumente, Yotiv- und andere Steintafeln,
welche werthvolle Aufschlüsse über dessen einstige Bedeutung enthielten, wanderten nach Vidin.
wo sie bis zuletzt in dessen Mauern unbeachtet blieben.
Zwei Steintafeln, welche ich an der Aussenseite des alten Castells (in der Mitte der n.inu
türkischen Fortificatioiien) im Jahn 1862 zu Vidin eingemauert fand, sind die einzigen heute noch
erhaltenen Inschriften, in welchen der Name Ratiaria genannt wird. Ich veröffentlichte diese In-
schriften in der zuletzt erwähnten Arbeit. Graf Mars i gl i hatte von diesen beiden Steinen keine
Kenntniss. Er theilte jedoch eine zu Vidin aufgefundene Inschrift mit, nach der ich dort vergeblich
forschte. Sic dürfte gleichfalls von Ratiaria herrühren, obgleich Marsigli diess nicht erkannte, da
er die Abkürzung COL. RAT. OOD. mit COLONIAE BONORATVS ergänzte.
Das alte Ratiaria hatte jedenfalls auf beiden Ufern des Areer's gestanden. Von seinen alten
Befestigungen fand ich im N. der Stadt auf einer Anhübe des linken Flussnfcrs die Reste eines
Castrums von der Ausdehnung des Castelles zu Lom. Es ist mit üppigem Pnanzcnwucli*
bedeckt und noch mehr vernachlässigt als jenes. Nur eine ärmlic he Karaula befindet sich gegen-
wärtig daselbst. In gefährlichen Zeiten ist die männliche türkische Bevölkerung des Städtchens
verpflichtet, die den Namen Kaleh (Schloss) tragenden, Schutt bedeckten Wälle zu vertlicidijjen.
Sonst stationiit hier nur ein Zaptie-Pnpiet, commandirt von einem Tschausch (Corporal), welcher
mich bei meinem Besuche im Jahre 18<U auf Empfehlung des Kaimakams zu Lom, auf meinen
archäologischen Streifiügen bereitwilligst und fordernd begleitete.
Ich fand mehr ockr minder interessante, antike Steinfragmente in Areer's Strassen und
Häusern zerstreut umher liegen. Es fehlt aber leider an einer pie tätvollen Hand, welche sie sam-
melt und vor dem traurigen Loose der meisten Römerreste der Türkei bewahrt. Vor einer in
der Mitte des Städtchens in einem engen Gässchen liegenden Moschee traf ich eine fünf Schuh
* ReU- in .Sn.M-rl.ien und X..r.|.Bul K »rl-t,. I>enk«-hriti-n .Ur k. Alo.t. iL Witsch, phil. hUt. (W -WH. Fi,t. in.*
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Fig. 0.
lange und neun Zoll hohe, in zwei
Stucke geborstene , reich ornamen-
tirte antike Steinplatte als Portalstufe
benützt (Fig. 9), die wohl als Theil
eines Kämpfer- Bogengesiuiscs einem
Tempel römisch -korinthischer Ord-
nung angehört haben mochte. Die
Gesimsplatte erinnert in ihrer etwas
schematisch behandelten Omamcnti-
rung an ähnliche dos Jupiter Stator-Tempels zu Horn, welcher bekanntlich zu den schönsten Bauten
dieser Gattung zählt und dessen Decoration an die reinste Periode griechischer Kunst mahnt.
Kinen Votivstcin sah ich als Treppe eines Kaffeehauses, eine schön profilirte, drei Schuh
drei Zoll lange, acht Zoll hohe Simsplatte als Piedestal einer Ilolzstütze am Kaden eines Kauf-
mannes Namens Hadsehi-Hassan-lsmael-Aga benutzt. Auf dem Wege nach dem grüsstentheils von
Romanen bewohnten Stadtviertel am rechten Arterufer, begegnete ich in den Strassen vielen
Ki sten von SUulenstämmen, Capitälen u. s. w. zum Theil stark verstümmelt in Neubauten ein-
gefügt oder frei umherliegend. In jenem Stadttheile fand ich in dem Hause des Bulgaren Stephan
Pavle einen Votiv-Stein von drei Schuh neun Zoll Länge und zwei Schuh drei Zoll Breite zur
Hälfte in der Wand einer finsteren Hütte steckend, was seine Gopirung sehr erschwerte. Seine
linke Schmalseite zeigt Fig. 10. Einen anderen Stein von seltener Form (Fig. Iii mit Schild und
gekreuzten Pfeilen en relief traf ich im Hofe des Wallachen Stojan Dino.
Das am besten conservirte Monument aus der Römerzeit in ArCer befindet sich im Hause
des Tschauseh Hadschi-Hassan-Hussein im türkischen Stadttheile. Ks ist diess ein Sarkophag von
sehr schöner Arbeit aus demselben dunkelvioletten krystallinisehen Gestein ( Amphihol-Andcsit),
das ich auf der Höhe des Sveti Nikolapasses gesehen hatte. Dieser Sarkophag wurde vor etwa
zwanzig Jahren im Garten des Tschauseh in einem tiefen, vollkommen ausgemauerten Gewölbe
gefunden und ziemlich unbeschädigt herausgeschafft. Kr misst sieben Schuh drei Zoll Länge und
drei Schuh sechs Zoll Breite. Seine Form ist aus der Abbildung (Fig. 12) ersichtlich. Die Kamies-
profile der Umrahmung des grossen Mittelschildes sind tadellos gearbeitet, die Figuren i trauernde
Genien) aber mehr schematisch. Die Inschrift selbst wurde leider bis zur Unkenntlichkeit ver-
stümmelt. An der Rückseite des ein Schuh eilf Zoll hohen Deckels befindet sich die bei römischen
Sarkophagen oft vorkommende quadratische Öffnung.
Unbegreiflicher Weise fuhr Marsigli, der einzige Alterthumskenner. welcher im Beginn
des vorigen Jahrhundertes die Douauufer bereiste, an der Strecke Vidin-Nikopolis vorUber, ohne
zu landen. In Ratiaria hätte er
zu jener Zeit ohne besondere
Schwierigkeit viele monumen-
tale Reste gefunden, die seitdem
verschleppt oder in den Grund-
festen und Mauern von Neu-
bauten begraben wurden. Die
von der k. Akademie der Wis-
senschaften zu Berlin edirte
Sammlung römischer Inschrif-
ten wird bezüglich der wichtig-
st. io. sten Donau - Golonien bedeu-
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BeitbXgk zlu Ai.tlktirmskvslk VON W ESI- Bit GAIUI K.
ende Lücken aufweisen, welche durch die
von oii r, Desjardins und Lejean in diesen
Gegenden aufgefundenen, nur wenig ausge-
füllt werden konnten. Mit grosseren Mitteln
unternommene Ausgrabungen würden aber
trotz aller Verschleppungen, ein noch «ehr
interessantes Material zur Geschichte der
römischen Herrschaft an der Donau zu Tage
fördern.
Wie schon zur Römerzeit ist Areer auch
heute der Standort einer kleinen Kriegs-
dampfer -Flottille. Es eignet sich vermöge
seiner günstigen Lage zu einem vorzüglichen
-Lug aus" donauabwärts bis Lom und auf-
wärts weit über Vidin hinauf, also zur Über-
wachung einer Strecke von etwa sechs geo-
graphischen Meilen. Vom Walle des ehemals
römischen Castrums erblickt man Vidins
lockende Minarete mit unbewaffnetem Auge. Ich schlug jedoch nicht die nach der Pascha-Stadt
führende Fahrstrasse entlang dem Doiiauufcr ein, sondern gedachte von Areer aus die Trace
der Kömerstrasse von Ratiaria nach Naissus zu verfolgen, die ich von Xis bis zur serbischen
Grenze am Kadibogas-Passc schon früher festgestellt hatte und deren Fortsetzung ich entlang
dem Flussbette des Arters vermuthete.
VHJ. Die römische Heerstrasse am Areer.
Dass die römische Heerstrasse von Timacum minus (Knjazcvac in Serbien) ihre Fortsetzung
nach Ratiaria (Areer) vom serbischen Kadibogas-Passe durch das Arterthal genommen hatte, war
für mich im Hinblicke auf die Lage Ratiaria's ausser Zweifel. Auch fand ich bei den Thalbewohnern
bestimmte Traditionen eines ehemaligen ^Kaldrumput^ (gepflasterter Weg), der nach verschiedenen
Aussagen noeh zu Anfang des Jahrhunderts existirt haben sollte. Doch wo und wie seine ver-
schwundene Spur auffinden?
So ruhig der Arier in der trockenen Jahreszeit durch das massenhafte Gerölle seines regel-
losen Bettes mehr sickert als fliesst, zu einem eben so mächtigen und gefährlichen Strom wächst
er in der Zeit grosser Hochwasser an. In stets wechselnder Laune verbreitert er sein nnrcgel-
mäissiges Rinnsal durch zahllose Krümmungen und Auswaschungen zum Nachtheil seiner schönen
L'fcrgelilndc. Mit den einstigen Überversicherungen hatte aber auch der wilde FIuss jedenfalls die
alte künstliche Heerstrasse hinweggespült. Ich verzweifelte bereits an dem Gelingen meiner Auf-
gabe, da stiess ich nahe bei Ostrokavce auf die ersten Reste römischer Rauten, auf die Mauern
eines kleines Castrums. Sie bildeten jedoch nur die Vorläufer weit wichtigerer Funde. Zwischen
Ostrokavce und Kladrup , zwei nur V» Stunden von einander entfernten Orten, hat der Flnss die
Thalsohle furchtbar zerrissen.
Grössere zusammenhängende Uferstrecken gehören hier zur Seltenheit. Die gebahnte Strasse
verschwindet und wir sahen uns genöthigt, unseren Weg oft über das Gerölle des Flussbettes zu
nehmen. Nachdem der Radibogas-Pass serbischerseits gesperrt, geschah hier eben gar nichts zur
Sicherung der früher vielbcnützten Strasse.
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F. Kamtz.
i
Vis. 12.
Unmittelbar vor Kla-
drup nni Vcreinigungs-
punktc der beiden Ar-
ier-Anne wartete meiner
eine erwünschte Über-
raschung. Dort fielen mir
eine Menge parallellau-
fender wallartiger Er-
höhungen auf , deren
cigcnthiimliche Vegeta-
tion allein schon da«
darunter lagernde Mauer-
werk mir verrieth. Nur
wenige Untersuchungen
genügten zur Vergewissorung, dass ich mich auf den Kesten einer römischen Niederlassung von
bedeutender Ausdehnung befand, deren Mittelpunkt ein feste« Castrum von etwa 140 Soliritten
im Gevierte gebildet hatte. Deutlich wan n die in rechten Winkeln aufeinandersrossenden Gassen
und jene der einzelnen Gebäude zu erkennen. Es wird jedoch umfassender Ausgrabungen bedür-
fen, um den einstigen Gnuidplan der Stadt festzustellen.
Im Dorfe Kladrup selbst fand ich zwei Fragmente von Inschriften. Die eine auf einem
kleinen umfriedeten Platze, welcher zu kirchlichen Versammlungen benützt wird, die zweite im
Mause des Kauers Theodor Petrov. Verkehrt in zwei Theile geborsten, steckt ersterer neben einem
grossen Steinkreuze im Kodeu. Ich Hess ihn behutsam ausgraben und enpirte ihn. Keide Steine
rühren von der zuvor erwiihnten Römerstadt her und die Kauern erzählten mir auch von zahl-
reichen Münzfunden, die von Zeit zu Zeit dort gemacht werden.
Der Tag neigte sich bereits zu Ende, allein er hatte sich in Überraschungen noch nicht
erschöpft. Etwa eine halbe Stunde westlich von Kladrup blickten unfern des nach Rabis führen-
den Weges von einem mässigen Hügel viele weisse Punkte herab. Anfangs hielt ich sie für eine
weidende Schafheerde. Die Punkte blieben jedoch so merkwürdig unbeweglich« dass ich mich
entschloss, den Weg nach der Anhöhe zu nehmen. Hier fand ich etwa 30 römische Votivsteine.
welche sich grösstenteils mit ilirer Kreitseite in den Kodeu gewühlt hatten. Nur einer zeigte die
Stirnseite nach oben gekehrt. Seine Inschrift war aber unleserlich und einzig das hübsche Laub-
werk des ornajuontirtcn Kahmens war erhalten geblieben.
Viele Votivsteine dieses römischen Kegräbnissortes mögen zum Kau der Kirche des nahen
Kabis verwendet worden sein. Die gespaltete Hälfte eines solchen fand ich dort auf dein Kirchhofe.
Ich eopirtc das Fragment.
In wehdien Keziehungen das kleine Castrum bei Ostrukavoe und der grosse Kegritbnissplatz
vor Kabis zu den nahen Ruinen der Rönurstadt bei Kladrup gestanden, wird nur durch Aus-
grabungen in grossem Massstabe festgestellt werden können. Meine vorstehend skizzirren Funde
zu Ostrukavoe, Kladrup und Rabis, ferner die grossen Steinbrüche zu Lagosovce und die Über-
bleibsel einer anderen römischen Ansiedlung am Arcer zu Kela, von welcher ich leider erst
zu spät hörte, um sie selbst in Augenschein nehmen zu können, sind aber jedenfalls spre-
chende Zeugen für meine bereits im Jahre 1864 geäusserte Ansicht, dass die grosse römische
Hecrsfrasao von Naissus nach Katiaria, vom serbischen Kadibogas- Passe aus. nur durch das Arcer-
thal gegangen sein konnte. Von welcher Wichtigkeit sie aber gewesen, dafür sprechen die zahl-
reichen Castelle unzweifelhaft römischen Ursprungs.
IkiTHftot: ri'R At.TEKTiit'MSKCm>E vos West Bilgaries.
f»3
Alter auch für den Xanten der von mir hei Kladrup aufgefundenen Römerstadt gibt eine
der wichtigsten römischen Kartenquellen Anhaltspunkte. Die l'eutinger'sche Tafel führt an der
Strasse von Xaissus nach Uatiaria drei Mansionen an. Die ersten beiden: Timaeum Mains und
Timaeiim Minus, glaube ich in meiner „Heise in Süd-Serbien und Nord-Bulgarien- TS. 1 fj) genügend
nachgewiesen zu hahen. Die dritte: Conbustica, soll nat li der l'eut. Tafel 27 Mill. von Timaeum
Minus und gloichwoit entfernt von Rntiaria gewesen sein. Zwischen Timaeum Minus und Katiaria '
habe ich nur die Keste einer einzigen grösseren unzweifelhaft römischen Niederlassung hei Kladrup
gefunden, llire Ktitfcrnung von Katiaria und Timaeum Minus, zwischen welchen Conbustica nach
der Tafel genau auf der Wogmitte liefen soll, ist jedoch wie ein Wiek auf die Karte zeigt (vgl.
Knjazevae, Kladrup, Arcor) mit jener der Tafel nicht übereinstimmend. Leicht wäre es, die hier
etitstohenile Millien-Differenz durch clio Annahme eines Selireibfehlers der Peut. Tafel zu besei-
tigen, wie diess in analogen Füllen oft geschah. Ks wiire um so gerechtfertigter, als, der Tafel
folgend, bereits d' A Ii ville und Mannen dieses Conhustica unbeachtet fehlender archäologischer
oder topographischer Anhaltspunkte hart am Arcortiussc gesucht hahen. Ich möchte jedoch die
eiidgilrigc Lösung dieser Frage künftiger Forschung vorbehalten, welche; wenn das Are,ergebiot
einst vollkommener gekannt, jedenfalls Uber reichhaltigere Vorarbeiten zu gebieten haben wird,
ids ich sie auf der archäologisch-topographischen terra iueognita der bulgarischen Donautorrasse
vorgefunden habe.
Ks genügt mir durch meine Funde im Arcerthale festgestellt zu haben, dass sicher minde-
stens ein Theil der römischen Legionen den Weg von Xaissus zur Donau durch dasselbe
genommen habe und dass es für die Ycrthcidigung des itussersteii inösischen Limes hohen strate-
gischen Werth besass.
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64
Die Statue Rudolph'* von Habsburg im Seidenhofe
zu Basel.
Von K u v A R i. Iiis.
Mit em<m HoLuchnitte. i
nter der grossen Anzahl ftlrstlichcr Bildnisse, welche die Anibrnser Sammlung zu Wien bewahrt
findet sieh auch eine in Ol gemalte lebcnsgrosse Abbildung eines merkwürdigen alten Steinbildes,
das noch heutzutage in dem Hofe eines ansehnlichen Privathauses zu Basel, des sogenannten
.Seidenhofes zu sehen ist. Wie das Gemiilde nach Wien gekommen sein mag, darüber gibt eine
Korrespondenz Aufschluss, die sich in den hinterlassencn Papieren des 1591 verstorbenen Rechts-
gelehrten Dr. Basilius Amerbaeh vorfindet, und die Bestellung einer solchen - Abconterfeh-
tung" durch einen kaiserlichen geheimen Hath. den Freiherrn Richard Strein, zum Gegenstand
hat *. Die fragliche Statue wurde niimlieh damals allgemein für das echte Bildniss Rudolph'« von
Habsburg gehalten, und aus diesem Grunde erklärt sich, dass eine dem kaiserlichen Hofe nahe-
stehende Person, vielleicht aus höherem Auftrag, sich eine Abbildung davon zu verschaffen suchte.
Wurden doch noch am Ende des vorigen Jahrhunderts von Seite des kaiserlich österreichischen
Hofes für die Statue selbst 500 Ducaten geboten.
Altere Nachrichten Uber dieses von der Kunstgeschichte allzusehr vernachlässigte Bild sind
nur spärlich vorhanden. 1577 scheint mit einem Mal das Interesse dafür erwacht zu sein, denn
in diesem und dem folgenden Jahre findet es sich mehrfach erwähnt. Theodor Zoinger in seinem
Mcthodus apodemieu (Basel 1577) zählt cb bei der Beschreibung von Basel unter den Statuae
rariores auf. Gleichzeitig berichtet der baslerisehc Clironist Christian Wursteisen (L'rstisius) in
seinem 1577 erschienenen Kpitome Historiae Basil. über dasselbe, indem er seine Entstehung in
die Regierungszeit Rudolph's zurückversetzt*. Aus dem Jahr 1578 (8. Juli) ist ferner der erste
der erwlihnten Briefe datirt, welche die Bestellung einer Abbildung zum Gegenstand haben. Der
Auftraggeber stützt sich darin theils auf die mündliche Aussage von Personen, theils auf eine
i S. Beilage« I -IV. Der ansfllhrliche Titel de» Bestellen heia«: „Freiherr Reichard vou Strain, Herr tu Schwarttenaw,
HerteMtain vnd DiirreimUJii , de» Tliaal« Wachaw, »uff r reideckh &c. uud der Ro. Kay. Msy . Gehaimer Rath".
< In ea (d. h. in dorn Hause, welches damal» die I.öwcnbur» hics») Rudolph! H*{wpurgi Ceaaris «tatua apecutur. quam ip«u
iinpcrante illic ereciam perhibent.
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Taf. I.
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\
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Die Statue Kcdolpu's von Hahsbuug im Seideshofe zu Basel.
Stelle, welche sich in der Vorrede zum .extendirten" Slcidanus,
das heisst wohl, zu einer fortgesetzten Ausgabe eines der beiden
historischen Werke dieses Autors, befinden soll
Wahrend nun die öffentliche Meinung die Statue für
das wahre Bildnis» Rudolph'» von Habsbnrg hielt, so pah es
schon zu Amerbach's Zeit Zweifler, wie wir aus dessen Antwort
an den Nürnberger Syndicus entnehmen können. Zwar können
die drei von ihm angeführten, seinem eigenen Zeitalter angehö-
renden Kupferstiche noch viel weniger Anspruch auf Portritt-
Ähnlichkeit machen, als das wirklich uralte Steinbild, zumal
sie unter sich selbst die grösstmögliche Ungleichheit zeigen.
Dagegen ist seine Hinweisung auf den Chronisten Albrecht
von Strassburjr schon viel eher der Beachtung Werth. Derselbe
beschreibt den König Rudolph als einen hohen schlanken Mann
mit Adlernase („lungus et gracilis statura vnlde, aquilum haben»
nasum"). und noch genauer findet sich seine Gestalt beschrie-
ben in der Chronik der Dominicaner von Colmar: r Erat hie vir
lonpus corpore, habens in longitndine Septem pedes, grucilis, parvum haben» Caput, pallidam
faciem, atque longum nasum, paueos habebat crines-. Diesem Signalement entspricht die Statue
allerdings wenig. Der Kopf ist im Verhältnis» zum Köi-pcr eher gros«, die Nase keineswegs her-
vorragend und statt des dürftigen Haarwuchses i»t das Haupt mit reicldich gelocktem Haar und
Ball versehen. Viel besser stimmen jene Schilderungen von Rudolph'» Äusscrm mit dessen Reiter-
statue am Dom zu Strassburg überein, welche von Erwin von Steinbach im Jahre 1291 aus-
geführt sein soll 4 und daher seine Gestalt gewiss viel treuer der Nachwelt überliefert, als irgend
ein anderes von ihm vorhandenes Bild, zumal der König in eben diesem Jahre (es war dasjenige
seines Todes) sich in Strassburg aufgehalten hatte \
Wir sind endlich um so eher berechtigt, das im Seidenhof zu Basel befindliche Bild für
nicht nach dem Leben gefertigt, sondern ftlr eine Idealstatue Rudolph'.» zu halten, als auch die
Zurückdatirung in dessen Regierungszeit aus kunsthistorischeu Gründen nicht zuliissig erscheint.
Dem übereinstimmenden L'rtheile angesehener Kenner wie Lübke, J. Burkhardt u. A. zufolge
ist es nämlich aller Wahrscheinlichkeit nach ein Werk der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts,
auf welche Periode der Kunstentwicklung der Schnitt des Gesichtes, die gedrehten Locken des
Haupthaares und Bartes, die Art, wie die Museulatur in den Beinen und Annen beobachtet ist,
der Styl des weichen und vollen Faltenwurfes und namentlich die Menschen- und Thierfratzen
des gothischen Sockels hinweisen. Die an letzterem angebrachte Jahreszahl »einer Wahl zum römi-
schen König scheint spiitere Zuthat; die Formen der arabischen Ziffern deuten auf das XVI. Jahr-
hundert.
Was mag nun aber die Errichtung einer Statue Rudolph'» von Habsburg in Basel, und
gerade in dieser Behausung, veranlasst haben? Bekanntlich ist die Geschichte dieses Kaisers
ziemlich eng mit derjenigen Basels verknüpft. Es war, wahrend er als Graf von Habsburg diese
Stadt belagerte, das» die Nachricht von »einer Wahl zum römischen König an ihn gelangte.
Sogleich hob er die Belagerung auf und die Bürger, von drohender Gefahr befreit, huldigten ihm
s Isidor konnte ich die bei reffende Stellt weder in den 20 Auagahen von De »tut« rcliiriimis et rcipublicae Caroli V. noch
in dun 6 von De aummi» ([naluur iuiperiia. »eiche ich darnach durchsuchte, finden.
* D. Schoefflin, AUatia illuatrata II, p. 514: „Kudolphina haec statua autorem habet Enviimui de .Steinbach, qui
Au. MCCI.XXV1I tnrnim »ummi teinpli stnicturum inchuavit. Statua Ao. 1ICCXCI po«ita est".
i Ebcnda.clb.st p. 518.
XVII. 11
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<;ii
Ei>iAi;t> His.
als ihrem Oberheim. Rudolph, welcher zuvor der Stadt und dem Bischöfe während einer Reihe
von Jnhren fortwitlirend grossen Schaden zugefügt, jn noch im Jahr zuvor eine Vorstadt Basel'»
verbrannt hatte, wendete nun der Stadt seine besondere Huld zu, hauptsächlich da im folgenden
Jahre auf den aus Gram Uber diese Wendung des Schicksals verstorbenen Bischof Heinrich von
Neuenburg ein ihm ganz besonders treu ergebener Minoriten-Mönch Heinrich von Isny, genannt
der GUrtelknopf, der früher sein Beichtvater gewesen war, auf den bischöflichen Stuhl befördert
wurde. Als Rudolph 1278 im Kriege mit dem König Otakar von Böhmen von vielen seiner mach-
tigen Vasidlen im Stich gelassen wurde, war es der Bischof von Basel, welcher, indem er ihm mit
einer auserlesenen Schaar von Rittern zu Hilfe eilte, zu dem bedeutungsvollen Siege auf dem
Marchfelde bei Wien wesentlich beigetragen haben soll. Rudolph'» Dankbarkeit für diesen erfolg-
reichen Beistand findet sich in mehreren Urkunden ausgesprochen, welche er dem Bischof zur
Bestätigung von Freiheiten und andern Gunstbezeigungen ausfertigen lies» c . So ernannte er ihn
unter anderm auch zu seinem Kanzler 7 . Aber auch die Bürger hatten Ursache, die früher von
Rudolph erlittene Unbill zu vergessen und sein Andenken zu segnen, denn ihm verdankten sie
das ungehinderte Wachsthum ihrer Stadtverfassung *.
Was nun die Behausung anbelangt, welche das Bild in ihrem Hofe einsehliesst, so geht die
Sage, dass Rudolph bei seinen Besuchen Basels sein Absteigquartier darin zu nehmen pflegte, wie
dies auch P. Hergott erwiihnt". Sein Weg führte ihn oft durch Basel, und die Geschichte gibt
von mehreren Anwesenheiten Kunde; so im Januar 1274, als er mit seiner Gemahlin und zahl-
reichem Gefolge von seiner Krönung in Aachen zurückkehrte und vom Bischof und seiner Geist-
lichkeit feierlich empfangen wurde. Grössere Ehre erwies er der Stadt im Jahre 1284, indem er
in derselben mit grossem Pomp („mit königlichem Apparat und vielThumierens") 10 seine VcmiMhlung
mit seiner zweiten Gemahlin Agnes von Burgund feierte; 1286 hielt er sich wieder in Basel auf
und gab eine Verordnung, welche zum Zweck hatte, der Uneinigkeit zwischen der Ritterschaft
und den Bürgern zu steuern ". 1287 beschied Rudolph den Herzog und die Stünde von Burgund
nach Basel, wo sie den Frieden mit ihm abschlössen und ihm den Vasallen-Eid leisteten ' s .
Streuber sagt in seiner Beschreibung der Stadt Basel " bei Anlass der erwähnten Sage,
dass der jetzige Seidenhof die Wohnuug des damaligen Bürgermeisters gewesen sei. Dies ist
jedoch die Folge einer Verwechslung mit einer viel sp.Htern Zeit, nilmlich derjenigen des Basler
Concils (1432 — 1448), wo, wie Wursteisen berichtet H , ein Bürgermeister Rotberg Besitzer dieses
Hauses war. Bcachtenswcrthcr ist eine andere Nachricht, zufolge welcher dasselbe Rudolphen
von Habsburg selbst gehört hätte. Der Ulmer Mönch Felix Faber. ein geborner Zürcher leitet in
seiner 148'.) geschriebenen Historia Suevorum die Geschichte des Bischofs Heinrich GUrtelknopf
in folgender Weise ein: In couventu Minorum Luceriae erat gunrdianus frater, quem Dominus
Rudolfus eertis teniporibus ad se in Habspurg voeubat, eique confessionem suam faeere solebat:
sie et uxor et tota familia. Post hoc Dominus Rudolfus viro confidens, ipsma. scilieet guardianuin,
„prnefecit curiae suae, quam habebat in civitate Basiliensi, quae hodie est prope veteram portam
ante coiiventum Prnedicatorum u . Das heutzutage unter der Benennung Seidenhof bezeichnete
■'■ Och», Geschichte der Stadt uud Landschaft Basel I, p. 41!». 42;>, 42«, 431.
