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Full text of "Thermodynamik Bd. II. T. Thermischchemische Umsetzungen. III. T. Thermischelektrische Umsetzungen"

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Thermodyna.. 




Woldemar Voigt 



Sammlung Schubert 

Sammlung mathematischer Lehrbücher. 



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II-. 




ftavbarli Colleße Hibrarg 



TROM THE BEC)j;£ST OF 



HORACE APPLETON HÄVEN, 



OF PORTSMOUTH, N. H. 



(ClnsB «f 184».) 



Flächen zweiten Grades vörTProf 
in Straßburg. M. 4.4 



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Dr. 

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Google 



Band XXVII; Geometrische Transformationen L Teil: Die 

projektiven Transformationen nebst Ihren 
Anwendungen von Prof. Dr. Karl DoehlenuUin 
in München. M. 10. -. 

„ XXIX: Allffemeiiie Theorie der Rmunlnirven 11. Fliclieti 
L TeU von Prof. Dr. Victor Kommerell in Reut- 
lingen und Prof. Dr. Karl KommereU in Heil- 
bronn. Mk. 4.80. 

n XXXI: Theorie der algebraischen Fanktionen «nd 
Ihrer integrale von Oberlehrer & Landfriedt 
in Straßburg. Mk. 8.50. 

„ XXXU: Theorie und Praxis der Reihen von Professor 
Dr. C. Runge in Hannover. M. 7.—. 

„ XXXIV: Liniengeometrie mit Anwendungen I. Teil von 
Prof. Dr. Konrad Zindler in Innsbruck. M. 12.—. 

„ XXXV: Mehrdimensionale Geometrie I.Teil: Die line- 
aren Räume von Prof. Dr. P. H. Schonte in 
Groningen. M. 10. — . 
XXXIX: Thermod^amllc I. Teil von Prof. i>r. W. Voigt 
in Göftmgen. M. 10.—. 

„ XL: Mathematische Optik von Prof. Dr. J. Classen in 
Hamburg. M. 6. — . 

„ XU: Theorie der Elektrizität und des Magnetismus 
I.Teil: Elektrostatik und Elektrokinetlk von 
Prof. Dr. J Classen in Hambur^^^ M. 5.—. 

„ XLIV: Aligemeine Theorie der Raumkurven und 
nichen II. Ted von Prof . Dr. Victor Kommerell 
in Reutlingen und Professor Dr. Kar! KommereU 
in Heühronn. iM. 5,80, 

„ XLV: Niedere Anaiysis Ii. Teil: Funktionen, Potenz- 
reihen, Qlelchnngen von Prof. Dr. Hermann 
Schubert in Hamburg. M. 3.80. 

„ XLVi: Thetafunlctionen u. hyperelliptische Funktionen 
von Oberlehrer E. Landfriedt in Straßburg. M. 4.50. 



! In Vorbereitung bezw. projektiert 'sind: 

Integralrechnung von Prof. Dr. Franz Meyer in Königsberg. 

Elemente der Astronomie von Dr. Ernst Hartwig in Bamberg. ' 

Mathematische Geographie von Dr. Ernst Hartwig in Bamberg. 

Darstellende Geometrie Ii. Teil: Anwendungen der dar- \ 
stellenden Geometrie von Prof. Erich Gcyc^cr in Kassel. 
, Geschichte der Mathematik von Prof, Dr. A, v. Braunraühi und j 
j Prof. Dr. S. üünther in München. 
I Dynamik von Prof. Dr. Karl Heun in Karlsruhe. 

Technische Mechanik von Prof. Dr. Karl Heun In Karlsruhe. 

Geodäsie von Prof. Dr. A. Galle in Potsdam. ' 

Allgemeine Funktionentheorie von Dr. Paul Epstein in Strasburg. 

RinfflIicfae projektive Geometrie. 

Geometrische Transf ormatlonen^ IL Teil von Prof. Dr. Karl 
Doehlemann in München. 



üigiiized 



by Google 



1 



Theorie der höheren alsebralsclien Kurven von Dr. Heinr. 

Wiclcitncr in Speyer. 
Elliptische Funktionen. 

Allgemeine Formen- und in Variantentheorie von Prof. Dr. Jos. 

Weltetein in Qiefien. 
Mehrdlmensiimale Geometrie II, Teil von Prof. Dr. P. H. Schonte 

in Groningen. 

Liniengeometrie II. Teil von Prof. Dr. Konrad Zindler in Innsbruclc. 
Kinematik von Prof. Dr. Karl Heun in Karlsruhe. 
Angewandte Poteatlaltheorie von Oberlehrer Qrimsehl in 

Hamburg. 

Theorie der Elektrizität und des Magnetismus II. Teil: 
Mafi'netismus und Elektromagnetismus v. Prof. Dr.J. Classen 
in Hamburg. 

Elektromagnetische Lichttheorie von Prof. Dr. J. Classen In 

Hamburg. 

Gruppen- und Snbstitutionentheorie von Prof. Dr. E. Netto in 
QieSen. 

Theorie der Flächen dritter Ordonng. 
Mathematische Potentialtheorie. 

Festigkeitslehre für Bauingenieure von Dr. ing. H. Reißner 

in Berlin. 



Elemente der Stereometrie 

von 

Prof. Dr. Gustav Holzmülier. 



Band I: Die Lehrsätze und Konstmlrtionen. 282 Figuien. 

Preis brosch. M. 6.—, geb. M. 6.60. 
f, 11: Die Berechnung einfach gestalteter Kdrper. Mit 

150 Figuren. Preis brosch M. 10.—, geb. M 10 80. 
„ III: Die Untersuchung und Konstruktion schwierigerer 
Raumgebilde. Mit 126 Figuren. Preis brosch. M. 9.—, 
geb. M. g.80. 

„ iV: Fortsetzung der schwierigeren Untersnchnngen. 

Mit 89 Figuren. Preis brosch. M. 9.—, geb. M. 9.80. 

Diests Werk dürfte' w ohl einzig in seiner Art dastehen, dean in so uin- 
{asseader und gründlicher Weise ist die Stereometrie noch nicbt bebandelt 
worden. Das Wort „elementar" ist dabei so zu nehmen, daS die bOhere 
Analysis und im allgemeinen auch die analytische Raumgeometrie ausge- 
schlossen bleiben, wahrend die synthetische neuere Geometrie in den Kreis 
der Betrachtungen hineingezogen wird, towdt es die Methoden der dar- 
stellenden Qeometrie erfordern. 

Alle Figuren, auf die ganz besondere Sorgfalt verwendet worden ist, sind 
Stxeng konstniiert und fnst jede ist ein Beispiel der darstellenden Geometrie. 

Trotz des i Ictnontaren Ciiarakters geht dici^e neue Stereometrie weit | 
über das übliche Ziel hm ms, gibt neben den Lehrsiiizen umfangreiches Übungs- ; 
material, betont die Konstruktion und die Berechnung gleichmäßig und wird 
an Vidseltiglcelt und Gediegenheit des Inluatn wohl Ton feelneni der 
hcnrorrmgeaderea Lehrbflcher erreiclit. 



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Samiiilung Schubert XLVllI 



Thermodynamik 

von 

Dr. W. Voigt 

o. ö. FrofMSor der t^ieoretischen Physik au der UniversitAt Göttimgea 

IL Band 

II. Teil: Thermisch-chemische Umsetzimg^en 

III. Teil: Thermisch-elektrische Umsetzungen 



Mit 44 Figuren und x Kurventafel 



Leipzig 

G. J. Göschensche Verlagshandlung 

1904 




Alle Bechte Ton der Yerlagahandlung Yorbehalten. 



Spamerache Buohdruckerei, Leipzi^j;. 



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Inhaltsverzeichms. 



n. Teil. 

Themüseh-elieiiiiselie UmsetsiiiigeiL 

Elnleituiig. 

Seite 

§ 1. Fundamentale Tatsachen 1 

§ 2. Die thermodynamischen Gruudgleichung^en . . 4 
§ 3. Über die Wärmeaufnahme bei chemischen Um- 
setzungen 9 

T, Kapitel. 
Eine Komponente in mehreren Phasen. 

L. Absohnitt. AllgemelBe GesetsmiUigkelteii. 

§ 4. Spezifische Potentiale und Potentialfl&chen. 

Phasenbereiehe 13 

§ 5. Die Begrenzung der Phasenbereiebe .... 16 

% 6. Die Yolnmenflaehen 19 

% 7. Teraehiedene Aggregatsustftnde 21 

§ 8. Die GTundfonnelii fOr die Greiudrorven zwisofaen 

dea Pbaaenbereiohen t • • ^ 

§ 9. Die Sätze Yon Olapeyron und Clausius . . Sl 

§ 10. Geaeize fOr Tripelpunkte 34 

§ 11. Empiriaehe Bestimmung der spezifiaoben Po- 
tentiale 35 

§ 12. Andere Problemstellungen. Eine allgemeine 

Bemerkung ...*,.« 38 



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IV JbihaltBYeizeiQhiik. 

Seite 



IL AbBohnitt Spezielle Untmncliiiiig ^bisolner Üb«r- 
gaagsgebietoyiiiflbesondoredeijeiiigenderyerdaiiipfl^ 
und Snbllmatioiu 

§ 13. Allgemeine Beziehungen 42 

§ 14. Arbeits- und Wärmeauf wand; Energie und En- 
tropie in einem Übergangsgebiete 46 

% 15. Dampf und f«8ie oder flfifldge SubBtanz; Ein* 

fOhrung einer Annäherung 50 

% 16. Weitere TemaehUtenigungen; die Gkidiung der 

Adiabaten 53 

§ 17. Inevendble Vorgänge im Yerdampfungsgebiei 64 
% 18« EmpmBehe Gesetze für SftttigtmgBdraok, Siede- 
punkt, SAttigangsdichte 57 

§ 19. Ableitung der Gleichung der Grenskurre aus 

den Potentialen von Flüsaigkeit und Dampf • 60 
§ 20. Besultate über Yerdampfungswärmen .... 64 
§ 21. Einige empirische Zahlen und ihre Verwertung 67 



HL Abschnitt. Zwei benachbarte Über^angsgebiete, ins- 
besondere die der Verdampfung und der Snblimation. 

% 22. GkiometrischeDarstellung der benachbarten Über^ 

gangsgebiete 70 

§ 23. Verhalten der Dampfkuryen und der Adiabaten 

beim Passieren der Grenzgeraden 75 

§ 24. Bas indifferente Gleichgewicht einer Dampf* 

atmosphfire 79 



lY. Abschnitt. Ein Gemisch aas einem idealen Gas und 
einem yerdampfenden Körper. 

§ 25. Das Gebiet des lUiorlntzten Dampfes .... 84 

■% 26. Die Koudonsationsgrenze 87 

§ 27. Gas, Dami't und flüssiü:f> oder feste fc>ubatauz , 89 

§ 28. Übergang über dir « n rnzirorade 90 



§ 29. Die Hertz sehe Adiabatentafel 92 

§ 30. Verwendung der Hertz sehen Adiabatentafel . 95 
§31. Das indifferent« Gleichgewicht in der Erdatmo- 
sphäre bei Berücksicliiigung von deren Feuch- 
tigkeit 98 



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Inhaltsverzeichnis. V 

Seite 

Y. Abschnitt. Dampfarbelts- und Dampf kältemaschlnen. 

§ 32. Ein Carnot scher Kreisprozeß im Verdampfungs« 

gebiet 101 

§ 33. Rechnerische Verfolgung einiger Carnot scher 

Kreisprozesse 105 

§ 34. Die Dampfarbeitsmaschinen 109 

§ 35. Zahlenbeispiele für Dampfarbeitsmaschinen . . 113 
§ 36. Einige die Leistung einer Dampfmaschine be - 
einträchtigende Umstände 116 

§ 37. Die Dampf kältemaschinen 118 

§ 38. Ein Zahlenbeispiel 120 

§ 39. Einige ergänzende Bemerkungen 122 

§ 40. Die Explosionsmaschinen 124 



VI. Abschnitt. Einwirkung von kapillaren und elek- 
trischen Kräften auf das Gleichgewicht zwischen 
Dampf nnd Flüssigkeit. 

§ 41. Die allgemeine Bedingung des Gleichgewichtes 



bei Berücksichtigung kapillarer Kräfte . . . 127 
§ 42. Bedingungen des mechanischen Gleichgewichtes 129 
§ 43. Bedingung des thermodynamischen Gleich - 
gewichtes 131 

§ 44. Weitere thermische Beziehungen 134 

§ 45. Wirkung einer elektrischen Ladung der Flüssig « 

keit auf das Gleichgewicht 135 



VII. Abschnitt. Die Kontinaltät des damp^rmigen und 
des flüssigen Znstandes. 

§ 46. Beobachtungstatsachen. Der kritische Punkt . 1S7 
§ 47. Form der Volumen- und Potentialflächen im 
Falle stetiger Ubergänge von Dampf in Flüssig - 
keit 141 

§ 48. Die van der Waalssche Gleichung .... 144 
§ 49. Entropie, Energie und Potential nach der van 

der Waals sehen Gleichung 147 

§ 50. Koexistenz von Dampf und Flüssigkeit . . , 150 

VIII. Abschnitt. Feste nnd flüssige Phasen. 

§ 51. Allgemeine Bemerkungen 153 

§ 52- Abhängigkeit des Schmelzpunktes vom Druck 154 



I 



VI Inhaltsverzeichnis. 

§ 53. Uber den Verlauf der Grenzkurve zwischen den 

Gebieten des festen und des flüssigen Zustandes 158 

§ 54. Überblick über das ganze Gebiet dreier Aggregat - 

zustände . . Ifil 

§. 55. Melirere kioexistierende feste Phasen .... 164 

II. Kapitel. 
Mehrere Komponenten. 

I. Abschnitt. Die allgemeine Theorie für zwei Kom - 
ponenten. 



§ 56. Allgemeines übei die Potentiale der Kompo - 







169 


§ 57. 


Die allgemeinen Gleichgewichtsbedingungen 


172 


§ 58. 


Zwei koexistierende Phasen 


174 


§ 59. 


Umwandlungen innerhalb des Gleichgewichts- 








177 


§ 60. 


Umwandlungen infolge der Vermehrung einer 








180 


§ 61. 


Die eine Phase enthält nur eine Komponente 


184 


§ 62. 




189 


$ 63. 


Beide Phasen enthalten beide Komponenten . 


192 


*^'64. 




193 


§ 65". 


In zwei Phasen kommt nur je eine Kompo- 






nente vor 


196 


§ 66*. 




199 



IL Abschnitt. Kinführngg spezieller Ansätze in die ^ 
Theorie hiniirer Gemische. 

^ 67. Heranziehung der den natürlichen Mischungs - 





Vorgang begleitenden Erscheinungen .... 


202 


§ 68. 


Änderung des Mischungsverhältnisses durch Ver- 






mehrung der Masse einer Komponente . . . 


207 


*?-69. 


Der Fall eines reversibel verlaufenden Mischungs- 






vorganges; halbdurchlässige Wände 


208 


§70. 


Bestimmung der Potentiale für die Komponenten 






eines Gemisches idealer Gase 


213 


§ 71. 


Keversible Mischung mit Hilfe vorheriger Ver- 








216 


§ 72. 


Die Potentiale für die Komponente einer ver- 








218 



InhaltsTerzeichnis. VII 

Sfiita 

§ 73. Theorie der verdünnten Lösungen. Die eine 

Plmse enthält nur das Lösungsmittel ...» 222 
§ 74. Theorie der verdünnten Lösungen. Die eine 

Phase enthält nur die gelöste Substanz . . . 227 

§ 75. Reihenentwicklungen für die Funktionen Qh . 229 
§ 76. Volumenänderung und Wärmeaufnahme beim 

Mischungsvorgang 282 

§ 77. Die erweiterte van der Waalssche Gleichung 233 

§ 78. Die eine Phase ist dampfförmig 235 

§ 79. Die eine Phase enthält nur eine Komponente 2B8 

§ 80. Koexistenz fester und flüssiger Phasen . . . 241 

§ 81. Zwei koexistierende flüssige Lösungen .... 242 

III. Abschnitt. Ein System von beliebig vielen Kom- 
ponenten nnd Phasen. 

§ 82. Definitionen 247 

§ 83. Die Gib bs sehe Phasenregel 250 

§ 84. Bestimmung der Potentiale in allgemeineren 

Fällen 253 

§ 8f). Verteilung eines Stoft'es zwischen zwei Lösungs« 

mittel . 255 

IV. Abschnitt. Berttcksichtigmig verschiedener Molekttl - 
artexL 



§ 86. 






257 


§ 87. 






259 


^88. 


Einfache Umlagerungen in idealen Gasen. 


Das 










262 


§ 89. 


Einfache Umlagerungen in idealen Gasen. 


Das 






Geseta der molekularen Konzentrationen . 


t 1 


265 


§90. 


Einfache Umlagerungen in idealen Gasen. 


Das 










268 


§ 91. 


Wirkung indifferenter Beimengungen . . 


• • 


269 


92. 


Zerfall eines Moleküles in ä untereinander 










271 


§ 93. 


Umwandlung von a gleichen Molekülen 


in « 






untereinander verschiedene 


» • 


273 


94. 






275 


§ 95. 


Stufenweise Dissoziationen 




277 


§ 96. 


Verschiedene Molekülarten in verdünnten 


Lö- 




■ ■ 






279 



1- ^ 



VIII Inhaltsverzeichnis. 

Saite 

% 97. Elektrolytische Dissoziation 281 

§ 98. Dissoziation der gelösten Stoffe 284 

§ 99. Eine verdünnte Lösung im Gleichgewicht mit 

einer Phase des reinen Lösungsmittels . . . 288 

III. Teil. 

Thermiseli-elektrische ümsetzungeiu 

I. Kapitel. 
Elektrostatik. 

§ 100. Arbeit an einem System elektrisierter Körper 290 
§ 101. Potentialfunktion, Feldstärke. Verhalten der 

Konduktoren . . . . . . . . . . . . . 293 

§ 102. Arbeit bei der Erregung eines Dielektrikum 297 
§ 103. Das erste thermodynamische Potential für 



elektrisch-thermische Umsetzungen. Pyroelek- 

trizität 300 

§ 104. Erwärmung in einem elektrischen Feld. Piezo» 

elektrizität und elektrische Deformation . . . 303 

§ 105. Irreversible Vorgänge 307 

§ 106. Übertragung der Resultate auf magnetische 

Vorgänge 309 



II. Kapitel. 

Galvanismus. 

§ 107. Die Gesetze des elektrischen Stromes . . . 312 

§ 108. Wärmewirkungen des Stromes 314 

§ 109. Elementare Theorie der thermoelektrischen 

KrMtfi .318 

$ 110. Der Thomson-Effekt 320 

§ III. Einfülinmg des thermod>mamischen Potentiales 325 

§ 112. Allgemeinere Theorie der Thermoelektrizität . 329 

§ 113. Thermodynamische Theorie der Hydroketten 332 

§ 114. Benutzung des thermodynamisclien Potentiales 335 

III. Kax>itel (Anhang). 
Thermodynamik der Wärmestrahlung. 

§115. Hilfssätze der Elektrodynamik 338 

§ 116. Definitionen 340 

§ 117. Die schwarze Hohlraumstrahlung 343 



InhaltBveneiehius. IX 

Seite 

§ 118. Einfarbige Strahlungen 847 

§ 119. Adiabatische Dilatation der sühwatzeu Hohl- 

ramnstrahluns: 349 



§ 120. Das W. Wien s< he Verschiebungsgesetz . . . 852 
§ 121. Das Plancksciie Wirkimgsgesetz für die 

schwarze Hohlraumstrahlung 355 

§ 122. Strahlungsdichte und Emissionsvermögen . . 356 , 
§ 123. Strahlungsgleichgewicht zwischen versohie- 

dentri durchsichtigen Medien 359 

§ 124. Beobachtungen über schwarze Strahlung . . 361 

% 125. Der Kirckhoff sehe Satz 365 



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Zttsammeiistellang der im folgenden konseqoent - 

benutzten Bezeichniingeii. 



M, m Massen, n Molekulargewicht, insbesondere auch. Gramm- 
molekül oder Mol, n Anzahl der Molen. 

V (Ge8ami')yolumeiiy vVoIiunen der Slaaseneinheit» q » Ifv Dichte, 
Uf u Volumeiitoderangen. 

^, % Temperaturen in Oeatigraden, erstere auf den absoluten, 
letstere auf einen beliebigen, z. R den Gel sius sehen Null- 
punkt bezogen. 

p allseitig gleicher Druck* 

B Eneigie elnee (insbesondere ruhenden) Systems, e diejenige der 

Hassen-, «' d» Yolumenelnbeit. 
dy d Differentiation8-,'resp, Yariationszeiehen. 

ä, 6 Diminutivzeichen. 

die Raum-, do Flächen-, ds Linien-, dq Quersclmittselement. 

A und äA zugeführte endliche und unendlich kleine Arbeit, « 
und da bei Reduktion auf die Massen-« a' und ä»' bei Re- 
duktion auf die Volumeneinheit. 

J mechanisches Wärmeäquivalent. 

Q\xr\f\ flü zugeführte endliche und unendlich kleine WUrniomenge 
in mechanischem Maße, a» und äco bei Keduktion auf die 
Mc'issen-, (o' und äo/ bei Reduktion auf die Voluni* neinheit. 

H Entropie eines Systems, der Massen-, der Volumeneinheit. 

c spezitische Wärme in kalorischem, y (gelegentlich auch /'oder c) 
in mechanischem Maße, y' bei Keduktion auf die Volumen - 
einheit; yx spezifische Wärme bei konstaut gehaltener Varia- 
bein X, somit bei konstantem Druck, yo bei konstantem 
Volumen. 

l latente Wärme in kalorischem, X, A in mechanischem Maße. 
S und Z erstes und zweites thermodynamisches Potential, ^ und C 

bezogen auf die Hassen, f ' und C bezogen auf die Yolumen- 

einheit. 



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ZuaammeiisteUung der benutzten Bezeiehnungen. XI 



B (g^egentlich auch h oder 6) die Konstante des Boyle-Gfty 
Lnäsfto sehen G^esetzes, B = B/i die Gaskonstante. 

Obere Indizes eharakterisieren im II. Teil die Phasen (speziell 
(•), (f), (d) die starre, flfiasige, dampfföimige), untere die Kom- 
ponenten. 

Q{p,^) = 0 ist die Gleiehung der Grenzkurre zwischen den Be- 
reichen zweier Phasen in der Ebene. 

g»Mi/jN^, r = mjini Hischungsrerhältnisee zweier Komponenten. 

Ck—MhPimi, die Summe über alle Komponenten einer Phase ge- 
nommen, die (Mas8en-)Konzentration der Komponente (h). 

kh » nhßfij die molekulare Konzentration der Komponente (h). 



K{X,Y,2r) resp. RiA^B^O elektrische resp. magnetische Feld- 
stärke mit ihren Komponenten* L Linienintegral Yon 

elektromotorische Kraft. 
0i <r elektrisches Potential und elektrische Poteutialfunktion; 

P "Wert von 9 auf einem Leiter. 
Q, o elektrische Kaum- und Flüchen dichte. 

f*{o(,ß,y) elektrisches (oder magnetisch^a) Moment der Volumen- 
einheit mit seinen Komponenten. 

J ivf i«) elektrische Stromdichte mit ihren Komponenten^ 
I Stromstarke. 

Bemerkung: Formeln desselben Kapitels werden im all- 
gemeinen bloß durch Angabe der Nummer, solche anderer 
Kapitel durch Angabe von Kummer und Seite zitiert. 



Draekfehler. 

Bd. I, S. 1, Formel 10 steht afV statt afV\ S. 221» Z. 13 v. u. 
steht 0|0|156 und 1;0,4 statt 0,156 und 1,406. 



II. Teil. 



Thermisehctieinisehe Umsetzungen. 



Einleitung. 



§ 1. Fundamentale Tatsachen. 

Bringt man in <»a «^HiKlriBclu» GefSß, da« dnioh einen 
bdasteteD^ aber reibungslos beweglichen Stempel abschließbar 
und rings von einem konstant temperierten Bad umgeben 
ist^ ein Plfissig^eitsquantum und verkleinert die Belastung 
des Stempels in stetiger Weise, so wird bei einem bestimmten 
Drucke Verdampfung beginnen und der Stempel sich heben, 
während Wärme aus dem Bade entnommen wird. Setzt man 
die Wärmezufuhr hinreichend lange fort, SO kann man die 
ganze Flüssigkeit zum Verdampfen bringen^ so daß der Oy- 
linder nur noch Dampf enthalt 

Unterbricht man die Wärmezufuhr, etwa durch Um- 
geben des Cylinders mit einer adiathermanen Hülle, so hält 
die Verdampfung ein, und Dampf und Flüssigkeit sind neben- 
einaifder im Gleichgewicht. Umgibt man den Oylinder 
wieder mit dem Bade und vergrößert die Belastung des 
Stempels um einen sehr kleinen Betrag, so sinkt der Stempel 
nieder, der Dampf kondensiert sich bei ungeänderter Tem- 
peratur und gibt dabei Wärme an das Bad ab. 

Bei einer höheren Temperatur spielt sich der ganze 
Voigang unter größerer, bei niedrigerer Temperatur unter 
geringerer Belastung des Stempels im wesentlichen in der 

Voigt, ThermodynunOc. n. 1 



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2 



Einleitung. 



gleichen Weise ab; nur sind die dabei dem Bade entnom- 
mcDon, rcsp. sugefiibrtai Betrage an Wärme im aUgemeinen 

verschieden. 

Statt die Belastung zu variieren, kann man auch die 
Temperatur bei konstanter Belastung verändern. Dann tritt 
bei alimäiilicher Temperaturstcii^erime: ein Punkt ein, wo 
die Verdampfung beginnt, der Stem[)el bei weiter konstant 
erhaltener Temperatur, aber andauernder Wärmezufuhr empor- 
8teia:t, innehält, wenn die Wärmezufidn* unterbrochen wii'd, 
und wieder herabsinkt, wenn die Temperatur beliebig wenig 
erniedrigt wird. 

Ganz ebenso, wie hier in bezug auf den Ubergang 
zwischen flüssigem und dampfförmigem Zustand beschrieben, 
nur teüweise sdiwieriger reaHBieibar wegen der Kleinlieit 
oder der GrdBe der in Wirksamkeit zu setzenden I>rucke, 
veibalten sich die Körper bei den Übergängen zwischen dem 
festen und dem dampfförmigen, resp. zwischen dem festen 
und dem flüssigen Aggregatzustand. 

Auch in diesen Fällen gibt es bei gegebener Tempe- 
ratur einen gewissen kleinsten oder größten Drucke bei ge- 
gebenem Druck eine gewisse größte oder kleinste Tempe- 
ratur, mit denen die Veränderung des Aggregatzustandes 
einsetzt und unter Wärmeaufnahme oder -abgäbe so lange 
andauert, bis die ganze vorhandene Substanz umgewandelt 
ist, während bei Unterbrechung der Wärmebewegung die 
beiden Aggregatzustände miteinander im Gleichgewicht sind. 

Genau entsprechend den verschiedenen Aggregatzustnnrlen 
einer Substanz verhalten sich die verschiedenen, sieli nielit 
mischenden Modifikationen desselben Aggregatzustandes, die 
manche Körper, z. E Schwefel, Phosphor, Selen annehmen 
können. Nur pflegen, wenn es sich um feste Zustände han- 
delt, die Umwandlungen träger zu verlaufen, so dali die 
für sie charakteristischen Paare von Drucken und Tempe* 
raturen sich nicht eben scharf bestimmen lassen. 

Den versehicdLuen Modihkationen derselben Substanz 
lassen sich weiter zuordnen die, obwohl gemischten, so doch 
noch iiiiv( i biindenen Bestandteile einer chemischen Ver- 
bindung und diese selbst. Auch hier kommt häuflg der 
Fall vor, daß bei bestimmten Wertpaaren von Druck und 
Temjperatur die beiden Körper (Mischung und Verbindung) 
mitemander im Gleidigewimt siod^ bei Wärmezofuhr die 



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§ 1. Fundamentale Tatsachen. 



3 



Reaktion in einer Richtung, bei Wärmeentziehung in der 
entgegengesetzten fortschreitet. 

Etwas anders verhalten sich Systeme, welche aus einer 
konzentrierten Lösung und überschüssig vorbimdener lös- 
barer Substanz (z. B. einem Salz) bestehen. Hier kann 
man nebeneinander Druck und Temperatur willkürlich vor- 
schreiben und erhält für alle Wertpaare einen Gleichgewichts- 
zQBtand 2wiflchen der L&smu; und der lösbaren Substanz^ 
bei dem die Quanta beider Körper ganz bestimmte GrÖBe 
besitzen. 

Ahnlich verhält sich ein Gemisch von zwei Flüssig- 
keiten in Berührung mit dem Gemisch ihrer Dämpfe. Bei 
einem beliebig vorgeschriebenen Wertpaar p und h gibt es 
im allgemeinen nur eine Axt der Verteilung der neiden 
Substanzen zwischen Dampf und Flüssigkeit. Wärmezufuhr 
oder -entziehung verandern in diesen beiden Fallen das Yer- 
' teUungsverhältnis nur unter gleichzeidger Änderung von 
Druck und Temperatur. 

Die vorstehende einfachen Beispiele sollen ^e An- 
schauung von den Flroblemen geben, um die es sich im 
folgenden handelt Stets unterliegen der Untersuchung 
Systeme ans Substanzen, die innerhalb derselben versdiiedene 
Kcmstitution besitzen; zwischen den verschieden konstituierten 
Teilen sind Umwandlungen möglich; die Fragen gehen auf 
die Bedingungen, unter denen überhaupt Gleichgewicht 
zwiscl u n den Teilen möglich ist, auf die Eigenschaften dieses 
Gleichgewichtes, auf die Aufwendungen, welche zur Über- 
führung des Systemes aus einem Gleichgewichtszustande in 
einen andern nötig sind. Die Grundzi^ der allgemeinen 
Theorie aller dieser Vorgänge verdankt man Gibbs^); ein- 
zelne Probleme sind nach teilweise modifizierter Methode 
besonders vonPlanck^)i Duhem^), Biecke^) undNernst^) 
durchgeführt. 

Gibbs, Übersetzung' und Zusamiuen^^teliuiig der betr. Ab- 
handlungen in: Therraodynamische Studien, Leipzig 1892. 

^) Planck, Zusammenfassende DttrsteÜiing in: Yorlesungent 
Uber Thermodynamik, Leipzi<j^ 1897. 

') Duhem, Le Potentiel thermodynamique etc. Paris 1886» 
Travaux et M4uioires des Facultas de Lille von 1891 ab. 
Blecke, Gtött Nadir, von 18d0 ab. 
Kernst, Theoietisehe Chemie» 4. Aufl. Btottgaxt 190S. 

1* 



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4 



Einleitung. 



§ 2. Die thermodynamisclien Grandglelchungeu. 

Die Grundlage für die folgende theoretische Behand- 
lung der geschilderten Probleme bilden die im letasten Ab- 
schnitt des ersten Bandes abgeleiteten Formeln, nach denen 
im Falle des Gleichgewichtes eines beliebigen Massen- 
syatemes bei allen virtuellen Veränderungen gilt 

(1) 6E^dA-\-dQ, 

dagegen iüi den Anfang der Bewegung aus einem Zustande 
der Ruhe ohne Gleichgewicht 

(2) dE<äA-{-äQ. 

Hierin stellt E für das System die innere Energie 
(d. h. die Gesamtenergie nach Abzug der lebendigen Kraft 
etwaiger sichtbarer Bewegungen) dar; die Diminutiva 6A 
resp. äA und 6Q resp. äÜ bezeichnen die zugefubrte 
Arbeit und (medianiscb gemessene) Wärme. 

Steht das System unter dem allseitig gleichen Druck 
so ist 

(3) 6A-^ pöV, äA = -pdV, 

unter V das Gesamt vohinion verstanden; herrscht in ihm 
überall die gleiche absohite Temperatur und geschieht 
die Wärmezufuhr in reversibler Weise, so ist 

(4) ÖQ^^dH, ÜQ^^dH, 

wobei H die Entropie des Systems bezeichnet. 

Die Formeln (1) und (2) werden bei Einführung des 
sogenannten zweiten tbermodynamiscben Potentiales • 

(5) Z^E-^H+pV 
zu 

\dZ<-Hd^-JtVdp, 

Hängt Z außer von p und noch von anderen Va- 
riabein .Tj, iCg, . . . .t„ ab, die etwa für die chemische 
Konstitution des Systems charakteristisch sind, 
tind wird bei allen Vercändernngen des Systems 
Druck und Temperatur konstant gehalten, so er- 
hält man hieraus 



§ 2. Die thermodyuamischen Grundgleichuugen. 5 

(7) ^p*Z=0, df^^ZKOi 

d. h. im Falle dos stabilen Gleichgewichtes ist Z 
ein Miuiiiiujii, im Falle des labilen eio Maximum in 
beziig auf die Variabein jc^,X2, . - ^^a:^ . 

Allgemein gilt für die vollständige Änderung des thermo- 
dynamischen Potentaales bei konstant gehaltenen Xi,.,,Xn 
(was dnreli den Index x an den Differentialen von Gxdfien^ 
die die Xn enthalten^ angedentet werden mag) gemäß seiner 
Definition (5) 

(8) d^Z^d^E-^ckH-Edd^ + pd^V-j- Vdp . 

Non ist bei konstanten Xn der Ediper auch von konstanter 
Konstitution, es gilt also nach der allgemeinen Eneigie^ei- 
cbung dE^äA'\-äQ hier die Beziehung 

(9) pdj'+iU^H, 

und die Formel (8) reduziert sich auf 

(10) d^Z==-Hd^ + Vdp, 
woraus folgt 

und somit auch 

if-ü- , 

Diese Beziehungen setzen natürlich das spezielle 
benutzte System ü iHiV)li:ingiger p^'&yX^^x^y . -Xn voraus. 

Bildet man die Dillercntialquotienten (11) für zwei ver- 
schiedene Zustände (1) und (2), so geben ihre Differenzen 



(13) 



d. h., sie bestimmen die Entropie- und die Volumenänderung 
bei dem Übergang aus dem Zustand (1 j in den Zustand (2). 

Findet dieser Übergang insbesondere bei kon- 
stanter Temperatur und auf umkehrbare Weise stattj« 
so ergibt sich wegen äQ = ^dH 



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6 Emleitong. 

(14) \^^h ^ ' 

(5D«"(?f)i^^"' 

unter f^^, die den Übergang begleitende Wärme- 
aufnahme, unter V^^ ^'^^ entsprechende Volumen- 
vergrößerung des Systemes verstanden. 
Ferner ist nach (5) 

(16) ,.(D=4^±4E±Z^_^,,_4ff, 

oder bei Berücksichtigung der Energi^leichung 

dies liefert 
(17) 



was mit der zweiten Formel (11) wesentlich identisch ist; 
außerdem aber auch 

= 5i 

Wendet man diese Formt 1 aui' zwei Zustände des 
Systems an, die bei gleichen j) und ^ verschiedenen Xn 
entsprechen, so liefert sie 

m~»~) #J 

Für jede isopiestische, d. h. bei konstantem Druck 
verlaufende Zustandsänderung, gl(ji< ]ivi( 1 ob dieselbe rever- 
sibel oder irreversibel ist, ergibt aber die Euergiegleichung 

(20) JS; - = -p(F, - Fl) 4- ; 

sonach folgt aus (19) für jeden derar Citizen Ubergang 
zwischen Endzuständen gleicher Temperatur 

^^^^ u\—»-) — 



I 



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$ 2. IHe thermodynaimsoheii Grundgleichuiigeu. 7 



Die Formeln (14^) and (21) beziehen sich «inlchst 
sowohl auf verschiedene Endzustände, wie auch auf ver- 
schiedenartige Umwandlungen zwischen denselben. Man 

kann erstere übereinstimmend machen, wenn man, wie in 
(21) so auch in (14^), die p im Anfangs- und Endzustand 
einander gleich anniomit. Schreibt man dann noch (21) 

so unterscheidet sich dies von (14^) nur durch das zweite Griied 
auf der linken Seite. Hieraus l'olgt, daß für umkehrbare 
Umwaiidluiigcn die Differenz — gleich Null, die Poten- 
tiale Z für die beiden Zustande also gleich sein müssen. 

Um von diesem Resultat sogleich eine Anwendung zu 
machen, betrachten wir von einer homogenen Substanz eine 
Masse in dem ersten, M2 in dem zweiten Zustand. 
Beide Massen mögen sich bei gleichem Druck und gleicher 
Tempeiatur und somit in relativem thermischen und in 
meonanisohem Gleichgewicht befinden. Dsnn ist nach 
dem vorstehenden die ÜbeEEuhrung einer Masse Jf sowohl 
ans dem ersten in den zweiten Zustand, als von dem zweiten 
in den ersten Zustand nur dann möglich, wenn der gleichen 
Masse in den beiden Zuständen das gleiche thermodvna- 
nusche Potential zugehört Man wird vermuten dürfen, daß 
der Zustand, in welchem zwischen zwei in mechanisch- 
thermischem Gleichgewicht befindlichen Modifikationen der- 
selben Substanz Umwandlungen in beiden Richtungen mög- 
lieh sind, dem chemischen Gleichgewicht entspricht, und 
demgemäß schließen, daß das chemische Gleichgewicht in 
diesem Falle gebunden ist an die Gleichheit der Potentiale 
gleicher Massen der beiden Modifikationen. Dies wird sich 
in der Tat unten bestätigen. — 

Die vorstehenden Formeln hrziehen sich durchaus auf 
die im vorigen Paragraphen g( -cliilderten Umstände der 
Beobachtungen : Druck und Temperatur sind als direkt vor- 
geschrieben i;( (lacht. Das entspricht in der Tat der am 
meisten benutzten Anordnung des Experimentes. Indessen 
kommen doch auch Fälle vor, wo neben der Temperatur 
nicht der Druck, sondern das Volumen vorgeschrieben, 
z. B. bei Veränderungen konstant erhalten wird. Hier bietet 
das Bd. I, S. 215 und 360 eingeführte erste thermo- 



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(23) 



8 Einleitung. 

dynamische Potential gewisse Vorteile. Die Gleichungen (1) 
und (2) werden hier bei BenutBung von (3) und von der 
früheren Beseichnting» 

(22) E~^E=^E 

zu 

Es ^ilt also bei konstant gehaltener Temperatur und 
bei konstant gehaltenem Volumen für den Zustand des 
Gleichgewichtes und iur den Anfang der Bewegung 

(24) a^FÄ-O, d^7S<0, 

Femer entspricht der Formel (8) die Beziehung 

(25) fkS=d:,E-^d:,H-Hd^, 
und die üei-anziehung von (9) Uefert 

(26) d^S'^-Hd^-pdV , 
also 

BS BS 

(27) T6--^' W-'-P- 

¥&t nmkelirbare yerindornngen bei konstantem # wird 
somit aiial(^ zu (14) 

\w)r\w)r'~P"' 

wobei Ü^., die nötige Wärraeaufnahme, p^^ die Druckänderung 
bei der Umwandlung bezeichnet. 
Femer gilt aualog zu (18) 

^^^^ M U j ^ ' 

und die Energiegleiehung liefert bei konstantem Volumen, 
gleichviel ob der Vorgang reversibel oder irreversibel ist, 

(30) E^-Ei^iHt, 



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§ ä. Uber die Wärmeaufhahmc bei ehem. Umsetzungen. 9 



SO daß in Analogie za (20) resultiert 

Man erkennt^ daß die Verwertung des ersten thermo- 
djnoamischeo Potentlales S genau auf dieselbe Weise statt- 
finde kann, wie die des zweiten Z, das wir aus den oben 
angegebenen Grfinden bevorzugen. 



§ 3. Über die Wärmeauioabme bei 
eliemiselieii ümsetziingeiu 

Die Gleichungen (20) und (30) für die zu einer be- 
liebigen, reversibelii oder iiTeversibeln üiu-svandlung nötige 
Wärmeaufnalnue geben zu einer wielitigea Bemerkung Ver- 
anlatfj^ung. Bd. I, S. 112 ist nachdrücklich hervorgehoben, 
daß, wie die zu einer Ziistandbänderung aufzuwendende Ar- 
beit, so aueh die zuzuführende Wärme von dem Wege ab- 
hängt, auf dem jene Änderung verläuft. Hiermit scheinen 
die in jenen Formeln enthaltenen Ausdrücke für Q'n im 
Widerspruch zu stehen^ denn letztere werden durch die 
Differenzen von zwei Funktionen gebildet^ deren eine nur 
vom An&ngs-, deren andere nur vom Endzustand abhängt. 
Zwar sind für die betreffenden Umwandlungen die Wege 
bis zu einem gewissen Grade vorgeschrieben, insofern 
bei der ersten p, bei der zweiten V konstant angenommen 
ist; da aber die Systeme noch von weiteren Variabein Xk 
abhängen, so ist durch jene Bestimmungen der Weg der 
Umwandlung doch nicht eindeutig festgelegt. 

Es handelt sich hier in der Tat um zwei Ausnahme- 
fälle, die dadurch charakterisiert sind, daß die Arbeit 
— pdV bei dem ersten ein vollständiges Differential ist, bei 
dem letzten verschwindet. Infolge hiervon können wir also 
den Satz aussprechen: Für ein von beliebig vielen 
Variabein abhängiges System, dem Arbeit nur durch 
Volumenänderung bei allseitig gleichem Druck zu- 
geführt wird, ist die für irgend eine Zustand s- 
änderung aufzunehmende Wärmemenge dann vom 
Wege, insbesondere auch von den passierten Tempe- 
raturen, unabhängig, wenn diese Änderung ent- 



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10 



Einleitong. 



weder bei konstantem Druck oder bei konstantem 
Volumen verläuft. 

Dieser Satz ergibt tlie Möglichkeit, bei Umwandlungen 
der vorausgesetzten Art für die experimentelle Bestimmung 
der WSnnean&iahme zwischen verschiedenoi ümwandlungs^ 
wegen den für die Beobaohtung bequemsten anaaawSbleit 
Dfl3bei können gelegentlich Körper mit ins Spiel gesetrt werden, 
die dem eigentlidi mitersuditen System gans mmd sind. 

Um dies näher zu zeigen, schreiben wir die Gleichungsn 
(20) und (30) unter Fortlassong der Indices an Qji in der 
gemeinsamen Form 

(32) Q^Q,~Q^, 

wo nun die Q/, allein von den betreÜendeu Endzuständen 
des Körpers abhängen. 

O stellt die den Um wandiuugs Vorgang begleitende 
Wärme a Iii IUI Ii me dar, —D die freiwerdende Wärme 
oder die Wärmetöuung des Vorganges. Bei den irrever- 
ßibeln chemischen Umwandlungen ist Q meist negativ, es 
findet Wärmeentwicklung statt. Wir wollen trotzdem die 
Bezeichnung ü beibehalten. 

Bei Änderongen unter konstantem Dmek istQ^E-{-pV, 
bei solchen unter konstantem Volumen ist Q^E; da wir 
Gravitationswirkungen hier vemachULssigen, so ist in dem 
eben wie dem anderen Falle für ein System mdirerer 
nebeneinander bestehender Körper Q gleich der Summe der 
betreffenden Funktionen für die einzelnen Körper und für 
jeden einzelnen proportional mit dessen Masse. 

Sind also im ersten Zustande mehrere Körpd [i), im 
zweiten mehrere Körper (j) vorhanden, so wird obige Formel 
sich schreiben 

(33) Ö«2Qy-2Q„ 

wobei die Qu kurz als die Wärmefunktionen der Körper (h) 
bezeichnet werden mögen. 

Hieraus ergibt sich folgendes. Hat man für eine Reihe 
von n TJinwandliiDgen, bei denen zum Teil dieselben Anfangs- 
oder Endpruduktc auftreten, die Umwandlungswärmen bei 
konstantem Druck oder Volumen beobachtet, die sich all- 
gemein durch Formeln von der Gestalt 

(34) Ofc = |Qjfc-|Qft, Ä-1,2...» 



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§ S. Üb«r die Winneaufiuihme bei ohem. Umsetsiingeii. 1 1 



darstellen, so kann man durch EUmination wiederholt vor- 
kommeiider Wärmefunktionen Q neue Fonnelii bilden, welche 
der ▼mteheoden analoge QeBtalt besiteen und die Wärme- 
au&ahmen für andere Umwandlungen bestimmen. 

Der einfachste Fall ist der, daß vier Körper a, h, c, d 
vorhanden sind, unter denen zwei durch das Zusammen- 
treten zweier anderer entfitehen, etwa nach dem Schema 

(a)+(6)_(c), (i)+(c)-.(<l), 

in dem die Pfeile die Kichtung des (zumeist irreversibeln) 
Vorganges andeuten, bei dem die ^^ äimeaufnahme stattfindet. 

Sind dann die bei diesen Vereinigungen aufgenommenen 
Wärmemengen Qa und Qß beobachtet, so gilt für dieselben 

Die Summe dieser Formeln liefert bei EHmination von 

(36) = -i- 12^ = Qrf - (Qa 4- 2 Qi) 

und hiermit die Wärmeaufnahme Qy, welche die direkte üm* 
Wandlung (a)-\-2{b)'^{d) begleitet. Umgekehrt bestimmt 
sieh aus i?« nnd Qj die Gr5& Qß, ebenso auch i?« aus 
und i3L 

iSn Beispiel 1) bietet Sauerstoff (O) und Kohle (0) für 
sich und in ihren Verbindungen Kohlenoxyd (CO) und 
Kohlensaure (CO,). Nimmt man hier Qa als die Wärme- 
fonktion für 1 Atom C, als diejenige für 1 Atom O, 
ebenso für 1 Molekül CO, für 1 Molekül COj, so 
gibt Qfn die Wärmeaufnahme bei der Verbindung O + C->> CO, 
Qß die bei 0 + CO->CO,, Q. die bei C + 20-^CO,. IHe 
letzten beiden Reaktionen finden bei der Verbrennung vosx 
CO und C relativ rein statt, die erste bietet Schwierig- 
keiten; Qßj Q^ sind leicht sn messen, und aus ihnen findet 
sich Qa^Qy — O ^ — 

Ein Umsetziiiigssy^tem von großer Bedeutung ist das 
folgende, welches sechs Körper enthalt: 

(a)4-2(6)->(rf), (&) + 2(c)-v(e), Ä(a) + 2(Ä+ l)(c) 

wobei h eine beliebige ganze Zahl bedeutet. Hier setisea wir 

>) Jeianck, Thermodynamilc, S. 68. 



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12 



Eialeitung« 



(37) Üfi^Q,-(Qt-\-2Qc)y 

Üy^Qf- (hOa + 2(Ä + l)Öc) , 
und erhalten bei Elimination von und Q« durch 

^^^^ = Ä 4- Öl H 1 j " ( (3Ä + 1) Q* + Q/) 

die Wärmeaufnahme Q9 für die Umwandlung 

(3Ä >(- 1) (6) -f (0 -^^ Ä W + (Ä + 1) W . 

Ist der Körper [b) SanerstolT, so stellen die Vorgänge 
{ck), (ß)f (d) die Oxydation oder Verbrennung der drei 
Körper (a), (c) und (f) dar; der Prozeß {y) stellt eine Ee- 
aktion dar, bei der Sauerstoff gar nicht ins Spiel tritt. Da 
nun die Wärmeentwicklung bei Verbrennungen ganz be- 
sonders bequem zu messen ist, 80 liefert die aus (38) fol- 
gende Formel 

(39) - Ä + (Ä -f-1) - Üi 

eine Methode, um eine VerbindungawSrme mit Hilfe einer 
JReihe von Verbreunangen zu bestimmen. 

Obiges Schema kommt insbesondere in Betracht bei 
der Bilming der Kohlenwasserstoffe von den Formeln 
(7/t^2/i+8 aus C und die direkt nicht ausfuhrbar ist. 
Hier wurde zu identifizieren sein 

a h c d e f 

not C 0 H COy H^O CkH^h+i • 

Diese Beispiele durften genügen, um die vielfaltige An- 
wendbarkeit der geschilderten Methode zu illustrieren. 



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I. Kapitel. 

Eine Komponente in mehreren Phasen. 



1. Abschnitt 

Allgemeine Gesetzmäßigkeiten. 

§ 4. Spesiflsehe Potentiale und Potentialfllehen* 

Fiiasenbereiche. 

Der theoretbcli cinfacliete Fall der in § 1 gesdiii- 
derten Koexistenz verschiedener Körper ist da s V orkommen 

eines und desselben Körpers — rinor Komponente 
nach Gibbs — in verschiedenen, nicht mischbaren 
uiid somit räumlich getrennten Modifikationen — 
nach Gibbs Phasen — insbesondere in verschiedenen 
Aggregatzuständen. Ist n die Anzahl der Phasen, so sind 
also n verschiedene homogene Körper gleicher chemischor 
Zusammensetzung zu betrachten, von denen eine kleinere 
oder größere Zahl im Gleichgewicht nebeneinander, d h. in 
gpjTenseitiger Berühr! inf*-, existieren kann, und zwischen 
denen bei mechanischer und kr)loripch( r Einwirkung eine 
Umsetzung stattfindet, derart, dati \ on gewissen Modifikationen 
bestimmte Quantitäten in andere übertrohen. 

Wir unterscheiden weiterhin konsequent die verschie- 
denen Fiiasen ihirch obere Indices 1, 2, ...n, schreiben 
also z. B. für das ganze von dem System eingenommene 
Volumen V in Rücksicht darauf, daii die verschiedenen 
Phasen räumlich getrennt sind, 

<i) v^m>, 



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14 I> Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

wo die Summe über ?'=^1,2, ...n zu erstrecken ist; analog 
setzen wir auch für die Enei^ie und die Entropie des 
Systems, die sich bei Ausschhiß von Fernwirkungen durch 
die Summe der den einzelnen Phasen entsprechenden Funk- 
tionen darstellen, 

(2) E^1E^\ H^^m. 

Femei^ berficksichtigeii wir, daß bei homogenen ISJbr- 
pem unter der gemachten Voraussetzung Volumen, Elnergie 
und Entropie der Masse proportional sind, und schreiben 
unter Einnihrong der Masse der Phase (t) sowie der 
spezifischen Volumina, Energien, Entropien tf^ 

(3) F=l//i*')»^0, E=^m^U^^, H=lm(*'irji*\ 

Bilden wir mit diesen Ausdrücken gemüß Formel (5) 
auf S. 4 das thermodTuamische Potential Z=2^^) des 
Systems, so erhalten wir, wenn wir abkürzend setzen 

(4) S + j?iXO - = ({i>, 
das Eesultat 

(5) 

wobei nach ihrer Definition die C^^, die spezifischen 
Potentiale der Phasen (f), nur von p und ^ abhingen, 
die Massen m«> aber gar nicht enthalten. 

Führen wir noch ein mittleres oder spezifisches 
Potential ( des Systems durch die Definition 

(6) ^-flrnW 
ein, so eigibt sich 

t berechnet sich also nach der Mischungsregel aus 
den C^*^, wobei == Jf, die Gesamtmasse des Systems, 
eine unveränderlich gegebene Größe darstellt. 

Nach § 2 ist das System im stabilen Gleichgewicht, 
wenn das Potential Z in bezug auf die Variabein mW, die 
hier an die Stelle der allgemeinen getreten sind, dn 
Minimum ist Wegen des konstanten Jf folgt das Gleiche 
fOr das spezlfiache Potential ( und die Variabehl m^^jlL 
Man kann sich von der Bedeutung dieser Bedingung und 



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§ 4. Spemfische Potentiale und Poteniialiiächeik 



15 



von gewissen Folgenrngen qualitativer Art eine klare Vor- 
steUnng durch eine eii&clie geometrische Betrachtung ver- 

Die £<0 sind allein Funktionen von p und ^, Wendet 
man also ein ^^^-Koordinatensystem an und trSgt als 
dritte Ordinate auf, so ergibt sich für jede der n Phasen 
eine Oberfläche, die passend als oder Potential- 
flache bezeichnet werden kann. Auch für C läßt sich bei 
gegebenen YerhaltnisscD der Massen m^*) eine Oberfläche 
konstruieren ; man erhalt nach (7) den einem gegebenen Paar 
p imd ^ entsprechenden Punkt derselben, iodem man die 
Eiudpankte der Ordinaten ^(') mit den Massen m^^ versieht; 
der gesuchte Punkt iflt der Schwerpunkt des so konstruierten 
Massensystems. 



i 


7 


/ 


Fig. 1. 



EeS ist ohne weiteres klar, daß dieser Schwerpunkt riu iit 
tiefer fallen kann^ als der tiefste der so augebrachten Massen- 
punkte m(0, der rd^^ heißen möge, und daß er diese tiefste 
Lage dann erreicht, wenn iMW»J(f ist und alle ülnrieen 
mff^ gleich Null sind, d. h. wenn die Gesamtmasse des 
Systems in der Phase existiert, der bei dem ge- 
gegebenen p und ^ das kleinste spezifische Poten- 
tial entspricht. 

Im allgemeinen haben über verschiedenen Teilen der 
pt>-EIbene die spezifischen Potentiale tS^ hinsichtiich ihrer 
Größe eine verschiedene Reihenfolge; die ihnen entsprechen- 
den Flächen schneiden sich, wie Figur 1 durch die schema- 
tischer Darstellung eines beliebigen Schnittes normal zur 
Ebene veranschaulicht. Projiziert man die Schnittkurven 
je der tiefsten beiden C^*^- Flächen auf die Ebene, so 
zerlegen sie die letztere in ein System von Beretohen, die 



16 L Eftpitel. Eine Eompondnte in mehreren Phasen. 

Phasenbereiche heißen mögen, innerhalb deren je eines 
der das kleinste unter allen wird, innerhalb deren also 
das System nur dann im stahiirn Gleichgewicht ist, wenn 
es in sf iiKT Gcpamtheit je einer bestimmten von Gebiet zu 
Gebiet wecliäeiudeD Phase zugehört (Fig. 2). Phasen^ denen 




Fig. 2. 

ein solches Gebiet nicht entspricht, können somit hiemach 
überhaupt nicht im stabilen Gleichgewicht vorkommen ; es ist 
aber nicht undenkbar', daß dergleichen trotzdem auitrcten. 

Die Phasenbereiehe sind entweder allseitig von den 
Projektionen der besprochenen Schnittkurven begrenzt, oder 
sie laufen gegen die Koordinatenachsen oder sie erstrecken 
sich ins Unendliche. 

§ 5. Die Begrreiuniiig der Phasenbereiehe. 

Wir betrachten nun einen Punkt einer der Grenzlinien, 
.welche benachbarte Phasengebiete (a) und (b) in der 
Ebene scheiden. Hier schneiden sich die den letzteren ent- 
sprechenden Potentialflächen, es sind somit die beti'effenden 
Potentiale C^"^ und einander gleich und gleichzeitig die 
kleinsten aller Wir können somit für einen solchen 

Punkt, ohne den Schwerpunkt des oben eingeführten ^lassen- 
systems zu verändern, die Gesamtmasse M in einem be- 
uebigen Veihältnis zwischen die Endpunkte der Ordinalen 

und verteÜeo. Dies ergibt den Sats: In den 
Orenskurven zweier Phasenbereiehe ist das System 



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$ 5. Die Begrenzung der Phasenbereiche. 



17 



im Gleichgewicht, wenn seine Masse in einem be* 
liebigen Verhältnis zwischen den beiden betreffen- 
ben Phasen verteilt ist, oder, andere ausgesprochen, die 
deiden Phasen sind im stabilen Gleichgewicht mit- 
einander, wenn ihre Potentiale einander gleich und 
zugleich kleiner sind, als die aller andern Phasen, 
was in einzelnen Kurven der p#-Ebene stattfindet. 

Es mag nnf den Zusammenhang hingewiesen werden, 
in dem dieser 8atz mit den Bemerkungen auf S. 7 steht. — 

Die Grpnzlinien dor Piiasenbereiche schneiden sich in 
einzt Inen Funkten, welelie den Schnittpunkten dreier Po- 
tentialflächen entspreehen. Hier sind also drei Poten- 
tiale (t^*^, C^^^) einander jß'leieh und zugleich die 
kleiasten. Der Schwerpunkt unseres Punktsystems behält 
hier seine tiefste J^age ungeäiidert bei, wenn wir die Ge- 
samtmasse M beliebig auf die Endpunkte der drei Koordi- 
naten t^"^, C*'^ t^^' verteilen. In den Schnittpunkten 
der Greuzkurven ist also das System bei einer 
beliebigen Verteilung seiner Masse zwischen drei 
Phasen im Gleichgewicht. Drei Phasen sind mit- 
einander im stabilen Gleichgewicht, wenn ihre Po-- 
tentiale einander gleich nnd zugleich die klein- 
sten sind, was in einzelnen Punkten der |7^-Ebene 
Stattfindel 

Der Fally dafi in einem Punkte sich mehr als drei 
Potentialflaohen schneiden, von einem Punkte der ^»^Ebene 

also mehr als drei Grenzkurven auslaufen, erscheint zwar 
nach dem vorstehenden nicht als unmöglich, kann aber als 
sehr unwahrscheinlich außer Betracht bleiben. 

Dieselben Betrachtungen, die vorstehend in bezug aof 
Zostande stabilen Gleichgewichtes angestellt sind, lassen 
sich auf solche labilen Gleichgewichtes übertragen; letztere 
sind durch maximale Werte von Z resp. von t bestimmt, 
es treten also für deren geometrische Darstellnnp; nur nilein 
di^^ höchsten Potentialfläeheu mit Oiren Scbiiittkurven und 
-punkten an die Stelle der tiefsten. Diejeniacii zwischen 
den am höchsten und den am tiefsten liegenden Poten- 
tialflaeben entspreehen bei .Vnwescnhcit aller Phasen zu- 
nächst überhaupt keinen Gleichgewichtszustäiul« ii ; nur in 
den Fällen, daß die Phasen mit tiefer liegenden i\)iential- 
flächen fehlen, können sie eine bestimmte Art halblabüer 

Voigt, Thermodynamik. IL 2 



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18 I. Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

Gleiciigewichte repräsentieren, die gestört werden, sowie ein 
beliebig kleines Quantum einer jener Piiasen mit ihnen in 
Berührung küiumt 

Mechanische labile Gleichgewichte, die durch eine be- 
liebig kleine Verrückuiig gestört werden, gelten als praktisch 
nicht realisierbar, weil eine absolute Kuhe nicht zu erzielen 
ist; die hier in Betracht kommenden halblabilen Gleich- 

fewichte haben einen andern Charakter, da man eine fremde 
'liaae unter ümetSnden aefar Tollstfindig fem halten kann; 
eie kssen ack eomit, nie w sehen w^en^ gd^ntlicb m 
weiterem ümfange realtsteren. Ana diesem Gruncfo Imt man 
ihnen nach Ostwalds Yorsdüi^ einen Namen gegeben^ 
der die relativ bedeutende Stabilität jener Zustande betont^ 
und nennt sie metastabil 

Fehlen alle Phasen mit Ausnahme derjenigen mit 
gidfitem Potential^ so wird auch sie metastabil seiu; doch 
mag ihr, um sie von den andern za unterscheiden^ zunächst 
der Name labil verbleiben. 

Zur genaueren Verdeutlichung dienen die Figuren 3 
und 4. Sie sollen ein Bereich der ^^-Flächen, von unten^ 
von der —C^*^ -Seite her gesehen, darstellen, und zwar ein 
Bereich, das dadurch begrenzt ist, daß aus jeder einzelnen 
Fläche t^«), C^^>. rw... ein Stück nnpcreschnitten ist, das 
sich auf (]\o ;if9-Kbene als Kreisfläche projiziert. Die be- 
ziiulirlien begrenzenden Kxeifilioien siud mit den Buchstaben 
a, b, Cfd. .. versehen. 

In Fig. 3 ist der Fall nur dreier Phasen a, 6, c dargestellt; 
die mit ah, hc, ca bezeichneten Schnittlinien der Potential- 
flachen ^«)^*), sind, soweit sie in dem vorderen 
Blatt verlaufen, stark, soweit in dem hinteren, fein aus- 
gezeichnet. Dazwischen liegen keine Schnittlinien; die 
Schnittlinien entsprechen also sämtlich Gleichgewichts- 
zuständen, und zwar entweder stabilen oder labilen. Da- 
gegen stellen von den Flachenstücken, — da allenthalben 
drei Potentialflaohen übereinander liegen — überall die 
mittleren Flächen Zustände metastabflen Gleichgewichts dar; 
Ihre äußern Begrenzungen sind gestrichelt. In dem Schnitt- 
punkt n der d^i Grenadinien koezistieren alle drei Phasen. 

Fig. 4 bedeht sieh auf den Fall von vier Phasen, 
Oy h, e, ä, und ist dementsprechend ungleich komplizierter. 
Die BegxenzuDg des vordersten (im p^C^Bystem untersten) 



$ 6. Die yblumenfliofaeii. 



1» 



Blattes und die darin verlaiiiVnden Grenzlinien sind stark 
gezeichnet, die im hintersten (oberstpn) Blatt fein, die in 
iiiitt leren Blättern sind gestrichelt Man erkennt die An- 
wesenheit von vier dreifachen rimkten, ti^, n^, n^^ von 




F2g. & Fig. A. 



denen zwei (n^f n^) dem stabilen, zwei (n^, n.^) dem labilen 
Gleichgewicht zwischen drei Phasen entsprechen. Von den 
Grenzkurven liegen mehrere zwischen zwei mittleren Blättorn, 
repräsentieren also das Gleichgewicht zwischen zwei meta- 
stabilen Phasen. 

§ 6. Die Yolumeiifläeheii* 

Wie aus § 4 erhellt, erweist sich die Betrachtung 
der Potentialfläche t,—f{p, außerordentlich förderlich zur 
Aufklärung der Verhältnisse des Gleichgewichtes zwischen 
verschiedenen Phasen. Ein Ubelstand bleibt freilich bestehen: 
die Potentiale sind keine beobachtbaren, sondern ausschließ- 
lich Re chnu 11 gs großen. Demgemäß entbehrt die ganze 
Darstellung in einem gewissen Maße der Än8chauli<£keit» 
und man tut gut, um diese Lücke aoszufOllen, der ersten 
noch >9ine zweite Konstruktion beizufügen^ die allerdings 
nur als Ergänzung zu betrachten ist^ insofern sie die 
Resultate der erstea bezn|^ch der Gleichgewiehtsverhaltnisse 
in den verschiedenen TeOen der pd-Ebene voraussetzt 

2» 



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20 I- Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen* 



Wir wollen über der pi^- Ebene als dritte Ordinaten 
die spezifischen Volumina der je im stabilen Gleichgewicbt 
befindlichen Pli;iscn auftragen; hierdurch erhalten wir über 
jedem Phasenbereich (i) eine stetige Oberfläxüie von der 
Gleichung 

(8) tKO-iP(j,,d), 

die der betreffenden Potentialflache von der Gleichung 

(9) C« = /'(i>,^^) 

entspricht. Aber während die Potentialflächen ü})er den 
Grenzkurven (ah) der Phasenbereiche sich schnitten und 
somit in ihrem für das stabile Gleichgewicht charakteristischen 
tiefsten Blatt eine einzige, allerdings durch gewisse Kanten 
in stetige <rekrnminte Teile zerlegte Fläche bildeten, stehen 
die Volumenflächen der verschiedenen Bere iche zunächst in 
gar keinem Zusammenhang. Die Koordinaten der Volumen- 
flächen diesseits und jenseits einer Grenzkurve sind vielmehr 
im allgemeinen um endliche Beträge verschieden. Fig. 5 stellt 
zwei solche Sprünge an Schnittkurven der Volumenflächen 
!;(•) und ?/^) mit Ebenen d' = Konst. und p = Konst. dar. 

Nun ist aber zu bedenken, daß längs der Grenzkurven 
(ah) die beiden Phasen (a) und {h) bei jedem Verhältnis der 
Massen und m^^ im Gleichgewicht smd. Führt man 
also nehen dem Gesamtvolumen V allgemein ein mittleres 
Bpezifisches Volumen v durch die Beziehung 

(10) F=- «;2m(o = 2w«v<'^ 

und spezieil bei nur zwei koexistierenden Phasen (a) und 
(b) durch 

(11) v(m(«)+w<*)) = w<«) + tK*)«i(») 

ein, so wird diesseits und jenseits der Grenzkur\^e, wo ent- 
weder m^^^ oder m<°> verschwindet, v resp. mit und v^^^ 
identisch, in der Grenzkurve aber kann v alle Werte 
zwischen iK"^ und t/^) annehmen. 

Bei Betrachtung des mittleren spezifischen 
Volumens v oder des Gesamtvolumens V=Mv wird 
also die Volumenfläche nicht mehr aus getrennten 
Teilen bestehen; die den einzelnen Phasenbereichen 
entsprechenden FlSchenstücke werden vielmehr 
durch vertikale Ojlinderflächen, die über den 



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I 7. Tendiiedene AggregatmstSnde. 



21 



Grenzkurvcn stehen^ zu einem einzigen^ allerdiogs 
durch Kanten unterbrochenen Blatt vereinigt.^ Die 
Cylindcrf lachen entsprechen dem allmählichen Uber- 
gan ir f^iinzr T) AFasso von einer Phase zur benach- 
barten über Zustände, wo beide Phasen in wech- 
selnden Miscbuugäverhältnissen koexistieren. — 

Wir schließen hieran noch eine beiläufige Bemerkung* 
In der vorstehenden Betrachtung sind p und ^ als die un- 
abhängigen Yariabeln geführt, v also als abhäogige; dem- 



V 




a 



Fig. 6. 



gemäß i.st in den Figuren 5 die r-Achse vertikal gezeichnet, 
die /)- und >?-Achse liorizoutul. Dies widerspricht der im 
ertsten Bande benutzten Darstellung und muß bei der Yer- 
glcichung der Figuren beachtet werden. Indessen werden 
wir mitunter auch jetzt das Yoluroen als Unabhängige 
fSliren, imd dabei kann es Bick empfehlen, den alten Ge- 
braach wieder aufsunefamen, also die iT-Achse horizontal zu 
legen; wir werden je nach Bequemlichkeit zwischen 
den verschiedenen Darstellnngen abwechseln. 



§ 7. Yerschiedene AggregatmstftDde« 

Die vor-teliendcn allgemeiner gelialtenen Entwiekelungen 
wollen wir illustrieren durch eine Besprechung des wichtig- 
sten allerspezie listen Falles, nämlich desjenigen der ver- 
schiedenen Aggregatzu stände. Wir kommen auf diesen 
Fall unten noch mehrfach zurück und geben jetzt nur das- 
jenige, was in direkter Verbindung mit dem Iniiait der 
letzten Paragraphen steht. 



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22 I* KapiteL Eine Komponenio in mehreren Phasen. 



Hier handelt es sich vorerst nur um drei Phasen: die 
starre (s), die flüssige (f), die dampfförmige (d). Die erste 
entspridit im allgemeinen den niedrigsten, die zweite den 

mittleren, die dritte den höchsten Temperaturen und nra- 
gekchrt verhalten sie sich bezüglTnh der Drucke; die An- 
ordnuiiir ilivt r Phasengebiete ist daher die in !Eig. 6 sche- 
matisch "wiedergegebene. 

Die Grenzkurven stellen die Verhältnisse dar, bei 
welchen zwei Aggregatzustände miteinander im Gleich- 
gewicht verharren und somit uiulvehrbar ineinander über- 
geführt werden können. Auf der Kurve (sf) zwischen (s) 
mid (/") ist die Koexistenz von fester und flüssiger Sub- 
stanz möglich; je nachdem man sie als die Grenze des 
Gebietes (s) oder (/) betrachtet, wird man sie als Sclimclz- 
oder Erstarrungskurve bezeichnen. Die Gleichung dieser 
Kurve 

ordnet innerhalb gewisser Wertgrenzen der Argumente jeder 
Temperatur einen Schmelz- oder Erstarrungsdruck^ jedem 
Druck eine Schmelz- oder Erstarrungstemperatur zu. 

Die Kurve (fd) der Koexistenz von Dampf und Flüssig- 
keit wird, je nachdem man sie als Grenze de? Gebietes (/) 
oder {cT) auffaßt, als Verdampf ungs- oder Konden- 
sationskurve bezeichnet. Ihre Gleichung 

Gja{p,l>) = 0 

bestimmt innerhalb bestimmter Werte der Argumente zu 
jeder Tempemtur einen Verdampfungs- oder Sättigungsdruck, 
zu jedem Druck eine Siede- oder Kondensationstemperat nr. 
Die beiden Namen beziehen sich, wie oben, auf den Uber- 
gang in der Richtung vom fliissin;en zum dam pffömii treu 
Zustand und umgekehrt. Den mit Flüssigkeit koexi^l* nz- 
fähigen Dampf nennt man gesättigt, da er die unter den 
gegebenen Umständen mögliche gniÜLe Dichte besitzt, also 
die größte mögliche Flüssigkeit.^rnenge aufgenommen hat; 
der Dampf innerhalb des Gebietes (d) heißt ungesättigt, 
insofern er eine kleinere Dichte besitzt, als bei der gegebenen 
Temperatur überhaupt erreichbar; er heißt überiiitzt, in- 
sofern seine Temperatur hoher ist, als das der Gleichung (14) 
entsprechende Minimum. 



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§ 7. Yarsobiedene Aggregatzustftade. 



23 



Die Kurve {sd) wird zumeist, je nachdem man sie als 
Greoze des Gebietes s oder d ansieht, als Ye r dampf nnga- 
oder Sublimationskurve beeeiehnet Ihre Gleichung 

eigibt innerhalb bestimmter Wertgrenzen zu jedem Druck 
eine Verdampfungs- oder Sublimationst^niperatur; zu jeder 
Temperatur einen Terdampfnngs- oder Bublimationsdruck. 
Die Kurven (sd) und (fd) steigen bei allen bekannten 

Koiiiern so, wie es Fig. 6 wiedergibt, von links nach 
rechts an; wacfr^rndem Druck entspricht eine wachsende 
TJhergangst^mperatur und umgekehil. Auch die Kurve (sf) 
steigt in den meisten bekannten^ normalen Fallen in dem 




^^ohen Sinne an, wie {sd) und (fd); das selten vorkommende 
entg^engesetzte Verhalten nennen wir demgemäß anormal. 
Fig. 7 gibt schematisch das System der Grenzkiirven für 
einen anormalen Körper. In jedem Falle weicht die Kurve 
(5/) von einer Parallelen zur ^>-Acb?c nur ^venig ab; um 
merkliche Andf riiiiu;en der SclHnelztf mperatur zu erzielen^ 
sind groJie Druckandcrungen erlorclerlich. 

7t ist der dreiiache Punkt, in dem alle drei Aggre^t- 
zustände koexistieren können. — 

Von der Gestalt der Phani nblätter der Potential- 
flfiche C kann man sich innerhalb eines mäßigen Bereiches 
um den dreifachen Punkt leicht eine Vorstellung bilden, 
falls man die dampfföiDiige Phase als dem idealen Gras- 
zustand nahe betrachtet und auch bezüglich der andern 
Phasen gewisse verein&chende Annahmen macht; wir leiten 



24 !• Ki^itel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 



die bezüglichen Ausdrücke für die Potentiale C weiter 
unten ab. 

Pio Gestalt der Volumenflächc folgt direkt aus den 
bokaniiton. Erfahriino;Rtatsaohen über die Voluraenänderung 
bei Wechsel von Druck, Temperatur \md Aggregatzustand. 

Da füi' ein ideales Gas pv = li& ist, iiiso die Volumeri- 
fläche sattelai'tig von der v^- zur ??^Ebene herabsinkt, s() 
wird für den Danipf gleiches gelten. Einen ähnlichen Ver- 
lauf, nur mit viel langsamerem Fall, werden die Volumen- 
flächen für die flüssige und die feste Phase besitzen. 
Demgemäß wird ein Schnitt pai'allel der ^M'-Kbene, der 
il^sKonst. entspricht^ für die Lage aa in Fig. 6 die 
neb^stehende Sdmittkarve (Fig. 8) lie&m; ein SdhnUt 
parallel der ^ih'Ehene, der p^Konsib, entspricht^ für die 
Lage ßß in Fig. 6 iriid dagegen die folgende Schnitikurve 
(Fig. 9) ergeben. 

Die den verschiedenen AggregatEustSnden zugehörigen 
Blatter der Yolnmenflache sind nach 8. 20 zu verbinden 
durch die vertikalen Cylinderflachen, auf denen die Bubstanz 
sich zum Teil in der einen, zum Teil in der anderen Phase 
befindet. Dieselben liefern als Schnitte parallel der pV' 
und der i9i'-Ebene die in Fig. 8 und 9 eingetragenen ver- 
tikalen Geraden. 

VerlängOTngen der Volumenflächen über die Phasen- 
bereiche hinaus entsprechen labilen oder metastabilen Zu- 
ständen. Dergleichen sind in unserem Falle besonders leicht 
uud weitgehend für die flüssige Phase herstellbar. Flüssig- 
keiten lassen sich in sehr reinen und glatten Gefäßen oder 
in Tropfen innerhalb einer gleich schweren Flüssigkeit sus- 
pendiert, gelegentlich bis hoch über den dem herrschenden 
Drucke zugehörigen normalen Siedepunkt erhitzen, um daTui, 
wenn an einer Stelle durch besondere Umstände ein erstes 
Dampfbläschen auftritt, explosionsartig zn einem gießen 
Teile in Dampf überzugehen. Die Umwandlungswärme wird 
hierbei nicht von außen aufgenommen, sondern von der 
überhitzten i^'lüssigkeit selbst geliefert, die sich bei der Ver- 
dampfung abkühlt. Ähnlich läßt sich Flüssigkeit beträcht- 
lich unter den normalen Gefrierpunkt unterkühlen und er- 
•stairt dann bei Berührung mit einem Stückchen der festen 
Phase nahezu momentan unter Steigerung der Temperatur 
durch die frei werdende Umwandlungswarme. 



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% 7. Yeniehiedene Aggr«g»tsiistSiid«. 



25 



Im vorstehenden sind wir von dem System der ün- 
abhängigen p und d ausgegangen; die Figuren 8 und 9 
weisen auf neue Darstellung der Verhältnisse hin, bei denen 
p imd V oder ^ und r die Unabhängigen dai-stellen, — eine 
Betrachtungsweise, die in manchen Fallen die geeignetere ist. 

Die ausgezogene Kurve in Fig. 8 stellt in der jjv- 
Ebene eine Isotherme (etwa für dar, deren verschie- 

dene dnrrli Knicke grrrennte Stücke verschiedenen Phasen 
angeiiörcn. Ändert man die Temperatur von in und 
^3, SO nimmt auch die Isotherme andere Gestalten an, 
die Knicke rücken gleichfalls, und die von ihnen beschrie- 
benen Wege stellen die Grenzen der verschiedenen Phasen- 




Fig. flb Fig. 9. 

gebiete in der j^t^-Ebene dar. In der Tat, oberhalb der 
höchsten Kurve liegen nur die Zustande (d), zwischen ihr 
und der nächsten nur die Zustände (f-\-d) hsw. 

Die so erhaltene Darstellung repräsentiert eine Pro- 
jektion der Volumenflächo auf die i^i'-Ebenc; die Gebiete 
{f'-\- fl), {s-\-(J), -1- f ) putsprechen dabei deren eyliudrischen 
Teilen resp. den (i km /.kurven {fä), (sd), (>^f) in der ;;j^-Ebene. 

Dieselbe Upcration kann mit der in Fig. 9 darge- 
stellten Isopieste, die etwa p=Pi entspräche, vorgenomineii 
werden. Bei euier Veränderung von p erhält man andere 
Kurven, die Knickpunkte rücken und beschreiben dabei die 
Grenzen der verschiedenen Gebiete in der ?'j^-Ebene. 

Koiistniktionen in der vp- oder Ebene werden wir 
weiterhin mtilniach verwenden müssen. Dabei sollen auch 
die oben geschilderten Grenzkurvt n, die hier zunächst in 
die Figuren noch nicht eingetragen sind, Darstellung linden. 



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26 I> Kaj^iel. Eme Komponente in mehreren Fhesen, 



§ 8. Die Gruudformeln für die OrenzkorTen zwisehen 

den Fhaseobereicheu. 

Die vorstehende geometrisclie und mehr qualitative 
Darotellang wollen wir nun durch eine analjÜBche Behamd- 
liing vervollständigen^ die uns quantitative Beziehungen 
liefern wird. 

Die Bedingung des stabilen Gleichgewichts ging dahin^ 
daß Z durch dio Yariabeln wW, d. h. bei konstantem ^ 
und ^, zu einem Minimum gemadit werden sollte, wfihrend 

(12) Jtf=2m» 

vorocsc lii-ioben ist. Nach den K-neeln dor Variationsrechnung 
hat man, um diese Bedingung; zu iumiulieren, sowohl Z als 
die Bedingung (12) wegen der sämtlichen w/'' zu variieren, 
?iZ und nach Multiplikation des zweiten Ausdruckes 
mit einem willkürliciien Faktor A zu addieren und die 
Summe gleich Null zu setzen. 

Man erhält so die Hauptgleichung 

(13) i:(c<«H^)<>»»««o. 

Falls alle din^O willkürlich sind, reduziert dieselbe sich auf 

(U) ^'> + ^ = 0, 

was so viel Gleichungen repräsentiert, als willkürlich ver- 
änderliche Massen mt*l gegeben sind. Der unbekannte Fak- 
tor A laßt sich eliminieren^ und es ergibt sich dann statt (14) 

(15) = 

was bei w-Phasen n — 1 GIeichnno;on repräsentiert. 

Für, wie angenommen, beliebig'; vorgeschriebono Arrra- 
mente p und werden durch die T^>t< ntialo von diesen 
Gleichimgen im allgemeinen nur einzelne, meist sogar keine 
einzige erfüllt sein. In diesem Falle kann dann die Grund- 
annnlirtiR nicht richtig s( iii, d. h., es können nicht alle rd*^ 
willkürlich variiert werden ; ein reversibler Austausch zwischen 
allen Phasen ist unmöglich, Ist keine Gleichung erfüllt, 
so kann keines der ^mj' willkürlich sein, alle mW sind un- 
veräaderlicli, und die Überlegung von S. 15 zeigt, daß hier 
das dem kleinsten ^'^ entsprechende m^^ gleich der ganzen 
Masse^ alle übrigen aber gleich Noll sein müssen. 



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% ö. Die (irundformeln für die Grenzkurven. - 27 

Ist eine der (n — 1) Gleichangeii erfSUt, etwa 

(16) ^-)^^^), 

80 kann mf^^ und inneriialb der BeschrSnkong 

variiert werden, alle übni^n Sm^'^ müssen verschwinden. 
Die frühere Uberlegunj^ zei^t dann, daß ein Minimum statt- 
findet, wenn ^«) = ^*) den kleinsten Wert von allen C^'^ bei 
den ^gebenen p und i> hat, und die p^anze Masse sich 
irgendwie zmschen die Phasen (a) und (b) teilt. Die Glei- 
chung (!()) ist eine iieziehurig zwisehen p und d. h. die 
Gleiehung einer Kurve in der //i!/ -Ebene, und es ergibt sich 
demnach das Gleichgewicht zwischen zwei Phasen in der 
durch (16) bestimmten Kurve. 

Sind zwei der Formeln (15) eri&]lt^ gilt z. B. die Be- 
jdelrang 

(17) f(-)=^) = ^c), 

80 aind m^'^^, m^^\ ffi(^> innerhalb der Beschränkung 

beliebig variabel, die anderen dm^*^ müssen verschwinden; 
die weitere Überleitung hat wie oben zu geschehen und 
liefert das liesultai, dciü ^ö) = ^*) = ^<^) das kleinste aller 
und 3f = m(*) 4- mt^) + m^*) sein muß, wobei innerhalb der 
letzteren Beziehung mW beliebig sind. Die Be- 

siehnDg (17) repräsentiert aber zwei Gldchungen zwischen p 
und ^; de bestimmt sonadh einen Punkt oder mehrere dis- 
krete Punkte der p^EhcBß, in denen drei Phasen miteinander 
im Gleicfageivicht verharren können, und diese Punkte sind 
die Scbuttpirnkte der drei Grenzkurven (ah), (pe), (ca), da 
in ihnen die drei Gleichungen von der Form (16) 
^c)^ ^0 = ^a) gleichzeitig eiffillt werden. 
Da die C^'^ Funktionen von nur zwei Argumenten sind, 
so können für ein Wer^aar 1^ im allgemeinen mehr 
als zwei der Beziehungen (15) nicht gleichzeitig bestehen, 
mehr ?ne drei Phasen somit auch nidit im Gleichgewicht 
existieren. — 

Wenden wir nun die allgemeinen Gleichungen (11) von 
Seite 5 auf den Fall an, daß die ganze Masse 3f sich in 
derselben Phase befindet, setzen also Z= MC) so eigeben sie 



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28 I. Kapitel. Eine Komponente in mehreren Fhaeen. 

et dt 

Analog liefert (14) auf S. 6 bei Anwendung auf den Fall, 
daß sich die ganze Masse einmal im Zustand {a), einmal 
im Zustand (h) befindet» wegen = Jlf C^"), = MC^) 

(19) i!>^(t<»)-{<->) — a>a4, = 

wobei coab die zur reversibeln Uinwandkiug der Massen- 
einheit aus der Pliasc (a) in die Pliasc (b) aufzuwendende 
Wärme, die diesen Vorgang begleitende Volumenände- 
rung i'^'^) — i'") bezeiclinet. 

Die Formeln (18) und (19) sprechen offenbai' sehr ein- 
fache geometrische Beziehungen aus, die sich ergeben, wenn 
man beachtet^ daß dCjdd^ und dC/c)p die Richtungstangenten 
der Kurven darstellen, in denen die C entspredmide Foten- 
tialfläche von zwei Ebenen p^KonsL und ^»Eonst durch 
die betrachtete Stelle gesdinitten wird. Setzt man dem- 
gemäß 

so ergibt sich 

Im Gleichgewichtszustand ist also der Über- 
gang aus einer Phase in die andere dann mit Wärme- 
aufnahme verknüpft, wenn er von der Phase mit 
größerem yjp zu der mit kleinerem^ mit Volumcnver- 
großerung, wenn er von der Phase mit kleinerem ip^. 
zu der mit größerem verläuft. 

Weiter liefert Gleichung (21) auf S. 6 

(^^^ ^'u \^^) (^^'^-^"^^ - - — ' 

dabei bezieht sich o)«» in (19) auf eine isothermisohe um- 
kehrbare Umwandlung bei beliebig wechselndem Druck, 
coj» hier auf eine beliebig irreversible Umwandlung unter 
konstantem Druck zwis<£en gleichen Grenztemperaturen. 



§ 8. Die Gruiidformeln für die Grenzkunren. 29 

DerXJnteiBcliied zwisdien co«» und coi» tritt redbt anschati- 
lich hervor, wenn man mederom auch bei der ersteren Um- 
wandlung jf> als konstant voraussetzt, dann beziehen sich Ix ide 
Ausdrücke auf analoge Vorgänge bis auf die Umkehrbarkeit. 

In Fig. 10 sind die Schnittkurven zweier Potential- 
flächen C^"^ und C^'') mit einer £benc p Konst. schematisch 
dargestellt; Übergänge der zweiten Art finden dabei zwischen 
den Punkten 7i'\ t^" und n^, jig » statt, die auf den 
beiden Kurven senkrecht übereinander liegen. 

Die oberen Punkte 7i\ ti", .t'" entsprechen metastabilen 
Zuständen; Übergänge von unten na<^ oben sind daher 
ausgeschlossen; die Übergänge 
von oben na(;h unten sind irre- 
versibel, für sie gilt also die 
Formel (20). Gehen wir aber 
in den Schnittpunkt der beiden 
Kurven, so sind beide Phasen 
stabil und miteinander ira Gleich- 
gewicht; hier ist der Übergang 
umkehrbar, die Formel (19*) ge- 
winnt Gültigkeit, und in der Tat 
geht wegen ty*) = hier co^ in ' Kg. i«. 

CO«» über. Ba in der Figur 

die a-Eurye die steilere ist, so wird nach dem eben Gre- 
sagten die Überfahtungswarme im Schmttpmikt n porf- 
tiv sein. — 

Stellt man id der Ebene x) Konst. für die Umgebung 
des Schnittpunktes der ^'»)- und der {(*)- Kurve die Poten- 
tiale durch Reihen nach steigenden Potenzen der Temperatnr- 
differenz {^ — ^^^x g^en die Gleichgewiohtstemperatur 
dar^ schreibt also 

so erhält man, da Wab sich auf t = 0 bezieht, und bei Be- 
schräukuug auf die Glieder zweiten Grades 

- - #0 («1 ~ ^ ) + i (^0 - ^ -) («2 - &2 ) f ör » < 0 . 

Kun gilt nach Bd. \, § 93 allgemein die Dehnition der 
spezifischen Wärme 




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30 I* KapiteL Eine Komponente in mehreren Pheaen. 

(21) y«^ = ^^, 

die bei Benutzmig der Unabliängige& j> und ^ für dp»0 iiefert 

dies führt jetzt in Übereinstimmung mit Formel (54^) in 
Bd. 1, § 95 auf 

(22) 7r 

und ei]^bt 

Man erhält somit für die Wärmoauivvcudung bei den 
irreversiblen Llbergäiigen in der Umgebung des Gleich- 
gewichtes der beiden Fliascn 

o>'ai>= cooi + (yl? ^ - 7p ') für T > 0 , 

Da die ersten Faktoren der zweiten Glieder rechts positiv 
sind, so ist die Wärmeaufwendung bei der irreversiblen Um- 
wandiiiug o i ölicr oder kleiner als die bei der gleichgerichteten 
reversiblen, je nachdem die Differenz y^^ — yjf^ der spezifischen 
Wärmen positiv oder negativ ist. Wenn aie Phase {a) die- 
jenige mit der steileren Potentialkurve ist, so gilt cüäfe>0. — 
Nach (182) ist dC/dp>0, nach (22) d^U^§'^<0 und da im 
all^emdn^ dvIBjj <0 ist, so gilt auou d'^CI^P^<0» Die 
F(^genuigen hieraus für den Verlauf der f-Flächeu sind in 
Fig. 1 und 10 bereits berücksichtigt 



§ 9. Die Sätze von Clapejrou und Clausius. 



Anwendung auf den Fall sweier 
Phasen^ d h. auf Punkte der Grenzkuive awisdien 
Gebieten, wollen wir die Formehi (19) sehreiben 

W — M T' — 25 — 



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I 8^ Die S&tase von Olapeyron und Olansius. 31 

Nun gilt die Gleichung C^"^ ^ i^^'^ für alle Punkte der 
Grenzkurve iah), sie kann also auch längs derselben diffe- 
rentiiert werden^ d. h.» man kann bilden 

wobei di^ und die einander entspreclicnden Inkremente 
von f> und p für ein Fortschreiten langt» der Grenzkurve 

darstellen. 

Unter Rücksicht auf (23) folgt hieraus mabd^ = ^Vatdp 

oder 

(24) dd^^Vai 

dp cat^' 

eine äußerst wichtige allgemeine Formel, die bis auf einen 
unbestimmt gelassenen Faktor von Clapeyron\) auf Grund 
jetzt verlassener Anschauungen gefunden, von Clausius-) 
aua den Haupt ^atzeii der Thermodynamik abgeleitet ist. 

Aus der Formel (23^) läßt sich noch eine weitere wich- 
tage Folter Liu^ gewinnen, wenn man sie mit der allgemeinen 
DefiDition (21) der spezifischen Wärme kombiniert. Denn 
man erhfilt wegen iiab^ff^^ — f]^"^ sonächst als f&r jeden 
Punkt der Greiänirve gültig 

also bei Differentiation längs der Grenzkurve 

oder bei Division durch die Projektion di) des Linienelementes 
der Grenzkurve und Multiplikation mit ^ wegen (21) 

(25) ^-i(^\ = ^_^«j;(6)_^ir), 

^ ^ ^ I d^ ^ ^ ^ ' 

wobei rechts die spezifisoben Wämen der beiden Phasen 
für Verandemngen Ubgs der Grenzkurve (a, b) stehen. 

') Olapeyron, Joum. del'Eo. poL, T. 14» & 172, 1834; fogg. 
Ann. Bd. bd, S. 1843. 

*) Clauaius, Pogg. Ann. Bd. 79, S. 868 u. 600^ 186a 



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32 I* lUpitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

dcoabjdd' usf. ist ohne Strick gelassen, da Wai, überhaupt nur 
für die Grenzkurve (ah) definiert ist. 

Diese Formel, die einen Zusarameuhaug zwischen der 
Differenz jener spezifischen Wärmen und der Umwandlungs- 
wärme (Oab statuiert, geht gleichfalls auf Clansius^) zurück. 
Sie läßt sich noch umgestalten, indem man die direkter Be- 
obachtung nicht zuganglichen Funktionen und y^^^ gemäß 
den allgemeinen Beziehungen füi* spezifische Wärmen aus- 
drückt Wegen 

und ^ = Formel (18) folgt^ hat man näm- 

lich stets 

^ Sv dp 

in Übereiiisimjraung mit Gleichung (39) auf S. 214 von Bd.I> 
also speziell auch 

/^^» - ^cv dp 

(26) ^ 

wobei für dpjM der die Gienskurveu obarakterisieieiide 
Wert^ z. B. also der aus (24) folgende (Ootj^^tA zu seteen ist. 
Bonaoh eibäit man wegen v^—Va^v^ 



d.h. 



(27) 



d_ /Wa6\ («_ (a, _ 



— 7p 7p *^ab 



Hierdurch'-*) ist die Differenz der spezifischen Warmen 
bei konstantem Druck in benachbarten Punkten zu beiden 
Seiten der Grenz kurve mit der Umwandlungswärme und 
-dilatation verknüptt. Der rechts stehende Differential- 

Clausius 1. c. Formel ÜI und V. 
Thiesen, Dmdes Ann., Bd. 9, 8. 80/1908. 



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§ 9. Die Sätze von Clapeyron und Clausius. 33 



qnotient ist partiell und nicht etwa längs der Grenzkurve 

zu nehmen. — 

Wir benutzen in dieser Darstellang konsequent Ab- 
leitungeUj die sich auf die allgemeinen thermodynamischen 
Gleichgewicbtsbedingungen stützen, weil dieselben besser als 
irgend andere den innern Zusammenhang der betreffen- 
den Sätze hervortreten lassen. Indessen sind diese Ab- 
leitimgcn moht immer die ursprünglichen und die direktesten. 
In beiden Hinsichten stehen ihnen häufig Uberh^gungen, die 
auf geeignet gewählten Kreisprozessen beruhen, voran. Um 
die Einfachheit zu zeigen, mit welcher dergleichen gelegent- 
lich zum Ziele führen, mag ein so geleiteter Kachweis der 
Formel (25) hier Platz finden. 

Zur Anwendung geUingt der zweite Hauptsatz der 
Therniudynamik, der Bd. I, S. 206 dahin formuliert ist, daii 
für einen umkehrbaren Kreisprozeß 

(28) (/)^=^ü 

sein muß, unter äm die längs eines 
Linienelements bei der Tempera- 
tur ^ zugefübrte Wärmemenge ver^ 
standen. Der Kreisprozeß sei durcb 
ein unendlicb kleines Kurvenvier- _! 
eck {xßyö) in der j)^-Ebene ge- I 
geben (IHg. 11), von dem zwei Sei- ^* 
ten einem Element der Grenz- 
kurve [ah) unendlicb nahe und parallel verlaufen, die beiden 
andern sie etwa normal scbneiden. Die vorige Gleichung 
stellt sich also in der Form dar 

(tI+ {':)/ ("L- 

hierin ist, falls aÖ der Temperatur ßy der Temperatur 
^-{-d^ entspricht, 

ä CO aß = 7^"^ , ä COßY = (cOafcV-i-ii? f 

und es kann in dem ersten und dem dritten Glied & als 
gleich betrachtet werden. Somit erhält man 

Voigt, Thennodynamik. n. 3 




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34 I* Kapitel. Eine Komponente in mehraren Fhae^. 



was offenbar mit (25) idenÜBoh ist. 

§ 10. Gfesetze für Tripelpunkte. 

Die vorstehenden Formeln gelten für die Grenzkurven 
zwischen den PhasengelnVten; aus ihnen folgen spezielle Be- 
dingungen für die Schnittpunkte dieser Kurven, d. h. für 
die dreifachen Punkte oder Tripelpunkte. Da nach (19) coni 
und Vah je durch die Differenz zweier Ansdrücke dargestellt 
sind, die sich auf die einzelne Phase beziehen, so ergibt 
sich für die Umgebung des dreifachen Punktes (ahc)y 
WO 1^ als konstant anzusehen ist, ohne weiteres 

Den ersten Satz hätte man auch durch Anwendung des 
zweiten Hauptsatzes, d. h. der Gleichung (28) auf eine un- 
endlich kleine geschlossene Kurve um den dreifachen Punkt 
gewinnen können; der letzte ist durch die bloße geometrische 
Anschauung ableitbar. 

Die Formeln gestatten eine interessante Folgerung, 
wenn man sie mit der Gleichung (24) nach deren An- 
wendung auf die drei in dem Punkte (a&c) zusammen- 
treffenden Grenzkurven (a&), (&c), {ca) kombiniert So liefern 
die Beziehungen 

(30) <».»=*».6C;),; '»'"-*''"(löc. 

mit (29) zusammen die Möglichkeit, den Differentialquotienten 

dpjdd^ resp. d&jdp für die eine Grenzkurve zu berechnen, 
wenn die- beiden anderen, sowie die ihren Grrenzkurven ent- 
sprechenden Yolumenänderungen oder Umwandlungswärmen 
bekannt sind. Z. B. folgt aus (30) durch Summation nach (29^) 

(31, «-...©.+-i).+'"(i)„' 

wozu dann noch die Gleichung (29*) zu nehmen ist» Analog 
gilt neben (29^) 



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I 10. Gesetze für Tripelpimkto. 



35 



Unter Umstanden sind auch Beziehungen von der Form 

(33) "'" + H''«4tl+^'41J=«' 

die sich durch Summation nur zweier Gleidiungen von der 
Form (30) und Benutzung von (29^) ergeben, von Interesse. 

Haben Vat und vte gleiches Yorzeichen, ist also v«« ab- 
solut genommen größer als jedes von ihnen, so gibt die 
aus (31) und (29^) folgende Formel 

-.(ä C3j--((Sl-(i)J 

das Resultat, daÖ 

sein muß. Analog folgt, wenn o)ab und (Obc gleiches Vor- 
zeichen haben und somit cDca absolut genommen größer ist 
als jedes von ihnen. 

Bezüglich der von — hn bis -{-^n zu zählenden 
Neigung gegen die t?-Achse nimmt sonach diejenige 
Grenzkurve die mittlere Lage ein^ für welche die 
Volumenänderung, und bezüglich der Neigung gegen 
die p-Achse diejenige, für welche die Umwandlungs- 
wärme die größte ist. 

§ 11. Empirische Bestimmung der spezifischen 

Potentiale. 

Bei der Rolle, welche in Fragen des thermodynamischen 
Gleichgewichtes die spezifischen Potentiale (f^^ der einzelnen 
Phasen spielen, drängt sich die Frage auf, welche Hilfs* 
mittel wir denn besitzen, um diese Größen für iigend eine 
Substanz zu bestimmen. 

8* 



36 I* Eftpitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

Hierzu bemerken wir, daß nax:h den Formeln (18) für 
jede Phase (i) die Besiehungen gdten 

(34) — 

da wir nun das spezifische Volumen i^'^, wcDiigleicb mit- 
unter nicht ohne ^^ehwierigkeit, als Funktion von p und 
beobachten können, so düi-feu wii' jedenfalls dl^*^jdp in der 
ganzen ^i>-Kbene als eine bekannte Funktion dieser Größen 
betrachten. 

Die spezifische Kuiiupie ist keine der direkten 
Messung zugängliche Größe; bestimnibar ist bis zu einem 
gewissen Grade die zu einer umkehrbaien Veränderung dpydi) 
aufzuwendende Wärmemenge 

oder kürzer 

wobei 7^'^ die spezifische Warme bei konstantem Druck, 

die latente Warme der Druckänderung für die Phase (i) 
bezeichnet. Nach (34) ist dabei 



dp c) & ' 

und hierin stellt d^^f^^B^ den Koeffizienten der thermischen 
Dilatation bei konstantem Druck dar. yf und k^^ können 
somit als beobachtbar gelten. 

Da nach der Definition beider Großen 

ist, so gilt 

unter F{p) eine unbekannte Funktion des Druckes, unter 
f{ß) eine eben solche der Temperatur verstanden. 

Hieraus folgt, daß die experimentelle Bestimmung 
von als Funktion von p und ^ und die Beobachtung 
von als Funktion von jp allein, oder aber (noch bequemer, 



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§ 11. EmpiriBehe Bestimmung der spezifisehen Potenti»!«. 37 



da die Kenntnis des Gesetzes für v^'f schon voraaagesetzt 
Ist) die Bestimmung von X^*^ als Funktion von p und ^ und 
von als Funktion von ^ allein zur Ableitung der voll- 

ständigen Werte 

drf^ e^^^ , dfj^ j^^O 

ausreicht. 

Ans ihnen er^bt sich dann durch Integration r'^'^/^?^ 
bis auf eine additive Konstante und, nacli Herau/ichung 
des Wertes von c^*^jdp^ durch abermalige Intei2:ration der 
Ausdruck für selbst bis auf eine additive lineare Funk- 
tion von t>, so daij wir setzen können 

(35) ^(0 = (iKO(p, ^) -f + Ä(0, 

worin eine bekannte Funktion, die 1^ und h^^ aber un- 
bekannte Konstanten bezeichnen. 

Wir wollen annehmen^ daß diese Bestimmung för jede 
Phase des Systcmes durchgeführt wäre; es bleibt dann noch 
die Frage, inwieweit die Konstanten und h^*^ willk&y 
lieh sind. 

Die Ausdrucke für die Potentiale selbst treten nur 
in den Gleichungen für die Grenzkurven au£; für die Grenz- 
kurve {ah) gilt beispielsweise j 

d. h. 

Da nun die Grenzkurven eine durch die Natur des Svstems 

vr)llig bestimmte Form und T^ago haben, so ist weder A"^"^ - 
noch /i("> — M''^ verfügbar. Man darf also k und h für eine 
Phase (T) willkürlich vorschreiben; dann sind zunächst für 
diejenigen anderen (2), (3), (4), . . . welche mit (1) koexistieren 
können, die h und k bestimmt, wenn von jeder der Grenz- 
kui ven (1, 2), (1, 3), (1, 4), . . . zwei Punkte bekannt sind. 
Die eventuellen Grenzkurven (2, 3), (2, 4), (3, 4) folgen 
hieraus, aber jede weitere Phase erfordert zur Bestimmung 
ihres I*otentiales die Festlegung zweier Punkte ihrer Grenz- 
kurven ^ofxf'n ein Gebiet, in dem t^"^ völlig bekannt ist. — 
i']uu' aiuiere Bestimnuingsweise der Konstanten wird 
durch die Formel (19^), d. h. durch die Beziehung 



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38 I* Kapitel Eine Komponente in mehreren Phasen. 

an die Haod gegeben, die bd £i]ifQhrang des Wertes (35) 
die Form annimmt 



Man ezkennt, daß bei willktirlich vorgeschriebenem 

die Umwandlungswärme coig, Wjg, CO14,... für je eine Stelle 
der das Phasenboieich (1) begrenzenden Kurven (1, 2), (1, 3), 

(1, 4), . . . die . . . hcstimmt. 

Die Konstanten k fol<ron dann, wenn nur je ein Punkt 
der betreffenden Grenzkurven vorocschrieljcn ist. Die Aus- 
dehnimg dieses Verfahrens auf andere als benachbarte l*hasen 
ist klar. 

§ 12* Andere Problemstellungen. Eine allgemeine 

Bemerkung. 

Im vorstehenden sind wir von der einfachsten und 
zugleich praktisch wichtigsten Fragestellung nach dem Zu- 
stand stabilen Gleichgewichtes bei vorgeschriebenen p und & 
ausgegangen, die sich auch dadurch besonders empfidilt, daß 

die Abhängigkeit der Potentiale von p und relativ einfach 
bestimmbar ist. Es ist aber klar, daß noch andere Probleme 
möglich und bedeutungsvoll sind. So kann man z. B. neben 
(oder neben j)) das Gesamtvolumen F=2mWvW vorschreiben 
und dann neben dem zugehöngen p (oder 1^) die Verteilung 
der Masse zwischen die verschiedenen Phasen suchen. 

Für den ersten Fall lauten die Bedingungen nach (6) 
auf S. 4 

X »jto ^(0 — Yp ÄS Minimum , 

wahrend 2 »i(0»Jlf, 2w<'^ t^'^ runverSnderlich voigeschrieben 
sind. Sie liefern nach der S. 26 erwähnten Methode die 
Formel 

* 

in der .1 und K zunächst unbestimmte Faktoren bezeichnen. 
Sind alle dm(^ willkürlich^ so gibt dies bei n Phasen n Giei- 



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§ 12. Andere Problemstelluiigeii.' 39 
chuugeD von der Form 

daaebeu die Bedingung 

die sich wegen (342) a^f JC=0 reduziert. Wir gelangen 
somit zu der alten Bediugnng C^O -\- ji = 0 zurück. Dasselbe 
gilt iii dem zwcit<»n Fall, daß j) und V vorp;eschrieben siiid. 

