ROMAIN
ROLLAND
Otto Grautoff
Digitized by Google
r. ^. 6oetzl
OHIO STATE
UNIVERSITY
LIBRARIES
Digitized by Google
d by Google
Digitized by Google
omain Roll an
von
Otto Grautoff
t
19 14
Literarische Anstalt
Rütten 'S) Loening
Prankfurt a. M.
Alle Rcdite> ifisbaondcrc das der Qbenetzung, voc])cha(tefL
Copyright 1914 by Dr. Grautoff,
Paris, IV, Quai Boofbon, 11.
DnnlL von Oscar BraadMrttcr in Leipzig
Inhalt
Sein Werk 7
Sein Leben 15
Rolland und Deutsdiland 3Z
Bibliographie 57
1^ lyiii^c j
uy Google
I. Sein Werk
Ist unser Leben ein Einzelnes Schicksal? Ist es ein ein»
ziges Sein? Ein einziges Ereignis?
ocnauen wir von einer Höhe unseres Weges rückwärts, so
sehen wir es anders. Wir sehen in unserem einen Leben eine
Überfülle sich kreuzender Schicksale, tausendfältiges Sein»
' eine schwingende Spirale von Ereignissen. Die ewige Wan-
delbarkeit der umgebenden Welt gebiert unser Leben täg-
lich neu, wandelt uns täglich. Der ruhende Punkt in der
Erscheinungen Flucht ist der Mikrokosmus unserer Seele.
Die umgebende Welt prägt ihr ihre Lichter und Schatten
auf, gibt ihr die Färbung : glühende <>der bleiche, fanf arenhaft
helle oder nachtschwarzc. Die Aufnahmefähigkeit für die-
ses Außen ist der Gradmesser ihrer Kraft. Oder : je heißer
ihr tiefster Kern glüht, um so mehr saugen ihre nach außen
brechenden Strahlen das Meer der umfließenden Welt in
sich hinein. — Eine ewig im gleichen, ewig in sich behar-
rende Seele ist ohne Schwung, ohne Erhebung, ist stumpf
und dem Tode nahe.
Wenn wir schauend das Sein erfassen und es dichtend ge-
stalten wollen, müssen wir — um eine von einem inneren
Zentrum aus bestimmte Form schaffen zu können, eine in
sich beschlossene Form — in den Kern einer Lebensperi-
pherie untertauchen und von ihr aus dies Leben intuitiv er-
fassen, wie auch von diesem Zentrum aus die fliehende
Peripherie der Außenwelt schauen und bilden. Nur so ist
es möglich, einen Charakter, ein Leben rundplastisch zu
sehen, ein Dichter des Lebens zu sein.
Aber nicht alle sind es. Viele schauen die Peripherie von
außen und versuchen sie schildernd zu gestalten, oder
7
Digitized by Google
sie machen wohl auch einen Querschnitt durch die Lebens-
kreise und versuchen, so bis zum Kernpunkt zu dringen. Es
sind diejenigen» die Bich ein Thema wählen : die sich in di»
Geschichte einer Liebe, eines Ruhmes, eines Unterganges
— kurz, in einen Vorlall verlieben und den mit seinem Vor-
und Nachgeschehen gestalten.
Sie sind keine Lebensdichter, sondern Themendichter.
Der Lebensdichter schafft eine Rundplastik, der Themen-
dichter ein Relief. Der Lebensdichter schafft durch Multi-
plizieren, der Themendichter durch Abstrahieren.
Der Themendichter abstrahiert von einem Menschen alle
Eigenschaften um einer einzigen Eigenschaft — manchmal
um emer einzigen Geste willen ^ ; diese Eine steigert er
dann zur Größe «eines ganzen Seelenumfangs ; er beleuchtet
sie mit dem Scheinwerfer seiner einseitigen Anschauung und
läßt alle anderen im Dunkel. Stimmt das so geschaf-
fene Relief mit der Ansicht überein, die .auch .wir zuf&llig
von einem ähnlichen Menschen empfingt ftäherten wir uns
ihm gleichsam von derselben Seite, so kann uns die Dar-
Stellung überzeugend und lebenswahr, ja „symbolisch" für
eme ganze Menschengattung erscheinen. Von einem naiven
Blick geschaut, durch primitives Können gestaltet, entsteht
auf diese Arbeitswdse der „Bösevacht" und der „Tugend-
held'*. Hierbei ist das Relief grob zugehauen, und wir nen-
nen seine Naivität unpsychologisch und werfen das Werk
zur schlechtisn Literatur. Aber auch wo es sich um eine dif-
ferenziertere Anschauung handelt, wo das Relief feiner
nuanciert ausgeführt ist, wo ein Psychologe sich sein Thema
wählte, bleibt die Darstellung doch Relief, und die Ein-
seitigkeit wird nicht gemildert, wenn der Bösewicht jetzt
als Spezialist auftritt: Verführer oder Zweifler oder Ge-
8
Oigitized
nießer heißt Der Tugendheid dafür : dar Uasdiuldige, der
Asth^ oder d«r Biodermaim.
InniMr 'tMt den Mensdien des Thenendichters die Drei*
dimensionaiität.
Die gibt der Lebensdichter.
Er schafft kein Symbol» setzt also kein Zeichen für
eiiieii Menschen» sondern er gibt die Offenbarung der inner-'
lieh geschauten Vision eines lebendigen* Mensdien oder
einer Menschengattung — bildet diese nach. Diese Vision
wird ihm nicht durch das Auswählen einer Eigenschaft»
die ihm die charakteristische für die Gattung» Klasse oder
Spezies sdieint» sondlm dadurch» daß er in das Zentrum
vieler Lebenskreise, in die Seele vieler Menschen unter*
taucht und das für ihre Klasse Charakteristische mitein-
ander multipliziert, es zu seiner Vision eines Menschen
verschmilzt. So stellt er Menschen hin» die von allen
Seiten siditbar sind, die eine innere selbständige Lebendig-
keit zu besitzen Schemen, die unser Leben bereichem, weil
wir die Oberzeugung gewinnen, sie in jede Stunde unseres
Daseins behandelnd, deutlich eingreifend hinstellen zu
können. Und gleichzeitig mit diesem Menschen gestaltet sich
die sdiwingende Peripherie seines Lebens» seine Welt» wie
sie sich vom Zentrum aus offenbart.
Zu allen Zeiten haben die Auserwählten versucht, uns auf
diese Weise m Bild ihrer Zeit» ihrer Generation, zu
schenken.
Und auch heute liegt wieder ein Werk vor uns, das sich
diese Aufgabe gestellt hat und sie löste : der Johann Chri-
stof des Franzosen Romain Rolland. t
Romain Rolland zeigt uns das Leben seiner Generation» ge-
sehen von dem Zentrum seines Helden» des Musikers, Men-
sehen, Kämpfers Johann Christof Krafft. Dieses Leben
dehnt sich bestän<lig ins Außen, in seine Welt: die Welt
zieht sich beständig von allen Seiten auf ihn zurück. Diese
Welt umfaßt das Gegenwartsleben Deutschlands und Frank-
reichs, Italiens und der Schweiz. Er gewährt uns Tief-
biicke in die Menschen jener Länder, in ihre Hoffnungen
und Verzweiflungen, in ihre künstlerischen und politischen
Bestrebungen, in ihre Arbeit und ihren Genuß, zeigt sie
uns in ihren Feierstunden und in ihren Genteinheiten. Er
führt uns im Reich der Seelen „vom Himmel durch die
.Welt zur Hölle" und wieder zurück; er führt uns gleich
Dante durch alle Kreise menschlicher Leidenschaften.
Näher als der Vergleich mit diesen großen Ausländem
liefet der mit seinen Landsmännern und Jahrhundertgenos- »
sen, Balzac und Zola. Sie beide haben die Komödie ihrer
Zeit geschaffen, wenn auch beide in anderem Sinn, in an-
derer Weise. Bei keinem von beiden ist die Einheit eine
so strenge; bei keinem gruppiert sich das Zeitbild um das
Zentrum eines Einzellebens, bei keinem ist die Vision eine
80 persönliche und verdichtet sich zu einer Weltanschau-
ung, nicht nur im künstlerischen, sondern im philosophi-
schen und religiösen Sinne.
Bei Balzac besteht die Einheit darin, daß die Gestalt,
welche in einem Bande im Zentrum steht, im anderen wie-
derkehrt, jetzt aber an der Peripherie. Faßt man jedoch
alle seine Werke zusammen, so steht die französische Ge-
sellschaft von 1820 — 1830 lebendig vor dem inneren Auge.
Sie ist so objektiv wie möglich geschaut und geschildert.
Menschen und Tatsachen sprechen aus sich heraus.
Bei Zola ist jedes Buch vollständig in sich abgeschlossen.
Sein Zeitbild ist weniger objektiv gesehen, d.h. er objek-
10 '
tiviert sich nicht in einer Zentrumsgestalt, sondern er bildet
gleichsam seine Welt aus dem Kernpunkt einer sehr sub-
jektiven, ihm am Herzen liegenden Tendenz heraus, einem
Dogma. Sein seelisches Temperament und seine sinnliche
Anschauungsweise verhindern, daß dieses Weltbild ein
trocken tendenziöses wird ; es hat Balzac gegenüber an Lei-
denschaft sogar gewonnen.
Romain Rolland nun schenkt uns in seinem monumentalen
Werk Johanti Christof die Vision einer Welt, gesehen
durch das Spektrum einer einzigen menschlichen Seele,
nämlich seines Helden Christof. Dadurch wird dies Welt-
bild bedingt durch den Charakter Christofs, durch dessen
innere Wahrhaftigkeit, die alle Schwächen und alle Bru-
talitäten seiner Zeit in ihrer ganzen Nacktheit sehen will,
durch die unerbittlich hohen Anforderungen an sittliche
Gesundheit und künstlerische Reinheit, dann aber auch
durch eine überströmende Lebensliebe, die selbst das Häß-
liche bejaht und noch den Schmerz als Lebenssteigerung
empfindet. Diese persönliche Bedingtheit macht das Werk
ZU einem glühenden und mitreißenden, besonders da Jo-
hann Christofs Persönlichkeit als eine menschlich so große
gebaut ist, daß sein Weltbild das denkbar weitgespann-
teste wird.
Durch dieses Universum zieht sich nun das Leben Chri-
stofs gleich dem glänzenden Band eines Stromes hindurch.
Harmlos und schmal wie ein Bach auf kühler ärmlicher
Höhe, fängt es mit den ersten Tagen des Neugeborenen an,
strömt dann breiter und breiter werdend durch die Wirr-
nisse der Jünglings jähre, schaut Städte und Seelenlandschaf-
ten, nimmt die Quellen anderer Leben in sich auf, bäumt
sich über Hindemisse fort, stürzt in jähem Fall, um dann
11
. ij i^ud by Google
wieder majestätisch weiterzulließen, befruchtet und tränkt
und schenkt sich endlich dem offenen Meer.
Lösen wir das konkrete Leben Christofs aus der Fülle der
Episoden und Nebengestalten, die sich mit ihm verschlin-
gen* es ergänzen, es beschatten oder beleuchten, so haben
wir schon in dieser ZeDtrumsacbse einen Reichtum« der drei
andere Bücher aufwiegt: •«—■wir erleben das Werden eines
Menschen in dreifacher Beziehung: zuerst als ein per-
sönliches Werden, als eine Entwicklung aus sich helbst zu
sich selbst. Ein Werden, das in der ewigen Zeitlosigkeit
der Kindheit anhebt — die gleich dem Bach in Schnee-
regionen — noch nidits von der kulturell bedingten Epoche
des eigenen Lebenslaufes weiß. Wir sehen ein musikalisch
genial begabtes Kind in einer deutschen Mittelstadt auf-
wachsen, wie es in jedem Lande und in jeder Zeit auf-
■ wachsen könnte; aber wir lernen durch den intuitiven
Psydiologeiiblick Rollands in die Dramatik und Tragik
der ersten Jahre hineinschauen; wir erleben die ersten
Begegnungen mit dem Schmerz, die eruptiven Katastro-
phen der Entwicklungsjahre, die ersten seelischen und
sinnlidien Leidenschaften, nehmen an den inneren Kämp-
fen des schaffenden Künstlers teil. Wir sehen ihn sich
mit ererbten dunklen Mächten in der eigenen Seele her-
umschlagen, sehen ihn zwischen Freiheitsdrang und Sohnes-
liebe kämpfen, sehen ihn in innere Wirrnisse verstrickt,
straucheln, fallen, sich wieder aufraffen und schließlich
sich selbst — seinen Gott finden. Johann Christof ist
— wie sein Schöpfer — von tiefem religiösen Geist er-
füllt Zuerst wird ihm das Göttliche in der Natur nahege-
bracht; dann findet er es als Streitmacht gegmi alle nieder-
ziehenden Mächte seiner Seele in sich selbst und sdüieß-
12
lieh nngt er sich xa ernenn Glauben an einen persönlichen» "
kämpfenden, leidenden Gott durch, der Christofs sittlicher
Kraft als Bejahung seines göttlichen Willens bedarf, ebenso
wie Christof in ihm den Weg zur nachsichtigen, selbst-
losen — wenn auch immer noch dem Leben glühenden —
Milde des Alters findet
Zum andern erleben wir diese Menschentwicklung als die
eines Deutschen zu seiner nationalen — oder internationa-
len — Reife : das Deutschtum Johann Christofs ist dabei
die bindende oder abstoßende Substanz, die auf alle Er-
sdieinungen dieses oder jenes Landes mit Liebe oder Em-
pörung, Verachtung oder Bewunderung reagiert. Chnslol
ist durch und durch Deutscher, mit allen Schwächen, aber
auch aller Kraft und Unberührtheit eines jungen Landes -
ausgestattet; doch er entstammt väterlicherseits einer aus
den Niederlanden eingewandierten Familie, einem ewig um-
herirrenden Geschlecht, das um seines Freiheitsdranges,
seiner Ruhelosigkeit willen überall verbannt ist — einem
Geschlecht» das als Beute seines inneren Dämons nir-
gends sich festnisten kann, „dennoch der Scholle veranker-'
tes Geschlecht, der es entrissen noch liebevoll anhängt**.
Auch Christof wird von seinem Dämon, seinem Freiheits-
drang aus dem Vaterland vertrieben ; er geht nach Frank-
reich, kostet alle Bittemisse und alle Reichtümer der
Fremde aus und verlebt dort seine schwersten Kampf-
jahre. Der Herbst des Lebens läßt ihn dann Ruhe in der
harmonischen Atmosphäre Italiens suchen; er lenkt seine
Schritte auch in die Schweiz, um fem von allen poli-
tischen Wirren großer Nationen die freien Winde des
Hochlandes zu atmen.