7 12H(i wurde er sogar zum ErztiiBchoff von Mainz ernannt, ein« Beförderung, welche er einer Mission an den Papst zu
verdanken hatte, mit welcher er vom Konig Kudolph betraut worden war. Kr starb indes» bald diirauf. IS. März 12HS.
* A. Ileuslcr, Verfiwsungsgcichlcrite der Stadt Basel im Mittelalter i>. 135.
» Piiiacotheea prineipum Auatrine III . p. 7.
i" Wurst ciaen, Basier Chronik p. 144.
ii Ochs, Geschichte der Stadt und Landschaft Basel I, p. 432.
Kbendaaclbit p. 417 und Wnrstciscn p. 14».
n Die .Stadt Basel, historisch und topographisch beschrieben von W. Tli. Streuber Basel 1S56) p. 3t>.
i» Epltoiuc IILit. Bas. p. 129.
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Dir. Statue Rudolph'« von IIabsburo im Seiden ho«: zu Basel. 67
Haus entspricht genau der angegebenen Lage, indem es sich an da» alte Stadtthor (ehemals porta
crucis, jetzt St. Johann-Schwibbogen genannt) anlehnt, durch welches man von der Stadt her zu
dem Prediger-Kloster gelangt. Leider reichen die Urkunden des Hauses nicht so weit zurück,
um über die Glaubwürdigkeit dieser Naeliricht Sicherheit zu geben; Thatsacke ist, dass Rudolph
Häuser in Hasel besass; ein solches befand sich z. B. in der Nahe der Peterskirche, wovon die
Urkunde noch vorhanden sein soll Jedenfalls darf ein Zusammenhang der Nachricht des Felix
Fnber mit dem Vorhandensein der Statue in dem betreffenden Hause angenommen werden, sei es,
dass dieselbe wirklich in dessen Hof errichtet wurde, weil es früher sein Besitzthum gewesen war,
oder dass Faber dieses Haus fiir das dem Habsburger gehörende hielt, weil es dessen Statue
enthalt. Übrigens steht die Sage von dem Absteigquartier keineswegs im Widerspruch zu Faber's
Angaben, sondern seheint ihr eher zur Bestätigung zu dienen. Dass nun ein Bild zum Andenken
an König Rudolph erst ein Jahrhundert spater errichtet worden sein soll, setzt einigermassen in
Verwunderung, und man kömmt bei einiger Überlegung von selbst zu der Annahme, zu welcher
sieh auch P. Hergott bekennt'*, dass das jetzige Bild bestellt wurde, nachdem ein früheres
durch das schreckliche Erdbeben von 1356, welches Basel in einen Trümmerhaufen verwandelte,
zerstört worden war. Es konnte daher das ursprüngliche Bild von dem, dem Konig so sein-
ergebenen Bischof Heinrich Gürtelknopf gestiftet worden sein.
Über den Zustand der Erhaltung der Statue gibt schon Amerbach in seinem ersten Briefe
einige Andeutungen. Schon zu seiner Zeit war nicht allein das Schwert durch ein neues hölzernes
ersetzt, sondern beide Hünde waren abgebrochen und durch hölzerne ergänzt worden. Ursprüng-
lich soll die eine Hand einen Brief gehalten haben, womit, wie Amerbach meint, die in Basel
empfangene Nachricht seiner Wahl angedeutet gewesen sein könnte. Ebenso vernehmen wir aus
Anierbach's Schreiben, dass die Statue bemalt war, wie dies auch heute noch erkennbar ist, und
gewiss ist im Laufe der Jahrhunderte die Farbe oft erneuert und wold auch geändert worden.
Dass der im geschmacklosesten Zopfstyl des vorigen Jahrhunderts genullte Hintergrund, welchen
<lie Abbildung in P. Hergott's Pinacotheca zeigt 17 , eine neue Zuthat war, braucht kaum erwHhnt
zu werden. Daher füllt auch Hergott's Kritik der Wappen dahin, da dieselben nicht sculptirt sind,
sondern einen Theil der Malerei bildeten, welche jetzt nicht mehr vorhanden ist. Dagegen war,
zufolge Amerbac h, das österreichische Wappen über dem Portal des Hauses in Stein ausgehauen,
und aus den handschriftlichen Notizen des Dr. R. Faesch vernehmen wir, dass das Haus früher
die Benennung „Österreich" führte". Wie weit dieselbe zurückreicht, kann nicht nachgewiesen
werden. Vielleicht war sie schon üblich, bevor das Haus eine sogenannte Burs, d. h. ein Convict
für .Studierende war. und die Löwenburs genannt wurde. Der Name Seidenhof wurde dem
Hause in den Neunziger Jahren des XVI. Jahrhunderts gegeben.
lllltidliclie Mittht-ilunxr von Dr. Fechter.
" l'iiMut nonmtlli, iiosgint-iu haue, ob uicmurinm sumpri poat obsidionom urbig, in c» domo hosyiitii. depictam fnisae : quo
M-tiR'l adiuiaso, aeque dicenduin eBf , «cheuiati antiquo Bucecssissc hoc reeentiim, et quidein, ut vero similc est. poet inagnnin
illum terrar uiottim, quo Rurflea ;innn M( « Ci.VI pen« eversn fuit i I'inncotheca III, p. 7>.
Tum. III, t*b XV, p. I.
" Iter Hoft' au St. Johan Schwibogen au dem innen) Stadtgraben tfogon dm Kein, nbi effigies Und. I Imp. Olim doimix
publica .Studiis dieata, Bursa l-eonina dicu, postea privat* dietn Oeslcrrich. Anno 150 , ab Italo Vincentino Zenoino einpü».
noiuen neeepit .Seidenhof.
11*
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68 Edcaiw His.
B e i 1 a g e n
I
(Aufschrift.) Dem Edclcn Hochgclertcn vntl Erenvcsten Herrn Basilio Amerbachio, der
Rechten Doctorn etc. Meinem günstigen lieben Herren, Huxel].
Edeler Hochgelerter vnd Erenvester, dem Herren seyen meine alzeit willige vnd gevlissene
Dienste zuvoran. Günstiger Herr. Vnd nachdem Ich »neter Zuversicht hin. dem Herren heede.
mein name vnd auch die alte vor 24 yhaaren zu Padua •" mitteinander gehabte Kunttsehaffl noch
gueter ma.ssen cingedenkh sein werde. Also habe Ich auff guetes Vertrawen nicht vnterlasscn
können, den Herren mitt diesem brievelein zu bemuclun, betreffend eine Kleine Sachen, darinnen
mir der Herr, verhofTcnlich, vor andern, behilfflich sein kan. Vnd ist nemlich dieses, das als Ich
unlängst am Kay. Hofe zu Wien gewesen, mich alda ein hohe Person vnd gclcrtcr Kay. Gchaimcr
Rath, mitt namen Herr Reinhard Strahl Freyherr, als ein sunderlieher Aniator Antiquitatum,
angesprochen, vnd mir angezaiget hatt, das, wie Kr zum theyl von cttlichen Persönlich berichtet
worden, vnd auch hernacher in der Vorrede des extendirten Sleidanj gelesen, das man bei Euch
zu Basel, die whare Effigiem Imperatoris Rudolpht primj habe, vnd mich dcrhalben gebetten,
yemand meinem Hekantten dahinn zu schreiben, vnd mich bey demselbigen nochmaals des grunds,
wie es geschaffen, vnd obe solche Hilduus vorhanden, vnd in was gehl ongeferlich eine vkissige
abconterfettung hievon zubekommen sein mochte, zu verkundigen.
Vnd dieweil Ich dan ftlr mein Person, dieses orts anderen hekantten nicht waise oder habe
als« den Herren, So gelanget derhalben an den Herren hiermitt mein dienstlich freundlich vnd
vertrewliche bitt, Er vnbeschweret so guetwillig Sich gegen mir erweisen , vnd mitt erster seiner
gelegcnheit, mir dieser Sachen beschaffenheit, bericht zuschreiben wolle, dessen volgcnds obge-
dachten Herren, zu seiner gdn. naclu-ichtung haben zu verstendigen. Vnd solclie günstige Will-
farung vmb den Herren, Ich hergegen wo möglich, in andere Wege zu beschuhlen, ganntz willig
vrbittig bin. Dannitt Vns alle denen gnaden Gottes bevelhend. Datum in Nornbergk, Erichtags
den 8 July Ao. 7«.
Dess Herren allzeit dienstwillig
J. Konig.
II.
(Antwort des Has. Amerbach an Jonchimo Konig, Norimbergain.)
Erenvester hochgelerthcr etc. Mein alzeit willige Dienst seien euch bevor, Günstiger her vnd
alter liellnd. Ewer schreiben hab ich vor schier zehen monat entpfangeii, auf das aber von wegen
des maiers vnd ander Verhinderung bis hieher kein antwurt geben, bit derwegen solichen langen
verzug zu keinem veracht aufzunenimen, dan ich der alten guten freundschaft so wir zu Padua vor
ftlnrundzwciizig iaren mit einander vilfaltiglich gehabt gar vol eingedenk, vml dem Herren nach
meinem vermllgen vedienen ganz zrbiittig vnd bereit bin. Betreffend nun K<mig Rmhdffen hild-
uus so bei uns sein sol, vnd derwegen ir berichts begeret, Ist mir kein andere bewüst, dan ein
steinen bild, so in einer alten behausung, die Löwenburs genannt S1 , vnd daran auch ein steinen
Ocsterichisch wapen ob der Hausthür eingesetzet, zu sehen, vnd halt man sol ich bild für Konig
" bieiu-r Briefwechsel befindet sich in der öffentlichen Bibliothek zu Basel und zwar die .111 Aiiierbach jrerichteu-n Bride
in der Folge : Viiriorniu Epistolne ml Amerbach ; dessen Autwortim dagegen im Coucept in »einem handschriftlichen Nachlas».
Bd. U IV. 1").
llu». Anierlwch »tiidirte 211 Padn» vom October l.'niS bis September l&jj.
-'i So wurde da* Hau* damalft noch genannt . wiewohl e» schon 151S aufgehört hatte, eine Burs, d. Ii. eine gemeinschaft-
liche Wohnung fttr Studenten zu sein.
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Urs Statue Kodolph's von Habsuubo im Seidenhofe zu Basel.
Rudolflfen. Ob es nbcr eine desselben wäre conterfettung seie Sä , zweifei ich heftig, indem es andern
seiuen conterfetungen als die bei Francisco Tertio Bergomen, in fmniliam Austriaci, Huberto
Golzio in Ccsaribus", auch thesauro Jacobi Stradae" zesehen, desgleichen auch der österreichi-
schen Fürsten Physionomi, auch M. Alberti Argentiiiensi beschreibung [von| dem leben vnd einem
solchen alter so er datzmal wie er zum Römischen konig erwehlct, auf sich gehabt, vngleich-
formig gestaltet ist, als ir dan aus bcigcschicktcm abris, so dem rechten Bild niclit vngleich nach-
tuschirt, selb» zum theyl sehen werden. Harneben so ist auch das ietzig sehwert so holtzin, vor
wenig iaren dein bild angemacht, dan das vordrig änderst nemlich mit eim runden knöpf, als ich
verstand, geformirt gewesen sein. So seind auch am alten bild beide Hend abgebrochen vnd jetz
von iemand andere angemacht vnd möchte derhalben war sein, das solich Bild vonseiten ein brief
solle in der Hand gehabt haben, wie etliche recensiore* darvon geredt haben, der vrsach das als
datzmnl Grnf Rudolf die stadt alhie belegert, vnd seiner walh halb die Botschaft vnd schreiben
erstlich in die stat herkommen, hab die stnt ime dieselb zu verkünden vnd zu Uberlifern etlich
fürncinen personell zugesendet, darauf gleich der frid gevolget, welche meinung zum theil, aber
nit gentzlich mit Alberti Argentinensi lürgeben zustimmet. Was nun solich bild nachzemalen
fiir costen cihcuschcn würde, dieweil ir nit melden, ob das gemeld in des bilds grosse, so dem
leben sich vergleichet, oder kleiner, von ül oder leimfarben, mit steinfarb allein oder graw vnd
wie man steinin bilder zemaleii pfleget oder mit andern färben, wie dan auch das Bild mit färben
angestrichen ist, sein sole, kau icli nicht anzeigen, verhofte aber ich wolte auf tuch von Ölfarben
von des bilds grosse mit zehen gülden vleissiglich verfordern lassen.
IU.
(Aufschrift.) Dem Erenvesten Hochgelertcn .loachimo Khiinig der Stadt Nürnberg Syndico
Meinen Innbesonders lieben Freund.
Erenvesttr Innsonnders lieber Herr Khiinig, Euch sein mein guetwillige Dieimst zuvor, Eur
schreiben sambt zweyen vberschickten Abriss Rudolphi primi Imp. effigie hnb ich zu sonndem
freundlichen Danekh empfangen Vnnd was Ir desswegen von mir aussgelegt vnnd noch aussiegen
möcht, das will ich nit mit wenigem Danekh hinwider erstatten. Also hab Ich auss des Herrn
Amerbachii schreiben sein censuram von discr bildnus gar gern vernomen. Trag selbst sorg es
habe die mainung, Wiewohl mich weder Golzii, Francisci tertii , noch Stradae Auetorita* sovil
beweget, dann Ich wol waiss, das Ir khainer die rechte contrafeit haben khönne, alss des Alberti
Argentincnsis, qui fuit aequalis illorum temporum. Aber wie dem sei, so wierdet es doch, weil die
Jarzall zugleich cum Imperio Rudolphi zuestimbt, meines erachten* auf »ein person gemaint sein
werden. Vnnd weil sich Herr Amerbachius so guet willig darbey zu bemühen anerbeut, so bitt
Ich, Ime neben Vermeidung meiner vnbekhanten Jedoch willigen Dienst c. cuius doctrina ego iam
pridem magnifeci. Erstlichem seiner gehabten bemiihung freundlichen Danekh zu sagen, Vnnd
dann zu bitten, das Er wie sein schreiben vermag, dises bildt mit oelfarbcn in der gross, wie es
am Im selbst ist vnnd das Er vmb 10 fl. zu ertzeugen vermaint, nachmachen, vnnd Euch mit
" Diese Folge von Kupferstichen Ist von Caesar ab Avfbus (K»73;, 'bis Hiltl Rudolph» I. ist nach dessen Sutae fjenoui-«
inen, welch«! Bich am Gnibiuiil Maximilian'* I. zu Insbruck beiludet und ein Werk des ilildhsucrs Alexander Colin von Mecheln
U5«ti) ist. Ftlr den Kopf hat diesem Künstler vielleicht eine Abbildung der Reiterstatue nm Strassbitrjrer Munster zum Vorbild
gedient.
31 Holzschnitte in Clair ohscur nach alten MUnzen und Medaillen ; die erste Aukube ist \on 1557. Der Kopf de» Königs
Rudolph zeichnet sich durch einen mächtigen Schnurrbart i»iik.
2* Imperatorum roinanorum oumiuni orientnliuui et occidentiilinm verissinia iuiaginca ex antitpii» nuinisniatis quam ndclis-
siine delinentno. Addita eniu» vitae descriptionu ex thesauro Jacobi Stradae etc. Figuri ex off. Andreae. Oessneri. 1559. Die Köpfe
sind nach Zeichnungen de* Rud Manuel Deutsch, von Rud. Weissenbach ziemlich roh in Holl geschnitten.
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70
Eduard Iiis. Die Statue Kudolph's von Habsbüro im Skiuenuom: zu Basel.
gelegenheit zuekhomeu lassen wolle Also auch wiir mir gedient mit den Contrafecten Hertzog
Leopolds Hilthen vnnd der anndeni wappen, Vnnd was es khosten wierdt, etc. (Der Übrige Theil
des briefes enthUlt andere Auftrage.)
Freidegg den 23 Septembris Ao 79. R. Strein.
NB. Obiger Brief war eingeschlossen in einen des Joachim König an Basilius Amcrbach,
welcher aber nichts zur Sache gehörendes enthalt.
IV.
Bas. Amcrbach an J. König.
Erenvestcr hochgelerter etc. Mein freundliche willige Dienst seien euch jederzeit bereit
Günstiger lieber Her vnd freund. Hudolphi Imp. imaginem mit Ölfarben auf tuch gemalet, in einen»
hültzin ror, neben einem buch mit gewichsten tnch vberzogen dorin der 2U Sempach erschlagenen
wapen verzeichnet, hab ich mit etwas Namen anschieibung Isaae Lichtenhan bürgern alhie vber-
geben, so mir dieses «uf Nürnberg Marxen Sonneren zuversenden versprochen, von dem irs verhof-
lich empfahen vnd demnach Hern Strehlen «ambt beigelegten Briellin zu vbersehicken vnbe-
schwert sein wollent. Wo nun dem Herren Strehlen sein« gefallen* gedienet, were wir ein sunder
grosse freud, Wo aber nit, bin ich vnbeschwi rt jetz abgeschickte stuek wider zu nemmen, vnd euch
die zwentzig empfangen guldin gut zemachen. Sonst den uncosten betreffend, hab ieh um das
buch zehen guldin, dem maier so die conterfeht gemacht acht guldin zalt, vmb das tuch doruf
gemalet worden, vnd ror neun batzen etc. (Der übrige Theil des Briefes betrifft andere Auftrage.)
Hiemit euch in den schirm des almechtigen bevelhend dat. Basel den 28 Augsten Ao. 1580.
Meinen günstigen Herren den beiden Hern Geudern vnd Pumgarten wollen meine willige Dienst
zuvermelden vnbeschwert sein.
V.
(Basilius Amcrbach an) Richardo Streinio, Viennam.
Wolgeporncr gnediger Her E. Gn. seien mein vnderthenige willige Dienst jederzeit bereit.
Die steinin bildnis so für Konig Rudolflen conterfeht gehalten wirt, hab ich in der grosse vnd
gstalt, das ist, sovil mir miiglich gwesen, gleichförmig mit Ölfarben vf tuch abmalen, harnachen
der begrebnis" Annae Hohenbergcnsis Rodolphi uxoris, so in der Domkirchen alhie sambt einem
jungen Herlin Karol genant vergraben ligt , wie dieses Albertus Argcntineusis bezeuget,
vf ein papir abreissen lassen, auch der erschlagnen zu Sempach wapen in ein buch verzeichnet,
erkauffet Vnd dieses alles in ein papir eingemachet dem Nürnbergischen Syndico Hern Joachim«
König zugeschickt von dem es E. G. verhoflich entpfangen worden etc. etc.
Basel den 28 Angusti Ao. 80.
» Diu Gruiminl dir Köiiijfiu Ami«.
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71
Herzog Rudolph'* IV. Schriftdenkmale.
Von Dr. Fbasz KCrschkeb.
(Mit zwei Tafeln und 4 HoHaohnltteiu
Bei einer eingehenden Untersuchung des Urkundenwesens Herzog Rudolph'« IV. boten sich
mir verschiedene Momente dar, welche über den Rahmen speeifisch diplomatischer Betrachtung
hinausreichen und bereit« in das nnhverwandtc Gebiet der Altertumsforschung hinübergreifen,
wesshalb eine kurze Besprechung der hier in Betracht kommenden Punkte in diesen BlHttern
ihren rechten Platz rinden wird.
Wenn sich je die Individualität eines Fürsten in den von ihm ausgestellten Urkunden zu
erkennen geben kann, so ist dies» vor allen Andern gewiss bei Rudolph der Fall, dessen Ge-
schichte daher auch mit Recht als eine im eigentlichen Sinne des Wortes diplomatische betrach-
tet werden kann. Das lebendige Bewusstsein seiner Fürstenwürdc. da« sein ganzes Wesen erfüllte,
brachte es mit sich, dass er allem, was von ihm ausging, eine gewisse Wichtigkeit beilegte.
Daraus, sowie aus dem sichtlichen Streben , überall persönlich einzugreifen , ist es wohl auch zu
erklären, dass er dem Schrift- und Urkundenwesen die eingehendste Aufmerksamkeit widmete.
Eine sorgfältigere Erziehung hatte ihn im Gegensatze zu den Filrstensöhnen seiner Zeit mit der
Kunst des Schreibens vertraut gemacht; — einmal in dieser Richtung angeregt, Hess er es bei
der gebräuchlichen Schrift nicht bewenden, sondern einem Zuge seiner Natur, der Vorliebe für
«las Mysteriöse folgend erfand er eine eigentümliche Zeichen- und Geheimschrift, deren er sich
bei verschiedenen Anlassen bediente und die ihm den Ehrcnnamen des Sinnreichen (lat Tngc-
niosus) verschaffte.
Was nun die Urkunden Rudolph 1 * betrifft, so möge gleich im vorhinein bemerkt werden,
dass für unsere Frage wohl die meisten der von ihm ausgestellten Schriftstücke in Betracht
kommen, nicht aber jene unächten sogenannten österreichischen Haus-Privilegien, obwohl deren
Fälschung dem Herzoge, und zwar nach dem heutigen Stande der Forschung, mit Recht
zugeschrieben wird. Er war der erste österreichische Fürst , der mit denselben hervortrat
und sie zur Geltung zu bringen suchte. Als es ihm jedoch nicht gelang, die Bestätigung des
Kaisers zu erlangen, nahm er gegen denselben sofort eine widersetzliche Haltung ein, die zum
offenen Bruche führte, um so mehr, als der Herzog die ganz in seinem Sinne lautenden Bestim-
mungen dieser Freibriefe praktisch durchzuführen suchte . wie diess nicht nur aus seiner zwei-
deutigen Stellung zum Kaiser nur zu deutlich hervorgeht , sondern auch schon aus der ganzen
Beschaffenheit der von ihm ausgestellten Urkunden zu ersehen ist.
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72
Dr. Fu. Küksciinkk.
Die Urkunden de» Herzog» theilen «ich schon in ihrer älusseren Form in zwei wesentlich
verschiedene Gruppen. Wahrend alle jene Schriftstücke, die über minder wichtige Gegenstände
ausgestellt sind, als Erneuerungen kleinerer Lehen, Reverse , Pfandbriefe über geringere Betrage,
AuftrKge verschiedener Art u. dgl. sich von den gleichartigen Urkunden seiner Vorgänger und
Nachfolger kaum unterscheiden, erscheinen die grösseren Diplome, zumal solche, durch welche
Privilegien und Freiheiten verschiedener Art verbrieft oder Stiftungen beurkundet werden, mit
einer Pracht ausgestattet , wie sie auf diesem Gebiete überhaupt nur möglich ist. Offenbar
musste der Herzog, vermöge der ihm eigenen Auffassung seiner fürstlichen Stellung Briefe
dieser Art als Emanationen seiner fürstlichen Machtvollkommenheit betrachten, die doch auch
üusserlich den Glanz ihres Urhebers manifestiren sollten! Und in der That kommen dieselben in
ihrer äusseren Form den Diplomen der Kaiser und Könige gleich, ja sie überbieten dieselben
noch in Bezug auf ihre geschmackvolle Ausstattung, die ihnen in Verbindung mit der stylistischen
Fassung nicht selten das Gepräge des Erhabenen und Feierlichen verleiht.
Zunächst füllt der Titel auf, der sich gegen die bisherige Gewohnheit in hochtönenden
Ausdrücken bewegt. Die Titclsncht des Herzogs zeigte sieh schon in seinen noch bei Lebzeiten
des Vaters ausgestellten Urkunden, in welchen er eine Reihe von Titeln selbst von minder
bedeutenden Besitzungen seines Hauses annahm. Wahrend eine solche Häufung von Titeln mehr
als ein Spiel jugendlicher Eitelkeit zu betrachten ist, verdient es um so mehr Beachtung, wenn
der Herzog nach Antritt seiner Selbstregierung alle die nichtssagenden Titel zwar fallen Hess,
aber schon nach kurzer Zeit andere, minder harmlose sich anmasste, die einem Herzoge von
Österreich offenbar nicht gebührten. So nennt er sich Pfalz-Erzherzog (Palatinus archidux) oder
doch Erzherzog, ferner Fürst zu Schwaben und Elsass (auf den Siegeln Herzog von Schwaben
und Elsass) und des heil, römischen Reichs Oberst-Jilgcrmcistcr.
Der eigentliche Urkunden -Text, der dem Titel folgt, wird häufig mit einem allgemeinen
Satze eingeleitet, welcher sich nicht selten in der Betrachtung der fürstlichen Macht und Würde
ergeht. Zur grösseren Bekräftigung des Beurkundeten, oder vielmehr zur Steigerung des feier-
lichen Eindruckes wird, ganz mich Art der Kaiser-Urkunden, eine lange Reihe von Zeugen ange-
fülirt, unter denen gar häufig vor dem zahlreichen Hofstante des Herzogs die Namen erlauchter
geistlicher und weltlicher Fürsten erscheinen. Eigentümlich und in herzoglichen Urkunden
ungewöhnlich ist femer die Datirungs- Weise. Rudolph begnügt sieh nicht mit der Angabe von
Tag und Jahr, sondern setzt noch, nach der Gepflogenheit der höchsten Häupter der Christen-
heit, das .Jahr seiner Regierung bei und überdies« noch das Jahr seines Lebensalters.
Das bcmcrkcnswerthestc und nicht nur in diplomatischer Beziehung interessanteste Moment
in den Urkunden Rudolph 1 * ist jedoch seine eigenhändige Unterschrift. Mit Rücksicht auf die
Wichtigkeit, welche der Herzog seinen urkundlichen Acten beilegte, und das Streben, überall
persönlich einzugreifen, ist es leicht erklärlich, dass er die unter seinem Namen ausgestellten
Urkunden auch mit eigener Hand bekräftigen wollte. Übrigens scheint ihm, der so gern die Form
der kaiserlichen Urkunden nachahmte, das Monogramm derselben vorgeschwebt zu haben, welches
als Handmal der Könige galt, mit der Königswürde unzertrennlich verbunden gedacht wurde
und demgemäss in hohem Ansehen stand. Eine Nachbildung desselben konnte Herzog Rudolph
füglich nicht vornehmen, einen Ersatz dafür konnte er aber in der offenen Unterschrift finden,
mit welcher er, der erste deutsche Fürst, seine wichtigeren Urkunden versah. Mit Rücksicht
hierauf können die betreffenden Urkunden dieses Fürsten als eben so viele Schriftdcnkmale seiner
Hand betrachtet werden. Die Unterschrift Rudolph'» erscheint in zwei Formeln, einer vollen und
einer einfachen. Beide werden mit einem Kreuzzeichen begonnen und auch geschlossen, während
die einzelnen Worte genau und kräftig interpungirt sind, wodurch die Unterschrift ein gewisses
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Hckzog Kri>OLi>n's IV. Schriftdenkmal. 73
epigraphisches Gepräge erhält. Die volle Formel hat den Charakter einer vollinhnltliehen end-
giltigen Bekräftigung des in der Urkunde Verbrieften, und erseheint durum auch nur bei Er-
theilung neuer oder Coinfirmation älterer Rechte und insbesondere in Stiftbriefen '. Sie kommt
je mu h der Sprache der zu bestätigenden Urkunde lateinisch oder deutsch vor und lautet gewöhn-
lich in ihrer lateinischen Fassung:
f Nos . Ruodolfus . dux . predictus . oninia . premissa . hac . subscriptionc . manus .
nostre . roboramusf
Statt : r onmia premissa- heisst es häufig: „presentes litteras u oder „haue paginnm-; bei
„manus nostre-* findet sich oft noch „proprio" beigefügt.