Etwas anders ist das i^robleni auzugreifen, wenn neben 
V die Gesamtenergie 7^' gegeben ist, wenn also etwa das 
System in irgend einem Anfangszustand, der kein Gleich- 
gewichtszastand ist, in ein GefSß eingeschlossen tmd oime 
WSrme- und Arbeitszufohr sich seVSet überiasBcn wird.^) 
Hier ist nach S. 359 in Bd. I die Bedingung des Gleich- 
gewichts die, daß die Entropie H^ltd^tj^^ des Systems 
ein Maximum aimehmen mufi. 

Alle diese Fälle unterscheiden sich von dem von uns 
an die Spitze gestellten dadurch, daß bei ihnen nicht nur 
die Phasen bestimmt werden, welche nebeneinander unter d^ 
g^ebenen Umständen im Gleichgewicht sein können, sondern 
(innerhalb gewisser JSinschränkungen) auch die Masse jeder 
einzelnen von ihnen, die mit den gestellten Bedingungen ver- 
einbar ist; diese Größen bleiben bei der früheren Frage- 
stellung unbestimmt, da für sie nur die einzige Bedingung 
Jm(') = 3f vorgeschrieben war. Dagegen bestehen für sie 
z. B. bei dem letztgenannten Problem die drei Gleichungen 

Itd^^M, Ifd^^^^V, Imm^^E, 

und da gezeigt ist, daß im allgemeinen höchstens drei Phasen 

miteinander im Glpichsfewicht verharren können, so reichen 
dio«e ^Ueichungen zur Bestimmung der betreffenden drei wjW 
gerade aus. Mögliche Zustände sind dahfi natürlicli nur 
solche, für welche alle drei Massen sieb, positiv hnden. 

In den erstgenannten FjüIoii gegebener p und V oder 
■& und V bestehen zwischen den Massen nur die beiden 
Gleichungen 2m^'^^M und Sm^t'^')— F; hieraus folgt, daß 
für die dreifachen Punkte, wo drei Phasen koexistieren 



*) Planck, Thermodynamik S. 122 u. f. 



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40 I* KapiieL Eine Komponente in mehreren Phasen. 

können, die bezüglichen Massen nicht vollständi«; bestimmt 
sind, sondern ein Freiheitsgrad der Umwandlung zwischen 
ihnen mit dem Problem vereinbar bleibt Bei nur zwei koexi- 
stierenden Phasen sind dagegen die Massen völlig bestimmt. 

AVeiter ist zn bemerken, daß die Frage nach der Sta- 
bilität des Gleichgewichts bei den neuen Bedingungen eine 
etwas ansführlichcre Behandlung verlangt. Bei unserem Pro- 
blem lehrte die unmittelbare Anschauung, daß das Poten- 
tial Z -^/ii^^^^'^ in bczug auf die Wi'" ein Minimum ist, 
wenn alle Massen den Phasen angehören, die bei den ge- 
gebenen p und 1^ das kleinste Potential besitzen. Hier, bei 
der Abhängigkeit von noch anderen Yanabeln, wird hin- 
gegen jedesmal das Vorzeichen der zweiten Variation d^ zu 
einem Maximum oder Minimum za machenden Funktion zu 
untersuchen sein. 

In dem ersten oben behandelten Falle, wo ^id^if^--Vp 
bei konstantem V und konstantem M durch p und die td^ 
zu einem Minimum werden solltei kommt z. B. die zweite 
Variation 

asm Sv('^ 

in Betracht. Damit dieselbe für beliebige m<'^ negativ sei, mui) 
für jede der koexistierenden Phasen dv^'^jcip <fO sein, — ein 
Resultat, das unmittelbar einleuchtet, da ein Körper, dessen 
Volumen unter konstanter Temperatur bei abnehmendem 
Druck selbst abnimmt, ersichtlich kein stabiles mechanisches 
Gleichgewicht annehmen kann. 

Der Raum gestattet nicht, auf die zahlreichen, sich hier 
er()tfnenden Fragen einzugehen. Indessen haben viele von 
ihnen keine direkte Beziehung zu wirklich angestellten Be- 
obachtungen, deren Erklärung ja unsere vornelunste Aufgabe 
sein muß. — 

Wir schließen den Abschnitt mit einer allgemeinen Be- 
merkung. In den vorstehendon Paragraphen ist eine erheb- 
liche Zahl merkwürdiger und wichtiger Beziehungen zwischen 
verschiedenen thermodynamischen Funktionen abgeleitet 
worden, die man zunächst nur als Gegenstände der Prüfung 
der Theorie durch die Erfahrung beachten möchte. In- 
dessen liegt hierin nur ein Teil ihrer Bedeutung. Manche 
der vorkommenden Funktionen sind der direkten Beobach- 



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% 12. Andere Probleuuäteliungen. 



41 



tnng sehr wenig oder gar nicht zugänglich^ me z. B. die 
spezifiscfaen Wärmen und längs der Gremünirve (ah); 
ffir andere^ leichter beobachtbare, wie z. B. t^^ und oott, 
kennt man bei den in Betracht kommenden weiten Bereichen 
keine Gesetze in geschlossener Fonn, die ihre Abhängigkeit 
von den Variabeln^ z. B. von p und ^ darstellen. In beiden 
Fällen können die abgeleiteten Beziehungen zur Erweiterung 
unserer Kenntnisse beitragen, indem sie numerische Be- 
stimmungen oder GesetznäBigkeiten vermittehi» die ohne 
ihre Hilfe nicht zu gewinnen wären. 

Das Gebiet der thermisch -chemischen Umsetzungen 
unterscheidet sich hierdurch merklich von dem der thermisch- 
mechanischen. Bei h'tzteren kommen die wichtigsten Fragen 
f;r*hon in so kleinen Wertbereichen der Unabhängigen zur 
(ieltung, daß man sich für die Abhänirigon häufig mit sehr 
abgekürzten Potonzentwicklungen begnügen konnte, oder es 
handelte^ sieh um ideale Gase, in bezug auf welche die be- 
zügliehen (resetzmäßigkeiten innerhalb weiter Bereiche als 
bekannt gelten konnten. In unserem Gebiete liegen die 
Verhältnisse im allgemeinen viel scliwieriger. Die Be- 
schränkung auf abgekürzte Potenzentwicklungen ist nur in 
Ausnahmefällen zulässig; meistens handelt es sich um große 
Bereiche der Unabhängigen und k()in{)lizierte, noch keines- 
wegs genügend aufgekhirtc Abhängigkeiten. Demgemäß ist 
die Verwertung der Endformeln der Theorie häufig umständ- 
lich und nicht ohne Künstlichkeit ausführbar^ auch fehlen 
zumeist noch die nötigsten experimentellen Resultate. Die 
Sohwieriffkeit der Veäältnisse gestattet die Durchffihnmg 
der Froäeme nur in gewissen speziellen Fällen^ von denen 
wir das wichtigste im folgenden voranstellen. 



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II. Abschnitt. 

Spezielle Untersuchung einzelner Uber- 
gangsgebiete, insbesondere derjenigen der 
Verdampfung und Sublimation. 



§ 13. AUgemeine Beziehungen. 

Die Eigenschaften eines im Gleichgewicht befindlichen 
Systems zweier Phasen besitzen ebenso wegen der theo- 
retischen Fragen, wie wegen der praktischen Anwendungen^ 

die sich an dieselben knüpfen, eine ganz hervorragende Be- 
deutung. Für ihre Entwicklung empfiehlt sich — wie be- 
reits angekündigt — eine von der oben hauptsächlich be- 
nutzten abweichende geometrische Darstellung. Da die Zu- 
8täiKlo, um die es sich handelt, auf den cylindrisehen Teilen 
der Volumenfläche liegen, und diese sich auf die ^jj>-li.beue 
als blose Kurven projizieren, so werden in jener Ebene zwar 
Änderungen von -p oder />, nicht aber solche des Mischungs- 
verhältnisses eine Dai'stelluug gewinnen können; man wird 
daher, wo es sich um letztere handelt, vorzielien, die Vorgänge 
in der pv- oder der i??^-l^bene zu veiiolgen. Wir werden 
uns zunächst der letzteren bedienen. Zur Wahrung des 
Zusammenhanges mit den Figuien des ersten Teiles emp- 
fiehlt es sich dabei, die i;- Achse als Abszissenachse zu wählen. 

Um zu übersehen^ me sich ein Übergangsgebiet in solch 
einer t;t9- Ebene darstellt, denken wir uns gemäfi dem 8. 21 
Gesagten etwa die in § 6 besprochene i;- Flache mit ihrem 
Achsenkreiu: so gestellt^ daß die Achse horizontal 
nach rechts, die jp- Achse horizontal nach hinten liegt, die 



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§ IS. Allgemeine BeziehuDgen. 



43 



Achse vertikal Bteht, und projizieren eines der cylindri- 
schen Übergangsgebiete durch Gerade parallel der ja -Achse 
auf die v^- Ebene. Wir erhalten BO ein Flächenstück, das im 
allgemeinen nach oben und nach unten durch horizontale Gerade 
begrenzt wird. Denn jede UbergangskurN'e in der p'&-Ehene 
fjeht von einem dreifachen Punkt aus und endet, wenn sie 
nicht ins Unendliche oder ^egen eine Koordinatenachse ver- 
liiiift, in einem solchen. Ein dreifacher Punkt in der 
Ebene entspricht aber in der vi^-Kbeae einer horizontalen 
Geraden. Außer durch diese 
Geraden ist ein Ubergangsge- 
l)irt iiocii durch zwei rechts und 
links verlaufende Kurven be- 
grenzt, jenseits deren das Ge- 
biet der einzelnen Phasen be- 
ginnt. Das Kurven Viereck ah cd 
in Eig. 12 soll die Gestalt eines 
solchen Ubergangsgebietes ver- 
anschaulidien. 

Wir wollen in Yereinfach- 
ung der früheren Bezeichnung 
die in der i;^-£bene links 
liegende Fhase^ als die erste, 
durch einen, die rechts lie- 
gende, als die zweite, durch zwei obere Indices an den 
betreffenden Symbolen andeuten. Es gilt dann also z. B. 

(3(J) V^m'r'-h m"v", mV + m"f", U = m' r^' -\- m" tj" , 

\\ obei r', v" die früheren iM\ v^^^ auf' der Grenzkurve (ah) 
vertretiiii. 

Führen wir das Verhältnis x der Masse der zweiten 
i'haise zu der Gesamtmasse (ihre relative Masse) durch die 
Eormehi 




u 



Fig. 12. 



(37) 



M 



m 



M 



ein, so ergibt sich aus (36^) für das spezifische Volumen v 
des Gremisches 

(38) v^{l-x)^'i-ißif\ 

Wir werden a- weiterhin öftcT als die eine (intermediäre) 
Uuabiiängige führen; als die zweite werden wir t> bcvor- 



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44 I- Kapitel. Eine Komponente in mehieren Phasen. 

zogen, das in dem betraehteten Gebiet iiiit p durch die Glei- 
chung der Grenzkurve der beiden Phasen io der ^'J^- Ebene 

(39) Q{p,&)-0 

verbunden ist. v' und if' sind von x unabhängig, also Funk- 
tionen von 0 allein^ da p durch (39) mit diesem verbunden 
ist; V hängt gemäß (38) von x und ab. 

Betrachtet man v und ^ als die Unabhängigen , so be- 
Btimmt sich x ans (38) gemSß der Formel 

V — ff 

(40) 

X = Konst gibt ein Eurvensystem, dessen Einzdkurven Zu- 
stande gleicher Mtschungsverhältnisse verbinden und kurz 

Mischungskurven genannt werden mögen. x=^0 ent- 
spricht dem alieinigen Vorhandensein der ersten^ x^l dem- 
jenigen der zweiten Phase; ersteres bestimmt sonach die 
linke, letzteres die rechte Grenzkurve des Übeigangsgebietes 
in der t'??-Ebene. 

Für die nächsten Anwendungen auf die Verdampf ungs- 
gebiete, wo die erste Phase dem festen oder flüssigen, die 
zweite dem dampfförmigen Vorkommen entspricht, ist die 
Bemerkung nritzlieh, dal;? iiiH'h der Erfahrung das spezifische 
Volumen v' für feste und Üüssige Körper an i linken 
Grenzkurve mit wiiehsender Temperatur (wenig) zu-, das- 
jenige ihrer (gesättigten) Dämpfe an der rechten Grenz- 
kur\e gleichzeitig (stark) abnimmt. Mit wachsender Tem- 
peratur wäclist nämlich inneihall) der Verdampfungsgebiete 
auch der Druck, und von den beiden in entgegengesetztem 
Sinne wirkenden Einflüssen (Druck- und Temperatursteige- 
rung) überwiegt bei den gesntti<rten Dämpfen der erstere, bei 
festen und flüssigen Ivörpern mi Verdampfungszustand der 
letztere. 

Dem^emäB ist die Gestalt der Verdampfungsgebiete in 
der t7i^-]S[>ene in der Tat die in dßt Fig. 12 d^estellte^ 
und die Dampf- oder Mischungskurven schließen sich den 
Grenzkurven in der dort angedeuteten Weise an. 

Wären ff und als Funktionen von ^ bekannt, so 
wäre die wirkliche Konstruktion der Grenz- und Mischungs- 
kurven sogleich ausführbar. Dies ist aber innerhalb größerer 
Wertbereiche von ^ keinesw^s der Fall. Über die Hilfs- 



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% IB. Aligemeine BeziehuDgen. 



45 



mittel, diese Lacke für Dämpfe ausznfnllen^ wird später 
gesprochen werden; for feste und flüssige Körper genügt 
im allgemeinen die Darstellung durch eine fieihe nach 
steigenden Potenzen der von geeigneten Kormalwerten aus 
gerechneten Drucke und Temperaturen, und hieraus ergibt 
sich das hier in Betracht kommende Gesetz für t/ an der 
linken Grenzkurve , indem man in diese Reihe die für das 
l'l>ergang8gebiet charakteristische Beziehung (39) zwischen 
Temperatur und Druck einfuhrt. — 

Die vollständige Änderung von v bestimmt sich nach 
(38) durch 

(41) dv==(t/^^^)dx-h{{l-a;)'^ + x^d^, 

Ist «las System in ein GefäB mit staiTen Wänden ein- 
geschlosseu^ also dv^O^ so ergibt dies 

d. b., bei einer Steigerung der Temperatur nimmt die Masse 
der zweiten Phase zu oder nh, je nachdem der rechts ste- 
hende Faktor von d§ positix otl( i- negativ ist. 

Der Neuner i'^ — v' ist nach der Annahme stets positiv» 
Von den Differentialquotienten di'^'dß und dif'jdd' ist in 
vielen wichtigen Fällen der erste positiv, der zweite neg^ativ. 
Handelt es sich z. B. um ein System aus Flüssiglveit und 
Dampf, so ist nach obigem für die Flüssigkeit dv'jd'd- po- 
sitiv, für Dampf di/\ld& negativ. 

Hieraus folgt, daß in den genaünten Fällen das \\)r- 
zeichen von dx wesentlich von der Größe von x abhängt; 
bei großem Xy also bei wenig Flüssigkeit, wird dxjdd^ po- 
sitiv bei kleinem Xj also viel Flüssigkeit, wird dxjdd ne- 
gativ, sein; im ersten Falle juvA bei Temperatursteigerung 
weitoe Verdampfung, im letzteren Kondensation eiotreten. 
In der Tat: bei wenig Flüssigkeit wird deren thermische 
Dilatation dem Dampfe nicht merklich Raum wegnehmen, 
umgekehrt dagegen in dem Falle, daß die Flfissigkeit das 
vorhandene Volumen zum großen Teil oder gar fast voll- 
ständig erfüllt. 



46 1* Kapitel. Eine Komponente in mehrere Phasen. 

§ 14. Arbeits- und Wärmeaufvand, Enerke und 
Entropie in einem Über^fti^SSS^l^iete. 

Wenn es sich (wie hier zunächst angenoninaen) nur um 
zwei Phasen, also um eine einzige Art des Überganges 
handelt, können wir die im vorigen Abschnitt benutzten 
Bezeichnungen noch weiter vereinfachen. Demgemäß setzen 
wir fernerhin die Volumenänderung der Masseneinheit beim 
Ubergang von der Phase (1) in die Phase (2) 

(43) «"-t/=-f* 

statt, wie bisher, = v^^y ebenso schreiben wir die Umwand- 
lungswärme der Masseneinheit bei dem gleichen Vorgang 

(44) ^ (t]" - tf) = X 

anstatt, wie bisher^ coni letzteres im Einklang mit Bd. I, 
S. 213, 

Für die Arbeit, welche an der Masseneinheit des Ge- 
misches aus zwei koexistierenden Phasen of lpistet werdpn 
muß, um X um dx, ^ um d-& zu vergrößern, erhalten wir, 
da nach (38) 

ist, den Ausdruck 

(45) ä(X^—pdv=^—p(di/-\-d(xu)). 
Dabei gilt zwischen u und X nach (24) die Gleichung 

wobei jetzt der auf das Ubergangsgebiet hinweisende Strich 
über dem Difierentialquotienten fortgelassen worden ist. 
Man kann Formel (45) schreiben 

äec — '-p (ln\ — d(pxu) + xu dp 

und durch Benutzung von (46) auch bilden 

xX 

(47) ä(X = —pdv' — d(pxu)-{--^d^, — 

Die Wärmemenge äQ, die der Gesamtmasse des Ge- 
misches zweier koexistierenden Phasen zugeführt werden 
muß, um die Änderungen dx, d& hervorzubringen, ist jeden* 
falls durch einen Ausdruck von der Form 



§ 14. Arbeits- 11. Wftrmeaufwmd, Energie u. Entropie usw. 47 



gegeben. ^ Der erste Teil stellt die Aufwendung bei iso- 
thermer Uberführung der Masse dm" ^Mdx aus der ersten 
in die zweite Phase dar, und wird demgemäß mit MX 
identisdi sein. Der zweite Teil enthält die Aufwendung, 
die eine Temperaturfindenine ohne Änderung des Mischnngs- 
Verhältnisses verlangt. Da hierbei keine Umwandlung statte 
findet^ so kann man bei diesem Prozefi die beiden Phasen 
durch mne feste Wand getrennt denken und erhalt nach 
der Definition von spezifischer Warme sogleich Q^ = m'y' 
-\-m"yt wobei y' und f (gleichbedeutend mit y55 und y^^ 
auf S. 31) die spezifischen Warmen der beiden Phasen 
bei derjenigen Veränderung bezeidinen, die si|» 
trotz der Temperaturerhöhung zur Koexistenz be- 
fähigt erhält* In der Tat sollen ja auch nach der Tem- 
peraturänderuDg die beiden Phasen miteinander im Gleich- 
gewicht verharren. 

Es wird hiemach 

äQ = MXdx-\- {my + y") , 

oder bei Beziehung auf die Masseneinheit wegen (37) 

(48) ä(o = Xdx + ((l-x)f + xy')d^, 

Dabei besteht zwischen f, f* und X nach (25) die Beziehung 

so dafi man auch schreiben kann 



^ ^ (Xx\ 

^fd^^M\~y — 

Wir machen beihiufip: auf den Zusammenhang aufmerk- 
sam, in dem die Gleichung (48) mit der allgemeinen Formel (29) 
aus Bd. 1, § 04 .steht, welche für die Masseneinheit eines be- 
liebigen Medimns gilt, dessen Zustand außer durch die 
absolute Temperatur 1^ nocli durch irgend eine andere Un- 
abhängige X bestimmt wird, und lautet 



. y Google 



48 EftpiieL Eine Komponente in mehteren Phasen. 

(51) + 

Nuumt man als Besultat der Beobachtung hinzu, daß in 
dem betraditeten Gebiete p nidit von x aUiangt, und setzt 
daher B'pjd^ — dpjd^, cjyjdx^O, ßo erhält man 

V ist eine Funktion von ß und x, cr'Bx bedeutet also die 
Andcruiiu des sp( /iitscheii Volumens, wenn bei konstanter 
TciiiptiaLur x um Eins, d. h. also von 0 bis 1 wächst. 
Nach der Bcdeutunor von x stellt also c'r 'dx die Volumen- 
ändemng" 9( der Aiassenciiilieit beim 1 b ergang aus der 
Phase (1) in die Phase (2) dar, und wir liaben 

Die Vergleichung dieser Formel mit (48) ergibt 

die erste Beziehung: entspricht genau dem zur Bestimmung 
xoii Q-y Gesagten^ die letzte ist mit Formel (46) identisch 
und vorstehendes gibt für jene eine von der früheren der 
Form nach abweichende, obwohl inhaltlich übereinstimmende, 
zweite Ableitimg. — 

Die Gleichungen (47) und (50) sind streng. Aus ihnen 
folgt für das Differential der Energie der Volumen- 
einheit 

oder bd Berflcknchtigung von (46) auch 

(52) dt^d[x(X-i,u)] + {^/~p^d». 

Da y und t/^ wie auch p nur von nicht aber von x 
abh&igen, so ist die rechte Seite ohne weiteres ein voll- 
ständiges Differential 



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§ 14. Arbeits- u. Wärmeaufwandy Energie u. Entropie usw. 49 

Die Integration liefert, falls S eine Funktion von ^ 
allein bezeichnet 

(53) e^e-^x(X-pu), 

Dieser Ausdruck gestattet eine einfaehe Deutung, die 
am besten hervortritt, wenn man ibn mit der Gesamtmasse M 
beider Phasen erweitert, also schreibt 

(54) Ji:^Me + m''[X -pu) . 

Das erste Glied bestimmt ersichtlich die Energie für 
den Fall m''»0 (also z. B. fehlenden Dampfes), natür- 
lich für den durch G(p,d) = 0 charakterisierten Zustand 
(der Verdampfbarkeit resp. des Siedens). Das Glied {X—pu) 
stellt sonach den ganzen Energiezuwachs der Masseneinheit 
infolge der Verdampfung dar. Dasselbe enthält die Ver- 
dampfungswärme abzüglich des Äquivalentes für die bei der 
begleitenden Dilatation abgegebene Arbeit und wird gelegent- 
lich die innere Verdampfungswärme genannt 

Die Gleichung (50) liefert für das Differential der 
Entropie der Masseneinheit 

(55) ^'^^'^^^(t)' 

was nach dem Gesagten gleichfalls ein vollständiges Differen- 
tial darstellt. 

Es gilt sonach, wenn 0^ eine andere Funktion von ^ 
bezeichnet^ 

(56) fi^e,-\-Xxi 



Die vorstehend erhaltenen Formeln für da, äco, de, drj 
resp. £ und r] haben sämtlich einen eigenartigen unent- 
wickelten Charakter durch das Auftreten mehrerer Funktionen 
von im allgemeinen nicht bestimmbarer Natur. Sieht man 
und V als Unabiiängige au, so sind ~/ , tc, i/ , X und p 
Funktionen von § allein, x enthält beide ^Vigumente; ihre 
Differentiale sind also demgemäß zu deuten. Man könnte 
dies durch eine ausfuhrlichere Schreibweise veranschaulichen, 
Indem man s. B. 

Voigt, TlMnnodynaiiiik. IL 4 



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50 L Kapitel. Eine Komponente in mehrenen Pliaaen. 



schriebe; indessen würden die Formeln dadurcli unhandlich 
werden. Die Tatsache ist aber dauernd im Auge zu be- 
halten. 



§ 15. Dampf und feste oder flüssige Substanz; 
£infiUining einer Annäherong« 

In dem wichtigsten Fall, auf den unsercl Formebi An- 
irmdung finden» nämlidi dem eines Gemisehes von Flüssig- 
keit oder fester Substanz und Dampf von erheblich geringerer 
Dichte kann 1/ von ^ und somit von p in Annäherung un- 
abhängig gesetzt^ auch y mit der gewöhnlichen spezifischen 
Warme yp bei konstantem Druck vertauscht und als kon- 
stant betrachtet werden. 

Um letzteres zu zeigen, bemerken wir^ daß för die Ya- 
riabeln ^ und p wegen BpjB^'~=Q und Bpjdp^l aus 

(51) folgt 

Sv 

(57) ä(o = yd& = Ypd& — i^^dp, 

also bei Anwendung auf die Phase (1) 

Die spezifische Wärme y ISngs der linken Grenzkurve 
des Yerdampfungsgebietes, wie wir die Bereiche (f-\- d) 
und [s -\- d) zusammenfassend nennen wollen, erhalt man hiei^ 
aus» indem man im dpjd^ den Wert setzt» der sich aus der 
Formel G(p,d')^0 bestimmt. Ist aber» wie angenommen» 
4/ von ^ nidit merklich abhängig» so ist y von nicht 
merklich verschieden. Wir wollen der Symmetrie wegen aber 
die frühere Bezeichnung beibehalten. 

Unter diesen Annahmen werden die beiden Formeln 

(52) und (55) für de und drj integrabel und liefern bei Eio- 
iuhrang zweier Integrationskonstanten c und <^ die Besultate 

Für das Potential ( der Masseneinheit des Genusches 
ergibt sich hieraus wegen S'^e-\-pv—^fi und v—xu=i/ 



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§15. Dampf und feste oder flüssige Substanz. 



51 



bei Eiiifubnmg der Konstante y' — C| 

(59) C=-c + pv'-\- Hc^ - y' ln(i^) ) . 

Dieser Ausdrack iat von x und somit von dem Mischungs- 
verhältnis UDabhangigi wie das in der Tat wegen 

C « r (1 - ä;) + t:'x und = 

stattfinden muB. 

Gleichzeitig gilt nach (49) 

eine Formel, die ein wichtiges Mittel gibt; um die direkt 
nicht beobachtbare Größe y", die spezifische Wärme des 
Dampfes längs der rechten Grenzkurve oder die spezifisdie 
Wärme des gesättigten und bei der Tempcraturanderung 
gesättigt erhaltenen Dampfes, aus leichter meßbaren Größen, 
nämlidi und X, zu berechnen. Da hierzu eine Beobach- 
tongsreihe oder eine empirische Formel für X herangezogen 
w ( rrlf n mnfi, und da von dergleichen bei dieser allgemeinen 
Entwicklung abgesehen werden soll, um klar hervortreten 
zu lassen, was sich allein aus den thermodynamischeti Grund- 
formeln gewinnen läßt, so verschieben wir diese Berechnung 
auf später. Bemerkt mag hier nur noch dieses werden. 

Die spezifische Wärme /"findet sich bei manclicn Körpern 
positiv, bei manchen negativ, und dasselbe gilt also auch von 
der zu einer positiven Temperaturänderung nötigen Wärme* 
zufuhr äco" ^y^d^. Nim besitzt die rechte Grenzkurve des 
Verdampf uno^sgebietes die in Fig. 12 dargestellte Form, es 
ist also auf derselben eine Temperatursteigerung mit einer 
Voliimonvcrlvleineruno: vcrbimdon. Jode Erwärmung von ge- 
sättigt bloiheudcm Dampf verlangt hioniach einen Arbeits- 
aufwand. In dem Falle Y'> 0 würde derselbe für sieh allein 
aber den Dampf nicht trocken erlialten, er würde Konden- 
sation bewirken, und es ist somit eme Wärmezufuhr erforder- 
lich, nm dieselbe aufzubf^bon. In dem Falle y <0 würde 
umgekehrt die bloße Arbeitszufuhr eine Uberhitzung des 
Dampfes bewirken, und es ist eine Wärmeentziehung nötig, 
imi den Dampf gesättigt zu erlialten. Oder anders ausge- 
drückt: in dem Falle < 0 würde eine bloße Arbeit?- 

4* 



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52 I* Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

entziehung eine Kondensation bewirken, deren Kom- 
pensation einen Wärmeaufwand orfordert. 

Diese Überlegung gibt AufschluÜ über die Lage der 
Adiabaten für das betrachtete Gemisch in der unmittelbaren 
Nachbarschaft der recliten Grenzkurve des Verdauipiungs- 
gebietes. In dem Falle y"> 0 müssen die Adiabaten flacher, 
in dem Falle y"<0 müssen sie steiler fallen, als die rechte 
Gh^zknrve; in der Tat föhrtdann bei p">0 eine Temperatur- 
Steigerung, bei <0 eine Temperaturemiedrigung zu Kon- 
densation. — 

Die spezifische Wärme eines Gemisches aus Dampf und 
fester oder flüssiger Substanz längs einer Dampfkurve be- 
stimmt sic^ nach 8* 47 zu 

d. h. also nach (49) zu 

Dieser Ausdruck geht für x^l, d. h. für reinen Dampf> 
in den Wert von y" nach (49) über; für 0 wird er zu f. 

Nun ißt für feste und flüssige, mit ihrem Dampf koexi- 
stierende Körper y' stets positiv. Hieraus folgt, daß im 
ganzen Verdampfungsgi lüet positiv ist, weim y"> 0 ist, daß es 
aber ebenda sein Vor/eiclien wecliselt, wenn y" < 0 ist. Die 
Bedeutung- des doppelten Vorzciclicns von ^.^ ist aber ^enau 
ebenso verwertbar, wie oben die des doppelten VorzeicLiens 
von y'. Man kann daher auch die analoge Folgerung ziehen 
und den Satz aussprechen: An allen Stellen des Ver- 
dampf ungsgebictes, wo 7^ > 0 ist, lallen die Adia- 
baten flacher, wo yj. < 0 ist, fallen sie steiler als 
die Dampfkurven. Dabei sind übrigens in der un- 
mittelbaren Nachbarschaft der linken Grenzkurve 
negative Fallwinkel xuläasig. 

In den nebenstehenden Figuren 13 sind die genannten 
beiden f^e sdiematisdi daigestellt; die ausgezogenen Kurven 
stellen Dampfkurven, die mit r und l bezeiofaneten spezieU die 
Grenxkurven des Verdampfoigsgebietes dar, die punktierten 
geben die Adiabaten. 

Daß in dem Falle <0 das Gemisdi von der rechten 
2ur linken Grenskorve seine Cigensohaft ändert, eiklfirt sieh 



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§ 16. Weitere YernaolilässigungeiL 



53 



aus dem abweicheDdeo Verhalten der beiden koexistierenden 
Phasen; in der Nähe der einen Grenzkurve überwiegt die 
cine^ in der Nähe der anderen die zweite in ihrem Bedüifnis 
nach Wärmezufuhr oder VVäimeal^be. 

§ 16. Weitere Vernachlässigungeu; die Gleichung 

der Adiabaten. 

Ober die segenseitige Lage der Adiabaten und der 
Dampfkurven geben die vorstehenden Überlegungen relativ 
einfachen und vollständigen Au&chluB. Da aber bisher die 
absolute Lage weder der einen noch der anderen Xorveur 



art bekannt ist, so beantworten sie doch viele wichtige Fragen 
noch nicht. In der Tat enthalten die Formeln (40) und (50) 
für X und äa> eine Reihe von allgemein nicht angebbaren 
Funktionen von ^ und lassen sich demnach nicht diskutieren. 

Die YerhfUtnisse werden etwas wenn auch nicht viel 
— einfacher, wenn man sich auf so geringe Dichten des 
Dampfes beschrankt, daß das spezifische Volumen i-^ der 
festen oder flüssigen Snl^stanz neben demjenigen «/' des 
Dampfes vernachlässigt werden kann. Ein Beispiel liefert 
AVasserdauipf bei O^C. neben Wasser oder Eis, wo t/^jv' 
von der Größenordnung 10^ ist. 

Hier wird dann aus (38) für nicht zu kleine x 

v^Xf/', also dv^xdif' + v"dx, 
wobd dv^ ^{dv^'jdd)d^ ist, somit also 




Fig. i& 



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54 L Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 



mit Hilfe dieser Formel, in der man noch beliebig v" mit vjx 
oder angenShert mit u vertauschen darf, läßt sich aus dem 
Ausdruck (50) für äto entweder dx oder dd^ eliminiereii. 
Die Elimination von dx liefert 

* 

und bei dco^O die Differentialgleichung der Adiabaten in 
den Yariabeln der Figuren 13, Öls nur X und t^" (resp. ti) als 
Funktionen von ^ bekannt sind. 
Die Elimination von d^ ergibt 



5o> =- A da? + 



(^+'*»©)<*-"'"/Ki') 



fährt also x und v als Unabbäagige ein. Die Formel gibt 
also nicht Aufschluß über die Gestalt der Adiabaten, aber 
sie beantwortet bei ä(o = 0 die interessante Frage nach der 
Menge Flfissigkeit, die durch eine adiabatische Yolumen- 
änderung verdampft wird. 

Im allgemeinen ist der betreffende Ausdruck sehr kompli- 
ziert; aber in der Nahe der rechten Grenzkurve, wo x mit 
Kins vei-tauscht werden darf, ergibt sich unter Benutzung 
des Ausdruckes (49) für y" relativ einfiu^h 

ydv 



dx = 



§17. IrreTersible Yorgänge im Yerdampfangsgebiet. 

Für die Behandlung irreversibler Vorgänge bietet nach 
Iki. 1, § 99 häufig die Em rgiegleichung, die ja für jede 
Art von Prozessen anwendbar ist, ein brauchbares Hilfs- 
mittel. Sind Anfangs- und Endzustäade solche, daß man 
für sie die Energiefunktion kennt, und sind die Betrage an 
Wärme- und Arbeitszufnhr A4 und Qi für den sie verbin- 
denden irreversiblen Vorgang vorgeschrieben, so stellt die 
Formel 



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§ 17. IrreveTBible Vorgänge im Vecdampfungsgebiet. 55 

eine Beziehung zwischen den Yariabeln des An&ogs- und 
Endzustandes dar. 

Für die Energie des Gemisches ans Dampf und fester 
oder flüssiger Substanz gilt naoh (54) 

wobei ß eine ihrer Bedeutung nach oben angegebene Fiuiktion 
der Temperatur allein ist Sind Anfangs- und Endzustand 
durch die Drucke j?^ und P2 definiert, denen Temperaturen 
und &2 entsprechen, so gibt die Formel 

(61) Mißi - Ol) + m^il2 - P2 Ui) - mUM - = ^ + ß.- 

Auskunft über die bei dem Vorgang stattfindende Ver- 
änderung der Darapfmenge. Wird insbesondere eine Dila- 
tation von einem A^^lunJen y\ ohne allen Gegendruck bis 
auf ein Volumen betrachtet, so ist Ai un^ Ui gleich Kuli, 
und wir haben in den drei I'ormeln 

Mißt - Öl) + mSih -Pifh) - mi'{Ai -pi«»} =-0 , 

mit denen die Gesetze p, X,u zu kcnnbinieren sind, die 
Hüfimittdi um aus gegebenen und die Eodwerte 
mjl, berechnen. Die Ausführung der Rechnung ist 

natürlich ziemlich umständlich , auch wenn man gemäß der 
in § 15 eingeführten Annäherung B mit c-i-y'^ vertauscht. 
Bei Expansion gegen den konstanten Unterdrück ist 

Ai = — j9i (Fg — Fl) =- —2)i {»ff'J ~ lUiUi) ; 

hier wird dann bei fehlendem Qt aus (61) 

Mißt - ßt) -f «Ji'i« -fn^Xi+ mSihipi -j?») = 0 , 

woraus mS sidi bestimml Nimmt man für B den obigen 
angenäherte Wert» so erhalt man 

Im Falle eines großen m", also nahezu trocknen Dampfes, 
und kleiner Druck- und somit Temperaturanderungen über- 
wiegen die ersten GUeder in Zahler und Nenner die zweiten, 
und man kann angenähert setzen 



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56 ^- i^apiiel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

Da Pi>Pt und demgemäß 1^1 > ^3 angenommeD ist, so ist 
li<X^, also auch m'S<mi: die Expansion gegen üntotdraek 
ist mit Kondensation verbunden. 

Etwas anders verlftuft der Vorgang, wenn es sich um 

die durch Reibung verzögerte Ausströmiinp: gegen Unter- 
drück handelt, analog wie bei dem Joule-Thomsonschen 
Experiment, das Bd. 1, § 100 behandelt worden ist. Hier 
ist nach dem dort Entmckelten die Arbeit bei der Ausstco- 
mung der Masse M durch PiVi—p^V^ d.h. durch 

gegeben, und die Einsetzung dieses Resultates in(6lj liefeil 

M(e^-ei)^m^it-m^Xt = Mif(pi^Pt), 
also bei Benutzung des Wertes B=^e+y*^ 

»tf [mUi + M(if{p, + - ^i))] . 

Zur Diskussion dieser Formel für den Fall nahezu 
vdlständiger Verdampfung können wir M mit «ii ver- 
tanscOien und das gegen das erste kkine in tf moltipfiaieite 
Gtied vernachlässigen. Femer können wir Formel (27) 
unter Weglassung des gleicb&Us kleinen letzten Gliedes in 
der Form 

anwenden und bei {vdc bisher) konstant o^edachtem über 
das Intervall (2,1) integrieren. Es folgt dann 

(81) 

und da nach S. 50 y'p sich von nicht merklich unter- 
scheidet, so erhält man schließlich 

(63) H<i' = ^ (-!, +h<l^) ■ 

Da das Integral stets ]H).^itiv ist, so ist in diesem Falle 
>»fi'; bei der betracliteteu Ausströmung nimmt die Dampf- 
menge zu. Ist also der Dampf ursprünglich nur wenig 
feucht, so wird er beim Ausströmen überhitzt werden. 



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% 18. Empirische Gesetze für Sättigungsdruck. 57 

Dies Besultat erklärt eine alte Beobachtang, wonach 
man in den ans einem Dampfkessel ausströmenden Dampf 

die Hand halten kann^ ohne sich zu verbrennen^); es fehlen 
eben die die Haut reizenden Flussigkeitstropfchen. 

Wir haben sonach drei Dilatation^ die im Verdampf ungs- 
gebiet ohne Wärmeniftihr stattfinden, mit ganz verschiedenen 

Ei^nschaften kennen gelernt. Dio adiabatische umkehrbare, 
die in § lö behandelt ist, die meht umkehrbare o:of:';en kon- 
starston und die gleichfnils nii lit umkehrbare gegen weehseln- 
dcn Unterdruck. Ihre erstmalige Untersuchung hat Ciausius^) 
gegeben. 

§ 18. Empiriselie fiesetze ffir Sittigungsilniek, Siede- 
temperatoTy Sättignngsdieihte. 

Unter den beobachtbaren Größen steht in erster Linie 
das Gesete, welches für die Grenzknrve {fd), d. h. die von 
Dampf <io<jr{»r> Flüssie^keit, p mit i9, also Sättigungsdruck mit 
Temperatur, re«p. Siedepunkt mit Druck verbindet. Die 
Messungen werden t ntweder so angestellt, daß die Höhe 
einer Flussigkeitssäule bestimmt wird, die bei vorgeschrie- 
benen Teni))( iatureu dem Druck des über der Flüssigkeit 
befindlichen Dampfes das Gleichgewicht hält, oder so, daß 
man die Temperatur beobachtet, bei der eine Flüssigkeit 
unter ircL'-ebencm äußeren Druck siedet. Denn das Sieden 
tritt dann ein, wenn der Dampfdruck groß genug ist, um 
den äußern Druck zu übemindcn, wenn sich demgemäß im 
Innern der Flüssigkeit Dampfblasen bilden können. 

Hierbei ist es gleicl gültig, ob der anßm Druck von 
dem Dampf der Flflssigkeit oder von einem Gemisch aus 
Dampf und Gas ausgeübt mrd, wie das z. £. beim Sieden 
in der Atmosphäre stattfindet; es kommt jederzeit der ge- 
samte ättfiere Druck in Betracht Anders verhSlt sich — 
wie hier beiläufig angefügt werden mag — das oberfläch- 
liche Verdampfen. Unsere bisherigen Betrachtungen setzten 
eine reine Damp&tmosphäre voraus; die Erfahrung zeigt 
aber, dafi die erhaltenen Resultate sehr nahezu richtig bleiben, 
wenn dem Dampf ein indifierentes Gas beigemengt ist^ falls 

') W. Thomson, Pogg. Ann. Bd. 81, S. 477, 18Ö1. 
*) Clausius, Pogg. Ann. Bd. 82, S. 263, 1851. 



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58 !• Kapitel. Eine Komponeate in mehreren Phasen. 



ma!i nur als Darapfdrnrk immer allein denjenit*;en m Rech- 
nung setzt, den die verdampfte Masse in dem gleichen Volumen 
bei Abwesenheit des Gases ausüben würde, den sotrenannten 
Partialdruck des Dampfes. Auf kleine Abweichungen, die 
durch die Anwesenheit des Gases bedingt werden, wollen 
wir später eingehen. 

So zjihlreich und genau die vorhandenen Messungen der 
oben geschilderten Art auch sind, so hat sich doch keine 
empirische P^'ormel liudeii lassen, die sie im ganzen Umfang 
befriedigend darstellt. In der Tat scheint das Gesetz der 
Abhängigkeit ein derartig kompliziertes zu sein, daß es 
kaum durch bloßes Probieren aufgefunden werden kann. Dies 
erhellt aus der Tatsache, dafi die Gleichung der Grenzknrve 
durch die Gleichsetznng der Potentiale ^ und für die 
koexistierenden Phasen entsteht, und daß diese Potentiale 
für so große Wertbereiche der Unabhängigen, wie sie hier 
in Betracht kommen, nach allen Anzeichen sehr komplizierte 
Funktionen ' von p und # sind. Abgekürzte Potenzreihen 
lassen sich nur in der nahen Umgebung eines Punktes der 
Grenzknrve verwerten. Dennoch sollen wegen ihrer prak- 
tischen Bedeutung einige Interpolationsformeln Platz finden. 

Regnault^) hat seine zahlreichen Messungen durch 
die Beziehung 

(64) In ( />) =^a-ß^-^+ y 

dars>:estellt, in der nicht weniger als fünf durch die Be- 
obachtung zu bestimmende Konstanten, nämlich «, ß, y, 

#2 auftreten; diese Interpolationstormel ist aber für 
theoretische Verwertung sehr unbequem. Von anderen For- 
schern ist sie in der durch Weglassung des letzten Gliedes 
vereinfachten Gestalt benutzt. 

Bequemer ist mitunter die von Thiesen-*) angegebene 
Formel 

(65) & hx{p) -a(ß-^o)~ß[i^i- ~ (*i - ^o) > 

in der %, ß, Konstanten bezeichnen. 

Diese Ansätze geben zu jedem Wert von ^ ein reelles p , 
der Thiesensche zudem für «O auch|>»0| was nach 



') Regnault, M^m. de rinst. T. 21, S. 465, 1847. 
^) Thiesen, Bericht der deutsch, phys. Ge& 16, S. 80, 1897, 
Wied. Ann. Bd. 67, S. 690, 1899. 



% 18. Empiriscfae Gesetze für SftitigangaciTUGk, 



59 



den nenoren (kinetischen) Vorstellungen über die Konstitution 
der Materin plausibel ist. Andere Ansätze liefern einen 
verseliwindeudeu Druck bereits bei einem endlichen i^^t?** 
und können daher höchstens bis zu dieser Grenze benutzt 
werden^ während für i^ < dauernd /> == 0 zu yetzen ist. 

Zu dieser Kategorie gehört u. a. die von Dühriug^) 
vorgeschlagene Interpolationsforniel 

(66) p«a(^— iS^o)-» 

mit den drei KonstaDten a, m, sowie die Formel von 
Boche*) 

(67) 

für c<0, die in geänderter Gestalt z.B. bei e — 0, auch 

von Anderen empfohlen worden ist. 

Was den Zusammenhang zwisehen der Dichte, resp. dem 
spezifischen Volumen (das in diesen allgemeinen Formeln 
mit V statt mit r" l)ezeichnet werden mivj;) und der Tem- 
peratur oder dem Druck des gesättigten J Kampfes angeht, so 
liegt es nahe, bei niedrigen Temperaturen und Drucken mit 
Clausius die Anweudmig des ßoyle-Gay Lussac sehen 
Gresetzes zu versuchen, also zu setzen 

(68) pv^B^, 

wo ntm zwischen p und t> eine der trülicren Beziehungen 
einzuführen ist Eliminiert man mit deren Hilfe p, so erhält 
man eine Gleichung zwischen v und die eine Kurve in 
der r^-Ebene, n&mlieh die rechte Grenzkurve des Ver- 
dampfungsgebietes darstellt 

In weiterem Umfang als die Formel (68) scheint die 
von Zeuner^ angegebene Gleichung 

(69) pV^^Jc, 

unter n und k Konstanten verstanden, die Beobachtungen 
darznsteU^. Ihre Verbindung mit einer der obigen Be- 
ziehungen zwischen p und ^ liefert gleichfalls Formeln für 
die Grenzkurve des Verdampfungsgebietes; z. B. liefert (67) 



Diihrin^r. Neue Grimdgesetze etc., Leipzig 1878, S. 70. 
Roche, Mem. de linst., T, 10, S. 221, 1830. 
') Zeuner, Technische Thermodynamik Bd. II, S. 36, 1901. 



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00 I. Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 



unter Annahme eines verscliwmdenden e und bei Einführung 
einer neuen Konstanten af 

-»ln(i;) = a'-;^, 

woraus 

und ein mit wachsendem immer langsameres Fallen der 
betreffenden Grenzkurve folgt. Denselben Typus hat die aus 
(68) und (69 j folgende und für niedrige Temperaturen viel- 
leicht annehmbare Formel 

für n> 1, aus der folgt 

§ 19. AbleitoDg der Gleichung der Orenzkurre aus 
den Potentialeii von Flüssigkeit und Dampt 

Im vorstehenden sind Beziehungen zwischen Druck und 
Siedetemperatur zusammengestellt, welche geeignet sind, in 
gewissen Bereichen die direkt beobachteten Zahlen wieder- 
zugeben. Theoretische Gesichtspunkte sind bei ihrer Äh- 
leitung nicht maßgebend gewesen, es handelte sich nm* um 
handliche 1 nterpolationsfbrmeln. 

Da aber jenes Gesetz durch die allgemeine Theorie 
ganz .direkt mit den Ausdrücken für die Potentiale C von 
Dampf und Flfissigkeit verknüpfl ist, so drangt sich die 
Frage nacb dem Resultat auf, weldies auf diesem theo- 
retischen W^e zu gewinnen isl Insofern die Potentiale 
nicht ein für allemal gegebene Funktionen sind, müssen 
natürlich auch hier experimentelle Eesultate, wiewohl anderer 
Art, nSudich den Znsammenhang zwischen v, p, •& (die so- 
genannte Zustandsgleichung) und das Verhalt^ der spezi- 
fischen Wärme betreffend, herangezogen werden. 

Zur Ableitung von Annaherungsformehi für das Poten- 
tial ( benutzen wir neben dessen Definition 



^ j . -Li by Google 



§ 19. Ableitung der Gleiehung der Grenzkunre usw. $1 
düe Gleidmng der £neigie 

und die Detiiiitioaen (45) und (57) 

d V 

(70) äcc^—päff, äm^^dfi^ypd^--^^dp. 

Für das spezifische Volumen flüssiger und fester 
Körper maohea wir den Ansatz mit den Konstanten a', 
y, e, e, f 

(71) ^^a*^-V%'^^cp^\e^^-\-f^p, 

in dem bereits dem Umstand Kecbnung getragen ist, daß 
das Volumen sich zwar in weiteren Grenzen als lineare 
Funktion des Druckes darstellen läßt, nicht aber ebenso 
als solche der Temperatur. Hieraus folgt 

dt/ c)t/ 

Die Int^rftbilitit der Auadrficke filr und dui verlangt^ 
daß ^ , 

=B — c# also 7^ = 70 — ß 

ist^ unter 70 eine Funktion von t> allein verstanden, die den 
Wert von für verschwindende darstellt Die Be- 
natEung dieser AnsdrOeke liefisrt» wenn C und Ci Integra- 
tionskonstanten sind, 

^«/yo'<«'^-(i^*+icp + e**+/]p^)j»+C'; 

hieraus folgt 

(73) ^ = pv^+ly^d^^^jr^-lp^e + m+C'^Cl<^. 

Da e-Yf^^BffjBp 

ist, so verschwindet das in p'~ multiplizierte Glied bei Ver- 
nachlässigung der Kompressibilität der festen oder flüssigen 
Substanz. 

Betrachtet man, wie ansdieinoid meist «ilissig, 70 als 
KonstantCi so erh^t man in diesem Falle M Etn- 



(72) 



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62 L Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phaaen. 

ivhnmg einer neuen Konstanten Cq 

i (74) r »- Cf' — a ^ - In (i?) + p t/ = e + f> t/ , 

wobei S eine nur von i? abhängige (iröße bezeichnet. — 

Als Zustandsgi eichuDg für Dämpfe benutzen wir die 
van der Waalssche Formel^), die auf die Masseneinbeit 
bezogen lautet 

(75) + = 

unter a, &, B Kouötanten verstanden, von donen h zumeist 
klein gegen v, a klein ^egen p't^ ist. Indem wir das Pro- 
dukt a6 vernachlässigen, schreiben wir 



und erhalten daraus 



a\6v" „ 



Hierin ersetzen wir innerhalb der eingeführten Annäherung 
t/' in dem kleinen Gliede a/i/'^ durch den Näherungswert 
B^Ip und finden 

Das Einsetzen in (70=^) liefert 

Die £iiergi^leiohiiiig wd nach den Formeln (70) zu 

wobei der Wert der Klammer in der eingeführten Annähe- 
rung der Beziehung genügt 



*) Vuu der Waals, Continuitüt usf. Leipzig 1881 u. ISUU. 



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(76) 



§ 19. Ableitung der Gleiehung der Orenzkurre usw. 63 

Die Integrabilität der Ausdrucke für dv(* und d^* for* 
dert iu gleicher Weise, daß 

also v--v"4-^''^ 

ist, unter eiue Funktion von allein verstanden, die 
den Wert von fp für sehr kleine Drucke angibt. 

Unter Einführung von zwei Integrationskonstanten C 
und CY erhält man dann 

Hieraus fo^ für der Ausdiuck 

(77) f"=5#In(i.)+ / y^d^-dfl^-^ + hß+C- et». 

yS kann zumeist als konstant angesehen werden; hier läßt 
sich, falls Co eine neue Konstante bezeichnet, der Aus- 
druck schreiben 

(78) r = ^i^ln(l>)-d(«+yJln(^))-;^ + ^'P+ C". 

Tn dem speziellen Falle, daß die Abweichungen des 
Dampfes von drm Verhalten der idealen Gase i<j;noriert, 
d. h. die in a und h multiplizierten Glieder fortgelassen 
werden können, gibt dies einiiächer 

(79) r = -B^ In (p) + O'^ - * ( C{f + 7? In (i^) )^T-\-B^lnip), 

worin T eine Funktion von ^ allein be/rirliTif^t. — 

Die Gleichung: G(jpyi^) -0 der rechien Grenzkurve 
zwischen dem Gebiet des Dampfes und der Flüssigkeit wird 
nach S. 27 erhalten durch die Beziehung 

setzt man abkürzend 

(80) C"~C'=BC, Ci-Co = BCo, .y{f-yi«J5*, 
so erhalt man hieraus gemSß. den Ausdrücken (74) und (78) 



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64 I* Kapitel. Ein« Komponente in mehreren Phasen. 

(8 1 ) (t/ - 6 + - J + ( Co + * ln(d) ) - In ( p) = 0 . 
Hierin muß nf nach S. 61 als von der Form 

angesehen werdm. Die Formel (81) ist anf einem etwas 
anderen \ypüf von (iraetz^) abfreleitet woi^den. 

Vernachlässigt man die Änderung des ersten Klammer- 
ausdruckes mit der Temperatur und führt für ihn die Be- 
zeiolmuDg AB ein, so resultiert 

(82) ^_-^+Oo + ^ln(i^)-ln(p) = 0 
oder 

(83) p = h& e , 

wobei h eine neue Konstante bezeichnet. Diese Gleichung; 
läßt sich in Rücksirfit darauf, daß Ap im nllgomeinen klein 
neben C sein wird, durch sukzessive Annäherung nach p auf- 
lösen. 

Ignoriert man das in A multiplizierte Glied vollständig, 
betiachtet man also i/, a und h als verschwindend, so er- 
hält man schließlich 

(84) p^mV^^, 

eme Formel, die auf Grund ganz anderer Schlnßreihen von 
Bankine, Koläöek, Hertz abgeleitet ist Hertz') benutzte 
sie, um den Druck des Queclsilberdampfes bei niedrigen 
Temperaturen, wo derselbe einer direkten Beobachtung nicht 
zug&iglioh ist, durch Rechnung zu bestimmen. Dabei wurde 
k als durch die Ableitung der Formd gegeben betrachtet, 
h und C wurden aus Beobachtungen über den Druck bei 
höheren Temperaturen abgeleitet. 

§ 20. Beealtate Uber TeTdampfüDgswXrmen. 

Außer dem Sättigungsdruck rcsp. der Siedetemperatur 
ist auch die spezitische Verdamptungswäime eine der direkten 
Beobachtimg wohl zugängliche Funktion. Zur Anwendung 

M Graetz, Zeitschr. f. Math. u. Phys. Bd. 29, S. 289, 1903. 
0 Hertz, Wied« Ann. Bd. 17, S. 193, 1882. 



^ j . -Li by Google 



% 20. Resultate über Verdampfüngswännen. 65 



kommt bei <ler Bestimmung in der Regel die Mischiings- 
methode, und zwar in der Weise, daß die Wnrmcmengc be- 
stimmt wird, die eine o^egebene Masse Dampf abgibt, wenn 
sie in einem Kalorimeter kondensieit wird. Diese Wämie- 
menge setzt sich, wie in Bd. 1, § 7 erörtert ist, aus drei 
Teilen zusammen, gemäß den drei bei dem Vorgang sicli 
abspielenden Prozessen: 1. der Abkühlung des Dampfes von 
der Eintrittstemperatui [)is aui die dem herrschenden Druck 
entsprechende Verflüssigungstemperatur — ein Teil, der in 
Wegfall kommt, wenn der Dampf bereits diese Temperatur 
besitKt — , 2. der eigentlichen Kondensation, 3. der Abküh- 
lung des Kond^aaftioiispiodiikteB auf die Temperatur des 
Kalorimeters^ die^ wenn das Kalorimeter hinieichend große 
Masse besitzt^ als konstant angesehen werden kann. Sind 
die spezifischen Wannen des Dampfes und der Flüssigkeit 
bekannt^ so gestattet diese Beobachtung bei variiertem Druck 
unter Heranziehung der für das Verdampf ungsgebiet charak- 
teristischen Beziehung G{p,0)^O zwischen Druck und 
Temperatur die Bestimmung der spezifischen Verdampfunga- 
wSrme als Funktion sowohl des Druckes, als der Tem- 
peratur. 

Die Resultate der Beobachtungen sind fast ausschließ- 
lich in abgekürzten Reihen nach Potenzen der Temperatur 
in Celsius-Graden daigesteilt^ So hat z. B. Winkelmann^) 
die Beobachtungen von Begnault durch die Interpolations- 
formel wiedergegeben: 

<85) a = ÄH-i8T-|-yT«+<5T«. 

Speziell für Wasser hat Thiesen*) die Formel 

(86) il-a(^o— ^)''« 

vorgeschlagen, wo 

a = 83,45. J, i^o = ^>38 

ist, die sich besonders für theoretische Vei wertung empfiehlt. 
<r bezeichnet, wie früher, das mechanische Wärmeäquivalent 
Auch in beziig auf die Gesetze der Verdampfungswärme 
kann man mit Vorteü die Hilfsmittel der allgemeinen Theorie 
heranziehen. 



*) Winkelmann, Wied. Ann. Bd. 9, S. 208, 358, i88u. 
Thiesen, Verh. d. Berk phys. Ges. 16, S. 80, 1897. 

Voigt, Thermodynamik. IL 5 

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66 I« Kapitel. Eine Komponente in mehreien Phasen. 

Die fundamentale Formel (46), die sich unter der früheren * 
Annahme eines^ mit %f' verglicheui sehr kleinen t/ auch schrei- 
ben laßt 

stellt dne Bezi^nng zwischen den drei Groden if und A 
dar^ for die im vorstehende empirische GresetEe mitgeteilt 
worden sind, sie gestattet also, wenn zwei von ihnen g^ben 
sind« die dritte zu berechnen, 

Ist z. B. k^Fip) gefunden^ nnd darf zwischen j», 
und ^ das Boyle-Uay Lussacsdie Gesetz als göltig an- 
gesehen werden, so wird 

woraus iolgt 

(88) C+j^±^BMp). 

unter C die Iht^rationskonstante verstanden. 

Andermeits folgt aber aus einem der Gesetze (64) bis 
(67) für j7 in Verbindung mit einer der Formeln (68) oder (69) 
ffir « je ein Ausdruck rar Auch die Resultate von § 19 
lassen sich ähnlich verwerten. Insbesoudere ergibt Formel 
(82) ffir ^»0 

worin bei Vertauschung von ^o, y'o mit y'jt, y'p 



h 



7p -Yp 



gesetzt werden kann und bei Heranziehung von })v" = Bi)- 
^(yp-f)^ gemäß (87) auch gilt 

(89) A-(y;'-y;oo+(y;-y;)^. 

Unter Temperaturen^ für welche der Dampf eine neben 
derjenigen der Flfissi^eit verschwindende Didite besitzt und 
sich wie ein ideales Gas verhält (Ä^O), ist also die Ver- 
dampfungswfinne eine lineare Funktion der Temperatur, 
deren Inkrement sich durch die spezifischen Wärmen y'p 



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§21. Einige empirische Zahlen und ihre Yerwertimg. 67 



und der Flüssigkeit und des Dampfes voUstandie bestimiut» 
Das konstante Ghed eifordert eine direkte Beoboditong oder 
muB aoB dem Gesets des Sattignngsdiuokee entnommen 
werden. 

§ 21. Einige empirische Zaiden und ilire Terwertnng* 

Da es sich bei don meisten Anwendungen der Gesetze 
für 7), X usf. um Formeln handelt, die keine höheren als 
die ersten DiffereiitialquotienUm enthalten, und da man diese 
aus Beobachtungsreihen mit nicht zu großen Schritt<3n der 
Variabein mit ziemlicher Genauigkeit direkt ablesen kann, 
so empfiehlt es sich in vielen Fällen bei numerischen Rech- 
nungen, auf die Beobachtungsreihen selbst oder auf aus 
ihnen hitcrpolieite Tafeln zurückzugreifen. 

Dementsprechend sind im folgenden einige Zahlenreihen 
mitgeteilt^) und sogleich zur Illustration gewisser wichtiger 
Konsequenzen der Theorie benutzt. Die folgenden Tafeln 
entlialten zusammengehörige Werte der Temperatur t in Gdsius- 
graden, des Druckes p durch die äquivalente Hobe h einer 
Quecksilbersäule in cm ausgedruckt^ des Gradienten ähldr, 
femer der yerdamnfangswSnne in kalorischem Maße l^XJJ, 
des Gradienten dl/dt, der spezifischen Wärme der Flüssigkeit 
bei konstantem Druck in gleichem Maße^ d. h. dp^y^jj, 
was sich, wie oben entwickelt, von y/tT nicht merklich unter- 
scheidet. Hieraus ist berechnet die spezifische Wärme des 
gesattigten Dampfes e^' » y^jJ nacb der Formel (49)^ d. h. nach 

dl l 



dt 273 

und die Volumenändemng u beim Verdampfen nach der 
Formel (46), d. h. nadi 

IJ 

'd Qgdhjdx' 

wobei g = 981 die Schwerebeschleunigung und q = 13,60 die 
Dichte des Quecksilbers ist. 



Zum Teil enthalten in Zeuner, TechniBohe Thenno« 
dynamik, X^eipzig 1901, Bd. IL, Anhang. 



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58 I* Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

Wasser 



0 
20 
40 
60 
80 
100 
120 
140 
160 
180 



0,460 
1,739 
5,491 
14,88 
35,46 
76,00 
149,1 
271,8 
465,1 
754,6 



200 1169 



dhldt 

0,0329 

0,1074 

0,2935 

0,6910 

1,440 

2,719 

4,735 

7,706 

11,846 

17,34 

24,34 



l - 



603,0 
592,6 
578,6 
564,7 
550,6 
536,5 
522,3 
508,0 
493,6 
479,0 
464,3 



dlldx c' 

0,695 1,00 

0,696 1,UU 

0,698 1,00 

0,701 1,00 

0,704 1,01 

0,708 1,02 

0,712 1,03 

0,717 l/)4 

0,723 1,05 

0,730 1,06 

0,738 1,07 



^ «.10-» 



1,90 
1,72 
1,53 
1,39 
1,25 
1,13 
1,01 
0,91 
0,81 
0,73 
0,65 



210,7 
oS,7 
19,65 
7,65 
3,38 
1,65 
0,875 
0,498 
0,300 
0,190 
0,126 



Äther 



T 


h 


dhjdt 


l 


-dl/dt 






u . 10~» 


0 


18,44 


0,844 


94,0 


0,081 


0,52 


0,10 


1,272 


20 


43,28 


1,718 


92,1 


0,113 
0,147 


0,55 


0,12 


0,571 


40 


90,70 


3,124 


89,5 


0,58 


0,15 


0,285 


60 


172,5 


5,171 


86,2 


0,181 
0,215 


0,62 


0,18 


0,156 


80 


302,3 


7,933 


82,2 


0,67 


0,22 


0,0916 


100 


495,3 


11,53 


77,6 


0,249 
0,282 


0,73 


0,27 


0,or)62 


120 


771,9 


16,40 


72,3 


0,78 


0,31 


0,0350 



Chloroform 



T 


h 


dhldx 


l 


— dlidr 






2«. 10-» 


0 


5,97 


0,324 
0,725 


67,0 


0,095 


0,232 


—0,108 


2,366 

0,956 


20 


16,05 


65,1 
63,1 


0,097 


0,234 


- 0,085 


40 


36,93 


1 ,421 


0,099 


0,236 


- 0,064 


0,443 


60 


75,54 


2,515 


61,1 


0,101 


0,238 


- 0,046 


0,228 


80 


140,76 


4,093 


59,1 


0,103 


0,240 


- 0,030 


0,128 


100 


242,85 


6,206 


57,0 


0,105 


0,242 


-0,016 


0,0768 


120 


392,57 


H,851 


54,9 


0,107 


0,244 


-0,003 


0,0492 


140 


600,02 


11,963 


52,7 


0,109 
0,111 


0,246 


+ 0,011 


0,0333 


160 


873,42 


15,422 


50,5 


0,248 


+ 0,020 


0,0236 



Die vorstehend aufgciCQurten Zahlen för illustrimn 
an bestimmten Beispielen das, was S. 51 n. f. allgemein 
beiliglidi des Vorzeichens von y*^'&*>J gesagt ist Bei 



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% 21. Billige empiriscbe Zahlen und ihre Yerweitung. 69 

Wasser ist c" resp. y" für alle aogegebenen Temperaturen 
negativ; hieraus folgt nach 8. 51, daB trockener Wasser- 
daiiipf bei adiabatischer Dilatation eine teilweise Konden- 
satiou erleiden muß. Bei Äther ist c" rosp. y" positiv; 
demiromaß wird trofkenpr Atlit rdarnpf riue teilweise Kon- 
densation bei einer Kompression zeigen. Chloroform ver- 
halt sieh oberhalb 7 — 120'^ wie Äther, unterhalb wie Wasser; 
troi kcuer Chloroformdampf wird also seine teilw'else Kon- 
densation bei höheren Temperaturen durch Kompression, bei 
niedrigeren durch Dilatation erlahren. 

Diese sehr merkwürdigen Kesultate der Theorie sind 
durch die Beobachtung') vollständig bestätigt worden. 

Der Verlauf von c" ist übrigens bei allen drei auf- 
geführten Körpern in einer Hinsicht vollkonmien ilberein- 
stimmmid; bei allen steigt der Wert von c" an, nur fällt 
das beobachtete Temperatormtenrall auf verschiedene Be- 
reiche des Ansteigens. Man kann vielleicht als den all- 
gemeinen Typus den des Chloroforms ansehen und als Regel 
betrachten, daß ^ resp. y" bei niedrigen Temperaturen ne- 
gativ sind und mit wachsender Temperatur sidi durch Null 
hinduroh su positiven Werten wenden. Die Adiabaten wurdoi 
in diesem Falle bei niedrigen Temperaturen steüer, bei 
höheren flacher fallen, als die rechte Grenzkurve des Gre- 
bietes (f-\-d). 

Die Zahlen für u—t^ — if zeigen deutlich, wie selbst 
bis auf ziemlich hohe Temperaturen i/, das bei allen drei 
behandelten Körpern Eins nicht erheblich übertrifft, klein ist 
neben v", d. h., daß das spezifische Volumen der Flüssigkeit 
neben dem des koexistierenden Dampfes unbedeutend ist. 
Von diesem Verhältnisse ist oben wiederholt Gebrauch ge- 
macht worden. 



') Hirn. Cosmos, T. 22, S. 413, 1863, Dupre C. R. T. 56, 
S. 960, 1863. Oasin, Ann. de chim. et phys. (4) T. U, S. 374, 1868. 



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III. Abschnitt. 

Zwei benachbarte Übergangsgebiete, 
insbesondere die der Yerdampfnng und 

der Sublimation. 



§ 22. Oeometrisehe BarsteUang 4er benachbarten 

ÜberguigsseMete. 

Die Betrachtungen des vorstehenden Abschnittes haben 
Yorgänge betroffen, die vollständig innerhalb eines einzigen 
Ubergangsgebietes, sprziell des Verdampfnngsgebietes ver- 
lanfen. Wir wenden im- j^tzt zu den besonderort Gesetzen, 
die für die Übe rsch reit img der Grenze zwischen zwei Uber- 
gan erst^ebielen gelten, und werden dabei wegen seiner großen 
praktischen Bedeutung den enl.s})iechendeii speziellen Fall, 
nämlich die Grenze zwischen den beiden Gebieten der Ver- 
dampfung aus flüssigem imd aus festem Zustand, die wir 
jetzt als Verdampf ungs- und äublimationsgebiet unterscheiden 
wollen, in den Vordergrund stellen. Es ist nützlich, hierfür 
ein iiild beider Übergangsgebiete nut ihrer Umgebung in 
der für derartige Zwecke schon früher benutzten n?- Ebene 
zu entwerfen, was nach S. 25 am einfachsten durch die 
Verfolgung des Verkufs eines Systems von Isopiesten^ d. h. 
durch cue Darstellung des Zusammenhanges zwisohenVolnmen 
und Temperatur fär emen unter konstantem Druck befind- 
lichen Körper geschieht Wir wollen das in bezug hierauf 
früher nur Angedeutete nunmehr vollständig entwickeln, 
ohne wesentlich auf frühere Resultate zurückzugreifen. Dabei 
werden wir die normalen Körper, die sich beim SohmebEen 



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Fig. 14 



§ 23. GeomeiriBehd Dftistellung der Übergangvgebiete. 71 

dilatieren, von den anormalen^ die sich beim Sohmelzen 
kontrahieren, sondern müssen. 

Wir beginnen bei einer sehr niedrigen Temperatur, der 
Einfachheit halber, obwohl der betreffende Zastand bisher 
nicht realisierbar ist, mit 
der Temperatur des abso- 
hiten Nullpunktes ^ 0 und 
einem willkürlich gewählten 
Druck Wir nehmen an, 
da 1:1 clor Körper unter diesen 
Umstäüden fest ist und bei 
einer Wärmezufuhr, d.h. bei 
Steigerung der Temperatur, 
aein Yolnmen (in normaler 
Weise) langem vergrdftere. 
Die laopieste jp^ beginnt also 
mit einem steilen Anstieg, 
der anhält, bis der dem 
Druck pn entsprechende 
Schmelzpunkt erreicht ist Hier bewirkt weitere Wärme- 
zufuhr zunächst keine weitere Temperaturänderung, sondern 
ein sukzessives Schmelzen der Substanz, das bei normalen 
Körpern von Dilatation, bei anormalen von Kontraktion be- 
gleitet ist. Die Isopieste 
verläuft also während des 

Schmelzens horizontal 
nach rechts bei nor- 
malen, horizontal n ach 
links bei anormalen 
Körpern, wie dies die 
beiden schematischen Fi- 
guren 14 und 15 zur 
Anschaimng bringen. 

Ist die Substanz 
völlig geschmolzen , so 
ergibt weitere ^^ ärnie- 
zufuhr wiederum eine 
Steigerung der Temperatur und bei den normalen Körperu 
im alleemeinen eine schneller als im festen Zustand ver- 
laufende Volumenvergrößerung; die Isopieste Pn steigt dem- 
gemäß etwas langsamer an, als im Crebiet des festen Zu- 




Fig. 15. 



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72 I- Kapitel. Eine Kompenente in mehreren Phasen. 



stanfles. Ist der dem Druck p,, ente|) rechende Hipdepunkt 
erreicht, 80 tritt Verdampfung und somit wiederum ein 
horizontaler Verlauf der Isopieste ein, der anhält, h\< die 
ganze Masse Dampfform angenommen hat. Dann begirmt 
der Anstieg von neuem, bei niedi'igcn Drucken angenähert 
in Geraden durch den Koordinatenanfang, gemäß dem dort 
nach S. 59 benutzbaren Gesetz ^v = B§. 

Bei anormalen Körpern setzt sich die Kontraktion mit 
abnehmender Schnelligkeit auch in das Gebiet der Flüssig- 
keit fort und wendet Bich erst nach einiger Zdt zu einer 
Dilatation; die Isopieste hat hier also in dem Gebiet {f) der 
Flüssigkeit die in Fig. 15 dargestellte Form mit einer 
vertiloden Tangente, sie verläuft ab^ weiterhin analog wie 
bei nonnalen Körpern. Der Deutlichkeit halber sind in 
beiden Figuren die Gebiete {f) und ($+/) ^ ht&t im 
Verhältnis zu ^em Gebiet {f-\-(l) und + gezeichnet. 
Die Volumenändemng beim Verdampfen betragt meist das 
Vieiliuridertfache von der beim Schmelzen. 

Für einen höheren Druck Pn+k beginnt die Isopieste 
mit kleineren Volumen, also näher dem Koordinatenan- 
fang; da sie die Isopieste p„ nicht schneiden darf, so ist 
ihr Verlauf, wie in den Figuren angedeutet, im wesent- 
lichen bestimmt. 

Für einen niedrifjeren Druck p,, — / beginnt die Isopieste 
mit frröRerem Volnmen, also ferner vom Koordinatenanfang. 
Da nacli der Erfahrung bei normalen Körpern die Grenz- 
kurven sowohl des Verdampfungs- als des Schmeiz^ebietes 
nach unten divergieren, so konvero^ieren bei diesen Körpern 
in gleiciier Richtung die Grenzen des Fliissiglveitjjgebietes (/). 
Gelangen sie innerhalb positiver 0 zum Schneiden, wie das 
Fig. 14 andeutet, so ist das Jlüssigkeitsgebiet nach unten 
begrenzt; es führen somit horizontale Gerade direkt von dem 
Gebiet der festen zu dem der llüssigen Phase, und es ist 
demgemäß Sublimation mögUch. Die Horizontale durch das 
untere Ende des Flüssigkeitsgebietes ist die Grenze zwischen 
den oberhalb liegenden Gebieten (s + ft ^^'^ (/ + ^^ ^ 
Schmelzung und der Verdampfung und dem unterhalb 
H^enden Gebiet (s 4^ d) der Sublimation. Reicht das Flüssig- 
keitsgebiet bis auf die v-Achse, so ist Sublimation aus- 
gesdUossen^ — ein Falli der uns nicht interessiert. In dem 
hier allein betraditeten gegenteiligen Fall werden die Iso- 



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§ 22. Geometrisehe DarsteUung der Übergangsgebieto. 73 

piesten für Dracke^ die unterhalb eines gewissen Grenzdruckes^ 
Hegen; direkt von dem Gebiet {s) nach (d) verlaufen. 

Das Auftreten der Sublimation, das bei den normalen 
Körpern nur möglich war, ist hoi den anormalen crsicht- 
li< lu i^eise notwendio^; denn die ^atize Gestalt der Iso- 
piesten zeigt, daß bei abnehmen dem Druck ein Verlauf der 
Isopiesten eintreten muß, bei dem der nach links und der 
nach reclits verlaufende horizDiitrde Zweig zusammenfallen, 
und daB dann niedrigere isopiesten dii'ekt von dem Gebiet (s) 
der stitrren Phase zu dem {d) der dampfförmigen leiten 
müssen. Auf diese Weise tritt wieder ein singulärer Druck p 
hervor, dessen Isopieste die Grenze zwischen dem oberhalb 
liegenden Gebiet {f-\- d) der Verdampfung und den unter- 
halb liegenden Gebieten (f+s) und (5-f ^ der Schmelzung 
und der Sablimation bildet. 

In den Ubergangsbereichen ist mit p auch ^ konstant; 
dem eingulären Druck p entspricht eine singulare Tem})eratur^ 
die heifien möge. Die beiden Werten zugehörige Gerade 
in der tr^-£bene nennen wir kurz die Grenzgerade. 

Denkt man sich über der i;d**Ebene eine Fläche mit 
den Ordinaten 2^ — die ^^Druckflache^' der Substanz — 
konstruiert^ so gelangt man zu der S. 19 u. f. besprochenen 
Volumenfläche zurück, die hier auf einem abweichenden 
Wege gewonnen und nur auf andere Unabhängige (nämUch 
ff und ^ bezogen) ist. Die Bereiche (s+Z)? if+^f 
in Fig. 14 und 15 entsprechen den cylindrischen Teüen 
dieser Fläche, die, auf die j^^i?- Ebene projiziert, die Grenz- 
kurven zwischen den Phasenbereichen liefern; die dem 
Druck p zugehörige Isopieste, in der die drei cylindrischen 
Gebiete zusammenhängen, lieiEert bei dieser Projektion de)i 
dreifachen Punkt. 

Es ist schon auf 8. 34 darauf hingewiesen worden, daß 
die Grenzkurven in dem dreifachen Punkt unter Winkeln 
zusammenstoßen, deren Größen sich aus den Wärmeaufnahmen 
und Volumenänderungen beim Übergang von einer Phase 
zur anderen bestimmen. Insbesondere gestattet die Formel (33) 
7Ä\ erktimen, daß die beiden Gren/lxurven (fd) und (.^rf) im 
dreifachen Punkt zwar unter einem sein- kleinen Winkel, 
aber keineswegs knickfrei zusammenlaufen, resp. — was 
dasselbe ist — , dal^ die Ubergangsgebiete {f-\-d) und {s-\-d) 
der Volumen- oder Druckfläche mit einem Knick in der 



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74 I* KapiteL Eine Komponente in mehreren Pliasen. 



Greuzgeradeu zusammenhängen. Bei Vertauschimg der Buch- 
staben a^bfCin (33) mit f, d, s erhält man zunächst streng 

(90) -^+iA¥lMM.h'' 

und bei Berücksichtigung, daß in der hier benutzen An- 
näherung 

ist^ anch 

(91) (^\ ^ I'Ijl] = 

Hierin deuten die Striche über v und ^ an, dafi die Werte 

in der Grenzgeraden zu nehmen sind. 

Nun ist dp/d^ die trigonometrische Tangente des Stei- 
gungswinkels der über der vi^-Ebene konstruierten (hier 
cylindrischen) Druckfläche, die spezifische Schmelzwärme 
der Substanz unter dem Grenzdruck p; der Sprung in dem 
Werte jener Tangente beim Uberschreiten der Grenzgeraden 
bestimmt sich also einfachst durch die Schmelzwärme, durch 
die Temperatur \md das spezifische Volumen des Dampfes 
in der Grenzgeraden. 

Der durch die Formel (91) be^tiiiinite Kiiicknn^swinkel 
der Druckfläche zwischen den Gebieten (f-\-d) und (s-i-d) 
findet sieh in allen bekannten Fällen als sehr klein. Man 
wird di('->e Grenze also nicht benutzen um die Grenzwerte p 
und 5 durch die Beobachtung zu bestimmen. Dies gelingt 
viel leichter und genauer durch Heranziehung des Schmel- 
zungsvorganges, auf den wir aber erst weiter unten eingehen 
werden. Im voraus mag, gewisser Anwendungen wegen, 
bemerkt werden, dali bei Wasser der Wert § von 273, 
d. h. f von 0'' C. kaum veröcbieden gefunden ist. ■ — 

Was die Beobachtungen über die im vorstehenden theo- 
retisch entwickelten Gesetzmäßigkeiten angeht, so ist der 
Übergang von Verdampf ung zu Sublimation bei abnelmiendem, 
der umgekehrte bei zunehmendem Druek Üir verschiedene 
Substanzen ohne Schwierigkeit nachweisbar. Ein Quantum 
Kampfer (ein normaler Körper) in einem vertikalen eva- 
kuierten Glasrohr sublimiert bei geringer Erhiteung des 
unteren Bolupendes und schlägt sich in dem oberen Teil ab 
ff.ster Belag nieder; bei stärkerer Erhitzung schmilst er und 



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§ 28. Yerhalteii der Dampfkunren und der Adiabaten ubw. 75 

verdampft. Im ersten Falle herrscht in dem Kohre ein 
niedrigerer Dampfdruck, im zweiten ein höherer. 

Auch in offenen Gefäßen kann ein und derselbe Kör[)cr 
bei vorsichtigem Erhitzen sublimieren, während er bei starkem 
Erhitzen schmilzt und verdampft. Es handelt sich dabei, 
wie öclion S. 57 hervorgehoben ist, nicht um den Druck, 
den die Atmosphäre ausübt, und der in beiden Fällen der 
gleiche ist, sondern um den Druck, den die entwickelten 
Dämpfe ausüben, und der bei stai'ker Verdampiung in nihiger 
Luft schnell ansteigen und selbst den Grenzdmck p über- 
treffen kann. 

Daß Eis im festen Zustande weit unter dem Schmelz- 
punkte verdampft, ist eine bekannte Tatsache; sie illustriert 
das Veibalten anormaler Körper. — 

Der sehr kldne Knick in der DrabkflSdie Hefi aidii im 
qnalitatiy richtigen Sinne bereits aas den Regnaoltschen 
Beobachtungen über Sättigungsdrücke deduzieren; eine quan- 
titative Flrfifnng der Theorie für Wasser ist wiederholt^ 
zuletzt von Juhlin^) geliefert worden. Man mißt am be- 
quemsten die Differenz zwischen den Sättigungsdrucken über 
Eis und über unterkühltem Wasser. So fand z. B. Juhlin 
für Celsius -Temperaturen r die folgenden in mm Queck- 
silber ausgedruckten Drucke. 

T 0« —5« —100 —15« —20^ —250 

Pfd 4,618 3,203 2,197 1,492 1,005 

Psd 4,602 3,068 1,999 1,279 0,806 0,503. 

Hieraus folgert Jii hlin fürden links stdir tiden Ausdruck in(91) 
den Wert 0,(Ur>9, während die Berechnung der rechten Seite 
unter Ivücksieht auf die gewählten Druekoinheiten 0,044 ergibt. 
Auf andere Beobachtungen soll nicht eingegangen werden. 

§ 23. Yerhalten der Danipf'kurveu und der Adiabaten 
beim Passieren der Grenzgeraden. 

Sowohl bei normalen, wie bei anormalen Körpern be- 
findet Bich ein Gemisch von Dampf und einer anderen 
Phase zu beiden Seiten der Grenzgeraden; ea bietet sich 
sonach die Frage> wie aich die Dampfkurven über die Grenze 
hinweg fortsetzen« 

>) Juhlin, Bih. Sv. Vet. Ak. Handb. Bd. 17, Nr. 1, 1891. 



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76 I* Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 



Im Gebiet (f+d) ist 

(92) v, = (l-aJi)tf'4-i»it^'«=«'+i»i(t^'~»0> 

im Gebiet (s + cQ, falls der obere Index ^ die feste Phase 
bezeichnet, 

(93) = (1 — a^) t?« + a;^ f/' = I?» + a!« (</' - «®) , 

wobei die nnteren Indices 1 und 2 dio bi^idtn Gebiete 
-j- d) und (s + d) unterscheiden sollen. Hieraus iolgt, daß 
gleichen x um so größere Gesamtvolumina entsprechen, je 
gröller das bezuj2:liche Voluiiun der nicht dampfförmigen 
Phase ist. Die Dampf kurven durchsetzen also die Grenz- 
gerade mit einem doppelten Knick^ resp. mit einer Stufe. 
Dies ergibt auch die direkte AnschauuDg, da die linke 
Grenze des ganzen Gebietes, in dem Dampf überhaupt 
auftritti d. h. die Kurve x — 0, bei normalen me bei anor^ 
malen Körpern durch eine gebrochene Linie gegeben wird» 
die in den Figuren (14) und (15) deutlich hervortritt. An 
diese Grenzkurve schließen sich die den wachsenden x ent- 
sprechenden Dampfkurven an und enden mit der rechten 
Grenzkurve der Gebiete (f-\-d) und (s + d), welche in der 
Grenzgeraden einen einfachen (schwachen) Knick 

besitzt. 

Außer Dampf tritt bei normalen Körpern noch die 
feste Substanz zu beiden Seiten der Grenzgeraden auf; 
demgemäß kann man auch die Kurven konstanter Mengen 
der festen Phase über die Grenzkurve hin fortsetzen. Auch 
diese zeigen eine Stufe, und zwar im allgemeinen von noch 
weit größerer Ausdehnung, wie die Betrachtung der Grenz- 
kurven (« + /*) gegen (f) und (s + df) gegen (<§ in Fig. 14 
ei^ibt» die beide verschwindender Menge fester Substanz 
entsprechen. 

Ganz dasselbe gilt bei anormalen Körpern für die 
flüssige Phase» für welche die Grenzkurven {s-\-f) gtgen {$) 
und (f-\-d) gegen {d} in Fig. 15 verschwindender Menge 
entsprechen. 

Wir können das erhaltene Resultat dahin zusammen- 
fassen, daß beim direkten Passieren der Grenzgeraden 
die Quantitäten aller Phasen sich sprungweise 
andern. — 



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§ 23. Yerhatten der Dampfkuryen tmd der Adiabaten usw. 77 



Noch wesentlicheres Interesse als der Verlauf der 
Dampfkurven nächst der Grenzgeraden bietet in mancher 
Hinsicht der Verlauf der Adiabaten. 

Nach dem Inhalt von § 14 dürfen wir als festgestellt 
annehmen, daß die Adiabaten innerhalb des Gebietes (f-^d) 
und (s-\~d) — vielleicht außer der unmittelbaren Nachbarschaft 
der linken Grrnzkurve — von links nach rechts fallen, daß 
also eine adiabatinche Dilatation eine Abkühlung bewirkt. 
Das Überschreiten der Grenzgeraden erfordert in jedem 
Falle ein Gefrieren oder ein Verdampfen der vorhandenen 
Flü.-ssigkeit, denn in dem Gebiet {s-{-ä) ist Flüssigkeit nicht 
mehr vorhanden. Bei dem adiahatischen Übergang finden 
beide Umwandlungen gleichzeitig statt. 

Das Gefrieren einer Flüssigkeit erfordert Wärmeent- 
ziehung oder laßt ^Väl•me frei werden, das Verdampfen er- 
fordert Wärmezufuhr oder ^verbraucht Wärme ; die Bedin- 
gung eines adiabatischen Uberganges ist^ daß sich beide 
Prozesse in einer solchen Kombination abspielen, daß kein 
Wfirmenberschuß bleibt 

Bezeichnen wir die spesifiscbe Yerdampfungswärme mit 
Xi, die spezifische Sublimationswärme mit L, die spezifiseihe 
SohmelJ&ine mit ü., die MMsen der fest^, der iMiasigen 
und der dampfförmigen Phase mit m% m\ so ist die 
gestellte Bediogang f&r den Übergmg aus dem Gebiet (f+f^ 
nach (s+iQ ausgedrückt in den Formeln 

(94) - ^ + dm"= 0 , dm» -f bm" ^ 0 , 

wobei die ()m die Zuwachse der betreffenden ]Masse in einem 
Teil des Umwandlungsprozeßos bezeichnen. Um diese und 
die folgenden Formeln nicht zu komplizieren, ist darauf 
verzichtet worden, in der Bezeichnung besonders anzudeuten, 
daß dieselben sich speziell auf die Grenzgerade beziehen; 
«me Verwechslung ist kaum mügiich. 

Da längs der Grenzgeraden /> ^ // und somit 1^ nnd 
konstant sind, ao kann man beide i'ormeln über den ge- 
samten Ubergang, bei dem 

0<mo<«Mi|, j»i>«*'>0, 

ist, integrieren, wodurch resultiert 

.gg. - K m\ + (m'i - m'i) = 0 , 



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78 I« Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

Hierzu kommen die Ausdrücke für die (jesamtvolumina 

(96) Fl « »'«J H- , F, = t;<> fw? H- f/'mi' . 

Ist nim die Gesamtmenge der Substanz 

und daneben die Stelle gegeben, an welcher innerhalb des 
Gebietes (f-\-d^ die Grenzgerade erreicht wird, d. h,| sind 
die Werte mi. und mjf—Jf— vorgesdirieben^ so be- 
stimmen diese Formeln n^, mS und F^^ F,. Insbesondere 
eigibt sich, da nach (29^) jl| +/i«»jt, ist^ 

(97) ^ 

F, - Fl = «»iiiS - f/ml + t/'K'- »?) = ^ (vHi -v'X^+ tTJi.), 

Berücksichtigt man noch die Bezieh nno:en V=Mv und (für 
das Grebiet ^-\-d} gültig) m^=(l—ix^)M, so ninunt die letzte 
Formel die Grestait an 

(98) - i?i= 5-=^ - + i;%) . 

Sie ergibt nunmehr direkt die Gr5fie des Sprunges, den v 
bei Überscbreitune d^ Grenzgeraden erleidet, und hier- 
mit die Stufe« welche ebenda die Adiabaten zeigen. Der 
Sprung verschwindet völlig, wenn Sit—O, also li — ^ und 
ffi^v^ ist» d. h., wenn die Gebiete (f+d) imd (s+d) in 
ihrer ganzen Breite zusammenhängen, und daher der dreifache 
Punkt seine Natur verliert Im übrigen verschwindet er an 
der rechten Grenzkurve, wo r^l ist, und nimmt in der 
Richtung nach der linken zu. Dabei ist aber zu bedenken, 
daß die Formel nur den Sprimg für den Übergang aus dem 
Gebiete (f+d) in das Gebiet {s-^d) angibt und für die 
Grenze gegen das Gebiet (s-^-f) ihre Bedeutui^ verli^ 
Bei dem Ubergang in umgekehrter Richtung, d. h. aus 
dem Gebiete + nacli {f-{-(T}, muß die feste Phase teils 
durch Schmelzen, teils durch Verdampfen verschwinden; es 
treten sonach an Stelle von (94) die Bedingungen 

wobei die Grenzen füi' )n^\ m', m" sich auä dem Schema er- 
geben 



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§ 24. Das mdifferenie Gleichgewicht einer Dampfatmosphäre. 79 



nii>m9>0, 0<m'<mif mS^m'^^m^. 
Man erhalt sonach 

(mi'- mi) = 0 , - mj-i- (mi - m^') = 0, 
wozu die Mheren Foimebi (96) treten. Hierana folgt 

Besiehnngen, die natnrlich auch direkt durch ümfoiznung 
aua (97) zu erhalten geweaen aein wfirden« 

§ 24. Das IndilTereiite Oleiebgewiclit einer 

1) a iiip fatuiosphäre. 

Wir haben in § 81 des erstea Bandes die W. Thom- 
son sehe Hypotheae verfolgt, daß innerhalb der Atmosphären 
der Weltkörper, veranlaßt durch die fortgesetzt in denselben 
stattfindenden Strömungen, stets nahezu derselbe Zustand 

herrsche, wie in eineni ruhenden Gas, zwischen dessen 
Unabhängigen die Gleichung der Adiabate besteht. 

Wir wollen behufs Anwendung der vorstehenden Re- 
sultat<? diese Hypothese nunmehr in dem Falle einer Atmo- 
sphäre aus reinem Dampf vei-folgfcn unter der speziellen 
Annahme, daß an der Obei-fläche des \V eitkörpers der Dampf 
überhitzt, also von flüssigen und festen Beimengungen frei 
ist. Dieser Fall ist, wie sich zeigen wird, der allgemeinste 
und enthält die anderen in sich. 

Das Gesetz der Druckabnahme lautet nach Formel (139) 
in lid. 1, § 81 

(99) g(jjdr^-vdp, 

wobei M den Radius des Weltkörpers und g die Beschleu- 
nigung an seiner Oberfläche, r aber den Abstand des betrach- 
teten Punktes vom Zentmra des Wcltkörper? bezeichnet. 

Um die Betrachtung zu vereinfachen, wollen wir Druck 
und Temperatur an der Oberfläche so vorgeschrieben denken, 
daß auf den Dampf das Boyle-Gay Lussacsche Gesetz 
angewendet werden kann. In diesem Falle gilt für die 



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80 KapiteL Eine Komponente in mehreren Phasen. 

Tcmperatui- i} innerhalb desjenigen Bereiches, wo sich der 
Dampf überhitzt verhält^ nach Formel (142) in § 81 Bd. I 
das Gesetz 

(100) gB^i-'^^-rA^o-^). 

und mit der Temperatin ist der Drack verknüpft doidi die 
Gleichung (143) der Adiabate 

(101) ^/jp^-i Konst. = ^':,!vl-'^ , 

y in der sich die Konstante durch die 

Werte i>o ^ Oberfläche des 
>\ Weltkörpers bestimmt. 

Der Anfangszustand ist in Fig. 16, 
ff*dJ die, wie 14 und 15 ein r j?-Koordinaten- 

\ System voraussetzt, dargestellt durch 

V\ den Punkt .'X in dem Gebiete (iJ) des 

(i^-t-dj \ ^S». überhitzten Dampfes. Die von ihm 
\ ausdrehende Adiabate verlaüt das Be- 

Fig. 1«. reich des gesättigten Dampfes da, wo 

sie die rechte Grenzknrve des Ver- 
dampfuiigs- resp. des Sublimationsgebietes schneidet, d. h. in 
dem Punkte ßy dessen p und §^ sich aus der Kombination 
der Gleichung (101) der Adiabate mit einer der Gleichungen 

G^fd{Py^)-^0 oder (?«itP,^) = 0 

zwischen Temperatur und Sättigungsdruck berechnen. Wir be- 
zeichnen die auf diese W^eise bestimmten Werte von und 
p durch und pß und das aus sich ergebende r durch r^. 

Wir wollen nunmehr annehmen^ daB die so gefundene 
Temperatur ^ß oberlialb der Temperatur ^ des dreifachen 
Punktes und somit oberhalb der in § 22 besprochenen 
Grenzgeraden liegt; in diesem FaUe bezeichnet das Ver- 
lassen des Gebietes d die Bildung von Flüssigkeit, die wir 
trotz der Gravitation in Nebeltrdpfchen schwebend denken 
dürfen. 

Da nach den eingangs gemachten Annahmen das spezi- 
fische Vrlumen v" des Dampfes sehr groß ist gegen das 
spezifische Volumen der koexistierenden Flüssigkeit, so 
Mt sich in der allgemein für das Gebiet {f+d) geltenden 

Formel Jft; = w't^ H-w'V 



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% 24. Das mdürereate Gkichgewicht einer Damp&tmoephftxe. 81 

das erste Glied unterdrücken und schreiben 

(102) Jlft;,=/»V', t^i=«,v". 

Die Gleichung der Adiabaten für das Gebiet 
lautet nach (58 2) in den S. 4ü eingeführten Bezeichnungen, 
&ll8 Ci eine Konstante bedeutet, 

(103) (7i-F'ln(d) + i^, 

wobei nach (46) bei der VernachlässiguDg von ir" neben gilt 
(104) 

Die Kombination der drei Gleichoi^;^ (102)^ (103) 
und (104) eigibt 

C,«y'in(i5^) + i;i^, 

also, da (\ mit dem v in der allgemeinen Formel (9d) 
identisch ist, 

[C-ynrnd» 9{^Jdr. 

Die Integration liefert hiertine^ fiüls hi eine neue Kon- 
stante ist^ 

(106) nC,-y\H»)-i)i=k,+g^, 

T 

und damit den Zusammenhang zwischen und r für das 

Gebiet (/-fr?). 

Die Koostante (\ bestimmt sich aus (103), indem man 
rechts die der Nebelgrenze entsprechenden Werte = 
h = Xißi Xi = \ einsetzt; analog ergibt sich aus (105), 
indem man auch noch r = rß macht. 

Der Zustand der Atmosphäre folgt der Formel (105) 
bis in eine Höhe, in dei die Temperatur gleich derjenigen B 
des dieifachen Punktes wird, resp. Vn^ die Adiabate die 
Grenzgerade erreicht, was in dem Tuiikte e der Fig. 16 
geschehen möge. Uber den weiteren Verlauf, d. h. über 
den Durchtritt der Adiabate durch die Grenzgerade aus 
dem Gebiet {f-^d) des Nebels in das Gebiet (s-\-d) des 
Reifes ist im vorigen Abschnitt gehandelt. Nach dem dort 

Voigt, Tbermodynamik. II. ^ 



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82 Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

Abgeleiteten springt dabei die Dampfmenge m", resp. das 
y^illtnis m"IM^x um emen Betrag , 

(106) av-«.«=(l-«J^, 

(wobei der Index y die Austrittsstelle der Adiabaten be- 
zeiehnet) und das spessifiaohe Volumen um 

(107) v,-%^ (^k^ - 1;' + 1/%) ; 

hierin sind die X und v sämtlich fOr d. h. £ar die 

Gieiizgerade zu nehmen. 

Da längs Bf der Druck konstant gleich p ist, so ent- 
spricht diesem Übergang über die Grenzgerade nach (99) 
Irain Zuwachs vonr; in einer (reinen) Dampf atmosphäre 
findet scnf^cli ein plötzlicher Übergang aus dem 
Bereich des Nebels in dasjenige des Reifes statt, 
keineswegs, wie man zunächst erwarten möchte, 
eine Vermittlung beider Bereiche durch eine Schicht, 
in der der Nebel allmählich durch £ei£ verdrängt 
wird. 

Für das Reifgebiet {s-\-d) ist die oben für das Nebel- 
gebiet {f-\-d) angestellte Überlegung einfach zu wiederholen; 
es gilt hier demgemäß in verständlicher Bezeichnung 

also 

108) *[C4_yO(in(^)_l)]_i,+,^. 

Die Konstante bestimmt sich durch Anwendung der 
ersten, Tc^ durch Anwendung der zweiten dieser Gleichungen 
auf die Stelle wobei zu beachten, daB sich zwar Xf von x^f 
nicht aber i?y, von i?,, unterscheidet. 

Hiermit ist das Gesetz, das mit r verbindet, in seiner 
ganzen Ausdehnung abgeleitet; das Gesetz für p folgt da- 
raus vormittelst der für die Gebiete {f-\-d) und (s + tf) 
charakteristi seilen Gleichungen G/d(jh (^) ^ 0 und Gsddh ^• 
Die numerische Anwendung erfordert keine empirischen 
Gesetze weiter, als bereits herangezogen sind, sondern nur 
die Zahlwerte der Umwandlungswärmen für die Ubergangs- 



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% 24. Bas indifferente Gleichgewicht einer Dampfaimosphilre. SB 

temperaturen ^ß, t?y = ^,. Nur wenn man außer i> und j) 
auch die Dichte des Dampfes in verschiedenen Entfernungen 
berechnen will^ muB mau noch eine empirische Fonnel oder 

eine Tabelle heranziehen. 

Da alle Gase bei hinreichend niedriger Temperfitiir 
sich wie Dämpfe verhalten, so haben diese Resultate immer- 
hin eine gewisse allgemeine Bedeuturiir. Ein noch größeres 
Interesse erregt indessen die Unteisuchune: des analogen 
Problems für ein Gemisch aus euiem Gas und einem Dampf, 
das wir nunmehr in Angrifi' nehmen woüen. 



6* 



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IV. Abschnitt 

Ein Gemisch ans einem idealen Gas nnd 
einem verdampfenden Körper. 



§ 25. Das Gebiet des überUtsten Dampfes. 

läne Reihe wichtiger Vorgange in unserer Atmosphäre 
beruht auf deren Gehalt an Wafifierdampf. Dieser Umstand 
wd es reohtfciligen^ daß wir tms mit den thermo-dynami- 
sehen E^nschaften eines Gemisches eines idealen Gases 
mit einem der Verdampfung fähigen Körper, d. h. also mit 
überhitztem Dampf sowie mit gesättigtem Dampf und flüs- 
siger oder fester Substanz, etwas eingehender beschäftigen. 
^ Als fundamentale Annahme führen wir ein, daß zwislen 
dem idealen Gas und der Beimengung keinerlei Wechsel- 
^vi^kungen stattfindrn, so daß insbesondere (worauf wir 
weiter unten bei der systematischen Betrachtung der Ge- 
mische näher eingehen werden) der Druck, die Enerixif 
und die illntropie des Gemisches sich dadurch be- 
stimmen lassen, daß man in dem gegebenen Raum V 
erst das Gas allein, sodann die verdampfbare Sub- 
stanz allein der geforderten Temperatur ^ ausgesetzt 
denkt, ihre Drucke, Energien, Entropien berechnet 
und sodann die Summen der analogen Größen für 
die Bestandteile des Gemisches bildet. 

Es werden demgemäß auch die Grenzen der verschie- 
denen Phasenbereiche für die verdam|)ibare Substanz sich 
nach denselben Prinzipien bestimmen, als wenn letztere allein 
vorhanden wäre, und da das ideale Gas in allen Phasen das- 
selbe ist, so werden wii' die Zustände des Gemisches über- 



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§ 25. Dm Gebiet dee Oberhitzten Dampfes. 



85 



baupt passend in der ri^-Ebeiie für den verdampfbaren Be- 
staudtdl darstellen. Die schematischen Figuren 14 bis 16 
behalten sonach ihre Gültigkeit für die folgenden Unter- 
suchungen; nur ist in jedem Gebiet den Phasen (s), (/*), (d) 
noch das ideale Gas koexistierend und dc'mL':emaß der Ver- 
lauf der Grenzkurven quantitativ geändert zu denken. 

Was die Bezeichnungen angeht, so wollen wir fnr die 
verdanipfbare Substanz die früheren Symbole beibehalten, 
nur ihre ganze Masse mit m statt mit M bezeichnen, für 
das ideale Gas aber deutsche Buchstaben anwenden. Die 
Gesamtmasse M ist hiernach also entweder gegeben durch 

M—m-\-m^ 

oder, wenn wir die festen, flüssigen und dampfförmigen An- 
teile von m einführen, durch 

M^m-^m^ -\-m'-\-m" . — 

Wir beginnen mit der üntersuchung des Falles, daß 
der Dampf sich im überhitzten Zustand befindet, d. b. mit 
Vorgängen im Gebiete (d). Interesse bieten dabei für uns 
allein so niedrige Werte des Dampfdruckes, daß wir auf 
den Dampf ebenso, wie auf das ideale Gas, das Boyle-Gay 
LussacBche Gesetz anwenden dürfen. Wir schreiben dem- 
gemäß 

(109) pV^ml^, pV^mh^, 

woraus folgt 

(110) FV^^MB^, 
falls 

(111) F=j> + p 
den Gesamtdruck, 

(112) MB^mh-^mh 

die Konstante B des Gemisches definiert. Die Tsopiesteii 
des Gemisches sind hiernach in dem (^iebiet (ä) ebenso Ge- 
rade duich den Koordinatenanfangspunkt, wie für ein ein- 
iaches Gas oder tür den reinen überhitzten Dampf 

Betrachtet man für den Dampf auch als konstant 
imd die Energie (bis auf eine in E einzubeziehende Kon- 
stante) wie für ideale Gase nach Bd. I, § 58 durch my^ü 



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86 i. Ikapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

gegeben^ so ist die Gesamtenergie des Gemisches 

(113) JE^3ir,Ü, 
wobei 

(lU) JI£/;=»iy,+mCp; 
analog gilt fflr die Entropie 

(115) ir== M[r, In {&) + B ln(F)] . 

Beide Ausdrücke stellen die Summen der för die beiden 
Teile des Gemisches gültigen Werte dar. 

Die Adiabaten des Gemisches in dem Gebiet (<f) sind 
sonach durch die Gleiohmig 

(1 16) r,hi(^) + :Bbi( F) «Konst 
gegeben, oder falls man die Beziehungen 

(117) j?=i;-r„ ic«r,/r., Mr,^mY,+mcp 

einfahrt^ durch 

(118) m'^-m^C. 

Da diese Formeln keine Eigenschafben des Dampfes 
b< iititzen^ die ein Gas nicht auch besitzt^ so sind sie na- 
türlich auch für das Gemisch zweier Gase gültig und ohne 
weiteres auf eines mehrerer Gase zu erweitern. — 

Bei der Anwendung auf atmosphärische Vorgänge ist 
in Tinseren Fonnehi die Beimengung an verdampf barer Sub- 
stSLiiz jederzeit als sehr klein zu betrachten. Wir werden 
demgemäß hier, wie später, p neben p oder P, m 
neben m oder M vernachlässigen und in Formel (115) 
auch mit Cv und B mit ^ = Cp — c« vertauschen 
dürfen. 