Drittens erleben wir dann noch die äußerlich menschliche
■
13
. ij 1^ uy Google
Entwicklung und Schicksalsbahn Christofs; schauen und
fühlen, wie er sich mit den Geschehnissen des Lebens, mit
der Welt, mit Tod und Leben auseinandersetzt.
Eine so runde, gleichsam dreidimensionale Gestaltung eines
Menschen muß überall an das Außen anstoßen, so daß sich
die Beziehungen dieser ein^ Gestalt organisch, natürlich
nach allen Seiten dem verknüpfen, was der Historiker
Rolland über seine Zeit, der Kritiker über die Zustände
seiner Zeit zu sagen hat.
Und er hat uns viel zu sagen : denn er sieht nicht nur die
Oberfläche der Dinge, sondern die Seele seines Volkes,
einer Rasse. Er sieht die alte deutsche Seele, die des Vol-
kes eines Goethe und Herder, mit dem Geist des neuen
Kaiserreichs kämpfen; er sieht den deutschen Idealismus
und die deutsche Sentimentalität, die deutsche Kraft und
das deutsche Parvenütum. — Er sieht die Doppelnatur
Frankreichs. Er geißelt mit scharfen Hieben die falsche
Elite, das laute, nach Glück jagende korrumpierte Paris
und er offenbart uns das andere, das stille, arb«tsame in-
telligente und bescheidene Volk, das sich selber und seinen
Überzeugungen lebt. Er zeigt uns den engen, erstickenden,
harten und unerbittlichen Geist der Kleinstadt und er läßt
uns etwas vom brausenden, fiebernden Leben der kosmo-
politischen Weltstadt spüren. Er eröffnet uns die sittlichen
Schatzkammern der französischen Provinz und er weist uns
das Erdreich, aus dem das deutsche Gemüt, verborgensten
und aller Wunder doch voll erblüht.
Wenn wir Christofs Leben mijt ihm zu Ende gelebt haben,
so meinen wir alles etn^ Menschen Möglidie an Liebe,
an Freundschaft, an Haß und Verfolgung, an Glück und
Leid erfahren zu haben. Rolland erschöpft das Motiv
14
der Liel>e in unzähligen Variationen, in allen Tonarten;
einmal in rauschenden Akkorden, mit der Begleitung fie-
bernder Läufe, ein anderes Mal in einer zarten, pastoralen
Melodie. Er verleugnet in der Behandlung dieser einzelnen
Motive, in der Art, wie sie ins Ganze verschlungen» bis zum
Ende durchgelohrt sind, nidit den musikalisch schöpfe-
rischen Künstler, der in seinem Dichtertum beschlossen ist.
Jede dieser Episoden ist von ergreifender Spannung. Die
geschilderten Gestalten sind uns, dank ihrer plastischen
Durchbildung, so vertraut, daß wir ihrer Handlungsweise
oft schon im voraus sicher sind : und doch liest man
dieselbe Szene — selbst zum dritten-, viertenmal —
immer mit derselben Atemlosigkeit. Es handelt sich um
die rein künstlerische Spannung und Erregung, die uns ein-
zig durch das mitreißende Tempo, durch den Pulsschlag
des Dichters, die gesteigerte Kraft, Fülle und Schönheit
des Ausdrucks in ihren Bann zieht.
Hier greifen wir schon auf das Problem des Stils in Rö-
mern RoUands^ Werk Aber. Rolland hat sich stilistisch
in bewußten Gegensatz zu demi modernen Frankreich, zu
den Tendenzen französischer Literatur überhaupt, gesetzt.
Diese hat, durch große Fähigkeiten verführt, von je her den
Kultus der Sprache, des Wortes höher getrieben als jede
andere. Oft hat diese abgöttisdie Liebe zum Wort doiStil
überwuchert; man hat dem Wort an und für sich eine fast
magische Gewalt zugesprochen. So dankt Victor Hugo den
größten Teil seines Ruhmes seiner Sprachgewalt. Immer-
hin glüht unter seiner Rhetorik starkes Leben, bewegte
Kraft. Oft aber ist das Leben m dem allzu kostbaren Kleid
erstickt worden, und die Wortmusik drückt kein innerlich
Geschautes oder Empfundenes mehr aus.
15
Digitized by Google
Rolland wollte in seinem Johann Christof den Stil zu neuer
Bescheidenheit erziehen : er wollte nicht, daß er um seiner
selbst willen glänze, sondern die durchsichtige Hülle für
den Gedanken, das Bild sei. So schmiegt sich dieser Stil
denn auch dem jeweiligen Inhalt an und wechselt mit
ihm. Handelt es sieh um einfaches Erzlhlen oder um
Gedankenvermittlung, so ist der Stil nur klar, logisch,
schlicht, knapp. Steigt die Leidenschaft und jagt den Puls
. schneller, so wird auch der Stil leidenschaftlicher, die
Worte voller» der Rhythmus bewegter, die Musik reidierl
So am Schluß des ersten Bandes als der heroische Atem
einer Beethovenschen Symphonie in die Seele des verzwei-
felten, empörten und unterdrückten Kindes einflutet und sie
zum erstenmal zum Bewußtsein der eigenen Kraft empor-
reißt; so am Sterbelager des Vaters, als der fOnfz^jäh-
rige Knabe das Leben zum erstenmal als unerbittlichen
Kafnpf gegen die inneren zerstörenden, niederziehenden
Mächte erkennt; so in der Schilderung des Schaffensrau-
sches des Jünglings, — so auf jedem Gipfel innerer Be-
wegtheit. Oft geschi^t es, daß dann die Sätze sich zu
freien Rhythmen fügen und die Worte im vollen Klang der
Alliteration dahinrauschen.
Überschauen wir dann das ganze Weric, so sehen wir, wie
sich solche bewegten Wellenkfimme anderen einen, wie sich
ihr Rhythmus über die Stille des Meeresgrundes fortpflanzt
und schließlich ein Gesamtrhythmus des Werkes fühlbar
wird — gleich einer einzigen riesigen Weile, die sich bildet,
emporstdgt und wieder vei:ebbt.
Fast in jedem Band findet man eine Art von musikali-
schem Präludium, das die Stimmung des Folgenden vorbe-
reitet, verschwimmende Harmonien, aus denen die Sym-
16
bigiiized by Google
plionie geboren wird. So im ersten Band: ..Die Flut der
Tage rollt träge dahin..." Der Abschnitt: „Im Haus" be-
ginnt mit dem innigen : „Ich habe einen Freund ..." — „Der
brennende Busch" : .»Rübe im Herzen. Windstille. Reglose
Luft. .."
Ferner finden wir ein Nachspiel, in dem — emmal in kräf-
tigen» dann wieder in sanften Akkorden — die Harmonien
verklingen. Dazwischen ein beständiges Crescendo und De-
crescendo des ganzen Orchesters. Lyrische Melodien —
sanftes Ausruhen — Kampf — Sturm; niederstOrzende
Fluten — Schweigen.
Was a azwischen liegt, ist thematische Arbeit. Verknüpfung
der Motive. Seelenanalyse. Außere Geschehnisse des Le-
bens, da selbst, wo es stillezustehen oder zurückzugdien
scheint, stets den vorgezeichneten Weg entlang geführt wird.
Konstruktiv ist vor allem die Notwendigkeit, mit der sich
die einzelnen Teile und Motive des Ganzen ineinander-
fügen« hervorzuheben. Keine der Episoden» durch die Ghri«
stof hindurchsohreitet, ist entbehrlich, weil sie alle dem
Hauptplan des Werkes dienen : das Leben einer Genera-
tion zu gestalten. Es sind auch keine Erweiterungen mög-
lich, weil von Christof aus das Weltbild ein rundes und
vollstäntUges ist, d.h. wir erleben die Welt, die in Chri-
stofs Lebensperipherie liegt, ganz und vollstfindig. Ein Dar-
überhinaus würde die künstlerische Form sprengen, da sie
erst durch dieses Zentrum ihre Geschlossenheit erhält —
die Geschlossenheit, die das Kunstwerk als ein Selbstän-
diges dem Leben gegenfiberstellt.
Die unendliche Fülle von Geschehnissen, Gesellschalts-
schichten und Anschauungen, durch die wir geführt werden,
wird durch die Weisheit des Aufbaus übersichtlich. Fast
2 Or^utoff, Romaiii K^Uand
17
ledem Kreis, {eder Frage, jeder Nebengestalt ist ein Ab-
sdinitt, ein Kapitel für sich gewidmet; dann tritt das Ge-
schilderte wieder in den Hintergrund — sowie ja auch
die Einzelseele ein Interesse in sich aufnimmt, großzieht,
wieder fallen laßt und nur das ihrem tiefsten Wesen Ver^
schmolzene in das Zukflnftige mit liinfibemimmt.
Legen wir dies schöne und wohltuende Werk aus der Hand,
so sind wir in der Stimmung, die Schiller als „hohe Gleich-
mütigkeit und Freiheit des Geistes mit Kraft und Rüstigkeit
verbunden" diarakterisiert und die er als diejenige bezadi-
net. in welcher uns ein echtes Kunstwerk entlassen soll, und
die „der sicherste Probierstein seiner ästhetischen Güte ist".
18
Digitized by Google
II. Sein Leben
Wenn man von Romain Rolland spricht, muß man auch
von ikm als Menscb reden ; denn das Fundament sei-
ner Kunst ist ein umfassendes, von irdischer Leidenschaft
durchglüKtes Menschentum. Das hebt ihn aus der großen
Zahl literarischer Arbeiter empor auf eine Höhe» von der
sein Werk in viele Zeiten hinemleuditen und wirken wird.
Nur aus seinem Menschentum heraus können wir sein Schaf-
fen verstehen lernen. Nur wenn wir die Weite, die Tiefe, die
Größe und die Aufrichtigkeit seines Herzens erkannt haben,
können wir die Bedeutung abmessen, die sein Werk für
unsere Zeit haben kann und wird. Die Weite dieses Her-
zens zeigt sich in seiner Milde, seine Tiefe in dem vorurteils-
losen Eindringen in jede fremde Seele, seine Größe in der
Liebe zur Kraft, seine Aufrichtigkeit in dem gerechten Ver-
teilen von Licht und Schatten. Romain Roiland ist ein Cha-
rakter, dessen Leitmotiv die Liebe ist — nicht eine blinde
Menschenliebe, nicht eine christlich verzeihende Pharisäer-
liebe, sondern eine starke Liebe, die allem Großen und
Wahrhaftigen — aei es auf deutscher oder französischer
Seite — zuströmt
Hundertfältig hallt in seinen Werken das Evangelium der
bewußten Kraft wider : der stillen, selbst genügsamen Kraft,
die er liebevoll feiert, wenn er von den heroischen, deutschen
Charakteren des 17. Jahrhunderts erzählt, die trotz aller
Verwflstunisen ihres Vaterlandes, welche auch ihr Werk
tflglidi zu vernichten drohten, unbekümmert ffir sich und
ihren Gott schufen. Dieselbe verschwiegene Kraft nennt er,
wenn er von den Tausenden in Frankreich redet, die in arm-
seligen Behausungen leben, den tapferen, wahrhaftigen
2*
19
Herzen, deren ganzes Leben in ernsten Gedanken und in
täglichem Verzicht dahingeht, die nicht leben, um glücklich
zu seiiu sondern um ihrer Oberzeugimg. ihrem Ideal zu die-
nen, einem Gott zu opfern, der ihnen nichts entgilt. Ihr Ver-
dienst und ihre Kraft meint er, wenn er an anderer Stelle
sagt: „Helden nenne ich nicht die, welche durch Gedanken
oder Macht siegten. Helden nenne idi einzig die, welche
großen Herzens waren."
Von der Kraft singt er, wenn ihn der wilde Sturm der Re-
volutionen zum Schaffen fortrcint. In semem „Theätre de
la Revolution" ist Blutgeruch und Brutalität. Und er jubelt:
„Was ist das Leben ? — Eine Tragödie 1 Hurra 1"
Kraft des Tragens, kraft des Leidens feiert er in seinem
„Beethoven"; dort sagt er einmal: „Sie sollten nicht
allzuviel klagen, die da unglücklich sind. Die Besten der
ganzen Menschheit stehen auf ihrer Seite. Wir wollen uns
an ihrer Tapferkeit nähren und sind wir zu schwach, so
wollen wir unser Haupt einen Augenblick auf ihren Knieen
ruhen lassen. Sie werden uns trösten. Aus ihren geheiligten
Seelen rauscht ein Sturzfall von heiterer Kraft, von macht-
voller Güte. Selbst ohne ihr Werk zu befragen, ohne ihren
Stimmen zu lauschen, lesen wir in ihren Augen, aus der Ge-
schichte ihres Lebens, daß niemals das Leben größer,
fruchtbarer ist — noch glücklicher als im Schmerz."
Und durch sein großes universales Werk Johann Christof "
zieht sich wie ein Hauptmotiv durch viel verschlungene Me-
lodien : jubelnde Lebenskraft, alles besiegende niederzwin-
gende Freude am Leben, die immer wieder aufjauchzt, und
die selbst im Tode den anbrechenden Tag grüßt.
Alle diese Worte, die ich anführe, um den Menschen sel-
ber sprechen zu lassen, dem ich Menschen werben möchte,
20
Digitized by
— alle diese Worte klingen nicht im pedantischen Ton
eines Moralisten an unser Ohr : sie quellen aus der Fülle
eines großen Herzens, eines großen Schöpfers ; ihr starker
Atemzug berauscht uns, trägt uns empor, und unwillkürlich
fragen wir: wer ist der, welcher so reine starke Bergluft
mit sieh weht?
Vielleicht ist es vielen fast erstaunlich» daß diese Stimme
ans dem Lande tönt, dem wir so oft neurasthenische Deka-
denz vorwerfen, das wir gewöhnt sind als die Brutstätte
später, verderbender Begierden anzusehen. Wie der junge
Johann Christof glauben wir nicht, daß Gesundheit, Kraft,
seelisches Gleichgewicht, klare helle Schönheit auch auf
der anderen Seite des Rheines zu Hause sein können und
immer lauter fragen wir: wer ist dieser fremde Dichter?
Noch vor zwei, drei Jahren konnte man auch im mondänen
Paris diese Frage vergeblich stellen. Romain Rolland war
in keinem Salon bekannt Niemand wußte von ihm. Man
mußte, um ihn zu finden, das ganze Quartier Latin ab-
suchen, bis man endlich an ein schlichtes einfaches Miets-
haus gelangte ; drei steile, dunkle, schmale Stiegen mußte
man hinaufsteigen. An einer einfachen Tür zog man eine
altertümlidie Schelle. Ein schlanker, hochgewachsener
Mann, dessen Züge im Dunkel verschwammen, öffnete —
er selbst — und führte den Gast durch einen eogbrüstigej;)
Korridor, der mit Büchern vollgestopft war, in ein schma-
les Zimmer. Bücherregale an den Wänden ; in der Mitte ein
mit Papieren bedeckter Arbeitstisch, zwei Stühle davor. An
den nden als einziger Schmuck die Bildnisse von Beet-
hoven, von Strauß. Durchs Fenster grüßten die Bäume eines
alten Klostergartens .. .