In deutscher Sprache gewöhnlich:
t Wir . der . vorgenant . herzog . Rnodolf . sterkeu . diesen . prief . mit . dirr .
vndersehrift . vnser . sclbs . haut f
Neben „sterken - kommt zuweilen noch vor: -vnd besteten". statt: disen prief findet sich
öfter: „dis gesrift. «Iis obgenatinte suche alle", statt: „dirr* auch die offene Form: „diser"
In einigen Fällen findet sieh gleichwohl unter einer lateinisch textirten Urkunde eine
deutsche Untersehritt. So 1M0, 4. Juni und 13(lfl, 20. Mai Uber Beisetzung von Reliquien,
Original im Domcapitel-Archiv; 1363, y. October, fllr Freiburg im Uechtland 3 ; 13<J4, 30. März,
lUr die Karthause Freudnitz, Original im Staats- Archiv; 13*55, 12 März, Stiftung der Universität.
Original im Universität* -Consistorial- Archiv. Von den bereits angedeuteten kleinen Varianten
abgesehen, bleibt die Unterschrift, sowohl was die Wahl des Ausdrucks, als auch die Schreibung
der einzelnen Worte betrifft, immerfort constant. Vor allem ist die interessante Wahrnehmung zu
beachten, dass Rudolph, der sich im Titel der Urkunde Pfalz- Erzherzog oder doch Erzherzog nennt,
sich selbst immer nur einfach Herzog schreibt. Seinen Namen gibt er regelmässig mit Rnodolf
oder Ruodolfus.
Der Herzog schreibt eine sichere und kräftige Handschrift, welche je nach dem Raumver-
hältniss der Urkunde grösser oder kleiner ausgeführt erscheint. In einzelnen Fällen sind Anfangs-
buchstab und Kreuzzeichen ciuigcrmasscn verziert. Die Unterschrift zieht sich unter dem Texte
gewöhnlich in einer Zeile hin und füllt so nicht selten die ganze Breite der Urkunde aus, so dass
die Reeognition des Kanzlers, falls eine solche vorhanden ist, darunter nach recht« hin zu stehen
kommt. Sonst schliesst sich dieselbe gleich an die Unterschrift des Herzogs an und theilt sich
ineist in zwei bis drei kurze Zeilen ab. Nur selten, wie in der C'onfirniations - Urkunde von 135'.*
10. August für Salzburg, ziehen sich die beiden Unterschriften in Einer langeu Zeile hin, indem
freilich die des Herzogs schon am äussersten linken Ramie des Pergamentes ansetzt. Beide sind
gleich gedrängt und klein, wobei noch zu bemerken ist, dass in der Unterschrift Rudolph's sowohl
„nos" als „ruodolfus" mit kleinen Anfangsbuchstaben geschrieben sind. Es ist dies übrigens der
Zeit nach erst der zweite mir bekannte Fall, wo neben der Unterschrift des Herzogs auch die des
Kanzlers erscheint. — In der lateinischen Unterschrift kommen mehrfache Kürzungen vor, der-
gleichen die deutsche weit weniger aufzuweisen hat. Dies erklärt sich einfach aus dem Umstände,
1 licmguniass lautet auch «lie Unterschrift der noch tun Lebzeiten seine» Vaters 1858, £>. Febr. zu Gunsten seiner Capelle
neben dem Widnter Thun* ausgestellten Urkunde: l>az . die« . »ueh . vnzer . prochen . beieil» . so . haben . wir . der . uorgenant
herzog . rudolf . di* . vmlcr*rift . mit . vnser . seih* . haut . genribeu. Cup. im Sumte-Archiv.)
* Ferner Ist zu bemerken: vnser» . eellb» . hant (t3iV». 15. X»v. dir «law« Fraucnklnater Prediger-Ordens in Graz. Org. d.i.
vnser* . «clbcs . haut. <i:S.V.», Nov. Kn«eU«iil<c des Oberst-Jägeum-ister-Aint.s, Orig. im Licclit. Arehiv.l Nnr einmal kommt
das sonst immer aiiBgcschrielH-nc vnser abgekürzt vor: vnsc mit «lein Abkürzungszeichen darüber. — Ein Schreibfehler zeigt »ich
nur einmal, und zwar in dein Wuite „votlenchrift" selbst, wo die beiden ernten Uuchstabcn durch einen nachgezogenen ver-
bessernden Strich minder bestimmt hervortreten vl.%3, 27. Jänner für den H«>fmeister vonTynd. Heinrich von Itottenburg. Orig
im Statthalt. Arth, zu tnnnbrncky.
: lluniiayr. Archiv VI. 479.
XVII. , 2
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74
D«. Fb. KCuschkbb.
dass im Lateinischen durch langjährige stetige Übung gewisse Wortkürzungen »ich eingebürgert
hatten, was im Deutschen nicht in dein Masse der Fall »ein konnte, wenn anders nicht die Deut-
lichkeit dnruntcr leiden .sollte.
Ausser der grossen Subseription gibt es, wie bereits erwähnt, noch eine kleine, welche sich
als eine einfache Beglaubigungsformel darstellt und ohne Unterschied sowohl in lateinischen als
deutschen Urkunden : f hoc . est . verum + lautet. Dieselbe kommt aber erst spitter in Gebrauch,
und zwar findet sie sieh meines Wissens das erstemal 1361. 3. April, auf einer zu Gunsten
der Kirche von Lüssem ausgestellten Urkunde und erscheint von da ab regelmässig auf allen
kleineren Schriftstucken mehr gcsehiiftlichen Inhalts, wo es sieh also nicht um Freiheiten und
Rechte, sondern vielmehr um Abmachungen über Geld und Gut handelt. Nur ausnahmsweise
erscheint diese kleine Subscription auch in grösseren Diplomen. So 1363, 12. September, Bestä-
tigung der Privilegien des Mitioritcn-Klostcrs zu Bozen; 1365, 2!>. Juni, Bestätigung der Caplanei-
Pfründe zu Luzern: und endlieh in einer interessanten Urkunde von 1364, 4. Juni, über die
Stiftung eines Hauses am Friedhufe St. Michael in Wien zu einem Pfarrhofe ttlr die gleichnamige
Kirche. (Orig. im Wiener Stadt-Archiv.) Hier ist die Unterschrift f hoc . est . verum f mit Gold-
Tinctnr sorgfältig ausgeführt, und steht in dieser Beziehung als Unicum da. Ein etwa durch den
Gegenstand selbst gerechtfertigter Grund für diese vereinzelte Anwendung von Goldsehritt liisst
sich nicht finden, vielmehr scheint dieselbe auf eine zufällig«- Veranlassung zurückzuführen zu
sein, die sich einem Fürsten, welcher Sinn für das Schriftwesen hatte, leicht darbieten konnte.
Übrigens finden sich unter den Urkunden Rudolph'* anderweitige Beispiele von Goldverzierung
vor, wie in der Stiftungsurkunde der Universität, wo die Worte der Invocation sowohl der latei-
nischen als der deutschen Ausfertigung in Gold schön ausgeführt sind.
Eine zumeist in die Augen fallende Zierde der Urkunden Rudolph'* sind endlich die
Siegel, welche in Anbetracht ihrer künstlerischen Ausstattung auch nicht verfehlt haben, die
Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf sich zu ziehen. Das Siegel, welches Rudolph unmittelbar vor
und nach seinein Regierungsantritte führte, hat noch eine vcrhältnissmässigc einfache Gestalt und
trägt die Umschrift: Rvodolfvs . dei . gracia . dvx . Avstrie . Styrie . et Karinthie. Zunächst nur
für kleinere Urkunden bestimmt, wurde es subsidiarisch auch bei grösseren Diplomen verwendet,
so lange noch das grosse Siegel nicht fertig war. — Im Frühling des Jahres 135*) erscheint
bereits das neue grosse oder Majestäts-Siegel Rudolph's und entspricht genau den gleichzeitig neu
angenommenen Titeln des Herzogs. Ks ist ein grosses Doppelsiegel, dessen Vorderseite das Rei-
terbild des Herzogs zeigt und in der Umschrift die Titel: Palatiuus iirciiidux Austrie. Styrie.
Karinthie, Suevie et Alsacie enthält, während auf der Kehrseite der Herzog als des Reiehs-Erz-
jügenneister erscheint. Das Ganze stellt eine grosse fingerdicke Scheibe dar. in deren äusserem
Rande sich die Iiisejirift findet : Imperii scvtuin feitunpie . cor . Austria . tvt.vm . primns . Fridc-
rieus . testatur . cesar . avgvstus . illud . scriptum . qvam . roburat . aurea . bulla — eine Bezeich-
nung, welche dem bekannten um'iehten Privilegium majus vom Jahre 1156 entnommen ist.
Neben tliesem grossen Majestäts-Siegel erscheint gleichzeitig ein kleineres, welches den
österreichischen Schild darstellt, auf welchem ein federgeschmiiekter Helm ruht, während zu
beiden Seiten je zwei Löwen die Wappen von Steiermark, Kärnthen, Habsburg und Pfirt tragen.
Die Umschrift lautet: Rvodolfus . dux . Austrie . Styrie . Karinthie . Swevie et Alsacie. Da diese
und die anderweitigen Sicgelfonneu in der diesbezüglichen Zusammenstellung von K. v. Sava
(Die Siegel der österreichischen Regenten, Mitth. der k. k. Ccntral-Commission 1867, S. 171 fl'.)
genau besclu'icben und abgebihlet sind , so möge hier eine Hinweisung auf diese sorgfältige
Arbeit genügen, nur einzelne bisher unbeachtet gebliebene Erscheinungen auf diesem Gebiete
sollen weiter unten näher betrachtet werden.
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Herzog IUdoM'h's IV. Sciiruthenkmal.
75
Ks i»t bekannt, wie die Anmassungen Rudolph's, welche in seinen Urkunden so vielfach her-
vortraten und eine praktische Anwendung der gefälschten Haus-Privilegien verriethen, zu ernsten
Conilicten mit dem Kaiser führten, bis endlieh Rudolph die Titel „Pfalz-Erzherzog-\ und „Herzu«?
von Schwaben und Elsass a ablegte und sich hinfort Markgraf von Burgau und Landgraf in Elsass
nannte, sowie auch die Siegel, welche ja gleichfalls diese anstössigen Titel enthielten, verwarf,
indem er das grosse Siegel neu fertigen und das kleine entsprechend abändern lies«. Um so auf-
fallender ist es nun, dass Rudolph, welcher seit der Vereinbarung mit dem Kaiser, September 1360,
immer nur den einfachen Herzogstitel führte, mit dem Schlüsse des Jahres 1361 zwar nicht mehr
den Titel Ptalz-Erzlu rzog. wohl über den eines Erzherzogs wieder annahm, welcher denn auch
auf dem neuen, damals fertig gewordenen grossen Siegel erscheint \ Da dieser Titel von nun ab
ununterbrochen (in den grösseren Diplomen) fortbesteht, so ist wohl anzunehmen, dass dies mit
stillschweigender Zulassung des Kaisers geschah, der zwar ungemein wachsam und eifersüchtig
war in allem, was sein und des Reiches Anselu n und Vortheil betraf, der aber auch wieder viel
zu klug und vorsichtig war, um nicht auch in Dingen, die ohne praktische Conscqucnzen waren,
zur Zeit Nachsieht zu üben, zumal wenn dieselbe einem mächtigen Reichsfilrsteii galt, der über-
dies sein Eidam war. So blieb also der Titel, wie gesagt, im grossen und ganzen bis zum Tode
Rudolph'* fortbestehen. Inzwischen brachte 1363 die Erwerbung Tyrols eine willkommene Bereiche-
rung desselben, welche sich in dein Bilde des «.Müssen Siegels leicht anbringen Hess, indem der
Adler von Tyrol auf dem Baunerfelde an Stelle des ohnehin schon auf dein Siegelbilde ander-
weitig vorhandenen österreichischen Wappens seinen Platz fand. Als im nächstfolgenden Jahre
1 136 l ,i Rudolph auch von Krain den Herzogstitel annahm, wurde «lies auf dein kleinen Siegel
ersichtlich gemacht, welches nun eine neue Gestalt erhielt (Suva a. <_). XI).
An die Erwerbung Tyrols knüpft sich eine sphragistische Erscheinung dir interessantesten
Art. die bisher wohl nur wegen ihres seltenen Vorkommens unbeachtet geblieben ist. Es ist
leicht begreiflich, mit welcher Freude die glückliche Erwerbung Tyrols den Herzog erfüllen musstc,
eines Landes, dessen Be sitz von den drei mächtigsten Fürstenhäusern des Reiches, Luxemburg,
Habsburg und Wittelsbach mit so viel Eifer angestrebt wurde. In einem Briefe an den Dogen
von Venedig gibt Rudolph seiner freudigen Stimmung auch unverhohlenen Ausdruck: „Unend-
lichen Dank - , sehreibt er, „sind wir dem Höchsten schuldig, dass wir in den Besitz Tyrols,
dessen nächster Erbe wir allerdings wegen der väterlichen Verwandtschaft sind, auf so fried-
lichem Wege ohne den geringsten Widerspruch gelangt sind- '. Zur Erinnerung daran liess
der Herzog « inen Siegelring anfertigen, welcher im verkleinerten Massstabe den mit «lein Helme
bedeckten österreichischen Schild darstellt und die merkwürdige Inschrift führt: „Felix Austria"
— die erst« urkundliche Erwähnung des nachher so sprichwörtlich gewordenen, in der Folge
so oft gesunkenen österreichischen Glückes! Dieses Siegel (Fig. 1) hat sich bisher nur an zwei
Urkunden, und zwar als Uontra-Sicgel des grossen Siegels gefunden, von denen die eine, von
1361, ;>. März. Lehenbricf für Heidcureich von Meissau über die halbe Feste Wöllstein, im
fürstlich Liechtenstein'sehen Archive, die andere, vom 12. März 1364 Spi uchbricf zwischen «V n
Juden Müsch von Marburg und Hakkyni von Grätz. im Staats-Archive liegt. An dieser
letzteren ist es so undeutlich ausgeprägt.dass ich es erst erkennen konnte , naclulein fe^F 2f
ich inzwischen das wolderhalteiic Exemplar der cistcren Urkunde gesehen hatte. Ein | ÄS|
drittes Exemplar, freilich nur mehr zur Hälfte erhalten, ist als selbständiges Secret V5<!27'
einem Pergament-Streifen über die Beisetzung einer Reliquie aufgedrückt, worüber das Fill ,
Nähere weiter unten.
' s.va. s\vge\ An »ntcrr. Kopfemon, Tal". VIII, Fi*. 2!>. Ml V^. s. 174 l'.
* Uiibi-r. Owliiclile Rtidiil|il>* IV., S. !»:t.
12*
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7(J
Dr. Fr. Kflucmm.
Fem fr »oll hier noch auf ei» Siegel hingewiesen werden, welehes hier in Wien nur in einem
einzigen Exemplare vorhanden ist und wohl eben durum in der sonst so reichhaltigen Sammlung
Sava's fehlt. Es stellt die drei Wappenschilde von Österreich, Steiermark und Kilmten dar und
führt die Umschrift: Kvodolfus dei gracia dux Austrie, Stiric, Karinthie etc. In seiner ganzen
Gestalt ist es jenem nachgebildet, welches Albrecht II. und Otto, die unmittelbaren VorgRnger
Rudolph'.-*, seit der Erwerbung Kitrntens 1386 führten, nur ist seine Ornamentik reicher und sorg-
fältiger (Fig. 2). Unter diesem Siegel urkundete Hisehof Johann von Gurk. des Herzogs Kanzler,
als er die Verwaltung der Vorlande führte. Das hier in Rede stehende Siegel hängt an einer zu
Rheinfelden ausgestellten Urkunde von 1303, 3. Juni, welche sich im Staats-Archive befindet. —
Wahrend Rudolph auf der einen Seite zur Erreichung seiner weitgesteckten Ziele alle Hebel
in Bewegung setzte und nur der Erhöhung seiner Macht zu leben schien, ist es um so über-
raschender wahrzunehmen, wie er anderseits wieder, dem mystischen
Zuge seines Wesens folgend, Kirchen und Klöster reich begabte,
neue Stiftungen vornahm und mit besonderem Eifer von nah und
fern Reliquien sammelte, die er dann mit grosser Feierlichkeit an
geweihter Stätte beisetzte. Welchen Werth der Herzog auf die Erwer-
bung von Reliquien legte, ist schon aus den darüber ausgestellten
Urkunden zu ersehen, welche mit seltenem Flcissc geschrieben und
reich verziert, wahre Frachtstücke diplomatischer Ausstattung dar-
stellen. Die beiden hier zuvörderst in Hctracht kommenden Exem-
plare gehören der Schatzkammer des tnrsterzbisehöfliehen Domcapi-
tels, wo sich noch anderweitige einschlägige Schriftstücke befinden *.
Vor allen ist es die l'rkundc vom 4. Juni liitit), welche das grösstc Interesse für sich in
Anspruch nimmt und sich geradezu als Unicum in ihrer Art darstellt. Sie ist auf einem ansehn-
lichen IVrganuntblatte enthalten, welches nach der schmalen Seite beschrieben, 20 Zoll hoch
und 1"> Zoll breit ist. Der Text ist durchwegs in grosser gothiseher Hücker- Minuskel mit
Sorgfalt ausgeführt. Die einzelnen Absätze sind mit blauer Farbe markirt und die Anfangs-
buchstaben ihr bedeutenderen Worte mit Roth nachgezogen. Das grosse Initial-X in schöner
Farben- Ausführung sendet zwei Abzweigungen aus. welche den Text nach Höhe und Rreite
uniranken. (Taf. 2, Fig. 1.) So gleicht dieses Schriftstück mehr dem Initialblatte eines pracht-
vollen Codex, als einem eigentlichen Diplome. Unter dem Texte erscheint die grosse Subscription
des Herzogs, der in der Urkunde noch alle die prunkenden Titel führt und das prächtige Dop-
pelsiege] gebraucht. Längs (hin Rande ziehen sich, das Ganze nach drei Seiten umrahmend,
die eigenthümliehen Zeichen der Geheimschrift Rudolph'* hin, Worte der Weihe enthaltend, mit
welchen der Fürst die in der Urkunde benannten Reliquien als Opfer Gott dem Herrn darbringt.
Es sind dies die Leichname der Heiligen und Märtyrer Trophimus, Urban, Theodor und Sophia,
welche der Herzog nach seiner eigenen Aussage aus weitentlegenen Gegenden zu seinem und zum
Heil des Vaterlandes, sowie aller seiner Getreuen in den österreichischen Landen herbeigebracht
hatte, und die er nun in einem schwarzen, mit Silber beschlagenen und vergoldeten Sarkophag
in der Kirche zu St. Stephan beisetzte. Demgeniäss lautet auch das in der vorerwähnten Geheim-
schrift enthaltene Weihegebet (Taf. I): Almechtiger. got . und . gewaltiger . herr . Jesus . Christus,
nin . schepher . aller . ding . durch . deiner . mueter . niegtlichen . eren . und . durch, deines . heili-
gen . leiehnams . und . durch . aller . deinen . heiligen . und . cngcl . willen . enpach . diez . opher .
« Bei diesem Anlswe kann ich nicht umhin, dem hot-hwllrdigen Herrn l>omCannnicu* K »rn hause I. der mir die Einsicht-
nahme dieser Urkunden ermöglichte , sowie auch Herrn Kegieronpsraith v. ('auiesina, der mich von dem Vorhandensein der
Iiis nun als verloren gegoltenen Urkunden und Sie»??! in Kenntnis* seilte, meinen verbindlichsten Dank auszusprechen.
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Heuzoi. Ripoi-ph's IV. ScHBirrnr-NKMAL.
77
dir . ze . low . und . mir . rudnlfen . herzog . und . katrein . nieinen . weiw . und . allen . meinem .
gcswistreitcn . und . allen . meinen . landen . ze . trost . amen : . Diese Urkunde ist wohl ganz be-
sonders geeignet, den mystischen Zug in Rudolph'* ganzem Wesen, seinen Hang nach dem Geheim-
nissvollen, zur lebendigen Anschauung zu bringen. Es ist darum ein sinniger Gedanke, diesem
diplomatischen Prachtstücke seinen Platz im grossen Saale des Domcapitels unter dem Bildnisse
Rudolph'* anzuweisen, dessen Geist sieji darin so bedeutsam spiegelt. Nebst dieser Urkunde ist noch
ein streifenförmiger Papierzettel, 3 Zoll hoch und 11 Zoll lang, vorhanden, welcher die einfache
Bezeichnung der betreffenden Reliquien enthalt und durch die Unterschrift des Herzogs f hoc . est .
verum t beglaubigt ist. Das beigedrückte runde Siegel (Fig. 3, 4) zeigt einen Schild mit. einem
eigenthümlichen Zeichen, trägt die Umschrift „Rvedgervs- und eine weitere Handschrift, welche
nur mehr zum Theil erhalten ist und in den Zeichen der Geheimschrift . . t . walte . . lesen lässt.
Dieses Siegel bleibt noch immer eine rüthselhafte Erscheinung, deren Erklärung auch durch die
Bemerkung nicht weiter gefordert wird, dass ein Ruedgcras um diese Zeit als Notar der C'on-
stanzer Diöecsc vorkommt. Das dazu gehörige, rückwiirts aufgedruckte Gegensiegel zeigt den
Helm mit der Zinkenkrone auf den österreichischen Schild gestützt und trügt die Umschrift:
„Rvdolfvs dvx Avstrie et cet«. Dieses letztere findet sich übrigens als selbständiges Seeret au
einigen kleineren Papier-Urkunden des Herzogs.
Die zweite Urkunde ist am 20. Mai 1363 ausgestellt und in ähnlicher Weise, wie die erst-
genannte ausgestattet i'Taf. II.) und obwohl gleich dieser lateinisch abgefasst, mit der grossen
Unterschrift in deutscher Sprache versehen. Sie handelt von der Beisetzung der Leichname der
Märtyrc Johannes und Paulus, Gervasius und Protasius. Felix und Adauctus in der St. Stcphans-
Kirche in einem ähnlichen Schreine wie die oberwähnten.
Mit Übergehung anderer Reliquien soll hier noch hervorgehoben werden,
dass der Herzog das gleichfalls am 20. Mai 13f>3 beigesetzte Armbein des heil.
Nicolaus des Bekenners dem Andenken und Seelenheile seines am 10. Dccembcr
des Vorjahres verstorbenen Binders Friedrich widmete, der ihn bereits in den
letzten Jahren auf seinen Züiren begleitet hatte, und unter anderem auf dem
. Fi*f. .'t.
kurzen aber glänzenden Hoflager zu Zofingen (im Aargau) 2-4. — 27. Jänner
1361 an seiner Seite war. Die bezügliche Aufzeichnung ist auf einem 3 Zoll hohen und gegen
21 Zoll langen Pergainciitstrcifcn angebracht und möge, da sie meines Wissens in ihrem Wort-
laute noch nicht bekannt ist, hier mitgetheilt werden: Istud brachium saneti Nicolai
confessoris attulit de remotis partibus illustrissimus prineeps dominus Rudolfus dei
gracia archidux Austrie, Styrie et Karinthie, dominus Carniole, Marchie et Portusnaonis,
comes in Habspurch, Tyrolis, Phirretis et Kyburch, marchio Burgogie neenon lant-
grafius Alsacie. oft'erens predictum brachium ad ccelesiam saneti (Stephani ) Wienne ob
remedium jncliti prineipis oliin ducis Friderici fratris sui in eadein ecclesia sepulti, vbi
etiam prefatus dux Hudolftus vna cum eonthorali sua et fratribus suis disposuit sepeliri. Condite
sunt huc reliquie predicte sub anno domini M* 0CC* sexagesimo tercio in vigilia saneti Penthe-
costes, etatis inemorati ducis Rudoltli XXIIII* regiminis vero quinto annis.
t Wii . .Irr. vorgenannt . herzog . Ruodolf, st< rkcii , disen , prief, mit . din , raderschrifl .
vnser . selbs . haut t
> In dieser Randsehrift stossen einzeln«.- l'ngetiauigkeiteti auf; so erscheint in dem Worte opher (gegen Ende der »weiten
Zeile de» Orig.) statt de» 0 da» Zeichen für h, «•»» »ich daraus erklärt, dass die Zeichen für diese beiden Laute sich zumeist
nur dnreh die Brechung des Schufte» unterscheiden, der hier »tun nach rechts nach link» gebrochen wird. Kerner heisst es vor
geswiatreiten für meinen: meinem. — Du« hier vorliegende Fiiesiuiile hat Herr Begierungsratli ron Cauiesina dem Originale
treu entnommen, worauf Herr Hofrath Dr. Birk die bereits schadhaft gewordene Urkunde mit sachkundiger!
Ein Abdruck dea Textes bei Ogesscr. Beschreibung der Metro|>olitankircbe tu St. Stephan, S. 113.
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78
Dr. Kr. Kihsciinfr.
Das links unten aufgedi iic-ktt- kleine Siegel ist stark beschädigt, vcrrsith aber doch die
Identität mit jeuein vorerwähnt« n. welches die Umschrift Felix Austria trii«rt.
Wenn die Urkunden dieser Art eine innige, von den Anschauungen seiner Zeit getragene
Frömmigkeit verrathen. si ► tritt hingegen auf der aiulcrn Seite der naeli hohen Dingen strebende
Sinn des Herzogs, sein Maclubcwusstscin und seine I'iachtlicbc in unzweideutiger Weise hervor.
Dies zeigt sieh vor allem in den über die zwei wichtigsten, für alle Folge hochbcdcutendcn
Stiftungen Rudolph'* ausgestellten Urkunden, der Universität und der iVobstei zu St. Stephan. Im
Gegensätze zu den über die Reliquien ausgefertigten Sehriltstüeken sind diese Diplome in voller
Öffentlichkeit und unter Zuziehung zahlreicher Zeugen ausgestellt, welche der Herzog- zu diesem
Heimle aus seinen Landen berufen hatte . Von der Stiftungs- Urkunde der Universität vom 12. März
IM',?} ist sowohl das lateinische als deutsehe Exemplar vorhanden; beide sind sorgfältig' ausge-
stattet, in den Winten der luvoeatiou mit Gold verziert und fallen durch ihre ungewöhnliche
Grösse auf; insbesomlers dürfte das (grössere) deutsche Exemplar l>ei seiner Höhe von 32 Zoll und
einer Länge von M Zoll zu den umfangreichsten Stücken jener Zeit gehören. Heide tragen die
deutsche Unterschrift des Herzogs und seiner Brüder Albreeht und Leopold, sowie die Recogni-
tion des Kanzlers. Die Stiftuugs-Urkunde der IVobstei zu St. Stephan ist vom 1<>. März l'M'<n datiil,
in ähnlicher Weise ausgestattet und mit den Unterschriften Rudolfs und seiner Brüder, seiner
Gemahlin Katharina und seiner Schwester Katharina, Nonne im St. Clara-Stifte zu Wien, versehen.
Haid nach diesen Feierlichkeiten brach Rudolph mit einem stattlichen Heere nach dein Süden
auf, um die Verhältnisse daselbst zu ordnen und sein Ansehen gegen den Patriarchen und den
mit diesem verbündeten Franz von Uarrara geltend zu machen. Doch schon während der Heise
erkrankt, eilte er gleichwohl noch nach Mailand zu dein ihm befreundeten Herrn Barnabo Vis-
conti, wo ihn schon am 27. .Juli ein lrüher Tod ereilte. Noch drei Tage vor seinem Ende liess er
für seinen Kainmcrincistor .Johann von Lassberg eine Vcrschreibung ausfertigen, unter die er
noch seine Unterschrift: f boc ist verum f setzte ". Dil' Selniftzüge sind hier unsicher und lassen
die zitternde Hand erkennen, die sie schrieb — das letzte bekannte Schriftdenkmal Rudolphs!