So ergibt sich für die Entropie t] der Masseneinheit 

(119) 7-cla(i»)H-((^-C)ln(F) 

oder bei BOoksioht «rf (110) und bei Einfahnmg der Be- 
Zeichnung 

unter etwas geänderter Bedeutung der in einbezogenen 
additiven Konstanten 

(120) i,-C,(ln(d)-^ln(P)). 



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§ 36. Die Kondeiiflaiioii8gT6iize. 87 

Die GleichuDg der Adiabate durch einen Ausgangspunkt ex, 
im Gebiete {d) folgt hieraus, indem man links für rj den Wert 
des rechiBstehenden Ausdruckes^ gebildet för die Stelle 
einsetzt. 

Zum Zwecke der Diskussioii der Formeln setzen wir 
bequem 

(121) ln(^)-e, ln(P)-iT 

und erhalten so aus (120) 

(122) i? = c^(e-^^/l). 

§ 26. Hie KandensatioiisgTeiize. 

Das Gebiet (d) \>t nach S. 80 oberhalb der Tempe- 
ratur ^ des dreifarli( II T^mktes gegen das Gebiet it-^-d) 
abgegrenzt durch die ilurve von der Gleichung 

(123) ö/rf(p,i^)-0, *>5, 

unterhalb ^ gegen das Gebiet {s-\-d) durch die Kurve 

(124) G^(p,^)^Q, 

wir können dabei annehmen, daß G/d>0, G,d> 0 dem Ge- 
biet (d), Gfd<0 dem Gebiet {f+(T), G,i<0 dem Gebiet 
entsprechen. 

Crelangt man also auf irgend einer Kurve über eine 
dieser (3rrenzen, so wird damit das Grebiet des übeiliitKten 
Dampfes verlassen und ein Kondensationsgebiet betreten. 

Nun ist nach (109^) und (110) 

(126) P—MB' 

die Grenze g^;en (/'+<Q wird also eneicht, wenn (abneh- 
mend) 

die Grenze gegen (s-i-d), wenn ebenso 

wurd. 



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88 I* KapiteL Eine Komponente in mehreren Phasen. 

Unter den verschiedenen Wegen, um von einem ge- 
erebenen Anfangszustanfl oi im Gebiet {d) nach der Konden- 
sationsgrenze zu gelangen, sind natürlich die Ts()])\ Isiien, 
Isothermen, Isopicsten imd Adiabaten durch einfaehe Keali- 
ftierbarkeit ausgezeichnet. Besondere praktische üedeutiuig 
besitzen die beiden letzten. 

Auf einer Isopieste bewegen wir da^ Gemisch, wenn wir 
es bei unverändertem Druck abkühlen; so verhält sich z.B. 
der Teil der Atmosphäre in der Umgebung eines allmählich 
abgekühlten festen Korpers. Nach dem zu (112) Gesagten 
bleiben hierbei mit dem Gesamtdruck P auch die l'aitial- 
drucke p und p konstant. Wenn die Grenzkurve er- 
rdcht ist, findet Tau- oder Beifbildung statte die auf dem 
eiDgetauohten Kdrper sichtbar gemacht werden kann, und 
aus der Temperatur, bei der dieser Vorgang eintritt , kann 
man auf den Gebalt der Luft an Dampf in dem Ausgangs- 
zustand 0^ sebließea (Prinzip des Daniell sehen Hygro- 
meters.) In der Tat ergibt sich aus der Formel (123) resp. 
(124) der zu dem beobachteten Tan- oder Beifpunkt ge- 
hörige Sattigungsdmdc p des Dampfes, und dieser ist nach 
dem vorstehenden identisch mit dem faktischen Dampfdruck 
im Ausgangszustand a; kennt man nun noch den Gesamt- 
druck P der Luit-Dfunp&tmospbare und das Verhältnis der 
Konstanten h und B resp« B, so erhält man m/Jf gegeben 
durch die Formel 

m pB 

Im Falle der Erdatmosphäre kami man dabei wegen 
der geringen Größe von })i neben m, M mit m und B mit 
h vertauschen, also schi*eiben 

m _ ph 
m~Fb' 

Benutzt mau weiter den bekannten Wert von m für 
ein Kubikmeter, so erhält man m gleichfalls auf das Kubik- 
meter bezogen und hierdurch die sogenannte absolute 
Feuchtiß-keit der Luft; bei Division durch den bei gleicher 
Temperatur möglichen maximalen Wert nifi von ?Ji, welcher 
der Stelle d in Fig. 16 entspricht, folgt auch die sogenannte 
relative Feuchtigkeit mjmf^^qj. 



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§ 27« Gasy Dampf und flünige oder feste Substanz. 89 



§ 27. Ou, Bampf und flüssige oder feste Substanz. 

Wenn nach der in § 25 einji^cführten Annahino boi 
den betrachteten Teniperaturen der überhitzte Dampf das 
Boyle-Gay Lussacsche Gesetz befolgt, so gilt das gleiche 
aiu ii in den gleich temperierten Gebieten des gesättigten 
Daiiipfes, wo ja der Dampf denselben Zustand hat, wie in 
den, gleichen i^ entsprechenden Stellen der rechten Grenz- 
kurve des Verdampf nngsgobietes. Nimmt man hinzu, dali 
in den betrachteten Tempeiaturgrenzen das von der festen 
oder flüssigen Substanz eingenommene Volumen gegenüber 
dem Gesamtvolumen verna<£la6sigt werden darf^ so k&inen 
fQr Gas und Dampf die Formdn von § 25 beibehalten 
werden, nur mit dem Unteraohied, daß je tat die Dampf- 
menge nicht mehr konstant gleich m ist, sondern 
von Ort zu Ort wechselt. Wir schreiben demgemäß för 
die Gebiete (f-i-d) und {s-\^d) jetzt statt (109) 

(126) py-f*^"^^, pV=mbüy 

wobei nun p den der Temperatur ^ entspFecbenden Sätti- 
gungsdruck bezeichnet 

Hieraus ergibt sich, daß der Gesamtdruck P des Ge- 
misches in diesen Gebieten nicht mehr nnf Geraden durch 
den Koordiuatenantkng konstant ist Schi-eiben wir näm- 
lich analog zu (HO) 

(127) PV^MB'^, 

so ist 

nimmt also mit der Entfern iiug von der reeliten Grenzkurve 
ab; die Isopiesten des Gemisches sind somit, verglichen mit 
den genannten Geraden, nach o})en (j^- krümmt. Dies folgt 
auch direkt aus der Beziehunij 'P^p-^\)^ wenn man bedenkt, 
daß p auf Geraden durch (h>n ivoordinatenanfang, p aber 
auf horizontalen Geraden konstant ist. 

Für die Entropie des Gemisches erhalten wir direkt 
durch Addition der Entropien seiner Best<mdteile nach (115) 
und (582) t)ei Einbeziehung einer additiven Konstante in 
das Syiiibol // 

(128) m (c ln(^) + b ln( Pf) ) -h w if hi(^) + ^) , 



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90 I. Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

wobei y und X fiir die Gebiete {f+d) und (8-{-d) m Näherer 

Weise zu spezialisioren '-ind. 

Wegen pF-^mb// =^ m {Cp — Q und m x = tn" er^bt die 
letzte Formel bei anderer Bestimmung der additiven Kon- 
Btanten in R auch 

Im" 

(129) JSr- (m + m y ) - mB In + , 
worin nach (126) 

iBty also m" durch p und )> ausgedrückt werden kann. 

Beschranken wir uns wieder auf die frühere Annfiherung 
und vernachlässigen m neben m oder p neben p oder 
P, kürzen au<^ hjh in v sh, so können wur als tfir die 
Masseneinbeit des Gemisches gültig bilden 

(131) i,-c,ln(«)-((>-c)lii(P) + ^^P. 

Bei Einführung der Substitution (121) eigiebt dies 

(132) ,-.c,(©-^^i7)+Wpi''^+'". 

Hierin ist die Yerdampfungswärme und der Druck p 
des in den betrachteten Gebieten gesättigten Dampfes nicht 
von II, sondern nur von & abhängig. 

§ 28. Übergang Aber die Orenzgeiade 

Auf der Grenze zwischen den Ctebieten {f-\-d) und 
(s-f df) ist die Temperatur konstant gleich es ändert sich 
aber beim Übergang von einem Punkt des oberen zn einem 
ihm nicht gegenüber liegenden Punkt des unteren Gebietes 
mit dem Volumen V der Gesmatdruck P (während der Partial- 
druck p des gesättigten Dampfes konstant bleibt) gemäß der 
bereits 8. 77 besprochenen Umwandlung der flüssigen in 
feste und dampfiEörmige oder der festen in flüssige und 
dampfförmige Substanz. Ifiemadi ergibt sich för die zu 
einer Zustandsänderung längs der Grenzgeraden erforderliche 
Wärmezufuhr der Ausdnvf 

iidö) äQ=-^d F4- \ dm" — X, dm^ ; 



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§ 28. Übergang über die Grenzgerade d = ^. 91 

darin sind die beiden letzten Giieder die bereits auf 8. 77 
in Rechnung gesetsten und beziehen sich auf die verdaii^- 
bare Subetimz; das erste Glied wird durch das ideale Gas 
bedingt; för welches bei konstanter Temperatur die Wfirme- 
nnd &e Arbeitszufuhr sich zu NuU ergänzen. 

Die Striche fiber dQ und den X weisen auf die Grenz- 
gerade hin. 

Hieraus folgt für die Entropieanderung 

•TW inhdV \dm" \dm^ 
dH^—^ + —^ 

oder da die Integratfon bei konstanter Temperatur 5 zu 
nehmen ist, hierbei aber dVIV^dp/p ist und Ii 
konstant sind^ biB auf eine irreleTante Konstante 

(134) n m6hi(«+'';"' 

Pur uns handelt es sich, wie auf 8. 78, in erster 
Linie um den doppelten Knick ey der Adiabaten in Fig. 16 
beim Passieren der Grenzgeraden; vir haben also die vor- 
stehende Formel auf die Ski Ion ^ und y gleicher Entropie 
anzuwenden, wodurch folgte da mJ^O ist^ 

mh 5 '-'^ K- O - 

Hierin ist mj = m — w^' und außerdem für m'y, nig je 
der aus (130) folgende Wert zu setzen; dies eigibti da auch 
Ai+i,«»^ ist, 

(136) „,bi^la|)+i.«. + m.^(^-^) 

p, Ii, X2, Js sind ohne Indices e oder y gelassen^ da sie 
längs der ganzen Grenzgeraden denselben Wert haben. 

Bei Einführung der früheren Vernachlässigungen wird 
hieraus 

und unter Benutzung der Substitution (121) und einer neuen 
Abkürzung 



= 0. 



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92 I- Kapitel. Eine Komponente in mehreren Plmsen. 
für die absolute Feachtigkeit aooh 

(137) (c,-c,)(n,-n.)+^-\-''^(j7f^^^^ 

4 

Ist also der Emtrittspunkt der Adiabaten in die Grenz- 
gerade und damit 77« gegeben, so bestimmt diese Formel 77^ 
und damit den Austrittspankt 

§ 29. Die Uertzsciie AdiabatentafeL 

Eine Diskussion der vorstehend entwickelten Adiabaten- 
ffleiehungen ist wegen deren Komplikation durchaus unmdg- 

sind doch u. a. die in ihnen auftretenden Funktionen 
p und X in ihrer Abhängigkeit von i^ nur durch Interpolations- 
f ormeln dargestellt Wegen gewisser wichtiger Anwendungen 
der Formet hat H. Hertz ihre Di^ussion durch ein 
graphisches Verfahren ermöglicht, das wir, als vorbildlich 
für die Überwindung der genannten in der Thermodynamik 
häu^er auftretenden Schwierigkeit, etwas genauer besprechen 
wollen* Als verdampfbeue Substanz ist Wasser voraus- 
gesetzt, es ist also ^ss27B, f=0^ Celsius. 

In der am Schluß des Bandes beigegebenen Tafel, die 
der von Hertz konstruierten nachgebildet ist, sind in einem 
770-Koordinaten8y8tem [//=ln(P), (9 = ln(^)] erstens 
vertikale und horizontale Gerade eingetragen, die einem 
Fortschreiten von P um 10 mm Hg (Quecksilbei druck), von 
oder T um 1^ Celsius entsprechen. Der Anfangspunkt 
links unten entspricht P= 300 mm Hg, ^ — 20 *' Celsius. 
Die mit 0^ bezeichnete Horizontale entspricht der Grenz* 
geraden dem früheren i?^- Koordinatensystem. 

Zweitens befindet sich darin ein System äquidistanter 
Geraden, die der Gleichung 

(«) ,-c,(0— ^^/^) 

entsprechen, die Adiabaten -des Gebietes (d) im Koordinaten- 
system C/, und f beziehen sich auf Luft; demgemäß ist 
C|) = 0, 2375 c7, f = l,40 vorausgesetzt. 

') Hertz, Meteor. Zeitsclu-. Bd. i, S. 421, 1884. 



% 29. Die Hertssche Adiabatentafel. 



93 



Eine der Geraden ist mit dem Buchstaben <x bezeichnet; 
es mögen demgemäß auch alle Kurven des Systems «-Adia- 
baten genannt werden. Der Abstand der verschiedenen 
<:\-Gorndon ist 80 gewählt, daf' er einer Zunahme clor in 
technij?chen und thermischen P^inheiten gemessenen Entropie 
eines Kilogramms nm 0,0025 kg-Kalorien entspricht. 

Drittens findet sich in der obern Hälfte der Tafel^ 
d. h. für t^>^ odet t>0<* CelsiuSy ein System von Adiabaten 
des Gebietes deren Gleichung nach (132) gegeben 

ist durch 

Dabei ist nach einer von Clausius angegebenen 
abgekürzten Formel 

607 -0,708 t 

berechnet, für p sind die Werte aus der Tabelle auf S. 68 
benutzt. Eine der Kurven, die gemäß dem an einer von 
ihnen befindlichen BiK listnben als Adiabaten bezeichnet 
werden mögen, ist durch den Punkt ts»Oj 760 nun ge^ 
zeichnet; der Zuwachs von t^^ von der einen zar andern 
ist wiederum 0,0025 kg -Kalorien. 

Viertens ist in der unteren Hälfte der Tafel^ d. h. für 
^<#, r«)* Celsius ein System Adiabaten des Gebietes 
{s-^d} eingetragen^ ffir welches die Gleichung nach (132) 
lautet 

(y) V2^^p[^ — f~nj-\-vitPie 

Die Zahlwerte der ParanKtf^r sind dieselben wie zuvor; 
ist angenähert gleich -!-/.,, ^sobei für der oben an- 
gegebene Wert, für aber 80 gesetzt ist. Eine der Knrv^en, 
die nach dem an die eine von ihnen sresetzten Buclistabcn als 
/-Adiabaten bezeichnet werden mögen, ist diircli den Punkt 
T = 0, P= 760 mm gezeichnet, der Zuwachs von j/g v^)*^ einer 
zur andern ist derselbe wie zuvor von ?/,. 

Fünftens ist ein System punktierter Kurven gezeichnet, 
welche den maximalen Gehalt an Wasser abzulesen gestatten, 
den bei gegebenen P und // ein kg Luft aufzunehmen ver- 
mag. Die Gleichung (125) 



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94 Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

mb 



MB' 



in der nach dem Früheren MB mit mb vertauscht werden 
daif^ gibt einen im Gebiet (d) stets geltouden Zusammen» 
hang zwischen der dampfförmig vorhandenen Wassermenge m 
und deren Partialdruck p; sie gilt auch für den Sättigungs- 
znstand und liefert hier durch 

In F 

den maximalen Wert {niulm) = jUu von m/m. 

Der Sättigungsdruck ist durch die Formeln (123) und 
(124) für ^> & und i^<5 mit der Temperatur verbunden. 
Setzt mm noch m 1 kg und gleich einer Konstanten, 
so gibt 

vp 

M ^--^-^ 

dne Gleidiung zwischen P und ^ allein, beflftimmt also nach 
ESnfGhrung von ln(i>) =0, ln(P)a-27 eine Kurve in unserem 
Koordinatensystem, auf der der maximale Wassergehalt den- 
selben Wert besitzt 

Die Kurven der Tafel sind für Werte von /i^ gezeichnet, 
die von Kurve zu Kurve um 1 Gramm fortscfaratten; die 
Zahlen 5, 10, 15, die an einigen angebracht sind, be- 
ziehen sich auf diiese Grammzahl. 

Die kleine Nebentafel enthält eine graphische Dar- 
stellung der Formel (137), d. h. der Gleichung 

(.) (t,_c)(fl,-j7.)+/^+ ^?(iir°'-i,r"j-o, 

und zwar ist TT^ als Abszisse^ als — nach unten positiv 
gezählte — Ordinate gewählt^ Hg ist als konstanter Parameter 
geführt. Dabei sind von nur Werte berücksichtigt, die 
kleiner (im Gienzfall gleich) sind als die (bei der Temperatur # 
der Grenzgeraden und bei dem vorliegenden Druck) mög- 
lichen maximalen Zahlen die sich aus den Schnitt- 
punkten des punktierten Kurvensystems der Hanpttafel mit 
der Horizontalen t = 0, d. h, ^ — ^ ablesen lassen. /i = /*^ 
entspricht 17, ^ U^, denn für U, ^ Ily wird die Formd (e) zu 



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% 80. Verwendung der Hertz sehen Adiabaientafel. 95 



was nach Formel (17) den Maximalwert von /i für p«jp 
liefert 

§ 30. Terwendunj? der Hertz sehen Adiabateiitafel. 

Die b( s{>rocheneii Knrvensysteme geben die graphische 
Darstellung aller der Adiabatengleichungen in den verschie- 
denen Gebieten, Sie «gestatten somit alle Fragen zu be- 
antworten, die jene zu )r> ( n orlauben, insbesondere auch 
Aufschluß zu geben ül»or die Zustande, die in einem Luft- 
Was&ergeiiiisch bei iridiüerentem Gleichgewicht, d. h. also unter 
Herrschaft der Adiabaten^leichuug, sich aneinander reihen, 
wenn der Zustand, d. h. also Druck, Temperatur, Feuchtig- 
keit an ircend einer Stelle vorgeschrieben ist. Diese Frage 
bcbilzt in betreff der Erdatmosphäre, wie wir sehen werden, 
ein grciies . Interesse. Die beigelegte Tafel gibt durch die 
stark eingetragene gepunktete linie die Losung dieser 
Frage für ein beBtimmtes Zahlensystem'^, um die Methode 
der Anwendmig an einem Beispiel zn zeigen. 

Gegeben gedacht ist für- eine beliebige Stelle » ein 
Wertsystem 

i?« = 301, P« = 750 mm Hg, 9?« =0,5; 

die letzte Zahl sagt ans» daß die als Dampf in der Luft enthal- 
tene Flüssigkeitsmenge 50 Proz. der maarimalen b^ragL IHe 
Zahlen Ta = 28®, P^^»» 750 mm bestimmen den oberen An- 
fangspunkt der starken punktierten Linie in der Tafel. Durch 

ihn geht die schwaclie punktierte Kurve 22 ; es ist also -~ 22 g 
die größte Flüs'^iirkeitsmenge, die ein kg Luft unter den an- 
g< ^ebenen Verhältnissen in Dampfform zu halten vermag, 
und die Zahl qj^ = 0,b sagt aus^ daß faktiBch nur 11 g vor- 
handen sind. 

Da die Luft hier noch nicht mit Feuchtigkeit gesättigt 
ist, so liegt der Ausgaugszustand (oc) in dem Gebiet (d) des 
überhitzten Dampfes, wie das bei den aiigemeinen Uber- 
legungen der letzten Paragraphen resp. in Fig. IG voraus- 
gesetzt war. Die ihm zugehörige Adiabate ist demgemäß 
die Gerade der Gattmig oc, die durch den Ausgangs- 
puidit geht. 



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96 I* Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 



FolL'^en wir ihr iii der Richtuiie: nach unten, d. h. nach 
niedrigeren Drucken, so passieren wir gieichzeiti<r abnehmende 
maximale Feuchtigkeiten. Auf dem Schnittpunkt der tx- 
Adinbate mit der Kurve //„ = 11 ist die maximale Flüssi^- 
keitsmenge der wiiklich vorhandenen gleich: der Dajupf ist 
gesättigt, und der erreichte Zustand {p) liegt auf der Kon- 
densationsgrenze. Da derselbe bei einer Temperatur von 
etwas über 13 ^ C, d. h. für ein > ^, erreicht ist, so beginnt 
die Kondensation von Fiü&sigkeit, und ß liegt auf der 
Grenze nach dem Gebiet (f-\-d) (Fig. 16); Nebelbildung tritt 
ein, der Druck ist gleichzeitig etwa 6 10 mm Ilg. 

Die noch weiter sinkendem Druck entsprechenden Zu- 
stSnde liegen auf der durch die erreichte Stelle der Tafel 
gehenden jS-Adiabaten. Die Temperatur nimmt jetzt im Ver- 
hältnis «im Druck langeamer ab als zuvor. 

Die -Adiabaten fahren nur bis zur Grenzgeraden 
t^O^ 0^ und die beschrittene erreicht jene Grenze in dem 
früher mit e bezeichneten Punkt bei einem Druck von etwas 
mehr als 470 mm Hg. Dies ist der Ausgangswert für den 
Übergang durch die Gren^erade^ den zu verfolgen die 
Nebentafel dient. Wir gehen von dem erreichten Punkt der 
Grenzgeraden vertikal hmab bis zur oberen Grenze des darin 
verzeichneten Kurvensystems. Der hier erreichte Punkt 
entspricht ju^t und P,; gehen wir den gezeichneten Kurven 
parallel bis zu der Ordinate — der Anzahl Gramme 

Wasser, die 1 kg Luft nach unserer Annahme faktisch ent- 
hält, — so bezeichnet der erreichte Punkt einen Abszissenwert, 
der Py entspricht. Gehen wir hiervon wieder vertikal hinauf 
zur Grenzgeraden, so ist der Punkt {y) unserer früheren 
Bezeichnimg erreicht (Fi^. 16). Jetzt ist di*' «ranze Fliissitr- 
keit in Reif- und Daniplt'orm vorhanden, und tiir den wei- 
teren Verlauf gewinnen die ^-Adiabaten Geltung. Die Ab- 
nahme der Temperatur relativ zum Druck findet hier merk- 
lich ebenso statt, wie auf den />-Adiabaten. 

Die stark punktierte Kurve gestattet hiernach, fiir jeden 
erreichten k die zugeh^iriLn- Temperatur und den zuge- 
hörigen Maximalwert ju^t dampffurinigen Wassers abzulesen. 
Der letztere ist auf den ß- und 7-Adiabaten auch wirklieh 
in Damptionu vorhanden; die Differenz gegen das gesamte 
vorhandene (bei unserm Beispiel 11 gr) gibt die in Nebel- 
oder Reifform übei-geführte Masse an. 



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$ 30». Verwendung der Hertz sehen AdiabaientafeL 97 



Auch über die an jeder Stelle s^tattfindendc Dichte dos 
GemiBches kann man ^^ic^h ohne Rechnung eine AiischüiiutiL-; 
bildeu. Bezeichnet man dieselbe mit d, so gilt nach (110) 

also bei £iuiüiu:ung der Substitution (121) 
^(6} ln(^d)-iZ-e. 

Die Kurven konstanter Dichte sind also Gerade, und 
man könnte leicht die einem beliebigen S) öt^iui \ on <)- Werten 
entsprechenden Linien in die Tafel eintragen. Um die Tafel 
nicht zu überfüllen, ist indessen nur eine einzige dieser Ge- 
raden mit der Bezeichnung d au&enommen worden, die ge- 
stattet^ die Yerh&ltnisse der Diäten di und ^ in zwei be- 
liebigen Punkten der Talel> d. h. in zwei beliebigen Zustanden 
1 UM 2 in ein&dier Weise zu veigleiehen. 

Hierzu bat man (etwa mit Hilfe eines angelegten 
Lineels) die Schnittpunkte der beiden Parallelen zu der 
^-Geraden durdi die Stellen 1 und 2 mit der Horizontalen 
T»0 aufzusudlien und die ihnen entsprechenden Abazissen* 
werte und abzulesen; es ist dann ^ td^ =Pi :p2, denn 
die Dichten in den Schnittpunkten sind dieselben, wie in 
den untersuchten Punkten, und bei gleichen Temperaturen 
(tj —Tj « T = 0) verhalten sich die Dichten wie die Drucke. — 

Im vorstehenden Ist der Ausgai^punkt a der Betrach- 
tung in dem Bereich (d) liegend angenommen; derselbe würde 
in das Gebiet if+d) oder fallen, wenn man bei 

mit Feuchtigkeit gesättigter Luft die Anfangstemperatur 
höher oder tiefer als 0^ Celsius festsetzte. Da derartige 
Punkte aber auf dem vorhin durchmessenen Wege Herren, 
so sind diese Fälle im vorigen bereits im voraus mit er- 
ledigt 

T^ur auf einen wichtigen Spezialfall mag besonders auf- 
merksam gt iiKu lit werden. Bei sehr geringer Feuchtigkeit 
kann es vorkommen, daß die «-Adiabate die dieser Feuchtig- 
keit entsprechende /u-Kurve erst luiteriialb der Grenzgeraden 
T = 0 trifft. So würde dies bei unserm Beispiel stattfinden, 
wenn 9;,^ nicht gleich 0,5 sondern gleich 0/2 vorgesclirieben 
gewesen wiire. (p^, 0,2 gibt nämlich die absolute Feuchtig- 
keit zu 4,4 g in 1 kg Luft an, und die verlängerte «-Adiabate 
erreicht die Kurve ^«^, = 4,4 erst bei etwa —3* Celsius. 

Voigt» Thermodynamik, n. 7 



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98 I* Kapitel. Eme Komponente in mehreren Phasen. 

Hier erreicht also die a -Adiabate die Kondensations- 
grenze in dem Gebiete (s-f r?), die Kondensation liefert 
direkt Eis, das Nehol<^cbiet füllt ganz aus, und an das Ge- 
biet des überhitzten JDampies schließt sich unmittelbar das 
Reifgebiet. 

§ 31. Das indifferente Gleichgewicht 
in der Erdatmosplillre bei Berüeltsielitigiuig Ton deren 

Feuchtigkeit« 

Die Betrachtungen des vorigen Paragraphen sind völlig 
allgemein, sie gelten, gleichviel unter welchen Kräften das 
im iiiditrerenten Gleichgewicht befindliche Gemisch sich be- 
findet. Wir machen von ihnen nunmehr die wichtige An- 
wendung auf den Fall der Erdatmosphäre, also eines unter 
der Wirkung der Schwere stehenden Gemisches, und wählen 
als Ausgangspunkt » für die zu untersnohende Zustande- 
reihe den Zustand an der ErdoherflSche, den urir als durch 
die Beobachtung bestimmt denken wollen. Es lassen sich 
dann nicht nur in der oben erörterten Weise die sämtlichen 
auf dem Lot dnrch den Ausgangspunkt einander folgenden 
Zustande ableiten, es 18ßt sich auch angeben, in welcher 
Höhe über der Erde ein jeder von ihnen eintritt, 
ein Problem, dessen Wichtigkeit ohne weiteres einleuchtet 

Da es sich bei dieser Frage um relativ geringe Er- 
hebungen über die Erdoberfläche handelt^ so betrachten wir 
die Schwerkraft als konstant, setzen also an Stelle von (99) 

(138) gdh vdP, 

wobei Ii (He Erhebung über die Erdoberfläche bezeichnet. 

Nun ist vP=B'^, wofür mau in der benutzten An- 
näherung auch setzen darf vP=h^, und wir erhalten somit 

(139) gäh^-h&dPIP. 

Die strenge Ausführung der Integration erfordert die 
Kenntnis des Gresetzes für ^ als Funktion von P oder h, 
das in unserem Falle höchst kompliziert ist; in den meisten 
Fällen genügt es aber, für ^ den mittleren Wert in dem 
Integrationsgebiet m setzen und demgemäß zu bilden, 
indem man noch an der Erdoberfläche h — O^ P^P» setzt^ 



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§ 31. Pas indifferente Gleichgewicht in der Erdatmosphäre. 99 

Bei Einfalimiie der Substitutioii (121) liefert dies als 
for alle Gebiete goAag 

(140) gh^hK{n^-n). 

Den besögliohen mitderen Wert bestimmt man passend 
duidi sakzessive Annäherung, indem man sonächsi mit der 
Tempetator an der Erdoberfläche (der unteren Integrations- 
grenze) rechnet; auf diese Weise die Temperatur im unter- 
suchten Punkt (der oberen Integration sgrenze) in dner ersten 
Annäherung findet und nun mit dem Mittel aus diesen beiden 
Zahlen die Rechnung wiederholt. 

Für viele Zwecke ist es genügend, wenn man in 
Formel (140) i5^m = 273 setzt, und ffir dip Ausführung dieser 
roliesten Aiinahenuio" bietet die Hertzsche Tafel in dor 
ganz uiitea angebracliteu Hübenskala ein eintacheö Mittel. 

>.acii (140) ist h linear in 77; die Höhenskala zeigt 
daiier gleich große Teile. Ihr Nullpunkt sollte eigentlich 
verschiebbar sein, nämlieh stets der Abszisse 77^, die durch 
den Bmck an der Erdoberfläche bestimmt wird, entsprechen. 
Da dies nicht wohl angeht, ist er an die P« =^ 760 mm Hg 
bestimmende Stelle gelegt, so daß, wenn von diesem 
Wert abweicht, eine einfache Korrektion anzubringen ist. 

Bei dem S. 95 behandelten Beispiel ist ^ 750 mm Hg 
angenommen. Der bezügliche Anfangspunkt liegt über der 
Abszisse Ä=100m; es ist demgemäß von allen abgelesenen 
Höhen 100 m in Abzug zu bringen. Man erkennt so lelofat^ 
daß bei dem in der Tafel durch die stark punktierte Linie 
dargestellten ßeismel die Kondensation von ^fiss^em) 
Wasser, also die Wasserwolkenlnldung, in einer Höhe von 
rund 1800 m beginnt, dafi der Übergang aus dem Nebel- in 
das Bei%ebiet sich durch die Höhe von 3700 bis 3850 m 
erstreckt usf. 

Das letztgenannte Besultat mag besonders betont wer- 
den; die Lnft-Dampfatmosphäre verhält sich also abweichend 
von der reinen DampfatmosphSre, in welcher der betreffende 
Übergang sieh nach 8. 82 sprungweis vollzieht. 

Das vorausgesetzte Beispiel liefert in der Erdatmosphäre 
alle überhaupt möglichen Zustände der Feuchtigkeit: trocknen 
Dampf, Dampf und Nebel, Dampf mit Nebel und Reif gleich- 
zeitig, Dampf mit Reif allein, übereinander geschichtet, nnd 
stellt daher gewissermaßen den allgemeinsten f^all dar« Doch 



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100 L KapiteL Eine Komponente in mehreren Phasen* 

können gewisse Gebiete auch fehlen. Ist an der Erdober- 
fläche der Dampf gesättigt und der kondensierte Teil fest, 
so herrscht in der ganzen Atmosphäre der letzte Zustand; 
ist der Dampf gesättigt imd der kondensierte Teil flussig, 
so folgen sich allein die drei letzten Zustände. Ist aber 
an der Erdoberfläche der Dampf ungesättigt und die Feuchtig- 
keit hinreichend geiing, so folgt nach dem am Schluß von 
§ 30 Gesagten dnekt der vierte Zustand auf d^ ersten. 
Hier gelangt man also beim Au£Btiegy ohne Nebelwolken zu 
passleren, direkt aus dem Gebiete trockenen Dampfes in 
dasjeni^ der Beifwolken. 

Die im voiheigehenden immer zugrunde gelegte An- 
nahme, daB die Kondensationsprodukte dem Dampf-Luft~ 
gemisch beigemischt bleiben, ist allerdings bei der Anwen- 
dung auf solche Fälle, wo es zu ausgiebiger Kondensation 
kommt, in der £ndatm06phäre nicht erfüllt; denn hier wird 
ein mehr oder weniger großer TeU der Kondensationsprodukte 
als Kegen oder Schnee (Hagel) unter Wirkung der Schwere 
ausfallen* Dies hat freilioh unter d^ von uns gemachten 
Voraussetzung relativ geringer Wassermengen auf die adia- 
batische Zustandsänderung, welche im aufsteigenden Luft- 
strom, also bei fortschreitender Kondensation stattfindet, 
keinen merkliclu ii l^mfluß. Anders verliält es sich aber mit 
der adiabatisciien Zustandsäuderung der wieder herab- 
sinkenden Luftmasse. Hier wird die ß- (oder v-) Adiabate 
wegen des nun verringerten Wertes von fi in einem liöher - 
gelegenen Punkte Verlusten werden, als wo sie auf dem Hin- 
wege erreicht worden war; die weitere Zustandsänderung 
findet auf einer ^ -Adiabate statt, und wenn die Luftmasse 
ihr Ausgangsniveau wieder erreicht hat, so hat sie keinen ge- 
schlossenen Kreisprozeß durchlaufen, sondern, wie aus der 
Hertzschen Tafel sofort ersichtlich ist, eine höhere Tem- 
peratur als im Ausgangszustande aiigcuonimen; zugleich ist 
ihre absolute und umsomekr die relative Feuchtigkeit ver- 
mindert Eine der auffälligsten Erscheinungen, welche durch 
den eben erörterten Vorgang ihre ErklSmng findet, sind die 
als F5hn bezeiekneten nei&n und trodmen Winde, welche 
eine Gebirgskette überschritten und dabd eine aimahemd 
adiabatisohe Zustandsänderung durchgemadit haben. 



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V. Abschnitt. 

Dampfarbeits- und Dampf kältemaHchinen. 



§ 32. Ein Carnotseher Kreisprozeß im 
Yerdamptliiigsgebiet. 

Wie Bd. I, § 56 gezeigt ist, gilt für jede Art von Kreis- 
prozessen, d. h. von Zustandsänderungen, die den betrach- 
teten Körper schließlich zum Anfangszustand zurücklciten, 
zwischen den Gesamtaufwendungen von Wärme (Q) und 
Arbeit (A) die Beziehung 

(141) {A) + (Ü) = Q. 

Auf ihr bemlit die Konetmktion von MaBchmen^ die durch 
wiederholte AuafOhnuig deseelbeik Kreisprozesses Wirme in 
Adbeit oder Arbeit in Wärme verwandeln. 

Bei den rein thermisch -mechanischen Umsetzungen 
spielte derjenige speziell von Carnot erfundene Kreisprozefi 
eme ausgezeichnete RoUe^ der zwis(!hen zwei Isothermen und 
zwei Adiabaten verlauft. Derselbe besitzt aach in dem 

von Flüssigkeit in Dampf eine große Be- 
dentang, und wir wollen ihn demgemäß in seinem Verlauf 
genauer verfolgen. Dabei bedienen wir uns passend der 
Darstellung in einer Tj>Ebene, betrachten also ein beliebig 
gegebenes Quantum des Dninpf-Flüssig^keitsgemipches. Be- 
züglich der Hilfsmittel zur Erzeugung eines Carnot schon 
Kreisprozesses genügt es^ auf das in Bd. I, § 72 Ausgeführte 
zu verweisen. 

Nach dem B. 44 EntAvickeiten ist das Verdampfnngs- 
gebiet auch in der F^^Ebene links, d. h. nach der Seite 
der reinen Flüssigkeit, durch eine (nach rechts) steil an- 



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102 I- Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

steigende, rechts, d. h. nach der Seite des reinen Dampfes, 
durch eine schwacher abfallende Kurve begrenzt. Die Iso- 
thermen, die im Flüssigkeitsgebiet sehr steil, im Dampf- 
gebiet schwächer (hy])erbolisch) fallen, sind im Verdampfungs- 

Sebiet horijjontale Gerade. Die Adiabaten fallen je nach 
er Natur der Flüssigkeit steiler oder flacher als die rechte 
Grenzkurve; ihre Gleichung folgt aus dem Wert der En- 
tropie H des Gemisches, für den nach (58^) gilt 

3 4M 

(142) Ci + J£r'ln(*) + -^ = Jr; 

dabei bezeichnet fli^^ spezifische Wärme der FJü>^s!<!:keit, 
X die spezifische Verdampfungswürme. M die Masse des Ge- 

ini f lM s und m diejenige de.s 
iP darupffÖrmigen Anteiles. Da 

/ hier Btets als eine Konstante 
geführt wird, die sich von y], 
nicht merklich unterscheidet, 
so ist der auf die Grenzkurve 
hinweisende Strich über y' 
fortgelassen worden; ebenso 
ist zur Veieinfadiung m für 
m" gesetet. 

Gehen wir nun von einem 
0. >-jr Zustand (a) auf der Isotherme 




Fig w. t? = i^, aus (Fig. 17) und be- 

wirken durch Zuführung von 
Warme und durch Expansion unter konstantem Druck 
Verdampfung, so wandert der Zustand auf der Isotherme ^„ 
und zur Erreich vmg des Punktes (h) sind die Aufwendungen 
an Arbeit und Wärme erforderlich 

(148) -4al = — i>2«*2 w*«*» ft,*=A2 mai», 

wobei p^y Wo» h sich auf die Temperatur beziehen, imd 
m«^ die längs (ad) verdampfte Masse Flüssigkeit bezeichnet. 

Von dem etwa von außen auf den Stempel wirkenden 
Atmosphärendruck ist dabei wiedermn abgesehen, da der- 
selbe als konstant für einen vollen Kreisprozeß keinen Auf- 
wand von Arl)eit /ur Uherwindimg erfordert. 

Tn (/A boeritint dio aHiabatische Dilatation; wir haben 
demgemäß für die btrecke {bc) 



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% S2. £m Ca r no t scher Kreisprozefi im Yerdampfüngsgebiel 103 



(144) 



wobei zwischen p und V die Gleichung der Adiabate statt- 
findet, die aus (142) henrozgeht, wenn darin l in seiner Ab- 
hSogigkeit von i^^ m in seiner Abhängigkeit von V und ^ 
eingeföhrt und schließlich ^ eemäfi ckr ffir das Verdamp- 
fungsffebiet charakteristischen Glachung G{p,^) — 0 durch 
ausgearflckt wird. 

Ffir die isothermische Änderung (cd) gilt analog m (143) 

(145) ^Mi^+J^iWi«**, = — ^»Waj 

und für die den Kreisprozefi schließende Adiabate (da) 



Da die längs einer Kurve der Fp-Ebene zugeführtc 
Arbeit gemessen wird durch das Flächenstück, welches durch 
die Kurve, durch zwei Vertikale und durch die Abszissen- 
achse begrenzt wird und welches positiv oder negativ zu 
zählen ist, je nachdem der Anfangspunkt rechts oder links 
vom Endpunkt liegt, so ergibt sich fnach dem fiber den 
Verlauf der Adiabaten soeben Ges^t^, daß bei dem be- 
trachteten Kreisprozeß ^te<0, AdaX^ ist. Der ganze 
Vorgang ist hiernach also qualitativ klargestellt und stimmt 
mit dem bei idealen Gasen früher betrachteten überein. 

Wärme wird aufgenommen bei der höheren Tem- 
peratur abgegeben bei der niederen Arbeit wird 
gewonnen auf dem Zwe^ (ahc), aufgewandt auf dem 
Zweig {cda). Die Differenzen beider Wärmen iind beider 
Arbeiten kompensieren sich nach Formel (141), und zwar 
ist nach Hrr geometrischen Bedeutung von (^-1) als der ne- 
gativ gerechneten vom Kreisprozeß umschlossenen Fläche 
(ß)> 0, d, h. Qab> — Ocd'f es wird in Summa Wärme auf- 
gewandt, Arbeit gewonnen. Bei oiiti^tgengcsetzter Um- 
laufung des Kreises kehren die Ausdriicko für alle A und SJ 
ihr Vorzeichen um; es gilt deragemäli das Umgekehrte von 
dem soeben Gesagten. Eine Maschine, die wiederholt den 
ersteren (direkten) Kreisprozeß ausführt, wird sonach von 
der einem höher temperierten Reservoir entnuinmenen Wärme 
einen Teil in Arbeit umsetzen, während sie den anderen 



(146) 




104 Kapital. Eine Komponente in mehieren Pliaflen. 

ungenützt an das tiefer temperierte Reservoir abgibt; eine 
Maschine, die den letzteren (inversen) Kreisprozeß benutzt, 
wird mit Hilfe von Arbeit einem tiefer temperierten Reser- 
voir Wärme entziehen und diei^clbe, zuzüglich der aus der 
Arbeit resultierenden, an ein höher temperiertes abgeben. 
Erstere würde eine ideale I );niipf-ArbeitsTn;iH('hine, letztere 
eine ideale Dampf-Kaltemascliine repnisentieien. 

Wie bei den entsprechenden Liiftmaschinen werden 
wir uns hier nur mit der Entwickhing derjenigen Sätze be- 
schäftigen können, die zum Verständnis der W irkungsweise 
dieser so ungemein wichtigen Maschinen erforderlich sind, 
aber von allen technischen Einzelheiten absehen.^) Zunächst 
mögen die obigen Gleichungen des Carnot-Prozesses etwas 
weiter entwickelt werden. 

Die in den Fonneln (143) bis (146) auftretenden Funk- 
tionen sind erdohtUoh nicht sfimtlich voneinander unabhlngig. 
Da (p) und (c) auf der einen, (d) und (a) auf der anderen 
Adiabute Hegen, so gilt jedenfalls 

(147) *^ 

Diese Formeln bestimmen, wenn und vorgeschrieben 
sind, zu gegebenem mj resp. ma das zugehörige resp. m^. 
Daß je nach Umstanden mb^nic, ma^m^ sein kann, ist § 15 
ausführlich erörtert worden. 
Femer wird nach (147) 

T, — 

woraus dann, gemäß (143^) and (145^), folgt 

in Obereinstunmung mit dem in Bd. § 90 für den Garnot- 
sehen Kreisprozeß ganz beliebiger Substanzen naehgewiesenen 
Resultat 



^) Ausführliche Darstellung z. B. in Zeuner, Teohnisobe 
Thermodynamik, Leipzig 1900 und 1901. 



% 38. Beehnmohe Yttfolgong einiger Krebprozeem. 105 



Für den Wirkungsgrad 
(150) 

ergibt sich bier^ wo medemm {Q)=^Qt^+ ht, 
(IM) 

gleich&Us in Ubereinstumniiiig mit dem a. a. O. aUgemein 

erhaltenen. 

Die Berechnung von A^e und nach der oben an- 
gegebenen (direkten) Methode verlangt die Heranaiehuiig 
empirischer Gesetze. Man vermeidet die letzteren, wenn 
man berücksichtigt, daß nach der Energiegleichang wegen 

igt, und daß für £ nach (58^) folgt 

(152) C-\-m(X-pu)-\-Y'M^. 

Man hat sonach 

wobei die zn und gebdngen und aus (147) zu 
entnehmen sind. FQr die Anwendung dieaer Fonneb Bind 
keine empirischen Gesetze nötig; es genügt die Heran« 
Ziehung einzelner empirischer Zahl werte. 

Bei dem inversen Prozeß haben die gehmdenen Aus- 
drncke für die Aufwendungen von Wäime nnd Arbeit mit 
umgekehrten Vorzeichen Geltang. 



§ 33. Rechnerische Yerfol^n? einiger Car not sehen 

Kreisprozesse« 

Für die niinierische Verfolgung des Vorganges emp- 
fiehlt es sich, und damit die zugehörigen jr?,, p., als 
gegeben zu betrachten, femer die Gesamtmasse M der ar- 
beitenden Substanz and das eingenommene Volumen V in 
den bdden Stadien a and 5. Ikn Punkt a legt man vm> 
teilbaft auf die linke Gtenidkurve, so daß lUa-^O, m^^m^ 



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106 I* Kapitel. £ine Komponente in mehreren Phasen. 

Va = 3Ii^y Fft — jÄfv'-j-iWjUj ist; die letzte Formel bestimmt 
dann nii, zu 

Fl.— F 

Ist 80 gefunden, so liefert (147^) 

während für F« gilt 

Für gibt (147^)| da m„«0 ist» 

für Va gilt 

Vd === Mv' nifiUi . 

Wenn wir die Formeln auf Wasser anwenden, so können 
wir, da für diese Substanz nahe der rechten Gremskurve die 
Adiabaten steiler fallen als die Dampfkarven, zur Verein- 
fachung noch mi, = M annehmen, also vollständige Ver- 
dampf iing auf dorn Zweig (ah) voraussetzen. 

Dividieren wii* die obigen Formeln durch die Masse M 
der arbeitenden Substanz und benutzen die früheren Be- 
zeichnungen mkl3I=Xk, F/, ü/==t'/i, Äkk/M=^(Kkk, ^hklM 
= o>hk» 80 resultiert folgendes System 



..=o,..=i...=^(^;+/in(|)), 



(154) < 



Um von den Zalilenwerten« um die es eich bei diesen 
Kreisprozessen handelt, eine Vorstellung zu geben, wollen 



(156) 



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% 88. Beehnerisohe Yeifolgung einiger Kreisprozesse. 107 



wir zun:i( hst 303 , i?,^^^^ annehmen; dem cntspriclit 
(Iniin naeli (151) der WirkiniirBgrad = 0,284, und weuii 
man die Verdainptunfjswärmen lk = XhjJ in kalorischem Maße 
und die techniFehen Einheiten m und kg einführt, wird nach 
der Tabelle auf S. (58 

Pi ^ 0,04 atm.^ = 585,6 , = 33,270 , 
1-4,7 „ i| = 5003, «5= 0,384. 

Man erlullt zuiiäcli.-t lüi die Bruchteile von 31, die in 
den verschiedenen Zuständen dampfförmig sind, die Zahlen 

a?««0, a;«=l, a;c = 0,78ö, a;rf = 0,172s, 

und hieraiiB ergeben sich für die spezifischen Volumina die Werte 

= 0,001, ri = 0,385, tv= 26,100., 1'^ = 5,750; 

die adiabatische Expansion {hc) hat hier also eine außer- 
ordentliche Große, und nach der i«!Otlierniisehen Kompression 
ist das Volumen (r,/) immer nneh das 15-fache desjenigen 
(vtj nach der isotheimischen Dilatation. 

Die pro Masseneinheit aufgenommenen Beträge (X/a- und 
0)1,1 an Arbeit und Wärme wollen wir gleichfalls iti tech- 
nischen Einheiten (kgm) ausdrücken und haben demgemäß 
1 atni., ]0!l'r2, das Wärmeäquivalent .7/ ==427 zu setzen. 
Es ergibt sich aus (155) in runden Zahlen 

««j«- mO», ö)«j=- + 214.10», 

eche — — 61.10*, ö>ae«-0, 

Acti^+ 8,5.10^, ö>crf = — 153.10 •, 

Äd, = 4- 10,5.10», ü>^ = 0. 

Für den ganzen Umsatz pro kg erhält man hiemach 

— (ä) = (oj) = 61.10» kgm. 

Da eine Pferdestärke eine Leistung von 75 kgm pro 
Bekunde darstellt, so würde, wenn der Kreisprozeß in einer 
Sekunde absolviert wird, die Leistung von 815 Pferdestärken 
resultieren. Diese Leistung würde eine Expansion des 
Dampfes von 1 kg Wasser auf 26 m-^ verlangen. Der gleiche 
Eil'ekt würde resultu icii, wenn stets nur 1/n kg Wasser 
arbeitete, die Expansion demgemäß nur den liten Teil der 
obigen betrüge, und die Maschine in der Sekunde n Umläufe 
auBföhrte. 



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108 I« Kftpitel. Eine Eomponenie in mehreren Phasen« 

Ist a die Anzahl der Umläufe in der Stunde, M wie 
früher die arbeitende Masse, so ist aü-/« 61.10^ die Leistung 
pro Stunde, a3f=2R die pro Stunde durch die Maschine 
gehende Dampf menge. Damit die Leistung gerade eine 
Pferdekraft sei^ muB gelten 

61.10« »75. 3600» 

"woraus sich 9)? = 4,4 rii^ibt. Eine Maschini , die den obigen 
Kreisprozeß ausführt, konsumiert also pro Stunde und Pferde- 
kraft 4,4 kg Dampf. 

Tn kg -Kalorien drücken sich die Auiwendungen an 
\V iirme pro kg folgendermaßen aus 

a>«5=-f 501, fl)crf=— 359. — 

Wegen gewisser Folgerungen möge noch ein zweites 
Beispiel Platz finden. Es sei ^i = 373, i^j = 423, also 
y^^ = 0,118 und demgcmäü 

Pi^l atm^ 2(^536,5, tfti=»l,650, 
i)j = 4,7 „ 500,8, 1*2 = 0,384. 

Hieraus folgt 

a;a==0, JCu=^l, ^c = 0,910, J7d = 0,0878; 
v«=- 0,001, t;ö = 0,385, v«= 1,500, 1;^== 0,146. 

Auch liier ist die adiabatisdie Expansion noch gewaltig, 
aber Vg<vt. 

Feiner ergibt sich in kgm 

«a»=- 19,10 ^ (Wa6 = + 214,103, 

Äjc — -24.10», a)>c = 0, 

a,rf= + 14.10», a)«rf«- 188.10», 

»da^+ 3.10», COi^^O; 

^(a) = (a>)=- 26.10». 

Daraus würde der DampfVerbrauch pro Stunde und 
Pferdekraft sich zu 10,4 kg — also viel grö.^er wie vorher — 

ergeben. 

In Kalorien werden die VV ärmeauf Wendungen 
cüflt — -1-501, tt)crf= — 441. 



üigiiized by 



§ 84. Die DunpfarbeitamMohinenu 



109 



§ 34. Die Dunpfiirlieitsiiuiseliiiieii. 

Daß es praktisch unmöglich ist, einen vollständigen 
Carnotschen Kreisprozeß in einem und demselben Räume 
auszuführen und wanim, ist Bd. I, § 74 bei Gelegenheit der 
Behandlung der Heißhiftmaschinen auseinandergesetzt worden. 
An sich wäre das Schema von S. IGO in Bd. 1 amvendbar, 
— wobei die dem Dampf beigemengte Flüssigkeit in Tröpf- 
chen suspendiert zu denken wäre, — und auch das ein- 
fachere Schema von S. 174 ist bnuichbar;^ wenn nnr in den 
Teflen JB und D tropfbare Flfissigkeit yoriumden ist, da ja 
bei gesättigten DSimtfen mit dem Druck audi die Tem- 
peratur konstant bleibt 

Indessen verfahrt man in Wirklichkeit msbescMidere 
dadurch anders, als an letzterer Stelle geschüderi^ daß man 
an Stelle der Adiabate 
(da) in Fig. 17 ein Stück 
der linken Grenckurve 
des Verdampf ungsge- 
bietes setzt, somit auf 
dem Zweig [cd) nicht teil- 
weise, sondern vollständige 
Kondensation bewirkt Da 
hierdurch der Kreisprozeß 
aufbort) ein Caruot^cher 
zu sein, und da nach Bd. I, 
§ 76 alle anderen Kreis- 
prozesse einen kleineren Wirkungsgrad geben als jener, so 
ist mit dieser Veränderung eine Einbuße au Wirkung ver- 
kuüpil. 

Die bei einfachen Dampfmaschinen benutzte Anordnung 
ist in Fig. 18 schematisch dargestellt. Von dem Dampf- 
ke«fel A, wo mit der Temjx ratur i?^ der Druck 7)3 statt- 
findet, und dur(?h Wärmezufuhr stetig Wasser verdampft, 
gelangt der Dampf in den Arbeitscjlinder B und drängt 
den Stempel hin zu einer gewissen Position zurück. Hier 
wild die Verbindung AB geschlossen und dem Dampf 
adiabatische Expansion bis auf einen Druck gestattet. 
Danach wird die Verbindung BC zum Kondensator C 
geöffnet, einem dem Kessel entsprechenden gc^niuiiugi ii Re- 
servoir, in dem mit der T emperatur i?^ der Druck herrscht. 




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110 I- Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

Pq wird größer als frt'walilt, im Grcnzfall gleich jOj . Der 
zurückgehende Stempel drängt den Dampf in den Koiiden- 
.sator, wo er sich durch Wärmeabgabc an die (etwa durch 
fließendes Wasser kühl gehaltenen) Wandungen verflüssigt. 
Das kondensierte Wasser Ynrd durch die Kesselpumpe D 
in den Kessel zurückgeschafft. Hat es dort die Aiifangs- 
temperatur angenommen, so ist der Kreisprozeß geschlossen. 
Wir wollen denselben mit der Rechnung verfolgeu. 

Der erste Zweiir (^f^>) umfaßt die isotbermische Dampf- 
(^ntwicklung mit begleitender Dilatation bei konstantem 
Druck; dabei wollen wir berücksichtigen , daß mit dem 
Dampf \Vassertrö]>fchen in den Cylinder gerissen werden, 
so daß für das Volumen K die allgemeine Formel Mü'-{-mu 
zu setzen ist. 

Demgemäii haben wir 

(166) ^ P^^^' + ) > ^ah ^2 y 

wobei m., die eintretende Dampf menge ist, die übrigen Sym- 
bole aber die frühere Bedeutung besitzen. 

Der zweite Zweig ipc) umfaßt die adiabatische Expan- 
sion. Hier ist nach (153^) 

^^^^^ ^^*c = 0; 

dabei bezeichnet do die dem Enddnick zugehörige Tem- 
peratur, die am SchluB der Expansion noch dampf- 
fi^imige Masse. 

Ist Po^JPi; d. h. der Enddraok höher als der Konden- 
satordradE, so fdgfc nun ein irreversibler Prozeß; der Dampf 
dehnt sich gegen Unterdrück aus und kondensiert sich 
hierbei teilweise. Bezeidmet % die am Schluß noch un- 
kondensierte Dampfm^nge^ so gilt nach (62) in hier ge- 
n^ender Annäherung 

(158) »»1 = w?o A„ A^v^ . 

Für das Hinftberschieben des Dampfes und für die 
Kondensation, was dem Zweig (cd) entspricht^ sind dann 
folgende Aufnrendungen zu machen 

(159) ^crf= 4-2>i(^v'+Wo2io)» i^cd=— 



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I 34. Die Dampfiarbeitsmaschinen. Hl 

als Faktor von p tritt das Volumen auf, das sich im Moment 
der Öffhnng nach dem Kondensator im Oylinder befand, 
als Faktor von f»| die der Temperatur entsprechende 
Yeidampfungswärme. 

Im vorstehenden ist angenommen, daß der gesamte 
Dampf aus dem Cylinder in den Kondensator übetgeschoben 
wird. Geschieht dies nicht, sondern wird der Cylinder be- 
reits wieder mit dem Kessel verbunden, wenn noch ein kleiner 
Dampfrest in ihm vorhanden ist, so spielt sich hier ein 
zweiter irreversibler Vorgang ab; der höher gespannte Dampf 
des Kesseis dilatiert sich gegen den Unterdruck im Cylinder, 
Um die Betrachtung nicht noch mehr zu komplizieren, 
soll hierauf nicht näher eingegangen werden, obgleich man 
in der Praxis aus Gründen nicht thprmod>'namischer Natur 
— zum Zwecke der Vermeidung von Str>ßen bei der plötz- 
lichen Umkehrung der Bewegimgsrichtuiig — häufig die 
vorzeitige Verbindung des Cylinders mit dem Kei^sei, wie 
auch mit dem Kondensator anwendet. Die Hiifsmiitel fiir 
die Berücksichtigung des betreffenden Vorganges sind im 
vorstehenden vollständig entwickelt. 

Es erübrigt pclilieülich die Zurückführung der flüssigen 
Masse M in den Kessel und ihre Erwärmung auf die Aus- 
gangstemperatur «^2» was den Inhalt des letzten Zweiges (da) 
des Kreisprozesses ausmacht. Dabei ist zu bedenken, daß 
die Kesselpumpe das Volumen Mif bei dem Druck an- 
saugt, bei dem Druck ausstößt; demgemäß wird 

(160) A^^Mif{p^-pi), ÖA«Jlf/C^^«-^i). 

Die ganze vom Kessel aufgenommene Wärmemenge 
ist gegeben durch 

(161) A jl, + My'(^^ - ^i), 
die ganze gewonnene Arbeit —{Ä) durch 

(162) -(A)=m,X,~m^{^,~(i^ -ä)«,) + Jf - . 

Nach der Gleichung der Adiabaten ist aber 

(163) My'inii},)+^ =.MyH&,) + ^} 
eliminiert mau liierdurch hIq, so resultiert schliefiliek 



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112 I* Xüpitel. Eine Eomponeate in mefareien Phasen. 

- (Ä) = m, }., ''^ ^" ^ + My'[{&^ - - lii(d,/do)l 

Die liier rechts stehenden Glieder sind der Beobachtung 
aii im Gang beilud liehen Dampfmaschinen zugänglich; ebenso 
kann man {A) nach dem Bd. I, S. 161 Gesagten mit Hilfe 
des Indikators messen. Drfickt man X und / in kalorischen 
Einheiten aus, setzt also X^Jl, y'^Jcf, wo / das mecba- 
nisdie Wärmeüc^uivaleiit bezeichnetj so erhält der leohts 
stehende Ausdruck J als Faktor, und man erkennt, worauf 
beieitB Bd. 1 8. 94 hingewiesen ist, dafi sidi in der Tat J 
bei dem Prozefi der Verwandlung von Warme in Arbeit 
bestimmen IftBt Auf die £&ueelheiten einer solchen Be- 
stimmung kann hier nicht eing^angen werden. 

Die Maschine arbeitet mit voller Expansion, wenn 
im Moment der Verbindung des Cjlinders mit dem Konden- 
sator der Druck beiderseits gleich, somit also ?>o=Pi> 
ist. Hier verschwindet in dem Ausdruck (164) für 
— (^) das lotete Glieds die ersten werden vergrößert — 
zwei Wirkungen von entgegengesetztem Sinne, deren Resultat 
nach einer numerischen Bechnung sieh im allgemeinen als 
eine Vergrößerung von —{Ä) ergibt. 

Bei voller Expansion nimmt, wenn man wieder w/ilf = a? 
setzte der Ausdruck für den Wirkungsgrad die Form an 

g;^ A, - ^»^) -h - ^ ln(^,M)] 

Entwickelt man ln(i^i/^,)«-ln(l + (^i—^tWt) ig»<>- 
riert die dritte Potenz von (^s~^i)/^s> ^ ergibt sich 



(166) 



2 4-/(^2-^1)]' 



und bei der meist trpstatteten Vernachlässigung des zweiten 
Gliedes der Klammer im Kenner einfacher 



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$ 35. Zahlenbeispiele für Dampfarbeitsmaschinen. 113 

Der Faktor vor der Klammer stellt den Wirkungsgrad 

des Oarnot8chen Prozesses z¥rischen den Temperatur* 
grenzen und dar; die Verminderang, die durch die 
Abweichung des benutzten Prozesses vom Car not sehen 
bewirkt wird und die, wie man sieht^ auf der notigen Erwäi^ 
mung des aus dem Kondensator in den Kessel gelangenden 
"Wassers beruht, ist meistens nur gering. Unsere Dampf- 
maschinen kommen also in dieser Hinsicht dem Ideal 
ziemlich nahe. 

Auch der jetzt erhaltene Wert von v wird in seiner 
Grr>ße in erster Linie durch das Verhältnis — i>i)h% 
bedingt; es wird also immer das Streben sein, diesem einen 
möglichst großen Wert zu geben. Der Steis:ernng von 
wild dadurch eine ziemlich nahe Grenze gesetzt, daß, wie 
die Tafel S. 68 zeigt, ^2 ^^^^ schnell wächst, und 

daß groiie Räume gegen hohe Drucke widerbtaiKl^taliig zu 
begrenzen sehr schwierig ist. Die Herabdrückung von i}^ 
wird hingegen dadurch erschwert, daÜ niedrige Siede- oder 
Kondensationspunkte sehr geringe Drucke, also eine hohe 
Evakuierung des Kondensators verlangen. Ln allgemeinen 
wendet man bei feststehenden Masdunen mißiffe Kessel- 
druoke und möglichst kleine Kondensatordnicke an, 
wahrend man bei beweglichen und deshalb kleineren Maschinen 
(Lokomobilen und Lokomotiven) im Interesse der Yerringe- 
rung des Gesamtgewichte auf einen besonderen Kondensator 
überhaupt verziditet und den Dampf direkt in die Atmo- 
sphäre entläßt, die hierför als ein Kondensator mit den 
Daten Pi^l Atm., ^| = 373 betrachtet werden kann. Das 
durch diesen großen ^^^^rt von ungönstig beeinflußte v 
sucht man durch eine Steigerung von p.^ und zu heben. 
Bei diesen letzteren Maschinen ist dann in dem Ausdruck (160^) 
für Üda statt t^j die Temperatur einzusetzen, mit der das (etwa 
durch den austretenden Dampf bis auf ^ — 373 voigewarmte) 
Speisewasser in den Kessel tritt. 

§ 35. Zahlenlieispiele für Bampfiurbeltsinaseliinen. 

Um einige Zahlcnbeispiele zu uelicn, stellen wir zw- 
nächst die iuaiip:ebonden l^jiineln tür den Fall vollständiger 
Expansion noch einmal zusammen, und zwar, wie in § 33, 
bezogen auf die Masseueinheit arbeitender Substanz. 

Voigt, ThermodTiiainfk. H. 8 



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(170) 



114 I* Kapitel. Eine Komponente iQ mehreren Phaaeo. 

Das aus dem Kessel in den Cylinder eintretende Ge- 
misch enthält den Bruchteil Dampf, der als gegeben zu 
betrachten ist; folgt daraus nach der Gleicbimg (142) 
der Adiabate zu 

<■"> -^-'^("^ +'■■"£:))• 

F ist der von dem Gemisch im Cylinder eingenommene 
Raum, V = VjM dessen spezifisches Volumen, und wir haben 

(169) »«=«0, i^»-2/-j-^«^9 Vc'-^v' + ariWi, Vrf— 0;* 

dabei vsit Va = Vd^(i nur als Aosdrack des Verschwindens 
von Ta und V4 anfsu&ssen. 

Ferner ergibt sich für die Aafprendungen an WSrme 
und Arbeit pro Masseneinheit nach (156) bis (160) wegen 

l^o ^^Pl > *0 > ^ = ^1 > Wo 

a»« = -Pt «sr)- y'(^t - «»«==0, 

Die Wärmeaufnahme ok aus dem höher temperierten, 
die Wärmeabgabe Wi an das tiefer temperierte Bad sind ge- 
geben durch 

(171) C0|»Ct>a6+<]O<b, iOi'^ — Wci, 

Wir nehmen zunächst das erste Beispiel aus ^ 33 vor 
und setzen, indem >vir wieder die Verdampfungswärmen in 
kalorischem Mali uiui die spezifischen Volumina in tech- 
nischen Einheiten ausdrücken: 

» 30B , |»i »-0,04 atm.» ^ = 585,6 , = 33|27 , 
^2^423, Pi^4,l „ ^2 =500,8, 0,384. 

Femer nehmen wir an, daß 90 der aus dem Kessel 
in den Cylinder strömenden Masse dampfförmig, also x^^'OßO 
wäre. Dann liefert (168) =0,724, imd man erhalt 

0,347, 24,10. 

Weiter ergibt sich für die der Masseoeinheit arbeitender 
Substanz zugefuhrte Wärme und Arbeit in kgm (abgerundet) 



§ 35. Zahlenbeispiele für Dampfarbeitsmaschineiu 115 

17.10», 0),»« + 193.10», 
ötj^« — 56.10», 0, 

a,^ = + 10.10 3 , cucrf = - 1 8 1 .10 3 , 
ajü« 0, (Oda = + 51.103, 

und 

0^1 = 181.10% a>2 = 244.10 3 . 
Der ganze Umflatss betragt hiernach 

-(cx) = (cü) = 63.10% 
und der Wiikungsgrad ist 

gegen 0,284 bei dem S. 107 behandelten analogen Carnot- 
schen Prozeß. Die Abweichung von letzterem gibt also 
keinen allzugroßen Verlust. — 

AVir nehmen nunmehr das zweite Beispiel aus § 33 
und setzen 

s 373 , ^1 « 1 atm., = 536,5 , ti^ = 1,(550 , 
^^»423, 2^»4,7 „ ^ » 500,8 0,384 . 

Ferner wählen wir, wie oben, 0^2 = 0,90, woraus nach 
(168) folgt = 0,829. Daraus ergibt sich 

= 0,347, t7c= 1,370 

und weiter 

a«5 = - 17.103. ,o,^- + 193.10% 
«öc = — 21.10% o)bc= 0, 
a«rf=4-14.103, 0)^*«=- 190.108, 
«rf«« 0, cöA=»-f 21.10», 

somit 

ö)i- 190,10», cöj«214108, 
-(a) = (co) -24.10» 

und 

v=H ^0.112 

CO« 

gegen 0,118 für den entsprechenden Carnotschen Prozeß. 

Es ist bemerkenswert, wie hier fast die ganze zur Ver- 
dampfuAg der arbeitenden Masse auügewaudte Wärme a>a» 

8* 



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116 I* KapiteL Eine Komponente in mehreren Phasen. 

im Kondensator vod derselben wieder abgegeben vriid, und 
die in Arbeit umgesetzte Wärme sich nur wenig von der 
unterscheidet, die notig ist, um das aus dem Kondensator 
in den Kessel tretende Wasser auf die Temperatur des letz- 
teren zu bringen. 

§ 36. Einige die Leistang einer Dampfarbeitsmaschiiie 
beeintrSelitigende Umstiinde. 

Die vorstehenden Überlegungen sind natürlich weit davon 
eutfornt, die in Wirklichkeit maügebenden Umstände zu er- 
schöpfen und ein zutreffendes Urteil über die faktische 
Leistung einer Dampfmaschine zu geben. Selbst wenja man 
von den enormen A\ ärinc Verlusten in der Heizungsanlage 
(die bis zu 80®/o des von dem Brennmaterial faktisch ge- 
lieferten Wärmequantums ansteigen) und von den Arbeits- 
verlasten duidi Beibang in der Mascbine selbst absidit^ sich 
also nor auf den Vorgang im Axbeitscjlinder und den aus 
ihm folgenden Arbeiti^ewiDn (der als aus der Indikator- 
kurve zu schließen indiziert genannt wird) bescbränktr 
kommen noch wesentliche Einwirkungen in Betracht Zwei 
von ihnen seien hier ohne theoretische Verfolgung in Kürze 
geschildert 

Die Verbindung des Cylinders mit Kessel und Konden- 
sator geschieht durch Köhren, in denen der Dampf sich nicht 

reibungslos bewegt Infolge hiervon ist der Druck jjg, unter 
welchem der Dampf aus dem Kessel schließlich den Gelinder 
erreicht und gegen den Stempel drückt, kleiner, als der 
Druck p2 im Kessel; ebenso ist der Druck jpi, g^n welchen 
der Stempel beim Hinausdrangen des Dampfes nach dem 
Kondensator sich verschiebt, größer, als der Druck im 
Kondensator. Diese Differenzen werden namentlich bei schnell 
laufenden Maschinen wesentlirh ins Gewicht fnllon. Wie 
hierdurcli die gewonnene Arbeit vermindert wird, zeigt ein 
Blick auf die schematische Darstellung des Carnot sehen 
Kreisprozesses in Fig. 17, in der durch den ü"esf hilderten 
Einfluß au Stelle der oberen Horizoutalen eiiK tiefer, an 
Stelle der unteren eine höher verlaufende Kurve tritt. 

Die Cy linderwand ungen sind im obigen als fftr Wärme 
undiuxjhlässig behandelt. Dies ist in Wirklichkeit nicht der 
Fall, sie bestehen umgekehit in der JHegel aus einem sehr 



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f 86. Einigle beemtriUslitigeiide Umstindd. 117 



gut leitenden Medium, wenn sie auch nacli außen durch 
eine geeignete Umhüllung , etwa durch einen selbst von 
Dampf durohKtroiiitcii Hohlraum gegen Warraeaustausch mit 
dem Auüenraum m scliützt sind. Jedenfalls folgt ilire Tem- 
peratur in gerin Leerem TTmfan<:e dm Sohwankung-en der 
Temperatur des im Cylinder url)eitenden Dampfes nach. 
Demgemäß findet der eintretende Dampf kühlere Wandungen 
vor, die durch seine Berührung erwännt werden. Fällt bei 
der adiabatischen Expansion die Temperatur des Dampfes, 
so kommt umgekehrt eine Periode, wo die Wände wärmer 
sind, als der Dampf, uud demgemäß A\ ;irinc au Ilm abgeben, 
und diese Wirkung wird während der ganzen Periode des 
Ausstoßens des Dampfes andauern. Man erkennt leicht, 
daß dieser Wärmeaustausch in Shulichem Sinne die Arbeits« 
leistnng beeintriclitigt, wie die Reibung in den Dampf- 
kftnStl ^n i 

DerWSnneaustansoh wird um so geringer sein, je UeiDer 
die Temperaturgreuzen sind, innerhalb deren der Dampf 
arbeitet* Da man aber nicht daran denken kann, diese nach 
S. 167 für den Wirkungsgrad in allererster Linie maßgebende 
Größe zu reduzieren, so hat man den Ausweg ergriffen, die 
Arbeit des Dampfes sukzessive in verschiedenen pylindem 
vorzunehmen, in der Weise, daß in einem jeden nur ein 
kleiner Temperatur- und Druckabfall stattfindet, und der 
Dampf von einem zum andern geht. £s hat keine Schwierige 
keit, nach den oben gemachten Angaben diesen Prozeß ins 
einzelne zu verfolgen. 

Dasselbe gilt von dem nahe verwandten Prinzip, mehrere 
Dampfarboitsmasehinen, die verschieden hoch siedende Flüssig- 
koiton benutzen, derartig zu koppohi, daß der aus dem Arbeits- 
cylinder der ersten austretende Dampf der am höchsten sie- 
denden Flüssigkeit seine Wärme nicht in einem Kojidon- 
sator nutzlos abgibt, sondern damit die niedriger sic^dtiiide 
Flüssigkeit in dem Kessel der zweiten Maschine verdampft, 
die ihrerseits mit ihrem Abdampfe eine dritte Maschine be- 
treibt usf.i) 

Endlich sei noch ein Versuch ervvälmt, die obere 
Temperatur des Kreisprozesses zu steigern, oime den eut- 



') Behrend, Di© Ab wärme dainpfmaschine, Halle 19Ü2; 
S ch re b er , Die Theorie der Mehrstoft'dampfmaschinen, Leipzig 1903. 



118 !• KaplieL Eine Eomponenie In mehiexesi Phasen. 



spreciiendeD Druck bis auf eine den Kessel gefährdende 
Höhe zu bringen. Man führt den Dampf durch ein Röhren- 
system, das nochmals der direkten Wirkung der Feuerung 
aiisH:esptzt ist, luid überhitzt ihn hier (im wesentlich("n i ohne 
Dl ueksteigcrung. Damit wird dann in unserer scliematischen 
Darstellung in der Fi?-Ebene der Kreisprozeß, der bei 
Amvesenheit von Wassertröpfchen im Dampfe nicht ein- 
mal die rechte Grenzkur vc erreichte, bis in das Gebiet (d) 
des trockenen Daiiipfes hinaus erweitert, wie Fig. 19 an- 
gibt. In dem Gebiet (d) fallen die Isothermen nicht mit 

den Isopiesten xnamimeii, die hori- 
2ontale Isopieste fOhrt nadi rechts 
zu höheren Temperataren, im End- 
punkt h herrscht eine Temperatur 
^>^a* Die Adiabate he besteht 
aus zwei Zweigen, die sich in den 
rechten Grenzkurven zusammen- 
schließen. Wenn der Zweig (6c), 
wie meist, sehr lang gestreckt ist, 
so ist die Vergrößerung der vom Kreisprozeß umlaufenen 
Fläche nicht unerheblidi« Der hierzu nötige Wärmeaufwand 
ist ersichtlich gleich 

(afr) 

Gegen die Verwendung überhitzten Dampfes sind in- 
dessen Einwände erhoben, die auf in der Iraxis hervor- 
getretenen Übelständen beruhen. Wir gehen auf dieselben 
hier nicht eia 




§ 37. Die Dampfkftltemaseliiiien. 

Audi bei den Maschinen, die inverse Kreisprozesse im 
VerdampruDg.sgebiet benutzen, den Kaltdamjjf- oder Dampf- 
kältemayehinen, wird ein vom Carnotschen abweichender 
Verlauf des Prozesses bevorzugt. Ein wichtiges Schema 
stellt die Umkehrung des nach § 34 bei der l)aiijpfrLiasehine 
befolgten dar; wir können demgeniäB die Ikspreehung olme 
weiteres an die oben herangezogene Fig. IS anknüpfen. 
Die Drucke und Teiuperaturen in den Teüeu A und C seien 
wieder > ^2 2h » ^1 1 ^^^^ werde jetzt C durch Um- 
gebung mit einem (wenig) wärmeren Bad Wärme zugeführt, 



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§ 37. Die DampfkAltemwchiiieii. 119 

Ä durch eia Kühlwasser Wärme entzogen; es ist also jetzt 
C der Verdampfer, A der Kondensator. 

Der Verlauf ist dann der folgende. Die Verbindung CB 
ist geöffnet, der Stempel im Cvlinder B hat anfangs seine 
tiefste Stellung und wird nun bis in seine höchste Stellung 
gehoben, wiüirend in C gebildeter Dampf von der Tempe- 
ratur in den Cylinder strömt. Darauf wird die Ver- 
bindung CB au%ehoben und der Dampf in B adiabatisch 
kompriUert; bei einem Druck po wird die Verbindmig BA 
hergesteilt, so daß ein Druckausgleich mit dem Konden- 
sator A eintritt Hierauf wird der Dampf dem Druck 
entgegen nach A geschoben und dort durch Wärmeentaehung 
bei der Temperatur verfifissigt Ein dem so erzengten 
gleiches Flfissigkeitsouantnm wird ndt Hilfe der Pumpe D 
nach dem Verdampfer C zurückgeführt und dort auf 
abgekühlt, wodurch der Kreisprozeß geschlossen ist. 

Zerlegen wir den inversen Vorgang ähnlich, wie den 
direkten^ in Zweige und beschränken uns [der Einfachheit 
halber auf den Fall vollständiger Kompression, bei der 
P9==P2 BO ergeben sich die folgenden Ausdrücke für 
den Arbeits- und Wärmeaufwand« 

Acb = y'M(^^ Pi %) + % (A, - jPj «,) , 

(172) \ a» = 0. 

Hieraus folgt für den gesamten Arbeitsaufwand 

(173) (A) - f«2 ^ - mi + / M{&, 

oder bei Heranziehung der Adiabatengleichung zur Be- 
stinunung von m^L 

(174) (A) = m, + r'M j», In j , 

wnhrei^d die Wärmeaufnahme aus dem tiefer temperierten 
Reservoir 

(1 75) Öl - Örfe -i- Ad - «1 - /(^, - ^i) , 

die Wanneabgabe an das höhere Reservoir 



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120 I* Kapitel. Eine Komponente in melureren Phasen. 

(176) = »«a^j 

betrogt. 

ihs Verhältnis der bezweckten Wärmeentziehung zu 
dem dazu nötigen Arbeitsaufwand ist hiemach 

(177) /* = ^ = ~ ~ 



(Ä) mi X, {&, - + My' - 1^, -1^8 hl 
§ 38. Ein ZahlenbeispieL 

Die Aufgaben, welche die Dampfkältemaschinen in der 
Praxis zu lösen haben, sind Abkühlungen unter 0^ Celsius, 
etwa zäun Zwedc der Eisbereitaiiff. SelbatverBtändlich 
müssen die arbeitenden Substanzen bis zu den erstrebten 
niedrigen Temperaturen flÜ88% bleiben; man benutzt in 
erster Linie Ammoniak und Kohlensaure. 

Wir wollen für den ersteren Körper ein Beispiel geben. 
Dazu stellen wir in der früheren Weise die zu benutzenden 
Formeln zuaammen. 

Der Dampfgehalt des in den Ovlinder eintretenden 
Gemisches aei gegeben; daraus folgt als nach der adiaba- 
tischen Kompression gültig 

(178) ^.^^.y^^^^y 

Für die speziüschen Volumina gilt wie früher 

(179) ?7d=0, i'c == + ^1 , ?7i = t''-f iC^Mg, Va = 0) 

wobei das zu (169) (jesagte in Betracht zu ziehen ist, und 
für die Aufwendungen von Arbeit und Wärme pro Massen- 
einheit folgt daraus 

Oide== —Pi(v'-hXitli), (Ode =^1^1, 

(180) ^Ä4.==|)^(t/ + a;^Mg), (Oha^—X^^, 

^ad^— V'(Pi ~ />i j , OJaa - — y'{&2 - ^l) ; 

(0, = — CDfta, 0)i = COic-\-a)ad9 fi = (OiH<x). 

WShlen wir als Grenztemperaturen ^3^ = 263^ ^(=293, 
so gdien für Ammoniak die folgenden Zahlen, hA denen 



§ 38. Ein ZalilenbeispieL 



121 



wieder [ die Verdampfungs wärme in kalorischen Einlieiten 
bezeicimet und u wie in pro kg ausgedrückt sind: 

jpi»2,83AttD.. {i»«32i; t^»0y428, 
j>j = 8,51 Atm., i;=-300, % = 0,152. 

Um die Gleichung der Adiabaten in der einfachen 
Form (178) anwenden 2U können ^ muß für die spezifische 
Wärme y* des flüssigeD Ammoniak ein konstanter Mittelwert 
eingeführt werden. Zwischen —10^ und + ^^0^ Celsius 
kann man & ^^/jj etwa =1,05 setzen, was allerdings nur 
für Abschatzungen zulässig ist Unbedenklicher ist^ das 
spezifische Volumen if des flüssigen Ammoniak, das neben 
dem des Dampfes wenig zur Geltung kommt, konstant gleich 
0,0016 zu setzen. 

Ammoniak verhält sich nahe der rechten Grenzkurve 
des Gebietes (f-\-d) dem Wasser analog, die Adiabate fällt 
nach reclitH ^teih.T als die Grenzkurve, bei adinbatischer 
Dilatation tritt Kondensation ein. Um also bei der adia- 
batischcn Kompression innerhalb des Gebietes des gesättigten 
Dampfes zu bleiben, darf aus dem Verdampfer C nicht 
reiner Dampf in den Cylinder eintreten. Tatsiiehlich ge- 
schieht dies auch kaum; wir nehmen den damplförmigen 
Brucliteil des Gemisches wieder = 0,90 an, es ergibt sich 
dann aus (178) ^ = 0,96. Femer folgt aus (179) 

dif Volumina sind der groüen Dichte der Dürapie entsprechend 
relativ klein. 

Die der Masseneinheit arbeitender Substanz zugeführten 
Betrüge von Arbeit und Wärme sind hier in kgm 

«de =-11,5.10«, ö)rfe-H- 123,5.10*, 
+ 13,0.10», coj. = - 123,0.103, 

Äarf=» — 0,1.10«, CÖorf™-^ 13,6.10«; 

woraus sich für den ganzen Umsatz und für den Wirkungs- 
koeffizienten /i findet 

(öt) =- (co) 13.10« , // = 8,55. 



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122 I* Xapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

Im kalorischen Maß ist 

würde durch den Verdampfer die WSrme mi einem Quan- 
tum auf 0^ Celeius gekühlten Wassers entnommen, so würde 
bei einer Umlaufung des Kreisprozesses pro 1 kg Ammoniak 
3,2 kg Eis gewonnen werden. Hieraus folgt pro Stunde und 
Pferdekraft ein Ertrag von rund 66 kg, der den durch eine 
Gaskaltemaschine nach 8. 178 Bd. I folgenden von ca. 9 kg 
enonn übertrifi^ 

§ 39. Einige ergänzende Bemerkungen. 

Bezüglich der für die BampfkiÜtemaschinen in Betracht 
kommenden technischen £inzelf ragen müssen wir uns wiederum 
auf kurze Andeutimgen beschränken. Einige Punkte^ wie 
die Wirkung der Reibuno in den Yerbindungskanalen und 
der Wärmeaustausch mit den Oylinderwandungen, sind be- 
reits in § 36 so erörtert, daß nur auf jene Darstellungen 
zurückzuverweisen ist Von neuen Fragen seien die folgen- 
den beiden erwähnt. 

Die in A kondensierte Flüssigkeit steht unter einem 
höheren Drucke, als in C herrscht; ihre Zurückbeförderung 
erfordert also keine Arbeit, sondern vollzieht ^ich umgekehrt 
mit einem Gewinn an solcher. Man sieht demgemäß viel- 
fach von der Aubritigung der Speisepumpe D ab und läßt 
die Flüssigkeit direkt an?^ yi nach C zurückströmen, indem 
man durch ein Regulierv( ntil die Geschwindigkeit angemessen 
herabdrückt. Hiermit wird wiederum ein irreversibler Zweig 
in den Kreisprozeß eingefügt, dessen Theorie sich nach den 
hierfür auf S. 54 wiederholten Grundsätzen leicht erledigen 
läßt, wenn man annimmt, daß das Uberströmen kontinuier- 
lich stattfindet und ein merklicher Wärmeaustausch mit der 
Uliige bung nicht stattfindet Der Vuigaug verläuft dann 
ganz analog dem von Joule und W. Thomson theoretisch 
und experimentell verfolgten Ausfluß eines Gases gegen 
Unterdrück; nur handelt es sich hier tun dne tropfbare 
Flfissigkeit von großer Kompressibilität. 

Überlegungen von Bd. 1, 8. 2S0 eieeben für den 
Übeieang der Masseneinheit von dem Druä pj^ za dem 
Druck pi die .Formel 



Digiti^cü b 



I 89. Einig» erginsende BemArkungen. 



123 




oder bei kleineii Temperatur- und DrackdiffereiuEen und 
Ap aach 



Hierin ist, da es sich um eine irreversible Expansion han- 
dclt, Ap notwendig n^tiv; ()vjvdd' hat die Bedeutung des 
Koeffizienten der thermischen Dilatation bei konstantem 
Druck, der Bd. I, § 96 mit » bezeichnet ist, die Klammer 
ist somit gleich «(1— ä i?). 

Bei den sehr niedrig siedenden Flüssigkeiten, die in 
den Dampfkältemaschinen benutzt werden, kommt der (für 
den Betrieb vorteilhafteste) Fall vor, daß bei den berührten 
Temperaturen (xÖ-yi ist, also die irreversible Expansion 
(wie nach Brl. I, § 101 bei den Gasen) eine Abkühlung 
bewirkt; hier \\ird ein Teil der Iherniischen Leistung, die 
auf [tid] auszuführen ist, bei dem freien Uberströmen selbst- 
tätig geleistet; an Stelle des Gewinnes an Arbeit, der oben 
mit bezeichnet ist, tritt ein Kältefirewinn. Auch wenn 
dieser Gewinn den Verlust nicht völlig kompensierte und 
ßo^r, wenn die irreversible Dilatation von einer kleinen 
Erwärmung begleitet wäre, würde die beschriebene Anord- 
nung wegen der beträchtlichen Vereinfachung der Maschine 
praktische Vorteile bieten. 

Im vorstehenden ist angenommen worden, daß die Ver- 
dampfung wie die Kondensation bei konstanten Drucken 
und Temperaturen vor sich ginge. Diese Voraussetzungen 
sind bei den Dampfiirbeitsmascfainen durch die immerhin 
großen Dimensionen von Kessel und Kondensator, welche 
rasche Schwankuneen verhindern, vielleicht leidlich erfüllt. 
Bei den Dampfkutemaschinen werden beide Tefle in der 
Regel in Form von Schlangenrdhren gebaut» die von anderen, 
die Heiz- und Kuhlfiussigkeit führende Böhten umgeben 
sind. Hier kann wahrend des Spieles der Maschine Druck 
und Temperatur merklich variieren und dadurch die Giftig- 
keit der obigen Formeln beeinträchtigt werden.^) 

Lorenz. Zeitsohr. des Ver. deutsch. Ingenieure^ Bd. 38. 

b. 62, 9ö, 124, 1Ö94. 




124 I* KapiteL Eine Komponente in mohreron Miasen. 

§ 40. Die Expiosionsmaseliinen. 

Wir wollen noch einmal auf den Staiid[)uiikt von § 32 
zuröckgehen, wo der ganze Prozeß der Dampüirbeitsmaschine 
in demselben Raum verlaufend gedacht war. Es sei an- 
fangs bei einem Druck ein Gemisch von Dampf und 
Flüssigkeit in dem Cyünder vorhanden, und es werde jelzL 
bei ungeändertem Voliunen die Temperatur so gesteigert, 
6sS das ganze System in Dampf von dem Druck pi, ver- 
wandelt wd; darauf werde das System adiabatisch e^>an- 
diert bis zu einem Drucke Pc, der der Anfangstemperatur 
entspricht; und scfaHeßlich isotherm auf das Anfangsvolumen 
und somit auf den Ao&ngBZUStand zurückgeführt (Fig. 20). 

Dieser Kreisprozeß ist kein Car not scher — an Stelle 
der Adiabate {da) und Isotherme (ah) in Fig. 17 ist jetzt die 
Yolumenkurve (ah) getreten; er bietet auch wegen des 
minder günstigen Wirkungsgrades nicht den Yorteü des in 
§ 34 auseinandergesetzten, an den Garn ot sehen angelehnten 
Prozesses, aber er besitzt ein besonderes Interesse, weil er 
die Bracke bildet von dem Kreisprozeß der Dampfarbeit»* 
maschinen zu dem der Explosionsmaschinen. 

Bei diesen lezteren befindet sich bei dem Anfangsdruck 
und -Volumen, wie sie dem Punkt (a) entsprechen, in dem 
Cylinder ein brennbares Gemisch, etwa von Leuchtgas und 
Luft; eine Zündung; bewirkt dessen Kxplosion, die so schnell 
verläuft, daß wührend derselben selbst bei laufender Ma- 
schine das Volumen in Annäherung als konstant gelten 
kann. Durch die Explosion steigt mit der Temperatur 
der Druck, es wird der Punkt [h) der Figur erreicht. Nun 
beginnt die adiabatische Dilatiition, die der Kegel nach bis 
auf den Druck einer Atmosphäre fortgeführt wird; der End- 
zustand entspricht dem Punkt (c). 

Jetzt lälit sich aber nicht durch eine isothenne Kom- 
pression der Ardangszustand wieder erreichen, das Ver- 
brennungsprodukt verhält sich einem idealen Gas analog, 
und eine isothermische Kompression vergrößert nur den 
Druok^ <^ne den Verbrennungsprozeß rückgängig zu machen, 
der irreversibel ist. 

Man beseitigt demgemäß den weiter nicht mehr zu be- 
nutzenden Inhalt des Cylinders, indem man die Verbindung 
mit dem Außenraum herstellt und den Stempel dsm kon- 



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% 40. Die fizplodoiismaschinen. 



125 



planten Atmosphärendnick entgegen bis zum Boden vor- 
schiebt, wodurcli der Punkt (<i) erreicht ist. Zieht man 
darauf den Stempel zurück, indem man von dem brennbaren 
Gemisch, das Atmosphärendruck haben mag, ansaugt, so 
stellt sich bei abermaliger En-eichnntr do^ Punktes (a) der 
Anfangszustand wieder her. Die Analogie zu dem im Ein- 
gang hrs:prochenen Prozeß einer Dampfarbeitsmascbine ist 
fast vollkommen. 

In der Praxis hat man eine kleine Abweichung vor- 
teilhaft gefunden. Man nimmt die Verbrennung bei einem 
über Atmosphärendruck erhöhten Anfangsdruck vor, so daß 
also der Punkt (a) in der Fig. 21 höher liegt als (c). Dem- 





Fig. 20. 



T 



Flg. 21. 



entsprechend zieht man nach AuBBtoßeo des YerbrennungB- 
Produktes, das man nur bis zur Erreichung des Anfangs- 
volumens fortsetzt, den Stempel bis in die (c) entsprechende 
Position {e) zurück, wodm'ch der ganze Cylinder mit dem 
brennbaren Gemiseh und einem Ivest der Verbrennuncs- 
produkte gefüllt wird, und komprimiert dieses Gemiscli vor 
der Entzündun^r adiabatisch bis auf das dem Punkt (a) entr 
sprechende Volumen. 

Dieser Kreisprozeß stellt sich in der f ^j-Ebene durch 
das Kurvenfünfeek ffhcdea dar, bei dem die Seite cd merk- 
li< Ii mit de zusaniiium fällt. Eine Umlanfung verlangt einen 
zweimaligen Hin- und lleigang des Kolbens; man sagt, 
die Mn^rhine wirke im Viertakt. 

Die für die gewonnene Arbeit niiiijgebende umlautVne 
Fläche wird offenbar nur dann groß werden, wenn die 



126 I* KapiteL Eine Komponente in melneren Phasen. 

beiden Adiabaten (be) and (ae) erheblich voneuiaiider ab* 
weichen. 

Wäre sowohl das brennbare Gemiscli als das Verbren- 
nuD^sprodiikt ein ideales Gas, und wäre demnach für beide 
die Gleichung T^j^^Konst. gültig, wobei x = }'^/;', ist, und 
die Konstante für beide Substanzen gleich dem Produkt V^Pc 
sein müßte, so würde ein Arbeitsgewinn, der, wie die An- 
Behauung zeigt, ein stärkeres Fallen der Adiabate (bc) 
erfordert, ein gröüeres x für das YerbrennnDgsprodukt, als 
für das Gemisch verlangen. Aber wegen der wenig weiten 
Grenzen, innerhalb deren die Größe x bei Grasen faktisch 
variiert, wiude liier immer nur ein sehr schmales Gebiet 
von den beiden Adiabaten eingeschlossen werden. 

Die Verhaltnisse worden günstiger, wenn das Verbren- 
nungsprodukt ganz oder zum Teil durch einen gesättigten 
Dampf gebildet wird, der sich bei der adiabatischen Dila- 
tation zmn Teil kondensiert. Die Kondensation veranlaßt 
nSmlich^ wie die bloße Anschauung lehrt, f&r den Dampf 
gegenüber dem kondensationslosen Gas mit gleichem h em 
eiheblich stdleres Abfallen der Adiabate; denn die konden- 
sierte Flüssigkeit nimmt» vei]^chen mit der deichen Masse 
Dampf^ nur verschwindenden Baum ein^ and die Konden- 
sation bei abnehmendem Druck wirkt g^mz so, wie eine 
gleichzeitige Massenverminderung. 

Eine mit Knallgas (2H-i-0) betriebene Expl osions- 
maschine, bei der das Verbrennungsprodukt reiner Wasser- 
dampf w&re, würde den Typus, wo die Adiabate (ca) einem 
Gas, die Adiabate [bc) einem Dampf entspricht, völlig rein 
wiedergeben ; bei der gebrauchlichen Gras-E^plosionsmaschine 
sind dem Wasserdampf verschiedene Gase, insbesondere 
CO, und CO beigemengt. 

Da die Arbeitsaufwendungen längs einer Adiabaten so- 
wohl für ein Gas, wie für einen f2:esättigten Dampf frnlier 
bestimmt pind, so bietet die Beroelinnnii; des Arbeitsgewiones 
keine Schwierigkeit; sie mag hier indessen unterbleiben. 



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VI. Abschnitt 

Einwirkung 
Yon kapillaren nnd elektrisehen Kräften 
auf das Gleichgewiclit zwischen Dampf 

und Flüssigkeit. 



§ 41. Die allgemeine Bedingung des Gleiehgewiclites 
bei Beräeksiciitiguug kapUlarer Kräfte. 

Bis hierher ist von körperlichen Kräften, die auf die 
betrachteten Sjrsteme wken konnten, vollständig abgesehen 
worden. In der Tat, die nächstliegenden, nimlkfa femwir- 
kungen swischen den Massen eines Systems» würden die Sab- 
stanz durch innere Spannungen inhomogen machen und da- 
durch Verhältnisse schaffen, die von den hier betrachteten 
durchaus abweichen; die thermodynamischen Gleichgewichts- 
bedingungen könnten dann nur auf die einander unmittelbar 
bcnadhbarten Yoiumenelemente zweier koexistierenden 
Phasen angewandt werden. 

Anders liegt die Sache bei solchen Kräften, die^ auf eine 
Flüssigkeit wirkend, sich auf einen Oberflächendruck redu* 
zieren und demgemäß deren Dichte konstant lassen. Hier ge- 
statten die in § 2 entwickelten allgemeinen Formeln die 
direkte Anwendung nuf das gesamte System. 

Zu diesen Kräften gobören in erster Linie die Moleknlar- 
krafte, die sich in einer scheinbaren Oberflächenspannung 
äußern und die so*r<'iiaiiiit<'M Kajullarphrmomene veranlassen. 

Um die allgemeine theniiudynaniisciie Gieichgewichtö- 
bedingung für sie zu erweitern, haben wir in Betracht zu 
ziehen, wie nach § 2 dieselbe aus der Formel 



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128 I* Kapitel. Eine Komponente in mehreren Plmaen. 

(181) öE—dAr-dÜ^O 

gewonnen wurde, indem man sunachst die Arbeiten allein durch 
alleeitig gleichen Dniek geleistet^ die Wannezufbhien umkehr- 
bar stattfindend annahm, demgemäß dÄ^—pÖVt dÜ^^öH 
setzte, und darauf die Beschrfinkung auf Änderungen bei 
konstanter Tempcmtur und konstantem Druck einführte. So 
nahm bebpielsweise die obige Formel die Gestalt an 

Bei Berücksichtigung der Oberflächenspannung zwischen 
zwei Phasen ist dann Arbeit nicht alleij^zu Volumenänderungen 
erforderlich; auch eine Veränderung der Größe der Tren- 
nungsflache, die bei konstantem Volumen ausführbar ist, ver- 
langt einen Arbeitsaufwand. £in Beispiel liefert eine Flüssig- 
keitsmembran, die innerhalb ihres Dampfes in einem redit- 
eckigen Bahmen ausgespannt ^ ist; läßt sich hier die eine 
Seite des Rahmens bewegen, so kann man die freie Ober- 
fläche der Membran willkürlich vergrößern, ohne irgend ein 
Volumen zu verändern. Die Beoharhtnnir gestattet die An- 
nahme, daß die Arbeit, welche zur jhuthennischen Vergröße- 
rung d 0 der Treimungsfläche 0 zwisciien zwei Flüssigkeiten 
(von denen die eine dnnipfförraig sein kann) erforderlich ist, 
durch SdO dargLriLeiit wird, wobei S, die Oberflächen- 
spannung, eine der Kombination der beiden Flüssigkeiten 
individuelle Funktion der Temperatur allein ist, aber von 
der Gestalt der Oberfläche nicht abhaiiprt. 

Was den allgemeinen Ausdruck für die von auUen zu- 
geiiilirte Arbeit angeht, so wirken einer Verschiebung der 
Öberflächenteile, die unter den Molekiüanvirkungen und den 
Drucken im Gleichgewicht sind, keine Kräfte entgegen. Wohl 
aber sind nach dem oben Gesagten dergleichen zu fiberwinden, 
wenn es sieh van Yerrückungen der Randlinien der Grenz- 
fläche handelt; denn die (indifferenten) festen Körper, an 
welchen dieselben liegen, werden nur durch aufiere Kräfte 
festgehalten. Setzt man die Arbeit, die zur Versckiebung 
der Bandlinien erforderlich ist, gleich IKÖk, wobei die K 
die auf die verschiedenen begrenzenden Körper auBgefibten 
Kräfte, ^2; die nach ihrer Richtung genommenen Yerschiebungs- 
koinponenten bezeichnen, so wird aus (181) zunächst 

SE^pöV-l Kö k - {^öll^ 0 



Digiti^cü b 



% 42. BeUingungen des mechamschen Gleichgewichtes. 129 
oder 

(182) d(E+pV~üH):== V6p~H6^-\rlKök, 

Die Beschränkung auf Variationen mit verschwindendeii 
dpy di^, dk liefert hier die alte BediogtiDg 

(183) V» (E+i? F- #JBO - {Z)^0; 

nur hat das Potential hier eine erweiterte Bedeutung und 
ist deshalb mit {Z) bezeichnet. 

Um für (Z) einen Ansatz machen zu können ist noch 
die Annahme nötig, daß die MolekularkrSfte^ welche die 
Oberflächenspannung bewirken, die Materie nur in unmittel- 
barer Nähe der Oberfläche inhomogen machen, so daß hier- 
von nur ein verschwindender Brac£teil der ül^se betroffen 
wird. Man kann dann setzen 

(184) {Z) '=m'i:' + m"C" + 

] I wobei C' und C" FuDktioüen allein des inneren ZusUmdes 
ä j von Flüssigkeit und Dampf, d. h. von p und ^ sind, für die 
wir die «allgemeinen Ansätze (74) und (79) benutzen können. 
In dem für d. h. für die Flüssigkeit gültigen, bezeichnet 
dabei ersichtlich p den äußeren, also hier den Dampfdruck, 
wenn auch infolge der Kapillarwirkung der innere Druck 
hiervon verschieden ist. 

Nach (184) wird in der Tat dp^(Z), das gemäß (182) 
IKdhf also die Arbeit der FlächenvergröBerung liefern boU, 
zu 860 f in Übereinstimmung mit dem oben wsagtea 

§ 42. Bedingungen des mechanischen Gleichgewichtes. 

Die Formel dpffk(Z)^0 bestimmt das Gleichgewicht 
des Systems in jeder Hinsicht, somit also auch das mecha* 
nische Gleichgewicht Um die Bedingung für letzteres zu 

entwickeln, hat man eben nur rein mechanisch zu variieren, 
d. h. ohne sonstipr^' Vorfindenmgen nur die Teile der flüssigen 
resp. der dampfförmigen Fhase zu verschieben, so daß die 
Grenzfläche deformiert wir<l. Hierbei ändern sich die zwei 
ersten Terme von (Z) überhaupt nicht; im letzten variiert 
nur 0, während das Volumen V der Flüssigkeit konstant 
bleibt. Die Bediugunef des Gleichgewielites ist somit, falls A' 
einen zunächst unberitimmten Faktor bezeichnet, 

Voigt, Thiermodyiianiik. II. 9 



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130 I. Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

NuD ist nach bekannten SSteen der Geometrie 

wobei die Int^rale über aUe Elemente der Grenzfläche er- 
streckt 8uid> dv eine normale Yeracbiebang von dO nach 
außen und JRi^ 22^ die Haupikrummungaradien der Ober- 
flfiohe indO, nach innen gerechnet, bezeiäinen. Da dv will- 
kflbrlich ist, so reaultiert aus (185) 

■ 

(187) S + ^) + ^' ^ 'SP^ ^' « 0 , 

wobei P die mittlere Krümmung der Ob^rflSdie an dar 
betrachteten Stelle beseichnet Zum mechanischen Gleich- 
gewidit einer keiner äufieren Kraft unterworfenen Flüssig- 
keit ist also erforderlich, daß dieselbe durch eine Oberfläche 

konstanter Krümmung gegen ihren Dampf 
abgegrenzt ist 

i ^ einfachste Fall ist der, daß sie 

KJg f^ 9m I eine Kugel bildet; aber dabei ist die 
11 ) Kriimmung bereits durch die Masse 

*V?H^^^^^^ festgelegt. Allgemeiner ist der andere, 

daß die Flüssigkeit zwischen zwei ko- 
axiale Ringo , ^ gefaßt ist; hier kann 
man durch Nähern und Entfernen der 
^»s- 22. JEünge die mittlere Krümmung bei ge- 

♦j^eboner Masse doch verändern (Fig. 22). 
WoLTii einer weiter unten zu machenden Anwendung 
wollen wir noch den Fall betrachten, daß das iSysteni aus 
Flüssigkeit und Dampf der Schwere unterworfen ist. Hier 
tritt zu dem Ausdruck für die Energie und somit auch zu 
dem für {Z) noch das Potential der Schwere hinzu; dasselbe 
wird nach dei allgemeinen Definiiioii des Potentiales in 
Bd. I, § 28 durch 

(188) if/dm' + 

gegeben, wobei die Koordinaten z' und z" der Massenelcmente 
dm' und dm" von einer beliebigen Ebene nach oben positiv 
zu rechnen sind. 



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§ 43. Bedmgtmg d«6 thennodynaiiiiaeheii Gleichgewichts. 131 



Die Variation, ^v^'lch(' < inc Verscliicbung jedes Ele- 
mentes (10 der Grenztiai hl um öv nach außen bewirkt^ 
läiiit ersichtlich ^ um die Gröüe 

zunehmen, wobei o' und q" die Dichten von Flüssigkeit und 
Dampf sind; und ^ die Koordinate des Elementes dO be- 
zeichnet 

Die Hinzufugung dieses Gliedes zu [Z) liefert die Be- 
dingung des mechanischen Gleichgemchts iu der Form 

(189) 98 ig' - Q") + ÄP-h A'- 0 , 

welche zeigt, daB jetst die mittlere Ejrfimmung P der Grenz- 
fläche ia höheren Panj^ten kleiner sein mufi» als in tieferen. 