Diese bescheidene Umgebung, die Romain Rolland sich
21
schul, ist Absicht, ist bewußte Verneinung allen Komforts.
Es ist sein Wille, äußerlich anspruchslos zu sein, um sich
innerlich frei zu erkalten, sich ganz auf seine Innenwelt zu
konzentrieren. Die Kralt im Verzieht ist eb Teil der
Disziplin seines Strebens.
Geht heute sein Name durch die ganze Welt, so wird es
doch keinem Neugierigen gelingen, ihn selbst zu erspähen;
denn seine Lebensdisziplin will das „Geletertwerden" nickt
Er hat keine Zeit, Menschen zu empfangen ; denn er muß
arbeiten. Er geizt mit den Minuten, weil seine ganze Zeit
seinem Werk gehört. In der Einsamkeit, in seiner herme-
tischen Abgeschlossenheit gegen die äußere Welt ist sein
Lebenswerk gereift, nickt im Nadigeben, im Mitlaufen, im
Eifern, im ,,sich in Positur setzen", wodurch die Viel-
zuvielen in Paris zur Höhe einer — wenigstens äußerlichen
— Berühmdieit gelangen. Er ist ein ganz Stiller. Er ist
nickt mit und nickt gegen den Strom gesckwommen — er
bat die kleinliche, eifersüchtige und gefallgierige Welt der
Mitmenschen einfach übersehen, hat getan was das Bewußt-
sein seiner Schöpferkraft ihm befahl, hat schweigend gebil-
det, was sich jetzt die Welt erobert
Falsch aber würde es sein, wollte man aus diesem Sichab-
schließen folgern, daß Rolland ein kaltherziger Egoist sei.
Sein in sich hineingezogener blauer Blick läßt das Gegen-
teil ahnen. Sein in allen Weiten sich erfrischendes Gemüt,
vor allem sein Idealismus, der in alle ernsten Kulturfragen
keifend eingreift bewmst, daß es anders ist. Wird man in
einigen Jahren einmal das tätige Leben dieses Mannes er-
zählen, so wird sich die ganze Schönheit, die Ungebrochen-
heit, die kompromißlose Gradheit die er in allen Krisen
seines reichen und bewegten Lebens zeigte, offenbaren. Nur
22
gegen die zudringliche Menge ist er abielinend. Im Kreise
Gleichgeaiimtar öffnet sich die Weite imner Seele und läßt
die Wdmie föhleE, mit der er alles Lebendige umschließt.
Auch von ihm kdmite man sagen, wie er es einmal von Jo-
hann Christof in Worte faßt: „Eine große Seele ist nie-
mals einsam. Sei sie noch so arm an Freunden ; schließlich
schafft sie sich welche; sie strahlt rings umher die sie er-
fällende Liebe aus."
Dazu kommt, daß er aus dem Teil Frankreichs stammt, in
dem die gemüthafte Wärme von alters her zu Hause war,
und der gerade dadurch, wie Rolland selbst einmal sagte,
in vielen Beziehungen an Deutschland erinnert Clamecy ist
seine Heimatstadt Uns ist die Gegend schon durch Claude
Tilliers liebes Buch : „Mein Onkel Benjamin" vertraut,
dessen Geschichte sich hier abspielt. Das kleine Landstädt-
chen liegt in romantisch bewachsene Hügel gebettet : es wird
von dem stillen Beuvron durchflössen, fiber den «ch alter-
tümliche Brücken spannen — schmale Holzbrücken, die
beim Betreten schüchtern schwanken, oder grau verwitterte
Steinbögen. Auch das Leben fließt dort leise. Die alten
Hluser schauen schläfrig drein mid lassen sich gern von
der ausihrucksvollen Mystik der schönen gotischen IGrche
St. Martin beherrschen.
In dieser Gegend haben wir uns auch die Heimat „Antoi-
nettes'* zu denken, der zarten kleinen Französin, welche die
ganze Kraft der französischen Provinzen in sich birgt
Hier wurde Romain Rolland am 29. Januar 1866 ala Sohn
eines Notars geboren. Wie eines jener Wunder der Men-
schenentwicklung muß es uns aiunuten. daß aus einer klei-
nen französischen Provinzstadt, in der das Leben seit Jahr-
hunderten schlummert» aus einflr Familie» die, wie HbI alle
23
. ij 1^ uy Google
französischen Provinzler, nationalistisch befangen war und
deren InteresBenkreise die durchschnittlichen nicht durch-
bradi« aus der Erziehung in einem Gynmasium, das zu Jener
Zeit keine fremde, moderne Sprache lehrte, und in welchem
Ende des vorigen Jahrhunderts das berüchtigte französische
Mißtrauen gegen alles Ausländische geradezu gezüchtet
wurde, der Umversalist Romain Rolland hervorging, der
Kfinstler, der in allen europäischen Landern heimisch ist
und die Seelen aller zu durchleuchten vermag.
Sein jugendlicher Wunsch ging zunächst dahin, sich der
Musik zu widmen, während sein Vater für ihn die tech-
nische Hochschule ausersehen hatte. Es wurde ein Mittel-
weg gefunden, in dem Rolland sich 1886 in die ^le nor-
male superieure in Paris einschreiben ließ, wo er sich bald
mit Le Dantec, Foucher, und vor allem Suares befreundete.
Während seiner drei Studienjahre gewannen Renan^ Stend-
hal, Wagner und Tolstoi großen Einfluß auf ihn. Sobald er
sein Examen bestanden hatte, erhielt er einen Platz an der
Ecole fran<;alse in Rom.
Wie vor 230 Jahren Nicolas Poussin erst in der geweihten
Atmosphäre Roms Richtung, Ziel und seine ihm eigene in*
nere Welt ^and, wie vor 150 Jahren Rom für Goethe ein
großes und ausschlaggebendes Erlebnis wurde, so fand auch
RoUands Denken und Wollen erst hier die endgültige Prä-
gung. Die lichte Harmonie der italienischen Natur, die
r^ne Formensprache der Antike, die leidenschaftliche
Größe der Renaissance formten die empfängliche Seele des
Jünglings ; auch in ihn strömte etwas von jener Ruhe, jener
Reinheit, jener Harmonie über, die der italienischen Natur
und Kunst eigen ist; angeborene Fähigkeiten wurden er-
weekt« erwmtert und viertieft, und das so neu geschaffene
24
Fühlen und Anschauen verband sich organisch mit dem an-
gestammten ^ranzi^schen Rattonalitmus. Die Vereimgung
dieser Elemente machen Rolland zu dem Künstler, den wir
in jeder Zeile seiner Werke besonders im „Johann Christof"
lieben, zu dem, der jede Leidenschaft groß mitempfindet,
der die Harmonie und Notwendigkeit alles Lebendigen
liihlt und gestaltet, der voller Ruhe Aber den Gesdiehnissen
steht.
Für uns Deutsche ist es noch von besonderem Interesse, daß
Rolland in seinen römischen Jahren zu Malwida von Mey-
senbug in freundschaftliche Beziehungen trat und sich in
ihrer, von emster Heiterkeit durdileuditeten, großen Per-
sönlichkeit an den letzten späten Strahlen des reinen alten
deutschen Idealismus sonnen durfte. In ihrem Hause, das
jahrelang der geistige Mittelpunkt einer internationalen Ge-
sellschaft war, lernte er viele bedeutende Deutsche kennen
und trat zum erstenmal deutscher Art tmd deutschem Geiste
näher. Malwida von Meysenbug schreibt in ihrem „Lebens-
abend einer Idealistin" über den jungen Rolland, der sie
an vielen Abenden durch sein Klavierspiel erfreute :
„Um so angenehmer wurde ich überrascht, in dem jungen
Franzosen, der nun nadi Rom kam. einen Musiker ersten
Ranges von tiefernstem Verständnis und geläutertem Ge-
schmack zu finden, der mir gleich in liebenswürdiger Weise
sein herrliches Talent zur Verfugung stellte. Stundenlang
hörte ich jetzt %vieder Mozart, Bach, Beethoven und Wag-
ner bei mir ertönen . . . aber nicht nur in musikalischer Hin-
sicht erwuchs mir aus der näheren Bekanntschaft mit diesem
Jüngling hohe Freude. Es gibt gewiß gerade im vorgerück-
ten Alter keine edlere Befriedigung, als in jungen Seelen
denselben Drang der Idealität, dasselbe Streben nach .den
25
Liyiiized by Google
höchsten Zielen, dieselbe Verachtung alles Gemeinen und
Trivialen* denselben Mut im Kample für die Freiheit der
Individualität zu ündeo* wie dies alles die ägene Seelevon
fridi aul erlöllt hat, und noch am Lebensabend, wo schon
so viele Illusionen zerflossen sind, so viel um uns Dage-
wesenes und uns Liebes verschwunden ist, als das tiefste,
ewige Element des Daseins in uns waltet. Wie ganz ver-
schwindet dabei auch das Vorurteil der wesentlidien Unter-
schiede der Nationalität... In diesem jungen Franzosen
fand ich dieselbe Idealität, dieselbe Hoheit des Strebenst
dasselbe innerste Verständnis für jede Äußerung geistiger
Größe, Mfie ich sie bei den auserwShlteii Seelen anderer Na-
tionen gefunden hatte." Nach dem Ende seines rönuschen
Aufenthaltes begleitete Rolland seine mütterliche Freundin
nach Bayreuth, um mit ihr zusammen zum erstenmal den
Parzival zu hören; dann schieden sie voneinander. Malwida
von Meyseobug rief ihm nach: „Es war mir fuidlbar leid
um ihn, den Hochbegabten, daß er sich nicht frei .zu höhe-
ren Sphären' heben und ganz in der Entfaltung künstleri-
scher Triebe, vom Jüngling zum Mann reifen konnte ; aber
ich wußte auch, daß er dennoch am »sausenden Webstuhl
der Zeit' mithelfen werde, ,der GotAeit leboidiges Kleid
zu wirken'. Die Tränen, die bei Schluß der Aufführung des
Parzival in seinen Augen standen, verbürgten mir aufs neue •
diese Annahme, und so sah ich ihn scheiden mit innigem
Dank iör die poesieerffillte Zeit, die mir seine Talente be-
rntet hatten, und mit dem Segen, den das Alter der Jugend
mitgibt in das Leben, wohl wissend, welche Schmerzen und
Enttäuschungen, den Idealisten in der nüchternen Welt er-
warten, aber auch wo die Religion ist» in der seine Seele
sdne wähle Heimat hat und ewige Befriedigung findet'*
26
In jener Zeit entwarf Rolland, schon damaU «in leiden-
schaitticher Beedioven*Vci«lirer. den ersten Plan lu einer
Biographie des Meisters; last gleidizeitlg erwachte in ihm
der Gedanke, einen großen Roman zu schreiben, dessen
Heid ein deutscher Musiker sein sollte, und dessen Schau-
platz Deutschland und Frankreich werden müßte : ein erster
Plan 2U „Johann Christof".
Nach 1892 sah Rolland mehrere deutsdie Stfidte und hielt
sich vor allem längere Zeit in Mainz auf. Das Jahr darauf
verbrachte er noch einmal in offizieller Mission in Rom,
wo er seine Doktorthese ..die UrsprOnge des modernen ly-
risdien Theaters : Geschichte der Oper in Eun^a vor LuUy
und Scarlatti" schrieb. Nachdem 1895 die Arbeit von der
Sorbonne angenommen war. erteilte Rolland einige Jahre
hindurch am Gsrmnasium Moralunterricht, von dem uns Oli-
vier im ..Johann Christof*' erzählt; im Jahre 1897 wurde er
mit dem kunsthistorisdien Unterricht an der Eoole normale
superieure betraut. Einige Jahre später berief man ihn auf
den Lehrstuhl für Musikgeschichte an der Sorbonne, den er
bis 1912 inne hatte» um dann seiner «genen Arbeiten wegen
auf ihn zu verziditen*
Trotz dieses durchaus normalen akademischen EntMdck-
lungsganges bezeichnet Romain Rolland selbst sich als Au-
todidakt, der alles, was er an nennenswerten Kenntnissen
gesammelt hat. sich allein verdankt Dem ist nicht nur in
geistiger, sondern auch in menschlidier Beziehung so; denn
Rolland hat sich im Gegensatz zu der herrschenden Geistes-
richtung seiner Jugendjahre entwickelt, die Tolstoi gar nicht
kannte und Wagner auspfiff. Seiner Zeit dfinktfln alle gei-
stigen Waffen zur Verfechtung eines eogbrOttigea undkurz-
lichftigen Nationalismus gut. Aber gerade großgesimite Get-
27
Liyiiized by Google
ster wie Beethoven, Goethe, Stendhal, Tolstoi, die über
allen nationalen Hader erhaben sind, lenkten die Jugend
Roilands. Zu ihnen blickte er auf. Nickt nur zu ihren schöpf
lerischen Gaben» sondern auch zu ihrem menschlichen Cha-
rakter, zu ihrer Wahrhaftigkeit, zu ihrem j^eradcn und freien
Bekennertum. So traf ihn innerlich stark und fest« sicherund
selbstbewußt die große, moralische Krisis, die im Jahre
1894 über Frankreich hinlegte und jahrelang die ganze Na-
tion in Atem hielt. Wir Ausländer haben die Dreylus-Al-
färe längst vergessen, erinnern uns nur dunkel noch, daß es
sich um einen jiidischen Offizier handelte, der schuldig oder
unschuldig war; wir wissen nicht, daß hinter der Maske,
die diese Äff are fürs Ausland annahm, sich eine der frudit-
barsten, aufwühlendsten Krisen verbarg, die Frankreich je
erlebt hat. die auch heute noch nicht zu einem endgültigen
Abschluß gelangt ist. Diese Krisis war nicht allein politi-
scher Natur; sie war ein allgemeiner Kampf der Lüge
gegen die Wahrheit, ein Kampf der zur Politik gewordenen
Religion gegen die Freiheit als Religion, ein Kampf der
egoistischen und herrschsüchtigen Interessenpolitiker gegen
die Verfechter der nationalen Ehre und Freiheit. „Tout au
fond nous ettons lea honunes du salut etemel et nos adver-
saires etaient leg hommes du salut temporel", schreibt Char-
les Peguy in der Erkenntnis der tief moralischen Natur
dieses Kampfes, der bis ins Haus drang, bis in die letzte In-
timität Freunde riß er auseinander; er trennte alte Lieben;
er warf die Fackel des Zwistes in die Familien, und tean
verheerendes Feuer schlug schmerzende Brandwunden des
Kummers, der Entfremdung, der Entsagung. Aber ein Gu-
tes hatte diese Krisis : sie sonderte endgültig die Schwachen
von den Starken; sie einigte die Starken, die für die sitt-
28
Liyiiized by Google
liehe Gesundheit des Vaterlandes kämpften, unter demBan>
ner eines gemeinsamen Glaubens, eines großen und reinen
Willens. Es ist nickt zu leugnen, Charaktere wie Leon Ba-
zalgette, Jean Ricard Bloch, Daniel Halevy, Bemard La-
zare. Andre Spire, Charles Peguy, Emile Verhaeren und
andere hätten sich nie zu solcher festen Größe, zu solcher
hohen Idealität, zu so r^ner und leuchtender inneren Schön-
heit aufgeschwungen, wäre jener Sturm nicht über ihre
Häupter hingejagt, in dem es galt, zu wählen, sich zu be-
währen, standzuhalten. Auch Hollands Charakter hat in die-
sen schweren Jahren sich gestählt. In ihnen hat seine Liebe
zum Volk festere Wurzel geschlagen, dessen Dasein zu er-
leichtem und zu beglücken, er mit seinen Freunden träumte
und erstrebte. Er wandte damals seine ganze Kraft dem
Theater zu, nicht allein als schaffender Künstler, sondern
auch als idealistischer Organisator.