In der Stephanskirche, auf du- dem Domhcrrnhof zugekehrten Seite, in der Vorhalle des
s. g. Hisehofthores, In findet sich an der Wand des Strebepfeiler» eine in der Geheimschrift aus-
geführte Gralisehrift des Herzogs, welche wiederholt, zumal um .Mitte des vorigen .Jahrhundert«
Gegenstand genauer Untersuchungen war. Uber die Entzifferung derselben erzählt Martin Gcrbert
in seiner Taphographia prineipmn Austriae (4. Hd. zu Herrgott, Mon. aug. domus Aust. S. 173 ff.),
dass Gottfried Bissel. Abt von Götweih. der berühmte Verfasser des chronicon Gotwicense (1732 t
<lie Zeichen dieser Geheimschrift für Runen hielt, deren Besprechung er sich für den zweiten
Hand seines Werke« vorbehielt, was jedoch in Folge se ines bald darauf erfolgten Todes unter-
blieb. Inzwischen hatte sieh aber Gcrbert an «Iii' hervorragendsten Schriftkenner und Altertlnuns-
forseher seiner Zeit gewindet, jedoch ohne Erfolg. So äusserte Heitmann, dass diese Schrift
erfunden sei. um elien von niemand verstanden zu werden. Beuchwitz bezeichnet«' sie als eine
walne Verstandesfolter: Kiesling. l'rofess« r in Leipzig, machte die Bemerkung, dass dieser
runisch - gothisclu n Schritt einzelne griechische und lateinische Elemente beigemengt erscheinen.
Dagegen sprach sich Hans Gram (Grammiiis'), Professor in Kopenhagen, der vorwiegend philo-
logisch-historische Studien betrieb und auch eine Rum n - Inschrift publicirt hatte, in einem
Briefe vom 17. März 1712 dahin aus, dass hier keine Runenschrift vorliege, wenigstens keine
solche, wie sie sich als Steinschrift in Dänemark und Schwellen noch vorfinde.
Nach so vielem Hin- und Hcrfragen fand sich endlich, wie Gcrbert weiter sagt, zu Hause,
«us man bisher auswärts so lauge vergeblich gesucht, indem Gerherfs Freund. Johann Bapt.
• T:.f. II. t.
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Herzog Ri doi.ph's IV. Schriftdenkmal.
79
Kepfer, Hofrath von St. Blasien, den Schlüssel zu dieser Geheimschrift auffand, die nun nach
seiner Deutung lautete: Hie est sepultus dei gratia dux Rudolfus fundator.
Womit man sich aber im XVIII. .Jahrhunderte den Kopf zerbrach, war schon im XVI. Jahr-
hundert kein ungelöstes Räthsel mehr, indem bereits 1535 P. Apianus in Beinen Inscriptiones
sacrosanetae vetustatia (paff. 403) die, eigentlich von dem Grafen Jacob Fugger heiTührende,
Lösung in Folgendem brachte: Hic est sepultus dominus dux Uudolfus fundator. Als Gerbcrt
hie von Kenntnis* erhielt, hatte er wenigstens die Gcnugthuung, dass die von ihm veranlasste
Entzifferung durch diese Übereinstimmung sich bewilhrtc. Trotzdem blieb und bleibt noch immer
eine Stelle zweifelhaft, welche auch an beiden Orten, wie wir Beben, eine verschiedene Deutung
findet, indem Gerbert „dei gratia", Apian aber »dominus- 1 liest. Die Inschrift stellt nämlich zwei
Zeilen dar (Taf. II, Fig. 5), welche nach den bisherigen Abbildungen gleiche Länge haben *. Im
Originale selbst greift jedoch die untere Zeile um drei Zeichen weiter hinaus als die obere, welche
demnach um so viel kürzer ist, so dass das Ganze sich nach der Auflösung also gestalten würde:
Hier liegt auch die Schwierigkeit, indem nach dein Worte ..sepultu** nur mehr vier Zeichen
folgen, welche sich in genügender Deutlichkeit als die Buchstaben d, c. n, s darstellen und nach
s noch ein kleines, einem lat. z ähnliches Zeichen wahrnehmen lassen. Apian erblickt hierin eine
Abkürzung für dominus, obwohl diese nach dem bestehenden Schrcibgcbrauchc des Mittelalters
einfach mit «Ins gegeben wird, so dass selbst seine Conjectur, o für e zu lesen, nicht stichhältig
ist. Gerbert interpretirt diese Stelle mit _dei gracia a , was zwar dem Gebrauche der Zeit entspre-
chen würde, aber an den vorhandenen Zeichen keinen Anhaltspunkt findet. Eine Irrung in irgend
einer Buchstabcnforni wäre nicht ganz aiiszuscldiesscn, zumal diese Grabschrift auf eine vcrhält-
nissmässig späte Entstellung hinweist , was sich auch aus dem langsam fortsclucitenden Ausbaue
des Domes erklärt. Der l'nistand, dass die ganze Inschrift bis auf die letzten drei Zeichen (funda-)
tor, also der Länge der oberen Zeile entsprechend, auf Einer Steinquader enthalten ist, jene drei
Zeichen aber auf den nächsten Stein übergehen und im Ganzen neueren Datums erscheinen, lässt
auf eine nachträgliche Ergänzung schliessen. Man ist da versucht anzunehmen, dass auch die
obere Zeile, welche doch der untern gleich gewesen sein mochte, ursprünglich noch einige
Zeichen enthielt, welche zum Verständnis* der noch vorhandenen unerlässlich nWhig wären. —
Gleichwohl war die so weit gelungene Deutung der Grabschrift nicht ohne Bedeutung, sie
führte zur Entzifferung jener oben besprochenen Handschrift der Erkunde vom 4. Juni 1360.
Schon Bessel, der vorerwähnte Abt von Götwcih. war auf dieses merkwürdige Schriftstück auf-
merksam geworden; als er nun vernahm, dass Gerbcrt den Schlüssel der Geheimschrift besitze,
theilte er ihm diese Erkunde mit und freute sich der sofort ermöglichten Lesung, welche ohne
die bereits erfolgte Entzifferung der Grabschrift immerhin noch Schwierigkeiten gemacht hätte,
zumal man sicherlich gleich von vornherein einen lateinischen Wortlaut vorausgesetzt zu haben
scheint.
Endlich finden sich noch einige Worte in dieser Geheimschrift in einem in der Stifts-Biblio-
thek von Klostcrncuburg verwahrten kleinen Pergament-Codex (Nr. 1226), welcher verschiedene
Gebete und erbauliche Betrachtungen enthält, darunter auch ein Fragment aus Suso's Buch der
göttlichen Weisheit, an dessen Schlüsse es in den Zeichen der Geheimschrift heisst: .das puehel
hat ein ent u . Dieselben sind in schönein Mennigroth fein ausgeführt. (Taf. II. Fig. 2.) Da dieses
* Ausser den beide» bereits angeführten, die das Oriifitml imcli jhu besten wieilerjrebeii, befindet! sich noch Abbildungen
bei Horniayr, Wien VI, 133; — A, R. v. ferger. der Dom tu St. Stephan, s. (<>: . Ave Lal leuia n t . da« deutsche Guutier-
thum III. 349-50.
Hir est M'|mltMs i|, e,n, s j
•lux Rudolfus ftuula ] lor
80
Or. Fr. Ktn*cnvi;u. Hkkzoo Hihou-h'« IV. Schriftdenkmal.
Blich dem dariascn-Klostcr in Wien gehörte, wo Herzog Rudolph'* Schwester Katharinn als ^onne
lebte, so Hegt die Beziehung zur herzoglichen Familie immerhin nahe.
Wie man «chon aus dem bisher Angeführten entnehmen kann, stellt sich hier eine cigen-
thümliche, durchweg« originelle Zeichenschrift dar, obwohl sich hie und da Anklänge an bereits
vorhandene Alphabete und gewisse kryptographisehe Elemente erkennen lassen. Wenn man die-
selbe vormals mit danisch-schwedischen Runen in Verbindung bringen wollte, so konnte man
sich dazu bei oberflächlicher Betrachtung wohl nur durch den Ciesahimtt indruek bestimmen
lassen. Dies gilt denn auch von jenen Alphabeten, welche Vuleanius in seiner Abhandlung de
lirteris et lingua Gctnrum sive Gothorum. Lugd. Bat. I"vl7. nach Mittheilungen von Rogersiu»
zusammengestellt hat, S. 4'.\ f., und die ich hier nur crwiihnc, weil noch in neuester Zeit von
Ave Lallemanf a. a. O. S. 349 darauf hingewiesen wurde. .Mehr Ähnlichkeit bieten einzelne
Zeichen mit griechisch-römischen Elementen, wie bereits Kiesling bemerkt hat. So erinnern 1 und
t an die griechische Majuskel A und T, letzteres mit zweimal gebrochenem Schafte, n an die
griechische Minuskel; dagegen gleicht i dem nlt-slovenischen Zeichen ziemlieh genau. — Die
Verwerthung der Buchstaben d und f deutet auf jene Art von Kryptographie, welche die gewöhn-
lichen Ruchstabcnzciehcn beibehält, ihnen aber durch Versetzung eine andere Bedeutung gibt;
so wird d mit dem damals gebituchlichen Zeichen für f. dieses aber durch h, also den dritt-
nächsteu Buchstaben bezeichnet, beide in Minnskclfonn . welche bekanntlieh unseren lateinischen
Druck-Typen entsprechen. Dagegen findet sich zu der gewöhnlichen Chiffre, welche bekanntlich
die Buchstaben nach ihrer Stelle im Alphabet durch Zahlen ausdrückt, dabei aber selbstver-
ständlich verschiedene Ausgangspunkte wühlt, keine Beziehung, obwohl man versucht wird, bei
der blossen Erwähnung einer Geheimschrift zunächst an eine solche zu denken. Trotz der hier
angedeuteten Anklänge an bereits vorhandene Elemente stellt die Zeichenschrift Rudolph'« im
ganzen und grossen ein System willkürlich erfundener Zeichen dar. und ist somit als Geheim-
schrift im eigentlichen Sinne des Wortes zu betrachten.
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81
Die Stiftskirche des aufgelassenen Cistercieriser-Klosters
Baumgartenberg im Lande ob der Enns.
Von Joiiask (»kaut.
Mi» einer Doppeltafol und 3 Hotenchnluen. ]
Die Ermittlung der baugeschichtlichen Verhältnisse dieser unter der Regierungszeit des deut-
schen Kaisers Conrad III. , und des österreichischen Markgrafen Leopold V. des Freigebigen
(1130 — 1141) entstandenen, durch Otto Grafen von Maehland gegründeten Cultus-StiHte von
beträchtlicher Anlage und künstlerisch reicher Durchführung bietet im allgemeinen keine
Schwierigkeiten: denn es rinden sieh an dem Bauwerke selbst zahlreiche Merkmale für die Alters-
bestimmung; an mehreren Stellen des Stiftsgebäudes sind auf die Baugeschiehtc Bezug nehmende
Gedenktafeln angebracht, auch die Inschriften der in der Stiftskirche aufgestellten Grabsteine
vermögen beachtenswerthe Aufschlüsse in dieser Hinsicht zu geben. Endlich sind auch in der
vom Floriancr Chorherrn F. X. Fritz verfassten Geschichte des aufgelassenen Stiftes und in den
historischen Schriften des Chorherrn Fr. Kurz, welche bei der Bearbeitung des historischen
Theiles dieser Abhandlung benützt wurden, mancherlei Angaben und Daten enthalten, die mit
den noch erhaltenen Überresten der leitenden Merkmale in voller Übereinstimmung stehen. Die
üntersuchung hat sich in dem Stift-sgcbäudc. welches gegenwärtig von Nonnen bewohnt wird,
vorwiegend nur auf die dem Laien zugänglichen Theilc und Aussenseiten beschränken müssen,
daher nicht mit Gewissheit angegeben werden kann, ob in den für den Laien unzugänglichen
Theilen nicht noch weitere Anhaltspunkte und Aufschlüsse in -historischer und kunstgeschicht-
licher Beziehung hervorgesucht werden könnten. Durch das freundliche Entgegenkommen des
für den Nonnen-Convent bestellten Priesters hat die vorliegende Arbeit eine wesentliche Förde-
rung erhalten ; ohne die Verwendung und Vermittlung des Letzteren wäre dem Verfasser der den
Laien nicht gestattete Zutritt in den Stiftsgarten nicht möglieh geworden, von wo aus gerade die
romanischen Überreste der alten Basilica ihrer östlich situirten Langseite entlang noch ziemlich
unverwiseht zu Tage treten, und von welcher Stelle auch die Aussenseitc des Chorschlusses unter-
sucht werden konnte, w. durch eine befriedigende Bestätigung der von dem Chronisten hinsicht-
lich der Baugeschiehtc angeführten Thutsachen gewonnen wurde.
Das Stift bildet mit der Kirche einen weitläufigen Complex von Baulichkeiten, wovon die
zur Unterkunft der Mönche seiner Zeit bestimmten, mit der in östlicher Richtung situirten Kirche
XVII. i.t
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82
Johann Gbadt.
in Verbindung 1 stehen, wilhrend die Neben- und Öconomie-Gebitude, die zur Unterkunft der Pro-
fessionisten angelegten Behausungen, ferner das Brau- und Schulhaus, Stifts-Taverne u. 8. w. mit
dem eigentlichen Convent ausser Verbindung stehen und die Bezeichnung eines Complexes in
dem Sinne genommen werden muss, dass damit die zum Stifte gehörigen, von einer aus massiven
Quadersteinen hergestellten Mauer eingefriedigten Bauwerke gemeint sind. F. X. Pritz gibt mit
Berufung auf die Stiftsiirkumle als da« eigentliche Stiftungsjahr ftir Baumgnrtenbcrg 1141 an, und
führt als den Stifter Otto von Machland an. Kurz vorher (1138) wurde von Hadamar vuti Cuo-
pharn Zwettel und 1147 von Otto von Machland auch noch das benachbarte Chorherrnstift
Sabnich, spiitcr Wahlhausen genannt, gegründet.
Uber dem Portal des Stiftseinganges, der als dreigeschossiger Thurmbau mehr decorativ
und als Glockenthurm, denn als eine wahrhafte Thorhalle aufgelöst wurde, linden «ich zwei in
Stein gehauene Inschriften, welche die Gründung dieses Stiftes in das Jahr 1 142 setzen; sie lauten:
OTTO COMES IX MACHLAND MONASTKKIVM HOC MONTIS TOME-
RY FVNDAVIT M . C . XLIl.
CASPARVS ;W HIC ABRAS PERV ETVSTVM A FVNDAMENTIS
MAIORI EX PARTE RESTAVRAVIT . A . M . DCXXVI.
RERNARDVS 3S V9 HIC ARB AS DE NOVIS TERMIN AMT ET
CVM HAC PORTA, QVAM EREXIT, ZARDICAM CLAVSIT
MDCLXVIII.
MONASTERIVM HOC MONTIS POMERV VVLCO BAVMOARTENBERG
NVNCVPATVM IN HONOREM
B. VIRülNIS MARL* SACRO ORDINI CISTERCIENSIVM FYNDATVM EST
ANNO DOMINICA INCARNATIONIS M . C . X . LH.
Beide Inschriften stammen aus dem Jahre 16G8. In Frühstorf in der benachbarten Pfarre
Arbing befindet sich an einem Bauernhause ein aus dem Stifte dahingeschaffter Gedenkstein mit
der Inschrift in gothischen Minuskeln: r Nach Christi Geburt 1142 ist das Kloster durch Graf
Otto von Maehlandt und Junta sein Gemahel eine Grillin von Pailnstein gestiftet worden." Allein
auch diese Inschrift ist, wie aus den gothischen Minuskel-Buchstaben erhellet, späteren Datums
als diu Gründung des Stiftes.
Auch der in der Seitenschiffwand eingemauerte Grabstein des Stifters gibt Uber die Zeit der
Gründung cinigermassen Aufschluss. Obwohl diese aus Salzburgcr Marmor angefertigte Grab-
platte, die in der Wand des westlichen Seitenschiffes eingemauert ist, auch erst im XIV. Jahr-
hundert angefertigt wurde, so verdient sie in historischer und künstlerischer Hinsicht eine beson-
dere Beachtung. Die erhaben gehauene Randschrift derselben (gothische Majuskeln und Minus-
keln) lautet: Anno . dm . m . c. xlVIIl . am . Weinachtabent . ist . wegrabe . der . wolgepore .
Hr . Graf. Ott . v« . machlat . stiffter . des . Gotzhaus.
Graf Otto von Machland war mit Jeuta, einer gebornen GrJifin von Pilstcin (Pcilstein bei
Mölk) verehelicht und wohnte gewöhnlich in seiner am Auslilufer eines kleinen Berges errichteten
Burg Baumgartenberg, woran ein grosser Obstgarten gramste. Neben der Burg stand eine
kleine Kirche zu Ehren der Heiligen Jacob und Ulrich erbaut, welches Kirchlein nach der Aufhe-
bung des Stiftes in ein Forsthaus verwandelt wurde. Dermalen stehen an der Stelle der alten Burg
und der Capelle Bauernhöfe; an dem einen derselben kann noch der Charakter der einstigen Cultus-
Stlltte beobachtet werden. Von daher führt der Berg heute noch den Namen Ulrichsberg. Otto von
Machland, dessen Ehe mit seiner Gemahlin kinderlos war, beschloss seine Besitzung in ein Cister-
cienser-Kloster zu Ehren der seligen Jungfrau Maria zu verwandeln. Die neue Stiftung wurde gut
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Di* JvrirrsKincHE nua augklassenen Cistebcieksek-Ki.osters BaimoabtendebS
ETC.
83
dotirt und Cistercienscr-Mönehen aus dem
Stifte Heiligcnkreuz übergeben, welche als
ihren ersten dortigen Abt den Conventnal
Heinrich erhielten. Die Stiftskirche wurde
aber nicht auf dem Bergvorsprunge, wo
sich die Burg des Stifters befand, sondern
unweit davon, der Gewohnheit des Cister-
cienser-Orden8 gemäss in der Ebene, als
eine betrttchtliche Basilicn angelegt, au
welcher sich, wie aus den beiliegenden
Ansichten der West und Ostscite und dem
Grundrisse (Fig. 1) entnommen werden
kann, drei Bauperioden nachweisen lassen,
und zwar eine romanische, übereinstim-
mend mit dem vom Chronisten angege-
benen Zeitpunkte der Stiftung, in welchem
die Stiftskirche in allen ihren Ilauptthei-
len als Pfciler-Basilica mit dreischiftigein
Langhause und durch die Anlage eines
stark hervortretenden Qiicrschifics in Kreu-
zesform vollendet wurde. Wie ursprünglich
das Presbytcrium gebildet war und der
Chor8chluss, darüber fehlen Anhaltspunkte,
da daselbst ein jüngerer Bau besteht.
Aus dem Grundrisse und der Ansicht der
Westseite nämlich kann ersehen werden,
dass etliche Bautheile «lern gothischen Style
angehören, als: der in südlicher Richtung
dem Langhause angeschlossene Zubau
eines Paradieses und das Presbytcrium
sammt Chorumgang; endlich ist auch die
aus dieser Zeit stammende Restauration der
Bedachung in die Augen springend. Leider war damit das Bauwerk gegen weitere Restaurirungen
nicht geschlitzt, denn eine gründliche Umgestaltung und Rcnovimng wurde bereits in den Jahren
lf>26 — 16G8 vorgenommen, in jener unglückseligen Periode, in der die Kunst dem entartetsten
Zopf-Styl zusteuerte, und bedauerlicher Weise die meisten Abteien in Österreich mit dem über-
schwenglichsten und überladensten Prunke der verfallenen Kunst erneuert wurden, und so
manches Denkmal und recht viele hervorragende künstlerische Schöpfungen des Mittelalters ent-
weder in ihrer ursprunglichen Originalität entstellt oder gar vernichtet und zerstört wurden.
Was das Kirchengebaude anbelangt, so ist es auffallend, dass dasselbe nicht in der üblichen
Weise mit der Lilngenaxe von Osten nach Westen orientirt. sondern der Chor nach Korden und das
gegenüberliegende Hauptportal und die Abschlusswnnd nach Süden angelegt wurden. Das Schiff* mit
den zwei Abseiten erhielt sieben Gewölbejoche, die von Kreuzgewölben gedeckt wurden. Bei der
im XVII. Jalirhundcrt vorgenommenen Restauration hat man im Mittel-Querschiff' und im Chore, zum
Thcil auch in den Abseiten die Gewölbe zwar belassen, auch die Diagonul- und Quei gurten beibehal-
ten, jedoch dieLängcnbögen etwas modificirt und durch eine an den Gurtun<ren und Gewölbc-
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84 Johann Ghadt.
zwickcln in Stucco ausgeführte und überladen angebrachte Omamentirung, sowie durch Bemalung
der reich eingerahmten Fehler mit Fresken die Decke der Kirche und die Wände derselben ihrer
feierlichen Ruhe und ernsten Würde beraubt, mau könnte sagen, die Cultus-Stättc zum modernen
Prunk-Salon profanirt. In den beiden Abseiten wurden auch die ursprünglichen Kreuzgewölbe bis
auf je zwei, die sich im südlichen Thcilc erhalten haben, entfernt und durch Kuppelgewölbe
ersetzt, wobei dieselben hinsichtlich ihrer Ausstattung analog mit der Decke des Mittelschiffes
und Chores behandelt wurden. In gleicher Weise wurde auch die an der Sudseite im Mittelschiff
eingebaute Silnger-Emporc durchgeführt.
Hinsichtlich des Chores, der gegenwärtig in der aus dem Vitrzchncck eonstruirten Anlage
einen wirkungsvollen Abschluss besitzt, fehlen die leitenden Merkmale Uber dessen ehemalige
Anlage fast ganz. Doch sprechen mancherlei Gründe dafür, dass dieser reich durchgebildete
Abschluss aus dem XV. Jahrhundert stammt. Die Gesehiehtschreiber berichten nämlich, dass
das Stift und die Kirche Baumgartenberg nebst, andern Abteien in den Jahren 1428 und 1432
von hussitischen Kriegsvölkern verwüstet, in Brand gesteckt und ihrer Kleinodien beraubt wurden,
in Folge dessen der Abt. von Baumgartenberg Stephan II. Edler von Darnach (1419 — 1451) sich
bemüssigt sali, den vorderen Theil der Stiftskirche (Portal und Vorhalle?) wieder herzustellen,
und den hinteren Theil des Klosters und der Kirche, das ist den siebenseitigen Chor-Abschluss
wieder aufzubauen, welche Arbeit 1413 vollendet wurde. Mit dieser Zeit stimmen die an den nach
aussen angebrachten Strebepfeilern des Chores ausgeführten Profilirungen und die Abschrägungen
an den viermaligen Abstufungen der Pfeiler durchweg überein. Indess schlicsst diese Bemerkung
den Fall nicht aus, dass die aus dem Vierzchncck construirte Durchführung des Chores in ihrer
Ilanptanlage einer früheren Zeit, vielleicht noch dem XIV. Jahrhundert angehört. In Folge
der erwähnten dergestaltig freien, von der ursprünglichen Strenge der gothischen Planbildung
entfesselten Anlage hatte man nicht mehr quadratische Gewölbefclder, sondern rechteckige mit
ungleichen Seiten und dreiseitige Fläehenritume zu decken ; um dies durchzuführen, ging man
sonderbarer Weise vom Princip des Spitzbogens ab und half sich dadurch, dass man den
Kundbogen aeeeptirte und den Bogenanfang bei den Quer- und Längengurten im Gegensatz zum
Bogenanfang der Diagonal-Gurten erheblich erhöhte.
Berücksichtigt man die Dimensionen dieser als Pfeiler-Basilica angelegten Kirche, so findet
man, dass sie zu den grösseren Baudenkmalen des Landes gehört. Die Länge des Schiffes beträgt
132 Fuss, 8 Zoll, dessen Breite 48 Fuss, die Breite des Mittelschiffes 25 Fuss, C Zoll, die der
Abseite 11 Fuss, 3 Zoll. Das Querschiff ergab in seinen Ausmessungen eine Länge von 20 Fuss,
3 Zoll, eine Breite von 72 Fuss, 4 Zoll, bei welcher Anlage das letztere aus dem Langhause mit
seinen Krcuzarmen zu beiden Seiten um 12 Fuss, 3 Zoll heraustritt. Der aus dem Vierzchneck
construirte Chor erhielt eine Breite von 61» Fuss 3 Zoll, eine Länge von 62 Fuss, so dass die Kirche
vom südlichen Portal bis zum nördlichen Cht r-Schluss die beträchtliche Gesammtlünge von
215 Fuss einnimmt. Den Längen- und Breiten-Dimensionen entsprechend sind auch die Höhen-
Verhältnisse angetragen worden. Das Querschiff und Chor ragen um ein beträchtliches aus der
Gcsammtanlage auch in der Höhcnentwieklung heraus, welches Heraustreten durch eine vom
Abte Eberhard II. (1469 — 1187) angeordnete Erneuerung der Bedachung der Kirche, wobei sich
das über dem Chor und dem Querschiff angebrachte Satteldach besonders steil aufzieht, in beson-
derem Grade bewirkt wurde.
Vom alten ursprünglichen Bestände haben sich ferner erhalten: das in der südlichen Abschluss-
wand angebrachte Haupt-Portal (Fig. 2), welches, obwohl durch nachträgliche Erweiterung in
seiner Originalität einigermassen entstellt, noch immer die romanische Anordnung des XII. Jahr-
hunderts mit dem kreisrunden Thorbogen und Tympanon zeigt, wobei dreimal zurückspringende
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Die STiTTSKrecnE des aufgki.assesex Cistekcienseb-Klosters TUvmoabtenbebg etc.
Fig. 2.
Wandsütilchen in der Thorlaibung angetragen waren. Die gegliederte Basis an den Sittlichen des
Portales erscheint noch etwas stumpf und unverlütltnissmitssig hoch behandelt, der auf der Fuss-
platte aufruhende runde Pfuhl ist mit dem Eckblitttchen ausgeziert. Die Capitälle der Wandsätul-
chen wurden würfelförmig behandelt und die Deckplatte selbst aus mehreren verschiedenen rund-
lichen Gliedern zusammengesetzt. An den Capitülen und im Tympanon erscheint kein besonderer
Bildersehmuek angebracht. Leider sind diese Partien durch mehrmaliges übertünchen um die
Schürfe der Conturen gekommen, auch ist durch erstere Procedur eine Untersuchung auf das
< twaige Vorkommen eines reliefirtcn oder malerischen Bildcrschmuckcs erschwert worden.
In der ursprünglichen Originalität tritt uns auch ein Theil der südlichen Giebelwand ent-
gegen, über welcher sich das steile Kirchendach durch einen Schopf vermittelt aufzieht. Ein zier-
licher Rundbogenfries situmt die Begrünzung des Giebels ein, und eine aus dem Vierpass geschla-
gene Rose fesselt das Auge des Beobachters an dieser Stelle.
An der westlichen Seite wurde durch die in den Jahren 1626 — 1668 vorgenommene Reno-
virung die alte Basilica ihrer ursprünglichen Form gilnzlich beraubt, dagegen dieselbe der öst-
lichen Seite theilweise belassen. Denn wie aus der Ansicht des rechtseitigen Langhauses entnom-
men werden kann, waren die Aussenwttnde des Mittelschiffes durch Lisenen, die bis zum Bogen-
fries reichten, gegliedert, und unter dem aus einer Hohlkehle, einem Rundstab und SehrSge ener-
gisch behandelten Hauptfresimse zog sich zwischen den einzelnen Lisenen ein Rundbogenfries
hin , wobei die Bögen zwischen den drei gegen das Querschiff zu liegenden Lisenen dichter
angetragen sind, als zwischen den gegen die Südecke angebrachten. Dieselbe Anordnung des
Rundbogenfrieses und der Lisene erhielt auch das Querschiff. An dem letzteren ist noch ein im
Rundbogen geschlossenes Fenster, schmal mit abgeschrägter Laibung, in seiner ursprünglichen
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8(1
Johann GradT.