Bedtst die Grenzfläche einen ebenen Teil, in dem also 
P— 0 Ist, 80 gilt £nr dessen KcxMrdinaten Iq die Gleichung 

der ebene Teil muß also horizontal liegen. Zieht man die 
letzte Gleichung von der vorletzten' ab und rechnet 0 von 
dem Niveau des ebenen Teiles ans, so resultiert schließlich 
die Beziehung 

(190) 9^(Q'~Q")-hSP^0. ^ 

§ 43. Bediugimg des thermodynamischeu Gleichgewiclits. 

üm nun die Bedingung des thermodynamischen 
Gleichgewichts zu erhalten, beschranken w uns anf den 
einfachsten FkU, daß die Wirkung der Bdiwere yemaoh- 
lassigt und somit die mittlere Krümmung P als auf der 

ganzen Grenzfläche 0 konstant betrachtet werden kann. 
Wir haben dann nUch (183) (Z) bei konstantem h 
und somit bei konstantem 8^ d. h. nur wegen m' und m" zu 
variieren, wobei gilt 

und nach (186) auch 

Die Bedingung dp^u {Z) = 0 nimmt hiemach die Form an 

(191) Q'iC-n + SP'^O; 

9* 



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132 I* Kapitel. £ine Komponente in mehreren Phaseo. 



die Berücksichtigung der Molekularwirkuog verandeit also 
die GleichgewichtsbedinguDg auch formal. 

Setzen wir hier die angenäherten Aufidnicke (74) und (79) 
für {' und C" so eigibt sich, da q'v'=^1 ist, 

(192) {B-\-pv') ~ [T+ &B]n(p)] + v'SP= 0 . 

Wenden wir diese Formel auf den Fall verschwinden- 
der mittlerer Krümmung (P»0)^ aber gleicher Temperatur ^ 
an, BO liefert sie 

(193) (e-\-pov'o) [T-^-l}Bln{p,)] = 0. 

Vernachlässigen wir die Kompressibilität der Flüssi^eity 
setzen also v^ — ifo, so ergibt die Subtraktion 

(194) (p_^>o) '0 - 0B\nia^lp^ + 4SF=0, 

oder bei Annahme eines kleinen Wertes der Differenz 
Pa ~P bei Berücksichtigung der Beziehung jpot^'» 
auch 

(195) 7i(vi;-^v^ + riSP^0. 

Diese Formel hat W. ThomsonM durch eine überaus 

einfache TTberlcgimg" ganz direkt erschlo<^sen. Er betrachtet 
eine Hchwcre Flüssigkeit, in deren liinlängHeh anygedehnt(», 
also teilweise ebene Oberfläche ein Ka])illarrohr einL^csenkt 
ist, während das Ganze sich in einem mit dem l)ani|)ie der 
Flüssigkeit «j-efullten Räume befindet. Es ist dann wegen 
der wirkenden vSchwere der Druck Pq des Dampfes auf die 
als eben zu betrachtende äußere Fläche und derjenige p auf 
den als Kugel zu betrachtenden Meniskus im Innern des 
Rohres verschieden. Dagegen darf in Annäherung der 
Druck auf' die verschiedenen Flächenelemente des M« niftkiis 
als gleich betrachtet, die Wirkung der Schwere innerhalb 
des Meniskus vernachlässigt und dieser als kugelförmig an- 
gesehen werden. 

Nun verlangt das W. Thomson sehe Prinzip lld. I, 
S. 202, daß durch einen isothermischen Kreisprozeß keine 
Arbeit gewonnen werden kann. Hieraus ergibt sich, daß 
gleichseitig der Dampf unter dem Druck mit der Fltlssig- 



W. Thomson, Prog. Soc. Edinb. T. 7, p. 63, 1870. 



§ 43. Bedingung des thermodynamischen Gleichgewichts. 133 

keitsoberflache von der mittleTeii Erfimmung Pq^O und 
deijemge unter dem Druck p mit der Fläche von der 
Krümmung P im Glei« ligowicht sein muß. Denn im ande- 
ren Falle vtkrde die Verdampfung an der einen ^ die Kon- 
densation an der anderen Flache einen Transport schwerer 
Masse repräsentieren, der (etwa mit Hilfo einer kleinen 
im Rohr angebrachten Turbine) Arbeit zu leisten gestattete. 

Für den betrachteten Fall gilt aber nach (190) die 
Beziehung 

9iW-Q")+SP-0, 

wobei z mit der Steighöhe in dem Kapillarrohr, i' lait der 
mittleren Krüxumung des Meniskus zu identifizieren ist. 

Die DiflFerenz der J>rucke pQ—p = n in dem schweren 
Dampf ist gleich gzQ"\ wir haben also 

was wegen ro --- 1 mit (195) identisch ist. Dabei ist zu 
beachten, daß in dem Ausdruck l/T^^ -|- l/itj für die mittlere 
Krümmung P die Krümmungsradien nach innen positiv 
gerechnet sind. Es folgt also z. B., daü an einer Flüssig- 
keitskugel von größerem Kadius der SattigungsdruclL kleiner 
iat^ als an einer solchen von kleinerem. 

Hieraus ergibt sich weiter, daß, wenn innerhalb derselben 

Dampfatmosphäre (entweder bei Ausschluß der Schwere, 
oder, wenn bei ßerücksichtiguTig derselben, dann in gleicher 
Höhe) zwei (angenähert ) kiiirelförmige Fliissigkeitstropfen von 
verschiedener Große vorlianden sind, für das so gebildete 
System kein Uieichgewicht existiert 

Bei einem Dampfdruck, der an der Oberfläche der 
<itr>ßereD Kugel Gleichgewicht liefern würde, verdampft die 
Flüssigkeit an der OberHäche der kleineren Kutr*'!; bei einem 
solchen, der dem Gleichgewicht an der kleineren Kugei ent- 
spricht, kondensiert sich Flüssigkeit au der größeren. Die 
kleine Kugel wird daher ni Wiiklichkeit dauernd Masse 
abgeben und die gröliere dergleichen aufnehmen. Es ist 
sehr wahrscheinlich, daß dieser Prozeß sich andauernd, wenn 
auch langsam, in den Wolken abspielt. 



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134 L KapiteL Eine Komponente in melireren Phasen. 

§ 44. Weitere thermische Beziehungen. 

Die Obei-fliichenspannuap^ S ist nach der Beobachtung 
eine Funktion der Temperatur. Die Anwendung der all- 
gemeiücn Jb'orniel (11') S. f», auf den Ausdrnek (1^4) bei 
Vernachlässigung der Veränderlichkeit von 0 lu tert sonach 
für die Entropie M des Systems aus Dampf und Flüssigkeit 

Der Zuwachs dH dieser Funktion bei einer isothermen Ver- 
änderung, mit 1^ multipliziert, bestimmt den bei jener Ver- 
änderung nötigen Wärmeauf wand äiJ. Leitet man den Vor- 
gang so, daß außer ^ auch m', m" und p konstant sind, 
daß also nur die Größe der Begrenzungsfläcbe 0 (bei kon- 
stanter mittlerer Krüminung) vaniert, so wird spedell 

(197) äQ 

"Eiik ein&ehstes Beispiel bietet eine ebene Flüssigkeitsmem- 
bran^ die in einem Kalunen von (etwa durch Ausziehen) 
veränderlicher Chrdße ausgespannt ist. 

Die Formel zeigt, daß die Vergrößerung der Fläche 
erwärmend oder abkühlend wirkt, je nachdem SS/B^ positiv 
oder negativ ist. — 

Um die spezifische Verdampfungswarme l für eine der 
Schwere ents<^ne Flüssigkeit bei Berücksichtigung der 
Kapillarität zu untersuchen, ist es erforderlich, die Aus- 
drücke (74) und (79) für t' und C" einzusetzen; für eine 
isotherme Andemng dm', dm" = — dm', dO= Pdm'/g' erhält 
man dann aus« (196) für den Wärmeaufwand äQ den Wert 

woraus für — äüidtn' folgt 

Ist für die Grenzfläche P=0, so gilt 
(199) ^ = d(^^^ + p,|^-i^lu(j>„)). 



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% 45. Wiiknng einer deUarisohen Ladung der FlOan^ceit. 135 

In der DifPeronz der beiden Gleichungen kann (;?,, p)S'i/jd d' 
als zweiter Ordnung vcniachlässigt -werden; fiir üBlnipf^jp) 
kann v"7[ und hicrfi'u' nach (195) wegen des L!:ei:;en ?/' kleinen t/ 
auch — v't^F gesetzt werden. Demnach findet sich schlieÜlioh 

(200) i-^ = ,/p(*||-s) = «'P*»^'. 

Die spezifische Verdampfungswärme wird also bei ( inein 
kugelfonnigen Tropfen (P> 0) durch die Oberfliichenspan- 
nung vergrößert oder verkleinert, je nachdem d{SjO)jd'&:^0 isL 

§ 45. Wirkung einer elektrüsehen Ladung der 
FlflsBigkeit auf das Gleiehgewieht. 

Diireluins p;vrallel zu der ^yi^kung der Kapiilarkräfte 
läßt sich tjif'jt niL'-e einer Elektrisierung der Flflssigkeitsober- 
fläche behandeln. Wir benutzen dabei bekannte Sätze aus der 
Elektrizitätslehre, von denen übrigens einige im JH. Teil 
noch näher besprochen werden sollen. 

Um Komplikationen zu vermeiden, beschranken wir 
uns dabei auf den Fall einer rings von ihrem Dampf um- 
gebenen Flüssigkeitskugei; für die die elektrische Energie 
den einfachen Wert ^E^/R besitzt, falls E die gesamte 
Ladung in sogenannten elektrostatischen Einheiten und R 
den Kog^lradioB bezdchnet. 

Wir werden hier analog zu (184) seteen 

(201) (Z) = m' C -f m" C + i E-'jB . 

Die Variation von m% m", R vollzieht sich gemäB den Be* 
ifieh^iTigfin 

(202) Sm'+^m"^ Oy AnQ'R^dR^dm' 
und liefert die Gleichgewichtsbedingung 

(203) 4 jr^'iJ* (C- n - i E^/R^ = 0 . 

Ffihrt man die IBchendiohte a der Ladung durch die Formel 

o = Ej4:7iR^ 

und den nach außen gerichteten Druck D, der auf der Re- 
pulsion «mischen den Ladm^selement«! beniht> durch 



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136 !• lübpiteL Eine Komponente in mehreren Phasen. 

ein, so gibt dies einfacher 

(204) C'-C'^v'D. 

Diese Gleiehung ist mit (191) durchaus konform; der ne- 
gative elektrische Druck steht an Stelle des KapiUar- 
draekes 8F,_ 

Nun benutzen wir wieder die Ausdrucke (74) und (79) 
für C und und erhalten 

(206) e-{-pi/-T—BMn(p)^ifD; 

bei verschwindender Ladung unter gleicher Temperatui* gilt 

Ö + JPo - ^ - -B^ M Po) " 0 , 

also bei i/^i/q und ^q— |) = 7r in frfiherer AnnSfaerung auch 

(206) 7z(v';-v') = v'D. 

Der Sattigungädi-uck an einer geladenen flüssagkeits» 
kugel ist sonadi kleiner, als an einer ungeladenen; sind 
in einer Dampfatmosphäre geladene und ungeladene vor- 
handen und darf von der S. 133 besprochenen Kapillar^ 
Wirkung abgesehen werden, so werden sich die geladenen 
Kugeln auf Kosten der ungcladcnon vergrößern. 

Auf das Gesetz der Yerdampfungswärme braucht hier 
nicht eing^angen za werdea 



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VII. Abschnitt 

Die Kontinmtät des dampfförmigen und 
des flüssigen Zustandes* 



§ 46. Beobachtangstatoaelieii. Der kritische Punkte 

Nach dorn S. 24 AuseLnau(ieiui >( t/trni liaben für die 
flösBure uiid dio daiii[)t"t"üiiiiigc Phase die bchuitte der Volumon- 
fläehe mit Ebeueu t^-Konst. und ^^-Konst. etwa die in Fig. 8 
lind 9 schematisch (hu-^es teilten Formen. 

Die Beobachtung bei verschiedenen Temperaturen und 
verschiedenen zugc^luirigen Drucken hatte nun gezeigt, daß der 
Yolumensprung in der Grenzkurve der beiden Phasen mit 
wachsender Temperatur immer kleiner und kleiner wird. 
Hieraus entspiang die wichtige Frage^ ob dieser Spi ung bei 
einer erreichbaren endlichen Temperatur vollkommen und 
dauernd verschmidet, ob also Dampf und Flüssigkeit ko- 
existierend gleiche Dichte erhalten können. 

Beobachtungen von Oagniard de la Tour^), bei denen 
Flfissigkeiteu in von Luft befreiten, geschlossenen Böhren 
auf hone Temperaturen eihitzt worden, bewiesen zuerst die 
Erreichbarkeit dieses Zustandes. War die Rohre zu einem 
nicht zu kleinen Teile mit Flfissigkeit gefiillt, so daß 
letztere bei der Temperaturstelgerung nicht vollständig ver- 
dampfte , so gelang es in mehreren Fällen, durch Frhitzen 
einen Zustand zu erreicln n, bei dem die Grenze zwischen 
Dampf und Flüssigkeit vollständig verschwand. Der Dampf 
hatte unter dem mit wachsender Temperatur wachsenden 

Cagniard de ia Tour, Ann. chim, 12, Bd. 21, S. 127, 
1822; Bd. 22, S. 140, 1828. 



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138 h K»piteL Eine Komponente in mehreren Phasen. 

I)ni(k eine solche Dichtigkeit angenommen, daß sein opti- 
sches Verhalten sich nicht mehr von demjenigen der Flüssig- 
keit unterschied. Bei höheren Temperaturen blieb dies Ver- 
hältnis bestehen. Die Temperatur, bei der dieser Zubtiiud 
eintrat, lag nach Cagniard de la Tour für Äther bei 200'^, 
für Alkohol bei 259^, für Schw(!fclkohlenstotf bei 27.)'^, für 
Wasser bei 362 ^ Celsius. Der gleichzeitig herrschende Dmck 
wurde nicht gemessen^ — er ergibt sich aus dem Gesetz 
der Grenskurve. 

Diese und ähnliche vereinzelte Beobachtungen gaben 
Andrews^) Veranlassung, für Kohlensäure dit gesamte Kon- 
figuration der Yolumenfläche genauer zu untersuchen. Er 
stellte seine Messungen in der Weise an^ daß er ein einseit^ 
gesdilossenes, wohl kalibriertes Rohr mit Kohlensäure füllte 
und die Stellung des die andere Seite abschließenden Quedc- 
silberfadens ablas, wenn bei konstant erhaltenen Temperaturen 
der (durch den Quecksilber&den vermittelte) äuBere Druck 
variiert wurde. Die Beobachtungen lieferten somit zunächst 
den Verlauf einer Beihe von Isothermen^ von denen Fig. 23 
eine Kopie mit beigeschriebenen Temperaturen in Celsius- 
graden gibt; der Druck ist in Atmosphären ausgedrückt^ die 
Volumeneinheit ist irrelevant. Die punktierten Kurven 
stellen den Verlauf der Isothermen für ein mit Luft gefuUtes 
Rohr dar, das, mit dem beobachteten gleichzeitig den vari- 
ierenden Drucken ausgesetzt, zu deren Bestimmung diente. 

Bei niedrigen Temperaturen ist der Verlauf' der beob- 
achteten Isotherm oTi ganz der in .§ 1 geschilderte. Vom 
Gaszustande (rechts) her be^nnend ist die Volumenabnabme 
zunächst von einer Druckzunahnie begleitet. Von einem 
bestimmten Volumen ab bleibt dann der Druck konstant 
(bei T=13,l® Celsius ist der bezügliche Druck etwji 49 atm., 
bei T — 21,5^ Celsius etwa 60atm.), die Tsotliennc verläuft 
horizoTital. Dies entspricht der alluiähli' lim Vertiüssiguug, 
nach deren Vollrnduner ('^cr kleineren Knmpressibilität der 
flüssigen Phase entsprechend) der Druck bei Volumenabnahme 
rapid zunimmt. 

Bei höheren Temperaturen fehlt den Kurven ein hori- 
zontales Stück, und ihr Verlauf zeigt keinerlei Unstetigkeit, 



^) Andrews, Flui. Trans. T. 159. S. 583, 1869: Fogg. Ann. 
Erg.-B<L 6, a 64, 1871. 



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§ 46. Beobachtungstatsaeben. Der kritisohe Punkt. 139 

die auf eine Änderung des Aggregatzustandes gedeutet 
werden keimte. 

Die Grenze zwisclien beiden Rurvengattungen bildet 
diejenige Isotheime, bei der das horizontale 8tü<ä auf ein 
Linienelement zosammengeschrampft ist, d. h., die einenWende* 
piinkt niit horizontaler Taugente besitzt Nach Andrews 
entspiicht dieselbe der Temperatur von 31,1^ Celsius. 




1^ 



Fig. 2& 



Man kann demgemäß das Besultat der Untersuchung 
dahin formulieren, daB Kohlensäure bei niedrigerer Tem- 
peratur als 31>1 ^ Celsius durch Kompression eine unstetige 
Zustandsänderung erleidet, bei höherer dagegen nicht Da 
die betreffende Unstetigkeit dem Übergang in den flüssigen 
Zustand entspricht, so sagt man auch wohl, dafi Bich Kohlen- 
säure von höherer Temperatur nicht verflüssigen läßt 
Doch ist ein solcher Ausspruch einigermaßen mißverständ- 



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140 !• Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

lieh, denn erst die Differenz der physikalischen Eigen- 
schaften, insbesondere der Dichte und des optischen Ver- 
haltens, gestattet die räumliche Sondorung und sinnliche Unter- 
scheidung von Fh1ssigk(^it und Dampf: hol einem Körper, 
der ein Gelaß homogen erfüllt, ist eine Entselipidnng, ob er 
flüssig oder dampfförmitr pei, unmöglich, und iium könnte 
daher in unserm Falle mit demselben Rechte, wie das Fehlen 
der Kondonsation, auch das Fehlen d^r Verdampfung be- 
haupten. Das Tatsächliche bleibt dalu r allein, daß bei Tem- 
peraturen r > :U,1 ^, 304,1 ^ die Unstetigkeit der Zustands- 
änderung verschwindet. 

Spätere Beobachtungen lassen den Schiuli zu, daß dies 
zuerst bei K i )lilensäure erkannte Verhalten allen Flüssig- 
keiten und allen Grasen eigen ist, und daß die verschiedenen 
sich nur durch die Höhe der Temperatur imterscheiden, die 
den Übergang von unstetigen zu stetigen Änderungen be- 
zeißhnet Eine Anzahl Grase wurden ehemals als perma- 
nent beseichnet, weil ihre Verflüssigung durcli Kompression 
nicht gelang. Man bat erkannt, daß dieselben keinerlei 
andere Ausnahmestellung einnehmen, als daß ihre maximale 
Verflfissigungstemperatur ungewöhnlich niedrig ist, und hat 
gezeigt, daß es nur nötig ist, diese Temperatur zu unter- 
schreiten, um die Verflüssigung durch Kompression zu be- 
wirken. 

Man kommt hierdurch zu der Auffassung, daß alle 
Flüssigkeiten und Gase, die sich durch Temperatursteigerung 
nicht zersetzen, eine Schar von Körpern von gleichartigen 
und nur quantitativ wechselnden Eigenschaften bilden. Ordnet 
man sie nach diesen Quantitäten, so stellen die ehedem 
als permanent bezeichneten Gase die eine Endgruppe dar, 
die (zahlreichen) Körper, bei denen das Verschwinden der 
F'^n Stetigkeit durch Steigerung der Temperatur sich noch 
nicht iiat erzielen lassen, die andere. 

Wegen der allgemeinen ßedentnng der durch Andrews 
klargelegton Gesetzmäßigkeitrn ^liiid auch die von ihm vor- 
geschlagenen speziellen Bezeichnungen zu allgemeiner An- 
nahme gelangt. 

Man nennt donigemäß die Temperatur, wclehe die Iso- 
therme mit horizontaler Wendetangentc definieil, die kri- 
tische Temperatur &^ des Körpers und überträgt dies 
Epitheton auf diejenigen Werte von p und v, welche den 



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§ 47. Form der Volumen- und PotentialÜüchen. 



141 



Ort des Wendepunktes mit horizontaler Tangente, des kri- 
tischen Punktes in der 7'jf)- Ebene, bestimmen. 

Der kritische Druck j?« ist derjenige Druck, oberhalb 
dessen eine geänderte Temperatur keine unstetige Zustandst 
änderung mehr bewirkt, und das kritische Volumen 
ist das kleinste Volumen ^ bei dem ein gasförmiger Körper 
unstetig in Flüssigkeit übergehen kann. 

Von den drei kritischen Parametern ist ?7« und 2'>y.> 
die bloße Anschauung; der Andrews sehen Kurven zeigt, 
relativ g(miui bestimmbar: weniger r^, da eine Kurve in der 
Umgebung v'mpH Wendepunktes auf eine ziemliche Strecke 
von einer Geraden mir wenig abweicht. Am besten bestimmt 
sich v^, wie es selieint, durch Interpolation aus den Knick- 
pnnkten der Lsotiiermen für < i?«, die nach S. 25 zuRammen 
die Grenzkurven des Verdampf migsgebietes bestinunen. Diese 
Grenzkurven lauten in dem kritischen Punkt zusammen, so 
daß das Gebiet (f d) doil endet; man kann die Grenzkurve 
dort in Annäherung als eine rarahci auifassen, deren Para- 
meter (und demgemäß auch die Koorduiaien ihres höchsten 
Punktes) sich aus der Lage jener Knickpunkte berechnen läßt. 

Um eine Vorstellung von den Zahlen zu ^ben^ um die 
es sidi hier handelt^ stellen nachstehend emige kritische 
Daten zusammen. Die Temperaturen Tm sind in Celsius- 
graden, die Drucke in Atmosphären, die Volumina v,, in 
cm^ pro g angegeben. 











Wasser 


360 


195 


2,3 


Alkohol 


240 


63 


3,5 


Äther 


195 


36 


4.5 


Schwefelige S&nre 


57 


80 


2 


Kohlensäure 


31 


75 


2,2 


Sauerstoff 


-118 


50 


1,6 


Stickstoff 


— UG 


34 


2,4 


Wasserstoff 


-220 


20 


12 



§ 47. Fom der Tolmnen- und PotentiaUtächen im Falle 
stetiger Übergänge Ton Dampf in Flfissigkeit. 

Erinnert man sich, dali die Isothermen sieh als Schnitt- 
kurven der Volumenfläche mit den Ebenen ?9-Konst dar- 
stellen, so erkennt man durch Betrachtung der Andrews- 



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142 !• Kapitel. Eine Komponente in mehreren Fhaaen. 

sehen Kurven, daß der cylindrische Teil der Volumenfläche 
mit wachsender Temperatur immer niedriger wird und bei 
der kritischen Tempenttnr verschwindet, sowie daß bei noch 
höhereu Temperaturen die Volumenflache jedes Knickes ent- 
behrt und stetig verläuft. Nun ist schon auf S. 24 hervor- 
gciiübcn \N (nden, daJ^ unterkühlte und überhitzte Zustände 
von Dampi und Flüssigkeit beobachtet werden, die bei Ab- 
wesenheit der anderen Phase stabil (also metastabil) sind, 
und die Zweigen der Isothermen entsprechen, welche sich 
stetig fiber den Verdampfung»« resp. Kondensationspiuikt 
eratreokea^ me die Eiguren 8 mid 9 dies in den pmustier- 
ten Kurvenstücken andeuteten. Dies legt die Vermutung 
nahe> daß diese stetigen Fortsetzungen der isothermen & 
in einem nahen Zusammenhange mit dem durchaus stetigen 
Verlauf der IsolJiermen ^>^m stehen^ n&nUdi die Anfihige 
eines zweiten stetigen Überganges aus der dampfförmigen 
in die flüssige Phi^e bilden mochten, bei dem die Sub- 
stanz sich nicht in zwei Phasen sondert, vielmehr h(»n€gen 
bleibend ihre Eigenschaften wechselt (Fig. 24.) 

Daß von einem solchen Ubergang nur die An&ngs- und 
Endstücke nahe 6 und e realisierbar sein können, läßt sich 
leicht zeigen. Wie man sich nSmlich auch das Verbindungs- 
stück (cd) denken möge, iederzeit muB weni^^stens auf 
einem Teil desselben Druck und Volnmon gleMizeitig zu- 
nehmen oder gleichzeitig abnehmen. FAn solcher Zusammen- 
hang macht aber ein stabiles Gleichgewicht ersichtlich un- 
möglich; bei einer kleinen 8cliwankung -wird die Veränderung 
von selbst in dem begonnenen Sinne weiter gehen, der Zu- 
stand int labil. 

Diese Verhältnisse lassen sich von einer anderen Seite 
beleuchten, indem man neben der Volumen- auch die Potential- 
fläche zur Beui-teilung der Verhältnisse heranzieht. Nach 
§ ü entsprechen die cyliadiischen Teile der Volumenflache 
den Schnittlinien der den koexistierenden Phasen augehörigen 
Potential flächen; dem in Fig. 24 dargestellten SchnitL der 
Volumenfläche mit der Ebene ß = Konst. ordnet sich wegen 
v^dCjdp der in Fig. 25 wiedergegebene Schnitt der Potential* 
flSehe, dem stetigen übei gang oben der durch eine Schlei ver- 
mittelte unten zu. Die Stucke (a'b') und (e'f) der Sdinitdcnrve 
steilen nach § 4 absolut stabile Zustande dar, {h'c') und 
(€^(P) metastabile; die auf (c'd') liegenden Zustande aber 



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§ 47. Form der Volumen- und I'otentialflächen, 143 

sind absolut labil. Der gesamte stetige Ubeigoiig aus 
einer Phase in die andere enthält also für Temperaturen 
unterhalb der kritischen eine Strecke, die von labile und 
somit nicht realisierbaren Zuständen gebildet wird. 

Was die Veränderung der Schnittkurve der Potential- 
fläche mit wechselndem i9 angeht, so ist ersichtiich, daß die 
Schleife sich bei wachsendem mehr und mehr verengen 
und für S ^- in eine Spitze zusammenziehen mtiß, die bei 
noch größerem ?^ in eine abgei'undete Aucbaueliunfj; übor- 
LTf hen wird. Bei abnehmendem 0 wird sicli die Schloiie er- 
weitem und kann sich sogar völlig öffnen. Letzteres er- 
scheint besonders dann wahrscheinlich, weim die Grenzkurve 
(wie das die Hegel ist) von einem reellen dreifachen Funkt 
ausgeht 




Fig. 91. 




Fig. 26. 



Nach dem Vorstehenden wird eine ergänzende Be- 
merkung zu den Figuren (6) und (7), welche den Verlauf 
der Grenzkorven {fd), (sf) und {d$) in der p^-£bene fttr 
normale und anormale Körper dustellen^ notig sein. Die 
Kurve (fd) endet im kritischen Punkte, den wir för jede 
Flüssigkeit als der Eegcl nach vorhanden annehmen können. 
Die Gebiete (f) und {d) sind somit also nicht völlig ge- 
trennt, sie hängen jenseits des kritischen Punktes zusammen^ 
und man kann daher, wenn man nur denselben bei der 
Zustandsanderung umgeht, von jedem fliissigen Zustand zu 
jedem dampfförmigen über lauter stabile, homogene Zustände 
gelangen. 

Auf die Frage, ob auch die Grenzkurven (sf) und (ds) 
je in einem kritischen Punkt endigen^ wird unten ein- 
gegangen werden. 



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144 !• KapileL Eine Komponente in mehreren Phasen. 

§ 48. Die Tan der WaaUfiMshe Gleiehnn^. 

Wenn oberhalb der kritischen Temperatur sicher nur ein 
stetiger Übergimg von der dampfförmigen zur flüssigen Phase 
existiert, mid unterhalb ein stetiger Ubergang neben dem un- 
stetigen höchst wahi'sciieiniich ist, so ergibt es sich fast von 
selbst, dali das Verhalten beider Phasen durch dieselben 
thermodynamischen Funktionen darstellbar sein muß, von 
denen in dem einen and dem anderen Falle nur verschie- 
dene Bereiche maßgebend sind. Dieser Gedanke ist der 
Ausgangspunkt der epooheroacheiiden Untersuchungen von 
yan der Waals^) gewesen. Es gelang diesem Forscher 
insbesondere dnroh Verfolgung der molekularen und kine- 
tificken Hypothese, jene schon S. 62 benutzte Erweiterung 
des Boyle-Gay Lussacschen Gesetzes abzuleiten, die mit 
denselben Parameterwerten innerhalb weiter Argumental- 
bereiche den Zusammenhang zwischen Druck, Volumen und 
Temperatur sowohl für die damp££5rmige, wie ffir die flüssige 
Phase in betrachüicber Annäherung Erstellt Bei Einfüh- 
rung des spezifischen Volumens v lautete diese Formel 

(207) + 

in ihr erscheint a/v^ als ein Druck, der sich zu dem äußeren 
Druck p addiert und als die Wirkung der Kohäsion, d. h. 
der wechselseitigen Anziehung der Massenelemente oder 

Moleküle aufgefaßt werden kann; b stellt ein Volumen dar, 
das sich von dem wahrnehmbaren Volumen subtrahiert und 
mit dem Raum, den die Moleküle faktisch einnehmen und 
der für ihre Bewegung in Wegfall kommt, in Beziehung 
gesetzt werden kann. 

Die van der Waalssche Formel ist in bezno- auf v 
vom dritten Grade; nimmt man also ?^ = Konst ,, d. h. unter- 
sucht eine Isotherme, so erpfibt jedes p drei Wurzeln v, 
d. h., es besteht die Möglichkeit, daß eine Isotherme von 
einer Isopieste dreimal geschnitten wird. Nimmt man 
hinzu, daß verschwindeadcin p unendlich großes v und 
dem Wert v = h unendlich großes p zugehört, so ergibt sich 
für den allgemeinsten Typus der van der Wa als sehen Iso- 

Van der Waals, Die Kontimiitlt uaf, Leipzig 1881 und 

1899. 



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§ 48. Die van der Waalssclie Oleiehung. 



145 



Iherme die Kurve / in Fig. 26. Bei großem v und nicht 
zu kleinem p überwiegen iUe ersten Glieder der Klammem 
in (207) weit die letzteren, die van der Wa als sehe Formel 
nähert sich mehr und mehr der Boyle-Gay Lussacschen^ 
die Isotherme der gleichseitigen Hyperbel. Bei sehr klei- 
nem 1^ zerfiUlt die Gleichung (angenähert) in die zwei 

also die Isotherme in die Gerade a' und die hyperbelartige 
Kurve a. Zwischenliegenden Werten von d entsprechen 
Ubergangsformen wie ß 
und 3. Jf 

Nach dem S. 142 Er- 
örterten stellen nicht alle 
Teile dieser Kurven stabile 
ZustSnde dar. . Für alle 
Kniren, die Mazima und 
Minima von p ergeben^ 
kommt ffir stabile Zustande 
der diesen Extremwerten 
benachbarte Teil in Weg- 
fall, und es tritt an seine 
Stdle eine horizontale Ge- 
rade ^ welche, wie unten 
bewiesen weiden wird, so 
zu legen ist, daß die von 
ihr und der Kurve be- 
grenzten beiden Flachen- 
segmente [1 und 2 in der 
Figur bei der Kui've y) einander gleich werden. Die Punkte 
dieser Geraden stellen Zustünde dor Koexistenz von Dnmpf 
und Flüssigkeit dar. Daß von den Zuständen auf den aus- 
geschiedenen Kurvenstücken ein Teil metastabil, ein Teil ab- 
solut labil ist, wurde bereits S. 142 erörteit. — 

Die kritische Temperatur ist dadurch gegeben, daß die 
bezügliche Isotherme eine horizontale Wendetangente besitzt, 
d. h., daß demselben p drei gleiche Wurzeln v = v^ ent- 
sprechen. Um die Bedingungen hierfüi' zu erkennen, hat 
man nur die Formel (207) in der Gestalt 

mit 




V 



Fig. 2a 



Toigt, ThemodTiiamik. IL 



10 



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146 !• KftpiteL Eine £omponent« in mehreren. Phasen. 

zu veE^g^ddien; aetit man die hierauB folgenden Aigumeiitalr 
werte von p und # wiederom gleich und so ergeben 
fildi die Beziehungen 

(208) 3».=6+^, 3«i-f , .;2 = ^-. 

Ph Pn Ph 

Ihre Anfldsang nach v^y p^f Hefert 

(209) v, = 'Sh, j;,=^a/27&», ^^=8a/27 65; 
naoh a, b, B au%eldst> eigeben sie 

(210) a=3i?.i;;, h^\v^, B = 8p.vJ3^^. 

Die Parameter der van der Waalsschen Gleichung 
drücken sich hiernach vollständig durch die kri- 
tischen Daten v^, p^, i}^ aus, und umgekehrt. 

Müit man v, & in den kritischen Werten, d. h.^ führt 
man die (reduzierten) Argumente 

^^"> i'""' fr^' wr^ 

ein, so nimmt (207) die Gestalt an 

(212) (P+3/Fa)(3r-l)=»8e; 

diese reduzierte Form enthält nichts auf eine spezielle 
Substanz bezugtiches mehr in sieh, die möglichen Zu- 
stände aller Körper müfiten hiernach in einem VPB^ 
Koordinatensystem durch dieselbe Oberfläche ge- 
geben werden, oder, anders ausgedrückt, die gleichen 
reduzierten Temperaturen B eDtsprechenden Iso- 
thermen müßten in einem FP-Koordinatensystem 
identisch werden. 

Es ist bemerkenswert, daß diese Übereinstimmung der 
verschiedenen Isothermensysteme unter sich eine vollstän- 
digere ist als die Ubereinstimmung jedes einzelnen mit der 
van der Waalsschen Formel, i) In der Tat ist die erstere 
Eigenschaft von der letzteren bis zu einem gewissen Grade 
unabhängig; auf eine Form ohne der Substanz individueller 
Parameter läßt sich im allgemeinen jede Formel zwischen 

») S. z. B. Happel, Ann. d. Phya. Bd. 13, S. 34. im 



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% 49. Entropie luw. ntneh. der d^ WaaUMhen Gleiofaung. 147 



Pj •& brineron, die nur (irci Konstanten enthält. Das Zu- 
sammenfallen der reduzierten isothermen verschiedener StoiFe 
beweist somit an sich nur, daß die Zustandsgieichung droi- 
konstantig sein muß; es beweist nicht die strenge Gültig- 
keit der van der Waals sehen Gleichung, aber es lehnt 
jede mehrkonstantige Formel ab, dei^leichen z. B. von 
Clausius vorgeschlagen ist. 

Schreiben wir, um dieser allgemeinen Bedeutung Rech- 
nung zu tragen, die reduzierte Zustandsgleichung, statt wie 
in (212), in der allgemeinen Form * 

Ji'(P,F,ö)=0, 

so ei^bt sieh, daß auch die Quotienten der Differentiale 
zweier der drei Variabelii P, F, S für gleiche reduzierte 
Argumente bei allen Substanzen gleiche Werte besitzen 
müssen. In der Tat gilt z. B. 

Damm SVjVBB und dF/FdP die redorierten Koeffizienten 
der ihenuischen. und der elastischen VolumeDaadeniiig eind^ 
Bo mfissen auch diese letzteren Gdöfien bei deichen redu- 
zierten Aigamenten gleiehe GrSfien beriteeiL la den Bd. I, 
§ 96 behandelten Koeffisienten 

dvlvv'& = -{- oc f d v/vdp = —ß 

stehen die obigen in dem Verhaltms^ daß 

ist, falls wieder 0^ und die kritischen Grolieii bezeichnen. 
oc und f) müssen demnach bei allen Körpern mit dreikon- 
stantiger Zustandsgieichung bei gleichen reduzierten Argu- 
menten \^ erte besitzen, die resp. mit und Ijp^ pro- 
portional süid. 

§ 49. Entropie, Energie und Potential nach der Tan 
der Waalssehen Gleiehimg* 

Um die van der Waals sehe Zustandsgieichung thermo- 
dynamisch zu verwerten, wollen wir zunächst die Ausdrücke 
für die wichtigsten thennodTnamischen Funktionen unter 

10* 



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148 SjkpiteL Eine EompoiiAiite in mehreren Fhuen. 

ihrer Zugrundelegung berechnen. Diese Aufgabe, die in 
§ 19 in einer Annäherung gelöst i&t, soll hier streng be- 
handelt werden. 

Die allgemeine Formel (34) in Bd. I, § 94 liefert für die 
Wärmemengei die eine Veränderung d^, dv erfordert, den 
Ausdruck 

dp 

Bei Benutsung von (207) erhält man 

(213) 5<ü « + ^ ^ dv , 
also 

(214) = _ + 

Hieraus ergibt aich^ daß eine Funktion von d 
allein ist, und die Entropie bei Einführung einer 
Konstanten o' den Wert besitzt 

(216) 17 = C+ j^^ + Bhiiv-h). 

Fir den Zumchs der Sneigie d€ — —pdv+äo} findet 
man bei Heranziehung von (207) und (213) 



(216) de^y^d^ + a 



dv 



nach Bd. I, § 98 stellt also a/«' in der Tat den scheinbaren 
KohäsioDsdruck dar. Die Integration liefert^ wenn c eine 
andere Konstante ht, 

(217) t = c+jy,d&--^. 

Uber das Gesetz der in diesen Au^di ilcken so wesent- 
lichen Funktion geben die hier benutzten Hilfsmittel 
keine Auskunft Gewisse moiekiilartheoretische Überlegungen 
machen für Korper, die, bei konstauteni Volumen erwärmt, 
keine innermolekularen Änderungen erleiden, einen kon- 
stanten Wert von }\, wahrscheinlich, aber über die Zu- 
läss^keit dieser Voiaussetzung ist es schwer, ein Urteil zu 
gewinnen. 



Digiti^cü b 



§ 49. Entropie usw. nach der t. d. W aal s sehen Gleichung. X49 

rar jr folgt M» (213), md«ii n» in dem •Ugemeben 

dv dv 

dv = -^dp+-^di> 

dp = 0 setzt, 
d.h. 

(218) )-,-/.= 



Für unendlich 2"voßop r geht diese Formel in die Är 
ideale Gase gültige Beziehung 

über. 

ist hiemaeh keineswegs eine Funktion von & allein, 
würde aber mit Hilfe der Parameter a, h, B vollkommen 
ausdrückbar sein, wenn das Gesetz, welches mit ^ ver- 
bindeti bekannt wäre. 

Ans den Werten von 17 und e erhält man für das thermo- 
dynamische Potential 

(^e-c'^+ly,d^--&j^^-j-B^\R(v-b)'^pv, 
oder, &ll8 

gesetzt und p eliminiert, wird. 

(219)C-c-c'^-*/4t-~-Mto(«-6)-^). 

Indem wir drei Funktionen 6^ von 1^ allein einführen, 
können wir hiernach schreiben 



(220) 



t«af-~--B^ln(t;-fc)+pf;. 



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150 I* KapiteL Eine Komponente in mehreren Phasen, 



§ 50. Koexistenz von Dampt und I'lüssigkeit, 

Wie sdion oben bemerkt, stellen nicht alle Fünkte der 
van der Waalsechen leothärmen stabile ZnstSnde dar, nnd 
der wirkliche Yeriauf isothenniscfaer Änderungen weidit 
von ihnen dadurch ab> daB an Stdle der metasäbilen und 
labüen homogenen Zustände die stabilen eines Gemisches 
von Dampf und Flüssigkeit treten, die gleichen Drucken 
entsprechen« also durch eine die van der Wa als sehen Kurven' 
schneidende (in Fig. 26 horizontale) Gerade dargestellt wer- 
den. Die Lage dieser Geraden, d. h* die ihr entsprechende 
Beaiehnng 

6?(|,,^) = 0 

zwiBcheu Druck und Temperatur ist diu^eii die Gleichlieit 
der Potentiale 'Q' und t," für Flüssigkeit und Dampf gegeben. 

Diese Gleichheit kommt hier, wo für beide Phasen der- 
selbe Ausdruck (220^) fQr das Potential C gilt; auf die 
Gleichheit von f fOr zwei verschiedene Volumina bei dem- 
selben und ^ heraus. Nennt man die bezü^chen Vo- 
lumina xt und t;", so wird die Bedingung zu 

(221) + ln(i/ - ft) - p«' = ^ + -B^ hi(»"- h) -pi^\ 

Dabei sind und die kleinste und die größte Wurzel 
der Gleichune (207). Das Einsetzen ihrer Werte in (221), 
d« h. die wiikliche Bildung der Gleichung G(pjd)=^0 der 
Grenzkurve zwisdien beiden Phasen, ist in fibersichtlicher 
Form nidit möglich, dne direkte Diskussion des Resultates 
also nicht angängig. Zu einer gewissen Anschauung des- 
selben führt die folgende Überlegung. 

£s ist nach (207) 

also nach Integration bei konstantem i^ 

und die Formel (221) reduziert sich hiemach auf 



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§ 50. Koexistenz von Dampf und Flüasigkeit. 



151 



1222) fpdv=p(v"-t/). 

Diese Gleichung hat eine einfache geometrische Be-* 
deatnng^ die sich durch Betrachtung der # zugehörigen Iso- 
therme y in Fig. 26 ergibt. p(v"—v') stellt die durch 
Vertikale daroh /' und g seitlich begrenzte Fläche dar,^ die 
in derpi>-Ebene zwischen der Geraden fg stabilen Über- 
ganges und der Abszissenachse liegt, das Integral diejenige 
zwischen der Kurve fg labilen Überganges und der 
Abszissenachse; die Gleichheit dieser beiden Flächen (resp. 
der beiden Flachenstrioke 1 und 2) bestimmt sonach den 
dem 1? der Isotherriic entsprechenden Gleichgewichtsdruck p. 

Hiernach läßt sich die Begrenzung des Verdainpfnnps- 
gebieles in der vp-Yjhene relativ einfach auf folgende Weise 
finden. Man zeichnet für das gegebene Medium eine Schar 
der aus (207) folgenden Isothermen und fugt zu jeder eine 
Horizontale, welche die Flächenstückc 1 und 2 in F^g. 26 
gleich macht; üire äußeren Schnittpunkte mit den Isothermen 
sind dann i' unkte der beiden Grenzkurven des Verdampfungs- 
gebietes. 

£8 mag hervorgehoben werden, daß diese Konstruktion 
durch Benutzung der van der Waals sehen Gleichung er- 
schlossen, also keineswegs bei beliebigen Werten des Po- 
tentiales { anwendbar ist — 

Der Ausdruck (220^ für die Entropie gilt ffir alle Zu- 
stände, in denen das Medium homogen ist, nicht aber für 
ein Gemisch aus Dampf und Flüssigkeit. Wir dfiifen ihn 
aber jeden&Us auf die Endpunkte f und g der in Fig. 26 
konstruierten Geraden fg, welche gleicher Temperatur und 
gleichem Druck entsprechen, anwenden und bilden 

*{,"-,')=£*i"(J"3. 

Der hier links stehende Ausdmck stellt die zur iso- 
thermen reversibelu Uberfühnnig der Masscneinheit Flüssig- 
keit längs {fg) in D^imyit' von gleichem p und & erforder- 
liche Wärmemenge dar. Eine solche reversible Umwand- 
lung ist über die inhomogenen Zustände hinweg durch 
die gewohnliche snkzessive Verdampfung möglich^ und da 
die Werte von tj von dem Wege, auf dem ein Zustand er- 



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152 !• KapiteL Eine Komponente in mehreren Phasen, 
reicht wiid^ nicht abhängen, so ist 



der Ausdruck für die Verdampfungswärme, wie er sich aus 
der van der Wa als sehen Formel ergibt. Die Beziehung 
steht mit der Beobachtung nur nnvollkommeii im Einklang; 
augenscheinlich kombinieren sich die Ungenauigkeiten der 
van der Waalsschen Formel bei deren theoretischer Ver- 
wertung hier in ungünstiger Wei^e, so daß das Resultat 
viel bedeutendere Abweichungen von der Jikfahrung zeigt, 



(223) 




als die Ausgangsgleichuug. 



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VIII. Abschnitt 

Feste und flüssige Phasen 



§ 51. AUgemeine Bemerkungen. 

Wegen der überragenden Bedentang des Gleichgewiebtes 
sweier PlMeen, von denen die eine dampfförmig ist, haben 
wir dessen Bcdiandlung vorangestellt. In der Tat finden bei 
einem solchen Fbasenpaar £e Folgerungen der Theorie 
leichteste und vollständigste Prüfung wie auch mannigfaltig- 
ste Anwendung. Viel schwieriger liegen die Verhältnisse 
in den Fällen zweier flüssiger^ zweier fester oder einer 
flüssigen und einer festen Phase. 

Auch hier wird die Bedingung des Gleichgewichtes durch 
die Gleichheit der beiderseitigen Potentiale angedruckte d. h.^ 
wenn wir die Symbole C für die beiden Phasen wiederum 
durch die oberen Indices a und b nnterscheiden, durch die 
Beziehung 

(224) f^«)-^), 
aber die hieraus folgende Gleichung 

(225) ö^,(p,^)_0 

der Gronzkiin-^on zwischen den beiden Phasenbereichen läßt 
im allgemeinen den leicht znir^inglichen Änderungen von p 
nur äußerst kleine Änderungen von entsprechen. Hieraus 
Ifilrrt für das ganze Gebiet die Notwendigkeit des Operierens 
mit sehr hohen Drucken und demgemäß einerseits die große 
Schwierigkeit einer experimentellen Erforschung der be- 
treffenden G( setze, andererseits eine große Komplikation der 
Formeln^ da man sich in den Ausdrücken für das Volumen 



* 



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I 



154 I* Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

und die spezifische Wärme nicht auf die früher genügenden 
Annäherungen (bei denen häufig sogar die Kompressibilität 
der festen und flüssigen Phase ignoriert werden durfte) be- 
srhrr'inken kann. Man erkennt z. B. leicht, diiß die Betrachtung 
von S. 61, die das Volumen in linearen Zusammenhang 
mit dem Drnck. in quadiatischcn mit der Temperatur 
bringt, falls man die dort unbestimmt gelassene Funktion 
y'o quadratisch iii i^ wählt, für das Potential bereits 10 Kon- 
stanten liefert. Und doch ist die Proportionalität zwischen 
/' tmd p bei hohen Drucken imzweifelhaft nicht erfüllt; eine 
befiiedigende Darstellung der Erfahrung eiibrdert sonach 
noch kompliziertere Ausdrücke. 

Diese Tatsachen erklären , daß in dem bezeichneten 
Gebiete einerseits die Beobachtung bisher nur lückeniiaftes 
Material geliefert und über manche Daten, die zur voU- 
Btandigen Bestimmung der thermodynamisehen Funktionen 
nötig wären, kdne Auskazift gegeben hat, andererseits die 
Theorie dber die allgemdnen Sätze des § 9 hinaus kaum 
hat gefördert werden können. Da nun eine Zusammen- 
stellung rein empirischen und theoretisch nicht verwertbaren 
Materiales dem rlan dieses Buches fem liegt, so wird sich 
die Darstellung auf einige typische Fälle beschränken^ in 
denen das Charakteristasche der betreffenden Phänomene 
und ihr (eventuell nur qualitativer) Zusammenhang mit der 
Theorie klar hervortritt*) 

§ 52. Abhängigkeit des Schmelzpimkte» vom Druck. 

Der wichtigste der unter sich verwandten Fälle, die in 
diesem Abschnitt behandelt werden sollen, ist der des Gleich- 
gewichtes zwischen einer festen und einer flussigen Phase 
eines und desselben Körpers, sonach also der Scbmelsungs- 
resp. Erstarrungsprozeß. 

£s handelt sich dann zunächst und hauptsachlich tun 
den Verlauf der Grenzkurve Gs/{p,^)*^0 zwischen den 
Gebieten der festen und der flüssigen Phase in der pi^- 
Ebene. Daß hier die Fälle der Volumenvergrößemi^ und 



Beobachtungstütsachen insbesondere bei Tammann, 

Kristallisieren und Srhmelzen, Leipzig 1903; Roozeboom, Die 
heterogenen Gleichgewichte usf., Braunschweig 1901. 



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% 52. Abhängigkeit des Sobxnekpuxüites vom Pruck. 155 

-Verkleinerung beim Schmelzen, d. h. also die FSlle der nor- 
malen niid der anoimaleii Körper zu imtefBoheideii aind, 
wurde schon 8. 23 bemerkt Je nachdem die Vi^mnen- 
anderuDg bei der SchmelzuDg 

(226) M,= i;(6) — 

positiv oder negativ ist, liefert die allgemeine Formel (24) 
d* h. die Beziehung 

in der die spezifische Schmelzwärme bezeichnet, ein 
Wachsen oder ein Abnehmen der Schmelztemperatiir mit 
wachsendem Dmck, also eine nach rechts oder eine nach 
lioks geneigte Gestalt der Grenzkorve. 

Die Gleichung (227) ist nach der quantitativen Seite 
öfter geprüft worden. Ferche^) beobachtete bei Benzol eine 
Temperatursteigerung von 0^0297^ pro Atmosphäre Druck- 
Steigerung, die mit der berechneten 0,0296*^ völlig über- 
einstimmt; Analoges gilt von der durch de Yisser') iur 
Essigsaure beobachteten und berechneten Zahl 0,0242^ und 
0,0244^. Beide Körper sind normale. 

Bei dem wichtigsten anormalen Körper, dem AVasser, 
ist die Beziehung nach dem ersten Hinweis von J. Thom- 
son^) schon sehr frühzeitig durch W. Thomson^) geprüft 
worden; es fand sich nicht nur der Formel entsprechend 
eine Erniedrigung des Schmelzpunktes durch gesteigerten 
Druck, sondern auch ein Betrag 0,00755'*, der mit dem 
von der Theorie geforderten 0,00761 so befriedigend stinmit, 
als es bei der Kleinheit der zu beobachtenden Größe nur 
irgend zu erwarten ist. 

Daß durch genügend hoch gesteigerten Druck noch bei 
— 18" Celsius Wasser flüssig erhalten und Eis geschmolssen 
werden kann, hat Mousson^) gezeigt, ohne Messungen an 
seine Experimente zu knüpfen. 

Tammann hat gefunden, daß Glaubersalz sich bei 
Drucken unterhalb ca. 1000 Atm. normal, oberhalb anor- 

») Perche, Wied. Ann. Bd. 44, S. 265, 1891. 

De Visser, Ree. Tr. Ch. Pays-Bas. Bd. 12, S. 101, 1893. 
*) J. Thomson. Trans. R. S.Edinb., Bd. 16, S. 575, 1849. 
*) W. Thomson, Fkoo. B. S. Edinb., Bd. 2, S.267, 1850. 
^) Mousson, Pogg. Ann. Bd. 105» 8. 161, 1858, 



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156 I* Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

mal verhalt^) und zieht aus dieser Tatsache interessante 

Schlüsse, auf die wir zurückkommen. — 

Die Formel (227) bezieht sich auf den Fall allseitig 
gleichen Druckes; in der Natur bieten sich insbesondere 
bei den kleinen und großen Wirkungen (vom Schneeball bis 
mm Gletscher), die auf dem ^^Ballen^' des Schnees beruhen, 
VorgfiDge, bei denen Eisstiicke andersartigen (sogar inho* 
mogenen) Spannungen imterliegen. Die Übertragung des 
qualitativen Inhaltes von Formel (227) auf diese Fälle, mit 
der man «ich fiülier zufi'ieden gab, erscliien allmählich doch 
unbefriedigend, und es ist demgemäß wiederholt vi rsucht 
worden, allgemeinere Fälle, wie z. B. das Gleichgewicht eines 
longitudinal gepreßten Cjündern mit seiner Schmelze theore- 
tisch zu behandeln. Es muß aber betont werden, daß die 
Auwendung der Grundformel (224) und der aus ihr fließenden 
Folgerungen auf ein solches System unzulässig ist Denn 
das Abschmelzen von Jlüs^siffkeit an der Oberfläche eines ge- 
preßten Cjlinders durch Wännt zuf'uhr ist kein umkehrbarer 
Vorgang; eine Warmeentziehung läßt das Eis nicht in deiii- 
selben gepreßten Zustande wieder gefrieren, und nui' aus 
in aUen Teilen umkehrbare Zustandsändeningen sind die Be- 
trachtungen anwendbar, die von der Beziehung (224) ausgehen. 

Eline plausible, aber nicht strenge Überlegung knüpft an 
die Tatsache an, daß ein allsei% gleicher Druck gegen die 
Flächen eines rechtwinkligen Parallelepipedons doroh die 
Superposition dreier gleicher Dmckpaare gegen je zwei gegen- 
überliegende FlSchen entsteht Darf man diei bezüglich des 
elastietSien Verhaltens zulässige Superposition auf das tbermo- 
d^naniiMfae VeAiJten fibertragen, 80 würde jede« Drnckpa» 
ein Drittel der durch (227) bestimmten Änderung des Sofamek- 
pnnktes bewirken. Da aber jede Art von Spannung in 
einem elastisdien Korper auf die normale Pressung der 
flächenpaare parallelepipedischer Volumenelemente, die so- 
genannten Hauptdrucke^ znrüQ^effihrt werden kann, so wurde 
sich hierdurch ein Weg zur Bestimmung der Änderung des 
Schmelspunktes bei beliebigen^ auch inhomogenen Span- 
nungen ergeben. 

Bezeichnet man die Hauptdrucke mit Pifp^t p^, so 
Wörde diese Überlegung aus Gleichung (227) Helm 

Tammann, Zeitschr. f. phys. Chemie, Bd. 46, adl8, 1903. 



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§ 52. Abhängigkeit d«B Sehmekpunktes Tom Druck. 157 

(228) di»==^(dp, + äp^ + dft) „ 

oder wenn es sich um die Pressung eines zuvor angepreßten 
Volumens handelt, und demgemäli» dpi, dp^, dp^ mit p^, 
p^ selbst und di)^ mit r vertauscht wird^ 

Nun sind nach Bd. 1, § V.W und 136 bei einem iso- 
tropen Medium die Drucke mit den Dilatationen der 
Kanten verbunden durch die Gleichungen 

—p^ = Cl (x^ + x.^) + cx^ , 

worin c und die ElastuitatBkonstaateii bezeidmeiL £8 
gilt also auch 

(23 1 ) - (i>i + jPg) = (c + 2 c, ) (a;^ + ^2 -h a^g) , 

oder, da x^-\-x.^-\-x^ = ö die räumliche Dilatation infolge 
der Drucke Pk ist, auch 

(232) - (ft + jig) = (c-h 2q) d, 

und aus (227) wud 

.ooQ. , i^u,(c4-2q)^ 

Hiernach würde für die Änderung der SchmehEtemperatar 
die Druckverteilung direkt nicht bestimmend sein, sondeni 
nur die durch sie bewirkte raumliche Dilatation d. 

Jede Spannimgsverteilung, welche die Dichtigkeit vf?-- 
größert, niülite somit z.B. für Eis (Mj;<^0) eine Herah- 
setzunir, eine, welche sie v( rkleinert, eine Ilebuiii^ <ler 
Schmelztemperatur bewirken müssen. Jene Ei-scheinuni^en, 
die auf dem „Ballen'' von Schnee imd Eis beruhen, und die 
mir zustande kommen, wenn die Temperatur sehr wenig 
unterhalb 0** Celsius liegt, würden sich dann dai'aus erklären, 
daß an den gediückten Stellen die Dichte genügend steigt, 
und demgemäß die Schmelztemperatur genügend herunter- 
geht, um ein Schmelzen zu bewirken, und dab das dem 



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158 I* Kapitel. Eine Komponente in mehxeren Phasen. 



Druck nicht mehr ausgesetzte Wasser, dank seiner 0^' unter- 
schreitenden Temperatur, sofort wieder gefriert und die an- 
einander liegenden Teile zusammenbäckt. 

Daß man auf den schmalen Kufen der Sclilittschuhe 
leichter über die Eisfläche gleitet, als auf den breiten Sohlen, 
beruht auf dem Selimelzen des Eises durch den vergrößerten 
Druck und auf der Wirksamkeit des Schmiermittels, das 
durch das Üüssige Wasser geliefert wird. 

§ 53. fiber den Terlanf der Grenzktunre zwischen den 
€rebiet«n des festen und flüssigen Zustandes. 

Die Bereiche a , h, ... der Phasen in der Ebene 
umfassen nach § 5 die Zustände, bei denen die Substanz 
in der betreffenden Phase absolut stabil ieb, derart, daß ihre 
Masse auch bei anfänglicher Verteilung auf andere Phasen 
vollständig in jene Phase übergeht. In jedem Phasenbereiche 
können aber andere Phasen relativ^ stabil sein, — meta- 
stabil nach Ostwald — wenn die absolut stabile Phase 
fohlt. Es kommen hif^- jederzeit faktisch nur die Phasen 
unmittelbar benachbarter Gebiete in Betracht. Demgemäß 
ist auf der Seite (f) der Gronzkurve {s,f) die Phase (s), auf 
der Seite (s) die Phase (f) metastabil: erst,eres entspricht 
einer verzögeiten Schmelzung, letzteres einer verzögerten 
Erstarrung oder einer Unterkühlung. Namentlich über die 
letztere Metastabil itat liegen zahlreiche Beobachtungen vor, 
die den Vorgang bis weit in das Gebiet (s) verfolirt Imben. 

Auf der Grenze (fd) zwischen flüssiger und dampf- 
förmiger Phase konnte man nach § 47 die Stücke der 
Potential- und der Volumenflächen, die metastabilen Zu- 
standen entsprechen, als die Anfänge einer stetigen Ver- 
bindung der betreifenden Flächen für die beiden I^hasen (f) 
und {(l) ansehen, die für Temperatiu^en unterhalb einer ge- 
wissen kiitLschen neben den metastabilen Zuständen 
ein Bereich labiler Zustände enthielt und die deshalb nicht 
im ganzen Umfang realisierbar war, die aber oberhalb jenes 
moier stabile Zustande umfaßte. Es ist die Frage, wie 
sich diese Yeriialtnisse auf der Grenze {fs) gestalten^ ins- 
besoDdere^ ob von einer bestimmten kiitiBcb^ Temperatur 
ab die Unstetigkeit der ZustandsänderoDg verschwindet 



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§ 53. Über den Yarlauf der Grendcurve. 159 

Gre^gnsse Elrscheinungen sprechen nun allerdings ffir die 
Existenz eines kritischen Punktes auf der Kurve (/"«), 
welche letztere in demselben dann zu^eich eine Begrenzung 
findet Zahlreiche normale Körper, z. B. Wachs, Glas^ zeigen 
schon unter Atmosphärendruck keine Unstetigkeit der Zu- 
Standsänderung bei gesteigerter Temperatur; sie erweichen 
allmäblicb, und es liefet sehr nahe, anzunehmen, daß diese 
stetige Umwandlnno daher rührt, daß der kritische Druck 
für diese Körpt r klcinf^r, nls eine Atmosphäre, vielleicht 
negativ ist, daÜ also die genannten Beobachtuneen oberhalb 
des kritischen Druckes anp^estellt werden. Die Tatsache, 
daß alle jene Korper Gemenge sind, spricht zunächst nicht 
gegen diese Aufiabsung, sowie nur die Phasen (f) und (s) 
unzweifelhaft dieselbe Zusammensetzung besitzen, es sich also 
faktisch um zwei Zustande desselben Körpers handelt. 

Bei den chemisch einfachen Stoifen liegt die S.iche 
wesentlich anders; ihre festen Phasen sind der Regel nach 
Kristalle, und hier sind Andeutungen eines stetigen Über- 
ganges anachelniend nicht beobachtet wwden; die Überlegung, 
dafi die Teilchen einer Flüssigkeit nach Yerteilmig und 
Lage ungeordnet, die eines Kristalles geordnet 8ind> macht 
einen soldien auch von vornherein mehr als imwahrscheinlich. 
Ist aber ein stetiger Übergang ans der flüssigen (f) in die 
kristallinisch-feste Phase (s) nicht möglich, so mufi die 
Grenzkorve (fs) entweder in das Unendliche verlaufen^ 
oder aber, eventuell mit anderen Grenzkorven zasammen, 
das Gebiet (5) za einem im Endlichen ringsum b^renzten 
machen. 

Handelt es sich nur um drei Phasen (/*), (s), {d), so ist 
eine wichtige Möglichkeit^) für letzteres dadurch gcgel>en, 
daß die Gienzkurven (fs) und {sd) zwei Schnittpunkte 
haben, also zwei Tripelpunkte (fsd) existieren. Man 
kann diesen Verlauf als den allgemeinen auffassen und 
andere Fälle daraus, wie «ch zeigen wird, durch einen (W 
Übergang gewinnen. 

Fig. 27 auf S. 161 stellt dun genannten Fall eines un End- 
lichen ringsum durch dit Kurven (sei) ihhI (5/*) begrenzten 
Gebietes (s) fester Phase dar; tt^ und tt, sim l die beiden Tiipel- 
pnnkte. Da unter den bisher zugäugliclien Umständen die 

Tammann, Kristallisieren und bcbmelzen, S. 92 u. f. 



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160 I* Kapitel. Eine Komponente in mehreren Phasen. 

flüssige Phase bei der höheren Temperatur stabil ist, so ist 
der obere Zweig dor Grenzknrve ifs) die e;rAvnhnliche 
Schmolzkurve, der Punkt ji^ der t:ew')linliclie Tripelpunkt. 
Für noimale Körper steigt die Schmeizkurve in der Nähe 
des Tript Ipunktes ti^ von links nach rechts; die FiLmr setzt 
somit eii^eTi normalen Korper voraus. Bei anonnalcn würde 
das Maximum der Schmelztemperatur i^^ fehlen, die Kurve 
also süüleich von jz^ aus fallend verlaufen. In ß erreicht 
der SchiiitlzUruck ein Maximum pß; bei größeren Drucken 
kann nui* die flüssige Phase bestehen. In y wird die 
Schmelztemperatur ein Minimum H./, unterhalb desselben ist 
gleichfalls nur die tiüsbigü l'hase stabil. 

Auf einem Wege, der rechts das Gebiet (s) umgeht, 
kann man im Gebiet (f) von einem Zustand p, zu einem 
p, mit demselben Druck and niediigerer Tempmtur ge- 
langen. Man darf vermuten^ daJB der letztere einem amorphen 
Vorkommen von (nahezu) fester Konstitiition entsprechen 
wQrde, in welches das flüssige stetig überzugehen vermag. 

Ein spezieller extremer Fall würde der sein, dafi der 
zweite Tripelponkt n.^ jenseits der p- oder t^Adise läge, also 
als nnzugängUch gelten müßte; hier wäre das Gebiet (s) dann 
praktisch begrenzt durch die Kurven (sd), {sf) und die 
dem Nullpui&t benachbarten Teile der Koordinatenachsen« 
Dabei könnte immer noch die Stelle ß maximalen Schmelz- 
punktes in dem zuganglichen Gebiet liegen; ist dies nicht 
der Fall, so gibt es auch nicht zwei verschiedene Schmei- 
zimgen bei gleichem Druck (Fig. 28). Bückt endlich der 
Schnittpunkt der Grenzkurve (fs) mit der Achse ins Un- 
endliche, so entsteht der Verlauf^ der oben als erster ge- 
nannt ist. 

Zieht man die Formel 

dp~' Xg 

heran, so ergibt sich, daß die Stellen und y vergeh enden- 
dem Us, tlic Stelle ß verschwindendem entspricht; nimmt 
man an, daB in rr^ sowohl als positiv sind, also der 
Körper ein normaler ist^ so würde 

auf ni(X «»>0, Xs>Oy 
auf (xß i*,<0, Xa> 0 , 



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§ 54. Überblick über das Gebiet dreier Aggregatzustttnde. 161 

auf ßy ih<0, ^<0, 
anf yn^ «•>0, ^<0, 

säin müssen. 

Zwingende Beweise ffir die vorstehend geschilderte Auf- 
faasnngsweise fehlen noch; der Zweig ȧyji^ der Grenz- 
kurve ist zum größten Tdl der Beobachtung bisher nicht 
zugänglich. 




Fig. 27. Fig. 28. 



Für die Au^assnng kann man yofföufig geltend madien» 
daß die Untersuchung einer Reihe von nonnalen K5rpem, 
die sich allerdings wegen der Höhe des Drackes £a8t nur 
anf das Bereich t^oc erstreckt, eine schnellere Abnahme 
von Uq, eine langsamere von längs der Qrenzkurve er* 
geben haben. Der Fall nur einer festen Phase scheint 
übrigens kaum vorsukommen; sind mehrere (s), (s'), (s") vor- 
banden» so wird das Gebiet (s) außer den Kurven (sd) 
und (sf) auch Kurven (sa^, (ss^*) zu seinen Grenzen haben. 

§ 54. Überbllek Uber das ganze Gebiet dreier 

AggregatzQstände. 

Zum Beschluß der Untersuchung über die drei Aggre- 
gatzustande wollen wir unter Benutzung der in den letzten 
Paragraphen abgeleiteten Resultate die Phasen- und Uber- 
gangsgebiete in einer Ebene sowohl für normale, als 
für anormale Körper darstellen. Wenn man in die so 
erhaltenen linken Fig. 29 u. 30;, wie in big. 14 n. 15 auf 
S. 71, außer den Greozkurven anch die Tsopiesten ein- 
trägty welche auf der von der Seite der ^Achse betrach- 

Voigt f Thamodjnamik. n, 11 



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162 I* KapiieL Eine Komponente in mehreren PliAsen. 

taten Volunienfläche Höhenlinien dai-stellen, so kann man 
dieselben zugl( i< h znr Veranschaulichung der ? -FLiche be- 
nutzen. Peinseibeii Zwecke dienen die je rechts daneben ge- 
stellten Figuren der Greuzkurven in der |}^-Ebene, die 
nach S. 20 als Pr .jcktionen der cylindrischen Teile der 
Volumenflächen zu betrachten sind. 

Die Bezeichnung der Gebiete ist dieselbe wie bisher; 
die drei UbergiiDgsgebiete (s-{-f), {f-\-(i)f {d-\-s) in der 
i; t>- Ebene hängen in der Grenzgeraden, die dem dreifachen 
Punkte 71 in der Ebene entspricht^ zuBaimnen. Das 
Gebiet (/*+ d) sobliefit sich nach oben hin in dem kritischen 
Punkte; der Abschluß des Gebietes (f+s) ist ab unsicher 
nicht dngezeichnel. 

Um die Bedeutong der Daistellung recht allseitig zu 
ed^issen^ ist es nütalich, an ihrer Hand die ZustandsSnde- 
rungen zu verfolgen, die ein Quantum der Substans, für 
weldie die Kurven Gfilti^eit haben, durofaläufb, wenn es 
bei konstantem Volumen erwSnnt wird. Man mag 
etwa an ein bekanntes Vorlesungsexperiment denken, bei 
dem ein Quantum schwefeliger Säure (SOg) in einer zu- 
geschmolzenen Glasröhre erhitzt wird; doch möge auch eine 
AbkühluDg bis in die Nahe des absoluten NuUpunlctes in 
Betracht gezogen werden. Die bei dem genannten Experi- 
ment mitwirkende Schwere wollen wir uns auf so geringe 
Starke reduziert denken ^ daß sie nur eben die verschieden 
dichten Phasen in dem Rohre gesondert übereinander schichtet. 
Da schwefelige Säure ein normaler Körper ist, so ist au 
Fig. 20 anzuknüpfen. 

Der (Inrf'h die vertikale Gerade 1 angedeutete Verlauf 
setzt ein Gemenge von Dampf und fester Substanz voraus, 
in dem bei den niedrigsten Temperaturen die Masse des 
Dampfes weit üben^'iegt Die feste Phase gelit hier dui'ch 
Krwärmung dii'ekt und vollständig in Dam])f über. 

Die Gerade 2 verlaugt bei den niedrigsten Tempera- 
turen eine größere Menge fester Substanz. Durch Erwär- 
mung verdampft anfangs ein Teil der letzteren; der Rest 
schmilzt (unter tcihveiser Kondensation des Dampfes nach 
S. 77) beim Passieren der Grenzgeraden, und weiterhin findet 
die vollständige Verdampfung aus dem flüssigen Zustande statt 

Bei noch größerer Masse fester Substanz gewinnt die 
Gerade 3 Bedeutung. Das Schmelzen verlauft wie in dem 



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% 54. Überblick aber «Im Gebiet dreier Aggiegatsustftnde. 163 

vorigen Falle, aber der Moment der vollständigen Ver- 
dampfung tritt im kritischen Punkte ein; daher nimmt das 
flüssige Quantum nicht allmählich bis auf Null ab, sondern 
während eine endliche Menge bestehen bleibt, vermindert 
sich allmählich der Wesensunterschied zwischen Flüssigkeit 
und Dampf; die Grenze zwischen beiden verschwindet schließ- 
liehy und das Prodakt kann beliebig als flüssig oder als 
dampffdmug bezeichnet werden. 

Für noch weiter gesteigerte Masse fester Substanz gilt 
die Grerade 4. Hier venmndert sieh beim Erwärmen in 
dem (Gebiete (f+d) die Dampfinenge, da die sich stark 




Fig. 2ft 



ausdehnende Flüssij^keit mehr und mehr Raum beansprucht; 
die oben Grenzlinie wird dadurch passiert^ daß die Flüssig« 
keit den ganzen Raum erfüllt 

Eine weitere Steigerung der Masse der festen Substanz 
fuhrt zur Geraden 5. Hier wird beim Passieren der Ghrenz- 
seraden gleichzeitig der ganze feste und der ganze dampf- 
förmige Teil flüssig, und dieser homogene Zustimd bleibt bei 
weiterer Erwärmung erhalten. 

Ist endlich der Kaum bei tiefen Temperaturen nahezu 
voUstandig mit fester Substanz erfüllt, so bleibt, wie die 
Gerade 6 erkennen läßt, beim Passieren der Grenzgeraden 
and begleitender Verflüssigung ein fester Rest 

Für einen anormalen Körper wie Wasser gelten die 
Figuren 30, und es ergeben die Geraden 1 bis 4 denselben 

11* 



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164 I* Kapitel. Eine Komponente in mehreien Phasen. 



Verlauf der Zustande, der oben geschildeii ist. Die Ge- 
rade 5 setzt voraus, daß der Kaum bei den tiefsten Tein- 
})eraturen vollständig mit fester, die Gerade 6, daß er zum 
Teil mit flössiger, zum Teil mit fester Substanz erfüllt ist. 
In beiden Fällen tritt beim Passieren der Grenzgeraden 
Schmelzung, verbunden mit teilweiser Verdampfung, ein. 




Fig. 80. 



Die vor.slfbend besprochenen Umwandlungen bei kon- 
stantem Volumen sind natürlich keineswegs die einzigen, 
welche Interesse bieten; Zustandsanderungen bei konstantem 
Druck oder bei konstanter Temperatiu" haben c^anz analoge 
Bedeutung. Doch ist ihre Verfolijmig so einlach, daß an- 
gesichts des bescliiäiikuui iuuiiues auf deren Auseinaiider- 
setzuug verzichtet werden kann. ICiniges hierher Gehungc 
findet sich übrigens bereits in § 22. 

.§ 55. Mehrere koexistierende feste Phasen. 

Fälle des Gleichgewichts zwischen zwei flüssigen Phasen, 
die sich als Zustände niu* einer Komponente auffassen ließen, 
sind — abgesehen von einem unten zu besprechenden noch 
nicht yollstSndig aufgeklärtem Falle — bisher wohl nldit be- 
kannt* Um 80 sahCeii^er aber sind die anfgefondenen Bei- 
spiele des Gleichgewichts zwischen mehreren festen Phasen, 
die der Hegel nach samtlidi kristallinische Natur besitaen. 



Digiti^cü b 



% 55. Hehrere koezistiereDde feste Phasen, 



165 



Die ersten Beobachtungen der UmwandluDg einer festen 
Modifikation in eine andere sind sehr alt; Mitscherlich^) 
beobachtete die Erscheinung beim Schwefel und bei Queck- 
silberjodid (IlgJ^). Aber nicht alle derartigen Umwand- 
hingen führen bei zugänglichen Werten von Druck und 
Temperatur zu einem Gleichgew iciit und lassen sich dem- 
gemäß in dem einen oder in dem anderen binne leiten; 
viele von ihnen verlaufen unter den zugänglichen Umständen 
stets und vollständig in einem Sinne. In dem letzteren 
Falle ist also die eine Phase notwendig metastabil; indessen 
vollziehen sich die Umwandlungen der festen Phasen häufig 
so außerordentlich träge, dati dw metastabilen sich praktisch 
von stabilen kaum unterscheiden. 

Da die Gleichgewichtskurven nach § 4 die Grenzlinien 
der Phasenbereiche in der j;i9-Ebene darstellen und durch 
die SchnittlLiiieu der Potentialflächen der betreffenden Phasen 
definiert sind^ so müssen wir in diesen Fällen annehmen, 
daÖy wenn überliauj^ für die eine^ als metastabil eikaimte 
Phase eui Beiddi stabilen Gleichgewi<^tes vorbandeo ist, 
dasselbe in einem bisher unzugänglichen Gebiete der 
Ebene liestw Die Potentialflache jener Phase, die in dem 
stabilen Gebiet die tie&te Lage besitzt, erstreckt sich dann 
also weit in die zugänglichen Bereiche hinein und lie^ in 
denselben oberhalb der Potentialflache der dort stabilen 
Phase. Ein Beispiel eines solchen Phasenpaares liefern die 
swei Modifikationen von kohlensaurem Ksdk, die als Arra- 
gonit und Kalkspat beze ichnet werden; Arragonit gilt als 
die metastabile Phase, die Umwandlungsgeschwindigkeit ist 
bei nicht allzu hohen Temperaturen minimal. 

Für die Umwandlungswärme einer metastabilen in eine 
stabile Modifikation kommt wiederum Formel (20) in Be- 
tracht. Im übrigen bieten diese Vorgange der Theorie 
wenig Angriffspunkte. 

Anf die Phasenpaare, die nebeneinander im stabilen 
Glcich,u;r'wif lit verharren, sind dnc^c^rrn alle allgemeinen Sätze, 
die wir abgeleitet haben, ohuo ^seiteres anwenrlhar. Die 
fundamentale Gleichgewichtsbedin^ iing ist die Gleichh* it der 
beiden Potentiale; für die Volumen- und Entropieänderuog 



') Mitscherlich, Berl. Acad. Abh. a. d. J. 1822 u. 1823, 
phjs. Kit 43; Fogg. Ann. Bd. 28, S. 116, 1833. 



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1G6 I* Kapitel. Eine Komponente in mehreren Isiasen. 

beim Übergang gelten dieGesetse (18), woraus die Formel (24) 
2Wiscben den Änderungen von IJmwandiimgsdruck und 
-temperator gemäß 8. 81 folgt Die letztere Beziehung ist 
durcn eine Anzahl von Untersuchungen als mit der £r« 
fabrang in bestem EHnldang erwiesen worden.*) 

Die Untersuchung der Konfiguration der einsehien 
Phaaenirebiete ist noch wenifr eef ordert: am ci'cnauesten be- 
kZtdnd wegen der relativeT I^eicbti^keit U)i«r Beobach- 
tung die Grenzkurven, die von dem Dampfgebiet ausgehen 
und an dessen Grenze dreifache Punkte veranlassen. Ein 
Beispiel für den in Fif? 31 schematisch dargestellten Yeilaiif 
bietet Schwefel*-^), bei dem der monoklinen, der rliom- 
bischen Phase entspricht Ebendahin würden auch dieji nijjon 
Korper gehören, die nach O. Lehmanns-') Auffassung 
eine kristallinische Phase von so ungemein kleiner Kohäsion 
bilden, dali sie Deformationen ebenso leicht gestattet^ wie 
eine Flüssigkeit, — falls es sich hier nicht etwa um eine 
dui ch Entmischung von zwei Bestandteilen entstandene Emul- 
sion handelt^) Bei diesen Körpern wäre dann in Fig 31 
die flüssige, s., die feste kristallinische I^lia^e. 

Außer den dreifachen Punkten ji^ und n:^ zwischen den 
drei stabilen Phasen (Si), {f), (d) und (s^), (Sj), (d) ist in dem in 
Fig. 31 dargestellten lUle cAenbar noch ein dritter mög- 
lich, wenn die Grenzktirven (sj^s^) und (s^f) sich schneiden; 
in diesem Punkte sind dann die Phasen (^J, (S2), (f) im 
Gleichgewicht. Pör dies Yeifaalten bietet wiederum Sdiwefel 
ein Bdspiel. 

Bei der Trägheit der Umwandlungen metastabiler fester 
Phasen lassen si<£ mitunter audi die Grenzkuryen zwischen 
solchen Phasen relativ leicht realisieren. Fig. 32 veranschau- 
licht schematisch die Fortsetzung der Phasengebiete (d), (/), (s^) 
für metastabile Zustande in das Gebiet (S|) hinein und die 
hierbei auftretenden (punktiert eingezeichneten) Grenzkurven, 
die sich in einem vierten THpelpunkt st^ schneiden. Die 



Z. B. Cohen und Tan Eyk, Zeitsehr. f. phys, Chemie, 

Bd. 30, S. 601, 1899, für graues und woifjes Zinn. 

') Boozeboom, Zeitachr. f. phys. Chemie. Bd. 2, S. 475, 1888. 

*) O. Lehmann, Zusammenfasmmg Ann. d. Phys., Bd. 2, 
S. 649, 1900. 

*) Tamm an n. Wied. Ann. Bd. 62, 8. 284, 1897; Ann. d. 
Phys., Bd. 4, a 524, 1901. 



^ j . -Li by Google 



§ 55. Mehrere koexistierende ^Bste Phasen. 



167 



Kurve ji^ stellt bei Schwefel die Schmelzkurve der meta- 
stabilen ihombischen Phase dar; sie ist von Tammano^) 
in ihrer ganzen Ausdehnung realbiert worden, und ihre 

Kombination mit der Kurve jr., n.^ der Umwandlung des 
rhomhiKehrn in monoklincn Schwefel hat die Bestimmung 
des Tripcl|)unkt<'s 71.^ ermöglicht. 

Einen anderen interessante] 1 Typus liefort nach Tam- 
manns ausführlicher Untersuchung die Substanz H^O 
(Wasser, Eisi). Hier ist das Vorkommen von drei festen 
Phasen (Sj), (So), (53) naciigewiesen, von denen das gewohn- 
liche £ls darstellen möge. Bezüglich der Stabilitätsbereiche 




Fig. ai. 




Flfg. 82. 



der zwei neuen Eisarten (s^) und (Sg) scheint vollständige 
Klarheit noch nicht geschaffen zu adn (b. Fig. 33). 

Sicher festgestellt iet die Stabilität von (d}y und (sj 
in der Umgebung des £rfiherdnxig bekannte IMpelpirnktesn^ 
and die daran sich schliefiende Grenzkonre zwischen den 
beiden stabilen Phasen (/) und (s^). Weiter sind Grenz- 
kurven ^« zwischen (f) und (Sq), n^ß zwischen (/) und (^), 
n^Y zwischen (s^) und {a^ n^Ö zwischen (s^ und (%) beob» 
achtet; da aber die Eisarten («|) und (%) nidit koexistie- 
rend helgestellt werden konnten, so war nicht zu entscheiden^^ 
welche von ihnen in jedem Bereich die stabile» "welche die 
metastabile war. 



") Tarn mann, Ann. d. Phys., Bd. 3, S. 178, 1900. 
») Tammann, Ann. d. Phys., Bd. 2, S. 1, 1900. 



168 1 EapiiaL Eine Komponente in mehreren Phasen. 



Jedenfalls lehrt die Rptrarlitung der Potential flächen in 
der §4 erörterten WeLse folgendes (Fig. 34). In dem Stabilitats- 
bereich einer Phase (a) ist deren Potentialfläch o dif> tiefste; 
folgen nun in irg* nd einer Richtung zwei Grenzkurs'en [ab) 
und (ac) aufeinander, so raul! die Potentialfläche der Phase( b) 
tiefer liegen, als die der Phase (c), also {b) stabil^ (c) me- 
tafitabil sein. 




> n — I 1 — 

^ \ fab)(ac) 

Fig. aa. Flg. 84. 



Nach dieser Regel müßte nächst den Kurven ^tg^x und 
die Phase (Sg), nächst der Kurve jt^^ die Phase {s-j) 
Btabil sein, und es würde die Notwendigkeit einer Grenz- 
kurve von dem Chain kter von tt^f. zwischen den stabilen 
Phasen (s^) und (Sg) folgen, deren bishenges Fehlen freilich 
eine Schwierigkeit bildet. 

TTj, 7t2, wären also Tripelpunkte für drei stabile, Jig 
wäre ein Tripelpimkt für drei metastabile Phasen. 

In dieser Weise wird man wohl vorläufig die Beob- 
achtungsresultate deuten müssen j^) natürlich kann die Auf- 
findung neuer Phasen oder neuer Grenzkurven das Bild 
verändern. 



^) Booseboom, die homogenen Gleichgewichte vust S. 2(X). 



n. Kapitel. 

Mehrere Komponenten, 



L Abschnitt 

Die allgemeine Theorie ffir zwei 
Komponenten. 

g 56. Allgemeines über die Potentiale der 
Komponenten binärer Mischungen. 

Mit wachsender Anzahl der unabhängigen Bestandteile 
- — der sogenannten Komponenten des Systems — kom'* 
plizieren sich die Verhältnisse sehr schnell. Daher wollen 
wir allgemeineren Betrachtungen anßor dem im vorigen 
Kapitel absolvierten einfachsten Falle nur einer Kom- 
ponehte nunmehr auch den zweier Komponenten voraus- 
schicken. 

Derselbe ist dadurch charakterisiert, daß in einer be- 
liebigen Anzahl fester und flüssiger Verbindungen sowie 
einer gasförmigen Verbindung zwei Substanzen nebenein- 
ander iHiKrf'tr'n, derart, daß jede dieser sogenannten Fliascu 
diese beiden ücstiuidteile in stetig variierbarem Mischungs- 
verhältnis enthält. Ein T^ei^pi» 1 is\\)t das Gemisch zweier 
chemisch nicht aufeinander einwirkenden^ ineinander lösbaren 
Flüssigkeiten, die gemeinsam verdampfen und austrieren, 
aber in der festen, >vie in der dampfförmigen Phase im all- 
gemeinen ein anderes Mischungsverhältnis besitzen^ als in 
der flüssigen. 

Dabei tritt nicht selten der Fall ein, daß eine Kom- 
ponente in einer oder mehreren Phasen nur in unmerklicher 



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170 n. Kapitel. Kehrere Komponenten. 



Mcntrc auftritt, wie z. B., ■wenn es sieli um <lie wasserige 
LösuQg eines Salzos haudclt, das weder m den Dampf, 
noch in das Ein eingeht, während umgekehrt das aiiskristalli- 
sierte Salz kein Wasser enthalt. Es ist im allgemeinen 
bequem, diese Fälle nicht als besondere zu behandeln, son- 
dern das Vorkommen jeder Komponente in jeder Phase 
vorauszusetzen, wobei dann unbenommen bleibt, die Masse 
der einzelnen beliebig klein anzunelimeu. Diese Auffassung 
läßt sich, wie unten zu zeigen, auch ganz direkt be^;rimden. 

Wie im vorigen Ivapitcl können wir auch jetzt das 
Gesamtpotential Z in der Form einer Summe der Potentiale 
Z^^ der verschiedenen räumlich getrennten Phasen aDsetsen, 
wo nun aber jedes außer von p und ^ nodi van den 
Massen der beiden Komponenten in der betreffenden Phase 
abhängt^ die wir mit und fv^ besscichnen, 

]>abei hat jedes Z^^ nach seiner Definition durch 

£(0 ^ ^7(0 4_ .^if (I) 

die Eigensofaafi^ bei proportionaler Vermehrung der Massen 
beider Bestandteile proportional nuundimen; denn eben 
dies gilt von E^"^, 

Hieraus folgt, daß Z^^ eine homogene Funktion ersten 
Grades ist^ d. h. geschrieben werden bum 

(1) -i-f4''CiS 

wo nun jedes das Potential der Komponente (A) 
in der Phase auBer von p imd ^ nur noch von dem 
betretfenden Mischungsverhältnis mfltd^ = ct^ abhängt 
£ine solche Darstellung ist auf unendlkdi viele Weisen 
möglich; z. R stellt 

unter "k eine beliebige Funktion von und 9''' verstanden, 
eine Schar anderer Zerlegungen von gleielien Eigenschaften dar. 

Wir wählen unter allen möglichen diejenige spezielle, 
die deüniert ist durch die Beziehung, daß neben (1) auch gilt 

(2) «^^ZW = tt'>ciml*) + aj^4i«iS^; 
es ist dann 



§ 56. Allgemeines über die IN>teniiaIe der Komponenten. 171 

also auch 

Die Ch enthalten nur das Verhältnis der Massen ni!^ 
und mff^ dßs beiden Komponenten, und man drückt di«B 
TOSsoid auch in den vorstehenden Formeln aus. Je nach 
&equem]idhkeit rechnet man dabei entweder mit dem 
Mischungsverhältnis 

oder mit den Konsentrationen cV> und d$ der beiden 
Komponenten, die definiert sind durch 

(6) ^-mi^/W^ + wtJ)), ci'> = w5V(wf > + mi^^) , ci'^ + cj^«!. 

Hieraus folgen die Beziehungen 

(7) cP^fl^W+Ö^'O, 4«-l/(l+fl<*»), 5<'^=4W- 

In einseinen Fällen ist es vorteilhaft, neben auch 
l/^'^n^ln^^f^'^ dnznfQhien. 

Fimnel (4) lautet in diesen (jrofien 

und wenn man setst 

(9) = W> + , 

wo C^*) nun das spezifische Potential der Phase (s) darstellt, 
so wie leicht nachweiBbar, 

{$.-{<«_ 8« (1+ j.«) _{«._ «i« J|i . 

In allen diesen Formeln sind natörlich die Differential- 
quotienten nach mit den negativen nach cjf^ genommenen 
identisch. — 

Bei zwei Phasen^ die wir, wie oben, mit (a) und (6) 

bezeichnen, kommen auch zwei Mischungsverhältnisse g'**^ 
und 7**^ in Betracht, die miteinander durch die Gesamt- 
massen 3f^ und beider Komponenten verknüpft sind. 
Aus den Formeln 



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172 n. EApitel. Hehrere KomponenteiL 

folet leicht bei gegebenem Mi und Jt^i wenn man mf^ und 
mSf als die Unabhängigen betrachtet^ 

(11) m^^^dq^''^^dmf^-q^°^dm^^\ mi^^ dq^^^ — dm^^^ dmSlK 

Bjeians ergeben sich einige ein&ohe Satze fiber die bei 

gegebenen M^f überhaupt m^lichen Variationen 
und d^^K Zunächst erkennt man sogleich folgendes. 

Ist haben also beide Phasen das gleiche 

Mischungsverhältnis, so gilt «^Mg****+mjf^d2***=»0; 
hier haben also d^^^ und dq^*^^ stets entgegengesetzt 
tes Vorzeichen. 

Im übrigen hängt das Vorzeichen der Vaiiationai ö^'^^ 
und dq^^^ von den Variationen der Unabhängigen iwjf* und 
ffijp) ab. Soli die Beziehung bestehen 

wobei 71 eine beliebige positive oder negative Größe be- 
zeichnet, so muß nach (11) gelten ^ 

(1 -h n) dwl«» = {a<«> + »3<*>) <Jjfi?' . 

Man kann also durch geeignete Inkremente öm^^- und (5mif^ 
jedes Verhältnis ti bewirken, insbesondere läßt sich bei 

{'edem das von versdiieden ist, dem dq^"^ nach Be- 
ieben das gleiche oder andi das entgegcngesetste Vonfeiciben 
von dg^^^ geben. 



§ 57. Die ailgemeineii Crleicbgewichtsbedingimgeu. 

Ein ^rstem von zwei Komponenten in mehreren Phasen 
ist nach S. 5 bei gegebene! p und # in demjenigen Za- 
stand im stabilen Gleichgewicht, in dem das Gesamtpotential 

(12) 2Z<»^«.|H^Ä^+fiiS^Ö>), 

die Summe über alle Phasen erstreckt, durch die mi'* zu 
einem Minimum gemacht wird, waiuend die Gesamtmassen 
beider Komponenten 

(13) Imii^^Mi, Xm!i^^M^ 
voi geschrieben sind. 



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§ 57. Die allgemeinen CUeichgewiehtsbedlngimgen. 173 
Dies führt nach S. 26 auf die Gleichung 

wobei Alf A^f wie ^ in § 8^ zunächst unbesiinunte Fak- 
toren bezeiclmen. 

Kann man alle dmip willkürlich lassen^ so liefert dies 

falls n Phasen da sind, lauten hiernach die Gleich- 
gewichtsbedingungen: 

^ ' 

In diesen 2(w — 1) Gleichungen sind n+2 Variabein 
enthalten^ nämlich p, ^ und die n MischungsYerbältnisse 
Die Gleichungen können im allgemeinen nur dann befrie- 
digt werden, wenn ihre Anzahl die der Yariabeln nicht 
ülMTSteigt, d. h.^ wenn 

2(»-l)<»-i-2 

oder aber 

»<4 

ist Damit den Bedingungen genügt werde, müssen daher 
im allgemeinen einige der nicht variabel sein, was in 
praxi nur dann stattfindet, wenn die betreffenden Phasen 
im System überhaupt nicht vorkomrarn. Wir gehen auf 
die hierbei sich biotenrion Fälle imtou ein. 

Um zu entscheiden, unter welchen Umständen das 
Gleichgewicht stabil ist, bilden wir die zweite Variation 
von für die sich nach (2) zunächst iiudet 




Nim ist aber, da die ^ die Massen nur in den Quotienteik 
m^jm^^^^ enthalten^ 



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174 IL Kapitel. Mehrwe Xoxnponenten. 

oder unter Berucksiditigung von (5) auch 

Damit Z ein Minimum, das Gleichgewicht also stabil 
sei, muß 6^Z für alle Variationen der Massen negativ sein. 
Man erkennt, daß die Bedingung hierfür ist 

(15) >0 , also nach (8) auch < 0 . 

Wenn wir uns also auf stabile Gleichgewichte 
beschränken, so ist durch diese Beziehungen für 
alle d^/dgf'^ das positive, für alle Bli^jd^^ das nega- 
tive Vorzeichen vorgeschrieben. 

In den Konzentrationen ausgedrückt lauten die 
letzteren Bedingungen 

§ 58. Zwei koexistierende Phasen. 

Der einfachste Fall ist derjenige, wo nur zwei Phasen 
koexistieren, etwa die Mischung zweier Müssigkeiten in Ko- 
existenz mit ihrem Dampf; hier ist 

(17) w^f'Cr^ + + ni^^ + , 
und die Gleichgewichtsbedingungen lauten 

(18) = 

Letztere Formeln enthalten die vier Variabehi jp, ^, 
^(") ^^«Y^^a)^ ^(6)^^6)/^6)^ lassen also zwei von ihnen 

verfügbar; man sagt, (las System sei divariant. Der Aus- 
druck für Z wird nach (17) und (18) zu 



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% 58. Zwei koezutierende Phasen. 175 

Sind insbesondere und ^ vorEceschrieben, so bestimmt 
sich aus (18) q^'^' und g''*, und hieraus folgen mit Hilfe der 
Gleichungen (13) die Werte aller vier Massen «lü^, gemaiii 
den iTormeln 



(20) ^ ^ ^«>-«<*> ' 



£8 ist hier also bei gegebenem und ^ keinerlei Um- 
setzung zwischen den beiden Phasen mehr möglich. 

Natürlich haben nach der Bedeutung der 7n',^ nur solche 
Fälle physikalische Bedeutung, in denen diese Formeln po- 
sitive Werte m*^' eigeben; als Bedingung hierfür erhält man 
die Ungleichung 

die, wie leidit naehwdsbar, stets erfüllt ist 

Man ei^eiiiLt, daB der FaU sweier Komponenten in 
2wei Phasen sehr nahe parallel geht dem einer Komponente 
in einer Phase; der ganze Zustand ist durch p und i^ be- 
stimmt, läßt sich also — wiewohl nicht ganz vollständige 
da die Variabein q*"\ q^^^ dabei nicht Ausdruck finden — 
durch einen Punkt der p^-Ehene repräsentieren. Trägt 
man Z als dritte Ordinate auf, so erh&it man die Potential- 
flfiohe der Phasenkombination {ab). 

Im allgemeinen werden bei bestimmten p und ^ noch 
andere Phasenpaare koexistieren können, d. h. Gloichungen 
von der Form (18) erfüllen, und jedem Paar wird ein Po- 
tential von der Form (19) und eine Potcntialfiäche ent- 
spreclu'ii. Stabil ist diejenige Kombination, dere!^ Potential 
unter allen den kleinsten Wert besitzt^ deren PotentiaiÜäche 
also am tiefsten liegt. 

Bezeichnet man die Potentiale tili- die Kombinationen 
(ah)y (hc)f (ca) durch Z^^'\ so kann man diese Funk- 
tionen ebenso behandeln, wie in § 4 u. f. die C^K . ., 
d. h., man kann in der ^;*!>-Ebene Phase i ibereiche abgrenzen, 
md' deren jedem eine Komhiuution stabil ist, die anderen 
nur metastabil sind. Die Grenzkurven zwibchen diesen 
Bereichen, die Projektionen der Schnittkurven der Poten- 



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176 Kapitel. Mehrere Komponenten. 



tialflächeii bestimmen Zustände, wo zwei demrtige Kom- 
binationen gleichzeitig stabil sind, ihre Schnittpunkte solchey 
wo dasselbe von drei Kombinationen gilt Wir kommen 

hierauf weiter unton zurück. 

Ausdrücklich mag darauf hingewiesen werden, daß in 
den Ausdrücken für die Potentiale zweier derartiger Kom- 
binationen 

bei gleichen p und die ^i'^ und im allgemeinen nicht 
die gleichen sind; denn die t?^ hängen von dem Mis( luings- 
verhältnis in der Phase (a) ab, und dieses ist ein anderes, 
wenn die Phase ((i) mit [h), als wenn sie mit (c) koexistiert. 
Nur in dem Falle der gleichzeitigen Koexistenz der Phase a 
mit den beiden Phasen (/>) und (c) werden die in den 
beiden Potentialen Z*"^'* und Z''' gleich, und hier gilt dann 
gemäß dem eben Gesagten auch die Beziehung Z^«*> = Z^«»>. 

Kommt die Komponente (1) in der Phase (p) nicht vor, 
BD ist mj^) und q^^^ gleich Null; gilt Analoges von der Kmn- 
ponente (2), so ist mjf' = 0 und g^^^^oo. Im ersten Falle 
verliert die erste, im letzten die zweite Bedingung (18) 
ihre Bedeutung; die Verhältnisse bleiben aber im übrigen 
ersichtlich ungeandert Analoges findet statte wenn die 
Phase (a) nur die eine Komponente enthält 

Da in den genannten Fällen eines verschwindenden mf 
die Anzahl der v ariablen von vier auf drei reduziert ist^ 
so lassen sich die dabei vorliegenden Verhältnisse geo- 
metrisch veranschaulichen. Knthält die Phase (p) die Kom- 
ponente (2) nicht, so bleibt von (18) nur die Bedingung 

Übrig. Hierin enthält Ül"^ die Variabein p, ^ und ^''\ das 
jetzt als 2 bezeichnet wei-den möge, ft*^ nur p und d^. Die 
Gleichung t^f^ = bestimmt also eine Oberfläche in einem 
p 1^(7 -Koordinatensystem, auf der die Gleichgewichtszustände 
liegen. 

Ist die Obertlächc nicht reell, d. h., gehören keinem 
Wertpaar j/, reelle positive Werte q zu, so ist das Gleich- 
gewicht zwischen den beiden I*haseu unmöglich, und es wu^d 
die ganze Masse der Komponente (1) in die Phase [a) ein- 
treten; dies ist z. B. der Fall, wenn die Komponenten in 



I 59. Umwandliwgen iimerh. des Gleioligawiclitsberetefaes. 177 

jedem Verbältni" misriibaie Flüssigkeitea sind, und die eiuo 
Phase diireli eine beliebige Mischung von ihnen, die andere 
durch eine dor 1)eideu ungemischten Flüssigkeiten gegeben ist. 

Ist die () borflache reell, gehört also zu einem Wert- 
bereieh von p und {i allenthalben ein reelles positives 7, 
dann findet in diesem Bereich Gleichgewicht zwischen den 
beiden Phasen statt. 

Dies gilt u. a., wenn neben einem Geraisch von zwei 
nicht in allen Verhältnissen ineinander lösbaren Flü.ssig- 
keiten eui Ubersehid^ der einen von ihnen oder neben einer 
Salzlösung reines Salz oder reiner Wasserdampf vorhanden ist. 

Von hier aus lassen sich nun auch die beiden allgo- 
meinai Gleicbgewichtfil>edingungen (18) ansobanlieher macMi. 
Sie enthalteo vier Variable p, dy g^"\ q^^\ stdlen also ein 
Gebilde von 2 Dimensionen in einem vierdimensionalen 
Banm dar. Ist dasselbe inneriialb positiver Werte und 
reelli so ist Gleiehgewlobt eneicnbar; ist dasselbe ima- 
ginar^ so findet eine Umwandlung in der Biohtnng abneh- 
menden Gesamtpotentials Z statt 



§ 59. Umwandlungen innerhalb des Gleichgewlclits- 

bereiches. 

Die Gleichungen (18) können in dem Bereich ihrer 
Gfiltigkeit differentUert wenden, wodurch man erhfilt 



(21) 



dp 



dp "''^ e& 

Diese zwei Beziehungen (in denen wee;en des Auftretens 
iu Zähler und Nenner q^"^ und q^^^ auch niit c^'*^ und cf' oder 
di^^ und vertauscht werden können) bind die einzigen 
Beschränkungen, denen die Veränderungen dp, di>, dq^"\ dq^''* 
innerhalb des Gleichgewichtsbereiches (ab) unterliegen; man 

Voigt, Tbemodjrnamik. IL 12 



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178 



n. Kapitel. Hehrere Komponenten. 



kann also zwei Inkremente beliebiir vorschreiben und die 
beiden anderen demgemäJß bereclmen, nur dürfen im all- 
gemeinen jene zwei nicht gfleichzeitig gleich Null gesetzt 
werden^ wenn die zwei anderen sich von J^ull verschieden 
finden sollen. 

Um eine Vorstellung von den Verhaltnissen zu er- 
halten, die bei Umwandln ngeu innerhalb des Gleichgewichts 
eintreten, betrachten wir als Beispiel ein Gemisch aus zwei 
Flüssigkeiten im Gleichgewicht mit dem Gemisch ihr'^r 
Dämpfe LLüd setzen Veränderungen voraus, bei denen der 
Einfachheit halber der Druck konstant erhalten werden mag, 
während wir Wärme zuführen. Es tritt Verdampfung ein, 
aber da Im alkoneinen die beiden Komponentoi in einem 
VerhSltius ver£unpfen, das weder dem MischungsverhSltnis 
der flüssigen, noeh dem der dampfförmigen Phase gleich ist, 
80 ändert sich die Konzentration beider Phasen. Die ver- 
änderten Konzentrationen beeinflassra nun alle Eigensohaften 
der beiden Gemische, insbescmdere wechselt cue Gleich- 
gewieht8-(Siede-)temperatar; ungleich dem Sieden einer ein- 
gehen Substanz läuft hier d^ ganze Vorgang auch bei 
gleichem Druck doch nicht stationär ab, und die für ihn 
charakteristischen Fimktionen, wie z, B. die Verdampfungs- 
warme, können nur durch unendlich kleine Umwandlungen 
definiert werden. 

Die meisten praktisch -wichtigen Anwendungen der 
Formeln (18) müssen verschoben werden, bis uns eine Deu- 
tung der darin vorkommenden Differentialquotieoten ge- 
limgen ist, die deren Beobachtung ermöglicht, oder bis spe- 
zielle Ansätze für die Potentiale selbst vorliegen. Kin 
merkwürdiger ISatz, der auf Gibbs^) und Konowaiow^) 
zuTü< k^elit, läBt sich indessen ohne Kenntnis dieser Funk- 
tionen ableiten. 

Wenn zugleich dp und dd^ verschwinden, so sno-t tlic s 
aus, daß bei den dadurch bestimmten g^"^ und g^^' der 
Gleichgewichtsdruck bei konstanter Temperatur oder die 
Umwandlungstemperatur bei konstantem Druck einen größten 
oder kleinsten Wert annimmt. Die Bedingungen (21) re- 
duzieren sich hier uuter Benutzimg von (8^) auf 



■ -i) Gibbs 1. c. • 
. ») Konowaiow, Wied. Ann. Bd. 14, S. 34, 219, 1881. 