Die Öffentlichkeit lernte zum ersten Male im Jahre 1896
den Diditer Rolland kennen, als die Revue de Paris sein
Stück ,,St. Louis" veröffentlichte, dessen Shakespcarchaf-
ter Charakter in Frankreich ziemlich kühl aufgenommen
wurde. „Trotz Tolstoi und Wagner ist Shakespeare von allen
Künstlern derjenige, dem seit meiner Kindheit meine be-
sondere Liebe gehört. Und wenn der Shakespeare der hi-
storischen Dramen nicht der einzige ist, den ich liebe, so ist
er es. der den direktesten Einfluß auf mich hatte, indem er
mir die weiten Horizonte seiner neuen Kunstwelt öffnete und
mir die unvergleichlichsten Vorbilder darbot,*' so sdurieb
Rolland damals. Am 3. Mai 1898 wurde ,,Acrt". ein neues
dreiaktiges Stück, von ihm im Thcätre de l'Oeuvre aufge-
führt, und kurze Zeit darauf schrieb er im leidenschaftlichen
Schaff ensrauscb weniger Wochen das erste Stück aus einem
29
Digitized by Google
Zyklus von zehn Dramen, in der er die Revolution, die Ilias
des französischen Volkes, zu gestalten beabsichtigte. „Der
14. Juli", den er eine Volkshandliing nennt und dem Volk
von Paris widmeta» ist das erste dieser Dnunen und stellt
die Massenerliebung des Volkes gegen die Tynuuienlierr-
Schaft dar. Es endet mit der Erstürmung der Bastille. Dan-
ton ist das Zentrum ; er führt die entscheidende Krisis her-
bei, in der Vernunft und gemeinsamer Glaube der Revolu-
tionsführer von ihren Gefühlen unterjodit vrerden; am
21.M8rzl902 brachte Garnier es im Theater der Renais-
sance auf die Bühne. In „Die Wölfe" — früher Morituti
genannt und unter diesem Titel 1898 im Theätre de l'Oeu-
vre aufgeführt — hat er sich die Revolution in der Armee
aiis dem Jahre 1793 zum Vorwurf gewXhlt Alle großen
und starken Strömungen dieser Zeit haben hier plastische
Gestalt gewonnen. Nicht Einzelmenschen, sondern Typen
der sich befehdenden Gesellschaftsl^retse sind mit weiser
Objektivität ohne alle anekdotenhaft kleinlichen Züge ein-
ander gegenübergestellt. Ein Jahr darauf folgte »«Der Tri-
umph der Vernunft", in dem die Revolution durch die Jagd
der verurteilten Girondisten in die Provinzen übergreif t und
sich selbst verzehrt. „Danton" wurde 1899 geschrieben, und
am 31. Dezember 1900 vom Verem der Esdioliers nach
einer Eröffnungsrede von Jaur^ aufgeführt. Das Sdiau-
spiel eines Naturkampfes, eines sozialen Sturmes ist in die-
sem Zyklus gegeben. Der Geist, aus dem er geschaffen
wurde, ist- nackte, brutale Wahrheit und wird durch den
herb fordernd«! Aussprudi charakterisiert, den Rolland
dem markigen, schönen Teullier in den Mund legt: „Jede
Seele, die der Wahrheit einmal ins Gesicht sah und sie zu
leugnen versucht, mordet sich selbst."
30
Während jener Zeit, in der er sich in die Revolutionsepoche
vertiefte, reifte in ihm die Idee eines Volkstheaters, wie es
im Jahre 1794 zum erstemnal verwirklicht worden war. An
dieses alte Volksdieater wollte Rolland atücnfipfen midauch
seiner Zeit ein solches schaffen. Der Kreis junger Ideali-
sten, der um ihn war, griff den Gedanken begeistert auf. Sie
alle wünschten sehnlichst das Theater aus den Händen
kommerneller Aboiteurer zn erlösen, um es wieder im
SchiUersdien Sinne zu einer moralisdien Anstalt zu ma-
chen. Im Jahre 1889 gewannen die Rollandschen Bestre-
bungen greifbarere Form, indem er zusammen mit Lucien
Besnard, Loius Lumet, Maurice Pottecher und Gabriel
Trarieux einm internationalen Volkstheaterkongreß berufen
wollte, zu dem er in einem tevperamentvoUen Zirkular
aufrief:
„Die Kunst ist die Beute der Selbstsucht und Anarchie.
Eine kleine Anzahl von Möschen haben sich aus ihr ein
Vorredit gesdiaff en und schließen das Volk aus. Der zahl-
reichste und lebendigste Teil des Volkes findet k«nen Aus-
druck mehr in der Kunst. Es gibt nur noch eine Kunst für
Blasierte. Zur Rettung der Kunst muß man sie den törichten
Vorrediten entreißen, welche sie ersticken, und muß ihr die
Tore des Lebens öffnen; allen Menschen muß sie zugäng-
lich sein. Endlich soll man dem Volke eine Stinmie geben
und in jeder Nation „das Theater für alle * gründen, wo die
Kraft aller zur Freude aller arbeitet. Wir rufen alle zu
uns, die sich von der Kunst ein menschliches Ideal, und vom
Leben ein brfiderliches Ideal machen — alle diejenigen, die
nicht den Traum von der Handlung, das Wahre vom
Schönen, das Volk von der Elite trennen wollen. Alles,
was ist, bat eia Recht, zum Ausdruck gebracht zu werden:
31
alle Gedanken heißen wir willkommen : wenn es nur leben-
dige, nicht tote Gedanken sind. Man täusche sich nicht : es
handelt sich hier nicht um einen literarischen Versucb. Es
ist eine Frage des Lebens oder des Todes für Kunst und
Volk; denn wenn die Kunst sich nicht dem Volke öKnet
ist sie verdammt, zu verschwinden; und wenn das Volk
nicht den Weg zur Kunst findet, verliert die Menschheit
ihre Bestimmung."
Jahrelang widmete Rolland seine ganze Kraft der Verwirk-
lichung dieser idealen Theaterpläne. Die *,Revne d'Art dra-
matique" wurde gegründet ; andere Arbeiten traten zurück.
Mit immer erneuten Anstrengungen suchte er das große
Werk durchzusetzen. In dem Buche „Le th^tre du peuple»
essay d*esth£tique du tfae&tre nouveau", hat er die einzelnen
Phasen dieses Kampfes geschildert und die mannigfachen
Versuche, die damals zur Realisierung dieser Projekte ge-
macht wurden, kritisch und historisch beleuchtet. Diese
Schrift ist gleichzeitig ein Abgesang seines Strebens; denn
die Umstände zwangen ihn zu einem wenigstens vorläu*
figen — Verzicht auf seine Projekte.
Und er wandte sich neuen Arbeiten zu.
Das Leiden anderer großen Geister ward ihm zum Trost
im eigenen Leid und in der Enttäuschung seiner idealisti-
schen Hoffnungen.
Kurze Zeit nach dieser Kampfespcriudc entstanden seine
drei Künstlerbiographien „Beethoven", „Michelangelo"
und „Tolstoi". Es ist kein Zufall, daß er gerade die Le-
bensbilder dieser drei Künstler entwarf. Ihnen allen ge-
meinsam ist das Heroentum ihrer Seelen; und das gerade
zog auch Rolland zu ihnen hin. Mit Tolstoi stand er über-
dies seit langem in Beziehungen, die auf seine Entwicklung
32
Digitized by
von großem Einfluß gewesen waren. Seine persönliche Stel-
lung zu Tolstoi hat er selbst charakterisiert : MToUtoi be-
deutete für viele unter uns, was Werther für s«ne Genera-
tion war: der {lammende Spi^el unserer Liebeslcrälteund
unserer Schwächen, unserer Hoffnungen und unserer Ver-
zagtheiten. Uns liegt nichts daran, alle diese Widersprüche
in Einklang zu bringen oder sogar diese vielfältige Seele, in
der das Universum %viederklingt, in enge politische oder re-
ligiöse Kategorien zu zwangen, wie die meisten getan haben,
die in letzter Zeit von Tolstoi sprachen; sie sind unfähig,
sich aus dem Parteikampf zu lösen, den sie je nach ihren
sozialistischen oder klerikalen Intrigen auf den niedrigsten
Wasserstand ihrer eigenen Leidenschaft reduzieren. Als ob
man ein Genie an unseren Intrigen messen könnte I Was gdit
es mich an, ob Tolstoi zu meiner Partei gehört oder nicht !
Kümmere ich mich darum, zu welcher Partei Dante und
Shakespeare gehörten, um ihren Hauch einatmen, ihr Licht
trinken zu können. Wir sagen durchaus nicht wie die heuti- /
gen Kritiker : Es gibt zwei Tolstoi ; den vor der Krisis und
den nach der Krisis. Der eine ist gut. und der andere ist es
nicht. — Uns ist er ein Einziger, und wir lieben ihn ganz
und gar; denn wir spüren instinktmäßig, daß in solchen
Seelen alles ineinandergreift, alles verbunden ist."
Beethoven bedeutete ihm den stärksten Ausdruck der deut-
schen Musik, durch die er Deutschland erst hatte verstehen
lernen. Michelangelo war ihm ein Phanis Italiens, des Lan-
des, das er vor allem liebte. So sind auch diese Monogra-
phien aus einer Notwendigkeit heraus entstanden; sie ge-
wannen sich schnell weite Kreise, so daß von jedem dieser
Bücher im Laufe weniger Jahre 10000 Exemplare ins Volk
drangen. Charles Peguy erzählt in „Notre Jeunesse" von
3 Oravtoff, Romafai RoHand
33
dem spontanen Erfolg der Beetliovenrnonographic : il
souleva d un bout a l autre comme une vague, comme en dcs-
S0U8. pour ainsi dire instantanement, dans une revelation,
aux yeiix de tous, dans une entente soudaine» dans une com-
mune entente, non point seulement le commencement de la
fortune litteraire de Romain Rolland, mais infiniment plus
qu'un commencement de fortune litteraire. une revelation
morale, soudaine, un pressentiment devoiie, reveie, la reve-
lation» r^clatement. la soudaine communication d'unegrande
fortune morale."
Und weiter erzählt Peguy an gleicher Stelle, wie dieses
Buch die Todesstunden Bernhard Lazares weihte und er-
leichterter Nachdem Rolland schon seit 1892 die musika-
lische Kritik lör die „Revue de Paris*' übertragen worden
war, gründete er 1901 mit Pierre Aubry, Jules Combarieu,
Maurice Enunanucl und Louis Laloy die „Revue musi-
cale". In dem gleichen Jahre eröffnete er die Musikschule
in der Ecole des hautes etudes sociales mit einem program-
matischen Vortrag : „De la place de la musique dans l'hi-
stoire generale." In weiteren bedeutenden Vortragszyklen
lenkte er von dieser Stätte aus, zum ersten Male in Frank-
reich, die Aufmerksamkeit auf Lully, Gluck und Händel.
Aber diese Dozententitigkeit füllte sein Leben bei weitem
nicht aus ; in den gleichen Jahren fand er Zeit und Muße, sei-
neu langgehegten Plan zu verwirklichen, den Roman zu schrei-
ben, den er in seinen römischen Jahren entworfen hatte.
Im Februar 1904 erschien in den von Charles Peguy be-
gründeten und geleiteten ..CahiersdelaQuinzaine" der erste
Teil von ,Jcan Christophe". Schon „Danton", „Le 14. Juil-
let", „La Vie de Beethoven", „Le Temps viendra" waren
im Rahmen dieser periodischen Publikation erschienen, die
34
Digmzoü by LiOO^tc
von der großen Presse unbeachtet, vom großen t^ublikum
ungekannt, ihre Verbreitung in einem internationalen Kreise
junger Idealisten fanden. Nicht in den Auslagen der Pari-
ser Buchhändler sieht man diese schlichten Hefte, wohl
aber auf den Regalen und Arbeitstischen der Besten unserer
Zeit Es ist nicht hier der Ort, ausführlicher über dieses
reine Unternehmen, den klugen Autodidakten und hochbe-
gabten Dichter Charles Peguy zu sprechen, dem Rolland
seit Jahren freundschaftlich verbunden war. Mehr noch als
' in Frankreich ist man im Ausland auf sein Wirken auf-
merksam geworden, und es gibt seit Jahren in Berlin, Wien.
Oxford, Madrid, Rom, in Polen und Rußland unter jenen,
welche die geistigen Bestrebungen vorurteilslos und auf-
merksam verfolgen, zahlreiche Leser seiner Zeitschrift.
Ihnen ist Charles Peguy heute kein Fremder mehr. Durch
ihn %yurde seit 1904 ein kleinerer Kreis auf Rolland
aufmerksam, wahrend die große Pariser Presse von den
ersten Bänden nur flüchtig Notiz nahm. Ja, als noch
im gleichen Jahre „L'Aube" im Verlage Ollendorfl er-
schien, kam ihm keine breitere Anteilnahme entgegen.