Form bemerkbar, wie auch nn der östlichen Abseite des Langhauses zwei mit abgeschrägter
Laibung behandelte Kundfeuster, Welche allerding« nur wenig Licht in das Innere dieses Neben-
raumes (Abseite) zutreten Hessen. Das Mittelschiff wird seine selbständige Beleuchtung durch
schmale Fenster, gleich dem Querschiffe , erhalten haben. Die CapitUlc der pilastcrfürmigcn Lise-
nen mit tippigen Voluten und Fcstons sind selbstverständlich ein Werk der Zopf-Periode.
Ein massiver Glockenthurm war der Cistercienser-Regcl gemilss an der Kirche nicht ange-
bracht, man begnügte sich mit einem hölzernen Dachreiter. In demselben findet sich noch das
alte helltöiiende Vesperglückchen der Cistcreienscr mit der Legende in gothischcr Minuskcl-
sclirift: Maria t hilf f uns + . i f » t r t i t-
Der ganze Kirchenbau wurde in sauber gefügten Quadern ausgeführt, wodurch der Gc-
sammteindruck der nach innen und aussen rhythmisch wohlgegliedcrtcn und constraetiv aufge-
lüsten Schöpfung beträchtlich gehoben wurde. Die Sacristei ist an der Ostseite des Chores ange-
baut. Bei der Anlage der Kirche und des Stiftes wurde auf die Anbringung eines Kreuzganges
keine Rücksicht genommen. Auch die Krypta fehlt; der kleine unterirdische, in westlicher
Richtung unter dem Chore angebrachte Raum , der sein Entstehen dem XV11I. Jahrhundert
verdanken dllrfte, wurde lediglich als Gruft, nicht aber als Gmftkirche verwendet.
Es wurde bereit« an mehreren Stellen bemerkt , das» die vom Grafen Otto von Machland
gestiftete Cnltus-Stätte nicht mehr in ihrer Originalität auf die Gegenwart überkommen ist; ein
Blick auf die Ansichten der Stiftskirche genügt, um sich davon zu Uberzeugen. Eine Aufzahlung'
der weiteren Ereignisse, welche auf die Bauverhiiltnisse einen Einfluss ausübten, wird über die
Zubauten und Restaurationen einiges Licht bringen.
Abt Waltherl. (1272 — 1275) erbaute das Dormitorium und vollendete die Umfassungs-
mauern des Klosters, die Abt Simon I. (1244) beginnen Hess. Im Jahre 1276 wurde vom Ritter
von Capellen für sein und seiner Gattin Gcrtrude Seelenheil beim Thorc des Klosters mit dem
Haue einer Capelle begonnen und eine Stiftung behufs des Ausbaues derselben gemacht. Um 1285
wurde der Bau eines Refectoriums ausgeführt , 1287 eine Capelle im Krankengebitudc des Stiftes
erbaut, 121)8 eine Wasserleitung zum Badhausc eingerichtet. Im Stifte selbst, soweit es dem Ver-
fasser zugänglich war, landen sieh von einem aus dieser Zeit stammenden Baue keine Überreste.
Der im Jahre 1320 zum Abte erwilhlte Conrad II. baute die Thürme und lies« neue Glocken
giessen; unter ersteren werden wohl nur die Thorthürme des Stiftes gemeint sein, die spiiter auch
umgestaltet wurden, denn bei der Stiftskirche wurde niemals ein massiver Gluckcnthnrm ange-
tragen; der thurmförniig aufgelöste Zubau an der Westseite, ein Werk aus dem XVU. Jahrhun-
dertc, dient als Treppenhaus, welches den Zugang zur Sil nger- Empore unter dem Dache der west-
lichen Abseite vermittelt. Das vorher erwähnte Vesper- Glückchen im Dachreiter könnte allenfalls
eine der vom Abte Conrad II. herbeigeschafften Glocken sein.
Grosse Veränderungen gingen unter Abt Reinhard I., von Wien gebürtig (1337 — 1351),
vor sich. Man brach die baufällige Abtei nieder und erbaute eine neue; auch eine Capelle lies»
er im Stifte neubauen (vielleicht die für den Gottesdienst der Nonnen bestimmte Haus-Capelle,
deren Besuch den Laien verboten ist), und versah dieselbe mit schönen Paramenten und anderen
Zierden. Auch Hess er im Jahre 1 344 durch Liebhart von Paasau ein künstliches bleiernes Lava-
toriuni machen, wovon keine Spur zu erforschen war. Möglicherweise könnte schon damals die
erste Umgestaltung des Presbyteriums stattgefunden haben.
Abt Johann III. (1371) — 1405) baute einen Gang von der Abtei in das Dormitorium, Hess
die schadhaften Dächer ausbessern und eine silberne und vergoldete Monstranze im Werthe
von 100 Gulden machen, die ebenfalls nicht mehr existirt. Abt Andreas I. (1405— 141 D) vollen-
dete das Ücnnomie-Gcbüttdc.
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Dil StI PTSKIRCDE DK ACrCEI^SE»** Cl8TEBCIEK5F.R-Kl.OSTEB.S IWartekberg etc. 87
In den Jahren 1428 und 1432, unter der Regierung des Prälaten Stephan II. Edlen von
Darnach (1419 — 1451), kamen hussitische Abtheilungen nach Baunigartenberg , steckten das
Stift und die Kirche in Brand, ferner die Capelle beim alten Thore des Klosters, und mehrere
Kirchen der Ungcgend, welche dem Stifte gehörten. Alle Kleinodien und Ornamente der Stifts-
kirche wurden geraubt und das Kloster ausgeplündert. Abt Stephan that alles mögliche, um da«
Kloster, die Kirche und die Capellen wieder aufzubauen. Da das Stiftsvermögen in Folge dieser
Drangsale sehr geschmälert , wandte sich der Abt um Unterstützung an das Concil von Basel
und an den Papst Eugen IV., die ihm auch zu Theil ward. 1436 war der vordere Theil des
Klosters wieder hergestellt und das Capitel mit einem Altare eingeweiht. Im Jahre 1443 war auch
der hintere Theil des Klosters ausgebaut, ein neuer Chor-Abschluss hergestellt, wie auch viele dem
Stifte gehörige in der Nähe befindliche Kirchen, und die Capelle bei dem alten Thore mit drei
Altären. Ein Werk dieses verdienstvollen Prahlten, von dem sich ein arg verstümmelter, im Fuss-
boden des Chores versenkter Grabstein erhalten hat, ist ohne Zweifel auch die an der Südseite am
Haupt-Portal vorgebaute Vorhalle (Paradies), welche durch Säulenstellungcn in zwei Schiffe getheilt
ist und hinsichtlich ihrer architektonischen Verhältnisse in diese Zeit vollkommen hincinpasst.
Abt Sigismund I., von Wels gebürtig (1462 — 1469), baute den grossen Maierhof und
einen Theil der Mauern um das Stift; dieselben bestehen noch gegenwärtig und verdienen als
Quadermauerwerk (Isodomum) Beachtung. 1467 wurde das Kloster von Wilhelm von Puchheim
ausgeplündert. Abt Eberhard II. (1469 — 1487) erneuerte die Stiftsdächer, wie sie dermalen noch
bestehen, und Hess eine neue Orgel machen. Abt Johann TV. (1487 — 1499) erneuerte das Sommer-
Rcfcetorium.
Die Stiftskirche birgt ausser den bereits angeführten Epitaphien in den Wänden der
Abseiten den Grabstein der Ritter von Laim, aus rothem Salzburger Marmor, welche unter der
Regierungs-Periode Kaiser Albrecht's II. eine hervorragende Rolle gespielt haben, und von welchen
Georg von Laun in den Jahren 1429 — 1430 als Festungs-Comuiandant Znaim vertheidigte. Die
Inschrift lautet: hie . ligt . her . Ulrcich . lawn . gestorbe in . dem . mVcc.cl. Friedreich lawn .
sein Son . ist gestorben . am . Sand . Ulreich . tag . m'ccccxxviii vnd her lUreich lawn riter des
lavn Son die zeit hauptmaun zu waidh auf der Tcya vnd ist erschlagen an . dmi . m°ccccxxv an
sand Eine Grabmalplattc aus Salzburgcr Marmor trägt die Inschrift: „hie leit simon
Rieder von scharffenweld der gestorben ist sand niklastag anno dm. 1454". Eine weitere ist dem
Andenken des Ritters Wolfgang von Seinseneg gewidmet, endlich eine Grabmalplattc aus rothem
Marmor zur Erinnerung an „Frau Scolastica von Stein, Pangratzen Kressling elliche Hawsfraw"
aufgestellt. Unter der Einfahrt des Bräuhauses liegt im Fussbodenpflaster ebenfalls eine aus
rothem Marmor angefertigte Grabmalplattc zur Erinnerung an die Prälaten Hainrich Khern (1519
— 1541) und herman Schedner (1541 — 1557) angefertigt.
In der südlichen Schiffswand ist aus rothem Marmor ein grosses Votivbild (Epitaphium-
Tafel) aufgestellt, welches im Mittelfeld die Kreuzigung Christi , zur Seite Maria und Johannes in
Hoch-Relief enthfllt; das Mittelfeld des darunter angebrachten Postamentes ist mit einer ekel-
erregenden Darstellung der Verwesung ausgefüllt , worüber auf einer Bandrollc die in gothischen
Buchstaben erhaben gehauene Schrift steht: „Henricus Khern de. dumpach hujns monastcry
abbas 1528". Der Im Renaisance-Style behandelte Aufsatz trägt in seiner Bckrönung das Schweiss-
tuch Veronica's mit der Darstellung des Cliristuskopfea von Engeln umgeben. Die Sculpturen
an diesem Grabmale sind eine vorzügliche Arbeit der Früh-Renaissance, die bekanntlich nur eine
kurze Blüthc hnttc, im Style Holbein's behandelt, zum Theil polychroinirt, das Unterkleid des
heil. Johannes grün bemalt, das Obcrkleid nach aussen zinnoberroth , nach innen weiss, die
Nimbcn vergoldet. Von vortrefflicher Ausführung sind auch die aus rothem Marmor angefertigten
88
J. GltAUT. DlK STirTSKIttCnr. DES AVFOELASSENEN ClSTEkClEHSER-Kl.OSTEK.S Bai UOARTENKERÜ ETC.
Grabsteine des Prälaten Caspar Kirehlcitner (1G15 — 1632), und de« Abtcn Rcrnhard Kreil (1649
— 1683), welche die lebensgroßen Figuren der Kirchenfürsten im Mittelfeld in Hoeb-Relief und
im Pontifieal-Omate enthalten.
Unter diesen beiden Prälaten erfolgten jene grossen Umbauten und Rcnovirungen an der
Kirche und an den Stiftsgebäuden, wodurch die ursprüngliche Form derselben fast gänzlich ver-
loren ging. Abt Caspar, seiner Zeit Profess und Kümmerer im Stifte Rain in Steiermark, erbaute
neu das Convent und andere Stiftsgebäude, verschaffte kostbare Paramcnte, errichtete neu den Hoch-
altar und andere Altäre; Abt Reinhard versah die Stiftskirche mit neuen Altären, einer Orgel
und fünf silbernen Statuen, welche indess unter dem Abte Pontius (1718 — 1736) bei Gelegenheit
eines Krieges abgeliefert werden mussten, kaufte schöne Ornamente, Kelche u. s. w., baute ganz
neu den Traet rechts von der Abtei, erhöhte die Mauer um das Kloster herum, liess die Gänge
desselben mit Marmor pflastern. Unter diesem Prälaten wurde das Innere und das Äussere der
Kirche im üppigsten Style der Zopfzeit renovirt.
Indess hatten sich die VeniiögensverhJiltnissc des Stiftes alhnälig zerrütteter gestaltet ; im
Munde des Volkes hat sich die Tradition von der Überhand genommenen Verschwendung und
Völlerei bis heute erhalten, in der Klosterzucht war die stramme Diseiplin aufgelockert worden,
denn mittelst Ilofdecret vom Jahre 1781 war jede Verbindung mit dem Ordens -General zu
Citcaux in Frankreich untersagt und dadurch die alte Organisation sehr gelähmt und aufgelockert
worden. Am 30. Mai 1784 am Pfingstfeste wurde auf kaiserlichen Refehl durch eine Commission
das Kloster Raunignrtenberg aufgelöst, 171)2 die Herrschaft sammt einem Theile des Gebäudes
dein Doin-Capitel von Linz zur Nutzniessung eingeräumt. Zur Seelsorge für die Pfarre Bauragarten-
berg wurde ein Wcltpriester in der Eigenschaft eines Pfarrers bestellt. Demselben sind zur
Instandhaltung des weitläufigen Kirchengebäudes aus dem Religionsfonde jährlich 25 (!) Gulden
angewiesen, ein Retrag, der offenbar nicht ausreicht, den Verfall dieses kunstgeschichtlich merk-
würdigen Baudenkmales hintanzuhalteu.
tt'IKNKK NEUSTADT ,
Taf.I.
89
Der Fliigelaltar in der Abteikirche des Cistercienser-
Stiftes zu Wiener-Neustadt.
iener- Neustadt , eine alte Residenz der Babenberg] und Lieblin<;saufcnthaltsort Kaiser
Friedrich'» IV. (III.;, wie auch der grossen Kaiserin Maria Theresia, hatte noch bis vor wenigen
Jahren das äussere Ansehen einer alten, ehemals wohlbefcstigteu Griinzstadt Reifen »las kriegerische
und unruhige Königreich l ngarn bewahrt. Dieses interessante Gepriige mit seinen mannigfaltigen
historischen lieininiscenzen ist nun meist verwischt, da es modernen Ansichten üher Verschönerung
weichen musste. Dennoch birgt die alte _Newenstadf iunerhalh ihrer Mauern noch so manches
Stück aus dem Alterthuin , das sowohl dem Geschichtsfreunde als auch dein Liebhaber alter
Kunstwerke hohes Interesse abgewinnt; Touristen von nicht alltäglicher Natur suchen gern
diese Reliquien einer ruhinreieheu Vergangenheit an!" und lernen hier das Mittelalter unpar-
teiischer würdigen. Zu diesen zumal in neuester Zeit viel besuchten und bewunderten Antiqui-
täten gehört der prachtvolle grosse Flügelaltar des (Jistcrciensci-Stiftcs zur heiligsten Dreieinig-
keit in Wiener-Neustadt.
Diese Abtei, gewöhnlich nur „Neukloster- genannt, verdankt ihre Fundiruug dein Kaiser
Friedrich IV. und war an die Stelle eines viel älteren Dominicaner-Klosters getreten, das höchst
wahrscheinlich schon vom Herzoge Leopold VII.. dem Glorreichen, welcher die Stadt vollendete
und befestigte, errichtet worden war. bestimmt erwähnt wird dieses altere Kloster schon in
Nachrichten vom Jahre 1250 und Jongelinus vermuthet dessen Fundirung im Jahre 1227.
Diese altere Stiftung muss übrigens unter Kaiser Friedrich ziemlich in Verfall gerathen
sein, weshalb der Kaiser die bisherigen Bewohner in das Kloster zu .St. Peter au der Sperre"
(am Wienerthore) transferirte und seinem längst gehegten Plane gemilss ein Cistcrcienser-
Stift dort, als in seiner unmittelbaren Nachbarschaft an der Burg errichtete. Die Cistercienser
hatten um diese Zeit den Zenith ihres Glanzes und Ansehens bei Fürsten und Volk erreicht, ja
bereits Uberschritten, und so entstand im Nachzuge zu den viel alteren und hochberühmten Stit-
tungen dieses Ordens als jüngste in Österreich das Stift Nenkloster, nicht mehr der mit Vorliebe
beachteten Gepflogenheit der Cistercienser in einem sumpfigen einsamen Waldthale entsprechend,
sondern in einer belebten Residenzstadt des Kaisers, unmittelbar neben der Burg '.
Vom Gymsasial-professou isr> Sti ttsbih motecar I'. Benedict Klvge.
Mit 3 TftfoUl.
i I*r Stifwuricf: „Bull, »urea» ist vom 5. April 1W4.
XVII.
u
90
P. Benedict Kluge.
Am Palmsonntage 1444 kam eine Colonic aus dem Mutterstifte Rain in Steiermark, beste-
hend aus zwölf Cisterciensern mit ihrem vom dortigen Abte Hermann zum Vorsteher ernannten
Abte Heinrich Sternberger hier an und nahm von der kaiserlichen Stiftung Besitz. Die im
gothischen Style erbaute Stiftskirche stammt in fast allen ihren Theilen aus dem XV. Jalir-
hundert und ist auf Kaiser Friedrich'» Geheiss erbaut. In dieser der besseren Spät-Gothik
angehörigen Abteikirche befindet sich, rückwärts des dermaligen, im Rococostyle des vorigen
Jahrhunderts errichteten Hochaltars, der grosse prachtvoll ausgeführte Flügelaltar aus der
Zeit des Stifters, der einer genaueren Betrachtung und einer kurzen Beschreibung vollkommen
würdig ist.
Dieser obwohl sehr einfache, doch kunstreiche Altar ist — das merken wir auf den ersten
Blick — ein Werk altdeutscher Kunst und besteht in seiner gegenwärtigen Gestalt: a) aus einem
Untersatze (Predella), gebildet von einem Mittelstück und zwei auf beiden Seiten bemalten
Flügeln; l>) aus hinein Obertheilc, gebildet von einem Mittelstücke, dem eigentlichen Altar-
schreine, ursprünglich mit vier Flügeln, gegenwärtig jedoch nur mit zwei Flügeln versehen;
c) aus einem den Altarschrcin krönenden Aufsatze, ein kleiner Schrein mit zwei bemalten
entsprechenden Flügeln gebildet, und darüber das Crucifix als Absehluss des ganzen Kunstwer-
kes. Um die Schönheit desselben und seinen imposanten Eindruck auf den Beschauer möglichst
klar hervorzuheben, wenden wir unsere Aufmerksamkeit zuerst dem geöffneten Altarschreine zu
und wollen versuchen, den Lesern eine Detailbetrachtung zu verschaffen. (Taf. I.)
Gehen wir von der auf der massiv-steinernen Mensa ruhenden Predella aus, so begegnen
wir schon hier einer vorzüglichen Arbeit. Das Mittelstück derselben ist in acht Felder abgetheilt
und überaus reich mit Filigran und Spitzbogen-Fensterchen ausgestattet. Die einzelnen Felder
sind mit durchbrochenem Fischblasen-Masswerk ausgefüllt in verschiedenen aber symmetrischen
Variationen. Die ZwischenthUrmehen fehlen und au den oberhalb des schönen, «ehr reinen Mass-
werkes auslaufenden Kreuzblumen sind leider Beschädigungen störend. Das Ganze ist mit rother
und blauer Farbe bemalt, Stäbe und Masswerk dagegen sind kräftig vergoldet.
Die beiden diesen Theil versehliessenden kleinen Flügel bestehen, wie Taf. I. zeigt, aus
einfachem Rahmwerk mit bildlichen Darstellungen auf Goldgrund (auf der inneren Seite). Wir
haben hier auf jedem Flügel je zwei gesonderte Darstellungen, und zwar: an der Evangelien-Seite
die Verkündigung Mariens und die Heimsuchung: an der Epistel-Seite die Geburt Christi und die
Anbetung des göttlichen Kindes durch die heil, drei Könige. Diese Gemälde haben keinen her-
vorragenden Kunstwerth und sind zum Theile schon beschädigt; desto mehr entzückt uns die,
herrlich rein»' und zarte Gothik mit dem prächtigen Masswerke an der Predella, das weit vorzüg-
licher ist , als das im eigentlichen Altarschreine. Man könnte versucht werden zu zweifeln, dass
diese Predella schon ursprünglich bei diesem Altäre sieh befunden habe. Das vom Wurmfrasse
stärker mitgenommene Materiale, so wie die an den Ecken der Kähmen eigentümlichen Eisen-
bänder und Scharniere sind Nebenumstände . welche diesen Zweifel unterstützen könnten. Ent-
scheidender ist aber die Malerei an den unteren Flügeln, die geringer als die an den oberen
ist, wahrscheinlich aus dem Anfange des XV. .Jahrhunderts stammt und an die alte italienische
Schule erinnert, über der Predella befindet sich Friedrichs Devise: A . E . 1 . 0 . V und 1447.
Aber auch die Innenseiten des Mittelstuckes zeigen nnerkennenswerthen Kunstfleiss. Der
1 1 Fuss hohe Mittelschrein enthält das Charalcteristicon eines Hauptaltares des Cistercienser-Ordens :
die Verherrlichung der seligsten Jungfrau. Alle Abteien und Kirchen dieses Ordens wurden näm-
lich unter den besonderen fürbittenden Schutz der heiL Jungfrau Maria gestellt, weshalb vorzüg-
lich der Hauptaltar Symbole und bildliche Darstellungen zur Verherrlichung derselben erhielt.
Der Umstand, dass auch nnser Kunstwerk in seinen Hauptbestandteilen die hervorragendsten
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Der Flügel alt ab. m dbb Abteikirche des Cistercienser-Stiftm zu Wiener-Neustadt. «M
Ereignisse aus ihrem Leben darstellt , lässt mit ziemlicher Gewissheit schliessen , dass es schon
ursprünglich fUr eine Kirche des Cistercienser-Ordcns bestimmt war *.
Dieser Hauptbestandteil des Altares zerfällt in eine untere und in eine obere Abtheilung
und war ehemals immer nur an den höchsten Festtagen sichtbar, sonst aber mit den colossalen
Flügeln bedeckt. Hauptfigur ist in beiden Abtheilungen Maria. Im unteren Felde sitzt sie auf
einem Throne, gekrönten Hauptes mit dem göttlichen Kinde, welches (eine äusserst mittel-
inässige Arbeit) das Symbol der Erbsünde, den Apfel, in der Rechten haltend, der Mutter zeigt,
wahrend es die Linke nach der linken Hand der Mutter ausstreckt Neben der tlu-oncndcn und
gekrönten Mutter des Erlösers stehen zwei ebenfalls gekrönte Frauen, Katharina und Barbara.
Die Köpfe der genannten Figuren sind verhältnissmässig zu gross. An den Seiten des Hauptes
der thronenden Jungfrau sind zwei Engelfigurcn, ebenfalls Schuitzwerk, welche eine Zither
älterer Form in den Händen halten; desgleichen befinden sich an den Ecksäulchcn des Thrones
Engelfiguren. Die FUsse der heil. Jungfrau werden von den reichen, wallenden und stark geknit-
terten Falten des Kleides bedeckt und ruhen auf dem sichtbaren Halbmonde. Die gekrönte Heilige
zur Rechten Marions steht im laugen Faltenkleide auf dem Körper eines (türkischen?) Kämpfers,
dessen Haupt und eine den Bogen noch haltende Hand sichtbar ist. Diese Darstellung wird von
drei halbkreisförmigen, stark vergoldeten Baldachinen tiberdacht ; der Hintergrund ist ebenfalls
vergoldet Diese Gruppe wird für den Beobachter sowohl durch die Gemälde an den Flügeln der
Predella als auch durch die prächtig gearbeiteten Reliefs an den Haupttlügeln illustrirt und erklärt,
es stehen somit diese im harmonischeu Zusammenhange mit der für den Altar massgebenden Idee.
Letztere sind äusserst charakteristische und plastische Darstellungen. Der Flügel der Evangelien-
Seite zeigt die Geburt Christi, das naiv lächelnde Christkindlein in e inem Körbchen auf einem aus-
gebreiteten Tuche liegend, innerhalb eines mittelst geflochtenen Zaunes umfriedeten Gemaches.
Vor dem Kindlein knieet wunderholden Antlitzes die heil. Jungfrau, entblösstcn und reich und
goldgelockten Hauptes im faltenreichen goldenen Oberkleide. St. Joseph sitzt, das sorgenvolle
Haupt mit der Linken gestützt, und scheint nachzudenken Uber das wunderbare Ereignis«. Zwei
liegende Thiere, Ochs und Esel, deuten den Stall an. In diesen Schauplatz des Ereignisses treten
eben zwei Jünglingsgestalten, die mit reich gelocktem Haupthaare in gegürtetem Talare von
weisser und grüner Farbe und mit Uber der Brust gekreuzten Stolen sich dem Kindlein nahen,
erstcrer die Hände gefaltet und erhoben, letzterer die Rechte wie zum Segen erhebend. Bei
dem einen dieser Eintretenden befindet sich auf dem Collare, bei dem andern auf der Stola die
Inschrift: Gloria in Excelsis Dco. Diesen Repräsentanten der Engel folgen zwei Hirten in braunem
Mönchshabit mit Kapuze; in den Köpfen und Gesichtern dieser Gruppe tritt das Bestreben nach
Individualisirung sehr klar hervor. Der Hintergrund ist, wie bei den übrigen Reliefs der Flügel,
blau mit goldenen Sternen besäet.
Wenden wir unsern Blick der unteren Abtheiluug am Flügel der Epistel-Seite zu, so tritt
uns die Anbetung des göttlichen Kinde« durch die drei Weisen entgegen. Maria sitzend und
gekrönt mit einer in Kreuzblumen auslaufenden Zinkenkrone, zeigt den heil. Königen das ent-
blösste, sehr plump gearbeitete Kindlein, vor welchem einer der drei, unbedeckten Hauptes, auf ein
Knie niedergelassen, das Opfer in einem kleinen viereckigen Kästchen darreicht. Die beiden
andern sind gekrönt, in langen goldenen Faltengewändern, mit ausdrucksvollem Gesichte. Schönes
vergoldetes Masswerk in drei Spitzbogen bildet hier die Bedachung.
Bedeutend vollkommener in Beziehung auf Kopf und Gesichtsprofile erscheinen uns die
Reliefs in den oberen Abtheilungen am geöffneten Altarschreine. Selbst die Ornamentik ist von
* Nach Aufteicoouugcn eines StifueapUularen vom Jahre ,1773 null dieser Altar auf dys Kaisers Anordnung aus dem nun
«Bfkeliobeneii Clsterolcnaor-Stifte Viktrinjr in Kärnüien hichur übertragen worden sein.
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92 Y. Benedict Ki.Coe.
reinerer Arbeit, noch sehr «Mit erhalten und stark verkohlet. Die Krönung Märiens bildet die
Hauptdarstellung. Die heil. Dreieinigkeit in der gewöhnlichen Art der Versinnbildung vollzieht die
Krönung der Himmelskönigin. Gott Vater und Sohn, beide bebärtet und im faltenreichen Königs-
muntel, mit Kronen auf dem mit Inngen herabwallcnden Haaren ausgestatteten Haupte, sitzen auf
gleichem Throne unter drei aus Spitzbogen gebildeten und reich vergoldeten Baldachinen. Der
Vater, itltereu ernstfcicrlichcn Antlitzes, liiilt in der Linken die kreuzlose Erdkugel auf dem
Schosse, die Hechte ist zur Krone Märiens erhoben. Der Sohn hält in seiner Rechten das Symbol
der vom Vater erhaltenen Herrschergcwalt, ein goldenes in der Kreuzblume auslaufendes Scepter,
mittels der Linken setzt er der in der Mitte beider knieenden Mutter eine Krone auf das Haupt,
welche der der beiden göttlichen Personen ähnlich ist. Das Erinnerungszeichen an den heil.