% 59. Umwandlungen innerh. des Gleiehgewiehisbereiehes. 179 



die miteinander bei nicht verschwindendeD und dg^^^ nur 
dann vereinbar giad^ wenn 

das Mischungsverhältnis der beiden Phasen al^o das gleiche ist. 

Wenn die Gleichgewichtstempeiutur bei kon- 
stantem Druck oder der Gleichgewichtsdruck bei 
konstanter Temperatur durch die Mischungsver- 
hältnisse zu einem Mazimiiiii oder Minimum wird, 
sind die MifioliungBTerhSltnisse der beiden Phas.en 
die gleichen. In aiesem Falle veiiiSlt sich das Genusch 
also me an einfiicher Körper, und im GegensaAe m dem 
8. 178 allgemein Bemerkten kann die ganze Umwandlung bei 
gleichzeitig konstantem p und ^ stattfinden. — 

Kommt die Komponente (1) in der Phase (5) nicht vor, 
80 ist mit auch d^^ gleich iMull; zugleich verliert die erste 
Gleichung (21) ihre Bedeutung, und die zweite gibt für jedes 
Wertpnar dp und d^ direkt das zugehörige d^"\ insbesondere 
bei Einführung von d[p = 0, resp. d^ = 0 auch die Werte 
dp4*^^ und d^q^*"^ . Bei gleichzeitig verschwindendem d^^^ folgt 
zwischen dp und die Gleichung 

(23) m^3:i,,^m^!iA^^o, 

die der ersten Formel auf S. 31 ganz parallel geht; aber 
Bedeutung der Difiereutialquotienten ist hier nicht so ein- 
fach wie dort. 

Nach dem S. 174 Gesagten ist iiärnHch mit p und § die 
gesamte Massenverteilung vorgeschrieben, es sind also bei 
konstantem^ und # innerhalb des Gleichgewichtsznst^iüdes 
Überfiihrungen von Massen aus einer Phase in die andere un- 
möglich; Fragen von der Art der in § 8 behandelten Ver- 
schiebungen zwischen verschiedenen Aggregatzuständen, die 
früher zur Deutung jener DilFerentialquotientcn führten, ent- 
fallen deshalb von selbst. Die Ausdrücke für die Volumen- 
änderung dV und für den Wärmeaufwand äQ aber^ die 

12* 



180 II. KapiteL Mehreie Komponenten. 

eine durch Variieren von p und bewirkte Umsetzung 
innerhalb des Gleicbe:owichtszu8tandes begleiten und die au 
sich ein gewisses Interesse besitzen, leisten in der ange- 
gebenen Richtung, wie leicht zu zeigen^ nichts. 

§ 60. Umwandiang infolge der YerjueJining einer 

Komponente, 

Wie oben ausgeführt, ist innerhalb des Systems von 
zwei Phasen eine Umwandlung nieht möglich, solange p 
und konstant erlialtcn werden, denn diese Größen be- 
stimmen zusammen mit den Gesamtmassen jeder der beiden 
Komponenten die ganze Verteilung vollständig. Eine solche 
Umwandlung wird dagegen möglich^ wenn man einer der bei- 
den Phasen ein Quantum der dnen Komponente zufügt. 

Wir wollen annehmeD, die beiden Komponenten (1) und 
(2) seien in den beiden Phasen (a) und (&) mit den Massen 
mf\ m^l\ m^^ im Gleichgewicht Nun werde etwa die Be- 
rfihrung zwischen ihnen aiiigehoben und das Quantum dm^ 
der Komponente (1) von üvS&k der Phase (b) zugefögt, unter 
dem Ditick p und der Temperatur welche das ganze 
System ursprOnglich besaß. 

Galt anfangs 

(24) Z= ff ^ «»f > 4- »Jär^ -f ff^ wl« 4- ff> w*if> , 

so gUt nunmehr, da die Änderungen der Potentiale und 
durch das geänderte g^^^ sich nach (8) zu Null erganzeni 

(25) - ff > mf) + ff) + ff) (»4*> + dmt) + ff > wjf) • 

Nun werde die Verbindung zmschen den beiden Phasen 
wieder hergestellt; das Gleichgewicht ist gestorf» und bei noch 
immer konstant gehaltenem p und ^ entsteht eine Yerecliie- 
bung der Massen zwischen den Phasen; das Endresultat ent- 
spreohe einer Yertdlnng, bei der das Potential ist: 

^ ^ 4- ff' (ml*> 4- d wi*>) 4- ff > (mSf> 4- dmii^) . 

Da bei konstantem p und ^ nach (18) die q ungefindert 
bleiben mfissen, und nichts Jlf^ um dm^ geändert ist, so 
mufi nach [20) gelten 



i 60. Umwandlung infolge Vermehrung einer Komponente. 181 

(27) ^ ^ 

Ffir die Differenz der Potentiale und Z2 resultiert sonach 

^> - = ^^^> Kff ' - fi")ä'°' + (ff' - «P)! • 

In die^e rürmel wollen wir statt dm^ die ganze auß der 
Phase (b) in die Phase (a) übertretende Masse 

d{m? + mi" ') = dm*»' = ^^^^^^^ 
einfuhren und erhalten so 



(28) Z, - = + /^.^üKri"' - + (ff' - ff ')J . 



Fügt man, statt wie oben zu operieren, der Phase (fc) 
den Zuwachs dm^ der Komponente (2) zu, so wird 

und man erhält statt des obigen 

^» - -2, — ^^Kff ' - ff Oä-" + (ff' - ff ')J , 

was wegen 

d«^ + mSr>) = dm^^^ = - ''"^ 

gleichfalls auf (28) führt 

Die allgemeinen Formeln (21) und (17) auf 8. 6 liefern 
hieraus 

~ l + o<°'[* äA & J'^d»\ * Jl' 



. kj .i^Lo uy Google 



182 Kapitel. Mehrere Komponenten. 

dm^"^ mag hierbei als positiv betraditet werden, d. h., der 
Phase (a) komme dies Quantum in dem für sie charakteristi- 
schen Mischungsverhältnis zu, das übertritt, damit in der 
Phase (6) nach der Änderung, welche das zugefügte dm^ oder 

bewirkt, wieder das Mischungsverhältnis q^^^ stattfindet. Die 
beiden Formeln^ die dm^'*^ durch dm^ und durch dni^ aus- 
drücken, lassen nun aber positive und negative Werte von 
dni^^^ zu; in der Tat: liefert ein positives dm^ ein positives 
dm^^\ so liefert ein positives dm^ ein necativos drn^"\ und 
imigekehrt. Um dm^^^^O, also den Ubertritt von Masse 
vom Mischungsverhältnis q^°^ in dio Phase f«) zu erzielen, 
hat man also je nach dem Vorzeirlieii von 5*"* - ent- 
(lei von der Komponente (1) oder von (2) der Phase {p) 
zuzufügen. 

Beiläufig sei bemerkt, daß keineswegs <?w^"^ -j- c^m^*^ = 0 
ist, daß vielmehr gilt drd^^ -\-dm^^^ ==^dm, . 

Benutzen wir nunmehr, daß im Zustand des Gleich- 
gewichtes nach (18) Ct^'^Ci^^ ^ind C5f^ = L;.;, und führen wir 
füi' die linken Seiten der Formeln (29) die Bezeichnungen 
i*^ und u^^^ ein, so können wir das Resultat aussprechen: 

Wird durch Zufügung eines Massenelementes 
der Komponente (1) oder (2) zur Phase (6) das Gleich- 
gewicht des Systems derart gestört, dafi ein Über- 
tritt von Masse ans der Phase (6) in die Phase (a) 
stattfindet, und geschieht dieser Obergang bei kon- 
stantem p nnd 9, so begleitet ihn eine Wärme- 
aufnahme it"' und eine Yolnmenzunahme die 

Sro übertretende Masseneinheit gegeben sind durch 
ie Formeln 

bei Einführung der Konzentrationen df^ und d^^ der Phase (a) 
nach (7) wird hieraus etvras ein&cher 

(31) 



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§ 60. Umwandlung infolge Yermelirung einer Komponente. 133 

Gibt man dagegen der Komponente (1) oder (2) in 
der Phase (a) den Zuwachs dmi oder dm^ und bezeichnet 
die in (b) übertretende Bfaase mit dtn^^, eo tritt an Stelle 
von (28) 

(32) z, - Zi = - j~ auT - fi'W" + (ff' - m] • 

Hieraas ergibt sieh wie oben das folgende Resultat: 
Wird durch Zufügung eines Masseuelementes 
der Komponente (1) oder (2) zur Phase (a) das 
Gleichgewicht des Systems derart gestört, daß ein 
Ubertritt von Masse aus der Phase (a) nach (h) statt- 
findet, und geschieht dieser Ubertritt bei kon- 
stantem p und i?, so begleitet ihn eine Wärme- 
aufnahme A*** und eine Volumenzunahme «^*\ die 
pro übertretende Masseneinheit gegeben sind durch 

(33) 

bei Ejinfuhrung der Konaentrationen cf^ und 6^"* der Phase 
naeh (7) gibt dies auch 

Die Formeln (31) und (34) lassen sich nach den 
Differentialquotienten ö(if * - Ci^^) ("^i? • • . auflosen und liefern 
sonach eine Deutung dieser Funktionen durch beobachtbare 
Größen, wie solche oben signalisiert worden ist. 

Dabei ist allerdings su bedenken, daß die l und i« sich, 
streng genommen, auf unendlich kleine Umsetsungen be- 
ziehen, die nicht direkt meßbar sind. Indessen können die 
dm^''^ und dm^^^ um so größer gewählt werden, je großer 
die Massen des %stem8 sind, und so kann man zu Ver- 
hältnissen gelangen, cue doch der angenäherten Beobachtung 
zugänglich sind. — 



184 n. Kapitel. Hehrere Komponenten. 

Über eine Beziehung zwischen u^'^ und vß, und A^^^ 
iftt im allgemeinen nichts zu sagen. Keineswegs etwa sind 
sie entgegengesetzt gleich, obwohl sie sich auf den Eintritt 
der gleichen Gresamtmasse in die Phasen (a) und {h) be- 
ziehen, denn die Phasen und demgemäß die in sie ein- 
tretenden ^lassoii haben verschiedenes Mischungsverhältnis, 
die Mengrn joder einzelnen Komponente, welche die Um- 
wandlnng; in die neue Phase erfahren, sind deshalb in beiden 
Fällen verschieden. Nnr bei gleichen Mischungsverhältnissen 
resp. Konzentrationen b ider Plirtsen ist w^^^= —u^^\ 
und man wird vermuten dürien, daß m^"^ und u^^\ und 
k^^^ auch sonst im allgemeinen entgegengesetztes Vorzeichen 
besitzen. 

Im übrigen ist nach S. 182 daran zu erinnern, daß, wenn 
im ersten Fall die Zufugung von Masse ya\y Phase {h) einen 
Ubertritt nach (/>), statt, wie oben angenooiinen, nach (a) 
bewirkt, die begleitende Wärmeaufnahme und Volumen- 
änderung durch /*" und —n^^^ gegeben sind; analog, wenn 
im zweiten Fall der Übergang nach (a) stattfindet durch 
— und — Der obere Index " und * weist jedes- 
mal auf . das MischungBTerh&ltnis und ^ hin, 
das die übergehende Masse besitzt. 

§ 61. Bie eine Phase enthält nur eine Komponente. 

Ist die Kompenente (1) in der Piiase (6) nicht vor- 
handen, also //^''^O, so ist auch g<''> = 0, und die For- 
meln (33) nehmen die Gestalt an 

(35) ^(Or' -a"); 

dabei bedeutet + die Wüimeaufnabme, ± ti^ die Volumen- 
vergroBerung des Systems beim Übertritt der Masseneinheit 
der Komponente (2) in die Phase oder aus der Phase (6), 
wahrend dafür von (1) oder (2) der Phase (a) zugefügt wird. 

Die Formeln (30) resp. (31) sind jetzt nicht mehr an- 
wendbar , da aus der Phase (6) nicht (wie bei ihnen voraus- 
gesetzt ist) eine Masse vom Mischungsverhältnis ^'^^ in die 
Phase (a) eintreten kann, wenn erstere die Komponente (1) 
gar nicht enthält. In dn Tat hat die in (30) und (31) auf- 
tretende Funktion unter den vorliegenden UmstSndea 
keinen Sinn mehr. 



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% 61. Die eine Phase enthält nur eine Komponente. 185 

Von den Bedingimgen (21) verliert die erste ihre Be- 
denftuog; die zweite wird nadi (35) sa 

(36) - n^*» dp + d^+^ = 0 , 

wobei naoh Belieben dmeb eine der Konzentrationen 
und oder auch durch ^f*^^ ersetzt werden kann« 
Von den drei in ihr auftretenden Inkrementen kann 
man zwei beliebig wählen und erhalt dann den Wert des 
dritten; setzt man eines von ihnen gleich Null, so gibt die 
Gleichong zwischen den beiden anderen die Differential- 
gleichung der Schnittkurven der GleichgewichtBoberfläQhe 
in einem pt^s^^'^-System mit der Parallelen zu einer Koordi- 
natenebene. 

Im vorstehenden ist angenommen, daß nur die Kom- 
ponente (2) beiden Phasen gemeinsam ist; enthält dagegen 
die Phase (6) nur die Komponente (1), ist also q^^^=^oo, so 
liefert (33) 

und aus der ersten Gleichung (21) folgt 

Die Formel stimmt mit (36) formal überein; beide Male 
tritt das Potential der den beiden Phasen gemeinsamen Kom- 
ponente in der Phase auf, die beide Komponenten enthält 
Wir benutzen weiterhin ausschließlich Formel (36) und 
lassen dabei zur Vereinfachung die oberen Indices fort; 
es steht hiernach in diesem Paragraph stets u, X, q, 
C2 an Stelle von «**>, A<*S ^\ C^? = Ci^ und es bedeutet 
u die Volnmenzunahme, X die Wärmeaufnahme beim 
Ubergang der Maseeneinheit der Komponente (2) 
aus der Phase (a) in die Phase (6) infolge der Zu- 
fügnng von Masse zur Phase (a), —Uy —X analog 
für den Übergang von (h) nach (a); das Po- 

tential der den beiden Phasen gemeinsamen Kom- 
ponente in beiden Phasen, q das Mischungsverhält- 
nis der allein beide Komponenten enthaltenden 
Phase (a). — 



^ j . -Li by Google 



186 n. KapitdL Mehi«re Komponenteiu 



Von großpr Bedeutung sind diejenigen drei speziellen 
Zustandsändeningen, bei denen von den in (36) auftretenden 
drei Inkrementen je eines gleich Null ist. 

a) dq = 0 bestimmt die Zustandsänderung bei kon- 
stanter Konzentration Hier folgt aus (36) 

(37) Xd^^^^ud,p, 

also ein vollständiges Analogon zur Glapeyron-Clau- 
siussoh^ Gldolumg (24) sSt S. 31; doch ist die ab- 
weiohende Definition von u und Ai die in § 60 eingeführt 
und soeben wiederholt ist, dabei zu bedenken. 

Ist die Phase (ä) eine Lösung, die Phase (h) der Dampf, 
in den nur die Komponente (1), das Losungsmittel, eintritt^ 
so kann bei genügend kleiner Dichte u — v^B'&lp gesetzt 
werden, woraus r^ultiert 

B^^d^^Xpdg^ oder 

Führt man eine verdampfte Masse Dm^ in der Weise 
In die Losung zurfiok, daß man \m k<mstant gehaltenem ^ 
sie von dem übrigen Dampf isoliert kondensiert und mit 

der erzielten Flüssigkeit die Losung verdünnt, so muß für 
diesen isothennen reversibeln Kreisprozeß nach Bd. I, S. 285 
die Summe der aufgewandten Wärmemengen verschwinden. 

Diese Warmeanfnrendung besteht aus der Yerdampfungs- 
wärme aus der Wärmezufuhr D(o, die bei der 

isothermen Yolumenänderung von v bis zu % (wobei die 
Kondensation einsetzt) aufgebraucht wird, aus der Kon- 
densationswämie -X^Bm^ des reinen Lösungsmittels und 
aus der bei der Verdünnung zuzufiihrenden Wärme öDm^. 
unter ö die spezifische Verdünnungswärme verstanden. Der 
Anteil Dco ist, da der Dampf als ideales Gas mit allein 
von der Temperatur abhängiger Energie behandelt wird, 
gleich dem Negativen der bei der Yolumenänderung auf- 
gewandten Arbeit, und somit gleich 

•o 

-^jpdv} 

9 

er ist neben den übrigen Teilen zu vernachliissigen. be- 
rechnet sich aus der Formel (38) iur X, wenn man nur den 



§61. Die eine Phase enthält nur eine Komponente. 1B7 



dem reinen Lösangsmittel bei der Tempentur ^ zugehörigen 
8al%uDgsdruck an die Stelle von p aetst So eihiUt 
man eine Formel für die VerdQnntmgswSnDe 

(39) 

die von Kirchhoff ^) auf einem von dem vorstehenden ab- 
wdchenden Wege gewonnen ist. 

Ist die VerdfinnnngswSrme unmerklich, bo wird nach 
dieser Formel das Verhätnis der Sättigungsdrucke über der 
Lösuog und fiber dem reinen Losnngsmiäei von der Tem- 
peratur auabhängig. Dies von Babo^ aus BeobachtuDgen 
erschlossene Gesetz ist also nur unter der gemachten Vor- 
aussetzung richtig. 

Ist die 1^1 la (b) fest, so enthält das Vorstehende die 
Theorie des Gleichgewichtes für eine Losung^ aus der nur 
eine Komponente ausfällt, entweder das Losungsmittel aus- 
friert oder die gelöste Substanz auakristallisiert. 

ß) dp = 0 bestimmt Veränderungen bei konstantem 
Druck. Hier reduziert sich (36) auf 

(40) ^a,& + ^d,q~0. 

wobei q wiederum mit einer Konzentration q oder c^» ^® 
auch mit \lq=^r vertauscht werden darf. 

Da nach (15) Bl^JBq<0 ist, so wird mit wachsendem 

q = m^C^ ' 7)iif , d. h. mit rehitivcr Zunahme der allein in 
Phapp fa) vorhandenen Komponente (1) die Gleichgewichts- 
temperalur des SystPTn^ erhöht oder erniedrigt, je nach- 
dem X positiv oder negativ ist. 

Für eine Lösung, deren koexistierender Dampf allein 
das Lösungsmittel enthält, wird sonach (da hier i>0 ist) 
bei wachsender Konzentration die Gleichgewichte- oder Siede- 
temperatur wachsen. Für eine Ij<')3ung, deren koexistierende 
feste Phase nur das Lösungsmittel enthält, wird hingegen 
(da hier jl<0 ist) bei wachsender Konzentration die Gleich- 
gewichts- oder Gefriertemperatur abnehmen. 

Kirehhpff, Pogg. Ann. Bd. 108|S. 177, 1858. 
^) Babo, Über die Spannkraft des Waaseraampfes usf. Frei' 
buig 1847. 



188 Kapitel. Ifehrere Komponenten. 

Bei kleinen Konzentrationsändenmgen darf man in (40) 
den Differentialquatienten dp^jdq mit dem DifPerenzenqiio- 
tienten — i^o)/(ff~??o) vertauschen, wo ^nnd^, t^o^^Sb 
einander entsprechen. Gilt der Index ^ für das reine LSeungs- 
mittel, ist also ^o*"^» <bo resultiert 

Diese Formel zeigt, durch welche Art von Beobach' 
tungen sich der wichtige DiÖerentialquotieut 

für eine mit einer Phase des reinen Lösungsmittels koexi- 
stierende Lösung bestimmen lassen würde. 

Handelt es sich um eine Tagung, die mit der festen 
Phase des gelösten Körpers im Gleichgewicht, -oTitit al.so 
gesättigt ist, so stellt die Komponente (1) jetzt das Lösungs- 
mittel dar, q = m^i^jm^^ ninmit hier mit wachsender Konzen- 
tration ab und ^vird daher besser durch r — m^\'m^i^ ersetzt 

Die F<»nnel (40) ändert sich hierdureh nioiit wesentlich; 
man kann schreiben 

^^"^^ ~ ^! er ' 

hat aber zu bedenken, daß jetzt o^j/^r>0 ist, da r in d 
dieselbe Holle spielt, wie fj in Ci- 

In der letzten Gestalt bestimmt die Gleichung die Zu- 
nalinu^ dos Lüsungsvermögens bei wachsender Temperatur 
unter konstaiitem Dnick. X ist die W iirmcauf nähme, die das 
Ausialkii der Masse Eins aus der Lösung begleitet, A gibt 
die bei der Auflösung zuzuführende Wärme an. Ist letztere 
Größe positiv, so nimmt das Lösungsvermögen mit wachsen- 
der Temperatur zu. 

Die Beobachtungen sind mit diesem Resultat im Ein- 
klang; d r^'d^ und —X sind der Begel nadh beide positiv*^) 

y) tf^aaO bestimmt Veränderungen bei konstanter 
Temperatur. Aus (36) wird hier 

(43) ud^^p^j'^d^q; 

*) a z. B. Braun, WiecL.-Ann. Bd. 30, S. 255, 1887* 



f 6S« Die Braun Mhen Fomielii. 



189 



da dt^^jdq<0 ist, so wird bei wachsendem q = m^^/m^2 \ ^- ^ 
"bei relativer Zunahme der nur in Phase (a) vorkommenden 
Komp mciite, der Gleichgewichts druck des Gemisches wachßen 
oder abnehmen, je nachdem u nc^tiv oder positiv ist. 

Für Lösungen in Koexistenz mit dem Dampf des Lösungs- 
mittels wird also we^en w>0 der Gleiehö^ewichts-, d. h. 
Sättigungsdruck des koexistierenden Dam[it( s mit wachsen- 
der Konzentration abnehmen; bei Koexistenz mit (1< r festen 
Phase des Lösungsmittels kann der Gleichgewichtsdruck mit 
wachsender Konzentration sowohl abnehmen, als wachsen, 
da positive und negative u vorkommen. 

Bei kleinen Konzentrationsänderungen kann man wie 
oben verfahren und die mit (41) korrespondierende Formel 
bilden 

(44) *'-i^ = tl' 

in der den Gleichgewichtsdruck des reinen Losungsmittels 
bezeichnet. Auch diese Formel bietet einen Weg zur experi- 
mentellen ßestimmimg von r^to/c^g dar. 

Handelt es sich um eine konzentrierte Lösung^ und 
führt man wie oben ljq = r ein, so ergibt (43) 

wo dC^Ißr'X} ist. Das Lösnngs vermögen nimmt also bei 
Drucksteigerung unter konstanter Temperatur zu, wenn beim 
Anskristallisieren des gelösten Körpers durch Entziehung von 
Lösungsmittel eine Volumenvergrößerung eintritt, also w>0 
ist. —u bezeichnet dann die Volumenvergrölierung bei der 
Auflösung in fast gesättigter Lösung. 

Auch hier liegen direkte Messungen^) vor, die das He- 
iSultat bestätigen. 

§ 62. Die Ii rauu scheu Formeln. 

Da die Größe ^^2/^? sowohl in (40), als in (43) auftritt, 
kann man durch Kombination beider Formeln eine einfache 
Beziehung bilden , die von ihr frei ist; es gilt nämlich 

*) Ed, von Stnokelberpf, Zeitschr. f. phyg. Chemie. Bd. 20, 
8. 337, 1896, wo auch viel Literatur zu finden ist. 



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190 n. Kapitel. Mehrere Komponenten. 

Diese Formel verbindet die Änderungen des Mischnnea- 
verfaSltnisses jf, die bd konstanter Temperatur dnieh Druä* 
andenmg und die bei konstantem Bruck durch Temperatur* 
anderung bewirkt werden, mit^ der Volumenzunahme uod 
der Wärmeaufnahme, die den Übertritt einer Masseneinheit 
der Komponente (2) aus der Phase (a) nach (6) begleiten — 
wie früher bei Zuf ügung entsprechender Massen zur Phase (a). 

Setzt man wieder gesättigte Lösungen voraus, d. h. 
solche, die mit der festen Phase der gelösten Substanz im 
Gleichgewicht sind, und fuhrt wieder r«»mif7mf^ — 1/g ein, 
so kann man (46) schreiben 



(47) 



Diese Beziehung, deren Zusammenhang mit andern Fragen 
im v(»rstehendcn anffz;ckläi*t ist, hat F. Braun') auf einem 
direkten Wege gewonnen und durch Beobachtungen bestätigt. 

Noch seien zwei Identitäten erwähnt, auf die F. Braun 
gleichfalls hingewiesen hat, und die Interesse besitzen. 

V und E sind innerhalb des Gleichgewichtsbereiches 
Funktionen von den Argumenten jp, und q resp. l/^ ^ r, 
zwischen denen die Beziehung l}f = t!?^ besteht. Man kann 
y und JE demgemäß bei konstantem 7> oder bei konstantem 
^ vaiiieien, also bilden, indem man q oder r durch p und 
t? ausgedrückt denkt, 

dpV _BV dVd^q dV dVd^r 
d^~d^'^ dqd^~ d^'^ dr d^ * 

dp dp dq dp ^ dp Br dp ' 

usf. Dabei folgt (l,,q'd§ und dprjd{> aus (40) und (42), 
d^q/dp und d^rjdp aus (43) und (45). 

Eine zweite DiflPerentiation nach p resp. nach t> liefert 
hier links das gleiche Resultat, rechts auJ-ier identischen zwei 
äußerlich verschiedene Glieder, die hiemach auch gleich sein 
mfissen; so gelangt man zu der Beziehung für r 



*) Braun, 1. c. S. 250. 



(49) 



§ 62. Bic BrauDSchen Formeln. 191 
der sich zuordnet 



d^Kdrf dp ' 



Nnn ist r = n^^fm'f und in dem in diesem Paragraphen 
vorausgesetzten Fall m^f^ unveränderlich gleich der Gesamt- 
masse der Komponente (1), zugleich dml^^ — — dmi^^ . So- 
mit gUt auch 



ep\6n^l d^^ eAi 



dp UmSfV ~ ^i? Kdn^V dp ' 

Hierin ist dVIBmi.^^ mit dem früher geführten u identisch, 
dE/dm!}^ aber die bei dem Übertritt der Masseneinheit in 
die Fliaae (i) stattfindende EneEgiefinderoDg« die mit e be- 
zeidinet werden mag. Somit gilt schlieBliä 

dudpT dud^r 

(51) "^V" 

oe dpf _ c€ d^r 

dp d^~ dp * 

Da der auf der sugefÜhrten Arbeit beruhende Anteil an 
e banfig klein ist neben dem durch die Warmesufuhr ge- 
lieferten« und der letsteie durch A dargestellt wd, so kann 
die aweite Formel oft in Anniherung geschriel» werden 

^^dgr_Bl d^r 
Ipd^^Mlip' 

Auf diese Weise werden also die Variationen, welche 
Volnmcnziinahmo u und Würracaufwand X mit Druck und 
Temperatur erleiden, in Zusamnicnhang gebraciit mit analogen 
Veränderungen dos MischungsverhältniRses r m^fjm^^^ . Da- 
bei iöt, wie in Erinnerung gebracht werden mag^ (2) die den 
beiden Phasen gemeinsame Komponente. 



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192 



H, KApiteL Mehrere Komponenten. 



g 63. Beide PJiMen entiiAlteii beide Komponenten* 

Faßt man die Formeln (21) mit den Faktoren 
und 1/(1 + zusammen und benutzt die Beziehungen (30) 
und {8), so erhalt man 

(53) u^^^dp - '-^ d& - e^> d^'" - 0 . 

Analog liefern die Faktoren 2^7(1 + /^*) und l/(l + 2<*0 
wegen (33) 

(54) ^>dp -~d»+ . da"" = 0 . 

Diese beiden Fonncln, in denen die u und X auf S. 182 
und 1H'^> definiert sind, und die fj sich nach (7) auch durch 
die Koiizentrationen ausdrücken lassen^ gestatten interessante 
Folgerungen. 

DaÜ bei gleichzeitig verschwindendem dp und d§ auch 
4j(<?)_^w^0 sein muß, ist bereits S. 179 allgemein gefolgert 

Weiter ergibt sich für isothermische Änderungen 
(<f^ = 0) 

Für isopiestische Änderungen {dp — O) folgt analog 

In diesen Formeln ist vCi^;v(^% a^-^/cV"^ und {l + q^% 
(l-f-?^*^) sicher positiv; t*^°* und n"'', X*"^ und A"*^ haben nach 
ihrer 1>( tinition im allgemeinen entgegengesetztes Vorzeichen, 
uud muii kann die Bezeichnung so wählen , daß > 0, 
i^(ft) < Q Dann sind unbestimmt nur die Vorzeichen von 
dq^^\ dq^^^ und {q^°^ — q^^^), uud die beiden Formeln er- 
geben einerseitSy daß dq^"^ und dqf''^ gleiche Vorzeichen haben, 
und eodann, dafi bd positiveni vaad das Yoneiehen 
von dp dasjenige von (g^^'^ — q^^^) isL Über die UmstindOf 



(55) 



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§ 63. Beide Fiiaseu enthalten beide Xompotieuien. 193 



unter denen und d^*^ gleiches YorzeicfaeQ erhalten^ ist 

S. 172 gesprochen worden; es ergab sich, daß aufier in dem 
Falle anfänglich gleicher q^*^ und q^^^ die Erteilung gleicher 
Vorzeichen an ^^"^ und j^''* stets möglich ist. 

Was die Formeln (55) und (56) über die Vorzeichen 
von d^p und dp^ bei gegebenem Vorzeichen von d^"^ resp. 
rfgiW aussagen, ist leicht erkennbar. 

Wieder geben die abgeleiteten Formeln Methoden zur 
experimentellen Bestinmiung von d^^jdq^^\ d^^ydq^''^ an die 
Hand; auch kann man durch Elimination dieser Größen 
zwei neue Formehi bilden, welche zu (46) analog sind luid 
lauten 

^ ^ ^ dp ^ dp ' ^ dp ^ d& • 

Die Beobachtnilgen zur Anwendung dieser Formeln 
sind, wo es sich um zavoi variable Mischungsverhältnisse 
handelt, natürlich schwieriger, als in dem oben behandelten 
speziellen Fall. 



§ 64. Brei koexistierende Pliaseu. 

In dem Falle dreier koexistierender Phasen (a), (h), (e), 
wo etwa neben der Flüssigkeit und dem Dampf noc^ eine 
feste Mischung aus den beiden Komponenten vorhanden ist^ 
gelten nach (14) die vier Gleichungen 

(58) c^«) = ti') = , = C?^ = . 

Sie enthalten die fünf Variabein p, q^'\ 
lassen also eine von ihnen frei verfüglrär; das System ist 
monovariant 

Ist der Wert einer Yariabeln gegeben, so sind dadurch 
die übrigen und damit der physikalische Zustand der drei 
Phasen festgelegt; aber die drei q bestimmen hier nicht 
etwa alle Massen mS''? denn die Zahl der letzteren ist sechs, 
während nur die fünf Gleichungen 

(59) 

bestehen. Es ist hier also eine einfach unendliche 
Xleihe von Umsetzungen zwischen den drei ver- 
Voigt, Thennodyiiamik. IL 13 



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194 n. KapiteL Hehfm Komponenten. 

schiedenen Phasen möglich, insofern durch Ver- 
änderung eines der mj;^ die Veränderungen aller 
übrigen mitbestimmt werden. 

Fugt man z. B. der Men^e der ersten Komponente in 
der Phase (a) ein ( n gebenes zu, so folgt damus nicht nur 
die Zunahme d( r anderen Komponente, die zum Konstant- 
erbalten von (/"'' ciibrdtriii'h ist; es bestimmen sich auch 
die Veränderungen der ^Massen mf\ mlj'' und M^', welche 
und q'"-'^ konstant erhalten, derai-tig, daß zur Chai-akte- 
risierung des ganzen Vorganges die Angabe nur des einen 
Gliedes nötig ist 

Der Fiül entspricht darchauB dem des gleichzeitigen 
Voikommens nur einer Komponente in zwei Phasen, der in 
§ 4 u. f . behandelt ist. Dort waren zwei Variable p und ^ 
durch eine Beziehung G(p,d)=^0 verknüpft, hier sind fünf 
Variable p, 0, durch vier Gleidiungen verbunden, 

aus denen bei Eliminationen von ^ eine Formel 

von derselben Gestalt &{Pf ^) = 0 folgt. Man kann also, 
wie früher, so auch jetzt» 6^ Gleichgewichtszustände durch 
eine Kurve in emer |)tl>- Ebene darstellen, wobei jetzt aber 
die Darstellung unvollständig ist, insofern in ihr die jedem 
Punkt zugehörigen Variabein q^"\ q^*^^ nicht ersichtlich sind. 

Es ist auf diese Verhältnisse schon S« 175 hingewiesen 
worden; aber die vorstehenden Entwicklungon führen tiefer; 
insbesondere lassen sie erkennen, daü die Grenzkurven 
f^r'd?, 1^) jederzeit Gebiete von solchen Phasenpaaren 
scheiden, die eine g-em einsame Phase besitzen, da in 
der Grcnzknrve nur drei (nicht vier) Phasen koexistieren. — 

Schreiben, wir kurz 

(60) Z=2(i»?>{lp+in!pÖP), c 

und bilden 



(61) 



dp i \ dj) dp ) * 



80 kann man Roglcich die Volumenänderung d V und den 
Wärmeauiwaiid äÜ = H bestimmen, die eine Umsetzung 
bei konstantem pj q'"-, q^''\ q^*^^ innerhalb der diei Pliasen 
begleiten. 



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§ 64. Drei koexistimnde Pbasen. 195 

Wir erhalten nämlich zunächst^ da die q^'^ festgelegt 
sind, für eine Variation der Maseen mJP um dm]l^ 

(62) '^'P ' 

wahrend daneben gilt 

Um symmetrische Formoln /u bekonimon, woIIph wir 
nicht eiü beliebiges dmif als gegeben herausgreiien^ sondern 
die synmietrische Funktion 

(64) «dmi|'> + /^a^mjf> + 7<jfftif>»o 

vorschreiben, wobei oc, ßy y wiUkürHche Faktoren sind. 
Dann erhalt man sogleich, falls 

(65) « - 1^) 4- ßd^'^ - + y (fi^''^ = D 
gesetzt wird, 

(66) D dn^^ = a($<*> - q^'^) , Ddfm?> « a(s<^' - q^^^) , 
was ans (62) nach ein&cher Umstellung liefert 

dabei folgen die durch Punkte angedeuteten Glieder aus 
den erpten durch cyklischc Vertausehung der a, h, c. — 

Die vier Gleichgewichtsbedingungen (5^) können, wie 
früher die analogen, in dem Bereich ihrer Gültigkeit diffe- 
rentiiert werden. Die erste von ihnen gibt z. B 

(68) 'J^ildp + J^^d<,-^"^,d<^-^^^^^^^ 

analoges liefern die andern drei. 

13* 



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196 1^' Kapitel Mehrere Komponenien. 

Man erkennt, daß es nicht möglich ist, diese Bedingungen 
durch die in (67) definierten Umwandhingsgrößen d V und (IQ 
auszudrücken, wie solches iu dem Fall eines monovariantoTi 
Systems mit einer Komponente anging. Hierauf beruht, 
daß für das vorliegende Problem allgemeine Folgerungen 
von Bedeutung kaum zu ziehen sind, die Formeln erst an- 
wendbar werden, wenn man entweder das System vereinfacht 
oder aber spezielle Ansätze für die Potentiale zur Anwendung 
bringt. Wir wollen hier zunächst den ersteren Weg ein- 
schlagen. 

§ ü5. Itt zwei Phasen kommt nur je eine 
Komponente Tor. 

Der emfaoliste innerhalb der vorliegenden Ftoblem- 
Stellung mögliche Fall Ist der, daB die eine Komponente 
(1) nur in der einen Phase (a) in merklicher Menge 
auftritt, und g^*^^ also gleich Null gesetzt werden 
können. Kin Beispiel bietet eine Salslösung mit koexistieren- 
dem Dampf und Eis. 

Hier bleiben von den vier Gleicbgewiohtsbedingm^en 
(58) nur die beiden 

(69) = 

übri^, die den Zusammenhang zwischen j;, l) und q^"^ be- 
stimmen, also eine Gleichgewichts kurve in einem päy^' - 
System darstelleu. Sondert man sie in 

(70) ft"'-«", a" = ft", 

80 enthalt die zweite q^"^ gar nicht, bestimmt also das Gleich- 
gewicht der reinen Substanz (2) in den Phasen {h) und (c); 
im p^^^^'BjBtem eigibt sie eine Cylinderflädie mit zur 
Achse parallelen Kanten, deren Schnitt mit der Oberfläche 
von der Gleichung (!lf* = tff die Gleichgewichtskurve bildet 
Die Formehl (67) nehmen zugleich die Gestalt an 

(71) ^ * 

+ äQ^^^ 

wobei nach {ßo) 

D/2W = (y_^) ist. 



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§ 65. In zwei Phasen kommt nur je eine Komponente vor. 197 

Nimmt man a^O, /J = 0, y = 1, so wird nach (64) 
a = dmi^\ und wenn man noch die anf den Eintritt der 
Masseneinheit in die Phase (e) bezogenen Großen 

einfuhrt, erhalt man 

(73) -r=^iap^, 

?f*^' und A^"^^ sind hiernach dieselben GröÜen, die für den 
Übergang zwischen den allein vuriiandeneu Phasen (h) und 
(c) der reinen Komponente (2) maßgebend sind, und eiii anderer 
Übergang ist bier bei konstanten p, (/ uuch nicht möglich. 

Die Differentiation der beiden Formeln (70) innerhalb 
ihres Gültigkeitsbereiches liefert 

Sp ^ dd^ 

Letztere Formel geht wegen (73) über in 

(7ö) }!i^d^=^t4^^dp, 

die der Clapeyron-Olansinasolien Formel (24) auf S. 31 
genau entspricht Das Yeibaltnis zwischen den Zuwachsen 
dp und die einem Fortschreiten längs der Gleichgewichts- 
kurve entsprechen, ist biemach voUst&idig durch Volamen- 
äuderung und Wärmeaufhahme der Komponente (2) beim 
Übergang aus der Phase (&) in die Phase (e) bestimmt 

Dies darf natürlich niddt so verstanden werden, als ob 
immer eine Massenumsetzung nur zwischen den Phasen (b) 
und (e) statdande. Bei geändertem p und ^ ist das Gleich- 
gewicht dieser Phasen mit der Phase (a) gestört, und es be- 
darf eines Massenaustausches mit dieser, um das Mischungs- 
verhältnis auf den den neuen Verhältnissen entsprechenden 
Gleichgewichtswert zu bringen. Formel (74^) bestimmt das 
dazu erforderliche Inkrement d^'^K — 

Fehlt in der Phase (b) wiederum die Kompo- 
nente (1), in der Phase (c) aber (2), so ist g^^^ ver- 
schwindend^ g^^^ aber unendlich. 



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198 II. KapiteL Mehrere Komponenten. 

Von den Gleichgewicfatsbedingungen (58) bleiben allein 

(76) = C5'>-C!?^ 

Ein Beispiel liefert eine Salddsung, die mit Dampf und dem 
festen Salz koexistiert. 

Hier wollen wir in (67) nur die in q^^^ oder mul- 
tiplizierten Glieder beibehalten^ also schreiben 

^ r dp I' 

wfihvend nach (65) 

wird. Nimmt man « = 0, ß = l, y = 0, so wird n?ich (64) 
0 = ;;^^) und, wenn man die auf den Eintritt der Massen- 
einheit in die Phase (6) bezogenen Grö^n 

einf&hrt^ ergibt sich 



Aus den Formeln (76) folgt durch Differentiation inner- 
halb des Gültigkeitsbereidies 

Faßt man diese beiden Gleich uiigeii mit den Faktoren 
^ und —1 zusammen und benutzt die Beziehungen (79), 
sowie die fundamentale Formel (8)^ so erhält man^ analog 
zu (75), 

(81) }lt^di^^i4>i^dp. 



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f 6ü. Vier koexistierende Fliaäeo. 



199 



Hier haben aber die and iljf^ kompliziertere Bedeu- 
tung und bestimmen sich nach (79) durch die Umsetenngen 
zwischen allen drei Pliasen. 

Ohne Kenntnis der Potentiale {jjf lassen sich diese Re- 
sultate nicht weiter verwerten. 

§ 66. Tier koexlstieraide Phasen. 

Koexistieren die vier Phasen (a), {b), (c), (d), so gelten 
nach (14) die sechs Gleichgewichtsbedingungen 

(82) ^-»«««««•^«ci'», ar>=tt«=fif^-ft*. 

Dieselben enthalten sechs Variable, nämlich p, d, q^'^^, q^^\ 
q(c}^ qid) fjerei^ Werte durch die Bedingungen im allgemeinen 
vollständig bestimmt sind. Stellt man die Vorgänge, wie auf 
S. 194 (obwohl unvollständig), in einem -System dar, so 
wird durch die Formeln (82) ein Funkt gegeben, der hier 
ein vierfacher ist und sich als Schnittpunkt der früher er- 
wähnten Gleichgewichtskurven für je drei Phasen darstellt. 
Die Anzahl der sich im Gleichgewichtspmikt schneidenden 
Grenzkurven ist im allgemeinen jetzt vier, da je vier 
Gleichungen von der Form (58) — zwei für die Komponente 
(1) und zwei für (2) — eine Grenzkurve bestimmen^ und bei 
diesen die vier Phasenkombinationen 

ahCf abd, acd, bcd 

möglich sind. Der Punkt (aded) Ist also In doppeltem 
Sinne ein viei&cber jsa nennen. 

Ist der Charakter der (jrienakiirven^ die in dim vlei- 
fachen Punkt sich sdineiden, nadi dem Vorstehenden fest- 
gestellt, so gilt nicht aaoh gleiches bezüglich der durch sie 
begrensten Uebiete zweier koexistieiender Phasen. Da auf 
jeder Grenzkurve drei Phasen zusammen bestehen, und die 
durch sie getrennten Flächen eine Phase gemeinsam haben 
müssen, so ergeben sich jedesmal drei verschiedene Möglich- 
keiten, je nachdem die erste, die zweite oder die dritte jener 
Phasen die gemeinsame ist» Die umstehenden Figuren geben 
hiervon eine Anschauung. Man erkennt leicht, daß (bis auf 
die ihnen spiegelbildlich entsprechenden Fälle) die in den- 
selben dargestellten Verteilungen die einzig möglichen sind. 
Denn die Reihenfolgen der Buclistaben 



200 



II. Kapitel. Hehrere Komponenten. 



abdcdf ahcdiity aehdck 

und die enlgc gcDgesetasten erschöpfen alle Möglichkeiten und 
sie sind bezüglich der auf den Grenzkurven gemeinsamen 
Komponenten in den Figuren 35 bei Linksomlaufong des 
vierfadien Punktes realisiert 

Wie in dem Falle nur einer Komponente die Grenze 
kurven im dreifiichen Punkt nicht endeten^ so setsen sich 
dieselben auch hi^ durch den vierfachen PunJct hindurch fort» 
als Grenzen zwischen metastabilen Zweiphasengebieten und 
somit als geometrische Orte des metastabilen Gleichgewidites 
zwischen drei Phasen. — 




r/M 





hcd 



Was die Massen m^j^ der Komponenten in den verschie- 
denen Phasen angeht, so ist deren Zahl acht, während 
zwisch«! ihn^ sechs Bedingungen bestehen, nämlioh die 
vier Formeln, welche die Mischungsverhältnisse definieren, 



und die zwei, welche die Gesamtmasse jeder Komponente 
bestinmien. 

Es können also innerhalb des Gleichgewichtes die Massen 
auf zweifach unendliche Weise variiert, zwei der wi^ näm- 
lich willkürlich vorgeschrieben werden. 
Aus den allgemeinen Formeln 



€}p~' ' d^ 

deren letzte eine isotherme reversible Umwandlung voraus- 



§ 66. Vier koexistierende Phasen. 



201 



Betzt, ergeben sich die Volumenänderung und die Warme- 
anfnahme^ die alle derartigen Umwandlun^eii begleiten. 

Eine geschlossene Zuetandsänderung, die den vierfachen 
Punkt unendlich nahe umgibt, liefert für die Summe der 
nüt der Uberschreitiuig der vier Grenzkurven verbundenen 
Volumenänderongen imd W&nneaufiiahmen den Wert Null. 
Diese Beziehungen entfqf^redien den Foimeln (29) auf S. 34; 
sie gestatten aber wegen der größeren Komplikation der 
Verhältnisse hier nicht ähnliche Verwertungen^ wie sie oben 
möglich waren. 



II. Abschnitt 

EmfUhrang spezieller Ansätze in die 
Theorie binärer Genusehe. 



§ 67. Heranziehung der den natürlichen Misehangft- 
TorgüDg begleitenden Erseheinnngen. 

In dem vorigen Abschnitte ist die Theorie des Gleich- 
gewichts zwischen verschiedenen Phasen eines Systems von 
zw^ Komponenten bo weit entwickelt^ als dies ohne Benutzung 
Bpedeller Axuätae filr die Potentiale anging. Mehr nodi^ 
als bei dem früheren Problem einfacher Körper, bildete aber 
hier die Uubdcanntediafli mit dem Gesetz der Potentiale {^^ 
eine schwere Fessd; die in den wioht^ten Formeln auf- 



schauliohen und direkt beobachtbaren physikalischen Grofien 
gar nicht in Verbindung zu bringen, und die Formeln gen 
statteten daher zunächst oft keine direkte Anwendung. 

Indessen bietet die Au%abe^ für die Potentiale Cl'^ mathe- 
matische Ausdrücke zu gewinnen, betrachtliche Schwierig- 
keiten. In der Tat, wenn sohon über die Potentiale einfacher 
Körper die Beobachtung bisher nur unvollkommen Aufschluß 
gegeben hat, so gilt gleiches bei den jetzt betrachteten 
Systemen, den binären Gemischen, wo eine Unabhängige 
(das Mischungsverhältnis) mehr in Betracht kommt, in noch 
erhöhtem Maße, und die etwa zu machenden Ansätze werden 
hi( r z ungleich komplizierter und unsicherer sein, als in den 
früheren Fällen. 

Bei den folgenden, auf die Ableitung derartiger Ansätze 
bezuglichen Überlegungen wollen wir, soweit es sich nur 
lun eine Phase handelt, der Einfachheit halber wieder hk 



tretraden Dk 




§67. Erscheinungen beim natürlichen MischungsTorgang. 203 



den Symbolen den oberen (die Phase charakterisierenden) 
Index fortlassen, also z. B. Cht ^kt • • • an Stelle der früheren 

mfl\ vü'^ • • benutzen. — 

Die natürliche GmndJage für die Bestimmung der 
Potentiale einer Komponente in einem Gemisch bietet immer, 
und gana besonders dann, wenn die einzelne Komponente 
bei dem gegebenen p und in der betreffenden Phase 

wenigstens metastabil bestehen kann, das Potential derselben 
Komponente im isolierten Zustande. Es entsteht somit 
die Fra!:(e^ ob und wie sicli das Potential eines Gemisches 
aus dem seiner nocli isolierten Bestandteile ableiten läßt. 

Da der Vorgaug der Mischung im allgemeinen irre- 
versibel ht, sich nämlich nach HerstelUmp^ der Berührung 
zwischen den Komponenten von selbst abspielt, so siud zu- 
nächst nur Formeln heranzuziehen, die auch für irreversibl e 
Voigäugc Geltung haben. Von dergleichen erhielten wir 
auf S. 6 

(84) ^(^-^)-r, — g; 

in ihnen stellen und die Potentiale desselben Systems 
in zwei verschiedenen Zuständen (1) und (2) dar, und zwar 
sind diese Zustande, wie auch der sie v«!liindeiide Ubeigang, 
in der ersten Gleidiuog ganz beliebige in der zweiten sind 
die Enddraeke und -temperatoren notwendig gleich, und der 
Übergang muß bei konstantem Dmek verlaufen; V' und Q' 
'sind die den Übergang von (1) nach (2) b^leitenden Volumen- 
veigp^dfierangen und Wfinneau&ahmen. 

Nach dem Gesagten ist bei Systemen, die noch von 
anderen Vaxiabeln als p und ^ abhangen, der Weg des Über- 
ganges in weitem Umfange frei gelassen. Handelt es sich 
2. B. um die Bildung eines Gemisches von zwei Komponenten, 
so ist es für die Werte von (wie von F') ohne Belang, 
ob der Mischungsvoigang in einem allmählichen Zusetzen 
der Komponente (1) zu der gesamten Masse von (2) besteht, 
oder ob umgekehrt oder ob irgend wip anders verfahren wird, 
Ma^ebend sind (außer Art und Masse der beiden Kom- 
ponenten) nur die Werte des konstant erhaltenen Druckes p 
und der einander gleichen Anfangs- und Endtemperaturen 
und j während die Zwischentemppraturen keinen £influß 
auf die Werte von ü' (wie von V) üben. 



204 II- Kapitel Hehrere Komponenten* 



Wir wollen für ein Wertsystem p und '&^=&^='& die 
V und Ü' als aus Beobachtungen abgeleitet annehmen. Dann 
liefert (84) nach Division der ersten Formel durch ^ 

WO K' weder p noch enthält. 

Wählt man also für die Summe der Potentiale der 
noch getrennten Komponenten, für Zf das Potential Z des 
Gemisches^ so ergibt sich hiernach 

(85) Z= K fio + ««, W + * [/ rfj» - J + K'] . 

Dabei bezeiclmen und spezifischen Poten- 

tiale der Komponenten (1) und (2) im isolierten Zustande 
bei gleichen p und ^; JST' ist nur von dem Mischungsver- 
hältnis q^mjm^ abhängig. 

Ist die die Mischung begleitende Voluinen- 
änderung und Wärmeaufnahme als Funktion von 
^ und dem Mischungsverhältnis q bekannt, so 
liiiit sich hiernach das Potential des Gemisches aus 
dem der isolierten Komponenten bei gleichem p und 
bis auf ein additives Produkt aus einer unbekannten 
Funktion von $ in ^ berechnen. 

Von dieser Funktion K' kann man allgemdn nur dies 
aussagen, daß sie für 0 oder 00, resp. q — 0 oder <^ » 0 
(falls diese Grenzfiüle innerhalb der untersuchtai Phase 
überhaupt erreichhar sind) verschwinden muß; denn in diesen 
F^en reduziert sich das Gemisch auf die reine Kompo- 
nente (2) oder (1)| und es verschwindet gleichzeitig V und 

Man wird JST' im allgemeinen passend durch eine ange- 
messen abgekürzte BeihenentwiokluDg darstellen. 

Was V und i7 angehti so folgt aus (84) durch £limi- 
nation von Z^^Z^ 

Betrachtet man nun, wi( in vielen Fallen zulassig:, tiir 
flüssige und feste Körper die Änderungen des Volumens 
mit Druck und Temperatur als unmerklich, so ist für jene 
Körper auch V* von p und § unabhängig und somit 



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% 67. Erscheinungen beim natfirlichen MLschiingsvoigsng. 205 

(86) //=i>r'4-H", 

wobei W eine Funktion von ^ und q bezeichnet und die 
Umwandlungswärme nach Abzug der Kompensation für die 
äußere Arbeit darstellt. Hieraus folgt, wenn / ( W'l&^-) cl» = 
gesetzt wird, 

(87) Z=m,C,o'^nuJ,o + V'P - ^HW' - K^) 

= ««1 Cio 4- % Cjö + (% + »»ä) Ö 

worin Q eine Abkürzung ist. 

Eine direkte Beobachtung der Verbindungswärme 
resp. TT' kann man unter Umstanden umgehen. Zwar gilt 
die Beziehung (27) von S. 32, welche die spezifischen Wärmen 
7p in den beiden Zuständen mit Umwandlungswärme und 
Volumeniinderung verknüpft, streng nur in dem Fall, daß 
diese Zustände nebeneinander im Gleichgewicht bestehen^ 
also ihre Potentiale einander gleich sind; aber eine analoge 
Formel gilt angenähert auch aligemein, wenn nur bei der 
Umwandlung, wie auch bei einer Temperaturändcrnng, eine 
unmerkliche oder aber eine vom Wcire nahezu unab- 
hängige äuljcre Arl)cit geleistet wird, wie dies bei festen 
und flüssigen Körpern in der Regel angenommen werden d;uf. 

Tn diesem Falle ist nämlieli nach der Energiegleiiluin^- 
für eine und dieselbe Umwandlung, die auf zwei ver«ehie denen 
Wegen ausgeführt wird, der Aufwand an ^Vämie gleich. 
Führt diese Umwandlung nun von den getrennten Kom- 
ponenten bei den Argumenten p und zu dem Gemisch 
bei p und />, und wird das eine Mal zuerst die Umwandlung 
und dann die P^.rwäiiiinnii;, das andere Mal erst die Er- 
wärmung und dann die Liuvvaudluug vorgenommen, so gibt 
ö*>iges 

man kann somit aus dem Wert Oq für eine Temperatur 
den für jede andere berechnen, wenn die spezitischen 
Wärmen r, y^, y^ des Gemisches und der Ko?npnnenten (die 
bei festen und flüssigen Körpern in Annäherung mit den 
für konstanten Druck geltenden y^ identifiziert werden dürfen) 
als Funktionen von i^ (und j)) bekannt sind. Darf man die 
letzteren Größen als konstant betrachten, so wird iJ' eine 



^ j . -Li by Google 



206 n. Kapiiel. Hehrero Komponenten. 

lineäre Funktion der Temperatur, und Gleiehunp {Hr)) vrc.wmnt 
nnrh Division diu-ch wii-j-wij und Einführung der Konzen- 
trationen Cj ^ /(mj-f«*»)! Cg = iWj|/(% -fmj) die in (87) 
enthaltene Form 

(88) t-=<Jifio+<s«tM+J^J^-ö^^M^) + ^^ + ^ 

worin non Fy Gj K, L nur noch das Mischungsverhältnis 
enthalten und bis auf K als durch Beobachtungen bestimm- 
bar gelten können. 

Ist der Vorgang der Mischung weder von Volumen- 
änderung, noch von Wärmeaufnahme begleitet, so ist F, Ky L 
gleich Null^ und Q reduziert sielL aaf K^. Allgemein gilt 
nämlich nach (84) 

(89) Ip'^^* .^2' 

wobei ü and A sich auf die Masseneinheit des Gremisohes 
beziehen. — 

Für die Potentiale Ci und d der beiden Kompo- 
nenten innerhalb des Gemisches können wir nunmehr nach 
(88) setzen 

(90) J^=WiCi + m,C2, ti=tio + ei, li-Ci^ + Qt, 
wobei wegen (9j und (10) gilt 

«,-« + (!+») |f-«-*||, 

für manche Zwecke ist es auch bequem, unter Benutzung der 
Abkürzung (^-\-q)Q^ {Q) zu schreiben 

Die Qi, haben nach (88) bei den gemachten Annahmen für 
feste und flüssige Gemische die Form 

(93) ft-i*il»-<?»dln(d)+Ä»*+L„ 

wobei die JF^, Gi^, Funktionen von q allein beseichneiii 



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§ 68. Ändenmg des MisohirngsverhAltnisBes usw. 207 

die mit Ausnahme voii als durch die oben beschriebenen 
Bcobachtungsincthoden bestimmbar gelten dürfen. 

Für die darf man iu vielen Fällen nach Formel (74) 
auf 8. 62 setzen 

wobei nur ^ enthalt und als von p und ^ merklich 
unabhängig gelten kann. 

§ 68. Indemng: des MischnngSTerhältnisses durch 
TenuLeliraiig der Masse einer Komponente. 

Wir schließen an diese Betrachtung des natürlichen 
MiBchungsvorganges eine Bemerkung über die, eine Ände- 
rung des MiBchunffsverhSItnlBses begleitende YolnmenSnderung 
und WaimeaufiDidime. 

Es sei in einem Zustand {oc) von der Komponente (1) 
die Masse mi, von (2) die Masse in dem Gemisch^ außer- 
dem von (1) die Masse isoliert vorhanden. In dem Zu- 
stand {ßj sei die Masse gleichfalls dem Gemisch zugefügt. 
Nach den Bemerkungen auf S. 203 über die Unabhängigkeit 
der Werte und Q' vom Wege des Überganges gilt hier 
mm ohne weiteres 

wobei K', Q'gt, und Vß, Qß die auf die Herstellung der Zu- 
stände {!\\ \\r\(\ (ß), V^rKß) ^'ß <li^' iiiif den Übergang von (o.) 
nach iß) bezüglichen Größen sind. Dabei ist 

FJ-H.D., ri~Mfüf. Qi^M,A.. Qi=M,Aß. 

wobei Mß die je im gemischten Zustand befindlichen 
Gesamtmassen, die ü und A aber die bei der Herstellung 
der Maßseneinheit der betreffenden Gemische stattfinden- 
den Volumenänderungen und Wärmeaufnahmen bezeichnen. 
Wir erhalten somit 

(95) V^^MßUß-MaU^f Üiß=MßAß-M^A^, 

wobei die U und Ä durch (89) gegeben sind. 

Ist die zugefügte Masse mi — dm^ unendlich klein^ han- 
delt es sich also um ^e unendlich kleine Änderung' dea 
Mischimgs Verhältnisses^ so mag gesetzt werden 



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208 ^ KapiteL Mehrere Komponenten. 

wodurch dann resultiert 

dm^BMÜ ^ dm^BMA 

oder auch, da die Masse der Komponente (2) nicht 
variiert und Jlf=(l + g}»i2 ist, 

(96) ^t, = __^, ^--(1+,) eq • 

Nun gelten für ?/ und yl die Formeln (89); wir erhalten 
somit bei Einführung der Abkiiizaiig 

sls gdiliefilidies Resnliat 

(97) f?». 

Hierin beziehen sich dv und dco auf die Massenemheit des 
veränderten Gemisches. Wenn erwünecht, kann man dabei 
das Mischungsverhältnis durch die KonzeDtrationen ersetzen. 
So gilt s. B. 

Die Funktion Q, die bei der Herstelluüg der 
Gemische eingeführt wurde, bestimmt hiernach auch 
die Vorgänge, welche eine Änderung des Mischungs- 
verhältnisses begleiten, und kann umgekehrt bis zu 
■einem gewissen Grade aus der Beobachtung jener 
Vorgänge abgeleitet werden. 

Ist die Komponente (1) ein Lösungsmittel, so stellt der 
x>ben betrachtete Vorgang eine Verdünnui^> ist sie die ge- 
löste Substanz y so eine Verstärkung der Losung dar, 

§ öü. Der Fall eines reversibel verluuienden MisehuDgs- 
Torganges; halbdurclilässige Wände. 

Im vorstehenden haben wir zur Berechnung des Po- 
tentiales eines binären Gemisches aus den Potentialen der 
isolierten Komponenten an die Erscheinungen angeknfipft» 



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§ 69. Der reversibel verlaufende JVIischuDgbVorgaug. 209 

>i?elcli6 den natürlichen, irre v e r s ibel verlaufenden Misohiings* 
Vorgang begleiten. Dieser Weg führte unter keinen Um- 
standen ziu' vollständigen Bestimmung dergesnohten GT6Qe, 
sondern ließ ein additives Produkt aus der Temperatur in 
eine Funktion des MischnngsverhSltausses unbestimmt. Wir 
-wollen jetzt untersuchen^ ob man in den Fällen 
weiter gelangen kann, wo der MischungSTorgang 
reversibel geführt, also mit Aufwendungen von ent- 
gegengesetztem Vorzeichen rückgängig gemacht wer- 
den kann. 

Schon wiedorliolt haben wir uns in diesen Unter- 
suchungen mit Vorgängen beschäftigt, dh nur ideale Grenz- 
fälle von in der Natur wirklich vorkommenden darstellen. 
Dergleichen ( ri-enzribcT-^änge , wie sie z. B. zur Kint'ührnng 
reversibler rrozesse und idealer Gase sclion Bd. J, S. 104 
und (117) einfrefiihrt waren, sind natürlich mitunter bis zu 
eiuem gewissen Grarh; hypothetisch, weil man nicht immer 
sicher sein kann, daÜ bei dem Übergang keine physikalische 
Unmöglichkeit gesetzt wird. Tn solchen h'ällcn niuli man nach- 
träglich durch Vergleichung der sich ergebenden Konse- 
quenzen mit der Erfahrung einen indirekten Beweis für die 
Zulässigkeit der Annahme zu erbringen versuchen. 

Beversibel ausffihrbare Mischungen sind Vorgäi gc, 
die in Strenge und Vollstand^keit bisher nicht redislert sind 
und die dem^mafi als ideale Gienzfalle angesehen werden 
müssen. Die^Ofsmittel, dieselben (wenigstens in der Vor- 
stellung) auszuführen^ sind die sogenaunten halbdurch- 
lässigen Zwischenwände. 

Es ist eine bekannte Tatsache ^ dafi gewisse Körper 
gleichzeitag für einzelne Substanzen in hohem Grade , für 
andere nur sehr wenig durchlässig sind. Ein glühendes Platin- 
blech läfit Wasserstoff sehr leicht hindurch, während es für 
andere Gase hat undurchdringlich ist. Tierische Membranen 
sind für Wasser sehr durchlässig, halten aber viele darin 
lösbare Körper fast vollständig zarück. 

Wir wollen die Annahme machen, es existierten 
Zwischenwände, die für gewisse Substanzen als ab- 
solut undurchlässig gelten können, während sie 
anderen nur einen Keibungswiderstand bieten, der 
zwar den P]intritt des Gleichgewichtes verzögert, 
aber nicht in Betracht kommt^ wo, wie bei allen 

Toigt, Tli«modynaiiiIk; XL 14 



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210 



IL Kapitel. Mehrere Komponenten. 



rt vorsibeln Voririin^^^en, die Änderungen iuk ndlich 
langsam stattfind* u. Wir werden später erkennen, daß 
die strenge Erfüllung' dieser Annahme nicht möglich ist, 
und daß jede Zwischenwand für jede Substanz eine (gleich- 
viel wie kleine) Durchlässigkeit besitaten muß; damit die 
Wand als undurchlässig: gelten kann, muß somit durch sie 
von den betreffenden Substanzen selbst in unendlich langen 
Zeiten nur unmerklich wenig liindurchtreten. Die Berech- 
tigimg einer solchen Festsetzung erscheint nicht so ganz 
zweifellos; es bedürfen die diu-ch ihre Vex-wendung gewon- 
nenen theoretischen Resultate demgemäß also jedenfalls der 
Prüfung durch die Beobachtung. 

Wir betcaditen ein Ge0l£ (Fig. 30) mit 
dem Gremiseh aus den Komp(meDten (1) und 
(2), welcbes durdi eine für (2) undun^lassige 
^ Wand (ix) von einer nur (1) enthaltenden und 
durch eine für (1) undurchlässige Wand {ß) 
von einer nur (2) ^thaltenden Kammer ge- 
trennt ist In dem erster en Raum vom Vo* 
C lumen F^g = V henrsche der Druck p^^ ^p, 
in den beiden letzteren von den Volumina 
imd i-esp. der Druck und jp,, welche 
beide durch geeignete Stempel Aj B, G her- 
vorgebracht und verändert werden können. 
£dne Verschiebung aller drei Stempel bewirkt dann in 
reversibler Weise die Mischung oder Trennung der Kompo- 
nenten. In der Tat, steht anfangs der Stempel C ganz oben 
an (X und ß, so daß V^., = 0 ist, und nehmen auch Ä und B 
hohe Positionen ein, so wird eine Senkung aller drei Stempel 
bei mit den innem Drucken gleichen Außendi'ucken die 
Komponenten aus Fj und Fj nach V^., nnd somit zur 
Mischung bringen, woliei das Mischungsverhältnis durch die 
Drucke i\ und 2h geregelt werden wird. Die entgegen- 
gesetzte Bewegung brinijt mit entgegengesetztem Arbeits- 
aufwand die Entmischung des erzoii^rt^'n Gemis?clies hervor. 

Darf man bei unendlich langsamem Operieren von den 
Widerständen in den semipermarabeln Wanden absehen, so 
sind die Arbeiten in gewohnter Weise aus den Gleich- 
gewichtsdrucken zu berechnen. 

Molekulare Attraktionen der Wände auf die einge- 
schlossenen Substanzen, die zu Kondensationen an deren 



7k 



f2J 



1 



% 69. Der revenibel verlftufende Mischungsvoigang. 211 

Oberflachen führen können , sind hier ein für allemal schon 
dadurch ignoriert, daß die Massen als den Volumina pro- 
portional b(^trachtet werden; wollte man dergleichen in {len 
kapillaren Kanälen der halbdurciiiässigen Wände trotzdem 
in Betracht ziehen, so würden sie doch bei der Berechnimg 
der Arbeit nicht zu berücksiclitit^^cn sein, da für diese nur 
die Änderungen der Potentiale jener Kräfte auf <lie Flüssig- 
keiten maßgebend sind und diese Potentiale sicii beim Hin- 
durchtritt irgend welcher Massen nicht ändern. 

Die Bedingung des Gleichgewichtes ist nach S. 4 durch 
die Gleichung 

gegeben; hierin ist E ^ E^., -\- + F.^ , H=^H,, ' \ H,, 
wobei die drei Glieder sich auf die drei Gefäße in Fig. 36 
beziehen; ferner gilt 

Setzt mau auch 
so gibt dies 

(98) dZ^ r„ dpi, -h Fl + F, dft - E6^ , 

woraus als Gleichgewichtöbedingung iu der S. 4 gezeigten 
Weise folgt 

(99) ^,^^-0; 

der Index p fordert dabei eine Konstanz aller drei Drucke 
bei der Variation. 
Nim ist 

wobei und ni^ die Massen der beiden Komponenten 
innerhalb V^^t w^io ^ho diejenigen in den Voiumiua 

}\ und Fj bezeichnen. Da nun die Beziehungen 

«Ii + »ho > — -3^2 

die Gesamtmassen beider Komponenten vorschreiben^ so liefert 
uns die 8. 26 angewendete Methode als Gleichgewichts^ 
bedingungen die Formeln 

14* 



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212 II* Kapitel. Kefarere KompoiMiiien. 



Dies sind formal dipsolben Gleichungen, als wenn die 
drei Phasen in unmitti Ibnrf m Kontakt wären; aber ihre 
Bedeutung ist dadurch geändert, daß der AVert des Druckes 
jetzt nicht in allen vier Funktionen der gleiche ist, sondern 

Pi2=P in Ci uiid Ci, Pi^ ^ Cio, Pi in C20, welcher Unter- 
schied deutlich hervortritt, wenn man die letzten Formeln 
unter Angabe der Argumente schreibt: 

Hiermit hangt zusammen, daß die beiden Bedingungen 
für sich allein das Gleichgewicht bei gegebener Temperatur 
jetzt nicht bestimmen; in der Tat sind vier Unbekannte , 
Pif P12 9t = iiUm^ aber nur zwei Formeln vorhanden. Man 
^nn demgemilfi liier aufier ^ noch zwei weitere Variable^ 
etwa pi und P2 ^^^^ P12 wülkfirlioh verschreiben. 

Jedenfalls aber Uefem die Gleichungen (100) den Sat^ 
6bB, wenn es gelingt, die Komponenten eines Ge- 
misches durch halbdurchlässige Wände getrennt im 
Gleichgewicht mit dem Gemisch zu halten, dann die 
Potentiale der getrenntenXomponenten denen gleich 
sind, die sie in dem Gemisch besitzen. 

Hierans folgt eine prinzipiell höchst einfache Methode 
der Bestimmung der Potentiale für die Komponenten eines 
binaren Gemisches. In der Tat: ist Cio Funktion von 
Pi und t^, C20 Funktion von und ^ bestimmt^ und 
ist durch Beobachtungen der Zusammenhang zwischen p^, 
p.^, und ftti/nii gefunden, so sind nach (100) Ci «u^d Cf 
als Funktionen von p^^, ^ und mi/m^ bestimmt. 

Hierbei mag ein wichtiger Umstand erwähnt werden. 
Bedingungen von der Form t?'^ sind uns schon früher 

begegnet, aber wh' haben Rio niemals zur allgemeinen Be- 
stimmung des Potentialcs einer Komponente {h) in einer 
Phase ia) durch dasjenige derselben Korapruiciite in der 
Phase (6) benutzt. War die Komponente (h) die eiu/iue, so' 
bestimmte die Beziehung ^«) = ^'>) ein einfach unendliches 
System Wertpaare p und 1^, für welches sie allein Geltung 
hatte; die Bestimmung von C^*'' durch C^*^ war in diesem 
y-.iUv also keine allgemeine. Waren zwei Komponenten (1) 
und (2) da, so bestimmten die Beziehungen ^^^= ^{^ 

abermals ein einfach unendliches Wertsystem p, t}, 5, in- 
sofern nur über eine dieser Großen willkürlich verfügt 



§ 70. Das Potential eines Gemisches idealer Gase. 213 

werden komite; iiich hier lieferten sie keine allgemeine 
Beetimmnng einen Potentiales dnzdi dbs andere. 

Hier ] Hegen die Yerlialtnisse anders. Mit den Glei- 
chungen (100) sind alle möglichen Wertsysteme p^^^, q ver- 
einbar; sie gestatten also wirklicfa| wenn die leohten Seiten 
bekannt sind, eine Bestimmong der und fnr alle Werte 
der Aignmente. 

§ 70. Bestimmung der Potentiale fUr die Komponenten 
eines Qemisehes idealer Gase. 

Die im vorstehenden entwickelte Methode zur Be- 
stimmung der Potentiale der Knrn[)onontcn eines binären Ge- 
misches verlangte die Feststeliuiig der J^eziehungen zwischen 
Druck und Mischungsverhältnis des Gemisches einerseits und 
den Drucken der durch halbdorohlässige Zwischenwände von 
ihm getrennten Komponenten andrers^ts. £ine Abl^tong 
dieses Zusammenhanses durch die Beobachtung allein ist^ 
insbesondere wegen der TTnvollkommenheit der wirklichen 
halbduidblassigen Wände, im allgemeinen sehr schwierig. 

In dem wichtigen Falle indifferenter idealer Gase oder 
hinreichend dflnner Dämpfe, wo der Druck des Giemisches 
nach der Eifahrung gleich der Summe der Drucke ist^ 
welche die emzelnen gegebenen Massen der Komponenten, 
fär sich allein in dem Gesamtvolumen ausfgebreitet^ ausüben, 
kann man eine plausible Hypothese an Stelle der Be- 
obachtung setzen. 

Es ist nämlich eine Konsequenz des S. 209 über die 
halbdurchlässigen Wände Gesagten, daß eine einzige Kom- 
ponente (1), zu beiden Seiten der für sie durchlässigen 
Wand befindlich, nur dann im Gleichgewicht verharren kann, 
wenn (bei gleichem ^) ihr Druck gleich ist; und wenn 
das Hinzutreten des zweiten Gases diesen Druck nicht 
ändert, so erscheint es als kaum hypothetisch, daß auch 
darnach im Falle des Gleich irewiehtes der Druck der Kom- 
ponente (1) zu beiden Seiten dei- Wand a, derjenif^e der 
Komponente (2) zu beiden Seiten der Wand ß in Fig. 36 
der gleiche ist. 

So gelangt man zu dem Satz^): Ideale Gase oder 
hinreichend dünne Dämpfe, die nicht miteinander 

^) Oibbs, 1. o. 



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214 U. Kapitel. Mehrere Komponenten. 



reagiereoi besitzen in einem Gemisch dasjenige 
Potentialj das ihnen, in dem gleichen Raom bei 
derselben Temperatur allein bestehendi eigen sein 
würde. — Die Anzahl der Komponenten spielt bei diesen 
Betracbtimgen offenbar keine Kolle; daher ist in dem Satz 
ihre Erwähnung auch imterblieben. 

Das Potential eines idealen Gases kann man nach (79) 
auf S. 63 schreiben; da hier die zwei van der Waalsschen 
Konstanten a und h gleich Null sind und deshalb mit fp 
zusammenfallt, 

(101) C « C - ^ [ r;' + In (^)] H- In (p) , 

unter C und C Konstanton verstiinden. Nach dem eben 
Erhaltenen wäre für die Komponente (h) eines Gemit^rhos 
von (h) idealen Gasen zunächst derselbe Ausdruck nach 
Vertauschung des Gesamtdruekes p des Gemisches mit dem 
Paiüiddruek der Komponente anzuwenden. Da aber, 
wie oben gesagt, 

ist — : die Summe über alle Komponenten erstreckt, — und 

if^t, so ergibt sich 



also 



(102) 



f* = - Y,^^[a + ln(^)] + J?,^ hl 



k1 m^ßj 



wobei das Potential der Komponente (h) bei demselben 
p und ^ im isolierten Zustande bezeichnet Und da weiter 
nach (94^) («»CacH-Qa gesetzt ist, so wird hier 

(103) ft-^..l„(^). 

Die Ausdrücke (103) enthalten die Massen nth drr Kom- 
ponenten nur in den Produkten muBk mit den bezüglichen 
konstanten des Boyle-Gay Lussacschen Gesetzes; infolge- 
dessen kann man vorteilhaft eine neue Bezeichnung einfahren. 



§ 70. Das Potential eines Gemisches idealer Gase. 215 

Bereits auf 137 von Bd. I ist benutzt worden» daß das 
Produkt der Konstanten £m in daa Holeknlaiigewicht 

(104) Bj^/x^^R 

eine universelle Konstante darstellt. Hierbei ist die Einheit 
youfi;, willkürlich; wir wollen weiterbin unter fik speziell 
die durch das Molekulargewicht (bei Annahme des- 
selben gleich 2 für 7/j) ausgesprochene Anzahl Gramme 
verstehen, d. h. ein Gramm-Molekül oder kurz ein 
Mol. In diesem Fall soll R die Gaskonstante heiJßen; 
ihr Wert ist in absoluten Einheiten etwa gleich 9,0. 10 ^ 

Drftcken wir dann die Masse i»« der Komponente (h) 
gemilB der Formel 

(105) «i**-nA/iÄ 

durch die Anzahl der in ihr enthaltenen Molen aus, so wird 

wobei hk eine neue Bezeichnung, die molekulare Kon- 
aentration ist, und es gilt statt (103) 

(107) Q, = ^B;,lu[k,). 

Für nur zwei Komponenten erhalt man schließlich 

(108) Q,^B,Mn(k,), Q,=B,Mn(k,), 

[ Q = c,Q,+c^ Q, = 0 (ci in{k^) + B^ In (Ä,) . 

Man kann sich leicht davon überzeugen, daß dies^ A us- 
drücke Qk den allgemeinen Bedingungen flO) entsprecheo. 

Beiläufig sei auf eine Identität nnfnu rksam geinaclit, die, 
wie so manche andere in der Thermodv'namik aui'gestellte, 
physikalisches Interesse besitzt. Nach dem zu (100) Ge- 
sagten kann man bei dem S. 210 beschriebenen Vorgang 
■ßj p und q zu Unabhängigen wählen; es ist dann dpjdq 
— ö(Pi -VP2)/^^ = 0. Hieraus ergibt sich wegen V— n^iB^i^lp^ 
=m,J&2i^/^j und m^lm,2 = q direkt 

(109) ä^,^^-l) + ^.^ = 0, 
eine Formel, die Buhem^) anfgestellt hat. 

>) Duhem, Ann. de mole norm. (3) T. 4, S. 9, 1887. 



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216 n. EapitoL Mehrere Komponenten. 



§ 71. Beyefsible Ktehmi^ mit SUfe Torheriger 

Terdampfnn^. 

Die ini vorstehenden für ideale Gase oder hinreichend 
dünne Dämpfe erhaltenen Resnltate können benutzt werden, 
lim auch für andere Körper die Aufgabe der Bestimmung 
der Potentiale von Gemischen einen Schritt zu fördern. In 
der Tat kann man die Mischung von flüssigen und festen 
Körpern auf dem I'^mweg über den idealen Gaszustand in 
folgencier Weise reversibel ausführen. 

Die beiden Komponenten (1) und (2) sind ursprünglich 
im festen oder flüssigen Zustand getrennt, und zwar unter 
dem Druck [> und der Temperatur ^ vorhanden, denen sie 
schließlich in der Mischung ausgeset^st sein sollen. Wir 
ändern die Drucke bis zu den der Verdampfung bei der 
Temperatur 0 entsprechenden jj^q P20 lassen hierauf 
durch Wärmezufulur von beiden Komponenten die Massen 
m^^ ««2 yerdampfen^ derea Verhältnis dem beabBichtigten 
MischungsveihfiltiiiB ^eioh ist. Bei dem letztere Vorgang 
bleiben beide Drucke konstant 

Hierauf düatieren wir beide Dämpfe getrennt iso- 
thermisoh weiter bis au den Partialdmeken und j)^ , die 
dem Gemisch von dem Verhältnis ^=fnjm2 bei der Tem- 
peratur entspredien^ und bringen sie darauf in die Kammern 
1 und 2 des Apparates Fig. 36, dessen Mischungsgefäß (1 + 2) 
zunächst von dem Stempel C ausgefüllt ist. Durch gleich- 
zeitige Bewegung aller drei Stempel werden dann die Kern* 
ponenten in dem gewünschten Massenverhältnis in das 
Mischungsgefäß gebracht und dort bei angemessener Wärme- 
entziehung zur festen oder flussigen Phase kondensiert, wobei 
alle Drucke j»^, 2h f Vit konstant bleiben. SchüeßUch wird 
der Druck auf das Gremisch bis zu dem Anfangswert p 
gesteigert. 

Für diesen revcrsibeln isothermischen Vorgang liefert 
die Energiegleichung die (98) parallelgebende Formel 

(110) dZ^ F,,rfp,, + Firfpi + V^dp^ , 

zu deren rechter Seite nur solche Veränderungen 
einen Anteil geben, bei denen einer der Drucke 
variiert. Für die gesamte isothermische Uberführung aus 
dem getrennten Zustand in das Gemisch mit einem dem 



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§ 71. Beyttsible Minebung mit Hilfe vorher. Verdampfiiiig. 217 

anfänglichen gleichen Druck gilt demgemäß, wenn man die 
flussige oder feste Phase durch einen, die dampfförmige 
durch zwei obere Tndices auszeichnet und die Kompres* 
sibilitat der ersteren Phasen ignoriert, 

d. h., falls für die Vm das Boyle-Gay Lossaceche Gesetz gilt^ 

Hieraus folgt wegen — (Zj f Z«) = ^(w?^ wi^) 

+ <i[«'w(P«.-i>) + +*J«(i'-A»), 

womit die Bestimmung der gesuchten Funktion geleistet ist. 
Für die Qk ergibt sich, da Ph^hp ist, nach (91) 

(113) ft-t/,o(i;/^-^)) + ^A^ln^|^j+ri2(i>-i?i2). h=^l,2. 

In diesen Formeln sind Pi und ^ ^> i'io 

nnd i)2o ^ abhängig; letsteres gilt nach seiner De- 

finition auch von p^^ —pi +i>8 • Die in die Volumina «w, 
i4o» t'it d^i" toten oder flüssigen Phasen multiplizierten 
Glieder sind gegenüber den übrigen im allgemeinen so klein, 
daß sie neben ihnen vcruachlässigt werden können. 

Die Anwendung der Formeln (89) liefert für Yolnmen- 
änderung und Wärmeaufnahme der irreversibeln Mischung bei 
konstantem p und falls man die Volumina der festm und 
flüssigen Phasen in dem Ausdruck für U als vom Druck 
unabhängig betrachtet, in dem für Ä fortläßt» 



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218 n. ICapitel. Mehrere Komponenten* 



Die erste Formel enthält kein neues Resultat, 
sondern nur eine Probe auf die Richtigkeit der Ab- 

Iritnng;; die zweite lehrt die Misf bnn o;swärme ans 
den Drucken der Dämpfe der reinen Phasen sowie 
ihren Partialdruckcn über dem Goraisch bei der 
Tempern tnr ^9 zu berechnen. Sie ist auf einem andern 
Weg erstmalig von Kernst^) gewonnen. 

§ 72. Die Potentiale für die Komponenten einer yer* 

dUnnten Lösung. 

Dem Falle der idealen Gase schließt sich in mancher 
Hinsicht deijenige der sehr verdünnten Losungen nahe an. 
Für wasserige Lösungen haben sich, wie schon oben an- 
gedeutet, halbdiirchlässige Wände von ziemlicher Vollkommen- 
heit auiBnden lassen, so daß die Borlino-nngen des Gleich- 
gewichtes zwischen diesen Körpern und reinem Wasser der 
exprrimcutellen Untersuchung zugänglich sind. Daß die Be- 
obachtungen bei sehr verdünnten T.ösungen zu außerordentlich 
eiofachen Gesetzmäßigkeiten führten, die eine Analogie zu 
den bei Gasen geltenden zeigen, bedingt die Ausnahme- 
stellung dieser Genüsche. 

Um diese Gesetze zu \ ( r\\ erten, entwickeln wir die 
Bedingung des Gleiclitr« Nvi< ht* - zwischen einer Losung und 
dem von ihr durch dii; Ix tretende Zwischenwand getrennten 
Lr>sungsmittel etwas weiter. Um später die Formeln liir 
beliebig viele gelöste Komponenten bequem erweitern zu 
können, wollen wir die auf das Losungsmittel bezüglichen 
l^mbole mit dem Index l auszeichnen. Die Bedingimg des 



oder wegen (90^), Indem man benutd» daß (f^ sich auf das 
reine I^imgsmittel besieht^ 



hierin hängen die ^ nur von p und ^, Qf außerdem auch 
von dem MischungsverhaltDis ab. 




(115) 



^) Nernati Theoretische Chemie, 4. Aufl., S. 117. 



% 72. Das Potential einer Yerdünnten Lösung. 219 

Da (di und (b) beide flüssige Phasen darsteUen, also 
C/"^ und Cr dieselben Funktionen sind^ so kann bei van 
Noll verschiedenem Q, die Gleichung nur dann bestehen, 
wenn die Argumente der C 9xd. beiden Seiten der Gleiohong 
verschieden sind. Schließt man ungleiche Temperatoien aa% 
so muß sich biemaoh p^"^ von p^^^ unterscheiden. 

Fuhrt man nun die Annäherung (94), d. h. den An- 
satz C= T-^-pv ftür die C ein «nd ignoriert wieder die Vei»- 
änderliehkeit des spezifisohen Yolumens v bei den hier vor- 
kommenden Brackanderungen, so resultiert 

(116) (lJ*«>--i>"'^)r,= «r. 

Den DrucküberschuB 

der Lösung über das reine Lösungsmittel^ der aum Gldch- 

fewicht eiforderlich ist, nennt man den osmotischen 
^rock der Lösung. Man kann ihn direkt beobaditeni in- 
dem man in ein TUditerrohr, das mit der halbduroblSsB%en 
Wand abgeschlossen und umgekehrt in ein Gefäfi mit &m 
reinen Lösungsmittel ^taucht ist, so viel der Lösung gpefi^ 
daß gerade Gleichgewicht zwischen den beiden Flüssigkeiten 
herrscht, der Meniskus im Triohterrohr also weder steigt 
noch fiUlt; bei großen Werten des osmotischen Druckes ist 
es besser, das gefüllte Tri<^terrohr unmittelbar mit einem 
geschlossenen QuecksUbermanometer kommunizieren zu lassen. 
Der auf die eine oder andere Weise gemessene hydrostatische 
(Über-)Drttck auf der oberen Fläche der Membran ist gleich 
dem osmotischen Druck y^*— ^V. 

Beobachtungen, die Pfeffer^) (unter ßenutzung einer 
in einer porösen Tonschicht liegenden Membran von Ferro- 
cyankupfer als halbdurchlässige Wand) an verdünnten Lösungen 
von Hohrzucker angestellt hat^ zeigten, daß in diesem Falle 
der Druck bei wechselnder Temperatur und wech- 
selnder Konzentration, d. h. wechselnder Zucker- 
dichte, sehr genau dem Boyle-Gay Lussac sehen Ge- 
setz folgte das bei Einführung der Dichte q lautet: 

^) Pfeffer, Osmotische Untenuehungenf Leipzig 1877. 



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n, Kapitel. Mehrere Komponenten« 

Nieht nur ergab sich der Dmck mit der abaoluten Tem- 
neratur und mit der Dichte praKirtiona]^ sondern auch der 
Faktor B fand eich ebenso, ab wenn die gleiche Dichte 
nicht vim dem gelösten, sondern von dem bei unverän- 
dertem chemischen Verhalten vergasten Zucker ausgeübt 
Wörde. ^) 

Um letzteres su erläutern, benutzen wir wiederum, dad 
das Produkt ans Moleknlaigewicht ^ in die Konstante \B 

eine universelle Konstante, die Gaskonstante, darstellt. 

Hieraus folgte daß man för jeden Körper die Konstante 
B berechnen kann, wenn man weiß, mit welchem Molekular- 
gewicht er in Dampfform übergeht. Über letzteres gibt die 
diemische Analyse im allgemeinen nur unvollständig Aus- 
kunft, insofern mit derselben Zusammensetzung Molekular- 
gewichte vereinbar sind, die sich um beliebige ganzzahügo 
Faktoren unters clioiden. Der Zusammensetzung H^O a. B. 
können alle Molekulargewichte ra^HjO entsprechen, wo n 
eine beliebige ganze Zahl ist. Die oben hervorgehobene Tat^ 
sacbe ist demgemäß dahin zu verstehen, daß sich mit der 
bekannten Zusammensetzung des Rohrzuckers ein Molekular- 
gewicht und demgemäß eine Konstante B vereinbar fand, 
welche den Beobachtungen über den osmotischen Druck ent- 
sprachen und die man daher dem gelösten Zucker beilegen 
durfte. 

Wir erhalten somit bei Einführung des spenfischen Vo- 
lumens v^^I/q für die gelöste Substans die Formel 



oder auch 



da aber die Gesamtmassen ml und wfi dasselbe Gesamt- 
volumen etfüUen« also x^^'^lvf^fH^^^jmf'^^^^ ist^ so resultiert 
sohlieBlich als für das Ldsungsmittel in einer ver- 

^) Van t' Hoff, ^des de djnamique chimique 19. 179, 1685, 
Zeitsohr. f. pbys. Ohemi^ Bd. 1, S. 141, 1887. 



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§ 72. Das Potential einar Terdaniiteii LOming. 



221 



dünnten Losung gältig, unter Fortlasaang des oberen 

Index h, 

(117) ^Qt^B,^q,. 

Um zu der Funktion für die gelöste Substanz zu 
gelangen, hat man an die Fonneki (92) anzuknüpfen, die bei 
der Vertausckung des Index 2 mit l und bei ^ m^jmi lauten 

Aus der letzten Formel folgt 

(118) iQ) = (1 -f ffje Qi [P-^ A ^HQi)] > 

wobei P eine Funktion von p und ^ allein bezeiohnet, für 
die nach (89) gilt 

^^^^^ l + 5i^J>~ ' H-«i ~ 
Hieraus ergibt sich dann 

(120) = P+ -Bi ^|ln(tfi) + IJ . 

Ist bei einer verdünnten Lösung nach der St&Jirung U 
und A unmerklich) so ist nach obigen Foimehi P/^ kon- 
stant^ oder (&ll8 C eine Konstante bezeichnet) 

Hieraus folgt schließlich bei Einiuhrung einer anderen Kon* 
staute 

(121) «i-^[C| + -Bihi(ffO]- 

^1 wird also mit unendlich abnehmendem q^, d. h. mit ver^ 
schwindender Masse gelöster Substanz nidit gleich Null, 
sondern logarilluniBeh unendlidi. Dies hat eine wichtige 
Folge, die wir an einem System von zwei Komponenten in 
zwei Phasen erllutem wollen, die aber viel allgemeiner gilt 
Für die Komponente (1) in zwei koexistierenden 
Phasen (0 imd ^ haben wir die Gleichgewichtsbedingung 

ist nun die Phase (') ein gewöhnliches Gemisch und (") eine 
verdünnte Lösung von (1), derart, daß fiir leiztere der Aus- 
druck (120) oder (121) für gilt, so ergibt sich wegen 
ft' = tSi 4- Öi> <^ völliges Verschwinden von m'i (resp, gi) 



222 II* Kaintel. Hehrere Komponenteii. 

mit der Bedingung ^ = ft' unvereinbar ist, denn und fto 
sind endliche Größen. 

Somit kann man behaupten, daß, soweit die Formeln 
für sehr verdünnte Lösiiiii^cn gültig sind — und dies scheint 
sowohl bei flüssigen als auch bei feste n Körpern in weitem 
Umfange stattzufinden — jeder Körper in jedem anderen lös- 
bar sein muß, gleichviel in wie verschwindend kleiner Menge. 

Hieraus folgt natürlich auch, daß es in voller Strenge 
undurchlässige Wände nicht gibt; denn wenn die Wand die 
Phase (") darstellt, so muß jeder in Berührung mit ihr 
stehende Körper spurenweise in sie ein- und auch durch sie 
in die jenseitige Phase hinüberdringen. 

Beiläufig sei übrigens bemerkt, daß wegen Z=^miCi 
-j-m^Ci die Komponente (1) bei verschwindender Masse 
trotz des unendlich werdenden d doch aus dem Gesamt-* 
Potential Z verschwindet. — 

Die Natur der erhaltenen Resultate gestattet ihre un- 
mittelbare Übertragung auf den Fall, daß die verdünnte 
Lösung mehrere, sagen wir h geloste Substanzen gleich- 
seitig enthalt Setzen wir für die Komponente {h) 

so wird nach Obigem gelten 

(122) (e)-=^[C-h2B,lnto,)],; j=h2,...k, 

q^^^^lB.q,, g, = ^[C+25/ln(^)-f 1)], 
= U + CA = CAo + eA. 

ßezüglich der in diesen Ausdrücken auftretenden Para- 
meter Bf^ ist auf das S. 220 Gesagte zu verweisen. Die B|^ 
sind hiemach durch die chemische Formel der gelösten Sub- 
stanz nur bis auf einen Zahlenfaktor bestimmt, der durch 
physikalische Eigenschaften der Losungen (deren wir unten 
noch andere, als den osmotischen Druck betrachten werden) 
bestimmt werden muß und kann. 

§ 73. Theorie der Yerdüunten Lösungen. 
Die eine Yhsm enthält nar das LösungsmitteL 

Da die Formel (117) für Qi nur für stark verdünnte 
Lösungen gilt, so ist auch bei ihrer Anwendung von vorn- 
herein zu benutzen, daß die Gleichgewichts vorgange sich bei 



% 78. Die eine Phase eotUUt nur das Lösungsmittel. 22dl 

ihnen sehr ähnlich abspielen werden, wie bei der Koexistenz 
verschiedener Phasen des reinen Losungsmittels. Hierdurch 
gewinnen einige der früher allgemein .abgeleiteten Gesetze 
hervorragend einfache Formen. 

Wir schreiben die Bedin^iung des Gleichgewichtes für 
das reine Lösungsouttel (f) in den Phasen Q und Q wie 
früher 

(123) = 

WO durch p^, die Wertpaare der Variabeln bezeichnet sind, 
die dieser Gleichung genügen. Für die verdünnte Lösung 
haben wir dann bei entsprechender Bezeichnung 

oder nach Einsetzen des Wertes (117) in die Formel 

f, = ClD + Öl 

bei Beseitigung des jetzt fiberflfissigen untern Index ^ auch 

(124) u/o),, h^^Jcf = {a)^^-B^^H'''> 

hierbei ist der Allgemeinheit halber zogelassen, daß das Mo- 
lekulargewicht der aufgelösten Substanz und somit die Kon- 
stante B in den beiden Phasen verschieden ist. 

Für die gelöste SubBtaoz (1) eigibt sich nach (120) die 
Bedingung 

(125) (C'io + P%^+ B^^H^ = (Ci'o + P'0,„+^'^In(^'O . 

Aus (124) und (125) lassen sich zwei der vier Yaritibeln 
/), ?9, c/ , ((' berechnen, wenn zwei von ihnen vortxcscln ieben 
sind. Eliminiert man etwa (f , so ^?ibt die resultierende 
Gleichung lür eine l^iVsmi*; mit gegebenem ^ zusammenge- 
hörige Paare von (jrici( ll^e^vichtsd^llcken und -temperaturen. 

Der wichtigste Fall ist der, daß die Phase (") die zu- 
gesetzte Substanz (1) gar nicht enthält. Hier verliert die 
Gleichung (125) ihren Sinn, und (124) nimmt, bei Fortlassung 
des jetzt nicht mehr nötigen oberen Index an B und die 
Form Lu 

(126) 

Zieht man hiervon die Gleichung (123; ub und setzt die 
(nach oben Gesagtem) kleinen Ditfereuzen 



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224 II. KapiteL Mehrere Somponenten. 

(127) P-Po^^f ^-^o^ff 

60 TGSllltiGrt 

Nun gilt nach S. 30, wenn u die Voliimenändcrimg, 
X die Wärmeaufnahme bei Ubergang der Masseneinheit reinen 
LöstuigsmittelB aus der Phase (') in die Phase hezeichnet^ 

^^^^^ 5' 

es wird sonach aus (128) 

(130) ^x-un^BOq) . 

diese Formel stellt in leicht erkennbarer Weise eine spezielle 
Fassung der allgemeinen Beziehung (3(jj dar. Die Ver- 
gleichung ergibt, daß Volumenänderung und Wärmeaufüalime 
bei der verdünnten Losung dieselben sind, wie bei dem 
reinen LSsungsmittel. 

Von dieser aUgememen Formel haben die Anwendnngen 
auf die beiden Fäle konstanten Drackes und konstanter 
Temperatur besondere Bedeutung. 

Ist ^»0^ so folgt, Formel (41) entsprechend, 

(131) j^; 

eine Lösung von dem Mischungsverhältnis q besitzt 
also bei gegebenem Drucke eine Umwandlungs- 
tempcratur, die um einen Betrag t höher ist, als 
die des reinen Lösungsmittels, welcher gegeben 
wird durch das Produkt aus dem Misohungsver- 
hfiltnis q in und in die Boylesohe Konstante, die 
der gelösten Substanz bei ungeänderter Konstitution 
im vergasten Zustande eigen sein würde, dividiert 
durch die spezifische Umwandlungswärme des reinen 
Lösungsmittels. 

Die bedeutungsvollsten AiiweiKlmiLicii findet diese Formel 
auf die Vorgänge der Verdampfung und des Gefrierens der 
Lösung, voraupgesetzt, daß bei beiden in die neue Phacp 
lüchts von der gelösten Substanz eintritt. Da bei der Ver- 



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§ 73. Die eine Phase enthält nur das Lösungsmittel. 225 

dampfung jl>0^ bei dem Gefrieren X<0 ist, so ergibt eich 
im ersten Falle eine Erhöhung^ im zweiten eine Emiedrignng 
der UmwandlaDgBtemperatur. 

Ist T»0, 80 ei^bt (130), Formel (44) entsprechend, 

(132) 

u 

eine Losung von dem Mischungsyerh&ltnis q besitzt 
bei gegebener Temperatur einen Umwandlungs druck, 
der niedriger ist, als derjenige des reinen Lösungs- 
mittels, um einen Betrag ji, gegeben durch das Pro- 
dukt aus q in ^ und die oben definierte Boylesche 
Konstante der gelösten Substanz, dividiert durch 
die spezifische Umwandlungsdilatation des reinen 
Lösungsmittels. 

Wiederum sind die wichtigsten Anwendungen die auf 
den VerdampfuDgs- und Gefrierungsprozeß des Lösungs- 
mittels; im ersten Falle ist stets «>0, also 7r<0, — der 
Sättigungsdruck des Dampfes nimmt durch den Zusatz zum 
Lösungsmittel ab; im zweiten Falle ist M< 0 bei normalen, 
?(>0 bei anormalen Körpern, und demgemäß n bald >0, 
bald <0. 

Tm Falle der Verd:im])fung kann man die Volumen- 
ändenmg ?f in Anoäheruni:; mit dem sppzifi«clien Volumen t?" 
des Dampfes identifiziert u und, bei Eintiihrung der Boyleschen 
KonsUmte Bi für den Dampf dos [.ösirngsmittels, Bi^jx^' = pif 
d. h. jyleich dem zu § gehörigen SäLtigiiniysdruck des reinen 
Lösungsmittels setzen; hierdurcii wird dann 

(133) 

Diese Formel gestattet eine direkte Ableitung durch 
dieselben Schlüsse, die auf S. 132 zur Gewinnung des Ge- 
setzes für die Dampfdruckerniedrigung an konkav gekrümmten 
Flössigkeitsoberflächen an^i-owendet worden sind, wolxn* der 
aus (116) und (117) folgende Ausdruck lür den osmotischen 
Druck nämlich 

(134) = 
zu benutzen ist. 

Voigt, Thennodyniunik. IL 15 



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226 n. Kapitel. Mehreore Komponenien. 

Das auf S. 21 9 beschriebene System, bestehend aus einem 
mit der Lösung gefüllten Rohr^ das mit seinem untern, duroh 
eine balbdurchlässige Wand verschlossenen Ende In das rdne 
Lösungsmittel taucht, muß in einer Atmosphäre von Dampf 
des Losungsmittels im Gleichgewicht sein, d. h., der Sätti- 
gungsdruck an der Oberfläche dor Lr>sung im Rohr muß um 
so viel kleiner sein, als an der Oberfläche des Lösungsmittels 
im Gefäß, als der Höhendifferenz zwischen den beiden Ober- 
flächen entspricht. Nun ist, wenn h die Höhe der Flussig- 
keitssäule im Rohr über der äußeren Oberfläche bezeichnet, 
da auf dieser Strecke mit einer mittleren Dampfdichte q 
gerechnet werden kann, jedenfalls 

wobei Qt ebensowohl als Dichte der sehr veiduimteD Lösung, 
wie auä als diejenige des idnen Lösungamittels gelten kann. 

Bei EinfOhrung von Q = pijBi'& und Qt^l/vi ^hmt man aber 

(186) P.v,—^, 

was nach dem Wert (134) von die Beaiehnng (IHB) 
liefert. — 

Die Beobachtung hat die vorstehenden Sätze im allge- 
meinen nicht direkt zu prüfen gestattet, weil nach 8. 220 die 
Berechnnng der in ihnen auftretenden Konstanten B, welche 
die Kenntnis der Moleknlaigröße der gelösten Substanz in 
der Lösmig verlangt, nicht sicher ist Da dieselbe aber in 
dem Ausdruck (134) für den osmotischen Druck auftritt, so 
kann man sie aus den Formeln (131) und (132) eliminieren 
und erhalt so die Gesetze 

die jene Große nicht mehr enthalten und der direkten Frü? 
fung zugänglich sind. 

Die allseitige Bestätigung dieser Beziehungen^), bei 
denen natüi-lich po unter denselben Umständen beobachtet 
werden muß, wie n und t, gibt den Formeln (131) und 
(132) nun ein solches Gewicht, daß man sie, statt zur Be- 



Ente Beobachtungen von Raoult C. K. T. 87, S. 167, 1878. 



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§ 74. Die eine Phase enth&lt nur die geKStfce Substanz. 227 

rechnuDg von tc und r, zur Bestimmung von B und damit 
derjenigen des Molekularzustandes der gelösten Substanz aus 
beobachteten n und r auf das Erfolgreichste benutzt. Wir 
kommen auf die physikaUsohe Bedeutung derartiger Bestim- 
mungen unten zurück. 

§ 74. Theorie der Terdünnteii Löaimgen. 
Die eine Phase enthUt nur die gelöste Substans* 

Enthält die Phase (") das Tvosungsmittel nicht in merk- 
licher Menge, handelt es sich also um ein Gas odei pinen 
Dampf, der in einer nicht merkhch verdampfenden Flüssig- 
keit nur wenig gelöst wird, oder um einen sehr schwer 
löslichen, festen oder flüssigen Körper, der für sich allein 
mit seiner (nun konzentrierten) Lösung koexistieren kann^ 
so verliert (124) seine Bedeutung, und aus (125) wird bei 
Einfuhnmg des Mischungsverhältnisses für die in schwacher 
Konzentration doch schon gesäUigte Lösung 

(137) (rio+po,#+^*iii(fo={ca.),#. 

Diese Formel wird am einfachsten, wenn beide Phasen 
flüssig sind. In diesem Falle ist Cio = Cio; ^md es bleibt nur 

(138) p;*+ir^in@o-o, 

eine Beziehung, welche das Mischungsverliäitnis der ge- 
sättigten Losung durch die S. 221 eingeführte Funktion P 
ausdrückt. 

Die aljo^emcine Formel (36) liefert füi* unsem Fall wegen 

des Wertes von 

(139) -vrdp+^d&+^d^-0, 

wobei y und X" Volumenänderung und Wänneanfnahme bei 
dem Übertritt der Masseneiuheit der Komponente (1) aus 
der Phase 0 in ('0« bezeichnet 
Es folgt daraus 

(140) J-tf^sMO««", £'#»iLM20 ^„ 

ap av 

zwei Formeln, die die Veränderlichkeiten des Mischungs- 
verhältnisses mit Druck und Temperatur durch uf' und A'' 

15* 



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228 IL KapiteL Mehrere Komponenten. 

ausdrücken und je Kwei dieser Größen zu berechnen gestatten, 
wenn die beiden anderen dnroh Messung bestimmt sind. 