Der Erfolg von „Le Matin", ..L'Adolescerit" war in
den nächstfolgenden Jahren kein größerer; mit ,,La Re-
volte" hob sich das Interesse an dem Werk. Die ent-
scheidende Wendung aber brachten erst die drei folgenden
Bände : „La Foire sur In Place'*, „Antoinette" und „Dans
la maison'* der zweiten Serie : „Jean Christophe k Paris*"
„La Foire sur la Place ' wurde zunächst ein Erfolg aus
Widerspruch. So lange Rolland Deutschland kritisiert hatte,
fand man das sehr amüsant ; jetzt aber, da er mit durchdrin-
gendem Blick sein eigenes Land betrachtete und für seine
Yerderbtheiten schärfere Worte fand als für die mehr hu-
3»
35
1
morvoll gesehenen Schwächen und Lächerlichkeiten des
Nachbarlandes» schrie man empört dagegen und schalt den
Dickter vaterlandsleindlidi und vaterlandslo«. Erst die
nächsten Bände : MAntoinette", „Dans la Maison" und „Les
Amies \ die den Franzosen die verborgenen Schönheiten
und Größen ihres eigenen Landes wiesen, enthüllten deut-
licher den Plan des ganzen Werkes, indem jeder kulturellen
Erscheinung ihr Platz angewiesen ist Jetzt vruchs die Zahl
derer schnell, die nach der Lekiure eines einzelnen Bandes
zu den übrigen Bänden griffen, und aus dem kleinen Kreis
der Rolland- Verehrer ward eine Gemeinde. Die seit 1907
erscheinende, spanische Ausgabe hat „Johann Christof'^or
allem in SQdamerika ein Publikum erobert. 1910 gab Gil-
bert Cannan eine englische Übersetzung des Werkes heraus.
Edwige Sienkiewicz übertrug 1911 den Roman ins Pol-
nische, und im gleichen Jahre erschien das Buch in russi-
scher Sprache. In den skandinavisch«! Landern istRollands
Name nicht unbekannt; ick tral in Kopenhagen unter Li-
teraten begeisterte Verehrer des Dichters. In Rom ist das
Haus des französischen Botschafters Barrere der Mittel-
punkt der italienischen Rolland-Gemeinde. In Oxford sam-
melt der greise Altphilologe Sidowick Verehrer des Dich-
ters um sich. In Wien war Stefan Zweig der erste, der Rol-
land erkannte und für ihn warb. Während ihm in den letzten
Jahren so in allen Ländern begeisterte Anhänger entstanden
sind, hat Hollands Heimat, liat Frankreich ihm auch end-
lich den schuldigen Tribut gespendet. Seine Werke sind
heute Gemeingut des Volkes. — Auch Deutsdiland wird
jetzt nicht länger zögern, den größten und freiesten Euro-
päer unserer Zeit zu grüßen ; denn er gehört in seinem kräf-
tigen Idealismus der ganzen Welt; er gehört auch uns.
36
III. Rolland und Deutschland
Jedes Volk behauptet, vom Nachbarvolk nicht gekannt,
nicht erkannt, nicht verstanden und nicht gerecht bewer-
tet zu werden. Und das mit Recht. Die schnell fertigen,
ÜOcfattgen Beobachter sehen nur die oft trflgeriscfae Ober-
flScKe eines Landes ; die tendenziösen Schriftsteller finden
überall das Gegenbild der Moralität und Lebensweise ihres
eigenen Volkes und gelangen zu ungerechten Trugschlüssen ;
die in einseitigem Nationalismus befangenrä Patriotiker
sdreiben Pamphlete, in denen die Fehler und Mängel des
Nachbarvolkes grotesk verzeichnet sind und das Gute,
Starke und Wahre absichtlich unterdrückt wird ; — es blei-
ben die wenigen gründlichen £inzelstudien. die ein Spezial-
/ gebiet, losgelöst aus dem Gesamtleben der Nation« behan-
deln; diese Einzelstudien stehen aber gewissermaßen in der
Luft. Sie steigen nicht zu den unterirdischen Quellen nie-
' der. aus denen die Kraft, das Wollen, die Sehnsucht, die
Liebe eines Volkes gespeist werden und dadurch führen
auch sie zu falschen Meinungen, die nicht geeignet sind* die
Nachbarn einander zu nfihem. Sie fördern nur Mißver-
ständnisse und Entfremdung.
Was wissen wir Deutsche von Frankreich ? Wir haben die
Tageszeitungen ; wir sprechen hin und meder dnen Freund,
der sich in Paris getummelt bat ; wir rnsen selbst einmal
auf ein paar Wodien dorüiin ; wir sehen in Ausstellungen
Bilder, wir lesen hier und da ein französisches Buch. Das
alles aber ist Oberfläche : Der „Jahrmarkt" blendet uns so,
daß wir das „Im Hause" nicht sehen. — Die Tageszei-
tungen berichten uns Ober die aktuelle Politik; sprechen sie
nicht immer von einem einseitigen Parteistandpunkt aus, so
37
Digitized by Google
führen sie uns doch ein politisches Ereignis stets m der
Maske vor. die es für die außenstehenden Zuschauer an-
nimmt, ohne etwas von den Zusammenhängen, die es hinter
den Kulissen mit dem Gesamtleben des Volkes verknüpfen,
zu zeigen. Der Frankreich bereisende Freund ist auf den
Boulevards auf und ab geschlendert, hat die Nachtlokale
auf Montmartre und die mondänen Theater kennen gelernt ;
und er beurteilt die Gesellschaft nach diesen Theater-
stücken und nach Kafleehausgesprächen. — Die Bilder,,
die wir in Deutschland sehen, werden uns unter der tönen-
den Reklame einer einzelnen Gruppe vorgeführt. Von dem
Buch, das wir lesen, wissen wir nicht, wie es in der geistigen
Elite Frankreichs bewertet wird : — »Jahrmarktstreiben i"
So kommt es, daß in diesem Jahrmarktsbild ffir viele
Deutsche Besnard und Rodin, Sisley und Bonnat, Gandara
und Maillol, Rostand und Verhaeren, Henri Bernstein und
Paul Fort zusammenstehen und sie keine Ahnung von den
fundamentalen Verschiedenheiten der künstlerischen Prin-
zipien und der Lebensführung haben, die den einen von dem
andern dieser Künstler trennen. Wer aber diese Verschie-
denheiten nicht fühlt, ihnen nicht bis zu den Quellen fran-
zösischen Denkens nachgespürt hat, kennt Frankreich nicht
Er kann ^U^cht für Frankreich eine romantische Schwär-
merei empfinden, die der kindlichen Liebe für ein Gaukel-
spiel, in dem falsche Edelsteine blitzen, gleicht. Aber diese
Schwärmerei ist ohne Ernst, ohne Tiefe, ohne Wahrheit
Anders diejenigen,' welche die Unechtheit in allem verlok-
kenden Glanz erkannten, die in jahrelanger Werbung, in bit-
terem Kampf sich bis zum Herzen des fremden Volkes
durchgerungen haben. Ihnen erhellt sich allmählich der
Blick für alle diejenigen Erschemungen, die durch das
38
Digiti^ Lü Google
Feuerwerk verdunkelt wurden, für alles, was im Schat-
ten blüht. Ihnen verkühlt sich die erste trunkene Schwär-
* merei, und Liebe ankert sich dafür in den Herzen derer
fest, die wir zuerst übersahen, die wir aber als Brüder grü-
ßen, als Brüder durch den Charakter, durch das Streben,
durch das Beste und Reinste in ihren und unsem Herzen.
So werden wir unsererseits zu Werbern für die andere Na-
tion und rulen denen, die verurteilen, oder denen, die uns
verstehend lieben, — so wie OK vier es Johann Christof
gegenüber in: „Im Hause" tut — zu;
„Was kennst du denn von Frankreich ?
Zwei oder drei Dutzend Schriftsteller? Das ist auch was
Reditesl In unserer Zeit nehmen Wissenschaft und Tatkraft
so viel Raum ein, daß die Literatur der oberflächlichste
Niederschlag vom Denken eines Volkes geworden ist. Und
von der Literatur selbst hast du kaum mehr als das The-
ater kennen gelernt, und zwar das Luxusdieater, die inter-
nationale Küche, die nur für eine reiche kosmopolitische
Hotelkundschaft da ist. Die Pariser Theater ? Meinst du,
daß ein emster Arbeiter auch nur weiß, was in ihnen ge-
. spielt wird ? Pasteur ist nicht zehnmal in seinem Leben hin-
gegangen! Wie alle Ausländer, legst du unsem Romanen,
unsem Boulevardtheatem, unsem politischen Intrigen eine
mai^los übertriebene Bedeutung bei . . . Ich kann dir, wenn
du willst, Frauen zeigen, die niemals Romane lesen, junge
Pariser Mädchen, die niemals ins Theater gegangen sind,
Männer, die sich niemals mit Politik beschäftigt haben —
und das alles unter den geistig Hochstehenden. Du kennst
weder unsere Gelehrten, noch unsere Dichter. Du hast we-
der unsere einsam schaffenden Kunstler gesehen, die sich
in der Stille verbrauchen, noch die lodernden Feuergarben
39
unserer Revolutionäre. Du keimst nicht einen einzigen gro-
ßen Gläubige, noch auch nur einen großen Atheisten.
Vom Volke ganz zu schweigen. — Was kennat du von den
Frauen, außer der einen armen, die dich gepflegt hat? Wo
hättest du sie kennen lernen können? Wie viele Pariser
kennst du, die oberhalb des zweiten oder dritten Stockwerks
wohnen? Wenn du sie nicht kennst, kennst du Frankrnch
mcht Die tapferen wahrhaftigen Seelen, die in armseligen
Behausungen, in Pariser Mansarden, in der stummen Pro*
vinz leben, kennst du nicht, sie alle, die ein ganzes beschei-
denes Leben lang an ernste Gedanken und täglichen Ver-
zicht gebunden sind, — die kleine Gemeinde, die zu allen
Zeiten in Frankreich hostenden hat, — klem als ZakL als
Seele groß ; sie ist fast unbekannt, ihr Tun ist unscheinbar,
und doch liegt in ihr die ganze Kraft Frankreichs, die
Kraft, die schweigt und dauert, während die, welche sich
Elite nennen, unaufhörlich verwesen und durch Neuan-
kömmlinge ersetzt werden. Du bist erstaunt, einen Fran«
zosen zu finden, der nicht lebt, um glücklich zu sein, gluck-
lich um ^eden Preis, sondern um seiner Uberzeugung zum
Sieg zu verhelfen oder zu dienen? Es leben Tausende wie
ich, verdienstvoller, frommer, bescheidener als ich, die,
ohne müde zu werden, bis zu ihrer Todesstunde einenik Ideal
dienen, einem Gott, der ihnen nichts entgilt.
Du kennst nicht das kleine Volk, das sparsam, methodisch,
arbeitsam, ruhig dahinlebt — in deren Herzensgrund eine
schlummernde Flamme lebt — dies hingeopferte Volk, den
alten blauäugigen Vauban, der einst mein Land gegen den
Egoismus der Großen verteidigt hat.
Das Volk kennst du nicht, kennst nicht die Elite. Hast du
ein einziges der Bflcher gelesen, die uns treue Freunde und
40
Digmzoü by LiOO^lc
stützende Gefälurteii sind? Weißt du auch nur etwas vom
E)Mein onserer jungen Zeitschriften» in denen sich eine Un-
summe veo Hingebung und Oberzeugung ausgibt 7 Ahnst du
etwas von den sittlich großen Mensdien, die uns Sonne
sind, deren stumme Strahlenkraft dem Heer der Heuchler
Angst macht ? Du siehst Schatten und Reflexe des Tages-
lichts» nicht aber den in uns lebenden Tag» unsere Jahrhun-
dert alte Seele. Hast du jemals versucht» sie kennen zu
lernen? Hast du jemals etwas von unseren heroischen Taten
erfahren, von Kreuzzügen gleich der Kommune? Hast du
jemals das Tragische im französischen Geist durchschaut?
Hast du dich jemals fiber den Abgrunde der Pascal heißt»
gebeugt? Wie darf man wagen, ein Volk zu verleumden,
daß seit mehr als zehn Jahrhunderten sich regt und schafft,
ein Volk, das durch die Gotik, durch das siebzehnte Jahr-
hundert und durch die. Revolution die Welt nach seinem
Bilde gefonnt hat — ein Volk» das zwanzigmal die Feuer-
probe bestanden hat und in ihr gehärtet wurde und, ohne je-
mals zu sterben, zwanzigmal wieder auferstanden ist]
Ihr seid alle gleich. Alle deine Landsmänner» die zu uns
kommen, sehen nichts» als die Parasiten» die an uns fressen»
die Abenteurer in Literatur, in Politik und Finanz mit ihren
Lieferanten, ihrer Kundschaft und ihren Dirnen; und sie
beurteilen Frankreich nach diesen Elenden, die am Lande
zehren. Nicht einer von euch sinnt dem wahren unterdruck-
ten Frankrateh nach» denkt an die Schatzkammern von Le-
ben, die in der französischen Provinz leben, jenem ganzen
Volk, das da gleichgültig für das Gelärm seiner Eintags-
herren arbeitet ... Ja, es ist nur allzu natürlich, daß ihr
nichts von ihm kennt» ich mache euch keinen Vorwurf dar-
aus: Wie solltet ihr es kennen? Frankretcb' wird ja kaum
41
Digmzoü by LiOO^lc
von den Franzosen gekannt. Die Besten unter uns sind ab-
gesperrt, sind Gefangene auf unserm eigenen Boden . . . Nie-
mals wird man wissen, was wir gelitten haben, wir, die am
Genius unserer Rasse hängen, die wie ein keilig anvertrau-
tes Gut, das Lic^t, welches wir von ihm empfingen, be-
wahren und es gegen den feindlichen Atem, der es ver-
löschen möchte, verzweifelt verteidigen — und dabei stehen '
wir allein« lohlen rings um uns die verpestete Luft jener
Metöken, die sich gleich «nem Mückenschwarm auf unser
Denken gestürzt haben und deren widerliche Larven unsere
Vernunft benagen und unser Herz beschmutzen — von
denen, deren Mission es wäre, uns zu verteidigen, unsem
Vorgesetzten, unsem blöden oder feigen Kritikern sind wir
verraten; sie umschmeicheln den Feind, um sich Verzei-
hung dafür zu erwirken, daß sie unseres Geschlechtes sind ;
von unserm Volk, das sich nicht um uns kümmert, das uns
nicht einmal kennt, sind wir verlassen... Welche Mittel
haben wir, um uns ihnen verständlich zu machen? Wir kön-
nen nicht bis zu ihnen gelangen...! Und das ist das
Schwerste! Wir wissen, daß wir unserer Tausendc in
Frankreich sind, die dasselbe denken ; wir wissen, daß wir
in ihrem Namen sprechen, und wir können nichts tun, um
gehört zu werden? Der Feind besetzt alles: Zeitungen,
Zeitschriften, Theater... Die Presse flicht jeden Gedanken
oder läßt ihn nur zu, wenn er Vergnügungsinstrument oder
Parteiwaffe ist. Intrigen und Literatencliquen lassen den
Durchgang nur dem frei, der sich wegwirft Elend und
Überarbeitung drucken uns zu Boden. Die Politiker, die
einzig darauf bedacht sind, sich zu bereichern, interessieren
sich nur für das käufliche Proletariat. Die gleichgültige
und eigennützige Burgerschaft schaut unserem Sterben zu.