Geist, eine silberne Taube, sehwebt über Mariens langbcloektem Haupte. Zwei Engeliiguren
erscheinen zu Hiiuptcn der beiden göttlichen Personen, in den ausgebreiteten Händen Hand-
sehleifen tragend mit der Inschrift: Benedicta sit saneta Trinitas atipte. An den ausgekehlten
Ecken des inneren Sehreines betinden sieh auf Consoleii und unter vergoldeten gothisehen Bal-
dachinen je vier aus Holz geschnitzte Figuren, Apostel darstellend.
Neben dieser beschriebenen Abtheilung des Mittelst iiekes bemerken wir in der oberen
Abtheilung des Flügels (Tat. I i. au der Evangelien-Seite, abermals eine Krönung Märiens durch
Gott Vater, welcher, das mit reichen über die Schultern herabwallenden Locken und der Krone
gezierte Haupt erhoben, das bebärtete ausdrucksvolle Antlitz zu Maria gewendet, dieser mit der
Beeilten die in Zinken und Kreuzblumen auslaufende Krone auf das Haupt setzt, indes* er in der
Linken die kreuzlose Erdkugel hält. Die heil. Jungfrau in zarter Gestalt und von edlen weib-
lichen Gesichtszügen empfängt mit gefalteten Händen die Krone. Zwei liebliche Engelfiguren
mit Zithern älterer Form verherrlichen rückwärts den Krönungs-Act und zwei andere Engelköpfe
lu-jeii mehr abwärts hinter dem reichen Faltenwürfe der weiten Gewandung der beiden Haupt-
personen hervor. Zwei prachtvoll gearbeitete gothische Spitzbogen-Baldachine mit schönein, stark
vergoldetem Masswcike bilden die fberdaehung der beiden Personen.
Auf das Belief in der oberen inm ren Abtheilung des Flügels an der Epistel-Seite hat der
Künstler ganz besonderen Fleiss verwendet. Dii'se Gruppe scheint das bedeutendste- Detail des
Altars und das Werk des Meisters selbst zu sein. Sie stellt das Verscheiden der Mutter Christi
in Gegenwart aller heil. Apostel dar. Die Köpfe der einzelneu Personen sind proportionirtcr.
die Gesichtszüge edler und individualisirter als bei den bisher betrachteten Gruppen. Maria vor
einem altdeutschen Betpulte knieeiid. auf dem ein aufgeschlagenes Buch die Worte zeigt: in
manns tuas Dominc counnendo spiritum meum, neigt das überaus sanfte annuithige Antlitz. Der
Körper der Sterbenden im engen blauen Kleide, welches abwärts in gezogenen Falten ausläuft,
wird ehrerbietig von St. Johannes gehalten; ein anderer Apostel (St. Petrus?, hat die Hand wie
zur Ertheilung des Segens erhoben und scheint die sogenannte Aussegnung der Seele vorzuneh-
men. Zwischen den beiden erwähnten Aposteln beiludet sich eine gekrönte heil. Frau (?) mit gefal-
teten Händen. Die ganze Gruppe macht auf den Betrachtenden einen unglaublich wohlthuenden
Eindruck, man verweilt gern dabei. Haltung der Körper, Form der Kopie, Gesichtsausdruck,
Gew andung und Faltenw urf, alles deutet auf besondere Sorgfalt des Künstlers hin. Wir gewah-
ren hier noch deutlicher als bei dem Belief an der Evangelien-Seite (die Geburt Christi) eine
äusserst weiche Fonnengebnng und Gefühls- Ausdruck. Die Coinpositioti zeigt trotz des Ver-
scheidens der Theuren wohlthuendc Buhe: die Form der Frauenköpfe und die der beiden als
singend dargestellten Engel bei der Geburt Christi ist vorherrschend die runde und drUckt das
Streben nach naiver Anmuth aus; wogegen die Köpfe und Haltung der Männergestalten, hier der
Apostel, dort an ihr Krippe die des h. Joseph, und besonders der beult n Hirten, so wie der drei
Weisen bei der Anbetung grosse Kraft und Individualität andeuten.
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Der Flüoel-Aj.tab ijj der Auteikibche des Cistekciexser- Stiftes zu Wieskk-Nevstadt. 93
Ueber dein eben betrachteten geöffneten Schreine begegnen wir noch einein kleinen
Sehreine, in welchem abermals Maria mit dem Kinde sieh befindet. Erstcrc stehend und gekrönt,
im blauen Gewände, dessen Faltenwurf vorzüglich ist , halt da» etwas unnaturlich und steif nach
rückwärts lehnende entblösstc Kind, von sonst nicht Ubier, naiver Gesiehtsform, im Arme. Der
Hintergrund ist glatt vergoldet, die Decke himmelblau mit goldenen Sternen. An den entsprechen-
den Flügeln befinden sieh Gemälde in je zwei Abteilungen und über der Mitte des Schreines
krönt das gesaminte Kunstwerk ein gut gearbeitetes Crucifix. Der bei derlei Werken übliche
Absehinas des Kastens mit Fialen fehlt bereite. Damit ist das ganze Motiv des Kunstwerkes und
die herrliche Idee des genialen Künstlers dargelegt : die Verherrlichung Mariens und durch sie
Erhebung zu Christus, dem concret gewordenen Ideale der Menschheit. Es ist dies die herrliehe
Idee , wie sie in der Blüthezeit des Cistercienser-Ordens so lieblich und veredelnd zu Tage trat.
Nicht minderes Interesse erregt die Malerei, mit der sowohl die Flächen der beiden Flügel
der Predella als auch die der vier grossen Flügel des beschriebenen Altar-Schreines, endlich auch
die zwei Flügel des kleinen, den Aufsatz bildenden kleinen Schreines unmittelbar unter dem
Kreuze geschmückt sind. Auch die Malerei bestätiget unsere Ansicht vind erhebt sie zur l.'eber-
zeugung, dass wir hier ein nicht unbedeutendes altdeutsches Kunstwerk vor uns haben. Die
prachtvollen, ziemlich gut erhaltenen Gemälde soll uns Tafel II vergegenwärtigen, welche uns
den geschlossenen Altar-Sehrein sammt den zwei auf beiden Seiten mit Gemälden geschmückten
Flügeln zeigt, die, wie schon bemerkt, sich gegenwärtig im Stifts-Muscum ihrer ursprünglichen
Bestimmung entfremdet befinden.
Beginnen wir abermals von der mensa des Altarcs aufwärts steigend, so bilden die Gemälde
der Predella den ersten Gegenstand unserer Betrachtung. Aus einfachen Rahmen und Füllun-
gen bestehend, zerfallen sie in vier Abtheilungen. 1. Die Krönung, 2. die Geisselung Christi,
3. Christus am Oelbcrgc und 4. Christus am Kreuze. Im Allgemeinen scheinen diese Gemälde
älter , auch minder gut als die an den HauptflUgelu zu sein. Dem Kunstkenner dürfte eine kurze
Detail-Beschreibung zur Beurtheilung dieser Gemälde genügen.
Bei der Domenkrönung des Herrn, ein Bild mit farbigem Hintergrande, sitzt der Heiland
mit rothem Mantel bekleidet, das Rohr in der Rechten, die Linke am Herzen ruhend und wie
zum Segnen erhoben, die Domenkrone auf dem telleniimbirten lockigen Haupte mit ruhigen und
jugendlichen Gesichtszügen. Zwei Schergen , von denen der eine zur Rechten des Herrn bebärtet
und bedeckten Hauptes , mit weissem kurzärmeligen , bis an die Knie reichenden Rocke und
grünen, engen Beinkleidern ausstaffirt ist, der andere zur Linken hingegen jugendlichen bart-
losen Antlitzes mit langem blonden Haupthaare, im grünen Wamms, rother sehr eng aidiegender
Bein- und Fussbekleidung, — biegen über "der Domenkrone zwei starke Stäbe von gelber Farbe.
Ganz verschieden davon sind die beiden die Geisselung executirenden Schergen des zweiten
Feldes. Kleidung, Gesichtsbildung und Haltung derselben sind ziemlich drastisch. Der zur
Rechten des an die Säule gefesselten Herrn hat eine gelbe spitz auslaufende Mütze mit rückwär-
tigem grünen Aufschlage und spitzem Schirm; der kurze Rock ist von rother Farbe, die Bein-
bekleidung ist zur Hälfte gelb , die andere Hälfte roth. Mit beiden Händen hält er die Ruthe. Zur
Linken gewahren wir wieder eine ziemlich jugendliche Person, die mit der Linken die Geissei
eb en zum Schlage erhebt, mit der Rechten eine Locke am Haupte des Herrn erfasst, sie ist mit
rother flacher Mütze, grünem kurzen Rocke und engen braunen Beinkleidern ausgestattet ist. Im
dritten Felde haben wir die Angst Christi am Ölberge in bekannter und gewöhnlicher Darstellung
vor uns. Eine Landschaft ohne bestimmt ausgeprägten Charakter mit mehreren schnurgraden
Baumreihen und einer befestigten Stadt, in der wiederum mehrere hervorragende rothgedeckte
Gebäude und vier in Pyramiden auslaufende Thünnc sich befinden, bildet den Hintergrund
XVII. 15
-
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D4
P. Benedict Kluge.
dieser Darstellung. Zwei von diesen Thllnnen befinden »ich am Haupt- Portale einer Kirche, und
man könnte versucht werden, sie als Erinnerung an die beulen ähnlich construirten und situirten
ThUrnic der Liebfraueukirche in Wr. -Neustadt zu halten; ein dritter steht isolirt in einer Hllu-
sergruppe und der vierte ziemlich verjüngte lugt gar lieblieh aus einer grünen Baumgruppe mit
seiner rothen Pyramiden-Spitze hervor. Die drei Jünger sind in sitzender Haltung und schlafend
dargestellt. Christus gestorben am Kreuze, bildet die Hauptdarstellung in der vierten Abthei-
lung. Das Haupt des Gekreuzigten umflicsst ein Strahlen-Nimbus und ruht auf der rechten Schulter.
Unter dem Kreuze stehen Maria und Johannes, beide mit Tellernimbua und letzterer mit einem
Buche in der Hand. Bei allen erwähnten Personen vermissen wir die feinere Individualität, den
zarteren geistigen Adel im Gesichts-Profile, und möchten diese vier Gemälde deswegen eben nur
für anerkennenswerthe alte Schularbeiten halten.
Von offenbar grosserem Werthc erscheinen uns dagegen die Gemälde an der Ausscnseite
der Flügel, zu deren Betrachtung wir nun schreiten. Die Namen der dargestellten Heiligen dürften
hierbei von minderer Bedeutung sein, weshalb wir nur einige nennen, von den meisten aber ihre
Darstellung kurz angeben wollen. Wir beginnen am unteren Ende links. (Vgl. Tafel II.)
Hier erscheint zuuächst der Ordeusstaud durch Heilige repräsentirt, denn die drei Personell
im unteren Felde stellen dar: einen Abt mit Stab und einer gesprungenen Mulde im langen
und gezogenen braunen Falten-Talare (Cuculla, Flocken), dann einen Einsiedler mit der Glocke
in der Rechten, einen Krückenstab in der Linken haltend, hu lichtbraunen Mönchshabitc und
schwarzem Scapuliere, und einen ähnlich gefärbten Mantel darüber, an der Seite ein kleines
Borstenthier, das einen reifartigen weissen Streifen um die Mitte des Körpers hat. und endlich
abermals ein Ordensabt kahl geschorenen Hauptes, mit Stab und Buch, im weiten braunen
Ordensinantel. Im zweiten Felde aufwärts befinden sich abermals drei Personen und zwar
Heilige aus dem höheren Priesterstande darstellend. Wir erblicken hier einen Bischof mit aus-
wärts gerichtetem Krununstabe, niederer gothischer Mitra, im grünen gothischen Messgcwande,
langer Alba, welche die Füsse vollständig bedeckt, rother Tunica, und in der rechten Hand
ein Buch tragend. Diesem zur Seite schreitet ein ahnlich gekleideter Bischof, den Stab im lin-
ken gebogenen Anne haltend, in der linken Hand einen Teller mit drei Acpfeln tragend, die
Rechte wie zum Segen oder zum Schwüre erhoben. Auch dieser trägt eine gothische Casula.
jedoch von rother Farbe, indes» die Tunica hier grün ist. Ein dritter Standesgenosse in etwas
gekünstelter Stellung mit Buch und Stab beschliesst diese Gruppe. Reiches Haupthaar in üppi-
gen Locken unter der niedern gothischen Mitra hervorquillend , getäfelter Fussboden, ein mit
Landschaften, Gebäuden und Bäumen ohne bestimmt ausgedrückten Charakter, oberhalb da-
gegen starke glatte Vergoldung vervollständigen die Ausstattung dieses Feldes.
Heilige Fürsten aus dem Laienstande mit Scepter, Krone und Fürstenmantel stellt die
dritte Abtheilung dar. Eine liebliche und anmuthige Gestalt mit einem (schwarzen) Raben,
welcher im Schnabel einen Ring trügt , in der Linken, mit dem Schwerte umgürtet und dem
Hermelin geschmückt, schreitet in unnatürlicher Bcinschränkung einher. Ein rüstiger älterer
Kaiser, in sehr gedrungener männlicher Gestalt, mit ehrwürdigem starken Barte, die Krone
auf dem Haupte, Scepter mit Kreuzblume und bekreuzten Erdglobus in den Händen, befindet
sich in der Mitte. Der weite faltenreiche Hermelinmantel, unter welchem ein grünes goldgestick-
te», bis an die roth beschuhten Füsse reichendes Kleid sich befindet, schmückt diese ernste,
shöne Mannsgestalt. Ein jüngerer gekrönter Fürst mit kleinerem bekreuzten Erdglobus, mit
Scepter, Schwert und Hermelin, schreitet auf die ebenbeschriebene Kaisergestalt zu. Die Haltung
dieser drei beschriebenen Figuren, zumal die Stellung der Füsse ist unnatürlich gekünstelt, der
Gesichtstypus edel und ernst gehalten. Im obersten Felde dieses Flügels befinden sich Abbil-
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DER Fl.C(lKI.-Al.TAR IN DER AüTEIKtRCHE DES CisTKRCUJKSER-StJITTE« ZU WltXER-Nei:«TADT. 95
düngen von Heiligen , die der Lebenszeit nach an den Beginn des Cliristenthums hinaufreichen.
Wir bemerken hier einen hl. Papst, mit dem Kreuzstabe und der niedrigen spitz auslaufenden
Tiara geschmückt, in langer Alba, mit Uber der Brust gekreuzter Stola und dem in eine Schleppe
ausgehenden rothen Vespermantel. Dichtes wohlgepflegtes Haar quillt unter der Tiara hervor.
Die beiden heiligen Johannes (Baptista und Evangelist) füllen die Dreizahl der Heiligen in dieser
Gruppe aus, deren Häupter entbliJst und tellernimbirt sind.
Wie die obersten Felder aller vier FlUgel Uberhaupt mit Darstellungen von Heiligen
ausgefüllt sind , die der Zeit nach Christo am nächsten stehen , so gewahren wir an dem Flügel
der Epistelseite insbesondere an oberster Stelle drei Apostel. Als Pilger mit entblüstein Haupte
erscheint hier Jacobus major; mit Messer und Buch der hl. Bartholomäus, mit Holzkeule und
Buch Judas Thaddiius. Unterhalb dieser Gruppe wird St. Christophorus, in der bekannten Art,
das Christkindlein auf dem Rücken, den grünenden Stab aufrecht in den Händen tragend dar-
gestellt, wie er eben nn daa Ufer steigt. Daneben wiederum ein Kaiser und ein König in pracht-
voller goldgestickter Gewandung, mit den schon oben erwähnten Attributen der Herrscherwürde
ausgestattet Im dritten Felde abwärt« schauen wir wiederum einen Bischof (oder Abt) mit dem
zwischen dem Daumen und Zeigefinger gehaltenen Stabe in der Rechten , eine gothische Kirche
in der Linken tragend (St. Wolfgang?), dann eine jugendliche Munnesgestalt mit Hermelin-
kragen und kurzem, auswendig grünem, inwendig hcrmelingclüttertcn Mantel und mit rother,
weissverbrämter Tunica bekleidet, die mit blankem Degen einen bettelnden, am rechten Fussc
verkrüppelten Knaben berührt, welcher den Zipfel des Hermelinmantels Heilung suchend erfasst
hat. An dritter Stelle befindet sich ein hl. Bischof in schon erwähnter Pontificalklcidung. Die
Gesichtsprofile sind jugendlich , rund und schön. Die unterste Gruppe wird ausnahmsweise aus
vier gleich grossen Personen gebildet. Wir gewahren zunächst einen jugendlichen schwarzen
Heiligen, welcher in vollständiger silberfarbiger Ritterrüstung mit dem Herzogshute geschmückt,
in der linken Hand eine rothweisse Fahne, in der rechten ein gleichfarbiges Schild führt, auf
dem ein roth-weisses Kreuz prangt. Sodann ist St. Stephan, der ErzmHrtyrer, an dem Palm-
zweige, der grünen Dalmatik und an den in der linken Hand liegenden drei blutbesprengte n
Steinen leicht erkennbar. Endlich schliessen die Reihe der Gemälde an diesem Flügel zwei Apo-
stel, die nach ihren Attributen (Spiess und Beil) als St. Thomas und Mathias sich präsentiren.
Hiermit wäre eine kurze detaillirte Beschreibung der beiden noch jetzt am Altarschreine
befindlichen Flügel und ihrer kunstreichen Ausstattung gegeben. Zum Schlüsse wollen wir wenig-
stens noch einen flüchtigen Blick auf die zwei anderen Flügel werfen , wie sie Tafel II. uus zeigt.
Wegen ihres bedeutenden Gewichtes (an einem FlUgel haben zwei Männer zu heben) wurden
sie schon vor Jahren von dem bereits sehr wurmstichigen Schreine entfernt und im Antiquitäten-
Cabinetc aufbewahrt, welcher Fürsorge sie wohl auch eine bessere Erhaltung verdanken. Die
Farben sind im Allgemeinen noch fast wunderbar und Uberraschend frisch, die Gemälde zwar
nicht ganz unbeschädigt, aber doch unversehrter als die oben bescliriebenen. Auf beiden Flächen-
seiten mit prachtvollen Gemälden auf Goldgrund ausgestattet, werden diese selbst wieder in
vier Felder getheilt. Vorherrschende Farben sind ausser dem starken, vortrefflich erhaltenen
Goldgrunde: Roth, Blau und Grün in schönster Frische. Die Gemälde des obersten und unter-
sten Feldes zeigen in kaum noch zu entziffernder schwarzer Sclmft (goth. Minuskel) die Namen
der dargestellten Heiligen, während in den mittleren Feldern diese fehlen. Um nicht mit lästigen
Wiederholungen zu ermüden, begnügen wir uns mit der Angabe einiger theils aus der erwähnten
Schrift, theils aus den Attributen hervorgehender Namen der bildlich dargestellten Heiligen. Aus
der Zusammenstellung dieser Familie von Heiligen dürften wühl ebenfalls Schlüsse zu ziehen
sein, sowohl auf das den Künstler leitende Motiv, als auch auf die Bestimmung des Kunstwerkes
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P. Benedict Kluge. Der Flügel-Altar ix der Aiitkikirche zc Wiener-Nkcstadt.
und die Zeit seiner Schöpfung , vielleicht auch auf den kaiserlichen Urheber desselben. So erken-
nen wir sofort an erster und oberster Stelle der Evangelicnscite St. Petrus, dann St. Andreas,
St. Paul, St. Florian, Wenzeslaus, Colomann u. s. w. Am andern Flügel St. Fabian St. Georg,
dessen Verehrung in Deutschland besonders nach den Kreuzzügen blühte, (dann nochmals
St. Georg auf dem Flügel des Aufsatzes), St. Leonhard, Aegidius, Rupertus, Urbanus, Matthäus.
Ludwig (? Palme mit Globus und Hermelin), Vitus, der Kindennord iin Auftrage des Herodes,
Theobaldus, Ursula (wohl die schönste Darstellung), Afra, Apollonia, Barbara u. s. w.
Den also prachtvoll ausgestatteten grossen Altarschrein krönt noch ein kleiner Schrein, als
Aufsatz, dessen Flügel ebenfalls mit entsprechenden Gemälden geschmückt sind, die wiederum
in vier obere und vier untere Felder gethcilt sind, aber nur je einen Heiligen darstellen. Sonder-
bar, dass einzelne Darstellungen an demselben Kunstwerke wiederkehren, wie St. Georg und
Christopherus, Christus am Oelbeige.
Darf nun ein allgemeines, keineswegs massgebliches Urtheil Uber die Gemälde abgegeben
werden, so muss ich gestehen, dass ich sie immer mit besonderer Pietilt, zunächst wohl als Gabe
des erhabenen Stifters uuserer Abtei, dann aber auch mit grosser Freude und aufrichtiger
Anerkenung für den Künstler betrachtet habe. Die Zeichnungen scheinen gut, das Colorit mit
braunem Localton ist kräftig; Köpfe und Gesichts-Protilc sind meist rund und ernst gehalten und
haben grossentheils einen unbeschreiblich wohlthuenden, keuschen Ausdruck. Einige der Heili-
gen, zumal die weiblichen, und unter diesen wieder vorzüglich St. Ursula, sind unsagbar lieblich
und anmuthig. Vcrmisst vielleicht der strengere Kunstrichter auch an manchen dieser Malereien
vorzügliche Feinheiten des Seelcnadcls und der Individualität, so dürfte dieser Mangel dennoch
nicht vorhanden sein bei der Mehrzahl der Darstellungen. Im Ganzen muss man die Schönheit der
Motive in den Köpfen und GcwHudcrn anerkennen. Die Gestalten sind durchaus scharf in den
Bewegungen und verrufnen deutlich das Streben nach Individualisirung im Ausdrucke und in
der Gewandung und geben Zeugnis* von dem mehr und mehr sich geltend machenden reali-
stischen Kunstprincip. Die Nimben sind immer tellerförmig, die Attribute ziemlich gross. Die
Nasen sowie die gezogenen faltenreichen Gewänder könnten an die alte Kölner Schule (Meister
Wilhelm und sein Nachfolger) erinnern, wenn nicht aus dem Gesammteindrucke der Einfluss der
van Eyk'sehen Schule noch bestimmter hervorleuchtete.
Betrachten wir nun den Gcsanunteindruek, welchen der kunstvolle Altar mit den ehemals
noch vorhandenen Glasmalereien der drei hohen gothischen Fenster im Presbyteriuin auf den
Beschauer gemacht haben muss, dann können wir nur bedauern, dass diese ehrwürdige Kunst-
antiquität, krankhaften Kunstanschauungen späterer Zeit weichend, in den unverdienten Hinter-
grund getreten ist. Wie so manchmal im Leben erhielt glitzernder Sehein, bestechlicher äusserer
Prunk , auch hier den Vorrang vor echtem , gehaltvollem Kunstwerthc. Der altdeutsche Altar
wurde durch einen undeutschen verdrängt und wartet, bedeutende Spuren des Zahnes der Zeit
tragend , schon lange einer erlösenden Hand.
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97
Die Feste Klingenberg (Zvfkov) in Böhmen.
Notizen vox Franz Ki dolpu Br.ZDt.KA, k. k. Coxsebvator.
(Mit 6 Holxaohnittcn.)
Die feste, ja immer fllr uneinneluiibar gehaltene Burg Zvikov liegt im Piseker Kreit«;, drei
Stunden nördlich von Pisek entfernt am Zusammenflüsse der Flüsse V'utava und Vitava (Moldau)
an einem beinahe dreissig Klafter hohen umfangreichen Granit-Felsenrüeken, der sich kurz und
keilförmig von Süden nach Norden hinstreckt, etwas mehr als 49 Grade nördlicher Breite, so
romantisch, wie selten eine gefunden wird. In den alten Urkunden kommen von dieser Feste
folgende Namen vor: Zwekow (1229), Zuekov, Zueeow, Swccow, Suecove, Zwcnkov, und erat im
Jahre 1250, und zwar in der Sehenkungsurkunde König Wenzel'* des I. an das Kloster Ossek
am 28. Februar das erstemal: Klinghenberc, Chdingeberk, Clingenberch.
Die meisten böhmischen Schriftsteller, wahrscheinlich der Eine den Andern nachahmend,
geben an, das« Tempelherren, wenn nicht die Erbauer, doch die Bewohner der Feste Zvikov
gewesen seien. Wohl heisst es in den alten Schriften der Stadt Pisek, sowie von der Feste auf
der Kunetickä hora, wo sie eine Commendc gehabt haben sollen, dass Johann, der Konig von
Böhmen, nach der Aufhebung dieses mächtigen Ordens bei Gelegenheit der Übernahme der Burg
und Herrschaft Pisek, wo die Tcm|X'lherren ein PiUccptcrium hatten, als an Zvikov angranzend,
auch vielleicht aus demselben Grunde, sich nach Zvikov, welches er dann an die Uoscnberge ver-
pfändet hatte (Palaeky Archiv cesky), begeben habe und dass sein Sohn Wenzel, spiiter Karl
genannt, schon als Kronprinz und dann als König von Böhmen das vom Vater dafür angenom-
mene Geld wieder zurückgestellt (Palaeky Archiv) habe, und mehrmal über Pisek nach dem
Klingenberge gefahren sei. Allein hieraus lilsst sich nicht unzweifelhaft beweisen, dass die Burg
Zvikov den Tempelherren gehörte. Schon in den ältesten Zeiten kommen Vorsteher und Burg-
grafen dieser Burg vor, obgleich bei ihnen der Beisatz „königlich" fehlt.
Den ersten Namen eines Hern« von Zvikov finde ich im Jahre 1229, nämlich einen Wlsko
de Zwekow et Wecemil et Heinricus frater ejus als Zeugen des Verkaufes eines Maierhofes oder
Landgutes Wöehrdy genannt, von Pfemysl, König von Böhmen, an das Kloster Plass um 40 Mark
Silber (Erben Reg., p. 347). Später findet »ich derselbe Wlyeek de Swecov als Zeuge dessen, das*
der König von Böhmen, Wenzel der jüngere, dem Kloster Bfcvnov den Besitz von dem Eremi-
torium Polic bestätiget (Erben p. 354). Dann im Jahre 1232 findet sich Heinrich de Zuekove,
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F. R. Bfzdecka.
ein Bruder des VlCek et Vecemil, als Zeuge der Schenkung de» Dorfes Vnil an das Kloster Tepla
von dem Könige von Böhmen "Wenzel dem jüngern. Abermals kommt weder der Beisatz „Burg-
graf* vor, noch der Ausdruck „königlich" (Erben p. 370.) Zwei Jahre darauf, nämlich 1234
erscheint Konrad das erstemal unter dem Titel: Burggravius de Zwekove alB Zeuge, das»
Pfemysl Markgraf von Mähren dem Kloster Porta coeli genannt in TiSnovic seine Fundation
bestätiget (Erben p. 404). Die drei Brüder werden dabei Herren genannt. In jener Urkunde, in
welcher Wenzel König von Böhmen im Jalu-e 1235 den Brüdern des Spitals des heil. Franciscus
neben der Prager Brücke (ad pedem pontis Pragac) Schenkungen macht , kommen Wlicek cum
duobus fratribus Heinrich et Vecemil de Zuecov als Zeugen, (Erben p. 411) vor.