Man erbalt z. B., wenn G eine IntegrationskonBtante 
bezeichnet, 

(141) lnö') = ^/(yrfi'-:^W)+C. 

Einfache spezielle Fälle entstehen, wenn von p oder 
von p und unabhängig ist 

Ist der K&rper (1) ein Gas, so ist sehr nahe dessen 
spesifischem Volumen im Cbuszostande gleich, nnd damit 
gleich Jff''&lp\ die erste Formel (140) wird hiemach zu 

dp ^B'p' 

und dies gibt 

(142) ln(?0 = ^lntl>) + J?(i^), 

wobei die Funktion der Temperatur an Steile der lutegrations- 
konstanten tritt. 

Ist B' gleich B", also die Molekulargr ȧe des Gases 
in beiden Phasen dieselbe, so wird, falls man F^J}) mit 
lo\f(^)] vertauscht 

das Mischungsverhältnis in der Lösung ist bei kon- 
stanter Temperatur dem Gasdruck proportional — 
ein Gesetz, das Henryk) aus der Erfahrung abgeleitet hat 
Allgemein gilt für B"jB^v die Formel 

Setzt man den Ausdruck (142) für ln(f) in (UO^) 
iein, so ergibt sich zur Bestimmung von F(&) die Formel 

(143) B^^^-^^-r. 

Sie zeigt, daß Fiß) und somit auch f{&) mit & zu- oder 
abnimmt, je nachdem der Ubertritt in die Phase (") mit 
Gewinn oder mit Aufwand von Wärme verbunden ist. 



^) Henry, PhiL Trano. T. I a 2d, ISOa. 



% 75. ^elheiidntwiGkliuigen für Funktionen Qh. 229 

% 75. Reihenentwicklangen f&r die Funktionen Q^. • 
Für verdünnte Lösungen hatten wir nach 8. 221 

WO sich der Iudex l auf das Lösungsmittel, 1 auf die ge- 
löste Substanz bezieht, und P eine Funktion von ^ und 
allein bezeichnet. Für zwei in einander lösbare Substanzen 
(1) und (2) wird man daher bei kleinem = mjm^ schreiben 

( «i = Pi + JBi^[hi(ft) + l], 

(144) < bei kleinem 99»ms/mi 

Andererseits gehen die Ausdrücke (108) für die bei 
idealen Gasen für kleines über in 

(145) für kleines ^2 "^^^ 

was sich als spezieller Fall v<m (144) darstellt. 

Es liegt daher nahe, für andere FfiUe binarer Ge- 
mische die Q und die durch Reihen darzustellen, welche 
bei hinreichend kleinen in die yorstehenden Ausdrücke 
übelgehen. 

Als erstes Glied behalten wir das für ideale Gase gel- 
tende bei» nämlich 

(146) * = 

Q'==ikQl-\-c^Q{ = ^[c,BMh) + c,B^\n{k,)\; 

dabei stellen, wie firüher> die kjk die molekularen, die €jk die 
M assenkonzentrationen dar, und es gilt 

(147) kk — X» ^ . p ^ > = ITTi, ,7 



B^e^^B^c^' k,IB,~rk,IB,' 

Sind die Grenzfalle reiner Komponenten (1) und (2) 
erreichbar, wie bei zwei in allen Verhältnissen mischbaren 
I lüssigkeiten, so hat man die weiterrn Glieder in ^ so zu 
bilden, daß sie mit und c.^, rcsp. mit /v^ und verschwinden. 

Wir schreiben unter Einfuhrung zweier von p und ^ 
abhängigen Funktionen Uk 



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(152) 



230 n. Kapitel. Mehrere Komponenten. 

(148) QU-eiktJI,+etlhn^, 

woraus bei Benutzung der Abkürzung 

nach (91) folgt 

(149) <ii'~0iB»H. 

Weiter ist anzusetzen 

(150) Q'''^c,(^<^n + k^k,0u) + <^{k^ki0,, + ]fi0n), 

worin die 0kk den oben entefffechen« Dies ergibt» Ms 
man abkfinend eetat 

(<P„ B, + 0,, B,)l B, A - 01 , (0,^B, + ^^B^IB, B, - 0^ , 
naob (91) das Beaultat 

Ahnlich kann man weiter gehen. Die bisher gebildeten 
Glieder liefern bei Böc^cht auf die Fonneln (147) 

[ Q, - J9,[^ln(Ä0 -f Ä?(0o + (01*1 + + (^1- 4*2)*i + 

+ i(ci J?A + C|-Bäi*i)(0o + ^1*1 + + . . . 

In der letzten Gleichung kann \ (c^ B^ k, + B.2 k^) kürzer, 
aber unsymmetrisch, durch CiB^hg oder c^B^k^ ersetzt 
werden. 

In manclien Fällen ist es rationeller, die zu (146) ge- 
fügten Reihen nach Potenzen der Ch fortschreiten zu lassen ; 
der Ubergang hierzu geschieht einfach dadurch, daß man in 
den Formeln (148) bis (151) Bi=B^ = l setzt, wodurch 
eemäß (147) die kk in die Cu übergehen. Man erhalt so 
die Reiben: 

(i = He,BMi^)+c,^2^^(h)] 

M r, q . + Ci ( 00 + 01 Cj + 02 «2 + . . .) , 

^ ^ Qi - * A H^h) + 4[^o + + 2(01 - 0,)ffi + . . J , 
Q, - \n(k,) + [0, + 0, + 2(0, - 0i)c8 + . , 0 , 

deren Weiterführung sehr einfach ist. 



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% 75. Beihenenifdolclutigen für die Funktionell 231 



Im vorstehenden sind in der Reihe fiir Q nur solche 
Glieder benutzt, die sowohl mit als mit verschwinden, 
damit das Resultat bis zu den reinen Komj^onenten (1) und 
(2) hin benutzbar ist Ist das Mischungsverhältnis beschränkt, 

wo Cj die Konzentration der in (1) ge- 
sät ti(,^ten r.ösung bezeichnet, so kann man für Q die ali- 
gemeine Reihe schreiben 

(154) Q^c,[i^B^hx{k,)+Wo+c,W^^4^^^..], 
die niur mit Ci veTsohwiiidet and ans der folgt 

(155) = [In + c,;^] + n + Ci (1+ c,) + i^'.cj (1 4- 2c,) , 

Analoges güt, wenn an die Gneiueii 0<c^ < c^ ge- 
bimdeo ist 

Wieviel Glieder der Beifaen eilordeilieh sind, um be<- 
obaehtele Vorgänge dansnstdlen, muß durcli Vergleiehtmg 
der Besoltate der Theorie miA der Ekfahning gefbndeii 
werden. Das alldni^ erste Glied versagt Dach 8. 221 
überall, wo der naturliche Mischungsvor^g von Yolamen* 
inderung und Wänneaufiiahme bedeitet ist, was ja bekannt 
h'ch als Kegel gelten muß. Die Heranziehung des zweiten 
Gliedes, in dem 0q in Annäherung durch einen Ausdruck 
von der Form (93) dargestellt ist, führt erbeblich weiter 
und macht eine Ansaht von beobachteten Erscheinuiigen 
jedenfalls qualitativ verständlich. 

Iieider fehlt es in hohem Grade an Beobachtungen, die 
eine quantitative Verwertung gestatten. Solche Beobachtungen 
mußten vor allem diejenigen Eigenschaften betreffen, die 
eich theoretisch durch einfache Ausdrücke darstellen, um 
zunächst die den Substanzen individuellen Konstanten der 
obigen Ausätze zu bestiinmen. Sind diese letzteren bekannt, 
so kann man dann auch an den Eri^elieinungen, deren Ge- 
setze kompliziert sind, die Theorie prüfen, während diese 
zu Konstantenbestimmungen nicht zu brauchen sind. Er- 
scheinungen der ersteren Art sind u. a. die Volumenande- 
rungen und die Wärmeaufnahmen bei dem schon S. 203 ii, f. 
besprochenen isopiestischen Mischungsvorgang, die als Funk- 
tionen von Pf i) und dem Mischungsverhältnis zu untersuchen 
wären. Erscheinungen der letzteren Art bieten u. a. die 
Dampidrucke binärer Mischungen. 



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232 n. KapiteL Mehrere Komponenten* 

§ 76. Yolumenänderaiig nnd >\ äruieaufiiahme bei 

dem MiflchaiigSTorgang« 

Setzt man abkürzend 

80 Hefert die Foimel (89) ftlr die die MiBchiin^ begleitende 
VoIumenSndemi^ ond WirmeaufDahme U und A bei Be^ 
nutKung der Be£en (153^) die Ausdrücke 

(167) • Cr«CiC2(i^; + jPiCi + Kc2 + ...), 

- /i = <^ (/-^ + /; q 4- + . . .) i 

nach 8: 205 kann man dabei in Annäherung die als Kon- 
stanten, die fj^ als Funktionen von {} allein betrachten. 

Bricht man die Beihen (157) mit dem rrsteti (<p0 ent- 
haltenden) Glied abj so nehmen U und Ä ihr Maximum oder 
Minimum für q =^ an; dies ist zwar in der Natur mit- 
unter naherungsweise ei"fullt, erscheint aber als Ausnahme. 
Das Abbrechen mit dem ersten Glied ist also im allgemeinen 
unzulässig. 

Geht man von der l ormel (152^) aus, so erhält man 
statt (157) in Rücksicht auf c^^k^B^KkiB^ + k^JSj) 

^ = fIS% (^«> + ^ + ^» ^ + • • •) ' 

(158) 

Hier nehmen bei Beschränkung auf das erste Glied 
der Klammer II und A größte oder kleinste Werte an für 
B^l^^B^hl, d. h. für 

oder für 

der entsprechende Wert für liegt also über oder unter •!> 
je nachdem /i., großer oder kleiner ist als 
Setzt man analog zu (156) 



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# 7C Tolrautniiidenuig und WlmenifiMluiM vtw. 23S 



so liefert (164) analug zu (157) 

Für die Vohimenändening F«^ und die Wärmeaufnahme 
1?'^ , die eine Andening des MischuDgb Verhältnisses durch 
Ziiliigiing der Komponente (1) begleiten, gilt nach (95), wenn 
sich der Index a auf den ersten, ß auf den zweiten Zu- 
stand bezieht, und JI je, die in dem Geuiißch vorhandene 
Masse bezeichnet 

i 11. Die erweiterte yaa der Waalsselie Olelehimiir* 

Im vorstehetuira sind für die flüssigen oder festen 
Phasen einerseits, tür die Dämpfe andererseits, Ansätze be- 
treffend di( spezifischen Potentiale aufgestellt worden, die 
beide nur in beschrankten Gebieten anwendbar sind und 
jedenfalls versagen, wenn (lie Änderungen der physikalischen 
Eigenschaltcu der festen und flüssigen Körper mit y laid i? 
stark sind, die Dichten der Dämpfe bedeutende Werte haben. 
Für die hierdurch ausgeschlossenen Gebiete — die bei ein- 
fachen Eöipm durch die Nähe des kritischen Zostandes 
charakterisiert sind — kommt eine Erweitenmg der in § 48 
und 49 behandel t en van der Waals sehen Uleiohnng für 
binare Genusche in Betracht^ die sich folgendermaßen 
sehreiben laßt^) 

(p -h ^^^^'^ + ^^»^^^ + ^^^^ ) [. - + 25,, c. + 

Hierin bezeichnen die a^^, iiad Bj^ Konstanten, die von der 
Natur der die Mischung büdraden Komponenten abhangen ; 
Ci nnd sind wiederum die Konaentratlon ni^j{m^ -f ^2) 
und mfl(nL+m^), 

Schreibt man die Formel (160) kürzer in der alten Form 

(161) ^+«)(t;-.6) = JB^, 



Van der Waals, Kontinuität usf. Bd. II, S. 3. 



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234 



IL Kapitel. Helmre Eomponenten. 



80 sind daiia a, b, B Funktionen des Mischungsverhält- 
msses. 

Für die Ableitung eiucs AiiRdniekes für das Poteutial 
reicht diese Zu standsgleich nn^' noch nicht aus; es bedarf da- 
zu vielmehr einer neuen Hypothese. 

Die Energiegleichung d€= —pdv-{-i^df] liefert 

also bei d0^O 

d{e — '&ii)=—pdv, 
was integriert liefert 

e — ^fj^F(d) — Jpdv. 

Durch EuusetMu des Wertes vod p ans (161) eifafilt man 

(162) c - ^i; - F{^j - B^la(v - &) - 1 • 

Nimmt man nnn an, daß das Gremisch, ohne ohemisohe Ver- 
änderungen zu erleiden, durch Vergrößerung von V in den 
Zustand eines idealen Gases gebracht werden könne, und 
setzt dafiir die Werte von e und tj nach S. 149 ein, so er- 
hält man (bei Vernaohlässigong von b neben v) 

«1 Ci -t- €,c, — d(i;i Ci + J?2 ^) = (y^i ^ + YhC,)^ + * 
- {[Yvi ln(^) 4- B, \n(v)] c, + [y^ ln(^) + k (v)] c,+h}^ 

= F(^)-B'i^\n(v); 

dabei ist nach (160) 

somit hebt sich B^hL(v) aus der Formel heraus, und es bleibt 

(163) F{^) = ^ [1 - ln(d)J + y^c«) + lc-h§. 

Mit Hilfe dieses Wertes kann man dann aus (162) und (161) 

und daraus nach S. 171 die Potentiale der Komponenten in 
der durch (10) bestimmten Weise ableiten. Die Formeln 
werden sehr kompliziert, besonders auch deswegen, weil die 
Grundfonnel (161) nicht geeignet ist, v durch die Unab- 
hängigen p und i> auszudrücken. Es niulJ demgemiiii auf 
eine Frörterung der Konsequenzen des van der VVa als sehen 
Ansatzes hier verzichtet werden. 



§ 78. Die eine Phase ist dampflßniiig. 235 

§ 78. Die eine PJiue ist dampfförmig. 

Der am besten begründete Teil der oben mitgeteiiten 
Ansätze ist der auf ein Gemisch von zwei idealen Gasen 
oder von zw^ lilnrdcliend dfinnen, indifferenten Dämpfen 
besQg^clie, den w nach S. 215 schreiben, indem wir die 
dampfi5nnige Phase 

(164) C'{='e,-{-B['^\n{kf{p), i:i'=a+^'i^in(Äfi>); 
dabei sind die Funktionen von d allein nnd stellen 
(166) «'p = pi% A;i'p = ;4', 

die Partialdrucke der beiden Komponenten dar, während die 
kfl die molekularen Konzentrationen im Dampf bezeichnen. 

Setzen wir die Potentiale der Komponenten in der festen 
oder flüssigen Phase Q nach (90) 

(166) fi-fio+ei, Ö«ÖP + «», 

so lauten die Oleichgewicbtsbedingimgen 

rt«7^ rio+ c, 01 + Bi'^ Hi'{p), 

^ ^ & + öt = + Ä'd ln(Ä4'p) . 

Sind dabei die FUle erreichbar, wo nnr die ikomponente (1) 
oder nur die Komponente (2) vorlianden ist, also Qi oder 
Q2 versehwindet, mid beaeichnet man die in diesen Fillen 
dem gegebenen d entsprechenden Werte des Druckes mit 
y resp. mit Pf I so eigibt sich durch Elimination von Bi 
und 8, 

^ ^ - (; + - = ü In (k^plp,) ; 

hierin stellen und 8% Abkürzungen iilr die linken Seiten 

der Gleichungen dar. 

Nach der Definition des Potentiales C auf S. 4 und 14 
ist bei konstanter Zusammensetzung 

di^vdp—tld^f 

also bei auch konstantem 1^ 

Po 

die in (168) auftretenden DiÜerenzen der Potentiale sind 



236 n* KapiieL Hehrere Komponenten. 



also aus der igothermisclien Kompressibilität fltr betreffen- 
den Komponenten streng berechenbar. Nimmt man, wie 
meistens bei mit Dämpfen koexistierenden festen und flfissigen 
Phasen, deren Volumen als vom Druck unabhängig an^ so 
erhält man aus (168) 

/,BQ\ Si-Ä'#la(*J'j»/Ä), 
^ ' (l>-ft)ii4,+ «.-fli-l¥*lB(*fl./A). 

Diese Formeln haben große Verwandtschaft mit den 
Gleichungen (113), und die Vergleichung kann dazu dienen, 
das S. 212 über die Bestimmung von i^otentialen mit Hilfe 
von Gleichgewichtöbedingungen Gesagte zu illustrieren. Die 
Formeln (113) beziehen sich auf einen beliebigen Zustand 
des flfifis^n Gemisches^ (169) dagegen auf den Fall der 
KoeziBtens mit seinem Dampfe. Demgemfiß ist ancK der 
ans (169) folgende Wert der speaeUer, lüs der in (113) 
angegebene; der letztere geht in den ersteren über, wenn 
p—pi2> ä. K der hemcEiende Druck gleieh dem Gleich- 
gewichtsdruck zwischen der fiQs8%en und der dampfförmigen 
Phase ist — 

Das in den Fimneln (169) vorkommende Produkt 
^Bg ist ^pSv^^P^kO} wobei v" das spezifische Volumen 
des Dampfgemisches, i/Ho das der Komponente {h) bei dem 
Druck p bezeichnet Diese Produkte werden im allgemeinen 
sehr groß neben den links stehenden Gliedern (p—ph)Vko 
sein, die sich auf die feste oder flüssige Phase beziehen, 
so daß man letztere neben ihnen in AnnShemng vernach- 
lässigen kann. So kommt man zu den Formeln 

(170) Qk^B',:§]n{Kpjp,)^JB'^J>luip'^lp,), Ä=l,2, 

die sich von (109) nur dadurch unterscheiden, daß Sk mit 
Qi! vertauscht ist Daß diese Formel nicht etwa eine all- 
gemeine Bestimmung der Qh liefert, ist bereits hervorgehoben. 

Aus (169) oder (170) läßt sich wegen der Beziehung 
kl + ^2 = 1 leicht das einzig in und ¥2 enthaltene 
Mischungsverhältnis g" des Dampfes eliminieren. Man er- 
hält sogleich die Beziehung 

(171) p +jpi« . 

Diese Gleichung enthält noch & und das Mischungs- 
verhältnis der festen oder flüssigen Phase; sie bestimmt also 



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§ 78. Die eine PhAse ist dampfförmig. 237 

u. a. das Gesetz des Sättigungsdruckes p über einem Gr©- 
misch bei weohselnder Temperatur und KonzentratioD. In 
der oben besprodienen AnnSherong kann man de schreiben 

(172) p-fteWÄ-^+^jßWV*. 

Erleidet das Gemisch bei Zusammenfügung der Kom- 
ponenten keine Volum enäuderung, so sind nach 8. 206 $i 
und von p nnablinngig und enthalten anßer dem Mischungs- 
verhältnis q' nur noch § . Hier mrd also durch die 
Formel (172) der Druck p ganz direkt angegeben. 

Geschieht die V ereinigung der Komponenten auch ohne 
"Wärmeaufnahme, so sind die mit ?9 propoii^ional, und 
der Ausdruck für p wird von soweit dasselbe nicht in 
dem p|^ enthalten ist^ frei. In diesem Falle gilt also 

(173) l>-l>iC7i+ÄCi, 

wobei die öh but noch die Konzentration oder das Mischungs- 
verhältnis der flüssigen oder festen Phase oiihdt^. 

Das Gesete^ welches p mit dem MischungsveriiSItnis 
der festen oder flussigen Phase verbindet^ ist in allen FaOen 
sehr kompliziert Benutzen wir die Reihen (152) für die 
Qk und brechen sdion mit dem in 0o multiplizierten Glied 
ab, was nur in dem S. 232 besprochenen Fall zulässig ist, 
nehmen auch der Ein&chheit halber die MolekulargröBen 
im Dampf und im festen oder flüssigen Gemisch einander 
gleich, somit B^^^Bi an, so wird aus (172) 

(174) p =i)iÄ;ie*o*SI^+jP2^«****^*« 
Hierin ist nach 8. 206 von der Form 

worin Cq eine Konstante und Bq eine Funktion von ^ 
allein bezeichnet. Co hängt nach (156j und (158) mit der 
Volumenänderung bei der Mischung zusammen, die meist 
eine sehr kleine Zahl ist. Man kann demo^emaß wahrschein- 
lieh immer, wenn , p.^, Co und S,^ be kannt sind, die 
Formel (174) nach p mit Hilfe bukzessiver xSäiiemng auflösen. 
Darf man 

mit l-^Q.p'kl!'^ 

vertauschen, so läßt sich die Auflösung ohne weiteres aus- 
führen und liefert, wenn man e^^V^ in.^A abkürzt: 



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238 II. Kapitel. Mehrere Komponenten. 

(175) PiK^-\-P2he, 

Bei Benutzung der Reihen (153) resultiert in gleicher 
Annäherung, wenn jetzt e^^^^=eh ist, 

Diese (komplizierten) Fonnelii scbdben die vorhandenen 
BeobaehtuDgen fiber Dampfdmcke bmSrer Gemisoliey die man 
insbesondere Eonowalow^) verdankt — soivdt sicii das 
ohne Kenntnis der Parameter beurteilen laßt wenigstens 
qualitativ gut wiederEOgeben, Sie verein&dben sieh, wenn 
die Yolumenanderong Mi der Mischung vemaoUassigt und 
demgemäß C^^O gesetzt werden kann. — 

Im vorstehenden haben wir uns durchaus anf den Fall 
besdirSnkt, daß die beiden Komponenten innerhalb der 
festen oder flüssigen Phase in allen Verbältnissen mischbar 
wären. Im gmnteOigen Fall ist an die Formeln (167) an- 
zuknöpfen und, wenn die Komponente (1) in der Phase (') 
nur in beschränkter Konzentration existieren lumn^ für die 
Qk oin Ansatz von der Form (155) zu benutzen. 

§ 79. IHe eine Phase enfliUt nur eine Komponente. 

Enthält die dampltönoige Phase nur allein die Kompo- 
nente (2), 80 verlieren die ersten Gleichungen in (167) bis 
(l(i9) ihre Bedeutung, in den zweiten ist k$p^pi mit p zu 
vertauschen. So fo^ aus (167^) 

(177) Oo + = + jB,^ ln(j») , 

und aus (1692) 

(178) (j> - J>,)i4> + - -B, ^ hi(plP,) , 

was nur wenn der Fall der reinen Komponente (2) er* 
reichbar ist; jp, bezeichnet den CIeI( hgewichtsdrack, der 
der reinen Komponente (2) bei der Temperatur ^ zugehört. 
Diese Formel liefert die Beziehung zwischen Gleichgewichts- 
druck und -tempevatur und dem Mischungsverhältms der 
festen oder flüssigen Phase. Bezüglich ihrer Diskussion 

Konowaiow, Wied* Ann. Bd. 14, 8. 84, 269, 1881. 



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f 79. Die eine Pbaae enthalt nur eine Komponente. 239 



kann auf das in § 61 au der allgemeinen Bedingung {j^^ — tit 
Gesagte verwiesen werden. 

Ob die flüssige oder feste Mischung die Komponente (1) 

in beliebiger oder nur in begrenzter Menge enthalten kann, 
kommt bni dem vorstehenden nur insoweit in Betracht, als 
man, je nachdem das eine oder das andere stattfhidet, für 
Q., eine andere Keihe benutzen wird. In jedem Falle stellt 
Formel (177) und (178) je eine Erw^^iternnor der nach § 73 
für sehr verdünnte Lösungen geltenden Gesetze c]ar. 

Vernachlässigt man wie S. 237 das in t^o multiplizierte 
Glied, so resultiert 

was sich ebenso behandeln läßt, wie die kompliziertere 
Formel (172). 

Für die Verdampfung der Masseneinheit der Kompo- 
nente (2) ist nach (35) Wärmeaufnahme und Volumenver- 
größerung gegeben durch 

"Wir nehmen für Cm den in (94) angegebenen Wert Tjo+j»!^ 
in dem T^o ntir ^ enthllt und «io von p und ^ merkliä 
unabhängig ist. 

In dieser Annäherung ist d{Cio— B^fd^ eine Funktion 
von ^ allein. Wendet man dann die erste Gleichung auf 
die reine Komponente (2) an und bezeichnet die •& ent- 
sprechende Verdampfungswinne durch k%y den zugefadrigen 
Öleiehgewichtedruck durdi p^y so resultiert 

(180) r-ü' = 4^-B.h.(|J]. 

wobei in mehr oder weniger großer Annäherung BQ^jdd^ als 
konstant gelten kann. 

In der gleichen AnnShemng ist B(io/dp=B^ das spe- 
afische Volumen der Komponente (2) in der Hiase (% 
B^^Ip ebenso '^ifw, also 

(181) «"-«si;_,4,_^», 

was mit (89 >) offenbar übereinstimmt 



^40 n. Ki^iteL Mehrere Komponeoteii. 



Eine interessante Anwendnng findet Gleichung (177) 
auf den Fall eines Systems aus einem Gas (2) und der 
Losung desselben in einer selbst nicht merklich verdampfen- 
den Flüssigkeit (1). Hier ist der Fall der reinen Kompo- 
nente (2) nicht erreichbar, denn das Gas allein existiert bei 
den für das betrachtete System anzunehmenden p und d nicht 
in zwei Phasen. Aus demselben Grund ist in (177) Cio das 
Potential der Komponente (2) im gasformigen Zustand bei 
dem gegebenen p und d. h. die auf der rechten Seite 
der Gleichung (177) stehende Größe. Somit reduziert sich 
hier die Gleichgewichtßbedingung auf 

(182) Q,^0, 

-was nach S. 206 eine Beaehung zwischen p, ^ und q dar> 
steUty nnd aus den Formeln (179) wird 

(183) r-*^, ^. - 

Enthalt dagegen die flüssige oder feste Phase nur die 
Komponente (1), so kommt die zweite Formel (167) bis (169) 
in Weg^ nnd (169^) liefert wegen «0 

(184) (p -pMo = ^ HTifiplp,) = B,^ ln(K/i>i) • 

Diese Bedingung kommt insbesondere in dem Falle des 
Gleichgewichtes einer Flüssigkeit mit dem Gemisch ihres 
Dampfes in ein indifferentes, auch nicht merklich in der 
Flüssigkeit lösbares Gas zur Geltung. p'{ ist der Partialdruck 
des Dampfes, p—pi—p'l. der des Gases, p^^ der Gleicb- 
gewichtsdruck des reinen Dampfes gegen die Flüssigkeit. 

Ist j)i — ^1 klein neben 2>i > so ergibt die letzte Formel 

(K +i>? -Pd^x = ^ {P'i -Pd , 

oder bei Einfuhrung des spezifischen Volomen if{ =^Bi^i2h 
des Dampfes bei den Yariabeln p^ und ^ mdk 

(185) |?iVi - (itf -Pt) W - ti) . 

Die Vernachlässigung des spezifischen Volumens der Flüssig- 
keit t4 neben demjen^en des Dampfes ff{ liefert schließlich 

(186) Jtf-A-I«'|; 



§ 80. Koexistenz fester uud flüssiger Phaseu. 241 



die Anwesenheit eines indifferenten Gases neben 
dem Dampfe erhöht dessen Sättigungsdruck um das 

vi/i//-fache des Gasdruckes. 

Beobachtungen über den erörterten Effekt sind wieder- 
holt angestellt, doch meist uDtor Umständen, welche die 
Anwendung unserer verein&chendcn Annahmen kaum ge- 
statten und daher nur nach qualitativer Seite Bestätigungen 
der Theorie enthalten. 

Andrews^) fand z. B., daß Kohlensäure, die bei 7^6 
Celsius sich unter 42,5 Atmosphären "Oiuck vertlüssigt, nach 
Zufiigung von 4/3 ihres Volumens Stickstoff bei einem Ge- 
samtdruck von 281 Atmosphären noch dampfförmig blieb. 
Wir haben S. 13b gesehen, daß unter den benutzten Werten 
von 2) und ^ Kohlensäure nicht mehr genau den Gasü:csetzen 
folgt; deshalb ist eine quantitative Verwertung dieser Be- 
obachtung niclit mt)glich; doch sieht man ohne weiteres, daß 
der Partialdruck der Kohlensäure im zweiten Falle erheblich 
größer gewesen ist, als der Kondeusationsdruck im ersten. 

§ 80. Koexistenz fester und flüssiger Phasen. 

Sind von den koexistierenden Phasen beide fest, beide 
flfissig, oder eine fest und eine flÜBsig, so lassen sich spezielle 
Folgerungen nur mit Hilfe der vollBtändigen Ausdrücke für 
die Q-Fmiktionen beider Phasen erhalten-, welche letztere 
nach dem in § 73 Ausgeführten nur durch Heihen dar- 
stellbar, und auch da zumeist bezfiglich ihrer Parameter gegen- 
wü*tig noch unbekannt sind. Dieeer Umstand wirkt auf die 
Diskussion der Besultate der Theorie hindernd ein. 

Wir setzen nach (90) und (94) 

(187) «HöucAw-MU^i'^-i-eis Ä=i, 2, 

wobei die 2« Funktionen von 0 allein bezeichnen und die 
t^Ao jedenfalls als von p, zumeist auch als von ^ unabhängig 
gelten können. Sind (') und (*>) die beiden Phasen, so 
lauten die Gleichgewichtsbedingungen 

(188) piU~\-n-{-Q'H = pvU-^Ti^Ql, Ä = l, 2; 
dürfen dieselben bis auf die Fälle der reinen Komponenten 

») Attdrewa, Phü. Mag. (5) T. 1, S. 78, 1871. 
Voigt, Thennodjniaiilik. H. 16 



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242 H* EapiteL lUhrere Eompondnien. 



(1) und (2) benutzt werden^ und beseichnen wieder undji^ 
fiir letztere die i^ eatsprecbenden Gleiehgewichtsdrucke, so 
gibt dies 

(189) (p-jp*)Wo-«^2o)+e;-e2=o, Ä=i,2. 

Bezüglich der Diskn«;sion dieser Formeln ist in Betracht 
zu ziehen, daß in den Fällen, wo jede der beiden Phasen 
ohne merkliche Volnmenkontraktion aus ihren Komponenten 
entsteht, die Q,^ nur t} enthalten. Hier kommt also nur 
explizite vor; seine Elmiination gibt eine Formel zwischen 
^> Q'y Q^f also bei gegebenem i^ den für das Gleichgewicht 
nötigen Zusammenhang zwischen q' und für beliebige p. 
Fehlt außer der Volumenänderung auch die Wärmetönung 
bei Herstellung der Gemische, so sind die Q^. mit ß pro- 
portional, so daß sich statt p auch & leicht eliminieren läßt. 

Fehlt die Komponente (2) in der Phase (^), so treibt 
von (189) nur die Bedingung 

(190) (p-A)W«-t^,) + Öl-0, 
die p ohne weiteres bestimmt. 

§ 81. Zwei koexistierende lifissige LösnngeiL 

Ein durch seine Einftieliheit besonders wichtiger Fall 
ist der, wo für beide Komponenten das Aggregat i>'4*o4"^^^ 
in l>eiden Phasen merklich gleich ist. Derselbe tritt in 
Strenge ein bei zwei koexistierenden Gemischen von zwei 
Flüssigkeiten, die sich nur innerhalb beschränkter Mischungs- 
verhältnisse in einander lösen; denn dann sind die Chq in 
beiden Phasen identisch. Hier lauten die Bedingungen (188) 

(191) öi-e?, 

wobei sich die linksstehenden auf das Miselunigsverhältnis 
in der einen, die rechtsstehenden auf dasjenige in der an- 
deren der beiden koexistierenden Lösungen beziehen. 

Es liegt nahe, zu vermuten, daß die beiden auf die- 
selbe Komponente bezüglichen Q,^y also Qi und Q^l, sowie 
Q'^i und Q9^, da es sich ja um gleichartige Phasen handelt, 
dieselben Funktionen von q' und q^y resp. und A;^ 
sind, und daß demgemäß die durch (191) bestimmten q' 



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§ 81. Zwei koexistierende flüssige Lösungen. 243 

und q^, resp. Ui und gleiohxeitige Doppelwuicdn der beiden 
Formeln 

— Konst ond « Konst 

dantellen. Findet dies statt, so kann man die beirrenden 
Wnneln anf geometrischem Wege folgendennafien aofbiden. 
Man stellt ^A^/lÄ) «^^d Q2=h(h) — wobei je eine 
additive Konstante willkGriich bleibt — dnrch Kurven in 
einem ^ Achsensyatem dar nnd verschiebt diese Kurven 
längs der ^Ajchse derartig gegeneinander, dafi zwei ihrer 
Bchnittponkte gleiche Ordmaten erhalten. Die Abssissen 
dieser Schnittpunkte sind die gesuchten Wuneein und li^, 
denn ffir sie ist Gleichung (191) erfüllt 

In der Tat, durch die Verschiebung der Kurven werden 
die Ordinaten nur um je eine Konstante C^, (7, von 
und Q2 verschieden, und die zwei Schnittpunkte entsprechen 
den Gleichungen 

c\-r(Ä--c,-hQ',y Ol + ^ = + es ; 

da diese Punkte aber gleiche Ordinaten besitsen sollen, so ist 

Q'i=Ql, ei = C2, q.e.d. 

Für die Qf^ haben mr in (152) Reihen angestellt, die wir 
schreiben 

n <Kt\^' = ^'"(^^'^ + - '^'i*' t*" + *^ + 2 - 'i>Mi + ■•] 

^ 'Q*J£t - *ln(*b) + (1 - k,mo + !»i + 2(JP,- 0,)k, + ..] 

QJBi hat tiao ala Fuoktkm von einen gans Sbniiohen 
Verianf, wie Qi/B^ ala Funktion von . Da zudem gilt 

-2(1 + 3iJ + ..] 

!(^)=*_2(l-4,)[*,+ «P,-(*.-*x)(l-3ii)+..], 

SO kann man sich von dem Verlauf der ^A^Kurven leicht 
eine Vorstellung machen. 

Beide beginnen bei verschwindendem Argument Jc^ mit 
der Ordinate —00 und enden fiir ^^^=1 mit der Ordinate 
NuU, der sie sich von negativen Ordinaten ]:er nähern. 
Bricht man die Heihen mit den konstanten Gliedern der 

16* 



244 



IL KapitdL Hehrere Komponenten. 



Klammem ab^ so erreichen die Maxima und Minima f&r 
die Abszissen 

(194) « i [1 ± Vi -2^/(^0 + ^.)] , 

wobei i 1 oder 2 ist, wenn oder 1; man darf an- 

nehmen, daß dieser Verlauf diu eh die höheren Reihenglieder 
im nllgenieinen nicht wesentlich geändert wii'd. Wir l^iiüpfen 
demgemäß die Diskussion an die nebenstehende i^ ig. .37 an, 
die dem Gesagten entsprii ht, und betrachten der Bequemlich- 
keit halber die Fniiktionfn QJB^ statt Q,^ selbst; offenbar 
ist diese Vertauüchuug ohne £iu£uß auf die Erfüllung der 
Bedingungen (191). 

Bei genau spiegelbildlich sich entsprechenden Formen 
beider Kurven, die in den in (192) mitgeteilten Gliedern fiir 
0^ = 0.2 eintritt, entstehen ohne weiteres drei Schnittpunkte, 
deren äußere gleiche Ordinalen besitzen und Abszissen k'^ 
und ÄJ ergeben , die k/, + = 1 machen. Bei hiervon hin- 
reichend wenig verschiedenen Formen können durch vertikale 
Verschiebung der einen Kurve die Ordmatoi der äußeren 
Schnittpunkte einander gleich gemacht werden; aber die Ab- 
szissen X4 und erfüllen die Bedingung + 1 bier 
nicht. (Fig. 38.) Rücken bei einer Änderung von p oder ^ 
die Mazima und Minima der einzelnen Kiurven einander 
naher, so gilt analoges von den äußeren Schnittpunkten; 
entstdit durch Zusammenfallen der Maxima und Minima eine 
Wendetangente, so fallen alle drei Schnittpunkte zusammen« 
Zugleich wird kl = M„ die beiden koexistierenden Losungen 
erhalten gleiche Konzentrationen, und die Grenze zwischen 
ihnen verschwindet. Haben die Kurven keine Maxima und 
Minima, so sind die beiden Flüssigkeiten vollkommen misch- 
bar, d. h., sie können nur eine flüssige Phase bilden. 

Wir haben hier also ein Analogon zu dem S. 139 u.f. 
besprochenen kritischen Punkte; doch handelt es sich jetzt im 
^Igemeinen um Wertpaare p und i^, bei denen der stetige 
Uber^ransi; zwischen den beiden Phn'^on eintritt, somit um 
eine kritische Kurve. Allerdings kommen n^ch 8. 2'^2 
Fälle vor, wo die Funktionen 0,, den Druck nicht ent- 
halten; dann gibt es also eine bestimmte kritische Tempe- 
ratur für die Kombination (Ij und (2), und ihr entspricht 
eine bestimmte^ durch das Obige bestimmte kritische Kon- 
zentration. 



« 



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I 81. Zwei koexistierende flOsaige Lteimgen. 



245 



ferner 



In dem symmetrisckea Fall i^i^^f) ist 



woraus ei-sichtlich ist, dali nur für 2{P<.(0q-\- 0^) drei 
Schnittpunkte der beiden ^^-Kurven möglich sind, die Wende- 
taugt nie aber für 2^ = (0q-{- 0^), und zwar fnr die Abeziflse 
ki,=i Antritt. Der symmetrische Fall, der sich in der Be- 
ziehung /4 4- A;! 1 kund tat> ist in groBer Ann jShemng bei 
einer Mischung aus Foifnrol und Wasser realisiert 





Fig. 87. 



Andere Lösungen liefern kleinere oder größere Ab- 
weichungen von der Relation A^^-f was auf ent- 
sprecliende Verschiedenheiten zwischen den Funktionen 
und 0f hinweist; über die Bedeutung dieser Größen ist in 

§ 76 gesprochen worden. — 

Noch sei auf einige Details der behandelten Vorgänge 
hiiigewieBeii. Im allgemeinen entspricht das Bereich zweier 
koexistierender Losungen tieferen, das nur einer Losung 
höheren Temperaturen — in Analogie zu dem stetigen Uber- 
gang zwischen Dampf und Flüssigkeit, der nur bei hohen 
Temperaturen stattfindet. Ausnahmsweise kommt aber auch 

^) Bothmund, Phys. ehem. Zeitschr., Bd. 26, 4ö4, 1898. 



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246 



IL Eaintel. Hehrero Komponenten. 



das Entgegengesetzte vor, wie z. B. bei wässerigen Loeungen 

von /9-Collidin und Triäthylamin^). 

Sind die (), durch Beobachtungen, wie S. 231 ausgeführt, 
anderweit bestimmt, so sind die hier beschriebeneu Er- 
scheinuni?en aus diesen Werten vorauszusagen; die umge- 
kehrte Verwendung derselben zur Bestimmung der Parameter 
der ^-Funktionen ist wegen der Kompliziertheit der Be- 
dingungen nicht angezeigt, wenngleich das S. 202 erörterte 
Hindernis durch Benutzung der allgemeinen Beihen von vorn- 
herein beseitigt ist 



Bothmund, I. o. a 460 vu f. 



III Abschnitt 

£m System von beliebig vielen 
Komponenten und Phasen. 



§ 82. Definitioiieii. 

Wie die vorigen Abadmitte zeigen, kompUaeren cddb 
bereite beim Übeigang von einer Komponente zu zwei die- 
Verfailtnisse^ und waiSieen die Sdnrierigkelteii einer Durch- 
föhruDg der Theorie bis zur Anwendbarkeit auf die einzelnen 
Erschemungen ganz erheblich. Eine weitere Steigerung der 
Zahl der Komponenten wirkt Iii demselben Sinne nur noch 
nachdrncklicher, und schon für drei Komponenten sind ganz 
vermzelte Probleme überhaupt nur in Angriff genommen. 
Die aufgestellten Prinzipien reichen zwar für die Bdbandlung 
von Systemen mit beliebig vielen Komponenten aus, aber 
die Formeln werden überaus kompliziert, und die Anzahl 
von Beobachtungen, die zur Bestimmung der in ihnen auf- 
tretenden Funktionen erforderlich sind, -^drd sehr groß. Dem- 
gemäi) werden wir nns hier auf die Entwicklung einiger 
ganz iillt^t meiner Resultate und auf bloße Andeutungen über 
die Behandlung spezieller Probleme beschränken. 

Wir betmchteii ein System von Je Komponenten in 
n Phasen, mid zwar nehmen wir nach dem auf S. 170 und 221 
Gesagten an, daß in jeder Phase alle Komponenten auf- 
treten; wir können dann nachtraglich den Anteil einer Jeden 
einzelnen nuf jede beliebige Kleinheit herabdrücken. 

Als Komponenten (A) hatten wir 8. 169 die einzelnen 
voneinander unabhängigen Bestandteile des Systems 
definiert. Bei den früheren speziellen und einfachen Fällen 
konnte ein Zweifel darüber^ wie hiernach die Komponenten 



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248 n. Kapitel. Mehrere Komponenten. 



des Systems zu bestimmen wären, nicht wohl entstehen. 
Für kompliziertere Fälle genügt zumeist die folgende ein- 
fache Regel: Man erhält die Komponenten eines 
Systems, indem man die Reihe der in demselben auf- 
tretenden chemischen Elemente bildet uudvon diesen 
diejenigen, deren Massenverhältnis in allen Phasen 
denselben, durch deren Konstitution bestimmten 
Wert hat, in jenen Verhältnissen zu Gruppen zu- 
sammenschließt. Jede dieser Gruppen, unter denen 
natürlich auch einzelne Elemente auftreten werden, 
stellt eine Komponente des Systems dar. 

Kommt also z.B. in einem System, welches dieEäemente H, 
O, Gl, Na enthSlt» H und O in jeder Phase nur in dem 
Massenverhältms 2:16, Ol und Na nur m dem Massen- 
Verhältnis 35,3:23 vor, weldie den Verbindungen H^O und 
Ol Na entspredien, so sind diese Kombinationen die Kom- 
ponenten; ist aber etwa in einer oder mehreren Phasen O 
im Überschuß vorhanden, so ist H und O je für sich eine 
Komponente. Kommt dabei in einer oder einigen Phasen H 
und O in dem Verhältnis HgO vor, so kann es vorteilhaft 
sein, HjO und O stets H und O als Komponenten zu wählen. 

Ob die Elemente, die in einer Komponente vereinigt 
sind, nur eine Art von Molekülen bilden oder aber mehrere, 
kommt bei dieser Behandlungsweise gar nicht in Betracht. 
In der flüssigen und festen Phase können Moleküle H2O, 
2H2O, 3H0O,..., \n der dampfförmigen Molekiile HjO, 
H2, O2, H, O vorkommen, die Komponente in dem von 
Gibbs eingeführten Sinne ist immer dieselbe; nur das 
physikalische Vorhalten, insbesondere die als Zustands- 
gleichnne bezeichnete Relation zwischen Druck, Temperatur 
nnd spezitischem Volumen wird für sie in dem einen oder 
anderen Falle verschieden sein. Aber diese Eigenschafttüi 
betrachten wir gegenwärtig nicht als Gegenstand der 
Tlirorie, sondern als eine aus der Erfahrung abzuleitende 
<Tiiindlage derselben. p]ine andere Behandlungsweise wiixi 
iui folgenden Abschnitt Darstellung finden. 

Bei Systemen, welche mehrere verschiedene Verbin- 
dongen von derselben Zusammensetzung enthalten, versagt 
unter Umständen die obige Regel und verlangt eine £r- 
weiterung in dem Sinne, daß jene Verbindungen als veiv 
scihiedene Komponenten geführt werden. Bin Beispiel ist 



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§ 87. Definitionen. 



249 



Kerlits- und Linksweiiisäure , koexistierend mit einer Lo- 
sung beider. Wir behandeln dei^l 'ichen als Ausnahme- 
fälle, statt der Regel eine sie umfassende komplizierte Form 
zu geben. — 

Da die Phasen (i) nach ihrer Definition auf S. 13 
notwendig räumlich getrennt sind, so kann man für das 
Potential Z des ganzen Systems jederzeit den Ansatz 
machen 

(195) z-.i:^^«|i;<*>i»w, » = l,2,...n, 

worin m^^ die Masse dor Phase (t) und das Potential 
ihrer Masseneinheit bezcichnpt; t^^ hSne^ dabei außer von 
p und d nur von der Zusammensetzung der Phase (i) ab. 
Zugleich kann man aber auch nach S. 170 zeigen, daß 2^^ 
eine homogene lineare Funktion der Massen der einzelnen 
Komponenten (c) ist, und demgemäß schreiben 

(196) ^«-|£?«i^, »-1,2,. ..ik, 

wobei gilt 

(197) 

^^^^^ ^ c)wX> 

Bezeichnet maD in Erweitening der Festsetzung (6) 

als die (Mas8en-)Konzentration der Komponente Qi) in 
der Phase (t), so sind die flk^ Funktionen \'on i^ und 
von den h Konzentrationen cj'"^, zwischen denen nach der 
Definition (198) die Ijezieliung 24*^ = 1 besteht, von denen 

also nur — 1 voneinander unabhängig sind. 
Wegen (197) ist 

(199) 



da nun die Massen nm- durch die Konzentrationen d}} in 
die C/f' eingehen, so kann man die Differentialquotient^n 
nach den m^} in solche nach den cjf^ verwandeln und erhält, 
wenn man in die Konzentration cj^, in aber 4" als 
die abhängige betrachtet, leicht 



250 n* KapiteL ICehrere Komponenten. 

hierin bezeichnen die Indizes und f{k) an den Summen- 
zeicheu, daß j resp. f alle Werte von 1 bis k mit Aus- 
schluß von g rei=ip. von h annehmen soll. Diese Formeln 
sind wegen (197) wesentlich Identitäten. 

§ 83. Die Gibbssehe PbMenregel« 

In dem vorausgesetzten System von k Gesamtkompo- 
nenten in n Phasen bestehen nach dem oben Gesagten 
zwischen den Massen der Komponenten keine andireii 
Bedingungen, als die der EoDstans der GeeamtmasBen, 
welche lauten: 

(201) m^^lm^, Ä = 1,2...Ä, t = l,2..,». 

Die Bedingung dee Gleiehgewidites lautet medenun 
nach S. 5 

und zwar verlangt dns stabile Gleichgewicht^ daÜ Z ein 
Minimum wird. Wegen 

(202) Z^lltfmf 

gibt dies bei Einführung der Lagrangeschen Multipli- 
katoren Ali 

(203) 22(Ö?-^)M'>=0, 

also, falls alle im^ willkürlioh gewSUt werden kSimeii, 

(204) {P>_fjf>_...»{l-)_^, »-1,2...*; 

dies stellt Ä;(n — 1) Gleichungen zwischen den ^ dar, von 
denen nach S. 26 eine jede das Gleichgewicht einer Kom- 
ponente zwischen zwei Phasen bestimmt. 

Die Anzahl der in den Ca* auftretenden Variabein ist 
n{k — 1) + 2; in jeder Phase kumuKai näiiiiich k—1 unab- 
hängige Konzentrationen vor, außerdem variiert p und -& , 
Die Anzahl der Bedingungen darf nicht größer sein, als die 
Anzahl der zu bestimmenden Yariabeln; somit gelangen 
wir zu der Ungleichung 



f 88. Die Oibbssehe PhaaenregeL 



251 



ii(*-l)-f 2^ *(»-!) 

oder 

(205) h+2>n} 

die An Kahl der koexistierenden Phasen kann b5eli- 
stens gleich sein der am swei vermehrten Zahl' der 
Komponenten. 

In dem Grenz&ll X;+ 2 sind dmüdi die Bedingungen 
alle Yariabehi bestimmt; es gibt also nur diskrete Wertinrsteme 
— in der j^il^-Ebene diskrate Pmücte — , f&r wel(»ie die 
Koexistenz von ik+2 Phasen möglich ist Eine stetige 
Variation irgend einer Yariabeln ist Uer inneilialb des Gleuä- 
gewichtes nicht mo^ksh; das System ist nonvariant 

Ist k'^l = n, so kann über eine Variable frei verfügt 
werden; aus ihr bestimmen sich dann die übrigen. In der 
p^-£bene können die entsprecheoden Zustande bezüglich des 
Zusammenhanges zwischen p und ^ durch eine Kurve 
wiedergegeben werden, wobei allerdings die jedem Zustand 
zugehörigen Werte der <^ nicht Ausdruck gewimien. Hier 
ist das System monovanant 

Für jedes weitere Fallen von n um eine Einheit wird 
eine Variable mehr frei verfügbar, die Systeme werden di- 
variant, trivariant usf. 

Diese Namen beziehen sich, wie man sieht, auf die 
Freiheitsgrade der Variabein i>, cfjP. Mit den Massen 
verhält es sich in gewisser Hinsicht umgekehrt. Für sie 
gelten k Gleichungen von der Form (201) 

außerdem n{Jc — l) Gleichungen (198) 



Die Anzahl ß der Bedingungen ist also n{k — l)-{'kf die 
Anzahl » der Massen m]^' ist nk, es gilt also 

(206) Ä-iJ-ii-Jfe. . 

Hieraus folgt, daß für n = k-{-2 zwei Massen m)^'^ will- 
kürlich gewählt, also eine zweifach unendliche Reihe von 
Massenumsetzungen innerhalb des Gleichgewichtszustandes 
vorgenommen werden können; ist n = k^l, so ist eine 



252 



n. KapiteL Hehrero Komponenten. 



Masse tn^ willkürlich, und die mögliche Beihe von Um- 
setzungen ist einfach unendlich. 

Ist n^k, 80 sind alle Massen i«]^^ bestimmt; Um- 
setzungen werden erst möglich, w iin eine der Gesamtmassen 
variiert wird; ist n<k, so sind die Massen über- 
haupt nur dann bestimmbar, wenn man eine der Gesamt- 
massen verfügbar Ijlßt, usf. Man erkennt lei(;ht, wie 
diese Verhältnisse Verallgemeinerungen des im IL Abschnitt 
für nur zwei Komponenten Gefundenen darstellen. 

Im vorstehenden ist^ wie S. 247 hervoi^ehoben wurde, 
angenommen, daß in allen Phasen auch alle Komponenten 
auftreten. Die abgeleiteten Regeln bleiben aber in Geltung, 
wenn in gewissen Phasen bestimmte Komponenten fehlen. 
Mit dem Ausfall an verfSgbaren Eonzentrationen geht der 
Wegfiül Von Gleichungen von der Form (204) parälel» in- 
sofern för eine fehlende Komponente (J) in der Phase (m) 
kein {jT' in Rechnung za setzen ist Die Differenz swisohen 
der Anzahl der Yariädn tmd der Anzahl der Bedingungen 
ändert sieh hierdurch nicht 

. Die vorstehenden Gesetzmaßi^eiten werden unter dem 
Namen der Gibbsschen Phasenregel zusanunengefaßt 
Die Beobachtung hat für sie vielfältige Bestätigung geliefert; 
doch fehlt es auch nicht an Vorgängen, die mit ihr schein- 
bar im Widerspruch stehen. Zwar hat sich in allen Fällen, 
wo die Theorie Gleichgewicht verlangte , auch Gleichgewicht 
ergeben; aber die Beobachtung lieferte Gleichgewicht auch 
in Fällen, wo dasselbe nach der Theorie nicht hatte ein- 
treten dürfen. Wie schon S. 165 bemerkt, scheinen in der 
Wirklichkeit den Umsetzungen häufig Widerstandskräfte ent- 
gegenzumrken , die nicht in die Theorie aufgenommen sind 
und die entweder, wie die äußere Reibunp: fester Körper, 
in Strenge Gleieliirewicht in einem gewissen Umkreis der 
von der (reibungslosen) Theorie geforderten Bedingungen 
gestatten, oder, wie die innere Flüssigkeitsreibung, die Be- 
wegimg nach der theoretischen Gleichgewichtslage hin so 
verzögern, daß scheinbar ein Gleichgewicht unter anderen 
Umständen eintritt — ähnlich wie eine Emulsion aus zwei ver- 
schieden dichten Flüssigkeiten im (ileichgewicht zu sein scheint, 
während sie in Wiihriieit dureli die Schwere entmischt wird. 

Geiicu wir scliließlich, um die allgemeinen Regebi auf 
den ersten der komplizierteren Fälle anzuwenden, noch ein 



§ 84. Bestiuimiuig der PoLeniiale in allgemeineren Fällen. 253 

wenig auf die Betrachtung eines Systems von drei Xompo- 
nenten ein^), so sind in diskreten Punkten der p^-Ebene 
je fünf Phasen koexisteuzälug. Diese Punkte stellen sich 
dar als die Schnittpunkte von Kurven, in denen je vier 
Phasen koexistieren können, und diese Kurven begrenzen 
Gebiete mit je drei Phasen. Die Punkte sind definiert durch 
die zwölf Gleichungen 

die Schnitt k 11 i vcn durch dasse]l)e System nach Fortlassung 
der entweder auf die Pliaöc (a) oder {b) oder (c) oder (d) 
oder (e) bezüglichen Glieder. Die beiden durch eine solche 
Kurve getrennten Gebiete müssen sonach Phasen enthalten, 
vou denen zwei gleich sind und eine verschied* n ist, damit in 
der Grenze nicht mehr als vier koexistieren. Das für die 
Umgebung eines fünffachen Punktes geltende Verteilungs- 
schema ist also eine einfache Erweiterung der in Fig. 35 
auf 8. 200 daigestellten. Bezüglich der metastabilen Zu- 
stände darf auf das & 158 Gesagte verwiesen werden. 

§ 84. BestimmuDg der Potentiale in aUgremeineren 

FUlleu. 

Für die vollständige Entwicklung der Gleichgewichts- 
bedino^iingen bedarf man wiederum der Ausdrücke für die 
Potentiale Ci'^ der Komponenten in den verschiedenen Phasen. 
Die Hilfsmittel ihrer Bestimmimg aus den Potentialen der 
getrennten Komponenten sind die im Anfang des II. Ab- 
schnittes auseinandergesetzten. Die allgemeinen Formeln (84) 

für die eine irreversible, nhpv isopiestisciie Veninderimg 
zwischen gleichen Endtemperaturen begleitende Volumen- 
änderuDg und Wärmeaufnahme, in denen und die 
Werte des Potcntiales eines und desselben Systems im ersten 
und im zweiten Zustand bezeichnen, gelten all mein und ge- 
statten die Anwendung auf Syst<»me von belie!»iü; vielen Kom- 
ponenten. Ihre Verwendung in der S. 2Üo u. f. erörterten 

^) S. zahlreiche üniersuchungen von Schreinemaker^ 
Zeitschr. f. phjrs. Chemie von Bd. 15 an. 



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254 II. KapiteL Mehrere Komponenten. 

Weise fulurt zu Formeln von der Gestalt 

(207) d 0^^ 

die (90) reep. (dl) entsprechen und in denen das Potential 
der reinen Komponente (Ä) bei den Argumenten 'p und 
die Q-^ aber Funktionen von und allen Konzentrationen 
cjf)(Ä = 1, 2 . . . Ä) innerhalb der Phase (i) bezeichnen; für feste 
und flüssige Phasen besitzen die <2^^ in Annäherung die Form 
Fp+S, unter F eine Funktion nur der Konzentrationen, 
unter O eine Funktion auch der Temperatur verstanden. In 
den S läßt sich ein mit & proportionaler Anteil durch Be- 
obachtungen über die Vorgänge bei der irrever&ibeln J^iischimg 
nicht bestimmen. 

Die Methode reversibler Mischnnn mit Hilfe von halb- 
durchlässigen Wänden <re«itattet gleichfalls die Anwendung 
auf beliebig viele Komponenten, und es ist sowohl in dem 
Falle eines Gemisches idealer Gase, wie auch in dem einer 
verdünnten Lösung auf S. 214 und 222 bereits darauf hin- 
gewiesen worden, wie sich die erhaltenen Resultate auf 
Systeme mit beliebig vielen Komponenten verallgemeinem 
lassen. 

Infolge hiervon kann man nun auch leicht die Reihen 
fiii- die (^-Funktionen, über die in § 75 gehandelt ist, auf 
den Fall einer größeren Komponentenzahl erweitern. So 
erhalt man z. ß. für den Fall dreier Komponenten statt 
(152) bei Beschrankung auf die beiden ersten Glieder 

^^^^^ + — — 

usf.^ wobei die 0 nur p und i> enthalten. — 

Eine Reihe von Folgerimgen der Theorie sind mit den 
för zwei Komponenten gefundenen völlig kuiiform. Z. B. er- 
geben die Überlegungen über die Koexistenz einer flüssigen 
und einer dampfförmigen Phase aus § 78 bei den dort ein- 
geführten Vernachlässigungen statt (170) die Bedingimgen 

(209) Q^^Biii^ln(Kplp,)^Bii^la(piHp^), Ä = l,2,3. 



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§ 85. Verteilung eines btoffes zwischen zwei Lusäungamitlel. 255 

Wegea 

olgt hieraus anstatt (172) 

(210) p = p^e«»;^^^ + -f , . . , 

Formel, die p f&r gmbenes und gegebenes Misohungs- 
yerhältniB der flfissigen Phase bestimmt 

§ 85. Verteilung eines Stoü'ejs zwischen zwei 

Lösungsmittel. 

Ein ein&distes Beispiel für das Gleichgewi<^t dreier 

j^omponenten bietet ein System von zwei gegenseitig nicht 
merklich löslichen Flüssigkeiten (1) und (2), in denen beiden 
ein dritter 8tolF (3) gelost ist. Hier besteht nur die eine 
Bedingung der Gleichheit der Potentiale des gelösten Stoffes 
in beiden Flüssigkeiten resp. in beiden Phasen 0 und (1% 
d. h. die Formel 

(211) a = 

Führt man die Ausdrücke (207 -) für die ein, so gibt 
dies, da ^so sich gegen Cso hin weghebt, 

(212) «4 = «f. 

Sind bdde Losungen derartig verdünnti daß die Werte 
der § 72 benutzt werden können, setzt man ins/% =< 

fn^lm^ = g^' und bezeichnet mit (P) eine Funktion von p 
und ^ aUein, so ergibt diese Formel bei Fortlassung der 
unteren Indizes 3 an JB' und B" 

(213) (P) = B'hiiq') - B"]n{f) ; 
bei Einfuhrung von 

liefert dies 

oder kfirzer bei Einführung einer andern Funktion P von 
p und 0 allein 

(214) F^i^"\i'^\ 

Sind also die Molekulargrößen ^ der gelösten Sub- 
stanz in beiden Lösungsmitteln gleich, so ist das 



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256 



II. Kapitel. Mehrere KomponeiiteD. 



Verhältnis der q für beide Lösungsmittel eine Funk- 
tion von p und i> allein^ mithin unabhängig von den 
vorhandenen Massen. Im andern Falle treten die be- 
treffenden MolekulargröBen in den Exponenten auf. 

Diese Formel ist von Nernst^) durch Beobachtungen 
über die Verteilnng von Bemsteinsäure zwischen Wasser (1) 
und Äther (2), sowie zwischen Wasser (1) und Benzol (2) 
bestätigt worden; im ersten Falle fand sich /i' = /x", im 
zweiten = \[i!' , was mit den Ergebnissen rein chemischer 
XJberlpfrmigen im Einklang ist. 

Für Lösimgen von gröf'errT Konzentration können, da 
hier die Funktionen Qf^ kompliziertere Formen besitzen, diese 
einfachen Gesetze nicht bestehen. 

Wenn noch mehrere andere Substanzen (4), (5) . • . neben 
(3) in den beiden Flüsöigkeiten gelöst sind, so gilt füi* eine 
jede von ihnen eine Gleichung von der Form (212\ Bei 
hinreichender Verdünnung sind die Qf, für jede ."Substanz 
von der Anwesenheit der andern Substanzen nnabhäugig; 
dann gelten also die oben hervorgehobenen Gesetzmäßig- 
keiten für jede von ihnen gerade ebenso, als wenn die 
andern nicht anwesend wären. Bei stärkeren Konzentrationen 
kommt diese Unabhängigkeit in Wegfall, denn wie die Ent- 
wicklungen von S. 254 zeigen, wird dann von allen in 
der Phase anwesenden Komponenten abhängig. Die hier 
geltenden Geeetee sind bereits för nur zwei gleichaseitig ge- 
löste Körper recht kompUsiert 

Nach der Phasenregel kann im Falle der Koexistenz 
der (oben angenommenen) zwei nicht ndschbaren Lösungen 
(1 + 3) und (2 + 3) derselben Substanz (3) außer p und ^ noch 
eme der Massen beliebig variiert werden. Koexistiert mit 
den beiden Lösungen noch eine dritte Phase» z. B. der 
Dampf beider Flüssigkeiten, so ist durch p und ^ das 
Mischungsverhältnis beider Lösungen völlig bestimmt 



0 Nernst, Zeitschr. f. phys. Chemie, Bd. 8» a 110, 189U 



IV. Abschnitt. 



Beiücksichtigiiiig yersehiedener 
Molekülarteu. 



§ 86. FroblemsteUuu^^. 

Die KompoDenten eines Sjstems sind nach 8. 169 die 
voneinander nnabhängigen Bestandteile desselben, 
SU deren Bestimmung im allgemeinen die Regel fuhrt, daß 
man die Beihe der chemischen Ellemente bildet, die in dem 
System enthalten sind^ und diejenigen za einer Komponente 
zusammenfaßt» deren Massenvorhältnis in allen Phasen eine 
konstante Größe ist So sind beispielsweise oben in einem 
System aus SaLs, Eis, Salzlösung, Wasserdampf als die bei- 
den Komponenten Wasser und Salz gefuhrt. 

Aber die mit diesem Schema entwi( kelte Theorie gibt 
doch nicht auf alle Fragen Antwort, bestimmt den Zustand 
aller Phasen nicht immer vollständig. Der Wasserdampf 
in dem obigen Beiapiel ist bei höheren Temperaturen disso- 
ziiert, d. h. teilweise zersetzt; es konmien in ihm neben 
den Molekülen H^O auch Moleküle und O2, schließlich 
selbst H und O vor. Das flüssifje Wasser oder die wasseritre 
Tiösung enthält wahrscheinlieh Moleküle, die mehr Atome 
umfassen, als die Formel H.,0 aufzälilt; es ist, und zwar 
vielleicht in manigialtiger Weise polymeri^iert; sogar aus 
Lösungsmittel und gelöster Substanz gebildete komplexe 
Moleküle kömien in den Lösungen vorhanden sein. Alle 
diese molekularen Veränderungen lassen sich durch die Zu- 
staudsgleichung, d. h. die der Phase entsprechende Relation 
zwischen p, v und ^, die als durch die Beobachtung be- 
bestimmt gelten kann, in der Theorie summarisch berück- 

Yoigt, Thennodyiiamik. IL 17 



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258 



IL Kapitel. Mehrere Komponenten. 



sichtigen, sie können aber auch selbst zum Gegenstand der 
Theorie gemacht werden. In der Tat: die Dissoziationen 
und Polymerisationen liefern eine Art verschiedener Phaisen 
der Substanz HgO, deren Massen sich mit Druck und Tem- 
peratui" ändern und zwischen denen bestimmte Bedingungen 
erfüllt sein müssen, damit sie innerhalb des Gemisches der 
verschiedenartigen Phasen im Glelcbgemcht neben^nander 
existieren könnai. Diese Bedingungen aufzustellen müssen 
aber die tbermodynamisohen Prinzipien, die oben bd den 
Gtemisoben ssur Jjiwendang gebracht sind, gestatten. 

Man kann demgemäß rwa. Betrachtungsweisen unter- 
sdieiden^ von denen die erstere allein auf gewisse Oesamt- 
resultate ausgehtp die letztere tiefer in das Wesen der Tor- 
gange eindringt Für diese beiden Aufgaben müssen dann 
die Komponenten verschieden gewählt werden. Im ersten 
Falle faßt man (wie oben gesagt) alle Elemente^ deren relative 
Massen in allen Phasen konstant sind, zu Gesamtkompo- 
nenten zusammen; hier sind dann die Formeln 

welche die Gesamtmasse jeder Komponente in allen Phasen 
bestimmen, die einzigen geltenden Bedingungen. Im zweiten 
Falle wird man passend so verfahren, daß man jede Mo- 
lekulgattung als Teilkomponente führt und alle durch 
die stattfindenden Umsetzungen geKeferten Beziehungen 
zwischen ihren Massen aufstellt: in dem obigen Beispiel des 
Wiisserdampfes würden diese Beziehimgen der Ausdruck für 
diejenigen Umsetzungen sein müssen, die in bekannten 
Symbolen geschrieben lauten: 

2H,0 = 2H,-hOj, H2=2H, 0,«20. 

Die letzte Betrachtungsweise hat wegen gewisser 
Schwierigkeiten nur in seltenen Fällen Anwendung gefunden; 
einmal sind stattfindende Dissoziationen und Polymerisationen 
nicht ohne weiteres wahrnehmbar, da die Beobachtungen sich 
stets auf das Gemisch verschiedener MolekGlgattungen be- 
ziehen; sodann aber müssen für die theoretisdie Verwertung 
der Hypothese bis zur Ableitung von mit der Beobachtung 
vergleichbaren Gesetzen gewisse JB\mktionen, welche hier die 
Stelle der Potentiale einnehinen» bekannt sein, und ihre 
Bestimmung ist bisher nur in einzelnen Fällen gelungen. 



I 86. Problemstellung. 



259 



DnB hwv eine wesentliche neue Schwierigkeit vorli^, 
eri^ennt man leicht. 

Ein wichtiges Hilfsmittel zur Bestimmung der Potentiale 
von Gemischen war nach S. 202 u. f. die Beobachtung der 
Vorgange, welche die Mischung der zuvor unter gleichem^ 
und 1^ getrennten Komponenten begleiteten. AI» r die ver- 
schiedenen Molekülarten derselben Gesnmtkonipoiu nte sind 
häufiir im orpfrennten Zustand gar nicht be^tändii^z;; derartige 
Mis( }umt^cn können also nicht wirklich ausget\iln-t und die 
begleitenden Vorgänge nicht wirklich untersucht werden. In 
der Tat, wenn hier bei einem Wertpaar j> und & eine Kom- 
ponente nach einem bestiniüjten Gesetz dissoziiert ist, so 
sind die Molekularten eben nur in diesem Mischungsverhältnis 
im Gleichgewicht, und wenn man für einen Moment die 
eine von ihnen (etwa mit Hilfe einer lialbdurchlässigen Wand) 
isoliert hatte, so würde sie sich derartig durch Zcrfällungen 
oder Verbindungen umwandeln, daß jene Gleichgewichts- 
mischung wieder entstände. 

Dieser Umstand fallt besonders ins Gewicht, wenn es 
sich um reversible Verändei*uiigen handelt, die nach Bd. 1, 
S. 104 ein unendlich langsames Operieren verlangen. 

Demgemäß spielen die Beobachtungen der früher voraus- 
gesetzten Art bei den neuen Problemen nicht eine so we- 
sentliche Rolle; auch die früher benutzten nur in Ge- 
danken ausgeführten reversibeln Prozesse werden öfters be- 
denklich; an beider Stelle treten dann plausible Hypothesen, 
die an die molekulare Vorstellung anknüpfen, und deren Be- 
rechtigung durch die Vergleichung der Eeaaltate der auf sie 
gegründeten Theorie mit der Erfahrong geprüft werden muß. 

§ 87. Molekalare Umlagenuigeu. 

Wir beschäftigen uns znnachst mit dem einfachen Fall, 
daß die versohiedenen Teflkomponenten nur in einer Phase 
eadstiereni so daß wir die betreffenden Symbole oime oberen 
Index lassen können. FQr das Potential des Systems schreiben 
wir dann nach S. 249 

(215) Z^lntf^Ckf h^l,2,*..k, 

wo nun die spezifischen Potentiale der Teil- 

17* 



260 * n. EapiieL Mehrare Komponenten. 



komponcntcn oder Molekülarten FuoktioueD von p, ^ 
und den MifiGhungsverhältoissen 

sind. Die Bedingung des Gleichgewichtes ist, daß Z durch 
die zu einem Minimum gemacht wird, resp., daß gilt 

(216) aZ«=2CA^»«A = 0, 

unter dm^ die virtuellen Yeränderungea der Massen der 

Teükomponenten verstanden. 

Zwischen dem dnii^ bestehen Bedingungen, welche durch 
die Gresetze der möglichen molekularen Ümlagerungen ge- 
geben sind und je nach den Umstanden verschiedenen 
Charakter haben. Gemeinsam ist allen , daß sie sich durch 
die Molekulargewichte der vorkommenden Teilkomponen- 
ten ausdrücken; es empfiehlt sich demgemäß ein für alle 
Male, deren Massen durch die ihnen entsprechende An- 
gabe Oi^ammoleküien oder Molen auszudrücken, genmß 
dem Schema 

(217) «1*=%^*/,, 

worin m,, das Molekulargewicht in Grammen bezeichnet (in 
der Kegel auf =^2 bezogen) und eine Zahl ist. Dies 
gibt an die Hand, das Potential weiterhin nicht 
auf die Masse Eins, sondorn auf die Masse zu 
bezieh en, und wir wollen demgemäß setzen 

Die Umlageruagea sind hiernacli durch Beziehungen zwischen 
den dn,, zu charakterisieren. — 

Eine einfache Umlagerung wollen wir ein System 
von Veränderungen dn,, nennen, die sämtlich durch eine 
einzige von ihnen bestimmt sind. Eine solche findet 
z. B. statt bei der Dissoziation des AVassei dumpfes nach 
dem Schema 2H^(3 = 2H5, -|- O.^ ; andere würden bei den 
Zerfällungen Og = 20i und H^ = 2JIi eintreten. 



(218) 

somit also 
(219) I 



und 



üigiiized by 



§ 87. Moiekulare Umiagerungeix. 



Mehrere gleichzeitige einfache Umlagenmgen können 
entweder duicbaus verschiedene Molekülgattongen betreffen 
und demgemäß voneinander unabhängig sein; sie können 
auch einige Molekülarten gemeinsam habeUi zumeist so^ wie 
bei dem vorstehenden Beispiel, daß eines oder mehrere der bei 
dem ersten Prozeß gebildete Moleküle bei den weiteren aber- 
mals zerfallen. Solche Umlagerungen mögen zusammen* 
gesetzte oder sukzessive heißen. 

Eine einfache Umlagening kann in kleinerem oder 
großereui Umfang stattfinden; in jedem Falle gibt es eine 
kleinste Zalil von Molekülen, die dabei ins Spiel treten 
kann: es sind die in den chemischen Formehi vorkoniiiK n- 
den. Weniger als zwei Moleküle HgO können z. B. bei 
der Dissoziation nach dem Schema 2H2O = 2H., -|- Oo nicht 
in Aktion treten. Eine Umlageriing innerhalb der 
kleinstmögliehen Zahl von Molekülen wollen wir eine 
elementare nennen. 

Jede der betrachteten Umlagerungen kann in einem, 
wie in dem entgegengesetzten Sinne stattfinden; wir 
wollen einen Sinn (in der Regel den, bei welchem die An- 
zahl der Moleküle zunimmt^ z. B. also denjenigen der 
Dissoziation) als den positiven oder direkten^ den ent- 
gegengesetzten als den negativen oder inv^ersen be- 
zeichnen. 

Die bei einem elementaren positiven Prozeß zerfallenden 
Molekülarten wollen wir^ wo es sich um deren Unter- 
scheidung handelt^ durch den Index n, die neu aüffcretenden 
äutetk den Index m charakterisieren und die betreffenden An- 
zahlen und nennen, so daß also unter den Teilkompo- 
nenten (Ä) solche von der Art (m) und solche von der Art 
(w) unterschieden werden. Es gilt dann für die Änderungen 
der Molekülzahlen bei einer beliebigen positiven einfachen 
Umwandlung^ falls A eine beliebige positive Zahl bezeichnet, 

(220) dn^=-\-Aoc^, dn„=^-~Ä(X^. 

Der Index n soll auf das negative Vorzeichen der rechten 
Seiten der letzten Gleichungen hinweisen. Ä — 1 mag der 

elementaren Umwandlung entsprechen. 

Für zusammengesetzte Umlagerungen werden mehrere 
Systeme von Formeln der vorstehenden Art gleichzeitig 
gelten. 



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262 



II. Kapitel. Mehrere Kumponenten. 



§ 88. £mfaclie ümlagemiigeii in idealen Gasen. 
Bas Oesetz der JttassenwiriLang. 

Den dn&cfasten EaU bieten bei dem nenen, wie bei 
dem alten Problem die idealen Gaae dar. Wenn nadi 8. 213 
verschiedene diemiseh indifferente Gase, die Bich in einem 
ihnen gleichzeitig dargebotenen Baume ausbreiten , dieselben 
spezifischen Potentiale besiteen^ als wenn jedes einzelne für 
sich allein vorhanden wäre, so wird man auch bezüglich der 
verschiedenen koexistierenden Molekülarten eines und des- 
selben Gases Analoges mit großer Wahrscheinlichkeit an- 
nehmen dfirfen. Demgemäß übertragen wir hypothetisch den 
S. 63 gegebenen Ausdruck (79) für das spezifische Potential 
eines idealen Qasea auf jede Teilkomponwte {h) und schreiben 
demgemäß 

oder bei Beziehung auf ein Mol 

(221) xf* = - r^A^ [Ck + M^)] + , 

wobei Ffi^^f^HYpk Wärmekapazität von einem Mol 
darstellt. 

Für den Partialdmck pj^ der Teilkomponente (A) gilt 
nach 8. 106 

(222) ^, = k,^, wobei = 

die molekulare Konzentration der Komponente {h) darstellt. 

Bei Einführung des letzten Ausdruckes nimmt (221) die 
Form an 

(223) 0^^g^^ + n^hi(k,)i 

darin erhalt z^q nur p und und bleibt rechts allein übrig« 
wenn h^^l ist, also die ganze Masse aus der Teilkompo- 
nente {h) besteht Das Gesamtpotential Z wird zu 

Wir wollen nunmehr voraussetzen, daß in dem Gase 
nur eine einfache ümlagerung stattfindet, und 
schreiben nach (220), indem wir 'vsaeder Molekülarten (n), 
die bei der positiven Umwandlung verschwinden, und solche 
(m), die dabei neu auftreten, unterscheiden: 



§ 88. Das Gesetz der Massenwirkung. 263 

(226) iMi^dn^ = Ä - la^»^) = 0 , 

d. h. 

(226) l£^(K^^lz^a,; 

dabei bendieii sich die Stunmen 2 jedesmal auf den Index 
m resp. «. 

In dieser Foimel Bteht redite das Geeamtpotential 

der bei der elementaren positiven Umwandlung verseil win- 
denden, links dasjenige 

der hierbei neugebildcten Moleküle; die Bedingung des 
Gleichgewichtes geht aut" die Gleichheit dieser Funktionen — 
was ersichtlich der Forderung eines Minimuiii oder Maximum 
für das Potential Z des ganzen Systetuo entspricht. 

Wendet man die allgemeinen Formebi (14) von ö. 6 * 
für die eine reversible isothermische Umwandlung begleitende 
Yolumenanderung und Wärmeaufnahme an, so erhält man 
durdi 

(227) '-^?^-u', '-(5.-.^— J 

dp C17 # 

die analogen Größen für die elementare positive Um- 
wandlung; da, wie oben g^e^ap:!, S„ und ? ^ die Potentiale 
der bei dieser Umwandlung ineinander übergelührten Mole- 
küle bezeichnen. 

Führt man die Austl rücke (223) für die in die Be- 
dingung (226) ein^ so ergibt sich 

~ (2*,.-" - 2*^-«.) = ü lo J - 2 «. lu (/tj 

oder, falls l»keM = ^ko gesetzt wird, 

(228) ^ (Ä.» - Ä«.) = 1" mksnm(ki«)i , 

wobei die H die Symbole für die Produkte aus den für alle 
m resp. alle n gebildeten Argumente sind. 

In dieser Formel steht hnks eine Funktion von p und 
i> allein, die wir in ln(iC; abküizen wollen, wo £^den Namen 



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264 n. Kapitel. Meliiere Eomponenteii. 

des Gleichf]^e\vichts- odor Umwfindlnnfr«^kooff iziontea 
führt; rechts steht eine Funktion nur der Konzentrationen 
und d( r die Umlagerung definierenden Parameter a*. Schreibt 
man demgemäß die Formel (228) 

K^n(ks^)in(h^), 



(229) 



wobei \xi(K) = ^ (S^o — -^mo) * 



BO Btellt sie eine Beziehung dar, die auf Grund gewisser 
plausibler allgemeiner Hypothesen ohne thermodynamiscbe 
Hilfsmittel von Guldberg und Waage ^) abgeleitet ist und 
als das Gesetz der MassenwirkuDg bezeichnet wird. 
Nach dieser Formel ist Gleichgewicht vorhanden, wenn das 
Produkt ans allen Konzentrationen der neugebildeten 
Molekülaiien , eine jede auf die Potenz der ihren Anteil an 
einer elementnren T^mlao-erung charakterisierenden Zahl er- 
hoben, dividiert durch das Produkt aus den analogen Fak- 
toren für die zerfallenden Molekülarten einen gewissen, 
allein durch Dmck und Temperatur bestimmten Zahlwert 
besitzt. Die Molekülarten haben hiernach also um so 
größeren Einfluß in dem Gesetz des Gleiehgewichtes, je 
größer einerseits ihre molekulare Konzentration kj^ und je 
größer andererseits ihre Wirkungszaiii a,, ist. 

Da nach (226) im Falle des Gleichgewichtes ^m^^n> 
also auch 

ist, und die Großen die Variabeln p und ^ nicht ent- 
halten, so fallen die hf^ enthaltenden Glieder in den Aus- 
drucken (223) für die 0^ aus den Formeln (227) heraus, und 
es ergibt sich bei Bückisicht auf (229^ 

dp dp ' 



Guldberg und Waage, Videnskabs-Selsk. F»)rh. Christiani.i 
1864 u. 1879; Universitatsprogr. Christiania 1867, 1. Sem. Über- 
setzt Ostwalds Klassiker Nr. 104. 



§ 89. Das Oeseti der molekulami Konzentrationen. 265 

also 

^^^"^ dp ~ E^' ^R^^' 

was zwei wichtige Eigenschaften der Funktion ausspricht.^) 

§ 89. EiiilSielie ümlagennigeii in idealen 0aien. 

Bas Oesetz der molekularen Konzentrationen. 

Um den in Formel (229) enthaltenen Zusammenhaog 
zwischen den molekularen Konzentrationen äj^ einerseits, p 
und '& andererseits vollständig zu entwickeln, sind die Werte 
(221) der Funktionen heranzuziehen, die bisher noch gar 
nicht zur Benutzung gelangt sind. Dabei setzen wir ab- 
kürzend 

1 {1 0;r,« ^Icc, C'^r^^) = ln{a) , 

(231) l(2o.,,C„-X^,Q = 6, 

wobei natürlich die Konstanten a, h mit den in van der 
Waals Gesetz (161) auftretenden nichts zu tun haben. 

Der Ausdruck für c gestattet eine Umforiuung, da aus 
J^n = Yph-Yrh wegen = iXf,y^=r^ folgt E^F^^-I],^; 
man erhält so zunächst 

(232) 2«^ - 2«^ + i ßa^r.^-Iöc^r,^) . 

Hier steht in der Klammer die DijSer^iz der Wärmekapa- 
zitäten derselben Molekülgruppe vor und nach der Um- 
wandlung. Die Beobachtung macht es wahrsclicinlich , daß 
die spezifische ^yä^^ll^ bei konstantem Volumen 
den einzelnen Atomen individuell ist und erhalten 
bleibt, ^^■(^nn ihre Verknüpfung variiert. Gilt dies> SO 
ist die Klammer gleich Null, also 

(233) e^la^-la,, 

d. h. gleich der Vermehrung der Molekülzahl bei der 

Yant' Hoff| Etudes de dynamique ehimique, Amsterdam 
1884, S. 127. 



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266 



IL Kapitel. Mehrere Komponenten. 



elementaren Umwandlung; nach dem 8. 261 Gesagten 
ist somit bei einer Umwandlung im positiven Sinne 
c>0. 

Unter Backsicht hierauf liefert (228) 



(234) üt^' ^ ' ^ ' ^ 

^}n[n(kin^)in(kin)], 

d. h. 

(236) n{kim)in{kf.. ) - a {d/pY . 

Bringt man auf die linke Seite dieser Gleichung und 
benutzt, daß c = ~^^n ist, so treten die Partialdrucke 
der Teilkomponenten 

an Stelle der Konzentrationen Ä;,,, und Ix,,. 

Der Einfluß des Druckes auf die Zupj^nimensetzuug des 
Gases aus Molekülarteu bestimmt sieh hiernach ausschließ- 
lich durch den Faktor j><', der glcicii Eins wird, wenn c = 0, 
d. h. die Anzahl fl( r zerfallenden Moleküle gleich derjenigen 
der nengcliil(l( t{ u ist. Oer Einfluß der Temperatur wird 
durch die beiden Parameter h und c geraessen. 

Die Anwendung der Formeln (230) auf den in (234) 
enthaltenen Wert von ln(A^) liefert 

(236) A' = -B(6 + ci^). 

Hierin ist 'R'&jp = w das allen Gasarten gemeinsame Vo- 
lumen, welches ein Mol von ihnen bei den o:egebenen p 
und ?*> in Anspruch nimmt; c ist die Vermelirmiir der Mole- 
külzahl bei der positiven elemetitaren Umwandlung und ver- 
schwindet, wenn sich die Molekülzahl bei der Umwandlung 
nicht ändert. Das Resultat bezüglich der Funktion u' ent- 
spricht also der unmittelbaren Anschauung. 
Der Ausdruck für k' läßt sich schreiben 

(237) V^lR-\-pwc; 

er zerf'nllt hiernach in zwei Teile, deren zweiter die Ivoin- 
pensation tür die bei der Volumenvergrößerung zu leistende 



§ 89. D&a Gesetz der molekularea Konzentrationen. 267 



änfiere Aii>eit darstellt, deren enter somit die Kompen* 
Bation för die Arbeit der Umlagertmg oder für die Ver- 
größerung der Energie enthalten muß. Durch die Formel 

(237) gewinnt also die Konstante b eine anscliauliche Be- 
deutung; gleichzeitig wird auch ein — wenigstens mitunter 
wichtiges — Mittel zu ihrer experimentellen Bestimmung an 
die Hand gegeben, das dann benutzbar wird, wenn die Teil- 
komponeuten bei irgend einem zuganglichen AVertpaar p und 
§ für sich in einem — wenngleich metastabilon — Gleich- 
gewicht beständig sind. In dir em Falle wird die bei der 
Vereinigung aufgenommene Wärmemenge meßbar sein, und 
da das Glied Rc^ = pwc aus bekannten Faktoren besteht^ 
80 laßt sich h isolieren. — 

Bei bekannt! 11 Konstanten a, h, c sti llt Formel (235) 
eine erste Beziehung zwischen den Molekülzahlen dar. 
Zu ihr kommen weitere, die sich aus den vorgeschriebenen 
Massen der chemischen Elemente und aus den Konstitutions- 
formehi der Mokkülarten ergeben. 

Siiid die Massenverhäitnisse derart, daß das ganze 
System sowohl in den Zustand der m-, als in den der n- 
Mol^ule gebracht werden kann, geht also die Umsetzung 
glatt auf, so müssen nach (220) die Molekülzahleo den Glei- 
chungen genügen 

(238) n^-iV'««, »«-JS^'^a«, 

wobei N* eine allen m-, N" eine allen n-Molekülen gemein- 
same Zahl darstellt, ^e durch die Bedingung beschränkt 
sind, daß 

(239) In^fi^ + In,f,,==N'lcc^fi^-{-K'l^,f,,==M 

die Gesamtmasse des Systems ist. 

Diese Formeln mit (235) verbunden stellen eine Anzahl 
von Bedingungen dar, die gleich ist der Anzahl der Unbe- 
kannten, nämlich gleich der Anzahl (k) der Molekülarten jUk 
plus der Anzahl (2) der Konstanten iVl Es ist also bei be- 
kanntem in jedem Falle möglich, die Konstitution 
des Systems, d. h. die Anzahl Molen, die auf jede 
Molekülart entfällt, zu bestimmen. 

Wenn die Massen Verhältnisse der Elemente nicht (wie 
oben angenommen) das glatte Aufgehen bei den Umsetzungen 
im positiven, wie im negativen Sinne gestatten, sondern 



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268 



IL Kapitel. Ifehiere Komponenten. 



iigend welche Elemente im Überschuß vorbanden sind, so 
ndimen die Formeln (238) und (239) etwas andere Gestalten 
an; die Anzahl der Bedingungen und die Bestimmtheit des 
Problems wird dadurch aber nicht berührt 

§ 90. Elnfwhe Umlage rangen in idealen Oasen* 

Bas Oesetz der Dichten. 

Die Gleichung (235) gestattet durch Kombination mit 
den Bedingungen (238) und (239) bei bekannten a, c für 
jedes Wertpaar j) und die Konstitution, oder anders aos- 
gedrückty den Dissoziationsgrad des Systems zu berechnen, 
aber sie gibt nicht ein allgemeines Mittel, um umgekehrt 
die a, hy c durch Beobachtungen zu bestimmen oder die 
Theorie zu prüfen ; in der Tat sind die Jc,^ zumeist kein 
Gegenstand der direkten Beobachtnno;, denn die Fälle, wo 
das Gleichgewicht so wenig empfindlich ist, daß man <liii(>h 
chemische Mittel die ^tolekülarten sondern und quantitativ 
bestimmen kann, sind immerhin als Ausnahmen zu beti"achten. 
Man kann aber die Grnndgleichung (235) so umgestalten, 
daß sie zu den genannten Zwecken brauchbar wird; man 
hat hierzu nur {pj&Y unter Rücksicht auf c=2«„i — 2a„ 
auf die linke Seite zu bringen und zu benutzen, daß der 
Partialdruck Pk^'P^h Dichte Qj^ in der Beziehung 

steht 

(240) 

Dann folgt bei EinfOhrnng einer nenen Konstanten 

ß = n(jii«)iu{Bi") = [a^i'-)jn(i4')]R-' , 

die als bekannt gelten kann, 

(241) J7(e«"')/7/(o,» = ape-oto , 

eine Formel ^ die eine bestimmte Funktion der Partial- 
dichten o,^ als nur von der Temperatur abhängig ergibt 

Für diese Dichten bestehen aber noch weitere Formeln. 
Einmal ist die Gesamtdichte q gegeben durch 

(242) ö = ^L>.; 

femer gilt wegen p = ^Ph "iid wegen Bifjij^ = Ii für den 
Gesamtdruck nach (240) die Beziehung 



§ 90. Das Geseti der Dichten. 



269 



endUich folgen aus den Gesetzen für die Umwandlung, falls 
kdn Bestandteil im Überscbnß da ist, sondern die ganze 
Umsetzung im positiven, wie im negativen Sinne bis zum 
Ekide gef&brt werden kaion, die Gleichungen 

(244) ^==Ä', -=Ä", 

wobei die h Parameter von dor Art der durch (238j ein- 
geführten N bezeichnen. Diese Formeln sair^n aus, daß 
sowohl die Molekillarteu {n) wie (m) innerhalb des Gases 
in einem bolchen Verhältnis vertreten sind, wie sie bei den 
elementaren Umsetzungen in Anspruch crenommen werden. 
Ist eine Molekiilart im UljcrschuB da, so werden die letzten 
Beziehungen lv()iin)ii>:ierter; ihre Anzahl bleibt aber dieselbe. 

Die Anzahl der Gleichungen (241) bis (244) ist /. -f-.!, 
falls k die Anzahl der Komponenten bezciclmct. Man kann 
aus denselben xHuit die A;-j-2 Größen und h eliminieren 
und erhält hierdurch eine Beziehuüg zwischen p, &, q allein: 
die von der Theorie gelieferte Zustandsgleiohung 
des in seiner Konstitution mit Druck und Tem- 
peratur wechselnden Gases, die an die Stelle des 
B Oyle -Gay Lussacschen Gesetzes tritt, welches letztere 
nur für konstante Konstitution Geltung hat 

Man verfiüurt am besten so, daß man aus den For- 
mein (242) bis (244) die Qi^ durch j9, ^ ausdrückt und 
die Resultate in (241) einsetzt Die Beobachtung über den 
Zusanunenhang zwischen p, g kann hiernach zur Be- 
stimmung der Konstanten a und b dienen; zugleich eigibt 
sich dabei eine Prüfung der Theorie, insofern die gemessenen 
Werte sich durch die theoretische Formel darstellbar er- 
weisen müssen. Leider ist die theoretische Zustandsgieichung 
in den meisten Fällen sehr unhandlich. 



§ 91. Wirkiutg indifferenter Beimengungen. 

Die Beimengung eines indilTerenten, d. h. sich an den 
Umsetzungen nicht beteiligenden Gases läßt die vorstehenden 
Formeln im wesentlichen ungeändert bestehen. Die In- 
differenz gewinnt nach (220) daiin Ausdruck^ duü die iür 



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270 Kapitel. Mehrere Komponenten. 

den betreffenden Bestandteil (i) charakteristische Konstante 
verschwindet; es tritt dcmgcmäLi Beine molekulare Kon- 
zentration A*, in der Grundformel (235) nicht auf, und sein 
ganzer Einfluß beschränkt sich auf die Veränderung der 
Ansdiücke für die Konzentrationen der anderen Bestaud- 
teile, die jetzt lauten 

(245) 

hierin ist die Summe nur über die reagierenden Bestand- 
teile zu erstrecken. 

Die Yergleichmig der früher geltenden Jb'ormel (235), 
welche lautete 

/Z(*£«)/JI(&;«) = a e-*/* (i^IpY, 
mit der jetzt geltenden 

(246) II {k^miKi') - « ^''^^ Wpr > 

(in der die Konstanten h, c nach (231) die früheren sind) 
zeigt, daß, wenn die Zufügung des Gases (i) bei 
konstantem p und ^ geschieht, dann notwendig die 
n,^ und somit die Konstitution des Gemisches modi- 
fiziert werden. Ausgenommen ist allein der Fall, daß 
= also die Zahl der Moleküle durch die Um- 
setzung keine Änderung erleidet; hier heben sich die Nenner 
der und h,,^ ebenso heraus, wie die der h,,^ und und 
es können die % in beiden Formein die gleichen Werte 
besitzen. 

Weiteres erkennt man, wenn man in (246) if nach 
der linken Seite nimmt uud die Fartialdrucke =j^kft4 ein- 
führt; dann ergibt sich aus (246) 

(247) n(p:r)/J^(p:?) ^> 

während ohne das indifferente Gras gilt 

(248) n(^S^)jn(p^) = a e-*/* 1^* . 

Dies zeigt: wenn der Partialdrack jeder Mdektflart in 
beiden Fällen der gleiche ist, so entspricht den beiden 
Fallen auch die i^eiche Gleichgewichtstemperatur. Die 
Partialdmoke werden abcor die gleichen sein können, wenn 
das Gas (t) bei konstantem Volumen zugesetzt und dem* 
gemäß der Gesamtdruck gesteigert ist. In diesem Falle 



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% 91. Wirkung mdliferaDtor BeimengungBii. 271 



ist also auch die Konstitntion des vcraaderliclien 
Gemisches in beiden Italien die gleiche. 

Die Formel (241) wird durch die indifferente Beimen- 
gung überhaupt nicht geändert, denn in ihr treten die Dichten 
allein der aktiven Moleküiarten auf; gleiches gilt von den 
Formeln (244). In (242) und (243) ist nur Iq,^ mit o,-r2^A> 
^Qhln-h loi* Qilhi-^-^Qhlf^k vertauschen. Da vor- 
geschrieben zu denken ist, so bleibt die Behandlung des 
Formelsystems die alte. 

ist übrigens klar, daß ein Uberschuß eines aktiven 
Bestandteiles; der faktisch nicht zur Aktion gelangt, sich 
einem inaktiveii Anteil analog behandeln läßt. 

Ist der indifferaite BeetandtdJ (t) in gaiis fiberwiegender 
Menge voiiianden^ denurt^ daß in den Ausdröcken (245) för 
die Konzentrationen 2*1^ neben ftf vernachlässigt werden 
kann, so nimmt (246) wegen — die Form an 

(249) //(««'») //7(m^ ; = a e- * * • 

Da c nach 8. 2G6 als positiv gilt, so wird mit wach- 
sendem 11^ bei gleichbleibendem p und ^ die linke Seite und 
damit der Dissoziations- oder Umlagerangsgrad wachsen. 

§ 92. Zerfall eines Kolekfils in x untereinander 

8:lelehe. 

Dieser Fall ist der denkbar einfachste. Hier sind nur 
zwei Molekülarten (1) und (2) zu unterscheiden^ eine der 
Gattung eine der Gattung (m)^ und wir setzen 

(250) 1, = = **^r-x7r- 

'•'1 "T~ '*1 "l '*3l 

Gleichung (2B5) liefert infolgedessen 

dabei ist nach (239) durch die Gesamtmasse M der Sub- 
stanz, d. h. durch 

(252) Jf«lli/t*i-|-«l2iU2=(«llx + «s)iW2 

die Zahl anyi^n^ vorgeschrieben^ der Dissoziationsgrad also 
vollständig bestimmte - 



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272 n* KapiieL Mehrere Komponenten. 

Eine geringe Dissoziation, also ein kleines n.,, bediogt 
kleines a, gi*oßcs h; wachsende Temperatur^ abnehmender 
Druck begünstigen clon Zei-fall. 

Die Dissoziation von 1 Mol /i^ erfordert die Wärme- 
zufuhr 

(253) 

bei nicht gar zu hoher Temperatm: ist das zweite Glied zu- 
meist klein neben dem ersten. 

Besondere Wichtigkeit hat der Fall ec — 2, der z. B. 
bei der Zerfallmig zweiatomiger Moleküle in zwei einatomige 
eintritt! hier gilt dann 



(254) 



Das Formelsystem (241) bis (243) %vird bei beliebigem » zu 
(255) 



die Formeiii (i-ki) verlieren ihi-e Bedeutung. Für und 
erhält man 

lond bei Benutzung dieser Werte lautet die Zustandsglei- 
-ehung 

Pür <x^2 nimmt sie die einiachere Form an 

M;in erkennt, wie mit wachsender Temperatur sich der Zu- 
hiaiid immer weiter nach dem Uberwiegen der Teilkompo- 
nentc (2) hin entwickelt. 

Ein wichtiges Beispiel bietet der Joddarapf, der sich 
schon bei mäßigen Temperaturen merklich nach dem Schema 



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§ 98* Umwandlung von « gleichen HolekQlen nsw» 273 

dissozüert und demgemSfi bezöglich seiner Dichte deutlich 
von dem Boyle-Gay LuBsacschen Gesetz abweicht.^) 

Ein weiteres Beispiel gibt Stickstoffdioxyd, das dem 
Schema 

N,04«2NO, 

folgt. 2) Die Gase O,, Hg, Ng befolgen auch bei sein- hohen 
Temperaturen merklich streng das Mariottc-Gay Lussac- 
sche Gesetz; sie kdnnen unter den zuganglichen Verhält- 
nissen also auch nur unmerkHdi dissoziiert sein und werden 
demgemäß sehr kleine Parameter a, groBe h besitzen. 

§ 93. Umwaiidluiifi^ von (x gleichen ülolekülen in x 
untereinander verächiedene. 

Hier seien unter (n) die Grattung (1), unter (m) die Ga^ 
tnngen (2), (3)...(ft4-l) verstanden. Es gilt also 



ife - JL ~ 



(258) _ 
und aus (235) wird 

(259) "'•^'"••y^'+'-ae-H». 
Zugleich gilt nach (238) und (239) 

iI/= iV^'a//i + iT' (/i2 + /ig + . . . + ; 
also resultieren die Gleichungen 

/^^^x f ^ = »3 = Wa + l, (^) 

(260) { 

wobei noch gilt 

>) y. Heyer, Ber. d. d. ehem. Ctes. Bd. 13, S. 894, 1880, 

Bd. 22, S. 725, 1889. 

Untersucht von E. und L. Natanson Wied. Ann. Bd. 24, 

S. 454, 1885; Bd. 27, S. 606, 1886. 

Yoigt, Theimodjriuunik. IL 13 



274 • II* KapiieL Mehrere Komponenten. 

Wiederum ist durch diese Formeln das System der % 
völlig bestimmt Ein EiiiüuÜ des Druckes auf die moleku- 
lare Konzentration findet nicht statt. 

Die Umwandlung von a/ij erfordert den Wärmeaufwand 

(261) X'^Bb, 

der von Drac^ und Temperatur nnftbhfiDgig ist 
Aus den Gleichungen (241) bis (244) wird hier 



(262) 



Öl /*l 



Hieraus folgt als Zustandsgieichung die auch für die undisso- 
«iierte Substanz (1) geltende Formel 

die ümlagerung hat in diesem Falle also auf den 
Zusammenhang zwischen p, § und q gar keinen Ein- 
fluü, wie das wegen der konstant gcblicbonen Molekülzalil 
zu erwarten war. Die Beobachtungen über einen solchen 
Zusammenhang können demnach auch über den Dissoziations- 
grad und über die Gültigkeit der Theorie gar keinen Auf- 
schluß geben. Hier ist, abgesehen von d^ B. 267 be- 
sprochenen Bestimmung der Konstante h aus der Umwand- 
lungswärme^ der 8. 268 erwähnte Weg chemischer Reaktion 
der einzig mögliche^ er ist aber nur in Ausnahmeföllen 
gangbar. 

Der wichtigste Fall der vorstehenden Art ist der» wo 

a — % Ein charakteristisches Beispiel liefert die Dissozia- 
tion von Jodwasserstoff HJ nach dem Schema 2HJs=H2+ J,, 
die derartig trage verläuft, daß man die Teilkoniponenten 
durch Einbringen geeigneter Stoffe gesondert chemisch binden 
und in großer Genauigkeit quantitativ bestimnien kann.^) 
Hier werden also die einer bestimmten Temperatur ent- 
sprechenden Massen = n^fik direkt beobachtet. Die Über- 



*) Untcrsneht von Lemoine Ann. de chim. et pliys. (5) 
T. 12, 8. Uo, 1877; Bodenatein, Zeitschr. f. phys. Ch^m. Bd, 22, 
S. 1, 1897. 



I 94. Einige andere spezielle FAlle. 



275 



einstimmuDg der Resultate mit der Theorie ist eine sehr 
gate, obgleich die letztere die immer spurenweise vorhan- 
denen Zerfällungen von und in 2H^ und 2Ji nicht 
berücksichtigt. Auf derartige Komplikationen werden wir 
unten näher eingeben. 



§ 94. Einige andere spezielle FUle* 

Wir fügen zum Abschluß dieser Darstellung nodi einige 
speziellste Fälle von praktischer Bedeutung an. 

a) Der Zerfall eines Moleküls (1) in zwei unter- 

einandr^r vpr=; oli iedcne (2) und (3) ents])rir'lit einem öt,, = 1 
und zwei vom gleichen Betrage; die drei molekularen 
Konzentrationen sind hier 



8 



Demgemäß wird aus (235) 

(264) =ag-Mi; 

dabei ist nach (238) ^ und nach (239) M=lni,jLti,; 

zugleich gilt jli^ =,"2 Mit Hilfe dieser Gleichungen lillit 

sich jedes n^^ gesondert bestimmen, wenn die Konstanten a 
und b bekaimt sind. 

Für die Übei^aogswärme X' liefert (236 2) wegen c = l 

(265) A' = Ä(6 + ^), 

woraus h sich bestimmt. 

Aus (241) bis (244) folgt 



(266) 



£1 _|_ £2 L P Q2 Qs . 



H'l fh yW2 /^s' 

unter Bücksicht auf /h=='Mfi'/h ergibt sich 

Qi _ p e 

und die Zustandsgieichung erhält die Form 

18* 



276 ^ Kspitel. Hehrere Komponeaten. 

Qi-Ä);(if-iii)-i-- 

Ein Beispiel liefert die Dissoziation des Cblorwaseeiv 
stoffBäixremethylfitheTS nach der Fonnel^) 

(CH3),0HCi == (CH.,), O + HCl . 

b) Der Zerfall zweier gleicher Moleküle unter 
Bildung von drei neuen Molekülen, von denen zwei 
wieder untereinander gleich sind, ergibt^ wenn (1) 
und (2) die doppelt auftretenden Teilkoraponenten sind 
neben den auch hier gültigen Formeln (263) und (265), 

'V 



(269) 



(2G8) \ w?(ni+M2 + %) 

w, = 2«8, J£=i:%/iÄi 2^ = 2jUj + iU8. 
Aus (241) bis (244) wird 

[ fh'^ /h'^ fn'^ B^' '2^ fis' 

Hieraus ergibt sich 

und die Zustandsgleichung wird 

Beispiele liefert der Zerfall von Kohlensäure nach dem 
Schema^) 

2COa = 0, + 2CO, 
sowie von Stickstoffdioxyd nach dem Schema') 

2l!sOa = Oj + 2NO. 

>) Untersucht von Fri edel, Bull. soc. chim. T. 24, S. 241, 1875. 
*) Untersucht von Bichardson, Journ. ehem. soc T. 51, 

S. 897, 1887. 

') Untersuclit von La Chatelier, Zeitschr. f. phys. Chem.» 
Bd. 2, S. 782, 1888. 