42
Digiti^ Lü Google
Unser Volk kennt uns nicht; selbst die, welche gleich uns
kämpfen, gleich uns von Schweigen umhüllt sind, wissen
nichts von unserem Dasein, und wir wissen nichts van dem
ihren... Unseliges Paris! Gewiß, es hat auch Gutes ge-
wirkt, indem es alle Kräfte französischen Denkens in Grup-
pen ordnete. Aber das Übel, das es geschaffen hat, steht
dem Guten mindestens gleich ; und das Gute selbst wandelt
sich in einer Epoche gleich der unseren in Böses. EsgenOgt,
daß eine Pseudoelite Paris an sich reißt und die ungeheure
Glocke der Öffentlichkeit schlägt, um die SUitmie des
übrigen Frankreichs zu ersticken. Weit mehr noch : Frank-
reich verwirrt sich selbst ; es schweigt bestürzt und drängt
seine Gedanken ängstlich in sich selbst zurück... Früher
habe ich unter all dem sehr gelitten. Jetzt aber, Christof,
bin ich ruhig. Ich habe meine Kraft, habe die Kraft meines
Volkes verstanden. Wir müssen nur warten, bis die Über-
schwemmung vorüberzieht Frankreichs feinen Granit wird
sie nidit benagen. Unter dem Schlamm, den sie mit sich
treibt, will ich ihn dich fühlen lassen. Und schon treten hier
und dort hohe Gipfel zutage...'*
Und auf der andern Seite, wer unter den Franzosen kennt
die schönsten, tiefsten und echtesten Eigenschaften der deut-
schen Seele ? Seit Madame de Staels lebendigem Buch über
Deutschland hat niemals wieder ein Franzose seinen Lands-
leuten ein Gesamtcharakterbild Deutschlands zu cntw.erfen
gesucht. Alles, was seit dem Werk dieser weitsichtigen und
warm empfindenden Frau in Frankreich über Deutschland
erschien, ist Stückwerk, sind Halbheiten, die ohne Liebe
gesehen und geschrieben wurden. Und doch ist seit langem
gerade in den besten französischen Kreisen der Wille,
Deutschland zu verstehen, groß — so groß, daß viele von
43
Digitizecj google
ihnen zu deutschen Büchern griffen, um sich Rechenschalt
zu geben, um einzudringen. Ihr Wunsch aber wurde nicht
befriedigt.
Nicht Mangel an deatscfaen Talenten begrOndet das. Eher
die Tendenz der neuen deutschen Literatur — gerade dort,
wo sie am tiefsten ist — ein Einzelschicksal oder ein Ein-
zelgeschehnis aus der Zeitgeschichte zu lösen und zu ge>
stalten. Diese Lebensabgewandtheit erschwert dem Aus-
linder natfirlich, den allgememen deutschen Charakter un-
serer Zeit zu erkennen ; denn er sieht nur Ausschnitte und
nicht das deutsche Universum, wie es war, wie es ward und
wie es ist.
Das aber gibt Romain Rolland in seinem „Johann Christof".
Darum wird jeder Deutsche, der dies Universum durch-
wandert, sich irgendwo wiederfinden, und jeder wird auch
einem Literaten oder einem Musiker, einem Bürger oder
einem Beamten begegnen* in dem er seinen Freund oder sei-
nen Fdnd wieder au erkennen glaubt. Vor allem aber vdrd *
sich jener Deutsche wiederfinden, der sich vom Vaterlande
losriß, um sich in Paris durchzusetzen. Ich darf noch wei-
ter gehen : einmal sagte man mir, Rolland habe im „Bren-
nenden Busch" die Atmosphäre Lübecks mit erstaunlicher
Sicheiheit getroffen; em anderes Mal hörte ich, „niemals
sei Basel so erschöpfend und scharf gezeichnet worden".
Die „Empörung" wird für Darmstadt, Mainz und Tübingen
beansprucht. Alle diese Zeichen deuten nur auf das eine hin,
daß der Deutsche unserer Zeit und der Typus der deutschen
Mittelstadt in die Seele eines großen Dichters Eingang fan-
den und zu lebendigem Leben aus ihr auferstanden sind. So
haben alle das Recht, sich getroffen zu fühlen — und nie-
mand.
44
Digiiized by Google
Vor allem aber haben wir Deutsche dem Dichter Romain
Rolland dankbar zu sein, denn er hat unser Vaterland mit
gerechten, mit liebevollen Augen angeschaut. Gereditigkeit
und Liebe aber sind bei einem Fremden ein seltenes Glück,
das unser Herz erwärmen muß. Dann aber hat er in Jo-
hann Christof Krafft. dem Helden seines zehnbandigen
Werkes, einen Deutschen geschildert — hat ihn so ge-
schildert, daß jeder Lesende ihn als den Deutschen emp-
finden wird — auf den wir stolz sein dürfen. Denn er ist
ein ganzer Held, ein ganzer Mensch. Nichts Menschliches
ist ihm fremd. In allen Leidenschaften bleibt er sich
selbst, bleibt seinem Gott treu. Seine Maßlosigkeilen, sein
jugendlicher Oberschwang entspringen nur allzu strenger
Forderung, allzu kühnem Glauben. In allen Erfolgen und
Mißerfolgen bleibt er der reine Tor, der nur den einen, den
geraden Weg kennt Vor allem aber scheint die ganze junge
Kraft Deutschlands in diesem Helden konzentriert.
Aber nicht nur den Deutschen, auch unsere Landschaft hat
Rolland geschaut und liebevoll geschildert. Die Heimat Jo-
hann Christofs ist eine rheinische Mittelstadt, die Rolland
in ihrer ganzen malerischen Pracht, mit ihrem alten Mün-
ster, ihren gewundenen Streiken und ihren verwachsenen G8r-
len malt. Er zieht das blaue Band des Rheins durch diese
Stadt.; er schildert die Landschaft, wo der kleine Christof
mit seinem Großvater abends vom Spaziergang heimkehrt :
„Die Sonne sank in die Felder. Der Fußpfad schlängelte
sicJi beinahe auf gleicher Höhe der WasserfiSche entlang.
Das üppige weiche Gras bog sich knisternd unter den
Schritten. Die Erlen neigten sich über den Strom und ba-
deteü sich in den Wellen. Ein Mückenschwarm tanzte. Ein
Boot; vom sanften, großwogigen Strom gezogen» fuhr laut-
45
los vorüber. Die Wellen sogen mit leisem Laut ihrer Lip-
pen an den Weidenzweigen. Das Licht war nebelig zart, die
Luft frisch, der Fluß silbergrau. Man kehrte zum heimi-
schen Herde zurück und die Gri Ilen sangen . . .
An anderer Stelle malt er den Strom im Mondschein. Er
zeichnet mit zartem Griffel die grünen Wälder am Ufer
des Stromes und läßt uns in einer kleinen Bauemherberge
einkehren, an der die mächtigen Wasser im Dunkel der
Nacht vorbeirauschen... Bricht dann der Tag von neuem
an» so sehen wir den majestätischen Fluß im Sonnenglanz :
„. . . Der Rhein schlägt in flacher Bucht zu Füßen des Hau-
ses an, in der Feme bilden die Brandungswellen einen klei-
nen Regen, der auf den Sand niederfällt. Die Dampfer-
brücke kracht und stöhnt unter der Wasserschwere. Die sie
haltende Kette spannt und entspannt sich mit dem Geklirr
alten Eisens. Die Stimme des Stromes schwillt an, sie er-
füllt das Zimmer... Durch die Fenster sieht man am wei-
ßen Himmel den Dampferschornstein vorbeiziehen, die
leere Kommandobrücke und die geballten Rauchstöße . . .**
Fragen wir nun, wie kam Romain Rolland darauf, den
Deutschen so zu sehen, wie er ihn. uns im Charakter Chri-
stofs gestaltet, so gibl sein Hauplwerk nicht restlose Ant-
wort. Wir müssen zu den historischen Schriften des Dich-
ters, dem „Beethoven", zu den „Musiciens d*autrefois'*
greifen. Aus dem' „Beethoven" entnehmen wir, daß Chri-
stofs Wesen in vielem, in den großen Hauptzügen diesem
Deutschesten der Deutschen nachgebildet worden ist. Aus
den „Musiciens d autrefois" ersehen wir, daß Rolland auf
seinen musikalischen Streifzügen stets der eruptiven deut-
schen Kraft des Schaffens, der starken Geduld, dem Still-
sein vor dem Leben nachspürte. Er fand diese idealen Gei-
46
Liyuizuü Google
steskräfte in allen Vergangenheiten der deutschen Seele;
er fand sie einmal in Beethoven, em anderes Mal in Bach,
ein drittes Mal in Heinrich Schätz, in Paul Gerhard, in
Schiller. In den ..Musiciens d'autrefois" schreibt er:
„Im 17* Jahrhundert zeigt Deutschland Schätze von Über-
Zeugung und Energie, die sich schweigend ansammeln;
schlichte heroische Charaktere, wie den wundervollen Hein-
rich Schütz, der während des Dreißigjährigen Krieges in-
mitten der schlimmsten Verwüstungen, die jemals sein Va-
terland heimgesucht haben, friedlich fortfuhr, seinen star-
ken, grandiosen Glauben zu singen ; und rmgs um ihn stehen
Johann Christof Bach, Johann Michael Bach, Ahnen des
großen Bach, die das ruhevolle Vorahnen von dem Genie,
das aus ihnen erstehen soll, in sich zu tragen scheinen ; da-
neben Pachelbel. Kuhnau. Buxtehude, Zachow, Erlebach —
große Seelen, die ihr ganzes Leben lang in den engen Kreis
einer Provtnzstadt geschlossen sind, nur von einer Handvoll
Menschen gekannt werden, ohne Ehrgeiz, ohne Hoffnung
auf Unsterblichkeit dahinleben, für sich selber und für ihren
Gott singen, unter aller häuslichen und sonstigen Trübsal
weiter schaffen und langsam, hartnäckig Vorräte von Kraft
und sittlicher Gesundheit ansammeln, und damit Stein für
Stein die künftige Größe Deutschlands bauen/'
Dieses historische Forschen und Erkennen gab RoUands
Intuition Richtung und Ziel. In diesen Charakteren erkannte
er Kräfte, Eigenschaften, die ihn zu tieferem Eindringen
lockten. Er bereiste Deutschland ; er vertiefte sich in das
Studium der jüngsten deutschen Vergangenheit, der deut-
schen Gegenwart ; er suchte die Enkel derer auf, die seine
Liebe entzöndet hatten; und er verfolgte den deutschen
Idealismus durch den Lauf der Jahrhunderte. Er entdeckte
47
Liyiiized by Google
ihn auch noch in der rationalisierten, militarisierten Gegen-
wart; er fühlte, daß er noch heute tief im Verborgenen, lui'
«rlcannt uml unbekannt im deutschen Lande blühen mOste.
So sduf er aus tiefer Intuition heraus die erhabene Gestalt
des Onkel Gottfried, der immer dann auftaucht, wenn es
gilt, etwas Gutes in der Seele des Kindes, des Jünglings
Christof 7u wecken oder zu stärken. Er wirkt wie ein Bote
aus dem Reich der Mfltter, wie das Fleisch gewordene Ge-
wissen des Blutes, das Symbol alles Besten, C\vigen. Na-
turnahen in Christofs Ahnenreihe. Ein Teil aus dem tiefen
Zwiegespräch, das Christof in einer Krise seines Lebens
mit diesem durch Weisheit Geheiligten hat, ist von Paul
Dupin schon vor Jahren in Musik gesetzt worden. Es ist
die wundervolle Szene, als Christof verzweifelt sagt :
Gin Tag ohne morgen wird kommen ; und was habe ich
dann aus meinem Leben gemacht?
— Es gibt immer ein Morgen, sagte Gottfried.
Was aber tun, wenn alles Wollen nichts nützt?
— Wache und bete.
— Ich glaube nichts mehr.
Gottfried lächelte : — Du lebtest nicht, wenn du nicht .
glaubtest; em jeder glaubt. Bete.
—Was beten?
Gottfried wies zur Sonne, die im roten, einigen Horizont
emporstieg :
Sei fromm vor dem aufgehenden Tage. Denke nicht daran,
was in einem, was in zehn Jahren sein wird. Denke an
heute. Laß alle Theorien. Alle Theorien, si^st du, selbst
die von Tugend reden, sind schlecht, sind dumm, richten
Böses an. Vergewaltige das Leben nicht. Lebe heute. Sei
fromm vor jedem Tage. Liebe ihn» achte ihn* mache ihn vor
48
DigiLi^Lü google
allem nicht welk, hindere ihn nicht am Blühen. Liebe ihn.
selbst wenn er grau und trübe ist, wie dieser. Sorge dich
nicht. Schau, jetzt ist Winter. Alles schläft. Die gute Erde
wird wieder aufwachen. Man muß nur eine gute Erde und
geduldig wie sie sein. Sei fromm. Harre aus. Bist du gut,
so wird alles wohl gehen. Bist du es nicht, bist du schwach»
konunst du nicht ans 2Kel, nun, so mußt du auch dann noch
glücklich sein, dann kannst du 8i<^erlich nicht mehr. Also
warum mehr wollen ? Warum dich um das betrüben, was du
nicht vollbringen kannst? Man muß so viel tun. als man
kann... Als ik kan. (Wahlspruch yan Eycks.)
Das ist wenig, sagte Christof und zog eine Grimasse.
Gottfried lachte freundschaftlich :
— Das ist mehr, als irgend jemand tut. Du bist hochmütig,
du willst ein Held sein. Daher kommt's, daß du nichts als
Dummheiten begehst . * . ein Held ! . . . Ich weiß nicht genau,
was das ist; aber siehst du, ich bilde mir ein, ein Held ist.
einer, der tut, was er kann. Die andern tun es inicht."
Am ergreifendsten für uns Deutsche gewinnt unser Idealis-
mus in dem alten Schultz plastische Gestalt, in ihm, dem
wir alle begegnet sind, von dem wir alle wissen, daß sein
kindliches Gemüt, seine goldene Güte, seine über alles bin-
strahlende Wärme irgendwo in einer alten verschlafenen
deutschen Stadt noch lebt. Hier rührt Rolland , an Tiefen
der Volksseele, die zu jedem deutschen Herzen empor-
klingen müssen.