Später findet man die drei Brüder als Zeugen auf der Bestiitigungsurkunde des Königs
Wenzel über den Kauf des Dorfes Klepy tür das Kloster Tepla ddo. 7. März 1237 (Erben
p. 424). Am 23. März bestätiget König Wenzel der jüngere dem Kloster Chotesov den Contract
mit dem Probst von Melnik. Zeuge ist Wlichek de Zuekow (Erben p. 435). 1238 den 19. April
bestätiget der König Wenzel dem Kloster Plass das Dorf Durov. Zeugen: Wlchko, Wczmil,
Jindrich fratres de Zwekow (Erb. p. 438). Dasselbe Jahr am 6. August kömmt auch eiu Burggraf
vor, nämlich: Chunrad Burgravius de Zwekow als Zeuge dessen, dass König Wenzel die Dörfer
de» Klosters Braunau von der Unterthänigkcit befreite (Erb. p. 443j. 123» erscheint Lupus (Vlfcek)
de Zwekow cum duobus suis fratribus als Zeuge, das* König Wenzel dem Kloster Kladrub die
Güter Ostrov und Tisova schenkte (Erl», p. 448). In demselben Jahre am 17. Deccmber bestäti-
get der König Wenzel dem Kloster zu Kladruby dessen Vermögen. Zeuge: Conradus burchravius
de Zwekow (Erb. p. 454). Endlich im Jahre 1240 den 12. Miirz bezeugen Wlsco. Wecemilus
et Hcnricus fratres de Zvekove , das« König Wenzel dem Kloster Plazz den Kauf des Dorfes
Hodin bestätigte (Erb. p. 457).
Es ist wichtig, dass bei den Namen dieser Brüder nie der Beisatz vorkömmt, das» sie
Burggrafen dieser Feste gewesen wären, wohl aber kömmt zur Zeit ihres Besitzes einigemal der
Name ihres Burggrafen, nämlich Konrad vor.
Zu Ende des Jahres 1248 ereignete sich für den König Wenzel, dass sein eigener Sohn,
der künftige Erbe Prcmysl Ötakar Markgraf von Mähren, sich von jenen Baronen, welche
durch ihn schnell emporkommen wollten, einreden und zu einem sehr bedenklichen Schritte
bewegen liess, um vor der Zeit die Regierung an sich zu reissen. Es kam in der That so weit,
dass man den Vater zwang, dem Scepter zu entsagen um ihn in die Hand des Sohnes zu legen;
am 4. November 1248 tührten beide den Königstitel.
Dieser Begebenheit erwähne ich hier deswegen, weil es bei einigen Schriftstellern heisst,
der König habe diese ganze Zeit des Verdrusses mit dem Sohne (sie sagen, ein ganzes Jahr) in
Zvikov gelebt, während er doch die längste Zeit in der Lausitz, in Meissen, in Leitmeritz etc.
war. Pulkava erzählt, der König habe sich bei der Übergabe des Reiches einige Burgen, Zvikov
Loket (Ellbogen), Most (Brüx) zu seinem Unterhalte behalten. Vielleicht wollte er hingehen,
und hat seine Krone und andere Kostbarkeiten und Schätze dahin in Sicherheit gebracht und zu
diesem Zwecke eine grössere Befestigung dicßer den Viccmilen gehörigen Burg veranlasst.
Im Todesjahre Königs Wenzel (1253) war Burggraf zu Zvikov Konrad von Janovic und
vier Jalu*e darauf sein Bruder Burkhard, 1264 wieder Hereö oder Hirzo, derselbe, welcher dem
Könige Otakar jenen wichtigen Dienst erwiesen hatte, dass er ihm im Jahre 1265 zur Anle-
gung der neuen Stadt Budweis den Plan gezeichnet und den Platz oder Ring imd die Gässen
so regelmässig ausmass, wie sie bis heute zu sehen sind. Im Jahre 1268 hat der König Otakar
einige reiche Besitzer aus Steiermark wegen ihrer Untreue und Raubsucht in Zvikov kurze Zeit
gefangen gehalten, namentlich den Herrn von Wildon. Auffallend ist es, dass im Jalu-e 1272
Die Feste Klikoenbebo (ZvIkov) in Böhmen. 99
am 23. Mai der Papst Gregor X. dein Kloster Choteöov alle seine Güter bestätigt, und darunter
auch Zvikov, wahrscheinlich ein verschollenes Dorf, nennt
Nach allen dienen historischen Daten glaube ich nicht zu irren, wenn ich, den Thurm aus-
genommen, die Erbauung dieser Burg Zvikov der Familie Vlcemil zuschreibe, und sie in» X.
und XI., höchstens XH. Jahrhundert versetze.
Über das Schicksal der Familie Vicemil, Vlcek, des Bruders Heinrich, Unco und Vlcek,
der Söhne des Vlcek, ist man aus Mangel an Quellen im Unklaren. Ob sie, die durch Jahr-
hunderte als mächtige Besitzer von Klingenberg mit den sehr atisgebreiteten, "dazu gehörigen
Gütern von den Herzogen und Königen von Böhmen so geachtet waren, dass sie bei jeder wich-
tigen Gelegenheit zur Ablcgung von Zeugenschaft gebeten wurden, ausgestorben sind, oder
anders wohin sich begeben haben, ist nicht zu eruiren.
Zur Zeit der Regierung Königs Wenzel II. (1283) war Burkhard von Janovie, ein Ver-
wandter des Burggrafen von Klingenberg, königlicher Hofmeister. Er war ein Hauptfeind des
ZaviSe von Falkensteiu, Gemahls der Kunhuta, der Witwe nach König Otakar, und hat, von
diesem Hasse verleitet, bei Hof viel Verdruss gemacht. Die Folgen davon befürchtend, flüchtete er
sich zu seinem Neffen nach der Burg Zvikov. Zäviöe hat sich der Veste auf Befehl des Königs,
wie es heisst, dmreh Hunger bemächtiget, worauf sie 1289 dem Bavor von Strakonic, welcher vom
Jahre 1254 bis zum Jahre 1260 Obersthofmeister gewesen, zur Beschützung Ubergeben wurde.
Bavor war Burggraf in Zvikov beinahe 20 Jahre, indem er noch im Jahre 1291 unter diesem
Titel unter den Assessoren bei der königlichen Landtafel in Böhmen vorkommt (Palacky Archiv
cesky, DL p. 332).
Als am 4. August 1306 der unglückliche Wenzel III. König von Böhmen zu Olmütz von
Mörderhand fiel, hielt sich der Burggraf Bavor von nun an für den Herrn der Burg. Bald darauf
erschien eine andere Familie mit Ansprüchen auf die Burg. Heinrich von Bosenberg behaup-
tete, König Rudolph habe ilun .Klingenberg auf so lange als Pfand überlassen, bis er ihm
Raabs übergeben haben wird. Freiwillig, dass wusste er, wird Bavor Zvikov nicht übergeben,
obwohl er sein Schwager war, und sich dessen durch Eroberung zu bemächtigen, dazu gab
es keine Hoffnung, indem man es allgemein und mit Recht für unüberwindlich hielt, — also sollte
es mit List geschehen, und wie die Chroniken erzählen, soll sie gelungen sein.
Im Jahre 1310 erbte diese Burg der Sohn Heinrich's, Peter I. und besass selbe, obwohl sie
königlich war, eine lange Zeit unter der Regierung Königs Johann. Peter von Zittau, Verfasser
des Chronicon Aulae regiae, sagt p. 363, dass es den König Johann sehr ärgerte, die königlichen
Burgen in fremden Händen zu sehen. Erst König Karl löste die Burg aus, schlug sie zu den böh-
mischen Kammergütcm und befahl, jeder künftige König solle schwören, die Städte und Burgen,
die zur k. Kammer gehören, nie davon zu trennen, auch soll sie niemand anneinnen, ausser mit
Verlust der Eine und des Lebens. Mit dem Besitze dieser Burg war das Rieht verbunden, von
jedem Floss und der darauf sich befindenden Ladung Zölle einzunehmen, wie Kaiser Karl IV.
den 3. August 1366 mit Bezug auf König Wenzel I. bestimmte. (Pelzel, Leben Karls IV.)
Im Jahre 1318 den 2. Februar versammelten sich Peter von Rosenberg, Wilhelm Zajie von
Waldek, Albrecht von Äeberk und andere in der Bing Zvikov und beschlossen, sich dem König
offen zu widersetzen. (Pelzel Gesch. Böhm.) Unter den Begleitern desselben Königs Johann aus
dem Herrnstande, welche in der Schlacht bei Cressy am 26. August 1346 mit ihrem Könige
fielen, und neben ihm auf dem Schlachtfeldc lagen, befand sich auch Heinrich von Klingenberg.
wahrscheinlich der Sohn Peter des L von Rosenberg, des Obersten Kanzlers (Leben Karls IV.
von Pelzel p. 160). 1394 den 25. und 27. August war der römische und böhmische König
Wenzel IV. in Pisek und begab sich von da nach Klingenberg.
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F. K. Bezdbka.
Damit es im Reiche kund werde, dass er seiner zu Zebrak im Minoriten- Kloster geschehe-
nen Gefangenschaft wieder frei sei, fertigte König Wenzel hier an die Stadt Nürnberg zwei
Briefe ans. Im ersten befühl er, das» diese Stadt die jährliehe Steuer unmittelbar in die kai-
serliche Kammer zahlen und liefern solle; und im zweiten gab er dem Bürgermeister und dem
Käthe daselbst die Versicherung, das» diese Stadt stets beim Reiche bleiben, und nie von ihm
oder seinen Nachfolgern an jemanden verpfändet oder veriiussert werden solle (Pelzel, Wenzel IV.
I». 290 — 291).
Im Jahre 1 398 war in Zvikov als königlichein Castellnn Zacharias von Stovicc, welcher mit
Jesek (Johann), Probst bei Allen Heiligen, in einen heftigen Streit verwickelt war, den endlich
Procop, von Gottes Gnaden Markgraf von Mähren, am 13. Juni entschied und beilegte. 1420
war königlicher Aufseher zu Zvikov Johann Hajek von Hoditin (nach 1418 Küchenmeister des
Königs Wenzel IV. j, als Zeuge auftretend bei dem Kaufe zwischen der Jitka von Bzova und ilu^er
Schwester Dorothea von Damcnic. Bald darauf (1422, 21. Februar) äussert sich derselbe Johann
Hajek von Hndetin, dass er für seinen gnädigen Herrn Geld ausleihen müsse, und sein eigenes
Hab und Gut zum Pfände gebe. Zwei Jahre später (1424, den 13. September) sehliesst Johann
Hajek von Hodetin einen Vergleich und Waffenstillstand mit der Seetc der Taboriten in Böhmen.
Um 1425 kam die Veste in die Hände des Kunata oder Kunrad Kapler von Swlcvic. Vielleicht
ist sie ihm, wie seinem Vorfahrer zur Aufsieht anvertraut worden, doch sagt König Sigmund
in seinem Sehreiben aus Prag den 4. Mai 1437 dem Udalrik von Rosenberg, er wisse wohl, dass
Kunata, welcher es mit den Ketzern hält, nicht anders als durch Raub zum Besitze dieser Burg
gekommen wäre (Archiv fieskV', I. p. 48). Derselbe König Sigmund schrieb früher aus Presburg
den 7. September 1429 dem Ulrich von Rosenberg, er möge trachten, die Veste Zvikov aus
den Händen des Kunata zu erhalten, sei es durch Geld, Tauseh etc., weil er dieselbe in den
Plilnden eines Ketzers nicht lassen könne; er möge sich alle Mühe geben, selbst wenn er
sein eigenes festes Schloss dafür geben sollte, und zwar ohne Verzug. Er der König werde es
ihm gut entgelten und ersetzen. Ein gleiches Schreiben folgt am 12. September 1429 aus Fischa-
mend. Den 17. September 1429 dankt er ihm von Wien au», dass er sich in den Besitz von
Klingenberg gesetzt habe. Er ladet ihn ein, nach Wien zu kommen, damit er sich mit ihm
darüber weiter besprechen könne, und verspricht ihm dafür einen guten Kuchen (dobry koläc)
(Archiv Cesky).
Im Jahre 1432 den 21. Juli unterhandelte Udalrieh von Rosenberg mit dem Pribik von
Klenau etc. zu Klingenberg wegen eines Waffenstillstandes. Von nun findet man den Udalrieh
von Rosenberg im pfandweisen Besitze von Zvikov bis 1450; den 11. Juni 1450 erscheiut sein
Sohn Heinrieh auf Zwlkov. 1455 war Johann Hajek von Hodt-tin Burggraf zu Klingenberg; 1457
Odranec, welcher drei Proccssc nach einander zu schlichten hatte, selbe aber ganz bequem seiner
Dienerschaft zur Entscheidung überliess. Im Jahre 1450 und 1458 war Vorsteher der Burg
Zvikov Lipoid von Rzave. Am 20. August 1457 ertheilt König Ladislav dem hoehwürdigen Jost
(Jodok) von Rosenberg, dem erwählten Bischöfe von Breslau, dem Heinrich, Hauptmann zxi
Schlesien, und dem Johann, Brüdern von Rosenberg, die Versicherung, dass sie auf Lebens-
zeit die Besitzer von Zvikov und Protivin bleiben sollen, und dass weder er, noch seine Nach-
kommen diese zwei festen Örter um die schuldigen Summen zurücknehmen werden. 1469 war
Burggraf zu Zvikov Busck von Buzic, und in demselben Jahre Smil von Hodejov.
Da Johann I. von Rosenberg sich gegen Georg von Podebrad aus Eifersucht immer zwei-
deutig bewies, ja später auch öffentlich seine Partei verlassen hatte, reizte er seine frühern
Anhänger, wie z. B. anno 1469 den 27. August Marqunrd von Kozi, ferner die Städte Pisek
und Wodnan zur Rache, die durch die Eroberung der Burg Zvikov erfüllt werden sollte. Sic
Die Feste Klixoemiehg i ZvIkov) in Dönsies.
101
kamen zur Nachtzeit vor die Burg, legten die Leiter an und- stiegen bis zur Hühe der äussern
Festungsmauern. Aber Smil von Hodfjov erfuhr es bei Zeiten, sehlug den Angriff ab, und ver-
wüstete mit seinen Leuten die Gegend um Pisek.
Im .Jahre 1472 den 17. Jänner war Zvikov's Burggraf Jan Chmelensky von Neplachov und
zwar der letzte für die Rosenberge, weil Heinrich, der Sohn Johann's nach dem Absterben des
Vaters alle seine Otiter dem Bohuslav von Svamberg aus Krasfkov anvertraute. Zur Belohnung
seiner Sorgen filr so viele Gilter schenkte er ihm Zvlkov. Da aber Bohuslav meistens zu Krumau
sich aufhielt, setzte er als Hauptmann nach Zvikov den Ritter Jan v. Trnova 1477 ein. Hierauf folgte
Heinrich der jüngste Sohn Bohuslav'» von Svamberg, der ohne Unterbrechung zu Zvikov wohnte.
Heinrich bestimmte (1523) zum Erben seinen Neffen Christoph von Bamberg, welcher sich
von seiner Jugend auf am Hofe Viadisluv II. aufhielt, spilter aber bei dem Pfalzgrafcn in Dienste
trat, endlich im Jahre 1513 die Burg Vorlik dazu kaufte, und selbst alles verwaltend Vorlik mit
Zvikov verband. Zwei Jahre nach dem Absterben der ersten Gemahlin Magdalena von Schellen-
berg und Kost, welche, eine sein- eifrige Katholikin, bis zu ihrem Tode (1508) in Zvikov wohnte,
vermählte sieh Christoph von Svamberg zum zweitenmale , und zwar mit der Agnes Bezdruiicka
von Kolovrat, einer Witwe nach dem Wenzel Svihovsky von Riesenberg. Heinrich von Svamberg
Hess diese Vermählung seines Brudersohnes (1510) auf das feierlichste begehen.
Von tilf hinterlassenen Kindern Christoph'» erhielt der älteste Sohn Heinrieh den Namen
von Rosenberg, und damit alle Gilter Heinrichs ; da er zugleich Hauptmann des Bechyner Kreises
Wirde, wohnte er auch gern zu Beehyn. Nach dem Tode seiner ersten Gemahlin Katharina von
l'ernstein (1552) heiratete er (1554) Elisabeth von Rosenberg, die feierliche Vermählung ging
in Krumau vor sich. Heinrich berief den damals vorzüglichsten Maler Namens Kuobloch aus
Prag nach Klingenberg und Hess die Capelle und den Saal , wo die Gäste sich zu versammeln
pflegten, prächtig ausmalen. Heinrich starb im Jahre 1574, 67 Jahre alt, zu Zvikov, wurde
jedoch in Beehyn begraben. Seine Wittwe Elisabeth blieb bis zu ihrem Tode ( 1 5 7 6 J zu Zvikov.
Da keine Kinder als legitime Erben da waren, erbte alles Heinrich' s Vetter Christoph und nach
diesem 1589 Johann Wilhelm von Svamberg, Herr auf Haida und Zvikov, darauf 159 6 Johann
Georg zu Vorlik und Ronsperg (1603 bis 1609 oberster Lehnrichter}, dann sein Sohn Peter von
Svamberg. Das Unglück wollte, dass Peter im Jahre 1618 den utraquistischen böhmischen Ständen
beitrat. Er Ubergab die beiden festen Orte Zvikov und Vorlik dem bülimisch ständischen Feld-
herrn Peter Ernst Grafen von Mannsfeld, welcher dem Svambergi sehen Kriegsvolke seine gute
kriegserfalu-ne und geübte Mannschaft beigab und die Burg Zvikov von allen Seiten tüchtig
befestigte. Bis zum Jahre 1621 blieb alles ruhig; aber als nach der Schlacht am weissen Berge
das kaiserliche Militär diejenigen verfolgte , welche sich noch zu der ständischen Partei bekann-
ten, so wälzte sich auch die Kriegswelle in diese Wildniss hin. In der Fastenzeit kam Don
Marradas und Don Huerta, der Obriste Pcchler und der Rittmeister Papovcc mit c.4000 Mann
Reiterei und Fussvolk von Pilsen nach Mirovic; sie stellten sich vor Vorlik und begehrten, das«
sich die Besatzung ergebe, was sie auch nach einer halbtägigen Verteidigung that. Nicht so ging
es mit Klingenberg, das man 1622 mit aller Kraft belagerte. Die Besatzung von Zvikov hielt
sich tapfer und fügte den Kaiserlichen manchen bedeutenden Schaden zu. Endlich schloss man
von beiden Seiten einen Waffenstillstand und die Besatzung schickte insgeheim zwei Mann zum
jüngern Grafen Thum nach Glatz um schleunige Hilfe. Da aber diese nicht anlangte, so erfolgte
die Übergabe.
Peter von Svamberg wurde zur Strafe, dass er auf Friedrich'» Seite stand, aller Güter
beraubt. Zvikov gab man dem Obristburggrafcn Adam von Sternberg tun 67.993 Schock 57 Gro-
schen und 1 Denar hin. Seine Witwe , geborne Gräfin Hohenzollern, verkaufte sie dem Fürsten
XVII. in
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F. H. Rf.zdeka.
Eggenberg. Hei der Familie Eggenberg blieb Zvikov bis zum Jalirc 1710. Mit dem Tode des
letzten Eggenbergers Johann Christian gelangte sie dureh dessen Gemahlin Maria Erncstina,
einer gebomen Fürstin Schwarzenberg, als Universal-Erbin aller Eggenbergischen Güter und
tla diese Ehe kinderlos war, 1719 an Adam Franz Fürsten von Schwarzenberg, bei welcher
Familie sie noch immer ist.
Die baulichen Verilndernngen auf der Burg Klingenberg waren in der Hauptsache folgende:
Im Jahre 1247 hatte man die Burg Uber Wunsch des Königs Wenzel I., welcher nicht nur die
Krone Böhmens, sondern auch andere Kostbarkeiten dort aufbewahrte, anfallen «Seiten befestiget
und verbessert. Wie schon erwähnt, Hess i:.W7 Heinrich von Rosenberg. König Rudolph'» Oberst-
ktt minorer (der bei der Wahl vorzüglich für ihn und nicht für den schon in Prag wohnenden
Heinrich von Kärnthcn stimmte) die Feste Zvikov ausbessern und mit mehr Behutsamkeit bewa-
chen. Im Jahre 1437 den .11. Ootober erlaubte Kaiser Sigismund dem Ulrich von Rosenberg,
dass er von der Summe, um welche ihm Klingenberg vom Kaiser verpfändet wurde, 2000 Schock
Prager Groschen auf die Aufbauung und Reparimng der Yestc verwende, und davon abschlage.
Im Jalue 14(57 hat es Sinil von Ilodejov, ein Katholik, für die Rosenberg'sche Familie noch
mehr befestiget. Da Heinrich von Svamberg, Sohn Christophs, in Klingenberg geboren ward,
und seine Gemahlin Elisabeth von Rosenberg sieh Zvikov zu ihrem Sitze gewühlt hatte, so hat
er ihr und sieh zu Gefallen (wie schon erwilhnt) den damals berühmten Maler Knobloch von
Prag dahin berufen und liess ihm (155f>) alle Gemächer des Schlosses sanunt der Burg-Capelle
und dem Vcrsammlungssaalc , wie auch die Gänge zierlich ausmalen, wodurch diese Burg zum
v
Lieblings- Aufenthaltsorte der Swambcrge wurde. Im Jahre 1(>18 Ubergab der vom Könige
Friedrich zum Obcrstlehenriehtcr erhobene Peter von Svamberg die Burg Klingenberg der Obhut
des böhmisch - ständischen Generals Peter Ernst Grafen von Mannsfcld, welcher sie auf allen
Seiten stark befestigte. In den letzten Jahren des dreissigjährigen Krieges (1(547) hat man dort
neue Befestigungen angelegt, um sich gegen einen möglichen Überfall der Schweden zu sichern,
welche sich jedoch dort gar nicht zeigten, obwohl sie (1648) drei Tage bei Pisek lagen.
Dass diese merkwürdige Burg so arg herabgekoinmeii war, wie man noch vor einigen Jahren
sehen konnte, daran waren nicht Kriegsereignisse Schuld, sondern nur die Sorglosigkeit einiger
Besitzer und der zerstörende Zahn der Zeit; denn noch im Jahre 1(583 wurde Fürst Eggenberg
von der Nachbarschaft gebeten, ihr in Zvikov einen Zufluchtsort zu gönnen.
Vor 80 Jahren hatte das Schlossgebäude grösstenteils noch seine Dachung. Auch diese
ging ein, bis Fürst Karl zu Schwarzenberg 1802 die Capelle und den alten Thurm mit einem
Schindeldache decken und das Dach des hohen Wartthunnes ausbessern liess. Nach 28 Jahren
war eine neue Reparatur höchst nothwendig; der gegenwärtige Besitzer Fürst Karl zu Schwarzen-
berg Hess im Jahre 1840 die schadhafte hölzerne Bedeckung durch ein dauerhaftes Ziegeldach
ersetzen, und an dem alten Thurm eine offene Galerie anbringen. In neuerer Zeit endlich wurde
der vordere Schlosstheil vom Schutte gereiniget und durch Unterbauten vor Einsturz gesichert.
Im oberen Stockwerke neben dem alten Thurm wurden einige Gemächer wieder so eingerichtet,
dass sie dem fürstlichen Besitzer bei Jagden und anderen ähnlichen Gelegenheiten zum beque-
men Absteig-Quartiere dienen können: im Unterstocke wurden zwei sonst wüste Gewölbe zu Pfer-
deställen umgeschaffen. Auch der innere Hof ist nun vom Schutte gereiniget, einige Arcaden
wurden wieder hergestellt und auf die Kreuzgänge eine neue Dachung gesetzt. Alterthunislicb-
haber und das kunstsinnige Publicum Uberhaupt werden nun wieder manches finden, wa* sie
ihre Reise dahin nicht reuen lässt.
Der alte Thurm, von einigen der Markomannen-Thurm genannt (c. 12 Klafter hoch), ist ein
eigentümlicher Bau , der ausser dem zu Eger für einzig in Böhmen besteht. Er ist im Viereck
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Die Feste Klingesbekg (ZvIkov) in Böumen".
103
gebaut, jede Seite desselben ist 18 Schritt lang, lauter Quadern, meistens von gleicher Höhe und
Breite und die meisten etwa zwei Spannen hoch und bis drei Spannen lang. Solcher Quader-
schieliten zählt der Thurm 48, und fast auf jedem einzelnen Steine, besonders von der Mitte hinauf,
lindet man ein in der Mitte des Steines noch eingemeisseltes Zeichen. Jeder Quaderstein ist
gleichsam von dem andern auf 2 Zoll getrennt und in der Mitte rauh, stark convex (Bnckel-
(paader) und mit einem Loche versehen, walirscheinlieh deswegen, dm leichter hinaufgezogen zu
werden. Die darauf befindlichen Zeichen sehen folgendermassen aus :
Z\-\/Y^ >-< HlINtllWAL
Die Mauern haben 9'/, Fuss Dicke, und die Schwelle des Einganges ist gute 8 Fuss ober
dem Boden, der Sicherheit der Bewohner wegen. Seit jeher hat die Aufmerksamkeit der 'Alter-
thumsforscher jener viereckige Tininn in Anspruch genommen. Über die Erbauer desselben
herrschten seit jeher zweierlei Meinungen ; einige leiten diesen merkwürdigen Bau von den Mar-
komannen her, die andern dagegen behaupten, er stanmic aus der ältesten Zeit der böhmi-
schen Geschichte. Um zur genauem Kenntniss dieses in historischer Rücksicht berühmten Gebäu-
des zu gelangen, besuchte ich die Burg Zvikov und fand nach näherer Erforschung die Meinung
vollkommen bestätiget, dass der Thurm ein früh-mittelalterliches Bauwerk sei. Es ist ein Donjon,
jenes Bauwerk, das den Hauptbestandteil der früh-mittelalterlichen Burgen bildete, davon aber
allerorts sich nur wenig Exemplare bis auf unsere Zeit erhalten haben. Der früh-mittelalterliche
Charakter wird auch durch die Steinmetzzeichen bestitttigt , mit denen ähnliche sich ausserhalb
Böhmens an den Thürmen zu Pottendorf, an dem Wiener Thor zu Hamburg, dem sogenannten
Römerthurm zu Regensbnrg u. s. w. finden.
An der Ostseite lehnt sich an den Thurm die Burg-Capelle und gegen Norden ist der
Burgpalast (palac) angebaut, so dass man nur zwei Seiten äusserlich betrachten kann. Die
Dicke der Mauer beträgt 9'/, Fuss. Der innere Theil des Mauerwerkes ist nnregelmässig mit
grossen Steinen aufgemauert, den Raum zwischen der innern und äussern Wand füllen kleinere
Steine aus , welche ohne Ordnung in den Mörtel hineingeworfen wurden, so
dass eine jede von diesen vier Mauern, welche den Raum des Thurmes cin-
schliessen, aus drei Theilen besteht: ans der äussern und innern Mauer,
und aus der Zwischenmauer, welche die beiden äussern Mauern verbindet.
Die wenigen Fensteröffnungen sind ungemein eng. Der schmale Eingang
führt in ein Zinuner, in welchem vor der Erbauung der Burg Karlstein auf
eine Zeit die königliche Krone aulbewahrt wurde. Die Bauart, dieses Saales
zeigt deutlich, dass die festen Mauern jenes uralten Thurmes in weit späterer
Zeit durchbrochen wurden, damit in dieselben das gothische Gewölbe ein-
gelassen werden könnte. (Fig. 1 gibt die Abbildung eines Rippenansatzes.)
Nicht minder beachtenswerth ist der Wartthurm. Derselbe ist an der
Nordseitc rund, gegen Süden hat er eine von schart' zugehauenen Quader-
steinen gebildete Kante. Beiläufig in der Mitte der Höhe war eine Galerie,
was schon die ringsherum hervorragenden Tnigsteine anzeigen.