% 95. Stufenweiae Dissosiaiioneii» 



277 



§ 95. Stufenweise Bissoziationen. 

Wie schon oben bemerkt, verläuft in vielen Fällen die 
Zerfallung stufenweise, derart, daß die Produkte eines der 

vorstehend betrachteten Prozesse sich noch weiter umlagern 
odor dissoziieren. Die Prinzipien ffir die theoretische Be- 
handlung derartiger Vorgänge sind in § 87 vollständig ent- 
halten; es ist eben, statt nur ein Mal, jetzt mehrere Male 
das dort beseliriebene Verfahren anzuwenden. 

Sind die l'rodukte der ersten, durch die J^^ormeln (220)» 
resp. durch 

gegebenen Umlagemng noch weiterer Reaktionen fähig, so 
ist für eine jede von ihnen ein analoges Schema anzasetKen, 
z. B. also das Formelsystem zn schreiben 



Hierbei sind dann die n'^ und mit irgend welchen der 
ersten l'nrmel identisch. 

Zur Klarstellung der Art der Anwendung genügt ein 
mögliehst einfaches Beispiel. 

Wir wollen eine Substanz betrachten, bei der erst ein 
Molekül in zwei gleichartige , und danach jedes der neu 
auftretenden in drei Moleküle zerfällt, von denen zwei gleich- 
artig sind. Dies findet u. a. bei der sehr gut untersuchten 
Dissoziation von Stickstoffdioxyd statte die nach dem Schema 

N,04«2N02 , 2NO2 = 2N0 + O2 

verlauft. 

Bezeichnen wir die im ersten Prozeß auftretenden 
Molekölarten als (1) und (2), die im zweiten vorkommen- 
den als (2), (3) (4) und verstehen unter (2) und (3) die 
doppelt aufiretendeni so gilt nach (254) £Qr den ersten 
Prozeß die Formel 

(272) ^ae-^-'^/i?, 

für den zweiten nach (268) bei Einführung zweier neuer 
Konstanten a' imd b' 



278 ^• Kapitel. Mehrere Komponenten. 

Die Gresamtmasse ist dabei wieder gegeben durdi 
wobei gilt 

fl,«-2(«i-fl4), fl»«"2«4, 

= 2 ^M»> 2 /-i^ . 

So sind wiederum vier Gleichungen zur Bestimmung 
sämtlicher vier rif, vorhanden. 

Weiter gilt nach (241) bis (244) 

Qi ei 



(274) 



(275) 



?3 P4 . 



2 /ig /i^' 

es bietet keine Schwierigkeit, hieraus alle qh zu eliminieren 

und die Zustandsgieichung, welche p, verbindet, abzu- 

leiten; dieselbe ist aber sehr kompliziert und mag deslialb 
hier nicht aufgeführt Averden. 

Ein Beispiel vervs^andten Charakters bietet der Schwefcl- 
dampf, von dem Riecke^) gezeigt hat, daß sein Verhalten 
sich durch eine stufenweise Dissoziation nach dem Schema 

erklären läßt 

8 96. Yemhiedene Holekttlarten In Terdünnten 

DaB innerhalb sehr verdünnter Lösungen die gelösten 
Sabstanzen sidi bezüglich des Zusammenhanges von Druok, 
Temperatur und Dichte den idealen (jasen analog verhalten, 

^) T?iecke, Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 6, S. 430» 1890. 
Neue Beobachtungen ebenda Bd. 39, S. 323, 1902. 



^ j . -Li by Google 



I 96. Yenchiedene Molekülarten in verdlliiiiten Losungen. 279 

und daß dabei der osmotische Druck die Stelle des Gas- 
druckes einnimmt, ist in § 72 erörtert worden. Es ergibt 
sich daraus und entspricht der Erfahrung, daß in verdünnter 

Lösung: g;leichzoitii:: vorhandene p:;eloste Körper sich ebenso- 
wrinV iregen!?eitig beeinflussen, wie in domselhon Ranni "^'or- 
handene ideale Gase. Hieraus folgt aber ganz von selbst 
die Vorstellung, daB auch etwaige Dissoziation sprodukte der 
gelösten Substanzen sich verhalten werden, als wenn jede 
von ilmeii allein anwesend wäre. 

Denigenvnli werden wir im Ansciiluß an die Resultate 
von § 72 für tlas Lösungsmittel {l) bei Anwesenheit von k 
1 eilkoniponenten {h) gelöster Substanzen mit den Mischungs- 
verhaltnissen 

das spessifisebe Potential ansetsen können 

(276) ti Cio-^^Bjqj, . 
und für jede Teilkomponente (j) 

(277) C* - f»o + Inte* Ä/Ä) ; 

dabei haben wir der Kürze halber die nach S. 221 
in den Qh unbestimmt bleibeiide Funktion von p 
und t} allein (die unter gewissen Umständen zu einem 
Produkt aus # in eine Konstante wiid) mit einem Glied 
- i) Bi,\\\{Bi,' B!) zusaiiiiacn in das Symbol t/,o hinein- 
gezogen, das dcmgcmäÜ seine Bedeutung gegen 
früher einigermaßen geändert hat. 

Die Formel für läßt sich, als allein für sehr kleine 
Qj gültig, schreiben 

(278) Ci = C/o + In ( 1 - , 

und bei Einführung der molekularen Konzentrationen 

(279) fa- R = -%~ 

gcmnnen alle Potentiale innerhalb der benutzten AnnäheruDg 
die Form 

(280) t* = fAo + Ä^ln(**); 

nach Multiplikation mit {ii, liefert dies in der ^niheren £e- 



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280 II* KapiteL Hehrere Eompoiieiiie&. 

seichnuiig als Potential für ein Mol 

(281) jj* = if*o + Ä^ln(fc), 

formal übereiiistimmend mit dem Ausdruck (228) für ideale 
Gase; dort bezeichnete indessen 0^0 f^ino im wesentlichen 
bekannte Funktion, während diese Große hier zunächst 
unbekannt ist. 

Infolge dieser Ubereinstim-mung behalten die 
Resultate von § 88, in denen von den Ausdrücken 
für die z^o noch nicht Gebrauch gemacht worden 
war, Geltung für den vorliegenden Fall einer ver- 
dünnten Lösung. 

Die Gleichung (228 1) 

(282) K^n{]^:;r)im:^)> 

in der K eine Funktion von p und allein beseichnet, 
drückt den Einfluß von Drack und Temperatur auf die Kon- 
zentrationen aus, und die eine positive elementare Um- 
lagerun g begleitende Volumenzunahme u' und Wärmeauf- 
nahme if sind nach (230) bestimmt durch 

d\n{K) «' ÖIii(Jl) V 

Dabei gewinnen die letzten Formeln eine besondere Be- 
deutung durch den Umstand, daß K nach seiner Definition 

(284) ln(jj:) = j^(2*„--2,„»-) 

durch die nicht naher angebbaren 4?ao zunSchst unbekannt 
ist; denn sie geben von seiner Natur eine deutliche Vor- 
stellung und in gewissen Fallen auch ein Mittel zu seiner 

Bestimmung, 

Für nicht zu große Wertbcroiche Icnnn man meist u' in 
Annäherung als von p und i) unabhän<i;ig betrachten; dann 
findet sich in der S. 204 gezeigten Weise 

(285) g = X'^u'p + T, 

worin T nur & enthält und die zur elementaren Umlagerung 
erforderliche Wärmezufuhr nach Abzug der Kompensation 
der äußern ArbciL darstellt. 



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§ 97. Elekbolytisehe Diagosifttion. 281 

Bei Einfahnuig einer IntegrationskoDBtaDte C eiliAlt 
man dann 



(286) \n{K)=C- 




worin B gleichfalls nur von 0 abhängt. Vernachlässigt man 
das Glied mit w'p und nünnit A', und somit T als von 
uuabhuDgig an^ so wird noch einfacher 

(287) ln(Ji:) = C-g^. 

Diese Annäher uiigsformel leistet zur qualitativen, mit- 
unter sogar zur quantitativen Aufklärung der hierher ge- 
hörigen Voigäiigc bemerkenswerte Dienste. 

Es mag hervorhoben werd^ daß wegen der speziellen 
in verd&nnten Losnngsmitteki stattfindenden Zahlenverhfilt- 
nisse die fundamentale Gleichung (282) eine etwas verein- 
&chte Schreibweise gestattet. 

Die Eonzentration hi des Losungsmittels ist von Eins 
nicht merklich verschieden; ihr Anteü verschwindet also in 
Annäherung auch dann aus der Formel, wenn das Losungsmittel 
an den Umsetzungen beteiligt ist, sich etwa selbst dissoziiert 
Ist es unbeteiligt, so ist <k| = 0^ und es fallt hi in Strenge 
aus der Formel heraus. 

Die Konzentrationen "kk resp. uud A;„ der gelösten 
Substanzen dürfen mit den molekularen Mischungsverhält- 
nissen nklfii resp. n^/n/ und Mi,/Hi vertauscht werd^. Dem- 
gemäß nimmt (282) die Form an 

(288) Kln] = n(n:r)jn{K-), 

wobei c = I^,„ — ist und die Produkte sich nur auf 
die gelosten Substanzen beziehen. 

§ 97. Elektrolytisehe Dissoziation. 

Unter den verdünnten Lösungen nelmien diejenigen die 
wichtigste Stelle ein, bei denen Wasser das Lösungsmittel 
ist. Wie schon oben bemerkt, dissoziieren sieh der Kegel 
nach die in verdünnter Lösung befindlichen 8tib-tnii/en, und 
diese Dissoziation geschieht gelegentlich auch nach dem- 
selben Schema, wie wenn die betreffende Substanz vergast 



282 n* Kapitel. Mehrere Komponenten. 



wäre. In wässoricron Lösungen hört diese Übereinstimmung 
auf; die Zerlegung geschieht ganz oder teilweise nach andern 
Teilungsgesetzen, wie in Gasen ; außerdem aber tratren die 
Produkte gewisser Dissoziationen der ursprüncrlich elektrisch 
iHutralen Moleküle elektrische Ladunei n, deren Ge- 
samtsumme natürlich Null sein muß. Diese elektrisch ge- 
ladenen Dissoziationsprodukte werden Ionen genannt. 

Solange es sich nur um eine Phase handelt, konmien 
diese elektrischen Ladungen für die Theorie des Gleich- 
gewichtes nicht in Betracht, weil sie in jedem Volumen- 
element in der Gesamtdichte Null vorhanden sind und so- 
mit Kiäite nicht äußern; sie köniicu aber spezifische Wirkungen 
üben^ wenn mehrere Phasen vorhanden sind und die bis- 
herigen Gleichgewichtöbedingungen eine Verteilung der 
lonea auf die Phasen v^langen, welche in denselben ein 
Überwiegen der einen oder der andern Ladungsart zur Folge 
haben würden. Hier verlleren dann die Gleichgewichts^ 
bedinguDgen^ die ohne Berücksichtigung solcher Kräfte ab* 
geleitet sind, selbstverständlich ihre Bedeutung oder bedürfen 
der Erweiterung. 1) 

Die Dissoaiation in Ionen hat aber auch da> wo 
die alten Gldchgewiehtsbedingungen ihre Gültigkeit be- 
halten, aus dem Grunde eine Bedeutung für die Theorie, 
weil sie durch ein sonst nicht anwendbares Mittel beob- 
achtbar ist und daher zu neuen Prüfungen der Theorie führt. 

Auf dem teilweisen Zerfall der neutriden Moleküle in 
elektrisch geladene beruht nach der von Arrhenius*) 
vertretenen und durch viele Erfahrungen bestätigten Hypo- 
these die elektrolytische Leitung^ insofern die Wanderung 
der positiven Ionen in der Richtung des positiven elektro- 
statischen Feldes, die der negativen in entgegengesetzter 
Kiehtuner rlen elektrischen Strom in dem Elektrolyten dar- 
stpllt. J)a nun bei gleichen widerstehenden Reibungskräften 
eine größere Zahl von Ionen bei derselben Feldstärke einen 
proportional stärkeren Strom bewirkt, ist ein Schluß von 
der Leitfähigkeit auf" den Dissoziations<rrRd gestattet. Auf 
die Details der molekularen Theorie der elektrolytischen 
Stromleitung kann hier natürlich nicht eingegangen werden. 



») 8. z. B. Nernst, Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 9, S. 137, 1892. 
2) Arrhenius, Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 1, Ö. 631, 1Ö87. 



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% 97. Elektit>l3rti8c]ie Dusosiation. 



283 



EiD einfachstes Beispiel für die elektrolytiscbe Dissoziation 
bietet das Wasser selbst, in dem wegen der gleichviel wie 
geringen, aber doch sicher vorhandenen elektrischen Leit- 
fähigkeit spurenweise Ionen vorhanden sein müssen. Man 
bat Ursache anzunehmen, daß die betretende Zerfällung 
nach dem Schema 

H,0 = ä+HO 

stattfindet, wobei die über die chenn^sciien Symbole gesetzten 
Vorzeichen den Charakter der Tonenladiing andeuten. 

Hier ist die zerfallende Molekülgattung (w) zugleich die 
des Lösungsmittels (/); die Konzentration k„ = ki ist also 
merklich gleich Lins. Für die beiden neugebildeten Molekül- 
gattungen (1) und (2) sind die Umsetzungszalilen a„, - 1 
und die Konzentrationen l\ = ; daher wird aus Formel (282) 

(289) ki=^K, 

und die Gleichung (286), In der u' als konstant voiaua- 
gesetzt ist, liefert 

(290) ln^k,)^C~^[-^-j^), 

wobei I'nach S. 280 die innere Diseoziationswärme darstellt. 

Hierdüii'h ist die Abliängigkeit der Konzentration 
von /) und iJ bestimmt, sowie T und u' bekannt sind. 

Diese letzteren Größen lassen sich nun allerdings nicht 
direkt beobachten. Vernachlässigt man, wie oben erörtert, 
das Glied u'p, die äußere Arbeit bei der Volumenanderung w', 
neben ^j(TI^^)(W (identifiziert also in (285 2) T mit X') und 
nimmt in einem mäßigen Temperatnrbereioii T als konstant 
an, so erhält man für ki einen Ausdruck von der Form 

ki = Ae-''i'\ 

wobei .1 und h Konstanten sind, die sich nach Bestimmung 
der Leitfähigkeit (und somit der Konzentration k^) för zwei 
verschiedene Temperaturen berechnen lassen. 

Die Dissoziationen bei konstantem p und finden unter 
Wärmeaufnahme statt, somit ist r> 0 und (wegen seiner 
Bestimmung durch T) auch Ä>0; der Dissoziationsgrad ik^ 
nimmt also mit wachsender Temperatur zu.^) 

Genaueres hierzu bei Planck, Thermodynamik, 221. 



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284 H» Kapitel. Mehrere Komponeoteii. 



Für größere Temperaturbereiche, etwa gar für eine Extra- 
polation bis zum absoluten Nullpunkt (i^ = 0) ist die obige 
Formel natürlich nicht anwendbar. 



§ 98. Dissoziation der gel5steii Steife« 

Solange es sich nur um eine Phase bandelt, ist es nach 
dem oben Ges^aeten gleichgültig, ob die stattfinderidon Disso- 
ziationen cheiiiischea oder elektrolytischcn Charakter tragen. 
Da außerdem Umsetzungen, die keinerlei Molekiilart ge- 
meinsam haben, sich in der Theorie völlig sondern, so 
kommt auch eine etwaige Dissoziation des Lösungsmittels 
nur in Ansnahmefällon mit der Dissoziation der gelösten 
Substanz in Wechselwirkung, und letztere läßt sich allein be- 
handeln. Dieses Problem ist demjenigen der Gasdissoziation 
durchaus analog, nur daß in sehr verdünnten Lösungen 
nadi dem am £nde von § 96 Gesagten die Konzentrationen k^^ 
die einfache Form njtii besitzen. Demgemäß genügt die 
Betrachtimg einiger einfachster Beispiele. 

Zerfallt ein Molekül (1) unter Bildui^^ zweier verschiedener 
(2) und (3)^ so resultiert aus (282), da A*2 = h 

(291) Jr=^/*,; 

gegeben ist die Gesamtmasse der gelösten Substanz 

und somit die Gesamtkonzentration 



& 1^ "I" • 

Hieraus bestimmt sich 




k^jk kann man als den Dissoziationsgrnd bezeichnen, in- 
sofern dadurch das Veriiaitni-« dor Änxaliieu der zerlegten 
und aller vor der Zerlegung \ oi haudenen Moleküle gegeben 
wird. Der Ausdruck wird Eins, wenn k gegen Null kon- 
vergiert; der Endzustand bei stets wachsender Verdünnung 
ist also derjenige der vollständigen Dissoziation. 



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% 98. Dissoziation d«r gelösten Stoffe^ 285 

Das Gesetz für l\,!k h'LÜt sicli, wie oben gesagt, durch 
Beobachtungen übor die elektrische Leitfähigkeit prüfen; die 
Messungen haben überall. v;n ni;ni oinr pinfache Dissoziation 
nach dem obi<rt'n Schf ina annflniK ii durfte, in erster Linie 
bei einer großen Zalil organisc her Säuren eine gute Be- 
stätigung der Tlit (d ip gelieicrt, BeobaeiiUiiiLron hc'i ver- 
schiedenen Temperaturen liefern das Gesetz dn Abhängigkeit 
von K mit i^, aus dem nach die Dissoziationswärme 

X' berechnet werden kann. 

Der Fall stuicnweiser Dissoziation erledigt sich in der 
^ 95 gezeigten Weise gleichfalls. — 

Wir \s ollen noch den Fall betrachten, daß zwei Mole- 
küle {ij und (2) beim Zerfall je zwei Teilkomponenteu liefern, 
von denen die eine bei beiden identisch ist; (3), (4), (5) seien 
die Teilkomponenten, (4) sei die gemeinsame. 

Hier kann man auf den Zer£all sowohl der Molekfile 
(1) in (3) und (4) wie (2) in (4) und (5) die Formel (282) 
anwenden und erhSlt bei Einlührung zweier Gleichgewichts^ 
koefi^enten und 

d. h. 

(293) ^«z,, = 

Dazu kommt die Bedingung 

(294) fh-{-tii=ru oder Äj+Ä^g^Ä^^, 

welche ausdrückt, daß die Molekfilarten (3) und (5) durch 
denselben Zer&ll entstehen, wie (4); außerdem sind (neben 
n,) die Gesamtmassen beider gelösten Substanzen^ somit also 
die Zahlen 

(295) «1 -r «3 - -ZVi , + Wg JT, 

gegeben. Diese fünf Beziehungen genügen zur Bestimmung 
aller fünf Molenzahlen % oder Konzentrationen 

Sind die gegebenen Mengen der Körper ( 1 ) nnd (2) an- 
fänglich in Teilen der Gesamtmenge des Lösungsmittels ge- 



') S. z. B. W. A. Smith, ZeiUohr. f. phys. Ohem. Bd. 25^ 

S. 144, 193, 1898. 



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286 •II* Kapitel. Mehrere Komponenten» 



löst und stellt man das oben betrachtete System durch 
Mischen der beiden Teillösungen her, so wird bei dem 
letzteren Yorfrang der Dissoziationsgrad bei beiden Körpern 
im allgemeinen geändert. 

Für die Teillösungen gilt, wenn wir sie durch obere 
Indices (') und (") charakterisieren^ nach S. 284 

(296) Y^-S^x. |,= ii, ti = Ä4, *i' = Ai'. 

Die Gleichgewichtskoeffizienten Kf, können, als außer von der 
Natur der betreffenden Umsetzung nur von p und i) ab- 
hängig, den früheren gleichgesetzt werden. Zusammen mit 
den gegebenen Molen zahlen der gelösten Körper 

(297) «i + w»=-iVi, »i' + wi'-iVi 

und den Molenzahlen ni und des Losangsmitteb in den 
beiden Teillösungen^ für welche gilt 

bestimmen die vorstehenden Formeln die Molenzahlen oder 
Konzentrationen in beiden Teillösungen vollständig. 

Die Diskussion des Resultates ist im allgem einen um- 
ständlich; wir beschränken uns aui einige spezielle Fragen. 
Eliminiert man aus (2ü3) und die K/^ und führt die 

Molenzahlen ein, so resultiert 

%»/ nl^nf thni' 

was man wegen 
auch schreiben kann 

« ©/©-«/»•• 

ng/Wi rosp. 7i'^'n2 gibt das Verhältnis der Zahlen der zer- 
fällten und der unzerfällten Moleküle in den Teillösungen, 
Wg/Wi, Wft/wj hat dieselbe Bedeutung füi* die Mischung. 
Sind die linken bellen der Formeln gleich P^ins, so bleibt 
der Dissoziationsgrad bei der Mischung beider Teillösungen 
erhalten. Da die Molenzahlen jS\ und ÖVg vorgeschrieben sind, 
60 wild zugleich 



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I 98. ]>i86oziatioii der gelOeton Stoffe. 287 

Die Bedingung Merfur ist 

(299) K^K-hy 

wobei die letzte Formel die Folge der ersten ist; iu der 
Tat ergibt sidi aus 

in Verbindung mit 

113 — «I9 , fJs = /i5 , 

daü die zwei Formeln k\ = k4, und kf^^k^ nicht voneinander 
unabhängig sind. 

Die einzige Bedingung dafür, dal;! sich bei der 
Mischung die Dis80ziationstj;rade für beide gelöste 
Körper nicht ändern, ist hiernach die Gleichheit 
der Konzentrationen J^^ und der beiden gelösten 
Körpern gemeinsamen Molekülart in den beiden 
Teillösungen. Dieser Satz ist von Arrbenins^) abge- 
leitet und durch Beobachtungen bestätigt worden. 

Ist die Beziehung (299) nicht erfüllt, so ändern sich 
die Konzentrationen bä der Mischung. Nach (298) sind die 
Änderangsverhältnisse 

den ursprünghchen Konzentrationen ^4 und Ä4 der gemein- 
samen Molekfilgattunorn proportional. Sind also z. B. die 
Gesanitkonzentratioiieu -^'j/«/, N^jn'i in beiden Teil- 

lösungen gleich, aber ist der Körper (1) stärker dissoziiert 
als (2)| so ist kf^>k'^ uud 

In diesem Falle gilt 

Der Unterschied der IH - soziationsgrade der beiden 
Körper wird durch die Mischung noch verstärkt 

^) Arrlienius, Zeitschr. f. phyö. Chemie. Bd. 2, b. 264, 18SS. 



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288 n. Kapitel. Mehrere Komponenten, 



§ 99. Eine Terdünnte LosiiDg im ^Gleichgewicht 
mit einer Phase des reinen Losmigsmittels. 

Die elektrische Leitfähigkeit ist nicht die einzige Eigen- 
schaft einer verdünnten Lösung, die von dem Dissoziations- 
grade abliängig ist, obwohl sie fürs Erste die einzige ist, 
die mit verschwindender Dissoziation gänzlich verschwindet. 
Insbesondere haben die Dissoziationen auf die in § 74 be- 
handelten Vorgange der Koexistenz einer Lösung mit einer 
Pliase^ welche die gelösten Substanzen nicht enthält, einen 
80 bedeutenden Einfluß, dafi ibie Beobachtung unter Um- 
standen mit Vorteil benutzt mrd, um Schlösse über den Disso- 
ziationsgrad zu ziehen. Es ist auf diesen Umstand bereits 
auf S. 227 hingemesen worden. 

Für die Änderung t der Umwandlungstemperatur (Siede- 

§unkt> Gefrierpunkt) einer Flüssigkeit durch Auflosung einer 
ubstanz in derselben, welche in die zweite Phase nicht 
eintritt, gab Formel (134) einen Ausdruck, der unter Weg- 
lassung der oberen Indices und bei Anwendung auf mehrere 
gelöste Substanzen (h) lautet 

(300) T^jlB,q,; 

hierin war die S. 220 definierte Konstante der gelösten 
Substanz (h), q,, das Mischungsverhältnis nii,jmi der Liosung, 
jl; die Umwandlungswärme der Masseneinheit des reinen 
Lösun^mittels. Analog folgte iur die Änderung n des Um-> 
Wandlungsdruckes 

(301) n^-^^B,(lk> 

wobei II, die Volumenzunahme bei Umwandlung der Massen- 
einheit bezeichnet. 

Setzt man wieder mk~^h/*k ^hf*h — ^> so resultiert 

Zugleich erhält man für den osmotischen Druck nach (134) 
wegen qh'=f>*hl^h ^^^^ man das Gesamtvolumen Vfmi^l 
wählt, 

(303) Po = *2 B,ni, = ^^B.fh. v, ü^^n, , 



Eine yerdOimte Lteung im Gleioligewieht usw. 289 

wobei auf die Volumeneinheit bezogen ist; man kann 
den in den vorhergehenden Formehi (302) dieselbe l>e- 
deutung der Anzahl der Molen in der Vohmioinheit geben, 
wenn man unter mi die Masse des Lösungäniittels in dem- 
belben VoUiinen versteht 

Die Größen r, jr, po enthalten übereinstimmend die 
Summe der Molenzahlen als Faktor, und dabei spielen nach 
dem in § 86 Gebagtcn die Dissoziationsprodukte die Bolle 
flelbstibidiger Eomponeitm. Handelt es eich also um eine 
einfache DisBOziation, bei der alle {iolenzahlen darch eine 
einzige bestimmt sind^ so kann eine Beobachtung einer der 
Grd&n t, po, welche liefert, diese und hierdurch 
den Dissoziationsgrad vollständig bestimmen« In komj^li- 
zierten Fallen, z. B. dem einer stufenweisen Dissoziation 
nach dem 8. 277 betrachteten Schemai reicht eine solche 
Beobachtung natfirlich nicht aus. 



To igt, Thermodynamik. IL 



19 



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m. TeU. 

Tberauseh-elektrisehe Umsetznngeii. 



I. Kapitel. 

Elektrostatik. 

g 100. Arbeit an einem System elektrisierter Kärper. 

Die Grundlage der Elektrostatik ist das Coulombsche 
Gesetz für die Wechselwirkung zwischen zwei geladenen 
Körpern, die als elektrische Pole betrachtet werden duifen, 
nämlich Dimensionen besitzen, die unendlich klein sind gegen 
ihre £nt£emnngen. Wir schreiben dasselbe 

(1) K.',-f^, Kii//r, 

worin und wirkenden Ladungen sind, r ihre Ent- 

ferniinü" bezeichnet, f aber ein Faktor ist, der von der Natur 
des Medium abhängt, innrrlialb dessen die beiden Pole sich 
befinden, und sich auiierd« in durch die Einheiten bestimmt, 
in denen die Ladungen gemessen werden. Setzt man für 
den Fall, daß die Pole sich im leereu Ramue befinden, f^l, 
so ist iliKlurch (las sogenanut^j elektrostatische Maß- 
system für die Ladungen definiert. 

Da die Volumeneleraente geladener endlicher Körper 
füi* alle endlichen Entfernungen als Pole betrachtet werden 
kSnnen, so kann man anf sie das Elementargesetar anwenden 
und somit auch die Wechselwirkungen Kwiscfaen zwei Körpern 



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% lUO. Arbeit au einem Öystem elektrisierter Körper. 291 

ia bekannter Weise beredmen, wenn die Ladungen fGr alle 
Elem^te bekannt sind. 

Die HechnuDg wird vereinfacht durch Einführung des 
Potcntiales der Wechselwirkung awischen den bei- 
den Polen 

(2) *i. = /^^, 

welches die Kraftkomponenten S,', H^, auf den Pol {h) 
gemäß Bd. J, S. 58 durch die Differeutialquotienteu nach 
dessen Koordinaten t/^,, z,^ liefert, so daß gilt 

ä^' ^ — dST' ^* = ~ö^r' 

Diese Differentiation bezieht sieb nur auf das 
in auftretende r; sollten also die Ladungen 
und bei einer Dislokation der Pole (wie sie die 
Differentiation jiaob deren Koordinaten ansdrfickt) variieren , 
so ist diese Änderung außer Betracht zu lassen. Man 
kann dies durch beigeMtste Indizes e ausdrucklicdi hervor- 
heben und schreiben 

Die auf irgend ein Ladungselement de^ an der Stelle 
Xht Vhf wirkenden Komponenten Si, Hl, ZI lassen sich 
nach Vorstehendem auch aus dem sogenannten inneren 
Potential 0 des Systems, das sich durch die Summe der 
Potentiale aller in dem System stattfindenden Wediselwir- 
kungen, also durch die Formel 

(4) 0-S455, 

bestimmt, ableiten mit Hilfe der i^'ormein 

In der Tat: von allen den in ^ auftretenden Gliedern geben 
bei diesen Differentiationen nur di'^jenigen einen Anteil, die 
eine jonos Ltidnngselement den betreffende Wechselwirkung 
enthalten, und jedes von diesen liefert seinen Boitrag zu den 
Gesamtkompouenten in Übereinstimmung mit den onnelo (3). 

19* 



292 



L Kapitel Elektrostatik. 



Die bei einer beliebigen virtuellen (event. nur in Ge- 
danken ausführbaren) Dislokation des Systems, die alle 
g um 6x, dl/, dz vergrößert, von den Innern Kräften ge- 
leistete Arbeit dAt bestimmt sich nach Bd. I S. 56 2U 

(6) dÄ, - 2 {SidxH + Hi dsf* + Zld0H) , 

die Summe über alle Ladungselemente erstreckt; äußere, die 
inneren kompensierenden Kräfte leisten gleichzeitig die Arbeit 

Setzt man in (6) die Ausdröoke (5) ffir die Kraftkom- 
ponenten ein, so resultiert 

(7) -(fA,^öA„ = d,0, 

wobei 6^0 die der Dislokation der Körper bei festgehalten 
^dachten Ladungen entsprechende Änderung des inneren 
Föten tiales 0 bezeichnet. 

Enthält das System nur staire Körper^ und schreibt 
man im Anschluß an (4) 

(8) 

wobei das erste Glied die Wechselwirkungen zwischen La- 
dungen desselben, das zweite diejenigen zwischen La- 
dungen verschiedener Körper uniiaiil, so ist nach seiner 
Bedeutung das erste Glied bei einer Variation konstaut, 
also 

(9) dAi^^d,0'^-d^S0jt' 

Die Formel (7) stimmt &ufierlidi nahe mit der Gleichung 
dAi = — 30 aus Bd. I, § 32 für die innere Arbeit mecha- 
nischer Kräfte in einem System von Massenpunkten uberein^ 
die nach § 33 mit der Energiegleichung susammenhängtj 
indem 0 für ein ruhendes System zur Energie ^vird. In- 
dessen liegt ein ganz wesentlicher Unterschied vor, darauf 
beruhend, daß in (7) nicht die bei der Dislokation faktisch 
stattfindende Variation von 0 auftritt, sondern die bei einem 
nur gedachten, von dem wirklichen aber abweichenden Vor- 
gang eintretende. Demgemäß ist das innere Potential 
0 eines eloktrisierten Systems auch keineswegs 
allgeniein mit der ])otontiellen f^nergie des Systems 
identisch; letztoro kann vielmehr einen von 0 ganz ab- 
weichenden Wert besitzen. 



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§ 101. PoteuüaHunktion, Feldstärke. 



293 



§ 101. Potentialfunktion, Feldstärke. 
Yerhalteii der Konduktoreu. 

Das innere Potential des S^rstems laßt sich schreiben 

(10) ^ = ij<pde, wobei 9? = /— 

ist und beide Integrale über alle Ladungen des Systems zu 
erstrecken sind. Denn zunächst liaben wir nach (2) und (4) 

0 = 8 , 

r 

die Summe üb< r alle Kombinationen der Ladungen zu zweien 
erstreckt, und dafür kann der obige Wert gesetzt werden, 
da die Ladungen desselben Volumcnelenientes, für de und 
de^ eingesetzt, nur einen unendlich kleinen Anteil zu ^> geben 
— was hier nicht bewiesen wxrden kann. 

9?, die sogenannte Potentialfunktion des Systems, 
ist Dach sdner Definition in (10') das Potential aller La- 
dungen auf die mit der Ladungseinhelt vertauschte Ladung 
de an der Stelle Xy y, gy 

(11) x—"^, y— ^, 

sind demgemäß die auf die Ladungseinheit im Punkte x, y, 
0 bezogenen elektrisdieii KrSfte, die sogenamiten Feld- 
komponenten; ihre Besultante K ist die elektrische 
Feldstärke. — 

Bis hierher ist Uber die Art der Körper, die das elek- 
trisierte System bilden, keinerlei beschiSnkende Annahme 
semabht — sie können nach Belieben Leiter oder 27icht- 
kiter sein. Fiir das weitere ist eine Untersdbeidung der 
beiden Koiperarten erforderlich. 

Die Grund eigenschaft der Leiter ist bekanntlich , daß 
in ihnen im Falle des elektrischen Gleichgewichtes eine 
Feldstärke nicht bestehen kann, also (p in jedem gleich einer 
Konstante sein muß. Besteht das System aus lauter Kon- 
duktoren (h), und sind die Wertet die ^ auf ihnen an- 
nimmt, die Ladungen, die sie tragen, so ergibt sich aus 
(10^) für das innere Potential des Systems der Ausdruck 



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294 !• Kapitel. Elektrostatik. 

(12) 0^ilF,E,. 

Die Ladtmgen E/^ sind^ ivie hier nnr erwlhnt werden mag^ 
lineare Fnnktionen der Potentialwerte P«, so daß man setzen 

(13) E^^IP.Cj, oder P*«p*F,*; 

hierbei hangen die C^it (die Kapazitätskoeffizienten) nur von 
der geometrischen Konfiguration des Systems ab, und gleiches 

gilt von den F/,^. (den Potentialkoeffizienten). 

Für das innere Potential orijibt die Kombination von 

(13) mit (12) die beiden Ausdrücke 

(14) 0-i21P,P,C»,-ilIE,E,r,„ 

h k H M 

die nur die Potentialwerte^ resp. nur die Ladungen auf den 

Leitern enthalten. — 

Die vollständige Variation von <Pf die einer beliebigen 
Dislokation (oder Deformation) und Tjadungsanderung inner- 
halb des Leitersystems entspricht, läßt sich in zwei Teile 
zerlegen gemäß der Formel 

(15) d0^d,0-\-dt^; 

in dem ersten Teü sind die Ladungen an jedem Körper- 
element haftend und ist nnr die Koäffuration des Systems 
geändert gedacht; in dem awdten ist die Konfiguiatton un- 
gefindert und sind die Ledui^;en in die der neuen Anoiidnung 
entsprediende Verteilang gebracht angenonunen. 

Handelt es sieh nidit um nur fachte, sondern um 
die wirklicheui eine Konfigurationsänderung be- 
gleitenden Änderungen der Ladungen^ so sind diese 
der Bedingung unterwonen, daß die (xesamtladung E^ eines 
jeden Leiters (h) ungeandert bleibt, also — wenn wir jetzt 
die Symbole d benntaen — 

dE, = 0 

ist; ausgenommen ist nur der Fall eines zur Erde abgeleiteten 
Leiters (n) för den, da uuin F von dem Potential der Erde 
aus zahlt, 

ist. 

Für solche wirkliche Ladungsänderungen ist aber 
dit^f resp. dj,0 gleich Null. Aus (10) folgt nämlich allge- 



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§ 101. Verlialten der Konduktoren. 



295 



mein durah Tariaticm bei konstanter Eonilgroiati<m^ d* k. bei 
konstanten Entfemnngen r, 




wobei das letzte Integral über alle Leiter zu nehmen ist; 
man erhält aisoi da auf jedem Leiter (h) ^ konstant ^eich 
Alst, 

und der Ansdruok rechts versdiwiiidet nadi ob^;em gHed- 
ymae, ^tweder wegen ^£1^ = 0 oder w^;en — 

Für die Wiiknng emer Bislokaticm an einem nur 
Leiter enthaltendem System haben wir also 

(16) d0 = d,0, 
und demgemäß auch nach (7) 

(17) — d^. 

Das innere Potential 0 nimmt sonach bei diesen 
rein elektrisch-mechanischen Vorgängen in einem 
System von Leitern die Stelle der Energie ein. 

Finden gleichzeitig thennische Wirkungen statt, so er- 
leidet die Gleichung (17) nach den Grundsätzen der Thermo- 
dynamik, die in Bd. I g 38 und 39 auseinandergesetzt sind, 
eine Verallgemeinerung. Li jedem Falle ordnet sich links der 
äußern Arbeit^ die wir weiterhm wieder kurs mit äÄ be- 
zeichnen, eine etwa^ infiere 'WännesOfohr (in medianischem 
Mafi) äü m. Die Gtestaltung der rechten Seite> d. h. der 
allgemeine Ausdnick fttr die Energie^ hängt von der Natnr 
der ui Betracht gezogenen Körper ab; beschränkt man sioh 
auf isothermisohe Vorgänge an starren Körpern, so 
kommt nur die elektrische i^ergie 0 in Betracht, nnd hier 
gilt dann 

(18) dfp^äÄ + äQ. 

Diese Formel findet u. a. dann Anwendung, wenn in 
dem elektrischen System durch Verschiebung: sf^iner Teile 
ein Zustand erreicht ist, bei dem eine Entladung z. B. in 
Form eines Funkens eintritt. Im Moment einer solchen ist 
(Miu? Dislokation und damit eine liuüere Arbeit entweder in 
Strenge nicht vorhanden^ oder sie kann vernachlässigt werden. 



296 I* Kapitel. Elektrostatik. 

Demgemäß gilt hier 

Der in elektrischer Form verschwandene Energieanteil be- 
steht in Form von Wärme weiter. Die Ausdrücke (14) 

für 0 gestatten dabei, f?^^ vollständig durch die Potentiale 
resp. durch die Ladungen ansziidrücken, die sich in den 
beiden Znständpn a und ß auf den Leitern befinden. — 

Der eintacliste Fall tritt dann ein, wenn es sich um 
ZM * i Konduktoren handelt , die so weit voneinander entfernt 
sind, daß man ihre Wechselwirkung vernachlässigen, also 
die Energie für jeden einzelnen so berechnen kann, als wenn 
der andere nicht da wäre. 

Für nur einen Konduktor liefert (14) 

wobei die Bedeutung der F, E, O, V aus dem S. 286 Ge- 
sagten hervorgeht . 

Hat der Konduktor speziell Eugelgesta1t| so läBt sich 
der Wert von P (und V) leicht angeben. Naich Symmetrie 
muß nämUdlL| wenn keine äußere Einwirkung stattfindet, die 
Elektrizität sich rings um das Kugelzentrum gleichmäßig 
verteilen, und nach einem bekannten, schon Bd. I, 8. 106 
benutzten Satz übt eine solche Verteilung auf äußere Punkte 
dieselbe Wirkung, als wenn die ganze Ladimg im Kugel- 
Zentrum vereinigt wäre. Ihre Potentialfunktion in der £nt» 
fernung r ist somit E/r^ an der Oberfläche, wo r-- 7?, d. h. 
gleich dem Kugelradius, und (p=^F ist, ergibt dies F= EjM, 
somit (/5=- l E'^jR — ein Ausdruck, der bereits in § 45 be- 
nutzt worden ist. 

Befindet sich der (etwa kugelförmio-e) Konduktor in 
einem hinlänglich großen Beobnehtungsraum mit leitenden 
Wänden, die dann den zweiten Konduktor 7t' repräsentieren, 
so kann man die Energie des letzteren als von der Ladung 
von k unabhängig betraelitcn und seinen Potentiahvert F* 
gleich Null hetzen. Verbindet man die beiden Konduktoren 
durcli einen dünnen Draht , so findet ein(^ Entladung \ on 
k statt; sein Potential sinkt auf' Null, und der ganze lietrag 
seiner aulanglichen Energie wird in Watine umgewandelt, 
die sich erfahrungsgemäß nahezu vollständig in dem Draht 
entwickelt 



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§ 102. Arbeit bei Erregung eines Dielektrikum. 297 



§ 102. Arbeit bei der Erregung eines Bielektrikiun, 

Die Crnindeigenschaft der Dielektrika ist die, daB bei 
ihier elektrisdien Erregung die Gesamtsumme der in jedem 
kleinsten Yolnmenteil enttialtenen Ladmigen verschwindet 
Es muß Bonaeh för jeden Teil eines Dielektrikam 

jd e 0 

sein. T>a aber trotzdem eine Wirkung von einem erregten 
Dielektrikum ausgeht. <n muß .selbst in dessen kleii^'^ten 
Eaumelementen eine Scheidung von positiver und negativer 
Ladung stattfinden. 

Wenn wir eine räumliche V^erteihmf]^ von der Dichte q 
und eine tiüchenhat'te von der Dichte o zulassen, iieieit dem- 
nach die obige Bedingung die Formel 

(19) fgdk-h (odo^Oy 

^vol)^ i (las erste Integral über alle Kaum-, das zweite über 
alle Ubertiächenelemente des betrachteten Teiles zu erstrecken 
ist. Hierbei hat die Oberflächenladung ei'sichtUch als von 
der Volumenladuug untrennbar zu gelten. 

Damit für jedes beliebige Volumen das Raumintegral 
von dem Oberflächenintcgral kumpensiert wird, muß das 
erstere sich ganz allgemein in das Entgegengesetzte des 
letzteren unuvaiideiu lassen (und umgekehrt). 

Die Bedingung dafür, daß das Kaumintegral in (19) über 
ein beliebiges Volumen in ein Oberflaehenintegral verwandel- 
bar sei^ ist aber die^ daß q die Form habe 

wobei cc, ß, Y innerhalb des betrachteten Volumens stetige 
Funktionen bezeichnen^ die nach der Art ihres Auftretens 
Yektorkomponenten sind. In der Tat wird hier 

J Qdh = j [äcos(»^^ x) -f ^cos(»i, y) + }^cos(»o z)\do, 

unter ä, ß, y die Werte von a, ß^ y auf do^ unter n, die 
innere Normale auf do relativ zu "k verstanden, und die Be- 
dingung (19) ist erfüllt, wenn außer (20) noch gilt 

(21 ) 0 « — (äcos(»j, x) 4- jäcos(»|, y) + ^cos(»o • 



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298 



1. KapiteL Elektrostatik. 



<x, ß, y nennt man die Momente deB erregten Di- 
elektrikum nach den Koordinatenachsen^ ihre Resol- 
tante /« kurs das elektrische Moment an der Stelle »,fffis; 
beide Gxofienarten sind anf die Völameneinheit bezogen nnd 
variieren im allgemeinen von Ort za Ort, Die Bichtung von 
/I heißt die lokale elektrische Achse. 

Li Bückaicht anf das zuletzt Gesagte gilt auch 

(22) <T= — /iCos(/i,w,) , 

unter ß den Wert von auf do, unter die innere Nor- 
male auf do verstanden. — 

Betrachten wir nun ein System, das ans einem influen- 
zierten Dielektrikum und einem geladen ( n Korper, am ein- 
fachsten aus einem etwa durch Reibung erregten Isolator 
von unmerklicher Influenzierbarkeit, einem sogenannten ab- 
soluten Isolator besteht. Beide Körper seien durch den 
leeren Raum voneinander getrennt. 

Für das Potential der Wechselwirkung zwischen 
Isolator (i) und Dielektrikum (d) gilt aber nach dem im Ein- 
gang von § 101 Gesagten 

wobei (pi die Potentialfunktion des Isolators an der Stelle 
des Ladungselementes äe^ des Bielektrikum bezeichnet 
Führen w noch mn., daS nach S« 289 die Ladungen de^ 
zum Teil rannilichy zum Teil flachenhaft sind^ so ergibt sich 

^id = f <PiQdk-]- j <pfodo^ 

das erste Integral über das Volumen, das zweite über die 
Oberfläche des Dielektrikum erstreckt. 

Setzt man für q und o die Ausdrücke (20) und (21) 
' ein^ so resultiert nach einer teilweisen Integration des 
Kaumintegraies 

Hierin sind —Bfpijc x, . . . mit den früher eingeführten 
dg(p,l£x, ... identisch, stellen also uacli (11) die von dem 
Isolator herrührenden Feldkomponenten X,, ... dar; wir 
können sonach auch schreiben 

(22) 0i^^-f(aX,-^ߥi-\-Y^t)dh. 



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% 102. Arbeit bei der Erregung eines Dielektrikum. 299 



Das innere Potential 0 des aus Isolator und Dielek' 
trikom bestelieDdeii Systems ist gegeben durch 

wobei <^>„ das innere Potential (!< s Isolators, dasjenige 
des Dielektiikum bezeichnen. Für die äußere Arbeit gilt 
nach (9) 

aber es gelingt in dem Torliegenden Falle nicht der auf 
S. 287 för ein System von Konduktoren geführte Nachweis, 
daß mit der ganzen die Dislokation begleitenden 

Änderung d0y und somit 0 mit der elektrostatischen Energie 
des Dielektrikum identisrli ist. Um zu einer Anweiiduno' 
der thennod^Tiarai sehen Frin/ipion zu gelangen hat man 
daher anders, als in dem Fall eines Systems von Leitern^ 
zu verfahren. 

Da bei einem iiiliueiizierten Dielektrikum die Ladungen 
sich nach (20) und (21) durch die Momente ä, ß, y be- 
stimmen, so bleiben bei der durch d, charakterisierten 
Variation diese letzteren konstant; wir erhalten sonach 
aus (22) 

(23) äA^ -j{(xdXi + ßdYi'^ydZi)dk, 
oder bei Beziehung aof die Yolnmeneinheit 

(24) 5a'= -(adXi + ßdYi + ydZi). 

Dieser Ausdruck hat ganz die Form äa'= Bd'& — 2) XhdXkf 
welche den allgemeinen thermodynamischen Entwicklungen 

in Bd. I, § 127 zugrunde gelegt ist; X,-, Y,, Zi nehmen die 
Stelle der Unabhängigen und y die Stelle der Ab- 

hängigen X/, ein, B ist Null. 

Indessen besteht ein wesentlicher Unterschied darin, 
daß jetzt nicht, wie früiier, die X;, nur von den im gleichen 
Volumenelement stattfindenden Xh abhängen. In 
der Tat: alle Elpmcnte des Dielektriknin werden direkt 
durch die in ihnen wirkenden äußern Komponenten X,, Yj-, 
Zi erregt, und indem sie wieder ein Feld erzeugen, wirken 
die in allen bUittfindenden X,, 1'',, Z^ indirekt auf jedes 
Volumeaelement; die schließlieh erregende Feldstärke K ist 
aus der vom Isolator herrührenden X,- uud der von dein 
erregten Dielektrikum ausgehenden K4, zusammengesetzt, und 



300 



I. KftpiteL ElektioBtaftik. 



ßf y hangen direkt nicht von sondern von 

JC= X, + , 1'= Yi H- Irf , Z=Zi-\- 

ab. 

Man kann die Sohwieri^»lt umgehen durch die Über- 
legung, dafi jede elektrische Kraft durch einen geeignet 
aufgestellten geladenen Isolator hervorgebrach und jede ihrer 
Anderiuigeii dureh geeignete Dislokation eines solchen be- 
wirkt werden kann. Man kann demnach auch eine ideale 
Arbeit {äa^) betrachten» die zu lebten wäre, wenn die 
Änderungen dX, dY, dZ der gesamten Feldkomponenten 
durch ^Dislokationen eines Systems von Isolatoren bewirkt 
wurden, und die gegeben sein muB durch 

(25) {ä»') ^^{adX'\-ßd r+ ydZ) . 

Dieser Ausdruck ist nun frei von der oben hervor- 
gcbcibencn Schwierigkeit und gestattet die früher an die 
Formel äo,' = —J.Xi,dxi, angeknüpften SchluBreihen. 

Es mag übrigens bemerkt werden, daß man den vor- 
stehenden Ubergang befriedigender gestalten kann » indem 
man ein kugelförmiges Volumenelemeut betrachtet, für 
welches sich der Vorgang der dielektrischen Erregimg duitsh 
eine Feld- wie durch eine Temperaturänderung theoretisch 
streng verfolgen läßt. 

§ 103. Bas erste tliermodyuamiseiie Potential für 
elektriseb-tlieriiiiselie Umsetsniiigeii. Pyroelektrizitftt, 

Wir wenden die Formel (25) zunächst auf den Fall an, 
dali es sich um einen reversibeln elektrisch -tli ermischen 
Vorgang handelt, wobei insbesondere auch entgcgf n^esetsrten 
Änderungen der Feldkomponenten immer entgegengesetste 
Änderungen der Momente entsprechen. In diesem Falle 
sind die allgemeinen S&tze der Thermodynamik anwendbar; 
insbesondere gibt es nach § 128 von Bd. I ein (erstes) 
thermpdynamisches Potential ^ der Volnmeneinheit mit den 
Argumenten Xy T, Z und dessen erste Differential- 
quotienten mit den Momenten ß, y und der Entropie tf 
in den Beeiehungen stehen 

dx^"""' ey^"^' dz^"^' 



f 108. Dm ente fhennodyiiBin. Potential; Fyroelektrisitftt. 301 

Die Momente dielektrischer Körper sind nach der Er- 
fahrung in sohr großer Annäherung lineare Funktionen der 
Feldkomponenten; man kann daher füi* den allgemeinen, 
auch für beliebige Kristalle gültigen Ansatz machen^) 

(27) + o,^x-\- e,aY+ e,o^+ 

Hierin sind die sämtlichen Parameter J^'unktioncn drr Tempe- 
ratur und variieren mit Ausnahme von ofienbar mit der 
Orientierung des Kooidinatensysteras. 

Bezieht man den Ausdruck auf ein Achsenkreuz, das 
dem Kreuz d( r Hauptachsen der zentrischen Oberfläche 
zweiten Grades von der Gleichung 

(28) 1 = + + ^s^* + 2«^8 -f 2^1 4- 2ei, a?y 

parallel ist, so versebwinden aus (27) die Produkte FZ, 
ZXf XY, und man erhalt einfacher 

(29) ™ r = Hh^' +e,Y^ + e, Z^) + e,x+ (% r+ s^z^ e, , 

wobei e^i und ß^, ß.,, ßg neue Bezeichnungen sind. 

Bei Benutzung dieses dielektrischen Hauptachsen- 
eystems liefern die ersten drei Formeln (26) 

(30) ««-^X+^i, ß==e.,Y-{-ß^, y = ft,Z+Ö3. 

Diese Ausidiikke zeigen, daß die dielektrischen Mo- 
mente a, ßf y im allgemeinen aus zwei verbchiedenartigen 
Teilen bestehen. Der erste Teil verschwindet mit den Fcld- 
kompGuenten X, Y, Zy erscheint also als deren Wir- 
kung) d. Ii. als elektrisch inf luenziert. Demgemäß 
tragen die Parameter e^k den ^"^amen der allgemeinen 
Elektrisierungözahlen, auch wohl der dielektrischen 
Snsseptibili taten; die nennt man die Hauptelektri- 
sierungszahlen. Sie sind im allgemeinen Funktionen der 
Temperatur^ doch spielt diese (übe^ies zumeist geringe) Ab- 
hängigkeit in den Relationen (30) nur eine sekundäre Rolle. 

Der zweite Teil der <k, y ist von den Feldkom- 
ponenten ganz unabhängig, er enthält eine ganz direkte Ein- 
wirkung der Temperatur auf die Erregung eines Dielektri- 
kum, die ohne influenzterendes Feld aufmtt Man nennt 
eine solche Erregung pyroelektrisch. 

•) W. Voigt, Wied. Ann. Bd. üö, S. 701, 1895. 



302 



I. Kapitel. Elektrogiatik. 



Diese letztere E^rregung kann aber nach der Bedeutung 
der Formeln (30) nur unter ganz bestimmten speziellen Um^ 
standen eintreten. Denn da die Temperatur richtungslos 
(ein Skalar) ist^ so kann eine gerichtete Wirkung (ein Vek- 
tor fi) durch sie nur in solchen Medien erregt werden, in 
denen nicht nur überhaupt verschiedene Richtungen ungleich- 
wertit;^ sind, sondern letzteres insbesondere von entgegen- 
gesetzten Eichtungen gilt. Pyro ( lek trizität kann 
somit nur in azentrischen Kristallen, und 
weder in zentrischen Kristallen noch in iso- 
tropen Körpern auftreten. Gleiches, wie diese Über- 
legung, zeigt eine nach den Grundsätzen von Bd. I, § 134 
durchgeführte Analyse. 

Aber auch die azentrischen Kristalle sind nicht sämt- 
ich pyroelektrisch erregbar; die direkte Anschauung zeigt 
in Ubereinstimmung mit der Analyse, daß alle Kristalle 
ausfallen, welche keine einzelne einzigartige Richtung be- 
sitzen. In der Tat: gibt es zu jeder Riclitung auch nur 
eine zweite physikalisch gleichwertige, so ist, da fi eben nur 
einen ausgezeichneten Vektor repräsentiert, die Erregung 
unmdglidi« Ein Beispiel liefert Quaiz^ dessen KristalllMrm 
durch eine dreizahlige (Haupt-) und drei dazu normale 
zweizShlige (Neben-) Symmetrieachsen charakteriBiert ist Hier 

g}t es zu jeder Richtung im allgemeinen fönf gleichwertige 
chtungen, zu der einen Seite einer Nebenachse aber zwei 
(nämlich die entsprechenden Seiten der andern Nebenachsen), 
zu derjenigen der Hauptachse eine (nämlidi die entgegen- 
gesetzte) gleichwertige. 

Dagegen sind offenbar alle Kristalle, die kein anderes 
Symmetrieelement besitzen, als eine Symmetrieachse, iSngs 
dieser einzig ausgezeichneten Bichtang pyroelektrisch erregbar. 

Sind außer der genannten Symmetrieachse noch Sym- 
metrieel>enen vorhanden, die durch die Symmetrieachse 
gehen, so sind dieselben mit der beschriebenen Erregbarkeit 
vereinbar; in der Tat, die Erregung wird durch einen in 
der Symmetrieachse liegenden Vektor gegeben, und dieser 
besitzt boT-pits unendlich vie1r solche Symmetrieebenen. 

Der bekannteste Repräsentant der pyroelektrischen 
Kristalle ist derTurmalin, der durch eine dreizahlige Sym- 
metrieachse und drei dnroh letztere gehende (aquidistante) 
Symmetrieebenen charakterisiert ist. Eine häufig vorkom- 



üigiiized by 



% 104. Erwtanung in einem elektriflohen Feld. 



303 



inende Gestalt seiner Kiistaile, die seine Ö^mmetrie erkennen 
läßt, zeigt Figur 39. 

Ein Turmalin würde also nach dem Vorhergehenden 
bei jeder Tomperatur ein elektrisches Mutncnt besitzen und 
damit ein Analogen zu einem permanenten Magneten bieten. 
Indessen liegt hier iiu wesentlicher Unterschied vor, insolcrn 
auf jedem permanent polarisierten Dielektrikum sich nach 







ber 





Die permanente X^gung ist also bei 
einem konstant temperierten Tuunnalin nicht ohne 
wdteres nachweisbar; man kann sie feststellen^ 
wenn man den £iiertall s^Mmmert nnd hia> Fig. 8o. 
dnrdi Flachen herstellt^ welche zunächst die in- 
flnenzierte kompensierende Ladung noch nicht besÜEen.^ 
Außerdem ist aber nachweisbar die Änderung der 
Erregung bei wechselnder Temperatur, wenn diese Änderung 
schnell genug stattfindet und die Ob^iflache hinreichend gut 
isoliert, so dafi die Influenzierung der letzteren mit der Zu- 
nder Äbnahme des innem Momentes nicht Schritt halten 
kann. Darum werden die Beobachtungen gewöhnlich so an- 
gestellt, daß man einen erhitzten Turmalin der Abkühlung 
überläßt; hierbei ändert ^ich sein Moment und nach Hon For- 
meln (20) imd (21) flie demselben äquivalente innere und 
äußere Dichte q und a. 

^ IUI. Erwärmung in einem elektrischen Feld, 
Piezoelektrizität und elektriseke Deiormation. 

Bei der Diskussion des aus (26^) folgende Ausdruckes 
für die Entropie wollen wir zunächst von der Variabilität 
der Elektrisierungszahlen e^^^ resp. mit der Temperatur 
absehen* Wir erl^ten in diesem Falle» wenn wir abkfirzend 

(31) — *=0i 
setzen, 

W. Thomson, Notiz aus dem Jahr 1860, s. Math. phys. 
Papers, T. I, S. 315, 1882. 

») W. Voigt, TTied. Ann, Bd. 60, S. 368, 1897. 



304 



L KapiteL Elektrostatik. 



(32) V=0iX+6)8r+6>3^+0o, 

wobei Si, Si, 63 nur bei geviseen asenfaischen Kristallen 
von Null verschieden sind. 

Nehmen wir hinzu, daß die WcärmeaufDahme äco' der 
Yoliimeneiiiheit mit tj' durch die BeziehuDg verbunden ist 

(66) ä(o' = ^dT]', 

so erkennen wir, daß nach (32) der Wärmeumsatz von der 
die Temperaturänderung begleitenden Änderung des elek- 
trischen Feldes abhängig ist. 

Diese Wirkung des elektrischen Feldes in azentrischen 
Kristallen tritt am auffallendsten bervor, wenn man einen 
adiabatischen Vorgang, also zwei Zustände (a) und {b) 
gleicher Entropie betrachtet Die Beadehung 

(34) Tj[a) = 

bestimmti wenn für den Zustand (a) Feldkomponenten und 
Temperatur, für den Zustand {b) aber nur die Feldkompo- 
nenten vorgeschrieben sind, die Temperatur im Zustand (6); 

sie signalisiert also eine Temperaturänderung, die 
durch eine Änderung der Feldstärke bewirkt wird. 

Um die Verhältnisse möglichst übersichtlich zu g( stültcn, 
wollen mr berücksichtigen, daß es sich V^ei den hier vor- 
liegenden Vorerängen um äußerst kleine Temperatur rinderungen 
handelt. AY* rin wir dann als Zustand (a) denjenigen an- 
nehmen, wo der Kristall einem Felde nicht ausgesetzt ist, 
als (5) denjenigen, wo die Felükoaiponenten X, Y, Z wirken, 
so haben wir 

(35) (0i),X -h Y + ieü,Z+ (Ä), = (e^o)« 5 

berücksichtigt man dabei, daß (6^)^ sich auf eine um den 
sehr kleinen Betrag r höhere Temperatm* bezieht, als (0o)a, 
und setsst 

(36) ( sQt - ( öG)« = T ^ = T , 

so findet man schließlich 

(37) eii+6Ksr-i-eiz--TeK, 

wobei die Si und &o sich auf eine beliebige Temperatur 
zwischen ^„ und beziehen. 



% 104. Erwinnmig in einem elektrischen Feld. 3Q5 

Dieser in X, Y, Z lineare Ausdruck für r seigt» daß 

einem azentrischen Kristall eine Temperatur- 
äoderang eintritt, wenn man ihn einem elektrischen 
Felde aussetzt, und daß diese Temperaturänderung 
ihr Vorzeichen wechselt, wenn man die Bichtnng 
der Feldstärke umkehrt. 

Dir Funktionen (~)^ , , ^3 sind diesell>ef>, die in den 
Formeln (,30) für das reziproke Phänomen, für die <'l(>k- 
trische Erregung dnreli Temperaturänderung, auftreten; sie 
dürfen als durch jene NVirkung deüniert und quantitativ be- 
stimmbar betrachtet weixlen. 

Zu einer direkten Deatiing des Parameters 6^' gelangt 
man mit Hilfe der allgemeinen Definition der in Bd. ], 
§ 126 eingeführten spezifischen Wärme der Yolumeneinheit 
/ :=^dij'Jd&, in der jetzt zu setzen ist 

^•^^^ + es F4- mz-{- . 

Hierin dürfen nach Wahrscheinlichkeit die in Si, 6^', 0^ 
multiplizierten Glieder neben Sq vernachlässigt werden; in 
diesem Falle wird 

(39) / = ^e^idX + Bid Y+ e^zdZ)ld^ + ^ Öff, 

Diese Formel bestimmt die spezifische Wfirme in ihrer Ab- 
hängigkeit von der die Wanneaofiiahme begleitenden Ande* 
rung der Feldintensitit^ die nach (25) eine äußere Aibeit 
in sich schließt. 

Bei nnveräDderten Feldkomponenten (was dnroh den 
Index f ausgedrückt werden mag) ergibt diese Formel 

(40) y/ = ^eö, 

in Ubereinstimmung mit der allgemeinen Formel (6d) in 
g 127 des Bd. I. 

In unserm Falle variiert zwischen den Zuständen (a) 
und (h) die Temperatur nur unmerklirb; & kann somit jede 
Temperatur zwischen /I, und bezeichnen. Ferner zeigt 
die Formel (40), dal! y]- nur von ^9 abhängt, also für jede 
(konstant erhaltene) Feldstärke den gleichen Wert besitzt. 
Da überdies mechanisclie Einwirkungen nicht vorausgesetzt 
sind, so darf mit der gewöhnlichen spezifischen Wärme 
der Volumeneinheit bei konstantem Druck identifiziert werden. 

Yoigtf Thermodyaamik. IL 20 



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306 I* Kapitel. Elektrostatik. 

Wir erhalten eonaoh 

(41) m^r'pl^ 

und die Gleichung (37) liefert schließlich 

(42) e'xX+e^Y+&iZ=-'^. 

In dieser Formel können alle Paraun ter als bekannt gelten, 
80 daß die Erscheinung der elektrischen Erwärmung 
eines Kristalles zu einem Prüfstein der Theorie 
wird. Btobachtungen^) der sehr delikaten Erscheiimng 
haben eine angenäherte Übereinstimmung mit vorstehender 
Gleichung geliefert. — 

Wir wenden uns nunmehr zu der ßetiachtung des 
Einfinsses, den die Eiektrisierungszahlen e|^ resp. im Falle 
der Abhängigkeit yon der Temperatur auf den Wert der 
£ntropie tf nahen; dabd wollen wir uns der £m&ohheit 
halber auf zentansch-sjnmnetrisohe Kristalle und Isotrope 
Medien besdiränken, ffir welche die Parameter ß^, B^j 
verschwinden. 

Der Ausdruck (29) för & Hefert in diesem Falle^^falls 
wir abkürzend deklB^*^ei setzen, 

(43) = X2 + 64 + e',Z^) + 6^0 , 

eine Beziehung, die mit (32) völlig konform ist, nur daß 
jetzt an Stelle der Feldkompononton deren Quadrate stehen. 
Es lassen sich domgomüB auch dieselben Folgerungen an 
sie knüpfen, die oben gezogen sind. 

Insbesondere bestimmt (43) für eine adiabatische Ände- 
rung der Feldstärke von einem Zustand (a) in einen Zu- 
stand (h) die begleitende i'eiiipenitnränderung r; wegen der 
Kleinheit von t kann man, wenn im Anfangszustand kein 
Feld wirkte, analog zu (37) und (42) schreiben 

wobei die ei zumeibt als konstant angesehen werden können. 

Ein zentrischer Kristall oder ein isotroper 
Körper erfährt sonach beim Einbringen in ein elek* 
trisches Feld eine TemperaturSnderung, die sich 

') Straubel, Göttingor Nachr. 1902, 3. 161. 



§ 105. Irreversible Vorgänge. 307 

mit der Umkehrung des Feldes nicht umkehrt und 
positiv oder negativ ist, je nachdem die Elektri- 
slerungasahien mit wachsender Temperatur ab- oder 

zunehmen. — 

Zum Schluß dieses Abschnittes mag hervorgehoben wer- 
den, daß laut der BeoV}achttmg die Funktionen B der An- 
sätze (27) und (29) bei Deformationen dos betrachteten 
Medium ihre Werte ändern. In erster Annäherung (um 
alle Unabhängigen höchstens in Gliedem zweiten Grades zu 
führen) sind z. B. Ojo, Ogo» Ö30 resp. öj, 63 durch 
lineare Funktionen der in Bi I, § 117 und 130 eingeführten 
form:!tiorisgrößen x^, .r, ...a^ und durch eine solche 
zweiten Grades zu geben. 

Em derartig erweitertes tliermodynamisches Potential 
erfüilt nach Bd. I, § 130 außer den Gleichungen (26) noch 
Beziehungen von der Form 

Ä=l,2,...6, 

wobei die Xf^ die Komponenten der innern Drucke oder 
Spannungen des Medinni darstellen. Ks verlangt also fiir 
alle Körper, deren Symmetrie mit dem erweiterten Ansatz 
verträglich ist — und bzw. der sind dies wiederum 
azentrische Kristalle — eine Keihe sehr merkwürdig 
Eradiehiungen, inebeeondere die Erregung elektriGM^er Mo- 
mente durch Deformationen und die Erregung innerer Span^ 
nuDgen (und daraus folgende Deformationen) durch Ein- 
wirkung eines elektrischen Feldes. Diese Vorgänge, die als 
Erscheinungen der Piesoelektrizitat und der elektri- 
schen Deformation bezeidinet werden, sind beobachtet 
worden') und werden dorch die genannte Erweiterung des 
Ansatzes für ^ erklart 

§ 105. Lrreversible Yoiginge. 

Im vorstehenden sind ausschließlich reversible Vor- 
gänge beliandelt; bei irrcvcrsibeln existiert kein thermo- 
djnamisches Potential und die Beziehungen (26) verliei^eu ihren 



*) W. Voigt, Wied. Ann. Bd. 55, S. 701, 1895. 
^ J. und P. Curie, 0. B. T. 93, S. 1137, 1881; T. 95^ 
S. 9U, 1882. 

20* 



808 



I. Kapitel. Elektrostatik. 



Sinn. Anwendbar bleibt die allgemeine Gleichung der Energie 
dE = äA-^äQy aus der für einen beliebigen Kreisprozeß 
folgt. 

(44) (^) + (ö)«0. 

Ist zwisclieii zwei Zustanden sowohl ein reversibler (r) 
als ein irreversibler (i) Ubergang möglich, so liefert (44) für 
die Aufwendungen an Arbeit und Wärme 

(45) Är-^-Qr^Äi+Qi. 

Dazu tritt speziell fnr imversible Ereisprozesse die Clau- 
siasflohe Ungleiofaiuig 

(46) y)-?-^^- 

Irreversible Vorgänge von der Art der Bd. I, S. 226 
betrachteten Dilatationen gegen Unterdruck kommen — abge- 
sehen von den am Ende von § 101 erledigten Entladungen — 
hier nicht in Betracht, da bei der Geschwindigkeit der 
Ausbreitung elektrischer Störungen jederzeit zwischen dein 
äuBem und dem innem Feld merklich Gleichgewicht herrscht. 
Dagegen gibt es in unserm Gebiete Analoga zu den Be- 
wegungen gegen fieibongs- und andere WiderBtandskräfte, 
nimlieh Media, in denen ein Moment /i, daa dnn^ eine 
Feldstfirke K hervorgerafen war, nidit durch blofies Auf- 
lieben dieser £inwii£uig verschwindet, sondern erst durch 
eine bestimmte Einwirkung von entg^ngesetzter Bioihtung, 
dne BiTBcheinung, die man als Hysteresis bezeichnet 

Wenden wir auf einen isothermischen Kreisprozefi mit 
einem derartigen Körper die Gletebungen (44) und (46) au, 
so erhalten wir 

(47) {O)<0, (.4)>0; 

hier wii'd also jederzeit Arbeit aufgewendet und die äqui- 
valente Warme gewonnen. Wird die entwickelte Wärme 
mcbt abgeführt, so wird bei einem derarticren Kreisprozeß 
die Temperatur des Körpers steigen müssen. Diese Er- 
scheinung besitzt, wie sich unten zeigen wird, unter Um- 
standen eine erhebliche praktische Bedeutung. 

Ein Beispiel würde ein Dielektrikum liefern, in dessen 
Nähe ein geladener Isolator eine geschlossene Bahn auslübi-t. 
Die in diesem Falle bei der Verschiebung durch ein Linien- 



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§ ICH). Übertragung der Resultate auf maguet. Vorgänge. 309 

element «uufShrende Arbeit ist durch Fonnel (23) gegeben« 
Um sie fiber einen endlichen Weg, etwa über einen Kreis- 
prozeß, wiridich zu summieren, müßte das Influensproblem 
gelost, d. h. mfifiten y m ihrer Abhängigkeit von X^, 

F|, Zi bestimmt sein. 

§ 106. Übertragung der Resultate auf magnetlsclie 

Vorgänge. 

Bei den bisherigen Betrachtungeii haben wir stets von 
Dielektrika gesprochen; ein großer Teil der erhaltenen Re- 
sultate ist aber nngefindert auf magnetisierbare Körper über- 
tragbar, denn alles, was in § 102 über die fundiunentalen 
Eigenschaften der Dielektrika gesagt ist, gilt genau ebenso 
für magnetisierbare Substanzen, bei Vertauschung der elek- 
trischen Ladungen, Dichten^ Momente^ Potentiale, Feld- 
stärken mit magnetischen. 

Pür reversible Vorgani^o ist TN citor die Einführung eines 
therm odynaniischen FotentiaUs möglich, das die in (26) 
ausgedrückten Differentiaicigcnschaiten besitzt. Auch die 
spezielle Form (27) dieses Potentiales ist für eine große Zahl 
von Körpern anwendbar, nur daß Fälle endliche!- Parameter 
<9i , S^f ^3 somit merklicher Pyromagnetisiuus nicht 
bekannt sind.^) Es kommen vorläuHg aisu nur die Analoga 
zu den § 104 behimdelten elektrothermischen Wirkunsren 
bei zentrischen Kristallen in Betracht; isotrope Körper, mit 
denen reversible Magnetisierungen aiistiihibar sind, werden 
sich also bei Einlühruiig in ein magnetisches Feld erwärmen 
oder abkühlen, je nachdem ihre Magoetisierungszahlen mit 
wachsender Temperatur ab- oder zunehmen. — 

Einiffe besondere Bemerkungen Vordem die stark- 
mamietU^en Körper, also die isotropen Metalle Eisen, 
Kickel, Kobalt und eine Bdhe kiistalltmscher Verbindoneen 
derselben. Bei ihnen ist die Proportionafit&t zwischen Fdd- 
stfiiken und Momenten nur in ganz schwachen Feldern vor- 
handen, der Ansatz (27) fOx das tbermodyoamisdie Potential f 
also unvoUständig. Die ICnznnahme höherer Potenzen und 
Produkte der Feldkomponenten liefert dann auch für die 
Energie einen entsprechend komplizierten Ausdruck und dem- 



») W. Voigt, Ann. d. Phy«., Bd, 4, S. 94. 1902. 



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310 



1. Kapitel, Elektrostatik. 



gemäß für die adiabatisclie Erwärmung in einem Magnetfelde 
ein abweichendes Gesetz. 

Von besonderer Bedeutung^ int, daß für die meisten 
dieser Körper die Maernetisierungsvorgänge nicht reversibel 
Bind^ also bei ihnen die auf dem themodynamischen Potential 
beruhenden Beziehungen höchstens qualitative Gültigkeit 
haben. Vor allen Dingen besitzt Eisen eine (je nach seiner 
Herstellunirsart. wechselnde) Koerzitivkraft, die von einem 
erregten Moment nach Verschwinden des erregenden Magnet- 
feldes einen kleineren oder größeren Teil festhält. Bei 
hartem Stahl ist der mit dem Feld verschwindende Teil 
unter Umständen sogar unmerklich. 

Hier kommt das am Ende von § 105 über irreversible 
Kreispruzesse Gesaarte zur Geltung;. Bei sukzessiven Mag- 
netisierungen lüid Knt- oder Ummagiieiisieruugen von Eisen- 
massen geht jederzeit von der aufgewandten Arbeit ein be- 
trachtlicher Teil in der ürgestalt verloren und wird zu einer 
Erwärmung jener Massen verbrancht. Solche wechselnde 
Magnetisiemngen kommen bekanntlidi in der Eldktrotechnik 
bei Dynamos nnd Motoren viel&ch zur Anwendung^ und der 
oben besehiiebene Verlast an nutzbarer Arbeit spielt bei 
ihnen eine sehr unerfreuliche BoUe. 

Das in g 102 verfolgte Problem eines Dielektrikum im 
Felde eines geladenen^ absoluten Isolators hat sein vollstän- 
diges Analogen in einem maffpetisierbaren Körper^ der dem 
Felde eines absolut harten Stahlmagoeten vesp. einer von 
einem elektrischen Strome durchflossenen Bolle ausgesetzt 
ist. Auf diese Falle gestattet sonach auch die Gleichung 
(23) für die eine relative Dislokation begleitende Arbeit 

unmittelbare Anwendung. 

Der wichtiggte Fall| der eine ein&che theoretische Ver- 
folgung gestattet und daher auch hfiufig der Beobachtung 
unterzogen ist, wird durch ein in einem homogenen Felde 
befindliches magnetisierbares EUipsoid gegeben. Hier ist 
init X^, auch <x, ß, y im ganzen Körper konstant^ 

und die ietete Formel wird^ wenn man die sogenannten Ge- 
samtmomente 



j(xdk^JL, Jßdk^B, jydk = r 



% 106. Übertragung der Bmltate Mif magnet. Vorginge. 311 



einführt^ zu 

= - (AdXi + Bei r, + rdZt) . 

Ist die X-Achse eine der ElUpfloidachsen und bleibt 
das fiußere Feld immer der X-Achse paralleJi so gilt letzteres 
andi von dem Gesamtmomeot 

M = y + B« + n 

uid die obige Formel nimmt die Gestalt an 

dieselbe ist mit derjenigen für die Arbeit eines allseitig 
gleichen Druckes äA = —pdV konform und gestattet des- 
halb nach J)(l. I, § 54 die graphische Verauschaulichung in 
einem iT.M Kourdinatensysteoi. Sie ist in Annäherung gültig 
für einen gegen seine Länge dünnen Stab, der als ein sehr 
gestrecktes Ellipsoid aufgefaßt werden kimn. 

Oszillieit insbesondere zwischen zwei extremen 

Werten -^K^, and sind die jedem erreichten zugehörigen 
Werte M beim Wachsen und beim Abnehmen von ver- 
schieden, so werden die durchlaufenen Zustände in der 
£^M-£bene durch eine geschlossene Kurve dargestellt, deren 
Inhalt wegen 

(^.)--(/)M«fÄi 

die aufgewandte Arbeit mißt. Erhält man dabei die Tem- 
peratur konstant, so ist nach (47) (A)>Oy d. h. Arbeit geht 
verloren und ündet sich nach (42) in der (ihr absolut gleichen) 
gewonnenen Wärme —iß) wieder. 



') Warburg, Wied. Ann. Bd. 13, S. 141, 1881. 



II. Kapitel 

Galyanismus. 



§ 107. Die Gesetze des elektrischen Stromes. 

Die Gresetse der elektrischen Strömimg lassen sieh be* 
kanntliöh anschaulich gewmnen^ wenn man die Mektrizitat 
^vie einen materiellen Körper, entweder als ein kontinuierliches 
Flnidium oder als ein System von Massenpnnkten behandeit, 
deren Bewegung in den Leitern eiuen starken Widerstand 
findet. Aus dieser Vorstellung ergibt sich die Stromdichte 
d. h. die in der Zeiteinheit die Querschnittseinheit passierende 
Elektrizitätsmenge, als der treibenden Kraft proportional und 
sind daher für die Komponenten jx, jyy jt der elektrischen 
Strömung^) nach den Koordinatenachsen die Formeln galtig 

(48) j, = ln^'^'^^2Y+X,,Z, 

wobei die jUft die Koeffizienten der spraifischen LeitfShi^eit 
und 2^ T, Z die Komponenten der wirkenden dektrischen 
Kraft oder Feldstarke bezeichnen. 

Yon diesen Kräften kommen zwei Arten in Betracht, 
n&nlioh einmal von elektrischen Ladungen oder Induktionen 
henrOhrende, die auf auBerhalb des betrachteten Elementes 
liegenden Ursachen beruhen und deshalb äußere Kräfte 
heißen mögen; eodann aus molekularen Verfailltnissen, lokaler 
Änderung yon Dichte^ Zusammensetzung und Temperatur^ 

3*9 Svf haben hier also andere Bedeutungen wie Bd. I, 

ö. 23. 



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f 107. Di« Gesetze des elektriaebeik Stromes. 



313 



im Leiterelement entspringende, die wir innere oder Mate* 
rienkräfte nennen. Greinäß dieser Unterscheidiing schreiben 
wir auch 

usf., wobei X/, Y,, Zi mit den im vorigen Kapitel unter 
diesen Symbolen veretandenen Gröüen natürlich nichts zu 
tun haben. 

Für einen isotropen Körper nehmen diese Formeln 
die eiiiiaclicre Gestalt 

(50) j.-A(-X.4-X,), j,-jl(r.4-r,), >. = A{Z. + Z,) 

an, in denen X kurz als die elektrische Leitfähigkeit 
der Substanz beaeichnet wird; hier ist die Stidmung mit der 
Resultanten aller treibenden ErSfte nidit nur proportional, 
sondern auch parallel. 

Hat der Leiter fadenförmige Gestal^ ist er^ wie man 
sagt^ linear, so ist hiernach die resultierende Stroradichte j 
der Fadenachse parallel und mit den parallelen Kom- 
ponenten Sa und 8i verknöpft durch die Formel 

(51) i-A(Ä + &). 

jq = I — unter q den beliebig, aber stetig wechselnden 
Querschnitt des Fadens verstanden — heißt die in dem 
linearen Leiter fliebeiide Stromstärke; sie muß im Falle 
eines stationären Zustandes längs des Fadens konstant sein. 

Rührt die äußere Kraft Ka nur von einer elektrischen 
Verteilung auf dem linearen Leiter her (wird also Induktion 
ausgeschlossen)^ so hat sie nach S. 285 eine Potentialfunk- 
tion, die wieder mit 99 besdchnet werden mag. Hier ist dann 

^^ipjBsy also 

(52) 

und bei Integration zwischen zwei Querschnitten a und ß 
(53) l(^=\Sds-^<pa-9ß' 

Der Faktur von / heißt bekanntlich der Widerstand 
des Leiters zwischen <x und das Linienintegral von 5, 
die elektromotorische Kraft zwischen (x und ß, und 



314 



II. EApiiel. OalTaaiamuB. 



die Formel lautot bei Einfiihrung zweier neuer Sjrmboie 
Wttß und Laß für diese GröBen 

(54) IWaß^Ltiß+fpa — 9>ß* 

Betrachten wir, wie es höchst wahrscheinlich der l\'irk- 
lichkeit entspricht, die t'bergäiige zwischen verschiedenen, 
den Leiter zusammensetzenden Teilen, z. B. zwischen ver- 
schiedenen zusammengelöteten Drähten als stetig, d. h. durch 
eine Übeigaiig.sschioht vennittelt» so ist auch 9? stetig, und 
wir können obige Integration dber beliebwe Teile des Leiter- 
kreises erstrecken; es ergibt sieb in diesem Falle die Ohm sehe 
Formel 1) 

(55) T{W)-m, 

wobei (W) den ganzen Widerstand, (L) die ganse elektro- 
motoiische Kraft des Leiterkreises bezeichnet. 

Li den Ubeigai^sdiichten wird sehr groB sein, um 
so großer, je dünner sie sind, je jäher also der Wechsel der 
Konstitution der Materie stattfindet; da nun / längs des ganzen 
linearen Leiters konstant ist, kann nach (51) ein über alle 
Grenzen wachsendes Si nur eintreten, wenn Fwh Sa (also in 
unserm Falle —dfp'ds) analog verhält, und Si-\-Sa = Si-'ricf !ds 
endlich bleibt. Geht man zur (iwu/a' über und vernach- 
lässigt Endliches neben Unendlichem, so muH Si in der 
Grenzschicht gleich —<Si» d. h. gleich c cpjds werden, es muß 
also bei der iutegration über die Dicke der Grenzschicht 
zwischen zwei Medien [h) und (Ä) gelten 

(56) / Sids ^Fuk^<pi-q>u; 

{hk) 

dabei stellt die f^l ek t romotorische Kraft der 

Grenzschiclit {hh) dar, positiv gerechnet in der Kichtung 

§ 108. WXrmewirkiiDgen des Stromes. 

Haben dio Kom])niicnten jj., wie oben gesagt, die 

Redontüiig der Produkte aus I^adungsdichte in die Kom- 
ponenten der Geschwindigkeit und bedeuten Xq, I'y, Zq die 
Komponenten irgend einer auf die bewci^-te Laduiit^ wirkenden 
Krnft Kfj, so hat nach der allgemeinen l>eüuition von Arbeit 



^) Ohm, Die galvanische Kett«, Berlin, 1827. 



§ 106. Warmdwirkung^n des Stromes. 



315 



in Bd. I, § 27 der Ausdruck YJ,'{-Zoj,)dt die Be- 

deutung der auf die Ladung der Volumeneinheit belogenen 
Arbeit von während dt; 

(•'>7) Xoi, + YJy + ZJ, = «0 

gibt diese Arbeit bei Beziehung auch auf die Zeiteinheit, und 

(58) /(XJ, + rj,-h^oÄ)^A?«^ 

bestimmt sie für die Ladung innerhalb des Volumens k, 
Ober welches das Integral erstreckt wird. 

Handelt es sich, wie In den praktisch wichtigsten Fallen 
um einen linearen Leiter von isotroper Substanz, so nimmt 
die Formel (58) die Gestalt an 

(59) / ^oJ^lds = Ij Sq äs = ILq — , 

wobei 8^ die Kompouente von Kq nach der Achsenrichtung s 
und Ijq die elektromotorische Kraft auf s bezeichnet. 

Die vorstehend bestimmten Arbeiten weixlen nach nnsrer 
Vorstolhino' f>inem bewegten Flüssigkeitsquantum geleistet; 
da aber im Falle des stationären Zustandes in jedes Vohimen 
andauernd neues Fbiidnm nüt nach Eiehtung und Größe 
gleicher Geschwin li^ikeit eintritt, so kann man sie auch auf 
die ruhenden Volumina beziehen. 

Die Arbeiten der Widerstandskräfte und der Materien- 
kräfte sind nach dem Obigen innere Arbeiten, die die 
Energie des Volumens nicht verändeiii. Außere Arbeiten 
werden mir von den auf elektrostatischen Ladungen und 
den aui' Induktionen beruhenden Kräften geleistet, deren 
Komponenten oben mit X«, F«, Za bezeichnet sind; für sie 
gilt somit nach (58) und (59) 

(60) / {XJ, + Y,jy + Z^j,)dh = A , resp. If8ads = Ä. 

Wird durch Zuführung einer auf die Zeiteinheit be- 
zogenen Wärmemenge Q in dem betrachteten Yolomen h 
die Temperatur konstant erhalten, und findet in k auch keine 
andere, z. B. chemische, Zustandsänderung statt, so ist die 
Energie von h zeitlich konstant^ und es muß gelten 

(61) Ä-^-Ü^O. 

Es ist bekanntlich die charakteristisehe Eigenschaft der 
sogenannten Leiter erster Klasse (Metalle und Kohle), 
daB sie den Strom leiten^ olme chemische Veränderungen zu 



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316 



II. Kapitel. Galvaniamus. 



erfabreo; für diese K&rper wird also Gleiohmig (61) jede:* 
seit anwendbar sein, gleichviel, ob dieselben m}v einen Teil 
oder aber das Ganze des stromführeoden Systems bilden. 

Findet keine Induktionswirkung statt, so kann indessen 
(nach dem Voltaschen Spannungpgesctz) bekanntlich in 
einem Kreis, der ausschließlich Leiter erster Klasse ent- 
hält, ein Strom nur dann zustande kommen, wenn die Uber- 
L':nnG;8sten( n verschieden temperiert sind; die treibenden Ma- 
terienkräfte werden hier als thermoelektrische bezeichnet. 

Auf einen linearen Leiter erster Klasse angewandt ergibt 
{59-} wegen Äa=— ^^p/^s für einen Abschnitt {aß) 

(62) I{q}a-'<pß)^Äaß, 

und (61) liefert dnrdi 

(63) I(<pe, — q>ß)'=— Qaß 

die pro Zeiteinheit frei werdende Wärme. Zugleich ist nach 
(54), wenn der Abschnitt ((xß) homogen, also L^ß^O ist, 
iWetß^SPa^qfßt nnd man erhält somit 

(64) I^W^^^-'Q.ß, 

Darf man annehmen, daß der iitinze Wärmeaustausch 
durch die Mantelfläche des Leiterslüokes (aß) statttindet, 
wie das bei auf {aß) kuustantcr Temperatur sicher zulässig 
ist, so stellt die erhaltene Formel das bekannte Gesetz V(m 
Joule 1) für die Wärmeentwickluner in einem linearen Leiter 
dar, von dem schon in Bd. ^ 45 Gebrauch gemacht 
worden ist. 

Für einen geschlossenen Leiterkreis der vorausgesetzten 
Art, d. h. mit ausschließlich thermoelektrischen Kräften, wird, 
da Anfangs- und Endquerschnitt zusammenfallen, also 
^*^^ß ist, nach (62) und (63) 

(65) (^) = 0, (i2)-0; 

hier ist somit die Summe aUer Wärmeanfwendungen gleich 
Null; die dem System in den höher temperirten Teilen au- 
geffihrte Wärme wird in den tiefer temperierten Teilen ent- 
zogen. 

Wendet man (68) auf die Grenzschicht (hk) zwischen 
xwei Leitern erster Klasse (h) und Qa) an, so liefert (56) 

») Joule, Fhik Mag. T. 19, S. 260, 1841. 



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I 106. Wlrmewiikungeii des Stromes. 317 



(66) -i» - - ikiP« = - a* , 

wobei Ii^jt die von (Ä) nach (h) fließende Stromstärke, k und 
aber die in der GrenzHäclie (hk) stattfindende Arbeits- und 
Wärmeaufnahme bczeichnca. 

Ist zugleich li,k>0 und P/,jk>0, d.h. treiben die Ma- 
terienkräfte in der Stromrichtung, so ist die W änneentwick- 
lung — Qhk nei^ativ; ist /^v^^O, P/,]t<0, d. h. wirken die 

Materienkrafte der Btromricktung entgegen, so ist —ükk 
positiv. 

Findet auch jetzt eine Zu- oder AbstrSmung von Warme 
nur durch die Mantelfläche, nicht durch die (rrtTndÜächen 
der betrachteten Gronz<c!ncht gtatt, wie das z. B. dann 
wahrscheinlich ist, wenn die Umgebung der Schicht konstant 
temperiert ist, dann gibt — Qhk die ganze nach außen ab- 
flieiiendf^ Wärme. Es wird in diesem Falle also eine Wärme- 
entwicklung dann eintreten, wenn der Strom der in der 
Grenzschicht wirkenden Materienkraft entgegen, eine Wärme- 
absorption, wenn er ihr parallel fließt. Diese thermischen 
Wirkungen des Stromes werden nach ihrem Entdecker als 
Peltier^) -Phänomen bezeichnet. 

Noch mag auf eine Beziehung zwischen der Pel tier- 
und der Joule-Wärme aufmerksam gemacht werden. Der 
Ausdruck (63) für die letztere zeigt, daii man sie als das 
Resultat einer Wärme Strömung von der Stärke Iq) parallel 
der Achse des Leiters ansehen kann; in der Tat: wenn in 
der Zeiteinheit durch deu Querschnitt a der Betrag ein-, 
durch ß aber Iq)ß austritt, so wird in dem Stück {pi,ß) der 
Betrag 7(9?« — 9?^) frei. 

Die Deutung führt dann unmittelbar zu dem Ausdruck 
(66) für die Peltier-Wärme, denn — IFkk ist nach (50) 
gleich Irph-Iq^. 

Die oben betrachtete Wärmeentwicklung in 
einem linearen Leiter findet also ebenso statt, als 
wenn der elektrische Strom einen von den Teni- 
peraturgefällen unabhängigen Wärmestrom von der 
Stärke Iqj mit sich führte. 

Peltier, Ann. d. Gliim. efc d. Phys., T.Bft. S.871, 1884; 
Pogg. Ann. Bd. 48» 8. 824, 1835. 



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318 



Ii. K.apitel. Galvanismuä. 



§ 109. Elementare Theorie der thermoelektrihclieu Kräfte. 

Die vorstehenden Entwicklungen benutzen von therino- 
dynamischen Hilfsmittehi nur die Enersricgicicliiine; sie sind 
also richtig, gleichviel ob der behandelte Vorgang^ reversibel 
oder irreversibel iat, und in ihrer Anwendbarkeit nur davon 
abhängig; ob die gemachten Yoraassetzangen der Wirklichkeit 
entsprechen. 

Die Joule-Warme wird als ein irreversibler Vorgang 
betrachtet werden müssen, da diese Wärmeentwicklung nach 
(64) bei Umkehrung der Stromrichtung sich nicht ändert; 
dafjf'fren scheint es erlaubt, die Feitier- Wärme, deren Vor- 
zeichen mit demjenigen der JStro tu stä rke variiert, als einen 
reversibeln Vorgang zu behandeln, wonnnjluicli hei dem 
engen Zusninmenliang, der am Ende des vorigen Paragraphen 
hervorgehoben wurde, gewisse Bedenken hiergegen nicht zu: 
unterdrücken sind. 

Um eine Umkehrung der Stromrichtung bei ungeänderten 
Temperaturen zu erhalten, muß man außer den thermo- 
elektrlschen Kräften noch eine verfügbare andere elektro- 
motorische Kraft in den Kreis einschalten; will man hierbei 
die Annahme eines Kreises von lauter Leitern erster Klasse 
nicht anheben, so wird man dafür diejenige einer Induktion 
wählen, also etwa eine Dynamomaschine in den Kreb ein- 
geschaltet denken müssen. 

Geht der Strom in der Bichtung der resul- 
tierenden thermoelektrischen Kraft, so braucht die 
Maschme nidht zu arbeiten, sie kann umgekehrt durch dea 
Strom betrieben werden und Arbeit leisten; dabei wird dann 
die Stromstarke und demgemäB die im Leiter entwickelte 
Wärmemenge verringert. Das System gibt hier ein Analogon 
zu einer thermodynamischen Arbeitsmaschine, insofern nach 
(66) bei gewissen Temperaturen Wärme aufgenommen, bei 
anderen Wärme abgegeben und laut der Elnergiegleichung 
die Differenz in Arbeit umgesetzt wird. 

Geht der Strom der resultierenden thermo- 
elektrischen Kraft entgegen, so muß ihn die Maschine 
erregen und erhalten, und nach der Energiegleichung muß 
hier die Wärmeaufnahme des Systems kleiner sein, als die 
-abgäbe. Das System stallt ein Analogon zu einer thermo- 
dynamischen Kältemaschine dar. 



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§ 109. Elementare Theorie der thermoelektrischen Kräfte. 319 

In beiden Fallen ist dabei die arbeitende Snbstans das 
hjpodietische elektrische Fluidnm, mit dem zu operieren 

wir vorteilhaft fanden, und das durch die verschieden tem- 
perierten Teile der Maschine ähnlich zirkuliert, ^vie das Qaa 
oder der Dampf in den Lnft- oder Dampfmaschinen. 

Man kann demgemäß mit einiger Wahrscheinlichkeit 
die zweite Haaptgleidiung in der Form» wie sie auf S. 251 
von Bd. I f&r irreversible Kreisprozesse aufgestellt ist, auf 
den hier vorliegenden Fall (der, als irreversible Teile ent- 
haltend, zunäcto im ganzen auch irreversibel ist) anw^den^) 
und schreiben 

wobei die WSmemenge äQ von dem Fluidum bei der 
Temperator ^ aufgenommen wird. Das Integral ist dabei 
nadi dem oben wsagten über alle Elemente des Leiter- 
kieises zu erstrecken und äü auf eine beUebige Zeit, B. 
auf die Zeiteinheit^ zu beziehen. 

Wenden wir die Formeln (64) und (66) für die homo- 
genen Teile und für die Übergangsschichten an, und be- 
zeichnen mit ä W den Widerstand eines Linienelementes ds 
der homogenen Zwe^e, mit äÜi das ds durch Leitung von 
den Nachbarelementcn zufließende Wärmequantum und unter- 
scheiden die beiden Übergangsstellen durch die Indizes 1 
und 2, so liefert (67) 

J ^ + t?, 

dabei bedeutet Qu und Q12 die den Ubergangsschichten 
1 \md 2 von den Nachbarteilen des Leiters zuströmenden 
Wärmemengen. 

Beruhen die Qj nur auf dem Tcmperatnrire fälle, so 
k'Aun man ihre Größe durch Verkleinerung des Querschnittes 
beliebig herunterdiücken, während mit Hille der Dynamo- 
masehine die Stromstärke und damit die von ihr abhängen- 
den Wärmemengen sich konstant erhalten lassen. Jedenfalls 
erscheinen die mit den Üi proportionalen Glieder liiernach 
als unabhängig von den übrigen und die letzteren müssen 
für sich allein die Ungleichung 

») W. Thomson, Edinb. Tran». T. 21 (1), S. 123, 1864. 



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320 



II. Kapitel. Galranismua. 



erfüllen. 

Je kleiner man nun die Stromstai'ke wählt, um so mehr 
wird der erste Teil des links stehenden Ausdracks — die 
Joule-Wärme enthaltend — neben dem zweiten — die 

Poltier-Warme berücksichtigenden zurücktreten, um eo 
mehr wird sich der Vorgang einem reversibeln nähern. 

Für einen reversibeln Voro;aTig gilt aber in (67) das 
Zeichen und wir werden hieraus schiieüen dürfen, daß 

(70) g + g = 0 

ist, wodurch für das erste Glied in (69) das Zeichen <0 
übrig bleibt. 

Aus (70) würde folgen, daß die thermoelektrischen 
Kräfte in den beiden L#ötstellen den absoluten Temperaturen 
proportional sind und, der umgekehrten Folge der Sub- 
stanzen in der Richtung -f ^ entsprechend, entgegengesetztes 
Vorzeichen besitzen, daß also allgemein gilt 

(71) PA* = a*^, 

anter C,,k eine der Kombination der beiden Körpen (h) und {k) 
individuelle Konstaate veistandeo. Dabei ist Fhk » — -H* > 

§ 110. Der Thomsou-Kffekt. 

Die vorstehend abgeleiteten Gesetze für die Wärme- 
entwicklung in einem Leiter erster Klasse wie für die thermo- 
elektrischen Kräfte werden von der Beobachtung nur unvoll- 
ständig bestätigt, insbesondere stimmen die Formeln (66) und 
(71) nur in vereinzelten speziellen Fällen befriedigend mit 
der Exfabrong. Die Gleichung (64) für die Joule- Wärme 
erweist sich in gleichförmig temperierten Leitern zutreffend, 
sie versagt, wenn ein TemperatuigeföUe im Leiter vor- 
banden ist. 

Der letztere Umstand bietet einen Fingerzeig dafur^ an 
welcher Stelle eine Ergänzung der Theorie einzusetzen hat, 
denn die wichtigste Formel (71) basiertnur auf den Gleieluincren 
f64\ und (B7). Daß die auf dem Temperaturgetälle be- 
ruhende Wärmeieituiig die Abweichungen nicht erklärt^ er- 



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% llü. Der Thomson-Effekt. 



321 



gibt sich daraus, daß die letzteren vom Queradmitt unab- 
hängig sind, der doch auf die Wanneleitong influiert. Man 
wird demnach zu der Annahme gedrängt, daß innerhalb 

eines Körpers mit lokal wechselnder Temperatur in der- 
selben Weise elektromotorische (Materien-)Kräfte stattfinden, 
wie innerhalb eines Körpers von lokal wechselnder Zu- 
sammensetzung. 1) 

Demgemäß ist jetzt mit Formel (63) die allgemeine Be- 
ziehung (54) zu kombinieren, die dergleichen Kräfte berück- 
sichtigt und bei Einführung des Linienintegrales? j dU = X« ^ 
der neuen thermoelektrisdien Kraft statt (64) zu schreiben 

(72) PWc^ß- ILU ^-Qafi. 

Infolge hiervf^n wird nun auch aus (68) bei Vernachlässigung 
der WärmeleituDg 

woraus, me S. 320, zu scshließen ist 



(74) 




Fig. 40. 



Zugleich orfr'bt sicli für die Go^aTntsnmme der im 
Leiterkreis wirkenden elektromotorischen Krätte 

(75) /3jL'-hPi-|-P8 = {X). 

Wir wollen nun die beiden Leiterzweige mit a und h 
bezeichnen und die Achsenrichtung in a von der TTber^^an^s- 
stclle (1) nach (2) hin rechnen (Fig. 40); dann schreiben sich 
die letzten beiden Formeln ausfuhrlicher 



(76) 



0, 



(M) (tl) 

Da aber nach (56) 



^) W. Thomson 1. c. 
Yoigti Thermodynainik. II. 



21 



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322 ^ KftpiteL Galvamsmus. 

ist^ so kann man die vorstehenden Formeln auch ächreiben 

äU 



CJT) 




^Ijß Li - 514 - dq>a + äq>i) - (L) . 

Da die erste Formel ffir jede 2wei Temperaturgrenzen 
und &^ gelten muß, so folgfc ans ihr für je zwei Ele- 
mente äSa und dSf, der beiden Zweige, die gleichen Tem- 
peraturen tl^ und gleichen Temperaturzuwacnsen ent- 
sprechen, 

(78) äL'a- äU = {^^^) . 

Durch Einsetzen dieser Beziehung in die zweite Formel erhält 
man 

(if) 

das Linienintegrai der elektrischen Kraft über den gauzeu 
Leiterkreis hat also denselben Wert, als wenn in jedem 
Element dSk eine elektrische Gesamtkraft 

(80) äLH = S,ds,^~-'^^d^ 

wirksam wäre. Aus (78) folgt für den Anteil äI4^ der Aus- 
druck ^di^pkld); es gUt also 

(81) äLn^äU-d(pH, 

wie das in der Tat ^ein muß, da äL^ gleich S^äsHt und die 
gauze auf die LängeiK inheit bezogene Kraft nach S. 313 
durch Sh — ^(pkl^S), gegeben ist. 

Das Potential q)h, als mit dem Ort wechselnd, kaun auf 
den homogenen Zweigen auch als Fuuktion der gleichfalls 
mit dem Ort wechselnden Temperatur dargestellt werden; 
man kaon also setzen 

(82) q>Hl^^d0kld^ 
und daher 

(83) äU^^^d^ d^H. 



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§ 110. Der Thomson-Effekt. 



323 



Aus (79) folgt dann 

(84) (L) « {0, ~ 04 -(0,- 0a), ; 

es stellt albo 

(85) 0,^0a^n., 

die scheiDbare elektromotorische Kraft der Eoin^ 
binatioD (ah) dar. 

Für (äe Wärmeentwicklung in dem homogenen Zweig 
(aß) liefert (72), da 

iSty 

(87) -u,,^r.w„ + i[^'^-^)-i[^^^-^).. 

der erste Teil stellt die gewöhnliche Joule-NYärme dar, der 
zweite einen auf der neueüige führten elektromotorischen 
Ki*a£t beruhenden Anteil, die sogenannte Thomson -Wärme. 
Letztere verhält sich ebenso, als wenn der elek- 
trische Strom einen Wärmestrom von der Stärke 



mit sich führte; in der Tat ist dieser Teil der Wärmeent- 
entwicklung — ü^ß durch (87) als die Differenz der in das 
I^iterstück (aß) eintretenden und der aus demselben aus- 
tretenden Wärnieströmuug dargestellt. 

Die Peltier-Wärme berechnet sich nach (66) und (82) zu 

(88) —Qkk^—hk m — q>h)= — hkO' ' ^ — Ihk& ; 

sie bestimmt sich sonaoh jetzt im G^nsats zu fröher durch 
die Änderung der scheinbaren thermoelektrischen 
Kraft der Kombination (hk) mit der Temperatur, 

Audi bei Berücksichtigung der thermoelektEomotoriscfaen 
Kräfte in hörnernen Leitern ist die Summe aller entwickelten 
Wärme gleidi Null. — 

Die in den Endformehi (83), (85) und (86) auftretende 
Funktion 0 kann man etwas khirer veranschaulichen mit 
Hilfe der Beobachtungstateache^ daß Blei den Thomson- 

21* 



224 II- Kapitel. Galvanismus. 

Effekt anscheinend nicht zeigt, daß also, wenn wir für diese 
Substanz den Index b beibehalten, 

lind somit ^t/i^ von i9 nnablu'ingig ist Da in den Formehi 
(84) und (88) nur flie Differenzen 0,, - <Pa für dieselbe Tem- 
peratur der Körpf r {b) und (a) auftreten, so kann man auch 
ohne Beschränkung der Allgemeinheit 0ft=»O setzen. Hier- 
durch wird dann nach (85) 

(89) Uai^Ihaf 

d. h. für einen beliebigen Körper (a) wird gleich der 
elelvtromotorischen Kraft des Körpers gegen Blei (6), diese 
in der Richtung h^a positiv gerechnet 

Die in (84) enthaltene, mit der Biehtung des Stromes 
nrnkebibare Wärmeentwicklung in einem homogenen, ein 
Tempeiaturgefälle enthaltenden Leiter hat W. Thomson^) 
experimentell nachgewiesen; er aeigte, daß ein Stab ABy 
der in der Mitte C mit einer Wärmequelle verbunden und 
von einem elektrischen Strom durduloBaen ist, auf der 
Hälfte AC eine andere Temperatur besitat als auf BG. 
Das Gesetz (88) des Peltier-£2ffektes ist insbesondere durch 
Beobachtungen von Jahn 2) in ziemlicher Annäherung be- 
stätigt worden. 