Onkel Gottfried und der alte Schultz sind die echten
und wahren Enkel der Bach, Schütz. Gerhardt. In ihre
Reihe gehört noch eine Mädchengestalt: die blinde Mo-
desta, die in ihrer Blindheit, durch ihre Abkehr von der
äußeren Welt des Scheins sich eine eigene Welt baut. Sie
49
üiyiiized by Google
symbolisiert für Christof die Größe des deutschen Idealis-
mus: ..des Idealismus, den er oft gehaßt hatte, weil er
den minderwertigen Seelen eine Quelle von Heuchelei und
Albernheit wird. Jetzt aber sah er die Schönheit dieses Glau-
bens, der sich eine Welt inmitten der Welt und verschieden
von ihr schafft, wie eine Insel im Ozean."
Etwas gebrochener, abgeschvrächter lebt dieses Erbe in Hans
Michel, Christofs Großvater, weiter, dem lieben geschwät-
zigen Alten, der seines Enkels Kindheit mit Heldenge-
schichten erhellt und ihm den ersten Begriff von Größe und
Lebensmut beibringt; aber sem Charakter ist nicht aus
einem Guß :
..Armer alter Mann! In gar nichts gelang es ihm ganz, er
selbst zu sein. Er trug viel schöne und kraftvolle Saat- ■
kömer in sich ; aber sie kamen nicht zur Blüte. Ein tiefer
rfihrender Glaube an die Würde der Kunst, an den morali- -
sehen Wert des Lebens; aber er setzte sich meist -in eine
pathetische, lächerliche Form um. Soviel edler Stolz ; und
im Leben eine fast knechtische Bewunderung der Höheren.
Ein so starkes Bedürfnis nach Unabhängigkeit; und in der
Wirklichk^t ttn unbedingtes Sichfflgen. Ansprüche mnes
starken Gastes; und aller Aberglauben. Begeisterung für
Heroentum und wahrer Mut; und so viel Schüchternheit!
Eine Natur, die auf halbem Wege stehen bleibt."
Bürgerlicher, schwungloser tritt uns das alte Deutschland
in dem Oberlehrer Reinhart und seiner Frau entgegen und
versandet schließlich im Hause Euler und in der Familie'
Vogel ganz im Muffigen und Spießigen. In diesen Fami-
lien schildert Rolland das Alltagsleben in Johann Christofs
Heimat Handweiker, Gewerbetreibende, Kanzleibeamte^
ein alter vertrockneter Philister — ein ungrieduscker Hy-
50
Liyiiized by Google
pockomlrist, wie Goethe sagen wfirde — umständlidie,
deutsche Hausfrauen, geschwätzige Nachbarn lernen wir
in ihrem ärmlichen schrullenhaften Dasein kennen. Inmitten
dieser engen dürftigen Welt wächst Johann Christof auf»
dessen starkes ausladendes Temperament mit dieser kleinen
AlltSglichkett in heftige Konflikte gerät Er übt in jugend-
licher Maßlosigkeit und Unerfahrenheit rücksichtslose und
ungerechte Kritik an ihr. Rolland vergißt nie, diese Kritik
aus der Folge eines Kampfes zu entwickeln und sie Chri-
stof stets selbst in den Mund zu legen, um uns daran zu
erinnern, daß die Wahrheiten, die in ihr liegen, die Ent-
stellung jugendlicher Härte erfahren haben. Rolland ist zu
weise und weitherzig milde, um eine Welt immer nur von
einer Seite zu beleuchten. Und so wirft er auch auf diese
Armen und Beschränkten noch ein warmes Licht :
„Gewiß waren die armen Leute ungefähr so, wie Christof
sie sah. Aber es war nicht ihre Schuld : das freudlose Le-
ben hatte ihre Gesichter, ihre Gebärden» ihre Gedanken
freudlos gmnacht Sie waren durch das Unglück entstellt
worden. — nicht durch das große Leid, das mit einem
Schlage niedersaust und tötet oder den Menschen schmiedet
— sondern durch das beständig wiederkehrende Mißge-
schick, das kleine Elend, das vom ersten bis zum letzten
Tage tropfenweise, immer das gleiche bleibt. . . Unsagbarer
Jgunmer! Denn wieviel Schätze liegen unter so runzeligen
Hüllen verborgen : Rechtlichkeit, Güte, schweigendes Hel-
dentum 1. . . Eines Volkes ganze Kraft, der Zukunft ganzer
Saft"
Doch auch aus der Mitte dieser Menschen läßt Rolland
eine rührende, echt deutsche Gestalt erblühen : die selbst-
lose Rosa : pflichteifrig, fleißig, laut, ungeschickt, unermüd-
lieh schwatzend, nichts weniger als schön, wird sie durdi
ihre hingebende Liebe zu Christof doch liebenswert. Der
ganze seelenvolle, selbstvergessene Idealismus deutscher
Mädchenliebe strahlt aus ihr, die nichts als lieben und an-
beten will, sich am eigenen Fühlen nährt» mit dem gering-
sten HoHntmgsschimmer aul Gegenliebe zufrieden ist lind
wenn auch der zu vcrluschen scheint, noch von einem
Gluck der Freundschaft, des selbstlosen Glücklichmachens
träumt
Eine Deutsche nOchtemer» praktischerer Art ist Frau von
Kehrich, eine jener Frauen, die einen Abglanz der großen
Welt in die kleine Stadt tragen : sie gefällt sich darin, den
jungen talentvollen Naturburschen Christof zu guten Ma-
nieren zu erziehen, ihn zu bilden» ihn zu bemuttern. Aber
sie handelt mehr aus Eitelkeit als aus wahrer Sympadiie;
sie vergißt nie das Trennende der gesellschaftlichen Unter-
schiede, und Christof wird bitter enttäuscht, als er sich ein-
bildet, ihr mütterliches Gebahren sei mehr als eine elegante,
liebenswürdige Geste. Frau von Kehrichs Tochter Minna
ist eine jener typischen kleinen Mädchen, die. oberflächlich
und romantisch, kokett und frühzeitig lebensklug, so man-
chem verliebten guten Jungen den ersten Liebesschmerz zu-
fügten.
In Sabine zeidmet Rolland die blasse, blutarme Träumerin,
die nicht Mut zu Leben und Liebe findet, und die ein
Windstoß verlöscht — in Ada das kraftstrotzende Mäd-
chen aus dem Volke, töricht, beschränkten Geistes, kin-
disch, verdorben; — in Lore das st&nmige jugendfrische
Bauemkind mit geraden Sinnen und ungebrochenem Gemüt,
das tapfer und kräftig ausschreitet.
. Auch Christofs Mutter ist eine typische Gestalt des deut-
52
sehen Mittelstandes unserer Zeit Sie wird in ihrer ganzen
Beschränktheit gezeigt, aber auch in der ganzen Liebes-
fülle ihres Herzens. Sie verzichtet lieber auf das Leben,
auf Vernunft, Logik, Wirklichkeit, auf alles» nur nicht auf
Liebe. »»Liebeskralt eines schlichten Herzens! Sie findet
mit einem Schlage, was tastende Vemunftschlfisse eines
schwankenden Genies wie Tolstoi nach einem ganzen Leben
— oder die überfeine Kunst einer sterbenden Kultur nach
Jahrhunderten — rasender Kämpfe, und erschöpfender An-
strengungen entdecken."
Menschen aus dem neuen, dem reichgewordenen Deutsch-
land sind die Familie Mannheim, mit Judith, der scharf-
sinnigen, tiefblickenden, aber kalten Jüdin als Mittelpunkt
— sind die jungen Snobs, die in Christofs Vaterstadt eine
Zeitschrift gründen — ist auch der Komponist Haßler,
der nicht stark genug ist, um einem frühen Ruhm stand-
zuhalten, und menschlich wie künstlerisch an den Exentri-
zitäten, mit denen er das Publikum verblüffen will, erstickt.
Alle diese Gestalten sind mit Liebe gesehen. Auch dort» wo
Kleines und Kleinliches, Philiströses und Sentimentales ge-
schildert wird, hat Rolland doch noch ein nachsichtiges
Lächeln, einen stillen Humor, ein sympathisierendes Wort.
Herbe schneidende Kritik wendet er nur dort an, wo die
deutsche Seele sich selbst verleugnet, wo sie in Realiunus
zu ersticken droht. Dann sagt er wohl ironisch r
„Seit den deutschen Siegen taten sie alles, um Kompromisse
zu schließen, einen widerlichen Mischmasch aus neuer
Macht und alten Grundsätzen zustande zu bringen. Auf den
alten Idealismus wollte man nicht verzichten: das wäre
eine Tat des Freimuts gewesen, zu der man nicht fähig
war; man hatte sich, um ihn den deutschen Interessen dienst-
53
üiyiiizuü Google
bar zu machen» damit begnfigt, ihn zu verfälschen. Man
lolgte dem Beispiel Hegels, des heiter doppelzfini^gen
Schwaben, der Leipzig und Waterloo abgewartet hatte, um
den Grundgedanken seiner Philosophie dem preußischen
Staat anzupassen — und änderte jetzt, nachdem die Inter-
essen andere geworden waren, auch die Prinzipien. War
man geschlagen, so sagte man, Deutschlands Ideal sei die
Menschheit. Jetzt, da man die andern schlug, hieß es.
Deutschland sei das Ideal der Menschheit Solange die an-
dem Länder die mächtigeren waren, sagte man mit Lessing»
daß die Vaterlandsliebe eine heroische Schwäche sei, die
man sehr gut entbehren könne, und man nannte sich Welt-
bürger. Jetzt, da man den Sieg davontrug, konnte man nicht
genug Verachtung für die „französischen" Utopien aufbrin-
gen: als da sind Weltfrieden. Brüderlichkeit, friedlicher
Fortschritt. Menschenrechte, natfirliche Gleichheit; man
sagte, das stärkste Volk habe den andern gegenüber ein ab-
solutes Recht, während die andern als die Schwächeren ihm
gegenüber rechtlos seien. Es schien der lebendige Gott und
der lleischgewordene Geist zu sein, dessen Fortschritt sich
durch Krieg, Gewalttat und Unterdrückung vollzog. Die
Macht war jetzt, da man sie auf seiner Sei^e hatte, heilig
gesprochen. Macht war jetzt der Inbegriff alles Idealismus
und aller Vernunft geworden. Um der Wahrheit die Ehre
zu geben, muß man sagen, daß Deutschland jahrhunderte-
lang so sehr darunter gelitten hatte, Idealismus ohne Macht
zu besitzen, daß es nach so viel Prüfungen wohl entschuld-
bar war, wenn es jetzt das traurige Geständnis ablegte, et
bedürfe vor allem der Macht, wie immer sie beschaffen sein
möge. Wieviel verborgene Bitternis aber lag in solchem Be-
kenntnis des Volkes eines Herder und Goethe 1 Und welch
54
Verzicht, weldie Erniedrigung des deutsdien Ideals lag in
diesem deutschen Sieg ! — Und ach, dieser Verzicht fand
nur allzu viel Entgegenkommen in der beklagenswerten Nei-
gung aller besten Deutschen, sich unterzuordnen.
„Was den Deutschen charakterisiert/* sagte Möser scfacm
vor m^r als mm Jahrhundert, „ist der Gehorsam."
Und Frau von Stael :
»»Sie parieren ordentlich. Sie nehmen philosophische Ver-
nunftgrOnde zu Hilfe» um das Unphilosophischeste auf der
'Welt zu erklaren : den Respekt vor der Madit und die Ge-
wöhnung an Furcht, die den Respekt in Bewunderung ver-
wandelt." Christof fand dies Gefühl beim größten und beim
kleinsten in Deutschland wieder." —
. An anderer Stelle klingt es vielleicht noch härter :
»Deutschland trägt wirklidi die Hauptsflndenlast Europas.
Wenn man den Sieg errungen hat, so ist man dafür verant-
wortlich ; man hat eine Schuld gegen die Besiegten auf sich
geladen; man hat die schweigende Verantwortung übernom-
men» vor ihnen herzusdiretten» ihneif den Weg zu WMsen.
Der siegende Ludwig XIV. brachte der Welt den Glanz der
französischen Vernunft. Welches Licht hat das Deutsch-
land von Sedan der Welt gebracht ?" —
Daffir aber zeigt Rolland ein andennal warme Verständnis-
tiefe fOr die Kehrseite des deutschen Militarismus :
„Christof ahnte nicht, welche sittliche Größe in manchen
von ihnen lebte (in deutschen Offizieren) wußte nichts
von dem, was sie selber zu tragen hatten : ihre verlorenen
Illusionen, ihre schlecht verwandte» verschleuderte Kraft»
Jugend» Ehre» Glauben und gtehenden Aufopferungsdurst»
— die ganze Widersinnigkeit einer Karriere, die, wenn sie
nur Karriere ist» wenn sie nicht die Selbstaufopferung zum
55
Digitized by Google
Ziel hat, ein trübseliges Treiben bleibt, eine alberne Parade,
ein Ritual, das man ohne Glauben herunterbetet . . ."
Auch glaube man nicht, daß Rolland nur Deutschland mit
strenger Gerechtigkeit mißt. Seinem Frankreich ruft er zu :
„Euer Nicolas Poussin ist lortgezogen, um in Rom zu leben
und zu sterben ; er erstickte bei euch. Euer Pascal, euer Ra-
cine haben der Weit Lebewohl gesagt. Und wie viele unter
den Größten lebten abseits» in Ungnade, unterdrückt Selbst
die Seele eines Moli^ verbarg viele Bittemisse und sogar
um Napoleon herum, welche Gedankenwfiste !* Die afnka*.
nischc Sonne über der Unermeßlichkeit des Sandes."
Aber wie in Deutschland, so sucht der große Liebende des
Lebens, Romain Rolland, auch in Frankreich nach herber
Kritik wieder die Lichtseiten der Nation auf, die ernsten
Arbeiter, die wahrhaftigen Menschen, in denen die Kraft
des Volkes lebt ; und sie meint er, wenn er von den ver-
wandten Seelen hier und dort redet; wenn er die wunder-
vollen Worte formt :
„Wer aber ahnt die Kraft der Sympathie, die so viel große
Herzen des Nachbarvolkes Frankreich cntgesendrängt ! So
viele treue Hände strecken sich aus, die für die Verbrechen
der Politik nichtverantwortlich sind. Und auch ihr. deutsche
Brüder, seht uns nicht, die wir euch sagen: »Hier unsere
Händel Trotz aller Lügen und G^Sssigkeiten trennt man
uns nicht. Wir haben euch, ihr habt uns für die Größe un-
seres Geistes und unserer Rassen nötig. Wir sind die bei-
den Flügel des Okzidents. Zerbricht der eine, ist auch der
Flug des anderen gebrochen. Möge der Krieg kommen. Er
wird unsere vereinten Hände nicht lösen, den Aulschwung
unserer Bruderseelen nicht hemmen.' '*
56
Bibliographie
L DAS WERK ROMAIN ROLLANDS
, 1. Lcs origines du theätre lyrique moJerne. (Histolre de I'opera en Europt
avant Lully et Scarlatti.) These He Doctorat, Paris, Fonteinoing 1895. —
In den Bibliotheken der ecolcs fran9aises in Rom und Athen. Preis Kast»
ner«BcNiraault der französischen Akademie 1896. Diese Ausgabe ist ver-
jprifleo. BtM MW durchgesehen« und «nraiterte Ausgabe %vird bei Hb-
ekelte ertcheiBen.