An den sogenannten Markomannen- Thurm schliesst sich östlich und
nördlich das eigentliche, ein vorschobencs Viereck bildende Hauptgebäude
der Burg an, die Wohnung des Besitzers, in welches eine hohe und lange
Thordurchfalirt an der Abendseite führt. Zwischen diesem Thore und dem
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104
F. B. Bezdeka.
ältesten Thurmc befindet sieh ein kleine»,
eng verbittertes Fenster, ober welchem
folgende stork verbliebene, alte Insclu-ift
bemerkbar ist: Letha 1597 Ja Jan An-
tonin Wlach Saused v Miestie Miliusku
Projednal S(eni se) zde na Znmku Zwi-
kovie od Frozcncho P. P. Jana Girziho
z S(wam)bergka na Ronsperku Boru a
Worlikn geho milosti Cysarzske Raddy
na tu obmitku okolo wsseho zamku tez
i u wnitrz w Zamku a to dilo s Bozi
pouioczy wsseehno sein urownal prze-
ginaCil czeladkv in
Pondielj na autery Nazenj
W Noczy P. M
sein miel od zlcho dueha t
podemnau taten tak hrubie uzasl az sein
wen s komory utetzy musel. Pan Buh
wssemoeny raezii nas sam wsseehny od
takoveho dueha ostrzihati. Amen '.
Dicht an dem alten Thurnie ist
im ersten Stockwerke ein hohe» gothisches Gemach angebaut. An der Wand, dem grossen
Fenster gegenüber, sehliesst sich der Saal an, der von Knobloch 1554 mit Wandmalerei gezielt
wurde. Man sieht die vier weltlichen Churfürstcn in Lebensgrüsse und zu ihren Füsseu ihre
Wappen. Sie erscheinen in vollem Krönungs-Ornate mit Spruchbändern Uber dein Haupte, von
denen jedoch nur das zweite lesbar ist : Palatiny rein. Wir geben in Fi«-. 2 — 5 einige dieser
Wandmalereien wieder.
In der mit Fresken ausgestatteten St. Wenzels-Capelle ist in
einer grossen Nische ein Gemälde angebracht, vorstellend Christus
am Kreuze, ihm zur Seite stehen Maria und Johannes, ferner
ein anderes Bild vorstellend, Maria die h. Elisabeth besuchend;
beide Bilder haben Inschriften. Der alte Altar ist nicht mehr
vorhanden; an seine Stelle hat man ein dreitheiliges altare porta-
tile auf eine gemauerte Unterlage gesetzt. Hinter dem Altar ist
links das Wappen der Schwanberge angebracht; auf dein rec hts-
seitigen Schilde sieht man zwei Löwen, wovon ein jeder in seiner
Pfote ein Kirchlein trägt. Endlich sind dort die Fresco-GcmHlde
des h. Niclas, Wenzel, Christoph, Bartholomäus, Laurentius, der
h. drei Könige, des Fegefeuers, dann in der Mitte die Mutter Jesu,
Maria, Jacobus (Buh stestim vlädne), Dorothea, Sebastian, Mar-
Fi g . 3. garetha, Katharina, Johannes, Apollonia, Maria, Cliristus auf dem
i Im Jahre 1597. Ich Johann Anton Wlach. Kürzer in der Stadt Muhlhauscn, habe hier im Schlosse Klinsenberg Ton
dem wohlgcbonicn Herrn Georg von .Schwanberg auf Konsberg, Bor und Worllk, Sr. kai»erlicben Majestät Rath, den Anwurf
um du Schlos* herum und auch im Innern des Schlosses gedinget — und dies« Arbeit mit Hilfe Gottes alle in Ordnung
gebracht, geändert von dem Gesinde mir vom Montage auf deu Dienstag bei der Nacht
1>. M. hatte bin ich von dein bösen Geiste . . . t Ht unter mir getogen worden, so stark er*chrockcu. das» ich aus der Kammer
davon laufen mussto. Gott der Allmächtige geruhe uns alle von einem solchen Geiste tu bewahren. Amen.
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Fig. K
Die Fute KLiNOENiiEBCi (Zvisov) in Böhmen.
10Ö
Kig. 4.
Fig. r>.
Kreuze mit dem Liebling Johannes und mit seiner Mutter.
Der h. Jakob (auf der Brust: Spes mea est Christus 1572)
Andreas. Thomas (am Kleide unter dein Cingulnui : Wssc-
mohuczy moezny, zwaney moczncyssy Smylug se nad
namy wssemy 15G). Joannes (causa letha panie lcevj);
Judas (an der Stirn : Sprawug Bozie Srdcze my Wedle
Wide swy. 157(i p.) Petrus, Paulus, Joannes Evange-
lista, Philippus, Matthilus, Mathias, Joannes Baptista,
Maria ihre Verwandte Elisabeth besuchend, Ecce Homo,
der heil. Mauritius, Christus am Kreuze, Anna, Maria,
Leonardos, und Erasmus. Ober den vier Evangelisten
hinter dem Altar liest man im Gemälde St. Erasimi : Sanctc
fcrasine intercede pro nobis. 1553 umfel jest Wezpor
pan pisaf ten ctvrtek pfed Bozhn narozeuim; jeho dussi
raez Pan Buh milostiv byti. Amen. (Im Jahre 1553 starb Wezpor Herr
Schreiber den Donnerstag vor der Geburt Christi; seiner Seele möge unser Herr Gott gnädig
sein. Amen.) An der Nordseite, in der Hübe des Chores ist das Bildniss des heil. Hieronymus
im Cardinalscostüme angebracht, wie er einem Löwen die Hand reicht; die Inschrift dabei ist
fast unleserlich. Ausser dem Chore zwischen dem heil. Bartholomaus und Laurentius sieht man
Maria und die von den Engeln getragene Aufschrift : Quia quem memisti portare.
An der Westseite oben sind viele tlieils lateinische theils böhmische Inschriften angebracht,
deren etliche die Jahrzahl 1588, 1593, 1579, 1550, 1505 enthalten.
Capelle und Sacristei ist mit Fliessen gepflastert gewesen, davon nur mehr Exemplare sich
erhalten haben. Es sind Thonbacksteine l 1 /, Zoll dick, 7'/. Zoll lang, und eben so breit mit
starker Glasur und mit verschiedenen theils mystischen, theils wirklieh vorhandenen Thieren
erhaben ausgeprägt und ringsherum entweder mit Majuskelschrift oder mit Arabesken, Punkten,
Kreuzen etc. umgeben.
Spuren der herrlichsten, mitunter purpurrothen Glasmalerei sind noch in den gothischen
Fensterverziemngen der Capelle erhalten
Die grösste Länge der Burg, von der Zugbrücke an gerechnet, betrügt bis zum Flusse
Votava 150 Klafter, und die grösste Breite von der Muhle bis zur Vereinigung der zwei Flüsse
i'»0 Klafter. Die Litnge des schmalen Theiles vom Anfange der Zugbrücke Uber den ersten
Hofraum bis zum Thore, welches zum Turnierplatze führt, betragt <!7 Klafter 3 Fuss.
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100
Ein gothischcs Vortragekreuz in der k. k. Ambraser
Sammlung.
Von Edi'abd Fueiuerrn voh Sacken.
Mit elnsr Tafel and 3 Holzschnitten.;
Die aus edlen Metallen verfertigten Kreuze fanden bekanntlich im Mittelalter eine dreifache
liturgische Verwendung : als Altarkreuz, das, auf den Altartisch gestellt (seit dem XII. Jahrhun-
dert) oder auf dem Ketabulutn angebracht, nie fehlen durfte, sodann zur Verehrung, meist Reli-
quien, besonders eine Partikel vom heiligen Kreuze enthaltend. Solche, oft von bedeutender
Grösse, standen in ältester Zeit bisweilen frei in der Kirche 1 , die meisten aber wurden in den
Schatzkammern aufbewahrt und nur bei feierlichen AnlHssen ausgestellt oder als Pacificalia zum
Küssen dargereicht. Von dieser Art sind, um nur einige Beispiele anzuführen, das zu den Klein-
odien des heiligen römischen Reiches gehörige, für den Speer Christi und die Kreuzpartikel
bestimmte Reichskreuz von Konrad II., die aus dem X. und XI. Jalu-hundert herrülu-enden
Prachtkreuze im Stiftsschatze von Essen 2 , das prachtvolle Kreuz Otakar's von Böhmen im Dome
zu Regensburg das goldene Melkerkreuz von Rudolph IV. ', das mit Cameen besetzte im Prager
Domschatze \ das goldene Vorsatzkreuz in Gran" u. a.
Die dritte, sehr allgemeine Verwendung ist die als Vortrage- oder Proccssions-Kreuz, als «las
königliche und Triumph-Zeichen Christi und der Kirche '. In der romanischen Epoche waren die
kostbaren aus Holz, mit Goldblech Uberzogen, wohl auch nur aus Gold getrieben und in Ver-
bindung mit Krystall, weit hltufigcr aber sind die von getriebenem Kupfer und vergoldet*. Sie
■ So die beiden "i und 'oi Pfund schweren goldenen Kreuze, die I,eo III. um Sik) in die Peterskirchc stiftete, von denen
das erste im .Scbiffc der Kirche stund, das zweite vor dem Hochaltäre. Dann da« .Beuna" benannte colossalc ltcbuuienkreaz
im Dome von Mainz, mit tiOO Pfund Gold.
s Ernst ausm Werth, Kunstdenkmäler de* christlichen Mittelalters in den Kheinlanden II, Taf. 21-2«>.
a Jakob, Die Kunst im Dienste der Kirche, Taf. IX. 1Ü.
* Mittheil. XIV, f>!>.
* Mittheil. XIV, 27. Daa Schal zverzeichniss vom Jahre 13c7 fuhrt drei (joldcnc ttclit|uenkreuzc auf und ein silbervergol-
dete« Mitthcil. IV, 271.
* Jahrbuch d. Centr. ( omm. III, l.'!6.
; „Crux quasi regale veiillum et triumphale Signum in proepssionibus praeinittitur", Durandus, Rat. IV, c 6, n. IS.
8 Bisweilen wurden die cruces proccssionnles auch, auf ein Postament gestellt , als Altarkreuze verwendet; solche haben
statt der Hubve unten einen Dorn. Dies ist der Fall bei dein Lotharkreuze nua dem XI. Jahrhundert im Sehatze zu Aachen,
einem romanischen Kreuze in Köln (Bock, Das heil. Köln Nr. 35) und dem der Kirche Maria Lyskirchen daselbst (Katalog
de« erzbiacl.öfl. Museums 1*55, Nr. 21,.
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WIEN, K. K. SCHATZKAMMER.
J. Leih, phot.
Mitlh. der Ccntr.-Com. 1871.
Holzschnitt wn F W. gader m Wien.
Em GOTHISCHES VoBTBAOEKRElZ IM »ER K. K. AmBKASER SaMMI.I: JCG.
107
zeigen meint auf einer Seite den Gekreuzigten, auf der anderen die heil. Maria, in den Kleeblatt-
enden die Büsten der vier Evangelisten und der Kirchenväter in verschiedener Anordnung.
Besonders zahlreich wurden sie in Venedig verfertigt und erhielten sich in ziemlich unveränder-
ter Form, nur mit verschiedener Ausschmückung des Nodus, bis ins späte Mittelalter, selbst bis
in die Renaissance-Zeit '. Aus dem früheren Mittelalter sind wenige Proccssions-Kreuze auf uns
gekommen (wie z. B. das Zwcttler Kreuz aus dem XIII. Jahrhundert); weitaus die meisten
stammen aus dem XV. Jahrhundert.
Gewiss eines der prachtvollsten aus dieser Zeit und in seiner Composition sinnreichsten
ist das früher in der k. k. Schatzkammer, jetzt in der Ambraser Sammlung befindliche Vortrage-
kreuz, von dem hier eine Abbildung in trefflich ausgeführtem Holzschnitte gegeben wird (s. die
beigegebene Tafel) '". Es ist von ungewöhnlicher Grösse, denn es misst gerade 3 Fuss. Die klee-
blattförmig endenden Kreuzesarmc sind Tafeln von dem reinsten Bcrgkrystall , in der vollendet-
sten Politur spiegelnd und glitzernd; die überaus reiche Montirung in theils weissem theils ver-
goldetem Silber muss ein Meisterstück der Goldschmiedekunst genannt werden und zeigt einen
fast Ubergrossen Reichthum an feinen Details, die, obwohl mit architektonischem Verständnis*
angeordnet, doch im ganzen, besonders in nur tiniger Entfernung betrachtet, nicht zur vollen
Geltung kommen, aber eine eingehende Betrachtung verdienen.
Die Mitte des Kreuzes nimmt das Crucifix ein; der dornengekrönte nimbirte Kopf zeigt
einen tief empfundenen schmerzvollen Ausdruck, die Zeichnung des Körpers und der breiten
Küsse aber ist incorreet, ohne Formcnverständniss und hart, wozu die etwas spröde Technik (die
fast 6 Zoll hohe Figur ist aus sehr dünnem Silberbleche in Stücken getrieben) beigetragen haben
mag. Vier bekleidete Engelchen mit liebliehen Lockenköpfen fangen das Blut der Wundenmale in
Kelchen auf (eines derselben hat in jeder Hand einen Kelch, für das Blut der linken Hand und
das der Seitenwunde); sie wachsen aus Blumen hervor, die in den unteren Ecken der Kreuz-
balken und am Fussende des Kreuzes angebracht sind. Zwei symmetrisch in den oberen Ecken
der Arme befindliche Engel schwingen sehr zierlich, völlig ausgearbeitete Rauchfässer, die sich
beim Tragen des Kreuzes an ihren Kettehen bewegen. Über dem Haupte Christi sieht man den
heiligen Geist und den thronenden Gott Vater, der mit der Rechten segnet, in der Linken die
Weltkugel halt, zwischen zwei Engeln, die gewundene Fackeln tragen. Es wird hier die Mitwir-
kung des heiligen Geistes an dem vom Vater ausgehenden, vom Sohne vollzogenen Erlösungs-
werke zum Ausdruck gebracht, durch die segnende Geberde des Vaters und die bekreuzte Welt,
kugel der Segen, welcher dadurch der ganzen Welt zu Theil wurde angedeutet, durch die Fackeln
vielleicht das Licht, das in die Welt ausging. Auf jedem der Klceblattenden des Querbalkens ist
die Halbfigur eines Propheten mit langer Schedula angebracht; es sind wohl die beiden Haupt-
Propheten, welche den Opfertod Christi weissagten, Isaias und Jeremias gemeint Auf der Spitze
des Lttngsbalkens halten zwei knieendc Engel, anbetungsvoll aufblickend, die Monstranzc für den
Leib Christi; von dieser ist jedoch nur das Fussgestelle erhalten, der fehlende Obertheil wurde
in späterer Zeit durch eine Blume ersetzt.
Zu beiden Seiten des Kreuzes stehen, tieftrauernd, die Mutter des Heilandes, die rechte
Hand, wie zur Theilnahme an ihrem Schmerze auffordernd, gesenkt und auswärts gekehrt, und
der sclimcrzvoll zum geliebten Meister aufblickende Johannes von eben so ausdrucksvoller Ge-
berde, zu den Füssen des Gekreuzigten aber kniet Magdalena, die Arme in Jammer und Ver-
» Durch das Festhalten an dem herkömmlichen Typus und bei der hnndwerksmäsatgen Ausführung, die durch die spröde
Technik des Treiben» noch roher erscheint, haben sie oft einen »o altcrtbUmlichon Charakter, daas ale leicht fiir älter gehalten
werden können, ala sie wirklich aind. Solche Kreuze besitzt auch die Ambrascr Sammlung.
'» Photoiylographic nach der Publicarion in der Wiener Bauhütte.
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10S
EiH-Aiti» Fheihkku von .Sackes.
zweiflung sehnsüchtig emporgestreckt, das Antlitz zu Christus gewendet; obwohl man sie nur
von rückwärts sieht, ist iloch da» Gesicht auf das zarteste durchgeführt. Das lange Haar wallt
aufgelöst herab, der Mantel ist von der Schulter gefallen und umgibt in reichen Falten die Füsse.
Die 3 bis 5 Zoll hohen Figuren, von wetten sehr faltenreichen Gewändern umhüllt, sind wieder
von getriebener Arbeit. Die beiden ersteren stehen auf laubverzierten Consolen, welche den
Abschluss besonderer, aus dem Kreuzesfusse herauswachsender Aste bilden; diese sind reich mit
Krappen verziert, zwei von ihnen sich lostrennende Zweige bilden Lünetten, die beiderseits mit
einem bekrönten T ausgefüllt sind.
Die Ornamentik des Kreuzes zeigt eine klare Disposition und feineu Geschmack. Die
cordonnirte Umfassung der krystallenen Arme ist von einem Wulste aus weissem Silber einge-
fasst, mit Krappen belegt; an jedem Kleeblattende befinden sich vier Kreuzblumen, den orga-
nischen Abschluss der Spitzen zwischen den Pässen bildend. In sehr sinnreicher Weise füllen
die erwähnten Engelehen die Ecken zwischen den Krenzcsbalkcn au».
Auch die Rückseite des Kreuzes mnsste, da e» bestimmt war frei getragen zu werden, eine
entsprechende Ausschmückung erhalten ". Diese besteht in der trefflich gearbeiteten, 5 Zoll
grossen Figur des heiligen Georg, oder des heil. Theodor, welcher dem Drachen, der sich unter
seinen Füssen windet, die Lanze in den Rachen stösst. Er ist mit einer antikisirenden Rüstung
bekleidet, — die Anne decken Schuppen mit einzelnen Platten, den Leib ein getriebener
Harnisch, an den Knieeu grosse Buckel, an den Füssen faltige Stiefel — der jugendliche Kopf ist
bekritnzt und nimbiit. Ueber den Heiligen hält ein aus Wolken hervorgehender Engel eine
Krone als Zeichen des belohnten Martyrthums. Durch diese vollrund getriebene , von vorn zu
sehende Figur, neben welcher am Querbalken des Kreuzes auf einzelnen Plättchen Genien, auf
Vasen sitzend, angebracht sind, und die durch das Krystall von vom sichtbare Magdalena wird
es weniger auffallend, dass man die übrigen Figuren von rückwärts sieht. Unter dem Kreuze sind
in weissem Silber Felsen angebracht mit dem Todtenschädel (zur Andeutung der Sehüdclstätte
oder des Überwundenen Todes, nach einer alten Tradition der Schädel AdamVl.
Wir wenden uns nun zu der Betrachtung des Nodus, an dem sich, im Gegensätze zu der
ruhigen Abgeschlossenheit, welche dieses Mittelglied an romanischen Bildwerken zeigt, eine
Auflösung und Zerklüftung der Haupt form in so auf einander gethürmte Details entfaltet, dass
für die Totalwirkung hierin fast zu viel gethan erscheint, nur bei näherer Betrachtung treten
die reizenden, allerdings gedrängten Einzelheiten hervor. Die Anlage ist architektonisch, wie
gewöhnlieh bei den Erzeugnissen der gothischen Kleinkünste , die etwas spielende Nachahmung
eines Steinbaues, dessen Formen aber construetiv bedingt sind, wäluend sie hier eine blos
decorative Bedeutting haben. Der ganze Xodus ist nämlich ein achteckiger Dom; die Seitenflächen
sind von Fenstern durchbrochen, die, oben rundbogig abgeschlossen, das reichste Masswerk
zeigen (in den Bogcnleldcrn Fischblasenmuster), das Kranzgesimse ist zinnenbekrönt, aus den
Fialen der Strebepfeiler an den Ecken gehen violinspielendc Engelchen hervor. Das Gebäude ist
umgeben von einem Kranze vorn offener Capcllchcn, deren Rückwände wieder von Fenstern
durchbrochen und die mit Kuppeln bedeckt siud; zwei hohe Uber Eck gestellte Wimberge mit
der Fiale vorn in der Mitte bilden den architektonischen Abschluss der SeitenwHnde der Capellen
und verkleiden die Kuppeldächer, auf deren Kreuzblumen als Spitzen nackte blasende Engel
sitzen. In den Capellchen stehen Heilige: die vier Evangelisten mit ihren Büchern, zu Füssen
die symbolischen Thierc — statuarisch gedachte Figuren von grossaitigcr Anlage aber geringer
Ausführung, dann drei Bischöfe mit Büchern und ein barhäuptiger Heiliger; unter diesen sind
wohl die vier Kirchenlehrer gemeint, obwohl Hieronymus nicht, wie gewöhnlich, in der Cardi-
i' Üvi don meinten Prnce?»ionti-Kreiixen haben die Rückseiten gravirte Dirstellungen.
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Ein
VoBTBAOEKREtJZ IN DES K. K.
Sammlung.
109
nalstraeht erscheint. In den Ecken zwischen
den kleinen Capellen treten Strebebogen
vor, auf den Haupt-Fialen sieht man die Halb-
figuren von Propheten mit Spruchbändern.
So ist also der Gedanke des Ganzen die
Darstellung der Kirche mit ihren Lehrern
und dem Gekreuzigten als dem dominiren-
den Haupt, während das Sacrament des
Altares gleichsam die oberste Spitze bildet
und den Abschluss vollendet: die Engel
allenthalben bezeichnen die himmlische
Verklärung. Es stellt sonach das Kreuz die
Hauptmomente der katholischen Lehre in
tiefsinniger Weise dar.
Die 7 Zoll lange Hülse, die auf die
Tragstange zu stecken war, ist unten mit
einem Kranze von aus dürrem Aste kei-
menden Blumen umgeben (vielleicht auch
nicht ohne symbolische Bedeutung), oben
mit einer Blattkrone, über welcher das
gothisehe Gesimse kommt und das reiche
Capitäl, welches den Nodus trägt. Hier
treten entschiedene Anklänge der Renais-
sance hervor, denn durch die schnecken-
artige Unibiegung des Laubwerkes an den
Kanten erhält das Capitäl in seiner Haupt-
form einen antikisirenden Charakter, und
zwischen denselben sind zweihenklige
Vasen, Amphoren angebracht, in denen Fig. 1.
Blumenzweige stecken.
Über die Provenienz des Kreuzes ist nichts sicheres bekannt, indessen geht aus vielen
Zügen hervor, dass es eine ober-italienische, wahrscheinlich venetianische Arbeit ist. Abgesehen
von der üppigen Pracht der Gcsammtanlage, zeigen die Figuren entschieden italienischen
Charakter; sie sind, im Gegensatze zu deutschen Arbeiten aus dem Schlüsse des Mittelalters, etwas
stämmig , die Kfipfe von sehr markirten Zügen , ältlich , mit starkem Knochenbau , der besonders
in den derben Backenknochen und breiten Kinnladen hervortritt. Die weiten Gewänder zeigen
reiche Motive, wenig gebrochene Falten, aber breite, runde Tiefen, und so erinnern die
Figuren in vieler Beziehung an die Art des Mantegna und seiner ober-italischen Zeitgenossen.
Italienische Färbung ist auch an dem decorativen Theilc des Werkes nicht zu verkennen und
die Gothik zeigt bei allem Verstäudniss des Organismus, «las Ober-Italien nicht fremd war, doch
nicht die Schlankheit der Formen, die Schärfe und den Schwung des vegetabilischen Schmuckes,
wie die deutsche. So sind die Kreuzblumen etwas massig, mitunter federbuschartig und an den
Strebebogen des Knaufes sind cylindrische, oben und unten zugespitzte Fialchen die ein in den
Anschauungen deutscher Gothik wurzelnder Goldschmied diesseits der Alpen kaum gemacht
haben würde. Zudem ist das Hineinspielen der Renaissance , die in italienischen Bildwerken
lang als antike Reminiscenz anklingt, bevor sie zum wirklichen Durchbruch als fertiger Styl
XVII. IT
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110
Ediard Fr. v. Sacken. Ei» gothiscbis Vobtragekrevz in der k. k. Ambraser Sammlumo.
gelangte, bezeichnend genug. Das in den Lünetten neben Maria und Johannes angebrachte
bekrönte T, wohl auf den Namen des Donators oder des Schutzpatrone» bezüglich, deutet eben-
falls auf Italien; in ganz ähnlicher Weise kommen bekrönte Buchstaben und Monogramme auf
Münzen italienischer Dynasten vor.
Auch die Zeit der Entstehung des schönen Werkes ist aiisgesproehcn ; nach dem Style der
Figuren und den vorbeschriebenen architektonischen Details (Fischblasen, Vermengung mit
Figürlichem, geschweiften Spitzbogen, Renaissance-Anklängen). werden wir die zweite Hälfte des
XV. Jahrhunderts dafür anzunehmen haben.
Etwa hundert Jahre spater wurde zu diesem silber-krystallenen Vortragekreuze ein Posta-
ment aus Bronze verfertigt (Fig. 1), von so kunstreicher Arbeit, dass man hieraus ersieht, welch
grossen Werth man auf das Werk legte. Dieses 2 Fuss hohe Piedestal zeigt den ausgebildeten
Styl der Hoch-Renaissance mit entschieden antikisirenden Formen. Es ist eine dreiseitige Basis,
in drei Abtheilungen aufsteigend; die unterste hat an den Ecken als Füssc des Ganzen Harpyen
auf Löwenpranken, auf jeder der Seitenflächen in einer Liinette den heiligen Theodor in römi-
scher Kriegertracht, ohne Helm, mit Schild und Lanze bewaffnet, auf dem getödteten Drachen
stehend. Auf den Gesimsen der nach Art der römischen Säulcn-Capitäle gebildeten Ecken sitzen
frei gearbeitete Genien oder Engel, mit den Händen das Gewand über den Körper ziehend.
Der oberste Theil ist ein vasenförmiger Knauf mit drei durch Tücher verbundenen Engels-
köpfen; er trügt den Zapfen, in den die Hülse des Kreuzes gesteckt wurde.
Die auf dem Mittclgcsimse angebrachte Inschrift lautet:
1507 SOTTO IL GVARDIANADOI >F.L W" (monaeoVj MISIEH PIETRO ROTTA ET
COMPAGXI.
Daniber ist auf jeder Seite ein ovaler Wappenschild angebracht ; der erste enthalt ein
T und S zum Monogramme verschlungen und bekrönt, der zweite ist getheilt, oben ein Rad,
unten ein diademirter Kopf über einem Dreiberg (Fig. 2 1, wohl das Ordenswappen des Guardian»
Pietro Rotta. Der dritte Schild endlich ist gespalten, rechts ein aus der Schildmitte hervorge-
hender Arm, der einen Busikan halt, links getheilt, oben drei Eicheln neben einander, unten
ein nach rechts gehendes Thier (Fig. 3), es ist wahrscheinlich das combinirte Wappen der
Genossen des Guardians. Unter den Bildern des heil. Theodor liest man: SCOLLA
— TIE SANTO — TEODARO. Es geht daraus hervor, dass das Kreuz, zu welchem
dieser Fuss gemacht wurde, einer Confraterintilt, deren Patron der heil. Theodor war,
r*ts- *• i .. t Fi*, a.
genorte.
Wir werden dadurch mit der grössten Wahrscheinlichkeit nach Venedig gewiesen, wo
derartige religiöse Genossenschaften blühten und ansehnliche Gebilude und Schätze besassen
(Scuola di S. Rocco, di S. Giorgio, S. Marco etc.). Der heil. Theodor von Heraclea, dessen
Bildsilule der Doge Enrico Dandolo (1204) aus Constantinopel nach Venedig brachte und der
auch auf einer der Säulen der Piazzetta steht, war einer der Schutzpatrone dieser Stadt. Das
bekrönte Monogramm S, T ist vielleicht aufzulösen: San Teodoro, und auch das T auf dem
Kreuze mag auf den Heiligen zu beziehen sein. Nachdem der zu dem Kreuze gefertigte Fuss als
venetianische Arbeit erscheint, wird wohl auch dieses selbst als solche anzunehmen sein, mit
welcher Annahme der Charakter der Arbeit wohl übereinstimmt.
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