Gegenüber diesen Übereinstimmungen muß auf ein all- 
gemeines Resultat der vorstehend entwickelten Theorie auf- 
merksam gemacht werden, das vielleicht bedenklich ist. 
Nach (86) hat die neu eingeführte thermoelektrLsche Kraft 
/S'= äL'jds den Wert '&d((p/'&)ids , sie enthält also keinen der 
Substanz des Leiters individuellen Parameter, sondern aus- 
schließlich Funktionen, die man bis zu einem gewissen Grade 
unabhängig von dieser Substanz willkürlicli variieren kann. 
Dies scheint aber mit der Grundhypothese , wie mit den 
oben benutzten Erfahrungstatsachen nicht recht vereinbar 
zu sein. 



») W. Thomson, Phil. Trans. T. 3, Ö. 661, iÖö6; s. auch 
Le Bouz, Ann. de Chim. [41 T. 10, S. 258, 1867. 
*) Jahn, Wied. Ann. Bd. 34, S. 755, 1888. 



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§ 111. EiDfQhruug des thermodynamisohen Potentiales. 32 j 



§111. Einfiiliriuig des thermodjnamlscliea Poteutiales. 

Eine umfassendere Theorie der thermoclektrisohen ESr- 
Bohemungen laßt sich mit Hilfe des thermodjnamtschdn Po- 
tentiales entwickeln/) dessea Einfuhrung nur voraussetzt, 
daß sich ein iBversibler thermoelektrischer Vorgang dem irre- 
versibeln superponierti der sich in der Joule -Wärme äußert^ 
aber nicht die speziellen Annahmen erfordert, durch die 
S. 319 die Anwendung der Formel (67) auf das stromdurch- 
flossene System begründet ist. Wegen der engen Beziehung, 
in der nach S. 317 jedenfalls ein Teil der flächenhaften 
(Peltierschen) zu der räumlichen (Jouleschen) Wärmeent- 
wickhing steht, wollen wir diesen, wie die damit verbundene 
Joule -Wärme, zunächst dem irre versibclii Vortr-intr zu- 
rechnen. Man kann, wie sich zeigen wird, wenn envünscht, 
nach Durchführung der Theorie diese Voraussetzung fallen 
lassen und die ganze in den Grenzflächen entstehende 
Wärme dem reversiblen Vorgang zurechnen. Die Wärme- 
leitung darf aus den S. 319 erörterten Gründen wiederum 
unberücksichtigt bleiben. 

Die Arbeit einer elektrischen Kraft Kq mit den Kom- 
ponenten Xq, Yq, Zq au der von einem Strom mit den 
Komponenten j^., j,^, j. durchflossenen Vohimeneinheit ist 
für das Zeitelement dt nach (57) gegeben durch 

5«4 « (Xoi, -I- To -h Z^j,)dt ; 

dabei sind 

(90) i^di^de,, Sfdi^de^, j^dt^de, 

die iu dt durch die Flächeneinheit resp. normal zur X-y F-, 
Z-Achse geschobenen Elektrizitätsmeugen. Der Ausdi'uck 

(91) rfÄ^— Xo^Je,-^ Todey+Zode, 

ist dabei ebensowohl auf eine faktisohe^ nie auf eine nur 
gedachte Ladungsbewegung anwendbar. 

In bezug auf letzteres können wir etwa die Vorstellung 
&S8eu, daB in einem bestimmten An^gszustand innerhalb 
des Systems elektrische Ladungen verteilt sind, die nega- 
tiven fest, die positiven verschiebbar (oder auch umgekehrt), 
und daB der SMmung entsprediend nun eine Versohieboiiig 



>) W. Voigt, Wied. Ann. Bd. 67, S. 707, 1899. 



326 i^Apitel- Galvanismus. 

der LadoDgen Btattfindet, derart, dafi durch die FtSchen- 
etnheit oormal zur X-, zur Y-, zur Z-Achse in der Zeit von 
^ = 0 bis t = i die I^duogen e^, e^, e«, und in einem wei- 
teren Zeitelement dt die Ladungselemente de^^ de^^ de, 
treten. Biese Verschiebungen müssen bei einer statio- 
nären Strömung nach Betrachtungen von der Art der Bd. I, 
§ 10 angestellten der Bedingung 

(92) ^J^+^^ + '}p,o 
^ ' öx dy dz 

genügen, sind aber im übrigen willlvürlich, da über die sie 
treibenden Kräfte nichts vorausgesetzt ist; sie bestimmen 
die elektrische Verteilung zu jeder Zeit, und so auch die 
Ladungen, die an der Oberflnchc, z. B. auf einem in die 

Leitung eingefügten Kondensator liegen. 

Wir haben sonach den Bd. T, § 127 vorgp'^ohenen Fall 
einps von der Temperatur und von noch drei anderen Va- 
riabein e^y Cj,, abhängigen Zustandes und können eine 
Funktion das erste thermodynamische Potential der Vo- 
lunieneiniieit, emfüliren, für welches nach Gleichung (73) in 
§ 128 des I. Bd. gilt 

(93) di' ^Xode^-^ Tode, + Z^de, - tfö^ , 
also 

^^^^ wr^' '^r u^""^- 

Hangt der Vorgang außer von der Temperatur selber 
auch noch von den Temperatuigiadienten v^jBx^^^f. 
ab| so muß i' auch diese Argumente enthalten, und es ist 

IMeser Ausdruck für läßt sich auf den vorhergehenden, 
in dem die mit d^^f ^^^f proportionalen Glieder fehlen, 
bis zu einem gewissen Grade zunickführen. ^lultipliziert 
man nämlich (95) mit dem Körperelement dk und integriert 
über ein beliebiges Bereich dessen Oberflache o heiße, 
so erhSlt man 



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§ III. Einführung des thermodynamischen Potontiales. 327 






dä' 



dh 
Mdo. 



Hierin sind die mit einem Strich versebencn Funktionen an 
der Oberflache o zu nehmen und es bezeichnet n die innere 

iJormale anf do . 

Dieser Ausdruck hat die P\)rm von (93), wenn man — 
WAS den hier vorkomiuenden flächenlif^ften Wnrmeaufnalimen 
entspricht — nicht nur dem Vohinien, sondern auch der 
Oberfläche eine Entropie zuschreibt, also ansetzt 

— frj'd&do. 



(97) 



Genau wie nach S. 2S9 bei der Erregunjx eines Dielektrikum 
ist dabei ersielitlieh die C)}>crfläehe eines Volumenele- 
nientos als von diesem antrennbar zu behandeln. Wir 
erhaiteu duich Yergleichung von (96) und (97) 

— 



(98) 



d7,~ ee..~ " de. 



(99) 



c& dxXd^J ey\e»J ig\ii&J 

^ co8(», x) -f coß(n, y) + |^^cos (», ^r) -= - ^' 



Für die Wärmeaufnahiue eines Volumens h bei dem isother- 
men Anwachsen der Entropien von Null auf i^' resp. rj' liefert 
die Formel 

(100) Q^^f rf^dk +f^^do 

nach leichter Umformung das Resultat 



(101) H^^4.^A 4.^^ A^^Adk 

was für die Voiunieneinheit gibt 



328 



II. Kapitel. Galvanifimus. 



(102) «>' — (' ^ + II/, + II/. + • 

Bei den vorsteheDden Betrachtungen ist eine durch 
de^j deg, de, bestimmte einmalige Verschiebung der in einem 
Volumenelement befindlichen elektrischen Ladung voraus- 
gesetzt. Nun liefern die Beziehungen (91) 

de^=j^dt, (Jey=jydty de,=-j,dt 
für einen von ^ = 0 begianenden stationären Zustand die 

man kann also (da bei den Variationen 6 die Zeit t nicht 
geändert wird) durch Division mit i die Gleichung (97) so 
umgestalten, daß rechts 6}^^ dj,, dj^ an Stelle von de^, 
Se^, de, tritt. Zugleich neiunen dann 

vli^V, V'ß-V^ (o'lt^w, 
{wobei ^, rif o) neue Bezeicluiuiigen sind, die nichts mit 
den in Bd. I, § 95 eingeführten zu tun haben) die Stellen 
von ^% jy', oy' ein. Da es sich um einen stationären Zu- 
stand handelt, sind diese Funktionen die Andeiungsge- 
schwindigkeiten von ?/, rj^ bei dem Vorgang, w ist die 
auf die Zeiteinheit bezogene Wärmeaufnahme. 

Daß bei dem stationären Zustand die Entropie variiert, 
darf nicht Wunder nehmen, da in jedem Volumen dauernd 
Wärme entwickelt oder absorbiert wird. 

Wir wollen weiterhin mit den GröBen ( und w rechnen 
und erhalten dann statt (98) und (102) 

(103) ^^-^> Wp^^'' y,^^'' 

(104) cu=-(||^4-^^^. + ||^^. + ||^^^ 

Ist der Vorgang nicht von den Tcmperaturgradieuteu 
abhängig, so fallen nur in der letzten Gleichung die in 
i^y, multiplizierten Glieder hinweg. 

Abschließend sei darauf aufmerksam gemacht, wie hier 
mit den thermoelektrisehen Kräften X^, ¥q, Zq, die man 
den S. 312 erwähnten Inneren oder Materienkräften zu- 
rechnen wird, doch Wärmeefiekte — allerdings nach einem 
von (64) abweichenden Gesetz — verbunden sind. 



f 112. Allgemeinere Theorie der Thermoelektrizität 329 

§ 112. Allgemeinere Theorie der Titermoelektrizit&t. 

Um einen Ansatz für die Potentialgeschwindigkeit ^ 
zu erhalten, beuutzcn wir den Erfalirungssatz, daß die 
ihermoelektrischen Kräfte von der Elektrizitätebewcguug 
unabhängig sind; es muß demfioniäß ^ linear in j^, jy, jg 
sein. Besehränken wii' uns zugleich auf eine lineare Ab- 
hängigkeit von den Temperaturgradienten iJ^,, so ist 
die allgemeinste, für beliebige Kristalle anwendbare Form*) 

n(^fi\ ^ = ^«Ü*^" + UMi -^j,^^ 

wobei die Bij^^BSf^ifd^ der Substanz individuelle 
Funktionen von ^ b^eichnen^ die bei Kristallen mit dem 
Koordinatensystem variieren. 

Für die theimoelektrischen Kräfte ergibt sich hier 
nach (103) 

(106) Xo = ^.eii + ^yS'n + ^.6^31 , . . . ; 

in homogenen Körporn outhalten die die Koordinaten 
nur in der Verbindung i^, man kann hier also 

(107) 

setzen und erhält einfacher 

(108) ^ = ^ + 

Für die räumliche \Värmeautnahme liefert (104) 

(109) a>=^i^.(^^,-^4-;,-^ ... , 
oder bei homogenen Körpern 

(HO) W + 

Ist die elektrische Strömung räumlich konstant, sind 
elflo jg, jy, jg von den Koordinaten nnabhangig, wie 2. B. 
in einem parallel seiner Achse durchströmten Cjlinderi so 
kann man hierfür schreiben 



W. Voigt, 1. c. S. 726. 



330 ivapitel. Galvaaismus. 

(111) a,^—^[&U<'&n+jM&v,+j,&ul]- . . . 

Der Vorgang spielt sich hiernach ebenso ab, als wenn 
der elektrische Strom einen Wärmestrom i mit den Kom- 
ponenten 

(112) ». — , . . . 

mit sich führte. Demgemäß wird in einer Grenzfläclie 
mit der Normalen n zwischen zwei Medien (a) and (b), von 
denen (h) nach der -f-w- Seite hinliegt, pro Flächeneinheit 
dne Wärmeanfiiahme 

(113) (t«)i, — (*«)« = ö>,* 

stattfinden. Die in (106) und (113) enthaltenen Gresetze 
sind in etwas speziellerer Form zuerst von W* Thomson*) 

aufgestellt worden. — 

In dem oben behandelten speziellen Falle eines homo- 
genen isotropen Medium werden die vorstehenden Formeln 
einfacher. Nach Symmetrie ist hier (9j^|. = 0 für h^k und 
6>ii«6yM = e^3 = ö'=de/<i^, wobei und 6 neue Be- 
zeichnungen sind. 

Für die Utermoelektrischen Kräfte ergibt (lOS) 

nM\ ^ es ee dB 
-^"öi^ ^'^ei' 

und für die räumliche Wärmeaufnahme folgt aus (110), unter 
Kficksicht auf die Bedingung 

des stationären Zustandes, 

,„5, ...{^,1^^^^. 



Der thermische Vorgang ist also derselbe^ als nvenn 
der elektrische Strom eine ihm parallele Warmestromung mit 
den Komponenten 

(116) 4=-jx^e', i^^-jy^y H^-j.^e^ 



*i W. Thomson, Edinb. Trans. T. 21 (1) S. 123, 1854. 



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§ 112. Allgemeinere Theorie der Thermoelektrizität. 331 

bewirkte. Die WänneaufDahme in einer Zwischeogrenze (ah) 
wird durch (118) gegeben. 

Anf dem Potential 97, welches infolge elektrischer 
Ladungen auftritt, berabt nach § 108 ein System von Kom- 
ponenten — Bfpj^x, ... und eine WSrmeanfnahme 

die Gesamtwerte dieser Großen lauten somit 

(X)—^r% (Z)=-ii''-^>. 

du<p-»ef) dj,(^-»ef) 6i.(v-&&) 
^"•^ Ii — + — ei — + — äi — • 

Die elektrische Strömung verläuft also ebent^o, als weim 
statt des Poteutiales cp ein Potential y^ — cp— 6^, also auch 
statt der elektromotorischen Krall l*i,ii = (fk — ffk iu der 
Grenze Qik) eine Kraft 

(118) Ukk « V* - V* « i"** - (Ö* - Bk) 



(117) 



wäre. 

Die räumliche Wärmeentwicklung — ((o) setzt sich, wie 
die Rechnung zeigt , zusammen aus dem der Joule-Wärme 
entsprechenden AnteO 

(iiö) -(cyj = j,(X) H-i,(r) ^j,{Z) 

und der Thomson -Wärme 

(120) 

welche verschwindet, wenn S eine lineare Funktion \üii 1^ 
ist. Die Wärnieeutwicklung m der Grenze ist gegeben durch 

worin n^i die zur Grenze normale Komponente der elek- 
trischen Strömung bezeichnet; sie genügt direkt der Formel 



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332 



II. Kapitel. Galvani«>mub. 



wenn Pf^^ entweder verschwindet oder aber der absoluten 
Temperatur proportional ist; sie genügt ihr aber anch^ wenn 

P^it von unabhängig und zugleich die ganze Wärmeent- 
wicklung in 'der Grenze reversibel ist^ denn in diesem 
Falle gibt nach dem Voltaschen Spannungsgesetz der Po- 
tentialsprung Fhk keinen Anteil zu der beobachtbaren elek- 
tromotorischen Kra£b und ist Fkk wie in (121)^ so auch in 
(118) fortzulassen. 

Für die erste Annahme, welche einen stetigen Uber- 
gang des Potentiales über die Grenze zwischen zwei Leitern 
erster Klas'^e verlangt, werden neuerdings wichtige Grfinde 
geltend gemacht. Sie verlegt — wi^ nnrh die dritte Au- 
n ab nie — die gesamte thermoelektrischc Kraft in die mit 
Teüiperaturgefälle versehenen homogenen Teile des Systems. 
Bei ihrer Einführung wird die Formelreüie (117) bis (121) 
der für lineare Leiter spezialisierten (85) bis (88) durchaus 
gleichwertig; — ß liier steht an Stelle von 0 dort. Bei von 
den oben aufgeführten verschiedenen P^* stellen die neuen 
Formeln Erweiterungen der alten dar, 

§ 113. Thenaodynamisclie Theorie der Hydroketteu. 

Wir wenden uns nunmehr zu dem Fall^ daß in dem 
betrachteten System Leiter zweiter Klasse enthalten sind, 
daß also infolge elektrischer Ströme Anderm^en der che- 
mischen Energie eintreten; dabei können wir uns auf isotrope 
Körper beschränken. 

Geht durch eine Grenzfläche o>, zwischen zwei Teilen 
(h) und (i) des Systems ein Strom von der Gesamtstärke 
und wirkt ebenda im gleichen Sinne eine elektromotorische 
Kraft Pf^if so ist die auf die Zeiteinheit bezogene Arbeit 
der äußern Kräfte nach (62) und (56) gegeben durch 

Bezeichnet noch üj^i die pro Zeiteinheit aufgenommrae Warme- 
menge j so bestimmt axßi die Energieonderung der Sohieht 
durch die Formel 

(132) ^•-^„-/„P«. 

Handelt es sich spezieller um einen Elektrolyten (i) 
zwisohen zwei metallischen Lieitern (h) imd (Je), also um den 



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§ 113. Thermodynamische Theorie der Hydroketten. 333 

emfacbsten Fall emer sogenannten Hydrokette, so kommen 
zwei Grenzen (/< ?) und [ik) in Betracht; J^ii -f -^^.a^^o is* 
dann die Energie I^i==^Iit = I die Stromstärke, P;, , + P^j^ « Lq 
die elektromotorische Kraft der Zelle (kik), falls wir die 
Wirkung etwaiger Konzentrationsverschiedenheiten im Elek- 
trolyten hier ignorieren. Setzen wir nach Q;,^--- Ü,f.= lÜ,,, 
wo nun Falle der Stivtrastärke Eins den beiden 

Grenzschichten {hi) and (iA;) zuzuführende Wärme bezeichnet, 
60 folgt aus (132) 

(133) ^^J(ßo-J^o). 

Außer der Wärmeaufnahme IQ^ m den Grenzschichten 
findet nach S. 316 auch eine Wärmeaufnahme (die negative 
Joule -Wanne) in den homogenen Teilen (A), (f), (jb) statt, 
die aber als mit dem Quadrat der Stromstarke proportional 
nadi dem S. 319 Gesagten im folgenden au£ier Betracht 
bleiben y z, B. durch Yenninderung der Stromstärke umnerk- 
lidi geriiacht werden kann. 

Nehmen wir an, die Temperatur werde konstant er- 
halten, so ist die ganze Energieanderung chemischer Natur; 
man kann dieselbe also auch durch rein chemische Mittel 
bewirken, wobei Aufwendungen IQ^^ und lA^ von Warme 
und Arbeit erforderlich sein mögeui die der Formel 

(134) ^ = I(A + A) 

genügen müssen. Es gilt somit auch 

(135) Q^-L^^Q^-\'Ä^. 

Spielt sich der ^nze chemische Prozeß nur zwischen 
festen und flüssigen Körpern ab^ so ist verschwindend 
klein; hier gilt somit 

(136) Lq==Q^-Ü^, 

d. Ii. die elektromotorische Kraft der Zelle ist gleich 

der Differenz der M'^ärmean fnahmen bei den äqui- 
valenten elektrischen und chemischen Vorgängen 
In den (seltenen) Fällen, wo die Stromleitmig ohne Wärme- 
eifekt in den rirenzschiehten stattfindet, ^vird Xq = — , 
die elelctiomotoiisciie Kraft also gleich der VV ärmetönung des 
chemischen Prozesses. 



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334 



IX. Kapitel. Galvanbmus. 



Um diese Formeln an/uwenden, sind die einzuführen- 
den Einheiten zu beachten. Naeh Formel (59j sind die Ein- 
heiten von Stromstärke und elektromotorischer Kraft so zu 
wählen, daB ihr Produkt eine Arbeit ist, d. h. die Dimen- 
sion mlH~^ besitzt öo eind u. a. die absoluten elektro* 
magnetischen Einheiten gewählt, von denen /»lO^^ ein 
Ampere, L oder Pa^^IO* ein Volt genannt wird. 

Die Massen der wälirend der Zeiteinheit in der Zelle 
abgeschiedenen Ionen sind nach Farad der hindurch- 
gehenden Stromst&rke I proportional und zwar muß J= 96540 
Amp. d h. 9,654.10^ g * cm. sec. sein, um in der Sekunde 
ein Grammäqui\'alent abzuscheiden. Der Strom Eins im ab- 
soluten Mafie scheidet demgemäß 1,036.1 Granuuaqui- 
valente pro Sekunde ab. Auf dieses Quantum ist somit Q^^ 
(wie auch Q^) in Formel (136) zu beziehen, tun in ab- 
solutem Maße zu erhalten. 

Eine Kombination von zwei Flüssigkeiten und zwei 
Metallen {h, y, k), bei der die WSrmeentwiclduDg in allen 
Grenzschichten uud auch die elektromotorische Kraft iu 
der Grenze {ij) vernachlässigt werden kann, ist die des 
D aniel 1 sehen Elem^tes, Zink — Zinksnlfatlosung Kupfer- 
Bul&tiösung — Kupfer. Die Auflösung von 1 Äquivalent 
Zink resp. Kupfer in verdünnter Schwefelsaure gibt die 
Wärmetönung 53050 resp. 27980; zählt man als positive 
Strorarichtung die, welche eintritt, wenn in der Schließung 
eine andere elektromotorische Kraft, als die des Elementes, 
nicht vorhanden ist, d. h* hn Element vom Zink zum Kupfer, 
so wird hiernach 

L = 25U7U-/- 1,03t). 10-*, 

wobei «T» 4,19.10'' das mechanische Wärmeäquivalent be- 
zeichnet. Dies ergibt =- 1,09.10^ resp. Xr^ = lfi9 Yolt, in 
genauer ÜbereinsSmmung mit der Er&hrung. 

In diesem, wie in ähnlichen Fällen läßt sich also die 
elektromotorisch Kraft eines Elementes aus der Wärme- 
tonung — Qi der in ihm stattfindenden chemischen Prozesse 
sehr ein&ch berechnen. Ist Qq nicht zu vernachlässigen, so 
ist die Anwendung der Gleichung (136) nahezu ausgeschlossen, 
da eine direkte Beobachtung der Peltier-Wärme in einer 
Zersetzungszelle kaum ausfuhrbar ist. 



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§ 114. Benutzung des thermodynamischen Potentiales. 335 

Kehrt sich der Vorgang in der Zelle bei ümkehruag 
der Stromrichtung selbst um, kann luau also die üleichiingen 
für leversible Prozesse auf ihn anwenden, so läßt sich 
wenigstens eine wichtige Differentialgleichung für Lq ge- 
winnen. 

§ 114. BeButxuDg des thermodynamisefaeii Potentiales. 

Um hierzu zu gelangen, knöpfen wir an die Betrach- 
tungen aus § III an, durch welche ein thermodynamisches 
Potential | der Volumeneinheit eingeführt war, aus dem 
durch Differentiation nach seinen alrgumenten j^, Jy, und 
^ die Komponenten Xq, Y^y Zq der elektrischen Materien- 
kiatt und die Andeningsgeschwindigkeit i] iler Entropie der 
Volumeneinheit folgen gemäß den Formeln 

Siad Xii, Yf^f von der Strömung uuabhSngig, so muB 

(137) i = Xoi, + YJ, -f Zoj, = « 

seia, unter öi die an der Volumeneinheit in der Zeiteinheit 
geleistete Arbeit verstanden. Für die in der Zeit- und Vo- 
Inmeneinheit stattfiDdende Wärmeaufnahme ergibt sieh dann 
nach S. 32S 



(138) = 

8<»mt f6r ein bdiebiges Volumen 

a39) fl— 4r 

Wählt mau ffir das betrachtete Volumen die Grenzschichten 
in der chm betrachteten Zelle und benutzt für die Arbeit Ä 
den Ansdmck —71^ von S. 333> so ergibt sich in der 
froheren Bezeichnung 

(140) Ü^IÜo = ^I^. 

Die Einfügung dieses Wertes für in (135) liefert dann 

(141) »^-L, = Ü,+Ä„ 



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336 U. Kapitel. Galvanismus. 

und wenn^ wie zumeist^ vemachläasigt werden kann^) 

(142) 

Dies ist die angekündigte DifTerentialgleichung für Lq) ihre 
Integration ist möglich , wenn —Qx, d. h. die Wärmetonung 
des chemischen Vorganges in der Zelle, als Funktion der 
Temperatur bekaimt ist. Man erhält bei Einführung einer 
Integrationskonstante C 

(143) 

also im Falle, daß die Veränderlichkeit von ignoriert 
werden kann, 

(144) --io-^^+^i. 

In jedem Falle wird die frühere Formel (136) gültig, wenn 
von der Temperatur unabhängig ist. — 

Noch in einer andern Weise katiu mau das thermo- 
dyiiaiiiische Potential zui' ^k.uiklarung der Vorgänge in einer 
Hydrokette verwenden. 

Das Hindurchschieben einer Ladung e durch die Zelle 
von «ter elektromotorischen Kraft erfordert nach (66) 
eine Arbeit — eL^* Wir können somit für die Zelle zu- 
nädist ein erstes Potential iS'lHlden, welches die Beziehungen 
liefert 

BS BS 

unter H die Entropie der Zelle verstanden. Die Funktion 
Z=E-\-pV, in der j) den änfkron Druck, F das Volnmen 
bezeichnet, stellt nach § 128 und 129 in Bd. I eine Art 
zweites Potential dar und ergibt 

zugleich definiert 

(146) MM^rd^ 
die allgemeine Wärmekapazität der ZeUe, und ist 
*) HelmholtB» BerL Ber. 1882, S. 22. 



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% 114. Benutzung des theniiodynamiaelien Potentiales. 337 
(147) *|J = ^.' 

die spezielle KapazitSt bei konstantem Druck und bei fehlen- 
dem Strom, d. L fehlender elektrischer Yerschiebung, die, 
weil chemisch wirksam, die EapazitSt der Zelle be^flufit. 

Aus den Gleichungen (145) folgt nun durch Eiimination 
von Z 

^ ' Be' a*"" de 

und dus der letzten Formel durch Differentiation nach ^ 
und Benutzung von (147) 

(U9) i^^'^o 



Nach der ersten Formel (148) ninmit die elektromo- 

tomche Kraft der Zelle mit wachsendem äußern Druck zu 
oder ab, je nachdem bei hindun'hfrehendera (positivem) Strom 
infolge der chemischen t'msetzungen das Vohimen der Zelle 
ab- oder zunimmt. jSach (149) ist das Vorzeichen von 
c-Li^^d-^- positiv, wenn durch den positiven Strom die 
AVärmekapazität der Zelle zunimmt, und umgekehrt. Die 
wie (149) abzuleitende Gleichung 

e^* dp 

ist mit der Formel (38-) von S. 214, Bd. I. ä^uivaieut und 
spricht keine elektrothenuische Beziehung auö. 



Voigt, Thermodynamik. IL 22 



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III. Kapitel (Anhaug). 



Thermodynamik der Wärmestrahlung. 



§ 115. Hilfssätze der Elektrodynamik. 

DaB WacmestrahloDg von Ldchtstrahliuig nicht wesent- 
lich verschieden ist und nur deshalb ehedem getrennt dar- 
gestellt wurdo, weil die Beobachtung der thermischen und 
der optischen Wirkungen verschiedene Hilfsmittel beansprucht» 
ist bekannt. In jedem Falle handelt es sich um die Fort- 
pflanzung eines Schwingungsvoiganges, den man früher als 
einen mechanischen ansaht neuerdings als von elektro- 
magnetischer Natur erkannt hat. Von den Schwingungen 
verschiedener Periode wirkt ein gewisses Bereich auf unser 
Auge; die hier unwirksamen Sch-wangungen sind durch ihre 
thennischen und chemischen Effekte nachweisbar. 

Die Theorie (\ov Warmestrahluno i^t also zunächst 
ebenso ein Teilgebiet der Elektrodynamik, wie diejenige 
der Lichtstrahlung, und Hegt df niL^emäß außerhalb des Be- 
reiches dieser Darstellung. Indessen gibt es einzelne Probleme 
der Strahlung, die einerseits der Anwendung der Elektro- 
dynamik große Schwierigkeiten entgegensetzen und bei denen 
es sieh andererseits gar nicht um den Mechanismus des 
Vorganges, sondern nur allein um die mit ihm verbundenen 
Energiebewegungen handelt, und hier können thermo- 
dynarnische Betrachtungen mit großem Erfolg einsetzen. Uber 
diese Probleme soll hier in Kürze berichtet werden.^) 

^) Eine zusammenfassende Baiatelluiig der bez. Unter- 
suchungen nach theoretischer und experimenteller Seite findet 
sich in den Rapports du Congrfes de Physiqiie 1900, T. II, wo 
die Aufsätze von Wien, Lummer und Pringsheim in Frage 
kommen. 



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§ 115. HillBBltze der Elekirodynamik. 



339 



Von den allgemeinen Sätzen der ElektrodTnamik^ die 
bei unserer Darstellung benutzt werden, rangiert in erster 

Reihe ein Ausdruck für die Energie in einem elektrischen 
Felde, das im einfachsten Falle nur von geladenen Leitern 
in einem unendlichen homogenen, isotrope n Dielektrikum her- 
rührt. Durch Umformung des Ausdruckes (12), in ein 
Kauujiutegral, die liier nicht ausgeführt werden soll, ergibt 
sich, daß man jeder Volumeneiuheit eines isotropen Körpers 
einen Anteil an der Gesamtenergie in dem Betrage 

150) ^^DK^jSn 

beilegen kann, wobei K die elektrische Feldstärke, D die 
DielektrizitätskoDstante des Medinm darstellt. Es Ist ge- 
stattet, dies Resultat auf ein magnetisches Feld von der 
Stärke M zu übertragen, dessen Yolumeneinheit hiernach 
eine magnetische Energie 

(151) ^^MBySn 

besitzen würde. Hierin bezeichnet M die der Dielektrizitäts- 
konstante entsprechende sogenannte magnetische Permeabilität. 

Wirken beide Ursachen zusammen, so ergibt sich für 
die spezifisdie elektromagnetische Energie der Ausdruck 

(152) e'em = e'=(DK^ + ME^)IS7i. 

Als zweiten Satz führen wir an, daß man die Wechsel- 
wirkungen zwischen elektrisierten Körpern auf Spannui^peii 

in dem sie umgebenden Dielektrikum znnickfOhren kann, 
derart, daß das Dielektrikum sich in der Richtung der Krnft- 
Knien mit einer 9nf die Flacheneinheit reduzierten Krnft 
DK-IHtc zusammeuzuziehen, in den dazu senkrechten 
lUchtungeu mit der gleichen Kraft auszudehnen sucht. 

Sind X, Yf Z die Komponenten der elektrischen Feld- 
stärke K nach einem beliebigen Koordinatensystem, so sind 
nach dem Vorstehenden in der Bezeichnung von Bd. I, § 115 
die normalen elektrischen Druckkompoueuten nach dem- 
selben System 



(163) 



die tangentialen 



2ftf= — — • • • 
4ji 



22' 



340 III» Kapitel. Thermodynamik der Wftrmestrahlung. 

Gleiches Dehmen w von einem magnetischen Felde 
an und erhalten für die zu . . . analogen Drucke Ax, . . ^ 
in den magnetischen Feldkumpouenten Ä, B, C die 
Formeln 



(164) 



JBg ^ Oy = SC f • • • 



4:7f 

Wirken beide Ursachen zusammen, so sind die resul- 
tierenden Dmckkomponenten 



(166) 



H,^Zy= —{DTZ+MBÖ),... 



Jm leeren Baum ist D=l, M^l^ die vorstehenden 
Formeln besitzen hier also eine etwas ein&chere Glestalt. 

Als dritten Satz erwähnen wir, daß in einem (isotropen) 
Dielektrikum erregte elektromagnetische Störungen sich in 
ähnlicher Weise rortpflanzen, wie elastische Störungen in 
einem elastischen (isotropen) Medium. Geschieht diese Fort* 
pflanzung in ebenen Wellen innerhalb deren die Amplitude 
nicht merklich variiert» so sind die Produkte der elektrischen 

und der magnetischen Feldstärken K und B in YD und in 

in jedem Moment einander gleich, und es stehen K 
und B normal zueinander und zur Wellennormale. 

Die Fortpflanzung elektromagnetischer Störungen ist 
mit einem Transport von Energie verbunden; geschidit die 
entere in ebenen Wellen der genannten Art, so stellt sich 
der letztere als eine Energieströmung parallel der Fort- 
pfianzungsrichtung dar, deren Größe gegeben ist durch das 
Produkt aus der Energiediofate / in die Fortpflanzungs- 
geschwindigkeit der Störung, die (nach dem £ingang dieses 
Paragraphen) diejenige des lichtes ist 

§ 116. Definitionen. 

Pflanzen sich in einem Raum periodische elektromag- 
netische Wellen fort, so variieren sowohl die Energien, als 
die Drucke zeitlich; in diesem Falle wollen wir weiterhin 



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§116. Definitionen. 



341 



mit dea zeitlich konstanteD arithmetischen Mittelwerten dieser 
Größen mid somit auch mit den Mitteln der in den For- 
meln (150) bis (155) auftretenden Produkte und Quadrate 
von Feldkomponenten rechnen. Die Scliwingung hat in 
diesem Falle nach mancher Hinsicht dieselben ^^gen Schäften^ 
die einen den betreffenden Raum erfüllenden, etwa elastischen 
Körper mechanisch charakterisieren. Für jeden Punkt läßt 
sich ein System von Spannungskomponenten angeben, denen 
ein gewisser Wert der spezifischen Energie entspricht. Es 
ist die Frage, ob man rlio Analo^^in vervoUständirren kann, 
indem man dem durchstrahlten Kaum auch eine Tem- 
peratur beilegt. 

Zum Zwecke ihrer Beantwortung betra« iit( n wir zu- 
nächst speziell einen ringsum von gleichtemperierten 
Wänden umgebeneu Raum, der durch die Wirkung dieser 
Wände mit einer Strahlung erfüllt ist. Die Form des Hohl- 
raumes bleibt dabei voUkoniuien willkürlich; gleiches gilt in 
bezug auf die Natm- der Wände, zu denen natürlich auch 
in den Hohlraum gebrachte Körper zu rechnen sind, bis auf 
die eine Einschränkung, daß die Substanz der Wände durch 
eine Wärmeabgabe (oder -aufnähme) keine Änderungen er- 
fahrt, die ni<£t durch die gleiche WärmeaufnaJime (oder 
-abgäbe) rückgängig gemacht werden kann. HLerdnrch sind 
also z. B. die Fälle, wo in den WSnden eine WSrmeent» 
Wicklung durch einen irreversibeln cbemiscfaen Prozeß statt- 
findet^ ausgeschlossen. Man drückt diese Annahme kurz 
aus als die Beschränkung auf reine Temperatur- 
strahlung. 

Der beschriebene Fall ist für uns besonders wichtige 
da bei ihm , wenn eine £nergieabgabe der Wände nach außen 
verhindert ist, in dem umschlossenen Kaum ein statio- 
närer Zustand eintreten muß, bei dem die (mittleren) 
Energien und Drucke sich zeitlich nicht ändern. In der 
Tat kann diurch Strahlung zwischen urspnmcrlich gleich tem- 
perierten Körpern in der eingeführten Beschränkung keine 
Temperaturditferenz entstehen, denn eine solche ließe sich 
nach Bd. F, 72 zu einer Arbeitsleistung benutzen, und 
diese Arbeit wäre iti letzter Instanz aus einem Körpersystem 
von konstanter Temperatur gewonnen, was einen Wider- 
spruch mit dem in Bd. I, § 89 erörterten Thomsonschen 
Prinzip ergäbe. 



342 HL Kapitel Th«nnod3mamik der Wftrmeatrahluiig. 



Es muß also jeder Teil der rings gleichtempe- 
rierten Wände andauernd ebensoviel Energie aus- 
senden, als aufnehmen. 

Ein solcher stationärer Zusüind ontspri(;ht demgemäß 
einem Gleichgewicht innerhalb der Htnihlung und man 
wird in diesem Falle dem durchstrahlten Raum 
die Temperatur der strahlenden Wände beilegen 
dürfen. — 

Die in dem betrachteten Raum stattfindenden Strah- 
lungen bestehen aus mehreren Teilen. Einmal wirkt jedes 
Flächenelement der Wand als En ercrif" quelle, und wii nehmen 
an, daß seine Energieausgabe nur alltiü von seinem Zustand, 
d. h. von der Substanz und von der Temperatur, wie von 
der Oberflächenbeschaffenheit des die Wand bildenden Kör- 
pers abhängt. Sodann findet an jedem Elächenelement eine 
Beflexion und eine Brechung auffallender Strahlen statt, und 
die reflektierten Strahlen mischen sieh den emittierten bei, — 
genauer gesagt: wegen der linefiren Form der elektromag- 
netisohea Gleidrai^^' saperponieren sich verschiedene fort* 
gepflanste Sohwingongen ohne sieh gegenseitig zu stören. 

In beeng auf die Eigenschaften & Emission und Ab- 
sorption sind einige Grenzfalle von großer Bedeutung. 

Ein vollkommen spiegelnder Körper^ der also von 
auffallender Energie nichts absorbiert, kann nicht emittieren. 
Denn fuhren w ihn in den oben betrachteten Hohlraum 
gleichtemperiert mit dessen Wänden ein, so wurde er sich 
bei von Null verschiedener Emission abkühlen, was wiederum 
dem Thomsonschen Prinzip widerspricht. Gleiches muß 
von einem vollkommen durcbsichtigen Körper gelten« 

Ein System^ das ringsum von einer vollkommen spie- 
gelnden Wand umschlossen wird, ist gegen Ein- und Aus- 
strahlung von Wärme absolut geschützt. 

Ein vollkommen absorbierender Körper, der 
Strahlung weder hindurchläßt noch reflektiert, — auch wohl 
absolut schwarz g-onnniit — iiin!) daupfren emittieren, da 
er sonst, in unsern Hohlraum bei mit dessen Wänden gleicher 
Anfang- tpniperatur eingeführt, sich erwärmen würde, was 
glcichfaiid mit dem Thomsonschen Prinzip nicht verein- 
bar wäre. 

Was die Kealisierung dieser Grenzfälle angeht, so ist 
sie im allgemeinen nur mit einer gewissen Annäherung mög- 



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% 117. Die Boiiwarze Hohlraumstraliluiig. 



343 



lieh. Polierte Metalle, insbesondere Silber, reflektieren fast 
alle Schwingungsarten (Farben) so stark, daiä der gedankliche 
Übergang zu vollkommener Reflexion als unbedingt zulässig 
erscheint. Der leere Raum ist wahrscheinlich streng, Gase 
sind nahezu vollkommen dnrchsichtiGr; feMe und flüssige 
Körper, die im sichtbaren Spektrum durchsichtig erscheinen, 
besitzen dagegen im Ultrarot und Ultra\'iolett Absorptionen, 
auf denen ihre Dispersion beruht Die Annahme absolut 
durchsichtiger Körper, die Dispersion besitzen, ist daher 
nicht unbedenklich. 

Körper von sehr geringem Reflexions- und Durchlaß- 
vermögen sind hckannt; z. B. gehört Ruß und Platinmour 
hierher. Der Grenzübergang zu absoluter Absorption er- 
scheint sunacii zulässig. Bei der groBen prinzipiellen Be- 
deutung, die absolut schwarze Körper für die Theorie be- 
sitzen, war es aber wünschenswert, die RealisieruDg voll- 
kommener Absorptioa noch wdter zu treiben. Man ist 
dazu gelangt^) durch Benutzung von Hohlräumen mit rings 
gleich temperierten Wänden, die durch eine kleine Öffnung 
mit dem Aufienraum kommunizieren. Ist der Hohlraum von 
absorbierenden Wänden umgeben und derartig unregelmäßig 
gestaltet^ daß kein endlicher Betrag einer durch die Öffnung 
einfallenden Strahlung nach einer endlichen Anzahl regel* 
maBiger Reflexionen wieder austritt^ so ist die Absorption 
des einfallenden Lichtes im Hohlraum vollständig: die Öff- 
nung kann also als absolut schwarz gelten. 



§ 117. Die schwarze Uohlraumstrahlnng. 

Wir knüpfen unsere Betrachtungen an die Strahlung an, 
die innerhalb eines Raumes von der oben geschilderten Art 
stattfindet, der also ringsum von gleich temperierten Wänden 
begrenzt ist. Die Wände können aus ganz beliebiger Sub- 
stanz bestehen, nur darf, damit eine Strahlung entstehe, 
nicht die ganze Wand absolut spiegeln, wenn auch ein be- 
liebig großer Teil derselben. (S. Fig. 41 auf S. 345). 

Bringen wir in den Raum eine unendlich kleine beider- 
seitig vollkommen spiegelnde Platte in beliebiger Position, 
80 Wird durch dieselbe ein ursprünglich von <x nach ß gehen- 

*) Wien und Lunimer, Wied. Ann. Bd. 56, S. 453, 1895. 



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344 IIL Eapiiel. Thennodynamik der WSxmestrahliing. 

des Strahleabündel nach d, ein ursprünglich von y Daoh d 
gehendes nach ß geleitet. Trotzdem besteht nach wie vor 
Strahl Imgsgleichgewicht, insbesondere empfangen ß und d 

ursprünglich und jetzt die gleichen Energiemengen. Da man 
durch derart iire Spiegelungen ganz beliebige Stellen a und y 
und beliebige Richtungen aß und yS in Beziehung setzen 
kann, so muti die Gesamtstrahlung in dem betraoh- 
teten Räume von dem Ort und von der Kichtung 
unabhängig sein. 

Ersetzt rnan die spiegelnde Platte durch ein gleichfalls 
vollkommen spiegelndes Beutj-nTigsgitter, so vereinigt dies in 6 
Strahlen verschiedener Periode, d. h. verschiedener Farbe, 
die von ganz verschiedenen Stellen a, a' , a" . . . der Wand 
ausgehen. Der vorige Schluß führt jetzt dahin, daß auch 
die den einzelnen Schwingungszahlen entsprechen- 
den Strahlen von Ort und Richtung unabhängig 
sind. Gleiches läßt sich, da die von einem total reflek- 
tierenden Beugungsgitter in verschiedenen Richtungen aus- 
gehenden Strahlen verschieden polarisiert sind, in bezug aut 
die Strahlung einzelner beliebig gerichteter Sch\vin- 
gungskomponenten nachweisen, 

Ist kein Richtungssinn vorhanden, wie auch die Form 
des Hohlraumes und die Natur der Wände beschaffen sei, 
so kann die Strahlung an jeder Stelle auch nicht von diesen 
Umständen abhängig sein: sie ist sonach nur eine J^^unktion 
der Temperatur der Wände, also des Hohlraumes. Man 
bezeichnet diese Strahlung als schwarze Hoblraum- 
strablung. 

Besitzt die Strahlung keinerlei Vorzugsrichtung, so 
müssen sich auch an jeder Stelle die Komponenten der 
schwingenden elektrisdien und maenedsdien Kmt nach allen 
Bichtangen während merklicher Zeit im Büttel gleich ver- 
halten^ also insbesondere gleidie aritlmetische Mittelwerte 
ihrtsü absoluten Großen ergeben , wahrend ihre Schwingungs- 
phasen unabhängig voneinander wechseln können. 

Hieraus folgte wenn wir die Mittelwerte durch einen 
über das betreffende Symbol gesetzten Strich bezeichnen,. 



^) Eine ähnliche Schlußweise, die eine anisotrope, ab80i> 
bierende Kugel benutzt, bei Pringsheim, Verh. d. Deutsch. PhySi^ 
Ges. Bd. 3, 8. 81, 1901. 



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§ 117. Die schwarze Uohlraamstrahlung. 345 

YZ='ZX=XY=^Oy 'BÜ='ÜJ = ÄB=0, 

Führt man dieso Beziehungen iii die Ausdrücke (153) für 
die Druckkom])rin< Ilten ein und zieht den Ausdruck (152) 
fiir die speziti< lie Energie e' heran, so ergibt sich bei Ein- 
führung Ciuer neuen Bezeichnung p 

d. h. der initiiere Druck der schwarzen Hoiilraum- 
strahlung wirkt normal gegen jedes Flächenelement 
mit der von seiner Orientie- 
rang und Lage unabhängigen 
Stärke p^^e' ; er ist somit dem 
dritten Teil der mittleren Strah* 
lungsenergie der Yolumenein- 
heit gleich. 

£8 sind hierdurch sowohl Druck 
als Temperatur für die Strahlung in 
dem Hohlraum völlig definiert. Kann 
man noch annehmen, dafi die Yer- 
änderongen der Strahlung duroh 
Wärme- und Arbeitssufulu* rever- 
sibel sind, so ist envief^en, daß man auf sie die bezüglichen 
Grundgieichungen der Thermodynamik anwenden darf.^) 

In diesem Falle wii'd für die Gesamtstrahlung des 
Hohlraumes ein (erstes) thermodynamisches Potential 
existieren, aus dem Druck, Entropie und Energie nach den 
Gleichungen (22) und (27) auf S. 8 folgen zu 




Fig. 41. 



(157) i^=-||, 



B3 



Hierbei sind, wie auch weiterhin geschehen soll, die 
auf die Mittelwerte hinweisenden Striche der Einiachheit 
halber fortgelassen. 

Da die Strahlung den liaum homogen erfüllt^ so kann 
man wie irüher 



(158) 



S^^V, M^tj'V, E^e'V 



Bartoli, Sopra i movimenti usf. Florenz 1876; Boltz< 
mann, V^ied. Ann. Bd. 22, S. 31 u. 291, 1884. 



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346 nL KapiteL Thermodynamik der Wärmestrahlung, 
setzen, dabei ist 

/löm ^'_o ^-0 ^'-0 

da der Strahlungszustand von dem Volumen unabhängig ist 
Es wird deshalb nach (157) 

und, da Sjp^«' ist, audi 

(160) ^^^K^ ^ 

wobei h eine Konstante bezeichnet Für ^ und i;' ergibt 
sich dann 

(161) €'=Äl>S J?'=iÄl^3, 

d. h. die Energie der Volumeneinheit des gleich- 
mäßig durchstrahlten Hohlraumes ist der vierten, 
die Entropie der dritten Potenz der absoluten 
Temperatur proportional. — 

Ein ringsum von vollkommen spiegelnden Wänd^, die 
selbst nicht strahlen, umgebener Hohlraum — dergleichen 
oben ausdrücklich ausgeschlossen war — kann mit Strahlung 
erfüllt werden, indem man ihn (etwa durch Zurückziehen 
eines Schiebers) für kurze Zeit mit einem zweiten Hohl- 
raum in Verbindung setzt, der rings von gleichtemperierten 
strahlenden Wänden eingeschlossen ist. Eine Strahlung in 
einem solchen Baum entspricht einem von adiathermanen 
Wänden eingeschlossenen Gase. Ijäßt man die Strahlung 
sich ohne Arbeitsleistung dilatieren, etwa indem man durch 
Öfinen eines Schiebers die Verbindung mit einem zweiten 
von vollkommenen Spiegeln begrenzten Raum herstellt, so 
bleibt die Gesamtenergie E = ^V konstant; läßt man die 
Ausdehnung gegen einen dem inneren gleichen Anßendruck^ 
stattfinden, so gilt Analoges für die Gesamtentropie H=rfV\ 
im ersten Falle variiert die Temperatur proportional mit 
der vierten, im zweiten Falle proportional mit der dritten. 
Wurzel aus dem reziproken Volumen. 



^ j . -Li by Google 



I 118. Em£urbige Strahlungen. 



347 



§ 118. Einfarbige StraMnngren. 

Alle Strahhmgen fester, wie flüssiger uud gasförmiger 
Körper sind zusammengesetzte, d. h. sie lassen sich durch 
geeignete Hilfsmittel, wie Prismen oder Beugungsgitter in 
Öchareu von Einziflstrahlungen von verschittienür Periode 
oder Wellenlänge zerlegen, und man darf nach der lineäi^eu 
Form der Differentialgleichungen der Elektrodynamik an- 
nehmeDi daß diese TeiUtrahlungen schon ursprünglich neben- 
einand^ bestanden. 

£ndliche Amplitaden von Schwingungen einzelner 
Wellenlangen kommen erfahrungsgemäß nicht vor; solche 
werden stets nur von Schwingungssystemen geliefert, die 
eia endliches Bereich von Wellenlängen umfassen. Bei 
hinreichend kleinen Bereichen DX (unter D ein Differential- 
zeichen von unten näher zu bezeichnender Nator verstanden) 
kann man die ihnen entsprechenden Feidkomponenten zu Di 
proportional setzen, sie also resp. 

XxDXf . . . Ä),DX, . . . 

schreiben, wobei nun die X , ... Ax, . ♦ . Funktionen von X 
sind und gilt 

(162) X^QXiDX, . . . Ä^Eä^DX, . . , 

0 0 

Die Wahl der Inkiemente DX ist zunächst willkürlich. 
Wir wollen indessen des Folgenden wegen eine bestimmte 

Festsetzung treffen. 

Nach Erfahrung sind die Sohwing^ungen verschiedener 
Periode in den Licht- resp. Wärmequellen bis zu einem ge- 
wissen Grade inkohärent, d*li. sie ändern sehr oft in jeder 
merklichen Zeit unabhängig voneinander ihre Schwingungs- 
phase; nur die einander unmittelbar bonachbarten sind ko- 
härent, und mau kann das Bereich dieser Kohärenz etwa 
mit <ler Breite <ler feinsten Linien in den Spektren glühender 
Dämpfe vergleichbar denken. Wir wollen das Inkrement 
DX mit diesem Kohärenzbereich identifizieren, derart, 
daß hiernach je zwei X;. , . . . imd X; , . . . welche ver- 
schiedenen Bereichen angehören, in merklichen Zeiten sein- 
häufig ihre Phasen wechseln, also für das Produkt X^'Xi' 
den Mittelwert iSuii ergeben. 



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348 in. Kapitel. ThermodyiiAmik der WfttmestrahliiDg. 

Hieraus erp^ibt sich, daß in den Mittelwerten der 
Quadrate der Feldknmponenten X, . . . nur die quadra- 
tischen Glieder übrig bleiben, z. B. also ist 

(163) X^ = SXl(DÄf; 

0 

dabei bezeichnet der übergesetzte Strich wieder den zeitlichen 
Mittelwert der betreffenden Funktion. Ahr (16'^) ergibt 
sich dann in Verbindung mit den Definitionen (15«Ij und (155) 
sogleich 

(164) ä'^SeiiDX)^, p = Si>A(Z>A)2, 
wobei 

(166) ex - 'Sp, , 

und es folgt weiter 

(166) ff'^Sfjx(DXy. 

Alle Summen 8 sind von ^«=0 bis 1 — oo zu nehmen. 

Diese Zerlegung besitzt eine tiefere als formale Bedeu- 
tung insbesondere deshalb, weil man die den verschiedenen 
(DX), d. h. den verschiedene Farben entsprechenden Schwin- 
gungsarten, wie schon oben erwähnt, wirklich isolieren kann. 
Laßt man eine dieser Teilstrahlungen durdi eine Öffnung 
in einen rings von Spiegeln begrenzten Hohlraum eintreten 
und schließt die Öffnung nach angemessener Zeit durch 
einen vollständig spiegelnden Schieber, so wird in dem Baum 
(bei geeignet unregelmäßiger Form) gleichmäßig und konstant 
eine Energie ex und ein Druck 2^1 enthalten sein. 

Aber dieser Gleichgewichtszustand ist kein stabiler, 
sondern in ähnlichem Sinne metastabil, wie nach § 5 das 
Gleichgewicht einer Phase außerhalb ihres eigentlichen Be- 
reiches; zwar tritt hier die Labilität nicht bei Hinzufügung 
einer anders gefärbtem Strahlung hervor, aber einerseits dann, 
wenn auch nur ein Flächenelement der Wand nicht spiegelt, 
andererseits dann, wenn die Wand nicht absolut ruht, son- 
dern irgend welche l^eweo-ungen ausführt, etwa an der Be- 
wegung der Erde im W eitenranm teilnimmt. Im ersten 
Falle entsteht nach § 117 direkt die „schwarze" Hohlraum- 
strahlung; im zweiien wird die Periode derjenigen Strahlen, 
denen die Wand sich entgegenbewegt, herab-, die Periode der 
Strahlen, vor denen die Wand zurückweicht, heraufgesetzt, 



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§ 119. Adiabat. Düatat. der schwarzen Hohlraumstrahlung. 349 

wie das eine Überlegung zeigt, welche der bekannten Be- 
weisführuDg des Doppler sehen. Pruudpes analog ist, und 
eB wird schließlich, wie später zu zeigen, gleichfalls die 
Bofawarze Hohlraumstrahlung eintreten. 

Diese Tatsachen bedingen einen sehr merkwürdigen 
Parallelismus zwischen einer Strahlung, die in einem rings 
von Spiegeln begrenzten Hohlraum eingeschlossen ist, und 
einem System miteinander reagierender Gase, etwa den Teil- 
kompoiienten eines mehrfach dissoziierten Gases, das ein 
Volumen erfüllt. Auch in dem letzteren Fall wird die 
Energie und der Druck des Gf misches durch die Summe 
der Teilenergien und der Teiidrucke dargestellt; die einzelne 
Teilkomponente ist gelegentlich metastabil und bei gegebenen 
äußeren Umständen besitzt im allgemeinen nur ein Ver- 
hältnis zwischen den Massen der Teilkomponenten Stabilität. 

Es liegt nahe, das dem Dissozialiousgiad entsprechende 
Mischungsverhältnis der verschiedenen einfarbigen Strahlungen 
mit Hilfe einer der thermodynamischen Gleichgemchtsbedin- 
gangen bestimmen zu wollen, wie dies in § 88 u. f. bei 
dem Gase ausgeföhrt ist Bisher scheinen aber die Mittel 
2ur Dardif%lhnmg eines solchen Gedankens zu fehlen; über 
die Abhängigkeit der Funktionen ei, t]if DX von l und ^ 
ist z. B. a priori nichts zu sagen. 

§ 119. Adiabatische Dilatation der schwarzen 
HoMraumstraliiuug. 

Ist nun auch das vollständige Gesetz des Strahlungs- 

fleichgewichtes aus rem thermodjnamiBchen Prinzipien bis- 
er nicht abzuleiten , so kann man mit diesen Hilfsmitteln 
doch immerhin > ynß W« Wien^) zuerst gezeigt hat> eine sehr 
merkwürdige und wichtige spezielle iSgensohaft desselben 
gewinnen. 

üm zu dem Wien sehen Satz zu gelangen, betrachten 
wir einen Hohlraum II, der von beliebigen gleichtemperierten 
Wänden umschlossen ist und durch einen Schieber s mit einer 
Hohlkugel K mit vollkommen spiegelnder Wand in Verbin- 
dung gebracht werden kann. (Fig. 42 auf S. 351). Ursprüng- 
lich sei der Schieber offen^ der ganze Raum H-j-K ist dann 

W. Wien, Wied. Ami. Bd, 52, S. 132. 1894. 



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350 III. Kapitel. Thermodynamik der Wärmestrahlung, 

mit der der ursprünglichen Temperatur entspreohenden 
schwarzen Strahlung erfüllt. 

Nunmehr werde der Schieber geschlossen und die Kugel 
gleichförmig aber äufierat langsam deformiert, so daß ihr 

Kadius um dr, sagen wir von auf zunimmt. Dabei 
wird die Arbeit 4jir^pdr gewonnen , zugleich ändert sich 
die Temperatur von auf und jeder einfarbifrc* Anteil 
an der Strahlung ändert seine Wellenlänge, da die Wand 

vor den Strahlen zurückweicht. Es entsteht somit eine neue 
Strahlung von anderer Temperatur und von anderer Farben- 
mischung. 

Aber diese neue Strahlung muß mit der schwanen 
Hohlraumstrahlung für die Temperatur 1^2 identisch sein. 

Denn wird der Hohlraum // auf die Temperatur ß., gebracht 
und dann der Schieber s geöffnet, so muß zwischen beiden 
TJännien Strahlungsgleichgpwicht herrschen. Wäre nämlich z.B. 
die StrahhmiT einer Welienliinge ?J in K stärker als in ß, 
90 könnte man einen in JI ent!i;iltenen Körper von der Tem- 
peratur i?2 "^^^ Hilfe der geeignet isoli< rt* n Strahlung von 
der Wellenlänge /' «us K über die Temperatur erwärmen, 
was einen Witleis|>ruch mit dem Thomsonschen Prinzip 
(Bd. I, § 89) involvieren ^^'urde. 

Ist aber die Strahlung in K auch nach der Deformation 
der Kugel die schwarze Hoblraunistrahhing, so laßt sich die 
Temperaturänderung infolge der adiabatischen Dilatation nach 
§ 117 bestimmen; es muß nämlich, falls F das Volumen 
von K bezeichnet, konstant bleiben^ d. h. 

(167) ndj.-r,*, 

sein. 

Was die Änderung der Wellenlänge irgend eines ein- 
farbigen Anteiles angeht, so wird eine Anzahl a von Wellen, 
die auf einem Strahl von der Länge c liegt, also auf eine ruhende 
Wand in der Zeiteinheit auftrieb, eine Stelle auf einer mit 
der gegen 1; kleben Geschwindigkeit u zurückweichenden 

Wand in der Zeit 14-!i^^ erreichen, falls <x den Ein- 

faUswinkel bezeichnet. L)iese Wellen werden dann auf dem 
reflektierten Strahl eine Strecke v -\-2uco8<k in Anspruch 
nehmen, d. h. es wird gelten 



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% 119. Adi*bat DiUUt. der flohwanen Hohlraumstrablung. 351 

(168) A' = A.(l + ?^^^). 

Nun ist der Weg 5, den ciu Strahl vom Inzidenzwinkel ä 
zwischen zwei Reflexionen an der Kugel zurücklegt, gleich 
2rco8Ä — wobei die unendlich kleine Änderung von r veiv 
nachlässigt ist. Die Anzahl fi der Beflexionen innerhalb dt 
ist hiernach 

vdt 

Z r Cosa 

also wegen drjdi=^u 

(169) n = ^ j 

die sie begleitende Änderung der Wellen* 
iSnge ist somit bestimmt durch 

oder falls man t7/2uco8«sm setzte durch 

(170) + 
Im Grenzfiill m^oo ergibt dies 

also wegen r^^r^-{-dr 
(171) 




Fi«. 42. 



Findet die Vergrößerung der Kugel mit unend- 
lich kleiner Geschwindigkeit statt, so erleidet die 
Wellenlänge jedes einfarbigen Anteiles an der 
Strahlung dieselbe Änderung wie der Kugelradius. 

Die Kombination von (167) und (171) lidEert femer 

(172) 

d. h., unter denselben Umständen ist das Verhältnis 
der Wellenlängen eines einfarbigen Strahlungs- 
anteiles das Reziproke desjenigen der bezüglichen 
Temperaturen. 



352 ni. Kapitel. Themodynamik der WIbnneatrahluiig. 



§ 120. Bas W. Wieasehe Yerachiebiuigsgesetx. 

Um nun ans den erhaltenen Gesetzen eine Aussage 
über das Mischungsverhältnis der einfarbigen Strahlen in 
der schwarzen Hohlraumstralihiug zu gewinnen, betrachten 
wir die Änderung der Enertjie des einzelnen Anteiles bei 
dem oben geschilderten adiabatischen Vorgang. Nach der 
Energiegleichung und der Definition der Arbeit haben wir 
sogleich^ falls wieder V das Volumen der Kugel K bezeichnet 

oder yr^gea F.-4nr*/3 und 3j>i— «i bei lüinfBlirnng der 
Abkflmmg 

auch 

(173) -Ei^J^dE^. 

Nun nach (167) S(r^) = 0, oder ö&j& = ^ör/r; somit 
liefert obiges sogleich 

(174) d(^a/^)-rO. 

Die BeracksichtiguDg deB Wertes von V und der Beziehung 
(167) exgibt weiter 

= 0, 

oder, da wegen (172) d(i>A) = 0 und somit d(i^i>>l)==0 
ist, auch 

(175) d(eil^^) = 0. 

Nun hangt aber ei von ^ und von X ab, und bei der 
durch d angedeuteten Verändenmg variieren beide Argu- 
mente; sonach fo]gt, daB ei/^^ diese Argumente nur in der 
bei der Variation konstanten Verbindung ^ • X enthalten 
kann, d. h. daB gelten muß 

(170) e;. = ^«/*a'^). 

Für den Energieanteil der einfarbigen kohärenten Strah- 
lung ei^bt sich hieraus 

(177) ca(DA)« - (A • *) [D(X • ^)V^^F{X . 0) ; 

er unterscheidet sich also nur durch den Faktor O ^ von einer 



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$. 120. Das W. Wiensehe Yenehiebirngsgesets. 353 

Funktion des Produktes X-&. Nach ihrer Definition (162) 

haben demgemäß die der einfarbigen kohärenten Strahlung 
entsprechenden Anteile an den Feldkomponenten, nämlich 
XxDXy... die Form ß^Ga-m. Daß diese Resultate mit 
der Formel nni^) für die gesarate Energie r' der schwarzen 
llohlranmfitiahluDg im Einklang sind^ ist ohne weiteres er- 
kennbar. — 

Wir haben im vorstehenden diese Enoro-ip in der Weise 
in einfarbige Anteile zerlegt, wie dies dem wirklichen S. 347 
geschilderten Vorgang entspricht. Gemeinhin benutzt man 
aber eine Darstellung, die rein analytisch ist, dafür indessen 
andere Vorteile bietet und zu der wir demgemäß jetzt über- 
gehen. 

In dem Ausdruck 



oo 



stellt (1)).) ' die Fläche eines Quadrates über J)X, d. h. über 
dem der Kohärenz entsprechenden Inkrement von / als Seite 
dar, und die Summe ist über alle diese Flächenelemente er- 
streckt^ die zusammen einen schmalen Streifen längs der 
il*Achse erf&llen^ den man sich nach oben dardtk eine stetige 
Knrve begrenzt denken kann. Man zerlegt nun diesen Streifen 
doich Vertikale im beliebigen Abstand dX in Elemente 
ÄdX, wobei A die Breite des Streifens bezeichnet^ und taßt 
den Faktor A mit in eine neue Bezeichnung ifx zu- 
sammen, so daß resultiert 



(178) e^^^fipxdX. 

0 

tpx hat dabei die Bedeutung der zwischen den Wellenlängen 
X und X-j-dX liegenden Energie, dividiert durch di; aus 
(177) und (172) folgt, daß gelten muß 

(179) yA = ^ V(^ • ^) = j6^l^ • ^) » 

worin (p und Punktionen nur dos Produktes i} • k sind, 
die durch die bishengen Entwicklungen sich nicht bestinuuen 
lassen. 

Auf eine merkwürdige Folge der Formel = d-^(p('^ . X) 
mag noch liingewiesen werden. Das Maximum von yj findet 
sich bei der Wellenlänge X^, für welche 

Voigt, ThemodTxiainik. IL 23 



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354 ni. KapitöU Thermodynamik der WArmestrahlung. 

ist, d. h,, ffir welche ^»Xm einen bestimmten Wert besitst 
Dieser Wert ist ffir alle Temperatoren der gleiche; es va- 
riiert somit die Wellenlänge maximaler Energie- 
dichte yji indirekt proportional mit der absoluten 
Temperatur^ während diese maximale Dichte selbst 
der fünften Potenz der absoluten Temperatur pro- 
portional ist. 

Man bezeichnet diesen Satz als das Wien sehe Ver- 
achiebungsgesetz.!) 

Die Gleichung (179) gestattet noch eine zweite be- 
merkenswerte Schreibweise. Die Wellenlänge X ist gleich 
dem Quotienten aus Fortpflanzungsgeschwindigkeit v und 
Schwinguigszahl v; somit ist auch dX^—vdvjv^ und 

oo 

(180) 4f=jj.0{&.X)dl^00,(&jv)dy, 

worin 0^ eine neue Beziehung ist, also auch bei erneuter 
£inf übroDg des von der Strahlung erfüllten Volumen V 

Don Schwingimgszahleu zwischen v und v-{'dv ent- 
spricht somit innerhalb V die Energie 

(181) E,dv^^0^(^jv)dv; 

dabei stellt V;?.^ die Anzahl der Würfel von der Seite X 
innerhalb V dar, und 

(182) - Ea^y^ ^1 

ist somit der auf einen solchen Würfel entfallende 
Energiebetrag, dividiert durch dv; daß diese Größe 
laut Formel (182) durch eine Funktion von ^jy allein 

gegeben wird, stellt eine zweite Fassung des Wienschen 
atzes dar. 



>) W. Wien 1. c. 



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§ 121. Das Plancksehe Mischungsgesetz. Süb 

§ 12L Das Planeksche Mischungsgesets fär die 
schwane HohlraamstrahliiDg. 

Mit vorBtehendem ist erschöpft^ was sieh bezfiglieli des 
MiBchungsverhältnisses der schwarzen Hohlraumstrahlung hat 
aus reia theimodynamischen Überlegungen folgern lassen. 
Zu einem vollständigen Gesetz für die der Wellenlänge X zu- 
gehörige Eneigiedidite tpx ist zuerst W. Wien auf Grund be- 
stimmter und ziemlich einfacher Hypothesen über die Strah- 
lung eines Gases gelangt; aber seme Formel, die sich inner- 
halb des Bereiches des sichtbaren Spektrum bemerkens- 
wert an die Beobachtung anschließt, weicht von derselben 
im Ultraroten so systematisch ab, daß man sie als un- 
genügend bezeichnen muß. 

Durch eine sehr merkwürdige Kombination von Wahr- 
scheinlichkeitsbetrachtungen mit der Theorie der Emis- 
sion von Schwiogungen durch elektrische Resonatoren hat 
M. Planck^) eine Formel gewonnen, die die Erfahrung in 
dem ganzen iintersnchton BereiVh befriedigend wiedergibt; 
dieselbe lautet bei Eiuiührung zweier Xonstanten a und b 

(183) V*- ^,(,t)°*-i) - 

Für kleine )J) kann in der Klammer des >senners das zweite 
Glied neben dem ersten vernachlässigt werden, wodurch dann 
der früher von Wien gegebene Ausdruck für ipi resultiert. 

Um aus (183) die gesamte Energiedichte e' nach 
(178) zu berechnen y fOhrt man passend wieder die Schwin- 
gungsfirequenz v^v/X — unter v die Ldchtgeschwindigkeit 
verstanden — statt X als Variable ein und erhält^ indem 
man h^ev, also — Cf/i^ und dX — —vdvjv^ setzt, 

(184) f^^Jxrdv wobei ;,r, = , 
oder bei Entwicklung und gliedweiser Integration 



^) Pianok, Ann. d. Physik, Bd, 4, S. 551, 1901. 

2S* 



356 ni. Kapitel. Thennodynamik der Wftrmestrahlung. 

Die Yergleichung mit (161), d. h. mit dem Ansatz e' — k&^, 
ergibt den Zusammenhang 

(186) h^lfil-aKcvy. 

Zugleich iolirt für die Wellenlänge 7,,, die dem Maximum der 
Energiedichte if entspricht^ die Beziehung 

— eine transzendente Gleichung, die ?> = 4,965 • A,,, liefert. 

Bei beobachtetem Xm'O^ läßt sich hieraus 6= cv berechnen, 
und bei beobachtetem k auch a bestimmen. Auf die Mes- 
sungen; welche h und k liefern, gehen wir weiter unten ein. 

Die Formel (183) zeigt, dai.> man der partiellen Energie- 
dichte Y'A für gegebenes k alle möglichen Werte geben kann, 
wenn man nur die Temperatur O angemessen wählt. Man 
kann also auch nach dem in § 118 eröi-tcrtcn Verfahren mit 
Hilfe beliebig temperierter Hohlräume jede beliebige gemischte 
Strahlung in einem rings von Spiegeln begrenzten Raum 
erzeugen. Einer solchen Strahlung kann man dann ersieht^ 
lieh keine einheitüche Temperatur beilegen, aber es ist an- 
gängig nnd Yortdlhaft, jedem einfarbigen Anteil die- 
jenige Temperatur beizulegen, welche die sohwarxe 
Hohlraumstrahlune besaß, aus der jener Anteil ent- 
nommen ist Freilidi entstellt durch eine solche Erweite- 
rung des TemperaturbegriSes ein Widerspruch mit der fundar 
mentalen Festsetzung in Bd. I> § 1, wonach Körper, die in 
einer adiathermanen Umhüllung vereinigt sind, im themuschen 
Gleichgewicht die gleiche Temperatur annehmen, der nur 
durch die Begrenzung jener Festsetzung, resp. durch Zu- 
lassung eines ausnahmsweisen metastabilen Gleichgewichts 
bei verschiedenen Temperaturen innerhalb absolut spiegeln* 
der Wände au%ehoben werden kann. 

§ 122. Strahlongsdickte und Emtssionsrermogen. 

Die vorsteilenden Überlegungen beziehen sich im wesent- 
lichen nur auf die bei einer Strahlung eintretenden räum- 
lichen Zustände und ziehen nur beihiufig den Strahlnngs- 
vorgang selbst heran; insbesondere ist die Intensität der 
Strahlung ganz außer Betracht geblieben. Diese Intensität 



(187) 



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§ 122. Strahlungsdichte und Emissionsvermögen. 357 

Wild gemesBen durch die Energie, die vahreDd der Zeit- 
einheit durch eine zur Strahlaogsrichtiing normale FlächeD- 
einheit hindurchtanmsportiert wird^ und läßt sich für einen 
in allen Kichtungen gleichmäßig durchstrahlten Kaum aus 
der (rSojnlichcn) Energiedichte folgendermaßen berechnen. 

Es sei ein Flächenelement do innerhalb des durch- 
strahlten Raumes betrachtet; da die ganze in der Zeiteinheit 
durch die Flächeneinheit tretende Energie jedenfalls endlich 
ist, so muß die eine Flächeneinheit in einer bestimmten 
Richtung durchsetzende Energie verschwindend klein 
eein. Die orjinze Knergieströmung für einen Komplex von 
Richtungen, die eine Kegelöffnung do) erfüllen, ist jeden- 
falls dem Produkt aus dco in den durchströmten Querschnitt, 
d. h. in die Größe der Projektion von do auf die Normale 
zur Strömungsrichtung proportional; bezeichnet /> Ut n Winkel 
zwischen der Achse von do) und der Normale auf do, so 
setzen wir demgemäß diese Stiunuiiig gleich icosßdodco . 
Die Gesamtstiöiiiung von der negativen zur positiven Seite 
der Normale, d. h. die Emission von do ergibt sich 
hieraus zu 

e do = idoj cos ß doj , 

das Integral über die Halbkugel vom Radius Eins genommen; 
dies liefert 

(188) edo^nidOf 

und das gleiche Quantum tritt von der positiven zur nega- 
tiven Seite durcli do, 

idco stellt nach obigem die Stromdichte der Energie 
für Richtungen innerhalb dco dai'; bezeichnet nun v wi( der 
die Ströinuiigs- (d. Ii. die Licht-) Geschwindigkeit, so gibt 
idü)lv die Dichte der in Richtungen innerhalb dco strömenden 
Energie. Die Summe dieser Dichten für alle möglichen 
Richtungen, d. h. 

(189) ^ = 

ist dann die effektiv unter den vorausgesetzten Umstanden 
in der Volumeneinheit enthaltene Dichte. 

Diese Formel liefert den gewünschten Zusammenhang 
der früher betrachteten Energiedichte mit der Strahlungs- 
dichte i und auch mit der sagenannten Emission e der 



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358 ni. KapiteL Thennodynainik der WftrmeBtnhliiiig. 

Flächeneinheit, die nach (188) gegeben ist durch 

(190) «=3i». 

Die Größen e und i beziehen si(;h nach dem eingangs 
Gesajj^ten auf die innerhalb eines beüebig gleichförmig durch- 
strahlten Raumes gelegene Flächeneinheit, also z. B. auch 
auf die einfarbige Strahlung in einem rings von vollkommenen 
Spiegeln begrenzten Hohlraum. Die Beziehungen gewinnen 
eine besondere Bedeutung für die schwarze Hohlraum- 
Strahlung^ und zwar für ein vollkommen schwarzes 
Fläehenelement der Wand. Nach der Definition eines 
schwarzen Körpers in § 116 besteht hier die gesamte 
Strahlung aus emittierter (austretender) imd absorbierter 
(einfallender), — reflektierte Strahlung fehlt. Die durch 
Kombination von (189) und (190) resultierende Formel 

(191) e^\vE' 

gibt hiemach bei Benutzung der Größe ^ aus den früheren 
Paragraphen die von einem vollkommen schwarzen Körper 
pro Zeit- und Flächeneinheit ausgcsandto Energie — sein 
Emissionsvermögen nach der Bezeichnung von Kirch- 
hoff — an und ist nach (161) durch (Xv^ Beziehung (wo h* 
eine neue Bezeichnung ist), mit der Temperatur vedmüpft — 

(192) e=i»M*«Äj'^S 

Im vorstehenden haben wir die Gesamtstrahlung 
innerhalb des Hohlraumes verfolgt; man kann aber offenbar 
die angestellten Überlegungen ebensowohl an jeden ein- 
farbigen Bestandteil anlmüpfen^ dessen StrahlungskitensitSt 
dann beliebig durch %i dX oder dv dargestellt werden kann> 
während die Emission exdX oder f^dv geschrieben werden 
mdge. Es gelten dann die mit (189) und (190) korrespon- 
dierenden Beziehungen 



(193) { 



V 

und an Stelle von (178) tritt 



— X»9 fr — ^3* 9 



*) Kirchhoff, Berl. Ber. Dez. 1859. 



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§123. Stnthlungsgleichgewieht zwischen veisohied. Medien. 359 



(194) e = jei(U== jf^dv, 

wobei 



Die Gesamtstrahlung von einem Flächenelement o nach 
einem zweiten ^, die beide normal ziir Verbindungslinie r 
stehen^ ist nach S. 357 gegeben durch 

ioqjr^ == eoqjjtr^ == Jefoq^^jnr^ ; 

analoge Beziehungen gelten für einfarbige Teilstrahlungea — 

Über die Erweiterung des Begriffes der Temperatur, 
der gestattet, federn irgendwie gerichteten Anteil einer 
StrahluDg beliebiger Periode eine eigne Temperatur beizulegen, 
ist am Ende des vorigen Paragraphen gesprochen worden. 
Hier mag nur noch hervorgehoben werden, dafi nach den 
dabei aufgestellten Grundsätzen die Temperatur in einer 
divergenten Strahlung mit dem Wege ab-, in einer konver* 
genten zunimmt. Denn die zusammengedrängte, also stärkere 
Strahlung wurde in einem Hohlraum nur bei erhöhter Tem- 
peratur der Wände bestehen kömien. 

Wir haben uns bisher, abgesehen von der Wellenlänge, 
um die Natur der gestrahlten Schwingungen nicht gekümmert; 
es mag hier abschließend bemerkt werden, daß man in großer 
Annälierniig diese Sclnvingiingcn als in ebenen Miellen normal 
zur Strahlungsrielitung von der am Ende von § 115 be- 
schriebenen Art fortschrfM'tond, somit also normal zur Fort- 
pflanzungsrlchtung stattüudend ansehen kann. 



§ 123. Sü'ahlangsgleichgewieht zwischen versehiedeneB 

durelisielitigen Medien. 

Eine Erweiterung der vorstehend venvendeten Betrach- 
tungsweise gestattet einen wichtigen Satz über das Gleich- 
g:emclit irgend einer Strahhmg zwischen zwei von ihr 
ertiillten absolut durclisiehtigen Körpern von verschiedenen 
Liehtgeschwindigkeiten abzuleiten. Wir denken uns dazu 
etwa in der früher (§ 118) erörterten AYeise irgend eine ein- 
farbige Strahlung in einen Hohhaum mit spiegelnden Wänden 
eingeleitet, der zum Teil leer, res[). lufterfüllt, zum Teil von 



360 ni. Kapitel. Theimodynamik der Wftnneatvablung. 



emem anderen durchsichtigen Körper eingenommen ist. Da 
der absolut durchsichtige Korper nicht strahlt, so bleibt in 
diesem Hohlraum die einfarbige Strahluno; erhalten. 

Wir betracht<?n (Fig. 43) einen Elomentarstrahlenkogcl, der 
von irgend einem Punkt des Medium (1) nach einem Klen^cnt 
der (irrnztläche (1, 2) führt und dort reflektiert wird; daneben 
einen Ötrahlenkegel, der im Medium (2) auf die Grenze auf- 
fällt und nach Brechung in derselben sich genau innerhalb 
des oben retiektieiten Kegels in das erste Medium fortpflanzt. 
Wir wählen den Querschnitt de» Kegels rechteckig, und zwar 
m^ die Einfallsebene einer Seite parallel liegen und durch 
den Mittelpunkt des Rechteckes gehen. Die Kegeloffnungen 
im 1. und im 2. Medium seien resp. dcOi und do).y. Da 
die Strahlung in dem Hohlraum keine Vorzugs rieh tungen 
hat, so muß sie im Medium (1) in dem einfallenden und im 
reflektierten Kegel die gleiche sein; d. h., wenn q die 
Schwächung der EnergicsMmung bei der Re0ezion in (1) 
an (2) und 6 die Schwächung beun Hiadurchtritt von (2) 
nach (1) bezeichnet, so muß nach 8. 357 gelten, wenn jetst 
jdv die Strahlnngaintensitat fOr Schwingui^fizahlen zwischen 
V und v-\-dv bezeichnet, 

(196) hdcüi = ji Q dojy ~\-jidda)^ , 

Eme ein&che geometriBche Überlegung unter Berück- 
siohtigong des Brechongsgesetzes smtpjaimp^^vjv^ ergibt 
nun 

(197) cosyirfcüt co8y,fl[Q)a 

wobei q>i und 99., die \V inkel der Kegelachsen gegen das Ein- 
fallslot im ersten und im zweiten Medium bezeichnen. Be- 
züglich der Koeffizienten o und <5, deren Bestiiiimung ein 
Problem der Optik resp. Elektrodynamik ist, muß es genügen, 
hier anzugeben, daß sich für jede Ait von auffallender 
Schwing liug die Beziehung herausstellt 

(1 98) (1 — e) cos = <5 cos (px ; 

solange gewöhnliche Reflexion stattfindet^ ist dabei q<1, 
bei der totalen Eeflezion ist ^ 1, d » 0 . Die Kombination 
dieser Formeln mit (196) liefert die Beziehung 



§ 124. Beobnohtungen Über schwarze Strahlung. 361 



und die Heranziehung von (193^) ergibt 

(199) xM = X-A resp. Xi^l-X24y 

d, h., wenn eine bellt biL;e einfarbige Strahlung in 
mehreren absolut d ureiisichtigen Körpern im Gleich- 
gewicht ist, so enthält in letzteren jeder Würfel mit 
der Wellenlänge als Kante die gleiche Energie x'f 
zugleich ist in den verschiedenen Körpern die 
Strahlungsdichte dem Quadrat der Fortpfiauzuugs- 
geschwindigkeit indirekt proportional. 

Kombiniert man die Formel (199^) mit dem Planckschen 
Oesetz (184) für die Ekiergiedichte x^^^y einfaibigen 
Bestandteiles der schwarzen Hohlranmstrahlung^ so erkennt 
man^ dafi von den in Xy auftreten- 
den Parametern e und a der erste 
eine universelle Konstante^ der zweite 
durch das Produkt einer solchen in 
die dem Medium eigene Lichtge- 
schwindigkeit V dargestellt sein muß. 
Setzen wir (wie oben h^cv) a^c^v, 
so nimmt Xy die Form an 

(200) 

wobei e und c' univmeil sind» 

Abschließend mag daran erinnert werden, daß die Be- 
trachtungen dieses Paragraphen die Existenz von Medien 
voraussetzen, die absolut durchsichtig sind, aber gleichwohl 
das Liclit mit einer Geschwindigkf^it fortpflanzen , die von 
der im leeren Raum stattfindenden nbvveiclit, und dal* keine 
Bf litung auf die Existenz solcher Medien hinweist. Die 
erhaltenen Gesetze beziehen sich also auf einen idealen 
Grenzfaii. 

§ 124. BeobaehtaDgen über scliwarze Strahlung. 

Die durch (192) ausgedrückte Proportionalität des 
Emissionsvermögens mit der vieilcn Potenz der absoluten 
Temperatur hatte Stefan i) nach gewissen, auf begienzte 
Temperaturen bezuglichen Beobachtungen als für alle Körper 




) Stefan, Wien. Ber. Bd. 79 (2), S. 391, 1879. 



362 m. EapiteL Thennodynamik der Wltmesinhlung. 

geltend angenommen. Genauere Messungen haben sie in Uber- 
einstimmung mit der Theorie nur für schwarze Körper bestätigt. 

Bei den meisten dieser Beobachtungen war gemäß S. 348 
der strahlende schwarze Körper durch eine ÖfiTnung gebildet^ 
mittelst deren ein rings von gleichtemperierten Wanden um- 
schlossener Hohlraum & mit dem Außenranm korrespondierte; 
zur Messung der ausgestrahlten Energie wurde eine Thermo- 
kette oder ein Bolometer (s. Bd. I, § 4) benutzt, die selber 
geschwärzt waren, um die auffallende Energie wenigstens 
augenähert vollständig zu absorbieren. 

Der Meßkörper M befand sich in einem Hohlraum, 
dessen Wände gleichfalls nahezu vollständig absorbierten 
und doni Meßkörper pn nahe gleit htcmperiert waren, daß 
df r mit ihnen statttindeude AVärmeaustausch ignoriert 
werdi n konnte; eine Öffnung ließ die Strahlung des Hohl- 
körpers // auf M fallen und auch die Strahlung von M 
nach H austreten. Bezeichnet q den Querschnitt des Meß- 
kr>r]>ers, o die Öffnung des Hohlraumes Hy r den Abstand 
beidei', und sind , ß^» beiderseitigen Temperaturen, so 
ist der Energiezuwaehs K' in M pro Zeiteinheit infolge der 
wechselseitigen Strahlung nach (195) gleich k' qo{{)\ — dl)jnr^ , 
Temperaturgleichgewicht iindet statt, wenn dieser Betrag dem 
Verlust durch Ableitung gleich war; ist letzterer der Tem- 
peraturänderung des Meßkörpers r proportional, so wird r 
auch mit E' proportional sein. 

Die Proportionalitat von E' mit l/J ist durch der- 
artige bolometrische Messungen von Lummer und Prings- 
heim^) zwischen den absoluten Temperatiu'en 373^ und 1530^ 
sehr vollständig bestätigt worden; damit ist denn au<di die 
Grundformel (192) im gleichen Um&inge bewiesen. 

Um die Konstante des Gesetzes in absolutem Mafie 
zu finden, bestimmte Kurlbaum ein wie starker elek- 
trischer Strom dnrch das Bolometer zu senden wäre, um 
durch erzeugte JouIe-WSrme (nach § 108) die Temperatur 
des Bolometers um den gleichen Betrae zu steigern^ wie 
zuvor durch die schwarze Strahlung ges(£ehen war. Die in 
Wärme umgesetzte elektrische Energie war in diesem Falle 



') Lummer und Pringsheim, Wied. Ann. Bd. 43» S. 875; 
1897; Ann. ä. Phys. Bd. 3, S. l'!'. 1900. 

'} Kurlbaum, Wied. Ann. Bd. 65, S. 746, 18i)8. 



§ 124. Beobachtungen über schwarze Strahlung. 363 



gleich der zngestrahlten. Er fand h' gleich 5,36 » 10 ~^ ab- 
soluten Einheiten, oder 1,28 » 10~^^ Kalorien. 

Wenn die Sonne schwarze Strahlung aussendete, so 
würde auf eine Fläche q auf der Erdoberfläche pro Minute 

die Energie m^X-^tüR^jr^ 

fallen, unter i^j die Temperatur der Sonne, unter die der 
Erde, unter R den Radius, unter r den Abstand der Sonne ver- 
standen. Berücksichtigt man den Bd. L § ^ angegebenen Wert 
der Einstrahlung auf Icm^, der nach der Beobachtung 2^5 Ka- 
lorien beträgt, und benutzt, daß bei der Sonne Rjr = 0,00465 
ist, so erhält man i^^ etwa gleich 5860®, wobei ohne 
merklichen Einfluß ist. 

Da die Konstante h = 4:k'jv ist, so ergibt sich für 
diese der Wert 7,14 • 10~^^ in absoluten Einheiten. 

Um die Abhängigkeit der schwarzen Strahlung von der 
Wellenlänge zu untersuchen, mußte diese Strahlung durch 
ein Flußspatprisma, das in weitem Bereich Wärmestrahlen 
nicht merklich absorbiert, spektral zerlegt werden. Fig. M 
gibt eine Anschauung von dem diuxih Lummer imd Prings- 
heim^) erhaltenen Verlauf von yf^ in willkürlichen Einheiten 
als Funktion der Wellenlänge die in 0,001 mm = 1 /t als 
Einheit aufgetragen ist;- die absoluten Strahl ungstemperaturen 
sind den betretfenden Kurven beigesetzt. Aus der nach- 
stehenden Tabelle erkennt man den Zusammenhang zwischen 
absoluter Temperatur Wellenlänge maximaler Emission A„„ 
maximaler Emission €„; die Produkte A„,i? und gmi>^~^ finden 
sich gemäß den Sätzen auf S. .^54- merklich konstant. 













621 


4,53 


2,03 


2814 


2190 


723 


4,08 


5,28 


2950 


2166 


909 


3,28 


13,66 


2980 


2208 


999 


2,96 


21,50 


2956 


2106 


1095 


2,71 


34,0 


2966 


2164 


1259 


2,35 


68,8 


2959 


2170 


1460 


2,04 


145,0 


2979 


2184 


1646 


1,78 


270,6 


2928 


2246. 



Lummer und Prin geheim, Verh. d. d. phvs. Ges. Bd. \j 
S. 23 und 215, 1899. (Tabelle und Figur, in denen die Werte 
ein wenig differieren sind aus den Rapports U8W. T. 2^ S. 82 und 
M entnommen.) 



364 UI. Kapitel. Thermodynaznik der Wärmestraiiiuug. 

Der mittlere Wert von iU^» nämlich 2940 ^ oder bei 
EinfOhnme von cm statt 0,294 ^ liefert nach dem zu (187) 
Gesagten tGr den Parameter h den Wert 

h = 4,965 . i> = 4,965 • 0,294 = 1,46 , 



"1 




Fig. 44 

wahrend die universelle Xonstante 

c r = 4,87. 10-" 

wird. Aus diesem Wert und aus Ä== 7,14 • 10~^* folgt 
gemäß (186) 

a= 1,91. 10-1' 



§ 125. Der Kirohhoff sehe Satz. 



365 



und die universelle Konstante 

c'=a/y = 0,637 • 10-27. 

Wir haben oben ans der Intensität der Gesamtstrahlung 
der Sonne die Temperatur berechnet, welche letztere haben 

müßte, wenn sie schwarze Strahlung aussendete, also voll- 
kommen absorbierte. Man kann dieselbe Größe unter der- 
selben Annalinie aus dem obigen Wert von berechnen, 
der ja universelle Gültigkeit hat. Da ein Maximuni der 
Sonnenstrahlunir etwa bei X =~ 0,5 n liegt, so ergibt sich auf 
diesem Wege tür die Soniienteniperatur der Wert 5880^, der 
mit dem S. 363 eriiaiteuen auffallend übereiosümmt. 

§ 125. Der Kirehhoffsche Satx. 

Die Überlegungen der voi^stehenden Aböchnitte setzten 
die Emission schwarzer Körper oder davon abgezweigte ein- 
farbige Strahlung voraus; über die Emission anderer Körper, 
wie z. B. der technisch so wichtigen Metalle^ lehren sie direkt 
mohtB. Hier bezeichnet im wesentlichen der bekannte 
Kirchhoff sehe Satz fiber die Konstanz des Quotienten ans 
Emissions- imd Absorptionsvermögen die Grenze des mit 
Hüfe thennodypamisdier Prinzipien Erreichten. DaS dieser 
Satz hier als Endglied der Entwicklung erscheint, während 
er gesohichtlidi am Anfang steht^ beruht darauf, daß wir, 
um möglichst engen Ansi&ufi an die allgemeine Thermo- 
dynamik zu gewinnen^ von skalaren, resp. räumlichen 
Zuständen, also von der ungerichteten schwarzen Hohl- 
raiunstrahlung ausgingen und bei der Behandlung ge- 
richteter Vorgänge vom Speziellen zum Allgemeinen fort- 
schritten. 

Wir wdlen demgemäß auch den Kirchhoffsohen Satz 
zunächst in zwei speziellen, aber fiir die Anwendung ganz 
besonders in Betracht kommenden Fällen ableiten, in denen 

die Verhältnisse am einfachsten liegen. 

Die Grundlage hilrlet jederzeit der in 117 bewiesene 
iSatz, daß die schwarze Hohlraumstrahlung weder im ganzen, 
noch beziigiich eines Anteiles von bestimmter Farbe oder 
bestimmter Schwindln iLTsart ausgezeichnete Riolitungen besitzt. 
Ein Flächenelement do in dem Hohlraum empfängt 
demgemäß in jeder Dichtung von jeder Farbe und 



Digiti^ 



366 Kupit«l. Tliermodyuaiiiik der Wärmestralilung. 



jeder SchwingungBart ebensoviel Energie, als von 
ihm in der entgegengesetzten Richtung ausgeht. 
Bildet das Fiächenelement einen Teil der Grenze des Hohl- 
ranmes gegen eine strahlende (aber nicht vollkommen sohwarze) 
Wand^ mid bezeichnet die einfallende, ausgesandte 
Strahlcndichte für iigend eine Eicbtung, Farbe> Schwingongs- 
art und Temperatur, so muß jedenfalls ii = ia sein. Im 
Grunde ist dies bereite« oine und vielleicht die einfachste 
Fassung des Kirch hoff sehen Satzes. 

Absorbiert iiuti erstens das Material der Wand so stark, 
daß die ganze Ausstiahhing von einer unmerklich dicken 
Oberflächenschi cht ausgeiit, so kommen durch die Wand 
hindurchtretende, etwa von der vollkoiiinien reflekticn n<l( ii 
äußeren Schutzhülle zurückgeworfene Strahlen nicht in Jie- 
tracht; die ausgehenden sind nur emittierte und rc H( kiiei*te, 
es kann also ia = %~\~^r gesetzt werden. Rührt nun, was 
unten eingehender erörtert werden soll, /, von der einfallen- 
den Tnt<?nsität derselben Schwingungsart her, so ist 
ii~ ir die in der Wand absorbierte Strahlung und kann 
als mit t, proportional gleich i^a gesetzt werden, wobei 
0<a<l ist. Es resultiert dann 

(201) »,»na, 

wobei nun sieh auf die schwarze Hohlraumstrahlung be- 
zieht^ somit eine universelle Funktion der Farbe und Temr 

|j ( ratur ist 

Bei Körpern, die Strahlung durch merkliohe Dicken 
hindurchlassen, betrachtet man zweitens am einfachsten eine 
planparallele Platte von gegen die Dicke sehr groBer Aus- 
dehnung und benutzt, daß deren beide Seiten innerhalb 
des Hohkaumes gleiche Strahlungsintensitäten empfangen. 
Die von einer Seite ausgehende Strahlung besteht hier aus 
drei Teilen, der emittierten, mflektierten und durchgelassenen, 
so daß % = i, + ?V + *d ist. Rührt auch jetzt und von 
der einfallenden Intensität derselben Schwingungsart her, 
so stellt wieder % — 1^ — 14 die absorbierte Strahlung dar und 
kann gleich i^a gesetzt werden; in diesem Falle resultiert 
wieder die Gleichung (201). 

Was die verschiedenen ,,?^('lu\ ingungsartf^n'^ und die 
darauf beruhende Einschränkung angeht, auf die oben Bezug 
genoxjumen ist, so bedarf dieser Punkt einer etwas eingehen- 



§ 125. Der Kirchhoff sehe Satz, 



367 



dereD Erläuterung. Jede Soh-wingong, die sich in einem 
isotrop) ( II Mediom, also insbesondere im leeren fianm nnd 
in Wellen, die (wie hier) ab ebene homogene angesehen 
werden könneD, fortpflanzt, läßt sich in zwei zueinander 
normale, geradlinige Komponenten zerlegen; bei Reflexion 
und Brechung an isotropen Medien pflanzen sich die normal 
und die parallel zur Einfallsebene schwingenden Komponenten 
unabhängig voneinander fort; auf sie lassen sich dann die 
obigen BetrachtuDgen ohne weiteres anwenden. Gleiches gilt 
von doppelbrecbeuden Körpern, wenn in ihnen die Schwin- 
gungen parallel und normal 7iir Einfallsebene ]ip<!;en. Dabei 
folgt aus der linearen Form d* i Grenzbedingungen die Pro- 
portionalitat der reflektierten und gebrochenen iint der ein- 
fallenden Strahlungsintensität, die bereits oben benatzt ist. 

In allen diesen Fällen ist die Gleichung (201) gültig 
nnd sagt aus, daß für die Komponenten parallel oder 
normal zur Einfallsebene die in beliebiger Richtung 
emittierte Energie, dividiert durch das Absorptions- 
vermögen für dieselben ScIi wiiigungen gleich der 
Strahlungsintensität einer dieser beiden, unter sich 
gleichen Komponenten der schwarzen Hohlraum- 
Strahlung ist, also allein von der Temperatur und 
der Farbe abhängt. 

In anderen Fällen muß man, mn v und mit it in 
Beziehung zu setzen, die Schwingungsarten anders definieren. 
Bs genügt hier, aU Beispiel eine Platte eines aktiven 
isotropen Körpers nnd eine normal einfallende Strahlung 
heranzuziehen. In der Platte pflanzen sidi zwei zirkuläre 
Schwingungen von entgegengesetzten Botationsrichtungen 
fort, \vas bekanntlich bewirkt, daß eine lineare Schwingung 
beim Durchgang gedreht wird. Hier würde die oben er- 
örterte Betrachtungsweise, welche zwei zueinander normale 
lineare Komponenten benutzte, nicht angängig sein; da man 
aber jede transversale Schwingung in zwei entg^engesetzt 
rotierende zirkuläre zerlegen kann, so darf man solche 
Komponenten auch außerhalb der Platte der Betrachtung 
unterwerfen; ihre Intensität ist bei der schwarzen Hohl- 
raumstrahliing der von lineärrn Komponenten gleich. 

Wir wollen den Fall der normalen Strahlung einer 
ebenen aktiven Platte noch etwas weiter verfolgen, um zu 
zeigen, daß man bei schlichter Verallgemeinerung der Formel 



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368 nL Kapitel. Thennodynamik der W&nnestralilimg. 

(201) zu falschen Resnltnten kommen kann. Eine einfallende 
links oder rechts rotierende Welle liefert eine ebensolche 
durch die Piatte tretende, aber eine reflektierte von ent- 
gegengesetztem Rotationssinn. Wir können dabei setzen, 
indem wir die Sehwächungskoeffizienten der Reflexion und 
des Durchganges mit r und d bezeichnen, zugleich auch den 
Rotationssiim durch die Indizes q imd Ö andeuten, 

und an Stelle der Gleichung = % + + treten hier bei 
Berücksichtigung von t,g = j<3 = i^ die beiden 

« ( 1 — n — , t,^ « 1^ ( 1 — — rf^) . 

Nun sind im allgememen bei absorbierenden aktiven 

Körpern die Schwächungskoeffizienten n und einander 
nicht gleich, und hier stellfn somit die Faktoren von i, nicht 
die Absorptionsvermögen für die rechts und links rotierenden 
Wellen dar, die Gleichung (201) ist also in dem be- 
trachteten Falle für die einzelne zirkuläre Kom- 
ponente nicht gültig. Dageg(;ii erhält sie auch für den 
betrachteten aktiven Körper Gültigkeit, wenn man die 
ganze Sti-ahlung einer bestimmten Farbe, also die Summe 
hQ-\-h6 in Betracht zieht, und Analoges wird in allen ähn- 
lichen Fällen gelten. — 

Von der auf diese < le^^imtstrahiung für eine Richtung 
und Wellenlänge bezii<^(!nen Formel (201) kann man leicht 
zu den Gesamtemissionen übergehen; man hat nur nach § 122 
zu bilden 

cosß do) = litt cos ß dü) 

und in besug auf die EegeloffhuDg da> über die Halbkugel 
«1 summieren. Dabei ist nach (190) it konstant gleich 
ejTt, unter e das Emissionsvermdgen des sohwarsen Körpers 
verstanden; ji^cosßdca^E stellt das Emissionsvermögen 
der betrachteten FIfiohe oder Platte dar, (l/jr) facosß dm—A 
wird alö ihr Absorptionsvermögen bezeichnet So resultiert 
dann die geläufige Form des Kit ekh off sehen Satzes 

(202) E'^eÄ, 

welche das Verhältnis des Emissious- und Absorp- 



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§ 125. Der Ki rehhoff sehe Satz. 369 

tionsvermogens gleich dem allein von der Tempe- 
ratur und der Farbe abhängenden Emissionsver- 
mögen des absolut schwarzen Körpers bestimmt. 
Eine Spezialisierung dieser Formel für einzelne Öchwiogungs- 
zustände ist ersichtlich nicht möiTlich. 

Es ist klar, daü auch bei beliebig gestalteten homogenen 
und inhomogenen, isotropen und kristallinischen Körpern 
die Anwendung des im Eingang dieses Paragraphen auf- 
gestellten Prinzips auf die Strahlung von und zu der ge- 
samten Oberfläche ein mit (202) konformes Resultat ab- 
zuleiten gestattet. In der Tat ist ja auch hier die ganze 
ausgestrahlte Energie zusammengesetzt aus der eigentlichen 
Emission und dem von der Einstrahlung (nach Abzug des 
absorbierten Teiles) durch Reflexion und Brechung wieder 
austretenden Anteil^ der nach der lioearen Form der elektro« 
magnetischen Formeln der eingestrahlten Energie propor- 
tional sein mofi. Und da die Ansstarahlung durch die filin- 
strahlung kompensiert werden maß, so gelangt man m einer 
Beziehung von der Form (202) zurücS:. Aber weder das 
Emissions*, noch das Absorptionsvermögen sind in diesem 
Falle der Substanz individuell, und ans der allseitigen 
eine Folgerui^ für eine irgendwie begrenzte Strahlung zu 
ziehen, ist kaum möglich« 

Die Anwendungen und experimentellen Bestätigungen 
der Sätze (201) und (202) liegen hauptsächlich auf optischem 
Gebiete und können daher hier niclit ausführlicher erörtert 
werden. Überdies ist bei den meisten Anwendungen bisher 
nicht sicher zu stellen^ ob dabei wirklich die Voraussetzungen 
der Theorie vollständig erfüllt sind. 

Der oben mitgeteilte Beweis der Sätze benutzt (wie 
alle anderen, nur in Nebendingen abweichenden) jedenfalls 
die zwei Voraussetzungen, daß es sich nur lun reine Teni- 
peraturstrahlung imd nur um Körper von gleicher Tempe- 
ratur handelt. 

Die zweite erscheint unwesentlich, da nach der lineären 
Form der Differentialgleichungen der Elektrodynamik die 
Vorgänge der Reflexion, Brechung und Absorption von der 
Intensität der Strahlung, die nach S. 3r)8 niit deren Tem- 
peratur direkt zusanimenliängt, unabhängig verlaufen. 

Ganz wesentlich ibL aber die erste Voraussetzung, und 
es hat sich z. B. in dem hochwichtigen Fall der Strahlung 

Voigt, Thermodynamik. IL 24 



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370 III. Kapitel. Thermodynamik der Wärmesiarahlung. 

T<m glühenden ^etalldSnipfen nachweisen lassen^), daß der 
Vorgang kein rein thenmseher ist Wenn dabei nun in 
anffdlender Weise (aa<^ wenn der Metalldampf sich in 
emem Magnetfeld befindet und dadurch aktiv wird) das 
Kirohhoff sehe Geaeta der Proportionalität von Emiasions- 
und Absorptionsvermögen bestätigt wird, so weist dies dar- 
auf hin, daß es möglich sein muß, eiiicn ihm analogen Sata 
auf noch allgemeinerer Grundlage abzuleiten, sei es nun» 
daß es genügt, wenn ein Teil der Strahlung Temperatur- 
strahlung ist^ Bei es« daß dem Satz noch irgend welche andere 
Strahlungsarten fdgen. Hier li^en noch Probleme für die 
Zukunft vor. 



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die ihm arses Kopfserbrechen gemacht haben. Kinderleicht wird Indessen die 
Arbeit, wenn man den Weisungen des Verfassers folgt Derselbe begnügt sich 
übrigens nicht mit der Schilderung der Spiele und der Enthüllung ihrer Geheim- 
nisse, sondern erteilt sugleieh sehr anziehende tculturgescliiditHclie Anfschlflsse. 

DcrNanic des Verfassers bürgt für einen gediegenen Inhalt, und somit 
^ijj-fiet^di^^AjAi&j^mj^^ Mathematiker von Fach, sondern jedem, 

der ^^TrSmiB^piTT '"^^ Wisseosciiaft intfifeisler^ Ja überiiaupt 
jed^^M^^SK^^^Jp'^W^ mandie genuBrelciie Stunde schaffen. 



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