. 2. Cur ars pictWM apud Italos XVI saeculi deciderit. Th&se de Docturat,
Paris, Fontcmoing 1895. (Die hauptsächlichsten Ideen dieses Buches
wurden im Französischen in einem Aufsatz der ..REVUE DE PARIS"
vom 1. Januar 1896 unter dem Titel: ..La decadence de la peinture
itmliennel' publiziert.
3. Sfliat-Lovit. ^anattsdies Gedicht in ftnl Akten. Revue de Parte 1. und
15. Mlrz. 1. und 15. April 1897. (Neu kerainfegdiea iu dem Bande:
Tragödies de la Foi. HachcUc 1913.)
4. Aert. Drei Akte. Paris, edition de la revue d art dramatique 1898.
5. Les Loups. Drei Akte. Edition Georges Bellais 1898. (Neu heraus-
gegeben in dem Bande: Theätre de la revolution, Hachettc 1909.) Deut*
•die Ausgabe, ttbertrageo von Wühclm Henog.
6. Le Trioni{Ae de U Raison. Drei Akte. Paris, ^tioot de la revue d'art
dramatique 1899. (Neue Auflage in: Tragidies de la Foi.)
7. Danton. Drei Akte. I^aris. editions de la revue d'art dramatique 1900
des Cahiers de la Quinzaine 1901. (Neu herausgegeben in Le theitre
de la revolution.)
8. Fraufoi« Mittel. London» Duckworth 1902.
9. Le quatone Juittet. Ad&aa populaire, dr^ Akte. Paris, ^tions des
Cahiers de la Quintaine 1902. (Neu herautgegd)en im Thtttre de la
revolution.)
10. Le temps viendra. Drei Akte. Paris, editions des Cahiers de la Quin*
zaine 1903.
11. Le Thifttre du Peuple. Paris, .Edition des Cahiers de la Quinzaine.
November 1903. Hachette 1906. Nene vermehrte Auflage. Haehctie
191). — Rnssisdie Ausgabe, flberlragen voa Joseph Goldenherg. 1910.
12. Vie de Beethoven. Vies des Innimes illustres. Paris. Cahiers de la
Quinzaine 1903 und Hachette 1908. (Eine Luxusausgabe itt beschränk-
ter Auflage mit Gravüren von J. P. Laorens, P. A. Laurens und Pcr-
richon ist bei Edouard Pelletan 1909 publiziert worden.) 1914 hat dieser
Band das 21. Tausend überschritten.
Englische. hoUiadiscbe. spanische, pobische Ausgabe.
13. Paris als Musikstadt. Berlin. Marquardt 1905.
57
Digitized by Google
14. Michel-Aafe. CoUactioa Lm mafirw 4'art. Mit 34 Gravttrcn. Plo»
1905.
14a: Vie <le Michel*Aage. Vies des hommes illustres. Paris, Cakiers de
U QanniM 1906 hmI HadMlIe- 1908. (Die hm^ Blöde Aber MjcM*.
Aegele dttd Mrterecfciedlidü ArMtea; die enie betrifft hmptticMicli
dw WeHii die sweite de« Meeecheo.)
15. Mttncieiw d'autrefois. Pari», Hachette 1908. (Eathilt: 1. L'Opira
avaal l'op^ra: 2. Le premier Op^a jou4 k Paris. rORFEO de
Laigi Rosst; 3. Notes sur LuUy; 4. Gluck; 5. Gretry; 6. Mozart.)
16. Musicien« d'aujourd'bui. Paris. Hachette 1908. (Enthilt: 1. Berliox; -
2. Wagner: Stegfried. Tristan; 3. CamtUe Saint-Sa£ns; 4. Viqcent
d'Iady: 5. Richavd Sbawfts 6. Hago Wolf: 7. De« Loreaao PM:
8. Maiiqae fraafaiM el aMuiqaa anenaade: 9. PelUas el MHIiaada
de Debussy ; 10. La reaewretfus aeqaiti« da moweaNnt «maiMi k Pari»
depuii 1870.)
17. Tbifitre de la rivolutioD. Paris. HadMtt« 1909. (L« Qaatorie Joillet
— Danton — Lea Loupi.)
18. Lea Trag4dies de U Poi. PkrärHadMH» 1913. (Eridridl: SmoI Um
— Airt — Le Triomphe de h raisea.)
19. Hlndcl. Paris. Alan 19ia
20. Vie de Tolstoi Vies des hommes illuatre«. Parif» Hadielle 1911.
21. L'bumble vie hirolque : Penises cboisies et prMdtea d'vaa iaIrodaetioB
par Alphonse Sichi. Sansot. Paris, 1912.
22. Jean Christophe: 1. L'Aube; 2. L« Matin: 3. L'Ad(4esc«at: 4. La
Rivolle (1904—1907).
Jena Cbriatophe k Pferia: 1, La Fdre* aar la Place; 3. Afltoiaelle:
% Deal la aiaitoB. (1908—1910).
La Fin du Voyage: 1. Les Anuat; 2. La BoiaMW Ardeat; S. La Neu»
* veUe jottnie (1910—1912).
Die erste Auflage sämtlicher Bände erschien in den Cahiers de *
.la Quinzaine. Von der 2. Auflage an erschien jeder Band bei J. OUen-
dorff in Paris. 1914 hatte je<ier Band das 30. Tausend Uberscbrit-
. I«b; der enia da* 60. Taasend erreicht.
Jeaa Glirielo|ihe. veOatladige aaloriiierte spaaiadbe Anfabi^ OWr*
tragen von Mignel de Tore y GoBBoa. Madrid, P. Orriar* 1907
Im 1913.
Vollständige englische Ausgabe, äbertragen von Gilbert Cannan
(William Heinemann, London 1910—1913). (Henry Holt. New York
1911 — 1913).
Vollständige polnische Ausgabe, übertragen von Edwigc Sinidc-
«ica. WarMlpo. BiUiodbala Sfiaaka 1911— »IS.
VoUttliidige raniaela AnsgaU. Moiba 1911—1913.
VeOstiadige deatadM Antgabat flbertragen -«oa Otio oad '&raa
Graaloff. RWea ft Loeaing. Fraakfart a.M. 1914ff.
.58
Digitizecfby Google
JSleinere Arbeiten von Bedeutung.
Zahlreiche Artikel in l« Rcwe d'Art dramatiqiM (1899—1903).
in La Revue de Paris. ]
Stendhal et la musique, Vorwort der neuen Stendhal-Ausgabe 1913.
Vntworl SU Sinom Bodive, Celles qui trnvaillcnt. OUendorl 1913.
Pwd DupiD. Mcranre nmiieal. S. J. M. 15./1SL 1908.
Piriscr Brief«. BiUiolUiii» mimclU. LanMom 1912, 1915.
II. VERTONUNGEN VON HOLLANDS WERKEN
Paul Dupin^ Jean Christof. 3 Klavierstucke.
1. Onkel Gottfried. (Dialog mit Johann Christof).
2. Midittfion üUr ciM Stdk «u ,Jhr MorfM*'.
3. WiegeoliAd der Luis«.
Paul Düpin, Suim für Sireichquartett 4her Johann Chritlaf,
1. Stffiud* dw GraAvitwt.
2. D«r Tod dtt ObM GeltfeM.
3. Sabine.
4. Antoinette.
Paul Dupin, Christliches Wanderlied. Für Gesang und Klavier (nach
Paul Gerhardt).
Albert Doyen, Orcbester* vnd Choralstfldi svr Endsxen« des „14 Juil>
Id*'. (PtaisfabSnl voq dar Stadt Paris 1911)
IIL OBER ROMAIN ROLLAND
BÜCHER:
Jean Bonnerot. R. R. Extrait« de son oeuvre et introduction. (Nevers.
Calden dn Gantra^ Oet. Nov. 1909.)
Lvcici Mainy. Figvras Uttiraire«. (Paris, Parrio 1911.)
J. H. Retinfcr. Histoira da la UttAratura fraacaisa, dv romanritrae I jm»
jours. (Paris. Grasset 1911.)
Jules BertaMt, T>rs romanciers du nouveau stiele. (Paris. Sansol 1912.)
Paul Scippel. R. R. L hommc cl Vauvre. (Paris. Ollrndorff 1913.)
Jean-Richard Bloch. R. R. (Paris, l Effort libre 1913.) Mit Beitrlgeo
tran Charlas Albert. Lfoa Basalgette. Jean-Richard Block, Loda GiOal.
Otto Graatoff, State Zmng viw.
AUFSÄTZE:
(leb litiera nur die bedeutendsten.)
A. Über die dramaHschen Werke Romain Rolland»*
Emile Faguet. ASrt. (Journal des Debats. 9. Mai 1892.)
Gastava Larroiunet» Danton. (Le Temps. 31. Das. 1900.)
59
Digitized by Google
CatuUe Mendts. Le 14 Juillet. (Le Journal. 22. März 1902.)
Heary de R^goier, Le Tbi&tre de la revoluüon. (Journal dei Debalt*
19. Juli 1909.)
B» Über Jetm ChrUlophe,
Lo«ia Gillcl. Le romu d'm tataat prodUg». Journal 6m D&bala.
16.Aagast 1905.)
Gaston Deschamps. Jean Christophe. (Le Tcmps. 10. Dez. 1905.)
Robert Dreyfus. Jeao Cliristo(>l>e ou l'exaltatioo de U douleur. (Page«
libres. 10. März 1906.)
Fran^ois Porche, Jean Christophe. (La Petite Giroode. 4. Dei. 1906.)
Jules Bertaut. Antoioette. (Chronique des Lettre« Irangaises. 20. JuU
1908.)
Jolca Gate» Jean OriilopU. (Gfl Blas. 4. JuU 1907 ead 12. Olt
1908.)
Lucien Mäury, Rooiatn RoUand. (Revu« Bleue* 8^ MSra 1909 und
2. Min 1912.)
Henry Lagrange. Jean Christophe et Romain RoUand, (Revue critique
des idees et des livres, 10. April 1910.)
Paul Seippel, Romain Rolland. (Bibliotheciuc Universelle. Lausanne.
Odobr« 1911 md Dea. 191Z)
Marc Elder« Romaia RoUand. (La Renaiitance Coptcmporainie. Okt.
1912. Nov. 1912.)
Eugene Heilande. R. R. (La Vie. 16. Nov. 1912.)
Andre Beaunier. Le Testament d'nae Giairatioa. (Revue des Deox-
Mondes. 1. Dez. 1912 )
Camille Mauciair, R. R. (Le Progres de Lyon, 1. Dez. 1912.)
Gustave Lanson, La nouvelle journee. (Le MatJn, 9. Dez, 1912.)
Samuel RocKeblave, La fin de Jean Qhnstophe. (.Semaine litteraire.
Genive^ Dea. 1912.)
5^ J&A, Gunbe. Une nowdle coniffie hnmatne. (Semabe llltiratre* 18.' Jan.
1913. )
Gaston Sauvebpis. R. R. (Critique independante. 8. Febr. 1913.)
Gauthier-Fcrrieres, Jean Christophe. (Revue Encyclop^dique. Febr. 1913.)
Ombres et Formes. Enquete über R. R. (Dez. 1912. Jan. 1913. mit
Antworten von B. H. Rosny. Barres. Henry Bataille, Paul Fort, Emile
Pabfc^ V. Margueritle ntw.)
Flamberge. Bnqutte über R. R. (April 1913.)
ENGLISCHE AUFSÄTZE:
Maiy Duclaux (Mary Robinseii).' (Times Uterary tvplemeat* 29* Se|»l.
1905.)
Vemon Lee. (Westminster Gazette. Aug. 1908.)
60
Digitized by Google
ITALIENISCHE AUFSÄTZE:
Giuseppe Pk<etfolim. R. R. (Rassegoa eontcmporanea» JuK 1906*)
Carlo Placci, Un gramle rontano mueinal«. ' (Corricre ddlt Sera,
10. Aag. 1908.)
Henrico Thovez, II Poenia di un oomoedi iin'eta* Jean Chmtophe.
(La Stampa. 11. Nov. 1912.)
DEUTSCHE AUFSÄTZE:
Stefan Zweig, Briel u Roauin RoUand. (Berliner Tageblatt, 29. Dez.
1912. )
Otto Grautoff, Romain Rolland. (Frankfurter Zeitung, 25. Juli 1913.)
(Zukunft. 26. Juli 1913.)
" „ „ (Berner Bund, 10. u. 11. Juni 1913.)
(Ksbucke Zeitiug. 10. Aug. 1913.)
(Straßburger Post. 21. Aug. 1913.)
EUen Key. Romain Rolland. (Die Tat. 1913. Heft VII.)
Henri Guilbeaux* Roniain Rolland. (Vossiscbe Zeitung, 6. Jan.
1913. )
Stefan Zweig. Romain Rolland. (Neue Freie Presse, 20. März
1914. )
Aatoine Gnilland. Ronam Rollaiid. (Franblartcr Zeitmig, 31. Jan.
1914.)
Paul Stefan, Ein frans&titcher Mutiker-Roaian. (VoMiscbe Zcitnog,
27. März 1914.)
Johannes Schlaf, Johann Christoph. (Der Tag. 5. April 1914.)
61
In II nserm Vertag ist erschienen:
Romain Rolland
Johann Christof
Kinder« und Jugendjahre
Roman
Geheftet M. 7,— In Leinen gebunden M. 8.50
In Leder gebunden M. 12.^
4
Dieser erste Band der deutsdien Ausgabe um«
faßt die ersten vier Bände der französisdien
Originalausgabe. Mit zwei weiteren Bänden, die
den übrigen sedis französisdien Bänden ent«
spredieti, wird dar Werk vollständig.
„Johann Christof ist das Werk, das man von nun
an neben dem Wilhehn Meister'' immer nennen
wird, ein Budi, das weite Kreise ziehen wird in
der Gegenwart und in der Zukunft."
Hamburger Nactriditen
V/Johann Christof ist ein außerordentlidies Werk,
ein neuer Reiditum fikr jedermann, und wir dürfen
uns Gtodi wünsdien, daß wir es jetzt besitzen."
Vouisdie Zdtuog
Rütten "Z) Loening, Frankfurt a. M.
DATE DUE
The Ohio State Umversity
Porm 10620
Digitized by Google
Digitized by Google